Korruptionsstrafrecht und Beteiligungslehre [1 ed.] 9783428541065, 9783428141067

Nicole Geisler führt zwei zumeist separat betrachtete Themen zusammen: das traditionelle Thema Beteiligungslehre und das

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German Pages 343 Year 2013

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Korruptionsstrafrecht und Beteiligungslehre [1 ed.]
 9783428541065, 9783428141067

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Schriften zum Strafrecht Band 246

Korruptionsstrafrecht und Beteiligungslehre Von

Nicole Geisler

Duncker & Humblot · Berlin

NICOLE GEISLER

Korruptionsstrafrecht und Beteiligungslehre

Schriften zum Strafrecht Band 246

Korruptionsstrafrecht und Beteiligungslehre

Von

Nicole Geisler

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 978-3-428-14106-7 (Print) ISBN 978-3-428-54106-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-84106-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Diese Arbeit wurde im Sommersemester 2012 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Dissertation angenommen. Ich danke meinem wissenschaftlichen Lehrer Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Alwart herzlich für seine stetige Unterstützung, seine hilfreichen Anregungen und den mir zur Verfügung gestellten Freiraum. Die Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl war eine sehr positive und prägende Erfahrung. Durch sein persönliches Engagement und seine wertvollen Ratschläge hat er entscheidend zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Darüber hinaus danke ich Herrn Prof. Dr. Burkhard Jähnke für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und seine konstruktiven Anmerkungen. Herrn Dr. Florian R. Simon danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Schriften zum Strafrecht“. Mein besonderer Dank gilt Frieder Gerstner, der mir in jeder Phase der Arbeit Rückhalt gab, zahlreiche wertvolle Anregungen leistete und mich immer motivierte. Meiner Familie danke ich dafür, dass sie mir ihr Vertrauen schenkte und mir immer und in jeder Hinsicht zur Seite stand. Ich danke all meinen lieben Freunden und Kollegen, die mich in der Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin begleitet haben, die ich kennen lernen durfte und mit denen ich eine herzliche und schöne Zeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena verbracht habe. Insbesondere möchte ich hierfür Dessi Hristova, Dr. Denise Kühn, Christian Polchow, Katharina Krämer, Marion Schmidt-Wenzel, Kirsten Weißgärber, Markus Langer, Philipp Meinert und Dr. Angela Schwerdtfeger danken. Zum Schluss verdient meine liebe Freundin Mandy Hammel einen besonderen Dank dafür, dass sie kurzfristig und mit unermüdlicher Tatkraft meine Arbeit Korrektur gelesen hat. Dresden, im März 2013

Nicole Geisler

Inhaltsübersicht Kapitel 1 Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption – Problemstellung, Ziel und Gang der Untersuchung

21

A. Korruption als Schlüsselbegriff gegenwärtiger rechtspolitischer Auseinandersetzung

22

B. Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

Kapitel 2 Präzisierung des Phänomens Korruption – Entwicklung eines Korruptionsmodells

37

A. Begriff der Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

B. Handlungstheoretische Strukturanalyse und Entwicklung eines Korruptionsmodells

61

C. Formen der Korruption und spezifische Beziehungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

D. Zusammenfassung zum Begriff Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

Kapitel 3 Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71 71

B. Klassifizierung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Kapitel 4 Kritische Analyse von Handlungsstrukturen innerhalb klassischer Korruptionstatbestände

134

A. Beteiligungssysteme und die Problematik der Verwendung des Tatherrschaftsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 B. Besonderheiten der Tathandlungen von klassischen Korruptionsdelikten und deren Auswirkungen auf Beteiligungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

8

Inhaltsübersicht Kapitel 5 Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung der am Korruptionsgeschehen Beteiligten – täterschaftsbegründende Kriterien und täterschaftliche Zurechnung

187

A. Begründung der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Kapitel 6 Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit wegen Teilnahme im Kontext klassischer Korruptionsdelikte

245

A. Wechselseitige Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat? . . . . . . . . . . 246 B. Teilnahme außenstehender Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 C. Teilnahme des Betriebsinhabers an § 299 Abs. 1 StGB? – Überlegungen de lege lata und de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Kapitel 7 Zusammenfassung und Schlussbemerkung

294

Anhang: Neue und alte Gesetzestexte der §§ 331 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption – Problemstellung, Ziel und Gang der Untersuchung

21

A. Korruption als Schlüsselbegriff gegenwärtiger rechtspolitischer Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

B. Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

Kapitel 2 Präzisierung des Phänomens Korruption – Entwicklung eines Korruptionsmodells A. Begriff der Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 37

I. Begriffsbestimmungen unterschiedlicher disziplinärer Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

1. Etymologischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

2. Ethischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

3. Soziologischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

4. Politikwissenschaftlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

5. Kriminologischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

6. Ökonomischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

II. Gemeinsamkeiten der disziplinären Ansätze und Bildung eines allgemeinen Korruptionsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

1. Tausch von Leistung und Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

2. Machtposition des Korrumpierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

3. Missbrauch der Machtposition als Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

4. Vorteil des Korrumpierenden als Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

5. Schadenspotenzial des Tausches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

6. Geheimhaltung des Tausches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

7. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

III. Erweiterung des Korruptionsbegriffes um Sondersituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

1. Autokorruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

2. Einseitiger Korruptionsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

10

Inhaltsverzeichnis

B. Handlungstheoretische Strukturanalyse und Entwicklung eines Korruptionsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

C. Formen der Korruption und spezifische Beziehungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

I. Situative Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

II. Strukturelle Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

III. Systematische Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

D. Zusammenfassung zum Begriff Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

Kapitel 3 Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte

71

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen . . . . . . . . . . . . . . .

71

I. Straftaten im Amt, §§ 331 – 334 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

1. Täterstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

2. „Unrechtsvereinbarung“ als Ausdruck korruptiver Handlungselemente . . . . . . .

74

a) Konkretisierung und Differenzierung der Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . .

77

b) Strafbarkeitsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

II. Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr als Straftaten gegen den Wettbewerb, § 299 Abs. 1 und 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

1. Täterstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

2. „Unrechtsvereinbarung“ als Ausdruck korruptiver Handlungselemente . . . . . . .

86

3. § 299 StGB als Wettbewerbs-, Korruptions- oder Zwitterdelikt? . . . . . . . . . . . . . .

89

a) Übertragung des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes auf § 299 StGB . . .

90

aa) Der Betriebsinhaber als Prinzipal: Gründe für die Straflosigkeit des Betriebsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

bb) Missbrauch einer Machtposition als tatbestandliche Voraussetzung . . .

92

b) Weitere Auslegungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

aa) „Eigennützigkeit“ als Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

bb) Zustimmung des Betriebsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

c) Entwurf eines zweiten Korruptionsbekämpfungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Submissionsabsprachen als Straftat gegen den Wettbewerb, § 298 StGB . . . . . . . . 105 1. Täterstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. „Vertikale Absprachen“ als korruptives Handlungselement? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 IV. Untreue als Straftat gegen das Vermögen, § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Täterstrukturen und korruptives Handlungselement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Inhaltsverzeichnis

11

2. Fallgruppen der Untreue im Korruptionskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) „Kick-backs“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) „Schwarze Kassen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 V. Einordnung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 B. Klassifizierung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte . . . . . . . . . . . . 127 I. Korruptionsdelikte im engeren und weiteren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Korruptionsdelikte im öffentlichen und privaten Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 III. Korruptionsdelikte im Sinne des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers . . . . . . . . 132 Kapitel 4 Kritische Analyse von Handlungsstrukturen innerhalb klassischer Korruptionstatbestände

134

A. Beteiligungssysteme und die Problematik der Verwendung des Tatherrschaftsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 I. Differenzierendes Beteiligungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 II. Einheitstätersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 III. Der Tatherrschaftsgedanke im differenzierenden Beteiligungssystem . . . . . . . . . . . . 142 B. Besonderheiten der Tathandlungen von klassischen Korruptionsdelikten und deren Auswirkungen auf Beteiligungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 I. Korruptionsdelikte als Interaktionsdelikte: Analyse der einzelnen Handlungsstufen im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Verhandlungsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Vereinbarungsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3. Leistungsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 4. Schlussfolgerungen für die Strafbarkeit des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 II. Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 1. Begrifflichkeit, Gründe und Konsequenzen der Vertäterschaftlichung von eigentlichen Teilnahmehandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 2. Anwendung auf klassische Korruptionsdelikte? – Kritische Würdigung der These „Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Sachgerechtigkeit im Hinblick auf korruptive Handlungsstrukturen . . . . . . . 160 b) Unterscheidung zwischen Teilnahmehandlungen und Täterhandlungen . . . . 161 c) Gleichstellung des Extraneus und des Intraneus nach dem Willen des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

12

Inhaltsverzeichnis d) Selbstständigkeit der Strafbarkeit und Struktur der Tatbestände . . . . . . . . . . . . 165 e) Vergleich der Tathandlungen des Extraneus mit formellen Teilnahmehandlungen gemäß §§ 26, 27 StGB und mit Tathandlungen des Intraneus . . . . . . 166 f) Strafgrund der Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 aa) Reine Verursachungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Schuldteilnahmetheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 cc) Akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 dd) Theorie des akzessorischen Rechtsgutsangriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 ee) Theorie der Solidarisierung mit fremdem Unrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 ff) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 g) Systematischer Vergleich der Korruptionsdelikte mit anderen Straftatbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3. Zusammenfassung zur These der Vertäterschaftlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 III. Vollendung und Versuch korruptiver Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Überlegungen de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Vollendung und Versuch der Deliktsverwirklichung im gesetzestechnischen Sinne (§§ 22, 23 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 b) Korruption in Vollendung und einseitiger Korruptionsversuch im gesetzesuntechnischen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 2. Überlegungen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Echte und unechte Unternehmensdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Echte Versuchsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Kapitel 5 Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung der am Korruptionsgeschehen Beteiligten – täterschaftsbegründende Kriterien und täterschaftliche Zurechnung

187

A. Begründung der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Täterschaftsbegründendes Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 1. Pflichtdeliktslehre nach Roxin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Tatherrschaftslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 a) „Gestaltungsherrschaft“ bei Bottke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) „Herrschaft über den Grund des Erfolges“ bei Schünemann . . . . . . . . . . . . . . . 203 3. Dualistische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 4. Normativer Kombinationsansatz der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 5. Ganzheitstheorie Schmidhäusers als offene Täterlehre für verschiedene Handlungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Ergebnis – ganzheitliche Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Inhaltsverzeichnis

13

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 I. Unmittelbare Alleintäterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 1. Anwendung der unmittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB) oder der mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) bei Einschaltung von Mittelspersonen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 a) Problematik und Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Kritische Würdigung des Befundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 aa) Prinzip der Eigenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 bb) Erfolgszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 cc) Die Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges . . . . . . . . . . . . 225 2. Unmittelbare Täterschaft durch Einsatz eines Boten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 a) Voraussetzungen der Boteneigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Fallgruppen der Botenschaft auf Vorteilsnehmer- und Vorteilsgeberseite . . . 229 aa) Vorteilsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 bb) Vorteilsgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Dogmatische Einordnung dieses Ergebnisses in die allgemeine Täterlehre . . . 230 d) Behandlung der Fallgruppen außerhalb der Botenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 e) Ergebnis zur unmittelbaren Täterschaft durch Einsatz eines Boten . . . . . . . . . 234 II. Mittelbare Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 III. Mittäterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 1. Mittäterschaft zwischen mehreren Intranei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 a) Korruption im öffentlichen Bereich, §§ 331, 332 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 b) Korruption im privaten Bereich, § 299 Abs. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 2. Mittäterschaft zwischen mehreren Extranei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 IV. Spezialkonstellation der Täterschaft wegen Konnivenz, § 357 StGB . . . . . . . . . . . . 242 Kapitel 6 Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit wegen Teilnahme im Kontext klassischer Korruptionsdelikte

245

A. Wechselseitige Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat? . . . . . 246 I. Analyse und kritische Würdigung der These vom Ausschluss der wechselseitigen Teilnahme an der Spiegeltat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. Handlungstheoretische Strukturanalyse und Lagertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 2. Wille des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 3. Sinn und Zweck der Unterscheidung zwischen Intraneus- und Extraneusdelikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 a) Funktion der Rollen „Nehmer“ und „Geber“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

14

Inhaltsverzeichnis b) Funktion gesetzlicher Privilegierungen unter besonderer Berücksichtigung der Gesetzesentwicklungen zu §§ 331 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 aa) Privilegierungen des Extraneus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 bb) Privilegierungen des Intraneus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 4. Anwendbarkeit der Konstruktion „notwendige Teilnahme“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 5. Systematischer Vergleich mit anderen Delikten, insbesondere Hehlerei, Geldwäsche und Kinderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 a) Anschlusstaten Begünstigung, Geldwäsche, Hehlerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 b) Spiegeltatdelikte Kinderhandel und Verwandtenbeischlaf . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Ergebnis: keine automatische wechselseitige Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

B. Teilnahme außenstehender Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I. Fallgruppen und Rechtsfolgen, insbesondere nach § 28 Abs. 1 StGB – Inkonsistenz des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 1. Einseitige Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 a) Teilnahme an den Taten des Intraneus (§§ 331 Abs. 1, 332 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 1 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 b) Teilnahme an den Taten des Extraneus (§§ 333 Abs. 1, 334 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 2 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Beidseitige Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 a) Vorrangige Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 b) Gleichrangige Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 II. Lösungsvorschläge zur Beseitigung der Inkonsistenz des Gesetzes durch Anwendung bzw. Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Generelle Bestrafung gemäß §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB bzw. Heranziehung dieser Strafrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 2. Generelle Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an Nehmertaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 3. Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Nehmertaten über den Weg der mittelbaren Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 4. Gesetzesänderung der §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB: „§ 28 Abs. 1 StGB findet auf Teilnehmer keine Anwendung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 5. Anwendung der Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Gebertaten über den Weg der mittelbaren Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 6. Analoge Anwendung der Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Gebertaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 7. Gesetzesänderung der §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB: „§ 28 Abs. 1 StGB findet auf Teilnehmer entsprechende Anwendung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Inhaltsverzeichnis

15

8. Ergebnis und Resultat der (analogen) Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB . . . . . 285 a) Einseitige Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 b) Beidseitige Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 III. Lösungsvorschläge zur Beseitigung von Inkonsistenzen auf der Teilnahmeebene durch tatbestandliche Privilegierungsstrukturen auf der Täterebene . . . . . . . . . . . . . . 288 C. Teilnahme des Betriebsinhabers an § 299 Abs. 1 StGB? – Überlegungen de lege lata und de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Kapitel 7 Zusammenfassung und Schlussbemerkung 294 Anhang: Neue und alte Gesetzestexte der §§ 331 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Gefangenendilemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

Abbildung 2: Korruptionsmodell (Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz) . . . . . . . . . . . . . .

65

Abbildung 3: Erste Fallkonstellation: vertikale Absprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Abbildung 4: Zweite Fallkonstellation: vertikale und horizontale Absprachen . . . . . . . . . . 113

Abkürzungsverzeichnis a. A.

andere Auffassung

Abs.

Absatz

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

a. F.

alte Fassung

AG

Aktiengesellschaft

AktG

Aktiengesetz

Art.

Artikel

AT

Allgemeiner Teil

AUB

Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsräte

Aufl.

Auflage

AVG

Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft

A/W

Arzt / Weber

BAT

Bundesangestelltentarifvertrag

BayObLG

Bayerisches Oberlandesgericht

BB

Betriebs-Berater

BBG

Bundesbeamtengesetz

Bd.

Band

BeckOK

Beck’scher Online-Kommentar

Begr.

Begründer

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BKA

Bundeskriminalamt

BRAK

Bundesrechtsanwaltskammer

BR-Drs.

Bundesrat-Drucksache

BT

Besonderer Teil

BT-Drs.

Bundestag-Drucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

bzw.

beziehungsweise

d. h.

das heißt

DJT

Deutscher Juristentag

18

Abkürzungsverzeichnis

EG

Europäische Gemeinschaft

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

ENEL

Ente nazionale per l’energia elettrica (italienischer Stromversorger)

EStG

Einkommenssteuergesetz

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

EUBestG

EU-Bestechungsgesetz

e.V.

eingetragener Verein

f.

folgende

ff.

fortfolgende

FG

Festgabe

Fn.

Fußnote

FS

Festschrift

GA

Goltdammer’s Archiv für Strafrecht

GE

Geldeinheiten

GG

Grundgesetz

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GRECO

Groupe d’États contre la corruption

GS

Gedächtnisschrift

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HansOLG

Hanseatisches Oberlandesgericht

HdWW

Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften

HGB

Handelsgesetzbuch

HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Hrsg.

Herausgeber

i.E.

im Ergebnis

I/M

Immenga / Mestmäcker

IntBestG

Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung

i.V. m.

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter

JR

Juristische Rundschau

JZ

Juristenzeitung

Kap.

Kapitel

Krim. Journal

Kriminologisches Journal

LG

Landgericht

Abkürzungsverzeichnis LK

Leipziger Kommentar

LPK-StGB

Lehr- und Praxiskommentar zum Strafgesetzbuch

MAH

Münchener Anwaltshandbuch

MDR

Monatsschrift für deutsches Recht

M-G / B

Müller-Gugenberger / Bieneck

MK

Münchener Kommentar

m.w. N.

mit weiteren Nachweisen

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NK

Nomos Kommentar

NK / GS

Nomos-Kommentar Gesamtes Strafrecht

Nr.

Nummer

NStE

Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NStZ-RR

NStZ Rechtsprechungsreport Strafrecht

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

OLG

Oberlandesgericht

OWiG

Ordnungswidrigkeitengesetz

PPP

Public Private Partnership

PStGB

Preußisches Strafgesetzbuch

RGBl.

Reichsgesetzblatt

Rn.

Randnummer

S.

Seite

Sch / Sch

Schönke / Schröder

SK

Systematischer Kommentar

SLV

Soldatenlaufbahnverordnung

sog.

sogenannte

SoldG

Soldatengesetz

SportSG-E

Sportschutzgesetz-Entwurf

SSW

Satzger Schmitt Widmaier

StGB

Strafgesetzbuch

StraFo

Strafverteidigerforum

StRG

Gesetz zur Reform des Strafrechts

StV

Strafverteidiger

TuT

Täterschaft und Teilnahme

u.a.

unter anderem

usw.

und so weiter

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v. Chr.

vor Christus

19

20

Abkürzungsverzeichnis

vgl.

Vergleiche

VN

Vereinte Nationen

Vorbem.

Vorbemerkungen

VStGB

Völkerstrafgesetzbuch

wistra

Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

WStG

Wehrstrafgesetzbuch

z. B.

zum Beispiel

ZBJV

Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins

ZIS

Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik

zit.

zitiert

ZJS

Zeitschrift für das Juristische Studium

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Kapitel 1

Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption – Problemstellung, Ziel und Gang der Untersuchung „Siemens ENEL“1, „Kölner Müllskandal“2, „Kremendahl I“3 oder „Kremendahl II“4 – das sind nur einige Fallbeispiele, die die gegenwärtig zentrale Bedeutung und die strafrechtliche Reichweite der Thematik Korruption verdeutlichen. Wie die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zeigen, geht es bei diesen und anderen Fällen nicht ausschließlich um Schmiergeldzahlungen5 im klassischen Sinne, sondern ebenso um die Verwendung universitärer Drittmittel, Wahlkampfunterstützung, Sponsoring, Parteienfinanzierung usw.6 Derartige Fallkonstellationen sind im Hinblick auf die Strafbarkeit der handelnden Akteure diffizil zu bewerten. Die unterschiedliche Beurteilung entsprechender Fälle und des Themas Korruption finden neben zahlreichen Gerichtsentscheidungen in einer kaum noch überschaubaren Menge an strafrechtswissenschaftlichen Publikationen Berücksichtigung. Allerdings ist zu konstatieren, dass die Anknüpfungspunkte für die wissenschaftliche Auseinandersetzung dabei sehr unterschiedlich sind. Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, zwei bisher zumeist separat betrachtete Themenkomplexe zusammenführen: das traditionelle Thema Beteiligungslehre und das Modethema Korruption. Um eine solche Zusammenführung zu ermöglichen, verfolgt diese Untersuchung zunächst das Ziel, ein Korruptionsmodell zu entwickeln, welches Handlungs- und Beziehungsstrukturen der am Korruptionsgeschehen Beteiligten aufzeigt (Kapitel 2). Die Anwendung des Korruptionsmodells dient schließlich dazu, verschiedene Straftatbestände als Korruptionsdelikte zu identifizieren (Kapitel 3) und die strafrechtliche Verantwortung der am Korruptionsgeschehen Beteiligten im differenzierenden Beteiligungssystem zu bewerten (Kapitel 4 – 6). Mit Hilfe dieses Modells ist die Präzisierung dogmatischer Zusammenhänge zwischen besonderen Handlungsstrukturen innerhalb der Korruptionsdelikte und der allgemeinen Täterlehre mögBGHSt 52, 323 ff. = BGH NJW 2009, 89 ff. BGHSt 50, 299 ff. = BGH NJW 2006, 925 ff. 3 BGHSt 49, 275 ff. = BGH NJW 2004, 3569 ff. 4 BGH NStZ 2008, 33 ff. 5 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (131): aktive Bestechung (Schmieren); (141): passive Bestechung (Sich-Schmieren-Lassen); siehe auch BGHSt 48, 44 (46). 6 Siehe nur Michalke, StV 2011, 492 (492). 1 2

22

Kap. 1: Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption

lich. Daran anknüpfend zeigt die vorliegende Untersuchung, welche bisherigen Denkmuster es innerhalb der allgemeinen Täterlehre aufgrund von Fehlentwicklungen aufzubrechen gilt. Darüber hinaus werden diesbezüglich neue Lösungsvorschläge präsentiert. In diesem Kapitel folgen einführend ein detaillierter Einblick in die komplexe Thematik Korruption und eine Übersicht über grundlegende Gesichtspunkte der aktuellen Diskussion in Gesellschaft und Wissenschaft (A.). Die Skizzierung der wesentlichen Ziele und die präzise Wiedergabe des Ganges der Untersuchung (B.) schließen dieses Kapitel ab.

