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German Pages 832 [827] Year 2020
Samuel Hayim Brody ist Assistant Professor im Department of Religious Studies der University of Kansas. 2013 wurde er an der University of Chicago Divinity School mit einer Arbeit zu Martin Buber promoviert. Sein Forschungsinteresse konzentriert sich auf die Beziehungen zwischen Religion, Politik und Philosophie im jüdischen Denken der Moderne. Er unterrichtete an der University of Chicago und der University of Cincinnati. Paul Mendes-Flohr ist Professor emeritus an der Hebrew University of Jerusalem und an der Divinity School der University of Chicago. Der Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf der Entwicklung des jüdischen Denkens im 19. und 20. Jh. vor allem im deutschsprachigen Raum. Zu Martin Buber und Fragen der jüdischen Moderne hat er bedeutende Monographien vorgelegt, u.a. »From mysticism to dialogue: Martin Buber's transformation of German social thought« (1989), »The Jew in the Modern: A Documentary History« (gemeinsam mit Jehuda Reinharz), »Jüdische Identität. Die zwei Seelen der deutschen Juden« (2004) sowie »Progress and its Discontents. Jewish Intellectuals and their Struggle with Modernity« (Hebräisch). In Kürze wird von ihm eine Biografie zu Martin Buber erscheinen.
Martin Buber Werkausgabe
Martin Buber Werkausgabe
Bereits seit der Jahrhundertwende engagierte sich Buber intensiv in der zionistischen Bewegung. Zunächst mit Theodor Herzl befreundet und von ihm gefördert, distanzierte sich Buber unter den Losungen des Kulturzionismus von der dominierenden säkularen Ausrichtung der zionistischen Politik. Die Schriften und Dokumente dieser früheren Phase von Bubers zionistischem Engagement sind in MBW 3 versammelt.
Schriften zur zionistischen Politik und zur jüdisch-arabischen Frage
21
Band 21 der Martin Buber Werkausgabe versammelt die Schriften Bubers zur jüdisch-arabischen Frage und zur zionistischen Politik.
Schriften zur zionistischen Politik und zur jüdisch-arabischen Frage
21
Der vorliegende Band konzentriert sich auf Arbeiten Bubers, die in der Zeitspanne vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zu Bubers Tod entstanden sind. Mit der Balfour-Deklaration und der Übernahme des Mandats über Palästina durch Großbritannien gewannen die jüdische Einwanderung und die zionistische Politik eine neue Bedeutung und initiierten einen teils dramatischen Prozess, der zur Staatsgründung Israels führen sollte. Buber greift intensiv in die diesen Prozess begleitenden Diskussionen ein und widmet sich nach der Staatsgründung den vielfältigen Problemen, die sich dem jungen Gemeinwesen stellten, von der Flüchtlingsfrage bis zu den Kibbuzim. Einen Schwerpunkt seiner Überlegungen bildet dabei das Verhältnis zwischen Juden und Arabern.
ISBN 978-3-579-02697-8
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Buber_Werksausgabe_21_SU.indd Alle Seiten
10.10.2019 09:32:29
MBW 21 (02697) / p. 2 / 10.10.2019
Martin Buber Werkausgabe Im Auftrag der Philosophischen Fakultät der Heinrich Heine Universität Düsseldorf und der Israel Academy of Sciences and Humanities herausgegeben von Paul Mendes-Flohr und Bernd Witte
MBW 21 (02697) / p. 3 / 10.10.2019
Martin Buber Werkausgabe 21 Schriften zur zionistischen Politik und zur jüdisch-arabischen Frage Herausgegeben und kommentiert von Samuel Hayim Brody und Paul Mendes-Flohr. Eingeleitet von Paul Mendes-Flohr
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1. Auflage Copyright © 2019 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, CopyrightRandom © 2019 House by Gütersloher Verlagshaus,Str. Gütersloh, in der Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter 28, 81673 München in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält Neumarkter Straße 28, 81673 München technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Das Gütersloher Verlagshaus, Verlagsgruppe Random House GmbH, weist Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Eine Haftung des Verlags für externe Links ist stets ausgeschlossen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Umschlaggestaltung: InitDritter GmbH,enthalten, Bielefeld so übernehmen wir für deren Inhalte keine Satz: Haftung, da wir uns nicht zu eigen machen, sondern SatzWeise, Baddiese Wünnenberg lediglich auf deren Stand Zeitpunkt der & Erstveröffentlichung verweisen. Druck undzum Einband: Hubert Co, Göttingen Printed in Germany Umschlaggestaltung: InitISBN Kommunikationsdesign 978-3-579-02697-8GmbH, Bad Oeynhausen Satz: SatzWeise GmbH, Bad Wünnenberg www.gtvh.de ISBN 978-3-641-24870-3 www.gtvh.de
MBW 21 (02697) / p. 5 / 10.10.2019
Inhalt Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
Buber, der Zionismus und die arabische Frage . . . . . . . . . . .
15
Schriften zur jüdisch-arabischen Frage [Stimmen nach der Balfour-Deklaration] . . . . . . . . . . . . . .
49
Vor der Entscheidung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
[Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.-14. 09. 1921).] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
Nationalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
[Kongreß-Resolution zur arabischen Frage] . . . . . . . . . . . . .
82
Kongreßnotizen zur zionistischen Politik . . . . . . . . . . . . . .
83
Zur Klärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
Streiflichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
In später Stunde
Nachbemerkung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Frage und Antwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Brith Shalom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Selbstbesinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 [Rede auf dem XVI. Zionistenkongress in Zürich 1929.] . . . . . . 119 Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina . . . . . 125 Wann denn? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Gegen die Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 [Begrüßungsworte] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Brief an Gandhi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
MBW 21 (02697) / p. 6 / 10.10.2019
6
Inhalt
Rechenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Pseudo-Simsonismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Haben wir einen eigenen Weg? Falsche Propheten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
Brief an die Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Über eine verfälschende Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 »Defaitismus« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Das Programm des Ichud
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Vorwort [zu »In stummen Tagen«] . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Mehrheit oder so viele wie möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Glaube es nicht! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Eine weitere Klarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Zwiegespräch über »Biltmore« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Zum Problem »Politik und Moral«
. . . . . . . . . . . . . . . . . 203
Our Reply . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Oral Testimony before the Anglo-American Committee on Palestine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 [Ein tragischer Konflikt?]
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
[Nein, es ist nicht genug] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Ein Gnadengesuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Zwei Völker in Palästina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Nicht ein Judenstaat, sondern ein bi-nationales jüdisch-arabisches Staatsgebilde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Die Wahrheit und das Heil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Palestine: Can Deadlock Be Broken? . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Lassen wir es nicht zu, dass uns die Strasse beherrscht! . . . . . . 281 Ein grundlegender Irrtum, der beseitigt werden muss . . . . . . . 283 Zweierlei Zionismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
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7
Inhalt
[Nach Bernadottes Ermordung] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Let us Make an End to Falsities! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 [Antwort auf Gideon Freudenbergs offenen Brief an Martin Buber] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Schriftstellergespräche [Auszug] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Die Details in »Flammen im Himmel über Jerusalem« . . . . . . . 296 [Nach der politischen Niederlage] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Die Söhne Amos’ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 [Vorwort zu einem geplanten Band über arabisch-jüdische Verständigung] . . . . . . . . . . . . . . . 309 [Protest gegen die Enteignung arabischer Böden, offener Brief des Ichud] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Wir brauchen die Araber – die Araber brauchen uns! [Interview]
313
An Stelle von Polemik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Character Change and Social Experiment in Israel . . . . . . . . . 321 Brief an den Ministerpräsidenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Diskussion über »aktive Neutralität«
. . . . . . . . . . . . . . . . 331
Memorandum [on the Military Government]
. . . . . . . . . . . 333
Old Zionism and Modern Israel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Der Weg Israels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Manifest des »Ichud« [Zum Flüchtlingsproblem] . . . . . . . . . . 344 Die Rechte der arabischen Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . 346 Echte Gleichberechtigung für die Minderheit! . . . . . . . . . . . 347 [Briefwechsel zwischen Buber und Ministerpräsident Levi Eschkol] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 The Time to Try
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
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8
Inhalt
Schriften zur zionistischen Politik Über Gemeinschaft und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Zum Aufsatz »Aus Neid« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Die Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Der Acker und die Sterne
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369
Brief an das Aktions-Comité der Zionistischen Organisation . . . 371 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
Unsere Konstitution
Weisheit und Tat der Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Zion und die Gola
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
Die Nacht der Gola . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Worte des Bratzlawers über Erez Israel . . . . . . . . . . . . . . . 386 Der Chaluz und seine Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 Berthold Feiwel zum Gedächtnis
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 391
Die Jugend hoch hinaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 Unser Standpunkt zur Sowjetunion im Krieg . . . . . . . . . . . . 395 Zur inneren Stärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Warum hat die Golah versagt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Arthur Ruppin zum Gedenken
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
Von einem junggebliebenen Alten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 Zwei Dichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 Wir errichten eine Bühne
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414
Social Experiments in Jewish Palestine . . . . . . . . . . . . . . . 416 An Chaim Weizmann
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420
Eternal Truths . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Die Krise und die Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 God’s Word and Man’s Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Reine Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426
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9
Inhalt
Durch sein Vertrauen wird er leben . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Über eine scheinbare Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 Nachtrag zu einem Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte . . . . . . . . . 444 Rede bei der Gedenkfeier der Universitaet fuer David Werner Senator, am 12. Dec., 1953 . . . . . . . . . . . . . . 446 Die wahre Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Moses Hess und die nationale Idee [Vorwort]
. . . . . . . . . . . 450
Georg Landauer zum Gedenken. Zum zweiten Todestag . . . . . . 464 Über Ernst Simon, den Erzieher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 Israel’s Mission and Zion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Für Kurt Blumenfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Die Sowjets und das Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 Regeneration eines Volkstums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 Zur Geschichte der nationalen Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Herzl vor der Palästina-Karte
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505
Kommentar Editorische Notiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 Diakritische Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 Einzelkommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 745 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 761 Personenregister
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 765
MBW 21 (02697) / p. 10 / 10.10.2019
10
Inhalt
Gesamtaufriss der Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 776 Chronologisches Gesamtregister der Werke, Aufsätze und Beiträge Martin Bubers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777 Alphabetisches Gesamtregister der Werke, Aufsätze und Beiträge Martin Bubers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813
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Vorbemerkung Der vorliegende Band ist der siebzehnte, der nach der Übernahme der Arbeit an der Martin Buber Werkausgabe durch die Heinrich Heine Universität Düsseldorf publiziert werden kann. Er ist nach den neuen Editionskriterien gestaltet, wie sie erstmals in Band 9 der MBW angewandt und im vorliegenden Band in der Editorischen Notiz als Einleitung zum Kommentar erörtert werden. Dieser Band versammelt die Schriften Bubers zur jüdisch-arabischen Frage und zur zionistischen Politik. Bereits seit der Jahrhundertwende engagierte sich Buber intensiv in der zionistischen Bewegung. Zunächst mit Theodor Herzl befreundet und von ihm gefördert, distanzierte sich Buber unter den Losungen des Kulturzionismus von der dominierenden säkularen Ausrichtung der zionistischen Politik. Die Schriften und Dokumente dieser früheren Phase von Bubers zionistischem Engagement sind in MBW 3 versammelt. Der vorliegende Band konzentriert sich auf Arbeiten Bubers, die in der Zeitspanne vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zu Bubers Tod entstanden sind. Mit der Balfour-Deklaration und der Übernahme des Mandats über Palästina durch Großbritannien gewannen die jüdische Einwanderung und die zionistische Politik eine neue Bedeutung und initiierten einen teils dramatischen Prozess, der zur Staatsgründung Israels führen sollte. Buber greift intensiv in die diesen Prozess begleitenden Diskussionen ein und widmet sich nach der Staatsgründung den vielfältigen Problemen, die sich dem jungen Gemeinwesen stellten, von der Flüchtlingsfrage bis zu den Kibbuzim. Einen Schwerpunkt seiner Überlegungen bildet dabei das Verhältnis zwischen Juden und Arabern. Die Anordnung der Texte Bubers erfolgt in der Regel nach dem Zeitpunkt der deutschen Erstpublikation. Von diesem Prinzip wird vereinzelt abgewichen, wenn es sich dabei um deutsche Versionen von zuvor veröffentlichten hebräischen Arbeiten Bubers handelt. Um den historischen Kontext zu bewahren, werden diese Texte gemäß der Erstveröffentlichung angeordnet, auch wenn der deutsche Druck erst später erschien. Im Fall von Schriften Bubers, die ausschließlich auf Hebräisch erschienen sind, wurde auf deutschsprachige handschriftliche Entwürfe Bubers zurückgegriffen, sofern diese erhalten geblieben sind. Vereinzelt werden briefliche Äußerungen von Dialogpartnern Bubers mit abgedruckt, um den Kontext bestimmter Positionierungen zu erhellen. Zudem wurden teils Texte aufgenommen, etwa das »Programm des Ichud«, an deren Entstehung Buber neben anderen beteiligt war.
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Vorbemerkung
* Die Israel Academy of Sciences and Humanities, deren erster Präsident Martin Buber war, hat im Jahre 2012 die Arbeit an der Werkausgabe als ein »highly important project« anerkannt und fördert sie seitdem mit einem jährlichen Beitrag. Ein Projekt wie diese Werkausgabe wäre ohne eine großzügige finanzielle Förderung nicht möglich. Wir danken insbesondere der Gerda Henkel Stiftung und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für ihre nachhaltige Unterstützung des Gesamtprojekts der Martin Buber Werkausgabe. Zudem hat die Anton-Betz-Stiftung der Rheinischen Post e. V. durch einen Druckkostenzuschuss das Zustandekommen des Bandes gefördert. Nicht zuletzt sei der Heinrich Heine Universität Düsseldorf gedankt, die das Projekt logistisch und administrativ betreut. Düsseldorf, im Juni 2019
Paul Mendes-Flohr, Bernd Witte
MBW 21 (02697) / p. 13 / 10.10.2019
Dank Ich danke Bernd Witte für die gelungene Übersetzung meiner Einleitung und die anregenden Diskussionen über Bubers Werk. Gedankt sei des Weiteren den Mitarbeitern der Martin Buber Arbeitsstelle, Simone Pöpl, Kerstin Schreck und Arne Taube, für die sorgfältige Bearbeitung der Texte Bubers, die Korrektur des Kommentars und die Erstellung des kritischen Apparats. Mein Dank gilt zudem Heike Breitenbach für ihre ertragreiche Archivarbeit und Sam Brody für seine inhaltlichen Beiträge und seine freundschaftliche Zusammenarbeit. Jerusalem im Juni 2019
Paul Mendes-Flohr
Einmal mehr möchte ich meinen großen Dank für die Fertigstellung dieses Projekts den engagierten Mitarbeitern der Martin Buber Arbeitsstelle aussprechen. Weiter möchte ich mich bei meinem Mitherausgeber und dem Hauptherausgeber dieser Reihe sowie meinem Doktorvater Paul Mendes-Flohr bedanken. Darüber hinaus sei meinen Kollegen im Department of Religious Studies für ihr geduldiges Zuhören gedankt, wenn ich Ihnen erklärte, worum es bei diesem Projekt eigentlich geht. Lawrence (Kansas) im Juni 2019
Sam Hayim Brody
MBW 21 (02697) / p. 14 / 10.10.2019
MBW 21 (02697) / p. 15 / 10.10.2019
Buber, der Zionismus und die arabische Frage Martin Buber war ein humanistischer Sozialist. Es bekümmerte ihn zutiefst, dass seine Leser und Interpreten häufig dazu neigten, seine religiösen Lehren von seinen weitverzweigten politischen Aktivitäten und Schriften zu trennen. 1 Politik war für Buber nicht einfach der Ballast, den das »geistige Leben« durch die Erfordernisse der Historie gelegentlich erhält. Als das letztendliche Raster zwischenmenschlichen Alltagslebens galt ihm die Politik als die notwendige Gussform, die religiöse Lehren und Empfindungen auf die Probe stellt und ihnen existentielle konkrete Wirklichkeit verleiht. Nur in Bezug gesetzt zur Politik könne das geistige Leben sein Ziel erreichen, nämlich die Überwindung des tückischen Dualismus von Wahrheit und Wirklichkeit, von Ideen und Tatsachen, ja sogar von Moral und Politik. 2 Der Zionismus – so Buber – garantiere eine solche politische Überprüfung des Judentums. Durch sein Streben nach Befreiung der Judenheit aus der problematischen Diaspora-Existenz konfrontiert der Zionismus das Judentum als religiöse Glaubensgemeinschaft mit den weltlichen Anforderungen eines normalen nationalen Daseins: Die unabweisbare Realität sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens – so stark sie durch Zweideutigkeit und Konflikt gebrochen sein mag – bietet dem Judentum die einzigartige Gelegenheit, seine geistige und moralische Einstellung zu bewähren. Die sogenannte arabische Frage – die Tatsache, dass die angestammte Heimat der Juden, Palästina, gleichzeitig die Heimat einer eingeborenen arabischen Bevölkerung mit eigenen nationalen Bestrebungen war – stellte laut Buber eine unerhörte Herausforderung an Zionismus und Judentum dar. Tatsächlich ist die arabische Frage, wie Buber mit Recht feststellte, als Prüfstein des Judentums und des zionistischen Unternehmens eine zutiefst jüdische Frage. 3 1.
2. 3.
Die Beziehung von Bubers politischem Denken zu seiner Philosophie des Dialogs hat Ernst Simon in »Nationalismus, Zionismus und der jüdisch-arabische Konflikt in Martin Bubers Theorie und Wirksamkeit«, Bulletin des Leo Baeck-Instituts 9, Nr. 33 (1966), S. 21-84, eingehend dargestellt. Vgl. weiter Samuel Hayyim Brody, Martin Buber’s Theopolitics, Indiana University Press 2018, sowie Siegbert Wolf, »Zion wird mit Gerechtigkeit gelöst«. Martin Bubers Konzeption der Binationalität zur Lösung des Israel-Palästina-Konflikts – und was davon geblieben ist, in: Dialog, Frieden, Menschlichkeit. Beiträge zum Denken Martin Bubers, hrsg. von Wolfgang Krone, Thomas Reichert u. Meike Siegfried, Berlin 2011, S. 25-51. Siehe auch die Einleitung zu MBW 11. Dazu: Der heilige Weg, jetzt in: MBW 11.1, S. 125-156, hier S. 151 f. Simon, Nationalismus, Zionismus und der jüdisch-arabische Konflikt in Martin Bubers Theorie und Wirksamkeit, S. 40 f.
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Buber, der Zionismus und die arabische Frage
Die in diesem Band vereinigten Schriften – zusammengetragen aus zahlreichen Reden, Aufsätzen und Briefen, welche die Zeitspanne von der Balfour-Deklaration im November 1917 bis zu Bubers Tod im Juni 1965 umfassen – werfen ein klares Licht auf seine lebhafte Anteilnahme an zionistischen Problemen, insbesondere im Hinblick auf die arabische Frage. In diesen Schriften beobachten wir Buber und seine unermüdlichen Bemühungen, bei seinen Mitzionisten (er selbst trat kurz nach ihrer Gründung 1898 in die zionistische Organisation ein 4) das Bewusstsein für die Bedeutsamkeit der arabischen Frage und der Notwendigkeit eines Eingehens auf arabische Befindlichkeiten und politische Bestrebungen zu wecken. Abgesehen von einigen programmatischen ideologischen Äußerungen sind diese Beiträge als Antwort auf ganz bestimmte Situationen und Vorfälle geschrieben. Sie legen beredtes Zeugnis ab, wie sich ein Intellektueller und moralisch engagierter Philosoph mit einer sehr irdischen, widerspenstigen politischen Wirklichkeit auseinandersetzt. Somit bieten diese Beiträge nicht nur einen interessanten und überraschenden Einblick in Bubers Beteiligung an zionistischen Problemen, nicht nur ein gutes Bild der moralischen Kämpfe, die sich innerhalb des Zionismus angesichts der arabischen Frage abspielten, sondern auch eine eindrucksvolle Vorstellung von den Zwiespältigkeiten, denen ein »Mensch der Ideen« ausgesetzt ist, wenn er sich auf die Notwendigkeiten von Geschichte und Politik einlässt. Der Zionismus und die arabische Frage Es wäre jedoch falsch, wollte man Bubers moralische Aufgeschlossenheit der arabischen Frage gegenüber als Einzelerscheinung sehen. Innerhalb der zionistischen Bewegung hatte Buber die moralische Sorge um die palästinischen Araber keineswegs allein gepachtet. Er stand nicht allein 4.
Buber trat in die Zionistische Weltorganisation kurz nach deren Gründungskongress im August 1897 ein. In der jungen Bewegung übernahm er bald eine Führungsposition. Er war Abgeordneter auf dem III. Zionisten-Kongress 1899; 1901 ernannte ihn Herzl zum Herausgeber der zionistischen Wochenzeitschrift Die Welt. Im selben Jahr begründete er die demokratische Fraktion mit, die nach einer strukturellen und ideologischen radikalen Umgestaltung der Bewegung strebte. Zusätzlich zur Forderung nach Demokratisierung zionistischer Institutionen drängten er und seine Freunde die Bewegung, kulturellen Aktivitäten weit mehr Aufmerksamkeit zu widmen; sie wandten sich auch gegen Herzls Betonung der Realpolitik und gegen seine allgemeine Auffassung von zionistischen Prioritäten. Danach fand sich Buber, der bis an sein Lebensende Zionist blieb, unweigerlich in den Reihen der »loyalen Opposition« innerhalb des Zionismus.
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Buber, der Zionismus und die arabische Frage
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auf weiter Flur. Bereits mit Beginn der zionistischen Niederlassung in Palästina gab es Mitglieder der Bewegung, die sich der arabischen Frage bewusst waren und die die moralischen und politischen Implikationen der Anwesenheit von Arabern in Palästina in ihre Erwägungen einbezogen. Bei seiner Rückkehr nach Russland von einem Besuch bei der jungen zionistischen Gemeinschaft in Palästina 1891, hielt Achad Haam (1856-1927), der hochverehrte Gründer des Kulturzionismus, seine Eindrücke in einem vielgelesenen (und häufig nachgedruckten und übersetzten) Aufsatz »Wahrheit aus dem Land Israel« fest; dort bemerkt er unter anderem: Wir im Auslande pflegen zu glauben, daß die Araber alle Wilde seien, die auf tierischer Stufe stehen und für das, was um sie her vorgeht, keinen Blick haben. Das ist aber ein großer Irrtum. Der Araber besitzt wie alle Semiten einen scharfen Verstand und große Schlauheit. […] Die Araber und besonders die Städter durchschauen unsere Tätigkeit im Lande und deren Zweck, schweigen aber und lassen sich nichts anmerken, weil sie in unserem Tun vorläufig keine Gefahr für ihre Zukunft sehen. […] Wenn aber einmal die Zeit kommen wird, wo sich das Leben unseres Volkes in Palästina so weit entwickelt hat, daß sich die Landesbevölkerung mehr oder weniger beengt fühlt, dann wird sie uns auch nicht leichthin ihren Platz räumen. 5
Eine vielseitige Sammlung zionistischer Schriften spiegelt Achad Haams Sorge wider und baut sie aus. In jeder Zionistengeneration finden sich zahlreiche Aufsätze, Tagebucheintragungen, Reden, Verlautbarungen und sogar Stücke der schönen Literatur, die sich mit der arabischen Frage befassen. Diese Bewusstheit gründete in einem weiten Spektrum von Einstellungen und Erfahrungen. Besonders bei den frühen Generationen der zionistischen Einwanderer herrschte eine romantische Schwärmerei für die Araber: nach Jahrtausenden in der Fremde kehren die Juden in den Orient heim, wo ihre arabischen Brüder sie in ein Leben schlichter 5.
Die Wahrheit aus Palästina, in: Achad Haam, Am Scheidewege. Gesammelte Aufsätze, Bd. I, dt. von Israel Friedländer und Harry Torczyner, Berlin 1923, S. 87 f. Die Literatur über den Zionismus und die arabische Frage ist inzwischen sehr umfangreich, meistenteils jedoch tendenziös. Besondere Aufmerksamkeit verdient die ausgezeichnete Anthologie von Antworten verschiedener Zionisten auf die arabische Frage (in englischer Übersetzung): Eliezer Schweid (Ed.), The Confrontation with the Arab Problem. (Sources of Contemporary Jewish Thought, Bd. 5), Jerusalem 1975. Siehe auch Joseph Gorny, Zionism and the Arabs. 1882-1948, London 1948. Vgl. auch Gershon Shafir, Land, Labor and the Origins of the Israeli-Palestinian Conflict, 1882-1914, University of California Press 1996, Eleonore Lappin, Die arabische Frage, in: dies., Der Jude 1916-1928. Jüdische Moderne zwischen Universalismus und Partikularismus, Tübingen 2000, S. 254-274 und Tom Segev, One Palestine, Complete: Arabs and Jews in Mandatory Palestine, trans. from the Hebrew by H. Watzman, New York: Henry Holt 2000, passim, bes. 107-126.
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Schönheit und Reinheit einführen werden. 6 Enttäuscht darüber, dass ihr Zusammentreffen mit den Arabern selten so brüderlich verlief, wie erwartet, suchten diese Zionisten die Schuld häufig bei sich selbst. 7 Mosche Smilansky (1874-1953), der unter dem arabisch klingenden Pseu6.
7.
Eine knappe und treffende Zusammenfassung dieses Aspekts der zionistischen Phantasie findet sich bei Amnon Rubinstein, Von Herzl zu Gush Emunim und zurück (hebr.), Tel Aviv 1980, Kap. 2. Die romantische Sicht der jüdischen Heimkehr in den arabischen Orient ist auf dem Hintergrund des ständig wiederkehrenden Vorwurfs zu sehen, den der europäische Antisemitismus gegen die Juden erhob, sie seien ein »fremdes«, asiatisches oder orientalisches Volk. Die Zionisten drehten den Spieß um und mahnten die Juden, auf ihre orientalische Herkunft stolz zu sein. Bubers Aufsatz aus dem Jahr 1916 »Der Geist des Orients und das Judentum« ist ein Paradebeispiel für diese Tendenz. Dort heißt es: »[…] der Jude ist Orientale geblieben. Er ist aus seinem Lande getrieben und über die Länder des Abendlandes geworfen worden; er hat unter einem Himmel wohnen müssen, den er nicht kannte, und auf einem Boden, den er nicht bebaute; er hat das Martyrium erduldet und, was schlimmer ist als Martyrium, das Leben in der Erniedrigung; die Sitten der Völker, bei denen er wohnte, haben ihn angerührt, und er hat die Sprachen der Völker gesprochen; und in alledem ist er Orientale geblieben. […] er hat den elementaren Einheitstrieb und die immanente Forderung in sich bewahrt, zuweilen verschüttet, zuweilen entartet, nie völlig erdrückt. Man wird sie im angepaßtesten Juden entdecken, wenn man sein Gemüt zu erschließen vermag; […] Auf diesem offenbaren oder latenten Orientalismus, diesem unter allen Einflüssen erhaltenen Seelengrund des Juden baut sich mein Glaube an eine neue geistig-religiöse Schöpfung des Judentums auf. In der Abgelöstheit und Aufgelöstheit seiner abendländischen Existenz kann ihm freilich nur Stückwerk geraten; […] Der Jude ist nicht der gleiche, der er damals war; er ist durch alle Himmel und Höllen des Abendlands hindurchgegangen und hat an seiner Seele Schaden gelitten; aber seine Urkraft ist unversehrt geblieben, ja sie ist geläutert worden. Wenn sie ihren mütterlichen Boden berührt, wird sie wieder schöpferisch sein. Der Jude kann seinen Beruf unter den Völkern nur dann wahrhaft erfüllen, wenn er von neuem und mit seiner ganzen unversehrten, geläuterten Urkaft daran geht, zu verwirklichen, was seine Religiosität ihn in der Vorzeit lehrte: die Einwurzelung im heimatlichen Boden, die Bewährung des rechten Lebens in der Enge, die vorbildliche Gestaltung einer Menschengemeinschaft auf der schmalen kanaanäischen Erde.« In: Buber, Vom Geist des Judentums. Reden und Geleitworte, Leipzig u. München: Kurt Wolff Verlag 1916, S. 43-45. Jetzt in MBW 2.1, S. 201-202. Typisch für diese Art von zionistischer Literatur ist die berühmte Mahnung »Die verborgene Frage« (hebr.) von Jizchak Epstein, erschienen in der anspruchsvollen hebräischen Zeitschrift haSchiloach. Dort heißt es etwa: »Unter den schweren Fragen, die mit der Idee der Wiedergeburt unseres Volkes auf seinem eigenen Boden zusammenhängen, ist eine, die gewichtiger ist als alle anderen zusammen. Es ist die Frage der Araber. Unsere eigenen nationalen Bestrebungen sind von der richtigen Antwort auf diese Frage abhängig. Das leugnet niemand, die Zionisten haben es nur vergessen […] Die bedauerliche Tatsache, daß wir eine so grundlegende Frage aus den Augen verlieren konnten, so daß sie nach dreißigjähriger Siedlungstätigkeit wieder zur Sprache kommt, als sei das Thema ganz neu – dies alles beweist, daß unsere Bewegung unvernünftig ist, daß wir immer noch oberflächlich an die Dinge herangehen …« haSchiloach, Literarisch-wissenschaftliche Monatsschrift (Odessa), Band XVII, Heft 100, Sept. 1907. J. Epstein (1862-1943) war eine führende Erzieherpersönlichkeit innerhalb der zionistischen Bewegung.
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donym »Hawaja Mussa« hebräische Erzählungen schrieb, in denen er die schlichte Menschlichkeit arabischen Dorflebens rühmte, klagte in einem Aufsatz von 1913: Nach dreißig Jahren des Siedelns sind wir, die wir den Arabern blut- und rassemäßig nahestehen, ihnen fremd geblieben, während es ihren Feinden, die nur auf ihren Sturz warten, um ihn sich zunutze zu machen, gelungen ist, ihr Vertrauen zu gewinnen und in die intimsten Bereiche ihres Lebens aufgenommen zu werden. Wir waren ihnen und ihren Nöten fremd, solange sie unterdrückt waren, wir sind ihnen und ihrer Freude fremd geblieben, als ihnen die Sonne der Freiheit aufging. […] Während der dreißig Jahre unseres Hierseins sind nicht sie uns, sondern wir ihnen fremd geblieben. 8
Andere Zionisten betrachteten die arabische Frage als eine Folge der praktischen Belange des Zusammenlebens mit den Arabern: eine Frage des Handels, des Gewerbes und ganz allgemein des Wunsches nach gutnachbarlichen Beziehungen. Während des Mandats forderten die Engländer die Zionisten häufig auf, die arabische Präsenz in Palästina ernst zu nehmen und sich um Verständigung zu bemühen. 9 Später war es dann die Heftigkeit des arabischen Widerstands gegen die Errichtung der jüdischen nationalen Heimstätte in Palästina – ein Widerstand, der bisweilen in gewalttätige Ausschreitungen ausartete –, welche die Zionisten dazu nötigte, sich mit der arabischen Frage auseinanderzusetzen. Tatsächlich konnten die Zionisten gar nicht umhin, die arabische Frage zur Kenntnis zu nehmen, selbst wenn sie moralisch und politisch so stumpf gewesen wären, wie manche heutige Erforscher des Nahen Ostens sie hinstellen wollen. Die Behauptung, die Zionisten seien der arabischen Frage ausgewichen, ist eine bösartige Unterstellung. Tatsächlich war, wie wir beobachtet haben, den Zionisten die arabische Präsenz in Palästina nur zu schmerzlich bewusst, und dieses Bewusstsein war nicht selten von echten moralischen Skrupeln getragen. Außerdem waren diese Einzelnen nicht unbedingt Randfiguren der zionistischen Be8. 9.
Mosche Smilansky, Unsere Taten, in Ha-olam, der offiziellen hebräischen Wochenzeitschrift der Zionistischen Weltorganisation (1913). Englische Übersetzung bei Schweid (Ed.), The Confrontation with the Arab Problem, S. 52 f.. Unmittelbar nach den arabischen Unruhen von 1921 berief Sir Herbert Samuel, der britische Hochkommissar von Palästina, die Leiter des Jischuw zu sich und erklärte: »Es gibt nur einen Weg, und zwar eine Übereinkunft mit der (arabischen) Bevölkerung. Der Zionismus hat noch nichts unternommen, um die Zustimmung der Bewohner zu erlangen, und ohne diese Zustimmung wird keine Einwanderung möglich sein». Bei einer späteren Besprechung warnte er: »Sie selbst fordern das Massaker heraus, das unvermeidlich ist, solange Sie die Araber nicht beachten.« Zitiert aus unveröffentlichten Protokollen von N. Caplan, in: Neil Caplan, Palestine Jewry and the Arab Question (1917-1925), London 1978, S. 101.
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wegung. Auf dem »Weltkongreß für das arbeitende Palästina«, der im September 1930 in Berlin stattfand, beschwor David Ben Gurion (18861973) – oft verschrien als Ausbund zionistischer Blindheit vor der arabischen Frage – seine Genossen, sich »bei aller Unbequemlichkeit, die dies für uns mit sich bringt« klarzumachen, daß eine große Anzahl Araber jahrhundertelang in Palästina gelebt hat, daß ihre Väter und Vorväter dort geboren und gestorben sind und daß Palästina ihr Land ist, wo sie auch in Zukunft leben wollen. Dieser Tatsache müssen wir liebevolles Verständnis entgegenbringen und alle notwendigen Schlüsse daraus ziehen. Dies stellt die Grundlage für eine echte Verständigung zwischen uns und den Arabern dar. 10
Und Zeev Jabotinsky (1880-1940), der Gründer der revisionistischen Bewegung innerhalb des Zionismus und politischer Mentor von Menachem Begin (1913-1992), erklärte 1921: Heutzutage bilden die Juden eine Minderheit, in weiteren zwanzig Jahren könnten sie durchaus bei weitem in der Mehrheit sein. Wenn wir Araber wären, würden wir dem auch nicht zustimmen. Und auch die Araber sind gute »Zionisten«, wie wir. Das Land ist voll von arabischen Erinnerungen. Ich glaube nicht daran, daß sich der Abgrund zwischen uns und den Arabern durch Geld, Geschenke und gute Worte überbrücken läßt. Man hat mir vorgeworfen, ich lege der arabischen Bewegung zu viel Bedeutung bei. Meine Bewunderung für diese Bewegung sei ungebührlich. Aber die Bewegung existiert. 11
Somit besteht, wie wir noch sehen werden, der Unterschied zwischen Buber und anderen Zionisten, insbesondere der Führungsspitze der Bewegung, nicht in der moralischen Empfindlichkeit als solcher, sondern in der jeweiligen Bewertung der politischen Bedeutung, die dem moralischen Aspekt der arabischen Frage zukommt. Es lässt sich eine analytische Unterscheidung treffen zwischen der »epischen«, d. h. der existentiell-biographischen Dimension der Auseinandersetzung eines Individuums mit der arabischen Frage, und der »existentiellen« Dimension 10. David Ben Gurion, Die Außenpolitik der jüdischen Nation, in: Ben Gurion, Von Klasse zu Nation, Tel-Aviv 1955, S. 107 (hebr.). Besucht von Abgeordneten aus nahezu zwanzig Ländern, bemühte sich der Kongress der Arbeiterbewegung in Palästina, die Unterstützung von Sozialisten- und Arbeiterführern aus aller Welt für den Jischuw zu gewinnen. Neben so hervorragenden Gestalten des sozialistischen Zionismus wie Ben Gurion, Berl Katznelson und Arthur Ruppin nahmen auch bedeutende europäische Sozialisten wie Jean Longuet aus Frankreich und Eduard Bernstein aus Deutschland teil. Vgl. dazu: Jüdische Rundschau vom 1. Oktober 1930, S. 501 f. 11. Zeev Jabotinsky, Die Rolle der Legion: Verhütung von Gewalt [hebr.], in: Jabotinsky, Reden 1905-1926, Jerusalem 1947, S. 198. Dies äußerte er während einer Debatte über die Sicherheit des Jischuw auf einem Treffen des Aktionskomitees der zionistischen Exekutive, das im Juli 1921 in Prag stattfand.
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dieser Begegnung, d. h. danach, wie das Individuum das Problem politisch bewertet und was für eine Lösung es anbietet. 12 Nachdruck, Ton und Erwägungen der »epischen« Reaktion müssen denen der »ideologischen« durchaus nicht entsprechen. Auf der »epischen« oder existentiellen Ebene mögen moralische Betroffenheit und Schuldgefühle überwiegen, doch auf der »ideologischen« Ebene werden bei der Einschätzung der Situation und bei der Bildung eigener politischer Urteile und Setzung von Prioritäten verschiedene Perspektiven wirksam – etwa die für die ideologische Analyse charakteristischen, weiter angelegten historischen, sozialen und ökonomischen Perspektiven. Die meisten führenden Persönlichkeiten innerhalb des Zionismus, mit deren ideologischer Reaktion auf die arabische Frage wir uns gleich noch näher befassen wollen, kamen zu dem Schluss, dass die zionistische Politik, die in allererster Linie den Bedürfnissen und Interessen des jüdischen Volkes zu dienen habe, den mit der arabischen Frage notwendig verbundenen moralischen Zweideutigkeiten keinerlei grundlegenden Einfluss auf die Bestimmung der politischen Prioritäten der Bewegung einräumen könne. Gegen diese Folgerung argumentierte Buber, dass die zionistische Politik ohne jeglichen Verlust an ideologischer Integrität den moralischen Problemen, welche die arabische Frage aufgeworfen hatte, nicht nur angepasst werden könne, sondern sogar müsse. Wie Neil Caplan in seiner eingehenden Studie zur palästinensischen Judenheit und der arabischen Frage in den Jahren 1917-1925 überzeugend dargelegt hat, war die arabische Frage ein Hauptanliegen der zionistischen Bewegung, insbesondere des Jischuw, wie die jüdische Gemeinschaft in Palästina genannt wurde. 13 Die unter der zionistischen Führung des Jischuw vorherrschende Tendenz ging allerdings dahin, die Sache in der öffentlichen Diskussion herunterzuspielen und Heftigkeit und Ausmaß der arabischen Gegnerschaft gegen den Zionismus möglichst nicht ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Wenn von arabischem Widerstand die Rede war, wurde er in der Regel als eine vorübergehende Erscheinung oder als Machenschaften verantwortungsloser Elemente innerhalb der arabischen Gemeinschaft abgetan. Diese taktische Entscheidung, hebt Caplan hervor, resultierte aus der übereinstimmenden Meinung der zionistischen Führungsspitze, dass die Ziele der 12. Diese Unterscheidung habe ich von Eliezer Schweid übernommen. Vgl. seine Einführung zu der oben genannten Anthologie, The Confrontation with the Arab Problem, S. 15 f. 13. Palestine Jewry and the Arab Question (1917-1925). Caplans Untersuchungen stützen sich weitgehend auf unveröffentlichte Protokolle und Denkschriften sowie auf wenig bekannte hebräische Zeitschriften.
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zionistischen Bewegung, zumindest anfänglich, mit den Bestrebungen der arabischen Bevölkerung Palästinas politisch unvereinbar seien. Dieser Meinung hat Berl Katznelson (1887-1944), einer der Gründer von Achdut haAwoda, der sozialistisch-zionistischen Arbeiterpartei Palästinas, nachdrücklich Ausdruck verliehen. Auf dem XII. Zionisten-Kongress, der Vollversammlung von Führern der Zionistischen Weltorganisation, die im September 1921 in Karlsbad zusammenkam und sich, insbesondere unter dem Eindruck der heftigen arabischen Ausschreitungen gegen den Jischuw vom Mai 1921, eingehend mit der arabischen Frage befasste, richtete er eine leidenschaftliche Ansprache an die Versammelten, in der er unter anderem sagte: Das Streben, mit den Arabern freundlich zusammenzuleben, ist bei uns nicht neu. Der jüdische Arbeiter hat es immer angestrebt, wirklich menschliche Beziehungen zwischen Juden und Arabern zu schaffen. […] Vorläufig ist jedoch noch ein weiter Weg zwischen uns. Bevor wir uns friedlich dem arabischen Dorfe nähern, steht noch unser Leben in Gefahr. Vor allem muß unser Leben und Vermögen gesichert werden, dann werden wir erst wegen einer Verständigung verhandeln können. Denjenigen, die uns Moral predigen, können wir nur eines sagen: Kommet nach Erez Israel und beweiset, daß Ihr es besser versteht; schaffet Ihr bessere Beziehungen zu den Arabern als wir sie geschaffen haben. […] Es ist uns daher klar: die bedeutendste politische Arbeit ist für uns gegenwärtig: Erneute Einwanderung, Ausbau des Pioniertums, Verstärken des Schutzes und Konsolidierung unserer Positionen im Lande. 14
Zionistische Prioritäten erlaubten keinen Kompromiss, und ihre Verwirklichung konnte sicherlich nicht von der ungewissen Hoffnung auf arabische Zustimmung zum zionistischen Werk abhängig gemacht werden. Bereits 1918 kennzeichnete ein anderer Leiter des Jischuw, Jizchak A. Wilkansky (1880-1955), die durch die arabische Gegnerschaft geschaffene Lage mit provokativer Schärfe in folgenden Sätzen: [Um die dringenden Ziele des Zionismus zu erreichen] »würde ich den Arabern Unrecht tun. […] Manche unter uns sind dagegen und berufen sich dafür auf hohe Werte wie Moral und Rechtschaffenheit. Meine Herren, […] wenn jemand Tierfreund sein will, muß er darin konsequent sein. Wer sich mitten in die arabische Nation begibt und ihr nicht erlaubt, sich zu vereinigen, der macht ihr das Lebensrecht streitig. Die Araber sind keine Stockfische; sie haben Blut, sie leben, und es tut ihnen weh, wenn ein Fremdkörper unter sie eindringt. Warum betonen unsere
14. Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des XII. Zionisten-Kongresses in Karlsbad vom 1. bis 14. September 1921, Berlin 1922, S. 152. Katznelson hielt seine Ansprache auf Jiddisch.
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Moralisten nicht diesen Punkt? Entweder wir sind völlige Vegetarier, oder wir essen Fleisch: Halb-, Drittel- oder Viertel-Vegetarier gibt es nicht.« 15
Der Zionismus müsse demnach einige harte, moralisch schmerzhafte Entscheidungen fällen. In diesem Stadium waren die meisten Zionisten, besonders im sozialistisch-zionistischen Lager, nicht bereit, Wilkanskys nüchterne Einschätzung der Lage zu übernehmen; die meisten, so etwa Ben Gurion, klammerten sich noch an die Hoffnung, die arabischen Massen würden schließlich doch die materiellen Vorteile erkennen, welche die zionistische Niederlassung in Palästina mit sich gebracht hatte, und unter der Leitung ihrer eigenen sozialistischen Führung einsehen, dass mit dem Zionismus als einer Bewegung der jüdischen Arbeiterschaft gemeinsame Interessen bestünden. 16 Dessen ungeachtet blieb die vorherrschende Meinung die, dass Zugeständnisse an die Araber, so wichtig sie sein mochten, politisch von untergeordneter Bedeutung seien. 17 Jizchak Ben Zvi (1884-1963), der zweite Präsident des Staates Israel, der persönlich eine romantische Zuneigung zu den Arabern hegte, stellte in einer Debatte des Nationalrats 1922 fest, dass eine übergroße Rücksichtnahme auf die Gefühle und Interessen der arabischen Bevölkerung Palästinas aus moralischen Motiven sich leider als unvereinbar mit der Förderung der Bedürfnisse und Anliegen des Zionismus, nämlich freier jüdischer Einwanderung und Niederlassung in Palästina, erweisen könnte. 18 In ihrem Glauben an das Selbstbestimmungsrecht ließen sich die Zio15. Protokoll eines Konklaves, zu dem sich im Dezember 1918 Vertreter aller Gruppierungen der palästinensischen Judenheit trafen, um die »nationalen Bedürfnisse« des Jischuw zu formulieren, die der bevorstehenden Pariser Friedenskonferenz vorgelegt werden sollten. Angeführt bei Caplan, Palestine Jewry and the Arab Question (19171925), S. 29. 16. Sozialistisch-zionistische Stellungnahmen zur arabischen Frage finden sich in: Esco Foundation for Palestine, Inc (Ed.), Palestine. A Study of Jewish, Arab and British Policies, Bd. I, New Haven 1947, S. 573-578. Eine repräsentative Sammlung sozialistisch-zionistischer Schriften zum Thema bei Enzo Sereni/R. E. Ashery (Eds.), Jews and Arabs in Palestine. Studies in a National and Colonial Problem, New York 1936. 17. Die Leitung des Jischuw unterstützte weiterhin, was sie »arabische Arbeit« nannte, d. h. Förderung gemäßigter arabischer politischer Organisationen (häufig durch heimliche Finanzhilfe), Erweiterungen der Dienstleistungen des Jischuw für die arabische Bevölkerung, besonders auf landwirtschaftlichem und medizinischem Gebiet, Hilfestellung beim Aufbau arabischer Arbeitervereinigungen u. a. m. Ebenfalls wurden Anstrengungen unternommen, unter den Juden eine gewisse Kenntnis arabischer Kultur und Sprache zu verbreiten. Was an Energie und Reserven für diese Bemühungen eingesetzt werden konnte, war allerdings recht wenig. Dazu Caplan, Palestine Jewry and the Arab Question (1917-1925), S. 127-145, 189 ff. 18. Caplan, Palestine Jewry and the Arab Question (1917-1925), S. 137.
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nisten – Leute wie Katznelson, Ben Gurion und Ben Zvi – nicht dadurch beirren, dass die jüdische Nation bei ihrem Ringen um dieses Recht einem anderen Volk, den Arabern, ins Gehege kam, die eben dasselbe Grundrecht für sich in Anspruch nahmen. »Entsprechend sahen die Zionisten, obwohl im Grunde Anti-Imperialisten und leidenschaftliche Demokraten, keine andere Wahl, als sich nach der Hilfe der imperialistischen Mächte umzusehen«, wie der Historiker Jacob Talmon feststellt. »Die Zionisten«, fährt Talmon fort, »standen im Kreuzfeuer jener Tage ratlos zwischen den Forderungen des religiösen und moralischen Gewissens und denen der weltlichen Machtpolitik, zwischen messianischem Nationalismus einerseits und messianischem Universalismus andererseits«. 19 Die zionistische Führung traf die politische – für viele mit Gewissensqualen verbundene – Entscheidung, die zionistischen Interessen ohne Rücksicht auf ihr Verständnis für die arabischen nationalen Bestrebungen zu verfolgen. Demographisch gesehen, war Palästina überwiegend arabisch. Laut einer britischen Volkszählung von 1922 gab es in Palästina 660 641 Araber gegenüber 83 790 Juden. 20 Selbst ohne die statistischen Daten aus den Dienstzimmern der eifrigen Beamtenschaft Seiner Majestät war die arabische Bevölkerungsmehrheit in Palästina eine unleugbare Tatsache. Dies konnte jedoch den festen Entschluss der Juden, in Palästina ihre nationale Heimstätte zu errichten, nicht erschüttern. Den meisten Zionisten war die Beziehung zwischen den Juden, dem Volk Israel und dem Land Israel eine Selbstverständlichkeit. Diese Verbundenheit, standhaft bewahrt durch Israels jahrtausendelangen Aufenthalt im Exil, wurde von Zionisten häufig für das »historische Recht« der Juden auf Palästina angeführt. Diese quasi-rechtliche Formulierung 21 sucht in die Sprache moderner weltlicher Politik zu übertragen, was für die Juden eine religiöse und geistige Wirklichkeit war, eine Wirklichkeit, nicht weniger unwiderruflich als die arabische Präsenz in Palästina. Die zionistische Überzeugung, dass das »jüdische Problem« – die zunehmend politisch motivierte antisemitische Bedrohung der Juden in der modernen Welt – nur durch »Einsammlung der Zerstreuten«, durch eine Heimkehr ins 19. Jacob L. Talmon, Israel Among the Nations, London 1970, S. 132. 20. Esco Foundation for Palestine, Palestine. A Study of Jewish, Arab and British Policies, S. 320 f. Eine umfassende Dokumentation und Analyse der Bevölkerungsfrage in Palästina bei Dov Friedlander u. Calvin Goldscheider, The Population of Israel, New York 1979, S. 53-82. 21. Obwohl Buber häufig und leidenschaftlich von der einzigartigen Beziehung der Judenheit zum Land Israel sprach, lehnte er diese Formel als unehrlich ab. Vgl. Buber, Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina, in diesem Band, S. 127 f.
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Land der Väter gelöst werden könne, machte die Verbundenheit der Juden mit Palästina noch dringlicher. Die Anerkennung des »Rechts« des jüdischen Volkes auf Palästina in der Balfour-Deklaration und deren Übernahme durch die Westmächte und den Völkerbund bestärkten die Juden in ihrem Glauben. Aus dieser Sicht erschien der zionistischen Führung das jüdische »Recht« auf Palästina moralisch fundiert. Außerdem wurde geltend gemacht, dass das jüdische Volk Palästina weit dringender brauche als die Araber. Angesichts der unbestreitbaren Notwendigkeit, dem jüdischen Volk ein Überleben zu sichern, erschien die zionistische Beeinträchtigung arabischer Rechte allenfalls als lästig: »Wenn der arabische Anspruch mit unserem jüdischen Überlebenswillen konfrontiert wird, erscheint er wie der Anspruch eines Feinschmeckers gegenüber einem dem Hungertode Nahen«. 22 Daher bestand politisch gesehen die unmittelbare Aufgabe des Zionismus darin, die arabische demographische Überlegenheit abzubauen – denn diese verlieh der Forderung nach einem arabischen Staat Palästina eine »oberflächliche« Rechtfertigung –, indem er so rasch wie möglich eine jüdische »Mehrheit« in Palästina schuf. 23 Somit wurde die Beschleunigung der jüdischen Einwanderung, oder Alija, wie die Zionisten sie hebräisch nannten, die politische Hauptstrategie als Antwort der zionistischen Bewegung auf die arabische Frage. 24 Gleichzeitig mit der Verstärkung der Alija und der Schaffung einer jüdischen Mehrheit – einer Politik, die man in den zwanziger Jahren bewusst vertuschte und erst seit den dreißiger Jahren allmählich offen verfolgte 25 – wurde an der Errichtung einer wirtschaftlich und so22. Zeev Jabotinsky, Evidence Submitted to the Palestine Royal Commission, House of Lords (February II, 1937), London 1937, S. 13. 23. Dazu Caplan, Palestine Jewry and the Arab Question (1917-1925), S. 5-7 et passim. 24. Ebd., S. 200 ff. 25. Von zionistischer Seite wurden viel Leidenschaft und Phantasie darin investiert, die besten Wege für die Schaffung einer jüdischen Mehrheit in Palästina zu finden. Die britischen Ausflüchte in Bezug auf die Balfour-Deklaration mit der Verpflichtung, die Errichtung der »jüdischen nationalen Heimstätte« in Palästina zu fördern, und die Schwankungen in der Einwanderungsquote stellten die zionistische Führung vor schwere Probleme. In den zwanziger Jahren schien es ihr taktisch klug, behutsam vorzugehen und den Jischuw »organisch« aufzubauen, »Mann für Mann, Gehöft für Gehöft«, und dabei die Entscheidung über Palästinas politische Zukunft so weit wie möglich hinauszuzögern. Man enthielt sich einer provokativen Redeweise und hütete sich, das endgültige Ziel der Bewegung vorschnell zu enthüllen. Diese »Ausklammerung« des Endziels erlaubte vielen Zionisten, darunter Buber, politische Souveränität als unwesentliche Zutat zu den eigentlichen Zielen der Bewegung zu betrachten. Seit den dreißiger Jahren aber, als die Lage der Juden in Europa immer verzweifelter wurde und die Einwanderung entsprechend zunahm, vollzog sich ein deutlicher Umschwung in der zionistischen Politik. Nicht nur wurde die Absicht der
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zial autarken, autonomen jüdischen Gemeinschaft in Palästina weitergearbeitet: ein unabhängiges Schulsystem, eine Selbstwehrtruppe (die Hagana), Institutionen für die Selbstregierung und ein Netz von landwirtschaftlichen Siedlungen. Beabsichtigt war, die Araber (und die Engländer) vor vollendete Tatsachen zu stellen, nämlich vor eine in einer gesunden Wirtschaft und einer lebendigen Sozialstruktur verankerte jüdische Mehrheit. Dem lag die Hoffnung zugrunde, die Araber würden dies stillschweigend dulden, schließlich akzeptieren und danach trachten, mit den Juden brüderlich und friedlich zu leben. Die innerhalb des Zionismus vorherrschende Haltung, getragen von der energischen Entschlossenheit, nicht aufzugeben, was als jüdisches Grundrecht angesehen wurde, wurde vom Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation, Chaim Weizmann (1874-1952) – der stets für Versöhnung und politische Mäßigung plädierte und der gegenüber der arabischen Frage sehr aufgeschlossen war –, wortgewaltig zusammengefasst. 26 In seiner Antwort vom 17. Januar 1930 auf den Brief eines amerikanischen Juden, der gefragt hatte, ob die Araber gegenüber dem Zionismus nicht eigentlich im Recht seien, gibt Weizmann zu, dass Palästina ein Land ist, dessen beide Nationen gleichberechtigt sind: Aber Gleichberechtigung zwischen Partnern, die zahlenmäßig einstweilen noch recht ungleich sind, erfordert sorgfältiges Nachdenken und ständige Überwachung. Palästina müssen sich zwei Nationen teilen: Die eine davon ist dort bereits in voller Stärke vertreten, während von der anderen zunächst nur ein Vortrupp angelangt ist. Die Araber sind die glücklichen Besitzer, während wir das Recht derer zu wahren haben, die stets im Unrecht sind. Das Gesetz der Trägheit arbeitet für die Araber, und eine Denkweise im gewohnten Fahrwasser zerschneiSchaffung einer jüdischen Mehrheit eher ausgesprochen, sondern die politische Souveränität wurde nicht mehr als ein fernes Endziel angesehen; vielmehr galt sie jetzt mehr und mehr als notwendiges Mittel zur Erreichung des vordringlichen Ziels der Bewegung, nämlich der Schaffung einer Zufluchtsstätte für die Massen der verfolgten Juden. Dazu Ben Halpern, The Idea of the Jewish State, Cambridge/Mass. 1961, S. 20-51, bes. 35-38. 26. Dazu seine Äußerungen auf dem XIV. Zionisten-Kongress im August 1925, anlässlich einer Debatte über Jabotinskys Vorschlag, zum Schutz des Jischuw gegen arabische Übergriffe eine jüdische Legion zu gründen: »Der Schlüssel liegt darin: In wirklicher Freundschaft und Zusammenarbeit mit den Arabern den Nahen Osten der jüdischen Initiative zu eröffnen (Stürmischer Beifall). Palästina muß aufgebaut werden, ohne daß den legitimen Interessen der Araber ein Haar gekrümmt wird. Der zionistische Kongreß darf sich nicht auf platonische Formeln beschränken. Er muß die Wahrheit erkennen, daß Palästina nicht Rhodesia ist, sondern daß dort 600 000 Araber sind, die vor dem Rechtsgefühl der Welt genauso viel Recht auf ihr Leben in Palästina haben wie wir auf unser nationales Heim (Beifall)». Protokoll der Verhandlungen des XIV. Zionisten-Kongresses vom 18. bis 31. August 1925 in Wien, London 1926, S. 328.
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det und untergräbt die Grundfesten dessen, was da entstehen soll, nämlich unserer nationalen Heimstätte in Palästina. Während wir den Grundsatz der Gleichheit zwischen Juden und Arabern in dem künftigen Staat Palästina anerkennen, drängen die Araber auf die sofortige Errichtung jenes Staates, denn zur Zeit würden ihnen die Umstände erlauben, daraus ein arabisches Dominium zu machen, von wo kein Weg zurück zu wirklicher Gleichheit führt. Wir brauchen keine politischen Dilettanten oder Abenteurer wie (Sir John) Philby, die auf eine ansehnliche »Flotte im Pazifik« erpicht sind, um zu wissen, wie wichtig eine friedliche Verständigung mit den Arabern für uns wäre, und es ist eine schlichte Gemeinheit, wenn jene den Anschein erwecken wollen, als ob es bei uns am Wissen um die Notwendigkeit einer solchen Verständigung oder an dem Bemühen darum mangele. […] All die arabischen Einwände gegen das, was wir im Laufe der letzten zehn Jahre in Palästina gemacht haben, laufen letzten Endes auf eine einzige Tatsache hinaus: dass wir gekommen sind, dass wir weiterhin kommen und dass wir vorhaben, in noch größeren Mengen zu kommen. Im Jahre 1848 sagte ein führender Italiener zu den Österreichern: »Wir verlangen von Euch nicht, uns gut zu regieren, sondern zu gehen.« Die Araber, wenn sie aufrichtig sprechen, sagen zu uns: »Wir verlangen von Euch nicht, uns gut zu behandeln, sondern nicht zu kommen«; und solange sie diesen Wunsch nicht mit erlogenen Klagen über angeblich durch uns erlittenes Unrecht verbrämen, kann ich ihren Standpunkt durchaus verstehen und respektieren. Wer unseren Anspruch auf eine nationale Heimstätte – auf einen Fleck auf dieser Erde – für unberechtigt hält, wer meint, nur wir unter allen Nationen müssten ewig auf der Wanderschaft bleiben, aus dem einen Land vertrieben, in ein anderes nicht zugelassen, verachtet und als minderwertig behandelt, wo wir bleiben: wer immer der Ansicht ist, das Mandat sei ein Fehler und ein Unrecht gegenüber den Arabern Palästinas gewesen – lass ihn reden. Wenn es Juden gibt, die so empfinden – lass auch sie reden. Leuten, die sich plötzlich zu dieser Ansicht bekehrt haben, kann ich nur erwidern, dass sie diese ehrlicherweise schon vor zwölf Jahren hätten vertreten sollen, bevor so viele Hoffnungen gesetzt, so viele Opfer gebracht und so viel Mühe verwandt wurde auf etwas, was in unseren Augen ein ehrenhaftes und gerechtes Ideal war und was die Welt als solches anerkannt hat. Wenn unsere nationale Heimstätte in Palästina jemals erstehen soll, wenn das Recht auf freien Zugang zum Land aufrechterhalten werden soll, wenn die Vorstellung von den Rechten beider Nationen gelten soll, ist klar, dass derjenigen Hälfte der künftigen Bevölkerung, die sich bereits an Ort und Stelle befindet und die entschlossen ist, die andere Hälfte draußen zu halten, weder freie Bahn noch Rechte eingeräumt werden dürfen, die nur der Gesamtbevölkerung zukommen. […] Ich sage es ganz deutlich und im vollen Bewusstsein meiner Verantwortung: Ich werde unsere nationale Hoffnung oder die Grundlagen unserer Existenz nicht für einen Strohhalm preisgeben. Wir müssen weitersehen, wir haben kein Recht, national Selbstmord zu begehen. Eher verzichten wir auf die Unterstützung oberflächlicher oder halber Freunde unter den Nicht-Juden, eher begeben wir uns von neuem auf die Wüstenwanderung und begraben unsere Hoffnungen auf Ver-
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wirklichung uralter Sehnsucht in unseren Tagen, als daß wir unser Grundrecht auf Freiheit und Gleichheit in Palästina, unser Geburtsrecht im Lande Israel aufgeben. Wir dürfen weder wider das Recht sündigen noch die Zukunft unseres Volkes verraten. 27
Buber und die arabische Frage Die Rede vom tragischen Konflikt zwischen Juden und Arabern in Palästina wurde zu einer Art Refrain im Munde von Zionisten. Buber wandte sich entschieden gegen diese Anschauung, denn sie implizierte Resignation vor einem an Heftigkeit ständig zunehmenden Konflikt und ging von der Voraussetzung aus, dass angesichts der energischen Gegenwehr der Araber dem Zionismus nichts anderes übrigbleibe als beständige Selbstbehauptung, verwirklicht durch eine entsprechende Machtpolitik. Seine Ablehnung der Sicht des Konflikts als eines tragischen – samt den moralischen und politischen Folgerungen daraus – bildet das Leitmotiv von Bubers Schriften zur arabischen Frage und zur zionistischen Politik, die im vorliegenden Band gesammelt sind. Mit der Annahme, die Gegensätze zwischen der zionistischen und der arabischen Position seien unüberbrückbar, es sei denn durch Machtpolitik, klammert die tragische Sicht des Konflikts, so Buber, den moralischen Aspekt faktisch aus. Es genüge nicht, wenn auch noch so ehrlich, zuzugeben, dass dieser Aspekt besteht. Buber bestand darauf, dass die zionistische Bewegung mit dem Problem leben müsse, solange bis eine gerechte Lösung gefunden sei, d. h. ein für beide Seiten annehmbarer Ausgleich der rivalisierenden Ansprüche von Arabern und Juden. Die moralische Frage müsse ins Zentrum der politischen Phantasie des Zionismus treten und den Maßstab für das politische Denken und Handeln der Bewegung abgeben. Obwohl er konkrete Vorschläge zur zionistischen Politik in der Araberfrage gemacht hat, bestand im Grunde Bubers Kritik nicht nur aus Postulaten für eine bessere Politik, sondern in der Forderung nach Einführung einer moralischen Spannung oder »Richtung«, wie er sagte, ins politische Denken – einer Richtung, die er für unerlässlich hielt, um die Einsichten herbeizuführen, aus denen jene vernünftigere Politik hervorgehen sollte. Bubers Kritik an der zionistischen Führung richtete sich natürlich auch gegen die universale Tendenz politischen Denkens, Moral und Po27. Weizmann an James Marshall, 17. Januar 1930, in: Camillo Dresner (Ed.), The Letters and Papers of Chaim Weizmann, Bd. XIV, Jerusalem 1979, S. 208-211.
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litik als zwei völlig getrennte Bereiche des Urteilens und Verhaltens darzustellen. Er entlarvte die lügnerische Scheinheiligkeit vieler führender Politiker, egal vor welchem ideologischen Hintergrund, die unter mancherlei frommen Belangen auch moralische Anliegen im Munde führten, dabei aber gleichzeitig unter der Voraussetzung der Unvereinbarkeit unserer grausamen und komplexen Welt mit ethischen Grundsätzen weiterschritten auf dem gebahnten Weg egoistischer Selbstbehauptung und dem scheinbar vorteilhaften Streben nach Macht. Durch diesen Zynismus, nur mangelhaft kaschiert durch Lippenbekenntnisse zu den Idealen von Moral und Gerechtigkeit, werde die Verheißung eben dieser Ideale verwirkt. Buber hatte Gesinnungsgenossen bei einer Gruppierung, einer Minderheit innerhalb des Zionismus, welche die arabische Frage als den zentralen Punkt betrachtete, mit dem sich die Bewegung auseinanderzusetzen habe. Weil das »Araberproblem« den eigentlichen moralischen und geistigen Kern des Zionismus zu »verseuchen« drohte, waren sie der Meinung, dass die arabische Frage nicht durch machtpolitische Techniken stillzulegen sei. Denn wenn sie nur auf ein politisches Abstellgleis geschoben würde, bliebe doch die moralische Herausforderung der arabischen Frage an den Zionismus bestehen. In den Augen dieser Zionisten war die arabische Gegnerschaft zum Zionismus durch eine tiefwurzelnde Angst ausgelöst, dass den Arabern ihre Rechte und ihr Land genommen würden und dass die jüdischen Eindringlinge mit britischer Duldung sie und ihr Land unterjochen wollten. Dies war in den Augen von Buber und gleichgesinnten Zionisten eine ernstzunehmende und verständliche Befürchtung. Deshalb drängten sie darauf, die arabische Frage aus dieser Perspektive anzugehen: die moralische Aufgabe bestehe darin, die arabischen Befürchtungen zu zerstreuen, ohne andererseits auf die zionistischen Interessen zu verzichten, die in einem echten jüdischen, moralisch zwingenden Bedürfnis gründeten. Zionisten, die diese Anschauung teilten, machten verschiedene Vorschläge, wie die arabischen und jüdischen politischen wie moralischen Bedürfnisse zu vereinigen seien. 28 Diese Vorschläge enthielten allesamt ein gegenseitiges aufeinander Eingehen und eine Bereitschaft, die jeweils eigenen nationalen Bestrebungen auf das Minimum zu reduzieren, das zur Sicherung der moralisch haltbaren, grundlegenden Interessen von Juden bzw. palästinensischen Arabern erforderlich war. Die Vertreter dessen, was man »pazifistischen 28. Dazu Susan Lee Hattis, The Bi-National Idea in Palestine During Mandatory Time, Haifa 1970 sowie Tom Segev, One Palestine, Complete: Arabs and Jews in Mandatory Palestine, S. 408-11.
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Zionismus« genannt hat, waren sich darüber im Klaren, dass ihre besondere Einstellung zur arabischen Frage von der Gegenseite letzten Endes dasselbe Maß an gutem Willen und politischer Selbstlosigkeit forderte, das zu investieren sie von der zionistischen Bewegung verlangten. Sollte es keine hinlängliche Anzahl von Arabern geben – die es in der Tat nicht gab –, die bereit wären, ihrer Aufforderung nachzukommen, dann litte, wie sie selbst zugeben mussten, ihr »Pazifismus« an einer erheblichen Asymmetrie. Aber, wie Buber nicht müde wurde zu betonen, die geforderte politische Selbstlosigkeit verlange gegenseitiges Vertrauen, und da die Zionisten als die »Eindringlinge« dastehen, obliege ihnen die Schaffung dieses Vertrauens. Um das Vertrauen der Araber zu gewinnen, müssten Juden es durch sowohl kleine als auch kühne politische Gesten fördern. Der pazifistische Zionismus forderte: Juden müssen lernen, die kulturellen Werte und Empfindungen der Araber zu respektieren; die zionistische Bewegung sollte sich nicht unter den Schutz einer imperialistischen Macht stellen, zumal einer, die arabischen Interessen feindlich gegenübersteht; der Zionismus muss einen glaubwürdigen »Friedensplan« vorlegen, in dem etwaige Möglichkeiten, die Interessen der palästinensischen Araber und des jüdischen Volkes miteinander zu vereinigen, wenigstens angedeutet sein sollten. Das Vertrauen der Araber ist nicht anders zu erwerben als durch solche Gesten, die den Willen des Zionismus zu gegenseitiger Anpassung, respektvollem Umgang und Brüderlichkeit deutlich zum Ausdruck bringen. Einer der wortgewandtesten Vertreter dieser Haltung war Bubers guter Freund Robert Weltsch (1891-1982), Herausgeber der anspruchsvollen deutschen zionistischen Wochenschrift Jüdische Rundschau. Am Vorabend des XIV. ZionistenKongresses im August 1925 schrieb er einen vieldiskutierten Leitartikel, in dem er unter anderem Folgendes äußerte: 29
Es gibt ein Volk ohne Land – aber es gibt kein Land ohne Volk. […] Palästina hat eine Bevölkerung von 700 000 Seelen, ein Volk, das seit Jahrhunderten im Lande lebt und mit vollem Recht dieses Land als sein Vaterland und seine Heimat betrachtet. Mit dieser Tatsache haben wir zu rechnen. […] Palästina wird stets von zwei Völkern bewohnt sein, von Juden und Arabern […]. Das Land kann nur ge-
29. Puah Meroz, Pazifistischer Zionismus: Seine Größe und seine Schwäche. »Brit Schalom« im Kampf um den Jischuw und den Zionismus [hebr.], in: Ba-schaʾ ar. Social and Culture Review, 11,6 (Nov./Dez. 1978), S. 554-564; ebd. 11,7 (Jan./Feb. 1979), S. 60-81. Der Ausdruck »pazifistisch« bezeichnet hier weniger die doktrinäre oder ideologische Ablehnung von Gewalt als die Überzeugung, dass die Erlangung von friedlicher und freundschaftlicher Verständigung mit den Arabern eine vorrangige Priorität der Zionisten sein müsse. Shalom Ratzabi, Between Zionism and Judaism. The Radical Circle in Brith Shalom 1925-1933, Leiden 2001, S. 34, 119-120.
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deihen, wenn zwischen den beiden Völkern ein Verhältnis gegenseitigen Vertrauens besteht. Ein solches Verhältnis kann aber nur entstehen, wenn diejenigen, die neu hinzukommen – und das sind in diesem Fall wir –, mit dem ehrlichen und aufrichtigen Willen kommen, mit dem andern Volk zusammenzuleben, auf der Basis gegenseitigen Respektes und selbstverständlicher Achtung aller menschlichen und nationalen Rechte. […] Die Verwirklichung des Zionismus ist undenkbar, wenn es nicht gelingt, das zionistische Werk in den Rahmen der zu immer stärkerem Bewußtsein erwachenden orientalischen Welt einzugliedern. […] 30
Wenn es nicht gelänge, der arabischen Frage einfallsreich und aufrichtig zu begegnen, so wäre dies also nicht nur ein moralisches Scheitern, sondern auch ein politisches Versagen. Buber war einer der Hauptsprecher für diese Haltung und bestand darauf, dass die Machtpolitik, die sogenannte Realpolitik, im Grunde kurzsichtig sei und das, was er als »prophetische Politik« bezeichnete, eine Politik, die in der moralischen Problematik der jeweiligen Situation gründete, der mannigfaltigen Dialektik der Situation angemessener sei und von daher in tieferem Sinne sogar realistischer. Somit beruhte Bubers Gegnerschaft gegen die offizielle politische Linie des Zionismus nicht auf abstrakten ethischen Prinzipien, sondern auf einem in seinen Augen höheren Realismus. In Einklang mit diesem Realismus verwarf er das politische Ziel der Schaffung einer jüdischen Bevölkerungsmehrheit – eine Taktik, die im Vorhergehenden schon als Antwort auf die arabische Frage charakterisiert worden ist. Buber gehörte einer Minderheit von Zionisten an – einer Minderheit sogar innerhalb des »pazifistischen« Lagers –, die um der Verständigung mit den Arabern willen sogar zu einer Einschränkung der Alija bereit war. 31 Von den zionistischen Grundsätzen aus gesehen war dies eine extrem radikale Position, denn die freie Einwanderung von Juden nach Palästina galt seit der Gründung der zionistischen Bewegung als eine conditio sine qua non für die Verwirklichung des obersten moralischen Anliegens der Be30. Robert Weltsch, Zum XIV. Zionistenkongreß. Worum es geht, in: Jüdische Rundschau 30, 64/65, 14. August 1925, S. 539 f. Zur intensiven Debatte über die Araberfrage, die in den Kreisen der deutschen Zionisten geführt wurde, siehe: Zur Geschichte des Deutschen Zionismus 1882-1933, herausgegeben und eingeleitet von Jehuda Reinharz, Tübingen 1980, S. XIII–XIV, 180-191, 196-197. 31. Aufgeschlossenheit gegenüber der Sache der arabisch-jüdischen Verständigung bedeutete nicht automatisch Verzicht auf das Ideal einer unbegrenzten jüdischen Masseneinwanderung nach Palästina. Tatsächlich waren die meisten Anhänger des »Pazifisten«-Lagers in puncto Alija »Maximalisten«; demgegenüber gab es auch »Minimalisten«, welche die Aussichten auf arabisch-jüdische Freundschaft in weniger rosigem Licht sahen. Dazu Israel Kolatt, The Zionist Movement and the Arabs, in: Essential Papers on Zionism, edited by Jehuda Reinharz and Anita Shapira, New York 1996, S. 617-647, hier S. 618.
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wegung, der Lösung des jüdischen Problems. Durch ihre Bereitschaft, die Alija von den Empfindlichkeiten der Araber abhängig zu machen, widersprachen Buber und seine Freunde außerdem der übermächtigen Sehnsucht des Zionismus, die Juden wieder in ihre Rechte als souveräne Nation einzusetzen, welche die Ehre und die Freiheit hat, das Schicksal des jüdischen Volkes zu bestimmen. Buber wusste um diese Gefühle, machte aber geltend, dass er sie zwar schätze und sogar teile, dass es aber doch nur Gefühle seien, die in den Rang von politischen Doktrinen zu erheben äußerst unklug sei, denn die Annahme, dass ein politisch souveränes jüdisches Gemeinwesen das jüdische Problem lösen werde, sei töricht. Buber hatte den Eindruck, dass die Judenheit in aller Welt dem Ruf nach Zion nicht in Scharen Folge leisten werde. Was die Juden betraf, die einer Zufluchtsstätte bedürften, so würde die Zusicherung hoher jüdischer Einwanderungsquoten für Palästina, die am besten durch die zionistische Bewegung freiwillig reguliert werden sollten, genügen. »Viele – keine Mehrheit« – dies war das Motto, das Buber als Grundlage einer gesunden Politik prägte. Die Forderung nach einer jüdischen Mehrheit dagegen war in Bubers Augen nicht nur unrealistisch, sondern unverantwortlich, da sie unweigerlich die Befürchtungen der Araber anstacheln und die Spannungen in Palästina verschärfen werde. Die Errichtung des Staates Israel im Jahre 1948, in dessen reduzierten Grenzen nach der Vertreibung der Palästinenser eine jüdische Mehrheit wohnte, machte Bubers Kritik an diesem Punkt der zionistischen Politik gegenstandslos. Nichtsdestoweniger hielt er die Forderung nach politischer Souveränität weiterhin für ein törichtes, nicht zu rechtfertigendes Unterfangen; daher vertrat er die Ansicht, der Krieg, der mit der Ausrufung des jüdischen Staates ausbrach – der freilich von den Arabern ausging, aber doch als unvermeidliche Folge einer staatlichen Unabhängigkeitserklärung vorauszusehen war – hätte sich vermeiden lassen. Buber passte sich der neuen Wirklichkeit an, bewahrte aber – was die vorliegende Sammlung reichlich dokumentiert – in seiner Eigenschaft als Zionist und Bürger des Staates Israel seine Wachsamkeit in Bezug auf das, was in seinen Augen moralische und politische Fehler seiner Regierung waren, besonders im Hinblick auf die Probleme, die im Zuge von Israels Unabhängigkeitskrieg entstanden waren: das arabische Flüchtlingsproblem und die unsichere Lage der innerhalb der israelischen Staatsgrenzen verbliebenen Araber. Buber blieb zuversichtlich, dass trotz dieser erheblichen Erschwerung der arabischen Frage mit moralischer Entschlossenheit und politischer Phantasie eine Lösung des arabischjüdischen Konflikts zu finden sei. Im Laufe von über sechzig Jahren unablässigen Mahnens, Realpolitik
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nicht zum bestimmenden Grundsatz zionistischer Politik zu machen, entwickelte Buber seine besondere Auffassung von Politik. Er trachtete danach, einerseits die Scylla eines abstrakten, politisch wirkungslosen, moralischen Idealismus und andererseits die Charybdis eines zynisch zum ethischen Prinzip erhobenen »heiligen Egoismus« zu umgehen; er wandte sich mit allen Kräften gegen die Anschauung, dass das egoistische Verfolgen der eigenen Gruppeninteressen, auch wenn es einer anderen Gruppe zum Schaden gereiche, ein heiliges und moralisch selbstgenügsames Anliegen sei. Bubers Auffassung von Politik: Die Demarkationslinie Bubers besonderer Zugang zur Politik hatte seine Wurzeln in der nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Bewegung des religiösen Sozialismus. Zusammen mit religiösen Intellektuellen wie Paul Tillich (18861965), Leonhard Ragaz (1868-1945) und Eugen Rosenstock-Huessy (1888-1973) sah Buber im radikalen Auseinandertreten des Geistigen und des Weltlichen den Ursprung der Bedrängnis und Uneinigkeit, von denen die moderne Gesellschaft heimgesucht wird. 32 Die Religion habe sich in die kirchlichen Gefilde konfessionell und rituell gebundener Frömmigkeit zurückgezogen und jeglichen Anspruch auf die »säkulare« Welt aufgegeben. Aber die Scheidung zwischen Heiligem und Profanem sei keine ontologische; die gesamte Schöpfung sei potentiell heilig. Die Heiligung allen Wesens erfordere eine Erweiterung des Glaubens an Gott den Schöpfer und Erlöser auf unser öffentlich-politisches Handeln – Bereiche des Lebens, die bisher den reinen Zweckmitteln und dem Zy32. Dazu Renate Breipohl (Hrsg.), Dokumente zum religiösen Sozialismus in Deutschland. Mit einer historisch-systematischen Einführung, München 1972; Markus Mattmüller, Leonhard Ragaz und der religiöse Sozialismus, Zollikon 1957; ferner die Ergebnisse einer Tagung über religiösen Sozialismus, zu deren Mitveranstaltern Buber gehörte: Sozialismus aus dem Glauben. Verhandlungen der sozialistischen Tagung in Heppenheim a. d. B., Pfingstwoche 1928, Zürich u. Leipzig: Rotapfel 1929. Zu Bubers religiösem Sozialismus vgl. in den erwähnten Verhandlungen seine Beiträge, ebd., S. 90-94, S. 121-122 u. S. 217-219 (jetzt in: MBW 11.1, S. 333-339). Ferner Bubers Beitrag im Sonderheft zum sechzigsten Geburtstag von Leonhard Ragaz, Drei Sätze eines religiösen Sozialismus, Neue Wege, XXII 7/8, vii./viii. 1928, S. 327-329 (jetzt in MBW 11.1, S. 230-232). Ein knapper Überblick über Bubers Einstellung zur Bewegung des religiösen Sozialismus bei Hans Kohn, Martin Buber. Sein Werk und seine Zeit. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte Mitteleuropas 1880-1930, 2. Aufl., Köln 1961, S. 217 ff.; ferner auch Richard Falk, Martin Buber and Paul Tillich. Radical Politics and Religion, New York 1961. Vgl. auch Brody, Martin Buber’s Theopolitics.
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nismus ausgeliefert waren. »An Gott glauben«, meinte Ragaz, »ist nicht schwer. Aber glauben, daß diese Welt eines Tages Gottes Welt sein wird, daran mit einem Glauben festzuhalten, der stark genug ist, das eigene Leben danach zu formen – das erfordert Treue bis in den Tod.« 33 Die wahre Forderung religiösen Glaubens bestehe darin, das Leben in der »gebrochenen« Alltagswelt zu bejahen. Am Reich Gottes können wir nur arbeiten, indem wir an allen Bereichen des Menschen arbeiten, die uns angewiesen sind. Auf das Reich Gottes hin gibt es keine allgemeingültige Auswahl des Zweckentsprechenden wie auf das Reich des Menschen hin; man kann nicht sagen: hier ist zu wirken und da nicht, dies führt uns zum Ziel und das nicht. Wir können die messianische Welt nicht vorbereiten, wir können sie nur bereiten. Das heißt: es gibt rechtmäßig keine messianistische Politik. Das heißt aber auch: von der Heiligung aller Dinge darf der politische Bereich nicht ausgenommen werden. 34
Religiöser Sozialismus, wie Buber ihn lehrte, geht mit dem Geist eines echten oder Urjudentums zusammen, von dem sich Spuren noch im Pansakramentalismus des Chassidismus erhalten haben, das seinen ursprünglichen Ausdruck aber natürlich in der Bibel gefunden hat, in dem, was Buber als Hebräischen Humanismus bezeichnet hat. »Die biblischen Menschen sind Sünder wie wir, aber eine Sünde begehen sie nicht, unsere Erzsünde: sie unterfangen sich nicht, Gott in den abgezirkten Raum 33. Hebräisch angeführt bei S. H. Bergmann, Denker und Gläubige [hebr.], Tel Aviv 1969, S. 171 (nicht als direktes Zitat gekennzeichnet). Übrigens widmete Bergmann, einer von Bubers besten Freunden im Jischuw, dem religiösen Sozialisten Ragaz eine lange hebräische Abhandlung unter dem Titel »Leonard Ragaz. Kämpfer für das Gottesreich«, ebd., S. 171-195. 34. Buber, Gandhi, die Politik und wir (1930), Die Kreatur, III/4 1930, S. 331-342, hier S. 342 (jetzt in: MBW 11.1, S. 340-350, hier S. 350).Wer Bubers Auffassung von Politik eingehend behandeln wollte, müsste den Einfluss mitberücksichtigen, den sein guter Freund Gustav Landauer (1870-1919), der anarchistische Sozialist, auf sein Denken hatte. Dazu Hans Kohn, Martin Buber. Sein Werk und seine Zeit, passim; Robert Weltsch, Bubers politische Philosopie, in: Paul Arthur Schilpp u. Maurice Friedmann (Hrsg.), Martin Buber. Philosophen des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 1963, S. 384-397; Eugene Lunn, Prophet of Community. The Romantic Socialism of Gustav Landauer, Berkeley 1973, passim; Ruth Link-Salinger, Friends in Utopia. Martin Buber and Gustav Landauer, Midstream (1/1978), S. 67-72; Brody, Martin Buber’s Theopolitics; Michael Loewy, Romantic Prophets: Gustav Landauer and Martin Buber, in: Gustav Landauer. Anarchist and Jew, hrsg. von Paul Mendes-Flohr und Anya Mali, Berlin u. a. 2015, S. 64-81; Siegbert Wolf, »Ich habe eine große Liebe für Ihren Weg.« Martin Buber, Gustav Landauer und der ›Sozialistische Bund‹, in: Dialog, Frieden, Menschlichkeit. Beiträge zum Denken Martin Bubers, hrsg. von W. Krone, T. Reichert, M. Siegfried, Berlin 2011, S. 226-249; Joachim Willems, Religiöser Gehalt des Anarchismus und anarchistischer Gehalt der Religion? Die jüdischchristlich-atheistische Mystik Gustav Landauers zwischen Meister Eckhart und Martin Buber, Ulm 2001.
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einer Abteilung des Daseins, in die ›Religion‹ einzusperren, sie erdreisten sich nicht, Gottes Geheiß eine Grenze zu ziehen und ihm zu sagen: ›Bis hierher bist du zuständig, hier aber beginnt die Zuständigkeit der Wissenschaft oder der Gesellschaft oder des Staates.‹« 35 Der Zionismus geht, laut Buber, letztlich auf die Verkündung eines neuen hebräischen Humanismus aus. Eine der wichtigsten Aufgaben dieses erneuerten hebräischen Humanismus, betonte Buber, werde darin bestehen, ein politisches Ethos herauszubilden, das die wie eine Wunde klaffende Spaltung zwischen Politik und Moral zu heilen vermöge. Als kritischen Bezugspunkt hatte Buber vielleicht Max Webers (1864-1920) Unterscheidung von Verantwortungsethik, die von den Erfordernissen politischer Macht diktiert wird, und Gesinnungsethik, die den Geboten des individuellen moralischen Gewissens folgt, im Sinn. In seiner berühmt gewordenen Rede »Politik als Beruf« von 1918 behauptet Weber, dass vom soziologischen Standpunkt aus betrachtet, die für das öffentliche Wohl Verantwortlichen häufig gezwungen sind, mit moralisch durchaus anfechtbaren Mitteln zu arbeiten, um zu fördern, was dem Gemeinwohl zuträglich ist. Buber und seine Schüler waren nicht bereit, das Webersche Diktum: »Der Genius, oder Dämon der Politik lebt mit dem Gott der Liebe […] in einer inneren Spannung, die jederzeit in unaustragbarem Konflikt ausbrechen kann« 36 als unumstößliches Verdikt hin35. Buber, Hebräischer Humanismus, Neue Wege, 35. Jg. 1941, Heft 14, S. 1-11. Jetzt in: MBW 20, S. 147-158. Zitat S. 152 f. 36. Max Weber, Politik als Beruf, München 1919, S. 58-67. Weber hatte freilich nicht die Absicht, einen krassen Machiavellismus in der Politik zu vertreten. Er wies darauf hin, dass die strikte Anwendung von Gesinnungsethik auf die Politik nicht nur naiv, sondern unverantwortlich, vielleicht sogar unmoralisch ist, denn so wie die Politik nun einmal beschaffen ist, weichen die Folgen einer politischen Entscheidung von den Intentionen oft erheblich ab. Eine Gesinnungsethik, die auf der moralischen Integrität von Intention und Mitteln besteht, ist unfähig, »diabolische« Mittel als dialektisch notwendig zur Erreichung des Guten zu sehen. Der wahre Politiker dagegen ist sich dieser Dialektik, »jener ethischen Paradoxien«, bewusst. »Insofern sind Gesinnungsethik und Verantwortungsethik nicht absolute Gegensätze, sondern Ergänzungen, die zusammen erst den echten Menschen ausmachen, den, der den ›Beruf zur Politik‹ haben kann.« (Ebd., S. 65) Zu einer Kritik an Webers These vgl. Ernst Simon, Are There Two Ethics? A Contribution to Ethics and Politics: A Symposium, in: Arnold Bergstraesser (Ed.), Goethe and the Modern Age. The International Convocation at Aspen (Colorado) 1949, Chicago 1950, S. 374-378. Simon, einer von Bubers treuesten Schülern innerhalb der zionistischen Bewegung, wendet sich gegen »Max Webers Erfindung eines Sondergewissens, das nur für Politiker gemacht ist. Es gibt nur ein Gutes, nur eine Ethik …«, ebd. S. 377. Die Beziehung der Ethik zur Politik – ein im deutschen Denken ständig wiederkehrendes Thema, das auf Johann Gottfried Herder (1744-1803) zurückreicht – wurde unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges ein zentrales Anliegen der deutschen Intellektuellen. Dazu Ernst Troeltsch, Privatmoral und Staatsmoral, in: Ders., Deutsche Zukunft, Berlin 1916, S. 61-112; Alfred Vierkandt, Machtverhältnis und
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zunehmen. Sie schienen eines der höchsten Anliegen des Zionismus darin zu erblicken, Weber zu widerlegen. Vor einer Zionisten-Konferenz sagte Buber im Jahre 1932: In der Wirklichkeit der Geschichte geht es nicht so zu, daß man sich ein gerechtes Ziel setzt, einen Weg dazu wählt, wie ihn etwa die Gunst der Stunde darbietet, und auf diesem Weg das gesetzte Ziel auch erreicht. Damit das erreichte Ziel dem gesetzten gleiche, muß diesem der Weg in seinem Wesen gleichen. Ein falscher, das heißt: zielwidriger Weg führt zu einem falschen Ziel. Was durch Lüge zustande gebracht wird, kann die Maske der Wahrheit, was durch Gewalt zustande gebracht wird, die Maske der Gerechtigkeit vorbinden, und eine Weile mag die Täuschung gelingen; aber bald wird erkannt, daß die Lüge in ihrem Wesen Lüge und die Gewalt in ihrem Wesen Gewalt geblieben ist, und sie werden das geschichtliche Los alles Falschen erfahren. Die Lehre des Jesaja sollte uns bei unserem Tun leiten: ›Zion wird mit Gerechtigkeit erlöst‹ (Jes. 1,27). 37
Angesichts der Notwendigkeiten, die der Aufbau der jüdischen nationalen Heimstätte mit sich brachte, gaben allerdings einige von Bubers Schülern und Freunden die Hoffnung auf, dass Zion durch Recht erlöst werde, dass das Judentum sein Erbteil im Lande der Väter neu antreten könne, ohne auf die trügerischen und skrupellosen Praktiken der Machtpolitik zurückzugreifen. Hans Kohn (1891-1971), Bubers guter Freund und Biograph, der sich 1925 in Palästina niederließ und eine leitende Stellung innerhalb der zionistischen Organisation innehatte, schrieb Buber zahlreiche Briefe, die von seiner Gewissensqual zeugen; er könne seine hohen ethischen Ansprüche und Empfindungen nicht mit der Realpolitik vereinen, welche die zionistische Führung Palästinas verfolge. Machtmoral. Philosophische Vorträge, veröffentlicht von der Kant-Gesellschaft, Berlin 1916; Otto Baumgarten, Politik und Moral, Tübingen 1916; Heinrich Scholz, Politik und Moral. Eine Untersuchung über den sittlichen Charakter der modernen Realpolitik, Gotha 1915; Erich Franz, Politik und Moral. Über die Grundlagen politischer Ethik, Göttingen 1917; Friedrich Wilhelm Förster, Politische Ethik und politische Pädagogik, 3. Aufl., München 1918. Deutsche zionistische Intellektuelle waren besonders vertraut mit Friedrich Meineckes Werk Die Idee der Staatsräson, München 1924. Wie Weber empfahl auch Meinecke Realismus, denn »Machtpolitik, Machiavellismus und Krieg werden wohl niemals aus der Welt zu schaffen sein«. Darüber hinaus vertrat er die Auffassung, Staatsegoismus könne moralisch kreativ sein: »Es ist auch anzuerkennen, daß Machtpolitik und Krieg nicht nur zerstörend, sondern auch schöpferisch wirken können und daß aus Bösem Gutes, aus Elementarem Geistiges allenthalben emporwächst.« (Ebd., S. 505) Bubers Philosophie der Demarkationslinie, welche die Spannung zwischen Politik und allgemeinverbindlicher Moral anerkennt, ist somit vor dem Hintergrund der Diskussionen im zeitgenössischen deutschen Geistesleben zu sehen. 37. Buber, Wann denn?, Jüdische Rundschau 37, Nr. 71 vom 6. September 1932, S. 343, im vorliegenden Band, S. 137-141. Vgl. »Was für den Einzelnen unrecht ist, kann nicht für die Gemeinschaft recht sein.« Ebd., S. 139.
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Was ihn am meisten bekümmerte, war das Unvermögen dieser Führung, mit der arabischen Bevölkerung zu einer friedlichen Koexistenz zu kommen. Kohn schrieb 1929 in einem Brief an Buber, der erst 1938 aus Deutschland nach Palästina übersiedelte: »Sie sind so glücklich, nicht die Details der palästinischen und zionistischen Realität zu sehen, aber der Zionismus, wie er heute ist, die zionistische Zielsetzung, sind nicht zu bejahen. […] Es handelt sich mir nicht um Ismael, nur um Isaak; d. h. um unser Ziel, unser Leben, unser Tun. Ich fürchte, wir fördern etwas, für das wir nicht einstehen können. Etwas, das uns aber dann aus falscher Solidarität immer weiter in den Sumpf treibt. Der Zionismus wird entweder friedlich sein oder er wird ohne mich sein. Der Zionismus ist nicht das Judentum.« 38 Kurz darauf gab Kohn seine Stellung in der zionistischen Organisation auf und begann eine erfolgreiche akademische Laufbahn in den USA. Infolge der Spannungen, auf die Kohn und andere, wie etwa seine Freunde vom Brit Schalom (Friedensbund), einer von Kohn mitbegründeten zionistischen Gruppe, die sich um die Förderung der Verständigung zwischen Arabern und Juden bemühte, 39 hingewiesen haben, entwickelte Buber eine Philosophie des ethischen Handelns, mit deren Hilfe es ihm gelang, mit den vielen moralischen Zweideutigkeiten zurechtzukommen, denen sich der Zionismus in unserer, wie er klagte, leider unmessianischen Welt gegenübersah. Buber war Kohns moralischem Zwiespalt gegenüber nicht gleichgültig, aber er hielt seine Haltung für »doktrinär«. 40 Kohn sei von abstrakten moralischen Prinzipien ausgegangen; mit den Widerwärtigkeiten der Wirklichkeit konfrontiert, trete er den Rückzug an. Letzten Endes zeige sich Kohn der Reinheit seiner moralischen Ideale mehr verpflichtet als der Aufgabe der Welterlösung. Indem Kohn seine Ideale als erhabene, unvermischte Wahrheiten dogmatisch hypostasiere, begehe er eigentlich Verrat an eben diesen Idealen. »Wer in der Politik dem Geist gehorsam bleiben will, darf in keiner Situation vergessen,« schrieb Buber einige Monate nach Erhalt des erwähnten Schreibens von Kohn, dass »sein Werk […] nicht über dem Handgemenge, sondern in ihm sich vollziehen muß.« 41 Freilich droht die Berührung mit der Weltwirklichkeit die Reinheit unserer mo38. Kohn an Buber, 21. September 1929, in: B II, S. 353. Vgl. dazu Adi Gordon, A Disillusioned Love. Break with Zionism, in: ders., Toward Nationalism’s End. An Intellectual Biography of Hans Kohn, Brandeis University Press 2017, Kap. 5, S. 142-158, bes. S. 150-152. 39. Zu Brit Schalom vgl. die Einleitung im Kommentar, in diesem Band, S. 552. 40. Vgl. die Einleitung zu Wann denn?, in diesem Band, S. 570. 41. Buber, Gandhi, die Politik und wir, S. 340; jetzt in MBW 11.1, S. 349.
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ralischen Prinzipien zu beflecken – denn: »›Das Wort‹ siegt, aber anders, als seine Träger erhofften. Nicht in seiner Reinheit siegt das Wort, sondern in der Zersetzung; seine Fruchtbarkeit vollzieht sich in der corruptio seminis.«. 42 Paradoxerweise bietet die wirkliche, »zersetzende« Welt die einzige Möglichkeit, moralische Prinzipien in die Tat umzusetzen. Und diese wirkliche Welt ist ein dynamischer Strom von ständig wechselnden Situationen. Jede Situation ist einzig, birgt ihre eigenen Züge, Ängste und Erfahrungen, Hoffnungen und Erinnerungen; jede Situation hat ihre eigenen Umrisse, gestaltet durch die jeweiligen historischen Umstände. Um wirksam und sinnvoll zu sein, müssen sich ethische Ideale nach der Einzigartigkeit der jeweiligen Situation richten und ihre Forderungen den gegebenen Umständen anpassen. Darunter ist allerdings keine taktische Sozialpsychologie oder ein zur Verwirklichung ethischer Ideale notwendiger Kompromiss zu verstehen. Buber war der festen Überzeugung, dass ontologische Wahrheit zeitgebunden sei, gebunden an den existentiellen Wandel menschlicher Wirklichkeit, und dass in dieser Wahrheit wurzelnde ethische Prinzipien nur dann offenbar und in Wahrheit verständlich werden, wenn sie der einzigartigen Forderung jedes Augenblicks und jeder Situation im instabilen Vorgang des Lebens entsprechen. Demnach ist die Funktion abstrakter ethischer Prinzipien eine heuristische; sie beleuchten den Weg, den wir dialogisch überschauen und bestimmen müssen. »Es gibt kein festgelegtes, ein für allemal formuliertes Gesetz«, stellte Buber fest, »sondern nur das Wort Gottes und unsere jeweilige Situation, die wir abzulauschen haben. Wir haben nicht paragraphierte Prinzipien, die wir nachschlagen können. Aber wir haben die Situation und den Augenblick zu verstehen.« 43 Durch den Abstieg unserer moralischen Prinzipien in die »unreine« Wirklichkeit machen wir uns nicht nur die Hände schmutzig, vielmehr: »unsre zu kneten willigen Hände fassen tief in den Lehm«. 44 Dieses gestaltverleihende Kneten – die wahre moralische Aufgabe – bezeichnet Buber als das Ziehen der »Demarkationslinie«. Im vollen Bewusstsein unserer Verantwortlichkeit, mit Furcht und Zittern, bestimmen wir die Grenzen des ethischen Gebots in einer bestimmten Situation. »Ich kann die gottgewollte Wirklichkeit der Gerechtigkeit«, antwortete Buber auf eine Frage Reinhold Niebuhrs (1892-1971), »nirgend anders sehen als 42. Ebd., S. 333; jetzt in: MBW 11.1, S. 342. 43. Buber, Politik aus dem Glauben, Der Aufbau, XXXVIII/41, 25. Oktober 1957, S. 321-323, hier S. 323; jetzt in: MBW 11.2, S. 327-331, hier S. 330. 44. Buber, Antwort, in: Schilpp u. Friedmann (Hrsg.), Martin Buber, S. 589-639, hier S. 619; jetzt in: MBW 12, S. 467-524, hier S. 501.
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im Gerecht-Sein, das heißt natürlich: gerecht sein, so weit dies hier und jetzt, unter den ›künstlichen‹ Bedingungen der tatsächlichen Gesellschaft möglich ist. […] Manchmal tappe ich in meinem Bemühen, gerecht zu sein, im Dunkeln und renne mit dem Kopf gegen die Wand, so daß er schmerzt; dann weiß ich: Hier ist die Wand, weiter kann ich nicht. Aber anders hätte ich das nicht wissen können.« 45 Erst aus der Dunkelheit der jeweiligen Situation beginnt die Demarkationslinie zu leuchten. Im Dunkeln tappend bieten wir all unsere geistige Kraft auf, um die Linie zu erreichen, wobei die Linie das höchstmögliche Maß an Wahrheit und Gerechtigkeit zu jener bestimmten Stunde bezeichnet. Selbstverständlich muss die Demarkationslinie in jeder Entscheidung fordernden Situation von neuem gezogen werden, denn jede solche Situation hat »wie ein Neugeborenes, trotz aller Ähnlichkeiten ein neues Gesicht, nie dagewesen, nie wiederkehrend«. 46 Ein Ausweichen vor der Forderung der Demarkationslinie, weil sich die konkrete Situation unseren Idealen und Prinzipien nicht ohne weiteres fügt: das erst wäre, wie Buber mit kritischer Anspielung auf Julien Bendas (1867-1956) Behauptung, die Intellektuellen würden ihrer Berufung untreu, wenn sie die Klöster des reinen Denkens verließen, bemerkt, wirklich ein »Verrat der Intellektuellen«. 47 Zwischen der vom Politiker geübten zynischen Akzeptanz unserer unvollkommenen Welt und der inhaltlosen Reinheit der Vertreter des abstrakten Prinzips will Buber einen dritten Weg zeigen. Ohne die Spannung zwischen dem absoluten moralischen Gebot und der unvollkommenen Welt aufzugeben, betreten wir diese Welt und bemühen uns, das Gebot innerhalb der Grenzen der gegebenen Situation in die Tat umzusetzen. Freilich ist dies ein kleiner unmessianischer Sieg. Ja, »wir leben in einer unerlösten Welt«. 48 Aber nach chassidischer Lehre fällt, so Buber, »aus jedem willkürlos weltverbundenen Menschenleben […] in sie ein Samen der Erlösung. Und die Ernte ist Gottes«. 49 Somit verleiht die Ethik der Demarkationslinie Bubers religiösem Sozialismus eine besondere Note. Ohne sich in kirchenartige Institutionen 45. Buber, in: Sydney and Beatrice Rome (Eds.), Philosophical Interrogations, New York 1964, S. 80; jetzt in: MBW 11.2, S. 360 f. 46. Buber, Über Charaktererziehung (1939), in: Werke I, S. 828. Jetzt in MBW 8, S. 327-340, Zitat S. 336. 47. Buber, Wann denn? (1932), im vorliegenden Band, S. 137-141. 48. Buber, Geleitwort zur Gesamtausgabe [der chassidischen Bücher] 1928, wiederabgedruckt unter dem Titel »Spinoza, Sabbatai Zwi und der Baalschem«, in: Deutung des Chassidismus. Drei Versuche, Berlin 1935, Schocken Bücherei 43, S. 42-64, Zitat S. 64. Jetzt in: MBW 17, S. 129-143. Zitat S. 143. 49. Ebd.
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zu verschließen, gelangt der geistige Mensch zu einer Bejahung der Politik. Diese soll allerdings nicht durch Ausbildung einer Ideologie und eines umfassenden Programms zum Ausdruck kommen, die zeitlos gültige Prinzipien der Politik entwerfen. Bubers politische Aktivität ist auf eine bestimmte Situation gerichtet, sein »Programm« wird spontan, dialogisch bestimmt. In seiner Antrittsvorlesung an der Hebräischen Universität Jerusalem im Jahre 1938 führte er in diesem Geiste betriebene Politik auf die biblische Prophetie zurück. »Er [sc. der prophetische Geist] empfängt immer nur eine Botschaft für eine Situation. […] Er stellt kein allgemeingültiges Bild der Vollkommenheit, keine Pantopie und Utopie vor die Menschen hin.« 50 Bezeichnenderweise ist es diese erste öffentliche Rede Bubers nach seiner Übersiedlung nach Palästina, durch die er den Ernst seines Zionismus unter Beweis stellte. In ihr hält er fest, dass der Prophet in der Gebundenheit an seine zufällige, aber deshalb nicht weniger wirkliche Situation keine Wahl hat »zwischen seinem Vaterland und einem anderen Land, das eher zu ihm paßt; für die Verwirklichung ist er auf den Topos, auf diesen Ort, auf dieses Volk angewiesen, als auf das Volk, das anfangen muß«. 51 Bubers eigene Situation war die des jüdischen Volkes, dessen Bedürfnisse in jener ganz bestimmten Schicksalsstunde er voll und ganz erkannte. »Gewiss […] ist Selbstbehauptung die selbstverständliche Voraussetzung aller unserer Handlungen«, sagte er vor dem XVI. Zionisten-Kongress, der 1929 in Zürich stattfand. 52 Das jüdische Volk und seine Bedürfnisse sind sozusagen Grundtatsachen der existentiellen Wirklichkeit des individuellen Juden, einer Realität, die das Individuum laut Buber anzunehmen und zu gestalten, chassidisch gesprochen »emporzuheben« hat nach dem Gebot des Geistes. »[H]ingegen meine ich, es sei möglich, Gott und der Gruppe, der einer angehört, zu dienen, wenn man nur herzhaft darauf bedacht ist, Gott auch im Bereich der Gruppe zu dienen, so sehr man kann.« 53 50. Buber, Die Forderung des Geistes und die geschichtliche Wirklichkeit, Berlin: Schocken 1938; jetzt in: MBW 11.2, S. 9-21, hier S. 20. 51. Ebd. 52. Rede auf dem XVI. Zionisten-Kongreß, 1. August 1929, im vorliegenden Band, S. 122. 53. Buber, Geltung und Grenze des politischen Prinzips (1953), in Hinweise. Gesammelte Essays, Zürich: Manesse 1953, S. 330-346, hier S. 343; jetzt in: MBW 11.2, S. 297-307, hier S. 305. »Ich habe keinerlei Befugnis zu erklären, das Gruppeninteresse sei unter allen Umständen der sittlichen Forderung zu opfern, zumal mir die grausamen Konflikte der Pflichten und ihre rückhaltlose situationsgemäße Austragung zum Kernbestand eines echten personalen Ethos zu gehören scheinen. Aber das evidente Fehlen eines Seelenkampfes, das Fehlen seiner Wunden und Narben ist mir unheimlich.« Ebd.
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Bubers gläubiger Realismus: Die Aussichten auf arabisch jüdische Annäherung Buber ließ sich von der Unterstützung der Heimkehr seines Volks ins Land Israel nicht abbringen. »Auf den jüdischen Anspruch konnten und können wir nicht verzichten«, schrieb er an Mahatma Gandhi. 54 Buber war aber, wie bereits bemerkt, gleichermaßen sicher, dass der jüdische Anspruch die Rechte und nationalen Bestrebungen der palästinensischen Araber nicht zu schmälern brauchte. Diese Überzeugung beruhte allerdings nicht nur auf rationaler Analyse, sondern auch auf religiöser Gewissheit. »Aber wir waren und sind überzeugt«, schrieb Buber an den großen indischen Lehrer der Satyagraha (Seelenstärke), »daß es möglich sein muß, einen Ausgleich zwischen diesem Anspruch und dem anderen zu finden, weil wir dieses Land lieben und an seine Zukunft glauben, und weil, da gewiß auch auf der anderen Seite solche Liebe und solcher Glaube vorhanden sind, ein Zusammenschluß zu gemeinsamem Dienst an dem Land nicht unerreichbar sein kann. Wo Glaube und Liebe sind, kann auch ein anscheinend tragischer Widerspruch zur Lösung gelangen.« 55 Friede und Gerechtigkeit werden nicht dadurch erreicht, dass man entweder den jüdischen oder den arabischen Anspruch bestreitet, vielmehr wären dadurch echter Friede und wahre Gerechtigkeit verwirkt. Freilich steckt die Situation voller Komplexität und empfindlicher Stellen, aber das ist die Situation, in der wir wirken müssen, wenn wir die Sache von Gerechtigkeit und Frieden vertreten wollen. Wie der Prophet uns lehrt, wäre es falsch, uns »in die Haltung des ruhigen Zuschauers zurückzuziehen«, weil wir fühlen, dass wir »unter wilde Tiere« geraten sind. Wir müssen »die Botschaft sagen«. 56 Buber war davon überzeugt, dass Realpolitik ungeeignet sei, das Ziel zu erreichen. Sie würde Misstrauen und Konflikte nur verschärfen und im günstigsten Falle zu unbeständigen Pyrrhus-Siegen führen. Prophetische Politik oder hebräischer Humanismus galt ihm als die einzige Hoffnung für diese Stunde. 57 Wer prophetische Politik betreibt, ist sich darüber im Klaren, dass eine politische Entscheidung, welche die Widersprüchlichkeit der Wirklich54. Buber, Brief an Gandhi (Februar 1939), Zürich: Die Gestaltung 1939; im vorliegenden Band, S. 150-162, hier S. 157. 55. Ebd. 56. Buber, Die Forderung des Geistes und die geschichtliche Wirklichkeit; jetzt in: MBW 11.2, S. 20. 57. Buber, Hoffnung für diese Stunde, in: Hinweise. Gesammelte Essays, Zürich 1953, S. 313-326. Jetzt in MBW 11.2, S. 275-282.
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keit ernst nimmt, notgedrungen ein gewisses Maß an Unrecht begehen muss. »In der Epoche unseres Siedlungswerks«, gab Buber ganz nüchtern zu, »dachten unsre Besten nicht daran, wie wir in diesem unsrem nationalen Lebenskampf unschuldig bleiben oder werden könnten; wenn wir Raum für unsere künftigen Generationen sichern wollten, (wir mussten, um unseren kommenden Geschlechtern ihren Raum zu sichern, den kommenden arabischen Geschlechtern den Raum beschränken)« 58. Aber anders als in der Realpolitik, wo überleben und Gruppeninteressen als moralisch ausreichend akzeptiert werden, verpflichtet die prophetische Politik zur unbedingten sittlichen Verantwortung für das Ganze; »[…] worauf es ankommt ist, daß wir jeweils in der Stunde der Entscheidung mit dem Aufgebot der höchsten Verantwortung, mit der Kraft des Gewissens erkennen, wieviel zur Bewahrung der Gemeinschaft gefordert ist, und daß wir dies auf uns nehmen und nicht mehr als dies, daß wir nicht die Forderung des Machtwillens als Forderung des Lebens ausdeuten; daß wir nicht grundsätzlich einen Bezirk aussparen, in dem Gottesgebot nicht gilt, sondern es als Not und Leid und schmerzliches Opfer fassen, wenn uns die Stunde aufzwingt, gegen sein Gebot zu handeln.« 59 Um die Sünde, die wir begehen müssen, um in unserer unvollkommenen Welt überleben zu können, möglichst gering zu halten, strecken wir die Hand nach dem Anderen aus und bemühen uns, seine Belange und Bedürfnisse in eben der Situation, in der er uns gegenübersteht, zu verstehen. Einfühlungsvermögen, glauben, ja hoffen wir, wird die Grenzen setzen, die sowohl unser Ziel sichern als auch den Schmerz, den wir dem Anderen zufügen, weitgehend einschränken. »Wir können nicht umhin Unrecht zu tun; aber es ist uns gewährt, nicht mehr Unrecht tun zu müssen, als wir eben müssen«. 60 Und eben dies ist die Gnade des Menschseins. Bubers mannigfaltigen Bemühungen um eine Annäherung zwischen Arabern und Juden, von denen seine in diesem Band gesammelten Schriften beredtes Zeugnis ablegen, sind Ausdruck seiner Entschlossenheit, das Misstrauen zwischen dem jüdischen Volk und den Arabern durch Einfühlung und Verständnis zu überwinden. Buber blieb seinem Entschluss treu, für das moralische Dilemma zionistischer Niederlassung in Palästina eine »prophetische« Lösung zu finden, eine Lösung, die nicht auf List, sinnloser Gewalttätigkeit und egoistischer Selbstbehauptung gegründet sein sollte, sondern auf dialogischem Kompromiss. Er war überzeugt, dass seine Einstellung ganz und 58. Buber, An Stelle von Polemik (November 1956), im vorliegenden Band, S. 318-320, hier S. 319. 59. Buber, Hebräischer Humanismus; jetzt in: MBW 20, S. 152. 60. Buber, Zum Problem »Politik und Moral« (1945), im vorliegenden Band, S. 203.
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gar nicht naiv war, wie ihm oft vorgeworfen wurde. »Was ich meine, ist kein vager Idealismus, sondern ein umfassender, ein eindringenderer Realismus, ein größerer Realismus«. 61 Durch Einfühlung und Dialog sind wir sicher, den – für den sogenannten politischen Realisten überhaupt nicht wahrnehmbaren – Weg zu finden, der zu echtem Frieden und wahrer Gerechtigkeit führt. Diese Haltung könnte man als gläubigen Realismus bezeichnen. Bubers Vertrauen in die Wirksamkeit des Dialogs war auf biblischen Gottesglauben gegründet: Der uns als seine Mitarbeiter am Erlösungswerk berufen hat, wird uns gnädig beistehen bei unserem Tun hier und jetzt. Philosophisch gesehen steht dieses Vertrauen dem ethischen Idealismus der Neukantianer nahe, auf den sich einige Dimensionen von Bubers Denken zurückführen lassen: die apriorische Vorstellung vom umfassenden Guten, vom sozial Erwünschten ist als kategorischer Imperativ zu sehen, der unser Handeln bestimmt. In diesem Sinne hat Buber sich das neukantianische Motto seines Freundes Gustav Landauer (1870-1919) zu eigen gemacht: »Frieden ist möglich, weil er notwendig ist.« Bubers Aktualität: »Something there is that doesn’t love a wall.« (Robert Frost) Konfrontiert mit einer steigenden Zahl von Selbstmordattentätern, hat die Regierung des Staates Israel im September 2000 beschlossen, eine Mauer zu bauen, um die israelische Nation von ihren palästinensischen Nachbarn zu trennen. Die Mauer, die sich über das ganze Land hinzieht, zerreißt nicht nur die biblische Landschaft, sondern auch die Hoffnung, dass Juden und Araber eines Tages als »gute Nachbarn« miteinander leben könnten. Für Martin Buber, der diese Hoffnungen für mehr als sechzig Jahre, in denen er in der zionistischen Bewegung aktiv war, in seinem Herzen genährt hatte, hätte die Mauer das Wirklich-werden seiner düstersten Vorahnungen symbolisiert. Würden Juden und Araber nicht lernen, das Land gemeinsam zu bewohnen, das sie beide für ihre Heimat ansehen und lieben, das Land, das die Juden als das Erbe ihrer Vorfahren betrachten, und das Land, in dem die Araber seit Jahrhunderten gewohnt haben, dann würden gegenseitige Furcht und Feindschaft sie in einen endlosen Konflikt verwickeln.
61. Buber, Hoffnung für diese Stunde, in: Hinweise, S. 323; jetzt in: MBW 11.2, S. 281.
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Nun werden Mauern nicht nur aus Beton gebaut, sie werden errichtet – wie Robert Frost (1874-1963) in seinem Gedicht »Mending Wall« zu verstehen gibt – wenn immer wir zulassen, dass unsere Nachbarn »in Dunkelheit wandeln«, so dass wir nur ihren Schattenriss sehen und deshalb völlig unwissend bleiben, wer sie in Wirklichkeit sind. Mauern sind von Natur aus zweideutig: Während sie uns schützen mögen, schließen sie andere aus und kränken sie möglicherweise dadurch. Und Mauern stehen der Möglichkeit im Weg, dass unsere Nachbarn sich uns nähern und uns nicht länger für ferne und undurchschaubare Wesen halten, die in eindimensionale Schatten gehüllt sind und so zu Missverständnissen Anlass geben. Die Mauern, die wir bauen, um unser Liebstes zu bewahren und uns vor wirklichen und eingebildeten Feinden zu schützen, müssen endlich, so lehrte Buber, niedergerissen werden. Mauern müssen auf beiden Seiten der Kluft niedergerissen werden; die beiden Völker müssen in gegenseitigem Vertrauen zusammenarbeiten, um die Mauern niederzureißen. Dieser Vorschlag würde eine rein theoretische Forderung bleiben, wenn wir nicht zu allererst zugestehen würden, dass die Abwesenheit von gegenseitigem Vertrauen beide Seiten diesseits und jenseits der Kluft verletzt; deshalb die dringende Notwendigkeit, Vertrauen zu schaffen mit derselben Entschlusskraft, die anfänglich aufgebracht wurde, um die Mauern zu bauen. Buber, der Philosoph des Dialogs, wusste sehr wohl, wie flüchtig gegenseitiges Vertrauen ist, wie schwierig es ist, es aufzubauen und zu unterhalten. Aber genauso wie gegenseitiges Vertrauen die Lebensader einer Beziehung zwischen Individuen ist, so ist sie auch die unverzichtbare Grammatik von freundschaftlichen Beziehungen zwischen Gemeinschaften. Als religiöser Denker des Judentums verstand Buber sehr wohl, das Vertrauen geradezu das Fundament des biblischen Glaubens ist, weshalb er auch festhielt, dass das hebräische Wort für »Glauben« – emunah – »Vertrauen« bedeutet. »Glauben« ist ein grundsätzliches Ausgerichtetsein auf die Welt als Gottes Schöpfung – »Da sah Gott alles, was er gemacht hatte: / ja, es war sehr gut.« (Gen 1, 31) – und aus dieser Versicherung fließt ein grundsätzliches Vertrauen in die endgültige Güte des Lebens. Von daher ist es auch gekennzeichnet durch eine resolute Weigerung, dem Rat der »Realisten« nachzugeben, die behaupten, dass die kalte, brutale Erfahrung uns das Gegenteil lehrt. Biblischer Glaube ist allerdings keineswegs naiv. Er erkennt die vielen »Übel« an, die das Leben erschüttern. Dafür legt Hiob Zeugnis ab. Und wer weiß besser als die Propheten Israels, dass es den Bösen oft auf Kosten der Gerechten wohl ergeht? Dennoch ist gerade die Erfahrung des offenbaren »Bösen« und die daraus resultierende Unverständlichkeit von Gottes Wegen paradoxerweise der Grund für
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unser unbedingtes Vertrauen in die göttliche Vorsehung, deren Liebe und Gerechtigkeit wir nachahmen sollen. »Angesagt hat mans dir, Mensch, / was gut ist, / und was fordert ER von dir sonst / als Gerechtigkeit üben und holdselige Liebe / und bescheiden gehen mit deinem Gott!« (Mikah 6, 8. Übersetzung Buber) Der biblische Glaube, bekräftigte Buber, gebietet uns also, alle manichäischen Einteilungen der Menschheit in Kräfte des Guten und solche, die unverbesserlich böse sind, abzulehnen. Demnach würde er auch die weltlichen Versionen dieser Doktrin verwerfen, die man im Namen eines politischen oder moralischen Realismus befürwortet, wie etwa Carl Schmitts (1888-1985) berüchtigte Lehre, dass die Politik durch eine eindeutige Unterscheidung zwischen »Freund und Feind« bestimmt werden sollte. Solch ein rigider politischer Dualismus führt nur allzu leicht zu einer Dämonisierung des Anderen, mit dem man sich im Konflikt befindet. Der biblische Glaube lässt es nicht zu, dass wir den Anderen, auch wenn er oder sie ein scheinbar unversöhnlicher Gegner ist, in die Rolle des »seinsmässig« Bösen drängen. Vielmehr verpflichtet der biblische Glaube uns, unseren Nachbarn zu lieben wie uns selbst. Den Nachbarn zu lieben, bedeutet jedoch nicht, dass der Streit und die Differenzen der Interessen und Perspektiven nicht wirklich oder sogar tiefgehend sind. Es bedeutet, dass man anerkennen muss, dass unser Nachbar – und sei er unser erbitterter Gegner – nach Gottes Ebenbild geschaffen und deshalb ein mitmenschliches Wesen ist. Das ist das Fundament von Bubers Glauben, das Vertrauen darauf, dass der Konflikt zwischen seinem Volk und den palästinensischen Arabern gelöst und eine gerechte Lösung gefunden werden kann, ja muss, die es ihnen erlaubt als gute Nachbarn miteinander zu leben.
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[Stimmen nach der Balfour-Deklaration] [Stefan Zweig an Martin Buber] Zürich, undatiert
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[…] Mein Buch hat (ein) merkwürdiges Schicksal. Ohne daß der Verlag die geringste Reklame dafür gemacht hätte, ohne Aufführung und Publizität ist es heute als Buchdrama schon im fünften Tausend: ist es die Zeit, die aus ihm wirkt oder das Bekenntnis? Jedenfalls ist es mein aufrichtigstes und wichtigstes Werk, das einzige, das ich in einem höheren Sinn als ein für mich notwendiges empfinde. Ich hätte gerne mit Ihnen einmal gesprochen, um zu wissen, wie es in Ihren nationalen Kreisen wirkt: ob als Bekenntnis, ob als Verleugnung der Idee. Denn ich bin ganz klar und entschlossen, je mehr sich im Realen der Traum zu verwirklichen droht, der gefährliche Traum eines Judenstaates mit Kanonen, Flaggen, Orden, gerade die schmerzliche Idee der Diaspora zu lieben, das jüdische Schicksal mehr als das jüdische Wohlergehn. Im Wohlergehn, in Erfüllungen war dieses Volk nie ein Wert – nur im Druck findet es seine Kraft, in der Auseinandersprengung seine Einheit. Und im Beisammensein wird es sich selbst auseinandersprengen. Was ist eine Nation, wenn nicht ein verwandeltes Schicksal? Und was bleibt noch von ihr, entweicht sie ihrem Schicksal? Palästina wäre ein Schlußpunkt, das Rückkehren des Kreises in sich selbst, das Ende einer Bewegung, die Europa, die die ganze Welt durchschüttert hat. Und es wäre eine tragische Enttäuschung wie jede Wiederholung. […] [Martin Buber an Stefan Zweig] 4. 2. 1918 […] Heute nur dies, daß mir von einem »Judenstaat mit Kanonen, Flaggen, Orden« nichts bekannt ist, auch nicht in der Form eines Traums. Was werden wird, hängt von denen ab, die es schaffen, und gerade deshalb müssen die wie ich menschlich und menschheitlich Gesinnten bestimmend mittun, hier, wo es wieder einmal in den Zeiten in die Hand von Menschen gelegt ist, eine Gemeinschaft aufzubauen. Ihre geschichtlichen Schlußfolgerungen kann ich für das neue Volk, das hier aus altem Blute werden soll, nicht gelten lassen. Wenn ein jüdisches Palästina das Ende einer Bewegung sein wird, die nur im Geistigen bestand, so wird es der Anfang einer Bewegung sein, die den Geist verwirklichen will. Sie sagen, jene habe die ganze Welt durchschüttert, aber sie war immer nur im Bereich des Geistes legitim. Was sie erzeugt, wenn sie ihn überschreitet, zeigt mir Trotzki: die Realisierung versagt, weil die Idee nur in der
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Doktrin, nicht auch in der Methode lebendig ist. Das ist der Punkt, wo angesetzt werden muß. Ich ziehe es jedenfalls vor, das ungeheuerliche Wagnis eines Neuen mitzumachen, in dem ich nicht viel von »Wohlergehen«, wohl aber eine Reihe großer Opfer sehe, als länger eine Diaspora zu ertragen, die bei all ihrer schönen und schmerzlichen Fruchtbarkeit Stück für Stück des speisenden Materials jener Bewegung dem inneren Verderben überliefert, und sogar eine tragische Enttäuschung ziehe ich einer gar nicht tragischen aber stetigen und ausblicklosen Entartung vor. [Martin Buber an Hugo Bergmann] Heppenheim, 3.–4. 2. 1918 […] Vor einigen Tagen hatte ich eine Besprechung mit Dr. [Victor] Jacobson über das, was in Palästina geschehen soll; nach ihrem Abschluß war mir die Schwermut nahe. »Wir müssen so schnell wie möglich, also mit allen Mitteln, eine Majorität im Lande schaffen« – ein Argument, bei dem einem das Herz stillsteht; und was kann man darauf auf dieser Ebene antworten? Wir dürfen uns nicht darüber täuschen, daß die meisten führenden (und wohl auch die meisten geführten) Zionisten heute durchaus hemmungslose Nationalisten (nach europäischem Muster), Imperialisten, ja unbewußte Merkantilisten und Erfolganbeter sind. Sie reden Wiedergeburt und meinen Unternehmen. Wenn es uns nicht gelingt, eine autoritative Gegenmacht aufzurichten, wird die Seele der Bewegung verdorben werden, vielleicht für immer. Ich bin jedenfalls entschlossen, mich hier bis aufs letzte einzusetzen, wenn meine Lebenspläne auch dadurch beeinträchtigt werden müßten. […] Nachschrift
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Da wir uns nicht so bald sehen werden, wie ich gehofft hatte, muß ich Ihnen brieflich mitteilen, was ich der Unterredung vorbehalten wollte: daß ich der Arbeit gegen den Ungeist im Zionismus die Form eines – zunächst nicht öffentlichen – Bundes geben will. Er soll Zwat heißen: Sie erinnern sich wohl an jene erste Zange, die Gott schuf, um damit die andern Werkzeuge, die er brauchte, zu machen – einmal muß angefangen werden! Nächstens mehr darüber. Die Berliner Gruppe ist gegründet, ein paar andere im Werden. Die Leitsätze werden im März versendet; sie erhalten sie. Die Sammelschrift und ein Palästinabuch »Arbeit« werden die ersten öffentlichen Kundgebungen sein. […]
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Die Vertretung der Mächte, die gegenwärtig in Paris die Neuordnung der europäischen und vorderasiatischen Territorialverhältnisse beraten, hat – so wird gemeldet – die in dem Memorandum der Zionisten formulierten Forderungen im Prinzip angenommen. Überall, wo jüdisches Volkstum oder Wille zu jüdischem Volkstum lebt, herrscht eine stolze Freude über diese drei Dinge: daß wir von der gegenwärtigen Machtordnung der zivilisierten Welt als Nation anerkannt worden sind, daß uns das Recht auf Palästina zugesprochen wurde, und daß unsere Siedlungsarbeit nunmehr in wesentlich erweitertem Maße, nicht mehr unter dem türkischen Joch, sondern in der freien Atmosphäre des britischen Imperiums und mit dem offen ausgesprochenen und zugestandenen Ziel der Entwicklung zu einem autonomen Gemeinwesen fortgesetzt werden kann. Ich freue mich mit. Mein Herzschlag kann sich nicht von dem gehobenen meines Volkes scheiden, und ich fühle, wie es recht eigentlich heute erst aus den beklommenen Ghettogassen ins Licht des unbefangenen Lebens und der unvermauerten Natur zu treten meint. Aber ich freue mich nicht bloß m i t , ich freue mich: ich bin es, der als Träger eigener Selbstbestimmung anerkannt und somit aus der Abhängigkeit vom »Herrenwillen« der mich beherbergenden Staatsnationen gelöst werde; ich, dem das Recht zugesprochen wird, auf unentäußerlich eigenem Boden zu pflanzen und zu ernten und in der Arbeit an der Zukunft meines Blutes von aller Problematik zu genesen; ich, dem es gewährt wird, an dem eigenen neuen, an einem standfesten Hause zu bauen. So viele und so lange Jahre war ich mit einem großen Teil meines Wesens Volk, ein getretenes, gehetztes, sein Leben erduldendes Volk; wie sollte ich heute nicht ein sich aufrichtendes, heimkehrendes, sein Leben zu schaffen entschlossenes Volk sein? Aber sowie ich mich über die eine Tatsache hinausbeuge, daß meinem Volk, daß mir solches zugesprochen worden ist, sowie ich recht ins Auge fasse, unter welchen Umständen, innerhalb welcher Pläne es geschah, drängt sich ein Widerspruch in meine Freude. Kann dies auch im innersten Sinn wahr sein? Hat sich wirklich schon, hat sich so die große Entscheidung vollzogen? »Der Tag der endgültigen Selbstbesinnung der Völker«, das hatte ich, als sich das nun eingetretene Ereignis zuerst ankündigte, vom Zionismus erkannt, »wird auch sein Tag sein; keiner der Tage ihrer Verstrickung
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kann es werden«. Dies ist kein Tag der Selbstbesinnung, nur neuer, vielleicht noch tieferer Verstrickung, dieser Tag, an dem die angeblichen Vertreter der Völker, die Fahne der distributiven Gerechtigkeit über ihrem Zelt gehißt, Garantien unbegründeten Machtzuwachses austauschen, ohne jeweilig der heute bei dem so gesteigerten allgemeinen sittlichen Interesse zum Unterschied gegen frühere Friedenskonferenzen unentbehrlichen moralischen Deckungen zu vergessen. Wie jede idealistische Bewegung, so eignet sich auch der Zionismus – der, wenn er nicht zur Hand gewesen wäre, hätte erfunden werden müssen – zu solcher Deckung. Aber kann er darin seine Erfüllung erblicken? Wenn dies der Tag des Zionismus wäre, so wäre der Zionismus nicht die Befreiung des Judentums. Kann das Judentum befreit werden, indem seiner immanenten Forderung, daß R e c h t u n d Wa h r h e i t z w i s c h e n d e n V ö l k e r n seien, Gewalt angetan wird? Man wird mir den »Völkerbund« entgegenhalten. Aber was kann denn dessen Projekt, im Zusammenhang nicht der ideellen Voraussetzungen sondern der tatsächlichen Verhandlungen gesehen, anderes bedeuten, als eine neue, oberste Garantie des jetzt beschlossenen Machtzuwachses, die ihn im Gegensatz zu allen früheren unabänderlich machen würde, solange der Bund dauert?*) Und dazu (trotz aller Erklärungen gegen eine Einmischung in die »inneren Verhältnisse«) einen Schutzapparat gegen alle Völker, denen es etwa – gleichviel ob unter der Anführung des deutschen oder des französischen, des russischen oder des englischen – beifallen könnte, sich ihrer angeblichen Vertretungen und deren Systems mit e i n e m Schlage zu entledigen und – sich zu einem wahren V ö l k e r bund zusammenzutun? Was da vorbereitet wird, ist ein Bund der Staatsordnungen, nicht der Völker; diese werden durch Phrasen verblendet, durch Versprechungen berauscht, durch Ausmalung drohender Gefahren geschreckt, durch Befriedigung aller niederen Instinkte dienstbar gemacht – daß sie sich auch weiterhin mit ihren Staatsordnungen identifizieren. Aber die Verstrickung kann nicht bleiben, die Völker nicht lange mehr von der Selbstbesinnung ferngehalten werden. Je länger es geschieht, aus um so katastrophaleren Vorgängen wird sie hervorgehen. Denn wenn Verstand gegen Element aufzukommen versucht, kann er den Ausbruch des Elements nur verzögern, und auch dies nur, indem er in gleichem Maße dessen Wucht steigert. Element aber, nur noch niederzuhaltendes, *)
Man berufe sich nicht auf die edlen Intentionen Einzelner. Es geht hier lediglich um den objektiven Zusammenhang, in dem alle Intentionen in ihren Folgen entarten müssen.
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nicht mehr zu unterdrückendes Element ist in den Völkern die Ahnung einer möglichen Menschheit: weil die Brüderlichkeit auch ein Instinkt ist, und, wenn er erst wahrhaft erwacht, ein stärkerer als jene niederen, die heute eilfertig befriedigt werden. Läßt man es darauf ankommen, daß erst letzte Not, katastrophale Erschütterung ihn wecke, – wohlan! Wir sind von der gegenwärtigen Machtordnung der zivilisierten Welt als Nation anerkannt worden. Aber wer von uns in der Wahrheit der Einsicht steht, kann die gegenwärtige Machtordnung der zivilisierten Welt nicht anerkennen, und wer von uns in der Wahrheit der Schau steht, sieht ihren Zusammenbruch sich bereiten. Achten wir beizeiten, daß wir von der kommenden Ordnung bestätigt werden! Ganz besonders müssen w i r darauf achten, weil andern Völkern nur eine vollzogene organische Entwicklung sanktioniert, der unsern (täuschen wir uns nicht!) vorgegriffen wurde. 2. Ich höre die Fiktivpolitiker, die sich Realpolitiker nennen (weil sie die Realität eines Tages, die ephemere Realität der Verstrickung zur Not überschauen), sich erbosen: »Seht doch den heillosen Ideologen! Der möchte wohl gar, daß wir den Mächten Palästina zurückwiesen, weil wir mit ihrer Moral nicht einverstanden sind!« Gemach! ich meine nicht, daß wir dergleichen sollten, ja nicht einmal, daß wir es könnten. Daß wir in die Verstrickung, der wir zu Anfang des Krieges fern bleiben zu dürfen schienen, doch noch einbezogen wurden, war unausweichliches Schicksal; kein Volk, das von ihr erfaßt worden ist, kann sich als einzelnes aus ihr lösen. Mehr als das: daß wir unser Recht auf Palästina geltend machten, sobald es sich ankündigte, daß über das Land entschieden werden sollte, war unsere unabweisliche Pflicht (die Methoden der Geltendmachung sind hier nicht zu erörtern); wir mußten seither zu unserem Recht stehen, mußten es vor den Instanzen, die zur Zuständigkeit gelangten, mit energischer Deutlichkeit vertreten. Aber darauf kommt es an, was wir, nun es uns zugesprochen worden ist, mit diesem Recht anfangen. Davon wird unter anderem auch abhängen, ob wir es einst vor einem rechtmäßigeren Areopag, als diese Friedenskonferenz, erfolgreich werden verteidigen können. Doch nicht das allein: a l l e s hängt für uns davon ab, ob aus der Folge eines Vorgangs, der wahrlich nicht das Antlitz der Erlösung trägt, doch die Erlösung hervorgehen kann. Alles hängt davon ab, ob wir das uns zugesprochene Recht auf Palä-
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stina als Recht auf u n s e r Palästina geltend machen werden. Auf ein Palästina, das in seinem We s e n unser wird. Und das bedeutet: ob es uns gelingen wird, unser Palästina in die herrschenden Methoden der abendländischen Politik, in das herrschende System der abendländischen Wirtschaft, in die herrschenden Lebensformen der abendländischen »Kultur« nicht einbeziehen zu lassen. Einer Politik, die, auch wo sie die Maske der Humanität vorbindet, die Ausnützung der Macht zum Zweck der Erweiterung der Macht meint, weil es ihr an Ideen fehlt; einer Wirtschaft, die, auch wo sie sozialistische Gebärden annimmt, den rücksichtslosen Profit meint, weil es ihr an Gemeinsinn fehlt; einer sich immer noch Kultur nennenden Zivilisation, die, auch wo sie sich geistiger Produktivität bedient, die wohlgeordnete öffentliche Lüge meint, weil es ihr an schöpferischer Wahrheit fehlt. Während des Krieges schienen diese drei dem preußischen Regime vornehmlich zu eignen; man hat seither eingesehen oder sollte eingesehen haben, daß Preußen-Deutschland sich von den Westmächten im wesentlichen durch ungeschickteres Verhüllen der wahren Meinung unterschied. Lassen wir unser Palästina in die herrschende Politik, Wirtschaft und Kultur einbeziehen, dann wird es nie unser sein: weil das echte Judentum – nicht das abgeartete, das jenen sich anpassen, ihr Gebaren übersteigern, ihnen huldigen gelernt hat, sondern das echte, von seiner religiösen Urkraft gewollte Judentum – sich nur in unzweideutiger Abhebung gegen sie auswirken kann. Mehr noch: Palästina wird eine zionisierende Galuth-Dependance sein, ja eine Herberge des innersten Galuthübels; weil an die Stelle der Anpassung von Individuen die Anpassung des Volkes treten wird. Die Führung in ihm wird alsdann den Anpassungsfähigsten zufallen, denen, die sich am besten auf unauffällige Machtausnützung, auf Profitverschleierung, auf Aufputz der öffentlichen Lüge verstehen. Und ein Heer von Agenten aller Art, kleindiplomatischen, welthändlerischen und journalistischen, wird sie umwimmeln, begabt und geschult für den Orientdienst der westlichen Machthaber, zu Aufträgen aller Art in nahe und ferne Länder, die in Europäisierung begriffenen, sich empfohlen haltend. Die Machthaber aber werden dem fügsamen und gewandten Faktotum ihre Gunst leuchten lassen. Bis ein Sturm, dessen Gewalt die bisherigen Revolutionen nicht ahnen lassen, den ganzen Prunkbau dieser Kultur mitsamt der Trugfassade seiner Wirtschaft und den hohlen Säulen seiner Politik hinwegfegt, Macht und Machthaber in einem, und das »jüdische« Palästina inmitten geistesverwandter Gebilde versinkt. Ein krasses, ins Äußerste getriebenes Bild – gewiß; aber kein phantastisches. Streiten doch zwei Wesen, zwei Völker in unserer Seele, wie in
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keiner: Schöpfungswesen und Schacherwesen, Gottesvolk und Mammonsvolk. Alles Große unserer Galuthgeschichte war ein innerer Sieg, keins ein endgültiger. Was ist denn Zionismus anderes als der Wille zum endgültigen Sieg der guten Kraft in uns? Was er anstrebt, Freimachung aus der Abhängigkeit vom europäischen Staatengetriebe, Rückführung zum naturhaften Arbeitsleben, Vergemeinschaftung des heimatlichen Bodens, alles dient diesem einen: der Bezwingung des Schachergeistes durch den Schaffensgeist. Es ist der E n t s c h e i d u n g s k a m p f , der uns bevorsteht. Sein Ausgang hängt davon ab, ob es uns gelingen wird, den Aufbau des Landes dem Einfluß der negativen Kraft zu entziehen. Wird aber auf Zion eine Agentur des wirtschaftlichen und politischen Imperialismus errichtet, dann wird all unser Mühen vergeblich sein. Die Juden werden wir aus dem Staatengetriebe freigemacht haben, das Judentum wird ihm erst jetzt verfallen; die Einzelnen werden wir der unfruchtbaren Betriebsamkeit entrissen haben, um das Volk ihr preiszugeben; den Boden werden wir dem Wucher entzogen haben und mit der Seele Wucher treiben. Denn die reine Judenseele, die unerschlossene, ist die Todfeindin der fressenden Macht; sie dieser ausliefern hieße Gottes Kind der Schande verkaufen. Ich rede keineswegs gegen eine mittelnde Funktion des palästinensischen Judentums zwischen Abend- und Morgenland – im Gegenteil! Wir, die wir Orientalen u n d Europäer sind, haben wahrlich Eignung und Beruf, das Tor des Geistes und des Lebens in der von der Geschichte aufgerichteten Mauer zwischen dem erhabenen Mutterkontinent und seiner überreichen und zerfahrenen Halbinsel zu werden; aber dieser unserer Aufgabe sollen wir nicht im Dienst eines mächtigen und gezeichneten, sondern im Bund mit einem noch schwachen, aber zukunftsheiligen jungen Europa entgegengehen, nicht vermittelnder Agent einer faulenden, sondern mittelnder Mitschöpfer einer jungen Kultur. 3. Wir können unsere Siedlungsarbeit nunmehr in wesentlich erweitertem Maße, nicht mehr unter dem türkischen Joch, sondern in der freien Atmosphäre des britischen Imperiums und mit dem offen ausgesprochenen und zugestandenen Ziel der Entwicklung zu einem autonomen Gemeinwesen fortsetzen. Man hat, was ich sage, nicht verstanden, wenn man meint, ich hätte für die freie Atmosphäre des britischen Imperiums kein Verständnis und keine Schätzung. Ich habe Bewunderung für sie. Seit den Tagen des »civis
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Romanus sum« (dessen Zauber wunderlicherweise das judäische Völklein widerstand) hat es auf Erden kein weltliches Hochgefühl von solcher Spannkraft und solcher Wucht gegeben wie das des britischen Bürgers in diesem Augenblick der Gipfelmacht seines Reiches. Von seiner helläugigen, breitstirnigen Freiheit gehen Strahlen der Faszination aus zu den Völkerschaften, die er in den Bannkreis seiner Glorie zieht. Auch die sich gegen ihn wehren, erliegen ihm innerlich – sehr bald nachdem sie ihm äußerlich erlegen sind. Aber wer möchte sich heute noch gegen ihn wehren? Andere Mächte suchen den Ländern, die sie sich angegliedert haben, an Stelle der eingeborenen Art und Kultur die eigene aufzuerlegen, die Geister der unterjochten Nationen empören sich wider sie; nicht so England: es bringt den Vasallen seine Freiheit, die magna charta libertatum, und die alten Kulturen der Länder schmelzen in dieser Sonne, die deren Wirtschaft zu Wohlstand und Fülle reift. Wahrlich, dies sind sie, »die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit«. Wird Israel dieser Versuchung standhalten? Freiheit: es ist die Freiheit der gewinnsüchtigen, machtsüchtigen, geltungssüchtigen bürgerlichen Person, es ist die Freiheit des Bürgers, seinen Anteil an den in seiner Welt wertbesitzenden Gütern zu mehren, mehr zu haben, mehr zu vermögen, mehr zu gelten, und immer mehr. Nicht als ob der angelsächsische Mensch nicht die andere, die wahre Freiheit kennte und nach ihr Verlangen trüge: die Freiheit des Menschen, sich über den Geist des Mehr zum Geist der Gotteskindschaft und des Brudertums zu erheben. Die Seele jedes edlen Engländers ringt um diese und gegen jene Freiheit, und wer in den Völkern jener nicht erliegt, ist, wie allem jungen Europa, auch dem jungen England verbündet; aber die repräsentierende Freiheit ist die süchtige und nicht die edle – wie die repräsentierende Macht Deutschlands die Gewaltmacht und nicht die Seelenmacht war; nur daß der britisch-imperialistischen Freiheit ebenso viel werbende Kraft eignet, wie die preußisch-imperialistische Macht an abstoßender Kraft besaß. Dem Joch der türkischen Barbarei sind wir entronnen, das unser leibliches Dasein im Lande niederdrückte; aber die Luft der britischen Zivilisation enthält Stoffe, die einzuatmen unserer Seele bedrohlich sein dürfte. Ich brauche nicht erst auf künftige Gefahren zu verweisen; schon heute vernimmt man aus Palästina den Ruf, dem Jischub tue »Footballgeist« not. Weiß man, was das für ein »Geist« ist? Es ist der Geist, der der Freiheit der bürgerlichen Person entspricht, des Bürgers, der seine Muße säuberlich auf Leib und Seele verteilt, der vom Kampf um das Mehr seinen Leib (ohne jegliche Verbindung mit seelischem Leben) im Sport erholt, seine Seele (ohne jegliche Konsequenz für das leibliche Leben) in
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der Kirche erhebt; der das Prinzip des Mehr aber auch noch – in der Form der Mehrleistung – in seine leibliche Übung als deren unentbehrliche Würze und Stachel herübernimmt. Und dieser Ruf nach dem Footballgeist kommt aus einer Gemeinschaft, die Männer wie A. D. Gordon und die Seinen besitzt, welche die Idee der sinnstarken, erdverbundenen, gemeinschaftgetragenen A r b e i t als der Einung von Leib und Seele, der im modernen Menschen und besonders im modernen Juden unheilvoll getrennten Elemente, verkündet haben – verwandt dem wahren englischen Geist, dem von Imperialismus und Rekordwahn niedergehaltenen Geist Carlyles und Ruskins! Wer Augen hat zu sehen, tue sie auf! Das Ziel der Entwicklung zu einem autonomen Gemeinwesen ist offen ausgesprochen und zugestanden worden. Aber achten wir beizeiten, daß, wenn diese Entwicklung sich vollzogen hat, das alsdann zustande gekommene Gemeinwesen noch ein jüdisches sei! Damit ist nicht gemeint, daß es in seinem Werden englischen oder überhaupt europäischen Einflüssen entzogen sei, vielmehr, daß man allen Einfluß begünstige, der vom Geiste kommt, allen fernhalte, der aus der von der Machtsituation gedeckten Geistwidrigkeit hervorgeht. 4.
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Die Loyalität unserer Aktion und unserer Siedlung dem Völkerbund und seinem Beauftragten gegenüber ist selbstverständlich. Daß wir mit seinem gegenwärtigen Lebenssystem, dem des humanitätsbewimpelten Imperialismus, nichts zu schaffen haben wollen, haben wir lediglich dadurch zum Ausdruck zu bringen: erstens, daß wir uns aller »äußeren Politik« enthalten – bis auf die Schritte und Maßnahmen, die erforderlich sind, um ein dauerndes freundschaftliches Einvernehmen mit den Arabern auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens, ja eine umfassende brüderliche Solidarität herbeizuführen und zu erhalten; zweitens, daß wir unsere wirtschaftliche und soziale Ordnung von den Postulaten unseres uns von den Urvätern überlieferten und unsern Geist durchwaltenden Strebens nach Gerechtigkeit und Gemeinschaftlichkeit, sowie von den besonderen Anforderungen unseres Volkswesens und der Landesnatur Palästinas bestimmen lassen, nicht aber von den Wünschen und etwaigen Anerbietungen des machtstrotzenden und doch bald untergangsreifen englisch-amerikanischen Kapitalismus; drittens, daß wir bei der Begründung unserer kulturellen Institutionen einzig darauf bedacht sind, die schöpferischen Kräfte des Judentums zu
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fördern, dabei allen guten Anregungen Europas zugänglich bleiben, uns aber hüten, die vielgepriesenen, unserem und allem neuen Menschentum jedoch unangemessenen Einrichtungen westlicher Erziehung und westlicher Lebensführung respektvoll zu übernehmen, und im übrigen dessen eingedenk bleiben, daß wir ein semitischer Stamm sind und Palästina ein vorderasiatisches Land ist.
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5. Chaim Weizmann hat vor dem Zehnerausschuß der Friedenskonferenz den aufrechten Ausspruch getan, Palästina solle den Juden gehören, wie England den Engländern und Amerika den Amerikanern. Ich habe diesen Worten nur eines beizufügen: Ernstmachen! Mitte März 1919
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Nun, da uns in später Stunde, anderthalb Jahre nach dem Abschluß des Kriegs, mitgeteilt wird, daß in San Remo Großbritannien das »Mandat« für Palästina erteilt, die Balfoursche Deklaration dem Friedensvertrag mit der Türkei einverleibt und England beauftragt wurde, in dem für Palästina auszuarbeitenden Statut die Errichtung einer nationalen Heimstätte für die Juden sicherzustellen, – nun können wir nicht mehr jubeln. Wir sind in anderthalb Jahren, in denen wir, zur Untätigkeit gezwungen, den Ausgang des Haderns und Feilschens erwarteten, während jede Stunde dieser europäischen Richtungslosigkeit die Luft in Palästina mehr und mehr vergiftete, wir sind in anderthalb Jahren der kalten Pein still geworden. Aber endgültig haben wir in den letzten Wochen das Jubeln verlernt, als in Jerusalem, im dritten Jahr nach der Deklaration und im ersten nach Versailles, von der englischen Lokalverwaltung begünstigt, der dreitägige Pogrom sich ereignete, dessen Gedächtnis nicht allein aus dem großen Memorbuch des jüdischen Martyriums, dessen grausamste Inschrift er bildet, sondern auch aus den Annalen der britischen Weltherrschaft nicht mehr zu tilgen sein wird. Nicht als ob über die Teilnehmer am Pogrom nicht Gericht gehalten würde: am Morgen eben des Tages, an dem mich das Telegramm über den Beschluß von San Remo erreichte, erhielt ich die Nachricht, daß zwei Araber wegen Plünderung und Brandstiftung zu 15 Jahren Zwangsarbeit und Wladimir Jabotinski, der Initiator der jüdischen Legion, die an der Seite der britischen Truppen um Palästina gekämpft hat, wegen Vorfindung von Feuerwaffen und Munition in seinem Besitz ebenfalls zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden ist*), ferner daß 19 andere Mitglieder der jüdischen Selbstwehr, die ebenso wie er durch die vorsorglichen Behörden am Eingreifen, d. h. an der Verteidigung ihrer Brüder gegen die sie unbehindert hinmetzelnden Huliganen verhindert worden waren, für ein analoges, aber leichteres Vergehen geringere Strafen erhielten. Wir haben für unseren Jubel ein Lächeln von besondrer Art eingetauscht. Es ist kein gutes Lächeln. Und nun, da die seit anderthalb Jahren erwartete Botschaft zu uns kommt, können wir nicht mehr als – dieses Lächeln unterdrücken. Ge-
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Während ich die Korrektur dieses Aufsatzes lese, erfahre ich, daß die Strafe seither gemildert worden ist; das kann aber an der bitteren Ironie der Situation nichts mehr ändern.
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lassenen Angesichts, unbefangenen Blicks wollen wir betrachten, was in dieser Zeit mit uns geschehen ist, was nun mit uns geschehen will. Als die Vertreter der siegreichen Mächte in Versailles zusammentraten, gab es kaum eine erhebliche nationalistische Bewegung unter den palästinensischen Arabern, jedenfalls keine erhebliche mit aggressiver Tendenz. Sie ist erst in Versailles, in Paris und London großgezogen worden: durch das weithin sichtbare Bild eines Beutestreits, der insbesondere die Verhandlungen über das türkische Besitztum zu einer endlosen Penelope-Arbeit machte. Die arabischen Vertreter fanden in Europa an Stelle eines eindeutigen Ordnungswortes ein Durcheinander und Gegeneinander von Stimmen, das ihnen den scheuen Respekt vor den Beherrschern des Planeten bald genug austrieb; sie verstanden bald so gut wie die Türken, sich hin und her zu verbündeln, sich von der einen Macht gegen die andere, von der anderen gegen die eine ausspielen zu lassen und die Beziehungen zu beiden zum eignen Vorteil auszunützen. Diese neue Haltung, das rasche Erziehungsprodukt des politischen Milieus Europas, wirkte notwendigerweise auf die arabische Bevölkerung zurück, die merkte, daß nicht, wie sie erst meinte, ein neues Stück, sondern nur ein neuer Akt des alten Spiels mit neuer Szenerie und neuer Besetzung begonnen hatte; zuletzt wurde auch das palästinensische Arabertum davon berührt. Als im Spätjahr 1917 die Kunde von der Balfourschen Deklaration nach Palästina kam, waren die einzigen, die sie mit einem ausgesprochenen Mißvergnügen aufnahmen, die arabischen Großgrundbesitzer. Zwar war von unserer Seite versäumt worden, den Fellachen klarzumachen, daß sie von der jüdischen Einwanderung eine Hebung ihrer Lebenshaltung zu erwarten hatten; aber sie waren im allgemeinen den Juden in einer etwas animalischen Weise wohlgesinnt und geneigt, sich mit ihnen zu vertragen. Dagegen fühlten die Effendis ihren Besitzstand bedroht, und mit Recht; denn Latifundien könnten sich einer zielbewußten nationalen Kolonisation gegenüber nicht auf die Dauer behaupten. Was konnten sie aber, zumal nachdem die Besetzung Palästinas vollendet war, gegen die Deklaration beginnen? Nicht viel, wenn mit ihr Ernst gemacht wurde; andernfalls allerlei: sie konnten insbesondre die eigne Bedrohung den unkundigen Fellachen als Bedrohung i h r e r Existenz darstellen, wie es die Ausbeuter aller Völker zu tun pflegen, wenn sie die von ihnen Ausgebeuteten vor der internationalen Solidarität in die nationalistische zu retten trachten. Mit der Deklaration aber wurde nicht Ernst gemacht. Weder der verheißene Völkerbund noch der Ententerat noch die britische Regierung wandte sich mit einem Aufruf an die palästinensischen Araber, um ihnen
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die Lage eindeutig zu erklären und ihnen den wirtschaftlichen und kulturellen Gewinn darzulegen, der ihnen aus einer planvollen großen jüdischen Einwanderung erwachsen würde; von Europa aus geschah fast nichts, um das Einvernehmen zwischen Arabern und Juden im Interesse des künftigen national home zu befestigen. Von Palästina selbst aus aber, aus den Kreisen der eingesetzten Verwaltung geschah alles, um es zu verstören; denn die Verwaltung wollte, was die Okkupationsbehörden im nachnapoleonischen Zeitalter zu wollen pflegen (man vergleiche etwa Deutschlands Haltung in Polen): nur die gegenwärtige Situation sichern, nicht eine künftige vorbereiten (von der sie weder selbst begriff, noch aus London erfuhr, inwiefern ihre Herbeiführung im Interesse des Reiches liege); was angesichts des Fehlens einer nachdrücklichen Direktive der Zentralinstanzen naturgemäß dazu führte, daß sie dieser Zukunftssituation entgegenarbeitete. Es ist nicht an der Zeit, die Einzelheiten dieser Tätigkeit zu erörtern, die im wesentlichen darin bestand, die eine Partei zu schikanieren und die andere aufzuhetzen. Sie wirkte mit dem unseligen Einfluß, den die Versailler Zerfahrenheit auf den Orient ausübte, einerseits, mit der aufgerüttelten Besitzangst des arabischen »Großkapitals« (europäisch gesprochen) anderseits zu der Entwicklung zusammen, deren Frucht die Unruhen der jüngsten Monate, zuletzt der Pogrom von Jerusalem war. Die Rückwirkung dieser Entwicklung und dieser Begebenheiten auf die britische Regierung blieb nicht aus. Die Stellung jener Politiker und Militärs, die den Standpunkt der Deklaration mit verschiedenartigen Argumenten bekämpft hatten, wurde gestärkt; und als dazu auch die Differenzen mit Frankreich sich neuerdings wieder verschärften, kam der kritische Moment, da eine Desinteressementserklärung bevorzustehen schien. Dieser Moment ist nun überwunden, was großenteils auf das Verdienst unserer politischen Vertreter zurückzuführen ist. Aber sie werden dieses Verdienst erst dann zu einem wahrhaft unvergänglichen machen, wenn sie aus der Entwicklung der letzten anderthalb Jahre, aus den Begebenheiten der letzten drei Monate, aus der Krisis der letzten zwei Wochen die rechte Lehre und Konsequenz ziehen werden: die Lehre und Konsequenz der inneren Unabhängigkeit. Denn es hieße sich einer gefährlichen Täuschung ergeben, wenn man annähme, mit der Ersetzung der Entente durch den einen Mandatar und sodann der militärischen durch Zivilbehörden würde das Übel behoben. Wohl wird künftighin in Jerusalem voraussichtlich nicht mehr eine Horde jüdische Passanten mit dem Ruf: »Die Regierung ist mit uns!« angreifen können; aber darf man glauben, daß die nun einmal entfachte Bewegung sich durch die bloße Autorität Englands auslöschen lassen,
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daß sie nicht vielmehr in vielfältiger c h r o n i s c h e r Form sich auswirken wird, wenn man sie nicht mit stärkeren Mitteln – stärkeren, aber nicht gewaltsamen, denn die könnten nie dauernde Abhilfe schaffen – zu beschwören vermag? Und darf man glauben, daß eine gegenwärtige europäische Regierung oder eine ähnliche ihr nachfolgende befähigt wäre, die richtigen Mittel zu finden und anzuwenden? Daß sie befähigt wäre, in dieser Wendestunde des Orients eine überlegene und sinnvolle, eine i n n e r e Orientpolitik zu führen? Ich habe zu Anfang des Kriegs das Zeitalter, in dem wir leben, das der asiatischen Krisis genannt. Sie ist seither in ihr zweites Stadium getreten: das der beginnenden Auflehnung. Diesem Prozeß gegenüber hat sich das Abendland, soweit es durch seine gegenwärtige Staatenordnung und deren Lenker vertreten ist, teils blind, teils leichtfertig, teils ohnmächtig – jedenfalls ihm nicht gewachsen erwiesen. Haben die Großmächte die Aufgabe, Mitteleuropa neu aufzubauen, aufs gründlichste und verderblichste verpfuscht, so versagten sie schon an der Schwelle des Problems, eine neue Gestaltung Vorderasiens einzuleiten. Was in und an Palästina geschehen ist, mag als ein besonders deutliches Symptom dieser tiefgründigen und unabänderlichen Unfähigkeit erscheinen. Man gebe sich nicht der gefährlichen Täuschung hin, sie sei durch personale Änderungen zu bannen. Nur eine Systemänderung vom Grunde aus könnte helfen; eine solche aber ist nur von einer Änderung des europäischen Systems selber zu erwarten. Ich brauche wohl nicht zu sagen, daß ich damit keine Bolschewisierung meine, sondern eine aus den elementaren Gemeinschaftskräften, die sich heute in der Tiefe aller Völker regen, aus dem e i n g e b o r e n e n , organischen Sozialismus der Völker, der die große Macht von morgen und übermorgen ist, hervorbrechende Umbildung des öffentlichen Lebens. Das Prinzip, das sich zur Neuordnung des Orients wie zu der Europas unfähig erwiesen hat, ist eben das, das sich zum Neuaufbau der Gesellschaft unfähig erweist: das des zentralistischen Staates. Das Prinzip, das berufen ist, die Gesellschaft zu erneuern, ist eben das, dem allein die Regeneration der Völkerbeziehungen und so auch der Beziehungen zwischen Europa und Asien glücken kann: das des föderalistischen Sozialismus. Nur dezentralisierte, aus autonomen Werkgemeinden aufgebaute Gemeinwesen können sich zum wahren Völkerbund zusammenschließen; nur ein solcher wird dem Orient eine Hand reichen können, die brüderlich ergriffen wird; denn nur ein solcher Völkerbund wird nicht mehr vergewaltigen wollen. Wir sozialistischen Zionisten, die wir zu innerst, durch urzeitliche Tradition und leidenschaftlichen Verwirklichungstrieb berufen sind, an die-
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ser Menschheitsschöpfung mitzuwirken, wir sind die natürlichen Verbündeten aller gleichgerichteten Bewegungen in den Völkern. Und da das englische fortan unter den europäischen in erster Reihe unsere Aufmerksamkeit beanspruchen muß, sei hier auf die junge und zukunftsstarke Sache des englischen Gildensozialismus hingewiesen, der, weniger aus einer ideologischen Einstellung als vielmehr aus einer klaren und festen Einsicht in die soziale Wirklichkeit, ihr gegenwärtiges Siechtum und ihre Heilbarkeit die drei grundlegenden Forderungen der funktionellen Gliederung der Gesellschaft, der Selbstverwaltung ihrer Glieder und ihrer dezentralistischen Organisation formuliert hat, die so völlig mit unseren eigenen Grundsätzen für den Aufbau Palästinas übereinstimmen. Die Bedeutsamkeit solcher Bewegungen für uns kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Personen und Körperschaften, die das gleiche Bild eines neuen Lebens in sich tragen wie wir, die gleiche Gemeinschaftsform wie wir realisieren wollen, das sind unsre wahren Bundesgenossen. Wir, die wir als Mittler zwischen Europa und Asien nach Palästina gehen wollen, wir können nicht als Sendlinge eines untergangsreifen Abendlands vor den aus dumpfem Traum erwachenden Orient treten, um mit jenem sein berechtigtes Mißtrauen zu teilen; wir sind zu Herolden eines neu werdenden Abendlands erkoren, die unseren morgenländischen Brüdern helfen sollen, im Bunde mit ihm und aus eigener Kraft ein echtes Gemeinschaftsleben zu begründen, nach dem auch nur recht eigentlich zu begehren bislang die Effendis des Orients und die des Okzidents sie wirksam verhindert haben. Die Brücke, die der Ungeist von Versailles nie zustandebringen wird, wir können sie erbauen: aus unserer eigenen sozialistischen Wahrheit. Indem wir den unterdrückten Schichten der asiatischen Völkerschaften unsere Botschaft der Befreiung bringen, werden wir sie auch von der Besessenheit des falschen, machtgierigen aggressiven Nationalismus erlösen, mit dem ihre Unterdrücker, gelehrige Schüler des Europa von Versailles, ihre erwachenden Menschentumswünsche von deren natürlichem Ziel abzulenken streben. Aber das werden wir nur dann vermögen, wenn wir selber den letzten Ernst der Verwirklichung haben; wenn wir unsre Seele dem falschen Nationalismus aus den Klauen gerissen haben; wenn unser Sozialismus nicht Taktik und Propaganda, sondern aktive Sehnsucht und schaffender Wille ist. Dies sind die »stärkeren Mittel«, von denen ich gesprochen habe, dies die Seelenselbstwehr, die allein den uns in Palästina bedrohenden chronischen Seelenpogrom zu beschwören vermag. Es steht in unserer Hand, ob wir dem erwachenden Blick des Orients als verhaßte Agenten und Detektivs, oder als geliebte Lehrer und Bildner erscheinen werden.
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[Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.-14. 09. 1921).] Das Wort hat Herr Dr. Martin B u b e r. Delegierter Dr. Martin Buber (Hitachduth-Deutschland, spricht deutsch): Freunde und Gefährten! Die schwere Stunde der Erkenntnis, der Selbsterkenntnis, hat zu schlagen begonnen, und ihren Pendelschlag kann nichts mehr aufhalten. Darum ziemt es sich jetzt nicht mehr, Kritik an Personen zu üben, und es genügt nicht, Kritik zu üben an Zuständen, an Institutionen und an Aktionen. Es gilt auch, Kritik zu üben an dem Innersten des Zionismus, an dem lnnersten des gegenwärtigen Zionismus, an seinem Verhältnis zur Idee. Und wenn ich dies das Innerste und Wesentlichste nenne, so weiß ich mich eins mit dem Geiste des Mannes, der diesen Kongreß geschaffen hat und zu dessen Füßen ich einst gesessen habe, auch dann, wenn ich gegen ihn stritt. »Im Anfang war die Idee.« Das bedeutet aber nur, daß sie von Anfang an unseren Willen und unser Tun getragen hat. Das bedeutet nicht, daß sie klar und reif schon in uns gelebt hat. Sie ist erst mit der Zeit immer klarer, immer reifer, bewußter, größer in uns geworden. Die Idee, die uns getragen hat, die Idee der Wiedergeburt – zu klein hatten wir sie gefaßt, als wir von Renaissance sprachen. Zu klein, als wir meinten, es sei nur ein nationaler Begriff, zu klein, als wir meinten, es sei nur eine historische Kategorie. Gemeint ist in Wahrheit der große religiöse Begriff der Wiedergeburt, der zweiten Geburt mitten im Leben eines Lebewesens, mitten im Leben des einzelnen Menschen, das, was jede Religion als das Innerste des Zusammenhanges des Menschen mit dem Absoluten fühlt und was die jüdische Religion unter den Begriff der Teschubah gefaßt hat. Wie unsere Sage von Abraham erzählt, daß er, als er sich aus den Gebundenheiten seines Lebens löste und sich zum Bund mit Gott erhob, zu einer neuen Schöpfung, briah chadaschah, geschaffen wurde, so ist es auch mit dem Volk und so ist es auch mit diesem Volk. Der Kern des jüdischen Volkes will sich erneuern, so wie sich der einzelne Mensch mitten im Leben erneuern kann. Und das kann er nur in Erez Israel. Aus dieser Idee eines Neuwerdens an diesem Punkte der Volksgeschichte gehen die Aufgaben der zionistischen Bewegung hervor. Aber nicht bloß die Aufgaben, sondern auch deren Schichtung, deren Rangordnung. Die erste wesentliche Aufgabe ist, das Volk zu der Bereitschaft für die Wiedergeburt zu erziehen, zu der wahren Teschubah, zu der wahren Umkehr von seinem Wege zu erziehen. Und freilich, die Unbereitschaft des
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Volkes gehört eben zu den Zuständen, aus denen es erlöst werden soll. In der Tretmühle der Pein ist das Volk müde geworden. Es ist müde geworden und es kann kaum das Wagnis dieser Umkehr unternehmen, es wagt nicht, in das Feuerbad der Erneuerung zu tauchen. Es ist eine ungeheure Aufgabe und doch die erste, vorderste Aufgabe, die gemeint ist mit dem Worte Techilath halewawoth, das der gesprochen hat, dessen Name auch auf diesem Kongreß mit Ehrfurcht erwähnt werden soll, der Name dessen, den unser Dichter d e n Lehrer nennt, A c h a d H a a m . (Beifall.) Diese erste Aufgabe ist die Aufgabe der Volkserziehung. Die zweite Aufgabe ist die Bereitung des Landes durch das Pioniertum der Arbeit. Galuth und Erez Israel sind nicht zwei territorial geschiedene Begriffe, sondern zwei Lebensformen, die Formen des parasitären und des schöpferischen Lebens. Erez Israel bedeutet für uns vor allem die Rückkehr aus dem parasitären Leben, in dem wir die Werte, die andere Völker schufen, ausnützen, zum vollständigen Volksleben, zur Verbundenheit mit der eigenen Erde. (Lebhafter Beifall.) Die Gewinnung Erez Israels und die Bereitung Erez Israels durch eigene Arbeit ist die zweite Aufgabe. Es darf nicht in Erez Israel ein Galuth geben. (Beifall.) Und die dritte Aufgabe, das ist die Beseitigung der äußeren Hindernisse, die nicht in Volk und Land liegen, sondern in Dingen, die von Volk und Land unabhängig sind. Das ist die Politik im engeren Sinne oder, sagen wir es genauer, die Diplomatie – genauer deshalb, weil die ersten Aufgaben auch Politik einschließen, die erste Kulturpolitik und die zweite Wirtschaftspolitik. Diplomatie ist die Arbeit, die die anderen realen Arbeiten erleichtern und ergänzen soll. Diplomatie kann nicht Geulah schaffen, Diplomatie kann nicht erlösen. Sie kann nur die Geulah der wirklichen Arbeit an Volk und Land erleichtern. Ich sagte schon, es gibt eine natürliche Schichtung dieser Aufgaben. Die bestimmende Aufgabe ist das Beginnen und nicht das Fordern und Durchsetzen. Die Diplomatie kann rechtmäßigerweise den andern Aufgaben nur koordiniert werden, nicht übergeordnet. Es gilt erst, Werke, Wirklichkeit zu schaffen, dann Rechte, Recht zu fordern und durchzusetzen. Das ist etwas, was man der Fiktionspolitik, die im Zionismus eine so verhängnisvolle Rolle spielt, immer wieder entgegenhalten muß. Man kann nur die Rechte erkämpfen, denen eine von uns geschaffene Wirklichkeit entspricht. Aber eines läßt sich für die Diplomatie sagen: einen Schritt voraus hat sie vor den anderen Aufgaben, e i n e n Schritt. Sie hat die Lebensbedingungen der Arbeit zu ermöglichen, das Minimum, das notwendig ist, damit wir frei, ungestört an die Arbeit für unser Ziel gehen können. Wie ein Handwerker einen Werkzeugkredit braucht, den
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er beanspruchen darf, den er auf Grund seiner Aufträge auch beanspruchen kann, so können wir dieses Minimum der Lebensbedingungen für unsere Arbeit fordern auf Grund des Auftrags des jüdischen Volkes. Was ist nun aus dieser Idee und dieser Aufgabe geworden? Was ist vor allem geworden aus der Erfassung dieser Idee? Eine kleine Schar junger Menschen, in denen die Idee, die uns von Anfang getragen hat, zu einer Wirklichkeit der Seele und des Lebens wurde, hat angefangen, damit Ernst zu machen. Aber in dem ganzen weiten Umkreis der Bewegung ist der Lebensernst der Idee verflacht. Wir sind der Phraseologie verfallen. Ich weiß wohl, daß alle Bewegungen dieser Gefahr ausgesetzt sind, aber immer wieder muß die Phrase durchbrochen und geläutert werden von einer Flut des echten Wortes. Und daran fehlt es. Unsere Bewegung ist in erschreckender Weise zu einem Betrieb geworden. Am deutlichsten vielleicht zeigt sich, was ich meine, an der Ideenlosigkeit unserer inneren Kämpfe. Wir sind unrein geworden. Unrein durch die Phrase, unrein durch den Betrieb, unrein durch die Art unseres inneren Kampfes. Wir müssen uns reinigen, ehe wir wieder vor das Volk, vor das gepeinigte und erniedrigte Volk treten, das aber immer noch das Am Olam, das ewige Volk, das Weltvolk ist, und zu ihm sprechen: »Reinige dich!« Was ist geworden aus der natürlichen Schichtung unserer Aufgaben? Die Chowewe-Zion, die durchaus keine unpolitischen Köpfe waren, wußten ganz gut, daß es zuerst gilt, Wirklichkeit zu schaffen, und dann, Rechte zu erkämpfen. Was sie nicht wußten, war nur, daß es auch gilt, politisch und, wenns not tut, diplomatisch die Arbeitsbedingungen zu erkämpfen. Herzl, der eine proklamatorische Politik, eine durch Verkündung unserer Idee an die Welt eigentlich erst das Werk einleitende Politik meinte, Herzl hatte recht, daß diese proklamatorische Politik unsere Aktionen von Anfang an begleiten mußte, aber er hatte nicht recht, wenn er glaubte, daß die Aktionen nur die Politik zu unterstützen hätten. Das Umgekehrte ist die Wahrheit. Und das ist der Punkt, dem unser Kampf, der Kampf der Jugend Chaim Weizmanns und mein Kampf und meiner Freunde Kampf gegen Herzl galt. Und das ist der Punkt, dem ebenderselben Menschen Kampf gegen Wolffsohn galt. Wie ist es jetzt? Die Diplomatie ist die Herrin, die reale Arbeit ist die Magd geworden, statt daß sie gleichgeordnete Werkgenossen seien. Die Folge davon ist die Zusammenhanglosigkeit unserer Arbeit, ihr unorganischer, mechanischer, improvisierter Charakter. Eine Aenderung tut not. Es müssen die besten Kräfte auf die reale Arbeit, auf das Wesentliche unserer Arbeit gesammelt werden. Und dazu tut allerdings für uns alle eine Wandlung not. Aber dazu tut auch noch etwas anderes not und da muß ich das Wort an Chaim Weizmann selber richten: Du bist uns unersetzlich, aber sei, wir
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bitten dich, sei darauf bedacht, uns deine Unersetzlichkeit nicht aus einem Stolze zu einer Demütigung zu machen. Stelle die Männer, die wir dir als Mitarbeiter geben – und wir wollen dir unsere Besten als Mitarbeiter für die reale Arbeit des Zionismus geben – stelle sie neben dich (Beifall). Indem du ihre Aemter hebst, hebst du das deine vor den Augen des Volkes und vor den Augen der Geschichte. Was ist geworden aus der Erfassung und Verwirklichung der einzelnen Aufgaben? Volkserziehung – einzelne Versuche sind geschehen einer wirklichen Erziehung. Was sich aber breit macht und der Welt sichtbar wird, das ist Agitation statt Erziehung, Leichtmachen statt Schwermachen, Verbilligung des ldeals. Man behandelt die Idee als etwas, was ganz gut zu brauchen ist, was man in der Tasche hat und herausziehen kann, wenn man es nötig hat, man mißbraucht die Idee bis zum Zynismus. Man fragt zuweilen: wie gewinnt man das Volk? Darauf gibt es keine Antwort, weil es eine falsche Frage ist, oder wenn es eine Antwort gibt, so kann man nur sagen: indem man das Volk erzieht, gewinnt man es. Wie gewinnt man das Volk? Indem man Großes verspricht und Großes fordert. Indem man das ganze Leben verspricht und den ganzen Menschen fordert. Aber man kann dies nur – und das ist ein Wort, das ich an alle Einzelnen richte – man kann dies nur, wenn man selbst den ganzen Menschen einsetzt. Man kann das Schwere nur fordern, wenn man es sich selbst nicht leicht macht. Und was ist die Folge dieser Entwicklung? Die Folge ist die Erstarrung des Nachwuchses und zum großen Teil der Verlust des Nachwuchses an andere Bewegungen, die Größeres versprechen – ich meine das ganze Leben des Menschen – und Größeres fordern. Die Folge ist der Abfall der geistigen Kräfte; und ich erinnere daran, was Weizmann auf dem Haager Kongreß von dem Abfall der geistigen Kräfte gesprochen hat. Man kann das Volk nicht zu politischen Augenblickszwecken, man kann es nicht zu Zustimmungsäußerungen wahrhaft gewinnen; all das ist Scheingewinn, nur für den Augenblick, nicht für den dauernden Zusammenhang, nur für äußere Teilnahme, nicht für Opfer: Eine Gemeinschaft, die von ihren Mitgliedern Geld verlangt, wird Almosen bekommen. Eine Gemeinschaft, die von ihren Mitgliedern den ganzen Menschen verlangt, wird auch sein Geld bekommen. Und die vergeblichen sinnlosen Konzessionen an die Masse wirken auf die Idee zurück und verflachen die Idee. Manchen ist die Erkenntnis dieser Lage aufgegangen. Ein Verlangen nach Wiederbelebung merken wir an manchen. Aber sie schlagen einen falschen Weg ein, wenn sie zu dem aus der unglückseligen Situation und Stimmung Europas heraus geborenen falschen Heroismus greifen. Das ist die neueste der nationalen Assimilationen, die in der Geschichte des Zionismus
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nicht so selten sind. Die Umkehr des Judentums bedeutet auch die Abkehr von diesem Ungeist. Es gibt nur einen echten Heroismus in und um Palästina, den Heroismus der Arbeit. (Beifall und Händeklatschen.) Wie steht es mit der Verwirklichung der realen Arbeit in Palästina? Wie kommt es, daß in einem entscheidenden Augenblick unsere Kraft versagt hat? Wie kommt es, daß wir in dem Augenblick, wo wir etwas in Palästina selbst aufzuzeigen hatten, es nicht aufzeigten? Warum geschah die Vorarbeit nicht, die nicht bedeutet einen Kolonisationsp l a n , sondern Vo r b e r e i t u n g einer organischen Kolonisation? Wie kommt es? Es kommt daher, weil keine feste Konzeption der realen Arbeit da war und daher keine Kontinuität der Verwirklichung. Unsere Kolonisation ist eine ganz einzigartige, ungleich aller kapitalistischen und imperialistischen Kolonisation. Das sage ich ohne alle Dogmatik. Ich sage das nicht, als ob es nun gelte, die Privatinitiative auszuschalten; es gilt nur, die Gemeinschaft als die oberste Gewalt zu proklamieren und den Einzelnen ihr unterzuordnen. (Vo r s i t z e n d e r : Herr Dr. Buber, Ihre Zeit ist um!) Ich will mich nach Möglichkeit kurz fassen. Es gibt noch eine andere Privatinitiative in Palästina, das ist die Initiative der Arbeit. In Palästina hat sich ein Arbeitszentrum gebildet und wir sollten keinen Tag verstreichen lassen, ohne die Pioniere, die es geschaffen haben und schaffen, mit ihrem Leben und Sterben schaffen, zu ehren. Gewiß hat auch die Arbeiterschaft Palästinas Fehler begangen. Das liegt daran, daß diese Arbeiter ein Sondertypus sind, der im Uebergang ist vom Intellektuellen zum Arbeiter. Aber sie sind keine Doktrinäre. Ein Beweis dafür ist, daß sie Verständnis haben für dezentralisierte, für mannigfaltige wirtschaftliche Organisationsformen, für einen organischen, nicht doktrinären Sozialismus. Aber diesen Arbeitern müssen wir in ihren wirtschaftlichen Interessen helfen. Wir haben das tief vernachlässigt, wir haben die Arbeiterschaft Palästinas und ihre Interessen ignoriert. Hier gibt es eine Fülle von Aufgaben. Ich muß jetzt von dem dritten und in diesem Zusammenhang wichtigsten Punkt sprechen, von der Politik, die eine Beseitigung äußerer Hindernisse zu sein hat. Ich sagte schon, es gibt eine natürliche Schichtung der Aufgaben, aber die ist bei uns umgekehrt worden. Unsere Politik hat sich, statt die A r b e i t s b e d i n g u n g e n für die reale Arbeit zu sichern, die Sicherung des Z i e l e s der realen Arbeit, also etwas Unmögliches vorgenommen. Das ist der Grundfehler der zionistischen Politik und der Fehler besonders der gegenwärtigen Politik, die auf die präparatorische der Chowewe-Zion und auf die proklamatorische Herzls gefolgt ist und die ich nicht anders nennen kann, als eine okkasionistische. Herzls Methode der weltpolitischen, überparteilichen Proklamierung ist durch
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die Ereignisse, durch das Schicksal aufgehoben worden. Das ist keinem zur Last zu legen. Aber eines ist zu beachten. Bündnisse, die in außerordentlichen Situationen geschlossen werden, sind wesentlich auf einer zeitlichen Interessengemeinschaft begründet. Um diese Interessengemeinschaft nicht mit anderen dauernden oder neu auftauchenden Interessen kollidieren zu lassen, um sie zu einer dauernden zu machen, empfiehlt sich eine besondere Umsicht und Präzision der Verhandlungen und Vereinbarungen. Und daran hat es gefehlt. Wir kennen den Text der Balfour-Deklaration, die, darin werden Sie mir wohl alle beistimmen, eine reine Rahmenerklärung ist, in die schier alles hineingeht, so völlig entgegengesetzte Auffassungen, wie die, die in der bekannten Rede Chaim Weizmanns über die Deklaration, und jene, die in einer ebenfalls bekannt gewordenen Rede Herbert Samuels zum Ausdruck kam. Eine Deklaration, die so entgegengesetzte Welten in sich umfaßt, bedarf einer authentischen Interpretation. Ich habe von der Festlegung einer authentischen Interpretation der Balfour-Deklaration nichts erfahren. Und zum zweiten. Ich sagte schon, das, was wir brauchen als das Minimum, um leben und arbeiten zu können, die Bedingungen, die primitivsten Bedingungen unserer Arbeit hat die Diplomatie zu erwirken. Hat sie das getan? Kann einer darauf Ja antworten, heute, wo wir vier Jahre nach der Balfour-Deklaration kämpfen müssen um das Recht unserer freien Einwanderung? (Lebhafte Zustimmung.) Ich sage: die Sicherung des Lebensminimums unserer realen Arbeit in Palästina ist versäumt worden. (Zustimmung.) Und nun der andere Teil unserer Politik – denn wir haben ja nicht bloß an Europa zu denken: die Araberfrage. Wie steht es hier mit der Sicherung des Minimums, das wir brauchen? Verhandlungen mit der nichtjüdischen Bevölkerung Palästinas waren die nächste logische Konsequenz der Balfour-Deklaration. Wenn sie leider nicht früher erfolgt sind, dann hätten sie so bald erfolgen müssen als es möglich war. Ich verkenne nicht die ungeheuren Schwierigkeiten, ich folge auch nicht dem Schlagwort, man solle mit Völkern und nicht mit Staaten verhandeln. Ich weiß, wie schwer das ist, mit Völkern zu verhandeln, die als Völker noch nicht konstituiert sind, noch nicht ihre legitime Vertretung haben. Und wie erst mit dem arabischen Volk! Trotzdem, es hätte etwas geschehen müssen, was nicht geschehen ist. (Delegierter Dr. Daiches: Zum Beispiel?) Ich komme darauf zu sprechen, soweit ich hier darüber sprechen kann. Ganz gewiß nicht hie und da eine Verhandlung mit einem arabischen Notabeln. Allerdings haben die Verhandlungen zwei Voraussetzungen, damit sie Erfolg haben können. Die eine ist ein der ganzen Welt sichtbarer planvoller Beginn einer großen realen Kolo-
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nisationsleistung, und zweitens ein konkretes politisches und wirtschaftliches Programm als Basis der Verhandlungen. Mir scheint, daß beides gefehlt hat. Die Stunde, in der wir stehen, ist gerade in diesem Sinne, von dem wir jetzt sprechen, eine furchtbar schwere Stunde. Sie mahnt uns zur Erkenntnis, zur Entschlossenheit. Aber nicht aus dem Augenblick heraus sollen wir erkennen und uns entschließen, sondern aus der geschichtlichen Einsicht und aus dem Einblick in die dauernde Wirklichkeit der vorderasiatischen Völker, ihrer Bestrebungen und Bewegungen, denen, wo sie aus reinem, echtem und gerechtem Lebenswillen stammen, unsere nationale Sympathie gebührt. Damit die Politik, die ich meine, noch in dieser späten Stunde vor der Welt inauguriert wird, muß deutlicher ausgesprochen werden, was wir meinen und was wir wollen, vor aller Welt. Wer es hört, der wird es hören; wir jedenfalls wollen es so laut und so deutlich sprechen als wir können. Und gleichviel, ob es gehört wird oder nicht, das Wort wird bleiben. Und darum, in diesem Sinn, möchte ich Ihnen zum Schluß im Namen der Gruppe, die ich hier zu vertreten habe, der Hitachduth Hapoel Hazair we-Zeire Zion, mit dem Wunsch und in der Hoffnung, daß sie der Kongreß in gleichem Geiste, im unabgeschwächt gleichen Geiste beschließen möge, folgende Kundgebung in Form einer Deklaration vorlegen (liest): »In dieser Stunde, in der zum ersten Mal wieder nach acht Jahren der Trennung die Vertreter des selbstbewußten jüdischen Volkstums sich versammelt haben, sei von neuem vor den Nationen des Abendlandes und denen des Morgenlandes erklärt, daß der starke Kern des jüdischen Volkes entschlossen ist, in seine alte Heimat zurückzukehren und in ihr ein neues, auf unabhängiger Arbeit begründetes Leben aufzubauen (Beifall), das als organisches Element einer neuen Menschheit wachsen und dauern soll. Diesen Entschluß, den Geschlechter unserer Pioniere durch ihr Leben und Sterben bekräftigt haben, vermag keine irdische Macht zu erschüttern. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) Jede Gewalttat, die um seinetwillen uns angetan wird, setzt der Urkunde unseres nationalen Willens ein Blutsiegel auf. (Großer Beifall.) Aber dieser nationale Wille ist nicht gegen eine andere Nationalität gerichtet. Das jüdische Volk, seit zweitausend Jahren in allen Landen eine vergewaltigte Minderheit, wendet sich nun, da es wieder als Subjekt seiner Geschicke in die Weltgeschichte eintritt, mit Abscheu von den Methoden des Herrschaftsnationalismus ab, dessen Opfer es so lange war. (Beifall und Händeklatschen.) Nicht um ein anderes Volk zu verdrängen oder zu beherrschen, streben wir in das Land zurück, mit dem uns unvergängliche historische und geistige Bande verknüpfen und dessen
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heute so dünn bevölkerter Boden, zumal bei intensiver und folgerichtiger Bewirtschaftung, Raum genug für uns und für die ihn gegenwärtig bewohnenden Stämme bietet.
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Vizepräsident Motzkin: Herr Dr. Buber, Sie haben Ihre Redezeit bereits überschritten. (Rufe: Er ist gleich fertig!) Delegierter Dr. Buber (fortfahrend): Unsere Rückkehr nach Erez Israel, die sich in den Formen einer stetig zunehmenden Einwanderung vollziehen muß, will kein fremdes Recht beeinträchtigen. In einem gerechten Bund mit dem arabischen Volke wollen wir die gemeinsame Wohnstätte zu einem wirtschaftlich und kulturell blühenden Gemeinwesen machen, dessen Ausbau jedem seiner nationalen Glieder eine ungestörte autonome Entwicklung sichert. Unsere Kolonisation, die der Rettung und Erneuerung unseres Volkstums allein gewidmet ist, hat ja nicht die kapitalistische Ausbeutung eines Gebietes zum Ziel und dient nicht irgendwelchen imperialistischen Zwecken, ihr Sinn ist die schaffende Arbeit freier Menschen auf gemeinschaftlicher Erde. (Lebhafter Beifall.) In diesem sozialen Charakter unseres nationalen Ideals liegt die mächtige Bürgschaft für unsere Zuversicht, daß zwischen uns und dem arbeitenden arabischen Volke eine tiefe und dauernde Solidarität der wirklichen Interessen sich offenbaren wird, die alle von den Verwirrungen des Augenblicks erzeugten Gegensätze überwinden muß. Aus dem Bewußtsein dieser Verbundenheit wird sich in den Angehörigen beider Völker eine im öffentlichen und persönlichen Leben betätigte Gesinnung gegenseitiger Achtung und gegenseitigen Wohlwollens ausbilden. Dann erst wird wahrhaft sich in geschichtlicher Größe die Wiederbegegnung der zwei Völker vollziehen.« (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) Vizepräsident Motzkin: Es sind verschiedene Proteste eingelaufen, weil die Redezeit überschritten wurde. Ich mache darauf aufmerksam, daß Deklarationen und Resolutionen nicht unter die halbe Stunde fallen, wenn sie Resolutionen bestimmter Gruppen sind.
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Nationalismus (Rede in Karlsbad anläßlich des XII. Zionistenkongresses, am 5. September 1921) 1 Ich spreche zu Ihnen in einem sehr unruhigen Moment des Kongresses und weiß nicht, wieviel Aufmerksamkeit Sie in diesem Augenblick herzugeben fähig sind. Dennoch habe ich mich entschlossen, das, was ich zu sagen habe, nicht aufzuschieben. Mein Verantwortungsbewußtsein gebietet mir es zu sagen, ehe die Verwirrung noch schlimmer wird. Und zwar geht es um eine unmißverständliche Abgrenzung gegen eine Art – eine Entartung – des Nationalismus, die sich in der letzten Zeit auch im Judentum auszubreiten beginnt. Eine unmißverständliche Abgrenzung. Ich habe von dem, was ich in meinem Leben gegen das anationale Judentum – d. h. gegen jene Juden, für die das Judentum weniger Realitätsgehalt im Sinn des öffentlichen Lebens besitzt, als im Begriff der Nation liegt – ausgesprochen habe, nichts zurückzunehmen. Aber nun tut eine neue, nicht minder eindeutige Abgrenzung not: innerhalb unsrer nationalen Bewegung. Wir sind aus der schweren Geschichtsstunde, in deren Mitte der Weltkrieg stand, in eine, wiewohl äußerlich sehr viel mildere, doch von innen gesehen noch schwerere getreten, in die Stunde der inneren Verwirrung. Zu ihr gehört, daß in einer fast vorgängerlosen Weise in den einzelnen geistigen und politischen Bewegungen sich Wahrheit und Lüge, Recht und Unrecht miteinander vermischen. Dieser ungeheuerlichen und ungeheuerlich wachsenden Erscheinung gegenüber genügt die übliche Scheidung durch geläufige Allgemeinbegriffe nicht mehr. Ist doch in jedem dieser Begriffe nunmehr das Echte und das Falsche so verschränkt, verwoben, verschlungen, daß ihre bisher gepflogene Verwendung, als wären sie noch einheitlich, nur noch tiefer in die Irre führt. Eine Scheidung innerhalb der einzelnen Begriffe ist unerläßlich geworden, wenn wir aus der Verwirrung zu einer neuen Klärung kommen wollen. Der soziologische Ursprung des modernen Nationalismus ist bekanntlich in der französischen Revolution zu finden, die in ihrer Auswirkung die die Völker überwölbenden, überpressenden alten Staatsgefüge auflockerte und die durch sie niedergehaltenen Nationen hervortreten ließ. In deren Hervortreten und Bewußtwerden werden sie immer mehr zugleich ihrer politischen Mängel, des Mangels an Selbständigkeit, territo1.
Auch diese Rede kann ich, des mangelhaften Stenogramms wegen, nur in skizzenhafter Gestalt mitteilen, zumal ich an den Formulierungen nichts ändern wollte.
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rialer Geschlossenheit, öffentlichem Einheitsausdruck inne und streben danach, diese Mängel zu beheben. Aber dieses Streben führt sie nicht zu neuer Gestalt. Sie wollen sich nicht als Völker konstituieren, d. h. in einer neuen, organischen, aus den natürlichen Formungen des Volkslebens sich aufbauenden Ordnung; sie wollen nur selber ebensolche Staaten werden, mächtige maschinell-zentralistische Staatsapparate wie nur irgendeiner zuvor. Sie verlangen in die gewesene Geschichte zurück, nicht über sie hinaus in eine andre, in ihrer Struktur national bestimmte. Wir werden dies besser verstehen, wenn wir auch den psychologischen Ursprung des modernen Nationalismus betrachten. Die Jahrhunderte von der Reformation zur Revolution bedeuten die fortschreitende Vereinsamung des europäischen Menschen. Die einheitliche Christenheit zerbricht nicht nur mittendurch, sondern auch in unzähligen Rissen, und die menschlichen Personen entsinken dem tragenden Zusammenhang. Der Sicherungen eines geschlossenen Kosmos verlustig steht das sich immer mehr zugleich differenzierende und isolierende Individuum in der schwindligen Unendlichkeit des neuen Weltbilds. Seinem zitternden Verlangen nach Bergung bietet sich das nun in die Erscheinung tretende Gemeinschaftsgebild des Volkstums. Der Einzelne fühlt sich fest und warm aufgenommen in eine ihn unzerbrechbar dünkende, weil »natürliche«, erderwachsene Gesamtheit. Er findet einen Halt im Gewordenen, gegen das der Staat ihm »gemacht« und sogar die Kirche nur »aufgetragen« vorkommt: in dem großen leiblichen Haus der Nation. Aber da an der neuentdeckten Bindung das Bewußtsein ihrer Gewordenheit das am stärksten Wirkende ist, engt sich der Horizont ein, mehr noch, die Fruchtbarkeit der Volkselemente selber wird beeinträchtigt. Das ursprüngliche Volksgefühl, das sehr lange vor der modernen nationalen Bewußtwerdung im Kern der Seelen lebte, wird aus einer bildnerischen Mächtigkeit der Gemeinschaft im Individuum zu einem sich messenden Machtwillen des Individuums als Gemeinschaftsglieds. Der Gruppenegoismus des Einzelnen hat seine moderne Gestalt gefunden. Macht ist nicht, wie ein großer Historiker gemeint hat, böse, sie ist zuinnerst unschuldig als die zentrale Voraussetzung menschlicher Aktion. Machtwille, der nicht die Auswirkung einer »von selber« entstandenen innern Macht, sondern die Erlangung, die Herstellung von Macht erstrebt, ist problematisch. Ein Machtwille, dem es nicht darum zu tun ist, mächtig, sondern darum, »mächtiger als« zu sein, wird zerstörerisch. Nicht die Macht, die Machthysterie ist böse. Die Selbstbehauptung kann, wie im individuellen Leben der menschlichen Person so in ihrem Gruppenleben, echt und unecht, rechtmäßig und unrechtmäßig sein. Auch der echte Mensch behauptet sich gegen die
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Welt, aber er behauptet zugleich die Welt gegen sich. Das erfordert eine jeweilige Abgrenzung des eignen gegen das fremde Recht, für die keine ein für allemal gültigen Regeln aufgestellt werden können: nur im Geheimnis des stündlichen Verantwortungsakts wird die zulängliche Demarkation vollzogen. Das ist, wie für die Personhaltung des Einzelnen, so auch für seine nationale Haltung wahr. Der moderne Nationalismus läuft stets Gefahr, der Machthysterie zu verfallen, die die Abgrenzungsverantwortung zersetzt. Für die Scheidung zwischen zweierlei Nationalismen, um die es sich mir handelt, kommt alles darauf an, daß diese Verantwortung und diese Gefahr recht verstanden werden. Dazu aber müssen wir klären, was für ein Phänomen der Nationalismus sei und in welchem Verhältnis er zu Volk und Nation stehe. Genauer noch: was bedeutet Volk? was bedeutet im Verhältnis dazu Nation? was bedeutet im Verhältnis zu beiden Nationalismus? Bei »Volk« denkt man wohl zunächst an eine Bluteinheit; aber für den Ursprung eines Volkes ist diese nicht notwendig konstitutiv: ein Volk kann nicht bloß aus einer Verschmelzung blutsverwandter Stämme, sondern auch aus einer von blutsverschiednen hervorgehen. Aber immer entsteht Volk als Schicksalseinheit: indem Menschenscharen in einer gemeinsamen großen plastischen Stunde von einem gemeinsamen großen knetenden Schicksal zu einer neuen Ganzheit geformt werden. Diese neue »geprägte Form«, die in der Reihe folgender Geschicke »lebend sich entwickelt«, erhält sich durch die von nun an herrschende Bluteinheit, die nicht exklusiv zu sein braucht, aber auch in Zeiten starker Mischungen eine unerschütterte Dominante bleiben muß. Die Leiblichkeit dieser Erhaltung ist die Fortpflanzung der Art in der mehr oder weniger strengen Endogamie, ihre Seelenheit ist ein organisches, potentielles gemeinsames Gedächtnis, das sich in den neugeborenen Geschlechtern immer wieder als Erfahrungsstruktur, Sprache, Lebensgestaltung aktualisiert. Dieses natürliche (nicht bloß, wie bei der Kirche, symbolische) Hineingeborenwerden der neuen Individuen in die leibseelische Einheit des Volkes ist es, was dieses unter allen Verbänden kennzeichnet: es erhält sich biologisch, ohne selber von einer biologischen Kategorie erfaßt werden zu können. Hier verbinden sich Nation und Geschichte in einer einzigartigen Weise. In dem Maße, in dem ein Volk sich der durch seine Existenz gegebenen Abgehobenheit gegen andere Völker (die sich ursprünglich in dem sakralen Prinzip ausspricht, das die Endogamie bestimmt) als solcher bewußt wird und aus diesem Bewußtsein handelt, wird es zur Nation. Nation also ist ebendieselbe Einheit, in ihrer bewußt-aktiven Abge-
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hobenheit gefaßt. Das Bewußtwerden aber, von dem ich spreche, ist geschichtlich zumeist die Folge einer inneren – sozialen oder politisch-organisativen – Wandlung, in der und durch die das Volk die Sonderheit seines Baus und Werks erfährt und sich darin gegen andre abgrenzt. Volkbildend ist ein entscheidendes Tun und Leiden, vornehmlich in der Zeit von Wanderung und Landnahme; nationbildend ist eine entscheidende Änderung des gewonnenen Status von innen her, die als solche sich dem Selbstverständnis des Volkes eingräbt. So ist z. B. für das alte Rom die Umwälzung, die es zur Republik macht, eben das, was es zur Nation macht. Erst das republikanische Rom ist eine Nation, die sich ihrer eigentümlichen Kraft, Ordnung und Aufgabe bewußt wird und sich darin abhebt. Diese Dynamik des Nationseins kann sich dann in einer besondern historischen Ausformung der Aufgabe vollenden; so erlangt das französische Staatsvolk sein volles nationelles Dasein erst aus dem missionierenden Charakter der großen Revolution. In bestimmten Momenten des nationalen Lebens tritt eine neue Erscheinung auf, die als Nationalismus bezeichnet wird. Sie hat die Funktion eines Krankheitsanzeigers. Wie ein Körperorgan erst dann zum Objekt der steten inneren Aufmerksamkeit wird, wenn es erkrankt ist, so auch hier: Nationalismus ist in seiner Wurzel das Innewerden eines Mangels, eines Gebrechens oder Siechtums. Das Volk spürt in wachsendem Maß die Tendenz, diesen Mangel zu füllen, dieses Gebrechen oder Siechtum zu heilen. Zwischen jener immanenten Aufgabe der Nation und deren innerem und äußerem Zustand ist ein Widerspruch entstanden oder erstarkt, der die Selbstempfindung des Volkes affiziert; dessen Reaktion im Geist gegen diesen Widerspruch nennen wir Nationalismus. Volkstum ist, wie wenn man einfach sehkräftige Augen im Kopf hat; Nation, wie wenn man deren Tätigkeit fühlen, um ihr Amt wissen gelernt hat; Nationalismus, wie wenn einem die Augen erkrankt sind und er sich nun dauernd mit der Tatsache befaßt, daß er Augen besitzt. Volk ist ein Phänomen des Lebens, Nation (die eben nicht ohne Nationalgefühl besteht) eins des Bewußtseins, Nationalismus eins der Überbewußtheit. Bei dem Volk ist die Selbstbehauptung ein Trieb, der sich bildnerisch auswirkt, bei der Nation ist sie unlösbar mit der Aufgabe verbunden, eine Idee, beim Nationalismus wird sie Zweck und Programm. Die Folge der Entwicklung zum Nationalismus kann zwiefacher Art sein. Entweder wird durch diese Reaktion und den Heilungsprozeß, der mit ihr anhebt, zugleich mit der Bedrohung auch der Nationalismus, der nun seine Funktion erfüllt hat, überwunden. Oder aber der Nationalismus setzt sich als bestimmendes Dauerprinzip ein, das heißt: er greift über seine Funktion hinaus, er verselbständigt sich, er verdrängt mit sei-
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ner Überbewußtheit das spontane Leben der Nation. Das kann, wenn sich keine Gegenkraft erhebt, der Beginn des Untergangs, eines nationalistisch gefärbten Untergangs des Volkstums sein. Der ursprüngliche Nationalismus zeigt, wie gesagt, einen elementaren Mangel im Leben der Nation an, einen Mangel an Einheit, Freiheit, territorialer Fundierung, zu dessen Behebung er mahnt. Er fordert von der Welt das Lebensnotwendige, er fordert die Anwendung der ungeschriebenen droits de la nation auf sein Volk, damit es sein Volksein und dadurch seine Aufgabe an der Menschheit erfüllen könne. Er befeuert das Volk zum Kampf um das ihm hierzu Fehlende. Überschreitet der Nationalismus jedoch diese sinnhaft gezogene Grenze, die der Heilung, der Überwindung des Mangels, dann begeht er das, was man im Leben geschichtlicher Personen die Hybris genannt hat, er überschreitet die heilige Grenze, er überhebt sich. Aus einem Krankheitsanzeiger ist er nun selber ein schwerer Krankheitskomplex geworden. Ein Volk kann die Rechte, um die es rang, erlangen, ohne zu genesen: weil der falsch gewordene Nationalismus an seinem Marke zehrt. Wenn dieser falsche, d. h. unrechtmäßigerweise über seine schicksalhafte Funktion hinaus bestehende und wirkende Nationalismus nicht bloß in einem Volke, sondern in einer ganzen Völkerepoche herrschend wird, bedeutet dies, daß das Leben der Menschheit in ihrem Völkerbestande tief erkrankt ist. So ist es heute; es gewinnt einen neuen großen Wahrheitssinn, was ein jüdischer deutscher Dichter, Alfred Mombert, über den dritten Teil seiner Aeon-Trilogie als Motto geschrieben hat: finis populorum. Die Grenze zwischen dem rechtmäßigen und dem unrechtmäßigen Nationalismus zu ziehen und im Gang der Situationen und Entscheidungen täglich neu zu ziehen ist Sache eines jeden besinnungsfähigen Menschen im Volk. Es ist vor allem Sache der Führer der Nation und der nationalen Bewegungen. Ob sie diese tiefe Gewissensprüfung üben und nicht ablassen es zu tun, davon hängt nicht allein das Schicksal einer Bewegung ab – die unabänderlicherweise, wenn sie Selbstzweck wird, sich zu zersetzen beginnt –, sondern oft auch das Schicksal der Nation: ob sie gesundet oder dem Verfall ausgesetzt wird. Das Ziehen der Grenze ist somit nicht ein moralisches und im übrigen unverbindliches Postulat: es ist eine Lebensfrage des Volkstums, das nicht tiefer erkranken kann, als wenn seine sich aus den Urkräften natürlich-geschichtlichen Daseins nährende Spontaneität durch einen von der Überbewußtheit gehandhabten Apparat verdrängt und ertötet wird. Das Kriterium aber, von dem die Grenzziehung sich leiten lassen muß, kann der Nationalismus aus seinem Innern nicht beziehen; es ist nir-
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gendwo anders herzuholen als aus der Erkenntnis der übernationalen Verantwortung der Nation. Für wen die Nation ein Letztes ist, letzte Wirklichkeit, letzte Instanz, für wen über der ungeheuren Vielfältigkeit der Völker nicht eine nennbare oder unnennbare Autorität steht, vor der die Gemeinschaften wie die Personen sich in der Stille ihres Daseins zu verantworten haben, der wüßte, wenn er sich sogar versuchen wollte die Grenze zu ziehen, nicht, wie er das anfangen sollte. Völker können als Element und als Selbstzweck verstanden werden, können sich als das eine und als das andere verstehen. Wer die Völker als Elemente versteht, sieht sie als die Grundstoffe, aus denen sich die Menschheit aufbaut und aus denen allein sich eine einheitlichere, geformtere, sinngerechtere aufzubauen vermag. Doch sind diese Elemente nicht den chemischen zu vergleichen, die in Mischungen eingehen und aus ihnen wieder zur Selbständigkeit gelöst werden können. Die geistigen Elemente müssen sich bewahren, weil ihnen das Sichverlieren droht. Aber sie werden, da sie eben Elemente sind, nicht »für sich« bewahrt, sondern für die Verwendung. Echtes Selbstbewußtsein eines Volkes heißt: sich als Element fühlen, ohne sich mit andern Elementen zu vergleichen; sich nicht andern überlegen dünken, aber seine Aufgabe unter die Sterne setzen, – nicht weil sie größer als eine andre sei, sondern weil sie Schöpfung und Sendung ist. Es gibt keine Skala der Völkerfunktionen; keine ist höher als andre zu stellen; Gott will, was er schuf, als Helfer zu seinem Werke brauchen. Der echte Nationalismus spricht in der Stunde der Krisis das echte Selbstbewußtsein des Volkes aus und aktiviert es. Wer dagegen die Nation als Selbstzweck versteht, für den gibt es den großen Bau nicht, es sei denn als Weltimperium seiner Nation. Die ungeheure Zerklüftung der Gegenwart will er durch Unterminierung, nicht durch Überwölbung bewältigen. Die Verantwortung ist ihm von Angesicht unbekannt. Die Nation ist Richter in der eigenen Sache, sich allein verantwortlich, – niemandem verantwortlich. So gefaßt, wird sie zum Moloch, dem die beste Jugend des Volks geopfert wird. Die nationale Ideologie, der Geist des Nationalismus, bleibt so lange fruchtbar, als sie nicht die Nation zum Selbstzweck macht; so lange als sie der Aufgabe in dem großen Bau gedenkt, deren Innewerden erst das Volk zur Nation prägt, die begrifflich nicht zu definierende, aber immer wieder neu ideell aufzuzeigende und zu deutende Aufgabe, das Geheimnis des Volks: das Geheimnis, das im Volke träumt, in der Nation erwacht, im echten Nationalismus sich erkennt, aber an der Hybris des falschen vergehen kann. Sobald die nationale Ideologie die Nation zum Selbstzweck macht, hebt sie ihr eigenes Lebensrecht auf: sie wird unfruchtbar.
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Wir erleben in dieser Zeit mit der steigenden Macht des falschen Nationalismus den beginnenden Niedergang der nationalen Ideologie, die im 19. Jahrhundert und in den Anfängen des 20. ihre Blüte hatte. Dieser Niedergang kann selbstverständlich widerspruchslos mit zunehmenden Erfolgen der nationalistischen Politik zusammengehen. Wir leben im Moment der geistigen Selbstaufhebung des Nationalismus. Es ist der Moment einer Entscheidung, die davon abhängt, ob eine Scheidung sich vollzieht und in welcher Stärke sie sich vollzieht. An dieser Scheidung und Entscheidung haben wir alle teil, können wir alle teilhaben. Ich brauche in diesem Zusammenhang nicht viel zur Anwendung dieser Einsichten auf das Judentum und seine Sache zu sagen. Das Judentum ist nicht eine Nation schlechthin. Es ist auch das, aber es ist noch mehr, denn es hat dazu die ihm eigentümliche Verbundenheit mit einer Glaubensordnung. Da es an Sonderart und Sonderexistenz nicht weniger als irgendeine Nation besitzt, darf es alle Lebensrechte einer solchen beanspruchen. Aber wir müssen dessen eingedenk bleiben, daß es doch eine res sui generis ist, die den Allgemeinbegriff, unter den man sie einreihen möchte, an einem Punkt von wesentlicher Bedeutung übergreift. Zum Volk wurde das Judentum einst in seiner plastischen Stunde durch ein großes knetendes Schicksal, die Befreiung der Stämme aus Ägypten. Zur Nation ist es durch eine große innere Umwandlung geworden, in deren Verfolge die Konzeption des Herrschertums Gottes ihre vorerst endgültige politische Form in dem »gesalbten«, d. i. gottesstatthalterlichen Königtum gewann. Vom Beginn der Diaspora an tritt die Einzigartigkeit des Judentums in einer besondern Weise hervor: es sind nicht, wie bei andern Völkern, die nationalen Kräfte selber, die die eigentliche Bürgschaft der Volksdauer übernehmen, sondern dies tut jene Gewalt, von der ich sagte, daß sie das Judentum zu mehr als einer Nation macht, die dem Volkstum verbundene Glaubensordnung. Das zunehmende Nachlassen dieser innern Sicherung von der Zeit der französischen Revolution an, das Wurzelloswerden der jüdischen Religion ist der Kern der Erkrankung, als deren Anzeiger dann um die Mitte des 19. Jahrhunderts der jüdische Nationalismus auftritt, – der jedoch immer wieder in »Säkularisierungs«-Tendenzen verfällt und damit sein Ziel verkennt: nicht ein endgültiges Auseinandertreten von Volkstum und Glaubensordnung, sondern nur eine neue, organisch erneute Ordnung beider kann Israels Heilung und Heil sein.
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Die Heilung führt über den Aufbau einer jüdischen Volksgemeinschaft in Palästina, die der jüdische Nationalismus in seiner folgerichtigen Gestalt anstrebt. Wir müssen aber dessen eingedenk bleiben, daß das Judentum in den Jahrtausenden seiner Diaspora nicht als eine der Nationen, sondern als die res sui generis »Judentum« nach Erez Israel verlangt hat, aus Antrieben und mit Intentionen, die sich aus der Kategorie der Nation allein nicht ableiten lassen. Jenes Urverlangen beharrt hinter allen Verkleidungen, die das moderne nationale Judentum dem modernen abendländischen Nationalismus entliehen hat. Die der eignen Einzigkeit vergessende Übernahme der Schlagworte und Parolen eines glaubensordnungslosen Nationalismus bedeutet nichts anderes als eine nationale Assimilation. Sofern er sich von dieser ihm wesensfremden Sprache fernhält, hat der jüdische Nationalismus eine besonders hohe, besonders klare Legitimität. Es ist der Nationalismus eines schollenlosen Volkes, eines Volkes, das sein Land verlor und diesen fundamentalen Mangel, den erst das Wurzelloswerden seiner Glaubensordnung ihm zum unbarmherzigen Vollbewußtsein gebracht hat, nun in entscheidender Stunde beheben will: es will sein heilig-natürliches Leben zurückgewinnen. Man mag hier danach fragen, wie es sich in diesem Zusammenhang mit der jüdischen Auserwählungsidee verhalte. Sie meint kein Überlegenheitsgefühl, sondern ein Bestimmungsgefühl, sie geht nicht aus von einem Sich-mit-andern-vergleichen, sondern von der nicht seitwärts schielenden Hingebung an die Aufgabe, – an eben jene Aufgabe, an deren frühen Erfüllungsversuchen einst das Volk zur Nation erwuchs. Sie ist von den Propheten geformt worden, die nicht abließen zu mahnen: Wenn ihr auf die Erwählung pocht und euch ihrer berühmt, statt sie zu verwirklichen, wenn ihr euch aus ihr einen Gegenstand zurechtmacht, statt ihr als Weisung zu gehorchen, geht ihr ihrer verlustig. Wie steht es nun um die Gegenwart des jüdischen Nationalismus? Wir – ich meine jenen Kreis von Menschen, dem ich von Jugend auf angehöre und der sein Teil an der Erziehung des Volks zu üben versucht hat und weiter versucht –, wir haben zur Umkehr gerufen, nicht zum Dünkel, zur Heilung, nicht zur Durchsetzung. Wir haben den jüdischen Nationalismus ausgerüstet mit einem nicht von uns geschmiedeten Rüstzeug: mit dem Bewußtsein einer einzigartigen Geschichte, einer einzigartigen Situation, einer einzigartigen Verpflichtung, die von dem Übernationalen her allein zu fassen sind und, wo immer sie ernst genommen werden, ins Übernationale weisen. So hofften wir ihn vor den Verirrungen der Volksvergötzung zu bewahren. Das ist uns nicht geglückt. Der jüdische Nationalismus ist zu einem großen Teil daran, sich auf den Weg »aller Völker«
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zu begeben, wo man nur noch sich gegen die Welt und nicht auch die Welt gegen sich behauptet. Auch er ist vielfach dem Trug verfallen, den Horizonthimmel, den man vom eignen Platz aus erblickt, für den Himmel zu halten. Auch er vergeht sich gegen das Wort der über allen Volksgemeinschaften aufgerichteten Gesetzestafel, daß jede Souveränität falsch und eitel wird, die nicht dem Souverän der Welt, der auch der Souverän meines Rivalen und meines Feindes ist, in allem Kampf um das Recht doch untertan bleibt. Er vergißt, von den Zwecksetzungen der »gesunden Selbstsucht« zu dem Herrn aufzublicken, der »die Kinder Israel aus Ägypten geführt hat und die Philister aus Kaftor und die Aramäer aus Kir«. Die Ideologie für seinen Irrweg liefert ihm eine »formal«-nationalistische Theorie, gegen die in kritischer Stunde Anklage erhoben werden muß. Diese Theorie bestreitet mit Recht, daß bestimmte Inhalte, Gehalte des Volkstums ein Kriterium der Zugehörigkeit zu ihm und eine Grundlage seiner objektiven Konstituierung abgeben könnten, die vielmehr von formalen gemeinsamen Eigentümlichkeiten, wie Sprache und Kultur, aus aufzubauen sind. Aber er bestreitet zu Unrecht, daß jenen Gehalten eine zentrale normative Bedeutung zusteht, daß in ihnen die von urher zugeteilte Aufgabe ruht, an die das innere Leben dieses Volkes gebunden ist und an das innre das äußre. Ich wiederhole: die Aufgabe ist nicht als Begriff definierbar, aber sie ist fühlbar, aufzeigbar, darstellbar. Die Vertreter jener »Reform«, die – unter den Bitternissen der Emanzipationsepoche vielleicht die bitterste – als Ersatz für die ausgebliebene Reformation des Judentums auftreten durfte, haben freilich alles getan, um die Aufgabe zu diskreditieren, indem sie sie zu verbegrifflichen suchten; aber von da aus der Aufgabe ihren zentralen Ort streitig machen heißt das Kind mit dem Bade ausschütten. Indem der formale Nationalismus die übernationale Aufgabe der jüdischen Nation – zu deren wahrhafter Erfüllung selbstverständlich eine Wiedergewinnung des natürlichen Lebens gehört, aber eine, die sich im wirkenden Zeichen der Aufgabe vollzieht – als normatives Konstituens leugnet, indem er überbewußterweise das Judentum aus seinen Weltzusammenhängen zu lösen und zu isolieren sich unterfängt, indem er die Nation als Selbstzweck verkündet statt sie als Element zu erfassen, sanktioniert er den verantwortungsfreien Gruppenegoismus im Judentum. Wohl wird innerhalb seiner angesichts dieser Folgen der Versuch gemacht, den großgewordenen Gruppenegoismus von außen einzuschränken, ihn nicht von dem Wesen des Volkes aus, sondern von abstrakten sittlichen oder sozialen Postulaten aus zu humanisieren, aber alle derartigen Versuche müssen vergeblich bleiben. Auf einem Boden, auf dem Nation nun einmal als Selbstzweck gilt, ist
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für keine übernationale ethische Forderung mehr Raum, weil da keine echte übernationale Verantwortungsübung der Nation mehr besteht. Von der anorganischen Ethik her kann die Glaubenstiefe, von der die jeweilige Grenzziehung im nationalen Handeln eingegeben wird, da wo sie einmal des Glaubensgehaltes entleert worden ist, nicht wieder gefüllt werden: sie muß leer bleiben bis an den Tag der Umkehr. Daß die Umkehr nicht zu spät komme, das ist unsre, der Rufer, lastende Sorge geworden. In die nationalistische Krisis der Menschenvölker ist die des Judentums mit überscharfen Zügen eingezeichnet. Deutlicher als irgendwo hat bei uns die Entscheidung zwischen Leben und Tod das Antlitz der Entscheidung zwischen legitimem und illegitimem Nationalismus angenommen.
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[Kongreß-Resolution zur arabischen Frage]
»Mit Trauer und Empörung hat das jüdische Volk die Ereignisse der letzten Zeit in Palästina durchlebt. Die feindliche Haltung der durch gewissenlose Elemente verhetzten Teile der arabischen Bevölkerung Palästinas, die in blutigen Gewalttaten zum Ausbruche gekommen ist, kann weder unsere Entschlossenheit zur Errichtung des Jüdischen Nationalheims schwächen noch unseren Willen, m i t d e m a r a b i s c h e n Vo l k i n e i n e m Ve r h ä l t n i s d e r E i n t r a c h t u n d d e r g e g e n s e i t i g e n A c h t u n g z u l e b e n und im Bunde mit ihm die gemeinsame Wohnstätte zu einem blühenden Gemeinwesen zu machen, dessen Ausbau jedem seiner Völker eine ungestörte nationale Entwicklung sichert. Die zwei großen semitischen Völker, die schon einmal das Band gemeinsamer kultureller Schöpfungen verknüpfte, werden auch in der Stunde ihrer nationalen Wiedergeburt ihre Lebensinteressen zu gemeinschaftlichem Werk zu vereinigen verstehen. Der XII. Zionistenkongreß fordert die Exekutive auf, ihre Bemühungen um eine a u f r i c h t i g e Ve r s t ä n d i g u n g m i t d e m a r a b i s c h e n Vo l k e auf Grundlage dieser Erklärung und unter uneingeschränkter Wahrung der Balfour-Deklaration in erhöhtem Maße fortzusetzen. Der Kongreß betont ausdrücklich, daß die jüdische kolonisatorische Arbeit die Rechte und Bedürfnisse des arbeitenden arabischen Volkes nicht beeinträchtigen wird.«
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Was diesen Zionistenkongreß, den zwölften, vor den früheren auszeichnet, ist das gereifte Verständnis seiner Teilnehmer für die wirtschaftlichen, technischen, finanziellen Realitäten unserer kolonisatorischen Arbeit. Die Debatten über diese sind konkreter geworden. Wie die anderen Völker sind auch wir durch die Begebenheiten dieser sieben Jahre vom Fernblick, der einen weiten aber verschwimmenden Horizont umfaßt, zum Nahblick erzogen worden, dem die Dinge scharf umrissen und klar gegliedert erscheinen. Nur daß uns (wie ja so manchem anderen Volk) die Fähigkeit noch abgeht, die sichtbar gewordenen Tatsächlichkeiten in ihrem Zusammenhang zu erfassen, die heimlichen verbindenden Linien zu entdecken, den Sinn des Wirklichen zu erkennen. Bei sehr wenigen Kongreßteilnehmern habe ich das Vorhandensein wirtschaftspolitischer Ideen festgestellt. Die meisten suchen das faktische Material, das sie sehen gelernt haben, statt durch die rechtmäßige Einheit der Idee durch die verkehrte und verderbliche der Illusion zu bewältigen. Aber unvergleichlich stärker und folgenschwerer als auf dem Gebiet der Wirtschaft macht sich die fehlerhafte Einstellung auf dem der Politik geltend. Wir sind, wie man zu sagen pflegt, in die »Weltpolitik« eingetreten. Also haben wir begonnen, uns mit den Fakten dieser Politik abzugeben. Wir träumen nicht mehr, wir betrachten. Aber wir betrachten, wie eben der heutige »politische« Mensch es versteht, mit den Augen des Zeitungslesers, der sich aus den Scheinnachrichten der Telegramme und den Scheinauffassungen der Leitartikel seinen kleinen politischen Tagesrausch zusammenbraut. Wir plätschern in den seichten Gewässern der persönlichen Aeußerungen und ahnen nichts von der tiefen Strömung der überpersönlichen politischen Te n d e n z e n , die der Meinung und dem Willen der Personen so übermächtig werden können, daß ihnen nur die Wahl bleibt, sich zu beugen oder hinweggespült zu werden. Wir haben für das weltpolitische Geschehen, das uns angeht (und welches ginge uns heute nicht an?) nur einen aktualistischen Blick, keinen Geschichtsblick. Und doch täte gerade uns, wie keinem anderen Volke, die historische Perspektive not, die hinter dem Ballspiel des Vordergrunds das Ringen der wirklichen Mächte zeigt, die Geschichtsschau, die aus den Buchstaben, welche die Stunde in den Sand schreibt, die eherne Inschrift der
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Zukunft erschließen läßt. Mehr als das irgend eines anderen Volkes sollte unser politisches Bewußtsein auf den Zusammenhang des Geschehens, auf seine bestimmende Tendenz und deren dauernde Wirkung gerichtet sein, die wir ja nicht wie eins der Staatsvölker nur auf die Durchsetzung der jeweiligen Interessen oder wie eins der staaterstrebenden und territorial geeinten Völker nur auf die einmalige Anerkennung unserer Selbständigkeit bedacht zu sein brauchen, die wir vielmehr ein Werk vieler Geschlechter begonnen haben und, wenn wir nur dem gegenwärtigen gegenüber Verantwortung üben, unsere Verantwortung verfehlten. Aber unsere Augen sind – noch immer! – von dem diplomatischen Krimskrams gebannt, als bereite sich in diesen glatten Unverbindlichkeiten unser Schicksal. Unser Schicksal bereitet sich in eben dieser Gebanntheit unseres Blicks, wenn wir uns nicht endlich von ihr befreien.
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2. Die ersten zionistischen Politiker waren die Chowewe Zion. Ihr mehr oder minder bewußtes Programm war: erst Siedlung, dann Rechte. Dieses Programm war auf einer politischen Wahrheit begründet: daß eine völkerrechtliche Sanktion stets nur ein Seiendes, nicht ein Werdendes betrifft; daß der Anerkennung seiner Wirklichkeit stets die Wirklichkeit selbst vorangehen muß; mit anderen Worten: daß Diplomatie nicht Tatsachen schafft, sondern Tatsachen – veröffentlicht, ihnen zur öffentlichen Geltung verhilft. Dieses Programm hatte keinen prinzipiellen Fehler; aber einen praktischen. Nämlich: wenn erst Siedlung, so muß man doch die Siedlung erst machen können. Alles Recht mag später kommen, nur nicht das Recht auf die Siedlungsarbeit selbst. Alle Sicherung darf dem Werke folgen, nur nicht die Sicherung des Werkes selber. Es gibt ein lebensnotwendiges Minimum der Arbeitsbedingungen, das als Voraussetzung einer gesunden Arbeit gefordert, erkämpft werden muß. Auf welcher Basis? Ein leistungsfähiger Handwerker kann, ehe er ans Werk geht, nicht die Bezahlung dafür, wohl aber einen Werkzeugkredit beanspruchen. Unsere Leistungsfähigkeit: wir, gerade wir, nur wir können aus diesem Land Palästina ein Land machen. Unser Werkzeugkredit: die Arbeitsbedingungen, die unumgänglich nötig sind, damit wir’s machen können. Und der Kreditgeber? In erster Linie der staatsrechtliche Besitzer des Landes; in zweiter die vereinigten Subjekte der Weltpolitik. Hier setzte der Nachfolger und Gegner der Chowewe Zion ein: Herzl. Er kehrte das Programm um: erst Rechte, dann Siedlung. »Wir Juden
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aber haben, wie die Dinge jetzt stehen, kein Interesse, auch nur einen einzigen Kolonisten hinzuschicken.« Das war Herzls Grundirrtum, in der Atmosphäre der französischen Demokratie erwachsen, in der Rechte, droits, scheinbar über Nacht, unversehens proklamiert werden; scheinbar, denn verkündet wird nur, was in der Macht des Volkes schon Realität geworden ist. Diesem Irrtum stellten wir Jungen, als wir die demokratische Fraktion gründeten, die Einsicht gegenüber: »Die Politik ist, wie das Recht, der Ausdruck der realen Machtverhältnisse. Die Diplomatie ist die Kunst der Machtverwertung. Unsere Bewegung ist bestenfalls Machtmöglichkeit.« (Buber, Zionistische Politik, 1903). Wir forderten daher eine »große, wohlorganisierte und produktionsfähige« Siedlung als realen Machtfaktor; »um sie zu schaffen, sind freilich auch Verhandlungen nötig, aber nur eine ungehinderte Kolonisationsarbeit betreffend.« Aber wenn Herzl mit diesem Irrtum hinter die Chowewe Zion zurückging, so tat er einen großen Schritt über sie hinaus, indem er Palästina nicht bloß wie sie als das Gebiet unserer nationalen Kolonisation betrachtete, sondern es – die Gedanken Erneste Laharannes und Moses Hess’ ausbauend – in seiner weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Bedeutung erkannte. Herzls Grundauffassung, die er selbst niemals zureichend formuliert hat, läßt sich etwa folgendermaßen formulieren: Palästina ist eine große wirtschaftspolitische, verkehrspolitische, somit weltpolitische Zukunftsposition. Darum rivalisieren alle Mächte insgeheim um seinen Besitz. Es kann keiner zufallen, weil dieses Land mit seiner religiösen Vergangenheit und seinen religiösen Verknüpfungen nicht als »Interessensphäre« behandelt werden kann, der Anspruch somit einer »historischen« Beglaubigung bedarf, wie sie keine der Mächte aufzubringen vermag. Dieser Zustand einer allgemeinen Rivalität ohne möglichen Ausgleich hat zur Folge, daß das Land dem Türkischen Reich belassen wird. Dies kann aber nur solange dauern, bis der Ausbau der weltwirtschaftlichen Position Palästina, zu dem dieses Reich unfähig ist, nicht länger aufgeschoben oder aber der Zerfall dieses Reiches nicht länger aufgehalten werden kann. Was dann? Die Mächte werden sich darauf einigen müssen, Palästina dem einzigen Volke zu übergeben, daß erstens einen geschichtlich beglaubigten Anspruch darauf anzumelden vermag und zweitens befähigt ist, es im Einvernehmen mit den Mächten zur weltwirtschaftlichen Position auszubauen. Daraus ergab sich für Herzl die politische Aufgabe des Zionismus: den Anspruch des jüdischen Volkes auf Palästina anzumelden und der Rivalität der Mächte gegenüber in unbedingter Unparteilichkeit zu verharren.
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Daneben sollte mit dem Türkischen Reich über ein akzeptables Provisorium (Herzl dachte immer über die Türkei hinaus), den sogenannten Charter, verhandelt werden. Von diesen drei Punkten beruhten die zwei ersten auf politischer Erkenntnis, der dritte – es könne ohne die Basis einer vorhandenen starken Stellung über mehr verhandelt werden als über die zur Sicherung der kolonisatorischen Arbeit notwendigen Minimalbedingungen, – beruhte wie gesagt auf einem folgenschweren Irrtum. Die Politik der Chowewe Zion war eine einseitig präparatorische gewesen: Vorbereitung von Volk und Land – Erziehung und Kolonisation. Die Politik Herzls war eine einseitig proklamatorische: öffentliche Anmeldung des Anspruchs; sie unterließ bewußt die vorbereitende Arbeit. Die demokratische Fraktion entwarf die Synthese. Sie bejahte die Proklamation – nur daß sie sie mehr an die Adresse der dauernden Völker als an die der wechselnden Regierungen gerichtet sehen wollte –, sie forderte aber die reale Arbeit als ihre Grundlage und vor allem als die der diplomatischen Aktionen, die nur insofern Erfolg haben könnten, als sie sich auf das Geleistete stützten und nur seine rechtliche Anerkennung verlangten, und die der realen Arbeit nur um e i n e n Schritt vorangehen dürften: den zur Sicherung ihrer Bedingungen notwendigen. Nach Wolffsohn – der die Fortsetzung von Herzls Politik ohne Herzl bedeutet, mit allem Positiven und Negativen, das eine solche Fortsetzung einschließt – wurde die synthetische Parole der Fraktion zur herrschenden. Reale Arbeit begann, freilich mit unzureichenden Mitteln und ohne entscheidende Initiative. Auch in dieser Zeit blieb Herzls Methode der weltpolitisch überparteilichen Proklamation unberührt bestehen. Auch noch als 1914 plötzlich eine weltpolitische Parteiung da war, wie sie ein Jahrhundert lang nicht bestanden hatte, versuchte die zionistische Leitung der Methode Herzls treu zu bleiben. Sie vermochte es nur so lange, bis der Führer der einen Partei, der Hauptspieler im Kriegsspiel, die Hand nach Palästina ausstreckte. Da glaubte sie die Voraussetzungen von Herzls Politik – seine Grundauffassung von der unentschiedenen Rivalität der Mächte in Palästina – nicht länger aufrecht erhalten zu können und gab mit ihnen auch seine politische Folgerung – die überparteiliche Proklamation – auf, nicht minder jedoch das politische Programm der demokratischen Fraktion, eben jenes, das wir als den »synthetischen« Zionismus zu bezeichnen pflegten.
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Auf diesem Kongreß sprach Chaim Weizmann, als ob ein unmittelbares Interesse Englands an Palästina nicht bestünde, als ob es sich um Palästina nur um des good-will der Juden willen bekümmerte. Da ich in dieser Darstellung ein bestimmendes politisches Motiv nicht zu entdecken vermag, muß ich sie auf einen bedauerlichen Rückschritt der politischen Einsicht Herzls gegenüber zurückführen. Auf das Gebiet der strategischen Kannegießerei möchte ich mich nicht begeben; ich will unbesehen zur Kenntnis nehmen, daß England an Palästina kein strategisches Interesse habe. Aber ich verstehe nicht, wie sein wirtschaftspolitisches Interesse daran bezweifelt werden kann. England hatte und hat Interesse an Palästina als an einer großen weltwirtschaftlichen Zukunftsposition*). Daß diese Position vielleicht eines Jahrhunderts zu ihrem Ausbau bedarf, bedeutet für eine so großzügige Wirtschaftspolitik keinen Einwand; zumal wenn man bedenkt, daß die Chance, das Land zu bekommen, vermutlich in Jahrhunderten nicht wiedergekehrt wäre. Die Chance es zu bekommen? Also hatte Herzl doch Unrecht? Nein: er hatte richtig gesehen: England konnte Palästina für sich ebensowenig bekommen wie irgend eine andere Macht. Es brauchte ein legitimes Rechtssubjekt, das Palästina, Palästinas »Mandat« für England verlangte. Dieses Rechtssubjekt bot sich dar. Es bot sich zugleich an, die Position auszubauen, wozu es infolge seiner Fähigkeiten, mehr noch infolge seines Zusammenhangs mit diesem Boden und der sich daraus ergebenden Arbeitsvitalität unvergleichlich geeignet schien. Zweifellos war eine neue, schicksalhaft neue Situation gegeben. Wir waren ein »Machtfaktor« geworden, denn wir hatten etwas zu bieten; man brauchte uns. Aber die Gebote der Situation ergaben sich aus der alten politischen Einsicht – die deutlichsten in dem synthetischen Programm der demokratischen Fraktion (zu deren Führern ja der gehört hatte, dem nun oblag die Verhandlungen zu führen) ausgesprochen war – daß, wie schon die Chowewe Zion empfanden, Rechte aus Realitäten kommen und nicht Realitäten aus Rechten. Die Gebote der Situation lauteten etwa: Zum ersten: Wir dürfen nicht unsere historisch bestimmte überpartei*)
Ich werde auf diesen Punkt und auf andere, die ich hier nur andeutungsweise behandeln kann, in einer Fortführung dieser Notizen ausführlicher eingehen.
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liche Einstellung um einer augenblicklichen Konjunktur willen aufgeben, wir dürfen die Anmeldung unseres Anspruchs nicht mit der eines fremden verquicken; das heißt: wir dürfen uns mit einem Mandat Englands einverstanden erklären, aber wir dürfen dieses Mandat nicht solchermaßen verlangen, daß wir uns damit als unbedingten Parteigänger Englands deklarierten und hinfort als solcher angesehen würden. Zum zweiten: Wenn wir demnach nicht das äußerste zu bieten haben, so haben wir andererseits auch nicht das äußerste zu fordern. Rechte, die wir nicht unmittelbar zu realisieren vermöchten, könnten uns nur Schaden zufügen, da unsere Ohnmacht sie zu realisieren uns unseres Charakters als politischer Machtfaktor entkleiden und uns vor allem wirtschaftspolitisch – hinsichtlich unserer Fähigkeit, die weltwirtschaftliche Position Palästina auszubauen – diskreditieren müßte. Wir haben zu fordern, was wir benötigen, um arbeiten zu können, nicht mehr und nicht weniger. Zum dritten: England braucht (wenn ich im Präsens spreche, meine ich selbstverständlich den damaligen Moment) von uns dreierlei: die allgemeinen Sympathien, insbesondere der amerikanischen Judenheit (nicht den unbestimmten good-will, sondern die spezifischen Kriegssympathien, die in diesem Moment nicht unterschätzt werden durften); das vorerwähnte Auftreten als Rechtssubjekt, die mehr oder minder deutliche Geltendmachung unseres geschichtlich beglaubigten Anspruchs zu Gunsten Englands; und den Ausbau der weltwirtschaftlichen Position Palästina. Von diesen drei Dingen sind die zwei ersten momentaner Art; es gilt daher, den diplomatischen Grundregeln gemäß, für sie konkrete Zugeständnisse einzutauschen. Der diplomatischen Grundregel gemäß, daß Kriegsbündnisse, insofern sie auf einer zeitlich bedingten Interessengemeinschaft beruhen, auf Seiten des schwächeren Kontrahenten eine besondere Umsicht und Präzision der Verhandlungen und Vereinbarungen erfordern, um die Interessengemeinschaft vor Kollisionen mit anderen, dauernden oder neu auftauchenden Interessen zu bewahren und sie zu einer dauernden auszugestalten. Zum vierten: Um die Basis so schnell als möglich aus einer formalrechtlichen zu einer realen zu machen und damit aus dem trügerischen Gebiet der Diplomatie in das zuverlässige der Wirtschaftspolitik zu verlegen, muß, sobald der Kriegszustand zu Ende ist, eine große, systematische, wohlvorbereitete, wohlorganisierte, alle großen ökonomischen Möglichkeiten des Landes umfassende Kolonisationsarbeit einsetzen. Zum fünften: Da das Land bereits eine nichtjüdische Bevölkerung besitzt und alle Abmachungen mit einem Dritten ohne deren ausgesprochene oder schweigende Anerkennung in ihrer Verwirklichung schwer
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gehemmt würden, sind unverzüglich dahingehende direkte Verhandlungen auf wirtschaftspolitischer und etwa auch, sofern das Volk, zu dem der Großteil dieser Bevölkerung zählt, zuständig ist, auf allgemein politischer Grundlage anzuknüpfen. Alle diese Gebote der Situation sind von der zionistischen Leitung nicht beachtet worden. Sie hat unsere überpolitische Einstellung völlig aufgegeben und die Anmeldung unseres Anspruchs so gründlich mit der Werbung für Englands Mandat verquickt, daß wir in Europa und Asien als »Handlanger des britischen Imperialismus« gelten – ein falsches, aber schwer zu berichtigendes Schlagwort. Sie hat anstatt der lebensnotwendigen Bedingungen unserer Arbeit eine Ziel-Deklaration gefordert und eine bekommen, die sich seither immer mehr als eine des konkreten Inhalts entbehrende Rahmenerklärung enthüllt hat. Sie hat die feste Vereinbarung der realen Zugeständnisse so sehr versäumt, daß wir heute, vier Jahre nach der Deklaration, noch um die primitivste Bedingung unserer Arbeit, das Recht der freien d. h. von uns zu regelnden Einwanderung zu kämpfen und derzeit erfolglos zu kämpfen haben. Sie hat im fruchtbaren Augenblick nicht mit der großen systematischen Kolonisationsarbeit eingesetzt, sie war unvorbereitet und ließ ihn ungenutzt verstreichen; damit ist zugleich der Glaube Englands und Europas an unsere Befähigung zum Ausbau der weltwirtschaftlichen Situation beeinträchtigt und die Achtung der nichtjüdischen palästinensischen Bevölkerung von unserer wirtschaftlichen Leistungsbedeutung für das Land in einer ihr Verhältnis zu uns ungünstig beeinflussenden Weise herabgemindert worden. Sie hat endlich es unterlassen, geeignete Verhandlungen der angedeuteten Art mit dieser Bevölkerung anzuknüpfen; die Pourparlers mit Feisal mit ihren mehr als fragwürdigen Ergebnissen vermag ich als solche Verhandlungen nicht anzusehen. 4.
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Alle diese Versäumnisse gehen im Grunde auf e i n e zurück: die, in den entscheidenden Momenten sich für eine a n d e r s eingestellte Zukunft zu rüsten, die im Untergrund des Moments geahnt werden muß. Das aber liegt daran, daß auch für unsere politischen Vertreter gilt, was ich an den Kongressteilnehmern bemerkt habe: daß sie nur die diploma-
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tischen Begebenheiten, nicht die politischen Tendenzen wahrnehmen, daß sie nur einen aktualistischen Blick, keinen Geschichtsblick haben. Ich bin weit davon entfernt, die diplomatische Leistung unserer Vertreter gering einzuschätzen; ich finde sie in ihrer Art erstaunlich. Aber die Art ist von einer bedauerlichen Enge. Der Staatsmann beginnt – nicht etwa, »wo der Diplomat aufhört«, wohl aber wo er aufhört dem Diktat des Augenblicks nachzusprechen. Der Staatsmann ist der Mann, der der aktuellen Zweckmäßigkeit dient – und sie unbedenklich der überaktuellen opfert. Dazu gehört freilich: daß er die überaktuelle erkennt; das er der Faszination des Augenblicks nicht erliegt; und daß er sich getraut, nötigenfalls das Unpopuläre zu tun. Ich habe in den letzten sieben, zumal in den letzten drei Jahren nicht den Eindruck gewonnen, daß es in unserer Zeit zahlreiche Staatsmänner gebe. In der zionistischen Bewegung sind sie nicht dichter als anderswo gesät. Unsere politischen Vertreter haben den unstaatsmännischen Irrtum begangen, die Partner ihrer erfolgreichen Unterredungen für die politische Realität zu halten. Das gibt sich z. B. in der bei uns schon eingebürgerten Gewohnheit kund, den kritischen Betrachter der Situation zu fragen, ob er denn an der ehrlichen guten Meinung, an dem ehrlichen guten Willen dieses oder jenes Ministers zweifle. Ich bin durchaus bereit daran zu glauben. Aber ich weiß auch, daß es politische Tendenzen gibt, die stärker sind und die manchen Minister zwingen, nicht etwa seinen ehrlichen guten Willen aufzugeben, wohl aber ihn in den Zustand eines resignierten Ueberwundenwerdens übergehen zu lassen. Man kann die politische Tendenz freilich aus der öffentlichen Meinung nicht besser erschließen, als aus den Aeußerungen öffentlicher Personen. Die sogenannte »öffentliche Meinung«, d. h. das r e d e n d e Volk kommt oft als letztes dahinter, wiewohl das s t u m m e Volk es oft zu allererst ahnt. Politische Tendenz ist ja nichts anderes als die sich unöffentlich vollziehende Aenderung in den zur Erhaltung, Stärkung, Ausdehnung des Staatswesens erforderlichen Methoden; sie muß sich bei Gefahr der Schmälerung, Schwächung, ja des Untergangs des Staatswesens immer dann vollziehen, wenn die alten Methoden sich als nicht mehr zuverlässig zu erweisen beginnen (was »das stumme Volk« oft zu allererst merkt, nur eben ohne es sich wahrhaft bewußt machen zu können). Zumeist handelt es sich dabei nur um einzelne innen- oder außenpolitische Fragen: um Einzelheiten der Verfassung, um die Stellung zu einem Nachbarstaat u. dgl. Aber es gibt außerordentliche Stunden, Krisenstunden, in denen die politische Tendenz ein ganzes großes Gebiet der staatlichen Funktionen umfasst und dann leicht auf andere Gebiete,
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ja auf das gesamte Leben des Gemeinwesens übergreift, durch die Wandlung seiner Methoden seinen Charakter selber umwandelnd. In einer solchen befindet sich England, der wandlungsfähigste, elastischste, sich am genauesten zur rechten Zeit umstellende, daher trotz allem widerstandsfähigste der gegenwärtigen Staaten. Daß unsere Vertreter für diese Realität nicht bloß blind waren, sondern noch immer kurzsichtig sind, das ist was mich am meisten verwundert. Sie sind es noch immer; wenn sie schon nicht mehr umhin können zu bemerken, daß etwas geschieht, erkennen sie seine Tragweite nicht. Als ich in einer Tagung der politischen Kommission des Kongresses den zuständigsten Mann auf die angehobene Wandlung der britischen imperialistischen Methoden als auf die tiefe Ursache mancher Unstimmigkeiten hinwies, erwiderte er mir, er habe von ihr weder bei den offiziellen Persönlichkeiten, noch in der öffentlichen Meinung Erhebliches wahrgenommen. Solch ein Nichtwahrnehmen ist ja öfter in der Geschichte passiert; aber es hat nie gut getan. Die angehobene Wandlung der britischen imperialistischen Methoden ist nach dem bolschewistischen Umsturz das zweite der großen innerpolitisch beginnenden und sich außenpolitisch auswirkenden weltgeschichtlichen Ereignisse unserer Zeit. Sie entstammt der Notwendigkeit, einem Zerfall des Imperiums vorzubeugen; und sie besteht im wesentlichen darin, gerade durch die Lockerung des Zusammenhangs seiner Glieder, d. h. durch eine z e n t r a l b e t r i e b e n e D e z e n t r a l i s a t i o n seinen Bestand zu festigen. Sie hat zuerst, wie jede neue politische Tendenz als »Ideologie« verschrieen, in dem Kreis der Round Table Wurzel geschlagen, sie hat mit der indischen Verfassungsreform von 1919 ihren groß-realpolitischen Charakter erwiesen, sie hat die Konferenz der Dominions getragen, sie bestimmt heute die Verhandlungen mit Irland, deren Prophezeiung der Zeitungsleser von 1920 als Wahnsinn erklärt hatte. Sie betrifft unmittelbar das Verhältnis der Reichsteile zueinander und zum Reich, sie muß in fortschreitendem Maße dessen Verhältnis zu den Ländern beeinflussen, die ohne Reichsteile zu sein der britischen Machtsphäre zugehören, sie muß in fortschreitendem Maße sein Verhältnis zu den Völkern beeinflussen, die es in diese Machtsphäre in irgend einer Weise einzubeziehen oder ihr zu nähern strebt. Sie muß für die weltpolitische Gestaltung der »Araberfrage« immer bestimmender werden. Sie ist für die weltpolitische Fundierung der zionistischen Sache schon heute wichtiger als die psychologische Differenz zweier Minister oder der schlecht funktionierende Verständigungsapparat zwischen Downing-Street und dem Oelberg. Von ihr wird noch zu reden sein. Hier habe ich an ihr als an dem
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deutlichsten Beispiel erläutern wollen, was der Mangel an politischem Geschichtsblick bedeutet, den ich an uns, Führern und Geführten, bemerke. 5. Heute nur noch eins, das zu sagen nötig scheint, damit die politische Einstellung, die ich vermisse, recht verstanden wird: Ich habe in den Couloirs des Kongresses, der sich überhaupt allerlei Neubildungen aus dem Wörterbuch der europäischen Chauvinistik zu eigen gemacht hat, auch das Pöbelwort »Defaitismus« gehört. Um der Ehre unserer Bewegung willen hoffe ich, es nicht mehr zu hören. Es gibt keinen zionistischen Defaitismus und es kann keinen geben. Aber etwas anderes gibt es schon, wovon ich wünsche, daß es sich ausbreiten und vertiefen möge: einen gesunden, entschlossenen Pessimismus, einen Arbeits-Pessimismus. Arbeiten, trotz allem arbeiten, und wenn die Diplomatie versagt, erst recht arbeiten! Es ist Selbsttäuschung, zu meinen, die Diplomatie könne mehr, als der Arbeit je und je die Hindernisse aus dem Weg räumen. Damit sie d a s aber besser könne als bisher, tut vor allem not: arbeiten! Arbeiten, dicht an die Hindernisse heran, sich in der Arbeit mit den Hindernissen messen, arbeiten, daß der Welt die Arbeit und das Hindernis sichtbar werden, ungeheuer sichtbar, bis sie nicht mehr wegsehen kann und das Ihre tut! Wann, glaubt ihr, arbeitet man kräftiger: wenn man sich einredet, die Politik arbeite uns vor, oder wenn man weiß, daß sie uns jeweilig nur nacharbeiten kann und somit von uns abhängig ist? Nicht der Schofar ruft zur Arbeit, o ihr, die ihr den trügerischen Schofar des Anbeginns geblasen habt, sondern die unoptimistische Zuversicht auf den Schofar, auf den Schofarton der Vo l l e n d u n g , das Pochen der entschlossenen Herzen ruft zur Arbeit. Ein gesunder, entschlossener Pessimismus, ein Dennoch-Pessimismus, ein Erst-recht-Pessimismus, die Weltanschauung der zusammengebissenen Zähne, der Glaube an die Entscheidung durch die Arbeit und durch nichts anderes, – das ist die Gesinnung, die in diesen Blättern zum Ausdruck gekommen ist, seit sie bestehen, die in ihnen zu verstärktem Ausdruck gekommen ist, seit wir »ein politischer Faktor« geworden sind, und der sie treu bleiben werden.
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Ehe ich die Bemerkungen zur zionistischen Politik fortsetze, die ich mit meinen »Kongreßnotizen« eröffnet habe, möchte ich auf jene der in Gesprächen und Reden, Briefen und Aufsätzen geäußerten Einwände entgegnen, die eher Mißverständnisse als Einwände zu nennen sind. Meine Sprache fordert von dem Leser nur eins: daß er wirklich lese. Das scheinen meine Opponenten als eine allzu strenge Forderung angesehen zu haben. Polemik ist nicht mein Gewerbe. Aber die Klärung unserer politischen Grundbegriffe ist so sehr vonnöten, daß ich entgegnen will, was diese Klärung zu fördern geeignet ist. Da die Einwände in dem Aufsatz Siegmund Kaznelsons, den ich an anderer Stelle dieses Heftes veröffentliche, wirksam zusammengefaßt worden sind, will ich mich an seine Formulierungen halten. * Etwas Persönliches oder Halbpersönliches sei vorausgeschickt. Das »Recht zur Kritik«, die »Zweckmäßigkeit einer solchen Kritik in d i e s e m Zeitpunkt« werden in Frage gestellt – man sollte meinen, daß ich bis zu diesem Zeitpunkte gewartet hätte! Aber ich habe seit 1916 immer wieder gemahnt, nicht dies sei der Weg; man hat meine Mahnungen immer wieder mit der Gebärde des erfahrenen Weltmanns als tatsachenunkundige Idealpolitik abgetan; und nun die Tatsachen zu meinem bitteren Schmerz – wie habe ich danach verlangt, von ihnen ins Unrecht gesetzt zu werden! – mir recht zu geben beginnen, soll ich meine Kritik nicht zusammenfassen und ihre Berechtigung nicht an den Fakten erweisen dürfen? Sie sei nicht zweckmäßig? Ich würde mich nicht daran kehren, ebensowenig wie ich eine Kritik am Judentum, die ich zu üben mich berufen fühlen würde, deshalb verschwiege, weil es einen Antisemitismus gibt. Aber gemeint ist ja: sie hätte jetzt »keinen Zweck mehr«, da ja die politische Arbeit sozusagen erledigt, jedenfalls »eine Angelegenheit durchaus sekundärer Natur geworden« sei. Das wird kurz nach dem Karlsbader Kongreß behauptet, auf dem der politische Gesichtspunkt dauernd der bestimmende war, von den Eröffnungsreden bis zur Wahl der Leitung! Wann wir »die aus der Kritik der zionistischen Politik gewonnenen Erfahrungen« werden verwerten können, stehe dahin? Daraus wird geschlossen, daß man die Kritik verschweigen und also das Gewinnen von Erfahrungen aus ihr verhüten oder zumindest erschwe-
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ren soll! Und es ist auch ja nicht wahr, wir müßten mit der Verwertung warten, bis wir »daran gehen können, unsere politischen Ziele weiter zu stecken als heute«. Wir werden die Erfahrungen, wenn wir sie nur ernstlich machen, vielleicht schon morgen verwerten können. Denn es geht ja darum, endlich die tieferen politischen Realitäten zu erkennen, und zwar nicht allein zu dem Zweck, für die »großen«, sondern viel mehr noch für die kleinen politischen Aktionen des Tages besser als bisher gerüstet zu sein – ganz abgesehen davon, daß man gar nicht wissen kann, wann etwa wieder aus einer veränderten Konstellation eine neue »große« Aktion hervorgehen mag. Aber meine Opponenten verlangen ja selbst, man solle »zunächst die Ursachen des Versagens der Diplomatie abstellen«. Und dennoch bezeichnen sie die Kritik, die eben dies bezweckt, als unzweckmäßig!
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* Meinem »Arbeits-Pessimismus« werfen meine Opponenten einen »direkten Widerspruch« vor; er sei wie ein credo quia absurdum der praktischen Arbeit, denn er sanktioniere »schuldhaften, vergangenen und vor allem zukünftigen Mißerfolg« der Diplomatie. Diese Logik ist mir unverständlich. Ich habe gezeigt, was die Diplomatie o h n e die Grundlage der realen Arbeit zu erreichen vermöchte (und die zionistische nicht erreicht hat), nämlich Sicherung des Lebensminimums einer nationalen Kolonisation (daß ich noch detaillieren werde); und daß sie darüber hinaus der Fundierung durch die reale Arbeit bedarf und insofern »von uns abhängig ist«. Darum, wenn sie versagt, erst recht arbeiten, weil sie damit gezeigt hat, daß sie auch schon um jene Sicherung zu erreichen der Fundierung durch die reale Arbeit bedarf! Das bedeutete der Glaube an die Entscheidung durch die Arbeit. Man wird in diesem Glauben vergeblich nach einem absurdum suchen.
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* Ich hatte gesagt, unsere Augen seien von dem diplomatischen Krimskrams gebannt, und dieser Bann sei fatal. Damit soll ich »eine schwere Schuld und Verantwortung auf unsere politischen Führer gewälzt« haben. Begreifen meine Opponenten wirklich nicht, daß hier nicht den Führern sondern den Geführten ein – allerdings gewichtiger – Vorwurf gemacht wird? Der nämlich, daß sie, wie ich in meiner Kongreßrede dargelegt habe, die natürliche Rangordnung der drei Hauptfunktionen zionistischer Arbeit – Erziehung des Volkes, Bereitung des Landes, politi-
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sche Durchsetzung – verkehrt, und, indem sie von der Durchsetzung, statt vom Aufbau die Direktive verlangten, diesem wesentliche Kraft entzogen haben. * 5
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Über Englands Stellung zu Palästina, zu den Arabern und zur Orientfrage überhaupt werde ich noch zu reden haben und will dann, was ich von den Motiven Englands gesagt habe, des näheren begründen. Heute nur das zur Behebung des Mißverständnisses Erforderliche und einiges Angrenzende: 1. Ich habe nicht behauptet, Weizmann hätte sich auf Englands weltwirtschaftliches Interesse an Palästina gestützt; weit eher möchte ich ihm vorwerfen, daß er dies nicht getan, dieses Interesse nicht – oder zu wenig – beachtet und daher auch den Beginn einer großen Kolonisationsarbeit (die London zeigen sollte, daß wir die Position auszubauen nicht bloß innerlich befähigt, sondern auch willens und imstande sind) nicht nachdrücklich genug gefordert hat. Aber hier muß ich eins einschalten. Meine Opponenten sprechen von Weizmann; ich habe nicht von ihm, sondern von der Leitung gesprochen; wer innerhalb ihrer (der damaligen Leitung) für die von mir hervorgehobenen Fehler und Unterlassungen verantwortlich ist, das zu beurteilen fühle ich mich nicht zuständig, und die Auseinandersetzungen auf dem Karlsbader Kongreß haben mich in diesem Punkte nicht urteilsfähiger gemacht. 2. Es wird mir in der Antikritik mitgeteilt, die strategischen Vorteile Palästinas für England, die Weizmann auf dem Kongreß als Humbug erklärt hat, seien seinerzeit von »uns« der englischen Regierung als eines unserer Hauptargumente vorgeführt worden. Ich nehme dies zur Kenntnis. 3. Eine »Kolonisation nach ägyptischem Muster«, die England angeblich in Palästina hätte machen können, läßt sich nicht bei j e d e m Stande der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der eingeborenen Bevölkerung bewerkstelligen; bei dem der eingeborenen Bevölkerung Palästinas nicht; jedenfalls war dies die englische Meinung, als die BalfourDeklaration erlassen wurde. 4. An die »künstliche Schaffung eines Nationalitätenstaates« hat das offizielle England zur Zeit der Abfassung der Balfour-Deklaration nicht gedacht; es dachte sich damals vielmehr die Juden als Vertreter der Briten und der britischen Funktion der eingeborenen Bevölkerung gegenüber, mit der Ausnahme, daß sie zugleich auch die geschulten oder leicht schulbaren Arbeitermassen liefern sollten, zu deren Lieferung die einge-
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borene Bevölkerung, wie ich eben angedeutet habe, nicht oder noch nicht befähigt schien. 5. Ich habe gesagt, daß England das jüdische Volk als legitimes Rechtssubjekt zur Begründung seines Anspruchs auf Palästina brauchte. Darauf wird mir merkwürdigerweise erwidert, man sei von je in der Politik »um eine Legitimierung der absurdesten Ansprüche« nicht verlegen gewesen. Zweifellos; aber um eine Legitimierung, die A u s s i c h t a u f i n t e r n a t i o n a l e A n e r k e n n u n g hatte, war man je und je ebenso verlegen, wie England im vorliegenden Fall gewesen wäre, wenn es den Zionismus nicht gegeben hätte. 6. Daß nur England, wie mir entgegengehalten wird, Palästina bekommen konnte, »aus dem ganz einfachen Grunde, weil es das Land bei Kriegsausgang militärisch in der Hand hatte«, bedeutet eine ganz unzulässige Vereinfachung. Hatte England nicht auch manches »in der Hand«, was es nicht bekommen hat? Die politische Grundtatsache ist hier doch die Rivalität zwischen England und Frankreich in Vorderasien; wer deren Entwicklung und dazu auch den Gang des europäischen Kriegs überschaut, wird verstehen, warum England in einem bestimmten Moment dem Sykes-Picot-Abkommen zustimmen konnte und warum es in einem bestimmten anderen Moment nach Mitteln suchen durfte, dessen Abänderung vorzubereiten. Wie will man, ohne diese Faktoren zu berücksichtigen, die Entstehung des Mandatsbegriffs kennen?
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* Ich hatte gesagt, ich vermöge in Weizmanns Darstellung, als ob England sich um Palästina n u r um des good-will der Juden willen bekümmerte, ein bestimmendes politisches Motiv nicht zu entdecken. Nämlich ein Motiv Weizmanns (es ist so aufgefaßt worden, als ob ich mit dem »politischen Motiv« eins Englands meinte): ich habe nicht den Eindruck gehabt, daß Weizmann mit seiner auf dem Kongreß gegebenen Darstellung einen politischen Zweck verbunden habe: also mußte ich darin ein politisches Bekenntnis erblicken, und daraus zog ich meine Folgerungen.
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* Das kurioseste aller Mißverständnisse betrifft aber den Begriff der politischen Tendenz. Ich hatte geschrieben, daß ich darunter verstehe »die sich unöffentlich vollziehende Änderung in den zur Erhaltung, Stärkung und Ausdehnung des Staatswesens erforderlichen Methoden«, die sich dem
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Staatsmann auferlege, seine Handlungen bestimme und – seine Meinungen ändere. Und nun werde ich gefragt, ob ich die liberalen oder sozialistischen oder bolschewistischen Tendenzen meine! Also über meine Definition hinweg wird die der Selbstbehauptung des Staatswesens entstammende Tendenz, seine politischen Methoden seiner jeweiligen Situation anzupassen, mit den Programmen der einzelnen politischen Parteien verwechselt. Nicht der Einfluß der liberalen oder sozialistischen Gruppen hat Lloyd Georges Imperiumspolitik geändert, sondern die sich auferlegende Einsicht, daß das Imperium nur noch durch Dezentralisations-Reformen erhalten, gestärkt und ausgedehnt werden könne. Die Leute von der Round Table (von der ich noch erzählen werde) haben recht behalten, gerade weil sie nicht Parteipolitiker, sondern reine Staatspolitiker waren. Das »Selbstbestimmungsrecht der Nationalitäten« wurde für England erst dann aus einer Konferenz- und Manifestparole zu einer Reichsnotwendigkeit, als es von der staatspolitischen Tendenz des neuen Imperialismus als reichserhaltende Forderung sanktioniert wurde. – Ueber den Einfluß der Dezentralisationstendenz auf die Stellung Englands zur Araberfrage und zum Zionismus habe ich auf dem Kongreß in Kommissions- und Landsmannschafts-Sitzungen eingehend und freimütig genug gesprochen; ich werde mich auch hier darüber äußern, soweit es an dieser Stelle möglich ist. *
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Zum Schluß noch einmal etwas Persönliches oder Halbpersönliches. Die Antikritiker fragen: »Ist nicht derjenige eher zu einem sachgemäßen Urteil in der Lage, der mitten in den Ereignissen stand und an ihnen handelnd beteiligt war, als ein späterer, an der Peripherie befindlicher Betrachter?« Meines Erachtens ist derjenige, der mitten in den Ereignissen steht und an ihnen handelnd beteiligt ist, zur Bildung eines sachgemäßen Urteils oft am wenigsten in der Lage. Politik ist eine Angelegenheit des Kontakts, politische Kritik eine der Distanz. Ihr Recht und ihre Autonomie sollten bei uns anders anerkannt werden. Es geht hier im übrigen wahrhaftig um andere Dinge als »Linke« und »Rechte«. Der Parteimann, mag er auch für die Problematik des Parteinehmens so tiefes Verständnis zeigen wie Kaznelson, sieht und hört doch nur Parteien; und wenn ein einsamer Warner, in keiner Gruppe heimisch, keiner verschworen, vor ihm steht, weiß er sein Antlitz und seinen Ruf (auch wenn sie ihm anderswoher vertraut sein sollten) auf nichts anderes hin zu erforschen, als auf welche Seite des parlamentarischen
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Spiels er gehöre. Auf keine; wenn er sich auch in einem Haus, das nun einmal in Rechts, Links und Mitte eingeteilt ist, innerhalb eines dieser Kompartimente hinsetzen muß und sich dann nun doch am liebsten da hinsetzt, wo man Freiheit immerhin anstrebt. Aber er sehnt sich wahrlich aus eurer Welt, wo nur die Gruppen und ihre Vertreter gelten, in eine hin, in der Person gedeiht und daher auch Gemeinschaft wachsen kann.