A. Korruption als Schlüsselbegriff gegenwärtiger rechtspolitischer Auseinandersetzung Wie bereits durch die angeführten Beispiele deutlich wird, ist der Terminus Korruption ein Schlüsselbegriff der gegenwärtigen rechtspolitischen Auseinandersetzung7, der eine empirisch gewichtige, aber dennoch quantitativ schwer erfassbare Rolle spielt8. In der öffentlichen Wahrnehmung hat Korruption jedenfalls seit Ende der 80er Jahre eine neue Dimension erreicht.9 Seitdem besteht ungebrochen ein großes Interesse an der Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die Wertvorstellung über Korruption unterliegt dabei zum Teil einem historischen Wandel.10 Bestechlichkeit und Bestechung von Richtern wurden beispielsweise bereits im frühen römischen Recht durch das Zwölftafel-Gesetz von 451 v. Chr. verpönt und bestraft.11 Hingegen gehörte etwa Verwandtenförderung zur sozialen Pflicht und schaffte eine Vertrauensbasis politischen und administrativen Handelns. Heute werden derartige Verhaltensweisen häufig der Sphäre des juristisch und ethisch-moralisch Illegitimen zugeordnet.12 Auch zukünftig wird sich dieser Wandel beobachten lassen. Konstatieren lässt sich in diesem Zusammenhang, dass es Korruption weiterhin geben wird, so wie es sie zu allen Zeiten in allen politischen Systemen gegeben hat, weil das Streben nach privaten Vorteilen zu den menschlichen Grundkonstanten gehört.13 Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit, Profitgier

Ahlf, Kriminalistik 1996, 154 (154); Bannenberg, S. 9; vgl. auch Schweitzer, S. 23. NK-Kuhlen, § 331 Rn. 6; Reichmann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 8 (9). 9 NK-Kuhlen, § 331 Rn. 6; Jaques, S. 20; Sommer, Rn. 14. 10 Jaques, S. 20; näher dazu Karsten / Thiessen, S. 14. 11 Siehe Hardtung, S. 18. 12 Karsten / Thiessen, S. 11 ff. ; vgl. auch Berg, S. 16; Scheuch, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 12 (22). 13 Wewer, in: Holtmann, S. 510; vgl. auch Androulakis, S. 41; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2265); Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 6 ff.; Scheuch, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 12 (18 f.). 7 8

A. Korruption als Schlüsselbegriff rechtspolitischer Auseinandersetzung

23

und Gewinnsucht sowie das generelle Streben nach Macht14 werden im Miteinander immer existieren. Korruption ist demnach als zeitloses, kulturübergreifendes und globales Phänomen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu definieren.15 Diese Stichworte können den gemeinschädlichen Charakter von Korruption jedoch nur andeuten.16 In den letzten Jahren hat merklich eine Sensibilisierung der Gesellschaft und der Wissenschaft bezüglich Korruption stattgefunden.17 Hierin liegt der Anreiz, die Thematik Korruption in dieser Untersuchung aufzugreifen und weiterführende Akzente in der Diskussion zu setzen. Die Sensibilisierung zeigt sich an dem Medieninteresse und der fast täglichen Presseberichterstattung18, den Gesetzgebungsinitiativen (beispielhaft ist das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption vom 13. 08. 199719), den rege eingeführten Präventionsmechanismen und den Publikationen aus dem Rechtswissenschaftssektor. Ebenso ist die Gründung der Nichtregierungsorganisation Transparency International Deutschland e.V. im Jahre 1993 für diese Sensibilisierung exemplarisch. Transparency International basiert nach eigenen Angaben auf den Grundgedanken Integrität, Verantwortlichkeit, Transparenz und Partizipation der Zivilgesellschaft.20 Diese Organisation veröffentlicht beispielsweise jährlich den sog. Corruption-Perceptions-Index, der Länder nach dem Ausmaß der Korruptionswahrnehmung auflistet,21 und hält Tagungen zur Bekämpfung von Korrup-

14 Kessel / Stähli, in: Jakob / Fikentscher, S. 283; Eidam, Rn. 1774; vgl. auch Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747); Scheuch, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 12 (18); Jaques, S. 19, 76; Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 50; Sommer, Rn. 110. 15 LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 41; vgl. auch Modlinger, S. 1; Ockenfels, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 86 (89); Obinger, in: Politische Korruption, S. 93. 16 Überhofen, S. 5. Korruption verursache erhebliche volkswirtschaftliche Schäden im Bereich Verwaltung und Wirtschaft: BT-Drs. 13 / 5584, S. 8; BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 1; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 25 ff. m.w. N.; exemplarische Belege bei Schaupensteiner, 61. DJT Bd. II / 2, L 110 f.; Bannenberg, S. 240, 366 ff.; Schaupensteiner, in: Pieth / Eigen, S. 138 f.; Borner / Schwyzer, in: Pieth / Eigen, S. 17 f.; Obinger, in: Politische Korruption, S. 93; Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (148 f.). Kritisch Hettinger, NJW 1996, 2263 (2266): „Lesen im Kaffeesatz oder Deutung des Vogelflugs“. 17 A / W-Heinrich, § 49 Rn. 10; BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 10; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 12; Eser, 61. DJT Bd. II / 2, L 76; Kahmann, S. 32; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 5; Schweitzer, S. 23; Androulakis, S. 30; Berg, S. 13; ähnlich Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 12: „Bewusstsein“; vgl. Hetzer, StraFo 2008, 489 (489, 493); Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (84): „öffentliche Dauerpräsenz“. 18 Nach Bernsmann, StV 2009, 308 (308), wurde „Korruption nicht zu letzt auch medienwirksam zur globalen Seuche erklärt“; Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 366; Dölling / Nötzel, Kap. 10 Rn. 1; Busch, StV 2009, 291 (301); Bottke, ZRP 1998, 215 (217); Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (83); Höffling, Krim. Journal 1998, 284 (284); Hauschka / Greeve, BB 2007, 165 (165); Bock, JA 2008, 199 (199); Hettinger, NJW 1996, 2263 (2264); Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (409); Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (461). 19 BGBl. I 1997 Nr. 58 vom 19. August 1997 S. 2038 – 2043. 20 Http: //www.transparency.de/UEber-uns.44.0.html (Stand 03. 11. 2010). 21 Http: //www.transparency.de/Korruptionsindices.382.0.html (Stand 03. 11. 2010).

24

Kap. 1: Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption

tion22. Ein weiteres Beispiel auf internationaler Ebene ist die 1999 vom Europarat gegründete „Groupe d’États contre la corruption“ – kurz GRECO.23 Mittlerweile haben mit dem Vertrag von Lissabon das Europäische Parlament und der Europäische Rat gemäß Art. 83 Abs. 1 AEUV die Kompetenz, durch Richtlinien Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität, zu der Korruption explizit aufgelistet wird, zu regeln. Die Bekämpfung von Korruption wurde zur zentralen gesellschaftspolitischen Aufgabe der Gegenwart erklärt.24 Bei intensiverer Analyse dieser Zielsetzung entsteht der Eindruck, dass ein „symbolischer Kreuzzug“ stattfindet, anstatt Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen, die den Nährboden für korruptives Verhalten bilden, zu verändern.25 Der Gesetzgeber sollte daher von seiner „Pönalisierungswut“26 Abstand nehmen und die tatsächlichen Interessen, die hinter den Forderungen nach Korruptionsbekämpfung stehen, sorgfältiger prüfen.27 So positiv sich die Sensibilisierung der Gesellschaft auf die Problematik Korruption auswirkt, so negativ stellt sich die andere Seite der Medaille dar: „Skandalisierung“ und Erzeugung von „Endzeitstimmung“28 sowohl durch Wissenschaft, Rechtsprechung und besonders durch die Medien. Korruption wird synonym als „weit verbreitete Unsitte“29, „Krebsgeschwür“30, „wuchernder Krebsschaden in der Gesellschaft“31, „moderne Inkarnation des Bösen“ und „Grundübel moderner Gesellschaften“32, „Fluch“33,

22 Abrufbare Tagungsdokumentationen (beispielsweise Strafverfolgung der Korruption 2008 – Strategien der Korruptionsbekämpfung für Unternehmen und Strafverfolgungsbehörden. Dokumentation einer Tagung von Transparency International Deutschland e.V. und der Friedrich-Ebert-Stiftung am 8. 12. 2008 in Berlin) unter http: //www.transparency.de/Strafver folgung.57.0.html (Stand 30. 10. 2010). 23 Vgl. Hauck, wistra 2010, 255 ff. 24 BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 1; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 35; Küchler, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 61 (61); Jaques, S. 19; vgl. auch Überhofen, S. 13; Bannenberg, S. 1 ff.; Greeve, Rn. 38; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 7; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 14; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 35; Androulakis, S. 29. 25 Bernsmann, StV 2003, 521 (521). Durynek, S. 413: besonders in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunders existierten Funktionalisierungs- und Symbolisierungstendenzen in der Gesetzgebung der Korruptionsdelikte. 26 SSW-Rosenau, § 331 Rn. 4; ähnlich auch Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 2. 27 Ostendorf, NJW 1999, 615 (615). 28 Ostendorf, NJW 1999, 615 (615); Zabel, GA 2011, 347 (349); ähnlich Hettinger, NJW 1996, 2263 (2267); Küchler, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 61 (62); Lüderssen, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 241 (246); Ockenfels, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 86 (87); Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 366. 29 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (129). 30 Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 17; Reichmann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 8 (9). 31 Martiny, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 3 (3). 32 Killias, FS Schneider (1998), 239 (239). 33 Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 35.

A. Korruption als Schlüsselbegriff rechtspolitischer Auseinandersetzung

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„Gift für die Marktwirtschaft“34 sowie „Pest des Schmierens“35 bezeichnet. Es findet eine „Verteufelung der Korruption“36 statt, wenn von „Sumpflandschaft der Korruption“37, „Korruption als Lebensart“38 oder vom „Bazillus, der sich zu einer schlimmen Krankheit entwickelt und das Gemeinwesen insgesamt betrifft und schädigt“ die Rede ist.39 Gerade weil das Thema Korruption fähig ist, die Öffentlichkeit zu unterhalten und zu fesseln, wird dieses besonders stark medialisiert.40 Aber: Medien moralisieren, emotionalisieren, überzeichnen und vereinfachen.41 Vor allem ist vor Verdachtsermittlungen der Medien42, aber auch vor Inszenierung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungstätigkeit43 zu warnen, nicht zuletzt aufgrund eines wichtigen Grundsatzes im Strafverfahren: der Unschuldsvermutung44. Es ist daher notwendig, sich bei ständigem Informationsfluss45 auf die gesellschaftliche Wirklichkeit und eine sachliche Debatte zu besinnen. Korruption vollständig zu beseitigen ist eine Illusion. Primär muss es um Beherrschbarkeit und Kontrolle des Phänomens gehen.46 In rechtlicher Hinsicht dürfen keine Unsicherheiten darüber bestehen, was erlaubt und was verboten ist. Durch vielfältige Änderungen und Verschärfungen des Korruptionsstrafrechts, insbesondere in Form kontinuierlicher Ausdehnungs- und Kriminalisierungstendenzen47, sind jedoch rechtliche Unsicherheiten entstanden.48 Die Grenzen der Strafbarkeit sind nicht mehr klar konturiert.49 Die Verantwortung hat der Gesetzgeber dabei der Rechtsprechung aufgebürdet50, wodurch der Vorwurf entstanden ist, dass Korruptionsstrafrecht zum „case law“ im klassischen Sinne geworden sei.51 Hetzer, StraFo 2008, 489 (489). Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (409). 36 Höffling, Krim. Journal 1998, 284 (285). 37 Schemmel / Hacker, ZRP 2009, 4 (5). 38 Spiegel Online, http: //www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,637938,00.html (Stand 24. 07. 2009). 39 Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 16. 40 Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 366; vgl. Zabel, GA 2011, 347 (355), zum Zusammenhang zwischen Medialisierung und Unterhaltung der Öffentlichkeit anhand des Falles der HIV-Infektion der Sängerin Nadja Benaissa. 41 Zabel, GA 2011, 347 (349). 42 Zabel, GA 2011, 347 (353). 43 Zabel, GA 2011, 347 (358). 44 Zabel, GA 2011, 347 (358). 45 Hettinger, NJW 1996, 2263 (2264). 46 Homann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 32 (45). 47 Durynek, S. 369; Heine, ZBJV 2002, 533 (543). 48 Görling / Inderst / Bannenberg-Bannenberg / Dierlamm, Kap. 5 Rn. 81; Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (154); Michalke, StV 2011, 492 (492). 49 Sommer, Rn. 7, 12; Michalke, StV 2011, 492 (492): „chronisch defizitäre Bestimmbarkeit bei den Korruptionsvorschriften“. 50 Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (154). 51 Sommer, Rn. 36; Michalke, StV 2011, 492 (492). 34 35

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Kap. 1: Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption

Die Sensibilität gegenüber Korruption hat in den letzten Jahren insbesondere in der Wirtschaft zugenommen. Noch vor dem Korruptionsbekämpfungsgesetz im Jahre 1997 existierte, trotz der Regelung des § 12 UWG a. F., ein eher schwaches Problembewusstsein.52 Korruption im Bereich der Wirtschaft verzerrt jedoch die Gesetze des Marktes, weil nicht der Bessere, sondern der Finanzkräftigere zum Zuge kommt.53 Daraus resultierende Folgen dürfen nicht unterschätzt werden (auch wenn Korruption im Einzelfall gesamtwirtschaftlich vorteilhaft sein kann54): Wettbewerbsverzerrungen, sinkende Wettbewerbsfähigkeit, Abbau von Chancengleichheit, Etablierung von Monopolstellungen, Qualitätsverlust, Umlegung von Finanzierungskosten auf Verkaufspreise etc.55 Obwohl im Geschäftsleben der zivilrechtliche Grundsatz der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit herrscht56, stellt das, was bis dato als „allgemein üblich“ galt, zunehmend ein strafrechtlich relevantes Risiko dar.57 Für private Unternehmen entsteht ein Konflikt zwischen dem Ziel der Gewinnerwirtschaftung, für welches Aufträge notwendig sind, und der Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen.58 Dennoch muss die Frage berechtigt sein – mit Blick auf die tatsächlichen Marktverhältnisse –, ob Schmiergeldzahlungen und Bestechungsgelder möglicherweise nicht notwendige Übel sind, um auf dem (internationalen) Markt bestehen und als Unternehmen überleben zu können.59 Zur Beantwortung dieser Frage kann die Konstruktion des sogenannten Gefangenendilemmas60 hilfreich sein:

52 Vahlenkamp / Knauß, S. 38 f.; Vogel, FS Weber (2004), 395 (396); vgl. Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747); Scheuch, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 12 (28); Jaques, S. 240; Wittig, wistra 1998, 7 (7); Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (129). 53 Arnim / Heiny / Ittner, S. 24, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Geis, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 47 (47); Heine, ZBJV 2002, 533 (533, 542); ähnlich Kessel / Stähli, in: Jakob / Fikentscher, S. 276. 54 Homann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 32 (35); Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 401: im Einzelfall wirkt Korruption wohlfahrtssteigernd, wenn beispielsweise Arbeitsplätze gesichert werden können. 55 Vahlenkamp / Knauß, S. 48, 68; Schaupensteiner, in: Pieth / Eigen, S. 139; Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (411); Then, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 69 (70); vgl. auch Scheuch, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 12 (29). 56 Lüderssen, FS Tiedemann (2008), 889 (890). 57 NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 19. 58 Bock, ZIS 2009, 68 (68); siehe auch Then, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 69 (72). 59 Beispielsweise Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (157); Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 25. 60 Beispielsweise Viebranz, S. 132; Dixit / Nalebuff, S. 90; Beckenkamp, ZIS 2011, 137 (137); Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (157); Pies, in: Jansen / Priddat, 63 (75 ff.).

A. Korruption als Schlüsselbegriff rechtspolitischer Auseinandersetzung U2

bestechen

U1

nicht bestechen

1, 4

bestechen

2, 2

27

U2

nicht bestechen IV

3, 3

III

bestechen

I U1

nicht bestechen

1, 4-s

bestechen

2-s, 2-s

IV

3, 3

III

II

4, 1

nicht bestechen

a) Ohne Sanktion

I

II

4-s, 1

b) Mit Sanktion (s = Strafhöhe)

Abbildung 1: Gefangenendilemma61

Das Gefangenendilemma stellt die rationale Entscheidungssituation zweier Parteien, hier Unternehmen, dar. Beide Unternehmen konkurrieren um die gleichen Aufträge und haben unabhängig voneinander die Wahl, die Auftraggeber zu bestechen oder nicht zu bestechen.62 Betrachtet man zunächst Unternehmen 1 (U1), dann ist festzustellen, dass es, unabhängig von der Entscheidung von Unternehmen 2 (U2), immer bestechen wird. Anschaulich wird dieses Verhalten durch die linke Skizze63 in Abbildung 1. Dabei stellen die Zahlen den Unternehmensgewinn in fiktiven Geldeinheiten (GE) dar. Für den Fall, dass U2 besticht, kann sich U1 verbessern, wenn es ebenfalls besticht und sich dadurch Aufträge sichert. Der Unternehmensgewinn steigt in diesem Fall von 1 GE auf 2 GE. Besticht U2 hingegen nicht, so ist es für U1 ebenfalls von Vorteil zu bestechen, da es so seinen Gewinn von 3 GE auf 4 GE steigern kann. U1 wird daher immer die Möglichkeit des Bestechens wählen, da es so – unabhängig von der Entscheidung von U2 – immer seinen Unternehmensgewinn steigern kann. Man spricht in einer solchen Situation von einer dominanten Strategie.64 Es handelt sich hier um ein symmetrisches Problem.65 Daher wird U2 analog handeln, d. h. ebenfalls immer die Option des Bestechens wählen. Im Ergebnis werden beide Unternehmen bestechen und dadurch einen Unternehmensgewinn von 2 GE erwirtschaften. Man erkennt an Abbildung 1, dass es jedoch besser gewesen wäre, wenn beide Unternehmen nicht bestochen hätten und damit keine Bestechungsgelder geflossen wären. Beide Unternehmen hätten dann einen höheren Gewinn (3 GE) erzielen können. Einen Ausweg aus diesem Dilemma zeigt die rechte Skizze66 in Abbildung 1. Durch das Einführen einer Strafe s kann die Entscheidung der beiden Unternehmen beeinflusst werden.67 Beträgt im obigen Beispiel die Strafe mehr als 1 GE, dann ist 61 62 63 64 65 66

Abbildung aus Viebranz, S. 132. Vgl. Beckenkamp, ZIS 2011, 137 (137). Viebranz, S. 132; Beckenkamp, ZIS 2011, 137 (137). Dixit / Nalebuff, S. 60 f.; 90. Beckenkamp, ZIS 2011, 137 (137). Viebranz, S. 132.

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Kap. 1: Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption

es für beide Parteien eine dominante Strategie nicht zu bestechen. Beide Unternehmen werden dann den optimalen Gewinn in Höhe von 3 GE erhalten. Es wird deutlich, dass Unternehmen einem hohen Anreiz zu korrumpieren unterliegen, um höhere Gewinne zu erzielen und um nicht das einzige Unternehmen zu sein, das keinen Auftrag erhält.68 Deshalb sind Anreize zur Einhaltung des Bestechungsverbotes zu schaffen.69 Diese Anreize müssen derartig ausgestaltet sein, dass zugunsten des Gesamtwohls die Erlangung eigener Vorteile zurückgestellt wird.70 Das (Individual-)Strafrecht ist dazu kaum in der Lage, sondern wird konspiratives Verhalten der Akteure tendenziell noch verstärken.71 Anregungen zur Einhaltung des Bestechungsverbotes können durch die Einführung korruptionsspezifischer Unternehmenssanktionen bewirkt werden. Indem Strafmilderungen in Aussicht gestellt werden, können Unternehmen dazu angehalten werden, aktiv und kooperativ an Korruptionsprävention und -aufklärung mitzuwirken und keine Korruption mehr zu betreiben. Es handelt sich dabei um sog. Sanktions-Anreiz-Arrangements („carrotand-stick“).72 Eine effektive Eindämmung von Korruption bedarf im Ergebnis einer gesellschaftlichen Gesamtstrategie, die sich aus Prävention und Repression zusammensetzt.73 Betont wird, dass Prävention an erster Stelle stehen muss.74 Für eine erfolgreiche Prävention ist es entscheidend, dass die Normadressaten eine akzeptable normkonforme Verhaltensalternative zur Korruptionsstrategie haben.75 Dies ist aber nur ein wesentlicher Aspekt. Hinzu kommt, dass sich innerhalb der Gesellschaft eine Anti-Korruptions-Kultur etablieren muss, in der Korruption als verwerflich gilt.76 Dazu bedarf es Aufklärungsmaßnahmen.77 Auf der Ebene der Prävention haVgl. Dixit / Nalebuff, S. 90 ff., 101 ff. Siller, Kriminalistik 2010, 747 (748); Homann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 32 (39 f.). 69 Homann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 32 (39 ff.); Bachmann / Prüfer, ZRP 2005, 109 (111); Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (157). 70 Bachmann / Prüfer, ZRP 2005, 109 (111); Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (158); Viebranz, S. 133. 71 Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (159). 72 Bachmann / Prüfer, ZRP 2005, 109 (112); Swenson, in: Verantwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, 36 (36); Wieland, in: Verantwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, 46 (47 ff.); Homann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 32 (41 ff.); Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 403 f. 73 Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 14, 18; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 35; Reichmann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 8 (10); Wiehen, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 15 (16); Bachmann / Prüfer, ZRP 2005, 109 (112); Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (412); Geis, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 47 (53). 74 Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 35; Dölling, ZStW 112 (2000), 334 (335); Eidam, Rn. 1939; Hauck, wistra 2010, 255 (258); Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 ff. 75 Killias, FS Schneider (1998), 239 (250). 76 Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (415); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 7 f. (Bannenberg, S. 11); Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 44: „Anti-Korruptions-Ethik“. 67 68

A. Korruption als Schlüsselbegriff rechtspolitischer Auseinandersetzung

29

ben sich beispielsweise die Stärkung des Vier-Augen-Prinzips sowie der Personalrotation, die verbesserte Erfassung von Korruptionstätern und deren Ausschluss von Vergaben der öffentlichen Hand, Verhaltensrichtlinien, Wertskalen und Kontrollen bei der Personal- und Lieferantenauswahl herausgebildet.78 Daneben zählen die Etablierung interner Kontrollen und Aufsichtspflichten der Führungspersonen79 und Transparenz der Vorgänge gegenüber Dritten80 zu Erfolg versprechenden Präventionsmaßnahmen. Die allgemeine Kronzeugenregelung gemäß § 46b StGB, wonach das Gericht die Strafe mildern kann, entfaltet negative Generalprävention, wenn sich die Tatbeteiligten nicht mehr darauf verlassen können, dass aus Furcht vor Bestrafung geschwiegen wird.81 Es wird zunehmend eine angemessene Regelung des Schutzes von Whistleblowern, insbesondere in arbeitsrechtlicher Hinsicht, gefordert.82 Whistleblowing bedeutet in diesem Kontext soviel wie das Melden illegaler Praktiken durch Insider.83 Solche Informationen stellen einen der wichtigsten Faktoren zur Aufdeckung von Fehlverhalten dar.84 Zur Implementierung eines wirksamen Whistleblowerschutzes gibt nicht zuletzt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte85 in Straßburg Anlass: Dieses Urteil hat Arbeitnehmer dahingehend gestärkt, Missstände in Unternehmen bzw. Behörden öffentlich anzuprangern, soweit der Vorgesetzte bzw. die zuständige Behörde nicht reagieren.86 Der Einsatz des Strafrechts ist das zweite Mittel zur Sozialkontrolle von Korruption87 und das „eingriffsintensivste staatliche Instrument zur Lösung sozialer Konflikte“88. Das Strafrecht dient allerdings nicht primär der Steuerung gesellschaftliValerius, GA 2010, 211 (221); Busch, StV 2009 291 (301). Vgl. Greeve, Rn. 62 ff.; Berg, S. 48; ausführlich Hauschka / Greeve, BB 2007, 165 (165 ff.); BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 9; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 45; Dölling / Benz / Heißner / John, Kap. 2 Rn. 24 ff., 40 ff.; Geis, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 47 (51); allgemein auf Kontrollen abstellend Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 18. 79 Then, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 69 (73). 80 Scheuch, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 12 (25); Then, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 69 (70). 81 Dölling, 61. DJT Bd. 1, C 73 ff.; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 27; Geis, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 47 (59); skeptisch Ockenfels, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 86 (103); Modlinger, S. 434 ff. 82 Wiehen, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 15 (17); Viebranz, S. 69; Koch, ZIS 2008, 500 (505); eingehend zur Whistleblowing-Problematik Hauschka / Greeve, BB 2007, 165 (172 f.), und Koch, ZIS 2008, 500 ff.; Siller, Kriminalistik 2010, 747 (752). Dazu auch BTDrs. 17 / 8567; BT-Drs. 17 / 7053 und BR-Drs. 534 / 11. 83 Koch, ZIS 2008, 500 (500); Bock, Criminal Compliance, S. 732; Görling / Inderst / Bannenberg-Inderst, Kap. 4 Rn. 36; Modlinger, S. 401; Viebranz, S. 69. 84 Koch, ZIS 2008, 500 (501); Viebranz, S. 69; Modlinger, S. 401. 85 EGMR, Urteil vom 21. 07. 2011 – 28274 / 08, in: NZA 2011, 1269 ff. 86 Dazu Janisch, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 167 vom 22. Juli 2011, S. 5. 87 Bannenberg, S. 1; ähnlich Überhofen, S. 12; Hauck, wistra 2010, 255 (258); Zabel, GA 2011, 347 (351). Durynek, S. 446, hält das Strafrecht nur sehr bedingt zur Lösung der Korruptionsproblematik für geeignet; der Schwerpunkt sei bei der Prävention zu setzen. 88 Theile, ZIS 2011, 616 (621). 77 78

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Kap. 1: Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption

cher Moral, sondern der Verhaltenssteuerung.89 Es kann das Wertebewusstsein allenfalls kräftigen.90 Selbstverständlich muss insofern die Beachtung von Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit sein: Nur evidentes Unrecht darf bestraft werden.91 Die Grundsätze des Strafrechts von Bestimmtheit der Straftatbestände, Schuldprinzip und Subsidiarität sind einzuhalten.92 Kritisch muss die gesetzgeberische Schaffung von Straftatbeständen beurteilt werden, die auf Beweisbedürfnissen bzw. -schwierigkeiten beruht. Dafür ist der im Jahre 1997 geschaffene § 298 StGB exemplarisch, der auf den Nachweis eines Vermögensschadens, den § 263 StGB verlangt, verzichtet.93 Die denkbaren Rechtsfolgen neben der klassischen Strafe und der individuellen Strafandrohung sind zahlreich. Dazu zählen steuerrechtliche Nachforderungen, Unternehmensgeldbußen nach §§ 30, 130 OWiG, gewinnabschöpfende Maßnahmen, Verfall (§§ 73 ff. StGB)94, Eintragungen nach der Gewerbeordnung und Gewerbeentzug, Berufsverbote, Auftragssperren, Eintragung in Korruptionsregister, pauschalisierter Schadensersatz und Kündigung des Auftraggebers, Anfechtungsmöglichkeit nach § 123 BGB durch den Auftraggeber, deliktische Haftung und Adhäsionsverfahren95 und sonstige Nebenfolgen zum Beispiel gemäß § 358 StGB (Aberkennung der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden). Daneben ist die Diskussion um die Einführung eines Unternehmensstrafrechts, d. h. direkte Verantwortlichkeit der Unternehmen, neben individueller Strafbarkeit in Deutschland dauerhaft Brennpunkt wissenschaftlicher Debatten.96 Der strafrechtlichen Verfolgung von UnRoxin, AT / I, § 2 Rn. 1 ff.; Knauer / Kaspar, GA 2005, 385 (404). Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 51; Schöch, 61. DJT Bd. II / 2, L 109. 91 Überhofen, S. 13; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 43. 92 Hamm, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 44 (44); Achenbach, FS Tiedemann (2008), 47 (58); Überhofen, S. 52; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 18; Ostendorf, NJW 1999, 615 (618). 93 Hamm, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 44 (45). 94 Das Gericht ordnet Verfall gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht an, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Dazu ausführlich: H. Schmidt, wistra 2011, 321 ff. Die strafrechtliche Möglichkeit der Vermögensabschöpfung ist bei einer Verurteilung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr begrenzt, wenn der Betriebsinhaber zivilrechtliche Ansprüche gegen den Täter bzw. sonstigen Tatbeteiligten geltend machen könnte, und bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung begrenzt, wenn Ansprüche des Steuerfiskus bestehen, so H. Schmidt, wistra 2011, 321 (327). 95 Greeve, Rn. 29, 604 ff.; Eidam, Rn. 1939; Busch, StV 2009, 291 (297 ff.); Bock, ZIS 2009, 68 (69); MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 30; Hauschka / Greeve, BB 2007, 165 (166); Nestler, StV 2009, 313 (319); Modlinger, S. 149 ff.; Rechtsfolgen zivilrechtlicher Art behandelt Berg, S. 65 ff. 96 Alwart, ZIS 2011, 173 ff.; Alwart, in: Verantwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, 75 ff.; Mittelsdorf, Unternehmensstrafrecht im Kontext; Bottke, JuS 2002, 320 (324); Trüg, wistra 2010, 241 ff.; Dannecker, in: Verantwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, 5 ff.; Hetzer, StraFo 2008, 489 (489); Wiehen, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 15 (16); Heine, in: Verantwortung und Steuerung von Unterneh89 90

A. Korruption als Schlüsselbegriff rechtspolitischer Auseinandersetzung

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ternehmen sind Grenzen gesetzt.97 Die Forderung nach einem Unternehmensstrafrecht beruht u. a. darauf, dass sich die individuelle und eindeutige Zuordnung einzelner Tatbeiträge aufgrund der zumeist arbeitsteiligen Arbeitsweise als schwierig erweist.98 Ob die Unternehmensstrafe im Bereich der Korruption sinnvoll ist, soll in dieser Untersuchung nicht vertieft werden. Realistisch kann eine Unternehmensstrafe sein, wenn Unternehmen Korruption als „Geschäftsmodell“ betreiben und Korruption Mittel der Unternehmenspolitik darstellt.99 Die aktuellste Diskussion zum Thema (Korruptions-)Prävention ist auf „(Criminal) Compliance“100 als Teilbereich der „Corporate Governance“101 fokussiert, welcher den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens bezeichnet102 und damit im weiteren Sinne Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung umfasst103. Compliance gilt als Weg zur Vermeidung betrieblicher Straftaten sowie als probates Mittel des Risikomanagements104 und wird zur Unternehmenssteuerung eingesetzt105. Es geht um die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen106 und um die Verhinderung von Rechtsverstößen,

men in der Marktwirtschaft, 90 (90 ff.); Heine, Strafrechtliche Verantwortung von Unternehmen. Dazu beispielsweise Modlinger, Brauchen wir zur Korruptionsbekämpfung ein Unternehmensstrafrecht?, der folgendes Fazit zieht (S. 471): „Somit lässt sich nun im Ergebnis festhalten, dass kein Unternehmensstrafrecht nötig ist, wenn die bestehende Regelung des § 30 OWiG modifiziert wird.“. 97 Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 2. 98 Bottke, JuS 2002, 320 (323); Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 59; vgl. auch Tiedemann, AT, § 4 Rn. 235. 99 Vgl. Nell, ZRP 2008, 149 (150). 100 Modlinger, S. 390; Bock, Criminal Compliance, S. 22: „Modethema“; Dix, ZIS 2011, 110 (110): „Konjunktur“. Ausführlich: Compliance, Aufbau-Management-Risikobereiche, von Görling / Inderst / Bannenberg (Hrsg.); Bock, Criminal Compliance; Bock, HRRS 2010, 316 (316 ff.); Bock, wistra 2011, 201 (201). 101 Sommer, Rn. 450; Modlinger, S. 385; Görling / Inderst / Bannenberg-Weber-Rey, Kap. 7 Rn. 2. 102 Werder, in: Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 1. Teil Rn. 1; Sommer, Rn. 450; Bock, wistra 2011, 201 (201). 103 Görling / Inderst / Bannenberg-Weber-Rey, Kap. 7 Rn. 100; vgl. auch Michalke, StV 2011, 245 (245). 104 Eidam, Rn. 1936, 1948; vgl. Hauschka / Greeve, BB 2007, 165 (165 f.); Bock, ZIS 2009, 68 (68, 76); Theile, ZIS 2008, 406 (409); Görling / Inderst / Bannenberg-Poppe, Kap. 1 Rn. 28, 32; Michalke, StV 2011, 245 (248 f.); Lüderssen, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 241 (272), spricht von „überkomplexen Compliance-Systemen“; skeptisch BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 21. 105 Sieber, FS Tiedemann (2008), 449 (451); Theile, ZIS 2008, 406 (409 f.). 106 Momsen, FS Puppe (2011), 751 (754); Bock, Criminal Compliance, S. 19; Dix, ZIS 2011, 110 (110); Görling / Inderst / Bannenberg-Poppe, Kap. 1 Rn. 2; Bock, ZIS 2009, 68 (68); Ringleb, in: Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 2. Teil Rn. 803; Bock, HRRS 2010, 316 (316); Kraft, wistra 2010, 81 (81); Rotsch, ZIS 2010, 614 (614); Sommer, Rn. 450; Schneider / Gottschaldt, ZIS 2011, 573 (573). Modlinger, S. 385, bezieht sich darüber

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Kap. 1: Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption

insbesondere von Straftaten, die aus dem Unternehmen heraus begangen werden und erhebliche Nachteile durch Haftungsrisiken oder Ansehensverlust mit sich bringen107. Bei sog. Compliance-Richtlinien handelt es sich um Verhaltens-, Mitarbeiter- oder Dienstanweisungen und Vorgaben für die vertragliche Gestaltung externer und interner Rechtsbeziehungen.108 Für den Bereich der Korruption werden betriebsinterne Antikorruptions-Richtlinien geschaffen, die den definierten Umgang mit Zuwendungen zum Gegenstand haben.109 Beispielsweise sind Geschenke und Einladungen häufig ein Mittel der Kundenbindung und Kundenbeeinflussung, bergen aber strafrechtliche Risiken.110 Compliance-Regeln können den Beteiligten daher Konturen und Handlungssicherheit für eine Vielzahl von Verhaltensweisen verleihen.111 Der Etablierung von Compliance-Regeln liegt das Bestreben der Unternehmensleitung zugrunde, Risiken straf- oder zivilrechtlicher Art zu minimieren.112 Compliance-Programme können ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie in der Praxis umgesetzt und nicht nur zum positiven Schein nach außen hin eingeführt werden.113 Soweit Compliance-Programme lediglich zur Vermittlung von Rechtstreue und zur Verschleierung der wahren Unternehmenspolitik, die Korruption anordnet oder duldet, instrumentalisiert werden, handelt es sich um bloßes „Window-dressing“.114 Eine gewisse Skepsis gegenüber Compliance-Programmen ist im Hinblick auf die Präventivwirkung angebracht: Hinter der Einführung steht häufig das Unternehmensinteresse als „Good Corporate Citizen“ wahrgenommen zu werden.115 „Good Corporate Citizen“ bedeutet, dem Leitbild eines gesetzestreuen und verantwortlich handelnden Unternehmens zu entsprechen.116 Mittlerweile wirft die Etablierung von Compliance-Programmen die Frage nach strafrechtlichen Risiken wegen Begehens einer Straftat durch Unterlassen insbesonhinaus auf unternehmensrelevante ethische und soziale Normen, die aber nach Bock, Criminal Compliance, S. 20, juristisch nicht gelten. 107 BGH StV 2009, 687 (688); Sieber, FS Tiedemann (2008), 449 (454); Rönnau / Schneider, ZIP 2010, 53 (53); Görling / Inderst / Bannenberg-Poppe, Kap. 1 Rn. 60. 108 Dölling / Dieners, Kap. 4 Rn. 83. 109 Eidam, Rn. 1971; Klindt / Pelz / Theusinger, NJW 2010, 2385 (2390). 110 Görling / Inderst / Bannenberg-Bannenberg / Dierlamm, Kap. 5 Rn. 77. 111 Görling / Inderst / Bannenberg-Bannenberg / Dierlamm, Kap. 5 Rn. 81 f. 112 Eidam, Rn. 1936; Görling / Inderst / Bannenberg-Poppe, Kap. 1 Rn. 30; Modlinger, S. 386; vgl. auch Bachmann / Prüfer, ZRP 2005, 109 (111); Rotsch, ZIS 2010, 614 (616); Nestler, StV 2009, 313 (319); Krause, NStZ 2011, 57 (60); Bock, wistra 2011, 201 (201); Michalke, StV 2011, 245 (245). 113 Dölling / Dieners, Kap. 4 Rn. 83; Sieber, FS Tiedemann (2008), 449 (477); Busch, StV 2009, 291 (300); vgl. auch Görling / Inderst / Bannenberg-Inderst, Kap. 3 Rn. 3. 114 Nell, ZRP 2008, 149 (150). 115 Theile, ZIS 2008, 406 (418); Görling / Inderst / Bannenberg-Inderst, Kap. 4 Rn. 11. 116 Dannecker, in: Verantwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, 5 (6).

A. Korruption als Schlüsselbegriff rechtspolitischer Auseinandersetzung

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dere für die sogenannten Compliance-Officers auf117, die für die Umsetzung von Compliance eingesetzt werden118. Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsansicht geäußert, dass für Compliance-Officer regelmäßig eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB besteht.119 Es ist nach dem Bundesgerichtshof entscheidend, ob sich die übernommene „Pflichtenstellung des Beauftragten allein darin erschöpft, […] gegen das Unternehmen gerichtete Pflichtverstöße aufzudecken und zukünftig zu verhindern, oder ob der Beauftragte weitergehende Pflichten dergestalt hat, dass er auch vom Unternehmen ausgehende Rechtsverstöße zu beanstanden und zu unterbinden hat“120. Die Annahme einer Garantenpflicht ist die notwendige Kehrseite der übernommenen Pflicht, Rechtsverstöße und Straftaten zu unterbinden.121 Dieses obiter dictum hat eine heftige Debatte in der Strafrechtswissenschaft entfacht.122 Es besteht die Besorgnis, dass die strafrechtliche Verantwortung von Compliance-Officern erheblich ausgeweitet wird123 und Compliance-Officer zumindest in den Fokus der Ermittler rücken werden.124 Zudem wird die Befürchtung geäußert, dass Compliance-Bemühungen behindert werden könnten, wenn Strafverfolgung der Compliance-Officer droht.125 Die Kritik betrifft vor allem die Gesichtspunkte der Garantenstellung kraft Übernahme, das Prinzip der Selbstverantwortung und das Stichwort „Geschäftsherrenhaftung“.126 Die Frage nach strafrechtlicher Haftung geht aber über die Person des Compliance-Officers hinaus: Strafbarkeitsrisiken könnten für die Unternehmensleitung daraus resultieren, dass diese sich weigert, ein Compliance-System zu unterhalten, oder dass ein vorhandenes Compliance-System gravie117 Momsen, FS Puppe (2011), 751 ff.; Görling / Inderst / Bannenberg-Rieder / Falge, Kap. 2 Rn. 23; Görling / Inderst / Bannenberg-Dierlamm, Kap. 6 Rn. 122 f.; Bock, Criminal Compliance, S. 760 ff.; Krause, NStZ 2011, 57 (60); Dann / Mengel, NJW 2010, 3265 (3265); Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 253 ff.; Schneider / Gottschaldt, ZIS 2011, 573 (573); Schwarz, wistra 2012, 13 (15 ff.); Krüger, ZIS 2011, 1 (1). 118 Schwarz, wistra 2012, 13 (13); Görling / Inderst / Bannenberg-Inderst, Kap. 3 Rn. 12 ff. 119 BGH StV 2009, 687 ff.; Achenbach, NStZ 2010, 621 (621). 120 BGH StV 2009, 687 (688). 121 BGH StV 2009, 687 (688). 122 Berndt, StV 2009, 689 ff.; Momsen, FS Puppe (2011), 751 (755 ff.); Schwarz, wistra 2012, 13 (15 ff.); Mosbacher / Dierlamm, NStZ 2010, 268 ff.; Rönnau / Schneider, ZIP 2010, 53 ff.; Bock, Criminal Compliance, S. 761; Dann / Mengel, NJW 2010, 3265 (3267 f.); Mittelsdorf, ZIS 2011, 123 (127); Kraft, wistra 2010, 81 ff.; Spring, GA 2010, 222 f.; Warneke, NStZ 2010, 312 ff.; Schneider / Gottschaldt, ZIS 2011, 573 (573 ff.); Krüger, ZIS 2011, 1 (1 m.w. N. in Fn. 6); Klindt / Pelz / Theusinger, NJW 2010, 2385 (2386); Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 253 ff. 123 Berndt, StV 2009, 689 (689); Mosbacher / Dierlamm, NStZ 2010, 268 (270); a. A. Rönnau / Schneider, ZIP 2010, 53 (61). 124 Kraft, wistra 2010, 81 (85). 125 Berndt, StV 2009, 689 (691). 126 Dazu Mosbacher / Dierlamm, NStZ 2010, 268 ff.; Schwarz, wistra 2012, 13 (16 ff.); Kraft, wistra 2010, 81 ff.; Warneke, NStZ 2010, 312 ff.; Berndt, StV 2009, 689 ff.; Spring, GA 2010, 222 f.; Rönnau / Schneider, ZIP 2010, 53 ff.; Görling / Inderst / Bannenberg-Dierlamm, Kap. 6 Rn. 122 ff.; Schneider / Gottschaldt, ZIS 2011, 573 (574 ff.).

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Kap. 1: Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption

rende Mängel aufweist, die Unternehmensleitung jedoch untätig bleibt und es unterlässt, auf die Errichtung oder Verbesserung hinzuwirken.127 Die Frage nach der Strafbarkeit von Compliance-Officern skizziert ebenso wie die anderen angeführten Gesichtspunkte die Komplexität der Thematik Korruption auf dem Gebiet des aktuellen Strafrechts und in der gegenwärtigen rechtspolitischen Auseinandersetzung. Der konkrete Untersuchungsgegenstand der vorliegenden wissenschaftlichen Bearbeitung, die das Korruptionsstrafrecht und die Beteiligungslehre umfasst, wird im Folgenden näher dargestellt.

B. Ziel und Gang der Untersuchung Im zweiten Kapitel wird das Phänomen Korruption präzisiert (A.) und ein Korruptionsmodell entwickelt (B.), welches Handlungsmuster und -geflechte der einzelnen am Korruptionsgeschehen beteiligten Akteure klar herausarbeitet. Ziel dieser handlungstheoretischen Strukturanalyse ist es, Beteiligtenstrukturen in Korruptionssachverhalten offen zu legen und sachgerechte Lösungen für Beteiligungsfragen zu finden. Derzeit werden spezifische Handlungsmuster und -geflechte noch viel zu wenig in allgemeine täterschaftliche Überlegungen einbezogen. Eine überzeugende Täterlehre muss jedoch für alle möglichen Handlungsstrukturen offen sein. Im dritten Kapitel wird das Korruptionsmodell angewendet. Zu überprüfen ist, welche Straftatbestände als Korruptionsdelikte zu identifizieren sind (A.). Denn letztlich bemisst sich jeder in der Gesellschaft wahrgenommene „Korruptionsskandal“ allein anhand von Gesetz und Dogmatik.128 Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist die Rechtslage de lege lata. Die Untersuchung bezieht sich dabei auf die §§ 331 ff. StGB (I.), § 299 StGB (II.), § 298 StGB (III.) und § 266 StGB (IV.), die regelmäßig im Korruptionskontext genannt werden.129 Im Vordergrund der Analyse stehen die jeweiligen Tatbestandsstrukturen. Die Fragen, ob und wie die aufgelisteten Straftatbestände systematisch dem Phänomen Korruption zugeordnet werden können, werden abschließend im Rahmen einer Klassifizierung von Straftatbeständen als Korruptionsdelikte (B.) beantwortet. Eine Klassifizierung der Straftatbestände ist erforderlich, um die Vielschichtigkeit des Phänomens Korruption gerade auch im juristischen Sinne aufzuzeigen. In den Kapiteln vier bis sechs steht die Beteiligung an Korruptionsstraftaten im Sinne der §§ 25 ff. StGB im Mittelpunkt. Es wird gezeigt, dass das Korruptionsmo-

Krause, NStZ 2011, 57 (61); vgl. auch Michalke, StV 2011, 245 (248). In diesem Sinne zum „Siemensskandal“ Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (57). 129 § 108b StGB (Wählerbestechung) und § 108e StGB (Abgeordnetenbestechung) werden in der vorliegenden Arbeit nicht einbezogen. Hinzuweisen ist jedoch auf einen neuerlichen Entwurf zur Umgestaltung des § 108e StGB und zur Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung (BT-Drs. 17 / 8613; zuvor bereits BT-Drs. 17 / 1412 und BT-Drs. 17 / 5933). 127 128

B. Ziel und Gang der Untersuchung

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dell hilfreich ist, um verschiedene Beteiligungsfragen innerhalb von korruptiven und komplexen Handlungsgeflechten sachgerecht und phänomengetreu zu beantworten. Darüber hinaus wird dargelegt, dass besondere Handlungsstrukturen bislang völlig unzureichend in die Theorien der allgemeinen Täterlehre einbezogen und berücksichtigt werden. Die Kapitel vier bis sechs haben daher zum Ziel, dieses Defizit der Beteiligungsdogmatik zu beseitigen und neue Lösungsansätze zu präsentieren. Im vierten Kapitel werden zunächst Beteiligungssysteme vorgestellt und die Problematik des Tatherrschaftsgedankens im differenzierenden Beteiligungssystem skizziert (A.). Nach diesem Abriss zu den Grundlagen der Beteiligungslehre werden die Handlungsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte kritisch analysiert (B.). Ziel dieser kritischen Analyse ist es, zu verdeutlichen, dass sich die bisherige Auslegung der Straftatbestände zu wenig an der korruptionsspezifischen Ausgestaltung orientiert. Erforderlich ist eine Auslegung, die die Täter-Täter-Interaktion des Korruptionsgeschehens einbezieht. Dazu ist das entwickelte Korruptionsmodell hilfreich, mit dem einzelne tathandlungsspezifische Fragen sachgerecht beantwortet werden können. Im fünften Kapitel gilt es, die strafrechtliche Verantwortung des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers als Täter gemäß § 25 StGB differenziert zu bewerten. Zentrales Problem dieser Bewertung ist dabei die Gegenüberstellung von echten Sonderdelikten und Allgemeindelikten: Als Vorteilsnehmer ist nur strafbar, wer eine bestimmte Täterqualität aufweist. Als Vorteilsgeber kann demgegenüber jedermann bestraft werden. Die Untersuchung setzt sich zum Ziel, zu belegen, dass die Täterschaft gleichermaßen für Nehmer und Geber und nur im Wege einer ganzheitlichen Betrachtung objektiver und subjektiver Momente zu begründen ist (A.). Dies gilt, obwohl Nehmer und Geber unterschiedliche Rollen im Korruptionsgeschehen einnehmen und obwohl sich echte Sonderdelikte und Allgemeindelikte gegenüberstehen. Schließlich sind die verschiedenen Formen der Täterschaft im Kontext der Korruption kritisch zu betrachten (B.). Zu beantworten sind beispielsweise die Fragen, wie sich die Einschaltung von Mittelspersonen auf die Täterschaftsform auswirkt und ob unmittelbare oder mittelbare Täterschaft vorliegt (I.). Bei der Klärung derartiger und weiterer Täterschaftsfragen sind vor allem die besonderen Tatbestandsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte von zentraler Bedeutung. Dieser wesentliche Aspekt wurde von der allgemeinen Beteiligungsdogmatik bisher viel zu wenig berücksichtigt. Die Bezugnahme der allgemeinen Täterlehre auf die besonderen Tatbestandsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte ist notwendig, um vorherrschende Denkmuster aufzubrechen und Fehlentwicklungen aufzuzeigen. Schließlich werden Lösungen präsentiert, die besondere Tatbestandsstrukturen beachten. In Kapitel sechs werden spezielle Fragestellungen zur Teilnahmestrafbarkeit beantwortet: Kann gleichzeitig neben der Täterschaft eine Teilnahmestrafbarkeit an der Spiegeltat bestehen (A.)? Wie ist die Teilnahmestrafbarkeit eines außenstehen-

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Kap. 1: Erste allgemeine Gedanken zum Phänomen Korruption

den Dritten zu beurteilen (B.)? Kann sich der Betriebsinhaber an den Straftaten seiner Betriebsangehörigen gemäß § 299 Abs. 1 StGB wegen Teilnahme i. S. v. §§ 26, 27 StGB strafbar machen? Die vorliegende Arbeit wird von Kapitel sieben abgeschlossen, welches die wesentlichen Untersuchungsergebnisse zusammenfasst und eine Schlussbemerkung enthält. Die in der Untersuchung maßgebenden neuen und alten Gesetzestexte der §§ 331 ff. StGB finden sich in einem Anhang, der die gesetzeshistorische Entwicklung der Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich verdeutlicht.

Kapitel 2

Präzisierung des Phänomens Korruption – Entwicklung eines Korruptionsmodells Das folgende Kapitel präzisiert das „tatsächliche, soziale Phänomen“1 Korruption. Für den weiteren Gang der Untersuchung ist es notwendig, eine konkrete Vorstellung darüber zu gewinnen, was genau unter Korruption zu verstehen ist und welche Formen von Korruption existieren. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Durchführung einer handlungstheoretischen Strukturanalyse, die die genauen Handlungsgeflechte innerhalb der korruptiven Beziehungen zwischen bestimmten Personen zum Vorschein bringt. Diese handlungstheoretische Strukturanalyse mündet schließlich in die Entwicklung eines Korruptionsmodells, welches die Handlungsstrukturen der am Korruptionsgeschehen Beteiligten und die Täterstrukturen präzise beschreibt.