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Im März haben zwei Führer der Labour Party, die sich in ihrer Bedeutung für die künftige Staatsführung immer nachdrücklicher kundgibt, Reden über die britische Palästinapolitik gehalten, welche die Frage nach Englands Interesse an dem Lande beantworten helfen und meine in der politischen Kommission des XII. Kongresses und im »Juden« ausgesprochene Auffassung bestätigten. Um den Vorstoß zu würdigen, den die Labour Party mit diesen Reden unternommen hat, nicht bloß gegen die gegenwärtige, sondern gegen die traditionelle Regierungsmethode, die zur Erhaltung des Einvernehmens zwischen den Machtaktionen des Staates und der geltenden öffentlichen Moral angewandt wird, muß man sich vergegenwärtigen, worin diese Methode besteht. Es ist das leitende Prinzip der politischen Volksmeinung Englands, daß sie sich weigert, Machtstrebungen des Staates als solche anzuerkennen und Machthandlungen des Staates als solche zu sanktionieren – wozu die öffentlichen Meinungen etwa der romanischen Völker ohne weiteres bereit sind. Es ergibt sich daraus eine sozusagen immanente Tendenz zur moralischen Legitimierung des aussenpolitischen Geschehens, wie sie wohl jeder modernen Staatsnation irgendwie anhaftet, von keiner aber auch nur entfernt in solcher Stärke und Feinheit ausgebildet ist. Die Regierung braucht nichts zu tun, als auf die jeweilige Ausgestaltung dieser Tendenz zu achten und ihr stets dasjenige Schlagwort darzubieten, das zur Vereinheitlichung der öffentlichen Meinung, zur Befestigung des allgemeinen Gewissens in diesem Augenblick das geeignetste ist. Das Ergebnis lernt man kennen, wenn man etwa die Aeußerungen zur Frage der Protektoratserklärung über Aegypten betrachtet; da konnte ein englischer Publizist mit einer unnachahmlichen Selbstverständlichkeit des Tons die schlechthin entgegnunglähmende Aufklärung verlautbaren: »Der feindselige Kritiker wird zweifellos bemerken, England hege also erweislich ebensowenig Achtung vor der Heiligkeit der Verträge wie Deutschland; und zur Antwort kann man nur in aller Aufrichtigkeit sagen, daß, wo Deutschland einen Vertrag um der Selbstvergrößerung willen mißachtet hat, England es nicht um britischen Gewinns sondern um des Glücks eines andern Volkes willen tat – nicht als Angreifer, sondern als Beschützer (protector).« Wenn die Vertreter der Labour Party mit einer schönen Offenheit das Gespinst dieser Tendenz und dieser Methode an manchen für das Imperium wichtigen Punkten – darunter eben an dem seiner Palästinapolitik – zerreißen, so folgen sie ihrer zunehmenden Einsicht, daß eine Heilung
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und Verjüngung des modernen Staates nicht ohne eine rücksichtslose Erkenntnis seiner wirklichen Beschaffenheit möglich ist. Sie treten dem traditionsgetreu gepanzerten Volksgewissen entgegen, sie durchbohren die bewährte Rüstung, sie tun das Unerhörte, das Notwendige. * Die eine Rede ist die des Colonel Wedgwood im Unterhaus. Er sagte*: »Wir werden wohl unsere Armee in Palästina verstärken müssen. Wir brauchen eine gewisse Macht dort, um den Suez-Kanal zu schützen, da wir gezwungen sind, Palästina als Basis für seinen Schutz zu benützen.« Zwar hat Lord Curzon schon vor einiger Zeit (am 24. Juni 1920) im Oberhaus zugeben müssen: »Wir sind in der ersten Zeit des Krieges hingegangen, um Aegypten vor der türkischen Bedrohung zu verteidigen, und gewiß wäre, wenn eine feindliche Macht Palästina besetzt hielte, unsere Lage in Aegypten keineswegs sicher«; aber wie vag und bedingt ist dieses Zugeständnis gegen die klare und freimütige Feststellung des Offiziers. Man muß, um vollen Einblick zu bekommen, als Kommentar die ins einzelne gehende Darlegung einer ihm politisch nahestehenden, wohlinformierten Zeitung, des Manchester Guardian (vom 20. Juli 1920), über den strategischen Wert Palästinas als des sichersten und wenigst kostspieligen Bollwerks des Suezkanals hinzunehmen. Colonel Wedgwoods Rede (die in diesem Punkte keinen Widerspruch erfahren hat) hat für uns eine doppelte Sonderbedeutung. Zunächst belehrt sie uns unzweideutig, daß keineswegs, wie in diesen Blättern** zur Widerlegung meiner Auffassung und unter Berufung auf Weizmann behauptet worden ist, die strategischen Vorteile Palästinas für England ein »Humbug« sind. Sodann aber – und das ist ungeachtet der Wichtigkeit, die eine Erkenntnis der wirklichen Zusammenhänge für uns hat, noch wichtiger – deckt sie die Argumentation Jabotinskys für die Aufstellung einer sogenannten Legion, England würde seinen Truppenbestand in Palästina immer weiter reduzieren, in ihrer Nichtigkeit auf. Dies sei hier nur angedeutet; ich werde diese ganze Frage zu beleuchten haben, wenn sie noch einmal aufgeworfen werden sollte. *
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Nach dem Bericht der Jüdischen Rundschau vom 21. März. Kaznelson, Die Linke (4. Heft).
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Die andere Rede hat Ramsay Macdonald, ein representative man der englischen Arbeiterbewegung, nach der Rückkehr aus Palästina in seinem Wahldistrikt gehalten. Er sagte*: »In Palästina erfuhr ich, daß während des Kriegs unsre Regierung den früheren Oberkommissar ermächtigte, den Arabern mitzuteilen, wenn sie uns im Krieg unterstützten, würden wir ein arabisches Reich errichten … Zugleich versprachen wir, den Juden Palästina als Heimstätte zu geben und die jüdische Einwanderung in jeder Weise zu erleichtern, so daß die Juden schließlich die Mehrheit in Palästina bilden würden. Zugleich trafen wir ein drittes Abkommen und zwar mit Frankreich, wonach Syrien, Palästina und Mesopotamien zwischen England und Frankreich aufgeteilt werden sollten. Diese drei Verpflichtungen, von denen eine der andern widerspricht, wurden also übernommen, und unter solchen Umständen muß nun der Oberkommissar sich bemühen, unsere Ehre, unser Ansehen und unsere Autorität zu wahren.« Die von Macdonald (wofern seine Rede korrekt wiedergegeben ist) vorgebrachten Einzelheiten ermangeln zum Teil der Präzision. Erstens ist meines Wissens den Arabern niemals zugesichert worden, daß das zu schaffende arabische Reich Palästina mitumfassen sollte (dies scheint, wie manches andere, offen gelassen worden zu sein – immerhin wurde m. W. in den Verhandlungen von 1915/6 von einer durch das Rote Meer und das Mittelmeer bezeichneten Westgrenze gesprochen); es soll sogar britische Staatsmänner gegeben haben, die in der Errichtung eines britisch-jüdischen Palästina eins der Mittel sahen, einer Vereinigung der etwa zu schaffenden »kleinarabischen« Staaten mit allen bevölkerungsgleichen Ländern zu einem großarabischen Reich entgegenzuwirken (Palästina als der »Keil«, der den asiatischen Teil »Arabistans« vom afrikanischen trennt). Zweitens hat England nicht versprochen, den Juden Palästina »als Heimstätte« zu geben; bekanntlich ist im Lauf der Verhandlungen die ursprüngliche Formel »Palästina als nationale Heimstätte« in »eine nationale Heimstätte in Palästina« abgeändert worden**. Drittens sind die verschiedenen Versprechungen und Vereinbarungen keineswegs gleichzeitig erfolgt (Macdonald weiß das natürlich auch, aber er sagt es anscheinend nicht präzis genug), sondern sie gehören, worauf ich bereits als auf etwas Beachtenswertes hingewiesen habe***, verschiedenen Stadien der Kriegslage und somit auch der englischen Kriegspolitik an. Diese kleinen Ungenauigkeiten des Ausdrucks schmälern jedoch * Nach einem Telegramm des jüdischen Korrespondenzbureaus vom 23. März. ** Vgl. Achad-Haam, Eine Vorrede (Der Jude V. 257). *** Zur Klärung (4. Heft).
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nicht die Bedeutung von Macdonalds Rede, die eben die Tatsache aufhellt, daß es sich um Schritte einer wahllos und bedenkenlos werbenden, daher notwendigerweise in ein Netz von Widersprüchen geratenden Kriegspolitik handelt; Widersprüchen, die erst von der jene ablösenden Friedenspolitik mit ihrer traditionellen Elastizität erledigt werden sollten, nicht indem sie überwunden, sondern indem sie als nichtexistent behandelt wurden. Auf die Schwierigkeiten, die aus diesem System gewissen Funktionären in partibus infidelium, insbesondere Herbert Samuel, erwachsen sind, hat Macdonald hingewiesen. Das Bild wird freilich erst vollständig, wenn man daran denkt, daß es außer den solchermaßen mit der Aufgabe eines eben durch die Regierungspolitik ungeheuer erschwerten Interessenausgleichs Betrauten und sie zu bewältigen Willigen auch ganz anders gesinnte offizielle und unoffizielle Vertreter der britischen Macht gibt, denen allem Anschein nach statt der von der Ehre befohlenen Pflicht eines Ausgleichs zwischen den Bevölkerungsteilen Palästinas die Machtlist des divide et impera oder gar die von anderen Staaten wohlerprobte Kunst der »Ablenkung auf den Juden« vor der Seele steht. »Ich fürchte«, hat Macdonald in Palästina gesagt, »daß gewisse Kreise sehr darauf aus sind, den Haß zwischen den Arabern und den Juden zu schüren«. Wie aber denken die Männer der Labour Party über den in der Palästinapolitik einzuschlagenden Weg? Sie denken ebensowenig wie irgend ein ernstzunehmender englischer Politiker (was einige Antizionisten in dieser Richtung vorbringen, ist durchaus t a k t i s c h zu verstehen) daran, auf Palästina zu verzichten. Sie kennen, wie den strategischen, so auch den großen verkehrs- und wirtschaftspolitischen Wert des Landes für das Imperium* und werden ihn diesem zu erhalten bestrebt sein. Aber es ist offenbar, daß sie im Sinn haben, die im Zusammenhang mit der Dominions-Bewegung herrschend gewordene dezentralistische Tendenz zu ihrer vollen Auswirkung zu bringen, den Imperialismus des Zwangs vollends durch den des Ausgleichs und der Kooperation zu ersetzen. Sie werden, wenn sie zur Macht kommen, auf Irland und Aegypten Indien folgen lassen, dessen unter dem Einfluß des Round-Table-Kreises von Montagu (auch einem jener unglücklichen Funktionäre in partibus) konzipierte »dyarchische« Verfassung noch recht zentralistisch gehalten ist. Sie werden auch, wie Colonel Wedgwood sagte, »Palästina so bald *
Vgl. die im vorigen Heft unter dem Titel »Das wirtschaftspolitische Interesse an Palästina« zusammengestellten Zitate, denen weiteres Material folgen soll und zu deren Ergänzung ich hier nur daran erinnern will, daß auch zu der Zeit, als zwischen England und Frankreich von einer Internationalisierung Palästinas die Rede war, der Hafen von Haifa ausdrücklich England vorbehalten wurde.
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als möglich auf der Basis der Selbstverwaltung einzurichten trachten«. »So bald als möglich« – wann aber wird dies möglich sein? Wir dürfen wohl als die Meinung der Labour Party annehmen: sobald ein ehrlicher, vollständiger und dauerverheißender Ausgleich zwischen den jüdischen und arabischen Volksinteressen vollzogen worden ist. Aber wir haben allen Grund, ihn unserseits so bald als möglich anzubahnen; was in Ehren – und vielleicht auch mit Aussicht auf Erfolg – zu tun mir, nach all den versäumten Gelegenheiten, jetzt wieder einmal ein Augenblick gekommen scheint.
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Nachbemerkung 1. »Ich kann mir nicht vorstellen«, schreibt Kaznelson, »daß englische Politiker … nicht von vornherein damit gerechnet haben, daß ein jüdisches Palästina viel eher als ein arabisches Selbständigkeit erlangen … würde.« Daß Palästina in absehbarer Zeit S e l b s t ä n d i g k e i t erlangen würde, damit haben weder englische Politiker gerechnet noch rechnen sie damit. Und in der Tat scheint mir, wenn ich an die Geschichte des Imperiums denke, die Frage, s o g e s t e l l t , für absehbare Zeit – vorausgesetzt, daß das Imperium dem allgemeinen Zerfall vorbeugen kann – von keiner erheblichen Aktualität, gleichviel wie sich das Bevölkerungsverhältnis gestalte. Womit hingegen englische Politiker gerechnet haben, ist dies: daß ein arabisches Palästina sich hemmungslos, ohne innere Kämpfe und Schwierigkeiten, einem großarabischen Reich anschließen würde, ein jüdisch-arabisches nicht ohne schwerste innere Kämpfe, in die man von Europa aus verhältnismäßig leicht und legitim eingreifen könnte. Das bedeutet zugleich, daß die jüdische Bevölkerung Palästinas, von einem annexionslustigen und durch eine starke Irredenta unterstützten Arabistan bedroht und ihm gegenüber auf die enge Solidarität mit der britischen Macht angewiesen, immer weniger daran denken könnte, England die Beherrschung der palästinensischen Häfen und Bahnlinien – die strategische, und also auch die wirtschaftliche – streitig zu machen. Ein Palästina, das – in der Idee – nach Selbständigkeit strebt, ist für England sehr viel ungefährlicher als eins, das nach Vereinigung mit einem großen, verwandten und benachbarten Reiche strebt. Muß man das wirklich erklären? Solange das Arabertum im Zustand der Zersprengtheit bleibt, eine Depositur britischer Wirtschaft; sobald es an die Sammlung geht, eine Enklave britischer Macht: – so haben englische Politiker gerechnet. Die Rechnung ist erschüttert worden – sowohl durch innere Gründe der Imperialpolitik, als aber auch durch die Schwäche der jüdischen Aktion. Die Juden haben sich nicht als Rechnungsfaktor glaubhaft zu machen vermocht. Aber in modifizierter Form besteht sie fort, und es wäre gut, wenn wir mit ihr rechneten. 2. Die Frage nach dem Vorteil der zionistischen Bewegung zur Legitimierung des englischen Anspruchs auf Palästina erledigt Kaznelson durch die einfache Gegenfrage, warum England dann die andern Mandate erlangt habe, ohne einer solchen Legitimierung zu bedürfen.
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Zur Antwort auf diese Gegenfrage verweise ich ihn auf das wirtschaftsgeschichtliche und wirtschaftspolitische Material, z. B. auf das bekannte Werk von Verney und Dambmann, aus dessen Studium sich unanzweifelbar ergibt, daß in Palästina eine vielfältige Rivalität der Interessen bestand, mit der sich keine in einem andern Land auch nur vergleichen ließe. Syrien schaltet aus, weil Frankreich sich dort längst eine anerkannte Interessensphäre geschaffen hatte; daß es diese Sphäre (wie es das Sykes-Picot-Abkommen vorsah) bis tief in Palästina hinein verlängerte, das eben ist durch das – sit venia verbo – britisch-jüdische Bündnis verhütet worden. Und was Mesopotamien betrifft: wie gern England sich einen Rechtsanspruch darauf gesichert hätte, kann sich jeder denken, der die Geschichte gerade dieses Mandats bis heute verfolgt hat; aber – da bot sich eben keiner an! 3. Daß für einen Mann wie Smuts, aber auch für Balfour ideelle Motive bestimmend waren, glaube ich gern; überhaupt stelle ich mir den Politiker keineswegs als einen staatsutilitaristischen Apparat vor, sondern als einen Menschen, der seine Handlungen auch vor einem humanitären Gewissen gerechtfertigt sehen möchte. Aber zu Regierungsbeschlüssen reifen humanitäre Motive nur, wenn sie den staatserhaltenden Zwecken, für die alle Regierungen eingesetzt sind, dienstbar gemacht werden können. Wer das noch nicht gewußt hat, sollte von der Geschichte der russischen Hungersnot eines Schlimmeren belehrt worden sein. Gustav Landauer, der es wußte, schrieb einmal auf dem Fragebogen eines Literaturkalenders in die Rubrik »Hauptgebiet der schriftstellerischen Tätigkeit«: »Antipolitik«. Was man aber nicht als Apolitik mißverstehen darf.
MBW 21 (02697) / p. 106 / 10.10.2019
Frage und Antwort Frage: Du sagst, man solle sich nicht der europäischen Staatenpolitik verschreiben. Wie aber, wenn sie, ob wir uns ihr unterwerfen oder nicht, unser Schicksal in Erez Israel bestimmt? Du sagst, man solle mit dem Orient einen Bund schließen und als tätiges Glied an seiner Regeneration teilnehmen. Wie aber, wenn er sich mit uns gar nicht verbünden will? Was für positive Politik empfiehlst du?
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Antwort: Landespolitik. Frage: Was verstehst du darunter? Antwort: Alle Anstrengung, die all unsere Kraft vermag, darauf richten, das Land aufzubauen. Nicht bloß die Nation im Lande, und dieses nur soweit es i h r Gedeihen erfordert, sondern wahrhaft und um seiner selbst willen: das Land. Gelingt uns das, dann sind wir gegen die europäische Staatenpolitik gefeit und sind dem Osten als unersetzliche Pioniere seiner Regeneration sichtbar, glaubwürdig, willkommen geworden. Wohlgemerkt aber: wenn wir nicht etwa einen sacro egoismo als Landespolitik maskieren – keine Maske kann heute noch täuschen –, sondern ihn untertauchen und untergehen lassen in ihr. In Landespolitik, sagte ich, aber ich will es wahrer sagen: in der Liebe zum Land.
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Frage: Und wenn wir trotzdem, trotz alledem, nachdem wir unsere Funktion am Aufbau des Landes erfüllt haben, »majorisiert« werden, wenn man uns die Früchte unserer Arbeit entreißt?
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Antwort: O du Kleingläubiger! Gott stellt keine Wechsel aus. Aber wer sich ihm ohne Schuldverschreibung leiht, ist gesegnet.
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Brith Shalom (The Peace Association) Statutes
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§ 1. The name of the Association shall be »The Peace Association« (Brith Shalom). § 2. The seat of the Association shall be in Jerusalem. Branches may be established throughout Palestine and abroad. § 3. The object of the Association is to arrive at an understanding between Jews and Arabs as to the form of their mutual social relations in Palestine on the basis of absolute political equality of two culturally autonomous peoples, and to determine the lines of their cooperation for the development of the country. § 4. Towards this end the Association will promote: a) The study of the problems arising out of the existence of the two peoples in Palestine, and out of the Mandate under the League of Nations; b) The spreading of verbal and written information among Jews and Arabs on the history and culture of both peoples, and the encouragement of friendly relations between them; c) The creation of a public opinion favorable to a mutual understanding; d) The creation of institutions calculated to advance these ends; § 5. Any person in agreement with the object of the Association and elected by a majority decision of its Committee (§ 8) is eligible for membership. § 6. The membership fee shall be £ 1 a year. The Committee (§ 8) is empowered to reduce this fee for labourers and other persons of limited means. § 7. A General Meeting of the Association shall take place every year. Members shall be advised at least a fortnight in advance by an announcement in three Palestinian papers which appear regularly. The first General Meeting shall be convoked before December 31st, 1927. § 8. The Committee of the Association shall consist of between 7 and 15 members elected by the General Meeting. Branches of the Association in and outside of Palestine shall elect their local Committees on similar lines. § 9. Until the first General Meeting, the founders of the Association shall act as the Committee (§ 8) and shall have the right of co-optation.
MBW 21 (02697) / p. 108 / 10.10.2019
Selbstbesinnung 1. Es ist ein »Monat der Zionistischen Organisation« angesetzt worden. Eine Stunde in ihm, für jeden Zionisten irgendeine Stunde dieses Monats, aber eine ganze, ungestörte, ablenkungsfreie Stunde, gehöre der Selbstbesinnung, der zionistischen Selbstbesinnung. Was Selbstbesinnung im Leben der Person bedeutet, weiß jedermann, oder vielmehr, jedermann könnte und sollte es wissen. Am deutlichsten von allen Sprachen sagt es die hebräische: cheschbon ha-nefesch, Rechenschaftslegung der Seele, nennt sie diesen Vorgang. Die Seele legt Rechenschaft ab. Worüber? Ueber ihr, der Seele, Leben und Handeln: über alles, was sich zwischen ihr und der Welt, zwischen ihr und sich selbst, zwischen ihr und Gott begeben hat. Wem legt sie Rechenschaft ab? sich selbst; aber damit doch auch irgendwie der Welt, der Mitkreatur, die in die Seele gleichsam eine Delegation entsandt hat, eine zumeist verborgene und schweigsame, zuweilen aber offenkundig und vernehmlich werdende; und letztlich der Wahrheit selber, die ja da ist und auf die Seele wartet. Die Selbstbesinnung ist also nicht eine »innerliche«, unverbindliche Angelegenheit des Individuums, sondern sie ist etwas, was sich zwischen dem Menschen und der Wirklichkeit des Daseins begibt, durch sie hat der Mensch Anteil an der Wirklichkeit, und wer sie nicht übt, lebt sein Leben ab, ohne dagewesen zu sein. Man wende diese einfache, von je bekannte Wahrheit auf die besondere, zionistische Selbstbesinnung an, von der hier gesprochen wird, und man wird verstehen, was meine Forderung bedeutet, daß jeder Zionist in diesem Monat eine rechtschaffene Stunde lang sich der Frage ergebe: Wie steht es um den Zionismus? Was war mit ihm gemeint und was ist mit ihm geschehen? War er Willkür oder war er ein Auftrag? Und wenn er ein Auftrag war (es kommt nicht darauf an, wie einer das auffaßt: Auftrag der »Idee« oder der »Geschichte«, des »Volkstums« oder der »Gesellschaft« – wenn er nur weiß: das, was zu tun ich Verlangen trage, das wird von mir verlangt), wie haben die Juden ihn ausgeführt? Wie haben die Zionisten ihn ausgeführt? Wie habe ich ihn ausgeführt? Die Wahrheit, die den Auftrag gab, ist da und wartet auf die Rechenschaftslegung deiner Seele, deiner zionistischen Seele, Zionist. Sie ist es, die die Frage fragt. Antworte ihr, verantworte dich vor ihr! Wir haben uns fürchterlich gewöhnt, in den Tag hinein, ins Jahr hinein, in die »Geschichte« hinein zu leben, wir Zionisten. Wir laufen Ge-
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fahr, unseren Anteil an der Wirklichkeit zu verlieren. Halten wir inne, eine Stunde lang, eine klare, strenge Gradaus-Stunde! Haben wir das fertiggebracht, dann kehren wir, wenn wir aus ihr in den Alltag zurückkehren, doch nicht wieder in den gewohnten Trott zurück. Denn wer einmal sich besinnen gelernt hat, verlernt es nicht mehr. Und die Stunde wird Frucht tragen; welche, eine wie große, das können wir heute nicht wissen und brauchen es nicht zu wissen. Als Material für diese Stunde ist das anzusehen, was ich hier weiter sagen will.
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Rechenschaft legen – der Ausgangspunkt, der über den in dieser Stunde zu begehenden Weg entscheidet, kann kaum nüchtern genug, konkret genug sein. Und er muß, soweit es möglich ist, allen Zionisten gemeinsam sein, damit wir in der Selbstprüfung uns nicht ins Trennende verlieren, damit wir »beisammen bleiben« und unsere Besinnung, ungeachtet der unvermeidlichen Verschiedenheiten der Betrachtungsweise, eine gemeinschaftliche werde. Absehen also wollen wir von allen ideologischen Hintergründen, absehen aber auch, soweit wir es können, von den wie immer gearteten Gefühlsfärbungen unseres persönlichen Zionismus. Auf die Frage »Was war, was ist mit dem Zionismus gemeint?« kann uns hier nur die ganz sachliche, die (soweit wir sie zu formulieren fähig sind) exakte, pragmatische Antwort taugen. So betrachtet, so befragt, ich möchte sagen: auf seine triviale Tatsächlichkeit hin betrachtet und befragt, zeigt sich uns der Zionismus als eine Unternehmung. Welcher Art? Als eine kolonisatorische Unternehmung; organisierte Auswanderung von Teilen einer bestimmten Menschengruppe nach einem bestimmten Landstrich, um dessen Bodenschätze zu gewinnen und zu verwerten, mit dem Endzweck, aus den Einwanderern eine als Produktionseinheit mehr oder weniger selbständige, jedoch in fester, ob nur kultureller oder kulturell-politischer, Verbundenheit mit der Muttergruppe verbleibende Gemeinschaft zu bilden, ist Kolonisation. Wessen kolonisatorische Unternehmung aber ist der Zionismus? Nun geraten wir schon an den Kern der Frage. Hier kolonisiert nicht, wie zumeist in der Geschichte, ein Staat; auch nicht eine zunächst vom Staat unabhängige, aber seine Interessen vertretende, von ihm geförderte und im gegebenen Augenblick wieder in ihm aufgehende Handelsgesellschaft; auch nicht eine durch den Staat oder die Staaten, denen sie angehört, gedeckte Kirche oder kirchliche Assoziation; sondern das Sub-
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jekt dieser siedlerischen Unternehmung ist ein Volk, und zwar ein Volk, das erstens staatlos und staatlich ungeschützt, zweitens landlos und des räumlichen Zusammenhalts entbehrend, drittens verbandlos, ohne einheitliche Fügung und Führung, somit ein in jeder Hinsicht p r o b l e m a t i s c h e s Volk ist. Das ist das Novum, das Unikum, das Paradox des Zionismus. So etwas hat es in der Weltgeschichte noch nicht gegeben; aber nicht genug daran: so etwas widerspricht allen »Gesetzen« der Weltpolitik, – es ist sozusagen unmöglich, es ist nur wirklich. Nach allen historischen und politischen Regeln ist Kolonisation eine Form der Expansion. Ein Staat, eine Wirtschaft, eine Kirche ist da, das ist die Voraussetzung: es ist eine Gruppe da, die sicheren Bestand hat; von diesem sicheren Bestand, von dieser zentralen Verfestigung aus sucht sie sich im Maß ihres Wachstums auszubreiten, fruchtbringende Peripherie anzulegen, die ihr Menschen zugleich abnimmt und erhält. Der Staat, der, öffentlich oder geheim, hinter jeder Siedlungsunternehmung steht (freilich kann es vorkommen, daß nicht bloß sein Parlament, sondern sogar seine Regierung erst nachträglich erfährt, daß es so war), will überschüssige oder doch entbehrliche Teile seiner Bevölkerung so unterbringen, daß sie ihm zugehörig und ihm dienlich bleiben; er will durch ihre Vermittlung die Gütermenge und den Warenabsatz seiner Wirtschaft steigern; er will um seinen festen Bestandskern einen lockeren Auswirkungsbezirk legen. Das Gegenteil davon ist die Ausgangssituation des Zionismus. Sein problematisches Subjekt, »das jüdische Volk«, hat eben den zentralen sicheren Bestand, den festen Kern nicht, es ist nichts als Peripherie, nichts als Auswirkung. Es h a t nicht eine Diaspora, es i s t eine. Es ist nicht »im Exil«, sondern es ist das Exil als Leib: ja, hier ist die Idee des Exils Fleisch geworden, in diesem einen weltgeschichtlichen Exemplar. Was ihm mangelt, wonach es, wissend oder unbewußt, verlangt, ist Kern, Bestand, Substanz. Wie ist etwas so »Geschichtswidriges« wie der Zionismus zustande gekommen? Wir sind ins Innere der Frage gestoßen, wir fragen nach der Motivation. Der Staat kolonisiert aus Expansionsdrang. Das jüdische Volk kolonisiert aus Konzentrationsdrang. Der Staat will Verlockerung; das jüdische Volk will Verdichtung. Er baut Landhäuser; es baut ein Nest. Und es baut im Sturm. Das ist das Paradox des Zionismus: eine Kolonisation, welche das hervorbringen will, was in aller Geschichte als die Voraussetzung jeglicher Kolonisation gilt, ein »Mutterland«. Das wäre nicht paradox, sondern absurd, nicht geschichtswidrig, son-
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dern sinnwidrig, wenn dieses »Mutterland« nicht eben doch geschichtlich, urgeschichtlich ein reales Mutterland wäre, wenn es nicht das Land wäre, durch dessen Besiedlung einst dieses Volk zum Volk wurde, wenn es nicht Erez-Israel wäre.
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3. Torheit ist es also nicht, dieses Unternehmen, Unterfangen des jüdischen Volkes, Willkür ist es nicht, aber es ist etwas Unerhörtes, im strengen Sinn Präzedenzloses. Dazu aber ist es etwas Verwegenes: weil es das, was in aller Geschichte nur – offiziell oder verhohlen – Werk der Macht gewesen ist, ohne Macht vollbringen will. Denn ein staat-, land- und verbandloses Volk ist im geschichtlichen Verstand nicht als Macht anzusehen. Wie kann das Wagnis eines so neuartigen Verfahrens glücken? Nur indem der Mangel an Macht kompensiert wird. Wodurch aber kann der Mangel an Macht kompensiert werden? In aller Geschichte nur durch eins: durch Leidenschaft. Leidenschaft ist die große historische Kompensation der Machtlosigkeit. Auf diesem öffentlichen Geheimnis beruht z. B. die Tatsache der erfolgreichen Revolutionen. Revolution beginnt niemals mit der »Erhebung der Volksmacht« (das ist nur eine nachträgliche Abstraktion der Geschichtsschreiber), sondern mit der Leidenschaft einer machtlosen Minderheit, welche die Tat usurpiert. Sie zeugt das Werk, welches die Mehrheit dann anerkennt. Sie setzt ihre Leidenschaft ein, das heißt: sie setzt sich ein. Damit kann sie die Macht bekämpfen, kann die Macht erkämpfen. Die Menge, die ihr folgt, weil sie von ihrer Leidenschaft erfaßt wird, läßt sie zur Macht werden. Die Leidenschaft ist nicht bloß die Waffe der Minderheit, sie ist auch ihr Erweis. Denn Leidenschaft – das Element, ohne das keine wirkliche Tat geraten kann, das Element, dem nur die Richtung fehlt, damit das Reich Gottes aus ihm gebaut werde – bedeutet: nichts von sich zurückhalten; alles hergeben können; alles, auch das Leben, wenns nötig ist, aber, solang dies noch nicht nötig ist, alles andere, die Lebenszeit, die Lebenskraft, und nicht zumindest auch die Lebensgüter. Das hergeben können, damit die Tat getan, das Werk gewirkt werde, das ist der höchste menschliche Erweis. Das jüdische Volk, das, in all seiner Problematik, es unternahm, zum ersten Male in der Geschichte der Völker, konzentrierende Kolonisation zu treiben, konnte seine Machtlosigkeit, seine Kernlosigkeit, seine Exilhaftigkeit, konnte die Paradoxie seiner Situation kompensieren: durch Leidenschaft.
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Hat es denn aber daran gefehlt? Wissen wir denn nicht, wie damals, vor einem Vierteljahrhundert, die Begeisterung emporbrannte? Hat sie sich nicht opferkräftig erzeigt? Zwischen revolutionärer Tat und kolonisatorischer Arbeit besteht ein wesentlicher Unterschied: jene verlangt eine einmalige, oder doch immer wieder einmalige Erhebung, diese eine dauernde Hingabe; jene die große leuchtende Manifestation, diese die unscheinbare, versteckte, anonyme Bewährung im unablässigen Kleinwerk des Alltags; jene ist also der natürliche Nährboden der Leidenschaft, diese entbehrt der Säfte, die die Leidenschaft speisen. Und dennoch, nur durch Dauerleidenschaft, durch eine dauernde Opferkraft, in die ein heranwachsendes Geschlecht um das andere einbezogen wird, kann ein Unternehmen wie dieses geraten. So setzt sich das Paradox des Zionismus in seinem Werk selber fort. Hätte die große, die dauernde Leidenschaft des unerhörten Werks erst die »usurpierenden« Zionisten, die ohne anderen Auftrag als den der Sache sie begannen, dann das ihnen allmählich folgende Volk ergriffen, dann hätte sich solches begeben: Da es staatslos, verbandlos ist, hätte sich das Volk als Werkverband konstituiert, das heißt: es hätte sich zu einer einheitlichen, festgefügten, leistungsfähigen Werkeinheit zusammengeschlossen, welche den Aufbau Palästinas in zuverlässiger Arbeitsteilung, unter zuverlässiger Führung unternahm und ausführte. Es hätte diesem Werkverband nicht bloß was er an Menschenkräften verschiedener Eignung, sondern auch was er an Geldmitteln brauchte zur Verfügung gestellt. Und in all seiner Problematik hat das jüdische Volk Kräfte und Mittel genug, um Palästina aufzubauen; es bedurfte nur der Leidenschaft, sie hergeben zu wollen, der mächtigen Leidenschaft, die wie eine Feuerbrunst um sich schlägt, bis die Befähigten sich ihrer dem Dienst am Werk entzogenen Fähigkeiten und die Reichen sich ihres dem Dienst am Werk entzogenen Reichtums schämen. Wird sich in der Stunde der Rechenschaftslegung einer finden, der hier einwürfe, es werde doch Geld für Palästina gegeben? Der Zionismus hat als eine Leidenschaft der Armen begonnen; es sieht mitunter so aus, als sei er im Begriff, eine Liebhaberei der Reichen zu werden. Wehe ihm, wenn ers wird! Ein Werkverband also, in zwiefacher Gemeinschaft aufgerichtet: der Gemeinschaft derer, die hingehen, um es zu tun, und der Gemeinschaft derer, die hier bleiben, um ihnen zu helfen. Zwischen der einen und der anderen stete, innige Verbindung, der Gruppen und Organe, aber auch der Personen, von hier hinüber Rat, Hilfe, Material, Mittel, die jeweils
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benötigten Kräfte, von dort herüber Wünsche, aber auch Berichte, Erzählungen, Bekenntnisse, Rufe der Vorgeschickten in das verschwisterte, wartende Herz zurück. Eine Intimität, die den Raum überwindet, der Personen, aber auch der Gruppen; jede kleine Judengemeinde übernimmt das Patronat einer Siedlung, jede große einer Stadt, und lebt nun wirklich das Leben des »Kindes« mit, Mühsal und Triumph. Haben es nicht so »die Ersten« gemeint? Ein Werkverband – seine Schwelle dürfen die Differenzen, auch die um die höchsten Werte, nicht überschreiten. Kampf soll sein, hier und dort, Kampf der Geister und der Seelen, aber nur rings um das Werk, nicht innerhalb seiner. Nur eine solche aktive Vereinung ü b e r dem notwendigen, dem guten Streit kann die mangelnde staatlich-gesellschaftliche Einheit ersetzen. Organisation! Ich spreche das mißbrauchte, mißhandelte Wort mit Liebe aus. Ein staatloses, landloses Volk braucht Organisation im höchsten Sinn, um mitten im Sturm sich sein Nest zu bauen. Die Organe, die die Geschichte ihm zerstört hat, die Organe der Vertretung, der Führung, der Gliederung, die arbeitsteiligen und ineinanderwirkenden Organe des vielfältigen, einheitlichen Lebens- und Wirkensprozesses muß das Werk ihm wieder schaffen. Schaffung der Volksorgane vom gemeinschaftlichen Werk aus, von seinen Bedürfnissen und Forderungen aus, das wäre wahre Organisation. Organisation der jüdischen Volksarbeit an Palästina würde bedeuten: den mangelnden Zusammenhang im Raum durch den Zusammenhang im Werk und die mangelnde Staatsverfassung durch eine Werkverfassung kompensieren. Organisation also, von ihr spreche ich, denn nicht kann es in der Stunde der Selbstbesinnung darum gehen, der Organisation die Idee gegenüberzustellen, sondern gegenüberzustellen die zulängliche Organisation der unzulänglichen. Organisation ist der Körperbau der Idee; aber darauf kommt es an, ob die Idee einen Körper hat oder einen nur zu haben scheint. Organisation also, Körper der Volksidee – und als sein Herz: ein Zusammenschluß der Getreuesten, eine verborgene, »verschworene« Gemeinde, konspirierend an der Erhaltung und Entfaltung des werkhaften Verbandslebens, wie das Herz am Kreislauf des Bluts konspiriert, die Verschwörung des innigsten Werkopfers, die Wachhaltung der dauernden Leidenschaft. Haben wirs nicht so gemeint, Freunde, damals, an der ersten Wende, und damals, an der zweiten? Aber haben wirs vollbracht? Fangen wir bei uns an: Oschamnu!
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4. Ich will hier nicht die Organisation, wie sie ist, mit der, wie sie sein sollte, mit dem Werkverband, vergleichen. Das soll in der Stunde der Selbstbesinnung jeder nach seiner eigenen Wahrnehmung und Einsicht tun, und wenn ihm dann der Widerspruch auf der Seele brennt, soll er bei sich anfangen. Aber ein paar Worte müssen gesagt werden zu dem Allerernstesten, Allergewichtigsten, zu dem, was in Palästina selbst geschieht. Das Ziel einer konzentrativen Kolonisation hat ihrem Wesen nach dreierlei Bedeutung. Zum ersten eine politische. Wir wollen aus der Problematik der Unselbständigkeit, des Von-außen-bestimmt-seins, des Aufgeteiltseins unter Souveränitäten, an deren Willenshandlungen wir keinen oder keinen erheblichen Anteil haben, heraus; wir wollen aus Palästina ein selbstbestimmendes Gemeinwesen bilden, das, ob auch quantitativ noch gering, doch schon als subjektives und objektives Gegengewicht unserer Abhängigkeit wirkend werden kann. Wir unternehmen dies als ein nicht bloß staatsloses, sondern auch staatlich ungeschütztes Volk (was freilich die meisten von uns lange zu erkennen sich weigerten). Welche Parole ergibt sich aus dieser Situation und welche haben wir ausgegeben? Die ausgegebene lautet: Mehrheitsbildung. Als ob ein Gemeinwesen, das unsere Problematik nur umkehrte, das uns nämlich (meinetwegen in humanerer Form) dort an anderen tun ließe, was gleichzeitig hier an uns getan wird, uns von der Problematik zu erlösen vermöchte! Die wahre Parole lautet: Dienst an der fremden Bevölkerung des Landes um des werden sollenden Gemeinwesens willen; Interessenvereinigung, aber auch Förderung ihrer besonderen Interessen, um sie die Wünschbarkeit und Möglichkeit der Interessenvereinigung fühlen zu lassen, aber über diesen Zweck hinaus, um ihres Wohls als eines Glieds der werden sollenden Gemeinsamkeit willen; daher unbefangenes Kennenlernen, zu dessen Voraussetzungen, außer der Kenntnis der Sprache und der Traditionen, vor allem das entschlossene Abstreifen des allzu sicheren Überlegenheitsgefühls gehört, in dem wir es kaum weniger weit gebracht haben als etwa die Polen uns gegenüber, und mit kaum größerem Recht. Wenn ich das den Leuten sage, die drüben leben, pflegen sie auf die besonderen Zuchtlosigkeiten der Araber hinzuweisen, aber es will mir scheinen, als hätte die Zucht, die wir unseren Traditionen verdanken, auch schon nicht wenig gelitten, und haben wir sie aber noch, wohl, so setzen wir sie im persönlichen und gesellschaftlichen Verkehr ein und lassen wir sie wirken! Das sind nicht etwa sogenannte »ethische« Postula-
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te, sondern politische. Es wird hier keine andere Frage berücksichtigt als: Wie können wir unser Ziel erreichen? Aber eben unser Ziel! Wenn man ein Ziel täglich in Tageszwecke umwechselt, statt täglich etwas von ihm selbst zu realisieren, hat man es zuletzt vertan. Und ferner: Ob der Zweck die Mittel »heiligt« oder nicht, ist eine dialektische Frage, die mir keinen konkreten Sinn zu haben scheint; aber daß es von den angewandten Mitteln abhängt, ob das, was durch sie erreicht wird, überhaupt noch etwas von der Wirklichkeit des einst geschauten Ziels hat oder, unter seinem Namen, sein völliges Gegenteil darstellt, das ist eine politische Tatsache. Zum zweiten hat das Ziel einer konzentrativen Kolonisation eine soziale Bedeutung. Wir wollen uns in einer v o l l s t ä n d i g e n Gesellschaft aufbauen. In der natürlichen Stufung der Wirtschaftsschichten von der Urproduktion über die Verarbeitung der Urgüter aufwärts setzt unser Dasein unter den Völkern in der Mitte oder doch erst in einem Abstand vom Boden ein; wir sind nicht am Wurzelleben der Gesellschaft beteiligt, sondern beginnen da, wo die aus der Erde gestiegenen Säfte schon in das Leben des Stammes und seiner Aeste eingegangen sind; wir arbeiten zwar mit, aber erst an der Verwendung; daher kommt unsere (oft erörterte) soziologische Problematik: wir können nicht, wie die Völker, die Erdenkraft unserer »geistigen« Schichten aus dem Reservoir der bodenständigen erneuern, wir entsenden die seltsamsten Luftwurzeln, wir führen ein soziologisch fiktives, ein soziologisch illusionäres Leben. Aus dieser Problematik wollen wir heraus, indem wir in Palästina eine vollständige Gesellschaft auf den Grundfesten eines starken und gesunden Bodenbaus errichten. Unsere konzentrierende Kolonisation muß zugleich sozial eine totalisierende sein und die Ganzheit, die wir meinen, können wir nur verwirklichen, wenn unsere Menschen überall im Land wo das angeht selbst die Erde bearbeiten. Welche Parole ergibt sich daraus und welche ist ausgegeben worden? Die ausgegebene heißt: Rentabilität; und ich kann sie nicht rügen, wo es sich als so schwer erwiesen hat große jüdische Kapitalien zur Anlegung in Palästina zu gewinnen. Aber die wahre Parole, die eines wahren Werkverbands, würde lauten: Werkhaftes Bündnis von Kapital und Arbeit, eine große, die Wirtschaft des Landes aufbauende Werkgemeinschaft der »Unternehmer« und der »Arbeiter«, gemeinsame Programmberatung, gemeinsame Betriebsleitung, gemeinsame Disposition über die Verwendung des Ertrags. Ethik? Nein, die Wirtschaftspolitik dieser einzigartigen, präzedenzlosen Situation, die diesem wirtschaftsgeschichtlichen Novum angepaßte! Was bei den Staaten der Zwang der Kriegslage zumindest für eine Zeit zustande zu bringen vermochte, sollte das nicht dem freien Wollen eines unerhörten Ziels gelingen?
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Zum dritten hat das Ziel einer konzentrativen Kolonisation eine kulturelle Bedeutung. Wir wollen aus der Verflechtung, Verstrickung in das Vielerlei der Völkerkulturen heraus. Nicht etwa, wie man es zuweilen ausdrückt, von den Einflüssen der Völker Europas, des Abendlands, wollen wir uns befreien, sondern vom Zwangscharakter der gegenwärtigen Beeinflussung; was wir erstreben ist ein freies Wachstum, genährt von allen nährkräftigen Stoffen der Welt, die sich in unser Gewebe einwandeln. Freies Wachstum der Volksart; das bedeutet aber notwendigerweise freies Wachstum aller Glieder der konzentrativen Volkssiedlung. Denn im Leben der Völkerkulturen mit ihrer ungebrochenen Kontinuität mochte es zu deren leidlicher Fortführung genügen, wenn nur ein bevorzugter Teil des Volkes seine Kräfte, Geistes und der Seele, frei entfalten konnte; daß es nunmehr auch da nicht mehr genügt, daß vielmehr das Erziehungsprivileg der »bürgerlichen« Schichten die Kultur mit dem Zerfall bedroht, wird jetzt allenthalben empfunden. Wie aber könnte unser verwegenes Unternehmen glücken, wenn wir nicht alle Personen, die wir dafür einsetzen, mit ihren ganzen, voll entfalteten Kräften einzusetzen vermögen! Ich brauche wohl nicht zu sagen, daß hier nicht von der Erwerbung einer intellektualen Scheinbildung, sondern von der wirklichen Bildung des gesamten, einigen Menschen die Rede ist, und nicht von einer »allgemeinen«, sondern von der Heranbildung der bestimmten, spezifisch ausgerüsteten Menschenart, die dieses werdende Gemeinwesen braucht; von der Erziehung des Menschen, der dieser eigentümlichen Situation und ihrer Aufgabe gewachsen ist. Wenn nirgendswo sonst in der Welt, in unserem Palästina muß, wenn unser Versuch nicht mißlingen soll, aller Jugend die gleiche Möglichkeit gegeben sein, ihre Fähigkeiten zu entdecken und zu entwickeln, jegliche Nahrung der Seele und des Geistes aufzunehmen, die ihr frommt, ihr Wesen zu läutern und zu vollenden, die Schönheit des wahren Menschenlebens zu erfahren und an der Fülle und Würde der wahren Menschengemeinschaft teilzunehmen. Welche Parole ergibt sich daraus und welche ist ausgegeben worden? Die ausgegebene ist: Kulturelle Institutionen. Man geht von der Fiktion aus, das jüdische Haus sei fertig, und baut ihm nun eine geistige Einrichtung aus prunkvollen Möbelstücken, zum Teil herrlichen europäischen Antiquitäten, worunter Stühle sein mögen, die eher zum Anschauen als zum Sitzen erfreulich sind. Es liegt mir fern, den Nutzen der Institutionen überhaupt leugnen zu wollen. Ich bin z. B. in dem Vierteljahrhundert, seit ich an den ersten Vorarbeiten zur Errichtung der Universität teilnahm, gewiß nicht ihr Gegner geworden; ich bin durchaus dafür, daß in Palästina die Institute geschaffen werden, die die Sanierung, die wirtschaftliche Erschließung, die Erforschung des Landes fordert;
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und wenn diesen ein Institut sich beigesellt, das zwar nicht einem Bedürfnis des Landes, wohl aber der Selbsterkenntnis des Judentums dient oder doch einst dienen wird, kann mein Herz und meine Hand sich dieser Erfüllung meines alten Wunsches nicht versagen; ich habe auch nichts dagegen einzuwenden, daß man die Gesamtheit dieser Institute, als Rahmen für das später einmal Kommende, eine universitas nenne. Was mich aber zu entschiedenem Widerspruch veranlaßt, ist der übermäßige Akzent, der auf diese durchaus löblichen Gründungen gelegt wird, ist die Ausschließlichkeit, mit der sie und ihresgleichen als d a s jüdische Kulturwerk in Palästina auftreten, ist ihre alle Kräfte und Mittel absorbierende Alleinherrschaft, ist vor allem die Tatsache, daß sie sich zu einer Schaufassade, zu einer permanenten geistigen Weltausstellung auszuwachsen drohen, welche die innere, die bildende, die eigentliche Arbeit am Volk verdrängt oder sogar vereitelt. Die wahre Parole lautet: Volkserziehung. Unsere eigentliche Kulturarbeit in Palästina kann nicht von irgendwelchen allgemeinen ideellen Zwecksetzungen ausgehen, sondern nur von den geistigen und seelischen Bedürfnissen der Bevölkerung Palästinas selbst, den Bedürfnissen, deren sie sich schon bewußt ist, und denen, die man ihr erst bewußt machen muß (den irregeleiteten, den intellektualistischen Scheinbedürfnissen wird die Wirklichkeitserkenntnis des Volkserziehers entgegenzutreten haben); und darüber hinaus von der Frage: Was für Menschen braucht Palästina und was für Menschen hat es, wie können aus denen, die seinen Aufgaben nicht zureichen, zureichende werden, wie kann aus Bevölkerung Volk werden? Wir haben uns von den Problemen, die die vierte Alija gebracht hat, nicht belehren lassen, worauf es ankommt. Wenn wir es nicht bald lernen, wird unversehens die Stunde da sein, wo es zum Lernen zu spät ist. Jetzt hängt es noch zu einem guten Teil (nämlich soweit überhaupt Einwirkung von Menschen auf Menschen möglich ist) von uns, von unseren Werken der Volkserziehung ab, was für ein Menschentum in unserem Land emporwächst; aber wenn wir jetzt die uns obliegende Pflicht nicht erkennen und tun, wird die Mitbestimmung Stück um Stück durch den »Gang der Dinge« aus unserer Hand gezogen werden, bis wir bestürzt und ohnmächtig vor der mit allem Komfort ausgestatteten Dépendance »Zion« des großen Galuth-Hotels stehen. 5. Es gehört zur Signatur unseres großartigen und erbärmlichen Zeitalters, daß die Träume der Menschheit in ihm in Erfüllung gehen: als Trave-
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Selbstbesinnung
stien. Der Nordpol wird entdeckt: im Zank von Cook und Peary. Der Mensch erobert die Luft: um Bomben zu werfen. Der Dichter spricht vom Kapitol: d’Annunzio. Die Völker schließen einen Bund. Die gerechte Gesellschaft wird begründet. Ich erwarte die Proklamierung der einheitlichen Menschheitsreligion – wenn sie nicht etwa schon erfolgt ist. Die Folge von alledem ist eine Entwertung aller Realisierung, eine tiefe Erschütterung des Realisierungsglaubens. Daß es mit unserer Sache, mit der Erfüllung des »Zionstraums« bislang nicht an dem ist, haben wir dem anonymen, unscheinbaren, undemonstrativen, dem ganz echten Opfermut unserer Pioniere zu danken. Aber hüten wir uns, dieses Unersetzliche wie einen Spieleinsatz zu behandeln; sonst werden wirs bald verspielt haben. So etwas, sagte ich, hat es in der Weltgeschichte noch nicht gegeben. Es hängt – immer noch! – von uns ab, ob die Völker in hundert Jahren vor unserem ragenden Werk eben dies sagen werden oder ob sie vor der Torheit unserer Scheinrealisierung achselzuckend ausrufen werden: »So etwas konnte es eben nicht geben.«
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Del. Dr. Martin Buber (Hitachduth – spricht deutsch): Ich gehöre nicht zu denen, welche der Erweiterung der Jewish Agency mit sorgenfreiem Herzen entgegensehen. Die Sorgen aber, die ich habe, sind nicht solcher Art, wie man sie einer politischen Machenschaft gegenüber hat, sondern solcher Art, wie man sie einer historischen Tatsache gegenüber hat. Es ist nicht etwas gemacht worden. Es hat sich etwas vollzogen. Der Aufbau Palästinas ist eine so gewichtige geschichtliche Realität geworden, dass er – nicht Menschenwille, sondern er selber die ganze Judenheit nunmehr als ein Subjekt anfordert, der ganzen Judenheit Verantwortungsbewusstsein anruft. Von dieser Anforderung aus hat sich innerhalb der Judenheit, welche wir die nichtzionistische nennen, ein bedeutsamer Differenzierungsprozess zu vollziehen begonnen. Sein Ergebnis können wir noch nicht absehen. Das sogenannte nichtzionistische Judentum ist in Fluss geraten, und zwar von Palästina aus. Damit aber erwächst für uns eine sehr ernste Sorge, die hier noch nicht zum Ausdruck gekommen ist und die zum Ausdruck zu bringen ich als meine Aufgabe betrachte. Die neue geschichtliche Situation hat für uns, für den Zionismus eine sehr ernste Problematik. Das Basler Programm ist der Balfour-Deklaration inkorporiert worden, die Balfour-Deklaration dem Mandat, das Mandat der Verfassung der Jewish Agency. In bezug auf die faktische Arbeit in Palästina als eine Arbeit an dem Nationalheim gibt es nunmehr nur noch die jüdische Gemeinsamkeit; und für das Galuth haben ja auch wir in der ganzen Zeit, in der wir wirken, noch keine einheitliche Formulierung gefunden. Der Aufbau Palästinas ist nun nicht mehr u n s e r e Sache. Wir fragen: was ist nun unsere Sache? Wie können wir in diese Koalition treten und uns bewahren? Wie können wir in diese Koalition treten, ohne das Volk, ohne die neue Volksgeneration, ohne die Jugend zu verlieren? Und das bedeutet zugleich: ohne unsere Mächtigkeit in der Koalition zu schwächen. Man sagt, wir müssten in dieser Stunde die Jugend anrufen, müssten die Jugend befragen, ob sie mit uns geht. Aber es verhält sich vielmehr so, dass die Jugend uns befragt: Wo steht ihr, wohin führt ihr? Und da müssen wir uns wenigstens einen Augenblick der Selbstbesinnung aussparen und uns klar machen, was diese Situation für uns bedeutet! Es gibt in bezug auf das nationale Problem und die nationale Wirklichkeit nicht etwa zwei Grundanschauungen, wie es gewöhnlich dargestellt wird, sondern drei. Die eine Grundanschauung, die der sogenannten
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Nichtzionisten, meint: Israel ist weniger als eine Nation im modernen Sinn. Die zweite Anschauung meint: Israel ist identisch mit einer Nation. Die dritte meint: Israel ist mehr als eine Nation, d. h. die nationalen Merkmale im Sinne des modernen Völkerbegriffs gehen wohl auch in die Wirklichkeit Israels ein, aber sie erschöpfen diese nicht. Israel ist ein einzigartiges Gebilde, das wohl den Charakter einer Nation im modernen Sinne einschliesst, aber dadurch nicht begriffen wird, vielmehr ein eigenes Gesetz in sich trägt. Zwischen denen, welche der zweiten, und denen, welche der dritten Anschauung sind, gibt es nun schon lange einen geistigen Kampf. Dieser Kampf ist bisher ohne Konsequenzen für den Zionismus geblieben. Nunmehr aber, in dieser neuen Situation, hängt von dem weitern Gang und von dem Ausgang dieses Kampfes das Schicksal des Zionismus ab. Zionismus ist etwas anderes als jüdischer Nationalismus. Mit grossem Recht heissen wir Zionisten und nicht jüdische Nationalisten; denn Zion ist mehr als Nation. Zionismus ist Bekenntnis zu einer Einzigkeit. »Zion« ist kein Gattungsbegriff wie »Nation« oder »Staat«, sondern ein Name, die Bezeichnung für etwas Einziges und Unvergleichliches. Es ist auch keine blosse geographische Bezeichnung wie Kanaan oder Palästina, sondern es ist von jeher ein Name für etwas, was an einem geographisch bestimmten Orte w e r d e n soll. Was einst werden sollte und was immer noch werden soll: in der Sprache der Bibel – die Stadt des Königtums Gottes über alles Menschenvolk. Wer sich in Wahrheit zu Zion bekennt, bekennt sich wohl zu einer nationalen Tatsache, aber mehr noch als dieses zu einer übernationalen Aufgabe. Es ist das Lebensgesetz Israels, das wir aus jeder Seite unserer Geschichte ablesen können: Für Israel ist Selbstbehauptung zu wenig. Das ist zuweilen schlimm genug gegen die Selbstbehauptung missverstanden worden. Die Selbstbehauptung muss mit einer Hingabe an eine überselbstische Sache verknüpft sein, um deren willen dieses Selbst erhalten wird. Die Parole des Sacro Egoismo, die vom modernen Nationalismus ausgegeben worden ist, hat für uns keine Geltung. Gewiss tut die gesunde Selbstliebe einer Gruppe ebenso not wie dem Einzelnen. Aber diese Selbstliebe darf nicht in Selbstsucht ausarten. Gleichviel wie der Weg der andern ist, für uns gilt, und zwar nicht bloss ideologisch, nicht bloss auf der moralischen Ebene, sondern auf der Ebene der Wirklichkeit: w e n n w i r n i c h t m e h r a l s d a s L e b e n w o l l e n , g e winnen wir auch das Leben nicht. Ich will hier nicht über die andern reden; aber eine Hoffnung darf ich ausdrücken: Dass der kommende Nationalismus anders aussehen wird als der gegenwärtige. Es dämmert, so hoffe und spüre ich, ein Nationalis-
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mus auf, für den Nation nicht Ziel, sondern Voraussetzung ist. Und es ist die Zuversicht meines Herzens, dass der wahre Zionismus der Vortrupp, der Pionier, der Chaluz dieses neuen Nationalismus ist. Es gibt eine richtige und eine falsche Auffassung der Mission. Wir haben den Gedanken unserer Berufung nicht aufgegeben, sondern wir haben ihn neu erfasst. Wir haben erkannt, dass wir die nationale Konsolidierung vollziehen müssen um einer übernationalen Aufgabe willen. Aber hüten wir uns, diese Aufgabe als eine Idee über dem Leben zu errichten und zu ihr verehrend aufzuschauen! Sie wird zur Lüge, wenn sie zu einem unverbindlichen Prinzip wird, das begeisternd und beruhigend zugleich wirkt. Sie muss beunruhigen, anstacheln, aufrühren, und sie muss sich im Volksleben und in der Volksarbeit Stunde um Stunde manifestieren. Verehrter Kongress! Das ist kein »neuer« Zionismus, das ist der Zionismus aller unserer geistigen Führer, der von Moses Hess, der von Achad Haam, der des Theodor Herzl von »Altneuland« und der von A. D. Gordon. Wir müssen uns aber auch hüten, wenn wir dies anerkennen, etwa zu sagen: Gewiss, das ist etwas, was wir d a n n realisieren werden, aber zunächst müssen wir doch uns die Gedanken für unser Leben schaffen. Nichts ist schlimmer als solches Früher und Später. Sie kennen unsere jüdische Lehre: allen, die umkehren, die die Teschubah vollziehen, wird von Gott verziehen, nur dem nicht, der da sagt: Ich werde sündigen, dann bleibt mir ja noch immer die Teschubah übrig. Dem wird nicht verziehen. Ich will es rein vom Menschen aus ausdrücken: Wer um des Guten willen das Böse getan hat, zerstört die eigene Seele so, dass er nicht mehr fähig sein wird, das Gute zu tun. Das gilt wie für den einzelnen so auch für die Gemeinschaft. Aber verstehen Sie mich recht, ich spreche nicht von der Moral; ich sage nicht, es ist moralisch schlecht; ich sage, es ist politisch schlecht, d. h. schlecht im Hinblick auf die Erreichung von Zwecken. Freilich, politisch im Sinne einer grossen Politik, die nicht bloss den Zweck des nächsten Augenblicks will, sondern den Zweck des Zeitalters. Es ist mit Zweck und Mittel nicht so, dass der Zweck vom Mittel unabhängig wäre. Der Zweck heiligt nicht das Mittel, aber das Mittel verkehrt den Zweck, es verdrängt ihn. Was mit einem des Zweckes unwürdigen Mittel erreicht wird, hat nicht mehr den Charakter des ursprünglichen Zwecks, sondern es hat den des angewandten Mittels angenommen: das Mittel färbt ab auf den Zweck. Sie mögen mir die Frage entgegenhalten: Wenn wir die übliche Machtpolitik nicht mitmachen, wie sichern wir uns dann? Wie sichern wir den Jischuw, das beginnende Volksland in Palästina? Darauf antworte ich:
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Keine Sicherung, die wir erdenken könnten, ist so real, wie diese: eine Macht im Geiste zu werden, die neue Formen des Völkerlebens stiftet, neue Beziehungen zwischen den Nationen vorlebt, einen echten Bund zwischen Orient und Okzident bereiten hilft und von da aus, von dieser Arbeit aus und auf ihrem Grunde mit den Z u k u n f t s elementen aller Völker sich verbündet. Ich erinnere mich daran, was ein grosser deutscher Gelehrter, Max Weber, mir einmal über den Zionismus gesagt hat: Wenn ihr – so etwa sagte er – einen kleinen Staat neben den andern kleinen Staaten errichtet, wird er mit ihnen an der Peripherie der Geschichte stehen und mit ihnen belanglos bleiben, bis er mit ihnen hinweggespült wird. Aber, wenn es geschähe, dass ihr eine geistige Macht aufrichtet, dann würde sie im Kern der Geschichte bleiben, und sie würde dauern. Noch einmal: nicht ein Früher und Später! Wenn wir nicht jetzt und hier, in den Bedingungen und Entscheidungen unserer alltäglichen Stunden damit beginnen, werden wir es nie erfüllen. Das halte ich für die einzige rechtmässige Antwort an die heutige Jugend des jüdischen Volkes. Nicht eine nationalistische Assimilation, die den andern Nationalismen nachhinkt, ist unsere Sache, sondern eine nationale Chaluziuth, die den andern Nationalismen bahnbrechend voranschreitet. Ich kann hier nicht ausführen, wie dies auf allen Gebieten des Lebens anzuwenden ist. Es gibt keine allgemeinen Formeln. Jeder wird an der Stelle, wo er steht, Tag um Tag, die Verantwortung erfahren. Aber zwei grosse Beispiele möchte ich Ihnen geben; vielmehr, es sind nicht Beispiele, es sind die zwei grossen Bezirke der Verwirklichung in Palästina, in der äusseren und in der inneren Politik. Das eine ist die Araberfrage. Ich spreche von ihr, den Blick ernst und klar auf die Tatsachen gerichtet, in all ihren harten, grausamen Schwierigkeiten. Trotzdem – nein, eben deshalb sage ich, dass sich auch in dieser Frage in unserer Mitte eine nationalistische Assimilation breitmacht. Erinnern wir uns daran – vielmehr, wir brauchen uns nicht erst zu erinnern, jede Stunde unseres Lebens trägt das Zeichen davon –, wie die andern Völker uns angesehen haben und allerorten noch ansehen, als das Fremde, als das Niedrigere. Hüten wir uns davor, das, was uns fremd und nicht genügend bekannt ist, als das Niedrigere anzusehen und so zu behandeln! Hüten wir uns, das, was uns widerfahren ist, nunmehr selbst zu tun! Gewiss – ich betone es nochmals – ist Selbstbehauptung die selbstverständliche Voraussetzung aller unserer Handlungen; aber sie ist nicht genug; es gehört auch Phantasie dazu: die Fähigkeit, sich die Seele des andern, des Fremden nach der Wirklichkeit der eigenen vorzustellen. Ich darf ein Bekenntnis nicht verschweigen: es war für mich erschrek-
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kend in Palästina, wie wenig wir den arabischen Menschen kennen. Ich täusche mich nicht, ich lüge mir nicht vor, dass gegenwärtig eine Interessenharmonie zwischen den Arabern und uns bestünde oder einfach hergestellt werden könnte. Aber dennoch, bei aller ernsten Interessenverschiedenheit, die nicht bloss aus Illusion und nicht bloss aus Politik kommt, bei all dem ist eine gemeinsame Landespolitik möglich, weil dort und hier dieses Land geliebt wird, dort und hier die Zukunft dieses Landes gewollt wird, also gemeinsam geliebt und gemeinsam gewollt wird: darum ist es möglich, für dieses Land gemeinsam zu arbeiten. Viele von uns sagen: Wir wollen nicht majorisiert werden; und ich sage es mit ihnen. Aber ich möchte nicht immer wieder zwischen diesen Worten, dass wir nicht majorisiert werden wollen, die Worte lesen müssen: sondern wir wollen majorisieren. Es muss heissen: Wir wollen nicht majorisiert werden und nicht majorisieren. Aber verlangen Sie keine Rezepte von mir in einer Sache, welche die schwere Uebung persönlicher Verantwortung in tausend kleinen Entscheidungen verlangt. Nicht Deklarationen wollen wir mehr abgeben, nicht mehr allgemeine Resolutionen fassen, sondern die praktische Wirklichkeit jeder Stunde soll zeigen, wie wir es meinen. In der Praxis haben wir es zu erweisen: in der Politik, in der Kultur, in der Gesellschaft und in den Beziehungen von Mensch zu Mensch. Ich möchte vorschlagen, dass als Zeichen dieses Willens eine ständige Kommission in Palästina eingesezt werde, die als beratendes Organ der Palästina-Exekutive bei allen die Araberfrage berührenden Angelegenheiten zu fungieren hat. (Rufe: Brith Schalom.) Manchen ist dieses widerwärtig. Für mich und für diejenigen, welche die historische Situation, in der wir stehen, so kritisch ernst ansehen wie ich und nicht mit Phrasen darauf antworten, für die gilt es den Anfang einer neuen Epoche, die nicht mehr deklariert, sondern handelt. Ohne Rezepte; denn für das wirklich verantwortliche Handeln gibt es eine Richtung, aber kein Rezept. Nur noch kurz kann ich über den andern wichtigen Bezirk sprechen. Es ist die Frage der Erziehung der Jugend in Palästina. Ich glaube, ich habe in meiner Lebensarbeit gezeigt, dass ich die ungeheure Wichtigkeit der nationalen Formen für das Judentum zu würdigen weiss. Ich weiss, was die Erneuerung der hebräischen Sprache bedeutet. Aber die Formen sind zu wenig; ja die Formen können sogar destruktiv wirken, wenn keine Gehalte da sind. Gewiss, es ist selbstverständliche Voraussetzung, dass Hebräisch gesprochen wird; aber damit fängt es erst an. Jetzt erst erhebt sich die entscheidende Frage: Wa s wird in dieser Sprache von dort aus gesprochen? Es genügt nicht, Erneuerung zu sagen und es formal zu meinen, man muss die Erneuerung ganz ernst nehmen. Das heisst: wie
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von der Tradition nährende tragende Kräfte ausgingen, müssten sie nun auch von der Erneuerung ausgehen als richtunggebend für das Leben. Ich wünsche als bestimmend für die Erziehung in Palästina einen hebräischen Humanismus im realsten Sinn. Und zwar nicht als etwas, was man der Entwicklung zu überlassen hätte, sondern als etwas, was bestimmend wirkt für das Programm, die Lehrpläne, die Struktur der Schulen und der ganzen Erziehung. Ich habe den Zustand der Jugend in Palästina ein wenig kennen gelernt und ich darf nicht verschweigen, dass es auch hier furchtbar viel Sacro Egoismo gibt. Was ich unter Humanismus verstehe, ist, dass die Jugend in Palästina den Weg von der nationalistischen Assimilation des Sacro Egoismo zur nationalen Chaluziuth geführt werde: dass sie erzogen werde, mit ungebrochener Menschlichkeit die geschichtliche Menschheitsaufgabe des neuen Judentums am ewigen Völkertor zu erfüllen. (Starker Beifall.)
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Ich bin der Aufforderung des »Brith Schalom«, hier zu Ihnen zu sprechen, gern gefolgt, vor allem deshalb, weil ich im »Brith Schalom«, der sich bedeutsamerweise so nennt, »Bund des Friedens«, eine Kundgebung sehe, dass das Judentum, gleichviel wie viele oder wie wenige es sind, die sich um ihn scharen, mit seinen Friedensgedanken ernst machen will und wo zum ersten Mal ihm, dem Judentum als Gemeinschaft, die Möglichkeit gegeben ist, mit seinem Friedensgedanken realiter in der Wirklichkeit und in der politischen Wirklichkeit Ernst zu machen. Ueber alle Manifestationen hinaus, über allen Messianismus, über alle Proklamationen des Friedens für die Menschheit hinaus, gibt es ein Jetzt und Hier, wo das Judentum als Gemeinschaft seinen grossen von den Propheten zuerst verkündeten Friedensgedanken in die Wirklichkeit seines Lebens, seines Handelns umsetzen kann. Das verstehe ich unter »Brith Schalom« und deshalb bin ich seiner Einladung gern gefolgt. Ich möchte aber hinzufügen, dass ich durchaus in eigenem Namen spreche. Es gibt kein festgelegtes Programm dieser Gruppe. Es gibt eine Richtung, die sie weist, keine theoretische, sondern eine Wegrichtung für das gemeinsame Handeln, aber innerhalb dieser Richtung hat jeder seine eigenen Gedanken. Ich möchte ein Wort sagen zu dem gegenwärtigen Augenblick, in dem ich spreche. Ich habe in den letzten Wochen, wenn ich das, was ich Ihnen sagen will, in irgendeiner Weise zu Menschen sagte, oft den Einwand gehört, wir haben doch in dieser Stunde, in dieser schweren Stunde des jüdischen Volkes, ein Recht auf Gefühlsreaktion. Es ist doch nicht angängig, in dieser Stunde von Vereinbarungen zu sprechen, da wir diese grosse Trauer haben um das, was uns widerfahren ist. Und ich wurde gefragt, ob es nicht Opportunismus sei, über diese Gefühlsreaktion, über diese eigentliche Pflicht dieser Stunde hinweg von Vereinbarungen als einer unbedingten Notwendigkeit dieses Augenblicks zu sprechen. Nun, das Recht auf Gefühlsreaktion ist uns selbstverständlich nicht abzusprechen, und ich glaube sagen zu dürfen, dass wir, die wir zu Ihnen reden in dem strengen, ernsten Sinn, in dem hier von den Dingen gesprochen wird, dass wir nicht minder als irgendwelche Andersdenkenden Hebron und Safed an unserem Leibe erlebt haben, und dass es nicht um Gefühl oder Mangel an Gefühl geht, sondern darum, ob man, wenn man durch das durchgegangen ist, durch das man durchzugehen hatte, nunmehr erkennt, dass dies eine Stunde der Entscheidung ist. Und dass man über diese Entscheidung vor allem über das Gefühl hinaus zu reden hätte,
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nicht weil man nicht fühlt, sondern weil man seine Seele in die Hand nehmen muss. Ich persönlich bin durch diese Stunde in meinen Anschauungen über den Gegenstand, von dem ich hier rede, nicht beeinflusst worden. Ich habe mich in vielem im Laufe des letzten Jahrzehnts gewandelt; in meiner Anschauung von dieser Sache, von unserem Verhältnis zum arabischen Volk habe ich mich nicht gewandelt. Es ist keine Folgerichtigkeit, deren ich mich zu freuen vermag, es ist eine Folgerichtigkeit, unter der ich schwer leide. Sie zwingt mich, den Ausdruck Opportunismus zurückzuweisen, obwohl es einen Opportunismus gibt, zu dem ich mich bekenne, dem, der darin besteht, den Blick zugleich zu richten auf die Idee und die jeweilige Situation, sich den Blick auf die Idee nicht trüben zu lassen durch den Blick auf die Situation und den Blick auf die Situation nicht durch den Blick auf die Idee, den Blick auf die Idee nicht ausarten zu lassen zum Doktrinarismus und den Blick auf die jeweilige Situation nicht ausarten zu lassen zu einer blossen Anpassung. Wenn man dies Opportunismus nennen will, diesen doppelten Blick, dann bekenne ich mich dazu. Es tut not, uns zunächst darauf zu besinnen, was das Judentum mit Palästina zu tun hat. Wir können das, was wir über unser Verhältnis zu den Arabern uns klar zu machen haben, nicht in seiner Bedeutung erkennen, wenn wir es nicht auf den Hintergrund gestellt sehen des grossen Zusammenhangs, des grossen ewigen Zusammenhangs zwischen Israel und Erez Israel. Man tut uns wissentlich oder unwissentlich schwer unrecht, wenn man unsere Anschauungen vor einen anderen Hintergrund stellt als diesen. Nur da sind sie verständlich. Wenn irgend einmal im Zionismus, so sind wir es, die dieses Verhältnis zwischen Volk und Land als ein Verhältnis einer grossen geschichtlichen und übergeschichtlichen Notwendigkeit empfinden. Aber wir meinen, dass dieses Verhältnis von Volk und Land nicht ausgespannt werden darf in eine allgemein nationalistische Formel. Wir glauben, dass man weder von diesem Volk noch von diesem Land, noch von der Beziehung dieses Volkes zu diesem Land in den allgemeinen Formeln des Nationalismus reden kann, dass hier etwas einziges, einzigartiges, unvergleichbares besteht, was sich in diese Formel nicht einpressen lässt. Und diese Einzigartigkeit, diese Unvergleichbarkeit unserer Sache ist es, auf der wir stehen. Um es deutlicher zu sagen: Dieses jüdische Volk hat gedauert gegen alle Regeln der formulierbaren Weltgeschichte, gedauert, weil es ein einziges war, weil es nicht war wie alle Völker, weil es eine Aufgabe organisch in sich trug, eine noch nicht getane, aber begonnene Aufgabe, organisch nicht bloss in seinem Bewusstsein, nicht bloss in seinem Willen, sondern in seiner Existenz, in seiner Substanz, in seinem Dasein, für die es Geschlecht um
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Geschlecht sich aufsparen wollte, weil es für diese Aufgabe aufgespart war. Dass dieses Gefühl nicht eine Gruppenillusion war, nicht etwas, womit wir uns über die Jahrzehnte des Exils hinweg zu trösten suchten, sondern dass es die eigentliche Wahrheit war und ist, in der, von der, durch die wir leben, das ist die Grundlage dieser Sache, die wir Zion, Zionsverlangen, Zionismus nennen. Diese Aufgabe ist nicht formulierbar. Aber eins lässt sich von dieser Aufgabe sagen. Das ist, dass es hier nicht um personhaftes Leben und nicht um geistiges Leben, sondern um Gemeinschaftsleben geht. Die Aufgabe schliesst die Bildung einer Gemeinschaft ein. Das Subjekt, das diese Aufgabe allein erfüllen kann, ist notwendig eine Gemeinschaft. Und notwendig eine sich selbst bestimmende Gemeinschaft und notwendig die sich selbst bestimmende Gemeinschaft in unserem Lande. Und wenn vor einigen Jahrzehnten das Zionsverlangen die konkrete Form der Neubesiedlung Palästinas fand, wenn die grosse konzentrative Aktion diese Besiedlung in unserer Zeit vor einem halben Jahrzehnt angehoben hat, so hatte sie und hat sie einen doppelten Sinn. Gewiss zunächst erkennbar den Sinn der Erhaltung eines Volkstums, aber zugleich und von diesem Sinn unablösbar, wenn auch nicht so erkennbar, den Sinn des Wiederbeginns der Erfüllung einer Aufgabe. Diese Erhaltung, von der ich spreche, ist nicht ohne diese Aufgabe, ohne den Ansatz zu ihrer Erfüllung denkbar. Dass unsere Erhaltung in der Geschichte mit dieser Aufgabe organisch lebensmässig zusammenhängt, bezeugt auch die Arbeit der Neubesiedlung Palästinas. Wer sie bloss als eine Selbstbehauptung sieht, verkennt ihren Charakter als Prüfung, als Einmaligkeit, als etwas, was sich in die historische Gesetzlichkeit nicht einreihen lässt, weil es über all dies hinaus ein Exemplar darstellt, nicht eine Gattung, sondern dieses Volk Israel mit seinem Schicksal und mit seiner Bestimmung. Es wird so viel gefragt nach unserem Recht auf dieses Land. Ich glaube, wir können dieses Recht, wenn wir es überhaupt fassen sollen, dreifach fassen: Das erste, das ist unsere Urverbundenheit mit diesem Lande, nicht das »historische Recht«, nicht das Recht, um das sich Völker streiten, so wie man sagt, dieses Territorium sei zu dieser Zeit der Weltgeschichte von dem oder jenem Volk besessen gewesen. Nicht das meine ich. Denn die Weltgeschichte ist unbeständig. Und ehe ein Land diesem oder diesem Volke gehörte, war es der Besitz eines anderen Volkes. Mit diesem historischen Rechtsbegriff können wir unsere Sache nicht begründen, sondern es geht darum, dass innerhalb dieser Verschiedenheiten des territorialen Besitzes es diesen Moment in der Geschichte gab, wo das Volk Israel etwas Ungeheures, Beispielloses begonnen hat. Und von diesem Beginnen lebt das Abendland in seinen Hoffnungen. Wenn
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es Hoffnung im Abendlande von einer vollkommenen Anschauung vom Menschenleben gibt, dann lebt dieses Gefühl, dieser Glaube an die Zukunft von dem, was damals angehoben hat und unterbrochen worden ist durch das Ende des jüdischen Gemeinwesens. Die Hoffnung der Jahrtausende des Galuth ging ausgesprochen oder unausgesprochen auf den Wiederbeginn der Verwirklichung dieses Urglaubens, dieser Urverbundenheit zwischen Volk und Land im Bau der wahren Gemeinschaft hinaus. Das ist das eine Recht. Das zweite ist etwas, was wir gar nicht zu formulieren brauchen. Denn es ist das Recht einer Tatsache, die wir heute vor unseren Augen sehen, das Recht, das wir uns erworben haben, das, was in diesem halben Jahrzehnt in Palästina geschehen ist, was wir aus diesem Lande gemacht haben, was die ganze Zeit hindurch, seitdem wir das Land verlassen mussten, niemand aus dem Lande gemacht hat, das Recht unserer Produktivität. Diese Verbundenheit mit dem Lande haben wir praktisch bewiesen. Und das dritte ganz im Zusammenhang mit den beiden anderen Rechten stehende Recht: die spürbare Aufgabe, dieses Spürbare, dass das, was dort geschieht, nicht dazu geschieht, um noch ein Volk neben den Völkern, noch einen kleinen Staat neben den anderen kleinen Staaten zu etablieren, noch ein Element des Zankes und Widerstreits, sondern einen Anfang darstellt, ein Werden, ein Neues. Ich möchte keine grossen Worte gebrauchen und nur sagen, man schaue hin und sehe, was zu sehen ist. Dass freilich nicht in der ganzen Breite des Jischuw, aber doch da und da etwas Neues beginnt, in der kleinsten Gruppe vielleicht, etwas was hinausweist in die Bildung einer neuen menschlichen Gemeinschaft. Dass es so ist, wird, glaube ich deutlich, wenn man sich einmal fragt, was bedeutet die Sympathie für den Zionismus bei den verschiedenen Völkern. Dieser Philozionismus ist etwas anderes als etwa der Philhellenismus. Dieser war eine durchaus romantische Bewegung mit dem Interesse der Wiederherstellung eines Volkstums, das als Erbe einer grossen Kultur betrachtet wurde. Ganz anders, ganz unromantisch ist gerade der wesentlichste Teil des Philozionismus bei den Völkern. Es geht hier um das Spüren, dass sich das Judentum aufgemacht hat, seine Aufgabe zu erfüllen, die für die Menschheit bedeutsam ist, dass hier etwas vorausgelebt wird, was für die Menschheit wichtig ist, etwas, was man programmatisch nicht fassen kann, vielleicht tastend. Daraus ergibt sich, dass diese unromantische Sympathie eine wachsame Sympathie ist, dass man etwas von uns erwartet und dass man genau zusieht, inwiefern wir das, so wenig es formulierbar sein mag, in der Tatsächlichkeit des palästinensischen Lebens erfüllen. Das heisst, wenn wir ein Ideal haben, das wir als
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Zionismus bezeichnen, die grosse Frage ist, wie weit reicht unsere Treue in der Verwirklichung dieses Ideals, wie weit sind wir jetzt, Stunde um Stunde bei den vielen grossen und kleinen Entscheidungen, die wir in Palästina zu treffen haben, dem Ideal treu. Denn nicht das ist die Treue gegen das Ideal, dass man an seiner Durchsetzung arbeitet und erwartet, dass dann, wenn es einmal durchgesetzt ist, aus dem Füllhorn aller Segen kommt, sondern die wahre Treue ist, dass man im Alltäglichen die Durchsetzung des Ideals schon verwirklicht, dass man nicht scheidet zwischen einem Dort und Dann und einem Jetzt und Hier, sondern je mehr man jetzt und hier vom Ideal bewahrt, um so wahrer arbeitet man an seiner Verwirklichung. Und diese Verwirklichung hängt von unseren grossen und kleinen Entscheidungen in dieser Stunde ab. Es hängt davon ab, wie sehr wir mit dem Ideal im Alltäglichen Ernst machen. Wir dürfen uns also keinem Irrtum hingeben über die Weltmeinung. Gerade die Meinung der für uns wichtigen Teile der Menschheit hängt von dieser unserer Verwirklichung ab. Ich möchte kurz zusammenfassen, wie die Politisierung der PalästinaSache begonnen hat. Ich brauche über die Gründe Englands, das Mandat mit seinen bestimmten Bedingungen zu verknüpfen, nicht zu reden. Es gab eben eine historische Stunde, in der das britische Reich die Juden brauchte, gleichviel wie schwach oder stark diese Judenheit der Welt ist. Es gab ein starkes Interesse Englands an Palästina, und es wird Ihnen wohl klar sein, dass dieses eigentümliche Land, das eigentümlich vor allem auch dadurch ist, dass es die heiligen Stätten dreier Religionen einschliesst, keiner Macht zufallen konnte, die keinen besonderen Rechtstitel auf dieses erheben konnte. Diesen Rechtstitel hat das Judentum, der Zionismus geliefert. Gleichviel wie dem ist, es gab eben in jener Stunde kein anderes Handeln für das Judentum. Es hatte nur den Weg, der eingeschlagen wurde. Es kam nun so, dass wir Juden, wir Zionisten ein Verhältnis zu der Macht England hatten. Nun mache man sich gegenwärtig, dass wir, wenn wir von Kolonisation sprechen, etwas vollkommen anderes meinen als wenn England von Kolonisation spricht. Wenn England oder irgendeine andere Macht von Kolonisation spricht, so meint sie damit Expansion, eine Macht, die sich erweitert und sich neue Absatzmärkte, neue Rohstofflieferungen und Gelegenheiten für ihren Menschenüberschuss sucht etc., also Erweiterung einer vorhandenen Machtsphäre. Wenn wir von Kolonisation sprechen, so meinen wir nicht Machterweiterung, sondern Konzentration und meinen nicht einmal Machtgewinnung. Wir glauben, so wir Macht gewinnend meinten, wir die Aufgabe und den Sinn unseres Lebens verfehlten. Wir waren nun also in einem kolonisatorischen Unternehmen mit einer Macht verknüpft, deren Ten-
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denz mit der unsrigen zuwiderlief. Nun war es vor allem anderen unsere Aufgabe, der Welt deutlich zu machen, England selbst deutlich zu machen, dem Abendland deutlich zu machen, dem Vorderen Orient deutlich zu machen, dass wir nicht Schrittmacher des britischen Imperiums sein wollen. Ich glaube, dass diese Pflicht der Manifestation nicht hinreichend erfüllt worden ist. Jedenfalls ist es so gekommen, dass wir so weit mit dem britischen Imperium identifiziert wurden, dass Aktionen, die letztlich gegen dieses Imperium gerichtet waren, sich auswirkten am Punkte des geringsten Widerstandes und dieser Punkt sind immer wir. Glauben Sie nicht, dass der Imperialismus sich so zu uns verhält, dass wir die Methoden mitmachen können. Es ist die absterbende Methode. Es gibt eine Wandlung zu neuen Methoden. Was brauchten wir in jenem Moment, wo wir in eine neue Situation verflochten waren, was brauchten wir in Palästina, was hatten wir zu fordern, welches musste unsere Parole sein. Die Parole ergab sich aus dem, was uns not tat. Es tat uns not eine sich selbst bestimmende Gemeinschaft in Palästina, also: echte Selbstbestimmung, echte, weil diese Selbstbestimmung, die wir meinen mussten, unterschieden ist von dem, was man gewöhnlich unter den sogenannten Minderheitsrechten der Völker verstanden hat. Aber nicht hatte unsere Parole zu sein: »Majorität«. Dass man die echte Selbstbestimmung, die wir unbedingt und unerlässlich in Palästina brauchen, mit Majorität zu identifizieren versuchte, das war der grosse Irrtum der zionistischen Politik. Wir hatten unsere Ziele nicht zu bestimmen im Verhältnis zu der vorhandenen Bevölkerung Palästinas und nicht zu erklären, wir suchten die Majorität im Lande zu erlangen und die Bevölkerung Palästinas dann samt ihren Nachkommen zu einer Minderheit herabzudrücken. Das ist schon in der Fragestellung falsch. Sondern wir hatten zu fragen, wie ist die Verfassung des Landes aufzubauen, wie können wir Palästina so konstituieren, dass unsere Selbstbestimmung verbürgt ist. Es wurde die Formel vom »binationalen Staat« ausgesprochen, also Schaffung von gemeinsamen Agenden und nicht gemeinsamen. Auf keinem Fall hatten wir zu formulieren, wir wollen so schnell wie möglich eine Majorität in Palästina schaffen, sondern den Jischuw zu einer möglichst geschlossenen Siedlung, zu einer gemeinsamen Grundlage zusammenzuschliessen. Wir wussten, dass sich in Palästina eine Bevölkerung befand, die ein ebenso reales Leben mit ebenso realer Entwicklung beanspruchte wie wir. Es wird erzählt, Max Nordau habe einmal genaues darüber erfahren, dass es Araber in Palästina gäbe, und da sei er entsetzt zu Herzl gekommen und hätte ihm gesagt: »Das wusste ich ja nicht, dass das so ist; dann tun wir ja Unrecht!« Nun, ich glaube sagen zu dürfen: gewiss, wir tun Unrecht.
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Genauso wie der Mensch, der lebt, Unrecht tut. Leben heisst Unrecht tun. Atmen, sich ernähren, wachsen, alle organischen Funktionen des Lebens schliessen Unrecht ein. Der ganze Sinn des Menschenlebens ist, von Stunde zu Stunde vor die Verantwortung gestellt zu sein: ich will nicht mehr Unrecht tun als ich muss, um zu leben. Also, wir tun Unrecht. Vergegenwärtigen wir uns, dass wir in Palästina wären und die Anderen kämen zu uns, dann werden Sie verstehen, was das heisst. Aber nicht mehr wollen wir Unrecht tun, als wir tun müssen, um zu leben, denn wir leben ja nicht, um zu leben, sondern um unserer Aufgabe willen. Also, müssen wir so viel Unrecht auf uns nehmen als not tut. Das ist viel schwerer als unschuldig sein wollen. Das ist viel schwerer als sich fernhalten vom Unrecht. Es ist auch viel schwerer als in das Unrecht hineintappen. Unser Verhältnis zu den Arabern müsste auf allen Gebieten positiv aufgebaut werden. Wirtschaftlich dadurch, dass wir eine praktische Interessen-Solidarität aufbauen und nicht, wie es je und je geschehen ist, Versicherungen einer vorhandenen Interessen-Solidarität abgeben, sondern überall in allen Momenten, wo wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen sind, das Interesse des arabischen Volkes berücksichtigen. Das ist nicht genug geschehen. Jeder, der die Situation kennt, weiss, dass hier viel versäumt worden ist. Zur Frage der inneren Politik: es ging darum, zu verknüpfen die notwendige Selbständigkeit mit der möglichen Gemeinsamkeit, also das, was man binationalen Staat nennt. Die Frage der Volksvertretung besteht dann als erste Etappe hierzu. Es ist eine furchtbar schwere Entscheidung, die seit Jahren auf uns wartet; aber wir sind ihr ausgewichen. Sie werden fragen, sind wir reif, diese Entscheidung zu treffen. Ich glaube wohl. Wenn wir dem arabischen Volk zusicherten, dass wir mit ihm zusammen eine Art Volksvertretung verlangen, so muss uns eine Bürgschaft für unsere Lebensrechte gegeben werden, das heisst, ein Parlament kann nur errichtet werden mit dem Willen beider Völker auf der Grundlage einer Magna Charta, einer Urverfassung, die garantiert ist von den zuständigen Instanzen der Welt, die uns ebenso wie den Arabern unsere Lebensrechte sichert, das heisst vor allem, das Recht auf Einwanderung. Es gibt vielleicht Manche, die anders darüber denken. Für mich ist es selbstverständlich, dass es keine andere Verhandlungsbasis über eine Parlamentsfrage gibt, dass wir in unserer Lebensfrage schlechthin nicht majorisiert werden können. Zur Frage der äusseren Politik: Ich erinnere mich, dass ich im Jahre 1921 in der politischen Kommission des Kongresses die Frage aufwarf, ob denn nicht eine Entwicklung in Betracht gezogen werden müsste, in
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der sich ein gewisser Zusammenschluss zwischen den einzelnen arabischen Staaten vorbereiten würde, ob wir nicht in unserer politischen Perspektive auch diese Möglichkeit einzubeziehen hätten. Da wurde mir von zuständiger Seite diese Möglichkeit als nicht aktuell bezeichnet. Ich will nicht untersuchen, wieweit sie aktuell geworden ist, aber dass wir in unserer Politik und in unseren Berechnungen, auch in Besprechungen und Verhandlungen, jedenfalls keinen Zweifel darüber lassen durften, dass wir nicht das Hindernis für eine solche Entwicklung sein würden, scheint mir ausser Zweifel zu sein, dass wir nicht der Vortrupp einer Macht sein würden, die dieses hindern möchte. Zur Frage der Religion: Der Islam ist eine viel grössere Realität als wir es gewöhnlich wahr haben wollen. Es gibt dieser Realität gegenüber die Pflicht des Kennenlernens. Ich muss Ihnen gestehen, dass mir die gegenwärtige religiöse Realität des Judentums weniger evident ist. Damit meine ich, dass die arabische Bevölkerung viel stärker vom Islam bestimmt ist als im allgemeinen die jüdische. Das Religiöse ist eine Sache der Kultur. Wir haben es daran fehlen lassen, den Islam kennenzulernen und uns mit den Autoritäten dieser Religion in Verbindung zu setzen. Ich habe es oft in Palästina beobachtet, dass die Menschen, die den Islam kennen, von den Arabern geliebt und verehrt wurden. Aber diese sind gezählt. Für einen persönlichen Kontakt ist zu allernächst Kenntnis der arabischen Sprache erforderlich. Eine Verständigung ist nur in arabischer Sprache möglich. Was Geselligkeit betrifft, gewiss, es gibt Verkehr zwischen jüdischen und arabischen Dörfern, sogar in sehr schönen echten orientalischen Formen. Aber es gibt in den Städten sehr viel weniger echten Verkehr von Volk zu Volk. Besser ist es in den proletarischen Kreisen; aber eine wirkliche Geselligkeit zwischen Arabern und Juden ist immer noch eine Ausnahme. Damit zusammenhängend die kulturelle Frage. Selbstverständlich gibt es da nicht eine kulturelle Verschmelzung, aber es gibt einen kulturellen Ausgleich mit dem ganzen Arabertum, Austausch in den Erziehungsanstalten, in kulturellen Werten und Schöpfungen, wirkliche Zusammenarbeit. Zusammenhängend möchte ich sagen: Unsere Politik ist viel zu wenig Landespolitik gewesen, das heisst gerichtet auf die Erschliessung, Entfaltung des ganzen Landes, auf die Interessen auch der eingesessenen Bevölkerung. Ich glaube, wenn eine solche Landespolitik von uns geübt worden wäre, wäre sie den Arabern sichtbar erkennbar geworden und wäre zu einer gemeinsamen Arbeit beiden Völkern geworden. Einer rückhaltlosen Landespolitik, einer aktiven Liebe zu diesem Lande als Ganzem steht bei manchen von uns eine gewisse Gemütsverfassung ent-
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gegen, die wir auch hier so charakterisieren wollen, wie sie wirklich ist. Ich möchte sie geradezu als einen Dünkel bezeichnen, als einen nationalen Dünkel. Ich möchte ein Beispiel anführen. Ich sprach einmal über die Araberfrage mit dem Leiter einer grossen kulturellen Institution in Palästina. Er sagte: Sie können sich doch vorstellen, dass ich kein Chauvinist bin; aber die Araber sind doch eine niedrigere Rasse. Wir sollten vor allem, wenn wir einem anderen Volk gegenüberstehen, dieses andere Volk so messen, wie wir selbst gemessen werden wollen, das heisst nicht nach seinen niedrigsten, sondern nach seinen höchsten Exemplaren. Wo sich ein solcher Dünkel ausgewirkt hat, müssen wir entgegenwirken. Es gibt zwei Standpunkte, die ich charakterisieren will: der eine ist der einfache Macht-Standpunkt. Ich will nicht von Moral reden, ob Macht gut oder böse sei, obwohl ich überzeugt bin, dass für uns der moralische und der politische Standpunkt völlig identisch ist. Das Problem der Realisierung sieht für uns so aus, dass wir, um das zu erreichen, was wir wollen, immer bedacht sein müssen, in den Methoden schon die Idee zu verwirklichen. Also darf es keine Diskrepanz geben. Ich will reden vom Macht-Standpunkt. Man kann sich ja entschliessen, sich mit dem Teufel zu verbünden. Aber ein Teufel muss klug sein, ein dummer Teufel ist eine Erbärmlichkeit. Und wenn schon Macht-Standpunkt, dann muss man wirklich Macht haben. Wie sieht die Machtfrage bei uns aus? Und zwar, wenn wir sie aller Phrasen enthoben betrachten. Nehmen Sie etwa England, das Judentum und das arabische Volk. Meinen Sie wirklich, dass alle Erklärungen, Zusicherungen und Vereinbarungen, die England unterzeichnet hat, ausreichen würden, um es in einem Moment, wo es Rücksicht zu nehmen hätte auf die Macht arabischer Völker oder eines arabischen Völkerbundes, es bestimmen würde, auf unserer Seite zu stehen? Oder wenn Sie über England hinausdenken, an den Völkerbund, meinen Sie wirklich, dass wenn die Entscheidung des Völkerbundes so zu treffen wäre, England oder das Judentum, dass innerhalb solcher Interessengegensätze lediglich das Faktum, das Judentum sei im Recht, den Völkerbund dazu bestimmen würde, sich gegen England zu wenden? Wie kann man eine solche Illusionspolitik vertreten! Und wir selbst? Es ist nicht zu leugnen, dass wir eine gewisse Macht darstellen, wir, die Judenheit. Gerade die Entstehung der Balfour-Deklaration zeigt, dass nicht nur Palästina für England wichtig ist, sondern dass auch die Juden für England wichtig sind. Es gibt also geschichtliche Augenblicke, in denen wir wichtig sein können. Aber das sind ausserordentliche Augenblicke. Und darauf, dass wieder ein ausserordentlicher Augenblick ähnlicher Art kommen würde, wo wir von Wert, von Bedeu-
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tung sein könnten, darauf lässt sich eine Politik nicht errichten. Wir sind eine Macht. Aber wir dürfen diese Macht nicht in einer ihrer Art und ihrem Umfang nicht entsprechenden Weise aufbauschen und ausschreien. Wir treiben mit unserer realen Macht eine Bluffpolitik, nicht in dem Sinn, dass wir eine Macht vorgeben, die wir nicht haben. Wir gehen mit dieser Macht in einer Weise um, dass man mit der Zeit sogar daran zweifeln möchte, ob wir sie überhaupt haben. 1914 war das Ergebnis allgemeiner Bluffpolitik. Aber ich glaube, dass die Zeit hierfür vorüber ist. Wir reden uns selbst Dinge ein und versuchen dann, sie der Welt einzureden. Wir sind ja sehr geneigt, sie zu glauben, aber die Welt wird immer weniger geneigt hierzu. Ich komme zu dem zweiten Standpunkt, den ich wesentlich ernster nehme, den ich den »Umschwungs-Standpunkt« nennen möchte, den ein grosser Teil der Arbeiterschaft Palästinas vertritt. Es wird davon ausgegangen, dass die arabische Bevölkerung in Klassen geteilt ist. Man sagt, die Effendis stehen dem Proletariat gegenüber, und wir haben die Aufgabe, uns mit dem Proletariat solidarisch zu erklären, ihm zu zeigen, dass die Effendis seine wahren Feinde sind, dass sie es mit der nationalistischen Parole ködern und es von seinen eigenen sozialen Zielen ablenken wollen. Darin liegt ein starker Wahrheitsgehalt. Das Klassenbewusstwerden einer Volksmasse, wie sie in Palästina ist, ist ein langsamer Prozess, der das soziologische Tempo innehat. Diesem soziologischen Entwicklungstempo steht das reale rasche Tempo der politischen Situation gegenüber. Dieses Tempo ist viel schneller als das Tempo der Entwicklung des Proletariats zum Klassenbewusstsein. Das Tempo der Ereignisse ist das, von dem hier zu reden ist. Schwierig ist die Tatsache, dass wir auch Effendis haben, nicht nur, weil wir eine Jewish Agency haben, sondern weil wir einen Zionismus haben, haben wir einen nationalen Bund zwischen den Effendis und uns. Bourgeoisie und Proletariat, das heisst nationale Bewegung. Wir wissen also, dass es bei uns trotz Effendis und Proletariat eine wirkliche nationale Einheit und Bewegung gibt, aber wir wollen zur gleichen Zeit nicht, dass es sie bei den Arabern gibt. Ich glaube, dass wir allen Grund haben, einzusehen, dass es auch bei den Arabern diese Einheit gibt und so übersieht man bei uns, dass es bei den Arabern eine echte nationale Bewegung geben kann. Die Situation lehrt, dass uns der Umschwungs-Standpunkt nicht hilft. Es ist uns so ergangen, dass wir in Palästina im wesentlichen nicht mit den Arabern, sondern neben den Arabern gelebt haben und leben. Und die Folge davon, dass es kein Miteinander, sondern ein Nebeneinander, gewesen ist, die Folge davon ist, dass aus diesem Neben von unseren »Feinden« ein Gegen gemacht worden ist. Wären wir zu einem wirklichen Mitein-
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anderleben bereit gewesen, wären die letzten Ereignisse nicht möglich gewesen. Wir müssen hier auch auf die aktuellste Frage eingehen, auf die Frage, die den unmittelbaren Anlass zu den Ereignissen gegeben hat, auf die Frage der Klagemauer. Aus dem Neben ist ein Gegen gemacht worden, und wir sind nicht unschuldig daran, dass dieses Gegen in der Form religiöser Fanatisierung Ausdruck fand. Ich darf von Ihnen beanspruchen, dass Sie wissen, dass die Klagemauer für mich ein Wert ist, dass Sie wissen, dass mir bekannt ist, was die Klagemauer bedeutet. Ich habe aber in den letzten Monaten nicht nur eine Entweihung der Klagemauer durch arabischen Mob erlebt, sondern auch eine Entweihung dadurch, dass sie von einem irre geleiteten Teil unserer eigenen Jugend zu einem Objekt nationalistischer Propaganda und Demonstration gemacht worden ist. Und dazu ist die Klagemauer höchst ungeeignet. Die Klagemauer ist die Sache derer, die an den Tempel glauben und um die Erneuerung des Tempels beten. Und wenn um die Klagemauer herum eine Front gebildet worden ist des Nationalismus, so ist das eine falsche und entheiligende Front. Während die Front auf der arabischen Seite wirklich gläubig aussah, während dort Menschen waren, für die es um eine wirklich heilige Sache ging, so sah die Front auf unserer Seite aus: Gläubige und Ungläubige. Es ist nicht mit Unrecht gesagt worden, dass wir in eine Falle gegangen sind, dass wir uns haben hineinziehen lassen in diesen Missbrauch einer heiligen Sache. Und vielleicht haben wir selbst Anlass gegeben zum religiösen Fanatismus der Masse. Das soll keine Rechtfertigung für die englische Regierung bedeuten. Über die Unzulänglichkeit, über die Verkehrtheit, über die Verantwortungslosigkeit der englischen Regierung und ihrer Organe kann es nicht zwei Meinungen geben. Ich brauche Ihnen die Situation nicht zu schildern. Sie ist wie sie ist. Wir fragen uns angesichts dieser Situation: was ist zu tun? Ich habe kein Rezept in der Tasche. Niemand hat es. Sagen wir uns die bittere Wahrheit: der Karren ist verfahren. Aber es ist noch manches zu tun. In diesem Augenblick wahrscheinlich nichts anderes als Anfangsaktionen, grosse Anstrengungen zu machen, um den Karren herauszuziehen. Sagen Sie aber nicht, es ist wenig. Dies wenige ist das, was zu tun ist. Das sind zwei Dinge: das Eine, das Aktuellste, ist: die Todesurteile dürfen nicht vollstreckt werden, und wir Zionisten, wir Juden, müssen intervenieren. Wir haben kein Recht, aber wir müssen manifestieren, wir müssen vor der Öffentlichkeit der Welt sagen, es ist unser Wille, dass die Todesurteile, die unseretwegen, wegen der Untaten an uns ausgesprochen wurden, nicht zu vollstrecken sind. Nicht ein Teil des Judentums, sondern die Vertretung des Judentums, die Jewish Agency muss intervenieren. Das zwei-
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te ist: die Frage der Klagemauer muss zu einer Sache werden, über die Menschen beider Lager miteinander reden. Das ist nämlich noch nicht geschehen. Mit beiden Lagern meine ich nicht die Bevölkerung Palästinas und uns, sondern den Islam und das Judentum. Das sind die Instanzen, die zusammen zu reden haben. Denn es handelt sich um eine heilige Stätte beider Religionen, es handelt sich darum, diese schwere Frage einer Lösung zuzuführen, zu versuchen, indem man zunächst versucht, miteinander zu reden, sich zusammen an einen Tisch zu setzen. Das ist nicht Sache der Engländer, sondern unsere Sache. Unsere Sache ist, Vertreter zu ernennen und um die Ernennung von Vertretern des Islam zu ersuchen. Es ist ein Versuch, der uns zusteht. Und sollte es gelingen, zunächst über die Klagemauer zu einer Vereinbarung zu gelangen, wäre ein erster Schritt getan. Es ist noch kein Locarno, aber ein Schritt auf dem Wege zur Lösung. Wir sind nach Jahrtausenden des Galuth in die Situation gebracht worden, Palästina neu zu besiedeln. Ich glaube daran, dass dies eine Probe bedeutet, gleichviel ob man das religiös fassen will. Aber diejenigen, die wissen, was ich meine, verstehen mich. Aber wenn man es auch ausserreligiös auffasst, es ist eine historische Probe. Was wir in dieser furchtbar schweren Situation anzufangen haben, das ist vielleicht die grösste Frage, die wir zu beantworten haben und von der Antwort auf diese Frage hängt Unabsehbares ab.
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Wir leben in einem Zeitalter der Entwertung des Wortes. Der sprachbegabte Geist hat allzu hemmungslos seine Sprache den jeweils mächtigen Strömungen zur Verfügung gestellt. Statt das Wort in der Stille der Verantwortung aus dem Gedanken wachsen zu lassen, hat er es mit einer beinah mechanisierten Kunstfertigkeit für den Bedarf hergestellt. Diesen »Verrat« 1 haben nicht die »clercs« allein zu büßen, deren Rede nun auf mißtrauische Ohren trifft; schlimmer ist, daß ihre Hörerschaft, daß vor allem die ganze heute junge Generation das edelste Glück junger Menschen entbehren muß: dem Geist vertrauen zu dürfen. Es ist zu verstehen, daß viele von ihnen nunmehr in den Gebilden des Geistes nur noch »Ideologien« erblicken, prunkvolle Mäntelchen sehr simpler Gruppeninteressen; daß sie an eine Wahrheit, die über den Parteien, über den Machthabern und Machtbegierigen steht, nicht mehr glauben wollen. Sie sagen uns, einander und sich selbst, sie seien es müde, mit erhabenen Illusionen gefüttert zu werden; man müsse auf die »natürliche« Grundlage, auf die unverstellten Instinkte zurückgreifen; auf der schlichten Selbstbehauptung sei, wie das Leben der Person, so das jedes Volkes zu errichten. Wie immer es die andern halten: wir, meine Freunde, dürfen diesen Weg nicht gehen. Sind wir wirklich Juden, das heißt Träger einer Überlieferung und eines Auftrags, so wissen wir, was uns überliefert ist: daß es eine Wahrheit gibt, die das Siegel Gottes ist, und wissen, was uns aufgetragen ist: diese eine Wahrheit sich in unserem vielfältigen Leben ausprägen zu lassen. Haben können wir sie freilich nicht, denn sie ist Gottes allein; siegeln können wir mit ihr nicht. Aber wir können das vielfältige Wachs sein, in dem sie sich ausformt; jeder ein anderes Wachs, von anderer Farbe und Art, aber alle aufnahmsfähig für die Ausgestaltung der Wahrheit, – denn alle sind wir, »im Ebenbild geschaffen«, darauf angelegt, Bilder des göttlichen Wesens zu werden. Gewiß, wir besitzen die Wahrheit nicht; aber deshalb sind wir weder auf eitle Ideologien noch auf bloße Instinkte angewiesen, denn jedem von uns ist die Möglichkeit eröffnet, in ein echtes Realverhältnis zur Wahrheit zu treten. Zu einem solchen Verhältnis genügt jedoch das Denken nicht, das ja nur ein Teil unseres Wesens ist; auch das Gefühl genügt dazu nicht; nur mit dem ungeteilten, restlosen L e b e n , das von uns gelebt wird, erlangen wir es. Der Geist kann von seinem letzten Sündenfall, von der Entheiligung 1.
Vgl. das Buch von Julien Benda »La trahison des clercs«, »Der Verrat der Geistigen«.
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des Wortes, nur erlöst werden, wenn das Wort gedeckt und verantwortet wird durch das ganze gelebte Leben. Der Verrat der Geistigen kann nicht dadurch gesühnt werden, daß der Geist sich auf sich selber zurückzieht, sondern nur dadurch, daß er den falschen Wirklichkeitsdienst durch den wahren ersetzt und gutmacht. Er soll nicht den Mächten des Tages und dem, was sie Wirklichkeit nennen, dienen, nicht dem kurzlebigen Schein; er soll der echten großen Wirklichkeit dienen, in der die Wahrheit Gottes verwirklicht werden will; er soll dienen. Der Menschengeist, der über den Situationen schweben will, wird, mag er noch so herrlich sein, der Lebendigkeit nicht teilhaftig werden; nur wenn er, ohne seinen oberen Ursprung zu verleugnen, vielmehr gerade um ihn zu bewähren, in die Situationen eingeht, wird er fruchtbar sein, wird er Leben zeugen und leben. Bleibet dem Geist treu, meine Freunde, aber bleibet ihm treu in der Wirklichkeit! Unsre erste Frage muß sein: Was ist die Wahrheit, was ist Gottes Gebot an uns? Aber unsre zweite muß sein: Wie erfüllen wir es da, wo wir stehen? Wir werden es nicht erfüllen, gar nicht, wenn wir unsere Welt und unser Leben teilen in einen Bezirk, in dem das Gebot Gottes herrscht, und in einen anderen, der nicht von ihm, sondern von den Gesetzen der Wirtschaft, der Politik, der »schlichten Selbstbehauptung« der Gruppe bestimmt ist. Dieser Dualismus ist noch weit bedenklicher als jener Naturalismus, von dem ich vorher sprach. Es ist ein Herausbrechen aus der Verbundenheit des Daseins mit seinem Sinn, wenn man sich die Ohren stopft, um die Stimme von oben nicht zu hören; wer aber die Stimme hört und zugleich das Gebiet abgrenzt, außerhalb dessen sie keine Geltung beanspruchen dürfe, der stellt sich nicht wie jener abseits, sondern unmittelbar g e g e n Gott. Der Atheist kennt Gott nicht; aber der Anhänger einer Ethik, die da endet, wo die Politik anfängt, vermißt sich, dem Gott, den er zu kennen vorgibt, vorzuschreiben, wie weit seine Macht zu reichen habe. Die Polytheisten teilen die Welt und das Leben unter viele Gewalten auf, für sie hat Deutschland einen Gott und Frankreich einen andern, es gibt einen Gott der Geschäfte und einen Gott des Staats, jeder dieser Bezirke hat sein eigenes Gesetzbuch und untersteht keinem höheren Gericht; die Zivilisation des Abendlandes b e k e n n t s i c h zu Einem Gott und l e b t in der Vielgötterei; wir Juden sind tausendfältig in diese Zivilisation verflochten, – aber wenn wir ihren Dualismus von Bekenntnis und Leben mitmachen, haben wir unser Daseinsrecht verloren. Als ein Volk aus der Völkermenge wären wir naturgemäß längst tot; nur weil wir es gewagt hatten, mit der Einheit Gottes, mit der Alleinherrschaft Gottes Ernst zu machen, sind wir paradoxerweise noch da. Geben wir Gott auf, so wird er uns aufgeben; und
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wir geben ihn auf, wenn wir uns zu ihm in der Synagoge bekennen und ihn im Versammlungslokal verleugnen, wenn wir in unserem persönlichen Leben sein Gebot walten lassen und das Leben der Gruppe, der wir angehören, andern Normen unterwerfen. Was für den Einzelnen Unrecht ist, kann nicht für die Gemeinschaft Recht sein; denn sonst wäre Gott, der Gott vom Sinai, nur noch ein Herr der Einzelnen und nicht mehr der Herr der Völker. Sind wir wirklich Juden, so glauben wir, daß Gott den Menschen seinen Willen für ihr Leben kundtut und daß es von der Erfüllung seines Willens abhängt, ob das Leben Sinn hat oder nicht. Und wenn wir nach unserem innersten Wissen sagen sollen, was Gottes Gebot an die Menschheit ist, so werden wir nicht einen Augenblick zweifeln, daß es F r i e d e heißt. Aber viele unter uns meinen, das gelte erst für eine bessere Zukunft; heute müsse man den Krieg aller gegen alle mitmachen, um nicht unterzugehen. Gerade wenn wir diesen Krieg mitmachen, werden wir untergehen; denn es gibt für uns nur den einen Untergang: daß Gott uns seiner Hand entgleiten lasse. Ich höre oft Leute in unserer Mitte erklären: »Auch wir wollen, daß der Geist des Judentums sich erfülle, auch wir tragen Verlangen danach, daß die Lehre von Zion ausgehe, und wir wissen, daß sie dazu nicht Wort allein, sondern gelebtes Leben sein muß; wir wollen, daß das Wort Gottes auf Zion zur Wirklichkeit werde. Aber damit das geschehe, muß es doch erst wieder ein Zion auf der Welt geben; erst also wollen wir Zion erbauen, wir wollen es, – mit allen Mitteln!« Sollte es jedoch nicht am Ende Zions Eigentümlichkeit sein, daß es eben nicht »mit allen Mitteln«, sondern nur »bemischpat« (Jesaja 1, 27), nur »mit Gerechtigkeit« erbaut werden k a n n ? Sollte Gott sich nicht weigern, sein Heiligtum aus den Händen des Teufels entgegenzunehmen? Wenn einer sich vornimmt, sechs Jahre zu stehlen und zu rauben, um im siebenten aus dem so gewonnenen Gut einen Tempel zu erbauen, und wenn es ihm gelingt, werden es dann wirklich Tempelwände sein, die er baut, und nicht vielmehr eine Räuberhöhle (Jeremia 7, 11) oder ein Räuberpalast, auf dessen Tor er den Namen Gottes einzugraben wagt? Gewiß, Gott baut sich nicht selber sein Haus, er will, daß wir Menschen es mit Menschenhänden und mit Menschenkraft bauen, denn mit diesem Haus ist ja gemeint, daß endlich damit begonnen werde, Gottes Wort auf Erden zu leben! Aber bildet ihr euch ein, daß Gott nicht stark genug sei, uns dieses Haus, wenn wir es mit seinen Mitteln, bemischpat, begründet haben werden, auch mit seinen Mitteln vollenden zu lassen? Wenn ihr euch das einbildet, dann redet nicht mehr von Judentum, jüdischem Geist und jüdischer Lehre! Denn Judentum ist die Lehre, daß es in Wahrheit nur Eine Macht gibt, die zwar zuweilen duldet, daß die Scheinmächte
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der Welt etwas im Widerspruch gegen sie zustande bringen, aber nicht, daß es bestehe; was jedoch in ihrem Dienste geschaffen wird, so daß nicht bloß das Ziel, sondern auch der Weg vom Geist des Rechten bestimmt ist, das mag eine Zeit schwer zu kämpfen haben, mag schwer bedroht erscheinen, schwach den starken Scheinmächten gegenüber, aber es wird bleiben. Ich möchte das Wichtigste auch denen vergegenwärtigen, die die religiöse Sprache nicht verstehen können oder wollen und daher der Meinung sind, ich spräche von der »Theologie«. Ich spreche von der W i r k l i c h k e i t d e r G e s c h i c h t e . In der Wirklichkeit der Geschichte geht es nicht so zu, daß man sich ein gerechtes Ziel setzt, einen Weg dazu wählt, wie ihn etwa die Gunst der Stunde darbietet, und auf diesem Weg das gesetzte Ziel auch erreicht. Damit das erreichte Ziel dem gesetzten gleiche, muß diesem der Weg in seinem Wesen gleichen. Ein falscher, das heißt: zielwidriger Weg führt zu einem falschen Ziel. Was durch Lüge zustande gebracht wird, kann die Maske der Wahrheit, was durch Gewalt zustande gebracht wird, die Maske der Gerechtigkeit vorbinden und eine Weile mag die Täuschung gelingen; aber bald wird erkannt, daß die Lüge in ihrem Wesen Lüge und die Gewalt in ihrem Wesen Gewalt geblieben ist, und sie werden das geschichtliche Los alles Falschen erfahren. Ich höre manchmal sagen, eine Generation müsse sich opfern, sie müsse »die Sünde auf sich nehmen«, damit die kommenden Geschlechter frei werden, Gerechtigkeit zu üben. Aber es ist ein törichter Selbstbetrug, man könne selber ein wüstes Leben führen und seine Kinder zu guten und glücklichen Menschen erziehen: sie werden zumeist Heuchler oder Friedlose. Die Geschichte hat uns viel zu lehren; aber man muß verstehen, sich von ihr belehren zu lassen. Die Augenblickserfolge, auf die man hinzuschauen pflegt, sind nur die Kulissen der Weltgeschichte; die echten Siege, die in der Verborgenheit erfochten werden, sehen für den Vordergrundsblick mitunter wie Niederlagen aus. Die echten Siege geschehen langsam und unmerklich, aber sie wirken weithin. Vor den Kulissen nimmt sich unser Glaube, daß Gott der Herr der Geschichte ist, zuzeiten lächerlich aus; aber es gibt eine Heimlichkeit der Geschichte, die unsern Glauben bestätigt. Wer Frieden stiftet, so haben unsere Weisen gelehrt, ist ein Werkgenosse Gottes. Aber man stiftet Frieden nicht mit versöhnlichen Worten an die andern und nicht mit menschheitsfreundlichen Projekten; man stiftet ihn, man hilft, den Weltfrieden zu verwirklichen, indem man selber den Frieden da verwirklicht, wo man dazu berufen und aufgerufen ist: in der Aktivität der eigenen Gemeinschaft, da, wo sie selber ihr Ver-
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hältnis zu einer anderen Gemeinschaft aktiv mitzubestimmen vermag. Die Friedensbotschaft der Prophetie an Israel gilt nicht erst für messianische Zeiten; sie gilt für den Tag, wo das Volk neu berufen wird, an der Gestaltung des Schicksals seiner Urheimat teilzunehmen; – sie gilt für heute. »Wenn nicht jetzt, wann denn?« Die Erfüllung im Dann ist an die Erfüllung im Jetzt mit geheimnisvollen Stricken gebunden.
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Gegen die Untreue Die Verwirrung im Land hat sich zu einem unerträglichen Maße gesteigert. Sie entlädt sich in Handlungen, die jedem jüdischen Menschen, der noch etwas davon weiß, was Judentum und was Menschentum ist, unerträglich sein müssen. Die berufenen Institutionen haben ihr Wort gesprochen. Aber auch wir Einzelne, ohne Berufung und Auftrag, die wir fühlen, daß dies nicht länger zu ertragen ist, dürfen nicht schweigen, und es ist gut, daß wir zu sprechen begonnen haben. Denn in unserem Gefühl liegt die Gewißheit: wieviel Unglück unser Volk auch von außen bedroht, nichts kann es verderben als die innere Untreue. Gegen sie müssen wir Einzelne, die wir wissen, um was es geht, uns zusammentun. Um dieses Zusammenschlusses willen reden wir als Einzelne. Die Untreue hat begonnen. Gruppen, die, solange die Treue dauert, nicht zur Macht gelangen können, zetteln die Untreue an, um aus ihr Gewinn zu ziehen. Sie trüben die Atmosphäre mehr und mehr, weil es nur in einer ganz trüben Luft Aussicht für sie gibt. Und draußen sehen ihrem Werk all jene mit Genugtuung zu, die eben dies wünschen, daß wir jetzt, gerade in dieser heimlich entscheidenden Stunde, unsere Sache so kompromittieren, daß man sich gegen sie auf uns selbst wird berufen können. Daß die dunklen Mächte Erfolg haben, daß verblendete junge Menschen in ihren Dienst treten und Verblendete im Volk sich über deren blinde Gewalttaten begeistern, das ist nicht zu verwundern. Die Situation ist eine so bedrückende geworden, daß es zu begreifen ist, wenn mehr und mehr Leute im Volke rufen: »Können wir uns der Wölfe nicht erwehren, so laßt uns zu Wölfen werden!« und vergessen, daß wir dieses Werk in diesem Land dazu begonnen haben, um wieder zu ganzen M e n s c h e n zu werden. Es ist, sage ich, zu begreifen, was sie rufen. Aber ist es auch richtig von ihrem Anliegen aus? Es ist nicht richtig. Was meinen unsere Verehrer der blinden Gewalt durch solche Taten erreichen zu können? Die Gewalttäter abzuschrecken? Das Gegenteil geschieht: wir erregen neuen, umfassenden Haß. An uns war es, durch unsere Haltung, durch unser Wort, unsere deutliche Bereitschaft zu einem Einvernehmen, eine Scheidung innerhalb der arabischen Bevölkerung herbeizuführen, die Wohlmeinenden zu ermutigen und die Terroristen zu isolieren; unsere Gewaltverehrer sind im Begriff, das Arabertum, im Land und außerhalb des Landes, gegen uns zusammenzuschweißen. Oder wollen sie auf die öffentliche Mei-
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nung des Abendlandes einwirken? Wir verscherzen uns vielmehr die echten und wertvollen Sympathien, wenn wir eine Methode, die wir bisher als unmenschlich brandmarkten, nunmehr dadurch, daß wir selbst sie üben, praktisch anerkennen. Nichts ist für uns durch die blinde Gewalt zu gewinnen. Aber alles ist durch sie zu verlieren. Nach außen würden wir, wenn wir sie schalten lassen, den Weg zum Friedensschluß mit dem Volk verlieren, mit dem zusammenzuleben und zusammen dieses Land aufzubauen uns das geschichtliche Schicksal bestimmt, ein Schicksal, das sich uns als sinnreich enthüllen wird, sowie wir dazu gelangen werden, es ganz ernst zu nehmen. Aber einen so ungeheuren Verlust auch jenes bedeuten würde, noch Größeres würden wir n a c h i n n e n verlieren. Unsere Bewegung hat ihren Antrieb und ihren Sinn in der Befreiung des jüdischen Menschen aus dem Widerspruch zwischen einer Seele, die sich zu Wahrheit und Gerechtigkeit als zu den höchsten Gütern der Erde bekennt, und einem Leben, in dem diese Seele ihr Bekenntnis nicht im Stoff der Wirklichkeit zu verleiblichen vermag. Unsere Bewegung hat hier ihre Arbeit getan, um dem jüdischen Menschen die Erfüllung in einem L e b e n der Wahrheit und Gerechtigkeit zu bereiten. Lassen wir die Uebung der blinden Gewalt schalten, so wird jenes Bekenntnis zur Lüge, die Seele wird zersetzt, das Leben wird seines Gehalts entleert, und der Widerspruch, der elende Sohn der Galuth, wird zum Herrn auf Zion erhoben. Das wäre der Tod der Bewegung und die Katastrophe des Volkes. Oder wollen jene uns eine neue Seele anschaffen, eine unbefangene widerspruchslose Wolfsseele? Man kann die Seele in sich ersticken, umtauschen kann man sie nicht. Die Untreue aber hat begonnen. Und Instanzen, von denen erwartet werden durfte, daß sie lehrend und weisend versuchen, das Volk von seinem Irrweg abzubringen, haben statt dessen dazu beigetragen, die Opfer der Verblendung mit dem Nimbus von Helden und von »Heiligen« zugleich auszustatten. Aber wer Wehrlose, die gegen ihn nicht gekämpft haben und nicht kämpfen, tötet oder töten will, ist ebensowenig ein Held oder ein Heiliger, wenn er das in angeblicher Verteidigung tut, wie wenn er es im Angriff tut. Anschlag auf Unschuldige ist keine Verteidigung, und die Lehrer der Nation, die ihn als solche rechtfertigen, handeln wider die Lehre. Aber nicht das allein: sie wirken dadurch mit an der Entwertung der wahren Verteidigung. Wir, die wir die Ungetreuen der Untreue anklagen, wir stehen auf dem Boden der wahren Verteidigung. Wenn ein Mann ins Zimmer tritt, in dem sein Kind spielt, und sieht einen Fremden mit angelegter Flinte im Fenster stehen, so tut er seine väterliche Pflicht und sein Recht, wenn er
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dem andern mit einem Schuß zuvorkommt, und wir dürfen hoffen, daß ihm vergeben wird. Aber wenn er, weil ein Räuber in sein Haus einfiel und mordete und sich aus dem Staube machte, nun einen des Wegs ziehenden Dritten überfällt, nur weil er mit jenem gleichen Blutes war, was für Pflicht und was für ein Recht kommen ihm zu? Wir stehen auf dem Boden der wahren Verteidigung. Wo sie aber nicht möglich ist, was da? Da hält der Mann, dem es um die Wahrheit und die Gerechtigkeit zu tun ist, an sich. Er hat der Welt gezeigt, daß er sich zu verteidigen weiß; nun zeigt er ihr auch, daß er das Unrecht zu vermeiden weiß, – er zeigt ihr, daß es lebendige Wahrheit und lebendige Gerechtigkeit gibt. Und wenn die Welt sich nicht in der gleichen Stunde zu ihm stellt, die Stunde muß kommen, wo sie es tut. So an sich halten und so die noch andauernde Stumpfheit einer Welt ertragen, beides zusammen heißt Hawlaga. Wir sagen nicht, daß, der sie übt, ein »Held« sei; aber wir sagen, daß Ueben die wirkliche Stärke ist. Wir sagen auch nicht, – auch wenn er auf seinem Posten fällt, – daß er ein »Heiliger« sei; aber wir sagen, daß er ein Zeuge ist und unzerstörbares Zeugnis ablegt für die Wahrheit und die Gerechtigkeit unserer Sache. Es hat im Leben unseres Volkes wohl keine so schwere Heimsuchung gegeben wie die dieser Stunde. Und es hat darin wohl keine so harte P r o b e gegeben wie die dieser Stunde. In solchen Stunden hilft einem Volk weder List noch Gewalt, sondern eines nur: mitten in der Heimsuchung die Probe bestehen und t r e u bleiben. Die Untreue hat begonnen. Reißt ihr die Maske der Selbstbehauptung vom Gesicht und erkennt sie als das, was sie ist: Untreue an dem jüdischen Menschen, an seinem Judentum und an seinem Menschentum, Untreue an der Aufgabe, Untreue am Werk, Untreue am Weg, Untreue an der Bewegung, Untreue am Volk! Erkennt sie als das, was sie ist und behandelt sie als das, was sie ist! Nicht außen, sondern mitten unter euch bereitet sich das eigentliche, das unüberwindliche Unheil, wenn ihr nicht Einhalt tut. Wahret die Treue! Wir können nicht wissen, ob sie schnellen Lohn bringt. Auch wer die Probe bestanden hat, muß vielleicht auch dann noch, in der bittersten Pein, warten. Aber er wird leben. Und wenn die Ernte kommt, wann immer sie kommt, wird als die Einzige die Treue übers Feld gehen und ihre Garben sammeln. All dies sage ich an unser eigenes Lager und nicht nach außen hin. Mags von außen hören, wers hört; die Ohren, für die es bestimmt ist, sind die des j ü d i s c h e n Menschen. Aber darüber hinaus ist ein Wort n a c h a u ß e n zu sagen. Wir tragen Leid, tiefes Leid tragen wir, nicht
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nur mit unseren Verwundeten und den Hinterbliebenen unserer Gefallenen, sondern auch mit denjenigen arabischen Gefallenen, die getroffen wurden, ohne die Waffe gegen uns erhoben zu haben. Die Geschichte des Menschengeschlechts beginnt mit einem Brudermord und ist voller Brudermord; aber die Bruderl i e b e ist stärker als er. »Wir«, habe ich gesagt. Ich weiß nicht, wie viele das »Wir« umfaßt, in dessen Namen ich zu sprechen wage. Aber ich höre im ganzen Land bange Herzen im Eintakt mit meinem schlagen, und ich weiß, daß uns zwar keine Formel und kein Programm, aber ein großes Gefühl und eine große Gewißheit vereinigt. Um ihretwillen müssen wir uns zusammenschließen. Nicht zu einer Partei und nicht zu einem Verein. Aber zu einer kämpfenden Gemeinschaft.
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[Begrüßungsworte] Junge Genossen! Als zu mir Studenten kamen und fragten, ob ich bei dem Empfang der Neueinwanderer eine Ansprache halten wollte, gab ich gerne meine Zustimmung, denn ich bin bei euch, den Neueinwanderern, im Herzen, die aus diesen Ländern kommen, so wie sie in dieser Stunde sind – in dieses Land, so wie es in dieser Stunde ist. Aber als ich darüber nachdachte, fragte ich mich: »Welche Wünsche kann ich ihnen auf den Weg mitgeben, gerade in dieser Stunde?« Jeder echte Glückwunsch ist eine Art Versprechen, aber ohne Vollzugskraft: welche Zusagen kann man in dieser Stunde machen, aufrichtig, nicht als schöne Phrase? Da wurde mir gewärtig, dass man keine Zusagen mehr machen kann. Und in diesem Augenblick beschloss ich, dass ich euch dennoch gute Wünsche auf den Weg geben wollte. Das war, was ich empfand: dennoch. Und aus diesem Empfinden heraus, fühlte ich mich ermutigt, euch das zu sagen, was erlaubt ist zu sagen, was auch gesagt werden muss, was euch und dem Volk als ganzem als Losung zugerufen werden muss: dennoch! Wir durchleben eine Stunde der Schwäche des Geistes. Zwar wagt der Geist noch seine Meinung zu bekunden, und nicht nur in den freien Ländern, sondern auch an den Orten, wo alle seine Verkünder auf die Liparischen Inseln verbannt werden (wie diejenigen Professoren, die gegen die Rasselehre protestierten) oder eingesperrt werden (wie diejenigen, die gegen die Gewalttaten protestierten). Aber sogar unter den Massen, die auf die Stimme des Geistes hören und für ihn demonstrieren, gibt es natürlich eine ganze Reihe von Leuten, die nicht wirklich an seine Kraft glauben, und sich dieselbe Frage wie der französische Dichter Baudelaire stellen, als jemand vor ihn irgendein Bild eines kongolesischen Götzen hinwarf: »Was machst du! Was, wenn es das Bild des echten Gottes ist?« So fragen sie sich tief innerlich: »Und was, wenn die Gewalt der wirkliche Gott ist!?« Das ist von allen die größte Katastrophe in dieser Stunde: der Einfluss auf die sich noch formenden Seelen, die Seelen der Jugend. Weist nicht alles, was wir heute vor uns sehen, auf den Sieg der Gewalt hin? Was kann man dagegen ausrichten? Vielleicht ist die Epoche des Humanismus unweigerlich vergangen? Ist es nicht besser, all die Illusionen hinter uns zu lassen und in die Reihen der erfolgreichen Gewalt einzutreten? Das ist die Frage, die sich wirklich stellt. Und das geschieht auch in unserer eigenen Umgebung. Und wenn diese Repräsentanten der Gewalt uns nicht wollen, fragen sich natürlicherweise diese Menschen aus unserer Umgebung, ob wir nicht die Gewalt selbst in die Hand neh-
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men sollten, damit in einer Welt von Gewalt auch die jüdische Gewalt ein Akteur wäre? – Und während wir gegen diesen fundamentalen Verrat kämpfen, was sollen wir ihnen sagen, was sollen wir e u c h sagen in der Stunde, da der böse Trieb euch zu Fall bringen will? Wir sind nicht befugt zu versprechen, dass morgen oder übermorgen der Geist den Siegeskranz davonträgt. Wir sind nicht befugt so zu sprechen, denn wir, die Männer des Geistes, dürfen so nicht sprechen, als ob wir etwas wüssten, was wir nicht wissen. Aber wozu wir berechtigt und auch verpflichtet sind, zu verkünden, das ist: der Geist ist der Geist und er ist nicht die Magd der Tyrannei, sondern die hoch erhabene Herrin, auch in ihrer Schmach. Unsere Herrin: Und auch wenn die ganze Welt uns triumphierend verkündet, dass die Gewalt den größten Erfolg hat, werden wir dem entgegensetzen: dennoch! Man darf den Erfolg nicht mit dem lebendigen Gott verwechseln, unserem Gott, der in der Höhe wohnt und bei denen wohnt, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, aber er wohnt nicht in deren Mitte, zwischen den Mächtigen – dennoch! Und diese Stunde, die wir durchmachen, ist im besonderen die Stunde der Schwäche des Sozialismus. Und die entscheidende Tatsache ist nicht, dass in fast allen Ländern die Kraft der sozialistischen Parteien im Schwinden begriffen ist und die Kontroversen zwischen den Gruppierungen jede gemeinsame energische Aktion verhindern und sozusagen dadurch dem gemeinsamen Gegner Vollmacht erteilen. Wichtiger ist, dass es kaum neue sozialistische Gedanken gibt, und selbst die Menschen, die noch vor ein paar Jahren an umfassenden Programmen zur inneren Erneuerung des Sozialismus mitgearbeitet haben, jetzt schweigen und es nicht so aussieht, als ob sie im Stillen neue Ideen entwickeln würden. Was am meisten Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass in diesen Kreisen der gutgesinnten einfachen Leute der Glauben an die Wahrheit des Sozialismus und seine Zukunft immer mehr verloren geht. Man will es zwar nicht wahrhaben, aber für jeden mit offenen Augen ist es klar, dass das geistig Beschwingte und die glühende Liebe für das Kommende selten geworden sind. Wo ist lebendige sozialistische Wirklichkeit zu finden? Und es ist kein Trost, dass es einen mächtigen Staat gibt, der sich sozialistisch nennt. Wir wissen ja, dass das Aufblähen der Zentralgewalt bis zum Auspressen der autonomen Kräfte der Gesellschaft überhaupt kein Sozialismus ist, und wir erkennen recht gut, dass das uns prophezeite berühmte »Absterben« des Staates eine der größten Illusionen ist. Jetzt also, in einer so tiefen Krise, was sollen wir denen, die nahe am Verzweifeln sind, sagen, was sollen wir euch sagen? Man kann nicht erhobenen Hauptes erklären, dass »die Kraft der Werktätigen Garant für den
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Sieg« ist, wenn ein Teil der Arbeiterschaft selbst vom Wahngebilde des Faschismus oder Krypto-Faschismus gepackt ist, und der größere Teil ohne Glauben ist. Vielleicht muss man von neuem anfangen. Aber wir sind befugt und verpflichtet zu sagen, dass die Gewissheit des Messianischen, deren Wichtigstes die Vervollkommnung des menschlichen Lebens in der Gesellschaft ist und die in unserer Zeit die sozialistische Form annahm, etwas Ewiges ist und aus ihrer Natur heraus die Krisen bewältigen wird, die sich auf ihrem Weg ereignen. Man kann nicht wissen, wann es zur Erneuerung kommt, aber man kann auch nicht wissen, ob nicht gerade diese Stunde im geheimen die Stunde der Erneuerung ist: dennoch! Es gibt Zeiten, in denen das Hüten dieser Gewissheit nur wenigen Menschen des Glaubens übergeben ist und sie das Wagnis, sie zu hüten, auf sich nehmen. Und wer sind die, die das Wagnis eingehen? Das ist die Frage der Stunde. Ihr, die neu eingewanderten Genossen, die ihr gekommen seid aus Kriegsgebieten des fortwährenden Völkerkriegs, der gleichzeitig ein gemeinsamer Krieg gegen uns ist, hierher, wo auch ein grausamer Krieg gegen uns geführt wird. Aber er ist eine ganz andere Form des Krieges, nicht nur, dass er ein Bruderkampf ist, sondern auch dass er hoffnungslos ist, wenn nicht die beiden Brüder zu echtem Frieden kommen, ein Frieden, der auf gemeinsames Handeln für das Wohlergehen des Landes gegründet ist. Aber wenn ihr fragt, wie man zu diesem Frieden gelangen kann, so ist es sehr schwer, eine Antwort zu finden. Es gab immer wieder Situationen, in denen es sehr viel leichter war, die Antwort zu finden, aber wir haben sie immer wieder versäumt. Ich meine die gesamte Öffentlichkeit. Wir haben nicht richtig erkannt, dass wir ihnen trotz aller seelischen und kulturellen Unterschiede in den Wurzeln unseres Wesens nahe stehen. Und der Grund dafür liegt darin, dass wir selbst die schlechte Eigenschaft reichlich besitzen, unter der wir so im Verhalten der Völker uns gegenüber litten: der übertriebene Stolz und das eingebildete Vorrecht; deswegen interessierten wir uns nicht für ihre Lebensweise, nicht für ihre Leiden und nicht für ihre Hoffnungen, und blieben wie Fremde ihnen zur Seite, und erzogen unsere Kinder, Fremde und Privilegierte zu sein; und es fehlte uns an Vorstellungskraft, uns im tiefsten Inneren auszumalen, was wäre, wenn wir die Bewohner und sie die Rückkehrer wären. (Ich spreche natürlich nur von unseren eigenen Fehlern, weil nur diese uns angehen, und nur das uns Nutzen bringen kann.) Jetzt, nach zwanzig Jahren, die so waren, wie sie waren, lässt sich kein Weg zum Frieden finden, nicht einmal zu einem beschränkten Abkommen, umso weniger zu einem echten Frieden der Zusammenarbeit für das Wohl des Landes. Und was lässt sich angesichts dieser Verlegenheit
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sagen? Nichts anderes als: dennoch! Wir müssen auf jeden Fall zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um aus dieser Verlegenheit herauszukommen, denn es gibt keine Hoffnung für das Land und für uns, es sei denn, es herrsche Frieden zwischen den beiden, die zur Zusammenarbeit bestimmt sind. Jedoch, i n d i e s e r S t u n d e , in der unsere Bedrängnis in der Gola so groß wird, fällt es uns sehr schwer, nicht nur unsere durch unser Sein geheiligten Rechte, sondern auch ihre Rechte wahrzunehmen; und in dieser Stunde fällt es uns, nach all dem, was wir hier gelitten und nach all den Opfern, die wir zu beklagen haben, sehr schwer, das Geschehen nicht nur von unserer eigenen Seite mit Stärke und Kraft zu betrachten, sondern auch von ihrer Seite, mit Recht und Gerechtigkeit. Aber es ist unsere Pflicht, so zu tun, gerade in dieser späten Stunde, die vielleicht die letzte Stunde ist, aus dieser Verlegenheit herauszukommen. Eine schwere Aufgabe lastet auf unseren Schultern, fast mehr als Menschen tragen können, und dennoch müssen wir gemäß dem handeln, was die Stunde von uns fordert. Man darf keine Versprechungen machen, liebe Genossen. Es ist aber auch möglich, Glückwünsche ohne Versprechungen zu formulieren oder besser gesagt als Versprechen persönlicher Sympathie und Freundschaft. Aus dem Gefühl von Sympathie und Freundschaft wünsche ich euch, dass es euch hier gewährt sein möge, an dreierlei Arbeit teilzunehmen: erstens, Dienst am Geist, mit dem jeder einzelne in seinem Bereich hier am Har ha-Zofim anfangen muss; zweitens, das Bewahren der Idee der Vervollkommnung der Gesellschaft in seinem Leben mit seinen Freunden, denn die sozialistische Idee lässt sich nicht ohne Freundschaftsleben verwirklichen; Liebeserwerb, damit meine ich, dass ihr durch das Betrachten der Berge und Felder, in denen es uns zur Zeit unmöglich ist, umherzugehen, die Liebe zum Lande erwerbt, und durch das Gehen in den Straßen, soweit es uns möglich ist in den Straßen dieser Stadt umherzugehen, euch die Liebe zum Volk aneignet, und zwar nicht nur die Liebe zu allen Teilen unseres Volkes, und besonders seinem östlichen Teil, der seinem Wesen nach den Arabern so nahe ist, sondern auch dieses Volk zu lieben, den feindlichen Bruder; das Volk sage ich, das arbeitende Volk, das sich abmühende Volk, das wie unser eigenes ist. Und diese dreiteilige Arbeit – eins ist sie in der Zielsetzung: drei Angesichter hat die Arbeit gemäß unseres Leitspruchs: »dennoch« – Arbeit am Geist dennoch, Arbeit am Gesellschaftlichen dennoch und Arbeit am Frieden dennoch. Man kann nichts für das Morgen oder Übermorgen versprechen, aber für einen nicht näher bestimmbaren Tag darf man das Versprechen geben, dass die Arbeit siegen wird. Geht und arbeitet und seid gewiss, dass die Arbeit am Ende siegen wird.
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Brief an Gandhi Der Unglückliche hört nicht zu, wenn rings um ihn die eitlen Mäuler sein Schicksal beschwatzen; wenn aber, den leeren Lärm durchstoßend, eine Stimme ihn beim Namen anruft, die er seit langem kennt und verehrt, eine große ernste Stimme, horcht er auf. Was diese Stimme mir zu sagen hat – so denkt er –, das kann nur guter Rat und echter Trost sein, denn der da redet, weiß, was Leid ist, er weiß, daß der Leidende des echten Trostes fast noch mehr als des guten Rats bedarf, und er hat beides, Weisheit, um richtig zu raten, und jene schlichte Einheit von Glauben und Liebe, der allein sich das Geheimnis des Tröstens erschließt. Doch was er nun zu hören bekommt, enthält zwar Elemente einer ihm, eben aus dem Munde dieses Sprechers, wohlbekannten und an sich hohen Lobes würdigen Anschauung, aber auf ihn und seine Lage passen sie gar nicht, sie sind gar nicht wirklich an ihn gerichtet, jedem Wort merkt er an, daß es nur aus allgemeinen, wie gesagt sehr preisenswerten Grundsätzen geschöpft ist, und daß der Sprecher ihn, den Angerufenen, in dieser seiner Lage nicht sieht, ihn, ehe er das Wort ergriff, nicht angesehen hat, daß er ihn und seine Lage nicht kennt. Dazu kommt aber noch, daß sich mit Rat und Trost ein Drittes mischt, das beide übertönt: der Vorwurf. Nicht als wollte der Leidende in dieser Stunde von dem verehrten Manne keine Anklage entgegennehmen – im Gegenteil: erst wenn sich mit dem guten Rat und dem echten Trost der gerechte Vorwurf verbände und beiden ihren Sinn und Grund gäbe, erkennte er im Bringer des Wortes den Boten. Aber die Anklage, die da geäußert wird, ist eine ganz andere, als die er aus dem Sturm der Ereignisse und aus dem schweren Schlage des eigenen Herzens vernimmt, eine fast entgegengesetzte, – er prüft, er forscht, nein: sie ist nicht gerecht. Und das durchbohrt den Panzer seines Schweigens. Was das Wüten des Feindes nicht zustande brachte, bewirkt der freundliche Zuspruch: er muß antworten. Daß die Meister der Eishölle, ruft er, auf einen kunstfertig hergestellten Popanz meinen Namen kleben, ist in ihrem Wesen und im Wesen ihrer Beziehung zu mir begründet; aber du, Mann des guten Willens, wie weißt du nicht, daß man den sehen muß, den man anspricht, ihn in seiner Beschaffenheit, an seinem Orte, von seinem Schicksal umwittert! Juden werden verfolgt, beraubt, mißhandelt, gepeinigt, umgebracht. Und Sie, Mahatma Gandhi, sagen, ihre Lage in dem Lande, in dem ihnen dies widerfährt, entspreche genau (an exact parallel) der Lage der Inder in Südafrika zur Zeit, als Sie dort Ihre berühmte »Wahrheitskraft« – oder
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»Seelenstärke« – (satyagraha-)Kampagne eröffneten: dort hätten die Inder durchaus denselben Platz eingenommen (there the Indians occupied precisely the same place) und die Verfolgung habe auch dort eine religiöse Färbung (a religious tinge) gehabt. Auch dort habe die Verfassung die Gleichberechtigung zwischen Weißen und Farbigen, einschließlich der Asiaten, abgelehnt, auch dort seien den Indern Ghetti angewiesen worden, und die übrigen Disqualifikationen seien ebenfalls nahezu von der gleichen Art gewesen wie die der Juden in Deutschland (almost of the same type as those of the Jews in Germany). Ich habe diese Sätze Ihres Artikels wieder und wieder gelesen, ohne sie zu verstehen. Ich habe Ihre Reden und Schriften aus der südafrikanischen Zeit, obgleich ich sie gründlich kannte, nochmals gelesen und mir jede Beschwerde, die Sie darin vorbringen, mit aller Aufmerksamkeit und Phantasie vergegenwärtigt; ich habe dasselbe mit den Berichten Ihrer Freunde und Schüler über jene Zeit getan; aber all das hat mir nicht geholfen zu begreifen, was Sie von uns sagen. In Ihrem ersten mir bekannten Vortrag, von 1896, haben Sie, unter den Pfuirufen der Versammlung, zwei besondere Vorgänge als Zeugnis angeführt: daß eine Europäerbande einen indischen Dorfladen anzündete und einigen Schaden verursachte, und daß eine andere Bande brennende Raketen in einen anderen städtischen Laden warf. Wenn ich dagegen die Tausende und Tausende zerstörter und verbrannter jüdischer Geschäfte stelle, werden Sie vielleicht entgegnen, das sei nur ein Unterschied der Quantität, und die Handlungen seien doch almost of the same type. Aber wissen Sie nichts, Mahatma, von der Verbrennung der Synagogen und der Thorarollen? Wissen Sie nicht, was da an heiligem, zum Teil uraltem Gut der Gemeinschaft in Flammen aufgegangen ist? Ich habe nie davon gehört, daß Buren oder Engländer in Südafrika ein indisches Heiligtum verletzt hätten. Und dann finde ich noch eine konkrete Beschwerde in jenem Vortrag angeführt: daß drei indische Schullehrer, die sich entgegen dem Verbot nach neun Uhr abends auf der Straße befanden, verhaftet und erst danach freigesprochen worden seien. Das ist alles, was Sie an Derartigem vorbringen. Aber wissen Sie, oder wissen Sie nicht, Mahatma, was ein Konzentrationslager ist und wie es darin zugeht, welches die Martern des Konzentrationslagers, welches seine Methoden des langsamen und des schnellen Umbringens sind? Ich kann nicht annehmen, daß Sie es wissen, denn sonst wäre dieses tragikomische »almost of the same type« Ihnen doch wohl nicht über die Lippen gegangen. Die Inder wurden in Südafrika verachtet und verächtlich behandelt, aber rechtlos waren sie nicht, vogelfrei waren sie nicht, Geiseln für das erwünschte Verhalten des Auslandes waren sie nicht. Und meinen Sie etwa, ein Jude könnte in Deutschland auch nur einen einzigen Satz eines Vor-
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trags wie jenes von Ihnen öffentlich aussprechen, ohne niedergeschlagen zu werden? Was für eine Bedeutung hat es, auf etwas Gemeinsames hinzuweisen, wenn man solche Verschiedenheit unbeachtet läßt? Es scheint mir nicht überzeugend, daß Sie Ihre Weisung an uns, in Deutschland satyagraha zu üben, mit dieser Ähnlichkeit der Voraussetzungen begründen. Ich habe in den fünf Jahren, die ich selbst unter dem gegenwärtigen Regime verbracht habe, viele Handlungen echter Seelenstärke von Juden erlebt, die sich ihr Recht nicht abdingen und sich nicht niederbeugen ließen, aber nicht allein keine Gewalt, sondern auch keine List gebrauchten, um den Folgen solcher Haltung zu entgehen. Aber diese Handlungen haben offenbar keinen Einfluß auf das Handeln der Gegenseite ausgeübt. Gewiß: Heil und Ehre jedem, der solche Seelenstärke bekundet! Aber als Parole der allgemeinen Haltung, die eine Wirkung zu tun geeignet erscheint, kann ich sie für die deutschen Juden nicht anerkennen. Man kann einsichtslosen Menschenseelen gegenüber eine wirksame Haltung der Gewaltlosigkeit einnehmen, auf Grund der Möglichkeit, ihnen dadurch allmählich Einsicht beizubringen, aber einer dämonischen Universalwalze kann man so nicht begegnen. Es gibt eine Situation, in der aus der satyagraha der Seelenstärke keine satyagraha der Wahrheitskraft werden kann. Das Wort »Martyrium« bedeutet Zeugenschaft; wenn aber kein Mensch da ist, der das Zeugnis entgegennimmt? Zeugenschaft ohne Zeugnis, unwirksames, unbeachtetes, verwehendes Martyrium, das ist das Los unzähliger Juden in Deutschland. Gott allein nimmt ihr Zeugnis entgegen; der »siegelnde« Gott, wie es in unseren Gebeten heißt, besiegelt es; aber eine Maxime des angemessenen Verhaltens kann man daraus nicht ableiten. Solches Martyrium wird getan; doch wer darf es fordern! Aber Ihre Vergleichung der Lage der Juden in Deutschland mit der der Inder in Südafrika nötigt mich, Sie auf einen noch wesentlicheren Unterschied aufmerksam zu machen. Das ist freilich ein Unterschied, von dem ich, so groß er ist, recht wohl begreife, daß er Ihnen gar nicht bewußt war, als Sie die exact parallel aufstellten. Es ist so gut zu begreifen, daß es Ihnen, wenn Sie an Ihre südafrikanische Zeit zurückdenken, ganz selbstverständlich ist, daß es auch damals diese große Mutter Indien für Sie gegeben hat, wie es Ihnen auch damals selbstverständlich war, daß es sie gibt. Das war und ist für Sie so selbstverständlich, daß Sie sich offenbar gar nicht den fundamentalen Unterschied zwischen all den Völkern vergegenwärtigen, die solch eine Mutter haben – es muß nicht eine so große Urmutter sein, es kann auch ein kleines, schmales Mütterlein sein, aber eben eine Mutter, Mutterschoß und Mutterherz –, und einem Volk, das verwaist ist, oder dem man von seinem Lande sagt: Dies ist deine Mutter nicht mehr.
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Als Sie in Südafrika waren, Mahatma, lebten dort etwa 150 000 Inder. Aber weit mehr als zweihundert Millionen lebten in Indien! Und diese Tatsache nährte die Seelen der hundertfünfzigtausend; ob sie es wußten oder nicht, sie hatten Kraft zu leben und Mut zu leben von dieser Tatsache her. Fragten Sie sie da, wie Sie die Juden fragen, ob sie want a double home where they can remain at will? Sie sagen den Juden, wenn Palästina ihr Heim sei, müßten sie sich mit dem Gedanken vertraut machen, daß sie genötigt würden to leave the other parts of the world in which they are settled? Haben Sie den Indern in Südafrika auch gesagt, wenn Indien ihr Heim sei, müßten sie sich mit dem Gedanken vertraut machen, daß sie genötigt würden, nach Indien zurückzukehren? Oder sagten Sie ihnen, Indien sei ihr Heim nicht? Und wenn, was freilich unvorstellbar ist, die Hunderte Millionen Inder morgen über die Erde verstreut würden, und übermorgen würde ein anderes Volk sich in Indien festsetzen, und die Juden würden erklären, daß trotzdem dort noch Platz sei für Begründung eines National Home für sie, das ihrer Diaspora eine starke organische Konzentration, die Errichtung einer lebendigen Mitte gewährt, soll dann ein jüdischer Gandhi – angenommen, daß es so etwas geben kann – ihnen antworten (was Sie den Juden antworten): This cry for the National Home affords a colourable justification for your expulsion? Oder sie belehren, ähnlich wie Sie die Juden belehren: Das Indien der vedischen Vorstellung ist nicht eine geographische Gegend, es ist in euren Herzen? Ein Land, von dem ein heiliges Buch den Söhnen dieses Landes erzählt, ist niemals bloß in den Herzen, ein Land wird nie zum bloßen Symbol. Es ist in den Herzen, weil es in der Welt ist; es ist ein Symbol, weil es eine Wirklichkeit ist. Zion ist das prophetische Bild einer Verheißung für die Menschheit; aber es wäre nur eine schlechte Metapher, wenn es den Zionsberg nicht wirklich gäbe. Dieses Land heißt »heilig«, aber es ist nicht die Heiligkeit einer Idee, es ist die Heiligkeit eines Stücks Erde; was Idee ist und nichts anderes, kann nicht heilig werden, aber ein Stück Erde kann heilig werden, wie ein Mutterleib heilig werden kann. Zerstreuung ist erträglich und zuweilen sogar sinnreich, wenn es irgendwo eine Sammlung, eine wachsende heimatliche Mitte gibt, ein Stück Erde, wo man nicht in der Zerstreuung, sondern in der Sammlung ist und von wo aus der Geist der Sammlung in alle Stätten der Zerstreuung hinaus wirken kann. Wo es das gibt, gibt es ein aufstrebendes gemeinsames Leben, das Leben einer Gemeinschaft, die heute zu leben wagt, weil sie morgen zu leben hoffen darf. Aber wo der Zerstreuung diese wachsende Mitte, dieses unablässige Geschehen der Sammlung fehlt, da wird sie zur Zerstückelung. Von da aus ist die Frage unseres
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jüdischen Schicksals unablösbar an die Möglichkeit der Sammlung, diese aber an Palästina gebunden. »Warum sollen sie nicht«, fragen Sie, »wie andere Völker der Erde jenes Land zu ihrer Heimat machen, wo sie geboren sind und ihren Lebensunterhalt erwerben?« Weil ihr Schicksal ein anderes ist als das aller anderen Völker der Erde, und zwar ein Schicksal, das nach Wahrheit und Gerechtigkeit keinem Volk der Erde zuzumuten ist. Weil ihr Schicksal Zerstreuung ist, nicht Zerstreuung eines Teils und Bewahrung des Kerns wie bei anderen Völkern, sondern nichts als Zerstreuung ohne Kern und Mitte, und weil jedes Volk fordern darf, einen lebendigen Kern der Sammlung zu besitzen. Weil hundert angenommene Heimaten ohne eine angestammte und selbstverständliche ein Volk krank und elend machen. Weil auf stiefmütterlichem Boden zwar Wohlstand von Einzelnen und Leistung von Einzelnen gedeihen mag, aber das Volkswesen verkümmert. Und wie Sie, Mahatma, wünschen, daß nicht bloß alle Inder leben und wirken können, sondern daß auch das indische Wesen, die indische Weisheit, die indische Wahrheit gedeihe und fruchtbar sei, so wünschen wir es für das Judentum. Ihnen braucht es gar nicht bewußt zu werden, daß das Gedeihen des indischen Wesens ohne die Verbindung der Inder mit ihrem Mutterboden und ohne ihre Sammlung auf ihm nicht gewährleistet wäre; aber wir wissen, worauf es ankommt: weil eben dieses uns versagt ist oder doch versagt war bis zu diesen Geschlechtern, die begonnen haben, an der Wiedergewinnung des Mutterbodens zu arbeiten. Aber das ist noch nicht alles, ja, es ist für uns, für die Juden, die so denken wie ich, noch nicht das Entscheidende, so schmerzlich drängend es auch ist. Sie sagen, Mahatma Gandhi, für den Ruf nach einem nationalen Heim, der Sie »nicht sehr anspreche«, werde eine Beglaubigung (sanction) »in der Bibel gesucht«. Nein, so ist es nicht. Wir schlagen die Bibel nicht auf und suchen darin nicht nach Beglaubigungen. Eher ist es umgekehrt: die Verheißungen der Wiederkehr, der Wiederherstellung, die die Sehnsucht von hundert Generationen gespeist haben, geben auch denen von heute einen elementaren, von wenigen in seiner Bedeutung ganz erkannten, aber auch im Leben der vielen, die nicht an die Botschaft der Bibel glauben, wirksamen Antrieb. Auch dies jedoch ist noch nicht das Entscheidende für uns, die wir zwar nicht in jedem Satz der Schrift ein Stück göttlicher Offenbarung sehen, aber dem Geist vertrauen, der ihre Sprecher angeweht hat. Nicht die Verheißung des Landes ist für uns das Entscheidende, sondern die Forderung, deren Erfüllung an das Land, an die Existenz einer freien jüdischen Gemeinschaft in diesem Land gebunden ist. Die Bibel sagt uns nämlich, und unser innerstes Wissen bestätigt es, daß einst, vor mehr als dreitausend Jahren, unsere Ein-
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wanderung in dieses Land im Bewußtsein eines Auftrags von oben geschah, hier, mit den Generationen unseres Volkes, eine gerechte Lebensordnung aufzurichten, wie sie eben nicht von Einzelnen im Bereich der privaten Existenz, sondern nur von einem Volk in der Gestaltung seiner Gesellschaft zu verwirklichen ist: Gemeinschaftsbesitz am Boden 1, regelmäßig wiederkehrender Ausgleich der sozialen Unterschiede 2, Verbürgung der Unabhängigkeit jeder Person 3, gegenseitige Hilfe 4, gemeinsame Sabbatruhe, die Knecht und Tier als Wesen gleichen Anspruchs mitumfaßt 5, Sabbatjahr, in dem sich mit der Schonung der Natur ein freier Zugang aller zu ihren Früchten verbindet 6. Das sind nicht von weisen Männern zweckmäßig erdachte Gesetze, sondern was die Führung eines Volkes, offenbar selber überrascht und überwältigt, als die gesetzte Aufgabe, als die Bedingungen der Landnahme erfährt. Keinem Volk sonst ist dergleichen an den Anfang seines Weges gestellt worden. So etwas vergißt man nie, man entledigt sich seiner nie. Wir haben damals nicht zustande gebracht, was uns aufgetragen worden war, wir sind unverrichteter Sache ins Exil gegangen, aber das Gebot ist bei uns geblieben, und es ist drängender geworden als je. Wir brauchen eigene Erde, um es zu erfüllen, wir brauchen die Freiheit, unser eigenes Leben zu ordnen; auf fremdem Boden und unter fremder Satzung ist kein Versuch zu wagen. Es kann nicht sein, daß uns die Erde und die Freiheit zur Erfüllung versagt werden. Wir sind nicht begehrlich, Mahatma; wir wollen nur endlich gehorchen können. Nun mögen Sie freilich fragen, ob ich für das jüdische Volk spreche, wenn ich »wir« sage. Nein, ich spreche nur eben für die, die das Gerechtigkeitsgebot des biblischen Israel als Auftrag an sie selbst empfinden. Und wären dies nur wenige, so sind sie der Kern des Volkes und die Zukunft des Volkes hängt an ihnen, denn die Uraufgabe des Volkes lebt in ihnen, wie das Keimblatt im Kern der Frucht. Und im Zusammenhang damit muß ich Ihnen auch dies sagen, daß Sie zu Unrecht voraussetzen, die Juden von heute glaubten durchweg an Gott, und daraus ableiten, wie sie sich zu verhalten haben. Die Judenheit macht heute eine schwere Glaubenskrise durch; ja, es scheint mir, daß die Glaubenskrise der heutigen Menschheit, ihre Unfähigkeit, wirklich an Gott zu glauben, sich in dieser Krise der Judenheit konzentriert: hier ist sie noch schwerer, noch 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Lev. 25, 23. Lev. 25, 13. Ex. 21, 2. Ex. 23, 4 f. Ex. 23, 12. Lev. 25, 2-7.
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gefährlicher, noch entscheidungsvoller als irgendwo anders in der Welt. Und diese Glaubenskrise ist auch hier in Palästina nicht überwunden; vielmehr erkennen wir hier noch mehr als irgendwo sonst in der Judenheit, wie schwer sie ist. Aber wir erkennen zugleich, daß sie nur hier zu überwinden ist. Nicht aus dem Leben von isolierten und preisgegebenen Einzelnen kann sie überwunden werden, wiewohl erhofft werden darf, daß in ihrer großen Not das Fünklein des Glaubens erwacht. Die Überwindung kann nur aus dem Leben einer Gemeinschaft kommen, die den Willen Gottes zu tun beginnt, zumeist ohne ihn als solchen zu tun, ohne zu glauben, daß Gott ist und daß er dies will. Sie kann aus diesem Leben der Gemeinschaft dann kommen, wenn glaubende Menschen ihr zur Seite stehen, die nicht richten und fordern, nicht drängen und predigen, sondern mitleben, helfen, warten und bereit sind für den Augenblick, wo es an ihnen sein wird, Fragenden die wahre Antwort zu geben. Dies ist die innerste Wirklichkeit des jüdischen Lebens in Palästina; vielleicht wird sie nicht bloß für die Überwindung der Glaubenskrise in der Judenheit, sondern auch für die Überwindung der Glaubenskrise in der Menschheit von Bedeutung sein. Die Begegnung dieses Volks mit diesem Land hat nicht bloß eine heilige Urgeschichte; wir fühlen ein noch unerschlossenes Geheimnis in ihr. Sie, Mahatma Gandhi, der Sie um den Zusammenhang von Überlieferung und Zukunft wissen, sollten nicht zu denen gehören, die ohne Ahnung und Teilnahme an dieser unserer Sache vorbeigehen. Sie sagen aber – und es ist für mich das Gewichtigste von allem, was Sie auf uns zu sagen –, Palästina gehöre den Arabern, und es sei daher »unrecht und unmenschlich, die Juden den Arabern aufzuerlegen«. Hier muß ich etwas Persönliches einschalten, um Ihnen deutlich zu machen, von welchen Voraussetzungen aus ich diese These nun betrachten will. Ich gehöre einem Menschenkreise an, der, seit Palästina von den Briten erobert worden ist, nicht aufgehört hat, dafür zu kämpfen, daß die Juden einen echten Frieden mit den Arabern suchen. Unter einem echten Frieden verstanden und verstehen wir, daß die beiden Völker gemeinsam das Land bewirtschaften sollen, ohne daß eins dem andern seinen Willen aufzwingen darf. Das erschien uns in Anbetracht der internationalen Gepflogenheiten unseres Zeitalters sehr schwierig, aber nicht unmöglich. Wir waren und sind uns dessen bewußt, daß es in diesem außergewöhnlichen, ja beispiellosen Fall darauf ankommt, neue Wege der Völkerverständigung und des Völkereinvernehmens zu suchen. Auch darin standen und stehen wir unter einem Gebot. Grundlegend war für uns die Einsicht, daß hier zwei vitale Ansprüche
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sich einander gegenüber erheben, zwei Ansprüche verschiedener Herkunft und verschiedener Art, die nicht sachlich gegeneinander abgewogen werden können, zwischen denen nicht sachlich entschieden werden kann, dieser sei gerecht und jener ungerecht. Wir empfanden und empfinden es als unsere Aufgabe, den Anspruch, der dem unseren entgegentritt, zu verstehen, zu ehren und uns um eine Versöhnung beider Ansprüche miteinander zu bemühen. Auf den jüdischen Anspruch konnten und können wir nicht verzichten; ist doch an dieses Land noch Höheres als das Leben unseres Volkes, nämlich sein Werk, und das heißt: der göttliche Auftrag an es, gebunden. Aber wir waren und sind überzeugt, daß es möglich sein muß, einen Ausgleich zwischen diesem Anspruch und dem anderen zu finden, weil wir dieses Land lieben und an seine Zukunft glauben, und weil, da gewiß auch auf der anderen Seite solche Liebe und solcher Glaube vorhanden sind, ein Zusammenschluß zu gemeinsamem Dienst an dem Land nicht unerreichbar sein kann. Wo Glaube und Liebe sind, kann auch ein anscheinend tragischer Widerspruch zur Lösung gelangen. Um diese unerhört schwierige Aufgabe erfüllen zu können, deren Anerkennung wir ja auch gegen einen ebenso törichten wie natürlichen innerjüdischen Widerstand durchzusetzen haben, bedurften wir des Beistands der wohlmeinenden Menschen aller Völker und hofften darauf. Nun aber kommen Sie und erledigen das ganze existenzielle Dilemma mit der einfachen Formel. »Palästina gehört den Arabern.« Was bedeutet das, ein Land gehöre einer Bevölkerung? Sie wollen mit Ihrer Formel doch offenbar nicht bloß einen Zustand beschreiben, sondern ein Recht deklarieren. Sie wollen damit offenbar sagen, ein Volk habe das ausschließliche Besitzrecht auf das Land, in dem es angesessen sei, ein so ausschließliches Besitzrecht, daß, wer darin ohne die Erlaubnis dieses Volkes siedelt, einen Raub begeht. Aber auf welchem Weg haben sich wohl die Araber das Besitzrecht auf Palästina erworben? Doch wohl auf dem der Eroberung, und zwar einer siedelnden Eroberung. Als einer solchen gestehen Sie ihr also zu, daß sie ein ausschließliches Besitzrecht begründe, während die nachfolgenden nur auf Herrschaft, nicht auf Siedlung ausgehenden Eroberungen der Mamluken und der Türken in Ihren Augen freilich keins begründen, sondern das des im Land verbliebenen früheren Eroberervolkes unberührt lassen. Besiedlung durch Eroberergewalt begründet also für Sie ein Besitzrecht an Palästina, während eine Siedlung wie die jüdische, deren Methoden zwar nicht immer dem arabischen Lebensanspruch gerecht wurden, aber auch im bedenklichsten Falle von denen des Eroberers weit entfernt blieben, Ihrer Ansicht nach keine Anteilnahme an diesem Besitzrecht zu begründen vermag. Zu
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solcher Konsequenz gelangen Sie dadurch, daß Sie wie von einem Axiom von dem Satz ausgehen, ein Land gehöre seiner Bevölkerung. In einer Epoche der Völkerwanderung würden Sie zunächst das Besitzrecht des Volkes vertreten, dem Verdrängung oder Ausrottung droht, ist diese aber vollzogen, müßten Sie, vielleicht nicht gleich, aber nach einer angemessenen Zahl von Generationen, nunmehr dem Vergewaltiger das Land »gehören« lassen. Vielleicht ist die Zeit nicht fern, wo – etwa nach einer Katastrophe, deren Ausmaß wir uns heute noch nicht vorzustellen vermögen –, die Vertreter der Menschheit sich über eine Neuordnung des Verhältnisses zwischen Menschen, Völkern und Ländern, über eine Besiedlung dünnbevölkerter Territorien ebenso wie über eine gemeinschaftliche Bewirtschaftung der notwendigen Rohstoffe und über eine folgerichtige Intensivierung des Bodenbaus des Erdballs werden verständigen müssen, um eine neue, ungeheuer vergrößerte Völkerwanderung zu verhüten, an der die Menschheit zugrunde zu gehen drohte. Soll dann den Männern, die die Rettung wagen, das Dogma des »Gehörens«, des unabänderlichen Besitzrechts, des heiligen status quo entgegengehalten werden? Gewiß, wir sind Zeugen, wie das in der Tiefe des Völkerlebens drängende Gefühl, dieses Dogma müsse angefochten werden, verhängnisvoll mißbraucht wird; aber sind an diesem Mißbrauch nicht jene Vertreter der mächtigsten Staaten mitschuldig, die jede Prüfung des Dogmas wie ein Sakrileg behandelten? Und wenn nicht die Völker wandern, aber ein Volk? Und wenn dieses wandernde Volk zu seiner alten Heimat verlangt, wo neben jenem Volk, dem sie jetzt »gehört«, auch noch für einen wesentlichen, für einen zentrumbildenden Teil von ihm Raum ist? Wenn dieses wandernde Volk, dem sie einst, freilich ebenfalls auf Grund siedelnder Eroberungsgewalt, gehörte und das einst aus ihr durch reine Herrschaftsgewalt vertrieben worden war, nun einen freien oder ohne Beeinträchtigung fremden Lebensraumes freiwerdenden Teil des Landes zu besetzen strebt, um endlich wieder eine Volksheimat zu haben, eine Heimat, wo seine Menschen als Volk leben können? Dann helfen Sie, Mahatma Gandhi, die Schranke vorziehen und helfen rufen: »Bleibt fort! Dieses Land gehört nicht euch!« Statt zu helfen, einen echten Frieden zu stiften, der uns gibt, was wir brauchen, ohne den Arabern zu nehmen, was sie brauchen, – auf der Grundlage einer gerechten Abmessung, was von ihnen wirklich gebraucht wird und was unserem Bedürfen zugestanden werden darf! Eine solche Abmessung des Lebensraums für alle ist möglich, wenn man damit eine umfassende Intensivierung des gesamten palästinensischen Bodenbaus verbindet. Bei der gegenwärtigen, hilflos primitiven
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Fellachenwirtschaft ist der zur Ernährung einer Familie benötigte Raum um ein vielfaches größer als er dann wäre. Soll an den sinnlos gewordenen Formen einer überalterten Wirtschaft festgehalten, soll eine Produktivierung des Bodens vermieden werden, um einem Zuzug neuer Siedler ohne Beeinträchtigung der alten vorzubeugen? Ich wiederhole: ohne Beeinträchtigung. Das soll die Grundlage des Einvernehmens sein, das wir anstreben. Sie sorgen, Mahatma, nur um das »Besitzrecht« der einen Seite, nach dem Recht der anderen, der nach Erde hungernden, auf ein freies Stück Erde, fragen Sie nicht. Aber da ist noch jemand, den Sie nicht befragen und der doch, wenn es gerecht, das heißt auf Grund der ganzen erkennbaren Wirklichkeit, zugehen soll, befragt werden müßte: das ist diese Erde hier selbst. Fragen Sie sie, was die Araber in 1300 Jahren und was wir in 50 für sie getan haben! Muß ihre Antwort nicht ein gewichtiges Zeugnis in einer gerechten Verhandlung darüber sein, wem dieses Land »gehört«? Mir scheint, Gott schenke überhaupt keinen Fleck seiner Erde so her, daß der Besitzer sagen dürfte, was Gott in der Schrift sagt: »Mein ist das Land«. Auch den siedelnden Eroberern leiht er, meine ich, das eroberte Land nur her und wartet ab, was sie damit anfangen. Man sagt mir aber, ich dürfe nicht bloß den Ackerboden ehren und die Wüste verachten. Man sagt mir, die Wüste wolle auf das Werk ihrer Kinder warten, uns Zivilisationsbeladene erkenne sie als ihre Kinder nicht mehr an. Ich habe Ehrfurcht vor der Wüste, aber ich glaube nicht an ihr unbedingtes Widerstreben, denn ich glaube an die große Ehe des Menschen (Adam) mit der Erde (Adama). Dieses Land erkennt uns an, denn es wird fruchtbar durch uns, und eben dadurch, daß es uns fruchtbar wird, erkennt es uns an. Unsere Siedler kommen nicht wie die abendländischen Kolonisatoren hieher, um Eingeborene für sich arbeiten zu lassen, sie setzen sich selber ein, ihre Kraft und ihr Blut, um dieses Land fruchtbar zu machen. Aber wir wollen seine Fruchtbarkeit nicht für uns allein. Die jüdischen Bauern haben angefangen, ihre Brüder, die arabischen Bauern, zu lehren, diesen Boden intensiver zu bebauen; wir wollen sie es weiter lehren, zusammen mit ihnen wollen wir ihn bearbeiten, das heißt auf Hebräisch: ihn bedienen. Je fruchtbarer dieser Boden wird, um so mehr Raum wird hier sein für uns und für sie. Wir wollen sie nicht verdrängen, wir wollen mit ihnen leben. Wir wollen sie nicht beherrschen, wir wollen mit ihnen dienen. Sie haben einmal gesagt, Mahatma, die Politik umstricke uns heutzutag wie die Windungen einer Schlange, denen man nicht entschlüpfen könne, was immer man versucht; Sie begehrten daher, sagten Sie, mit der
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Schlange zu ringen. Hier ist die Schlange in ihrer größten Macht zu sehen. Juden und Araber haben Anspruch auf dieses Land, aber die Ansprüche lassen sich faktisch miteinander versöhnen, wenn sie nur auf das vom Leben selbst und von einem Willen zur Versöhnung bestimmte Maß zurückgeführt werden, das heißt, wenn sie in die Sprache von Bedürfnissen lebender Menschen für sich und ihre Kinder übersetzt werden. Statt dessen werden sie nun aber unter dem Einfluß der Schlange zu prinzipiellen, zu politischen Ansprüchen zugespitzt und werden mit all der Rücksichtslosigkeit vertreten, die die Politik den von ihr Geführten einflößt. Das Leben mit seinen Wirklichkeiten und Möglichkeiten entschwindet ebenso wie der Wille zur Wahrheit und zum Frieden, nichts wird mehr gewußt und gefühlt als die politische Parole allein. Die Schlange siegt nicht bloß über den Geist, sondern auch über das Leben. Wer will mit ihr ringen? Mitten in Ihren Ausführungen, Mahatma, steht ein gutes Wort, das wir dankbar aufnehmen. Wir sollten suchen, sagen Sie, das arabische Herz zu bekehren. Nun denn, helfen Sie uns, es zu tun! Auch bei uns sind viele törichte Herzen zu bekehren, die jener völkischen Selbstsucht verfallen sind, welche nur den eigenen Anspruch kennt; das werden wir hoffentlich selbst zustande bringen. Aber zu dem anderen Werk der Bekehrung brauchen wir Ihre Hilfe. Ihre Rüge gilt jedoch nur den Juden, weil sie es dulden, daß die britischen Bajonette sie gegen die Bombenwerfer verteidigen. Über diese selbst äußern Sie sich wesentlich zurückhaltender: Sie sagen, Sie wünschten, daß die Araber den Weg der Gewaltlosigkeit gewählt hätten, aber according to the accepted canons of right and wrong sei nichts gegen ihr Verhalten zu sagen. Wie ist es nun möglich, daß Sie hier, was Sie doch sonst nirgends tun, den accepted canons eine, wenn auch nur bedingte, Geltung zugestehen! Sie werfen uns vor, daß wir, die wir selber kein Heer besitzen, es zulassen, daß das britische manches blinde Morden verhindert; denen aber, die täglich, ohne hinzusehen, wen’s trifft, den Mord in unsere Reihen tragen, lassen Sie in Anbetracht der accepted canons eine verständnisvolle Nachsicht angedeihen. Überschauen Sie alles, Mahatma, Tun und Lassen, Recht und Unrecht beider Seiten – sollten Sie da nicht erkennen, daß wir gewiß nicht am wenigsten Ihre Hilfe brauchen? Wir haben in diesem Land neu zu siedeln begonnen, 35 Jahre ehe ihm der »Schatten des britischen Geschützes« nahte. Nicht wir haben diesen Schatten aufgesucht, nicht um unsere, sondern um die britischen Interessen zu wahren, ist er hier erschienen und geblieben. Wir wollen die Gewalt nicht. Aber Sie, Mahatma Gandhi, haben nach den Beschlüssen von Delhi,
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Anfang März 1922, geschrieben: »Have I not repeatedly said that I would have India become free even by violence rather than that she should remain in bondage?« Damit haben Sie etwas sehr Wichtiges ausgesprochen: daß die Gewaltlosigkeit für Sie ein Glaube und nicht ein politisches Prinzip ist –, daß aber das Verlangen nach der Freiheit Indiens in Ihnen noch stärker ist als Ihr Glaube. Um dessen willen liebe ich Sie. Wir wollen die Gewalt nicht. Wir haben nicht, wie unser Volkssohn Jesus und wie Sie, die Lehre der Gewaltlosigkeit ausgerufen, weil wir meinen, daß ein Mann zuweilen, um sich oder gar um seine Kinder zu retten, Gewalt üben muß. Aber wir haben von der Urzeit an die Lehre der Gerechtigkeit und des Friedens ausgerufen; wir haben gelehrt und gelernt, daß der Friede das Ziel der Welt und daß die Gerechtigkeit der Weg zu ihm ist. Also können wir nicht Gewalt üben wollen. Wer sich zu Israel zählt, kann nicht Gewalt üben wollen. Nun aber sagen Sie, unsere Gewaltlosigkeit sei of the helpless and the weak. Das entspricht der Wirklichkeit nicht. Sie wissen nicht oder bedenken nicht, welche Seelenstärke, welche satyagraha dazu gehört hat, hier, unter jahrelangen unaufhörlichen Taten der blinden Gewalt an uns, unseren Frauen und unseren Kindern, an uns zu halten und nicht mit Taten der blinden Gewalt zu antworten. Und andrerseits haben Sie, Mahatma, damals, 1922, die Worte geschrieben: »I see that our non-violence is skindeep … This non-violence seems to be due merely to our helplessness … Can true voluntary nonviolence come out of this seeming forced non-violence of the weak?« Als ich damals diese Worte las, begann meine Verehrung für Sie, eine so große, daß auch Ihre Ungerechtigkeit gegen uns ihr nicht Abbruch zu tun vermag. Sie sagen, es sei »a stigma« gegen uns, daß unsere Ahnen Jesus gekreuzigt haben. Ich weiß nicht, ob das wirklich geschehen ist; aber ich halte es für möglich. Ich halte es für ebenso möglich, wie daß das indische Volk unter anderen Umständen und wenn das, was Sie lehren, seiner eigenen Neigung stärker entgegen wäre (»India«, sagen Sie, »is by Nature nonviolent«) Sie hingerichtet hätte. Völker verschlingen nicht selten das Große, das sie geboren haben. Wie kann man dergleichen ohne Widerspruch als »Stigma« eines Volkes bezeichnen! Ich möchte Ihnen aber nicht verschweigen, daß ich zwar nicht unter den Kreuzigern Jesu, aber auch nicht unter seinen Anhängern gewesen wäre. Denn ich kann mir nicht verbieten lassen, dem Übel zu widerstreben, wo ich sehe, daß es daran ist, das Gute zu vernichten. Ich muß, wie dem Übel in mir, so dem Übel in der Welt widerstreben. Ich kann nur darum ringen, es nicht durch Gewalt tun zu müssen. Ich will die Gewalt nicht. Aber wenn
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ich nicht anders als durch sie verhindern kann, daß das Übel das Gute vernichte, werde ich hoffentlich Gewalt üben und mich in Gottes Hände geben. »India«, sagen Sie, »is by nature non-violent«. Das war es nicht immer. Das Mahabharata ist ein Epos der kriegerischen, der disziplinierten Gewalt. In der größten seiner Dichtungen, der Bhagavad-Gitâ, wird erzählt, wie Arjuna auf dem Schlachtfeld zur Einsicht kommt, er wolle die Sünde nicht begehen, seine Verwandten zu töten, die ihm entgegenstehen, und Bogen und Pfeile fallen läßt; aber der Gott verweist ihm solches Tun als unmännlich und schändlich: ein Besseres als einen gerechten Kampf gebe es für einen Ritter überhaupt nicht. Ist das die Wahrheit? Wenn ich die meine zu bekennen habe, muß ich sagen: Ein Besseres als die Gerechtigkeit gibt es für einen Menschen überhaupt nicht, es sei denn die Liebe; wir sollen für die Gerechtigkeit auch kämpfen können, aber liebend kämpfen. Ich habe diesen Brief an Sie, Mahatma, sehr langsam geschrieben. Immer wieder habe ich ausgesetzt, zuweilen nach einem kurzen Absatz tagelang, um mein Wissen und meine Meinung nachzuprüfen. Immer wieder bin ich tage- und nächtelang mit mir ins Gericht gegangen, ob ich nicht an irgendeinem Punkte das Maß der von Gott einer menschlichen Gemeinschaft erlaubten und sogar anbefohlenen Selbsterhaltung überschreite und in die schlimme Verirrung der kollektiven Selbstsucht verfalle. Freunde und mein eigenes Gewissen haben, wo diese Gefahr drohte, mich dazu gebracht, mich zu reinigen. Darüber sind etliche Wochen vergangen, und eine Zeit ist gekommen, wo über die jüdisch-arabische Sache in der Hauptstadt des britischen Reiches verhandelt wird und, wie es heißt, auch entschieden werden soll. Aber die wahre Entscheidung kann in dieser Sache nicht von außen, sondern nur von innen kommen. Ich darf daher diesen Brief schließen, ohne das Ergebnis von London abzuwarten. Jerusalem, 24. Februar 1939.
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Aus meinen Reden und Artikeln seit dem Ausbruch des Weltkrieges, durch den der Zionismus eine Angelegenheit der Weltpolitik wurde, habe ich hier die Abschnitte ausgewählt, die direkt oder indirekt unsere Beziehung zu den Arabern betreffen und die meiner Meinung nach auch heute noch aktuell sind. Zu meinem Bedauern konnte ich hier nicht die Reden einbringen, von denen weder Notizen meinerseits noch stenographische Protokolle angefertigt wurden und die teilweise in nichtöffentlichen Sitzungen vor zionistischen Verbänden und Komitees gehalten wurden. Besondere Bedeutung messe ich und einige der Zuhörer mit mir in dieser Stunde den Worten bei, die ich über das arabische Problem in den Sitzungen des politischen Komitees und des ständigen Komitees und auf dem XII. Kongress gesagt habe: Die Entwicklung, die ich von Anfang an vorausgesagt habe und die auf eine so entschiedene Ablehnung von offizieller Seite stieß, ist mittlerweile so eingetreten. 1 Aber ich kenne Menschen, die die Worte in ihrem Sinn behielten und die davon beeinflusst sind; das genügt mir. Die Textstücke sind in chronologischer Reihenfolge angeordnet. Damit scheint mir, wird nicht nur Rechenschaft über einen persönlichen Standpunkt abgegeben, sondern über einen aufrechten, wenn auch äußerst erfolglosen Kampf gegen die ungreifbare bestimmungslose Kraft, die Ibsen »Der große Krumme« nannte. Darüber hinaus ermöglicht meinem Gefühl nach ein Lesen in dieser Reihenfolge auch einen Überblick über den Weg der Wirklichkeit selbst: Der Weg von einem Tatbestand zum nächsten, von einer Frage zu einer noch ernsteren, von einer Schwierigkeit zu einer noch größeren. Und es gibt einen weiteren Grund für diese chronologische Anordnung mit dem jeweiligen Titel ihrer ursprünglichen Publikation. Es ist ja eine Krankheit in unserem öffentlichen Leben, dass alle Äußerungen, die mit großem Ernst und mit einer spezifischen Intention vorgebracht werden, damit die Zuhörer und Leser sie sorgfältig abwägen können, sich binnen kürzester Zeit in diffuse Phrasen verwandeln, über die kein Mensch mehr nachdenkt. Als Beispiel hierfür will ich auf die Parole verweisen, die ich auf dem 16. Kongress ausgab »Wir wollen nicht majorisiert werden und nicht majorisieren«, und was man daraus gemacht hat. 1.
Siehe in dieser Sammlung meinen Artikel »Kongreßnotizen«.
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Ich habe die Textteile nicht übersprungen, denen eine unvollständige oder noch unklare Sicht zugrunde lag. Sie erhalten hier eine Berichtigung und Ergänzung durch spätere Texte, die sich auf umfangreichere Erfahrungen stützen. Kassandra erfasst die vorhergesehene Katastrophe mit einem Mal; ein Mensch wie ich lernt und lernt dazu – er lernt auch, dass es trotz allem noch Hoffnung gibt, die von uns abhängig ist.
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2. Schwat 699 [Buber bringt im Folgenden Ausschnitte aus früheren Texten: »Ein politischer Faktor«, (jetzt in: MBW 3, S. 356-338); »Vor der Entscheidung«, (in diesem Band, S. 51-58); »In später Stunde«, S. 119-121 (in diesem Band, S. 59-63); »Rede auf dem XII. Zionistischen Kongress«; (in diesem Band, S. 64-71); »Kongressnotizen zur zionistischen Politik«, (in diesem Band, S. 83-92); »Streiflichter«, (in diesem Band, S. 99-103); »Frage und Antwort«; (in diesem Band, S. 106); »Selbstbesinnung«; (in diesem Band, S. 108-118); »Rede auf dem XVI. Zionistenkongress«; (in diesem Band, S. 119-124); »Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina«; (in diesem Band, S. 125-136); »Wann denn?«; (in diesem Band, S. 137-141)]
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Schlussbetrachtung Und heute? Da sagen mir welche: »Nun wohl, wir haben unrecht gehabt, wir sehen es ein, aber nun ist alles so gekommen wie es gekommen ist, nun ist es zu spät geworden, um auf den Weg einzulenken, auf den du hingewiesen hast. Heute herrscht das harte Gesetz der weltpolitischen Situation und ihrer Folgen; heute ist gar kein Raum mehr da, in dem man ein Friedensleben vorbereiten könnte; wenn wir heute noch handeln sollen, können wir es nur noch von dieser Situation und ihren Folgen aus tun – und das ist anderes Handeln als was du lehrst!« Nein, nicht erst heute, seit Jahren und Jahren habt ihr so geredet! Immer habt ihr gesagt: »Für gestern mag das ja stimmen, aber nun ist das versäumt, heute geht das nicht mehr, heute gilt das nicht mehr, heute ist alles anders!« Und so ist aus heute gestern geworden und wieder aus heute gestern, Situation wuchs aus Situation hervor, und immer wieder standet ihr auf der falschen Seite, und immer wieder mehrtet ihr die
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Kraft des Übels, und immer wieder geschah das nicht, was eben damals doch geschehen konnte, und dieses Nichtgeschehen wirkte nun mit auf die Zukunft ein. Immer, in jeder Stunde, in jeder Lage kann etwas geschehen, irgendeine Tat der Wahrheit, etwas was in irgendeinem Masse bestimmt, wie die nächste Stunde aussieht, wie die nächste Lage beschaffen ist. Immer wechseln die Bedingungen des Handelns, immer muss man etwas anderes, etwas Neues tun, das nämlich, was auf die veränderte Lage die Antwort gibt. Aber die Antwort der Wahrheit! Statt dessen habt ihr immerzu die Antwort der Taktik mitgemacht, und habt nicht verstanden, dass die taktische Erwägung uns immer die falschen Mittel darbietet, weil sie die Zukunft dem Augenblick opfert, wir aber, wir ganz auf die Zukunft Angewiesenen aber, nur durch den folgerichtigen Dienst an der Zukunft zum Ziel gelangen können. Die Antwort der Wahrheit – das heisst: dem Augenblick nicht vom Augenblick, sondern von der Zukunft aus antworten. Das haben wir mal um mal versäumt. Aber wir können noch heute! Freilich, die Lage ist weit schwerer, die Bedingungen des Handelns weit ungünstiger geworden, wir werden wohl einen Weg wählen müssen, von dessen Stationen keine offenkundigen Erfolge glänzen. Aber es wird der rechte Weg sein. Auch die neue Lage wird uns vor eine Wahl stellen, wo von unserer Entscheidung die Zukunft in einem unberechenbaren Maße abhängen wird. Es ist heute noch nicht zu sagen, was dann, morgen, zu tun sein wird. Aber es ist schon heute zu sagen, von wo aus das zu tun sein wird, was zu tun sein wird, nämlich von der Wahrheit aus, von der Einsicht in die ganze jüdisch-arabische Lebenswirklichkeit aus. Ist das, was wir sagen, die Wahrheit – und das erkennt ihr ja an, ihr die ihr sagt: »Wir haben unrecht gehabt!« –, so ist es auch die Wahrheit von heute und von morgen. Jetzt, in dieser Stunde, kommt es nur darauf an, endlich der Taktik abzusagen und das Joch der Wahrheit auf uns zu nehmen. Und sollte die Lüge in der Welt siegen, wir brauchten nur dann zu verzweifeln, wenn auch wir selbst uns dem Nachtrab ihres Heeres angeschlossen haben, denn dann hätten wir unsere Zukunft vertan. Widerstehen wir ihrer Verführung, durchschauen wir die Nichtigkeit ihrer Übermacht, weigern wir uns, die Beglaubigung durch den Erfolg an die Stelle der Beglaubigung durch die Treue zu setzen, dann brauchen wir nicht zu verzweifeln. Vielleicht wird uns morgen nur noch eins von beiden möglich sein: entweder auch unsere Fahne mit den Farben der Lüge zu überschmieren und als der jämmerlichste aller Fahnenträger mit eitlem Lärm und breitspurigen Gebärden unterzugehen, oder das kleine Gottessiegel, die menschliche Wahrheit, in Verwahrung zu nehmen und es
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im Schrein eines schweren Lebens zu verwahren, bis die Macht, die es uns anvertraute, es ans Licht des neuen Tages hebt. [23. Schvat 699]
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Ich stelle mir vor: Als die Philister, ein zielbewusstes, straff organisiertes, militärisch ebenso vorzüglich geschultes wie begabtes, technisch musterhaft ausgerüstetes Völkchen aus dem kretischen Kulturkreis, ihren Kampf um die Hegemonie in Palästina begannen und die benachbarten israelitischen Stämme unterjochten, tat sich eine kleine Schar verwegener Burschen im Stamme Dan zusammen und verschwor sich, die Haare sich wild wachsen zu lassen, wie es aus den Tagen Deboras von den Kampfverschwörern überliefert war, und keinen Tropfen Wein zu trinken, bis die Zinsherrschaft der Philister gebrochen sein würde. Da aber die nicht unmittelbar betroffenen Stämme für eine Teilnahme an einem Befreiungskrieg nicht zu gewinnen waren und nicht einmal Waffen und sonstiges Kriegsmaterial liefern wollten, bereiteten die Verschworenen einen regelrechten Guerilla-Krieg vor. Mal um Mal überfielen etliche von ihnen in der Mittagsglut, wenn alles ruhte, die Plätze der Philister, steckten die Felder in Brand und machten die Mannschaften, die sich ihnen entgegenstellten, mit Berserkermacht nieder; dann verschwanden sie, ehe Hilfe eintraf, so schnell wie sie gekommen waren. Und wie das Heldenlied von Führern zu singen wusste, die ihrer jähen unwiderstehlichen Feuernatur halber die Beinamen »Blitz« und »Fackelweib« erhielten, so hiessen sie das Volk, wenn der Philister Abordnungen kamen und forschten, wer die Urheber des Angriffs seien, antworten: »Simson, der Sohn der verzehrenden Sonne, der Löwenzerreisser, hat es getan. Niemand vermag ihn zu fangen, denn gelänge es auch, ihn mit starken Strikken zu binden, an der Haut des Sonnensohnes werden sie wie Flachs im Feuer verbrennen.« Als sie aber doch endlich übermannt wurden, wehrten sie sich noch im Sterben mit solcher Gewalt, dass sie den Philistern in dieser letzten Stunde grössere Verluste beibrachten als in der ganzen Zeit bis dahin. Das Volk in Dan aber, wie es gewohnt war, zu antworten: »Simson hat es getan!« rief es sich nun von Dorf zu Dorf zu: »Simson ist tot!« Und die Sänger zogen hinaus in die Stämme Israels und sangen von den Taten und dem Tode des Sonnensohnes, aber am Schlusse riefen sie: »Wehe Dir Dagon! Simson ist nicht tot!« Und man lernte das Lied singen von einem Ende des Landes zum anderen, in Silo sangen es die Priester, als sei es ein Psalm, und riefen damit zum Kampf auf, die im Gebirge Ephraim umherziehenden Prophetenhorden sangen es, als sei es ein Spuk des Geistes, und riefen damit zum Kampf auf, und in Benjamin weckte es den jungen Saul aus dem Traum. Es scheint, dass es in diesem Jischuw von heute Burschen gibt, die sich
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einbilden, Simsone zu sein. Als Simsons-Taten gelten anscheinend bei ihnen: Minen vor Fahrzeuge legen, in denen unbekannte, unschuldige, wehrlose Leute sitzen, Häuser überfallen, in denen unbekannte, unschuldige, wehrlose Familien leben, und dergleichen mehr. Sie sagen den Knaben auf der Gasse, jetzt sei die Stunde gekommen, Simsons-Taten zu tun; wenn sie Simsone werden wollten, brauchten sie nur in ihre Schule zu gehen; und sie finden natürlich Kindlein genug, die so etwas gern hören. Das ist so gekommen: Als wir nach einer langen Reihe von Jahrhunderten wieder in unser Land kamen, benahmen wir uns, als ob es leer wäre – nein, schlimmer noch, als ob die Bevölkerung, die wir sahen, uns nichts anginge, als ob wir uns um sie nicht zu kümmern brauchten, d. h. als ob sie uns nicht sähe. Aber sie sah uns. Sie sah uns – nicht ebenso deutlich, wie wir sie gesehen hätten, wenn w i r im Lande ansässig wären und nun anderes Volk in wachsender Zahl kommen und sich festsetzen sähen, nicht ebenso deutlich, aber deutlich genug. Sie sah uns naturgemäss von Jahr zu Jahr immer deutlicher. Wir kümmerten uns nicht darum. Wir sagten uns nicht, dass es nur e i n Mittel gab, uns vor den Konsequenzen dieses immer deutlicher Gesehenwerdens zu schützen: ernstlich gemeinsame Sache mit dieser Bevölkerung zu machen, sie an unserem Werk in diesem Land, an unserer Arbeit und ihren Früchten ernstlich zu beteiligen. Denjenigen in unserer Mitte, die es uns sagten, wollten wir nicht glauben. Wir hatten ja inzwischen, in einer weltpolitischen Konstellation, in der man uns merkwürdigerweise brauchte, von einer Weltmacht das Zugeständnis des Schutzes bei unserem Unternehmen erhalten. Der sogenannte Völkerbund hatte es bestätigt, – war das nicht genug? Wir sagten uns nicht, dass solche Zugeständnisse in der politischen Welt, in der wir seit einem Vierteljahrhundert (und länger) leben, nur so lange gültig bleiben konnten, als die damals mit Hilfe ebendieser Zugeständnisse geschaffene weltpolitische Situation nicht in Frage gestellt wurde, dass wir also für diesen früher oder später kommenden Fall eine andere, andersartige Sicherung vorbereiten mussten, an Stelle einer Deklaration eine Realität, eben die Realität gemeinsamen Werkes, gemeinsamer Interessen mit der Bevölkerung des Landes. Denjenigen in unserer Mitte, die es uns sagten, wollten wir nicht glauben. Und wer uns auf die wachsende arabische Nationalbewegung hinwies, dem antworteten wir, die sei nicht ernst zu nehmen, oder, man würde mit ihr schon fertig werden. Und dann kam alles, wie es kam. Die terroristischen Banden taten all das, was bei jenen Burschen bei uns als Simsons-Tat gilt. Vielleicht gab es auch unter den Terroristen solche, die sich als Simsone vorgekommen wären, wenn sie etwas von Simson gewusst hätten; die Frage, wer
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in ihren Augen die Rolle der philistinischen Eindringlinge gespielt hätte, die Briten oder wir, mag offen bleiben – ich vermute, beide zusammen. Ich glaube nicht, dass es unter uns einen Menschen gab, der die Mordbrenner als Simsone sah. Warum nicht? Weil die Simsone von Angesicht zu Angesicht gegen eine wohl bewaffnete Mehrheit kämpften; weil metzeln nicht kämpfen heisst. Wir weigerten uns, mit Ausnahme einiger Narren, in der gleichen Sprache zu antworten. Ich sage: einiger Narren. Damit meine ich aber »Narr« nicht im heroischen Sinn, d. h. einer, der für einen Narren gehalten wird, aber in Wirklichkeit ein Held ist, sondern mit »Narr« meine ich einfach einen Dummkopf und nichts anderes. Aber, höre ich einwenden, haben denn die Banden nichts erreicht? Nein, sie haben nichts erreicht! Hitler und Mussolini haben erreicht, was erreicht worden ist, nicht sie; und nicht die Macht des Mufti an sich fürchten die Verfasser des Weissbuches, sondern die Macht einer Bewegung, die in der Stunde der grossen Wagschale unter Ausnutzung der palästinensischen Parole einige vorderasiatische Staaten und Volksgruppen gegen England verbinden und die Flanke der um Afrika kämpfenden beunruhigen könnte. (Ich halte diese Furcht für kurzsichtig; aber sie besteht.) Und nun stehen unsere Narren jetzt, in diesem schwersten Augenblick, in dem alles von dem verantwortlichen Handeln unser aller abhängt, jetzt stehen sie auf und bereiten den neuen Pseudo-Simsonismus vor, indem sie die arabischen Terroristen nachahmen wollen, vielleicht mit verbesserter Technik! Was hoffen sie zu erreichen? Solange die Kriegsgefahr nicht konkrete Gestalt angenommen hat, werden sie mit allem, was sie anstellen mögen, sie, die kein werdendes Arabistan und keinen indischen Islam hinter sich haben, England weniger molestieren als eine Sandfliege einen beschäftigten Mann; und sowie die Kriegsgefahr konkrete Gestalt angenommen haben wird, werden sie all dies aufgeben müssen: man bilde sich doch nicht ein, dass es dann einen einzigen Juden wird geben können, der Hitlers Geschäfte besorgt. Der arabischen Sache half eine neue weltpolitische Konstellation; was für eine, meint man, wird uns noch helfen? Und gelänge es, den Schein zu erwecken, dass wir den Demokratien in ihrem Kampf gegen die Diktaturen in den Rücken fallen, so wäre die Wiederherstellung einer besseren Beziehung zu England, ohne Einvernehmen mit dem wir ja hier überhaupt nicht leben und arbeiten könnten, auf absehbare Zeit verhindert. Und unsere Beziehung zu den Arabern? Wir haben zumeist zwischen den Banden und dem arabischen Volk zu unterscheiden gewusst; es ist aber nicht zu hoffen, dass die Araber auf die Dauer zwischen unseren Terroristen und dem jüdischen Volk zu unterscheiden wissen werden; und wie sollen wir dann zur Verständigung mit den Arabern ge-
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langen? Gewiss, jene halten eine solche Verständigung für unnötig, ja für bedenklich; aber nur Illusionspolitiker wie sie, Illusionsfabrikanten, die nichts können, als nach dem Ende einer Illusion schon eine parat halten, die ebenso kurzlebig sein wird, vermögen zu wähnen, unsere Siedlung könne in alle Zukunft ohne ein Friedensabkommen und eine Arbeitsgemeinschaft mit den Arabern bestehen. Wer jetzt, in dieser kritischen Stunde, ein blindes Wüten anzettelt, droht den Jischuw nur zugrunde zu richten; alles, was mit solcher Mühsal, mit solchen Opfern, Stein um Stein aufgerichtet worden ist, würde in dem Chaos, zu dem uns das Pseudo-Simsontum führen kann, Mauer um Mauer niedergerissen werden. Jeder Hieb, den sie gegen Feinde zu führen vermeinen, trifft unseren eigenen Leib. Was sie treiben, ist Selbstmord; aber nicht einer, wie der Simsons, der zugleich mit sich dreitausend Philister begräbt, sondern eine sinnlose Zerstörung all dessen, was hingegebene Geschlechter mit dem Opfer ihrer Lebenskraft aus diesem Boden haben wachsen lassen. Wer mordet wie sie, mordet sein eigenes Volk. Es gilt in dieser Stunde einen Kampf des ganzen Jischuw gegen das Weissbuch, das nicht bloss den Lebensanspruch unseres Volkes und den Entwicklungsanspruch unseres Werkes missachtet, sondern auch die wahren Interessen Palästinas und den Charakter des Friedens, den es braucht, verkennt; es gilt einen geordneten, koordinierten, verantwortlichen Kampf. Dieser Kampf darf weder nach arabischem noch nach irischem Muster geführt werden. (Unsere Verherrlicher des irischen Terrors vergessen, dass es in der irischen Frage – von Ulster abgesehen – nur zwei, nicht wie in unserer drei Parteien gab: Die Tatsache, dass wir zum Unterschied von den Iren eine ungeheure Bevölkerungsmehrheit im Lande uns gegenüber haben, hinter der, teils mit grösserem, teils mit geringerem Nachdruck, die 230 Millionen des Islam stehen, brandmarkt den heute recht beliebten Vergleich als ein heilloses Geschwätz. Übrigens hat Irland nicht durch den Terror, mit dem man geschichtlich allenfalls den arabischen vergleichen könnte, und der bekanntlich unter anderem durch Lord Balfour höchst erfolgreich bekämpft worden war, sondern dank der klugen neoimperialistischen, durch Dezentralisierung neu zentralisierenden Round-Table-Politik Englands die Selbständigkeit gewonnen.) Wir dürfen in diesem unserem Kampf nichts tun, was die Bande zwischen uns und England zerschneidet, nichts, was ein künftiges Übereinkommen mit den Arabern unmöglich macht, nichts, was das Leben des Jischuw in Gefahr bringt. Wir haben das zu verwirklichen, was der Wille zum Wachstum unseres Siedlungswerkes erfordert, nicht weniger und nicht mehr. Das Werkzeug unseres Kampfes bleibt nach wie vor der Spaten, d e r u n e r s c h r o c k e n e S p a t e n . Erdgräber brauchen wir,
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die nicht weichen, nicht Bombenwerfer, deren Hauptkunst das Davonrennen ist. Führer zur Arbeit brauchen wir, die wissen, was sie wollen und wie es zu tun ist; Ordnungsstörer brauchen wir nicht, – die Ordnung, die sie stören, ist die Ordnung unserer eigenen Arbeit.
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Haben wir einen eigenen Weg? Der Grundfehler der zionistischen Aktion hat darin bestanden, dass wir für unsere durchaus eigenartige Kolonisation keine selbständigen politischen Methoden ausgebildet haben. Während wir in unserer kolonisatorischen Arbeit selbst neue Wege beschritten und neue Formen der wirtschaftlichen und sozialen Organisation entdeckten, die unserer besonderen Zielsetzung und den besonderen Bedingungen unseres Werkes entsprachen, haben wir von den Staaten des modernen Abendlandes eine Kolonialpolitik übernommen, die unter ganz anderen Voraussetzungen entstanden war und in unserer Situation in keiner Weise passte. Die Staaten und Handelsgesellschaften kolonisierten aus der Tendenz eines stark konzentrierten Volkes zur Expansion und ihre Unternehmung war auf der steten Bereitschaft zu Intervention einer der kolonialen Bevölkerung technisch weitaus überlegenen Militärmacht begründet. Wir kolonisieren aus der Tendenz eines völlig zerstreuten und kernlosen Volkes zur Konzentration und haben keine Militärmacht einzusetzen. Die Vorstellung gewisser Gruppen, diese sei durch eine sog. Legion zu ersetzen, ist eine romantische Illusion. Legionen können im Zeitalter des technischen Krieges nur im Gefolge einer wirklichen Militärmacht operieren, und nur solange sie von dieser technisch ausgerüstet werden und die gegenüberstehende Bevölkerung nicht von einer anderen Militärmacht technisch ausgerüstet wird, mit anderen Worten, also in unserem Falle, solange sich die weltpolitischen Verhältnisse nicht grundlegend ändern. Wir haben eine Legionspolitik ohne Legion gemacht; d. h. wir haben unsere konzentrierende Kolonisation auf die Militärmacht eines expansiven Staates gestützt. Wir sind dabei von der irrtümlichen Annahme ausgegangen, ein expansives und ein konzentratives Interesse könnten in einem sozusagen natürlichen Bündnis miteinander stehen, das von weltpolitischen Wandlungen unbeeinflusst bleibt. Dem ist nicht so. Der konzentrative Kolonisator ist auf das Land seiner Konzentration angewiesen und daran gebunden; der expansive kann nötigenfalls eine unbequem gewordene Position räumen oder beschränken, er kann Verbindungen umordnen, die einen reduzieren, die andern ausgestalten, je nach Bedarf. Für den Augenblick, wo das britische Reich in einer veränderten weltpolitischen Lage ein zweites Ägypten östlich des Suezkanals brauchen würde oder glaubte, es brauchen zu können, war zu erwarten, dass es versuchen würde, es sich von den Arabern oder einem Teil von ihnen liefern zu lassen; wir können es ihm nicht liefern. Ich bin zwar der Ansicht, dass die Araber, die es liefern könnten, es nicht liefern werden; es
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scheint mir, dass die britische Führung in dieser Stunde die Beziehungen zwischen den einzelnen arabischen Staaten nicht richtig sieht und daher unrichtig manövriert; aber das ändert nichts daran, dass unsere Lage jetzt so ist wie sie ist. Über den an uns begangenen »Verrat« klagen mag propagandistisch zweckmässig sein, vielleicht auch das nicht, politisch ist es jedenfalls wertlos. Wir haben die Zionsfahne einem Unternehmen zur Verfügung gestellt, das ohne sie nicht gelingen konnte, und beschweren uns nun darüber, dass der Unternehmer heute, da er die Fahne nicht mehr braucht oder sie nicht mehr zu brauchen glaubt, sie zu kostspielig findet und den darüber abgeschlossenen Vertrag entsprechend interpretiert. Haben wir bis heute nicht gewusst, dass die Weltpolitik der Mächte in dieser Zeit eine Sache der Interessen der jeweiligen Stunde und nicht eine Sache der Grundsätze ist? Unser Fehler war, dass wir das Schema der modernen Kolonialpolitik, in dem es nur zwei Parteien gibt, eine die die Kolonisation übt und eine die die Kolonisation erleidet, blind auf unsere so völlig andersartigen Absichten anwandten und uns somit einer Partei, dem Inhaber der Macht, anschlossen und uns ganz und gar seiner Macht übergaben. Die Folge war, dass wir uns zu Handlangern eines Imperialismus abstempeln liessen, mit dem unsere Sache nicht wesensmässig verbunden war. Und es ist ja bekannt, wie fragwürdig die Lage von Agenten von beiden Seiten ist. Wir galten als Agenten des britischen Imperialismus noch, als es ihn eigentlich nicht mehr gab, d. h. als an seiner Stelle unter dem alten Namen Imperium eine Assoziation zur Freihaltung des Handels in der Welt getreten war. Was hatten wir also zu tun gehabt? Wir hatten einerseits von der Macht, der ein Mandat über Palästina übergeben werden sollte mit der ausdrücklichen Begründung, unsere Siedlung zu fördern eine, eine einzige unbedingte Zusicherung zu erlangen: dass sie unser Recht auf freie Einwanderung und freien Bodenkauf anerkenne und niemals etwas unternehmen würde, uns dieses Recht zu verkürzen. Eine solche einfache und eindeutige Zusicherung wäre nicht mehr so leicht wegzuinterpretieren gewesen. Anderseits aber hatten wir von den Arabern die Anerkennung desselben Rechts zu erlangen, ebenso einfach und eindeutig, und diese Anerkennung musste ebenso wie jene Zusicherung von einer internationalen Instanz bestätigt werden. Diese Anerkennung konnte naturgemäss nur als Ergebnis von Verhandlungen auf Grund eines umfassenden Kolonisationsprogramms erfolgen, eines Programms, in dem das Wesen und die Aufgabe unserer konzentrativen Kolonisation einen zulänglichen Ausdruck gefunden hätten. Ein solches Programm war demgemäss nicht auf Palästina allein zu beschränken. Zu einem Zentrum dieser Art gehört ein fester Ring, der es umschliesst.
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Dieser Ring konnte nur gebildet werden durch ein Einströmen von produktivem, jüdischem Element in die arabischen Länder und das bedeutete: durch eine programmierte Mitwirkung jüdischen Kapitals und jüdischer Arbeit am wirtschaftlichen Aufbau des arabischen Vorderasien. Das historische Schicksal solcher Mitwirkung, dass wir nämlich ausgeschaltet würden, nachdem wir unser Werk geleistet hätten, brauchten wir dann nicht zu befürchten, wenn ein historisches Novum von uns geschaffen würde, wenn nämlich im Mittelpunkte dieses Werkes eine starke eigene Position, die palästinensische, stünde. Man muss sich klar machen, dass Palästina damit nicht bloss das organische Zentrum des jüdischen Volkes, sondern auch das eines aufsteigenden Orients würde. Selbstverständlich hätten solche Verhandlungen nicht mit einigen Notabeln geführt werden können, und die Anerkennung, die ich meine, hätte auch nicht in der Form des Privatbriefs eines arabischen Fürsten erfolgen können. Wir brauchten einen adäquaten Verhandlungspartner; wenn er nicht da war, mussten wir ihn fordern, mussten wir ihn als eine zuständige Vertretung des ganzen Arabertums sich organisieren helfen. Natürlich war auch mit einer Vertreterschaft der palästinensischen Araber selbst über Leistung und Gegenleistung zu verhandeln; es wäre in der Konsequenz des Programms gelegen, sie an unserer palästinensischen Aufbauarbeit zu beteiligen, auf allen Gebieten organisative Formen einer Gemeinsamkeit der Interessen zu finden. Das kleine Programm, das wir aufstellten, führte zum Kampf gegen die arabische Arbeit; ein grosses hätte ihre Beteiligung nicht allein erlaubt, sondern notwendig gemacht. Das gleiche gilt auf dem politischen Gebiet. Das kleine Programm führte zu einer Betonung des Bedürfnisses nach der Erlangung einer Mehrheit im Lande; das grosse hätte gezeigt, dass es eine Kooperation von Völkern geben kann, bei der die Frage des numerischen Verhältnisses ganz unwichtig wird. Es wäre im Wesen unserer eigenen Kolonialpolitik gelegen, zu neuen politischen Formen zu führen, die auch dann standhalten würden, wenn Palästina sich einem föderativen Länderverband einfügte. Alles, was ich hier sage, ist schon vor 20 Jahren von mir und meinen Freunden gesagt worden, zu einem grossen Teil in der Öffentlichkeit, besonders aber in den Ausschüssen der zionistischen Kongresse und in Beratungen zionistischer Gruppen. Es ist nicht zur Wirkung gelangt. Ich mache mir heute den Vorwurf, dass ich mich damals von dem bei uns allgemein herrschenden Vorurteil gegen die Öffentlichkeit habe beeinflussen lassen. Wahrscheinlich wäre, wenn wir dieses Vorurteil überwunden hätten, uns eine grössere Wirkung gewährt gewesen. Wir stellten das
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Gebot der zionistischen Disziplin über das unserer eigenen politischen Einsicht; das hat sich als schwerer Fehler erwiesen. Heute, wenn wir auf unsere damaligen Vorschläge und Warnungen hinweisen, wird uns vielfach entgegengehalten: Nun ja, ihr mögt ja recht gehabt haben, aber nun ist eben alles geworden wie es geworden ist, nun ist kein Einvernehmen mit den Arabern zu erzielen, es sei denn eines, das eine Abdikation bedeutet, das einen Verzicht auf den vitalen Anspruch unserer Siedlungsarbeit einschliessen würde. Da bleibt eben nichts übrig als der rücksichtslose Kampf, komme was da wolle, der Kampf um unser Leben. Diese Erwiderung ist nichts als ein neues Ausweichen vor der grossen schweren Aufgabe eines grösseren Zionismus. Gewiss, echte Kooperation ist nur auf der Grundlage echten Vertrauens möglich, und wir haben tausend Keime des Vertrauens zerstört. Gewiss ist die Aufgabe noch ungeheuer viel schwerer geworden als sie war. Aber es ist nicht wahr, dass sie unerfüllbar geworden wäre. Es kommt darauf an, sich heute trotz allem für die Richtung zu entscheiden, in der man suchen und versuchen, in der man wagen und werben will. Eine grosse Entscheidung dieser Art ist fruchtbar. Schlagen wir unbeirrt, unabgelenkt eine Richtung ein, so wird sich zeigen, dass man in dieser Richtung auch wirklich gehen kann. Es ist nicht wahr, dass heute die Idee einer konzentrativen Kolonisation keinen grossen politischen Ausdruck mehr finden kann; sie wird ihn finden, wenn wir sie ganz ernstnehmen. In dem Augenblick, wo wir erkennen, dass es für dieses Land kein Heil gibt, es sei denn auf der Grundlage eines umfassenden Bündnisses zweier Völker, werden wir die Möglichkeit gewinnen, auch den Arabern zu zeigen, dass es so ist. Mit Taktik irgendwelcher Art ist nichts mehr auszurichten, mit der Wahrheit alles.
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Falsche Propheten Als Chananja das Joch vom Halse Jeremias nimmt, es zerbricht und dem Volke erklärt, so werde nach zwei Jahren Gott das Joch Nebukadnezars vom Halse aller Völker zerbrechen, geht Jeremia schweigend von dannen. Erst als Gott dann ihn mit einer Botschaft an Chananja schickt, geht er zu ihm und sagt ihm, was er ihm zu sagen hat. Immer wieder, wenn ich an diese Stelle komme, werde ich von neuem erschüttert und belehrt. Jeremia ist unter den Propheten der, der sich vom Mutterleib an zu seinem Amt auserlesen weiß – der Schwere der Geschichtsstunde und ihrer Entscheidungen gemäß. Er hat verspürt, daß die Hand Gottes seinen Mund berührt und ihn damit befähigt, Gottes Worte zu sprechen. Er hat von Gott selber gehört, er habe ihn »über die Völker, über die Königreiche« bestellt, ihm also werde jeweils das göttliche Urteil, das sich in der Geschichte verwirklichen soll, mitgeteilt. Und nicht genug daran: das Joch, das Chananja zerbrach, hatte Jeremia auf das Geheiß Gottes seinem Halse aufgeladen zum Zeichen, daß die Völker in dieser Geschichtsstunde durch Gottes Willen Nebukadnezar, dem sonderbaren »Knechte« Gottes, untertan seien. Und dennoch, trotz alledem, schweigt er, da das Joch zerbrochen ward, und geht. Er geht, um auf das Wort Gottes zu horchen. Warum geht er? Offenbar doch, weil er, trotz allem, nicht Bescheid weiß. Jeremia hat ihn reden hören, wie einer redet, der Bescheid weiß. Aber er, Jeremia, weiß, trotz allem, nicht Bescheid. Gewiß, Gott hat vor einer Stunde zu ihm gesprochen. Aber jetzt ist eine andere Stunde. Geschichte geschieht, und Geschichte bedeutet, daß eine Stunde nicht der anderen gleicht. Gott handelt in der Geschichte, und Gott ist nicht ein Apparat, der, einmal aufgezogen, so lange gleichmäßig läuft, bis er abgelaufen ist, sondern er ist ein lebendiger Gott. Auch das Gotteswort einer Stunde, dem man dadurch gehorcht, daß man sich ein Joch um den Hals legt, darf man nicht als ein Plakat dranhängen. Gott hat eine Wahrheit, die Wahrheit; aber er hat kein System. Seine Wahrheit äußert sich in seinem Willen; aber sein Wille ist kein Programm. Gott hat einen Willen für die Menschenwelt dieser Stunde; aber die Menschenwelt ist von ihm ebenfalls mit einem Willen begabt, mehr noch, sie ist von ihm in einem hinreichenden Maße mit der Macht ausgestattet, diesen Willen auszuführen; sie kann sich also in dieser Stunde ändern, und Gott, der sich um sie, um ihren Willen und um ihre möglichen Änderungen innig bekümmert, kann, wenn sie sich ändert, seinen Willen für sie ändern. Das heißt: die geschichtliche Wirklichkeit kann eine andere geworden sein. Man darf sich nicht auf sein Wissen
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verlassen. Man muß fortgehn und von neuem horchen. Jeremia weiß nicht Bescheid. Er weiß, daß er nicht Bescheid weiß. Dergleichen erzählt uns Sokrates von sich. Aber Jeremia unterscheidet sich von Sokrates dadurch, daß er dazu noch weiß, er könne von Zeit zu Zeit etwas erfahren. Auch Sokrates vernimmt zuweilen, wie er uns erzählt, die Stimme des Daimonions; aber es sagt ihm immer nur, was er nicht zu tun hat. Die Stimme, von der Jeremia etwas erfährt, sagt ihm, was er zu tun und was er zu sagen hat. Wenn man einmal die Stimme Chananjas hört und die Stimme Gottes nicht hört, vielleicht weil »die Stimme des verschwebenden Schweigens« (I. Könige 19, 12) von jedem Chananja übertönt werden kann, tut man gut, fortzugehen und zu horchen. Chananja weiß Bescheid. Er weiß die Wahrheit nicht, weil er Bescheid weiß. Was bedeutet das? Er sagt, Gott habe gesprochen, er werde das Joch des Königs von Babel zerbrechen. Woher weiß er das? Er sagt nicht, Gott habe zu ihm gesprochen. Er, der falsche Prophet, lügt nicht. Chananja ist kein Lügner, er sagt die Wahrheit, die er weiß; das Schlimme ist nur, daß er keine weiß und keine wissen kann, weil er nie verstanden hat, was das heißt, fortzugehen und zu horchen. Man hat ihn mit Recht eine Karikatur Jesaias genannt. Mehr noch, er ist ein Papagei Jesaias. Jesaia hatte Gottes Willen verkündigt, Assurs Joch vom Halse Judas weg zu zerbrechen (10, 27). Daraus schließt Chananja, Gott habe versprochen, das Joch Babels zu zerbrechen; denn die Lage ist doch die gleiche. Aber die Lage ist nicht die gleiche. Als Jesaia das Wort gesprochen hatte, war Israel eine geschichtliche Aufgabe zugedacht, nicht was man eine religiöse Aufgabe zu nennen pflegt, sondern eine das ganze Volksleben durchdringende innerpolitische und außenpolitische Aufgabe; es wurde von der Generation Hiskias erwartet, daß sie diese Aufgabe annehme und erfülle; es sah aus, als ob sie sie annehmen und erfüllen wollte. Das ist nicht geschehn. Von der Generation Josias, die sie annahm, war die Aufgabe den geänderten geschichtlichen Voraussetzungen nach nicht mehr zu erfüllen. Was sich aus dem Mißglücken ergab, hat zu der Lage geführt, von der aus und für die Jeremia die Forderung ausgesprochen hat, nunmehr das Schicksal anzunehmen und es durch vollkommene Umkehr in seinem letzten Sinn zu erfüllen, also das Joch Babels auf sich zu nehmen und in der Unfreiheit die neue Freiheit, die wahre Freiheit zu bereiten. Später, nach der Katastrophe, nach dem Beginn des Exils, hat Jeremia demgemäß einem sich wandelnden Geschlechte selber das Zerbrechen des Jochs Babels von seinem Halse weg verheißen; so war es wahr geworden. Aber Chananja wußte von alledem nichts. Für ihn war Gott ein prinzipientreuer Mann, der sich durch sein Jesaia gegebenes Versprechen festgelegt hatte. Er hatte zugesagt, er wolle »diese Stadt«
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schützen; so lassen ihn nun, in dieser ganz anderen Geschichtsstunde, die falschen Propheten sagen, er wolle Israel »an diesem Ort« einen wahren Frieden geben. Chananja weiß nicht, daß es so etwas, eine ganz andere Geschichtsstunde, gibt. Er weiß nicht, daß es Schuld gibt, Schuld, durch die man die Aufgabe einer Stunde versäumt; darum weiß er nicht, daß etwas, was war, nun nicht mehr ist. Er weiß freilich auch das nicht, daß es Umkehr gibt, durch die man eine Möglichkeit, die soeben noch nicht bestand, empfängt. Er kennt die geschehende Geschichte nicht. Er kennt nur das rollende Rad, nicht die Waage und das Zünglein an der Waage, das wie ein Menschenherz zittert. Chananja ist ein aufrichtiger Patriot; Patriot sein heißt seiner Überzeugung nach so wie er sein. Seiner Überzeugung nach fehlt es Jeremia an Vaterlandsliebe; denn wie könnte er sonst seinem Volke zumuten, den Hals unters Joch zu legen? Aber Jeremia hat die konkrete Sorge um das, was ist: »Warum soll diese Stadt eine Ruine werden?« (Jeremia 27, 17). Chananja hat keine solche Sorge; dafür hat er seinen Patriotismus, der solche Sorgen nicht gestattet. Was er Vaterland nennt, ist ein politischer Begriff; Jeremias Vaterland ist eine Menschensiedlung, lebendig und sterblich. Sein Gott will nicht, daß sie sterbe. Unterm Joch will er sie am Leben bewahren. Chananja hält sich für einen großen Politiker; denn es gelingt ihm seiner Überzeugung nach, in der Stunde der Gefahr die Widerstandskräfte des Volkes aufrechtzuhalten. Tatsächlich aber gelingt es ihm nur, eine Illusion aufrechtzuerhalten, mit deren Zusammenbruch die ganze Kraft des Volkes zusammenbrechen wird. Jeremia will Israel eben davor retten. Es gibt keinen anderen Weg zum Heil als den steilen und steinigen über die Erkenntnis der Wirklichkeit. Die Füße bluten, und der Schwindel droht, aber es ist der Weg. Die wahren Propheten sind die eigentlichen Realpolitiker; denn sie verkündigen ihre politische Botschaft von der ganzen geschichtlichen Wirklichkeit aus, die zu schauen ihnen gegeben wird. Die falschen Propheten, die Illusionspolitiker, reißen mit der Macht ihres Wunsches einen Fetzen aus der geschichtlichen Wirklichkeit und weben ihn in ihre bunte Illusion ein. Wenn sie ihre Suggestivwirkung ausüben wollen, zeigen sie die prächtigen Farben vor; und wenn man sie nach dem Wahrheitsgehalt fragt, ziehen sie den Fetzen nach oben. Die falschen Propheten haben es durch ihre Illusionspolitik schon in den Tagen Hiskias verhindert, daß die zuständigen Menschen sich der ungeheuren Aufgabe ganz bewußt wurden und daß sie sich entschlossen, sie wirklich anzunehmen und das Volk zu ihrer Erfüllung zu erziehen. Sie haben von Jesaias Botschaft nur die Verheißung ohne die in jeder pro-
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phetischen Heilsbotschaft eingeschlossene Bedingung für ihre Dauer populär gemacht, sie haben aus der sicheren Verheißung für ein seine Aufgabe erfüllendes Israel die unbedingte Verheißung der Sicherheit für alle Zeit gemacht. Als nun infolge der Herrschaft dieser Illusion alles gekommen ist, wie es gekommen ist, wirken sie der Betretung des jetzt noch offenen Wegs, das Schicksal anzunehmen und es dadurch zu verwandeln, durch die Anpassung alter und Herstellung neuer Illusionen entgegen, die verblenden, Wege vorgaukeln, wo keine sind, und den einzigen offenen übernebeln. Davor steht Jeremia mit seinem ohnmächtigen Wort. Wie arm ist die eine Wirklichkeit den tausend Träumen gegenüber! Die falschen Propheten sind nicht gottlos. Sie beten den Gott »Erfolg« an. Sie bedürfen selber immerzu des Erfolgs und erlangen ihn, indem sie ihn dem Volk verheißen; aber sie sind auch ehrlich um den Erfolg für das Volk beflissen. Die Sucht nach dem Erfolg beherrscht ihre Herzen und bestimmt, was daraus aufsteigt; das ist’s, was Jeremia »den Trug ihrer Herzen« nennt: sie trügen nicht, sie werden getrogen und können in keiner anderen Luft atmen als in der dieses Trugs. Die wahren Propheten kennen den kleinen aufgeblasenen Götzen Erfolg durch und durch; sie wissen, daß zehn Erfolge, die nichts als Erfolge sind, eine Niederlage ergeben können, hingegen zehn Mißerfolge, wenn der Geist sich in ihnen bewährt, einen Sieg. Sie selber können, so wie sie zum Volke reden, zumeist keinen Erfolg erringen, alles, was erfolgssüchtig ist im Volk, widerstrebt ihnen; aber wenn sie in die Grube geworfen werden, steht alles in Flammen, was es noch an Seele in Israel gibt, und in aller Stille beginnt die Umkehr, die mitten in der tiefsten Not zur Erneuerung führen wird. Der falsche Prophet lebt vom Traum aus und verfährt, als ob der Traum die Wirklichkeit wäre. Der echte Prophet lebt vom wahren Worte aus, das er vernimmt, und muß es behandeln lassen, als ob es nur für irgendeine »ideologische« Sphäre, »Moral« oder »Religion«, aber nicht für die Wirklichkeit des öffentlichen Lebens Geltung hätte. Wir haben in dieser Stunde keinen Jeremia. Wir haben auch keinen Micha ben Jimla (I Könige 22,8). Aber Chananja oder seinem etwas weiter rechts stehenden Gesinnungsgenossen Zidkija, dem Sohn Kenaanas mit dem Hörnerpaar aus Eisen oder Pappe auf der Stirn und eitel Wind im Munde, begegnest du an jeder Straßenecke, in glänzender und in unscheinbarer Gestalt – es ist immer derselbe. Sieh ihm ins Gesicht wie einer, der sagt: »Ich kenne dich«! Er wird das Auge nicht niederschlagen. Aber wenn er das nächstemal wieder seinen Traum träumt, wird er sich mitten darin vielleicht
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von deinem Blick getroffen fühlen und aufschrecken. Und wenn er das nächstemal wieder seinen Traum als das Wort Gottes erzählt, wird er sich vielleicht verheddern und innehalten. Wohl nur einen Augenblick lang. Aber solche Augenblicke der anfangenden Besinnung sind wichtig.
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Brief an die Institutionen Am 23. Adar I sandte ich diesen Brief an die Jewish Agency und den Wa’ad le’umi. Ich habe als Reaktion nur eine Empfangsbestätigung seitens des Wa’ad le’umi erhalten. 5
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Sehr geehrte Herren! Unter dem Eindruck der Ereignisse der letzten Tage wende ich mich an die verantwortlichen Institutionen der Bewegung und des Jischuw mit folgenden Fragen: 1. Ist den verantwortlichen Institutionen bekannt, dass man noch niemals, seit es in Großbritannien eine parlamentarische Regierung gibt, die die Regierung unterstützende Mehrheit des Parlaments in einer Zeit des Notstands durch Straßendemonstrationen beeinflussen konnte? Ist ihnen bekannt, dass jedenfalls nichts so sehr auf die entscheidenden Kreise in England wirkt, wie die sichtbare Fähigkeit der Führer eines Teiles der Bevölkerung, die Massen in einer Stunde besonderer Erregung zu zügeln, und dass daher die Demonstrationen der letzten Tage die erklärte Politik der Jewish Agency untergraben? 2. Falls die Institutionen trotz der historischen Präzedenzfälle einen parlamentarischen Erfolg der Demonstrationen für möglich halten: ist ihnen klar, dass sich daraus nicht nur eine äußerst starke Verstimmung der palästinensischen Behörden ergeben würde, sondern dass ein solcher Pyrrhus-Sieg, wie wir ihn seinerzeit über die Verfassungsvorschläge von Sir Arthur Wauchope errungen haben, naturgemäß arabische Gegendemonstrationen nach sich ziehen und damit wieder die Straße die politischen Entscheidungen beeinflussen würde? Ist ihnen klar, dass die Gegendemonstrationen erfolgreicher als ihre eigenen sein werden, solange die Möglichkeit besteht, dass der Orient in den Krieg verwickelt wird, und die Verteidigung der Flanken das Gebot der Stunde ist, da die arabischen Herrscher in diesem Krieg – in völligem Gegensatz zu uns – mehr oder weniger die Freiheit der Wahl haben, sich auf Seiten Englands zu beteiligen, unparteiisch zu bleiben oder sich sogar einem Gegner Englands im Orient anzuschließen und es sich da nur um eine der beiden antisemitischen Mächte, Deutschland oder Italien, und vielleicht um das antizionistische Russland handeln kann?
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Brief an die Institutionen
3. Stellt nach Ansicht der Institutionen die Veranstaltung solcher Demonstrationen in dieser Stunde ein geeignetes Mittel dar, um unser Volk wirksam im Sinne unserer Sache zu beeinflussen, oder können diese nicht im Gegenteil in der Masse Illusionen nähren oder erzeugen, die schädlich sind und deren späteres Scheitern zu einer inneren Zerrüttung des Jischuw führen kann? 4. Werden nicht nach Ansicht der Institutionen durch solche Demonstrationen die seit Kriegsausbruch verstärkten Möglichkeiten, doch noch zu einer Verständigung mit den Arabern zu gelangen, aufs äußerste gefährdet? Und wenn, wie man annehmen darf, besonders nach Bildung eines Sonderausschusses bei der Exekutive Schritte zur Förderung einer solchen Verständigung unternommen wurden, was hat die Institutionen dazu bewogen, Demonstrationen zu dulden, die ihre eigene Politik zunichtemachen? 5. Wenn die Institutionen, wie ich gehört habe, die Verantwortung für die Demonstrationen ablehnen, ist ihnen bekannt, dass die Jugend mit dem Bewusstsein auf die Straße ging, damit einer von den verantwortlichen Institutionen ausgegebenen Losung zu folgen? Und wenn das bekannt ist, was haben sie getan, um der Jugend zu vermitteln, dass diese Meinung irrig ist? 6. Wenn die verantwortlichen Institutionen der Bewegung und des Jischuw für die Demonstrationen nicht verantwortlich sind, wer ist dann für sie verantwortlich? Beabsichtigen die Institutionen die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen? Darf man es nach Ansicht der Institutionen, zumal in einer solchen Stunde, dulden, dass es außerhalb der Institutionen Kreise oder Persönlichkeiten gibt, die imstande sind, Losungen auszugeben, die als Losungen der Institutionen verstanden werden? Und wenn das, wie ich annehme, auch nach Ansicht der Institutionen nicht geduldet werden kann, haben diese die erforderlichen Anweisungen gegeben, um eine fortdauernde Machtstellung dieser Kreise oder Persönlichkeiten zu verhindern? Mit Hochachtung M. Buber
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Über eine verfälschende Kritik
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Der Artikel von Elieser Liebenstein »Randbemerkungen zu einer Broschüre« (»Davar«, Nr. 4528/4529) ist geradezu beispielhaft dafür, wie man eine Kritik nicht schreiben soll. Der Verfasser kritisiert nicht Äußerungen aus den Artikeln des Heftes, sondern solche, die gar nicht in dem Heft vertreten werden. Zuerst legt er sich durch Entstellungen Meinungen und Deutungen dieser Äußerungen zurecht, die einfach zu widerlegen sind und danach widerlegt er sie. Hier begnüge ich mich mit zwei Punkten, die mich betreffen: 1. Ich schrieb im »Brief an die Institutionen«: »Ist den verantwortlichen Institutionen bekannt, dass man noch niemals, seit es in Großbritannien eine parlamentarische Regierung gibt, die die Regierung unterstützende Mehrheit des Parlaments durch Straßendemonstrationen in einer Zeit des Notstands beeinflusst hat?« Ich hob die Worte Zeit des Notstands hervor, um vollkommen klar zu machen, wovon die Rede ist. Diesen Satz ersetzt Liebenstein durch den folgenden: »Niemals hat man das britische Parlament durch Straßendemonstrationen und Ordnungsstörungen beeinflusst«, den er dann so erklärt: »Selbst die Demonstration als politisches Mittel ist im Rahmen des britischen Imperiums untauglich und ihr Untauglichsein gilt nicht nur für bestimmte Umstände, sondern für alle.« Ist das nicht ein vollendetes Beispiel für eine methodische Fälschung? Was ich sagte, ist vollkommen richtig, während das, was mir in den Mund gelegt wurde, selbst für jemand, der kein Geschichtskenner ist, sich sofort als unzutreffend erweist. In der Folge fällt es Liebenstein sodann leicht, zu widerlegen, was ich gar nicht vertreten habe. Dem Leser seines Artikels, der nicht den meinen gelesen hat, wird nicht klar werden, was ich im Sinn hatte, nämlich klarzumachen, was in der Zeit des Notstands und besonders während dieses Kriegs die angemessene Verhaltensweise ist. 2. Mit meinem Artikel »Falsche Propheten« verfährt er anders und anscheinend aufrichtiger, aber nur anscheinend. Er lässt hier nicht die Hauptsache weg, sondern zitiert Wort für Wort. Demgegenüber verbiegt er mit Fleiß den Sinn des Satzes, den er abhackt. Ich sagte, dass Chanaja einen »politischen Begriff« nennt, d. h. einen Begriff, der in das Siegel eines bestimmten politischen Zieles eingetaucht ist, das ich genau so, mit dem Wort Vaterland bezeichne, im Gegensatz zu Jeremia, der auf das wahre Vaterland verweist, das eine echte Menschensiedlung ist, die natürlich auch politisch gegründet ist. Liebenstein erklärt meine Worte so, als ob ich die politischen Grundlagen der nationalen Existenz leugnen
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Über eine verfälschende Kritik
würde, und erteilt mir eine Lektion in der Geschichte des Zionismus, Gegenstände, die in fast allen meinen zionistischen Schriften im Verlauf von vierzig Jahren enthalten sind. In meinem Artikel über falsche Propheten stelle ich ihrer Illusionspolitik gerade die wahre Realpolitik der Propheten gegenüber. So schreibe ich: »Die wahren Propheten sind die eigentlichen Realpolitiker; denn sie verkündigen ihre politische Botschaft von der ganzen geschichtlichen Wirklichkeit aus, die zu schauen ihnen gegeben wird.« Auf die vielen Leser, die meinen eigentlichen Artikel nicht gelesen haben, muss die Kritik von Liebenstein als Warnung vor den schrecklichen Ideologen wirken, die die politischen Grundlagen der zionistischen Forderung nicht verstehen und die die Persönlichkeiten, die sie verstehen und sie repräsentieren, gering schätzen. Während in der kleineren Gruppe von Lesern, die meinen Artikel kennen, die Kritik von Liebenstein notwendigerweise Erstaunen und sogar Erbitterung hervorruft. Oder sollte es, weil der zahlenmäßige Unterschied zwischen beiden Gruppen so groß ist, keine Notwendigkeit geben, dass der Kritiker die Wirklichkeit der kleinen Minderheit berücksichtigt?
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»Defaitismus« Zu einer Diskussion
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Im politischen Meinungskampf gibt es verschiedene Mittel, und seltsam: je leichter eins anzuwenden ist, um so wirksamer ist es, – wenn nicht auf die Dauer, so doch im Augenblick der Anwendung. Das schwierigste und am wenigsten wirksame ist: seine Meinung sachlich begründen. Leichter und wirksamer ist es, seiner Entrüstung über die gegnerische Meinung pathetischen oder seiner Geringschätzung ironischen Ausdruck zu verleihen. Aber am besten tust du, mit überlegener Gebärde deinem Antagonisten eine Etikette anzukleben. Sage in der richtigen Vortragsweise: »Meine Herren, dieser Mann ist ein Ideolog«, und du siehst einen erheblichen Teil deiner Hörer, vor Befriedigung strahlend, auf deiner Seite. Wie dieser Teil beschaffen ist, das ist eine andere Frage. Vor kurzem habe ich in einer Aussprache eines geschlossenen Kreises darauf hingewiesen, wie ein auf lange Sicht hin entworfener Plan von den Tatsachen überholt wird. Wer in einer durch solche Tatsachen gründlich veränderten Situation wirklichkeitsblind an jenem wie an einem unerschütterlichen Felsen festhält, statt ihn entsprechend umzuarbeiten und umzuformulieren, wird zusammen mit ihm zerbrechen. Einer Idee dienen heisst nicht, sich in einen Plan oder ein Programm verbeissen; der dient ihr wahrhaft, wer auf die wechselnden Situationen achtet und den Urkern seiner Zielsetzung in dem jeweils gegebenen Stoff, in der jeweils möglichen Gestalt zu verwirklichen bestrebt ist. Nicht der hält der Idee die echte Treue, wer jede Überprüfung des einmal Festgelegten ablehnt, ohne in die veränderte Welt, die ihn umstellt hat, hineinsehen und hineinhören zu wollen, sondern der tut es, wer dem Entscheidungscharakter der Stunde Rechnung trägt, den von den Tatsachen durchlöcherten Formelnpanzer abstreift und einen wahrhaft politischen Vorstoss in Neuland wagt, einen Vorstoss, der die neue Lage zugleich ausdrückt und zu beeinflussen beginnt. Vom taktischen Gesichtspunkt aus ist es leicht, seine Handlung zu rügen; strategisch ist die Chance sein. Ein Redner, der nach mir sprach, fand meine Worte nicht bloss unzutreffend, sondern auch bedenklich. Politisch betrachtet, erklärte er, sei eine solche Ansicht geradezu als Defaitismus zu bezeichnen. Diese Etikettierung erhielt einen interessanten Rahmen durch eine andere Entgegnung des Redners. Ich hatte auf die Verwilderung und Verwüstung unserer Gemeinschaft durch den sich ungezügelt ausbreitenden inneren Terror hingewiesen. Darauf wurde mir geantwortet, wir hätten eben keine Staatsgewalt, die in kritischer Stunde, wo die freie Meinungsäusserung
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beschränkt werden müsse, imstande wäre, Elemente, die sie in ihrer Aktion stören, an der Fortsetzung solcher Störung zu verhindern, indem sie sie – wenn auch etwa in einer humanen oder sogar courtoisen Form – »einsperrt«. (Als Beispiel aus unseren Tagen wurde, als ich in einem Zwischenruf auf die immer noch bewundernswürdig grosszügige Meinungsfreiheit in England hinwies, Oswald Mosley genannt, wobei der Redner nur zu erwähnen unterliess, dass diese Persönlichkeit des Einvernehmens mit einer feindlichen Macht bezichtigt worden ist.) Da uns die Staatsgewalt fehle, sei es zu begreifen, dass in Zeiten wie diese, andere Verbände, freilich unverantwortliche und unfassbare, die der Obrigkeit zukommende Funktion übernehmen und, freilich mit andersartigen Mitteln, erfüllen. Da die sehr vorgerückte Stunde mir nicht erlaubte, auf die, wie gesagt, ihrer ganzen Art nach recht interessanten Argumente, oder wie man es sonst nennen will, zu erwidern, trage ich nun, was ich zu sagen habe, in der Öffentlichkeit nach. Ich tue es gern, weil der Gegenstand mir, weit über den Einzelfall hinaus, die Aufmerksamkeit der um die innere Gesundheit unserer Gemeinschaft Besorgten zu verdienen scheint. Defaite heisst bekanntlich Niederlage. Als Defaitist wäre also eigentlich einer zu bezeichnen, der die Niederlage, d. h. die Niederlage seiner Gruppe – seines Volkes oder seiner Partei oder dgl. –, wenn nicht etwa gar seine eigene, wünscht und anstrebt. Im Sprachgebrauch geht man nicht so weit, sondern versteht unter »Defaitist« einen, der eine Niederlage seiner Gruppe erwartet, sie im Geist vorwegnimmt, sie ankündigt und eben damit – durch Schwächung der Widerstandskraft der Seinen und Ermutigung des Feindes – sie fördert. Wen man als Defaitisten bezeichnet, den will man somit als Verräter an der Sache seiner Gruppe kennzeichnen. Es gibt naturgemäss nur sehr wenige Etiketten, die in kritischen Zeiten noch aufreizender sind als diese. Aber rücken wir dem Sachverhalt selber zu Leibe. Es ist ja gar nicht wahr, dass ich und meine Freunde eine »Niederlage« unseres Volkes erwarteten; vielmehr befürchten wir für seine Sache einen Rückschlag nur dann, wenn es sich weiter an einige illusionäre oder illusionär gewordene Formeln klammert, statt die Lage zu erkennen, auf sie einzugehen und sie so zu bewältigen suchen. Das ist es, was wir meinen und aussprechen: Mit den Selbsttäuschungen ein Ende machen! Den Tatsachen ins Auge sehen! Das vorbereiten, was allein die drohende Gefahr zu bannen vermag! Wohl, planen, und wohl, von der Idee aus planen, aber eben n e u von ihr aus planen, von der Idee aus so planen, dass man sich den Problemen gewachsen zeigt, vor die die Wirklichkeit, die gegenwärtige Wirklichkeit uns gestellt hat. Zukunft unseres Volkes bereiten, aber
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nicht im Wolkenkuckucksheim der »reinen« Parolen, sondern auf dieser Erde mit ihren Widersprüchen, die aber bewältigt werden können, freilich nicht, wenn man hundertmal hintereinander »Sesam öffne dich!« wiederholt. Für die Defaite arbeiten die erprobten P a t r i o t e n , die das Volk in der Verblendung erhalten. Wir »Defaitisten« arbeiten ihr entgegen. Die auf hartem Weg erkannte Wahrheit zu verschweigen, weil »wer sie hören könnte«, dazu wird uns kein noch so »begreifliches« Verfahren unverantwortlicher und unerfassbarer Instanzen veranlassen. (Aus dem dieser Tage erscheinenden Dezemberheft der Zeitschrift »Bayoth Hayom«.)
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Das Programm des Ichud 1. Der Verband »Ichud« ist a) ein Teil der zionistischen Bewegung, als welcher er bestrebt ist, in Palästina das Nationale Heim des jüdischen Volkes zu errichten; b) ein Teil der weltweiten Bewegung, die eine Neuordnung der internationalen Beziehungen anstrebt, welche darauf ausgeht, die großen wie auch die kleinen Völker zu vereinen, um ein Leben in Freiheit und Gerechtigkeit, ohne Furcht, Unterdrückung und Mangel zu gewährleisten. 2. In diesem Sinne ist der Verband »Ichud« bestrebt, die lebenswichtigen Probleme unseres Landes und dessen Aufbau auf dem Wege der Union des jüdischen und des arabischen Volkes in Angriff zu nehmen. In dieser Richtung wird der Verband »Ichud« den Weg suchen, auf dem die jüdische Welt mit der arabischen Welt auf allen Lebensgebieten – gesellschaftlichen, ökonomischen, kulturellen und politischen – zusammenarbeiten kann, um die semitische Welt wiederzubeleben. 3. Die hauptsächlichen politischen Bestrebungen des Verbandes »Ichud« sind: a) in Palästina eine Regierungsform auf Grund gleicher politischer Rechte für beide Völker auszuarbeiten; b) das Einverständnis der sich ausweitenden jüdischen Ansiedlung und des gesamten jüdischen Volkes für eine föderative Union der Nachbarstaaten und Palästinas darunter einzuholen, welche dazu in der Lage ist, die nationalen Rechte aller Völker innerhalb der Union zu verbürgen; c) ein Bündnis zwischen dieser föderativen Union und einer angloamerikanischen Union als Teil eines zukünftigen Bündnisses aller freien Völker zu schaffen. Ein derartiges Bündnis der freien Völker hat als oberste Instanz die Verantwortung für die Herstellung geregelter Beziehungen und deren Schutz in der neuen Welt nach dem Kriege auf sich zu nehmen.
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Vorwort [zu »In stummen Tagen«]
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Von den drei in dieser Broschüre versammelten Artikeln wurden zwei zurückgewiesen, nämlich »Le’an« und »Chalomot we-atzumot« durch die Vierteljahresschrift Moznajim, dem Organ der hebräischen Schriftstellervereinigung, und nicht nur das, sondern das zweitgenannte war bereits angenommen, gesetzt und vom Verfasser Korrektur gelesen worden. Auf das energische Nachfragen des Verfassers, warum man so verführe, teilte ihm das Komitee der Vereinigung mit, dass die Mehrheit seiner Mitglieder der Meinung sei, dass »die jetzige Stunde nicht geeignet ist, diesen Artikel zu veröffentlichen, trotz seines unbestreitbaren literarischen Werts.« Sicherlich wurde der erste Artikel mit derselben Begründung zurückgewiesen. Dieser Angelegenheit kommt hohe öffentliche Bedeutung zu. Wir sind heutzutage daran gewöhnt, jemandem direkt oder indirekt, auf dem Wege der Aussprache oder mit anderen Mitteln zu erklären: »Solche Dinge darf man nicht zum Ausdruck bringen, darf man nicht veröffentlichen, da dies die nationalen Belange gefährdet.« Jedoch gerade dies ist die Frage, was denn die nationalen Belange sind und wodurch sie gefährdet würden. Menschen, die anderer Meinung sind, dadurch abzustempeln, dass die nationalen Belange ihrem Herzen nicht nah oder nicht nah genug stünden, heißt die allgemeine Atmosphäre zu vergiften. Stimmen wie die, die in den hier veröffentlichten Aufsätzen zum Ausdruck kommen, entspringen gerade jener tiefen Besorgnis, dass das, was heutzutage als nationale Belange dargestellt wird, die wirklichen Belange der Nation ernstlich gefährden könne. Sie entspringen der tief empfundenen zwingenden Notwendigkeit, die wirklichen Belange der Nation den angeblichen, die Wirklichkeit der Illusion gegenüberzustellen. Sie entspringen der tiefen Angst vor dem Schicksal, in das uns die Illusionen führen. Sie entspringen der tief empfundenen Notwendigkeit, zu warnen, solange man noch warnen kann. Wer sagt, »das ist verboten«, hat natürlich eine andere Ansicht von den Belangen der Nation. Aber was haben solche Leute denn im Sinn, wenn sie behaupten, dass eine öffentliche, von ihrer Meinung abweichende Meinungsäußerung die Belange der Nation gefährden könne? Wie können Meinungsäußerungen von Einzelpersonen dazu führen, wenn sie nicht ihre Grenzen, die Grenzen der Meinungsäußerung eines einzelnen, überschreiten? Zwar besitzt sogar die demokratischste Regierung das Recht zu verhindern, dass Staatsgeheimnisse aufgedeckt werden; besonders im Ausnahmezustand hat sie das Recht, Aufhetzung zum Aufstand
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und Sabotage zu unterbinden. Aber welchen Schaden kann nach Ansicht derjenigen, die »verboten, verboten« rufen, das Wissen bringen, dass es einzelne Personen gibt, die nicht mit der allgemeinen Auffassung der Belange Israels übereinstimmen. Stellen sie sich wirklich vor, dass heutzutage, in einer Zeit, in der totalitäre Systeme blühen, das Schweigen in den Augen der Welt als Beweis dafür angesehen wird, dass andere Meinungen nicht existierten? Im Gegenteil, wo ein derartiges Schweigen herrscht, neigt die Welt dazu, sich die von der offiziellen Meinung abweichenden Meinungen viel extremer auszumalen, als sie in Wirklichkeit sind. Es ist noch nicht viel Zeit vergangen, dass einiges von dem, was in den hier vorliegenden Artikeln und sogar darüber hinaus (vergleiche den Artikel von Zemach 1 mit den vorherigen Artikeln der Wortführer) vorgetragen wird, von der anderen Seite, die sie heute als Häresie anprangert, selbst noch vertreten wurde. Wenn wir nach dem Grund dieses Faktums fragen, so antwortet man uns, dass sich die Lage geändert habe, ohne uns zu erklären, wie die Veränderung der Lage zu einer derartigen Änderung des Standpunkts führt. Zwar hat sich die Lage verändert, aber daraus sind ganz andere Schlüsse zu ziehen. Es schadet viel mehr als das es nützt, der Welt, die einen Ausweg aus den politischen Dilemmata sucht, eine »hundertprozentige« Version anzubieten. Manche argumentieren, dass es erforderlich sei, hundert Prozent zu fordern, um schlussendlich hundert minus ein paar Prozent zu bekommen, sie begreifen nicht das Wesen der kommenden Stunde, die nicht mehr im Zeichen des Feilschens stehen wird, sondern im Zeichen der Suche nach konstruktiven Lösungen. Eine so ernste Krise, wie die, in der wir uns befinden, kann man nicht meistern, indem man sich nur an das Motto seines Standpunkts hält, ohne eine andere menschliche Stimme zu hören, und sei sie die des gesunden Menschenverstands. Man kann sie nur meistern, indem einer den anderen reden lässt, man sich miteinander berät, sich gegenseitig hilft, die Wirklichkeit zu erkennen, damit sie uns zusammen auf den Weg leitet. Das neue Selbstvertrauen ist der Nachbar jener Verzweiflung. In der Atmosphäre der Stummheit herrscht nicht die Durchhaltekraft, sondern Hartnäckigkeit, die zerbricht, wenn sie nicht siegt. Im Maximalismus der reinen Forderung, der so verfährt als ob es zwischen Allem und Nichts zu wählen gilt, ist die wahre Gefahr verborgen. Gebt dem Maximalismus der Erkenntnis den Platz: heute das Maß, das heute möglich ist und in der Weise, wie es 1.
Es sei hier besonders darauf hingewiesen, dass Zemach nicht Mitglied von »Ichud« ist.
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möglich ist, so dass morgen mehr möglich sein wird, und immer vor unseren Augen die jeweilige Wirklichkeit, in der wir von Mal zu Mal das Mögliche in die Wirklichkeit umsetzen können.
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Mehrheit oder so viele wie möglich? Randbemerkungen zu einer Rede In seinem Vortrag im Gewerkschaftsrat hat Ben Gurion gesagt: »Die Hauptfrage ist die der Einwanderung, ob Massen von Juden nach Palästina kommen werden.« Doch dem fügte er noch folgendes hinzu: »Nicht nur viele, denn was sind denn schon viele? Wir wollen Mehrheit!« Seiner Auffassung nach bedeutet das zwar auch »Mehrheit im Verhältnis zum gesamten jüdischen Volke«, d. h., dass sich die Mehrheit des Volkes im Lande befinden soll; doch in erster Linie heißt dies natürlich: die Mehrheit innerhalb der Gesamtbevölkerung des Landes. Vor vielen Jahren hatte Sprinzak den Satz formuliert: »Keine Mehrheit, aber viele.« Auch er wollte, dass große Massen einwanderten, doch er interpretierte »Massen« in seiner einfachen Bedeutung. Er wusste ja, was er sagte, als er betonte »keine Mehrheit«. Nun hat Ben Gurion die Sache auf den Kopf gestellt. Weswegen und zu welchem Zwecke? Man kann den Unterschied zwischen der Denkweise Ben Gurions und der unseren nicht besser klarstellen als dadurch, dass man die beiden Begriffe, »viele« und »Mehrheit«, einander gegenüberstellt. Wir streben danach, dass so viele Juden wie möglich nach Palästina einwandern. Im Gegensatz dazu strebt Ben Gurion danach, dass die Juden die Mehrheit im Lande erreichen. In der Tat können »viele« natürlich mit der »Mehrheit« identisch sein, aber die Beziehung zwischen den beiden Begriffen ist nicht eindeutig logisch – da man sich in dieser Hinsicht sogar eine Mehrheit vorstellen kann, ohne dass dies »viele« wären. Im Gegensatz zu Ben Gurion ist die Hauptsache unserer Meinung nach eben nicht die Mehrheit, sondern gerade »viele«: keine proportionale Menge, d. h. im Verhältnis anderen Mengen gegenüber, sondern eine absolute Menge. Sind doch »viele« ein Begriff der Lebensverhältnisse an sich, wohingegen »Mehrheit« nur ein politischer Begriff ist. Im Grunde weist er uns im Bereich der Beziehungen zwischen verschiedenen Nationen darauf hin, dass in Zeiten der E n t s c h e i d u n g diese in den Händen des Mehrheitsvolkes liegt, welches demnach das Schicksal des Minderheitsvolkes bestimmen kann. Gerade dies ist eben nicht das Ziel unserer Bestrebungen. Genauso wenig wie wir wollen, dass unser Schicksal in den Händen unserer Nachbarn läge, wollen wir die Macht haben, deren Schicksal zu bestimmen. Wir verstehen recht gut, dass sie vor uns Befürchtungen hegen, wir verstehen dies im Grunde unserer eigenen Seele. Ben Gurion erklärt zwar, dass mit »unserem Staate«, dem Judenstaat, den er anstrebt, ein Staat gemeint ist, in dem Gerechtigkeit und Gleichheit zwi-
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schen den Nationen herrsche, aber können wir denn von den Arabern erwarten, dass sie dieses Versprechen als eine Verpflichtung akzeptieren, die die Zukunft unseres Volkes an sein Verhältnis ihnen gegenüber fesselt; eine Verpflichtung, der unsere künftigen Generationen in jedem Falle nachkommen werden? Die bisherigen Beziehungen zwischen Minderheits- und Mehrheitsvölkern sind nicht besonders ermutigend, und es ist nur natürlich, dass das Vertrauen der Araber uns gegenüber nicht größer ist als unseres ihnen gegenüber. Weist doch in diesem Zusammenhang Ben Gurion selbst auf den katastrophalen Zustand hin, der entsteht, »wenn das Mehrheitsvolk die Bedürfnisse des Minderheitsvolkes nicht anerkennt«. Trifft dies denn nicht zwangsläufig für beide Seiten zu? Ben Gurion geht ja noch viel weiter, wenn er sagt, dass alle nur auf dem Papier stehenden Versprechen niemals eine wirkliche Garantie für lebenswichtige Interessen des jüdischen Volkes darstellen können. Trifft nicht auch dies zwangsläufig für beide Seiten zu? Müssen wir nicht vielmehr bemüht sein, die Befürchtungen der palästinensischen Araber zu zerstreuen, die Entscheidung um ihr Schicksal könnte in unsere Hände fallen? Mit bloßen Worten können wir dies nicht schaffen; mit Erklärungen guten Willens zum Charakter des jüdischen Staates, den wir im Sinne haben, werden wir sie nicht dazu bringen, dass sie sich damit einverstanden erklären, von einer Mehrheit zu einer Minderheit zu werden; wir an ihrer Stelle wären dazu ja auch nicht mit bloßen Worten zu bewegen. Seinerzeit haben wir unseren Willen bekundet, weder als Mehrheit zu herrschen noch als Minderheit untertan zu sein; diesen Willen zu einer Wirklichkeit werden zu lassen, welche die Beziehungen mit unseren Nachbarn beeinflusst, wird uns nur dann gelingen, wenn wir die Frage nach der Mehrheit und ihrer ihr innewohnenden Auswirkung wegfallen lassen. Ist es denn unabdinglich, dass das Miteinanderleben zweier Völker von dem nur politischen Begriffskreis von Mehrheit und Minderheit abhängig ist? Ist es nicht an der Zeit, dies auf eine andere Grundlage zu stellen? Vielleicht stellt gerade dieser Punkt der Welt und diese unsere besondere Lage einen Grund dafür dar, mit einem solchen Versuch zu beginnen? Sicher ist dies schwer, sogar ungeheuer schwer; es ist ein großes Wagnis, und es braucht dazu mutiges, freies Denken, ein Denken, das für neue Ziele neue Wege sucht. Wer aber unsere wirkliche Lage genau kennt, weiß, dass wir keine andere Wahl haben; nur hier, wenn überhaupt irgendwo, ist der wahre Weg zu finden, alles andere ist Lug und Trug. Es mag sein, dass die Pläne für einen binationalen Staat bisher unvollkommen sind; wir müssen sie dann verbessern. Nicht dieser oder jener Plan ist die Hauptsache, sondern die Richtung, in welcher wir den Weg suchen, und der Ernst und die Energie dieses Suchens.
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Mehrheit oder so viele wie möglich?