A. Begriff der Korruption Im deutschen Recht wird der Begriff Korruption nicht verwendet und ist daher kein gesetzlicher Terminus technicus.2 Der Begriff erlangte im Wesentlichen mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Korruption vom 13. 08. 19973 gesetzgeberische Bedeutung, welches unter anderem die Straftatbestände §§ 331 ff. StGB veränderte und §§ 298, 299 StGB einfügte. Dieses Gesetz traf allerdings keine Aussage darüber, wie Korruption zu definieren ist. Festzuhalten bleibt, dass das geltende Recht in verschiedenen Strafvorschriften bestimmte Formen korruptiven Verhaltens sanktioniert, ohne einen Oberbegriff der Korruption zu verwenden oder diesen zu beschreiben.4 So Pragal, ZIS 2006, 63 (71); Schweitzer, S. 127. Überhofen, S. 34, 36; Hetzer, StraFo 2008, 489 (490); Bock, JA 2008, 199 (199); Noltensmeier, S. 38; Greeve, Rn. 1; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 1; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 14; Modlinger, S. 135; Schweitzer, S. 131; Hellmann / Beckemper, Rn. 759; Wabnitz / Janovsky1Schubert, Kap. 12 Rn. 2; Eidam, Rn. 1766; Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (359); http: // www. transparency.de / K.532.0.html (Stand 22. 04. 2009); Walther, Jura 2010, 511 (511); Ockenfels, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 86 (92): dem Begriff Korruption fehlt es an „juristischer Präzision“. 3 BGBl. I 1997 Nr. 58 vom 19. August 1997 S. 2038 – 2043. 4 Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 1; Eidam, Rn. 1766. 1 2

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

Es herrscht große Einigkeit darüber, dass die Bildung eines eindeutigen und allgemeingültigen Begriffes nicht möglich sei.5 Sicher ist nur, dass es sich um negativ besetztes Verhalten6 und eine „bestimmte Angriffsform“7 handelt. Ohne die Klärung, was korruptes Verhalten darstellt, kann aber kein wissenschaftlicher Beitrag zum Phänomen Korruption geleistet werden. Volk wies in seinem Referat zum 61. Deutschen Juristentag 1996 zu Recht darauf hin, dass „wir es uns nicht leisten sollten, eine Kriminalität zu bekämpfen, die wir nicht auf den Begriff gebracht haben“.8 Beispielsweise können Ansätze zur wirksamen Eindämmung9 nur dann entwickelt werden, wenn deutlich wird, an welche Handlungsstrukturen eine Eindämmung anknüpfen kann. Zentrale Frage ist, was eine derartige Begriffsbildung bezweckt. Im Rahmen dieser Untersuchung wird nicht de lege ferenda beabsichtigt, einen allgemeinen Korruptionstatbestand zu kreieren. Teilweise drängt sich der Eindruck auf, als ob dies das Ziel der Begriffsbildung sei.10 Vielmehr sind die Straftatbestände, die korruptive Verhaltensweisen implizieren können, de lege lata zu untersuchen. Dazu ist es notwendig, Korruption inhaltlich zu erfassen, phänotypisch einzuordnen und klar in Abgrenzung zu anderen Phänomenen zu konturieren.11 Des Weiteren bezweckt die allgemeine Begriffsbildung, korruptionsspezifische Handlungsstrukturen, Beziehungs- und Personenverhältnisse sowie Beteiligtenstrukturen aufzuzeigen. Diese Gedanken kulminieren schließlich in der Entwicklung eines juristisch verwertbaren Korruptionsmodells. Dieses Korruptionsmodell soll auf juristische Kontexte angewendet werden und helfen, sachgerechte Ergebnisse auf Beteiligungsfragen im Bereich von Korruptionsstraftaten zu erzeugen. Korruption mit dem Begriff „Bestechung“ zu assoziieren12, ist wenig konstruktiv13, auch wenn eine Bestechungshandlung vielfach „Quintessenz bzw. Begriffskern der Korruption“ sein mag14. Bestechung erfasst nur die Seite des Korrumpie5 MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 14; Eidam, Rn. 1766; Androulakis, S. 35; Hetzer, StraFo 2008, 489 (490); Hettinger, NJW 1996, 2263 (2265); vgl. auch Viebranz, S. 30; Pragal, ZIS 2006, 63 (71); Schweitzer, S. 26, 38. 6 LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 41; Noltensmeier, S. 38. 7 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (461). 8 Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 35; ähnlich Gaßner, in: Arnim, S. 59; Pragal, ZIS 2006, 63 (71); Schweitzer, S. 22. 9 Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 1. 10 Überhofen, S. 50; Kahmann, S. 49; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 38. Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (461), vertritt die These, dass „Korruption als solche kein eigenständiges Delikt ist und daher auch kein allgemeiner Tatbestand eines Korruptionsdeliktes formuliert werden kann“. 11 Siehe auch Viebranz, S. 33 f.; Überhofen, S. 37 f.; Schweitzer, S. 27. 12 Vgl. Überhofen, S. 29; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 14; Tiedemann, BT, Rn. 1; Androulakis, S. 37 f.; Hetzer, StraFo 2008, 489 (490); Hettinger, NJW 1996, 2263 (2265); Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747). 13 „Zu enger Ansatz“: Schweitzer, S. 21, 129. 14 So Androulakis, S. 37, siehe auch Walther, Jura 2010, 511 (512).

A. Begriff der Korruption

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renden15. Dass Bestechung spiegelbildlich Bestechlichkeit des Korrumpierten16 bedeuten kann, wird nicht deutlich. Der Begriff Korruption muss jedoch beide Seiten berücksichtigen: die des Korrumpierenden und die des Korrumpierten. Es ist daher sachgerecht und wirklichkeitsgetreu, Korruption als Sammelbegriff eines vielschichtigen und vielgestaltigen Kriminalitätsphänomens17 zu begreifen. Erforderlich ist es, präzise Kriterien zu entwickeln, um die Beziehungs- und Handlungsstrukturen von Korruption aufzuzeigen und Korruption von anderen Regelungsgegenständen abzugrenzen18. Dölling hat richtigerweise betont, dass das Verständnis von der entsprechenden Perspektive und Intention abhängt.19 Es existieren zahlreiche wissenschaftliche Ansätze, den Begriff Korruption zu erklären – sozialwissenschaftliche, politikwissenschaftliche, moralisch-ethische, kriminologische und wirtschaftswissenschaftliche.20 Allerdings nimmt jede wissenschaftliche Disziplin dabei eine andere Perspektive ein. Trotz der unterschiedlichen Blickwinkel, die begriffliche Unterschiede hervorbringen, bleibt das Phänomen realiter gleich, unabhängig von der konkreten disziplinären Sichtweise auf das Phänomen. Die einzelnen wissenschaftlichen Ansätze werden in der folgenden Untersuchung kritisch analysiert (I.). Anschließend werden die Gemeinsamkeiten der Ansätze herausgearbeitet (II.).

I. Begriffsbestimmungen unterschiedlicher disziplinärer Ansätze In den folgenden Abschnitten werden einzelne disziplinäre Ansätze zum Begriff Korruption skizziert und kritisch auf ihre Tauglichkeit untersucht. Ziel dieser Darstellung ist es, den gemeinsamen Kern aller Disziplinen und einen allgemeingültigen Begriff herauszuarbeiten. Die Gemeinsamkeiten der Ansätze bilden dabei die Basis für das zu entwickelnde Korruptionsmodell (B.).

1. Etymologischer Ansatz Der etymologische Ansatz beschäftigt sich mit der Herkunft, Geschichte und Grundbedeutung von Wörtern. Korruption entstammt dem lateinischen Verb „corBegriff beispielsweise bei Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 402. Begriff beispielsweise bei Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 402. 17 Überhofen, S. 30; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2265); Noltensmeier, S. 38; Sommer, Rn. 1; vgl. Berg, S. 14; Ockenfels, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 86 (93). 18 Dölling, 61. DJT Bd. I, C 10, vgl. auch Schweitzer, S. 22. 19 Dölling, 61. DJT Bd. I, C 9; Vahlenkamp / Knauß, S. 251; Kahmann, S. 34. 20 Vgl. Greeve, Rn. 1, Bannenberg, S. 12; Arnim / Heiny / Ittner, S. 1, www.foev-speyer.de (Stand: 30. 04. 2009); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 9 f.; Androulakis, S. 32 ff.; Walther, Jura 2010, 511 (511); Modlinger, S. 133; Berg, S. 14; Noltensmeier, S. 38. 15 16

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

rumpere“, das soviel bedeutet wie „verderben“, „vernichten“ oder „bestechen“. Das dazugehörige Substantiv „corruptio“ ist zu übersetzen mit „Sittenverfall“, „Bestechung“ oder „Bestechlichkeit“.21 Auch Schlagworte wie „Abhängigkeiten“, „Machenschaften“, „Vetternwirtschaft“ oder „Erpressung“ gehören in diesen Kontext.22 An diese Wortbedeutung lehnen vor allem täterorientierte Definitionen an, die an die Käuflichkeit und Verletzung einer Pflicht um eines Vorteils willens anknüpfen.23 Den Begriff Korruption an seiner bloßen Wortbedeutung festzumachen, ist allerdings unzureichend, schließlich kann damit jedwede Treuwidrigkeit im Innenverhältnis erfasst werden.24 Es bleibt unklar, durch welche Verhaltensweisen und Beziehungsstrukturen Korruption in Abgrenzung zu anderen verwerflichen Handlungen zu charakterisieren ist.25 Des Weiteren ist der Bezug zum Begriff „Bestechung“ zu eng. Insgesamt ist der etymologische Ansatz zu unscharf, da sich die Bedeutung von Wörtern verändert und der Ursprung eines Wortes meist keine aktuelle inhaltliche Klärung erbringt.26

2. Ethischer Ansatz Der ethische Ansatz befasst sich mit dem moralischen Verhalten des Menschen.27 Unmittelbarer Zugang der Ethik als philosophische Disziplin ist die Moral.28 Moral besteht aus Regeln, die befolgt werden sollen und die individuelle Freiheit einschränken.29 Es besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass das Grundmerkmal der Korruption die ethisch-moralische Verwerflichkeit des Handelns gegenüber den Grundwerten der Gesellschaft darstellt.30 Korruption verletzt den moralischen Kon-

21 Alemann, in: Kleines Lexikon der Politik, S. 332; Gaßner, in: Arnim, S. 60; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2265); Überhofen, S. 30 ff., Greeve, Rn. 1, Kahmann, S. 35 f.; Karsten / Thiessen, S. 11; Eppner, S. 6; Kühne, in: Jakob / Fikentscher, S. 61; Dietz, S. 35; Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (359); LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 41; Eidam, Rn. 1766; Bock, JA 2008, 199 (199); Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747); Ockenfels, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 86 (99). 22 Überhofen, S. 30 ff.; Greeve, Rn. 1; Kahmann, S. 35 f. 23 So Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (462); BR-Drs. 298 / 95, S. 5: „Befriedigung privater Wünsche“; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 14 f.: „Vergünstigungen oder Geschenke“, „eigener Vorteil um jeden Preis“; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 36; Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (359); Gaßner, in: Arnim, S. 60. 24 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (462). 25 Siehe auch Androulakis, S. 35. 26 Schweitzer, S. 107. 27 Siehe Brodbeck, Ethik und Moral, S. 42. 28 Brodbeck, Ethik und Moral, S. 11. 29 Brodbeck, Ethik und Moral, S. 11, 17. 30 Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 401; Kahmann, S. 31; Überhofen, S. 32; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 8, 92; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 44; Vahlenkamp / Knauß, S. 251; Gaßner, in: Arnim, S. 60; Martiny, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 3 (4); Obinger, in: Politische

A. Begriff der Korruption

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sens der Gesellschaft über die Trennung von Öffentlichkeit und privater Sphäre, über Fairness und Gerechtigkeit im Wettbewerb31 sowie über Nichtkäuflichkeit eines Amtsträgers32. Verwerflich ist, dass tatsächliche Möglichkeiten aus eigennützigen oder drittnützigen Motiven im Wege kollusiven Machtmissbrauchs in zu missbilligender Weise ausgenutzt werden.33 Korruption generiert Werteverfall.34 Der ethische Ansatz ist jedoch im Hinblick auf die Darstellung der Beteiligtenstrukturen unbestimmt und umschreibt diese allenfalls rudimentär.35 Im Mittelpunkt stehen nicht die kennzeichnenden Verhaltensweisen, sondern die moralische Bewertung korruptiver Handlungen. Es können keine zuverlässigen Anhaltspunkte für eine klare, im Ergebnis auch strafrechtlich verwertbare, konzeptionelle Eingrenzung der Korruptionshandlungen gezogen werden.36 Darüber hinaus versagt der ethische Ansatz, wenn die Regeln in einer Gesellschaft selbst korrupt und verwerflich sind oder derart gestaltet werden, dass sie Korruption zur Legalität verhelfen.37 Wenn Korruption als „normal“ akzeptiert wird, hilft der ethische Ansatz daher nicht weiter.38 Unabhängig von diesem Gedanken führen moralisierende Appelle zu keiner tatsächlichen Lösung des Korruptionsproblems39, da außer dem moralischen Aspekt kein Anknüpfungspunkt besteht, Korruption effektiv zu beseitigen. Insbesondere sind die Anforderungen, die der Markt an Individuen stellt, gerade keine moralischen, sondern solche aus Effizienzgesichtspunkten.40 Moral ist, funktional betrachtet, eher der Kitt der Gesellschaft, die an individuellen Nutzenerwägungen im Zweifelsfall den Appell richtet, sich zugunsten der Gesellschaft zurückzunehmen.41 So-

Korruption, S. 93; Eppner, S. 11; Thum, S. 2; Lambsdorff, in: Pieth / Eigen, S. 57; Busch, StV 2009, 291 (291); Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 3; BT-Drs. 13 / 5584, S. 15; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 14; Beese, in: BKA Bd. 46, S. 403; Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (43). 31 Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (43). 32 Höffling, Krim. Journal 1998, 284 (288 Fn. 10). 33 Bannenberg, S. 12; Überhofen, S. 32, 49; Kahmann, S. 35; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 8, 10; Arnim / Heiny / Ittner, S. 27, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009). 34 BR-Drs. 298 / 95, S. 4; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 14; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 36; Mischkowitz / Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 202, 223; Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (410); Vahlenkamp / Knauß, S. 27; Reichmann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 8 (10). 35 Androulakis, S. 34 (moralischer Ansatz wird bei ihm als „theologischer“ bezeichnet); Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 1; Hetzer, StraFo 2008, 489 (490); Dietz, S. 34; Berg, S. 17; Modlinger, S. 133. 36 Androulakis, S. 34. 37 Kurer, in: Kurer, S. 46. 38 Killias, FS Schneider (1998), 239 (240); vgl. auch Alemann, in: Kleines Lexikon der Politik, S. 332; Vahlenkamp / Knauß, S. 251; Kahmann, S. 31; Obinger, in: Politische Korruption, S. 93. 39 Viebranz, S. 16. 40 Henning, in: Jansen / Priddat, S. 193. 41 Henning, in: Jansen / Priddat, S. 193.

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

weit die Anreize zur Korruptionsbegehung groß sind, hat der Einsatz von Moral zur Korruptionsbekämpfung nur geringe Chancen.42

3. Soziologischer Ansatz Der soziologische Ansatz beschäftigt sich im Sinne Max Webers mit sozialem Handeln in menschlichen Gesellschaften.43 Die Soziologie als Wissenschaft will dieses soziale Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären.44 Die soziologische Herangehensweise befasst sich nicht mit der Bewertung eines Normenverstoßes, sondern mit der gesellschaftlichen Rahmung von Korruption als Kriminalität.45 In einem solchen allgemeinen soziologischen Sinne ist Korruption eine Bezeichnung für Handlungsweisen, die unter Verletzung allgemein anerkannter Wertvorstellungen, moralischer Grundsätze, sozialer Normen, Gesetze und Amtspflichten auf die Erlangung persönlicher Vorteile zu Lasten des Gemeinwohls ausgerichtet sind. Dem liegt ein für die Beteiligten vorteilhafter Austausch von Leistungen zugrunde, der unter Abweichung von offiziellen Normen freiwillig und heimlich vollzogen wird. Mindestens einer der Tauschpartner missbraucht dabei eine Macht- oder Vertrauensposition.46 Diese allgemeine Begriffsbestimmung ist eher weit und unscharf und enthält vor allem einen deskriptiven Kern. Es können daher keine zuverlässigen Anhaltspunkte für eine klare, strafrechtlich verwertbare, konzeptionelle Eingrenzung der Korruptionshandlungen und seiner Beteiligtenstrukturen abgeleitet werden.47 Ein näher beschriebenes soziologisch geprägtes Begriffsmodell findet sich bei Höffling, insbesondere in seiner empirischen Untersuchung „Korruption als soziale Beziehung“48. Korruption sei in der Tradition Max Webers ein seinem Sinngehalt nach aufeinander eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer. Das Verhalten ist dabei durch das Prinzip der Erwartung und der Erwartbarkeit eines Ausgleichs geprägt.49 Höffling hebt drei Gesichtspunkte hervor. Erstens ist Korruption die „symbolische Verdichtung des Unmoralischen“, sodass Korruption und die Tatsache der sozialen Missbilligung untrennbar miteinander verknüpft sind.50 Zwei42 Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 402; siehe auch Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (149). 43 Korte, Soziologie, S. 59 f.; siehe auch Höffling, S. 8. 44 Korte, Soziologie, S. 59 f. 45 Höffling, S. 23. 46 Hillmann, Wörterbuch der Soziologie, S. 460; vgl. Überhofen, S. 44; Arnim / Heiny / Ittner, S. 16, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); vgl. auch Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 2. 47 Androulakis, S. 34 f.; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 1; Hetzer, StraFo 2008, 489 (490); Dietz, S. 34; Berg, S. 17; Modlinger, S. 133. 48 Kurzfassung Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (83 ff.). 49 Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (85).

A. Begriff der Korruption

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tens liegt Korruption ein qualifizierter Normverstoß zugrunde. Das Unmoralische rückt als individueller Normverstoß in den Mittelpunkt der Betrachtung. Es geht um die Erlangung von Vorteilen durch normwidriges Verhalten eines Funktionsträgers oder durch Missbrauch einer Vertrauensstellung.51 Dieses Verhalten ist durch eine interaktive Form geprägt, nämlich einen Akt des Tausches von Leistungen, eine Transaktion zwischen Akteuren, eine rollenspezifische Binnendifferenzierung.52 Der Tausch ist daher die besondere Eigenart der inkriminierten Beziehungen in Form von Nehmen und Geben.53 Ein solcher Tausch erfordert zwei komplementäre Perspektiven: zum einen die des Verführenden und zum anderen die des Verführten.54 Höffling hebt hervor, dass die meisten Definitionen die zweite Perspektive in den Vordergrund rücken. Er stellt fest, dass der Normverstoß des Verführenden sich nicht im gleichen Sinne als „Missbrauch“ qualifizieren lässt. Das Korruptive besteht im Verleiten des Gegenübers zu einem solchen Missbrauch, also zunächst in einem Versuch der tatsächlichen Verführung.55 Drittens ist Korruption nur teilweise als Kriminalität zu bewerten, da lediglich ein Teil des moralisch Verwerflichen oder Sozialschädlichen strafrechtliche Relevanz aufweist.56 Der Ansatz Höfflings dringt bereits mehr in die Beteiligtenstrukturen ein. Vor allem hebt er die zwei Perspektiven der Tauschparteien deutlich hervor und betont die Notwendigkeit einer rollenspezifischen Unterscheidung zwischen Verführenden und Verführten. Höffling differenziert zwischen den zugrunde liegenden Verhaltensmustern: auf der einen Seite Machtmissbrauch und auf der anderen Seite Verleitung zum Machtmissbrauch. Diese Aspekte werden zur Vertiefung der Beteiligtenstrukturen aufgegriffen.

4. Politikwissenschaftlicher Ansatz Der politikwissenschaftliche Ansatz befasst sich mit dem Zusammenleben der Menschen als Bürger und mit der Frage, wie dieses Zusammenleben unter institutionellen (polity), prozeduralen (politics) und sachlich-materiellen Gesichtspunkten (policy) normativ allgemein verbindlich geregelt werden soll und empirisch geregelt ist.57 Eine in der Politikwissenschaft etablierte Formel für politische Korruption lautet „misuse of public power for private profit“.58 Übersetzt bedeutet dies soviel wie die missbräuchliche Inanspruchnahme eines öffentlichen Amtes oder Mandates für Höffling, S. 15; Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (84). Höffling, S. 15 f. 52 Höffling, S. 16 f.; Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (84). 53 Höffling, Krim. Journal 1998, 284 (285). 54 Höffling, S. 16. 55 Höffling, S. 16. 56 Höffling, S. 17. 57 Nohlen, in: Kleines Lexikon der Politik, S. 461. 58 Siehe Friedrich, in: Political Corruption, S. 15; Alemann, in: Kleines Lexikon der Politik, S. 332. 50 51

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

private Vorteile.59 Der Machtmissbrauch als abweichendes Verhalten ist dabei der wesentliche Faktor der Korruption.60 Ob sich der Missbrauch auf rechtliche oder soziale Normen oder die öffentliche Meinung bezieht, wird zumeist offen gelassen.61 Verwiesen wird auf staatlich gesetzte Normen, ethisch-moralische und / oder gesellschaftliche oder politische Standards.62 Der politikwissenschaftliche Ansatz beschäftigt sich naturgemäß mit Korruption im öffentlichen Sektor63, d. h. mit Missbrauch von Macht im öffentlichen Bereich.64 Korruption im privaten Sektor unterliegt deshalb nicht dem Korruptionsbegriff der Politikwissenschaft.65 Der entscheidende Kritikpunkt am politikwissenschaftlichen Ansatz besteht daher darin, dass dieser die Möglichkeit einer sauberen Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre voraussetzt.66 Eine derartig strikte Trennung ist jedoch angesichts zunehmender Aufgabenprivatisierung der öffentlichen Verwaltung, zum Beispiel in Form partnerschaftlichen Zusammenwirkens von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft (Public Private Partnership, kurz: PPP67), unmöglich.68 Grundsätzlich sind die Beschreibungen des politikwissenschaftlichen Ansatzes zwar auf privatwirtschaftliche Verhaltensweisen übertragbar. Allerdings sind die Umschreibungen des Phänomens zu oberflächlich, weit und unbestimmt.69 Der politikwissenschaftliche Ansatz deutet die Beteiligtenstrukturen zwar an, grenzt die handelnden Akteure aber nicht klar und deutlich voneinander ab und verdeutlicht nicht die einzelnen korruptionstypischen Verhaltensmuster.

59 Kahmann, S. 38; Landfried, S. 173; Lambsdorff, in: Politische Korruption, S. 49; Blechinger, in: Politische Korruption, S. 147 f.; vgl. auch Holmes, in: Politische Korruption, S. 118; Ruge, in: Politische Korruption, S. 32 ff.; Karsten / Thiessen, S. 10; Key, in: Political Corruption, 39 (39). 60 Kahmann, S. 37 f.; Friedrich, in: political corruption, S. 15; Überhofen, S. 42; wohl auch Sturm, in: Kurer, S. 54. 61 Wewer, in: Holtmann, S. 509 f.; so auch Androulakis, S. 33 (m.w. N.). 62 Heberer, S. 21 f. 63 Überhofen, S. 42. 64 Landfried, S. 173; Lambsdorff, in: Politische Korruption, S. 49; Friedrich, in: Political Corruption, S. 15; Heberer, S. 21 f. 65 Alemann, in: Kleines Lexikon der Politik, S. 332. 66 Siehe auch Schweitzer, S. 40; Wewer, in: Holtmann, S. 509. 67 Detailliert zur PPP: Noltensmeier, Public Private Partnership und Korruption, S. 22 ff.; Kühling / Schreiner, ZIS 2011, 112 (112 ff.). 68 Siehe Niehaus, in: Korruptionsfall Siemens, 21 (22); Noltensmeier, S. 17 f.; Sinner, HRRS 2008, 327 (327 ff.); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 46 ff.; Kühling / Schreiner, ZIS 2011, 112 (112); Michalke, StV 2011, 492 (492); vgl. auch Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 1. 69 Überhofen, S. 42.