Wir sind gegen die Denkweise Ben Gurions, weil ihr diese Richtung, dieser Ernst und diese Energie fehlen. Sie besitzt zwar eine klare Richtung, die aber in eine Sackgasse mündet; sie ist von großem Ernst, aber sie wagt es nicht, von den ausgetretenen Pfaden des Begriffes Mehrheitsstaat abzuweichen und für ein neues Problem eine neue Lösung zu finden; sie besitzt eine wundervolle Energie, aber sie stößt im leeren Raum an. Wir lehnen sie ab, weil sie sich in einem Teufelskreis bewegt: um entscheidender Machtfaktor (»Mehrheit«) zu werden, muss uns die entscheidende Macht erst in die Hände gelegt werden, (als seien wir schon die Mehrheit). So aber verhalten sich die Dinge in der Welt der politischen Wirklichkeit nicht. Wenn überhaupt zu irgendetwas, wird eine derartige Forderung nur zur Teilung des Landes führen, d. h. zur Errichtung eines vollkommen militarisierten, nicht existenzfähigen jüdischen Kleinstaates. Ich bin sicher, dass Ben Gurion heute keine Teilung will; aber mir ist genauso klar, dass, wenn seine an sich nicht zu verwirklichende Forderung zu der des gesamten jüdischen Volkes wird, sie auf dem gewöhnlichen Verhandlungsweg dazu führen wird; und ich sehe schon in unserem Lager mehr und mehr Persönlichkeiten, die sich dem anschließen, weil sie an der Verwirklichung eines großen Zionismus verzweifeln und bereit sind, sich mit einem Minimalzionismus zu begnügen, auch wenn sein Wesen dem einer Eintagsfliege gliche. Wir aber verzweifeln nicht; wir wissen, dass kein Grund zur Verzweiflung besteht, wenn wir nur den Weg in der rechten Richtung suchen. Und siehe da, gegen alle Pläne zur Errichtung eines binationalen Staates (d. h. dessen Form die gegebene Wirklichkeit berücksichtigte) bringt Ben Gurion den Einwand vor, unsere Lage wäre eine besondere: »Der Zionismus besteht hauptsächlich in seiner Dynamik.« Er hat recht damit, dass wir eine zahlreiche und stetige Einwanderung brauchen; dies sieht er besonders im Hinblick auf die Judenfrage; aber dies ist nicht weniger wahr im Hinblick auf das Leben der jüdischen Siedlung in Palästina, die in ihrem jetzigen Stadium der Gefahr der Levantinisierung ausgesetzt ist, wenn ihr nicht stetig neues Blut zugeführt wird. Ben Gurion fragt: »Was für eine Lösung gibt es dafür innerhalb der binationalen Staatsformel?« Die Lösung liegt darin, dass mit der »Formel« allein nicht gedient ist, sondern es muss eine grundsätzliche Ordnung außerhalb ihres Rahmens gefordert werden. Das Recht zur Einwanderung – nehmen wir an bis zur zahlenmäßigen Gleichheit (eine Aufgabe, die von uns ungeheure Anstrengung verlangt, weit mehr als alle Anstrengungen bis jetzt) – muss auf eine gesonderte Basis gestellt werden: es muss Teil einer »Magna Charta« sein, die als Grundlage zur Entstehung einer palästinensischen Gemeinschaft dienen sollte und für die sich die Vereinten Nationen ver-
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bürgen müssten. Einwanderung über die zahlenmäßige Gleichheit hinaus können wir sicher nur auf dem Wege eines zusätzlichen Abkommens erreichen, wenn es uns inzwischen gelingt, die Furcht der Araber vor einer jüdischen »Mehrheit« als einer Macht, die ihr Schicksal bestimmte, zu zerstreuen, d. h. wenn der Modus, den wir gefunden haben, um soweit wie möglich die Aktualität der Majorisierungsfrage zu schwächen, durch einen adäquaten psychologischen Zustand beider Völker weiter an Kraft gewinnen wird. Das Hauptmittel dazu wäre umfassende und intensive wirtschaftliche Zusammenarbeit, welche eine Interessengemeinschaft entweder entdeckt oder etabliert; an Stelle gesonderter Nationalwirtschaften muss eine gemeinsame palästinensische Wirtschaft treten, an deren Erfolg beide Völker interessiert wären und deren gemeinsame Förderung gegenseitiges Vertrauen zu erwecken in der Lage ist, was wiederum zu einem weitergehenden Übereinkommen führen kann. Die zugespitzten Zielsetzungen und Losungen der Politik lassen häufig den Anschein eines wirtschaftlichen Interessengegensatzes entstehen, der einer unbefangenen Überprüfung nicht standhält. 1 Zu einer solchen Überprüfung gelangen wir wiederum nur auf dem Wege der Tat. Auch hier ist Bedarf an mutigen Entscheidungen, und dazu muss man sich von den herkömmlichen Denkgewohnheiten befreien. Die erwünschte Entwicklung könnte hauptsächlich durch den Eintritt der palästinensischen Gemeinschaft in eine Föderation der Staaten von Groß-Syrien unterstützt werden, eine Föderation, in welcher jüdischer Initiative und jüdischer Arbeit eine großartige Aufgabe zufallen mag. Wenn aber diese Föderation nicht zustande kommt? Zwar wird es dann viel schwerer sein, eine Atmosphäre von Verständnis und Vertrauen zu schaffen, doch auch dann wird es einen Weg geben, wenn es nur einen Willen gibt. Wir werden das Ziel »viele« nicht erreichen, wenn wir nicht die Losung »Mehrheit« fallen lassen, aber nicht aus taktischen Gründen (eine solche Taktik hat nur Erfolg, bis sie früher oder später geprüft wird, und dann wird sie nur zu einem gesteigerten Misstrauen führen), sondern in ganzer Wirklichkeit.
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Es lohnt sich, inhaltlich die Rede eines bekannten ägyptischen Politikers über die Gefahr der »industriellen Konkurrenz« daraufhin zu prüfen, Worte, hinter denen sich die (echten oder imaginären) Interessen eines anderen Staates im Gewand der palästinensischen Araber verbergen.
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Glaube es nicht! In den Zeitungen wird berichtet, Weizman hätte in einer Rede in London gesagt: »Über die Frage der Immigrantenaufnahme können nur diejenigen entscheiden, denen dies eine Frage auf Tod oder Leben ist« und hätte hinzugefügt: »Es gibt nichts einfacheres als dieses.« Wenn ich vor die Wahl gestellt bin, die erprobte politische Klugheit Weizmans anzuzweifeln oder den Zeitungen das Vertrauen zu entziehen, dann ziehe ich das letztere vor. Wer, wenn nicht Weizman, weiß, dass jede öffentliche Äußerung des Führers einer politischen Bewegung im exakten Sinne des Wortes politisch ist, d. h. dass es seiner Natur nach bestimmt ist, nicht nur die Hörer zu ermutigen, sondern um die gesamte politische Welt zu beeinflussen. Nehmen wir an, die Nachricht wäre richtig, was wäre ihr Einfluss in dem gegebenen Falle? Was würden sich die Politiker der Welt vorstellen, wenn sie hörten, dass die Zionisten ihnen nun das Recht absprächen, zu beraten und zu beschließen, wie viele Einwanderer in diesem Lande zu einer bestimmten Zeit und unter den gegebenen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen aufgenommen werden könnten? Sie, die Politiker der Welt, könnten sich darunter nur vorstellen, dass die Zionisten nicht mehr bereit seien, sie als Gesprächspartner in den Verhandlungen über die Einwanderungsfrage zu berücksichtigen, entzöge doch die erwähnte Forderung jeder Verhandlung den Boden unter den Füßen. Bis jetzt hielt man für die zionistische Maximalforderung die Formulierung: nach dem Maße der Aufnahmemöglichkeit, die sich natürlich durch unser produktives und befruchtendes Werk selbst ausdehnen ließe. An die Stelle dieser Formulierung tritt nun, wenn die oben erwähnte Nachricht doch richtig ist, der Satz: bis zu dem Maße, das der Vertretung der Juden in diesem oder jenem Augenblick erwünscht dünkt. Nicht mehr objektiver Maßstab (der seiner Natur nach verschiedene Auffassungen gestattet, aber auch zu einer relativ objektiven Entscheidung auf Grund gemeinsamer Erwägungen führen könnte), sondern die Angelegenheit würde vollkommen in die Hände dessen gelegt, »dem dies eine Frage von Tod oder Leben sei«. Würden wir es denn für erträglich halten, dass in irgendeiner anderen Angelegenheit im Rahmen der Völkerpolitik die Meinung aller Parteien unterdrückt würde, außer dem Willen dessen, den diese Angelegenheit am meisten angeht? Könnten wir uns wirklich ausmalen, dass irgendeine internationale Institution diesen Grundsatz akzeptierte? Und wenn wir uns dies nicht vorstellen können, welcher politische Sinn läge dann in einer derartigen Meinungsäußerung? Kann
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sich denn ein vernünftiger sachkundiger Mensch in seinem Innersten vorstellen, dass die Aufstellung von in keiner Beziehung zur Wirklichkeit stehenden Forderungen, unserer Angelegenheit nützen könnte? Wir haben keinen vernünftigeren und sachkundigeren Mann als Weizman. Darum gebe ich dir einen klaren Rat, wenn die Zeitungen zu dir kommen und dich auffordern, du sollst es glauben, dass er diese Worte gesagt hat: glaube ihnen nicht! Außerdem, wie verfährt man, wenn nicht einer, sondern zwei direkt an der Sache interessiert sind, und beide angeben, dies wäre für sie eine Frage auf Tod und Leben, und in der Stunde der Entscheidung forderte der eine alles und der andere verweigerte alles? Dann wäre der Zugang zu einem Kompromiss verschlossen, weil doch kein anderer als der Wille des einen anzuerkennen wäre, dem dies eine Frage auf Tod oder Leben sei. Nun ist es zwar möglich, dass der eine die Wahrheit sagt und es ihm wirklich eine Frage auf Tod und Leben ist, wie es auch möglich ist, dass der andere nicht die Wahrheit sagt und dies ihm nicht eine Frage von Tod und Leben ist; aber besitzt denn eine internationale Institution irgendeine Möglichkeit darüber zu entscheiden, über Wahrheit und Unwahrheit derartiger Angaben, um dem einen von beiden Seiten das alleinige, unbedingte Entscheidungsrecht zuzusprechen und dem anderen sogar die geringste Mitwirkung an einer Entscheidung zu versagen, die ihn direkt betrifft? Und wenn wir nicht dieser Meinung sind, welchen politischen Sinn hätte dann eine solche Meinungsäußerung? Reden unsere Vertreter nur, um mit fein zugespitzten Forderungen die mit der Lage verbundenen furchtbaren Zweifel aus dem Herzen der Zuhörer zu bannen, oder reden sie, um auf politischem Gebiet zu wirken? Und wer, wenn nicht Weizman, weiß, zu welchem Zwecke er spricht? Darum, wenn dir die Zeitungen den einfachen Satz vortragen, als käme er aus Weizmans Munde: »Es gibt nichts einfacheres als dieses«, sage ich dir nochmals: Glaube ihnen nicht!
MBW 21 (02697) / p. 198 / 10.10.2019
Eine weitere Klarstellung Antwort an Nathan Rotenstreich Ich sehe, dass eine weitere Klarstellung der Dinge nötig ist, von denen ich gedacht hatte, sie wären auch als Andeutung klar genug. Man muss zwischen den Angelegenheiten der Politik im Bereiche einer Nation und denen der internationalen Politik unterscheiden. Angelegenheiten einer Nation, wie die Regierungsform eines Landes, unterliegen im allgemeinen der Entscheidung eben dieser Nation, inwieweit sie nicht direkt die Interessen anderer Völker berühren und diese Entscheidung nicht infolge von Kriegen oder anderen Kampfhandlungen zeitweilig verschoben werden muss und dadurch die Ausübung des prinzipiell anerkannten Rechtes einstweilig aufgehoben wird. Jedoch unter besonderen Kräftekonstellationen, wenn z. B. ein bedeutendes und lebenswichtiges Bündnis vor Brüchen und Spaltungen bewahrt werden soll, ist es möglich, eine ganze Reihe von Fragen, die offensichtliche Interessen anderer Völker berühren, aus dem Bereich der internationalen Politik in den Bereich der Politik einer Nation zu überführen, was umso leichter zu bewerkstelligen ist auf dem Boden der Fiktion, es gäbe überhaupt keine anderen Völker im Sinne des internationalen Rechtes. Wer gegen mich mit Beispielen der ersten oder der zweiten Art argumentiert, entfernt sich von den Tatsachen, die die Wirklichkeit unseres Lebens bestimmen. Die Probleme, mit denen unsere Existenz in Palästina verbunden sind, sind mit den Problemen der Existenz anderer derartig klar verknüpft, dass sie kein Mensch unter der ersten Klasse aufzählen würde, und an eine besondere Kräftekonstellation wird in unserem Falle kein Mensch mit politischem Bewusstsein denken. Wenn schwierige Verhandlungen zwischen einer Großmacht und ihrem Widersacher geführt werden oder geführt werden sollen, und die eine Großmacht nach Objekten sucht, auf die sie zugunsten wirklich wichtiger verzichten kann, also »Tauschobjekte«, wird zwar von Zeit zu Zeit auch unsere Angelegenheit erwähnt; wer aber nicht versteht, daß man auf diesem Schachbrett den Bauern nur des Austausches wegen vorrückt, wiegt sich in uns so lieb gewordenen und so unheilvollen Illusionen; (wir hatten diese einmal wirklich nötig, um den territorialen Anspruch zu rechtfertigen, aber das endigte, wie es nun endigte, und es gibt nicht das leiseste Anzeichen dafür, dass diese Begründung wiederkehren sollte). Wir lassen uns von jedem listigen Streich in der inter-
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nationalen Politik betrügen, welcher sich unserer Angelegenheit bedient, und wir setzen unsere Hoffnung auf eingebildete Chancen, deren Wirklichkeit nur im Manövrieren besteht, manchmal sogar nur in Wahlmanövern. Der grundsätzliche Mangel unserer Außenpolitik besteht darin, dass sie sich nicht auf die Erkenntnis der tatsächlichen Interessen der entscheidenden Völker und der tatsächlichen Kräfteverhältnisse gründet, und dass wir (wie der Kritiker meines ersten Aufsatzes) endgültige Entscheidungen fordern, zu welchen im Falle der erwähnten Kräftekonstellation einzig ein dringendes Interesse führen könnte. Dieser Kritik entgegnen nun einige, dass man viel fordern muss, um weniger als das Geforderte zu erhalten; denen aber soll man, um in der Sprache der Händler zu verbleiben, antworten, dass man ein Geschäft nie verdirbt, wenn man zu wenig fordert, das Ergebnis wäre nur, dass der Gewinn geringer wäre; demgegenüber aber kann man das gesamte Geschäft verderben, wenn man zu viel verlangt, denn dann besteht Gefahr, dass das Geschäft überhaupt nicht getätigt wird. Aber legen wir diese Händlerrechnungen beiseite und bedenken wir ernsthaft derartige Aussprüche, von denen die Rede ist. Dann werden wir sehen, dass sie eigentlich die Forderung bedeuten, durch den Beschluss der Nationen einer gewissen Minderheit die durch keine internationale Aufsicht beschränkte Möglichkeit zu geben, sich zur Mehrheit aufzuschwingen. Diese Forderung ist nicht nur ohne Beispiel in der Geschichte, sie ist auch dermaßen weit von dem internationalen Brauch entfernt, dass sich meines Erachtens dem denkenden Menschen die Frage aufdrängen muss, was denn die tatsächlichen Interessen dieser oder jener Nation seien, auf denen wir diese Forderung begründen, und womit wir ihnen entgelten könnten, was die tatsächlichen Interessen aufwöge, die in einer ganz anderen Richtung liegen. Soweit ich sehe, gibt es keine Antwort auf diese Frage.
MBW 21 (02697) / p. 200 / 10.10.2019
Zwiegespräch über »Biltmore« Der Getreue: Ich hätte gerne mit dir ein unverbindliches und offenherziges Gespräch geführt. Der Verräter: Ich bin einverstanden. Der Getreue: Sage mir doch, warum bist du gegen den Biltmore-Plan? Der Verräter: Grundsätzlich oder praktisch? Der Getreue: Sei es grundsätzlich. Der Verräter: Darf ich eine Gegenfrage stellen? Der Getreue: Frage, was dir beliebt. Der Verräter: Warum spricht man jetzt auf der Straße so viel von den Gibeoniten? Der Getreue: Von den Gibeoniten? Der Verräter: Ja, von den Holzhackern und Wasserschöpfern. Der Getreue: Spricht man denn wirklich so viel über sie? Der Verräter: Ja, besonders seit der Verkündung des Biltmore-Planes. Der Getreue: Aber was haben denn beide Sachen miteinander zu tun? Der Verräter: Das hätte auch ich gerne gewusst. Der Getreue: Was … Worauf zielst du hin? Der Verräter: Ich will sagen, dass die Zeit der Gibeoniten längst vorbei ist, und dies zwangsläufig. Der Getreue: Sicher ist die längst vorbei. Der Verräter: Wenn sie nun schon vorbei ist, warum spricht man so viel von ihnen auf der Straße? Der Getreue: Ich verstehe nicht, was du sagst. Der Verräter: Du verstehst sehr wohl. Der Getreue: Aber … du wolltest mir doch sagen, warum du den Biltmore-Plan grundsätzlich ablehnst. Der Verräter: Ich habe dir das schon gesagt. Der Getreue: Bist du denn wirklich der Meinung, dass die Männer der Biltmore-Versammlung beabsichtigten, einen Teil der Bevölkerung des Landes zu Bürgern zweiter Klasse zu machen? Der Verräter: Natürlich, ihr wollt ihnen nur die politische-k o l l e k t i v e Gleichstellung nehmen. Wenn aber zwei Völker in einem Staate leben und eines von beiden das herrschende, das »Staatsvolk« ist, und wenn die schöpferische Kraft und die Unternehmungsfähigkeit dieses Volkes in der Weltwirtschaft qualitativ größer ist, sinkt auf ganz natürliche Weise das zweite Volk so oder so auf die Stufe von Bürgern zwei-
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ter Klasse innerhalb der Staatswirtschaft herab. Das lässt sich nur dadurch vermeiden, dass das herrschende Volk ein großes moralisches Schwergewicht zugunsten des zweiten Volkes auf die Waage legt und es in jeder Hinsicht an seinem Schaffen beteiligt. Früher hatte ich einmal gedacht, dass das jüdische Volk schon in unseren Tagen dazu fähig sei. Nun hat mich die Straße eines anderen belehrt. Der Getreue: Was geht dich denn die Straße an? Die Politik wird nicht auf der Straße gemacht. Der Verräter: Warum läuft man ihnen denn wohl so nach? Der Getreue: Das stimmt, wir benötigen sie, damit wir im Namen des Volkes sprechen können, aber nicht die Straße entscheidet, was in Zukunft sein wird, wenn wir diesen Plan durchführen werden, wie sie sich diesen auch auslegen mögen. Der Verräter: Aber ihre Auslegung entscheidet messerscharf über das Leben, und für mich ist das Leben die Hauptsache. Der Getreue: Du bist ein sonderbarer Mensch. Der Verräter: Wieso denn? Der Getreue: Ich fordere Politik und du gibst mir Moral. Der Verräter: Du sprichst in Begriffen von kurzfristiger und ich in Begriffen von langfristiger Politik. Kurzfristige Politik verträgt sich nicht gut mit Moral, doch eine Politik von Dauer hat mit ihr irgendwo Gemeinsames. Der Getreue: Dies ist nicht die rechte Zeit, so etwas zu klären. Wäre es nicht besser, wir sprächen von Politik in genauerem Sinne? Der Verräter: Ich bin bereit. Der Getreue: Sage mir also, weswegen du den Biltmore-Plan aus praktischen Gründen ablehnst? Der Verräter: Weil es auf lange Sicht unmöglich ist, mit der einen Hand die Aufbauarbeit zu leisten und mit der anderen das Schwert zu halten. Das kann man beim Bau einer Mauer, aber nicht beim Aufbau des Landes. Ein Geschlecht ist dazu befugt, dem nachkommenden Geschlecht die Mauerkelle weiterzureichen, aber nicht die Mauerkelle und das Schwert zusammen; und wenn sie es dennoch tun, werden beide Hände schlechte Arbeit leisten und das hieße, dass sich sehr schnell weder eine Hand zum Halten des Schwertes noch zum Halten der Mauerkelle fände.
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Zwiegespräch über »Biltmore«
Der Getreue: Wenn ich deine Worte recht begreife, dann gehst du wie wir von der Voraussetzung aus, dass der Biltmore-Plan ausführbar ist. Der Verräter: Nein, er ist unausführbar. Der Getreue: Aber du hast doch gerade jetzt darüber gesprochen, was deiner Meinung nach geschähe, wenn er zur Ausführung gelangte. Der Verräter: Nein. Ich hatte dir nur gesagt, als wir in grundsätzlicher Hinsicht sprachen, weswegen ich den Biltmore-Plan ablehne, unter der Voraussetzung, dass er durchzuführen wäre, und das ist nicht der Fall. Als wir in praktischer Hinsicht redeten, habe ich erklärt, was nach meiner Meinung geschehen würde, wenn man durchführte, was schätzungsweise die dazu Bevollmächtigten beschlössen, wenn das jüdische Volk auf der Biltmore-Forderung bestehen würde. Der Getreue: Was würde denn geschehen? Der Verräter: Das weißt du so gut wie ich: Teilung. Der Getreue: Wie kommst du zu dieser Behauptung? Der Verräter: Es gibt gewisse Gründe zu der Vermutung, dass man in dem Falle den Fordernden etwas an Stelle des nicht akzeptablen Biltmore-Planes anbieten möchte. Vermutlich wird das nicht die Fortsetzung des Mandates in anderer Form sein (und mit Verzicht zugunsten der Einwanderung) und sicher nicht der binationale Staat, den sie ja nicht als eine Art Entschädigung auf die Biltmore-Forderung vorschlagen können. Was sie vorschlagen werden, wäre die Teilung, und in ihr sehe ich ein Unglück ohne Beispiel. Der Getreue: Aber wir werden sie ja doch überhaupt nicht annehmen. Der Verräter: Es gibt verschiedene Arten, die Annahme zu verweigern. Die entscheidende Mehrheit wird sie in Form der NichtAnnahme annehmen. Ihr habt ja dafür gesorgt, dass sie die Fata Morgana des »Staates«, die in Wirklichkeit nur eine öde Wüste ist, jeder wirklichen Oase vorziehen. Der Getreue: Mit dir ist wirklich nicht zu reden. Der Verräter: So ist es. Der Getreue: Weißt du, was du bist? Der Verräter: Ich weiß, ein Verräter.
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Unser Freund Dr. Senator wirft die Frage nach den Beziehungen zwischen Politik und Moral in unseren Bestrebungen auf. Ich fühle mich dadurch zu einigen Randbemerkungen zu dieser alten und immer wieder höchst aktuellen Frage angeregt. *
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Es wird erzählt, Nordau sei einmal in höchster Bestürzung zu Herzl gekommen und habe gerufen: »Ich habe gehört, dass es eine arabische Bevölkerung in Palästina gibt. Dann tun wir ja Unrecht.« Wenn dieser Ausspruch wahr ist, zeugt er von einer geradezu seltsamen Naivität. An und für sich schliesst Leben, eben als Leben, Unrecht ein; Anaximander scheint sogar angenommen zu haben, dass die blosse Tatsache des persönlichen Daseins ein Unrecht dem Sein des Alls gegenüber bedeute, für die wir allen anderen Wesen Busse schulden; jedenfalls gibt es kein Leben ohne Lebensvernichtung. Wenn man genau zusieht, nimmt jeder irgendwem in jedem Augenblick seinen »Lebensraum« weg, und wer von uns ganz genau zusähe, würde sein eigenes Leben nicht mehr ertragen können. Das eigentliche Menschsein (nicht die »Moral«) fängt damit an, dass man von gewissen Dimensionen an die Wirkungen des eigenen Tuns sich vergegenwärtigt und von da aus anderen Wesen nicht mehr wegnimmt, als man muss. Wieviel man im einzelnen Falle wirklich »muss«, das zu erkennen ist freilich nicht leicht, denn mächtige Triebe, der Besitzes-, der Herrschaftstrieb, mischen sich mit energischem Truge ein, aber es ist immer wieder möglich. Wir können nicht umhin unrecht zu tun; aber es ist uns gewährt, nicht mehr unrecht tun zu müssen, als wir eben müssen, und das ist gleichbedeutend damit, dass es uns gewährt ist, Menschen zu sein. Der Sachverhalt kompliziert sich, wenn es nicht mehr um unser individuelles Leben, sondern um das unserer Gemeinschaft geht. Hier nämlich gelingt es jenen mächtigen Trieben nur allzu leicht, das Misstrauen, das unsre Seele deren täuschenden Manövern gegenüber hegt, einzuschläfern. Was im individuellen Leben als Unrecht durchschaut worden war, behauptet sich hier als Recht. Wir brauchen bloss »wir« statt »ich« zu sagen und wir bekommen schon ein gutes Gewissen geliefert. Aber insofern es mit uns so zugeht, bedeutet das, dass wir als Personen menschlich und als Volksmitglieder unmenschlich leben. Und das ist nicht bloss für uns Einzelne, sondern naturgemäss auch für das Volk
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fatal, das sich aus uns aufbaut. Denn das Grössenverhältnis zwischen menschlichem und unmenschlichem Leben in einem Volke entscheidet letztlich nicht bloss über seinen Wert, sondern auch über sein Schicksal. Wanderung und Siedlung eines Volkes oder erheblicher Volksteile schliesst in der heutigen Menschenwelt, wo es wirtschaftlich ergiebige freie Räume wohl nicht mehr gibt, offenkundiges »Unrecht« anderen Bevölkerungen gegenüber ein, denen, wenn nicht ihr gegenwärtiger Lebensraum, so doch der ihrer kommenden Geschlechter genommen wird. Für die Frage nach dem »Müssen« ist der Unterschied zwischen expansiver Kolonisation, die den Besitz- und Herrschaftsbereich eines Volkes zu erweitern strebt, und konzentrativer, mit der ein Volk, das seine organische Mitte verloren hat, sie wiederzugewinnen sich unterfängt, von entscheidender Bedeutung. Wir konzentrativ Kolonisierenden dürfen unser »Recht« gegen unser »Unrecht« in die Wagschale werfen, und wie erst in der Stunde einer so ungeheuren, so historisch unerhörten Volkskrisis, wo grosse Teile der Peripherie zerschlagen worden sind und die der organischen Mitte eigentümlich regenerierende Funktion dementsprechend wachsen muss. Aber auch hier kommt es wieder auf die Erkenntnis der Grenze an. Wo man bodenständige Menschen zwangsweise aus ihrer Heimat zu verschicken plant, da ist die Grenze. Hier steht ein untilgbarer Anspruch vor uns: der des bodenbebauenden Menschen, auf seiner Scholle bleiben zu dürfen. Ich werde nie zugeben, dass hier Unrecht auf dem Weg der Messung der Werte oder der Schicksale zu Recht werden könne. Und hier, wenn irgendwo, erhebt sich die ahndende Gerechtigkeit der Geschichte. Die »Transfer«-Tätigkeit, die Eroberer getrieben haben, hat sich an ihnen gerächt; ein Volk, das es ihnen in gleicher Münze heimzahlen will, wird das gleiche erfahren. Ich will mein Volk bewahren, indem ich es vor einer falschen Ziehung der Grenzlinie bewahren will. In diesem Zusammenhang sei vermerkt, dass etliche Leser meinen kleinen Dialog über die Gibeoniten nicht verstanden haben, wie ich aus ihren Einwürfen entnehme. Ich hatte angenommen, dass ich unser Publikum nicht erst besonders auf II. Samuel 21 und seine innere Verknüpfung mit Früherem aufmerksam machen müsse. Nun werden sich erfahrungsgemäss andere Leser finden, die, wenn sie bis hierher gelangt sind, den Spiess umdrehen und mich anschreien werden: »Also ist, was du von Moral redest, nur ein Deckmantel deines Defaitismus!« Es ist heute nämlich Sitte geworden, uns, die wir die Wirklichkeit sehen und zeigen wollen wie sie ist, abwechselnd »Humanitätsdusel« und »Defaitismus« vorzuwerfen, beides in jene Reihe erbärmlicher Schlagworte gehörig, mit denen eine ganz haltlos gewordene Politik sich einen Scheinhalt zurechtzuzimmern sucht. Ich bitte nur, die
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beiden Schlagworte nicht getrennt, sondern stets zusammen zu verwenden; denn mir ist um beides in einem bange: um die Zukunft des jüdischen Menschen als Menschen und um die Zukunft unsres Siedlungswerkes als eines kühnen und schwer bedrohten Versuchs, diesen jüdischen Menschen zu regenerieren. Ich sage, dass es mir bange ist, im »Moralischen« und im »Politischen« zugleich, – das ist mein Defaitismus; und ich sage, dass die ganze zionistische Politik für mich nur ein Mittel zum Zweck ist, den jüdischen Menschen aufzurichten, und dass ich das Mittel jeweils, immer wieder, darauf hin betrachten muss, wie weit es geeignet ist, den Zweck zu fördern, – das ist mein Humanitätsdusel. Wir hören immerzu, man dürfe in politischen Erwägungen nicht moralische Motive hineintragen, und das ist insofern richtig, als politische Erwägung ihrem Wesen nach Abwägung der Tauglichkeit bestimmter Mittel zur Erreichung eines Gemeinschaftsziels ist und die Koordination von Ziel und Mitteln stets rein sachgemäss erfolgen muss. Wie aber, wenn das politische Ziel selber einen »moralischen« Charakter hat, und wie, wenn »unmoralische« Mittel nur scheinbar zur Erreichung des Ziels beitragen, in Wahrheit aber von ihm entfernen? Wobei ich »unmoralisch« nenne: mehr Unrecht tun oder zu tun bereit sein, als man muss, und die Grenzlinie des Müssens nicht da sehen wo sie wirklich ist, sondern da, wo Besitz- und Herrschaftstrieb sie uns vortäuschen. Man soll in politische Erwägungen nicht moralische Motive hineintragen; wie aber, wo unmoralische Politik eine schlechte Politik ist? Man pflegt Moral und Politik gewissermassen als zwei Parallelen zu sehen, die sich erst im Unendlichen, also nicht an irgendeinem Punkte unserer Erfahrungswelt schneiden, woraus dann eben gefolgert wird, dass die Bezirke säuberlich voneinander zu scheiden seien. Man verwehrt es selbstverständlich den Staatsmännern nicht, in ihren Reden und Proklamationen sich moralischer Begriffe und Argumente zu bedienen, um den immerhin erwünschten Eindruck zu erzielen, dass zwischen ihrer Politik und der hergebrachten Moral kein Widerspruch bestehe; aber man würde es ebenso selbstverständlich für dilettantisch und gefährlich halten, wenn einer von ihnen mit diesen Begriffen und Argumenten im Zug politischer Planungen Ernst machen wollte. Und an dieser Meinung ist ein Kernchen Wahrheit: da Politik Koordination von Ziel und Mitteln in den Sachen des Gemeinwesens ist, ist für die zu treffenden Entscheidungen kein anderer Gesichtspunkt zulässig als der der Zielgemässheit der zu verwendenden Mittel. Aber das bedeutet nicht, dass es in politischen Entscheidungen keinen Platz für moralische Motive gäbe. Es bedeutet nur, dass moralischen Motiven hier nur insofern Zugang gegeben werden kann, als sie in die Richtung auf die Erreichung des Ziels weisen.
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Um dies aber nicht misszuverstehen, muss drei Wahrheiten volle Beachtung geschenkt werden. Erstens: die Setzung des Ziels selber greift ihrem Wesen nach über die Sphäre der Politik hinaus, so sehr auch sie auf politischer Erkenntnis aufbauen muss. Setzung eines echten politischen Ziels (also nicht eines blossen Ministerialprogramms oder dergleichen) rührt immer an die Tiefe der Geschichte, an die Urkräfte, die Werden und Vergehen der Völker bestimmen. Das heisst aber, dass daran das »Moralische« zwar nicht als selbständiges Prinzip, wohl aber seinen tiefsten Wurzeln nach, die mit den Wurzeln alles geistigen Wesens zusammenhängen, teilhat. Zweitens: die Erreichung eines solchen Ziels steht unter einem ganz anderen Gesetz als die Erzielung dessen, was man in der Politik einen Erfolg nennt. Nichts steht der Erreichung des Ziels so im Wege, nichts lockt so stark davon ab wie die sogenannten Erfolge, die sich vor das Ziel stellen und es verdecken. Nicht bloss die von Natur Kurzsichtigen nehmen nur den jeweils nächsten möglichen Erfolg wahr: auch mancher, der mit der begeisterten Schau eines echten Zieles begann, endet mit der Jagd nach dem Erfolg, bei der er jene nur noch propagandistisch ausnützt. Auf dieser Jagd gelten freilich nur taktische Gebote; nicht so auf dem Weg zum Ziel. Drittens: »Ein Ziel lässt sich nur erreichen, wenn das Mittel schon in der Farbe dieses Zieles gefärbt ist« (Gustav Landauer 1901). Wer Regeneration mit degenerativen Mitteln anstrebt, häuft Degeneration unter der Fahne der Regeneration, – bis die Fahne im aufsteigenden Haufen verschwindet oder bis sie eingezogen wird. Das Eindringen von Juden nach Palästina ist keine »unmoralische Handlung«; wenn wir aber im Zuge dieses Eindringens schlecht werden, haben wir bei noch so grossen »Erfolgen« die Aussicht auf das verloren, um dessen willen wir das Eindringen unternommen haben. Wir sind den Arabern gegenüber »nicht in einer inferioren Situation«; aber wehe uns, wenn wir unserem Ziele gegenüber in eine inferiore Situation geraten!
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OUR MONTHLY is entering upon the second year of its existence. Those who today read again its first issues will feel most strongly how much the Zionist atmosphere has changed in this short time, though it is not customary to admit the fact. Our evaluation of the true position, which was earlier condemned as cowardly defeatism, has now come to be accepted more generally, but those who now adopt it as their own view forget to mention the fact that previously they were mistaken. Our realistic views regarding immigration, which were then pilloried as being minimalistic to a criminal degree, have now, by open or tacit admission, become the basis of all proposals, however much attempts are made to adorn these proposals with the claim of political declarations (a claim that is absolutely incapable of literal fulfilment). During the last few months I have often met respected public figures who have told me in all earnest that the days of fevered haggling are now past – without realising, apparently, that they are beginning to say things that have been said by us over and over again. Only the second part of our thesis (i. e. that a constructive proposal is required that will fit into the framework of the Near Eastern policy of the Great Powers) has yet to meet with acceptance – which is not in the least surprising, seeing that this would impose a direct obligation. Generally speaking we may say that, while things are now being seen differently, the phraseology has remained unchanged. The things we are bound to fight for are clarity, the coordination of knowledge and conviction, and political rectitude. By political rectitude I mean refusal to put up with brittle illusions after their brittleness has been recognised; and refusal to issue declarations involving claims that are known to be unrelated to the facts and incapable of realisation. The fanatical adherent may achieve a certain effect and a certain amount of influence on the political stage, so long as his faith is genuine; but the fragments of a faith once broken can have no political effect, because no inner power is attributed to them any more. It is clear from a survey of the situation that the ›official‹ polemic against us has really lost its basis. The polemics of the right wing opposition continue, but they are being carried on at such a low level that there is no need for us to deal with them. However, outside the ›parliamentary‹ conflict, in certain youth circles who deserve attention in view of their 1.
A detailed and, on the whole, decent article criticizing IHUD had appeared in »Herut«, the illegal wall-paper of a terrorist organization.
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personal sincerity, the kind of criticism which is truly fundamental is crystallising out just now. This calls for a further fundamental clarification on our part. This kind of criticism begins on a definitely personal note. It is based on the supposition that the editors of this journal and its contributors ›are for the most part recruited from Mount Scopus (Har Ha-tzofim)‹ ; 2 which is untrue, as far as the great majority of our contributors is concerned. It then goes on to state that they are indeed ›tzofim‹ (observers), who take no part in life here below, but are content to lift up their ›still, pure, admonitory‹ voices from the height of the ›moral Olympus‹. This critic errs. He seems to imagine that only the man who cries aloud suffers. But such is not the case. Those who suffer most deeply have ceased crying. As long as we cry, we do not know how to help. Those who have been in hell, and have returned to the light of day again, have learned to speak quietly and clearly. For it is only in this way that the truth can be spoken, and there is nothing that can help us except the truth. And truth is rather unpalatable at times. Sometimes it is harder to speak the truth than to lose control, lash out and call upon others to do the same. But he who knows the truth, the truth that alone can help us, is compelled to speak out, no matter whether a whole people is listening or only a few individuals. However, this criticism goes further and undertakes to prove that what we are saying is not the truth at all. It bases itself on the supposition that we are following the road of compromise, without reservation and as a matter of principle. But neither is this true. All we maintain is that there are situations for which compromise provides the only way out, and that everything depends on being able to recognise such situations when they eventuate. We do not believe compromise to be ›the high road of development‹, but we are of the opinion that we must not shrink from it if, in a given situation, compromise, and compromise alone, can lead us to the high road. Compromise as such is neither good nor evil; if or when it is fitted by its nature and content to save our cause, and if there is no other way of salvation, then it is good. By its nature and its essence it must only be adopted if it is in harmony with our cause; it must not threaten our cause’s foundations or falsify its maxims while appearing as its saviour. We had to ponder this; we had to confront the nature of compromise with the nature of our cause. And when the result we reached was found 2.
The Hebrew University of Jerusalem is situated on Mt. Scopus, and is therefore often shortly called ›Har Ha-tzofim‹. Some of the members of IHUD are in some way or other individually connected with the University.
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to be a positive one, it was our bounden duty to say so, to affirm publicly the bitter truth that in a uniquely difficult situation there can be no easy way out. We had to say that the way of claims and declarations, the way of losing control and lashing out, cannot save us, but only the hard way that leads through compromise to real service of this country. For that indeed is our goal: to be able to work in peace, with all our might. That is the high road, and there is no other way. Now the critic would try to teach us, with the help of a long list of grandiose examples, beginning with the Prophets and Socrates and ending with the Encyclopaedists and George Washington, that in all ›great, fundamental matters‹ compromise is inadmissible. In reality these examples, if they are subjected to a careful historical examination, merely go to show that what is most important is to make a practical distinction between the absolute and the relative. In all matters touching the absolute, compromise must be ruled out. But for the sake of the absolute, it is permissible and defensible to act within the sphere of the relative as the situation demands; provided always that compromise is not in conflict with the claims of the absolute. In a catastrophic situation Jeremiah, in order to save Israel and the Thorah, proposed a way out which amounted not only to a compromise, but to downright submission – a solution which I myself could never have brought myself to propose. Socrates knew no compromise when he was called upon to testify to the truth; but his disciple Plato did not betray the master when, his ideal Republic having turned out to be unrealisable, he proposed an alternative scheme. The men of the French Revolution, who were spurred to action by abstract principles and a lust for power based upon them, rather than by a combination of ideas and a correct diagnosis of the situation, defeated their own ends. Our critic is ready to quote examples ›from Prometheus to Ghandi‹. Well, as to the politics of Prometheus, I am not sufficiently well informed. In any case, tradition records curious compromises he made with the Gods – though, no doubt, in this he deceived his partners. The mention of Ghandi surprises me even more; for if he is to succeed, it will only be on the basis of a compromise with the Moslems. Naturally, everything depends on making the right compromise at the right time. But that is exactly what I am talking about. There are people among us who appear to be guided in their attitude by the lunatic motto of ›the twelfth hour being past‹, meaning that there is nothing to lose any more. Our critic is not one of them. He will not cease fighting, against the whole world, if need be. He has elected to follow the path of ›heroism‹. This heroism prompts him, not to look in front or around him, but to rush about and lash out in all directions. This heroism is not the heroism
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of Prometheus, but that of Don Quixote, but a tragic Don Quixote, tragic in the fullest sense of the word. Our reply to this youth stricken with tragic blindness has been given in every issue of our journal. We shall continue to give it in every future issue. Our reply is based on a presupposition which touches on the absolute and brooks no compromise. This premise is the faith, which no catastrophe can shake, that a great future awaits the people of Israel. For this people, the guardian of such an inheritance and the possessor of such powers, there can be no question of simply ending its life as one of the ›small nations‹. Even as we see it today, reduced to a tenth, crushed and violated as it is, a creative task is waiting for it still. Today it is up to us to recognise the beginning of this task, for it is an hour that offers labours such as few other hours in history have imposed; and in conjunction with the rise of the Near East, in whose most important centre the remnant of Israel is gathering. This task cannot be solved in isolation; in isolation, surrounded by hate and distrust, it cannot even be imagined. To win a truly great life for the people of Israel, a great peace is necessary, not a fictitious peace, the dwarfish peace that is no more than a feeble intermission, but a true peace with the neighbouring peoples, which alone can render possible a common development of this plot of land as the vanguard of the progressing Near East. During the quarter century we have so far had at our disposal we have not laid the foundations of that peace, either economically or politically. On several occasions when peace seemed to come within our reach, we did much to prevent it. Our economic life was built up as a barrier rather than as a point of contact, and our policy, instead of producing a constructive plan working towards an equilibrium, only submitted to the Powers claims for greater rights than were compatible with the realities of the situation. No doubt there were occasions when Zionist leaders, if not in practice, at least in their formulas, drew certain conclusions from their realisation of the fact that it is impossible to live in a house of cards. But their experience that declarations, and declarations alone, were sufficient to score success after success, made them lose sight of reality. At the present moment, however, precisely because foreign policy is more to the fore than at any other time, and because we shall not be able to evade the necessity for a solution much longer, we can see on the political horizon the hour when a firm hand will put us back on the terra firma of reality and confront us with the question: what proposals have you to make for the peaceful development of the Near East? Even those who are most favourably disposed towards us will be compelled to pose this question; and they will be forced to ask it because it is
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we who come to them with claims. Those who even then have nothing to say beyond the mere repetition of trite claims of the past will find they do not enjoy a sympathetic audience. Everything will depend on whether another answer, a true one, will have matured in us by that time. It is this true answer for which we are striving to prepare the ground with what we are saying in this Monthly. September, 1945.
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ORAL TESTIMONY BEFORE THE ANGLO-AMERICAN COMMITTEE ON PALESTINE Jerusalem, March 15, 1946 [TRANSCRIPT]
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ANGLO-AMERICAN COMMITTEE OF INQUIRY HEARING IN JERUSALEM, PALESTINE Thursday, March 14, 1946 Appearances: Dr. J. L. Magnes, Professor Martin Buber, Mr. M. Smilansky, Representing Ihud.
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PROCEEDINGS (The hearing convened at 2:35 p.m., Mr. Justice Singleton presiding.) Mr. Justice Singleton: Dr. Magnes, you appear representing Ihud, I gather. Dr. Magnes: Yes, sir. Mr. Justice Singleton: And also Professor Buber and Mr. Smilansky. Dr. Magnes: Yes, sir. Mr. Justice Singleton: Which of you would like to address us? Dr. Magnes: Might I read you a couple of words first? Mr. Justice Singleton: Thank you. Dr. Magnes: In preparing the Written Statement which the Ihud Association had the honor of submitting to you we had assumed we would embark at once upon discussion with you. The procedure, however, is that witnesses have begun their testimony by addressing through you the public at large. We also feel this to be our duty. We shall, however, try to be brief so that the time for discussion may be ample. We shall ask your permission to proceed as follows: Professor Buber will present a brief paper on what our Zionism means to us and why we so ardently believe in the return to Zion. I shall then try to bring out some of the points of our written statement. Mr. Smilansky will in the
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course of the discussion want to emphasize two points, first, that JewishArab cooperation is possible, and second, that there is sufficient land in the country for the absorption of a large Jewish immigration. Mr. Smilansky has lived and worked in Palestine for more than 55 years, and I venture the statement that there is no one who has so intimate a knowledge of these subjects. Professor Buber, who is now to speak, is not only an internationally known writer and scholar, but he was also one of the pioneers of the Zionist movement since the days of Theodor Herzl. Professor Buber and I wish to make it clear that we are not speaking in the name of the Hebrew University. There are various opinions there as elsewhere. We are speaking as residents of the country and as Jews who feel it to be their duty to give voice to a view which, though differing from the official Zionist program, is nevertheless shared, as we know, by large numbers of the population. Mr. Justice Singleton: Professor Buber. Professor Buber: Mr. Chairman, it is impossible to survey the problem you are trying to meet without an understanding of the very roots of Zionism. For only through this understanding will the observer realize that he faces something quite different from the well-known national antagonisms, and therefore that methods other than those of political routine are called for. Modern political Zionism, in the form it has taken during my nearly fifty years of membership in this movement, was only developed and intensified, but not caused by modern anti-Semitism. Indeed, Zionism is a late form assumed by a primal fact in the history of mankind, a fact of reasonable interest at least for Christian civilization. This fact is the unique connection of a people and a country. This people, the people Israel, was once created by the power of a tradition that was common to some semi-nomadic tribes. Together these tribes migrated, under very difficult conditions, from Egypt to Canaan because they felt united by the promise to them of Canaan as their »heritage« since the days of the »Fathers.« This tradition was spectacular and decisive for the history of mankind in that it confronted the new people with a task they could carry out only as a people, namely to establish in Canaan a model and »just« community. Later on, the »prophets« – a calling without any historical precedent – interpreted this task as obliging the community to send streams of social and political justice throughout the world. Thereby the most productive and most paradoxical of all human ideas, Messianism, was offered to humanity. It placed the people of Israel in the center of an activity leading towards the advent of the Kingdom of God on earth, an activity in which all the peoples were to cooperate. It ordered
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every generation to contribute to the upbuilding of the sacred future with the forces and resources at their command. Had it not been for this idea, neither Cromwell nor Lincoln could have conceived their mission. This idea is the origin of the great impulse that, in periods of disappointment and weariness, ever and ever again encouraged the Christian peoples to dare to embark upon a new shaping of their public life, the origin of the hope of a genuine and just cooperation among individuals as well as nations, on a voluntary basis. But within the people that had created it, this idea grew to a force of quite peculiar vitality. Driven out of their promised land, this people survived nearly two millennia by their trust in their return, in the fulfillment of the promise, in the realization of the idea. The inner connection with this land and the belief in the promised reunion with it were a permanent force of rejuvenation for this people, living in conditions which probably would have caused the complete disintegration of any other group. This serves as an explanation of the fact that, in the age of national movements, Judaism did not simply create another national movement of the European type, but a unique one, a »Zionism,« the modern expression of the tendency towards »Zion.« In this age the hostile forces which consciously or not, see in Judaism the Messianic monitor, quite logically attacked it more and more violently. Yet simultaneously, in Judaism itself, a great regeneration had started. Out of an inner necessity this movement of regeneration chose for its aim the reunion with the soil and, again out of an inner necessity, there was no choice other than the soil of Palestine and its cultivation. And with an inner necessity the new Jewish settlement on this soil centers in the village communities which, in spite of their differing forms of organization, all aim at the creation of a genuine and just community on a voluntary basis. The importance of these attempts surpasses the frontiers of Palestine as well as of Judaism. Given the chance of unhampered development, these vital social attempts will show the world the possibility of basing social justice upon voluntary action. Sir Arthur Wauchope who, as High Commissioner in the years 1931-1938 had the opportunity of acquainting himself with this country and this work, was right in pointing out that these »astonishingly successful« communal settlements are an example of cooperation for the whole world and can be of great importance for the foundation of a new social order. At one time the productive strength of the people Israel in this country was a collective strength in the most sublime sense. Today the same might be said of the productive strength which the returning Jews have started to display in this country. It is the productive strength of a com-
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munity directed towards the realization of real Community, and as such, it is important for the future of mankind. Mankind is fundamentally interested in the preservation of a vital and productive Jewish people, such as can grow if fostered by the unique connection of this people and this country. From this the principle of Zionism results. It is concentration in Palestine of the national forces fit for renewing their productive strength. This principle again results in the three irreducible demands of Zionism. They are: First: Freedom to acquire soil in sufficient measure to bring about a renewed connection with the primal form of production, from which the Jewish people had been separated for many centuries and without which no original spiritual and social productivity can arise. Second: A permanent powerful influx of settlers, especially of youth desiring to settle here, in order incessantly to strengthen, to amplify and to revive the work of reconstruction and to protect it from the dangers of stagnancy, isolation and the forms of social degeneration particularly threatening colonization in the Levant. Third: Self-determination of the Jewish community about their way of life and the form of their institutions, as well as an assurance for their unimpeded development as a community. These demands, formulated simply in the concept of a »National Home,« have been recognized, but not yet adequately understood, by large parts of the world. The tradition of justice, which I have mentioned and which must be realized within every community and between the communities, makes it clear that these demands must of necessity be carried out without encroaching upon the vital rights of any other community. Independence of one’s own must not be gained at the expense of another’s independence. Jewish settlement must oust no Arab peasant, Jewish immigration must not cause the political status of the present inhabitants to deteriorate, and must continue to ameliorate their economic condition. The tradition of justice is directed towards the future of this country as a whole, as well as towards the future of the Jewish people. From it and from the historical circumstance that there are Arabs in Palestine, springs a great, difficult and imperative task, the new form of the age-old task. A regenerated Jewish people in Palestine has not only to aim at living peacefully together with the Arab people, but also at a comprehensive cooperation with it in opening and developing the country. Such cooperation is an indispensable condition for the lasting success of the great work, of the redemption of this land. The basis of such cooperation offers ample space for including the
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fundamental rights of the Jewish people to acquire soil and to immigrate without any violation of the fundamental rights of the Arab people. As to the demand for autonomy, it does not, as the greater part of the Jewish people thinks today, necessarily lead to the demand for a »Jewish State« or for a »Jewish majority.« We need for this land as many Jews as it is possible economically to absorb, but not in order to establish a majority against a minority. We need them because great, very great forces are required to do the unprecedented work. We need for this land a solid, vigorous, autonomous community, but not in order that it should give its name to a state; we need it because we want to raise Israel and Erez Israel to the highest level of productivity they can be raised to. The new situation and the problem involved ask for new solutions that are beyond the capacity of the familiar political categories. An internationally guaranteed agreement between the two communities is asked for, which defines the spheres of interest and activity common to the partners and those not common to them, and guarantees mutual noninterference for these specific spheres. The responsibility of those working on the preparation of a solution of the Palestine problem goes beyond the frontiers of the Near East, as well as the boundaries of Judaism. If a successful solution is found, a first step, perhaps a pioneer’s step, will have been taken towards a juster form of life between people and people. Mr. Justice Singleton: Thank you, sir. I understand, Dr. Magnes, the most convenient course is for you to address us now, is it? Dr. Magnes: Yes, sir. Mr. Justice Singleton: Thank you. Dr. Magnes: Our view is based on two assumptions, first, that Jewish-Arab cooperation is essential for a satisfactory solution of the difficult problem, and second, that Jewish-Arab co-operation is not only essential, it is also possible. The alternative is war, but the plain Jew and the plain Arab do not want war. There are many thousands here, Jews and Arabs, who stand aghast at the revelation, that Jewish and Arab militarists seem to be eager to fight it out on the field of battle. We do not know who would win this war. We only know that thousands of innocents would be the victims. The militarist mentality throughout history is not able to believe, that complicated situations can be resolved other than by force of arms. I would like to assure you, gentlemen, that the vast majority of plain, inarticulate Jews and Arabs are not anxious for war. They want understanding and cooperation, and to achieve this they would make many
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concessions and sacrifices. It is necessary to give them the chance for this. But hope must not be too long deferred. All the world today is pressed for time; time presses also in this ancient land. At the beginning of the war there was a real opportunity for bringing Jews and Arabs together in the face of the common danger. A proposal was therefore made to Government for the appointment of what was called a Consultative Body, consisting of equal numbers of Jews and Arabs, for the purpose of bringing Government and the population closer to one another in the war effort. This proposal was rejected, the more’s the pity. A great opportunity has come again. Who knows if there will be another? It is our fervent prayer that your Committee will be able to meet the challenge with which destiny has faced you. This is a land suigeneris, a Holy Land for three monotheistic religions. It is therefore not just a Jewish land or just an Arab land. The Arabs have natural rights here. They have been here and tilled the soil for centuries. The Jews have historical rights here. They have yearned for this land for centuries. The Bible was created here, and the Jews by their labor latterly have shown themselves worthy of these historical rights. We regard the Arab natural rights and the Jewish historical rights as, under all the circumstances, of equal validity. We look upon Palestine as a bi-national Jewish-Arab land, a common motherland for these two Semitic peoples, who have the privilege of acting as trustees for millions of their co-religionists all over the world. In such a land it is not fitting that one people should dominate the other. A Jewish State means domination of the Arabs by the Jews; an Arab State means domination of the Jews by the Arabs. The fear of this domination is deep and genuine in both peoples. This fear is the double-edged sword of the problem. It becomes the task of statesmanship to find the way of dissipating this fear and of supplanting it with cooperation, development, peace. You are thus faced with the necessity of trying to establish an equilibrium between two forces. What is it that most Jews want? It is immigration. Give us the chance of an ample immigration and many of the sincerest advocates of the Jewish State will forego the State. What is it that most Arabs want? It is self-government. They are certainly not behind other Arabs in their capacity for self-government. Give them the chance of ample self-government, and many of the sincerest opponents of Jewish immigration will acquiesce. But to achieve this double objective, immigration and self-government, concessions have to be made by both peoples. No one can have all he wants in this country. A feasible and honorable compromise must he sought. The purpose of our statement to you is to help you, Mr. Chairman and
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gentlemen, to find the way of reasonable, constructive compromise. We therefore suggest to you that you adopt concurrently two basic principles, and that you announce these principles concurrently. One without the other would be but fragmentary. These principles are, first, that Palestine is a bi-national country for two equal peoples, both of whom are to have equal political rights and duties. We call this political parity. Second, that Jewish immigration is to be encouraged up to parity with the Arabs. This is numerical parity. And the immediate thing to be done in this direction is to admit, without further delay, President Truman’s 100,000 displaced persons. Let me first deal briefly with immigration. We postulate three periods. The first period is now, today. You are authorized to make ad hoc recommendations as to the unhappy thousands languishing without a home. We pray you to help these 100,000 come back home to this Jewish National Home, and this without further delay. They might be divided into 25,000 children, if there are so many left, 25,000 parents, relatives, older persons, and 50,000 young people. You would thus help to bring creative forces into the country and you would be performing an historical act of great compassion. These 100,000 are not a threat to Arab numbers. In reality they would constitute a net gain for the Jews of not more than 33,000. According to Government figures the Arab natural increase during 5 years of war was about 150,000, 30,000 a year. The Jewish increment was only about 83,000, including natural increase and all forms of immigration. Thus, there would be a net Jewish gain of not more than 33,000, and this is not such a frightening number. The total Jewish population would then be 700,000. This is a smaller number than was envisaged during discussions between some Jews and Arabs, in 1936, after the outbreak of the Arab revolt. They were trying to find the basis of an understanding, and it was agreed between them that after 10 years, this very year 1946, the Jews would constitute 40 percent of the population, that is 800,000 persons. I find it difficult to reconcile myself to the thought that this agreement was not ratified. Had it been, there would be 800,000 Jews here today instead of 600,000, and that with Arab good will. If some Arabs say they oppose the entry of one single extra Jew because that is one step nearer to the Jewish State, it is but a figure of speech symbolizing their deep opposition to Jewish domination through a Jewish State. But to achieve a Jewish State there would have to be a Jewish majority, and an additional 100,000 Jews are far from being equivalent to a Jewish majority. As to the second immigration period, we envisage the opportunity for
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the Jews of becoming one-half of the population. How long might this take? Government figures show that at the rate of 60,000 a year it would take 11 years from now, that is up to 1957; at the rate of 50,000 a year, up to 1960; at the rate of 40,000 a year, up to 1964; at the rate of 30,000 per annum, 24 years, that is up to 1970. Any annual Jewish immigration below 30,000 would never let the Jews catch up with the Arabs, owing to the much larger Arab natural increase. As to absorptive capacity, I recall that during Sir Herbert Samuel’s administration it was believed that the country, which in 1924 had 805,000 inhabitants, of whom 628,000 were Moslems, was capable of absorbing up to 3,000,000 with agriculture as the chief industry. In his recent speech in the House of Lords, with the general tenor of which we are in accord, Lord Samuel speaks of the possibility of 4½ millions within a generation. He can say this because the Jews through devotion and capital and science have proven that the absorptive capacity is much larger than the experts once thought. But to enlarge the absorptive capacity to the full requires the implementation of a great cooperative development plan for the benefit of all the inhabitants. For these two basic matters, absorptive capacity and development, we propose the creation of two Boards to consist of representatives of the Mandatory, of the Jewish Agency, and of the Arab League. We look upon the Mandatory as representative of the Christian world, the Jewish Agency as representative of the Jewish world, and the Arab League as representative of the Arab and the Moslem world. This may indicate also the stress we lay upon the international and interreligious aspects of the Palestine problem. In the third stage of the immigration policy the question arises as to the situation, if and when parity in population may have been reached. The answer to this would depend upon two factors, first, upon whether by then the two peoples have found the way of peace together, and second, upon the formation of a wider United Nations Regional Organization, a regional Union of neighboring countries in which the bi-national Palestine would be an autonomous member. Such a Union would afford the Palestine Arabs a wider Arab background and would thus help to remove the present acute importance of majority-minority in Palestine. The second principle, the adoption of which we urge, is the bi-national Palestine based upon political parity. This brings us to the problem of self-government. Concessions will have to be made by both peoples. The Arabs would have to yield their ambition to set up an independent Arab State. But the whole history of Palestine shows that it has not just been made for a uni-national sovereign independence. Yet the Arabs will
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be able to enjoy the maximum of national freedom in a bi-national Palestine, equally with their Jewish fellow citizens. What the bi-national State will take away from the Arabs is sovereign independence in Palestine. We contend that sovereign independence in this tiny land, whether it be Jewish sovereignty or Arab sovereignty, is not possible. It is moreover a questionable good in this post-war period, when even great states must relinquish something of their sovereignty and seek union if the world is not to perish. We contend that for this Holy Land the ideal of a cooperative, peaceful, bi-national Palestine is at least as inspiring as that of an Arab sovereign Palestine or a Jewish sovereign Palestine. On the other hand, the bi-national Palestine would deprive the Jews of their one opportunity of a Jewish State. Nevertheless, this bi-national Palestine would be the one country in the world where the Jews would be a constituent nation, that is, an equal nationality within the body politic and not just a minority as everywhere else. Moreover, the absence of a Jewish State would make more difficult direct access by the Jewish people to the United Nations Organization. To compensate for this some form should be devised for giving the Jewish people a recognized place within the structure of the United Nations Organization. Bi-nationalism based on parity has distinct advantages in a country which has two nationalities. It is a comparatively new way. Full cultural autonomy is combined with full allegiance to the multi-national State. National identity is safe-guarded, yet there is coalescence in a larger political framework. That this is possible is proven by Switzerland during the past 100 years. The Swiss are divided by language, religion, and culture. Nor do the religious and linguistic groups coincide in the 22 cantons. Yet all these divergences have not been obstacles to political unity. There are various forms of the multi-national State. In some ways the United Kingdom is one form, Soviet Russia is another, South Africa another, the new Yugoslavia another. Professor Seton Watson in his new book, »Eastern Europe Between the Wars 1918-1941,« tells of a plan under discussion now for a bi-national Transylvania. Hungarian domination, Roumanian domination, and partition had been tried in vain. Multi-nationalism based on parity is a newer form of democracy which is as important for multi-national States as the more traditional form of democracy is for uni-lateral States. The old way of having a major people and a minor people in a State of various nationalities is reactionary. In many senses the multi-national ideal represents a higher ideal, more modern and more hopeful than even the uni-national sovereign State. There is no prospect of peace in a country where there is a domi-
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nant people and a subordinate people. Parity in a multi-national country is the only just relationship between the peoples. This is the progressive conception. It is a noble goal to which the youth of multi-national countries can be taught to give their enthusiasm and their energies. Let me take up briefly the question of self-government in the bi-national Palestine. We divide this also into three periods. As to the short term, for as long as the Mandate persists – we ourselves favor transfer to trusteeship – two immediate steps should be taken: One, the appointment of Jews and Arabs in equal numbers to responsible positions in the Central Government – as members of the Executive Council, as members of the Secretariat, as heads of Departments, as District Commissioners, as Presidents of Courts. There are no Jews or Arabs in any of these positions. It is a sad commentary that after 25 years of the Mandate, which requires the establishment of a full measure of self-governing institutions, the country is further away from this than ever. We renew also the proposal for a Consultative Body to be presided over by the High Commissioner. It would have no legislative or executive functions, but the High Commissioner would bring before it all matters of public concern on which consultation was regarded by him as beneficial. This would be good preparation for the next stage, that is, the period of Trusteeship. We have presented you with certain suggestions as to the political structure of Palestine under Trusteeship. We may be charged, perhaps justly, with engaging in the favorite pastime of constitution-making, and we make no claim that better suggestions cannot he put forward. Yet our justification is that we have given these matters considerable thought. The first step which we propose in this period of Trusteeship is the setting up of a Regional trusteeship body, to be composed of representatives of the Administering Authority, the Jewish Agency, the Arab League. The Absorptive Capacity Board which I mentioned before, and the Development Board which I mentioned before, are to be responsible, in the first instance, to this Regional trusteeship body until other provisions are made. We propose further the appointment of a Commission on Constitution, on which there should be representatives of the Administering Authority, the Jewish Agency, and the Arab League. When this Constitution, with its Bill of Rights, is drafted, it is to be brought before the Regional trusteeship body. Then a Constituent Assembly, composed of equal numbers of Jews and Arabs, is to he convened. Where they don’t
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agree, the decision is to be left to the Trusteeship Council of the United Nations Organization. I am near my conclusion. I shall give, but very sketchily, some of the headings we presented in our written document for the consideration of the proposed Constitution Commission. The Head of the State is to be appointed by the United Nations Organization. He is to appoint the heads of departments, with the concurrence of the legislature, and preside over the Executive Council. The Legislature is to consist of equal numbers of Jews and Arabs. In case of a tie, the Head of State, who presides, is to have the casting vote. The Legislature is to be elected democratically by districts, or they may be called counties or cantons. Some districts would be mainly Jewish, some Arab, some mixed; some districts would be mainly Christian-Arab as, for example, Bethlehem, Ramallah, and Nazareth. The two National Councils, Jewish and Arab, would have cultural autonomy and there would be a Joint Commission for the purpose of planning how to familiarize the one people with the culture of the other. It may be asked what if the one or the other of the peoples refused? Our answer is that both peoples must eventually cooperate. Indeed there would be no other way for them, provided, and this is basic to our whole conception, provided that Jewish-Arab cooperation in a bi-national Palestine based on parity be clearly and sincerely and authoritatively made the main objective of major policy. It has never been the main objective of major policy. The issues at stake are so important for the welfare of the individual and the community that no responsible body could stay out for long. Offers of a Legislative body were made in their day and then abandoned. A tripartite political structure for Jerusalem was proposed and then dropped. Our contention is, that if any one of these proposals had been gone through with sincerely and authoritatively, no side could have stayed out for long. If now, under our proposals, a Regional trusteeship body is to come into being, if the Jewish Agency and the Arab League are invited to sit on this body; if an Absorptive Capacity Board is to be appointed; if a Development Board is to be appointed; if appointments are to be made to high responsible positions in the Central Government; if, then, a Constitution Commission is to be appointed; if there is to be a Constituent Assembly and self-government, federal executive, legislature, autonomous districts and other organs of government – no side can afford for long to withhold its adherence. The demands of life itself, the insistence of the people would be too strong.
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Mr. Chairman and gentlemen, what a boon to mankind it would be if the Jews and Arabs of Palestine were to strive together in friendship and partnership to make this Holy Land into a thriving, peaceful Switzerland in the heart of this ancient highway between East and West. This would have incalculable political and spiritual influence in all the Middle East and far beyond. A bi-national Palestine could become a beacon of peace in the world. Mr. Justice Singleton: Thank you, Doctor Magnes, for your instructive address. I am not proposing to ask you any questions about the details of it, but I’m not sure whether you would like to answer this question or not. You need not. Have you been able to discuss this matter with those whose views have been put before us at all in the last few days or weeks? A. Well, there is incessant discussion going on, and there is discussion going on in the press. Our little organization issues a monthly publication that is taken up and answered, and the discussion goes on in that way. If you refer to a tete-a-tete discussion recently on these problems, I regret to say that such has not taken place. Doctor Aydelotte: Doctor Magnes, I imagine the members of the Committee heard with a great deal of satisfaction your statement that the problem before us is a complicated one. We have been repeatedly assured on both sides that it was extremely simple. But it looks difficult to us, and we are glad to know other people think it difficult. I would like to ask you questions about one or two details. You said that you thought cooperation between Arabs and Jews was possible. You said that you thought the situation had deteriorated in recent years. I would like to ask you whether you think the setting up of political Zionism as a goal for the Jews had had the effect of preventing friendly relations between Jews and Arabs – whether that had been partially responsible for the deterioration in these relations. A. Would you permit me to formulate your question a little differently? Dr. Aydelotte: Yes. A. Perhaps you mean to say not the setting up of political Zionism but setting up the program of the Jewish State. Doctor Aydelotte: That’s what I mean, yes. A. Might I formulate the other part a little differently? Not to prevent friendly relations, because there are friendly relations between Jews and Arabs today, but whether these friendly relations are as consistent and as intensive as they used to be. Doctor Aydelotte: Didn’t I understand you to say that relations between Jews and Arabs had somewhat deteriorated in recent years?
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A. I didn’t use that phrase. I did say that in 1934, even after the Arab Revolt had broken out, a number of Jews and a number of Arabs – not the least in their communities – met in order to try and find the way of understanding. I said further, that at the beginning of the war, at the end of 1939 and the beginning of 1940, Arabs and Jews came closer together in face of the common danger, and I contended that at that time there was the opportunity of establishing a Consultative Body which might bring Arabs and Jews and Government into closer touch with the purpose of cooperating the better in the war effort. Since then, I think it is true to say that the relations between Jews and Arabs have not improved –, that, on the contrary, in many senses, they have deteriorated. Then, in order to answer your question fully: There is no doubt that setting up the program of the Jewish State as the official program of the Zionist Organization has helped in this deterioration. Doctor Aydelotte: That was the question that I wanted to ask. And I would like to ask you another question about this matter of parity. I think you know about Professor Notestein’s paper which indicates that in his opinion, at least, equal numbers of Jews and Arabs would be forever impossible because of the different rate of natural increase. Suppose, for one reason or another, parity were impossible; suppose it were impossible for that reason, or suppose that the economic absorptive power of the country was found not to be great enough to admit that many Jews? Would the fact that parity could not be attained be fatal to your plan? A. On your assumption, which I do not share, as to absorptive capacity, because I believe the absorptive capacity of this country is very great, that would not invalidate the conception of a bi-national state. Even though the Jews remained a minority over a period of years, the conception of a bi-national state based on parity would give this minority – or if the Arabs ever became a minority – equal political rights as a community. That is the basic thesis of our contention. That is what we mean to say when we put forward this idea of the multi-national state, based upon parity among the various nationalities. There are two aspects to it in our case. One is the political aspect; the other is the numerical aspect. I assume you accept in your question the political aspect. Doctor Aydelotte: I was assuming for the moment the numerical one seems to be harder to predict. A. It is harder to predict, and in these figures that I gave, you will observe that if the Jewish immigration is ever less than 30,000 a year, there is absolutely no chance for the Jews to catch up, because the Arab natural
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increase is greater than the Jewish. It is 2.7 for the Arabs and 1.3 for the Jews. Might I add a word on that? Assuming that 60,000 Jews a year were permitted to come in for eleven years, so that the Jews would reach parity with the Arab population, there would always be this difference, owing to the increase in the Arab population, and thus a further chance for Jewish immigration to catch up to the Arab increase, which is larger than the Jewish increase. I don’t know if I have made myself clear. Doctor Aydelotte: Yes, I see the point. Yet you have also got to contemplate the possibility, that there wouldn’t be enough Jews in the world who would want to come to Palestine to keep pace or bring the population to parity in the long future. A. I don’t know on what grounds you base that, but my own opinion is this: Docter Aydelotte: Your opinion is doubtless much better than mine. I thought it was one of the possibilities, at least. I would like to ask another question. You spoke with great regret that the agreement of 1936 wasn’t accepted and consequently, 200,000 Jews who might be in Palestine at this moment are not here. I think the Committee would be interested to hear you say anything you think it wise to say about the circumstances of that agreement – the reasons for its not being accepted – but I don’t want you to say anything you don’t think wise to say. A. I should have to consult those who with me signed the document, who were among those who conducted these discussions, before I should feel free to tell you who the people were or to let you know further about it. Doctor Aydelotte: If you feel free to make any further comments on the subject in written form, it would be a matter of great interest. I would like to finally ask a question of Professor Buber. Did I understand you to say, sir, that the majority of the Jews do not, in your opinion, favor a Jewish State in Palestine? Professor Buber: I think that state and majority are not the necessary bases for Zionism. Doctor Aydelotte: I gathered that, but I thought I saw the sentence in your paper to the effect that the majority of Jews do not favor a Jewish State. A. You see, there are no statistics for it. A great part of Judaism cannot tell what it thinks about it. We have no communication with them, but I think a very great part of the Jewish people think a Jewish State is necessary for Zionism.
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Q. You think a great part of the Jewish people think a Jewish State is necessary? A. Yes, a great part think – a very great part – think it is necessary – that a Jewish State is necessary. Q. The sentence I was referring to in your paper is as follows: »As to the demand of autonomy, it does not …« I beg your pardon, I think I misunderstood your sentence. Thank you very much. Mr. Crossman: I would like to say two sentences before I question Doctor Magnes. I was asking about you this morning, and somebody told me you were the only reasonable man in Palestine. When I was listening to you, I began to see why he paid you that compliment. I am not going to discuss the details of your plan because I feel if that were possible, nobody would possibly not want to see it done. The real problem is whether it is practical, and it is entirely on that question of the practicability of your ideas that I wanted to get your advice. I would like to put something to you first: Do you agree that the success or failure of your complete scheme depends upon the following four things: 1. Agreement between the political leaders on both sides; 2. Decrease on both sides of nationalistic fervor among the rank and file; 3. Confidence on both sides that the other side is going to keep its agreement to give up its ultimate desires – confidence that it will go on agreeing to that later on; 4. An administration capable of the extremely skillful job of conducting this together. Those four are very important elements for success? A. Permit me not to deal with the fourth for the moment. Mr. Crossman: Yes. A. You question the practicability of this plan. Mr. Crossman: Just discussing it. A. I question the practicability of your questions. (Laughter.) I will tell you what I mean. This plan, or a plan similar to this, is designed to do those very things that you have in mind and that you have these grave doubts about. Your doubts are not only grave but justified. But how are you going to get agreement among the political leaders? Mr. Crossman: That is what I was going to discuss. A. Yes, how are you going to get this confidence? How are you going to get the other points that you made? Our answer is, through life and not just through discussion, through establishing vital interests for both of
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the peoples, by establishing contact not in a debating society but in Boards, which have to do, with the determination of the absorptive capacity of the country. Both peoples are interested in that – maybe one pro and the other contra. There will be a third man representing the mandatory or administering authority. Then – through establishing a Development Board. I should say both peoples are interested in that affirmatively. Both peoples would benefit from it. If you, therefore, establish a Regional trusteeship council representing both peoples, and go through all these organs of government which I have mentioned here, that is the way to bring people together who are at the present time unhappily far apart and who simply can’t be brought together by appealing to abstract qualitiles. Q. Thank you, sir. You have been putting forward your pamphlets for some time since 1943, and therefore these ideas of yours are pretty well known in Palestine. What is the size of the membership of your organization? A. The membership is a small membership – a few hundred. The organization is not a political party. It has never attempted mass meetings for the purpose of gaining memberships; it has never distributed membership blanks around; its purpose is to clarify some of these problems; to put forward a program; to arouse discussion. This little publication that I mentioned to you, this monthly, I think has about 500 regular subscribers, aside from the number sold here and there. But we do know this little publication penetrates into every editorial office and to other places and arouses thought. Q. Now, so that there has been time for these ideas to get fairly well known here? A. Yes. Might I add, Mr. Crossman, it isn’t only our organization that believes in the bi-national Palestine; there are other organizations who are political parties and who are out for large numbers of members, who also believe in this program. There may be differences between us and them on this or that point, but our general tendency and theirs is the same. I should like to add to that, that we know from ever so many indications that a large part of the inarticulate section of the population believes more or less as we do. This inarticulate part of the population isn’t organized either because of our fault, or because a moderate program doesn’t have the same attractiveness in days of war as an extreme program has. The point I would like to make is, there are large numbers of inarticulate persons in the community who also feel more or less as we do.
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Q. But because they have no political form of expression, they vote for the more extreme policy? A. I don’t say they even vote for the more extreme position; they aren’t counted. Q. But still you feel that Arab-Jewish relations have deteriorated lately, despite all the efforts of getting together? A. Yes. Q. Taking the leadership on both sides, do you feel in the Jewish Agency today there are men in the key positions who sympathize with your ideas? A. I hesitate to speak for them. Q. It is a vital question because here you have an organization which you agree has a very strong control over the Jewish community here. A. I think you would get a clearer answer by asking them. Q. Yes. Now, do you agree that since the Jewish Agency is mentioned as a key agency in the conciliation, the question of whether or not it would accept your views is a key to the success or failure of the scheme? A. Put these things before the Jewish Agency and the Arab League and see. Q. You feel that the Agency as at present constituted could, in fact, take part in this conciliation? A. What do you mean by »as at present constituted«? Q. With its present executive and its present structure? A. Well, I’m talking of the Jewish Agency as an organization that has been recognized internationally by the Mandate. It isn’t a Jewish Agency composed of this or that person or this or that number that I have in mind. I have in mind the Jewish Agency. Q. I see. Then, on the side of the Arab League, what part could the Arab Higher Committee play in your plan? A. That is a problem, of course, that undoubtedly would arise, and I can’t give a clear answer because I am not authorized to give that answer. But what I should like to say is this: That we make the Jewish Agency and the Arab League parallel. Why? We haven’t put in here the Vaad Leumi, which might perhaps be parallel to the Arab Higher Committee. The Vaad Leumi is a local body. The Arab Higher Committee is a local body. We mention international bodies, including the Administering Authority as representing Trusteeship Council – the Jewish Agency as representing the Jews all over the world, and the Arab League as representing the Arabs and Moslems of the world, insofar as Palestine is concerned. So that there is a counterpoise. There is the Jewish Agency, an international body here, and the
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Arab League, an international body there. What would be the relationship later on between the Vaad Leumi and the Jewish Agency, or the Arab High Committee and Arab League is something we haven’t dealt with here. It is something we have discussed, but we believe that would be complicating the problem if we discussed it now. Q. On the fourth point I made on the administering of it, you feel there would have to be changes in the structure of the Palestine administration, apart from the addition of the Arabs and Jews, as suggested, in key positions in order to carry this out? A. Yes, I feel there would have to be self-government, but I have been talking about self-government upon the basis of parity. Q. I meant in the transitional period. A. Yes, in the transitional period during the Mandate, yes, I think there ought to be immediate changes. It seems to me – well, I was going to say inexcusable. You will excuse me if I use the word. It is probably inexcusable that there isn’t a larger measure of self-government in this country; and that doesn’t mean that the hundreds of English officials who are here are not good men. They are. They are all interested and they all do their work as far as is required of them. But they are not part of this country. There are hundreds of minor positions which would be very well filled by Jews and Arabs, and I venture to say very often as well, and perhaps in some instances, even better. I am not directing criticism at anyone; I’m only talking about the situation as it has developed. What I referred to here, however, was not these hundreds of minor positions here and there; I referred to these important responsible offices in the central government. I realized that when reading I made a mistake by saying there wasn’t a single Arab or a single Jew in the Secretariat. There is a Palestine Arab in the Secretariat. There is no Palestine Jew, so far as I am aware, in the Secretariat. But aside from that little error, there is no Jew in the Executive Council of the Government, or Arab. There is no Jew or Arab in what is called the Advisory Council; there is no Palestinian Jew or Arab at the head of any department. I could name departments to you that could be very well filled – non-controversial departments – that could very well be filled by Jews and Arabs. There is no Jewish or Arab District Commissioner; there is no Jewish or Arab President of a Court. That is a situation which we contend is impossible. It is treating a community as though they were children. This is a mature community. The only way, after all, to teach self-government, is to distribute responsibility. You can’t get self-government by having other people govern. That is something which we contend ought to be done now. And this Consultative Body that we have suggested to you, that ought to be done now.
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Q. What it comes to is, you feel there would have to be a profound change of heart in the government and in the Arabs and Jews, and the declaration of policy and principle which you outlined would be the beginning? A. Not a mere declaration; it would have to be really meant. Q. Quite. A. It is a very important point. Q. I agree. A. You probably know of that passage in the White Paper of 1930, when the British Government proposed the establishment of a legislature similar to that proposed in 1922, and in the statement it was declared that no matter what side stayed out, this thing was going to be put through, but it wasn’t. One can’t blame the communities for thinking, that when these declarations of policy are made, there is a string attached to them. What we propose to you is, that this declaration of policy be meant and be put through authoritatively. It can’t be put through overnight. Doctor Aydelotte said this was a complicated problem. We regard it as a very complicated problem. What we mean by making Jewish-Arab cooperation the main objective of major policy is this: That it has to be done day by day and year after year, and people have to be trained especially for the service. There is a great English Colonial Service in the Sudan. You have to train them to understand what it is all about, and not regard this as merely as the day’s job and that is the end of it. I remember years ago having a talk with a good friend of mine, who is unfortunately not now in the British Administration, an Englishman, on this very problem, and when I advanced arguments similar to these, he said »But this is not our job; this is your job,« that is, the Jews and the Arabs. It is indeed primarily the job of Jews and Arabs. But it can’t be done unless there be this authoritative Body with all of the weight that government everywhere has standing behind it. Mr. Crossman: Thank you very much indeed. Mr. Crum: Doctor Magnes, suppose that this Committee recommended a bi-national State to our respective Governments and that that suggestion also included the suggestion that the Mandatory Power attempt to put it into force or into effect. Is it your suggestion that British and American arms be used for that purpose, if need be? A. Well, Mr. Crum, I don’t know just how many arms in general would be necessary. It would depend, I think, very largely on the way it was put – on the conviction with which it was meant – on the men who are going
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to try to work all of this out. If our Governments will decide on the policy of a bi-national Palestine, you just can’t put it into effect overnight. You have to go through a long process, and it is some of the steps in this long, rather wearisome education process that have tried to outline. Q. In one of your articles, which I think was filed here, you suggested, I believe, that the English and American Governments should back the proposal. A. Yes, I did. I proposed that in an article in the Foreign Affairs in January, 1943. And I proposed a Commission like yours at the time. Q. I would take it you meant by »power,« by force, if need be. A. I suppose so, in the last analysis, I don’t want to shirk that problem. If one starts out on the assumption however that force is going to be used, one will have much less patience in trying to work it through without force. You have to try to determine in advance that this is reasonable; that this is just, more or less, all around; that there are men of good will to be found everywhere, and of course, committees or boards who are going to try and pick out good men; who are going to have expert advice; who are going to do it gradually. You can’t introduce a bi-national state all at once. But if, in the last analysis, the time comes when a show of arms will have to be made, well, then I don’t want to invite the United States Army here. I should regret very much to see it here, if you want to ask me my personal opinion. May I add one more word: At that time, presumably, there might be agreement in the Security Council of the UNO which would know how to do this thing better than if we invited the British Army or the American Army or any other army. Mr. Crum: Does your organization reject completely the idea of partition? A. I would like to give you my own opinion. We have no official stand on that. My own opinion is, that I reject partition absolutely. I think it is a moral defeat for everyone concerned. It is a confession of failure. Q. Let us assume that. A. But you mustn’t assume that. Q. It might be the only answer. A. No, it isn’t at all the only answer. You have, in the first place, in these two tiny partitioned states, the same problems in small as you have in this larger bi-national State. You have a majority and a minority. How are you going to treat them? If you are going to treat them as majorities and minorities – one dominant people and one subservient people – that is one way to do it. If you are going to treat them as we propose, on the lines of parity in the Jewish State or in the Arab State, why not do it in the
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complete state? Moreover, you would find, I think, that the administrative boundaries would be very hard to set up. And what is of greatest importance to me is this: That you then separate the Jews from the Arabs instead of bringing them together. You separate them as though they were two dogs fighting on the street and you had to put them into separate kennels. That is not the case. Some people may use that figure of speech, but it isn’t true. The only way to get people to work together is to get them to live together, to get to know one another, and you can’t do that by putting them into separate compartments. If you put them into these compartments, what is going on now in both the Arab and Jewish schools will be accentuated to a very large degree. Unfortunately, at the present time you have a large amount of the bitterest nationalism, which you might call chauvinism, being given expression to both here and there. I dread the day, when a few years’ time, after this partition, you will get a group of young Jews and a group of young Arabs on both sides of this irridentist border going after one another, in just the same way as our militarists today want to have the field for a trial of arms. Why do that? It’s a large problem. No one can guarantee its success, but it is worth trying. It is a great challenge; it is the Holy Land. Why mangle this conception of the Holy Land? Here are two peoples, descendants of the great Semitic peoples of antiquity. They can naturally work together. We have to find the way; we have to try to convince everyone this is just and that is sound. You don’t have to do this partitioning. It is entirely artificial. It may seem simple; it is only facile. Mr. Manningham-Buller: You regard the desire on the one hand to maintain a majority and the desire on the other to attain a majority as perhaps the chief factor in keeping the Arabs and Jews apart, is that right? A. Yes. Q. You spoke of an internationally guaranteed agreement between the partners. I wasn’t quite clear about it, but you said something to Mr. Crossman about it being imposed in advance. If it was imposed in advance, you would not be suggesting a guaranteed agreement, would you, stopping one side from going on in its desire to attain a majority? A. Pardon me if I say I don’t quite catch the implication of your question. I don’t think I used the words »imposed in advance.« What I did mean to say was, that a policy should be declared in advance – a policy of the bi-national Palestine, based upon parity between the two peoples. I said that that policy would have to be adopted and announced concurrently with a further statement about immigration. Then I said in order
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to have this policy carried out, this policy of political parity, there would have to be a number of stages, and we propose a number of these governmental institutions. Q. If you made that declaration of policy now, it would in no way silence the clamor for a majority, would it? A. It certainly would not, in the beginning, at least. It wouldn’t silence anything at the beginning. That policy has to be carried out, as I tried to indicate before, over a period through these various channels. Q. Assume you declare that policy and assume you carry it out in the way you suggest. Would you not still be met with the demand, perhaps, on one side to maintain its majority and a demand on the other side to attain its majority? A. Yes, undoubtedly, and that would be fought out in this Regional Trusteeship Council in the first place, and we propose this Absorptive Capacity Board, or call it Immigration Board, and other boards and committes. Q. Do you think it would be fought out within the conciliation which you suggest? A. Oh, no. Naturally, it would give rise to a large discussion everywhere. Q. In your paper in the paragraph about the rate of immigration, you said, »Although these calculations – meaning the Royal Commission’s calculations – were made in 1936, it would appear that the ratio of Arab increase and Jewish increase has remained stable.« A. Yes. Q. It is a fact, is it not, that the Royal Commission trend of population figures have been subject to a certain amount of criticism? A. Well, I took the precaution of discussing these figures with officials in the Immigration Department of the Government. We went over them rather carefully and what I have said here is the result of those discussions. Q. Thank you. Mr. Phillips: Assume for the sake of argument that your plan met with the interest of other Governments, how would you begin, what steps would be the first ones to take to set your plan in operation? I think I understood you to say you regarded the centre as the most important part of the machinery, would you therefore start by appointments at the centre of Arabs and Jews; if so, how would you attract them, would you give them portfolios at once, that form of responsibility, or would they be in the first instance merely assistants to the High Commissioner? How would you start the ball moving?
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A. If I venture to mention the names of certain Government Departments, I am sure that those who head them will not think that I am directing my attention to them personally. I would start by appointing Arabs and Jews in equal numbers as heads of certain departments; as for example, I would begin with the most innocuous department in all of Government, the department of archaeology. I know the Director of the Department; he is a most efficient man, most obliging, a good head of this department, but I know some Jews, I know some Arabs who could be equally good heads of that department. Take, for example, the Department of Health. The Director of the Department of Health, who served in that capacity for over 20 years, has now gone. The present Director is about to resign. I think I read some place a new Director had been appointed or was about to be appointed. I said to myself at the time: Are there no Jews and no Arabs in this country who are medically well enough trained and who know enough of administration to head this most humane of all the departments of Government? Take, for example, the Department of Agriculture and of Forestry. We have a large number of Jews and of Arabs here who know a great deal about agriculture and about forestry. My friend, Mr. Smilansky, knows a great deal about agriculture. He was Chairman of the Farmers’ Association for a large number of years. Take the Department of Posts and Telegraphs, the Director has resigned and is now the Chairman of the Jerusalem Municipal Commission, an excellent man, if he will pardon me saying so, he may be here or he may not, but at any rate, a man who is very well liked everywhere. But when he left the Department it was only natural that the Englishman, his name is Irish, so he may be an Irishman, was appointed in his place. I said to myself at the time, is there no one here in Palestine who is fit to be the head of the Department of Posts and Telegraphs? Take the railroads, the Director of the Railroads is really an excellent man. What I mean to say is, he has improved the service, he knows his job and he is an expert at it. That is the thing for which he was trained. I doubt whether some of the others were trained for these jobs I have been mentioning. I am sure there are some men who could handle that job. I would not put a Jew or an Arab as head of the police; I would not put a Jew or Arab at the head of the Department of Education; I would not make a Jew or an Arab at the present time, at any rate, a Chief Secretary; I would not make a Jew or an Arab Chief Justice. There may be some others perhaps. I would not make him the Financial Secretary at the moment, although I think you could find Jews and Arabs who know something about figures. They might come in later. I have just tried to give you an indication of what I think can be done without too much delay. It has been delayed long enough,
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and if this Commission is really – pardon me saying this – is really to do something vital as I know it wants to do, here is the field for it, living men. Take the districts. The District Commissioners are most important people. They are important because they come into contact with the population. They and their assistants or the Assistant District Commissioners know what is going on in the village and in the farms and the factories and the rest of it. They do the best they can. Most of them get to know at least one of these two languages, Hebrew and Arabic, for the most part Arabic; but that is just the place where people living in this country and making it their permanent home, born here, educated here, would fit in very well. They could come into touch with the population through all of its stratifications in a much more thorough-going way, I think at any rate, than the best of men with the best of goodwill who come from the outside. The Consultative Body that mentioned I believe would be a wonderful training ground for the future Legislature. Q. And so you would begin first at the centre? A. Yes, as the first step, and the second step might be the Consultative Body. Q. Yes. Just one other thought, in describing the set-up of your Council, did you or did you not refer to the world wide interest, the Christian interest, in the Holy Places? A. Yes. Q. Have you thought of any representation of that in the Government? A. Well, I tried to indicate, that in our view the Administering Authority, the Mandatory Authority, Great Britain, is the representative of Christianity. In the Mandate for Palestine, I think it is Article 9, you have a paragraph giving religious courts certain jurisdiction. We have not really addressed ourselves with any detail to that. There are a number of views about it. As far as the Holy Places are concerned I believe you would not find a single person, I think that is not exaggerated, you would not find a single person who will not agree, that as far as the Holy Places are concerned, there must be some kind of special dispensation, so that they could remain Holy Places and that one could have free access to them for pilgrims and for others who want to visit them. I think if you would seek that area where there is least difference of opinion you would find it right there. Mr. Phillips: Thank you very much. Mr. McDonald: Just one question, Dr. Magnes, perhaps you will remember we last discussed problems of refugees and inter-related matters in Brooklyn some seven, eight, nine years ago, and since then there has come this supreme tragedy which even the most pessimistic of us
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then did not imagine, so my question to you on your scheme is just this: could it be put into effect in your judgment in time to be instrumental in saving this last remnant which many of us have seen in our recent tour through Europe? A. I emphasized that. I said, in all the world time presses and time presses also in this ancient land. I said further, there are three stages in connection with this immigration policy: the first stage is now, today. We pray, let us have these 100,000 people. What is the delay? When the terms of reference to this Committee were published on November 15th there was a great deal of discussion in this country, and I happened to be one of those who thought he could find within it a large number of positive aspects. I thought the association of America with it was one of these; I thought the emphasis on the desire for an agreed settlement was one of these, and I thought this was a positive side of it, that your Committee was authorised to make ad hoc interim recommendations. In the first place, the policy declared there would be no interruption of the then quota of Jewish immigration. There was this interruption unfortunately, though the numbers have been made good since. I would like to tell the Committee I have never seen quite so much distress, quite so much tension among all persons whatever political views they held as one could observe and feel then when it was realised that this quota of 1,500 a month had stopped. It stopped, I do not remember exactly for how long but for a couple of months I think, and then one was told: despite what is said in this document by the Secretary of State that everything was to be done to ensure that there was to be no interruption of the present rate of immigration, it was nevertheless interrupted. Then the Committee was authorised to make ad hoc interim recommendations upon its findings in Europe, and it seems to me the Committee did a wise thing, that was discussed here pro and con, in going to Europe first, because there is the scene of this tragedy. You have been there. Will you pardon me if I ask a question. Why are not the 100,000 permitted to come in? I am asking you now instead of you asking me. Q. I suppose your question is, why did we not recommend in an interim report that they should be admitted? A. I should not want to put the thing in that way, that would be getting too close to the skin. Q. You asked us why are they not admitted. A. That is what we are interested in, not in the interim report. We are interested in having them come. We want them and I can tell you, I have been attending these sessions and I have heard questions as to the economic absorptive capacity. We think economic absorptive capacity is a
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criterion of immigration in the long term policy, but not with these 100,000. We want them in and we will share with them, if the country has not enough work – there is enough work we think, there is enough money here; there is more money in this country, unfortunately I would like to say, than there ever has been in its long history. Well, let some of that money be spent. There are some houses that have more rooms than they ought to have, let them be occupied. The people here are ready, I think you can accept it literally, people here are ready to share what they have. Give them the opportunity for it. These 100,000 will open their hearts, it will be a saving work. I cannot put it in any other way. Why should it not be done? Why not? You have the authority to recommend it. Q. May I say first, so far as the interim report is concerned, I am sure its not having been issued was no indication that every member of this Committee did not feel the poignant tragedy and also the urgency of the problem, but I come back to my question, would it not be assumed that the admission of these 100,000 on the basis of your conception of the agreement between Jew and Arab would be dependent upon Jewish-Arab agreement on that point? A. Absolutely not. Q. You mean you would ask the Mandatory Power to open the door? A. Yes. Sir Frederick Leggett: I take it you make your proposal with one important objective in mind, that is to provide a basis upon which these two parties can get together and get away from the two extreme courses to which they are now attached? A. Yes. Q. I take it you do that because the whole history of mankind shows agreements are not made between equals; they are often made between people each of whom can do the other very great harm. Now taking the evidence we have heard, is it not true that unless both sides see clearly the objective to which they are going and can agree upon it, that to bring new people here now would be to bring them into a battlefield. A. No, I do not think so. Q. Do you agree it is absolutely essential that the two sides should agree upon the objective? A. I think it is very very desirable, but I do not think you are going to get that now. I think that is just chasing a will-o’-the-wisp. You will get it, not by sitting down and working for agreement in advance; you will get it through life, through these steps or other steps in actual practice that you take. It depends what the steps are. If they are steps directed to that end, I
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am sure you will get it in the course of many years. It will not come from today to tomorrow. Q. I am afraid I did not make myself quite clear. Is it not your view that if these steps are taken, minds which are at present locked on one particular idea will begin to see the practical ways in which they could get to greater agreement, just as, for example, between the employers and workpeople in a particular industry, if there is a means by which they can get together and discuss matters, though they are not equal, they will probably find a way in which they can live together? A. All the better if you can achieve that, if you can bring the Jews and Arabs together you will be fulfilling one of your great functions. I do not know if that is an answer to the question. Q. It is partially, I think. Now may I raise another point. You were talking about urgency, and all of us who have been in Europe agree upon that urgency, but we saw there young men who were thinking they were coming here to fight. Since we have been here we found something of that atmosphere. I again ask you whether it would be right to bring those young children here if the only way open or the only way determined upon by either side is to fight. A. I am going to give you an extreme answer – even though it were the only way I would bring them. But that is not the only way. All over the world young people have learned how to fight, that is what this war has been, teaching them how to fight. It is impossible after a war of these dimensions to unlearn that today or tomorrow. That fighting atmosphere is unfortunately going to persist for years and years to come, a whole generation has been brought upon it. Unfortunately also a generation of my own people. A generation of Americans too has now been brought up on something entirely new. There is probably going to be conscription or compulsory military service even there. Why should our young people be regarded by you as exceptions? It is the Jews who should take exception to this militarism among our people. I take exception to it. I take exception to this militarism, to this chauvinism, to this, I cannot use any other words, to this atmosphere of terror. We know it; you hear about it. We feel it in our flesh and blood; you read about it. You do not know the forms that this terror takes. It is not only the terror of the bomb, and there are those among us who know what this is very well from their own experience. Nevertheless, I answer you again. If this were the only way, if we knew they were coming here in order to do this fighting, yes. But they are not coming here to do this fighting. Mr. Smilansky would just like to say a word. He says it becomes our duty to try and create conditions, so that this spoiling of our young cease. That is what we want.
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I cannot tell you how we condemn these things. I would like to say one more thing which will not be particularly popular, I am afraid. I have heard here in these sessions people express their great regret at what our youth are doing, some of our youth are doing. They mean that very sincerely. What I would like to say is, this is not just a question of our youth. Some of these young men who go out with bombs and guns are among our most idealistic youth, idealistic men and women, just as you find in other countries where rebellion goes on, ready to sacrifice their lives for what they believe to be a higher cause, to save their people, and the question I ask is, who sends them? It is not the young men who send them, it is older men who send them. Those are the people you should be directing your attention to. Sir Frederick Leggett: Thank you. May I just say how wonderful it has been to hear this afternoon a counsel of conciliation put forward. Mr. Buxton: You said something on a subject which may go to the very heart of the decision we are trying to make. You said that perhaps a great many Jews would forego their aspirations, their passion for a Jewish State if liberal immigration were allowed; if that is your belief or conviction, not merely a hope or expectation, would you give me two or three reasons for that belief. A. One reason is this, that some of my friends, not all, who are for the Jewish State, have no hesitation in saying, when they argue privately, that although they believe in the Jewish State with all their heart for the various reasons that have been adduced here, they feel it probably will not be granted, and what they really do want is immigration. The argument oscillates back and forth between state and immigration. Some say, if we cannot get a Jewish State in all of Palestine, we want a Jewish State in part of Palestine, partition, because in that way the Jews would be recognized internationally as a unit, as an entity, and that has its advantages in helping Jews in other parts of the world. The argument is put forward, supposing Jews had a seat in the United Nations Organization it would not be necessary for somebody else to come and plead their cause. There are very good reasons for wanting this political representation. Some say if we cannot get the State, give us immigration; others will say if we cannot get the State, give us partition. There are many people, if you would talk to them, who say, to be sure, immigration is the thing that we want, and the reason we want the State is because through the State we will get immigration. There are on the other hand some who want the State for the State’s sake. They are State mad, not realising that the State is something these days that perhaps needs revision in its whole conception and practice. They want the State for the sake of the State. There are others,
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however, who want the State for the sake of immigration. That is another reason why I say, if immigration were given without the State there would be many people who would not be satisfied a hundred per cent, but who would acquiesce, would forego the State. Q. You are inclined to think that the fervour of these folks would die down somewhat if they had this immediate relief to the Jewish problem? A. If you could arrange in some way the immediate release, you might say from captivity, of these 100,000 human beings who are our brothers and sisters, I can almost guarantee you, that the tension which fills our lives and which destroys the morality of so many of our young people, would be relieved. Q. There is another question somewhat more abstract, in your discussion of the bi-national State you would set up a new Agency, a group of Arabs, and you refer to the Jewish Agency. Is not that in a way, Dr. Magnes, an indication of a lack of trust in the ability of the Jewish population as a population, the Jewish people and the Arab people to manage their own affairs without the intervention of outside agencies? A. Mr. Buxton, this little country which has been fought over through the centuries by all the armies of antiquity and by the armies of modern times, is a place sui generis. It has the interest of millions of people throughout the world. It is not as though it was Bulgaria, for example, which is of interest to the Bulgarians, perhaps also to another Power at the present moment. Bulgaria is a little country that revolves on its own axis and of which one hears nothing concerning its literature, its music, its schools or its ideas. But Palestine is a country that is peculiar. Our Bible calls the Jewish people a peculiar people. They are a peculiar people, as Professor Buber pointed out, peculiar in this, that they have this peculiar relationship to this peculiar country. You cannot therefore say that the Jews of Palestine are the only Jews in the world concerned with this country. The same thing, if not to the same degree, applies to the Arabs. The third Holy Mosque in Islam is the Mosque of Aksa. The Dome of the Rock is one of the most beautiful architectural monuments in the whole Moslem world, therefore Moslems outside of Palestine are also concerned with this country. Mahomet’s mystic flight is said to have had its origin here. Turning this over to the Arabs of Palestine is just as short-sighted, we should say, as turning it over to the Jews of Palestine. Now there are organizations representing these Jews and these Arabs on the outside. There is the Jewish Agency. That has been the great instrument for the building up of this country. You go around this country and most of what you will see is due to the efforts of the Jewish Agency. The Arab League is but a young creation. It has not had the opportunity, let us say, of doing
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anything at all comparable to what the Jewish Agency has been able to do for Palestine, but it is the only body that we know of representing the Arabs and the Moslems on the outside; and this Jewish Agency is recognized by the Vaad Leumi here and this Arab League is recognized by the Arab Higher Committee, accepting them for the moment as the counterpart of the Vaad Leumi. For that reason, because of the international character of Palestine, because of its inter-religious character, we talk about this Regional Trusteeship Council which is to include also a representative of the Mandatory or of the Administering Authority, Great Britain, which is also interested in this country, not because the British live here, not because their officials are here, but because this is the Holy Land of Christianity. This is where Christianity had its origin, where it had its great decisive historic experiences. It was peopled by Jews at the time; and Great Britain is interested and the rest of the Christian world is interested because of that. Therefore we say, it is not sufficient to have a local Government, although, as you see, we propose local self-government. But on certain of these basic problems we propose, at first at any rate, that this international force, represented through the Administering Authority, the Jewish Agency and the Arab League, should come together and try to work out a number of these things such as we propose. Q. I daresay you are right, but what you say seems a little paradoxical to me. A few minutes ago, you were stressing the value of allowing native Arabs and native Jews to assume active management of their own affairs. On the other hand, you say let us bring together two international groups to manage their affairs for them. Will you not reconcile those two points of view for me, please? A. It is a perfectly legitimate question, yes. The objective is to have the local Jews and the local Arabs conduct their own affairs, conduct their own government. How are we going to bring that about? That is our whole argument. We are going to bring it about, so we think, by steps something like those we have proposed. We do not go at once to the Vaad Leumi and the Arab Higher Committee for that, because we feel that the problem of immigration, taking that in the first place, is something that goes beyond the borders, beyond the confines and the ability of just local groups. Immigration concerns the rest of the world. One of the sources of Jewish immigration is the rest of the world; it is the source of Jewish immigration, and it is the Jewish Agency, which is an international body, that has thus far been dealing with immigration. All of the Jews are interested in that, just as all the Arabs throughout the world are interested in that, therefore as a first step we say, in order to help bring this about, do not go to the local people; local people are fighting around too much, go
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to the international authority, go to the wider background. It is our conviction, at least our hope, that the Arab League is going to be much more moderate than any local Arab body in any country. I think the Arab League has thus far given evidence of that in its constituent documents. If you read the paragraph on Palestine you will find that, I think. Recent statements made by one of its representatives indicate that we have to encourage them. It will not be so easy for the Arab League to be more moderate than the local people, any more than it is so easy for the Jewish Agency to be more moderate. But I do think that will be the case and for that reason we feel at the beginning, however it may turn out afterwards, in order to bring this about, in order to bring people together, which is what we want, and we want to bring them together upon the basis of actual live practical things, their own interests, you have to bring into the picture these larger international forces to persuade and to be persuaded. If it were possible just to say that this thing could be carried out, as we propose it, through turning it over to the local people, it would be very good. The way we propose is more complicated. I think, however, it is more practical. Q. You foresee the time when the local people will take over their own affairs, will that be in a decade, or a couple of decades? Q. However long it may be, yes, that is the objective. Mr. Crick: A few miscellaneous questions, first a domestic one. You are the head of a relatively young seat of learning which I suppose is governed by a Trust Deed or some such instrument, is that so? A. No, it is not so. As I said at the beginning I am not representing the Hebrew University today, so this question – Q. …is purely personal. A. Is asked in the knowledge of that statement. The Hebrew University is organized upon the basis of what is called the Hebrew University Association, which is a company registered in accordance with the laws of Palestine, an educational association. Q. How many students have you? A. I think there must be 700, 750 now. At the peak of the registration before the war there were over 1,200. On account of enlistments – this might also be interesting to you as being characteristic of what the Jewish community tried to do during the war, the number went from 1,200 to 300. It has now risen to 700 or 750. Q. What proportion of the student body is non-Jewish? A. A very small proportion. You mean the Arab, yes, there are a few Arab students at the University even today, I say, even today.
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Q. I take it, there are no restrictions on a religious basis on entry into the University? A. On the contrary, we can furnish you with a copy of the Constitution of the University and the first paragraph says, that entrance to the University is open to all persons regardless of religion, race, colour or social standing. Q. I take it you would greatly welcome an influx of non-Jewish students? A. We should indeed. Q. Would you be prepared, you personally, would you be prepared to consider as one gesture of conciliation the possibility of changing the name, let us say, to the University of Palestine? (Laughter.) A. I am not inclined to laugh at that question at all. Mr. Justice Singleton: If I may suggest it, I am not sure that Dr. Magnes ought to be called upon to say whether he personally would consider changing the name of an Institution of which he is the head. A. I would nevertheless like to answer that question with your permission. Q. Just please yourself. A. I think it a very serious question. The choice is open to the Hebrew University to be either the University of Palestine or the University of the whole Jewish people. With our eyes open and quite consciously, thinking that we knew what we were doing, we chose the Hebrew University, the University of all the Jewish people, for a very simple reason. It has to do in a measure with the basic remarks that Professor Buber presented here. We are in Palestine in order that we may fructify and revive Judaism. That is the basic reason. The reception of displaced persons is something we had not any knowledge of when the Hebrew University was established, although there was a sufficient amount of persecution of the Jews, but not to that extent. Our basic conception is, that by the establishment of this Jewish community here we shall be strengthening the Jewish people in its mind and in its spirit, in its ethical and in its religious aspirations. You may ask why? The reason is peculiar to this peculiar people. If you will permit me to say so, in Christianity it is primarily the Church that is the visible society which Christianity, in accordance with its basic principles, is bound to see incorporated in the world. In Judaism it is not the Church. In Judaism it is the People. That is one of the basic peculiarities of Judaism. It is hardly a Church at all. It certainly is not an Ecclesia. It has no head, it has no synod, it has no sanhedrin. It is a voluntary association, as Professor Buber has pointed out, for the purpose of trying to establish a just society, and it is the conception of Judaism, that this
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just society has to be established first of all by the Jews among the Jews, and that through establishing it first of all among the Jews, perhaps it will be possible to help establish the just society in other parts of the world. The Hebrew University is there in order to study Judaism, in order to delve into its sources in order to study Judaism and bring it into touch with all the disciplines of mankind. The Jewish people has had contact with almost all the cultures and civilizations and races of mankind, and we have our experience of them. It seems sometimes that every one of us has seen and has known these other peoples; and for that reason too we must try to get at the sources of our own life and of our own mind. One of the sources of our life is this country itself, this Holy Land, where our mind, our spirit reached its greatest florescence. We have to try and get to our sources in literature. We have therefore a great library. I say great, because it is great for this part of the world. This is the largest library in existence anywhere round here. It has 460,000 volumes on its shelves. It has a large manuscript collection. It is endeavouring to become a great spiritual centre. That is the reason I have tried to convey to you why we have accepted this choice, a Hebrew University which has to be the University of the Hebrew people, of the Jewish people. On the other hand, I should not like you to have the impression that we are not trying to serve this country, that we are not trying to be as far as we can the University of Palestine. Our University is open to everyone, and I am glad to say that people of various kinds have availed themselves of the facilities of the Hebrew University. If you come to our library any day you will probably see some monk in his gown, and in our Department of Arabic Studies, the Hebrew University has a greater library of Arabic and Moslem literature in the European sense of the term than any Arab University or any Arab Library. The Arab Libraries have more manuscripts than we have, more Arab editions, but the Hebrew University is one of the great libraries in the world bearing upon Arabic studies. I recall the days several years ago – the fact that it does not happen now is an indication of this deterioration you were speaking of – when pupils attending Arab institutions were brought into our library in order that they might see with their own eyes for the first time what their own people in times gone by had created. Moreover, there are many other ways in which we serve Palestine. I do not wish to go into the whole thing. Mr. Justice Singleton: I think you have answered it. A. This is the purpose now of my remarks: we extended an invitation to the Committee to visit the University; we have not yet had an answer from the Committee and we do hope you will come. Q. I can assure you that one does, and I think we all hope to come.
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A. I do not know if there are any further questions. Judge Hutcheson: I would like to ask a question. I would like to preface my questions by saying, Dr. Magnes, I am not ready to assess your proposals, but I am a fairly old man and I recognize moral power when I see it. I want to say, Sir, that I can say in the words of my Leader – »Behold an Israelite indeed in whom there is no guile«. I would like to take up the illustration which was presented to us, I do not know whether it was by Mr. Ben Gurion or somebody else, I have lost the author of it, but the illustration sticks, of some person coming in here from Africa or some other place, knowing nothing about this business, sitting down hearing what we have been hearing in this room. I want to ask you as a man who has wisdom to gather together and the courage to propound, what seems at first blush without more careful analysis certainly to be inspired by a sense of justice and fair play whatever its other merits, I want to ask you a question as to how this stranger coming in here would see these proceedings. I ask you first, would he see the Jew in this way, chafing under and in rebellion against his minority status. In all the countries in the world the Jew has for some time now been engaged in a determined effort to acquire majority status and a Jewish State in Palestine, which he claims is his home, by converting the Arab majority there into a minority. Is that a fair statement, not a full statement, but a fairly close statement of the effect of these various demands on a stranger who knew nothing about the underlying situation? A. I am afraid it is. Q. The Arab, claiming Palestine as his home and quite unwilling to accept minority status, the Arab proposes to resist to the utmost all efforts to bring this about and demands the immediate setting up of an Arab State. Is that a fair analysis of what we have been hearing? A. I think it is. Q. The Mandatory, desirous of propitiating and ultimately reconciling the dissidents and unwilling therefore to take a firm and final stand for either, the Mandatory, like Veblen’s famous leisure class, has throughout this whole period exhibited a certain amiable inefficiency when confronted with force or fraud, and then he goes on: »The Christian neglected if not completely forgotten by both warring factions, the Christian, with his Holy Places sacred to all Christendom, many of them Arabs, having equal and in many instances better birthright claims to Palestine, their very existence apparently ignored by the great Christian nations of the world, stand helplessly by, caught in the whirl of the conflict but unchampioned and undefended«. Have you heard any one do
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anything much for the Christian people in this land during these controversies or say anything much; I have not. A. Do you mean during the years? Q. I am talking about in these hearings. Now I want to ask you whether that person, having gone through all that business and then come here today and heard you, might begin to think maybe there are some more like you. Would he have any real justification for thinking so, are there any moderates like you, who have the moral courage to stand against a stream of vigorous tendency and propound the theory he thinks is just? A. If you will just modify the question a bit and instead of saying moderates like me, say moderates, my answer is in the affirmative. I have two friends here, I look about this room and I see many friends over here, and as I look around I can point out large numbers to you. Q. You think there are other moderates here with the courage and the character that you exhibited. A. That I exhibited, I do not know; the courage and character, yes. Q. I would like to ask you one final question, you are not denominated a Christian but you talk as I should like Christians to act. Are you also by any chance from America? (Laughter.) A. I seem to be better known to this gathering than I am to you. Q. I knew you had been there. I did not know that you had lived there. A. You said you were an old man; I am older than you. Q. I doubt it. A. And in order to prove it you have to go to the records of San Francisco, California, where I was born. Q. In 1879? A. In 1877. Mr. Justice Singleton: You have Mr. Smilansky with you. Is there anything he wishes to say. There is also one question I want to ask you. A. Mr. Smilansky says he has handed in his statement in writing and is not particularly anxious to talk. He would be talking in Hebrew and I would he translating. Q. If he will hand in the statement translated, will that serve the purpose? Then if we have anything to ask him on that we can do so another day. A. I would like to repeat that I wish you could get something of the fervour of his conviction, that Arab-Jewish relations are possible of adjustment. He has written about it, he has talked about it, he has worked for it, worked in it. That is the point, and I think just his presence here, without his having said a single word, the presence of a man who has been faithful to this ideal for more than 55 years, is eloquent testimony
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to the fact that Arab-Jewish relations are not incapable of being improved. He believes it with his whole heart. He is older than any of us here, and he is struggling every day in order to prove it in life. Q. I should have been very glad if I could have been taken round some part of Palestine by the one time President of the Farmers’ Union. That matter can be discussed another time. A. He says with the greatest of pleasure. Q. What I was going to say to you was this, I notice in your scheme, the document you have let us have, you talk about the Legislature. The Legislature would have to deal with the question of immigration I suppose, or some officer under the Legislature. A. That is a basic question. Q. What I am leading up to is, you say in case of an impasse the head of the State is to have the casting vote. I wonder, have you considered in such circumstances, where you could find the head of the State. A. I say among members of this Commission. Q. I am sure, Dr. Magnes, it would be the wish of every member of the Committee that I should thank you and those with you for coming to see us this afternoon and above all for your very helpful answers to questions. A. Mr. Chairman, I would like to thank you in the name of my friends here, in the name of all of those who do believe in reconciliation between these brother peoples, who speak languages that are very closely related to one another, who have a long, ancient and honourable tradition together, I want to thank you for all of them for your patience and kindness. (The witnesses withdrew.) (The Committee adjourned until the following day, Friday, 15th March, 1946.)
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[Ein tragischer Konflikt?] Ich eröffne die Konferenz des Ichud und begrüsse die Versammelten. Diese Konferenz findet in einer Stunde statt, in der wir deutlich empfinden, dass ein Schritt, den wir getan haben, uns irgendwohin gebracht hat, wahrscheinlich weiter, als wohin wir zu kommen erwarteten, – wir wissen aber noch nicht, wohin er uns gebracht hat. Das werden wir auf dieser Konferenz auch nicht durch Erörterung zu erfahren vermögen, denn es spielen da unbekannte Faktoren hinein, auf deren Enthüllung wir warten müssen. Eins aber ist uns offenkundig: dass man nunmehr nicht auf der Stelle treten, sondern weitergehen muss, genauer gesagt: dass man weitere Schritte vorbereiten muss. Darüber ist auf dieser Konferenz zu reden, und Dr. M[agnes] wird dafür einiges vorzuschlagen haben. Ich möchte ihm nicht vorgreifen, sondern nur ein paar grundsätzliche Worte über die innerste und allgemeinste Bedeutung des Schrittes sagen, den wir getan haben. Ich sehe diese Bedeutung konzentriert in einem Gesichtspunkt, den Dr. M[agnes] ebenfalls in seinem Vortrag vor der Kommission in seinen Antworten auf die Fragen betont hat. Er sagte, man solle in diesem Land Institutionen und Verwaltungsformen schaffen, die ihrem Wesen nach notwendig dazu führen, dass the demands of life itself ein reales Einvernehmen zwischen den Juden dieses Landes und den Arabern dieses Landes hervorbringen. Man kann, sagte er von diesem Einvernehmen, get it through life. Das sind meines Erachtens grundlegend wichtige Worte, grundlegend wichtig für unsere Sache, grundlegend wichtig über unsere Sache hinaus für die Sache des Weltfriedens. Wir hören oft die Meinung äussern, das jüdisch-arabische Problem in diesem Lande habe den Charakter eines Dilemmas, für das es eine echte, einen unproblematischen Zustand herbeiführende Lösung gar nicht gibt. Man konnte sogar aus dem, was einzelne Mitglieder der Kommission sagten, die Befürchtung heraushören, dass es sich so verhalte. Dieser fatale Irrtum stammt daher, dass die demands of life ganz zugedeckt und für fast alle Beteiligten unsichtbar gemacht worden sind durch die demands of politics. Zwischen allen Gruppen in der Welt, die miteinander im gleichen Raum leben, nationalen, religiösen, wirtschaftlichen, sozialen Gruppen gibt es reale Interessenkonflikte in irgendeinem Masse. Solange diese Konflikte im Bereich des Lebens selbst ausgetragen werden, bringt diese Austragung selber Lösungen hervor, sei es in der Form eines bloss negativen Kompromisses, durch Reduktion der beiderseitigen Ansprüche auf
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das Unumgängliche, sei es in der Form eines positiven, synthetischen, schöpferischen Kompromisses, durch gemeinsame Schaffung neuer, ein Zusammenwirken ermöglichender und fördernder Lebensbedingungen. Anders verhält es sich, wenn die Konflikte aus dem Bereich des Lebens in den der Politik übergehen, und in dem Maße anders, als die Politik mächtig wird über das Leben. Es entsteht nunmehr nämlich, was ich den politischen Konfliktüberschuss nenne. Die Politik hat als solche, also um ihre souveräne Domäne dem Leben gegenüber zu behaupten, ein Interesse daran, die Interessen der verschiedenen Gruppen als mit einander unverträglich zu behandeln. Da sie es aber de facto nicht sind, muss sie sie dazu machen. Das erreicht sie dadurch, dass sie mit ihren Mitteln der politischen Propaganda, den realen Interessenkonflikt zu einem irrealen, aber mit der ganzen fürchterlichen Macht der politischen Illusion ausgestatteten, steigert. Die Politik einer Gruppe erzeugt in den Gemütern von deren Mitgliedern die Empfindung eines Konflikts, dessen Maß weit über das des realen hinausgreift, ja, der sogar einen anderen Charakter hat als der reale, einen sozusagen absoluten Charakter. Die Differenz zwischen dem realen und dem illusionären, aber politisch mächtigen Konflikt ist das, was ich den politischen Konfliktüberschuss genannt habe. Dieser Überschuss ist zwar nur im Geiste des politisch aktiven Teils einer Gruppe vital wirksam, aber die Propaganda führt mit ihren mannigfaltigen Mitteln die unbedingte Hegemonie dieses Teils über den Rest herbei, mit anderen Worten: die Herrschaft der Politik über das Leben. Aus einer Entwicklung dieser Art in beiden Lagern ist die gegenwärtige jüdisch-arabische Situation mit ihrer scheinbaren Ausweglosigkeit entstanden. Als ich vor acht Jahren ins Land kam, hat ein arabischer Großkaufmann im Gespräch die Lage mit etwas naiver, aber im Kern richtigen Formulierung gekennzeichnet. »Wir zwei«, sagte er, »Ihre Freunde und meine Freunde, können uns verständigen, denn wir wollen etwas aus diesem Lande machen und ihr wollt etwas aus diesem Lande machen, zusammen könnten wir das viel besser als wenn jeder für sich ist, wir könnten uns verständigen, zusammen etwas aus diesem Land zu machen. Aber es gibt bei uns Leute und es gibt bei Ihnen Leute, die ein Interesse daran haben zu verhindern, dass wir uns miteinander verständigen. Diese Leute sind die Politiker. Und wer weiß, vielleicht werden sie es noch so weit bringen, dass wir nicht einmal mehr miteinander werden reden können, wie wir jetzt miteinander reden.« Sie haben es in der Tat recht bald so weit gebracht. Was ist für uns, die wir die Lage erkennen und nach ihrer Änderung streben, zu tun? Sollen wir etwa, da es nun im allgemeinen so um das Wirken der Politik in der Welt bestellt ist, auf politische Arbeit verzich-
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ten? Das hiesse ja das Leben vollends der Politik ausliefern. Nein, wir müssen, so paradox das klingt, eine Politik der Depolitisierung inaugurieren. Wir müssen politisch arbeiten, um eine Gesundung des pathologisch gewordenen Verhältnisses zwischen Leben und Politik herbeizuführen. Wir müssen von innen, mitten in der politischen Sphäre stehend, die Hypertrophie der Politik bekämpfen. Das Ziel ist, den politischen, illusionären Konfliktüberschuss zu beseitigen, die realen Interessen und die wahren Grenzen der Interessenkonflikte bewusst zu machen. Wir wissen freilich, dass wir das durch bloße Aufklärung über die Wahrheit nicht zustande bringen werden; sie allein ist nicht stark genug, das Werk der politischen Propaganda zunichte zu machen und die suggestive Macht der Illusion zu brechen. Abhilfe ist nur durch Institutionen zu schaffen, die den Forderungen des Lebens die Vormacht geben über die Forderungen der Politik und so der Aufklärung über die Wahrheit ein grosses reales Fundament geben. Auf solche Institutionen hat Dr. M[agnes] hingewiesen. Durch sie wird man zu einem positiven, synthetischen, schöpferischen Kompromiss gelangen können. Man kann mir nun freilich die Frage entgegenhalten: Von wem erwartet ihr die Schaffung solcher Institutionen? Sind die, an die ihr euch wendet, nicht selber Vertreter politischer Mächte, riesenhafte politische Gruppen, deren Führer, mag es auch unbewusst geschehen, in ungeheuren Dimensionen das gleiche politische Spiel der unablässigen Herstellung politischen Konfliktüberschusses treiben? Wie sollten sie fähig sein, an diesem einen Punkt den Zauberkreis zu durchbrechen? Auf diesen Einwand – der, wenn er aus echter und ehrlicher Erkenntnis kommt, alle Machtgruppen der Erde umfasst – gibt es meines Erachtens nur eine Antwort. Diese Antwort beruht freilich nur auf einer Hoffnung, aber wenn es diese Hoffnung nicht gäbe, müsste man nicht bloss an der Zukunft dieses Landes und an der Zukunft unseres Volkes, sondern auch an der des Menschengeschlechts verzweifeln. Es ist die Hoffnung, dass es in jenen Machtgruppen Männer gibt, Männer von Einfluss und Verantwortung, die wie wir sehen, dass die Hegemonie der Politik zum Untergang führt, und wie wir sich drangeben, ihn zu verhüten. Sie sind es, an die wir appellieren, dem Leben sein Recht zu geben. Von der Macht der Wahrheit in ihren Herzen hängt heute wie das Schicksal der Länder und der Völker, so auch das Schicksal dieses Landes und dieses Volkes ab. Die Hoffnung auf sie und ihren Zusammenhang mit uns wird uns helfen, für unsern nächsten Schritt Kraft und Richtung zu finden.
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Nein, es ist nicht genug. Es ist nicht genug, dass wir unser Entsetzen ausdrücken. Wir haben zu sagen, dass wir teilhaben an dieser Schuld, die unser Entsetzen erregt. Wir alle, jeder, der in irgendeinem Maße, durch sein Amt oder durch seinen Einfluss, an der Führung und Lenkung dieser unglücklichen Gemeinschaft beteiligt ist, wir sind mitschuldig. Wir haben nicht zum Grundstein des Jischuw die Einsicht eingesetzt, dass die Wiederherstellung Zions einzig unter der Herrschaft heiliger Normen gelingen kann. Diese Normen, deren oberste die Achtung fremden Lebens, fremden Eigentums und fremder Ehre sind, welcher Nutzen uns auch aus ihrer Missachtung erwachsen zu können scheint, und die Gerechtigkeit gegen den Mitmenschen, welchen Vorteil uns auch die Ungerechtigkeit zu bringen scheint, hat das Volk durch die Exile getragen. Hier, im Land, das in den Exilen sein Ziel war, hat es sie abgeworfen, und wir, da wir sie nicht als unerschütterliche Macht über allen Häuptern aufgerichtet haben, haben zur Abwerfung beigetragen. Wir haben die wachsenden Geschlechter nicht gelehrt, zwischen wirklichen Lehren der Geschichte und Irrlehren, die sich zu Unrecht auf die Geschichte berufen, zu unterscheiden. Es ist eine verhängnisvolle Irrlehre, dass man ein Volk durch Gewalttaten regenerieren könne. Auf diesem Weg entsteht nicht echte Befreiung und Heilung, sondern neue Entartung und neue innere Versklavung. Diese zentrale Wahrheit haben wir nicht in unseren Schulen gelehrt. So ist es gekommen wie es gekommen ist. In Australien sind aus deportierten Verbrechern Menschen von sozialem Verantwortungsgefühl geworden, in Zion sind aus Menschen, die unter heiliger Fahne herkamen, Verbrecher geworden. Und wir tragen an diesem Verbrechen mit. Heute rufen wir auf, der Jischuw solle sich dagegen erheben. Zu spät! Gestern war die Zeit zum Ruf, vorgestern und alle Tage vor diesem, Tag um Tag. Es steht uns nicht zu zu sprechen: (Dt 21, 7) »Unsere Hand hat dieses Blut nicht vergossen und unsere Augen haben es nicht gesehn«. Unsere Augen haben gesehn was sie gesehen haben, und unser Mund hat nicht gesprochen was zu sprechen war – was waschen wir da unsre Hände über dem gebrochnen Nacken der Kalbin am Bach! Was geschehen ist, wird seine Folgen nach sich ziehen. Uns aber liegt ob, unabhängig von dem was erfolgt, endlich in uns zu gehn und unsern
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Nein, es ist nicht genug
Weg zu ändern, ehe er uns noch tiefer ins Verderben geführt hat. Es gilt unerschütterliche heilige Normen aufzurichten, für die sich das Volk als Volk den ungetreuen Gliedern gegenüber einsetzt. Für blosses Rufen ist es zu spät, für Handeln ist es nicht zu spät.
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[Ein Gnadengesuch] Jerusalem, 21st August, 1946
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H. E. The High Commissioner, Government of Palestine Jerusalem. Your Excellency,
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We the undersigned respectfully submit an appeal to Your Excellency to exercise clemency in the case of the 18 young men sentenced to death by the Military court in Acre on 16th August. We abhor terrorism in all its forms and have fought terrorism to our utmost capacity since it first raised its head within the Jewish community. As far back as 1939 we and others appealed successfully to the Jewish community against terrorism when the first individual acts of violence occurred. We are determined to continue this fight and redouble efforts to stamp out terrorism wholly, endeavouring to do this by interpreting the political situation to the Jewish community and by explaining once again the moral principles on which Zionism is based. Despite all obstacles and setbacks we hope that our work will be successful because fundamentally the Jewish community as a whole, both on account of its historic tradition and its sad experience in its struggle for survival, has no real belief in violence. The youths who have been carrying out acts of violence we regard as misled. Their deeds are not so much their fault as the result of circumstances and of an atmosphere which has been created. That of course does not absolve them from punishment. But we earnestly submit that, particularly in view of their youth and since, other than members of the group itself, no one happily was killed as a direct result of their action, Your Excellency should exercise the prerogative of lightening their sentences. We have stated above our constant opposition to terrorism. We might add that in 1930 some of the undersigned, under similar circumstances, made an appeal to the then High Commissioner to commute the death penalty for 23 Arabs then sentenced for the murder of members of the Palestinian Jewish community. We appealed then, as we appeal now, to the Head of the Government of Palestine, in the belief that long as the
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[Ein Gnadengesuch]
way may be, education and persuasion are more likely to bear fruit in the long run, whereas capital punishment creates »martyrs« in the eyes of the surviving members of the offending groups and of some elements of the community as a whole. H. Bergman Martin Buber
Ch. M. Kalvarisky
Leon Roth
D. W. Senator
Ernst Simon M. Smilansky
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Ich will Ihnen von Palästina erzählen nicht zu dem Zweck allein, um Ihnen über einen für die ganze Welt wichtigen Sachverhalt eine tiefer reichende Auskunft zu geben, als die Sie aus den Zeitungen und zeitungsähnlichen Büchern empfangen haben; sondern auch um Ihnen als an einem furchtbar deutlichen Beispiel die Wirkungen eines Uebels zu zeigen, an dem die heutige Menschheit wie an kaum einem anderen leidet, und mit dem sich doch fast niemand ernstlich befasst, geschweige denn es zu bekämpfen versucht. Ich meine die Ueberspannung des politischen Prinzips in dieser Weltstunde, seine abnorme Vorherrschaft den Prinzipien des Lebens gegenüber. Dass sie so wenig als das erkannt wird, was sie ist, liegt zu grossem Teil daran, dass das politische Prinzip in alle Sphären des Lebens eingedrungen ist und in jeder von ihnen sich in ihre Farben kleidet und mit ihrer Sprache spricht. Man pflegt z. B. das wirtschaftliche Prinzip für das eigentlich bestimmende zu halten; aber dieser Anschein ist dadurch zustande gekommen, dass das politische Prinzip die Wirtschaft durchsetzt hat, so dass die Lebensgrundlage alles echten Wirtschaftens, der Trieb zur Herstellung nützlicher Güter und die Kooperation mit Menschen gleicher Voraussetzung und gleicher Zielsetzung, durch den leeren Machttrieb und den ungezügelten Wettkampf verdrängt worden ist. »Schaffen was man braucht« ist der Impuls aller natürlichen Wirtschaft, »mehr bekommen als man braucht« ist die Parole der politisierten. Ueberall will die politisierte Menschengruppe mehr durchsetzen als sie wirklich braucht, und der politische Wahn hat sich ihrer aller so bemächtigt, dass sie zwischen diesem »wirklich« und jenem »mehr« gar nicht mehr zu unterscheiden vermögen. So kämpfen alle gegen alle, nicht um das »wirklich«, sondern um das »mehr«, und da sie keine übergeordnete Autorität mehr kennen, die zwischen ihnen entscheiden könnte, gibt es kein Innehalten auf dem Weg zum gemeinsamen Verderben. Vor nahezu 70 Jahren haben Juden in Palästina zu siedeln begonnen. Der äussere Antrieb waren Verfolgungen, aber sie lösten nur einen inneren, tiefen, in die Tiefe der Urgeschichte zurückreichenden Antrieb aus; den Antrieb, den Kontakt mit der Urheimat wieder zu gewinnen und durch ihn nach Jahrtausenden der Zerstückelung wieder zu einem lebenden Volksleib zusammenzuwachsen. Um diesen Antrieb recht zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass die Juden, ob sie es wahrhaben wollen oder nicht, nicht ein Volk wie alle Völker sind, sondern etwas Einmaliges und Unvergleichbares, nämlich eine Gemeinschaft, in
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der von der Urzeit her ein Volkstum und ein Glaube unlösbar verschmolzen sind. Und dieser Glaube hat wieder sich von seinem Ursprung her an dieses Land gebunden als an das, in das kein anderer als der Herr der Welt dieses Volk geschickt hat, damit es dieses Land zur Vollkommenheit bringe und damit dieses Land es zur Vollkommenheit bringe, beides in einem um des Beginns des Gottesreiches auf Erden willen. Wiewohl diese Aufgabe nicht erfüllt worden ist und das Band zwischen Land und Volk Jahrtausende hindurch zerrissen war, und wiewohl ein nicht geringer Teil des jüdischen Volkes seinem Bewusstsein nach den Glauben verloren hat, ist doch dessen unbewusste Macht so gross geblieben, dass in der historischen Stunde, da sich jüdische Wanderer und Siedler der Urheimat zuwandten, ihr Antrieb von den Wurzeln der Glaubenskraft her gespeist wurde und, ob die Siedler es wahrhaben wollten oder nicht, zu einem religiösen Antrieb, zum Antrieb zur Wiedergeburt einer Gottesgemeinschaft erwuchs. In diesen 70 Jahren haben die Generationen der jüdischen Siedler mit einer Begeisterung und einer Energie ohnegleichen an diesem Land gearbeitet, sie haben an seiner Reproduktivierung nicht minder Erstaunliches als an ihrer eigenen vollbracht. Bei diesem ihrem leidenschaftlichen und opfermutigen Schaffensdrang ist es wohl zu verstehen, dass sie einer wichtigen Tatsache nicht volle Aufmerksamkeit schenkten, der nämlich, dass es in diesem Land bereits eine Bevölkerung gab, die es ebenfalls als seine Heimat empfand, wenn auch in einer dumpferen, vegetativeren Weise als die jüdischen Pioniere: die Araber, die sich hier vor 13 Jahrhunderten niedergelassen haben. Die vitale Frage einer planvollen Kooperation in der Erschliessung des Landes wurde von keiner der beiden Seiten mit hinreichender Klarheit erörtert oder gar mit der erwünschten Intensität in Angriff genommen. Und doch lagen für ein aktives Zusammenwirken starke Voraussetzungen vor. Zunächst solche vom gemeinsamen Ursprung her: die Sprachen sind nah verwandt, die Tradition vom gemeinsamen Stammvater verknüpft beide Völker mit der semitischen Urzeit, und sogar in den Sitten, zumal wenn man die der in Palästina sesshaften orientalischen Judengemeinschaften ins Auge fasst, gibt es manches Verbindende. Es ist nichts Beiläufiges, dass in der jüdischen Diaspora die spanisch-arabische Epoche eine Blütezeit des Geistes gewesen ist. Eine zweite grundwichtige Voraussetzung ist eben die gemeinsame Liebe zum Land, die zwar bei den Arabern wesentlich passiver ist, aber auch bei ihnen zur Teilnahme an einer gemeinsam betriebenen grossen Arbeit an der Reproduktivierung des Landes hätte ausgebildet werden können. Gewiss, die Juden hatten, im Abendland weilend, in ihrer Art und Lebensweise viel mehr
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von ihm aufgenommen als die auf der Brücke zwischen Orient und Okzident wohnhaften palästinensischen Araber; gewiss, das Tempo des Lebens und der Tätigkeit war hier und dort ein sehr verschiedenes, und man kann es wohl verstehen, dass manche Teile der Ansässigen sich mit der Ueberwindung der Wüste gar nicht zu sehr beeilen mochten und das unablässige Pioniertum der Neuankömmlinge als etwas ihnen Aufgezwungenes empfanden. Dennoch hätten zweifellos die in gemeinsamem Ursprung und gemeinsamer Aufgabe gegründeten Potenzen der Kooperation den Sieg über alle Hemmungen erfochten, wenn nicht das politische Prinzip dazwischengetreten wäre. Noch bis in die letzte Zeit hinein gibt es überall, wo ländliche arabische Bevölkerung unpolitisiert geblieben ist, die schönste friedliche Nachbarschaft, die weitherzigste gegenseitige Hilfe zwischen jüdischen und arabischen Dorfleuten. Jüdische Bewässerungs- und Meliorationsanlagen sind den Fellachen häufig nicht bloss zugute gekommen, sondern diese Lebenserleichterung ist von ihnen auch als ein Positivum auf dem Konto der Juden gebucht worden, und an nicht wenigen Punkten sind die Methoden intensiverer Wirtschaft gern gelehrt und gern gelernt worden. Ich bin wiederholt in jüdischen Dörfern Zeuge von Festlichkeiten gewesen, an denen die arabischen Nachbarn nicht bloss als geachtete Gäste, sondern in einer bis zur echten Verbrüderung gesteigerten Freudigkeit teilnahmen. Immerhin darf nicht unerwähnt bleiben, dass manches aus den Lebensgrundlagen des jüdischen Siedlungswerkes erschwerend wirkte, ohne dass es gegen die Araber als solche gerichtet war; so hatte der gesund regenerative Grundsatz, die Juden zur produktiven Tätigkeit überzuführen, zur Folge, dass die arabischen Kräfte auf dem Arbeitsmarkt oft nicht genügende Geltung erlangten. Und doch wäre sicherlich der Weg zu einer gemeinsamen jüdischen-arabischen Wirtschaft aus innerer Notwendigkeit eingeschlagen worden, wenn nicht das politische Prinzip, das MehrDurchsetzen-wollen als man wirklich braucht, auf beiden Seiten störend und hindernd dazwischengetreten wäre. Immer lauter wurden hier und hier die Staatsparolen – arabischer Staat, Judenstaat – ausgeschrien. Lassen Sie uns einen Augenblick das Mass ihrer Begründung im tatsächlichen Bedürfen beider Völker prüfen. Das im Regenerationsprozess begriffene jüdische Volk in Palästina bedarf einer wohlausgebauten Autonomie, d. h. es muss nicht bloss seine eigene verjüngte hebräische Kultur frei entwickeln und wahren können, sondern es muss auch seine Gesellschaftsformen, die auf eine soziale Erneuerung aus dem Geiste der Gemeinschaft abzielen, selbständig bestimmen und entfalten können. Auch das arabische Volk in Palästina bedarf einer wohlausgebauten Autonomie. Keins der beiden Völker darf das
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freie Wachstum der geistigen und sozialen Werte des anderen unterbinden. Dazu kommt noch auf der Seite der Juden ein Doppeltes: damit das Siedlungswerk nicht stagniere und damit es seine Funktion erfülle, der Weltjudenheit in dem von ihrer Situation erforderten Mass ein heimatliches Lebenszentrum zu schaffen, muss die Einwanderung im jeweiligen rechten Verhältnis zur wirtschaftlichen Aufnahmefähigkeit des Landes freigegeben werden; und damit die Grundlage des regenerativen Siedlungswerkes, die Wiederverbindung des unproduktiv gewordenen jüdischen Menschen mit dem Boden und der Bodenarbeit, nicht erschüttert werde, muss die Möglichkeit gewährt sein, Boden zu erwerben und in steigendem Masse zu bebauen. Beides aber muss so verwirklicht werden, dass den tatsächlichen Bedürfnissen der arabischen Bevölkerung kein Abbruch geschieht. Das Ausmass der echten beiderseitigen Bedürfnisse, die Gerechtigkeit in den beiderseitigen Ansprüchen muss somit immer wieder neu gemeinsam, in der Atmosphäre eines sich aus der Kooperation ergebenden gegenseitigen Vertrauens geprüft und festgesetzt werden. Die wachsende Hypertrophie des politischen Prinzips hat im wachsenden Mass der ohnehin höchst schwierigen, aber doch möglichen Entstehung eines solchen Vertrauens entgegengewirkt. Was jedes der beiden in Palästina nebeneinander und durcheinander lebenden Völker tatsächlich braucht, ist Selbstbestimmung, Autonomie, freie Entscheidungsmöglichkeit. Das bedeutet aber keineswegs, dass es einen Staat brauche, in dem es dominiert. Die arabische Bevölkerung braucht zur freien Entfaltung ihrer Kräfte keinen arabischen Staat und die jüdische braucht zur freien Entfaltung der ihren keinen jüdischen; beides kann in einem binationalen Gemeinwesen gewährleistet werden, in dem jedes Volk seine spezifischen Angelegenheiten verwaltet und beide miteinander ihre gemeinsamen. Die Forderung des arabischen Staates und die Forderung des Judenstaates gehören beide jener Kategorie des politischen »mehr« an, des Mehrhabenwollens als man wirklich braucht. Ein binationales Gemeinwesen mit möglichst weitgehend abgegrenzten Siedlungsbezirken und zugleich mit möglichst weitgehender wirtschaftlicher Kooperation, mit vollkommener Gleichberechtigung beider Partner ohne Rücksicht auf die jeweilige zahlenmässige Proportion, und mit einer auf diesen Voraussetzungen aufgebauten gemeinschaftlichen Souveränität würde beiden Völkern das geben, was sie wirklich brauchen. Keins der beiden hätte dann noch zu fürchten, durch das andere majorisiert zu werden, und die für das jüdische Siedlungswerk wie gesagt unerlässlich notwendige weitere Einwanderung nach Massgabe der Extensivierung und Intensivierung der Produktion könnte den Arabern nicht mehr als eine Bedrohung ihres Bestandes erscheinen. Wenn anderseits
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die Selbstbestimmung und die Entwicklungsfreiheit der jüdischen Gemeinschaft unerschütterlich gesichert wären, könnte das binationale Gemeinwesen recht wohl sich einer Föderation arabischer Staaten anschliessen, wodurch wieder der arabischen Bevölkerung Palästinas eine zusätzliche Sicherung gegeben wäre. Heute scheint dieser Weg durch die zu einem schlechthin pathologischen, an das Katastrophale grenzenden Uebermass angewachsene Politisierung verbaut zu sein. Ich hege dennoch den festen Glauben, dass er nicht endgültig verbaut ist. Freilich sind, damit er freigemacht werde, zwei Aktionen von aussergewöhnlicher Art vonnöten, eine wirtschaftlich-technische und eine geistig-politische, wobei ich den Begriff des Politischen hier natürlich nicht wie bei der Betrachtung der hypertrophen Politisierung seinem negativen Gehalt nach im Auge habe, sondern in seinem grossen, in seinem platonischen Sinn, im Sinn des Geistes, der das öffentliche Wesen baut und gestaltet, aber auch das Technische meine ich hier von seiner Höhenschicht aus, wo es vom Geiste bestimmt ist, von dem Willen des Geistes zu einem grossen und fruchtbaren Frieden der Menschenvölker. Mit der wirtschaftlich-technischen Aktion meine ich eine umfassende Unternehmung zur Erschliessung des Landes, in deren Mitte ein ungeheures Bewässerungswerk stünde, das zugleich die landwirtschaftlich bebaubare Area auf ein Vielfaches vergrössern und einer weitausgespannten bodenständigen Industrie die Kraftstationen liefern könnte, die ihr eine zentrale Stellung in der Wirtschaft Vorderasiens erringen würden. Eine solche Aktion müsste das ganze Leben des Landes dynamisieren; statt eines aus dem stark dynamischen jüdischen Element und dem noch überwiegend statischen arabischen zusammengesetzten Gebietes würde ein einheitliches Gebiet der intensiven Produktion erstehen. Dazu ist freilich not, dass die arabische Bevölkerung sowohl aktiv wie rezeptiv in vollem Masse in die Aktion einbezogen werde. Es ist in diesem Zusammenhang beachtenswert, dass dies meiner Kenntnis nach in allen von jüdischer Seite entworfenen Plänen vorgesehen ist. Wird es durchgeführt werden, so werden sich mit dem allgemeinen Habitus der Bevölkerungsmehrheit auch die Beziehungen zwischen Juden und Arabern grundlegend verändern, vorausgesetzt, dass in jedem Stadium der Aktion der rechte Geist, der Geist der Gemeinsamkeit, der Solidarität und der Kooperation bestimmend bleibt. Es gilt, die von der Politisierung verdunkelte Gemeinsamkeit der Interessen offenbar zu machen, es gilt sie zu gemeinsamer Produktivität in gemeinsamer Liebe zu diesem wunderbaren Land zu erhöhen. Die andere Aktion, die ich als die geistig-politische bezeichnet habe,
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muss mit dieser zusammengehen. Um sie aber Ihnen deutlich zu machen, muss ich ein wenig auf einen bedeutsamen Faktor eingehen, von dem ich bisher nicht gesprochen habe und auch jetzt nur mit einiger Zurückhaltung sprechen mag. Ich habe Ihnen bisher die beiden Völker so vorgeführt, als ob ihre Beziehungen zueinander nur von ihnen selber abhingen; aber das ist keineswegs der Fall. Vielmehr sind diese Beziehungen in wachsendem Masse, und zwar im wesentlichen negativ beeinflusst worden von dem internationalen politischen Getriebe, das, wie so viele andere Völkerkonflikte, so auch diesen in sein Machtspiel gezogen und darin verwendet hat. Wenn es in unserer Zeit eine echte übernationale Autorität gäbe, die richtet und schlichtet, so könnte von dieser Sphäre aus naturgemäss eine wohltätige Wirkung auf solche Konflikte ausgehen. Da es aber eine solche Autorität nicht gibt und daher der ganze internationale Bereich sich in letztlich fruchtlosen Kämpfen um Macht und Besitz verzehrt, werden, wie allgemein bekannt ist, die Differenzen der kleinen Völker nicht so sehr als Uebelstand behandelt, um dessen Behebung man sich gemeinsam bemühen muss, als vielmehr als interessante Komplikationen, die sich im grossen Kampf ausnützen lassen. Die politisierten kleinen Völker selbst aber versuchen diese Ausnützung ihrerseits auszunützen, und in diesem hoffnungslosen Zirkel verschärfen sich ihre Konflikte mehr und mehr. So hat es sich auch in den Beziehungen zwischen Juden und Arabern in Palästina begeben und begibt sich in dieser Stunde erst recht. Dieser Sachlage gegenüber müssen wir, denen es um die Zukunft des homo sapiens bange zu werden beginnt, von dem herrschenden politischen Ungeist an den heute kaum in die Erscheinung tretenden, aber zweifellos noch in den unsichtbaren Tiefen des Geschehens lebendigen Geist politischen Bauens und Gestaltens, Richtens und Schlichtens appellieren. Sei dieses vielleicht schwierigste aller politischen Probleme der Gegenwart, die jüdisch-arabische Situation, die Probe aufs Exempel: aus allen Völkern müssen unabhängige Geister, die dem Kampf aller gegen alle um Macht und Besitz nicht verfallen sind, zusammentreten und eine gerechte Bewältigung der Situation vorbereiten. Sie müssen aber auch über die Stunde hinaus Sorge tragen. Einem gemeinsamen höchsten Rat beider Völker, der in der notwendigen Uebergangszeit zum binationalen Gemeinwesen die gemeinsamen Angelegenheiten zu verwalten haben wird, sollen aus diesem zu schaffenden Kreis Männer beigegeben werden, die an der Entwicklung der Solidarität und Kooperation, an der Entwicklung des gegenseitigen Vertrauens arbeiten und die immer wieder sich zu erheben drohende Konfliktsmaterie niederhalten. Wird es möglich sein diese geistig-politische Aktion einzuleiten und
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durchzuführen? Es ist die Probe aufs Exempel. Geheimnisvoll sind in dieser Stunde das Schicksal Palästinas und das Schicksal der Menschheit aneinander gebunden.
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Nicht ein Judenstaat, sondern ein bi-nationales jüdisch-arabisches Staatsgebilde Im Mittelpunkt der Motive, aus denen einst ein Kreis jüdischer Menschen aus Jerusalem und anderen Orten Palästinas zur Gründung der Vereinigung »Ichud« zusammentrat und später ihr Organ, die Zeitschrift »Ba’ayot« ins Leben rief, stand, was man hierzulande »die arabische Frage« zu nennen pflegt. Was gemeint ist, ist die Frage der intranationalen Basierung der jüdischen Siedlung in Palästina. Es gehört zu den wichtigsten Charakteristika der umstürzenden Zeit, in der wir leben, daß der intranationale Gesichtspunkt, d. h. Betrachtung der wirtschaftlichen und politischen Tatsachen und Erwägung der in ihrem Bereich zu treffenden Entscheidungen von den konkreten Beziehungen benachbarter, lebensmäßig aufeinander angewiesener Völker zueinander aus, immer stärker wird gegenüber dem internationalen Gesichtspunkt, d. h. Betrachtung und Erwägung von den, notwendigerweise viel abstrakteren, Gesamtbeziehungen der zivilisierten Nationen zueinander aus. Der naturgegebene Primat des Intranationalen war so lange zurückgedrängt, als die traditionelle Kolonialpolitik, die »legitime« Verwaltung der Schicksale fernster Völker, unangefochten herrschte. Mit dem wachsenden Selbstbewußtsein und Selbstbestimmungsdrang jener Völker mußte die geographische Konkretheit an absolutem und relativem Gewicht zunehmen, zumal wo sie an geschichtliche Zusammenhänge, ja an lebendige Möglichkeiten neuem, gemeinsamen Geistesbaus und neuer, gemeinsamer Gesellschaftsformung rührt. Daraus wieder ergab sich, daß die internationale Sphäre zunächst immer mehr zum Schauplatz der Auseinandersetzung zwischen dem kolonialen und dem nachbarlichen Gesichtspunkt geworden ist. Das wird sich vermutlich erst in einem künftigen Stadium der planetarischen Entwicklung grundlegend ändern, wenn namentlich eine ungeheure, nur noch durch eine faktische und umfassende Zusammenarbeit der Völker zu bewältigende Not der internationalen Tätigkeit einen gewaltigen konkreten Inhalt geben wird. Die zur Rettung der jüdischen Volksindividualität als solcher unternommene jüdische Siedlungsarbeit in Palästina – in wirtschaftlicher, sozialer, kultureller Hinsicht ein Werk von Weltbedeutung – hatte einen Grundfehler, der ihre Vorzüge an der ihnen angemessenen Entfaltung verhindert hat: die politische Führung stand im Bann der traditionellen Kolonialpolitik, die in Palästina so wenig am Platze war wie vielleicht an keinem anderen Punkte der Erde, und ganz gewiß dem jüdischen Volke weniger als
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irgendeinem anderen anstand, und ließ sich daher im wesentlichen vom internationalen statt vom intranationalen Gesichtspunkt bestimmen. Sie konfrontierte die eigene Tendenz mit der internationalen Lage und ihrer wechselnden Problematik, nicht aber mit der geographischen Realität, in der diese Tendenz verwirklicht werden sollte. Sie isolierte Palästina vor einem Hintergrund internationaler Verwicklungen und Entwirrungsversuche, statt es in den organischen Zusammenhang eines aufstrebenden Vorderasien unter großen geistig-strukturellen und gesellschaftsformenden Perspektiven einzufügen. Wer auf dieses als auf einen maßgebenden politischen Faktor der Zukunft hinwies, stieß bei der zionistischen Oeffentlichkeit und ihrer Führung auf eine Wirklichkeitsblindheit, die sich verhängnisvoll auswirken mußte. Daß das Selbstbewußtsein, und der Selbstbestimmungsdrang bei der arabischen Bevölkerung Palästinas die militante Form angenommen haben, die sie angenommen haben, ist zu einem erheblichen Teil auf den Einfluß dieser Wirklichkeitsblindheit und ihrer praktischen Konsequenzen zurückzuführen. Auch ein Volk, das einen Weltmachtsrückhalt besitzt, könnte in dieser Epoche, in der die Kolonialpolitik, in die Defensive gedrängt, Position um Position aufgeben muß, es nur dann wagen, in einem Land mit aufstrebender Bevölkerung zu siedeln, wenn es in allem Ernst auf die Schaffung einer realen Interessengemeinschaft mit dieser ausginge, das heißt, bereit wäre, unter Bringung der unvermeidlichen Opfer die Erschließung des Landes als gemeinsame Sache zu betreiben, den Partner zur aktiven Teilnahme daran zu befähigen und am Genuß der erzielten Vorteile zu beteiligen. Wie erst ein Volk, das keinerlei Weltmachtrückhalt sein eigen nennen kann und sich wohl hüten muß, die jeweiligen Interessenkonstellationen dieser oder jener Weltmacht damit zu verwechseln. Hier hätte am Anfang des Siedlungsunternehmens – jedenfalls des modernen, unter weltpolitischen Auspizien begonnenen – ein klares ausgebautes Programm des do ut des stehen müssen, ein Programm, in dem die kollektive Einbeziehung der wirtschaftlich rückständigen arabischen Bevölkerung in die eigene starke Wirtschaftsaktion geboten und dafür die für unsere Rettung der jüdischen Volksindividualität als solcher unerläßlichen Ansprüche – Einwanderung, Bodenerwerb, Selbstbestimmung – gesichert werden sollten. Was geschah, mußte, mochte es, wie z. B. das Prinzip der »jüdischen Arbeit«, noch so sehr von wirklichen Bedürfnissen eingegeben sein, sich fast wie das Gegenteil eines solchen Programms auswirken. Unter solchen Umständen hatten jene im arabischen Lager, denen daran liegen mußte, der erwachenden nationalen Bewegung einen negativen, abwehrenden, statt eines ihre Interessen nicht bedrohenden, positiv-sozialen Inhalts zu geben, gewonnenes Spiel.
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In dieser Fehlentwicklung der arabischen Bewegung macht sich, wie in der unserer eigenen, ein zweites Charakteristikum unserer Zeit in erschreckender Weise geltend: die Hypertrophie der politischen Belange im Verhältnis zu den wirtschaftlichen und kulturellen. In Wahrheit sollte in der modernen Welt, die von den maßlos gewachsenen Lebensproblemen aus auf eine Aktualisierung der Realitäten den Phraseologien gegenüber zugedrängt wird, das Politische nur eine Fassade sein, die die Wirklichkeit des Baues, die Wirklichkeiten der Wirtschaft und der Kultur, nur repräsentieren, nicht beeinträchtigen darf. Statt dessen maßt es sich an, das allein entscheidende, allein entscheidend tätige Prinzip zu sein. Das bedeutet praktisch, daß bei realen, d. h. im wesentlichen in der wirtschaftlichen Sphäre begründeten Interessenkonflikten zwischen zwei Völkern, der Kampf nicht von dem tatsächlichen Maß der Interessengegensätze, sondern von einem überspannten, übertriebenen, eben politisierten Aspekt aus geführt wird. Dieses durch die politischen Fiktionen erzeugte Plus ist in der öffentlichen Arena mächtiger geworden als die wirtschaftlichen Realitäten selber, die ja gerade im Konfliktsfall keine andere aktive Vertretung haben als eine politische oder politisierte und daher für deren Uebergriffe aufzukommen haben. Es ist ein fataler Zirkel: die politischen Fiktionen treiben die Krise, die in den realen Konflikten nur latent und daher unschwer zu überwinden ist, durch die Wirkung des Plus mehr und mehr empor, und die wachsende Krise steigert die Macht der Berufspolitiker. Man hört oft sagen, die Wirtschaftsführer hätten die Macht; aber das kann nur für das normale Leben gelten, und dieses ist ganz zugedeckt im allgemeinen vom kollektiven Fiktionsrausch, ohne den die meisten Menschen in der unheimlich kompliziert gewordenen Welt nicht mehr zu leben verstehen, und dazwischen von den Katastrophen, in denen die Fiktionen furchtbare Wirklichkeit werden, weil man ihnen freies Spiel gelassen hat. Ueber die Berauschten herrschen die Berufspolitiker fast unbehindert; in den Katastrophen müssen sie freilich ein gut Teil ihrer Macht an Militärs oder Legionen führende Bandenführer abgeben, sofern sie nicht beide Aemter in ihrer Hand zu vereinigen vermögen, etwa indem sie das eine offiziell, das andere nur faktisch innehaben. Für all dies ist die Geschichte der »jüdisch-arabischen Frage« ein Schulbeispiel geworden. * Wie soll man die Kassandra unserer Zeit nennen? Es kommt aufs gleiche hinaus, ob man den stolzen Namen »Männer des Geistes« oder den halbverächtlichen »gewisse Intellektuelle« vorzieht. Ich meine die Menschen
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und die Menschenkreise, die, von der Machtbesessenheit der »Führer« und dem Fiktionsrausch der »Geführten« frei, die Katastrophe kommen sehen. Sie warnen nicht bloß, sie versuchen auch einen Weg zu zeigen, auf dem sie vermieden, immer noch vermieden werden kann. Der Weg ist nicht unwandelbar vorgezeichnet; wenn das Verderben weiter vorgeschritten ist, muß man den Wegplan ändern, ihn den noch übrig gebliebenen Möglichkeiten anpassen. Es sind die Menschen, die das Ziel nicht demonstrieren, sondern erreichen wollen; so müssen sie die wechselnde, die durch das Suggestionsspiel der Fiktionen und seine Auswirkung heftig wechselnde Wirklichkeit immer wieder erforschen, um eben von ihr aus doch noch zum Ziel gelangen zu können. Weil sie auf die tatsächliche Erreichung des Zieles erpicht sind, weil sie sich weigern, aussichtslose heroische Gebärden als Ersatz für den wirklichen Sieg der nationalen Rettungsaktion über die ungeheuren Hindernisse zu akzeptieren, werden sie als Defaitisten denunziert. Weil sie der Idee treu bleiben und nicht dulden wollen, daß der Asmodaeus eines politischen Wahngebildes sich auf ihren Thron setze, gelten sie als Quislinge. Und weil sie Tag um Tag und Nacht um Nacht alle Kräfte ihrer Seele aufbieten, um der Verzweiflung nicht zu verfallen und erneut die Vernunft anrufen, heißt es von ihnen, die Not ihres Volkes rühre nicht an die Tiefe ihrer Herzen. Ich habe die Gesinnung und das Los des Menschenkreises geschildert, die aus dem »Ichud« und »Ba’ayot« hervorgegangen sind. Handelt diese Kassandra? Auch sie redet ja nur. Sie »handelt« nicht, weil sie keine Vollmacht hat und an diesem Punkte ein Handeln ohne Vollmacht wahnwitzig wäre. Aber ihre Rede ist eine Tat, weil sie einen Weg zeigt. Die Geschichte unseres und des kommenden Geschlechts wird uns bestätigen, daß diese Rede eine Tat und dieser Weg der einzige war, der zum Ziel der Regeneration des jüdischen Volkes in Palästina führen konnte. Wir pflegen unser Programm als das eines bi-nationalen Staates zu bezeichnen. Damit soll gesagt sein, daß ein Gemeinwesen angestrebt wird, das auf der Realität des Zusammenlebens zweier Völker errichtet ist und dessen konstruktive Grundlagen daher andere sein müssen, als die gewohnten und verbrauchten von Majorität und Minorität. Wir meinen aber damit nicht einen beliebigen binationalen Staat, sondern eben diesen besonderen, unter diesen besonderen Voraussetzungen entstandenen, einen also, in dessen konstruktive Grundlage die unerläßlichen Postulate der Rettungsaktion des jüdischen Volkes als Magna Charta Reservationum einzubauen sind. Wir meinen, daß dies uns not tut, und nicht ein »Judenstaat«, weil ein winziger Nationalstaat mitten in einer großen feindlichen Umwelt den organisierten nationalen Selbstmord bedeuten
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würde und eine lose internationale Basis die fehlende intranationale unter keinen Umständen ersetzen könnte. Aber dieses unser Programm ist nur die Anpassung des Weges zu einer bestimmten, geschichtlichen Situation, nicht aber notwendigerweise der Weg selbst. Der Weg ist ein (natürlich auch auf die produktive Teilnahme der kleineren nationalen Gruppen bedachtes) Zweivölker-Einvernehmen, das unseres Erachtens zu einer jüdisch-arabischen – jüdischerseits in einer starken palästinensischen Siedlung zentrierten – Zusammenarbeit an der Entwicklung eines aufstrebenden Vorderasien führen wird, einer Zusammenarbeit, die zwar auf den Tatsachen des Wirtschaftslebens basiert sein muß, aber unter der großen Perspektive einer geistig umfassenden und gesellschaftsbildenden Verbundenheit sich wird entfalten dürfen.
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* Die Prinzipien, die für ein solches Einvernehmen maßgebend sein müssen, sind die zwei, auf die ich als maßgebend, für die nächste Zukunft hingewiesen habe: Der Primat der Wirtschaft vor der Politik, und der Primat des Intranationalen vor dem Internationalen. Die Entgiftung des Verhältnisses zwischen Juden und Arabern in Palästina ist heute sehr viel schwerer als sie (nachweisbar) noch vor einigen Jahren gewesen ist. Das ist vor allem eine Folge des völlig fiktiven, keine Möglichkeit eines politischen Erfolgs in sich tragenden, Biltmore-Programms, das den Boden eines realistischen Zionismus der Arbeit und des Aufbaus zugunsten einer Haltung preisgab, die schon vor 35 Jahren mit einem drastischen, aber treffenden Ausdrucke 1 als Problemationismus bezeichnet worden ist. Dieses Programm hat die Araber nicht nur zutiefst gegen die offizielle zionistische Politik aufgereizt, als gegen die nunmehr eingestandene Bemühung einer Minderheit, das Land durch internationale Machinationen zu »erobern«, es hat auch die Bestrebungen zur Herbeiführung eines jüdisch-arabischen Einvernehmens dem Verdacht ausgesetzt, daß da die Absichten verschwiegen werden, die man sonst offiziell eingestand. Dennoch ist auch heute noch eine solche Entgiftung, die eine unerläßliche Voraussetzung für die Anbahnung eines Einvernehmens ist, nicht aussichtslos. Sie kann aber nur auf dem Boden des Primats der Wirtschaft versucht werden. Es kommt darauf an, daß Bedingungen geschaffen werden, unter denen die beiderseits von den politischen Parolen übertäubte Interessengemeinschaft sich als realer, als vitaler, als mächti1.
Von meinem verstorbenen Schüler und Freund Oskar Epstein.
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ger erweisen kann denn die bisher von den Berufspolitikern so erfolgreich verkündete Interessenverschiedenheit. Das ist was J. L. Magnes in seiner Aussage vor der englisch-amerikanischen Untersuchungskommission genannt hat: ein Einvernehmen »nicht durch Diskussion, sondern durch das Leben selbst« (through life and not through discussion) zu erzielen. Man soll den Realitäten des Lebens die Chance geben, die Kruste der politischen Fiktionen zu durchbrechen. Magnes ging mit Recht so weit, auf diesem Wege sogar ein »Einverständnis der politischen Führer« (agreement among the political leaders) selbst zu erhoffen: das Leben wird, wenn man ihm seine Chance gibt, sich stark genug erweisen, um sogar den Politikern eine neue Linie des Handelns vorzuschreiben. Nicht die Politik als solche ist vom Uebel, sondern ihre Hypertrophie. Ebenso maßgebend für das erstrebte Einvernehmen muß der Primat des Intranationalen sein. Die herrschende zionistische Politik ist bisher von dem Axiom ausgegangen, ein internationales Abkommen müßte dem intranationalen, dem mit den Arabern, vorausgehen, vielmehr: es bereits determinieren. Die umgekehrte Reihenfolge ist die Gebotene: es geht darum, ein intranationales Einvernehmen herbeizuführen, das sodann internationale Sanktion erlangen soll. Diese Reihenfolge wird sich aber auch den Arabern als die gebotene erweisen, so wenig dies auch heute ihre politischen Führer wahr haben wollen; denn der von ihnen angestrebte palästinensische Staat wird in der gegenwärtigen weltpolitischen Konstellation nicht anders entstehen können, als von einer gemeinsamen Forderung der Juden und Araber, somit von einem vollzogenen jüdisch-arabischen Abkommen aus. Die Verteilung der Funktionen zwischen dem intranationalen und dem internationalen Prinzip in der weltpolitischen Realität wird sich notwendigerweise immer mehr in der Richtung entwickeln, daß dem ersten die konstituierende, dem zweiten die sanktionierende Funktion zufällt; mit andern Worten: es werden notwendigerweise durch Vereinbarungen zwischen Völkern übervölkische Gebilde entstehen, äußerlich gebunden durch gemeinsame Wirtschaftsinteressen, innerlich durch gemeinsame geistige Strukturtendenzen und gemeinsame Grundprinzipien neuer Gesellschaftsbildung. In diesen Gebilden werden gemeinsame Wirtschaft, gesonderte Kultur und teils gemeinsame, teils gesonderte Politik nebeneinander, über alledem aber große gemeinschaftliche schöpferische Zielsetzungen, walten; und diese Gebilde werden in einen größeren, überstaatlichen, überterritorialen, dem heutigen »internationalen« Prinzip entsprechenden, aber lebensfähigeren und aktionsfähigeren Zusammenhang eingeführt werden. In Vorderasien wird kein solches umfassendes Gebiet ohne echtes Ein-
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vernehmen zwischen Juden und Arabern und seine internationale Sanktionierung entstehen. Aber ebenso können die vitalen jüdischen Postulate nur durch ein solches Einvernehmen realisiert werden: Nur wenn sie der Welt den Frieden Vorderasiens bieten, soweit er von ihnen abhängt, wird sie ihnen jene gewähren. Denn was immer man sagen mag: nicht bloß die oder jene Großmacht, sondern die Völkerwelt braucht den Frieden Vorderasiens.
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* Seit wir unseren Kampf gegen den politischen Fiktivismus begonnen haben, ist seine Macht im Jischuw dem Anschein nach immer mehr gewachsen. Erst stellte man ein Programm auf, das mit politischen Mitteln nicht zu erreichen war; als dies offenkundig wurde, wandte sich ein verzweifelnder und waghalsiger Teil der Jugend dem Mittel der Gewalt zu – mit dem noch weniger zu erreichen ist. Die ganze Geschichte der nationalen Bewegungen, in der naturgemäß aufständische Gewaltmaßnahmen keine geringe Rolle spielen, mußte herhalten, um eine Lehre zu liefern, die keine war; denn man kann naturgemäß für eine gegebene Situation erst dann von der Geschichte lernen, wenn man zuvor die Situation in allem Spezifischen erkannt hat. Macht- und Interessenverhältnisse, das ganze System der an diesem Punkte wirksamen Dynamik, der zwischen den Staaten, aber auch innerhalb der einzelnen zuständigen Staaten; eben diese Voraussetzung aber ist unerfüllt geblieben – sie hätte, erfüllt, die Absurdität einer Gewaltpolitik in unserer Situation bloßgelegt. Man darf freilich nie außer acht lassen, daß hier echte Verzweiflung waltete, erregt durch Vernichtungsvorgänge, wie sie nie zuvor einem Volke widerfahren waren, und durch die Stumpfheit der Völkerwelt ihnen gegenüber; und Verzweiflung pflegt nicht zur Situationserkenntnis, sondern zum Fiktionsrausch ihre Zuflucht zu nehmen. Gewiß haben Berufspolitiker, wie kämpfende Berufspolitiker es überall tun, all dies, Volksnot, Rettungsverlangen, Verzweiflung, in ihre Rechnung eingestellt; aber nicht die Rechnung ist das Wichtige, sondern die Wirklichkeit, und die Berufspolitiker der zuständigen Weltmächte haben auf die Rechnung statt auf die Wirklichkeit geschaut und von da aus gehandelt, wodurch die Verzweiflung naturgemäß immer noch gesteigert wurde, zumal nach solchen Vernichtungsvorgängen die arme Menschenseele getrieben ist, überall lauernde Vernichter zu sehen. Dennoch mehrt sich im Jischuw die Einsicht, daß etwas in der herrschenden zionistischen Politik nicht in Ordnung ist, ja, daß Möglichkeiten zerschlagen worden sind, die kaum wiederherzustellen sind. Die
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Zahl der sich Besinnenden, die Zahl der Besonnenen, mehrt sich. Unsere mühselige Arbeit ist doch nicht ohne Einfluß geblieben. Worauf es jetzt ankommt ist, darauf hinzuwirken, daß die Besinnung entschlossen-konstruktiv und nicht hoffnungslos und zersetzend werde. Deshalb muß jetzt nachdrücklicher als je gezeigt werden, daß es auch heute noch eine Lösung gibt. Sie ist schwerer zu erlangen als vordem, sie ist weniger befriedigend als vordem, aber es gibt sie noch, die Lösung, die uns wieder auf unseren Weg, den der Arbeit und des Aufbaus führt. Die Aufgabe, diese Lösung unter den so erschwerten Umständen zu zeigen und anzustreben, ist nur durch eine höchst intensivierte Arbeit zu erfüllen. Dazu suchen wir Bundesgenossen in aller Welt und rufen sie auf.
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Die Wahrheit und das Heil Lieber Dr. Magnes, dieser Brief, den ich Ihnen schreibe, ist persönlich. Die Öffentlichkeit soll ihn kennen lernen; ich wünsche, daß unsere Freunde ihn lesen. Und doch soll er ein persönlicher Brief sein; denn das, was ich Ihnen sagen möchte, berührt die Tiefen meiner Seele, und ist wert in die Tiefen Ihrer Seele zu sinken. Ich bin Ihnen sehr verpflichtet und wünsche, Ihnen dafür meinen Dank auszudrücken – einen Dank, der allen zu Ohren kommen soll und dennoch intimer Art ist. Vor vielen Jahren, als ich auf dem Zionistenkongreß für einen jüdischarabischen Bund kämpfte, hatte ich ein Erlebnis, das mich erschreckte und mein späteres Leben bestimmen sollte. Ich hatte einen Resolutionsantrag entworfen, der die Gemeinsamkeit der Interessen der beiden Völker betonte und den Weg für eine Zusammenarbeit zwischen ihnen aufwies, – der einzige Weg, der zum Heil des Landes und seiner beiden Völker führen kann. Bevor die Resolution dem Kongress zur Bestätigung vorgelegt wurde, kam sie vor ein Redaktionskomitee, das die endgültige Formulierung festlegen sollte. Natürlich nahm ich an diesem Komitee teil. Da geschah etwas, was für einen Berufspolitiker etwas durchaus Gewohntes und Selbstverständliches ist, mich jedoch so erschreckte, daß ich mich bis heute nicht völlig von jenem Tag erholen konnte. In dem Redaktionskomitee, das zum großen Teil aus alten Freunden von mir bestand, schlug man eine kleine Änderung vor und noch eine kleine Änderung und dann noch eine Änderung vor … Jede einzelne hatte scheinbar keine entscheidende Bedeutung, und alle wurden ausdrücklich damit begründet, daß man die Resolution für den Kongreß annehmbar formulieren müsse. Immer wieder hörte ich die Worte: »Kommt es Ihnen nur auf eine Demonstration an oder wollen Sie, daß der Kongreß den Grundsatz der jüdisch-arabischen Zusammenarbeit annimmt, sich zu eigen macht und dafür kämpft? Wenn Sie letzteres wollen, so müssen Sie den kleinen Änderungen zustimmen.« Natürlich kam es mir nicht nur auf eine Demonstration an, ich wollte einen Wandel in der Haltung der zionistischen Bewegung in der Araberfrage zustande bringen; darum rang ich jeweils um meinen Textvorschlag, aber ich gab auch immer wieder nach und verzichtete, wenn die Sache davon abhing. Als das Redaktionskomitee seine Arbeit beendet hatte und mir der vereinbarte Textvorschlag in Reinschrift ins Hotel gebracht wurde, sah ich zwar eine Reihe von schönen und überzeugenden Sätzen, aber das Mark und Blut meiner ur-
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sprünglichen Forderung waren nicht mehr darin. Ich habe die Sache angenommen und gab meine Zustimmung, die Resolution vor den Kongreß zu bringen. Ich habe mich damit begnügt, in einer persönlichen Erklärung, die der Vorlesung der Resolution und der Abstimmung vorausging, die grundsätzliche Wende zu betonen, die ich mit meinem Antrag beabsichtigt hatte. Aber ich fühlte: meine Rolle als »Politiker«, d. h. als jemand, der an der politischen Aktivität einer Gruppe teilnimmt, war ausgespielt. Ich hatte eine Sache begonnen und musste sie zu Ende führen; ich durfte keine neue Sache anfangen, wobei ich wieder vor die Wahl zwischen Wahrheit und Verwirklichung gestellt würde. Von nun an hatte ich auf »Resolutionen« zu verzichten und mich mit »persönlichen Reden« zu begnügen. So gingen viele Jahre vorüber – bis ich nach Erez Israel kam und sah, wie Sie, mein Freund, dasselbe radikale Streben nach jüdisch-arabischer Zusammenarbeit zu fördern suchten, das schließlich die Form unseres Ichud annahm. Dadurch daß Sie das taten und wie Sie es taten, haben sie mir ein großes Lebensgeschenk gemacht: Sie haben es mir ermöglicht, wieder im Rahmen und im Namen einer politischen Gruppe politisch zu wirken, ohne die Wahrheit zu opfern. Sie verstehen, was ich meine. Es geht mir nicht um die Reinheit und die Rettung meiner Seele; wenn ich den Fall annehme – der nach dem Wesen der Dinge unmöglich ist – daß ich zwischen der Rettung meiner Seele und dem Heil meines Volkes zu wählen hätte – so weiß ich, daß ich nicht zögern würde. Es handelt sich nur darum, daß ich die Wahrheit nicht verletzen darf, seit ich zu der Erkenntnis kam, daß die Wahrheit das Siegel Gottes ist, während wir das Wachs darstellen, in das dieses Siegel sich einzuprägen strebt. Je älter ich werde, desto klarer wird mir das, und ich fühle, daß wir hierin Brüder sind; denn auch Ihnen wird das von Tag zu Tag deutlicher. Aber da wo wir stehen, gibt es natürlich schon längst keine Wahl mehr: zwischen der Wahrheit Gottes und dem Heil Israels kann es keinen Gegensatz geben. Uns, denen es vergönnt ist, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, vereinigt sich der Dank für alles, was wir von Ihnen empfangen haben, mit dem Segenswunsch, die Einheit von Wahrheit und Heil, die Ihr Herz erfüllt, auf die Welt ausstrahlen möge, bis das Licht den Nebel des Widerstandes durchbrechen und endgültig überwinden wird.
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Palestine: Can Deadlock Be Broken? On these pages we begin an entirely new journalistic experiment. We are inviting leading authorities on controversial problems to come together and try, in talk, to hammer out the greatest common measure of agreement. We are asking them to leave fixed opinion behind and come to the discussion with an open mind – hoping to convince, but willing to be convinced. We begin with perhaps the toughest problem of all – the controversy between Jews and Arabs over the right to live in Palestine. We believe readers will find here – as we did – not only an exceedingly high level of discussion, but a notable readiness to understand the other man’s point of view. CROSSMAN: Shall I put briefly forward how I see the problem, having been on the 18th Commission? Tom Reid was on about the 15th. Let me list the facts as I saw them. First the most provocative – the co-existence of two nations. People might tell me Jew and Arab get on socially and individually. That is true. So did Sudeten Germans and Czechs, but here are two nations who assert the right to the whole country; whatever their politicians say, emotionally and traditionally they feel their absolute right to the whole country. Point No. 2: Each nation feels that because of the political situation in the Middle East it is not justice which prevails but force, and therefore each feels it must preserve to itself the right to use force. Thirdly, the gradual deterioration of law and order to a point where you have now a régime which has the consent of neither community. The existence of a British ghetto with the British officials driven into it, is the symbol of the British position in Palestine. ATIYAH: I agree with this statement of the factual position. The most crucial fact is that you have two peoples existing side by side, each claiming the country as by right. The Arabs maintain irrefutably that the two peoples do not stand on the same footing as regards the justice of their claims to the country. The Arabs are the indigenous population. They have been there for centuries; as Arabs for nearly 1,500 years, since the Moslem conquest of the 7th century. But they have an older claim in the sense that they are the descendants of the very first population of the country, before the original Jewish … BUBER: So far as I’m concerned, I cannot acknowledge the identity of Arabs of today with that population, which was before the immigration of the Hebrews from Egypt to Palestine. CROSSMAN: So we have to record the fact that the two communities
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both put forward a long historical tradition. We have to record that there is a divergence. ATIYAH: From my point of view it is quite enough to say that in 1917 when the whole problem was created by the Balfour Declaration, Palestine was inhabited by a population which was 90-per-cent. Arab in the sense that it was part of the whole Arab community that inhabits the Middle East, that it was Arab by language and culture, and that this population had been the indigenous population of the country for centuries. BUBER: I cannot accept that the position has been created by the Balfour Declaration. REID: When Edward said that at the end of the first World War the population was 90 per cent. Arab, I think he was leaving out the Beduin who come and go from Palestine. Of the 10 per cent. Jewish population, about one-third were recent emigrants since 1890, so I think what Edward says about Palestine really being an Arab country is correct. CROSSMAN: We are all agreed that it was Arab in 1917. BUBER: Statistically I agree, but it does not say it is an Arab country. ATIYAH: It seems to me there is only one criterion which establishes the right of any people to the country they inhabit, and that is long and continued possession. If length of occupation does not give a people a right to its country, can you point out any other criterion, in international morality, by which such a right can be established? CROSSMAN: You have raised a point on which Tom Reid and I, as Europeans, are in difficulty, because it concerns overseas settlement. The British went to Australia, New Zealand and Tasmania, and the Americans went to America. Many of these occupations took place within the last hundred years, so I suppose every European has, in a sense, a split conscience on the subject of overseas colonial settlement. BUBER: I agree. CROSSMAN: Europeans have gone overseas and taken other peoples’ territories, and I have often put it to myself that perhaps the ironic bad luck which asserts itself with the Jews is that they should be almost the last of the white overseas settlers and therefore get it in the neck. ATIYAH: I see a false analogy creeping in. REID: I think that in civil and international law, prescription is the only claim that can be made to a country. Now in the case of Palestine, before the first World War the people who owned it were the Turks. They owned it for 400 years. They gave it up at the end of the war by treaty, and the question was, who owned it then? In my opinion, there is no getting away from the fact that the Arabs had been there during the Turkish
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occupation were practically the only occupiers for 1,300 years, except for a handful of Jews. CROSSMAN: Reid has tacitly claimed that the Balfour Declaration, whatever advantages it had, committed an injustice on the lawful owners of the country. REID: Yes, especially as it was done behind the backs of the Palestine Jews and the Arabs. I think it was an iniquitous document. But it was issued for strategic motives to get allies in America and elsewhere. BUBER: My own point of view is not a legalist one. I am asking myself this question only: what has been done by these peoples in this land? What co-operation has there been between the land and the people? What were the fruits of this co-operation? The particular link between the people of Israel and this land is the link of a unique productivity. This is not a legalist point of view, but for me it is the decisive one. If a people in a certain land was creative, as Jewish people have been in Palestine, in the days of old, and our days, too, it constitutes a special right. It is the manifestation of the spirit. CROSSMAN: Now we have this: Atiyah says, »Ours is the right of prescription,« and Buber replies, »I claim on what the Jews have accomplished since 1918.« BUBER: I do not mean ›since 1918‹ only. I mean ›since the beginning of the relation between this people and this land.‹ REID: Are you basing your argument not on political grounds, but on moral grounds? BUBER: I am basing my argument on the fundamental facts of the history of the human spirit. It is more than morals. ATIYAH: I have three comments to make. First, concerning what Reid said about Palestine having belonged to the Turks. Under Turkish suzerainty the Arabs were not a subject people, but partners with the Turks in the empire. Second, on what I considered was the false analogy – when Crossman said the Jews were unlucky in that they were, as he put it, the last comers into the field of overseas settlement. He mentioned Australia. I would point out that the Arabs in Palestine do not belong to the same category as the aborigines of Australia. They belong to what was once a highly-civilised community, and before what you call overseas settlement in Palestine by the Jews was begun, the Arabs were re-awakening into a tremendous intellectual and spiritual activity after a period of decadence, so there can be no comparison between the two cases. CROSSMAN: Tom, what do you think were the real mistakes of British policy which led up to what we all agree is an intolerable situation?
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REID: The British Government during the first World War had induced the Arabs, who were in revolt against the Turks, to come in and fight on the Allied side. We made them a promise in the McMahon Declaration and then, without their knowledge, invited the Jews to come in and establish a national home. That was unwise and wicked. As I understand it, the idea of the British Government was that the Jews should come in and gradually become a majority. That was a secret understanding and was doubly wicked. CROSSMAN: We ought to note it was not only the British Government, but the League of Nations as well. REID: That came later, in 1923. In 1918 there was an Anglo-French Declaration which promised the Arabs a Government in Palestine evolved from the will of the people. I hate running down my own country, but really the treatment of the Arabs in Palestine was disgraceful. They were promised time and again their independence. The British should have done what commission after commission has asked them to do: to give a clear definition of their policy in Palestine. They never did. They did nothing but vacillate. They hoped the Arabs would eventually tacitly consent to Palestine becoming a Jewish State in fact. ATIYAH: I think the basic trouble in implementing the Mandate has been that the Mandate and the Balfour Declaration provided for two incompatible things – for the protection of the rights of Arabs on the one hand, and for handing their country over to the Zionists on the other. BUBER: I think the Balfour Declaration was not too much, but too little. It did not make clear enough that it meant for the Jewish people free access to the soil of Palestine and an autonomy sufficient to build there a life of its own. CROSSMAN: So we can get agreement on this point, that in the past the failure has been the failure of the British Government and the League of Nations to face up to the issue in Palestine one way or the other; and if we do not face up in the future to the fundamental issue we shall not add anything to the solution of the problem, which ever way it goes. There has been a great deal of discussion about an agreed solution between Jew and Arab. Is it sheer moonshine for a statesman to say that he is looking for an agreed solution between the existing organisations on both sides? ATIYAH: I think an agreement between the Arabs and the Zionists is absolutely impossible. BUBER: I think it is now somewhat difficult, but not impossible. ATIYAH: It is quite impossible because the conflict is between the indigenous people of Palestine who are in the majority who are determined to keep their country and want independence immediately, and a group
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of Jews – not the whole of Jewry – who regard Palestine as theirs by right and who want to come in in unrestricted numbers and have a Jewish National State. Between the two armies there can be no compromise. BUBER: Political organisations can be changed, and can change their opinions. The real question is not one of organisation but of reality. Nor is it a question of majority and minority. CROSSMAN: You do not believe in counting heads in Palestine? BUBER: No: nor in any other country. But there is an urgent need to find a new political form for the living and working together of two peoples. CROSSMAN: The question we put to you, put bluntly, is, if we wait for an agreed solution between the Jewish Agency and the Higher Committee of the Arab League, have we got to wait till Domesday? BUBER: If you put the question so, I have no answer to it. I think what is the real obstacle is the morbid obsession with purely political terms, which does not allow these two people to come to an understanding on the basis of their real common interests. REID: It is quite hopeless to expect political Zionists and political Arabs to agree. It would not pay them politically, from a narrow point of view, to lower their demands to outside powers. ATIYAH: It is not only the Arab politicians who would never agree to a Zionist solution, but the whole Arab people. CROSSMAN: Do you feel that on the basis of an imposed solution, cooperation might be possible? REID: I have said before that you won’t settle the Palestine omelette without breaking eggs. If an imposed solution is imposed, one side or the other will resist it, unless independence is given to Palestine at once. BUBER: Everything depends upon the kind of solution. If it is a sound one, bringing the two peoples together in their common interest, a solution, even if imposed, will do what must be done. ATIYAH: It is not only an imposed solution that offers a chance of cooperation. There is one alternative, that every foreign influence should be withdrawn completely from Palestine and the Arabs and the Jews left alone to come to terms or fight it out. This may not be a very desirable solution, and the condition it involves may be unrealizable, but if it could be tried a natural equilibrium would be reached, possibly after a fight. If the Zionists could no longer depend on foreign armed assistance they would realise that it was essential for them to cultivate the goodwill of the Arabs. REID: Dick, do you agree with the view that we have expressed, that it is quite impossible for political organisations on both sides to agree?
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CROSSMAN: Completely. And furthermore, I think we are all agreed that if there were a sudden and complete withdrawal of British troops, there would be bloodshed and disorder. This brings us now to our concluding stage of asking ourselves what, in our view, is the sort of solution, which a commission could give, and which the Great Powers could impose. Readers will want to know what sort of solution could be, first, just and second, feasible. BUBER: A solution giving to either side the right of domination would lead to a sudden catastrophe. The only solution that would not lead to a catastrophe, but only to a difficult situation for some time, is the creation of a bi-national state. That is, putting Jews and Arabs together in a kind of condominium and giving them the maximum of common administration possible in a given hour. They would have equal rights, these two nations as nations, irrespective of numbers. CROSSMAN: In a State where there was such a parity there would be deadlock on any vital issue and that would mean no Jewish immigration, because every issue over which there was a deadlock would be one on which no action would be taken. BUBER: I mean the constitution of the State should be based on the right of immigration by the Jews until there is an equal number, but there should be equality at once, not only of individuals, but of nations. REID: On what grounds would the Professor justify immigrants coming into a country until they were equal in numbers with the indigenous population? BUBER: I think that Judaism cannot live without becoming an organism with a living centre, and not only for itself, but for mankind it should live on. For Arabism there is no similar alternative. ATIYAH: I think a bi-national State on the basis of absolute parity is either unnecessary or impossible, because unless there is enough goodwill on both sides such a State will end in deadlock and complete paralysis. If there is enough goodwill there is no need for such an elaborate scheme. BUBER: Then the question of majority arises and that is what I am trying to avoid. In the last 30 years the possibilities of an agreement between Jews and Arabs have deteriorated as a result of growing politisation. I do not see any solution other than depolitisation as far as possible. This means replacing the slogans on the site of reality and building upon it. ATIYAH: The first condition of a just solution is that the Palestine problem should be solved in relation to the welfare of the people of Palestine – and not by reference to extraneous factors such as Zionist national aspirations or the plight of Jewish refugees, however grievous, or American public opinion, or the oil and strategic interests of the Great Powers. This,
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for justice, is essential. Second, you must decide which of the two claims to the country – the Arab or the Zionist – is morally valid. If these two conditions are applied, the only solution is that the country should be given the independence to which it is entitled and which it has so far been denied, and that a democratic Government should be set up for the whole population, and Arabs and Jews given equal rights as the citizens and a share in the Government in proportion to their numbers; that immigration should be stopped until the country has its own Government to decide its immigration policy like any other Government. It would be quite possible for such a State to enter into treaty relations with Britain. REID: I have been greatly impressed by the sincerity and moderation of the professor’s views, but he said earlier that he does not believe in counting heads to get a majority, and yet when he comes to a solution he insists that emigration must go on until Jews equal the Arabs. BUBER: I am not interested in formulas. You can say if you prefer: the Jews have a right to immigration as far as the economic conditions allow. REID: I think abstract justice in practical politics cannot always be implemented. It is quite wrong in any country, whether India, Burma or Palestine, to say »our interests and nothing else,« because the world is inter-dependent. While I agree the interests of the people of Palestine should be a primary consideration, the problem is really an international one. It was said Palestine should be considered with reference to the appalling fate of the Jews elsewhere. The Arabs have accepted, against their will, it is true, five hundred thousand Jews into Palestine, and it is utterly wrong to try to settle the problem of displaced Jews by dumping them into Palestine, which has already done its share. Britain is not bound by any promise to set up a Jewish State in Palestine. The Jews, in 1917, asked for a State and the British Government did not grant it. What they did, without any right to do so, was to recommend the setting-up of a Jewish cultural national home, now established. That did not bind the Arabs, and what the Jews have been trying to do is to turn that national home into a Jewish State, mainly by bringing in immigrants. The doctor has recommended an independent bi-national State. Mr. Atiyah has recommended independence. In my opinion there is no way out. If we are going to face the facts, I think there is no solution except independence. CROSSMAN: In the near future. REID: That is the correct way to put it. That, of course, would cause violent reaction on the part of some of the Jews. In 1923 the French wanted the whole of Syria and the British did not want them to have the southern part, Palestine, and in carrying out the dictates of power politics the French took the northern part and we took the southern part. That
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was a most unjust act and economically a disastrous one. In my opinion, if the Arabs were wise, and with friendly pressure, I think they could be induced to undo the partition of Syria. BUBER: A Federal State? REID: It should have one Government, federal or unitary. BUBER: With what degree of autonomy? REID: I have not gone into the details of that. In my opinion that would do a great deal towards solving the immigration question, because the Arabs, the indigenes, would be in the majority. It is no use Mr. Atiyah saying Palestine can go on on its own. It must have relations with other States. Palestine is the bridge between Asia and Europe. It is a key position in the world. Before the settlement is made, this little State of Palestine should in its own interests enter into a treaty with Britain or America or UNO for protection against outside aggression. It will lead to trouble, but, as I said before, you won’t make a Palestine omelette without breaking eggs. If this solution is adopted, you will have some opposition from the extremists, but the average Jew in Palestine will accept it. CROSSMAN: I personally think that Dr. Buber’s solution, the so-called bi-national State, is a figment of the constitutional imagination. If they work together, you don’t need it, and if they don’t work together the constitution doesn’t work. With regard to Mr. Atiyah, I happen to agree that the immediate objective has got to be independence, but for both Jews and Arabs. The difficulty I see is this. If we grant immediate independence, the withdrawal of our troops will mean a de facto partition whether you like it or not, and there will be some bloodshed. You will get a de facto and illegal partition of the country because I do not think the two communities would work together. I regard the so-called solution of an immediate independence as merely a form of splitting the country between existing warring groups. In the second place, any solution likely to be effective will not be carried out by only one power. The British have been put in the intolerable position of having a world problem on their shoulders. But a sound solution has got to have not only the backing British forces, but also of the forces of other powers as well. There will have to be a token American and Russian force – if Russia would agree – or else there will be no chance of success, for no one Government can stand the strain. That is the second principle: an international solution with full international backing, and I think that is the position the British Government will adopt. Thirdly, a greater Syrian unity has got to be the final objective. I do not like partition because I think it is wicked to divide that small country, but I see no other way of getting responsibility into the hands of Jew and Arab, and of recognising the rights of Jewish immigra-
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tion into Palestine. I regard partition as a short-term policy, something that you do in order to lead on to the integration of Palestinian Jews and Arabs into the Middle East. Partition is bound to fail if it is only partition, and is not accompanied by a complete revolution in our attitude to the Middle East, and if it does not lead to a Jewish State telling the rest of the world that there can be no unlimited immigration. REID: Let us see if we are clear. Three of us recommend independence. You favour partition. In my opinion, if partition were established it would simply mean that the Jews, with their superior education and money, would buy up the land and swarm across the Arab boundaries, and there would be strife from the word ›go‹. We examined partition thoroughly in 1938. We decided in the end that economically, strategically and politically it was quite impossible. It would be unjust to hand over the sovereignty of part of Palestine to immigrants because Jews had a State there 2,000 years ago. CROSSMAN: I do not conceive of an Arab and a Jewish State, but of one State exclusively Arab and one at the beginning fifty-fifty Jew and Arab, and later achieving a Jewish majority. ATIYAH: What does that solve? Nothing at all. You are merely cutting off the purely Arab part of the hills and leaving the main part populated by Jews and Arabs to become a Jewish State. It is the most important and richest part of Palestine. Can you see the Arabs accepting that? CROSSMAN: Any solution demands force and involves people outside Palestine. If we use force against Jews we are using it against all the Jews in the world, and if we use it against the Arabs we use it against the Arabs of the whole Middle East. What you do in Palestine reacts over the whole world and is unjust either to Jews or Arabs or both. I seek not perfection but lesser injustice, and believe that to be partition. BUBER: Unfortunately, time is not sufficient to discuss the question of partition. I am against it because I am for a living and productive Palestine. CROSSMAN: Would you rather have partition than an Arab independent state? BUBER: Of course, but only because I think it is the lesser evil. You said a bi-national state in your view would not work. This is an argument that has been used many times against that kind of thing. Secondly, I am for, and not against, a bi-national Palestinian state entering as an autonomous member into a Syrian confederation. CROSSMAN: On the Syrian Confederation at least we have reached agreement.
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In Blitzesschnelle verbreitet sich Brutalität in dem in unserem Land existierenden Konflikt und macht selbst vor alten Menschen, Frauen und Kindern keinen Halt. Nur vor einigen Wochen war es der Stadtverwaltung Tel Avivs noch möglich zu verkünden, dass ein ruhiger und friedliebender Araber sich nicht fürchten muss, durch die Straßen der Stadt zu gehen. Heute lauert Todesgefahr dem Juden, der es wagt, ins arabische Viertel zu gehen, und so auch dem Araber, der jüdisches Gebiet betritt. Zwar geschieht es immer wieder, dass unter Lebensgefahr Juden durch Araber und Araber durch Juden gerettet werden. Aber die Zahl der Fälle, in denen unschuldige Menschen vor Augen der Öffentlichkeit und auch der Sicherheitskräfte ermordet werden, wird immer größer. Vor kurzer Zeit wurde in der Siedlung Katamon ein jüdischer Arzt, der mit seinem Auto einer jüdischen Familie beim Möbeltransport behilflich war, von Arabern ermordet. Vor einigen Tagen wurden in dem Stadtviertel Meah Shearim zwei Araber von einer jüdischen Menge ermordet, als sie dort mit einem Lastwagen vorbeifuhren, der ihren Hausrat und Möbel von Liftah in ein ruhigeres arabisches Viertel bringen sollte. Bis heute haben wir noch gar keine Reaktionen von Seiten jüdischer oder arabischer Institutionen gehört, dass sie solch niederträchtige Taten verurteilen. Es verbreitet sich bei uns eine Kriegspsychose, eine Angstpsychose, die in jedem zufälligen Passanten einen Fremden sieht – einen Verbrecher und Mörder, einen Angreifer und Feind. Aus diesem seelischen Zustand heraus handelt die Menge und tötet und mordet alle fremden Vorübergehenden. Wir fordern die Bevölkerung Jerusalems, doch vor allem unsere jüdischen Brüder auf, unseren Namen und unsere Ehre nicht zu entweihen. Aber sollten auch wir den Weg des aufgehetzten Pöbels einschlagen, werden wir keinen Erfolg haben, sondern nur eine Verschlechterung der Situation, sowie Verstärkung des Hasses und weitere Handlungen ohne Rücksicht und Erbarmen herbeiführen. Wir fordern die öffentliche Meinung und die jüdischen Institutionen auf, alle Mittel zu ergreifen, um Überfälle und Schädigungen zu vermeiden. Wir fordern strenge Befehle für die Leute der »Volkswache«, damit ihnen bei ihrer schweren Arbeit geholfen und ihnen die Möglichkeit gegeben werde, für Ordnung und Sicherheit in der jüdischen Straße unter allen Umständen und zu jedem Preis zu sorgen. Wir fordern klare und strenge Anweisungen an die Bevölkerung, welche alle Überfälle und Ein-
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Lassen wir es nicht zu, dass uns die Strasse beherrscht!
brüche in den Straßen der Stadt verbieten und bestrafen. Jeder Überfall muss vor das Hauptquartier der »Volkswache« gebracht werden, wo er mit Verantwortung und Klarheit zu behandeln ist. Die letzten traurigen Ereignisse sollten doch eine Warnung für uns sein, lassen wir es nicht zu, dass die Straße uns beherrscht! Lasst uns nicht die moralischen Grundlagen unseres Lebens und unserer Zukunft eigenhändig zerstören! M. Buber J. L. Magnes D. W. Senator
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»Wenn doch die Juden zwanzig Jahre in aller Stille gearbeitet hätten!« (Aus dem Munde eines hohen Offiziers im Jahre 1938!) Der grundlegende Irrtum unserer politischen Führung war zu meinen, dass es das Anliegen des Zionismus sei, eine schnelle Entscheidung über den politischen Status der Ansiedlung herbeizuführen. Sicher hat uns das Denken in Analogien dazu verleitet. Wir hatten die Situation nach dem ersten Weltkrieg mit Erfolg genützt; daraus hat man gefolgert, dass es möglich sei, auch die Situation nach dem zweiten Weltkrieg auszunützen, weil man nicht den Hauptunterschied zwischen den beiden berücksichtigte; ein expandierendes Britannien brauchte uns, um eine Begründung für das Mandat zu haben; demgegenüber ist es eben das Anliegen eines Britanniens, das nur noch seine Wirtschaftsbasis zu retten versucht, die langen Verkehrslinien abzusichern, und es ist nicht in unserer Hand, ihm diese Sicherung zu verschaffen. Von dieser Blindheit der Situation gegenüber rührte wahrscheinlich auch die fieberhafte Eile, mit der man von unserer Seite sich bemühte, die Ausrufung eines jüdischen Staates zu erreichen, als wäre dies die letzte Stunde, in der man das zionistische Programm ausführen könnte. Diese krankhafte Voreiligkeit hat uns in die Krise gedrängt, in welcher wir uns heute befinden. In Wirklichkeit ist es für uns die Hauptsache, Zeit zur Entwicklung der Ansiedlung zu erhoffen. Wie uns allen bekannt ist (sehr anschaulich hat das Mosche Smilansky erklärt), haben wir auf dem Gebiet der Einwanderung nur einen Bruchteil dessen ausgeführt, was uns auferlegt war, in all den Jahren, in denen wir die Handlungsfreiheit in reichlichem Maße in den Händen hielten. Als wir diese Handlungsfreiheit verloren hatten, begannen wir uns selbst zu täuschen, als müssten wir, um sie zurückzugewinnen, uns beeilen, eine Festsetzung des politischen Status der Ansiedlung herbeizuführen – und dies in der Form eines jüdischen Staates, um uns der vollkommenen Freiheit zu versichern. Damit haben wir an die Stelle ruhiger, zielbewusster organischer Arbeit das kurzatmige politische Kartenspiel gesetzt. Und dann setzten wir alles auf eine Karte. Um die Freiheit zur Entwicklung der Ansiedlung zu erringen, ist ein jüdischer Staat nicht notwendig. Dazu ist nur die Bewilligung jenes Maßes von Einwanderung notwendig, die in unserer wirtschaftlichen Existenz zu integrieren jeweils wirklich in unserer Macht steht; jenes Maß von Ansiedlung, die zu bewältigen unsere Kräfte genügen; jenes Maß von
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Ein grundlegender Irrtum, der beseitigt werden muss
Selbständigkeit, das erforderlich ist, um beides zu errichten und zu leiten. Hätten wir dies gefordert, hätten wir es ganz sicher erhalten ohne unsere Zukunft zu gefährden – was wir mit jener »Errungenschaft« getan haben, die wir vor vier Monaten erreicht haben. Doch um dies zu erreichen, war ein entscheidender Faktor nötig: Vertrauen der Araber darauf, dass es nicht unser Ziel im Lande sei, über sie zu herrschen. Dieses Vertrauen haben wir eigenhändig durch das Biltmore-Programm zerstört, das man draußen notwendigerweise so auslegen musste. Als wir danach für die Teilung waren, wurde das nicht als Verzicht auf dieses Programm als Endziel verstanden, und wir haben nicht gehörig dafür gesorgt, dass dies anders verstanden werde. Es ist viel leichter Vertrauen zu verlieren als einen Verdacht zu entkräften. Trotz allem ist auch dies möglich, sogar in dieser so furchtbar späten Stunde. Doch nicht auf dem Weg des Taktierens, sondern nur auf dem Wege innerer Entschlüsse. Eine Änderung der Tendenz ist notwendig. Nicht allein in unseren öffentlichen Erklärungen, sondern auch in unseren Herzen haben wir jegliche Absicht auf eine Majorisierung zu irgendeiner Zeit zu entfernen. Ohne diese Änderung können wir keinen Umschwung bewirken. Wir müssen klar aussagen, was wir nötig haben und was nicht. Wir haben Zeit und Freiheit für unser Aufbauwerk nötig, und nicht um einen Vorsprung zu erringen. Wir haben Einwanderung, Ansiedlung und gesellschaftliche Selbständigkeit nötig, nicht um stärker als andere zu werden, sondern damit wir unser Leben selbständig gestalten können. Dazu bedarf es keines jüdischen Staates, dazu bedarf es nur eines auf Vertrauen beruhenden Vertrages. Vertrauen ist nur unter wirklicher Zieländerung zu erringen und dadurch, dass man dies offen und glaubwürdig darlegt.
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Es gibt von den Anfaengen des modernen Zionismus an zwei Grundtendenzen in ihm, die zu einander in einem bis in die Tiefe der menschlichen Existenz reichenden Gegensatz stehen. Dieser Gegensatz ist lange nur als ein ideeller empfunden worden, aber mit der wachsenden Konkretheit der politischen Situation und der von ihr erforderten Entscheidungen ist er immer realer geworden, bis er in den letzten Jahren eine bestuerzende Aktualitaet gewann. Man kann die beiden Tendenzen in ihrem Ursprung als zwei verschiedene Interpretationen des Begriffs »Wiedergeburt« erfassen. Die eine verstand unter »Wiedergeburt«, dass von neuem ein echtes Israel aufkomme, in dem nicht, wie auf dem Wuestengang des Exils, Geist und Leben nebeneinander bestehen, jedes von beiden ein Bezirk eignen Gesetzes, sondern der Geist sich das Leben baut wie sein Haus, ja wie sein Fleisch. Mit Wiedergeburt ist hier somit nicht ein gesicherter Fortbestand des Volkes anstatt des bisherigen ungesicherten gemeint, sondern eine Existenz der Verwirklichung anstatt der bisherigen, in der unverwirklichte Ideen und ideenlose Wirklichkeit einander stiessen. Die andere Tendenz verstand unter »Wiedergeburt« einfach: Normalisierung. Zu einem »normalen« Volk gehoeren Land, Sprache und Selbstaendigkeit; diese muessen wir wiederbekommen, alles andere braucht uns nicht zu bekuemmern, das wird sich schon von selber fuegen. Wie die Menschen in dem Land miteinander leben, was die Menschen in dieser Sprache sagen, in welchem Verhaeltnis diese Selbstaendigkeit zur uebrigen Menschenwelt steht, das gehoert gar nicht zum Kapitel der Wiedergeburt. Werde normal und du bist wiedergeboren! Diese beiden Tendenzen sind im Grunde nur eine neue Gestalt jener zwei, die schon einst in der Fruehzeit Israels wider einander standen: das maechtige Bewusstsein der Aufgabe, im ganzen Volksleben, nach innen und nach aussen, Wahrheit und Gerechtigkeit zu erfuellen und damit der Menschenwelt Vorbild und Anleitung zu werden, und das natuerliche, nur allzu natuerliche Verlangen, »wie alle Voelker« zu sein. Es ist damals den Juden nicht gelungen, normal zu werden. In dieser Stunde scheint es ihnen in einem furchtbaren Masse zu gelingen. Nie im Lauf unserer Geschichte waren Geist und Leben so fern von einander wie jetzt in dieser Epoche der »Wiedergeburt«. Oder will man etwa die kollektive Selbstsucht, die kein hoeheres Kriterium anerkennt und sich keinem hoeheren Gebote beugt, als »Geist« bezeichnen? Wo
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werden hier noch, nach aussen und nach innen, Wahrheit und Gerechtigkeit zur Richtschnur des Handelns genommen? (Ich sage auch »nach innen«, denn Verrohung nach aussen fuehrt unausweichlich zur Verrohung nach innen.) Dieser »Zionismus« entweiht den Namen Zion; er ist nichts mehr als einer der krassen Nationalismen unserer Zeit, die keine hoehere Autoritaet als das – vermeintliche! – Interesse der Nation anerkennen. Damit aber entpuppt er sich als eine Form der nationalen Assimilation, die gefaehrlicher ist als jede individuelle war, denn diese verdarb nur die sich assimilierenden Einzelnen und Familien, die nationale aber zersetzt den Wesenskern Israels. Aus der klaren Erkenntnis der einander gegenueberstehenden Tendenzen ergibt sich aber auch die der praktischen Grundfrage, an die wir geraten, wenn wir die Wurzeln all unserer politischen Tagesprobleme aufgraben. Die Tendenz der Verwirklichung sagte: Wir wollen zum Boden zurueck, um die natuerlichen Grundlagen zu einem den Geist verwirklichenden Volksleben zu gewinnen. Wir wollen nicht zu irgendeinem Boden, sondern zu dem zurueck, dem wir entstammen, weil wir nur von ihm eine erneute Wirkung jener geschichtlichen und uebergeschichtlichen Kraefte erwarten duerfen, die Geist an Leben und Leben an Geist binden. Dieser Boden ist heute nicht menschenleer, wie er es damals nicht war, als ihn unser Volk, aus der Wueste vordringend, betrat. Aber heute betreten wir ihn nicht als Eroberer. Einst mussten wir ihn erobern, weil damals seine Bevoelkerung in ihrem Wesen dem Geiste »Israels« widerstrebte: die Gefahr der »Baalisierung«, das heisst, der Unterwerfung des Geistes unter die Herrschaft der Triebe, ist ja auch durch die Eroberung nicht voellig beseitigt worden. Heute brauchen wir den Boden nicht zu erobern, weil unserem geistigen Wesen und unseren Lebensformen von der Seite der gegenwaertigen Bevoelkerung des Landes keine Gefahr droht. Anders als in der Urzeit duerfen wir mit dem jetzt darin ansaessigen Volk einen Bund schliessen, um gemeinsam mit ihm das Land zum Vorland Vorderasiens zu entwickeln, – zwei selbstaendige Voelker gleichen Rechtes, jedes Herr in seiner Gesellschaft und Kultur, aber beide vereint in dem gemeinsamen Werk der Erschliessung und Produktivierung an der gemeinsamen Heimat und in der gemeinsamen foederativen Verwaltung der gemeinsamen Geschaefte. Mit diesem Bund wollen wir wieder in den Verband der Voelker Vorderasiens eintreten, vorderasiatische Wirtschaft aufbauen, vorderasiatische Politik fuehren und, wenn es die Gnade will, wieder von Vorderasien aus die lebendige Idee in die Welt aussenden. Und der Weg dazu? Arbeit und Friede – ein auf der gemeinsamen Arbeit aufgebauter Friede.
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Dem stellte die andere Tendenz, die nach blosser Sicherheit, eine einzige Forderung gegenueber: Souveraenitaet. Diese Forderung wurde nacheinander in zwei verschiedenen Formen kundgetan und vertreten. Die erste kristallisierte sich um den »demokratischen« Begriff der Majoritaet: es sollte eine juedische Majoritaet in einem palaestinensischen Gesamtstaat angestrebt werden. Dass dieses Programm offenen Kampf mit den Nachbarn und somit auch mit der arabischen Welt ueberhaupt bedeutete, war offenbar: welches Mehrheitsvolk wuerde sich kampflos in den Status einer Minderheit niederdruecken lassen! Als das Programm sich als illusorisch herausgestellt hatte, wurde es durch ein separatistisches ersetzt: Losreissung, und im losgerissenen Teil wieder Majoritaet; das hiess »Judenstaat«. Man opferte so leichten Herzens die Ganzheit des Landes, das zu »erloesen« der Zionismus einst ausgezogen war: wenn man nur einen Staat, eine Souveraenitaet bekam! Der Lebensbegriff »Selbstaendigkeit« wurde durch den Machtbegriff »Souveraenitaet« ersetzt, die Friedensparole durch eine Kampfparole. Und dies in einer Zeit, in der die Souveraenitaet der kleinen Staaten im Eiltempo entwertet wird! Statt danach zu streben, die Initiativgemeinschaft im Rahmen eines vorderasiatischen Verbandes zu werden, setzte man sich ein Staatlein zum Ziel, das Gefahr lief, in einem steten Gegensatz zu seiner natuerlichen geopolitischen Umgebung zu leben und seine besten Kraefte an militaerische, statt an soziale und kulturelle Werte hergeben zu muessen. Das ist die Forderung, um die heute Krieg gefuehrt wird. Als ich vor 50 Jahren um der Wiedergeburt Israels willen mich der zionistischen Bewegung anschloss, tat ich es mit einigem Herzen. Heute geht durch mein Herz ein Riss. Ein Krieg um politische Struktur droht ja immer zu einem Krieg um die nationale Existenz umzuschlagen. Darum kann ich gar nicht anders, als an ihm mit meiner eigenen Existenz teilzunehmen, und mein Herz bebt heute wie das Herz jedes juedischen Menschen. Aber auch einem Sieg entgegen vermag ich mich nicht zu freuen, denn ich fuerchte, dass ein Sieg der Juden eine Niederlage des Zionismus bedeuten wird.
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[Nach Bernadottes Ermordung] Ein Unglück, das sich in diesen Tagen ereignet hat, hat uns vor Augen geführt, dass diese Gemeinschaft sich nicht etwa auf dem Wege zum Abgrund befindet, sondern in der Tat davor steht. Ich sage »hat uns vor Augen geführt« – aber wer sind denn diese »wir«? Die sehen, was zu sehen ist, sind entsetzlich wenige. Der einfache Mann auf der Straße spricht über das Vorgefallene in einer Sprache, die noch schlimmer ist als das, was vorgefallen ist. So ist es denn den Sehenden aufgebürdet, die Wahrheit noch energischer zu verkünden, als dies notwendig wäre, wenn die Umstände anders als die gegebenen wären. Überall, wo man die Wahrheit verkündet, sogar im begrenzten Kreise der Gesinnungsgenossen, ist es Pflicht, sie so zu verkünden, als spräche man zur ganzen Nation. Dies ist zu verkünden: Mord und Mordanschlag bewirken niemals Leben und Wiederauferstehung. Wer es wagt, im Namen seines Volkes zu morden, tötet die Keime der Zukunft eben dieses Volkes. Ja, er tötet noch mehr als diese Keime, je mehr sein Volk, das Volk rings um ihn, ihn dadurch bestätigt, dass es ihm nicht widerspricht. Ist es doch kein rechter Widerspruch, wenn der Mord in öffentlichen Verlautbarungen getadelt wird. Die Hauptsache ist, was im privaten Gespräch ausgedrückt wird. Die Hauptsache ist, was sich in den Herzen bewegt. Die Hauptsache ist die Wirklichkeit der öffentlichen Meinung. Hier fehlt der Widerspruch. Wo sind die, die sich gegen die Mörder auflehnen, die überall, wo ihr Wort gehört wird, der Forderung des Augenblicks entsprechend laut oder flüsternd erklären: »Wehe denen, die das Schlechte gutheißen!« Die Stunde ist gekommen, die Worte des Propheten wieder in die Vorfälle des Tages zu schleudern: »Ach wie ist sie zur Hure geworden, die getreue Burg. Von Recht war sie erfüllt, / Wahrspruch nachtete drin, jetzt aber Mordgeübte!« (Jes. 1, 21). Wer aber gegen uns argumentiert und sagt: »Für unsere gute und gerechte Sache sind wir gezwungen zu kämpfen, für unseren guten und gerechten Krieg sind wir gezwungen, Schuld auf uns zu nehmen; die künftigen Geschlechter unseres Volkes werden uns recht geben und uns segnen«, dem antworten wir: Schändliche Mordtaten werden unserem Volke nur Schaden und Verachtung einbringen. Es wird nicht gelingen, eine Nation einzuschüchtern, die sich rühmt, niemals vor einer Drohung zurückgewichen zu sein; es wird nur gelingen, sie in Erregung zu bringen und ihren Zorn über uns zu bringen. Wenn wirklich Israel an dem Vorgefallenen beteiligt ist, werden die Söhne jener Nation noch in zukünftigen Geschlechtern sagen: »Dies geschah in jenen Tagen, als die Juden einen Mordanschlag auf den Abgesandten
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des Königs verübten.« Diese Erinnerung wird auf die Realität des Völkerlebens ihren Einfluss haben. Wenn wirklich Israel an dem Vorgefallenen beteiligt ist, werden die zukünftigen Geschlechter unseres Volkes jene Täter nicht rechtfertigen, sondern schuldig sprechen, nicht segnen, sondern verfluchen. Die Häupter der Täter – oder der mutmaßlichen Täter – sind heute in den Augen des Mannes auf der Straße vom Glanz der Lüge umgeben, vom Heiligenschein einer niederträchtigen Romantik. Alle diejenigen, die es in den Krisenjahren versäumt hatten, das Richtige zu wollen und vorzubereiten, erheben nun die wirklichen oder die angeblichen Mörder in den Rang von Helden und Fahnenträgern der Nation. Doch Mord aus dem Hinterhalt ist immer nur gemein und abscheulich, und jeder Mord ist immer nur Verbrechen und Untat. Ein im Namen des Volkes begangener Mord zersetzt das Leben und die Lebenshoffnung eben dieses Volkes. In dem Wort »Du sollst nicht morden!« verstehen wir auch das Gebot: Du sollst nicht die Seele deines Volkes ermorden!
MBW 21 (02697) / p. 290 / 10.10.2019
Let us Make an End to Falsities! It is characteristic for modern warfare that each of the two fighting sides is convinced his is a war of defense. Since the masses of a people take part in battles, they cannot be kept in the field in the name of their fatherland for a long period of time unless they can believe that they are being attacked and therefore fighting for their lives. To be sure, such conviction is easily created and sustained; even between individuals no real quarrel can arise unless each party feels that he is the injured one. How much more so then in the sphere of mass psychology and hypnosis. Daily we read in our press that the war in which we are engaged is one of defense, because, surely, we have been attacked. And we do not see the facts as they are in reality. Two thousand years ago there lived in this land a people that did great things, and when this people was scattered over the world it maintained its inner bond with it. In our era, however, another peoples has lived in this same land which has created no extraordinary things, but it did simply live there, it cultivated the soil as if no modern technique existed, kept its ancient customs as if it were no modern civilization, and spoke its own language, without concern for literature. At the end of the last century small groups of the former people that grew ever large infiltrated into this land with the intention of there establishing a basis for its concentration. The more political demands became attached to their colonization work, the more there appeared in the latter people signs of dissatisfaction, of opposition and of hostility. At first the Arabs received the penetration with tolerance and even favor, out of an instinctive feeling of partnership in the development of the country, although here and there the fear arose that such growth might adversely affect their way of life. But as time passed the fear became crystallized in conviction that the newcomers were going to undermine their entire existence – and if not theirs, then that of their descendants. And now, when the first of these peoples has passed over from declarations to deeds and has moved the United Nations into granting it political power in the important part of the country, the conflict has broken out. True, the conflict could not have become acute, if the big powers, as always, had not exploited the mood of the people; without that it would not have acted. And now – we say – »we have been attacked.« Who attacked us? Essentially, those who felt that they had been attacked by us, namely by our peaceful conquest. They accuse us of being robbers … And what is our answer? »This was our country two thousand years
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Let us Make an End to Falsities!
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ago, and here it was that we created great things!« Do we genuinely expect this reason to be accepted without argument? Would we do so were we in their place? Enough of all this! Let us make an end to these ambiguities. The truth of the matter is that, when we started our infiltration into the country, we began an attack »by peaceful means.« We did so because we were forced to, in order that we might reestablish an independent, productive and dignified life for our people. Since such a venture could only succeed in the long run by agreement with the other nation, everything depended upon our capacity to convince them – by action, not talk – that in essence our attack was no attack at all, thus awakening in them the instinctive belief in our community of interests. What, then, should have been our road in the sphere of action? On the positive side: to develop a genuine community of interests by including this other people in our economic activity. And on the negative side: To hold back all proclamations and political action of a unilateral nature, i. e., the postponement of all political decisions until that community of interests had found its true practical expression. On the basis of these plain facts, and not on any empty slogans, let all who know the meaning of responsibility seek their own hearts as to what we have done, and what we have left undone.
MBW 21 (02697) / p. 292 / 10.10.2019
[Antwort auf Gideon Freudenbergs offenen Brief an Martin Buber] Sie sagen, es gebe keine einfachen Tatsachen, nur Interpretationen. Dies bestreite ich. Dagegen will ich in dem uns vorliegenden Fall die Tatsachen genauer präzisieren. Die erste Haupttatsache ist, dass wir unsere Besiedlungsarbeit unternommen haben, ohne uns mit der Bevölkerung dieses Landes über deren Grundlagen und Bedingungen zu verständigen. Statt dessen haben wir uns darüber (wenn auch sehr unvollständig) mit einem Staat verständigt, der auf eine Herrschaftsstellung in diesem Land keinen Anspruch hatte und dem wir diesen Anspruch durch Verknüpfung unserer Sache mit der Erteilung eines »Mandats« an ihn verschafft haben. Daraus hat sich ergeben, dass diejenigen Araber, die sich um die Zukunft ihres Volkes Gedanken und Sorgen machten, uns in zunehmendem Maße nicht als Gruppe, die mit ihnen zusammenleben und zusammenwirken will, sondern als Eindringlinge und Vertreter fremder Interessen betrachteten. (Es sind jetzt 30 Jahre, seit ich auf diese Tatsache hinzuweisen begonnen habe.) Die zweite Tatsache ist, dass wir der Bevölkerung dieses Landes ihre wichtigsten natürlichen Wirtschaftspositionen genommen haben, ohne diese dadurch zu kompensieren, dass wir sie an unserer Wirtschaftsaktion und ihren Erfolgen beteiligt hätten. Zahlung eines Kaufschillings an Besitzer und einer Entschädigung an Pächter bedeutet keine Kompensation an ein Volk. Darum mussten die denkenden Vertreter dieses Volkes unser Vordringen so verstehen, dass deren nächsten Generationen immer mehr von dem für ihre Entfaltung notwendigen Boden schlechthin weggenommen werde. Nur durch eine grosse Wirtschaftspolitik zum Aufbau gemeinsamer Interessen hätte man dieser Auffassung und ihren notwendigen Folgen entgegentreten können. Wir haben es nicht getan. Die dritte Tatsache ist, dass wir, sobald sich die Möglichkeit einer baldigen Beendigung des »Mandats« am Horizont zeigte, der arabischen Bevölkerung dieses Landes nicht bloss keinen Vorschlag machten, ein jüdisch-arabisches Kondominium an dessen Stelle zu setzen, sondern aus unserem Vordringen nunmehr die politischen Folgerungen zogen, den Anspruch auf die Beherrschung des ganzen Landes zu erheben (Biltmore-Programm). Damit schufen wir unseren Feinden innerhalb des arabischen Volkes den Rückhalt der öffentlichen Meinung, durch den der kriegerische Angriff auf uns erst ermöglicht wurde. Denn nun er-
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schien unsere ganze vieljährige Aktion des Bodenerwerbs als Vorbereitung zum Anunsreissen der Herrschaft über das Land. Die vierte Tatsache, die das betrifft, was im November 1947 vor sich gegangen ist, ist hier nicht zu erörtern, aber ich bin gern bereit, es im persönlichen Gespräch zu tun. Infolge der genannten vier Tatsachen droht uns die fünfte: dass der Friede, wenn er kommt, kein Friede sein wird; dass es nicht der echte, positive grosse, bauende, schaffende, Gemeinschaft stiftende, grosse Kulturwerke ermöglichende Friede sein wird, den wir brauchen, sondern nur ein negativer Friede, ein Nichtkrieg, der in jedem Augenblick, in jeder veränderten Konstellation in einen neuen Krieg umschlagen kann. Und wie wollen Sie dann, in der Epoche eines solchen Scheinfriedens, gegen den »Geist des Militarismus« kämpfen? Dann, wenn die Führer eines extremen Nationalismus in unserer Mitte es leicht haben werden, die Jugend zu überzeugen, dass es um der Erhaltung unseres Volkes willen unerlässlich ist? Der Kampf wird aufhören, – aber wird das Misstrauen aufhören, wird das Ressentiment aufhören, wird Durst nach Revanche aufhören? Und werden wir nicht rüsten und rüsten müssen, um dagegen gerüstet zu sein? Werden sich nicht unsere besten Kräfte darin aufzehren? »Mit der einen Hand die Arbeit tuend und die andre hält das Kurzschwert« (4,11 – )באחת ידו עושה במלאכה ואחת מחזקת השלחso kann man eine Mauer bauen, aber keinen Tempel. Sie sprechen, Gideon Freudenberg, von den Tausenden, die angeblich darauf warten, dass ich sie zum Kampf gegen die Gefahr des inneren Verfalls aufrufe. Wenn diese Tausende wirklich da sind, müssen sie mit der grausamen Erkenntnis der Tatsachen beginnen: das kann ihnen nicht erlassen werden. Ich verlange von niemand eine Selbstanklage. Aber sie werden sich fragen müssen: »Wie sind diese Tatsachen entstanden?«, dann erst werden sie eine Antwort finden auf die Frage: »Was müssen wir tun, um neue und noch gefährlichere zu verhüten?« Für äussere »Erlösungen« kann man mit Blut zahlen, die innere muss man damit erkaufen, dass man der Wahrheit standhält und – umkehrt.
MBW 21 (02697) / p. 294 / 10.10.2019
Schriftstellergespräche [Auszug] […] Und noch eine wichtige Angelegenheit sprach der Premierminister heute Abend an. Er sagte: »Nicht ein Volk wie alle Völker«. Mag es wohl erlaubt sein, hinzuzufügen: »Nicht ein Staat wie alle Staaten«? Ein Staat verhält sich dem gemäß, was man raison d’état nennt; jedes Mal, wenn der Staat zu handeln, ein Problem zu lösen hat, sucht er den Weg, auf welchem er in seiner Sicht zum gegebenen Moment Nutzen für den Staat bringen kann, nicht weniger und nicht mehr. Uns jedoch genügt dies nicht. Die raison d’état genügt diesem Volk, diesem Staat, diesem Moment, in dem sich dieses Volk und dieser Staat befinden, nicht. Man wird fragen: Was ist über die raison d’état hinaus zu tun? (Premierminister D. Ben-Gurion: état de raison) Ein schöner Ausdruck, doch meine ich die Tat. Und es schickt sich an, dies an einem Beispiel zu verdeutlichen. Der Premierminister sprach noch eine dritte Angelegenheit an, die meines Erachtens auch von Bedeutung ist. Er benutzte den Ausdruck ›Ethik‹ in Bezug auf die Handlungen der Regierung. Und hier habe ich mich daran erinnert, dass Sie, Herr Ben-Gurion, mich vor annähernd sieben Jahren, zu Zeiten des Biltmore-Programms, in einem privaten Gespräch fragten, warum ich über Politik und nicht über Ethik spreche, würde ich nämlich über Ethik sprechen, so könnten Sie mir beweisen, dass Sie mit Ihrer Position auf ethischem Grund stehen. (Premierminister D. Ben-Gurion: Richtig!) In dieser Situation habe ich nicht vor, zu diskutieren. So Gott will, werden wir noch Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. Doch wie kann ein Mensch in dem Moment, in dem er an der Spitze der Staatsregierung steht, ethischen Einfluss ausüben? – Nur dadurch, dass er Beispiel, Vorbild für die Massen ist. Ich gebe zu, daß in dem Moment, in dem eine Regierung so etwas tut, dies den Anschein hat, es sei unter dem Gesichtspunkt der raison d’état eine überflüssige Handlung, nur daß diese »überflüssigen« Handlungen, deren »Motiv« nicht offen zutage liegt, das wahre Wohl des Staates, das wahre Wohl des Volkes und der Völker bedeuten. Zum Beispiel die Frage der arabischen Flüchtlinge. Es stand und steht vielleicht noch immer in der Möglichkeit der Regierung, eine große ethische Handlung auszuführen, welche zum Erwachen des ethischen Bewußtseins in der Öffentlichkeit führen kann, und deren Einfluss auf die Welt uns sicherlich nicht schaden wird. Sie könnte die Initiative ergreifen und eine internationale und interreligiöse Konferenz in Zusammenarbeit
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mit uns und unseren Nachbarn einberufen – eine Konferenz, wie es sie wohl noch nie gegeben hat. Ich meine hier nicht diese und jene Verzichte. Die Hauptsache ist, daß gerade aufgrund unserer Initiative etwas gemacht wird, waren wir doch Flüchtlinge in den Diasporaländern. Heute morgen, kurz bevor ich mich auf den Weg nach Tel Aviv machte, um an diesem Gespräch teilzunehmen, las ich in der Zeitung, dass die derzeit in Beirut tagende Vermittlungskommission dabei ist, eine internationale Konferenz zur Flüchtlingsfrage einzuberufen. Ich hoffe, diese Nachricht erweist sich als falsch. Diese Initiative steht ihr nicht zu. Sie steht uns zu. Wendet sich die raison d’état gegen solch eine Initiative, so leidet sie an Kurzsichtigkeit.
MBW 21 (02697) / p. 296 / 10.10.2019
Die Details in »Flammen im Himmel über Jerusalem« In Ha-aretz vom 12. Nissan las ich eine kurze Notiz über das Buch »Lehavot bi-schme Jeruschalajim« von Avi’ezer Goldstein, worin es heisst: »Das Buch fördert nicht viel Neues zu Tage. Aber es ergänzt viele Einzelheiten zu den bekannten Geschehnissen.« Zwar fand ich in dem Buch derartige Details und sogar interessante, aber wenn diese Einzelheiten zusätzlich sind, dann zu »den Geschehnissen« selbst und nicht zu unserer Kenntnis davon, und darunter sind solche, die geeignet sind, den Wert des Buches zu mindern. Ich weiß nicht, wie viele Zusätze dieser Art es gibt, aber von einem kann ich mit Gewissheit berichten, denn ich bin die Person, von der gesprochen wird, und das erzählte Ereignis ist mir anscheinend zur Gänze bekannt. In dem Buch (Seite 14) heisst es: »Professor Martin Buber, der im Viertel Dir Abu-Tir wohnte (richtig müsste es heißen: »Dir-Abu-Tor«, denn gemeint ist »Abi-Schor«, wie es dem breiten Publikum aus der Erzählung von S. J. Agnon bekannt ist, die in Ha-aretz in der Zeit dieser Geschehnisse veröffentlicht wurde), weigerte sich sein Haus zu verlassen, auch nachdem er als einziger Jude in dem Viertel verblieb. Wie er sich ausdrückte, bestand die einzige Möglichkeit, das Vertrauen der Araber zu erwerben darin – ihnen Vertrauen zu schenken. Einige Wochen danach wurde er mit einem gepanzerten Polizeifahrzeug herausgebracht und seine große Wohnung und der Großteil seiner Bücher gingen in Flammen auf durch diejenigen Araber, auf die er sein Vertrauen gesetzt hatte.« Das sind die Details, die dem Geschehnis »hinzugefügt« wurden: 1) »wie er sich ausdrückte …«: Ich habe mich niemals derartig allgemein ausgedrückt, sondern ich habe mein Vertrauen auf gewisse Menschen gesetzt, und dieses Vertrauen hat sich als gerechtfertigt erwiesen, wie weiter unter gezeigt wird. 2) »wurde er mit einem gepanzerten Polizeifahrzeug herausgebracht«: ich bin nicht von einem gepanzerten Polizeifahrzeug herausgebracht worden, sondern nachdem keine andere Verkehrsmöglichkeit mehr bestand, überführte einer meiner Freunde in seinem Privatfahrzeug, welches nicht im geringsten gepanzert ist, mich, meine Familie und einiges unseres Hausstands nach Rechavia, ganz ohne Deckung und auch ohne jeden Zwischenfall. 3) »und seine große Wohnung …« Obwohl in meiner Wohnung die große Bibliothek und viele Wertgegenstände zurückblieben sind, ist nichts davon beschädigt worden oder verlorengegangen, denn die oben erwähnten Araber kümmerten sich um sie äußerst gewissenhaft, bis die
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israelische Armee kam und das Viertel eroberte. Zur Zeit des ersten Waffenstillstands räumte ich die oben erwähnte Wohnung. Das sind die »Details«, und das sind die »Geschehnisse«. Ich bitte sie, mein Zeugnis zu veröffentlichen, denn solche Tatbestände, sowohl die Wahrheit selbst, wie auch die Verzerrungen und Entstellungen, sind meiner Meinung nach von großer Bedeutung.
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[Nach der politischen Niederlage] Als ich vor kurzem einen Jerusalemer Laden betrat, dessen Inhaber uns in früheren Jahren wiederholt seiner Sympathie für unsere Bestrebungen versichert hatte, wurde ich mit den Worten begrüsst: »Nun, eine so vollständige politische Niederlage wie die Ihr Kreis erlitten hat, kommt nicht oft vor, – daraus werdet Ihr wohl für eine Weile die Konsequenz des völligen Schweigens ziehen müssen.« Es ist doch gut, dass es so rückhaltlose Leute gibt, durch die wir erfahren, was viele über uns denken, aber in einem höflichen Herzen verwahren. Mir jedenfalls hat die angeführte Äusserung den Anstoss gegeben, mich mit einer Frage zu befassen, die ich bis dahin gar nicht überlegt hatte, weil ich das, was in diesen Tagen geschehen ist, unter ganz anderen Kategorien zu betrachten pflegte, die ich jetzt aber, da sie mir durch die öffentliche Meinung in so drastischer Form präsentiert wurde, als bedenkenswert erkannte. Ich weiss Ihnen zur Eröffnung dieser Tagung nichts Passenderes zu sagen, als Sie mit den Ergebnissen meiner Überlegung vertraut zu machen, nur dass ich Sie nicht zu vergessen bitte, dass es sich dabei lediglich um meine persönliche Überlegung und freilich auch um meine persönliche Überzeugung handelt. Die Frage, die ich überlegte, war nicht, ob man aus einer politischen Niederlage die Konsequenz des öffentlichen Schweigens zu ziehen habe. Denn ist die Sache, für die wir mit dem Wort gekämpft haben, eine gute Sache, und ist sie besiegt worden, so ergibt sich doch daraus nur, dass wir uns nunmehr erst recht für sie einzusetzen haben, nur eben in einer durch die veränderte Situation modifizierten Weise, mit neuem Programm, mit neuen Parolen und neuen Argumenten, die den neuen Voraussetzungen Rechnung tragen. So viel müssen wir doch von den Propheten Israels gelernt haben, dass die Sache Gottes selber von Misserfolg zu Misserfolg ihren Weg bis zu der furchtbaren und erleuchtenden Stunde geht, wo ihre Wahrheit und ihr Heil allen offenbar werden. Freilich, da wir nicht wie die Propheten immer wieder von oben her die Bestätigung der Wahrheit und des Heils empfangen, liegt es nahe, nach einer Niederlage uns zu fragen, ob wir uns nicht in unserer Detaillierung der guten Sache und in unseren Vorschlägen für ihre Verwirklichung in diesen und jenen Punkten geirrt haben und etwa gar dadurch zu der Niederlage beigetragen haben. Erst recht liegt es nahe uns zu fragen, ob wir der guten Sache mit hinreichender Energie, mit hinreichender Hingabe gedient haben, uns zu fragen, ob diese unsere Sache nicht eine so aussergewöhnliche, so aus der gewohnten Bahn der Geschichte
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tretende war und ist, dass sie zu ihrer Verwirklichung den Menschen, der ihr dient, in einem Masse fordert, das wir ihr nicht gewährt haben. Beides haben, wie ich weiss, manche unter uns getan, und ich gehöre zu ihnen. Nicht zu schweigen haben wir also, wenn die geliebte Sache besiegt worden ist, sondern richtiger als bisher und stärker als bisher für sie zu zeugen. Nicht danach also ist zu fragen, denn das wissen wir ja im Grunde alle, wir machen es uns nur nicht bewusst genug, weil es so schwer ist, mitten in der veränderten Situation unserer Sache praktisch treu zu bleiben, das heisst, die neuen Mittel zu finden und anzuwenden, mit denen unter so völlig neuen Umständen nun doch wieder ihre Verwirklichung anzustreben ist. Wohl aber haben wir uns zu fragen, ob und inwiefern zu Recht von einer Niederlage zu reden ist, die unsere Sache erlitten habe. Das ist nicht mehr die Frage nach einer Aufgabe, die im Kern eben nicht von den Wechselfällen der Geschichte bestimmt werden darf, sondern die Frage nach einer Tatsache. Diese Frage hat mich damals beschäftigt, nachdem mir eröffnet worden war, wir, die wir in der Zeit, als die Geschichte noch ihr Gesicht hinter den Wolken von Biltmore verbarg, die Wahrheit ausgesprochen haben, wie wir sie kannten, hätten nunmehr zu schweigen, weil die siegreiche Geschichte das Wort ergriffen habe und es einzig ihr gebühre. Die Antwort, zu der ich gelangte, ist, dass zwar von einem Misserfolg unserer Gruppe, aber keineswegs von einer Niederlage unserer Sache geredet werden darf. Der zu erwartende Misserfolg, d. h. dass unser Aktionsprogramm der sich entwickelnden Situation nicht gewachsen sein würde, war mir zur höchsten Wahrscheinlichkeit in der Stunde geworden, als ich sah, dass eine Vereinbarung der angelsächsischen Grossmächte über die Vorschläge der englisch-amerikanischen Kommission nicht zustande kommen würde. Denn das gigantische historische Grundfaktum, von dem aus allein man die Entwicklung der Situation begreifen kann, war ja die Vernichtung der Millionen durch Hitler und das Verbleiben der geretteten Hunderttausende in den Lagern. Der daraus entstehenden unheimlichen Dynamik musste entweder aktiv Rechnung getragen werden, und dann konnte es im Jischuw zu einer Entspannung kommen, die den Weg zu einer binationalen oder föderativen Kompromisslösung von unserer Seite öffnete, oder es war zu erwarten, dass die Dynamik im Jischuw sich zum fessellosen Einsatz aller Kräfte für die Erkämpfung des Staates, als des einzig übrigbleibenden Mittels zur Massenalija, steigern würde. Gewiss, das Symbolwort für unsere eigne Verblendung ist Biltmore, denn die Proklamation des Anspruchs auf die rein arabischen Teile
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des Landes musste das äusserste Misstrauen der arabischen Welt provozieren und hat es provoziert, ein Misstrauen, das fürchte ich, in dem Krieg der sieben Staaten nur erst seinen ersten gewaltsamen Ausdruck gefunden hat und das im besten Fall, das heisst, wenn unsere Sache siegt, Generationen brauchen wird um zu erlöschen. Aber das Symbolwort für die Verblendung Englands, durch die England seine Basis in Haifa, die Welt aber die Chance eines echten produktiven vorderasiatischen Bundes verlor, ist Exodus. Und zu diesen beiden Verblendungen, zu unsrer expansionistischen und zu der englischen imperialistischen, trat als dritte, jenen nur noch in die Hände arbeitende, die illusionistische arabische hinzu, die nicht erkennen wollte, dass nur durch einen grossen Friedensbund mit den Juden Vorderasien schon in dieser problematischen Epoche sich zu neuer Grösse erheben konnte. Hier, für diese dritte Verblendung, fehlt das Symbolwort, in dem sie ihren öffentlichen Ausdruck gefunden hätte. Aber eine unöffentliche, fast in der Stille verlaufene symbolische Handlung hat es auch hier gegeben; das war die Ermordung des Arabers – gewiss keines hervorragenden repräsentativen Menschen, aber eines Menschen guten Willens –, der bereit war, gemeinsam mit uns den grossen Friedensbund vorzubereiten, durch seine arabischen Brüder. Aus dem ungewussten und ungewollten Zusammenwirken dieser drei Verblendungen, von denen jede dauernd die beiden andern verstärkte, sind dann die Geschichtswellen emporgeschlagen, die ausser allem andern auch die Chancen unseres Programms für diese Stunden hinweggespült haben. Bedeutet dies aber eine Niederlage unserer Sache? Dies ist es was ich leugne. Ich habe sagen gehört, der offizielle Zionismus habe sich dem unseren überlegen gezeigt, indem er die zionistische Idee realisiert habe, was uns nicht gelungen sei. Diese Behauptung beruht auf einem fundamentalen Missverständnis. Das am Zionismus, was in Wahrheit den Namen einer Idee verdient, ist nicht das Streben nach Verpflanzung jüdischer Massen nach dem Lande; das ist nur ein Mittel, es ist nicht einmal das Streben nach Selbständigkeit, auch das ist nur ein Mittel: es ist das Streben nach Regeneration. Regeneration, sei es eines Einzelnen, sei es eines Volkes, ist nicht ein Ziel, das auf beliebigen Wegen erreicht werden kann; das Ziel schreibt hier den Weg unerbittlich vor, und wer einen Weg einschlägt, der nicht in jedem Stück mit seinem Charakter auf den Charakter des Zieles hindeutet, mag was immer erlangen, Regeneration wird es nicht sein. Von hier aus war das zionistische Werk bestimmt, mit höchstem Bewusstsein bei seinen geistigen Führern, aber gefühlhaft in der kleinsten Gemeinschaft lebendig, die an dem Werk teilnahm. Dass das Werk
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langsam vor sich geht, eben durch Arbeit der Arbeitenden; dass es von einer Avantgarde der mit ihm innerlich Verbundenen, von einer natürlichen Elite geleistet wird; dass diese in weitere Kreise ausstrahlt, sie heranzieht, sie erzieht, sie aktiviert, sie immer wieder sich gleich macht: all das gehört mit zum Wesen des Werkes, weil es zum Wesen des Zieles gehört. Und ebenso hängt es mit seinem Wesen zusammen, dass es ein Friedenswerk ist. Man will mit den Nachbarn zusammen das Land erschliessen; man will eine Gemeinschaft der Interessen aufrichten; und die wahrhaft Kühnen sind nicht, die Conquistadoren-Träume träumen, sondern die eine Zukunft schauen, wo zwei Brudervölker gemeinsam Vorderasien neu erblühen lassen. Man stellt Wächter auf, wie es sein muss, und sie kämpfen wie es sich gehört; aber kämpfende Wächter sind keine Soldaten. Es geht nicht ohne inneren Widerspruch ab; man »erobert Arbeit« und eifert gegen fremden Zuzug, aber man hilft dem fremden Nachbardorf auf, rät und belehrt. Freilich, wenn ein Kreis aufsteht, um die Wahrheit auszusprechen: dass es um einen »Friedensbund«, dass es um ein einiges »Vorderasien« geht, wird er unpopulär, weil man meint, das lähme den Geist des Vordringens; aber die Ehrlichen gestehen in Stunden stillen Gesprächs, dass es die Wahrheit des Wegs ist. Und im Nachbarvolk gibt es, neben natürlichem und künstlichem Widerstand, trotz eines zunehmenden, teils gewachsenen, teils gemachten Nationalismus, doch auch nicht wenig Verständnis und guten Willen; es gibt manchen, der der gemeinsamen grossen Aufgabe zugänglich ist, und man ist kein Illusionär, wenn man die Stunde nahen sieht, wo ein erstes starkes Einvernehmen die Werkbewussten umfasst. Da aber bricht die »Geschichte« aus und zertrampelt alle zarten Keime. Es wird zum unabweislichen Gebot der Stunde, Massen ins Land aufzunehmen, die mit ihm und mit dem Werk unverbunden sind; die ausstrahlenden und erziehenden Eliten werden überflutet; und an die Stelle des organischen Tempos des Wegs tritt das von der Geschichte diktierte. In dieser Aktion ist keine Willkür; die Notwendigkeit waltet. Und nun kommt, wieder zum Teil aus natürlicher Beunruhigung, zum Teil aus Verhetzung, die Reaktion aus dem andern Lager. In dieser Stunde hätte wohl der Versuch, ein grosses gemeinsames Wirtschaftswerk auf breiter Grundlage zu errichten, grosse Wirkung üben können; es ist zu verstehen, dass unsere Führer die Freiheit und die Kraft dazu, zumal in solcher Zeit, nicht aufbrachten. Jetzt aber holt die Geschichte zu ihrem Hauptschlag aus. Der Dämon des Weltkriegs schafft das Weissbuch; aus dem Weissbuch steigt der Terror auf. Die drei Verblendungen werden gross und steigern einander. Das Ende des Weltkrieges stellt das her, was man die Konstellation nennt; dass sie ausgenutzt wird, wie sie ausgenutzt wird, ist die Folge der un-
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geheuren Dynamik, die zur Massenalija drängt, und die sie verhindernde Verblendung in einem; Verblendung antwortet der Verblendung, und nun ereignet sich was sich ereignet. Das Heer Israels, landverbundene und landunverbundene Elemente ineinander verschweisst, hält stand; aber kein Triumph kann den Klaräugigen darüber hinwegtäuschen, dass die Seele des Zionwerks verwüstet ist. Wir stehen an der Schwelle der bitteren Erkenntnis. Man sagt uns, ein Ziel sei erreicht. Ein Ziel ist erreicht, aber Zion ist es nicht. Es ist nicht, wonach einst die Sehnsucht Israels nach Erlösung sich aufgemacht hatte. Welcher Nüchterne und Redliche, der sich in dieser unserer heutigen Wirklichkeit umsieht, wird meinen, dass wir uns in einem Prozess der Regeneration befänden? Man sagt: »Sammlung der Exile« – man sollte sagen: Zusammenstoppelung der Exile. Unverknüpft drängen sie sich aneinander, jedes ringt um die Notdurft des Lebens, kein Geist der Liebe weht von Exil zu Exil im Lande Israel. Wir haben nun die Selbständigkeit in ihrer äussersten Form, wir haben den Staat mit allem was dazugehört, aber wo ist das Volk zu diesem Staat, wo ist der Geist zu diesem Volk? Und noch etwas. Wir haben eine geschlossene jüdische Wirtschaft, wir haben statt einer Wirtschaftsgemeinschaft mit den Arabern eine fast araberlose Wirtschaft bekommen – aber wir haben damit eine grosse Aufgabe verloren, und vielleicht haben wir noch etwas anderes, grundlegendes verloren, was unsere Wirtschaft noch empfindlich zu fühlen bekommen wird. Es gibt nichts Leichtfertigeres als die so verbreitete Freude über das Entfallen der arabischen Bevölkerung. Ich sehe noch nicht, wie wir den Fellachen, die Karyatide der palästinensischen Wirtschaft, ersetzen werden. Nein, eine Niederlage unserer Sache bedeutet all dies nicht. Unsere Sache ist verdrängt, verdunkelt worden, aber besiegt ist sie nicht worden. Sie wäre es worden, wenn das Zionsziel auf dem Weg erreicht worden wäre, der eingeschlagen worden ist; aber es ist auf diesem Weg nicht zu erreichen. Können wir denn aber überhaupt noch von diesem schicksalhaften, verhängnishaften Irrweg auf den wahren Weg zurückgelangen? Eine Rückkehr gibt es nicht. Was uns geblieben ist, ist die Hoffnung, über tiefe Enttäuschungen und bittere Leiden, durch strenge Selbstbesinnung und Desillusionierung, durch Wahrheitswillen und Wahrheitserkenntnis auf ein neues, anderes Stück des wahren Wegs, des Wegs der Arbeit und des Friedens, der nach Zion führt, zu gelangen. Wie dieses Wegstück aussehen wird, das können wir uns heute noch gar nicht vor-
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stellen; nur dessen können wir gewiss sein, dass von dem Punkt, wo wir stehen, sehr viel schwerer als von einem früheren dahin zu gelangen ist. Einst wird uns wohl der Triumphweg, auf den unser Volk so stolz ist, als grausamer Umweg erscheinen. Es gibt freilich viele unter unsern früheren Anhängern, die für den Friedensbund, für den binationalen Staat, für die föderative Lösung nur deshalb eingetreten sind, weil sie nicht glaubten, dass wir im Kampf den Arabern standhalten würden; das sind die, die zwar aus der Geschichte der Menschen nichts anderes zu lernen verstanden haben als dass Gott mit den stärkeren Bataillonen sei, aber eben der Meinung waren, wir hätten die schwächeren. Ihre Sache, wenn sie eine hatten, ist von der herrschenden Richtung besiegt worden, die die stärkeren Bataillone aufzustellen und zu verwenden verstanden hat. Wir aber, die wir, ohne die Vordergrundslehren der Geschichte zu missachten, als ihre grosse Hintergrundlehre gelernt haben, dass die Stärke der Bataillone nur für die Stunden, die Kraft des schaffenden Völker-Einvernehmens allein aber für die Geschlechter entscheidet; wir, die wir zwar um den Ausgang der Kämpfe gezittert haben wie jeder schlichte Jude, aber an ihrem Ende auch im allerbesten Fall nicht Zion am geschichtlichen Horizonte aufstrahlen sahen, sondern dessen Scheingebild; wir, die wir den Spruch, Zion werde durch Gerechtigkeit erlöst werden, weder für eine dichterische Metapher noch für eine idealistische Hyperbel, sondern für die Prophetie der Wahrheit gehalten haben und halten: wir sehen heute, in tiefem Leiden um das, was geschehen ist und geschieht, und in der Treue zu unserer Sache ungebrochen, einer neuen Phase unserer Aufgabe entgegen. Es fällt uns schwer zu reden – ich gestehe, dass es mir sogar schwer geworden ist, heute zu Ihnen, meine Genossen, zu reden – aber wir dürfen nicht schweigen. Wir haben in der neuen Situation und ihrer Bedingtheit gemäss, unser Wort neu zu sprechen, wie es unsere Sache gebietet. Wir haben nach Kräften unserer Fassung und unserer Darstellung jeweils das Falsche zu zeigen und das Rechte zu fordern; wir haben der Lüge und der noch gefährlicheren Mischung aus Wahrheit und Lüge die unvollständige menschliche Wahrheit entgegenzustellen, so gut wir sie eben zu erkennen vermögen; wir haben überall, wo sich etwas bessern lässt und wir das Bessere wissen, es vorzuschlagen und zu entwerfen; und wir haben von den neuen Voraussetzungen aus, unter diesen so sehr erschwerenden Voraussetzungen, den neuen Weg zum Ziel Israels im lebendigen Wort zu verkünden. Noch sind weithin die Ohren taub, aber mit den Erfahrungen jedes Tages wächst die Zahl der Hörenden und muss sie wachsen. Noch widerstrebt unsre eigene Kehle dem neuen Wort, ja unser Herz, in dem es sich gebären soll, widerstrebt es auszu-
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tragen; aber es will gesprochen werden und, heute oder morgen, werden wir ihm gehorchen müssen.
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Die Sehnsucht, die Selbständigkeit wiederzugewinnen, ist dem jüdischen Volk in der Form eines modernen Staatswesens in Erfüllung gegangen. Für das Judentum bedeutet diese historische Tatsache, dass es nunmehr der schwersten Krisis seiner Geschichte entgegensieht. Die herrschende Ansicht ist dieser entgegengesetzt. Man meint zumeist, gerade erst die Konstituierung als Staat schaffe die Grundlage für einen grossen Aufschwung des jüdischen Geistes, somit des Judentums. Aber nicht bloss dass Macht eines Staates und Blüte einer Kultur durchaus nicht immer parallel gehen: wichtiger ist, dass auch die reiche geistige Produktivität des jüdischen Volkes in seinem Lande keineswegs ein neues grosses Leben des Judentums zur Folge haben musste. Versteht man Judentum streng in seinem Einzigkeitscharakter, dann kann es keinen anderen Sinn haben als diesen: göttliches Geheiss über einem Volke, als Volk, stehend. Nur ein einziges Mal ist es geschehen, dass ein Volk, sich auf den Weg seiner Geschichte begebend, ihn als einen von Gott gewiesenen und gebotenen sah, als eine von ihm zu vollziehende göttliche Satzung. Wie sehr auch der faktische Weg seiner Geschichte von jenem abwich, jede Abweichung ist eben als solche gekennzeichnet und gerügt worden: jeder Punkt des faktischen Wegs ist auf einen des befohlenen, des »Weges Gottes«, des Wegs der Gerechtigkeit, bezogen worden. Stets wurde die »Umkehr« zu ihm gefordert, stets blieb der eine »Weg Gottes« sichtbar. Dieses, als Volk auf den Weg Gottes bezogen zu sein, ist Judentum, oder es hat nie ein Judentum gegeben. Aber man misskenne nicht, was damit gemeint ist! Etwas anderes als was wir leichten Herzens Moral zu nennen pflegen! Gott will – das war die Botschaft – dass Israel ein Volksleben in Gerechtigkeit nach innen und nach außen lebe: nicht bloss gerechte Institutionen, sondern gerechte Beziehungen, ein Lebenssystem gerechter Beziehungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Staat, gerechter Beziehungen auch als Volk zu anderen Völkern. Das heisst: Gott will, dass Israel mit der Gerechtigkeit auf Erden beginne. Dass es beginne, mit der Gerechtigkeit auf Erden Ernst zu machen. Welch ein Risiko! und welch eine Verheissung! Das Volk hat versagt. Aber es hat nicht gezweifelt. Es hat nicht allein daran nicht gezweifelt, dass Gott, Gott selber, von ihm, von Israel, lebende Gerechtigkeit erwartet: es hat auch, in all den Zeiten des Exils, daran nicht gezweifelt, dass es sie verwirklichen würde, wenn es seine Selbst-
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bestimmung, die Freiheit, seine eigenen Lebensformen als Volk zu bestimmen, wiedererlangte! Jetzt, nach fast zwei Jahrtausenden, hat Israel die Voraussetzungen der Verwirklichung wiedererlangt. Nun aber scheint es dafürzuhalten, dass ihm als Staat, allen modernen Staaten gleich, das Recht und die Pflicht zuteil geworden seien, in der Forderung seiner jeweiligen Interessen, wie seine Vertreter sie verstehen, die entscheidende, ja die absolute zu sehen. Die göttliche ist wie verschwunden. Einst, in der ersten Staatszeit Israels, hatten sich – an diesem Ort allein und in jener Stunde allein auf Erden – Propheten erhoben und hatten das Volk und seine Herrscher ermahnt, wo das Interesse des Augenblicks, das was im gegebenen Augenblick als das Interesse der Gemeinschaft erscheint, im Gegensatz zum umwandelbaren göttlichen Willen, dem Willen zur Gerechtigkeit, steht, da dürfe man nur diesem und nicht jenem folgen, sonst drohe Unheil und Zerfall. Unheil und Zerfall sind gekommen. Das grosse Exil hat begonnen. Heute, da in seine Mauern eine breite Bresche geschlagen ist, scheint die Situation, in der die Propheten sprachen, wiederkehren zu sollen, noch verschärft durch die Scheinweisheit der modernen Staatsraison und den zur vollkommenen Ausbildung gediehenen Irrglauben, das es die Augenblickserfolge seien, die den Gang der Geschichte bestimmen. Gewiss, man sagt der prophetischen Überlieferung nicht ab. Man ehrt und verehrt sie, aber nicht als verbindliche Lebenswahrheit, nur als einen ideellen Besitz der Nation, geeignet, in der nationalen Propaganda zweckmässig verwendet zu werden. Nichts Schlimmeres als dies kann der menschlichen Artikulation göttlichen Worts widerfahren. Es ist an der Zeit, die Prophetie Israels dem Zugriff der Phrase zu entwinden, indem man sie ernstnimmt und sie, das wahre Licht der Menschenwelt, dem trügerischen Gefunkel der sogenannten Interessen entgegenstellt. Es ist die Wahrheit: durch Gerechtigkeit allein kann der Mensch als Mensch, können die Menschenvölker als Menschenvölker bestehen. Menschliches aber, das nicht mehr menschlich, das heisst, in der Verwirklichung des Geistes, bestehen kann, ist dem Los alles NurStofflichen, der Zersetzung, überantwortet. Wohl haben wir keine Propheten mehr, die zum Ausweis ihrer Botschaft sagen dürfen: »So hat Gott gesprochen.« Aber jedem, der um die Wahrheit der Propheten weiss, liegt es heute ob, sie in das Drohen der Krisis hinein zu sprechen. Denn was einst gesagt wurde, ist auch für eine Stunde wie diese gesagt, und vielleicht mehr für sie als für irgendeine frühere.
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Es ist ja das Erdenreich des Menschen, es ist der Menschenbestand selber, der zu zerfallen droht, weil er nicht auf Gerechtigkeit gebaut ist. Wir Juden sind nur wie einst und wie immer wieder das leibhafte Paradigma, an dem dargelegt wird, was dargelegt werden soll, – aber eben ein selber entscheidungsfähiges, selber Entscheidung übendes und das heisst: ein Paradigma für Heil und Unheil. Was heute für Israel gesprochen wird, wird für das ganze elende Menschengeschlecht dieser Stunde gesprochen. Aber zu Recht wird es gerade für Israel gesprochen, das einzige Volk, das unter einem göttlichen Geheiss auf den Weg seiner Geschichte ausgesandt worden ist. Liebe kann sich je und je nur im Dasein von Einzelnen, Gerechtigkeit kann sich nur im Volksleben und im Völkerleben erfüllen. Weil die Propheten den Weg meinten, der über wahres Volksein zu einer wahren Menschheit führt, haben sie über jede andere Forderung die der Gerechtigkeit gestellt. Nur ein Volk kann, wie zwischen seinen Gliedern – Individuen und Gruppen – untereinander, so auch in seinen eigenen Beziehungen zu anderen Völkern Gerechtigkeit stiften, sich selber und einer werdenden Menschheit zum Heil. Dazu bedarf es der Selbständigkeit und Selbstbestimmung, eben dessen, das Israel jetzt wiedererlangt hat. Was wird es damit beginnen? Das ist die Frage der Krisis. Die Propheten haben einst Israel die »Erlösung«, die Befreiung vom Joch der Völker, nicht um seiner selbst willen verheissen, sondern um dessen willen, was es zu vollbringen hat. Aber man bilde sich nicht ein, dass was man zu vollbringen hat eben eine »nationale Kultur« sei! Es gibt für Israel keine lebendige Kultur ohne Gerechtigkeit. Und es wird auch dann keine Wahrheit daraus, wenn man das zu Vollbringende als »religiöse Erneuerung« bezeichnet. Denn es gibt für Israel keine lebendige Religion ohne Gerechtigkeit. Nicht gerechte Gesetze und gerechte Institutionen allein sind gemeint, so unerlässlich sie als Grundlage sind. Gemeint ist in allem und jedem das echte Streben nach dem Gerechtsein, den Personen und den Gemeinschaften gegenüber. Gemeint ist die Richtung, die für das öffentliche wie für das private Leben massgebend werden soll. Es geht um die Konstituierung der heiligen Lebensnorm. Hierzu aufzurufen liegt heute jedem ob, im Staate Israel und in der Gola, der um die prophetische Wahrheit weiss. Einige Menschen in Jerusalem haben sich zusammengetan, um mit dem Dienst an diesem Werk zu beginnen. Sie wollen keine Partei und keinen Verein gründen, nur gemeinsam der Wahrheit dienen. Sie sehen die ewige prophetische Wahrheit als verbindlich, sie wollen einander hel-
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fen, sie von der Wirklichkeit jeder Stunde aus immer neu als verbindlich zu erkennen, sie wollen sie als verbindlich von neuem deutlich machen, sich selber und anderen; wie es je und je die Stunde erfordert, so gut sie es wissen und so gut sie es können. Sie nennen sich mit dem Namen des Propheten, der vor allem die Botschaft der Gerechtigkeit als solche verkündigte und die Völker geisselte, weil sie an den Brudervölkern Unrecht verübten: בני עמוס. Ihr Kreis, hier und in aller Welt, mag wachsen, schnell oder langsam, viele mitreissend oder nur Einzelne überzeugend, wie Gott will.
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[Vorwort zu einem geplanten Band über arabisch-jüdische Verständigung]
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Dieses Buch enthält eine Auswahl von charakteristischen Äußerungen aus einem kleinen, langsam wachsenden Kreis, der von den Anfängen der modernen jüdischen Besiedlung Palästinas an bis heute die Überzeugung gehegt und ausgesprochen hat, dass ein umfassendes Zusammenwirken mit dem arabischen Nachbarvolk die Grundbedingung für ein echtes und dauerndes Gelingen dieses Siedlungswerkes ist. Die Menschen dieses Kreises haben aber auch immer klarer erkannt, dass es von dem Zustandekommen einer jüdisch-arabischen Kooperation abhängt, ob der Nahe Orient einer neuen großen Blütezeit entgegengeht oder trotz aller Anstrengungen dem Verfall geweiht ist. Anderswo mag es genügen, die »Koexistenz« zweier einander entgegengesetzter Gesellschaftssysteme anzustreben, – hier kann und darf es auf nicht weniger ankommen als auf eine intensive und weitreichende Zusammenarbeit. Die Situation latenten oder aktuellen Konflikts kann und darf hier durch nichts Geringeres als durch die Anbahnung einer aktiven Gemeinschaft der beteiligten Völker abgelöst werden. Das haben die Menschen dieses kleinen Kreises immer tiefer verstehen gelernt. Unausgesprochen lag diese Tendenz dem modernen »zionistischen« Siedlungswerk von Anbeginn zugrunde. Die grosse Epoche dieses Siedlungswerks, die sich bis nah an den zweiten Weltkrieg erstreckt, hat einen selektiven und evolutionären Charakter. Die Träger der Kolonisation waren Generationen von Pionieren, stetig durch neu einwandernde Gleichgesinnte und durch in der gleichen Gesinnung aufwachsende Söhne vermehrte Scharen von Menschen, die sich zum Lebensziel erwählt hatten, mit ihrer Arbeit dieses Land, gerade dieses Land, das biblische »Land Israel«, als die objektive Grundlage einer Wiedergeburt des jüdischen Volkes neu aufzubauen. Das Werk, das den Kern für die grosse konzentrative Siedlung schaffen sollte, vollzog sich in einem organischen Tempo. Dazu gehörte, dass im friedlichen Kontakt mit der eingesessenen Bevölkerung, in wohlwollender und hilfreicher Nachbarschaft deren Vertrauen gewonnen werden sollte, was für das künftige Gemeinschaftsleben unentbehrlich war. Das glückte nicht immer aus Ursachen, die auf beiden Seiten lagen, aber es glückte vielfach und zunehmend. Dann aber griff die sogenannte Weltgeschichte in der Gestalt erst der polnischen, dann in weit größeren Dimensionen der deutschen Judenverfolgung ein. Massen mussten wandern, und für die Massen war Palästina – so heilig es ihnen in der Überlieferung geblieben war – nicht »das« Land, das sie neu
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aufbauen wollten, sondern ein Land, das sich eben nicht weigerte, sie aufzunehmen. Das selektiv-evolutionäre Prinzip und das organische Tempo wurden vom Ansturm überrannt. Das Misstrauen der Araber, das sich bisher nur sporadisch geltend gemacht hatte, wuchs zu einer starken Welle an. Das kam, ehe noch das Vertrauen hatte Fuß fassen können. Die offiziellen Vertreter der zionistischen Sache hatten diesem Misstrauen keine programmatische Deklaration der Versöhnung und des geplanten Zusammenwirkens entgegenzusetzen. Die Massen mussten politisch gesichert werden; die Staatsform erschien nun nicht mehr als ein künftig zu erwartendes Ergebnis des Siedlungswerks, sondern als das Gebot der Stunde. Gegen die resultierende Forderung des »Judenstaats« stellte unser kleiner Kreis alternativisch die eines binationalen Staates oder die einer vorderasiatischen Föderation, in die der neue Staat als gleichberechtigtes Mitglied unter Garantierung der nationalen Anliegen eintreten sollte. Diese Forderung, die dem Glauben an die Möglichkeit neuer, höherer Formen des Zusammenlebens von Völkern entsprang, setzte sich in der öffentlichen Meinung nicht durch. Man hörte immer wieder, diese Gruppe von »Idealisten« rechne nicht mit der Wirklichkeit der Situation. Manche von denen, die damals so sprachen, beginnen heute an der Richtigkeit dieses Urteils zu zweifeln, – sofern es sich um die Vergangenheit handelt. Heute, wo eine wesentliche Voraussetzung eines Föderativpakts, die arabische Einigkeit, nicht mehr besteht, scheint ein solcher Friede unerreichbar geworden zu sein. Aber ein Ende des kalten Weltkriegs würde ihn wieder ermöglichen. Wie dem auch sei, ein Friede zwischen Juden und Arabern auf der Grundlage einer beginnenden Kooperation hat eine starke Realisierungschance: er und nur er vermöchte die geschichtliche Lage beider Partner entscheidend zu bessern.
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[Protest gegen die Enteignung arabischer Böden, offener Brief des Ichud]
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Jerusalem, 7. 3. 53 Mr. Yosef Sprinzak, Knesset Speaker, Jerusalem. Sir, The draft legislation entitled »Expropriation of Land« will be placed this week before the Knesset for a second and final reading. This legislation will legalise an existing fact, namely the expropriation of land belonging to Arab subjects living in Israel by right and not on sufferance (not refugees?). We fail to understand why, according to press reports, hardly a single Jewish Member of Knesset has raised his voice against a law intended to give the stamp of legality to acts and deeds, which he would consider a grave injustice if they were directed against himself or against Jewish property. We understand that real security requirements may make it necessary to expropriate land in certain places. We refer specifically to real security requirements, in distinction to those in which the word »security« conceals the true purposes. Even then, such expropriation should be possible with two reservations: (a) That the property be affected only as is dictated by security requirements, that is, only for the duration of the emergency. This excludes any definite and permanent expropriation. (b) That the rightful owners be entitled to appeal to court demanding an inquiry into the question whether such expropriation was really taken for reasons of security. We know well, however, that in numerous cases land is expropriated not on grounds of security, but for other reasons, such as expansion of existing settlements, etc. These grounds do not justify a Jewish legislative body in placing the seizure of land under the protection of the law. In some densely populated villages two-thirds and even more of the land have been seized. As Jews and citizens of the State of Israel, we find it our duty to cry out against a proposed law which will add no honour to that which is Jewish. In general terms we propose: (a) The Defense Minister (or any other Minister the law may specify) shall be empowered to take over any land as for reasons of security, sub-
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ject to the two reservations previously made, namely, only for as long as security considerations make it necessary and without prejudice to its legal ownership. (b) Even when land is taken over as under (a), the owners should be left enough land to support them by cultivation, as set down in the »Land Tenants Defense Ordinance.« It is understood that even in such cases the owners are entitled to compensation. (c) In any other case in which land has been seized, but not for security requirements as previously mentioned, such land shall be fully returned to its owners within a maximum term specified by law, on condition that the owner may apply to court for a return of his land before the expiration of the term. We beg you to consider our proposal and to pass it on to the Members of Knesset, so that it may save and prevent a Jewish legislative body from enacting a law which is in conflict with the principles of Judaism and all the solemn pledges given by the Government of Israel during the founding of the State. Yours very truly, »IHUD« ASSOCIATION The Central Committee, Jerusalem. Prof. M. Buber, Prof. E. Simon, Dr. S. Shereshevsky.
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Wir brauchen die Araber – die Araber brauchen uns! [Interview]
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Professor Buber, angesichts der Tatsache, dass der gegenseitige Hass im Nahen Osten immer größer wird, besteht Ihrer Meinung nach noch immer die Hoffnung auf ein Übereinkommen beider Völker? Ich bezweifle, dass zurzeit eine Hoffnung auf einen Frieden besteht, dessen Bedeutung nicht nur in der Beendigung des kalten Krieges zwischen Israel und den Arabern bestünde. Doch ich glaube, dass der Tag nicht fern ist, an dem es möglich ist, zu einem Abkommen zu gelangen, das Zusammenarbeit bedeutet und dessen äußere Form die Beteiligung Israels an einer Föderation der Völker des Nahen Ostens annimmt. Ich befürworte ja eine solche Föderation schon seit vielen Jahren. Es ist selbstverständlich, dass eine solche Föderation darauf beruhen muss, dass ihre Grundbedingungen nicht auf dem üblichen Wege abgeändert werden können, nämlich dass eine Mehrheit ihren Willen der Minderheit aufzwingt, denn wenn dies der Fall wäre, wäre unsere nationale Existenz gefährdet. Das heißt, das Grundgesetz der Föderation müsste so etwas wie eine internationale Magna Charta sein; dies hier ist nicht der richtige Platz auf Einzelheiten einzugehen. Fassen Sie dabei eine Föderation nur in Palästina oder im ganzen semitischen Raum ins Auge? Ich meine nicht nur Palästina, sondern das gesamte Gebiet des Nahen Ostens. Alle unsere Probleme hängen mit ihm zusammen, und es ist unmöglich, sie davon zu trennen. Ich sah das schon 1917, da ich mich mit dieser Frage zu beschäftigen begann, als wir mit einer neuen Situation konfrontiert wurden. Seitdem habe ich nicht aufgehört, darüber nachzudenken und mich danach zu sehnen. Im gesamten Raum? Ja, ich sah, dass das Schicksal dieses Erdteiles, den man den Nahen Osten nennt, von der Zusammenarbeit der Völker, die ihn bewohnen, abhängt. Ohne diese Zusammenarbeit werden weder wir noch die Araber Erfolg haben. Sie brauchen uns genauso nötig, wie wir sie brauchen. Dieser Weltteil braucht beide Völker, die Zusammenarbeit zwischen beiden. Darum ist dies eine weltpolitische Angelegenheit. Sind Sie der Überzeugung, dass wir nicht genug unternommen haben, uns dieser Zusammenarbeit zur rechten Zeit zu versichern? Meiner Meinung nach bestand unser Hauptfehler darin, dass wir nicht, sofort nachdem wir hierher kamen, bemüht waren, Vertrauen im Herzen der Araber zu erwecken, politisch und wirtschaftlich. Wir haben
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dem Argument vorgearbeitet, dass wir Fremde seien, Leute von draußen, und dass wir an einem Zusammenschluss mit den Arabern nicht interessiert wären. Dies öffnete allen späteren Konflikten Tür und Tor. Sie und Ihre Freunde haben doch davor gewarnt? Wir haben das unsere gesagt. Doch unsere Stimme wird nicht gehört. In der Politik urteilt man nach dem Erfolg. Als der Staat errichtet wurde, verließen uns mehrere Weggenossen. Sie meinten, das Problem wäre gelöst. Ich habe ihnen nicht geantwortet, denn in meinem Herzen war Furcht. Doch in der jetzigen Situation ist es Pflicht jedes seiner Sache ergebenen Mannes, seine Meinung offen zu sagen. Sind Sie davon überzeugt, dass die Situation heute ernster als vor zehn Jahren ist? Die günstigste Stunde war sofort nach unserem Siege. Kluge Leute wussten das. Deswegen versuchten sie Verhandlungen mit Abdallah anzuknüpfen. Ich möchte keine Einzelheiten aufzeigen, doch scheint es, dass es möglich war mit einem gewissen Verzicht ein Abkommen zu erreichen. Und weswegen sind die Verhandlungen gescheitert? Anscheinend dachten unsere Abgesandten, dass wir, wenn wir abwarten, bessere Bedingungen erhalten werden, nur haben sie die Tatsache außer Acht gelassen, dass alle Menschen einmal sterben und dass viele Söhne nicht in den Bahnen ihrer Väter wandeln. Jetzt jedenfalls ist es beinah sicher, dass in absehbarer Zeit nach gewissen Änderungen in der internationalen Politik eine neue Stunde des Glücks schlagen wird. Alles hängt davon ab, ob wir diese Stunde zu nützen wissen, und das heißt, wenn wir uns darauf verstehen, uns schon jetzt darauf vorzubereiten. Wenn wir nun diese von Ihnen angedeutete Möglichkeit nicht beachten, glauben Sie, dass die Zeit gegen uns arbeitet? Dies möchte ich nicht behaupten. Ich weise nur auf die Notwendigkeit gesteigerter Aufmerksamkeit hin. Vor etwa drei Jahren war ich mit einigen anderen Leuten zu einer Unterredung mit einem der Führer des Staates geladen. Wir unterhielten uns über die Gestaltung des Wesens der israelischen Nation. Ich wurde gefragt: »Wie kann die Regierung auf die Gestaltung des geistigen und moralischen Wesens der Nation Einfluss nehmen?« Ich antwortete: Es ist nicht in der Hand der Regierung durch Gesetze und Verfügungen den Volkscharakter zu bestimmen. Aber sie kann bewirken, dass die Menschen nachzudenken beginnen und nach dem Sinn fragen. Hauptsächlich schlug ich eine Aktion vor, die das Gewissen des Volkes wecken würde: die Initiative zu ergreifen und alle interessierten Staaten, auch kirchliche Organisationen, zu einem Kongress einzuladen, um zusammen mit ihnen das Problem der arabischen Flüchtlinge zu klären.
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Was war die Reaktion dieses Führers? Nach der Versammlung sagte er mir privat nur kurz: »Sie müssen nicht denken, dass ich mit dem, was Sie sagten, nicht einverstanden wäre. Doch in der Geschichte gibt es sowohl Verfrühtes wie auch Verspätetes. So wird ja, was du zu dieser Stunde in den Händen hältst, in späterer Stunde vielleicht nicht mehr in deinen Händen sein, wie unsere Weisen gesagt haben: ›Sage nie, wenn ich dafür frei bin …‹ Nur wenige Tage vergingen und man gründete Versöhnungs- und Vermittlungsausschüsse, und die Initiative entglitt unseren Händen.« Was für einen politischen Vorschlag würden Sie heute machen? Eine ihres Namens würdige Politik ist keine Angelegenheit von Entschlüssen und Taten allein. Vor allem braucht man eine klare Richtung, welcher die Entschlüsse und Taten je nach der sich ändernden Situation entspringen. Meiner Meinung nach war unsere politische Richtung in der besprochenen Angelegenheit irrig und irreführend. Das erste, was wir tun sollten, ist die Richtung zu ändern. Von wem erhoffen Sie sich dies? Es ist beinahe sicher, dass die Sache zunächst nicht populär sein wird, lauert doch im demokratischen System jede Partei auf den Misserfolg der anderen. Es gehört viel Mut dazu, diese Änderung hervorzurufen. Brauchen wir eine neue Persönlichkeit? Nicht die Persönlichkeit ist die Hauptsache, sondern die allgemeine Erneuerung. Wie die Bibel sagt: »Ein neuer Geist erstand in meinem Innern.« Auf jeden Fall wird der Mann, der furchtlos das Gebot der Stunde in die Tat umsetzt, der wahrhafte Held der Nation sein. Wir alle sind verpflichtet, diesem Mann den Weg zu bahnen, obwohl ich z. Z. keinen sehe. Ich habe den Eindruck, dass einige wichtige Leute die Wirklichkeit sehen, so wie sie ist, aber sie bringen nicht den Mut auf, darüber zu reden. Prof. Buber, ist Ihr Ausgangspunkt politischer oder moralischer Art? Ich mache keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem, was in moralischer oder politischer Hinsicht richtig ist. Eine unmoralische Tat mag manchmal Nutzen für kurze Zeit bringen, aber nicht für Generationen, nicht einmal für eine Generation. Die Grundanschauung der Propheten Israels war ausgesprochen realpolitisch. Sie waren keine Defaitisten. Am Ende gibt es keinen Widerspruch zwischen Realpolitik und moralischer Politik. Manchmal fordert diese einen kurzfristigen Verzicht um des Bestehens in der Zukunft willen. Was Sie nun herbeiwünschen, ist eben eine geistige Erneuerung? Sie haben Recht. Ein rein politisches Handeln wird keine Wirkung zeigen. Wenn es jedoch zur jener neuen, oben von mir erwähnten Richtung kommt, wird das unvermeidlich auf das Geistesleben Einfluss nehmen.
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Wir haben es hier mit gegenseitiger Einflussnahme zu tun. Sicher ist aber die innere Erneuerung der ausschlaggebende Faktor. Worin besteht Ihrer Meinung nach hauptsächlich diese Erneuerung? Wir befinden uns in einem entsetzlichen geistigen und moralischen Niedergang. Aber ich verzweifle nicht. Wir müssen zu der uns auszeichnenden Wahrheit zurückfinden, zum nationalen Universalismus, der auch in unserer geopolitischen Situation unbedingt erforderlich ist. Dies war schon immer das Programm des Zionismus, der des Namens Zion würdig ist. Nationaler Universalismus heißt, der Nation eine feste Grundlage für ihren Anteil an der Verwirklichung echter Menschlichkeit zu sichern. Und diese Aufgabe kann nur auf friedlichem Weg vollbracht werden. Wir wurden Zionisten, um diese Angelegenheit aus dem Bereiche des Wortes in den Bereich der Tat zu führen. Zum nationalen Universalismus zurückzufinden heißt, jene Verderbnis zu bekämpfen, die uns die Tore zum Nationalismus geöffnet hat. Würden Sie denn sagen, dass der Staat Israel die Verwirklichung dessen bedeutete, was Sie sich vor fünfzig Jahren erträumt hatten? Ich und meinesgleichen haben niemals die nationale Unabhängigkeit für ein Ziel an sich gehalten, sondern für eine Grundlage, ohne die die Erneuerung nicht zu verwirklichen ist. Unsere Hoffnung war, dass uns Zeit gegeben würde, die Ansiedlung organisch zu entwickeln, um sie zu einer gesunden gesellschaftlichen und politischen Körperschaft zu machen. Wurde diese Hoffnung enttäuscht? Man darf niemandem dafür die Schuld geben, dass dies nicht zur Ausführung kam. Die tragische Geschichte unseres Volkes kam über uns in einer Wolke von Drangsal und Verfolgungen und erschwerte unseren Weg. Es entstand ein psychologischer Druck von Heimatlosen und Verstoßenen, ein Druck, dem nicht nur die Zionisten nicht widerstehen konnten, sondern auch einige internationale Staatsmänner verstanden die Sache als ein Urteil der Geschichte. So entstand der Staat aus einer momentanen Zwangslage. Natürlich sind viele übereilte Schritte unternommen worden, die der Entwicklung des Staates in der Zukunft geschadet haben. Ihr Kreis, Prof. Buber, hatte einen Staat anderer Art im Sinne? Die meisten Zionisten wollten vor allem einen Staat, die Leute unseres Kreises betonten demgegenüber, die Hauptsache sei, auf welche Weise wir dazu gelangen würden. Sie wollten eine organische Entwicklung, an deren Ende ein Staat erblühen sollte, der das Lebenszentrum des Nahen Ostens bilden würde. In ihm würden die Juden ihre verborgenen schöpferischen Kräfte wiederentdecken. Wir hofften auch, dass diese Schöp-
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fung auf Glauben im allgemeinen und insbesondere auf gegenseitigem Vertrauen aufgebaut sein würde. Würden Sie sagen, dass eine Kulturrevolution notwendig ist? Vor allem müssen wir wissen, dass wir in Wirklichkeit noch keine lebendige eigenständige Kultur haben. Wir haben ein großes Erbe, wir haben begabte Leute, Schriftsteller, Dichter, Künstler, Denker, Wissenschaftler und Forscher und auch ausgezeichnete erzieherische und kulturelle Institutionen, aber wir haben keine Kultur im eigentlichen Sinne, eine Kultur, die in allen Lebensbereichen des Volkes ihren besonderen Ausdruck findet. Sind Sie nicht der Meinung, dass im Lande eine neue Kultur im Entstehen ist? Alle großen Kulturen, besonders die orientalischen, sind auf dem absoluten Gebot der Gerechtigkeit und der Wahrheit aufgebaut. Auch die Kultur Griechenlands, deren Wiege hier in Kleinasien stand. Ein gemeinsamer Zug des gesamten Orients ist die Erkenntnis, dass es im Himmel eine wahrhafte Ordnung gibt, die die Menschen auf der Erde zu verwirklichen verpflichtet sind. So war es bei den alten Chinesen, Indern und Persern, und so war es auch in den alten Zeiten unseres Volkes. Die Gerechtigkeit mag monotheistisch sein oder nicht, jedenfalls ist sie keine wahrhafte Gerechtigkeit, wenn sie nicht ein absolutes Gebot ist, das die Lebensweise bestimmt. Ich habe diesen Gegenstand ausführlich in meiner Rede »Judentum und Kultur« erörtert, die in meinem Buch »An der Wende« veröffentlicht wurde. Auf welchem Wege ist diese Erneuerung zu erwecken? Ich weiß das nicht und meine, dass kein Mensch von vornherein den Weg festlegen kann. Aber ein großer Umschwung kann jederzeit stattfinden. Wenn Sie die Geschichte der Menschheit betrachten, werden Sie sehen, dass es Zeiten gab, wo die Menschen überhaupt keine Erneuerung erwartet hatten, und der Umschwung ereignete sich sozusagen urplötzlich. Danach kamen die Historiker und interpretierten die Ereignisfolge auf verschiedene Weise. Doch gibt es in der Geschichte kein Urteil, das der Mensch nicht zu zerreißen und zu verändern vermag. Deswegen erwarte ich jederzeit mit ganzem Herzen den Umschwung, der auf alle Fälle kommen wird.
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An Stelle von Polemik Die an sich wichtige Rede RB’s hat mich von neuem zu einer Erwägung veranlasst, die mich im Lauf meines Lebens immer wieder und immer dringlicher beschäftigt hat. Es handelt sich um das Verhältnis zwischen der praktischen Politik und den moralischen Prinzipien. Auf der einen Seite stehen die Politiker, die meinen, sich um nichts anderes kümmern zu müssen, als was ihrer Meinung nach im gegebenen Augenblick das Interesse des Staates erfordert. Sie würden sich freilich empören, wenn wir ihnen sagten, dass ihr Vorgehen amoralisch sei; sie halten ihren Standpunkt vielmehr für den richtigen moralischen, weil er dem Leben der Nation dient; als ob der kollektive Egoismus moralischer wäre als der individuelle! Ihnen treten die Männer der Prinzipien entgegen. Sie halten den Politikern allgemeine Sätze entgegen, was Recht und was Unrecht ist, und ziehen aus diesen Sätzen jeweils Folgerungen in Bezug auf die gegenwärtige Situation, ohne aber jeweils zu prüfen, was unter den gegebenen Bedingungen realisierbar ist, ohne das Leben der Nation zu schädigen – eine Prüfung, in der zweierlei zusammenwirken muss: ein unbeirrbares Gewissen und ein zuverlässiger Blick für die Wirklichkeit. Die Politischen haben keine überpolitische Richtung, die allein ihnen jeweils weisen könnte, was über die kleinen Rechnungen der Stunde hinaus das wirkliche Lebensinteresse der Nation für die kommenden Geschlechter ist; die Prinzipiellen haben keine Einsicht in die rechte Richtung, aber eben nur diese, sie hat das Mass und die Möglichkeit dessen, was in der rechten Richtung jetzt und hier unternommen werden kann und darf. Sie sehen in den Politikern machtberauschte Diktatoren, die kein Gebot kennen, das über ihrem Willen stünde; die Politiker sehen in ihnen von hohen Worten besessene Ideologen, die nur befähigt sind, in den Wolken, und nicht auf der harten Erde mit ihren Widersprüchen zu weilen. Und dazwischen geht die Möglichkeit verloren, in dieser Stunde so viel vom Rechten zu verwirklichen, als die Tatsachen erlauben. Was das jeweils konkret bedeutet, ist freilich stets sehr schwer zu bestimmen; aber es ist möglich, wenn sich die Menschen guten Willens zusammentun, für die die übliche Politik zu kurzsichtig und eine noch so edle Prinzipienverehrung zu theoretisch ist. Ich meine Menschen, die so sprechen und handeln, als ob sie selber die Verantwortung für die heute und morgen zu treffenden Entscheidungen zu tragen hätten. Und alle echte menschliche Verantwortung ist eine doppelte: dem Himmel und der Erde gegenüber. Diese doppelte Verantwortung lässt sich nicht auf dem Weg der Prinzipien in eine einzige, einheitliche zusammenzwingen, sondern nur auf
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dem Weg immer neuer Prüfung und Begrenzung. Der Mensch als Mensch kann nicht leben ohne schuldig zu werden, und das Volk kann es nicht als Volk. Es geht einzig darum, Tag um Tag nicht mehr Schuld auf sich zu laden, als man auf sich laden muss, um fortzuleben. Und das ist nicht ein Gebot der reinen Moral: unter dem Übermass der Schuld gehen wie Menschen so Völker zugrunde. Die grosse Politik, die auf das wahre Interesse der kommenden Geschlechter bedacht ist, ist eine Politik, die darauf achtet, dass das Volk nicht zuviel Schuld auf sich lade. Eine solche Politik kann man freilich nicht von Prinzipien aus machen; man muss immer wieder das Schwerste auf sich nehmen und beiden Forderungen in einem gerecht werden: der der Wahrheit und der des Lebens. In der Epoche unseres Siedlungswerkes, das eine »friedliche Okkupation« war, dachten unsre Besten nicht daran, wie wir in diesem unsrem nationalen Lebenskampf unschuldig bleiben oder werden könnten (wir mussten, um unseren kommenden Geschlechtern ihren Raum zu sichern, den kommenden arabischen Geschlechtern den Raum beschränken); sie dachten daran, wie wir es machen, nicht schuldiger zu werden, als die Notwendigkeiten der Aufgabe uns auferlegten. Als die Geschichte uns zwang, die Methode der vorbereitenden Selektion durch die Masseneinwanderung zu ersetzen und sodann für diese eine schnellste völkerrechtliche Sicherung anzustreben, war es eine Weile zu einem gewissen Teil in die Hände unserer politischen Führung gegeben, welcher Art die Sicherung sein sollte; es handelte sich darum, der Gerechtigkeit und damit auch unserem kommenden Geschlecht so viel zu geben als das Leben der Stunde erlaubte (das war es, was damals mit Plänen wie die eines binationalen Staates oder vorderasiatischen Föderation gemeint war). Dass dies vom geschichtlichen Schicksal gegebene Frist tatenlos verstrich, hat an der Entstehung der Flüchtlingsfrage indirekt mitgewirkt und damit zu einer ungeheuren Mehrung unserer objektiven Schuld. Das kleine Häuflein des Ichud hat seither diese Frage immer wieder als eine zentrale behandelt und gefordert – vergebens gefordert –, dass die politische Staatsführung sich mit ihr als mit einer solchen befasse. Wir tun es heute wie je, und ich glaube nicht, dass zwischen uns darüber Meinungsverschiedenheiten bestehen. Wir alle stellen der bloss-politischen (und daher auch politisch falschen) Betrachtungsweise der Staatsführung eine ethisch-politische entgegen. Darüber hinaus aber besteht innerhalb unseres Kreises eine nicht unerhebliche Differenz. Die einen proklamieren ein ideelles Prinzip und verlangen seine volle Anwendung. Diese würde konsequent gefasst weit mehr bedeuten als das Abbrechen der Alija, das vorgesehen worden ist; es würde bedeuten, dass wir angenommen haben, dass alle Flüchtlinge zurückkehren möchten und es
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an Platz für sie fehlte, bereit wären, die erforderliche Zahl von Juden zu depossedieren und des Landes zu verweisen. Die anderen unter uns treten dem Volk nicht wie der Schuldlose einem Schuldigen gegenüber, sie stellen ihm nicht ein reines Prinzip gegenüber und fordern von ihm, dass es dieses reine Prinzip ohne auf irgendetwas anderes zu achten, verwirkliche; sie verlangen, dass wir von unserer objektiven Schuld soviel gutmachen, als unter den gegebenen Voraussetzungen unseres Lebens im Lande möglich ist. Diese Voraussetzungen müssen unter diesem Gesichtspunkt aufs strengste und gewissenhafteste geprüft und auf Grund dieser Prüfung muss ein zuverlässiger Siedlungsplan ausgearbeitet werden; darin muss geklärt werden, wie viele Flüchtlinge, welche Arten von Flüchtlingen wir aufnehmen, wo und wie wir sie ansiedeln wollen, d. h. können. Dieser Plan sollte, meine ich, als der von uns beizusteuernde Abschnitt eines Gesamtplans für die Lösung der Flüchtlingsfrage verstanden werden. Ein solcher Gesamtplan könnte nur aus einem Zusammenwirken aller beteiligten Faktoren hervorgehen. Zu einem solchen Zusammenwirken aber, zunächst zu einer einleitenden Beratung, sollten wir die Initiative ergreifen, – was wir freilich nur könnten, wenn wir unseren eigenen Beitrag beschlossen und ausgearbeitet haben. Eine Initiative dieser Art habe ich schon in den ersten Jahren nach der Staatsgründung gefordert. Ich wiederhole die Forderung heute, in der heutigen Situation. Sie involviert natürlich die Forderung einer veränderten Richtung für unsere Staatspolitik. Sie soll kein Prinzip realisieren, aber sie soll so gerecht werden, dass sie unsere Zukunft nicht wie die gegenwärtig herrschende Politik zum Schein, sondern in Wirklichkeit sichert.
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In a short paper such as this, I can only indicate the main problems that have arisen in Israel in connection with the emergence of a new type of individual character and with the parallel development of many different types of social experiment within which that new character type came into being. I do not propose to offer solutions but only to clarify the problems themselves – problems that have arisen from the great historical fact of a Jewish settlement in Palestine. I say Jewish settlement, rather than Jewish State, for though I do not fail to appreciate the great historical significance of the Jewish State, it is not of it that I speak in this connection. I have believed all my adult life that a state is important in history, even as political forms are important, but that more important than political forms is the life of man itself. More important than the state is society. Therefore, I do not see the history of the Jewish settlement in Palestine, as many today see it, as merely a prelude to the Jewish State. I see it as a great evolution in itself. History and sociology have not yet perceived the real significance of this evolution. It remains for coming generations of historians and sociologists to grasp the uniqueness of what has been accomplished in this evolution and to recognize that in it which is most important for the history of mankind and for the sociology of men living together. First of all, this is a new type of colonization, one utterly different from what has previously been given this name. All other types of colonization can be called »expansive colonization,« meaning that a certain number of men in a particular community or state want to settle in another land for economic, political, or religious reasons. The initiative may come either from the state, or from economic societies or companies, or from men who want to live more freely than they do. Seen historically, this colonization must be understood as an expansion of a particular state, even if, after a longer or shorter time, the new settlement or colony detaches itself from the mother country and becomes independent. The history of the Jewish settlement in Palestine, in contrast, is not that of an expansive but of a »concentrative« colonization. Before this settlement there existed, so to speak, colonies without a mother country, colonies whose mother country had been lost and who had thereby lost their organic center. We know these colonies without mother country and without center under the name of the Jewish Diaspora. The last stage of the Diaspora differs from all the former stages in that the Jewish people endeavored to go and build a new center for the existing colonies and succeeded in this endeavor.
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This fact in itself only provides the basis for a development which is of still greater importance. For in the course of this action of a certain part of the Jewish people who went to Palestine to settle and to build, a new type of man arose, a new type of Jewish man. This means not only action but the coming to be of something that man cannot intentionally produce. We can decide to go tomorrow from New York to another country; we can decide that we will do certain things in that country. But we cannot decide that we will be changed as men, as persons, and that a new Jewish type will arise in the course of and through this action. Yet this is just what occurred. And it occurred already in the early stages of Jewish colonization. A new Jewish man arose, a new individual whom we call the halutz. But we must be careful how we translate this word. Taken literally it means pioneer, but a halutz is a very singular kind of pioneer. He is, first of all, a pioneer who does not want to create something new, but to restore in a new and modern form something that existed in its glory many centuries ago. And the memory of that glory will restore it, not as it was, but in a new form adequate to our needs of today and our modern mode of life, to our longing and our most profound feeling as Jews and as men. It is just out of this goal of restoration that a new Jewish type arose able to make it a reality. It is not easy to materialize ideas. Before they can be realized, three things are necessary. First, the idea itself must be present. Second, there must be a situation that makes it possible to materialize the idea at just this time. And third, there must be the kind of man able to accomplish this realization, the type of man who can lead other men in this great transformation. This man was there. If there is anything marvelous in the history of modern Jewish life, I think it is just this, that this man, this new type of Jew so different from all the former generations, was evolved. To grasp just how different this new type is, we must remember that Jewish life of a hundred and two hundred years ago was characterized in the main by a one-sided development, a detached and somewhat intellectual holiness with a rather problematic place in real life. The talmid ḥacham and the Jewish agent, taking no part in the production of goods but only in their exchange, live alongside each other and form together the terrible problem of Jewish Diaspora existence. And suddenly a new, a distinct and very different, man is there – the Jewish pioneer. He is not simply a pioneer among pioneers, but the man who comes to restore this particular land. He is not merely interested in any land suitable for colonization, but in just this land to which he is tied by ties which are more essential than he realizes: ties of which he is made aware by what he does, by the way he lives, and by his very nature, the
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nature of this new kind of Jew. Yet even this is only the first part, the first chapter, so to speak. Until now everything that occurs and develops is in the realm of the individual. The halutz is a new type of Jewish individual. But this marks only the first phase of colonization. The second phase commences when this new type of Jew is no longer satisfied with the new individual mode of life – tilling the soil, harvesting, and baking his bread in his own hut – but wants more and more to live permanently in a new social form, to take part in a new type, not of individual life, but of living together. This means living together on the basis of justice, not theoretical justice, but justice in everyday life, justice with the others. The halutz does not see the others as economic objects but as his partners in a common work and a common life. This second phase of the colonization was realized by the different types of settlements. The best known of these are the kibbutzim, the most radical, collectivistic form. But it is incorrect to treat the kibbutzim as if they were the only important form of these settlements. One should be aware of all the different types in their different forms, from the more individualistic ones to the cooperatives and from the cooperative settlements to the kvutzot and kibbutzim. One should see them as a series of experiments. But again a very particular kind of experiment. First of all, these men are experimenting with themselves. Everyone puts himself into the experiment. Second, the social experiments by various groups with various forms of living together are not made in order to decide afterward which of the forms is the best. Every type of man in the great camp of the halutzim must decide for himself in which form of settlement he wants to live and wants his children and grandchildren to live. The experiment results in the discovery of the different types of men to be found in the camp of the new type of Jew, the camp of the halutzim. This point is of especial importance. By living in one or another social form, each one finds out to which social type he belongs, which he represents and needs in order to live as a socially happy individual. This does not mean happy in the full sense of the term, for a man can be socially happy and individually unhappy. But it is a great thing that it is given to men to live with one another as socially happy beings. This means that each one knows that, in living as he lives, he is not unjust toward his neighbor. It means, if I may be allowed to use in this connection the Biblical term ve-ahavta le-reaḥa kamoka, »to deal lovingly with your neighbor as one like yourself.« (This phrase is usually translated, »Love thy neighbor as thyself,« but we should note that we have here not the
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accusative but the dative form.) I mean not simply the feeling of love, which is a grace, but rather what man himself can do in order to live a really human life with his fellow man, dealing lovingly with one another, helping one another to live. This is now taking place and has taken place in the generations of the new Jewish settlement. I believe this to be one of the most important phenomena of modern humanity, and I am sure that its importance will become more and more apparent in the next generations in spite of all the crises, small and great, which must not be seen as greater than they are. This then is the second phase, the transition from the new individual type to the new social type. It is the development of the specific social activity of the Jew returning to Palestine as a pattern for social evolution in general. This new individual and social type has had and now has a great educational function; indeed, one cannot even understand the development of Judaism in the Diaspora in the last decades without recognizing this educational influence of the halutzim and of the new settlements on the Diaspora and especially on the youth of the Diaspora. I refer primarily, of course, to their influence on those who went to Palestine and themselves became halutzim. But I also mean those who did not go, who could not go, but whose very heart was changed by this great fact that there were just such pioneers and there was just such a mode of life in our Land. Now this educational function was joined to another, equally important, selective function; for the influence of the halutzim on the Diaspora meant that this new type of Jewish man was being developed in the Diaspora again and again and in ever greater numbers under the influence of the first generations of pioneers. As a result, the people who went to Palestine were from the beginning a select group, and under the continuing influence of the halutzim they remained one. They were people who wanted to go not to a land where it is easy to live, but to just this land, to live this difficult life, because life there has a great aim and they wanted to take part in this great common work of Jews. Thus those who went, and many who only wanted to go, were not only a type but also, from the point of view of Eretz Yisrael, a selection. I do not know if this should be called a natural or a spiritual selection. But it is evident that men who change their lives out of such motives are a real selection. And for a long time this selective principle, which sent the best representatives of the new type to Palestine, decided the fate of the new settlement. It was built by just this selection. Then came history, or what is generally called history – the external facts and external changes that forced Jews to go to Palestine not because it was Palestine but because there was no other land to which they could
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go. This external historical development forced masses to go to Palestine and thus created an altogether new situation. What rules now is no longer the principle of selection but the inundation of the masses, and there is nobody who could now say, »Wait till it will be possible for you to come,« or »Stay there, you are not able to take part in the building up of the Land. Wait till your sons or your grandsons can do it.« It is just this which history has made impossible. And this is the phase in which we now live. The coming to be of the state has not changed anything in this situation. On the contrary, it has accelerated the tempo of this process; it has brought in masses of new immigrants who must be assimilated to the relatively small educated group. Thus we find ourselves now in a crisis. Our great problem is whether and in what measure those central educative forces can do what must be done in order to incorporate the masses of new immigrants into the new Jewish life in Israel. This is the problem of the present hour. This mass immigration is, I believe, without precedent in modern history. There is nothing that can be compared with it if we understand all the facts and all the elements that are involved. It stands as the great question which the central groups that direct Israel must face. But the demand of this new situation is an extremely difficult one to meet. I know something of the practical difficulties of this task of absorbing the immigrant masses. A few years ago, in order to do what an individual and some friends could do, I founded a school for the training of adult teachers for these new immigrants. Through my work with this school I experienced again and again how terrible that problem is. But we must also consider the problems involved in the development of the settlements themselves. We must look, first of all, at the particular principles of life on which these settlements were built. These are, or rather were, three. First, every man must live on the basis of his own work. Using others as a means to one’s ends does not lead to real human life. This first, basic principle was taken for granted by all and needed no discussion. Second, if men want to live a human life, they must live together. Living together means living near to one another, not just on one street or in one village, but in a common life. They must help one another to live, produce together, consume together, in short, really be together in such a way that one has to do with his neighbor. The particular form, whether co-operative, community-centered, or collective, was not what mattered most. All these forms were born out of one great longing and one great certainty: men are created in order really to live together. From this second principle arises a third, that these communities, or communes, should enter into relation with one another just as the individual
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members of each community live in relation with one another. This third principle, therefore, means federation, federalization of community. These three principles were realized to a greater or lesser degree in the various types of settlement. But special difficulties arose as a result of the developments of the last decade. First, growing technicization made it increasingly difficult to realize the first principle and placed on men the demand of finding new ways of self-work which might make use of this technicization. Second, there was the difficulty, already touched upon, of influencing the masses of new immigrants, of drawing them by a kind of social magnetism into the organism of the settlements that had been built by the halutzim. This meant inducing them, or at least the young men among them, to want to change their mode of life in accord with this new existence rather than try to continue in the new land the particular business they had carried on in Morocco or Iraq. A third difficulty was created by the growing politicization of Israel. The political developments and interests of the past decade have led to a new stage in which the party spirit has become stronger than that of any other type of association. This brought about the present situation in which the federation of the communes with one another has become less important than the party ties between the communes. The ties between one commune and another are not determined, as they should be, by the neighborhood and type of colony, but by the political orientation of the communes. This is the source of those crises which have plagued the internal life of Israel in recent years. The task which now confronts us consequently, is to overcome these difficulties realistically, without regressing. There is no going back. We cannot return to what existed before the technicization, before the mass immigration, before the politicization. We must find new means to accomplish the old aims. It is just possible that we shall succeed in this if the youth of Israel come to realize in ever greater degree that the whole fate of the realization of their ideal depends now on overcoming these difficulties and the crises which they have produced. The new social life that has evolved in Palestine has a significant bearing on the relations between Israel and the outside world, and especially on Israel’s relationship to the other people of the Near East, particularly the Arabs. I am a member of a group that once sought a solution for the isolation of Israel in the Near East by seeking a way of cooperation between Israel and the Arabs. There were friends of mine who thought a binational state the best form for such cooperation. I was inclined toward a federation. This question is now an academic one since history has decided against either solution. But the basic problem remains: What will
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be the relation between our people in Israel and their neighbors? This is the essential question both for Israel and for her neighbors. There cannot, in my opinion, be any rebuilding of the Near East adequate to the great task of modern times without the real cooperation of all these peoples. But how can this cooperation come into being? Most of us are so accustomed to political thinking that we view our era as one in which hot war has been succeeded by cold war and believe that on a certain day the cold war will cease too and there will be peace. I think this a great illusion. A peace that comes about through cessation of war, hot or cold, is no real peace. Real peace, a peace that would be a real solution, is organic peace. A great peace means cooperation and nothing else. What is less than this is nothing. How can such an organic peace be brought about? It seems to me a terribly difficult thing to do, I must confess, and I do not see that it can be done by political means alone. Political action must be preceded by a revolutionary change in the peoples of the Near East. By revolutionary I do not mean the influence of certain systems which call themselves »socialist.« On the contrary, I see a great danger in these systems. The only thing, in my opinion, that could bring about real peace, real cooperation, is the influence of the best that Israel has produced, the new social forms of life, on the Arab people. The Arabs need this influence. They need a great agrarian reform, a just distribution of the soil, and the formation of small communities which would be the organic cells of this new economy and this new society. Do not think that I have in my pocket a blueprint of how this ultimate solution can be brought about! I do not know how we can accomplish it, but I see the direction. There is no other direction. Through a renewed and ever more intensive development of our new social forms, through a renaissance of these social forms in spite of all difficulties that now attend them, we can bring about another kind of revolution than what is generally called by that name. In a chapter in my book, Paths in Utopia, I have dealt very imperfectly with some of these problems. At the conclusion of this chapter I opposed Jerusalem to Moscow, each standing for a particular type of socialism. Is it proper, asks a rather sensible critic, that I allow Jerusalem to stand for the »utopian socialism« with which it has had so few historical ties? (A statement which is, in fact, historically inexact.) What does the community of communities mean in concrete terms, he asks, and what level or levels of social reality will bring it to life? Finally, he asks whether it is right for me to put before mankind a choice between two types of socialism at a time when far more serious and demanding is-
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sues confront the world? Even in Israel, he asserts, the socialist impetus and the faith in the kibbutzim are largely exhausted. This last statement is not at all exact. It is a boundless exaggeration of a crisis that really exists and that must be recognized and overcome as such. Such crises are part of the life of man and the life of society. Actually, I doubt if there is anything more important today than the choice between two types of socialism. What matters most is that we know that there are two possibilities and that we are called upon to choose between them. One is a so-called socialism that is imposed from above, allowing people to live only one way and not otherwise; the other is a socialism from below, a socialism of spontaneity arising out of the real life of society. In this new form of society, men live a just life with one another, not because such a life is imposed on them, but because they want to live in this way. A part of this socialism of spontaneity is the possibility of living in one or another type of settlement, but all types have in common just this living together in real community. I believe that the decision between these two types of society and of socialism is the most important decision confronting the next generations of mankind, and I think that the coming stage of humanity that will emerge from this great crisis of man depends in great measure on just this decision. It depends on whether it will be possible to set up over against Moscow another, spontaneous kind of socialism, and I venture even today to call it Jerusalem.
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Sehr geehrter Herr!
Jerusalem, 15. 11. 56
Der erweiterte Rat des Verbandes »Ichud« hat in seiner Sitzung vom 15. 11. 56 beschlossen, sich in folgender Angelegenheit an Sie zu wenden: In der Ratssitzung haben glaubwürdige Leute einen Überblick über die furchtbaren Taten gegeben, die von den Polizisten des Grenzschutzes in Kafr Kassem und anderen Orten begangen worden sind. Nach diesen Berichten wurde am 29. 10. 56 um fünf Uhr nachmittags über die Dörfer in den arabischen Gegenden eine Ausgangssperre verhängt. Den Dorfvorständen wurde das Ausgangsverbot erst kurz vor seinem Inkrafttreten mitgeteilt. Auf die Frage der Dorfvorstände, was denn mit den zahlreichen Arbeitern geschehen solle, die erst nach Beginn der Ausgangssperre von ihren Arbeitsplätzen zurückkehren würden, erhielten diese die Antwort, dass das schon in Ordnung gehen würde. Als die mit Arbeitern und Arbeiterinnen voll besetzten Lastwagen in die Nähe des Dorfes kamen, wurden ihre Insassen herausgeholt, an den Straßenrand gestellt und mit Maschinengewehren erschossen. Es wurde von einer großen Zahl von Ermordeten berichtet. In den Stunden des Ausgehverbotes wurden auch Frauen und Kinder, die ihre Häuser verlassen hatten, verwundet und getötet. – Der Rat hat zwar auch andere Schilderungen gehört, doch scheinen diese ihm nicht hinreichend fundiert, so dass er sie nicht akzeptierte. Der Rat anerkennt die Tätigkeit der Regierung, welche einen besonderen Untersuchungsausschuss eingerichtet hat, der bereits zu Folgerungen gelangt ist. Mit Rücksicht auf die angespannte Lage innerhalb der jüdischen und arabischen Bevölkerung im Zusammenhang mit den letzten Vorfällen, bei der die Gefahr zu erneuten Ausschreitungen besteht, hat der Rat des »Ichud« beschlossen, von der Regierung zu fordern: a) Alle Schuldigen wegen Tötungsdelikten sofort vor ein Gericht zu stellen. Man darf sich nicht damit begnügen, irgendeinen örtlichen Befehlshaber zu beschuldigen, sondern es müssen alle Verantwortlichen in allen Rängen und Funktionen vor Gericht angeklagt werden. b) Die Gerichtsverhandlungen sollen öffentlich sein und nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden.
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c) Den Familien der Ermordeten sollen volle Entschädigungen nach den für die jüdische Bevölkerung geltenden Regeln ausgezahlt werden. Wir möchten Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf den betrüblichen Eindruck lenken, den die erwähnte Aktion auf weite Kreise im In- und Ausland gemacht hat und sprechen unsere Hoffnung aus, dass Sie energisch und wirksam dahingehend wirken, dass der Name des Staates Israel in der Öffentlichkeit gereinigt werde.
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Hochachtungsvoll Prof. M. Buber Yehoshua Hatalmi (Rabbi Benjamin) Dr. S. Shereshevsky Dr. H. Strauss
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Diskussion über »aktive Neutralität« Brief der Redaktion von »Ner« Diesen Brief verschickte die Redaktion von »Ner« an eine Reihe von Persönlichkeiten im In- und Ausland. 5
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Sehr geehrter Herr! Die Redaktion des »Ner« beabsichtigt, die nächste Nummer der Auseinandersetzung mit der Idee der »aktiven Neutralität« zu widmen. Angesichts des Kalten Krieges zwischen den Machtblöcken in West und Ost hat sich unter den Völkern Asiens und Afrikas die Tendenz ausgebreitet, sich als neutral zu erklären und sich nicht mit einem der beiden zu identifizieren oder zu verbünden. Diese Losung fand auch in Israel Sympathien und entfachte viele Diskussionen in verschiedenen Kreisen, insbesondere nach der Erklärung von Dr. Nahum Goldmann, des Vorsitzenden der Zionistischen Weltorganisation. Wir meinen, dass der Staat Israel sich in dem entscheidenden Kampf zwischen den Weltmächten nicht mit einer passiven Stellung begnügen und sich abwartend verhalten darf. Er ist verpflichtet und auch in der Lage, statt dessen eine »aktive Neutralität« vorzuschlagen, um die kämpfenden Kräfte zu einen und in ein großes Friedenswerk einzuordnen. Verpflichtet sind wir dazu auf Grund des historisch-moralischen Auftrags an das jüdische Volk, des Volkes der Propheten, und weil wir ein unter die Völker und Blöcke verstreutes und abgesondertes Volk sind. Wir sind dazu in der Lage, denn es bietet sich uns die Gelegenheit, einen Weg zur Lösung eines Problems aufzuzeigen, das den Weltfrieden bedroht und welches nur durch internationale Zusammenarbeit seine Lösung finden kann: das Problem der arabischen Flüchtlinge. Wir schlagen vor, dass die israelische Regierung sich bereit erklärt, – ohne von vornherein eine bestimmte Zahl festzusetzen – arabische Flüchtlinge innerhalb der Grenzen Israels aufzunehmen und auch Entschädigungen zu zahlen. Dies unter der Bedingung, dass alle daran beteiligten Parteien (die arabischen Staaten, die Flüchtlinge, die Vereinten Nationen und die Großmächte) sich mit ihr an einen Tisch setzen, um über die Ausführung des Planes zur Integration der Flüchtlinge in Israel und den arabischen Staaten zu beraten und mit der Verwirklichung dieses großen Unternehmens zu beginnen. Eine derartige Erklärung wird ein großes weltweites und positives Echo in der ganzen arabischen, westlichen und östlichen Welt finden; tritt doch an Stelle der Forderung nach
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Diskussion über »aktive Neutralität«
Waffen die Forderung nach einer sofortigen gemeinsamen Aktion, um mit einer konstruktiven Lösung des Problems zu beginnen, das den Frieden im Nahen Osten gefährdet. Unter den Flüchtlingen, die immer mehr in Armut, Bitternis und Hass verkommen, wird es ein Erwachen geben. Eine Zusammenar beit zw ischen Juden und Arabern w ü r d e e n t s t e h e n in den »gemischten Ausschüssen für die arabischen Flüchtlinge« und anderswo. Die Grenzen würden geöffnet, viel Kapital aus jüdischen und nicht-jüdischen Quellen würde in das Gebiet strömen, und mit der Zeit könnten die Staaten die Sicherheitsausgaben senken, um die Gelder in positive Ziele zu lenken. Die Hauptsache ist, dass in einer Zeit, in der Geistesverwirrung und Furcht in der Welt herrschen, von Zion und Jerusalem, der Friedensstadt, ein Aufruf an alle Völker ergehe: Frieden und Aufbau anstatt Krieg und Zerstörung. Wir wenden uns an Sie mit der Bitte, die Losung »aktive Neutralität« aufmerksam zu bedenken. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns Ihre Meinung zu dieser Losung und Ihre Stellungnahme zu deren Verwirklichung wissen ließen. Hochachtungsvoll Redaktion des »Ner« Rabbi Benjamin, Prof. M. Buber, Dr. Shereshevsky
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We ask you, Mr. Prime Minister, to re-examine the possibilities of restricting both the scope of military government and the areas under its jurisdiction. Although we are in principle for the outright abolition of military government, we realize that it would involve difficult security problems, but it is with deep concern that we make out, among the public, what might be termed a »military government ideology« which takes it for granted that part of the population of the State of Israel – the Arab minority – is deprived of the rule of civil law that applies to the rest of the population. In keeping with your statement that military government should concern itself only with military and security questions in border areas, we ask that military rule be lifted from all areas which are not in proximity to the frontier and that in border areas all residents be treated equally, without discrimination. Since such questions as work permits, building permits, and marriage licences should be outside the jurisdiction of military government, we also suggest that the implementation of all matters that are not closely tied up with security needs be entrusted to civil and civilian officials. This will incidentally make it possible to introduce suitable elements among the educated Arabs into the ranks of officials, something which is understandably impossible under military government as it exists today. Freeing the military administration of such civil functions can only redound to the benefit of all sides and will do away with such situations as having to grant travel permits to students, which you yourself have termed »absurd« but which have complicated the life and the studies of Arab students at the Hebrew University for the past ten years. II. The Condition of the Moslem and Christian Religious Communities
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We suggest the establishment of a Supreme Religious Council for Moslems and one for Christians. The Moslem Council will be made up of the High Qadis of Nazareth, Acre, and Jaffa, and the Christian Council of the heads of the Christian communities. These supreme councils, as well as the local religious councils, will operate without any interference. We oppose all Jewish trusteeship over the religious life and institutions of
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other communities. These councils must be entrusted with all the functions with which their religion invests them, including religious education, the establishment of religious and social welfare institutions such as orphanages and old-age homes, etc. These activities will be financed from Waqf funds and state aid, under government guidance and supervision, as is the case with other institutions in Israel. The councils will have specialized departments for finance, construction, education, etc. which will deal with these matters and be responsible for their execution. The shortage of religious Moslem literature can be solved by contacts with such Moslem countries as Tunisia and Persia. The councils and their departments will employ Arab specialists, officials, and labourers and this too will help solve one of the most difficult questions of the Arab minority: the problem of the Arab intelligentsia.
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III. The Arab Intelligentsia The educated Arab classes are confused and perplexed, for they have been deprived of suitable fields of activity which would incidentally integrate them into the life of the state. The fact that many educated Arabs belong to the Communist Party does not mean that they are ideologically close to it, but springs primarily from their having been accepted in the party, and being accepted there to this day, under conditions of complete equality. Generally speaking, the Jewish population is not prepared to treat the Arab intellectuals as equals, either because it does not know them – a great many Jews have never met an educated Arab – or because it suspects them of being a »fifth column«. This is a most complex psychological problem which we will be able to solve only with a great deal of patience and understanding on both sides. In any case, we cannot afford to let it fester perpetually. We note with regret that the government does not seem to have a consistent and above board policy toward the Arab minority, and the activities of various bodies in this field are sometimes at variance with each other. This is why the fine achievements of the Ministries of Education, Agriculture, Social Welfare, Labour, Interior and Health among the Arab population have not met with the recognition and the response that they deserve. It might perhaps even be indicated to concentrate all the government work among the Arab population in one special and separate ministry with various departments, which whould do away with the present fragmentation. In such a ministry too some of the educated Arabs would
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find jobs and proper fields of activity, working in cooperation with Jewish officials. We feel this particular opportunity is specially worth exploiting in view of the fact that until now the young Arab who finishes his studies in secondary school or at the Hebrew University has found it impossible to get a position in a public or private institution or organization. This casts a shadow over his entire life and leads him to actions which can be neither for his own good nor for that of the state. It is with great satisfaction, Mr. Prime Minister, that we welcome your statement that Arab teachers ought to be taken on as teachers of Arabic in Jewish schools and that Solel Boneh and other firms should hire Arab engineers. We also thank you for abolishing the limitations on travel by Arab students that resulted in such hardship for them for a number of years. We are convinced that the Arab public will welcome these new measures and greatly respond to them. IV. The Arab Refugee Problem
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The problem of Arab refugees is made up of two separate issues: the uprooted refugees within the boundaries of the state and the Arab refugees in the Arab states. As for the former, we welcome the government’s declaration that it is ready to get on energetically with a solution to this painful problem and to allocate substantial funds to it. We are well aware of the great difficulties that will stand in the way of the government, but we still believe that a quick start in implementing this programme with goodwill and without discrimination can do a great deal to bring about a change of heart among the uprooted refugees and among the Arab population in general and move them to participate of their own free will in this rehabilitation project that will turn them into a productive element. We ask you, Mr. Prime Minister, to bring your great influence into play with all the elements entrusted with the drafting and implementation of this programme so that they will carry it out with speed and determination. With regard to the refugees in the Arab states too we feel that the Government of Israel now has an opportunity to change the situation radically, raising at the same time the prestige of the State of Israel and the Jewish people. Now, that the Arab world is in the throes of national unification, we ask ourselves with concern whether it is out for peace or for war. Yet Israel can now test the Arabs before the whole world and force them to declare their true intentions. We suggest that the Government of Israel request the U.N. to under-
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take an immediate and comprehensive operation for solving the problem of the Arab refugees, and that the Government further declare that Israel is ready to do its part for world and regional peace by agreeing to settle a certain number of refugees within its borders, this, however, under one condition: that all the interested parties – the Arab States, the U.N., the refugees and the Great Powers – sit down together with Israel to discuss this major project and to begin its implementation. At the General Assembly of the United Nations, the Government will solemnly invite the entire world to send experts and specialists to the Middle East to help work out a practical solution of the Arab refugee problem by settling them in Israel and in the Arab states. All the details of the implementation of the programme, including the numbers of refugees to be settled in each country, would be left to the discretion of committees to be made up of these world experts. We do not believe that any individual can quote any preliminary figures, large or small, in this respect, without a thorough investigation of conditions on the spot in Israel, in the refugee camps and in the Arab countries. The ultimate answer to this question as well as to the various technical, security, economy, psychological, and human issues involved will be provided by Israel, Arab and world experts working in collaboration. We want the initiative for such a project to come from the Government of Israel. We want to be able to boast that in a world of conflict and disunity with its madness and fear, the call for an endeavour of construction and peace such as this will come from Israel and Jerusalem, the city of peace. We want to make it impossible for any man in the world to say that Israel is an aggressor and »opposes any peaceful solution.« We want to move the Arab states, which have consistently refused to sit down together with us even at world conferences on purely scientific or cultural issues, to work together with our experts in a great constructive enterprise. We want such a common international endeavour to provide the opportunity for renewed collaboration and interaction between Jews and Arabs as well as between East and West. In our opinion this is far more important than any peace treaty, which will always remain only a scrap of paper unless there is a »state of peace«, unless hearts are prepared for a real peace. We beg you, Mr. Prime Minister, to take the initiative in proposing such a project, and the peace lovers of the world will bless you and the State of Israel and the Jewish people. Ihud Association Jerusalem The Central Committee
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What I felt sixty years ago, when I joined the Zionist movement, is essentially what I feel today. I joined this national movement because it was not called Jewish nationalism but Zionism. Zion is not just a symbol of national power and national survival, but a great symbol of the fulfillment of a great Messianic hope of humanity. This is the hope of humanity in the process of becoming, of being born – a humanity consisting of many peoples with the people of Israel, as the Prophet Isaiah said, leading the other people, and with Zion as the center. This humanity must begin with one people living in justice and love with its neighbors, and the neighbors with their neighbors, and so forming a great humanity encompassing all of mankind. I believed that this nationalism would not go the way of all the others – beginning with a great hope and then deteriorating, decaying, becoming collective egoism, even daring, like Mussolini, to call itself a sacro egoismo, as if a collective egoism could be more sacred than the egoism of any individual. This hope that I had sixty years ago, I maintain today in my heart, notwithstanding what occurred and what occurs. I am now no less a Zionist, in this sense of Zion, than I was then. I had to endure many disappointments, but in every hour I felt that this hard way, this way of error is the way to fulfillment. The ways of history are ways of disappointment and bitterness – ways of the spirit’s being vanquished again and again, yet ending with its victory. None of us young men of that time thought about mere survival, and no one thought about historical rights. We had to go back to Palestine in order to determine the contents and the forms of our own life, not for our own sake but for that hope which the prophets called Zion. As long as the means used to attain an aim are in their very nature opposed to this aim, the goal attained will deteriorate and become more like the means than the original aim. This is the great danger for Israel today. When we returned to Palestine, the decisive question was: Do we want to come there as an ally, as a friend, as a brother, as a member of the coming community of the peoples of the Near East, or as the representatives of colonialism and imperialism? This discrepancy between aims and means, between the goal and the way to achieve it, divided the Zionists into people who wanted to get from the great powers particular political concessions and people, mostly young men, some of them my friends, who simply wanted to be allowed to work in Palestine together with their neighbors, for Palestine and for the future.
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What was then begun in Palestine by the people called pioneers, Chaluzim, was a kind of work the like of which I do not know in history. The people who went to Palestine went there because they could not find meaning in and fulfillment of their lives in any other place. This great work that went on by selected and devoted persons was the work of building, not a political state, but a great human collective community, with their neighbors helping them and being helped by them, and together developing a common political expression in which they and we could find fulfillment. The evolutionary collective action could not always be carried out in perfect peace with the Arabs, but in general it was based on good neighborly relations between a Jewish village and a neighboring Arab village, between Jews and their Arab neighbors.
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Effects of Hitlerism This organic phase of the settlement in Palestine went on till the days of Hitler. It was Hitler who brought Jewish masses to Palestine, not selected people who felt that here they must fulfill their lives and prepare the future. So, selective organic development was replaced by mass immigration and the indispensable necessity to find political force for its security. This was the hour when my great friend, the late Judah Leib Magnes, and I, and other friends felt that we must state clearly our own proposals. But the majority of the Jewish people preferred to learn from Hitler than from us. Hitler showed them that history does not go the way of the spirit but the way of power, and if a people is powerful enough, it can kill with impunity as many millions of another people as it wants to kill. This was the situation that we had to fight. We of the Ichud made two suggestions, either one of which could have led the Jews and Arabs not only to coexistence, which was not enough in that critical hour, but to cooperation, the only possible form of coexistence in the Near East. The one was the plan for a bi-national state; the other was the plan for federation. Magnes inclined more to the bi-national state, and I think he was right. At that time this plan had a chance. I am inclined to think that the plan which has now a future is the one for a federation, of which the State of Israel would be a member with equal rights and with a Magna Charta making its autonomous national civilization secure. This would make possible the economic development of the Near East through which the Near East could make a great and essential contribution to the future of mankind. Things happened otherwise, as we know. We made the wrong political
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entry into Palestine: – partition – followed by the war of the Arabs against partition and against Israel. The most urgent question for us now is the question of the Palestine Arab refugees. Already ten years ago, I proposed that Israel should take the initiative and invite all the interested groups, states and churches alike, to a conference in order to work out a common solution to the problem of the refugees. The question of the refugees is decisive for Israel, yet so far as I can see, there is no Israel-Arab policy at all. Thus a situation has developed that is incomparably more difficult than any earlier one. We, the small minority of the spirit, have tried to point to the single truth, that no peace is any longer possible between Jews and Arabs unless it takes the form of cooperation and federation. No small peace can be attained any longer; no weak, cheap peace that contains within itself the seeds of self-destruction. The Jewish-Arab situation today is the same as the situation in the rest of the world in this most critical hour in the history of mankind. The greatest obstacle in this terrible situation is the fact that people are not communicating with one another, that anything one nation says to another is received with universal distrust. Nobody really talks to another. So-called political speeches on the world situation are sheer propaganda. There is no hope for this hour as long as we do not find a way really to talk to one another about common interests, the common hope, the common will, and then return to the world of politics and say the truth in common.
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Der Weg Israels (Zur Klaerung 1) In einer Rede, die ich Ende Mai in New-York gehalten habe, ist von mir ein mir besonders wichtiger Gegenstand nicht mit der erwünschten Klarheit und Genauigkeit dargelegt worden. Ich fühle mich daher verpflichtet, seine Klärung öffentlich nachzuholen. Als ich vor 60 Jahren in die zionistische Bewegung eintrat, sah ich mich schon sehr bald genötigt, in dem Streit zwischen der »politischen« und der »praktischen« Richtung Stellung zu nehmen. Ich entschied mich ohne Zögern für die letztere und bin ihr treu geblieben, so mannigfaltige Formen sie im Lauf der Zeit auch angenommen hat. Man wird in meinen Schriften von 1901 an und in spezifisch verstärktem Ausdruck von 1917 an die programmatische und konkrete Aeusserung davon finden. Man pflegt die Frage, um die es ging, nicht ernst und tief genug zu verstehen. Es handelte sich im Grunde nicht darum, welche Tätigkeit vordringlicher sei, die Erlangung politischer Zugeständnisse oder die faktische Siedlungsarbeit. Unsere, der »Praktischen«, Tendenz, erst eine Wirklichkeit zu schaffen und dann Rechte für sie anzustreben, entstammte nicht taktischen Erwägungen. Sie entstammte der Einsicht, dass das ungeheure Doppelwerk der vollkommenen Wiedergeburt des jüdischen Volkes und seiner Eingliederung in die vorderasiatische Welt nicht durch eine plötzliche, unzureichend vorbereitete Massensiedlung, sondern nur durch die bereitende Tätigkeit von Generationen im Lande zu schaffen ist. Wir erstrebten keineswegs, wie vordem die Choveve Zion, ein kleines Zentrum, wir wollten ein grosses produktives jüdisches Gemeinwesen gründen; aber als den Weg dahin erkannten wir ein mehrere Generationen langes Pioniertum der Arbeit und des Friedens, das mehrere Generationen lange Walten eines selektiven, organischen Entwicklungsprinzips. Das bedeutet erstens, dass eine Arbeitselite von Menschen, die ihre Zukunft und die ihrer Kinder in dem Aufbau eben dieses Landes sehen, in so vielen Generationen diesen verwirklichen sollte, bis der tragfähige Kern eines jüdischen Gemeinwesens im Sinne der vollkommenen Wiedergeburt geschaffen wäre; eines Gemeinwesens, das auf eine autonome Verfassung Anspruch hätte und sie demgemäss von der Welt verlangen könnte. Und zweitens bedeutet jenes Entwicklungsprinzip, dass in kooperativem Zusammenleben mit den Nachbarn, in helfender Teilnahme an ihrem Wirtschaftsleben ein Verhältnis der Solidarität 1.
Dieser Aufsatz erschien zuerst in englischer Sprache in »Congress Weekly«.
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ermöglicht werden sollte, aus dem sodann ein umfassendes Zusammenwirken beider Völker hervorginge. Diese zweite Bedeutung des selektiven organischen Prinzips muss hier, wegen ihrer Wichtigkeit für unseren Gegenstand, etwas genauer erläutert werden. Manche von uns hatten früh erkannt, dass ein neuer, aufstrebender Faktor im Völkerbestand des Nahen Ostens sich nicht als Enklave der westlichen Welt etablieren und behaupten kann, dass es also eines echten, nicht bloß taktischen Einvernehmens mit den umgebenden Völkerschaften bedarf. Es konnte keineswegs genügen, das Vertrauen der Araber in der Absicht zu erwerben, dass sie später unserem Autonomiebegehren nicht entgegenstehen sollten; nicht scheinbare, sondern wirkliche, objektiv fundierte, umfassende Solidarität war gemeint. Nur sie konnte den von aussen kommenden Erschütterungen standhalten, auf die man gefasst sein musste. Dazu kam, dass einige von uns vor mehr als 40 Jahren die beginnende Weltkrise erkannten, in der der Nahe Osten immer mehr als ein wesentliches Element sich auswirken musste: entweder als ein Element grosser Konstruktion oder als eins grossen Zerfalls. Gingen wir wahrhaft in die Lebenssphäre des Nahen Ostens ein, so konnten wir einen starken Anteil an der Entscheidung dieser Alternative gewinnen. Die politische Seite dieses Postulats ist von uns da zum Ausdruck gebracht worden, wo darüber zu sprechen war, von mir insbesondere 1921 in dem politischen Ausschuss des Zionistenkongresses, wo ich der von mir betonten Möglichkeit einer Föderierung der arabischen Staaten den Gedanken einer vorderasiatischen Föderation entgegenstellte, an der wir teilzunehmen hätten. Aber die unerlässliche Voraussetzung einer politischen Aktivität in dieser Richtung war eben die Erzeugung eines gemeinsamen Bewusstseins der Solidarität. In dem Zeitalter der beginnenden Weltkrise hat die Chaluziuth einen erheblichen Teil des ersten Postulats, der Schaffung des Kerns eines Gemeinwesens, verwirklicht, ohne sie bereits zur Vollendung bringen zu können. Dagegen ist das zweite Postulat, das der Erweckung eines jüdisch-arabischen Solidaritätsbewusstseins, nur fragmentarisch, in sporadischen, lokal begrenzten Unternehmungen guter Nachbarschaft realisiert worden; weder eine organisierte Arbeit daran, noch auch nur ein praktisches Programm umfassender Kooperation ist entstanden. In diesem Stande befand sich unser Siedlungswerk, als sein Prinzip, das Prinzip der selektiven, organischen Entwicklung, von den Folgen des grauenhaftesten Ereignisses der modernen Geschichte, der Ausrottung von Millionen Juden durch Adolf Hitler, überrannt wurde. Die gepeinigten, gehetzten Massen drängten nach Palästina, nicht wie die Chaluzim als in das Land der jüdischen Wiedergeburt, für dessen Aufbau
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kein Opfer zu gross war, sondern – wiewohl die Tradition der messianischen Verheissung in ihnen fortlebte – als in ein Land der Rettung und der Sicherheit. Wer hätte es über sich gebracht, diesem Ansturm der Heimlosen gegenüber die Fortsetzung der selektiven Methode zu vertreten! Die Massen kamen, und mit ihnen kam die Notwendigkeit politischer Sicherung. Sie kam zu einer Zeit, da das erste Postulat noch keine zureichende Erfüllung gefunden hatte und das zweite nicht über einzelne Versuche hinausgelangt war. Der erste Mangel hat mannigfaltige Schwierigkeiten erzeugt, aber die Wirkungen des zweiten Mangels waren verhängnisvoll. Da eine jüdisch-arabische Solidarität weder in der Form von Tatsachen noch auch nur in der eines verkündeten Programms der Kooperation eingeleitet war, empfanden führende Araber die Masseneinwanderung als eine Bedrohung und die zionistische Bewegung als einen »Mietling des Imperialismus«, beides zu Unrecht, beides ohne von uns praktisch darin gestört zu werden. Unser geschichtlicher Wiedereinzug in unser Land ist durch ein falsches Tor erfolgt. Aber jene Weltstunde, in der das Niederträchtige vor aller Augen das Mächtige geworden war und alles ihm Verhasste straflos vertilgen zu können schien, hat auch einen unheilvollen inneren Einfluss ausgeübt. Die schädlichste aller Irrlehren, wonach der Weg der Geschichte von der Macht allein bestimmt werde, schlich sich überall in das Denken der Völker und ihrer Regierungen ein, wobei der Glaube an den Geist als unverbindliche Phraseologie beibehalten werden konnte. Was wir heute erleben, die allem Gebot des Geistes widerstrebende allgemeine Akkumulation von Macht der Vernichtung, ist nur durch diese innere Zersetzung möglich geworden, wiewohl seither etliche wieder umgelernt haben. In einem Teil des jüdischen Volkes, das durch jenen Sieg des Untermenschlichen über das Menschliche am grausamsten betroffen worden war, hat die Irrlehre auch dann noch fortgewirkt, als der Untermensch gestürzt war. Und hier, im Judentum, bedeutet sie in einer ganz besonderen Weise die grosse Untreue. Durch den Geist war dieses Volk, dem unseligsten Schicksal zum Trotz, ungebrochen durch die Zeiten erhalten worden. Mit den Mitteln des Geistes allein hatte die Zionsbewegung ihre Position in Palästina geschaffen und auch schon die ersten Rechtstitel politischer Art für sie errungen. Nur wenn sie den Geist als Führer bewahrte, konnte sie hoffen, Grösseres hervorzubringen als einen Staat mehr unter den Staaten der Welt. Wer hier dem Geist untreu wurde, wurde auch einer grossen Aufgabe untreu. Wie tief in einen Teil des Volkes das Uebel eingedrungen war, haben wir erst erkannt, als die Tatsache nicht mehr zu übersehen war. Inzwischen war, im Gegensatz zu den Vorschlägen eines binationalen Staates oder
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eines jüdischen Anteils an einer vorderasiatischen Föderation, die unglückliche Teilung Palästinas erfolgt, die Kluft zwischen den beiden Völkern war weit aufgerissen worden, der Kampf tobte. 2 Alles ging in einer furchtbaren Folgerichtigkeit und zugleich in einer furchtbaren Sinnlosigkeit vor sich. Es ist aber eines Tages geschehen, dass, ausserhalb aller geordneten Kriegführung, eine Schaar bewaffneter Juden ein arabisches Dorf überfiel und vernichtete. Oft hatten in früheren Zeiten arabische Horden Untaten dieser Art verübt, und meine Seele hatte mit den Opfern geblutet; hier aber ging es um unser eigenes, um mein eigenes Verbrechen, um das Verbrechen des Juden am Geist. Ich kann auch heute noch nicht daran denken, ohne mich schuldig zu fühlen. Zu schwach ist unser kämpferischer Glaube an den Geist gewesen, um die Ausbreitung und den Ausbruch der dämonischen Irrlehre zu verhindern. All dies geht die Vergangenheit an, eine nie zu vergessende Vergangenheit. Aber ich muss noch einige Worte über etwas gegenwärtig Gebliebenes, etwas höchst aktuell Gebliebenes sagen, damit deutlicher werde, wo ich nicht stehe und wo ich stehe. Ich habe die aus dem Krieg hervorgegangene Form des neuen jüdischen Gemeinwesens, den Staat Jisrael, als den meinen akzeptiert. Ich habe nichts mit jenen Juden gemein, die ihn, die faktische Gestalt der jüdischen Selbständigkeit, bestreiten zu dürfen meinen. Das Gebot, dem Geist zu dienen, ist jetzt von uns in diesem Staat, von ihm aus zu erfüllen. Wer aber dem Geist wahrhaft dienen will, muss all das einst Verfehlte wiedergutzumachen suchen; er muss daran arbeiten, die verschüttete Bahn für ein Einvernehmen mit dem arabischen Volke von neuem freizumachen. Heute erscheint es vielen absurd, jetzt noch – zumal in der gegenwärtigen innerarabischen Situation – an eine jüdische Teilnahme an einer Föderation zu denken; morgen, mit einer Aenderung gewisser von uns unabhängiger weltpolitischer Momente, kann diese Möglichkeit in eine höchst positive Beleuchtung rücken. Es gilt, soweit es von uns abhängt, den Boden dafür vorzubereiten. Es kann heute keinen Frieden zwischen Juden und Arabern geben, der nur ein Aufhören des Krieges wäre; es kann nur noch einen Frieden der echten Zusammenarbeit geben. Unter so vielfach erschwerten Umständen ist es noch heute und mehr als je das Gebot des Geistes, die Zusammenarbeit der Völker anzubahnen. 2.
Ich muss hier eine persönliche Bemerkung einfügen, weil ich in diesem Punkte zwar für viele meiner engeren Gesinnungsfreunde, aber nicht für alle sprechen kann. Ich bin kein radikaler Pazifist, ich glaube nicht daran, dass man überall auf Gewalt mit Gewaltlosigkeit zu antworten habe, ich kenne die Tragödie von Angesicht: wenn Kampf ist, muss gekämpft werden.
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Manifest des »Ichud« [Zum Flüchtlingsproblem] 1. Die »Ichud«-Gesellschaft drückt ihr tiefstes Bedauern über die Bekanntmachung des Ministerpräsidenten von Israel vom 11. 10. 61 aus, in welcher er den »hinterhältigen Vorschlag zur freien Wahl der Flüchtlinge« zwischen Rückkehr nach Israel oder Entschädigungen und Eingliederung anderenorts nachdrücklich ablehnt. 2. Der Standpunkt des Ministerpräsidenten steht nicht nur im Widerspruch zu wiederholten Entschlüssen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, sondern auch im Gegensatz zu allen Grundsätzen, die aus humanitären Gründen in der zivilisierten Welt angenommen worden sind und im Gegensatz zur Erklärung der Menschenrechte, auf Grund deren Massen von Flüchtlingen, unter ihnen eine große Anzahl von Juden, an ihre vorherigen Wohnorte zurückgekehrt sind. 3. Die »Ichud«-Gesellschaft lässt die vielen Schwierigkeiten und schweren Probleme, besonders die Sicherheitsprobleme, die mit der Lösung des Flüchtlingsproblems verknüpft sind, nicht außer Acht. Doch glauben wir, dass, wenn bei gutem Willen auf allen Seiten Hunderttausende von Flüchtlingen einem produktiven Leben, dem Leben friedliebender Bürger, in den arabischen Staaten und auch in Israel zugeführt werden, sich auch Mittel und Wege zur friedlichen Lösung dieser Probleme werden finden lassen. 4. Die Lösung des arabischen Flüchtlingsproblems ist nur in voller Zusammenarbeit aller beteiligten Seiten möglich: Israel, die arabischen Staaten, die Flüchtlinge und die UNO. Der Anfang wäre die Errichtung gemeinsamer Fachausschüsse. Diese sollen gemeinsam den Plan und die Art und Weise der Eingliederung der Flüchtlinge mit »konstruktiver Einstellung und im Geiste der Gerechtigkeit und des Realismus« (Hammarskjöld) beraten, wobei die wirtschaftlichen, demographischen, menschlichen und besonders die Sicherheitsbedingungen, die mit dem Unternehmen verbunden sind, berücksichtigt werden müssen. Insbesondere fiele ihnen die Aufgabe zu, dafür zu sorgen, dass die Wahl der Flüchtlinge wirklich frei wäre, auf Grund objektiver Kenntnis der Bedingungen in Israel und in den arabischen Staaten. Deswegen wendet sich die »Ichud«-Gesellschaft a) sowohl an den Staat Israel wie auch an die arabischen Staaten mit dem Aufruf, ihre gegenwärtigen Standpunkte zu ändern, die in immer wiederholten Verlautbarungen ihren Ausdruck gefunden haben; sie sollen sich einverstanden erklären, das Flüchtlingsproblem auf dem Wege der Zusammenarbeit und in gegenseitigem Verständnis zu lösen.
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b) an alle Nationen der Welt mit dem Aufruf, die beteiligten Seiten mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen, damit es zu einer anerkannten Lösung der arabischen Flüchtlingsprobleme als ersten Schritt zu einem wahrhaften Frieden im Nahen Osten kommt. 5
Jerusalem. 15. 10. 1961 Im Namen der »Ichud«-Gesellschaft Prof. M. M. Buber
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Die Rechte der arabischen Bevölkerung In einem Interview mit der französischen Zeitung »Le Figaro« äußerte sich Ministerpräsident David Ben Gurion auch zu den Arabern in Israel. Der Ministerpräsident erklärte, Araber in Israel erfreuten sich »besserer wirtschaftlicher, sozialer und Bildungsverhältnisse als in jedem arabischen Land, und trotzdem hegen sie Groll oder Haß gegen Israel«. Herr Ben Gurion hat offenbar vergessen, was wir aus Geschichte und Ideologie der zionistischen Bewegung gelernt haben, nämlich selbst zugunsten ausgezeichneter wirtschaftlicher, sozialer und Bildungsverhältnisse weder individuell noch national auf ein Leben der Gleichberechtigung und Würde zu verzichten. Bei der Errichtung des Staates Israel wurde der arabischen Bevölkerung volle Gleichberechtigung ohne jegliche Diskriminierung zugesichert. In den vergangenen dreizehn Jahren hat die Regierung jedoch Gelegenheiten verpaßt und Dinge getan, die bei der arabischen Bevölkerung den Eindruck erwecken mußten, sie seien Bürger zweiter Klasse. Daher fordert der »Ichud« die Regierung auf, alles zu tun, um das den arabischen Mitbürgern gegebene Versprechen einzulösen, sämtliche im Staat bestehenden Einschränkungen ihrer Rechte aufzuheben, darunter in erster Linie die Militärverwaltung.
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Echte Gleichberechtigung für die Minderheit! (Eine Rede Prof. M. Bubers, die an eine Versammlung junger Menschen gegen die Militärverwaltung in Tel-Aviv versandt wurde.) 5
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Vor einigen Tagen hat der Ministerpräsident auf einer Pressekonferenz gesagt, dass es unmöglich sei, von Menschen zu verlangen, Engel zu sein, und dass die Araber Engel sein müssten, um nicht vom arabischen Radio mit seiner Hetze gegen Israel und seiner Propaganda beeinflusst zu werden. Dies gab der Ministerpräsident als Grund an, die Militärverwaltung, wenn auch mit gewissen Einschränkungen, beizubehalten. Meiner Meinung nach ist dieser Gedankengang falsch und irreführend, vor allem wenn von einer nationalen Minderheit in unserem Lande die Rede ist. Wenn eine nationale Minderheit täglich hört, dass das beherrschende Volk sie hasst, ist es das Gebot der politischen Weisheit, diese Propaganda mit Tatsachen zu widerlegen. Hier, wie überall und immer, wenn wir auf lange Sicht hin handeln müssen, hat nicht die politische Taktik, sondern die politische Strategie das Wort. Die Taktik sagt, dass, wenn es einen Grund für dieses Misstrauen gibt, wir alles tun müssen, was das Misstrauen von uns erfordert. Der Ausgangspunkt der politischen Strategie ist in einem solchen Falle jedoch, dass das aktive, ungezügelte Misstrauen den Grund des Misstrauens verstärken kann und sogar neue Gründe schaffen kann. Blindes Vertrauen schadet zwar den einzelnen und auch den Nationen, aber kritisches Vertrauen, das Vertrauen in die Möglichkeit, den Mitmenschen durch mein positives und konstruktives Verhalten zu beeinflussen, erweist sich mehr und mehr als richtig, obwohl wir dies nicht gleich sehen und die Folgen nicht sofort für alle sichtbar werden. Wenn wir diese Erkenntnis auf das Gebiet unserer Beziehung zur arabischen Minderheit übertragen, heißt dies, dass wir dieser Minderheit eine echte Gleichberechtigung geben müssen, in einem Maße, das uns unsere Sicherheitslage erlaubt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Hauptsache ist, in der Stunde genauestens zu prüfen, was jetzt das konstruktive und positive Maximum ist, und es auch von Mal zu Mal zu verwirklichen. Meiner Meinung nach haben wir nicht so gehandelt. Es scheint mir, dass in der Außenpolitik des Ministerpräsidenten die Strategie weniger wichtig ist als seine erstaunliche Taktik. Dies hängt offensichtlich mit dem Pessimismus zusammen, von dem er letzthin an
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einem Offizierstreffen gesprochen hat. Er sagte ihnen, und zwar nicht im Tone einer Vermutung, sondern als Voraussage, dass Israel eine schwere militärische und politische Auseinandersetzung bevorstehe. Politische? – gut – aber auch militärische? Wer jetzt daran glaubt, dass der Krieg eine unabänderliche Tatsache ist, trägt willentlich oder unwillentlich, bewusst oder unbewusst zum Kommen des Krieges bei. Hier muss ich daran erinnern, dass nach dem Ministerpräsidenten die Schlacht sich auf zwei Ebenen abspielen wird: die kleine Ebene des Nahen Ostens und die große der ganzen Welt. Wer sich weigert, daran zu glauben, dass es unmöglich sei, den Krieg zu verhindern, einen Krieg, mit den technologischen Bedingungen unserer Zeit, die Zerstörung und allumfassende Vernichtung bringen, der trägt mit seinen Teil zur Sache des Friedens bei.
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[Briefwechsel zwischen Buber und Ministerpräsident Levi Eschkol] [Martin Buber an Ministerpräsident Levi Eschkol]
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Jerusalem, 26. 10. 1964 Teurer Herr Eschkol! Ich möchte Ihnen persönlich den Beschluß mitteilen, der gestern auf einer Vorstandssitzung des Ichud in meinem Hause gefaßt wurde. Wir haben einstimmig beschlossen, unsere Ansicht über die Verschlechterung der jüdisch-arabischen Beziehungen im Lande auf Grund der Bodenenteignung bei Karmi’el zu veröffentlichen. Wir begrüßen zusammen mit dem ganzen Jischuw den Plan zur Entwicklung von Galiläa, betonen aber die lebenswichtige Notwendigkeit, diesen Plan zum Wohle der Juden wie der Araber durchzuführen. Dazu ist es erforderlich, einen umfassenden Plan vorzulegen, der von vornherein die Bedürfnisse beider Gruppen von Bürgern berücksichtigt. Wenn das die Richtlinie ist, so wird weder im Inland noch im Ausland der Eindruck erweckt, daß arabische Bauern von dem Boden ihrer Väter vertrieben werden, anstatt sie in einen gemeinsamen Entwicklungsplan einzubeziehen. Erlauben Sie mir, ein persönliches Wort hinzuzufügen. Seit Sie das Amt des Ministerpräsidenten übernommen haben, ist eine deutliche Änderung im Ton und in einem gewissen Maß auch in der Linie der Politik auf wichtigen Gebieten zu spüren, einschließlich der Haltung zu den arabischen Bürgern Israels. All das ist nur zum Besten. Ich habe die Hoffnung, daß Sie die Kraft haben, diesen Weg in einer Stunde fortzusetzen, die vielleicht schicksalhaft sein wird. [Levi Eschkol an Martin Buber]
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Jerusalem, 4. 11. 1964 Teurer Professor Buber! Ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 26. 10. und für die Form, in der Sie Ihre Kritik äußerten. Ich hoffe, daß Sie auch in Zukunft nicht zögern werden, mir Ihre Einwände und Stellungnahmen zu schicken, wenn Sie es für nötig oder nützlich halten. Der Beschluß des Vorstandes des Ichud steht in Einklang mit dem, was ich in der Knesset (und bei anderen Gelegenheiten) über die Entwick-
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lung Galiläas sagte. Meines Erachtens wird dieses Werk allen seinen Bewohnern, den alten wie den neuen, Segen bringen. Sie haben gewiß meinen Worten bei der Einweihungsfeier von Karmi’el am letzten Donnerstag Beachtung geschenkt, und Sie konnten sich davon überzeugen, daß zwischen uns keine Meinungsverschiedenheiten über die Ziele der Entwicklung bestehen. Aber es geht nichts über das Sehen mit eigenen Augen – und an Ort und Stelle ist mir immer wieder klar geworden, daß die von mir proklamierte Entwicklungspolitik sich in der Praxis verwirklicht. Tatsache ist, daß Karmi’el, unsere jüngste Entwicklungsstadt, den arabischen Bewohnern der Gegend schon Segen gebracht hat. Zeugen dafür sind Dutzende von Arbeitern aus den Nachbardörfern, die schon heute dort beschäftigt sind und nicht mehr zu weiten Pendelfahrten gezwungen sind; die Wasserleitung, die den Nachbardörfern Wasser zum Trinken und zum Bewässern bringt; die Elektrizitätsleitung, die bis zu den Dörfern geführt ist. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß 90 % des Bodens, der von den Planern für die Errichtung der Stadt bestimmt ist, Stein- und Felsboden ist, der für landwirtschaftliche Nutzung nicht in Frage kommt. Nur 500 von 5000 Dunam sind als landwirtschaftliche Nutzfläche eingestuft. Es ist schade, daß Sie keine Gelegenheit haben, solche Gebiete vor und nach ihrer Erschließung und Bebauung zu sehen. Ich, der ich viele Jahre in der Landwirtschaft tätig war, bedaure vielleicht mehr als viele andere den Verlust von vielen Dunam guten landwirtschaftlichen Bodens – sei es Besitz der Regierung, des Nationalfonds oder von jüdischen Privatleuten – die im Zuge der Entwicklung der letzten fünfzehn Jahre in der Umgebung unserer Großstädte »aufgefressen« wurden. Zur Zeit sehe ich auch keine Möglichkeit, das zu verhindern, auch wenn man ständig versuchen muß, den Schaden möglichst gering zu halten. Den Besitzern der Ländereien ist Entschädigung, wenn irgend möglich, durch entsprechenden Grund und Boden oder aber in Geld zugesichert. Die Leute, die den Plan in Karmi’el durchführen, sorgen auch dafür, daß auf dem Verhandlungswege entsprechende und anständige Entschädigungen für den enteigneten Boden festgesetzt werden. Es ist gut möglich, daß wir schneller hätten Fortschritte machen können, wenn da nicht die organisierte Aufwieglung wäre, die zusammen von feindseligen Elementen und einzelnen Wirrköpfen gegen jedes Siedlungs- und Entwicklungsprojekt in Galiläa betrieben wird. Der »luddistische« Widerstand gegen die Entwicklungspläne erinnert mich an jüdische Fuhrleute in den Städtchen im Ansiedlungsrayon, die
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sagten, daß nur über ihre Leiche die Eisenbahn ins Städtchen führe, und die sich mit der Peitsche in der Hand auf den Boden legten, um den Bau aufzuhalten. Die Eisenbahn wurde trotzdem gebaut, und sie gewöhnten sich zu ihrem eigenen Wohl an das neue Zeitalter. So wird es gewiß auch bei uns gehen. Ich wundere mich nur darüber, daß Menschen, deren Denkweise weit davon entfernt ist, primitiv zu sein, es für richtig halten, sich mit diesem Aufstand gegen den Fortschritt zu identifizieren. Über Ihre persönlichen Grüße habe ich mich gefreut, und ich danke Ihnen dafür.
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The Time to Try At this hour I can only make a few preliminary remarks on the problems raised by the gratifying article of the Jeune Afrique. 1. Undoubtedly the fate of the Near East depends on the question whether Israel and the Arab peoples will reach a mutual understanding before it is too late. We do not know how much time is given us to try. The call to strive for such an agreement, – the first call coming now to us for the first time from an Arab land, may get a historical significance if it will awaken an echo in the Arab nation. 2. lt is equally certain to me that an understanding between the Arab peoples and Israel must mean a federative union or rather a confederative one, – the latter denomination meaning a considerably larger national autonomy for every part (such a union has already been proclaimed by some friends of mine and myself some time before the State of Israel came into being). We may compare the present situation of our peoples to the world situation of today; the decay of mankind will be inevitable if the cold war will be replaced only by a non-war; what should come in its place must be not less than a true cooperation in dealing with the great common problems of humanity. In October 1960 I received a questionaire from the Novosti Press Agency in Moscow. The subject was: What will the world be like in 20 years? In my answer I wrote: »Everything depends on what the word peace means here, mere cessation of the war or true co-existence.« 3. lt is indeed indispensable to clarify first of all what is the meaning of the federative union we have to strive for. The author of the article in Jeune Afrique means by it a relation as between Texas and California. But the premises here and there are essentially different. In all parts of the U.S.A. there is the same population, an equally mixed one; in the Near East two different nations – related but different – are living. The situation here may rather be compared to that of Switzerland. The basis on which a federative union can be established is by necessity, so that for each of the two partners the full national autonomy is preserved; neither this nor that is allowed to injure in any point the national existence of the other. (Therefore the Jews must not criticize the national movement of the Arabs nor should the Arabs criticize that of the Jews. It is, by the way, to be regretted that the author of the article himself speaks in such a kind of Zionism). 4. In order that so immense a work, an unprecedented work in fact,
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may succeed, it is indeed necessary that spiritual representatives of the two peoples enter into a true dialogue with one another, a dialogue based on mutual sincerity and mutual recognition alike. Only such a dialogue can lead to a purification of the atmosphere, and without such a precedent purification the first steps on the new way are bound to fail. Those spiritual representatives must be men independent in the full sense of this word; they must be men whom no consideration of any kind hinders to serve unreservedly the right cause. If now and here a dialogue between such persons will come about, its significance will spread far beyond the territory of the Near East; it may show whether in the late hour of history the spirit of man can influence his fate.
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Es wäre wohl gut, wenn hier auch jemand zur Frage des Programms spräche, der nicht, wie unsere Freunde aus Eretz-Israel, mitten in der Verwirklichung der Idee steckt, und auch nicht, wie die Ze’ire Zion, in Verbindung mit den Massen steht. Die Menschen Eretz-Israels sind von allem, was in der Welt vor sich geht, abgeschnitten; sie leben in Abgeschiedenheit. Grosse Dinge geschehen dort unter der Scholle, darunter auch das Thema des Lebens der Menschen Eretz-Israels, doch wissen sie selbst nicht darum und müssen auch nicht darum wissen; darin liegt ihre Stärke, doch zugleich auch ihre Schwäche. Der Nachteil der jungen Zionisten besteht darin, dass sie sich, da sie mit den Massen in Kontakt stehen, nicht ausreichend vor der marxistischen Begriffswelt schützen können. Wir dagegen haben ein gewisses Maß an Freiheit. Unser Vorteil liegt also in dem begründet, was uns zum Nachteil gereicht und unsere Not ausmacht – in unserer Einsamkeit. Wir stehen auf einem einsamen Turm, von dem aus wir in zwei Richtungen zugleich in die Ferne blicken. Und was so in unserer Einsamkeit schmerzvoll geschah, ist nicht Theorie; dies ist die Gestalt der Zukunft des Volkes, die Gestalt seiner Zukunftswirklichkeit. Um ein Volk wirklich aufzurütteln und in seinen Tiefen zu erschüttern, muss ihm seine Gestalt im Spiegel vorgehalten werden: so wird es mit dir geschehen. Wir sind Nationalisten und Sozialisten. Was bedeutet das? Es gibt unterschiedliche Anschauungen, die eine Synthese von Nationalismus und Sozialismus bilden, dies aber nur dem Anschein nach tun. In einer Art dieser scheinbaren Synthesen erscheint der Nationalismus als entscheidender Faktor. Die Position der Anhänger dieser Synthese lautet: wir beginnen unser Handeln damit, unser Volk nach Eretz-Israel zu bringen, und fördern dort die Entwicklung des Volkes zum Sozialismus. Doch ist diese Position von Grund auf falsch. Sie geht von der irrigen Annahme aus, dass es in diesen großen, übergroßen Dingen möglich sei, das eine vor dem anderen zu tun. Das Gewollte ist nicht in zwei Teile zu zerreißen; man kann nicht viele verschiedene Dinge wollen, sondern muss eine Sache als Einheit anstreben. Man muss die Kräfte des Volkes anhand einer tiefgründigen Gestalt wecken und tätig werden lassen. Dies allerdings ist nur möglich, wenn diese Gestalt allen Sehnsüchten des Volkes, auch den ihrer Bedeutung nach sozialen Sehnsüchten, Rechnung trägt. Der zweiten scheinbaren Synthese zufolge ist Eretz-Israel als Herberge 1.
Eine von Martin Buber zur Frage des Programms in Prag gehaltene Rede.
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zu betrachten, in der der Sozialismus verwirklicht, der Klassenkampf innerhalb des Volkes ausgefochten werden wird, usw. usw. Dem halten wir entgegen: Wenn wir Eretz-Israel nicht um seiner selbst willen wollen, wird es uns niemals zuteil werden. Diese Theorie geht von der Annahme aus, dass es in der Welt einen abstrakten Sozialismus gibt, den die Menschen verwirklichen. In der Tat gibt es in allen Völkern tiefe soziale Sehnsüchte und jedes Volk hat seinen eigenen nationalen Sozialismus. Wir wollen nicht einerseits die Erlösung Israels und andererseits eine perfekte gesellschaftliche Ordnung, sondern wir wollen das Volk zu einer wahren Gemeinschaft machen, d. h. zu einem organischen Verbund von Menschen, die zusammen auf gemeinsamem Boden leben und sich gegenseitig im Leben behilflich sind; Gemeinschaft, im Gegensatz zu Gesellschaft, ist nur in einem Volk zu verwirklichen. Nur gemeinsame Sprache und gemeinsame geschichtliche Erinnerungen können sie hervorbringen. Entwicklungstendenzen haben allein e i n Maß, an dem sich ihre Kraft messen lässt: das Werk. Nur aufgrund unseres Werks ist es möglich zu zeigen, dass Israel über die Kräfte verfügt, die es nach Eretz Israel bringen werden. Keinerlei wirtschaftliche Entwicklungstendenz verpflichtet zur Rückkehr nach Zion. Wir können auch nicht sagen, ob es eine Tendenz gibt, die uns in Eretz Israel zukünftig notwendigerweise zum Sozialismus führen wird. Die Macht dieser Tendenzen ist in unseren Händen; sie hängt vom Maß unseres Willens ab. Erst wenn die ganze Kraft unseres entschiedenen Willens sichtbar wird, wird sich klären, ob die Kraft zur Entwicklung des echten gemeinschaftlichen Lebens im Judentum grösser sein wird als die Kraft aller ihr entgegenstehenden Hindernisse und Widerstände. Mir scheint, es besteht das Bedürfnis, die Bedeutung der Begriffe »Gemeinschaft« und »Gesellschaft« zu klären. Diese scheinen mir das bedeutendste soziologische Charakteristikum zu sein. D o r t , w o Menschen in unmittelbaren Beziehungen miteinander s t e h e n , d o r t i s t G e m e i n s c h a f t : Menschenverbindungen, Freundschaft, Gemeinde. Solange zwischen Menschen unmittelbare Beziehungen bestehen, besteht Gemeinschaft. Es wurde gesagt, Gemeinschaft sei ihrem Wesen nach eine in ihrem Umfang kleine Einheit. Dem jedoch ist nicht so: so wie Menschen in direkten Beziehungen zueinander stehen und sich aufgrund dieser zu einer Gemeinschaft zusammenschließen können, können doch Gemeinschaften genauso gut in direkte Beziehungen zueinander treten. In diesem Punkt muss man über Tönnies, den Vater der Unterscheidung zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft, hinausgehen und seine Theorie erweitern. Das Wesen gemeinschaftlichen Schaffens ist ein Leben der Menschen in echtem
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Miteinander; die Bedeutung von Gesellschaft dagegen ist – eine Ansammlung von Menschen, die unter irgendeinem Aspekt vereinigt nebeneinanderher leben und durch irgendeine Zielsetzung, nicht aber aufgrund gemeinsamen Lebens, miteinander verbunden sind. Gesellschaft ist geordnetes Getrenntsein. Eine große Vereinigung von Menschen kann nur dann »Gemeinschaft« genannt werden, wenn sie sich aus kraftvollen Zellen zusammensetzt, die miteinander in direkten, zwischen den Gliedern der Gemeinschaft selbst bestehenden Beziehungen stehen. Auf diese Weise entstehen Vereinigungen von höchstem Niveau. Zweifelsohne gibt es eine gewaltige Tendenz zu ständiger und wiederholter Perfektionierung der Gesellschaft, zur Mechanisierung. Im herrschenden Sozialismus sehe ich die stärkste Tendenz dieser Art. Dieser moderne Sozialismus nimmt die Risse im gegenwärtigen Leben wahr und sucht, sie zu überwinden, indem er dem Mechanismus des Staates unbegrenzte Macht verleiht. Dieser Sozialismus trägt in sich zwar die Möglichkeit, den Zerfall des Lebens der Gesellschaft in Atome zu überwinden, doch zugleich auch die Möglichkeit, all das völlig zu zerstören, was noch an Gemeinschaftlichkeit in ihr vorhanden ist. Im Herrschaftsbereich solch eines mächtigen Staates wird vielleicht gesetzliche Gerechtigkeit herrschen, doch die aus dem Herzen kommende, innere Gerechtigkeit wird in ihm nicht bestehen können. Hier wird uns eine Sache vor Augen geführt, die in keine wissenschaftliche Formel zu fassen ist: wir bemerken, dass die Tendenz zur Entwicklung von Gemeinschaft noch nicht erloschen ist, dass Spuren des Gemeinschaftslebens, wenngleich nicht in der primitiven Form der Urgemeinschaft, noch zu neuem Leben zu erwecken sind. Das echte zwischenmenschliche Leben kommt in der Abstraktion des Staates nicht zum Vorschein, sondern an dem Ort, an dem Menschen miteinander leben: in der dörflichen und der städtischen Gemeinde, im Arbeitsverband, im Freundschaftsbund, in der religiösen Gemeinde. Gegenwärtig hat der Staat der Gemeinde das Blut aus den Adern gesogen. Echte Erneuerung der Menschen kann allein aus der Wiederbelebung der Gemeinde erwachsen. Wer heutzutage in die Seele der Geschöpfe schaut, wird erkennen, dass da eine Neigung zum Gemeinschaftsleben vorhanden ist. Diese Neigung ist nicht romantischer Natur; als ginge es um eine Rückkehr zur Ursprünglichkeit, vielmehr müssen wir danach streben, eine neue Gesellschaft, etwas Unmittelbares, eine direkte Beziehung zwischen Menschen, zur Natur, zum Lebendigen, zur Tätigkeit des Menschen zu erlangen. Im reinen Ich gibt es kein schöpferisches Leben; alle Schöpfung braucht notwendigerweise das »Du«. Darin aber besteht die Krankheit dieser Generation, dass die direkten Verbindungen durch den Staat, die Wirtschaft, die
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Kirche, die Schule, die Politik, die konventionelle Höflichkeit an den Rand gedrängt werden, bis kein Mensch in seinem Nächsten mehr den Menschen, sondern nur noch den Angehörigen einer gewissen Partei sieht. Diese Krankheit ist vor allem unter uns, den Juden, sehr stark verbreitet. Ausgerechnet von uns werden viele Dinge in Begriffen oder in Zahlen wahrgenommen. Diese Krankheit zeigt sich vor allem in Bezug auf das Problem der Arbeit immer deutlicher. Der Mensch hat heutzutage infolge der bis zur Spitze getriebenen Arbeitsteilung keinen Bezug zum Werk in seiner Ganzheit, sondern nur zu einem winzig kleinen Teil seines Werks. Dass der Mensch unserer Generation auf diese Weise der Maschine unterworfen ist, ist ein Missstand, auf den von allen Seiten hingewiesen wurde. Es wird argumentiert, man müsse dem Arbeiter mehr Freizeit zugestehen – und führt Methoden wie die Taylors ein. Doch greift die Mechanisierung damit nur noch mehr um sich und wird die Diskrepanz zwischen Arbeit und Vergnügen nur noch grösser. Wir zielen nicht darauf ab, die Maschine zu zerstören: vielmehr streben wir eine integrale Arbeitsform an, wie z. B. die von Kropotkin vorgeschlagene ö r t l i c h e u n d f u n k t i o n e l l e Ve r b i n d u n g d e r v e r s c h i e d e n e n W i r t s c h a f t s b e t r i e b e . Dies ist keine umfassende Lösung – es gibt im Leben keine umfassende Lösung –, doch kann der Arbeiter auf diese Weise den ganzen, mittels seiner Arbeit hervorgebrachten Arbeitsvorgang unmittelbar wahrnehmen. Er erfährt Erholung in der Arbeit selbst. Schon allein darin liegt viel davon, was zum Fundament einer Gemeinschaft gehört. Im Folgenden noch ein anderes, vielleicht noch wichtigeres Beispiel: Die G e s e l l s c h a f t setzt sich notwendigerweise aus Klassen zusammen. Wird eine Klasse abgeschafft, so führt dies nur zur Aufsplitterung in neue Klassen. Die Diktatur einer Klasse zieht die Differenzierung innerhalb derselben nach sich. Wer die bisherigen Dokumente aus dem sowjetischen Russland auch ohne böse Absicht liest, kann sich hiervon überzeugen. In einer mechanischen Gesellschaft ist die Klasse nur dem Anschein nach abzuschaffen. Die »K e v u t z a « ist der Kern eines synthetischen Freundesverbandes, in dem Produktion und Versorgung miteinander verbunden sind. Sie sollte sich zum selbstgenügsamen Freundesverband, zu einem möglichst a u t a r k e n Verbund entwickeln, so dass sie wachsen und in sich den gemeinschaftlichen Charakter möglichst stark ausbilden kann. Solch ein Verband geht nicht politisch vor; er begibt sich nicht auf außerhalb seines Handlungsbereichs liegendes Terrain, sondern hat aufgrund seines bloßen Seins erzieherische Wirkung. Dabei handelt es sich um einen langsamen Prozess, doch braucht jeder auf die Unendlichkeit ausgerichtete Prozess viel Zeit. Das Leben der Menschen, die in
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solch einer Gruppe leben, wird so stark auf die Diaspora einwirken, dass die Menschen dort ihres in mechanischer Beschäftigung verlaufenden Lebens überdrüssig sein werden. Während in der Mitte zentralistisch regierter Staaten eine große, aus allen Seiten Blut saugende Spinne sitzt, hat hier im Gegenteil dazu das Zentrum keine andere Aufgabe als die der technischen Führung. Gemeinde ist nicht machbar. Wir können uns eine Gemeinschaft nicht ausdenken, um sie dann auf irgendeine Weise im Leben zu realisieren. Gemeinschaft wird immer aus einer ihr vorausgehenden Gemeinschaft geboren. Es gibt, was die Gemeinschaft anbetrifft, keine jungfräuliche Geburt (Parthenogenese). Wir könnten in Eretz-Israel keine Gemeinschaft erschaffen, wäre ihr nicht eine Gemeinschaft in Israel vorausgegangen. Kein staatlicher Zentralismus der Nationen hat es geschafft, unser Gemeindeleben zu zerstören. Das zukünftige Eretz-Israel wird ein gemeinschaftlicher Verbund sein; ein Verbund, der sich aus Gemeinden zusammensetzt, die sich in dem, was das Wesen ihrer Ordnung ausmacht, überhaupt nicht ähnlich sein müssen. Es besteht keine Notwendigkeit, dass alle Gemeinden kommunistisch sein müssen. Wir haben im Vergleich zu anderen Völkern hinsichtlich unseres Zustandes einen großen Vorteil: wir beginnen am Anfang. Wir müssen nicht zuerst das Alte zerschlagen. Die Bolschewiken, zum Beispiel, mussten zusammen mit der G e s e l l s c h a f t auch althergebrachte Formen von G e m e i n s c h a f t zerstören. Wir müssen revolutionäre Kolonialisierung betreiben. An dieser Stelle möchte ich auf das Wesen des Ha-Poel Ha-Za’ir zu sprechen kommen. Ich sehe in ihm den Vorreiter des echten gemeinschaftlichen Verbundes. Sein Sozialismus hat nicht nur nationale, sondern auch menschliche Bedeutung. Ich sehe im HaPoel Ha-Za’ir die überzeugendste, gegenwärtig existierende Erscheinungsform der gemeinschaftlichen Idee. Überall findet man Siedlungsversuche, doch gibt es meines Wissens keinen, der ihm an Klarheit und Aufopferungsbereitschaft gleichkommt. Dies lese ich zuallererst an seiner Zielsetzung ab. Denken die Mitglieder des HaPoel Ha-Za’ir – mit Recht – von vorneherein an nichts anders als an die Arbeit, so ist der Aufbau einer echten Volksgemeinschaft in Eretz-Israel doch ihr eigentliches Ziel; nicht die Errichtung einer Gesellschaft im Volke Israel, sondern die Errichtung »der« Gemeinschaft »des« hebräischen Volkes. Der zweite Punkt ist der Weg. Der Ha-Poel Ha-Za’ir wendet sich gegen jegliche materialistische Geschichtsanschauung; nicht in der Theorie, sondern in seiner Lebensweise. Er stellt den wirtschaftlichen Bedingtheiten ein forsches »Nein« entgegen; er ist nicht bereit, sie anzuerkennen. Der dritte Punkt hat mit deren Zerstörung und Neuerschaffung zu tun. Die Veränderung von Institutionen führt nicht zur Erneue-
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rung menschlichen Lebens; vielmehr gilt, dass, wenn sich menschliches Leben erneuert, Institutionen geschaffen werden, die dazu da sind, das Neue zu verwirklichen. Mehr als alles andere erweist aber seine anspornende Vorbildlichkeit den Ha-Poel Ha-Za’ir als Vorreiter. Es gibt zwei Arten des Sozialismus, den nehmenden und den gebenden. Inmitten der großen Erschütterungen, die uns bevorstehen, wird der Moment kommen, in dem die Menschen es müde sein werden, die Schande des Mammon zu tragen. Sie werden sich wünschen, dass man ihn ihnen abnimmt oder ihn von ihren Gesichtern reißt. Der Sozialismus lässt sich nur dann verwirklichen, wenn die Menschen nicht mehr weiter in der Welt des Geschäftemachens leben wollen. Darin liegt die Kraft des Opfers. Hier erreichen die wissenschaftlichen Formeln ihre Grenze, doch ist mir vielleicht gestattet, darüber zu sprechen: nur im Opfer liegt die schicksalsverändernde Kraft. Diese Menschen, die, wer immer sie sonst auch sein mögen, sich aufzuopfern wissen, lassen das Parasitenleben hinter sich, treten in das Arbeitsleben ein und erlösen damit die Arbeit von dem über Generationen andauernden Fluch. Nur so ist der Klassenkampf zu überwinden: nicht durch Krieg, sondern durch Gemeinschaft. Diese in der Öffentlichkeit sichtbaren Menschen werden das Volk aufgrund ihrer Beispielhaftigkeit, aufgrund der Erziehung, aufgrund der Tatsache, dass sie da sind, mit sich reissen. Auf diese Weise werden wir das Volk, das dieses Leben nicht mehr wird ertragen können, erziehen. Unter diesen Vorzeichen, denke ich, ist es mir gestattet, den Ha-Poel Ha-Za’ir den Vorreiter des Sozialismus in der heutigen Welt zu nennen.
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Zum Aufsatz »Aus Neid« Zu dem Aufsatz מתוך קנאהim Heft 47 des קונטרסhabe ich zu bemerken:
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Was ich in meiner Prager Rede – von der ein, von mir nicht revidiertes und leider auch nicht völlig zuverlässiges Stenogramm in מעברותveröffentlicht worden ist – zu Ehren der jüdischen Arbeiterschaft in Palästina gesagt habe, galt keiner Partei, die ich auf Kosten einer anderen Partei hätte rühmen mögen. Ich sprach nicht von einer durch ihre Organisation abgesonderten Gruppe, sondern von einem durch sein Wesen und sein Leben abgehobenen Menschentypus, den ich zwar mit dem sinnvollen Namen des »jungen Arbeiters« bezeichnete, von dem ich aber wohl weiss, dass er auf keine Partei beschränkt ist. Die Gesinnung, die ich meine, ist an kein Programm gebunden: nicht wer so denkt, lebt so, sondern wer so ist, lebt so (darum eben muss an Stelle der Politik die Erziehung das herrschende Element werden); und Menschen, die so sind, sehe ich in allen Lagern der palästinensischen Arbeiterschaft. Gerade weil ich das sehe, habe ich in der Resolution, die ich zusammen mit Hugo Bergmann in Prag für die Einigung der Lager eingebracht habe, das Wort geschrieben, dass diese Einigung eine Lebensfrage der Bewegung ist; ich hätte sagen können: eine Lebensfrage des Volkes. Denn meiner Überzeugung nach hängt dessen Zukunft davon ab, welcher Menschentypus den bestimmenden Einfluss in ihm gewinnen wird. Diese Frage entscheidet sich nirgendwo anders als in Palästina und nirgendwo anders als in der palästinensischen Arbeiterschaft. Wird sie geeint sein, so wird das Negative, das sich nur im unfruchtbaren Kampf in allen Lagern vordrängen konnte, zurücktreten; das Positive, der Mensch, den ich meine, wird die führende und erziehende Macht werden. Wenn ich auch, solange die Trennung herrscht, aus innerer Notwendigkeit, der Gruppe angehöre, deren Ideologie der Gesinnung, die ich meine, am reinsten entspricht, so gelten doch meine Liebe und mein Glaube keiner Partei, sondern dem einigen Arbeitsvolk meines Landes.
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Die Vertretung Vor zwei Jahren wurden in der politischen Kommission des Zionistenkongresses die Lage und die Aussichten der zionistischen Politik erörtert. Ich sagte unter anderem ungefähr: »In England beginnt man zu merken, daß Arabistan im Werden ist. In dem Augenblick, wo diese Einsicht sich durchgesetzt hat, wird die Frage lauten: Soll Arabistan gegen England oder – von England gemacht werden? Das heißt: Soll man warten, bis ein großarabischer Staat oder Staatenbund im Rücken Englands und somit dessen ägyptisch-vorderasiatische Position bedrohend entstanden ist, oder soll man ihn selbst zum Leben befördern und sich seiner versichern? Es ist dies ja eine jener Situationen, die nicht in Indifferenz ausgehen können, deren Ausgang vielmehr notwendig entweder Kampf oder Bündnis – wenn auch ein auf der einen Seite mit Rückhalt, auf der anderen mit Hinterhalt geschlossenes Bündnis – ist. Die Antwort auf jene Frage kann für niemand zweifelhaft sein, der die Traditionen der britischen Weltpolitik und die gegenwärtigen Schwierigkeiten des britischen Imperiums kennt. Wir aber – sind wir für das Dann gerüstet?« Darauf entgegnete Weizmann, er habe von derartigen Meinungen und Absichten nichts wahrgenommen, und Arabistan liege in weiter Ferne. Daß es, in »föderativer« Form, schon vor dem nächsten Kongreß Wirklichkeit geworden sein wird, habe auch ich nicht geahnt; man ist eben auf das neue Tempo der politischen Entwicklung im Osten noch nicht eingestellt. Aber nun ist es da, das Dann, auf das ich hindeutete; und als dafür gerüstet haben wir uns nicht erwiesen. Nun beginnen wir uns zu rüsten. Für einen politischen Methodenoder gar (sofern bei uns in der Zwangsläufigkeit der letzten fünf Jahre überhaupt von dergleichen die Rede sein kann) Systemwechsel ist es freilich längst zu spät. Es hat eine Zeit gegeben, wo wir von England Konkretes erlangen konnten, weil wir Konkretes zu bieten hatten 1; es hat eine Zeit gegeben, wo arabische Führer für Zugeständnisse, die uns heute recht erträglich scheinen würden, Zugeständnisse zu machen bereit waren, die uns heute unerreichbar scheinen. Es hat eine Zeit gegeben, wo die einen und die andern unsere wirtschaftliche Macht ernst nahmen, mit ihr rechneten. Jetzt ist eine andere Zeit. Wir haben manches unterlassen; vor allem aber haben wir die Unzulänglichkeit unserer wirtschaftlichen Macht und Leistungsfähigkeit aller Welt vordemonstriert. 1.
Vgl. meinen Aufsatz »Kongressnotizen zur zionistischen Politik« im Oktoberheft 1921 (I. Heft des VI. Jahrgangs).
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Töricht ist es, die Exekutive der Schuld zu zeihen; es ist auch für Opposition zu spät geworden (und, nebenbei gesagt, ein ahnungsloseres, situationsblinderes Dokument als die Programmentwurf-Begründung der »Haager Oppositionsgruppe« ist mir nicht unter die Augen gekommen); und wir wissen ja doch, jeder Zionist, jeder Jude, wir, wir tragen die Schuld, – denn wir haben die Macht zum Werk, die Macht durch das Opfer nicht aufgebracht. Und jetzt? Wir beginnen uns zu rüsten. Aus diesem Beginnen ist die Frage entstanden, die diesen Kongreß beschäftigen wird: die der Erweiterung unserer Grundlage. Es ist die Frage nach der Jewish Agency. Praktisch schließt sie zwei Fragen ein. Die erste ist: Wie setzt man die Agency – deren Begriff wird nun anders gefaßt als es der Wortlaut des Mandatsentwurfs tut, der unter Voraussetzungen, an denen sich nichts geändert hat, die Agency mit der zionistischen Organisation identifiziert – so zusammen, daß sie auf die Haltung Englands einen stetig wirksamen Einfluß ausübt? Die zweite: Wie setzt man sie so zusammen, daß sie auf die Finanzierung des palästinensischen Aufbaus einen stetig wirksamen Einfluß ausübt? Die zweite Frage ergänzt die erste: England hätte unsere Existenz in seinen jüngsten Verhandlungen mit den Arabern gewiß ernstlicher berücksichtigt, wenn es uns geglückt wäre, eine weltwirtschaftlich belangvolle jüdische Position in Palästina zu errichten. Um beide Fragen wieder zusammenzufassen: es handelt sich darum, eine Anzahl politisch und wirtschaftlich einflußreicher Personen, die der zionistischen Organisation nicht angehören, der Sache des Aufbaus zu verpflichten. Dies gedenkt man dadurch zu erreichen, daß man sie an dessen Leitung und somit an der Verantwortung für ihn beteiligt. Um die Bedeutung dieser Frage zu erkennen, muß ihre Erörterung der Sphäre der Opportunitäten enthoben werden. Damit will ich aber beileibe nicht sagen, daß sie in die Sphäre der formalen »Prinzipien« gehoben werden solle. Ich gestehe weder den »demokratischen Grundsätzen« noch der »zionistischen Tradition« die Befugnis zu, unsere Entscheidung bestimmen zu wollen, wo es um die Zukunft des Aufbaus geht. Also nicht in die Sphäre der formalen Prinzipien ist die Erörterung zu heben; aber in die der lebenden Idee. Die lebende Idee steht nicht, wie die Prinzipien der geschichtlichen Wirklichkeit in abstrakter Fremdheit gegenüber; sie ist tief in die Wirklichkeit bezogen, so daß sie immer neu aus dieser gelöst, daß sie in immer neuer Weise, weil immer neuer Wirklichkeit zugehörig, ausgesprochen werden muß. So betrachtet, wächst die Frage, die wir erörtern, zu der nach der Ve r t r e t u n g des jüdischen Volkes, insofern es sich in seiner Diaspora zu einem Werk, dem Aufbau eines Gemeinwesens in Palästina, zusam-
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mengeschlossen hat. Vertretung nach außen, den Staats-, Kirchen- und Volksmächten gegenüber, die unmittelbar oder mittelbar dieses Werk zu fördern oder zu behindern imstande sind; autoritative Vertretung aber auch nach innen, geltungskräftig für alle, die durch ihren freien Entschluß in die Gemeinsamkeit des Aufbauens eingetreten sind. Dies aber gehört zum Größten, was wir an geschichtlicher Wirklichkeit zu fassen vermögen. Denn erst mit ihrer Vertretbarkeit steht eine sich geschlossen fortpflanzende Menschenvielheit in der Geschichte. Diese Tatsache ist durch historiosophische Theorien wie die von der »Masse« und hinwieder die vom »Helden« verdunkelt worden. Scharen werden geschichtlich, indem sie vertrauen lernen, glauben lernen, sich vertreten lassen, Einzelne werden es, indem sie Glaubwürdige, Vertrauensträger, Vertreter werden. Diese machen, indem sie ihn ausführen, den jeweiligen Auftrag offenbar, den die Masse, ohne ihn zu kennen, ihnen erteilte, indem sie ihnen Vollmacht erteilte. Es erhellt schon daraus, daß Vertretung nicht notwendig »demokratisch« zu verstehen ist. Vertreter können gewählt werden, sie müssen es nicht. Vertretung kann erbgesetzt, überlieferungsgesetzt sein; sie kann »selbstgesetzt« sein; sie kann ernennungsgesetzt sein; sie kann wahlgesetzt sein; immer ist sie Vertretung nicht durch den Akt ihrer Einsetzung, sondern dadurch, daß sie und nur insofern sie vom »Volk«, durch Wort oder ohne Wort, durch Handlung oder ohne Handlung, in seinem Wesens- und Schicksalsbewußtsein als seine Vertretung erkannt wird. Die Diaspora hatte Lehrer, sie hatte Fürsprecher, aber das eigentliche Gefühl des Vertretenseins gewann sie nur in der Trunkenheit der messianischen Bewegungen. Das Zeitalter der Emanzipation kannte nur noch die Scheinvertretung; und es ist von den Erscheinungen des Verfalls eine der traurigsten, dieser Jubel der Menge über jeden mächtigen Financier, der von seiner Zeit, seinem Einfluß und seinem Geld ein Prozent für »die jüdische Allgemeinheit« spendet, ohne sich selber einzusetzen, in einem unverbindlichen und ruhmreichen Nebenbei. Die Anfänge der zionistischen Bewegung bezeichnen für einen wachsenden Teil des Volkes eine Aufrüttelung, einen Antrieb zur Selbstbesinnung. Man erkennt, daß man das Almosen für das Opfer nahm, man will den Schein nicht länger dulden, man fühlt sich befreit, man fühlt sich endlich rechtmäßig vertreten. In dem Volk hatte sich, es dunkel beunruhigend und erregend, der Wunsch bewegt, daß etwas getan werde, was zu tun die bestehende Scheinvertretung weder gewillt noch befähigt war. Da war es nun geschehen, daß Menschen eben für das Vollbringen dieser Tat, dieses Werks zur aktiven Vertretung des Volkes »sich aufwarfen«. Sie wurden nun wahrhaft zu ihr, indem sie vom Volk, formulierter- und
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unformulierterweise, die Vollmacht erhielten. Das Gespenst der pflichtlosen, verantwortungslosen Scheinvertretung war gewichen. Die neue Vertretung wollte eben dies, was jene, wenn es überhaupt in ihren Vorstellungskreis getreten wäre, verlacht hätte: vom Volk in Pflicht genommen werden, ihm Rechenschaft ablegen, ihm verantwortlich sein. Und sie erlangte es. Hier ist auf beiden Seiten Größeres als demokratische Formen und Formeln; hier ist Liebe und Glauben, und was hier Verantwortung heißt, hat eher den Charakter der religiös-sittlichen als den der geschäftlichen und verwaltungshaften, wiewohl es die Obliegenheiten dieser mit umfaßt. Hier ist einer der gesegneten Orte der Geschichte, wo die Wahrheit des Geistes die Wirklichkeit durchdringt: lebende Idee. Man vergegenwärtige sich, was dieses sichere Gefühl des rechtmäßigen Vertretenseins an regenerativem Element enthält, aber auch, welche Kraft die Zionsbewegung aus ihm zieht, und man wird die Tragweite der Entscheidung ermessen, die wir zu treffen haben. Es geht um den (aus Ursachen, die hier nicht zu besprechen sind, nicht unversehrt gebliebenen) innersten Zusammenhang zwischen Bewegung und Volk. Ob die Aufnahme einer Anzahl politisch und wirtschaftlich einflußreicher Personen in die Jewish Agency ihren Zweck – Einwirkung auf England und Gewinnung der Finanzkreise – erfüllen würde, darüber bestehen verschiedene Meinungen. Ich neige dazu, diese Frage zu denen zu zählen, die nur experimentell (dadurch, daß man das Fragliche tut), zu beantworten sind. Aber ein anderes kann und muß bedacht werden, e h e man das Experiment unternimmt. Man will die Sache des Aufbaus fördern. Die Sache des Aufbaus gibt es jedoch nur so lange, solange es ein zum Werk zusammengeschlossenes Volk gibt; und wenn ich »Volk« sage, meine ich nicht etwa die pompöse und unsichtbare »Nation«, sondern die wirkliche Volksmenge. Die Grundfrage, von der aus alle andern zu entscheiden sind, ist: Wie erhalten, wie festigen, wie erneuern wir den lebendigen Zusammenhang zwischen Bewegung und Volk? Wenn wir dem Volk eine Vertretung auferlegen, die zur Hälfte Scheinvertretung ist, wenn wir Verantwortung und Verantwortungslosigkeit vor seinen Augen zusammenkoppeln, dann machen wir die Befreiung, die wir an ihm vollzogen haben, zunichte und wir erregen den Zweifel in ihm, wir werden ihm unglaubwürdig; wir geben ihm nicht seine Vertretung, wir nehmen sie ihm. Daraus folgt nicht etwa, daß wir unsere Grundlage nicht erweitern sollen. Aber es folgt unzweideutig daraus, wie allein wir sie erweitern dürfen. Es folgen unmittelbar daraus folgende praktische Forderungen: 1. Die neu aufzunehmenden Personen müssen zu einem wesentlichen
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Teil solche sein, die ihrem Leben und ihrem Werk nach das g a n z e jüdische Volk als seine Vertreter betrachten darf. 2. Die aufzunehmenden Repräsentanten der ihrer Verfassung nach dem Volk nicht verantwortlichen Organisationen müssen solche sein, die willens sind, dem Volk verantwortlich zu sein. 3. Die Konstituierung der neu gebildeten Körperschaft muß im Zeichen einer Aufgabe erfolgen, an der nach bestem Können mitzuwirken sich alle Mitglieder bereit erklären müssen: der baldigen (zeitlich zu befristenden) Einberufung des ersten Weltkongresses für den Aufbau des Landes Israel, als der parlamentarischen Instanz, der die Agency als Ganzes und jedes ihrer Mitglieder im besonderen verantwortlich ist. – Erfüllen wir diese Forderungen, so haben wir in Wahrheit unsere Grundlage erweitert: den Grund, auf dem wir stehen, den Bund mit dem Volk, ohne den alle Bündnisse eitel sind. Und d a f ü r ist es noch nicht zu spät.
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Der Acker und die Sterne Den Chawerim in Daganja zur Erinnerung
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Ein Bauer hat den Tag lang durch seinen Acker den Pflug geführt, ermüdet ist er unversehens am Saum des Feldes eingeschlafen. Plötzlich erwacht er, reibt sich die Augen: es dunkelt, über seinem Kopf stehen die ersten Sterne. Er sieht sich um: die Ochsen haben sich nicht fortgerührt, er geht hin, spannt sie aus, bringt sie heim. Zu den Sternen hat er keinen zweiten Blick entsandt. – Was hat dieser Mann von der Welt? Er ist ins Hier gebannt, im Bann des Hier wird er versterben. Ein Denker steht nachts auf dem Dach seines Hauses und sieht zum Glanz des Firmaments auf. Die Gewalt der kreisenden Raumfülle umschauert, die unumfaßbare Bahn all der Bahnen entrückt ihn. Er horcht, wie in der Sprache der Stille der bestirnte Himmel über ihm und das moralische Gesetz in ihm sich unterreden. Das Dach, zu dem aus seiner Schreibstube die steile Wendeltreppe führt, das Haus darunter, die traumatmende Straße, die Stadt, die Erde, alles ist entschwunden. War es ihm je wirklich da, wenn es jetzt entschwinden konnte? Hat das Gesetz in ihm eine irdische Wirklichkeit? Ist es ein leibhaftes Wesen oder ein Gespenst? Aber ich sehe dich, du alter Mann mit dem aufgetan gebliebenen Gesicht, du alter Bauer und Denker, ich sehe dich im Abend aus deinem Dorf hin zum Fluß treten, da, wo er sich schon bereitet, sich in den leiergestaltigen See zu ergießen. Du setzest dich ans Wasser, lehnst eine Weile den Rücken an eine Zypresse und lässest den frischen Hauch dir ins Gesicht wehn. Dann legst du dich flach hin, daß auch dein Kopf die Erde berührt, und noch deine beiden Handflächen drückst du an den Boden. Nun erst schaust du zu den Sternen auf. O Sterne überm Land Israels, o Land unter den Sternen Gottes! Dieser Greis mit dem aufgetanen Gesicht, das von Mannheit geformt und von Kindheit durchleuchtet ist, verliert sich in dieser Abendstunde nicht an die Sterne, denn er weiß um den Acker; so hat er sich tagüber bei der Arbeit nicht an den Acker verloren, weil er um die Sterne wußte. Nein, ihm ists nicht zweierlei, er weiß um die Sterne eben vom Acker, um den Acker eben von den Sternen aus. Der festen Erde, um die er im Tagwerk wie ein Liebender wirbt und dient, ist er wie ein Liebender vertraut; an sie geschmiegt umspannt er mit dem Blick den ausgewölbten Glanz wie die Decke eines Zelts. Kein Dort wirklich ohne wirkliches Hier, kein Hier wirklich ohne wirkliches Dort! Nur wer mit der Erde zu schaffen hat, kann den Weltraum ins menschliche Leben einbeziehen; nur wer die Sterne liebt, dem zittert durch alle Nähe die schrankenlose
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Der Acker und die Sterne
Ahnung. Den wird auch der Gedanke nicht entrücken, nur noch tiefer einwurzeln, und auch die greifbarste Körperlichkeit ist ihm durchgeistigt. Aber dies ist ja nicht irgendein Boden, es ist der Boden am Jordan. Nirgendwo anders ist das Gefühl des »Hier« so mächtig, und hinwieder nirgendwo anders ist man so überwältigend in die Mitte der Unendlichkeit gestellt. Der schweifende Geist des Juden ist nicht mehr in seiner Substanz bedroht, wenn er sich dieser Scholle wiedervermählt; vermählen soll er sich ihr, nicht um seine Fahrten zu vergessen, vielmehr um sich nun erst zu den großen Flügen zu erheben – und immer wieder heimzukehren. Der alte Mann, unter der Zypresse hingestreckt, spürt, was kommen will. Die Zeiten brausen über ihm, Urvätertage wehen ihn an, Ereignis und Verheißung, das starrnackige Versagen und das endlose Leid. Und dann steht die Zeit wieder still, nur vom Fluß weht der kühle Hauch ihm ins Gesicht. Er hat etwas erfahren. Er möchte zu den Bauer-Arbeitern, seinen Genossen, hinüberrufen: Verliert euch an den Augenblick nicht! und über Länder und Meere zu allen nachdenklichen Juden: Verliert euch nicht an die Geschichte! Er hat es erfahren: nur beides in einem gilt, die Wahrheit der Jahrtausende nur in einem mit der Bewährung im heutigen Tag, das jetzige Werk nur ans ewige Wort gefügt, ihm zu antworten. Der Liegende hebt die Hände, den Kopf von dem erkalteten Boden, steht auf, tritt noch näher ans Wasser, schaut hinein, wo die Sterne sich spiegeln, hinüber, wo einander Himmel und Erde begegnen. Ueber den unbedeckten grauen Scheitel streicht der Nachtwind wie eine segnende Hand.
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Wenn ich in einer Sache, die in diesen Tagen Ihrer Entscheidung unterliegen wird, als amt- und auftragloser Mann an Sie das Wort richte, so bitte ich Sie, mir zu glauben, daß ich es nicht vom sicheren Port der Verantwortungslosigkeit aus tue: ich vergegenwärtige mir jedes Einzelnen von Ihnen Verantwortung, als wäre sie meine eigene, und rede von dieser Vergegenwärtigung aus. Dem Kommissionsbericht gegenüber, zu dem Sie einen Beschluß zu fassen haben, scheint mir dreierlei wichtig: 1. Aus dem Wortlaut des Berichts geht für jeden, der zu lesen weiß, unzweifelhaft hervor, daß die Experten über die Imponderabilien unserer Aufbauarbeit unzulänglich unterrichtet worden sind. Ich habe mich, nachdem ich den Bericht kennengelernt hatte, nach dem Sachverhalt erkundigt, und was ich erfuhr, hat mir vollauf bestätigt, daß hier ein folgenschwerer, nicht mehr gutzumachender Unterlassungsfehler begangen worden ist. Wenn die Zionistische Organisation aus der schweren Krise, in die sie dadurch geschleudert worden ist, wenn auch nicht genesen, so doch noch lebensfähig hervortauchen soll, müssen Sie, meine Herren vom Aktions-Comité, feststellen, wie solch ein Fehler möglich war, wie solche Fehler möglich sind; und wie weitere dieser Art – ein weiterer würde vermutlich nicht mehr eine Krise, sondern eine Katastrophe bedeuten – verhütet werden können. 2. In der bisherigen öffentlichen Erörterung des Kommissionsberichts ist nicht hinreichend klargemacht worden, worin das eigentliche Uebel gewisser Formulierungen in ihm besteht. Es besteht darin, daß da statt p r a k t i s c h e r Forderungen p r i n z i p i e l l e ausgesprochen worden sind. Es war Kritik zu üben, aber praktische, nicht prinzipielle Kritik; es war Reform vorzuschlagen, nicht Reaktion. Nicht ob unser Weg der richtige ist, war zu begutachten, sondern ob dieser Weg in der richtigen, die Erreichung des Ziels gewährleistenden Weise begangen worden ist. Ich will an den zwei wesentlichsten Beispielen verdeutlichen, in welchem Sinn ich von dem Unterschied zwischen prinzipiellen und praktischen Forderungen und in welchem Sinn ich von »unserem Weg« spreche. Erstens: Daß der Grundbesitz des Nationalfonds seinen Satzungen nach nicht hypothezierbar ist, stellt, wie wir ja alle seit langem wissen, eine schwere Behinderung für die Vergrößerung seines Kapitals und damit seiner Wirksamkeit dar. Die Kommission mußte auf diese problematische Situation eingehen, indem sie praktische, technische, finanzrecht-
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Brief an das Aktions-Comité der Zionistischen Organisation
liche Vorschläge dafür machte, wie im grundsätzlichen Zusammenhang des Gemeineigentums an Grund und Boden, als der unveräußerlichen Grundlage unseres Werkes, die Beleihbarkeit zu ermöglichen ist. Statt dessen hat sie »den Bestrebungen, Siedler zu befähigen, wirkliche Landbesitzer zu werden«, zugestimmt. Zweitens: Den Kwuzoth war in der innerzionistischen Diskussion vielfach unwirtschaftliche Führung vorgeworfen worden. Es war nun zu prüfen, wieweit dieser Vorwurf zutrifft, auf welche tatsächlichen Mängel des Systems er sich gründet und wie, durch welche organisativen und administrativen Aenderungen diesen Mängeln abzuhelfen ist. Statt dessen wird (soviel ich sehe, ohne andere Motivierung als die durch vage und umstrittene Psychologica) erklärt, die Errichtung weiterer Kwuzoth sei »nicht erwünscht«. Solange eine Reform, also die Ausarbeitung und Durchführung der zweckdienlichen B e d i n g u n g e n für die Errichtung von Kwuzoth, nicht versucht worden ist, hat eine solche Formulierung keinen praktischen, sondern einen prinzipiellen Charakter. Gehört denn aber beides wirklich unverbrüchlich zu unserem Weg? Vom Nationalfonds sollte das für keinen Zionisten Gegenstand einer Frage sein können. Ich hoffe, wir wissen alle, daß er unser größtes Positivum, vielleicht bisher der einzige vollgültige Ausweis unseres Werkes vor den Augen der Geschichte und der Zukunft ist. Anders scheint es sich mit den Kwuzoth zu verhalten. Aber es geht ja letztlich gar nicht um die Kwuzoth als solche (für mich z. B. ist die »große« Kwuzah noch ein großes Problem, und darüber hinaus habe ich insbesondere gegen die ungenügende Berücksichtigung der spezifischen Begabungen starke Bedenken), sondern um das Prinzip der s o z i a l e n S e l b s t b e s t i m m u n g d e r S i e d l e r, aus dessen freier Auswirkung sich erst allmählich – mit der »Logik der Ereignisse«, um mit der Kommission zu reden – die brauchbaren Formen ergeben würden. Gewiß muß dieses Prinzip ein praktisches Korrektiv an den ökonomischen Erfordernissen finden; aber das Prinzip selbst verletzen hieße die Fundamente unserer Arbeit am Lande erschüttern. Es ist in manchen Zionistenkreisen üblich geworden, die »soziale Ausstattung« des Aufbaus als ideologischen Luxus anzusehen und sie dem »nationalen Leben« als dem allein Unentbehrlichen gegenüberzustellen. »Wir dürfen uns«, so heißt es, »zu allen übrigen Schwierigkeiten auch nicht noch diese aufbürden, daß wirs sozial anders haben wollen als alle Völker.« Und etwelche »Sozialisten« fügen hinzu: »Kommen wir mal erst so weit wie jedes normale Volk; warum sollen grad wir uns ersparen wollen, einst die soziale Revolution mitzumachen?« Diese Trennung der nationalen und der sozialen Gesichtspunkte im
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Aufbau ist ein verhängnisvoller Irrtum. Das Aufbauwerk ist seinem Willen nach für absehbare Zeit auf einen Menschentypus gestellt, für den alle Widerstände, Beschwerden und Unsicherheiten des palästinensischen Pionierlebens durch das Bewußtsein ausgeglichen werden, daß hier sein Menschentum die Erfüllung findet. Und Erfüllung, das bedeutet für diesen Menschentypus nicht bloß eigene nationalkulturelle, sondern auch eigene soziale Lebensform; beides gehört für ihn untrennbar zusammen, beides zusammen erst ergibt ihm das »neue«, das wahrhafte, vollständige Leben, das er meint und dessen Pionier er sein will. Eine Herauslösung der nationalen Komponente für sich muß ihm als heillose Romantik erscheinen. Mit der nationalen Parole allein werden wir Palästina nicht aufbauen, denn der »nationale« Chaluz war eine flüchtige Illusion, nur der aus nationaler Artung und sozialem Willen gebildete ist die dauernde Realität. Nicht um eine entbehrliche ideologische Ausgestaltung also geht es bei den sozialen Gesichtspunkten, sondern um die unentbehrlichste aller Realitäten: um den Menschen. Das haben die Experten nicht gewußt, und wir haben es ihnen nicht gesagt, oder nicht so gesagt, daß sie es zu wissen bekamen. Auch die Kommissionsmitglieder haben es offenbar nicht gewußt, und sie wollten es sich anscheinend von uns nicht sagen lassen. Aber wir wissen es. Es handelt sich also nicht um die Frage, ob wir um des Kapitals willen, das wir brauchen, dem Kapitalismus das Zugeständnis machen wollen, auf die antikapitalistischen Bestandteile unserer Kolonisationsmethoden zu verzichten. Sondern es handelt sich um die Einsicht, daß wir das Kapital für eine Sache brauchen, die mit rein kapitalistischen Methoden nicht zu realisieren ist. Solange wir den Menschen haben und Kapital vermissen, steht es schwer, sehr schwer um unsere Sache; wenn wir das Kapital kriegten und den Menschen verlören, stünde es verzweifelt um sie. 3. Ist also der Kommissionsbericht abzulehnen? Diese Frage, die in der zionistischen Oeffentlichkeit überall herumschwirrt, ist mir nicht recht verständlich. Meinem Verstand nach steht diesem Augenblick die Entscheidung zwischen Annahme und Ablehnung gar nicht zu. Nicht bloß deshalb nicht, weil eine solche Entscheidung in diesem Augenblick dem demokratischen Brauch nicht entspräche, daß in einer grundsätzlich veränderten Situation die auf dem Boden der alten gewählte repräsentative Körperschaft nicht bestimmend zu beschließen, sondern nur dem endgültigen Beschluß einer von der neuen Situation aus
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zu wählenden Körperschaft vorzuarbeiten hat (womit ich nicht einem »außerordentlichen« Kongreß das Wort reden will – vermutlich wird, vom Gang der Dinge aus, der ordentliche noch rechtzeitig genug stattfinden). Wichtiger ist mir das Faktum, daß, wie ich gezeigt habe, die Kommission in einzelnen Punkten, ihr Amt mißverstehend, statt praktischer Forderungen prinzipielle formuliert hat, die in die prinzipiellen Voraussetzungen des Seins und Wirkens der Zionistischen Organisation eingreifen. Diesem Faktum gegenüber gilt es nicht Annahme oder Ablehnung, sondern Kenntnisnahme und berichtigende Stellungnahme, das heißt: Rückführung auf das Terrain der praktischen Bedingungen. Das Aktions-Comité als rechtmäßige Vertretung der Zionistischen Organisation muß auf den Bericht mit einer Deklaration antworten, in der zwischen den notwendigen und unwandelbaren Voraussetzungen der Aufbauarbeit einerseits und den, wie wir selbst oft betont haben, reformbedürftigen gegenwärtigen einzelnen Einrichtungen anderseits präzis geschieden und erklärt wird, daß einzig die letzteren Gegenstand von Verhandlungen sein können und sollen. Das Aktions-Comité muß die Schaffung eines auf den gegebenen Voraussetzungen beruhenden gemeinsamen Reformprogramms verlangen, für das der Kommissionsbericht wertvolles Material enthält, mit dem er aber aus den angeführten Gründen nicht identifiziert werden darf. Ich brauche wohl nicht zu sagen, daß es nicht meine Meinung ist, es sei mit den Reformen zu warten, bis das Programm vorliegt. Ich kann mir nicht denken, daß in diesem Moment eingeleitete Verhandlungen zwischen Beauftragten der Zionistischen Organisation und Beauftragten der palästinensischen Arbeiterschaft nicht zu einem konkreten Einvernehmen über die zunächst in dieser Richtung zu unternehmenden Schritte führen sollten.
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Unsere Konstitution
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Die Bedeutung der hebräischen Sprache für die Gegenwart unseres Galuthlebens geht über alles hinaus, was die Sprache sonst für das Leben irgendeines Volkes bedeutet. Im allgemeinen ist die Funktion der Sprache im Leben der Völker eine kontinuative, fortsehende, d. h. sie bildet, was die Nation einerseits an geistigem Gehalt, andererseits an Gemeinschaftsformen besitzt, organisch fort, sie dient der ununterbrochenen Weiterentwicklung der Kultur und der Sozietät. In den nationalen Renaissancebewegungen kommt dazu noch die r e s t i t u t i v e , wiederherstellende Funktion, d. h. die Sprache belebt uralte, verschüttete, totgeglaubte Werte des Geistes und der Gemeinschaft von neuem, sie macht sie fruchtbar für das Leben der Gegenwart. Dies gilt auch für uns: (unsere Sprache, unsere Antike, deren Seele in ihr eingebannt ist, wieder zu einer unmittelbar wirkenden Macht zu machen. Aber für das jüdische Volk kommt noch eine besondere Funktion seiner wiedergeborenen Sprache hinzu: die k o n s t i t u t i v e , aufbauende). Zum Dienst der Sprache an der Gegenwart und zu dem an der Vergangenheit kommt hier die an der Zukunft. In Wahrheit ist ja die hebräische Sprache, die uns im Galuth versprengte Volksteile und Volkssplitter mit der Volkskonzentration verbindet, die sich in Erez-Israel bereitet, und damit mit der lebendigen Zukunft des Volkes. Aber dieser Dienst an der Zukunft ist in seinem inneren Wesen von einem noch größeren, von einer geheimnisvollen Gewalt. Das Gesetz des neuen Lebens eines einheitlichen Israel, das Gesetz, das heute noch nicht geschrieben, noch nicht ausgesprochen werden kann, es ist eingeschlossen in unsere Sprache, zwar nicht so, daß es aus ihr abgelesen werden kann, aber so, daß es in ihr gefühlt und geahnt wird. Unsere Sprache ist unsere Konstitution.
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Weisheit und Tat der Frauen Meiner Tochter Eva gewidmet. In der biblischen Geschichte von König David treten episodisch zwei Frauen auf, namenlos, nur durch die Namen ihrer Heimatstädte bezeichnet, jede eigentlich nur die Sprecherin einer Rede, die eine einer längeren, die andere einer ganz kurzen, beide keine »Personen« in dem großen Schicksal, das uns erzählt wird, und doch beide von hoher, zugleich persönlicher und überpersönlicher, von repräsentativer Bedeutung. Von den drei weiblichen Gestalten dieser Geschichte, die vor ihnen an uns vorübergezogen sind, hat die erste, Michal, die Lippen kaum zu anderm geöffnet, als um David in der Stunde der heiligen Entfesselung zu verspotten, die dritte, Batseba, ist stumm geblieben wie irgendein orientalisches Gefühlsobjekt, nur bei Abigail hören wir eine Seele lautwerden, wo sie den künftigen König abhält, »in Blutschuld zu kommen und mit seiner eignen Hand sich zu befrein«, aber auch dieser Seelenlaut klingt nicht ganz rein (»wirst du deiner Magd gedenken«). Nun aber erscheinen die zwei Namenlosen und reden, echte Frauenrede, unsterbliche.
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* Absalom, der seinen Bruder hat töten lassen, weilt nun schon drei Jahre im Exil. Der Feldherr Joab merkt, daß Davids Zorn nicht mehr unerbittlich ist; er will ihn zum Entschluß bewegen, dem Sohn die Heimkehr zu gestatten. Aber er weiß, daß er selber das nicht vermag: das Herz des Königs ist ihm, wenn es ihm je vertraut war, längst entfremdet. Er läßt daher »eine weise Frau« aus Tekoa holen und gibt ihr die Rolle auf, die sie David vorspielen soll. Sie entledigt sich ihrer Aufgabe, erzählt in volkstümlich aufgeregter Sprache die Fabel von ihrem Sohn, der im Raufhandel den Bruder getötet hat und nach dem nun der Bluträcher fahndet, sie ruft den Beistand des Königs an. Der sichert ihr eidlich zu, ihrem Sohn dürfe nichts geschehen. In diesem Augenblick verwandelt sich die Frau. Wir sehen, was die biblische Erzählung uns im bloßen Dialog zu sehen gibt: sie reckt sich aus der gebückten Haltung zu ihrer Höhe auf, schüttelt vorschreitend all das Plärren und Händewerfen ab, tritt dicht vor den König und spricht nun, streng und gelassen, Menschenantlitz zu Menschenantlitz, ihre, nicht mehr Joabs, unmittelbaren Worte 1: 1.
Die Zitate nach »Das Buch Schmuel, verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig« (Berlin, Verlag Lambert Schneider)
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Warum also planst du dergleichen wider Gottes Volk?! ist ja der König, seit er diese Rede geredet hat, einem Schuldigen gleich geworden, weil der König selbst seinen Verstossnen ohne Wiederkehr läßt! Seltsame Worte aus vorderasiatischem Untertanenmund, die den König durch den eignen Spruch schuldig gesprochen heißen, weil er in seiner eigenen Sache verkennt, daß auch hier Gnade das wahre Recht ist: es geht um das Recht des Volkes auf seinen »Erben«, dessen es beraubt ist, – mit ihm, mit dem Volk Gottes, identifiziert sich die Frau, für sein Recht tritt sie dem König gegenüber ein: Warum planst du d e r g l e i c h e n ? Sie stellt ihn dem Bluträcher gleich, der das allgemeine Recht, das Recht der I n s t i t u t i o n , für sich hat, nicht aber das besondere Recht, das Recht der S i t u a t i o n . Aber geht es wirklich nur um das Recht des Volkes auf seinen Dynasten? Der – biblisch äußerst seltene – Ausdruck »G o t t e s Volk« führt darüber hinaus. In derselben Form kommt er nur noch einmal vor: wo im Buch der Richter das ganze Volk zusammentritt, um die an Sodom gemahnende Untat der Benjaminiten zu ahnden; der Ausdruck trägt hier das Pathos: »Gott kann dies nicht ungesühnt lassen wollen!« Das Pathos, das er an unserer Stelle trägt, ist ein entgegengesetztes. Die Frau schickt sich nun an, es auszusprechen. Aber noch einmal ändert sich vor unsern Augen ihre Haltung, in unsern Ohren Stimme und Tonfall der Rede. Eben noch war sie die auch dem König gegenüber unbefangene Menschenperson, die sich nicht scheut, den Herrscher zu rügen und zu unterweisen. Nun aber fällt auch das Persönliche von ihr ab. Gefäß der Botschaft wie eine Künderin, und doch in dieser Abgelöstheit mütterlicher als zuvor, urmütterlich, nicht mehr mit eigenen, aber erst recht nicht mit eingeblasenen Worten, – in uraltem, durch die Geschlechter der Frauen hin überliefertem Spruch, in einem Urfrauenspruch, Urmütterspruch sagt sie ihre wahre Begründung, ihr »Denn«: Denn: Sterben Sterbliche wir, ists wie Wasser, zur Erde verronnen, das nicht aufzusammeln ist, aber trug Gott eine Seele nicht hinweg, plant er Planungen noch, auch den Verstossnen unverstossen zu lassen vor ihm. Solange, sagt der Spruch, Gott einem eines Vergehens wegen von den Menschen verstoßenen Menschen noch nicht den Tod zugeteilt hat, solange dieser Mensch noch Wege und Entscheidungen des Lebens vor sich hat, kümmert er, Gott selber, sich um diesen Menschen, kümmert sich
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darum, den von Gesetz und Gesellschaft Verstoßenen im Angesicht der göttlichen Gnade zu belassen. Der Spruch setzt die göttliche Weise der des Königs entgegen, in so mächtiger worthafter Entsprechung, daß unanzweifelbar die vorangehende Rüge als Einleitung zu diesem Spruch konzipiert erscheint: Warum planst du dergleichen wider Gottes Volk? Gott selber plant andere Planungen! Du läßt den von dir Verstoßenen ohne Wiederkehr – Gott will, daß der von allen Verstoßene vor ihm unverstoßen bleibe! Das »Denn«, mit dem die Frau von Tekoa zu diesem Spruch einsetzt, die wahre Begründung ihres Anrufs ist das Urgebot der Nachahmung Gottes, der Erfüllung unserer Ebenbildlichkeit: durch die Werke der Gnade. – Die Frau hat ihren Anruf an die Königsseele und ihren Spruch der Begründung gesprochen, um deren willen sie aus ihrer Rolle – nicht gefallen, sondern herrlich gestiegen war. Nun wirft sie sich in Haltung und Rede in die Rolle, in die Fabel, in die volkstümliche Aufgeregtheit, das Plärren und Händewerfen zurück. Man lese – selbstverständlich laut – nach, wie die Bibel diesen unerhörten Rückschwung rhythmisch verdeutlicht.
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* Die andere Episode begibt sich während des Aufruhrversuchs Sebas Sohns Bichris. Nach einem anfänglichen Erfolg hat er sich mit einer kleinen Schar in die Stadt Abel Bet Maacha zurückziehen müssen. Joab belagert die Stadt mit überlegenen Mitteln. Da ruft »eine weise Frau« aus der Stadt die Belagerer an und verlangt mit dem Feldherrn zu reden. Wie er vor ihr steht, spricht sie kurz und bedeutsam zu ihm. »Diese Stadt Abel«, besagt ihre Rede, »die du vernichten willst, das ist die, von der es seit jeher spruchweis heißt: ›Frage erfragt man in Abel‹, denn an sie wandte man sich von je überallher, insbesondre in Streitfragen, um Rat und Entscheidung, und man erhielt stets den rechten Rat, und wie einem hier geraten wurde, ›so schlichtete man‹, denn hier ist alte Wissensüberlieferung, alte Erfahrungsweisheit zu Haus.« Und nun wechselt die Frau den Ton. Ein großes, emphatisches »Ich« setzt sie Joab entgegen: Ich, das sind Friedenserfahrene, Treuebewahrende von Jissrael, du trachtest zu töten eine Stadt: eine Mutter in Jissrael – warum willst du SEIN Eigen verschlingen?! Die Gegenüberstellung von »ich« und »du« ist im Original noch stärker. Aber was ist das für ein Ich, das die Frau mit einer Vielheit von Menschen in Israel identifiziert, wie sich die von Tekoa mit Gottes Volk iden-
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tifizierte? Sie hatte von ihrer Vaterstadt als von der Heimat erfahrener Leute gesprochen, und »erfahrene Leute«, das bedeutet für sie: die in langem ungestörten Frieden mit ihrem Volk Erfahrungen sammeln und zu einem Schatz ordnen konnten, aus dem man immer wieder für sich und andere Rat zu schöpfen vermag; und Frieden halten, das heißt für sie: Treue halten, das ist das Gegenteil von Aufruhr und Bürgerkrieg. Ist es also ihre Stadt, für die sie solcherweise spricht? Doch wohl noch mehr. Sie steht hier für alle Friedenliebenden, Treuehaltenden, Erfahrunghegenden, Zusammenhangwahrenden v o n I s r a e l , für sie alle steht sie da und sagt: Ich. Sagt es zu dem alten Raufdegen, der eben wieder einen gefährlichen Rivalen ermordet hat und nun daherkommt, um eine solche, eine so weise und treue, so m ü t t e r l i c h e Stadt zu »töten«; sagt eben dies, indem sie »du« zu ihm sagt: Das hier bin ich, das sind wir, das ist das stille Kernwachstum des Gottesvolks – und das dort bist du, du Verschlinger! Und Joab beugt sich. *
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Noch einmal nach diesem Abschnitt, im nächstfolgenden Kapitel, erzählt die biblische Davidsgeschichte von einer Frau. Die redet nicht, sie schweigt und tut; aber es ist Einheit zwischen ihrem Tun und der Rede jener beiden. Außerhalb der chronologischen Abfolge wird in dem ersten der vier Kapitel, die eine Nachlese zum Samuelbuch bilden, berichtet, wie David in einer Zeit der Dürre, um Gottes Zorn zu besänftigen, einige Sauliden wegen einer Blutschuld ihres Hauses an den Gibonitern diesen ausliefert und wie die Giboniter sie auf einem heiligen Berg hinrichten. Die Leichen bleiben auf dem Berg. A b e r d i e D ü r r e h ö r t n i c h t a u f . Indes hat die Mutter zweier der Toten, Rizpa, eine Nebenfrau König Sauls, etwas getan: Da nahm Rizpa Tochter Ajas die Sackleinwand und spannte sie sich über dem Fels auf, vom Erntebeginn an: bis Wasser vom Himmel auf sie niederflösse, – sie gab nicht zu, daß der Vogel des Himmels auf ihnen ruhte bei Tag noch das Wild des Feldes bei Nacht. David erfährt, »was Rizpa getan hat«. Er läßt nicht bloß die Leichen begraben, sondern auch die Gebeine Sauls und Jonatans aus der vorläufigen Verwahrung, in der sie sich noch immer befanden, in die Sippengruft überführen. Und nun erst heißt es:
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Weisheit und Tat der Frauen
Als sie alles getan hatten, was der König gebot, danach ließ Gott sich dem Lande erflehn. N u n e r s t h ö r t d i e D ü r r e a u f . Nicht durch die Blutrache der Giboniter, sondern durch die Tat Rizpas, die bei den Leichen auf dem Felsen saß, und durch die von ihr bewirkte posthume Versöhnung zwischen dem Haus Sauls und dem Haus Davids läßt Gott sich versöhnen. Auch die Juden wissen um die ewige Antigone. Auf ihre, jüdische Art.
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Zion und die Gola Eine kurze Antwort statt einer langen
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Ich bin, besonders in der letzten Zeit, vielfach gefragt worden, ob und inwiefern sich meine Stellungnahme zur »Negierung der Galuth« geändert habe, und will hier vorerst nur im Hinblick auf das mir Wichtigste darauf antworten. So eindeutig für mich der unbedingte Wert des Judentums und damit seiner Erhaltung als ein in sich gewisser und keiner Begründung bedürftiger feststeht, so weiß ich doch nicht minder gewiß, daß dieser Wert in sich zusammenbricht, sowie er als sein eigener Zweck und Sinn sich gebärdet. Das Judentum i s t – von seinem Auftrag aus; und so soll es dauern. Schnitte es sich selbstherrlich von ihm ab, dann schnitte es sich ab. Den Auftrag aber weiß ich, wenn ich das seiner Natur nach der worthaften Formulierung Widerstrebende und nur der lebensmäßigen sich Ergebende doch formulieren muß, nicht anders zu bezeichnen denn als die Ausdehnung des Verwirklichungsbereichs auf den ganzen, unverkürzten, ungeteilten Umfang der menschlichen Existenz, also den vitalen Kampf gegen die grundsätzliche Zweiteilung zwischen die dem Willen Gottes eröffneten und die ihm entzogenen Gebiete. Diesen Auftrag können nicht Einzelne, kann nur ein Vo l k wahrhaft erfüllen, Volk ist zu solcher Erfüllung unerläßlich. Denn der Einzelne kann zwar überall und immer nach dem Willen Gottes zu leben versuchen, soweit er eben je und je kann, das heißt in den nicht von ihm selbst, sondern von einer fremden Umwelt geordneten und gestalteten Lebensbereichen eben so sehr, als diese fremde Ordnung und Gestalt erlaubt. Aber eine echte Einheitlichkeit nicht bloß der Te n d e n z zur Verwirklichung, sondern auch ihres B e r e i c h s ist naturgemäß nur vom und im Vo l k e möglich, da nur dann auch die Ordnungen und Gestaltungen des gesellschaftlichen und des öffentlichen Daseins in den Bereich der Verwirklichung mit einzubeziehen sind: weil man sich nun nicht bloß im Gegebenen zu bewähren hat, sondern selber mitzuordnen und mitzugestalten, und damit den Willen Gottes auch hier, in der vollständigen Gemeinschaftssphäre, auch in ihrem Ordnen und Gestalten zu erfüllen berufen ist. Dies aber ist eben nur da möglich, wo elementar kein Teil dieses Bereichs von anderer menschlicher Instanz als vom Judentum selbst aus bestimmt wird. Elementar, sage ich, denn es kann sich selbstverständlich nicht um eine Autarkie des Geistes, eine isolierende Herauslösung aus dem schicksalhaften Zusammenhang einer – wie sehr auch problematischen – Menschheit handeln, und ebensowenig um eine
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Zion und die Gola
isolierende Haltung zu dem in Palästina mitlebenden Volk, mit dem gemeinsam wir das Land aufzubauen haben, sondern einzig um die Errichtung einer das öffentliche Leben mitumfassenden jüdischen Existenz, einer solchen somit, in der auch die Gehalte und Formen des öffentlichen Lebens nicht situationsmäßig von außen diktiert und von uns nur mitgemacht oder – erduldet werden. Ist jedoch damit unzweideutig einem palästinensischen Leben der Primat in der Möglichkeit der elementaren Verwirklichungs v o l l s t ä n d i g k e i t zugesprochen, dann darf dies auf keinen Fall dahin mißverstanden werden, daß dies auch einen Primat der Verwirklichungs e c h t h e i t bedeute. Das Hier und Jetzt des einzelnen Juden ist und bleibt nicht bloß als Stätte des Lebensdialogs zwischen Göttlichem und Menschlichem ein gleichberechtigter »Boden der Heiligung«, sondern auch, wo jüdische Menschen gleichen Grundgefühls und Grundstrebens sich in diesem Hier und Jetzt zu einem gemeinschaftlichen Leben zusammentun, kann rein und wahr Gemeinschaft gehalten werden, soweit eben das Hier und Jetzt dafür Raum gewährt. Nur bleibt dieses »soweit« eine elementare Beschränkung, da hier die Auferlegtheit der Ordnungen und Gestaltungen das schlechthin Gegebene ist. Daran kann keine Teilnahme an Bewegungen Erhebliches ändern, die die Erneuerung der sozialen Institutionen bezwecken, denn die wirklichen Ordnungen und Gestaltungen werden auch in einer erneuerten Gesellschaft im innersten Wesen nicht von den bewußten Zwecksetzungen, sondern von den vitalen Urkräften des fremden Volkstums bestimmt sein; der Erfolg der Zwecksetzung wird für die Auswirkung dieser Urkräfte nur einen neuen, sozial vollkommeneren Rahmen abstecken und die für uns gegebene Fremdbestimmtheit des öffentlichen Lebens wird sich bald als im wesentlichen unverändert erweisen. Wieder kann damit nicht gesagt sein, daß die Mitarbeit an einer sozialen Erneuerung im Hier und Jetzt, vorausgesetzt, daß das gelebte persönliche Leben nicht eine von ihr getrennte Buchführung kennt, nicht einer echten Verwirklichung zuzurechnen wäre. Aber der Ausdehnung des Verwirklichungsbereichs auf den ganzen, unverkürzten, ungeteilten Umfang der menschlichen Existenz wird hier ein elementarer Widerstand geleistet, dessen Beseitigung anstreben wollen sinnlos wäre. Ich »negiere« also die Galuth wie in keinem anderen Lebensbelang, so auch in diesem persönlichsten und wichtigsten nicht. Aber ich »bejahe« sie eben als Galuth, d. h. als das unüberwindlich fragmentarische, unüberwindlich aufgeteilte und doch eben für den in ihr Lebenden schicksalsinnhaft gegebene, aufgegebene, zur Heiligung gegebene und aufgegebene Jetzt und Hier.
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Jecheskel erfährt am Euphratkanal, daß auch hier wie auf dem Zion Manifestationsstätte Gottes ist. Aber wenn er die Auferstehung schauen soll, wird er in das Land Israel entrückt.
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Die Nacht der Gola Drei Midraschim Die Folge der Nächte: »Auf meinem Lager in den Nächten« (Hohelied 3,1) … Rabbi Lewi sprach: »Die Gemeinschaft Jissrael spricht vor dem Heiligen, gesegnet sei Er: ›Herr der Welt, in der Vergangenheit hast du mir zwischen Nächten und Nächten geleuchtet, zwischen der Nacht Ägyptens und der Nacht Babels, zwischen der Nacht Babels und der Nacht Mediens, zwischen der Nacht Mediens und der Nacht Jawans, 1 zwischen der Nacht Jawans und der Nacht Edoms. 2 Nun aber, da ich die Weisung und die Gebote verschlief, fügen sich mir Nächte an Nächte.‹« (Midrasch Schir ha-schirim zu 3,1)
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Das Kerzlein und das Morgenlicht: »Denn bei dir ist der Born des Lebens, in deinem Lichte sehen wir Licht« (Psalm 36,6) … Rabbi Jochanan sprach das eine: »Wie einer, der im Verdämmern der Sonne des Weges ging, und einer kam und entzündete ihm das Kerzlein, und es verlosch, und ein andrer kam und entzündete ihm das Kerzlein, und es verlosch. Er sprach: ›Von jetzt an warte ich nur noch auf das Morgenlicht.‹ So sprachen die von Jissrael vor dem Heiligen, gesegnet sei Er: ›Herr der Welten! Wir haben dir in den Tagen Mosches eine Leuchte gemacht, und sie verlosch, zehn Leuchten in den Tagen Schlomos, und sie verloschen. Von jetzt an warten wir nur noch auf dein Licht: in deinem Lichte sehen wir Licht.‹« (Pessikta de R. Kahana XXI) Wächter, wie weit in der Nacht? »Zu mir rufts von Sseïr her« (Jesaja 21,11) … Die von Jissrael sprachen zu Jeschaja: »Unser Meister Jeschaja, was tritt für uns aus dieser Nacht hervor?« Er sprach zu ihnen: »Harrt mir zu, bis ich gefragt habe.« Als er gefragt hatte, kehrte er zu ihnen zurück. Sie sprachen zu ihm: »Wächter, 1. 2.
Der syro-griechischen Macht. D. i. Roms.
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wie weit in der Nacht? Was hat der Wächter der Welten zugeraunt?« Er sprach zu ihnen: »Der Wächter sprach: ›Morgen kommt, doch auch Nacht noch.‹« Sie sprachen: »… Wann denn?« Er sprach zu ihnen: »Wann ihr wollen werdet, wird er wollen. Mögt ihrs erfragen, erfragts!« Sie sprachen zu ihm: »Wer hält auf?« Er sprach zu ihnen: »Umkehr gilts! Kehret um, kommt!« (Jerus. Talmud, Taanit 1,1)
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Worte des Bratzlawers über Erez Israel Rabbi Nachman von Bratzlaw (1771-1810), der Dichter unter den Meistern des Chassidismus, hat, wenn irgendwer, ein ›palästinozentrisches‹ Leben geführt. Von seinen (von Schülerhand mit unverkennbaren Zusätzen aufgezeichneten) Sprüchen über das Land teile ich hier drei mit, die ich auf ihre ursprüngliche knappe Form zurückzuführen versucht habe. M. B. Alle Heiligkeit Israels hangt an Erez Israel, und mit jedem Male, da ein Mensch sich reinigt und sich heiligt, erobert und erlöst er ein Stück des Landes. Die Dämonen toben: »Räuber seid ihr, die ihr ein Land erobert habt, das nicht euer war!« Darum soll man sich nicht bloß mit der Tora, sondern auch mit der Welt befassen und die Liebe auf alles herabziehen, daß die Anklage zunichte wird und alle kommen und sich anschließen und der Heiligkeit sich ergeben. Die heilige Sprache gedeiht dadurch zur Vollkommenheit, daß man auch das Gute, das im Targum 1 ist, ihr einverleibt. Darum mußten von den Stämmen Israels etliche ihren Anteil im Gau jenseits des Jordan bekommen, der der Sprache des Targum zugehört, und eben sie hatten als Chaluzim, als ein zum Sturm gegürteter Vortrab, ihren Brüdern voranzuziehn, das Land zu erobern. Denn der Sinn von Kampf und Sieg erscheint an der Sprache des Targum, die aus Gut und Schlecht gemischt ist: man stürzt das Schlechte, das darin ist, und erhebt das Gute, das darin ist, in die heilige Sprache herein. So wird die Sprache vollkommen, in der sich Erez Israel darstellt. Erez Israel und Tora, das ist eins und dasselbe. Und wäre das Land nicht zuvor in der Hand der Kanaanäer gewesen, dann hätte es das an der Tora sich versündigende Israel alsbald ausgespien und nie hätten sie zurückkehren dürfen. Darum mußte die Schale vor dem Kern der Frucht sein und das Land viele Jahre in der Hand der Kanaanäer verbleiben. Aber in Wahrheit war es auch damals schon in der Heiligkeit, denn sie wohnt ihm ewig inne; nur daß sie damals tief verborgen war und kein Mensch davon wußte. Bis unser Vater Abraham kam und die Heiligkeit des Landes zu offenbaren begann. Denn er war ein Mann der Liebe, die unentgeltliche Liebe war seine Eigenschaft, mit der er die Welt erhielt, 1.
Targum, ›Übersetzung‹ schlechthin, nennt man die aramäischen Bibelübersetzungen, die in einer dem Hebräischen eng verwandten Sprache abgefaßt sind und mit dem hebräischen Text zugleich studiert werden.
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ehe die Tora gegeben ward, und eben diese Liebe war als die verborgene Tora in Erez Israel verborgen; denn Erez Israel und Tora, das ist eins und dasselbe. Als dann Israel die Tora empfing und sie nach Erez Israel gelangten, vermochten sie die Offenbarung seiner Heiligkeit fortzuführen und die aus der Verborgenheit in die Offenbarkeit zu heben. Darum, ob sie sich auch nachher an der offenbaren Heiligkeit vergingen und die Tora nicht gebührend erfüllten, hatten sie noch lange Zeit Bestand in Erez Israel, aus der Kraft jener unentgeltlichen Liebe und jener verborgenen Tora. Und auch jetzt, da wir durch die Übermacht unsrer Vergehen aus unserm Land verbannt sind, besteht Erez Israel noch in seiner Heiligkeit aus der Kraft der verborgenen Tora und der unentgeltlichen Liebe, die darin schon verborgen war, als es sich am Anfang in der Hand der Kanaanäer befand. Darum harren wir allezeit, in unser Land zurückzukehren, denn wir wissen, daß es in großer Verborgenheit unser ist.
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Der Chaluz und seine Welt Aus einer Rede Darüber, was in der Volksgeschichte wie in der Lebensgeschichte des Einzelnen wesenhaft ist und was nicht, entscheiden nicht die Situationen allein, sondern erst zusammen mit den Haltungen, durch die sie beantwortet werden. Erst wenn auf eine Situation, die einen unversehens antrat, auf eine unvorhersehbare, auf eine ›neue‹ Weise haltungsmäßig erwidert worden ist, gibt es das volle Ereignis. Doch muß hier noch innerhalb des Begriffs der Haltung eine grundwichtige Unterscheidung gemacht werden. Man versteht darunter oft eine bloße Aktion, Reaktion, die gar nicht wirklich der Tiefe des Täters zu entspringen braucht, sondern ihn nur augenblickhaft ›angewandelt haben‹ mag, ihm kaum innerlicher als die Situation, die ihn antrat, oder gar etwas Angenommenes, Scheinbares, das seiner eigentlichen Art geradezu widersprechen kann. Aus beidem wird sich etwas ergeben, das, ob es auch einem Ereignis irreführend ähnlich sieht, mit ihm keinen Gran Wirklichkeit gemeinsam hat. Unter Haltung ist hier demnach lediglich die Wesenshaltung zu verstehen, als in der sich einer Lage gegenüber das Wesen einer Person oder einer Gemeinschaft neu verleiblicht. Nur aus dem Wesen kommt Wesenhaftes. In der Wesenshaltung wandelt sich nicht bloß die Erscheinung, sondern die Gestalt selber des durch sie auf eine Situation Antwortenden. Das, was man an ihm noch nicht kannte, was er selbst an sich noch nicht kannte, gewinnt Gestalt und Kenntlichkeit. Er ist ein ›neuer Mensch‹ geworden. Von der Person aus ist die Gemeinschaft zu erfassen. Das Kriterium der Echtheit einer Volksbewegung, ihrer volksgeschichtlichen Gültigkeit ist dies, ob durch sie eine neue Wesenshaltung und daraus eine neue Menschenart, ein neuer Typus entsteht. Die Träger der neuen Wesenshaltung im Volk wandeln sich, ihrethalben und durch sie. Die palästinopetale Bewegung des Zeitalters, die ›zionistische‹, hat ihre Geschichtsechtheit durch die Gestalt des Chaluz erwiesen. Die Voraussetzung für die Entstehung eines neuen Typus ist, wie wir sahen, eine doppelte: eine objektive Situation und eine freie, also nicht durch die ›Verhältnisse‹ aufgenötigte Lebenshaltung zu ihr als die Antwort des Geschlechts auf sie. Die wahre Antwort eines Geschlechts auf seine Lage kann sich nicht im Ideologischen, Programmatischen, Politi-
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schen verschränken: sie muß lebensmäßig, in der Sprache gelebten Lebens, vollzogen werden. In ihrem Durchbruch entsteht der neue Typus. Für uns läßt sich die objektive Situation vereinfacht dahin kennzeichnen, daß das in seiner sozialen Schichtung pathologische, unzureichend produktive, sehr wenig urproduktive, Judentum der neuen, eliminatorischen Wirtschaftspolitik der – zunächst der östlichen – Wirtsvölker nicht gewachsen war. Es geht hier um das Volk. Die Antwortstendenz zielte naturgemäß auf Produktivierung ab. Produktivierung kann nur in einem großen konzentrativen Werke glücken. Konzentration des Judentums kann geographisch nie anders heißen als: Aufbau Palästinas. Es geht um das Land. Aber zur Wesenshaltung erwuchs die Antwortstendenz erst durch die Menschen, die mit ihrer ganzen Seelenkraft erkannten, daß nunmehr alles von dem personhaften Selbstvollzug der konzentrativen Produktivierung abhängt und ihre ganze Person zu diesem Selbstvollzug hergaben. Es geht um die Arbeit. Diese Menschen banden das Heil ihrer Person an das Heil des Volkes in dem Land durch die Arbeit. Diese Bindung war ihre Wandlung. Durch sie erwuchsen sie zum neuen Typus: des Selbstvollzugs, des Pioniertums, der Chaluziut. Der Chaluz, der ursprüngliche, der echte Chaluz ist der Mensch der aktiven Identifizierung von Volksbefreiung und Selbstbefreiung. Zum erstenmal in der modernen Diaspora wird auf die allgemeine Situation der Stunde – die der Judenheit – mit einer persönlichen Wesenshaltung – als Jude – geantwortet. Man kann den Chaluz nur verstehen, wenn man an ihm die völlige Vereinigung des Nationalen und des Sozialen erkennt. Die Synthese von Volk, Land und Arbeit ist eine soziale: »die arbeitende jüdische ›Gesellschaft‹ in Palästina«. Und in dem Wort ›Gesellschaft‹ klingt an: Erfüllung der Gemeinschaftsidee, Verwirklichung dessen, was mit ›Gesellschaft‹, richtiger: mit ›Gemeinschaft‹, eigentlich gemeint ist, aber bisher unverwirklicht blieb. Aber diesen Verwirklichungswillen hat der Chaluz nicht aus sich, nicht aus seinem Zeitalter und nicht aus der Welt des Abendlandes. Ob er es weiß oder nicht, ob es ihm gefällt oder nicht, es ist das urjüdische Verlangen nach der Verleiblichung der Wahrheit und insbesondere nach dem Realwerden der wahren Gemeinschaft, was in ihm waltet. Der neue Typus ist aus der gewandelten Entfaltung frühester Züge entstanden. ›Israel‹ ist das Produkt einer Urentscheidung. Nirgends sonst in der Welt ist das Schicksal eines Volkes so an seine Urentscheidung und an deren Ver-
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wirklichung gebunden geglaubt worden; darum hat es nur hier die prophetische ›Stechmücke‹ in der reinen Ausbildung der Gattung gegeben. In der spätgalutischen Krisis unserer Epoche bricht, nach dem tragischen Ausgang des großen chassidischen Gemeinschaftsversuchs die unerfüllte jüdische Realisierungstendenz wieder aus und schafft sich den neuen Menschentypus. Er wird in der Stunde der Säkularisierung des Judentums geboren und dadurch bestimmt. Inmitten einer mißbrauchten und entweihten Religionsordnung aufwachsend, lehnt er sich gegen die Glaubensbindung des Verwirklichungswillens auf, er will dessen Autonomie aufrichten. Sozialgesetz und Heiligungsgesetz, Sozialität und Heiligung waren einst in Israel unlöslich verschmolzen; nun soll das Soziale entmischt, die soziale Zielsetzung selbständig und souverän werden. Jeder neue Menschentypus ist problematisch und bedroht. Die Welt des Chaluz, die sich aus den drei Elementen Volk Land Arbeit aufbaut, ist eine leidenschaftlich-aktuale, aber geschichtslose Welt. Der Augenblick will nur von sich selber, nicht von den Zeiten ermächtigt sein. Es ist eine intensiv sinnreiche, aber selbstgenügsame Welt: ihr Sinn will nicht in einen von je bestehenden Sinnzusammenhang gefügt und von ihm getragen sein. Volk und Land werden hier nur als fundamentale Tatsachen, nicht als Geheimnisse, nicht als mit Urkräften geladen erfahren. Die Arbeit kennt in einer geschichtslosen Welt nur eine Zielsetzung, nicht eine Bestimmung. Der geschichtslose Chaluz kann leicht einem technischen Naturalismus verfallen, der die drei großen Elemente seiner Welt ihres Sinnespathos berauben würde. Das Sinnespathos solch einer ›selbstgenügsamen‹ Welt ist vergänglich, weil es nicht aus einer letzten Seinsbindung immer neu gespeist wird. Hier birgt sich eine Problematik und Bedrohung des chaluzischen Innenlebens, deren Zeichen schon mancherorten wahrzunehmen sind. Wer aber diese Zeichen recht zu erkennen weiß, merkt etwas Merkwürdiges: daß sich eben da, zugleich mit der immer stärkeren Empfindung eines Mangels, eine Wandlung anzumelden beginnt. Etwas Neues, neu und anders Erfüllendes scheint in Schmerzen entstehen zu wollen. Ist es vermessen, es schon heute als das Kommen einer Seinsbindung zu deuten, die in jüdischer Gemeinschaft nicht ohne eine Geschichtsbindung denkbar ist? Das weiß ich: erst wenn dem Chaluz seine Entscheidung aus der Urentscheidung Israels quillt als deren heutige Wirklichkeit, wird die Problematik seiner Welt überwunden, wird die in ihren Elementen erneuert.
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Berthold Feiwel zum Gedächtnis
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Zumeist stellen wir unsere verstorbenen Freunde gemäß dem Alter dar, in dem sie bei ihrem Verscheiden waren. Aber es gibt Menschen, an die wir uns nicht erinnern, wie sie zuletzt waren, sondern wie sie zur Zeit ihrer Jugend waren, unserer gemeinsam verbrachten Jugend. Auch wenn sie sechzig Jahre und älter wurden, bleibt ihre Gestalt sozusagen durchsichtig und die junge Urgestalt strahlt durch sie hindurch. Zu diesen zählte mein Freund Berthold Feiwel. Immer wenn ich ihn in meiner Vorstellung sehe – und das geschieht oft – sehe ich ihn wieder in der Erscheinung jener Tage, die man gewöhnlich als die Heldenepoche in der zionistischen Geschichte bezeichnet. Zwar fühlten wir uns selbst nicht als Helden, wir waren bescheidene junge Menschen, aber wir strebten nach oben und waren voller Initiativgeist; aber die Zeit, in der uns zu leben vergönnt war, empfanden wir wirklich als heroisch. Es war nicht nur eine Zeit großer Hoffnung, sondern auch von großer Initiative, wirklich eine Zeit des Anfangs. Zwar begann damals noch nicht das Werk der neuen Ansiedlung, der planvollen Ansiedlung, aber das geistige Werk begann, das Unternehmen der Planung und der geistigenVorbereitung. Bei diesem Unternehmen war Feiwel einer der ersten, die voranschritten. Und mehr als wir alle spürte er die Schönheit, den lyrisch-dichterischen Zauber dieses Anfangs. Er war ein Romantiker, aber hauptsächlich ein Romantiker der Gegenwart, der gegenwärtigen Möglichkeit. Er sah bei den Beginnenden einen besonderen Glanz des Gesichts, nicht den der Helden, sondern den Glanz des aktiven Übergangs, des Ver sacrum, des »heiligen Frühlings«, d. h. des Opfers einer ganzen Jugendgeneration, aber eines aktiven Opfers. Und dieses Empfinden verbreitete eine feine Traurigkeit auf seiner Stirn und ein zarter Glanz der Übergangsgeneration füllte seine Augen. Er lebte ein Traumleben – nicht dass der Traum den Platz der Wirklichkeit bei ihm einnahm, sondern die Wirklichkeit geriet ihm zu einem wundervollen und wunderbaren Traum. Und dann wurde die Wirklichkeit zu einer, die zum Traum werden konnte. Unsere Zusammenarbeit hatte einen doppelten Charakter: wir waren Entdecker und wir schmiedeten Pläne: was wir entdecken wollten, kann man mit einem Satz bezeichnen: Wir wollten vor den Juden und der ganzen Welt die lebendige, schöpferische Kraft unseres Volkes aufdecken. Und auch die Hauptsache unserer Pläne lässt sich kurz zusammenfassen: die Institutionen aufzubauen, die für die freie Entfaltung dieser schöpferischen Kraft benötigt werden würden. Feiwel tat sich bei zwei Unterneh-
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Berthold Feiwel zum Gedächtnis
mungen hervor: seine Arbeiten als Übersetzer, z. B. der Gedichte des Morris Rosenfeld, dem Dichter der Sweatshops, waren das Werk einer Entdeckung. In jeder Übersetzung war die Tatkraft des Mannes zu spüren, der sozusagen mit dem Finger auf die Gedichte zeigt, die er übersetzt, und ausruft: Seht, das ist die Kraft unserer Herzen, das ist die Fruchtbarkeit unseres innersten Wesens, schaut ihr, die ihr uns für unfruchtbar hieltet! Und ebenso zeichnete sich Feiwel in seinem initiativen Handeln aus. Angefangen mit der Gründung des »Jüdischen Verlags«, unserer ersten kulturellen Einrichtung im Westen bis zum Plan für die Hebräische Universität, der zwar die Frucht gemeinsamer Anstrengung von drei Männern war, aber die Verfassung der Planbroschüre war eigentlich Feiwels Werk. Alles, was er tat, war auf die Zukunft hin gerichtet, mutige Taten des Beginnens. Die Arbeit der Ausführung ging an andere Hände, aber die Seele Feiwels ist in jedes einzelne Werk eingesunken, und wenn ich meine Augen in meiner Bibliothek über die herrlichen Bücher unserer heutigen Ausgaben schweifen lasse, fühle ich seinen Seelengeist in diesen Drucken, die nicht er herausgegeben hat, und wenn ich eintrete, um meine Vorlesungen auf dem Har ha-Zofim zu halten, fühle ich seinen Seelengeist in diesem Haus, mit dessen Planung er nicht beschäftigt war. Es ist hier nicht mein Anliegen über den Menschen Feiwel zu sprechen, wie er später war. Aber auf eines will ich hinweisen. Nach der Wirklichkeit jener Zeit, der Wirklichkeit der Vorbereitung, kommt die kostbare Wirklichkeit der Verwirklichung, eine von außen betrachtet schwierige und im Inneren manchmal sogar grausame Wirklichkeit, die sich weigert, zu einem Traum zu werden. Der Kontakt mit dieser Wirklichkeit fiel Feiwel besonders schwer. Eine Art tiefgehenden seelischen Verzichts kam in ihm auf, aus der leichten Traurigkeit wurde Kummer. Feiwel, der Romantiker der Gegenwart, fand nicht mehr hinreichend Nahrung für seine Seele, sondern blieb sich treu, änderte sich nicht und passte seinen Geist nicht an. Mit nicht weniger Eifer und Energie wie den ersten Arbeiten widmete er sich den neuen und blieb so in seinem Inneren ein Jüngling des heiligen Frühlings. Und noch als ich ihn einige Zeit vor seinem Tod zum letzten Mal besuchte, sah ich auf seinem Gesicht den Glanz des unsterblichen Beginnens.
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Für die Menschheit ist die Jugend die Chance zu Glück, die sich ihr allmorgendlich anbietende, doch immer wieder von neuem verschwendete Gelegenheit. Immerzu erscheint auf der Bühne die Generation der Jugend und in ihrem Innersten flammt die Leidenschaft für alles Unbedingte. Sie ist ganz erfüllt von Hingabe an Ideen, bricht aus, die geschlossenen Türen zum Garten Eden zu zerstören und in Stücke zu schlagen. Zwischen dieser Jugend und der Verwirklichung steht allein die Tat, welche sie zu tun gewillt ist und auf die sie sich vorbereitet. Im Leben der Völker und der Menschheit geschieht es, daß Zeiten großer innerer und äußerer Krisen hereinbrechen, Zeiten, die sich diesem Urteil nicht ergeben wollen, die sich gegen das Gesetz der Kontinuität auflehnen, die die große Energie der Jugend retten und mittels derselben ein gewaltiges Werk von Wandel und Erneuerung errichten wollen; diese Zeiten sprechen zur Jugend in den Sprachen des Feuers, fordern von ihr und gebieten ihr, nicht nachzugeben, verurteilen sie dazu, zu rebellieren, ihre Unabhängigkeit zu wahren, die große Tat zu vollziehen. Und die Jugend gehorcht, nimmt grenzenlose Anstrengungen auf sich und befreit sich vom Druck der Nötigung und der Suggestion der Sitten und der Bewegung. Sie umschlingt das Unmögliche, und wie Josua seinerzeit zu Gibeon hält sie die Sonne in ihrem Lauf an, daß das Werk vervollkommnet werde. Sie bleibt eine weitere Stunde Jugend, eine große und weltträchtige Stunde, und arbeitet den Erfordernissen der Zeit des Wandels gemäß. Die zum Aufbau Zions aufrufende Stimme erreicht immer mehr die Ohren der Jugend. Der entscheidende Zeitpunkt ist gekommen. Über viele Jahre und Zeiträume hinweg hatte das Judentum keine Jugend, wie sie heute mit uns ist, eine sich nach dem Unbedingten sehnende und sich auf dem Altar seines Ideals opfernde Jugend. Zwischen dieser Generation und der Verwirklichung steht die Tat. Diese Generation verlangt nach der Tätigkeit und will sich an sie gewöhnen. Mit ganzer Seele glaube ich an den Wert unserer, in ihren Samen teure Früchte tragende Zeit, an ihren Wert für das Judentum. Mit ganzer Seele glaube ich an die Stunde von Gibeon. Und angesichts dieser erhabenen Stunde rufe ich die jungen Söhne Israels auf: Erhebt euch und steht auf! Stellt euch gegen das Übel! Überwindet es mit all eurer Seele und all eurem Leben. Ihr seid durchdrungen vom Wissen um eure Bindung an das Volk Israel. Auf dieser Bindung beruht eurer Stolz. Gut und schön ist dieser
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Stolz, wenn ihr in eurem Geist nur nicht an das gegenwärtige Volk Israel gebunden seid, sondern an das sich in Zukunft erhebende, das aufgrund eurer Kraft und mit eurer Hilfe sein wird. Ein Zionismus ohne beständige Arbeit des Zionisten in sich selbst, in seiner Seele und in seinem Volk zugleich – solch ein Zionismus ist leer. Sei die Nation euch nicht eine von den sechs Schöpfungstagen an bestehende Tatsache – ihr sollt ein Zeugnis haben, ein Lebenszeugnis.
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Ich hatte nicht die Absicht, vor dieser Versammlung eine Rede zu halten, aber da ich in den Reden, die ich gehört habe, nicht hinreichend meinen Standpunkt vertreten gesehen habe, sehe ich mich gezwungen, einige Punkte anzusprechen. Ich habe mich diesem Unternehmen angeschlossen, obwohl ich ihm aus dreierlei Gründen, heute wie früher, ablehnend gegenüberstehe. Meine Ablehnung des gegenwärtigen sowjetischen Regimes ist von prinzipieller und entschiedener Natur, d. h.: 1) unter dem sozialistischen Gesichtspunkt: die Sowjets haben sich weit von ihrem Plan der Revolutionszeit und der unmittelbar nachfolgenden Zeit entfernt, und jetzt herrscht ein riesiger Abstand zwischen diesem Zentralismus, der absoluten Zwang ausübt, und dem echten Sozialismus, der danach strebt, eine Vereinigung sozialistischer Lebensgemeinschaften zu bilden, die im größtmöglichen Maße selbständig sind; 2) unter zionistischem Gesichtspunkt: nicht nur anerkennt das Sowjetregime das hebräische Volk nicht, das sich um Zion konzentriert, sondern verbietet auch seinen jüdischen Bürgern, es anzuerkennen und sich seiner Bewegung und seiner Kultur anzuschließen; 3) unter dem Gesichtspunkt eines gläubigen Menschen: dieser Standpunkt benötigt keine weitere Begründung. Dennoch habe ich mich dieser Unternehmung hier angeschlossen und halte es für nützlich und notwendig. Weswegen? Weil es mir scheint, dass in der Stunde, da die Völker der Sowjetunion vor dem Invasor standen, sie den ersten Schritt auf eine bedeutsame und vielleicht für ihre weitere Geschichte entscheidende Wendung hin taten. Meiner Meinung nach ereignet sich in diesen Kriegstagen eine große Entwicklung, für die wir noch keine passende Bezeichnung haben. Diese Entwicklung vollzieht sich einerseits in den Staaten, die als Demokratie bezeichnet werden, und andererseits in der Sowjetunion. Die ersteren entwickeln sich aus dem, was Demokratie genannt wird, zu einer echten Demokratie, einer sozialen Demokratie, was nach dem Sieg sichtbar werden wird. Aber auch in Russland, sozusagen unterhalb der Kampferde, geschieht eine innere Veränderung, die zwar langsam, aber unaufhaltbar ist. Können wir uns überhaupt vorstellen, dass nach einem solchen Krieg den Völkern nicht eine echte sozialistische Ordnung gegeben wird, die auf der persönlichen und gemeinschaftlichen Freiheit basiert? Und nach diesem
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Unser Standpunkt zur Sowjetunion im Krieg
Krieg, wenn Russland sich zusammen mit den Alliierten an der Errichtung der neuen Weltordnung beteiligen wird, – einer Ordnung der wirtschaftlichen Gerechtigkeit in der Welt, – und es selbst die damit einhergehenden Rechte genießen wird, ist es dann noch möglich, dass es sich der positiven Grundzüge der echten Demokratie enthalten wird, einer lebendigen und freien sozialistischen Demokratie? Die Entwicklung der Demokratien in Richtung Sozialismus und die Entwicklung Russlands in Richtung Demokratie, die Ergebnisse davon sind geeignet, das Angesicht der menschlichen Welt gewaltig zu verändern, wie wir es uns noch gar nicht vorstellen können. Und wenn es uns erlaubt ist, eine so große Hoffnung zu hegen, müssen die Menschen, die wie ich denken, nicht zwischen zwei Wegen wählen: entweder von der Seite bei einer Angelegenheit zusehen, die unserem Herzen als Juden und Menschen so nahe steht, oder am Unterstützungswerk für die Sowjetunion in ihrem Krieg an der gemeinsamen Front teilzunehmen, und jeder gemäß seinen Kräften, die begonnene Entwicklung zu unterstützen. Denn »auf einen Menschen, mit dem du nichts zu tun hast, kannst du auch keinen Einfluss ausüben«. Ich halte den zweiten Weg für den richtigen und habe ihn deswegen gewählt.
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Zu Recht sagte man nach dem vorigen Krieg, die Menschen des Geistes hätten Verrat begangen. Was wird man nun nach diesem Krieg sagen? Was bedeutet dieser Verrat? Die Menschen des Geistes haben der Gesellschaft nicht die Wahrheit über sie gesagt. Weshalb haben sie dies nicht getan? Wohl, weil in dieser Zeit, in welcher die Menschen nicht aufhörten von Mut zu sprechen, die wichtigste Art von Mut in ihrer Mitte nicht aufzufinden war, nämlich die Zivilcourage. Dies ist der Mut, der den Menschen dazu bewegt, unpopulär zu werden. Es ist charakteristisch, dass in diesen Zeiten der für Popularität zu zollende Preis darin besteht, dass der Respekt der Gesellschaft gegenüber dem Geist verlorengeht. Zwar bittet die Gesellschaft den Geist darum, ihr zu schmeicheln; doch erfüllt er ihre Wünsche, so verachtet sie ihn. Mit anderen Worten, die Gesellschaft ist sich ihrer selbst nicht so sicher, wie es scheint; sie sucht Bestätigung von Seiten des Geistes, weil sie in ihrem Inneren ihre Schwäche fühlt. Und nachdem der Geist der Gesellschaft, der ihr doch so gehorcht hatte, trotz all seiner Bemühungen erfolglos versuchte, diese Bestätigung zu liefern, entzieht sie ihm die Anerkennung. In solchen Zeiten, in denen den Menschen des Geistes der Mut fehlt, unpopulär zu sein, wird der Geist zunächst zum Knecht der Mächtigen, dann zum Clown und schließlich schenkt ihm keiner mehr Aufmerksamkeit. Dies Schicksal steht dem Geiste bevor, ändert sich der Zustand nicht von Grund auf. Im Jahre 1860 schrieb der große Sozialist Proudhon in einem seiner Briefe: »Europa ist des Denkens und der Ordnung müde; es steht am Anfang eines Zeitalters brutaler Gewalt und der Verachtung der Grundsätze«. Seither machte diese von Proudhon prophezeite Entwicklung schreckliche Fortschritte; aber das Schrecklichste an dieser ist, dass der Geist selbst sich ihr zum Partner machte: Wäre es möglich gewesen, diese Entwicklung durch eine andere Position des Geistes zu verhindern? Ich wage es nicht, auf diese Frage eine positive Antwort zu geben. Doch bin ich der Überzeugung, dass es in der Macht eben jenes, seine Bestimmung nicht verratenden Geistes steht, auf den Verlauf der Dinge einzuwirken, d. h. wird die Gesellschaft erschüttert und lässt von ihrer Sicherheit, ihrer eingebildeten Sicherheit, ab, so wird sie sich an den Geist wenden, wird sie die Lehre und das Zeugnis anrufen, so wird er als sich bewahrheitender Geist anwesend sein. Trügt uns unsere Hoffnung nicht, jene Hoffnung, dass die Zeit der brutalen Gewalt sich ihrem Ende nähert, wenn die Welt des Überdrusses an Prinzipien müde sein und sich nach Ord-
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nung und Denken sehnen wird – woher wird sie diese bekommen? Von niemand anderem als von den Menschen des Geistes, die genug Mut hatten, unpopulär zu sein und vor den Augen ihrer Gesellschaft die Wahrheit über dieselbe zu verbreiten; wird die Gesellschaft doch nicht jenen vertrauen, die damals, als sie sich irrte, nicht aufhörten, ihr zu sagen, sie befinde sich auf rechtem Wege. Ich weise auf diese Dinge hin, da sie uns und unser Leben angehen. In unserer Mitte gibt es Vertreter, die der Meinung sind, wir hätten nicht teil an dieser Epoche des Überdrusses an Prinzipien, wir seien nichts anderes als Objekt im Sinne von Opfer. Doch entspricht dies nicht der Wahrheit; der Überdruss an Prinzipien ist tief in das Leben des Jischuvs eingedrungen, auf dem Gebiet der Politik, dem der Wirtschaft und dem des Sexuallebens. Dies zeigt sich im politischen Leben an Gewalttaten als Form der Argumentation, auf dem Gebiet der Wirtschaft an der grausamen Form der Ausnutzung einer »guten« Stunde und im Sexualleben in Form von Zügellosigkeit. Der Jischuv ist nicht nur von außen gefährdet, sondern auch von innerer Auflösung bedroht. Doch setzt man sich allein mit der Gefahr von außen auseinander; die von innen kommende Gefahr wird nur von Zeit zu Zeit nur aus Eigennutz erwähnt, ernsthaft jedoch beschäftigt man sich nicht damit, was mit diesen Handlungen zum Ausdruck gelangt. Es stimmt: Die Gefahr von außen kann den Untergang mit sich bringen; doch ein Sieg auf dem Schlachtfeld kann sie vertreiben. Nicht so die Gefahr von innen; ergreift die Auflösung den Körper des Volkes, wird der äußere Erfolg diesen Prozess vielleicht sogar noch steigern, und woher werden wir dann das Gegengift nehmen? Ein fremdsprachiges Sprichwort besagt: Man muss mit den Wölfen heulen, und es scheint, dass dieses Sprichwort von einem bedeutenden Teil unserer Öffentlichkeit akzeptiert wird. Doch heulen wir mit den Wölfen, werden wir bald selbst zu Wölfen, wenngleich nur zu Wölfen zweiten Grades. In der Wirklichkeit ist es, anders als in Märchen erzählt wird, sehr viel leichter, sich vom Menschen zum Wolf als sich umgekehrt vom Wolf zum Menschen zu verwandeln. Manche vertreten die Meinung, die Gefahr, von der ich hier rede, bedrohe nicht die Existenz des Jischuvs, sondern allein seine ethische Eigenschaft; doch hat dieses Argument keine Basis. In diesen Tagen, in denen die Unabhängigkeit kleiner Völker weltpolitisch immer problematischer wird, muss ein um seine erneute Unabhängigkeit kämpfendes Volk der Welt – nicht aufgrund von ihm ererbter Bücher, sondern aufgrund seines Lebens – beweisen, dass seine Existenz als Volk für die Welt von Bedeutung ist. Doch größeres Gewicht als dieses poltische hat das existentielle Argument: Wird man den sich ethisch auflösenden Jischuv noch mit jenem Zion gleich-
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setzen können, das wir einst zu begründen ausgezogen sind? Woher sollen die Begeisterung und die Hingabe dafür kommen, es weiter aufzubauen? Es ist eine fatale Illusion, zu glauben, der nationale Slogan genüge. In dem Moment, in dem Zion nur noch ein staatliches und nicht mehr zugleich auch ein menschliches Ideal bedeutet, wird der Glaube an Zion schwach werden. Man mag wohl als Gegenbeweis zu dieser Position das Beispiel unseres nicht von der inneren Auflösung befallenen Dorfes anführen; doch sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, der Kibbuz könne inmitten von Städten, in denen sich Unreinheit ausbreitet, über lange Zeit hinweg seine Reinheit bewahren. Oder will etwa jemand die Verbreitung von Unreinheit leugnen zu einer Zeit, in der wir zusehen, wie Spekulanten mit der Ehrung der Thora betraut werden, zu einer Zeit, in der wir inmitten des Volkes von den Chancen, Mitgift auf bekannte Weise einzusammeln, sprechen hören, als wäre dies selbstverständlich. Es ist nicht uns anzurechnen, dass die Spekulation auf ein gewisses Maß zurückging; wir haben ihr weder auf der Straße noch in den Zeitungen Pranger aufgestellt. Fordert jemand, unserer Gesellschaft die Wahrheit über sie verlauten zu lassen, so antwortet man ihm zweierlei. Die eine Antwort stützt sich auf das Argument des Nutzens: Es sei verboten, unsere Schande vor der Welt aufzudecken, dies sei doch mit Schaden verbunden. Dieses Argument stellt nichts anderes dar als eine Art Übertragung von Diasporataktiken auf israelische Verhältnisse. Und es ist zu fragen, in welchem Falle wir uns mehr vor der Welt erniedrigen: Wenn unsere Gäste in ihren privaten Briefen in ihre Heimat erzählen, was sie gesehen und erlebt haben, ohne dass dies durch unsere öffentliche Meinung verurteilt worden wäre, oder wenn sie sehen und erzählen, dass wir die Mängel unseres Lebens bekämpfen und ausmerzen, dass diese Mängel nicht dem ganzen Volk, sondern nur dessen degeneriertem, am Rande lebenden Teil der Gesellschaft eigen ist, jenem Pöbel, sozusagen, der mit ins Land gekommen ist? Die zweite Antwort ist jenes von jeher bekannte »Predigt nicht«. Man verwirft von vornherein das Aussprechen der Wahrheit, indem man sie als Moralpredigt bezeichnet; und Predigt ist wie ja allgemein bekannt ist eine niedere Art der Rede, so wie ja die Moral wie allgemein bekannt eine niedere Art der Abhandlung ist, und die Hauptsache ist, wie allgemein bekannt ist, nicht das Ethische, sondern das prachtvolle Leben selbst. Doch ist diese ganze Lehre nichts anderes als Assimilierung der Nation. Unsere Propheten predigten und ein unprophetisches Israel wird nicht mehr Israel sein; unsere ganze Existenz gründet in der großen Regel, dass die Hauptsache nicht ist, dass wir leben, sondern wie wir leben. Wohl gibt es in unseren Tagen keinen Propheten mehr; doch birgt der Spruch
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»Jefta in seiner Generation wie Samuel in der seinigen« einen bedeutungsvollen Wahrheitskern; auch über Jefta war der Geist Gottes – wer bestimmt ist, wahrer Anführer seines Volkes zu sein, muss den Stand des Propheten durchlaufen. Die heutzutage für minderwertig gehaltenen Diener des Geistes haben mit den Propheten eine grundlegende Eigenschaft gemein: Auch sie zeigen ihrer Gesellschaft die Wahrheit über sie. Wir haben die Wahl: Der Gesellschaft oder dem Geist zu dienen; und dies bedeutet: Wir haben die Wahl, der bestehenden Gesellschaft zu dienen, der Gesellschaft wie sie ist, oder aber der zukünftigen Gesellschaft, der Gesellschaft wie sie sein soll; und noch genauer: Wir haben die Wahl, die Gesellschaft zu bestätigen oder sie auf eine höhere Stufe zu heben. Außer in Bezug auf unsere Stellung nach außen hin vertritt der Jischuv keine öffentliche Meinung. Bezüglich der Nachteile und Mängel seines eigenen Lebens vertritt er keinen gemeinsamen Standpunkt. Es stimmt wohl, dass wir verschiedene Positionen vertreten, die ihrer Natur nach parteilich sind; aber eine gemeinsame öffentliche Meinung, was die Zustände innerhalb der Gesellschaft angeht, haben wir nicht. Wer erfährt aus dem Munde der öffentlichen Meinung über den Zustand vernachlässigter Kinder, über die Wohnbedingungen in den beschmutzten Gassen der aus den arabischen Ländern kommenden Neueinwanderer? Es ist angemessen, meine Freunde, dass wir unseren Kräften gemäß und gerade jetzt mit der Begründung einer gemeinsamen Meinung zur inneren Kritik beginnen. Wir haben keinen anderen Weg zur Heilung der Seele unserer Gemeinschaft. Und wir benötigen sie, die Heilung der Seele, gerade zu dieser Stunde, zur inneren Stärkung.
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Warum hat die Golah versagt?
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Die Frage, die Hugo Bergmann in seiner Besprechung meines Buches »Der Geist und die Wirklichkeit« (»M. B.« vom 7. August) an mich stellt: »Warum hat die Golah versagt?«, ist so grundwichtig, daß ich gleich sagen will, was ich in Kürze zu ihrer Klärung und Beantwortung zu sagen vermag. »Die Juden von Babylon oder von Berlin«, schreibt Bergmann, »hatten dieselbe Verpflichtung und (vom Glauben her gesprochen) dieselbe Chance, die Gerechtigkeit in ihrer Gemeinschaft darzuleben und dadurch das Gottesreich der Völker zuzubereiten, wie die Juden in Safed oder der Jischuw heute.« Aber wenn man meine Voraussetzung annimmt: daß wir als Volk berufen sind und unsere Berufung als Volk zu erfüllen haben, dann ist das nicht zutreffend. Ein Volk als solches kann die Gerechtigkeit nur institutionell darleben, d. h. indem es Institutionen aufrichtet, die das ganze Gemeinschaftsleben umfassen, und indem es sie mit dem ganzen Gemeinschaftsleben realisiert. Dies zu vollbringen ist ein Volk nur imstande, wenn und insofern es ein einheitliches, in sich zusammenhängendes Gemeinschaftsleben besitzt und dessen institutionelle Struktur selbst zu bestimmen vermag. Beides war der Golah nach Wesen und Schicksal nicht gegeben. Was dagegen in ihrem Vermögen lag, war: es zu bereiten. Das bedeutet: erstens, an Stelle der noch unmöglichen umfassenden Institutionen fragmentarische zu errichten, die sich aber zu jenen zusammenschliessen und potenzieren können, sowie die Vorbedingungen hierzu gegeben werden, und zweitens, diese Vorbedingungen, d. h. die Sammlung und Verselbständigung des Volkes Israel anzustreben. Das zweite ohne das erste (also ohne den sammlungsgemäßen inneren Aufbau der zu sammelnden Gemeinschaft) hat der sogenannte Pseudomessianismus, das erste ohne das zweite (also ohne die Ausrichtung des Gemeinschaftslebens auf die Sammlung) der Chassidismus unternommen. Jener war in der Tat ein Pseudomessianismus, weil er der messianischen Urbotschaft ihren Kern entzog: den tätigen Anteil des Menschen, des Volkes am Kommen des Gottesreichs, die »Umkehr« zur Aufgabe Israels, und die sozial-institutionelle Bereitung, und schließlich an dessen Statt eine Auflösung des göttlichen Gesetzes, und das heißt: eine Auflösung der Gottesherrschaft verkündigte. Der Chassidismus hinwider richtete in der brüderlichen Gemeinde der Möglichkeit nach die Zelle der institutionellen Struktur auf; aber in seiner Reaktion gegen die Auswüchse des Messianismus wandte er sich – er als Ganzes, ungeachtet der Ansiedlung einzelner Führer und Grup-
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pen in Palästina – von der Zielsetzung der Sammlung und Verselbständigung ab, und die Gemeinde wurde eben nicht zur Zelle. Diese Abwendung von dem politischen, theopolitischen Werk eines gläubigen Israel hatte dann unter anderem zur Folge, daß der Chassidismus sich an seinem eigenen Wesen verging. Er, der aus dem Verlangen nach einem allumfassenden Glaubensleben hervorgegangen war, gab zuletzt dem »Kaiser«, was der beanspruchte: um die Freiheit für die religiöse Betätigung zu erkaufen, machte er sich in unserem Zeitalter zum Handlanger der Regierungen, lieh ihren Wahlparolen und ihren Korruptionsmanövern die religiöse Autorität. Damit schied er, dem Sinn unseres Glaubens entgegen, zwischen einem Bereich, in dem Gott und seine Wahrheit galten, und einem, in dem sie nicht galten. Wo er es tat, war im allgemeinen freilich kein Martyrium mehr zu befürchten; und es war keine wahrhafte Bewährung, keine Bereitung der Erfüllung mehr zu erhoffen. Der moderne Zionismus, an dessen Anfang Moses Hess das institutionelle Darleben der Gerechtigkeit in Zion forderte, hat sich immer deutlicher auf die Bahn eines säkularisierten Pseudomessianismus begeben. Das hätte ohne den Zerfall des Chassidismus nicht geschehen können. Das Erbe des zerfallenden Chassidismus aber hat die moderne nur-religiöse Orthodoxie angetreten, freilich in einer Weise, bei der von der brüderlichen Gemeinde so gut wie nichts mehr übrig blieb. Wogegen mitten im zionistischen Getriebe und zumeist jenseits aller bewußten Treue zur göttlichen Berufung der gemeindliche Geist, der Geist des institutionellen Darlebens der Gerechtigkeit, in Kibbuz und Moschaw eine unscheinbare und geheimnisvolle Blüte entfaltet hat. Mit der Kraft unseres Glaubens, vermutet Bergmann mit Recht, ist etwas nicht in Ordnung. Es ist diese Blüte, es ist die Treue in der Untreue, die uns auf die Erneuerung der alten Kraft zu hoffen erlaubt.
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Arthur Ruppin zum Gedenken
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Es gibt in der Menschenwelt nichts Schöneres zu sehen, als wenn sich ein Mann mit dem Werk, das er auf sich genommen hat, so identifiziert, dass es für ihn nicht gesonderte persönliche und sachliche Erwägungen mehr gibt, sondern beides verschmilzt, Person und Sache nur noch zwei Seiten derselben Wirklichkeit darstellen. Es ist dies aber nicht eine bloss subjektive, im Gefühl und Willen dieses Menschen begründete Erscheinung, vielmehr erkennen wir in solcher Verschmelzung das Walten objektiver Mächte, Schicksal und Bestimmung. Der Mensch wird von diesen Mächten gleichsam zu dem ihm aufgetragenen Werke berufen, und die Identifizierung, die er vollzieht, ist nur der Ausdruck seiner Berufung, ebenso wie der ihm von Menschen, menschlichen Gruppen und Institutionen erteilten Werkauftrag, in dessen Folge sich die Identifizierung vollzieht, als ein Ausdruck jener Berufung angesehen werden darf, als deren Vollstrecker die Menschen, Gruppen und Institutionen fungieren. Gewiss, nicht immer, wenn das Zeichen der Berufung auf einer Stirn steht, nehmen die irdischen Instanzen es wahr und helfen zu seiner Verwirklichung; zuweilen geschieht es auch, dass sie zwar das Ihre tun, aber der berufene Mensch selber sich tragisch verblendet, in der Zerstreuung seiner Kräfte verweilt und es versäumt, das Werk wahrhaft, d. h. in echter Identifizierung, auf sich zu nehmen. Wo aber die drei Elemente, Berufung durch die Mächte, die diesen Menschen mit diesen besonderen Fähigkeiten begaben, der empirische Werkauftrag und die persönliche Lebenskonzentration, die mit diesem auch jene erfüllten, zusammenkommen, da erleben wir die besondere Genugtuung, Zeitgenossen eines Mannes zu sein, der im hohen Sinne sein Werk tut. Ein solcher Mann ist Arthur Ruppin gewesen. Durch den Auftrag, den die zionistische Bewegung ihm erteilte, die Siedlungsarbeit in Palästina zu leiten, sind die Fähigkeiten, mit denen er begabt war, aktualisiert worden, und er hat sich dem aufgetragenen Werk so ergeben, dass er völlig mit ihm zusammenwuchs. Es war nicht so, dass er das Werk regierte und handhabte, diesen oder jenen Gedanken, der ihm kam, hineintat, sondern das Gesetz des Werkes stand über ihm und er erfüllte das Gesetz. Seine Gaben bedienten sich nicht seiner Aufgabe, um sich zu betätigen, sie dienten der Aufgabe in Treue. Etwas, das getan werden sollte, das getan werden wollte, bediente sich dieses Mannes, um durch ihn getan zu werden, und er hatte keinen anderen Willen, als diesem Etwas zur Verfügung zu stehen. So wurde er der Mann eines Werkes, und als dieser wird er im Gedächtnis unserer kommenden Geschlechter verbleiben.
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Arthur Ruppin zum Gedenken
Aber die Tätigkeit, aus der Ruppin durch jenen Auftrag geholt worden war, war eine wissenschaftliche gewesen, und er hat diese Tätigkeit nicht aufgegeben, sondern sie bis an sein Ende fortgesetzt. Als Mann der Wissenschaft hat er unter uns an dieser Universität gewirkt, und wenn die Universität heute sein Gedächtnis ehrt, liegt es ihr naturgemäss ob, seine wissenschaftlichen Verdienste zu würdigen. Man pflegte seine Arbeit als Forscher und Lehrer als etwas anzusehen, was neben seiner eigentlichen Arbeit herging. Aber der Begriff »neben« ist fehl am Platze, wo es um das Leben eines Menschen wie diesen geht, ein Leben, dessen schlichte und naive Einheit keinem Dualismus des persönlichen Seins Eingang gewährte. In einem solchen Menschen, in einem solchen Leben laufen auch die verschiedenartigen Betätigungen nicht nebeneinander her, sondern wachsen aus gemeinsamer Wurzel und verflechten sich immer wieder miteinander. Nach diesem Zusammenhang haben wir zu fragen, wenn wir erfassen wollen, welchen Ort Ruppins wissenschaftliche Arbeit in seinem Dasein einnahm, aber auch, wenn wir erfassen wollen, welche Bedeutung dieser Arbeit zukommt. Die wissenschaftlichen Schriften des jungen Ruppin über allgemeine Gegenstände unterscheiden sich weder in der Themenwahl noch in der Behandlungsweise von den üblichen sozialwissenschaftlichen Abhandlungen. An der Schrift des Siebenundzwanzigjährigen über Darwinismus und Sozialwissenschaft, die im Wettbewerb um den Haeckelpreis geschrieben wurde, ist von tieferem Interesse nur das Kapitel, das »Die Macht der Tradition« betitelt ist und von dem in der Schule Haeckels Geläufigen deutlich absticht. »Wie wir uns körperlich nicht von unseren Ahnen emanzipieren können«, lesen wir da, »so leben und weben wir in ihrer geistigen Hinterlassenschaft als einem unverrückbaren Medium. Wir können uns davon so wenig befreien, als wir über unseren eigenen Schatten springen können.« Hier spricht wohl besondere Erfahrung, besonderer Zusammenhang. Diese Erfahrung und dieser Zusammenhang sind es offenbar gewesen, die zur gleichen Zeit Ruppins Interesse an der Statistik der Juden erweckten. Noch vor der Preisschrift war in einer wissenschaftlichen Zeitschrift seine erste einschlägige Arbeit, über die sozialen Verhältnisse der Juden in Preussen und Deutschland, erschienen. Schon hier ist die soziologische Absicht der Arbeit deutlich erkennbar. Sie vertieft und klärt sich in Ruppins ein Jahr nach der Preisschrift erschienenem Buch »Die Juden der Gegenwart«. Als sein hauptsächliches Bestreben bezeichnet es der Verfasser hier, »auf Grund der Statistik und eigener Beobachtung Tatsachen sicherzustellen und auf diese Weise erst einen festen Boden für die Erörterung der vielen Probleme des Judentums zu schaffen.« »Probleme des Judentums« sind ihrem Wesen nach
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nicht Probleme, die auf der theoretischen Ebene allein zu ihrer Lösung gelangen können, und folgerichtig fügt Ruppin hinzu, dass ihm als Juden »Das Schicksal des jüdischen Volkes mehr ist als eine rein wissenschaftliche Frage«. Damit ist der Charakter dieser Statistik als ein soziologischer gekennzeichnet, und insofern hat Ruppin mit Recht, wie sein Lehrfach an unserer Universität den Namen einer »Soziologie des Judentums« empfing, so auch sein aus den Universitätsvorlesungen erwachsenes Hauptwerk, das 1930, mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem ersten Buch erschien, »Soziologie der Juden« genannt, wiewohl er im persönlichen Gespräch gern betonte, dass dieser Titel nicht von ihm, sondern vom Verleger gewählt worden ist. Genauer genommen wäre die Disziplin als soziologische Statistik zu bezeichnen, wie denn Ruppin es im Vorwort seines Hauptwerks als seine Aufgabe bezeichnet, der Soziologie der Juden eine wissenschaftliche Grundlage zu schaffen. Soziologisch ist eine Hilfswissenschaft wie die Statistik eben dann zu nennen, wenn sie numerisch erfassbare Tatsachen so auswählt und so darstellt, dass die in ihnen beschlossenen sozialen Probleme erkennbar werden, Probleme, die ihrem Wesen nach nicht auf der theoretischen Ebene allein zu ihrer Lösung gelangen können. Von den Anfängen der Soziologie als Wissenschaft ist die Grundabsicht soziologischer Arbeit darin erblickt worden, soziale Verhältnisse richtig zu erkennen, damit sie richtig geändert werden können. Diese Grundabsicht bestimmt Auswahl und Darstellung der erkannten Tatsachen, nicht aber die Erkenntnis selbst, die gerade nur dann für die Änderung der Verhältnisse taugliche Ergebnisse liefert, wenn sie sich von ihrer Grundabsicht unabhängig erhält. Das Apriori aller Soziologie ist ein praktisches, dessen Einfluss aber von der soziologischen Erkenntnisarbeit selbst ferngehalten werden muss. Dieses Apriori ist in der persönlichen Bindung des Soziologen oder soziologisch interessierten Statiskers an seinen Gegenstand in dessen ganzer lebendiger Problematik begründet. Diese persönliche Bindung wird im allgemeinen um so stärker sein, je schwerer und dringender die Problematik des Gegenstands ist. Es gibt aber kaum einen soziologischen Gegenstand, dessen Problematik so schwer und dringend ist wie die des Judentums. Von hier aus ist die Tiefe zu ermessen, in der eine Soziologie des Judentums verwurzelt ist. Die ungeheure, uralte, aber heute gewaltiger als je brennende Problematik des Gegenstands »Judentum« hat schon den jungen Ruppin angetreten, aber er hat ihre Tiefe erst allmählich kennen gelernt. Man merkt dies besonders, wenn man die erste Auflage der »Juden der Gegenwart« von 1904 mit der zweiten von 1911 vergleicht. Dort sieht er seine Aufgabe in einer übersichtlichen Zusammenstellung des statistischen Materials ohne eigentlichen führenden Gesichtspunkt, hier will er
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die Fragestellung der jüdischen Krisis unserer Zeit, wie sie sich in dem Gegeneinander von Assimilation und Nationalismus äussert, statistisch unterbauen. Ein oberflächlicher Betrachter wird geneigt sein zu sagen, die Neubearbeitung sei tendenziös geworden; in Wahrheit ist sie soziologisch geworden. Nicht die Erkenntnis selber, sondern Auswahl, Anordnung, Darstellung des Erkannten ist von der Grundabsicht bestimmt, die so überaus schwere und dringende Problematik des Judentums durch Erforschung seiner Gegenwart lösen zu helfen. Die Wissenschaft wird in den Dienst der Rettung des jüdischen Volkes gestellt, dessen Schicksal dem Verfasser mehr ist als eine wissenschaftliche Frage. Zwischen den beiden Auflagen steht der Auftrag, der den 31-jährigen Ruppin in den Dienst der konzentrativen Kolonisation des jüdischen Volkes gestellt hat. Dieser Auftrag ist es, der ihn soziologisch denken gelehrt hat. Er wurde als aktiver Mensch mitten in die Krisis des jüdischen Volkes, mitten in die lebendige Problematik und die lebendige Entscheidung versetzt, und unter dem Einfluss dieser Situation wurde seine wissenschaftliche Arbeit zum Bestandteil seines Dienstes am Volk. Man kann dem Volk nicht helfen, ohne es in seiner ganzen Wirklichkeit, und das heisst auch: in seiner ganzen Problematik, zu erkennen. Das heisst soziologisch denken. Vor hundertzwanzig Jahren hat Leopold Zunz in der von ihm herausgegebenen »Zeitschrift für die Wissenschaft des Judentums« und als Programm dieser Wissenschaft die »Grundlinien zu einer künftigen Statistik der Juden« veröffentlicht. Der Rahmen war sehr weit gesteckt, denn Zunz verstand unter Statistik etwa das, was Spencer später descriptive sociology nannte, und zudem war das Geschichtliche in die Aufgabe einbezogen, insofern als es das Gegenwärtige bedingt. Wie Statistik des Menschengeschlechts, so begreift auch Statistik eines Volkes nach Zunz »dessen Sein in einem gegenwärtigen Zeitmomente, welches Sein, Resultat einer vorhergegangenen Geschichte, einen notwendigen Charakter hat.« Statistik bedeutete Aufnahme eines Inventars des gesamten Gemeinschaftslebens mit allem, was aus der Vergangenheit in die Gegenwart eingegangen, sie bestimmt und geformt hat. Aus diesem Begriff der geschichtlichen Notwendigkeit ergab sich für die Juden, dass in ihrer statistischen Erfassung, d. h. in der wissenschaftlichen Erfassung ihrer Existenz, in Ermangelung der durch die Geschichte selbst vertilgten Kennzeichen, und insbesondere einer staatlichen Einheit, »ein ideelles Element, nämlich das Judentum, obenan zu stellen« sei. Die Erhaltung dieses ideellen Elements als solchem war für Zunz das einzige, was die geschichtliche Notwendigkeit gestattete; die Möglichkeit der Errichtung einer neuen sozialen Basis für dieses ideelle Element wurde demgemäss nicht in Betracht gezogen. Von da aus bestimmte sich das
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gesamte Programm der künftigen »Statistik«: das Inventar war aufzunehmen, um das geschichtlich gewordene ideelle Judentum, das einzige, was zu retten war, zu retten, um es zu erhalten, zu schützen, zu verteidigen. Dieses Programm ruhte auf der Verkennung der Tiefe der Krisis, die nicht mehr von den Sphären des Geistes aus, nur noch von den vitalen Untergründen aus überwunden werden konnte. Dem Glauben an eine solche Überwindung aber stand der falsche Begriff einer geschichtlichen Notwendigkeit entgegen, die die vitalen Kennzeichen eines Volkes unwiederbringlich vertilgen. Das Programm verlangte die Aufnahme des Inventars eines gesamten Volkslebens und sprach zugleich diesem Volke die Wiedergewinnung der wesentlichen Lebenselemente ab. Nur Fragmente davon sind damals zur Ausführung gelangt, nur sie konnten dazu gelangen. Achtzig Jahre später hatte eine kleine Gruppe von Zionisten den Ausbau einer Statistik des jüdischen Volkes in ihr Programm einer Regeneration der nationalen Kultur aufgenommen. Es gelang uns, Max Nordau von diesem Teil unserer Forderungen zu überzeugen. »Wir müssen mehr wissen«, sagte er auf dem 5. Zionistenkongress. »Wir müssen zuverlässig erfahren, wie das Volksmaterial beschaffen ist, womit wir zu schaffen haben werden. Wir brauchen eine ganze anthropologische, biologische, ökonomische und intellektuelle Statistik des jüdischen Volkes.« Auch uns wie Zunz bedeutete Statistik eine Inventaraufnahme, aber eine Aufnahme des Inventars des ganzen menschlichen Stoffes für den Neuaufbau des Volkslebens als Volkslebens, eines Volkslebens, das in jenem »ideellen« Element, von dem wiedergeborenen Judentum, in allen seinen Bezirken, in all seinen Strukturen und Institutionen durchdrungen war. Dies war die Anschauung, von der aus wir damals den »Verein für jüdische Statistik« begründeten, dessen Erbe bald danach Arthur Ruppin mit seinem »Bureau für Statistik der Juden« und seiner »Zeitschrift für Demographie und Statistik der Juden« antrat, dies die Anschauung, von der seine Bücher zur soziologischen Statistik der Juden getragen waren. Bei unserer vorletzten Begegnung, wenige Wochen vor seinem Tode, sagte er zu mir: »Nun arbeiten wir vierzig Jahre zusammen.« Die »Statistik der Juden«, die Zunz forderte, bedeutete eine historische Erkenntnis: die Gegenwart war als Residuum der Vergangenheit zu betrachten. Zunz sah »die uralte Einheit« »zersplittert«, »zerbrochen«; in eben dieser Zersplitterung und Zerbrochenheit, als in dem Ergebnis des historischen Prozesses, waren die Juden zu betrachten; dies war der Gegenstand der Forschung, nichts anderes konnte es sein. Nach einem wurde innerhalb dieses Gegenstands nicht gefragt: nach den Gegenkräften. Je nach der Stärke und Beschaffenheit der Gegenkräfte aber bedeutet die
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vorgefundene Zersplitterung einen Endpunkt, der eine historistische, eine statische Behandlung erfordert, oder einen Wendepunkt, dem nur eine soziologische, eine dynamische Betrachtung gerecht werden kann. Die Statistik der Juden, der Ruppin seine wissenschaftliche Arbeit widmete, war eine soziologische; sie ruhte auf der Erkenntnis der Krisis als Krisis, d. h. als Kampfes zwischen Kräften und Gegenkräften, an dem der soziologisch Denkende und Forschende eben durch sein Denken und Forschen teilnimmt; denn die Gegenkräfte erkennen heisst sie fördern. Diesen soziologisch-dynamischen, soziologisch-aktualen Charakter der statistischen Arbeit Ruppins haben wir als den wesentlichen Zug seiner geistigen Entwicklung erkannt, als wir die zweite Auflage der »Juden der Gegenwart« mit der ersten verglichen; wir erkennen ihn wieder, nicht mehr als Entwicklungsmoment, sondern als das lebendige Motiv, das immer wieder belebend durchbricht, wenn wir den zweiten Band der »Soziologie der Juden« mit dem ersten vergleichen. Der erste Band gibt, wie die erste Auflage der »Juden der Gegenwart«, eine Übersicht des Materials, des »sozialen Aufbaus der Juden«, der zweite Band gibt eine Darstellung des »Kampfes der Juden um ihre Zukunft«. Was hier erforscht wird, ist die aktuale Entscheidungsmächtigkeit der Stunde, die Krisis als Krisis. Und der Forscher kann und will nicht verhehlen, dass er selber unter den Kämpfern ist. Dass er sich zur Teilnahme am Kampfe bekennt, tut der Wissenschaftlichkeit seiner Haltung keinen Abbruch. Die Aufgabe, die er sich im Verhältnis zur Gegenwart der Juden gesetzt hat, ist ja nicht, sie als Ergebnis der Geschichte zu erfassen, sondern als Bereitung der Zukunft. Er hat sich den Gegenkräften ergeben, die kämpfend diese Zukunft bereiten; dies in der Darstellung in der echten auf sachlicher Erkenntnis begründeten Weise zu äussern, gehört zur wissenschaftlichen Aufgabe nicht weniger, als es zum Werk, zur Teilnahme am Kampf gehört, der eben auch durch diese Darstellung gefördert werden soll. Man lese etwa in Ruppins vier einschlägigen Büchern von 1911 bis 1940 das Kapitel, das von dem Verhältnis zwischen Juden und Arabern handelt: wie sich hier die gerechte Erörterung der beiderseitigen Argumente mit der starken Kundgebung des Zukunftsmittlers verbindet, ist ein edles Beispiel echten soziologischen Denkens. Ich habe eben von vier Büchern Ruppins zur Soziologie des Judentums gesprochen. Genauer genommen sind es fünf, denn die zwei Auflagen der »Juden der Gegenwart« sind verschiedener von einander als die zwei letzten Bücher, »The Jews in the modern world« von 1934 und »Jewish fate and future« von 1940 von einander verschieden sind. Vielleicht sind es sogar sechs, denn das hinterlassene Werk, das er im Hinblick auf die künftige Friedenskonferenz über die Judenfrage geschrieben hat und das
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er anscheinend noch kurz vor seinem Tode hat vollenden können, ist offenbar von der gleichen Art. Wenn wir die 5 veröffentlichten Bücher neben einander betrachten, merken wir etwas Denkwürdiges, das vermutlich auch für das unveröffentlichte Buch gilt: sie sind im Grunde alle ein und dasselbe Buch, das immer wieder neu geschrieben worden ist. Es handelt sich dabei keineswegs bloss um Umarbeitungen im gewöhnlichen Sinn, so dass neu bekannt gewordene Tatsachen eingeschaltet, Daten berichtigt und ergänzt würden, sondern das Buch wird jeweils in einer veränderten Situation seines Gegenstandes und auf diese veränderte Situation hin neu geschrieben. Dabei kann es sich um eine neue Situation der Diaspora oder um eine neue Situation in Palästina oder um beides handeln. Genauer gesprochen: es ist das Angesicht der jüdischen Krisis, das sich jeweils wandelt. Der Mann Arthur Ruppin blickt in das Angesicht der Krisis, er nimmt jeweils die Wandlung wahr und beginnt ein neues Buch, beginnt das alte neu zu schreiben. Es gilt neue Entscheidung, es gilt neue Erkenntnis, Erkenntnis der veränderten Wirklichkeit, für die neue Entscheidung. Er selber aber, Arthur Ruppin, steht ja auf einem vorgeschobenen Posten im Ringen um die Überwindung der Krisis. Die Waffen, die er schmiedet, sind auch für ihn selber bestimmt. Sowie er merkt, dass es Zeit ist, neue Waffen zu schmieden oder die alten umzuschmieden, geht er an die Arbeit. Aber Ruppins wissenschaftliche Bedeutung beschränkt sich nicht auf seine Bücher zur Soziologie des Judentums. Auch seine Schriften und Aufsätze über Fragen der Kolonisation Palästinas lassen die soziologische Fundierung erkennen. Das liegt wieder an einer Tatsache der Praxis: Ruppin dachte auch als Kolonisator soziologisch, und dies hat auch die literarischen Arbeiten geprägt, die er schrieb, um die sich ihm in der Praxis bietenden Siedlungsprobleme zu klären. Die Grundfrage, die sich ihm für seine kolonisatorische Arbeit stellte, war nicht die gewöhnliche: »Wie siedelt man Juden in Palästina an?«, sie ging darüber hinaus, er fragte sich: »Wie gründet man eine jüdische Gesellschaft in Palästina?« Daraus ergaben sich ihm führende Gesichtspunkte für die Erörterung der einzelnen Probleme. So sah er, dass, soll die Gesellschaft als Gesellschaft entstehen und sich nicht erst im Lauf der Geschlechter unter schwersten Konflikten und Krisen aus einem sozialen Chaos zu einem sozialen Kosmos entwickeln, eine Aufbau-Basis aus sozial gefestigten, sozial aktiven Gruppen erforderlich ist: eine neue Gesellschaft baut sich aus Gesellschaften auf, und der atomisiert verbleibende Teil des Volkes darf nur die Peripherie um ein organisch aus sozialen Zellen zusammengesetztes zentrales Gebilde abgeben; aus dieser Erkenntnis, die er zwar nicht formuliert hat, aber die auf dem Grund seines kolonisatori-
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Arthur Ruppin zum Gedenken
schen Denkens ruhte, ergab sich Ruppins grosses soziologisches Verständnis für die Bedeutung der Kwuza für den Jischuv. Und im Zusammenhang damit trat für ihn, als er nach dem ersten Weltkrieg vor der Wiederaufnahme der kolonisatorischen Tätigkeit in Palästina auf erneuerter Grundlage stand, die Frage der »Auslese des Menschenmaterials« in den Vordergrund. Zu einem Aufsatz in meiner Zeitschrift »Der Jude« und in einem in den wichtigen Punkten damit identischen Kapitel des Buches über den Aufbau des Landes Israel hat er mit dem stärksten Nachdruck ausgesprochen, dass »von der richtigen Lösung dieses Problems im wesentlichen die ganze Struktur des zukünftigen jüdischen Gemeinwesens in Palästina abhängt.« Er bekämpfte den »Kultus der Zahl« und forderte, dass eine zielbewusste Einwanderungspolitik darauf gerichtet sei, »den Prozentsatz der für das jüdische Gemeinwesen in Palästina geeigneten Elemente auf ein Maximum und den Prozentsatz der ungeeigneten Elemente auf ein Minimum zu bringen,« mit anderen Worten: die sozial baufähigen und bauwilligen Menschen sollten den weit überwiegenden Teil, den massiven Kern der Alija bilden. Damit hat Ruppin, wie er selber einmal über ein frühes Stadium im Werden seiner Gedanken redend, ausgesprochen hat, die Anschauung Achad-Haams interpretieren wollen. Er hat sie soziologisch interpretiert und er hat sie zweifellos richtig interpretiert. Die späteren Ereignisse, die durch äusseren Druck bedingte Masseneinwanderung, die eine Einwanderungspolitik der Auslese unmöglich machte, hat die grosse soziologische Einsicht Ruppins praktisch über den Haufen geworfen. Welch ungeheurer Schaden damit einer organischen Entwicklung des Jischuw zugefügt worden ist, wird eine künftige Zeit erkennen, in der der Primat des aussenpolitischen Denkens wieder dem des innenpolitischen, der Primat der Durchsetzung wieder dem der Gestaltung, der Gestaltung einer jüdischen Gesellschaft in Palästina, gewichen sein wird. Manches ist Ruppin in seinem Planen für Überwindung der jüdischen Krisis durch konzentrative Kolonisation geglückt, manches ist ihm aus der Hand geschlagen worden, durch die Fatalität der Geschichte und den Irrtum von Menschen. Er aber beharrte unbeirrt, treu dem ihm gewordenen Auftrag, in rechtschaffener Treue Wissen und Tat verbindend, die Früchte der Erkenntnis dem Werke zubringend. Danke ihm Gott, dass er uns in der Zeit vor dem Tiefpunkte der Krisis einen Mann gegeben hat, der erkannte um zu handeln und handelte aus Erkenntnis.
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Von einem junggebliebenen Alten
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Unter uns ist einer, der einen Bund mit der Zukunft geschlossen hat. Damit will ich nicht sagen, er glaube an die Zukunft, steht ihm doch die Klugheit im Gesicht geschrieben. Woraus aber entspringt ihm diese Klugheit, wenn nicht daraus, dass er in einem Bund steht? Natürlich hat er keinen Vertrag in der Tasche; solch einen Vertrag kann man nicht schließen. Doch einen Bund gibt es, einen ungeschriebenen und nicht zu schreibenden Bund. Auch dieser Bund stützt sich auf Bedingungen. Und wer hat diese Bedingungen zu erfüllen? Wer, wenn nicht wir? Letztendlich zeigt sich, dass dieser Mann doch glaubt. Er vertraut auf uns. Er vertraut darauf, dass wir die Bedingungen seines Bündnisses erfüllen. Worauf stützt sich dieses Vertrauen? Was haben wir getan, um dieses Vertrauen gewinnen zu können? Was ist es, das es bestärken könnte? Er vertraut darauf, dass wir die Bedingungen erfüllen, weil er sie erfüllt. Und was tut er? Er lebt sein Leben in Frieden mit denen, mit welchen wir in Frieden zu leben haben, hängt davon doch unser (und ihr) Schicksal ab. Damit will ich mehr sagen, als dass er nach Frieden strebt oder sich bemüht, Frieden zu stiften (tun dies doch auch wir) – nämlich, dass er sein Leben wirklich in Frieden lebt. Dabei handelt es sich nicht um jenen kleinen Frieden, welcher nichts anderes als Nicht-Krieg ist, sondern um den großen, positiven, kreativen Frieden, der ausreicht, das Leben eines Menschen, die Leben vieler Menschen, auszufüllen. Ich bezeichne diesen Mann als den jüngsten unter uns. Wer aber ist jung? Der, der ein Bündnis mit der Zukunft hat.
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Zwei Dichtungen In meiner Kindheit sann ich immer wieder über den bekannten Midrasch nach, der erzählt, dass in der Stunde, als der Heilige-gepriesensei-Er die Ägypter im Meer ertränkte, er die diensthabenden Engel schalt: »Meine Geschöpfe ertrinken im Meer und ihr sprecht Gesang vor mir!« Ich dachte: »Welcher Gesang? Ist es einer der Gesänge, die sie üblicherweise zum Lob ihres Herrn singen, oder ein besonderes, neues Lied, ein Siegeslied, Ausdruck des Obwaltens über die Feinde des Herrn? Ja, – so dachte ich, – es muss ein Siegeslied sein, das er ihnen verbot. Aber – überlegte ich weiter – in dieser Stunde sangen doch unten Moses und die Israeliten den großen Gesang, der ohne Zweifel im Himmel erwünscht war. Kann es sein, dass den Engeln etwas verboten ist, was den Menschen erlaubt ist? Und wird nicht in einem weiteren Midrasch erzählt, dass zur Zeit als unsere Väter am Meer standen und sangen, über ihnen die Schechina weilte, und wirklich, so dachte der Vierzehnjährige, wie kann der Mensch einen solchen Gesang singen, wenn nicht die Schechina über ihm weilt? Wird hier also mit doppelten Maß gemessen?« Da stieg in meinem Inneren die Antwort auf: Die Engel wollten ein Siegeslied singen, während die Menschen ein Rettungslied sangen. Die Engel wissen, was Sieg bedeutet, denn sie sind die Verkörperung des Sieges über das Böse, aber sie wissen nicht um die Bedeutung von »errettet werden«, sie können es nicht wissen. Der Mensch weiß um die Bedeutung von »errettet werden«, und er singt von dem, was er weiß, und sein Lied ist dem Himmel willkommen. Die Freude des Erretteten, der dem dankt, der ihn rettet, ist auch dann willkommen, wenn die Errettung vor dem Untergang durch den Untergang des Unterdrückers geschieht. Wir sind nicht berechtigt uns über den Untergang von Gottes Geschöpfen zu freuen, außer wenn dies aus dem Abgrund der menschlichen Bedrängnis und im Erstaunen über unsere Errettung geschieht. Aber – so fragte ich mich, nachdem ich so weit gekommen war – wird davor nicht davon erzählt, wie der Heilige-gepriesen-sei-Er sich von dem Maß des Erbarmens zu dem Maß des Gerichts wendete, als der Engel Michael vor ihm stand und ihm zeigte, wie die Ägypter mit den Kindern der Hebräer verfuhren. Ist hier nicht ein Widerspruch zwischen seinem über sie Gerichtsitzen nach dem Maß des Gerichts und seinem folgenden Schelten der Engel? Nein, gerade so – ein Sturm brach aus in der Seele des Knaben und weitete seine beklommene Brust –, genau das ist das göttliche Maß: gerechtes Gericht und nicht Auskosten des Sieges, Vernichtung dessen, was zwangsläufig untergehen muss, um die Saat der Zukunft zu retten,
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und nicht Genugtuung über die durchgeführte Vernichtung, das ist das Maß dieses Gottes und das ist seine Lehre an diejenigen, die »in seinen Wegen gehen« sollen.
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Wir errichten eine Bühne Wir errichten eine Bühne, um von ihr aus einmal monatlich zu sprechen. Wir beabsichtigen, eine freie Bühne einzurichten – eine freie Bühne in dem Sinne, dass sie keiner parteipolitischen Meinung unterworfen ist, doch nicht in dem Sinne, dass von ihr aus in geordnetem Durcheinander alle möglichen Meinungen verlautet werden. Es soll hier einer gewissen Einstellung gegenüber der Wirklichkeit Ausdruck verliehen werden; wohl wird man nicht umhin können, diese zu diskutieren – wir werden verschiedenen Stellungnahmen Raum geben, sofern es in ihnen darum geht, die Probleme verstehen zu helfen, mit denen wir uns beschäftigen. Intellektuelles oder literarisches Niveau für sich genommen soll hier unserer Ansicht nach nicht im Vordergrund des Interesses stehen; es scheint uns nichts weiter als eine technische Vorbedingung zu sein, dass, wer auf diese Bühne kommt, um zu sprechen, sein Denken in Worte zu fassen weiß; wichtig ist uns dagegen, dass von dieser Bühne aus spricht, wer etwas zu sagen hat, das, indem es gesagt und gehört wird, dem Wohl des Jischuvs, dem Wohl des Volkes Israel und der menschlichen Sache dient. Dies »Etwas« kann mit einem wohl vieldeutigen und leicht irreführenden, doch unabdingbaren Begriff bezeichnet werden: Wahrheit. Unserer Ansicht nach sollte uns darum zu tun sein, dass wir unsere Augen aufmachen und uns, ohne etwas auszublenden, unsere Umgebung und das, was sich in ihr ereignet, ansehen, um dann mit Zivilcourage zu benennen, was wir gesehen haben, ohne dabei Dinge zu verbergen. Die Probleme unseres öffentlichen Lebens können wir in Wahrheit nur mittels der Erkenntnis der ihnen zugrundeliegenden Wirklichkeit verstehen. Diese Wirklichkeit ist von Phrasen verhüllt; diese müssen wir durchdringen. Darunter gibt es auch Phrasen edler Art; diese sind die übelsten, da es schwer ist, sie nicht mit den Ideen zu verwechseln, deren Auswüchse sie sind. Wir müssen sie vor dem Richterstuhl der Wirklichkeit und der Ideen anfechten, verraten sie doch sowohl die Wirklichkeit als auch die Ideen. Die von dieser Bühne aus reden und deren Zuhörer haben die gemeinsame Aufgabe, unsere Lebenswirklichkeit im Lichte der Ideen zu betrachten, welche eben diese Lebenswirklichkeit begründen. Die hier errichtete Bühne hat die Aufgabe, dabei zu helfen, im Jischuv eine gesunde öffentliche Meinung zu entwickeln. Nach außen hin haben wir eine öffentliche Meinung, die lautstark verkündet wird; doch der nach innen hin gerichteten öffentlichen Meinung, d. h. der selbstkritischen Erkenntnis, können wir uns gewiss nicht rühmen. Es fehlt uns an gemeinsam erworbener Kenntnis der Mängel unserer Wirklichkeit – deshalb erman-
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geln wir auch des Willens, diese gemeinsam zu beheben. In einem sich neu formierenden Volk wie dem unseren können doch dieser Diagnose gesellschaftlicher Zusammenhänge und – damit einhergehend – die aufgrund dieser Diagnose für notwendig erachtete Therapie der Gesellschaft nicht das Werk Einzelner sein; es bedarf der Zusammenarbeit all jener, die über die Fähigkeit verfügen, Gewohnheiten zu brechen. Wir überschätzen den konkreten Beitrag solch einer Bühne zu diesem gemeinschaftlichen Werk nicht: Wer jedoch der Wahrheit in Wort und Rede aufrichtig dient, muss glauben, dass, obgleich der Wert des Geistigen heutzutage im Sinken begriffen ist, wahre Rede noch immer vermag, zu klarerer Erkenntnis und selbst zu richtigerem Handeln zu verhelfen. Wir glauben daran: also errichten wir diese Bühne. Die Stunde der Krise ist im Anzug; die Stunde der Entscheidung rückt immer näher. Der hohen Forderung, die diese Stunde an uns stellt, können wir nur dann gerecht werden, wenn wir eine absolut klare Verbindung zwischen der Realität des Jischuvs und der Idee Zions herstellen. Dies zu leisten, vermögen wir allein, wenn wir zur nackten Wirklichkeit und zur lauteren Idee vordringen. Diese Idee, wird sie sowohl in ihrer revolutionären Kraft als auch in ihrer Tiefe gänzlich erfasst, beschließt drei augenblicklich verschleierte Elemente in sich. Zunächst gilt, dass aufgrund der neugeschaffenen Verbindung von Volk und Land eine – wie Herzl es ausdrückte – »bessere Gesellschaft« entstehen muss, womit nicht allein bessere Institutionen, sondern auch gerechtere Verhältnisse zwischen Individuen wie auch Gesellschaftsgruppen gemeint sind. Zweitens: es reicht nicht aus, an dem noch ungestalten, zwischen den Kontinenten verbindenden Tor ein eigentümliches und anderen fremdes Staatsgebilde zu errichten; vielmehr haben wir als eigenständige Volksgemeinschaft mit aller Kraft unseres Herzens, unseres Verstands und unserer Hände bei der Gestaltung und Entwicklung Vorderasiens mitzuwirken. Drittens: wir können unser Ziel nur im Bündnis mit den Völkern erreichen, welche eine wahre Menschheit stiften, eine Menschheit also, die die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Volksgemeinschaften sowohl auf Freiheit als auch auf Gerechtigkeit zu gründen wagt. Dies ist die zugleich alte und neue Bedeutung von »Zion«. Diese Idee mit all ihren aktuellen Konsequenzen zu klären, an ihr die Wirklichkeit zu messen und mit ihr vergleichend zu prüfen und ihr bei der Gestaltung unseres Lebens angemessenen Einfluss zu geben – dies ist die uns allen auferlegte Aufgabe dieser Stunde. Dieser Aufgabe, der auch diese Bühne zu dienen hat, müssen wir uns unverzüglich stellen.
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Social Experiments in Jewish Palestine An Analysis of the Forms of Palestinian Settlement Proving The Primacy of the Land and the Jewish Soul in Their Building
When we compare the outer aspect of our early settlements, which were merely groups of small private farmsteads, with those newer ones which were created by the communal will of human beings in co-operation, we find that we are dealing with something very different than merely another phase in the development of modern architecture. Those early settlements with their frail row of cottages reminded one of the street of some small Moldavian town, of which one was surprised to learn that it had a name. The ingenious and harmonious layout of the living quarters of the new colonies around a functional center is reminiscent of those noble suburbs of Amsterdam where groups of like-minded workers established the external structure of their lives around the fixed center of a cultural meeting place or people’s hall. What is thus expressed is a change in the fundamental motivation of life. We must not regard this process as a thing so simple as a development from »individualism« to »collectivism.« As a matter of fact, it is precisely in the semi-individualistic workers’ settlements, the Moshve Ovdim, that we find the most satisfying architectural solutions of human settlements. What these villages represent is the passage from a decaying conception of communal living to a new and organic one. This conception cannot yet be stated in a formula; it has as yet no appropriate expression. Various experiments still vie with each other, but it is from these experiments that new structures are being evolved. The two apparent opposites, the Kvutza and the Moshav are both drafts of a future and as yet unknown design. One decisive historical characteristic distinguishes all these experiments from the many remarkable, though too often freakish and shortlived, experiments of communists or anarchists made in the nineteenth century and especially in North America. All these were based on some religious or pseudo-religious doctrine or some fixed secularist argument. They were petrified from the beginning; they lacked the principle of life and withered. The new Palestinian settlements founded on the principle of »self labor« are different in essence. The point of departure here was not conformity to a utopian dream, but the stark reality of the environment. The question was: How it was possible under difficult political conditions and with a very little money to make fruitful an area of land which can be made so only by the extreme exertion of human energy.
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The land had to be settled by people whose physical strength was often inadequate to the task and who had to rely upon their capacity for devotion. Necessity was the formative principle. It was necessity that spurred these people toward co-operation and mutual help and common responsibility. This was not the only incentive. There was also the fervent desire for a worthy form of living. And to these people, who had been through the burning hell of subjection to foreign tyranny, »worthy« could not mean merely a good isolated life, but a life shared with one’s equals, a life of mutual trust, mutual help, mutual responsibility, a life in which the community vouches for the individual and the individual for the community. This impulse has never crystallized in a doctrine; it has remained flexible and plastic. For this very reason it has been able to cope with actual conditions and find a variety of forms. It is never utopian but determined by place and circumstance. Yet environmental pressure has never been permitted to be absolute. The demand of fact had to be brought into harmony with the claims of the soul. Anti-Particularist
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Another and closely related factor distinguishes Palestinian settlement from all other similar experiments: it is strongly anti-particularist. The supreme question is not that of the individual group. Every group recognizes itself as an integral part of the re-activated national life which comprises not only existent but potential group-formations. Every group knows its actions and experiences to be an episode in the general process of rebirth. The will of each group is bent toward the total task which must be fulfilled for this people in this land. Assuredly each group does in a measure regard its fate and function as separate and self-sufficing, but only as it is an active unit in the complete structure of national regeneration. The most significant fact in this respect is, of course, that the land which is being developed is, as a rule, the inalienable property of the nation and only leased by the group. The group creates and experiences and all that it thinks and plans is at once absorbed by the associated groups. From the beginning there has been a powerful tendency among the various groups to confer, to exchange experiences, and to act in the unison of a common venture upon a common path. This cohesive tendency has been formulated in the »law of the Kvutzoth«, that is, »mutual help between the Kvutzoth as a continuation of Kvutza idea«, or, more broadly: the transference of the social code prevailing within each Kvutza to the relations of the Kvutzoth to each
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other. In other words, it is intended that the collective groups cohere according to the same principle on which they themselves were built. The large community is rightly formed when the local groups which constitute it stand in the same relation to each other as do the individuals who constitute a local group. Moreover in practice the dangerous aspect of collective egoism is thoroughly recognized and means of obviating it are energetically taken. A most important further fact is that the common basis of all Palestinian social experiments is the principle of »self-labor.« This rediscovery of the nationbuilding quality of labor is not a foreign or assimilated idea. It grew out of an original process. Our world has lost its devout kinship with the purpose of labor. The Chalutz who builds his Kibbutz or his Moshav has reacquired the piety of labor out of the deep and tragic pain which the modern exilic Jew feels when he realizes the futility of all he does. For his work is either actually unfruitful, being only the acquisition and manipulation of values, or else it is regarded as such by the society in which he lives. The Chalutz has rediscovered the preciousness of labour out of his longing for a productive activity which will be welcomed by the community to which he belongs. It is out of this devout will to work that he has created the various communal forms and experiments. The type of men and women who form the vanguard of this daring advance into a new land of both the body and the spirit, the people of the »nucleus« are strict toward themselves and toward their comrades. From time to time they practice severe self-criticism in respect of work done and results achieved. The reality revealed in a given hour is measured against the possibilities which the soul divines. Again and again there come moments when an entire group stops and takes counsel with itself and asks: How do we stand? At what point have we arrived? Have we not strayed from the path? How shall we find it again? But such selfcriticism is never guided by dogma. The image in the soul derives not from an abstract »thou shalt,« but from a vision of what is possible and unfulfilled. The solution is never sought in an apparently noble but really fateful »all or nothing«, but in a sacred and sober desire to wring from each hour its best possibilities. Man Most Important Factor Between the various forms of settlement there is a continuous competition as to which has achieved most and is therefore in harmony with
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existing conditions and can extract a maximum productivity therefrom. At times, it is true that too much stress is laid on material issues and the regeneration of the Jew not sufficiently emphasized. Yet in this planning which is measured not by years, but by generations, it is never wholly forgotten that man himself is the most important factor and condition and that he himself as a whole with his personal problems of life-space and life-rhythm, his physical and spiritual needs, is the chief item in the accounting to be made to history. Let it be remembered that achievements such as these would never have been realized without the intense urge of our Chalutziuth for a better and a truer life. If the extraordinary thing which has happened is to be continued for generations to come, it is necessary that this urge shall always find as profound a fulfillment as is humanly speaking possible. The groups and settlements compete not only in the economic sphere, but in respect of their ability to give the settlers and their children a permanent sense of security and of leading a good life and, above all, to preserve in the growing generation the enthusiasm of the revolutionary stage, the will to remain and participate. The spiritual competition is, of course, often unconscious. Each type of settlements offers its members certain advantages as well as certain disadvantages peculiar to both type and group. Each class has fostered a specific idea of life. But it may be said that in each positive values predominate. Today even more than at an earlier epoch much is still in a state of flux. Beyond all planned action a deep transformation is taking place, a shifting of values, a new vision of aims, a subtle process of selection toward a better life, the exact future of which no man can foresee. But it may already be said that the processes active in Jewish Palestine are not ripening for the Jewish people alone. General Sir Arthur Wauchope who, as head of the government from 1931 to 1938, became well acquainted with this land and with this work, rightly emphasized the fact that these »astonishingly successful« communal villages set an example for the whole world and will be of the highest import for the foundation of a new social order. Wholly without programmatic intention the resettlement of Palestine has become the social experiment station for the future humanity.
MBW 21 (02697) / p. 420 / 10.10.2019
An Chaim Weizmann Als wir damals, Freund meiner Jugend, damals, vor dreiundvierzig Jahren, in der »heroischen« Zeit des Zionismus, mitsammen gegen den Mann kämpften, den wir doch als unsern Führer anerkannten und verehrten, gegen Theodor Herzl, und zugleich gegen die überwiegende Mehrheit der Bewegung, was war es doch, das uns antrieb? War es nicht dies, dass wir die faszinierenden Schlagworte nicht mehr zu ertragen vermochten, seit sich uns die Wirklichkeit offenbart hatte, die harte Wirklichkeit unserer Stunde mit ihrer schweren und unscheinbaren Aufgabe? Und was war es, was Dich, Chaim Weizmann, in einer späteren Epoche der Bewegung zum Führer erhob, wenn nicht dieser ursprünglich nur uns, unserer kleinen Gruppe eigene Wirklichkeitssinn und Wirklichkeitswille, aus dem die entscheidende Forderung aufstieg: nicht, wie Herzl meinte, zuerst »Bedingungen« und dann »Dinge« schaffen, sondern zuerst Dinge und dann die ihnen entsprechenden Bedingungen, immer wieder zuerst Dinge und dann Bedingungen? In der langen Zeit, die seit jenen Tagen des gemeinsamen Kampfes verstrichen ist, habe ich manche Meinung, die ich vertreten hatte, nachgeprüft und zu leicht befunden. Aber die eine Einsicht hat sich mir immer mehr befestigt: das höchste Gebot kommt zu uns aus der Tiefe der Wirklichkeit. In jeder Stunde sind die Schlagworte mächtig und der Kern der Wirklichkeit verborgen; gerade darum kommt es für uns, Söhne der Krisis, und beauftragt, mit ihrer Ueberwindung zu beginnen, darauf an, immer wieder den Bund mit der Wirklichkeit zu erfüllen, in deren Tiefe sich die Zukunft bereitet. Und was findet jeder von uns vor, wenn die Sonne sich neigt und er nach dem Gewinn seines Lebenstags fahndet? Die Erfolge von einst sind ihm, ohne dass er es merkte, entglitten und zu Boden gefallen; nichts haftet ihm an den Händen als die Erinnerung an jene Berührungen mit den harten Händen der Wirklichkeit. Ich weiss Dir heute nichts Besseres zu wünschen, mein Freund, als das Gefühl, unverbrüchlich im Bund mit der Wirklichkeit zu stehen, der eignen Jugend treu geblieben zu sein und das von ihr angefangene Werk vollenden zu dürfen.
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»No modern set of Ten Commandments« is required for the modern Jews, but only the old eternal ones to be fulfilled earnestly and in every situation in life. First of all the prejudice that »they are being generally accepted« must be given up. Secondly how to fulfil the Commandment, ›Thou Shalt Have No Other Gods.‹ Certainly nobody any more worships a God called Baal, but who truly keeps away from worshipping any Baalim, whose might established our world: The Baal of Mammon or the Baal of Success, or by what ever other name the Idol is called. What distinguishes Judaism from other religions is not that it proclaims moral commandments but that it sees all morality expressed in God’s exclusive reign over all realms; not only in private but in public life as well, and refuses to admit in any of these realms any other norm as standard, other His norm. The old eternal commandments were spoken to a people, at the very hour of its becoming a people, and in order to let it grow into a true people; so that it should know that there is no Lord, but the Lord of Lords, and that all its members are united in relation to Him as children are related to father and mother. This is addressed to ›you‹«. By ›you‹ is not meant an isolated individual, but man living in brotherly fashion with his fellows. To be peopled by men like these, the ›House of Israel‹ was at one time founded as the beginning of a humanity; it will not be rebuilt except through ›houses‹ like these. Israel’s task is not accomplished yet; the true people do not yet exist, but every Jew can assist in its becoming accomplished by joining with his own life (and nothing less) the living connection. It must be a real living people, yet one through which old eternal claims of spirit for true national life will be fulfilled. People must have in Zion a strong organic centre which will radiate into all communities of the world and unite them more and more into a people; and for that purpose Zion must be – Zion: The place ›full of right and justice.‹ Hither every Jew will orientate as to the seat of a King. »This is no abstract idea; it is addressed to ›you‹.«
MBW 21 (02697) / p. 422 / 10.10.2019
Die Krise und die Wahrheit Die Welt des Menschen steht am Anfang einer großen Krise. Wir sehen nur die äußeren Anzeichen und diese sind so schrecklich, dass unser Blick zumeist gebannt ist und wir es nicht wagen, ins Innere vorzustoßen. Dort, im Inneren, hat sich die schrecklichste Sache festgesetzt, und das ist – der Mensch ohne Wahrheit. Damit meine ich nicht den Lügner, sondern denjenigen, der dem Glauben, dass es eine Wahrheit gibt, den Scheidebrief ausgehändigt hat. Seine ganze Niedertracht rührt daher, dass er die Wahrheit, die sich über seinem Kopf befindet, dass sein ganzes Sein daran gemessen und geprüft und beurteilt wird, das, was wir mit Gewissen bezeichnen und das Hitler als jüdische Erfindung bezeichnet haben soll, und es verliert seine Existenz gegenüber der uralten Frage – was ist Wahrheit? Man gibt die Antwort: »Wovon ich andere überzeugen kann, dass sie es glauben«. Aber er darf sich nicht immun fühlen gegen dieses tödlichste Gift; der, der zwar meint, an die Wahrheit zu glauben, aber nur weil er sich diese Frage nicht stellt. Die Krise breitet sich über die menschliche Welt aus, das Licht entfernt sich von uns, und das ist keine Gestirnfinsternis, die wir zu berechnen vermögen, sondern diejenigen, die sich nicht betrügen, empfinden das, was schon die sündig gewordenen Adam und Eva empfanden. Nach einer aggadischen Erzählung wussten sie beim ersten Sonnenuntergang nicht, ob die Sonne wiederkehren und aufgehen würde. Kann in dieser Stunde der Rest Israels, der vor der Katastrophe des Judentums bewahrt wurde, etwas geben, eine Art Hilfe, Rettung? Oder ist die Lage der Dinge so, dass wir nur noch an die Rettung unseres eigenen Volkes vor der Vernichtung denken dürfen? Das eine hängt vom anderen ab. Als Helfenden – wird uns geholfen. Das, was wir zu geben vermögen, was wir dem Chaos dieser Stunden entgegenstellen können – das ist der Begriff der Israel eigenen, der biblischen Wahrheit. Der Wahrheitsbegriff, der in der modernen Zivilisation vorherrscht, lässt sich auf den griechischen Begriff zurückführen. Er bedeutet das Sein der existierenden Sache, seine Erkenntnis und seine Anerkennung. Der biblische Begriff der »Wahrheit« hat einen entschieden anderen Sinn; seine Bedeutung ist – was fortdauert, was fest besteht, was verlässlich ist, und es ist nichts, das wir erkennen und anerkennen, sondern etwas, das wir tun und vergegenwärtigen. Wahrheit ist eine Sache von Existenz und Leben. Sie wirkt zwischen den Gegenständen, sie geschieht in der Welt. Sie soll in der Welt geschehen. Zum biblischen Wahrheitsbegriff zurückzukehren bedeutet: Über euren Köpfen befindet sich
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Die Krise und die Wahrheit
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die Wahrheit und eine Wahrheit gilt für alle – aber sie tritt in eure Welt nur, wenn ihr sie ausübt; jeder seine Wahrheit, wenn ihr mit den Gegenständen fortwährend und verlässlich lebt; dann ereignet sie sich, dann findet ihr sie als eure ureigene Wahrheit, die menschliche Wahrheit. Das bringt der Spruch unserer Weisen, dass die Wahrheit das Siegel des Heiligen, gelobt sei er, ist, sehr klar zum Ausdruck. Wenn sie sein Siegel ist, wo ist aber sein mannigfaltiger Wachs, in das er sein Siegel eindrückt. Gut zu sein – das bedeutet, bereit und gewandt wie ein Siegel zu sein. Die jüdische Erfindung des »Gewissens« ist das lebendige Wissen, wann wir mit dem Siegel übereinstimmen und wann nicht. Wenn der Mensch von der siegelnden Hand abweicht, entschwindet sie, entschwindet das Licht aus unserer Welt. Aber das ist keine Lehre, die ihre Befriedigung im sprachlichen Ausdruck findet. Sie will im Leben selbst gelehrt werden, was kein Einzelner allein vermag. Nur wenn das Volk der Bibel, der Rest Israels, trotz allem mit ihr seine Existenz weiterlebt, kann sie im gesamten öffentlichen Leben, das in der Golah zerstreut und in Zion konzentriert ist, die Form des göttlichen Siegels annehmen und diese zeigen, nur dann wird der biblische Begriff der Wahrheit der Welt »zu einer großen Errettung« kundgetan werden. Diese Worte werden aus dem Gefühl der großen Krise heraus gesprochen, aber als etwas, was sein muss, und es ist möglich, damit anzufangen, gerade jetzt! Wie ist es möglich, damit anzufangen? Als Israel in die Wüste Sinai kam, bot Gott an, aus ihnen »ein heiliges Volk« zu machen, aber als er ihnen die Volksgesetzgebung, die zehn Gebote gab, wandte er sich an jeden Einzelnen; er wandte sich an das Volk, indem er sich an jeden Einzelnen wandte. Unmöglich kann man mit der Wahrheit anfangen außer jeder für sich selbst.