A. Begriff der Korruption

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5. Kriminologischer Ansatz Die Kriminologie zählt zu den Kriminalwissenschaften und befasst sich mit kriminellem Verhalten von Menschen.70 Der kriminologische Ansatz beschäftigt sich als interdisziplinärer Forschungsbereich mit der Ermittlung des Kriminalitätsumfangs, der Ursachenforschung, den Erscheinungsformen von Straftaten, der Viktimologie, der Erforschung und Wirkung von Strafe, der Kriminaltherapie, der Kriminalstatistik usw.71 Korruption wird in kriminologischer Hinsicht primär unter den Gesichtspunkten betrachtet, dass das Unrechtsbewusstsein bei Korruptionstätern relativ schwach ausgeprägt72 ist oder ganz fehlt73. Es wird die Schaffung von Neutralisierungstechniken thematisiert, um Taten zu legitimieren.74 Korruption gilt unter den Tätern häufig als nützlich, notwendig, normal und legitim75: Eigenverantwortlichkeit wird geleugnet, Unrecht verneint, Opfer werden abgelehnt, Verdammende verdammt und Täter berufen sich auf höhere Autoritäten wie Unternehmensleitung und Konkurrenzkampf.76 Derartige kriminologische Gesichtspunkte beleuchten Korruptionsmotive, Verhaltensmuster, Ursachen, Rahmenbedingungen und Folgen77, erläutern aber nicht die konkreten Personenverhältnisse und Handlungsmuster. In der Kriminologie hat sich ein „weiter Korruptionsbegriff“ entwickelt und durchgesetzt. Korruption wird definiert als der Missbrauch eines öffentlichen Amtes, einer Funktion in der Wirtschaft oder eines politischen Mandates zugunsten eines anderen, welcher auf dessen Veranlassung oder aus Eigeninitiative begangen wird. Man will Vorteile für sich oder einen Dritten erlangen. Erwartungsgemäß treten Schäden oder Nachteile für die Allgemeinheit oder für ein Unternehmen auf.78 Vahlenkamp bezog in seiner „Arbeitsdefinition“ zusätzlich das Merkmal Geheimhaltung bzw. Verschleierung der korruptiven Machenschaften ein.79 Dieser weite Korruptionsbegriff hat sich gegenüber einem „engen Korruptionsbegriff“, der pri-

Schwind, Kriminologie, 1 / 11. Schwind, Kriminologie, 1 / 14 f. 72 Höffling, S. 193; Kessel / Stähli, in: Jakob / Fikentscher, S. 280. 73 Kerner, 61. DJT Bd. II / 2, L 125; Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 335 f.; Schaupensteiner, in: Pieth / Eigen, S. 140; Reichmann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 8 (10). 74 Dölling, 61. DJT Bd. II / 2, L 182; Theile, ZIS 2008, 406 (410); Reichmann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 8 (10); Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 377; Kessel / Stähli, in: Jakob / Fikentscher, S. 280. 75 Bannenberg, S. 373; vgl. auch Höffling, S. 176, 193 ff. 76 Bannenberg, S. 353 f. 77 Androulakis, S. 34. 78 BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 5; Ahlf, Kriminalistik 1996, 154 (154); Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 1; Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 118; vgl. auch Kahmann, S. 51 und 56; Vogel, FS Weber (2004), 395 (395), in Hinsicht auf Wirtschaftskorruption, bezieht er sich nicht explizit auf „Missbrauch“, sondern vielmehr auf ein Verhalten, welches gegen allgemein anerkannte Standards verstößt. 79 Vahlenkamp / Knauß, S. 20; zustimmend Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (363). 70 71

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

vate Tätigkeiten nicht erfasste, in der Kriminologie durchgesetzt.80 Beispielsweise nahm Ahlf als Vertreter des engen Korruptionsbegriffes den weiten Korruptionsbegriff noch als ungeeignet und wenig trennscharf wahr und sah die Gefahr, dass dieser Begriff zu einer „catch-all“-Kategorie werden könnte.81 Er meinte u. a., dass Korruption ihren typischen Bezug zum öffentlichen Amt verliere, wenn rein private Geschäftsbeziehungen einbezogen werden.82 Gegen diesen engen Korruptionsbegriff ist das gleiche Argument heranzuziehen, das bereits gegen die politikwissenschaftliche Definition vorgebracht worden ist: Eine saubere Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre ist nicht möglich. Darüber hinaus bleibt unklar, warum im privaten Bereich kein Machtmissbrauch gegen Vorteile stattfinden könne. Insgesamt bleibt zu konstatieren, dass der kriminologische Ansatz zwar Momente korruptiver Verhaltensweisen umschreibt, jedoch nicht über eine Umschreibung hinausgeht.83 Die korruptiven Beziehungsverhältnisse der Akteure und Handlungsstrukturen werden lediglich angedeutet, aber nicht expliziert.

6. Ökonomischer Ansatz Der ökonomische Ansatz untersucht wirtschaftliche Zusammenhänge und wirtschaftliches Verhalten von einzelnen Menschen und Unternehmen sowie Volkswirtschaften als Ganzes.84 Ausgangspunkt des ökonomischen Ansatzes ist der Einsatz knapper Güter zur Bedürfnisbefriedigung, sodass u. a. die Notwendigkeit zum rationalen Wirtschaften entsteht.85 Rationales Wirtschaften bedeutet die Beachtung des ökonomisches Prinzip, welches als Maximierungs- und Minimierungsaufgabe formuliert werden kann: Die Erzielung maximaler Erfolge bei minimalem Gütereinsatz.86 Die Ansätze, Korruption in einem ökonomischen Sinne zu definieren, variieren. In einem allgemeineren Ansatz besteht Korruption aus folgenden Kriterien: einem freiwilligen Tausch von Leistung und Gegenleistung zum beidseitigen Interesse, wobei ein Funktionsträger (materielle oder immaterielle) Vorteile erhält und als Gegenleistung eine begünstigende Handlung für die entlohnende Seite vornimmt.87

Eppner, S. 7; Ahlf, Kriminalistik 1996, 154 (154). Ahlf, Kriminalistik 1996, 154 (156). 82 Ahlf, Kriminalistik 1996, 154 (156). Auch Schwind, Kriminologie, 21 / 12, Vor 28 / 4, bezieht sich vor allem auf Korruption im öffentlichen Bereich: Korruption als „Regierungskriminalität“. 83 Androulakis, S. 35. 84 Engelkamp / Sell, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, S. 1 f., 12. 85 Engelkamp / Sell, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, S. 12. 86 Engelkamp / Sell, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, S. 12 f. 87 Borner / Schwyzer, in: Pieth / Eigen, S. 22, 23, 36; Priddat, in: Jansen / Priddat, S. 86; Rose-Ackerman, in: Pieth / Eigen, S. 40 f.; Lambsdorff, in: Pieth / Eigen. S. 57; Kurt Schmidt / Garschagen, HdWW, S. 565. 80 81

A. Begriff der Korruption

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Die Tauschhandlung erfolgt unter Regelverstoß, entweder in Form von Gesetzwidrigkeiten oder unter Verstoß gegen sonstige Verhaltensnormen,88 schließlich missbraucht der Funktionsträger seine anvertraute Macht zum privaten Vorteil.89 Es wird für etwas gezahlt, was eigentlich nicht käuflich sein sollte.90 Vielfach wird Heimlichkeit des Tausches vorausgesetzt.91 Dieser Ansatz umschreibt das Phänomen Korruption in ähnlicher Weise wie die bereits dargestellten Ansätze. Neben dieser Begriffsbildung existiert der sog. Rational-Choice-Ansatz. Er lässt sich folgendermaßen definieren: „Most corrupt acts are not crimes of passion but crimes of calculation“.92 Danach orientiert jedes Individuum sein Handeln in gesellschaftlichen Entscheidungssituationen nach Kosten-Nutzen-Überlegungen93 und rationalem Kalkül94. Dies wurde bereits im sog. Gefangenendilemma veranschaulicht (Kapitel 1 A.). Der allein an seinen eigenen Interessen Orientierte und in diesem Sinne wirtschaftlich Denkende (bei Kosten-Nutzen-Rechnung) nennt sich „homo oeconomicus“.95 Korruption liegt demnach das rationale Abwägen von Kosten und Nutzen eines ökonomischen Wertes zugrunde. Der „homo oeconomicus“ wägt ab, ob und wann Korruption lohnenswert erscheint.96 Der Anreiz zur Korruption wächst, wenn der Wert der Bestechungsleistung steigt und das Aufdeckungs- und Ahndungsrisiko, das Strafmaß und die Transaktionskosten sinken.97 Das Modell des homo oeconomicus analysiert Entscheidungsprozesse und erfasst die Interaktion mit anderen.98 Interaktion ist ein richtiger Anhaltspunkt für die Erfassung des 88 Borner / Schwyzer, in: Pieth / Eigen, S. 22, 36; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 38, 47; Volk, GS Zipf 1999, 419 (421); vgl. auch Kahmann, S. 40. 89 Thum, S. 2; Priddat, in: Jansen / Priddat, S. 85; Kurt Schmidt / Garschagen, HdWW, S. 565. 90 Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (43); Kurt Schmidt / Garschagen, HdWW, S. 566. 91 Rose-Ackerman, in: Pieth / Eigen, S. 40 f.; Kurt Schmidt / Garschagen, HdWW, S. 565, 567: „Untergrundcharakter“. 92 Klitgaard, S. 123. 93 Sturm, in: Kurer, S. 58, 61. 94 Schöch, 61. DJT Bd. II / 2, L 109; Borner / Schwyzer, in: Pieth / Eigen, S. 20: Das Individuum wird im Sinne eines Eigennutzenmaximierers tätig; Wieland, FS Lampe (2003), 371 (372). 95 Arnim / Heiny / Ittner, S. 27, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Kahmann, S. 39; Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 367; Beckenkamp, ZIS 2011, 137 (137); Mansdörfer, Rn. 32 ff.; Wieland, FS Lampe (2003), 371 (371), auf S. 377 verweist Wieland darauf, dass mit „der theoretischen Figur des homo oeconomicus ganz unterschiedliche Inhalte verbunden werden“ können, vor allem auch Altruismus und Hedonismus; Lüderssen, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 241 (304); nach Dannecker, FS Tiedemann (2008), 789 (809), ist die „homo oeconomicus“-Theorie durch den Aspekt der Normakzeptanz zu ergänzen. 96 Neugebauer, S. 15; Rose-Ackermann, S. 8 f. und 211; Überhofen, S. 45; Kahmann, S. 39; ähnlich Kurt Schmidt / Garschagen, HdWW, S. 568; siehe zur Transaktionskostenanalyse Lambsdorff, in: Pieth / Eigen, S. 58 ff.; Sturm, in: Kurer, S. 59; vgl. auch Wieland, FS Lampe (2003), 371 (381). 97 Borner / Schwyzer, in: Pieth / Eigen, S. 27. 98 Vgl. Mansdörfer, Rn. 32.

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Korruptionsphänomens. Allerdings bleibt dieser Hinweis zu vage und unbestimmt. Der Rational-Choice-Ansatz erklärt in erster Linie nur die Ursachen von Korruption und nicht den Begriff selbst.99 Damit ist der Ansatz für eine Begriffsbestimmung nur bedingt tauglich. Einen anderen ökonomischen Ansatz stellt das konzeptionelle Modell des Prinzipal-Agenten-Klienten-Verhältnisses als Erweiterung des Prinzipal-Agenten-Modells dar.100 Bei diesem handelt es sich um eine Methode, die jeweiligen Interaktionen zu analysieren.101 Ausgangspunkt ist, dass korruptive Konstellationen aus einem Dreiecksverhältnis bestehen.102 Das Modell des Prinzipal-Agenten-Klienten-Verhältnisses betrachtet drei Akteure: Den Klienten als Bestechenden, den Agenten als Bestochenen und den Prinzipal als Vertragspartner des Agenten.103 Ein korrupter Vorgang hat nach dem Prinzipal-Agenten-Klienten-Modell folgende Merkmale: Dem Agenten werden durch einen Vertrag mit dem Prinzipal besondere Entscheidungs- oder Handlungsmöglichkeiten eingeräumt, d. h. dass ihm eine besondere Funktion bzw. Machtposition zukommt. Durch diese besondere Funktion versetzt der Prinzipal den Agenten in die Lage, bestimmte Aktionen durchzuführen.104 Dem Agenten bleibt ein diskretionärer Handlungsspielraum, innerhalb dessen er nach eigenem Ermessen entscheiden und handeln kann.105 Der Prinzipal ist nur externer Beobachter, der Agent Handlungsausführender, sodass der Agent die Möglichkeit hat, gedeckt durch Informationsasymmetrien zu seinen Gunsten, sich beispielsweise auf Kosten des Prinzipals zu bereichern. Dem Prinzipal ist nur Überwachung und Bindung des Agenten möglich.106 Agent und Klient stehen regelmäßig zuerst in offiziellem geschäftlichen Kontakt. Dieser wird später um korruptive Verhaltensweisen („Korruptionsvertrag“) erweitert.107 Zwischen dem Agenten und dem Klienten findet dann ein Tausch statt, von dem beide profitieren. Der Tausch ist konstitutives Merkmal der Korruption108. Innerhalb dieses Tausches Sturm, in: Kurer, S. 59; kritisch auch Schweitzer, S. 314. Klitgaard, S. 69 ff.; Dietz, S. 29 ff.; Viebranz, S. 34 ff.; Androulakis, S. 38 f.; Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 402; Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (463); Mansdörfer, Rn. 534; Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747); Viebranz, S. 35; Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (157): Ziel dieses Ansatzes ist es, richtige Anreize zu schaffen, damit der Agent im Interesse des Prinzipals handelt. 101 Kurer, in: Kurer, S. 49. 102 Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747); Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (463). 103 Dietz, S. 29; Klitgaard, S. 69 ff.; Homann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 32 (33); Viebranz, S. 35. 104 Dietz, S. 29; Klitgaard, S. 69 ff.; Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747 f.); Viebranz, S. 34. 105 Klitgaard, S. 74 f.; Dietz, S. 30. 106 Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (48); Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747); Viebranz, S. 37; Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (153). 107 Siller, Kriminalistik 2010, 747 (748); siehe auch Viebranz, S. 37. 108 Dietz, S. 35; Viebranz, S. 35. 99

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handelt oder entscheidet der Agent regelwidrig und erhält dafür vom Klienten eine Gegenleistung.109 Die den Regelverstoß begründende Handlung ist die Leistung des Agenten im Rahmen seines Tausches mit dem Klienten. Die Regel resultiert aus dem Vertrag mit dem Prinzipal.110 Es gibt zwei Varianten des Regelverstoßes. Die erste Variante besteht in der Überschreitung des diskretionären Handlungsspielraums. Die zweite Variante ist, dass der Agent im Rahmen seines Handlungsspielraumes bleibt. Die Motivation für die Wahl seiner Entscheidungs- oder Handlungsalternative ist die Aussicht auf Bezahlung.111 Der Tauschgewinn des Klienten besteht in der Beeinflussung des Agenten.112 Der Klient profitiert daher vom Regelverstoß des Agenten.113 Wegen des Regelverstoßes sind Agent und Klient regelmäßig gezwungen, ihren Tausch geheim zu halten.114 Korruption ist nach dem Prinzipal-Agenten-Klienten-Modell der Vertragsbruch eines Agenten gegenüber seinem Prinzipal, nämlich in Form eines vertrags- bzw. normwidrigen Verhaltens eines Agenten durch Entgegennahme von Geld oder Sachleistungen.115 Ebenso erhofft sich der Klient im Gegenzug durch das vertragswidrige Verhalten des Agenten Vorteile.116 Darin liegt der entscheidende Unterschied zwischen einem Korruptionsakt und einem bloßen Tauschakt: Der Agent steht in einem Delegationsverhältnis und missbraucht seine Machtbefugnisse.117 Bei einem Korruptionsakt handelt es sich um ein „Geschäft zu Lasten Dritter“, da regelmäßig ein Schaden beim Prinzipal ausgelöst wird.118 „Der Vertrag zwischen Prinzipal und Agent ist schützenswert, weil er für eine moderne Gesellschaft, die durch tiefe Arbeitsteilung, funktionale Differenzierung und hierarchisch aufgebaute Organisationen gekennzeichnet ist, von überragender Bedeutung ist.“119 Die vorangegangenen Gesichtspunkte des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes sind durch weitere Aspekte zu ergänzen, die in der vorliegenden Untersuchung von Bedeutung sein werden: Erstens kann der Klient wiederum Agent eines Prinzipals sein.120 Zweitens muss der Prinzipal nicht immer der Geschädigte sein, sondern Dietz, S. 29; Klitgaard, S. 69 ff.; Viebranz, S. 35. Dietz, S. 31. 111 Dietz, S. 31. 112 Dietz, S. 32. 113 Dietz, S. 29; Klitgaard, S. 69 ff.; Viebranz, S. 35. 114 Dietz, S. 34; Siller, Kriminalistik 2010, 747 (748); Viebranz, S. 38. 115 Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (48); Gabler Wirtschaftslexikon (K – R), S. 1831; Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747). 116 Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (48); Gabler Wirtschaftslexikon (K – R), S. 1831; Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747). 117 Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (152 f.). 118 Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (153). 119 Homann, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 32 (34 f.); vgl. auch Ockenfels, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 86 (101). 120 Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (50); Siehe Graeff, in: Korruptionsfall Siemens, 151 (156 f.). 109 110

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kann selbst der Schädiger sein.121 Im privatwirtschaftlichen Bereich können Prinzipale nämlich auch Nutznießer von korrupten Machenschaften der Agenten sein.122 Korruption der Agenten kann daher im Interesse des Prinzipals liegen.123 Der Agent kann sich damit rechtfertigen, dass er im Sinne des Prinzipals gehandelt habe.124 Drittens ist denkbar, dass der Prinzipal Korruption anordnet. Solche Überlegungen werden im Rahmen der Untersuchung einzelner Straftatbestände aufgegriffen. Der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz überzeugt im Ergebnis aufgrund der klaren Zurechnungsstruktur.125 Er stellt die Akteure und Konflikte genau dar: den im Fokus stehenden Interessengegensatz von Prinzipal und Agent.126 Die Beziehungen zwischen den relevanten Akteuren sind deutlich erkennbar.127 Die sonst eher allgemein formulierten Begriffsbestimmungen (Missbrauch von Macht etc.) werden konkretisiert. Mit Sicherheit hat auch der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz seine Schwächen und wird das System Korruption nicht immer vollständig erfassen können, weil beispielsweise Prinzipale nicht zwingend die Geschädigten sein müssen, sondern Nutznießer sein können.128 Dies gilt besonders, wenn der Prinzipal dem Agenten erlaubt, Schmiergelder anzunehmen. Dennoch können die Handlungs- und Beteiligtenstrukturen mit diesem Ansatz präzise herausgearbeitet werden, was für die Überlegungen der noch anstehenden Untersuchung im juristischen Sinne eine tragfähige Basis darstellt.

II. Gemeinsamkeiten der disziplinären Ansätze und Bildung eines allgemeinen Korruptionsbegriffes Trotz der Kritik an den einzelnen Ansätzen werden im folgenden Abschnitt die Gemeinsamkeiten zusammengestellt. Auf den ersten Blick scheint es, als ob die unterschiedlichen Ansätze von keinem einheitlichen Begriff ausgingen. Bei näherer Betrachtung sind allerdings gemeinsame Kriterien zu erkennen.129 Das ökonomische Modell des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes ist aufgrund seiner Vorzüge primär in die allgemeine Begriffsbildung einzubeziehen. Die einzelnen, gemeinsamen Kriterien werden konkretisiert und bilden die Basis für eine handlungstheoretische Strukturanalyse des Phänomens Korruption. Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (50). Graeff, in: Korruptionsfall Siemens, 151 (152). 123 Graeff, in: Korruptionsfall Siemens, 151 (154). 124 Graeff, in: Korruptionsfall Siemens, 151 (154 f.). 125 Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (48, 49). 126 Graeff, in: Korruptionsfall Siemens, 151 (153). 127 Graeff, in: Korruptionsfall Siemens, 151 (154). 128 Wieland, in: Jansen / Priddat, 43 (48, 49). 129 Siehe auch Lambsdorff, in: Politische Korruption, S. 49; Eppner, S. 6; Schweitzer, S. 156. 121 122

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1. Tausch von Leistung und Gegenleistung Korruption setzt einen Tausch von Leistung und Gegenleistung zwischen Korrumpiertem (Vorteilsnehmer) und Korrumpierendem (Vorteilsgeber) voraus, weshalb kennzeichnendes Merkmal von Korruption ein zweiseitiges Verhältnis zwischen den Tauschparteien darstellt.130 Das Phänomen basiert auf dem Prinzip do ut des bzw. „Geben und Nehmen“.131 Regelmäßig findet der Tausch in beidseitigem Nutzen statt.132 Notwendig ist eine Interaktion der Tauschparteien; Korruption ist daher durch Interaktion gekennzeichnet133 und gilt als „Kommunikationsdelikt“134. Zu bemerken ist, dass die freiwillige Zahlung von Bestechungsgeldern nicht selbstverständlich ist, sondern ihren Beweggrund in Nötigungs- oder Erpressungshandlungen durch den Vorteilsnehmer haben kann.135 Pies spricht in solchen Zusammenhängen von „Belastungskorruption“. Soweit der Tausch für beide Parteien als vorteilhaft empfunden wird, ist die Rede von „Entlastungskorruption“.136 Das sog. Anfüttern stellt regelmäßig den ersten Schritt zu korruptiven Verhaltensweisen dar. Dazu gehören kleine, immer wiederkehrende Geschenke zur Kontaktpflege oder zu einem besonderen Anlass, womit Abhängigkeit der Gegenseite hergestellt werden soll.137 Die Initiative kann dabei sowohl von der Geber- als auch der Nehmerseite ausgehen.138 Regelmäßig erfolgt der erste Schritt durch die Geberseite, wenn ein Anliegen besteht, einen Machtinhaber für eigene Interessen gefügig zu machen.139 Das Anfüttern impliziert daher einen Anbahnungsprozess.140 Eingeschätzt werden soll, ob man miteinander zurechtkommen wird oder ob man von der Gegenseite bei Schwierigkeiten rechtliche Schritte zu erwarten bzw. zu befürchten 130 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (463); Pragal, ZIS 2006, 63 (71); Schweitzer, S. 47, 152, 175 ff. 131 Kahmann, S. 34; Bottke, ZRP 1998, 215 (215); Schweitzer, S. 153; Wabnitz / Janovsky1Schubert, Kap. 12 Rn. 3. Pragal, ZIS 2006, 63 (72): die Begriffe „Geber“ und „Nehmer“ seien aufgrund des Tauschcharakers „irreführend“. 132 Eppner, S. 8 ff. 133 Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (362); Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (287). 134 Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (412); siehe auch Reinhold, HRRS 2010, 213 (215); Eidam, Rn. 1770; Pragal, S. 172. 135 Dazu Dann, wistra 2011, 127 ff., der erörtert, ob und unter welchen Voraussetzungen der Vorteilsgeber gemäß § 34 StGB gerechtfertigt handeln kann. 136 Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (150); Pies, in: Jansen / Priddat, 63 (66 ff.). 137 BT-Drs. 13 / 3353, S. 11; BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 10; Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (411); Greeve, Rn. 7; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 21 f.; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 30; Lambsdorff, in: Pieth / Eigen, S. 80; Eidam, Rn. 1775; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 18; Bernsmann, GA 2007, 219 (233). 138 Binding, BT / II / 2, S. 726; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 30. 139 Eppner, S. 5; Binding, BT / II / 2, S. 726. 140 Dölling, 61. DJT Bd. I, C 21; Vahlenkamp / Knauß, S. 206.