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God’s Word and Man’s Interpretation The Editor, The Palestine Post Sir, – As I am aware that something I said as Chairman, following Dr. James Parkes’ last lecture on »Judaism and Christianity« has led to misrepresentations, I should be grateful if you would publish both the text of the passage and the declaration to which it referred as contained in the record of the public hearings before the Anglo-American Committee of Inquiry of March 23, 1946: … »May I be permitted to add some remarks which I do not and cannot pronounce on behalf of the University, but exclusively on my own behalf. A short time ago we had to witness an event that must have inflicted upon anyone anxious for religious truth a special suffering additional to his suffering because of the decline of humanity. More than anything else it would have been the point in this hour of decision that religion, indeed the religions should have spoken in unison an incorruptible word of truth and justice, thereby revealing that, in spite of everything, religion as an authority immediately responsible to God stands above the atrocious battles raging between the peoples of this miserable mankind. In that very hour there were among the representatives of religious communities, aside from noble and even sublime speakers, some, who, instead of paving the way for the Peace of God, were found to add fuel to hatred and hostility. One of them – it was, I am sorry to say, a Christian voice – used as a political argument the declaration that God has abrogated and annulled his Covenant with Israel, and this he declared in the self-same city, where once, in the hour of the first catastrophe, the word was spoken of Israel: ›I will bring them back to this place‹ and then, ›I will make with them an eternal covenant‹, – two pronouncements that, in this connection, cannot be understood as meaning any other community but this people of the Jews. Taught by the prophets of my race, I am accustomed to place criticism on my own community before criticism on any other. But this is the limit. Here not only Israel has been done an injustice – if it were so I should have remained silent today about that event – but an injustice has been done to the Word of God and his Truth –« Extract from the statement by Archbishop Hakim, representing the Arab Christian churches: »… the claim of the Zionists to Palestine is based on Biblical promises in the Old Testament. These promises were abrogated by the New Testa-
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ment, and all promises given to the people of Israel in the Old Testament have been annulled by the advent of Christ.« Yours, etc., Martin Buber Jerusalem, April 4.
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Reine Verantwortung Arthur Ruppin war einer jener kostbaren Menschen, die mit ihrem Leben eine Lehre darstellen. Sie haben selbstverständlich keine dahingehende Absicht, ja sie haben nicht einmal irgendein Bewusstsein davon, aber wenn sie dahin sind und du ihre reine Gestalt, von allen Beiläufigkeiten und Zufälligkeiten befreit, betrachtest, wenn du ihr Leben als eine klare Einheit erblickst, leitest du davon gleichsam eine Lehre ab. Es ist nur selten eine Lehre, die sich in begrifflicher Sprache umschreiben lässt. Doch gibt es einzelne Menschen, bei denen auch dies möglich ist, so schlicht und so eindeutig war ihr Wesen und Dasein. Ruppin gehört zu ihnen. Versuchen wir die Lehre seines Lebens in einem einzigen Satz auszudrücken, so ergibt er sich uns alsbald von selber. Er lautet etwa so: Verantwortliches Handeln ist Handeln von der Erkenntnis aus. Das ist nun scheinbar nichts Besonderes, ja mancher wird vielleicht geneigt sein es für eine altbekannte Maxime zu halten, die nicht wiederholt zu werden braucht, ja etwa auch noch für eine veraltete, die für unsere Zeit mit ihren neuartigen Bedingungen und Aufgaben gar nicht mehr geeignet ist. Wer so denkt, irrt. Der Satz ist gewiss seinem Inhalt nach, vielleicht auch seinem Wortlaut nach, uralt, aber er ist einer der wichtigen und gewichtigen Sätze, die immer neu gesagt werden müssen, gerade in die veränderten Bedingungen und Aufgaben einer neuen Zeit hinein neu gesagt werden müssen und nun auch wirklich neu klingen können, neu wirken können weil sie die neue Problematik dieser neuen Zeit treffen, sie beleuchten, sie klären, sie beantworten. Zumal ist dies der Fall, wenn solch ein Satz nicht an den Gedankenhimmel der Theorie geschrieben ist, sondern von lebenden Menschen dargelebt und vorgelebt wird, und die Praxis somit der Theorie bezeugen darf, dass es stimmt, dass es wirklich so ist, dass es zumindest wirklich so sein kann. Schon die ersten zwei Worte des Satzes, schon sein Subjekt weist heute mit Nachdruck gesprochen, auf die Problematik unseres Zeitalters hin. Denn es ist sogleich offenbar, dass hier über verantwortliches Handeln deshalb etwas ausgesagt werden soll, weil ein solches Handeln erwünscht, ja notwendig erscheint. Da stossen wir denn aber sogleich auf die in unserer Zeit vielverbreitete, wenn auch nicht immer mit fascistischer Offenherzigkeit ausgesprochene Überzeugung, dass es gar nicht auf verantwortliches, sondern einzig auf erfolgreiches Handeln ankommt. Man geht zwar nicht geradezu so weit, den Erfolg als die eigentliche positive Qualität einer Handlung zu erklären und z. B. die wohlangelegte Planung und das Gelingen eines Raubzugs als gute Tat zu preisen; sowie
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aber an Stelle des privaten der kollektive Erfolg tritt, sowie man also an Stelle von »was einen sich in meinem Interesse auswirkenden Erfolg bringt« sagen kann: »was einen sich in unserem Interesse auswirkenden Erfolg bringt«, sowie man also das Ich durch ein Wir decken lassen kann, geht es ohne weiteres an, den für das Volk, für die Partei, für das Unternehmen sich ergebenden Erfolg und Nutzen als eine Grundlage der gültigen Moral zu verkündigen. Wer diesem Zeitgeist gegenüber den Wert des verantwortlichen Handelns vertritt, muss damit beginnen deutlich zu machen, was er damit meint. Denn es ist sicherlich das Schlimmste für einen solchen Begriff und für einen solchen Satz, wenn man ihn, den man von früheren Zeiten übernommen hat, zitiert und rezitiert, ohne sich etwas, oder doch: ohne sich genug dabei zu denken. Was bedeutet denn nun dieses Attribut »verantwortlich«? Offenbar geht es darum, dass der Handelnde sowohl in der Stunde, wo er sich entscheidet, so und nicht anders zu handeln, als auch in der Stunde, wo er seinen Entschluss zur Ausführung bringt, sich bereit weiss, diese Handlung zu verantworten. Und was heisst das: sie verantworten? Offenbar: jemand gegenüber, der befugt ist von mir Rechenschaft über mein Handeln zu fordern, diese Rechenschaft abzulegen, ihm gegenüber die Richtigkeit meiner Handlung von ihren Motiven bis zu ihren Ergebnissen, zu vertreten, zu erklären, zu begründen und freilich dann auch, wenn ich mit meiner Rechenschaft scheitere, die erwiesene Unrichtigkeit meiner Handlung zu büssen. Aber wer ist denn das, der befugt ist, von mir Rechenschaft zu fordern? Etwa mein Vorgesetzter? Wie aber, wenn es sich für mich, nach strengster Prüfung des Sachverhalts unzweideutig ergibt, dass der von ihm zur Beurteilung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit meiner Handlung angewandte Maßstab selber unrichtig ist? Nehmen wir an, ich sei Mitglied einer Partei, hätte von der Parteileitung den Auftrag erhalten, einen bestimmten Plan auszuführen und hätte ihn abgeändert, weil ich, vor die Tat gestellt, einsah, dass sie ungerecht, dass sie frevelhaft sei? Natürlich, das Parteigericht wird mich verurteilen, aber vielleicht werde ich gerade damit erst meiner Verantwortlichkeit genug getan haben. Es muss also eine absolute Instanz sein, der gegenüber ich die eigentliche, die wahre Rechenschaft ablege; es muss eine absolute Instanz sein, mit der konfrontiert alle Instanzen, die sonst von mir Rechenschaft fordern, sich als relativ, also, wenn sie jener widersprechen, als unbefugt erweisen. Wir dürfen es uns nicht leicht machen und sagen, diese Instanz sei aber unser Gewissen; das Gewissen ist etwas in uns und kann keine Absolutheit beanspruchen, vielmehr ist es ein Organ, das zwar sehr unvollkommen ist, aber doch in einem gewissen Maße befähigt ist, die absolute Forderung, die uns jeweils gegen-
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übertritt, zu vernehmen. Der Gläubige nennt die absolute Instanz Gott; für den nichtreligiösen Menschen, der nur die Absolutheit dieser Instanz weiss, ist an Gottes Stelle etwas getreten, was er mit allgemeinen Begriffen nur sehr unzulänglich zu bezeichnen vermag, aber was sich auch über seine Seele mächtig erzeigt. Dieser Instanz gegenüber ist jede Kollektivität, auch die höchste, auch Volk und Vaterland ein relativer Wert; wie sie mich richtet, so richtet sie Völker und Vaterländer; vor ihr bin ich absolut verantwortlich, und diese Verantwortung kann mir keine Kollektivität, auch nicht die höchste, abnehmen. Keine Kollektivität, der ich angehöre, kann mich durch ihre Verfügungen dessen entheben, dass ich im Sinne dieser Verantwortung verantwortlich handle. Arthur Ruppin neigte zwar, wie ich persönlich von einem herzbewegenden Spaziergang vor sieben Jahren weiss, zu einem gläubigen Verhältnis zum Sein, aber wenn er auf die Frage nach einer absoluten Instanz Auskunft zu geben gehabt hätte, würde er gewiss keine religiöse Formel verwendet haben. Und dennoch, es ist zweifellos, dass das, was ich Gefühl der Verantwortung einer absoluten Instanz gegenüber nenne, ein fester Bestandteil seines Lebens und seiner Erfahrung war. Mag man das, dem er sich bei seinem Handeln in Erez Israel als Vertreter der zionistischen Organisation entscheidend verantwortlich fühlte, eine Idee nennen – worauf es ankommt, ist dies allein, dass ihr seiner Anschauung nach der Charakter der Absolutheit zukam. Ihr Inhalt konnte nicht die Sache des Volkes allein sein, die durch die »Sachen« anderer Völker beschränkt und relativiert wird; sondern mit Notwendigkeit war in ihr die Sache des jüdischen Volkes mit den höchsten Werten des Seins unlösbar verbunden, und das bedeutet, dass für Ruppin ausserhalb dieser Werte und ihrem Gericht entrückt die Sache des jüdischen Volkes weder zu fassen noch zu führen war. Dies ist ja die tiefgehende Spaltung und [unlesbares Wort] im Innern der nationalen Idee von ihren Anfängen her: ob sie als solche oberstes Gebot ist oder ob man sie als den Weg zur Verwirklichung des Wahren und Guten durch das eigene Volk zu erwählen und ihr in diesem Sinn zu dienen hat; mit anderen Worten: ob es uns obliegt unser Volk so wie es ist, eben weil es unser Volk ist, zu bejahen und zu behaupten oder ob es ihm und uns als Ziel gesetzt ist seine besonderen Anlagen in der Richtung auf ein Leben der Wahrheit und Gerechtigkeit zu entfalten. Es war Rousseau, der den Polen 1772 in der Stunde ihrer schweren Krisis riet, Bräuche zu erhalten und einzuführen, weil sie dem polnischen Volk eigen seien, auch wenn man sie im übrigen als »schlecht in gewisser Hinsicht« erkennt; es war der Deutsche Herder, der um die gleiche Zeit aussprach, das Gute sei auf der Erde ausgestreut und jeder hätte danach zu streben, dass es in seinem Volke
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in dessen besonderer Gestalt aufgehe. Es ist kein Zweifel möglich, welche von beiden Ideen es war, der Ruppin nachfolgte. Verantwortliches Handeln an der ihm anvertrauten Stelle hiess für ihn: jüdische Menschen im jüdischen Land so anzusiedeln, dass damit Grund gelegt wird zu einer jüdischen Gesellschaft, in der sich die höchsten und edelsten Anlagen des jüdischen Volkes entfalten. So gefasst durfte die Zionsidee oberstes Gebot sein, und in jeder Entscheidung, die zu treffen war, durfte und musste man sie als oberste Instanz befragen; für jede, die man getroffen hatte, war ihr Rechenschaft abzulegen. Nun aber sagt der Satz, von dem ich als von der Quintessenz des Lebens Arthur Ruppins ausgegangen bin, verantwortliches Handeln sei Handeln von der Erkenntnis aus. Gibt es Erkenntnis? Immer wieder hat das menschliche Denken sich selber danach befragt, ob denn Erkenntnis möglich sei, und immer wieder ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass der Mensch zwar die Wahrheit adäquat nicht erkennen könne, dass er aber auf seine, die menschliche, die gebrochene Weise erkennen könne und solle, und dass ohne dies, ohne dieses seinem Wesen nach unadäquate und doch wahrhafte Erkennen sein Leben in der Welt nicht ein menschliches zu nennen ist. Unserer Zeit war es vorbehalten, die Wahrheit als solche zu diskreditieren, indem sie zu einer blossen Funktion des kollektiven Nutzens erniedrigt wurde, und zwar des kollektiven Nutzens, wie ihn die Machthaber der Stunde sahen oder vielmehr zu sehen vorgaben. Lassen Sie mich Ihnen eine kleine, aber charakteristische Begebenheit erzählen. In der ersten Zeit der Hitlerherrschaft wurde ein pädagogischer Schriftsteller, Ernst Krieck, der mich in früheren Jahren mehrmals um Rat und Auskunft angegangen hatte, plötzlich zum Rektor der Universität Frankfurt ernannt, an der ich bis dahin die allgemeine Religionswissenschaft lehrte. Dieser Mann hatte damals begonnen eine nationalsozialistische Zeitschrift herauszugeben. In dieser erschien ein Aufsatz von ihm, darin erklärt wurde, der jüdische Gott sei nichts anderes als ein Symbol des bekannten Schachergeistes der Juden und das ganze Verhältnis des jüdischen Volkes zu ihm sei auf einem Handelsgeschäft begründet, in dem es ihm nämlich zum Entgeld für seine Anbetung und Verkündigung die Möglichkeit liefere, die Menschenwelt auszubeuten und zu beherrschen. Da Krieck diese seine Ansicht durch eine Reihe falscher Zitate und historischer Entstellungen unterstützte, liess ich ihm eine Entgegnung anbieten, in der ich mich verpflichtete auf eine »Richtigstellung der Tatsachen« zu beschränken. Meinem Mittelsmann, einem geistigen Führer der katholischen Jugend antwortete Krieck etwa: »Der Buber ist ein schätzbarer Mann aber wie naiv ist er: Das ist ja eine politische Zeit-
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schrift!« Damit sagte er, ohne es zu ahnen, dass er seinen eigenen Gott und den Gott der Seinen für den jüdischen ausgegeben hatte: der (vermeintliche) kollektive Nutzen wurde hier ins Königsgewand der Wahrheit gekleidet und als das Absolute ausgerufen. Innerhalb der grossen Krisis des homo sapiens atque insipiens, die angehoben hat, kommt der Krisis des Wahrheitsbegriffs eine besondere Bedeutung zu. Bis die Menschenvölker wieder an die Wahrheit glauben lernen, die zwar unzugänglich über den Häuptern aller steht, aber zu der jeder Mensch und jedes Volk ein ihm eigentümliches wahrheitliches Verhältnis und damit eine Lebenswahrheit gewinnen kann, bis dahin wird es, wie keine wirkliche allgemeine Autorität, so auch keinen wirklichen Völkerfrieden und keine wirkliche Menschheit geben. Ruppin glaubte an die menschliche Erkenntnis der Wahrheit als an die zwar, wie alles Menschliche, immer wieder dem Zweifel und der Kritik von innen her ausgesetzte und immer wieder der Korrektur und der Erneuerung bedürftige, aber dennoch im innersten Kern unerschütterliche Grundlage des verantwortlichen Handelns. Als solche ist die Erkenntnis naturgemäss eine zweifache: Erkenntnis der Idee und Erkenntnis der Wirklichkeit. Die Idee will stets neu erkannt werden. Nie dürfen wir ein Programm als ihren gültig festgelegten Ausdruck anerkennen, immer neu müssen wir es mit ihr selber konfrontieren, ihrem Zeugnis gegenüberstellen, ja ihrem Gericht unterwerfen. Nie dürfen wir, wenn wir eine pathetisch glatte und wirksame Parole vernehmen, wie die sich selber täuschende kollektive Selbstsucht sie herzustellen pflegt, uns einreden lassen, sie sei von der Idee selber eingegeben. Die Idee wird uns, wenn wir sie ernst und unbefangen genug befragen, ihre Meinung über solche Programme und Parolen nicht versagen. Je tiefer wir sie erkennen, um so bereiter wird sie sich erzeigen, uns kundzutun, was wahrhaft unserem Volke frommt. Das wird zuweilen gegen den kleinen Vorteil der Stunde stehen, aber öfter noch gegen die billigen Illusionen über das, was uns Nutzen bringt. Über nichts ist es so leicht sich und andere zu täuschen als über das, was einem Volke nützt. All dies muss in die richtende Atmosphäre der Idee gerückt werden; aber eben nicht einer Idee, wie wir sie uns in geistiger Bequemlichkeit zurechtgelegt haben, sondern der wahren Idee, die sich unserer strengen Bemühung um ihre Erkenntnis tiefer und tiefer erschliesst und sich uns in ihrer Verbindung mit dem Absoluten offenbart. Dazu aber muss die Erkenntnis der Wirklichkeit treten. Zwar muss die Wirklichkeit immer neu von der Idee aus betrachtet werden, um das an ihr zu entdecken, was unmittelbar unsere wahre Sache und unsere wahre Aufgabe angeht. Aber die Idee muss auch immer neu an der Wirklichkeit
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erprobt werden; denn wenn sie sich nicht fähig erweist, eine gegebene Wirklichkeit zu bewältigen, ist es noch nicht die wahre Idee, das heisst: wir haben sie noch nicht genügend erkannt. Die Wirklichkeit, die ich meine, lässt sich noch genauer bezeichnen: es ist die Situation. Für unsere Gemeinschaft verantwortlich handeln können wir nur, wenn und insofern wir die gegenwärtige Situation unserer Gemeinschaft ohne vorgefasste Meinung und ohne phraseologische Verschleierung erkennen, mehr noch: wenn und insofern wir die Weltsituation in allen Punkten erkennen, wo sie das Schicksal unserer Gemeinschaft berührt und es zu beeinflussen vermag. Unsere Kraft wird sich nur dann in der rechten Weise auswirken, wenn wir uns des wahren Verhältnisses der Kräfte in der Welt, in der wir stehen, zulänglich bewusst sind; unser Interesse wird nur dann in der rechten Weise zur Geltung kommen, wenn wir es in das zulänglich erkannte Koordinatensystem des allgemeinen Wettkampfs der Interessen einstellen. Vor allem aber: wir müssen stets unsere eigene Wirklichkeit, so wie sie ist, in den Maßen, die sie gewonnen hat, in die Rechnung stellen, denn sie ist es, auf der wir mit Notwendigkeit, wie unsere wirtschaftliche, so auch unsere politische Arbeit aufzubauen haben. In der politischen Arbeit wie überall erweist sich jede Ersetzung von Wirklichkeit durch Worte letztlich als Inflation, die zum Zusammenbruch führt. Als einst Arthur Ruppins, Chaim Weizmanns und meine Generation sich auf ihren zionistischen Weg begab, gab sie diese Forderung aus: nicht mehr Worte als Wirklichkeit, nicht mehr Papier als Wirklichkeit, nicht mehr »Rechte« als Wirklichkeit! Rechte, die eine geschaffene Wirklichkeit bestätigen und befestigen, sind allein echte Rechte; Rechte, die der Wirklichkeit vorauseilen und von ihr aus noch gar nicht zu verwirklichen sind, bleiben, auch wenn es etwa gelingt, sie in scheinbar verbindlichen Worten zu Papier zu bringen, hohle Fiktionen, die ihr Widerspruch zur Wirklichkeit ins Nichts verflattern lassen wird, und das Ergebnis davon ist nicht Zuwachs an Bestand, sondern Verlust und vielleicht Bankrott. Das wusste Ruppin in seinem verantwortlichen Handeln an der Besiedlung Erez Israels mit Juden: es galt in einer zunächst mit Notwendigkeit langsamen, aber nie erlahmenden Arbeit Wirklichkeit zu schaffen, um dann Rechte darauf aufzubauen; es galt das Ausmass der Arbeit und das Tempo der Arbeit nach aller Möglichkeit zu beschleunigen, wobei man freilich von Mass und Tempo der Mitwirkung des jüdischen Volkes abhing; es galt in alledem Geduld zu bewahren, Atem zu bewahren, den klaren festen Blick auf Ziel und Weg zu bewahren, das rechte Verhältnis zwischen Wirklichkeit und Worten zu bewahren. Das hat Ruppin getan.
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* Von seinem Bewusstsein aus, Verwalter von Ruppins geistigem Vermächtnis zu sein, hat der Irgun Olej Merkaz Europa auf seinem Namen einen alljährlich zu verteilenden Preis für wissenschaftliche Arbeiten aus seinem Arbeitsgebiet gestiftet. Auch über diesem Preisausschreiben steht die Losung: Verantwortliches Handeln ist Handeln von der Erkenntnis aus. So war es denn folgerichtig, dass, als der Preis vor einem Jahr zum erstenmal zur Verteilung kam, er der Arbeit Landshuts über die Kwuza verliehen wurde, dem ersten und als solchen trotz einiger Mängel sehr beachtenswerten Versuch einer soziologischen Darstellung dieser für den Aufbau des Landes fundamental wichtigen Siedlungsform, die Arthur Ruppin in besonderer Weise am Herzen lag. In diesem Jahr hatten es die Preisrichter, unser teurer uns eben entrissener Freund, Dr. Gustav Krojanker, יתבדל לחיים, Dr. Alfred Bonné und ich, etwas schwerer, da keine der eingereichten Arbeiten unseren Ansprüchen in jeder Hinsicht entsprach. Wir beschlossen daher, den Preis in zwei gleiche zu teilen und den einen der Arbeit »Schutz nationaler Minderheiten und Umsiedlung von Nationen in Vergangenheit und Zukunft« zu verleihen, als deren Verfasser sich Dr. W. Fraustaedter in Tel-Aviv erwies, den anderen der Arbeit Jewish mixed farming in Palestine, die wie wir feststellten von L. Samuel in Rechowoth stammt. Beide Arbeiten behandeln Gegenstände, die so verschieden sie untereinander sind, doch beide zu Ruppins nächstem Interessenkreis gehören, so weit gespannt ist dieser Kreis eben gewesen. Beide beruhen auf selbständiger und gründlicher Forschung. Von beiden darf gesagt werden, dass sie zu der Erkenntnis beitragen, von der allein aus verantwortlich gehandelt werden kann.
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Ich beabsichtige nicht euch die Persönlichkeit von Jehuda Leib Magnes sel. A. zu beschreiben, seine Ideen und sein Werk. Das Feld ist zu weit und das Herz zu bedrückt. Ich will nur versuchen mitzuteilen, was mich nach fast jedem unserer zahlreichen Treffen dazu brachte, dass in mir das Gefühl aufkam: »Wie gut, dass es diesen Menschen auf der Welt gibt!« Und im letzten Monat verging kein Tag ohne dass ich fühlte: »Wie grausam ist es, dass dieser Mensch nicht mehr ist! Ach, wir werden nicht mehr seine Stimme hören, die zugleich sanft und mächtig war!« Wir Angehörige der Hebräischen Universität denken in dieser Stunde natürlicherweise zu allererst an sein Verhältnis zu dieser Institution, und dies zu recht? Das ist der Ausgangpunkt, um das Wesen des Menschen zu begreifen, der uns entrissen wurde. Magnes gehörte nicht zu den ersten, die diese Institution erdachten und planten, aber wenn es erlaubt ist, von einem einzigen Menschen zu sagen, dass er sie aufbaute, dann ist Magnes dieser Mann. Als er in den Dienst der Universität trat, existierte sie noch nicht, durch seinen Dienst wurde sie ins Leben gerufen und blühte auf. Er ähnelte dabei einem Ritter, der eine Prinzessin in seinem Traum sieht und sich danach verzehrt, in ihren Dienst zu treten, sie, die noch gar nicht zur Welt gekommen ist; aber die die Kraft seiner Zuneigung in die Wirklichkeit zieht und in ihr wirkt, und siehe, da kommt das Traumgeschöpf ihm entgegen und sie ist seiner Liebe würdig, denn dieser Ritter ist das exakte Gegenteil von Don Quichotte, und seine Liebe ist die Liebe, wie sie im Schaffensprozess wirkt. Als er anfing, seiner Herrin zu dienen, begnügte er sich nicht mit Gesängen ihr zu Ehren, die er oft anstimmte, sondern er hörte nicht auf, sie nach ihren Bedürfnissen auszuforschen und eifrig bedacht zu sein, sie zu erfüllen, und was ihm in seiner Hingabe in den Sinn kam, ging er direkt an zu verwirklichen, mit dieser phänomenalen Energie, die seiner Seele zu eigen war. Alles, was in die Sphäre der Universität, in ihren Besitz oder in ihr Tätigkeitsfeld, gelangte, war ihm etwas Heiliges; und all das war ihm Grund zur persönlichen Sorge und persönlichen Hingabe. Wer ihn im Dachgeschoss der Nationalbibliothek, einer Art Adlerhorst, aufsuchte, dem schien es im ersten Augenblick, dass er in die Ferne schaut und nicht wahrnimmt, was in seiner nächsten Umgebung geschieht; wenn dieser ihn aber beispielsweise nach dem kranken Kind einer seiner Mitarbeiter fragte, wusste der Besucher, dass dieser Mensch in der menschlichen Wirklichkeit der Institution lebt, die er aufgebaut hat, und er nahm innerlich nicht nur an der Geistesarbeit dieser Institu-
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tion, sondern auch am Schicksal der hier sich tätig mühenden Menschen Anteil. In Wahrheit schaute er nicht in die Ferne, wenn er nach unten blickte, sondern auf die aktiv wirkende und passiv erlittene Wirklichkeit dieser Stadt, Stadt des Segens und des Fluches. Dem Ort, an dem er wirkte, maß Magnes höchste Bedeutung zu, Ort im wörtlichen Sinn, dieser Ort. Die Universität war in seinen Augen nicht nur die zentrale wissenschaftliche und bildende Anstalt unseres Volkes, sondern auch in gewisser Weise und vielleicht mehr als das der Sitz des Geistes in Jerusalem, gerade in Jerusalem. Eine tiefe und eigentümliche Beziehung hatte Magnes zu Jerusalem, eine der Augen und des Herzens. Seine Augen konnten wirklich beobachten und sein Herz floss über von Licht und Glanz; sein Herz verwandelte in Schönheit, was seine Augen sahen. Dieses verklärende Wirken war aber von ganz anderer Art als das der romantischen Fantasie. Das lag darin begründet, dass er mit seinem Sehen der gegenwärtigen Wirklichkeit dieses Landes, dieser Stadt auch in ihre Vergangenheit blickte. In der Stunde, in der er unsere Landschaft betrachtete, sah er die großen Gestalten der Urzeit, wie sie darin umhergingen, und sah sie mit topografischer Genauigkeit. Als ich mit Magnes zum ersten Mal auf dem Har ha-Zofim stand, vor zweiundzwanzig Jahren, zeigte er mir den Weg, auf dem David vor Absalom flüchtete: »Hier, hier«, sagte er ein ums andere Mal und der Zuhörende verstand mit klopfendem Herzen, ja, hier! Und dieses Sehen und Zeigen hatte nichts von Geschichte als reine Unterhaltung. Damals unterbrach Magnes seine eigene Rede und sprach wie zu sich selbst: »Der unglückliche Sohn«. Wieder ist er hier, der menschliche Blick! Viel zu leicht übergehen wir die unglücklichen Söhne, wenn wir uns der unglücklichen Väter erinnern. Jedoch speist sich diese vom Herzen ausgehende Verklärung nicht nur aus der Beziehung zur Vergangenheit, sondern auch aus der Beziehung zur Zukunft. Beides ist in das Bild der Stadt eingewoben: das Zion der Erinnerungen und das Zion der Prophezeiungen. Diese Landschaft war für Magnes eine wirklich messianische Landschaft. Der sichtbare Fluch weilt über dieser Stadt wie ein Nebel, der die Zeichen des verborgenen Segens in ihrem Angesicht verdeckt. Aber für kurze Augenblicke teilt sich der Nebel und die »Stadt der Gerechtigkeit« kommt zum Vorschein. Aus der Schau hauchte er dem Symbol »Zion« in seiner Seele neues Leben ein. Das war die Natur von Magnes, dass seine Art, die Wirklichkeit zu sehen, den Symbolen neuen Lebensatem verlieh, die zu erstarren drohten. Für sehr, sehr viele von denen, die sich Zionisten nennen, ähnlich der Mehrzahl in allen Völkern unserer Epoche, liegt der hauptsächliche Wert der großen Symbole in ihrer Anziehungskraft auf die Massen;
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für Magnes hingegen lag die Bedeutung des Symbols darin, dass es die Summe der Bewährung in der Vergangenheit und Hinweis auf das der Zukunft geltende Versprechen darstellt; der Sinn dieser Bewährung war für ihn die Liebe und der Sinn des Versprechens – der sich immer wieder erneuernde Ansporn. Nach diesem Maßstab sind nur wenige in unserem Lager der Bezeichnung »Zionist« würdig. Damit unterscheidet sich der wahre Zionist von allen anderen Nationalisten – inmitten dieser Stadt, die sich in größter Verlegenheit befindet, schaut er die zukünftige »Stadt der Wahrheit«. Nach mehreren der Reden Magnes’, die er bei Feierlichkeiten der Universität hielt, hörte ich Stimmen, die ihn als glänzenden Prediger bezeichneten, und gewiss hören Menschen Predigern seiner Qualität ehrfürchtig zu, bloß dass sie seine Worte als etwas ansehen, das keinen Bezug zur Wirklichkeit hat und deswegen keine praktischen Schlussfolgerungen aus ihnen zu ziehen sind. Das ist ein schwerwiegender Irrtum. Zunächst einmal lehrte Magnes keine Moral, er ermahnte und verdammte die Sünden der Menschen nicht, er wollte nicht ihre Seelen bessern. Seine Überlegungen galten in der Hauptsache den Grundlagen des öffentlichen Lebens, ein Gegenstand, der sicherlich von großer praktischer Bedeutung ist. Die Kritik, die er äußerte – hier ist ihr Ursprung. Zwar verabscheute er die Gewaltherrschaft als unmoralisch und als wider den göttlichen Auftrag; aber er bekämpfte sie nur in dem Maße, wie sie die Grundlagen des öffentlichen Lebens erschütterte, – und haben wir zwischenzeitlich nicht gelernt, dass er Recht hatte? Möge uns erspart bleiben, das weiter lernen zu müssen – noch gründlicher, noch schwerer! Und bedeutsamer als dieses: die Forderungen, die Magnes im Bereich des öffentlichen Lebens an uns stellte, kamen nicht aus dem Wunsch nach Verbesserungen und Reformen, sondern aus dem starken messianischen Streben, aus der starken Sehnsucht nach »Zion« als »Stadt des großen Königs« als Beginn der tatsächlichen Verwirklichung der Herrschaft Gottes auf Erden. Diesem Streben haftete nichts Ideologisches an und dieser Sehnsucht nichts Sentimentales; sie stammen aus dem Glauben an die Wahrheit, einem Glauben, der nüchtern auf die Wirklichkeit und die zu der Verwirklichung des großen Zieles notwendigen Bedingungen schaut. Es gibt Stunden in der Existenz des einzelnen, in der er über seine Zukunft entscheiden kann und gezwungen ist zu entscheiden; so ist es auch mit dem Gesetz für die Volksexistenz. Magnes erkannte, dass die Stunde, in der wir heute leben, eine solche Entscheidungsstunde für Israel ist. Vor 3000 Jahren, als das Volk sein Begehren ausdrückte, wie alle Völker zu sein, war das etwas Unmögliches: es war dazu nicht imstande
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und es kam nicht dazu. 3000 Jahre waren vergangen, bis das Unmögliche möglich wurde. Die Stunde, in der wir leben, wird darüber entscheiden, ob dieses Begehren die Wirklichkeit unserer Zukunft wird. Heute k ö n n e n wir sein wie alle Völker; wir müssen dafür nur den festgesetzten Preis zahlen. Der Preis bedeutet den Verzicht auf die konkrete Realität des messianischen Strebens. Wir können dann durchaus festhalten am Glauben an die messianische Idee als etwas Zukünftigem wie beim Aufsagen der »Ich glaube« Lehrsätze, aber wir können nicht daran festhalten im Sinne einer wirklichen Aufgabe, die das Leben und die Handlungen bestimmt. Die Stunde ist geeignet, wir können damit beginnen, das Zentrum für die messianische Realisierung zuzubereiten mit der Hebe der »Erstlingsfrucht seiner Ernte«, – mit den Grundlagen unseres öffentlichen Lebens, mit dem Aufbau unserer Gesellschaft und mit der Gestaltung unseres Verhältnisses zu »unseren Nachbarn«, in der Aufrichtung eines tätigen Friedens nach innen und nach außen. Wenn wir diese günstige Stunde versäumen, verzichten wir auf die Verwirklichung der aktiven messianischen Hoffnung, werden wir sein wie alle Völker, ein begabtes und interessantes Volk, eines der Völkerschaften der Welt. Natürlich werden wir weiterhin den Namen Israel tragen, aber der Sinn und die Einmaligkeit werden verlorengegangen sein. Das ist der Glaube von Jehuda Lev Magnes sel. A. und das ist auch mein Glaube. Er hat uns auf ewig miteinander verbunden. Hier ist nicht der Ort über den politischen Weg und das Handeln von Magnes zu sprechen. Nur eine Sache möchte ich hervorheben: mit seinem Weg suchte Magnes die Erfüllung der Aufgabe dieser Stunde, wie er sie sah, so leicht wie möglich zu machen. Im Rahmen eines Staates wie alle Staaten wird die Erfüllung der Aufgabe sehr viel schwieriger sein, und die Versuchung um ein vielfaches größer, die Last von uns zu werfen, auf das messianische Streben zu verzichten und zu sein wie alle Völker. Es ist es wert, dass wir unseren eigenen Weg an dem seinen prüfen. Es ist wichtig, dass wir zunächst für uns selbst klären, welches Wesen die Entscheidung hat, die vor uns liegt. Zu Beginn unserer Siedlungsbewegung stand Achad Haam nachdenklich und verwundert am Scheideweg. Nur jetzt aber, am Ende der ersten Wegstrecke sind wir am Scheideweg der Nation angelangt, der über ihr Wesen bestimmen wird. Werden wir unseren Staat auf den Dienst am konkreten messianischen Streben verpflichten oder das Gegenteil? Der zweite Weg führt uns, nachdem wir eine Restexistenz außerhalb der Geschichte im Verlauf so vieler Generationen führten, in das Leben und den Tod in einer Art Miniaturgeschichte; der erste Weg führt empor zu der großen historischen Sendung, die in der Natur unseres nationalen Seins und im ewigen Bestand der Eigen-
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tümlichkeit unseres Volk liegt. Diese Erkenntnis, die den ganzen Raum von Magnes’ Leben erfüllte, ist das Vermächtnis, das er uns hinterlässt. Mehr als in jeder vorhergegangenen Zeit fingen die Menschen in unserer Zeit an zu zweifeln, ob der Geist eine der gestaltenden Kräfte in der Geschichte ist, und ob er überhaupt über echte Kraft und wirklichen Einfluss verfügt, oder ob hier nicht eher ein belehrendes oder unterhaltsames Schauspiel aufgeführt wird. Auch in unserem Lager wuchsen die Zweifel. Aber sogar wenn die ganze Welt den Geist leugnet, muss der jüdische Mensch wissen und bekennen, dass der Geist die Kraft ist, von dem in der Geschichte von Mal zu Mal die Erneuerung ausgeht und danach bildet sich und kristallisiert sich ihre neue Form, aber in den Zwischenphasen wirken andere Kräfte. Das allein lernten wir aber nicht aus der tausendjährigen Erfahrung, denn der Geist war es, der uns am Leben hielt, sondern auch in unserer Zeit haben wir ganz sinnlich erfahren, dass er uns am Anfang den Weg zu der Bewegung der nationalen Wiederbelebung wies, die jetzt einen so großen historischen Erfolg feiert. Es liegt an uns, zu erkennen, dass die Zukunft dieser Bewegung und ihr zukünftiger Erfolg, ein noch viel größerer Erfolg, von der Kraft des Geistes abhängen. Ich glaube, dass die Welt wieder umkehren und die Kraft des Geistes von neuem fühlen wird, und wir stehen an der Spitze dieser Bewegung. Und wenn das eintreten wird, wird man in der Welt und im Haus Israel von Rabbi Jehuda Leib vom Har ha-Zofim erzählen. Der Bewährte wird leben durch sein Vertrauen.
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Über eine scheinbare Prüfung Vor einiger Zeit forderte Prof. Klausner von den hebräischen Schriftstellern, und besonders den jungen unter ihnen, Rechenschaft. Er kritisierte, dass sie dem großen nationalen Geschehen unserer Tage keinen poetischen oder erzählerischen Ausdruck verleihen würden, und stellt die Frage: »Warum weilte die innere Inspiration gerade in diesen großen Tagen nicht über unseren Schriftstellern?« Die Intention dieser Frage ist mir nicht klar. Klausner spricht von »innerer Inspiration«. Ich weiß nicht, was das bedeuten soll. Wenn wir heute von Inspiration sprechen, meinen wir, dass der Geist über den Menschen »kommt«. Und das Wort »Geist« wird absichtlich so verwendet, dass es nicht aus dem passiven Zustand des Dichters abgeleitet werden kann, bevor über ihn der Geist gekommen ist, und man es nicht aus seinem inneren Wesen erklären kann. Zu all den psychologischen Voraussetzungen, die wir anerkennen müssen, wird etwas in seiner Art Neues hinzugefügt, etwas Überraschendes, das nicht mit den übrigen Seelenumständen in Verbindung steht. Was wir als »Schöpfung« bezeichnen, kommt nicht aus der Seele, die über sich selbst Verfügungsgewalt hat, sondern aus der Berührung mit einer stärkeren Kraft, die sie erobert und sich mit den dort vorfindlichen Bestandteilen vermischt. »Man nimmt«, sagt Nietzsche, »man fragt nicht, wer da gibt.« Ich will aber doch fragen, obwohl ich schon weiß, welche Antwort ich erhalten werde, und ich weiß, dass diese Antwort, nämlich »der Geist«, unergiebig ist, und mir nicht hilft, einen zureichenden Begriff von dem Vorgang zu erlangen. Eine Sache, die mir immer klarer wird, ist, dass der »Geist« nicht schon zuvor in der Seele weilte, er wohnt nicht »in mir«, sondern kommt über mich oder zu mir, verbindet sich mit mir, gießt sich über mich aus. Es existiert keine »innere Inspiration«. Was die Seele weckt und entflammt, ist von grundsätzlich anderer Art als die uns bekannten Kräfte. Woher kommt es? Heute können wir keine genauere Definition geben als diese: es kommt aus dem innersten Wesen des Seins. Aus der Berührung damit entsteht die Inspiration. Wenn wir tatsächlich der Auffassung sind, dass die Schriftsteller heutzutage ohne Inspiration sind, dann gibt es doch keinen Grund, sich darüber zu beschweren oder sie zu ermahnen, wie es Klausner tut? Kann man denn den Geist fragen, woher er kommt und wohin er geht? Und wenn er sich verzögert, kann man ihn dann fragen, warum er sich verbirgt? Aber man kann die Frage anders stellen, und wenn ich diese Möglichkeit einräume, komme ich anscheinend Klausner entgegen. Weil Inspira-
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tion immer bedeutet, dass einer gibt und ein anderer empfängt, kann man durchaus mit einiger Berechtigung fragen: Wird der vorhandene »Geist« vielleicht nicht empfangen? Und wenn ja, warum wird er nicht empfangen? Vielleicht strahlt in dieser Stunde und an diesem Ort etwas aus dem innersten Inneren des allgemeinen Seins, etwas, das in die Sinne und Seele einzudringen bestrebt ist, und man lässt es nicht eintreten, und wenn ja – warum lässt man es nicht zu? Und wenn wir darüber vertieft nachdenken, werden wir die Antwort auch finden, die bereits in der Form der Frage verborgen ist. Die Inspiration ereignet sich nur dem, der für den Geist offen ist, der, der seine Seele dem Geheimnis des Wesens, das in jedem Sein ist, öffnet, d. h. dem, der an die Innerlichkeit des Seins so sehr glaubt wie an die Innerlichkeit seiner selbst, und wirklich bereit ist, mit ihr in Kontakt zu treten. Natürlich fehlt es unter diesem Gesichtspunkt einigen unserer Schriftsteller, sowohl den älteren wie den jüngeren, daran. Aber ich stimme nicht zu, dass dieser Anspruch von keinem unserer Dichter und Erzähler erfüllt wird. Wir haben Dichter und Erzähler, und gerade unter den jüngeren, in deren Worten etwas von den Ereignissen dieser Tage zu echtem Ausdruck kommt. Bloß dieses Etwas und dieser Ausdruck sind von einem anderen Inhalt als der, den sich Klausner wünscht. Und hier scheint mir der vielgepriesene Literaturhistoriker in einem Fehler in seiner Herangehensweise gefangen zu sein, und der Fehler betrifft nicht nur unsere heutige Literatur, sondern auch die moderne Weltliteratur. Klausner sieht ein gewaltiges Pathos im nationalen Geschehen dieser Tage, und dieses Pathos findet er nicht in unserer heutigen Literatur. Ist es etwa das wichtigste Ziel des großen Gedichts, der großen Erzählung und des großen Dramas, die historisch revolutionären Ereignisse unserer Zeit zu verherrlichen? Kein Homer, kein Sophokles, kein Shakespeare und kein Milton, kein Gogol und kein Tolstoi verherrlichten den »Mut« und die »Heldentaten« ihrer eigenen Epoche. Der große Dichter findet zwar »Ausdruck« für seine Zeit, aber er stellt nicht das dar, was als historisch bedeutsam sich manifestiert und das ganze Volk in dieser Epoche betrifft, im Gegenteil, er sieht davon ab, und sucht das aus seiner Zeit zu schildern, was die Historiker nicht erzählen werden, die kleinen privaten Dinge, und auf jeden Fall die innergesellschaftlichen Vorkommnisse, die Konflikte, die ohne öffentlichen Widerhall bleiben, die Tragödie der Namenlosen. (Nur sehr selten, d. h. in einem frühen Stadium in der Entwicklung des neuen literarischen Typus, während er sich auf der Grenze zwischen Mündlichkeit und objektiver Kunst befindet, drängt sich ein tagesaktuelles Geschehen in die Dichtung, wie z. B. »Die Perser« von Aischylos.) Und daraus erfährt die moderne Literatur Stärkung. Stendhal,
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der Napoleon auf seinen Feldzügen begleitete, erzählt nur ein einziges Mal von Schlachten – über die von Waterloo – und er erzählt davon ohne ein Quäntchen heroischen Pathos. Das ist der Beginn der modernen Literatur, und das ist ihr Signum. Sie ist auf einen anderen Kampf gerichtet und auf eine andere Art von Heldentat, die sich ganz entschieden von diesem »Etwas« unterscheidet, dass die Leitartikel in unseren Zeitungen so lautstark verkünden. Sie beschäftigt sich gerade mit dem, was sie im Faltenwurf des Lebens findet. Welche Spuren, so fragt Klausner, hinterließ in unserer Nationalliteratur der wunderbare Kampf von der Veröffentlichung des »Weißen Buches« bis heute. – Ich frage demgegenüber, welche Spuren hinterließen die großen Revolutionen unserer Zeit in der Weltliteratur? Schau, wie Balzac die Hauptinhalte der Französischen Revolution »annulliert«, bevor er Figuren und Situationen aus dieser in seine Romane einbringt. Und warum? Weil ihm, dem Erzähler, und seinem Anliegen nicht das Geschehen auf der »historischen Bühne« geeignet zu sein scheint, und nur das zwischenmenschliche Geschehen, ob es sich nun in den »großen« oder »kleinen« Epochen zuträgt, es ist, wovon seine Kreativität ergriffen ist. Aber, sagt Klausner, kennen wir nicht aus der Weltliteratur die Beschreibungen »neuer Typen«, von »Trägern einer neuen Weltauffassung«. Die zwei Beispiele, die er anführt, beweisen nichts. Spielhagen schuf zwar neue »problematische« Charaktere, aber er hatte keinen Funken dichterischer Qualität, und er ist zu Recht vergessen. Und Turgenjew beabsichtigte gar nicht mit der Figur des Bazarovs einen »Führer der neuen Generation in eine neue Richtung« darzustellen, wie Klausner es ausdrückt, sondern ihm ging es um die Gegenüberstellung zweier Typen von Mensch. Der einzige große Roman in der Weltliteratur, in dem wirklich der vorherrschende Typus der zukünftigen Generation vorgestellt wird, ist »Die Dämonen« von Dostojewski, und sein Inhalt sind nicht die »neuen, erhabenen Ideale«, sondern die Gebilde großen Schreckens aufgrund des zu erwartenden Verlusts für die menschliche Seele. Das ist also nicht diese Forderung, die wir an unsere Schriftsteller stellen dürfen. Sie sind nicht verpflichtet, die »großen« Ereignisse widerzuspiegeln und nicht »Typen zu schaffen, die wir als unsere Vorbilder in dem neuen Prozess betrachten können«, sondern es obliegt ihnen, in wirklichen Kontakt mit dem innersten Wesen von Natur und Menschheit zu treten, es zu schauen und zu gestalten. Und wir müssen immer wieder die preisen, die das tun mit der Aufrichtigkeit des Herzens, dem Herzen eines Dichters, und mit gutem Gewissen, treuem Gewissen.
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Herr Georg Schneider, der mir durch seine verständnisvollen Aufsätze und Radiovorträge über meine Arbeiten bekannt war, schlug mir während meines Aufenthalts in Deutschland vor, mit ihm ein Rundfunkgespräch abzuhalten. Als ich dies ablehnte, ersuchte er mich, ihm ein Interview zu gewähren. Auch diese Bitte konnte ich nicht erfüllen, und so blieb es denn bei einem privaten Gespräch, in dem nichts, was ich sagte, für eine Publikation bestimmt war. Ich war überrascht, als ich von dieser erfuhr, zumal hier Äußerungen aus sehr verschiedenen Teilen des Gesprächs so zusammengestellt waren, daß ein falscher Eindruck von meinen Ansichten fast unvermeidlich war; dazu kam aber eine Reihe von inhaltlichen Verschiebungen, die offenbar auf Gedächtnisfehler des Berichterstatters zurückzuführen sind. Ich führe die im besonderen irreführenden Einzelheiten nachstehend in der Reihenfolge an, in der sie im Aufsatz stehen: 1. Ich habe dem Verleger Jakob Hegner nicht »eine neue Bibel-Übersetzung zugesagt«, sondern sein Anerbieten angenommen, die seinerzeit bei Schocken in Berlin erschienene Verdeutschung der Schrift (des sogenannten »Alten Testaments«), von deren zwanzig Bände damals, bis 1938 nämlich, nur fünfzehn haben herausgegeben werden können, neu zu drucken und zu Ende zu führen. 2. Meine Frau scheidet nicht »täglich« unter den Briefen, die ich erhalte, »das Echte vom Eitlen«, sondern befaßt sich überhaupt nicht mit meiner Korrespondenz. 3. Ich habe nicht gesagt, daß »die Araber« meine Wohnung (hinter deren Mauern Pilatus übrigens gewiß nicht gewohnt hat – auch dies ein Gedächtnisverschiebung dessen, was ich von dem legendären »Berg des Bösen Rates« erwähnte) besetzt und mich sodann »mit ausgesuchter Höflichkeit« behandelt hätten, sondern daß die Familie unseres arabischen Hauswirts, den von uns zurückgelassenen Hausrat samt der Bibliothek vor dem Zugriff der ihr stammverwandten Soldaten zu schützen wußte. 4. Daß meine Bibliothek »von den Juden halb und halb zerstört wurde«, ist wieder ein arger Gedächtnisirrtum des Verfassers. Ich erwähnte in meiner humoristischen Erzählung der uns privat angehenden Begebenheiten der Kampftage lachend, daß nach der Eroberung des Hauses durch die Israel-Truppen die jüdischen Soldaten sich genötigt sahen, zu den hinter den Fenstern errichteten Barrikaden auch eine (verhältnismäßig kleine) Anzahl von Büchern meiner Bibliothek zu verwenden,
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von denen dann mehrere naturgemäß durch Schüsse der arabischen Angreifer getroffen und beschädigt wurden. 5. Ich habe nicht gesagt, daß ich Deutschland verstünde. So etwas würde ich nie zu äußern wagen. Wir sprachen vielmehr davon, warum ich die verschiedenen, zumeist recht gewichtigen Aufforderungen, in Deutschland öffentlich zu reden, abgelehnt habe: es geschah, weil für mich seit dem, was von deutschen Menschen, sowohl Massen wie einzelnen, in der Hitler-Zeit den Juden angetan worden ist – dem Ungeheuren, dem sogar in der Weltgeschichte des jüdischen Martyriums nichts verglichen werden kann – der deutsche als Vielheit, als Menge, als öffentliches Wesen gesichtslos geworden ist. Ich aber kann nur zu Menschengesichtern reden, die mit ihren persönlichen Sinnen mein Wort aufnehmen. Ganz anders verhält es sich mit meiner Beziehung zu einzelnen deutschen Menschen, die aufgeschlossen und redlich, der ganzen Schwere der Situation bewußt, zu mir kommen und mit mir reden. Ich verschließe mich ihnen so wenig wie Menschen irgendeines anderen Volkes; ich suche ihr Ringen um die Befreiung Deutschlands von seinem verhängnisvollen inneren Widerspruch zu verstehen und ihnen, soweit sie es begehren und ich es zu leisten vermag, auch Rat und Hinweis zu erteilen. * Ich habe im Lauf des Gesprächs auch erörtert, wie ich mir trotz all ihrer Unbegreiflichkeit die Tatsache zu vergegenwärtigen suche, daß eine Generation eben jenes deutschen Volkes, von dessen Geist ich in den vielen Jahren meiner Symbiose mit ihm mehr als einen Hauch verspürt habe, das Ungeheure teils selber ausgeführt, teils »mitgemacht« oder doch hingenommen hat – wobei ich wohl weiß, daß es auch hier Streiter und Blutzeugen gegen den Ungeist gegeben hat. In diesem Zusammenhang habe ich auch erwähnt, daß ich mir etwas von dem Unbegreiflichen daraus erkläre, daß der typisch deutsche Mensch seit einigen Jahrhunderten (ich möchte spezifizieren: seit dem Bauernkrieg) sozusagen einsam, ohne Zugang zum öffentlichen Leben, geboren wird und daher, wenn einer vor seinen Augen hemmungslos auf der politischen Bühne drauflosagiert, geneigt ist anzunehmen, das sei ein Gesandter Gottes an die Geschichte. Was geschehen ist, kann nicht vergessen werden, von mir ebensowenig wie von irgendeinem unmittelbarer als ich Betroffenen. Aber der einzelne Mensch mir gegenüber bleibt für mich unter allen Umständen dieser einzelne, und ich laste ihm nicht auf, was andere getan haben. Der Völkerhaß ist mir immer als die schlimmste Verirrung unserer Zeit erschienen; er erscheint mir auch so heute.
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Auf eine mir besonders schmerzliche Gedächtnisverschiebung geht offenbar auch dies zurück, daß der von mir im Gespräch angeführte Lieblingsspruch meiner Großmutter: »Man weiß nie im vorhinein, wie ein Engel aussieht«, in diesen Zusammenhang versetzt worden ist. Ich habe ihn in einen ganz anderen, einen persönlichen, zitiert. Mit der Wendung, man könne nicht wissen, »wofür auch das alles gut gewesen ist«, beschwichtige ich mein Herz nicht, das wohl bis an mein Ende so im Innersten aufgerührt bleiben muß, wie es damals aufgerührt worden ist, als geschah, was geschah.
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Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte Es geschieht zuweilen, selten, in der Geschichte, dass die objektive Entwicklung eine Zeit lang mit einer vom Geist ausgehenden Wegweisung sozusagen parallel verläuft. Der Geist sagt im wesentlichen die Entwicklung an, er wirkt stärkend und bestätigend auf sie, er interpretiert ihre Stadien, während sie sich vollzieht, er berät sie und hilft ihr, er bereitet sich sie zu begrüssen, wenn sie am Ziel angelangt sein wird, – da aber treten unvorhergesehene geschichtliche Ereignisse dazwischen, die ruhige Linie der Entwicklung bricht ab, jähe Aenderungen treten an ihre Stelle, und der Geist ist gewissermassen desavouiert, man sagt von ihm, er habe die Geschichte nicht verstanden, und es ist, als hätte es jenes bedeutsame Verhältnis zwischen ihm und dem objektiven Geschehen gar nicht gegeben. Weil jedoch der Geist eben der lebendige Geist ist, lässt er sich nicht anfechten er nimmt die gewandelte Lage zur Kenntnis, ja er bezieht sie in seine Voraussetzungen ein, er denkt durchaus nicht daran, auf seine Zielsetzung zu verzichten, aber er muss nunmehr den Weg zum Ziel neu tracieren, von der neuen Situation aus, und er unternimmt es, so schwer es auch ist. Zunächst sieht es freilich so aus, als ob er und die geschichtliche Wirklichkeit völlig divergierten, und auf eine Wiederkehr jenes Parallelismus darf er nicht hoffen, solch eine Gnadenzeit ist eben immer eine Ausnahme in der Geschichte. Aber er hat Grund, an seiner Wirkung zu verzweifeln. Er muss sich nun darauf besinnen, dass seine Wirkung auf die Geschichte im allgemeinen eine indirekte ist. Der Same zerfällt in der Erde, und aus der Fäulnis keimt die Pflanze. Das Schicksal der Männer des Geistes mag ein tragisches sein, das Schicksal des Geistes selber, in all seiner Mühsal und Pein, ist es nicht, denn seine Misserfolge bezeichnen den Pfad zu einem unsichtbaren Sieg. Die Zielsetzung des jüdischen Geistes in unserer Epoche war darauf gerichtet, dass ein im eigenen Lande wiedergeborenes Jisrael an dem Aufbau eines neuen Vorderasien in einer Funktion teilnehme, die kein anderes Volk zu leisten fähig ist. Der objektive Prozess, der der Schau des Geistes nach dahin führen sollte, war das in seinen ersten Generationen notwendigerweise selektiv fundierte Siedlungswerk der Chaluziut, dessen expansives Wachstum im fruchtbaren Einvernehmen mit den Nachbarn eine Basis des Vertrauens, gemeinsamen Planens und Arbeitens schaffen sollte, auf dem das neue Haus Jisrael unerschütterlich sich erheben könnte. Diese grosse Linie des Aufstiegs ist nicht von innen, sondern von aussen abgebrochen worden. An die Stelle des langsamen, selektiven Nachströmens chaluzischer Werkbegeisterung trat das Drän-
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Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte
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gen der vor dem Verderben flüchtenden Massen, und die ungeheure Tatsache ihres Drängens erwirkte von der Welt die Ermöglichung des Judenstaats. Die Chance seiner Entstehung vernichtete die Chance der Entstehung von etwas Grösserem und auch Gesicherterem. Das noch zarte und schwache Gebilde des Vertrauens konnte der Ueberflutung nicht standhalten. Anstatt eines organisch wachsenden, auf die Kooperation mit den Völkern Vorderasiens gegründeten Gemeinwesens erstand im erfolgreichen Kampf gegen alle Nachbarn ein Staat, der ihnen als Raubstaat galt und gilt. Der Geist sah einen grossen, zukunftsträchtigen, einzigartigen Versuch zusammensinken, nicht durch Willkür oder Unzulänglichkeit, sondern durch die harte geschichtliche Notwendigkeit. Wenn er, der Geist, seinen Sitz nicht von der Erde der Menschen in die Wolken verlegen wollte, musste und muss er die neue Tatsächlichkeit zur Kenntnis nehmen, er muss von ihr aus denken, ohne die Idee, die Sinn und Wesen seines Denkens ist, zu verraten, er muss den Weg zum unwandelbaren Ziel neu von der neuen Situation aus tracieren. Der Kontakt mit einer objektiven, ihm entsprechenden Entwicklung ist zunichte geworden; vereinsamt, mit keinem anderen mehr als mit heiligen und verborgenen Mächten verbündet, geht er an sein unheimlich schwer gewordenes Werk, denn er glaubt unverbrüchlich an seine indirekte Wirkung auf die Geschichte. Der Same seines Wortes ist im Dunkel zerfallen, und der Keim strebt ans Licht.
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Rede bei der Gedenkfeier der Universitaet fuer David Werner Senator, am 12. Dec., 1953 Wenn uns ein Freund stirbt, der manche nicht eben gewoehnliche Eigenschaften besass, und wir haben bei seinen Lebenszeiten, wie es so geht, nur wenig von diesen Eigenschaften gesprochen, – nun ist fuer uns die Stunde gekommen, sie zu bezeugen. Um dieser Pflicht zu genuegen, will ich hier fuer vier Eigenschaften Zeugnis ablegen, die ich an Werner Senator in der langen Zeit unserer Freundschaft im wachsendem Masse kennengelernt habe. Die erste war der Glaube an die Gerechtigkeit. Ich sage mit Bedacht »Glaube« und nicht »Ueberzeugung« oder dergleichen. Woran einer glaubt, das ist nicht etwas worueber Menschen sich einig geworden sind, was sie miteinander ausgemacht haben, sondern es ist etwas Unbedingtes, das heisst etwas nicht aus den Bedingtheiten unseres Daseins Gewachsenes, sondern etwas, woraus als aus einer fundamentalen Bedingtheit unser Dasein als Menschen, als diese dem ganzen Rest der Natur gegenueberstehende einmalig realisierte Kategorie »Mensch« gewachsen ist. Senator glaubte an die Gerechtigkeit als an eine absolute Forderung, von deren Erfuellung es abhaengt, ob wir Menschen uns letzten Endes als eine Erkrankung der Welt oder vielmehr als ihre beginnende Genesung, als der entartete Spaetling der Natur oder als das grosse Novum erweisen, in dem und durch das, sie, die Natur zur Vollendung gelangt. Aber die Absolutheit der Forderung kann nicht aus dem Reich des Relativen stammen, sie kann nur von einem absolut Seienden zu uns gekommen sein und kommen. Werner Senator scheute sich das absolut Seiende, an das er als an den Urheber und Buergen der Gerechtigkeit glaubte, mit einem Namen zu bezeichnen, der es beschraenken muesste. »Ich bin nicht faehig davon zu reden« sagte er einmal zu mir, »und vielleicht ist uns unsre Ahnung nicht dazu gegeben sie zu bereden«. Soviel ich weiss hat er nur in wenigen Augenblicken dieses Schweigen gebrochen. Nun ist ja bekanntlich eine aeusserst verbreitete Tatsache, dass Menschen an etwas glauben, ohne ihr eigenes Dasein davon bestimmen zu lassen. Fuer diese ist ihr Glaube eine delikate Tapete, mit der sie die Waende ihrer Wohnung bespannt haben: es ist angenehm sie von Zeit zu Zeit zu betrachten, aber es empfiehlt sich durchaus nicht, sie anzuruehren. Senators zweite aussergewoehnliche Eigenschaft bestand darin dass sein Glaube verbindlich war, ja sozusagen aus lauter Verbindlichkeit gewoben war. Die Gerechtigkeit an die er glaubte, hatte fuer ihn keinen theoretischen Sinn, der von der Praxis abloesbar waere; wenn man sie
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nicht selber verwirklichte und fuer ihre Verwirklichung warb, musste sie, davon war er ueberzeugt, zur Phrase verstummen. Absolut war fuer ihn die Gerechtigkeit, aber sie war nicht abstrakt, sie lebte ganz und gar in der Konkretion, in den Konkretionen. Man lernte ihre Forderung nicht als etwas Allgemeines kennen, sondern in den Wechseln der Situationen, immer wieder mit neuem konkretem Gehalt. »Es kommt mir doch nicht auf die Gerechtigkeit an«, sagte er einmal zu mir, »sondern dass wir diesen Leuten (von denen wir gesprochen hatten) kein Unrecht tun«. Und damit hing es eng zusammen, dass sein Gerechtigkeitsglaube so unbedingt er auch war, nie starr wurde, sondern immer glaubend immer jung blieb. Keinem Menschen konnte der Spruch »Fiat justitia, et pereat mundus« ferner liegen als ihm, aber vielleicht fuehlte er zuweilen im inneren Herzen: »Wenn wir nicht gerecht sind, geht die Welt unter«. Von da aus sind auch jene bedeutsamen Briefe zu verstehen, die er in sehr verschiedenen Situationen an das Gewissen der Oeffentlichkeit richtete. Es ging ihm darin niemals um die Anwendung einer allgemeinen Maxime, sondern stets nur ausschliesslich um die besondere Gerechtigkeit der Stunde. Mit klaren Augen betrachtete er die Situation, mit behutsamen Haenden wog er das Fuer und Wider, und dann schrieb er als ein Verantwortlicher. Dass er dies immer wieder so beirrt vermochte, das wurde ihm durch seine dritte grosse Eigenschaft ermoeglicht. Das ist eine Eigenschaft von der man zuweilen annehmen moechte, sie sei im Aussterben, und die dann doch immer wieder beispielhaft erscheint; ihr Name ist buergerlicher Mut. Mit Recht hat kuerzlich Ernst Simon in seinem Nekrolog auf Senator hingewiesen, dass der buergerische Mut zumeist auf einer mangelhaften Realphantasie beruht: man stellt sich nicht willig vor was im naechsten Augenblick geschehen kann; wogegen der buergerliche Mut die volle Vergegenwaertigung der Folgen einschliesst und in hoechstem Bewusstsein dessen, was man sie zu ziehen wird, »Trotz alledem!« sagt und tut. Aber zu diesem subjectiven Unterschied kommt ein nicht minder wesentlicher objectiver. Dass man in der Schlacht im naechsten Augenblick verwundet oder getoetet werden kann, ist im allgemeinen nur eine – je nach der Lage groessere oder geringere – Moeglichkeit; dass man durch Bekundung des buergerlichen Mutes unpopulaer wird, oder gar als »Volksfeind« verrucht wird, ist eine mit Gewissheit zu erwartende Folge der Haltung und der Handlung, zu denen man sich entschliesst – und man entschliesst sich zu ihnen – oder vielmehr, wie Senator mir einmal antwortete man entschliesst sich nicht immer, zuweilen merkt man nur dass man entschlossen ist. Es ist ein tiefes Beduerfnis des Menschen, von seiner Gemeinschaft in seinem Wesen bestaetigt zu
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werden; wer sich um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen dem aussetzt, dass seine Gemeinschaft ihm die Bestaetigung versagt, beweist einen hohen und eigentuemlichen Mut. So hat es Senator gehalten. Er hat das Prinzip der Demokratie nicht in Zweifel gezogen, demgemaess die Mehrheit des Volkes ueber dessen Schicksal zu entscheiden hat; aber zu seinem Bilde einer vollstaendigen Demokratie gehoerte auch der Einzelne, der nicht etwa einer opponierenden Minderheit angehoert, sondern einfach seinem Glauben nachlebt, seine Einsicht rueckhaltlos aeussert, und darauf eingestellt ist dass die oeffentliche Meinung, Mehrheit und Minderheiten miteinander, ihn verpoene, freilich aber auch die Moeglichkeit in seinem Herzen nicht ausschliesst, dass in irgendeiner Stunde, vielleicht am naechsten Tag, vielleicht Jahre nach seinem Tode, das Volk die praktische Wahrheit erkennen wird die er erkannt hat. Aber dieses sein unbeugsames Festhalten an seiner Einsicht kann man nur im Zusammenhang mit Senators vierter grosser Eigenschaft ganz verstehen, und das war die Liebe zu seinem Volk. Gershom Scholem hat in seinem Nekrolog auf Senator auf das romantische Element in dieser Liebe hingewiesen. Dieses Element mag wirklich in seiner Jugend vorgeherrscht haben, aber es ist dann voellig zurueckgetreten, und hat einer voellig realistischen Liebe Platz gemacht. Freilich gibt es in der Liebe zwei Arten von Realismus. Die eine Art besteht darin, dass einer das geliebte Wesen ganz so wie es ist »mit Haut und Haaren« annimmt; er wuenscht nichts anderes, als dass es so bleibe wie es ist. Der aber in der anderen Art liebt, will dass das geliebte Wesen das Hoechste, das in ihm angelegt ist, zur Entfaltung bringe und renovelliere. Diese zweite Art ist nicht weniger realistisch als die erste, nur dass es ihr um die groessere Wirklichkeit geht. So war Senators Liebe zu Israel. Im Gespraech mit mir fuehrte er einmal aus einem Buch von mir das Wort des Sassower Rabbis an, wer wirklich liebe, wisse, was der andere brauche, und bemerkte dazu: »Aber man muss wissen, was der andere wirklich braucht.« Wer so liebt glaubt daran dass das sittlich Richtige und das politisch Richtige die einander so oft zu widersprechen scheinen in letzter Instanz dasselbe meinen und dasselbe fordern. Wer sein Volk so liebt, will, dass es, wo es darauf ankommt den Vorteil der Stunde zugunsten eines grossen kuenftigen Bestands zu verzichten wisse. Denn gerade im Dasein der Voelker ist es auf die Dauer die Gerechtigkeit, die das Leben gewinnt. Das war David Werner Senators Glaube, dem er treulich diente, Sein Andenken sei gesegnet.
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Die wahre Geschichte Zu Kurt Blumenfelds 70. Geburtstag
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Was vor einem halben Jahrhundert der Jugend in ihrem Traum der kommenden Erfuellung erschien, war gewiss nicht die wahre Geschichte; aber ist das, was sich in diesen Jahren vor unseren Augen begibt, die wahre? Oder wird etwa, was der zuenftige Historiker berichten wird, die wahre sein? Wenn nach einem weiteren halben Jahrhundert ein Zwanzigjaehriger in der Stadt Jerusalem das eben erschienene und schon von ihm gelesene Buch »Geschichte des neuen Jisrael« ungluecklich aus der Hand legt und zu seiner lieben Seele spricht: »So kann es nicht gewesen sein!« und nun von seinem Seelengrunde aus das imaginiert, was ihn hervorgebracht hat, und wie die Krisen so die Ueberwindungen in sich schaut, als haette er sie selber erlebt, das, meine ich, wird die wahre Geschichte sein. Wo anders auf Erden moechte sie zu finden sein als in solchem – Erinnern?
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Moses Hess und die nationale Idee [Vorwort] 1 Die nationale Idee, die in dem auf die Französische Revolution folgenden Zeitalter sich im Geiste aufbaute und in der Geschichte auswirkte, ist als ein Nationalhumanismus entstanden. Damit meine ich, dass sich damals eine Erkenntnis entfaltete, die in zwei miteinander zusammenhängenden Sätzen darzulegen ist. Das erste Glied: dass das menschliche Dasein sich historisch in Völkern konstituiert, von denen jedes seinen eigenen, in ihm angelegten Charakter zur vollen Existenz und zum gültigen Ausdruck bringen soll. Und das zweite: dass all dies nicht Selbstzweck sein darf, sondern die notwendige Voraussetzung für ein wachsendes Miteinanderleben und Zusammenwirken der Völker, wodurch allein aus der ungeheuren Potentialität der Menschengattung ein noch Unbekanntes, kaum Geahntes, eine Menschheit hervorgehen kann. Die im Nationalhumanismus wurzelhaft bestehende Verbindung zwischen den beiden Sätzen ist aber solcher Art, dass jeder den anderen bedingt, jeder auf seine Weise: wie keine Menschheit auf anationalem, der Säfte der Volkheiten beraubtem Boden entstehen kann, so muss andererseits ein allgemeiner Nationalegoismus ohne ein gemeinsames und nur gemeinsam zu erreichendes Ziel zur Selbstvernichtung des Menschengeschlechts führen. Dass die Alternative: zu einer Menschheit aus Völkern werden oder als eine sich zwischen Kultur und Wildheit austobende Völkermasse, die dem Untergang in steigendem Tempo zueilt, eine ausschliessliche ist, ist in unseren Tagen offenkundig geworden. Aber schon in der Frühzeit der nationalen Idee ahnten ihre führenden Denker, dass an das Element »Nation« die höchste und die niederste Möglichkeit des Menschen gebunden ist – und dass es gilt, zwischen beiden zu wählen.
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2 Unter diesen Denkern nimmt Moses Hess einen eigenen und bedeutsamen Platz ein. Er ist nicht einer ihrer schöpferischen grundlegenden Geister, aber sein Nationalhumanismus hat eine geschichtlich objektive Basis wie kein anderer. Diese Basis ist das nationalhumanistische Prinzip, das der Tradition Israels, ohne sie je völlig zu beherrschen, doch wesentlich inhärent ist: der lebendige Glaube an die Selbstverwirklichung als den Weg zur Erfüllung der dem Volk zugeteilten Aufgabe an einer wer-
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denden Menschheit, deren Gesellschaftlichkeit auf Gerechtigkeit gegründet sein muss, eine Gerechtigkeit die in dem gerechten Leben der Völker miteinander gipfelt. Diese Glaubensüberlieferung, die in dem Leben des Volkes von dem krassesten Nationalegoismus bedroht war, hat sich allem Widerspruch zum Trotz als die innerste Wahrheit der messianischen Lehre behauptet. So konnte Hessens Nationalhumanismus, und er allein unter allen, die angestrebte Synthese von Nationalismus und Humanismus auf ein grosses Faktum der Geistesgeschichte begründen. Der Humanismus, auf den sich etwa Mazzini berufen konnte, der Humanismus der italienischen Renaissance, war etwas ganz anderes: hier fehlte die Idee der Wandlung eines Volkes als solchen, der »Heiligung« eines Volkes um der ganzen Menschheit willen, des Bauens eines Herdes, der Gerechtigkeit ausstrahlt. Diese Idee ist als eine religiöse entstanden und konnte nur als solche bestehen, denn eine Forderung wie diese kann in ihre Absolutheit nur im Glauben an eine Macht wurzeln, die Menschen und Menschengruppen die grossen Aufgaben zuteilt. Nirgends wie in Israel aber gab es diese lebendige Einheit von Volksleben und Glaubensleben, von Staat und Religion. Hier hat Moses Hess eingesetzt, indem er zwar nicht eine Wiederaufnahme – dergleichen ist geschichtlich unmöglich – wohl aber eine Wiedergeburt dieser Einheit in einer neuen Gestalt dem Judentum unseres Zeitalters zum Ziele setzte. Dass er dies aber wirklich für dieses Zeitalter vermochte, dass seine Konzeption keine romantisch-restaurative, sondern eine moderne, in die Wesenheit der geschichtlichen Stunde hinein treffende war, dazu half ihm entscheidend sein Sozialismus. Er hatte sich zum Sozialismus von Jugend auf der leidenschaftlich bekannt, hatte der sozialistischen Lehre grosse Anregungen gegeben und der sozialistischen Bewegung mit nie nachlassendem Eifer gedient; er hatte in reifen Jahren, als er von Marx zu Lassalle überging, zu ahnen begonnen, dass nicht die politische Tätigkeit, sondern die Begründung sozialistischer Wirklichkeit, sozialistischer Kristallisationskerne das Entscheidende sei; nun entdeckte er die Schaffung eines solchen Kerns als die Uraufgabe seines eigenen Volkes, die sich einst in der sozialen Gesetzgebung Israels und in der sozialen Botschaft der Propheten dokumentiert hatte. In seiner Jugend hatte er davon geträumt, dass irgendwo in der Welt »ein neues Jerusalem« – in seinem ersten Buch »im Herzen Europas« – gebaut werden sollte; nun fand er den wahren Ort dafür – in Jerusalem. Ein Zion, das in einer nationalreligiöser Realität die soziale Gerechtigkeit erfüllt, das war das Programm, das zu verkünden Hess »Rom und Jerusalem« und die daran anknüpfenden Aufsätze schrieb. »Rom«, damit meinte er die Kirche, als die die Lehre des Juden Jesus nur für die Seelen und nicht für die Völker
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als solche verwirklicht habe; ihr stellte er »Jerusalem« gegenüber: das wiedergeborene Volk Israel, das im Namen Gottes die messianische Verkündigung im Baue eines sozialistischen Gemeinwesens in seinem wiedergewonnenen eigenem Lande zu erfüllen beginnt. Das war die konkrete, national und territorial begrenzte Schau, die Hess dem universalen, aber im wesentlichen Punkt, dem des entscheidenden Stadiums der Verwirklichung, zu keiner Konkretion gelangenden, sondern in einer, wenn auch grandios, doch abstrakten Formel beharrenden Lehre Marxens entgegenstellte.
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Die dargelegten Gedanken sind in Hessens zionistischen Schriften nicht in systematisch zusammenhängender Form zu finden. Er äussert sich diffus, ohne starke Verbindungslinien, und manches von ihnen ist nicht selten mit abstrusen und ungenügend durchdachten Einfällen und sentimental-rhetorischen Ergüssen vermischt; aber für jeden Teilgedanken lassen sich Stellen aufweisen, an denen es mit völliger Klarheit und Prägnanz ausgesprochen ist. Hess war nie ein Mensch des strengen Denkens, sein Denken war weder auf umfassende und genaue wissenschaftliche Erkenntnis gegründet, obwohl er vieles wusste und es sich selbständig angeeignet hatte, noch war er befähigt, aus den grundlegenden Einsichten, die ihm immer wieder aus tiefen Quellen seines Wesens zuströmten, zuverlässig zu folgern. Es war ein assoziatives Denken, zu leicht geneigt, Elemente miteinander zu verknüpfen, ohne ihr Verhältnis zueinander hinreichend geprüft zu haben; aber was er hinzubrachte, stammte aus echter Intuition und rührte oft an den Kern der Dinge. In der Unstetheit und Hast seines Lebens, aus der Pein der Langeweile des väterlichen Geschäfts in die Wanderpein des ungesicherten Publizisten geworfen, dazu noch auch von der Polizei der Länder verfolgt, war er nicht fähig, seine Eingebungen mit gelassener Seele ausreifen zu lassen, noch auch die Niederschrift gründlich auszuarbeiten; er verstand auch nicht, einen grösseren Zusammenhang straff, Glied für Glied, zu komponieren; aber durch die lose Struktur seiner Arbeiten blickt uns eine grosse und lebendige Idee, die Idee einer allumfassenden Einheit an. Sein Stil ist oft der eines Publizisten, der keine Zeit hat, seine Sache ist die eines echten Denkers, der der Ewigkeit zugewandt ist. Schon in seiner Jugend hatte er die Grundlage der Einheitsanschauung, die er leidenschaftlich suchte, Anschauung einer Einheit, in der Gott, Welt und Mensch verbunden sind, bei Spinoza gefunden. Spinoza,
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mit dem er, als mit dem »Patriarchen der letzten Offenbarung«, in seiner ersten Schrift eine neue Weltepoche beginnen lässt, hatte ihn gelehrt, vom Sein der Natur auszugehen; und in der letzten Zeit seines Lebens hat Hess in seiner »Dynamischen Stofflehre« versucht, einen erneuten Spinozismus auf Ergebnissen der modernen Naturwissenschaft aufzubauen. In seiner Jugend hatte aber sehr bald nach Spinoza der führende Denker seines eigenen Zeitalters, Hegel, auf ihn stark eingewirkt, der ihn die Wichtigkeit des Geschichtsprozesses erkennen liess, ihn aber zugleich dazu bewog, nach einer Metaphysik der Geschichte zu streben, die mit Spinozas System vereinbar wäre. Von einem Denker seiner eigenen Generation, Feuerbach, übernahm er die Opposition gegen das idealistische Prinzip in Hegels System, verfiel aber nie wie Feuerbach dem naturphilosophischen Materialismus, und wenn sein Geist auch zeitweilig von Marxens Unternehmen beherrscht war, den Geschichtsprozess exklusive auf die Wandlungen der Wirtschaft zu stellen, machte er ihm im Innersten seiner Anschauung kein Zugeständnis. Das zentrale Prinzip des Seins war für ihn weder die Weltvernunft Hegels noch die Materie Feuerbachs, sondern »Das Leben«, das seine Einheit in Gott hat (»das einige Leben oder Gott«, sagt er schon in seiner ersten Schrift), dazu trat, unter dem Einfluss Fichtes und des polnischen Geschichtsphilosophen Cieszkowski, der schon 1838 eine »Philosophie der Praxis«, wie Hess 1841 eine »Praxis der Idee« forderte, die Konzeption der »Tat« als des entscheidenden Movens der Geschichte, das die göttliche Lebenseinheit in der Menschenwelt verwirklichen soll. Hess war es, der die Idee der Tat mit dem Sozialismus verschmolz (1841); Marxens Primat der Praxis, wie er in seinen Thesen über Feuerbach (1845) formuliert wurde, hat, wenn auch Cieszkowskis Terminologie übernehmend, von Hess die entscheidende Anregung empfangen. Man darf aber um dieser Vielheit der Einflüsse willen Hess nicht für einen Eklektiker halten. Alles, was ihm von anderen Denkern zukam, nahm er in das seine als Bestätigung und Ergänzung der Konzeption auf, deren Keime wir schon in frühen Aufzeichnungen finden, die aber nur langsam hochwuchs und erst in seinem 50. Jahr voll aufblühte. Es ist die eines modernen Messianismus, der nicht, wie Marxens Ziel-Idee, säkularisiert ist, sondern nach wie vor in der Glaubenssphäre wurzelt. Der Glaube hat sich hier, wie bei Spinoza, dem Pantheismus genähert, ohne sich zu diesem zu verwandeln (wiewohl Hess selbst sich 1835 einen Pantheisten nennt): Gott erscheint hier als die Einheit des Lebens über der Welt der Vielheit und des Widerspruchs. Aber das für Spinoza nicht wesentliche messianische Geschichtsprinzip tritt hier immer mehr in die Mitte des Denkens: der Geschichte ist das Ziel gesetzt, die Welt in aller
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ihrer Vielheit zur Einheit zu bringen, die die Versöhnung mit Gott und der erlangte Friede des Seins ist. Dieses Ziel kann durch den Menschen in seiner Geschichte erreicht werden, weil Gott sich in dieser als »ein uns durchdringender Geist« kundgibt. Auf dem Geschichtsweg zu diesem Ziel sind den einzelnen Völkern, deren Existenz Hess (auch das zum Unterschied von Marx) immer ernst genommen hat, bestimmte Funktionen zugedacht. In einem langen und schweren inneren Ringen kam Hess zu der Gewissheit, dass die zentrale Funktion, die der Anfangsverwirklichung einer einigen Gesellschaft, dem Volke zukomme, in dem die messianische Weltschau entstanden ist. Als die Vorbedingung für die Erfüllung dieser Funktion erkennt Hess die Wiedergewinnung des eigenen Landes.
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4 Der Weg, der von Hessens Jugendträumen zu seinem Entwurf der zionistischen Tat führt, ist keineswegs ein gerader gewesen. Das erste Stadium dieses Weges lernen wir aus Hessens (noch unveröffentlichtem) Tagebuch, das er Anfang 1835, dreiundzwanzigjährig, begann und 1836 fortsetzte, und aus seiner ersten Schrift, die [wir] unter dem Titel »Die heilige Geschichte der Menschheit« kennen, die 1836 erschien. Dieses Tagebuch ist ein merkwürdiges Dokument. Ein junger Mensch, äussert sich hier, der es in der Luft des väterlichen Bureaus nicht aushält, aber immer wieder erwägt, ob er nicht doch eine Form der Anpassung finden und eine geschäftliche Karriere machen könnte; der von einem Heisshunger nach Wissen aller Art besessen ist, aber die väterliche Erlaubnis, Universitätsvorlesungen zu hören, nicht wirklich auszunutzen vermag, weil er die erforderliche innerliche Kontinuität, den Willen zur methodischen Einordnung nicht aufbringt; den hohe Gedanken heimsuchen und der ihnen die konkrete Substanz nicht zu geben vermag, deren sie bedürfen, um zur Vollendung zu gelangen. In den Momenten des Enthusiasmus meint er sich zu einer grossen Botschaft des Geistes an die Menschheit berufen; aber er fühlt auch zuweilen ingrimmig, wie wenig er als Mensch solch einer Aufgabe gewachsen ist. Ein charakteristisches Beispiel solcher Selbstkritik sei hier angeführt. Er wirft sich vor, dass er auf einen Vetter, mit dem er eng befreundet war, einen sittlich ungünstigen Einfluss ausgeübt habe, er fragt sich: »Warum?« und antwortet sich ohne Schonung: »weil ich nur ein Schwärmer, ein guter zwar (ich will mir alle Gerechtigkeit im Verfahren lassen) war, allein mir dabei einbildete, ein Forscher zu sein und eben dadurch ein
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hassenswertes Individuum wurde.« Hess gehörte zu den Menschen, die in ihrer personhaften Ganzheit nicht auf der Höhe ihres eigenen Geistes stehen, und in der Tiefe der Seele hat er es wohl immer oder doch immer wieder gewusst; nur die hingegebene Arbeit an einer grossen Sache, an die er glaubte und als deren taugliches Werkzeug er sich mit Recht empfand, brachte ihm jeweils die Befreiung von diesem Druck. Auch seine Seele hatte keine volle Kontinuität, aber sie hatte ihre echten Aufschwünge und Wiedergeburten. Man muss bei der Selbstkritik Hessens an eine seiner Aufzeichnungen denken, in der es heisst: »Nur nachdem die neue Seele aus dem Chaos erstanden ist, wird sie sich ihrer selbst durch den Gegensatz ihrer inneren Einheit zu der Verschiedenheit der äusseren Erscheinungen erst bewusst.« Der Selbstkritik steht aber immer wieder ein massloses und überschwänglichen Ausdruck annehmendes Gefühl der eigenen Berufung für die kommende Wandlung der Menschheit gegenüber. »Unsere verkehrten Institutionen«, schreibt Hess, »unsere politische Knechtschaft ist die zweite ägyptische Sklaverei; die Aristokraten sind unsre Ägypter und Pharaonen; die liberalen Gelehrten [ursprünglich hiess es »die Philosophen«] sind die Ältesten des geliebten Volkes, aber ein Moses, der magische Künstler, der kühne Befreier, der weise Gesetzgeber, fehlt noch, aber er wird nicht mehr lange ausbleiben. Grosser Gott, ich weiss wohl, was not tut, aber du musst Wunder tun, wenn ich deinen Willen soll ausführen können!« Die nächste, offenbar etwas spätere Aufzeichnung lautet: »Das grösste Wunder ist schon geschehn, dass sich nämlich so viel Wahrheit mir, dem Laien, offenbart hat.« Die Botschaft, die zu bringen er sich berufen fühlt, zeichnet sich in einem ihrer wesentlichen Züge schon im Tagebuch ab: In der Urzeit stellte sich in der Menschenwelt, und zwar in vollkommener Gestalt in der mosaischen Gesetzgebung, die Einheit des Lebens in der Einheit von Religion und Politik dar; diese zwei sind in der Folge auseinandergetreten, und ihre Entzweiung trotz des Verhältnisses gegenseitiger Benutzung, die zwischen Staat und Kirche waltet, charakterisiert die Geschichte des Christentums; sie sollen in einer höheren Einheit verschmelzen, aber nicht mehr innerhalb der partikularen Existenz der Nation wie einst, sondern innerhalb einer geeinten Menschheit. Dies bezeichnet Hess als »das Ziel, nach dem das Streben der neuen Zeit hingeht.« »Unsere Zeit«, schreibt er, »ist eine grosse Übergangsperiode vom unschuldigen Separatismus der Alten, in dem die Keime noch unbewusst schlummerten, zur entwickelten Universalität.« Auf die künftige universale Einheit von Religion und Politik weist nach Hess der Spruch des Propheten hin: והיה ביום ההוא יחיח ה’ אחד ושמו אחד. Damit aber dieses Ziel erreicht werde,
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müssen in der gegenwärtigen Zerklüftung, die noch keine Grundlage für die künftige Einheit bietet, Kirche und Staat voneinander getrennt bleiben. In diesem Zusammenhang sieht Hess die Problematik des Judentums. Die mosaische Gesetzgebung, in der Religion und Politik eines waren, war eine partikulare, für eine Nation bestimmte und auf deren historische Verhältnisse bezogene; und »eine Offenbarung, die auf Verhältnisse Bezug hat, muss mit diesen sterben«. Die Juden sind heute kein Volk mehr, »das Leben des Judentums kein organisches mehr, und damit ist auch der jüdischen Religion ihre Basis entzogen. Was besteht, ist nur noch »eine Sehnsucht nach einem verlorenen und nie wiedergekehrten Gut.« Ein Ausblick in eine Zukunft des Judentums ist hier nicht gegeben. Die nationale, territoriale Existenz ist verloren – und an die Möglichkeit ihrer Wiedergewinnung denkt Hess noch nicht. Eine ähnliche Anschauung von der Gegenwart des Judentums, jedoch mit einer etwas positiveren Zukunftsperspektive, freilich in sehr unbestimmten Linien, hat Hess bald danach in seiner Skizze einer Deutung der Weltgeschichte im dem Buche »Die heilige Geschichte der Menschheit« eingefasst: In diesem als Leistung dilettantischem, aber in seinem Grundgedanken echten und ahnungsvollen Buch wollte Hess Hegels historische Dialektik gleichsam prophetisieren, indem er versucht, die Geschichtsbetrachtung sich in einer Schau der Zukunft, und zwar einer sozialistischen, vollenden zu lassen. Das ein Jahr nach diesem Buch von Cieszkowski 1 systematisch erweiterte spekulative, aber mit dem Willen zur Tat verbundene »Erkennen der Zukunft«, das Hess in späteren Schriften weiter ausführte und im Bereich des politischen Denkens anzuwenden suchte, kündigt sich hier schon an. Die Geschichte sieht Hess – analog der Lehre Joachims de Fiore (st. 1202) von den drei Stadien oder Reichen, dem des Vaters, dem des Sohnes und dem künftigen, von ihm geweissagten, des heiligen Geistes – in drei grossen Perioden. Zwischen der ersten, in der das passive Geistesvermögen, die Phantasie, waltete, und der zweiten, die vom aktiven Geistesvermögen, dem Gemüt, beherrscht ist, steht der Jude Jesus, zwischen ihr und der dritten, der des Verstandes, der Jude Spinoza, die aber noch nicht ihre Erfüllung gefunden hat. Diese Erfüllung, eine sozialistische, will Hess verkünden; und er betrachtet sich selber dabei »als ein geringes Werkzeug der Vorsehung«; die Worte »geschrieben mit der der Hilfe Gottes, des heiligen Geistes« setzt er an den Schluss der 1. Abteilung, 1.
Prolegomena zur Historiosophie, 1838
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ehe er von der Zukunft zu sprechen beginnt. Unserer Zeit, sagt er, »ist es vorbehalten, ihre Grundlage des vollkommenen heiligen Staates, zu erkennen«, als der neuen, wiedergeborenen, höheren Einheit von Religion und Politik in einem die Menschheit umfassenden Gemeinwesen. »Die Spaltung, die nach dem Untergange des jüdischen Staates in der Menschheit entstanden ist, wird nicht ewig dauern.« Und Hess fügt hinzu: »Beklagen wir das Samenkorn nicht, dass es in Verwesung übergehe, wenn es seine Früchte trägt.« Aber gegen Schluss des Buches steht ein kurzer Abschnitt, der zwar die Verkündigung für die Menschheit fortsetzt, aber wenn auch nur andeutend, so doch unverkennbar auf eine Gegenwart und Zukunft des jüdischen Volkes hinweist, die von dem Zustand eines verwesenden Samenkorns doch wesentlich verschieden erscheint. »In den Juden«, heisst es da, »in diesem verachteten, seine alten Sitten treu bewahrenden Volke, das nach langem Schlafe wieder zu höherem Bewusstsein erwacht ist, das nachgerade anfängt, seine unstete Wanderung zu beschliessen … lebt ihr altes Gesetz wieder auf, und das gibt in seiner Heiligkeit ein lebendigeres Zeugnis als jedes andre historische Denkmal.« Und weiter schreibt er: »Dieses Volk war von Anfang an berufen, die Welt zu erobern, nicht wie das heidnische Rom durch die Kraft seines Armes, sondern durch die innere Tugend seines Geistes. Es selbst wandelte, wie ein Geist durch die Welt, die es eroberte, und seine Feinde vermochten es nicht zu vernichten, weil ein Geist ungreifbar ist. Schon hat dieser Geist die Welt durchdrungen; schon sehnt sich dieselbe nach einer Verfassung, die der alten Mutter würdig ist. Sie wird erscheinen, diese neue heilige Verfassung; das alte Gesetz wird verklärt wieder auferstehen. Aus der in ein Chaos verfallenen alten Welt taucht der Genius der Menschheit auf, wie aus einer Flut, die vom Geist Gottes bewegt wird. Es wird ein Gesetz erscheinen, das als Einheit des Bewusstseins der Menschheit auf diese zurückwirken, die durchdringen, seine Bestimmung erfüllen und seinen Kreislauf vollenden wird«. Ist hier nicht doch von einer künftigen Tat des jüdischen Volkes an der Menschheit die Rede? Es ist hier freilich offenbar eine rein geistige Tat gemeint, eine Tat des »Geistes ohne Leib«, als den er kurz zuvor dieses Volk bezeichnet, das als Volk »längst dem Grab verfallen« sei. Es ist offenbar eine künftige Tat gemeint, in der der jüdische Geist das erfüllen wird, was mit Spinoza begonnen hat. »Der Keim eines neuen Bundes«, sagt Hess, von diesem »liegt in des Meisters Heilslehre, wie die Alten eine heilige Staatsverfassung hatten, so werden wir eine heilige Reichsverfassung bekommen«. Aber wie kann ein Geist, der nur noch in persönlichen Existenzen fortbesteht, solch ein die politische Wirklichkeit der Welt von Grund aus
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umwandelndes Werk hervorbringen? Muss nicht ein »organisches Leben« da sein, das ihn trägt und ihn beglaubigt? Mag Hess mit dem Wiedererwachen des Volkes nach langem Schlafe hier nur einen Vorgang des »höheren Bewusstseins« meinen, der sich mit einem »Beschliessen der unsteten Wanderung« durch ein Aufgehen in den Völkern verträgt, seine Bildersprache in ihrer Unwillkürlichkeit lässt ihn etwas anderes sagen als was er zum Ausdruck bringen will. Man versetze das Angeführte in die Atmosphäre des Buches »Rom und Jerusalem«, das Hess ein Vierteljahrhundert später verfasste, und es passt hinein, ja es erhält erst in ihr die Bedeutung, die seiner Sprache zuinnerst entspricht. Denn in den Zusammenhang von Hessens zionistischer Verkündigung versetzt, sagt er unzweideutig, der jüdische Geist müsse seinen Leib, das jüdische Volk sein organisches Leben wiedergewinnen, um fähig zu werden, seine künftige Tat an der Menschheit, die Schaffung der heiligen Reichsverfassung, zu vollbringen.
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5 In den Jahren, die auf die Vollendung der »Heiligen Geschichte der Menschheit« folgen, vollzieht sich bei Hess eine innere Wendung. An die Stelle der chiliastischen Schwärmerei tritt immer deutlicher der Wille, die in der gegenwärtigen Wirklichkeit gegebenen sozialen und politischen Probleme denkerisch zu bewältigen; wie sein fast automessianisches Selbstgefühl durch eine strenge Selbstbesinnung und Selbstkritik verdrängt wurde. Von den Buchplänen, die in dieser Zeit auftauchen, sind einige Titel erhalten geblieben; einer von ihnen, »Die ideale Grundlage des neuen Jerusalem«, hängt noch durchaus mit dem Früheren zusammen, ein anderer, »Der Staat, sein Verhältnis zum Individuum und zum abstrakten Geiste«, stammt zwar aus Hegels Begriffswelt, scheint aber doch über ihn hinaus weisen zu wollen; dazwischen spricht Hess Anfang 1840 von einem Werk, an dem er arbeite und das »sein soziales Thema« unter Heranziehung von »Religion, Sitten und Gesetzen« behandle, und darauf hindeute, »dass unser Jahrhundert eine Revolution vorbereitet, die noch umfassender, tiefgreifender und folgenreicher sein wird als die, welche das vorige zu Tage gefördert hatte.« Das schliesslich zustande gekommene, im Sommer 1840 vollendete Buch, das zuerst »Die europäische Wiedergeburt« heissen sollte und unter dem Titel »Die europäische Triarchie« erschien, (gemeint ist das Dreier-Bündnis des Westens) versucht im wesentlichen eine geschichtsphilosophische Inter-
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pretation der weltpolitischen Situation zu geben. Zu Hegels Einfluss ist, ungenügend verarbeitet, der des Saint Simonismus getreten. Die nationale Idee präzisiert sich hier in ihrem politischen Charakter, als notwendige Voraussetzung zum Werden einer realen Menschheit. Hess sieht sie schon in seiner Zeit walten, aber nur erst als »Widerwillen gegen jede Verschmelzung verschiedener Volksindividualitäten zu einer abstrakten Einheit«; aber die Zeit ist von dieser Negation noch nicht zur Position einer konkreten Einheit fortgeschritten, sie hat die Notwendigkeit »einer organischen Gliederung der Nationen« noch nicht erkannt, sie weiss noch nicht, wie der Völkerfriede zu bereiten ist. Vor allem muss Europa »nicht mehr als geteilter, sondern als gegliederter Körper« angesehen werden. Dagegen wird hier das jüdische Volk noch weniger als in der »Heiligen Geschichte« als ein lebendiges und unentbehrliches Glied im organischen Verband der Nationen erkannt. Zwar tritt Hess auch hier nachdrücklich für die fundamentale, universalgeschichtliche Bedeutung des jüdischen Volkes ein. »Die Tradition vom ›Volke Gottes‹«, schreibt er, »ist die glaubwürdigste, und die Glaubwürdigkeit seiner Urgeschichte hängt mit ihrer Heiligkeit innig zusammen. Das Bibelvolk ragt mit seinem Bewusstsein am weitesten in die Vergangenheit, am weitesten in die Zukunft hinein.« Aber nach dem Untergang des alten Judentums und dem Erlöschen seines »verjüngenden Prinzips«, des Messiasglaubens, besteht nach Hess in der Geschichte keine aufbauende Funktion dieses Volkes mehr. Das Judentum ist nur noch ein »Grundprinzip der geschichtlichen Bewegung«, die Juden nur noch »ein Ferment der westlichen Menschheit, berufen, ihr den Typus der Bewegung aufzudrücken.« Als Volk können sie »nicht sterben, nicht auferstehen.« Aber die Haltung Hessens zu seinem Volke sollte noch eine sehr viel negativere werden. Diese Entwicklung kann aber nur im Zusammenhang mit seinem Verhältnis zu Marx zulänglich verstanden werden. Hess lernte Marx im Spätsommer desselben Jahres kennen, in dessen Anfang »Die europäische Triarchie« erschien. In einem Brief an seinen Freund Berthold Auerbach pries er ihn alsbald als »den grössten, vielleicht den einzigen jetzt lebenden Philosophen«, »der der mittelalterlichen Religion und Politik den letzten Stoss versetzen wird«. Hess sah in Marx all jene Eigenschaften, die ihm selber fehlten, und deren Fehlen er in der Stunde der Selbstbesinnung und Selbstkritik als das grosse Hindernis erkannt hatte, das es ihm unmöglich machen würde, im Zentrum der erhofften sozialen Weltbewegung zu stehen: die elementare Verbindung von Wille und Erkenntnis, die Kohärenz des Denkens und die Straffheit des Planens, die Gründlichkeit der wissenschaftlichen Methodik und die
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entschiedene Folgerichtigkeit des Handelns; seine Vagabondage beugte sich dieser Durchdisziplinierung einer ganzen Persönlichkeit. Die folgenden etwa 7 Jahre war Hess zuinnerst von Marx abhängig, obgleich er in der sozialistischen Theorie und Tätigkeit, seine Selbständigkeit zu wahren suchte, abwechselnd sich ihm anpasste und gegen ihn auflehnte. In keinem anderen Punkte aber hat sich Marxens Einfluss auf Hess, zumeist wohl ohne dass es ihm recht zu Bewusstsein kam, so geltend gemacht wie in dem Verhältnis zu Judentum und Judenfragen. Beide stammten aus dem jüdischen Bürgertum Westdeutschlands, aber Hess aus einem traditionstreuen, Marx aus einer entwurzelten Familie. Damit hing es zweifellos zusammen, dass Hess, so sehr er sich von den national-religiösen Bindungen freigemacht hatte, dem Geist Israels unverbrüchlich anhing und auch noch seine universalsten Ideen von ihm ableitete. Im Gegensatz dazu war Marxens Assimilation eine so radikale, dass er, anscheinend mit völliger Unbefangenheit, und ohne sich um die grossen Erinnerungen aus der Urzeit des Volkes irgend zu kümmern, die Judenheit und die Judenfrage wie ein beliebigen, ihn persönlich in keiner Weise angehenden Gegenstand behandelte, mit dem sich seine soziale Theorie eben objektiv-kritisch zu befassen gehalten war. 2 Für Hess konnte das Judentum kein gleichgültiger Gegenstand werden. Nachdem er in diesem zentralen Belange dem Einfluss Marxens erlag, verneinte er das Leben des Judentums in der Gegenwart und wieder gelang es ihm nicht es objektiv oder nahezu objektiv zu behandeln, und jedes Mal, wenn es erforderlich war, darauf einzugehen, war seine Haltung krampfhaft und aggressiv. Dieser charakteristische Unterschied zeigt sich uns, wenn wir Marxens Aufsatz »Zur Judenfrage« (1843) mit Hessens zwei Jahre später veröffentlichen »Über das Geldwesen« vergleichen. Beiden Aufsätzen gemeinsam ist, dass der Jude lediglich als Exponent des Kapitalismus behandelt wird, beiden, dass sie Judentum und Christentum zusammenwerfen. Demgemäss kann Marx im Judentum »ein allgemein gegenwärtiges antisoziales Element« »erkennen«, dessen weltlicher Grund der Eigennutz und dessen welcher Kult der Schacher sei. Aber Hess kann sich mit diesem scheinbar sachlichen Ton nicht begnügen; er muss Marx überbieten. Er schreibt: »Die Juden, die in der Naturgeschichte der sozialen Tierwelt den welthistorischen Beruf hatten, das Raubtier aus der Menschenwelt zu entwickeln, haben jetzt endlich ihre 2.
Diese Totalannullierung, die Marx an seinem Judentum vorgenommen hat, erklärt es auch, dass er und Engels die Verhöhnung Hessens in ihrem Briefwechsel in die Sprache des gröbsten Antisemitismus kleiden, als ob Marx mit dem Judentum nichts zu tun hätte.
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Berufsarbeit erfüllt.« Hier ist die unterste Stufe des jüdischen Bewusstseins erreicht. Man mag vielleicht zu Hessens Gunsten geltend machen, seine Kritik wende sich hier lediglich gegen das entartete Exilsjudentum. Aber in Hessens Schrift »Das jüngste Gericht über die alte soziale Welt«, die 1851, also drei Jahre nachdem Marx ihn im Kommunistischen Manifest öffentlich exkommuniziert hatte, schreibt er ein Bild wieder gebrauchend, das er schon in der »Triarchie« für das gegenwärtige Judentum verwendet hatte, dieses müsse »wie ein Gespenst durch die Jahrhunderte umherirren – zur gerechten Strafe für seine spirituellen Verirrungen«. Hier verleugnet Hess seine frühe, in seinen ersten Büchern ausgesprochene Erkenntnis, dass das Gesetz Israels »weder für den Leib noch für den Geist, sondern für beide sorge«, und dass in Juden unseres Zeitalters, »ihr altes Gesetz wieder auflebe«. Bald danach begann »der lebendig Begrabene«, wie Hess zu Anfang von »Rom und Jerusalem« berichtet, das Herz »in der verschlossenen Brust« zu pochen. Für das, was nun folgte, für Hessens Umkehr und ihr Werk, legt das in diesem Band Gesammelte Zeugnis ab. 6. Es ist aber keineswegs bloss eine Wandlung an Gefühl und Willen gewesen, die in Hess die zionistische Idee erweckte; es waren auch neue Einsichten. Der nationale Humanismus lebte keimhaft schon in Hessens frühesten Schriften – die künftige menschheitliche »Universalität«, die er dort schwärmerisch verkündigte, baute sich nicht auf den Individuen, sondern auf den Nationen auf; und in der Mitte des geschichtlichen Werdens dieser Universalität stand für ihn schon damals das Werk des Judentums in der Urzeit die Stiftung der primitiven Einheit von Religion und Politik, in der seitherigen, dem Widerspruch ausgelieferten Geschichte die geistige Tat der Juden Jesus und Spinoza, die der kommenden Überwindung des Widerspruchs den Weg bahnte, und in der messianischen Zukunft, an deren Schwelle er zu stehen glaubte, die Erfüllung, wieder unter entscheidendem Anteil jüdischer Geistestat. Dem jüdischen Volk als solchem war darin keine Funktion zugeteilt, denn ihm fehlte das organische Leben, ohne das kein Volk als solches zu wirken vermag. Der »Geist ohne Leib« konnte nur noch durch Personen als Träger seiner Botschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Verwirklichung der grossen Einheit üben.
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Das organische Leben aber war nicht wiederherzustellen, denn die Lebensbedingungen dafür waren nicht mehr gegeben. In dem Maße, als Hess Marx und der materialistischen Geschichtsauffassung hörig wurde, verschärfte sich diese negative Haltung noch. Ist das jüdische Volk in der Diaspora nur noch die Konzentration des Kapitalismus und seiner »Blutsaugerei« gewesen, wie Hess 1844 meint, dann sind jene Geistestaten von Juden wie Spinoza, die Hess als bestimmend für das Werden einer Menschheit gepriesen hatte, von ihnen nicht, wie es ihm damals erschien, als Vertretern des Judentums, sondern als von Personen getan haben, die der Geist antrieb, ihr entartetes Volk zu verlassen, und das galt auch für Gegenwart und Zukunft. Mit dieser Änderung der Perspektive verblasst aber für Hess auch jene ursprüngliche Verwirklichung des Geistes im alten Israel, die für ihn das erste unter den entscheidenden Fakten der Menschheitsgeschichte gewesen war. Aber um das Jahr 1854 beginnt bei Hess eine neue Entwicklungsphase. Er wendet sich naturwissenschaftlichen Studien mit der in seinen einschlägigen Veröffentlichungen deutlich erkennbaren Absicht, den Sozialismus in ein dynamisches naturphilosophisches System einzubauen, und letzten Endes mit dem Spinozismus zu verschmelzen. In den darauf folgenden Jahren nimmt er auch in sein Geschichtsdenken, ohne die materialistische Geschichtsauffassung grundsätzlich aufzugeben, doch Faktoren auf, die in dieser Auffassung keinen Platz finden konnten, weil sie nicht auf gesellschaftliche Wandlungen zurückzuführen sind. Zunächst ist es der Begriff der Rasse, mit dem er sich, vermutlich unter dem Einfluss von Gobineaus »Essai sur l’inégalité des races humaines« (18531855) zu befassen begann. Danach ging ihm – wir wissen nicht, woher das kam – ein zweiter, noch weniger mit den Grundlagen der materialistischen Geschichtsauffassung vereinbarer Begriff, der der Tradition auf. Um beide kristallisierte sich eine neue Auffassung von Vergangenheit und Gegenwart des jüdischen Exilslebens. Wir wissen nicht, woraus und wie diese neue Wandlung in Hessens Haltung zum Judentum entstanden ist. Die wachsende, persönliche Distanz zu Marx und seiner Methode hat sie gewiss gefördert; Gobineaus einseitige Lobpreisung der »arischen« Rasse als der allein im höchsten Sinn produktiven, dürfte mitgewirkt haben, in Hessens Herz das ermattete nationale Bewusstsein wiederzubeleben. Dass dieses aber eine neue Erkenntnis hervorbrachte, ist durch die neuen Einsichten ermöglicht worden. »Rasse« ist im Bereich der Geschichte ein problematischer Begriff; bei Hess wie bei so vielen, ist er auch ein unklarer und undurchdachter. Auf
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das Judentum angewandt, bedeutet er aber bei ihm im Grunde kaum etwas anderes als das biologische Element im Leben des Volkes, d. h. den festen Kern in der Abfolge der Generationen; den sich in der Fülle der Zeugungen und Geburten behauptenden Volkscharakter. Und wie Rasse hier einen eigentümlichen Zusammenhang des Seins in der Zeit bezeichnet, so Tradition im Sinne eines von Generation zu Generation übermittelten wesenhaften Volksgedächtnisses den jenem entsprechenden Zusammenhang des Bewusstseins. Das Zusammenwirken beider, das des jüdischen geschichtlichen Seins und des jüdischen geschichtlichen Bewusstseins, hatte Hess in seiner Kindheit daheim, besonders im Hause seines Grossvaters erfahren, von dem er in »Rom und Jerusalem« erzählt. Jetzt, in einer neuen Selbstbesinnung, lernte Hess verstehen, dass ein Volk, da sich beides in einem erhalten hat, kein »Gespenst« ist, dass es lebt und zuinnerst danach verlangt, aus einem vielfach eingeschränkten und von der Meinung anderer abhängigen Leben zu einem vollen und selbständigen Leben zu gelangen. Wodurch kann das jüdische Volk, fragte sich Hess, dahin gelangen? Die Antwort, dies könne nur durch Wiederaufnahme der produktiven Verbindung mit einem bestimmten Stück Erde zustandekommen, setzte den dritten unableitbaren Faktor in sein Recht ein. Eine Philosophie der Tat hatte Hess einst gefordert, ohne sie schaffen zu können. Jetzt stand er der Tat selber gegenüber, auch sie ein unableitbares Element, aktuell, notwendig, gegenwärtig: Zwanzig Jahre vorher, in der »Triarchie« hatte er das Wesen der Tat dadurch gekennzeichnet, dass sie »so sehr die Zukunft als die Vergangenheit umfasst«. Jetzt erst, nachdem er sie all die Zeit vergeblich gesucht hatte, lernte er sie von Angesicht kennen, in dessen Zügen die erinnerte Vergangenheit und die ersehnte Zukunft verschmolzen. Der nationale Humanismus in Hessens Jugend war wiederaufgelebt, aber in einer realen, – in einer realistischen Gestalt.
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Georg Landauer zum Gedenken. Zum zweiten Todestag Im September-Oktoberheft 1921 der Zeitschrift »Der jüdische Student« erschien ein Aufsatz »Nach dem 12. Kongress« von Georg Landauer. Darin heisst es im Anschluss an eine scharf beleuchtende Darlegung der Kongresshaltung zur Araberfrage: »Wir haben bisher keine bewusste Araberpolitik gehabt, wir haben noch immer keine«. Das war die Einsicht eines festen und beständigen Geistes, der schon damals, am Anfang seines Weges, die Wirklichkeit sah und sich ihr stellte, in der genauen Kenntnis dessen, was Verantwortung heisst. Es ist auch heute noch keine treffendere Kennzeichnung der Sachlage in all der Zeit und bis zu diesem späten Tag zu geben als der angeführte Satz. Ehren wir Landauers Andenken, indem wir uns diese seine Einsicht praktisch vergegenwärtigen. Das ist auch heute noch möglich. Es bedarf dazu freilich jenes Mutes zur Wahrheit, den Landauer besass. Aber man kann auch mutig werden.
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Über Ernst Simon, den Erzieher
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Unser Freund, E. S., dessen 60. Geburtstag wir heute feiern, ist einer der in unserer Zeit selten gewordenen Pädagogen, die die erzieherische Aufgabe als eine ansehen, die nur von der persönlichen Verbindung des Erziehers mit den ewigen Werten aus wahrhaft zu verwirklichen ist. Mit ewigen Werten meine ich jene, die ihren Ursprung nicht in den einzelnen historischen Gesellschaften, ihren Anordnungen und ihren Tabus haben; vielmehr werden die grossen Normgebungen der Menschheit von den normgebenden Gesellschaften selbst, genauer gesagt: von ihren geistigen Führern als Interpretationen ewiger, von höheren Mächten dem Menschengeschlecht übergebenen Werten verstanden. Ich sage: als Interpretationen: Denn formulieren kann man sie nicht, die ewigen Werte, nur interpretieren. Diese praktische Interpretation setzt sich in stärker individualisierter Form in der grossen Tradition der Erziehung fort. Von Konfuzius und Sokrates bis zu Comenius und Pestalozzi und über sie hinaus wird es als die leitende Funktion der Erziehung betrachtet, nicht ohne die ewigen Werte als solche zu lehren – das ist niemals das Entscheidende –, sondern sie in die erzieherische Praxis einzuführen, sie im Kontakt des Lehrers mit den Schülern zu aktualisieren und so in diesen den Glauben an die Werte und die Liebe zu ihnen – einen Glauben und eine Liebe, von denen alle diese Erzieher gewiss waren, dass sie dem innersten Herzen des Menschen innewohnen – zu entfalten. Hier hat sich in unseren Tagen etwas von Grund aus geändert. Der Grossteil der heute herrschenden Generation vollzieht Wertungen und handelt nach Wertungen, wie alle Generationen vor ihr, aber seine Wertung hat keine Beziehung mehr zu den ewigen Werten, denn diese Menschen vermögen zwar noch an Werte, an Gruppenwerte, an verabsolutierte soziale oder nationale Gruppenwerte nämlich, zu glauben, aber nicht an das wahrhafte Absolute in ihnen, nicht daran, dass das Absolute sich Menschen und Menschengruppen manifestiert und sie anfordert. Welches ist in einer so beschaffenen Zeit die Situation des Erziehers, der sich den ewigen Werten verbunden und verpflichtet fühlt? Er kann der ihm anvertrauten Jugend, für die die Ewigkeit ein sinnleerer Begriff geworden ist, die ewigen Begriffe nicht so vor die Augen stellen, dass sie sich ihnen nicht als einen historischen und literarischen Lernstoff, sondern als der Wahrheit zuwenden. Dies ist das tragische Element im Leben und Wirken von Erziehern wie Ernst Simon gewesen. Aber es gibt ein Moment, das uns über diese Tragödie hinausschauen
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lässt, und zwar eben in dieser Stunde. Es ist eine noch undeutliche, aber unverkennbare Wendung, die sich seit einiger Zeit im Herzen eines offenbar wachsenden Teils der Jugend zu vollziehen begonnen hat und deren Zeichen in der weiten Welt, aber auch hierzulande zu erkennen sind. Der junge Mensch, den ich meine, fühlt sich nicht mehr heimisch in seiner Gruppe, nicht mehr heimisch in der Welt, er fühlt sich verlassen, er fühlt sich wie ein ausgesetztes Kind. In diesem zumeist noch unstillbar erscheinenden Leiden birgt sich tief ein Verlangen danach, an das Absolute und die ewigen Werte wieder glauben zu dürfen, in eine Verbindung mit ihnen wieder eintreten zu können. Diese Wendung ist nicht ohne äusseren Anstoss entstanden, auch nicht ohne den von Erziehern; sie ist aus dem Beginn eines neuen Stadiums in der Krisis der Menschenseele zu verstehen. Aber es ist Erziehern, die sich mit ihrem Leben zur Verbundenheit mit den ewigen Werten bekennen, Erziehern wie unser Freund E. S., gewährt, diese Wendung in aller Stille zu [unleserliches Wort], zur Stärkung dieses neuen Verlangens beizutragen, und es ist ihnen heute gewährt, behutsam zu helfen, dass sie den Weg zu einem erneuten Ja finden. Zu diesem Werke der Stille, zu diesem Werke des Daseins, als zu einem, das getan worden ist und getan wird, sprechen wir heute [unleserliches Wort] Segenswünsche aus.
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It seems to me that Ben-Gurion was justified in taking issue with the view expressed by Ezekiel Kaufmann that monotheism is the distinguishing feature which separates Israel from all other nations. He is not justified, however, in maintaining the thesis that the combination of religion and ethics distinguishes Israel from all other nations. Monotheism, that religious view which holds that there is only one God, developed among a number of peoples, albeit in varying degrees of intensity and emphasis, and there is no need to assume that one people borrowed the idea from another. But the combination of religion and ethics is also to be found, for example, in the early teachings of India and Persia. What is peculiar to Israel is the demand that the people submit its entire life, including its social and political activity, to the will of God as the true King. We have here not a combination of religion and ethics but a complete, all-pervading unity. That which distinguishes the monotheism of Judaism from all other monotheisms, is the all-embracing subservience to the divine Ruler, extending, without exception, over all areas of national life. It is the will of this God that the human world recognize his sovereignty freely and in deed. And of Israel He requires that it begin to give exemplary expression to His kingdom by subjecting its whole social life to His rule, which means the realization of justice and truth both in its internal and external national relationships, and in the private conduct of the individual in Israel, especially in his behavior as a member of society and a citizen of the State. This aspiration and the social order at which it aims, cannot be called a theocracy in the ordinary meaning of that term, which, as is well-known, originates in Josephus, and refers to the hegemony of the priesthood. Biblical theocracy appeared in two forms: the first was primitive rule, as described in the Book of Judges, according to which in those early days, in times of crisis, men, seized by the spirit, pronounced judgment in the name of God who alone is the Ruler; and the second, the historical form, whose essence found expression in the fact that the prophets anointed the kings to be God’s representatives, and in the repeated demand of the prophets that the kings fulfill the obligation imposed upon them at the time of the anointing, the obligation to incorporate the divine ideals of justice and truth in the social and political life of the people. These prophets are men bereft of all political power and able only to protest: thus they stand before the rulers and protest in the name of their God and in His name they confront the rulers with the fateful choice.
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True, other peoples of the ancient East also believed that the king was responsible for his deeds to »his father,« the God who adopted him and gave him dominion. But this relationship of responsibility was expressed only in symbolical form. We know, for example, that in Babylon the high priest approached the king on New Year’s day and slapped him, and immediately after this ritual everything returned to its former state and the king continued to act as before. In Biblical religion, however, you will find no symbolic rite performed with regard to the kings outside the solitary rite of anointing. Thus, »for his iniquities,« for the iniquities of the king, called »the son of God« (II Sam. 7.14), God commands him to be chastised »with the rod of men«, and this is actually carried out; and the prophets come as the messengers of Heaven and censure him for betraying his mission and prophesy that calamity will befall him and his people if he does not mend his ways and does not fulfill the obligations assumed in the act of being anointed. This mission they performed at the risk of their lives. This is the transcendent realism which distinguishes the faith of Israel: there is no room here for empty symbols. What exactly was it that the prophets censured when they faced the rulers? It was the means that they used to arrive at their ultimate goal, concerning which the prophets did not differ – the glory of Israel. These means contradicted the ends, and one of the unexpressed principles of prophecy is that ends do not justify the means. And if the nature of the means is in contradiction to the nature of the end, they desecrate it, poison it and make of it a thing of horror. Ben-Gurion is right in saying that youth in Israel is very much interested in certain parts of the Bible, especially in the stories about the conquest of the land, in the stories of the hero-kings and also in some words of the prophets. But on no account are the prophets to be regarded apart from their historic mission which sent them to those men who had seized the reins of power in order to summon them to stand in judgment before their God who made them king provisionally. Ben-Gurion rightly sees in the Messianic vision the second cornerstone of living Judaism. But this also is in need of greater concreteness. It is not enough to set »the redemption of Israel« side by side with »the redemption of the human race.« The Messianic message is unique in the demand God makes upon the nations of men to realize His kingdom and in this way to take part in the redemption of the world. The message is applied especially to Israel and demands of it that it make an exemplary beginning in the actual work of realization, that it be a nation which establishes justice and truth in its institutions and activities. Therefore, Isaiah not only calls upon the Gentiles to stream to Mount Zion and
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there receive the second Torah, the universal one; he supplements this by his summons to the House of Jacob to walk before them in the light of the Lord. Just as the monotheism of Israel differed from the others in that, according to it, the people should live their whole lives as one great service of God, so did the tidings of redemption differ in Israel from all others in that they summoned the people to begin doing their part in putting this idea into actual practice. We do not have here only thoughts and visions but actual demands on whose fulfillment hangs the destiny of the people. These demands are not only directed to the generations to whom they were first presented but to all the generations, and especially to ours, the first generation after two thousand years that has the prerequisite for fulfilling its task, that is, the independence of a strong nucleus. This gives our generation at long last the power to determine for itself in no small measure its institutions, its modes of life and its relations to other nations. Behind everything that Ben-Gurion has said on this point, there lies, it seems to me, the will to make the political factor supreme. He is one of the proponents of that kind of secularization which cultivates its »thoughts« and »visions« so diligently that it keeps men from hearing the voice of the living God. This secularization takes the form of an exaggerated »politization«. This »politization« of life here strikes at the very spirit itself. The spirit with all its thoughts and visions descends and becomes a function of politics. This phenomenon, which is supreme in the whole world at present, has very old roots. Even some kings in Israel are said to have gone so far as to employ false prophets whose prophesying was merely a function of state policy. Closely connected with all that I have been saying is the problem of Zionism in our day. Ben-Gurion has stated that this no longer has a real or positive content and that in the eyes of the Israeli generation, in whose name he speaks, it has become an ideological anachronism. Zionism, so his argument runs, means a longing for Zion, and since this longing has already attained its goal, there is no rhyme or reason for Zionism any more. But those who inscribed the name Zion on their banner, first calling themselves Lovers of Zion and thereafter Zionists, did not have in mind something which existed and needed only to be repossessed. I still recall what this circle of young Zionists to which I belonged some sixty years ago meant by the name. Had we been asked: »Are you striving for a country of Jews in Israel?«, we would have answered: »We are striving for Zion and in order to establish Zion we desire independence for our people in our country.« Even today there are many Zionists who share this
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feeling, not alone among the older ones; I myself know a number who came to the country and who continue to dream this dream which has as yet found no fulfillment, the dream of Zion. They hope with all their hearts that this country, as it is, is the first step in the direction of Zion. This quasi-Zionism which strives to have a country only, has attained its purpose. But the true Zionism, the love of Zion, the desire to establish something like »the city of a great king« (Ps. 48.3), of »the king« (Is. 6.5), is a living and enduring thing. Come, let us awaken this Zionism in the hearts that have never felt it, in the Diaspora as well as here. For here in this country also we need a movement which strives for Zion, aspiring towards the emergence of the rebuilt Zion from the materials at our disposal. We need »Zionists of Zion,« here and abroad. What Ben-Gurion has said about the present Israeli generation is no doubt true of its majority. A remarkable and at the same time an understandable change has come over us as over the whole world in our day: after a generation which, though it had performed great things, was unable to confront the catastrophe, there came another generation which clings to the practical execution of great ideas – the execution that took place in our time whether on a large or a small scale (and certainly what was done by us was by no means small). The members of this generation whether openly or secretly in their hearts, suspect ideas as ideas and put their trust only in tangible reality as such. Is it desirable to advocate such emphasis on the material, which threatens to swallow up the ideas that are still alive, or is it our duty to subdue this trend? And now Ben-Gurion tells us that Zionist thought is dead but that the Messianic idea is alive and will live until the coming of the Messiah. And I answer him with the question: »In how many hearts of this generation in our country does the Messianic idea live in a form other than the narrow nationalistic form which is restricted to the Ingathering of the Exiles?« A Messianic idea without the yearning for the redemption of mankind and without the desire to take part in its realization, is no longer identical with the Messianic visions of the prophets of Israel, nor can that prophetic mission be identified with a Messianic ideal emptied of belief in the coming of the kingdom of God.
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Für Kurt Blumenfeld
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Alle Versuche, das Leben der Idee »Zion« durch die Einrichtungen eines Staatswesens zu ersetzen, müssen fehlschlagen. Der Staat ist nicht, wie Hegel meinte, die »Selbstbestimmung« des Geistes, in der allein der Mensch vernünftige Existenz habe, er ist bestenfalls eine tragende Struktur, die der Geist bei seinem Werk verwendet; er kann aber auch ein Hindernis sein. Aus einem geisttreuen Staat vermag Zion zu wachsen, aus einem geistvergessenen nimmer, es sei denn, er entsänne sich und »kehrte um«.
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Die Sowjets und das Judentum Wir sind zusammengekommen, um die postulative Klärung eines der schwierigsten Probleme unserer Zeit zu versuchen, – des Problems, das sich in der gegenwärtigen Lage der Juden in den Ländern der Sowjetunion birgt. Mit dem Begriff der postulativen Klärung soll gesagt sein, daß es hier weder um eine von rein wissenschaftlichen Zwecken bestimmte Erkenntnis von Tatsachen und Zusammenhängen geht, noch aber um eine Formulierung und Kundgebung von Forderungen im politischen Raum. Wir wollen hier weder »wertfreie« Soziologie noch prüfungslose Propaganda treiben; wir wollen – ich glaube »wir« sagen zu dürfen – in einem begrenzten, aber bedeutsamen Bereich des gegenwärtigen Völkerlebens, durch eine gemeinsame Anstrengung des Geistes, das Rechte, das Wünschenswerte bezeichnen und der Welt mitteilen. Es kommt ja, meine ich, überhaupt in dieser kritischen Stunde der Geschichte ganz besonders darauf an, daß unabhängige Menschen miteinander die gegenwärtige Wirklichkeit unbefangen in den Blick fassen und miteinander in rückhaltloser gegenseitiger Verständigung den Weg aus den unüberwindlich scheinenden Schwierigkeiten suchen. Ehe wir beginnen, uns mit den Tatsachen und Zusammenhängen zu befassen, die unser Problem involviert, erlauben Sie mir, Sie auf einen Umstand hinzuweisen, dessen Verständnis mir unentbehrlich scheint, der aber bisher viel zu wenig beachtet worden ist. Zuvor bitte ich Sie aber zur Kenntnis zu nehmen, daß ich lediglich meine persönliche Auffassung des Problems äußere. Und weiter: ich, dessen Auffassung ich äußere, bin mit keinem der beiden Lager, die miteinander im »kalten Krieg« stehen, solidarisch; ich vermag auch weder dem einen zuzugestehen, daß es das Prinzip der Freiheit, noch dem andern, daß es das Prinzip der Gleichheit zulänglich vertrete. Wenn ich ein Politiker wäre, müßte ich mich wohl als einen Neutralisten im strengsten Sinn des Wortes bezeichnen; aber ich bin kein Politiker – wohl ein sorgsam und besorgt die politische Wirklichkeit dieser Stunde betrachtender und über sie nachdenkender Mensch, aber kein Politiker. Wie allgemein bekannt ist, haben die zwei bereits geschichtlich erfaßbaren Epochen des Sowjetregimes, die von Lenin und die von Stalin bestimmte, in ihrer Behandlung des jüdischen Problems – so verschieden diese im übrigen war – dies gemeinsam, daß sie es auf die Frage stellten, was denn eigentlich diese Juden seien. Es ist dieselbe Frage, die schon vor anderthalb Jahrhundert Napoleon und die Vorkämpfer der Judeneman-
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zipation in der Formulierung »Nation oder Religion?« beschäftigt hat und die in den Diskussionen innerhalb des marxistischen Lagers über das Nationalitätenproblem immer wieder in der Formulierung »Nation oder Nationalität oder bloße ethnische Einheit?« aufgetaucht ist. Unter dem Sowjetregime hat die Formulierung »Nation oder Religion?« naturgemäß keine Geltung mehr, wiewohl das Gesetz hier keine anderen jüdischen Institutionen als lediglich religiöse kannte und kennt. Dagegen wurde die Frage »Welche Art von nationaler oder ethnischer Existenz ist die der Juden?« schon im Anbeginn des Regimes von offizieller Seite nachdrücklich erörtert. Die Antwort ist mehr oder weniger deutlich, schließlich aber von Stalin mit aller Exaktheit, in der Form von Definition und Folgerung festgelegt worden. Eine nationale Existenz, so hieß es, ist nur da zu finden, wo eine auf eigenem Territorium selbständig wirtschaftende Volkseinheit besteht. Da diese Merkmale, so wurde nun gefolgert, bei der jüdischen Gemeinschaft fehlen, da sie keinen eigenen »Markt«, also keine eigene Produktion aufzuweisen hat, kann sie nur als »ethnische Einheit« anerkannt werden. Eine solche aber hat keinen Anspruch auf die Fortdauer ihrer Existenz, keinen auf die Erhaltung ihrer kulturellen Werte; sie muß in der Nation und in den Nationalitäten »integriert«, d. h. in ihnen aufgelöst werden. In der Theorie sollte diese Integrierung ohne allen Zwang, ja ohne alle Diskrimination erfolgen. In der Praxis sah die Sache von Grund aus anders aus, wofür die Extermination der führenden Autoren jiddischer Sprache unter Stalin das grausamste Beispiel ist. Wohlgemerkt, so ernstlich Lenin über das nationale Problem nachgedacht hat und so genau er zwischen den verschiedenen Formen nationaler Existenz unterschieden hat, er hat nie daran gedacht, das spezifische Judenproblem durch Definition und Folgerungen völlig bewältigen zu können. Was ihn daran hinderte, war zunächst sein Sinn für Wirklichkeiten des Volkslebens, und eine solche war dieses eigentümliche Idiom, das Jiddisch, in besonderem Maße, diese saftige Mischung von kanaanäischer Urzeit und mitteleuropäischer Wanderschaft, durch und durch gesprochene Sprache, auch in all ihren literarischen Erzeugnissen. Damit aber war auch Lenins politischer Instinkt verbunden, der ihn unterscheiden lehrte zwischen politischen Gegnern, die er zu bekämpfen hatte, und volkstümlichem Element, das nichts anderes begehrte als es selbst sein und sein eigenes Leben führen zu dürfen. Wo das Volkstümliche aufhörte, da war auch Lenins Verständnis die Grenze gesetzt. Darum widerstrebte er dem Hebräischen, der Ursprache, der die Generationen des wandernden Judentums die Treue hielten, wiewohl aus der Symbiose mit den Wirtsvölkern Idiom um Idiom erwuchs,
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aber die Treue hielten eben nicht als der Äußerung gegenwärtigen Volkslebens, sondern als der Sprache einstiger Autochthonie, die auch die Sprache der Verheißung war. Lenin assoziierte Hebräisch seltsamerweise mit Kapitalismus und Bourgeoisie, deren Zusammenhalt er, einem fatalen Irrtum Marxens folgend, mit der Synagoge und ihrer Sprache in Verbindung brachte. Sein Ohr war taub dafür, daß diese Sprache einst ihre Reife in dem Ringen um den zulänglichen Ausdruck für die Sehnsucht nach einer nicht formalen, sondern realen Gerechtigkeit erlangt hatte, und daß in ihren Gebeten eben diese Sehnsucht immer wieder zu gesprochenem Wort wird, mögens die Sprecher merken oder mögen sie es nicht merken und gegen sich selbst beten. Darum, weil Lenin in der Vitalität des Hebräischen nicht ein Urfaktum des Volkslebens, sondern ein Politicum sah, hat er hier, im Gegensatz zu seiner sonstigen Haltung zu den jüdischen Kulturwerten, mit Definitionen und Folgerungen statt mit Anschauung und Einsicht operiert. Es ist sein Werk – entstanden freilich mit Hilfe eines Amtes, das mit lauter fanatisch antihebräisch gesinnten Juden besetzt war –, daß in Sowjetrußland der hebräischen Sprache über das liturgische Gebiet hinaus kein Lebensrecht gewährt ist und daß unter all den Schriften der Sowjetvölker, von denen in der Sowjetunion vorbildliche Ausgaben gedruckt werden, die hebräische Bibel fehlt. Der Lenin- und der Stalin-Epoche (und auch der nachstalinschen, soweit wir ihren Charakter zu erkennen vermögen) ist somit die Ablehnung desjenigen jüdischen Geisteselements gemeinsam, das über das bloß Synagogale hinaus die sowjetischen Juden mit denen der übrigen Welt verbindet: offenbar weil ein allzu elementarer Charakter dieser Verbindung politisch unerwünscht erschien. Dagegen ist das dem sowjetischen und etwa noch dem polnischen Judentum spezifisch eignende Kulturgut, die jiddische Kultur, unter Lenin nicht bloß toleriert, sondern in all seinen Formen – Schrifttum, Presse, Theater, Schulwesen – gefördert worden; unter Stalin wurde es immer schärfer bekämpft, schließlich mit allen Mitteln ausgerottet, offenbar weil darin ein bedenklicher Separatismus, ein bedenklicher Widerstand gegen die vom Regime angestrebte »Integration« erblickt wurde. In beiden Epochen wurde, jeweils so viel als nötig erschien, von Definitionen und Folgerungen ausgegangen, und die Praxis – vom einfachen Verbot unter Lenin bis zur gewaltsamen Elimination unter Stalin – stützte sich darauf. Die nachstalinische Epoche ist, trotz dem Erscheinen einiger weniger jiddischer Publikationen und Vorführungen, noch zu undeutlich, als daß man beurteilen könnte, ob hier von einer noch zögernden Rückkehr zu der partiellen Einsicht Lenins oder lediglich von einer Milderung der Stalinschen Radikallösung die Rede sein kann; an der Theorie der »Integration« und der von ihr
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verwendeten Methode der Definitionen und Folgerungen hat sich aber offenbar nichts geändert. Die Methode, von der ich rede, geht von der Voraussetzung aus, es stehe einer Staatsmacht rechtmäßig zu, das Wesen einer ihr eingegliederten historischen Gemeinschaft dadurch zu bestimmen, aber auch deren Sonderschicksal dadurch zu entscheiden, daß man sie für dieser oder jener Kategorie zugehörig oder unzugehörig erklärt. Diese Methode ist, in dieser Allgemeinheit gefaßt, falsch. Das Judentum ist atypisch. Es als eine »ethnische Gruppe« abzustempeln führt in die Irre. Denn seine wesentlichen Eigenschaften sind denen keiner bekannten ethnischen Gruppe vergleichbar. Schon die napoleonische Frage »Nation oder Religion?« steht im Widerspruch zur Wirklichkeit. Denn hier gibt es keine solche Alternative. Historisch betrachtet, und das heißt: wenn wir von der Geschichte des Volkes Israel ausgehen, besteht hier, wie meines Wissens nirgendwo anders, eine eigentümliche dynamische Verbindung von Nation und Religion. Es gibt freilich allerhand andere Völker, in denen alle oder doch die meisten sich zum gleichen Glauben bekennen; aber ich weiß von keiner anderen nationalen Gemeinschaft, in der die Mächtigkeit des Glaubens so von der Stiftungsstunde der Gemeinschaft an auf das Leben der Gesellschaft in all seinen Bereichen eingedrungen ist, um es der Herrschaft des Absoluten zu unterwerfen; ich weiß von keiner anderen nationalen Gemeinschaft, in der die großen Gläubigen sich mit solcher Kühnheit allem entgegenstellten, was die Verwirklichung des Gebots von Wahrheit und Gerechtigkeit im Volksleben hinderte, den Königen, den Besitzenden und, wenn es not tat, dem Priestertum selber. Diese Dialektik des einander Gleichzeitigen, dieser Kampf erst des stiftenden Geistes gegen alles Widerstrebende, dann des dem Urgeheiß treu gebliebenen Geistes gegen die abtrünnigen Gewalten der Herrschaft und des Besitzes, das ist die wahre Geschichte Israels von Moses bis zum letzten Propheten und über diesen hinaus. Aus der Grundanschauung, es komme nicht darauf an, sich dieses oder jenes Bild von der Gottheit zu machen, sondern deren Geheiß für das Miteinanderleben der Kreaturen in allen Funktionen der Gemeinschaft zu verwirklichen, erwuchs die Konzeption einer Zukunft, in der dieses Werk, gleichsam durch ein Zusammenwirken des von urher der Welt Zugedachten mit dem von den Menschen Gewollten, seine Erfüllung finden würde. Alle Ideen eines großen sozialen Bauens in die Zukunft hinein derivieren aus jenem kämpfenden Glauben Israels. Man vermeine aber nicht, mit dem Ende der staatlichen Unabhängigkeit des alten Judentums sei auch das Ringen des Geistes um seine Ver-
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wirklichung zu Ende gegangen. Gewiß, mit dem Verlust der nationalen Selbstbestimmung war auch die Möglichkeit verloren, auf gerechten Beziehungen zwischen Personen und zwischen Gruppen eine selbständige gerechte Gesellschaft aufzubauen. Aber das Feuer vom Sinai brannte fort, nicht bloß in den Lehren der Weisen, die forderten, jetzt hier, mitten im Zwang der Fremde, solle so viel an Gerechtigkeit und gegenseitigem Beistand erfüllt werden, als jetzt und hier erfüllt werden kann, sondern auch in den leidenschaftlichen messianischen Massenbewegungen, deren innerster Kern nicht der Wille war, schlechterdings in die Heimat zurückzukehren, sondern der in sie zurückzukehren um das Königtum Gottes aufzurichten, und das heißt von der Urüberlieferung Israels her: ein universales Reich wahrhaft miteinander lebender Menschen und Nationen. Diese innere Flamme und die Ausstrahlung, die der Prophet »das Licht für die Völker« nennt, beide sind nicht erloschen. Auch der rheinische Judenstämmling Karl Marx ist nur ein Übersetzer des jüdischen Zukunftsglaubens und Zukunftswillens gewesen. Er hat sie mit genialem Geschick in die Sprache eines pantechnischen Zeitalters übersetzt, eines Zeitalters, heißt das, in dem die technische Erledigung aller menschlichen Wirklichkeiten drangeht, auch den Glauben zu erledigen. Es kommt mir hier nicht zu, zu erörtern, ob die noch eine wahre Menschensprache zu nennen ist, oder ob sie nicht vielmehr erst humanisiert werden muß, ehe sie für solch einen Zweck wahrhaft tauglich wird. Aber nicht minder atypisch als auf diesem dem Sowjetregime wohl eher uninteressanten Gebiet der nationalen Religiosität ist das Judentum in den Bereichen, die für den definierenden und folgernden Stalin die entscheidenden waren: dem der Sprache und dem des Territoriums. Zu einer »normalen« Nationalität gehört die Singularität der Sprache. Und wieder erweist sich hier das Judentum als Anomalie, freilich auch hier wieder als eine bedeutsame und fruchtbare. Die Sprache des nationalen Selbst, die hebräische, hat fast das ganze biblische Schrifttum hervorgebracht; aber schon auf der Höhe des Staatslebens finden wir daneben, nicht als literarisch, wohl aber als den »Gebildeten« vertraut, die herrschende Sprache der westsemitischen Kultur, die aramäische, eben die, in der später, schon im Exil, der Großteil des Talmuds geschrieben worden ist. Die großen Werke jüdischen Denkens sind in der hellenistischen Epoche griechisch, im Mittelalter arabisch, in unserem Zeitalter vorwiegend deutsch geschrieben worden; und zu diesen beiden, der Kernsprache und den wechselnden Kontaktsprachen, treten als Drittes die eigentümlichen Produkte des Zusammenlebens mit den Völkern, die Idiome, deren produktivstes eben das Jiddisch ist. Diese einzigartige Mehrsprachigkeit hat einen einzigartigen Hintergrund in der Psychik
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dieses Volkes: hier verbindet sich der Wille zum Beharren in dem von urher Gegebenen mit einer volkstümlich starken Neigung zum vitalen Kontakt mit der umgebenden Kultur. Jede umgebende Kultur, die diesen Doppelwillen gewähren ließ, hat daraus Gewinn gezogen. Das Sowjetregime hat in seiner ersten Phase den ersten, den Willen zum Beharren in der Ursprache, niedergehalten, den zweiten aber, den Willen zum Kontakt, in der Gestalt des Jiddischen, toleriert oder sogar bestätigt; in seiner zweiten Phase hat das Regime um der radikalen Integration willen auch die volkstümliche Kontaktsprache in all ihren öffentlichen Äußerungen unterdrückt. Welche Richtung es in der gegenwärtigen Phase nehmen wird, ist wie gesagt noch unklar. Nicht minder atypisch und unsubsumierbar erweist sich das Judentum in der Frage des Territoriums. Nur daß es hier, zum Unterschied von der Frage der Sprache, erst mit dem Ende des selbständigen Lebens in Palästina zur Anomalie geworden ist. Bis dahin ist die Singularität des Landes, sogar während zeitweiliger Verschleppungen eines wesentlichen Teils der Bevölkerung, des Selbstverständliche und Unerschütterliche. Mit der Stabilisierung der Diaspora vollzieht sich eine Änderung; man nimmt immer wieder das Leben in dem Land, in das man verschlagen worden ist, wie eine ernste, sinnreiche Aufgabe an, aber das Heil bleibt an die Heimat gebunden, – der große Zukunftsglaube, in dem sich die atypische Einheit von Nation und Religion bekundete, hatte die Rückkehr in die Heimat zur unerläßlichen Voraussetzung. Es gibt meines Wissens kein anderes Volk, in dem der eigene Boden ein so zentraler, ja so heiliger Gegenstand war, und das ist er geblieben; aber auf das Exilsland ging man, wo immer das Wirtsvolk es zuließ, lebensmäßig ein, man nahm das Schicksal nicht bloß an seiner Fläche, sondern in seiner Tiefe an. Man nahm nicht bloß das Martyrium auf sich, man nahm auch das Leben auf sich, wo immer es das zuließ. In eben den Ländern, in denen die Judenheit hernach gepeinigt oder ausgerottet wurde, hat es echte Symbiosen gegeben, die ohne eine echte Treue zum Land undenkbar wären. Stalin scheint der folgenden Folgerung zugeneigt zu haben: Eine Volksgemeinschaft ist nur dann mehr als eine bloße ethnische Gruppe ohne dauernde Existenzberechtigung, wenn sie eine eigene Sprache und ein eigenes Territorium besitzt; die in den Sowjetländern wohnhafte Judenheit besitzt keine eigene Sprache und kein eigenes Territorium; also ist sie nicht mehr als eine ethnische Gruppe und demgemäß dazu bestimmt, sich in den Nationen und Nationalitäten, in deren Mitte sie lebt, aufzulösen, vielmehr: in ihnen aufgelöst zu werden. Doch ist der Beachtung wert, daß Stalin innerhalb dieser Methode Sprache und Territorium
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höchst verschieden behandelt hat. Die sowjetischen Juden »hatten keine eigene Sprache«, seit man ihnen keine zugestand. Anders verhielt sich das Regime in der Frage des Territoriums. Es stellte zwar den bedenklichen Mangel fest, aber es unternahm es, selber ihn auszufüllen. Ein selbständiges Territorium, Birobidjan genannt und mehrere tausend Kilometer von den hauptsächlichen Wohnstätten der Juden entfernt, wurde ihnen angeboten. In der kulturellen Autonomie, die diesem Territorium zugedacht war, sollte selbstverständlich auch die Sprache impliziert sein. Das Regime war also offenbar bereit, die Juden zur »Nationalität« zu erheben und somit die jüdische Gemeinschaft von dem Verhängnis der Integration zu befreien, genauer ausgedrückt: die negative, auflösende Integration durch eine positive, angliedernde, als Kollektivum erfassende und kontrollierende zu ersetzen. Der Plan ist nicht geglückt. Ich fühle mich nicht zuständig, die Ursachen seines Mißlingens zu erörtern. Aber auf eine von ihnen darf ich hinweisen, weil sie mit dem besonderen Charakter des Judentums, dem, von dem ich spreche, zu schaffen hat. Einer jener jiddischen Autoren, die später aus unbekanntem Grunde ihr Leben verloren, bekannt unter seinen Pseudonym »der Nister« (der Verborgene), ein Erzähler von Rang und mir persönlich bekannt, hat damals, vor 13 Jahren, von der langen Wanderung nach Birobidjan berichtet, die er mitgemacht hat. Er schildert den Pionier-Enthusiasmus der Wanderer, die an der »Rekonstruktion der jüdischen Massen« teilzunehmen glauben; alle, sagt er, sind durchdrungen davon, daß man »von oben« ihrem Streben nach einem autonomen jüdischen Land nicht bloß nicht entgegentrete, sondern ihm »die maximale Hilfe« leiste. Aber in ihrem geschichtlichen Zusammenhang betrachtet, erweist sich die objektive Tendenz, der diese Hilfeleistung diente, als eine isolierende, eliminierende. Von einer solchen Tendenz bestimmt, konnte keine »Rekonstruktion« gelingen. Denn der Bestand der jüdischen Diaspora ruht auf der Zweiheit von Selbständigkeit und Kontakt. Marx, der die Juden irrtümlich für den historischen Hauptfaktor des Kapitalismus hielt, hat in einer berühmten frühen Schrift das Judentum mit dem »Schacher« identifiziert. Von dieser äußersten Simplifikation des jüdischen Problems stammen all jene Anklagen der Juden als Kosmopoliten, Individualisten u. dgl., denen wir im marxistischen Lager des Ostens immer wieder begegnen und die sehr weitgehende Konsequenzen hatten. So wurden Einzelerscheinungen, die nichts anderes als Entartungen jener atypischen jüdischen Synthese eines starken Willens zur Selbständigkeit und eines starken Willens zum Kontakt waren, in gigantischen Dimensionen typisiert. Anders Lenin, der ein großer Realist war und seine angestammte Umwelt weit gründlicher kannte und verstand
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als Marx die seine. Lenin zertrümmerte zwar naturgemäß die jüdische Bourgeoisie, aber er schenkte den jüdischen Massen Vertrauen und entdeckte in ihrer Mitte eine Avantgarde des kämpfenden Proletariats. Stalin, der im ersten Abschnitt seiner Herrschaft als Fortsetzer Lenins auftrat, entfernte sich danach immer mehr von dessen Weg des Verständnisses und des Vertrauens. Auf der Höhe seiner Macht war Stalin ein Mann des großen Mißtrauens wie Nero. In der Atmosphäre dieses Mißtrauens verquicken sich jene Anklagen des Kosmopolitismus usw. mit außenpolitischen Motiven; der Mangel an »vaterländischem Attachement« konnte nun jeweils auf eine bedenkliche und aktuelle Weise ausgelegt werden. Ich habe vor ungefähr 10 Jahren in einem öffentlichen Vortrag in New York nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die sich damals deutlich ankündigende Weltkrise vor allem auf das universale gegenseitige Mißtrauen zurückzuführen ist. Ich sprach zu den Amerikanern, und meine Mahnung war in erster Reihe an sie gerichtet. Aber über die Hörer hinaus richtete sie sich an die Menschenwelt. Denn ich sehe keine Rettung für die Menschenwelt, wenn sie sich nicht von dem universellen Mißtrauen abwendet, um sich einem realistischen, nüchternen, klarsichtigen, unbefangenen Vertrauen zuzuwenden. Vertrauen löst in denen, denen man vertraut das Vertrauenswerte aus. Dies gilt nicht bloß für das Verhältnis der Staaten zueinander, sondern auch für das des Staates zu den in ihm lebenden Völkern. Was ist es mit dem nachstalinschen Sowjetregime in dem Punkte, der uns hier beschäftigt? Ist es zu Lenins Prinzip des realistischen Vertrauens zurückgekehrt? Ist es im Begriff, dazu zurückzukehren? Etwa gar auf einer neuen, weiteren Ebene? Welch eine Ebene könnte das sein? Es gibt vielleicht auch unter den führenden Männern des Sowjetregimes solche, die sich Fragen dieser Art stellen. Ich sehe es nicht als meine persönliche Aufgabe an, Vorschläge zu machen. Ich wollte und will nur darauf hinweisen, daß gedeihliche Vorschläge von der Voraussetzung der einzigartigen Struktur des Judentums ausgehen müssen. Doch habe ich noch einem naheliegenden Einwand zu begegnen. In unserem Zeitalter hat sich etwas begeben, was man von innen und von außen als eine Normalisierung des jüdischen Volkes bezeichnet hat: die Entstehung des Staates Israel. Ich meine, daß man es zu Unrecht so bezeichnet hat. Gewiß, es gibt nunmehr ein selbständiges jüdisches Territorium, ein selbständiges Gemeinwesen, das seine Lebensformen selbst zu bestimmen vermag, und die Kinder, die darin aufwachsen, sprechen die erneuerte Ursprache. Aber die Diaspora besteht in ihrer breiten und
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vielfältigen Problematik fort, der inneren Geschichte der Staatsvölker preisgegeben, aber nicht unfruchtbar, und die Einsammlung des Gesamtvolkes in die Heimat bleibt auch in dieser neuen Phase jüdischer Existenz eine messianische Idee, – nicht in dem Sinne, wie man in manchen politischen Kundgebungen sich auf den Messianismus zu berufen pflegt, sondern im Ursinn der Prophetie, d. h. als mit der Aufrichtung des Reiches Gottes in der Menschenwelt unlösbar verknüpft, – um das Gemeinwesen, das sich Israel nennt, hat mit diesem echten Messianismus genau so viel zu tun, als in den Beziehungen seiner Teile zueinander und in seinen Beziehungen zu anderen Völkern zur Verwirklichung dieses Messianismus beiträgt. Und so stehen wir hier wieder vor der eigentümlichen, dynamischen Verbindung von Nation und Religion im Judentum. Aus dem, was ich davon sagen konnte, geht wohl bereits mit ausreichender Deutlichkeit hervor, daß hier die Religion, wann immer sie lebendig ist, die Macht nicht bestätigt, sondern zu ihrer Verantwortung aufruft. Es ist keine sekundäre Tatsache, daß so viele von denen, die im modernen Israel für das fundamentale Einvernehmen mit den Nachbarvölkern eingetreten sind, es aus religiösen Motiven getan haben. Die beiden, Nation und Religion, hängen hier aneinander, aber verschmelzen können sie auch im modernen Israel nicht. Vor etwa 50 Jahren sagte mir Max Weber, er als Soziologe könnte sich für den Zionismus nur dann interessieren, wenn dieser eine Art von Kirchenstaat anstreben würde. Ich vermochte ihm weder einen jüdischen Papst noch einen jüdischen Dalai-Lama in Aussicht zu stellen, und es wird dabei bleiben. Aber eine Entnormalisierung steht Israel dennoch im Verhältnis zwischen Nation und Religion bevor, sobald eine neue große Glaubensbewegung in die Erscheinung tritt, von der vielleicht eine neue Botschaft in die Welt ausgeht. Kehren wir nunmehr zu unserem eigentlichen Thema zurück. Vorschläge, die gemacht werden sollen, müssen – darauf habe ich Sie aufmerksam zu machen – dem atypischen Charakter des Judentums, der überall seine Geltung behält, Rechnung tragen. Aber, so mag man uns entgegnen, welche positive Grundlage gibt es für solche Vorschläge? Handeln wir von dem Bereich der Religion, so öffnet man sozusagen vor unseren Augen am Festtag die Pforten der übrig gebliebenen Synagogen und heißt uns abzählen, wie gering der Prozentsatz der Jugend sei. Und handeln wir von dem Bereich der sprachlichen Kultur, so hält man uns die Blätter der Statistik entgegen, auf denen verzeichnet ist, daß nicht mehr als 25 Prozent der Juden Jiddisch als ihre Muttersprache angegeben hätten, zweifellos allesamt Menschen vorgeschrittenen Alters. Weist das, so wird man sagen, nicht eindeutig darauf hin, daß die Integration sich von selber vollziehe? Und man wird etwa noch die Frage
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daran fügen, ob es denn Sache der Sowjetführung sei, »eine tote Kultur wieder aufzurichten«. Was können wir auf solche Einwände entgegnen? Es gibt doch keine Willenskundgebung der sowjetischen Judenheit, auf die wir uns zu berufen vermöchten! Und doch weiß ich um das Herz einer Jugend, die sich zwar assimiliert, jeder von seinem individuellen Lebenstrieb aus, die aber doch, eben im innern Herzen, danach Verlangen trägt, den originalen Werten und Formen all der Völkerschaften, in deren Mitte sie wohnt, eigene Werte und Formen gegenüberzustellen. Und wie anders könnte sie diese gewinnen als durch eine neue Rückverbindung mit der Welt der Väter und mit der der Urväter! Man gebe ihnen, so möchte ich den Sprechern der Einwände sagen, die Chance der Rückverbindung.
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Regeneration eines Volkstums (1943) 1. Was heißt »Regeneration«? Die Wandlung, die sich an dem Kern der in Palästina angesiedelten jüdischen Gemeinschaft vollzogen hat, darf man als Regeneration bezeichnen. Was ist unter Regeneration zu verstehen? Es sind zwei verschiedene Bilder, die beim Nennen dieses Begriffs in unserer Vorstellung auftauchen können. Das eine entstammt der psychologischen, das andere der biologischen Sphäre. Wir sagen von einem Menschen, der, insbesondere unter religiösem Einfluß, einen für seine Lebenshaltung entscheidenden Prozeß seelischer Erneuerung erlebt hat, er habe eine Regeneration erfahren. Damit wollen wir, im Anschluß an jüdische und christliche heilige Texte, zum Ausdruck bringen, daß er, nachdem sein Leben einen andern als den rechten Lauf genommen hat, nun Dank einem völligen inneren Umschwung gleichsam von neuem beginnen darf, daß er gleichsam zum zweiten Mal zur Welt gekommen ist; er fühlt sich neu geboren, neu erzeugt, regeneratus. Was hier geschehen ist, hat sich auf dem Gebiet der Menschenseele begeben. Gewiß, es braucht keineswegs im Bereich der Seele zu verbleiben, ja, es wäre gar nicht das, was dieser Mensch fühlt, wenn es sich nicht auch in dem ganzen Umkreis seines äußeren Lebens auswirkte; aber der Vorgang selber, den wir hier Regeneration nennen, ist ein Vorgang der Seele. Dagegen ist das andre Bild, an das wir denken können, wenn wir von »Regeneration« sprechen hören, dem Bezirke der Änderungen entnommen, die an organischer Substanz zu beobachten sind. Wir reden da von Regeneration, wo zerfallenes Zellengewebe durch gesundes ersetzt wird, unbrauchbar gewordene Strukturen sich von innen her verjüngen, ja an Stelle zerstörter Glieder neue wachsen und ihre Funktionen restlos erfüllen. Der grundlegende Vorgang vollzieht sich hier nicht wie dort im Bewußtsein, sondern an der belebten Materie selber. Wenn dort an eine Wirkung des Geistes gedacht wird, pflegen wir hier zu sagen, es sei die Natur, die den Körper neuschafft. Ein lebendiges Wesen ging, wenn nicht schon als Ganzes, so doch in wesentlichen Teilen der Vernichtung entgegen; da geschieht eine Regeneration, und das Verlorene hat sich neu entfaltet. Regeneration ist hier gleichsam die Gegenbewegung zur Degeneration.
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Wenn, um einen bedeutsamen Abschnitt in der Geschichte eines Volkes oder Volksteils zu kennzeichnen, der Begriff der Regeneration verwendet wird, ist es zumeist das erste dieser beiden Bilder, das in unserer Vorstellung überwiegt. Die Absicht ist, deutlich zu machen, daß sich in der Seele dieses Volkes oder Volksteils etwas Wesentliches geändert hat. Sein, etwa in der Folge bestimmter geschichtlicher Ereignisse oder Entwicklungen, gesunkenes Selbstbewußtsein hat sich wieder erhoben; das Volk glaubt, wie wir zu sagen pflegen, wieder an sich selber; es verzweifelt nicht mehr an seiner Zukunft, es »traut sich wieder etwas zu«, es wagt seinen Weg gleichsam neu zu beginnen. Und dieses wiedergeborene Vertrauen zum Schicksal steigert nun auch die Kräfte der Nation, es befeuert sie zu Taten der Befreiung und des Sieges, es befähigt sie zu Werken gesellschaftlicher und kultureller Konsolidation. Es gibt aber andere, seltene Erscheinungen einer nationalen Regeneration, für deren Erfassung dieses Bild nicht zureicht. Sie erwecken in uns den Eindruck, daß sich nicht bloß in Bewußtsein, Willen und Haltung des gewandelten Volkes oder Volksteils eine entscheidende Änderung vollzogen hat, vielmehr ist seine Substanz selber anders geworden, als sie vor dem Beginn des regenerativen Prozesses gewesen war. Es sind dies Fälle, in denen die Degeneration, der Abfall von dem »genus«, von der ursprünglichen Art des Volkes, tief in den Bestand des nationalen Organismus eingedrungen war, ja das Mark des Volksleibes ergriffen hatte. Um ihrer zersetzenden Tätigkeit zu steuern, genügt es nicht, die Seele heilsam zu beeinflussen. Die erneuerungsfähigsten Teile des Volkes müssen in wesensverschiedene Lebensbedingungen gebracht werden, die so beschaffen sind, daß sie auf die organische Substanz der Siedlerschaft eine regenerierende Wirkung ausüben können; das heißt aber, daß sie dem genus, der ursprünglichen Art des Volkes, entsprechen müssen. Die Voraussetzungen sind am günstigsten, wenn die veränderten Lebensbedingungen eben die sind, welche einst jene Art hervorgebracht oder großgezogen haben. Sind die Voraussetzungen erfüllt, dann kann es geschehen, daß sich vor unseren Augen die totale Regeneration einer Gemeinschaft zu vollziehen beginnt – eine Regeneration, in der nicht bloß Volksbewußtsein und Volkswille zu neuer Lebenskraft gelangen, sondern auch die objektive Existenz des Volkes sich im Wachstum neuen Zellengewebes, neuer Strukturen, neuer Glieder verjüngt: wir werden Zeugen eines seltenen und tröstlichen Phänomens der Menschengeschichte. Dieser Art ist die Wandlung, die sich an dem Kern der in Palästina angesiedelten jüdischen Gemeinschaft vollzogen und damit an dem jüdischen Volke zu vollziehen begonnen hat, wofern dem Werk die zureichende Entfaltung beschieden ist.
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2. Das Prinzip der Auslese Daß es sich so verhält, wird mancher nicht wahr haben wollen, der Palästina als eilfertiger Tourist besichtigt oder das jüdische Volk im Lande Abrahams nicht anders als durch Urlaubereinkäufe in Tel-Awiwer Läden kennenlernte. Er wird behaupten, die Menschen aus Israel, mit denen er hier zu tun bekam, hätten sich durchaus unregeneriert ausgenommen. Und er wird vielleicht gar nicht so unrecht haben. Mit Bedacht habe ich betont, daß ich vom »Kern« rede. Nur wer bis zur unmittelbaren Berührung mit ihm vordringt, wird die Tatsache der Regeneration in jenem umfassenden Sinn zu bezeugen bereit sein. Was ist das denn aber für ein Kern, wo findet er sich und welches ist das Verhältnis zwischen ihm und all dem andern, was nicht Kern ist? Wie ist er entstanden und was ist von ihm zu erwarten? Die Antwort auf diese Fragen und überhaupt den Zugang zum Verständnis des uns beschäftigenden Phänomens einer Regeneration können wir nur durch Einsicht in das eigentümliche Prinzip der Auslese gewinnen, das hier gewaltet hat und waltet, und zugleich in seine eigentümliche Problematik, in die Sphäre der Widerstände und Hindernisse, die seiner Wirksamkeit entgegengetreten sind. Die Erkenntnis, daß etwas so Großes und Beispielloses wie die Regeneration eines schwer erkrankten Volkstums durch produktive Wiederansiedlung in seiner Urheimat nur dann wahrhaft gelingen kann, wenn der Bau der Grundlagen wesentlich von einem Prinzip der Auslese beeinflußt ist, wurde in aller Klarheit zuerst von dem so vielfach mißdeuteten Achad-Haam ausgesprochen. Zum Unterschied von allen anderen Einwanderungsländern – schreibt er 1891 in dem ersten seiner palästinensischen Reiseberichte, einem Meisterwerk realistischen Denkens – bedeute in Palästina jeder einzelne Einwanderer »einen einzelnen Stein, einen kleinen oder großen, an den Fundamenten eines vollständigen Baus, der für den Bestand des Gesamtvolks, dessen Heil und dessen Ehre in der Folge der Tage bestimmend ist, und von der Beschaffenheit und Gestalt dieses Fundaments hängt die ganze Zukunft des Baus ab«. Es müsse daher die Gesamtheit mit aller Kraft darauf bedacht sein, »daß die Einwanderer, insbesondere die ersten, fundamentlegend seien, nicht ein Gemisch von armen und reichtumssüchtigen Vertriebenen, die dem Ganzen nicht frommen werden, sondern gesunde, gute und redliche Männer, die die Arbeit lieben und in Frieden und rechten Ordnungen leben«. Denn von ihnen allein sei zu erhoffen, daß sie, »wenn sie in Palästina eine Antwort auf die Ernährungsfrage suchen, in Schweigen und Geduld alle Mühsal und Beschwer ertragen und ungeachtet aller Hin-
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dernisse mutig auf dem Weg fortschreiten, den sie sich einmal erwählt haben, bis sie auf ihre Frage eine würdige Antwort in einer rechtschaffenen und nützlichen Arbeit im Schweiße ihres Angesichts gefunden haben, die sie dem ganzen Volk zum Vorbild macht«. Dagegen sei bei Einwanderern, die sich auf den in der Diaspora gewohnten Wegen bereichern wollen, die Gefahr nah, daß sie, wenn ihre großen Hoffnungen versagen, »sich auf jeden ihnen zugänglichen ›Erwerb‹ stürzen, sei es auch ein unsauberer, wenn er nur ihrem Wunsch gemäß leicht ist«, dies aber führe nur zu »innerer Zerstörung«. Diese Worte Achad-Haams – aus denen sich übrigens unzweideutig ergibt, daß es ihm nicht um eine neue »Geistigkeit«, sondern um ein regeneriertes Volksleben, und nicht um eine Elite von Intellektuellen um kultureller Leistungen willen, sondern um eine Auslese opferwilliger Menschen der Arbeit um der Grundlegung eines Volkslebens willen ging – enthalten bereits in nuce die spätere »chaluzische« Gesinnung der »eigenen Arbeit« als des Wegs zur Regeneration. Sie sind aber sogar von Achad-Haams engeren Anhängern kaum in ihrer vollen Tragweite erfaßt worden. Sie haben weder damals noch in der Frühzeit der zionistischen Organisation das Programm der kolonisatorischen Tätigkeit beeinflußt; der Gedanke der Auslese ist lange Zeit weder systematisch noch praktisch ausgebaut worden. Numerischer Zuwachs wurde mit Vermehrung der Kraft und des Werks verwechselt. Aber das Prinzip der Auslese hat sich dennoch jenseits von Gedankensystemen und Aktionsprogrammen, nicht als bewußtes, aber als wirkendes Prinzip Raum geschaffen, ja es hat schon die frühe Siedlungsarbeit in hohem Maße durchsetzt. Man kann es in diesem Entwicklungsstadium, das etwa bis zum Ende des vorigen Weltkriegs reicht, als eine Auslese durch Gesinnung bezeichnen; ermöglicht wurde sie durch den Tiefstand der privaten Erwerbschancen. Solchermaßen hat es, wie Arthur Ruppin alsbald nach dem Krieg in dem Aufsatz »Die Auslese des Menschenmaterials« (veröffentlicht Ende 1918 in der von mir herausgegebenen Zeitschrift »Der Jude«) formuliert hat, »automatisch« gewirkt, indem es »die schlechten Elemente ausstieß«. In diesem grundwichtigen Aufsatz hat Ruppin darauf hingewiesen, daß von der richtigen Lösung des Auslese-Problems »die ganze Struktur des zukünftigen jüdischen Gemeinwesens in Palästina abhängt«, daß die Würdigung dieser Tatsache aber bis dahin durch den »Kultus der Zahl« verhindert wurde, »der alle Bedenken wegen der körperlichen, beruflichen und moralischen Beschaffenheit der Einwanderer hinwegschwemmte«. Daß es trotzdem nicht zu schweren Schäden gekommen ist, sei unter anderem eben jener »automatischen« Wirkung des Ausleseprinzips zu verdanken: »Diejenigen Elemente, die raschen Gelderwerb
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zum Ziele hatten, kamen entweder gar nicht nach Palästina oder verließen das Land wieder nach kurzem Aufenthalt.« Es blieben in der Regel diejenigen, die eine aktive Gesinnung in dieses Land geführt hatte, und somit jene, in denen Achad-Haam mit Recht »die Fundamentlegenden« sah. Die aktive Gesinnung, von der hier die Rede ist, darf man mit einem aus der Frühzeit der modernen Palästinabewegung bekannten Begriff als »Zionsliebe« bezeichnen. Zion ist hier selbstverständlich kein bloßer Ortsname; es hat den vollen Klang und Gehalt des Symbols – es steht für die regenerierte Einheit von Volk und Land. Den von der Liebe zu Zion, von der vitalen Zionsgesinnung Geleiteten wird ihr Streben nach einer persönlichen Erlösung aus der »Galuth«, aus der Verbannung in eine Welt des Widersinns, identisch mit dem Streben nach der Regeneration Israels. Sie geben sich ganz her, um die Ganzheit für ihr verstümmeltes, zerstückeltes Volk, die Ganzheit für ihr zerrissenes, zerspaltenes Selbst im Volk zu erringen. Je mehr im Organismus der neuen jüdischen Gemeinschaft in Palästina dieses Element der mächtigen Hingabe überwiegt, um so echter, stärker und substantieller wirkt in ihr die Kraft der Regeneration. In dem zweiten Entwicklungsstadium, das bald nach dem Ende des vorigen Kriegs beginnt, verändert sich die Lage. Durch das wachsende Interesse der angelsächsischen Welt an Vorderasien und die Sicherung der Rechtsverhältnisse vollzieht sich die eigentliche Angliederung Palästinas an die kapitalistische Wirtschaft. Das Land wird dem Rhythmus von Flut und Ebbe der Konjunkturen unterworfen. Die Zeiten der steigenden Prosperität ziehen investierungslustiges Kapital, noch mehr aber spekulationslustige Gemüter ins Land. Der seelischen Attraktionskraft Palästinas stellt sich die ökonomische zur Seite, und das heißt: entgegen. Daß diese Entwicklung keine schweren negativen Folgen gezeitigt hat, daß trotz ihrer in diesem Stadium das Gewicht des regenerierten und regenerativen Elements im wesentlichen ungeschmälert geblieben ist, das ist vornehmlich dem Umstand zu verdanken, daß das bewußte, das planende Ausleseprinzip in die kolonisatorische Nachkriegsarbeit eingebaut worden ist. Die chaluzische Bewegung wächst erst jetzt ins Große, sie gewinnt ihre selbständige Gestalt, und mit den starken Ordnungen ihrer Bereitungsarbeit in der Diaspora, harter, zäher, heldischer Arbeit, konstituiert sie die positive Auslese, die Auslese durch Hingabe. Ruppin und die seiner Anschauung Nahestehenden gewinnen führenden Anteil an der kolonisatorischen Tätigkeit und damit die Möglichkeit, die Grundsätze durchzuführen, die er schon in jenem Aufsatz als für die Zeit nach dem Krieg unumgänglich notwendig dargelegt hatte, und, wie
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er es dort ankündigte, die Politik des ›laisser aller‹ durch eine zielbewußte Einwanderungspolitik zu ersetzen. Das Zurückgehen der »automatischen« Auslese wird durch die planende ausgeglichen. Aber die Sturzwelle der Judennot, die schon vor dem Beginn des nationalsozialistischen Regimes einsetzt, überschwemmt alle Planung. Neben denen, für die die Ereignisse nur der Anlaß sind, die längst beabsichtigte Umstellung ihres Lebens nunmehr durchzuführen, pochen an die Tore Palästinas Unzählige, denen Zion nie Sinnbild und Ziel bedeutet hat, sie drängen sich hierher, weil sie anderswo nicht Eingang finden. Neben einer Jugend, die sich dem chaluzischen Ideal geweiht und in Farmen und Werkstätten Europas die »Hachschara«, die spezifische Vorbereitung und Ausbildung für die chaluzische Arbeit empfangen hatte, stürmen Scharen junger Menschen herüber, die bisher den besonderen Aufgaben palästinensisch-jüdischen Lebens innerlich und äußerlich fremd geblieben waren, ungeschult, ungerüstet, unwissend, oft genug unfühlend. Sie sind fremd, aber sie sind Juden; sie sind fremd, aber sie leiden. Wie könnte man der Woge jüdischen Leidens den Damm eines Prinzips entgegenstellen, wie zwischen Tauglichen und Untauglichen, Erwünschten und Unerwünschten scheiden! So wird die Auslese überrannt. Die festen Burgen der Regeneration sind von einem lockeren, zwar formlosen, aber großenteils fast unbildsamen oder doch nur sehr schwer zu formenden Element umflutet. Man versucht heran und herein zu ziehen, was irgend man glaubt einbewältigen, sich angleichen zu können. Aber sehr vieles widerstrebt der regenerativen Einwirkung. In den Städten drängt sich zwischen die gemeinschaftbauenden Volksteile eigensüchtiges, gemeinschaftswidriges Unvolk ein. Den »Kern« umgibt nun eine Schale, die zu einem Teil nicht mehr seine Schale ist. Die Problematik der inneren Schichtung wächst. An bestimmten Punkten kann sie bis zu einer neuen Pathologie anwachsen. Die Früchte der regenerativen Bewegung werden fragwürdig, wenn es nicht gelingt, dem festen Kern wieder die autoritative Stellung und die souveräne Wirksamkeit im Verhältnis zu der schwanken Peripherie wiederzugewinnen. Für jeden, der an »Zion« glaubt, ist es eine Lebensfrage, ob dies gelingt. 3. Die innere Schichtenordnung
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Es ist offenbar, daß man das, was ich im regenerativen Sinne den Kern nenne, mit keinerlei Gruppen identifizieren darf, weder mit einer gesinnungsmäßigen noch mit einer beruflichen oder dergleichen mehr. Selbstverständlich kann man ein leidenschaftlicher Zionist oder auch
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zionistischer Sozialist sein, ohne damit etwas von jener entscheidenden Wandlung der Seele und der Beziehung zur Welt, der Lebensweise und Lebensgestalt erfahren zu haben, in der sich die wahre Teilnahme an der Regeneration darstellt. Bekenntnis ist etwas sehr Wichtiges, aber die regenerative Wandlung ist nicht eine Sache des Bekennens, sondern eine Sache des Seins eines Menschen. Das eigentümliche, dem historischen Urteil noch kaum zugängliche Phänomen der Erneuerung ist auf keinen Gesinnungsbezirk beschränkt. Es handelt sich um einen neuen Menschentypus, einen wesensgesünderen, unbefangeneren, gelasseneren, eben »regenerativen« Typus, den das Leben des »Kerns« geprägt hat. Und woran erkennt man diesen Typus? An mancherlei. Daran, daß der Kopf leicht und frei sich aus dem Nacken hebt, weder gebeugt noch zurückgeworfen; daß die Augen mit ruhiger Klarheit, ohne Anstrengung und Geblinzel, die Weltfülle fassen und halten; daß die Arme nicht schlenkern und die Hände nicht zappeln, sondern die Rast so zulänglich leisten wie die Mühe; daß die Füße weder schlurren noch jagen, sondern mit gutem elastischem Gleichmaß über die Erde gehen; daß der Atem aus der Tiefe des Leibes kommt und sich austrägt, so daß das Ein und Aus des Lebensrhythmus mit Funktion und Pause sich wie von selbst regelt; daß, wenn nicht die Situation ein anderes fordert, das ganze Muskelsystem sich entspannt; daß die Laute rein und kräftig aus der Kehle steigen, ohne von der Unruhe der Nerven versehrt zu werden. Gewiß sind diese Züge selten in einer Person vereinigt, wir müssen uns im allgemeinen mit einzelnen von ihnen begnügen, und doch, welch eine Wandlung, wenn ich etwa an den gehetzten Händler des polnischen Städtchens denke. Da ist ein Mensch aus der Dumpfheit des Ghettos in die freie Luft der Natur getreten, um von ihren Gnaden zu leben. Aber das Wesentlichste ist etwas anderes. Es ist der Lebenszusammenhang, in den sich all dies einfügt und von dem es seinen eigentlichen Sinn und Wert empfängt. Es ist die Atmosphäre einer selbstverständlichen Menschlichkeit, die diesen Typus umgibt. Menschlichkeit ist hier kein Programm, kein Moralgebot; sie ist natürlich wie Luft und Licht. Man ist menschlich, wie man lebendig ist. Gewiß, auch schon dort, im Städtchen, hat eine echte Menschlichkeit gewaltet; aber dort hat man es gewollt und gewußt; hier lebt man es nur noch, mit der franken Selbstverständlichkeit dessen, dem die Regeneration ins Blut eingegangen ist. Auf das Gemeinschaftsleben hin betrachtet, ist zweifellos am meisten von der Art des »Kerns« auf dem Land vorhanden; hier ist er recht eigentlich in seiner Gemeinschaftsform zu finden, und zwar in den verschiedensten Siedlungsgruppen, sowohl den mehr »individualistisch« aufgebauten, als den mehr »kollektivistischen«. Unter oft sehr schweren
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gemeinsamen Lebensbedingungen bildet sich doch zwischen den Arbeits- und Schicksalsgenossen ein seelischer Überschuß heraus, eine Zugewandtheit zu einander und eine Bereitschaft für einander, die zur Grundlegung echter Gemeinschaftlichkeit nicht weniger wichtig sind als Grundsätze und Institutionen. Es ist nicht bloß dies, daß jenes umfassende Solidaritätsgefühl, das schon alle Geschlechter des Diaspora-Judentums getragen und dessen edelste Blüte, die alte Gemeinde, gezeitigt hat, nun in dem Zusammenhangsgefühl der in einer Siedlungsgruppe Vereinigten, in dem Eintreten aller für den gemeinsamen Bestand, eine neue, verjüngte Gestalt gewonnen hat: dazu kommt, daß die Zusammenlebenden sich auch als Personen miteinander verknüpft empfinden. Man ist nicht bloß jederzeit willig, dem hilfsbedürftigen Gefährten zu helfen: man vergegenwärtigt sich ihn in seinem eigenen Wesen und Dasein und gibt ihm etwas her, dessen zu bedürfen der andre auch wohl sich selber nicht eingestehen mag, etwas von der stillen Wärme des brüderlichen Herzens. Die gemeinsame Verbundenheit mit der Mitte, das ist mit dem Heil und der Zukunft der Siedlung und mit dem Größeren, das sich darin darstellt, verbindet die Genossen miteinander. Auch wenn, wie es in Gruppen mit stark angewachsener Mitgliederzahl unvermeidlich ist, alle nicht mehr alle persönlich zu kennen imstande sind, so ist doch auch hier der Sinn des Zusammenlebens derselbe, daß nämlich jeder für jeden aufgeschlossen, jeder jedem unmittelbar zugänglich ist. Gemeinschaft zwischen den Verbundenen kann nicht eine dauernde Wirklichkeit sein; aber es kommt darauf an, daß sie stets möglich bleibe, unbehindert durch die Vorurteile und Vorbehalte, die überall auf Erden Stunde um Stunde unübersteigliche Mauern zwischen einem Menschen und seinem Bruder errichten. Ich sage keineswegs, daß dieser Sinn des Zusammenlebens in den Gruppen erfüllt sei; vermutlich ist er es in keiner. Aber angelegt und mehr oder weniger entfaltet ist er wohl in jeder. Und was das Wichtigste ist: dieser Sinn ist überall in den Menschen lebendig, die ich den Kern nenne. Er ist mit ihrem eigenen Lebenssinn identisch. Sie leben ihn, und er strahlt von ihrem Leben aus. In jeder Siedlungsgruppe ist um den Kern eine Schicht von anderen gelegt, vielmehr eine Reihe von Schichten: eine Schicht von nur teilweise Ergriffenen, eine Schicht von nur ideell, nicht vital Ergriffenen, eine Schicht von Indifferenten. Sie sind in verschiedenen Graden der Einwirkung durch den Kern ausgesetzt. Diese Einwirkung geschieht selbstverständlich nicht absichtlich und bewußt, sondern auf dem Weg der schlichten Existenz. Die Elite, die hier der Kern genannt wird, ist eine erzieherische Elite. Innerhalb der vielfältigen Erziehungsinteressen des jüdischen Palästina ist dies das am wenig-
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sten beredete, aber das beachtenswerteste. Der Kern wächst stetig durch seine vorbildhafte Wirkung. Er wirkt unmittelbar in verschiedenen Graden auf die unvollständig Ergriffenen unter den Gefährten, auf den Nachwuchs, auf die vielen Gruppen angegliederte »Alijath ha-noar« (die im letzten der drei Entwicklungsstadien, besonders aus Mitteleuropa im organisativen Zusammenhang eingewanderte Jugend). Er wirkt mittelbar, durch die verschiedenen Jugendbewegungen, auf einen qualitativ bedeutenden, aber auch an Zahl zunehmenden Teil der städtischen Jugend, die aufs Land strebt. In einem seiner letzten Briefe (1921) schreibt der Künder des palästinensischen Pioniertums, A. D. Gordon: »Nicht bloß daß ich für die Kwuza (die Siedlungsgenossenschaft) keine Auserlesenen fordere, vielmehr möchte ich im Gegenteil, daß in die Kwuza alle Arten Leute von der Gasse kommen und dort zu rechtschaffenen wichtigen Menschen werden.« Aber die erzieherische Wirkung der Gruppe als solcher genügt nicht, wesentlicher noch ist die der »Auserlesenen«, die man freilich nicht aufrufen kann und darf, die aber, wenn sie da sind, durch ihr Dasein »allen Arten Leute« helfen, zu »rechtschaffenen wichtigen Menschen« zu werden. Selbstverständlich sind diese Auserlesenen im allgemeinen nicht von jenen, die man »Männer des Geistes« zu nennen pflegt; es sind Männer des Lebens – es sind Männer jenes Geistes, der so ganz ins Leben eingegangen ist, daß man ihn gar nicht mehr als Geist wahrnimmt. Unvergleichlich schwieriger und widerspruchsvoller ist das Verhältnis zwischen Kern und den Schalenschichten in den Städten. Hier hat das regenerative Element im wesentlichen nur eine individuelle Erscheinungsform, wiewohl die Menschen, die ihm angehören, sich in ihren »Kreisen« und »Strömungen« zusammenfinden. Ein organischer Zusammenschluß auf der Grundlage des Zusammenlebens ist größtenteils unmöglich, die erzieherische Wirkung demgemäß fast durchweg sporadisch und fragmentarisch, weit mehr intellektual als vital. Dazu kommt aber noch etwas ungeheuer Behinderndes: während auf dem Lande die »Indifferenz« nur eine seelische ist, die Schicht aber, die ich die indifferente genannt habe, am Leben der Gruppe stetig teilnimmt und also der erzieherischen Einwirkung dauernd ausgesetzt ist, sind in den Städten breite Schichten einer Indifferenz gelagert, die dem Leben des Kerns und dem der ihm zugänglichen Schichten fast unüberbrückbar fern bleiben. Ihr passiver Widerstand gegen das regenerative Element ist teils ein konservativer – so verhält es sich mit dem Großteil der orientalischen Gemeinschaften, die dem »alten Jischuw«, der vor der modernen Einwanderung hier ansässigen jüdischen Bevölkerung Palästinas, angehören –, teils ein skeptisch-utilitarischer – dies ist der Fall bei einem nicht
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geringen Teil der Einwanderung des letzten Jahrzehnts, nämlich bei den palästinafremd gebliebenen; aber auch unter den Zionisten ist eine rein nationalistische, den Tendenzen zu einer Regeneration des jüdischen Menschentums und des jüdischen Gemeinschaftslebens gegenüber ungläubige oder ablehnende Gesinnung nicht weniger verbreitet. In diesen Schichten ist im wesentlichen nur die Jugend aufzulockern und für das regenerative Prinzip empfänglich zu machen. Damit dies in weitem Umfang gelinge, müssen die Schalen mehr, als es heute der Fall ist, mit dem Geist eines regenerativen Humanismus im wahren Sinn dieses Wortes erfüllt werden. Eine Landes-Volkshochschule, die diesem Geist dient, muß dieses Werk überspannen und ergänzen. Das Kräfteverhältnis zwischen dem Kern, den seiner Wirkung zugänglichen und den seiner Wirkung widerstrebenden Schichten ist der Gradmesser für den jeweiligen Stand der Regeneration des jüdischen Volkstums in Palästina. 4. Der Chaluz
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Der neue Typus, der in der Regeneration entsteht und sie ausdrückt, verdichtet sich im Chaluz. Jede elementare nationale Bewegung – jede Bewegung, der das Streben eines Volkes nach Verwirklichung seines Wesens, nach Erfüllung seiner Bestimmung zugrunde liegt – gipfelt darin, daß sie, sei es auch nur zeitweilig, einen neuen Menschentypus hervorbringt: den Menschen, der befähigt und berufen ist, die konkrete historische Situation zu bewältigen, die durch sie gestellte konkrete historische Aufgabe auszuführen, den Menschen also, der der geschichtlichen Stunde, ihrer Not und ihrer Größe, ihrer Forderung und ihrer Problematik gewachsen ist. Damit, daß dieser Typus sein Werk tut, aber auch damit, wie er es tut, also mit seinem Dasein selber, trägt er wesentlich dazu bei, daß sich die entscheidende Wende im Leben des Volkes vollzieht. Das Werk, das er zu tun hat, ist im allgemeinen das, was man nationale Befreiung zu nennen pflegt, die äußere, aber auch die innere – die Abschüttelung des Fremdjochs, das die Schultern der Nation niederbeugt, aber auch die Verselbständigung ihres Geistes, so daß er nicht mehr der Macht des Fremden erliegt, sondern alles, was ihm die Kultur der Völker zubringt, in seine eigene Grundform einschmilzt und eingestaltet. Die Bewegung des jüdischen Volkes unterscheidet sich von den anderen dadurch, daß sie keine äußere Befreiung anzustreben hat und daß die innere für sie nur eine der Voraussetzungen des eigentlichen Werkes ist.
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Dieses ist seinem Wesen nach weit mehr als eine Befreiung: es ist eine innere und äußere Umwandlung des Volkslebens, eine Läuterung und Gesundung der Volksart. Im Zentrum dieses Werkes steht die Aufrichtung der palästinensischen Gemeinschaft, eine Arbeit, die ihrem Wesen nach auf eine Reihe von Geschlechtern verteilt ist. Demgemäß ist hier der neue Typus nicht der Täter einer einmaligen historischen Tat: es liegt ihm ob, das neue Leben zu begründen, aber auch, es auszubauen, an ihm aktiv teilzunehmen, seine Kontinuität zu gewährleisten. Wenn es überall in den nationalen Bewegungen die Aufgabe des neuen Typus ist, die Antwort eines Volksgeschlechts auf seine geschichtliche Situation zu geben, so kann sie sich hier nicht auf eine Handlung oder eine Reihe von Handlungen beschränken, sie kann ebensowenig in einem Programm wie in einer Ideologie beschlossen sein: die Antwort muß eine lebensmäßige, eine in der Sprache des Lebens selber gegebene Antwort sein. Der Chaluz, in dem sich der regenerative Typus des jüdischen Volkes verdichtet, ist »Pionier« nicht bloß der Erschließung und Fruchtbarmachung eines Landes, er ist der Pionier eines neuen Lebens. Das Land baut sich um ihn auf und das Volk baut sich um ihn auf. Die objektive geschichtliche Situation, der die Volksgeneration hier gegenüberstand, war im wesentlichen die, daß die in ihrer sozialen Schichtung pathologische, unzureichend produktive, sehr wenig urproduktive Judenheit von der auf ihre Elimination abzielenden neuen Wirtschaftspolitik eines zunehmenden Teils der »Wirtsvölker« in ihrem Bestande bedroht wurde. Es geht hier um Rettung des Volks. Die Tendenz der Antwort war naturgemäß auf Produktivierung gerichtet. Produktivierung eines Volkes kann nur in einem großen konzentrativen Werke glücken. Konzentration des Judentums kann geographisch nie anders heißen als: Aufbau Palästinas. Es geht um Erschließung des Landes. Aber diese Antwort bedurfte zu ihrer wahrhaften Realisierung einer Menschenart, die nicht bloß die Notwendigkeit der Antwort erkannte, nicht bloß ihre Energien in deren Dienst stellte, sondern die eigene persönliche Lebensnotwendigkeit mit ihr identifizieren konnte. Diese Menschenart erstand im Chaluz. Weil die Chaluzim die Lebensnot des Volkes in ihrer eigenen persönlichen Not zu fühlen und zu kennen bekamen, sein Verlangen in dem eigenen Verlangen, sein Ziel in dem eigenen Ziel, darum erkannten sie mit ihrer ganzen Seelenkraft, daß nunmehr alles von dem persönlichen Selbstvollzug der konzentrativen Produktivierung abhängt, und gaben ihre ganze Person zu diesem Selbstvollzug her. Es geht um die Entdeckung der Arbeit in dem hohen, ja heiligen Sinn, den dieses Wort in der Chaluziuth gewonnen oder vielmehr wiedergewonnen hat.
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Diese Menschen banden das Heil ihrer Person an das Heil des Volkes in dem Land durch die Arbeit. Diese Bindung war ihre Wandlung. Durch sie erwuchsen sie zum neuen Typus: dem des Selbstvollzugs, des Pioniertums des Lebens, der Chaluziuth. Auch die chaluzische Bewegung ist im letzten Entwicklungsstadium durch manches entstellt worden, das sich ihr anheftete, ohne in Wahrheit chaluzischen Wesens zu sein, und das erst allmählich durch ihren Einfluß im Leben ihr angeglichen werden muß, aber der echte Chaluz ist mitten darin so sichtbar wie je. Der echte, der ursprüngliche Chaluz ist der Mensch der aktiven Identifizierung von Volksbefreiung und Selbstbefreiung. Zum erstenmal in der modernen Diaspora wird auf die allgemeine Situation der Stunde – die der Judenheit – mit einer persönlichen Wesenshaltung, einer Haltung des ganzen persönlichen Wesens – als jüdischer Mensch – geantwortet. Weil der Chaluz das Volksschicksal so von seinem eigenen Schicksal aus versteht und die Volksentscheidung so mit seiner eigenen Entscheidung ausspricht, sind ihm das Nationale und das Menschliche grundsätzlich nirgends voneinander getrennt. »Vielleicht ist diese Bewegung«, sagt Berl Kaznelson (schon 1918) mit Recht von der Chaluziuth, »die die nationale Zukunft durch die Gestaltung des persönlichen Lebens zu schaffen sucht, darin wesentlich verschieden von den übrigen gesellschaftlichen Bewegungen unserer Zeit … Vielleicht ist dies die einzige praktische Bewegung in unserer Zeit, in deren Mittelpunkt nicht die Leitung, nicht das Programm steht, sondern das Leben des Menschen und seine Arbeit. Der Genosse selber ist das Ziel. Sein Leben, seine Erfahrungen; seine Niederlagen und seine Siege, seine Schwäche und seine Stärke – sie sind es, die die Substanz der Bewegung ausmachen.« Daß es so sein konnte, liegt eben daran, daß die Idee hier nicht als etwas Allgemeines zu dem individuellen Erleben hinzutrat, – sie war ganz und gar nichts andres als das Gemeinsame dieses Erlebens, gemeinsamer Traum, gemeinsamer Ruf, gemeinsamer Aufbruch. Zugleich aber ist das Menschliche hier stets unlöslich mit dem Sozialen verbunden. »Leben« heißt für diesen Menschen: mit den Menschen leben. Er braucht sie und er will, daß sie ihn brauchen. »Gesellschaft« heißt für ihn weder das große unfaßbare Kollektivum, in dem die Individuen nebeneinander stecken, ohne einander zu kennen, noch auch eine Gruppe, bei der lediglich an Stelle des Individualegoismus die kollektive Selbstsucht getreten wäre, so daß das »Wir« im Munde jedes Mitglieds nichts andres wäre als ein »Ich« mit gutem Gewissen: »Gesellschaft« zieht für ihn ihr Recht und ihren Sinn von den unmittelbaren und rechtschaffenen Beziehungen zwischen Mensch und Mensch in ihr. Und »Volk« ist für ihn die Gesellschaft, in der durch die Gemeinsamkeit der
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Voraussetzungen und der Zielsetzungen, der Sprache und des Loses, die günstigsten Bedingungen für das Entstehen und Bestehen solcher Beziehungen gegeben sind. Man kann den Chaluz nur verstehen, wenn man an ihm die völlige Vereinigung des Nationalen und Sozialen erkennt. Das ist nicht eine nachträgliche Synthese zweier Prinzipien, sondern das organische Verschmolzensein, dem gegenüber die Prinzipien wie unwirkliche Abstraktionen erscheinen. Der Typus des Chaluz und sein Lebensgefühl sind nicht erst in Palästina entstanden, aber sie sind durch Palästina entstanden, im Werben um das Land, im Dienen und Ringen um es, und das Land, das die Menschen aufnahm, hat in harter Arbeit in schlimmer Entbehrung, in Enttäuschungen und Überwindungen den Typus und sein Lebensgefühl gereift, geformt, vollendet. Leid der Galuth hat den Chaluz gezeugt, Leid der Heimat hat ihn ausgetragen und geboren. Sohn zweier Leiden, zweierlei Leiden, des von Babel und des von Zion, dessen, das man überkommen will, und dessen, das man auf sich nimmt, weil es das »Leid des Landes Israel« ist, ohne das man es nicht wahrhaft erwerben kann, steht der Chaluz vor uns und sieht uns und der Welt ins Angesicht, mit nüchternem und tapferem Blick. Beilinson, der ein Chaluz als Journalist war, hat (1929) von der »Hachschara«, der Ausbildungszeit in der Diaspora, gesagt sie enthalte seelische Momente, denen entscheidende Wichtigkeit zukommen: »die Bedeutung dieser Hachschara ist, daß der Chaluz weiß, was ihn erwartet, und bereit ist, ›die Leiden des Landes‹ in Liebe auf sich zu nehmen«. Und ein andermal, in einem Rückblick auf die ersten zehn Jahre der chaluzischen Organisation: »Die Kraft des Chaluz hat darin bestanden, daß er die Verantwortung für die Verwirklichung des Werkes auf sich nahm – die gerade unmittelbare persönliche Verantwortung.« Und in einer am gleichen Tag veröffentlichten Rede sagte Bialik, der wie alle wahren Dichter nicht bloß die gewordene, sondern auch die werdende Wirklichkeit mit Augen sah, die Juden der Diaspora seien nie, wie man sie so oft beschuldige, Parasiten im gewöhnlichen Sinne gewesen, sie hätten erhebliche Arbeit geleistet, aber sie hätten die Verantwortung für ihr Werk gescheut, »und das ist vielleicht der Grund, weshalb es uns so schwerfällt von dort loszukommen – vor Furcht, ohne Herren und für unsre Arbeit Verantwortliche zu bleiben. Die Chaluz-Bewegung ist die erste, die diese Verantwortung nicht gescheut hat und sich nicht fürchtete, auf ihre jungen und schwachen Schultern die Last der Selbstverantwortung für das Werk und für seine Ergebnisse zu laden, und darin finde ich die Wurzel ihrer sittlichen Kraft«. Verantwortung ist in der Tat der entscheidende Begriff, um das Phänomen des Chaluz in seinem Wesen zu erfassen. Vor nahezu einem Vier-
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teljahrhundert, als die in unseren Tagen evident gewordene schwere Bedrohung des Judentums sich noch kaum am Horizonte abzuzeichnen begann und den Wissenden doch schon offenbar wurde, wie grundwichtig für die Rettung des Judentums die Schaffung einer Arbeitselite in Palästina war, nahm die chaluzische Bewegung ihre feste Gestalt an. Aber Chaluzim gab es schon lange vorher. Es gab sie von der Stunde an, da jüdische Menschen für die Bewältigung der Situation ihres Volkes mit dem Einsatz ihres persönlichen Lebens die Verantwortung übernahmen. Diese Verantwortung war ihre Antwort auf die Situation. Sie suchten sich ihr Werk nicht aus, sie akzeptierten das unvermeidliche, sie sahen, daß es keinen anderen Ausweg als diesen gab, und sie gingen ihn. »Die Empfindung, daß es keinen Ausweg gibt«, sagt Bialik in jener Rede, »ist die mächtigste und heiligste Wahrheit. Nur wo die Empfindung ist, daß es keinen Ausweg gibt, ist Selbstaufopferung, und Selbstaufopferung ist der Prüfstein aller Wahrheit in der Welt.« So vollzieht sich Regeneration. »Euer Werk«, redet der Dichter die Chaluzim an, »ist der Beginn der Gesundung unseres Volksleibes.« 5. Die sozialen Versuche
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Wenn man den äußeren Aspekt einiger der frühesten Siedlungen, die nichts als ein Konglomerat kleiner privater Wirtschaften darstellen, mit einigen der neuen vergleicht, die aus dem Gemeinschaftswillen einer kooperativen Gruppe entstanden sind, merkt man, daß hier noch etwas ganz anderes vorliegt als nur eins der Zeugnisse für die Entwicklung der modernen Architektur. Dort mutet uns die schwanke Doppelreihe der formlosen Häuslein wie die Straße eines moldavischen Städtchens an, von dem man sich wundert zu hören, daß es einen Eigennamen hat; hier erinnert die sinnreiche und harmonische Aufreihung der Wohnstätten rings um ein funktionales Zentrum an jene edlen Vorstädte Amsterdams, in denen je eine gesinnungsmäßig verbundene Arbeiterschaft den räumlichen Aufbau ihres Lebens rings um eine feste Mitte, Kultort oder Volkshaus, errichtet hat. Es ist ein Anderswerden des Lebenssinns, was sich hier ausspricht. Keineswegs ist hier etwa an eine einfache Entwicklung von einem »Individualismus« zu einem »Kollektivismus« zu denken, sind doch gerade auch unter den halbindividualistischen Arbeitersiedlungen, den »Moschawe owdim«, die befriedigendsten architektonischen Lösungen zu finden; vielmehr geht hier die Linie von einer zerfallenden zu einer neuen organischen Konzeption des Zusammenlebens. Nicht daß diese Konzeption schon ihre gültige Formel, ihren zulänglichen Aus-
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druck gefunden hätte; verschiedenartige Versuche der Lebensordnung ringen miteinander um den Preis der »Richtigkeit«, aber eben in diesen Versuchen, in ihrem Nebeneinander und Gegeneinander vollzieht sich das Werden der neuen Gestalt. Die scheinbaren Gegensätze, Kwuza und Moschaw, sind beide nur Entwürfe eines Zukünftigen, das niemand noch kennt; immerzu entstehen neue Abstufungen, und auch sie gehören mit zum Weg; alle Mühsal, alle Enttäuschung, aller Widerstreit gehören mit dazu. Ein entscheidendes geschichtliches Merkmal hebt die Gesamtheit dieser Versuche toto genere von all den merkwürdigen und zum Teil absonderlichen, meist kurzlebigen Gründungen kommunistischer, anarchistischer usw. Prägung ab, die in den letzten Jahrhunderten, insbesondere in Nordamerika, unternommen worden sind. Überall dort steht eine Doktrin am Anfang, entweder eine von religiösen oder religionsähnlichen oder auch eine von profan-sozialen Motiven bestimmte, eine Doktrin, die sich in einem Schema dessen, was sein soll, verdichtet; eine schematisierende Phantasie setzt fest, welches die einzig wahre Art des Gemeinschaftslebens ist, und die Gefolgschaft führt nun das Festgesetzte in mehr oder minder strenger Regelung aus. Wesensmäßig anders verhält es sich bei der Entstehung jener neuen palästinensischen Siedlungen, die auf dem Prinzip der Selbstarbeit errichtet sind. Hier steht am Anfang nicht das Spinnen von Gemeinschaftsphantasien, sondern die harte Gegebenheit tatsächlicher Verhältnisse. Die Frage steht am Anfang: wie ist ein bestimmter, zumeist nur unter äußerster Aufbietung der Menschenkraft fruchtbar zu machender Boden unter bestimmten, zumeist äußerst schwierigen politischen Bedingungen bei einem bestimmten zumeist äußerst knappen Etat zu »erobern«? Wie ist er durch eine bestimmte Menschengruppe zu erobern, von der, mögen auch ihre physischen Voraussetzungen zuweilen unzulänglich sein, das eine feststeht, daß sie der äußersten Hingabe an ihre Aufgabe fähig ist? Am Anfang steht die Not, die heilige Not. Sie ist es, die zur Kooperation, zur gegenseitigen Hilfe und gemeinsamen Verantwortung treibt. Freilich nicht sie allein. Ihr gesellt sich das inbrünstige Verlangen dieser Menschen nach einem menschenwürdigen Leben. Und für sie, die durch die Eishölle der Preisgegebenheit unter die Gewalt der Fremden gegangen sind, bedeutet »menschenwürdig« nicht das isolierte Leben eines Einzelnen, wie immer es beschaffen sei, sondern das Leben in Gemeinschaft mit seinesgleichen, ein Leben gegenseitigen Vertrauens, gegenseitiger Hilfe, gegenseitiger Verantwortung, ein Leben, in dem die Gemeinschaft die Person und die Person die Gemeinschaft verantwortet. Dieses Verlangen hat sich nicht in einer Doktrin, nicht in schematisierenden Phantasien niedergeschla-
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gen, es ist biegsam und bildsam geblieben, und eben deshalb konnte es so auf die tatsächlichen Verhältnisse eingehen und je und je die zweckgemäße Form finden, die ihnen und ihm selber zugleich gerecht wurde. Dieses Siedlungswerk ist nicht utopisch, sondern eminent topisch, das heißt: von Orten und Bedingungen bestimmt, aber eben topisch nicht im Sinn einer Unterwerfung unter den Zwang von Orten und Bedingungen, sondern im Sinn einer Begegnung mit ihnen. Was die Tatsachen forderten, entsprach der Seele. Dazu kommt noch etwas anderes, freilich damit eng Verbundenes, was die palästinensische Arbeitssiedlung von all jenen Experimenten gründlich abhebt. Es ist dies, daß sie ihrem Wesen nach antipartikularistisch ist. Das heißt: hier geht es niemals um die einzelne Gruppe als solche; jede weiß sich vielmehr als ein Stück von dem in Bewegung gekommenen Volkselement, das viele vorhandene und mögliche Gruppenbildungen umfaßt, und jede weiß das, was sie tut und was ihr widerfährt, als ein Teilgeschehen im Werden des Regenerationswerkes. Jede Gruppe ist mit all ihrem Willen und all ihren Kräften in die Aufgabe einbezogen, die an diesem Volke in diesem Lande zu erfüllen ist. Gewiß, sie hat notwendigerweise sich selber im Sinn, ihr eigenes Schicksal und ihre eigene Fähigkeit, aber nicht als etwas, was für sie besteht und sich selber Genüge tut, hat sie sich selber im Sinn, sondern als dienendes Glied des in der Regeneration begriffenen Ganzen, als Glied, dessen gedeihliche Entwicklung unmittelbar die des Ganzen fördert. Sie arbeitet hart an der Urbarmachung des Bodens – es ist nicht »ihr« Boden, sondern der des Volkes, was sich ja schon in der fundamentalen Tatsache dokumentiert, daß der Boden, auf dem sich dieses Siedlungswerk vollzieht, größtenteils besitzrechtlich Gemeineigentum der Nation und die Gruppe mit ihm nur belehnt ist; sie schafft und modifiziert im Gang der Ereignisse die Formen der gemeinsamen Existenz; was hier an Neuem und Lebensfähigem errungen wird, geht sogleich in das Denken und Planen aller verwandten Gruppen ein und wirkt sich dort gestaltend, umgestaltend aus. Es besteht hier von Anfang an bei den einzelnen Gruppen die im Wesen der Sache begründete Tendenz, miteinander – und zwar zunächst mit den ihrem Charakter und ihrer Struktur nach nahestehenden – in Verbindung zu treten, Erfahrungen auszutauschen, gemeinsam zu beraten und zu beschließen, ja, soweit es angeht, gemeinsam dazusein, das gemeinschaftliche Ziel in allen Stadien des Wegs wirksam werden zu lassen. Daraus hat sich eine lebendige Zusammenhangstendenz entwickelt, die ihren knappsten Ausdruck in dieser Formel des »Gesetzes der Kwuzoth« gefunden hat: »Gegenseitige Hilfe zwischen den Kwuzoth als Fortsetzung des Kwuza-Gedankens«; in umfassenderer Formulierung: »Übertragung
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der in jeder Kwuza herrschenden gesellschaftlichen Bindung auf die Beziehungen der Kwuzoth zueinander«. Damit ist etwas gesagt, dem eine weittragende besondere und allgemeine Bedeutung zukommt: die kollektiven Zellen sollen sich miteinander nach ebendem Strukturprinzip zusammenschließen, nach dem sich die Zellen gebildet haben; mit anderen Worten: die größere Gemeinschaft entsteht rechtmäßig dann, wenn die lokalen Gruppen, aus denen sie sich aufbaut, zueinander in ebensolche Beziehungen treten wie die, in denen die Einzelnen zueinander stehen, aus denen sich die lokale Gruppe aufbaut. Hier ist grundsätzlich erkannt, daß echte große Gemeinschaft nur als Verband kleiner, relativ autonomer Gemeinschaften entstehen kann, die in derselben Weise zusammenwachsen, wie jede von ihnen erwachsen ist. Und praktisch ist hier wohl die Gefahr des kollektiven Egoismus in seiner abkapselnden Macht erkannt als auch als Mittel, diese Gefahr zu überwinden. Von großer Bedeutung ist auch dies, daß die gemeinsame Grundlage, auf der die verschiedenen sozialen Versuche in Palästina entstanden sind, das innere Gebot der Selbstarbeit ist. Auch diese Wiederentdeckung der Arbeit ist, ebenso wie die Entstehung der verschiedenen Formen des Zusammenlebens auf dieser gemeinsamen Grundlage, nicht eine Übernahme fremder Ideen, sondern ein originaler Vorgang. Die gegenwärtige Welt hat den gläubigen Zusammenhang mit dem Sinn der Arbeit verloren und macht keine Anstalten ihn wiederzugewinnen. Daß der Chaluz, der den Kibbuz und den Moschaw baut, den reinen Geschmack der Arbeit von neuem kosten gelernt hat, verdankt er der Tatsache, daß das tiefe Leiden, mit dem der moderne Diaspora-Jude an sich selber leidet, an die Einsicht in die Sinnwidrigkeit seiner Arbeit gebunden ist: seine Arbeit ist entweder unfruchtbar, nicht Erzeugung, sondern nur Aneignung und Umsetzung von Werten, oder sie geht doch in das Bewußtsein der Gesellschaft, der er angehört, nicht als fruchtbar ein. Aus seiner Sehnsucht nach einem wirklichen und von der Gesamtheit, der man angehört, aufgenommenen Fruchttragen hat der Chaluz die Arbeit wiederentdeckt. Und aus seinem gläubigen Arbeitswillen sind, unter verschiedenen äußeren und inneren Bedingungen, die verschiedenen Gemeinschaftsformen dieser Versuche entstanden. Die gemeinsame Voraussetzung läßt sich in den Satz zusammenfassen: Die Menschen mit den Familien, die sie gründen, können auch bei fortschreitend zunehmender Bevölkerungszahl aus dem Boden die Güter ziehen, deren sie – in der Form des direkten Verbrauchs und in der des Tausches – zum Leben bedürfen, wofern sie Produktion und Konsum gemeinsam regeln (das Maß dieser Gemeinsamkeit ist je nach der sozialen Form verschieden), einander helfen und einander ergänzen.
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Die Menschenart, die in diesem kühnen Vorstoß in Neuland die Führung hat, die Menschen des »Kerns« sind streng in der Forderung, die sie an sich und an die Gefährten stellen; sie sind auch streng in der jeweiligen Prüfung und Beurteilung des Geleisteten, des Erreichten. Ihre produktive Selbstkritik ist ein wesentlicher Faktor in der Entwicklung der Versuche. Sie messen immer wieder die Wirklichkeit, die die Stunde ihnen zeigt, an der Möglichkeit, die sie in ihrer ahnenden Seele tragen. Ja, es gibt immer wieder Momente, wo gleichsam die ganze Gruppe innehält und sich besinnt: Wo stehen wir? wo halten wir? sind wir vom rechten Weg nicht abgekommen? wie finden wir ihn wieder? Aber die Selbstkritik ist eine von vitalen Motiven und nicht eine von Dogmen bestimmte; das Bild in der Seele ist nicht von einem abstrakten Sollen, sondern von der Schau des Möglichen und doch noch Unerfüllten eingegeben; so treiben sie vorwärts. Die Losung ist hier nicht die erhabene und verhängnisvolle »Alles oder nichts«, sondern die heilig-nüchterne »In jeder Stunde so viel, als in ihr möglich ist«. Wir finden diese Gesinnung etwa in folgenden Worten von Jakob Rabinowitsch (1925) ausgesprochen: »Das Streben nach hohen und gerechten Lebensformen ist nicht ein Streben nach einer unerreichbaren Vollkommenheit, sondern nach einem annähernd rechtschaffenen Leben. Und in dem Maße, daß der Mensch den Umfang der Ausbeutung verringert und sich der Selbstarbeit nähert, wird eine Lösung gegeben. Nur darf man nach der andern Seite nicht übertreiben. Die Formen haben sich noch nicht herauskristallisiert, es gibt noch keine freie Wahl, die Menschen gehen von Form zu Form über, alles fließt noch, und keiner berühme sich seiner Vollkommenheit. Klügeln wir nicht! Überlassen wir es der Arbeit und der Duldung, ihren Weg zu finden.« Dies trifft auch noch auf die heutige Lage zu. Zwischen den sozialen Formen des neuen Siedlungswerks spielt sich in aller Stille ein dauernder Wettbewerb ab. Es geht darum, welche von ihnen die größte Leistung hervorbringt, welche den gegebenen Bedingungen am meisten entspricht und ihnen die besten Produktionsergebnisse abzugewinnen vermag. Dabei entwickelt sich freilich zuweilen eine übermäßige Versachlichung, die leicht dazu führen kann, das Ziel der ganzen Arbeit, die Regeneration des jüdischen Menschen, aus den Augen zu verlieren. Aber auch vom Gesichtspunkte der Höchstleistung selber ist es für eine Planung, die nicht nach Jahren, sondern nach Generationen mißt, von entscheidender Bedeutung, nie zu vergessen, daß der Mensch selber die wichtigste der gegebenen Bedingungen ist und daß man ihn als Ganzes, mit seinem Lebensraum und Lebensrhythmus, mit seinen leiblichen und seelischen Befriedigungen und Entbehrungen, mit seinem positiven und negativen Verhältnis zu seiner Umwelt und seinem Dasein,
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an die Spitze der Rechnung stellen muß, damit sie auf die Dauer stimme. Rationalisierung tut freilich not, aber die Ratio muß dessen eingedenk bleiben, zu welchem Ende sie eingesetzt worden ist. Insbesondere ein Werk wie dieses, das ohne das große Verlangen der chaluzischen Jugend nach einem sinngerechten Leben nie zustandegekommen wäre, muß, damit das Ungeheure weiter Tag um Tag und in künftige Geschlechter hin getan werde, darauf bedacht sein, daß das Verlangen die jeweils höchstmögliche Erfüllung finde. In dieser Hinsicht darf noch manche Verbesserung des gegenwärtigen Standes der verschiedenen Siedlungsformen erhofft werden. Nicht bloß auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hin vollzieht sich eine Art Wettbewerb zwischen den verschiedenen Siedlungsformen, sondern auch auf die Fähigkeit hin, den Siedlern und ihren Kindern das dauernde Gefühl eines richtigen, guten, wunschgemäßen Lebens zu verleihen und in der Folge der aufwachsenden Generation über die Begeisterung des »revolutionären« Stadiums hinaus den Willen, an ihrem Ort zu bleiben und diese Existenzform beizubehalten, den Willen zur Kontinuität der Teilnahme an der Aktion; nur daß man hier nicht wie dort bewußt wetteifert, sondern im allgemeinen ganz unbewußt. Jede Gemeinschaftsform bringt den Genossen bestimmte äußere und innere Vorteile, die ihr eigentümlich sind; jede von ihnen hat mit einer besonderen Lebenshaltung auch ein besonderes Lebensgefühl entwickelt, in dem sich positive und negative Elemente mischen; man darf aber sagen, daß in jeder es die positiven sind, die entscheiden und ihr den wesentlichen Ton verleihen. Die Wahrnehmung der negativen Lebenselemente führt einerseits immer wieder zu einer Änderung der Formen und anderseits zur Entstehung neuer Zwischenformen. Alles »fließt« noch, heute sogar noch mehr als in der vorhergehenden Epoche. Jenseits der bewußten Aktionen vollzieht sich eine Umwälzung, vollzieht sich eine Siebung und Lese, ein Selektionsvorgang, dessen künftige Ergebnisse noch nicht zu ahnen sind.
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Zur Geschichte der nationalen Idee 1 (1949)
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Im Dezember 1840 eröffnete Mickiewicz am Collège de France seine Vorlesungen über die slawischen Literaturen, jedoch erst 1842 äußerte er in ihnen grundlegende Gedanken über das Wesen und die Bestimmung der Nationen, wobei er sich zunächst auf Worte zeitgenössischer slawischer Dichter und Denker stützte, um sodann eine eigene Auffassung und eine eigene Formulierung auszusprechen. Vertiefen wir uns in diese Gedanken Mickiewicz’ in ihrer Grundbedeutung, so sehen wir, daß sie einen wichtigen Platz in der Geschichte der modernen nationalen Idee einnehmen. Das wahre historische Dasein der Völker, jedes große nationale Dasein – so können wir diese Lehre zusammenfassen – gründet sich auf einer besonderen Offenbarung, die diesem Volk auf dem Weg seiner Entwicklung zuteil wurde. Eine Offenbarung, deren Träger und Verkünder zwar Einzelne sind, die aber an das Gesamtvolk als Volk gerichtet ist. Wesentlich ist hier, daß das Volk die Wahrheit, die sich ihm offenbart, als Volk annehme und als Volk verwirkliche, nicht als ein Zusammenschluß von Einzelnen, sondern eben als Volk. Jedes große Volk besteht, um diese Wahrheit zu verwirklichen, zu diesem Behuf, und nur zu diesem Behuf besteht es. Was vordem das Werk Einzelner innerhalb der Völker war – die Ergreifung der Wahrheiten und ihre Aktualisierung –, wurde im Gang der Geschichte zum Werk der Völker selbst. Diesen Weg hat vor allen andern Völkern Israel betreten, »der erstgeborene Bruder«, der »das geistigste unter allen Völkern der Erde ist«, begabt mit der vorzugsweisen Fähigkeit, »das Erhabenste der Menschheit zu erfassen«. Da es das erste war, das die Offenbarung als Volk empfing, wurde ihm der ursprünglich wesentliche Glaube an das Ziel der Völker, der messianische Glaube zuteil. Die messianische Verkündigung gelangte zu den Völkern in einem neuen Gewand, im Gewand des Christentums. Die Völker nahmen jedoch das Christentum als Einzelne und nicht als Völker an. Deshalb verblieben sie, obgleich sie den Glauben bekannten, im Bereich heidnischen Gesetzes und Rechtes. Die Botschaft, die nur von den Einzelnen als solchen angenommen wurde, konnte nicht im politischen Leben der Nationen ihren Nährboden finden. Nur ein einziges Volk, sagt Mickiewicz, 1.
Diese Rede wurde bei der Jubiläumsfeier gehalten, die in der Hebräischen Universität, Jerusalem, am 150. Jahrestag der Geburt des großen polnischen Dichters Adam Mickiewicz stattfand.
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und zwar das polnische, empfing die kollektive Taufe. Sein Eintritt in den Bund der christlichen Religion war nicht das Werk des Anschlusses von Einzelnen, die diese Religion annahmen, sondern ein umfassender und einmaliger Akt. Daher ist dieses Volk dazu bestimmt, das erste zu sein, das das Bekenntnis des Christentums in das Nationalleben einsetzt und in dessen Raum verwirklicht. Diese Bestimmung bezeichnet Mickiewicz mit einem Begriff, der uns durch unseren A. D. Gordon geläufig ist und der bei ihm anscheinend nicht auf Mickiewicz’ Einfluß beruht. Mickiewicz selbst bringt ihn im Namen eines andern slawischen Denkers. Und zwar ist dies der Terminus »Mensch-Volk«, ein Volk also, das seine Wahrheit in seinem Leben ebenso verwirklicht, wie dies der einzelne Mensch tut. In dieser Hinsicht nun sieht Mickiewicz ein geheimes Band zwischen dem polnischen Volk und Israel. Die Leiden beider Völker haben einen tiefen, einen messianischen Sinn: »Gott«, so sagt Mickiewicz in einer Rede jener Zeit in einem Freundeskreis, »hat Polen so gepeinigt, um aus ihm die Essenz der Kräfte hervorzuholen« um der Erfüllung seines, des Volkes, Werkes willen. Und in einer anderen Rede aus der gleichen Zeit sagt er: »Bei uns in Polen gibt es Männer eines großen und mächtigen Geistes, sowohl unter den Juden als auch in unserm Volk.« Im gleichen Jahr, in dem Mickiewicz in Paris seinen Vorlesungszyklus begann, starb in einem polnisch-jüdischen Städtchen ein Mann, der die Lehre von der Bestimmung der Völker, den geistig-nationalen Gedanken, in einer besonderen, spezifisch jüdischen Weise durchdachte und formulierte, die dabei Mickiewicz’ allgemeiner Anschauung nahe verwandt ist. Dies war Nachman Krochmal. Mickiewicz wußte gewiß nichts von Krochmals Buch, das damals noch nicht erschienen war. Welch eine Begegnung zweier Gedankensphären, deren keiner etwas vom Bestehen der andern bekannt war! Dieser merkwürdigen Ähnlichkeit steht ein nicht weniger merkwürdiger Kontrast gegenüber. Siebzig Jahre bevor Mickiewicz im Collège de France seine Anschauungen über die nationale Sache vortrug, äußerte Rousseau in den Betrachtungen über die polnische Regierung, die er auf Wunsch polnischer Adliger niederschrieb, eine völlig verschiedene Ansicht über die Aufgaben eines Volkes. Rousseau rät dem polnischen Volk, sich fast völlig von den andern Völkern abzusondern. Zu diesem Zweck sei es vonnöten, der geistigen Sphäre ein nationales Gesicht zu verleihen, das zwischen den Polen und den anderen Völkern unterscheide und sie daran verhindere, sich diesen anzugleichen. Und zu diesem Zweck müssen sie die Volksbräuche pflegen, denn – so sagt er wörtlich – »diese Bräuche, sogar wenn sie bedeutungslos sind, ja sogar wenn sie in mancher Hinsicht schlecht sind, wenn sie es nur nicht von Grund aus sind,
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werden stets den Vorzug haben, den Polen ihr Land liebzumachen und ihre natürliche Abneigung gegen die Vermischung mit fremden Völkern zu verstärken«. Mit anderen Worten, ein Volk soll seine alten Traditionen neu beleben, nicht weil in ihnen eine Lebenswahrheit den dem Wesen und der Bestimmung dieses Volkes entsprechenden Ausdruck findet, sondern weil sie geeignet sind, es in seiner Absondrung zu bewahren. Und Rousseau bleibt seinem System treu, wenn er in dem Abschnitt über die Erziehung Worte äußert, denen er besonderes Gewicht beimißt, nämlich: »An der Erziehung ist es, den Seelen die nationale Form zu verleihen und ihre Meinungen und Beweggründe so anzuleiten, daß sie unbewußt patriotisch seien, vom Antrieb, von der inneren Nötigung aus.« Die Aufgabe, die er der Erziehung zudenkt, enthält bereits eine Art Hinweis auf das, was man heute als Propaganda zu bezeichnen pflegt. Diese praktischen Ansichten Rousseaus, des Ideologen der Demokratie, sind nicht allzufern von gewissen, im Grunde antidemokratischen, Meinungen unserer Zeit. Es sei an uns, das Unsere zu pflegen, weil es unser ist. Wir dürften nicht fragen, ob es gut ist oder nicht, ob es angetan ist, uns zum Guten oder zum Üblen zu bringen; es genüge uns, daß es unser ist. Mussolini in seinem »sacro egoismo« hat eigentlich nichts anderes gemeint als dies: der Einzelne, der in seiner Persönlichkeit schlechte Gewohnheiten und dadurch schlechte Eigenschaften pflegt und entfaltet, ist tadelnswert; ist er jedoch darauf bedacht, diejenigen schlechten Gewohnheiten und schlechten Eigenschaften zu hüten, die ihm und seinem nationalen Kollektiv gemeinsam sind, ist er lobenswert. Dieser unheilsschwangeren Lehre stellt Mickiewicz seine Lehre der nationalen Bestimmung gegenüber. Die Daseinsberechtigung der Völker macht er ausdrücklich davon abhängig, inwiefern sie der Sache des Menschen und der Menschheit dienen. Dem Volk, das heißt: seiner Führerschaft, liegt es ob, zur Erkenntnis der Bestimmung und zum Dienste an ihr zu erziehen. An der Schwelle dieser Erziehung steht die Unterscheidung zwischen Gut und Böse, das heißt zwischen dem, was der Entwicklung des Volks zur Erfüllung seiner Aufgabe nützt und dem, was ihm schadet. Man darf ins Volk nichts pflanzen, was seinen Uranlagen fremd ist. Es ist an dir, in ihm eben seine Uranlagen zu entfalten, aber nicht all das, was sich im Gang der Zeiten seiner Seele angeheftet hat. Unsere Epoche hat sich der Anschauung vom »heiligen Egoismus« verschrieben; aber die Aussichten auf einen Völkerfrieden, auf das Wachstum einer echten Menschheit – und nicht dies allein, sondern auch die echte Erlösung jedes einzelnen Volks hängt davon ab, ob der
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Glaube an die Bestimmung der Völker, dem Mickiewicz anhing, und der Wille, der ihn beseelte, die Völker auf ihre Bestimmung hin zu erziehen, wieder erwachen, neue Gestalt annehmen und aus der Potentialität in die Aktualität umgesetzt werden, neuer und erneuernder Verwirklichung entgegen.
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Herzl vor der Palästina-Karte Aus meinen Erinnerungen (1944)
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Ich möchte etwas aus meinen Erinnerungen an Herzl erzählen, einen Ausspruch aus einem Gespräch, der vielleicht auf den ersten Blick seltsam erscheint, aber schwerwiegend und belehrend ist. Ich hörte ihn seinerzeit in etwas kritischer Stimmung, später aber verstand ich seine Bedeutung. Um jene kritische Stimmung richtig zu verstehen, muß man wissen, was die Stellungnahme jenes Kreises junger Menschen, dem ich angehörte, zu Herzl war. Wir verehrten ihn, liebten ihn, aber ein großer Teil seines Wesens war unsrer Seele fremd. Mit einem Wort: fremd war uns Herzl der Liberale. Es ist ein Irrtum anzunehmen, daß Herzl mit der Geburt des Gedankens vom Judenstaat das liberale Lager innerlich verlassen hätte und in ihm nur aus Berufsgründen, als Redakteur einer liberalen Zeitung, weiterhin verblieb. Herzl hat es nie begriffen, wozu es überhaupt verschiedene Nationen gibt, und auch als er Israel besser kannte als zur Zeit der Abfassung des »Judenstaats«, hielt er an seiner Definition fest – das Volk als gesellschaftliche Einheit, die durch einen gemeinsamen Feind vereint ist. Über unsere Forderung, mit der Arbeit mitten im Volk zu beginnen, um seinen Geist und seine Kultur zu neuem Leben zu wekken, konnten wir nicht mit ihm sprechen, ohne auf Unverständnis zu stoßen. Dies war in seinen Augen nichts als bloßes Beiwerk, das der Gestalt der zionistischen Bewegung zwar einige interessante, wenn auch leicht exotische Nuancen geben konnte, niemals aber eine große und entscheidende Realität im Leben des Volkes bilden würde. Herzl war freundlich zu uns, nicht nur weil wir der Sache Zions dienten, sondern auch, weil er uns für Romantiker hielt, und sein Liberalismus war liberal genug, um auch für nette und dekorative Romantik Raum zu lassen; aber jene Zukunft, die wir mit unserm Dienst intendierten, erschien ihm als ein kurioser Wahn. Der Ausspruch, den ich erzählen möchte, kam aus dem Munde des liberalen Herzl. Es war im Jahre 1901, dem Jahre meiner größten Nähe zu Herzl. Vorher war ich ihm nicht persönlich nahegekommen, und danach führte meine Tätigkeit in der Opposition, besonders bei den Meinungsverschiedenheiten zwischen Achad-Haam und Nordau wegen »Altneuland«, zu seiner Entfremdung von mir, die er erst in seinen letzten Lebenstagen überwand. Soweit ich mich entsinne, trafen wir uns im Mai oder Juni 1901 im
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zionistischen Zentralbüro in Wien. Herzl hatte mich hinbestellt, um mit mir über die Wochenschrift der zionistischen Organisation, »Die Welt«, zu sprechen, in deren Redaktion ich ab und zu den Platz meines Freunds Berthold Feiwel ausfüllte, und dessen Chefredaktion ich bald danach übernahm. An der Wand hing die neue Palästina-Reliefkarte, die gerade damals im Büro angekommen war. Nach kurzem Gruß führte mich Herzl sogleich vor die Karte und begann mir auf ihr die wirtschaftliche und technische Zukunft des Landes aufzuzeigen. Sein Finger glitt über die Wüste, und da waren terrassierte Pflanzungen; er fuhr übers Tote Meer und die umliegenden Abhänge, und Wasser und Boden erschlossen ihre verborgenen Schätze; er glitt über eine leere Ebene, und in gewaltigen Reihen erstanden da die Fabriken von hundert Industrien; er fuhr über die Bucht von Haifa, und durch die Macht seines Worts erschaute ich den »Zukunftshafen Asiens«. Schließlich kehrte sein Finger zum Jordan zurück, und Herzl trug mir den Plan vor, ein gewaltiges Staubecken zu errichten, das mit seiner Energie das gesamte Wirtschaftsleben des Landes beliefern werde. Und nun klopfte sein Finger auf einen Punkt der Karte, und er rief: »Wieviel Pferdekräfte hat der Niagara? Acht Millionen? Wir werden zehn Millionen haben!« Bewegt stand ich vor diesem Zauberwerk; ich spürte, wie über mich der Jordan-Niagarafall sprühte. Und gleichzeitig mußte ich lächeln: wie fern war das, wie unwirklich! Nein, nicht darum war’s, daß wir dienten; nicht um an der Amerikanisierung Asiens teilzuhaben, hatten wir Zions Namen auf unser Banner geschrieben. Gott sei Dank, daß dies nur ein Traum war! So fühlte ich zu jener Stunde. Erst lange danach, viele Jahre erst nach Herzls Tod wurde mir klar, daß damals er – und nicht ich – es war, der das wirkliche Palästina gemeint hatte. Mir war es damals nur das geliebte und Gelobte Land, das neu errungen werden sollte, das Land der Seele und der Botschaft, das Land, in dem das Erlösungswunder in Erfüllung gehen soll; für Herzl hingegen war es ein ganz bestimmtes Land mit ganz bestimmten geographischen und geologischen Eigenschaften, und daher auch mit deutlich bestimmbaren technischen Möglichkeiten, die er nicht nur kannte, sondern auch schaute; sein Vorstellungsvermögen war das realistischere, und er sah voraus, was in den kommenden Generationen zu tun ist. Er, der Liberale, der die Länder der Erde nicht nur als den Besitz der Völker ansah, sondern als Teile der Menschenwelt, der Welt des schaffenden Menschen, meinte das Land nicht als das Land Israel, sondern als den Träger bestimmter Eigenschaften, in der Vergangenheit, der Gegenwart – und besonders der Zukunft. Und die Verwirklichung dieser Zukunft hing von Taten ab, die getan werden mußten. Aber lag es uns ob, so zu handeln, wie er es sich vorstellte? Ging es
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denn an, daß wir hier aus Natur und Mensch das Äußerste der Kraftanstrengung pressen? Sollte wirklich das Gesetz der maximalen Energiebeschaffung auch das Lebensgesetz des erneuerten Volks Israel sein? War dies etwa die Wahl, der wir uns nicht entziehen können: einerseits jene möglichst vielen Pferdekräfte, wenn auch nicht gerade zehn Millionen, und anderseits der Weg zur Erlösung? Nein – und auch dies habe ich seither erkannt –, nicht das ist die Wahl; sondern wir müssen die technischen Bedingungen der Verwirklichung auf uns nehmen, wie sie durch die Gegebenheiten von Zeit und Raum gestellt sind, und wir dürfen nicht Furcht hegen, daß sie zum entscheidenden Hemmnis werden. Wie ganz Asien nicht umhin kann, in den Wegen Europas und Amerikas zu gehen, durch die Technisierung, die in sehr ernstem Maß die Erfüllung der seelischen Bestimmung erschwert, und wie es Ost und West gleicherweise obliegt, auf gerade diesem Wege dem Heil zuzustreben, so ist es uns auferlegt, alle erforderlichen Mittel zu ergreifen, um unser Land in eine große Menschensiedlung umzuwandeln. Freilich gibt es eine Grenze. Sie liegt da, wo dem Mittel eben als Mittel eine Grenze gesetzt ist. Nur etwas, das seiner Natur nach ein Mittel ist, taugt zu unserem Zweck, und wir haben das Recht, ja die Pflicht, es auf uns zu nehmen; alles aber, das seinem Wesen nach eine Abirrung ist, das heißt: alles, was die Lebenseinheit und die Lebenswahrheit zerstört, dürfen wir nicht auf uns nehmen. So dürfen und sollen wir die Technisierung für die Erlösung benützen, ob sie auch den Weg der Seele zu sich selbst erschwert; aber jede Abirrung zerstört den Weg zur Erlösung, und wer immer sagt – in diesem oder einem andern Zusammenhang –: »Ich werde sündigen und dann Umkehr tun!«, der ist nach den tiefen Worten unserer Weisen der einzige, für den es keine Hoffnung gibt. Und um ein Beispiel aus diesen unsern Tagen zu nennen: Mord kann kein Mittel zur Erlösung sein, denn aus Mord kann nichts kommen als neuer Mord, und wenn wir ihn benützen, werden wir unseren Söhnen kein freies Land hinterlassen, sondern sie werden in einer Räuberhöhle leben und Kinder zeugen, die ebenfalls in einer Räuberhöhle leben. »Wieviel Pferdekräfte hat der Niagara?«, das darf man fragen, aber man muß auch fragen: Wieviel Pferdekräfte haben Lüge und Mord? – So viele als nötig sind, um eine große Hoffnung zunichte zu machen, unsere Hoffnung und die Herzls des Liberalen.
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Editorische Notiz Der vorliegende Band folgt den neuen, in Band 9 der MBW (»Schriften zum Christentum«) erstmals vorgestellten Editionskriterien. Die Gesamteinleitung, die der Textsammlung vorausgeht, enthält allgemeine Hinweise zur Entstehungsgeschichte der Texte, ordnet sie in Bubers Gesamtwerk ein und erläutert ihre zeitgenössische Rezeption. Die hier gebotenen Fassungen von Bubers Texten sind im Allgemeinen auf Grundlage der Erstdrucke erstellt und folgen ihnen in Orthographie und Interpunktion. Die Texthervorhebungen der Originaltexte mit gesperrter und kursiver Schrift sowie Kapitälchen werden beibehalten. Die Reihenfolge der Texte Bubers im vorliegenden Band folgt einer möglichst chronologischen Ordnung. Berichtigende Eingriffe in Texte, denen Drucke zugrundelagen, werden nur im Fall von offenkundigen Druckfehlern und angesichts von Korrekturen Bubers in späteren Drucken vorgenommen. Diese Eingriffe sind im Variantenapparat des Kommentarteils zum jeweiligen Text verzeichnet. Es wurde nach Möglichkeit darauf verzichtet, mit Korrekturen in die zum Abdruck kommenden Typoskripte einzugreifen, die in der Regel stenografische Mitschriften der unmittelbaren Rede Bubers darstellen. Der freien Rede ist es geschuldet, dass die Sätze mitunter ihrem syntaktischen Bau nach unvollendet geblieben oder in sich nicht stimmig sind. Es erschien den Herausgebern nicht legitim, an diesen Stellen einzugreifen und dadurch den Duktus der freien Rede zu stören. Eine stillschweigende Berichtigung erfolgte nur im Fall von offenkundigen Tippfehlern, nicht geschlossenen Klammern und fehlenden An- oder Abführungszeichen. Die Schreibung von Namen wurde vereinheitlicht oder bei offenkundigen Fehlern korrigiert. Die Kommasetzung hingegen wurde nicht verändert. * Im Kommentarteil des Bandes wird zu jedem Text zunächst eine individuelle Einleitung geboten, die auf die Textentstehung eingeht, die Quellen analysiert und die Rezeptionsgeschichte umreißt. Anschließend werden die in den Variantenapparaten berücksichtigten, mit Siglen versehenen Textzeugen aufgelistet und, falls erforderlich, kurz charakterisiert. Darunter befinden sich ggf. Handschriften und Typoskripte aus dem MBA und die zu Bubers Lebzeiten erschienenen, d. h. die von ihm autorisierten Drucke. Der Bestimmung der Druckvorlage folgen ggf. die bibliographischen Angaben zu den Übersetzungen des Textes. Darauf folgend, wird ein Variantenapparat geboten, der inhaltliche,
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den Sinn des Textes verändernde Abweichungen der vorhandenen Textfassungen von der Druckvorlage verzeichnet. Einträge des Herausgebers sowie herausgeberbezogene Zeichen werden kursiv, der edierte Text recte formatiert. Der Kommentarteil zu dem jeweiligen Text wird durch Wort- und Sacherläuterungen vervollständigt. Den Abschluss des Bandes bilden umfangreiche Register zu der verwendeten Literatur, den Bibelstellen, den Sachbegriffen und den Personen.
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Diakritische Zeichen Ko r r e k t u re n v o n B u b e r s Ha n d : [Text] Texttilgung hTexti Texteinfügung ! Korrektur zu folgender Variante Herausgeberbezogene Zeichen: x, xx, xxx … Unentzifferte(s) Zeichen X Unentzifferte Zeichenfolge ? unsichere Lesung des davor stehenden Wortes [Textverlust] eindeutig fehlende, nicht ergänzbare Textlücken wegen Schreibabbruch, Textzeugenbeschädigung etc. {Text} Variante aus einem Textzeugen, eingeblendet innerhalb einer Variante aus einem anderen Textzeugen / Zeilenumbruch Te x t z e u g e n - S i g l e n : D1, D2 … Drucke d1, d2 … Teilabdrucke, Druckfahnen und Korrekturbögen H1, H2 … Handschriften h1, h2 … Teilhandschriften TS1, TS2 … Typoskripte TS1.1, TS1.2… Schichten innerhalb eines Textzeugen
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Einzelkommentare Schriften zur jüdisch-arabischen Frage [Stimmen nach der Balfour-Deklaration] Bis zur tatsächlichen Errichtung des Staates Israel waren innerhalb der zionistischen Bewegung die Meinungen geteilt, wie das künftige jüdische Gemeinwesen in Palästina beschaffen sein sollte: die Vision eines autonomen Staatsgebildes war nicht allgemein anerkannt. Buber war einer der prominentesten Vertreter jener zionistischen Richtung, die dem Ziel der politischen Autonomie misstrauisch gegenüberstand, vor allem aus Sorge, dies könne die Entwicklung eines arroganten, engstirnigen Nationalismus begünstigen, wie er im Laufe des Ersten Weltkrieges hervorgetreten war. Wie in vielen europäischen Intellektuellen hatte der Erste Weltkrieg auch in Buber eine tiefe Abneigung gegen den Nationalismus zurückgelassen. Inmitten jenes langwierigen Kampfes mit seinem unsäglichen Elend gelangten immer mehr Intellektuelle, von denen viele wie Buber den Kriegsruf zunächst mit patriotischer Begeisterung aufgenommen hatten, zu einer Verurteilung des Krieges, und führten seinen Wahnsinn auf kurzsichtigen, schrankenlosen Nationalstolz und einen »heiligen Egoismus« zurück, der die Interessen der eigenen Nation als heilige, moralisch unanfechtbare Werte betrachtete. Eine der stärksten Äußerungen gegen Krieg und Nationalismus war Stefan Zweigs (1881– 1942) Drama »Jeremias«, das 1917 auf dem Höhepunkt des Krieges erschien. (Stefan Zweig, Jeremias. Eine dramatische Dichtung in neun Bildern, Leipzig 1918). In Zweigs Augen war dieses Drama, das eine ungeheure Publikumswirkung hatte, eine prophetische Tragödie, sozusagen das Lied des jüdischen Volkes (vgl. Stefan Zweig, Die Welt von gestern, Stockholm 1947, S. 290–293), das unter dem Druck der ewigen Niederlagen sein Schicksal in den Ursprung eines neuen Jerusalem verwandelt hatte: eines Lebens jenseits politischer nationaler Existenz im Zeichen von Brüderschaft, gegenseitiger Toleranz und allgemeiner Aufgeklärtheit. Die hier abgedruckten Briefe zeugen von der Sorge Stefan Zweigs und Bubers vor einem ausufernden Nationalismus unter den zionistisch gesinnten Juden. Zweig hatte in seinem Brief vom Januar 1918 gefragt, ob die Zionisten angesichts der ernüchternden Erfahrung des Krieges die Botschaft seines Dramas als das wahre Ideal des Judentums anerkennen würden, oder – in seiner bissigen Formulierung – ob der Krieg die Zionisten aus ihrem Traum geweckt habe, dem »gefähr-
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Einzelkommentare
lichen Traum eines Judenstaates mit Kanonen, Flaggen, Orden«. »Je mehr sich im Realen der Traum zu verwirklichen droht«, desto mehr erklärte sich Zweig entschlossen, »gerade die schmerzliche Idee der Diaspora zu lieben, das jüdische Schicksal mehr als das jüdische Wohlergehn.« Zweig stellt die rhetorische Frage: »Was ist eine Nation, wenn nicht ein verwandeltes Schicksal? Palästina wäre ein Schlußpunkt, das Rückkehren des Kreises in sich selbst, das Ende einer Bewegung, die Europa, die die ganze Welt durchschüttert hat. Und es wäre eine tragische Enttäuschung […].« In seiner Entgegnung auf Zweigs Bejahung der Diaspora äußert Buber nicht nur sein eigenes Misstrauen gegenüber dem Nationalismus, sondern erläutert auch die Art seiner Verbundenheit mit dem Zionismus und erkennt die furchtbare Zweideutigkeit der zionistischen Bestrebungen an – eine Zweideutigkeit, die aber als schöpferische Herausforderung genommen werden will, wenn das Judentum aus einem körperlosen Geistwesen zu einer konkreten, lebendigen Gemeinschaft werden soll. An eben dem Tag, als er den Brief an Zweig schrieb, vertraute er ebenfalls brieflich seinem Freund und Mitzionisten Shmuel Hugo Bergmann (1883–1975) seine Sorge an, der Zionismus könne womöglich in nicht so ferner Zukunft in einen Nationalismus reinsten Wassers absinken. Er persönlich schließt jedoch den Brief an Bergmann mit dem festen Entschluss, seinen Kampf gegen diese Richtung innerhalb des Zionismus von neuem aufzunehmen. Textzeuge: B I, S. 524–527. Druckvorlage: B I, S. 524–527. Wort- und Sacherläuterungen: 50,10 Hugo Bergmann] Der Philosoph Hugo Shmuel Bergmann war der Wortführer im zionistischen Prager Bar Kochba Verein, vor dem Buber seine Drei Reden (1909–1911) gehalten hatte und aus dem sich später viele Mitstreiter dem Brith Schalom anschließen sollten. Im Ersten Weltkrieg, also zur Zeit der Abfassung dieses Briefs, diente er in der österreichischen Armee. 1920 wanderte er nach Palästina aus, wo er als Bibliothekar arbeitete und wurde sodann erster Direktor der Jüdischen Nationalbibliothek. 1935 wurde er zum Professor für moderne Philosophie an der Hebräischen Universität Jerusalem ernannt, deren Rektor er von 1935–1938 war. Er gehörte zu den treuesten Schülern Bubers.
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50,12–13 [Victor] Jacobson] (1869–1934): russischer Zionist, Bankier und Politiker; seit 1908 Vertreter der Zionistischen Exekutive in Konstantinopel, bis zu seinem Tod führend in der Zionistischen Organisation tätig. Während des Ersten Weltkriegs übernahm er die Leitung des Kopenhagener Büros der Zionistischen Organisation, das dorthin verlegt worden war, weil Dänemark im Ersten Weltkrieg neutral blieb. Dort erschien am 25. Oktober 1918 das Kopenhagener Manifest, das die Forderungen des jüdischen Volkes für den künftigen Frieden enthielt. (Vgl. Dokumente zur Geschichte des deutschen Zionismus, hrsg. und eingel. vom Jehuda Reinharz, Tübingen 1981, S. 238.) 50,29–30 die Form eines – zunächst nicht öffentlichen – Bundes] Nicht ermittelt. 50,30 Zwat] Hebr.: »Zange«. 50,31 jene erste Zange, die Gott schuf,] mAv V,6 mit der Erläuterung in bPes 54a. Vor der Entscheidung Mit dem Waffenstillstand, der den Ersten Weltkrieg beendete, wurde das Bündnis zwischen den westlichen Nationen durch deren heftige Konkurrenz um die Kontrolle über den Mittleren Osten erheblich strapaziert. Allerdings standen diese imperialistischen Beweggründe in krassem Gegensatz zu dem angeblichen moralischen Idealismus der Alliierten, die ihren Kampf gegen Deutschland und die Mittelmächte als einen Krieg für die Freiheit und Verteidigung des Prinzips der nationalen Selbstbestimmung ausgaben. Eine Formel, die ihre imperialistischen Interessen mit dem Prinzip der Selbstbestimmung auf einen Nenner bringen sollte, wurde auf der Pariser Friedenskonferenz, die im Januar 1919 zusammentrat, ausgearbeitet: Ein Völkerbund sollte errichtet werden, der dann den wichtigsten Westmächten eine Treuhänderschaft oder ein Mandat zusprechen würde, um die neuen Staaten, die aus den Territorien und Kolonien der besiegten Mittelmächte entstehen sollten, schrittweise zur Selbstbestimmung zu führen. Über das Schicksal von Palästina, vormals ein Bestandteil des Osmanischen Reichs, wurden auf der Pariser Friedenskonferenz langwierige Verhandlungen geführt. Sowohl die Araber als auch die Zionisten wurden aufgefordert, Delegationen zu entsenden und der Konferenz Memoranden vorzulegen. Die Vertreter der Zionistischen Organisation, die Ende Februar und Anfang März 1919 vor der Konferenz auftraten, wurden
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freundlich und aufmerksam angehört. In dieser positiven Aufnahme erblickte die zionistische Bewegung einen sehr hoffnungsvollen Anfang, allerdings fällte die Konferenz in diesem Stadium keine Entscheidung. Erst im April 1920, in San Remo, kamen die Alliierten überein, Großbritannien das Mandat über Palästina zu übertragen mit der ausdrücklichen Auflage, den Verpflichtungen nachzukommen, die England mit der Balfour-Deklaration vom November 1917 auf sich genommen hatte. In der Balfour-Deklaration heißt es, Großbritannien »begrüßt die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina und wird sein Bestes tun, die Erreichung dieses Ziels zu ermöglichen. Selbstverständlich soll dabei nichts geschehen, was dazu angetan ist, die bürgerlichen und religiösen Rechte der in Palästina vorhandenen nichtjüdischen Gemeinschaften oder die Rechte und die politische Stellung der Juden in irgendeinem anderen Land zu beeinträchtigen.« In dem Aufsatz, der erstmals März 1919 in Der Jude, der 1916 von Buber gegründeten und seitdem von ihm herausgegebenen Zeitschrift, erschienen ist, gibt Buber zu verstehen, dass er sich über die verschleierten imperialistischen Beweggründe der Pariser Friedenskonferenz durchaus im klaren sei. Er ruft seine Mitzionisten auf, sich durch die Schlagworte und das moralische Gebaren der Alliierten nicht täuschen zu lassen. Ein Bündnis mit dem Imperialismus, unabhängig davon, wie human sich dieser gebe, könne den moralischen Rechtsgrund und Charakter des Zionismus nur beeinträchtigen. Moralisch und politisch könne der Zionismus nur überleben, wenn ein echtes Bündnis mit den arabischen Völkern zustande komme. Dieser Überzeugung ist Buber sein Leben lang treu geblieben. Textzeugen: D1: Der Jude, 3. Jg., Heft 12, März 1919, S. 541–546 (MBB 225). D2: Die Jüdische Bewegung. Gesammelte Aufsätze und Ansprachen. Zweite Folge, 1916–1920, Berlin: Jüdischer Verlag 1920, S. 189–204 (MBB 233). D3: JuJ, S. 508–514 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: [Auszug], Liqrat ha-hakhra’a, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 118–119 (MBB 611).
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Variantenapparat: 51,1 Vor der Entscheidung] ergänzt Untertitel (Mitte März 1919) D2, D3 55,30–57,18 3. Wir können […] Geistwidrigkeit hervorgeht] Abschnitt fehlt D3 57,19 4.] 3. D3 58,7–12 5. […] Ernstmachen!] fehlt D3 Wort- und Sacherläuterungen: 51,3–4 Die Vertretung der Mächte […] beraten] Die maßgeblichen Mächte waren die Siegerstaaten Großbritannien, Frankreich, die Vereinigten Staaten und Italien. 51,36–52,1 »Der Tag der endgültigen Selbstbesinnung […] kann es werden«.] Vgl. Buber, Ein politischer Faktor, Der Jude, 2. Jg., Heft 5/6, August/September 1917, S. 289–291, hier S. 291 (jetzt in: MBW 3, S. 336–338, hier S. 338). 53,33 Areopag] Der Oberste Rat, zu dem sich in der Antike die athenischen Bürger versammelten. 54,24 Galuth-Dependance] Galuth: hebr. für »Exil« (des jüdischen Volkes); stark negativ konnotiert. 54,34 Faktotum] aus dem Lat.: »Diener«; »Handlanger«. 55,22 wir Orientalen u n d Europäer sind] Vgl. »Der Geist des Orients und das Judentum«, jetzt in: MBW 2.1, S. 187–203. 55,38–26,1 »civis Romanus sum«] Mit diesem Ausspruch konnte sich ein römischer Bürger auf Vorrechte berufen, wie z. B. Paulus die Todesstrafe durch die Kreuzigung in eine durchs Schwert mildern konnte (vgl. Apg 22,25). 56,15 »die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit«] Mt 4,8 (Ausspruch des Satans). 57,4 A. D. Gordon] Aharon David Gordon (1856–1922): Der aus einer orthodoxen Familie stammende Gutsverwalter wanderte 1905 mit 48 Jahren nach Palästina ein, wo er als einfacher Landarbeiter lebte. Später schloss er sich dem ersten Kibbuz in Israel, Degania, an. Die Essays des originellen Denkers verbinden sich zu einer »Religion der Arbeit«, von der er sich sowohl auf der individuellen Ebene wie für das Judentum als Volk eine Erneuerung erhoffte. Seine Erfahrungen stellte er in seinen Briefen aus Palästina dar, von denen einige in Der Jude veröffentlicht wurden. Buber traf ihn persönlich auf der Gründungskonferenz der Hitachdut in Prag (vgl. den Kommentar zu »Über Gemeinschaft und Gesellschaft«, in diesem Band, S. 665 f.) und war von ihm sehr beeindruckt. Neben einigen kleineren Texten (»Der wahre Lehrer. Zum Gedächtnis A. D. Gordons« [1922]; jetzt
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Einzelkommentare
in: MBW 20, S. 33; »Arbeitsglaube« [1929]; jetzt in: MBW 11.1, S. 387 und »Der Acker und die Sterne« [1928], in diesem Band, S. 369 f.) beschließt Buber mit der Darstellung der zionistischen Ideen Gordons den Band Israel und Palästina. (»Ein Träger der Verwirklichung«; jetzt in: MBW 20, S. 307–314.) Zu den politischen Gemeinsamkeiten, insbesondere in der Araberfrage, vgl. den einleitenden Kommentar zur [Rede auf dem XII. Zionisten-Kongreß in Karlsbad], in diesem Band, S. 525 ff. Eine Einführung in Gordons Philosophie findet sich bei Karl Erich Grözinger, Jüdisches Denken. Theologie – Philosophie – Mystik, Bd. 4: Zionismus und Schoah, Frankfurt und New York 2015, S. 215–286. 57,10 Geist Carlyles und Ruskins] Thomas Carlyle (1795–1881): bedeutender von der Romantik beeinflusster schottischer Essayist und Historiker; in Deutschland auch durch seine Beziehung zu Goethe bekannt. 1830 erschien sein Essay Sartor resartus, or Life and Opinions of Herr Teufelsdroeckh, 1844 seine dreibändige Geschichte der Französischen Revolution. John Ruskin (1819–1900): einflussreicher engl. Schriftsteller, Maler, Kunstkritiker und Sozialphilosoph, der bereits 1860 als Kapitalismuskritiker hervortrat. 58,8 Chaim Weizmann] Chaim Weizmann (1874–1952), führender zionistischer Politiker und Staatsmann russischer Herkunft. Seit 1901 mit Buber und anderen in der Demokratischen Fraktion der zionistischen Bewegung aktiv. 1902 gibt er zusammen mit Buber und Berthold Feiwel (1875–1937) die Broschüre Eine jüdische Hochschule im Jüdischen Verlag heraus (jetzt in: MBW 3, S. 362–386). Seinen Beziehungen zu führenden britischen Persönlichkeiten ist die Balfour-Erklärung zu verdanken. Er vertrat 1919 auf der Friedenskonferenz in Paris und 1920 auf der Konferenz von San Remo die zionistischen Forderungen. Weizmann war von 1920–1931 und von 1935–1946 Präsident der Zionistischen Weltorganisation. 1948 wurde er erster Präsident des Staates Israel. 58,8 Zehnerausschuß] Auf der Versailler Friedenskonferenz waren mehr als tausend Delegierte der Siegerstaaten anwesend. Die eigentliche Abstimmung erfolgte in einem inneren Zirkel aus zehn Vertretern der fünf größten Siegermächte (Großbritannien, Frankreich, den USA, Italien und Japan). Später ersetzte der »Rat der Vier« dieses Gremium, besetzt mit dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson (1856–1924), dem britischen Ministerpräsidenten Lloyd George (1863–1945), dem französischen Ministerpräsidenten Georges Clemenceau (1841–1929) und dem italienischen Ministerpräsidenten Vittorio Emanuel Orlando (1860–1952).
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In später Stunde
In später Stunde Der Zusammenbruch des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg beschleunigte das Aufkommen eines arabischen Nationalismus im Mittleren Osten. (Vgl. Yehoshua Porath, The Emergence of the PalestinianArab National Movement 1918–1929, London 1974, S. 20–30.) Die Alliierten, insbesondere Frankreich und England, appellierten an diese Gefühle, um die Unterstützung der Araber gegen die Türken zu gewinnen und sich gleichzeitig eine einflussreiche Stellung innerhalb der arabischen Welt zu sichern. Verschiedene, häufig widersprüchliche Geheimabkommen zwischen den Alliierten – die gelegentlich gegeneinander vorgingen – und den rivalisierenden arabischen Führern folgten. Diese Intrigenmühle wurde teilweise durch die Pariser Friedenskonferenz von 1919 zum Stillstand gebracht, zu deren Aufgaben es gehörte, die von den einzelnen Alliierten getroffenen Regelungen im Mittleren Osten zu koordinieren und über die Verteilung der arabischen Territorien, die nunmehr von der Türkenherrschaft befreit waren, zu beschließen. Was Palästina betrifft, so war die Lage unendlich schwierig, da sowohl die eingeborene arabische Bevölkerung, die in dem Land, das den Namen Palästina erhalten sollte (zu der Zeit war Palästina keine klare geopolitische Größe), eindeutig die Mehrheit darstellte, als auch die Zionisten, deren Anspruch durch die Balfour-Deklaration bestärkt war, Rechte darauf geltend machten, die eigentlich unvereinbar waren. Auf den ersten Sitzungen der Friedenskonferenz schien eine freundschaftliche Regelung zwischen den Zionisten und den Arabern, wie sie sich im Feisal-Weizmann-Abkommen vom Januar 1919 abzuzeichnen begann, allerdings nicht unerreichbar. Nachdem sie sich mehrmals in Palästina, London und schließlich in Paris getroffen hatten, unterzeichneten Emir Feisal, der anerkannte Führer der arabischen Nationalisten, und Chaim Weizmann, der Leiter der zionistischen Delegation auf der Friedenskonferenz, ein offizielles Dokument, in dem von der Vereinbarkeit des Zionismus mit dem arabischen Nationalismus und einer möglichen Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Bewegungen die Rede war. (Der Text des Feisal-Weizmann-Abkommens, unterzeichnet am 3. Januar 1919, findet sich bei Walter Laqueur (Hrsg.), The Israel-Arab Reader. A Documentary History of the Middle East Conflict, London, 1969, S. 36–38; deutsch: 100 Dokumente aus 100 Jahren. Teilungspläne, Regelungsoptionen und Friedensinitiativen im israelisch-palästinensischen Konflikt (1917–2017), hrsg. von Angelika Timm, Berlin 2017, S. 25–27). Jedoch blieb diese Vereinbarung ohne Wirkung. Im damaligen Stadium waren die Alliierten nicht imstande, es umzusetzen, weil
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Einzelkommentare
sie sich untereinander nicht einigen konnten, wie ihre Einflusszonen im Mittleren Osten zu verteilen und abzugrenzen seien. Ohnehin wurde die Übereinkunft Feisals mit Weizmann von anderen arabischen Führern rasch verworfen. In der arabischen Welt wuchs der Widerstand gegen die Balfour-Deklaration und die Aussicht auf die Errichtung einer jüdischen nationalen Heimstätte in Palästina. (Ausführlich behandelt ist diese Entwicklung bei Porath, The Emergence of the Palestinian-Arab National Movement 1918–1929, S. 31–69.) Während Delegationen in die europäischen Hauptstädte entsandt wurden, um für ein arabisches Palästina zu plädieren, fanden in Palästina selbst eine Reihe von Demonstrationen und Massenkundgebungen statt. Der arabische Kampf gegen die Verwirklichung der Balfour-Deklaration erhielt dadurch Auftrieb, dass die britische Entschlossenheit, das Mandat über Palästina zu übernehmen, erschüttert schien. Die Militärregierung in Palästina, eingesetzt von den Engländern bei der Eroberung des Landes und von ihnen offiziell im Auftrag des Rats der Alliierten verwaltet, bis diese sich über eine endgültige Regelung einigen würden, stand den zionistischen Bestrebungen eindeutig gleichgültig, wenn nicht gar feindlich gegenüber. Obwohl sich mittlerweile herausgestellt hatte, dass die Maßnahmen der Militärregierung nicht auf Anweisungen aus London zurückgingen, entnahmen die Araber dennoch aus ihnen, dass Großbritannien nicht mehr ernsthaft an der zionistischen Sache interessiert sei. Daher suchten sie immer stärkeren Druck auf die britische Regierung auszuüben, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Zionismus aufzugeben. Eine gewaltsame Wendung nahm die arabische Taktik am Vorabend der San-Remo-Konferenz, die Mitte April 1920 zusammentrat und unter anderem die endgültige Entscheidung über das künftige Schicksal Palästinas treffen sollte. Arabische Angriffe auf jüdische Siedlungen in Palästina gipfelten am 4. und 5. April 1920 in einem blutigen Pogrom in Jerusalem. Die Zionisten schauten allerdings nicht untätig zu, sondern suchten die öffentliche Meinung in der ganzen Welt zur Unterstützung der BalfourDeklaration zu mobilisieren. Außerdem wurden mehrere Regierungen veranlasst, bei den Engländern für die zionistische Sache vorzusprechen. Schließlich schickte die zionistische Organisation ihre wortgewaltigsten Redner nach San Remo, um ihre Sache wirkungsvoll zu vertreten. Letztendlich gewannen die Zionisten die Oberhand. Am 24. April beschlossen die Alliierten in San Remo, die Balfour-Deklaration solle die Rechtsgrundlage für das Palästinamandat sein und Großbritannien solle dieses Mandat übernehmen. Am 1. Juli 1920, einen guten Monat nach diesem
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feierlichen Beschluss, wurde die Militärregierung in Palästina durch die zivile Verwaltung der Mandatsmacht ersetzt. In seinem unmittelbar nach Erscheinen des Konferenzberichts von San Remo verfassten Aufsatz, schildert Buber die Hintergründe des beginnenden arabischen Widerstands gegen den Zionismus aus sozialistischer Sicht. Er stellt die feindliche Einstellung der Araber zum Zionismus als einen Kunstgriff der arabischen Großgrundbesitzer, der Effendis, dar. Da sich die Effendis, die Großgrundbesitzer, in ihren Interessen durch die sozialistischen Werte der zionistischen Pioniere bedroht fühlten, würden sie, so Buber, den Massen der arabischen Bauern, den Fellachen, ein Bild der Zionisten vermitteln, das diese als Gefahr darstellt. Dagegen sei der Zionismus, behauptet Buber, durchaus kein Feind der Fellachen, jedenfalls sofern es ihm gelinge, sich von Nationalismus und imperialistischer Bevormundung freizuhalten. Das Vertrauen auf die militärische Unterstützung durch die Mandatsmacht, also Großbritannien, schütze den Zionismus nicht vor dem arabischen Nationalismus, im Gegenteil, es verschärfe und rechtfertige nur die Wut der Araber. Freilich sei es schon fast zu spät, denn der Zionismus scheine bereits unwiderruflich mit den Interessen des britischen Imperialismus verknüpft. Nichtsdestoweniger fordert Buber die zionistische Führerschaft auf, sich der Bevormundung durch die Engländer zu entziehen und ein Bündnis mit den arabischen Massen zustande zu bringen. Buber kommt zu dem Schluss, dass einzig und allein auf diesem Wege die moralische Integrität und die politische Zukunft des Zionismus gewährleistet seien. Textzeugen: h1: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 43); 1 loses Blatt, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Textfragment eines Entwurfs zu h2. h2: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 43); 2 lose, paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Weitere Blätter scheinen verloren zu sein, da der Text unvermittelt abbricht. Obwohl der Text zu D1 gehört, weicht er zu stark vom Druck ab, um in einem Variantenapparat berücksichtigt werden zu können und wird darum im Anschluss abgedruckt. D1: Der Jude, 5. Jg., Heft 1, April 1920, S. 1–5 (MBB 236). D2: Die Jüdische Bewegung. Gesammelte Aufsätze und Ansprachen. Zweite Folge, 1916–1920, Berlin: Jüdischer Verlag 1920, S. 205–216 (MBB 233). 3 D : JuJ, S. 515–519 (MBB 1216).
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Druckvorlage: D
Einzelkommentare 1
Übersetzungen: Hebräisch: Be-schaʿ a meʾ ucheret, in: Maʾ averot, 2. Jg., Heft 9, Siwan 1920, S. 271–274 (MBB 246); [Auszug] be-schʾ a meʾ ucheret, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 119–121 (MBB 611). Abdruck von h2: [Wir klagen an] ! Anklage Mehr als ein Jahr lang habe ich geschwiegen. Aber um Jerusalems willen darf ich es nicht länger. Als ich vor mehr als einem Jahr an dieser Stelle vor Versailles und allem, was aus Versailles kommen kann, warnte, wurde mir entgegengehalten, ich negierte alle zionistische Politik. Und doch lag der Sinn meiner Rede offen zutage, dass [wahre Zionspolitik] ! eine nach Zion [führende] ! bringende Politik nicht im Gefolge von Versailles sondern nur in Freiheit von Versailles zu führen war. Als Mitläufer im grossen Tross musste ein des territorialen Zusammenhangs und damit auch des Anteils an der Gewaltmacht entbehrendes Volk gewärtig sein, von den Gewalthabern entlassen zu werden, sobald man es etwa nicht mehr zu brauchen meinte; ein [im Namen einer höheren Macht] frei Gegenübertretender und Fordernder [, dessen Wort an dem Grundstein des Verhandlungshauses zu Versailles rüttelte, weil es im Namen einer höheren wiewohl noch nicht anerkannten, einer nicht auf] ! konnte es wohl eine Zeitlang übersehen, aber bei [der Neuregelung] ! [der Neuordnung der vorderasiatischen Verhältnisse] ! dem Wiederaufbau seines Landes nicht beiseitegeschoben werden [und es konnte, keiner europäischen Macht verschrieben] ! wenn es zur gleichen Zeit das getan hätte, was es nur in solcher Freiheit tun konnte: wenn es als unabhängige, keiner europäischen Macht verschrieben, nach keiner Richtung hin verpflichtete Nation mit der gegenwärtigen Mehrheitsbevölkerung dieses Landes Verhandlungen über ein beiden Teilen förderliches Einvernehmen gepflogen hätte. War aber solche X nicht mehr möglich, hatte man sich ihrer schon begeben (und so verhält es sich), dann gilt es zumindest sich innerhalb der vollzogenen Bindung so unabhängig wie möglich zu halten h, sich X das Recht der Kritik, sich das Recht des [selbständigen Vorgehens] ! öffentlichen Urteils zu wahreni. Das Gegenteil geschah.
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In später Stunde
Während sich die Vertreter des nationalen Judentums in der Frage der Sicherung des Minderheitsrechts im Galuth zu einer – freilich verspäteten und daher mehr zu einer prinzipiellen als zu einem praktischen Erfolg führenden – Aktion zusammentaten, erfolgte keine Regung einer selbständigen [Palästinapolitik] ! politischen Stellungnahme zur Palästinafrage. Ich beanstande keineswegs die Verhandlungen mit europäischen Regierungen; ich nehme (zum Unterschied von einigen Polemiken, mit denen ich mich beschäftigt habe) gern an, dass sie gar nicht besser geführt werden konnten als sie geführt worden sind. Aber ich beanstande, dass man handelte und redete, als sei man durch diese beständigen gebannt, während der andere Teil gern anders handelte und – schwieg. [Ich beanstande, dass man die einseitigen Konsequenzen [einer Urkunde] ! eines Kontrakts zog, auf dem nur die eine der beiden Unterschriften notariell beglaubigt war.] Hatte man aber erst den zweiten Cyrus oder gar (Cyrus wird ja in der Bibel ein »Maschiach« Gottes genannt) den Ersatz-Messias proklamiert, so war es recht schwer geworden, das Recht auf freie öffentliche Kritik, auf den Appell von den Regierungen an die Völker geltend zu machen, auch wenn diese Kritik und dieser Appell recht nötig wurden. Und es wurde auch nicht gelten gemacht, und sie wurden immer nötiger. Und nun ist es so weit gekommen, dass damit nicht länger gewartet werden darf; aber es ist schon reichlich spät geworden – hoffentlich nicht zu spät. Und wenn man die Wahrheit anderswo immer noch auszusprechen sich scheut, hier soll sie nicht ungesagt bleiben – auf die Gefahr hin, dass man dieses Blatt, das gegen die deutsche Judenpolitik und Judentaktik mit rücksichtsloser Offentheit gekämpft hat, als progerman abtut. * Es ist reichlich spät geworden. Denn in Jerusalem hat sich ein von der britischen Lokalverwaltung geduldeter X Pogrom ereignet, und aus den angelsächsischen Ländern kam das Gerücht, England erwäge die Möglichkeit, sein dem jüdischen Volk gegebenes Versprechen als ungeschehen anzusehen. Das Gerücht vermögen wir nicht nachzuprüfen; das Dementi, das es im Unterhaus fand, immerhin nicht stark genug, es als gänzlich unzuverlässig erscheinen zu lassen. Das Ereignis dagegen ist unanzweifelbare Wirklichkeit. Es wird auf der Gedenktafel des jüdischen Martyriums als grausigste der blutigen Inschriften [Textverlust] Variantenapparat: 59,1 In später Stunde] ergänzt Untertitel (Ende April 1920) D2, D3 59,2–60,2 Nun, da uns […] geschehen will.] fehlt D3
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Einzelkommentare
59,Anm Während ich […] bitteren Ironie] Daß die Strafe seither herabgesetzt worden ist, kann an der Ironie D2 60,30–31 könnten sich […] behaupten] vermöchten sich […] zu behaupten D2, D3 60,34 allerlei] allerhand D3 61,3–4 fast nichts] nichts D2, D3 61,12 Fehlens] Mangels D2, D3 62,39–63,15 Wir sozialistischen […] Bundesgenossen.] fehlt D3 Wort- und Sacherläuterungen: 59,22 Wladimir Jabotinski] Vladimir Zeʾ ev Jabotinsky (1880–1940): aus Odessa stammender zionistischer Aktivist und Schriftsteller. Angesichts der Pogrome in Russland warb er für den Aufbau jüdischer Selbstwehrgruppen. 1917 wurde auf seine Initiative hin die »Jüdische Legion« gegründet, die die britischen Truppen bei der Eroberung Palästinas unterstützte und die gegen seinen Willen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aufgelöst wurde. Im Vorfeld der Unruhen von 1920 baute er die Hagana auf, um die jüdischen Bewohner gegen arabische Feindseligkeiten zu schützen. Nachdem er wegen dieser Aktivitäten von einem Militärgericht zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden war, war die Empörung weltweit groß und er wurde nach drei Monaten wie alle anderen Beteiligten an den Unruhen, Araber wie Juden, amnestiert. Nach der Entzweiung mit Chaim Weizmann und dem Bruch mit der Zionistischen Organisation gründete er 1923 die Jugendorganisation Betar, 1925 die Union of Zionist Revisionists, 1931 den Irgun als Selbstwehrtruppe, die teilweise terroristische Aktivitäten gegen Briten und Araber ausübte. Die Anhängerschaft Jabotinskys entstammte vornehmlich dem bürgerlichen Milieu. 1929 wurde Jabotinsky das Visum für die Wiedereinreise nach Palästina verwehrt. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs versuchte er erneut eine jüdische Armee aufzustellen, um Deutschland zu bekämpfen. Er starb 1940 in den USA, seine Überreste wurden 1964 auf dem Mount Herzl überführt. 62,9–10 Ich habe […] asiatischen Krisis genannt.] Vgl. »Der Geist des Orients und das Judentum«, in: Vom Geist des Judentums. Reden und Geleitworte, Leipzig: Kurt Wolff Verlag 1916, S. 9–48, hier S. 45 (jetzt in: MBW 2.1, S. 187–204, hier S. 202). Die Rede wurde ursprünglich 1915 im Berliner Abgeordnetenhaus gehalten, vgl. den Kommentar in MBW 2.1, S. 401. 63,5 Sache des englischen Gildensozialismus] Vgl. Buber, Pfade in Utopia, Heidelberg: Lambert Schneider 1950 (jetzt in: MBW 11.2, S. 194).
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[Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.–14. 09. 1921).]
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[Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.–14. 09. 1921).] Die Errichtung des britischen Mandats in Palästina mit dem Segen der wichtigsten Westmächte war für den Zionismus ein großer Schritt vorwärts. Damit war die Voraussetzung für den Bau der nationalen Heimstätte des jüdischen Volkes geschaffen. In entsprechend gehobener Stimmung wurde der erste Zionistenkongress nach dem Ersten Weltkrieg einberufen, der vom 1. bis 14. September 1921 in Karlsbad tagte. Auf diesem, dem zwölften, Zionistenkongress erhoben sich jedoch bald heftige Kontroversen über organisatorische und finanzielle Fragen. Buber sprach auf dem Kongress als Delegierter der Hitachdut. Die Hitachdut war ein Zusammenschluss von Hapoel Hazair (»Der junge Arbeiter«), einer in Palästina gegründeten und tätigen Partei, und den Ze’ire Zion (»Jugend von Zion«), einer losen Vereinigung von Gruppen in der Diaspora, die auf den Hapoel Hazair hin orientiert war. Auf einer Tagung in Prag im März 1920 schlossen sie sich unter dem Namen Hitachdut (»Vereinigung«) zusammen, um straffer organisiert auf dem Zionistenkongress, der im September des folgenden Jahres stattfinden sollte, auftreten zu können. Bei der Gründung der Hitachdut spielte Buber eine bedeutende Rolle. (Vgl. auch Bubers Rede auf dem Gründungskongress, »Über Gemeinschaft und Gesellschaft«, in diesem Band, S. 357–362 und den Kommentar.) Buber war von der Hitachdut unter anderem beauftragt, ihre politischen Leitlinien vorzutragen, die in den Augen seiner Partei vordringlichsten Aufgaben des Zionismus darzustellen und dem Kongress eine Resolution vorzulegen, in der sich der Zionismus zu einer positiven Haltung gegenüber den arabischen nationalen Bestrebungen bekennt. Die arabische Frage nahm die Hitachdut und insbesondere ihre Mutterpartei, die Hapoel Hazair in Palästina, stark in Anspruch. (Vgl. Yosef Shapira, Ha-poel ha-tzaʾ ir. Die Idee und ihre Aktualität (hebr.), Tel Aviv 1967, S. 357 f.) Für eine Partei, welche die ethischen Aspekte des Sozialismus hervorhob und regen Anteil am Wohlergehen der ärmeren Bevölkerungsschichten nahm, bedeutete die feindselige Haltung der arabischen Massen – und das Misstrauen und die verletzten Gefühle, die offenbar dahinterstanden – ein ernsthaftes ideologisches und moralisches Problem. Außerdem war die Verständigung mit den Arabern für eine Partei, die in den ländlichen Gebieten von Palästina Siedlungen errichten wollte, eine dringliche Notwendigkeit. Insbesondere nach den Unruhen vom Mai 1921, die an Heftigkeit und Umfang frühere ähnliche Ausbrüche bei weitem übertrafen, schien es der Hitachdut dringender
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Einzelkommentare
denn je, sich mit den Arabern zu verständigen. (Ebd.) Allerdings war dies nicht die vorherrschende Meinung innerhalb der zionistischen Führung. Als Reaktion auf die arabischen Unruhen vom Mai 1921 wurde einerseits betont, wie wichtig es sei, die »gemäßigten« Araber zu fördern, andererseits müsse aber die jüdische Selbstverteidigung verstärkt werden. Die zionistische Führung Palästinas war nicht bereit, »über grundsätzliche Zugeständnisse zu verhandeln, die etwa im Interesse eines Friedens mit den Arabern gemacht werden müßten«. (Vgl. Neil Cohen, Palestine Jewry and the Arab Question. 1917–1925, London 1978, S. 105.) Obwohl die Meinungen darüber auseinandergingen, ob und wie dieses Ziel zu erreichen sei (Shapira, Ha-poʿ el ha-tzaʿ ir: Die Idee und ihre Aktualität, S. 358.), setzte sich in den Reihen der Hitachdut, sowohl in Palästina als auch in der Diaspora, die Überzeugung durch, dass man die arabische Gegnerschaft nicht mehr länger einfach als eine Verschwörung der Effendis betrachten dürfe, sondern dass es sich um den Ausdruck einer echten und mächtigen nationalen Bewegung handele. Auch Buber revidierte sein früheres Urteil in diesem Sinne (Vgl. »In später Stunde«, in diesem Band, S. 59–63). Bubers Ansprache spiegelt sehr getreu die ideologischen Vorstellungen des Hapoel Hazair wider. Gegen Herzl, der sich zunächst auf dem Wege der Diplomatie und der Realpolitik des Landes Palästina hatte versichern wollen, plädierte Hapoel Hazair, gegründet 1905 in Palästina, für die sofortige Einwanderung eines Vortrupps von zionistischen Pionieren (hebr.: Chaluzim) ins Land der Väter, um allmählich die Einrichtungen und die Kultur zu schaffen, die das dort zu errichtende Gemeinwesen von jüdischen Arbeitern brauchen würde. Die Chaluzim, die hinter der Begründung der ersten Gemeinschaftssiedlungen in Palästina standen, feierten das Ideal der Arbeit – der physischen, nicht ausbeuterischen, vor allem landwirtschaftlichen Arbeit – als die moralische Grundlage für die Wiedergeburt der jüdischen Nation. A. D. Gordon (vgl. auch Wort- und Sacherläuterungen zu 57,4), der als Vater des Pionier-Ethos verehrte Philosoph, erhob das Ideal der eigenen Arbeit zu einem absoluten moralischen und geistigen Wert. Mit der Heimkehr ins Land Israel, lehrte Gordon, werde das Judentum zu einem »Menschenvolk« werden, zu einem Volk, das die Menschlichkeit verkörpere: Ein Volk, das sich in seinen Beziehungen zu anderen Völkern ausschließlich von den Geboten der Ethik leiten lasse, wie dies für das Individuum in seinen Beziehungen zu anderen Menschen gelten sollte. Nicht nur der einzelne Mensch, auch ein Volk ist Gottes Ebenbild. Die Feuerprobe der Judenheit als Menschenvolk sei, laut Gordon, die Beziehung zu den Ara-
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[Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.–14. 09. 1921).]
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bern: »Unsere Haltung ihnen gegenüber muß eine menschliche sein, getragen von moralischem Mut, der auf hohem Niveau bleibt, selbst wenn die andere Seite erheblich zu wünschen übrig läßt. Ihre Feindseligkeit müßte für uns ein Grund sein, uns um so menschlicher zu verhalten.« (»Von außerhalb« (1919), Gesammelte Werke von A. D. Gordon (hebr.), hrsg. von S. H. Bergmann und E. Shochat, Jerusalem 1952, I, S. 480.) Buber, seit 1919 offiziell Mitglied des deutschen Zweigs von Hapoel Hazair, erkannte in den Lehren der Partei, insbesondere in ihrer Formulierung durch ihren spiritus rector A. D. Gordon eine große Nähe zu seinen eigenen Vorstellungen; daher kam er der Aufforderung der Partei, ihre Sache auf dem Kongress zu vertreten, gerne nach. (Vgl. Bubers Brief an Robert Weltsch vom 6. August 1921, B II, S. 84 f.) Die von ihm vorgelegte Resolution zur arabischen Frage, in diesem Band, S. 82) war zwar eine Verlautbarung der Partei, aber ihr Wortlaut geht eindeutig auf Buber zurück. Weltsch hatte im Namen des Zentralkomitees der Hitachdut Buber aufgefordert, die Resolution der Partei zur arabischen Frage vorzutragen und teilte Buber seine Vorstellungen mit: »Ich stelle mir das ungefähr so vor: daß ein Antrag an den Kongreß gestellt wird, eine Proklamation an das arabische Volk zu erlassen. Darin müßte darauf hingewiesen werden, daß seit dem letzten Kongreß wichtige Veränderungen im Leben beider Völker vor sich gegangen sind und im Anschluß daran ein Programm entwickelt werden für gemeinsame und bundesgenössische Arbeit in der Erweckung des Orients. Es müßte darin stehen, daß die Juden, so sehr sie sich auch von ihrem Urquell entfernt haben, den großen Sprung zu machen, entschlossen sind, wieder ein orientalisches Volk werden wollen u. s. w. Im Anschluß an diese Proklamation müßte gefordert werden, daß nichts geschieht, was eine Provokation der Araber ist, und daß eine Exekutive gewählt wird, diese Araberpolitik loyal durchzuführen.« (Vgl. den Brief Weltschs an Buber vom 2. August 1921, B II, S. 83). In einem Brief vom 3. September 1921 an seine Frau Paula zeigt sich Buber zufrieden mit der Wirkung seiner Rede. Sie habe »einen starken Eindruck gemacht und wird hoffentlich ihre Wirkung tun. Die Deklaration, mit der ich geschlossen habe, lege ich Dir bei.« (B II, S. 85.) Textzeugen: h: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 24b); 1 loses Blatt, doppelseitig beschrieben mit Bleistift; mit Korrekturen versehen. Es handelt sich um einen Entwurf der während der Rede verlesenen Resolution, in diesem Band, 70,22–71,27 ts: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 24b); 3 lose, paginierte
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Blätter; einseitig beschrieben; mit einer handschriftlichen Korrektur versehen. Das erste Blatt enthält einen handschriftlichen Vermerk: »Geschenk von Karl Wilker September 1971«. Das erhaltene Textstück beginnt mit dem Abschnitt 65,9 (»Die erste Aufgabe […]«), weicht aber insgesamt zu stark von der Druckfassung ab, als dass die Unterschiede noch in einem Variantenapparat verzeichnet werden könnten. Das Textstück wird deshalb im Folgenden reproduziert. D1: Wiener Morgenzeitung, 3. Sep.1921, S. 2 (MBB 258). Der Textzeuge ist teils erheblich redaktionell überarbeitet und wird deshalb nicht im Variantenapparat berücksichtigt. D2: Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des XII. Zionistenkongresses in Karlsbad (1.–14. 09. 1921). Jüdischer Verlag: Berlin, 1922, S. 123–129 (MBB 277). 3 D : Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken 1933, S. 327–341 (MBB 459). D4: JuJ, S. 467–475 (MBB 1216). Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Englisch: Towards a New Historical Encounter, New Outlook, IX/7, September 1966, S. 10 (MBB 1290) Hebräisch: Ha-raʾ jon we-hagschamato, Ha-poʾ el ha-tzaʾ ir, 14. Jg., Heft 43/44 vom 16. Oktober 1921, S. 11–13 (MBB 266); [Auszug] Mi-tokh neʾ um ba-kongress ha-schnejm-assar bi-schnat 1921, Scheʾ ifotenu. Kovetz maʾ amarim (1927), S. 21–22 (MBB 352); [Auszug] Neʾ um be-kongress ha-tzioni haschnejm-assar, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 122–123 (MBB 611); in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 281–287(MBB 1182). Abdruck von ts: Martin Buber. Zionisten-Kongreß. 2. IX. 21 Unsere erste Aufgabe ist die der Volkserziehung, die zweite ist die Vorbereitung des Landes durch Pioniere der Arbeit. Die Galuth und Erez Israel sind nicht nur theoretisch/territorial verschiedene Begriffe, es sind zwei Lebensformen des parasitären und des schöpferischen Lebens. Erez
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[Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.–14. 09. 1921).]
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Israel bedeutet vor allem die Rückkehr aus dem parasitären Leben zum vollständigen Volksleben, zur Urproduktion. Die Gewinnung Erez Israels und seine Vorbereitung durch eigene Arbeit ist unsere Aufgabe. Es darf nicht in Erez Israel ein Galuth geben. Die dritte Aufgabe ist die Beseitigung der äußeren Hindernisse, die nicht im Volk und Land liegen, sondern in den Dingen der Politik. Im engeren Sinne der Diplomatie. Das ist die Arbeit, die die anderen realen Arbeiten erleichtern und ergänzen soll. Die Diplomatie kann keine Erlösung schaffen, sie kann nur die Realisierung der wirklichen Arbeit für Volk und Land erleichtern. Die bestimmte Aufgabe ist das Beginnen, nicht das Fordern und nicht das Durchsetzen. Die Diplomatie kann rechtmäßigerweise den andern Dingen koordiniert werden. Es gilt erst Werk in Wirklichkeit zu schaffen, dann erst zu fordern und durchzusetzen. Das muß man der Fiktionspolitik, die im Zionismus eine so verhängnisvolle Rolle spielt, immer wieder entgegenhalten. Die Diplomatie hat einen Schritt vor den andern Aufgaben voraus: sie hat die Lebensbedingungen der Arbeit zu ermöglichen; das Minimum der Nation ist, bald frei und ungestört an die Arbeit für unser Ziel gehen zu können. Wie ein Handwerker einen Werkzeugkredit braucht, so können wir dies Minimum für unsere Arbeit fordern, auf Grund des Auftrages des jüdischen Volkes. Wir sind einer Phraseologie verfallen, die durchbrochen werden muß. Unsere Bewegung ist zu einem Betrieb geworden, am deutlichsten zeigt sich das in der Ideenlosigkeit unseres inneren Kampfes. Die Chowewe Zion, die auch politische Köpfe waren, wußten nicht, daß man politisch auch Arbeitsbedingungen erkämpfen kann. Herzl hat eine proklamatorische Politik betrieben. Aber er hat nicht Recht, wenn er glaubte, daß diese Politik das Um und Auf sei. Die Wahrheit ist ganz anders. Die Diplomatie ist die Herrin, die reale Arbeit ist die Magd geworden. Die Folge ist die Zusammenhangslosigkeit unserer realen Arbeit, ihr unökonomischer mechanischer und improvisierter Charakter. Eine Änderung tut not. Es müssen die besten Kräfte für die reale Arbeit, für das Wesen unserer Arbeit gesammelt werden. Dazu gehört allerdings für uns alle eine innere Wandlung. Weitzmann ist uns unentbehrlich, aber er muß darauf bedacht sein, uns seine Unersetzlichkeit nicht aus Stolz zu einer Demütigung zu machen. Er soll die Männer, die ihm als Mitarbeiter gegeben werden, neben sich stellen, indem er ihre Ämter hebt, hebt er sein eigenes Amt vor dem Volk und vor der Geschichte. Wir haben keine Volkserziehung, sondern nur Agitation. Die Idee wird zum Zynismus mißbraucht. Es ist eine falsche Frage: wie gewinnt man das Volk? Man muß das Volk erziehen, dann gewinnt man es; man muß Großes versprechen und großes fordern, das kann man aber nur, wenn man selbst den ganzen Menschen einsetzt. Aber die Folge un-
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serer Politik ist der Abfall unserer geistigen Kräfte und die Erstarrung des Nachwuchses, seine Abwanderung zu anderen Parteien. Es ist eine neue Zeit nationaler Assimilation, wie wir solche in unserer Geschichte schon durchgemacht haben. Man kann das Volk nicht durch politische Augenblickserfolge gewinnen. Das ist nur ein Scheingewinn; eine Gemeinschaft, die von ihren Mitgliedern Geld verlangt, wird Almosen bekommen; wenn sie den ganzen Menschen verlangt, wird sie auch sein Geld bekommen. Es gibt nur einen echten Heroismus in Palestina, den Heroismus der Arbeit. Unsere Kolonisation ist ungleich aller kapitalistischen Kolonisation. Es gilt die Gemeinschaft als die oberste Gewalt zu proklamieren und den Einzelnen ihr unterzuordnen. Die Arbeiterschaft in Palestina hat auch Fehler begangen. Aber diese Arbeiter sind ein Typus im Übergang. Sie sind keine Doktrinäre, sie haben Verständnis für die mannigfachen wirtschaftlichen Organisationsformen, für einen organischen Sozialismus. Diesen Arbeitern müssen wir in ihrer Ausbildung und in ihren wirtschaftlichen Interessen helfen, wir haben sie aber ignoriert und vernachlässigt. Unsere Politik hat sich, statt die Arbeitsbedingungen zu sichern, die Sicherung des Zieles der realen Arbeit vorgenommen. Das ist unmöglich und ein großer Fehler der zionistischen Politik und insbesondere der jetzigen Politik, die eine Okkasionspolitik geworden ist. Wir kennen den Zweck der Balfourdeklaration, die eine reine Rahmendeklaration ist, in die alles hineingeht, die Reden Weitzmanns und die Erklärungen Herbert Samuels. Sie umfaßt ganz entgegengesetzte Welten und bedarf einer authentischen Interpretation. Von der Festlegung einer solchen habe ich noch nichts erfahren. Die Diplomatie hat die primitivsten Bedingungen unserer Arbeit nicht erkannt. Heute, vier Jahre nach der Balfourschen Deklaration, müssen wir um das Recht unserer freien Einwanderung kämpfen. Die Sicherung des Lebensminimums unserer realen Arbeit in Palestina ist versäumt worden. Kundgebung. In dieser Stunde, in der zum ersten mal wieder nach acht Jahren der Trennung die Vertreter des selbstbewußten jüdischen Volkes sich versammelt haben, sei von neuem vor den Nationen des Abendlandes und denen des Morgenlandes erklärt, daß der starke Kern des jüdischen Volkes entschlossen ist, in seine alte Heimat zurückzukehren, um in ein neues, auf unabhängiger Arbeit begründetes Volksleben aufzubauen, das als organisches Element einer neuen Menschheit wachsen und dauern soll. Dieser Entschluß, den Geschlechtern unserer Pioniere durch ihr Leben und Sterben bekräftigt haben, vermag keine irdische Macht zu erschüttern. Jede Gewalttat, die um seinetwillen uns angetan wird, setzt der Urkunde unseres nationalen Willens ein Blutsiegel auf. Aber dieser natio-
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[Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.–14. 09. 1921).]
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nale Willen ist nicht gegen eine andere Nationalität gerichtet. Das jüdische Volk, seit 2000 Jahren in allen Ländern eine vergewaltigte Minderheit, wendet sich nun, da es wieder als Subjekt seiner Geschicke in die Weltgeschichte eintritt, mit Abscheu von den Methoden des Herrschaftsnationalismus, dessen Opfer es solange war. Variantenapparat: In D3 und D4 wurden die eingeklammerten Anmerkungen zum Ablauf der Rede und zu Reaktionen des Publikums getilgt. Diese Änderungen werden im Folgenden nicht gesondert aufgeführt. 64,3–6 Das Wort hat […] Gefährten!] fehlt D3, D4 64,30–31 mit dem Volk und so ist es auch mit diesem Volk] mit diesem Volk D3, D4 64,33 erneuern kann] erneuert D3, D4 64,33 er] das Volkstum D3, D4 65,6 das der gesprochen hat] Wiederbelebung der Herzen, das der gesprochen hat D4 65,7–8 der Name dessen, […] Lehrer nennt,] fehlt D3, D4 65,26 Geulah schaffen, Diplomatie kann nicht] fehlt D4 65,27–28 Geulah der wirklichen Arbeit] wirkliche Arbeit D4 66,2 kann, so können] darf, so dürfen D4 66,31 meiner] unserer D3, D4 67,8–9 Versuche sind geschehen einer wirklichen Erziehung] Versuche einer wirklichen Erziehung sind geschehen D3, D4 67,13 wenn man es nötig hat] sooft es nötig ist D4 67,16 kann man nur sagen] nur diese eine D4 67,19–20 – nur das ist […] dies nur,] fehlt D3, D4 68,2–3 gibt nur einen echten […] Heroismus der Arbeit] gibt für uns nur einen echten Heroismus: den der Arbeit D3, D4 68,4 Verwirklichung] Ausführung D3, D4 68,9 Wie kommt es?] fehlt D3, D4 68,16–17 (Vorsitzender: […] kurz fassen.] fehlt D3, D4 68,21 zu ehren] tätig zu ehren D3 68,28–29 , wir haben […] ignoriert] fehlt D3, D4 68,31 muß] will D3 68,35 Arbeitsbedingungen] nicht hervorgehoben D3, D4 68,36 Zieles] nicht hervorgehoben D3, D4 69,18–19 das, was wir brauchen […] zu können,] fehlt D4 69,24 in Palästina] fehlt D3, D4
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Einzelkommentare
69,36–39 geschehen ist […] Notabeln] geschehen ist – womit ich nicht hie und da eine Verhandlung mit einem arabischen Notabeln meine D3, D4 69,39 haben] gibt es für D4 69,15 sprechen] sagen D4 70,24 versammelt haben, sei] versammelt haben, in der sein Kongress zum erstenmal tagt, seit Palästina aufgehört hat, türkisches Land zu sein – in dieser feierlichen Stunde sei h 70,26 entschlossen] [unverbrüchlich] entschlossen h 70,27 Leben] Volksleben h 70,28 neuen] [freieren] ! werdenden h 70,34–35 dieser nationale […] gerichtet] [die Gewalt üben und nicht bloss über den Erfolg, sondern auch über die Veranlassung solchen Tuns irregeführt worden] ! dieser nationale […] gerichtet h 70,35–38 Das jüdische Volk […] so lange war.] fehlt h 71,2–3 für die ihn […] Stämme] Stämme bietet, die ihn seit unserer Verbannung besiedelt haben h 71,6 Vizepräsident […] gleich fertig!)] fehlt D3, D4 71,8–10 Unsere Rückkehr […] beeinträchtigen.] fehlt h 71,10 In einem gerechten Bund] Im Verein mit ihnen, in einem festen Bund h 71,12 blühenden] blühenden [und fruchtenden] h 71,12 Ausbau] Verfassung h 71,14–15 , die der Rettung […] gewidmet ist,] fehlt h 71,15 eines Gebietes] [der natrülichen Kräfte des Landes] ! eines Gebietes h 71,16–17 und dient nicht […] Zwecken, ihr Sinn ist] zum Ziel, sondern h 71,21 wirklichen] [wahren] ! wirklichen h 71,21 sich offenbaren wird] besteht h 71,23–26 Aus dem Bewußtsein […] ausbilden.] fehlt h 71,27 Wiederbegegnung der zwei Völker vollziehen] die Begegnung des Isaakvolks mit dem Ismaelvolk vollziehen, beiden und der Welt zum Segen h 71,29–33 Vizepräsident […] Gruppen sind.] fehlt D3, D4 Wort- und Sacherläuterungen: 64,21 als wir von Renaissance sprachen] Der Begriff wurde von Buber geprägt, vgl. »Jüdische Renaissance« in Ost und West, 1. Jg., Heft 1, Sp. 7–10 (jetzt in: MBW 3, S. 143–147). 64,27 Begriff der Teschubah] Hebr.: »Umkehr«, »Reue«. Der rabbinische Begriff spielt für Bubers Denken eine zentrale Rolle. Vgl. z. B. Martin
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[Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.–14. 09. 1921).]
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Buber, Der Weg des Menschen nach der chassidischen Lehre, Den Haag: Pulvis Viarum 1948, S. 32; jetzt in: MBW 17, S. 245 f. 64,28 Sage von Abraham] Im Midrasch Tanchuma, Paraschat Lekh lekha, zu Gen 12,1 wird erklärt: »Warum heißt es ›Ich werde dich machen [zu einem großen Volk]‹ und nicht ›ich werde dich einsetzen‹. Er [Gott] sagt ihm [Abraham]: ›ich werde dich machen zu einem neuen Geschöpf‹«; vgl. auch Midrasch BerR XXXIX,6 (in: Ed. Albeck, Bd. I, S. 368). 64,30 briah chadaschah] Hebr.: »neues Geschöpf«. 64,37–39 das Volk […] zu erziehen.] Der Delegierte Simon Federbusch (1892–1969) von Zeire-Misrachi hält Bubers Einfluss auf die Jugend für eher abträglich: »Wir haben eine große Anzahl von Leuten, die dem ›Haschomer Hazair‹ angehörten. Der Haschomer Hazair stand unter dem Einfluß Bubers. Die Leute sind vom Haschomer fortgegangen, und wir kennen die Ursache. Die moderne Literatur, durch die sie erzogen wurden, hat in ihren Herzen ein Streben nach nationalem Leben erweckt. Aber sie hat diesem Streben nicht gerecht werden können, weil sie sie um die Tradition gebracht hat, und konnte ihnen an Stelle dieser Tradition keine neuen Ideale geben. Die Jugend, die aus Bubers Erziehung hervorgegangen ist, hat einen neuen Gott gesucht. Ist es denn möglich einen Gott zu finden, wenn man ihn nicht im Herzen trägt? Sie haben die Jugend aus den BethHamidrasch hinaus geführt, aber die Jugend hat außerhalb des BethHamidrasch nichts Besseres gefunden. Es ist notwendig, das sie wieder einmal ins Beth-Hamidrasch geht, um dort neue geistige Kräfte zu sammeln.« Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des XII. Zionisten-Kongresses in Karlsbad (1.–14. 09. 1921), Berlin 1922, S. 169. 65,3–4 es wagt nicht, in das Feuerbad der Erneuerung zu tauchen] Der Delegierte des »Binjan Haarez«, einer kleinen, nichtideologischen Gruppierung des Zionismus in Deutschland, Max Kollenscher (1875–1937), gibt Bubers Gedanken wieder. Dieser habe von dem »Feuerbade« gesprochen, »durch das wir hindurchgehen müssen, um zur Erneuerung zu kommen« und wirft ihm und anderen Rednern unter Beifall der Delegierten einen phrasenhaften Stil vor, mit dem man »keinen Hund vom Ofen locken« könne und der im übrigen unjüdisch sei. Vgl. Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des XII. Zionisten-Kongresses in Karlsbad (1.–14. 09. 1921), S. 200. 66,18 Am Olam] Hebr.: »ewiges Volk«, ein ungebräuchlicher Ausdruck. 66,21 Chowewe-Zion] Hebr.: »[Jene, die] Liebhaber Zions« sind. Damit wird eine Reihe von Gruppierungen bezeichnet, die als Reaktion auf
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die anti-jüdischen Pogrome im russischen Zarenreich entstanden und sich 1884 als Verband auf einer Konferenz zu Chibbat Zion (»Liebe zu Zion«) zusammenschlossen, die von Leon Pinsker (1821– 1891) geleitet wurde. Sie unterstützten die Einwanderung nach Palästina, insbesondere um dort landwirtschaftliche Siedlungen aufzubauen. Man betrachtet sie heute als Vorläufer und Wegbereiter des modernen Zionismus, den man üblicherweise mit Theodor Herzls Wirken beginnen lässt. 66,33 Kampf gegen Wolffsohn] David Wolffsohn (1855–1915): litauischdt. Zionist; Nachfolger Herzls als Präsident der Zionistischen Weltorganisation. 67,27 was Weizmann auf dem Haager Kongreß von dem Abfall der geistigen Kräfte gesprochen hat] In seiner Kongressrede in Den Haag verweist Weizmann auf Nathan Birnbaum und Achad Haam, die beide als Vertreter des Kulturzionismus gelten und in Den Haag nicht anwesend waren. Vgl. Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des VIII. Zionisten-Kongresses im Haag von 14. bis inklusive 21. August 1907, Köln 1907, S. 302. 69,13 Rede Herbert Samuels] Herbert Samuel, 1. Viscount Samuel (1870–1963): engl. Politiker; 1909 als erster nichtkonvertierter Jude Kabinettsmitglied; 1920–1925 erster Hochkommissar in Palästina. 69,36–37 Dr. Daiches] Samuel Daiches (1878–1949): aus Litauen stammender engl. Rabbiner und Orientalist. 71,4 Vizepräsident Motzkin] Leo Motzkin (1867–1933): aus der Ukraine stammender führender Zionist und Advokat der Juden in der Diaspora; Studium in Berlin, wo er sich bereits zionistisch (für die Chibbat Zion) engagierte; Teilnehmer der Zionistischen Kongresse seit 1897; obwohl er Herzl politisch nahe stand, gehörte er zu den Mitgliedern der demokratischen Fraktion; nach dem Ersten Weltkrieg war er an der Aufstellung des Comité des Délégations Juives beteiligt, das sich für die Individualrechte und die Rechte der Juden als nationaler Minderheit bei den Friedensverhandlungen einsetzte. 1933 Einsatz für die deutschen Juden und Dokumentation der nationalsozialistischen Judenverfolgung und der antisemitischen Ideologie. Vgl. Das Schwarzbuch. Tatsachen u. Dokumente, hrsg. vom Comité des Délégations Juives und Leo Motzkin, Paris 1934.
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Nationalismus
Nationalismus Kurz nach der offiziellen Rede auf dem XII. Zionistischen Kongress hielt Buber eine weitere Rede in Karlsbad, die aber nicht Teil des offiziellen Programms war. Diese Rede war zwar von Buber bereits in seinem Brief vom 6. August 1921 an Robert Weltsch als Teil »eine[s] Gedankengang [s]« (B II, S. 84) angekündigt worden, war aber offenkundig noch nicht fertiggestellt, denn er schreibt an seine Frau Paula am 3. September: »Heute ist kein Kongreßtag und so habe ich etwas Muße, um mir meinen Vortrag für Montag zu überlegen, wozu ich bisher überhaupt nicht gekommen bin. Der Kongreß gibt im allgemeinen mehr das Bild eines Betriebs als einer Bewegung, und all der Betrieb dient im Grunde dazu, etwas Entscheidendes zu verschweigen.« (B II, S. 85.) Buber hielt seine Rede am 5. September auf einer außerordentlichen Sitzung, zu der die Hitachdut die Delegierten eingeladen hatte. Eine Bitte, die reguläre Kongress-Sitzung zu verschieben, um den Delegierten die Möglichkeit zu bieten, Bubers Rede zu hören, war vom Exekutivausschuss des Kongresses abgelehnt worden. Vgl. Stenographisches Protokoll des XII. Zionisten-Kongresses, S. 256 f. Buber führte aus, die gegenwärtige Aufgabe bestehe angesichts der diffizielen politischen Lage darin, die geistige und moralische Integrität des Zionismus zu wahren und sie zur Grundlage des Aufbaus einer nationalen Heimstätte unter der Schutzherrschaft einer imperialistischen Macht zu machen, und dies auch in Anbetracht der entschiedenen Gegnerschaft der arabischen Bevölkerung von Palästina. In seiner langen Rede – geradezu einer Vorlesung – stellte Buber dem Kongress die verschiedenen Arten nationaler Selbstbehauptung vor Augen und mahnte, dass der Zionismus unter Berufung auf die legitimen Bedürfnisse des jüdischen Volkes sich nicht in die Haltung eines selbstgerechten egozentrischen Nationalismus drängen lassen dürfe. Solch eine Haltung, die er als »krankhaften« Nationalismus bezeichnete, drohe, die Heilung, die Wiederherstellung der nationalen Würde und die geistige Erneuerung, die der Zionismus dem dahinsiechenden jüdischen Volke bringen wolle, zunichte zu machen. Darüber hinaus verenge eine kurzsichtige, voreingenommene Konzentration auf die Probleme der eigenen Nation unweigerlich den eigenen moralischen Bewusstseinshorizont und verdecke die menschlichen Werte anderer Völker, insbesondere die der jeweiligen Gegner. Daher trete der Nationalismus als moralisch selbstgenügsames Prinzip auf, eine Entstellung seines ursprünglichen Zwecks: die Mängel der eigenen Nation zu beheben und sie dadurch zur Erfüllung ihrer menschheitlichen Aufgabe zu befähigen.
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Einzelkommentare
Buber machte diese Rede dem allgemeinen Publikum erst 1933 in seinem Buch Kampf um Israel zugänglich. Insofern lässt sich die darin ausgedrückte Mahnung auch als Warnung vor einer Entwicklung wie der des extremen Egoismus des Nationalsozialismus verstehen. Eine weitere Publikation erfolgte 1933 in Neue Wege, der Schweizer Zeitschrift für religiösen Sozialismus, die übrigens im selben Jahr noch in Deutschland verboten wurde. (Redaktionsmitteilung, Bd. XXVII, Heft 8, 1933, S. 375–376.) Textzeugen: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 24); 12 lose, paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 24); 14 lose, paginierte Blätter; einseitig beschrieben; vereinzelt mit geringfügigen Korrekturen versehen. Wegen der starken Abweichungen im Wortlaut und des fehlerhaften Satzbaus bei inhaltlicher Konkordanz ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um das »mangelhafte Stenogramm« handelt, von dem Buber in seiner Anmerkung (in diesem Band, S. 72) spricht. Deshalb wird TS an dieser Stelle weder reproduziert noch im Variantenapparat berücksichtigt. 1 D : Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken 1933, S. 225–242 (MBB 459). D2: Neue Wege, 1933, Heft 1, S. 7-15 (nicht in MBB verzeichnet). d3: »Echter und falscher Nationalismus«, Rhein-Mainische Volkszeitung, 63. Jg., Nr. 116 (in MBB nicht verzeichnet). Enthält den Abschnitt »In bestimmten Momenten […] wird unfruchtbar.« (In diesem Band S. 75,16–77,41.) D4: Zion als Ziel und als Aufgabe. Gedanken aus drei Jahrzehnten, Berlin: Schocken 1936 (Bücherei des Schocken-Verlags 62), S. 74-87 (MBB 539). D5: JuJ, S. 309–319 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Englisch: Nationalism, übers. von Olga Marx, in: Israel and the World. Essays in a Time of Crisis, New York: Schocken Books 1948, S. 214– 226 (MBB 786); 2. Aufl. 1963, S. 214–226 (MBB 1215). Hebräisch: Le-hakkarat ha-ra’jon ha-leʾ umi [Abschnitt S. 72,17–78,10; enthält außerdem die in MBW 20 abgedruckte Handschrift h2 zu
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Nationalismus
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Israel und Palästina, S. 508–515], Molad: jarchon medini we-sifruti, Heft 20, November 1949, S. 91–97 (MBB 821); in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 196–207 (MBB 1182). Variantenapparat: 72,20 inneren Verwirrung] Verwirrung H 72,29 innerhalb] nicht hervorgehoben D4, D5 73,3 neuer Gestalt] [neuen Ordnungen] ! neuer Gestalt H 73,12 europäischen] [abendländischen] ! europäischen H 73,12–13 Die einheitliche Christenheit zerbricht] [Das einheitliche [Gewebe] ! Geflecht der Christenheit zerreisst] ! Die einheitliche Christenheit zerbricht H 73,26 Fruchtbarkeit] [elementare] Fruchtbarkeit H 75,14 nationelles] nationales D4, D5 75,16 In bestimmten Momenten] davor Überschrift Echter und falscher Nationalismus / Aus einer Rede von Martin Buber vom Jahre 1921 redaktionelle Vorbemerkung Die nachstehende Rede wurde auf dem Zionistenkongreß 1921 gehalten und wendet sich mit ihren Argumenten in erster Linie gegen gewisse Tendenzen innerhalb der national-jüdischen Bewegung. Man findet die Rede neuerdings abgedruckt in dem Buche von Martin Buber »Kampf und [sic] Israel« (Schocken-Verlag Berlin), auf das wir als auf eines der wesentlichsten Neuerscheinungen nachdrücklich hinweisen möchten. d3 75,22 füllen] hervorgehoben d3 75,23 heilen] hervorgehoben d3 75,26 Nationalismus] hervorgehoben d3 75,27 Tätigkeit] [Funktion] ! Tätigkeit H 75,40 bestimmendes Dauerprinzip] [Selbstzweck und] bestimmendes Dauerprinzip H 76,9 befeuert] rüstet H 76,10 das ihm hierzu Fehlende] [jenes Mass an Recht und Macht, dessen es in diesem Sinn bedarf] ! das ihm hierzu Fehlende H 76,22–25 So ist es heute: […] populorum.] fehlt d3 76,34 dem Verfall] [den schwersten inneren Gefahren ausgesetzt wird] ! dem Verfall H 76,37 Urkräften] [Elementen der Vielheit] ! Urkräften H 77,11–12 einheitlichere] [rechtschaffene,] einheitlichere H 77,37 Geheimnis] hervorgehoben D2 77,41 wird unfruchtbar.] Ende von d3 78,22 die Befreiung] [den Auszug] ! die Befreiung H
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Einzelkommentare
78,25 endgültige] endgültige, wenn auch gebrochene H 78,24 Herrschertums Gottes] [Gotteskönigtums] ! Herrschertums Gottes H 78,30 Gewalt] [Macht] ! Gewalt H 79,4 Diaspora] Diaspora nach Erez Israel H 79,29 Weisung] [Antrieb] ! Weisung H 79,35 Rüstzeug] übernationalen Rüstzeug H 80,2 behauptet] behauptet [um Stunde für Stunde dem eigenen Recht die Grenze zu ziehen, an der es in Unrecht umschlägt] H 80,16 objektiven Konstituierung] [Begriffsbestimmung] ! objektiven Konstituierung H 80,35 verantwortungsfreien] verantwortungsbaren D2, D5 Wort- und Sacherläuterungen: 73,32 Macht ist nicht, wie ein großer Historiker gemeint hat, böse] Vgl. Jakob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen, hrsg. v. Jakob Oeri, Berlin 1905, S. 33. 74,23–24 »geprägte Form« […] »lebend sich entwickelt«] Vgl. Johann Wolfgang von Goethe, »Urworte. Orphisch«: ›Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt / Geprägte Form, die lebend sich entwikkelt.‹« WA IV, Bd. 29, S. 181. 75,18 Krankheitsanzeigers] Zum Bild des Nationalismus als Krankheit vgl. Bubers Gespräch mit Wilhelm Michel vom 4. November 1928 »Religion und Volkstum« (Typoskript (Arc. Ms. Var 350 007 043), jetzt in: MBW 11.1, S. 233–246, hier S. 241). 76,23 Alfred Mombert] (1872–1942): dt.-jüd. Dichter, dessen Werke von mystisch-visionären Inhalten inspiriert waren. Seine Aeon-Trilogie besteht aus den Teilen Aeon der Weltgesuchte (1907), Aeon zwischen den Frauen (1910) und Aeon vor Syrakus (1911) in Mombert, Dichtungen, Bd. 2: Dramen Mythen, hrsg. von Elisabeth Herberg, München 1962. Eine Würdigung Momberts von Buber ist der Text »Mombert. Zum fünfzigsten Geburtstag«, jetzt in: MBW 7, S. 217– 222. 79,21 jüdischen Auserwählungsidee] Vgl. hierzu auch Bubers Essay »Die Erwählung Israels« in: Almanach des Schocken Verlags auf das Jahr 5699, Berlin: Schocken Verlag 1938, S. 12–31; jetzt in: MBW 13, S. 102–113. 80,9–11 »die Kinder Israel aus Ägypten […] Aramäer aus Kir«] Am 9,7.
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[Kongreß-Resolution zur arabischen Frage]
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[Kongreß-Resolution zur arabischen Frage] Das hier abgedruckte Dokument ist die vom XII. Zionisten-Kongress am letzten Kongresstag verabschiedete Kompromissresolution. Die von Buber vorgelegte Resolution zur arabischen Frage war an ein Redaktionskomitee überwiesen worden, das es für die Abstimmung vor dem Kongress endgültig formulierte. Dort stieß Bubers Vorschlag auf heftigen Widerstand, und die Kompromissfassung, die nach hitzigen Debatten und viel politischem Hin und Her zustande kam, hatte, nach Bubers eigenem Eindruck, nicht mehr viel mit seinem originalen Vorschlag zu tun. Erschüttert musste er feststellen, dass das Hauptanliegen seines ursprünglichen Textes nicht mehr vorhanden war; die schönen, aber hohlen Phrasen der Kompromissfassung waren in seinen Augen nur noch ein taktischer Zug, um dem Vorwurf zu begegnen, der Zionismus sei gegen die Araber gerichtet. (Vgl. hierzu das »Nachwort« von Robert Weltsch in: Hans Kohn, Martin Buber. Sein Werk und seine Zeit. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte Mitteleuropas 1880–1930, Köln 1961, S. 413–479, hier S. 435.) Die Bemühung um eine Verständigung mit den Arabern war darin, laut Buber, sehr viel unverbindlicher formuliert. Tatsächlich wird in dem Kompromissvorschlag der Friedensappell durch Äußerungen von Groll und Entrüstung eingeschränkt. Entsprechend beginnt die Kongress-Resolution mit einem Ausdruck des Unwillens, während Bubers Fassung mit einer positiven Feststellung begonnen hatte. Nicht zufällig wurden Bubers Betonung der moralischen Perspektive des Zionismus und seine Vision einer »Neuen Menschheit« gestrichen; ebenso fielen seine Bezeichnung des Judentums als einer »vergewaltigten Minderheit« und die Entschlossenheit des Zionismus, »Herrschaftsnationalismus«, Imperialismus und kapitalistische Ausbeutung zu verwerfen, der Zensur zum Opfer. Ferner hatte Bubers Entwurf den Arabern eine eigenständige, unabhängige Entwicklung zugesichert, was als »ungestörte nationale Entwicklung« in der Kongress-Resolution sehr viel nebulöser klang. Schließlich hatte Bubers Entwurf mit dem klaren und starken Wunsch nach Frieden und Freundschaft zwischen Juden und Arabern geendet, wohingegen die Kongress-Resolution darauf hinauszulaufen schien, den Arabern klarzumachen, dass über die Balfour-Deklaration nicht mehr verhandelt werde. Tatsächlich hatte am Vorabend des XII. ZionistenKongresses Sir Herbert Samuel, der Hochkommissar von Palästina, der zionistischen Organisation wiederholt dringend nahegelegt, unverzüglich konstruktive Projekte ins Werk zu setzen, aus denen die Araber entnehmen könnten, dass »der Erfolg des Zionismus auch zu ihren Gunsten ausschlagen und für sie keinerlei verderbliche Wirkung haben
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werde«; außerdem forderte er die zionistische Führung auf, den Arabern in einer offiziellen Verlautbarung zu versichern, dass das Ziel der zionistischen Siedlungstätigkeit wirklich ein konstruktives und kein destruktives sei. (Vgl. Caplan, Palestine Jewry and the Arab Question. 1917–1925, S. 114 f.) Bemerkenswert ist auch, dass die Kompromissfassung keinen Hinweis mehr auf die Entwicklung eines konkreten politischen und wirtschaftlichen Plans enthält, der den Arabern als Grundlage für eine ehrenhafte Übereinkunft hätte vorgelegt werden können. Das Schicksal der Resolution hat Bubers Ansicht über die Möglichkeiten der politischen Arbeit schwer erschüttert, wie sich in dem 25 Jahre später geschriebenen Brief an Jehuda Magnes zeigt, den er gleichzeitig unter dem Titel »Die Wahrheit und das Heil« veröffentlichte. Vgl. in diesem Band, S. 270–271. Eine zeitgenössische Einschätzung gibt Georg Landauer, vgl. Wortund Sacherläuterungen zu 464,5–6. Textzeuge: D: Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des XII. Zionistenkongresses in Karlsbad (1.–14. 09. 1921). Jüdischer Verlag: Berlin 1922, S. 714 f. (Gleichlautend mit dem im Anhang aufgeführten Beschluss »Verhältnis zum arabischen Volke« (S. 769). Druckvorlage: D Kongreßnotizen zur zionistischen Politik Obwohl er sich aus der Parteipolitik zurückgezogen hatte, nahm Buber weiterhin lebhaften Anteil an zionistischen Belangen. Nach Abschluss des XII. Zionisten-Kongresses teilte er einige kritische Betrachtungen, zu denen der Kongress ihn angeregt hatte, den Lesern seiner Zeitschrift Der Jude mit. Auf dem Hintergrund der Kongressdebatten über zionistische Politik stellte er Überlegungen an, welche Konsequenzen die Tatsache habe, dass der Zionismus nun unter dem Schutz der BalfourDeklaration und des britischen Mandats die weltpolitische Bühne betreten habe. Buber bedauerte zwar diese Entwicklung, musste aber doch zugeben, dass die Würfel gefallen seien: es bleibe wenig anderes übrig, als das Mandat als eine Chance zur Errichtung der jüdischen nationalen Heimstätte in Palästina zu akzeptieren. In demselben Heft erschien außerdem ein äußerst kritischer Bericht Hans Kohns zu diesem Kongress. »Der Zionismus, den der Kongreß re-
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präsentiert, ist die der vorgehenden Zeit eigentümliche Form der religiösen Sehnsucht unseres Volkes, zeitliche sterbliche Hülle ewiger geistiger Kräfte, krank, zersetzt und innerlich hohl wie seine Zeit.« (Vom Kongress, Der Jude, 6. Jg., H. 1, S. 46–49, hier S. 46.) Zufrieden zeigt sich Kohn mit der Resolution zur arabischen Frage: »Die angenommene Resolution in der Araberfrage war im Geiste der Deklaration Martin Bubers und, um ein Schlagwort zu gebrauchen, im Geiste antilegionistisch [d. h. gegen Jabotinsky]. Das ist ein Erfolg, wenn auch nur ein papierener.« (Ebd., S. 48) Textzeuge: D1: Der Jude, 6. Jg., Heft 1, Oktober 1921, S. 1–9 (MBB 256). D2: in: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schokken Verlag 1933, S. 342–360 (MBB 459). D3: JuJ, S. 476–487 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: [Auszug] He’arot la-medinijut ha-tzionit. Be’injan ha-kongress ha-schnem-assar (Oktober 1921); [Auszug] Reschimot ha-kongress al ha-medinijut ha-tzionit, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 123–124; (MBB 611); in: Te’uda we-ji’ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-scha’a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 288–290 (MBB 1182). Variantenapparat: 83,1 Kongreßnotizen zur zionistischen Politik] Untertitel (Oktober 1921) D2, D3 83,29 Tendenzen] nicht hervorgehoben D2, D3 84,30 Basis?] ergänzt Ich habe es auf dem Kongreß gesagt D2, D3 85,11 (Buber, Zionistische Politik, 1903)] fehlt D2, D3 87,9 zur Kenntnis nehmen] annehmen D2, D3 87,Anm] fehlt D2, D3 87,36 Die Gebote der Situation] Abgeteilt als vierter Abschnitt D3 89,10 ein falsches] berichtigt aus ein falches mit D2 89,29–30 angedeuteten Art] berichtigt aus angegedeuteten Art mit D2 89,33 4.] 5. D3 91,40 Oelberg] Jerusalem D3 92,4 5.] 6. D3
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92,27 o ihr, die ihr […] geblasen habt,] fehlt D 92,29 auf den Schofar,] fehlt D3 92,34 diesen Blättern] zusätzliche Anmerkung Der von mir herausgegebenen Monatsschrift »Der Jude«, in der dieser Aufsatz erschienen ist. D2, D3 3
Wort- und Sacherläuterungen: 84,15 Chowewe Zion] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 66,21. 84,38–85,2 »Wir Juden aber haben, […] Kolonisten hinzuschicken.«] Theodor Herzl, Der Baseler Kongress, in: Theodor Herzls zionistische Schriften, hrsg. von Viktor Kellner, Berlin 1920, S. 150–165, hier S. 163. 85,8–11 »Die Politik ist, wie das Recht, […] Unsere Bewegung ist bestenfalls Machtmöglichkeit.« (Buber, Zionistische Politik, 1903).] »Zionistische Politik« ist der zweite Teil des Aufsatzes »Das jüdische Kulturproblem und der Zionismus«, der in Die Stimme der Wahrheit – Jahrbuch für wissenschaftlichen Zionismus, hrsg. von Lazar Schön, 1. Jg., Würzburg: Verlag N. Philippi 1905, S. 205–217 erschien. Als eigenständigen Text veröffentlichte Buber ihn in Die jüdische Bewegung. Gesammelte Aufsätze und Ansprachen. 1900–1915, S. 108– 120, Zitat S. 116 (jetzt in: MBW 3. S. 185–204, hier S. 195). Das Eigenzitat ist hier von Buber gekürzt worden. 85,11–12 »große, wohlorganisierte und produktionsfähige« Siedlung] Vgl. ebd. 85,13–14 »um sie zu schaffen, […] betreffend.«] Ebd., S. 119 (jetzt in: MBW 3, S. 196). 85,18 Erneste Laharannes] Ernest Laharanne war ein politischer nichtjüdischer Schriftsteller zur Zeit Napoleon III., über dessen Lebensumstände wenig bekannt ist. Er gab die republikanische Zeitschrift L’Etat heraus. 1860 erschien das für einen Judenstaat werbende Pamphlet »La Nouvelle Question d’Orient: Empires d’Egypte et d’Arabie: reconstitution de la nationalité juive« aus dem Moses Hess im 11. Brief von Rom und Jerusalem umfangreiche Passagen zitiert. Vgl. Rom und Jerusalem. Die letzte Nationalitätenfrage. Briefe und Noten, 2. Auflage, Leipzig 1899, S. 80–86. 85,18–19 Moses Hess] Vgl. die Einleitung zu »Moses Hess und die nationale Idee«, in diesem Band, S. 712 f. 86,2–3 den sogenannten Charter] Den Plan, durch einen Charter [Satzung] einen rechtsverbindlichen Rahmen für die jüdischen Ansiedlungen in Palästina zu schaffen, stellte Theodor Herzl in seiner Eröffnungsrede auf dem III. Zionistischen Kongress in Basel 1899 vor.
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Vgl. Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des III. ZionistenCongresses, Wien 1899, S. 7. 86,21 Wolffsohn] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 66,33. 86,23 die synthetische Parole der Fraktion] Unter »synthetischem Zionismus« versteht man die Weiterführung des politischen Ansatzes, wie von Herzl propagiert, bei gleichzeitigem Siedlungsaufbau in Palästina, dem sogenannten »praktischen Zionismus«. Vgl. die Rede Chaim Weizmanns in Den Haag, Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des VIII. Zionisten-Kongresses im Haag, S. 298–302. 87,4 nur um des good-will der Juden willen] Vgl. Weizmanns Rede, Stenographisches Protokoll des XII. Zionisten-Kongresses, S. 280. 87,32 demokratischen Fraktion] Die Demokratische Fraktion war ein Zusammenschluss von Kulturzionisten, die auf dem V. Zionistenkongress 1901 gemeinsam auftraten und die Gründung eines jüdischen Verlags und einer jüdischen Universität forderten. Vgl. die Einleitung in MBW 3, S. 21–25 sowie den Kommentar zu dem von Buber dort gehaltenen Referat über »jüdische Kunst« in MBW 7, S. 795–798. Die bekanntesten Mitglieder waren Chaim Weizmann, Leo Motzkin, Berthold Feiwel und Buber. 87,32–33 (zu deren Führern ja […] führen)] Anspielung auf Chaim Weizmann, der ja zu den Mitbegründern der demokratischen Fraktion gehört hatte. 89,30–31 Pourparlers mit Feisal] »pourparler«: franz. für Verhandlungen. Buber spielt wohl auf das Weizmann-Feisal Abkommen an, vgl. den Kommentar zu »In später Stunde«, in diesem Band, S. 519. 91,25 in dem Kreis der Round Table] Die 1909 gegründete Round Table Bewegung, ein loser Zusammenschluss verschiedener Organisationen sprach sich für intensivere Beziehungen zwischen Großbritannien und seinen Dominions (innenpolitisch selbständigen Kolonien) aus, später auch für die Umwandlung des British Empire in das Commonwealth of Nations. 91,28–29 die Verhandlungen mit Irland] Irland wurde 1922 selbstständig, verblieb aber als Dominion im Commonwealth bis 1937/1948. 92,27–29 Nicht der Schofar […] auf den Schofarton der Vo l l e n d u n g ] Der Schofar, ein Widderhorn, wird verschiedentlich im jüdischen Gottesdienst verwendet, insbesondere am Neujahrsfest. Es soll auch den Beginn der messianischen Zeit verkünden. 92,36 »ein politischer Faktor«] Titel eines Artikels Bubers, der in Der Jude, (2. Jg., Heft 5/6, August/September 1917, S. 289–291; jetzt in: MBW 3, S. 336–338) erschien und sich kritisch mit der zionistischen Politik der Annäherung an die Entente-Mächte auseinandersetzte.
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Zur Klärung Im Januarheft des Jahres 1922 von Der Jude erschien der Artikel Siegmund Kaznelsons (1893–1959) »Die Linke« (Der Jude, 6. Jg., Heft 4, Januar 1922, S. 248–255), der sich kritisch mit Bubers »Kongreßnotizen« sowie Hans Kohns »Vom Kongreß« auseinandersetzte, einen Text, den er für »ungezügelt und dem Ernst […] unangemessen« hielt. (Vgl. auch den vorhergehenden Kommentar.) Außerdem bezweifelt Kaznelson Bubers Darstellung der Haltung Englands zum Palästinaproblem. Buber als der Herausgeber der Zeitschrift nimmt wiederum mit seinem Artikel »Zur Klärung« schon im selben Heft Stellung zu den Vorwürfen Kaznelsons. Tatsächlich brachten ihm die Appelle an seine zionistischen Mitstreiter, sich der Motive der englischen Palästinapolitik – die ähnlich wie die in Indien auf dem Grundsatz des »divide et impera« (teile und herrsche) beruhe –, kritisch bewusst zu sein, Buber sogar unter seinen politischen Freunden den Vorwurf ein, ihm fehle es an politischem Realismus. In dem Brief an seinen Schüler Leo Herrmann vom 21. Juli 1922 (B II, S. 107) fasst er seinen Standpunkt nochmals zusammen: »Wenn z. B. seinerzeit meine Auffassung, wie ich sie von der [Balfour] Deklaration an zum Ausdruck gebracht habe, durchgedrungen wäre, so hätten wir die richtige Araberpolitik spontan und vorgreifend gemacht, was politisch (d. h. in seiner realen Wirkung) etwas ganz anderes ist als dasselbe unter dem Zwang der Verhältnisse tun.« Mittlerweile hielt Buber eine Fortsetzung der Kontroverse für fruchtlos »da sie sozusagen auf ein totes Gleis geraten ist. Eine zusammenfassende Darstellung der zionistischen Politik wie sie durch die Lage vorgezeichnet war, und ihre Vergleichung mit der, die gemacht worden ist, spare ich mir für einen Moment auf, wo ich damit nicht die ja auch Ihnen wohlbekannten Leute, deren Politik tausendmal schlimmer wäre, etwa stärken könnte.« Textzeuge: D1: Der Jude, 6. Jg., Heft 4, Januar 1922, S. 201–205 (MBB 262). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken Verlag 1933, S. 361–369 (MBB 459). Druckvorlage: D1 Variantenapparat: 94,20 vermöchte] vermocht hätte D2 94,22 (daß ich noch detaillieren werde)] fehlt D2
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Zur Klärung
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95,5–6 Orientfrage überhaut […] begründen. Heute] Orientfrage, heute D2 97,11 Round Table (von der ich noch erzählen werde)] Round-TableForderung D2 97,18 auf dem Kongreß, in] auf dem Kongreß, wo es möglich war, also in D2 97,20–21 ; ich werde mich […] möglich ist] fehlt D2 Wort- und Sacherläuterungen: 93,2–3 mit meinen »Kongreßnotizen«] Vgl. »Kongreßnotizen zur zionistischen Politik«, in diesem Band, S. 83–92. 93,12 in dem Aufsatz Siegmund Kaznelsons] Gemeint ist der Aufsatz »Die Linke«. Siegmund Kaznelson war als Redakteur des Juden sowie als Geschäftsführer und später als Inhaber des Jüdischen Verlags tätig. 1934 erschien die enzyklopädische Pionierarbeit Juden im deutschen Kulturbereich, die von der Gestapo verboten und beschlagnahmt wurde. 1959 wurde sie von Robert Weltsch als Juden im deutschen Kulturbereich neu herausgegeben. 93,16–18 Das »Recht zur Kritik«, […] werden in Frage gestellt] Vgl. Kaznelson, Die Linke, S. 251. 93,19–20 ich habe seit 1916 immer wieder gemahnt] Z. B. in »Die Losung« (Der Jude, 1. Jg., 1. H., April 1916, S. 1–3; jetzt in: MBW 3, S. 286–289, hier S. 288 f.) »[Wir] gehen nicht darauf aus, eine Nationalität mehr zu den Nationalitäten zu fügen, die einander in diesem Augenblick bekämpfen oder belauern. Es ist nicht die Sache des Judentums, zur Völkertrennung beizutragen, sondern seine Sache ist, der Völkerverbindung zu dienen.« 93,31 »eine Angelegenheit durchaus sekundärer Natur geworden«] Kaznelson, Die Linke, S. 251. 93,34–35 »die aus der Kritik […] Erfahrungen«] Ebd. 94,2–3 »daran gehen können, […] stecken als heute«] Vgl. ebd. 94,11–12 »zunächst die Ursachen des Versagens der Diplomatie abstellen«] Ebd. 94,15 »Arbeits-Pessimismus«] Vgl. »Kongreßnotizen zur zionistischen Politik«, in diesem Band, S. 92. 94,16 credo quia absurdum] Kaznelson, Die Linke, S. 251. 94,23–24 »von uns abhängig ist«] Vgl. Buber, Kongreßnotizen zur zionistischen Politik, in diesem Band, S. 92. 94,31–32 »eine schwere Schuld und Verantwortung auf unsere politischen Führer gewälzt«] Kaznelson, Die Linke, S. 251.
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95,23–25 die strategischen Vorteile Palästinas […] Humbug erklärt hat] Ebd., S. 252. Weizmann sagte in seiner Rede in Karlsbad: »Palästina ist für England vom strategischen, vom militärischen Standpunkte aus nutzlos, und diejenigen, die sich eingebildet haben, das wir, d. h. das jüdische Palästina, für den Lebensnerv Englands, den Suezkanal, absolut notwendig sind, haben sich geirrt. Wenn Sie heute die Vertreter der englischen Marine und der englischen Armee befragen, so werden Sie von hundert Antworten 95 gegen die Beibehaltung Palästinas erhalten und bloß 5 dafür.« Stenographisches Protokoll des XII. Zionisten-Kongresses, S. 280. 95,28 »Kolonisation nach ägyptischem Muster«] Kaznelson, Die Linke, S. 252. 96,3–4 Ich habe gesagt, daß England […] Palästina brauchte.] »Kongreßnotizen zur zionistischen Politik«, in diesem Band, S. 87 f. 96,19 Sykes-Picot-Abkommen] Das Sykes-Picot-Abkommen war eine geheime Übereinkunft zwischen Frankreich und Großbritannien. Die beiden Mächte teilten darin für den Fall des Sieges über das Osmanische Reich dessen arabische Provinzen außerhalb der arabischen Halbinsel ihren jeweiligen Einflusssphären zu. Das Abkommen ist nach dem britischen Diplomaten Mark Sykes (1879–1919) und seinem französischen Kollegen François Georges-Picot (1870– 1951) benannt. Das Abkommen wurde bereits gegen Ende des Ersten Weltkriegs durch die Bolschewiki an die Öffentlichkeit gebracht. Die Araber waren verständlicherweise brüskiert, ein Spielball der Großmächte zu sein. 96,25 n u r um des good-will der Juden willen] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 87,4. 96,35–37 »die sich unöffentlich […] erforderlichen Methoden«] Buber, Kongreßnotizen zur zionistischen Politik, in diesem Band, S. 90. 97,8 Lloyd Georges] Lloyd George (1863–1945): Britischer liberaler Politiker, der das Amt des Premierministers während und direkt nach dem Ersten Weltkrieg (1916–1922) inne hatte. 97,11 Leute von der Round Table] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 91,25. 97,36–37 und wenn ein einsamer Warner […] vor ihm steht] Damit spielt Buber anscheinend auf das Schicksal seiner Resolution zur arabischen Frage an, vgl. den Kommentar zu »[Kongreß-Resolution zur arabischen Frage]«, in diesem Band, S. 539 f. sowie zu »Die Wahrheit und das Heil«, in diesem Band, S. 627 f.
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Streiflichter Im Januar 1922 besuchte Ramsay MacDonald (1866–1937), einer der Führer der britischen Labour-Partei, der 1924 Premierminister der ersten Labour-Regierung werden sollte, Palästina. Nach England zurückgekehrt, berichtete er über seinen Besuch in Artikeln und Vorträgen. In seinem Aufsatz, erschienen im April 1922 in Der Jude, nimmt Buber Stellung zu einem Zeitungsbericht über eine Ansprache MacDonalds, wonach dieser aus den Kreisen der Mandatsverwaltung in Palästina von etlichen geheimen und miteinander unvereinbaren Abkommen erfahren hatte, welche die britische Kriegsregierung seinerzeit geschlossen haben soll. Damit seien, laut Buber, die imperialistischen Pläne Großbritanniens im Mittleren Osten demaskiert worden. Es wäre Selbstbetrug, fährt Buber fort, davon auszugehen, dass eine Labour-Regierung andere Interessen in Palästina vertreten würde. Zumindest aber werde eine Labour-Regierung wahrscheinlich die Politik der Dezentralisierung des Britischen Weltreiches rascher vorantreiben und den Kolonien und sonstigen Gebieten ein größeres Maß an Selbstverwaltung zugestehen. Buber führt Äußerungen Colonel Josiah C. Wedgwoods (1872–1943), Angehöriger des Exekutivausschusses der Labour-Partei, und zugleich ein Anhänger des Zionismus, als Anzeichen dafür an, dass die Politik einer Labour-Regierung in Palästina wirklich in diese Richtung gehen werde. Die Aussicht darauf und die sich daraus ergebende Notwendigkeit für Juden und Araber, bei der gemeinsamen Verwaltung des Landes zusammenzuarbeiten, bieten, laut Buber, eine neue Chance für die Verständigung und das politische Übereinkommen zwischen Arabern und Juden. Textzeuge: D1: Der Jude, 6. Jg., Heft 7, April 1922, S. 393–396 (MBB 260). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken 1933, S. 370–377 (MBB 459). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: [Auszug] Orot cholfim, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 125–126 (MBB 611).
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Einzelkommentare
Variantenapparat: 100,Anm 1] fehlt D2 100,23–24 in diesen Blättern] fehlt D2 100,Anm 2] fehlt D2 100,31–32 Dies sei hier […] werden sollte.] fehlt D2 101,Anm 1] fehlt D2 101,Anm 2] fehlt D2 101,Anm 3] fehlt D2 102,24 taktisch] nicht hervorgehoben D2 102,35 »dyarchisch«] berichtigt aus »duarchisch« nach D2 102,Anm 1 im vorigen Heft] von mir im Märzheft des »Juden« D2 102,Anm 1 denen weiteres Material folgen soll und] fehlt D2 102,Anm 1 hier nur daran erinnern will] erinnere D2 Wort- und Sacherläuterungen: 100,Anm 2 Kaznelson, Die Linke (4. Heft).] Vgl. Bubers Auseinandersetzung mit Kaznelsons Artikel im vorhergehenden Artikel »Die Klärung«. 100,6 Colonel Wedgwood] Josiah Wedgwood, 1. Baron von Wedgwood (1872–1943): engl. Offizier und Politiker; seit 1906 Parlamentsabgeordneter, zunächst für die Liberalen, seit 1919 für Labour. Während des militärischen Dienstes im Ersten Weltkrieg an der GallipoliFront lernte er 1915 das Zion Mule Corps (Verband der sog. Jüdischen Legion) kennen, das geführt wurde von Joseph Trumpeldor (1880–1920), und war seitdem einer der engagiertesten nichtjüdischen Zionisten und wirkte im Hintergrund an dem Prozess mit, der zur Balfour-Deklaration führte. Später unterstützte er innerhalb des Zionismus die revisionistische Linie. Darüber hinaus trat er auch für die indische Unabhängigkeit ein. 100,Anm Nach dem Bericht der Jüdischen Rundschau vom 21. März.] Nach dem Bericht »Die Palästinadebatte im Unterhaus« (Jüdische Rundschau, 27. Jg., Nr. 23 vom 21. März 1922, S. 144) geht es Wedgwood tatsächlich um den Schutz der jüdischen und christlichen Minderheit und der Ermöglichung der Einwanderung, während der Schutz des Suez-Kanals dem Interesse des Britischen Empires dienen soll. 100,10 Lord Curzon] George Curzon, 1. Marquis von Kedlestone (1859– 1925): konservativer engl. Politiker; Vertreter des Imperialismus; 1899–1905 Vizekönig von Indien, 1919–1924 Außenminister und Vertreter Großbritanniens bei den Friedensverhandlungen in Ver-
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Nachbemerkung
sailles. Er schlug die sog. Curzon-Linie vor, die die Grenze zwischen Polen und der Sowjetunion bilden sollte. 100,17–18 einer ihm politisch nahestehenden […] des Manchester Guardian] Die Tageszeitung Manchester Guardian wurde 1821 gegründet und wird dem links-liberalen Spektrum zugerechnet. 1959 änderte sie ihren Namen in The Guardian. 100,25–26 die strategischen Vorteile Palästinas für England ein »Humbug«] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 95,23–25. 100,29 Argumentation Jabotinskys] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 59,22. 102,8–9 Herbert Samuel] (1870–1963): erster engl. Hochkommissar für das brit. Mandatsgebiet »Palästina« von 1920–1925. 102,Anm Vgl. die im vorigen Heft […] Zitate] Der Jude, 6. Jg., Heft 6, März 1922, S. 329–330. Sehr wahrscheinlich sind die Zitate von Buber selbst zusammengestellt, da sie laut Anmerkung als Material zu »Kongreßnotizen zur Zionistischen Politik« (in diesem Band, S. 83– 92) zu verstehen sind. Sie enthalten zwei Zitate Herzls zur Bedeutung der strategischen Lage Palästinas, sowie zwei Zitate, die die Wichtigkeit des Hafens von Haifa herausstellen. Nachbemerkung Die Kontroverse mit Buber wurde von Siegmund Kaznelson mit einer schneidenden Replik »Die Lage« (veröffentlicht in Der Jude VI/7, 1921, S. 510–514) fortgesetzt (Vgl. den Kommentar zu »Zur Klärung«, in diesem Band, S. 544). Buber wiederum publizierte unmittelbar im Anschluss an Kaznelsons Text diese kurze Zurückweisung, in der er seine Opposition gegen das wiederholte, was er als einen schwerwiegenden Fehler betrachtete: die zionistische Ansiedlung in Palästina an die imperialistische Politik Großbritanniens zu binden. Das sei bestimmt, den Zionismus nicht nur mit den Arabern Palästinas, sondern mit »einem großarabischen Reich« in Konflikt zu bringen. Dementsprechend suchte er Kaznelson und seinen zionistischen Mitstreitern zu erklären, dass Realpolitik nicht mit gutem Gewissen als humanitären Zielen dienlich angesehen werden könne. Er schreibt: »überhaupt stelle ich mir den Politiker keineswegs als einen staatsutilitaristischen Apparat vor, sondern als einen Menschen, der seine Handlungen auch vor einem humanitären Gewissen gerechtfertigt sehen möchte. Aber zu Regierungsbeschlüssen reifen humanitäre Motive nur, wenn sie den staaterhaltenden Zwecken,
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für alle Regierungen eingesetzt sind, dienstbar gemacht werden können.« Textzeuge: D1: Der Jude, 6. Jg., Heft 8, Mai 1922, S. 514–515 (MBB 257) D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932,. Berlin: Schocken 1933, S. 378–381 (MBB 459). Druckvorlage: D1 Wort- und Sacherläuterungen: 104,2–5 »Ich kann mir […] erlangen würde.«] Vgl. Kaznelson, »Die Lage«, S. 511. 104,19 Irredenta] ursprünglich Bezeichnung für das Bestreben, die 1861 noch nicht zum italienischen Nationalstaat gehörenden, aber von Italienern bewohnten Gebiete mit Italien zu vereinigen. 105,3 Werk von Verney und Dambmann] N. Verney und G. Dambmann, Les Puissances etrangères dans le Levant en Syrie et en Palestine, Paris 1900. 105,8 Sykes-Picot-Abkommen] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 96,19. 105,9 sit venia verbo] lat.: »man verzeihe das Wort«. 105,14 Smuts] Jan Christian Smuts (1870–1950) war ein südafrikanischer Staatsmann, militärischer Führer und Philosoph, der von 1919–1924 und 1939–1948 als Ministerpräsident der südafrikanischen Union amtierte. Er sprach sich für die Rassentrennung und gegen die Gleichberechtigung der schwarzen Afrikaner aus, kam aber zu Ende seines Lebens zum Schluss, dass vollständige Segregation nicht möglich sei. 105,14 Balfour] Arthur James Balfour (1848–1930): engl. Politiker, nach dem als brit. Außenminister die Balfour-Declaration benannt wurde. 105,25 »Antipolitik«] Ein von Gustav Landauer geprägter Begriff, der erstmals von ihm in Kürschner, Deutscher Literaturkalender auf das Jahr 1898, verwendet wird. Vgl. Antipolitik, Ausgewählte Schriften, Bd. 3.1, hrsg. von Siegbert Wolf, Berlin 2010, S. 34. Frage und Antwort Nach den negativen Erfahrungen, die er auf dem XII. Zionisten-Kongress gemacht hatte, war Buber zu der Überzeugung gelangt, dass die
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Abhängigkeit der zionistischen Führung von der Realpolitik eine unmittelbare Folge ihrer Diaspora-Perspektive sei. Daher müsse sich der Zionismus von der Problematik der Diaspora, in der die Juden verständlicherweise ganz auf die europäischen Mächte hin orientiert seien, lösen und seine politischen Ziele ausschließlich auf die wirklichen Gegebenheiten des Landes Israel hin ausrichten. Ein im Land verwurzelter Zionismus – dessen Boden liebevoll bebauend – werde sich notgedrungen mit der vollen Wirklichkeit des Landes konfrontiert sehen, einer Wirklichkeit, die eine eingeborene arabische Bevölkerung umfasse, die wie die Juden nach nationaler Würde und Unabhängigkeit strebe. Im Gegensatz zum politischen Zionismus der Diaspora nannte Buber einen Zionismus, der sein Zentrum im Land Israel hat und dessen Belange im Auge behält, »Wirklichkeitszionismus«. (Vgl. Hans Kohn, Martin Buber. Sein Werk und seine Zeit, S. 131.) Erstmals veröffentlichte er diesen Aufruf zum Umdenken im September 1922 unter dem Titel »Frage und Antwort« in Der Jude – vielleicht nicht zufällig in dem Zeitraum, in dem er die Korrekturen zu seinem religionsphilosophischen Hauptwerk Ich und Du las, das im Dezember desselben Jahres erschienen ist. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 42); 2 lose, unpaginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D1: in: Der Jude, 6. Jg., Heft 12, September 1922, S. 713 (MBB 273). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932,. Berlin: Schocken 1933, S. 382–383 (MBB 459). D3: JuJ, S. 348 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: Scheʾ ela u-teschuva, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 126 (MBB 611). Variantenapparat: 106,4–5 dem Orient] [den Arabern] ! dem Orient H 106,5–6 seiner Regeneration] [der Regeneration des Ostens] ! seiner Regeneration H 106,6 verbünden] verständigen H 106,13–14 gegen die europäische Staatenpolitik gefeit] [vom Westen
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(nicht »politisch«, aber faktisch) unabhängig von der] ! gegen die europäische Staatenpolitik gefeit H 106,17 keine Maske kann heute noch täuschen] alle Masken sind durchsichtig geworden H 106,19 Liebe zum Land.] Liebe zum Land. [/ Frage: Es ist also sozusagen die Politik des Chaluz, die du empfiehlst. / Antwort: So magst du es immerhin nennen. Die Politik der grossen [, der kommenden] Chaluziut.] H Wort- und Sacherläuterungen: 106,4 Erez Israel] Hebr.: »Land Israel«. 106,16 sacro egoismo] Italienisch für »heiliger Eigennutz«. Der Ausdruck wurde 1914 vom italienischen Politiker Antonio Salandra (1853–1931) geprägt, um auf eine ausschließliche und unbegrenzte Hingabe für den italienischen Staat zu verweisen und wurde während und nach dem Ersten Weltkrieg zur Losung der italienischen Außenpolitik. Brith Shalom Im Frühjahr 1925 kam in Jerusalem eine Gruppe von Intellektuellen zusammen, um eine Vereinigung zur Förderung einer Art von »Wirklichkeitszionismus« – wie Buber dies zu nennen pflegte – zu gründen. Damit war ein in der vielschichtigen Wirklichkeit des Landes Israel verwurzelter Zionismus gemeint. Ins Leben gerufen von Arthur Ruppin (1876–1943), dem bedeutendsten Organisator der zionistischen Siedlungspolitik, nannte sich die Vereinigung Brit Schalom, wörtlich: Friedensbund, eine Anspielung auf Ez 34,25 (»und ich will einen Bund des Friedens mit ihnen schließen«). Unter den Gründungsmitgliedern von Brit Schalom waren alteingesessene jüdische Bewohner Palästinas, Akademiker, Angehörige von Hapoel Hazair, Misrachi (der religiösen zionistischen Bewegung) und liberale Zionisten. Einer der Mitbegründer, der 1923 nach Palästina eingewanderte Gershom Scholem, war der Auffassung, dass das Bindeglied zwischen den divergierenden, innerhalb des Kreises vertretenen Richtungen die gemeinsame Überzeugung sei, »daß das Land Israel zwei Völkern gehört, die einen Weg finden müssen, gemeinsam zu leben […] und für eine gemeinsame Zukunft zu arbeiten.« (G. Scholem, Interview über Brit Schalom vom Mai 1972. Institut für jüdische Zeitgeschichte, Hebräische Universität Jerusalem; Nachschrift 1960/1, S. 3.)
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Durch ihre Erfahrungen in Palästina waren die Mitglieder des Brit Schalom zu der Auffsassung gelangt, dass das Land Israel das Land zweier Völker sei – der bodenständigen arabischen Bevölkerung und der Juden, die ins Land ihrer Väter zurückkehrten. Wie Ruppin dem XIV. Zionisten-Kongress im August 1925 in Wien unmissverständlich klar machte: »Palästina wird ein Zweinationalitätenstaat sein. Meine Herren, dies ist ein Faktum, ein Faktum, das viele von Ihnen vielleicht noch nicht richtig zur Kenntnis genommen haben. Unter Umständen für etliche von Ihnen auch ein unangenehmes Faktum, aber daran ist nicht zu rütteln.« (Protokoll der Verhandlungen des XIV. Zionisten-Kongresses, London 1926, S. 438). Der Zwei-Völker-Staat, wie Ruppin und seine Gesinnungsgenossen ihn konzipierten, war als Modus vivendi von Zionismus und palästinisch-arabischem Nationalismus innerhalb des vorhandenen politischen Rahmens gedacht, unter der stillschweigenden Voraussetzung, dass die Engländer das Mandat aufgrund ihrer imperialistischen Macht und Interessen aufrecht erhalten würden. (Robert Weltsch, Interview über Brit Schalom, Institut für jüdische Zeitgeschichte, Hebräische Universität Jerusalem, Nachschrift 1959, S. 3.) Somit musste die jüdische nationale Heimstätte innerhalb der binationalen Wirklichkeit des Mandats Palästina verwirklicht werden. Entsprechend war Brit Schalom um eine verfassungsmäßige Übereinkunft bemüht, wonach Juden und Araber, zusammengehalten durch die Klammer des Mandats, politische und bürgerliche Parität haben sollten – in ihren Augen die vernünftigste Lösung des Palästina-Problems. Ungeachtet dessen betrachtete sich Brit Schalom nicht als eine politische Partei, sondern als Studienkreis zur Förderung sachkundiger und verantwortlicher Gespräche über die arabische Frage. Viele der engagiertesten Mitglieder leiteten ihre Auffassungen von Bubers Anschauungen zur arabischen Frage ab. Dies galt insbesondere für Schmuel Hugo Bergmann, Hans Kohn, Ernst Simon und Robert Weltsch; Ruppin und Scholem dagegen betrachteten sich nicht als Bubers Schüler. Buber selbst trat 1925 Brit Schalom als aktives Mitglied bei. Die Gründungscharta, auf deren Formulierung Buber maßgeblichen Einfluss hatte, ist dreisprachig abgefasst, Englisch, Hebräisch und Arabisch. Textzeuge: D: dreisprachiger Druck einer Flugschrift, Ha-madpis Press, Jerusalem [1925]. Druckvorlage: [englischsprachige Kolumne] D
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Selbstbesinnung Eines der Hauptanliegen des Brit Schalom bestand darin, die in der zionistischen Führung vorherrschende Tendenz zu korrigieren, wonach das Araber-Problem in erster Linie ein demographisches sei, d. h. die Auffassung, dass das zahlenmäßige Übergewicht der arabischen Bevölkerung von Palästina (die 1925 750 000 gegenüber 75 000 Juden betrug) möglichst rasch durch verstärkte Einwanderung von Juden ausgeglichen werden müsse, so dass die Juden schließlich die Mehrheit bilden würden, um sich das Recht der Selbstbestimmung über Palästina zu sichern. Brit Schalom stand auf dem Standpunkt, dass diese Politik mit dem erklärten Ziel, eine jüdische Mehrheit in Palästina zu schaffen, dazu angetan sei, die Sorge der Araber vor einer Beherrschung durch die Juden noch zu verschärfen, ja noch schlimmer, dass sie Juden und Araber zu unversöhnlichen Gegnern in einem ausweglosen Konflikt machen werde. Die einzig sinnvolle Lösung, so die Überzeugung von Brit Schalom, sei ein Zwei-Völker-Staat, in dem Juden und Araber gleichermaßen an der politischen und bürgerlichen Verwaltung des Landes beteiligt sein würden, ohne Rücksicht auf ihren zahlenmäßigen Anteil an der Gesamtbevölkerung. Obwohl eine solche Lösung Kompromissbereitschaft von beiden Seiten und eine neue Auffassung von nationaler Souveränität voraussetzte, vertrat Brit Schalom die Meinung, dass nur diese Lösung den Konflikt unter möglichst geringer Beeinträchtigung von Interessen und Würde beider Gemeinschaften zu beenden verspreche. Als ersten Schritt, die Sorge der Araber zu beschwichtigen, plädierten die meisten Mitglieder von Brit Schalom für eine zeitweilige Beschränkung der jüdischen Einwanderung – was sie in den Augen vieler Zionisten zu Verrätern stempelte. Arthur Ruppin wich jedoch von dieser Auffassung ab und trat deswegen aus dem Brit Schalom aus. In seiner Abhandlung stellt Buber die Kritik von Brit Schalom an dem politischen Ziel der Schaffung einer jüdischen Mehrheit in Palästina dar. Der Aufsatz erschien im April 1926 in der renommierten Berliner (zionistischen) Zeitschrift Jüdische Rundschau. Deren langjähriger Chefredakteur und Mitherausgeber war Robert Weltsch, ein Schüler Bubers, der nicht selten den Mut aufbrachte, seine Beredsamkeit in den Dienst von Brit Schalom zu stellen. Ein leicht veränderter Auszug aus Bubers Text (vgl. in diesem Band, S. 111) diente in englischer, hebräischer und deutscher Sprache als Motto einer Broschüre, die das von Siegfried Lehmann gegründete Jugenddorf Ben Shemen vorstellte: »›Dazu aber ist es (die jüdische Besiedlung Palästinas) etwas Verwegenes, weil es das, was in aller Geschichte nur – offi-
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ziell oder verhohlen – Werk der Macht gewesen ist, ohne Macht vollbringen will […] Wie kann das Wagnis eines so neuartigen Verfahrens glücken? // Nur indem der Mangel an Macht kompensiert wird. Wodurch aber kann der Mangel an Macht kompensiert werden? In aller Geschichte nur durch eines: durch Leidenschaft […] Leidenschaft ist die grosse historische Kompensation der Machtlosigkeit. Leidenschaft […] bedeutet: nichts von sich zurückhalten; alles hergeben können; alles, auch das Leben, wenn’s nötig ist, aber solange dies noch nicht nötig ist, alles Andere, die Lebenszeit, die Lebenskraft, und nicht zumindest auch die Lebensgüter. Das hergeben können, damit die Tat getan, das Werk gewirkt werde, das ist der höchste menschliche Erweis.‹« (The Jewish Junior and Children’s Farm Ben Shemen, Tel Aviv: Hotzaʾ at Eretz-Jisrael 1936, S. 1, MBB 554.) Textzeuge: h: unvollständige Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 44); 3 lose unpaginierte Blätter; doppelseitig beschrieben in blauer Tinte; mit Korrekturen von teils verschiedenen Stiften versehen. Der Text ist in zwei unzusammenhängenden Fragmenten erhalten und weicht in seinen Formulierungen erheblich von der Druckfassung ab. Lediglich einzelne kurze Passagen entsprechen dem publizierten Text. Da die Abweichungen nicht mehr in einem Variantenapparat verzeichnet werden können, wird h im Anschluss reproduziert. D1: Jüdische Rundschau 31. Jg., Nr. 29/30, 16. April 1926, S. 215–216 (MBB 329). D2: Selbstwehr, XX. Jg., Nr. 16, 16. April 1926, S. [1]–2 (MBB 329). d3: Ein werdendes Land. Führende Männer der Welt zum Palästina-Aufbau, hrsg. vom Keren Hajessod (Jüdisches Palästinawerk) e. V., Berlin 1928, S. 34–35 (nicht in MBB verzeichnet). D4: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken 1933, S. 393–412 (MBB 459). D5: JuJ, S. 488–500 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: Cheschbon ha-nefesch, Ha-olam. Itonah hamerkazi schel hahistadrut ha-tzionit ha-olamit, 14. Jg., 18. Heft, 9. Ijar 686 (d. i. 23. April 1926), S. 317–320 (MBB 333a); [Auszug] Cheschbon ha-nefesch, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 126–127
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(MBB 611); in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane haschaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 226–235 (MBB 1182). Abdruck des ersten Teilstücks von h: [Textverlust wegen fehlender Seiten] später würde eine entgegengesetzte, trennende Entwicklung einsetzen. Aber Probleme der [Therapie] ! Volkstherapie [wie der individuellen, sind nicht dialektisch] ! widersprechen ihrem Wesen nach solcher dialektischer Behandlung, hund gar ein so einzigartiges Problem wie dieses,i welche Kräfte aus einem [so unerhörten] ! absoluten Novum der Weltgeschichte, wie [der Aufbau] ! die Schaffung eines Mutterlandes, erwachen und wie sie wirken werden, welche Fruchtbarkeit aus dem Kontakt zwischen einem auferstandenem Zentrum und den Elementen der Peripherie, die es aus dem Grabe heben, hervorgehen wird, das sind Fragen, für die das theoretisch erörternde Für und Wider nicht zuständig ist, weil es ihm an empirischem Vergleichsmaterial mangelt. [Wenn überhaupt in echter Krisis die echte Entscheidung die Fesseln der dialektischen Erörterung zu sprengen, und in den Tiefen der Krisis] ! Die Entscheidung, die in den Tiefen der Krisis geboren wird, [folgt nicht] ! sprengt die Fesseln der [dialektischen] Erörterung, zumal wo es gilt das Neue, Unerprobte, Unbeweisbare zu wagen. Sie tut es aus der Macht der Hoffnung. Auch ihr geht es um die Wahrheit, aber nicht um die einer Argumentation, sondern um die einer grossen hüber die Jahrtausende hinweg überlieferteni Aufgabe, die zu erfüllen sie sich beauftragt und ermächtigt weiss. Daher kommt die Hoffnung des sich entscheidenden Geschlechts [und es kann keinen andern Beweis führen als den des vollkommenen Lebenseinsatzes]. Man wagt ein Mutterland zu »schaffen«, weil es in Wahrheit das Mutterland ist. Dass das Ziel nichts Geringeres sein kann, wird noch deutlicher, wenn wir die soziale Bedeutung des Werkes ins Auge fassen. Die Problematik des Verhältnisses der »Juden« zu ihren »Wirtsvölkern« hund ihre Lage der Diaspora überhaupti, ist grossenteils dadurch bedingt, dass sie an der natürlichen Stufung der Wirtschaftsgeschichten von der Urproduktion über die Verarbeitung der Urgüter aufwärts nicht hoder nur in geringem Massei tätig teilnehmen, sondern sich zu dem elementaren Leben und Werk der Völker im wesentlichen rezeptiv verhalten. Ihre aktive Teilnahme setzt hzumeisti erst auf einer höheren Stufe, jedenfalls erst in einem Abstand vom Boden ein. Sie sind nicht am Wurzelleben der Gesellschaft mit ihren tätigen Kräften beteiligt, sondern beginnen damit da, wo die aus der Erde gestiegenen Säfte schon in das Leben des Stammes
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und seine Äste eingegangen sind. hSie ernten, was sie nicht gesät haben, und bleiben daher den Völkern unvertraut, die freilich an ihrer Verdrängung aus der elementaren Produktion wesentlich Schuld tragen.i Sie können aber daher auch nicht, wie die Völker, die Erbschaft ihrer »geistigen« Schichten aus dem Reservoir der bodenständigen stetig erneuern, sie entsenden die seltsamsten Luftwurzeln, sie führen ein soziologisch fiktives, ein soziologisch illusionäres Leben. Aus dieser Problematik führt kein anderer Weg als in Palästina eine vollständige Gesellschaft auf den Grundfesten eines starken und gesunden Bodenbaus zu errichten. Die konzentrierende Kolonisation muss zugleich sozial eine totalisierende sein; die Ganzheit, auf die sie abzielt, kann nur verwirklicht werden, wenn der jüdische Mensch überall in seinem Land wo das angeht selbst die Erde bearbeitet. Der produktivierende Einfluss, den eine so aufgebaute Siedlung auf die Diaspora ausüben wird, ist noch nicht abzusehen. Schon die Anfänge [der Bewegung] ! des Werkes haben die einzigartige Bewegung des Pioniertums, ja weit über den Bereich des Strebens und Wollens hinaus den neuen Menschentypus des »Chaluz« als des der Mühsal und der Kämpfe um die Grundlegung gewachsenen Menschen und seine neue Ordnung, eine auf rechtschaffeneren und gerechteren Beziehungen zwischen den Menschen aufgebaute Ordnung hervorgebracht. Aber es darf erhofft werden, dass erst auf solcher Grundlage [errichtetes Gemeinwesen] ! ein sozial gesundes zentrales Gemeinwesen errichtet, es auf die Strukturen der [Disapora] ! Peripherie einwirken, die allerorten auftauchenden Versuche der Produktivierung stärken und verknüpfen und einer sozialen Regeneration hder Diasporai starke Antriebe geben wird. Die Völker kolonisieren aus Expansionsdrang. Israel kolonisiert aus Konzentrationsdrang. Die [Völker] ! Staaten wollen Verlockerung; Israel will Verdichtung. Jene bauen sich einen Aussenring; es baut das Haus seiner Mitte. Und sie bauen von ihrer Sicherung aus, es von seiner Preisgegebenheit aus, sie bauen in ruhigen Zeiten [oder in den Stunden siegreichen Friedensschlusses] ! es baut im Sturm seiner Krisis. Abdruck des zweiten Teilstücks von h: Von Grund aus anders verhält es sich mit dem Siedlungswerk des jüdischen Volkes in Palästina. Auch hier ist es ein Volk, das kolonisiert, genauer gesagt: der aktive Teil eines Volkes. Aber Struktur und Lage dieses Volkes sind wesensverschieden von diesen allen andern und das Motiv der Aktivität ist wesens-
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verschieden von den Motiven aller uns aus der Völkergeschichte bekannten Kolonisation. Das, was überall dort die selbstverständliche Voraussetzung war, fehlt hier: der feste Kern [, der sichere Bestand]. Seit nahezu hundert Generationen ist der Körper dieses Volkes, in Stücke gerissen und die Stücke über die Erde geschleudert, ein Los, dessengleichen nie einem andern Volke widerfuhr. Es hat nicht eine Diaspora, sondern es nichts andres als eine Diaspora. h»Es ist nicht (das habe ich vor vielen Jahren geschrieben, und es ist seither noch wahrer geworden) ›im Exil‹, sondern es ist das Exil als Leib: ja, hier ist die Idee des Exils Fleisch geworden in diesem einen weltgeschichtlichen Exemplar.«i [Es ist eine Peripherie ohne Mitte] ! Es ist in »Judenheiten« der Staaten zerfallen, und zwischen den Judenheiten besteht kein organischer Zusammenhang mehr, denn es fehlt durchaus an einem Lebenszentrum, ohne das es [keinen Organismus gibt] ! wie im tierischen, so im gesellschaftlichen Organismus keinen Blutkreislauf, keinen lebenerhaltenden Verkehr der Teile miteinander gibt. Anstatt des [organischen] ! faktischen Zusammenhangs ist als zusammenhaltendes Prinzip nur die seelische Gemeinsamkeit geblieben, die auf dem gemeinsamen Grundwesen, dem gemeinsamen geschichtlichen Gedächtnisfundus und der gemeinsamen religiösen Überlieferung beruht; was an Solidarität [des Judentums] ! der Juden noch fortbesteht, ist von dieser seelischen Gemeinsamkeit getragen. Aber auch sie ist in der neuesten Zeit sehr geschwächt worden, insbesondere durch die allgemeine Lockerung der Glaubenskraft und der Generationenverbindung, die sich auch im Judentum geltend gemacht hat. [So ist es zu der inneren Krisis des Judentums gekommen, die zusammen mit seiner äusseren Exponiertheit] ! Der nach kurzer Unterbrechung ungeheuer wachsenden äusseren Bedrohung hat es nicht mehr wie einst eine starke einige [Seele] ! innere Substanz entgegenzustellen, auch sie ist in Stücke gerissen. Erst im Westen, dann auch im Osten [Europas] ist eine innere Krisis des Judentums ausgebrochen, die zusammen mit der äusseren Preisgegebenheit den Fortbestand des Volkes in Frage stellt. Der Volksteil, in dem die Einheit noch immer ungebrochen fortlebt, der sich für die Existenz des Judentums verantwortlich fühlende, um dessen Zukunft bangende und zum Selbsteinsatz für seine Rettung bereite Volksteil in aller Welt hat den einzigen Weg erkannt hund beschritteni, auf dem eine Wendung zum Heil erfolgen kann: der Weg der Konzentration. Dem zerfallenden Körper zum Trotz wahrte die [einige] Seele das Leben. Nun auch sie von der Gefahr des Zerfalls heimgesucht ist, gibt es keine Rettung mehr als durch Wiederherstellung des organischen Zusammenhangs. Auch die Seele ist nicht mehr zu heilen, wenn nicht der Körper
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geheilt wird; sie ist zu tief betroffen, als dass man hoffen könnte, ihr die Einheit wiederzugewinnen, ohne dass man sie ihm wiedergewinnt. Dies aber kann nicht anders geschehen, als dass man das fehlende Lebenszentrum wiederherstellt. Die gestaltlose Zerstreuung muss eine Gestalt, die ordnungslose eine Ordnung, und das heisst: die mittelose muss eine Mitte empfangen. Der Blutkreislauf muss neu einsetzen – dazu bedarf es des Herzens. Ein Herz kann nicht anderswo als in der Urheimat [sich neu aufbauen, neu sich regen, zu schlagen beginnen] ! sich regen, Blut empfangen und entsenden, gleichmässig zu schlagen beginnen. Das hat der sich für die Existenz des Judentums verantwortlich fühlende Volksteil [von je gewusst] ! mit der Kraft der inneren Evidenz gewusst. Organische Substanz, die einen Organismus organisch zentrieren soll, kann nicht fabriziert, sie kann nur wiederbelebt werden. Die Diaspora kann nicht irgendeine Mitte, sie kann nur ihre Mitte erhalten. Diese Mitte könnte den tatsächlichen Voraussetzungen niemals ein politisches, ein Machtzentrum werden, sie könnte, auch wenn sie Staatsform erhielte, nicht die Juden in aller Welt ihre Bürger nennen, sie könnte sie nicht schützen. Anderseits aber würde sie das, was sie zu leisten hat, nicht zu leisten vermögen, wenn sie eine bloss geistige, kulturelle [, moralische] Dependance des Judentums darstellte; der Geist gibt dem Leben Gehalt und Form, aber nicht die Lebensfunktionen selbst. Jener aktive Volksteil, von dem ich spreche, hat erkannt, dass es in der Krisis des Judentums nicht auf eine Spiritualisierung des Volkslebens, sondern auf eine Vitalisierung des Volksgeistes ankommt. Dies kann nur von einer Stätte ausgehn, wo der Geist Leben gewinnt, wo er sich in dem ganzen, ungeteilten Umkreis des Lebens realisiert. Die Aufgabe kann nicht die Schaffung einer Abteilung sein, sondern nur die eines lebendigen Ganzen. hHier findet das Bild des »Herzens« seine Grenze.i Das, was im Verhältnis zur Diaspora Zentrum ist, muss, für sich betrachtet, ein vollständiger, alle Umkreise des Gemeinschaftslebens umschliessender Organismus sein. Es kann um nichts Geringeres gehen als um die Schaffung [, vielmehr um die Wiederbelebung] eines Mutterlandes, vielmehr um die Wiederbelebung der Volksheimat als Mutterland. hDas Paradox des palästinensischen Werkes ist: eine Kolonisation, welche das hervorbringen will, was in aller Geschichte als die Voraussetzung jeglicher Kolonisation gilt, ein »Mutterland«. Dieses Paradox ist Wirklichkeit geworden, weil dieses »Mutterland« eben doch geschichtlich, urgeschichtlich im realen Mutterland war [, weil es das Land ist, durch dessen Besiedlung einst das Volk Israel sich als Volk konstituierte].i Es hat in jenem aktiven Volksteil, der sich zuerst »Zions-Liebende«,
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hernach »Zionisten« nannte, freilich auch solche gegeben und es gibt in ihm solche, die eine jüdische Heimstätte in Palästina nicht als Mitte einer Diaspora, sondern als ihre Nachfolgerin sehen. Sie sehen [einem Zusammenbruch, den Untergang] ! eine Auflösung des Exiljudentums voraus und wollen das Haus bauen, in dem der Rest hZuflucht undi Niederlassung findet. Mit anderen Worten: sie glauben an ein neues, palästinensisches jüdisches Volk, welches das untergehende alte ersetzen soll. Auf jeden Fall bestreiten sie die vitalisierende Wirkung des Zentrums auf die Peripherie. Sie können zwar nicht leugnen, dass schon vor unseren Augen von den Anfängen des Aufbaus eine solche Wirkung ausgegangen ist, ist doch heute die einzige aktive Einheit des Judentums die auf dem gemeinsamen Werk des Aufbaus begründet aber sie meinen, dieser positive Einfluss sei nur der ersten Zeit eigen [Textverlust wegen fehlender Seiten] Variantenapparat: 108,20 Daseins begibt, durch sie] Daseins begibt. Durch sie D4, D5 108,22 sein Leben] ein Leben D4 109,3–4 kehren wir […] zurück] werden wir […] zurückkehren D4, D5 110,36 ein Nest] eine Burg D4, D5 113,16 sein Nest] seine Burg D4, D5 113,40 Fangen wir bei uns an: Oschamnu!] fehlt D5 117,19 und denen, ]berichtigt aus und denen 117,38–118,1 Travestien] Zerrbilder D5 Wort- und Sacherläuterungen: 108,3 »Monat der Zionistischen Organisation«] Der Aufruf der Exekutive der Zionistischen Organisation, »Zionisten«, ist auf dem Titelblatt derselben Nummer der Jüdischen Rundschau (31. Jg., Nr. 29/30, 16. April 1926, S. 211) abgedruckt und rief die Zionisten in der Diaspora dazu auf, das in ihrem Rahmen Mögliche zu tun, um einen praktischen Beitrag zur Förderung der zionistischen Ideale zu leisten. Ziel sei die »Festigung des Gefüges und des Einheitsgedankens der Organisation, Stärkung des Verständnisses für ihre Bedeutung, Klärung der geistigen Inhalte«. Die gesamte Ausgabe der Jüdischen Rundschau war diesem Thema gewidmet, wobei Bubers Beitrag der längste war. Im Rahmen dieser Monats-Aktion erschien außerdem eine Broschüre der Exekutive der Zionistischen Organisation mit dem Titel Die zionistische Idee. Eine Sammelschrift, die Beiträge von Moses Hess, Leo Pinsker, Theodor Herzl, Max Nordau, Martin Buber und Aharon David Gordon zusammenstellte. In dieser Broschüre
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[Rede auf dem XVI. Zionistenkongress in Zürich 1929]
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wurde von Buber die erste seiner Drei Reden »Das Judentum und die Juden« (jetzt in: MBW 3, S. 219–227) abgedruckt. 108,9 cheschbon ha-nefesch] Hebr.: »Rechenschaft der Seele«. Das Wort wird insbesondere im Zusammenhang mit den zur inneren Einkehr mahnenden zehn Bußtagen zu Anfang des jüdischen Jahres verwendet. 113,40 Oschamnu!] Hebr.: »Wir haben gesündigt!« Der Anfang des kollektiven Sündenbekenntnisses, das an Jom Kippur mehrmals gesprochen wird. 117,25 die vierte Alija] damit wird die vierte Einwanderungswelle 1924– 1927 bezeichnet, die sehr viel stärker von Mitgliedern der Mittelschicht getragen wurde als die vorhergehenden Alijot. Wegen der Wirtschaftskrise, in die Palästina 1926 geriet, verließen viele der Eingewanderten wieder das Land. 118,1 Der Nordpol wird entdeckt: im Zank von Cook und Peary.] Sowohl Frederick Cook (1865–1940) als auch Robert Peary (1856– 1920) behaupteten als erste 1908 bzw. 1909 den Nordpol erreicht zu haben, wobei erhebliche Zweifel angebracht sind, ob beide jemals den Nordpol erreicht haben. 118,2–3 Der Dichter spricht vom Kapitol: d’Annunzio.] Der spätromantische Dichter Gabriele d’Annunzio (1863–1938) hatte sich in einer Rede auf dem Kapitol am 17. Mai 1915 für den Kriegseintritt Italiens ausgesprochen. Möglicherweise spielt Buber auch auf die große inhaltliche Nähe d’Annunzios zum Faschismus an. 118,3 Die Völker schließen einen Bund.] 1920 wurde der Völkerbund gegründet, in den Deutschland 1926 aufgenommen wurde. 118,3–4 Die gerechte Gesellschaft wird begründet.] Vermutlich Anspielung auf den Sowjetkommunismus. [Rede auf dem XVI. Zionistenkongress in Zürich 1929] Der Sechzehnte Zionistische Kongress, der im Sommer 1929 abgehalten wurde, trat in einer Atmosphäre optimistischer Erwartungen in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung in Palästina zusammen. Die jüdische Immigration hatte zugenommen und die Wirtschaft hatte sich – anders als in den USA und Europa – positiv entwickelt. Man war voller Hoffnung; denn endlich schien die Zeit gekommen, in größerem Maßstab daran zu arbeiten, die zionistische Besiedlung Palästinas zu stärken. Dies hielt man für ein Projekt von höchster Wichtigkeit für die Zukunft des ganzen jüdischen Volkes. Am Ende einer Debatte, die sieben Jahre ge-
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dauert hatte, stimmte der Kongress der Erweiterung der Jewish Agency zu, die zu gleichen Teilen aus Zionisten und »Nicht-Zionisten« bestehen sollte. In der Debatte, die zu diesem Beschluss führte, wiederholte Buber die Bedenken, die er schon 1923 in seinem Artikel »Die Vertretung« geäußert hatte (in diesem Band S. 364-368). Buber begrüßte die Erweiterung der Jewish Agency und die Neudefinition der Besiedlung Palästinas als eines Projekts des ganzen jüdischen Volkes. Denn er war der Meinung, dass dies dazu beitragen würde, den Zionismus vom Pfad eines engstirnigen ethnischen Nationalismus abzulenken und so die »nationale Assimilation« zu vermeiden. Zionismus sei schließlich »etwas anderes als jüdischer Nationalismus«, wofür die Chaluziuth, das Ethos der Pioniere ein Beispiel sei, weil sie fortschrittliche, egalitäre Gemeinschaften in Palästina zu schaffen versuchten, was Buber als eine »übernationale Aufgabe« charakterisierte. Denn sie suchten der »Vortrupp« neuer Formen menschlicher Beziehungen zu sein, die in einer umfassenden interpersonalen Verantwortung begründet sei, die alle Aspekte des Lebens umfassen müsse. Diese Verantwortung beziehe sich zuerst und vor allem auf die arabische Frage. Deshalb: »Erinnern wir uns daran – vielmehr, wir brauchen uns nicht erst zu erinnern, jede Stunde unseres Lebens trägt das Zeichen davon –, wie die andern Völker uns angesehen haben und allerorten noch ansehen, als das Fremde, als Niedrigere. Hüten wir uns, das, was uns widerfahren ist, nunmehr selbst zu tun!« Einige Tage nach Beendigung des Sechzehnten Zionistischen Kongresses entluden sich die schwelenden Spannungen zwischen den Juden und den Arabern Palästinas in massiver Gewalt, in denen 133 Juden und mindestens 116 Araber getötet wurden, die letzteren vor allem durch die britische Polizei, die den Aufruhr zu unterdrücken versuchte. Allerdings wurden 20 Araber auch durch jüdische Angreifer getötet. Während des Aufruhrs wurden siebzehn jüdische Siedlungen evakuiert (Vgl. den Abschnitt über die »Klagemauer«, in »Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina«, in diesem Band, S. 135 f.). Plötzlich herrschte wieder Unsicherheit in Bezug auf eine kontinuierliche Entwicklung des Jischuw. Auch die Briten begannen an den Versprechungen der BalfourDeklaration zu zweifeln. Hinzu kam, dass die ökonomische Krise in den USA einige Wochen später auf ihren Höhepunkt zusteuerte und in den folgenden Jahren immer schlimmer wurde, was verhinderte, dass weiterhin amerikanisch-jüdisches Kapital dem Jischuw zur Entwicklung seiner Ziele zufloss.
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[Rede auf dem XVI. Zionistenkongress in Zürich 1929]
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Textzeuge: D1: Selbstwehr, XXXIII. Jg., 6. August 1929 (MBB 399). D2: Jüdische Rundschau, 34. Jg., Nr. 61, 7. August 1929, S. 392 (Nicht in MBB verzeichnet). 3 D : Protokoll der Verhandlungen des XVI. Zionistenkongresses und der konstituierenden Tagung des Council der Jewish Agency für Palästina, Zürich, 28. 7.–14. 8. 1929), hrsg. v. Zentralbureau der Zionistischen Organisation, S. 203–208 (MBB 399). D4: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932,. Berlin: Schocken 1933, S. 421–431 (MBB 459). D5: JuJ, S. 520–526 (MBB 1216) Druckvorlage: D3 Übersetzungen: Hebräisch: Neʾ um Buber be-kongress ha-schischa-asar, Davar vom 14. August 1929 sowie in Ha-aretz vom 16. August 1929 (MBB 412a); [Auszug] Neʾ um be-kongress ha-tzioni ha-arba’a-assar (sic!), in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 127–128 (MBB 611); in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane haschaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 303–307 (MBB 1182). Variantenapparat: 119,2 Del. Dr. Martin Buber (Hitachduth – spricht deutsch):] fehlt D4, D5 119,9 Menschenwille, sondern er selber] Menschen, sondern D1, D2 119,11–12 Von dieser Anforderung aus hat sich] Daß bedeutet, daß sich zugleich, von da aus von dieser Anforderung aus D1, D2 119,12–13 nichtzionistische nennen] nichtzionistische nennen und die ebensowenig homogen ist, wie wir selbst, daß sich innerhalb dieser Judenheit D1, D2 119,13 bedeutsamer] fehlt D1, D2, D4, D5 119,14 Sein Ergebnis] Das Ergebnis dieses Entwicklungsprozesses D1 119,16 Damit aber erwächst] Das bedeutet aber D1, D2 119,39 drei] drei Grundanschauungen, wenn wir unsere Anschauungen, unsere Stellungnahme zum modernen Begriff der Nation meinen D1 120,20 jeher] urher D5 120,21 Orte] Orte des Planeten D2, D4, D5 120,22 die Stadt] der Anfang D4, D5 120,24–26 Wer sich in Wahrheit […] übernationalen Aufgabe] hervorgehoben D1
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Einzelkommentare
120,25–26 nationalen Tatsache […] übernationalen Aufgabe] hervorgehoben D2 120,27 für Israel […] zu wenig] hervorgehoben D2 120,37–38 wenn wir nicht […] Leben nicht] nicht hervorgehoben D4, D5 120,39 Ich will hier nicht über die andern reden] Wenn Sie mich fragen, wie steht es mit den anderen, so kann ich jetzt nicht darüber reden D2 120,39 darf ich] fehlt D2 121,14 Verehrter Kongress!] fehlt D5 121,18 Wir müssen uns aber auch hüten] Und noch etwas, um es ganz deutlich zu machen: hüten wir uns, auch D2 121,20 Gedanken] Garantien D3, D4, D5 121,22 Teschubah] Umkehr D4, D5 121,23 verziehen] vergeben D4, D5 121,24 Teschubah] Umkehr D4, D5 121,25 verziehen] vergeben D4, D5 121,30 politisch] hervorgehoben D3, D4, D5 121,33 des Zeitalters] der Zeit D1, D2 121,34 unabhängig wäre] unabhängig wird. Ich erinnere Sie an den Jüngling von Dostojewski, der sich vorstellt, er werde vorerst auf irgend eine wucherische Art ein großes Vermögen erraffen und dann herrliche Dinge für die Menschheit tun. Niemals wird er sie tun mit Wuchergeld! D1 121,35 es verdrängt ihn] indem es den Zweck verdrängt D1, D2 121,39 Sie mögen mir die Frage entgegenhalten] Wenn Sie nun die Frage nach der Sicherung stellen D2 121,40–41 den Jischuw] diese Siedlung D5 122,5 Zukunftselementen] nicht hervorgehoben D1, D4, D5 122,8–9 – so etwa sagte er –] fehlt D1 122,14–20 Noch einmal: […] voranschreitet] hervorgehoben D1 122,19 , ist unsere Sache,] fehlt D1, D4, D5 122,19 eine nationale Chaluziuth] eines Pioniertum D4, D5 122,22 Formeln] Formen D1 122,27–29 Ich spreche […] deshalb sage ich] Ich darf von Ihnen beanspruchen, daß das, was ich sage, in ganz ernster Klarheit des Blicks auf das, was ist, gesagt wird, in seiner ganz harten und grausamen Schwierigkeit, die es bietet. Und ich sage trotzdem D1 122,29–30 in dieser Frage] fehlt D1 122,34–37 Hüten wir uns […] selbst zu tun!] hervorgehoben D1 122,39 auch Phantasie] auch, um ein einfaches Wort zu sagen, Phantasie D1
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[Rede auf dem XVI. Zionistenkongress in Zürich 1929]
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122,40 nach der Wirklichkeit der eigenen vorzustellen] vorzustellen – denken Sie, was die Bibel sagt über die Seele des Knechtes D1 122,41 Ich darf ein Bekenntnis] Meine Verehrten, ich kann dieses Bekenntnis D1 123,6 bei all dem ist] ergänzt – und ich wäge jedes meiner Worte – D1 123,6–7 dort und hier] und D1 123,13–14 Wir wollen […] majorisieren] hervorgehoben D1 123,16 schwere Uebung persönlicher Verantwortung] ernste Verantwortung D1 123,17–20 Nicht Deklarationen […] es meinen] hervorgehoben D1 123,18 praktische] ernste D1 123,21–22 vorschlagen]vorschlagen oder, wenn es geht, beantragen D1 123,22 dieses Willens] hierfür D1 123,25 (Rufe: Brith Schalom.)] fehlt D5 123,28 neuen Epoche] Epoche D1, D4, D5 123,31 Nur noch kurz […] Bezirk] Ich will noch kurz über einen sehr wichtigen Punkt D1 123,33 meiner Lebensarbeit] aller meiner Arbeit D1 123,35 Aber] Und dennoch sage ich D1 123,38–39 erst erhebt sich die entscheidende Frage] entsteht erst die Frage der Fragen D1 124,2 richtunggeben] eine Richtung D1 124,3 bestimmend] hervorgehoben D1 124,3 Erziehung in Palästina] hebräische Erziehung D1 124,9–11 Was ich unter […] nationalistischen] hervorgehoben D1 124,11 nationalistischen] nationalen D1 124,12–13 mit ungebrochener […] Menschheitsaufgabe] zu einer geschichtlichen Menschheitsaufgabe D1 124,13–14 Judentums am ewigen Völkertor zu erfüllen] Judentums, an dem wichtigsten Orte des bedrohten Planeten, an dem ewigen Tor zwischen Asien und Europa D1 124,14 (Starker Beifall.)] fehlt D4, D5 Wort- und Sacherläuterungen: 119,20 Das Basler Programm] Mit »Basler Programm« ist zumeist die 1897 auf dem ersten Zionistenkongress in Basel angenommene grundlegende Zielbestimmung gemeint: »Der Zionismus erstrebt für das jüdische Volk die Schaffung einer rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina.« Vgl. Zionisten-Congress in Basel (29. 30. und 31. August 1897). Officielles Protocoll, Wien 1898, S. 114 mit Änderung S. 119.
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Einzelkommentare
120,22 die Stadt des Königtums Gottes über alles Menschenvolk] Zu dieser Zeit arbeitete Buber bereits an seinem Buch Königtum Gottes, das 1932 schließlich erschien. (jetzt in: MBW 15, S. 93–276). Vgl. die Einleitung von Samuel Hayim Brody zu MBW 15, S. 26–30. 120,31 Sacro Egoismo] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 106,16. 121,3 der Chaluz] Hebr.: »der Pionier«; gemeint ist insbesondere der Siedler, der sich in einem neugegründeten Kibbuz oder Moschaw niederlässt und landwirtschaftlich arbeitet. Vgl. auch den Kommentar zu »Über Gemeinschaft und Gesellschaft«, in diesem Band, S. 665 f. Die neoromantischen Ideale, die sich an den Chaluz heften, finden sich bei Buber z. B. in seiner Beschreibung des »neuen Menschentypus« in »Regeneration eines Volkstums«, in diesem Band, S. 488. 121,16 Theodor Herzl von »Altneuland«] Theodor Herzl, Altneuland. Roman, Leipzig 1902. 121,17 A. D. Gordon] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 57,4. 121,22 Teschubah] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 64,27. 121,21–25 Sie kennen unsere jüdische Lehre […] nicht verziehen.] mJoma VIII,9 (BT, Bd. III, S. 251). 122,7–8 Max Weber] Max Weber: bedeutender dt. Soziologe. Die Äußerungen, auf die Buber hier anspielt, scheinen aus einem Gespräch mit diesem zu stammen. Schriftlich überlieferte Überlegungen Webers zum Zionismus finden sich in dem Brief an Ernst J. Lesser vom 18. August 1913, vgl. Briefe 1913–1914 in: Max Weber Gesamtausgabe, Abteilung II, Band 8, S. 312–314. 122,19 Chaluziuth] Hebr.: »Pioniertum«, »Pioniergeist«. Vgl. auch die Wort- und Sacherläuterungen zu 121,3. 122,22–23 Jeder wird an der Stelle, wo er steht, Tag um Tag, die Verantwortung erfahren.] Hier äußert Buber einen der Grundgedanken seiner Dialogphilosophie. 122,41–123,1 es war für mich erschreckend in Palästina] Im Frühjahr 1928 war Buber zum ersten Mal in Palästina. 123,32 die Frage der Erziehung der Jugend in Palästina] Vgl. die Schriften zu Jugend, Bildung und Erziehung in MBW 8. 124,3–4 einen hebräischen Humanismus] Näher führt Buber dieses Thema 1941 in »Hebräischer Humanismus«, Neue Wege, 35. Jg., Heft 14, S. 1–11 (jetzt in: MBW 20, S. 147–158) aus.
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Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina
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Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina In bemerkenswertem Gegensatz zu Brit Schalom vertrat die zionistische Führung die pessimistische Auffassung, dass die arabische Gegnerschaft durch eine Friedensinitiative, brüderliche Gesten und ein Zurückstecken der zionistischen Ziele nicht zu beschwichtigen sei. Im Gegenteil, ihr schien eine Stärkung der zionistischen Position in Palästina unbedingt notwendig. Zu diesem Zweck wurde auf dem XVI. Zionisten-Kongress die Jewish Agency – die regierende Körperschaft der zionistischen Bemühungen in Palästina – durch Nicht-Zionisten erweitert, um die weltweite Unterstützung der Judenheit für den Aufbau des jüdischen Nationalheims in Palästina zu gewinnen. In den Augen der palästinensischen Araber erschien diese Erweiterung der Jewish Agency als eine Verschwörung des Weltjudentums, ihnen ihr Land streitig zu machen. Als unmittelbare Reaktion darauf veranstaltete die arabische Führung am 28. August 1929 eine riesige Demonstration in Jerusalem. Die Atmosphäre war bereits durch steigende Spannungen wegen umstrittener Rechte an der Klagemauer belastet, und die Demonstration entartete rasch zu wilden antijüdischen Ausschreitungen, die auf das ganze Land übergriffen. Die bösartigsten Angriffe wurden auf die alten Zentren jüdischer Frömmigkeit in Hebron (24. August) und Safed (28. August) unternommen. Insgesamt wurden 133 Juden getötet und 440 verletzt. Was von vornherein zur Verschärfung des arabisch-jüdischen Konflikts in Palästina beitrug, war die Vermischung von nationalen und religiösen Gefühlen. Deren Brennpunkt war Jerusalem, insbesondere die Klagemauer und der Tempelberg mit seinen muslimischen Heiligtümern. Mit der britischen Eroberung Palästinas arbeiteten die Juden, und nicht nur die Zionisten unter ihnen, auf Erweiterung ihres Rechts hin, an der Klagemauer zu beten – ein Recht, das ein Jahrhundert zuvor von der osmanischen Regierung erheblich beschnitten worden war. Diese Versuche, Juden den Zugang zur Klagemauer zu sichern, verstärkten die Befürchtungen der Moslems, dass der Zionismus nicht nur auf Veränderung des demographischen und nationalen Status des Landes aus sei, sondern auch die Moslems vom Tempelberg verdrängen wolle, um dort den salomonischen Tempel wieder aufzubauen. Seit September 1928 führte der oberste moslemische Rat von Palästina einen energischen und systematischen Propagandafeldzug, um die Welt des Islams zum Kampf gegen die angebliche Bedrohung der moslemischen heiligen Stätten in Jerusalem durch die Zionisten aufzurufen. Die Auseinandersetzung um die Klagemauer verlieh dem Kampf gegen die Zionisten eine
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Einzelkommentare
religiöse Dimension, wodurch die Mobilmachung der Volksmassen in Stadt und Land erleichtert wurde, die sich bis dahin von den säkularen Schlagworten der arabischen Intelligenz kaum angesprochen fühlten. (Vgl. Porath, The Emergence of the Palestinian-Arab National Movement 1918–1919, S. 226.) Um das Prekäre des Status quo an der Klagemauer zu unterstreichen und die Mandatsregierung zu zwingen, den Zugang von Juden zur Klagemauer einzuschränken, unternahm der oberste moslemische Rat im Mai 1929 verschiedene Schritte zur Störung des jüdischen Gottesdienstes an der Mauer. Auf diese Provokation reagierte die rechtsradikale zionistische Jugendbewegung Betar zusammen mit den Revisionisten. Am 16. August 1929, dem neunten Tag des jüdischen Monats Aw, dem Trauertag zur Erinnerung an die Zerstörung des Tempels, veranstaltete Betar eine Demonstration an der Mauer, die mit dem Singen von haTikwa, der zionistischen Nationalhymne, endete. Tags darauf hielten die Moslems eine große Gegendemonstration an der Mauer ab. Die nun folgenden Unruhen, die eine Woche später ausbrachen, sind nach der neueren historischen Forschung keine unmittelbare Folge der Betar-Demonstration. (Vgl. ebd., S. 269.) Damals jedoch war man allgemein der Ansicht, die arabischen Ausschreitungen gegen die Juden von Ende August 1929 seien durch die Betar-Demonstration und die moslemische Gegendemonstration ausgelöst worden. Dieser Auffassung schließt sich auch Buber in seiner Rede an. Äußerungen wie die von Buber und ähnliche von anderen Mitgliedern der Bewegung, in denen den Juden die Schuld gegeben wurde, waren in den Augen der meisten Zionisten politisch unklug und der gemeinsamen Sache nicht zuträglich. Buber und die übrigen hielten ihren Vorwurf auch später noch aufrecht, gaben aber zu, dass der Zeitpunkt für solche Äußerungen ungünstig gewählt war, denn dadurch hätten sie sich der zionistischen Bewegung noch weiter entfremdet, was schließlich zur Auflösung des Brit Schalom führte. Vgl. Aaron Kedars kurze Schilderung der Geschichte des Brit Schalom und der Ereignisse, die zu seinem Zusammenbruch führten. (Aaron Kedar, Brit Schalom. The Jerusalem Quarterly, XVIII, S. 55–85.) In seiner Rede vor der Berliner Ortsgruppe von Brit Schalom am 31. Oktober 1929, zwei Monate nach den arabischen Unruhen, forderte Buber seine Mitzionisten auf, ihre Gefühle und ihre berechtigte Empörung hintanzustellen und sich zu einer nüchternen politischen Betrachtung des schrecklichen Geschehens, d. h. der umfassenden Dimension des arabisch-jüdischen Konflikts in Palästina, durchzuringen. Bubers Berliner Rede wird hier nach dem Typoskript im Martin Buber Archiv wiedergegeben (Arc. Ms. Var 350 06 14), das deren gesamten Wortlaut
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Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina
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enthält, während der Erstdruck in Kampf um Israel (1933) die »Aktualitätsmomente« ausklammert, d. h.: »die Stellungnahme zu der nach den Araber-Unruhen des August 1929 eingetretenen Situation und insbesondre die Forderung nach einer jüdischen Intervention gegen die Vollstreckung der damals gefällten Todesurteile sowie den Vorschlag von Verhandlungen zwischen einer Gesamtvertretung des Judentums und einer Gesamtvertretung des Islam über die strittige Frage der Klagemauer.« (Kampf um Israel S. 432 Anm.) Zwei 1930 formulierte Stellungnahmen des Brit Schalom, wie die Lage entspannt und die Zusammenarbeit mit den Arabern gefördert werden könne, finden sich bei Timm, 100 Dokumente aus 100 Jahren, S. 40–52. Am 20. April 1935 nahm Buber während eines kurzen Besuchs in Palästina an einer Sitzung des Brit Schalom teil, der sich seit den Unruhen um die Klagemauer stark verkleinert hatte, da sich gemäßigte Mitglieder wie Arthur Ruppin daraus zurückgezogen hatten. An dieser Sitzung nahmen acht Mitglieder teil, u. a. Hugo Bergmann, seine Frau Escha, Gershom Scholem, Werner Senator, Schmuel Sambursky (1900–1990) und Ludwig Strauss. (Vgl. Hugo Bergmann, Tagebücher & Briefe, 2 Bde., Königstein/Ts. 1985, Bd. 1: 1901–1948, S. 390–395.) Buber beteiligte sich an der Diskussion und stellt aus seiner Sicht dar, warum es der Organisation nicht gelungen sei, Einfluss auf die zionistische Politik in Bezug auf die arabische Frage zu gewinnen: »Man kann heute nicht im Wesentlichen literarisch arbeiten. Und wenn literarisch, dann muß es das ganze Leben im Lande behandeln, mit allen Schäden und Mängeln, rückhaltlos. Ob dieser Kreis die Kraft hat, das kann ich nicht beurteilen. Aber den Versuch sollte man machen. Wie kann man statt eines Kreises in Jerusalem eine Bewegung schaffen, welche den Quantitäts-Wahnsinn, den Nationalismus etc. bekämpft. Die Araberfrage genügt nicht. Kritisch sein: sowohl gegenüber den falschen Grundsätzen als zu den einzelnen Mängeln. Es kommt auf einen wirklichen Bund der Unzufriedenen an, die wirklich wissen, um was es geht.« (Ebd., S. 391) »Ich bin nicht für eine Erneuerung des Brith Schalom, sondern ich spreche von den Menschen des Brith Schalom. […] es bedarf einer Auflockerung und eines Aufbaus. Eine Diskussion wird hier nichts helfen, wenn sie noch so klug wäre. Man muß mit einer Laterne durch das Land gehen. In einer Zeit wie dieser kann man sich für noch so edle ÄnderungsKlubs nicht interessieren. […] Trotzdem bleibt die Grundformulierung unseres Zionismus bestehen, trotzdem wir jüdische Geschichte gelernt haben. Unsere Formulierung ist: wir wollen nicht ein so und so großes, sondern ein so und so beschaffenes Gemeinwesen. Wir wollen mitbestimmen können, wie die Leute sind. Es geht nicht an, dass schwerer
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Schaden in einem Gemeinwesen entsteht, ohne dass die Öffentlichkeit aufgerufen wird. Was not tut, ist ein kritisches Organ, das die Wahrheit sagt, nicht die abstrakte Wahrheit, sondern die tagtägliche Wahrheit. Zwanzig Menschen, die sich zusammenschließen, können wagen zu reden. Der Einzelne geht kaputt. Ohne Gewissen kann ein Gemeinwesen nicht leben.« Zuletzt zieht Buber noch ein kritisches Fazit seines kurzen Besuchs: »In meinen eben 57jährigen Leben habe ich mich noch nicht so geärgert wie in diesen drei Wochen über dieses Land, weil ich zu ihm stehe. Die höchsten politischen Erwägungen können mich nicht davon abbringen, daß es faul ist. Fäulnis in einem Leib, an dem mir über alles gelegen ist.« (Ebd. S. 395). Textzeuge: TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 14): 16 lose paginierte Blätter; mit vereinzelten handschriftlichen Korrekturen versehen. D1: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken 1933, S. 432–451 (MBB 459). D2: JuJ, S. 330–342 (MBB 1216). Druckvorlage: TS Übersetzungen: Hebräisch: [Auszug] Ha-bajit ha-leʾ umi u-medinijut leʾ umit be-eretz Jisrael, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 128–134 (MBB 611); Ha-bajit ha-leʾ umi u-medinijut leʾ umit be-eretz Jisrael, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 308–316 (MBB 1182). Wann denn? Hans Kohns Ausscheiden aus der zionistischen Bewegung stellte Bubers eigenen Zionismus ernsthaft in Frage. In einem Brief Kohns vom 21. November 1929 aus Jerusalem an Berthold Feiwel – eine Abschrift ging an Buber – stellte er fest: »Ich und eine Gruppe von Freunden sahen im Zionismus eine sittlich-geistige Bewegung, innerhalb derer wir unsere allgemein menschlichen Überzeugungen, unsern Pazifismus, Liberalismus und Humanismus verwirklichen können. Uns wurde oft entgegengehalten, daß wir innerhalb der europäischen Völker restlos für Pazifismus oder ethische Politik nicht eintreten können, weil wir dann als
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Volksfremde, als Verräter bezeichnet werden. Zion sollte die Verwirklichungsstätte unserer menschheitlichen Bestrebungen sein. Von all dem ist die Wirklichkeit der Zionistischen Bewegung und der jüdischen Siedlung in Palästina weit entfernt. Sie wissen, daß ich seit Jahren innerhalb der zionistischen Bewegung den Kampf für jene Ideen gekämpft habe, die mir seit Anfang mit Zionismus gleichbedeutend waren. Sie kristallisierten sich mir später in dem, was man Araberproblem nennt. Hier lag für mich der Prüfstein des Zionismus. Nicht etwa aus irgendwelcher Sympathie für die Araber oder aus irgendwelcher positiven Einschätzung ihrer Qualitäten. Mir ging und geht es nicht um die Araber, sondern um die Juden, ihr Judentum und ihre menschliche Bewährung. Hierin hat die Zionistische Organisation, wie mir immer klarer wurde, völlig versagt. Das entscheidende Erlebnis wurde der nationale arabische Aufstand von August 1929. Derartige Ereignisse wirken immer klärend und zwingen zu Entscheidungen, die in ›normalen Zeiten‹ zwar ebenso fördernd bestehen, aber uns nicht drängend bewußt werden. Hier war noch eine Möglichkeit zu einer Umkehr in der Krisis, zu einer neuen Einstellung aus einer Erschütterung heraus, zu einer in Fragestellung der moralischen und geistigen Grundlagen des Zionismus und zum Versuche einer neuen Antwort. Sie ist nicht wahrgenommen worden. Die überwiegende Mehrheit der Zionisten wurde in dem Weg noch bestärkt, den ich nicht gehen kann. Für die wenigen Menschen, die so denken wie ich, war die Notwendigkeit einer ehrlichen und klaren Entscheidung gegeben. Ich bin als Jude und als Mensch, als jüdischer Mensch, was ich in mir untrennbar und in eine Richtung weisend weiß, Pazifist, Anti-Imperialist, das, was man in Amerika ein Radical nennt. Ich hebe nur diese drei Punkte hervor, die durch die offizielle zionistische Politik in Frage gestellt sind. […] Wir sind seit zwölf Jahren in Palästina, ohne auch nur einmal den ernstlichen Versuch gemacht zu haben, uns um die Zustimmung des Volkes zu kümmern, mit dem Volke zu verhandeln, das im Lande wohnt. Wir haben uns ausschließlich auf die Militärgewalt Großbritanniens verlassen. Wir haben Ziele aufgestellt, die notwendigerweise und in sich selbst zu Konflikten mit den Arabern führen mußten und von denen wir uns sagen mußten, daß sie Anlaß und zwar berechtigter Anlaß zu einem nationalen Aufstande gegen uns sind. Wir hätten das Weißbuch von 1922 uns nicht von außen aufzwingen, sondern als unsere eigene Ideologie entwickeln sollen. Da wir in das Land kamen, war es unsere Pflicht, mit verfassungsmäßigen Vorschlägen zu kommen, die ohne eine große Schädigung, ja Vernichtung der arabischen Rechte und Freiheiten uns eine freie kulturelle und soziale Entwicklung gestattet hätten. Wir aber haben zwölf Jah-
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re lang getan, als ob die Araber nicht existierten und waren froh, wenn wir nicht an ihre Existenz erinnert wurden. […] Über den Weg, den ich bis heute zurückgelegt habe, habe ich oben geschrieben. Über den Weg vor mir weiß ich noch wenig. Die alten ausgetretenen Wege nationaler Politik, wie sie im neunzehnten Jahrhundert die europäischen und im zwanzigsten die orientalischen Völker gehen und wie sie ihnen das jüdische Volk nachgeht, können nicht weiter beschritten werden. Wir müssen ganz andere, neue Wege suchen. Manchmal fühle ich noch die stolze Hoffnung, daß auf diesen neuen Wegen Juden, ihres Volkes bewußte Juden, vorangehen mögen.« (Zitiert nach Paul Mendes-Flohr (Hrsg.), Martin Buber: Ein Land und zwei Völker. Zur jüdisch-arabischen Frage, Frankfurt a. M. 1993, S. 137–141.) Für Buber war Kohn einer seiner begabtesten und treuesten Schüler innerhalb der Bewegung. Fast zum selben Zeitpunkt, als er seinen Austritt erklärte, hatte Kohn seine große Buber-Biographie Martin Buber. Sein Werk und seine Zeit (1930) vollendet. In dieser vielschichtigen, bis heute unübertroffenen Arbeit, die Bubers intellektuelle Entwicklung durch die ersten drei Jahrzehnte des zwanzigsten Jahrhunderts verfolgt, hatte Kohn Bubers Kampf dargestellt, die zionistische Politik im Sinne seiner philosophischen und religiösen Lehren zu gestalten. In seinem Brief an Feiwel und Buber, in dem er seinen Austritt rechtfertigte, gab Kohn indirekt zu verstehen, dass dieser Kampf vergeblich gewesen sei und dass seine Kritik an der zionistischen Wirklichkeit mit Bubers Lehren nicht nur vereinbar sei, sondern geradezu notwendig daraus folge. Bubers Antwort an Kohn ist leider nicht erhalten. Aus der Ansprache, die Buber in Antwerpen im Juli 1932 vor Vertretern der jüdischen Jugend gehalten hat, lässt sich allerdings eine Antwort herauslesen auf das, was Buber in einem Brief an seine Frau kurz als Kohns moralischen »Doktrinarismus« bezeichnete. Er schrieb darin: »Hans Kohn ist doktrinärer als er [Robert Weltsch], mehr auf Deklaration gestellt als auf wirkliche Wegbahnung durch das Gestrüpp der Tatsächlichkeit, aber auch gut.« (Brief vom 3. Oktober 1929, in: B II, S. 353.) Buber führt in seiner Ansprache an die Tagung das Buch des französischen Kritikers Julien Benda Trahison des clercs (»Verrat der Intellektuellen«) an, in dem die Behauptung aufgestellt wurde, die westliche Gesellschaft habe deshalb keine klare moralische Linie mehr, weil ihre Intellektuellen (in Bubers Begrifflichkeit: die »Geistigen«) sich mehr und mehr mit der Politik eingelassen hätten. Als Hüter von Moral und geistigen Werten, meinte Benda, sollten sich die Intellektuellen aus den Händeln der Politik heraushalten und sich in die Abgeschiedenheit des reinen Geistes zurückziehen, um dort die Wahrheit zu suchen. Buber führt dagegen an, dass eine solche
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Wann denn?
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Haltung darauf hinauslaufe, alles Weltliche den Amoralischen und Zynikern zu überantworten, und das wäre dann endgültig der Verrat der »Geistigen«. Denn »ein Herausbrechen aus der Verbundenheit des Daseins mit seinem Sinn, wenn man sich die Ohren stopft, um die Stimme von oben nicht zu hören; wer aber die Stimme hört und zugleich das Gebiet abgrenzt, außerhalb dessen sie keine Geltung beanspruchen dürfe, der stellt sich nicht wie jener abseits, sondern unmittelbar gegen Gott«. (In diesem Band, S. 138) Freilich stehe das Weltliche im Gegensatz zum Geistigen und zu ethischer Wahrheit, aber der »Geistige«, der Vertreter dieser Wahrheit, dürfe nicht warten, bis das messianische Zeitalter anbricht und die Welt bereit sein wird, die »Wahrheit Gottes« (Ebd.) anzunehmen. Aus der gegebenen historischen Wirklichkeit heraus, befleckt durch Politik, Gewalt und Misstrauen, im Bewusstsein, dass er immer wieder scheitern wird, muss er doch alles daransetzen, der Wahrheit Gottes in der wirklichen Welt zum Durchbruch zu verhelfen – »Wenn nicht jetzt, wann denn?« In einem Brief an Paul Weinberger vom 21. Februar 1936 verweist Buber auf die letzten Abschnitte von »Wann denn?« als »Anwendung« [seines dialogischen Prinzips der Verantwortung] »auf die Araberfrage« (in diesem Band, S. 139–141). Textzeuge: D1: Wann denn?, Jüdische Rundschau, XXXVII, Nr. 71 vom 6. September 1932, S. 343 (MBB 455). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken 1933, S. 452–460 (MBB 459). D3: Neue Wege, XXVII, Heft 2, Februar 1933, S. 67–71 (MBB 482). D4: Worte an die Jugend, Bücherei des Schocken-Verlags Nr. 88, Berlin: Schocken 1938, S. 68-74 (MBB 574). D5: JuJ, S. 343–347 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Englisch: To Jewish Youth, Jewish Frontier, August 1937, S. 20–22 (MBB 566); »And If Not Now, When?«, übers. von Olga Marx, in: Israel and the World. Essays in a Time of Crisis, New York: Schocken Books, 1948, S. 234–239 (MBB 786); 2. Aufl. 1963 (MBB 1215). Französisch: Messages au Congrès d’Anvers, August 1932, Chalom, Paris, Jan. 1932, S. 2–5 (MBB 475).
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Einzelkommentare
Hebräisch: [Auszug]Ejmataj, in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 135 (MBB 611); Ejmataj, Beʾ ajot. Bama Chadaschit le-chajjej tzibbur, 1. Jg. Heft 5, Tammuz 1945, S. 201–204 (MBB 726); Ejmataj, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 222–225 (MBB 1182). Variantenapparat: 137,1 Wann denn?] zusätzliche Erläuterung An die in Antwerpen versammelten Vertreter jüdischer Jugend (Ende Juli 1932) / (Die Tagung, an die diese Botschaft gerichtet war, hatte zum Gegenstand: »Israel und der Weltfrieden«.) D2, D3, D4, D5 137,36 restlosen] einigen D5 138,19 nicht von ihm, sondern] fehlt D2, D3, D4, D5 138,21 bestimmt] ausschließlich bestimmt D2, D3, D4, D5 138,23 seinem Sinn] {dessen D2, D3, D4 ihrem D5} Sinn ist es D2, D3, D4, D5 138,27 gegen] nicht hervorgehoben D2, D3, D4, D5 138,34–35 bekennt sich […] lebt] nicht hervorgehoben D2, D3, D4, D5 138,10 sollten] wollen D2, D3, D4, D5 138,12 Friede] nicht hervorgehoben D2, D3, D4, D5 139,16 lasse] läßt D2, D4, D5 139,26 kann] nicht hervorgehoben D4, D5 139,27 entgegenzunehmen] anzunehmen D2, D3, D4, D5 139,34–35 gemeint, daß] nichts andres gemeint, als dies, daß D2, D3, D4, D5 140,3 bloß das Ziel] das Ziel allein D5 140,10 Wirklichkeit der Geschichte] nicht hervorgehoben D4 140,28 Augenblickserfolge] Momentserfolge D2, D4, D5 Wort- und Sacherläuterungen: 137,Anm 1 Vgl. das Buch von Julien Benda »La trahison des clercs«, »Der Verrat der Geistigen«.] Das Buch erschien in deutscher Übersetzung erst 1977 unter dem Titel Verrat der Intellektuellen mit einem Vorwort von Jean Améry. 137,23 eine Wahrheit gibt, die das Siegel Gottes ist] Vgl. bShab 55a. 137,29 sind wir, »im Ebenbild geschaffen«] Vgl. Gen 1,26 f. 139,18–19 daß die Lehre von Zion ausgehe] Jes 2,3. 139,25 (Jesaja 1, 27)] Bei Buber und Rosenzweig lautet der Vers: »Zion wird durch Recht abgegolten, / seine Umkehrenden durch Bewährung.« Das Buch Jeschajahu (Die Schrift X), verdeutscht von Martin
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Gegen die Untreue
Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Berlin: Lambert Schneider [1930], S. 11. 140,36 Wer Frieden stiftet, […] ist ein Werkgenosse Gottes.] Vgl. David Azulai in seinem Kommentar zur Thora Penej David zu Paraschat Pekudej in Anlehnung an mAv I,18: »Auf drei Dingen besteht die Welt: Auf der Wahrheit, auf dem Recht und auf dem Frieden, wie es heisst: Wahrheit, und Recht des Friedens richtet in euren Toren [Sach 8,16]«. 141,5 »Wenn nicht jetzt, wann denn?«] mAv I,14. Gegen die Untreue Erschreckt durch das rasche Anwachsen der Einwanderung und Niederlassung jüdischer Emigranten nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Deutschland, beschlossen militante arabische Kreise in Palästina, die das Vertrauen in die britische Bereitschaft und Fähigkeit, ihre Sache zu unterstützen, verloren hatten, einen Aufstand zu organisieren. Das erste Stadium dieses »arabischen Aufstands« war ein sechsmonatiger Generalstreik, der im April 1936 einsetzte. Der Boykott sowohl des jüdischen Sektors als auch der Mandatsregierung war begleitet von vereinzelten Ausschreitungen, die sich allmählich zu einer gewaltsamen Revolte auswuchsen. In ganz Palästina formierten sich Guerilla-Gruppen. Nach einer zeitweiligen Unterbrechung wurde der Aufstand 1937 wieder verstärkt aufgenommen und dauerte bis zum Sommer 1939 an. Angriffe arabischer Bewaffneter auf wehrlose Männer, Frauen und Kinder erregten in der jüdischen Gemeinschaft Palästinas den Wunsch nach Rache. Die Führung des Jischuw verfolgte jedoch eine Politik der Hawlaga (Zurückhaltung): ihr politisch und moralisch begründeter Entschluss stand fest, sich nicht zu willkürlichen Vergeltungsmaßnahmen gegen die Araber hinreißen zu lassen. Im Juli 1939 verwarf der Irgun, eine militärische Untergrundorganisation, die mit den Revisionisten in Verbindung stand, die Politik der Hawlaga und unternahm massive Vergeltungsschläge gegen die arabische Zivilbevölkerung. In dem am 18. Juli 1938 sowohl auf Englisch in der Palestine Post als auch auf Hebräisch in Davar, der Tageszeitung der jüdischen Arbeiterbewegung, erschienenen Artikel bezieht sich Buber auf keine einzelnen Vorfälle, sondern auf die Haltung, aus der nach seiner Meinung der jüdische Terrorismus hervorging. In Deutschland erschien Bubers Artikel fast zeitgleich in der Jüdischen Rundschau am 26. Juli 1938.
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Textzeugen: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 57); 6 lose Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte, mit Korrekturen versehen. Vier Blätter sind paginiert; die beiden übrigen zwei unpaginierten Blätter enthalten Textstücke, die in die paginierten Seiten eingegliedert wurden. D1: Jüdische Rundschau 43. Jg., Heft 59, 26. Juli 1938, S. 5 (MBB 579). D2: Wahrt die Treue, in: Tirgumim, II. Jg., Nr. 310, 26. Juli 1938, S. 8 (MBB 584). Der Textzeuge war nicht zu beschaffen. D3: JuJ, S. 527–530 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Englisch: Keep Faith, The Palestine Post, 18. Juli 1938 (MBB 581). Hebräisch: Al ha-begida, Davar vom 18. Juli 1938, S. 2 (MBB 594); in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 327–329 (MBB 1182). Italienisch: Contro l’infedeltá, Israel, XXIII, 40/41, 28. vii./4. viii 1938, S. 5 (MBB 576). Variantenapparat: 142,8 schweigen […] wieviel Unglück] schweigen. An Anschauung und Gruppenzugehörigkeit sind wir verschieden, und eint keine Formel, kein politisches Programm, nur das [leidenschaftliche] Gefühl: Nicht weiter so! nicht noch mehr davon! Uns eint die Gewissheit, dass, wieviel Unglück H 142,11–12 Gegen sie […] als Einzelne] Und darum mussten wir uns zusammentun [, darum müssen wir gemeinsam dem Volk zurufen: In eurem Innern bereitet sich das grosse Unheil, wenn ihr nicht Einhalt tut!] ! und müssen auch unserseits sagen, was zu sagen ist H 142,22 verblendete] [fanatisierte] ! verblendete H 142,26 im Volke rufen] im Volke [sich fragen: »Lässt sich mit den bisherigen Methoden so tief verfahrene Karren noch heranziehen?« und wenn sie] rufen H 142,30–31 von ihrem Anliegen aus] fehlt H 142,33–34 neuen, umfassenden Haß] neue, umfassende Feindschaft H 142,36 Wohlmeinenden] Wohlmeinenden hdie heute stumm und machtlos, selber unter dem Terror leideni H 142,38–39 gegen uns] gegen uns zu einer Einheitsfront H 143,2 eine Methode] [ein Prinzip und] eine Methode H
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[Begrüßungsworte]
143,3 brandmarkten] [bekämpften] ! brandmarkten H 143,12–13 Bewegung hat ihren Antrieb] Bewegung [, die nicht die Besitznahme Palästinas, sondern »Zion« zum Ziel hat, strebte nach] ! hat ihren Antrieb H 143,16 diese Seele] [sie sich nicht zu erfüllen vermag] ! diese Seele H 143,17 zu verleiblichen] darzustellen H 143,20 wird jenes Bekenntnis zur Lüge] [muss sie Sinn und Grund unserer Bewegung zersetzen] ! wird jenes Bekenntnis zur Lüge H 143,25–26 umtauschen kann man sie nicht] eine neue kann man sich nicht machen H 143,28–29 seinem Irrweg abzubringen] [seiner Verblendung zu heilen] ! seinem Irrweg abzubringen H 143,38 , die wir die Ungetreuen der Untreue anklagen,] h, die wir die Ungetreuen der Untreue anklagen,i H 143,40 sein Kind spielt] [die Wiege seiner Kinder steht] ! sein Kind spielt H 144,2 ihm vergeben wird] [Gott ihm verzeiht] ! ihm vergeben wird H 144,4–5 was für Pflicht] was [dürfen wir hoffen] ! für Pflicht H 144,10–11 Gerechtigkeit] Recht H 144,13–14 So an sich […] Hawlaga] Das Losungswort, das für diese Stunde ausgegeben worden war hieß An-sich-Halten, »Hawlaga« D3 144,18 Gerechtigkeit] Recht H 144,15 Ueben] sie üben D3 144,25–29 Reißt ihr […] am Volk!] fehlt H 144,30 Nicht außen, sondern mitten unter euch] [Und wahret auch in eurem Innern] ! Nicht außen, sondern mitten unter euch H 144,35 bittersten] [schwersten] ! bittersten H 144,35 Und] Aber D3 145,2 Gefallenen] Verwundeten und den Hinterbliebenen der arabischen Gefallenen H Wort- und Sacherläuterungen: 144,14 Hawlaga] Hebr.: »Mäßigung«, »Zurückhaltung«. Zur politischen Bedeutung vgl. den einleitenden Kommentar. [Begrüßungsworte] Auf Einladung einer sozialistischen Studentenorganisation an der Hebräischen Universität von Jerusalem hielt Buber eine kurze Ansprache. Vor einer Klasse von erst kürzlich nach Palästina eingewanderten jungen
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Einzelkommentare
Leuten (ʿ olim) sprach Buber als einer, der ebenfalls neuer Immigrant war (oleh), also als einer, der wie sie in einer Zeit der Katastrophe, in der in Europa die Politik der Gewalt herrsche, »in dieses Land gekommen« sei. Aber Buber sprach zu Ihnen auch als Kameraden im Sozialismus. Er warnte sie vor einem »Sieg der Gewalt«, der auch ihre neue Heimat bedrohe. Damit bezog er sich auf den jüdisch-arabischen Konflikt, der seit April 1936 mit dem Aufstand der palästinensischen Araber gegen die Politik der Mandatsregierung begonnen hatte, die eine unbeschränkte jüdische Immigration und eben solchen Landerwerb mit dem Ziel der Etablierung einer »jüdischen Heimstätte« zuließ. Diese so genannte arabische Revolte kam erst im August 1939 zu Ende oder wurde vielmehr damals unterbrochen. Buber forderte seine jungen Genossen auf, angesichts der Kräfte der Gewalt nicht zu verzweifeln wie die Sozialisten, als sie mit dem Nationalsozialismus konfrontiert wurden. Wie aussichtslos die Situation auch immer sei, sie sollten in dem Wort »dennoch« ihr Leitmotiv sehen. Sicherlich sei es so, dass sie, die vor den Nationalsozialisten geflohen seien, sich nunmehr in einem anderen gegen sie gerichteten Krieg befänden. Aber es wäre falsch, den Konflikt mit den Arabern als mit dem »Völkerkrieg« auf eine Stufe zu stellen, den Hitler gegen sie entfesselt habe. Denn der Konflikt mit den Arabern »ist eine ganz andere Form des Krieges, nicht nur, dass er ein Bruderkampf ist, sondern auch dass er hoffnungslos ist, wenn nicht die beiden Brüder zu echtem Frieden kommen, ein Frieden, der auf gemeinsames Handeln für das Wohlergehen des Landes gegründet ist.« Textzeuge: D1: Divre brakha, im kabalat pene ha-chaverim ha-chadaschim be 19. 11. 1938, in: Ketav: iton ha-studentim, S. 21–24 (MBB 610). Druckvorlage: Übersetzung von D1 aus dem Hebräischen von Simone Pöpl Wort- und Sacherläuterungen: 146,21–22 Liparische Inseln […] protestierten] »Liparische Inseln«: Inselgruppe vulkanischen Ursprungs im Tyrrhenischen Meer nördlich von Sizilien; bis 1943 unterhielten dort die Faschisten Internierungslager für Regimefeinde. Die von dem Nationalsozialismus in den 1930er Jahren übernommene antisemitische Rassenlehre führte in Italien erst im Jahr 1938 zu gesetzlichen Maßnahmen.
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Brief an Gandhi
146,26–27 Baudelaire] Charles Baudelaire (1821–1867): franz. Dichter, in dessen Gedichtband Les Fleurs du Mal (1857) die Frage nach dem »wahren Gott« eine zentrale Rolle spielt. Das von Buber angeführte Zitat ist nicht nachweisbar. 147,14–15 der in der Höhe […] demütigen Geistes sind] Vgl. Jes 57,15. 147,34–35 einen mächtigen Staat gibt, der sich sozialistisch nennt] Damit meint Buber die Sowjetunion, der er aus grundsätzlichen Erwägungen heraus kritisch gegenüberstand. 148,17–18 wo auch ein grausamer Krieg gegen uns geführt wird] Anspielung auf die Arabische Revolte 1936–1939. 149,23 Har ha-Zofim] Die Hebräische Universität ist auf dem Mount Scopus (Hebr.: Har ha-Zofim) angesiedelt, von wo aus man die Stadt überblickt. Brief an Gandhi Als in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wandte Buber seine ganze Kraft den Belangen der deutschen Judenheit zu. Mit dem Ausschluss der Juden aus dem universitären und kulturellen Leben 1933 wurde Buber zu einer der tragenden Kräfte beim Aufbau eines weitverzweigten Netzes von Bildungsanstalten und kulturellen Aktivitäten. Die von Buber geleitete Einrichtung nannte sich »Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung«. Ernst Simon hat der Mittelstelle und Bubers Bemühungen um dieselbe eine Monographie gewidmet: Aufbau im Untergang. Jüdische Erwachsenenbildung im nationalsozialistischen Deutschland als geistiger Widerstand, Tübingen 1959. (Vgl. ferner Ernst Simon, Jewish Education in Nazi Germany. A Spiritual Resistance. In: Yearbook of the Leo Baeck-Institute, I [1956], S. 68–104.) Damit wollte er den deutschen Juden inmitten des Volkes, das sie ausstieß, eine »geistige Heimat« sichern. (Vgl. Grete Schaeder, Einleitung: Martin Buber. Ein biographischer Abriß, in: B I, S. 106.) Bis die Nationalsozialisten diese Tätigkeit untersagten, reiste Buber unermüdlich durch Deutschland, vortragend, lehrend und Juden ermutigend, Kultur und menschliche Würde zu bewahren und dadurch dem Hitlerregime »geistigen Widerstand« entgegenzusetzen. Somit wurde er zu einem der »treuen Hirten der deutschen Judenheit in ihrer trübsten Stunde, die zugleich seine größte war«. (Vgl. Ernst Simon, Martin Buber and German Jewry, in: Yearbook of the Leo Baeck-Institute, III (1958), S. 3–39.) Es mutet wie eine Ironie des Schicksals an, dass eine von Bubers ersten Aufgaben nach seiner Übersiedlung nach Palästina im März 1938 darin
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bestand, auf einen Artikel von Mahatma Gandhi (1869–1948) zu reagieren, der am 26. 11. 1938 in Harijan, Gandhis renommierter Wochenschrift, erschienen war. Der große Führer des gewaltlosen Widerstands des indischen Volkes gegen die Herrschaft der britischen Kolonialmacht war jüdischerseits mehrfach gebeten worden, seine gewichtige Stimme zugunsten des Zionismus vernehmen zu lassen, vor allem vor dem Hintergrund von dessen Anstrengungen, den vor Hitler flüchtenden Juden eine nationale Heimstätte zu schaffen. Einer der Juden, die am meisten darauf drangen, dass Gandhi sich zum Zionismus äußern solle, war Hermann Kallenbach (1871–1945), der mit Gandhi zusammen gegen die Diskriminierung von Indern in Südafrika gekämpft hatte. Zu Gandhis jüdischen Mitarbeitern und ihren Bemühungen, ihm eine prozionistische Äußerung zu entlocken, vgl. Gideon Shimoni, Gandhi, Satyagraha and the Jews. A Formative Factor in India’s Policy toward Israel, Jerusalem 1977, S. 22–55. Als Gandhi sich schließlich bereitfand, zur Palästinafrage öffentlich Stellung zu nehmen, fiel diese seine Äußerung zur großen Enttäuschung seiner jüdischen Freunde entschieden gegen den Zionismus aus. Palästina, erklärte er kategorisch, gehöre den Arabern. Den Juden, die Hitler zu entrinnen trachteten, gab Gandhi den Rat, in Deutschland zu bleiben und den Akt des Satyagraha (des Festhaltens an der Wahrheit) zu vollziehen, d. h. gewaltlosen Widerstand bis zum Tode zu leisten: »Palestine belongs to the Arabs in the same sense that England belongs to the English or France to the French. It is wrong and inhuman to impose the Jews on the Arabs. […] But the Jews of Germany can offer Satyagraha under infinitely better auspices than the Indians of South Africa. […] I am convinced that if someone with courage and vision can arise among them to lead them in non-violent action, the winter of their despair can in the twinkling of an eye be turned into the summer of hope. And what has today become a degrading man-hunt can be turned into a calm and determined stand offered by unarmed men and women possessing the strength of suffering given to them by Jehovah.« (M. K. Gandhi, The Jews [26. November 1938], in: Harijan. A Journal of Applied Gandhiism 1933–1955, Bd. VI, 1938, New York 1973, S. 352 f.) Buber schrieb seine Erwiderung an Gandhi auf Drängen seiner Freunde in dem kleinen Kreis zionistischer Intellektueller in Jerusalem, der sich haʿ ol (das Joch) nannte – das Joch des kommenden Königtums Gottes. Die Initiative war von Judah Magnes (1877–1948), dem Kanzler der Hebräischen Universität, ausgegangen, weitere Mitglieder waren Gershom Scholem und Hugo Bergmann. (Vgl. Bergmann, Tagebücher & Briefe, Bd. 1, S. 494). Sie erklärten, dass sie als Gruppe durch
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die Frage verbunden seien: »Sind wir Juden nur ein verfolgtes Volk, das um Erbarmen bittet, oder haben wir eine Botschaft, die wir verkünden und erfüllen wollen? Wissen wir um das Joch, das uns unser Vater auferlegt hat?« (Vgl. die innere Umschlagseite der hebräischen Broschüre Schnej Mikhtavim el Gandhi, Chovrot schel Chug ha’ol, Heft 1, Jerusalem: R. Mass 1939, mit Bubers Brief an Gandhi). Als namengebendes Motto wird auf dem Einband ein Midrasch-Zitat (Sifre Deut XXXII 29, Ed. Finkelstein, S. 372) angeführt: »Take upon yourselves the Yoke of the Kingdom of Heaven // Judge one another in the fear of God, and // Act toward one another in loving kindness.« Die Ideen des Kreises lassen sich mit »religiöser Sozialismus« umschreiben. Magnes erläuterte sein Programm so: »Gemeinsam ist uns das Gefühl der Verantwortung für die Gesellschaft überhaupt und insbesondere für das Leben Israels in seinem Land und in der Zerstreuung. Dieses Verantwortungsbewusstsein gründet in dem Glauben an ewige Werte, deren Ursprung Gott ist. Wir glauben an ein Leben des Glaubens mit der Verpflichtung zu sozialem Handeln und praktischem politischem Tun und wir weisen jeglichen Versuch zurück, die beiden zusammengehörigen Bereiche von Theorie und Praxis auseinanderzureißen.« (Judah L. Magnes-Archiv, Hebräische Universität Jerusalem, Akte haol) Die Mitglieder von haol plädierten leidenschaftlich für eine arabisch-jüdische Versöhnung, und viele von ihnen hatten in Gandhis friedlicher geistiger Form politischen Handelns ein Modell für die Schaffung freundschaftlicher Beziehungen zwischen Arabern und Juden gesehen. Der Gruppe war kein langes Leben beschieden; ihre Tätigkeit wurde überlagert durch die der im Herbst 1939 gegründeten »Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden« und in besonderem Maße durch den 1942 errichteten Ichud. (Vgl. den Kommentar zu »Rechenschaft«, in diesem Band, S. 587 f., sowie den Kommentar zu »Das Programm des Ichud«, in diesem Band, S. 599.) Wie aus dem letzten Absatz von Bubers Briefs an Gandhi hervorgeht, fasste er ihn mit viel Überlegung und Sorgfalt ab. Erst nach mehreren Wochen, am 24. Februar 1939, war er fertig gestellt. »Immer wieder bin ich tage- und nächtelang mit mir ins Gericht gegangen, ob ich nicht […] in die schlimme Verirrung der kollektiven Selbstsucht verfalle.« (In diesem Band, S. 162.) Buber war ein großer Verehrer von Gandhi und hatte in einem früheren Aufsatz des Mahatmas »großes Werk« in Indien hoch gepriesen und von ihm gesagt, er weise dem Abendland einen Weg, den schicksalhaften Dualismus von Politik und Religion zu überwinden. (»Gandhi, die Politik und wir« [1930]); jetzt in: MBW 11.1, S. 340–350, hier S. 348) In sei-
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nem Brief an Gandhi stellt Buber sich selbst als einen Leidenden vor, der sehnsüchtig auf eine rettende Stimme horcht, »die er seit langem kennt und verehrt«. »Doch was er nun zu hören bekommt, enthält zwar Elemente einer ihm wohlbekannten und an sich hohen Lobes würdigen Anschauung, aber auf ihn und seine Lage passen sie gar nicht.« Zusammen mit einem ähnlichen Schreiben von Judah L. Magnes wurde Bubers Brief am 9. März 1939 an Gandhi nach Segaon abgeschickt. Gandhi hat nicht geantwortet und seine Meinung nicht geändert. (Vgl. den Artikel in Harijan vom 21. Juli 1946 »Jews and Palestine«, abgedruckt in Simone Panter-Brick, Gandhi and the Middle East, London 2008, S. 169 f.) G. Shimoni hält es für erwiesen, dass Gandhi die Briefe nicht erhalten hat, denn zum einen befand er sich nicht in Segaon, als die Briefe ankamen, so dass sie ihm nachgesandt werden mussten, wobei sie vielleicht verlorengingen, und zum anderen pflegte er auf solche Briefe zu antworten. Einen ähnlichen Brief von Hayyim Greenberg, einem Führer der sozialistischen Zionisten in Amerika, hat er tatsächlich beantwortet. Dazu Gideon Shimoni, Gandhi, Satyagraha and the Jews. A Formative Factor in India’s Policy Towards Israel, S. 47 f. Textzeuge: h: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 39); 3 lose paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte, 2 Blätter sind nummeriert mit »5a« und »5b«, deren Text an die entsprechende Stelle des Typoskripts eingefügt wurden. Das dritte Blatt, nummeriert mit »23«, enthält das Ende des Textes und ist damit das letzte erhaltene Blatt einer umfangreichen Handschrift. TS1: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 39); 25 lose paginierte Blätter. Das Typoskript ist zweischichtig. TS1.1: Grundschicht. TS1.2: Überarbeitungsschicht: vereinzelte Korrekturen von Bubers Hand. D1: Zürich: Die Gestaltung 1939 (MBB 598). D1.0: Korrekturfahnen. Zweischichtig: D1.1: Grundschicht. D1.2: Überarbeitungsschicht: Korrekturen von Bubers Hand. D2: in: Mahatma Gandhi u. Martin Buber, Juden, Palästina und Araber, München: Ner-Tamid-Verlag 1961, S. 11–29 (nicht in MBB verzeichnet). D3: JuJ, S. 628–643 (MBB 1216). Druckvorlage: D1
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Übersetzungen: Englisch: Two letters to Gandhi, From Martin Buber and Judah Leib Magnes, Pamphlets of the Bond, Jerusalem: R. Mass 1939, S. 1–22 (MBB 600); The Lands and Its Possessors. From an open letter to Gandhi, in: Israel and The World. Essays in a Time of Crisis, [Auszug], New York: Schocken Books 1948, S. 227–233 (MBB 786); 2. Aufl. 1963 (MBB 1215); The Land and Its Possessors, [Auszug], New Outlook, 1. Jg., Heft 5, November / Dezember. 1957, S. [3]–7 (MBB 1061). Hebräisch: Schne mikhtavim el Gandhi von Martin Buber u. J. L. Magnes, Chovrot schel Chug ha’ol, Heft 1, Jerusalem: R. Mass 1939, S. 1– 16 (MBB 608); Mikhtav galuj le-Mahatma Gandhi, in: Teʿ uda wejiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija hazionit 1961, S. 163–174 (MBB 1182). Niederländisch: in: Martin Buber. Zijn Leven en zijn Werk, gesammelt und hrsg. von Juliette Binger, Einleitung von W. Bannings, Graveland: De Driehoek 1947 (MBB 763). Polnisch: Diaspora i skupienie [Ausschnitt], Nowy dziennik, 22. Jg., Nr. 94 vom 4. April 1939 (MBB 601). Spanisch: Carta abierta al Mahatma Ghandi, Fuentes, Jerusalem, The Jewish Agency, 1971, S. 125–134 (MBB 1355) Variantenapparat: 150,1 Brief an Gandhi] zusätzliche redaktionelle Anmerkung Die (im Februar 1939 veröffentlichte) Antwort, auf einen »Zur Lage der Juden in Deutschland und Palästina« überschriebenen Aufsatz Gandhis, der im November 1938 in einer indischen Zeitschrift erschien. D3 150,34 Schicksal umwittert!] Schicksal umwittert, ja daß die Augen erst mit aller Kraft das sehen müssen, ehe der Mund es beredet TS1.1, D1.1 152,4–26 Es scheint mir […] es fordern!] fehlt TS1.1 152,4 Es scheint mir] Beginn von h 152,7–8 vieler Handlungen […] Juden erlebt] Handlungen von Seelenstärke h 152,11–12 Gegenseite ausgeübt] Gegenseite ausgeübt. [Und keine Kunde von ihnen ist in die Welt gedrungen, keine Kunde von ihnen konnte in die Welt dringen; das war durch das zuverlässige Funktionieren eines Apparats unmöglich gemacht, dessen Aufgabe es war, die Öffentlichkeit auszuschliessen. Es war nicht einmal möglich, den deutschen Juden selbst zu sagen, was das war, was geschah, und welchen Sinn es hatte. Das können Sie sich gewiss kaum vorstellen, der Sie von je, in Wort und Schriften, zu den Ihren sprechen konnten, ihnen
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berichten, sie anweisen, sie ermutigen. / Und nun gar jetzt. Wenn jetzt Männer sich zum Beispiel geweigert haben, den Horden die Schlüssel ihrer Synagoge zu übergeben, damit sie zerstört und geschändet werde, und den Wehrlosen die Schlüssel unter Misshandlungen entrissen wurden, ist die Wirkung nicht etwa eine Milderung des Vorgehens, sondern eher noch grausameres Wüten gewesen.] h 152,13–14 zu tun geeignet erscheint] auf die Bedrücker oder auf die Welt auszuüben geeignet erscheint, wie in Südafrika und Indien h 152,15 Menschenseelen] [Behörden] ! Menschenseelen h 152,16 Möglichkeit] Hoffnung h 152,17–18 Universalwalze] [Dampfwalze] ! Universalwalze h 152,26 wird getan; doch wer darf es fordern] [ist eine Tat, aber keine Parole.] ! wird getan; doch wer darf es fordern h 152,26 darf es fordern!] Ende von h 152,27–29 Aber Ihre […] zu machen] Sie mögen nun aber vielleicht sagen, Sie hätten mit der exact parallel nicht die Einzelheiten der Behandlung der Leidenden in beiden Fällen, sondern nur ihre allgemeine Lage in beiden Fällen gemeint. Damit aber kommen wir gerade erst, verehrter Mann, an den eigentlichen großen, übergroßen Unterschied TS1.1 155,25–26 das Gerechtigkeitsgebot] die soziale Gesetzgebung TS1.1 156,9 zumeist] vielfach D3 156,9–10 ohne zu glauben] ohne zu glauben, ohne glauben zu können TS1.1 159,18 in der Schrift] in der Schrift von seinem eigenen Verhältnis zu Kanaan TS1.1 159,19 Land] Erdland D3 161,16 Das entspricht der Wirklichkeit nicht] Das ist unrecht. Sie wissen nicht, was in unserem Herzen ist TS1.1 161,34–35 Wie kann man […] bezeichnen!] fehlt TS1.1 Wie kann man ohne Widerspruch erwähnen, dass dergleichen ein Stigma sei? TS1.2 162,23–30 drohte […] Februar 1939] erhaltenes Textfragment von h Wort- und Sacherläuterungen: 150,1 Gandhi] Mahatma Gandhi, eigentlich Mohandas Karamchand Gandhi (1869–1948): indischer Rechtsanwalt, Widerstandskämpfer und radikaler Pazifist. 150,30 Eishölle] vermutlich Anspielung Bubers auf die »Eishölle«, den neunten und tiefsten Kreis der Hölle, ein Topos aus dem zweiunddreissigsten Gesang des »Inferno« in Dante Alighieris Divina commedia.
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Brief an Gandhi
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151,1 »Seelenstärke« – (sattyagraha-)Kampagne] Sattyagraha (wörtlich die »Kraft der Wahrheit«) ist ein von Gandhi geprägter Begriff mit dem er die auf Liebe und Selbstaufopferung aufbauenden Methoden des zivilen Ungehorsams und des gewaltfreien Widerstands bezeichnet. 1918 hatte Gandhi bei zwei Gelegenheiten in Südafrika in der Natal-Provinz die britischen Behörden durch seine Satyagraha-Kampagnen gezwungen, repressive Gesetze und unmenschliche Praktiken gegenüber indischen Arbeitsverpflichteten zu widerrufen. 151,2–3 (there the Indians occupied precisely the same place)] Karamchand Gandhi, The Jews, Harijan, 26. Nov. 1938, S. 352–353, S. 353. 151,4 (a religious tinge)] Ebd. 151,8–9 (almost of the same type as those of the Jews in Germany)] Ebd. 151,16 In Ihrem ersten mir bekannten Vortrag, von 1896] Gandhi hielt im Oktober 1896 Vortragsveranstaltungen in Bombay, Madras, Poona und Kalkutta über das Anliegen der Inder in Süd-Afrika ab. Titel des Vortrags nicht ermittelt. 151,36–37 »almost of the same type«] Gandhi, The Jews, S. 353. 153,5–6 want a double home where they can remain at will?] Ebd., S. 352. 153,8–9 to leave the other parts of the world in which they are settled?] Ebd. 153,19–20 This cry for the National Home affords a colourable justification for jour expulsion?] Ebd., S. 352. 153,21–22 Das Indien der vedischen Vorstellungen] Die Veden (»heilige Lehre«) sind eine Sammlung religiösen Schrifttums im Hinduismus, dessen Wissen zunächst mündlich und seit vedischer Zeit (1500 bis 500 v. Chr.) auch in schriftlicher Form überliefert wurde. Diese Veden sind die Handbücher der alten indischen Priester, in denen diese das für die religiösen Opferhandlungen erforderliche Material an Hymnen, Sprüchen, Formeln usw. aufbewahrten. 154,3–5 »Warum sollen sie nicht« […], erwerben«] »Why should they not, like other peoples of the earth, make that country their home where they are born and where they earn their livelihood?« Ebd., S. 352. 154,27 der Sie »nicht sehr anspreche«] »The cry for the national home for the Jews does not make much appeal to me.« Ebd. 154,28 (sanction) »in der Bibel gesucht«] »The sanction for it is sought in the Bible and the tenacity with which the Jews have hankered after return to Palestine.« Ebd., S. 352. 154,37–155,5 Nicht die Verheißung des Landes ist […] zu verwirklichen ist] Hugo Bergmann teilt die von Buber hier gegebene Darstellung
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des Judentums nicht. Er schreibt: »[Buber] las uns und Robert [Weltsch] und Kappes seinen Brief an Gandhi vor. Ich diskutierte mit ihm darüber, daß er den Sozialismus so sehr in den Mittelpunkt des Judentums stellt und so als sicher hinstellt, daß wir das uns Aufgetragene nicht vollbracht haben und neu beginnen müssen und von da unser Recht auf Zion ableitet. […] In Bubers Broschüre ist besonders der Teil, wo Buber die Lage der deutschen Juden mit der Lage der Inder in Südafrika vergleicht, sehr schön ausgefallen.« Bergmann, Tagebücher & Briefe, Bd. 1, S. 496 f. 156,25–26 sei daher »unrecht und unmenschlich, die Juden den Arabern aufzuerlegen«] »It is wrong and inhuman to impose the Jews on the Arabs.« Gandhi, The Jews, S. 352. 157,23 »Palästina gehört den Arabern«] »Palestine belongs to the Arabs in the same way that England belongs to the English or France to the French.« Ebd. 159,18–19 »Mein ist das Land«] Vgl. Ex 19,5. 160,25–26 according to the accepted canons of right and wrong] »I wish they had chosen the way of non-violence in resisting what they rightly regarded as an warrantable encroachment upon their country. But according to the accepted canons of right and wrong.« Gandhi, The Jews, S. 353. 160,37 »Schatten des britischen Geschützes«] »But if they must look to the Palestine of geography as their national home, it is wrong to enter it under the shadow of the British gun.« Ebd. 160,41 Beschlüssen von Delhi] Im Rahmen der von Gandhi initiierten Kampagne des bürgerlichen Ungehorsams (durch Steuerverweigerung etc.) kam es im Februar 1922 in dem nordindischen Dorf Chauri Chaura zu gewalttätigen Ausschreitungen. Gandhi befürchtete, dass die Kampagne zu einer Orgie der Gewalt ausarten könnte und beschloss den Widerstand zu beenden. Damit agierte er in scharfem Gegensatz zu den Beschlüssen der Konferenz des All India Congress Committee in Delhi. 161,1–3 »Have I not […] remain in bondage?«] Nicht nachgewiesen. 161,15–16 of the helpless and the weak] Gandhi reagierte auf die Kritik an »The Jews« mit einer weiteren Stellungnahme, in der er erwähnt, dass ihm Freunde zwei Zeitungsausschnitte geschickt hätten: »The two critics suggest that in presenting non-violence to the Jews as a remedy against the wrong done to them I have suggested nothing new, and that they have been practicing non-violence for the past two thousand years. Obviously, so far as these two critics are concerned, I did not make my meaning clear. The Jews, so far as I know,
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Rechenschaft
have never practised non-violence as an article of faith or even as a deliberate policy. Indeed, it is a stigma against them that their ancestors crucified Jesus. Are they not supposed to believe in eye for an eye and tooth for a tooth? Have they no violence in their hearts for their oppressors? Do they not want the so-called democratic powers to punish Germany for her persecution and to deliver them from oppression? If they do, there is no non-violence in their hearts. Their non-violence, if it may be so called, is of the helpless and the weak.« Karamchand Gandhi, Some Questions Answered, Harijan, 17. Dezember 1938, S. 384. 161,22–24 »I see […] of the weak?«] Nicht nachgewiesen. 161,28–29 »a stigma« […] gekreuzigt haben.] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 161,15–16. 161, 32–33 »India«, […] non-violent«] Nicht nachgewiesen 162,5 Mahabharata] Das »Mahabharata« ist neben dem »Ramayana« einer der zwei großen heiligen Texte des Hinduismus. Das Versepos wurde wahrscheinlich in der Zeit zwischen 440 v. und 330 n. Chr. verschriftlicht, seine ältesten, mündlichen Überlieferungsschichten liegen jedoch schon in vedischer Zeit um 1500–1000 v. Chr. 162,6 Bhagavad-Gitâ] »Bhagavad-Gitâ« (»Der Gesang des Erhabenen«) ist der Titel eines spirituellen Gedichts des Mahabharata. Es stammt aus der Zeit zwischen dem 5. und 2. Jahr. v. Chr. und ist eine der zentralen Schriften des Hinduismus. 162,7 Arjuna] Arjuna ist eine der zentralen Heldenfiguren im Mahabharata und Krishnas Dialogpartner in der Bhagavad-Gitâ. 162,29 Ergebnis von London] Unter der Moderation Großbritanniens fand zwischen dem 7. Februar und dem 17. März 1939 die London Conference oder St.-James-Konferenz (auch Round-Table-Conference) statt. Sie sollte über eine Beendigung des Mandats und die Zukunft Palästinas entscheiden. Zum Ergebnis der Konferenz, vgl. den Kommentar zu »Pseudo-Simsonismus«, in diesem Band, S. 589 f. Rechenschaft Besorgt über die allgemeine Verschlechterung der Lage schlossen sich im Oktober 1939 führende Persönlichkeiten innerhalb des Jischuw zusammen zur Gründung der »Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden«. (Ha-liga lehitqarvut jehudit-aravit). Das Ziel der Liga bestand laut ihrem Programm in der Vereinigung »all derer, welche die Notwendigkeit einer jüdisch-arabischen Annäherung er-
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Einzelkommentare
kannt haben […] sowie all derer, die eine Lösung der Palästinafrage auf der Grundlage des wirtschaftlichen Gedeihens und der Freiheit nationaler, kultureller und sozialer Entwicklung für beide Nationen – die arabische und die jüdische – gemeinsam für unumgänglich halten.« (Der englische Text ist veröffentlicht bei Susan Lee Hattis, The Binational Idea in Palestine during Mandatory Times, Haifa 1970, S. 222.) Die Liga war aus früheren Bemühungen ihrer Gründungsmitglieder hervorgegangen, durch Veröffentlichung von zwei Aufsatzsammlungen zum Thema in der jüdischen Bevölkerung eine Diskussion über die Dringlichkeit der arabisch-jüdischen Verständigung anzuregen. Der erste Band mit dem Titel Am Scheideweg (al paraschat darkenu) war im März 1939 erschienen. Buber, der bei der Gründung der Liga eine wichtige Rolle spielte, hatte zu diesem Band eine Auswahl seiner bis dahin verfassten Schriften zur arabischen Frage in hebräischer Übersetzung beigesteuert und sie mit einer Einleitung und einer Schlussbetrachtung versehen. Textzeuge: h: Handschrift im MBA (Arc Ms. Var 350 02 135); 2 lose, nachträglich mit Bleistift paginierte Blätter; doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Die Handschrift wurde im Archiv fälschlich dem Text »Landauer heute« (jetzt in: MBW 11.2, S. 33–37) zugeordnet und enthält die »Schlussbetrachtung«, in diesem Band, S. 164–166. D1: Din we-cheschbon [Rechenschaft], in: Al paraschat drakheinu [An unserer Weggabelung], hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a., März 1939, S. 117–136 (MBB 611). D2: We-ha-jom? [(Und heute?], in: Mi-divrej M[artin] B[uber], Be’ajot, 6. Jg., Heft 3/4, Februar 1948 (Sonderheft zu Bubers 70. Geburtstag) (MBB 802). Druckvorlage: Einleitung: Übersetzung aus dem Hebräischen von Simone Pöpl; Schlussbetrachtung: »Und heute« Wiedergabe von h Wort- und Sacherläuterungen: 163,14–15 XII. Kongress] Der XII. Zionistenkongress fand vom 1. bis 14. September 1921 in Karlsbad statt. Gegenstand war die Ratifizierung der zionistischen Mandatspolitik und die Aufstellung eines großzügigen Kolonisationsprogramms. Vgl. Bubers Rede als Delegierter, in diesem Band, S. 64–71, sowie seine Rede im Beiprogramm
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»Nationalismus«, in diesem Band, S. 72–81, sowie die jeweiligen Kommentare. 163,Anm »Kongreßnotizen«.] Vgl. in diesem Band, S. 83–92. Buber bringt einen kleinen Ausschnitt. 163,24 Ibsen »Der große Krumme«] Vgl. Henrik Ibsen, Peer Gynt, 5. Akt: »Der große Krumme gewinnt alles mit der Zeit.« 163,36–37 »Wir wollen nicht majorisiert werden und nicht majorisieren«] Vgl. Bubers Rede auf dem XVI. Zionistenkongress 1929, in diesem Band, S. 123. 164,4 Kassandra] Kassandra ist die Tochter des trojanischen Königs Priamos und der Hekabe. Der Gott Apollon verlieh ihr die Gabe der Weissagung, belegte sie aber gleichzeitig mit dem Fluch, dass ihren Prophezeiungen niemand Glauben schenkt. 164,7 2. Schwat 699] Das hebräische Datum entspricht dem 22. Januar 1939. 165,39–40 das kleine Gottessiegel] Vgl. bShab 55a. 166,4 23. Schvat 699] Das aus dem hebräischen Druck gegenüber der Handschrift ergänzte Datum entspricht dem 12. Februar 1939. Pseudo-Simsonismus Militärisch war der arabische Aufstand gescheitert, aber politisch hatte er sein Ziel erreicht: Durch den Erlass eines neuen Weißbuchs (»White Paper«) im Mai 1939 entledigte sich die britische Regierung faktisch ihrer Verpflichtungen im Hinblick auf die Förderung der Errichtung einer jüdischen nationalen Heimstätte in Palästina. Dieses Weißbuch sah keine künftige jüdische Selbstregierung vor und schränkte jüdische Einwanderung und Landerwerb erheblich ein; in den Augen der zionistischen Bewegung ein Treuebruch, zumal das jüdische Volk zu der Zeit dringender denn je zuvor eine Heimstätte brauchte. Der Jischuw war sehr aufgebracht; im ganzen Land wurden Protestkundgebungen veranstaltet. Für viele, insbesondere Jugendliche, war das Weißbuch ein entscheidendes Argument gegen die zurückhaltende Politik der Jewish Agency. Der arabische Terrorismus habe auf die Engländer offenbar großen Eindruck gemacht, hieß es, daher sei ein eigener Terrorfeldzug gegen die Mandatsregierung das Einzige, was die Juden tun könnten. In dieser erregten Stimmung weitete der Irgun seine Verbindungen und Aktionen erheblich aus. Kurz nach der Veröffentlichung des Weißbuchs wurden in Regierungsgebäuden in Tel Aviv und Jerusalem Bomben gelegt; weitere Sabotage-Akte und Attentate folgten. Dieser plötzliche Ausbruch eines
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jüdischen Terrorismus, bemerkt Buber in seinem Artikel, der zuerst auf Hebräisch am 5. Juni 1939 in der Zeitung Davar erschien, sei von einer verständlichen Empörung getragen. Nichtsdestoweniger müsse der Jischuw dem Beispiel der Jewish Agency folgen und solche Taten strengstens verurteilen. Die Öffentlichkeit, mahnt Buber, dürfe nicht insgeheim die Taten der Möchtegern-Simsons des Irgun bewundern, dessen Männer keine Helden seien, sondern anmaßende, moralisch wie politisch verantwortungslose Narren. Die deutsche Fassung erschien am 23. Juni in der von Robert Weltsch herausgegebenen und in Jerusalem erscheinenden Jüdischen Welt-Rundschau, die die Lücke schließen sollte, die durch das Verbot der Jüdischen Rundschau nach dem NovemberPogrom 1938 entstanden war. Textzeuge: D1: Jüdische Welt-Rundschau 1. Jg., Heft 15, 23. Juni 1939, S. 5 (MBB 604). D2: JuJ, S. 531–535 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: Ha-schimschonim, Davar vom 5. Juni 1939 (MBB 623), Haschimschonim, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane haschaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 330–333 (MBB 1182). Variantenapparat: 167,39 diesem Jischuw] dieser unserer Siedlung D2 169,11–37 Aber, höre ich […] Zeit verhindert.] fehlt D2 170,7 den Jischuw nur] unsere Siedlung D2 170,7 des ganzen Jischuw] unserer ganzen Siedlung D2 170,28 brandmarkt] erweist D2 170,38 des Jischuw] der Siedlung D2 Wort- und Sacherläuterungen: 167,1–38 Ich stelle mir vor […] aus dem Traum.] Buber schmückt hier seine These der »Kriegsnasiräer« literarisch aus, die er im achten Kapitel »Um die Theokratie« in Königtum Gottes, Berlin: Schocken 1932 entwickelt (jetzt in: MBW 15, besonders S. 180–199). Nach Num 6,1–21 legen die Nasiräer ein Gelübde zeitweiser Enthaltsamkeit ab. Laut Buber war dies ursprünglich Teil eines Rituals der
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Kämpfer in den Kriegen, die sie für Gott führten. Das Lied der Debora (Ri 5) hält er für einen der Gesänge der Nasiräer. 167,8 Deboras] Debora wird als Prophetin und Richterin bezeichnet (Ri 4,4 f.). Sie leitet den Kampf gegen Jabin, König von Chazor. 167,20 »Blitz«] Hebr.: Barak; Name des Feldherrn, der mit Debora zusammen Jabin, besiegte (Ri 4). 167,20 »Fackelweib«] Debora ist die »Frau (Weib) des Lappidot«. »Lappidot« hat die Bedeutung von »Fackeln«. 167,22 Simson] Der Simson-Zyklus (Richterbuch Kap. 13–16) beschreibt den Kampf Simsons gegen die Hegemonie der Philister. Simson wird als Einzelkämpfer dargestellt, der als Nasiräer über übermenschliche Kräfte verfügt, durch Verrat seiner philistäischen Frau gefangen genommen wird, aber schließlich in einem letzten Akt des Aufbäumens noch mehr Philister tötet als zu Lebzeiten, indem er den Tempel des Dagon zum Einsturz bringt. 167,22–23 »Simson, der Sohn […] im Feuer verbrennen.«] Poetische Ausgestaltung Bubers. Der Name »Simson« lässt sich gut von schemesch, hebr. für »Sonne« herleiten. Simson »der Löwenzerreisser«: Ri 14,5 f. 168,32 Wir hatten ja inzwischen […] an Stelle einer Deklaration] Hinweis auf die Balfour-Deklaration. Vgl. auch Kommentar zu »In später Stunde«, in diesem Band, S. 519). 169,13 Macht des Mufti] Mufti: Titel eines islamischen Rechtsgelehrten; gemeit ist hier Haj Amin el-Husseini (1895–1974): er stammte aus einer einflussreichen Jerusalemer Familie; wurde wegen seiner Teilnahme an den antijüdischen Unruhen 1920 zu zehn Jahren Haft in Abwesenheit verurteilt; 1921 jedoch von Herbert Samuel zum Mufti von Jerusalem ernannt; führte 1936–1939 den arabischen Aufstand an; enge Kollaboration mit den Nationalsozialisten, deren Antisemitismus er vollumfänglich teilte; fand 1946 Asyl in Ägypten und galt bei vielen weiterhin als Sprecher der arabischen Bevölkerung Palästinas. 169,14 Verfasser des Weissbuches] gemeint ist das »MacDonald-Weißbuch« der britischen Regierung von 1939, eine Sammlung von Vorschlägen zum politischen Vorgehen in der jüdisch-arabischen Frage. Mit dem Weißbuch gab die britische Regierung die Idee einer Teilung des britischen Mandats über Palästina zugunsten eines gemeinsamen jüdisch-arabischen Staates auf. Außerdem wurde eine massive Einwanderungsbeschränkung für Juden in den nächsten fünf Jahren beschlossen. 170,12–13 aber nicht einer, […] Philister begräbt] Vgl. Ri 16,23–30.
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170,24 in der irischen Frage […] nur zwei Parteien gab:] Im Rahmen der blutigen Auseinandersetzungen des irischen Unabhängigkeitskrieges (1919–1921) kämpfte die irisch-republikanische Armee (IRA) gegen die Truppen der britischen Regierung in Irland. Das Ergebnis war die Teilung Irlands in die Republik Irland und Nordirland. 170,24 Ulster] historische Provinz im Norden Irlands, von deren neun Counties sechs Counties Nordirland und drei der Republik Irland zugehören. Die Lage in Ulster ist dadurch kompliziert, dass die protestantischen Iren, die in Nordirland die Mehrheit bilden, sich Großbritannien zugehörig fühlen. 170,34 Round-Table-Politik Englands] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 91,25. Haben wir einen eigenen Weg? Der zweite Band im Namen der eben erst ins Leben gerufenen »Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden« erschien im August 1939 unter dem Titel Darkenu (Unser Weg). Sein Anlass war die in den Augen seiner Herausgeber kurzsichtige Reaktion der zionistischen Führung auf das Weißbuch vom Mai 1939. In seinem Beitrag zu diesem Band konzentrierte sich Buber auf dessen Hauptthese, dass das unablässige Reden von der britischen Treulosigkeit eine grundlegende Schwäche der zionistischen Politik enthülle. Statt eine politische Strategie zu entwickeln, die mit dem einzigartigen moralischen und sozialen Charakter des zionistischen Siedlungsprojekts vereinbar sei, habe die zionistische Führung die politischen Grundsätze europäischer Kolonialisierung blind übernommen und dadurch die zionistische Bewegung von einer imperialistischen Macht abhängig gemacht. Bei der Darstellung dieser These spielt Buber auf seine bereits früher entwickelte Unterscheidung zwischen »konzentrativer« und »expansiver« Kolonisation an. Die »expansive« Kolonisation sei für den Imperialismus charakteristisch: Ziel sei die Ausdehnung von Macht und Interessen des Mutterlands, und falls die eingeborene Bevölkerung den Kolonisten – den Agenten der imperialistischen Macht – Widerstand entgegensetze, werde dieser durch List und Gewalt überwunden. »Konzentrative« Kolonisation hingegen diene eigentlich keiner Kolonialmacht, sondern sei nur auf erneute Konzentration der Mitglieder sowie der moralischen und geistigen Kräfte eines zerstreuten, verlorenen Volkes gerichtet. Die zionistische Besiedlung Palästinas mit ihrer Berufung auf Heimkehr der Juden zur Erde und auf die Erneuerung ihrer sozialen
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und kulturellen Autonomie sei somit im Grunde ein Werk konzentrativer Kolonisation. In seinem Aufsatz klagt Buber darüber, dass die zionistische Führung es versäumt habe, eine politische Linie zu entwickeln, die den tief gegründeten moralischen Kräften, die hinter der vom Zionismus betriebenen konzentrativen Besiedlung stehen, deutlichen Ausdruck verleiht: ein »großes Programm« des Zionismus anstelle des vorherrschenden »kleinen«. Buber beklagt den kleinlichen und phantasielosen Zionismus mit seiner geradezu krankhaften Fixierung auf Großbritannien, mit seiner Forderung nach ausschließlich »hebräischer Arbeit«, wodurch die Araber ausgeschlossen und geschädigt würden, und seinem Streben nach Schaffung einer jüdischen Bevölkerungsmehrheit unter dem Schutz der britischen Waffen in Palästina, was weitere Entfremdung und Verbitterung der Araber nach sich ziehe. Zurückgegriffen wurde für die Veröffentlichung auf die Handschrift Bubers, die sich im MBA befindet. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 23); 4 lose, paginierte Blätter, zweiseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D1: Al ha-politiqa schelanu [Über unsere Politik], in: Darkenu. Me’assef la-be’ajot ha-medinijut ha-zionit we-ha-schituf ha-jehudi-aravi [Unser Weg. Sammelschrift für Probleme der zionistischen Politik und jüdisch-arabischer Kooperation], Jerusalem August 1939, S. 3–5 (MBB 620). D2: Al ha-politiqa schelanu, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 323–326 (MBB 1182). Druckvorlage: H Variantenapparat: 173,13 Grundsätze ist] Grundsätze ist [, und dass in dieser Hinsicht die Demokratien sich nicht wesentlich von den Diktaturen unterscheiden] H 173,20–25 Und es ist ja […] getreten war.] hUnd es ist ja […] getreten war.i H 173,27 Begründung, unsere Siedlung zu fördern] [Zweck, dass sie hier für uns ein nationales Heim einrichte] ! Begründung, unsere Siedlung zu fördern H 173,28 unbedingte] unbedingte [und unabänderliche] H
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Einzelkommentare
174,1–2 ein Einströmen […] Element] [eine Durchsetzung der arabischen Judenheiten mit produktivem Element] ! ein Einströmen […] Element H 174,26–32 Das kleine Programm […] einfügte.] hDas kleine Programm […] einfügte.i H 175,23 kein Heil] [keine Zukunft] ! kein Heil H 175,27 Wahrheit alles.] Wahrheit alles. [Aber man muss damit beginnen, die Wahrheit zu erkennen und die Wahrheit zu wollen.] H Falsche Propheten Neben der »Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden« begründeten Buber und einige seiner Freunde, von denen die meisten dem früheren Verein Brit Schalom angehört hatten und nunmehr in der Liga aktiv waren, eine Zeitschrift, Beʿ ajot ha-jom (»Tagesprobleme«), die von 1940 bis 1942 erschien. Diese Zeitschrift behandelte Zeitfragen aus humanistischer Sicht und bemühte sich, den politischen Bedürfnissen sowohl der Juden als auch der Araber gerecht zu werden. In der Sonderausgabe zum Pessachfest 1940 ließ Buber eine lange Abhandlung über »falsche und wahre Propheten« erscheinen. Neben wissenschaftlichen Details enthält dieser Aufsatz auch eine politische Botschaft. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var 350 03 73); 3 lose paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben in blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. TS1: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var 350 03 73); 7 lose paginierte Blätter, einseitig beschrieben. Das Typoskript ist zweischichtig: 1.1 TS : Grundschicht. TS1.2: Korrekturschicht: vereinzelte Korrekturen von Bubers Hand. D1: Die Wandlung, 2. Jg., Heft 4, Mai 1947, S, 277–281 (in MBB nicht verzeichnet) D2: Hinweise. Gesammelte Essays, Zürich, Manesse 1953, S. 167–173 (MBB 919). D3: Werke II, S. 943–949 (MBB 1252). Druckvorlage: D2 Übersetzungen: Vgl. MBW 13.2, S. 844 f.
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Brief an die Institutionen
Variantenapparat: Vgl. MBW 13.2, S. 845–847. Wort- und Sacherläuterungen: Vgl. MBW 13.2, S. 847 f. Brief an die Institutionen Zwar war die zionistische Führung über das Weißbuch vom Mai 1939 zutiefst verunsichert, aber zunächst wiegte sie sich in der Hoffnung, es handele sich nur um eine vorübergehende Geste, um die Araber zu besänftigen; seine Durchführung werde die britische Regierung bis auf unbestimmte Zeit verschieben. Die Gewissheit, dass das englisch-zionistische Bündnis bald wieder hergestellt sein werde, verstärkte sich noch, als der Jischuw mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 sofort und mit eindrucksvoller Effektivität seine wirtschaftlichen und menschlichen Reserven für die britischen Kriegsmaßnahmen zur Verfügung stellte. Zwischen dem 10. und 21. September 1939 meldeten sich an die 120 000 Männer und Frauen aus der jüdischen Bevölkerung Palästinas freiwillig zum Nationaldienst. Diese Zahl macht ungefähr ein Viertel der jüdischen Bevölkerung Palästinas aus. Dieser Optimismus wurde jedoch jählings vernichtet, als die Mandatsregierung am 28. Februar 1940 ohne jegliche Vorwarnung neue Bestimmungen für die Übereignung von Grund und Boden in Palästina erließ und dadurch, wie im Weißbuch von 1939 vorgesehen, jüdische Landkäufe in Palästina erheblich erschwerte. Die jüdische Bevölkerung war zutiefst betroffen. Mit der stillschweigenden Duldung der zionistischen Führung wurden in der ersten Märzwoche massive, illegale Demonstrationen veranstaltet. Diese Demonstrationen waren praktisch von der Hagana, der paramilitärischen Selbstschutzorganisation des Jischuw, dirigiert, entsprechend einer Losung des damaligen Vorsitzenden der Exekutive der Jewish Agency, David Ben Gurion: »Wir werden in diesem Krieg zusammen mit Großbritannien kämpfen, als ob es kein Weißbuch gäbe, und wir werden das Weißbuch bekämpfen, als ob es keinen Krieg gäbe.« Bei den aus diesen Demonstrationen entstehenden gewaltsamen Zusammenstößen wurden 74 Juden, von denen zwei später ihren Verletzungen erlagen, schwer und weitere 200 leicht verletzt; von den 25 verletzten britischen Soldaten erlitten fünf schwere Verletzungen. Auf diese Ereignisse hin veröffentlichte Buber ein Offenes Schreiben an den Nationalrat, und zwar ebenso wie der vorhergehende Text in der Pessach-Sonderausgabe der Zeitschrift Beʿ ajot ha-jom vom April 1940.
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Textzeuge: D: Igeret el ha-mossadot [Brief an die Institutionen], in: La-Moed, Festausgabe der Zeitschrift Beʿ ajot ha-jom, April 1940, S. 7 (MBB 628) Druckvorlage: Übersetzung aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 181,2 Am 23. Adar I] Am 23. Februar (1940). 181,2 Jewish Agency] Vgl. den Kommentar zu [Rede auf dem XVI. Zionistenkongress], in diesem Band, S. 561. 181,3 Wa’ad le’umi] Jewish National Council, gegründet 1920; von fast allen jüdischen Gruppierungen als Vertreter des Jischuws in der Mandatszeit anerkannt und Keimzelle des jüdischen Staates. Seine Angehörigen bildeten 1948 die provisorische Regierung. 181,23 Sir Arthur Wauchope] (1874–1947): engl. Offizier und Kolonialbeamter; 1931–1938 Hochkommissar für Palästina und Transjordanien. Dezember 1935 schlug er die Schaffung einer nach demokratisch-repräsentativen Prinzipien gewählten Versammlung mit gesetzgeberischen Vollmachten für Palästina vor. Der Vorschlag wurde von zionistischer Seite abgelehnt, weil er die arabische Seite aufgrund ihres demographischen Übergewichts begünstigt hätte. Weiter sah Wauchopes Politik ab 1935 empfindliche Restriktionen für jüdische Einwanderung und Bodenerwerb vor. Über eine verfälschende Kritik »La-moʾ ed«, die Broschüre der Sonderausgabe zum Pessachfest 1940, in der u. a. Bubers »Brief an die Institutionen« und »Falsche Propheten« erschienen waren, zog eine umfangreiche Kritik Elieser Liebensteins (später Livneh, 1902–1975) nach sich. Liebenstein war ein enger Mitarbeiter von David ben Gurion und leitete zu der Zeit die politische Abteilung sowie die Bildungsabteilung der Hagana. Liebenstein hebt hervor, dass die Broschüre Beiträge namhafter Denker enthält und setzt sich mit ihrer Kritik am Zionismus auseinander, deren gedanklichen Voraussetzungen sich besonders in Bubers Artikeln zeige. In der Broschüre waren u. a. Artikel von Hugo Bergmann, Robert Weltsch, Judah Magnes und Ernst Simon abgedruckt. Bubers Aufsatz »Falsche Propheten« konstatiere, Liebensteins Meinung nach, eine sachlich falsche Dichotomie von »Patriotismus« und »Menschensiedlung« (vgl. in diesem Band, S. 178). Bubers »Brief an die Institutionen« lasse durch dessen
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»Defaitismus«
»rhetorische Fragen« stilistisch eher an »parteitaktische Polemik« denken als an eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Standpunkt des Gegenübers, was erkläre, warum er keine Antwort erhalten habe. (Vgl. »Brief an die Institutionen«, in diesem Band, S. 181). Inhaltlich hält Liebenstein Bubers Kritik für zu allgemein gehalten, um als Diskussionsgrundlage dienen zu können. Buber war der Meinung, dass Liebensteins Kritik seinen Appell an die Verantwortung tragenden Institutionen bewusst verzerre. Textzeuge: D: Al biqoret mesalefet [Über eine verfälschende Kritik], Davar, 14. 06. 1940 (MBB 632b). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Simone Pöpl Wort- und Sacherläuterungen: 183,3 (»Davar«, Nr. 4528/4529)] Am 2. und 3. Juni 1940 erschien der Artikel Elieser Liebensteins unter dem Titel »Be-schulej choveret echad« [Randbemerkungen zu einer Broschüre], eine Kritik an der Festausgabe La-Moʾ ed, in der der »Brief an die Institutionen« und »Falsche Propheten« von Buber erschienen waren. Die Kritik an Bubers Beiträgen findet sich im ersten Teil vom 2. Juni 1940, Absatz 6. 184,5–8 »Die wahren Propheten […] gegeben wird.«] Vgl. »Falsche Propheten«, in diesem Band, S. 178. »Defaitismus« In diesem Essay, der ungefähr zeitgleich auf Hebräisch und Deutsch im Dezember 1941 erschien, wehrt Buber die wiederkehrende Anklage ab, dass die Verfechter des Binationalismus politisch naiv seien und dass die Vision einer geteilten Souveränität mit den Arabern zudem die politischen Ziele des Zionismus kompromittieren würde. Deshalb käme der Aufruf, die Realität der arabischen Präsenz in Palästina anzuerkennen, einer Aufgabe der politischen Ziele des Zionismus gleich. Indem er der Behauptung widerspricht, die Position des Brit Schalom sei defätistisch, trägt Buber eine Kritik des zionistischen politischen Diskurses vor, den er als erstarrt in ideologischen Positionen charakterisiert und dem er das Fehlen einer genuinen Analyse der politischen Realität bescheinigt. Mit dieser Kritik berührt Buber Schlüsselelemente dessen, was er »grö-
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ßeren Realismus« nennt. Er betont vor allem, dass der Binationalismus nicht als ein ideologisches Credo missverstanden werden dürfe, sondern nur als »heuristische Wegweisung«, wie der Konflikt zwischen arabischen und zionistischen Ansprüchen zu lösen sei, denen beiden Genüge getan werden müsse. Vgl. dazu auch »Zum Problem ›Politik und Moral‹« in diesem Band, S. 203–206. Textzeuge: D: Mitteilungsblatt der Hitachduth Olej Germania we Olej Austria V/50, 12. xii. 1941, S. 2. (MBB 637). Druckvorlage: D Übersetzungen: Hebräisch: Tevusanut. Hedej sicha achat, in: Beʿ ajot ha-jom, 2. Jg., Heft 5, 30. Dezember 1941, S. 4–5 (MBB 648). Wort- und Sacherläuterungen: 185,14 in einer Aussprache eines geschlossenen Kreises] Vermutlich bezieht sich Buber auf ein privates Zusammentreffen am 23. November 1941 anlässlich der 30. Wiederkehr von Bubers Prager Ansprachen Drei Reden, von dem Hugo Bergmann berichtet. Bubers Schüler zeigten sich über die Wirkung des von Buber inspirierten und von ihnen propagierten Zionismus enttäuscht. Dabei hielt Siegmund Kaznelson »die schärfste Rede«: »Diese Rechenschaft nach 30 Jahren sei eine Bankrott-Erklärung. Nichts hätten wir erreicht, nicht in der Menschheit und nicht im Judentum. Der Jischuw ist ein Sammelsurium von Korruption und einer stillosen, geistlosen Jugend. Buber wehrte ab: wir erfüllen im Jischuw die rechtschaffene Position des Volksfeindes.« (Bergmann, Tagebücher & Briefe, Bd. 1, S. 568 f., Zitat S. 569) 186,6 Oswald Mosley] (1896–1980): engl. Politiker und Parlamentsabgeordneter, (zunächst für die Konservativen, dann für Labour); nach Austritt aus der Labour Party 1931 gründete er 1932 die British Union of Fascists; 1940 wurde er von den englischen Behörden interniert und blieb bis zum Kriegsende in Gewahrsam.
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Das Programm des Ichud
Das Programm des Ichud Aus ihren anfänglichen Bemühungen um Förderung sozialer und kultureller Versöhnung zwischen den beiden Völkern Palästinas hatte die »Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden« ein politisches Programm für einen binationalen Staat entwickelt. Dieses im Juni 1942 formulierte Programm, zu dessen vierzehn Unterzeichnern Buber gehörte, war eine Alternative zur Schaffung eines arabischen Staates Palästina, wie er im Weißbuch von 1939 vorgesehen war, und zur Forderung nach einem jüdischen Staat, die seit der BiltmoreKonferenz vom Mai 1942 zur offiziellen zionistischen Politik zu werden schien. (Das sogenannte Biltmore-Programm findet sich bei Timm, 100 Dokumente aus 100 Jahren, S. 102 f.). Dem Programm der »Liga« schlossen sich Ha-schomer ha-tzaʿ ir, eine marxistisch-zionistische Partei, die innerhalb des Jischuw erhebliches Ansehen und großen Einfluss genoss, und mehrere kleinere Parteien an. Angesichts der Tatsache, dass diese Parteien nun der »Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden« geschlossen beitraten, sahen sich unabhängige Mitglieder der Liga genötigt, sich als gesonderte politische Gruppe zusammenzuschließen. Auf Initiative von Judah L. Magnes trafen sich am 11. August 1942 an die hundert Einzelpersonen in Jerusalem. Dieses Treffen schloss mit der Gründung des Ichud. In der Exekutive saßen unter anderen Magnes, Henrietta Szold (1860–1945), die Begründerin der amerikanischen zionistischen Frauenorganisation Hadassa, und Buber. Auf dem Gründungstreffen wurde beschlossen, die Monatsschrift Beʿ ajot ha-jom zum Organ des Ichud zu machen, da deren führende Köpfe nunmehr der neuen Vereinigung angehörten. Diese Zeitschrift – deren erste neue Nummer im April 1944 unter dem verkürzten Titel Beʿ ajot (Probleme) und seit 1948 unter dem Titel Beʿ ajot ha-zman (Aktuelle Probleme) erschien – wurde unter Bubers Ägide von seinem engsten Schüler und Mitarbeiter Ernst Simon herausgegeben. (Vgl. auch den Kommentar zu »Wir errichten eine Bühne«, in diesem Band, S. 696.) Das Programm des Ichud, verfasst von Magnes, Robert Weltsch und Buber, erschien am 3. September 1942. Textzeuge: D1: Beʿ ajot ha-jom, 3. Jg., Nr. 1, September 1942, S. 12. D2: Ner. Jarchon la-beʿ ajot ha-tzibbur, 4. Jg. Heft 5/6, Jubiläumsausgabe zum zehnjährigen Bestehen des Ichud, März 1953, S. 2. Druckvorlage: D1
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Vorwort [zu »In stummen Tagen«] Die Mitglieder des Ichud wurden häufig als Verräter gebrandmarkt, weil sie ihre Stimme gegen die offizielle Politik des Jischuw erhoben hatten, während der Jischuw gegen das Weißbuch kämpfte. Gelegentlich wurden seine Mitglieder einfach totgeschwiegen, wie etwa die Schriftsteller Mosche Smilansky (vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 212,12) und Schlomo Zemach (1886–1976). Sie hatten je einen Artikel an die Zeitschrift Moznajim, das Organ der hebräischen Schriftsteller-Vereinigung, das in Tel Aviv erschien, geschickt. Der Beitrag von Zemach war zunächst angenommen worden, und erst nachdem er in Druck gegangen und Korrektur gelesen war, teilte ihm die Redaktion mit, »dass eine Veröffentlichung des Artikels trotz seiner unbestreitbaren literarischen Qualitäten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht opportun sei«. Der Ichud beschloss, die Aufsätze von Smilansky und Zemach in einer eigenen Broschüre unter dem Titel »In stummen Tagen« herauszubringen. In seinem Vorwort zu dieser Broschüre erinnert Buber den Jischuw eindringlich daran, dass zwischen Andersdenkenden und Verrätern noch immer ein »himmelweiter« Unterschied bestehe. Textzeuge: D: Haqdama, in: Bime Elem [Vorwort, in: In den Tagen der Stummheit], hrsg. von Mosche Smilansky und Shlomo Zemach, Jerusalem: Igarot Ichud, Ijar 1943, S. 3–5 (MBB 676). Druckvorlage: Übersetzung aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Mehrheit oder so viele wie möglich? Angesichts der Bedrängnis der europäischen Juden hatte der Ichud, (vgl. die Einleitung zu »Glaube es nicht!«, in diesem Band, S. 602 f.) die Einwanderung von so vielen Juden wie irgend möglich nach Palästina gefordert. In einer Rede vor der Histadrut, dem Dachverband der jüdischen Gewerkschaften in Palästina, machte Ben Gurion den Ausdruck »möglichst viele« lächerlich und bestand auf der Formulierung »die Mehrheit«. In dem folgenden Aufsatz, der im Mai 1944 in Beʿ ajot erschien, zeigt Buber, wie diese scheinbar rein semantische Verschiebung einen bewussten Versuch darstellt, moralische und politische Belange zu vermengen, d. h. die moralische Aufgabe, möglichst viele Juden zu retten, durch das politische Ziel zu ersetzen, eine jüdische Mehrheit in Palästina
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Mehrheit oder so viele wie möglich?
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zu schaffen, um die Forderung nach jüdischer Souveränität in diesem Lande zu rechtfertigen. Durch Vermengung dieser beiden Dinge, meint Buber, suche Ben Gurion seine politischen Ziele in den Rang unbestreitbarer moralischer Imperative zu erheben. Dagegen sei das politische Ziel einer jüdischen Mehrheit in Palästina moralisch alles andere als unanfechtbar. Außerdem sei Ben Gurions Politik auch vom politischen Standpunkt aus nicht unbedingt die beste Strategie, die Zukunft der jüdischen Bevölkerung Palästinas zu garantieren. Sowohl in moralischer als auch in politischer Hinsicht sei, so Buber, der Plan eines binationalen Staates sehr viel besser fundiert – nicht als Patentrezept, da ein politisches Programm ohnehin ständig kritisiert und revidiert werden müsse, wohl aber als »Richtung«, welche die Vorstellung über die, insbesondere für Juden, moralisch unannehmbaren Kategorien von »Mehrheit« und »Minderheit« hinausführe und somit einen Ausweg aus dem politischen Dickicht von Misstrauen und Feindschaft zwischen Juden und Arabern weise. Textzeuge: D1: Rov o rabim. Beschulei neʾ um echad [Mehrheit oder viele. Randbemerkungen zu einer Rede], in: Beʿ ajot 1, Heft 2, Ijar (= Mai) 1944, S. 52–55 (MBB 710). D2: Rov o rabim. Beschulei neʾ um echad [Mehrheit oder viele. Randbemerkungen zu einer Rede], in: Te’uda we-ji’ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-scha’a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 334–337 (MBB 1182). Druckvorlage: Übersetzung von D1 aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 192,3 hat Ben Gurion gesagt] Die Ben Gurion Zitate konnten nicht ermittelt werden. 192,11 Sprinzak] Yosef Sprinzak (1885–1959): russ.-moldawischer Zionist, 1910 Einwanderung nach Palästina; leitend in Ha-Poʾ el ha-tzaʾ ir tätig; 1920 Gründer der Histadrut, deren Generalsekretär er von 1945–1949 war; 1949–1959 Sprecher der Knesset. Zitat nicht nachgewiesen. 195,Anm 1 Rede eines bekannten ägyptischen Politikers] Nicht nachgewiesen.
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Glaube es nicht! Nicht nur aus ideologischen Erwägungen heraus lehnte der Jischuw das Weißbuch von 1939 ab, insbesondere aber die darin enthaltenen Beschränkungen jüdischer Einwanderung. Der Hauptgrund war der feste Entschluss, so viele europäische Juden wie irgend möglich zu retten. Die Entscheidung, die sofortige Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina zu fordern, wie es im Biltmore-Programm geschah, war eben deshalb gefällt worden, weil nur ein souveräner jüdischer Staat, der keinem anderen als dem jüdischen Volk verpflichtet sein sollte, die uneingeschränkte Masseneinwanderung von Juden nach Palästina gewährleisten konnte. Das Palästina-Problem war, wie Ben Gurion nachdrücklich feststellte, fast ausschließlich »das Problem weiterer jüdischer Einwanderung. […] Wenn die Einwanderung von Juden nach Palästina von der Zustimmung der Araber abhängig ist, wird es so gut wie überhaupt keine jüdische Einwanderung geben. Es ist politisch wie moralisch lebenswichtig, unsere Haltung in diesem entscheidenden Punkt unzweideutig klarzustellen. Jüdische Einwanderung nach Palästina bedarf keiner Zustimmung. Wir haben ein Recht auf Heimkehr.« (Rede gehalten am 5. Oktober 1942. Englischer Text Jacob C. Hurewitz, The Struggle for Palestine, New York 1976, S. 164). Das anfängliche Zögern des Ichud, sich auf dieses Recht zu berufen, erregte verständlicherweise Irritationen. In den inneren Führungsgremien der zionistischen Organisation wurde sogar erwogen, die Anhänger des Ichud auszuschließen. Dieser extreme Vorschlag fand keine Zustimmung, aber der Ichud wurde aufgefordert, eine Klarstellung seiner Haltung in der Frage der Einwanderung zu unterbreiten. Dieser Aufforderung kam der Ichud nach und gab am 5. Oktober 1942 eine Erklärung des Inhalts ab, dass er gegen eine Festlegung (»fixation«) der Juden auf die Rolle der Minderheit in Palästina und für »die Schaffung einer politischen und wirtschaftlichen Lage« sei, »welche die Aufnahme einer möglichst großen Zahl von Juden nach Palästina erlaube« (Palestine Post vom 7. Oktober 1942). Das Ideal der jüdischen Masseneinwanderung, so führte der Ichud in weiteren Erklärungen aus, würde am wirksamsten erreicht, wenn der Jischuw bereit sei, auf die ernstzunehmende Angst der Araber vor einer jüdischen Übermacht Rücksicht zu nehmen. Die einzige Möglichkeit, die jüdischen Belange zu befriedigen und die arabischen Besorgnisse zu beschwichtigen, sei eine binationale Parität innerhalb eines einzigen Staatsgefüges. In seinem in der Zeitschrift Beʿ ajot im Juni 1944 erschienenen Artikel erläutert Buber die Auffassung des Ichud, dass bis zu einer endgültigen
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Glaube es nicht!
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Regelung der Palästinafrage die Einwanderungsrate entsprechend der wirtschaftlichen Aufnahmefähigkeit des Landes festgesetzt werden sollte, um den Arabern die Angst vor jüdischer Überflutung und Ausschluss aus der Entwicklung des Landes zu nehmen, das sie mit den Juden teilen. Anlass zu dieser Äußerung war die Veröffentlichung einer Aussage Weizmanns in der hebräischen Presse, in dem dieser angeblich die »maximalistische«, nicht zur Verhandlung stehende Position in der Einwanderungsfrage vertreten habe. Buber war entrüstet, dass Weizmanns guter Name mit einer Position in Verbindung gebracht wurde, die zu unterstützen Buber den Seniorchef der zionistischen Politik für viel zu vernünftig hielt. Der Artikel Bubers zog die Kritik des jungen Philosophen Nathan Rotenstreich (1914–1993) auf sich, dessen Text zusammen mit Bubers Erwiderung auf dessen Einwände (»Eine weitere Klarstellung«, in diesem Band, S. 198 f.) abgedruckt wurde. (Ani heʾ emanti – haʾ im be-chofzi [Ich glaubte – vorschnell?], Beʿ ajot, 1. Jg., Heft 5, Elul 1944, S. 228 f.; deutsch in Buber, Ein Land und zwei Völker, S. 211–212.) Rotenstreichs Fazit: »Ich weiß nicht, ob Weizmann das, was ihm die Zeitungen zugeschrieben haben, auch gesagt hat. Ich glaube, er hat dies gesagt, nicht, ›weil es keine einfachere Sache gäbe‹ sondern weil es keine gerechtere gibt.« In den folgenden Wort- und Sacherläuterungen werden seine Argumente wiedergegeben. Textzeuge: D: Al taʾ amin! [Glaube es nicht!], Beʿ ajot 1, Heft 3, Siwan 1944, S. 136– 137 (MBB 695). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 196,33–36 Würden wir es denn für erträglich […] am meisten angeht?«] Rotenstreich verweist auf das internationale Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten von Völkern, die zumeist »der realistischen Einschätzung [entspringen], daß man nicht zuviel verlangen solle, und daß man nicht auf allen Gebieten zwischen Völkern vergleichen und angleichen könne.« (Ebd.) 197,8–10 wie verfährt man, wenn nicht einer, sondern zwei […] Tod und Leben] Rotenstreich erklärt, dies sei die entscheidende Frage und bestreitet, dass die arabische Seite in gleicher Weise existentiell betroffen ist. »Dies ist der Streitpunkt zwischen uns und unseren Nachbarn und auch die Meinungsverschiedenheit innerhalb unserer
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zionistischen Familie. Denn auf diesem Gebiete fordern wir eine eindeutige Entscheidung von den Völkern, welche von beiden Sachen die lebenswichtigere ist; welche Sache eine Frage von Tod und Leben ist, und welche sich in einer anderen Sphäre bewegt, die nichts mit den elementaren Erfordernissen eines Volkes zu tun hat. Unsere Forderung ist stets, in diesem Punkt zu entscheiden; nicht Ausgleich in Grundfragen, sondern Entscheidung zugunsten einer Seite.« (Ebd., S. 229) Eine weitere Klarstellung Buber und Nathan Rotenstreich gaben gemeinsam eine Aufsatzsammlung zu Ehren von Schmuel Hugo Bergmann heraus. (Hagut. Philosophische Abhandlungen zu Ehren von Schmuel Hugo Bergmann gelegentlich seines sechzigsten Geburtstages, Jerusalem 1944.) Im Zuge dieser Zusammenarbeit hatten sie häufig Gelegenheit, über ihre politischen Meinungsverschiedenheiten zu diskutieren. Im Eifer des Gefechts hatte Rotenstreich sich zu dem Vorwurf hinreißen lassen, Buber befasse sich ausschließlich mit dem »persönlichen jüdischen Problem«, d. h. mit den existentiellen und kulturellen Problemen, denen sich das jüdische Individuum in der modernen, in zunehmendem Maße säkularen Welt gegenübersehe, und vernachlässige darüber das »kollektive jüdische Problem«, d. h. den Antisemitismus mit seinen verheerenden Auswirkungen. Zutiefst getroffen von diesem Vorwurf lud Buber Rotenstreich zu sich nach Hause ein, wo er die leidenschaftliche Versicherung abgab, dass er die Verfolgung seiner Brüder durch die Nazis und den Tod jedes Einzelnen in den Lagern persönlich miterlebe. So in einem Brief Nathan Rotenstreichs an Paul Mendes-Flohr vom November 1980. Auf diese Dimension ging Buber allerdings in seiner Antwort auf Rotenstreichs Kritik nicht ein, sondern analysierte weiterhin die arabisch-jüdische Problemlage unter Absehung der Vernichtung der europäischen Juden. Textzeuge: D: Berur nosaf [Eine weitere Klarstellung], in: Beʿ ajot, 1. Jg., Heft 5, Elul 1944, S. 229–230 (MBB 697). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach.
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Zwiegespräch über »Biltmore«
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Zwiegespräch über »Biltmore« Das Biltmore-Programm von 1942 stellte die Kampfansage an das Weißbuch von 1939 dar. Ausgegangen war es von David Ben Gurion, dem Vorsitzenden der Palästina-Exekutive der Jewish Agency und angenommen wurde es von einer außerordentlichen Zionisten-Konferenz, die im Mai 1942 im Biltmore-Hotel in New York tagte. Wegen des Weltkriegs konnte kein Zionisten-Kongress stattfinden; daher hatte die BiltmoreKonferenz faktisch die Vollmachten eines Kongresses. Vertreter aller zionistischen Vereinigungen Amerikas und Kanadas waren versammelt sowie einzelne Repräsentanten des Judentums aus Europa und Palästina. Laut Ben Gurions Deutung des Programms, das im November 1942 offiziell von der Zionistischen Weltorganisation übernommen wurde, könne die Judenheit die Errichtung einer jüdischen Heimstätte in Palästina nicht länger den Briten überlassen, vielmehr müsse angesichts der drohenden Vernichtung der europäischen Juden das Mandat unbedingt der Jewish Agency übertragen werden. Das Biltmore-Programm schloss mit den Worten: »The Conference urges that the gates of Palestine be opened; that the Jewish Agency be vested with control of immigration into Palestine and with the necessary authority for up-building the country, […] and that Palestine be established as a Jewish Commonwealth integrated in the structure of the new democratic world.« (Timm, 100 Dokumente aus 100 Jahren, S. 102 f., hier S. 103.) Bis dahin hatten die ständigen Bitten der Zionisten an die Mandatsregierung, unbegrenzte Einwanderung von Juden nach Palästina zuzulassen, einen ideologischen Hintergrund gehabt, nämlich das Bestreben nach Schaffung einer jüdischen Mehrheit in Palästina; nun aber stand zusätzlich der unabweisbare moralische Anspruch auf Rettung der europäischen Judenheit dahinter. Somit war Zurückhaltung gegenüber dem Wunsch nach Masseneinwanderung keine Sache der Politik mehr, wo man dieser oder anderer Meinung sein konnte, sondern wurde als Verrat am jüdischen Volk aufgefasst. In dem »Zwiegespräch«, das Oktober 1944 in Beʿ ajot publiziert wurde, tritt Buber selbst als der »Verräter« auf. Er sucht dem »Getreuen«, dem Anhänger des Biltmore-Programms, klar zu machen, dass das im Jischuw umlaufende Gerede von den Gibeoniten (vgl. Jos. 9, 27) im Grunde das Eingeständnis sei, dass die Araber in dem als jüdisches Gemeinwesen geplanten Palästina nicht nur ihrer »kollektiven politischen Gleichheit« verlustig gehen (d. h. bevölkerungsanteilmäßig in die Minderheit geraten), sondern auch durch das wirtschaftliche Übergewicht der jüdischen Gemeinschaft benachteiligt würden. Und wenn dies nicht die Absicht der Biltmore-Vertreter sei, dann
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strebten sie offenbar nach einer Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat, Ben Gurions geheimes Ziel, wie allgemein zu Recht vermutet wurde. Damit wäre die Errichtung eines jüdischen Staates innerhalb von ganz Palästina in unbestimmter Zukunft zugunsten der sofortigen Errichtung eines kleinen jüdischen Teilstaates aufgegeben. Die Teilung aber, warnte Buber, werde einen bis dahin beispiellosen Kampf mit den Arabern nach sich ziehen, dessen Ende nicht abzusehen sei. Textzeuge: D1: Du-siach al Biltmore [Zwiegespräch über Biltmore], Beʿ ajot 1, Heft 6, Tischre/Cheschwan 1944, S. 241–243 (MBB 699). D2: Du-siach al Biltmore [Zwiegespräch über Biltmore], in: Te’uda weji’ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-scha’a, Jerusalem: Ha-sifrija hazionit 1961, S. 338–340 (MBB 1182). Druckvorlage: Übersetzung von D1 durch Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 200,11 Gibeoniten] In Jos 9,1–27 wird geschildert, wie die Gibeoniten aus Furcht vor den von Sieg zu Sieg eilenden Israeliten sich als nichtkanaanäischer Stamm ausgeben und unter dieser falschen Prämisse einen Bund mit den israelitischen Stämmen schließen. Als man die Täuschung durchschaut, werden sie verschont, aber ihnen wird die Rolle der »Holzhauer und Wasserschöpfer« (Jos 9,27) zugewiesen. Saul, der sich nicht an die durch den Bundesschluss vereinbarte Schonung hält, versucht sie auszurotten. Nach seinem Tod fordern die Gibeoniten von David, dass er ihnen sieben der Nachkommen Sauls als Sühne ausliefert. Vgl. II Sam 21,1–9. 201,30–33 mit der einen Hand […] Aufbau des Landes] Vgl. Neh 4,11. Die Umstände beim Bau der Jerusalemer Stadtmauern werden so beschrieben: »Mit der einen Hand taten sie die Arbeit, mit der anderen hielten sie die Waffe.« Mit dieser Bibelstelle wurde in Palästina häufig die Situation der Chaluzim illustriert, die sich beim Bau der Siedlungen vor Überfällen arabischer Einwohner schützen mussten.
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Zum Problem »Politik und Moral«
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Zum Problem »Politik und Moral« Buber und dem Ichud wurde häufig vorgeworfen, sie nähmen die harte Wirklichkeit der Welt nicht ernst genug. In einer unvollkommenen Welt, bestimmt durch die widersprüchlichen Interessen von Nationen und Völkern, in einer Welt, in der nicht selten brutale Gewalt das letzte Wort habe, galt Bubers Versuch, universale moralische Gesichtspunkte in die Politik einzuführen, günstigstenfalls als fehl am Platze. Im Hinblick auf die Palästinafrage wurde er sogar als amoralisch verdammt, da die Sorge Bubers und seiner Freunde für die Gefühle und Interessen der Araber angeblich zu »Defaitismus« führen, die Moral schwächen und die Gebote des Zionismus in Richtung auf einen Kompromiss reduzieren würde. Bei dem Bestreben, dem jüdischen Volk eine Heimstätte zu schaffen, geschah den Arabern – wie viele der Gegner des Ichud durchaus zugaben – wirklich »Unrecht«, aber im Vergleich zu dem Leid der Juden, das gelindert werden sollte, seien die Beeinträchtigungen, welche die Araber erlitten, kaum mehr als unvermeidliche »Unannehmlichkeiten«. Dass Buber und der Ichud dies nicht erkannten, war in den Augen ihrer Gegner ein Zeichen politischer Naivität und eine Warnung vor den moralischen Verzerrungen, zu denen ein übereifriger Humanismus führen könne. Diesen Vorwürfen begegnete Buber in seinem Aufsatz mit dem Titel »Zum Problem ›Politik und Moral‹«, der im April 1945 in Beʿ ajot erschien. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 52); 3 lose paginierte Blätter; doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D: Medinijut u-mussar [Politik und Moral], Beʿ ajot, 2. Jg. Nr. 3, Nissan 1945, S. 110–113 (MBB 733). Druckvorlage: H Variantenapparat: 203,22 mächtige Triebe] [die einfachsten Lebenstriebe] ! mächtige Triebe H 204,29 etliche Leser] etliche Leser [, deren Bibelkundigkeit offenbar mangelhaft ist] H 205,3–4 Siedlungswerks] [verwegenen] Siedlungswerks H 205,26 schneiden, woraus dann] [Erfahrungswelt schneiden. Ich sehe sie vielmehr tief ineinander verschlungen] ! schneiden, woraus dann H
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206,4–5 auf politischer Erkenntnis aufbauen] [durch politische Erkenntnis mitbestimmt sein] ! auf politischer Erkenntnis aufbauen H Wort- und Sacherläuterungen: 203,2 Dr. Senator] vgl. den Kommentar zu »Rede bei der Gedenkfeier der Universitaet fuer David Werner Senator, am 12. Dec., 1953«, in diesem Band, S. 710). 203,7 Nordau] Max Nordau (1849–1923): Arzt und Schriftsteller, gründete mit Herzl die Zionistische Weltorganisation und war einer der Hauptredner auf den zionistischen Kongressen vor dem Ersten Weltkrieg. Er propagierte das »Muskeljudentum«, das die körperliche Degeneration des jüdischen Ghettolebens überwinden und gegen antisemitische Stereotype des kränklichen und verunstalteten Juden wirken sollte. 203,11 Anaximander] von Milet (um 610–546 v. Chr.): griech Philosoph; Vorsokratiker. 203,12–15 scheint sogar angenommen zu haben, […] Lebensvernichtung.] Vgl. Fragment B 1, in: Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und Deutsch von Hermann Diels, hrsg. von Walther Kranz, 3 Bde., 5. Aufl. Berlin 1934–1937, Erster Band, S. 89: »Anfang und Ursprung der seienden Dinge ist das Apeiron (das grenzenlos-Unbestimmbare). Woraus aber das Werden ist der seienden Dinge, in das hinein geschieht auch ihr Vergehen nach der Schuldigkeit; denn sie zahlen einander gerechte Strafe und Buße für ihre Ungerechtigkeit nach der Zeit Anordnung.« 204,32 II. Sam 21] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 200,11. 206,21–22 »Ein Ziel […] gefärbt ist« (Gustav Landauer 1901).] Gustav Landauer, Anarchische Gedanken über Anarchismus, Die Zukunft, Jg. 10, Bd. 37, Nr. 4 (26. Oktober 1901), S. 134–140, hier S. 136. Our Reply Angefeindet wurde der Ichud von fast allen Gruppierungen innerhalb des weiten Spektrums der zionistischen Gemeinschaft in Palästina, von der Mapai, der sozialistischen zionistischen Partei, welche auf die Jewish Agency wesentlichen Einfluss ausübte, bis hin zum Irgun, einer militärischen Untergrundorganisation, die ideologisch dem rechten Flügel der Revisionisten nahestand. Der Irgun – dessen Oberbefehl im Mai 1944 Menachem Begin (1913–1992), der spätere Ministerpräsident, übernahm – gewann an Zulauf und Beliebtheit durch seine stolze Unnach-
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giebigkeit überall, wo er lebensnotwendige Belange des Zionismus gefährdet sah. In der Tat kämpfte er mit zum Teil großer Tapferkeit für seine Auffassung des Zionismus, wobei er sich häufig terroristischer Techniken bediente – zuerst gegen die Briten, später gegen die Araber. 1945 in der Juli-Ausgabe seiner Untergrundzeitung Cherut [Freiheit] – die illegal als Wandzeitung verbreitet wurde – griff der Irgun den Ichud an. Bei dem anonymen Verfasser handelte es sich um Menachem Begin (vgl. Begin, Ba-machteret [Im Untergrund], Tel Aviv 1959, Bd. I, S. 251). In seiner leidenschaftlichen Anklage nennt er den Ichud eine Organisation von »moralisierenden« Professoren an der Hebräischen Universität Jerusalem. Diese hohe Universität, bemerkt der Verfasser sarkastisch, liege passenderweise auf dem Mt. Scopus, hebr. Har haZofim, dem Berg der »Späher« oder »Beobachter«: »Im Hinblick auf die Probleme, mit denen sich die Nation und ihre Jugend konfrontiert sieht, sind sie (die Professoren auf dem Mt. Scopus) tatsächlich Zuschauer (Zofim). Ihr Gewissen ist rein; ihre Seele ist ruhig. […] Sie sind nicht Partei in dem Kampf, der sich unten abspielt: sie weilen auf den Höhen eines moralischen Olymp, von wo sie ihre Stimme erheben – ruhig, gemessen, vorwurfsvoll. Was ist ihre Haltung? Mit einem Wort: Kompromiss! Kompromiss ist in ihren Augen der Sinn des Lebens; göttliche Weisheit, ohne die es weder Bestand noch Fortschritt geben kann. Beweise? Diese Professoren können ohne Schwierigkeiten biologische, soziologische, ökonomische, politische und historische Beweise anbringen, dass die gesamte menschliche Entwicklung den Königsweg des Kompromisses geht. Daraufhin müssten wir im Land Israel um jeden Preis einen Kompromiss zu erlangen suchen, sonst seien wir verloren. Mit allwissenden Professoren ist schlecht disputieren. Nichtsdestoweniger glauben wir, die Ungebildeten, dass sie, was historische Fakten und Grundsätze betrifft, gründlich auf dem Holzweg sind. Fangen wir an mit dem Festhalten an der jüdischen Tradition, womit unsere Intellektuellen sich rühmen. Freilich empfiehlt die Tora den Kompromiss, allerdings nur, wenn es um geringfügigere Dinge geht. In den Dingen, die von grundlegender Bedeutung sind und den Charakter der Nation wie des Individuums formen, kennt die Tora keinen Kompromiss. »Du sollst keinen anderen Göttern dienen« – dies ist das Hauptgebot, das unsere vereinzelt stehende Nation erhielt, denn wir sollten uns nicht anderen Nationen und ihrem Götzendienst angleichen. Und was hat uns dieses Gebot eingebracht? Ströme von Blut. Dennoch waren wir zu Kompromissen nicht bereit. Und wenn es Zeiten in unserer Geschichte gab, in denen es »vernünftig« und vorteilhaft schien, sich mit der Umwelt zu arrangieren, und Teile der Nation dies
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daraufhin taten, erschienen Propheten – nicht Professoren! – die den Kompromiss und seine Anhänger in Grund und Boden verdammten. Nein, wir haben keinen Kompromiss gekannt. Und wir haben nicht nur jegliches Entgegenkommen gegenüber den Heiden abgelehnt, wir waren auch nicht daran interessiert, dass sie uns entgegenkämen, deshalb haben wir keine Proselyten gemacht […] Seit grauer Vorzeit bis zum heutigen Tage ist dies der Weg der hebräischen Nation gewesen. Dank dessen – und nur dank dessen – bestehen wir weiter, trotz allem, als Nation. Hätten wir nicht jeglichem Kompromiss widerstanden, wären wir schon längst in die Heiden-Völker aufgegangen. Freilich ist dieser Weg ein Weg unvorstellbaren Leidens gewesen. Wir hätten wohl das Recht, den Ausspruch von Descartes abzuwandeln: ›Ich leide, deshalb bin ich.‹« Außerdem sei eine entsprechende Ablehnung von Kompromissen auch unter den nicht-jüdischen Völkern der Ursprung aller bedeutenden Entwicklungen […] Jeglicher Kompromiss gegenüber den britischen Machthabern im Lande und den Arabern werde letztendlich Hitlers Bemühungen unterstützen, das jüdische Volk auszurotten. »Es ist daher kein Wunder, dass wir den Moralismus der Zuschauer (haZofim), der Professoren auf dem Mt. Scopus (Har haZofim) ablehnen. Wir sind Fleisch vom Fleisch der Dahingemordeten, wir sind Blut von ihrem Blut. Ja noch mehr: wir sind Geist vom Geist der Blutzeugen Israels in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft […] In Dingen von höchster Bedeutsamkeit kennen wir keinen Kompromiss und werden wir keinen Kompromiss kennen. Wir sind glücklich, dass er seinem Volke ewiges Leben gab, uns die moralische Kraft gegeben hat zu leiden, aber dem Bösen nicht zu unterliegen. Dies ist der Weg zum Leben für das Volk, welches Leben erwählt.« (Qolo schel jeled [Die Stimme eines Kindes], Cherut, Nr. 48, 5. Juli 1945, S. 2.) Bubers Antwort im Namen des Ichud auf dieses anonym erschienene Pamphlet Menachem Begins erschien 1945 zuerst auf Hebräisch im Septemberheft von Beʿ ajot unter der Überschrift »Unsere Antwort«. Die englische Version, die hier abgedruckt wird, erschien zuerst im Jahre 1947 in der Broschüre des Ichud, Towards Union in Palestine. Essays on Zionism and Jewish-Arab Cooperation. Textzeuge: D: Our Reply, in: Towards Union in Palestine. Essays on Zionism and Jewish-Arab Cooperation, hrsg. von M. Buber, J. L. Magnes and E. Simon, Jerusalem: Ihud (Union) Association, Jerusalem 1947, S. 33–37 (MBB 766); Neuauflage: Westport: Greenwood 1972 (MBB 1364).
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Druckvorlage: D Übersetzungen: Hebräisch: Teschuvatenu [Unsere Antwort], Be’ajot, 3. Jg., Heft 1, September 1945, S. 1–4 (MBB 739). Wort- und Sacherläuterungen: 209,10 The Encyclopaedists] Gemeint sind die Mitarbeiter an der Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers (1751–1765) die sich der Aufklärung verpflichtet fühlten. 209,10 George Washington] (1732–1799): amerik. General; Kämpfer für die amerik. Unabhängigkeit und erster Präsident der USA. 209,28 Prometheus] griech. mythologische Figur, ein Titan, der den Menschen die Zivilisation und das Feuer brachte. Dabei wandte er eine List gegen Zeus an, wofür er von den Göttern bestraft wurde. 210,25 Our economic life was built up as a barrier] Buber bezieht sich auf das Prinzip der »jüdischen Arbeit«. Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 263,36. 210,29–31 when Zionist leaders, if […] live in a house of cards.] Buber spielt auf das Biltmore-Programm an. Oral Testimony [before the Anglo-American Committee on Palestine] Großbritannien wurde des Palästina-Mandats allmählich überdrüssig. Am 13. November 1945 verkündeten der britische Außenminister Ernest Bevin (1881–1951) und der amerikanische Präsident Harry Truman (1884–1972) gleichzeitig in London und Washington die Bildung einer anglo-amerikanischen Untersuchungskommission, die Alternativlösungen zum britischen Mandat prüfen sollte, insbesondere die Einwanderung von jüdischen Überlebenden der Konzentrationslager, da diese Menschen dringend untergebracht werden mussten. Nach dem Besuch verschiedener Lager für jüdische »displaced persons« in Europa kam die anglo-amerikanische Kommission, bestehend aus sechs amerikanischen und sechs britischen Delegierten, im März 1946 nach Palästina, um »sachverständige Aussagen entgegenzunehmen und Vertreter der Araber und Juden zum Palästina-Problem anzuhören«. Das zionistische Aktionskomitee als Vertretung der Zionistischen Exekutive erlaubte keiner zionistischen Gruppe, eigenständig vor der Untersuchungskommission aufzutreten. Damit sein Plan eines binationalen Staates nicht übergangen
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werde, entschloss sich der Ichud, sich dem zionistischen »Fraktionszwang« nicht zu beugen, sondern drei seiner Mitglieder – Judah Magnes, Mosche Smilansky und Martin Buber – zu entsenden, um der Untersuchungskommission seine Haltung zu verdeutlichen. Der Hauptredner bei der Anhörung war der aus den USA stammende Magnes, wohl weil er als einziger fließend Englisch sprach. Textzeuge: H1: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 11); 4 lose paginierte DIN-A5-Blätter; doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit zahlreichen Korrekturen versehen. Es handelt sich um einen ersten, deutschsprachigen Entwurf des Redebeitrags Bubers, dessen Abweichungen an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden. 2 H : Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 11); 4 lose paginierte DIN-A5-Blätter; doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit wenigen Korrekturen versehen. Reinschrift von H1. Es handelt sich um die Grundlage für die englische Übersetzung. Die Handschrift wird im Folgenden abgedruckt. H3: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 11); 11 lose paginierte DIN-A6-Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit wenigen Korrekturen. Es handelt sich um die englische Übersetzung von H2. 1 TS : Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 11); 8 lose paginierte Blätter; mit zahlreichen Korrekturen versehen. Abschrift von H3. Da es sich bei den Korrekturen vornehmlich um stilistische Übersetzungsvarianten handelt, werden diese nicht gesondert in einem Variantenapparat berücksichtigt. TS2: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 11); 3 lose paginierte Blätter, mit wenigen Korrekturen versehen. Abschrift von TS1 unter dem Titel: »The Meaning of Zionism. Statement to the Anglo-American Commitee of Inquiry«. 1 D : Oral Testimony, in: Palestine. A binational State, von M. Buber, Judah L. Magnes und Mosche Smilansky; New York: Ihud 1946, S. 31– 74 (MBB 743). D2: Transcript of Proceedings before the Inquiry Commission at Jerusalem. March 14th, 1946, in: Arab-Jewish Unity. Testimony before the Anglo-American Inquiry Commission for the Ihud (Union) Association by Judah Magnes and Martin Buber, London: Viktor Gollancz 1947, S. 43–96 (MBB 759). Druckvorlage: D1
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Übersetzungen: Hebräisch: Maschmaʿ uta schel ha-tzionut [Bedeutung des Zionismus], Beʿ ajot, 4, Jg. Heft 1, April 1946, S. 4–7 (MBB 756). Abdruck von H2: Man kann das Problem, um dessen Lösung Sie sich bemühen, nicht überschauen, ohne den Zionismus in seinen Wurzeln zu verstehen. Nur dann nämlich erkennt man, dass hier etwas anderes vorliegt als einer der bekannten nationalen Interessengegensätze und dass demgemäss andere als die geläufigen, politischen Methoden erfordert werden. Der moderne politische Zionismus, wie er sich in den fast 50 Jahren, die ich der zionistischen Bewegung angehöre, ausgebildet hat, ist durch die Entwicklung des modernen Antisemitismus nur ausgelöst, nicht verursacht worden. [Im Grunde] ! In Wahrheit ist er die späte Einkleidung einer Urtatsache der Menschengeschichte, daran hzumindesti die gesamte christliche Kultur interessiert zu sein Grund hat. Diese Tatsache ist die völlig einzigartige Verknüpfung zwischen einem Volk und einem Land. Das Volk, von dem die Rede ist, ist einst aus der Macht einer Tradition entstanden, die einige halbnomadische Stämme gemeinsam hatten. Sie wanderten mitsammen, unter sehr schwierigen Umständen, aus Ägypten nach Kanaan, weil sie sich durch die Tradition verbunden fühlten, Kanaan sei ihnen von Urzeiten her als »Erbe« verheissen. Das Merkwürdige und für die Geschichte des Menschen Bedeutsame an dieser Tradition aber ist, dass sie dem neuen Volke eine Aufgabe stellte, die es nur als Volk erfüllen konnte: die nämlich, im Lande Kanaan ein vorbildliches, ein »gerechtes« Gemeinwesen zu begründen. Ein einzigartiger Stand, der der »Propheten«, deutete später diese Aufgabe dahin, es sollten von dem neuen Gemeinwesen Ströme der sozialen und politischen Gerechtigkeit in die Welt gehen. Damit war die paradoxeste und fruchtbarste aller Ideen, die messianische, der Menschheit geschenkt. Sie stellte das Volk Israel in die Mitte einer Arbeit am Kommen des Reiches Gottes auf Erden, als einer Arbeit, an der alle Völker teilnehmen sollten. Sie befahl jeder Generation, mit ihren Kräften und Mitteln an der heiligen Zukunft zu bauen. Ohne diese Idee, in all ihrer Paradoxie und politischen Konkretheit zugleich, wären weder Cromwell noch Lincoln möglich gewesen. Der grosse Antrieb, der die christlichen Völker in Zeiten der Enttäuschung und Ermüdung immer wieder von neuem befeuert hat, sich an eine Neugestaltung des öffentlichen Lebens zu wagen, stammt von ihr her: die Hoffnung auf ein echtes und gerechtes Zusammenleben der Menschen und der Völker aus Freiwilligkeit. Aber für das Volk, aus dem sie einst
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hervorgegangen war, ist diese Idee zu einer Kraft von ganz eigentümlicher Vitalität erwachsen. Aus dem Lande der Verheissung vertrieben, ist dieses Volk fast zwei Jahrtausende lang durch [den Glauben an die Wiederkehr] ! die Zuversicht der Wiederkehr der Erfüllung der Verheißung, der Verwirklichung der Idee am Leben erhalten worden. Es wäre zu wenig, hier von einer Kontinuität des Gefühls zu reden: unter Umständen, die bei jedem anderen Volke längst zur völligen Auflösung hätten führen müssen, hat der innere Zusammenhang mit seinem Land, der Glaube an die verheissene Wiedervereinigung mit ihm diesem Volk immer wieder Blut und Mark erneuert. Daraus auch ist zu verstehen, daß im Zeitalter der nationalen Bewegungen das Judentum nicht einfach eine nationale Bewegung nach dem europäischen Typus, sondern eine eigenartige, einen »Zionismus«, die moderne Gestalt des Strebens nach »Zion«, erzeugt hat. In diesem Zeitalter sind die feindlichen Kräfte, die ob bewusst oder unbewusst, im Judentum die messianische Mahnerin bekämpfen, immer ungehemmter gegen es angerannt. Gleichzeitig aber hat sich in ihm selber eine hgrossei Regeneration zu vollziehen begonnen. Die regenerative Bewegung hat aus innerer Notwendigkeit sich die Wiederverbindung mit Boden und Bodenarbeit zum Ziel gesetzt, und zwar, wieder aus innerer Notwendigkeit, die Wiederverbindung mit dem Boden Kanaans und seiner Bearbeitung. Und mit innerer Notwendigkeit sind in den Mittelpunkt der Neubesiedlung dieses Bodens durch Juden Dorfgemeinschaften getreten, die, bei verschiedenen organischen? Formen, doch alle [ein echtes und gerechtes Zusammenleben] ! eine echte und gerechte Gemeinschaft aus Freiwilligkeit anstreben. Was hier versucht wird, ist weit über die Grenzen Palästinas und über die Grenzen des Judentums hinaus von Bedeutung. Diese lebendigen sozialen Versuche werden, wenn man ihnen die Chance zu freier Entwicklung gibt, immer deutlicher der Welt zeigen, dass es möglich ist, soziale Gerechtigkeit auf der Freiwilligkeit zu erbauen. Mit Recht hat Sir Arthur Wauchope, der von 1931 bis 1938 in der führenden Stellung dieses Land und dieses Werk kennengelernt hat, darauf hingewiesen, dass diese so »erstaunlich erfolgreichen« Gemeinschaftsdörfer ein Beispiel der Kooperation für die ganze Welt sind und von grosser Bedeutung für die Stiftung einer neuen gesellschaftlichen Ordnung werden können. Die Produktivität des Volkes Israel in diesem Lande ist einst im höchsten Sinne eine kollektive gewesen; dasselbe ist von der Produktivität zu sagen, die in unseren Tagen die ins Land wiedergekehrten Juden zu entfalten begonnen haben; es ist eine Produktivität der Gemeinschaft für die Verwirklichung der Gemeinschaft und eben als solche wichtig für die
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Zukunft der Menschheit. Die Menschheit hat ein fundamentales Interesse an der Erhaltung eines lebendigen und produktiven Judentums, und ein solches kann nur aus der Macht der einzigartigen Verknüpfung zwischen diesem Volke und diesem Lande erwachsen. Aus der Urtatsache, auf die ich hingewiesen habe, ergibt sich das Prinzip des Zionismus: Konzentration der einer Reproduktivierung fähigen Volkskräfte in Palästina, und daraus ergeben sich die unabdinglichen drei zionistischen Postulate. Das erste ist: Freiheit des Bodenerwerbs in einem Ausmaße, das eine erneuerte Verbundenheit mit der Urproduktion gewährleistet, von der das jüdische Volk Jahrtausende abgetrennt war, eine erneuerte Verbundenheit mit ihr, aus der allein eine erneute selbständige geistige und soziale Produktivität hder Gemeinschafti hervorgehen kann. Das zweite: Ermöglichung eines ununterbrochenen starken Zuflusses von Siedlern, insbesondere von siedlungswilliger Jugend, um das Werk des Aufbaus immer neu zu beleben und es von den Gefahren der Stokkung, Isolierung und Levantinisierung zu bewahren. Das dritte: Selbständigkeit der jüdischen Gemeinschaft in der Bestimmung ihrer Lebensformen und Institutionen und Sicherung ihrer unbehinderten Entwicklung als Gemeinschaft. Diese Postulate lassen sich in dem der Welt bekannten, aber von ihr zumeist nicht hinreichend erfassten Begriff eines national home zusammenfassen. Aus der von mir gekennzeichneten Tradition der innerhalb jeder Gemeinschaft und zwischen den Gemeinschaften zu verwirklichenden Gerechtigkeit geht hervor, dass die Erfüllung dieser Postulate ohne Beeinträchtigung der Lebensrechte einer anderen Gemeinschaft geschehen muss: Die eigene Selbständigkeit darf nicht auf Kosten einer fremden Selbständigkeit gewonnen werden. Und da jene Tradition auf die Zukunft dieses Landes nicht weniger als auf die des jüdischen Volkes gerichtet ist, ergibt sich daraus und aus den geschichtlichen Gegebenheiten [mit Notwendigkeit] eine grosse, schwere und unumgängliche Aufgabe, – die neue Gestalt jener uralten. Das regenerierte jüdische Volk in Palästina muss nicht bloss ein friedliches Zusammenleben mit dem arabischen anstreben, sondern auch eine umfassende Kooperation mit ihm an der Erschliessung und Entfaltung des Landes. In die Basis einer solchen Kooperation lassen sich Grundrechte des jüdischen Volkes in Sachen des Bodenerwerbs und der Einwanderung ohne Verletzung der Grundrechte des arabischen Volkes einbauen. Das Postulat der Selbstbestimmung muss nicht, wie der [ein grosser] ! grösste Teil des jüdischen Volkes heute meint, zur Forderung eines »jüdischen Staates« oder zu der einer »jüdischen Majorität« führen. Solche Formeln
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stammen aus einem unelastischen politischen Denken, das die Bedeutung hergebrachter politischer Formen zu überschätzen geneigt ist. Die neue Situation und ihr Problem verlangen neue Lösungen, für die die gewohnten politischen Kategorien nicht ausreichen. Was not tut ist ein international zu garantierendes Übereinkommen zwischen den beiden Gemeinschaften, in dem der gemeinsame Bereich der Interessen und Tätigkeiten und die nicht-gemeinsamen Bereiche gegeneinander abgegrenzt werden und den nicht-gemeinsamen die gegenseitige Unabhängigkeit gewährleistet wird. Die Verantwortung derer, die an der hVorbereitung eineri Lösung des palästinensischen Problems arbeiten, geht weit über die Grenzen des Nahen Ostens wie über die des Judentums hinaus. Wenn die Lösung gelingt, wird ein erster vielleicht bahnbrechender Schritt zu einer gerechteren Gestaltung des Lebens zwischen Volk und Volk getan sein. Wort- und Sacherläuterungen: 212,12 Mr. M. Smilansky] Mosche Smilansky (1874–1953): aus Russland stammender zionistisch-hebräischer Schriftsteller des Realismus; wanderte bereits 1891 als landwirtschaftlicher Arbeiter nach Palästina aus; betrachtete sich als Schüler Achad Haams; unterstützte den Hapoel Hazair und begrüßte nach dem ersten Weltkrieg den Kurs Chaim Weizmanns; Mitglied des Brit Schalom und des Ichud; nahm 1936 während der arabischen Revolte an Verhandlungen mit den Arabern teil und war Gegner des Kampfes des Jischuw gegen die britische Mandatsmacht in den 1940er-Jahren. Vgl. auch die Einleitung zu diesem Band, S. 18 f. 212,15 Mr. Justice Singleton] John Edward Singleton (1885–1957): brit. Richter und tätig in verschiedenen brit. Regierungsgremien; Vorsitzender der Untersuchungskommission, der bei der Anhörung des Ichud diese leitete. 214,3 Cromwell] Oliver Cromwell (1599–1658): Puritaner; führte das Parlamentsheer im englischen Bürgerkrieg an und betrieb die Hinrichtung des absolutistischen Königs Karl I. (1600–1649); nach Abschaffung der Monarchie wurde er als »Lordprotector« Zentrum der Macht. 214,3 Lincoln] Abraham Lincoln (1809–1865): 16. Präsident der USA; setzte die Abschaffung der Sklaverei durch. 214,32 Sir Arthur Wauchope] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 181,23. 218,10 President Truman’s 100,000 displaced persons] Der US-amerik. Jurist Earl Harrison (1899–1955) beschrieb im Harrison Report, der
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für Präsident Truman erstellt wurde, die erbärmlichen Lebensumstände der jüdischen Überlebenden in den DP-Lagern, was zu einigen Verbesserungen führte. Darüber hinaus sprach sich der am 29. September 1945 veröffentlichte Untersuchungsbericht für die sofortige Einwanderung von 100 000 jüdischen »displaced persons« nach Palästina aus. Diese Forderung wurde von Truman übernommen, aber von Großbritannien zurückgewiesen. 219,8–9 Lord Samuel] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 69,13. 220,31–32 Seton Watson in his new book, »Eastern Europe Between the Wars 1918–1941,«] Hugh Seton-Watson, Eastern Europe Between the Wars 1918–1941, Cambridge 1946. 221,30 Jewish agency] Vgl. den Kommentar zu [Rede auf dem XVI. Zionistenkongress], in diesem Band, S. 561 f. 221,30–31 the Arab League] offiziell »League of Arab States«. Der Verband arabischer Staaten wurde am 22. März 1945 gegründet. Seine ersten sechs Mitglieder waren Ägypten, Irak, Transjordanien, Libanon, Saudi-Arabien und Syrien. Kurz danach schloss sich noch der Jemen an. 223,14 A.] Wahrscheinlich Abkürzung für »Answer«. 223,19 Doctor Aydelotte] Frank Aydelotte (1880–1956): US-amerik. Prof. für Anglistik. Er leitete verschiedene Universitätseinrichtungen, darunter von 1940–1947 das Institute of Advanced Study in Princeton, wo u. a. Albert Einstein zu der Zeit forschte. 224,17 Professor Notestein’s] Frank W. Notestein (1902–1983): US-amerik. Bevölkerungswissenschaftler, tätig in Princeton. Das Daily News Bulletin der JTA (Jewish Telegraphic Agency) vom 15. Januar 1946 (Bd. XIII [28. Jg.], Nr. 18) gibt seinen Standpunkt so wieder: »Dr. Frank Notestein […] told the committee that Palestine could not absorb the 1,125,000 immigration within 10 years proposed last week by Robert Nathan without serious economic dislocation. He said the Jewish ›rate of fertility‹ is the lowest in the world and the Arab the highest. He attributed the high percentage of Arab population partly to Jewish health measures leading to an ›amazing‹ drop in Arab mortality in the last 20 years. Maintenance of a Jewish majority in Palestine is impossible, he said, without Jewish immigration, which he did not believe could be accommodated.« 226,1 Q.] Wahrscheinlich Abkürzung für »Question«. 226,8 Mr. Crossman] Richard Crossman (1907–1974): brit. Politiker, Parlamentsabgeordneter für Labour von 1945–1974 und zeitweise Minister; während des Zweiten Weltkriegs koordinierte er die brit. Kriegspropaganda; prozionistisch eingestellt.