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

hat.141 Das Korruptionsgeschehen befindet sich beim sog. Anfüttern in einem frühen Anfangsstadium. Spätestens wenn die Gegenleistung erfolgt, ist der Tausch perfekt.142 2. Machtposition des Korrumpierten Der Korrumpierte hat eine bestimmte Machtposition inne. Diese kann aus der Betätigung eines öffentlichen Amtes, einer Funktion in der Wirtschaft oder eines politischen Mandates resultieren und muss anvertraut bzw. übertragen worden sein. Macht stellt die Fähigkeit dar, ein bestimmtes vom Korrumpierenden erwünschtes Ergebnis erzielen zu können.143 Ein Machtinhaber muss daher fähig sein, tatsächlichen Einfluss auf bestimmte Entscheidungen auszuüben. Der bestimmungsgemäße Gebrauch dieser Macht wird durch die jeweiligen Pflichten des Machtträgers geregelt.144 3. Missbrauch der Machtposition als Gegenleistung Die Machtposition muss missbraucht werden. Missbrauch bedeutet, dass der Inhaber der Machtposition seine tatsächlichen Möglichkeiten ausnutzt.145 Dieses Merkmal ist als Schlüsselmerkmal der Korruption zu qualifizieren.146 Im Machtmissbrauch liegt die spezielle „Angriffsform“ von Korruption, ähnlich wie andere Angriffsformen in Form von Täuschung, Drohung oder Gewalt.147 Deshalb orientiert sich präventive Korruptionsbekämpfung primär an der Beseitigung von Einfluss- und Machtmissbrauch.148 Der Machtmissbrauch stellt die Gegenleistung des Korrumpierten gegenüber dem Korrumpierenden dar, welcher regelmäßig auch Nutznießer des Missbrauchs sein wird.149 Als Gegenleistungen können Gebührenersparnisse, diverse behördliche Genehmigungen, behördeninterne Informationen, Beeinflussung der Strafverfolgung, diverse Wettbewerbsvorteile, Bezahlung fingierter Rechnungen, Erlangung von Aufträgen etc. in Betracht kommen.150 Kerner, 61. DJT Bd. II / 2, L 128. Dietz, S. 39. 143 Eppner, S. 6. 144 Arnim / Heiny / Ittner, S. 15 f., www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009). 145 Überhofen, S. 111. 146 Arnim / Heiny / Ittner, S. 22, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (468). Schweitzer, S. 152, lehnt diese Komponente ab: Es ist „höchst fragwürdig und analytisch so gut wie nicht zu leisten, zwischen dem Gebrauch und dem Missbrauch anvertrauter Macht zu unterscheiden“. 147 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (468). 148 Überhofen, S. 111. 149 Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 119; Hellmann / Beckemper, Rn. 759; Greeve, Rn. 5. 150 BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 18 (mit prozentualen Angaben). 141 142

A. Begriff der Korruption

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Ein weiteres wesentliches Korruptionsmerkmal ist die Interessenwidrigkeit zwischen Machtausübung und Vorteil151, weil sich der Korrumpierte nicht an den betreffenden Regeln, sondern an unzulässigen Vorteilen orientiert.152 Maßgeblich sind die Regeln, die für eine Entscheidung in der Sache gelten oder bestimmen, dass eine sachgerechte Entscheidung nicht an rechtswidrige Gegenleistungen gekoppelt werden darf.153 Im Sinne von Volk ist zwischen folgenden drei Regeln zu unterscheiden: erstens „Vertragsregeln“ im Rahmen der Geschäftsbeziehung zum Korrumpierenden; zweitens „Innenregeln“, die sich aus den Innenverhältnissen des Korrumpierten beispielsweise zum Staat oder zum Unternehmen ergeben, und drittens „Außenregeln“, welche generelle Regeln darstellen und beispielsweise das Ansehen des Staates oder die Freiheit des Wettbewerbs betreffen.154 Der oben beschriebene Tausch kann daher folgendermaßen beschrieben werden: Eine Tauschpartei hat Entscheidungsbefugnis und missbraucht diese Macht für eigene Vorteile. Die andere Tauschpartei beeinflusst diese Entscheidungsbefugnis, um eine bestimmte Entscheidung wiederum in ihrem Interesse zu erlangen.155 Dem Vorteilsgeber geht es im Kern um die Beeinflussung des Vorteilsnehmers.156 Motivation kann auch Klimapflege, ein „Dankeschön für gute Zusammenarbeit“ oder eine sonstige „Motivationszahlung“ darstellen.157 Triebfeder des Vorteilsnehmers ist zumeist ein finanzieller Gewinn.158 Volk159 begreift Korruption als Tausch von Vorteilen unter Regelverstoß. Bei diesen Überlegungen wird deutlich, dass das alleinige Abstellen auf einen regelwidrigen Tausch die Beteiligtenstrukturen viel zu unpräzise beschreibt. Die Definition „Tausch von Vorteilen unter Regelverstoß“ greift, wie Kindhäuser zutreffend betont, viel zu kurz und ist unzureichend.160 Insbesondere können keine klaren Abgrenzungen zu Phänomenen getroffen werden, die ebenso einen Tausch von Vorteilen voraussetzen, wie beispielsweise Hehlerei, Bezahlung von Schwarzarbeit, Drogenund Waffenhandel161, gar die Erteilung von Auftragsmorden162, Ringabsprachen

Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (464). Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 1; Hetzer, StraFo 2008, 489 (490); vgl. auch Volk, GS Zipf 1999, 419 (422); Hetzer, StraFo 2008, 489 (490). 153 Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 38; Bannenberg, S. 14; Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (363); Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 119; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 3; Leipold, in: Greeve / Leipold, § 18 Rn. 2; zustimmend Ambos, JZ 2003, 345 (349). 154 Volk, GS Zipf 1999, 419 (422); MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 15 f. 155 Wiehen, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 15 (15). 156 Reinhold, HRRS 2010, 213 (214). 157 Schaupensteiner, 61. DJT Bd. II / 2, L 111; Androulakis, S. 48: „unechte Geschenke“. 158 Vahlenkamp / Knauß, S. 45; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 6. 159 Volk, FS Roxin (2001), 563 (567); Volk, GS Zipf (1999), 419 (421); MAH-Volk, § 2 Rn. 21; zustimmend Ambos, JZ 2003, 345 (349); Zöller, GA 2009, 137 (138). 160 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (463); i.E. auch Pragal, S. 138. 161 Pragal, S. 138; Pragal, ZIS 2006, 63 (72). 151 152

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beim Submissionsbetrug oder Kinderhandel. Das spezifische Kriterium der Korruption liegt im Missbrauch einer Machtposition gegen Vorteile.163 Oder mit den Worten Kindhäusers in einem Interessenwiderspruch: Dem Interesse, welches der Agent wegen seiner besonderen Pflichtenstellung wahrzunehmen hat, und dem Interesse, an das er sich durch die Annahme des Vorteils bindet.164 Die Definitionskomponente Volks „unter Regelverstoß“ bringt dies nur marginal zum Ausdruck. Pragal beispielsweise hat aus diesen Gründen den Begriffsversuch Volks präzisiert und stellt auf einen regelwidrigen Tausch einer Entscheidung (bzw. der Einflussnahme auf eine solche) gegen Vorteile ab.165 Auch diese Präzisierung ist jedoch zu unspezifisch. Wer die Entscheidung auf der Vorteilsnehmerseite zu treffen hat, ist nicht erkennbar. Deswegen ist der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz heranzuziehen. Korruption ist nicht nur durch den Tausch zwischen Agent und Klient gekennzeichnet, sondern durch den gleichzeitigen Missbrauch der Machtposition des Agenten gegenüber dem Prinzipal. 4. Vorteil des Korrumpierenden als Leistung Dem Machtmissbrauch steht als Leistung166 ein Vorteil des Korrumpierenden an den Korrumpierten gegenüber. Dieser Vorteil wird üblicherweise als „Schmier-“ oder „Bestechungsgeld“ bezeichnet.167 Von diesem Vorteil kann der Korrumpierte selbst oder ein Dritter profitieren. Machtmissbrauch und Vorteil müssen in einem Zusammenhang stehen. Als materielle Vorteile erfolgen Geldzuwendungen, Sachzuwendungen, unentgeltliche oder billige Arbeits- und Dienstleistungen, Honorarzahlungen, Gewährung von (zinsgünstigen oder -losen) Darlehen, Urlaubsreisen, Teilnahme an Veranstaltungen, Bewirtung, Feiern, Rabatte.168 In der Wirtschaft stehen offene und verdeckte Geldzahlungen im Vordergrund, getarnt als Provisionen, Prämien, Gutschriften, Rabatte, Sonder- und Rückvergütungen, Honorare und Umsatzbeteiligungen,169 sowie Unternehmensbeteiligungen, Vermittlung einer Anstellung170. Aufzulisten sind darüber hinaus Mietvorteile, Auftragsvergabe, ÜbertraKindhäuser, ZIS 2011, 461 (463). Vgl. Schweitzer, S. 41. 164 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (463). 165 Pragal, NStZ 2005, 133 (135 Fn. 24); Pragal, ZIS 2006, 63 (72); Achenbach / RansiekRönnau, III 2 Rn. 5. 166 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (134), verwendet den Begriff „Bestechungsmittel“. 167 Eppner, S. 12. 168 BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 17 (mit prozentualen Angaben); speziell zu den §§ 331 ff. StGB: Fischer, § 331 Rn. 11a ff. mit entsprechenden Fundstellen; SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 3, 20; Greeve, Rn. 229; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 9; Eidam, Rn. 1801 ff.; ausführlich Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 26. 169 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 95; MK-Diemer / Krick, § 299 Rn. 9; Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (134 f.); Wittig, wistra 1998, 7 (8). 170 Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3532). 162 163

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gung von Grundstücksanteilen, Nichtgeltendmachung oder Stundung von Forderungen bzw. Schulden, Unterlassen von Mängelrügen, Akzeptanz überhöhter Rechnungen, Aufrechterhaltung von Geschäftsbeziehungen oder Verhinderung einer bevorstehenden Vertragskündigung.171 Des Weiteren werden immaterielle Vorteile wie beispielsweise Ehrungen, sexuelle Leistungen, Erwerbsaussichten sowie Karrierechancen erfasst.172

5. Schadenspotenzial des Tausches Korruption geht regelmäßig zu Lasten eines Allgemein- oder Individualinteresses173, weswegen Korruption als sozialschädlich und strafwürdig gilt174. Im Sinne des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes ist der Tausch ein Geschäft zu Lasten Dritter, regelmäßig zu Lasten des Prinzipals.175 Korruption ist der Gegenbegriff zu „Gemeinwohl“176, schließlich wird die Erlangung eines persönlichen Vorteils zur Handlungsmaxime und nicht die Orientierung am Gemeinwohl.177 Ein tatsächlicher Schaden ist aber nicht zwingende Voraussetzung.178 Die Sozialschädlichkeit kann sich auch in anderer Weise widerspiegeln: Im öffentlichen Bereich verletzt Korrup171 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 95; MK-Diemer / Krick, § 299 Rn. 9; Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (134 f.). 172 BGH, NJW 1985, 2654 (2656); SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 21; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 38, 40; Überhofen, S. 106; Greeve, Rn. 234; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 8; MK-Korte, § 331 Rn. 65; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 24, Kuhlen, JR 2003, 231 (233); Fischer, § 331 Rn. 11e. Im Bereich der Drittmittelforschung werden Ansehensmehrung und Steigerung der wissenschaftlichen Reputation nicht mehr als immaterielle Vorteile im Sinne der §§ 331 ff. StGB angesehen. Ansonsten würde angelastet werden, dass eine Person seine forschungs- und klinikbezogene Aufgaben möglichst gut zu erfüllen versucht. Eine solche Betrachtung würde den Bereich der objektiven Messbarkeit oder Darstellbarkeit eines Vorteils verlassen und ins Unbestimmte abgleiten. Dazu BGH NJW 2002, 2801 (2804); zustimmend Kuhlen, JR 2003, 231 (233); Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 19. Ob die bloße Vermeidung eines Übels und die Beibehaltung des status quo einen Vorteil darstellt, beispielsweise durch Vermeidung negativer Veränderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Lage des Amtsträgers, ist umstritten. Zustimmend BGH NJW 1985, 2654 (2656); Kargl, ZStW 114 (2002), 764 (768); SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 19; ablehnend NK-Kuhlen, § 331 Rn. 36; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 19; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 5; MK-Korte, § 331 Rn. 64. 173 So auch Edelbacher, S. 26; Schweitzer, S. 41; Pletscher, in: Pieth / Eigen, S. 275; Bottke, ZRP 1998, 215 (215); Kühne, in: Jakob / Fikentscher, S. 69. Androulakis, S. 39, verzichtet auf eine konkrete Schädigung von Interessen. 174 Überhofen, S. 52 m. w. N.; BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 10 f.; Schöch, 61. DJT Bd. II / 2, L 109. 175 Siehe Kapitel 2 A. I. 6. 176 Arnim / Heiny / Ittner, S. 30, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Gebhardt, in: Kurer, S. 16; ähnlich Dölling, 61. DJT Bd. I, C 49. 177 Dölling, 61. DJT Bd. I, C 27; Arnim / Heiny / Ittner, S. 26, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); vergleich auch Henning, in: Jansen / Priddat, S. 200. 178 Eppner, S. 7.

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

tion beispielsweise die Grundwerte sowie das Ethos des demokratischen und sozialen Rechtsstaates, senkt die Effizienz der öffentlichen Verwaltung und beeinträchtigt das Vertrauen des Bürgers in den Staat. Im privatwirtschaftlichen Bereich gefährdet Korruption insbesondere die Geschäftsmoral und die Grundlagen der Marktwirtschaft.179 Es ist an den bereits aufgeworfenen Aspekt zu erinnern, dass Korruption für Unternehmen vor allem im Ausland vorteilhaft sein kann.180 6. Geheimhaltung des Tausches Als weiteres Korruptionsmerkmal wird teilweise Geheimhaltung bzw. Verschleierung genannt. Dafür spricht, dass Korruption in der Regel verschleiert begangen wird181 und im Verborgenen blüht182. Daher gilt Korruption als Delinquenz mit geringer Sichtbarkeit183 und als Kriminalität im Dunkelfeld.184 Beispielhaft sind offizielle Provisionsvereinbarungen, hinter denen sich verschleierte Schmiergeldzahlungen verbergen.185 Letztlich kann auf dieses Kriterium aber verzichtet werden. Zum einen um alle denkbaren Anbahnungsprozesse und potentiellen Gefährdungssituationen umfassend berücksichtigen zu können.186 Zum anderen um Korruptionssituationen zu erfassen, die gerade nicht oder kaum verschleiert werden187, sog. pervertierte188 Form der offen gelegten Korruption. Aus diesen Gründen ist Geheimhaltung für das Strafrecht kein geeignetes Kriterium.189

Bannenberg, S. 9; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 27 ff. Siehe Kapitel 1 A. 181 Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 2; Androulakis, S. 38 f. (für ihn das „wesentliche Element der Korruption“); Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (153): wegen Informationsbarrieren des Prinzipals „Geheimhaltungsdelikt“. 182 Mischkowitz, in: BKA Bd. 46, S. 29; Alemann, in: Kleines Lexikon der Politik, S. 332; Kurt Schmidt / Garschagen, HdWW, S. 567; Homann / Suchanek, Ökonomik, S. 402. Kritisch Schweitzer, S. 44: Merkmal aller illegalen Aktivitäten. 183 Dölling, 61. DJT Bd. I, C 8; ähnlich Siller, Kriminalistik 2010, 747 (748). „Kartell des Schweigens“: Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (553); Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (161). „Pakt des Schweigens“: Nell / Schlüter, NJW 2008, 1996 (1997). 184 Siller, Kriminalistik 2010, 747 (748); Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (553); Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (365); Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 6; BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 21; Geis, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 47 (48). 185 NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 20 f.; Zöller, GA 2009, 137 (139); Görling / Inderst / Bannenberg-Bannenberg / Dierlamm, Kap. 5 Rn. 78; Wittig, wistra 1998, 7 (7 ff.). 186 Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 120. 187 Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 2; Volk, GS Zipf 1999, 419 (424 Fn. 10). 188 Arnim / Heiny / Ittner, S. 25, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009). 189 Überhofen, S. 50; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 10; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 38. 179 180

A. Begriff der Korruption

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7. Ergebnis Das Phänomen Korruption kann mit den genannten Kriterien skizziert und auf einen allgemeinen Begriff gebracht werden. Diese Kriterien haben in der Strafrechtswissenschaft Zustimmung gefunden.190 Dabei ist die Vielfältigkeit des Phänomens deutlich geworden, die die Entwicklung eines echten, klar umrissenen juristischen Korruptionsbegriffes unmöglich macht. In juristischer Hinsicht bleibt Korruption eher konturenlos und ein außerrechtlicher Oberbegriff für abweichendes Verhalten.191 Aus rechtswissenschaftlicher Sicht ist es daher konsequent und richtig, dass kein allgemeiner Straftatbestand namens „Korruption“ existiert. Bei der allgemeinen Begriffsbildung müssen zwei Aspekte strikt unterschieden werden: strafrechtlich relevante und strafrechtlich nicht relevante Korruption.192 Ein allgemeiner Korruptionsbegriff wird diese Unterscheidung seltener bzw. gar nicht berücksichtigen. Eine solche Differenzierung vorzunehmen, ist auch nicht die Aufgabe eines allgemeingültigen Begriffes193, sondern vielmehr Aufgabe des Strafrechts und der richterlichen Rechtsfortbildung. Nicht alles, was möglicherweise als verwerflich gilt, wird bestraft und sollte bzw. kann bestraft werden194. Moral und Strafrecht sind nicht immer konform.195 Das Strafrecht kann daher allenfalls als ethisches Minimum instrumentalisiert werden.196 Das Phänomen Korruption ist begrifflich zu fassen. Die einzelnen Handlungsund Beteiligtenstrukturen müssen jedoch noch präziser herausgearbeitet werden. Dazu dient der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz des ökonomischen Ansatzes197, dessen Vorteile bereits erläutert wurden. Dieser Ansatz bildet die Basis für das zu 190 Vgl. Freund / Kallmayer / Kraft, S. 1; Leipold, in: Greeve / Leipold, § 18 Rn. 2; Eidam, Rn. 1770; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 15 f.; Ambos, JZ 2003, 345 (349); Zöller, GA 2009, 137 (138); Bottke, ZRP 1998, 215 (215); Greeve, Rn. 5; http: //www.transparency.de/K.532.0. html (Stand 22. 04. 2009); Rönnau, StV 2009, 302 (304); Eigen, in: Pieth / Eigen, S. 11 f.; Kühne, in: Jakob / Fikentscher, S. 62 ff.; Bannenberg, S. 14; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 3; Hellmann / Beckemper, Rn. 759. 191 Androulakis, S. 35 f. 192 Edelbacher, S. 24; Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (468); Schweitzer, S. 236. 193 So Kahmann, S. 57; vgl. auch Walther, Jura 2010, 511 (512). 194 Kahmann, S. 57; Vahlenkamp / Knauß, S. 251; Höffling, S. 17; Henning, in: Jansen / Priddat, S. 200; Martiny, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 3 (3); Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 49; Ockenfels, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 86 (92); Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (155); Theile, ZIS 2011, 616 (620). 195 Vahlenkamp / Knauß, S. 251; Höffling, S. 17; Henning, in: Jansen / Priddat, S. 200; Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 49; Berg, S. 17; Pies, in: Jansen / Priddat, 63 (63); kritisch Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (600 ff.), zur „Moralisierung“ als „Extensionstendenz“ der Untreuestrafbarkeit. 196 Gaßner, in: Arnim, S. 60; ebenso Eppner, S. 8: „Nur ein Minimalkonsens ethisch abzulehnender Verhaltensweisen wird unter Strafe gestellt“. 197 Grundsätzlich ablehnende Haltung zur Heranziehung von Prinzipal-Agenten-Beziehungen: Wollschläger, S. 19, 157, 159.

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

entwickelnde Korruptionsmodell. Dass Pragal Korruption auch außerhalb von Prinzipal-Agenten-Beziehungen für möglich hält – auch wenn er anerkennt, dass den „meisten Formen von Korruption“ diese Beziehungen zu Grunde liegen198 – kann hier nur angedeutet werden. Pragal bezieht sich in seinen Ausführungen auf den Straftatbestand § 299 StGB. Eine Auseinandersetzung mit dieser These erfolgt deshalb in Kapitel 3 A. II. a).

III. Erweiterung des Korruptionsbegriffes um Sondersituationen Die klassische Korruptionssituation ist bereits charakterisiert worden: Es agieren (zumindest) zwei Parteien, nämlich der Korrumpierte und der Korrumpierende,199 und der Tausch wird vollzogen. Der Korrumpierte hat eine Machtposition inne, die durch ihn missbraucht wird. Dafür erhält er Vorteile. Der Korrumpierende will diese Machtposition für sich instrumentalisieren, um einen Nutzen aus dieser Machtposition zu ziehen. Dafür gewährt er Vorteile. Die Initiative kann vom Korrumpierenden oder vom Korrumpierten ausgehen: Entweder der Korrumpierte verlangt Vorteile für einen Machtmissbrauch oder der Korrumpierende ergreift die Initiative und bietet dafür Vorteile an.200 Das Verlangen kann darüber hinaus in der Form erfolgen, dass der Korrumpierte signalisiert, er werde ohne Vorteilsgewährung nicht tätig werden.201 Die meisten Ansätze zur Begriffsbildung basieren auf der Vorstellung einer solchen klassischen Korruptionssituation. Dieses Verständnis ist zu unpräzise und differenziert beispielsweise nicht genügend zwischen den einzelnen Korruptionsstadien. Im Folgenden sind deshalb zwei Sondersituationen herauszustellen, um die der allgemeine Korruptionsbegriff zu erweitern ist.

1. Autokorruption Die erste Sondersituation stellt „Autokorruption“ dar. Korrumpierter und Korrumpierender sind in diesem Fall ein- und dieselbe Person, sodass die typische Zweierbeziehung im Tauschverhältnis in einer Person zusammenfällt.202 Arnim / Heiny / Ittner unterscheiden dabei zwei Formen von Autokorruption: direkte und in-

198 Pragal, NStZ 2005, 133 (135 Fn. 24); Pragal, S. 9, 116 ff.; Pragal, ZIS 2006, 63 (72 ff.). 199 Http: //www.transparency.de/K.532.0.html (Stand 22. 04. 2009); Eppner, S. 8; Volk, GS Zipf 1999, 419 (421). 200 Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 120; Greeve, Rn. 5. 201 Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 120; Greeve, Rn. 5. 202 Key, in: Political Corruption, 39 (41 f.); Arnim / Heiny / Ittner, S. 20, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Heberer, S. 25.

A. Begriff der Korruption

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direkte. Die direkte Autokorruption meint, dass beispielsweise ein Amtsträger sich selbst durch Missbrauch seiner Amtsstellung bereichert. Für die indirekte Autokorruption ist charakteristisch, dass beispielsweise Amtsträger im eigenen Interesse Regelungen treffen oder unterlassen, die sie selbst oder Dritte begünstigen, indem Erfassung, Verfolgung und Bestrafung von Korruption erschwert oder unterbunden wird. In beiden Fällen geht es um Instrumentalisierung der eigenen Machtstellung.203 Es wird anhand dieser Konstellationen deutlich, dass das Abstellen auf eine Zweierbeziehung im Tauschverhältnis nicht zwingend für einen Machtmissbrauch gegen Vorteile ist. Dies gilt vor allem, wenn man wie Arnim / Heiny / Ittner und Key die Autokorruption als „besonders gravierende Erscheinungsform der Korruption“ erfasst.204 Die Sondersituation der Autokorruption wird für die folgende Untersuchung keine weitere Bedeutung erlangen. Die Ergebnisse, die erzielt werden, können jedoch im Grundsatz auf diese Sondersituation übertragen werden. Agent und Klient sind im Falle von Autokorruption personenidentisch. Im Zentrum dieser weiteren Untersuchung wird jedoch das Handlungsgeflecht in einer Zweierbeziehung zwischen personenverschiedenen Korrumpierenden und Korrumpierten stehen. Nur wenn Agent und Klient personenverschieden sind, können Unterschiede zwischen verschiedenen Fallkonstellationen herausgestellt werden. Dies gilt beispielsweise für Fälle, in denen entweder nur der Agent oder der Klient tauschwillig ist oder in denen auf beiden Seiten Mittelspersonen eingesetzt werden.

2. Einseitiger Korruptionsversuch Die zweite Sondersituation in Form des einseitigen Korruptionsversuches basiert auf folgendem Gedanken: Zwei spezifische Kriterien der Korruption sind Tausch und Machtmissbrauch. In bestimmten Fallkonstellationen drängt sich trotz des Fehlens dieser Kriterien die Einordnung als Korruptionsphänomen auf. Zur Demonstration soll folgendes Beispiel dienen: Ein Bürger sinnt auf Erhalt einer Gaststättenerlaubnis. Wegen der besonderen örtlichen Verhältnisse ist objektiv zu erwarten, dass diese Erlaubnis nur unter Auflagen erteilt wird. Um dies abzuwenden, bietet der Bürger dem zuständigen Bearbeiter der Behörde einen Vorteil in Form eines Geldbetrages an. Dieser Bearbeiter lehnt entschieden ab. Auf den ersten Blick scheint dieser Sachverhalt eine typische Korruptionssituation darzustellen. Prüft man die Korruptionskriterien, stößt man auf die erste Hürde: Ein Tausch hat nicht stattgefunden. Die zweite Hürde ist der Missbrauch einer Machtposition. Der Bürger hat keine besondere Machtposition inne; vielmehr will 203 Arnim / Heiny / Ittner, S. 20 f., www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); vgl. auch Kurer, in: Kurer, S. 42 f. 204 Arnim / Heiny / Ittner, S. 24, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Key, in: Political Corruption, 39 (41 f.).