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228,34 Vaad Leumi] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 181,3 228,35 Arab Higher Committee] 1945 von der Arab League Repräsentationsorgan für die arabischen Bewohner Palästinas; das erste Gremium desselben Namens war 1936 gegründet, aber 1937 bereits von den Briten nach der Tötung eines brit. Offiziers verboten worden. 230,34 Mr. Crum] Bartley Cavanaugh Crum (1900–1959): Rechtsanwalt in San Francisco, der später berühmt wurde durch die Verteidigung von Filmstars gegen die Anschuldigung »unamerikanischer Umtriebe« in der McCarthy Ära; 1944 leitete er die Kampagne »Republikaner für Roosevelt«; eine Darstellung der Aktivitäten der Untersuchungskommission gibt er in der 1947 erschienenen Schrift Behind the Silken Curtain. A Personal Account of Anglo-American Diplomacy in Palestine and the Middle East. Crum war prozionistisch eingestellt. 232.26 Mr. Manningham-Buller] Major Reginald E. ManninghamBuller (1905–1980): Parlamentsabgeordneter für die Conservatives und Strafverteidiger. 233,22–24 »Although these calculations […] remained stable.«] Written Statement to the Anglo-American Committee of Inquiry by the Ihud (Union) Association of Palestine, Jerusalem, March 5, 1946, in: Palestine. A binational State, von M. Buber, Judah L. Magnes und Mosche Smilansky; New York: Ihud 1946, S. 7–28, hier S. 15. 233,33 Mr. Phillips] William Phillips (1878–1968): US-amerik. Diplomat und Vize- Außenminister (1922–1924 und 1933–1936); Berater Roosevelts. 235,38 Mr. McDonald] James G. McDonald (1886–1964): US-amerik. Politiker; 1919–1933 Vorsitzender der Foreign Policy Association; 1933–1935 Hochkommissar des Völkerbundes für die Flüchtlinge aus Deutschland; Vertreter bei der Evian-Konferenz; 1938–1945 Präsident des »President Roosevelt Consultative Committee for Political Refugees«; 1949–1951 Botschafter in Israel. 237,23 Sir Frederick Leggett] (1884–1983): brit. Politiker (Labour) und hoher Regierungsbeamter; Vertrauter des Außenministers Ernest Bevin. 239,15 Mr. Buxton] Frank W. Buxton (1877–1974): US-amerik. Journalist und seit 1929 Herausgeber des Boston Herald. 240,31–32 Mosque of Aksa] Al-Aqsa-Moschee; Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem; neben der Al-Haram-Moschee und der Prophetenmoschee in Medina die drittwichtigste islamische Pilgerstätte. 240,31–32 The Dome of the Rock] Felsendom; ältester erhaltener Sakralbau des Islams und eines der islamischen Hauptheiligtümer. Er steht auf dem Tempelberg im südöstlichen Teil der Altstadt Jerusalems. Er
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[Ein tragischer Konflikt?]
wurde nach gegenwärtigem Forschungsstand zwischen 687 und 691 errichtet. 242,22 Mr. Crick] Wilfred P. Crick: als wirtschaftlicher Berater tätig für die Midland Bank in London; vorher beim Lebensmittelministerium. 243,39 sanhedrin] Der Sanhedrin, Synhedrion oder Hohe Rat war während des Altertums unter römischer Herrschaft die oberste jüdische religiöse und politische Instanz und zugleich der höchste Gerichtshof. Seit seiner Abschaffung durch den römischen Kaiser Theodosius II. im Jahr 425 fehlt eine vergleichbare Instanz, die autoritative Geltung für alle Juden beanspruchen kann. 245,2 Judge Hutcheson] Josph C. Hutcheson (1879-1973): Richter in Houston (Texas); amerik. Vorsitzender der Untersuchungskommission. 245,6 Behold an Israelite indeed in whom there is no guile] Joh 1,47. 245,32 Veblen’s] Thorstein Veblen (1857–1929): bedeutender US-amerik. Wirtschaftswissenschaftler und Soziologe. In seinem 1899 erschienenen Werk The Theory of the Leisure Class: An Economic Study of Institutions kritisiert er die Oberschicht, die ihre herausgehobene Stellung durch eigentlich nutzlosen Konsum und nutzlose Freizeitbeschäftigungen demonstriert. 245,34–40 »The Christian neglected […] undefended«] Nicht nachgewiesen. [Ein tragischer Konflikt?] In ihrem Bericht, veröffentlicht am 1. Mai 1946, sprach sich die angloamerikanische Kommission tatsächlich für die Idee eines binationalen Staates in Palästina aus: »It is neither just nor practicable that Palestine should become either an Arab state, in which an Arab majority would control the destiny of a Jewish minority, or a Jewish state, in which a Jewish majority would control that of an Arab minority. In neither case would minority guarantees afford adequate protection for the subordinated group […] Palestine, then, must be established as a country in which the legitimate national aspirations of both Jews and Arabs can be reconciled without either side fearing the ascendancy of the other. In our view this cannot be done under any form of constitution in which a mere numerical majority is decisive, since it is precisely the struggle for a numerical majority, which bedevils Arab-Jewish relations. To ensure genuine self-government for both the Arab and the Jewish communities, this struggle must be made purposeless by the constitution itself.« (Zitiert
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nach: Palestine. A Study of Jewish, Arab and British Policies, published for the Esco Foundation for Palestine, New Haven 1947, Bd. 2, S. 1225 f.) Neben der Aussage des Ichud hatte auch die Aussage des Ha-schomer ha-tza’ir für einen binationalen Staat großen Einfluss auf dieses Votum. Der Ichud war von diesem Bericht verständlicherweise begeistert. In gehobener und etwas selbstgefälliger Stimmung berief der Ichud eine Mitglieder-Konferenz ein, um angesichts dieser dramatischen Bestätigung seines Programms über seine weiteren Schritte zu entscheiden. In seiner Eröffnungsrede vor der Konferenz, die im Mai 1946 zusammenkam, sprach Judah L. Magnes von der Notwendigkeit, bereits vor Inkrafttreten einer binationalen Staatsverfassung, wie im Bericht der Kommission vorgesehen, Einrichtungen und Formen von Verwaltung zu schaffen, die eine solche Verfassung durch Förderung des Bewusstseins einer gemeinsamen Verantwortung von Juden und Arabern erst ermöglichen sollten. Nach Magnes hielt Buber seine Ansprache, in der er die politische Bedeutung solcher Bemühungen hervorhob. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 58); 3 lose paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen; trägt einen handschriftlichen Vermerk oben auf dem erst Blatt: »1946«. TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 58); 5 lose Blätter nicht paginiert; handschriftlicher Zusatz auf dem ersten Blatt, oben, in Form einer Überschrift: »Ein tragischer Konflikt?« Druckvorlage: TS Variantenapparat: 248,5 wahrscheinlich weiter, […] erwarteten] [wo wir vorher nicht gestanden hätten] ! wahrscheinlich weiter, […] erwarteten H 248,6 noch nicht] noch nicht [mit gleicher Deutlichkeit] H 248,26 das jüdisch-arabische Problem] [die jüdisch-arabische Differenz] ! das jüdisch-arabische Problem H 248,36 reale] [faktische] ! reale H 249,3 ermöglichender und fördernder] ermöglichender hund fördernderi H 250,15–17 Auf solche […] gelangen können.] hAuf solche […] gelangen können.i H 250,37 Die Hoffnung auf sie] [Im starken Wissen um diesen Zusammenhang] ! Die Hoffnung auf sie H
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Nein, es ist nicht genug
Wort- und Sacherläuterungen: 248,19 the demands of life itself ] Vgl. »Oral Testimony«, in diesem Band, S. 248. 248,22 get it through life.] Ebd., S. 237. Nein, es ist nicht genug Die britische Regierung reagierte auf den Bericht der anglo-amerikanischen Untersuchungskommission mit einiger Verblüffung und befolgte deren Richtlinien nicht, obwohl sie diese ursprünglich als bindend anerkannt hatte. Die Jewish Agency war genauso wenig begeistert; einzig und allein die Empfehlung der Kommission, die sofortige Einwanderung von 100 000 Juden nach Palästina zuzulassen, stieß auf ein positives Echo. Die Ankündigung der britischen Regierung Anfang Juni 1946, eben dieser Empfehlung nicht folgen zu wollen, beantwortete die neu gebildete jüdische Widerstandsbewegung mit der Sprengung sämtlicher Brücken, die Palästina mit den Nachbarstaaten verbanden. Sie war im Herbst 1945 von der Hagana, den Untergrundtruppen der Jewish Agency, sowie dem Irgun und weiteren Gruppierungen auf britische Militäreinrichtungen angesetzt worden, um die Entschlossenheit des Jischuw zu dokumentieren, sich der britischen Politik zu widersetzen. Auf diese Tat der jüdischen Widerstandsbewegung reagierte die Mandatsregierung mit willkürlicher Inhaftierung sämtlicher Mitglieder des Exekutivausschusses der Jewish Agency, die sich zu dem Zeitpunkt im Lande befanden. Weitere Maßnahmen gegen den Jischuw ließen nicht lange auf sich warten. Die Spannung erreichte einen neuen Höhepunkt, als der Irgun am 22. Juli 1946 im Alleingang die im King David-Hotel in Jerusalem befindlichen Dienststellen der Zentralregierung in die Luft sprengte, wobei achtzig Personen, Regierungsbeamte und Zivilbevölkerung, Engländer, Juden und Araber ums Leben kamen. Entsetzt richtete die Jewish Agency einen Aufruf an die Juden in Palästina, »sich gegen solche abscheulichen Ausschreitungen zu erheben«, und suchte den bewaffneten Unternehmungen gegen die Engländer Einhalt zu gebieten. In seinem Artikel »Nein es ist nicht genug«, erschienen in der hebräischen Tageszeitung Ha-aretz vom 26. Juli 1946, nimmt Buber indirekt Bezug auf die Sprengung des King David-Hotels und auf die Verurteilung dieser Tat durch die Jewish Agency. Durch Duldung von Gewalttaten – wieder eine Anspielung, zweifellos auf die jüdische Widerstandsbewegung, durch welche die Terrorakte des Irgun legitimiert wurden –
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mache sich die Führung des Jischuw, laut Buber, mitschuldig an den Mordtaten des Irgun. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 51); 1 Blatt, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D: Lo dai [es ist nicht genug], Ha-aretz vom 26. Juli 1946 (MBB 755). Druckvorlage: H Variantenapparat: 251,3 ausdrücken] ausdrücken [und dass wir verurteilen] H 251,13–15 und die Gerechtigkeit […] bringen scheint,] hund die Gerechtigkeit […] bringen scheint,i H 252,2 den ungetreuen Gliedern gegenüber] [allen seinen Gliedern gegenüber] ! den ungetreuen Gliedern gegenüber H Wort- und Sacherläuterungen: 251,33–36 Unsere Augen haben gesehen […] am Bach!] Vgl. Dtn 21,1– 9. [Ein Gnadengesuch] Auf die Sprengung des King David-Hotels hin verdoppelte die Mandatsregierung ihre Anstrengungen, jüdische Terroristen zu fassen und ihre Organisation zu zerschlagen. Typisch für das harte Durchgreifen der Engländer war die Aburteilung vor einem Militärgericht und das Todesurteil, das über eine Irgun-Gruppe mit achtzehn Mitgliedern verhängt wurde, die Anfang August 1946 gefasst worden war. Sie waren an der Sprengung des Haifaer Eisenbahndepots beteiligt in derselben Nacht, als die Brücken rings um Palästina in die Luft flogen. Die vier weiblichen Mitglieder der Gruppe wurden zu lebenslänglichem Freiheitsentzug, die übrigen Mitglieder zum Tode verurteilt. Buber und sechs weitere Mitglieder des Ichud unterzeichneten am 21. August 1946 eine Bittschrift an den britischen Hochkommissar für Palästina, in der dieser ersucht wurde, das über die jugendlichen Anhänger des Irgun gefällte Urteil zu mildern. Am 30. August 1946 wurde das Todesurteil tatsächlich in lebenslängliche Gefängnisstrafe verwandelt. In der Zeit, da der Jischuw gegen die Engländer kämpfte, verfasste oder unterzeichnete Buber etliche solcher Bittschriften, für Juden und Araber.
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Zwei Völker in Palästina
Textzeuge: TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 008 493d.I); 1 Blatt; Durchschlag des Originalbriefs; ohne Korrekturen. Druckvorlage: TS Wort- und Sacherläuterungen: 253,4 The High Commissioner] Sir Alan Cunnigham (1887–1983) war von 1945–1948 Hochkommissar für Palästina. 254,5 Ch. M. Kalvarisky] Chaim Margolis-Kalvarisky, vgl. den Kommentar zu »Von einem junggebliebenen Alten«, in diesem Band, S. 695. 254,5 Leon Roth] Leon Chaim Yehuda Roth (1896–1963): Professor für Philosophie und Geschichte an der Hebräischen Universität; 1951– 1955 Minister für Erziehung und Kultur. 254,6 D. W. Senator] David Werner Senator (1896–1953); vgl. den Kommentar zu »Rede bei der Gedenkfeier der Universitaet fuer David Werner Senator, am 12. Dec., 1953«, in diesem Band, S. 710. 254,6 M. Smilansky] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 212,12. Zwei Völker in Palästina Im Juni 1947 wurde Buber auf einer Europareise vom holländischen Rundfunk aufgefordert, seine Sicht der Palästinafrage darzulegen. Buber nutzte die Gelegenheit dieser Sendung, um aus den Gedanken, die er in seiner langen Zugehörigkeit zur zionistischen Organisation entwickelt hatte, – dem verderblichen Überwiegen der politischen Denkkategorien, der Bedeutung von Zion für den Zionismus, den Aussichten auf eine arabisch-jüdische Zusammenarbeit, dem binationalen Staatswesen, seinen sozio-ökonomischen und geistigen Grundlagen – die Gesamtschau einer friedlichen Zukunft für Juden und Araber in ihrem gemeinsamen Heimatland aufscheinen zu lassen. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 10a); 12 lose, paginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 10a); 7 lose, paginierte Blätter; mit einigen handschriftlichen Korrekturen versehen.
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Druckvorlage: TS Übersetzungen: Hebräisch: Schnej amim be-eretz Jisarel, in: Mi-divre M[artin] B[uber], Be’ajot, 6. Jg., Heft 3/4, Februar 1948, (Sonderheft zu Bubers 70. Geburtstag) (MBB 802). Variantenapparat: 255,2 Ich will Ihnen […] Zweck allein] [Zum erstenmal nach einer vieljährigen Unterbrechung spreche ich heute wieder von einem europäischen Sender aus zu Europäern. Und da, meine ich, ist es mir aufgegeben, zu diesen Menschen, die ich nicht vor mir sehe du doch unmittelbar erreichen will, zu Ihnen meine Hörer, davon zu reden, was dort, woher ich komme, in Palästina, vor sich geht. Aber nicht zu dem Zweck] ! Ich will Ihnen […] Zweck allein H 255,9 Ueberspannung] [Hypertrophie] ! Überspannung H 255,18 der Trieb […] Güter und] hder Trieb […] Güter undi H 255,28–29 , die zwischen ihnen […] könnte,] h, die zwischen ihnen […] könnte,i H 255,31 Stammvater] [Urvater] ! Stammesvater H 255,34–36 Es ist nichts […] gewesen ist.] hEs ist nichts […] gewesen ist.i H 255,37 die gemeinsame Liebe] [das gemeinsame Gefühlsverhältnis] ! die gemeinsame Liebe H 256,41 in ihrer Art und Lebensweise] h in ihrer Art und Lebensweisei H 257,40 entfalten] [aufbauen] ! entfalten H 258,1–2 unterbinden] [beeinträchtigen] ! unterbinden H 258,4 Weltjudenheit] [heimatlosen Judenheit] ! Weltjudenheit H 258,22 Entscheidungsmöglichkeit] Entwicklungsmöglichkeit H 260,33 vorbereiten] hheischen undi vorbereiten H 260,39 , an der Entwicklung […] Vertrauens] h, an der Entwicklung […] Vertrauensi H Nicht ein Judenstaat, sondern ein bi-nationales jüdisch-arabisches Staatsgebilde In dem Bemühen, den eigenen Stand zu festigen und Einfluss auf weitere Kreise zu erlangen, gab der Ichud 1947 eine Aufsatzsammlung in englischer Sprache heraus mit dem Titel »Towards Union in Palestine. Essays on Zionism and Jewish-Arab Cooperation«. (In dieser Broschüre
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ist auch »Our Reply« abgedruckt, in diesem Band, S. 207–211). Die meisten der Beiträge waren ursprünglich auf Hebräisch in Beʿ ajot erschienen. Buber schrieb einen eigenen Aufsatz als Einführung zu dem Band. In ihm bietet er einen Überblick über die ideologischen Beweggründe und das Programm des Ichud. Die deutsche Fassung wurde im Maiheft 1947 der Zeitschrift Neue Wege abgedruckt. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 10); 12 lose paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte, mit Korrekturen versehen. TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 10); 5 lose, paginierte Blätter; mit einigen handschriftlichen Korrekturen, nicht von Bubers Hand, versehen. D: Nicht ein Judenstaat, sondern ein bi-nationales jüdisch-arabisches Staatsgebilde, in: Neue Wege XLI/5, Mai 1947, S. 224–231 (MBB 771). Druckvorlage: D Übersetzungen: Englisch: The Bi-national Approach to Zionism, in: Towards Union in Palestine – Essays on Zionism and Jewish-Arab Cooperation, hrsg. von Martin Buber, Judah L. Magnes und Ernst Simon, Jerusalem: Ihud Association 1947, S. 7–13 (MBB 766); Neuauflage: Towards Union in Palestine – Essays on Zionism and Jewish-Arab Cooperation, hrsg. von Martin Buber, Judah Magnes und Ernst Simon, Westport: Greenwood, 1972 (MBB 1364). Variantenapparat: 262,7 intranationalen] [politischen] ! intranationalen H 262,22–24 , zumal wo sie […] Gesellschaftsformung rührt] h, zumal wo sie […] Gesellschaftsformung rührti H 262,30 durch eine faktische und umfassende] [von der konrekten] ! durch eine faktische und umfassende H 262,39–263,1 , und ganz gewiß […] anstand,] h, und ganz gewiß […] anstand,i H 263,8–9 unter großen […] Perpsektiven] hunter großen […] Perpsektiveni H 263,14 militante] [polemische] ! militante H 263,17 Weltmachtsrückhalt] [natürlichen] Weltmachtsrückhalt H
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263,24 befähigen] [erziehen] ! befähigen H 263,31 rückständigen] [noch unbehilflichen] ! rückständigen H 263,38 arabischen] [nachbarlichen] ! arabischen H 264,10 tätige] [handelnde] ! tätige H 264,11–12 wirtschaftlichen] wirtschaftlichen [und der kulturellen] H 264,16 in der öffentlichen Arena] hin der öffentlichen Arenai H 264,24 Wirtschaftspolitiker] [Wirtschaftsführer] ! Wirtschaftspolitiker H 265,15 als Defaitisten denunziert] Defaitisten genannt H 265,17 Quislinge] [Verräter] ! Quislinge H 265,38 des jüdischen Volkes] des jüdischen Volkes [ – Einwanderung, Bodenerwerb, Selbstbestimmung –] H 265,41 feindlichen] [national geeinten] ! feindlichen H 266,1–2 und eine lose […] ersetzen könnte] h und eine lose […] ersetzen könntei H 266,5–6 (natürlich auch […] bedachtes)] h(natürlich auch […] bedachtes)i H 266,9–12 , einer Zusammenarbeit, […] dürfen] h, einer Zusammenarbeit, […] dürfeni H 266,15 Zukunft] Zukunft der Menschheit H 267,12 Hypertrophie] [Hegemonie] ! Hypertrophie H 267,32 Wirtschaftsinteressen] Wirtschaftsinteressen und Wirtschaftshandlungen H 267,32–34 , innerlich […] Gesellschaftsbildung] h, innerlich […] Gesellschaftsbildungi H 268,2 Aber ebenso können] [Die Araber werden erfahren, dass sie es nur so bekommen können, die Juden] ! Aber ebenso können H 268,5 was immer man sagen mag] [die Welt, genauer gesagt die Mehrheit der Vereinigten Nationen, braucht und will] ! was immer man sagen mag H 268,9 unseren Kampf […] begonnen] [diese Tribüne […] errichtet] ! unseren Kampf […] begonnen H 268,22–24 – sie hätte […] bloßgelegt] h– sie hätte […] bloßgelegti H Wort- und Sacherläuterungen: 262,6 »Baʾ ayot«] Zeitschrift, Sprachrohr des Ichud. Vgl. den Kommentar zu »Wir errichten eine Bühne«, in diesem Band, S. 696. 263,28–29 jedenfalls des modernen, unter weltpolitischen Auspizien begonnenen] Verweis auf Herzls politischen Zionismus. 263,36 Prinzip der »jüdischen Arbeit«] In der englischen Ausgabe des Textes erklärt Buber in einer Fußnote: »i. e. the principle that all hi-
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Die Wahrheit und das Heil
red labourers, both in industry and agriculture, should be exclusively Jews; first, because only thus can Jewish immigration be absorbed into the economy of the country, and new place be created for additional Jewish immigrants; second, because Arab labour, fort he most part, is not organized in trade unions, and cheaper, and thus may undermine the principle of employing organiuzed labour only.« The Binational Approach to Zionism, S. 8. 265,16 Asmodaeus] auch Asmodai, hebr.: Aschmedai, Name eines Dämons im jüdisch-christlichen Volksglauben, oftmals sogar der König der Dämonen. Dennoch wird er in der jüdischen Tradition nicht ausschließlich negativ dargestellt. 265,17 Quislinge] von Vidkun Quisling (1887–1945), dem norwegischen Faschistenführer und seit 1942 Ministerpräsident des von Deutschland besetzten Norwegens, abgeleitete Bezeichnung für »Verräter«, »Kollaborateur«. 265,37 Kassandra] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 164,4. 265,38–39 Magna Charta Reservationum] Ein Neologismus Bubers. 266,Anm 1 Oskar Epstein] (1888–1940): wichtiges Mitglied im Prager Bar Kochba Verein, vertrat Herzls politischen Zionismus. Vgl. seinen Beitrag »Erhaltung oder Erneuerung« in: Vom Judentum. Ein Sammelbuch, hrsg. vom Verein jüdischer Hochschüler Bar Kochba in Prag, Leipzig 1913, S. 173–179. 267,2–11 was J. L. Magnes […] Handelns vorzuschreiben.] Vgl. »Oral Testimony«, in diesem Band, S. 226. 267,5 through life and not through discussion] Vgl. »Oral Testimony«, in diesem Band, S. 226. 267,9 (agreement among the political leaders)] Ebd. Die Wahrheit und das Heil Buber hatte einen begeisterten und überzeugten Kampf für seine politischen Vorstellungen zur arabischen Frage auf dem XII. Zionisten-Kongress geführt, in dem er allerdings unterlegen war. (Vgl. dazu Ernst Simon, Nationalismus, Zionismus und der jüdisch-arabische Konflikt in Martin Bubers Theorie und Wirksamkeit, in: Bulletin des Leo Baeck-Institutes 33, 9. Jg., 1966, S. 21–84.) Die parteipolitischen Gegebenheiten hatten einen Kompromiss verlangt. Buber konnte zwar nicht umhin, dieses Faktum des politischen Lebens anzuerkennen, aber er bestand darauf, dass Grundsätze von Kompromissen nicht angetastet werden dürften. Buber war zutiefst erschüttert, dass das Redaktionskomitee, in
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dem zumeist Menschen saßen, die er schätzte und deren Weltanschauung er teilte, politische Kompromisse für wichtiger erachtete als das moralische Prinzip. Er zog daraus weitreichende Konsequenzen. Er nahm an der Parteipolitik nicht mehr teil und hielt sich aus politischen Machenschaften heraus, wo Grundsätze allzu häufig verdunkelt, wenn nicht gar verraten werden. 26 Jahre nach dem XII. Zionisten-Kongress brachte er die Erinnerung an seine kurze, aber schicksalhafte Erfahrung mit den Schlichen und Ränken der Parteipolitik in einem Brief an Judah L. Magnes zum Ausdruck, der gleichzeitig in der Zeitschrift Beʿ ajot (Juli 1947) abgedruckt wurde. Textzeuge: D1: Ha-emet we-ha-teschua, in: Beʾ ajot, 5. Jg., Heft 5–6, Juli 1947, S. 189 (MBB 779). D2: Te’uda we-ji’ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-scha’a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 341–342 (MBB 1182). Druckvorlage: Übersetzung aus dem Hebräischen in B III, S. 133–135, ergänzt um fehlende Passagen durch Simone Pöpl. Wort- und Sacherläuterungen: 271,25 die Wahrheit das Siegel Gottes ist] Vgl. bShab 55a. Palestine. Can Deadlock Be Broken? Im Sommer 1947 war Buber in London, wo er an einem öffentlichen Gespräch über das Palästina-Problem teilnahm. Den Vorsitz hatte Richard M. S. Crossman, ein Abgeordneter der Labour-Partei, der auch dem anglo-amerikanischen Untersuchungsausschuss angehörte und eher prozionistisch eingestellt war. (Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 226,8). Weitere Teilnehmer waren Thomas Reid (1881–1963), ebenfalls Abgeordneter der Labour-Partei, der 1938 Mitglied der »Woodhead Commission« gewesen war (die zu dem Schluss gelangt war, dass eine Teilung Palästinas undurchführbar sei), und Edward Atiyah (1903–1964), libanesischer Christ und Leiter des Arabischen Büros in London, das mehrere arabische Regierungen zusammen mit der Arabischen Liga dort errichtet hatten. Der Abdruck folgt der Wiedergabe des Gesprächs in der Londoner Zeitschrift Picture Post, das von dieser angeregt worden war.
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Lassen wir es nicht zu, dass uns die Straße beherrscht!
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Textzeuge: D: Palestine. Can Deadlock Be Broken?, Interview mit Richard H. Crossman, Thomas Reid, Martin Buber und Edward Atiyah, Picture Post, 36. Jg., Heft 2, 12. Juli 1947, S. 22–25 (MBB 772). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 275,3–4 McMahon Declaration] Gemeint ist die Korrespondenz 1915/ 1916 zwischen dem britischen Hochkommissar für Ägypten Sir Henry McMahon (1862–1949) und dem Großscherif von Mekka Hussein ibn Ali (1853?–1931). Der arabische Aufstand gegen die osmanische Oberherrschaft wurde von den Briten unterstützt und die arabische Unabhängigkeit unter Ausschluss gewisser Gebiete versprochen, zu denen nach mancher Interpretation Palästina gehörte. 275,11–12 Anglo-French Declaration] Erklärung Großbritanniens und Frankreichs am Ende des Ersten Weltkriegs nach der Niederlage des Osmanischen Reiches. Den Völkern im Nahen Osten wurde Befreiung und Selbstbestimmung versprochen. 276,12 Jewish Agency] Vgl. den Kommentar zu [Rede auf dem XVI. Zionistenkongress], in diesem Band, S. 561. 276,12–13 Higher Committee of the Arab League] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 221,30–31 und 228,35. Lassen wir es nicht zu, dass uns die Straße beherrscht! Im Februar 1947 gab die britische Regierung das Palästina-Mandat an die Vereinten Nationen zurück. Am 29. November folgte die UN-Vollversammlung der Empfehlung der von ihr eingesetzten internationalen Kommission, beendete das Mandat und teilte Palästina in zwei unabhängige Staaten, einen jüdischen und einen arabischen. Am Morgen nach der UN-Abstimmung befand sich Palästina faktisch im Kriegszustand, einem Bürgerkrieg zwischen Juden und Arabern. In seinem Artikel, einem offenen Brief, der als Leitartikel der Tageszeitung Ha-aretz vom 29. Januar 1948 erschienen ist, ruft Buber zusammen mit den Mitunterzeichnern, Judah L. Magnes und D. W. Senator (1896–1963), Verwaltungsbeamter der Hebräischen Universität und Mitglied des Ichud, seine jüdischen Brüder auf, sich jeglicher gewalttätiger Ausschreitungen gegen Araber, besonders in Jerusalem, zu enthalten.
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Textzeuge: D: Al nitan la-rechow lehischtalet aleinu [Man darf der Straße nicht die Herrschaft überlassen], in: Ha-aretz, 29. Januar 1948 (MBB 798a). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 281,13 Siedlung Katamon] Ein vornehmlich von Christen bewohnter zentrumsnaher Stadtteil von Jerusalem, der vor und im Unabhängigkeitskrieg heftig umkämpft war und schließlich von israelischen Truppen erobert wurde. Die arabische Bevölkerung floh und die aus dem jüdischen Viertel der Altstadt evakuierten Juden wurden dort angesiedelt. 281,16 Meah Shearim] Ein von ultra-orthodoxen Juden bewohnter Stadtteil von Jerusalem. 281,18 Liftah] Arabisches Dorf, aus dem seine Bewohner Anfang 1948 geflohen sind und das seither verlassen ist. 281,35 »Volkswache«] Hebr.: »Mischmar am«. Als sich die Situation in Palästina im Laufe des Jahres 1947 immer mehr in Richtung Bürgerkrieg hin entwickelte, wurden die sogenannten »Volkswachen« in mehreren großen Städten eingerichtet, die aus Freiwilligen bestanden, die aus Alters- oder Gesundheitsgründen nicht in der Armee dienen konnten. Sie sollten die öffentliche Ordnung aufrechterhalten. In Jerusalem wurde die Einheit im September 1947 gegründet und sollte u. a. die geordnete Ausgabe der rationierten Lebensmittel überwachen. Ein grundlegender Irrtum, der beseitigt werden muss Der Teilungsbeschluss der Vereinten Nationen vom 29. November 1947 wurde von der zionistischen Bewegung mit überschwänglicher Begeisterung begrüßt. »Unser Recht auf Unabhängigkeit, nunmehr grundsätzlich anerkannt, muss fortan Wirklichkeit werden«, erklärte der Nationalrat des Jischuw. (Vgl. Jacob C. Hurewitz, The Struggle for Palestine, New York 1976, S. 310.) Die Jewish Agency unternahm eine diplomatische Initiative, um die rasche Durchführung der Teilung zu garantieren. Sie ging auch unverzüglich daran, den Jischuw verwaltungsmäßig, politisch und militärisch auf die Staatlichkeit vorzubereiten. Mitte Dezember 1947 verkündete Großbritannien, es werde sich dem UN-Beschluss fü-
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Ein grundlegender Irrtum, der beseitigt werden muss
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gen, und kündigte zur allgemeinen Überraschung das Erlöschen des Palästina-Mandats bereits für den 15. Mai 1948 an. Die unmittelbar bevorstehende Gründung des Staates sowie die militärische Bedrohung durch die Araber verstärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Jischuw und führte zu einer Einigung sämtlicher Parteien, von den Kommunisten bis hin zu der ultra-orthodoxen Agudat Israel. Der Ichud stellte die einzige Ausnahme dar. Überzeugt, dass die Teilung Palästinas zum Krieg zwischen dem jungen jüdischen Staat und den Arabern führen werde, setzte der Ichud alles daran, die Aufmerksamkeit der jüdischen Öffentlichkeit auf die mit der Staatlichkeit verbundenen Gefahren zu lenken. In dem am 1. April 1948 in Be’ajot ha-zman, erschienenen Artikel sprach Buber die Warnung aus, dass das Ringen um die Staatlichkeit, das mit dem Biltmore-Programm 1942 begonnen hatte, ein selbstmörderisches Unterfangen sei. Es beruhe auf der falschen Voraussetzung, dass ein jüdischer Staat in Palästina den englischen imperialistischen Interessen entgegenkomme und daher von dort Unterstützung zu erwarten habe. Aber dies sei eindeutig nicht der Fall, und daher rühre die gegenwärtige Krise, in welcher der Jischuw seiner eigenen Torheit und der schrecklichen Wut der Araber überlassen sei, welche noch geschürt werde durch die Sorge, dass die staatssüchtigen Juden sie zu unterdrücken trachteten. Außerdem sei das voreilige Bemühen um Staatlichkeit dem gesunden Grundsatz, von dem sich der Jischuw bisher habe leiten lassen, diametral entgegengesetzt, denn nun könne nicht mehr die organische, schrittweise Entwicklung der moralischen und materiellen Reserven des Jischuw als der sicherste Weg zur Verwirklichung der lauteren Ziele des Zionismus gelten. Politische Souveränität werde, zumindest in diesem geschichtlichen Stadium, das zionistische Werk gefährden. Textzeuge: D: Ta’ut jesodit sche-jesch lesalka [Ein grundlegender Irrtum, der beseitigt werden muss], in: Be’ajot ha-zman, 7. Jg. Nr. 1 vom 1. April 1948, S. 3 (MBB 800). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 284,3–4 was wir mit jener »Errungenschaft« […] erreicht haben] Buber spielt auf den Teilungsplan an, der am 27. November 1947 durch die UNO angenommen wurde.
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Zweierlei Zionismus Ungeachtet des wachsenden Drucks der Westmächte, insbesondere der USA, die Errichtung eines Staatswesens noch etwas hinauszuschieben, erklärte der Jischuw unter der Leitung von David Ben Gurion am 14. Mai 1948 seine Unabhängigkeit und konstituierte sich als Staat Israel. Inmitten des Hochgefühls, von dem der größte Teil des Jischuw erfasst wurde, bezeichnete Buber kaum zwei Wochen nach der Unabhängigkeitserklärung des jungen Staates in seinem am 27. Mai 1948 in Beʿ ajot ha-zman erschienenen Artikel politische Souveränität als Entstellung des zionistischen Ideals nationaler Wiedergeburt. Freilich gab es seit der Frühzeit des Zionismus eine Tendenz, das Ziel der Bewegung in der politischen »Normalisierung« der jüdischen Nation zu sehen. Aber der Wunsch, zu sein wie alle anderen Nationen, so betont Buber, laufe auf nationale Assimilation hinaus und sei deshalb Verrat an der wahren Vision des Zionismus. Durch Förderung der Wiedergeburt des jüdischen Volkes im Land Israel suche der »wahre« Zionismus dem Judentum seine ursprüngliche Berufung wiederzugeben, den Dienst am Geist durch das natürliche Leben der Nation, – der die Quelle universaler Wahrheit und Gerechtigkeit sei. Außerdem müsse der wahre Zionismus den Weg des »normalen« egoistischen Nationalismus meiden; denn er wisse, dass die Heimkehr ins Land der Väter weder mit dessen Eroberung noch mit der Unterjochung seiner nicht-jüdischen Bewohnerschaft verbunden sein dürfe. Die deutsche Erstpublikation fand gleichzeitig mit der hebräischen in Die Stunde statt, wobei die Ausgabe aus einfachen hektographierten Blättern besteht. Textzeuge: H1: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 45); 3 lose paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. H2: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 45); 5 lose paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit einzelnen Korrekturen versehen; Reinschrift von H1. 1 D : Die Stunde, Jerusalem, 28. Mai 1948, S. 4–5. Hektographierte Blätter (MBB 798). D2: Der Aufbau, XXIX, Heft 38, S. 297–298 (MBB 798). D3: JuJ, S. 349–352 (MBB 1216). Druckvorlage: D1
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Übersetzungen: Hebräisch: Zionut we-»zionut«, Be’ajot ha-zman, 7. Jg., Heft 24/25, S. 1 (MBB 804); Zionut we-»zionut«, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 236–238 (MBB 1182). Variantenapparat: 285,2–3 zwei Grundtendenzen] hervorgehoben D2 285,8 bestuerzende Aktualitaet] hervorgehoben D2 285,10 Wiedergeburt] hervorgehoben D2 285,12 aufkomme] [erstehe] ! aufkomme H1 285,20–21 Land, Sprache und Selbständigkeit] [Land und Sprache] ! Land, Sprache und Selbständigkeit H1 285,27 sind im Grunde […] jener zwei] [spiegeln im Grunde jene wieder] ! sind im Grunde […] jener zwei H1 285,29 maechtige Bewusstsein] [Geheiss] ! mächtige Bewusstsein H1 285,30 Wahrheit und Gerechtigkeit zu erfuellen] hervorgehoben D2 285,37 in dieser Epoche der »Wiedergeburt«] hin dieser Epoche der »Wiedergeburt«i H1 285,38 Kriterium] Maßstab H1 286,3 denn Verrohung […] nach innen] hervorgehoben D2 286,10 Israels] [des Volkes] ! Israels H1 286,12–13 praktischen Grundfrage, an die wir geraten] politischen Grundfrage, auf die wir stossen H1 politischen Grundfrage, an die wir geraten H2 286,19–20 geschichtlichen und uebergeschichtlichen Kraefte] hgeschichtlichen und uebergeschichtlicheni Kraefte H1 286,34 vereint in dem Gemeinsamen Werk] hervorgehoben D2 286,35 gemeinsamen Heimat] hervorgehoben D2 286,36 Geschaefte] [politischen] Interessen H1 286,37 Vorderasiens eintreten,] [des Orients] ! Vorderasiens eintreten, [und von ihm aus [dieses Land] ! Palästina zu einer grossen starken tragfähigen Brücke zwischen Osten und West ausbauen] H1 286,40 Arbeit und Friede] hervorgehoben D2 287,1 , die nach blosser Sicherheit,] fehlt H1 287,8 Mehrheitsvolk] [Volk] ! Mehrheitsvolk H1 287,18–19 die Initiativgemeinschaft […] zu werden] hervorgehoben D2 287,22 Werte] Werke H1, H2 287,22 zu muessen] ergänzt und dabei entweder ohne Bundesgenossen zu bleiben oder als Preis für die Bundesgenossenschaft auf die er-
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Einzelkommentare
probten Grundlagen der wirtschaftlichen Blüte des Jischuw zu verzichten H1 287,23 Krieg geführt] [gekämpft] ! Krieg geführt H1 287,27 umzuschlagen] [zu entarten] ! umzuschlagen H1 287,29–30 , und mein Herz […] Menschen] fehlt H1 287,30–32 Aber auch […] bedeuten wird] hervorgehoben D2 287,30–31 auch einem Sieg […] denn] fehlt H1 287,31 eine Niederlage] den [Zusammenbruch] ! Fall H1 [Nach Bernadottes Ermordung] Nach Ausbruch des Kriegs zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn im Mai 1948 entsandten die Vereinten Nationen einen schwedischen Diplomaten, den Grafen Folke Bernadotte (1895–1948), als Sonderbotschafter nach Palästina, um zwischen den streitenden Parteien zu vermitteln. Er unternahm mehrere erfolglose Versuche, einen Waffenstillstand zustande zu bringen, und machte verschiedene Vorschläge für eine Lösung der akuten Krise. Er war bemüht, die Wünsche der Araber zu befriedigen und dabei an der Idee eines jüdischen Staates festzuhalten; daher schlug er territoriale Zugeständnisse an die Araber vor, einschließlich der Überlassung der Oberhoheit über Jerusalem, das nach dem UNTeilungsplan internationalisiert werden sollte. Am 17. September 1948 geriet Bernadotte auf einer Inspektionstour durch Jerusalem im jüdischen Teil der Stadt in einen Hinterhalt und wurde ermordet. Die Attentäter wurden nie gefasst; laut allgemeiner Annahme handelte es sich um Mitglieder der illegalen »Stern-Gang«, einer Terroristengruppe, die sich 1940 vom Irgun abgespalten hatte. In seinem Aufsatz, der offenbar unmittelbar nach der Ermordung Bernadottes geschrieben, aber nie veröffentlicht wurde, beklagt Buber die unterschwellige Bewunderung, die in diesem Mord eine Heldentat für die Wiedergeburt der jüdischen Nation erblickte. Textzeuge: H1: hebräische Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 waw 78); 2 lose, paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. H2: hebräische Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 waw 78); 1 Blatt, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen.
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Let us Make an End to Falsities!
Druckvorlage: Übersetzung von H aus dem Hebräischen von Daphna Mach. 1
Let us Make an End to Falsities! Nur Stunden, nachdem Ben Gurion die Gründung des Staates Israel verkündet hatte, bombardierten ägyptische Kampfflugzeuge Tel Aviv. Die Armeen fünf arabischer Staaten hatten sich mit irregulären palästinischen Truppen zusammengetan, um den entstehenden jüdischen Staat zu vernichten. Buber jedoch erklärte in seinem in Beʿ ajot ha-zman (Oktober 1948) erschienenen Artikel, dass es unehrlich wäre, wenn die »Israelis« sich als unschuldige Opfer arabischer Aggression bezeichnen wollten. Die Wahrheit sei, dass die Araber in den politischen Ansprüchen der Zionisten die primäre Aggression erblickten. Selbstgerechte Proteste seien daher irrelevant und politisch töricht; die eigentliche Aufgabe bestehe darin, das Bild der Araber vom Zionismus zu verändern. Textzeuge: D: Freeland, 5/1, Januar/Februar 1949, S. 30 (MBB 816). Druckvorlage: D Übersetzungen: Hebräisch: Nasim qetz li-ftumej ha-milim, Beʿ ajot ha-zman. Bd. 7, Heft 24/25, 1. Oktober 1948, S. 1 (MBB 803); Nasim qetz li-ftumej ha-milim!, in:Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 343–344 (MBB 1182). Wort- und Sacherläuterungen: 290,10–11 Daily we read in our press […] we have been attacked.] Im hebräischen Erstdruck wird hier darauf verwiesen, dass diese Meinung sich sogar in Beʿ ajot ha-zman (Ausgabe 23, S. 8) finden ließe. [Antwort auf Gideon Freudenbergs offenen Brief an Martin Buber] Der ursächliche Zusammenhang zwischen zionistischer Politik und der militärischen Aggression der Araber gegen den jungen Staat Israel, den Buber indirekt aufgezeigt hatte, löste leidenschaftlichen Widerspruch bei einem seiner begeisterten Anhänger im Jischuw aus, Gideon Freuden-
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Einzelkommentare
berg (1897–1976), der sich nach seiner Einwanderung von Deutschland nach Palästina 1936 einem Moschaw, einer landwirtschaftlichen Kooperative, angeschlossen hatte. Freudenberg war unermüdlich darauf bedacht, Buber und seine Lehren in das kulturelle Leben der Moschaw-Bewegung einzuführen; später arbeitete er eng mit Buber zusammen in dem »Seminar für Erwachsenenbildung«, das Buber 1949 gründete. In dem Artikel »Milchama we-schalom« [Krieg und Frieden], erschienen als »Offener Brief an Martin Buber« im Dezemberheft von Beʿ ajot hazman 1948, schreibt Freudenberg in der Rolle eines gekränkten Schülers und wirft Buber vor, sein anstößiger Artikel »Let Us Make an End to Falsities!« verrate letzten Endes die moralische Schwäche des Plans, den Magnes im Namen des Ichud 1946 der anglo-amerikanischen Untersuchungskommission vorgelegt hatte. Dieser Plan zur Lösung des Palästina-Problems sah ein System vollständiger Parität von Juden und Arabern in der Regierungsverantwortung vor sowie eine Bevölkerungsparität zwischen den beiden Nationen mit Beschränkungen der jüdischen Einwanderung, sobald eine demographische Gleichheit hergestellt sein würde. Freudenberg sah darin einen Grundfehler des Ichud-Programms. Er nahm Anstoß an Bubers impliziter Vorstellung, dass die zionistische Politik, die eben auf dem unveräußerlichen Recht auf jüdische Einwanderung beruhe, ein moralisch fragwürdiger Akt der Aggression gegen die Araber sei. Der Brief Freudenbergs erschien in Beʿ ajot ha-zman, 8. Jg., Heft 3, 17. Dezember 1948, S. 3 (deutsche Übersetzung in Ein Land und zwei Völker, S. 298–301.) Freudenbergs Angriff auf Buber war in der letzten Nummer der IchudZeitschrift Beʿ ajot ha-zman erschienen, bevor diese auf Grund administrativer und finanzieller Schwierigkeiten ihr Erscheinen einstellen musste. Daher wurde Bubers Erwiderung nicht publiziert. In seiner Antwort beschreibt er sehr sorgfältig die Art der politischen Aggression des Zionismus gegen die Araber. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 006 77); 3 lose, unpaginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Druckvorlage: H Variantenapparat: 292,4 Dagegen will ich] [Man kann die Tatsache, dass das räumliche Verhältnis zwischen Sonne und Erde sich stetig ändert, als eine Be-
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Schriftstellergespräche [Auszug]
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wegung der Sonne um die Erde oder als eine Bewegung der Erde um die Sonne interpretieren, die Tatsache bleibt. Man kann die Tatsache, dass das französische Volk im Jahr 1789 eine Revolution gemacht hat, aus sozialen oder aus politischen oder aus moralischen Motiven oder aus allen rundheraus erklären, die Tatsache bleibt. Und so auf allen Gebieten. / In der Sache, von der wir sprechen, gibt es zwei Haupttatsachen.] ! Dagegen will ich H 292,38 Volkes] [Bevölkerung] ! Volkes H 292,38 Rückhalt] [Resonanzboden] ! Rückhalt H Wort- und Sacherläuterungen: 293,4–5 im persönlichen Gespräch] Möglicherweise spricht Buber hier einen Punkt an, der die Militärzensur auf den Plan gerufen hätte. 293,20–22 »Mit der einen Hand […] ]באחתdt. und hebr. Zitat von Neh 4,11. Vgl. auch Wort- und Sacherläuterungen zu 201,30–33. Schriftstellergespräche [Auszug] Am 10. März 1949 wurde David Ben Gurion, der bis dahin die vorläufige Regierung des Staates Israel geleitet hatte, zum ersten Ministerpräsidenten gewählt. Etwa zwei Wochen danach berief er bei sich zu Hause in Tel Aviv eine Zusammenkunft der prominentesten Intellektuellen des Landes ein, – Schriftsteller, Dichter, Akademiker –, um mit ihnen über die erwünschte moralische und geistige Ausrichtung des neuen Staates zu Rate zu gehen. Buber, einer der ersten Sprecher in der Versammlung, griff Ben Gurions Äußerung an, dass die Regierung als solche keine direkte Funktion in der Gestaltung des moralischen Charakters des Staates habe. Buber stimmte dem Premierminister insofern zu, als auch er den Intellektuellen eine überaus wichtige Aufgabe beim Aufbau der Gesellschaft, insbesondere im Bereich der Erziehung und Bildung, zusprach, bestand aber darauf, dass die Politik der Regierung in Dingen von moralischer Tragweite dazu beitrage, den moralischen und geistigen Charakter der Nation zur Ausprägung zu bringen. Daher forderte er die Regierung des Staates Israel auf, die moralischen Auswirkungen ihrer Politik auf die Araber zu berücksichtigen; als dringlichste Aufgabe betrachtete er eine rasche und gerechte Lösung des arabischen Flüchtlingsproblems – der Hunderttausenden von Arabern, die ihre Häuser im nachmaligen Israel verlassen hatten und in die arabischen Nachbarländer und in die später von Jordanien und Ägypten besetzten Teile Palästinas geflohen waren.
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Einzelkommentare
Der vollständige Text ist in MBW 11.2, S. 100–103, ebenso wie Bubers Beiträge in der zweiten Runde dieses Gesprächskreises, S. 104–113, veröffentlicht, hier wird nur Bubers Vorschlag zur Lösung der Flüchtlingsfrage abgedruckt. Textzeugen: D: [Hartzaʾ a], in: Divre-sofrim ba-pegischa sche-zimen rosch ha-memschala [David Ben-Gurion] be-jom 27 be-Mars 1949, Ha-kriʾ a: Hamadpis ha-memschalati (MBB 820), S. 6. Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Karin Neuburger. Wort- und Sacherläuterungen: 295,6–7 die derzeit […] Vermittlungskommission] Die UNO gründete im Dezember 1948 eine Vermittlungskommission (bestehend aus Vertretern der USA, Frankreichs und der Türkei), die die beteiligten Länder bei einer friedlichen Lösung des Konflikts unterstützen sollte, einschließlich des Problems der arabischen Flüchtlinge. Die Details in »Flammen im Himmel über Jerusalem« In den ersten Monaten des Jahres 1944 zogen Buber und seine Frau Paula in ein Appartement in der vorwiegend arabischen Nachbarschaft von Abu Tor. Diese geräumige Wohnung, die groß genug war, die mehr als fünfzehntausend Bücher seiner Bibliothek aufzunehmen, gehörte einem gewissen Jussuf Wahab Dajani. Die gut nachbarliche Beziehung, die Buber mit seinem muslimischen Hausbesitzer und seinen Nachbarn verband, wurde plötzlich durch den Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen den palästinensischen Juden und Arabern erschüttert. Als die Truppen der arabischen Befreiungsarmee auf Jerusalem marschierten und Abu Tor zu besetzen drohten, bestanden Freunde gegenüber Paula und Martin darauf, zu einer sichereren Unterkunft in der jüdischen Nachbarschaft der City zu fliehen. Der anglikanische Bischof, Dr. Graham Brown, holte sie in seinem mit der Kirchenflagge versehenen Auto ab. Sie ließen fast ihre gesamte Habe zurück, einschließlich Bubers umfangreicher Bibliothek und ihrer geliebten neun Katzen. Wie Buber in seinem in der hebräischsprachigen Tageszeitung Ha-aretz veröffentlichten Leserbrief erklärt, in dem er die verzerrte Darstellung seiner »Flucht« aus Abu Tor zu korrigieren versucht, bewahrte sein arabischer
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[Nach der politischen Niederlage]
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Hausherr getreulich seine Bibliothek und sein Eigentum bis zu dem Zeitpunkt auf, an dem es möglich war, sie zu seiner neuen Wohnung in der jüdischen Nachbarschaft von Rechavia zu transportieren. Textzeuge: D: Ha-pratim be-lehavot bi-schme Jeruschaljim, Ha-aretz, 28. Juni 1949 (MBB 824). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Simone Pöpl. Wort- und Sacherläuterungen: 296,2 12. Nissan] Der 12. Nissan 5709 entspricht dem 11. April 1949. 296,3 Aviʾ ezer Goldstein] Goldstein (1922–2001), der später seinen Namen in Golan, änderte, schrieb das Buch, dessen Titel übersetzt Flammen im Himmel über Jerusalem. Tagebuch der Belagerung 1948 lautet (Tel Aviv 1949). 296,15 aus der Erzählung von S. J. Agnon bekannt ist] Buber bezieht sich auf die Kurzgeschichte »Avi ha-Schor« (»Mein Vater, der Bulle«), die in Ha-aretz am 10. März 1948 erschien. Darin wird die Geschichte des Viertels Abu-Tor vor dem Hintergrund des jüdisch-arabischen Konflikts erzählt. 296,34 nach Rechavia] Ursprünglich zog Bubers Familie in eine Pension nach Rechavia. Bis sie sich dauerhaft in einem anderen Stadtteil von Jerusalem niederlassen konnte, wurden ihre Bücher und ihr übriger Besitz verstreut in verschiedenen Lokalitäten der Stadt gelagert. [Nach der politischen Niederlage] Aus dem energischen Widerstand, den er den arabischen Invasionstruppen entgegensetzte, ging der Staat Israel gekräftigt und gefestigt hervor. Dies war ein eindeutiger Triumph für die Anhänger der Idee eines souveränen jüdischen Staates und umgekehrt eine Niederlage für die Vertreter des Binationalismus. In einer Rede, gehalten auf einem Treffen (hebr.: »Kinus«) des Ichud im Frühjahr 1949, – stellte Buber die Frage, ob der Ichud das Verdikt der Geschichte annehmen, sich auflösen und ins Stillschweigen zurückziehen solle. Buber zeichnet sorgfältig den Weg nach, auf dem die Ereignisse zur Niederlage des Ichud und seiner Ideen geführt haben. Er kommt zu dem Schluss, dass das Programm des Binationalismus vielleicht durch den Verlauf der Geschichte widerlegt wor-
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den sei, die Sache des Ichud aber weiterhin ein gültiges und brennendes Anliegen bleibe: die Förderung der brüderlichen Zusammenarbeit zwischen der jüdischen und der arabischen Nation. Der Ichud, versichert Buber, werde seine Arbeit in diesem Sinne fortsetzen und sein Programm der veränderten Situation anpassen. In einem Tagebucheintrag notierte Hugo Bergmann Mitte Mai über eine Konferenz des Ichud, auf der Buber am 16. Mai 1949 die »Eröffnungsrede« hielt, dass ihn Bubers Stil »störte«. Er könne insbesondere dessen starkes »Pathos« […] »nicht vertragen«. (Tagebücher & Briefe, Bd. 2: 1948–1975, S. 18.) Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 80); 10 lose, paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Druckvorlage: H Variantenapparat: 298,24–25 in einer […] modifizierten Weise] [der veränderten Situation gemäss mit neuem Wort] ! in einer […] modifizierten Weise H 298,33–34 Detaillierung] [Interpretation] ! Detaillierung H 298,39 aussergewöhnliche] [grosse und] aussergewöhnliche H 298,39 Bahn] [Getriebe] ! Bahn H 299,3–4 Beides haben […] gehöre zu ihnen.] hBeides haben […] gehöre zu ihnen.i H 300,4 , das heisst, wenn unsere Sache siegt,] h, das heisst, wenn unsere Sache siegt,i H 300,10 illusionistische arabische] illusionistische, arabische H 300,11 nicht erkennen wollte] [mit allen Mitteln zu verhüten trachtet und] nicht erkennen wollte H 300,14 öffentlichen] öffentlichen [und dauernden] H 300,16 Arabers] [Mannes] ! Arabers H 300,28 die zionistische Idee realisiert] [das Volk zum zionistischen Ziele geführt] ! die zionistische Idee realisiert H 301,1 eben durch Arbeit der Arbeitenden] heben durch Arbeit der Arbeitendeni H 301,30 Aktion] [Erwiderung] ! Aktion H 303,11–12 Ihre Sache […] Richtung] [Diese freilich sind vom offiziellen Scheinzionismus besiegt woren] ! Ihre Sache […] Richtung H 303,14 Vordergrundslehren] [Vordergrundswahrheiten] ! Vordergrundslehren H
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[Nach der politischen Niederlage]
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303,22 Hyperbel] [Schwärmerei] ! Hyperbel H 303,37–38 im lebendigen Wort zu verkünden] [mit andrem Wort zu entwerfen] ! im lebendigen Wort zu verkünden H Wort- und Sacherläuterungen: 299,29 Vorschläge der anglo-amerikanischen Kommission] Vgl. den Kommentar zu »Oral Testimony«, in diesem Band, S. 611. 299,39 Massenalija] In den ersten Jahren des Staates bis 1951 wanderten ungefähr 700 000 Juden ein, was mehr als eine Verdoppelung der jüdischen Bevölkerung bedeutete. 300,2–3 Krieg der sieben Staaten] Israel stand den Streitkräften von Ägypten, Irak, Libanon, Syrien, Trans-Jordanien, Saudi-Arabien gegenüber. 300,5–8 Symbolwort […] ist Exodus] Mit dem Ozeandampfer President Warfield wurde 1947 von Marseille aus versucht, über 4000 SchoaÜberlebende unter demonstrativer Missachtung des Einwanderungsverbot nach Haifa zu bringen. Auf See wurde der Dampfer in einer feierlichen Zeremonie in »Exodus 1947« umbenannt und die spätere israelische Nationalflagge gehisst. Die Briten enterten das Schiff gewaltsam gegen erbitterten Widerstand und wollten die Passagiere auf Zypern internieren. Da die meisten Passagiere sich weigerten, die Schiffe in Zypern zu verlassen, wurden sie schließlich nach Hamburg transportiert, wo sie ebenfalls gegen ihren Widerstand in gefängnisartige ehemalige DP-Camps untergebracht wurden. Das britische Verhalten rief internationale Empörung hervor. 300,16 die Ermordung des Arabers] Am 11. November 1946 unterzeichnete die »Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden« eine Übereinkunft mit »Falastin al-Jedida« (Das neue Palästina), einer arabischen Organisation unter Leitung von Fauzi Derwish El-Husseini (1896–1946). Das Schriftstück, unterzeichnet von Fauzi und vier weiteren Mitgliedern, enthielt das Konzept eines binationalen Palästina und sprach sich aus für »jüdische Einwanderung im Einklang mit der Aufnahmefähigkeit des Landes«. Weniger als zwei Wochen nach Unterzeichnung des Abkommens wurde Fauzi von arabischen Nationalisten ermordet. 302,3–4 Das Heer Israels, landverbundene und landunverbundene Elemente] Buber nimmt hier Bezug darauf, dass sich die Verteidigungskräfte des Staates Israel aus der Vereinigung verschiedenartiger Elemente zusammensetzte: aus der Hagana, die ihre Truppen weitgehend aus denjenigen zionistischen Bewegungen bezog, die das Ideal des Pioniertums und der gemeinschaftlichen Besiedlung des
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Landes Israel vertraten, und aus dem Irgun mit seiner anderen Auffassung von jüdischer Erneuerung. 302,13 »Sammlung der Exile«] Hebr.: kibbutz galujot. Das in der jüdischen Tradition stark verankerte Konzept der »Einsammlung der Diaspora« (vgl. Dtn 30,1–6 sowie die Bezeichnung für den 10. Segensspruch im Achtzehnbittengebet) wurde zu einer zentralen zionistischen Losung, die als besonders aktuell während der Zeit der illegalen Einwanderung galt. 303,20 den Spruch, Zion werde durch Gerechtigkeit erlöst werden] Vgl. Jes 1,27. Die Söhne Amos’ Die Umorientierung des Ichud auf die neue Sachlage, die durch die Errichtung des Staates Israels geschaffen worden war, fand ihren Ausdruck in der Gründung einer neuen hebräischsprachigen Zeitschrift im April 1949: »Ner (Licht) – Monatsschrift für politische und soziale Probleme und für arabisch-jüdische Verständigung«. Diese Zeitschrift war, wie ihr erster Leitartikel unterstrich, nicht von gehässiger Ablehnung gegen den Staat beseelt; indem sie den Staat akzeptierte, wollte sie konstruktive Kritik üben, um »die Basis für die Existenz der jüdischen Nation innerhalb ihres eigenen Staates« zu klären. Ner hatte eine englische Beilage, die größtenteils aus Übersetzungen aus dem hebräischen Teil bestand. Vom April 1959 an erschien auch eine arabische Ausgabe von Ner – al-Nur. Die letzte Nummer von Ner, die zu ihrer erfolgreichsten Zeit 800 Abonnenten hatte, kam 1965 heraus und war bezeichnenderweise ein Gedenkband für Buber, der im Juni desselben Jahres gestorben war. In dem Aufsatz, der als Hauptartikel der Eröffnungsausgabe von Ner erschien, sieht Buber die Rolle des Staates Israels im Zusammenhang mit der Erfüllung der tausendjährigen Sehnsucht des jüdischen Volkes nach Unabhängigkeit. Das Streben Israels nach Gerechtigkeit – in seinen Gesetzen und Institutionen, wie in seinen Beziehungen zu anderen Nationen – ist, so Buber, die furchtbare Bürde von Israel als Staat. Diejenigen Juden, die ihr Volk und ihren Staat dazu anspornen, sich ihrer prophetischen Berufung zu erinnern, können als die Söhne des Propheten Amos gelten.
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Textzeuge: H1: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 53); 5 lose, unpaginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Datiert auf den 25. 3. (?)49. Da die ersten Textteile zu stark abweichen, um noch als Variante berücksichtigt werden zu können, wird H1 im Folgenden abgedruckt. 2 H : Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 53): 5 lose, paginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit vereinzelten Korrekturen versehen. D: Bene Amos, Ner, 1. Jg., Heft 1, vom 1. Adar 1950, S. 3–4 (MBB 846). Druckvorlage: H2 Abdruck von H1: Mit der dem jüdischen Volke gewordenen Erfüllung seines [Verlangens] ! Dranges, das staatliche Dasein wiederzugewinnen, ist das Judentum der schwersten Krisis seiner Geschichte ausgesetzt. Der einzigen menschlichen Gemeinschaft, die als solche, als Volk, unter göttlichem Geheiss [stand, einen göttlichen Willen zu verwirklichen, droht diesem] ! ihren Weg angetreten hat, droht die Gefahr, dem Geheiss eben dadurch zu entfallen, dass sie endlich, nach fast zwei Jahrtausenden, wieder die Voraussetzung seiner Verwirklichung, die Macht erlangt selber die Formen [und Normen] ihrer Existenz zu bestimmen. Denn nun scheint ihr, eben als Staat, allen hmoderneni Staaten gleich, das Recht und die Pflicht zu Teil geworden zu sein, in der Forderung ihrer jeweiligen Interessen die entscheidende zu sehn. Einst, in der ersten Staatszeit Israels, hatten sich – an diesem Ort allein und in dieser Stunde allein auf Erden – Propheten erhoben und hatten das Volk und seine Herrscher ermahnt, wo das Interesse des Augenblicks, das was im gegebenem Augenblick als das Interesse des Staates erscheint, im Gegensatz zum umwandelbaren göttlichen Willen, dem Willen zur Gerechtigkeit, steht, da dürfe man nur diesem und nicht jenem folgen, sonst stehe Unheil und Zerfall bevor. Unheil und Zerfall sind gekommen. Das Exil der Jahrtausende [ist gekommen] ! hat begonnen. Heute, da [es beendet scheint] ! in seine Mauern eine breite Bresche geschlagen ist, droht die Situation, in der die Propheten sprachen, wiederzukehren, noch verschärft durch die [moderne] Scheinweisheit der modernen Staatsraison und den hzur vollkommenen Ausbildung gedieheneni Irrglauben, dass es die Augenblickserfolge seien, die den Gang der Geschichte bestimmen.
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Nicht dass man der prophetischen Überlieferung absagte. Man ehrt und verehrt sie, aber nicht als verbindliche Lebenswahrheit, nur als einen ideellen Besitz der Nation, geeignet, in der nationalen Propaganda zweckmäßig verwendet zu werden [, als ein erhabenes und einflussloses religiöses Schrifttum. Nichts Schlimmeres als dies kann der menschlichen Artikulation göttlichen Worts widerfahren. Es ist an der Zeit, die Prophetie Israels dem Zugriff der Phrase zu entwinden, indem man sie ernst nimmt und sie, das wahre Licht der Menschenwelt, dem trügerischen Gefunkel der sogenannten Interessen entgegenstellt. Es ist die Wahrheit: durch Gerechtigkeit allein kann der Mensch als Mensch, können die Menschenvölker als Menschenvölker bestehn. Menschliches aber, das nicht mehr menschlich bestehen kann, ist dem Los aller Fäulnis überantwortet. [Hat auch der heilige Geist kein Heim mehr in Israel, gibt es auch] ! Wohl haben wir keine Propheten mehr, die zum Ausweis ihrer Botschaft sagen dürfen: »So hat Gott gesprochen.« Aber jedem, der die Wahrheit der Prophetie weiss, liegt es heute ob, sie in das Drohen der Krisis hinein zu sprechen. Denn was einst gesagt wurde, ist auch für eine Stunde wie diese gesagt, und vielleicht mehr für sie als für irgendeine frühere. Es ist ja das Erdenreich des Menschen, es ist der Menschenbestand selber, der zu zerfallen droht, weil er nicht auf Gerechtigkeit gebaut ist. Was heute für Israel gesprochen wird, wird für die elende Menschheit gesprochen. Aber zu Recht wird es gerade für Israel gesprochen, das einzige Volk, das unter einem göttlichen Geheiss auf den Weg seiner Geschichte ausgesandt worden ist. Liebe kann sich je und je im Dasein von Einzelnen, Gerechtigkeit nur im Volksleben und im Völkerleben erfüllen. Weil die Propheten den Weg meinten, der über wahres Volksein zu einer wahren Menschheit führt, haben sie über jede andere Forderung die der Gerechtigkeit gestellt. Nur ein Volk kann, wie zwischen seinen Gliedern – Individuen und Gruppen – untereinander, so auch in seinen eigenen Beziehungen zu anderen Völkern Gerechtigkeit stiften, sich selber und einer werdenden Menschheit zum Heil. Dazu bedarf es der Selbständigkeit und Selbstbestimmung, eben dessen, das Israel jetzt wiedererlangt hat. Was wird es damit beginnen? Das ist die Frage der Krisis. Die Propheten haben einst Israel die »Erlösung«, die Befreiung vom Joch der Völker, nicht um seiner selbst willen verheissen, sondern [um eines Werkes willen] ! um dessen willen, was es zu vollbringen hat. Aber man bilde sich nicht ein, dass was es zu vollbringen hat eben eine »na-
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tionale Kultur« sei! Es gibt für Israel keine lebendige Kultur ohne Gerechtigkeit. hUnd es wird auch dann keine Wahrheit daraus, wenn man das zu Vollbringende als »religiöse Erneuerung« bezeichnet.i Denn es gibt für Israel keine lebendige Religion ohne Gerechtigkeit. Nicht Proklamation hvon Gerechtigkeit ist gemeint – das ohne Ausführung hiesse nur das Reich der Phrase mehren –i, sondern Übung [im Leben Tag um Tag] im Volk und Staat. Und noch einmal: nicht gerechte Gesetze und gerechte Institutionen allein sind gemeint, so unerlässlich sie als die Grundlage sind. Gemeint ist in allem und jedem das echte Streben nach dem Gerechtsein, den [menschlichen] Personen und den [menschlichen] Gemeinschaften gegenüber. Gemeint ist die Richtung, die für das [staatliche] ! öffentliche wie für das private Leben maßgebend werden muss. Es geht um die Aufrichtung der [lebendigen] Norm. [Tafeln tun not. Sie sind da. Sie müssen nur neu aufgerichtet werden, als gültig. Man hat dem Glauben an sie nicht abgeschworen, man hat nur eben zu glauben aufgehört. Der Glaube an die Tafeln, die Sehnsucht nach aufgerichteten Tafeln, hnach Tafeln für Volk und Völker, ist neu zu erweckeni.] Hierzu aufzurufen liegt heute jedem ob, der [die Wahrheit der Tafeln weiss – und sie ist] ! um die prophetische Wahrheit weiss. Einige Menschen in Jerusalem haben sich zusammengetan, um mit dem Dienst an diesem Werk zu beginnen. Sie wollen keine Partei und keinen Verein gründen, [es ist ihnen nicht darum zu tun, sich ins politische Getriebe zu mischen] ! um gemeinsam zu dienen statt jeder für sich. Sie [wollen die Wahrheit nur sagen] ! sehen die ewige prophetische Wahrheit [von neuem] ! als verbindlich, sie hwollen einander helfen, sie von der Wirklichkeit jeder Stunde aus immer neu als verbindlich zu erkennen, siei wollen sie als verbindlich von neuem deutlich machen, sich selber und anderen, wie es je und je die Stunde erfordert, nach bestem Wissen und [nach bestem] Können. Sie nennen sich mit dem Namen des Propheten, der vor allem die Botschaft der Gerechtigkeit als solche verkündigte und die Völker geisselte, weil sie an den Brudervölkern Unrecht verübten: בני עמוס. Ihr Kreis, hier und in aller Welt, mag wachsen, schnell oder langsam, viele mitreissend oder nur Einzelne überzeugend, wie Gott will. Variantenapparat: 305,2 die Selbständigkeit] [das staatliche Dasein] ! die Selbständigkeit H2
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Einzelkommentare
305,6 Die herrschende […] entgegengesetzt] [Die Juden sind im allgemeinen der entgegengesetzten Ansicht] ! Die herrschende […] entgegengesetzt H2 305,22 , des Wegs der Gerechtigkeit,] h, des Wegs der Gerechtigkeit,i H2 305,23 sichtbar] [maßgebend für alle Wege des Volkes] sichtbar [, als Richtung und als Gesicht] H2 305,27–28 – das war die Botschaft – dass Israel] h– das war die Botschaft – dass Israeli H2 307,35 Konstituierung der heiligen Lebensnorm] [Befreiung der heiligen Norm] ! Konstituierung der heiligen Lebensnorm H2 Wort- und Sacherläuterungen: 308,7 ] בני עמוסHebr.: Söhne Amos’. [Vorwort zu einem geplanten Band über arabisch-jüdische Verständigung] Buber und seine Freunde im Ichud fürchteten, dass der Taumel des Sieges über den arabischen »Feind« völlig die ursprünglichen moralischen und geistigen Motive des Zionismus schwächen würde. Um zu helfen, dieser Tendenz entgegenzuwirken, erwogen sie die Herausgabe einer Sammlung von Essays über arabisch-jüdische Verständigung, geschrieben von Autoren, die an führender Stelle mit der zionistischen Siedlung in Palästina verbunden waren, von der Periode vor der Jahrhundertwende an – der sogenannten ersten Alija – bis zur Errichtung des Staates. Der Plan kam nicht zur Ausführung. Buber schrieb jedoch einen Entwurf für das Vorwort des geplanten Buches. In diesem Entwurf, den er um 1950 – übrigens auf Deutsch – schrieb, setzte er auseinander, dass die sogenannten praktischen Zionisten, welche das landwirtschaftliche Siedlungswerk und den stufenweise und organisch fortschreitenden Aufbau der jüdischen Gemeinschaft Palästinas betonten, mehr und mehr die Notwendigkeit einer arabisch-jüdischen Zusammenarbeit erkannten. Dieser Prozess wurde, wie Buber feststellt, durch den plötzlichen Zustrom von 60 000 Einwanderern, die dem Antisemitismus in Polen entflohen waren und 1924–1928 nach Palästina kamen, und durch die 160 000 Juden, die zwischen 1933 und 1936 aus Deutschland kamen und in Palästina Zuflucht suchten, vereitelt. Die meisten dieser »Mittelstands«-Einwanderer hatten kein Verlangen, ihre Lebensweise zu ändern, und ließen sich daher in den Städten nieder. Das Resultat dieser unvorhergesehenen Entwicklung war eine radikale Veränderung des
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[Protest gegen die Enteignung arabischer Böden, offener Brief des Ichud]
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Wesens der zionistischen Unternehmung in Palästina. So wurden durch die historischen Umstände die Bedingungen untergraben, welche eine arabisch-jüdische Verständigung begünstigt hätten. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 58a); 3 lose, paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 58a); 2 lose Blätter; ohne Korrekturen. Druckvorlage: TS Variantenapparat: 309,11 Orient] [Osten] ! Orient H [Protest gegen die Enteignung arabischer Böden, offener Brief des Ichud] Die Hunderttausende von Arabern, welche aus dem Gebiet des zukünftigen Staates Israel flohen, hinterließen umfangreichen Bodenbesitz. Im Jahre 1950 ernannte die Regierung Israels einen Treuhänder für den Besitz von abwesenden Eigentümern und ermächtigte ihn zur Übertragung eines Teils dieses Besitzes auf neue Eigentümer zum Zwecke der Ansiedlung von jüdischen Einwanderern und der Gründung von neuen Siedlungen und Städten. Die Definition eines abwesenden Eigentümers enthielt jedoch viele Zweideutigkeiten. Im Jahre 1953 wurde ein Entwurf für ein Landerwerbungs-Gesetz abgefasst, um diese Zweideutigkeiten zu beheben. Wie die Regierung zu dieser Gesetzgebung erklärte, brachte die Beschlagnahme des Besitzes von Abwesenden oft auch die Einziehung von verschiedenen Landstücken mit sich, welche »nicht-abwesenden Arabern« gehörten. Die Regierung betonte, aus Gründen der Sicherheit und der Durchführung von Entwicklungsprojekten sei es nicht möglich, diese Ländereien ihren Besitzern zurückzuerstatten. Der Gesetzesentwurf schlug statt dessen Entschädigungen vor. Der Ichud betrachtete diese Gesetzgebung als ungerechten Versuch, die israelischen Araber ihres Landes zu berauben. Buber war einer der drei Unterzeichner des Briefes, der am 7. März 1953 an Yosef Sprinzak, den Vorsitzenden der Knesset, gerichtet wurde und der gegen den vorgeschlagenen Gesetzes-
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entwurf protestierte. Das Gesetz wurde dennoch am 10. März 1953 angenommen. Textzeuge: D: [Protest gegen die Enteignung arabischer Böden, offener Brief des Ichud], in: Ner, März 1953, S. 13–14 (in MBB nicht verzeichnet). Druckvorlage: Übersetzung von D durch Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 311,4 Sprinzak] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 192,11. 312,23 S. Shereshevsky] Simon Shereshevsky (1900–?): Chirurg, von der religiösen Richtung des Zionismus (Misrachi) herkommend; Redakteur der Zeitschrift Ner und Vorsitzender des Ichud. Wir brauchen die Araber – die Araber brauchen uns! [Interview] Im letzten Jahrzehnt seines Lebens gab Buber – nun ein verehrter Weiser, besonders beliebt bei der »progressiven« Jugend – häufig Interviews für die israelische Presse. Das Interview, das in der Tel Aviver Wochenzeitschrift Ha-olam ha-ze am 21. Januar 1954 erschien, wurde von dem Publizisten und damaligen Chefredakteur von Ha-olam ha-ze Uri Avnery (1923–2018) geführt, der später für drei Legislaturperioden für verschiedene linke Kleinparteien Abgeordneter war. 1993 gehörte er zu den Gründern des Gusch Schalom (»Friedensblock«). Dem Interview ist die redaktionelle Bemerkung vorangestellt: »Dieses Interview wurde mit Martin Buber von dem Chefredakteur von Ha-olam ha-ze vor drei Wochen in seinem Haus in Talpijot, Jerusalem geführt. Es ist das erste Interview, das der bekannte Philosoph seit 15 Jahren gegeben hat, dauerte vier Stunden und umfasste viele Gebiete. Hier wird der erste Teil des stenographischen Protokolls veröffentlicht.« Neben dem Interview erscheint ein Begleittext mit dem Titel »Einer von Hundert«: »Jedes Jahr erscheint in den Vereinigten Staaten ein weitverbreitetes populäres Werk mit dem Titel die ›Hundert wichtigsten Menschen der Welt‹, um dem Leser die aktuellen Tatsachen über die Männer und Frauen zu liefern, die auf sein Leben im zukünftigen Jahr Einfluss haben werden. In den letzten Jahren war es nur Weizman und David Ben Gurion von Israel vergönnt, auf dieser Liste zu erscheinen, und auch das nur ein oder zweimal. Nur einer von ihnen blieb als fester
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Wir brauchen die Araber – die Araber brauchen uns! [Interview]
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Bestand in den letzten Ausgaben: Professor Martin Buber. Ha-olam haze präsentiert in dieser Ausgabe seinen Lesern Ausschnitte aus dem Artikel, der diesem vielgepriesenen Philosophen gewidmet ist, in der Hoffnung, dass sie beim Verständnis der einzigartigen geistigen Gestalt behilflich sein können.« Die Ausschnitte sind eine sehr einfach gehaltene Zusammenfassung der philosophischen Gedanken Bubers mit einigen Lebensdaten. Schalom Ben-Chorin hatte ihn brieflich darauf aufmerksam gemacht, dass der Publikationsort problematisch sei, denn die Zeitschrift »griff […] zu dem sicherlich nicht unbedenklichen Mittel, politische Unabhängigkeit mit halbpornographischen Fotos zu verbinden, um einen möglichst großen Leserkreis zu erreichen« und die »Tatsache, daß Buber in einer so umstrittenen Zeitschrift ein Interview veröffentlichte und sogar auf dem Titelblatt erschien, löste natürlich einige Kritik aus.« (Schalom Ben-Chorin, Zwiesprache mit Buber, Erinnerungen an einen großen Zeitgenossen, Gerlingen 1978, S. 77.) Als Antwort erklärte Buber in einem Brief vom 7. Februar 1954, wie es zu dem Interview kam: »Das Blatt Ha-Olam Haseh hatte ich nie gelesen, und von Awneri wußte ich nur: 1. daß er vor vielen Jahren in einer vom Ichud einberufenen Konferenz eine gehaltvolle proarabische Rede hielt, 2. daß er – wie Sie – den Protest gegen das Bodengesetz unterzeichnet hat; beides entschiedene Positiva. Überdies fragte ich R. Benjamin, der an dem Blatt mitarbeitet, um Rat, und er war dafür. Die Hauptsache aber ist, daß ich mich über die Araberfrage, die unsere Existenzfrage geworden ist, grundsätzlich interviewen lasse und meiner Ansicht darüber die größtmögliche Verbreitung wünsche. Zudem war es das erstemal, daß ein inländischer Publizist mich darum anging. (Die andern Fragen sind nur zusätzlich gestellt worden).« (B III, S. 365.) Textzeuge: D1: Anu zkukim la-aravim – ha-aravim zkukim lanu [Wir brauchen die Araber, die Araber brauchen uns], in: Ha-olam ha-ze, vom 21. Januar 1954, S. 848. D2: Teschuva al scheʾ elot ha-schaʿ a, Ner, 5. Jg., Heft 6/7, März/April 1954, S. 6–7 (MBB 979). Druckvorlage: Übersetzung von D1 aus dem Hebräischen von Daphna Mach.
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Übersetzungen: Englisch: We Need the Arabs, They Need Us, in: Frontpage, 2. Jg., Nr. 3 vom 20. Januar 1955 (MBB 1004). Wort- und Sacherläuterungen: 314,14 Abdallah] Abdallah ibn Husain I. oder Abdallah I. von Jordanien (1882–1951) war der erste König von Jordanien. Nach seiner Teilnahme an dem arabischen Aufstand gegen die osmanische Herrschaft wurde er 1921 von den Briten zum Emir von Transjordanien ernannt. Als einziges arabisches Staatsoberhaupt war er bereit, den UNO-Teilungsplan für Palästina zu akzeptieren, nahm aber am Krieg gegen Israel 1948/49 teil und annektierte das von jordanischen Truppen eroberte Westjordanland. Am 20. Juli 1951 wurde er von einem Attentäter in der Al Aqsa Moschee erschossen, von dem zumeist angenommen wird, dass er im Auftrag des Muftis handelte. 314,29–31 Vor etwa drei Jahren […] Staates geladen.] Vgl. die »Schriftstellergespräche«, jetzt in: MBW 11.2, S. 100–103 u. 104–113, von deren ersten Treffen ein Auszug, in diesem Band, S. 294 f., abgedruckt ist. 314,38–41 die Initiative zu ergreifen […] Flüchtlinge zu klären.] Vgl. in diesem Band, S. 295. An Stelle von Polemik Rabbi Benjamin, Pseudonym für Yehoschua Radler-Feldmann (1880– 1957), war ein hebräischer Essayist, der sich als frommer Jude seit seiner Ansiedlung in Palästina im Jahre 1906 leidenschaftlich der Sache der arabisch-jüdischen Verständigung widmete. Er gehörte zu den Gründern fast jeden Unternehmens innerhalb der jüdischen Gemeinschaft, das dieses Ziel förderte. So wirkte der von hohen Idealen beseelte Schriftsteller als Präsident des Ichud und Herausgeber von Ner. Eine Rede von Rabbi Benjamin, die in Ner im November 1956 veröffentlicht wurde, veranlasste Buber, eine Entgegnung zu schreiben, die im November 1956 in Ner erschien. Bei der Erörterung politischer Fragen, so argumentiert Buber, sei die Proklamierung abstrakter moralischer Prinzipien – wie Rabbi Benjamin sie vertrat – ihrem eigentlichen Wesen nach polemisch und im politischen Sinne unfruchtbar. Die Forderung des Ichud an Israels politische Elite, versichert Buber, liege nicht darin, dass sie sich auf abstrakte moralische Prinzipien beschränke und auf die Politik, das heißt auf die Aufgeschlossenheit für die Notwendigkeit des Augenblicks,
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An Stelle von Polemik
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verzichte. Im Gegenteil, der Ichud schätze die Wachsamkeit von Israels Führung hinsichtlich der dringenden Bedürfnisse des jüdischen Volkes; er dränge lediglich diese Führung auch eine moralische, universelle Perspektive zu wahren, um den Schaden, der den Arabern durch die Bemühungen verursacht wird, diesen Bedürfnissen nachzukommen, auf ein Mindestmaß zu verringern. Da die deutschsprachige Handschrift vom Umfang dem hebräischen Druck entspricht, während im Typoskript diejenige Passage fehlt, die in der Handschrift nachträglich gestrichen wurde, wird hier als Druckvorlage auf die ursprüngliche Handschriftenfassung und nicht auf das Typoskript zurückgegriffen. Die in der Handschrift gestrichene Passage wird dem hebräischen Druck entsprechend wieder aufgenommen. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 53); 3 lose, paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte, mit zahlreichen Korrekturen versehen. TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var 350 06 53); 6 lose, unpaginierte Blätter; ohne Korrekturen. Druckvorlage: H Übersetzungen: Hebräisch: Bimkom divre wikuach, in: Ner, 5. Jg., Heft 1, September/ Oktober 1956, S. 7–8 (MBB 1039); Bimkom divre wikuach, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 320–322 (MBB 1182). Variantenapparat: 318,13 Recht und was Unrecht] [sittlich und was unsittlich] ! Recht und was Unrecht H 318,22 rechte Richtung] [tatsächlichen Bedingungen] ! rechte Richtung H 319,1 Prüfung und Begrenzung] Prüfung und [Wägung immer neuer Versuche] ! Begrenzung H 319,10 das Schwerste] [gewissenhaft das Rechte sehen und gewissenhaft das Mögliche] ! das Schwerste H 319,12-19 In der Epoche […] objektiven Schuld.] fehlt TS 319,19 vorbereitenden] [fortschreitenden] ! vorbereitenden H 319,23–24 und damit auch […] Geschlecht] hund damit auch […] Geschlechti H:
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Wort- und Sacherläuterungen: 320,19–21 Eine Initiative dieser Art […] gefordert.] Vgl. »Schriftstellergespräche«, [Auszug], in diesem Band, S. 295. Character Change and Social Experiment in Israel Für Buber lag die moralische und geistige Bedeutung des Zionismus nicht in der Schaffung eines Staates, sondern in den Bemühungen der Chaluzim, der Pioniere der jüdischen Besiedlung Palästinas, um die Entwicklung radikal neuer Formen sozialen Zusammenlebens, insbesondere in den Kibbuzim. In seinem Beitrag mit dem Titel »Character Change and Social Experiment in Israel« zu dem englischen Sammelband Moshe Davis (Ed.), Israel: Its Role in Civilization, New York 1956, (S. 204– 213) versichert Buber, Israels Gemeinschaftssozialismus sei und bleibe die Grundlage des Glücks, das zu bringen Israel berufen sei. Textzeuge: D: Character Change and Social Experiment in Israel, in: Moshe Davis (Hrsg.): Israel. Its Role in Civilization, New York 1956, S. 204–213 (MBB 1027). Druckvorlage: D Übersetzungen: Spanisch: Cambio de carácter y experimento social en Israel, in: Israel en la civilizacion moderna, hrsg. von Moshe Davis, Buenos Aires: Editorial Candalabro 1961, S. 217–226 (MBB 1167). Wort- und Sacherläuterungen: 322,12 the halutz] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 121,3. 322,32 talmid ḥacham] Hebr.: »der Gelehrte«. 323,19 kvutzot and kibbutzim] Pluralformen von »Kvutza« und »Kibbuz«. Der Ausdruck »Kvutza«, (hebr.: »Gruppe«) wird im allgemeinen Sprachgebrauch für einen kleineren Kibbuz verwendet. 323,39 ve-ahavta le-reaḥa kamoka] Lev 19,18. 327,32 In a chapter in my book, Paths in Utopia] Das Kapitel »Noch einen Versuch« engl.: »An Experiment that did not fail« in: Pfade in Utopia, jetzt in: MBW 11.2, S. 241–250, hier S. 250. 327,35 asks a rather sensible critic] Nicht ermittelt.
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Brief an den Ministerpräsidenten
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327,38 community of communities] »communitas communitatum«, Pfade in Utopia, jetzt in: MBW 11.2, S. 249. Vgl. auch ebd., S. 156. 328,3–4 It is a boundless exaggeration of a crisis […] overcome as such.] Die Kibbuzbewegung spaltete sich Anfang der 1950er Jahre. Brief an den Ministerpräsidenten Beim Ausbruch des Sinai-Feldzugs am 29. Oktober 1956 ereignete sich ein tragischer Zwischenfall. Überraschend wurden über die arabischen Dörfer an der jordanischen Grenze strenge Ausgangssperren verhängt, und in einem davon, Kafr Kassem, wurden 43 Dorfbewohner, Männer, Frauen und Kinder, die nach Inkrafttreten der Ausgangssperre von der Feldarbeit heimkehrten, von der Grenzpolizei erschossen. Als Berichte von diesen und anderen Übergriffen an die jüdische Öffentlichkeit drangen, trat der erweiterte Vorstand des Ichud zu einer Sondersitzung zusammen, um sich über das aktuelle Geschehen zu beraten. Zum Abschluss dieser Sitzung wurden Buber und drei andere Mitglieder mit der Abfassung eines Schreibens an Premierminister David Ben Gurion beauftragt, das anschließend in der Zeitschrift Ner veröffentlicht wurde. Das Bekanntwerden des Massakers erschütterte die Öffentlichkeit im In- und Ausland. Daran beteiligte Soldaten wurden 1958 zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt – der Hauptangeklagte erhielt 17 Jahre –, jedoch wurden sie bereits im folgenden Jahr begnadigt. 2007 entschuldigte sich der Präsident Schimon Peres (1923–2016) bei den Dorfbewohnern anlässlich seines Besuches, 2014 nahm zum ersten Mal ein Staatspräsident Israels, Reuven Rivlin (geb. 1939), an der Gedenkveranstaltung teil. Textzeuge: D: Mikhtav le-rosch ha-memschla [Brief an den Ministerpräsidenten], in: Ner, 8. Jg., Heft 2/3, November/Dezember 1956, S. 18 (in MBB nicht verzeichnet). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 330,10 Jehoschua Hatalmi (Rabbi Benjamin)] Vgl. den einleitenden Kommentar zu »An Stelle von Polemik«, in diesem Band, S. 650. (Jehoschua Hatalmi ist die hebräische Form seines Namens RadlerFeldman)
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330,11 Dr. S. Shereshevsky] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 312,23. 330,12 Dr. H. Strauss] Nicht nachgewiesen. Diskussion über »aktive Neutralität« Nach seiner Wahl zum Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation im Jahre 1956 rief Nahum Goldmann (1895–1982) die Regierung des Staates Israel auf, eine Politik des Nicht-Anschlusses an die Linie der großen Machtblöcke einzuschlagen. Er vertrat die Ansicht, dass die Neutralität helfen würde, den arabisch-israelischen Konflikt von den verderblichen Auswirkungen der Politik des kalten Krieges zu isolieren. In einem Rundbrief vom Oktober 1957, der im Heft 1–2 des 9. Jahrgangs (1957) der Zeitschrift Ner veröffentlicht wurde, bekräftigten Buber und zwei seiner Kollegen vom Ichud diesen Standpunkt, mit dem Zusatz, dass die Neutralität, um glaubwürdig zu sein, »aktiv« sein müsse. Textzeuge: D: Wikuach al neitralijut aktivit [Diskussion über aktive Neutralität], in: Ner, 9. Jg., Heft 1–2, Tischre/Cheschwan 1957, S. 3 (MBB 1072). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 331,13 Nahum Goldmann] zionistischer Politiker in der Diaspora, der sich stets für einen Ausgleich mit den Arabern einsetzte. 1926–1933 Vorsitzender der Zionistischen Vereinigung von Deutschland, 1929– 1940 Vertreter der Jewish Agency beim Völkerbund, 1936 Mitgründer des World Jewish Congress, dessen langjähriger Präsident er wurde; 1956–1968 war er zudem Vorsitzender der Zionistischen Weltorganisation. Er vertrat 1952 die jüdische Seite beim Luxemburger Abkommen (»Wiedergutmachungsabkommen«) mit Deutschland. Memorandum [on the Military Government] Nach Beendigung des Unabhängigkeitskrieges wurden die vorwiegend arabischen, nahe der Grenze gelegenen Gebiete und solche Landesteile, die als strategisch wichtig galten, einem Militärregime unterstellt. Die
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Bewegungsfreiheit in diesen Gegenden wurde beschränkt und besondere Passierscheine, die von der Militärverwaltung ausgestellt wurden, waren für Reisen in andere Teile des Landes erforderlich. Dieses System, das unter den Arabern starken Unwillen erregte, wurde allmählich erleichtert und schließlich im Dezember 1966 aufgehoben, nachdem die Sicherheitslage sich gebessert hatte und der Widerstand dagegen innerhalb der jüdischen Gemeinschaft wuchs. Am 24. Februar 1958 empfing Ministerpräsident Ben Gurion eine dreiköpfige Delegation des Ichud, an deren Spitze Buber stand. Die Delegation übergab eine Denkschrift, in der sie eine radikale Kontrolle des Militärregimes und Abhilfe für andere Beschwerden der arabischen Bevölkerung des Staates verlangte. Das Memorandum wurde anschließend in der Zeitschrift Ner von Februar/ April 1958 auf Englisch veröffentlicht. Textzeuge: D: Memorandum [über die Militärverwaltung], in: Ner, Februar-April 1958, S. 55–53(sic!) (in MBB nicht verzeichnet). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 333,32 Qadis] Plural von Qadi (Kadi): Richter nach islamischen Recht. 334,5 Waqf] Stiftung nach islamischen Recht. 334,25 »fifth column.«] dt.: »fünfte Kolonne«. Politisches Schlagwort für eine Gruppierung, die verdächtigt wird, politische Ziele im Auftrag einer fremden Macht zu verfolgen. Old Zionism and Modern Israel Dieser Essay beruht auf dem Transkript einer Vorlesung, die Buber am 30. März 1958 in New York City auf einer Gedächtnisfeier der »Amerikanischen Freunde des Ichud« hielt und auf der des zehnten Todestags von Judah L. Magnes gedacht wurde. In der Form, wie es im 14. Jg. des Jewish Newsletter, dem Nachrichtenblatt dieser Organisation Jewish Newsletter, veröffentlicht wurde, ohne dass Bubers Zustimmung zum transkribierten Text eingeholt worden war, erregte die Rede beträchtliche Kritik. Vor allem Bubers Behauptung, »the majority of the Jewish people [in what was to become the State of Israel] preferred to learn from Hitler than from [the Ihud]«, erregte Anstoß. Vgl. Maurice Friedman, Buber’s Last Visit to America, in: ders., My Friendship with Martin Buber,
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Syracuse 2013, S. 126–130. Die Kontroverse sowie Bubers Entschuldigung werden im nächsten Dokument mit dem Titel »Der Weg Israels. Zur Klärung« diskutiert. Textzeugen: D: Jewish Newsletter, 14. Jg., Nr. 11, 2. Juni 1958, S. 1–2 (MBB 1105) Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 337,3–4 because it was not called Jewish nationalism but Zionism.] Diese Unterscheidung führt Buber detailliert aus in seiner Einleitung »Zion und die nationalen Ideen« zu Israel und Palästina. Zur Geschichte einer Idee, Zürich: Artemis Verlag 1950 (jetzt in: MBW 20, S. 173–179). 337,8 as the Prophet Isaiah said] Vgl. Jes 2,3–5. 337,15 sacro egoismo] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 106,16. 338,20–22 But the majority of the Jewish people preferred to learn from Hitler than from us.] Friedman, My friendship with Martin Buber, S. 128 f., beschreibt Bubers Gedankengang und sein Echo: »In speaking of the policies of the State of Israel, Buber lamented the fact that many Israelis seemed to want to follow the Nazis in holding that the end justified the means. When the American Jewish press picked this up, claiming that a majority of the Jewish people learned from Hitler that power was key to maintaining a society, Buber was astounded. […] Buber’s detractors had mixed up Buber’s claim for what a majority of Jewish people had seen in Germany with his claim for how a certain part of them transferred their lessons from Hitler to statecraft.« 338,19–20 when my great friend […] proposals] Vgl. »Oral Testimony [before the Anglo-American Commission on Palestine]« in diesem Band, 221 f. 339,3–8 Already ten years ago […] problem of the refugees.] Vgl. »Schriftstellergespräche« [Auszug], in diesem Band, S. 294 f. Der Weg Israels. Zur Klärung In seiner Gedächtnisrede auf Judah L. Magnes »Old Zionism and Modern Israel« (in diesem Band, S. 337–339) ließ Buber die verschiedenen zionistischen Bewegungen Revue passieren, sowohl die, welche eine Re-
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alpolitik verfolgten, als auch die, welche eine arabisch-jüdische Zusammenarbeit befürworteten. Im Laufe seiner Vorlesung erwähnte er im Vorübergehen, dass unter den ersteren solche seien, die Hitlers Taktik übernommen hätten und ihr Vertrauen auf die Machtpolitik statt auf den Geist gesetzt hätten. Diese Bemerkung wurde vielfach in der amerikanisch-jüdischen und der israelischen Presse zitiert und heftig kritisiert. Zunächst durch die harsche Kritik bestürzt, versuchte Buber bald seine Äußerung durch den Versuch einer Richtigstellung zu entschärfen: »Ich habe jetzt gesehen – zu spät, und das ist mein eigener Fehler –, dass der Text in dem Rundbrief [Newsletter] irreführend ist. […] In meinen Notizen finde ich folgenden Satz: ›Zu Hitlers Zeit sah die Mehrheit des jüdischen Volkes, dass Millionen Juden ungestraft ermordet wurden, und ein gewisser Teil (des jüdischen Volkes) zog daraus die Lehre, dass die Geschichte nicht den Weg des Geistes sondern den der Macht geht.‹« (Brief an Maurice Friedman, 11. Juli 1958, B III, S. 460) In einem Brief an den Herausgeber der Tel Aviver Tageszeitung Haaretz bat er darum, dass seine Klarstellung publiziert würde und erklärte: »Ich muss noch hinzufügen, dass dieser Teil des jüdischen Volkes seine Meinung auch nach Hitlers Niederlage nicht geändert hat. Ich bekämpfe mit all meiner Kraft (bechol meadi) diejenigen, die an die Lehre ›Nicht durch den Geist, sondern durch die Macht‹ glauben.« (B III, S. 460). In einem Brief an Maurice Friedman, den er bat, seine Richtigstellung ins Englische übersetzen zu lassen und ein angemessenes Forum für die Publikation zu suchen, entschuldigte er sich für »die Verwirrung, die ich mit der Hitler-Stelle angerichtet habe, ich verstehe gar nicht, wie mir das geschehen konnte. Mein Herz kommt nicht darüber hinweg, denn soweit ich sehe, ist es das erste negative Zeichen meines hohen Alters, und ich hatte gehofft, dass mir das erspart bliebe. Ich bin gern alt, ich liebe die seltsamen Erfahrungen des Alters, ich liebe sogar seine Last und Nöte, aber ich hasse es, Verwirrung zu stiften.« (An Maurice Friedman, 16. Juli 1958, B III, S. 462.) In der Folge publizierte er eine revidierte Version der anstößigen Vorlesung auf Hebräisch (Darko schel Jisrael. Divre-havhara, Ha-aretz vom 29. August 1958, S. 3–4), Englisch (»Israel and the Command of the Spirit«, Congress Weekly, XXV/4 (September 1958: S. 10–12) und Deutsch (Mitteilungsblatt 26/ 40, 3. Okt. 1958, S. 3). Textzeuge: H1: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 2); 5 lose paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit vielen Korrekturen versehen.
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Einzelkommentare
H : Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 2); 4 lose paginierte Blätter doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit vereinzelten Korrekturen versehen. Reinschrift von H1. TS1: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 2); 5 lose paginierte Blätter. Das Typoskript ist zweischichtig: TS1.1: Grundschicht. TS1.2: Korrekturschicht: vereinzelte Korrekturen von Bubers Hand. TS2: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 2); 5 lose paginierte Blätter. Das Typoskript ist zweischichtig: TS2.1: Grundschicht. TS2.2: Korrekturschicht: vereinzelte Korrekturen von Bubers Hand, gleichlautend zu den Korrekturen von TS1.2. D1: Mitteilungsblatt 26/40, 3. Okt. 1958, S. 3 (MBB 1111). D2: JuJ, S. 538–542 (MBB 1216). 2
Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Englisch: Israel and the Command of the Spirit, übers. von Maurice Friedman, Congress Weekly, XXV/4, September 1958, S. 10–12; auch in The Jewish Post, Winnipeg vom 4. Dezember 1958, S. 25–31 (MBB 1101); Israel and the Command of the Spirit, in: Israel and the World. Essays in a Time of Crisis, New York: Schocken Books, 2. Aufl., 1963, S. 253–257 (MBB 1215). Hebräisch: Darko schel Jisrael. Divre-havhara, Ha-aretz vom 29. August 1958 (MBB 1114a); Darko schel Jisrael. Divre-havhara, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 350–353 (MBB 1182). Italienisch: Il commando dello spirito e la via attuale d’Israele, Israele, Il Ponte, 14. Jg., Heft 12, Deuember 1958, S. 1957–1960 (MBB 1097). Variantenapparat: 340,1–2 Der Weg […] Klaerung)] fehlt H1 340,2 (Zur Klaerung)] fehlt D2 340,Anm 1] fehlt H1, H2, D2 340,10 treu geblieben] [zuinnerst] treu geblieben H1 340,11–13 Man wird […] davon finden.] hMan wird […] davon finden.i H1 340,17–18 Tendenz […] Rechte] [Losungswort »Erst Dinge, dann Rechte«] ! Tendenz […] Rechte H1
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Der Weg Israels. Zur Klärung
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340,22 Massensiedlung] Massensiedlung [mit politischen Bürgschaften] H1 340,27–28 das mehrere […] Entwicklungsprinzips] hdas mehrere […] Entwicklungsprinzipsi H1 340,32–33 im Sinne […] Wiedergeburt] him Sinne […] Wiedergeburti H1 340,36–37 helfender] helfender [und ratender] H1 340,37 ein Verhältnis der Solidarität] [das Vertrauen der Nachbarn] ! ein Verhältnis der Solidarität H1 341,4 erläutert werden.] erläutert werden. [Ich wiederhole es, die Tendenz war nicht von bloss taktischer Art. Es ging nicht bloss darum, das Vertrauen der Araber zu gewinnen] H1 341,5 Manche von uns] Wir H1, H2, TS1.1, TS2.1 341,5–6 aufstrebender Faktor] [strebsames Element] ! aufstrebender Faktor H1 341,7 behaupten] [erhalten] ! behaupten H1 341,12–13 Nur sie konnte […] Erschütterungen] [In einer Weltkrise, die manche von uns vor mehr als 40] ! Nur sie konnte den [zu gewärtigenden] ! von aussen kommenden Erschütterungen H1 341,17 wahrhaft] [ernstlich] ! wahrhaft H1 341,27 Solidarität] Solidarität [, namentlich auf dem Gebiet der Wirtschaft, zwischen ihnen und uns] H1 341,28 Weltkrise hat] Weltkrise hat [h, wiewohl die »politische« Richtung die Oberhand bekam.i] H1 341,28 Chaluziuth] Chaluziuth, unser Pioniertum D2 341,31 Erweckung] [Schaffung] ! [Förderung] ! [Entstehung] ! Erweckung H1 341,34 organisierte] [systematische] ! organisierte H1 341,35 ist entstanden] ist entstanden [, es gab nicht mehr als Ansätze dazu] H1 341,37–38 den Folgen des grauenhaftesten Ereignisses] [der furchtbarsten Katastrophe des östlichen Judentums] ! den Folgen des furchtbarsten Ereignisses H1 342,1–2 – wiewohl […] fortlebte –] h– wiewohl […] fortlebte –i H1 342,3 über sich gebracht] gewagt H1, H2, TS1.1, TS2.1 342,5 Die Massen kamen] [Auch von uns, den »Praktischen« hätte es keiner übers Herz gebracht, auch nur einem einzigen jüdischen Menschen den Eintritt in die alte Heimat zu verweigern.] Die Massen kamen H1 342,5–6 Notwendigkeit politischer Sicherung] [Pflicht, ihnen die ersehnte Sicherheit zu schaffen, kam das unabweisliche Gebot] ! Notwen-
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digkeit politischer Sicherung H [in die Pflicht, ihnen die ersehnte Sicherheit zu schaffen, kam] ! die Notwendigkeit H1 342,14–15 , beides ohne […] gestört zu werden] h, beides ohne […] gestört zu werdeni H1 342,17 Niederträchtige] [Untermenschliche] ! Niederträchtige H1 342,19 Einfluss] Einfluss [hauf das Denken der Völkeri] H2 342,20 schädlichste] [gefährlichste] ! schädlichste H1 342,25 Macht der Vernichtung] [Atommacht] ! Macht der Vernichtung H1 343,2 unglückliche] [unselige] ! unglückliche H1 343,Anm 2 ; wenn Kampf ist, muss gekämpft werden] fehlt D2 343,4 furchtbaren […] furchtbaren] schrecklichen […] schrecklichen H1 343,10 , um das Verbrechen des Juden am Geist] h, um das Verbrechen des Juden am Geisti H1 343,11 schuldig zu fühlen] schuldig zu fühlen [, zu schwach ist mein Zionismus, unser Zionismus gewesen] H1 343,13 zu verhindern.] zu verhindern. [Als ich in den ersten Jahren des Hitler-Regimes in Deutschland so lebte und sah, wie man einige Juden dem] H1 343,24 wiedergutzumachen suchen] wiedergutzumachen suchen, so gut [er kann] ! es angeht H1 wiedergutzumachen suchen, so gut es angeht H2, TS1.1, TS2.1 343,26–28 – zumal in der […] zu denken] fehlt H1 343,32 Krieges] [kalten] Kriegs H1 343,34–35 und mehr als je] erneut H1 1
Wort- und Sacherläuterungen: 340,17 Unsere, der »Praktischen«, Tendenz] Zum »praktischen Zionismus«, vgl. den Kommentar zu »An Chaim Weizmann«, in diesem Band, S. 698 f. 340,24 Choveve Zion] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 66,21. 343,6–7 eine Schaar bewaffneter Juden […] vernichtete.] Buber spielt auf das Massaker von Deir Yassin an, ein arabisches Dorf in der Nähe Jerusalems, wo am 9. April Einheiten des Irgun und des Etzel, einer weiteren revanchistischen Untergrundmiliz, ein Blutbad anrichteten. Die Opferzahlen schwanken zwischen 100 bis 120 und 254 Toten.
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Manifest des »Ichud« [Zum Flüchtlingsproblem]
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Manifest des »Ichud« [Zum Flüchtlingsproblem] Am 11. Oktober 1961 hielt Ministerpräsident David Ben Gurion in der Knesset eine Rede, in der er die Regierungspolitik in Bezug auf das arabische Flüchtlingsproblem verteidigte und unter anderem sagte: »Ganz entschieden lehnt Israel den heimtückischen Vorschlag der Wahlfreiheit der Flüchtlinge ab, da es davon überzeugt ist, dass dieser Vorschlag nur zu dem Zweck geschaffen wurde, Israel zu vernichten. Für das Flüchtlingsproblem gibt es nur eine praktische und angemessene Lösung: ihre Ansiedlung inmitten ihrer Volksgenossen in Ländern, in denen es guten Boden und Wasser im Überfluss gibt und wo man zusätzliche Menschenkräfte benötigt.« Als Erwiderung auf diese Erklärung schrieb Buber im Namen des Ichud einen offenen Brief an Ben Gurion, der im 13. Jahrgang (1961) der Zeitschrift Ner veröffentlicht wurde. Textzeuge: D: Giluj daʾ at schel Agudat »Ichud« [Manifest des Ichud], Ner, 13. Jg. Heft 1–2, September/Oktober 1961 (in MBB nicht verzeichnet). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Die Rechte der arabischen Bevölkerung Die französische Zeitung »Le Figaro« brachte am 4. Januar 1962 ein Interview mit dem israelischen Ministerpräsidenten David Ben Gurion, der darauf hinwies, dass die israelischen Araber besonders in ihren wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Entfaltungsmöglichkeiten wesentlich besser gestellt seien als ihre Nachbarn in den arabischen Ländern. (Vgl. Israël, Ben Gurion et les Arabes, Interview mit Serge Groussard, Le Figaro, 4. Januar 1962, S. 5). Dazu gaben Buber und zwei seiner Freunde im Namen des Ichud eine Stellungnahme ab, die am 26. Januar 1962 in der Tageszeitung Ha-aretz veröffentlicht wurde. Textzeuge: D: Zekhujot ha-ukhlusija ha-aravit [Pressemitteilung des Ichud vom 20. Januar 1962], in: Ha-aretz, 26. Januar 1962, S. 5 (in MBB nicht verzeichnet).
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Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Echte Gleichberechtigung für die Minderheit! Im Januar 1962 wurde in Tel Aviv eine Massenversammlung von Juden und Arabern abgehalten, die gegen die Fortsetzung des Militärregimes protestierte. Buber konnte nicht daran teilnehmen, sandte aber eine auf Band gesprochene Rede, die hier nach dem Abdruck in Ner (13. Jg. 1962) wiedergegeben wird. Abdul Asis Su’abi, der damals Mitglied der Knesset war und der Versammlung beiwohnte, erinnert sich, wie bewegt er von den Worten Bubers war: »Ich entsinne mich, dass ich (mir) damals sagte, welch große Ehre es für mich ist, in einem Lande zu leben, dessen Bürger Martin Buber ist.« (In: Proceedings of Martin Buber Memorial Seminar for Jewish- Arab Understanding, Tel Aviv, 4. September 1966, New Outlook, 9. Jg., Nr. 8, Oktober-November 1966, S. 12). Textzeuge: D: Jesch latet la-miut schiwjon zekhujot amiti, [Echte Gleichberechtigung für die Minderheit!] in: Ner, 13. Jg., Nr. 5–6, Schwat/Adar 1962, S. 7 (MBB 1212). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Daphna Mach. Wort- und Sacherläuterungen: 347,5–6 der Ministerpräsident auf einer Pressekonferenz gesagt] Vgl. den einleitenden Kommentar zum vorhergehenden Text »Echte Gleichberechtigung für die Minderheit!«. [Briefwechsel zwischen Buber und Ministerpräsident Levi Eschkol] Im Oktober 1963 weihte Levi Eschkol (1895–1969), der im Juni desselben Jahres Ben Gurions Nachfolger als Ministerpräsident geworden war, die neue Stadt Karmi’el ein. In einer Gegend errichtet, in der fast ausschließlich arabische Dörfer lagen, war Karmi’el ein Teil des Entwicklungsplans für Zentralgaliläa, den man 1963 in Angriff genommen hatte. Buber wurde vom Ichud beauftragt, an Eschkol zu schreiben und der Besorgnis über die als willkürlich angesehene Enteignung von ara-
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The Time to Try
bischen Böden im Zusammenhang mit der Errichtung von Karmi’el Ausdruck zu geben. Bubers Brief wie auch Eschkols Antwort werden nach der Druckfassung in B III, S. 622 und 626–628 wiedergegeben. Textzeuge: D: Übersetzung aus B III, S. 622 und 626–628. Druckvorlage: D The Time to Try Am 27. Dezember 1964 veröffentlichte die tunesische Wochenschrift Jeune Afrique, eine führendes Forum für afro-arabische Angelegenheiten, einen dramatischen Leitartikel ihres Herausgebers Baschir BenYahmed, in welchem er die arabische Welt aufrief, sich mit der Existenz des Staats Israel abzufinden: »Der Staat Israel ist, so bedauernswert seine Schaffung auch sein mag, eine Tatsache, die nicht ausgelöscht werden kann, außer durch Krieg, dessen einzige Gewissheit das Leiden und die Zerstörung sind, die ihm folgen werden […]. Die wirkliche Lösung liegt daher entweder in der Konsolidierung von Israel – eine Sisyphus-Arbeit – oder in seiner Vernichtung. Sie könnte in dem Verschwinden aller Staaten in dieser Region liegen und in ihrem Zusammenschluss, in einer Föderation der Staaten des Mittleren Ostens, in der Israel, nachdem es einen Teil der arabischen Flüchtlinge zurückgenommen und die anderen entschädigt hätte, nicht mehr ein souveräner und feindlicher Staat wäre, sondern ein föderativer Staat wie Texas oder Kalifornien, der mit den anderen innerhalb eines Rahmens verbunden wäre, welcher der von Vereinigten Staaten des Mittleren Ostens sein könnte.« New Outlook, eine englischsprachige, der arabisch-jüdischen Verständigung gewidmete israelische Zeitschrift, lud führende israelische Persönlichkeiten ein, eine Stellungnahme zu Ben-Yahmeds Leitartikel abzugeben. Die Antwort des 87jährigen Martin Buber war sein letzter, vor seinem Tode (am 13. Juni 1965) veröffentlichter Aufsatz. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 50); 3 lose, paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Deutschsprachiger Entwurf zur englischen Druckfassung, dessen Text im Folgenden reproduziert wird.
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D: New Outlook, 8. Jg., Heft 1 vom Januar/ Februar 1965, S. 13–14 (MBB 1275). Druckvorlage: D Abdruck von H: Ich kann heute zu der erfreulicherweise von der »Jeune Afrique« eingeleiteten Diskussion nur einiges mir grundsätzlich besonders wichtig Scheinende beitragen. 1. Es besteht für mich kein Zweifel daran, dass es die Schicksalsfrage des Nahen Orients ist, ob eine Verständigung zwischen Israel und den arabischen Völkern zustandekommt, solange noch eine Möglichkeit dazu besteht, wie lange eine solche Möglichkeit besteht, ist uns zu wissen nicht gegeben. Der Ruf zur Verständigung, der jetzt zum erstenmal aus einem arabischen Land zu uns dringt, kann, wenn er im arabischen Volk überhaupt ein Echo findet, von historischer Bedeutung werden. 2. Ebenso gewiss ist es mir, dass eine Verständigung zwischen den arabischen Völkern und Israel auf nichts Geringeres ausgehen darf als auf eine Föderation oder, wie ich lieber formuliere: Konföderation (wie einige meiner Freunde und ich sie schon zur Zeit der Entstehung des Staates Israel gefordert haben). Man darf die Situation, in der diese unsere Völker stehen, mit der heutigen Weltlage überhaupt vergleichen: der Untergang des Menschengeschlechts wäre nicht verhütet, er wäre nur verlangsamt, wenn an Stelle des kalten Kriegs nur der Nichtkrieg träte: es muss nichts weniger als eine echte Kooperation an den grossen gemeinsamen Problemen werden. 3. Es ist freilich unerlässlich, dass zunächst eine Klärung erfolgt, was im gegebenen Fall unter dem Begriff einer Föderation zu verstehen ist. Der Verfasser des Aufsatzes in der Jeune Afrique denkt an ein Verhältnis wie »zwischen Texas und Kalifornien«. Die Voraussetzungen sind aber hier und dort grundverschieden. In allen Teilen der USA lebt die gleiche, gleich gemischte Bevölkerung; im Nahen Osten handelt es sich um zwei verschiedene, wenn auch verwandte, Nationen. (Zum Vergleich könnte man immerhin etwa die Schweiz heranziehen.) Daher ist hier unerlässliche Voraussetzung einer föderativen Verbindung, dass jedem der beiden Partner die volle nationale Autonomie gewahrt bleibt; keiner von beiden darf den nationalen Bestand des andern in irgendeinem Punkte verletzen. (Daher dürfen weder die Juden den Arabern noch auch die Araber den Juden – wie es leider im Aufsatz der Jeune Afrique geschieht – an der Form ihrer nationalen Bewegung Kritik üben.) 4. Damit ein so grosses, so fast präzedenzloses Werk gelingt, ist un-
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Über Gemeinschaft und Gesellschaft
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erlässliche Voraussetzung, (auch darin hat der Verfasser des Artikels unbedingt recht) dass geistige Vertreter der beiden Völker miteinander in ein echtes Gespräch kommen, in dem sich gegenseitige Aufrichtigkeit und gegenseitige Anerkennung verbinden. Nur ein solches Gespräch kann zu einer Reinigung der Atmosphäre führen, eine Reinigung, ohne die schon der erste politische Schritt auf dem neuen Wege missglücken würde. Diese geistigen Vertreter müssen im vollen Sinne des Wortes unabhängige Menschen sein, im vollen Sinn dieses Wortes, Menschen also, die durch keinerlei Rücksicht gehindert werden, der Sache, die sie als wahr und gerecht erkannt haben, rückhaltlos zu dienen. Ob jetzt und hier ein solches Gespräch zwischen solchen Menschen zustandekommt, wird weit über das Gebiet des Nahen Ostens hinaus von Bedeutung sein: es wird sich daran zeigen, ob in dieser späten Stunde des Menschengeschlechts der Geist wirklich Einfluss auf die Geschichte hat.
Schriften zur zionistischen Politik Über Gemeinschaft und Gesellschaft Buber hielt seine Ansprache »Über Gemeinschaft und Gesellschaft« auf einer Konferenz des Hapoel Hazair (Der Junge Arbeiter), die im März 1920 in Prag stattfand, bei der der Zusammenschluss von Hapoel Hazair mit den ähnlich gesinnten Zeʾ ire Zion zur Hitachdut beschlossen wurde. Hapoel Hazair wurde 1905 in Palästina gegründet und hielt sich unter der Leitung von A. D. Gordon (1856–1922), inspiriert von Leo Tolstois geistigem Anarchismus, von Realpolitik fern, ja suchte sogar jede Art von Politik zu vermeiden. Stattdessen glaubte Gordon die Verwirklichung des Zionismus dadurch gewährleistet, dass das Judentum durch handwerkliche Arbeit und Besiedlung des Landes in Palästina Fuß fassen würde. Auf der Tagesordnung der Prager Konferenz stand vor allem die Frage, wie man der Herausforderung durch die konkurrierende sozialistisch-zionistische Achdut ha-Avoda (Arbeiter-Union) begegnen könne, die ein Jahr zuvor von David Ben Gurion in der Folge einer Abspaltung von der radikal linken, der Kommintern nahestehenden Poalei Zion (Arbeiter Zions) gegründet worden war. Trotz der gemäßigteren Positionen der Achdut ha-Avoda drängte A. D. Gordon den Hapoel Hazair dazu, Ben Gurions Aufforderung, die Kräfte zu vereinen, zurückzuweisen. Er befürchtete, dass Achdut ha-Avodas politische Ambitionen
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Hapoel Hazair dazu verpflichten könnten, seine Rolle als das Gewissen des zionistischen Siedlungsprojekts in Palästina zu kompromittieren. Neben dem vorliegenden Referat, das auf Hebräisch in der Zeitschrift des Hapoel Hazair erschien, hielt Buber auch die Rede »Der heimliche Führer«, eine Würdigung Gustav Landauers (jetzt in MBW 11.1, S. 182–183; vgl. auch den ausführlichen Kommentar dazu, ebd., S. 499– 505). Textzeuge: D: Al ha-chevra we-ha-tzibur [Über Gemeinschaft und Gesellschaft], in: Ma’abarot, 2. Jg., Heft 9, Sivan 1920, S. 213–217 (MBB 250). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Karin Neuburger Wort- und Sacherläuterungen: 358,27–28 die Bedeutung der Begriffe »Gemeinschaft« und »Gesellschaft«] Hier hat der hebräische Text eine Anmerkung des Übersetzers, dass Buber diese Begriffe »Gemeinschaft und Gesellschaft« in seiner Rede verwendete, für die es ihm schwer fiele, hebräische Pendants zu finden. 360,14 Methoden wie die Taylors] Frederick Winslow Taylor (1856– 1915): US-amerik. Ingenieur und Begründer der wissenschaftlichen Betriebsführung. Taylors Ziel war die Steigerung der Produktivität durch die Optimierung von Arbeitsprozessen. Dazu führte er u. a. die Teilung der Arbeit in kleinste Einheiten und ein spezielles Lohnsystem ein. 360,18 Kropotkin] Pjotr Alexejewitsch Kropotkin (1842–1921): russ. Anarchist, Geograph und Schriftsteller. 360,32 »Kevutza«] Vorform des Kibbuz, im Gegensatz dazu aber kleinere kollektive Lebens- und Arbeitsgemeinschaften. Zum Aufsatz »Aus Neid« Obwohl Buber sich dafür einsetzte, dass der Hapoel Hazair sich mit Ben Gurions Partei Achdut ha-Avoda vereinigen sollte, wurde sein Vortrag von Sprechern von Achdut ha-Avoda dahingehend interpretiert, dass er deren Engagement für eine sozialistische Wiedergeburt des jüdischen Volkes in Frage stelle. In einem in Kuntras, dem ideologischen Sprachrohr der Achdut ha-Avoda, veröffentlichten Artikel wurde Bubers Rede
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Zum Aufsatz »Aus Neid«
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auf der Prager Konferenz als Ausdruck von »Neid« auf die Attraktivität der neuen Partei für die jugendlichen Pioniere des Zionismus charakterisiert. Bubers Zurückweisung dieses Vorwurfs wurde ebenfalls in Kuntras publiziert. Der hier wieder gegebene Text beruht auf Bubers handgeschriebenem Entwurf, der wahrscheinlich in seinem Auftrag ins Hebräische übertragen wurde. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 67); 1 Blatt, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D: Mi-tokh qinʾ a [Zum Aufsatz »Aus Neid« (eine Replik)], in: Kuntras, Band 3, Heft 47, 1921, S. 23 (hebr.) (nicht in MBB verzeichnet). Druckvorlage: H Variantenapparat: 363,11–12 Die Gesinnung, die ich meine] [Der Sozialismus] ! Die Gesinnung, die ich meine [, und die keine Theorie sondern ihrem Charakter nach so beschaffen ist, dass sie überhaupt nur als Praxis bestehen kann, als blosse Theorie aber] H 363,13 denkt] [»bekennt«] ! denkt H 363,21 bestimmenden] [entscheidenden] ! bestimmenden H 363,27 Wenn ich auch] [Meine Liebe und mein Glaube gehören keiner Partei, sondern dem einigen Arbeitsvolk] ! Wenn ich auch H 363,30 einigen Arbeitsvolk] [hoffentlich] einigen Arbeitsvolk H Wort- und Sacherläuterungen: 363,2 ]מתוך קנאהHebr.: »Aus Neid«. 363,2 ]קונטרסKuntras, Name der Zeitschrift, in der Bubers Position angegriffen wurde und seine Replik erscheint. 363,4 nicht völlig zuverlässiges Stenogramm] Vgl. Bubers Brief an Robert Weltsch: »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich der Aufgabe, die Stenogramme zu bearbeiten, entheben würden. Zunächst sind die sehr unzulänglich, voller Lücken und mit sehr vielen Unrichtigkeiten, und es würde mich viel Mühe kosten, all das zur Not zu ergänzen und zu korrigieren. Wichtiger aber ist, daß mich meine ›richtigen‹ Prager Formulierungen auch nicht mehr befriedigen, und am wichtigsten, daß mir der ganze Gegenstand zur Teilfrage geworden und damit in einem Sinn, den Sie verstehen werden, ferngerückt ist – wie einem der die Linie eines Gebirges entdeckt, die einzelnen Formationen.« Buber fügt bezeichnenderweis hinzu: »Ich lebe einen Mo-
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ment durch, in dem mich alle partiellen Interessen in dem schweren Ringen um das Eigentliche stören. Wenn ich sie doch für eine Zeit alle loswerden könnte! Ich weiß jetzt in Wahrheit, lieber Freund Weltsch, nicht bloß mit Hapoël Hazaïr, sondern auch mit Zionismus – mit Judentum nichts Rechtes anzufangen; und am allerwenigsten mit ›mir‹, das heißt mit dem, was ich bislang geredet und geschrieben habe.« Brief Bubers an Robert Weltsch vom 14. Juni 1920, in: B II, S. 67. 363,4 ]מעברותMa’abarot, (Name der Zeitschrift, in der Bubers Rede »Über Gemeinschaft und Gesellschaft« erschien). 363,16 in der Resolution] Vgl. das Protokoll der Prager Konferenz des Hapoel Hazair vom März 1920. MBA Vav 56a 75 Die Vertretung Der XIII. Zionistische Kongress vom 6.–18. August 1923 in Karlsbad befasste sich mit der dringenden Notwendigkeit, Gelder zu beschaffen, um die zionistische Besiedelung in Palästina weiter auszubauen. Es war deutlich geworden, dass die Zionistische Organisation nicht über die Mittel verfügte, um die nationale Heimstätte aufzubauen. So entschloss man sich über den engeren Rahmen der zionistischen Organisation hinaus die Unterstützung der Diasporagemeinden zu suchen, indem man eine Organisation bildete, in der sowohl Zionisten wie Nichtzionisten vertreten sein sollten. Davon erhoffte man sich weiter, dass eine solche stärker repräsentative Organisation eine größere Autorität im Umgang mit der britischen Regierung und der Verwaltung in Palästina haben würde, die bisher kaum den Rat oder die Zusammenarbeit mit der Zionistischen Organisation gesucht hatten. Buber hatte sich nach dem XII. Zionistischen Kongress (1921) aus der politischen Arbeit zurückgezogen, nachdem sein Antrag zur arabischen Frage verwässert worden war. (Vgl. in diesem Band, S. 539 f.). Doch nahm er weiterhin Anteil an der Arbeit der Zionistischen Bewegung. In seinem in Der Jude 1923 veröffentlichten Artikel argumentiert er, dass das auf dem XIII. Kongress ins Auge gefasste Repräsentationsorgan eine einzigartige Chance böte, die bisher von der zionistischen Führung verfolgte Strategie einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen und sie zu revidieren. Die Zusammensetzung und die politische Verantwortung der »Vertretung« erfordere deswegen sorgfältige Überlegung.
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Die Vertretung
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Textzeuge: D1: Der Jude, 7. Jg., Heft 7/8, Juli/August 1923, S. 385–388 (MBB 280). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932. Berlin: Schocken 1933, S. 384–392 (MBB 459). Druckvorlage: D1 Wort- und Sacherläuterungen: 364,2–3 Vor zwei Jahren […] Politik erörtert.] Buber bezieht sich auf Beratungen bei dem XII. Zionistenkongress. 364,4–17 Ich sagte unter anderem ungefähr […] das Dann gerüstet?«] Die Äußerungen Bubers in den Komiteesitzungen sind nicht veröffentlicht. Ähnlich ist jedoch Bubers Stellungnahme »Vor der Entscheidung« (in diesem Band, S. 51-58). 364,18 Darauf entgegnete Weizmann] Buber scheint sich auf Weizmanns Verhandlungen mit Emir Feisal zu beziehen. Auf dem XII. Zionistenkongress wurde Weizmann zum Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation gewählt. 364,Anm »Kongreßnotizen zur zionistischen Politik«] In diesem Band, S. 83–92. 365,1 Exekutive] d. h. die Exekutive der Zionistischen Weltorganisation. 365,4 »Haager Oppositionsgruppe«] Die von dem niederländischen Zionisten Nehemia de Lieme (1882–1940) geführte Oppositionsgruppe war der Meinung, dass der Zionismus sein politisches Ziel mit der Erklärung der Balfour-Deklaration erreicht habe und man nun seine Energie auf das Ziel richten solle, Palästina wirtschaftlich lebensfähig zu machen. 365,10 Jewish Agency] Der Ausdruck erscheint erstmalig im 4. Artikel des Völkerbundmandates für Palästina vor. Darin heißt es, dass »[a]n appropriate Jewish agency shall be recognised as a public body for the purpose of advising and co-operating with the Administration of Palestine in such economic, social and other matters as may affect the establishment of the Jewish national home and the interests of the Jewish population in Palestine« und dass die zionistische Organisation als eine solche anerkannt werden soll, solange ihre »organization and constitution are in the opinion of the Mandatory appropriate« (Quelle: http://avalon.law.yale.edu/20th_century/palmanda.asp; vgl. die Übersetzung in: 100 Dokumente aus 100 Jahren. Teilungspläne, Regelungsoptionen und Friedensinitiativen im israelisch-palästinensischen Konflikt (1917–2017), hrsg. von Angelika Timm, Berlin 2017, S. 32.) »Zionistische Organisation« und die »Jewish Agency«
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waren Begriffe, die wechselweise eingesetzt werden konnten, bis die eigentliche Jewish Agency 1929 gegründet wurde. Bis zur Staatsgründung hatte sie eine Schlüsselfunktion inne in den Beziehungen zwischen dem jüdischen Palästina und dem Weltjudentum einerseits und der Mandatsmacht und den anderen Mächten andererseits. Im Mai 1948 übergab die Jewish Agency viele ihrer Aufgabenfelder an die neugeschaffene israelische Regierung, blieb aber weiterhin für die Einwanderung, Ansiedlung, Jugendarbeit und für weitere Bereiche verantwortlich, deren Arbeit durch Spenden aus dem Ausland finanziert wurden. Der Acker und die Sterne Auf der Konferenz des Hapoel Hazair in Prag im Jahr 1920 traf Buber A. D. Gordon (vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 57,4 sowie den Kommentar zu »Über Gemeinschaft und Gesellschaft«, in diesem Band S. 665), der unmittelbar darauf nach Degania, dem ersten Kibbuz, der von den zionistischen Pionieren (Chaluzim) gegründet worden war, zurückkehrte. Gordon starb zwei Jahre später. Bei Gelegenheit eines Besuchs jüdischer Siedlungen in Palästina im Jahr 1927 besuchte Buber Gordons Grab. In seiner Erinnerung an diesen Besuch, den Buber den Mitgliedern des Kibbuzes widmete, pries er Gordon als die Verkörperung der Chaluziuth, des Pioniergeistes, den Gordon als die Religion der Arbeit charakterisiert hatte: die Regeneration des Judentums durch seine Wiedereinbindung in die Einheit des Kosmos durch körperliche Arbeit im Land Israel. Textzeuge: D1: Blätter der Zionistisch-Sozialistischen Jugend, 1. Jg., Heft 1, März 1928, S. 2–3 (MBB 357). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken Verlag 1933, S. 167–170 (MBB 459). D3: Jisrael, Volk und Land. Jüdische Anthologie, Berlin: Hechaluz Deutscher Landesverband 1934, S. 259–261 (MBB 493). D4: JuJ, S. 756–757 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: Ha-sade We-ha-kokhavim, Schdemot, 1966, S. 12 (MBB 1415)
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Brief an das Aktions-Comité der Zionistischen Organisation
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Variantenapparat: 369,2 Chawerim] Genossen D4 369,2 Erinnerung] ergänzt an den Besuch von Gordons Grab (1928) D2, D3, D4 369,21–22 sich schon bereitet, sich in den […] zu ergießen] aus dem […] hervortritt D2, D3, D4 370,5 ist das Gefühl] ist uns das Gefühl D4 370,6 ist man] sind wir D4 Wort- und Sacherläuterungen: 369,2 Chawerim] Sing.: »Chaver«; Hebr.: »Freund« oder »Genosse«. 331,2 Daganja] oder Degania. Der 1910 von zehn Männern und zwei Frauen gegründete Kibbuz liegt zwischen der Südküste des See Genezareth und dem Jordan. Brief an das Aktions-Comité der Zionistischen Organisation Im September 1927 etablierte der Zionistische Exekutivausschuss angesichts eines schwerwiegenden Mangels an Geldmitteln eine Reorganisationskommission. Die Kommission hatte den Auftrag, die Änderungen vorzuschlagen, die notwendig waren, um eine effektive Weiterführung der Siedlungsarbeit und den Entwurf von Plänen für die künftige Entwicklung sicher zu stellen. Sie empfahl, die ökonomische Aktion und die öffentlichen Bedürfnisse strikt von der politischen Einflussnahme zu trennen. Dem folgte 1927 die Allgemeine Untersuchungskommission, die die ökonomischen Ressourcen und Voraussetzungen einschätzen sollte, um die künftige Arbeit in Palästina bewerten zu können. Die Kommission bestand aus vier prominenten Geschäftsleuten: Sir Alfred Mone (1868–1930), ein britischer Industrieller und Finanzier; Felix M. Warburg (1871–1937), ein in Deutschland geborener amerikanischer Banker; Oskar Wassermann (1869–1934), Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank; und Lee K. Frankel (1867–1931), Manager einer amerikanischen Lebensversicherung. Im Jahr 1928 gab die Kommission einen 741 Seiten starken Bericht heraus, der die landwirtschaftliche Kolonisation, sowie die Arbeiterschaft und das öffentliche Gesundheitswesen betraf. Die Berichte, die von Experten verschiedener Arbeitsfelder zusammengestellt wurden, waren kritisch in Bezug auf die Organisation der Immigration und der Siedlungen. Sie hielten die weitere Errichtung von Siedlungen vor der Konsolidierung bereits existierender Dörfer für ver-
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früht. Die Kommission verurteilte auch die Siedlungsmethode, die von der Zionistischen Weltorganisation verfolgt wurde, und bevorzugte stattdessen die Methoden, die von privaten Siedlern angewandt wurden. Sie empfahl, dass der staatliche Landbesitz eingeschränkt und dass privates Investitionskapital herangezogen werden sollte, sowie dass Lohnarbeiter eingestellt werden sollten. Sie war der Meinung, dass ein Sozialsystem, das nicht die individuelle Initiative und Fähigkeit belohne, für die ökonomische Entwicklung nicht förderlich sei. Die kollektiven Siedlungen verstand sie lediglich als »soziale Experimente«. In seinem Artikel, der an das Aktionskomitee adressiert war, das die laufenden Angelegenheiten des Exekutivrates der Zionistischen Weltorganisation regelte, verwarf Buber die Grundannahmen der Kommission, wobei er unterstellte, dass sie auf Grund ihrer kapitalistischen Voreingenommenheit nicht in der Lage sei, gemeinschaftliche Siedlungsformen als grundlegend für den Zionismus als einer Bewegung der geistigen und moralischen Erneuerung anzuerkennen. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 008 956e.I); 4 lose unpaginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D1: Brief an das Aktions-Comité der Zionistischen Organisation, in: Jüdische Rundschau 33. Jg., Heft 56, 17. Juli 1928, S. 403 [Titelseite] (MBB 361). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken Verlag 1933, S. 413–420 (MBB 459). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: Mikhtav le-wa’ad-hapo’el schel hahist[adrut] ha-tzionit, Davar vom 27. Juli 1928 (MBB 383). Variantenapparat: 371,3–4 so bitte ich Sie, mir zu glauben] so bitte ich Ihnen versichern zu dürfen H 371,12 unzulänglich] nicht hinreichend H 371,14–15 folgenschwerer] unverzeihlicher, folgenschwerer H 371,24 hinreichend klargemacht] klargemacht H 372,11–12 (soviel ich sehe, […] Psychologica)] fehlt H 372,41 Gesichtspunkte] Belange H
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373,1–2 Willen] Wesen und seinen Voraussetzungen H 373,8 wahrhafte] wirkliche H 373,13 aus nationaler Artung und sozialem Willen gebildete] nationalsoziale H 373,15 ideologische Ausgestaltung] Ideologie H 373,16 Gesichtspunkten] Belangen H 373,37 Nicht bloß deshalb] [Ein Kommissionsbericht ist verstattet worden, der als Basis der Einung mit dem »nichtzionistischen Teil der Agency« (dieser Teil ist für mich noch eine reichlich unsichtbare Gestalt) vorgeschlagen wird.] H 374,24–30 Ich brauche wohl […] führen sollten.] fehlt H Wort- und Sacherläuterungen: 371,1 Aktions-Comité der Zionistischen Organisation] Die Zionistische Weltorganisation wurde auf Initiative Theodor Herzls 1897 auf dem ersten Zionistenkongress in Basel gegründet. Das Vorstandsgremium des Kongresses wählte neben verschiedenen permanenten Kommissionen auch das Aktions-Comité, einen Rat, der die Exekutive bildete und die täglichen Geschäfte des Kongresses lenkte. 371,8 Kommissionsbericht] Reports of the Experts submitted to the Joint Palestine Commission, Boston 1928. 371,35 Nationalfonds] Der jüdische Nationalfonds (hebr. »Keren Kayemeth LeIsrael« wörtlich: »Ewiger Fonds für Israel«, englisch: Jewish National Fund JNF) wurde 1901 von der Zionistischen Weltorganisation gegründet. Die ersten Jahre des JNF wurden durch gezielte Bodenkäufe geprägt, um durch den Landerwerb die jüdischen Ansiedlungen in Palästina zu fördern. 372,4–5 »den Bestrebungen, Siedler zu befähigen, wirkliche Landbesitzer zu werden«] Vgl. Reports of the Experts submitted to the Joint Palestine Commission, S. 13. 372,22 den Kwuzoth] Plural von Kwuza; hebr.: »Gruppe«; synonym verwendet wie »Kibbuz«, aber zumeist mit kleiner Mitgliederzahl. 372,28 »Logik der Ereignisse«] Vgl. Reports of the Experts submitted to the Joint Palestine Commission, S. 20. Unsere Konstitution Diese kurze Meditation über die hebräische Sprache wurde 1928 von der Kulturbewegung Tarbut in Warschau veröffentlicht. Tarbut (hebr.: »Kultur«) bezeichnete in der Zwischenkriegszeit ein breites Spektrum von
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auf der hebräischen Sprache basierenden Aktivitäten. Die Bewegung wurde 1922 in Polen gegründet und betrieb ein Netzwerk von Unterrichtsstätten von Kindergärten bis hin zu Gymnasien, aber auch Pädagogische Hochschulen und Abendschulen im Rahmen der Erwachsenenbildung. Im Jahr 1930 belief sich die Besucherzahl dieser Unterrichtseinrichtungen auf 45 000. Buber vertritt in diesem Text die These, dass das Hebräische auf Juden dieselbe Wirkung habe wie andre Nationalsprachen auf die Menschen anderer Nationen, allerdings gehe seine Wirkung darüber noch weit hinaus. Es verbinde die zerstreuten Gruppen in der Diaspora mit der konzentrierten Gruppe im Land Israel. Zudem habe es – und das sei noch wichtiger – eine geheime Funktion: in der hebräischen Sprache sei das künftige Gesetz des neuen Lebens, das dem jüdischen Volk bevorstehe, verborgen. Die hier wiedergegebene Form des Textes beruht auf einem deutschsprachigen Zeitungsausschnitt im MBA, der keiner Zeitung zugeordnet werden konnte. Textzeuge: D: Unsere Konstitution, anonymer Zeitungsausschnitt, in: MBA, Ms. Arc. Var. 350 02 134. Druckvorlage: D Übersetzungen: Hebräisch: Chukatenu, in: Ha-tenuʾ a ha-ivrit we »keren ha-tarbut«, Warschau: Tarbut, 1928, S. 10 (MBB 381). Wort- und Sacherläuterungen: 375,2–3 Galuthlebens] Galuth, hebr. »Exil«, »Verbannung«; das Leben des jüdischen Volkes außerhalb Israels, als es noch keinen jüdischen Staat gab. Weisheit und Tat der Frauen Dieser Text wurde im Januar 1929 in Pioniere und Helfer. Arbeitszirkular der Weltorganisation Zionistischer Frauen publiziert. Die Tatsache, dass er in diesem Publikationsorgan erschien, ist der einzige Hinweis darauf, dass der Text als zionistischer gelesen werden sollte. Ansonsten erweist er sich lediglich als vergleichende Interpretation der Taten verschiede-
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ner Frauen aus dem Kontext des Deuteronomistischen Geschichtswerks. Der Text stammt aus einer Zeit in Bubers Leben, in der er sich intensiv mit der Bibel befasste. Seine mit Franz Rosenzweig unternommene Übersetzung des Buches Samuel war 1928 erschienen, das Buch Könige folgte 1929. Während ein »Zionistisches Verständnis« keineswegs unabdingbar ist, weist Bubers Entscheidung, Frauen aus dem Samuel-David-Saul-Zyklus zu besprechen statt der Frauen der Patriarchen dennoch in diese Richtung. Frauen wie die namenlosen weisen Frauen von Tekoa und Abel Bet Maacha und Rizpa, die Tochter des Aja, belegen, dass sie die Möglichkeit haben den Lauf der Dinge zu beeinflussen. Während die Männer politische Stellungen haben, die meistens mit Macht und Einfluss assoziiert sind, wirken die Frauen durch »Weisheit« (die Reden der weisen Frauen vor David und Joab) und »Tat« (Rizpas Wache bei ihren erschlagenen Söhnen). Buber hatte zuvor die Frage der Rolle der Frauen in der zionistischen Bewegung in »Das Zion der Jüdischen Frau« (1901) behandelt, das später unter dem Titel »Was kann die Frau für die Erneuerung des Judentums tun« (1934) erneut publiziert wurde. (Jetzt in: MBW 3, S. 75–81.) Textzeuge: D1: Pioniere und Helfer 3, Januar 1929, S. 12–14 (MBB 406). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften (1921–1932), Berlin: Schocken Verlag 1933, S. 107–114 (MBB 459). D3: Werke II, S. 917–923 (MBB 1252). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: Chokhmat naschim u-fo’alan. in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 133–136 (MBB 1182); Chokhmat naschim u-fo’alan, in: Darko schel miqra. Ijjunim bi-dfuse- signon be-Tanakh, Jerusalem: Mossad Bialik 1964, (Zweite Aufl. 1978), S. 135–138 (MBB 1260). Variantenapparat: 376,Anm 1] fehlt D2, D3 379,36 David erfährt] So harrt sie auf dem Felsen aus. David erfährt D2, D3
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Wort- und Sacherläuterungen: 376,2 Meiner Tochter Eva Buber] Eva Buber (1901–1992): Ehefrau von Ludwig Strauss; in zweiter Ehe verheiratete Ludwig-Steinitz. 376,3 König David] erster und bedeutendster König über Juda und Israel, nach der biblischen Chronologie regierte er von ca. 1000 bis 961 v. Chr. 376,10 Michal] Tochter Sauls und erste Frau Davids. 376,11–12 als um David […] zu verspotten] Vgl. II Sam 6,20. 376,12 Batseba] Vgl. II Sam 11. Zunächst Frau von Uria dem Hethiter (II Sam 11). Nachdem David mit ihr Ehebruch begeht, sorgt er für Urias Tod, und heiratet sie. Dieser Verbindung entspringt König Salomon. 376,13 Abigail] Frau Nabals, die in dessen Konflikt mit David vermittelt und David nach seinem Tod heiratet. Ihr Handeln und Reden wird als prophetisch dargestellt. Vgl. I Sam 25. 376,14–15 »in Blutschuld zu kommen (…) sich zu befrein«] I Sam 25,26. Buber zitiert aus seiner Übersetzung: Das Buch Schmuel, verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Lambert Schneider: Berlin [1928], S. 119. 376,16 »wirst du deiner Magd gedenken«] I Sam 25,31; Das Buch Schmuel, S. 120. 376,19 Absalom] dritter Sohn Davids. Weil sein Halbbruder Amnon seine Schwester Tamar vergewaltigt, lässt er ihn töten. Vgl. II Sam 13. 376,20 Joab] Feldherr Davids. 376,24 »eine weise Frau aus Tekoa«] Vgl. II Sam 14. Tekoa: Ort westlich des Toten Meeres im Gebirge Juda. 377,1–4 »Warum also […] ohne Wiederkehr läßt!«] II Sam 14,13; Das Buch Schmuel, S. 197. 377,18 Untat der Benjaminiten] Ri 19: die Schändung der Nebenfrau eines umherziehenden Leviten durch Angehörige des Stammes Benjamin. 377,31 Denn: Sterben […] lassen vor ihm.] II Sam 14,14; Das Buch Schmuel, S. 197. 378,10 Urgebot der Nachahmung Gottes] Vgl. Bubers Essay »Nachahmung Gottes« von 1926; jetzt in: MBW 20, S. 35–44. 378,19 Sebas Sohns Bichris] Vgl. II Sam 20. 378, 21 Abel Bet Maacha] bronzezeitliche Stadt in Galiäa. 378,24–30 »Diese Stadt (…) zu Haus«] Paraphrase von Das Buch Schmuel, S. 234. Vgl. II Sam, 20,17–18, 378,32–36 »Ich (…) verschlingen?!«] II Sam 20,19; Das Buch Schmuel, S. 234.
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378,37 Gegenüberstellung von »ich« und »du«] In Bubers biblischen Schriften erscheint das »dialogische« Vokabular eher selten. 379,12 so m ü t t e r l i c h e Stadt] Der hebräische Ausdruck ir wa-em für eine bedeutende Stadt bedeutet wörtlich: »Stadt und Mutter«. 379,22–23 in dem ersten der vier Kapitel, […] berichtet] Vgl. II Sam 21,1–14. 379,30–35 Da nahm Rizpa […] bei Nacht.] II Sam 21,10; Das Buch Schmuel, S. 238. 379,36–38 David erfährt, »was Rizpa getan hat« […] Lande erflehn] II Sam 21,11. 380,1–2 Als sie alles […] erflehn.] II Sam 21,14, in: Das Buch Schmuel, S. 239. 380,7 Antigone] Titelfigur der gleichnamigen Tragödie des Sophokles. Buber vergleicht sie mit Rizpa, weil sich beide um das Begräbnis männlicher Familienmitglieder kümmern, das ihnen aus Gründen der Staatsraison verweigert wird. Zion und die Gola. Eine kurze Antwort statt einer langen Vermutlich liegt der Anstoß für diesen Artikel in Äußerungen Bubers, die dieser machte, als er sich anlässlich der Feierlichkeiten zum 30jährigen Bestehen des Keren Kajemeth als Festredner in Berlin aufhielt und am 27. Februar 1932 die Festrede hielt. Im Märzheft der Monatsausgabe Jüdische Rundschau von 1932, S. 3 wird unter der Überschrift »Martin Buber spricht über ›Volk und Land‹«, eine Zusammenfassung des Vortrags veröffentlicht, die stark an Bubers Wortlaut angelehnt ist und deswegen hier im Folgenden abgedruckt wird: »Anläßlich des 30jährigen Jubiläums des Keren Kajemeth fand am 27. Februar in Berlin im Bachsaal eine Kundgebung statt. Im Mittelpunkt der Feier stand der Vortrag von Martin Buber über »Volk und Land«, dessen Gedankengang wir nachfolgend wiedergeben. Buber begann mit dem Satz: Z u Vo l k g e h ö r t L a n d . Dies aber, so führte er aus, bedeutet noch etwas anderes, als daß zu einer ›Nation‹ ein ›Territorium‹ gehört. Nation und Territorium sind p o l i t i s c h e Begriffe, Volk und Land sind v i t a l e , sind Begriffe des Lebens. Und über die Forderung hinaus, daß eine Nation, die des Territoriums entbehrt, es wieder erlangt, fordert dieser Satz, daß ein Vo l k s t u m , das des Landes entbehrt, wieder die Verbindung mit seinem Boden findet. Innerhalb der geschichtlichen Einheit Nation bildet dieses Element Volk et-
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was in gewissem Sinne Uebergeschichtliches. Damit es stark und fruchtbar sei und sich auswirke im Werk und im Leben und Aufbau des nationalen Daseins, dazu gehört Land. Land, dem das Volk verbunden ist, lebend und arbeitend mit dem großen gleichmäßigen Rhythmus der Natur, wo auch immer wieder gleichbleibend derselbe Umlauf der Jahreszeiten sich vollzieht. Es tut not für dieses Wachsen des Volkes, daß es verwachsen sei mit diesem naturhaften Umlauf durch Arbeit an dieser Erde, über der sich die Jahreszeiten so vollziehen, daß dieser gleiche Rhythmus des Volkslebens und des naturhaften Daseins ineinander verwoben und miteinander verschmolzen seien – durch das Leben der Bauernschaft auf eigener Erde. Diese Verbundenheit von Volk und Land hat aber niemals und nirgends eine so außerordentliche Ausprägung, eine so geschichtsbestimmende Kraft gefunden wie in Israel. Buber belegt diesen Satz durch Beispiele aus der Bibel: Ein Mann wird aus seinen Sippenzusammenhängen drüben in Mesopotamien herausgeholt, und geführt in ein Land, das da ist für ihn, das gleichsam wartet, das für ihn bestimmt und für das er bestimmt ist. Sein Name und dieses Land sind einander zugedacht und angelobt. Und weiter, wenn nun diesem Mann und seinem Sohn und Enkel Gott verheißt, daß er den Bund erfüllen wird, so ist der Kern dieses Segens Segnung für diese Land. Und wie Joseph hinweggebracht wird nach Aegypten, verheißt Gott ihm, daß er zurückkommen wird, daß ihm das Land als Erbe verbürgt wird. Es ist schon sein Land, wiewohl noch Jahre verstreichen müssen, ehe das Volk seinen Besitz antritt. Und wie nun zur Erfüllung der Verheißung das Volk von Aegypten nach Kanaan wandert, empfängt es eine Gesetzgebung, nicht eine für alle Zeiten und alle Umstände und unabhängig von dem Lande, in dem sie erfüllt werden soll, sondern ein Agrargesetz für dieses bestimmte Land, für die Verwirklichung des Willens Gottes, für ein gerechtes Gemeinschaftsleben der Menschen in diesem Lande. Und wenn dann von dieser Gesetzgebung aus Gott nun nicht mehr einzelne Väter, sondern das ganze Volk anredet und ihm ansagt, daß ihm Segen bevorstehe, wenn es das echte Gemeinschaftsleben erfülle, und Fluch, wenn es die Erfüllung versage, dann ist Segen und Fluch an diesem Lande dargestellt. Und das geht so weit, daß gesagt wird: Wenn Ihr dieses Gemeinschaftsgesetz nicht halten werdet, dann werdet Ihr aus diesem Lande verstoßen werden. Und darüber hinaus gilt die Verheißung: wenn Ihr dann in der Fremde umkehrt mit Euerem ganzen Wesen, dann werde ich Euch heimbringen und, so heißt es, ›dann will ich des Landes gedenken‹. Gott verheißt nicht nur dem Volke, daß es in sein Land zurückkehren soll, er verheißt auch dem Lande, daß sein Volk in es zurückkehren soll.
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Nachdem schon das Leben im Lande begründet ist und der zweite der Könige, der erste Begründer einer Dynastie, David, sich darauf besinnt, daß noch kein Gotteshaus steht und daran denkt, nun in Jerusalem einen Tempel zu bauen und Gott ihm sagt, daß es noch nicht an der Zeit, da sagt Gott den geschichtlichen Moment mit den Worten an: Ich habe nun eine Stelle meinem Volk Israel bestimmt, Ich habe es eingepflanzt, daß es an seinem Platze wohne. Nun aber geschieht eben das, wovon jener Fluch handelt. Jesaja spricht davon, daß die Erde selber unter ihren Insassen, die den Sinn des Siedelns auf dieser Erde so verkennen und sich daran so versündigen, entartet. Weil es so ist, frißt jener Fluch die Erde. Also auch hier, da sich schon die kommende Katastrophe ankündigt, wird von dem Boden gesprochen als von dem eigentlichen Träger des schicksalhaften Vorgangs. Aber schon von dieser geschichtlichen Situation aus wird die Heimführung im Zusammenhang mit der Ankündigung des Exils angesagt. Mit gleicher Kraft wird von dem Aufleben des verwüsteten Landes gesprochen. Aber nicht genug daran. Die höchste und umfassendste aller Weissagungen, die Verheißung der Erlösung der Welt, der Vollendung von Gottes Schöpfung zum einigen Königreich Gottes, die Verheißung einer wahrhaften Menschheit, ist geknüpft an Jerusalem, an Jerusalem als die Mitte des Reiches. Das Höchste, was für die Zukunft Israels und der Welt verheißen worden ist, ist an diese Hoffnung auf die Rückkehr des Volkes in das Land unlösbar geknüpft. Woran liegt es, daß diese einzigartige, in ihrer Stärke und in ihrem Pathos unvergleichliche Verbundenheit zwischen Israel und seinem Land bestand. Das Wirken des Geistes im menschlichen Leben, die besondere Mächtigkeit des Geistes ist in Israel von anderer Gattung, Betonung, Auswirkung als in anderen Völkern. Bei den anderen Völkern tut es dem Geiste genug, wenn er sich in Werken dokumentiert, wenn er sich als Philosophie, als Kunst, als Wissenschaft ausspricht und auswirkt. Dieses Errichten eines Bereichs, über den der Geist nicht hinauszustreben braucht, eben dies tut dem Geist in Israel nicht genug. Diesem seltsamen Volk eingetan, will der Geist verwirklicht werden in der ganzen Breite und Fülle des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens, ohne Rest und Abstrich. Und damit ist gesagt, daß er in einem bestimmten Grade und in einer Weise, die kein anderes Volk kennt, das braucht, was nottut, damit sich Geist so uneingeschränkt in der ganzen Breite des Volkslebens erfülle: Erde. Damit so Erfüllung wird, nicht in der Spannung, sondern in der Ent-Spannung des natürlichen unwillkürlichen Lebens, dazu tut die Erde und das natürliche Leben auf der Erde not, dieses Verwobensein des eigenen Lebens mit dem Umlauf der Jahreszeiten. Die Wahrheit kommt vom Geist, aber von der Erde die Verwirklichung.
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Und nun blicken wir auf das Galuth, das Ohne-Land. Das Volkstum, das gebunden ist an natürliches Leben mit der Erde, löst sich in der Verlassenheit und Preisgegebenheit auf. Die Spannung des Geistes, der nach Verwirklichung drängt, bleibt unfruchtbar, wird krampfhaft, hoffnungslos, weglos. Die Propheten haben den Gang in die Wüste für das Volk gefordert als eine Läuterung und Probe. Nun, er ist dem Volke geworden. Aber es ist schon zu viel Wüste, zu viel Europa-Wüste, zu viel AmerikaWüste, zu viel Kultur-Wüste. Er ist genug und übergenug, es ist an der Zeit, daß das Volk sich wieder verbindet mit der Erde und wieder aus seiner Spannung zu echter, naturhafter Lösung kommt, daß es im Aufbau echter Gemeinschaft auf der Erde seinen Sinn wieder findet. Aus jener Einzigartigkeit der Verbindung zwischen Volk und Land in Israel, führt Buber weiter aus, ist noch etwas Eigentümliches hervorgegangen: Jenes große Postulat, das, da Volk und Land aufeinander angewiesen und einander anvertraut sind, das Land, der Boden, des Volkes sein muß. Nicht Einzelner im Volke, nicht einmal der Staatsorganisation; sondern des lebendigen Volkes soll der Boden sein; verwaltet nicht vom ›Staat‹, sondern von dem, den das Volk seinen ›König‹ nennt, von Gott selbst. ›Mein ist das Land, denn Gäste und Beisassen seid ihr bei Mir!‹ Dieses Wort an Israel ist so groß, daß die ganze Menschenwelt als Auditorium gerade knapp ausreicht. Von der modernen Wissenschaft ist die Frage gestellt worden, ob die Einrichtung des Jobeljahres, das damit zusammenhängt, sich praktisch verwirklicht hat: Die Einrichtung, daß alle 50 Jahre, über alle Ungleichheiten, die in dieser Zeit im menschlichen Besitz eingerissen sind, eine Restitution, einer Wiederverteilung, als ein Neubeginn des Gemeinbesitzes erfolgt. Der Sinn des Jobeljahres ist, daß dies Volk nicht zerklüftet werde in Besitzende und Besitzlose. Buber führt verschiedene Parallelen sozialer Gesetzgebung aus neuentdeckten orientalischen Dokumenten an. Die jüdische Gesetzgebung unterscheidet sich jedoch von den anderen orientalischen Gesetzgebungen wie alle Konzeptionen Israels durch zwei Dinge: durch ihrer Unmittelbarkeit, die lebendige, das Volk ergreifende unmittelbare Rede Gottes, und durch die Verwirklichungstendenz. Von den prophetischen Menschen werde eine unmittelbare Forderung aufgestellt, die das ganze Leben der Menschen ohne Rest durchsetzen und durchwirken soll. Was dieses Völkchen so von allen anderen Völkern des Orients unterschied, ist das Pathos des Ernstmachens, des Nichtruhenwollens, ehe diese Idee etwas Anderes geworden ist als »Idee« und Formel, nämlich gelebtes Leben; diese unbändig leidenschaftliche
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Forderung, daß der Geist zu Leben werde und daß ihm kein Recht und Dasein ist, wenn er sich nicht verwirklicht. Das kann zweierlei bedeuten: Daß man sich über die Fragwürdigkeit des eigenen Lebens zuweilen damit tröstet, daß das mit den Vätern und Müttern damals ganz anders gewesen ist und sich dabei beruhigt, daß es jenes große Judentum einmal gegeben hat. Aber es kann auch etwas anderes bedeuten als diesen heillosen Stolz: Die Empörung darüber, daß wir von diesem Ernstmachenwollen so weit abgekommen sind, daß wir jenen Stachel, jene Spannung des Geistes, der ins Leben wirken will, nicht mehr kennnen sollten. Dies ist die eigentliche Scheidung in Israel, die Grenzlinie, die durch das ganze, heute lebende Volk Israel hindurchgeht. Die Linie zwischen jenen falschen Zufriedenen, sich jeweils eine falsche Zufriedenheit Einredenden, und jenen echt Unzufriedenen und Empörten und über dieses Jetzt und Hier nach einem anderen Dort und Drüben Begehrenden. Heute bahnt sich eine Vereinigung von Volk Israel und Land Israel an, und es ist von höchster Bedeutung, daß wirklich in der Mitte dieser großen Bewegung eine praktische Erneuerung jener großen Idee steht: des Volkseigentums, nein, des Gotteseigentums an Grund und Boden. Das ist eine unverlierbare Mitte, ein Gedanke, der sich in der Form wandeln mag, aber ein nie preiszugebender Gedanke: daß die Erde nicht des Einzelnen, sondern des ganzen Volkes ist, daß Gott auf dieser Erde mit dem ganzen naturhaften Leben zu dienen ist durch den Aufbau des echten Gemeinschaftslebens. Wir leben, so schloß Buber, in diesem Belange gewiß nicht in einem kleinen und fragwürdigen, sondern in einem großen Moment, der nur eben von uns fordert, daß wir seiner Größe mit unserem ganzen Leben standhalten, ihr botmäßig werden und das erfüllen, was er uns heute gebietet.« Textzeugen: D1: Jüdische Rundschau, 37. Jg., Heft 17, 1. März 1932, S. 81–82 (MBB 456). D2: Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921–1932, Berlin: Schocken Verlag 1933, S. 248–251 (MBB 459). D3: JuJ, S. 388–390 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Variantenapparat: 381,15 formulieren] zu Worte bringen D3
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Wort- und Sacherläuterungen: 381,1 Gola] Hebr.: »Exil«, »Diaspora«. Gleiches bedeutet »Galuth«. 381,3–6 Ich bin, besonders […] darauf antworten.] Vgl. die in dem einleitenden Kommentar abgedruckte Rede: »Und nun blicken wir auf das Galuth, das Ohne-Land. Das Volkstum, das gebunden ist an natürliches Leben mit der Erde, löst sich in der Verlassenheit und Preisgegebenheit auf. Die Spannung des Geistes, der nach Verwirklichung drängt, bleibt unfruchtbar, wird krampfhaft, hoffnungslos, weglos. […] Aber es ist schon zu viel Wüste, zu viel Europa-Wüste, zu viel Amerika-Wüste, zu viel Kultur-Wüste.« Damit wird das negative Bild der Galuth wieder aufgenommen, das für den jungen Buber typisch ist. Vgl. folgendes Zitat aus Bubers Drei Reden: »Auf die große schöpferische Epoche folgte das lange Zeitalter, das man in Wahrheit das Zeitalter des Exils nennen kann, denn es hat uns aus unserem Urwesen verbannt: die Epoche der unproduktiven Geistigkeit, jener Geistigkeit, die fernab vom Leben und vom lebendigen Streben nach Einheit sich von Bücherworten, von Deutungen der Deutungen nährte und in der Luft der ideenlosen Abstraktion ein armseliges, verzerrtes, krankes Dasein fristete.« (»Das Judentum und die Menschheit«, jetzt in: MBW 3, S. 233 f.) Zur Debatte um das Konzept der Negation des Exils, vgl. auch das Kapitel »Bejahung und Verneinung der Galuth«, in: Eleonore Lappin, Der Jude 1916–1928. Jüdische Moderne zwischen Universalismus und Partikularismus, Tübingen 2000, S. 175 ff. 383,1 Jecheskel erfährt […] Manifestationsstätte Gottes ist] Ez 3, besonders Vers 12. Vgl. auch Bubers Aufsatz »Zu Jecheskel 312« (jetzt in: MBW 13.1, S. 86–88). 383,2 Auferstehung] Ez 37,1–14, besonders Vers 12. Die Nacht der Gola. Drei Midraschim Buber veröffentlichte diesen Text 1936 im Almanach des Schocken Verlags auf das Jahr 5697, in dem er auch noch zwei weitere Texte publizierte (vgl. »Worte des Bratzlawers« und »Der Chaluz und seine Welt. Aus einer Rede«, in diesem Band S. 386–390) Buber stellt hier drei Ausschnitte aus der rabbinischen Literatur in der Weise zusammen, dass er den von ihm beabsichtigten rhetorischen Effekt erreicht. Im ersten Text sind die »Nächte« aus dem Hohelied in das Exil und die Unterdrückung des Volkes Israel verwandelt. Im zweiten werden die kurzen Perioden großer Führerschaft in Israel mit schnell nie-
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derbrennenden Kerzen verglichen, die im Vergleich zum »Morgenlicht« von Gottes eigener Führerschaft unbedeutend erscheinen. Und im dritten wird eine rätselhafte Passage aus Jesaja als Dialog zwischen dem Propheten und dem Volk über das Ende der langen »Nacht« vor der Ankunft des Messias gedeutet. Zusammen bilden die drei Texte eine Sequenz, in der das Volk lernen soll, dass es sich selbst der Aufgabe der Umkehr widmen muss, statt darauf zu warten, dass Gottes Licht die Dunkelheit der »Nacht der Gola« beendet. Textzeuge: D: in: Almanach des Schocken-Verlags auf das Jahr 5697, Berlin: Schokken 1936/37, S. 52–54 (MBB 549). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 384,4 »Auf meinem Lager in den Nächten«] Für das Verständnis der rabbinischen Deutungen ist der gesamte biblische Vers und nicht nur die anzitierte Stelle hinzuzuziehen. Hier lautet die Fortsetzung des Verses Hhld 3,1 in Bubers Übersetzung »suche ich ihn, / den meine Seele liebt / suche ich ihn / und finde ihn nicht.« Die Schriftwerke, verdeutscht von Martin Buber, Köln u. Otten: Jakob Hegner 1962, S. 348. 384,12 Midrasch Schir ha-schirim] Sammelwerk von Schriftauslegungen zum Hohelied. 384,23 Pessikta de R. Kahana] Pesikta de RavKahane, enthält je nach Zählung 33 oder 34 Homilien zu besonderen Schabbatot und den Feiertagen. Worte des Bratzlawers über Erez Israel Veröffentlicht im selben Jahrgang des Almanachs des Schocken Verlags wie »Die Nacht der Gola« (in diesem Band, S. 384 f.) und »Der Chaluz und seine Welt« (in diesem Band, S. 388–390) ist dieser Text ersterem durch seine Form als Anthologie ähnlich, nur dass Buber ihm eine hilfreiche Einleitung hinzugefügt hat, die in »Die Nacht der Gola« fehlt. Buber präsentiert hier drei »Worte« des Rabbi Nachman, ohne sie durch Zahlen oder andere Zeichen voneinander zu trennen. Jeder dieser Sprüche befasst sich mit der Heiligkeit des Landes Israel, und auch hier sind sie in einer Art Aufstieg (Alija) angeordnet. Der erste legt den Juden
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nahe, das Land in seiner physischen Beschaffenheit ernst zu nehmen und ihm Liebe entgegen zu bringen, um dem Vorwurf der Räuberei zu begegnen. Der zweite erzählt die Geschichte der ursprünglichen Landnahme und macht nebenbei eine Bemerkung über die Sprache. Der dritte schließlich identifiziert das Land mit der Torah, dabei auf die Wunder einer künftigen Rückkehr hindeutend. Durch diese Anordnung adaptiert und adoptiert Buber Rabbi Nachman, dessen Erzählungen er schon in einem seiner frühesten Werke gesammelt und publiziert hatte, für die Ziele des Zionismus und bekräftigt damit seine Behauptung, dass dieser chassidische »Dichter« ein »palästinozentrisches« Leben geführt habe. Textzeuge: D: in: Almanach des Schocken Verlags auf das Jahr 5697, Berlin: Im Schocken Verlag 1936/37, S. 62–64 (MBB 551). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 386,2 Rabbi Nachman von Bratzlaw] Nachman ben Simcha von Brazlaw (1772–1810) Urenkel des Baal Schem Tov und Begründer der Bratzlawer Chassidim. Einige seiner märchenhaften und in der jüdischen Literatur seiner Zeit einmalig dastehenden Sippure Ma’assijot verarbeitete Buber zu Die Erzählungen des Rabbi Nachman (jetzt in: MBW 16). Für Nachmans geistige Entwicklung war die Palästinareise 1798/99 von großer Bedeutung, die Buber in Israel und Palästina im Kapitel »Ein Zaddik kommt ins Land (Über Rabbi Nachman von Bratzlaw)« nachzeichnet (jetzt in: MBW 20, S. 250–267). 386,4–6 Von seinen (von […] versucht habe.] Vermutlich Paraphrase von Liqquté Mohara”N II,78. Eine Übersetzung des Lehrvortrags gibt Martin Cunz, Die Fahrt des Rabbi Nachman von Brazlaw ins Land Israel (1798–1799), Tübingen 1997, S. 262–270, hier S. 266–267. Eine Bearbeitung desselben Stoffes findet sich auch in »Raʿ jon ha-geʾ ula ba-chassidut« (Die Idee der Erlösung im Chassidismus), die von Buber nicht auf Deutsch veröffentlicht wurde. (Jetzt in: MBW 17, S. 194–203, hier S. 202 f.) 386,10–11 »Räuber seid ihr, […] das nicht euer war!«] Raschi zu Gen 1,1.
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Der Chaluz und seine Welt. Aus einer Rede
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Der Chaluz und seine Welt. Aus einer Rede Wie aus dem Variantenapparat hervorgeht, handelt es sich bei dem Text um einen einleitenden Vortrag, den Buber auf einer Versammlung des Hechaluz gehalten hat. Der Hechaluz war der Dachverband zionistischer Jugendvereinigungen in Deutschland, dessen Mitgliederzahl nach dem Jahr 1933 sprunghaft anstieg. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 54); 7 lose paginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D1: in: Almanach des Schocken-Verlags auf das Jahr 5697, Berlin: Schokken 1936/37, S. 87–92 (MBB 542). D2: JuJ, S. 353–356 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: He-chalutz we-olamo, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 255–257 (MBB 1182). Variantenapparat: 388,2 Aus einer Rede] [Aus dem einleitenden Vortrag zur X des Hechaluz vom] ! Aus einer Rede H 388,11 die gar nicht wirklich] [die keine wirkliche Änderung ihrer Seele] ! die gar nicht wirklich H 388,35 objektive Situation] objektive [also nicht lediglich psychologisch gegebene] Situation H 389,30 Gemeinschaftsidee] [Gesellschaftsidee] ! Gemeinschaftsidee H 389,38 frühester Züge] [eines Uralten] ! frühester Züge H 390,21 geladen erfahren.] geladen erfahren. [Die Zeittiefe ist ihnen genommen, Volk zu Völkern, Land zu Ländern, erscheinen sie wie auf einer Leinwand projiziert] H 390,24–26 Der geschichtslose Chaluz […] berauben würde.] fehlt H 390,27 vergänglich] vergänglich. Seine Vergänglichkeit beginnt sich kundzutun: / erstens, wenn die Lebensformen, in denen sich dieser Sinn verkörpert hatte, nicht mehr als menschliche Erfüllung erscheinen, und besonders noch / zweitens: wenn ein Zustrom von Genossen stattfindet, die wohl noch den Situationsantrieb mit jenem ge-
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Einzelkommentare
meinsam haben, aber nicht mehr die echte Wesenshaltung, nicht mehr die Mächtigkeit der Identifizierung von Volksbefreiung und Selbstbefreiung H Wort- und Sacherläuterungen: 388,32 palästinopetale] Ein Neologismus Bubers, vermutlich als »blütenartig auf Palästina zentriert« zu verstehen. Berthold Feiwel zum Gedächtnis Dieser Text wurde von Buber anlässlich des ersten Todestags für seinen alten Mitstreiter aus der Demokratischen Fraktion der Zionistischen Bewegung und Mitbegründer des Jüdischen Verlags, Berthod Feiwel, 1939 verfasst. Der Artikel wurde 20 Jahre später in einen Sammelband zur Erinnerung an Berthold Feiwels Wirken für die zionistische Bewegung aufgenommen. Feiwel gehörte zu den Zionisten der ersten Stunde und half Herzl bei der Organisation des I. Zionistischen Kongresses 1897 in Basel. Nachdem er vor dem Ersten Weltkrieg vornehmlich im Kulturbereich aktiv war, wurde er 1920 von Weizmann nach London gerufen, um einer der ersten Direktoren des Keren Hayesod zu werden, dessen Aufgabe darin bestand, Finanzquellen für die zionistische Bewegung und Investitionen in Palästina zu erschließen. 1933 emigrierte er nach Palästina. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 69a); 1 Blatt; doppelseitig beschrieben mit Bleistift; mit Korrekturen versammelt. Die Handschrift ist in Form nummerierter Notizen verfasst und wird im Folgenden abgedruckt. 1 D : Ha-aretz vom 20. 1. 1939 (MBB 615). D2: Me-ha-rischonim, in: Berthold Feiwel – ha-isch u-foʾ olo, Jerusalem: Ha-sifrija ha-tzionit 1959, S. 48–49 (MBB 1137) Druckvorlage: Übersetzung von D1 aus dem Hebräischen von Simone Pöpl.
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Berthold Feiwel zum Gedächtnis
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Abdruck von H: 1. »Die Ersten« in der Gola träumen Zion. 2. Sie selber sind hier festgebannt durch ein »Schicksal«. Dieses aber meint eine Aufgabe. 3. Alles Naturhafte, das sie sehen, weist sie auf die Heimat, auf die ihnen zugehörige Natur hin, die sie nicht erreichen. 4. Und wie die Natur für sie sich dort konzentriert, so schauen sie die zukünftige Vollendung der Geschichte, die Erlösung des Menschen als dort zuerst geschehend, als von dort ausgehend. »Der Menschheit Reich erscheint zuerst euch dort.« 5. Sie sind keine Nationalisten im üblichen Sinn, sie sind nationale Universalisten. Sie sind Priester des Glaubens, dass durch das Werden eines der Wahrheit geweihten Volkes die Menschheit sich verwirklichen wird als ein Volk aus Völkern. Aber keines sieht ihr Priesterkleid, ihr Glauben bleibt unverstanden, obgleich alles was sie sprechen und tun Symbol ihres Glaubens ist. 6. So leben sie nicht bloss fern von ihrem Raum, vom Land der Heimat, sie leben auch fern von ihrer Zeit, weil die Zeit noch nicht da ist, wo ihr Glaube zur Wirklichkeit des Volkes werden kann. 7. Daraus entsteht ihre Einsamkeit, nicht bloss weil sie in der Fremde weilen, sondern als die tiefere Einsamkeit auch mitten in der eigenen Gemeinschaft, die die »nie geahnten Strassen« nicht sieht, welche die Freiheit ihnen, den Ersten, zeigt, die Strasse zu einem neuen volkhaften und doch die Menschheit umfassenden Heil. 8. So leiden sie an dem Widerspruch zwischen Sehnsucht u. Wirklichkeit. Aber aus dem Leiden wächst ihnen die Kraft, ihre Aufgabe zu erfüllen, die Aufgabe, die ihr Schicksal ihnen bestimmt hat, und darum lernen sie ihr Leid lieben. 9. Die Aufgabe aber ist: das Volk im Exil zu erwecken, dass es nach Zion als nach dem Beginn der Menschheit u. Menschlichkeit begehrt. 10. Diese Aufgabe hat BF als einer jener Ersten erfüllt. Er hat Sehnsucht erweckt, wo sie schlief, und wo sie schon wach war, hat er sie nicht bloss gestärkt und befeuert, er hat sie auch erhöht [, er hat sie aus der Sphäre]. 11. Mehrfach hat F. im Gespräch das Geschlecht der »Ersten« als ein Volksopfer bezeichnet, und zwar im Bilde jenes ver sacrum, das die Römer, in kritischen Stunden der Natur, darzubringen gelobten. Seither haben Geschlecht um Geschlecht hier im Lande, das grosse Opfer ihrer ganzen Lebenskraft und wo es not tat auch ihres Blutes dargebracht, um dieses Land und damit unser Volk zu erlösen. Mit oder
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ohne es sich bewusst zu machen, meinten sie damit nicht eine ethnische u. geopolitische Wirklichkeit allein, sondern jenes Zion des nationalen Universalismus, das »durch Gerechtigkeit erkauft wird«. Denn dies ist keine Metapher, sondern echte Prophetie. 12. Die schaffende Mühsal der sich für Zion opfernden Geschlechter, das war jene »nie geahnte Strasse«, die die Freiheit den Ersten zeigte und die die Legionen der Pioniere gegangen sind. Wir waren auf dieser Strasse ein nicht geringes Wegstück weit, [aber noch nicht ans Ende des Weges gelangt] als infolge äusserer Veränderungen in der Welt der Völker und innerer Veränderungen in unsrer eigenen Mitte wir uns auf den Weg der krassen politischen Durchsetzung, als den Weg aller Völker, begeben. Einst hatten der junge Feiwel und seine Freunde ihren Führer davor gewarnt, diesen Weg als den entscheidenden anzusehen; die Forderung der Rechte him Raum der Weltpolitiki hatte [der Wirklichkeit des Werkes] ! dem wirtschaftlichen und politischen Werk im Lande zu folgen und sich anzupassen. Aber hier ist nicht der Ort, zu prüfen und zu urteilen. Auch unsere Stunde ist eine Stunde der Opfer, aber von einer ganz anderen Art. Möge es Gottes Wille sein, dass sie nicht vergebliche Opfer seien. Und mögen wir, wenn auch auf diesem grausamen Umweg, doch noch auf den Weg gelangen, der nach Zion führt, wir die Ersten, und unter ihnen B. F., geschaut haben. Wort- und Sacherläuterungen: 392,2 Morris Rosenfeld] eigentlich Moshe Jacob Alter (1863–1923): USamerik. Dichter, der in jiddischer Sprache seine Gedichte verfasste und die Ausbeutung in den »Sweatshops«, den Textilfabriken New Yorks thematisierte. 1902 erschien die von Feiwel übersetzte Sammlung Lieder des Ghettos im neugegründeten Jüdischen Verlag. Rosenfeld nahm als Delegierter am IV. Zionistischen Kongress teil. 392,18 Har ha-Zofim] Mt. Scopus, wo sich die Hebräische Universität befindet. 392,33–34 Und noch als ich ihn einige Zeit vor seinem Tod zum letzten Mal besuchte] Vermutlich während seiner Palästinareise im April 1935.
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Die Jugend hoch hinaus
Die Jugend hoch hinaus In diesem Artikel, der in der hebräischen Tageszeitung Davar – Iton Poale Eretz Jisrael (Zeitung der Arbeiter Israels) in einer Sonderbeilage anlässlich der »Woche der Jugend« im Jahr 1940 veröffentlicht wurde, ruft Buber die Jugend auf, die ältere Generation der sozialistischen Zionisten in ihrem ideologischen Stillstand herauszufordern. Wie die biblischen Kämpfer bei Gibeon solle die Jugend die Führer der Bewegung auffordern, inne zu halten und »die Sonne still zu stellen«, um den Weg zur Realisierung ihrer Aufgaben zu erleuchten. »Mit ganzer Seele glaube ich an die Stunde von Gibeon […] [und] rufe ich die jungen Söhne Israels auf: Erhebt euch und steht auf! Stellt euch gegen das Übel!« (In diesem Band, S. 393) Textzeuge: D: Davar, 4. Juni 1940 (MBB 632a). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Karin Neuburger. Wort- und Sacherläuterungen: 393,20–21 Josua seinerzeit zu Gibeon hält sie die Sonne in ihrem Lauf an] Vgl. Jos 10,12–14: Auf Josuas Bitten hin lässt Gott die Sonne nicht untergehen, so dass die Feinde Israels besiegt werden können. Unser Standpunkt zur Sowjetunion im Krieg Der Text gibt eine Rede wieder, die Buber spontan bei einer Sammelaktion für die von dem nationalsozialistischen Deutschland nach Aufkündigung des Hitler-Stalin-Pakts angegriffene Sowjetunion gehalten hat. Textzeuge: D: Emdatenu el Brit ja-moʿ atzot ba-milchama [Unser Standpunkt zur Sowjetunion im Krieg], in: Beʿ ajot ha-jom, 2. Jg., Heft 8, Juni 1942, S. 4 (MBB 665). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Simone Pöpl.
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Zur inneren Stärkung Bei dem Text handelt es sich um den Beitrag Bubers zu der Versammlung hebräischer Schriftsteller, die am 26./27. Tammuz 702, das ist der 11./12. Juli 1942 in Jerusalem stattfand. Das Thema war die Lage im Krieg und die Bedrohung der Diaspora. Eine große Rolle spielte die moralische Lage des Jischuw, wobei sich zwei ungefähr gleich große Lager bildeten. Buber stand an der Spitze der Kritiker des Jischuw. Bergmann schreibt (in einem Brief vom 16. Juli 1942 an Luise Herrmann) von dem Kongress, dass »dessen Höhepunkt ein Referat von Buber über die innern Zustände des Jischuw war, das viel Aufsehehn erregte und gerade der Umstand, daß eine starke Gegnerschaft da war, und daß Buber mitten im Referat in Zorn geriet, riß einen Großteil der Zuhörerschaft mit, und ich sah das erstemal in Palästina eine starke Welle der Begeisterung der Zuhörerschaft für Buber bei Menschen, bei denen ich es nicht erwartet hätte.« (Bergmann, Tagebücher & Briefe, Bd. 1, S. 587.) Die Veröffentlichung geschah im der angesehenen Zeitschrift der Schrifstellervereinigung Moznajim (»Die Waage«), die 1928 von Chaim Nachman Bialik, dem Nationaldichter des Zionismus, gegründet worden war. An die Leser der wichtigsten literarischen und kulturellen Zeitschrift des Jischuw Moznajim adressiert, ruft Buber die Intellektuellen (im Hebräischen: »Menschen des Geistes«) dazu auf, Zivilcourage zu zeigen, um ihrer Berufung treu zu bleiben und ihre kritischen Fähigkeiten zu aktivieren. Denn der Jischuw sei »nicht nur von außen gefährdet, sondern auch von innerer Auflösung« bedroht. Der Essay wird mit einer indirekten Referenz auf Julian Bendas polemische Schrift La Trahison des Clercs (1927) eröffnet, worin der Autor behauptete, dass die europäischen Intellektuellen im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert die Fähigkeit verloren hätten, leidenschaftslos über politische und militärische Sachverhalte zu diskutieren. (Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 137,Anm 1.) Statt dessen seien sie Apologeten eines krassen Nationalismus, von Kriegshetze und Rassismus geworden. Dieser Analyse schließt sich Buber in seiner Kritik des Jischuw an. Textzeuge: D: Le-schem hitbatzrut pnimit, Moznajim,14. Jg., Heft 6, Elul 1942, S. 380–382 (MBB 663).
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Warum hat die Golah versagt?
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Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Karin Neuburger. Wort- und Sacherläuterungen: 397,24 Proudhon] Pierre-Joseph Proudhon (1809–1865), der einflussreiche französische Philosoph und politische Theoretiker, war der erste, von dem angenommen wird, dass er sich als »Anarchist« bezeichnete. Vgl. das Kapitel »Proudhon« in Bubers Pfade in Utopia, jetzt in: MBW 11.2, S. 142–154. 397,25–27 »Europa ist des Denkens […] der Grundsätze«.] Vgl. den Brief vom 3. Mai 1860 an M. Gouvernet, in: Pierre-Joseph Proudhon, Correspondance, Paris 1875 (wiederabgedruckt Genève 1971), Bd. 10, S. 47. 400,1 »Jefta in seiner Generation wie Samuel in der seinigen«] Babylonischer Talmud, Traktat Rosch ha-Schana, bRSh 25b. Warum hat die Golah versagt? Hugo Schmuel Bergmann, der Freund Bubers aus Prager Tagen und Professor für Philosophie an der Hebräischen Universität, hatte Bubers Sammelband von Essays, Ha-ruach we-ha-metziut (»Der Geist und die Wirklichkeit«), der nur in dieser Zusammenstellung auf Hebräisch publiziert wurde, in der Zeitung Jediʿ ot hitachdut olej Germania we-olej Ostrija (Mitteilungsblatt der hitachdut olej Germania we-olej Ostrija) vom 7. August 1942 besprochen. Zwei Wochen später antwortet Buber auf dessen Frage, warum die Gola versagt habe, mit diesem Text. Textzeuge: D: Jediʿ ot hitachdut olej Germania we-olej Ostrija, 6. Jg., Nr. 34 vom 21. August 1942, S. 2 (in MBB nicht verzeichnet). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 401,3 »Der Geist und die Wirklichkeit«] Das ist das Sammelwerk Ha-ruach we-ha-metziut. Tischa Scheʿ arim le-berur ha-jachas schebejnejhem [Der Geist und die Wirklichkeit. Neun Kapitel zur Klärung ihrer Beziehung zueinander], Tel Aviv: Machbarot la-sifrut 1942. Die Sammlung enthält Aufsätze Bubers, die seit 1937 entstanden waren. Sie enthält: »Die Forderung des Geistes und die ge-
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schichtliche Wirklichkeit« (jetzt in: MBW 11.2, S. 9–21); »Der Geist Israels und die Welt von heute« (jetzt in: MBW 20, S. 321–328); »Israel und die Völker« (jetzt in: MBW 20, S. 131–142); »Hebräischer Humanismus« (jetzt in: MBW 20, S. 147–158); »Falsche Propheten« (jetzt in diesem Band, S. 176–180); »Über Charaktererziehung« (jetzt in: MBW 8, S. 327–340); »Nationale Erziehung« (jetzt in: MBW 8, S. 303–309); »Die Vorurteile der Jugend« (jetzt in: MBW 8, S. 288– 298); »Religion in unserem Land« (jetzt in: MBW 20, S. 159–166). Arthur Ruppin zum Gedenken Buber hielt seine Laudatio auf den deutsch-jüdischen Demographen und Soziologen Arthur Ruppin (1876–1943) anlässlich einer Gedenkfeier 30 Tage nach dessen Tod (den sogenannten schloschim) an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Er lobt ihn als einen Mann, dessen Leben und Werk aufs Engste miteinander verwoben waren. Er sei aufs Beste für seine Aufgaben vorbereitet gewesen, zumal sie durch einen spezifischen Augenblick der Geschichte determiniert wurden. Weil die Gedenkfeier an der Hebräischen Universität stattfand, konzentriert sich Buber auf Ruppins Verdienste als Professor der Soziologie. Er lobt dessen Auffassung, dass die persönliche Identifikation mit dem Ergebnis der Recherche ein Anreiz für hohe wissenschaftliche Leistung sei, auch wenn die Methoden und Verfahren der Forschung selber von dem persönlichen Interesse unberührt bleiben müssten. Buber hebt diese Auffassung von soziologischer Forschung positiv von der der Historiker des 19. Jahrhunderts ab, die übermäßig idealistisch und historisierend gewesen sei. Buber erwähnt auch Ruppins Arbeit als Theoretiker des zionistischen Siedlungsprojekts. Er hebt hervor, Ruppin sei sich der Bedeutung der »Auslese des Menschenmaterials« für diese Unternehmung bewusst gewesen entgegen dem »Kultus der Zahl«, durch den eine jüdische demographische Mehrheit in Palästina etabliert werden sollte. Obwohl diese Herangehensweise durch die historischen Ereignisse überholt sei, die dazu geführt hätten, dass viel mehr Flüchtlinge viel schneller nach Palästina gekommen seien, als Ruppin vorausgesehen habe, hält Buber daran fest, dass es der historisch und soziologisch richtige Angang gewesen sei. Er glaube, dass dieses Urteil durch die Zeit bestätigt werden würde. Allerdings bleibt festzuhalten, dass Buber, vielleicht weil dies eine Laudatio ist, es vermeidet, auch die negativen Aspekte in Ruppins Leben und seine Meinungsverschiedenheiten mit ihm zu erwähnen. Zum Beispiel hatte Ruppin die Brit Schalom Bewegung
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Arthur Ruppin zum Gedenken
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nach den Aufständen von 1929 verlassen und unterstützte Bubers und Magnes’ Anstrengungen für die Etablierung eines binationalen Staates nicht. Zudem lag Ruppins Vorstellungen von der »Auslese des Menschenmaterials« ein sozialdarwinistisches Denken zu Grunde, was Buber hier unerwähnt lässt, und damit den Eindruck erweckt, dass Ruppin seine eigenen ethischen und geistigen Ideale geteilt habe. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 64); 8 lose paginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D: Le-zikhro schel Arthur Ruppin. Hartzaʾ a ba-asefat azkara schel hauniversita ha-ivrit bi-schloschim li-ftirato be-jom 2. Adar I 703 [Zum Andenken an Arthur Ruppin. Vortrag bei einer Gedenkveranstaltung 30 Tage nach seinem Verscheiden … am 7. Februar 1943], Jerusalem: Dfus koʾ operativi »Achawa« o. J., S. [3]–8 (MBB 672). Druckvorlage: H Variantenapparat: 403,11 Berufung] [Erwählung] ! Berufung H 403,14 Berufung] [Erwählung] ! Berufung H 404,5–6 seine wissenschaftlichen Verdienste] [ihn als Mann der Wissenschaft] ! seine wissenschaftlichen Verdienste H 404,20 Behandlungsweise] [Motto] ! Behandlungsweise H 404,20–21 Abhandlungen] [Dissertationen und Preisschriften] ! Abhandlungen H 405,20 Verhältnisse] [Wirklichkeit] ! Verhältnisse H 405,27 Dieses Apriori] [Mit dieser Besonderheit der soziologischen Fragestellung hängt auch die eigentümliche Genetivkonstruktion zusammen, deren Beispiel uns in der »Soziologie des Judentums« gegeben ist. Der Genetiv hat hier eine andere Nuance, als wenn wir von einer »Geschichte des Judentums« oder auch von einer »Anthropologie der Juden« sprechen. [In diesen Fällen ist unerheblich, ob es sich um einen bereits abgeschlossenen Prozess] ! Eine Geschichte des Judentums könnte geschrieben werden, auch wenn es sich um einen längst abgeschlossenen] ! Dieses Apriori H 406,12 konzentrativen Kolonisation] [Rettung] ! konzentrativen Kolonisation H 406,17 Man kann dem Volk] [Schon in der Preisschrift hatte er gesagt: »Neben dem Teil der Sozialwissenschaft, der uns zeigt, was ist, steht
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der noch wichtige Teil, der uns Belehrung gibt, was sein soll.« »Im sozialen Leben«, hatte er in der Preisschrift gesagt, »ist die Hauptsache gerade die, eine Norm zu einer Hilfe] ! Man kann dem Volk H 408,14 belebend durchbricht] belebend durchbricht [, die Forschung dynamisiert und aktualisiert] H 410,21 richtig interpretiert] [richtig, als die Gedanken bei ihm noch in einem frühen Stadium des des Werdens waren, empfunden und ausgesprochen hat, die Anschauung Achad Haams] ! richtig interpretiert H 410,30 Manches ist Ruppin] [Ein drittes Beispiel darf ich aus persönlichem Gespräch hinzufügen. Man wird Ruppins Schriften manche Andeutung seiner Hoffnung auf eine religiöse Erneuerung des jüdischen Volkes] ! Manches ist Ruppin H 410,35 die Früchte der Erkenntnis] [das Werk durch Erkenntnis unterbauend, der Erkenntnis] ! die Früchte der Erkenntnis H Wort- und Sacherläuterungen: 404,24 Haeckels] Ernst Heinrich Philipp August Haeckel (1834–1919) ein deutscher Biologe, der für seine Erfindung des Stammbaums bekannt war und für die Vorstellung, dass die Ontogenese die Phylogenese wiederhole. Er machte das Werk von Charles Darwin in Deutschland bekannt. 404,38–41 »auf Grund der Statistik […] zu schaffen.«] Vgl. Ruppin, Vorrede zu Die Juden der Gegenwart. Eine sozialwissenschaftliche Studie, Berlin 1904. 406,20 Leopold Zunz] Leopold Zunz (1794–1886) war der Begründer der Wissenschaft des Judentums und bestimmte während eines Jahrhunderts deren intellektuelle Ausrichtung und stellte in diesem Zeitraum die Weichen für das akademische Studium des Judentums in Deutschland. 406,28–30 »dessen Sein […] notwendigen Charakter hat.«] Vgl. Leopold Zunz, Grundlinien zu einer künftigen Statistik der Juden, in: ders., Gesammelte Schriften, hrsg. vom Curatorium der »Zunzstiftung«, Berlin 1875, S. 134–141, hier S. 134. 406,37 »ein ideelles Element, nämlich das Judentum, obenan zu stellen«] Vgl. ebd., S. 136. 407,16 Max Nordau] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 203,7. 407,36 Zunz sah »die uralte Einheit« »zersplittert«, »zerbrochen«] Vgl. ebd. 410,5–6 »Auslese des Menschenmaterials«] Ruppin, Die Auslese des
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Von einem junggebliebenen Alten
Menschenmaterials für Palästina, Der Jude, 3. Jg., 1918/1919, H 8–9, S. 373–383. Vgl. auch Bubers Aufsatz, »Regeneration eines Volkstum«, in diesem Band, S. 485 f., der aus der selben Zeit stammt wie dieser Text. 410,11–12 Er bekämpfte den »Kultus der Zahl«] Ebd., S. 374 410,12–15 und forderte, […] auf ein Minimum zu bringen,«] Vgl. ebd., S. 376 Von einem junggebliebenen Alten Diese Lobeshymne schrieb Buber aus Anlass des fünfundsiebzigsten Geburtstags von Chaim Margolis-Kalvarisky (1868–1947), der seit seiner Einwanderung nach Palästina 1895 ein unermüdlicher Fürsprecher der jüdisch-arabischen Annäherung gewesen war. So war er eine der führenden Persönlichkeiten in all den Gruppen, die dieses Ziel verfolgten. In drei von ihnen war auch Buber aktiv: dem Brit Schalom, der »Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden« und dem Ichud. Textzeuge: D: Al zaqen tza’ir echad, Beʿ ajot ha-jom, 3. Jg., März/April 1943, S. 44 (MBB 680). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Karin Neuburger. Zwei Dichtungen Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs registrierten sich 130 000 palästinensische Juden als Kriegsfreiwillige zum Dienst gegen die Achsenmächte. Auf Drängen der Jewish Agency, sie in einer Jüdischen Armee zu organisieren, kündigte die Britische Regierung im August 1942 zögerlich an, dass in Palästina jüdische Bataillone für »einen allgemeinen Dienst im Mittleren Osten« rekrutiert würden. Im Jahr 1942 gab die Vereinigung der hebräischen Schriftsteller im Land Israel eine Anthologie mit dem Titel Ba-saʿ ar (Im Sturm) heraus, die allen männlichen und weiblichen Soldaten ausgehändigt wurde. Buber trug hierzu seine Reflexionen über zwei Midraschim vom Untergang der ägyptischen Armee beim Durchzug durch das Rote Meer bei (Ex 13:17–14:29).
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Textzeuge: D: Schte Schirot, in: Ba-saʿ ar. Meassef hugasch la-chajjal we-la-chajjelet ha-ivrim meʾ et sofre Eretz-Jisrael, Tel Aviv: Agudat ha-sofrim ha-ivriim 1943, S. 252–253. (MBB 687). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Simone Pöpl Wort- und Sacherläuterungen: 412, 2–6 bekannten Midrasch […] vor mir!«] bMeg 10b. 412,13–15 weiteren Midrasch […] Schechina weilte,] Midrash Tanchuma, ed. Salomon Buber, Beshalach 11:5. Wir errichten eine Bühne Von April 1944 bis 1950 gab Buber eine Monatsschrift heraus, die von Ernst Akiva Simon (1899–1988) redaktionell betreut wurde und deren Titel »Probleme. Eine moderne Bühne für das öffentliche Leben« (Beʿ ajot. Bama chadaschit le-chajej tzibbur) war. Die letzten zwei Jahre ihres Erscheinens änderte sie den Titel in »Probleme der Zeit« (Beʿ ajot ha-zman). Obwohl das Journal formal kein offizielles Organ einer Organisation war, war es doch das Sprachrohr des Ichud, der binationalen zionistischen Gruppe, die Buber gemeinsam mit Ernst Simon, Judah Leon Magnes und Henrietta Szold im August 1942 als Reaktion auf die Biltmore-Konferenz gegründet hatte. In diesem Leitartikel zur ersten Nummer umreißt Buber das Programm der Zeitschrift. Textzeuge: D: Anu mekimim Bima, Beʿ ajot, 1. Jg., Heft 1, Nissan (April) 1944, S. [1]–2 (MBB 696) Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Karin Neuburger.
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Social Experiments in Jewish Palestine
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Wort- und Sacherläuterungen: 376,22 Zivilcourage] Zu Bubers Konzeption von »Zivilcourage« vgl. »Zur inneren Stärkung«, in diesem Band, S. 397–400, sowie die zwei Reflexionen »Über den ›bürgerlichen Ungehorsam‹« und »Nochmals über den ›bürgerlichen Ungehorsam‹« (jetzt in: MBW 11.2, S. 372– 374). 377,20–24 Zunächst gilt, dass aufgrund […] gemeint sind.] Buber denkt hier an Herzls Vision in Altneuland (1902). 377,29–30 Gestaltung und Entwicklung Vorderasiens mitzuwirken] Über Bubers Vision, das zionistische Projekt mit der Entwicklung des vorderasiatischen Raumes zu verbinden, vgl. »Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte«, in diesem Band, S. 444 f. Social Experiments in Jewish Palestine Zur Zeit, als Buber an seinem Manuskript über die Utopie arbeitete, das zuerst 1947 auf Hebräisch und 1950 unter dem Titel Pfade in Utopia auf Deutsch erschien, wurde er von den Herausgebern der Zeitschrift der Zionist Organisation of America eingeladen, einen Artikel über Gemeinschaftssiedlungen in Palästina zu schreiben. Den so entstandenen Artikel kann man als Entwurf für das letzte Kapitel von Pfade in Utopia verstehen, das von den Kibbuzim handelt und das in der englischen Version den Ttel trägt: »An experiment that did not fail« (deutsch: »Noch ein Experiment«, jetzt in: MBW 11.2, S. 241–250). Was den Essay von der Buchfassung unterscheidet, ist der Platz, den Buber den Kibbuzim und den Moschavim, den landwirtschaftlichen Kooperativen einzelner Farmen, im zionistischen Projekt einer »nationalen Wiedergeburt« einräumt. Textzeuge: D: The New Palestine 35/1, 13. Oktober 1944, S. 14–15 (MBB 690). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 416,19 Moshve Ovdim] Hebr.: »Arbeitersiedlungen«, oftmals einfach nur Moschavim genannt, die auf gegenseitiger Hilfe und Unterstützung basieren. In diesen kooperativen Siedlungen sind die Parzellen oftmals in Privatbesitz. 416,25 Kvutza] vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 323,19.
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Einzelkommentare
418,9 »self-labor«] Damit ist A. D. Gordons Verständnis von Kibbusch ha-avoda (Eroberung der [manuellen] Arbeit) gemeint, wobei Gordon die Chaluzim bewusst an beide Bedeutungen von avoda erinnert, »Arbeit« und »Gottesdienst«. Die Arbeit mit den eigenen Händen ist für Gordon unerlässlich, um zur vollen Entfaltung seiner Persönlichkeit zu gelangen. Vgl. Grözinger, Jüdisches Denken, Bd. 4, S. 271–278. 419,28–29 General Sir Arthur Wauchope] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 181,23. An Chaim Weizmann In seiner Huldigung an Chaim Weizmann (1874–1952) aus Anlass von dessen 70. Geburtstag erinnert Buber an ihre Freundschaft – sie duzten sich –, die zurückreichte bis in die Zeit der Gründung der Demokratischen Fraktion im Jahr 1901 und deren Opposition gegen den politischen Zionismus Herzls, der den »rechtlichen« und »öffentlichen« Bedingungen der Errichtung einer Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina Vorrang einräumte. Buber erinnert an Weizmanns ausschlaggebende Rolle bei der Definition ihrer Position als eines »praktischen Zionismus«, der den Akzent auf konkrete Schritte legte, durch die eine umfassende »geistige Erneuerung« des jüdischen Volkes durch die Alija (Immigration) nach Palästina und die Schaffung landwirtschaftlicher Siedlungen und erzieherischer Institutionen trotz mangelnder politischer Vorbedingungen erreicht werden sollte. Dass diese »praktischen« Schritte Vorrang vor den Bemühungen haben sollten, eine internationale Legitimation der politischen Ziele des Zionismus zu erreichen, entsprach jedoch nicht nur taktischen Überlegungen. Auf dem Spiel stand der innerste Kern der Konzeption des zionistischen Projekts. In seinem Geburtstagsgruß lässt Buber leise seine Besorgnis anklingen, dass Weizmann, der zu der Zeit Präsident der Zionistischen Weltorganisation war, Politik und Diplomatie zu viel Aufmerksamkeit widmen und dabei das zionistische Projekt zu sehr den Kolonialmächten annähern würde. Nur drei Wochen vor seinem Geburtstag war Weizmann nach London gereist, um mit dem britischen Premierminister Winston Churchill dringliche Gespräche über die Zukunft Palästinas zu führen. Churchill stimmte zu, dass die Teilung Palästinas dem White Paper vorzuziehen sei, das eine Beschränkung der jüdischen Immigration vorsah. Indem Buber Weizman an den von ihnen beiden geteilten Sinn
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Eternal Truths
für die Realität erinnert, ruft er ihn auf, zuerst »Bedingungen« und dann »Dinge« anzustreben. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 48); 1 Blatt, doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit wenigen geringfügigen Korrekturen versehen. D: Mitteilungsblatt 8/48, 1. Dez.1944, S. 1 (MBB 689). Druckvorlage: D Übersetzungen: Englisch: »To Chaim Weizmann«, in: Chaim Weizmann. A Tribute on his Seventieth Birthday, hrsg. von Paul Goodman, London: V. Gollancz 1945, S. 34–35 (MBB 722). Hebräisch: Le-Chaim Weizmann, Ha-olam, 33. Jg., Nr. 10 vom 30. November 1944 [Sondernummer zu Weizmanns Geburtstag] (MBB 703). Eternal Truths Anlässlich des jüdischen Neujahrsfests ruft Buber sein englischsprachiges Publikum auf, sich der Aktualität der »Zehn Gebote« zu vergewissern. Textzeuge: D: in: The Zionist Record, September 1945 (New Year Annual), S. 23 (MBB 716). Druckvorlage: D Die Krise und die Wahrheit Dieser Leitartikel wurde am 21. September 1945 in Ha-aretz veröffentlicht. Er beschäftigt sich mit dem eben zu Ende gegangenen Weltkrieg, der »Krise«, nicht unter dem Gesichtspunkt des Massensterbens und der Zerstörung, sondern von einem inneren Standpunkt aus, den Buber als »den Menschen ohne Wahrheit« beschreibt, und nimmt damit einen Gedankengang vorweg, den der amerikanische Philosoph Harry Frank-
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Einzelkommentare
furt (geb. 1929) vierzig Jahre später in die populäre Unterscheidung zwischen »Lügen« (Aussagen die absichtlich unwahr sind und der Wahrheit dadurch einen gewissen Respekt zollen, dass sie diese verletzen) und »Unsinn« (bullshit) (Aussagen, die sogar die Möglichkeit von Wahrheit missachten und so keinerlei Interesse an ihr zeigen) gekleidet hat. (Vgl. Harry G. Frankfurt, Bullshit, Princeton University Press 1986.) Buber stellt fest, dass die wirkliche innere Krise der Menschheit der gesellschaftliche Verlust der Wahrheit sei. Die »Gestirnfinsternis«, von der er in diesem Zusammenhang spricht, nimmt das Bild der »Gottesfinsternis« vorweg, die seinem späteren Buch den Titel gab (jetzt in: MBW 12, S. 359–444). Die Krise der Wahrheit bietet Buber einen weiteren Anlass, Griechenland und Israel einander gegenüber zu stellen. Das Wahrheitskonzept Griechenlands sei kognitiv, das der Juden entspringe dem Leben. Es müsse eher existentiell ausgelebt als als Doktrin gelehrt werden. Und das kann auch jetzt geschehen, sogar in der Zeit nach dem Krieg, und sogar nur mit dem überlebenden »Rest Israels«. Textzeuge: D: Ha-maschber we-ha-emet, Ha-aretz vom 21. September 1945 (MBB 734). Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Simone Pöpl. Wort- und Sacherläuterungen: 423,5 der Spruch unserer Weisen] Vgl. bShab 55a. 422,23 der Rest Israels] Vgl. Jes 10,20–22. 423,9 Die jüdische Erfindung des »Gewissens«] Laut Hermann Rauschning (1887–1982) eine Aussage Hitlers. Vgl. Gespräche mit Hitler, Zürich u. a. 1940, S. 210. 423,19 »zu einer großen Errettung«] Gen 45,7. 423,24 bot Gott an, aus ihnen »ein heiliges Volk«] Ex 19,6. 423,26 wandte er sich an jeden Einzelnen] Buber spielt darauf an, dass in den »Zehn Geboten« der einzelne angesprochen wird.
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God’s Word and Man’s Interpretation Buber hatte den Vorsitz bei einer Serie von vier Vorträgen über »Judaism and Christianity« im März und April 1946 an der Hebräischen Universität Jerusalem. Bubers einleitende Bemerkungen anlässlich des letzten dieser Vorträge über »Judentum und Christentum« wurden in der Presse in einer Weise wiedergegeben, die er als Verzerrung des wirklich Gesagten ansah, weil sie sich einzig darauf konzentriert hätten, dass das Judentum das göttliche Gebot missachtet habe, Frieden und Gerechtigkeit zu verfolgen. In seinem Brief an den Herausgeber der Palestine Post sucht Buber seine Stellungnahme zu klären. Textzeugen: D: Palestine Post vom 8. April 1946, S. 3 (MBB 747). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 386,7 public hearings before the Anglo-American Committee of Inquiry] Vgl. »Oral Testimony«, in diesem Band, S. 212-247. 386,25–26 ›I will bring them back to this place‹] Ez 34,17. 386,26–27 ›I will make with them an eternal covenant‹] Jer 32,40. 386,34 Archbishop Hakim] Maximos V. Hakim (1908–2001): Patriarch von Antiochia der Melkitisch Griechisch-Katholischen Kirche; 1943 zum Bischof von Akko, Haifa, Nazareth und des gesamten Galiläas geweiht. Er war im Staat Israel einer der führenden Sprecher für die christlich-arabische Bevölkerung. In Ner, dem Publikationsorgan des Ichud, wurde ein Nachruf von Hakim auf Rabbi Benjamin veröffentlicht (9. Jg. Nr. 5–7, Februar-April 1957, S. 58–62). Reine Verantwortung In diesem Text, der im Frühjahr 1946 in Moznajim, der Zeitschrift der hebräischen Schriftstellervereinigung, veröffentlicht wurde, analysiert Buber die Kriterien, auf Grund derer der Wissenschaftspreis, den der Irgun Olej Merkaz Europa zur Erinnerung an den kürzlich verstorbenen Arthur Ruppin verlieh, vergeben werden sollte. Statt die Details von Ruppins Leben und Werk zu erörtern, über die er an anderer Stelle gesprochen hatte, (vgl. »Arthur Ruppin zum Gedenken« in diesem Band S. 403–410), hebt Buber das hervor, was er für Rup-
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pins grundlegende wissenschaftstheoretische Prinzipien hält: »Verantwortliches Handeln ist Handeln von der Erkenntnis aus.« Um das so weit wie möglich zu erläutern, führt Buber aus, dass diese Prinzipien nicht mechanisch angewandt werden dürften, vielmehr seien sie im höchsten Maße notwendig für die aktuelle gesellschaftliche Praxis, gerade weil der Faschismus die Wahrheit instrumentalisiert und den Erfolg zum höchsten Wertmaßstab erhoben habe. Dies führe des Weiteren zu einer Diskussion des Begriffs der Verantwortung und der Frage, wie er einzuschätzen sei. Alle Kollektive, die notwendigerweise Verantwortung als Gehorsam gegenüber einem absoluten Befehl definierten, müssten relativiert werden. Buber unterstreicht, dass Ruppin, obwohl er nicht religiös gewesen sei, das zionistische Projekt als einen Weg verstanden habe, der es dem jüdischen Leben erlaube, nach dem Dienst an den höchsten Idealen zu streben. Seine Taten, mit denen er jüdische Siedlungen in Palästina gefördert habe, belegten dies. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 63); 6 lose, paginierte Blätter, doppelseitig beschrieben, mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D: Acharajut li-schma [Reine Verantwortung], Moznajim, 22. Jg., Heft 2, Ijar 1946 (MBB 752). Druckvorlage: H Variantenapparat: 426,20 wichtigen und gewichtigen] hwichtigen und gewichtigeni H 427,25–26 , nach strengster Prüfung des Sachverhalts] h, nach strengster Prüfung des Sachverhaltsi H 427,27 Maßstab] [Gesichtspunkt] ! Maßstab H 428,22 Anschauung] [Glauben] ! Anschauung H 428,27 und ihrem Gericht entrückt] hund ihrem Gericht entrückti H 428,32–33 erwählen] [bejahen] ! erwählen H 429,29 bis dahin] [als Professor] ! bis dahin H 430,3 und den Gott der Seinen] hund den Gott der Seineni H 430,10 ihm eigentümliches] hihm eigentümlichesi H 430,11 Lebenswahrheit] [menschliche] ! [lebendige] Lebensweisheit H 430,16 von innen her ausgesetzte] [ausgelieferte] ! von innen her ausgesetzte H 430,25 wirksame] [einschmiegsame] ! wirksame H 430,30 kundzutun] [zu offenbaren] ! kundzutun H
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Reine Verantwortung
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431,7 gegenwärtige] [allgemeine] ! gegenwärtige H 431,15 zulänglich erkannte] h zulänglich erkanntei H 431,18 in den Maßen, die sie gewonnen hat,] hin den Massen, die sie gewonnen hat,i H 431,29–30 scheinbar verbindlichen] hscheinbar verbindlicheni H 431,32 Bestand] [Macht] ! Bestand H 432,2 Ruppin getan.] Ruppin getan. [Es kann nicht behauptet werden, dass man in dieser Stunde in seinen Fußstapfen gehe.] H 432,4 Von seinem Bewusstein] [Wenn irgend eine der grossen Gruppen im Jischuw, so ist es gewiss die Alija Chadascha, die den Anspruch machen darf, Verwalterin von Ruppins geistigem Vermächtnis zu sein. /] Von seinem Bewusstein H Wort- und Sacherläuterungen: 428,37 Rousseau] Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) war ein schweizer Philosoph, Naturforscher und Politiker, der großen Einfluss auf das Aufklärungsdenken und die Romantik hatte. Buber bezieht sich hier auf dessen Schrift Considérations sur le gouvernement de Pologne (Betrachtungen über die Regierung Polens und über deren vorgeschlagene Reform) (abgeschlossen 1772, veröffentlicht 1882), die Rousseau auf Bitten des polnischen Gesandten Michael Wielhorski verfasste und die 1771 als geheimes Gutachten zur Gestaltung einer neuen Verfassung für die polnisch-litauische Staatsgemeinschaft übergeben wurde. Rousseau formuliert hier seine Überlegungen zur Vereinbarkeit von Staatssouveränität und Reformprozess. Buber bezieht sich auf diese Schrift auch in der Handschrift »Die Anfänge des nationalen Gedankens«; jetzt in: MBW 20, S. 508–515. 428,41 Herder] Johann Gottfried Herder (1744–1803): dt. Dichter, Theologe und Geschichts- und Kulturphilosoph. Er entwickelte eine Theorie zur Entstehung der Sprache, nach der die Sprache nicht göttlichen Ursprungs sei, sondern im menschlichen Verstand entstehe. Sie gilt Herder als Voraussetzung aller kulturellen Leistung und essentielles Element der Gedankenbildung. 429,27 Ernst Krieck] Der dt. Lehrer und Schriftsteller Ernst Krieck (1882–1947) trat 1932 in die NSDAP ein. Die »Zeitschrift«, auf die sich Buber hier bezieht, ist wahrscheinlich die von Ernst Krieck gegründete nationalsozialistische Zeitschrift Volk im Werden, die zwischen 1933 und 1943 erschien. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde Krieck zum Präsidenten der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt gewählt. 1945 wurde er von
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den US-amerikanischen Truppen festgenommen und starb in einem Internierungslager. 432,15–16 Gustav Krojanker] (1891–1945): deutsch-jüdischer Ökonom, der zunächst bei Lujo Brentano studierte und später ein zionistischer Journalist und Autor wurde. 432,16 ]יתבדל לחייםungefähr »möge er lange leben«; eine Redewendung, die gelegentlich benutzt wird, um zwischen den Namen einer verstorbenen und einer lebenden Person zu unterscheiden, wenn sie hintereinander erwähnt werden. 432,16 Dr. Alfred Bonné] (1899–1959): dt. Nationalökonom, der 1925 nach Palästina einwanderte. 1944 wurde er als Ruppins Nachfolger zum Professor für Soziologie an der Hebräischen Universität Jerusalem ernannt. 432,21 Dr. W. Fraustaedter] Werner Fraustädter (1894–1962): Jurist und Verfasser von Das deutsche Ausländerrecht (1927), eines juristischen Standardwerks; Leiter der jüdischen Arbeiterfürsorgestelle, Duisburg; 1927–1933 Syndikus bei der Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalbeamter; Leiter der juristischen Sprechstunde im Arbeiterfürsorgeamt Berlin; 1935 Emigration nach Palästina; seit 1942 Regierungsbeamter. Durch sein Vertrauen wird er leben Der Titel dieses Essays, eine »Trauerrede« für Bubers engen Freund und politischen Verbündeten Judah Leib Magnes (1877–1948), ist ein Zitat aus dem biblischen Buch Habakuk (2,4). In Übereinstimmung mit der jüdischen Tradition interpretiert Buber das Zitat aus Habakuk so, dass es sich auf Menschen bezieht, die unter schwierigen Umständen durch ihren Glauben aufrecht erhalten werden, während die, die keine weltliche Macht zu besitzen verdienen, diese über sie ausüben. Entsprechend hat Buber in seiner Verdeutschung der Schrift das Wort Zaddik (»der Gerechte«) durch »der Bewährte« wiedergegeben. Die Trauerrede wurde bei einer Gedenkveranstaltung für Magnes, den so genannten schloschim, die nach den ersten dreißig Tagen begangen wird, gehalten. Magnes war am 27. Oktober 1948 im Alter von 71 Jahren verstorben. Magnes war ein prominenter amerikanischer Reformrabbiner, der 1922 nach Palästina eingewandert war. Drei Jahre später wurde er zum ersten Kanzler der Hebräischen Universität Jerusalem ernannt und war von 1935 bis zu seinem Tode deren Präsident. Wie Buber ausführt, glaubte Magnes, dass die Universität der ideale Platz für eine jüdisch-
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Durch sein Vertrauen wird er leben
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arabische Zusammenarbeit sei. Er arbeitete unermüdlich daran, dieses Ziel durch die Gründung eines binationalen Staats zu verwirklichen. Buber selbst ließ sich durch den unermüdlichen Einsatz von Magnes für die arabisch-jüdische Koexistenz inspirieren. Er schrieb dieses Engagement seinem messianischen Glauben zu: »die Forderungen, die Magnes im Bereich des öffentlichen Lebens an uns stellte, kamen nicht aus dem Wunsch nach Verbesserungen und Reformen, sondern aus dem starken messianischen Streben, aus der starken Sehnsucht nach ›Zion‹ als ›Stadt des großen Königs‹, als Beginn der tatsächlichen Verwirklichung des großen Zieles.« (In diesem Band, S. 435.) Textzeuge: D: Beʿ ajot ha-zman, 8. Jg., Heft 3/4, 7. Dezember 1948, S. 5 und 10 (MBB 799), Rede auf der Schloschim-Feier für J. L. Magnes. Druckvorlage: Übersetzung von D aus dem Hebräischen von Simone Pöpl. Wort- und Sacherläuterungen: 433,1 Durch sein Vertrauen wird er leben] Vgl. Hab 2,4: »dieweil der Bewährte / leben wird durch sein Vertrauen.« Das Buch der Zwölf (Die Schrift XIII), verdeutscht von Martin Buber, Berlin: Schocken Verlag [1934], S. 146. Vgl. auch die Ausführungen Bubers zu diesem Vers in Zwei Glaubensweisen, jetzt in: MBW 9, S. 228 f. 434,19 Har ha-Zofim] Mt. Scopus, wo die Hebräische Universität gelegen ist. 434,20 Absalom] Der dritte Sohn König Davids, der gegen seinen Vater zunächst erfolgreich rebellierte und schließlich in der Schlacht um den Thron getötet wurde (II Sam 14,25). 434,35 »Stadt der Gerechtigkeit«] Vgl. Jes 1,26. 435,8–9 »Stadt der Wahrheit«] Sach 8,3. 435,29–30 »Stadt des großen Königs«] Ps 48,3. 436,12 »Erstlingsfrucht seiner Ernte«,] Vgl. Jer 2,3. 436,33 stand Achad Haam […] am Scheideweg.] Anspielung auf Achad Haams einflussreichen Sammelband Am Scheidewege, der auf Deutsch erstmals im Jüdischen Verlag 1904 erschien. 437,22–23 Der Bewährte wird leben durch sein Vertrauen.] Hab 2,4.
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Über eine scheinbare Prüfung In diesem Essay, der im Feuilleton der Tel Aviver Tageszeitung Ha-aretz am 11. September 1950 veröffentlicht wurde, stellt Buber die grundlegende Frage nach der sozialen und politischen Funktion der »schönen Literatur«. Seine Überlegungen wurden durch den Aufruf Joseph Gedaliah Klausners (1874–1958), eines emeritierten Professors für hebräische Literatur, provoziert, der die jüngere Generation hebräischer Schriftsteller dazu aufrief, sie solle »innere Inspiration« daraus schöpfen, dem »gewaltigen Pathos«, das mit der Gründung des Staates Israel über die Nation gekommen sei, Ausdruck zu verleihen. Im Widerspruch zu Klausner hält Buber dafür, dass das, was große Literatur – lyrische Dichtung, Erzählungen, Dramen – auszeichnet, nicht die Verherrlichung von »Heldentaten« sei. Im Gegenteil: Schriftsteller, die ihrer Berufung treu seien, sollten sich an »den Faltenwurf des Lebens« halten, an die inneren, oft tragischen Erfahrungen ihrer Zeit. Textzeuge: D1: Al mivchan medume, Ha-aretz vom 11. September 1950 (MBB 855). D2: Al mivchan medume, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 347–349 (MBB 1182). Druckvorlage: Übersetzung von D1 aus dem Hebräischen von Simone Pöpl Wort- und Sacherläuterungen: 438,20–21 »Man nimmt«, sagt Nietzsche, »man fragt nicht, wer da gibt.«] Vgl. »Man hört, man sucht nicht; man nimmt, man fragt nicht, wer da giebt; wie ein Blitz leuchtet ein Gedanke auf, mit Nothwendigkeit, in der Form ohne Zögern, – ich habe nie eine Wahl gehabt.« Friedrich Nietzsche, Ecce homo, in: KGA, VI. Abteilung, Bd. 3, S. 337. 439,28 Sophokles] (497/496–406/405 v. Chr.): klass. griech. Dichter. 439,29 Milton] John Milton: (1608–1674): engl. Dichter. 439,29 Gogol] Nikolai Wassiljewitsch Gogol (1809–1852): russ. Dichter ukrainischer Herkunft. Als sein Hauptwerk gilt Die toten Seelen (1842). 439,29 Tolstoi] Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi (1828–1910): russ. Schriftsteller.
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Nachtrag zu einem Gespräch
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440,10–11 »Weißen Buches«] Als »Weißbuch« bezeichnet man eine ganze Serie von offiziellen Grundsatzerklärungen der britischen Regierung seit der Übernahme des Palästinamandats im Jahr 1922, die die jeweilige Mandatspolitik festschreiben, insbesondere hinsichtlich der jüdischen Einwanderung. Sie erhielten den Namen des jeweiligen Kolonialministers: »Churchill Weißbuch« (1922); »Passfield Weißbuch« (1930); »MacDonald Weißbuch« (1939). Zionisten betrachteten diese Memoranden als sukzessive Beschneidung der Balfour-Deklaration im Sinne arabischer Nationalinteressen. Insbesssondere das Weißbuch von 1939 wurde von zionistischer Seite heftig bekämpft, da es eine nennnenswerte jüdische Immigration untersagte. 440,24 Turgenjew] Väter und Söhne (1862), der bekannteste Roman des bedeutenden russischen Schriftstellers Ivan Sergejewitsch Turgenjew (1784–1845) handelt von dem wachsenden Konflikt zwischen den Lebensvorstellungen der älteren und jüngeren Generation, u. a. thematisiert durch den zentralen Protagonisten Yevgeny Bazarov, einen jungen Physiker und Sarkasten, der sich selbst als Nihilisten bezeichnet, der die alte Ordnung verwirft. 440,30 »Die Dämonen« von Dostojewski] Buber bezieht sich wiederholt auf diesen Klassiker. Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 236,21–31 in MBW 11.1. Nachtrag zu einem Gespräch Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt Buber zahlreiche Einladungen, Deutschland zu besuchen, die er stets ablehnte. Bei Gelegenheit überredete ihn sein früherer Verleger Lambert Schneider (1900– 1970), im Dezember 1950 nach Heidelberg zu kommen und zu einer kleinen Gruppe ausgewählter Gesprächsteilnehmer zu sprechen. Obwohl Buber während dieses ersten Nachkriegsbesuchs in Deutschland sorgsam darauf bedacht war, nicht »aufzufallen«, gab er unvorsichtigerweise ein »Interview«, das bei seiner Publikation in einer Münchener Zeitung in Jerusalem ein Skandal hervorzurufen drohte. Die Neue Zeitung war eine von der amerikanischen Besatzung herausgegebene Zeitung, die hohes Ansehen genoss und von Erich Kästner (1899–1974) geleitet wurde. Sie berichtete, Buber habe gesagt, die Araber hätten sein Apartment in Abu Tor besetzt, ihn allerdings mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt und die 17 000 Bücher seiner Bibliothek unversehrt gelassen, die später von den Juden als Barrikaden während des Kampfes um Jerusalem benutzt worden seien. Als der Text des Interviews in Jerusalem bekannt wurde,
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merkte sein Freund Hugo Bergmann in seinem Tagebucheintrag vom 6. Februar 1951 an: »Wie konnte Buber, wenn er schon so dumm war, so zu sprechen, so abgeschmackt gewesen sein!« In einem Brief, den er an Buber schickte, schrieb er ihm: »Wir – Ihre Schüler und Freunde hier – sind tief erschreckt über die Veröffentlichung dieses Gesprächs, von dem wir ja nicht wissen, ob es authentisch ist.« (Bergmann: Tagebücher & Briefe, Bd. 2, S. 79) Buber antwortete Bergmann, dass er und seine Freunde zu Recht entsetzt seien über die Verdrehungen dessen, was in einem – wie er glaubte – privaten Gespräch gesagt worden und später ohne seine Zustimmung als Interview veröffentlicht worden sei. In der Tat schrieb er der Neuen Zeitung und forderte sie auf, den hier abgedruckten »Nachtrag« zu bringen. Textzeuge: D: Die Neue Zeitung. Die amerikanische Zeitung in Deutschland, 7. Jg., Nr. 44 vom 21. Februar 1951 (MBB 871). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 441,2 Georg Schneider] Nicht ermittelt. 441,25–30 3. Ich habe nicht gesagt […] zu schützen wußte.] Vgl. »Die Details in ›Flammen im Himmel über Jerusalem‹«, in diesem Band, S. 402 f. 442,30 Bauernkrieg] Der Deutsche Bauernkrieg (1524–1526) bezeichnet eine Vielzahl von zusammenhängenden Aufstandsbewegungen, die sich ab 1524 ausgehend vom süddeutschen Raum in vielen Regionen der Alpenländer, der Rheinlande und Mitteldeutschlands ausbreiteten. Auslöser waren soziale, rechtliche und religiöse Faktoren vor allem aber die wirtschaftliche Not der ländlichen Bevölkerung, die sich durch immer höhere Abgaben und den Frondienst zunehmend verschlimmert hatte. Dem Deutschen Bauernkrieg gingen zahlreiche blutige Bauern-Aufstände in ganz Europa voraus, die seit dem 13. und 14. Jahrhundert immer wieder aufflammten und sich gegen die grundherrschaftliche Ordnung richteten.
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Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte
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Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte Martin Buber veröffentlichte diesen Artikel in einer Sonderausgabe des Mitteilungsblatts für deutschsprachige Immigranten vom 30. März 1953, in der des fünften Jahrestages der Gründung des Staates Israel gedacht wurde. Für ihn war das schwerlich ein Anlass zu feiern als vielmehr die scheinbar unlösbare, aber stets weiterwirkende Herausforderung der arabischen Frage anzusprechen. Die vorstaatlichen Gemeinschaftssiedlungen der Juden hatten noch eine objektive Basis für die Zusammenarbeit mit den Arabern Palästinas und deren Teilnahme am »Aufbau eines neuen Vorderasiens« geliefert. Leider waren diese Hoffnungen durch die tragischen historischen Kräfte, die zur Schaffung des Staates Israel führten, zerstört worden. Die Aussichten, die Freundschaft zwischen Arabern und Juden zu vertiefen, seien immer schwächer geworden, weil die arabische Welt – verständlicherweise wie Buber andeutet – Israel als einen »Raubstaat« ansieht. Aber so trostlos auch immer die objektiven Zustände sein mögen, die Herausforderung bestehe darin, die Situation in all ihrer Komplexität anzuerkennen, ohne die Hoffnung zu verlieren: »man muss den Weg zum unwandelbaren Ziel neu von der neuen Situation aus tracieren.« Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 46); 5 lose paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. D1: Mitteilungsblatt 21/ Nr. 13/14, 30. März. 1953, S. 4 (MBB 935). D2: JuJ, S. 536–537 (MBB 1216). Druckvorlage: D1 Variantenapparat: 444,6 er berät sie und hilft ihr,] her berät sie und hilft ihr,i H 444,7 begrüssen] [feiern] ! begrüssen H 444,10 desavouiert] dementiert H 444,13 gegeben] bestanden H 444,21 Aber er hat] [Der Geist muss sich nun darauf besinnen, dass er] ! Aber er hat H 444,21 Grund] keinen Grund H 444,25 ein tragisches sein] tragisch genannt werden H 444,26–27 selber, in all seiner […] den Pfad] selber ist Mühsal du Pein, aber seine Misserfolge führen H
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Einzelkommentare
444,29 wiedergeborenes] wiedererstehendes D 444,34 expansives Wachstum] [organische Entwicklung] ! organisches Wachstum H 445,1 vor dem Verderben] [aus Mitteleuropa] ! vor dem Verderben H 445,3 Die Chance […] Gesicherterem.] hDie Chance […] Gesicherterem.i H 445,9 galt und gilt] gelten mag D2 445,18 ihm entsprechenden] ihn bestätigenden H 445,19–20 mit keinem […] verborgenen Mächten] [im Bunde mit heiligen Mächten geht er an sein] ! mit keinem […] unsichtbaren Mächten H 445,22 Dunkel] Dunkel des Erdbodens H 2
Wort- und Sacherläuterungen: 444,28 Die Zielsetzung des jüdischen Geistes […] zu leisten fähig ist.] Vgl. »Der Geist des Orients und das Judentum (1916)«, jetzt in: MBW 2.1, S. 187–203. 444,33 Chaluziut] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 122,19. Rede bei der Gedenkfeier der Universitaet fuer David Werner Senator, am 12. Dec., 1953 David Werner Senator, geboren 1896 in Berlin, war in Deutschland in verschiedenen Wohlfahrtsorganisationen tätig. 1930 schloss er sich als »nicht zionistisches« Mitglied der Jerusalemer Exekutive der Jewish Agency an und arbeitete als deren Schatzmeister und später als Leiter des Immigration Departments und des Departments of Settlement of German Jews. Mit der Ernennung David Ben Gurions als Vorsitzender des Exekutiv Komitees der Jewish Agency trat er aus Opposition gegen Ben Gurions »aktivistische« Politik, etwa der Organisation einer illegalen Alija, von seinem Posten zurück. Von 1949 bis zu seinem Tod im Jahr 1953 war er geschäftsführender Vizepräsident der Hebräischen Universität. Mit Buber arbeitete er eng für die jüdisch-arabische Annäherung zusammen. Er starb in Atlanta, Georgia auf einer Reise zum Besuch europäischer und amerikanischer Universitäten. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 49); 5 lose paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen.
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TS: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 49): 4 lose paginierte Blätter; die Paginierung beginnt mit »4«; mit vereinzelten Korrekturen von Tippfehlern versehen. Druckvorlage: TS Übersetzungen: Hebräisch: Arba ma’alot, Ner, November 1953 – Januar 1954, S. 4–5 (MBB 972). Variantenapparat: 446,5–6 gesprochen,] gesprochen, [haben nicht dafür gesorgt, dass man sie kenne und würdige] H 446,7 Eigenschaften] [ungewöhnliche] Eigenschaften H 446,13 ausgemacht haben] [vereinbart] ! ausgemacht haben [etwa weil es für den Bestand ihrer Gesellschaft unentbehrlich ist, dass man sich mehr oder weniger daran halte] H 446,20 eine Erkrankung] [grossrednerische Verräter an der [grossartig] ! majestätisch ungeseelten Natur] ! eine Erkrankung H 446,23 dem Reich des Relativen] [der Welt] ! dem Reich des Relativen H 446,30 Schweigen gebrochen.] Schweigen gebrochen. [Im allgemeinen sah er zwar in der Gerechtigkeit eine Himmelstochter, aber im allgemeinen war sie ihm Himmel genug.] H 446,33 delikate] [kostbare] ! delikate H 447,2 verstummen] verkümmern H 447,11 glaubend] glühend H 447,12 Fiat Justitia, et pereat mundus] berichtigt aus Fiat justize, pereat mundus 447,38–40 – oder vielmehr […] entschlossen ist] h– oder vielmehr […] entschlossen isti H 448,8 seine Einsicht] die Wahrheit H 448,24 das Hoechste] [immer mehr das werde, was es im Innern] ! das Höchste H 448,27–30 Im Gespraech mit mir […] braucht.«] hIm Gespraech mit mir […] braucht.«i H 448,33 will, dass es] [will nicht, dass es [um der Vollkommenheit willen] ! nun nach dem pindarischen Wort werde, was es ist, sich der Gefahr des Untergangs aussetze] ! will, dass es H 448,34–35 eines grossen kuenftigen Bestands] [des Glücks langer Jahre] ! eines grossen kuenftigen Bestands H
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Wort- und Sacherläuterungen: 447,12 »Fiat iustitia, et pereat mundus«] Der lateinische Spruch lautet übersetzt: »Es soll Gerechtigkeit geschehen, und gehe die Welt darüber zugrunde«. Der Wahlspruch des deutschen Kaisers Ferdinand I. (1503–1564) wurde bereits von Papst Hadrian VI. (1459–1523) verwendet. Die darin zum Ausdruck kommende Problemlage behandelt Heinrich von Kleist (1777–1811) in seiner Novelle Michael Kohlhaas. 447,25 Ernst Simon in seinem Nekrolog] Ernst Simon, In memoriam für David W. Senator, Ha-aretz vom 13. November 1953, S. 3. 448,16–17 Gershom Scholem hat in seinem Nekrolog] Gershom Scholem, In memoriam für David W. Senator, Ha-aretz vom 13. November 1953, S. 3. 448,28 des Sassower Rabbis] das ist Rabbi Mosche Leib Erblich von Sasow (1745–1807). Der Spruch ist der Anekdote entnommen »Wie der Sasower die Liebe lernte« in: Buber, Die Erzählungen der Chassidim, Zürich: Manesse 1949, S. 533 (jetzt in: MBW 18.1, Nr. [696]). Die wahre Geschichte In diesem Geburtstagsgruß für Kurt Blumenfeld (1884–1963) registriert Buber ihre beiderseitige Enttäuschung über die Form, die das zionistische Projekt mit der Gründung des Staates Israel angenommen hat. Textzeuge: D: Mitteilungsblatt XXII. Jg., Nr. 22 vom 28. Mai 1954, S. 4 (MBB 968). Druckvorlage: D Moses Hess und die nationale Idee [Vorwort] Buber gab in Mitte der 1950er Jahren zwei Bände von Werken des Moses Hess (1812–1875) in hebräischer Übersetzung heraus, die einerseits die »zionistischen und jüdischen Schriften« (1954) und andererseits die »sozialistischen« (1956) umfassen. (Zu Letzterem, vgl. »Moses Hess und die sozialistische Idee«; jetzt in: MBW 11.2, S. 309–325). Der vorliegende Aufsatz, der die intellektuelle Geschichte von Hess’ Beziehungen zu jüdischen und zionistischen Gegenständen aus der Pespektive von Bubers eigenem »Nationalhumanismus« aus behandelt, fungiert als »Vorwort« zu dem Band von 1954. Buber betrachtet Hess als Pionier dieser Idee im
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jüdischen Kontext, aber auch als jemanden, der nur auf Umwegen dorthin gekommen sei. Als einer der frühen Sozialisten in Deutschland, ging Hess, nach Bubers Meinung, zunächst von einer richtigen Grundanschauung aus, bevor er diese aufgab, um später zu ihr zurückzukehren. In seinen frühen Schriften, so notiert Buber zustimmend, porträtierte er die alten Israeliten als Beispiel einer Ureinheit von Religion und Politik, von Geist und Körper, die als Modell für die Gegenwart dienen könne. Dies nicht auf eine »romantisch-restaurative« Weise, sondern als ein Signal für eine gänzlich zukunftsorientierte sozialistische Erneuerung. Unter dem Einfluss u. a. von Spinoza habe Hess die fragmentierten Sphären des Lebens zu einigen versucht, und als er Hegel mit Spinoza verbunden habe, habe diese Suche nach Einheit eine teleologische, historische Dimension angenommen. Hess’ Vereinnahmung der hegelschen Teleologie habe in ihm einen messianischen Enthusiasmus hervorgerufen, in dem er sich selbst als Nachfolger von Jesus und Spinoza imaginierte, als einen Juden auf der Schwelle, der eine neue Ära inaugurieren könnte. Seine Begegnung mit Karl Marx untergrub nach Buber sowohl seine messianische Leidenschaft wie sein jüdisches Engagement. Der historische Materialismus bot keinen Platz für seine idealistischen Konzepte, und Marx’ Persönlichkeit und seine Fähigkeiten als Philosoph und Schriftsteller gaben Hess ein Gefühl von Unterlegenheit und Epigonentum. Dies hatte einen negativen Effekt, insbesondere auf seine Haltung zu Juden und Judentum, so dass sein Denken und Schreiben über diese Gegenstände darunter litt. Zu einem bestimmten Zeitpunkt habe er sich jedoch hiervon erholt. Buber lässt eine gewisse Verwirrung erkennen in Bezug auf die Frage, warum oder wie dies geschehen sei, obwohl er einige spekulative Überlegungen hierzu anbietet. Hess nahm mit Nachdruck die Idee eines erneuerten jüdischen Volks als der sozialistischen Vorhut der Menschheit wieder auf. Indem er diese Geschichte auf diese Weise erzählt, weist Buber seine Leser darauf hin, wie sie die Essays von Hess verstehen sollten, die Buber in den von ihm herausgegebenen Band aufnahm. Textzeugen: H1: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 10); 3 lose, unpaginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Entwurf eines editorischen Vorworts. Die Handschrift wird im Folgenden reproduziert. H2: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 10); 21 lose, paginierte Blätter; einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Da es sich bei den Korrekturen allgemein um stilistische Va-
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riationen handelt, wird auf die Erstellung eines Variantenapparats verzichtet. D: Mavo. Mosche Hess we-ha-raʾ jon ha-leʾ umi [Vorwort. Moses Hess und die nationale Idee], in: Mosche Hess, Ketavim tzionim wi-jehudim [Zionistische und jüdische Schriften], hrsg. von Martin Buber, Jerusalem: Ha-sifrija ha-tzionit al-jede hanhalat ha-histadrut ha-tzionit 1954, S. [7]–21 (MBB 978). Druckvorlage: Übersetzung von D auf der Grundlage von H2. Abdruck von H1: Die vorliegende Auswahl aus den Schriften von Moses Hess, aus denen jüdischen und und speziell zionistischen Inhalts im ersten, aus denen allgemeinen und speziell sozialistischen Inhalts im zweiten Band, ist von der Absicht bestimmt gewesen, dem Leser des Israel, dem Hess als erster moderner Denker und bereits in aller Klarheit ein grosses Ziel gesetzt hat, alles zu übermitteln, was in Hessens Werken für einen heutigen Leser und insbesondre für einen heutigen jüdischen Leser von Wichtigkeit ist. Alles nur Zeitbedingte, nur historisch Interessante ist weggeblieben. Aber auch manches von dem, was wir aufgenommen haben, musste gekürzt werden. Hess war ein Denker, der die Echtheit und Tiefe seines Gedankens immer wieder im Betrieb des publizistischen Geschäfts verlor und immer neue daraus wiedergewann. Nur selten hatte seine Intuition den langen Atem, den sie zu ihrer Ausgestaltung brauchte. Zumeist verfiel er, nachdem er eine wichtige Erkenntnis zulänglich geäussert hatte, in paraphrasierende und abgeschwächte Wiederholungen. Noch schwerwiegender ist aber, dass Hess in seiner mittleren Periode, die sich von dem Buch »Die europäische Triarchie« bis – – – erstreckt und in der er im Gegensatz zu seinen früheren und späteren Anschauungen von [einem blinden] Hass gegen die Religion [erfüllt] ! erfasst ist, grosse Teile von im übrigen originellen und bedeutsamen Aufsätzen mit wüsten Schimpfereien auf Judentum und Christentum füllt, beide in Bausch und Bogen angreifend, ohne eine Spur historischer Einsicht und Unterscheidung. In beiden Richtungen erschien es geboten, um die geistige Gestalt Hessens klar hervortreten zu lassen und um seine Ideen von vorübergehenden Trübungen zu reinigen, Kürzungen vorzunehmen. Wer an Hess biographisch interessiert ist, wird seine Schrift ohnedies im Original und vollständig lernen müssen, wozu ihm Silberners biographische Arbeiten unschätzbare Dienste leisten werden.
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* Dr. Rotenstreich sei für seine Mitwirkung insbesondre für die Abfassung der informativen Anmerkungen herzlicher Dank ausgesprochen. Wort- und Sacherläuterungen: 451,9 Mazzini] Giuseppe Mazzini (1805–1872): italienischer Politiker, Streiter für die Vereinigung Italiens und Anführer der italienischen revolutionären Bewegung. 451,28–29 Lassalle] Ferdinand Lassalle (1825–1864) war ein deutsch-jüdischer sozialistischer Politiker und Wortführer der frühen Arbeiterbewegung, der eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Ideen einnahm, die von Otto von Bismarck (1815–1898) aufgegriffen wurden und zur ersten deutschen Sozialgesetzgebung führten. Er war Mitbegründer und erster Präsident des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (gegründet 1863), der zu den Parteien gehört, aus der die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (gegründet 1875) hervorging. 451,35–36 »ein neues Jerusalem« […] »im Herzen Europas«] Vgl. den letzten Abschnitt »Das neue Jerusalem und die letzten Zeiten« in Moses Hess, Die heilige Geschichte der Menschheit. Von einem Jünger Spinoza’s, Stuttgart 1837, S. 311. Der Band erschien anonym. 453,1 »Patriarchen der letzten Offenbarung«] Nicht nachgewiesen. 453,11 Feuerbach] Ludwig Feuerbach (1804–1872): deutscher Philosoph; Linkshegelianer; in Das Wesen des Christentums (1841) stellt er die These auf, dass Gott die Projektion menschlicher Wünsche ist. 453,18–19 »das einige Leben oder Gott«] Hess, Die heilige Geschichte der Menschheit, S. 234. 453,20 Fichtes] Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) gilt neben Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Georg Wilhelm Friedrich Hegel als der wichtigste Vertreter des deutschen Idealismus. Mit seinen Reden an die Deutsche Nation (1808) wurde Fichte auch zum einflussreichsten Vordenker des deutschen Nationalismus. 453,20–21 Cieszkowski] August Cieszkowski (1814–1894): polnischer Geschichtsphilosoph, Ökonom und politischer Aktivist, der vermittelt durch Moses Hess die Linkshegelianer, insbesondere den jungen Marx beeinflusste. Wie Hess entwickelte er eine dreistufige christliche Geschichtskonzeption nach dem Beispiel Joachim von Fiores (vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 456,27). Cieszkowski wird auch als einer der Begründer der »Philosophie der Tat« angesehen. 454,3–4 »ein uns durchdringender Geist«] Moses Hess, Die europäische Triarchie, Leipzig 1841, S. 88.
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455,9 eine seiner Aufzeichnungen] Im Folgenden scheint Buber aus unveröffentlichten Materialien von Moses Hess zu zitieren. Ein Teil des Nachlasses von Hess liegt in der National Library von Jerusalem und wurde von ihm auch für das Hess-Kapitel in Israel und Palästina genutzt. 455,15–23 »Unsere verkehrten Institutionen« […] Willen soll ausführen können!«] Nicht nachgewiesen. 455,37–39 »ist eine grosse Übergangsperiode […] Universalität.«] Vgl. Hess, Tagebuch, Heft 1. 1. Januar 1835, fol 2a, zitiert nach Philipp Lenhard, Volk oder Religion?. Die Entstehung moderner jüdischer Ethnizität in Frankreich und Deutschland 1782–1848, Göttingen 2014, S. 293. 455,40 der Spruch des Propheten hin] Sach 14,9: »An dem Tage wird der HERR eins sein und sein Name eins«. 456,11–12 »eine Sehnsucht nach einem verlorenen und nie wiedergekehrten Gut.«] Tagebucheintrag vom 30. September 1835, vgl. Silberner, Moses Hess. Geschichte seines Lebens, Leiden 1966, S. 24. 456,29 Joachim de Fiore] Joachim von Fiore (1135–1202), auch bekannt als Gioacchino da Fiore, war ein italienischer Abt und Ordensgründer. 1190 gründete Joachim von Fiore in San Giovanni di Flora den Florenser-Orden, einen Zweig des Zisterzienserordens, und 1192 das Kloster San Giovanni in Fiore. Auf der Basis seiner Interpretation einer Passage der Johannes (14,6) entwickelte er einen eschatologischen Heilsplan, der die Geschichte in drei Perioden einteilt, die benannt sind nach den trinitarischen Wesenheiten. Die Ära des Vaters (wie im Alten Testament) sei charakterisiert durch den Gehorsam gegenüber den göttlichen Gesetzen; mit der Ära des Sohns beginne das Zeitalter des Christentums und der christlichen Kirche. Die Fülle der göttlichen Präsenz offenbare sich erst in einem künftigen dritten Zeitalter, dem des Heiligen Geistes. Erst dann werde es möglich werden, nicht nur den wortwörtlichen Sinn des göttlichen Wortes zu verstehen, sondern auch dessen tiefste Bedeutung. In dieser Periode werde ein Zeitalter des Friedens und Harmonie beginnen und eine neue religiöse Ordnung entstehen. 456,37–38 »als ein geringes Werkzeug der Vorsehung«] Vgl. Hess, Die heilige Geschichte der Menschheit, S. 209. 456,38–39 »geschrieben mit der der Hilfe Gottes, des heiligen Geistes«] Ebd., S. 226. 457,1–3 »ist es vorbehalten, ihre Grundlage des vollkommenen heiligen Staates, zu erkennen«] Ebd., S. 266.
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457,4–6 »Die Spaltung, die nach dem Untergange des jüdischen Staates in der Menschheit entstanden ist, wird nicht ewig dauern.«] Ebd., S. 340 457,6–8 »Beklagen wir das Samenkorn nicht, dass es in Verwesung übergehe, wenn es seine Früchte trägt.«] Ebd., S. 340. 457,9–31 »Dieses Volk war von Anfang an berufen […] seinen Kreislauf vollenden wird«.] Vgl. Hess, Die heilige Geschichte der Menschheit, S. 344 f. 457,37–39 »Der Keim eines neuen Bundes«, […] Reichsverfassung bekommen«.] Ebd., S. 338 f. 458,31–33 »dass unser Jahrhundert eine Revolution […] zutage gefördert hatte.«] Brief an Berthold Auerbach vom 15. März 1840, vgl. Moses Hess, Briefwechsel, hrsg. von Edmund Silberner, ’s-Gravenhage 1959, S. 60. 459,2 Saint Simonismus] Claude-Henri de Rouvroy, Comte de Saint-Simon (1760–1825): französischer Sozialphilosoph und Sozialreformer. Er wird als Begründer des utopischen Frühsozialismus und einer der Vorläufer der modernen Soziologie betrachtet. Auf ihn beruft sich der frühsozialistische Saint-Simonismus, der viele Anhänger auch in Deutschland hatte, darunter Heinrich Heine (1797–1856). 459,5–7 »Widerwillen […] abstrakten Einheit«] Vgl. Hess, Die europäische Triarchie, Leipzig 1841, S. 68. Das Werk erschien anonym. 459,9 »einer organischen Gliederung der Nationen«] Vgl. ebd. 459,11 »nicht mehr als geteilter, sondern als gegliederter Körper«] Leicht verlesen: statt »geteilter« steht »zertheilter« in: Hess, Die europäische Triarchie, S. 70. 459,17–21 »Die Tradition vom ›Volke Gottes‹« […] in die Zukunft hinein.«] Ebd., S. 26. 459,22 »verjüngenden Prinzips«] Ebd., S. 112. 459,24–25 »Grundprinzip der geschichtlichen Bewegung« […] aufzudrücken.«] Ebd., S. 111. 459,27 »nicht sterben, nicht auferstehen.«] Ebd. 459,33–34 »den grössten, vielleicht den einzigen […] Stoss versetzen wird«] Brief an Berthold Auerbach vom 2. September 1841. Vgl. Moses Hess, Briefwechsel, S. 79 f. 460,35–461,1 »Die Juden, die in der Naturgeschichte […] Berufsarbeit erfüllt.«] Moses Hess, Über das Geldwesen, in: Ders., Sozialistische Aufsätze. 1941–1847, hrsg. von Theodor Zlocisti, Berlin 1921, S. 158187 hier S. 182. 461,9–10 »wie ein Gespenst […] Verirrungen«.] zitiert bei Theodor Zlocisti, Einleitung, in: Moses Hess, Jüdische Schriften, Berlin 1905, S. LXXXVII.
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462,25 Gobineaus Essai] Arthur de Gobineau (1816–1882): französischer Diplomat und Schriftsteller. Er wurde bekannt durch seine Rassentheorie. Das vierbändige Werk Essai sur l’inégalité des races humaines (deutsche Ausgabe Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen 1900) trug erheblich zur Verbreitung einer vorgeblich wissenschaftlichen Rassentheorie bei. 463,25 »so sehr die Zukunft als die Vergangenheit umfasst«] Hess, Die europäische Triarchie, S. 12. Georg Landauer zum Gedenken. Zum zweiten Todestag Georg Landauer (1895–1954) war aktiv in der zionistischen Jugendbewegung Blau-Weiss und der Studentenvereinigung Kartell Jüdischer Verbindungen. Zudem war er einer der Gründer der deutschen Abteilung von Hapoel Hazair. 1933 war er einer der Gründungsväter der JugendAlija, die während des Dritten Reichs Tausende jüdischer Kinder rettete. In einer kritischen Reaktion auf das Biltmore Programm gründete er 1943 die Alija Chadascha, eine politische Bewegung, die die liberale Stimme der deutschsprachigen Emigranten aus Mitteleuropa repräsentierte und die alle Programme ablehnte, die eine politische Vorherrschaft über die Araber Palästinas nach sich ziehen würde. Textzeuge: D: Mitteilungsblatt XXIV/15, 3. Februar 1956, S. 3 (MBB 1032). Druckvorlage: D Wort- und Sacherläuterungen: 464,5–6 »Wir haben bisher keine bewusste Araberpolitik gehabt, wir haben noch immer keine«.] Georg Landauer, Nach dem 12. Kongreß, Der jüdische Student. Zeitschrift des Kartells Jüdischer Verbindungen, 18. Jg., Heft 5, September-Oktober 1921, S. 199–202, hier S. 201. Im selben Zusammenhang nimmt er auch zu der Resolution zur arabischen Frage Stellung (vgl. in diesem Band, S. 82): »Herbert Samuel ist nach einer Meldung aus Jerusalem äußerst zufrieden mit den Ergebnissen des Zionistenkongresses, insbesondere mit der vom Zionistenkongreß eingenommenen Haltung in der Araberfrage, welche geeignet ist, den Frieden im Lande herzustellen und die Zusammenarbeit zwischen beiden Bevölkerungsschichten zu fördern. Weizmann hat sich ähnlich in einem Interview geäußert. Hierzu muß
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Über Ernst Simon, den Erzieher
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festgestellt werden, daß diese ›Haltung‹ nur die ganz energische Stellungnahme der Hitachduth und einiger anderer betrifft, die allein (und besonders Buber) sich mit allen Kräften und mit Leidenschaft für eine Verständigungspolitik eingesetzt hat, während die Exekutive stark abhängig von Jabotinsky erschien«. Ebd. Über Ernst Simon, den Erzieher Dieser Text war ursprünglich eine Rede, die Buber bei Gelegenheit des 60sten Geburtstags von Ernst Akiva Simon am 15. März 1959 an der Hebräischen Universität gehalten hat. Der in Berlin geborene Simon war einer der engsten Mitarbeiter Bubers und der Mitherausgeber von Der Jude. Buber hatte entscheidenden Einfluss auf dessen Konzept des Zionismus. Auch unterstützte Simon Buber in seinem unaufhörlichen Kampf für eine arabisch-jüdische Verständigung. Nachdem er sich 1928 in Palästina niedergelassen hatte, arbeitete Simon als Lehrer und Direktor von Höheren Schulen und Seminaren. Im Jahr 1934 kehrte er auf Bitten Bubers nach Deutschland zurück und half ihm bei der Lehrerausbildung und der Erwachsenenschulung für die deutschen Juden unter dem Nazi-Regime. Bei seiner Rückkehr 1935 nach Palästina wurde er Mitglied des Lehrkörpers der Hebräischen Universität, an der er Professor für Philosophie und Geschichte der Pädagogik und schließlich Direktor der School of Education wurde. In dieser Laudatio auf Simons Beitrag zur Philosophie der Erziehung reflektiert Buber über die Herausforderung, der sich der Pädagoge in der Gegenwart stellen muss, besonders im Licht der Tendenz unter den Jugendlichen, die Werte der Gruppe, der sie angehören, zu verabsolutieren statt ewige, universelle Werte anzuerkennen. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 02 93); 1 Blatt, doppelseitig beschrieben, blauer Stift, mit Korrekturen. D: Al E[rnst) A[kiba] Simon ha-mechanekh [Über Ernst Simon, den Erzieher], in: Ha-adam mul erkaw. Devarim sche-huschme’u ba-Universita ha-ivrit bejom chamischi be-Adar scheni 719 li-khvod Prof. E. A. Simon ben ha-schischim [Der Mensch im Angesicht seiner Werte. Reden, die anlässlich des 60. Geburtstags von Ernst Akiba Simon in der Hebräischen Universität von Jerusalem am 15. 03. 1959 gehalten wurden], Jerusalem: Magnes-Press, S. 5–6 (MBB 1136).