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

er die Machtposition des Bearbeiters in seinem Sinne beeinflussen. Soweit der Bearbeiter den Vorteil und das Ansinnen des Bürgers ablehnt und sich auf das Geschehen nicht einlässt, liegt kein Machtmissbrauch vor. Der Sachverhalt ist nach dem allgemeinen Korruptionsbegriff nicht unter das Phänomen Korruption zu subsumieren. Ohne eine besondere Straftatbestandsprüfung vorzunehmen, würde man juristisch feststellen, dass bei diesem Sachverhalt die §§ 333 bzw. 334 StGB, jedoch nicht die §§ 331 bzw. 332 StGB, einschlägig sind.205 Um einen als typisch erscheinenden Korruptionssachverhalt unter den allgemeinen Korruptionsbegriff fassen zu können, müssen aus dem angeführten Beispiel Schlussfolgerungen gezogen werden.206 Schließlich haftet der geschilderten Fallkonstellation die Spezifik der Einflussnahme auf eine Machtposition an, obwohl tatsächlich kein Machtmissbrauch stattgefunden hat.207 Der Bürger bietet in Form des Angebotes von Vorteilen den Anreiz für den Bearbeiter, seine Machtposition zu missbrauchen.208 Die Einflussnahme auf die Machtposition ist daher das Ziel des Korrumpierenden. Dass der zu Korrumpierende auf dieses Ansinnen nicht eingeht, kann dabei nicht die maßgebliche Variable für oder wider Korruption darstellen. Der unberechenbare Ausgang des Ansinnens muss demzufolge Berücksichtigung finden. Diese Aussagen gelten ebenso in umgekehrter Richtung, was folgendes Beispiel illustriert: Ein Bearbeiter einer Baubehörde fordert von einem Bürger einen Geldbetrag dafür, dass er diesem eine Baugenehmigung für einen Hausbau, der nicht genehmigungsfähig ist, erteilt. Der Bürger lehnt das Angebot ab. Es hat wiederum weder ein Tausch noch ein tatsächlicher Machtmissbrauch stattgefunden. Da der Bearbeiter suggeriert, dass er seine Machtposition gegen Erhalt eines Geldbetrages tatsächlich missbrauchen würde, liegt ein „Korruptionsverdacht“ nahe. Nach dem allgemeinen Korruptionsbegriff sind die Kriterien der Korruption aber nicht erfüllt. Nach der hier vertretenen Auffassung gelten jedoch ebensolche Verhaltensweisen als korrupt, die zunächst nur mit dem Ansinnen auf einen Tausch verbunden sind. Auf Seiten des Vorteilsgebers steht das Ziel der Einflussnahme auf eine Machtposition im Vordergrund und auf Seiten des Vorteilsnehmers die Bereitschaft zum Machtmissbrauch. Schon Überhofen hielt die (Möglichkeit der) Einflussnahme auf einen Funktionsträger für das Vorliegen von Korruption als wesentlich, die Abspra-

Dazu beispielsweise Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (283). Schweitzer, S. 152, lehnt das wohl ab: „Wenn der Vorstandsvorsitzende eines Konzerns mit Hinweis auf seine Position es fertig bringt, für ein ausverkauftes Konzert noch Karten zu erhalten, während der unbekannte Professor XY bei eben diesem Versuch scheitert: ist das auch Missbrauch anvertrauter Macht zum persönlichen Vorteil? Will das jemand im Ernst als Korruption bezeichnen?“. 207 Bereits Binding, BT / II / 2, S. 719, betonte: „Es ist der aktiven Bestechung wesentlich, dass ihr Urheber den Beamten sua sponte zur Pflichtwidrigkeit zu verleiten versucht“; siehe auch BGHSt 10, 237 (241 f.); BGHSt 15, 184 (184 f.); Reinhold, HRRS 2010, 213 (214). 208 Jaques, S. 74. 205 206

B. Strukturanalyse und Entwicklung eines Korruptionsmodells

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che zwischen Korrupten hingegen für überbetont.209 Ähnlich sieht es Wiehen: Korruption läge auch vor, wenn eine Machtposition nicht im engeren Sinne ausgenutzt wird, sondern nur eine Partei den Versuch unternimmt.210 Die aufgeführten Konstellationen erinnern an die Versuchskonzeption des Strafgesetzbuches in den §§ 22, 23 StGB. Hier wie dort gilt, dass das Handlungsunrecht nicht dadurch beseitigt wird, dass das Erfolgsunrecht nicht eingetreten ist (oder zugerechnet werden kann).211 Dies bedeutet auf die gedachten Konstellationen übertragen Folgendes: Dass tatsächlich kein Tausch stattgefunden hat, beseitigt nicht die Tatsache des korrupten Ansinnens. Der (auf Vollendung angelegte) Korruptionsbegriff ist deshalb um den einseitigen Korruptionsversuch als Sondersituation zu erweitern. Zusätzlichen Anstoß hierfür haben die Ansätze Höfflings sowie von Kurt Schmidt / Garschagen212 gegeben: Höffling traf bezüglich Korruption die wichtige Unterscheidung zwischen „korruptivem Handeln“ und „korruptiver Interaktion“.213 Dabei meint ersteres ein sinnbezogenes Tun des einzelnen Akteurs214 und entspricht der Sondersituation des einseitigen Korruptionsversuches. Letzteres stellt demgegenüber den kommunikativen Aspekt in den Vordergrund215 und entspricht dem Ausgangsbegriff Korruption in Vollendung.

B. Handlungstheoretische Strukturanalyse und Entwicklung eines Korruptionsmodells Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Erkenntnisse zum Begriff Korruption mittels einer präzisen handlungstheoretischen Strukturanalyse in ein Korruptionsmodell münden und für die weiteren Überlegungen fruchtbar gemacht. Diese handlungstheoretischen Vorüberlegungen werden sich in den nachfolgenden Kapiteln drei bis sechs als hilfreich erweisen, spezifisch strafrechtsdogmatische ProÜberhofen, S. 112. Wiehen, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 15 (15); Androulakis, S. 34: Die Grenze des Korruptionsbegriffes bilden einseitige Handlungen. Durynek, S. 444 f., stellt die Existenzberechtigung der aktiven Seite in Frage und plädiert für eine Entkriminalisierung. Er meint: „Ohne das Zutun des Amtsträger etc. ist Korruption nicht denkbar.“. 211 Siehe Jescheck / Weigend, S. 513 f. 212 Kurt Schmidt / Garschagen, HdWW, S. 566: „Im Übrigen ist zu bedenken, dass Korruption nur zustande kommen kann, wenn bei dem aktiv Bestechenden subjektive Bestechungswilligkeit und objektive (beispielsweise aufgrund der Verfügbarkeit über finanzielle Mittel gegebene) Bestechungsfähigkeit zusammentreffen und wenn sich bei den passiv Bestochenen subjektive Bereitschaft zur Bestechlichkeit (Bestechlichkeitsneigung) mit der objektiven Möglichkeit verbindet, eine Leistung zu erbringen (Bestechlichkeitschance), für die jemand eine korrumpierende Gegenleistung zu zahlen bereit ist.“. 213 Höffling, S. 25. 214 Höffling, S. 25. 215 Höffling, S. 25. 209 210

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

bleme bei der Beteiligung an Korruptionstatbeständen wirklichkeitsgetreu und sachgerecht zu erfassen. Ausgangspunkt ist der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz aus der Ökonomie, da dieser die Beziehungsverhältnisse zwischen den einzelnen Akteuren exakt zuordnet und die korruptiven Handlungen den einzelnen Akteuren klar zurechnet. Korruption stellt ein tatsächliches, soziales Phänomen dar.216 Darum darf und muss sich das (Straf-)Recht anderen Wissenschaftsdiziplinen wie der Ökonomie bedienen, um Antworten auf ganz grundsätzliche Fragen, wie beispielsweise „Was ist Korruption?“, zu finden.217 Korruption liegt im Sinne des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes ein Drei-Personen-Verhältnis218 bzw. Dreiecksverhältnis219 zugrunde. Die zwei grundlegenden Beziehungsverhältnisse bestehen zum einen aus dem Grundverhältnis zwischen einem Agenten und einem Prinzipal als Machtübertragenden und zum anderen aus dem Tauschverhältnis zwischen einem Agenten als Vorteilsnehmer und einem Klienten als Vorteilsgeber. Diese Beziehungen werden in der weiteren Untersuchung als Innen- und Außenverhältnis bezeichnet.220 Innenverhältnis stellt das Grundverhältnis zwischen Agent und Prinzipal dar. Außenverhältnis impliziert das Tauschverhältnis („Korruptionsvertrag“221) zwischen Agent und Klient.222 Diese Bezeichnungen heben deutlicher den Unterschied zwischen den beiden Beziehungen hervor: Im Innenverhältnis findet der Machtmissbrauch als zentrales Merkmal der Korruption statt. Im Außenverhältnis tauschen Agent und Klient Leistungen. Die Differenzierung zwischen Innen- und Außenverhältnis veranschaulicht darüber hinaus vier weitere Aspekte: Erstens verdeutlicht diese Unterscheidung, dass der Agent im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Er steht sowohl in einer Beziehung zu einem Prinzipal als auch in einer Beziehung zu einem Klienten. Zweitens hebt diese Unterscheidung hervor, dass der Agent im Innenverhältnis den Interessen des Prinzipals zuwider handelt, wenn er seine Machtposition missbraucht. Darin liegt ein Vorteil des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes: Der Missbrauch im Innenverhältnis kann konkret anhand der vertraglichen Absprache beSiehe Kapitel 2 Fußnote 1. Zur Theorie des Protostrafrechts: Alwart, in: Jahrbuch für Recht und Ethik 2003 (Bd. 11), 127 ff.; Alwart, FS Otto (2007), 3 (7). 218 Walther, Jura 2010, 511 (518); Siller, Kriminalistik 2010, 747 (747); Berg, S. 65; Pragal, S. 5. 219 Siehe Heine, ZBJV 2002, 533 (540). 220 Begriffspaar wurde bereits verwendet von Ransiek, ZStW 116 (2004), 634 (644); Volk, GS Zipf (1999), 419 (422); Jähnke, 61. DJT Bd. II / 2, L 135; Thomas, FS Riess (2002), 795 (796 ff.); Heine, ZBJV 2002, 533 (547); Pragal, S. 9, 139 ff. (Innenverhältnis: Agent-Prinzipal-Beziehung; Außenverhältnis: durch Wettbewerbsregeln definiert). 221 Siehe Kapitel 2 A. II. 6. 222 Siehe auch Jaques, S. 74. 216 217

B. Strukturanalyse und Entwicklung eines Korruptionsmodells

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stimmt werden.223 Soweit die Tauschbeziehung des Agenten zum Klienten im Interesse und mit Einverständnis des Prinzipals stattfindet, liegt kein Machtmissbrauch vor.224 Das Interesse des Prinzipals kann sich an mehreren Faktoren bemessen: Erstens an der Vertragsbeziehung des Agenten zum Klienten, die als geschäftliche Beziehung grundsätzlich Anliegen des Prinzipals ist, zweitens an den unmittelbaren Vorgaben des Prinzipals an seine Agenten, sogenannte Innenregeln, und drittens an sogenannten Außenregeln, welche das Innenverhältnis zwischen Prinzipal und Agent reglementieren.225 Derartige Außenregeln können beispielsweise der Schutz des lauteren Wettbewerbs oder der Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit in die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen darstellen. Dass sich der Agent an gesetzliche Regeln, wie beispielsweise den Wettbewerbsregeln, hält und „außenstehende Interessen“ wahrt, kann insbesondere dann im Interesse des Prinzipals liegen, wenn Bußgelder gemäß §§ 30, 130 OWiG infolge von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten des Agenten drohen.226 Drittens veranschaulicht die Differenzierung zwischen Innen- und Außenverhältnis, dass der Klient außerhalb der Prinzipal-Agenten-Beziehung steht und nur von außen auf diese einwirkt, indem er den Agenten beispielsweise zum Machtmissbrauch beeinflussen will. Der Klient greift von außen bewusst und zweckgerichtet in das Innenverhältnis zwischen Agent und Prinzipal ein, um Vorteile zu erlangen. Viertens demonstriert die Differenzierung zwischen Innen- und Außenverhältnis das unterschiedlich gelagerte Unrecht des Agenten als Vorteilsnehmer und des Klienten als Vorteilsgeber. Der Agent missbraucht seine Machtposition im Beziehungsverhältnis zum Prinzipal, wenn er Entscheidungen in regelwidriger Weise an Vorteile knüpft. Der Klient wirkt auf die Machtposition negativ ein, indem er dem Agenten Vorteile für einen Machtmissbrauch einräumt. Das Begriffspaar „Innenverhältnis“ und „Außenverhältnis“ wird darüber hinaus durch das Begriffspaar „Intraneus“ und „Extraneus“ ergänzt. „Intraneus“ ist ein Synonym für „Agent“, „Vorteilsnehmer“ bzw. „Korrumpierter“.227 „Extraneus“ ist als Gegenstück ein Synonym für „Klient“, „Vorteilsgeber“ bzw. „Korrumpierender“.228 Heine, ZBJV 2002, 533 (540). Heine, ZBJV 2002, 533 (540), hierin liegt ein Nachteil des Prinzipal-Agenten-KlientenAnsatzes, da mit Zustimmung des Prinzipals die Strafbarkeit des Agenten entfällt. 225 Volk, GS Zipf (1999), 419 (422); zustimmend Pragal, S. 138; Pragal, ZIS 2006, 63 (72). 226 Graeff, in: Korruptionsfall Siemens, 151 (156); „In Prinzipal-Agenten-Modellen kann die Figur des Prinzipals durch konkrete Personen, durch Gremien oder abstrakte Regeln wie allgemeine Gesetzesvorschriften ausgefüllt werden. Üblicherweise fallen gesetzliche Regelungen mit den Verhaltensbedingungen zusammen, die ein Prinzipal von dem Agenten fordert.“ 227 Vgl. Wagner, S. 375; Deichmann, S. 8; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (288); LK12-Schünemann, § 25 Rn. 42; LK11-Roxin, § 25 Rn. 134; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 9. 228 Beispielsweise Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1122; Hake, S. 3; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2272); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291); LK12-Zieschang, § 28 Rn. 7; LK12Schünemann, § 25 Rn. 43; LK11-Roxin, § 25 Rn. 134; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 9; Sax, ZStW 223 224

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

Durch die neue Wortwahl wird das korruptive Unrecht, das Agent und Klient begehen, angemessener veranschaulicht. Der Begriff „Intraneus“ verkörpert dabei die besondere Stellung und Pflichtbindung des Agenten zum Prinzipal und ist „eine Sammelbezeichnung für verschiedenartige täterschaftskonstituierende Unrechtselemente“229. Dieser Begriff expliziert die Auswirkungen im Innenverhältnis, wenn der Agent im Außenverhältnis seine Machtposition gegen Vorteile „verkauft“. „Intraneus“ verdeutlicht daher die das Innenverhältnis kennzeichnenden Eigenschaften. Den Intraneus trifft eine besondere Pflicht, mit welcher untrennbar eine besondere Machtstellung verbunden ist, die diesem von Rechts wegen verliehen wird.230 Für ein solches Pflichtmerkmal ist charakteristisch, dass es sich nicht um eine Jedermannspflicht handelt, sondern um eine besondere Pflicht, die nur den Intraneus, nicht aber Außenstehende, tangiert.231 Der Begriff „Extraneus“ steht für einen solchen Außenstehenden.232 Dieser symbolisiert, dass sich der Vorteilsgeber nicht in genau der Machtposition, die korrumpiert und missbraucht werden soll, befindet, sondern als Außenstehender Einfluss auf den Intraneus nimmt bzw. nehmen will. Sein Ziel ist es, den Intraneus durch Einsatz von Vorteilen zum Machtmissbrauch zu bewegen. Weil er notwendige Partei des Tausches ist, spielt er im Korruptionsgeschehen eine tragende Rolle, obwohl er nur Außenstehender ist. Aus dieser Überlegung geht die gesetzliche Gleichstellung von Geber und Nehmer hervor.233 Zur Illustration dient folgende Skizze:

90 (1978), 927 (954): „Außenstehender“. Andere verwenden den Begriff Extraneus als Synonym für den außenstehenden Dritten: BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 49; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 331 ff. Rn. 7. 229 Wagner, S. 376; siehe auch Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273). 230 Vgl. Puppe, AT / 2, § 43 Rn. 18; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273). 231 Vgl. Puppe, AT / 2, § 43 Rn. 30. 232 Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273); LK11-Roxin, § 25 Rn. 134; LK12-Schünemann, § 25 Rn. 43, Hake, S. 2 f.; LK12-Zieschang, § 258 Rn. 7; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (287). 233 BR-Drs. 298 / 95, S. 5.

B. Strukturanalyse und Entwicklung eines Korruptionsmodells

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Innenverhältnis („Prinzipal-Agenten-Beziehung“)

Außenverhältnis („Korruptionsvertrag“) Leistung Intraneus (Agent)

Extraneus (Klient) Gegenleistung

Missbrauch einer Machtposition

Prinzipal

Abbildung 2: Korruptionsmodell (Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz)

Es bleibt als Fazit festzuhalten: Trotz des verbindenden Elementes Tausch haben die einzelnen Verhaltensweisen der Tauschbeteiligten unterschiedliche Auswirkungen. Insgesamt hat sich gezeigt, dass Korruption durch eine Täter-Täter-Interaktion gekennzeichnet ist.234 Bei Korruptionstaten handelt es sich um Beziehungstaten235, denen Tauschinteraktionen zwischen Intraneus und Extraneus zugrunde liegen. Das eben ausführlich skizzierte Korruptionsmodell, welches auf dem PrinzipalAgenten-Klienten-Ansatz der Ökonomie beruht, wird folglich auch als Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz bezeichnet. Neben den drei Hauptakteuren (Prinzipal, Intraneus und Extraneus) können weitere Akteure in das Korruptionsgeschehen involviert sein: Zum einen können mehrere Agenten oder mehrere Klienten handeln. Zum anderen können auf Seiten des Agenten und / oder des Klienten Mittelspersonen agieren. Diese können beispielsweise helfen, den Vorteil zwischen den Tauschparteien zu vermitteln. Diese Perso234 Überhofen, S. 82; Volk, FS Roxin 2001, 563 (567): „in einem ‚Geflecht‘ ist jeder Täter“; Pies, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 146 (161): „Tätergruppe“; Schwind, Kriminologie, Vor 28 / 1 ff.: „Tätergemeinschaften“; Siller, Kriminalistik 2010, 747 (748): „Win-win-Situationen“. Jaques, S. 72, hebt hervor, dass „zur Verwirklichung des in den Bestechungsdelikten beschriebenen Unrechts zwei Personen gehören“; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (287); Pragal, S. 172. 235 Noltensmeier, S. 39; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 211; Volk, GS Zipf 1999, 419 (421); Schweitzer, S. 36.

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

nen werden im Rahmen des Korruptionsmodells als „außenstehende Dritte“ bezeichnet.236 „Außenstehend“ soll verdeutlichen, dass diese Personen nur auf Seiten des Intraneus und / oder des Extraneus handeln, nicht aber in den Tausch als Tauschparteien einbezogen sind. Tauschparteien wären sie, wenn sie selbst Agenten oder Klienten wären. In den Worten von Roxin würde es sich um bloße Randfiguren237 im Korruptionsgeschehen handeln. Da „außenstehende Dritte“ nach diesem Korruptionsmodell keinesfalls Tauschparteien innerhalb der Täter-Täter-Interaktion sind, können sich außenstehende Dritte nur wegen Teilnahme an den Taten des Intraneus bzw. Extraneus strafbar machen.238 Des Weiteren muss im handlungstheoretischen Sinne die Sondersituation des einseitigen Korruptionsversuchs im Korruptionsmodell berücksichtigt werden. Sowohl im Hinblick auf den Intraneus als auch im Hinblick auf den Extraneus kann das korruptive Ansinnen auch lediglich auf Einseitigkeit beruhen. Mangels eines tatsächlichen Tausches kommt kein zweiseitiges Außenverhältnis zustande. In der Skizze wird diese Sondersituation dadurch versinnbildlicht, dass Korruption in Vollendung sowohl einer Leistung als auch einer Gegenleistung bedarf (Abb. 2). Bei einem einseitigen Korruptionsversuch liegt entweder eine Leistung oder eine Gegenleistung vor, die bei der Gegenseite auf Ablehnung stößt.

C. Formen der Korruption und spezifische Beziehungsstrukturen Nachdem das Phänomen Korruption handlungstheoretisch untersucht worden ist, ist die Tauschbeziehung im Außenverhältnis zwischen Intraneus und Extraneus näher zu analysieren. Es ist notwendig darzulegen, wie die Tauschbeziehung strukturiert sein kann.239 Die Beziehungsstruktur hängt maßgeblich von der Komplexität des jeweiligen Personengeflechts240 im Tauschgeschehen ab. Daraus können beispielsweise Schlussfolgerungen über das mögliche Ausmaß der Strafbarkeit gezogen werden.241 236 BGH NJW 1991, 576 (577); LK11-Jescheck, § 333 Rn. 12; LK12-Sowada, § 331 Rn. 137; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119; Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1122; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 75; Bell, MDR 1979, 719 (719); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 511 f.; Fischer, § 331 Rn. 38; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT / 2, 79 / 31; Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 48 / 52; nur „Dritter“: MK-Korte, § 331 Rn. 179, § 332 Rn. 47; Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; LPK-StGB, Vor §§ 25 – 31 Rn. 43; Bernsmann, StV 2003, 521 (526). 237 Roxin, TuT, S. 26. 238 Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 8; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 564; Dannecker, JZ 2005, 49 (52); LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 10; NK-Dannecker, § 299 Rn. 15; LPK-StGB, Vor §§ 25 – 31, Rn. 43. 239 Vgl. Höffling, S. 78; Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (87): „Beziehungsstruktur“.

C. Formen der Korruption und spezifische Beziehungsstrukturen

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Korruptionsbeziehungen wachsen schließlich erfahrungsgemäß über einen längeren Zeitraum.242 Generell gilt, dass der Ermittlungsaufwand der Ermittlungsbehörden und die Beweisbarkeit einzelner Straftaten umso höher sein wird, je größer der Personenkreis ist. Sind einzelne Straftaten beispielsweise weit in der Vergangenheit begangen worden, droht zusätzlich Verfolgungsverjährung im Sinne der §§ 78 ff. StGB.243 Im Übrigen können von dem Ausmaß und der Dauerhaftigkeit korruptiver Verhaltensweisen Rückschlüsse darüber gezogen werden, bis zu welchem Grad Korruption bereits im betroffenen Personengeflecht institutionalisiert worden ist, d. h. nicht mehr als abweichendes, sondern als konformes Verhalten gilt.244 Es werden folgende Formen der Korruption unterschieden: situative, strukturelle und systematische Korruption.245 Diese Einordnung ergibt sich aus den nachstehenden drei Strukturierungskriterien: erstens Reflektiertheit und Organisiertheit des Handelns, zweitens zeitliche Ausdehnung des Geschehens und drittens Stabilität korruptiver Beziehungssysteme.246

I. Situative Korruption Situative Korruption oder auch Einzelfall-, Bagatell- oder Gelegenheitskorruption entsteht situationsbedingt und spontan. Diese beruht weder auf gezielter Planung noch auf Wiederholungsabsicht. Vielmehr handelt es sich um Einzelhandlungen oder wenige Fälle mit Bagatellcharakter.247 Am Tauschgeschehen sind meistens zwei oder wenig mehr Personen beteiligt, die sich in der Regel vorher nicht ken240 MAH-Volk, § 2 Rn. 21: „Geflecht der Korruption“; Volk, FS Roxin (2001), 563 (567); Dann, wistra 2011, 127 (131): „Beziehungsgeflecht“. 241 Vgl. Androulakis, S. 46; Höffling, S. 32 ff. 242 Vgl. Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 6. 243 Vgl. Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 6. 244 Vgl. Höffling, S. 78. 245 BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 5; Bannenberg, S. 89 f.; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 5; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 15 f.; Ostendorf, NJW 1999, 615 (615); Berg, S. 20 ff.; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 19 ff. Nach Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 366, könnte diese Einteilung auch praktischen Zwecken dienen. Insbesondere erscheint eine entsprechende Organisation der Strafverfolgungsbehörden nach dieser Einteilung als sinnvoll. 246 Höffling, S. 32. 247 Bannenberg, S. 89 f.; Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 6; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 363; Greeve, Rn. 8; Ahlf, Kriminalistik 1996, 154 (156); Alemann, in: Kleines Lexikon der Politik, S. 332; Höffling, S. 32; Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (87); Höffling, Krim. Journal 1998, 284 (288); Bruhn, in: BKA Bd. 46, S. 174; Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (549); Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (411); Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 15; Eppner, S. 11; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 5; Leipold, in: Greeve / Leipold, § 18 Rn. 3, 6; Eidam, Rn. 1775; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 19; BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 5; LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 42; Androulakis, S. 46; Ostendorf, NJW 1999, 615 (615); Berg, S. 20.