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Druckvorlage: H Variantenapparat: 465,12 formulieren] [aussprechen] ! formulieren H 465,24–25 Der Grossteil der heute herrschenden] [Die heute herrschende] ! Der Grossteil der heute herrschenden H 465,25–26 und handelt nach Wertungen] hund handelt nach Wertungeni H 465,31–32 und anfordert] und anfordet. [Diese heute den Weg bestimmende Menschenart] H 466,2–3 noch undeutliche aber unverkennbare Wendung] [beginnende Wendung im Herzen] ! noch undeutliche aber unverkennbare Wendung H Wort- und Sacherläuterungen: 465,16 Comenius und Pestalozzi] Johann Amos Comenius (1592–1670) und Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) waren einflussreiche Denker in der Geschichte der Pädagogik. Buber präsentiert sie hier als moderne Gegenspieler von Konfuzius und Sokrates. Comenius ist bekannt als Verfechter einer universellen Bildung, der bebilderte Lehrbücher in lokaler Mundart verfasste. Er trat für eine Pädagogik ein, die neue Lehrmethoden jenseits des rein mechanischen Auswendiglernens forderte. Pestalozzi betonte die Ganzheitlichkeit in der Erziehung. Seiner Idee der »Elementarbildung«, dem »Lernen mit Kopf, Herz und Hand«, liegt die Auffassung zugrunde, dass jeder Aspekt im Leben des Kindes es etwas lehre und dass der Lehrer die gesamte Schülerpersönlichkeit in seine Bildungsbemühungen einbeziehen müsse. Israel’s Mission and Zionism Dieser Artikel Bubers ist sein Beitrag zu einem Sammelband, der eine Tagung der Exekutive der Zionistischen Weltorganisation, »The Jerusalem Ideological Conference«, dokumentiert, die im August 1957 an der Hebräischen Universität in Jerusalem stattfand. Diskutiert wurden vorwiegend die vier Themen: »Judaism and Jewry in the clash of world forces, political, social, and religious; The State of Israel and its relation to the Diaspora; The Diaspora’s struggle for cultural and national survival; The Individual Jew and his relationship to tradition, to his community and to the state of Israel« (Einleitung, in: N. Rotenstreich, S. Schwartz-
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Israel’s Mission and Zionism
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Nardi und Z. Schazar (Hrsg.): Forum for the Problems of Zionism, Jewry and the State of Israel. Volume Four: Proceedings of the Jerusalem Ideological Conference, Jerusalem: The Jewish Agency, Spring 1959). Die Teilnehmer der Tagung repräsentierten laut den Herausgebern »virtually all spiritual and political trends in modern Jewish life«. Neben hochrangigen zionistischen Politikern wurden auch diejenigen Denker eingeladen, die den Staat Israel als bedeutenden Beitrag für das jüdische Überleben betrachteten. Buber setzt sich in erster Linie mit Ben Gurions Anschauungen auseinander, die dieser in seinem Beitrag »Vision and Redemption«, (ebd., S. 108–124) darlegt. Maurice Friedman bemerkt hierzu, dass die »opposing positions of Ben-Gurion and Buber received almost classical expression« (Martin Buber’s Life and Work, Bd. 3: The Later Years, 1945–1965, New York 1983, S. 338–341, hier S. 338). Buber argumentiert dabei ausgehend von seiner Konzeption des »Königtum Gottes«, wie er sie insbesondere in Königtum Gottes und Der Glaube der Propheten dargelegt hat. Textzeuge: D1: in: N. Rotenstreich, S. Schwartz-Nardi und Z. Schazar (Hrsg.): Forum for the Problems of the Jerusalem Ideological Conference, Proceedings of the Jerusalem Ideological Conference: The Jewish Agency (4) 1959, S. 145–147 (MBB 1128). D2: in: Israel and the World. Essays in a Time of Crisis, New York: Schokken Books, 2. Aufl., 1963, S. 258–263 (MBB 1215). Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: Al ha-segula we-al Zion. Divre-Wikuach sche-neemru ba-kinus ha-ideologi bi-Jeruschalajim [Über Erwählung und Zion. Diskussionsbeitrag auf der Ideological Conference], Davar vom 4. Oktober 1957 (MBB 1077); Al ha-segula we-al Zion. Divre-Wikuach sche-neemru ba-kinus ha-ideologi bi-Jeruschalajim (Okotber 1957), in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 239–242 (MBB 1182). Jiddisch: Wegn Zionism in der Medine-tekufe, Folk und Zion, 7. Jg., Nr. 8, 1958, S. 17–19 (MBB1115). Variantenapparat: 468,10 (II Sam. 7.14)] berichtigt aus (II Sam. 7.4)
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Wort- und Sacherläuterungen: 467,3 Ezekiel Kaufmann] oder Jecheskel Kaufmann (1889–1963): Bibelwissenschaftler; seit 1928 an der Hebräischen Universität in Jerusalem tätig. In seinem vierbändigen Hauptwerk Toldot Ha-emunah haisraelit [Geschichte des israelischen Glaubens] (1960) wandte er sich gegen die etablierte, stark von protestantischen Theologen geprägte Bibelwissenschaft, insbesondere gegen die Wellhausen-Schule. 467,4–6 He is not justified […] all other nations.] Ben Gurion, Vision and Redemption, in: N. Rotenstreich, S. Schwartz-Nardi und Z. Schazar (Hrsg.): Forum for the Problems of the Jerusalem Ideological conference, Proceedings of the Jerusalem Ideological Conference, Jerusalem 1959, S. 108-125, hier S. 110–112. 467,27 Josephus] Flavius Josephus (ca 37–100 n. Chr.): jüdisch-hellenistischer Historiker. Den Ausdruck »Theokratie« benützt er in seinem Werk Contra Apionem, II, 165, um die überkommene mosaische Sozial- und Rechtsordnung zu bezeichnen. 468,41 Isaiah not only calls] Jes 2,3–5. 469,4–8 Just as the monotheism […] into actual practice.] Zu Bubers Idee von der besonderen Rolle Israels, vgl. z. B. den in MBW 13.1 veröffentlichten Vortrag »Was bedeutet die ›Auserwählung Israels‹ ?« (Fassung A): »Israel ist dazu erwählt worden, daß es die Einheit der Verschiedenen, der verschieden Gearteten, verschieden Gesinnten, dennoch Einheit, Gemeinschaft vorlebe. […] Es kann damit anfangen, lebensmäßig darzustellen, was das ist, e i n Volk, damit wie die Glieder dieses Volkes sich zusammenschließen zur Gemeinschaft, so nun die Völker sich zusammenschließen sollen, ein Menschenvolk wahrhaft heißen könnten.« Jetzt in: MBW 13.1, S. 652–660, hier S. 659. Für Kurt Blumenfeld In diesem kurzen Beitrag zu einer Festschrift für Kurt Blumenfeld (Vgl. »Die wahre Geschichte«, in diesem Band, S. 449) stellt Buber die Frage, ob die Idee von »Zion«, der Blumenfeld sein Leben gewidmet habe, jemals durch die Gründung eines Staates hätte verwirklicht werden können. Textzeuge: D: Mitteilungsblatt, 27. Jg., Nr. 22 vom 29. Mai 1959, S. 5 (MBB 1130). Druckvorlage: D
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Die Sowjets und das Judentum Dieser Text war ursprünglich eine Rede auf der Konferenz »World Conference on Soviet Jews«, die von Nahum Goldmann (1895–1982), dem Präsident der World Zionist Organization für den 15. September 1960 nach Paris einberufen worden war und an der mehr als vierzig namhafte jüdische und nichtjüdische Persönlichkeiten teilnahmen. Buber und Goldmann hielten die Hauptreferate. Das Daily News Bulletin der Jewish Telegraphic Agency vom 15. September 1960 verweist darauf, dass: »The conference is not intended to be an anti-Soviet demonstration but as an objective discussion on the plight of Soviet Jews suffering from discrimination as Jews.« Deswegen seien auch mit der Sowjetunion sympathisierende Persönlichkeiten eingeladen worden. (Ebd.) Gegen die Konferenz erhebt Simon Shereshevsky in einem Brief vom 8. August 1960 erhebliche Bedenken, sie könne dem Anliegen, die Lage der Juden in der Sowjetunion zu verbessern, mehr schaden als nützen. Darüber hinaus wäre insbesondere die jüngere Generation sowohl kulturell wie religiös dem Judentum vollkommen entfremdet, so dass für die Forderung nach einem »volle[n] jüdische[n] Leben in selbständiger Kultur« der Boden fehle. (Vgl. B III, in dem Artikel »World Conference on Situation of Soviet Jews Opens Today in Paris« S. 509–511.) Buber antwortet ihm in einem Brief vom 7. September 1960: »Persönlich habe ich Ihre Gegenargumente aufs ernsteste erwogen. Ob die Konferenz stattfindet oder nicht, hat in keiner Weise von mir abgehangen; was von mir abhing, war lediglich, was im Hauptvortrag gesagt wird, das Übliche oder was ich zu sagen habe und nunmehr noch einmal, voraussichtlich zum letztenmal, aber auch mit letzter Präzision zu sagen gedenke: daß die Methode, das Schicksal des Judentums in einem Land durch Einreihung in eine der geläufigen Kategorien (Napoleon: Nation oder Religion?; Stalin: Nationalität oder ethnische Gruppe?) zu bestimmen, falsch ist, weil das Judentum ein nur aus seiner einzigartigen Geschichte zu verstehendes Unicum ist. Daraus kann nur eine postulative Forderung gezogen werden: daß uns die Chance zur Rückverbindung mit den Vätern und Urvätern gegeben werde. Dies denen, an deren Adresse es geht, schmackhaft zu machen muß ich mich bemühen«. (Ebd., S. 512) Buber konzentrierte sich folglich in seinem Text auf die Behandlung der jiddischen und jüdischen Kultur während der zwei wichtigsten Perioden der sowjetischen Geschichte, d. h. der Regierungszeit von Lenin und Stalin. In jeder dieser Perioden unterlagen die Sowjets irrigen Vorstellungen, wer die Juden seien. Sie konnten die einzigartige dynamische Verbindung von Nation und Religion, die das Judentum konstituiert,
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nicht verstehen. Deshalb zwangen sie ihnen ihre eigenen Definitionen in dem Artikel »World Conference on Situation of Soviet Jews Opens Today in Paris« auf, was zu negativen Folgen verschiedener Art führte. Die typische Definition einer Nation im Gegensatz zu einer bloßen Ethnie umfasst eine eigene Sprache und ein eigenes Territorium. Aber den Juden fehlte ein Territorium, und sie sprachen viele Sprachen. Unter Lenin wurde das Hebräische unterdrückt und Jiddisch dagegen gefördert, weil Lenin der Meinung war, dass das jüdische Proletariat zum Kommunismus bekehrt werden könnte, wenn sie in ihrer kulturellen, wenn auch nicht in ihrer religiösen, Eigenart unterstützt würden. Unter Stalin jedoch führten dessen Paranoia und Antisemitismus dazu, dass auch das Jiddische unterdrückt wurde. Er versuchte die jüdische Eigenart völlig zu vernichten. In diesem Kontext spricht Buber kurz über den möglichen Einwand, dass Stalin doch das Projekt in Birobidjan ein autonomes jüdisches Territorium unterstützte. Jedoch »erweist sich die objektive Tendenz [des Birobidjan-Projekts] als eine isolierende, eliminierende«. Obwohl die Entwicklung der Sowjetunion nach Stalins Tod ungewiss sei, begrüßt Buber die nun existierenden, erweiterten Möglichkeiten, das sowjetische Judentum in seinem Streben nach Wiederverbindung mit dem Judentum und jüdischer Geschichte zu unterstützen. Bubers Rede wurde auf Deutsch im Jahr 1961 in einer Broschüre mit dem Titel Die Juden in der UdSSR veröffentlicht, die zusätzlich die Rede Goldmanns und die »Entschließung« der Konferenz enthält, der mit dem »feierlichen Appell an die Regierung der Sowjet-Union« schließt, »daß sie die Lage der Minderheit der Juden […] überprüfe und ihr die Möglichkeit gebe, sie auf der Ebene nationaler und kultureller Ausdrucksformen frei zu betätigen, ganz in der Art, wie es anderen nationalen Minderheiten der sowjetischen Gesellschaft, im Einklang mit den Bestimmungen der Verfassung, freigestellt wird.« (Ebd., S. 41–43, hier S. 43) Zum weiteren Engagement Bubers für die Juden in der Sowjetunion, vgl. den Kommentar zu [Greetings to Bertrand Russell], in MBW 11.2, S. 677 f. Textzeuge: D1: in: Martin Buber u. Nahum Goldmann (Hrsg.), Die Juden in der UdSSR, München und Frankfurt: Ner-Tamid-Verlag 1961, S. 5–18 (MBB 1151). D2: JuJ, S. 543–554 (MBB 1216). Druckvorlage: D1
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Übersetzungen: Englisch: The Jews in the Soviet Union, in: Forum for the Problems of Zionism, Jewry and the State of Israel., Bd. V, Jerusalem: World Zionist Organization 1962, S. 7–15 (MBB 1203). Französisch: Discours sur la situation des juifs en Union Soviétique, La Terre Retrouvée, September 1960, sowie in L’Arche, Nr. 45, Oktober 1960, S. [36]–40 (MBB 1144) Hebräisch: Neʾ um al jehude brit-hamoʿ atzot, Chazut, Jerusalem: Ha-sifrija ha-tzionit 1960, S. 13–18 (MBB 1156); Neʾ um al jehude brit-hamoʿ atzot. Devarim sche-neʾ emru bi-weʿ idat Paris, in: Teʿ uda wejiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija hazionit 1961, S. 92–100 (MBB 1182). Spanisch: in: Martin Buber y Penimi [d. i. Joseph Berger-Barzilai], Judios en la U. R. S. S., Buenos Aires: Editorial Palestra 1963 (in MBB nicht verzeichnet); Situacion de los judios en la URSS, Commentaro Argentina, XIV/55, Juli-August 1967, S. 27–33 (MBB 1309). Variantenapparat: 472,1 Die Sowjets und das Judentum] ergänzt redaktionelle Anmerkung (Referat, gehalten auf einer der Lage der Juden in der Sowjet-Union gewidmeten Konferenz in Paris, im September 1960) D2 479,41 breiten] großen D2 480,33 Handeln wir von dem] Meinen wir den D2 480,36 handeln wir von dem] meinen wir den D2 Wort- und Sacherläuterungen: 472,10 »wertfreie« Soziologie] Dieser wissenschaftliche Anspruch Max Webers, der zu den Gründern der wissenschaftlichen Soziologie zählt, kann teilweise als Reaktion auf den Marxismus betrachtet werden, der sich einerseits als ein diagnostisches, empirisches Instrumentarium zur Analyse des Kapitalimus versteht wie auch als Programm zum gesellschaftlichen Umsturz. Weber hingegen bestand auf eine »wertfreie« Soziologie, soweit dies möglich sei. 474,29 gefördert] Seit dem Herbst 1918 agitierte die Jewsekzija, die jüdische Abteilung der Kommunistischen Partei gegen die hebräische Kultur, den Zionismus und die jüdische Religion, während gleichzeitig die jiddische Sprache und Kultur gefördert wurde. 476,13–14 »das Licht für die Völker«] Vgl. Jes 49,6. 478,5 Birobidjan] Eine Stadt in Ostrussland, ca. 500 km von dem Pazifik entfernt. Die kleine Stadt wurde 1934 die Hauptstadt der Jüdischen Autonomen Oblast. Tausende Juden wanderten mit Unterstützung
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der Regierung der Sowjetunion dorthin aus. Jedoch waren das Klima und die geographischen Bedingungen schwierig. Im Laufe der Zeit wurden viele für genau die Aktivitäten, wie z. B. die Pflege der jiddischen Kultur, verfolgt, deren freie Ausübung ihnen zugesagt worden war. In der Stadt (heute ca. 75 000 Einwohner) leben noch immer einige Juden. 478,18 »der Nister«] Pseudonym des jiddisch schreibenden Autors, Philosophen und Kritikers Pinchas Kahanovich (1884–1950). Geboren in einer chassidischen Familie in der Ukraine zog es ihn schließlich zur säkularen literarischen Kultur. Trotzdem enthielt sein Werk auch weiterhin religiöse Anspielungen und Motive, die ihm den Zorn der sowjetischen Autoritäten einbrachten. 1947 reiste er im Auftrag des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, dessen Mitglied er war, nach Birobidjan, um sich ein Bild von der Situation der autonomen jüdischen Region zu machen. Nur zwei Jahre später – Stalin betrieb inzwischen eine Strategie der Verfolgung jüdischer Schriftsteller und der Auslöschung der jüdischen Kultur in der Sowjetunion – wurde Kahanovich verhaftet und starb in einem Gulag. 478,32 in einer berühmten frühen Schrift] Karl Marx, Zur Judenfrage [1844], in: Marx-Engels-Werke, 44 Bde., hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin 1955–1981, Bd. 1, S. 349–377. 479,12–13 Vortrag in New York] In den frühen 50er Jahren sprach Buber mehrfach in New York. Die Zeitangabe »vor ungefähr 10 Jahren« ist vermutlich nicht als genaue Angabe zu verstehen. Drei dieser Vorträge, die er im November und Dezember 1951 gehalten hat, wurden später in An der Wende (jetzt in: MBW 20, S. 329–353) veröffentlicht. Seine vielmals gedruckte Rede »Hoffnung für diese Stunde« hielt Buber am 6. April 1952 in der Carnegie Hall und thematisiert das »Mißtrauen […] zwischen den beiden Lagern« im Kalten Krieg. (Jetzt in: MBW 11.2, S. 275–282, hier S. 276.) Regeneration eines Volkstums Aus Anlass des 10. Todestags von Chaim Arlosoroff (1899–1933) veröffentlichte die Arbeiterpartei (Mifleget Po’alei Eretz Jisrael) eine Sammlung von hebräischen Essays zu seinem Gedenken. Arlosoroff, der an der Universität von Berlin in Wirtschaftswissenschaften promoviert war, war der Direktor der politischen Abteilung der Jewish Agency. Er wurde im Juni 1933 bei einem Spaziergang am Strand von Tel Aviv ermordet,
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was allgemein als ein politischer Anschlag angesehen wurde, der von den Gegnern seines Einsatzes für einen Kompromiss mit den Arabern ausgeführt wurde. Arlosoroff war der Meinung, dass ein Kompromiss mit den Arabern die Anstrengungen, eine jüdische Heimstätte zu errichten, nicht schwächen oder unterminieren würde. Doch eine näherliegende Motivation für diesen Mord mögen die Verhandlungen mit dem Dritten Reich über das sogenannte Ha’avara-Abkommen gewesen sein, das den Juden, die vor der Verfolgung unter dem Nazi-Regime fliehen mussten, ermöglichen sollte, einen Teil ihres Vermögens in das britische Mandatsgebiet Palästina zu übertragen. In der Tat wurde er nur zwei Tage nach seiner Rückkehr von Verhandlungen in Berlin ermordet. In seinem Beitrag zu diesem Band sprach Buber einen der zentralen Anliegen Arlosoroffs an: »die Gesundung unseres Volkes«, d. h. die Heilung von den sozialen und kulturellen Gebrechen des Lebens in der Diaspora. Die erwünschte »Genesung« werde nicht, wie Buber in seiner detaillierten Darstellung des sozialistischen Siedlungsprojekts in Palästina betont, durch einen rein ökonomischen und politischen Wiederaufbau der sozialen Ordnung erreicht. Vielmehr sei es »die [geistige] Regeneration des jüdischen Menschen« (in diesem Band, S. 499) und eine sozialistische »Umsetzung von Werten« (Ebd., S. 498), schließlich die auf eine neue Grundlage gestellten sozialen Beziehungen, worin sich Bubers Philosophie des Dialogs widerspiegelt. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 3); 29 lose paginierte Blätter, einseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Der Schlussabschnitt (»Nicht bloß […] ahnen sind.«, S. 500,11-31) befindet sich auf drei zusätzlichen losen, unpaginierten und einseitig beschriebenen Notizblättern. TS1: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 3); 19 lose paginierte Blätter. ts2: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 3); 18 lose paginierte Blätter; Seite 5 fehlt. Das Typoskript ist zweischichtig: ts2.1: Grundschicht: Durchschlag von TS1. ts2.2: Korrekturschicht: Korrekturen und Streichungen von Bubers Hand. TS3: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 3); 27 lose paginierte Blätter. Das Typoskript ist zweischichtig: TS3.1: Grundschicht. TS3.2: Korrekturschicht: Korrekturen und Streichungen von Bubers Hand. D: JuJ, S. 249–271 (MBB 1216).
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Druckvorlage: D Übersetzungen: Hebräisch: Hitchadschut chajej am, in: Achdut haʿ avoda. Kovetz mifleget poʿ ale eretz- Jisrael le-zekher Chajim Arlossoroff, beʿ ajotenu ha-medinijot, Tel Aviv 1943, S. 63–75 (MBB 677); Hitchadschut Chaje haam, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 175–191 (MBB 1182). Variantenapparat: In TS1 und ts2 fehlen die Überschriften zu den einzelnen Abschnitten. 482,1 Regeneration eines Volkstums] [Regeneration eines Volkstums] ! Pioniertum in Palästina H Pioniertum in Palästina TS1, ts2.1, ts2.2 482,15 nachdem sein Leben] [gleichsam zum zweiten Mal zur Welt gekommen ist] ! nachdem sein Leben H 482,20 der Seele] [des Gemüts] ! der Seele H 482,26 Änderungen] [Wandlungen] ! Änderungen H 482,36 geschieht eine Regeneration] geschieht [, ohne irgendeinen Eingriff, ganz im Zuge der organischen Entwicklung] ! eine Regeneration H 483,5 der Seele dieses Volkes oder Volksteils] [dem Bewusstsein dieses Volkes von sich selbst] ! der Seele dieses Volkes oder Volksteils H 483,18 Substanz selber] Substanz selber [seine Art und sein Wesen] H 483,20 der Abfall] [das Abkommen] ! der Abfall H 483,21 den Bestand] [die Struktur] ! den Bestand H 483,23 Tätigkeit] [Wirkung] ! Tätigkeit H 483,37 der Menschengeschichte] der Menschengeschichte [, des Neubeginns, der das Absterben überwindet] H 484,3–5 oder das jüdische […] kennenlernte] fehlt ts2.2 484,17–19 waltet, und zugleich […] entgegengetreten sind] [waltet, und zugleich […] entgegengetreten sind] ! waltet. Der Kern, von dem ich rede, ist aus den Menschen entstanden, die eine aktive Gemeinde in dieses Land geführt hat H 484,23–24 beeinflußt] [bestimmt oder doch mitbestimmt ist] ! beeinflusst ist H 484,31 Folge] [Zukunft] ! Folge H 485,17 kaum] nicht H, TS1, ts2.1, ts2.2, TS3.1 485,21–22 Numerischer Zuwachs […] verwechselt.] hNumerischer Zuwachs […] verwechselt.i H 485,24 nicht als bewußtes, aber als wirkendes Prinzip] hnicht als bewusstes, aber als wirkendes Prinzipi H
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485,30 Aufsatz] [grundwichtigen] Aufsatz H 485,36 Würdigung] [Erkenntnis] ! Würdigung H 486,13 Widersinns] [Widerspruchs] ! Widersinns H 486,15 zerstückeltes] [zerrissenes] ! zerstückeltes H 486,19 Regeneration.] Regeneration. [Ich sage »vitalen Zionismus«, um ihn von einem bloss bekenntnismässigen zu unterscheiden: sich einer Bewegung »anschliessen« bedeutet nicht viel, solange man sie nicht so in sein persönliches Leben aufnimmt, dass sie unkennbar eins werden – erst da beginnt die regenerative Wirkung.] H 486,34 Die chaluzische […] durch Hingabe.] hDie chaluzische […] durch Hingabe.i H 487,24 der regenerativen Einwirkung] [dem regenerativen Strom] ! der regenerativen Einwirkung H 487,25 zwischen die […] Volksteile] hzwischen die […] Volksteilei H 487,28–29 An bestimmten Punkten kann sie […] anwachsen] Sie kann sich stellenweise […] steigern H 488,4–9 Bekenntnis ist etwas […] einen wesensgesünderen] Regeneration darstellt. [Man kann sogar Führer einer chaluzischen Bewegung sein, ohne ein chaluzisches Herz zu haben. Dagegen sieht man zuweilen Einzelgänger und Eigenbrödler, [darunter Menschen, die ohne irgendeinen Anschluss an eine Gruppe oder Organisation oder Bewegung hergekommen sind] ! die der Gruppenbildung fern geblieben sind oder sich von ihr entfernt haben, und es ist doch an ihrer Erscheinung und ihrem Verhalten unverkennbar] ! Bekenntnis ist etwas […] einen wesensgesünderen H 488,17 Erde gehen;] Erde gehen; [daran, dass das, wenn nicht die Situation ein anderes fordert, das ganze Muskelsystem entspannt ist] H 488,22–24 Gewiß sind diese Züge […] und doch,] fehlt H, TS1, ts2.1, ts2.2, TS3 488,26–27 Da ist ein Mensch […] zu leben.] hDa ist ein Mensch […] zu leben.i H 488,32 natürlich] natürlich [und selbstverständlich] H 488,41 Unter oft sehr] [Immer wieder sehen wir hier einen spontaneren, direkteren und rückhaltloseren Verkehr] ! Unter oft sehr H 489,5–6 jenes umfassende Solidaritätsgefühl] [man jederzeit willens ist, dem hilfsbedürftigen Gefährten zu helfen,] ! jenes umfassende Solidaritätsgefühl H 489,26 unübersteigliche] scheinbar unübersteigliche ts2.1 490,1 beachtenswerteste] [wichtigste] ! beachtenswerteste H 490,5–6 im organisativen Zusammenhand] fehlt H, TS1, ts2.1, ts2.2, TS3 490,10 Künder] [Prophet] ! Künder H
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490,12 Auserlesenen] [höheren Menschen] ! Auserlesenen H 490,35 Indifferenz] [fast undurchdringlichen] Indifferenz H 491,3 Regeneration] [Umwandlung] ! Regeneration H 491,20–21 Erfüllung seiner Bestimmung] Verwirklichung seines Wesens, nach Erfüllung seiner Bestimmung H 491,27 sein Werk tut] [vollzieht, was ihm obliegt] ! sein Werk tut H 491,32 der Nation] [des Volkes] ! der Nation H 491,34 Völker] [Nationen] ! Völker H 492,10 Volksgeschlechts] [Volksgeneration] ! Volksgeschlechts H 492,22 Elimination] Elimination [aus dem Wirtschaftsleben] H 493,35 nebeneinander […] zu kennen] [wie die Heringe im Schwarme schwimmen ohne voneinander zu wissen] ! nebeneinander […] zu kennen H 494,11 schlimmer] furchtbarer H, TS1, ts2.1, ts3.1 strenger ts2.2 494,16 weil es] weil es, in der Sprache des Talmuds ts2.2 495,1 evident gewordene schwere] zur Katastrophe erwachsene ts2.2 495,19 Wenn man] [Wie in keinem anderen Land der Welt ist in Palästina, im Gebiet der jüdischen Siedlungen, eine Reihe von Versuchen sozialer Lebensformen entstanden] ! Wenn man H 495,24 schwanke] [ungeordnete] ! schwanke H 495,28 funktionales] [organisches] ! funktionales H 496,13 unternommen worden sind] unternommen worden sind [die einer aus religiösen oder religionsähnlichen, die andern aus rein sozialen Motiven] H 496,27–28 bestimmte Menschengruppe] bestimmte [, physisch nicht aufs günstigste prädisponierte] Menschengruppe H 496,32–33 Ihr gesellt sich das inbrünstige] [Sie begegnet dem brennenden] ! Ihr gesellt sich das inbrünstige H 496,34–35 Preisgegebenheit] [isolierten] Preisgegebenheit H 497,16 ein Teilgeschehen] [einen Abschnitt in den Gemeinden] ! ein Teilgeschehen H 497,30 Denken] [Erfahrung] ! Denken H 497,35 ja, soweit es […] dazusein] hja, soweit es […] dazuseini H 497,38 eine lebendige Zusammenhangstendenz] [ein Zusammenhang] ! eine lebendige Zusammenhangstendenz H 498,6 größere Gemeinschaft] [Gruppen] ! die grössere Gemeinschaft H 498,36 fortschreitend] [ungeheuer] ! fortschreitend H 498,38 Verbrauch] [Konsums] ! Verbrauchs H 499,33 das Ziel] [vor lauter Leitung] ! das Ziel H 499,39 Lebensraum] [materiellen] Lebensraum H
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500,2 Rationalisierung] [In dieser Hinsicht darf noch manche Verbesserung der gegenwärtigen Konstitution der sozialen Formen erhofft werden.] ! Rationalisierung H 500,5 einem sinngerechten Leben] [Erfüllung ihres Wesens nie zustandegekommen wäre] ! einem sinngerechten Leben H Wort- und Sacherläuterungen: 484,1 Das Prinzip der Auslese] Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Palästinaämter als zionistische »Konsulate« in der Diaspora eingerichtet, die mit der Organisation, Regulierung und der praktischen Durchführung der jüdischen Einwanderung nach Palästina beauftragt waren. Das erste solche Palästinaamt wurde 1918 in Wien eingerichtet. Von 1921 an der Immigrations-Abteilung der zionistischen Exekutive unterstellt, die als die Jewish Agency für Palästina unter den Auflagen der Mandatsregierung tätig war, waren die Palästinaämter in jedem Land einer Kommission (der Palästinakommission) unterstellt, die auf einer paritätischen Basis gemäß dem jeweils letzten Zionisten-Kongress aus Vertretern der verschiedenen zionistischen Parteien zusammengesetzt war – häufig mit einem Übergewicht der sozialistischen Arbeiterpartei und immer mit einer starken Repräsentanz der pionierhaften Jugendbewegung. In den 1920er und 1930er Jahren verteilte das Palästinaamt hierfür die Immigrations-»Zertifikate«, die von der Mandatsregierung an die Jewish Agency ausgegeben wurden, auf einer »selektiven« Basis, die den zukünftigen Pionieren den Vorzug gab. 484,26–27 schreibt er 1891 in dem ersten seiner palästinensischen Reiseberichte] Vgl. Achad Haam, Wahrheit aus Palästina, Der Jude, 7. Jg. (1923), Heft 5, S. 257–268. 484,28–485,9 »einen einzelnen Stein, einen kleinen […] zu »innerer Zerstörung«.] Paraphrase von ebd., S. 258 f. 485,29 Arthur Ruppin] Arthur Ruppin war der Hauptarchitekt und Organisator des zionistischen Siedlungsprojektes, vgl. Bubers Essay »Arthur Ruppin zum Gedenken«, jetzt in diesem Band, S. 403–410. 485,30 »Die Auslese des Menschenmaterials«] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 410,5–6. 485,32 »automatisch« gewirkt, indem es »die schlechten Elemente ausstieß«.] »Der zweite Grund war, daß in dem neuen Jischub automatisch ein Ausleseprinzip wirksam war, das die schlechten Elemente ausstieß.« Ruppin, Die Auslese des Menschenmaterials für Palästina, S. 375. 485,34–35 »die ganze Struktur […] in Palästina abhängt«] Ebd., S. 373.
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485,36 »Kultus der Zahl« […] hinwegschwemmte«.] Ebd., S. 374. Zu Bubers Kritik an dem »Kultus der Zahl«, vgl. »Selbstbesinnung«, in diesem Band, S. 108–118. 485,41–486,2 »Diejenigen Elemente, […] nach kurzem Aufenthalt.«] Ruppin, Die Auslese des Menschenmaterials für Palästina, S. 375 486,7 »Zionsliebe«] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 66,21. 486,21–24 Durch das wachsende Interesse […] an die kapitalistische Wirtschaft.] Zur Kritik Bubers, den Zionismus vom britischen Imperialismus abhängig zu machen, vgl. »Zur Klärung«, in diesem Band. S. 93–98. 486,36 Bereitungsarbeit in der Diaspora] Um die zukünftigen Chalutzim auf die Arbeit in der Landwirtschaft und auf das Leben in den neuen Gemeinschaftsformen vorzubereiten, wurden überall in der Diaspora (inklusive in Nord- und Südamerika) Ausbildungs-Betriebe (Hachscharot; Singular Hachschara) gegründet. 487,1–2 ankündigte, die Politik des ›laisser aller‹ […] ersetzen.] Ruppin, Die Auslese des Menschenmaterials für Palästina, S. 376. 487,4 Sturzwelle der Judennot] Anspielung auf die sogenannte vierte Alija, die jüdische Einwanderungswelle nach Palästina zwischen 1924 und 1928. Die Hälfte der Immigranten aus dieser Phase kamen aus Polen. Sie waren aufgrund einer wirtschaftlichen Krise im Land und einer hohen Besteuerung, die vor allem die Juden betraf, gezwungen ihr Land zu verlassen. (Die vierte Alija wurde oft spöttisch »GrabskiAlija« genannt, nach dem Premierminister, der mit Polens antijüdischer Fiskalpolitik assoziiert wurde). Diese Immigranten neigten dazu, sich eher in urbanen Zentren wie vor allem in Tel Aviv anzusiedeln, wo sie ihren kleingewerblichen Beschäftigungen auch weiterhin nachgehen konnten. 488,40–41 Siedlungsgruppen, sowohl den mehr »individualistisch« aufgebauten, als den mehr »kollektivistischen«.] Zur Kritik Bubers an »Individualismus« und »Kollektivismus«, vgl. Das Problem des Menschen; jetzt in: MBW 12, S. 221–312, besonders den letzten Abschnitt ab S. 306. 489,28–29 Ich sage keineswegs, […] in keiner.] Vgl. das Kapitel »Noch ein Experiment« in Pfade in Utopia; jetzt in: MBW 11.2, S. 241–250. 490,4 »Alijath ha-noar«] Hebr.: »Einwanderung der Jugend«. 490,10–14 In einem seiner letzten Briefe (1921) […] zu rechtschaffenen wichtigen Menschen werden.«] Vgl. A. D. Gordon, An Deganjah, in: ders., Auswahl aus seinen Schriften. Nach der von N. Tradjon unter Mitwirkung von E. Schochat bearbeiteten hebräischen Ausgabe, übers. von Viktor Kellner, Berlin 1937, S. 236–239, hier S. 238
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490,39 »alten Jischuw«] Die vor der zionistischen Einwanderung in Palästina lebenden Juden, die zumeist von Spenden aus der Diaspora lebten. 493,18 Berl Kaznelson] oder Berl Katznelson (1887–1944), führende Persönlichkeit der zionistischen Arbeiterbewegung; Herausgeber der Tageszeitung Davar (Das Wort), die er gemeinsam mit Moshe Beilinson 1925 gründete. Er war der Hauptvetreter der chaluzischen Siedlungsbewegung. Vgl. auch die Einleitung zu diesem Band, S. 21 f. 493,18–27 »Vielleicht ist diese Bewegung«, […] ausmachen.«] Vgl. Berl Katznelson, Zur Hechaluz-Bewegung, Der Jude, 2. Jg., 1917–1918, H. 10–11, S. 635–641, hier S. 636 f. 494,19 Beilinson] Moshe Beilinson (1890–1936): Mitherausgeber und einer der leitenden Chefredakteure von Davar. Zitate nicht nachgewiesen. 494,20 »Hachschara«] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 486,36. 494,28 Bialik] Chaim Nachman Bialik (1873–1934): der angesehendste Dichter der hebräischen kulturellen Renaissance. Zitate nicht nachgewiesen. 495,35 »Moschawe owdim«] Vgl. die Wort- und Sacherläuterungen zu 416,19. 499,17 Jakob Rabinowitsch] (1875–1948): hebräischer und jiddischer Schriftsteller, Literaturkritiker und Führer der zionistischen Arbeiterbewegung. Er zählte zu den Begründern der Histadrut, des Dachverbands der Gewerkschaften. In späteren Jahren genoss Rabinowitsch hohes Ansehen als ein führender hebräischer Schriftsteller. Zur Geschichte der nationalen Idee Diese Rede auf Hebräisch wurde bei der Jubiläumsfeier gehalten, die in der Hebräischen Universität zu Ehren des 150. Geburtstags des polnischen Dichters Adam Mickiewicz (1798–1855) veranstaltet wurde. Zum Einfluss Mickiewicz’ auf den jungen Buber, vgl. Treml, Einleitung, in MBW 1, S. 22 f. Textzeugen: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 5d); 3 lose, paginierte Blätter; beschrieben mit schwarzer Tinte; mit Korrekturen versehen. Da die Formulierungen zu sehr abweichen, um noch in einem Variantenapparat verzeichnet werden zu können, wird die Handschrift im Folgenden reproduziert.
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TS : Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 5d): 5 lose, paginierte Blätter. Das Typoskript ist zweischichtig: TS1.1: Grundschicht. TS1.2: Korrekturschicht: zahreiche Korrekturen, wahrscheinlich nicht von Bubers Hand. TS2: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 5d); 4 lose, paginierte Blätter; ohne Korrekturen; Abschrift von TS1.2. 3 TS : Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 5d); 4 lose, paginierte Blätter. Das Typoskript trägt den handschriftlichen Zusatz: »Übersetzung aus dem Hebräischen Pnina Nave«. Das Typoskript ist zweischichtig: TS3.1: Grundschicht: Durchschlag von TS2. TS3.2: Korrekturschicht: zahlreiche Korrekturen von Bubers Hand. TS4: Typoskript im MBA (Arc. Ms. Var. 350 05 5d); 3 lose, paginierte Blätter; mit vereinzelten Korrekturren versehen. Da es sich bei der Textgrundlage der Typoskripte um eine nicht von Bubers selbst erstellte Übersetzung der hebräischen Veröffentlichung handelt (vgl. den handschriftlichen Zusatz von TS3) und die zahlreichen Korrekturen stilistischer Natur sind, wird auf eine Wiedergabe der Abweichungen der einzelnen Textzeugenschichten in einem Variantenapparat verzichtet. 1 D : JuJ, S. 320–323 (MBB 1216). 1
Druckvorlage: D1 Übersetzungen: Hebräisch: Le-toldot ha-raʿ jon ha-leʾ umi, Ha-aretz vom 5. August 1949 (MBB 822); Le-toldot ha-raʿ jon ha-leʾ umi, in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane ha-schaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 208–210 (MBB 1182). Abdruck von H: Im Dezember 1840 hatte Mickiewicz am Collége de France seine Vorlesungen über die slavischen Literaturen begonnen. Aber erst im Jahre 1842 brachte er darin seine Grundideen über Wesen und Aufgabe der Nationen zum Ausdruck, zuerst unter Bezugnahme auf die Äusserungen von zeitgenössischen Dichtern und Denkern slavischer Länder, dann aber in selbständiger Erfassung und Formulierung. Betrachten wir heute, was M. damals vorgetragen hat, in seinem Zu-
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sammenhang, so sehen wir, dass es eine bedeutende Stelle in der Geschichte der modernen nationalen Idee einnimmt. [Jedes der wahren Völker] ! Das wahre geschichtliche Dasein der Völker, [jedes grosse Geschichtsvolk] ! jede grosse geschichtliche Volksexistenz – so etwa können wir die Lehre zusammenfassen – ist darauf gegründet, dass dieses Volk eine Sonderoffenbarung empfangen hat, die sich, auch wenn sie sich des Mediums von Personen bedient, sich an das Volk als solches richtet. Es kommt darauf an, dass das Volk die Wahrheit, die sich ihm offenbart, als Volk – nicht als Summe von Einzelnen, sondern als Volk – empfange und ins Werk führe. Jedes grosse Volk lebt, um diese seine [Idee] ! Wahrheit zu verwirklichen, dazu und nur dazu. Was einst [Aufgabe] ! Werk der Einzelnen innerhalb der Völker war, Annahme und Verwirklichung der Wahrheit, das wird im Gang der Geschichte zum Werk der Völker selbst. Auf diesem Weg ist den Völkern das Volk Israel h, der ältere Bruder,i vorangegangen, [das als erstes die ihm offenbarte Wahrheit als Volk empfing] das »geistigste aller Völker auf Erden« und mit der Fähigkeit begabt, »das Erhabenste in der Menschheit zu erfassen«; weil es zuerst als Volk die Offenbarung empfangen hat, ist es mit dem Ur- und Kernglauben an das Ziel der Völker, mit dem Messianismus ausgestattet worden, der den Völkern den Weg gewiesen hat. Zu den Völkern ist die messianische Botschaft in einer gewandelten Gestalt gelangt: in der des Christentums. Aber die Völker haben das Christentum nur als Einzelne, nicht als Völker angenommen. Darum sind sie [, wiewohl sie sich zu dem neuen Glauben bekannten, unter] ! ungeachtet des Bekenntnisses zum neuen Glauben, unter heidnischem Recht und Gesetz verblieben. Das nur von den Individuen angenommene Evangelium ist in das politische Leben der Nationen nicht eingegangen. Es gibt nur ein einziges Volk, sagt M., das kollektiv getauft worden ist, das polnische; seine Bekehrung zum Christentum hat nicht aus einer Reihe individueller Bekehrungen bestanden, es ist ein allgemeiner, einmaliger Akt gewesen. Darum ist dieses Volk berufen, als erstes das Christentum ins nationale Leben einzuführen und es darin zu verwirklichen. Darum aber ist auch ein geheimnisvolles Band zwischen ihm und Israel geknüpft. Das Leiden beider Völker hat eine tiefe Bedeutung hmessianischei Bedeutung. »Gott hat«, sagt M., »Polen so bedrängt um aus ihm die äusserste Kraft herauszuholen, damit es sein Werk vollbringe. Und in einer anderen Ansprache derselben Zeit heisst es: »Es gibt bei uns in Polen grosse und starke Geister sowohl unter Juden als unter unserem Volk.« In eben dem Jahr, da Mickiewicz seine Vorlesungen in Paris begann, starb in einem polnischen hjüdischeni Städtchen der Mann, der die Lehre von der Berufung der Völker, die geistig-nationale Idee, auf seine eigen-
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tümliche, höchst jüdische Weise durchdacht und formuliert hat, Nachman Krochmal. M. konnte sein, damals noch unveröffentlichtes Buch nicht kennen. Seltsame Begegnung zweier Gedanken, die einander nicht kannten! Aber 70 Jahre, ehe M. seine Vorlesungen begann, 1772, hatte Rousseau in seiner auf polnische Aufforderung geschriebenen … eine ganz andere Auffassung von den Aufgaben eines Volkes zum Ausdruck gebracht … Rousseau, der Ideolog der Demokratie, ist hier in seiner praktischen Erwägung von seinem äussersten Gegensatz nicht gar so weit entfernt. Wir sollen das Unsere pflegen, weil es das Unsere ist. Wir haben nicht zu fragen, ob es das Gute ist oder nicht, ob es unsere [sic] zum Guten oder zum Bösen führt, es genügt, dass es das Unsere ist. Mussolini hat mit seinem sacro egoismo nichts wesentlich Anderes gemeint. Das Individuum, das an seiner Person individuell schlechte Sitten und damit schlechte Eigenschaften stärkt und entwickelt, ist verwerflich; tut es dasselbe an Sitten und Eigenschaften, die ihm und einem Kollektiv gemeinsam sind, wird alles geheiligt. Dieser verhängnisvollen Lehre stellt M. die seine von der nationalen Aufgabe gegenüber. [Das Volk muss sich, das heisst, seine Führer müssen] ! Er macht das Lebensrecht eines Volkes von dem Erfolg seiner Aufgabe an der Menschheit abhängig. Das Volk muss sich, das heisst, seine Führer müssen es zur Erkenntnis dieser Aufgabe und zum Dienst an ihr erziehen. Im Beginn dieser Erziehungsarbeit steht die Umtauschung zwischen Gut und Böse [in ihrer spezifischen Ausprägung, d. h. zwischen dem, was der Aufgabe des Volkes an der Menschheit entspricht, und dem, was ihr widerspricht] ! zwischen dem, was der Entwicklung des Volkes zur Erfüllung seiner Aufgabe förderlich, und dem, was ihr abträglich ist. Man muss zwischen nationalen Eigentümlichkeiten wählen, verwerfen, entscheiden, hman muss jeweils Art u. Entartung unterscheiden,i man muss Art bejahen und Entartung verneinen. Man darf an ein Volk nichts heranbringen, was ihm fremd ist; aber es kommt darauf an, was von dem, was ihm eigen ist, entfaltet wird. Es ist offenkundig, dass in unseren Tagen die Ansicht des sacro egoismo die herrschende ist. Aber die Chancen des Völkerfriedens, das Werden einer echten Menschheit, und nicht sie allein, auch das wahre Wohl jedes Volkes hängt davon ab, ob der Glaube an die Völkeraufgaben, zu dem M. sich bekannte, und der Wille, zu ihnen zu erziehen, der in X Herzen? gebrannt hat, in den Geistern neu erwachen, eine neue Gestalt gewinnen und ein mächtiges Werk beginnen.
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Wort- und Sacherläuterungen: 502,25 Nachman Krochmal] (1785–1840) ist der Autor einer postum veröffentlichten hebräischen Abhandlung mit dem Titel Führer der Verwirrten der Zeit (1851). Mit diesem Werk setzt sich Buber kritisch in »Israel und die Völker« (1941) auseinander. (Jetzt in: MBW 20, S. 131–143.) 502,32 Rousseau in den Betrachtungen über die polnische Regierung] Vgl. Wort- und Sacherläuterungen zu 428,37. Herzl vor der Palästina-Karte. Aus meinen Erinnerungen (1944) Bei Gelegenheit des 40. Jahrestags des Todes von Theodor Herzl veröffentlichte Buber 1944 in Beʿ ajot den folgenden Artikel in memoriam des Gründers der zionistischen Weltorganisation. Während Herzl den Zionismus als eine vornehmlich politische Bewegung ansah, die zur Aufgabe habe, der ewig drängenden »Judennot« zu wehren, vor allem angesichts des Antisemitismus, hielt Buber dafür, dass es die dringendere Aufgabe sei, die »Not des Judentums« zu lindern, d. h. die Notwendigkeit, das Judentum, das sowohl durch die Assimilation wie durch den Obskurantismus der rabbinischen Tradition ausgetrocknet war, zu neuem Leben zu erwecken. Zusammen mit ähnlich gesinnten jungen Juden sprach sich Buber für die Transformation des Judentums in eine humanistische Kultur im Gegensatz zu Herzls politischem Zionismus aus. Dennoch gab es eine emotionale Bindung zwischen ihnen, wie Buber sich in diesen »Erinnerungen« ins Gedächtnis zurückruft. Textzeuge: H: Handschrift im MBA (Arc. Ms. Var. 350 06 18a); 3 lose unpaginierte Blätter; doppelseitig beschrieben mit blauer Tinte; mit Korrekturen versehen. Obwohl der Text inhaltlich und vom Aufbau her dem der deutschen Druckfassung entspricht, weichen die Formulierungen im Einzelnen derart stark von dieser ab, dass die Unterschiede nicht mehr in einem Variantenapparat verzeichnet werden können. Der Text wird im Anschluss reproduziert. D: JuJ, S. 805–808 (MBB 1216). Druckvorlage: D
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Übersetzungen: Hebräisch: Herzl bi-fnej mapat eretz-Jisrael. (Mi-zikhronotaj) [Herzl vor der Landkarte Israels], Beʿ ajot, 1. Jg. Heft 5, Elul 1944, S. 197–199 (MBB 702); in: Teʿ uda we-jiʿ ud, 2. Bd.: Maʾ amarim al injane haschaʿ a, Jerusalem: Ha-sifrija ha-zionit 1961, S. 246–248 (MBB 1182). Abdruck von H: Ich will Ihnen aus meinen Erinnerungen an Herzl [drei Kleinigkeiten] ! eine Kleinigkeit erzählen, [drei Äusserungen] ! eine Äusserung im Zwiegespräch, die auf den ersten Blick eher wunderlich als bedeutend erscheint, und doch wichtig und lehrreich ist. [Jedes dieser drei Worte habe ich, als die] ! Ich habe sie, als sie zu mir gesprochen wurde, mit einer etwas kritischen Stimmung vernommen, aber viel später in meinem Leben ist mir eine positive Bedeutung aufgegangen, von der ich damals nichts gemerkt hatte. Um recht zu verstehen, wie die kritische Stimmung beschaffen war, von der ich spreche, müssen Sie sich vergegenwärtigen, wie der Kreis junger Menschen, dem ich damals angehörte, zu Herzl stand. Wir bewunderten Herzl, wir liebten ihn, aber ein grosser Teil seines Wesens blieb uns fremd. Um es mit einem einzigen Wort zu sagen: es war der liberale Herzl, der uns fremd war. Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass Herzl, als er die Idee des Judenstaates fasste, das Lager des Liberalismus mit seinem Herzen verliess und nur beruflich h, als Redakteur einer liberalen Zeitung,i darin blieb. Herzl hat nie eingesehen, wozu es eigentlich Nationen auf der Welt gibt, [her hat in ihnen nie etwas ganz anderes gesehen als ein notwendiges Übel,i] und er ist, auch als er von dem Judentum mehr kennen lernte als er in der Zeit der Judenstaat-Schrift kannte, niemals völlig von seiner Grundvoraussetzung abgekommen, dass wir durch den »gemeinsamen Feind« zusammengehalten werden. Von unserem Anliegen einer Arbeit am Volkstum, an der Wiedergeburt seiner Art, seines Wesens, seiner Kultur konnten wir zu ihm nicht reden, ohne missverstanden zu werden. All dies war für ihn nur Beiwerk, geeignet, einige interessante, sozusagen exotische Farben in das Bild des Zionismus zu mischen; Realität, grosse, lebendige h, entscheidendei Realität war es für ihn nie und konnte es für ihn nicht werden. Er nahm uns freundlich auf, nicht bloss weil wir seiner Sache dienten, sondern weil er uns für Romantiker hielt und sein Liberalismus liberal genug war, um einer reizvollen und dekorativen Romantik Platz zu gewähren; aber er glaubte nicht an die Welt, die wir meinten, wenn wir seiner Sache dienten. [Die drei Worte] ! Das Wort, das ich Ihnen berichten will, ist ein
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Wort des liberalen Herzl; und dennoch hat sich mir, wie gesagt, später [eine Wahrheit] ! eine positive Bedeutung an ihm aufgetan. [Alle drei Äusserungen] ! Die Äusserung stammt aus dem Jahr 1901. Es war das Jahr meiner grössten Nähe zu Herzl. Vorher war ich ihm persönlich nicht nah genug gekommen, später führte meine Tätigkeit in der Opposition, namentlich in dem Streit zwischen Achad Haam und Nordau um »Altneuland« zu einer Entfremdung seines Herzens gegen mich, die erst in der letzten Zeit seines Lebens überwunden worden ist. Es war [, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht] ! wohl, im Mai oder Juni 1901, im zionistischen Zentralbureau in Wien [, Türkenstrasse]. Herzl hatte mich [ersucht, ihn in der Red. der N. Fr. Pr. abzuholen und mit ihm ihn das X X zu gehen] ! um mit mir über das [Zentralorgan] ! Organ der Organisation, »Die Welt«, zu sprechen, in deren Redaktion ich zeitweilig meinen Freund Feiwel vertrat und deren Leitung ich bald danach übernommen habe. Im Zentralbureau war die kurz vorher angekommene neue plastische Karte Palästinas an der Wand befestigt. Herzl führte mich sogleich nach einer kurzen Begrüssung vor die Karte und begann mir an ihr die hwirtschaftliche undi technische Zukunft des Landes zu demonstrieren. Sein Finger glitt über Wüste, und da waren terrassierte Pflanzungen; er glitt über [die Berge, und die Erde] ! Jahier? und die Abhänge um ihn und Wasser und Erde offenbarten ihre verborgenen Schätze; er glitt über die leere Ebene, und in unübersehbaren Reihe standen die Werkstätten von hundert Industrien; er glitt über die Bai von Haifa und ich sah vor mir, seinem Spruch gemäss, den »Hafen der asiatischen [Energie] ! Zukunft«; zuletzt aber kehrte er zum Jordan zurück und Herzl trug mir den Plan eines ungeheuren Stauwerks vor, das mit seinen Energien diese grosse Wirtschaft speisen sollte. Er klopfte mit dem Finger auf den Punkt der Karte und rief: »Wieviel Pferdekräfte hat der Niagara? 8 Millionen? Wir werden 10 Millionen haben!« Ich war betäubt von alle dem Zauber, es war mir, als stürze die Flut des Jordan-Niagara auf mich ein, und doch musste ich lächeln. Wie fern war das alles, wie unwirklich! Nein, dies wars nicht, um dessen willen wir dienten; nicht um an der Elektrifizierung Asiens teilzunehmen hatten wir den Namen Zion auf eine Fahne geschrieben. Gott sei Dank, es war nur ein Traum [, der Traum eines modernen Mannes]. So empfand ich damals. Erst viel später, lange nach Herzls Tod ist mir offenbar worden, dass von uns beiden damals wirklich er an Palästina dachte: mir war es jenes Land des Erlösungswunders, ihm aber war es ein bestimmtes Land der Erde mit bestimmten geographischen und geologischen Eigenschaften, und das heisst, mit bestimmten technischen Möglichkeiten, die er, Herzl, nicht bloss kannte,
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sondern sah; seine Phantasie war die konkretere, und er erfuhr in seiner Phantasie, was zu tun war. hEs war ihm, dem Liberalen, der Länder nicht bloss als Besitz von Völkern, sondern als Teile des grossen Menschenlandes, als Teile des Werkes des Menschengeschlechts an der Erde sah, es war ihm um das Land nicht bloss um der Juden willen zu tun, es war ihm auch um das Land selber zu tun, um dieses so und so beschaffene Land, und es war ihm nicht darum zu tun, wie es jetzt war, sondern darum, was aus ihm werden konnte, wenn man tat was zu tun war.i Ist es nicht vielleicht die unausweichliche Wahl, vor der wir stehen: auf der einen Seite die – nun nicht gerade 10 Millionen, aber, sagen wir: so viel Pferdekräfte als irgend möglich, und auf der andern Seite der Weg zur Erlösung? Nein – und auch das habe ich seither erkannt –, so ist die Wahl nicht beschaffen, kein solches Entweder-Oder ist das unsere, sondern wir müssen die technischen Bedingungen der Erfüllung auf uns nehmen, wie Raum und Zeit sie bieten, und sollen nicht fürchten, dass sie zum Hindernis werden. Ebensowenig wie es Asien erspart werden kann, den schweren, hdie Aufgabe der Seelei furchtbar erschwerenden Weg Europas und Amerikas, den Weg der Technisierung zu gehen, sondern es für Morgenland wie Abendland gilt, auf eben diesem Weg, dem Weg der ganzen heutigen Wirklichkeit, zum Heil vorzudringen, so dürfen auch wir uns nicht scheuen, auf uns zu nehmen, was notwendig ist, um dieses Land zu einem Lande grosser [musterhafter] Menschensiedlung zu machen. Freilich, es gibt eine Grenze. Die Grenze ist da, wo die Grenze des Mittels überhaupt ist. Das, was seinem Wesen nach Mittel ist, dürfen und sollen wir auf uns nehmen; das, was seinem Wesen nach nicht Mittel ist und nie werden kann, die Sünde, dürfen wir nicht auf uns nehmen. Die Technik dürfen wir um der Erlösung willen auf uns nehmen, weil sie nur der Seele erschwert, den Weg zu finden; die Sünde dürfen wir um der Erlösung willen nicht auf uns nehmen, weil es die trübste und tückischste aller Täuschungen ist, man könne durch sie die Erlösung erreichen: es ist ihr unabänderliches Wesen, die Erlösung zu behindern. Und der tiefste Abgrund [der Sünde] ! des Falschen ist es zu sagen: Jetzt will ich sündigen, und dann werde ich umkehren; es ist eine grosse Wahrheit unserer Lehre, dass der so redet der einzige ist, der umkehrend keine Vergebung findet. Um es an einem Beispiel dieser Tage deutlicher zu machen: der Mord kann nie zum Mittel werden, der Mord kann nie zur Erlösung beitragen, aus Mord wird nur Mord, und wenn wir den Mord auf uns nehmen, werden wir unseren Söhnen kein freies Land hinterlassen, sondern in einer Mörderhöhle werden sie leben und ihre Söhne zeugen, in einer Mörderhöhle zu leben. »Wie viele Pfer-
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dekräfte hat der Niagara?« Aber wie viele Pferdekräfte hat die Lüge? So viele, wie nötig sind, um eine grosse Hoffnung zu zerstören. Wort- und Sacherläuterungen: 505,14–15 als Redakteur einer liberalen Zeitung] bei der Neue Freie Presse von Wien. 505,18–19 das Volk als gesellschaftliche Einheit […] vereint ist.] Diese Position wurde oft als »Trotzjudentum« bezeichnet, eine polemische Affirmation jüdischer Identität als Antwort auf den Antisemitismus. 505,36 Achad-Haam] Achad Haam (1856–1927), der spiritus rector des Kulturzionismus, kritisierte besonders Herzls Roman Altneuland (1902), in dem er seine Vision des künftigen jüdischen Staates darlegte, der in Palästina entstehen sollte. Er beklagte, dass der Roman bar jeder jüdischen Kultur sei, sicher nichts, dass eine Renaissance der jüdischen Kultur fördern würde. Herzl war tief getroffen. Verschiedentlich hat er nicht unerheblichen Aufwand betrieben, Altneulands jüdischen Charakter zu betonen. Besorgt, Achad Haams Kritik könnte ihm oder der zionistischen Bewegung Schaden zufügen, und weil er darüber hinaus befürchtete in eine unwürdige Auseinandersetzung gezogen zu werden, fragte er Max Nordau, seinen engsten zionistischen Kollegen und Vertrauten, ihn zu verteidigen. Nordau willigte nur zu glücklich ein. Als kultureller und politischer Bilderstürmer konservativer Prägung ging ihm nichts über eine lautstarke literarische Kontroverse. 506,4 Berthold Feiwel] Vgl. den Kommentar zu »Berthold Feiwel zum Gedächtnis« in diesem Band, S. 686. 506,26–27 »Ich werde sündigen und […] keine Hoffnung gibt.] Mischna Joma, mJom VIII,9.
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Abkürzungsverzeichnis B I-III
JuJ
KGA MBA MBB
MBW
Martin Buber, Briefwechsel aus sieben Jahrzehnten, 3 Bde., hrsg. und eingel. von Grete Schaeder, Heidelberg: Verlag Lambert Schneider 1972-75. Bd. I: 1897-1918 (1972), Bd. II: 1918-1938 (1973), Bd. III: 1938-1965 (1975). Martin Buber, Der Jude und sein Judentum. Gesammtelte Aufsätze und Reden, mit einer Einleitung von Robert Weltsch, Köln: J. Metzler Verlag 1963. Friedrich Nietzsche, Werke. Kritische Gesamtausgabe, hrsg. von Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, Berlin u. New York 1967 ff. Martin Buber-Archiv der National Library of Israel. Martin Buber. Eine Bibliographie seiner Schriften, 1897-1978, zusammengestellt von Margot Cohn und Rafael Buber, Jerusalem: Magnes Press, Hebräische Universität und München/New York et al.: K. G. Saur 1980. Martin Buber Werkausgabe: Bd. 1 Frühe kulturkritische und philosophische Schriften 1891-1924, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Martin Treml, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2001. Bd. 2.1 Mythos und Mystik. Frühe religionswissenschaftliche Schriften, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von David Groiser, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2013. Bd. 2.2 Ekstatische Konfessionen, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von David Groiser, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2012. Bd. 3 Frühe jüdische Schriften 1900-1922, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Barbara Schäfer, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2007. Bd. 7 Schriften zu Literatur, Theater und Kunst. Lyrik, Autobiographie und Drama, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Emily D. Bilski, Heike Breitenbach, Freddie Rokem u. Bernd Witte, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2016. Bd. 8 Schriften zu Jugend, Erziehung und Bildung, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Juliane Jacobi, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2005. Bd. 9 Schriften zum Christentum, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Karl-Josef Kuschel, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2011. Bd. 11.1 Schriften zur politischen Philosophie und zur Sozialphilosophie. 1906-1938, eingeleitet von Francesco Ferrari, bearbeitet und kommentiert von Stefano Franchini, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2019. Bd. 11.2 Schriften zur politischen Philosophie und zur Sozialphiloso-
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Abkürzungsverzeichnis
WA
phie. 1938-1965, eingeleitet von Francesco Ferrari, bearbeitet und kommentiert von Massimiliano De Villa, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2019. Bd. 12 Schriften zur Philosophie und Religion, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Ashraf Noor, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2017. Bd. 13 Schriften zur biblischen Religion, eingeleitet von Michael Fishbane, bearbeitet und kommentiert von Christian Wiese und Heike Breitenbach, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2019. Bd. 14 Schriften zur Bibelübersetzung, eingeleitet und kommentiert von Ran HaCohen, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2012. Bd. 15 Schriften zum Messianismus, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Samuel Hayim Brody, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2014. Bd. 16 Chassidismus I. Frühe Erzählungen, eingeleitet von Bernd Witte, bearbeitet und kommentiert von Ran HaCohen, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2018. Bd. 17 Chassidismus II. Theoretische Schriften, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Susanne Talabardon, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2015. Bd. 18 Chassidismus III. Die Erzählungen der Chassidim, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Ran HaCohen, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2015. Bd. 20 Schriften zum Judentum, bearbeitet, eingeleitet und kommentiert von Michael Fishbane und Paul Mendes-Flohr, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2019. Goethes Werke. Herausgegeben im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Abtlg. I-IV. 133 Bände in 142 Teilen. H. Böhlau, Weimar 1887-1919.
Hebräische Bibel Gen Ex Lev Num Dtn Jos Ri I Sam II Sam
Genesis (1. Mose) Exodus (2. Mose) Leviticus (3. Mose) Numeri (4. Mose) Deuteronomium (5. Mose) Josua Richter 1. Samuel 2. Samuel
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I Kön II Kön Jes Jer Ez Am Hab Sach Ps Hhld Neh
Abkürzungsverzeichnis
1. Könige 2. Könige Jesaja Jeremia Ezechiel Amos Habakuk Sacharja Psalm(en) Hohelied Nehemia
Neues Testament Mt Joh
Matthäus Johannes
Rabbinische Literatur mAv mJoma jTaan bMeg bPes bRHSh bShab BerR ShirR PesK SifDev Tan TanB
Mischna, Traktat Avot Mischna, Traktat Joma Talmud Jeruschalmi, Traktat Taʾ anit Talmud Bavli, Traktat Megilla Talmud Bavli, Traktat Pesachim Talmud Bavli, Traktat Rosh haShana Talmud Bavli, Traktat Shabbat Bereshit Rabba (Genesis Rabba) Schir HaShirim Rabba (zu Hohelied) Pesiqta de-Rav Kahane Sifre Devarim (zu Deuteronomium) Midrasch Tanchuma Tanchuma, Ausgabe Buber
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Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Quellenverzeichnis 2. Literaturverzeichnis 2.1 Bibliographien 2.2 In den Band aufgenommene Schriften Martin Bubers 2.3 Verwendete Werke Martin Bubers 2.4 Verwendete Literatur 1. Quellenverzeichnis Aus dem Martin Buber Archiv (MBA) der National Library of Israel sind folgende unveröffentlichte Quellen verwendet worden:
1.1 Handschriften und Typoskripte In später Stunde (Handschriften) Arc. Ms. Var. 350 06 43 [Rede auf dem XII. Zionisten-Kongreß in Karlsbad (1.-14. 09. 1921).] (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var. 350 06 24b Nationalismus (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var. 350 06 24 Frage und Antwort (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 42 Selbstbesinnung (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 44 Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina (Typoskript) Arc. Ms. Var 350 06 14 Gegen die Untreue (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 05 57 Brief an Gandhi (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var. 350 05 39 Rechenschaft (Handschrift) Arc Ms. Var 350 02 135 Haben wir einen eigenen Weg? (Handschrift) Arc. Ms. Var 350 06 23 Falsche Propheten (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var 350 03 73 Zum Problem »Politik und Moral« (Handschrift im MBA) Arc. Ms. Var. 350 06 52 Oral Testimony (Handschriften und Typoskripte) Arc. Ms. Var. 350 06 11 [Ein tragischer Konflikt?] (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var 350 06 58 Es ist nicht genug (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 51 Gnadengesuch (Typoskript) Arc. Ms. Var. 350 008 493d.I Zwei Völker in Palästina (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var 350 06 10a Nicht ein Judenstaat, sondern ein bi-nationales jüdisch-arabisches Staatsgebilde (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var. 350 06 10 Zweierlei Zionismus (Handschriften) Arc. Ms. Var. 350 06 45 Nach Bernadottes Ermordung (Handschriften) Arc. Ms. V9ar. 350 waw 78
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Quellen- und Literaturverzeichnis
[Antwort auf Gideon Freudenbergs offenen Brief an Martin Buber] (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 006 77 Nach der politischen Niederlage (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 80 Die Söhne Amos’ (Handschriften) Arc. Ms. Var 350 06 53 Vorwort zu einem geplanten Band über arabisch-jüdische Verständigung (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var. 350 06 58a An Stelle von Polemik (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var 350 06 53 Der Weg Israels. Zur Klärung (Handschriften und Typoskripte) Arc. Ms. Var. 350 06 2 The Time to Try (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 50 Zum Aufsatz »Aus Neid« (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 05 67 Brief an das Aktions-Commité der Zionistischen Organisation (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 008 956e.I Unsere Konstitution (Zeitungsausschnitt) Arc. Ms. Var. 350 02 134 Der Chaluz und seine Welt. Aus einer Rede (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 54 Berthold Feiwel zum Gedächtnis (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 69a Arthur Ruppin zum Gedenken (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 64 An Chaim Weizmann (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 48 Reine Verantwortung (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 63 Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 46 Rede bei der Gedenkfeier der Universitaet fuer David Werner Senator, am 12. Dec., 1953 (Handschrift und Typoskript) Arc. Ms. Var. 350 06 49 Moses Hess und die nationale Idee (Handschriften) Arc. Ms. Var. 350 05 10 Über Ernst Simon, den Erzieher (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 02 93 Regeneration eines Volkstums (Handschrift und Typoskripte) Arc. Ms. Var. 350 06 3 Zur Geschichte der nationalen Idee (Handschrift und Typoskripte) Arc. Ms. Var. 350 05 5d Herzl vor der Palästina-Karte. Aus meinen Erinnerungen (1944) (Handschrift) Arc. Ms. Var. 350 06 18a
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Stellenregister Bibelstellen Hebräische Bibel (Altes Testament) Gen 1,26 f. 1,31 45,7
575 44 701
Ex 13:17-14:29 19,5 19,6 21,2 23,4 f. 23,12
697 587 700 155 155 155
Lev 19,18 25,2-7 25,23 25,13
653 155 155 155
Num 6,1-21 Dtn 21,1-9 21,7 30,1-6 Jos 9,1-27 9,27 10,12-14 Ri 4 4,4 f. 5 13-16 14,5 f. 16,23-30 19 I Samuel 1,25 25,26
591 623 251 643 607 606, 607 690 592 592 592 592 592 592 677 677 676
25,31 25 25,26 25,31
676 677 677 677
II Samuel 6,20 7,4 7,14 11 13 14 14,13 14,14 14,25 20 20,17-18 20,19 21 21,1-14 21,1-9 21,10 21,11 21,14
677 722 468, 722 677 677 677 677 677 706 677 677 677 204, 609 677 607 677 677 677
I Kön 19,12
177
Jes 1,21 1,26 1,27 2,3 2,3-5 6,5 10,20-22 10,27 21,11 49,6 57,15 Jeremia 2,3 27,17 32,40 Ez 3 3,12
34,17 34,25 37,1-14 37,12 Am 9,7 Hab 2,4
702 553 683 683 539 705, 706 (2 �)
Sach 8,3 8,16 14,9
706 576 717
Ps 36,6 48,3
384 470, 706
Hhld 3,1
384
Neh 4,11
607, 638
Neues Testament
288 706 36, 643 575 657 470 701 177 384 726 580 706 178 702 683 683
Mt 4,8
518
Joh 1,47
620
Apg 22,25
517
Rabbinisches Literatur Mischna mAv I,14 I,18 V,6
576 576 516
mJoma VIII,9
567, 742
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760
Stellenregister
Jerusalemer Talmud jTaan 1,1
385
Targum, Midrasch, Sammelwerke
TanB Beshalach 11:5 697
BerR XXXIX,6
Antike Autoren 533
Babylonischer Talmud bMeg 10b bPes 54a bRHSh 25b bShab 55a
ShirR zu Hhld 3,1 384
Josephus Contra Apionem II, 165 723
697 PesK XXI
384
SifDev XXXII 29
582
516 692 Tan zu Gen 12,1 534 575, 590, 629, 701
Mittelalterliche Kommentatoren David Azulai Penej David Paraschat Pekudej 576 Raschi zu Gen 1,1
685
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Sachregister Abendland 62, 63, 127-128, 138, 256, 740 Abraham 64, 386, 534 Achdut haAwoda 21, 665, 666, 728 Ägypten 99, 100 Alija 25, 31, 319, 698, 710, 718, 732 Antisemitismus 17, 93, 213, 724, 737, 741 Araber 16, 17, 19, 20, 26, 91, 123, 126, 131, 132-133, 134, 158, 159, 160, 169-170, 172, 173, 175, 192, 256-257, 272-273, 275, 284, 290, 313, 327, 338, 540, 579, 651, 654, 655, 662, 664, 695, 707, 709, 718, 727 –, israelische 346, 349 Araberfrage 15-17, 19-21, 25, 28-29, 31, 32, 69, 97, 122-123, 133, 262, 464, 540, 542, 555, 570 Arabische Liga 219, 221, 222, 228, 229, 240-242, 276, 661 Arbeit 57, 65, 70, 92, 94, 149, 263, 360, 389, 399, 492, 498, 530-531 Assimilation, nationale 286, 399, 531, 563 Auslese 484-485, 486, 692, 693, 695, 731, 732 Baʾ ayot 262, 265 Babylon 468 Balfour-Deklaration 15, 24, 59, 60, 69, 82, 95, 119, 133, 273-274, 275, 520-521, 531, 540, 551, 669 Bar Kochba Verein 514 Basler Programm 119, 657 Betar 569 Bewegung, chaluzische 486, 493, 729 –, messianische 366 –, nationale 76, 268, 491 –, sozialistische 451 –, zionistische 16, 21, 25, 28, 31, 43, 64, 90, 104, 188, 213, 287, 337, 340, 342, 346, 366, 403, 505, 571-572, 656, 668, 686, 733, 741 Bibel 34, 154, 378, 474, 678 Biltmore-Plan 200-201, 266, 284, 292, 294, 299, 696, 718 Birobidjan 478, 724-726 Böse, das 44, 121 Brit Schalom 36, 107, 123, 125, 553-554, 555, 568-570, 595, 597, 692, 695 Buber, Martin –, An der Wende 317, 726
–, Drei Reden 598, 682 –, Der Geist des Orients und das Judentum 17, 710 –, Ich und Du 552 –, Kampf um Israel 537, 570 –, Königtum Gottes 567, 721 –, Pfade in Utopia 327, 341, 697 Buch Richter 377, 467 Buch Samuel 379 Chaluz, Chaluzim 121, 322-324, 326, 338, 386, 388-390, 418-419, 491-495, 498, 527, 558, 563, 567, 652, 670, 682-683, 685, 698 Chassidismus 401-402 Chowewe Zion 66, 68, 84-86, 87, 340, 530, 534 Christentum 243, 455, 501-502, 709, 714, 735 Davar 576, 591 Debora 167, 592 Defaitismus 204, 207 Demokratie 395, 736 Demokratische Fraktion 16, 85-86, 87, 544 Deutschland 56, 99, 181, 442, 685, 689, 707, 710, 713, 719 Dialog 42, 353 Diaspora 78, 79, 110, 321, 322, 324, 361, 366, 461, 477, 479, 485, 494, 551-552, 559, 668, 674, 690, 727 Diplomatie 65, 66, 84, 85, 94, 530, 698 Ebenbild 137 Egoismus, kollektiver 337, 498 Einwanderung 192, 194, 207, 217-219, 224225, 236-237, 239-240, 241, 258, 277280, 325, 562, 576, 670 Elite 301, 489 England 56, 59, 61, 87-89, 91, 95-96, 99, 101, 105, 129-130, 133, 169-170, 172, 181, 283, 300, 364-365, 367, 521, 544, 547, 548 Enteignung 311 Erfolg 147, 179, 206, 421, 702, 736 Erkenntnis 429-430 Erlösung 307, 679, 739, 740 Exil 110, 251, 559, 679, 682
MBW 21 (02697) / p. 762 / 10.10.2019
762 Faschismus 148, 702 Fellachen 60, 257, 302, 522 Flüchtlinge, arabische 294, 314, 319-320, 331-332, 335, 339, 344-345, 661, 663 Föderation 195, 310, 313, 338, 352 –, vorderasiatische 341, 343 Frage, arabische, siehe Araberfrage Frankreich 96, 101, 105 Frieden 139, 140, 293, 327, 411, 701, 736 Galuth 65, 119, 128, 143, 375, 381, 382, 486-487, 524, 529, 679 Geist 137, 146-147, 285-286, 342-343, 397, 437, 438, 457, 471, 444-445 Gemeinschaft 358-362, 382, 389, 498 Gerechtigkeit 305-308, 317, 401, 424, 447, 701 Geschichte 140, 176, 178, 303, 444 Gesellschaft 358-360 Gewalt 146-147, 161 Gewaltlosigkeit 161 Gewissen 422-423, 427 Gibeoniten 200, 204, 379-380 Glauben, biblischer 44 Glaubenskrise 155-156 Gola 307, 401, 423, 677, 682, 683, 687, 691 Gott 33, 138-139, 140, 176, 377-378, 381, 424, 428 –, Königtum 78, 120, 213, 467, 721 –, Nachahmung 378 –, Reich 33, 256, 679 –, Weg 305 –, Wort 38, 139 Gottesherrschaft 401, 421 Haager Kongress, siehe Zionisten-Kongress, VIII. Hagana 525, 596, 597 Handeln, verantwortliches 426-427, 429, 431, 432, 702 Hapoel Hazair 361-362, 526, 527, 553, 666, 668, 718 Haschomer Hazair 534, 600 Hebräische Universität 242, 243-244, 333, 335, 392, 433-434, 578, 688 Herzl, Theodor –, Der Judenstaat 505 Hess, Moses –, Die europäische Triarchie 458, 463, 714 –, Die heilige Geschichte der Menschheit 454, 456, 458 –, Rom und Jerusalem 451, 458, 461, 463 Hiob 44
Sachregister Hitachduth (Hapoel Hazair) 70, 526-528, 536, 665, 719 Humanismus, hebräischer 34, 41, 124 Ichud 188, 208, 212, 248, 262, 265, 271, 311, 319, 329, 338, 344, 346, 349, 600, 601, 651, 653-655, 661-662, 695-696 Idee 430-431 –, nationale 450, 501, 712, 735 Imperium, britisches 55 Inder 150, 151-153 Indien 152-153, 467 Intellektuelle 397-398, 573 –, arabische 334, 569 Irgun 525, 575, 590 Irgun Olej Merkaz Europa 432, 701 Islam 132, 136 Israel 24, 78, 120, 127, 141, 155, 161, 177, 210, 213, 274, 286, 302, 305-307, 326, 328, 331, 336, 387, 389-390, 300, 421, 435, 436, 444, 467-469, 474, 480 –, Auserwählung 79 –, Erez 65, 79, 111, 126, 324, 357, 358, 361, 375, 386-387, 431, 529-530, 683 –, Rest 422, 423, 700 –, Wiedergeburt 285 Israel (Staat) 32, 335-336, 343, 344, 346, 368, 479, 663, 721 Italien 181 Jefta 400 Jerusalem 222, 332, 434, 523, 524, 568 Jewish Agency 119, 134, 135, 181, 219, 221, 222, 228-229, 240-241, 276, 365, 367, 368, 563, 567, 590-591, 596, 679, 690, 692, 701, 704, 707 Jewish National Council (Waʾ ad leʾ umi) 597 Jiddisch 473, 476-477, 480, 723-724 Jischuw 19, 20-22, 121, 128, 130, 170, 181182, 251, 268, 299, 349, 398, 400, 410, 414, 563, 576, 588, 590, 596, 597, 599, 600, 690 Joab 378-379, 675 Der Jude 410, 485, 541, 546, 548, 668, 719 Juden 18, 24, 138-139, 151, 255, 274, 370, 456, 472 –, deutsche 152, 580 –, sowjetische 472-481, 724 Judentum 15, 18, 36, 52, 54, 57, 68, 72, 78, 80, 81, 93, 125, 128, 132, 136, 139, 214, 243-244, 277, 305, 342, 381, 389-390,
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763
Sachregister 393, 406, 422, 456, 459-460, 461, 468, 475, 477, 480, 495, 559-560, 665, 670, 681, 701, 713-714, 723-724, 737-738 Jüdische Legion 100, 172 Jüdische Rundschau 30, 555, 560, 677 Jüdischer Verlag 392, 546 Jüdischer Welt-Kongress 331
Nationalismus 63, 72, 74-77, 81, 122, 126, 316, 357, 451, 536 –, arabischer 520 –, jüdischer 78, 79 –, moderner 72-74, 120 Neue Wege 537 Neutralität, aktive 331-332, 654
Kibbutz 323, 328, 399, 402, 418, 498 Kirche 74, 455 Klagemauer 135-136, 568-570 Kolonisation 68, 85, 86, 88, 109-112, 129, 172-173, 309, 322, 671 –, expansive 204, 321, 593 –, konzentrative 114-116, 172-174, 204, 321, 406, 558, 593-594 Krieg 287, 293, 663, 689-690 –, Kalter 331, 352, 654, 664 Kriegsnasiräer 591 Kwuza 323, 360, 372, 410, 416, 417, 490, 496, 497-498
Offenbarung 501, 735 Opfer 362 Orient 63, 664, 680 Orthodoxie 402
Labour Party 99, 102-103 Leidenschaft 111-112 Liga für Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Arabern und Juden 588589, 593, 595, 600, 695 Macht 73, 111, 129, 133-134 Mandat 119, 202, 219, 221, 228, 229, 275, 292, 526, 541, 554, 727 Martyrium 152 Marx, Karl –, Kommunistisches Manifest 461 –, Zur Judenfrage 460 Mensch –, jüdischer 143, 144, 205, 205, 258, 322, 437, 499, 558 Messianismus 125, 148, 401, 436, 468, 470, 480, 735 –, moderner 453 –, Pseudo- 401, 402 Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung 580 Mombert, Alfred –, Aeon-Trilogie 76, 539 Monotheismus 467 Moral 15, 34, 35, 201, 205, 319 Moschaw 402, 416, 418, 496, 498 Moses 412, 475 Moznajim 189, 690, 701 Nation 73, 74-77, 120, 450
Palästina 15, 24, 85, 87, 100-101, 104, 114, 117, 174, 255, 279, 520, 547, 548, 665-666 Pariser Friedenskonferenz Persien 467 Polen 502, 674 Politik 15, 34-35, 37, 39, 65, 85, 97, 159160, 201, 205-206, 249-250, 318-319, 573, 654, 698, 710, 713 –, moralische 315 –, prophetische 41 –, Real- 31, 32, 36, 41, 148, 315, 550, 665 –, zionistische 205, 267, 268, 531 Prinzip, politisches 255, 257, 264 Prophet 39, 41, 44, 79, 125, 176, 178-179, 184, 298, 306, 315, 331, 337, 424, 451, 467-468, 475, 680, 683 –, falscher 177-179 Prophetie 39, 141 Rasse 462 Realismus, gläubiger 42 Reformation 73 Regeneration, siehe auch Israel, Wiedergeburt 300, 302, 491, 495, 670, 726, 727 Religion 33-34, 424, 713-714, 723 Revolution, französische 72, 78, 209, 450 Round Table 97, 102, 544 Ruppin, Arthur –, Die Auslese des Menschenmaterials 410, 485 –, Juden der Gegenwart 405, 408 –, Soziologie der Juden 405, 408 Russland, siehe Sowjetunion Sacro Egoismo 120, 124, 337, 502, 736 Samuel 400, 675 Schechina 412 Schweiz 220, 222, 223, 352, 664 Selbstbestimmung 130 Simson 170, 592
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764 Sinai 139, 423, 476, 653 Sowjetunion, Russland 181, 220, 279, 360, 395-396, 472-474, 477, 689, 723, 724 Sozialismus 63, 68, 147, 328, 357-358, 361362, 395, 451, 462, 579, 652 –, föderalistischer 62 –, nationaler 358 –, religiöser 33, 34, 39, 582 Soziologie 405 Sprache, arabische 132 –, hebräische 123, 375, 386, 473-474, 476, 673 Staat 62, 110, 305, 316, 359 –, binationaler 130, 131, 193-194, 202, 220, 224, 230-231, 232, 258-259, 265, 277, 279, 280, 303, 310, 319, 326, 338, 342, 555, 598-599, 600 –, jüdischer 225-226, 239, 283-284, 310, 321 –, multinationaler 220-221 Südafrika 150, 151, 152-153, 220, 581 Sykes-Picot-Abkommen 96, 105, 547 Syrien 105 Talmud 476 Targum 386 Terror, Terrorismus 170, 253, 301 Theokratie 467 Tora 386-387, 399, 684 Türkei 59, 85-86, 274 Umkehr, Teschuwah 64-65, 81, 121, 178, 179, 305, 401, 532 Unrecht 131, 203-204, 205 Vereinte Nationen 194, 219, 222, 239, 290, 336, 344 Versailler Vertrag 60, 523 Vertrauen 44, 347, 479, 704 Volk 73, 74-75, 76, 77, 358, 381, 450, 501, 503 –, deutsches 442 –, jüdisches 70, 110, 111, 126, 155, 331, 340, 429, 457, 459, 461, 483, 484, 491, 651, 657, 666, 674 –, polnisches 502
Sachregister –, Regeneration des 482-486, 488 Volkstum 76, 78, 679, 726, 738 Völkerbund 24, 52, 57, 60, 133, 562 Wahrheit 37, 137, 271, 317, 414, 422-423, 429 –, biblische 422 Weber, Max –, Politik als Beruf 34 Weissbuch 169-170, 301, 590, 592, 593, 596 Die Welt 16, 506, 739 Werkverband 112-113, 114, 115 Zehn Gebote 421, 423, 699 Zeire Zion 665 Zeitschrift für die Wissenschaft des Judentums 406 Zerstreuung 153-154 Zion 120, 139, 153, 154, 302, 332, 337, 358, 382, 393, 395, 398-399, 415, 421, 423, 434, 435, 469-470, 471, 486, 487, 494, 677, 722 Zionismus 15-16, 19, 21, 22-23, 25-26, 2832, 35, 36-37, 39, 50, 51-52, 54, 64, 65, 67, 85, 96, 97, 108, 109-110, 112, 119-122, 126-127, 128-129, 163, 194, 212-213, 214-215, 223, 225, 253, 266, 283, 286, 287, 300, 316, 337, 352, 394, 410, 420, 469-470, 480, 521-522, 536, 540, 552, 563, 571, 652, 665 –, Kultur- 17 –, moderner 285, 402 –, pazifistischer 30 Zionisten-Kongress, III. 16, 543 Zionisten-Kongress, V. 407 Zionisten-Kongress, VIII. (Haager) 67, 535 Zionisten-Kongress, XII. (Karlsbader) 21, 82, 83, 93, 95, 99, 163, 536, 540, 551, 589 Zionisten-Kongress, XIV. 26, 30, 554 Zionisten-Kongress, XVI. 119, 562-563, 568, 590 Zionistische Organisation 374, 561, 572, 668 Zweig, Stefan –, Jeremias 513
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Personenregister Abdallah, Abdallah ibn Husain I. oder Abdallah I. (1882-1951): von 1921-1951 Emir und König von (Trans-)Jordanien. 314 Achad Haam, eigentl. Ascher Hirsch Ginsberg (1856-1927): russ.-jüd. neuhebr. Essayist, Publizist und Journalist; einflussreicher Denker der jüd. Moderne und wichtigster Vertreter des Kulturzionismus. 17, 65, 121, 410, 436, 484-485, 505, 535, 739 Agnon, Samuel Joseph, eigentlich Samuel Josef Czaczkes (1887-1970): israel. Schrifsteller. 296 Anaximander von Milet (um 610 v. Chr.-547 v. Chr.): vorsokratischer griech. Philosoph; Vertreter der ionischen Aufklärung. 203 Arlosoroff, Chaim (1899-1933): zionist. Politiker; gehörte zu den Gründern des deutschen Zweigs des Hapoel Hazair. 726-727 Atiyah, Edward (1903-1964): libanesischer Christ und Leiter des Arabischen Büros in London. 272-273, 275, 276, 277, 279 Auerbach Berthold, eigentlich Moses Baruch Auerbacher (1812-1882): dt.-jüd. Schriftsteller. 459 Aydelotte, Frank (1880-1956): US-amerik. Prof. für Anglistik. 223, 224-225 Balfour, Arthur James, 1. Earl of Balfour (1848-1930): einflussreicher engl. Politiker; von 1902-1905 engl. Premierminister; 1916 Außenminister in der Regierung des Liberalen David Lloyd George; in dieser Funktion sicherte er im Nov. 1917, in der nach ihm benannten Balfour-Deklaration, den Zionisten die Unterstützung der engl. Regierung bei der Errichtung einer nationalen Heimstätte in Palästina zu. 105, 170, 551, 669, 707 Balzac, Honoré de (1799-1850): franz. Schriftsteller. 440 Baudelaire, Charles (1821-1867): franz. Schriftsteller; bedeutender Wegbereiter der literarischen Moderne in Europa; wurde vor allem durch seine Gedichtsammlung Les Fleurs du Mal (1857) berühmt. 146, 580 Begin, Menachem (1913-1992): revisionistischer zionist. Politiker; 1977-1983 Ministerpräsident Israels; Friedensnobelpreis 1978. 20 Beilinson, Moshe (1890-1936): hebr. Schriftsteller, Journalist; Aktivist der Arbeiterbewegung in Israel. 494, 733 Ben Gurion, David (1886-1973): erster Premierminister (1948-53/1955-63) und Verteidigungsminister (1948-53; 1955-63) Israels. 19, 20, 192-194, 245, 294, 329, 346, 467, 468-470, 596, 653, 655, 661-662, 665-666, 710, 721-722 Ben Zvi, Jizchak (1884-1963): israel. Historiker und Politiker der zionistischen Arbeiterbewegung; von 1952-1963 der zweite Präsident Israels. 23 Benda, Julien (1867-1956): franz. Schriftsteller, Journalist und Philosoph; Hauptwerk La Trahison des clercs (1927); Kritiker Henri Bergsons. 38-39, 573
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Bergman(n), Shmuel Hugo (1883-1975): öster. Philosoph und Zionist; Freund Bubers; erster Direktor der Jüdischen Nationalbibliothek; ab 1935 Prof. für moderne Philosophie an der Hebräischen Universität Jerusalem, deren Rektor er von 19351938 war. 362, 401, 402, 554, 581, 586, 597 Bernadotte, Folke, Graf von (1895-1948): schwed. Diplomat. 288 Bernstein, Eduard (1850-1932): dt. Politiker; sozialdemokratischer Theoretiker und Autor. Bevin, Ernest (1881-1951): engl. Politiker der Labour Party; 1940-1945 Arbeitsminister, seit 1945 Außenminister. 612 Bialik, Chajim Nachman (1873-1934): russ.-jüd. Dichter, Journalist und Autor, der auf Jiddisch und Hebräisch schrieb. 494-495, 690, 733 Birnbaum, Nathan Pseud. Mathias Acher (1864-1937): Schriftsteller und früher zion. Aktivist, dem Kulturzionismus ! Achad Haʾ ams zugeneigt. 535 Bismarck, Otto von (1815-1898): dt. Politiker, seit 1862 Ministerpräsident Preußens und von 1871-1890 des Deutschen Reichs. 715 Blumenfeld, Kurt (1884-1963): dt. Zionist; 1923-33 Vorsitzender der Zionistischen Vereinigung für Deutschland; seit 1933 in Palästina; 1936 Präs. des Keren Hajessod in Jerusalem. 449, 712, 722 Bonné, Alfred (1899-1959): dt.-jüd. Nationalökonom; emigrierte 1925 nach Palästina. 432, 704 Buber, Eva (1901-1992): Tochter Martin Bubers. 676 Buxton, Frank W. (1877-1974): US-amerik. Journalist und seit 1929 Herausgeber des Boston Herald. 239 Carlyle, Thomas (1795-1881): schott. Essayist und Historiker. 57 Chananja (6. Jh. v. Chr.): Hofprophet, Gegenspieler von Jeremia. 176-179, 183 Cieszkowski, August von (1814-1894): pol. Geschichtsphilosoph, Ökonom und politischer Aktivist. 453, 715 Churchill, Winston (1874-1965): engl. Politiker; 1940-1945 und 1951-1955 Ministerpräsident. 698, 707 Comenius, Johann Amos (1592-1670): tsch. evangelischer Philosoph, Theologe und Pädagoge. 465, 720 Crick, Wilfred P. (Lebensdaten nicht ermittelt): engl. Wirtschaftsberater für die Midland Bank in London. 242 Cromwell, Oliver (1599-1658): engl. Staatsmann und einer der Führer des Parlamentsheeres im Englischen Bürgerkrieg gegen Karl I; seit 1653 Lordprotektor von England, Schottland und Irland. 214 Crossman, Richard (1907-1974): engl. Politiker, Parlamentsabgeordneter für Labour von 1945-1974 und zeitweise Minister; prozionistisch eingestellt. 226, 227, 230, 232, 272, 274, 275-277, 278, 279 Crum, Bartley Cavanaugh (1900-1959): US-amerik. Rechtsanwalt. 230, 231
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Curzon, George Nathaniel, 1. Marquess Curzon of Kedleston (1859-1925): engl. konservativer Politiker; von 1899-1905 Vizekönig von Indien; 1919-1924 Außenminister. 100, 548 Cyrus, siehe Kyros II. 524 D’Annunzio, Gabriele (1863-1938): ital. Dichter. 118, 562 David (11./10. Jh. v. Chr.): nach Saul zweiter König Israels. 376, 379, 434, 675-676, 679, 705 Dostojewski, Fjodor (1821-1881): russ. Schriftsteller. 565, 707 el-Husseini, Fauzi Derwish (1896-1946): arab. Politiker. 642 el-Husseini, Haj Amin (1895-1974): arab. radikaler Politiker; Mufti von Jerusalem. 592 Epstein, Jizchak (1862-1943): russ.-jüd. Pädagoge; führende Erzieherpersönlichkeit innerhalb der zionistischen Bewegung und Pionier des Hebräischunterrichts. 18 Epstein, Oskar (1888-1940): wichtiges Mitglied im Prager Bar Kochba Verein, vertrat Herzls politischen Zionismus. 266 Eschkol, Levi (1895-1969): israel. Politiker; von 1963 bis zu seinem Tod Ben Gurions Nachfolger als Ministerpräsident Israels. 349, 662-663 Federbusch, Simon (1892-1969): Rabbiner, Schriftsteller und zionist. Politiker galizischer Herkunft. Feisal I., bin Hussein (1885-1933): kämpfte gegen das Osmanische Reich für die arabische Unabhängigkeit; ab 1921 König vom Irak. 520, 669 Feiwel, Berthold (1875-1937): öster.-jüd. Schriftsteller und zionistischer Politiker; Mitglied der Demokratischen Fraktion; gründete mit Buber u. a. den Jüdischen Verlag Berlin; Herausgeber des Jüdischen Almanachs; enger Freund Bubers. 391392, 506, 544, 571, 669, 686, 688, 739, 741 Feuerbach, Ludwig (1804-1872): dt. Philosoph der Junghegelianischen Schule; Religionskritiker; beeinflusste nachhaltig ! Karl Marx. 453, 715 Fichte, Johann Gottlieb (1762-1814): dt. Philosoph. 453, 715-716 Frankel, Lee (1867-1931): US-amerik. Manager. 671 Frankfurt, Harry (geb.1929): US-amerik. Philsoph. 700 Fraustädter, Werner (1894-1962): dt.-jüd. Jurist. 704 Freudenberg, Gideon (1897-1976): dt.-jüd. Pädagoge; zeitweiliger Mitarbeiter und späterer Nachfolger Bubers als Leiter des Seminars für Erwachsenenbildung; ab 1966 Dozent für Pädagogik an der Hebräischen Universität Jerusalem. 293 Friedman, Maurice (1921-2012): US-amerik. Kultur- und Religionswissenschaftler; Übersetzer der Werke Bubers ins Amerikanische und Buber-Biograph. 655, 656658, 721 Frost, Robert (1874-1963): US-amerik. Dichter und Pulitzer-Preisträger. 43
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Gandhi, Mahatma, eigentl. Mohandas Karamchand Gandhi (1869-1948): ind. Rechtsanwalt; radikaler Pazifist und führende Figur der indischen Unabhängigkeitsbewegung. 40, 150-162, 209, 581-583, 585, 586, 587 George, Lloyd David (1863-1945): liberaler engl. Politiker; 1916-1922 Premierminister. 97, 547 Georges-Picot, François (1870-1951: franz. Diplomat. 547 Gobineau, Joseph Arthur de (1816-1882): franz. Diplomat und Schriftsteller; durch seine Schrift Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen (Essai sur l’inégalité des races humaines, 1853-1855) gilt er als Begründer des rassistischen Denkens. 462, 718 Gogol, Nikolai Wassiljewitsch (1809-1852): russ. Schriftsteller. 439, 706 Goldmann, Nahum (1895-1982): Gründer und Präsident des Jüdischen Weltkongresses und einer der führenden Zionisten seiner Zeit. 331, 654, 723-724 Goldstein, Aviʾ ezer (1922-2001): israel. Schriftsteller. 296 Gordon, Aaron David (1856-1922): jüd. Sozialist; 1904 Emigration nach Palästina; führende Persönlichkeit der Kibbuzbewegung und in der Hapoel Hazair; zahlreiche Schriften über die »Religion der Arbeit«. 57, 121, 490, 502, 527, 665, 670671, 698, 732 Haeckel, Ernst (1834-1919): dt. Mediziner und Zoologe. 404, 694 Hakim, Maximos V. Hakim (1908-2001): Patriarch von Antiochia der Melkitisch Griechisch-Katholischen Kirche. 424, 701 Hamarskjöld, Dag (1905-1961): von 1953-1961 Generalsekretär der Vereinten Nationen. 344 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831): Philosoph des dt. Idealismus. 453, 456, 458, 471 Hegner, Jakob (1882-1962): österr. Verleger und Übersetzer. 441, 683 Heine, Heinrich (1797-1856): dt. Schriftsteller jüd. Herkunft. 717 Herder, Johann Gottfried (1744-1803): dt. Dichter, Übersetzer, Theologe sowie Geschichts- und Kultur-Philosoph der Weimarer Klassik. 35, 428, 703 Herzl, Theodor (1860-1904): österr. Journalist und Politiker; Schöpfer des modernen Zionismus und Gründer der Zionistischen Organisation; Schriftsteller und Journalist; bis zu seinem Tod Feuilletonredakteur der Wiener Neuen Freien Presse. 16, 66, 68, 84-86, 87, 121, 130, 203, 213, 415, 420, 505-507, 535, 543, 673, 686, 697-698, 737-741 Hess, Moses (1812-1875): Schriftsteller und Journalist; in früheren Jahren mit Karl Marx und Friedrich Engels befreundet; in seinem Buch Rom und Jerusalem. Die letzte Nationalitätenfrage fordert er schon 1862 die Errichtung eines jüd. Nationalstaates in Palästina. 85, 121, 402, 450-463, 712-718 Hiskia (um 750-696 v. Chr.): ab 725 v. Chr. König von Juda; regierte zur Zeit des historischen Jesaja. 177 Hitler, Adolf (1889-1945): dt. Diktator; 1933-1945 Reichskanzler. 169, 299, 338, 341, 422, 581, 655-660, 689, 700
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Homer (zweite Hälfte 8. Jahrhundert und/oder erste Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr.): gilt als frühester Dichter des Abendlandes; Verfasser der Ilias und der Odyssee. 439 Hutcheson, Joseph Chappell (1879-1973): Richter in Houston (Texas); amerik. Vorsitzender der Untersuchungskommission. 245 Ibsen, Henrik (1828-1906): norw. Dramatiker und Lyriker; verfasste vor allem bürgerliche Dramen naturalistisch-psychologischer Prägung. 163 Jabotinsky, Wladimir Zeʾ ev (1880-1940): russ.-jüd. Schriftsteller, Essayist und zionistischer Aktivist; Begründer des revisionistischen Zionismus. 20, 26, 59, 100, 525, 542 Jacobson, Victor (1869-1934): russ.-jüd. Diplomat, Publizist und zionistischer Politiker. 50 Jecheskel auch Hesekiel (6. Jh. v. Chr.): Prophet; wirkte während des babylonischen Exils. 383, 722, 682 Jeremia (Wirkungszeit 626-585 v. Chr.): bibl. Prophet, der sich dafür aussprach, die politische Oberherrschaft der Babylonier als von Gott gewünscht anzuerkennen und deshalb politisch verfolgt wurde. 176, 183, 209 Jesaja (8. Jh. v. Chr.): bibl. Prophet in Juda, der ähnlich wie Amos eine starke Sozialkritik übte. Er gehörte der oberen Gesellschaftsschicht an und besaß politischen Einfluss am Königshof. Der Großteil der ersten 40 Kapitel des Buches Jesaja wird ihm zugerechnet. 36, 177, 337, 679, 683 Jesus von Nazareth (um 0-30 n. Chr.): Gründergestalt des Christentums. 451, 456, 713 Joachim von Fiore: (ca. 1130/1135-1202): ital. Abt und Ordensgründer. 456, 715716 Josephus Flavius, auch Joseph ben Mathitjahu (ca. 38-ca. 100): jüd. Historiker; einer der wichtigsten Vertreter der jüd.-hell. Literatur. 722 Josia (um 647-609 v. Chr.): ab 640 v. Chr. König von Juda. 177 Kahanowitsch, Pinchas, genannt »Der Nister« (1884-1950): russ.-jüd. Schriftsteller; gilt als bedeutendster Autor jiddischer Literatur in der Sowjetunion; im Zuge der antijüdischen Kampagnen der Stalinzeit verhaftet. 478, 727 Kallenbach, Hermann (1871-1945): dt.-jüd. Zionist; arbeitete mit Gandhi in Südafrika zusammen. 581 Kästner, Erich (1899-1974): dt. Schriftsteller. 707 Katznelson, Berl (1887-1944): russ. sozialistischer Zionist, Journalist und Politiker; eine der führenden Figuren der jüd. Arbeiterbewegung; enger Vertrauter David Ben-Gurions. 20, 21, 733 Kaufmann, Yehezkel (1889-1963): seit 1928 in Jerusalem tätiger Bibelwissenschaftler. 467, 722
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Kaznelson, Siegmund (1893-1959): russ.-jüd. Jurist, Autor, Verleger und zionist. Aktivist; Redakteur der zionistischen Wochenzeitschrift Die Selbstwehr; seit 1920 Redakteur der von Buber herausgegebenen Zeitschrift Der Jude und Direktor des Jüdischen Verlags. 93, 97, 104, 493, 545, 546, 550, 599, 733 Klausner, Joseph Gedaliah (1874-1958): israel. Literaturwissenschaftler, Historiker und Religionswissenschaftler; 1919 Einwanderung nach Palästina; dem revisionistischen Flügel im Zionismus zugeneigt. 438-440, 706 Kohn, Hans (1891-1971): dt. Historiker und Politikwissenschaftler; Freund Martin Bubers; Mitglied im Verein jüdischer Hochschüler Bar Kochba; lebte in den 1920er-Jahren in London u. Jerusalem, danach in den USA; 1930 erschien seine grundlegende Darstellung zu Bubers Leben und Werk Martin Buber. Sein Werk und seine Zeit. 36-37, 541-542, 545, 554, 571-573 Kollenscher, Max (1875-1937): in Polen und Deutschland aktiver Zionist; vertrat die Posener Juden im Polnischen Nationalrat; 1933 Emigration nach Palästina. 534 Konfuzius (551-479 v. Chr.): chin. Philosoph u. Lehrer; steht am Anfang der chines. klass. Philosophie. 465, 720 Krieck, Ernst (1882-1947): dt. Lehrer, Erziehungswissenschaftler, Kulturpolitiker und Schriftsteller; führender Vertreter der nationalsozialistischen Pädagogik. 429, 703 Krochmal, Nachmann (1785-1840): hebr. Historiker und Philosoph; beeinflusst von der Philosophie ! Hegels. 502, 736-737 Krojanker, Gustav (1891-1945): deutsch-jüdischer Ökonom. 432, 704 Kropotkin, Pjotr Alexejewitsch (1842-1921): russ. anarchistischer Theoretiker und Revolutionär. 360, 666 Kyros II., auch Cyrus (um 600-530 v. Chr.): pers. König; Begründer des altpersischen Reiches; erlaubte den Juden die Rückkehr aus dem babylonischen Exil und den Wiederaufbau des Tempels. 524 Laharanne, Erneste (Lebensdaten nicht ermittelt): franz. Schriftsteller zur Regierungsziet Napoleons III. (1848-1870 und Vordenker des Zionismus. 85, 543 Landauer, Georg (1895-1954): dt. Zionist; 1934 Einwanderung nach Palästina. 718 Landauer, Gustav (1870-1919): dt.-jüd. belletristischer und politischer Schriftsteller und Anarchist; Erforscher der dt. Mystik; seit 1900 eng mit Buber befreundet; radikaler Kriegsgegner; ab Herbst 1918 in der Münchener Revolution aktiv; 1919 Ermordung durch gegenrevolutionäre Milizionäre; besorgte den dreizehnten Band »Die Revolution« (1907) in der von Buber herausgegebenen Reihe Die Gesellschaft. 43, 105, 666 Lassalle, Ferdinand (1825-1864): Führer in der sozialdemokratischen Bewegung. 451, 715 Leggett, Frederick William (1884-1983): engl. Politiker (Labour) und hoher Regierungsbeamter; Vertrauter des Außenministers Ernest Bevin. 237, 239 Lenin, Wladimir Iljitsch (1870-1924): russ. kommunistischer Politiker und Revolutionär. 472-474, 478-479, 723-724
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Liebenstein, Elieser, später Eliezer Livneh (1902-1977): russ.-jüd. Journalist, Publizist, zionist. Aktivist und Politiker. 183-184, 597-598 Lieme, de, Nehemia (1882-1940): niederl. Zionist. 669 Lincoln, Abraham (1809-1865): von 1861-1865 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. 214 Longuet, Jean (1876-1938): franz. Politiker, Rechtsanwalt und Journalist; Abgeordneter im Parlament für die Franz. Sektion der Arbeiterinternationale (SFIO). 20 Macdonald, Ramsay (1866-1937): liberaler engl. Politiker; als erster Labour-Abgeordneter von Januar bis November 1924 und von 1931-1935 Premierminister des Vereinigten Königreichs. 101-102, 235, 548 Magnes, Jehuda Leon (1877-1948): US-amerik. Rabbiner; ab 1922 in Palästina; erster Präsident der Hebräischen Universität Jerusalem; stand dem Brith Schalom nahe. 216, 223, 226, 230, 235, 245, 247, 248, 250, 267, 270, 338, 433-437, 541, 581, 582, 597, 600, 693, 696, 704-705, 719 Mahomet, Mohammed (um 570-632): Religionsstifter des Islam und Prophet. 240 Manningham-Buller, Reginald Edward, 1. Viscount Dilhorne (1905-1980): engl. Parlamentsabgeordneter für die Conservatives und Jurist. 232 Margolis-Kalvarisky, Chaim (1868-1947): Agrarwissenschaftler in Palästina, poln.-jüd Herkunft; 1895 Einwanderung nach Palästina; Fürsprecher der jüdischarabischen Verständigung. Marx, Karl (1818-1883): dt. Philosoph und Kritiker der pol. Ökonomie; seit 1849 im Londoner Exil; veröffentlichte 1867 sein Hauptwerk Das Kapital; gründete die Internationale Arbeiter-Assoziation. 451-453, 459-462, 474, 476, 478-479, 713, 715, 726 Mazzini, Giuseppe (1805-1872): ital. Freiheitskämpfer des demokratischen Flügels des Risorgimento. 451, 715 McMahon, Henry (1862-1949): engl. Politiker; Hochkommissar für Ägypten. 629 Meinecke, Friedrich (1862-1964): dt. Historiker und Universitätsprofessor. 35 Mickiewicz, Adam (1798-1855): poln. Schriftsteller, Lyriker und Publizist; Freiheitskämpfer und Nationaldichter Polens. 501-504, 733, 735 Milton, John (1608-1674): engl. Dichter, politischer Denker und Staatsbediensteter. 439, 706 Mombert, Alfred (1872-1942): jüd.-dt. Schriftsteller, Dichter und Lyriker. 539 Mone, Alfred (1868-1930): engl. Industrieller. 671 Mosche Leib Erblich von Sasow (1745-1807): chassid. Zaddik. 712, 714 Mosley, Oswald Ernald, 6. Baronet (1896-1980): konservativer engl. Politiker; gründete 1932 die British Union of Fascists. 186, 599 Motzkin, Leo (1867-1933): zionist. Politiker aus Russland; von seinen Studentenjahren an in Berlin; Mitbegründer der Demokratischen Fraktion; wiederholt Mitglied der Zionistischen Exekutive. 535, 544 Mussolini, Benito (1883-1945): ital. Politiker; faschistischer Diktator seit 1922. 169, 337, 503, 736
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Personenregister
Nachman von Bratzlaw (1772-1810): chassid. Zaddik; Urenkel des Israel ben Elieser; teilweise von den anderen Zaddikim heftig angefeindet; Bubers erstes chassid. Werk Die Geschichten des Rabbi Nachman (1905) erzählt dessen originelle Geschichten nach. 386, 684 Napoleon Bonaparte, Napoleon I. (1769-1821): franz. General und Staatsmann. 440, 472, 723 Nebukadnezar (um 640-562 v. Chr.): ab 605 v. Chr. König von Babylon; zerstörte den ersten Tempel (586 v. Chr.) und verschleppte die Juden in die Verbannung. 176 Niebuhr, Reinhold (1892-1971): US-amerik. prot. Theologe. 38 Nietzsche, Friedrich (1844-1900): dt. Philosoph und klass. Philologe. 438, 706 Nordau, Max, eigentl. Südfeld (1849-1923): ungar-jüd. Arzt, polit. Zionist und Schriftsteller; Freund Theodor Herzls und Gegner Achad Haams; Führer der zionist. Bewegung nach Herzls Tod. 130, 203, 407, 505, 694, 739, 741 Pestalozzi, Johann Heinrich (1746-1827): schweiz. Pädagoge, Philosoph, Schulund Sozialreformer und Politiker. 465, 720 Philby, Harry St. John Bridger, bekannt als Scheich Abdullah (1885-1960): engl. Arabist, Schriftsteller und Spion; inoffizieller Berater des saudischen Königs Ibn Saud, des ersten Königs Saudi-Arabiens; verhalf der al-Saud Dynastie zur Machtergreifung entgegen den Interessen der Briten und den geplanten Teilungsplänen auf der arabischen Halbinsel. 26 Phillips, William (1878-1968): US-amerik. Diplomat und Vize- Außenminister (1922-1924 und 1933-1936); Berater Roosevelts. 235 Plato(n) (428/27 v. Chr.-348/47 v. Chr.): antiker griech. Philosoph; Begründer der abendländischen Metaphysik. 209 Proudhon, Pierre-Joseph (1809-1865): franz. Ökonom und Soziologe; Vertreter der anarchistischen Sozialismustradition. 397, 691 Rabinowitsch, Jakob (1875-1948): hebräischer und jiddischer Schriftsteller, Literaturkritiker und Führer der zionistischen Arbeiterbewegung. 499, 733 Ragaz, Paul (1868-1945): schweiz. Theologe; 1908-1925 Prof. für Theologie in Zürich; 1906-1945 Herausgeber der Zeitschrift Neue Wege. Blätter für religiöse Arbeit; beeinflusst von der Dialektischen Theologie; setzte sich für den religiösen Sozialismus und die internationale Friedensbewegung ein; stand Buber nahe. 33 Reid, Thomas (1881-1963): engl. Diplomat und Politiker; 1945-1955 Abgeordneter der Labour-Partei. 272, 273, 274-277, 278, 279 Rosenfeld, Morris, eigentlich Moshe Jacob Alter (1862-1923): US-amerik. Lyriker jüd. Herkunft; verfasste seine Werke in jiddischer Sprache. 392, 688 Rosenstock-Huessy, Eugen (1888-1973): dt. Kulturphilosoph und Rechtshistoriker jüdischer Herkunft. 33 Rotenstreich, Nathan (1914-1993): israel. Philosoph; mit Buber befreundet. 198, 715, 720-722
MBW 21 (02697) / p. 773 / 10.10.2019
Personenregister
773
Rousseau, Jean Jaques (1712-1778): schweiz.-franz. Philosoph und Schriftsteller. 428, 502-503, 703, 736-737 Ruppin, Arthur (1876-1943): jüd. Soziologe; bedeutende Gestalt der zionist. Siedlungsbewegung. 20, 403-410, 426, 428-430, 431, 432, 485, 553-554, 555, 569, 692-695, 701-704, 731-732 Ruskin, John (1819-1900): engl. Schriftsteller, Maler und Kunsthistoriker. 57 Saint-Simon, Henri de (1760-1825): franz. Ökonom, Politiker und Autor; frühsozialistischer Theoretiker; Vordenker des utopischen Sozialismus und Mitbegründer des christlichen Sozialismus. 717 Salandra, Antonio (1853-1931): ital. Politiker. 553 Samuel, Herbert Louis, 1. Viscount Samuel (1870-1973): engl. Politiker und Diplomat; 1920-1925 erster Hochkommissar des engl. Völkerbundmandats für Palästina. 69, 102, 219, 535, 540, 718 Saul (11. Jh. v. Chr.): nach der Bibel der erste König von Israel. 676 Schmitt, Carl (1888-1985): dt. Staatsrechtler; bereitete mit seiner Theorie des Ausnahmezustands den nationalsozialistischen Terror vor; verteidigte 1935 die Nürnberger Rassengesetze. 44 Schneider, Lambert (1900-1970): dt. Verleger; initiierte die Buber-Rosenzweig Bibelübersetzung und verlegte die meisten deutschsprachigen Werke Bubers. 676, 707 Scholem, Gershom (1897-1982): jüd. Religionshistoriker dt. Herkunft; in seiner Jugend von Buber beeinflusst; nahm später eine kritische Distanz zu ihm ein; Begründer der wissenschaftlichen Erforschung der jüd. Mystik; 1923 Emigration nach Palästina; ab 1933 Prof. für Jüdische Mystik an der Hebräischen Universität Jerusalem. 448, 552, 554, 581, 712 Senator, Werner David (1896-1953): dt.-jüd. Politologe; neben Leon Judah Magnes, Martin Buber und Ernst Simon führendes Mitglied des Brit Schalom und der Ichud-Vereinigung; von 1949 bis zu seinem Tod Vizepräsident der Hebräischen Universität. 203, 446-448, 710, 712 Shakespeare, William (1564-1616): bedeutender engl. Dramatiker, Lyriker und Schauspieler. 439 Shereshevsky, Simon (1900-?): Redakteur der Zeitschrift Ner und Vorsitzender des Ichud. 654, 723 Simon, Ernst Akiba (1899-1988): dt.-jüd. Pädagoge und Philosoph; befreundet mit Martin Buber und ! Franz Rosenzweig; 1923-28 Redakteur der von Buber herausgegebenen Zeitschrift Der Jude; 1928 Emigration nach Palästina; Mitglied des Brith Schalom; 1933-1935 Mitarbeit an Bubers Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung; 1950-1967 Prof. der Pädagogik an der Hebräischen Universität Jerusalem. 15, 35, 447, 465-466, 554, 580, 597, 696, 712, 719, 723 Singleton, John Edward (1885-1957): engl. Richter und tätig in verschiedenen engl. Regierungsgremien; Vorsitzender der Untersuchungskommission, der bei der Anhörung des Ichud diese leitete. 216, 223, 244, 246
MBW 21 (02697) / p. 774 / 10.10.2019
774
Personenregister
Smilansky, Mosche (1874-1953): russ.-jüd. Schriftsteller und Zionist; einer der ersten Mitarbeiter der Zeitung Hapoel Hazair und Mitglied des Brit Schalom. 18, 213, 234, 238, 246, 283, 601, 617 Smuts, Jan Christiaan (1870-1950): südafrik. Staatsmann und britischer Feldmarschall; von 1919-1924 und von 1939-1948 Premierminister der Südafrikanischen Union. 105, 551 Sokrates (469 v. Chr.-399 v. Chr.): griech. Philosoph. 209, 465, 720 Sophokles (497/496 v. Chr.-406/405 v. Chr.): neben Aischylos und Euripides einer der drei großen Tragödiendichter der griech. Klassik. 439, 677, 706 Spencer, Herbert (1820-1903): engl. Philosoph und Soziologe; begründete den Sozialdarwinismus. 406 Spielhagen, Friedrich (1829-1911): dt. Schriftsteller. 440 Spinoza, Baruch (1632-1677): niederl. Philosoph jüdischer Herkunft; Begründer der modernen Bibel- und Religionskritik. 452-453, 456, 457, 462, 713, 715 Sprinzak, Joseph (1885-1959): israel. Politiker und führender Zionist; von 19491959 erster Sprecher der Knesset. 192 Stalin, Josef Wissarionowitsch (1878-1953): kommunistischer Politiker, seit 1922 Generalsekretär der KPdSU. 472-474, 476, 477, 479, 723-724, 726 Stendhal, Marie-Henri Beyle (1793-1842): franz. Schriftsteller. 439 Strauss, Ludwig (1892-1953): dt. Dichter und Germanist; verheiratet mit Eva ! Buber; 1935 Emigration nach Palästina. 676 Sykes, Mark (1879-1919): engl. Diplomat. 547 Szold, Henrietta (1860-1945): US-amerik. Zionistin; Leiterin der Kinder- und Jugendalija. 600, 696 Talmon, Jacob Leib (1916-1980): israel. Historiker; Professor für zeitgenöss. Geschichte an der Universität Jerusalem. 23 Taylor, Frederick Winslow (1856-1915): US-amerik. Ingenieur; Begründer der Arbeitswissenschaft und des Scientific Management. 360, 666 Tillich, Paul (1886-1965): dt. prot. Theologe; emigrierte 1933 in die Vereinigten Staaten und lehrte bis 1955 am Union Theological Seminary in New York; Vertreter des religiösen Sozialismus. 33 Tolstoi, Lew Nikolajewitsch (1828-1910): russ. Schriftsteller; seine Hauptwerke Krieg und Frieden und Anna Karenina sind Klassiker des realistischen Romans. 439, 665, 706 Tönnies, Ferdinand (1855-1936): dt. Nationalökonom. 358 Trotzki, Leo (1879-1940): russ. Revolutionär. 49 Truman, Harry S. (1884-1972): US-amerik. Politiker der demokratischen Partei; von 1945 bis 1953 der 33. Präsident der Vereinigten Staaten. 218, 612 Trumpeldor, Joseph (1880-1920): russ. Zionist; Mitbegründer der »Jüdischen Legion«. 549 Turgenjew, Iwan (1818-1883): russ. Schriftsteller. 440, 707
MBW 21 (02697) / p. 775 / 10.10.2019
Personenregister
775
Veblen, Thorstein (1857-1929): bedeutender US-amerik. Wirtschaftswissenschaftler und Soziologe. 245 Warburg, Felix Moritz (1871-1935): dt.-amerik. Bankier. 671 Washington, George (1732-1799): einer der Gründerväter der USA und von 1789 bis 1797 der erste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. 209 Wauchope, Arthur (1874-1947): engl. Militär und Kolonialbeamter; 1931-1938 Hochkommissar für die engl. Mandatsgebiete in Palästina und Transjordanien. 181, 214, 419, 597, 698 Weber, Max (1864-1920): dt. Soziologe, Sozialpolitiker und Nationalökonom; Arbeiten zur Verflechtung von Ökonomie, Herrschaft und Religion; Hauptwerk u. a. das postum erschienene Wirtschaft und Gesellschaft. 34, 35, 122, 480, 567, 725 Wedgwood, Josiah, 1. Baron Wedgwood (1872-1943): engl. liberaler Politiker und Labour-Abgeordneter unter Ramsay MacDonald. 100, 548, 549 Weizmann, Chaim (1874-1952): jüd. Chemiker u. zionist. Politiker; 1920-1931 und 1935-1946 Präsident der Zionistischen Weltorganisation; 1949 erster israelischer Staatspräsident. 26, 58, 66, 67, 69, 87, 95, 100, 196-197, 364, 420, 431, 525, 544, 547, 660, 669, 686, 698-699, 718 Weltsch, Robert (1891-1982): israel. Publizist, Journalist und Zionist; Mitglied in der Prager Vereinigung Bar Kochba; 1919-1938 Chefredakteur und Mitherausgeber der Zeitschrift Jüdische Rundschau; 1938 Emigration nach Palästina; nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er in England; ab 1955 Leiter des Londoner Leo Baeck Instituts. 30, 536, 546, 554, 555, 587, 597, 600, 667-668 Wilkansky, Jizchak A., eigentl. Ithzak Elazari-Volcani (1880-1955): let.-jüd. Agrarökonom; wanderte 1908 nach Palästina aus und gründete dort eine landwirtschaftliche Versuchsfarm. 22-23 Wolffsohn, David (1855-1914): war eine führende Persönlichkeit der Anfangszeit des politischen Zionismus und als Nachfolger ! Theodor Herzls Präsident der Zionistischen Weltorganisation. 66, 86, 535 Zemach, Shlomo (1886-1974): poln.-jüd. Schriftsteller; 1904 Einwanderung nach Palästina; einer der Gründer der Hapoel Hazair. 190, 601 Zunz, Leopold (1794-1886): dt.-jüd. Gelehrter, Begründer der Wissenschaft des Judentums und Übersetzer der Bibel ins Deutsche. 406, 407, 694-695 Zweig, Stefan (1881-1942): jüd.-östr. Schriftsteller; 1934 Emigration nach London; 1935 auf die Liste verbotener Autoren gesetzt; 1940 Emigration nach Brasilien. 49
MBW 21 (02697) / p. 776 / 10.10.2019
Martin Buber Gesamtausgabe Gesamtaufriss der Edition
Band 1:
Frühe kulturkritische und philosophische Schriften, 1891-1924
Band 2.1:
Mythos und Mystik. Frühe religionswissenschaftliche Schriften
Band 2.2:
Ekstatische Konfessionen
Band 2.3:
Schriften zur chinesischen Philosophie und Literatur
Band 3:
Frühe jüdische Schriften, 1900-1922
Band 4:
Schriften über das dialogische Prinzip
Band 5:
Vorlesungen über Judentum und Christentum
Band 6:
Sprachphilosophische Schriften
Band 7:
Schriften zu Literatur, Theater und Kunst, Autobiographisches
Band 8:
Schriften zu Jugend, Erziehung und Bildung
Band 9:
Schriften zum Christentum
Band 10:
Schriften zur Psychologie und Psychotherapie
Band 11.1: Schriften zur politischen Philosophie und zur Sozialphilosophie (1906-1938) Band 11.2: Schriften zur politischen Philosophie und zur Sozialphilosophie (1938-1965) Band 12:
Schriften zur Philosophie und Religion
Band 13.1: Schriften zur biblischen Religion Band 13.2: Schriften zur biblischen Religion. Kommentar Band 14:
Schriften zur Bibelübersetzung
Band 15:
Schriften zum Messianismus
Band 16:
Chassidismus I. Frühe Erzählungen
Band 17:
Chassidismus II. Theoretische Schriften
Band 18.1: Chassidismus III. Die Erzählungen der Chassidim Band 18.2: Chassidismus III. Kommentar Band 19:
Gog und Magog
Band 20:
Schriften zum Judentum
Band 21:
Schriften zur zionistischen Politik und zur jüdisch-arabischen Frage
Gütersloher Verlagshaus
MBW 21 (02697) / p. 777 / 10.10.2019
Chronologisches Gesamtregister der Werke, Aufsätze und Beiträge Martin Bubers Titel 1891 Rede gehalten von Martin Buber an seiner »Barmizwah«-Feier am 8. 2. 1891 1892 »Glaube, Hoffnung, Liebe« (Ewige Jugend) 1895 Ein Traum 1897 Zur Wiener Literatur [polnisch] Jugend [Gedicht]
Organ
MBW
Erstdruck in MBW (Handschrift im 1, 93-98 MBA) Erstdruck in MBW (Handschrift im 1, 99-102 MBA) Erstdruck in MBW (Handschrift im 7, 202-203 MBA) Dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Deutsche Dichtung, hrsg. von Karl Emil Franzos, Bd. 23
1899 Unseres Volkes Erwachen [Gedicht] Die Welt III, 46 1900 Ein Wort über Nietzsche und die Lebenswerte Die Kunst im Leben I,2 Vor Sonnenaufgang Jüdischer Volkskalender für das Jahr 5661, Leipzig: M. W. Kaufmann Neue Jugend [Gedicht] Jüdischer Volkskalender für das Jahr 5661 Das Buch »Juda« [Rezension] Die Welt IV, 50 1901 Juedische Renaissance Ost und West I, 1 Gegenwartsarbeit Die Welt V, 6 Feste des Lebens. Ein Bekenntnis Die Welt V, 9 Ein Purim-Prolog [Gedicht] Die Welt V,10 Eine Section für jüdische Kunst und Die Welt V, 13 Wissenschaft Das Zion der jüdischen Frau Die Welt V, 17 J[izchak] L[eib] Perez. Ein Wort zu seinem Die Welt V, 18 fünfundzwanzigjährigen SchriftstellerJubiläum Zwei Sprüche vom Juden-Mai Die Welt V, 20 Maizauber [Gedicht] Die Welt V, 20 Gebet [Gedicht] Die Welt V, 26 Bergfeuer. Zum fünften Congresse Die Welt V, 35 Die Congresstribüne Die Welt V, 36
1, 119-129 7, 70
7, 71-73 1, 149-151 3, 53-54 7, 74-75 7, 464-469 3, 143-147 3, 71-73 1, 153-155 7, 76-77 3, 74 3, 75-81 3, 55-56
3, 82-83 7, 78 7, 79 3, 84-87 3, 88-89
MBW 21 (02697) / p. 778 / 10.10.2019
778 Titel Aus dem Munde der Bibel Jüdische Wissenschaft Eine Jungjüdische Bühne »Wir hoffen, dass es wahr ist« Der Ackersmann [Gedicht] Wege zum Zionismus Kultur und Zivilisation. Einige Gedanken zu diesem Thema Zwei Bücher nordischer Frauen (Ellen Key, Selma Lagerlöf) Die Abenteuer des kleinen Walther Über Jakob Boehme An Narcissus [Gedicht]
Chronologisches Gesamtregister
Organ Die Welt V, 37 Die Welt V, 41 u. 43 Die Welt V, 45 Die Welt V, 45 Die Welt V, 49 Die Welt V, 51 Der Kunstwart 14, Nr. 15/1
MBW 3, 57-58 3, 148-154 7, 412-414 3, 90-91 7, 80-81 3, 92-94 1, 157-159
Neue Freie Presse vom 28. 7.
1, 161-167
Neue Freie Presse vom 18. 10. Wiener Rundschau V, 12 Jahresbericht der Lese- und Redehalle jüdischer Hochschüler in Wien über das Vereinsjahr 1901 Prolog (Aus der Skizzenreihe »Studentinnen«) Jahresbericht der Lese- und Redehalle jüdischer Hochschüler [Referat über »Jüdische Kunst«] Stenographisches Protokoll der Verhandlungen des V. Zionisten-Congresses in Basel 26.-30. Dezember 1901 Antworten Martin Bubers auf eine TendenzDer Jüdische Student VIII, 1 von rundfrage des Berliner »Vereins Jüdischer April 1911 Studenten« im Wintersemester 1900/1901 1902 Ein Wort zum fünften Congreß Jüdische Volksstimme II, 24 (15. Januar) Die Flamme (Aus dem Cyklus »Acher«) Ost und West, II, 6 [Gedicht] Die Erlösung (Aus dem Cyklus »Acher«) Ost und West, II, 8 [Gedicht] Ein geistiges Centrum Ost und West, II, 10 Die Schaffenden, das Volk und die Bewegung Jüdischer Almanach 5663, Berlin: Jüdischer Verlag Der Dämon. Aus einem Drama Jüdischer Almanach 5663 Zwei Gedichte aus dem Cyclus »Geist der Jüdischer Almanach 5663 Herr« Eine Jüdische Hochschule Berlin: Jüdischer Verlag 1903 Der Jude. Revue der jüdischen Moderne [Vor- Berlin: Jüdischer Verlag ankündigung der Zeitschrift]
1, 169-176 2.1, 70-74 7, 82-83
7, 204 7, 470-487
3, 69-70
3, 95-106 7, 84 7, 85 3, 155-165 3, 166-171 7, 314-316 7, 86-87 3, 363-391 3, 172-176
MBW 21 (02697) / p. 779 / 10.10.2019
779
Chronologisches Gesamtregister
Titel Zwei Tänze (Aus dem Cyklus »Elischa Ben Abuja, genannt Acher«)[Gedichte] Zur Geschichte des Individuationsproblems [Dissertationsschrift] Einleitung zu Jüdische Künstler
Lesser Ury 1904 Gustav Landauer Theodor Herzl Herzl und die Historie Elijahu [Gedicht] Zur Aufklärung Was ist zu tun? [Polnisch] 1905 Jüdische Märchen Die jüdische Bewegung Eingesandt Die Entdeckung von Palaestina Die Duse in Florenz Das jüdische Kulturproblem und der Zionismus
Die Geschichte von der fahrenden Prinzessin
Organ Junge Harfen. Eine Sammlung jungjüdischer Gedichte, hrsg. von Berthold Feiwel Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) in: Jüdische Künstler, hrsg. von Martin Buber, Berlin: Jüdischer Verlag Jüdische Künstler, hrsg. von Martin Buber Die Zeit (Wien) vom 11. Juni Freistatt VI, 29 Ost und West IV, 8-9 Ost und West IV,12 Jüdische Rundschau IX, 48 vom 2. Dezember Moriah II, 2; dt. 1916 General-Anzeiger für die gesamten Interessen des Judentums IV, 35 General-Anzeiger für die gesamten Interessen des Judentums IV, 36 General-Anzeiger für die gesamten Interessen des Judentums IV, 36 Ost und West V, 2 Die Schaubühne I, 15 Die Stimme der Wahrheit – Jahrbuch für wissenschaftlichen Zionismus, hrsg. von Lazar Schön Heim der Jugend. Ein Jahrbuch für Kinder und Eltern, hrsg. von Adolf Cronbach u. Hanns Heinz Ewers Berlin: Jüdischer Verlag 1905
MBW 7, 88-90
2.1, 75-101 7, 488-491
7, 492-504
2.1, 102-107 3, 107-114 3, 115-125 7, 91 3, 126-128 3, 177-184 2.1, 108-112 3, 205-208 2.1, 113 3, 351-353 7, 415-417 3, 185-204
16, 51-58
Eisik Scheftel. Ein jüdisches Arbeiterdrama in 7, 317-369 drei Akten von David Pinski (Übertragung von Martin Buber) Geleitwort [zu David Pinski Eisik Scheftel, Ein David Pinski, Eisik Scheftel. 6, 73-74 jüdisches Arbeiterdrama] Ein jüdisches Arbeiterdrama in drei Akten
MBW 21 (02697) / p. 780 / 10.10.2019
780 Titel 1906 Die jüdische Mystik [Einleitung zu Die Geschichten des Rabbi Nachman] Die Geschichte von der Kräutertruhe und dem Kaiser zu Rom Die Legende der Chassidim
Chronologisches Gesamtregister
Organ
MBW
Die Zukunft, hrsg. von Maximilian 2.1, 114-123 Harden, Bd. 55 vom 23. Juni Die Welt X, 15 2.1, 124-132
Die Welt X, 32, 33, 34,36, 38, 39, 43, 44 (erschienen in Fortsetzungen) [Berichtigung] Die Welt X, 52 Das Wort an Elijahu [Gedicht] Kadima. Kalender für das Jahr 5667 (1906/07) Drei Rollen Novellis Die Schaubühne II,2 Geleitwort zur Sammlung [zu Die Gesellschaft. Die Gesellschaft. Sammlung sozialSammlung sozialpsychologischer Monopsychologischer Monographien, graphien] Frankfurt a. M.: Rütten & Loening Die Geschichten des Rabbi Nachman Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1907 Das Haus der Dämonen Die Sonntags-Zeit. Belletristische Beilage zu »Die Zeit« (Wien) vom 15. Januar Das Buch Joram. Von Rudolf Borchardt [Re- Die Zukunft, 61. Band vom zension] 21. Dezember Die Neidgeborenen Die Welt XI, 11 Der Sseder des Unwissenden Die Welt XI, 13 1908 Ekstase und Bekenntnis [Einleitung der Eks- Die Zukunft, hrsg. von Maximilian tatischen Konfessionen] Harden, Bd. 65 vom 5. Dezember Die Legende des Baalschem Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1909 Zu Georg Arndts Gedächtnis Jüdische Turnzeitung X, 12 Das Hohe Lied Die Welt XIII, 14/15 Ekstatische Konfessionen. Gesammelt von Jena: Eugen Diederichs Martin Buber 1910 [Mystik als religiöser Solipsismus] Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages vom 19.-22. Oktober 1910 in Frankfurt a. M. Er und Wir Die Welt XIV, 20 Die hebräische Sprache und der Kongress für Jüdische Rundschau XV, 2 hebräische Kultur
16, 153-158
16, 152 7, 92 7, 418-424 11.1, 101-107
16, 59-151 2.1, 133-140
7, 212 16, 159-164 16, 165-168 2.1, 141-149
16, 169-324 3, 209-210 16, 325-330 2.2, 45-215
2.1, 150-151
3, 129-133 3, 211-218
MBW 21 (02697) / p. 781 / 10.10.2019
781
Chronologisches Gesamtregister
Titel Lebte Jesus?
Reden und Gleichnisse des Tschuang-Tse 1911 Chinesische Geister- und Liebesgeschichten Drei Reden über das Judentum 1912 A. M. und Constantin Brunner Kalewala, das finnische Epos Die Mythen des Chassidismus
Der jüdische Sagenschatz Die Zukunft Das Land der Juden. Aus einer Rede (1910) Moritz Heimann 1913 Der Mythos der Juden
Zwei flandrische Wundergeschichten Das Raumproblem der Bühne Claudel. L’Annonce faite à Marie. Hellerau 1913 Daniel. Gespräche von der Verwirklichung 1914 Der Augenblick Eine Feststellung Zionismus als Lebensanschauung und als Lebensform Pescara, an einem Augustmorgen. Berlin, nach der Heimkehr Bücher, die jetzt und immer zu lesen sind Der Engel und die Weltherrschaft. Ein altjüdisches Märchen
Organ Diskussion. Kultur-Parlament. Eine Monatsschrift für aktuelle Kulturfragen I, 1 Leipzig: Insel-Verlag
MBW 9, 75
2.3, 51-129
Frankfurt a. M.: Rütten & Loening Frankfurt a. M.: Rütten & Loening
2.3, 131-226 3, 219-256
Ost und West XII, 4 Das literarische Echo XIV, 25 Heimkehr. Essays jüdischer Denker, hrsg. vom jued.-nat. Verein »Emunah« Czernowitz Erstdruck in MBW 2.1 (Handschrift im MBA) Selbstwehr VI, 37 Die Welt XVI, 3 Blätter des Deutschen Theaters I, 16
1, 177-182 2.1, 152-164 2.1, 165-166
2.1, 167-168 3, 257-259 3, 354-355 7, 425-428
Vom Judentum. Ein Sammelbuch, hrsg. vom Verein jüdischer Hochschüler Bar Kochba in Prag Frankfurter Zeitung, Nr. 367 vom 25. Dezember Das Claudel-Programmbuch Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Leipzig: Insel Verlag
2.1, 171-179
Die Welt XVIII, 2 Die Welt XVIII, 21 Erstdruck in MBW 3 (Typoskript im MBA) Zeit-Echo. Ein Kriegs-Tagebuch der Künstler, hrsg. von Otto HaasHeye, I,3 Wiener Kunst- und Buchschau, Nr. 9/10 vom Dezember Jüdische Rundschau XIX, Chanukkah-Sondernummer
3, 356-359 9, 76 3, 134-142
2.1, 180-181 7, 429-434 7, 524-530 1, 183-245
1, 277-278
1, 279-280 2.1, 185-186
MBW 21 (02697) / p. 782 / 10.10.2019
782 Titel Einleitung, in: Die vier Zweige des Mabinogi. Ein keltisches Sagenbuch
Chronologisches Gesamtregister
Organ Die vier Zweige des Mabinogi. Ein keltisches Sagenbuch, deutsch von Martin Buber, Leipzig: Insel Verlag
1915 Bewegung. Aus einem Brief an einen Holländer Der Neue Merkur I, 10/11 [Krieg der Völker …] Zeit-Echo. Ein Kriegs-Tagebuch der Künstler I, 13 J[izchak] L[eib] Perez Jüdischer Nationalkalender auf das Jahr 5676 Die Tempelweihe Jüdische Rundschau XX, 1 Geschichten vom Rishiner Frankfurter Zeitung vom 24. Dezember 1916 Die Losung Der Jude I, 1 Argumente Der Jude I, 1 Chassidisches Der Jude I, 2 Ein Dankeswort [an Alfons Paquet] Der Jude I,2 Mose Der Jude I, 3 Der Wägende Der Jude I, 6 Chassidisches Der Jude I, 8 Judenzählung Der Jude I, 8 Chassidisches Der Jude I, 9 Geschichten vom Rishiner Frankfurter Zeitung vom 24. Dezember Zwei chassidische Geschichten Treue – Eine jüdische Sammelschrift, hrsg. v. Leo Hermann, Berlin: Jüdischer Verlag Über Agnon Treue – Eine jüdische Sammelschrift Von Jüdischen Dichtern und Erzählern Jüdischer Nationalkalender auf das Jahr 5677 (1916-1917) Aus dem Leben des heiligen Rabbi Das Buch von den polnischen Mosche Löb von Sasow Juden, hrsg. v. S. J. Agnon u. Ahron Eliasberg Der Geist des Orients und das Judentum Vom Geist des Judentums. Reden und Geleitworte, Leipzig: Kurt Wolff Verlag Jüdische Religiosität Vom Geist des Judentums. Reden und Geleitworte Zwiefache Zukunft Die jüdische Bewegung. Gesammelte Aufsätze und Ansprachen 1900-1915, Berlin: Jüdischer Verlag, I
MBW 2.1, 182-184
1, 281-286 7, 93 3, 59-61 3, 279-285 18.1/2, 37
3, 286-289 3, 290-292 18.1/2, 38 1, 289 13.1/2, 55-57 3, 266-267 18.1/2, 41 3, 323 18.1/2, 38 18.1/2, 40-41 18.1/2, 39
3, 62 3, 63-65 18.1/2, 39
2.1, 187-203
2.1, 204-214 2.1, 169-170
MBW 21 (02697) / p. 783 / 10.10.2019
Chronologisches Gesamtregister
Titel Organ Das Gestaltende. Nach einer Ansprache (1912) Die jüdische Bewegung. Gesammelte Aufsätze und Ansprachen 1900-1915 Renaissance und Bewegung Die jüdische Bewegung. Gesammelte Aufsätze und Ansprachen 1900-1915 Was ist zu tun? Die jüdische Bewegung. Gesammelte Aufsätze und Ansprachen 1900-1915 1917 Aus einem Rundschreiben von Ostern 1914 Der Almanach der Neuen Jugend auf das Jahr 1917, hrsg. von Wieland Herzfelde, Berlin: Verlag Neue Jugend Referat über jüdische Erziehung Jüdische Rundschau XXII, 1 Eine Erklärung Jüdische Rundschau XXII, 11 Asketismus und Libertinismus Jüdische Rundschau XXII, 42 Ein Heldenbuch Der Jude I, 10 Die Polnischen und Franz Blei Der Jude I, 11 »Kulturarbeit« Der Jude I, 12 Unser Nationalismus Der Jude II, 1-2 Vorbemerkung über Franz Werfel Der Jude II, 1-2 Chassidisches Der Jude II, 4 Ein politischer Faktor Der Jude II, 5-6 Der Strumpfwirker Der Jude II, 5-6 Der Preis Der Jude II, 8 Zwei Geschichten vom Rishiner Der Jude II,8 Eine chassidische Predigt Der Jude II,8 Die Wanderschaft des Kinderlosen Blau-Weiss-Blätter V, 2 Rabbi Susja. Sein Leben in Geschichten Die neue Rundschau XXVIII Sieben Geschichten vom Baalschem Jüdischer Nationalkalender 5678, hrsg. von Otto Abeles u. Ludwig Bató An die Prager Freunde Das Jüdische Prag – Eine Sammelschrift, Prag: Verlag Selbstwehr Völker, Staaten und Zion. Ein Brief an Berlin u. Wien: Verlag R. Löwit Hermann Cohen und Bemerkungen zu seiner Antwort Ereignisse und Begegnungen Leipzig: Insel Verlag 1918 Die Eroberung Palästinas Der Jude II, 10-11 Zion und die Jugend. Eine Ansprache Der Jude III, 3
783 MBW 3, 260-265
3, 268-274
3, 177-184
1, 291-292
8, 77-83 3, 275 3, 339-341 3, 324-326 3, 327-332 3, 276-278 3, 333-335 7, 213-216 18.1/2, 41 3, 336-338 18.1/2, 41 9, 77-83 18.1/2, 42 18.1/2, 43 16, 331-337 18.1/2, 43 18.1/2, 41-42
3, 321-322 3, 293-320
1, 247-276 3, 360-362 8, 84-92
MBW 21 (02697) / p. 784 / 10.10.2019
784 Titel Chassidisches Eine unnötige Sorge Chassidisches Die Revolution und wir Verständigungsgemeinschaft. Rede bei der Tagung der jüdischen Jugendorganisationen Deutschlands Mein Weg zum Chassidismus. Erinnerungen von Martin Buber Wandlung (Aus einer Rede) Moritz Heimann. Zum 50. Geburtstag Jüdisch leben. Zwei Gespräche Brief an Henri Borel über das Wesen der Sprache
Geleitwort [zum Buch Jiskor]
1919 Vor der Entscheidung Samael Nicht was zum Munde eingeht … Die wahre Weisheit Die schwere Buße Drei Geschichten von der Menschenliebe Was ist zu tun? Worte an die Zeit: Grundsätze
Worte an die Zeit: Gemeinschaft
Landauer und die Revolution Die Ueberwindung [Rede] Geschichten vom Berdyczewer Die zweiten Tafeln
Chronologisches Gesamtregister
Organ Der Jude III, 4 Der Jude III, 4 Der Jude III, 5 Der Jude III, 8-9 Mitteilungen des Verbandes der Jüdischen Jugendvereine Deutschlands, Heft 2-3 Mitteilungen des Verbandes der Jüdischen Jugendvereine Deutschlands, Chanuuka-Nr. Jüdische Rundschau XXIII, 39 Die Weltbühne XIV, 29 Jerubaal I, 1-2 Mededeelingen … [Mitteilungen des Internationalen Instituts für Philosophie in Amsterdam], Nr. 1, Groningen: P. Noordhoff Jiskor – Ein Buch des Gedenkens an gefallene Wächter und Arbeiter im Lande, Berlin: Jüdischer Verlag Der Jude III, 12 Der Jude III, 12 Der Jude IV, 4 Der Jude IV, 4 Der Jude IV, 6 Der Jude IV, 9 Frankfurter Zeitung vom 20. April 1919 Worte an die Zeit. Eine Schriftenreihe, Erstes Heft. Dreiländerverlag Worte an die Zeit. Eine Schriftenreihe, Zweites Heft. Dreiländerverlag Masken XIV, Heft 18-19 Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Der Neue Daimon, Heft 1-2 Insel-Almanach auf das Jahr 1919, Leipzig: Insel Verlag
MBW 18.1/2, 44 3, 342-344 18.1/2, 44 11.1, 108-110 8, 104-108
17, 41-52
3, 348-349 7, 435 8, 93-103 6, 75
3, 345-347
21, 51-58 18.1/2, 45 18.1/2, 46 18.1/2, 46 18.1/2, 46 18.1/2, 46 1, 293-295 11.1, 157-160
11.1, 161-171
11.1, 172-181 11.1, 111-122 18.1/2, 45 2.1, 215
MBW 21 (02697) / p. 785 / 10.10.2019
Chronologisches Gesamtregister
Titel Organ Geschichten vom Berdyczewer und vom Apter Die Erhebung. Jahrbuch für Neue Dichtung und Wertung, hrsg. v. Alfred Wolfenstein, Berlin: S. Fischer Cheruth. Eine Rede über Jugend und Religion Wien u. Berlin: Verlag R. Löwit Der heilige Weg. Ein Wort an die Juden und an Frankfurt a. M.: Rütten & Loening die Völker 1920 In später Stunde Der Jude V, 1 Zwei Wundergeschichten Der Jude V, 3 Lehrer und Schüler (Drei Geschichten vom Der Jude V, 8-9 Baalschem) Der heimliche Führer Die Arbeit II,6 Zwei Geschichten von Rabbi Susja Erster Almanach des Weltverlags, Berlin: Welt-Verlag Zwei Geschichten von dem großen Maggid Insel-Almanach auf das Jahr 1921; Leipzig: Insel Verlag 1921 Kongreßnotizen zur zionistischen Politik Der Jude VI, 1 Aus dem Leben des Rabbi Israel von Kosnitz Der Jude VI, 1 Die zwei Ich (Chassidisches) Der Jude VI,9 Aus dem Leben des »Sehers von Polen« Der Neue Merkur V,3 Über Gemeinschaft und Gesellschaft [Hebr.] Ma’abarot II, 9; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Zum Aufsatz »Aus Neid« [Hebr.] Kuntras III, 47; dt. Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) [Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Stenographisches Protokoll der Karlsbad (1.-14. 09. 1921).] Verhandlungen des XII. Zionistenkongresses in Karlsbad (1.-14. 09. 1921) Nationalismus [Rede vom 5. September in Kampf um Israel. Reden und Karlsbad] Schriften 1921-1932, Berlin: Schocken Drei Predigten Gabe. Herrn Rabbiner Dr. Nobel zum 50. Geburtstag dargebracht von Martin Buber u. a., Frankfurt a. M.: Kaufmann 1922 Vier Gleichnisse des Ferid-ed-din Attar Insel-Almanach auf das Jahr 1922 Zur Klärung Der Jude VI, 4 Streiflichter Der Jude VI, 7 Nachbemerkung Der Jude VI, 8
785 MBW 18.1/2, 46
8, 109-127 11.1, 125-156
21, 59-63 18.1/2, 47 18.1/2, 47 11.1, 182-183 18.1/2, 47 18.1/2, 47
21, 83-92 18.1/2, 48 18.1/2, 50 18.1/2, 48 21, 357-362 21, 363 21, 64-71
21, 72-81
18.1/2, 49-50
2.1, 216-217 21, 93-98 21, 99-103 21, 104-105
MBW 21 (02697) / p. 786 / 10.10.2019
786 Titel Die Heirat des Baalschem Frage und Antwort Hinweis auf ein Werk Die Aufgabe Der Dichter und die Nation. Bialik zu Ehren Mombert. Zum fünfzigsten Geburtstag Zwischen Mensch und Gott. Chassidische Gleichnisse Über den deutschen Aufsatz
Chronologisches Gesamtregister
Organ Der Jude VI, 10 Der Jude VI, 12 Der Jude VI, 12 Das Werdende Zeitalter I, 1 Jüdische Rundschau XXVII, 103104 Der Neue Merkur V, 11 Prager Tagblatt vom 4. Januar 1922
Meister des Stils über Sprach- und Stillehre, hrsg. von Wilhelm Schneider, Leipzig: B. G. Teubner Religion als Gegenwart [Vorlesungsreihe im Typoskript im MBA; Erstdruck in: Freien Jüdischen Lehrhaus] Rivka Horwitz, Buber’s Way to »I and Thou«, Heidelberg: Lambert Schneider 1978 Der große Maggid und seine Nachfolge Frankfurt a. M.: Rütten und Loening Geleitwort [zu Der große Maggid und seine Der große Maggid und seine NachNachfolge] folge, Frankfurt a. M.: Rütten & Loening Quellenverzeichnis zu »Der große Maggid und Frankfurt a. M.: Rütten und Loening seine Nachfolge« 1923 Eine Vorrede [zu Reden über das Judentum. Der Jude VII, 3 Gesamtausgabe] Die Vertretung Der Jude VII, 7-8 Eine neue Lehre. Zwei chassidische SchriftDer Jude VII,10-11 deutungen Chassidische Schriftdeutungen Der Jude VII/12 Der wahre Lehrer. Zum Gedächtnis A. D. Die Arbeit IV, 6 Gordons. Religion und Gottesherrschaft Frankfurter Zeitung vom 23. April Vorwort [für E. E. Rappeport] Elijahu Rappeport, Loblieder, Köln: Marcan-Block-Verlag Martin Buber-Abende [Besprechungen in Erstdruck in MBW 11 (Typoskript Zürich] im MBA) Wissenschaftliche und religiöse Welterfassung Erstdruck in MBW (Typoskript im [Vortrag in Zürich] MBA) Von der Verseelung der Welt [Vortrag in Nachlese, Heidelberg: Lambert Zürich] Schneider 1965 Ich und Du Leipzig: Insel-Verlag
MBW 18.1/2, 68 21, 106 7, 436-437 8, 128-129 3, 66 7, 217-222 18.1/2, 68 8, 130-131
12, 87-160
18.1/2, 51-67 17, 53-96
18.1/2, 736-743
20, 27-32 21, 364-368 18.1/2, 68 18.1/2, 69 20, 33 9, 84-86 3, 67 11.1, 184-206 2.1, 218-223 10, 29-36 4, 37-109
MBW 21 (02697) / p. 787 / 10.10.2019
787
Chronologisches Gesamtregister
Titel 1924 Zweierlei Liebe Vom Tod der Gerechten Drama und Theater. Ein Fragment Ein Wort über den Chassidismus Flucht? Brief an Florens Christian Rang
Geheimnis einer Einheit
Im Anfang
Das dämonische Buch
Staatsideen, Gemeinschaftsversuche und die menschliche Wirklichkeit [Vortrag] Besprechungen mit Martin Buber in Ascona, August 1924 über Lao-tse’s Tao-te-king Das verborgene Licht 1925 »Pharisäertum« Kabbalistische Sagen [Rezension von Chajim Bloch, Kabbalistische Sagen] Schlichtung. Zum Gedächtnis an den Indologen K. E. Neumann Zwei Malergeschichten
Zwiegespräch (Nach einer Lebensbeschreibung) Die Religion als Wirklichkeit [Vortrag]
Organ
MBW
Der Jude VIII, 4 Der Jude VIII, 5-6 Masken VVIII, erstes Oktoberheft Theologische Blätter III, 7 Frankfurter Zeitung vom 21. März Florens Christian Rang, Deutsche Bauhütte. Ein Wort an uns Deutsche …, Sannerz/Leipzig: Gemeinschafts-Verlag Eberhard Arnold Hermann Stehr, sein Werk und seine Welt, hrsg. von Wilhelm Meridies, Habelschwerdt: Franke Verlag Jüdischer Almanach auf das Jahr 5685, Prag: Keren Kajemeth Lejisrael Navigare necesse est. Eine Festgabe für Anton Kippenberg zum 22. 5. 1924, Leipzig: Insel Verlag Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Frankfurt a. M.: Rütten und Loening
18.1/2, 69 18.1/2, 69-71 7, 438-440 17, 97 11.1, 222-223 1, 297-298
1, 299-300
20, 34
2.1, 224
11.1, 207-221 2.3, 227-280 18.1/2, 72-85
Der Jude, Sonderheft: Antisemitismus und jüdisches Volkstum Jüdisches Wochenblatt II, 22
9, 87-95
Frankfurter Zeitung, 1. Morgenblatt, vom 18. Oktober E. R. Weiss zum fünfzigsten Geburtstage 12. Oktober 1925, hrsg. von Herbert Reichner, Leipzig: Insel Verlag Insel-Almanach auf das Jahr 1926, Leipzig: Insel Verlag Erstdruck in MBW (unvollständiges Typoskript im MBA, 10. Februar 1925)
2.3, 282-283
2.1, 225-226
2.3, 281
2.3, 284 12, 161-169
MBW 21 (02697) / p. 788 / 10.10.2019
788 Titel Die religiöse Welterfassung [Vortrag]
Chronologisches Gesamtregister
Organ Erstdruck in MBW [Typoskript im MBA] Das messianische Mysterium (Jesaja 53) [Vor- Erstdruck in MBW 15 (Typoskript tag Berlin, 6. April] im MBA) Dritter Vortrag über die Lieder vom namenlo- Erstdruck in MBW (Handschrift, sen Knecht Gottes. Jesajas [Freies Jüdisches nicht von Buber, im MBA) Lehrhaus] Der Glaube an die Wiedergeburt [Vorträge in Erstdruck in MBW (Typoskript im Amersfoort] MBA) 1926 Selbstbesinnung Jüdische Rundschau XXXI, 29-30 Vertrauen Jüdische Rundschau XXXI, 60 Volkserziehung als unsere Aufgabe Jüdische Rundschau XXXI, 70-71 [Geleitwort zu Die Kreatur] Die Kreatur I, 1 Rede über das Erzieherische Die Kreatur I, 1 Gewalt und Liebe [Gedicht] Das Werdende Zeitalter V,1 Nachahmung Gottes Der Morgen I, 6 Zu einer Übersetzung und einer Rezension Der Morgen II, 1 Der dritte Tischfuß Selbstwehr XX, 13-14 Die Bibel auf Deutsch, Zur Erwiderung Frankfurter Zeitung LXX, 363 vom [auf Siegfried Kracauers Kritik] 18. Mai Bericht und Berichtigung Der Jude, Sonderheft: Judentum und Deutschtum Brief von Dr. Martin Buber an den V.-V.-B. Höre Israel, Hamburg 1926 (Völkerversöhnungsbund) Zu Luthers Übertragung von Ruach Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) 1927 Achad Haam-Gedenkfeier in Berlin Jüdische Rundschau XXXII, 3 Eine Übersetzung der Bibel Das Tagebuch, hrsg. von Stefan Großmann, VIII, 28 Chassidische Geschichten Die Kreatur II, 2 Rede auf dem XV. Zionisten-Kongreß Protokoll der Verhandlungen des [Gedenkrede für Achad Haam] XV. Zionisten-Kongresses, Basel, 30. August bis 11. September 1927 Klärung [Hebr.] Ha-Aretz vom 5. Mai; deutscher Erstdruck in MBW (Übers.) Die Bedeutung göttlicher Offenbarung in der Ha-po’el ha-tza’ir XX, 30-31, dt. allgemeinen Religionsgeschichte [Hebr.] Erstdruck in MBW (Übers.) Drei Reden. Berlin 1926-1927 Erstdruck in MBW (Handschrift aus dem Nachlass Oskar Goldbergs)
MBW 12, 170-178 15, 37-45 13.1/2, 614-618
20, 366-381
21, 108-118 20, 45 8, 155-164 9, 96-97 8, 136-154 7, 94 20, 35-44 14, 128-132 18.1/2, 87 14, 119-127 9, 98-100 9, 101-102 14, 155-157
20, 46-48 14, 133-138 18.1/2, 86 20, 50-56
20, 49 12, 179-188 2.1, 227-243
MBW 21 (02697) / p. 789 / 10.10.2019
789
Chronologisches Gesamtregister
Titel Des Baal-Schem-Tow Unterweisung im Umgang mit Gott 1928 Lebensfrömmigkeit (Aus einem Briefe)
Organ Hellerau: Jakob Hegner
Der Jude. Sonderheft zu Martin Bubers fünfzigstem Geburtstag Am Tag der Rückschau [Gedicht] Jüdische Rundschau XXXIII, 11 [Brief an Melchior Britschgi-Schimmer] Jüdische Rundschau XXXIII, 11 Die Tränen Jüdische Rundschau XXXIII, 27-28 Das hebräische Buch Jüdische Rundschau XXXIII, 27-28 Brief an das Aktions-Comité der Zionistischen Jüdische Rundschau XXXIII, 56 Organisation Philon und Cohen (Ein Fragment) Jüdische Rundschau XXXIII, 64-65 Der Acker und die Sterne Blätter der Zionistisch-Sozialistischen Jugend I,1 Kraft und Richtung, Klugheit und Weisheit Das Werdende Zeitalter VII, 4 Drei Sätze eines religiösen Sozialismus Neue Wege XXII, 7-8 [Stellungnahme zur Strafbarkeit der männDas Forum IX, 3 lichen Prostitution] [Stellungnahme zur Todesstrafe] in: Ernst Mungenast, Der Mörder und der Staat, Stuttgart: Ernst Hädecke Nach dem Tod. Antwort auf eine Frage Münchener Neueste Nachrichten vom 8. Februar Philosophische und religiöse Weltanschauung Kulturelle Beiträge. Literarische Rundschau der »Rhein-Mainischen Volkszeitung«, Nr. 15 [Über Stefan George] Die literarische Welt vom 13. Juli Freiheit und Verantwortung Die Brücke vom 24. Dezember Biblisches Führertum Kampf um Israel. Reden und Schriften, 1921-1932, Berlin: Schocken Über Religionswissenschaft Jüdischer Almanach auf das Jahr 5689, Prag: Keren Kajemeth Lejisrael Vortrag über Erziehung und Volkstum Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Religion und Volkstum [öffentliches Religions- Erstdruck in MBW 11 (Typoskript gespräch mit Wilhelm Michel] im MBA) [Religion und Autorität – Form und Freiheit] Erstdruck in MBW 11 (Typoskript [öffentliches Religionsgespräch mit Herim MBA) mann Hefele]
MBW 17, 99-128
20, 60-62 7, 95 20, 57-58 12, 190-191 20, 59 21, 371-374 12, 192-193 21, 369-370 4, 110 11.1, 230-232 11.1, 264 11.2, 375
12, 189 8, 165-168
7, 223 4, 111 13.1/2, 58-69
2.1, 244-245
11.1, 224-229 11.1, 233-246 11.1, 247-263
MBW 21 (02697) / p. 790 / 10.10.2019
790 Titel [Aussprache Martin Buber und Emil Brunner … über Das menschliche Handeln und seine Problematik] Der heutige Mensch und die biblische Geschichte [Vortrag] Arbeitsgemeinschaft zu ausgewählten Abschnitten aus dem Buche Schmuel Die chassidischen Bücher Geleitwort zur Gesamtausgabe [Geleitwort zu »Die chassidischen Bücher«] 1929 Greif nach der Welt, Habimah! Die Frage nach Jerusalem Erinnerung an einen Tod Weisheit und Tat der Frauen Religion und Philosophie Verantwortung
Chronologisches Gesamtregister
Organ MBW Erstdruck in MBW (Typoskript im 9, 103-127 MBA) Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Erstdruck in MBW 15 (Typoskript im MBA) Die chassidischen Bücher, Hellerau: Jakob Hegner Die chassidischen Bücher, Hellerau: Jakob Hegner
Jüdische Rundschau XXXIV, 97 Das Werdende Zeitalter VII, 2 Neue Wege XXIII, 4 Pioniere und Helfer III, Januar Europäische Revue V, 2 Berliner Tageblatt, 5. Beiblatt vom 1. Januar Ein Wörterbuch der hebräischen Philosophie. Frankfurter Zeitung, Literaturblatt, Buchbesprechung vom 24. Februar Was soll mit den zehn Geboten geschehen? Die literarische Welt vom 7. Juni Drei Stationen (Zu Marcus Ehrenpreis’ Sech- Judisk Tidskrift II vom 27. Juni zigstem Geburtstage) [China und wir] Chinesisch-Deutscher Almanach für das Jahr Gi Si 1929/1930 [Rede auf dem XVI. Zionistenkongress in Protokoll der Verhandlungen des Zürich 1929] XVI. Zionistenkongresses und der konstituierenden Tagung des Council der Jewish Agency für Palästina Der Glaube des Judentums Volk und Reich der Deutschen, hrsg. von Bernhard Harms Warum muß der Aufbau Palästinas ein sozia- Für das arbeitende Erez-Israel, hrsg. listischer sein? von der Liga für das Arbeitende Palästina in Deutschland [Drei Diskussionsbeiträge in »Sozialismus aus Sozialismus aus dem Glauben – dem Glauben«] Verhandlungen der Sozialistischen Tagung in Heppenheim, Pfingstwoche 1928, Zürich: Rotapfel Die Bildungsnot des Volkes und die Volksnot Erstdruck in MBW (Typoskript im der Gebildeten MBA)
14, 158-166 15, 46-91 18.1/2, 88-114 17, 129-143
7, 441-443 8, 171-172 11.1, 319-323 21, 376-380 12, 194-204 8, 169-170 6, 77-79 12, 205-207 20, 75 2.3, 285-289 21, 119-124
20, 63-74 11.1, 324-332
11.1, 333-339
8, 173-182
MBW 21 (02697) / p. 791 / 10.10.2019
791
Chronologisches Gesamtregister
Titel Religion und Politik [öffentliches Religionsgespräch mit Theodor Bäuerle] Erziehung zur Gemeinschaft [Vortrag] Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina [Vortrag] Vorwort (zu »Gustav Landauer. Sein Lebensgang in Briefen«)
1930 Einige Leitsätze für Arbeitsgemeinschaften
Organ Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Typoskript im MBA; gekürzter Erstdruck in: Kampf um Israel, Berlin: Schocken 1933 Gustav Landauer. Sein Lebensgang in Briefen, Frankfurt a. M.: Rütten & Loening, hrsg. von Martin Buber und Ina Britschgi-Schimmer
Blätter des Jüdischen Frauenbundes für Frauenarbeit und Frauenbewegung, Februar »Wie kann Gemeinschaft werden?« Der Jugendbund, hrsg. vom Verband der Jüdischen Jugendvereine Deutschlands, XVI, 7-8 Gandhi, die Politik und wir Die Kreatur III, 4 Aus den Anfängen unserer Schriftübertragung Der Orden Bne Briss. Mitteilungen der Großloge für Deutschland, Nr. 3 Bemerkungen zu Jesaja Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums LXXIV, 5-6 u. 9-10 Für die Sache der Treue Franz Rosenzweig. Ein Buch des Gedenkens, Berlin: SoncinoGesellschaft Franz Rosenzweig gest. Kantstudien XXXV, 4. Das Judentum und die neue Weltfrage. Eine Festschrift zu Simon Dubnows siebRundfunkrede zigstem Geburtstag, hrsg. Von Ismar Elbogen u. a., Berlin: Jüdischer Verlag Der Chassidismus [Vortrag, gehalten in der Erstdruck in MBW 17 (Typoskript Frankfurt-Loge, am 6. März 1930] im MBA) Die Jugend und der Zeitgeist Erstdruck in MBW 8 (Typoskript im MBA) Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Berlin: Lambert Schneider Schrift
MBW 11.1, 268-299 11.1, 300-318 21, 125-136
11.1, 265-267
8, 183-184
8, 185-199
11.1, 340-350 14, 142-149
13.1/2, 70-80
20, 76-78
20, 79-84 20, 85-88
17, 144-159 8, 200-218 14, 68-85
MBW 21 (02697) / p. 792 / 10.10.2019
792 Titel 1931 Religiöse Erziehung Warum gelernt werden soll
Bemerkungen zur Gemeinschaftsidee In jüngeren Jahren
1932 Zion und die Gola Wann denn? Die Brennpunkte der jüdischen Seele [Metanthropological Crisis] Jeremia, ein Künder für unsere Zeit
Chronologisches Gesamtregister
Organ
MBW
Das Werdende Zeitalter X, 1 Arbeitsplan Januar bis März 1932, Berlin, Schule der jüdischen Jugend Kommende Gemeinde III,2 Dichterglaube. Stimmen religiösen Erlebens, hrsg. von Harald Braun, Berlin-Steglitz: Eckart
8, 219 8, 220-222
Jüdische Rundschau XXXVII, 17 Jüdische Rundschau XXXVII, 71 Der Morgen VIII, 5 Transition, Den Haag: Servire Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Aus einem Rundfunk-Dreigespräch über Erstdruck in MBW (Typoskript im »Religion und Gemeinschaft« MBA) Individuum und Person – Masse und Gemein- Erstdruck in MBW (Typoskript im schaft [Vortrag] MBA) Zwiesprache Berlin: Schocken Königtum Gottes Berlin: Schocken 1933 Das Erste Jüdische Rundschau XXXVIII, 32 Adel Jüdische Rundschau XXXVIII, 41 Die Kinder Jüdische Rundschau XXXVIII, 4344 Unser Bildungsziel Jüdische Rundschau XXXVIII, 54 Geschehende Geschichte. Ein theologischer Jüdische Rundschau XXXVIII, 64 Hinweis Gericht und Erneuerung Jüdische Rundschau XXXVIII, 7576 Ein Dankesgruss Jüdische Pressezentrale Zürich XVI, Nr. 743 vom 28. April Der jüdische Mensch von heute Der Orden Bne Briss. Mitteilungen der Großloge für Deutschland, Nr. 5 Name verpflichtet Kulturbund deutscher Juden – Monatsblätter I, 1 Ein jüdisches Lehrhaus Frankfurter Israelitisches Gemeindeblatt XII, 3
11.1, 378-383 12, 208-209
21, 381-383 21, 137-141 9, 128-137 12, 210 13.1/2, 619-651 11.1, 384-386 11.1, 351-363 4, 112-149 15, 93-276 20, 94-95 20, 98 8, 235-237 8, 245-248 15, 277-280 20, 99-100 20, 96 20, 97
20, 101 8, 249-251
MBW 21 (02697) / p. 793 / 10.10.2019
793
Chronologisches Gesamtregister
Titel Brief an Ernst Michel Gespräch um Gott. Bericht über zwei Meinungskämpfe Offener Brief an Gerhard Kittel Kirche, Staat, Volk, Judentum. Zwiegespräch im Jüdischen Lehrhaus in Stuttgart Zu Gerhard Kittels »Antwort« Biblischer Humanismus Bildungsziel und Bildungsmethoden der jüdischen Schule Israel und die Völker. Referat auf der Tagung des Köngener Bundes Zur Ethik der politischen Entscheidung
Um den Messias. Chassidisches
[O junge Seelen]; [Gedicht]
Aufgaben jüdischer Volkserziehung. Aus der ersten Frankfurter Lehrhausrede. Zur Wiedereröffnung des Jüdischen Lehrhauses am 19. November 1933 Entwürfe und Programme. Zwei Vorschläge (Mai 1933)
Organ Rhein-Mainische Volkszeitung vom 13. April Eckart. Blätter für evangelische Geisteskultur IX, 2 Theologische Blätter XII, 8 Theologische Blätter XII, 9
MBW 9, 138-139
Theologische Blätter XII, 12 Der Morgen IX, 4 Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Dt. Sekretariat d. Versöhnungsbundes, H. Schaper (Hrsg.), Politik und Ethik, Petzen: Versöhnungsbund (Monatsblätter des Versöhnungsbundes für 1933, 1/2) Almanach des Schocken Verlags auf das Jahr 5694, Berlin: Schocken Verlag Hermann, Gerson, Dem Andenken unserer Chawerim. Ulla und Sergey, o. O. Die Stunde und die Erkenntnis, Reden und Aufsätze 1933-1935, Berlin: Schocken
9, 173-174 13.1/2, 81-85 8, 228-234
Die Stunde und die Erkenntnis, Reden und Aufsätze 1933-1935, Berlin: Schocken Vorrede (zu Kampf um Israel) Kampf um Israel. Reden und Schriften 1921-1932, Berlin: Schocken Ein Wort über Franz Kafka (Aus zwei Briefen Kampf um Israel. Reden und an Max Brod) Schriften (1921-1932), Berlin: Schocken Universität und Volkshochschule. Brief an die Kampf um Israel. Reden und Schriften (1921-1932), Berlin: Exekutive der Zionistischen Organisation Schocken in London vom 22. Januar 1924
9, 140-144 9, 169-172 9, 145-168
11.1, 388-411 11.1, 412-415
18.1/2, 119
7, 96
8, 252-255
8, 238-244
20, 89-93
7, 224
8, 132-135
MBW 21 (02697) / p. 794 / 10.10.2019
794 Titel Arbeitsglaube
Hundert chassidische Geschichten 1934 Der Jude in der Welt [Lehrhausrede vom 14. Januar 1934]
Chronologisches Gesamtregister
Organ MBW Kampf um Israel. Reden und 11.1, 387 Schriften 1921-1932, Berlin: Schocken Hundert chassidische Geschichten, 18.1/2, 115-119 Berlin: Schocken Verlag Die Stunde und die Erkenntnis – 20, 113-116 Reden und Aufsätze 1933-1935, Berlin: Schocken Jüdische Rundschau XXXIX, 40 8, 257-264
Die Lehre und die Tat. Frankfurter Lehrhausrede Die Mächtigkeit des Geistes, Frankfurter Lehr- Die Stunde und die Erkenntnis: hausrede (Oktober 1934) Reden und Aufsätze 1933-1935, Berlin: Schocken Die Tugend der Propaganda. Zum Jüdische Rundschau XXXIX, 43 50. Geburtstag Kurt Blumenfelds Dom und Friedhof Jüdische Rundschau XXXIX, 44 Jüdische Erwachsenenbildung Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung, Rundbrief 1 Vorbehaltlose Hingabe: Der Weg Israelitisches Familienblatt, XXXVI, 23 Zu Jecheskel 3,12 Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums, LXXVIII, 9-10 Freiheit und Aufgabe. Dem Gedächtnis Chajim Almanach des Schocken Verlags auf Nachman Bialiks das Jahr 5695, Berlin: Schocken Die Himmelsstimme. Eine chassidische Ant- Almanach des Schocken Verlags auf wort das Jahr 5695, Berlin: Schocken Vorlesungen über Judentum und Christentum Erstdruck in MBW (Typoskript im (Fassung I) MBA) Vorlesungen über Judentum und Christentum Erstdruck in MBW (Typoskript im (Fassung II) MBA) Der Totlebendige Erzählungen von Engeln Geistern und Dämonen, Berlin: Schocken 1935 Bildung und Weltanschauung. [Frankfurter Der Morgen X, 11 Lehrhausrede] Das Haltende – Ein Wort an die jüdische Jugend-Rundschau vom 12. Februar Jugend Deutschlands (Beilage zur Jüdischen Rundschau) Martin Buber schreibt uns Jüdische Rundschau XL, 31-32 Erkenntnis tut not Almanach des Schocken-Verlags auf das Jahr 5696, Berlin: Schocken
9, 176-183
11.1, 416 9, 175 8, 256 20, 102 13.1/2, 86-88
20, 103-106 18.1/2, 119 5, 51-248 5, 249-326 16, 338-340
8, 279-286 8, 287
20, 109 11.1, 417-418
MBW 21 (02697) / p. 795 / 10.10.2019
795
Chronologisches Gesamtregister
Titel Ein Spruch des Maimuni Vorbemerkung (zu Hermann Cohen, Der Nächste) Sinnbildliche und sakramentale Existenz im Judentum 1936 Worte des Gedenkens [Über Bertha Pasppenheim] Die Lehre und die Tat [Kontroverse mit Joachim Prinz] Was bedeutet die ›Auserwählung Israels‹ ? (Fassung A) [Vortrag Jüdisches Lehrhaus Frankfurt] Genesisprobleme
Organ Israelitisches Familienblatt XXXVII., 15 Hermann Cohen, Der Nächste, Berlin: Schocken Deutung des Chassidismus – Drei Versuche, Berlin: Schocken
MBW 20, 107-108 20, 110 17, 160-177
Blätter des Jüdischen Frauenbundes 7, 444 XII, 7-8 Israelitisches Familienblatt 20, 117-125 XXXVIII, 32 u. 33 Erstdruck in MBW (Typoskript im 13.1/2, 652-660 MBA)
Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums LXXX, 2 Zum Einheitscharakter des Jesajabuches Der Morgen XII, 8 Offenbarung und Gesetz. Aus Briefen an Franz Almanach des Schocken Verlags auf Rosenzweig das Jahr 5697, Berlin: Schocken Die Nacht der Gola Almanach des Schocken-Verlags auf das Jahr 5697 Worte des Bratzlawers über Erez Israel Almanach des Schocken-Verlags auf das Jahr 5697 Der Chaluz und seine Welt Almanach des Schocken-Verlags auf das Jahr 5697 Vorwort [zu Die Schrift und ihre VerdeutDie Schrift und ihre Verdeutschung, schung] Berlin: Schocken Der Mensch von heute und die jüdische Bibel Die Schrift und ihre Verdeutschung (Vortragsfolge von 1926) Die Sprache der Botschaft Die Schrift und ihre Verdeutschung Zur Verdeutschung der Preisungen (1935) Die Schrift und ihre Verdeutschung Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs. Die Schrift und ihre Verdeutschung Aus einem Vortrag (Januar 1927) Das Leitwort und der Formtypus der Rede. Die Schrift und ihre Verdeutschung Ein Beispiel (1935) Ein Hinweis für Bibelkurse Die Schrift und ihre Verdeutschung Aus einem Brief an Hermann Gerson Anhang, in: Die Schrift und ihre Verdeutschung Vorwort [zu Die Stunde und die Erkenntnis] Die Stunde und die Erkenntnis – Reden und Aufsätze 1933-1935, Berlin: Schocken Die Frage an den Einzelnen Berlin: Schocken
13.1/2, 89-98
13.1/2, 99-101 20, 126-130 21, 384-385 21, 386-387 21, 388-390 14, 35-37 14, 38-55 14, 56-67 14, 86-94 14, 95-110 14, 111-118 14, 139-141 14, 150-152 20, 111-112
4, 151-195
MBW 21 (02697) / p. 796 / 10.10.2019
796 Titel 1937 Die Vorurteile der Jugend. Ansprache an die jüdische Jugend, gehalten in Prag am 13. Jänner 1937 Zweierlei Jesaja [Arbeitsgemeinschaft im Jüdischen Lehrhaus Frankfurt] 1938 13 Jahre Hebräische Universität Jerusalem Gegen die Untreue Der Erzähler [Hebr.] Die Macht der Zeitung [Hebr.] [Begrüßungsworte] [19. November 1938; Hebr.] Die Erwählung Israels. Eine Befragung der Bibel Die Forderung des Geistes und die geschichtliche Wirklichkeit Zur Verdeutschung der »Gleichsprüche« Der Gesalbte [Fragment] 1939 Abraham der Seher
Chronologisches Gesamtregister
Organ
MBW
Zionistisches Distriktionskomité, Prag
8, 288-298
Erstdruck in MBW 13.1/2; Typoskript im MBA
13.1/2, 667-712
Davar vom 10. April Jüdische Rundschau XL, 43 Moznajim X, 7, dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Ha-aretz vom 28. Juni; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Divre brakha …, Ketav: iton hastudentim 1939; dt. Erstdruck in MBW 21 (Übers.) Almanach des Schocken Verlags auf das Jahr 5699, Berlin: Schocken Berlin: Schocken
8, 299-302 21, 142-145 7, 225-228
Beilage zu »Das Buch der Gleichsprüche«; Berlin: Schocken Teilabdrucke nach dem Krieg in diversen Publikationen
Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums, LXXXIII, 1 Das Ende der deutsch-jüdischen Symbiose Jüdische Welt-Rundschau I, 1 Pseudo-Simsonismus Jüdische Welt-Rundschau I, 15 Nationale Erziehung Das Morgenblatt Cernauti (Czernowitz) vom 15.,16. 18. April Landauer heute [Hebr.] Ha-po’el ha-tza’ir vom 27. Juni; dt. Erstdruck in: Buber, Pfade in Utopia, hrsg. von A. Schapira, Heidelberg: Lambert Schneider 1985 Ein waches Herz. Zum Gedenktag Schloschim Ha-po’el ha-tza’ir vom 7. Juli; dt. von Jakov Sandbank Erstdruck in MBW (Übers.) Zwei Beiträge zur Klärung des Pazifismus Der Aufbau XX, 37 Berthold Feiwel zum Gedächtnis [Hebr.] Ha-aretz vom 20. Januar; dt. Erstdruck in MBW (Übers.)
11.2, 22-23 21, 146-149
13.1/2, 102-113 11.2, 9-21 14, 167-169 15, 281-379
13.1/2, 114-131
11.2, 24-26 21, 167-171 8, 303-309 11.2, 33-37
8, 310 11.2, 31-32 21, 391-392
MBW 21 (02697) / p. 797 / 10.10.2019
797
Chronologisches Gesamtregister
Titel Sie und wir. Zum Jahrestag der Kristallnacht [Hebr.] [Rede anlässlich des 1. Mai] Rechenschaft [Hebr.]
Haben wir einen eigenen Weg? [Hebr.]
Brief an Gandhi 1940 Wenn Herzl noch lebte [Hebr.] Falsche Propheten [Hebr.] Brief an die Institutionen [Hebr.]
Die Jugend hoch hinaus [Hebr.] Über eine verfälschende Kritik [Hebr.] Über die Aufführungen der Habima [Hebr.]
1941 Israel und die Völker Hebräischer Humanismus Zum Ruhm des Publizisten [Über Robert Weltsch] »Defaitismus«. Zu einer Diskussion Ein Wort an Dreizehnjährige [Hebr.] National and Pioneer Education 1942 Unser Standpunkt zur Sowjetunion im Krieg [Hebr.]
Organ Ha-aretz vom 15. November; dt. 1963 Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) in: Al paraschat drakheinu, hrsg. von Rabbi Benjamin, Robert Weltsch u. a.; dt. Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA und Übers.) in: Darkenu, Jerusalem; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, hrsg. von P. Mendes-Flohr, Frankfurt a. M. 1983 Zürich: Die Gestaltung Ha-aretz vom 17. Mai; dt. Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) La-mo’ed [Pessachausgabe von Beajot ha-jom]; dt. 1947 La-mo’ed [Pessachausgabe von Beajot ha-jom]; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Davar vom 4. Juni; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Davar vom 14. Juni; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Bama le-injanej omanut te’atronit 2, erster autorisierter Druck in MBW (Handschrift im MBA) Neue Wege XXXV, 3 Neue Wege XXXV, 14 Mitteilungsblatt der Irgun Olej Merkas Europa V, 15 Mitteilungsblatt V, 50 Be’ajot ha-jom I, 24; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Jewish Frontier, März
MBW 11.2, 340-345 11.2, 27-30 21, 163-166
21, 172-175
21, 150-162 11.2, 38-41 21, 176-180 21, 181-182
21, 393-394 21, 183-184 7, 445-450
20, 131-143 20, 147-158 7, 229 21, 185-187 20, 144-146 8, 311-321
Beajot ha-jom II, 8; dt. Erstdruck in 21, 395-396 MBW (Übers.)
MBW 21 (02697) / p. 798 / 10.10.2019
798 Titel Religion in unserem Land [Hebr.]
Chronologisches Gesamtregister
Organ Machbarot la-sifrut II, 1; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Volk und Führer [Hebr.] Moznajim XIV, 3; dt. 1953 Zur inneren Stärkung [Hebr.] Moznajim XIV, 6; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Warum hat die Golah versagt? Mitteilungsblatt VI, 34 [Rede zur Eröffnung der Ausstellung im Davar vom 24. Juli; dt. Erstdruck in »Bezalel«; Hebr.] MBW (Handschrift im MBA) Früchte eines Gedankens [Hebr.] Ha-aretz vom 4. Juni; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Die Idee der Erlösung im Chassidismus [Hebr.] Arakhim. Sifrijat ha-makhon …, Heft 2, dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Der Glaube der Propheten [Hebr.] Tel Aviv: Mossad Bialik; dt. 1950 1943 Über das Wesen der Kultur [Hebr.] Machbarot la-sifrut II,4; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Unserem Verbündeten. (Leonhard Ragaz zum Ha-po’el ha-tza’ir XXXV, 46; dt. 75. Geburtstag) [Hebr.] Erstdruck in MBW (Übers.) Von einem junggebliebenen Alten [Hebr.] Beajot ha-jom, 3. Jg., März/April; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Vorwort [zu »In stummen Tagen«] [Hebr.] Bime Elem, Jerusalem: Igarot Ichud; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Arthur Ruppin zum Gedenken [Hebr.] Jerusalem: Dfus ko’operativi; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Regeneration eines Volkstums [Hebr.] Achdut haavoda. Kovetz mifleget poale eretz- Jisrael le-zekher Chajim Arlossoroff, Tel Aviv; dt. 1963 Zwei Dichtungen [Hebr.] in: Ba-saar, Tel Aviv: Agudat hasofrim ha-ivriim; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Gog und Magog. Eine Chronik [Hebr.] Jerusalem: Tarshish; dt. 1949 Das Problem des Menschen [Hebr.] Tel Aviv: Machbarot la-sifrut; dt. 1948 1944 Wir errichten eine Bühne [Hebr.] Beajot I, 1; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Schweigen und Schreien [Hebr.] Be’ajot I, 1; dt. 1963 Mehrheit oder so viele wie möglich? [Hebr.] Beajot I, 2; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983
MBW 20, 159-166 11.2, 285-296 21, 397-400 21, 401-402 7, 505-507 12, 211-213 17, 193-203
13.1/2, 137-350 11.2, 42-58 9, 184-186 21, 411 21, 189-191
21, 403-410
21, 482-500
21, 412-413
19, 37-275 12, 221-312
21, 414-415 11.2, 346-349 21, 192-195
MBW 21 (02697) / p. 799 / 10.10.2019
Chronologisches Gesamtregister
Titel Glaube es nicht [Hebr.]
Organ Beajot I, 3; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Eine weitere Klarstellung. Antwort an Nathan Beajot, 1. Jg., Heft 5, Elul 1944; dt. Rotenstreich [Hebr.] Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Herzl vor der Palästina-Karte. Aus meinen Beajot I, 5; dt. 1963 Erinnerungen [Hebr.] Zwiegespräch über »Biltmore« [Hebr.] Beajot I, 6; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Social Experiments in Jewish Palestine The New Palestine XXXV, 1 An Chaim Weizmann Mitteilungsblatt VIII, 48 Weisheiten aus China [Hebr.] Ha-galgal I, 14; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Die Bildung des Volkes im Lande und die Hebräische Universität Jerusalem; hebräische Erziehung in der Diaspora dt. Erstdruck in MBW (Übers.) [Hebr.] Advice to Frequenters of Libraries Books for Your Vacation, The New York Public Library 21 Zu Bergsons Begriff der Intuition [Hebr.] Vorwort zu Henri Bergson, Energia ruchanit, Tel Aviv: Ligvulam Züge in Wilfrids Bild Wilfrid Israel. July 11th, 1899 – June, 1st, 1943, London: Marsland Publications 1945 Die Idee der Gemeinschaft [Hebr.] Davar vom 5. Januar 1945; dt. Erstdruck in MBW 11 (Übers.) Der Weg des gemeinschaftlichen Dorfes Davar vom 17. u. 20. Mai 1945; dt. Erstdruck in MBW Über die große Krise [Hebr.] Davar vom 20. Juli 1945; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Die Krise und die Wahrheit [Hebr.] Ha-aretz vom 21. September; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) The Crisis and the Truth The Australian Jewish Review VI, 7 Eternal Truths The Zionist Record, September 1945 Zum Problem »Politik und Moral« [Hebr.] Beajot II, 3; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Moses [Hebr.] Jerusalem: Schocken; dt. 1948 Die chassidische Botschaft [Hebr.] Tel Aviv: Mossad Bialik; dt. 1950 Israel und Palästina. Zur Geschichte einer Idee Jerusalem: Schocken; dt. 1950 [Hebr.] 1946 Ragaz und »Israel« Mitteilungsblatt X, 13
799 MBW 21, 196-197 21, 198-199
21, 505-507 21, 200-202 21, 416-419 21, 420 2.3, 290-297 8, 322-324
8, 325-326 12, 640-649 7, 209-210
11.2, 59-64 11.2, 65-78 11.2, 79-84 21, 422-423 11.2, 85-86 21, 421 21, 203-206 13.1/2, 351-538 17, 251-303 20, 171-316
9, 187-191
MBW 21 (02697) / p. 800 / 10.10.2019
800 Titel Der Ort des Chassidismus in der Religionsgeschichte God’s Word and Man’s Interpretation Rezension zu Hugo Bergmann: Wissenschaft und Glaube [Hebr.] Reine Verantwortung [Hebr.] [Ein tragischer Konflikt?] [Rede bei einer Tagung des Ichud] Nein, es ist nicht genug [Hebr.]
[Ein Gnadengesuch]
Zusätzliche Legenden aus »Or ha-ganuz« Die Erzählungen der Chassidim [Hebr.] Oral Testimony before the Anglo-American Committee on Palestine
1947 Nicht ein Judenstaat, sondern ein bi-nationales jüdisch-arabisches Staatsgebilde Gottesliebe und Nächstenliebe im Chassidismus Falsche Propheten Palestine: Can Deadlock Be Broken? [Interview mit Buber u. a.] Treue zum Geist [Hebr.; zu S. Schockens 70. Geburtstag] Die Wahrheit und das Heil [Hebr.]
Ich rufe sie … [Hebr.]
Chronologisches Gesamtregister
Organ Theologische Zeitschrift II,6
MBW 17, 204-216
Palestine Post vom 8. April 1946 Jad la-qore I, 1-2; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Moznajim XXII, 2; dt. Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Typoskript im MBA; Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Ha-aretz vom 26. Juli 1946; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Typoskript im MBA; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Jerusalem: Schocken; dt. Erstdruck in MBW Jerusalem: Schocken; dt. 1949 Palestine. A binational State, von M. Buber, Judah L. Magnes und Mosche Smilansky; New York: Ihud
21, 424-425 12, 219
Neue Wege XLI, 5
21, 262-269
Neue Wege XLI, 7-8
17, 217-232
Die Wandlung II, 4 Picture Post XXXVI, 2
13.1/2, 132-136 21, 272-280
21, 426-432 21, 248-250
21, 251-252
21, 253-254
18.1/2, 727-735 18.1/2, 121-725 21, 212-247
Ha-aretz vom 31. Oktober; dt. Erst- 20, 168 druck in MBW (Übers.) Be’ajot V, 5-6; dt. Erstdruck in: 21, 270-271 Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Arba’im schana, Tel Aviv: Merkaz 11.2, 98-99 mifleget po’ale Eretz-Israel; dt. Erstdruck in: Buber, Pfade in Utopia, hrsg. von A. Schapira, Heidelberg: Lambert Schneider 1985
MBW 21 (02697) / p. 801 / 10.10.2019
Chronologisches Gesamtregister
Titel Our Reply
Organ Towards Union in Palestine. Essays on Zionism and Jewish-Arab Cooperation, hrsg. von M. Buber u. a., Jerusalem: Ihud Individualismus und Kollektivismus [Vortrag] Erstdruck in MBW 11 (Typoskript im MBA) Zwei Völker in Palästina [Radiovortrag] Typoskript im MBA; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Vorwort [Zu Between Man and Man] Foreword, Between Man and Man, London: Routledge & K. Paul; dt. Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Vorwort [zu Dialogisches Leben] Dialogisches Leben – Gesammelte philosophische und pädagogische Schriften, Zürich: G. Müller Über Charaktererziehung [Vortrag von Dialogisches Leben – Gesammelte Mai 1939] philosophische und pädagogische Schriften Pfade in Utopia [Hebr.] Tel Aviv: Am oved; dt. 1950 1948 Lassen wir es nicht zu, dass uns die Strasse Ha-aretz vom 29. Januar; dt. Erstbeherrscht! [Hebr.] druck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Zweierlei Zionismus Die Stunde, Jerusalem, vom 28. Mai November [Gedicht] Mitteilungsblatt XII, 44 Ein grundlegender Irrtum, der beseitigt werden Be’ajot ha-zman, 7. Jg. Nr. 1 vom muss [Hebr.] 1. April 1948; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Für Agnon [Hebr.] Be’ajot ha-zman VII, 18; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Durch sein Vertrauen wird er leben [Hebr.] Beajot ha-zman VIII, 3-4; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) [Nach Bernadottes Ermordung] [Hebr.] Hebräische Handschrift im MBA; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 [Antwort auf Gideon Freudenbergs offenen Handschrift im MBA; dt. Erstdruck Brief an Martin Buber] in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Der Weg des Menschen nach der chassidischen Den Haag: Pulvis Viarum Lehre
801 MBW 21, 207-211
11.2, 87-97 21, 255-261
4, 196
4, 209-210
8, 327-340
11.2, 117-259 21, 281-282
21, 285-287 7, 97 21, 283-284
7, 230 21, 433-437 21, 288-289
21, 292-293
17, 233-250
MBW 21 (02697) / p. 802 / 10.10.2019
802 Titel Preface [zu Israel and the World]
Chronologisches Gesamtregister
Organ Israel and the World. Essays in a Time of Crisis, New York: Schocken Zürich: G. Müller Heidelberg: Lambert Schneider
MBW 20, 169-170
Freeland V,1 Neue Schweizer Rundschau XVII, 5 Festschrift der Nueva Comunidad Israelita 5700-5710, hrsg. von Hans Harf, Buenos Aires Rundbrief zur Förderung der Freundschaft zwischen dem alten und dem neuen Gottesvolk – im Geiste der beiden Testamente II, 5-6 Neue Wege XLIII, 9
21, 290-291 7, 233-238 8, 341-344
Ha-aretz, 28. Juni 1949; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Ha-aretz vom 5. August; dt. 1963 Proceedings of the Xth International Congress of Philosophy, Amsterdam: North-Holland Publishing Schriftstellergespräche [mit Premierminister Divre-sofrim … 27. März 1949; dt. David Ben-Gurion] Erstdruck in MBW (Übers.) Schriftstellergespräche in der zweiten vom Divre-sofrim … 11. Oktober 1949; Premierminister (Ben-Gurion) einberufedt. Erstdruck in MBW 11 nen Sitzung am 11. Oktober 1949 (Übers.) [Nach der politischen Niederlage] [Rede bei Handschrift im MBA; dt. Erstdruck einer Tagung des Ichud] in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 [Vorwort zu Jacob Burckhardt, »Die Kultur der Jerusalem: Mossad Bialik; dt. ErstRenaissance in Italien«] druck in MBW (Handschrift im MBA) Der Galilei-Roman Ein Kampf um Wahrheit. Max Brod zum 65. Geburtstag, hrsg. von E. Taussig, Tel Aviv: ABC Verlag Die Erzählungen der Chassidim Zürich: Manesse Gog und Magog. Eine Chronik Heidelberg: Lambert Schneider
21, 296-297
Moses Das Problem des Menschen 1949 Let us Make an End to Falsities! Das Reinmenschliche Erwachsenenbildung
Echo und Aussprache. Ein Briefwechsel mit Martin Buber
Zum israelitisch-jüdischen Monotheismus. Eine Erwiderung Die Details in »Flammen im Himmel über Jerusalem« [Hebr.] Zur Geschichte der nationalen Idee [Hebr.] Zur Situation der Philosophie
13.1/2, 351-538 12, 221-312
9, 192-201
13.1/2, 539
21, 501-504 12, 313-314
11.2, 100-103 11.2, 104-113
21, 298-304
11.2, 114-115
7, 231-232
18.1/2, 121-725 19, 37-275
MBW 21 (02697) / p. 803 / 10.10.2019
803
Chronologisches Gesamtregister
Titel 1950 Urdistanz und Beziehung
Organ
Studia Philosophica Jahrbuch der Schweizerischen Philosophischen Gesellschaft, Separatum Bd. X Die Söhne Amos’ [Hebr.] Ner I, 1; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Erwachsenenbildung [Hebr.] Molad IV, 23-24; dt. Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Über eine scheinbare Prüfung [Hebr.] Ha-aretz vom 11. September; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Über den Kontakt Die Idee einer Schule im Spiegel der Zeit – Festschrift für Paul Geheeb …, hrsg. von Eva Cassirer u. a., Heidelberg: Lambert Schneider Ein Gespräch mit Tagore [Engl.] India and Israel III, 4-5; dt. 1965 Zwei Glaubensweisen Heidelberg: Lambert Schneider Pfade in Utopia Heidelberg: Lambert Schneider Der Glaube der Propheten Zürich: Manesse Israel und Palästina. Zur Geschichte einer Idee Zürich: Artemis 1951 Heilung aus der Begegnung Neue Schweizer Rundschau XIX, 6 Die Opferung Isaaks Frankfurter Hefte VI, 9 Thoughts on the Jewish New Year Jewish Newsletter. Events and Opinion of Jewish Interest, VII, 9 Nachtrag zu einem Gespräch Die Neue Zeitung. Die amerikanische Zeitung in Deutschland VII, 44 Zum Problem der »Gesinnungsgemeinschaft«. Robert Weltsch zum 60. Geburtstag. Für Robert Weltsch Ein Glückwunsch gewidmet von Freunden, Tel Aviv u. Jerusalem: Privatdruck Vorbemerkung [zu Reden und Gleichnisse des Reden und Gleichnisse des Tschuang-Tse, 1951] Tschuang-Tse; neu revidierte Aufl., Zürich: Manesse 1952 Religion und Modernes Denken Merkur VI, 2 Erwiderung an C. G. Jung Merkur VI, 5 Hoffnung für diese Stunde Merkur VI, 8 Bekenntnis des Schriftstellers [Gedicht] Neue Schweizer Rundschau, XX, 3 Abstrakt und Konkret Neue Schweizer Rundschau XX, 8
MBW 4, 197-208
21, 305-308 8, 345-358 21, 438-440 8, 359
11.2, 366-367 9, 202-312 11.2, 117-259 13.1/2, 137-350 20, 171-316 10, 54-58 13.1/2, 577-580 20, 317
21, 441-443
11.2, 260
2.3, 130
10, 74-85 10, 86-89 11.2, 275-282 7, 98 11.2, 283-284
MBW 21 (02697) / p. 804 / 10.10.2019
804 Titel Adult Education in Israel [Botschaft] Jakob Hegner zu seinem siebzigsten Geburtstag
Recht und Unrecht. Deutung einiger Psalmen Die chassidische Botschaft Zwischen Gesellschaft und Staat Bilder von Gut und Böse An der Wende. Reden über das Judentum 1953 Zwischen Religion und Philosophie Über die Zukunft der Universität [Hebr.] Staat und Kultur [Hebr.] [Protest gegen die Enteignung arabischer Böden, offener Brief des Ichud]; [Hebr.]
Chronologisches Gesamtregister
Organ The Torch XI, Spring Mitteilungsblatt XVI, 19 Jakob Hegner – Briefe zu seinem siebzigsten Geburtstag, Olten: Eigenverlag Klosterberg-Basel: B. Schwabe Heidelberg: Lambert Schneider Heidelberg: Lambert Schneider Köln und Olten: Jakob Hegner Köln u. Olten: Jakob Hegner
MBW 8, 360-364 20, 318 6, 93
Neue Wege XLVII, 11-12 Ha-aretz vom 15. April, dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Ha-aretz vom 30. April; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Ner, März 1953; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Mitteilungsblatt XXI, 13-14
12, 445-448 8, 365-369
Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte Er macht Frieden [Über Leo Baeck] A.J.R. Information VIII, 5 Das existentielle Mißtrauen zwischen Mensch Frankfurter Allgemeine Zeitung, und Mensch Weihnachtsausgabe Geleitwort [zu Ludwig Strauß »Wintersaat. Ludwig Strauß, Winterssat. Ein Buch aus Sätzen«] Ein Buch aus Sätzen, Zürich: Manesse [Drei Erinnerungen] Trunken von Gedichten. Eine Anthologie geliebter deutscher Verse, hrsg. von Georg Gerster, Zürich: Im Verlag der Arche Gemeinschaft und Umwelt [engl.] in: Erwin Anton Gutkind, Community and Environment, London: Watts; dt. 1965 Das echte Gespräch und die Möglichkeiten Heidelberg: Lambert Schneider des Friedens Volk und Führer Hinweise – Gesammelte Essays, Zürich: Manesse Geltung und Grenze des politischen Prinzips Hinweise – Gesammelte Essays, Zürich: Manesse Zu Bergsons Begriff der Intuition Hinweise. Gesammelte Essays, Zürich, Manesse
13.1/2, 541-576 17, 251-303 11.2, 261-274 12, 315-358 20, 319-353
11.2, 307-308 21, 311-312
21, 444-445 20, 354 10, 70-73 6, 87
7, 239-249
11.2, 368-370
6, 95-101 11.2, 285-296 11.2, 297-306 12, 214-218
MBW 21 (02697) / p. 805 / 10.10.2019
Chronologisches Gesamtregister
Titel Falsche Propheten
Organ Hinweise. Gesammelte Essays, Zürich: Manesse Gottesfinsternis. Betrachtungen zur Beziehung Zürich: Manesse zwischen Religion und Philosophie 1954 Martin Buber und Ferdinand Ebner Der Standpunkt XII, Februar Christus, Chassidismus, Gnosis Merkur VIII, 10 Prophetie, Apokalyptik und die geschichtliche Merkur VIII, 12 Stunde Die wahre Geschichte. Zu Kurt Blumenfelds Mitteilungsblatt XXII, 22 70. Geburtstag Zur Klaerung Mitteilungsblatt XXII, 23 Rede bei der Gedenkfeier der Universitaet fuer Ner, Nov 1953-Januar 1954; dt. David Werner Senator, am 12. Dec., 1953 Erstdruck in MBW (Typoskript [Hebr.] im MBA) Wir brauchen die Araber – die Araber Ha-olam ha-ze vom 21. Januar brauchen uns! [Interview];[Hebr.] 1954; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Moses Hess und die nationale Idee [Vorwort]; in: Mosche Hess, Ketavim tzionim [Hebr.] wi-jehudim, hrsg. von M. Buber, Jerusalem: ha-sifrija ha-thionit; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Elemente des Zwischenmenschlichen Die Schriften über das dialogische Prinzip, Heidelberg: Lambert Schneider Nachwort [Zu »Die Schriften über das Die Schriften über das dialogische dialogische Prinzip«] Prinzip Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift Beilage zu dem Werk »Die fünf Bücher der Weisung«, verdeutscht von Martin Buber, Olten: Jakob Hegner 1955 Der Zeichner Krakauer Mitteilungsblatt XXIII, 3 Ein Realist des Geistes Ehrfurcht vor dem Leben – Albert Schweitzer. Eine Freundesgabe zu seinem 80. Geburtstag, Berlin: Paul Haupt Der Mensch und sein Gebild Heidelberg: Lambert Schneider Die Führungskraft der Schrift Almanach auf das Jahr des Herrn 1955, Hamburg: F. Wittig Die Legende des Baalschem. Umgearbeitete Zürich: Manesse Neuausgabe
805 MBW 21, 176-180 12, 359-444
4, 211 9, 313-319 15, 380-393 21, 449 9, 320-325 21, 446-448
21, 313-317
21, 450-463
4, 212-228
4, 229-240 14, 186-220
7, 508-509 9, 326-327
12, 449-463 13.1/2, 581-584 16, 341-479
MBW 21 (02697) / p. 806 / 10.10.2019
806 Titel 1956 Dem Gemeinschaftlichen folgen Der Chassidismus und der abendländische Mensch Greetings to Dr. Mordecai M. Kaplan Georg Landauer zum Gedenken. Zum zweiten Todestag Rosenzweig und die Existenz Fuer das Ganze zeugend Character Change und Social Experiment in Israel
Chronologisches Gesamtregister
Organ
MBW
Die Neue Rundschau, Jg. 67, Heft 4, 6, 103-123 1956 Merkur X, 10 17, 304-314 The Reconstructionist XXII, 64 Mitteilungsblatt XXIV,15
Mitteilungsblatt XXIV, 52 A.J.R. Information XI, 12 Israel. Its Role in Civilization, hrsg. Von Moshe Davis, New York: Seminary Israel Institute An Stelle von Polemik [Hebr.] Ner, September/Oktober; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Brief an den Ministerpräsidenten [Hebr.] Ner, November/Dezember; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Moses Hess und die sozialistische Idee [Hebr.] in: Mosche Hess, Ketavim klaliim, hrsg. von M. Buber, Jerusalem: Ha-sifrija ha-tzionit; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) 1957 Hermann Hesses Dienst am Wort Neue Deutsche Hefte. Beiträge zur europäischen Gegenwart, Heft 37 Erinnerung Neue Rundschau LXVIII, 4 Schuld und Schuldgefühle Merkur XI, 8 Haltet ein! Neue Wege LI,6 Politik aus dem Glauben Der Aufbau XXXVIII, 41 Der Mensch im Zeitalter der Weltraumfahrten Der Tagesspiegel vom 25. Dezember Gershom Scholem – 60 Jahre alt [Hebr.] Ha-aretz vom 6. Dezember; dt. Erstdruck in MBW 20 (Übers.) Diskussion über »aktive Neutralität« [Hebr.] Ner, 9. Jg., Heft 1-2; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Vorwort (zu Bruno Zevi, »Im Raum der Jerusalem: Mossad Bialik, dt. ErstArchitektur«) druck inMBW (Handschrift im MBA) Öffentlicher Dialog zwischen Martin Buber Dt. Erstdruck in MBW (Übers.) und Carl Rogers [18. April 1957]
20, 355-356 21, 464 12, 464-466 20, 357 21, 321-328
21, 318-320
21, 329-330
11.2, 309-325
7, 250-257
7, 272-273 10, 127-152 11.2, 326 11.2, 327-331 11.2, 332 20, 358 21, 331-332
7, 510-511
10, 236-258
MBW 21 (02697) / p. 807 / 10.10.2019
807
Chronologisches Gesamtregister
Titel Foreword [Zu Pointing the Way]
1958 Memorandum [on the Military Government] Old Zionism and Modern Israel Der Weg Israels. (Zur Klärung) Der Erzähler in unserer Zeit [Hebr.]
Nachwort [Zu Ich und Du] 1959 Ein Beispiel. Zu den Landschaften Leopold Krakauers [Eine Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften]
Israel’s Mission and Zion
Für Kurt Blumenfeld Über Ernst Simon, den Erzieher [Hebr.]
1960 Das Wort, das gesprochen wird
Organ MBW Pointing the Way – Collected 4, 241-242 Essays, übers. u. hrsg. von M. Friedman, New York: Harper Ner, Februar-April 1958 Jewish Newsletter XIV, 11 Mitteilungsblatt XXVI, 40 Jowel Schai (Festschrift für Agnon), Ramat Gan: Bar Ilan Universität, dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Ich und Du [Erweiterte Neuausgabe]
21, 333-336 21, 337-339 21, 340-343 7, 258-259
Merkur XIII, 9
7, 512-513
Wege zum Nächsten – 10 Jahre christlich-jüdische Zusammenarbeit in Berlin, Berlin: Wilmersdorf: Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Forum for the Problems of the Jerusalem Ideological Conference, Proceedings of the Jerusalem Ideological Conference, hrsg. von N. Rotenstreich, S. Schwartz-Nardi und Z. Schazar, The Jewish Agency (4) Mitteilungsblatt XXVII, 22 in: Ha-adam mul erkaw, Jerusalem: Magnes Press; dt. Erstdruck in MBW 21 (Handschrift im MBA)
9, 328
4, 243-251
21, 467-470
21, 471 21, 465-466
Worte und Wirklichkeit. Jahrbuch 6, 125-137 Gestalt und Gedanke Nr. 6, hrsg. von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, München: R. Oldenburg »Seit ein Gespräch wir sind«. Bemerkungen zu Hölderlin Jahrbuch, Bd. 11 6, 83-85 einem Vers Hölderlins Erziehen. Zum 90. Geburstag von Paul Geheeb Erziehung zur Humanität. Paul 8, 370 Geheeb zum 90. Geburtstag, Heidelberg: Lambert Schneider
MBW 21 (02697) / p. 808 / 10.10.2019
808 Titel Gruß und Willkomm
Chronologisches Gesamtregister
Organ MBW Staat und Volk im Werden, Reden in 11.2, 333-334 und über Israel, hrsg. von Theodor Heuss, München: NerTamid-Verlag Stuttgart: Kohlhammer 7, 274-309
Begegnung. Autobiographische Fragmente 1961 Antwort an Hanns Meinke [Gedicht] Castrum Peregrini X, 3 Über die Ewigkeit und den Augenblick [Hebr.] u. a. in Ha-aretz vom 22. Dezember 1961; dt. Erstdruck in MBW (Übers.) Manifest des »Ichud« [Zum FlüchtlingsNer, XIII, 1-2; dt. Erstdruck in: problem]; [Hebr.] Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 in: Georg Munk, Geister und MenVorwort [zu Paula Buber, Geister und Menschen] schen, Heidelberg: Lambert Schneider [Dankesrede für den Münchner Kulturpreis] München ehrt Martin Buber, München: Ner-Tamid-Verlag Zu zwei Burckhardt-Worten Carl J. Burckhardt, Hermann Rinn u. Max Rychner (Hrsg.); Dauer im Wandel – Festschrift zum 70. Geburtstag von Carl J. Burckhardt, hrsg. von Carl J. Burckhardt u. a., München: G. D. W. Callwey Erwachsenenerziehung. Ziele der ErwachseArtikel in Educational Encyclopenenerziehung [Hebr.] dia, hrsg. von M. Buber u. a.; dt. Erstdruck in MBB Schlussbemerkungen Die Schrift – Zum Abschluss ihrer Verdeutschung. Sonderbeilage des Mitteilungsblatts XXIX, 20 Funktion des Geistes in der Geschichte Robert Weltsch zum siebzigsten Geburtstag, Tel Aviv: Bitaon Die Sowjets und das Judentum Die Juden in der UdSSR, hrsg. von Martin Buber u. Nahum Goldmann, München und Frankfurt: Ner-Tamid-Verlag 1962 Die Rechte der arabischen Bevölkerung [Hebr.] Ha-aretz vom 26. Januar; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983
7, 99 20, 360-363
21, 344-345
7, 260-261
11.2, 335 11.2, 336
8, 371-383
14, 221-227
20, 359 21, 472-481
21, 346
MBW 21 (02697) / p. 809 / 10.10.2019
809
Chronologisches Gesamtregister
Titel Echte Gleichberechtigung für die Minderheit! [Hebr.] Greetings to Bertrand Russel
Zur Verdeutschung des Buches Ijob
1963 Authentische Zweisprachigkeit [Geleitwort zu Beer-Hofmann]
Nachbemerkung [zu Nach dem EichmannProzeß]
Gläubiger Humanismus Antwort
Organ Ner XIII, 5-6; dt. Erstdruck in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 Into the 10th Decade – Tribute to Bertrand Russel, London: The Malvern Press Zur Verdeutschung des letzten Bandes der Schrift – Beilage zu »Die Schriftwerke«, verdeutscht von Martin Buber, Köln u. Olten: Jakob Hegner Mitteilungsblatt XXXI, 14-15 Richard Beer-Hofmann. Gesammelte Werke, Frankfurt a. M.: S. Fischer Nach dem Eichmann Prozess. Zu einer Kontroverse über die Haltung der Juden, hrsg. vom Council of Jews from Germany, London u. a.: Bitaon Mitteilungsblatt XXXI, 50 in: Martin Buber. Philosophen des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Paul Arthur Schilpp und Maurice Friedman, Stuttgart: W. Kohlhammer
– Auszug: Antwort [an meine Kritiker]. Zur Bibelinterpretation – Auszug: Zur Darstellung des Chassidismus Noch einiges zur Darstellung des Chassidismus Werke III. Schriften zum Chassidismus, München: Kösel u. Heidelberg: Lambert Schneider Vorwort [zu Werke, Dritter Band, »Schriften Werke III. Schriften zum Chassizum Chassidismus«] dismus Sie und wir. Zum Jahrestag der Kristallnacht Der Jude und sein Judentum. (November 1939) Gesammelte Aufsätze und Reden, Köln: J. Melzer Verlag Schweigen und Schreien (Frühjahr 1944) Der Jude und sein Judentum Regeneration eines Volkstums (1943) Der Jude und sein Judentum Zur Geschichte der nationalen Idee (1949) Der Jude und sein Judentum Herzl vor der Palästina-Karte. Aus meinen Der Jude und sein Judentum Erinnerungen (1944)
MBW 21, 347-348
11.2, 337
14, 228-231
6, 89-92 7, 262-268
11.2, 338-339
12, 525-528 12, 467-524
13.1/2, 585-590 17, 315-325 17, 326-332
17, 333 11.2, 340-345
11.2, 346-349 21, 482-500 21, 501-504 21, 505-507
MBW 21 (02697) / p. 810 / 10.10.2019
810 Titel Elija. Ein Mysterienspiel 1964 Fragmente über Offenbarung
Dank Zur Habimah-Aufführung in London
Chronologisches Gesamtregister
Organ Heidelberg: Lambert Schneider
MBW 7, 370-409
Für Margarete Susman – Auf 12, 529-533 gespaltenem Pfad, hrsg. von M. Schlösser, Darmstadt: EratoPress Du sollst ein Segen sein. Vom Sinn 11.2, 362 des Alters, hrsg. von Erika Horn Erstdruck in MBW 7 (Typoskript im 7, 451 MBA)
Philosophical Interrogations: Interrogations of Martin Buber, John Wild, Jean Wahl, Brand Blanshard, Paul Weiss, Charles Hartshorne, Paul Tillich, hrsg. von S. u. B. Rome, New York: Holt, Rinehart u. Winston – Zur Dialogphilosophie – Zur Sprachphilosophie – Zum Verhältnis Judentum / Christentum – Zu Psychologie und Psychotherapie – Zur Sozialphilosophie – Zur Religionsphilosophie – Zu biblischen und mythologischen Fragestellungen Warum und wie wir die Schrift übersetzten Darko schel miqra, Jerusalem: [Hebr.] Mossad Bialik; dt. Erstdruck in MBW (Handschrift in MBA) 1965 Weißt du es noch … ? [Gedicht] Nachlese, Heidelberg: Lambert Schneider Chassidut [Gedicht] Nachlese Die Drei [Gedicht] Nachlese Rachman, ein ferner Geist, spricht [Gedicht] Nachlese Zuseiten mir [Gedicht] Nachlese Der Fiedler [Gedicht] Nachlese In Heidelberg Nachlese Erinnerung an Hammarskjöld Nachlese Ein Gespräch mit Tagore Nachlese Gemeinschaft und Umwelt Nachlese In zwanzig Jahren Nachlese Über den »bürgerlichen Ungehorsam« [1962) Nachlese Nochmals über den »bürgerlichen UngehorNachlese sam« (1963)
4, 252-259 6, 139-143 9, 329-330 10, 155-157 11.2, 350-361 12, 534-574 13.1/2, 591-601 14, 170-185
7, 100 7, 101 7, 102 7, 103 7, 104 7, 105 11.2, 363 11.2, 364-365 11.2, 366-367 11.2, 368-370 11.2, 371 11.2, 372 11.2, 373-374
MBW 21 (02697) / p. 811 / 10.10.2019
811
Chronologisches Gesamtregister
Titel Über die Todesstrafe (1928) Danksagung Nachwort Über Leo Schestow (1964) The Time to Try 1966 Existentielle Situation und dialogische Existenz Nicht datierbare Archivmaterialien Zarathustra
Organ Nachlese Nachlese Nachlese Nachlese New Outlook VIII, 1
MBW 11.2, 375 11.2, 376 11.2, 377 12, 575 21, 352-353
Blätter des Weltbundes für Erneue- 8, 384-385 rung der Erziehung II, 1
Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Zu Schopenhauers Lehre vom Erhabenen Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Alte und neue Gemeinschaft, vermutlich 1900 Handschrift im MBA; Erstdruck in: Association of Jewish studies I, hrsg von P. Mendes-Flohr u. B. Susser, 1976 Satu’s Leiden und Rache. Eine ägyptische Erstdruck in MBW (Handschrift im Legende MBA) Archivmaterialien [zu Mystik] Erstdruck in MBW 2.2 Archivmaterialien [chinesische Erzählungen] Erstdruck in MBW (Handschriften im MBA) Aus jüdischer Stimmung [Gedichtszyklus] Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Unveröffentlichte Gedichte Erstdruck in MBW (Handschriften im MBA) Die Statue Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Der Anschlag Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Psychologie der dichterischen Produktivität Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) Skizzen und Entwürfe zu Elengo, vermutlich Erstdruck in MBW (Handschrift im 1902 MBA) Das ewige Drama Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Die Träume Josefs Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) [Sieg? Kampf? Wer gegen wen?]; [Gedicht] Erstdruck in MBW 7 (Handschrift im MBA) Das pädagogische Problem des Zionismus Erstdruck in MBW (Typoskript) [Vortrag]
1, 103-117 1, 131-147 2.1, 61-66
2.1, 67-69 2.2, 217-249 2.3, 299-308 7,108-122 7,123-200 7, 205-206 7, 207-208 7, 269 7, 516-523 7, 452-461 7, 531 7, 532-534 8, 265-278
MBW 21 (02697) / p. 812 / 10.10.2019
812 Titel Über die Revolution, vermutlich 1919
Chronologisches Gesamtregister
Organ Erstdruck in MBW (Manuskript im MBA) Religion und Politik (Vortrag), vermutlich 1931 Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Über Name und Ort Gottes Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Was bedeutet die ›Auserwählung Israels‹ ? Erstdruck in MBW (Typoskript im (Fassung B) MBA) Was ist in der jüdischen Tradition, was in der Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Religionsgeschichte über den Gottesnamen in Ex. 3,13 vorhanden? Über Prophetie Erstdruck in MBW (Typoskript im MBA) Zur Geschichte des Messianismus, vermutlich Erstdruck in MBW (Handschrift im 1900/1905 MBA) Über den Chassidismus, vermutlich 1930er Erstdruck in MBW (Typoskript im Jahre MBA) Mein Liberalismus o. J. Erstdruck in MBW (Handschrift im MBA) [Vorwort zu einem geplanten Band über ara- Typoskript im MBA; dt. Erstdruck bisch-jüdische Verständigung], ca. 1950 in: Buber, Ein Land und zwei Völker, 1983 * * * 1896-1901 Aufstellung der von Buber 1896-1901 belegten Erstdruck in MBW (Kopien der Universitätsveranstaltungen Abgangszeugnisse im MBA)
MBW 11.1, 123-124 11.1, 364-377 13.1/2, 604-613 13.1/2, 661-666 13.1/2, 713-716
13.1/2, 717-726 15, 394-404 17, 178-192 20, 382-383 21, 309-310
1, 301-304
MBW 21 (02697) / p. 813 / 10.10.2019
Alphabetisches Gesamtregister der Werke, Aufsätze und Beiträge Martin Bubers Titel A. M. und Constantin Brunner Die Abenteuer des kleinen Walther Abraham der Seher Abstrakt und Konkret Achad Haam-Gedenkfeier in Berlin Der Acker und die Sterne Der Ackersmann Der Ackersmann Adam schlägt die Augen auf … Adel Adult Education in Israel Advice to Frequenters of Libraries Alte und neue Gemeinschaft Am Tag der Rückschau An die Prager Freunde An Narcissus An Narcissus An Paula An Berlin An der Wende. Reden über das Judentum An Stelle von Polemik An Chaim Weizmann Der Anschlag Antwort an Hanns Meinke Antwort Antwort (an meine Kritiker). Zur Bibelinterpretation [Antwort auf Gideon Freudenbergs offenen Brief an Martin Buber] Antworten Martin Bubers auf eine Tendenzrundfrage des Berliner »Vereins Jüdischer Studenten« im Wintersemester 1900/1901 Arbeitsgemeinschaft zu ausgewählten Abschnitten aus dem Buche Schmuel Arbeitsglaube Argumente Arthur Ruppin zum Gedenken Asketismus und Libertinismus Auf des Kranken Stirn … Auf meinem Herzen liegt die Last … Die Aufgabe
MBW 1, 177-182 1, 169-176 13.1/2, 114-131 11.2, 283-284 20, 46-48 21, 369-370 7, 80-81 7, 111-112 7, 198 20, 98 8, 360-364 8, 325-326 2.1, 61-66 7, 95 3, 321-322 7, 82-83 7, 117-119 7, 135 7, 164 20, 319-353 21, 318-320 21, 420 7, 207-208 7, 99 12, 467-524 13.1/2, 585-590 21, 292-293 3, 69-70 15, 46-91 11.1, 387 3, 290-292 21, 403-410 3, 339-341 7, 152-153 7, 181 8, 128-129
MBW 21 (02697) / p. 814 / 10.10.2019
814
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Aufgaben jüdischer Volkserziehung Der Augenblick Aus einem Brief an Hermann Gerson Aus einem Rundschreiben von Ostern 1914 Aus dem Munde der Bibel Aus meinem Dunkel führen drei Wege … Aus einem Rundfunk-Dreigespräch über »Religion und Gemeinschaft« Aus den Anfängen unserer Schriftübertragung Aus dem Leben des heiligen Rabbi Mosche Löb von Sasow Aus dem Leben des Rabbi Israel von Kosnitz Aus dem Leben des »Sehers von Polen« Aussprache zwischen Martin Buber und Emil Brunner bei Dr. Trüb (17. 6. 1928) Authentische Zweisprachigkeit Des Baal-Schem-Tow Unterweisung im Umgang mit Gott Die Bedeutung göttlicher Offenbarung in der allgemeinen Religionsgeschichte Begegnung [Begrüßungsworte] Beides ist Gegenwart … Ein Beispiel. Zu den Landschaften Leopold Krakauers Bekenntnis des Schriftstellers Bemerkungen zur Gemeinschaftsidee Bemerkungen zu Jesaja Bergfeuer. Zum fünften Congresse Bericht und Berichtigung Berthold Feiwel zum Gedächtnis Besprechungen mit Martin Buber in Ascona, August 1924 über Lao-tse’s Tao-te-king Bewegung. Aus einem Brief an einen Holländer Die Bibel auf Deutsch. Zur Erwiderung Biblischer Humanismus Biblisches Führertum Bilder von Gut und Böse Bildung und Weltanschauung Die Bildung des Volkes im Lande und die hebräische Erziehung in der Diaspora Die Bildungsnot des Volkes und die Volksnot der Gebildeten Bildungsziel und Bildungsmethoden der jüdischen Schule Die Blumen sagen
MBW 8, 252-255 3, 356-359 14, 150-152 1, 291-292 3, 57-58 7, 182 11.1, 384-386 14, 142-149 18.1/2, 39 18.1/2, 48 18.1/2, 48
6, 89-92 17, 99-128 12, 179-188 7, 274-309 21, 146-149 7, 183 7, 512-513 7, 98 11.1, 378-383 13.1/2, 70-80 3, 84-87 9, 98-100 21, 391-392 2.3, 227-280 1, 281-286 14, 119-127 13.1/2, 81-85 12, 315-358 8, 279-286 8, 322-324 8, 173-182 8, 228-234 7, 175
MBW 21 (02697) / p. 815 / 10.10.2019
815
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Botschaft Die Brennpunkte der jüdischen Seele Brief an Florens Christian Rang Brief an Henri Borel über das Wesen der Sprache Brief von Dr. Martin Buber an den V. -V. -B. (Völkerversöhnungsbund) Brief an Ernst Michel Brief an Melchior Britschgi-Schimmer Brief an Gandhi Brief an die Institutionen Brief an den Ministerpräsidenten Brief an das Aktions-Comité der Zionistischen Organisation Briefwechsel mit Hans Trüb Briefwechsel mit Hermann Menachem Gerson, Ronald Gregor Smith, Rudolf Pannwitz und Ernst Michel Briefwechsel mit Ludwig Binswanger Briefwechsel mit Maurice Friedman und Leslie H. Farber Briefwechsel zwischen Robert C. Smith, Martin Buber und C. G. Jung [Briefwechsel zwischen Buber und Ministerpräsident Levi Eschkol] Brith Shalom Das Buch Im Anfang Buch, bist du Botschaft? Das Buch Joram Das Buch »Juda« (Rezension) Bücher, die jetzt und immer zu lesen sind Der Chaluz und seine Welt Character Change und Social Experiment in Israel Die chassidische Botschaft Chassidische Schriftdeutungen Chassidische Geschichten Eine chassidische Predigt Die chassidischen Bücher Die chassidischen Bücher: Anhang. Worterklärungen Chassidisches Der Chassidismus (Vortrag, gehalten in der Frankfurt-Loge, am 6. März 1930) Der Chassidismus und der abendländische Mensch Chassidut Cheruth. Eine Rede über Jugend und Religion China und wir
MBW 20, 318 9, 128-137 1, 297-298 6, 75 9, 101-102 9, 138-139 20, 57-58 21, 150-162 21, 181-182 21, 329-330 21, 371-374 10, 159-174 10, 175-178 10, 179-184 10, 185-193 10, 194-216 21, 349-351 21, 107 7, 187 7, 189 7, 212 7, 464-469 1, 279-280 21, 388-390 21, 321-328 17, 251-303 18.1/2, 69 18.1/2, 86 18.1/2, 43 18.1/2, 88-114 18.1/2, 744-749 18.1/2, 38-44 17, 144-159 17, 304-314 7, 101 8, 109-127 2.3, 285-289
MBW 21 (02697) / p. 816 / 10.10.2019
816
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Chinesische Geister- und Liebesgeschichten Christus, Chassidismus, Gnosis Claudel. L’Annonce faite à Marie. Hellerau 1913 Die Congresstribüne The Crisis and the Truth Der Dämon. Aus einem Drama Das dämonische Buch Daniel. Gespräche von der Verwirklichung Dank Ein Dankesgruss Dankesrede für den Münchner Kulturpreis Ein Dankeswort an Alfons Paquet Danksagung Dass auch die schwere Stunde … »Defaitismus« Die Details in »Flammen im Himmel über Jerusalem« Der Dichter und die Nation Diskussion über »aktive Neutralität« Dom und Friedhof Drama und Theater Drei Reden. Berlin 1926-1927 Drei Reden über das Judentum Die Drei Drei Sonnenlieder Drei Erinnerungen Drei Rollen Novellis Drei Sätze eines religiösen Sozialismus Drei Diskussionsbeiträge in »Sozialismus aus dem Glauben« Drei Geschichten von der Menschenliebe Drei Predigten Drei Stationen (Zu Marcus Ehrenpreis’ Sechzigstem Geburtstage) Dreizehn Jahre Hebräische Universität Jerusalem Der dritte Tischfuß Dritter Vortrag über die Lieder vom namenlosen Knecht Gottes. Jesajas Du weisst nichts … Durch sein Vertrauen wird er leben Die Duse in Florenz Echo und Aussprache. Ein Briefwechsel mit Martin Buber Das echte Gespräch und die Möglichkeiten des Friedens Echte Gleichberechtigung für die Minderheit!
MBW 2.3, 131-226 9, 313-319 7, 524-530 3, 88-89 11.2, 85-86 7, 314-316 2.1, 224 1, 183-245 11.2, 362 20, 96 11.2, 335 1, 289 11.2, 376 7, 184 21, 185-187 21, 296-297 3, 66 21, 331-332 9, 175 7, 438-440 2.1, 227-243 3, 219-256 7, 102 7, 162 7, 239-249 7, 418-424 11.1, 230-232 11.1, 333-339 18.1/2, 46 18.1/2, 49-50 20, 75 8, 299-302 18.1/2, 87 13.1/2, 614-618 7, 170-174 21, 433-437 7, 415-417 9, 192-201 6, 95-101 21, 347-348
MBW 21 (02697) / p. 817 / 10.10.2019
817
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Eingesandt Einige Leitsätze für Arbeitsgemeinschaften Einleitung zu Jüdische Künstler Eisik Scheftel. Ein jüdisches Arbeiterdrama in drei Akten von David Pinski. (Übertragung von Martin Buber) Ekstase und Bekenntnis [Einleitung der Ekstatischen Konfessionen] Ekstatische Konfessionen Elemente des Zwischenmenschlichen Elija. Ein Mysterienspiel Elijahu Das Ende der deutsch-jüdischen Symbiose Der Engel und die Weltherrschaft. Ein altjüdisches Märchen Die Entdeckung von Palaestina Entwürfe und Programme Er und Wir Er macht Frieden Ereignisse und Begegnungen Erinnerung Erinnerung an einen Tod Erinnerung an Hammarskjöld Erkenntnis tut not Eine Erklärung Erlebnis Erlebnis Die Erlösung Die Eroberung Palästinas Das Erste Erwachsenenbildung Erwachsenenbildung Erwachsenenerziehung Die Erwählung Israels. Eine Befragung der Bibel Erwiderung an C. G. Jung (1952) U. d. T. »Replik auf eine Entgegnung C. G. Jungs« Der Erzähler Der Erzähler in unserer Zeit Die Erzählungen der Chassidim Erziehen. Zum 90. Geburstag von Paul Geheeb Erziehung zur Gemeinschaft Es ist ein Licht verborgen Eternal Truths Das ewige Drama
MBW 2.1, 113 8, 183-184 7, 488-491 7, 317-369 2.1, 141-149 2.2, 45-215 4, 212-228 7, 370-409 7, 91 11.2, 24-26 2.1, 185-186 3, 351-353 8, 238-244 3, 129-133 20, 354 1, 247-276 7, 272-273 11.1, 319-323 11.2, 364-365 11.1, 417-418 3, 275 7, 129-130 7, 137 7, 85 3, 360-362 20, 94-95 8, 341-344 8, 345-358 8, 371-383 13.1/2, 102-113 10, 86-89 7, 225-228 7, 258-259 18.1/2, 121-725 8, 370 11.1, 300-318 7, 176 21, 421 7, 452-461
MBW 21 (02697) / p. 818 / 10.10.2019
818
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Existentielle Situation und dialogische Existenz Das existentielle Mißtrauen zwischen Mensch und Mensch (1952) Dem Fähnrich Willy Stehr ins Stammbuch Falsche Propheten Feste des Lebens. Ein Bekenntnis Eine Feststellung Der Fiedler Die Flamme Flucht? Die Forderung des Geistes und die geschichtliche Wirklichkeit Foreword [Zu Pointing the Way] Die Frage an den Einzelnen Die Frage Die Frage nach Jerusalem Frage und Antwort Fragmente über Offenbarung Franz Rosenzweig gest. Freiheit und Verantwortung Freiheit und Aufgabe Eine fremde Stimme spricht … Früchte eines Gedankens Fuer das Ganze zeugend Die Führungskraft der Schrift Funktion des Geistes in der Geschichte Für Agnon Für die Sache der Treue Für Kurt Blumenfeld Der Galilei-Roman Gandhi, die Politik und wir Gebet Gebet Gegen die Untreue Gegenwartsarbeit Geheimnis einer Einheit Der Geist des Orients und das Judentum Ein geistiges Centrum Geleitwort [zum Buch Jiskor] Geleitwort zu David Pinski Eisik Scheftel. Ein jüdisches Arbeiterdrama Geleitwort zu Ludwig Strauß Wintersaat. Ein Buch aus Sätzen Geleitwort zu Beer-Hofmann
MBW 8, 384-385 10, 70-73 1, 287 13.1/2, 132-136 1, 153-155 9, 76 7, 105 7, 84 11.1, 222-223 11.2, 9-21 4, 241-242 4, 151-195 7, 192 8, 171-172 21, 106 12, 529-533 20, 79-84 4, 111 20, 103-106 7, 200 12, 211-213 20, 357 13.1/2, 581-584 20, 359 7, 230 20, 76-78 21, 471 7, 231-232 11.1, 340-350 7, 79 7, 117 21, 142-145 3, 71-73 1, 299-300 2.1, 187-203 3, 155-165 3, 345-347 6, 73-74 6, 87 7, 262-268
MBW 21 (02697) / p. 819 / 10.10.2019
819
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Geleitwort zu Die Kreatur Geleitwort zur Sammlung (Die Gesellschaft. Sammlung sozialpsychologischer Monographien) Geleitwort (Geleitwort zu Der große Maggid und seine Nachfolge) Geleitwort zur Gesamtausgabe (Geleitwort zu »Die chassidischen Bücher«) Geltung und Grenze des politischen Prinzips Gemeinschaft und Umwelt Dem Gemeinschaftlichen folgen Genesisprobleme Georg Landauer zum Gedenken. Zum zweiten Todestag Gericht und Erneuerung Gershom Scholem – 60 Jahre alt Der Gesalbte Geschehende Geschichte. Ein theologischer Hinweis Die Geschichte von der Kräutertruhe und dem Kaiser zu Rom Die Geschichte von der fahrenden Prinzessin Die Geschichten des Rabbi Nachman Geschichten vom Rishiner Geschichten vom Rishiner Geschichten vom Berdyczewer Geschichten vom Berdyczewer und vom Apter Gespräch um Gott. Bericht über zwei Meinungskämpfe Ein Gespräch mit Tagore Das Gestaltende Gewalt und Liebe »Glaube, Hoffnung, Liebe« (Ewige Jugend) Der Glaube der Propheten Der Glaube des Judentums Der Glaube an die Wiedergeburt Glaube es nicht! Gläubiger Humanismus [Ein Gnadengesuch] God’s Word and Man’s Interpretation Gog und Magog. Eine Chronik Goldne Dämmerungen … Gott ist ein grosser Bauer Gottesfinsternis. Betrachtungen zur Beziehung zwischen Religion und Philosophie Gottesliebe und Nächstenliebe im Chassidismus Greetings to Bertrand Russel
MBW 9, 96-97 11.1, 101-107 17, 53-96 17, 129-143 11.2, 297-306 11.2, 368-370 6, 103-123 13.1/2, 89-98 21, 464 20, 99-100 20, 358 15, 281-379 15, 277-280 2.1, 124-132 16, 51-58 16, 59-152 18.1/2, 37 18.1/2, 40-41 18.1/2, 45 18.1/2, 46 9, 140-144 11.2, 366-367 3, 260-265 7, 94 1, 99-102 13.1/2, 137-350 20, 63-74 20, 366-381 21, 196-197 12, 525-528 21, 253-254 21, 424-425 19, 37-275 7, 157 7, 177 12, 359-444 17, 217-232 11.2, 337
MBW 21 (02697) / p. 820 / 10.10.2019
820
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Greetings to Dr. Mordecai M. Kaplan Greif nach der Welt, Habimah! Der große Maggid und seine Nachfolge Ein grundlegender Irrtum, der beseitigt werden muss Gruß und Willkomm Gustav Landauer Haben wir einen eigenen Weg? Das Haltende – Ein Wort an die jüdische Jugend Deutschlands Haltet ein! Das Haus der Dämonen Die hebräische Sprache und der Kongress für hebräische Kultur Das hebräische Buch Hebräischer Humanismus Der heilige Weg Heilung aus der Begegnung Der heimliche Führer Die Heirat des Baalschem Ein Heldenbuch Hermann Hesses Dienst am Wort Herzl und die Historie Herzl vor der Palästina-Karte Der heutige Mensch und die biblische Geschichte (Vortrag 1928) Die Himmelsstimme. Eine chassidische Antwort Hinweis auf ein Werk Ein Hinweis für Bibelkurse Hoffnung für diese Stunde Das Hohe Lied Hundert chassidische Geschichten Ich und Du Ich wandle unter euch Ich trete ans offne Fenster … Ich habe noch einmal geglaubt … Ich rufe sie … Die Idee der Gemeinschaft Die Idee der Erlösung im Chassidismus Im Anfang In meines Traumes blauen Nächten In der Welt ist rings ein Weinen … In Heidelberg In zwanzig Jahren In Theresienstadt …
MBW 20, 355-356 7, 441-443 18.1/2, 51-67 21, 283-284 11.2, 333-334 2.1, 102-107 21, 172-175 8, 287 11.2, 326 2.1, 133-140 3, 211-218 20, 59 20, 147-158 11.1, 125-156 10, 54-58 11.1, 182-183 18.1/2, 68 3, 324-326 7, 250-257 3, 115-125 21, 505-507 14, 158-166 18.1/2, 119 7, 436-437 14, 139-141 11.2, 275-282 16, 325-330 18.1/2, 115-119 4, 37-109 7, 109 7, 142 7, 185 11.2, 98-99 11.2, 59-64 17, 193-203 20, 34 7, 127 7, 166 11.2, 363 11.2, 371 20, 167
MBW 21 (02697) / p. 821 / 10.10.2019
821
Alphabetisches Gesamtregister
Titel In später Stunde Individualismus und Kollektivismus Individuum und Person – Masse und Gemeinschaft Israel und die Völker. Referat auf der Tagung des Köngener Bundes von Ende Dezember 1932 Israel und die Völker Israel und Palästina. Zur Geschichte einer Idee Israel’s Mission and Zion Die Jahre spür ich all … Jakob Hegner zu seinem siebzigsten Geburtstag Jehuda Halevi spricht Jeremia, ein Künder für unsere Zeit Jizchak Leib Perez – Ein Wort zu seinem fünfundzwanzigjährigen Schriftsteller-Jubiläum Jitzchak Leib Perez Juble, Wurzellose … Der Jude. Revue der jüdischen Moderne Der Jude in der Welt Das Judentum und die neue Weltfrage. Eine Rundfunkrede Judenzählung Jüdisch leben. Zwei Gespräche Eine Jüdische Hochschule Jüdische Märchen Die jüdische Mystik Der jüdische Sagenschatz Jüdische Religiosität Jüdische Wissenschaft Das jüdische Kulturproblem und der Zionismus Die jüdische Bewegung Jüdische Erwachsenenbildung Der jüdische Mensch von heute Ein jüdisches Lehrhaus Jüdisches Nationalheim und nationale Politik in Palästina Juedische Renaissance Jugend Die Jugend und der Zeitgeist Die Jugend hoch hinaus In jüngeren Jahren Eine Jungjüdische Bühne Kabbalistische Sagen Kalewala, das finnische Epos
MBW 21, 59-63 11.2, 87-97 11.1, 351-363 11.1, 388-411 20, 131-143 20, 171-316 21, 467-470 7, 193 6, 93 7, 146 13.1/2, 619-651 3, 55-56 3, 59-613 7, 148 3, 172-176 20, 113-116 20, 85-88 3, 323 8, 93-103 3, 363-391 2.1, 108-112 2.1, 114-123 2.1, 167-168 2.1, 204-214 3, 148-154 3, 185-204 3, 205-208 8, 256 20, 97 8, 249-251 21, 125-136 3, 143-147 7, 70 8, 200-218 21, 393-394 12, 208-209 7, 412-414 2.1, 225-226 2.1, 152-164
MBW 21 (02697) / p. 822 / 10.10.2019
822
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Kinder Die Kinder Kirche, Staat, Volk, Judentum. Zwiegespräch im Jüdischen Lehrhaus in Stuttgart Klärung Kongreßnotizen zur zionistischen Politik [Kongreß-Resolution zur arabischen Frage] Königtum Gottes Kraft und Richtung, Klugheit und Weisheit Krieg der Völker … Die Krise und die Wahrheit Kultur und Zivilisation. Einige Gedanken zu diesem Thema Kulturarbeit Lächle, lache nun wieder … Das Land der Juden Landauer und die Revolution Landauer heute Lassen wir es nicht zu, dass uns die Strasse beherrscht! Lebensfrömmigkeit (Aus einem Briefe) Lebte Jesus? Die Legende der Chassidim Die Legende des Baalschem Die Legende des Baalschem (1955) Umgearbeitete Neuausgabe Die Lehre und die Tat Die Lehre und die Tat Lehrer und Schüler (Drei Geschichten vom Baalschem) Das Leitwort und der Formtypus der Rede Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs Lesser Ury Let us Make an End to Falsities! Die Losung Die Macht der Zeitung Die Mächtigkeit des Geistes, Frankfurter Lehrhausrede (Oktober 1934) Maizauber Maizauber Manifest des »Ichud« [Zum Flüchtlingsproblem] Martin Buber und Ferdinand Ebner Martin Buber-Abende Martin Buber schreibt uns Mehr ist Tanzschritt als …
MBW 7, 160 8, 235-237 9, 145-168 20, 49 21, 83-92 21, 82 15, 93-276 4, 110 7, 93 21, 422-423 1, 157-159 3, 276-278 7, 138 3, 354-355 11.1, 172-181 11.2, 33-37 21, 281-282 20, 60-62 9, 75 16, 153-158 16, 169-324 16, 341-479 8, 257-264 20, 117-125 18.1/2, 47 14, 111-118 14, 95-110 7, 492-504 21, 290-291 3, 286-289 11.2, 22-23 9, 176-183 7, 78 7, 115 21, 344-345 4, 211 11.1, 184-206 20, 109 7, 196
MBW 21 (02697) / p. 823 / 10.10.2019
823
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Mehrheit oder so viele wie möglich? Mein Herz Mein kleines Liedchen … Mein Herz hat kein Versteck vor dir … Mein Weg zum Chassidismus. Erinnerungen von Martin Buber Mein Liberalismus Memorandum [on the Military Government] Der Mensch im Zeitalter der Weltraumfahrten Der Mensch und sein Gebild Der Mensch von heute und die jüdische Bibel (Vortragsfolge von 1926) Das messianische Mysterium (Jesaja 53) Metanthropological Crisis Mombert. Zum fünfzigsten Geburtstag Moritz Heimann Moritz Heimann. Zum 50. Geburtstag Mose Moses Moses Hess und die nationale Idee [Vorwort] Moses Hess und die sozialistische Idee Mystik als religiöser Solipsismus Die Mythen des Chassidismus Der Mythos der Juden Nach dem Tod. Antwort auf eine Frage [Nach Bernadottes Ermordung] [Nach der politischen Niederlage] Nachahmung Gottes Nachbemerkung (Nach dem Eichmann-Prozeß) Nachbemerkung Die Nacht der Gola Nächte, neumondstille Nächte … Nachtrag zu einem Gespräch Nachwort [Zu »Die Schriften über das dialogische Prinzip«] Nachwort [Zu Ich und Du] Nachwort Name verpflichtet National and Pioneer Education Nationale Erziehung Nationalismus Die Neidgeborenen Nein, es ist nicht genug
MBW 21, 192-195 7, 110 7, 134 7, 141 17, 41-52 20, 382-383 21, 333-336 11.2, 332 12, 449-463 14, 38-55 15, 37-45 12, 210 7, 217-222 7, 425-428 7, 435 13.1/2, 55-57 13.1/2, 351-538 21, 450-463 11.2, 309-325 2.1, 150-151 2.1, 165-166 2.1, 171-179 12, 189 21, 288-289 21, 298-304 20, 35-44 11.2, 338-339 21, 104-105 21, 384-385 7, 156 21, 441-443 4, 229-240 4, 243-251 11.2, 377 20, 101 8, 311-321 8, 303-309 21, 72-81 16, 159-164 21, 251-252
MBW 21 (02697) / p. 824 / 10.10.2019
824
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Titel Neue Jugend Neue Jugend Eine neue Lehre Nicht nur, die schön sind, liebe ich allein Nicht was zum Munde eingeht … Nicht ein Judenstaat, sondern ein bi-nationales jüdisch-arabisches Staatsgebilde Noch einiges zur Darstellung des Chassidismus Nochmals über den »bürgerlichen Ungehorsam« November Nun ist mein Herz wie über Nacht … Nun kam das letzte Blatt in deine Hände O junge Seelen Offenbarung und Gesetz. Aus Briefen an Franz Rosenzweig Offener Brief an Gerhard Kittel Öffentlicher Dialog zwischen Martin Buber und Carl Rogers (1965) Old Zionism and Modern Israel Die Opferung Isaaks Oral Testimony before the Anglo-American Committee on Palestine Der Ort des Chassidismus in der Religionsgeschichte Our Reply Das pädagogische Problem des Zionismus Palestine: Can Deadlock Be Broken? Paula Pescara, an einem Augustmorgen. Berlin, nach der Heimkehr. Pfade in Utopia Pharisäertum Philon und Cohen Philosophical Interrogations Philosphical Interrogations IV. Social Philosophy Philosophical Interrogations Philosophical Interrogations. Eugen Rosenstock-Huessy: Frage an Buber Philosophical Interrogations Philosophical Interrogations Philosophische und religiöse Weltanschauung Philosophische Befragungen (1964) Politik aus dem Glauben Ein politischer Faktor Die Polnischen und Franz Blei Preface (zu Israel and the World)
MBW 7, 74-75 7, 113-114 18.1/2, 68 7, 179 18.1/2, 46 21, 262-269 17, 326-332 11.2, 373-374 7, 97 7, 167-168 7, 186 7, 96 20, 126-130 9, 169-172 10, 236-258 21, 337-339 13.1/2, 577-580 21, 212-247 17, 204-216 21, 207-211 8, 265-278 21, 272-280 7, 131 1, 277-278 11.2, 117-259 9, 87-95 12, 192-193 4, 252-259 11.2, 350-361 12, 534-574 6, 139-143 9, 329-330 13.1/2, 591-601 8, 165-168 10, 155-157 11.2, 327-331 3, 336-338 3, 327-332 20, 169-170
MBW 21 (02697) / p. 825 / 10.10.2019
825
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Titel Der Preis Das Problem des Menschen Das Programm des Ichud Prolog Prophetie, Apokalyptik und die geschichtliche Stunde [Protest gegen die Enteignung arabischer Böden, offener Brief des Ichud] Pseudo-Simsonismus Psychologie der dichterischen Produktivität Ein Purim-Prolog Ein Purim-Prolog Quellenverzeichnis zu »Der große Maggid und seine Nachfolge« Rabbi Susja Rachman, ein ferner Geist, spricht Ragaz und »Israel« Das Raumproblem der Bühne Ein Rauschen grosser Flügel war um mich … Ein Realist des Geistes Rechenschaft Recht und Unrecht. Deutung einiger Psalmen Die Rechte der arabischen Bevölkerung Rede gehalten von Martin Buber an seiner »Barmizwah«-Feier am 8. 2. 1891 Rede zur Eröffnung der Ausstellung im »Bezalel« Rede über das Erzieherische Rede anlässlich des 1. Mai Rede auf dem XV. Zionisten-Kongreß [Rede auf dem XII. Zionistenkongress in Karlsbad (1.-14. 09. 1921).] [Rede auf dem XVI. Zionistenkongress in Zürich 1929] Rede bei der Gedenkfeier der Universitaet fuer David Werner Senator, am 12. Dec., 1953 Reden und Gleichnisse des Tschuang-Tse Reden und Gleichnisse des Tschuang-Tse (Vorbemerkung) 1951 Referat über »Jüdische Kunst« Referat über jüdische Erziehung Regeneration eines Volkstums Reine Verantwortung Das Reinmenschliche Religion und Gottesherrschaft Religion und Volkstum Religion und Autorität – Form und Freiheit
MBW 9, 77-83 12, 221-312 21, 188 7, 204 15, 380-393 21, 311-312 21, 167-171 7, 269 7, 76-77 7, 119-120 18.1/2, 736-743 18.1/2, 43 7, 103 9, 187-191 7, 429-434 7, 169 9, 326-327 21, 163-166 13.1/2, 541-576 21, 346 1, 93-98 7, 505-507 8, 136-154 11.2, 27-30 20, 50-56 21, 64-71 21, 119-124 21, 446-448 2.3, 51-129 2.3, 130 7, 470-487 8, 77-83 21, 482-500 21, 426-432 7, 233-238 9, 84-86 11.1, 233-246 11.1, 247-263
MBW 21 (02697) / p. 826 / 10.10.2019
826
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Titel Religion und Politik (Aussprache) Religion und Politik (Vortrag) Religion als Gegenwart Die Religion als Wirklichkeit Religion und Philosophie Religion in unserem Land Religiöse Erziehung Die religiöse Welterfassung Renaissance und Bewegung Die Revolution und wir Rezension zu Hugo Bergmann: Wissenschaft und Glaube Rosenzweig und die Existenz Der Ruhm ist eine hohle Nuss … Sage nicht: Verregnet … Samael Sang der Jungfrauen Satu’s Leiden und Rache. Eine ägyptische Legende Die Schaffenden, das Volk und die Bewegung Schlichtung Schlussbemerkungen Schriftstellergespräche Schriftstellergespräche in der zweiten vom Premierminister (Ben-Gurion) einberufenen Sitzung am 11. Oktober 1949 Schuld und Schuldgefühle (1957) Schweigen und Schreien (Frühjahr 1944) Die schwere Buße Eine Section für jüdische Kunst und Wissenschaft Der Segen Sehnsucht Seht, da steht er Seit ein Gespräch wir sind. Bemerkungen zu einem Vers Hölderlins Selbstbesinnung Sie und wir. Zum Jahrestag der Kristallnacht (November 1939) Sieben Geschichten vom Baalschem Sieg? Kampf? Wer gegen wen? … Sinnbildliche und sakramentale Existenz im Judentum Zur Situation der Philosophie Skizzen und Entwürfe zu Elengo So wahr ich … Social Experiments in Jewish Palestine Die Söhne Amos’
MBW 11.1, 268-299 11.1, 364-377 12, 87-160 12, 161-169 12, 194-204 20, 159-166 8, 219 12, 170-178 3, 268-274 11.1, 108-110 12, 219 12, 464-466 7, 191 7, 194 18.1/2, 45 7, 158 2.1, 67-69 3, 166-171 2.3, 282-283 14, 221-227 11.2, 100-103 11.2, 104-113 10, 127-152 11.2, 346-349 18.1/2, 46 3, 74 7, 122 7, 125-126 7, 197 6, 83-85 21, 108-118 11.2, 340-345 18.1/2, 41 7, 532-534 17, 160-177 12, 313-314 7, 516-523 7, 143 21, 416-419 21, 305-308
MBW 21 (02697) / p. 827 / 10.10.2019
827
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Titel Sommerseele Die Sowjets und das Judentum Die Sprache der Botschaft Ein Spruch des Maimuni Der Sseder des Unwissenden Staat und Kultur Staatsideen, Gemeinschaftsversuche und die menschliche Wirklichkeit (Februar 1924) Die Statue Stellungnahme zur Strafbarkeit der männlichen Prostitution Still in flammendem Duft Streiflichter Der Strumpfwirker Die Tempelweihe Theodor Herzl Thoughts on the Jewish New Year The Time to Try Der Totlebendige [Ein tragischer Konflikt?] Die Tränen Ein Traum Die Träume Josefs Ein trauriges Liedchen … Treue zum Geist Triolet Die Tugend der Propaganda. Zum 50. Geburtstag Kurt Blumenfelds Über Jakob Boehme Über Religionswissenschaft Über Agnon Über Stefan George Über die Aufführungen der Habima Über den deutschen Aufsatz Über Charaktererziehung Über den Kontakt Über die Zukunft der Universität Über die Revolution Über das Wesen der Kultur Über die große Krise Über den »bürgerlichen Ungehorsam« Über die Todesstrafe
MBW 7, 163 21, 472-481 14, 56-67 20, 107-108 16, 165-168 11.2, 307-308 11.1, 207-221 7, 205-206 11.1, 264 7, 128 21, 99-103 18.1/2, 41 3, 279-285 3, 107-114 20, 317 21, 352-353 16, 338-340 21, 248-250 12, 190-191 7, 202-203 7, 531 7, 178 20, 168 7, 132 11.1, 416 2.1, 70-74 2.1, 244-245 3, 62 7, 223 7, 445-450 8, 130-131 8, 327-340 8, 359 8, 365-369 11.1, 123-124 11.2, 42-58 11.2, 79-84 11.2, 372 11.2, 375
MBW 21 (02697) / p. 828 / 10.10.2019
828
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Titel Über Leo Schestow (1964) Über Name und Ort Gottes Über Prophetie Über die Wortwahl in einer Verdeutschung der Schrift Über den Chassidismus Über die Ewigkeit und den Augenblick Über eine verfälschende Kritik Über Gemeinschaft und Gesellschaft Über eine scheinbare Prüfung Über Ernst Simon, den Erzieher Eine Übersetzung der Bibel Ueber ein Zusammentreffen und was darauf folgte Die Ueberwindung Um den Messias. Chassidisches Das Unbewußte (1965) – Notizen von einem Seminar in der School of Psychiatry in Washington Und heute, heut bist du mein Weib geworden … Und schon war die Nacht ein Meer Und blieb er auch der Gleiche … Universität und Volkshochschule. Brief an die Exekutive der Zionistischen Organisation in London vom 22. Januar 1924 Eine unnötige Sorge Unser Nationalismus Unser Bildungsziel Unser Standpunkt zur Sowjetunion im Krieg Unsere Lieder vom Scherz … Unsere Konstitution Unserem Verbündeten (Leonhard Ragaz zum 75. Geburtstag), 1943 Unseres Volkes Erwachen Unveröffentlichte Archivmaterialien Unveröffentlichte Archivmaterialien (Handschriften) Urdistanz und Beziehung Urdistanz und Beziehung (1950) Verantwortung Das verborgene Licht Vergib mir doch … Verständigungsgemeinschaft. Rede bei der Tagung der jüdischen Jugendorganisationen Deutschlands Vertrauen Die Vertretung Die vier Zweige des Mabinogi. Ein keltisches Sagenbuch
MBW 12, 575 13.1/2, 604-613 13.1/2, 717-726 14, 68-85 17, 178-192 20, 360-363 21, 183-184 21, 357-362 21, 438-440 21, 465-466 14, 133-138 21, 444-445 11.1, 111-122 18.1/2, 119 10, 217-235 7, 124 7, 109-110 7, 139 8, 132-135 3, 342-344 3, 333-335 8, 245-248 21, 395-396 7, 140 21, 375 9, 184-186 7, 71-73 2.2, 217-249 2.3, 299-308 4, 197-208 10, 42-53 8, 169-170 18.1/2, 72-85 7, 136 8, 104-108 20, 45 21, 364-368 2.1, 182-184
MBW 21 (02697) / p. 829 / 10.10.2019
829
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Vier Gleichnisse des Ferid-ed-din Attar Vierwaldstättersee Volk und Führer Völker, Staaten und Zion Des Volkes Erwachen Volkserziehung als unsere Aufgabe Vom Umgang mit Büchern und mit Menschen Vom Tod der Gerechten Von Jüdischen Dichtern und Erzählern Von der Verseelung der Welt (1923) Von einem junggebliebenen Alten Vor Sonnenaufgang Vor meiner Sehnsucht Vor der Entscheidung Vorbehaltlose Hingabe: Der Weg Vorbemerkung über Franz Werfel Vorbemerkung (zu Hermann Cohen, Der Nächste) Vorlesungen über Judentum und Christentum (Fassung I) Vorlesungen über Judentum und Christentum (Fassung II) Eine Vorrede (zu Reden über das Judentum) Vorrede (zu Kampf um Israel) Vortrag über Erziehung und Volkstum Die Vorurteile der Jugend Vorwort [für E. E. Rappeport] Vorwort [Zu Between Man and Man] Vorwort [Zu Dialogisches Leben] Vorwort (zu Paula Buber, Geister und Menschen) Vorwort (zu Bruno Zevi, »Im Raum der Architektur«) Vorwort (zu »Gustav Landauer. Sein Lebensgang in Briefen«) Vorwort zu Jacob Burckhardt, »Die Kultur der Renaissance in Italien« Vorwort zu Die Schrift und ihre Verdeutschung Vorwort (zu Werke, Dritter Band, »Schriften zum Chassidismus«) Vorwort (zu Die Stunde und die Erkenntnis) Vorwort [zu »In stummen Tagen«] [Vorwort zu einem geplanten Band über arabisch-jüdische Verständigung] Ein waches Herz. Zum Gedenktag Schloschim von Jakov Sandbank Wächserner Kerze entstrahlt der Duft … Der Wägende Wahltag 55
MBW 2.1, 216-217 7, 121-122 11.2, 285-296 3, 293-320 7, 115-116 8, 155-164 7, 147 18.1/2, 69-71 3, 63-65 10, 29-36 21, 411 3, 53-54 7, 151 21, 51-58 20, 102 7, 213-216 20, 110 5, 51-248 5, 249-326 20, 27-32 20, 89-93 11.1, 224-229 8, 288-298 3, 67 4, 196 4, 209-210 7, 260-261 7, 510-511 11.1, 265-267 11.2, 114-115 14, 33-37 17, 333 20, 111-112 21, 189-191 21, 309-310 8, 310 7, 199 3, 266-267 7, 197
MBW 21 (02697) / p. 830 / 10.10.2019
830
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Die wahre Weisheit Der wahre Lehrer. Zum Gedächtnis A. D. Gordons. Die wahre Geschichte Die Wahrheit und das Heil Die Wanderschaft des Kinderlosen Wandlung Wann denn? Das war ein wunderliches Buch … Warnung vor Exzessen in der Methode Warum gelernt werden soll Warum muß der Aufbau Palästinas ein sozialistischer sein? Warum und wie wir die Schrift übersetzten Warum hat die Golah versagt? Was ist zu tun? Was ist zu tun? Was soll mit den zehn Geboten geschehen? Was bedeutet die ›Auserwählung Israels‹? (Fassung A) Was bedeutet die ›Auserwählung Israels‹? (Fassung B) Was ist in der jüdischen Tradition, was in der Religionsgeschichte über den Gottesnamen in Ex. 3,13 vorhanden? Der Weg des gemeinschaftlichen Dorfes Der Weg des Menschen nach der chassidischen Lehre Der Weg Israels Wege zum Zionismus Weisheit und Tat der Frauen Weisheiten aus China Weisser weicher weiter Schnee Weißt du es noch …? Weite dunkle Schweigenacht … Eine weitere Klarstellung Wenn du, mein Freund … Wenn je sich mir um dunkle Seligkeiten … Wenn Herzl noch lebte Wie kann Gemeinschaft werden? Wir hoffen, dass es wahr ist Wir wissen nichts Wir Wir brauchen die Araber – die Araber brauchen uns! [Interview] Wir errichten eine Bühne Wissenschaftliche und religiöse Welterfassung (Vortrag vom 28. 11. 1923)
MBW 18.1/2, 46 20, 33 21, 449 21, 270-271 16, 331-337 3, 348-349 21, 137-141 7, 190 7, 188 8, 220-222 11.1, 324-332 14, 170-185 21, 401-402 1, 293-295 3, 177-184 12, 205-207 13.1/2, 652-660 13.1/2, 661-666 13.1/2, 713-716 11.2, 65-78 17, 233-250 21, 340-343 3, 92-94 21, 376-380 2.3, 290-297 7, 195 7, 100 7, 154-155 21, 198-199 7, 159 7, 165 11.2, 38-41 8, 185-199 3, 90-91 7, 133 7, 150 21, 313-317 21, 414-415 2.1, 218-223
MBW 21 (02697) / p. 831 / 10.10.2019
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Ein Wort über Nietzsche und die Lebenswerte Ein Wort zum fünften Congreß Das Wort, das gesprochen wird Das Wort an Elijahu Ein Wort über Franz Kafka Ein Wort über den Chassidismus Ein Wort an Dreizehnjährige Worte des Gedenkens Worte an die Zeit: Grundsätze Worte an die Zeit: Gemeinschaft Worte des Bratzlawers über Erez Israel Ein Wörterbuch der hebräischen Philosophie. Buchbesprechung Zarathustra Der Zeichner Krakauer Das Zion der jüdischen Frau Zion und die Jugend. Eine Ansprache Zion und die Gola Zionismus als Lebensanschauung und als Lebensform Zu Schopenhauers Lehre vom Erhabenen Zu Georg Arndts Gedächtnis Zu früh Zu einem Bilde Zu Gerhard Kittels »Antwort« Zu zwei Burckhardt-Worten Zu Bergsons Begriff der Intuition Zu Jecheskel 3,12 Zu einer Übersetzung und einer Rezension Zu Luthers Übertragung von Ruach Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift Züge in Wilfrids Bild Die Zukunft Zum Ruhm des Publizisten Zum Problem der »Gesinnungsgemeinschaft«. Für Robert Weltsch Zum Einheitscharakter des Jesajabuches Zum israelitisch-jüdischen Monotheismus. Eine Erwiderung Zum Problem »Politik und Moral« Zum Aufsatz »Aus Neid« Zur Wiener Literatur Zur Aufklärung Zur Habimah-Aufführung in London Zur Klaerung
831 MBW 1, 149-151 3, 95-106 6, 125-137 7, 92 7, 224 17, 97 20, 144-146 7, 444 11.1, 157-160 11.1, 161-171 21, 386-387 6, 77-79 1, 103-117 7, 508-509 3, 75-81 8, 84-92 21, 381-383 3, 134-142 1, 131-147 3, 209-210 7, 113 7, 161 9, 173-174 11.2, 336 12, 214-218 13.1/2, 86-88 14, 128-132 14, 155-157 14, 186-220 7, 209-210 3, 257-259 7, 229 11.2, 260 13.1/2, 99-101 13.1/2, 539 21, 203-206 21, 363 1, 119-129 3, 126-128 7, 451 9, 320-325
MBW 21 (02697) / p. 832 / 10.10.2019
832
Alphabetisches Gesamtregister
Titel Zur Ethik der politischen Entscheidung Zur Verdeutschung der Preisungen Zur Verdeutschung der »Gleichsprüche« Zur Verdeutschung des Buches Ijob Zur Geschichte des Messianismus Zur Darstellung des Chassidismus Zur Klärung Zur inneren Stärkung Zur Geschichte der nationalen Idee Eine Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften Zusätzliche Legenden aus »Or ha-ganuz« Zuseiten mir Zwei Bücher nordischer Frauen (Ellen Key, Selma Lagerlöf) Zwei flandrische Wundergeschichten Zwei Malergeschichten Zwei Sprüche vom Juden-Mai Zwei Gedichte aus dem Cyclus »Geist der Herr« Zwei Tänze (Aus dem Cyklus »Elischa Ben Abuja, genannt Acher«) Zwei Glaubensweisen Zwei Beiträge zur Klärung des Pazifismus Die zwei Berge Zwei chassidische Geschichten Zwei Geschichten vom Rishiner Zwei Geschichten von Rabbi Susja Zwei Wundergeschichten Zwei Geschichten von dem großen Maggid Die zwei Ich Zwei Völker in Palästina Zwei Dichtungen Zweierlei Jesaja Zweierlei Liebe Zweierlei Zionismus Die zweiten Tafeln Zwiefache Zukunft Zwiegespräch Zwiegespräch über »Biltmore« Zwiesprache Zwischen ihnen Zwischen Gesellschaft und Statt Zwischen Religion und Philosophie Zwischen Mensch und Gott
MBW 11.1, 412-415 14, 86-94 14, 167-169 14, 228-231 15, 394-404 17, 315-325 21, 93-98 21, 397-400 21, 501-504 9, 328 18.1/2, 727-735 7, 104 1, 161-167 2.1, 180-181 2.3, 281 3, 82-83 7, 86-87 7, 88-90 9, 202-312 11.2, 31-32 18.1/2, 37 18.1/2, 39 18.1/2, 42 18.1/2, 47 18.1/2, 47 18.1/2, 47 18.1/2, 50 21, 255-261 21, 412-413 13.1/2, 667-712 18.1/2, 69 21, 285-287 2.1, 215 2.1, 169-170 2.3, 284 21, 200-202 4, 112-149 7, 180 11.2, 261-274 12, 445-448 18.1/2, 68