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

nen.248 Es handelt sich um Alltagskriminalität, welche relativ harmlose Taten umfasst und geringwertige sowie einmalige Zuwendungen einschließt.249 Situative Korruption ist durch einen kleinen Personenumfang, Spontanität und Gelegentlichkeit gekennzeichnet.250

II. Strukturelle Korruption Struktureller Korruption, die auch als gewachsene Beziehungen251 bezeichnet wird, liegt planmäßiges und auf Dauer angelegtes Verhalten in Form wiederkehrender Aufmerksamkeiten zugrunde. Strukturelle Korruption ist räumlich (vorwiegend auf eine Wirtschaftsregion) und personell begrenzt und auf Wiederholung angelegt. Es sollen günstige Bedingungen für langfristige „Geschäftsbeziehungen“ geschaffen werden.252 Strukturelle Korruption zieht insofern sog. Sog- und Spiralwirkungen nach sich.253 Die Sogwirkung äußert sich in Nachahmungen korruptiver Verhaltensweisen, um beispielsweise auch zukünftig konkurrenzfähig zu bleiben.254 Die Spiralwirkung zeigt sich in der Ausdehnung korruptiven Verhaltens.255 Kennzeichen struktureller Korruption sind professionelle Arbeitsweise der Beteiligten, nüchtern kaufmännisch und buchhalterisch kalkulierte Geldzahlungen, Einkalkulieren von Verfolgungsmechanismen und Akzeptanz korruptiven Handelns als Teil normaler Akquisition.256 Strukturelle Korruption zeichnet sich durch einen kleinen Personenumfang sowie eine hohe zeitliche Dimension aus und ist auf Wiederholung angelegt.257

Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 15; Bannenberg, S. 89 f. Überhofen, S. 10. 250 Höffling, S. 34 f., 77. 251 Bannenberg, S. 89 f.; Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 6; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 363. 252 Bannenberg, S. 90; Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 5, 6; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 363; Greeve, Rn. 9; ähnlich Ahlf, Kriminalistik 1996, 154 (157); Höffling, S. 32; Höffling, Krim. Journal 2003, 83 (87); Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (549); Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 16; Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (411); Eppner, S. 11 f.; Kerner, 61. DJT Bd. II / 2, L 124; LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 42; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 5; Leipold, in: Greeve / Leipold, § 18 Rn. 4, 6; Eidam, Rn. 1775; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 20; BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 5; Ostendorf, NJW 1999, 615 (615), Berg, S. 21. 253 Dölling, 61. DJT Bd. I, C 28 (m.w. N.); Bannenberg, S. 370. 254 Bannenberg, S. 370; Schwind, Kriminologie, 21 / 12. 255 Bannenberg, S. 370. 256 Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 5. 257 Höffling, S. 34 f., 77. 248 249

C. Formen der Korruption und spezifische Beziehungsstrukturen

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III. Systematische Korruption Bei systematischer Korruption258 oder Netzwerken259 bestehen die Beziehungen zwischen den Beteiligten bereits. Korruption ist Strategie und mit einhergehenden Straftaten wie Betrug, Untreue und Steuerhinterziehung verbunden.260 Der Bereich typischer und einfacher Korruptionsdelikte wird weitestgehend verlassen und ist vielschichtiger.261 Es gibt eine Vielzahl von Akteuren, die in das korruptive Geflecht involviert sind.262 Die Korruptionsverflechtungen können nach Bannenberg weit über hundert Personen und Dutzende von Firmen umfassen.263 Auf Geber- und Nehmerseite herrscht dabei Systemhaltigkeit.264 Diese Form von Korruption unterscheidet sich von den vorherigen darin, dass auf Geberseite Macht besteht: Korruption wird systematisch eingesetzt, um Entscheidungen zugunsten einer Gruppierung zu bewirken und Konkurrenz auszuschalten oder zurückzudrängen.265 Typisch für systematische Korruption sind monopolartige Strukturen auf der Geberseite.266 In diesen sog. Netzwerken gelten besondere Normen, denen ein höherer Rang beigemessen wird als der Einhaltung der allgemeinen Normen.267 Die Systematik korruptiver Verhaltensweisen ist in der Branche oder dem Unternehmen eine übliche interne Methode.268 Teilweise werden mafiöse Methoden verwendet.269 Die Fälle der systematischen Korruption können häufig der organisierten (Wirtschafts-)Kriminalität zugeordnet werden.270

258 Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 5; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 16; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 23; Kerner, 61. DJT Bd. II / 2, L 124; Ostendorf, NJW 1999, 615 (615); Berg, S. 22. 259 Bannenberg, S. 89; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 16; Eppner, S. 12; LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 42; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 363, gliedert in Netzwerke und systematische Korruption auf. 260 BR-Drs. 298 / 95, S. 5; Leipold, in: Greeve / Leipold, § 18 Rn. 6; Greeve, Rn. 10; Bannenberg, S. 90; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 16; Eppner, S. 12; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 363; Eidam, Rn. 1775; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 21. 261 Überhofen, S. 10 f. 262 Höffling, S. 35; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 17; Eppner, S. 12. 263 Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 6. 264 Eppner, S. 12. 265 Bannenberg, S. 108 f.; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 363. 266 Bannenberg, S. 111; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 16. 267 Arnim / Heiny / Ittner, S. 28 f., www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009). 268 Bannenberg, S. 108 f.; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 363. 269 Überhofen, S. 10 f. 270 Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 16; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 5; ähnlich Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (554); Kerner, 61. DJT Bd. II / 2, L 124; Edelbacher, S. 23.

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Kap. 2: Präzisierung des Phänomens Korruption

Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind. Dabei wirken die Akteure auf längere bzw. unbestimmte Zeit arbeitsteilig unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen oder unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammen.271 Unter diesen Bedingungen untergräbt Korruption das gesamte politische und gesellschaftliche System.272 Systematische Korruption ist durch einen großen Personenumfang mit verzweigten Beziehungszusammenhängen, Dauerhaftigkeit und Wiederholung gekennzeichnet.273

D. Zusammenfassung zum Begriff Korruption Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein allgemeiner Korruptionsbegriff durchaus gebildet werden kann, der allerdings um Sondersituationen zu erweitern ist. Von zentraler Bedeutung ist dabei der einseitige Korruptionsversuch, welcher in bisherigen Begriffsanalysen kaum Berücksichtigung gefunden hat. Die Basis des entwickelten Korruptionsmodells ist der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz aus der Ökonomie, der ergänzend auch als Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz bezeichnet wird. Die handlungstheoretische Strukturanalyse des Phänomens Korruption hat ergeben, dass es sich zwischen Intraneus und Extraneus um Täter-Täter-Interaktionen handelt. Intraneus und Extraneus sind dabei als gleichrangige Tauschparteien im Außenverhältnis einzuordnen. Neben Prinzipal, Intraneus und Extraneus können darüber hinaus sog. außenstehende Dritte im Korruptionsgeschehen mitwirken. Diese Unterscheidung zwischen im Korruptionsgeschehen agierenden Beteiligten ist Grundlage für spätere Analysen. Die handlungstheoretischen Strukturen der Korruption zeichnen die Beteiligung an Straftatbeständen im Sinne der §§ 25 ff. StGB der in das Korruptionsgeschehen involvierten Personen vor: Intraneus und Extraneus wären als Täter, Mittelspersonen bzw. außenstehende Dritte als Teilnehmer und Prinzipale als Opfer zu qualifizieren. Die kommenden Kapitel drei bis sechs setzen sich daher zum Ziel, diese Überlegungen auf ihre Richtigkeit im strafjuristischen Sinne zu überprüfen. 271 Justizminister / -senatoren und die Innenminister / -senatoren der Länder in einer gemeinsamen Richtlinie über die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität, abrufbar unter: http: //www.landesrecht.brandenburg.de/ sixcms/detail.php?gsid=andbb_lds_test_eval01.c.3903.de (Stand 05. 05. 2009); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 29; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 5; Bannenberg, S. 333. 272 Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 5; Schaefer, 61. DJT Bd. II / 1, L 17: „kriminogene Parallelwelten“. 273 Höffling, S. 34 f., 77.

Kapitel 3

Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte Die Analyse wissenschaftlicher Publikationen zur Thematik Korruption zeigt, dass der Begriff „Korruptionsdelikt“1 im Rahmen von Korruptionssachverhalten (vor)schnell verwendet wird. Der Beweis, ob es sich bei bestimmten Straftatbeständen um „Korruptionsdelikte“ handelt, ist daher in den kommenden Abschnitten zu führen. Hierzu wird das entwickelte Korruptionsmodell auf verschiedene Straftatbestände angewendet, die oftmals mit Korruption in Zusammenhang gebracht werden. Ziel ist insoweit die Beantwortung der Frage, ob folgende Strafnormen als Korruptionsdelikte identifiziert werden können (A.): §§ 331 ff. StGB (I.), § 299 StGB (II.), § 298 StGB (III.) und § 266 StGB (IV.).2 Grundlage dieser Untersuchung sind dabei die Erkenntnisse der handlungstheoretischen Strukturanalyse des Phänomens Korruption. Die Bildung verschiedener Einteilungskriterien, „Korruptionsdelikte“ intrasystematisch weitergehend zu differenzieren, schließt dieses Kapitel ab (B.).

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen Zur Identifizierung von Straftatbeständen als Korruptionsdelikte sind die jeweiligen Tatbestandsstrukturen von zentraler Bedeutung. Dabei sind die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der aktuelle Stand der Strafrechtswissenschaft zu berücksichtigen. Auf Basis der handlungstheoretischen Strukturanalyse (Kapitel 2 B.) wird untersucht, ob klare und sachgerechte Grenzen der Strafbarkeit existieren. Die Schaffung klarer Strafbarkeitsgrenzen ist notwendig, da der Gesetzgeber und die kasuistisch angelegte Rechtsprechung die Tendenzen aufweisen, die Trennungslinie zwischen strafbarem und straflosem Verhalten zu verwischen.3

1 2 3

Siehe nur BGHSt 49, 275 (292); SK-Stein / Rudolphi, § 331 vor Rn. 4; Höffling, S. 17. Siehe beispielsweise Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 369 f.; Böttger-Böttger, Kap. 5 S. 307. Sommer, Rn. 14.

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

I. Straftaten im Amt, §§ 331 – 334 StGB Die erste Gruppe der Straftatbestände, die auf ihre Einordnung als Korruptionsdelikte zu untersuchen sind, stellen die §§ 331 bis 334 StGB als Straftaten im Amt dar.4

1. Täterstrukturen Die §§ 331, 332 StGB (Vorteilsannahme und Bestechlichkeit) erfassen die Strafbarkeit des Vorteilsnehmers5 und die §§ 333, 334 StGB (Vorteilsgewährung und Bestechung) die Strafbarkeit des Vorteilsgebers6. Der Vorteilsnehmer muss zum Zeitpunkt der Tathandlung7 ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter sein, also eine Person, die den öffentlichen Dienst repräsentiert8. Ob die Amtsträgereigenschaft vorliegt, bemisst sich nach der Legaldefinition gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 a – c StGB.9 Die Eigenschaft „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter“ richtet sich nach der Legaldefinition gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Darüber hinaus sind das EUBestG, welches den persönlichen Anwendungsbereich der § 332 StGB und § 334 StGB erweitert, und das IntBestG, welches nur § 334 StGB betrifft, zu beachten.10 Die Amtsträgereigenschaft – in der folgenden Untersuchung wird der Einfachheit halber undifferenziert nur von „Amtsträgereigenschaft“ gesprochen – begründet als besondere Tätereigenschaft11 die Strafbarkeit, sodass es sich bei den §§ 331,

4 Zur Entstehungsgeschichte ausführlich Durynek, Korruptionsdelikte (§§ 331 ff. StGB) – Reformdiskussion und Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert. 5 Rengier, BT / II, § 60 Rn. 2; LK12-Sowada, § 331 Rn. 1; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (474). 6 Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (474); Greeve, Rn. 143; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 2, LK12-Sowada, § 333 Rn. 1. 7 BGH NStZ 2004, 564 (564); BGHSt 11, 345 (347); Eidam, Rn. 1793; MK-Korte, § 331 Rn. 47; Fischer, § 331 Rn. 4; Greeve, Rn. 218. Näher dazu Noltensmeier, S. 232 ff. 8 Noltensmeier, S. 41. 9 Ein Entwurf zu einem Strafrechtsänderungsgesetz (BT-Drs. 16 / 6558), auch als Zweites Korruptionsbekämpfungsgesetz bezeichnet, soll § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB in Nr. 2a sowie §§ 332 und 334 StGB durch den Begriff „europäischer Amtsträger“ ergänzen. Zudem sieht der Gesetzesentwurf die Einführung eines neuen § 335a StGB vor, durch welchen bestimmte Bedienstete und Richter ausländischer und internationaler Behörden und Gerichte in den Anwendungsbereich der §§ 331 ff. StGB einbezogen werden sollen. Dazu Nestler, StV 2009, 313 ff.; Rönnau, StV 2009, 302 ff. Zur Vertiefung der einzelnen Probleme bei der Bestimmung der Amtsträgereigenschaft ist auf folgende Literatur zu verweisen: Sommer, Rn. 17 ff.; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 3 ff.; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 28 ff.; B. Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht; Höltkemeier, S. 85 ff. 10 LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 25 f.; Niehaus, in: Korruptionsfall Siemens, 21 (32 ff.).

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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332 StGB um echte Sonderdelikte im Sinne von § 28 Abs. 1 StGB12 und um echte Amtsdelikte13 handelt. Die Amtsträgereigenschaft gilt unstreitig als „besonderes persönliches Merkmal“ im Sinne von § 28 StGB.14 Diese Straftatbestände können schließlich nicht von einem Nichtsamtsträger begangen werden.15 Die §§ 331 f. StGB knüpfen demnach an die besondere Pflichtenstellung des Amtsträgers an.16 Damit verbunden ist eine Machtposition des Vorteilsnehmers, die ihm mit der Amtsträgereigenschaft und deren Befugnissen übertragen wird. Die Straftatbestände §§ 333, 334 StGB sind demgegenüber sog. Allgemeindelikte und nicht auf einen spezifischen Täterkreis beschränkt, weil jedermann Täter sein kann17, im Übrigen auch ein Amtsträger18. Der Täter muss nicht in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat stehen.19 Dennoch knüpfen §§ 333, 334 StGB an die Amtsträgereigenschaft dahingehend an, dass sich der Vorteilsgeber notwendig an einen Amtsträger als Vorteilsnehmer richten muss.20 Aus diesem sachlichen Zusammenhang ergibt sich die traditionelle Platzierung der §§ 333 und 334 StGB innerhalb des Abschnittes „Straftaten im Amt“, obwohl es sich um Jedermannsdelikte handelt.21 Für weitere Überlegungen (Kapitel 4 bis 6) ist die gesetzliche Ausgestaltung interessant, die der Gesetzgeber gewählt hat: Anknüpfend an die Eigenschaft als Vor11 Krey, AT / 2, § 31 Rn. 237, § 26 Rn. 90; Rengier, BT / II, § 59 Rn. 1: „Täterqualität“; Schünemann, GA 1986, 293 (331); Kühl, AT, § 20 Rn. 13: „bestimmte Subjektqualität“; Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 8 Rn. 31; Puppe, AT / 2, § 43 Rn. 16; Jakobs, AT, 6 / 91. 12 Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1098; Fischer, § 331 Rn. 4; Hellmann / Beckemper, § 11 Rn. 781; Rengier, BT / II, Kap. 14; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 14; Krey, AT / 2, § 31 Rn. 231, 237; Überhofen, S. 140; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 7; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 4; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (474); Walther, Jura 2010, 511 (513); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 71. 13 Überhofen, S. 83; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 331 Rn. 7; Fischer, Vor § 331 Rn. 3; LK11-Jescheck, Vor § 331 Rn. 11; Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1098; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 2; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (474); MK-Korte, § 331 Rn. 11; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 4; Heinrich, NStZ 2005, 197 (198); LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 9; Walther, Jura 2009, 421 (421); Eidam, Rn. 165; Kohlrausch / Lange, Vorbem. § 331 Abs. 1 1: „eigentliche Amtsdelikte“. 14 Siehe Bambach, S. 1; Grünwald, GS Kaufmann (1989), 555 (561); Schünemann, Jura 1987, 354 (360, 364); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 71. 15 Rengier, BT / II, § 59 Rn. 2; LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 9; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 331 ff. Rn. 7; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 4; Eidam, Rn. 165. 16 A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 8; Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 68. 17 Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1103; Überhofen, S. 140; LK12-Sowada, § 333 Rn. 2; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 71; Walther, Jura 2010, 511 (513); Kohlrausch / Lange, Vorbem. § 331 Abs. 1 4: „Delikte eines Nichtbeamten gegen ein Amt“; Birkmeyer, S. 343. 18 Siehe nur Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 10. 19 Durynek, S. 437, hält die Strafdrohungen aus diesem Grund für unangemessen hoch; ebenso Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273). 20 So auch Walther, Jura 2010, 511 (513). 21 Überhofen, S. 140; MK-Korte, § 331 Rn. 11; „einheitliches Geschehen“ Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (277).

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

teilsnehmer und Vorteilsgeber ist § 333 StGB spiegelbildlich zu § 331 StGB ausgestaltet ebenso wie § 334 StGB zu § 332 StGB.22 Spiegelbildlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass § 333 StGB das Gegenstück zu § 331 StGB darstellt und § 334 StGB zu § 332 StGB.23 §§ 331, 332 StGB werden auch als sog. passive Bestechung24 und §§ 333, 334 StGB als sog. aktive Bestechung25 bezeichnet. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass im Rahmen korruptiver Beziehungen beide Seiten kooperativ zusammenarbeiten.26 Die innerhalb der Unrechtsvereinbarung stehenden Beteiligten sind im Ergebnis immer Täter der §§ 331 f. StGB oder der §§ 333 f. StGB.27 Dieses Ergebnis entspricht dem Resultat des Korruptionsmodells, das von Täter-Täter-Interaktionen ausgeht: Der Vorteilsgeber, oder auch Extraneus, ist gemäß §§ 333, 334 StGB strafbar. Der Vorteilsnehmer, oder auch Intraneus, ist gemäß §§ 331, 332 StGB strafbar.

2. „Unrechtsvereinbarung“ als Ausdruck korruptiver Handlungselemente Die sogenannte Unrechtsvereinbarung zwischen Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer bildet als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal das Kernstück dieser Deliktsgruppe.28 Es handelt sich um eine Übereinkunft, Vorteile gegen Diensthandlungen in sach- bzw. regelwidriger Weise zu tauschen.29 Erst diese Konnexität erzeugt 22 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (277); Fischer, § 333 Rn. 3; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 3; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 42; Bock / Borrmann, ZJS 2009, 625 (626); Greeve, Rn. 301; Walther, Jura 2010, 511 (513). 23 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 7; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 42 f. Die spiegelbildliche Ausgestaltung des § 333 StGB zu § 331 StGB ist erst mit Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. 08. 1997 eingeführt worden: Rengier, BT / II, § 59 Rn. 1; Heinrich, NStZ 2005, 197 (198). 24 RGSt 13, 181 (181); Überhofen, S. 83; Bannenberg, S. 19; Eidam, Rn. 1767; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 2; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 16; Kohlrausch / Lange, Überschrift zu § 332. 25 RGSt 13, 181 (181); Überhofen, S. 140, 146; Bannenberg, S. 19; Eidam, Rn. 1767; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 2; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 16; Kohlrausch / Lange, Überschrift zu § 333. 26 Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (474); Höltkemeier, S. 52. 27 Überhofen, S. 82. 28 BGH NStZ 1984, 24 (24): „Kern des in den Bestechungstatbeständen umschriebenen Schuldvorwurfs“; MK-Korte, § 331 Rn. 93; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 15; Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1101; Eidam, Rn. 1794; Greeve, Rn. 255; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 22; Fischer, § 331 Rn. Rn. 21; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 27; Ambos, JZ 2003, 345 (349); Wentzell, S. 85; Paster / Sättele, NStZ 2008, 366 (367); BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 6; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (479). 29 Größtenteils werden auch die Bezeichnungen „Beziehungs“- bzw. „Äquivalenzverhältnis“ herangezogen: BT-Drs. 13 / 8079, S. 15; BGH NJW 2005, 3011 (3012); Fischer, § 331 Rn. 23; Krey / Heinrich, BT / 1, Rn. 669; Dölling, ZStW 112, 335 (345); Baumann, BB 1961, 1057 (1064); Eidam, Rn. 1794; Ambos / Ziehn, NStZ 2008, 498 (498); BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 6, 24; Rönnau, JuS 2003, 232 (235); Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1101; NK-Kuhlen,

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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Strafwürdigkeit.30 Die genaue Ausgestaltung der Unrechtsvereinbarung ist von der konkreten Tathandlung abhängig. Vorteile sind Leistungen, auf die der Vorteilsnehmer keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage objektiv verbessert.31 Durch eine in Aussicht gestellte Besserstellung entsteht schließlich die Gefahr, dass der Amtsträger seine Unbefangenheit, Unvoreingenommenheit und Sachlichkeit verliert.32 Die §§ 331 ff. StGB sind deshalb abstrakte Gefährdungsdelikte.33 Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption vom 13. 08. 1997 sind tatbestandlich zusätzlich sog. Drittvorteile aufgenommen worden, damit die Strafbarkeit durch Zwischenschaltung Dritter, die an der Unrechtsvereinbarung unbeteiligt sind, nicht mehr umgangen werden kann.34

§ 331 Rn. 77 f.; MK-Korte, § 331 Rn. 93; Bock / Borrmann, ZJS 2009, 625 (631); SSW-Rosenau, § 331 Rn. 28; Knauer / Kaspar, GA 2005, 385 (393 f.); Trüg, NJW 2009, 196 (197); Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (775); LK12-Sowada, § 331 Rn. 64 f.; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 119; Schünemann, FS Otto (2007), 777 (790); Ambos, JZ 2003, 345 (349 f.); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 29; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (481). Kritisch zu diesen „unscharfen“ Begriffen u. a. Hardtung, S. 61 ff. Birkmeyer, S. 315: „Man besticht bzw. lässt sich bestechen nicht für eine Amtshandlung, sondern zu einer Amtshandlung.“. 30 Sommer, Rn. 129. 31 BGHSt 33, 336 (339); BGHSt 35, 128 (133); BGHSt 47, 295 (304); BGH NStZ 2008, 216 (217); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 33 ff.; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 17 f.; Fischer, § 331 Rn. 11; MK-Korte, § 331 Rn. 61; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 24. Immaterielle Vorteile müssen einen objektiv messbaren Inhalt haben und den Amtsträger tatsächlich besser stellen: BGHSt 35, 128 (133 f.); BGHSt 47, 295 (304); BGHSt 48, 44 (49); OLG Karlsruhe NJW 2001, 907 (907); zustimmend Rengier, BT / II, § 60 Rn. 10; MK-Korte, § 331 Rn. 68; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (478), LK12-Sowada, § 331 Rn. 39; kritisch zur objektiven Messbarkeit Walther, Jura 2010, 511 (514). Die Definitionskomponente „kein Rechtsanspruch“ muss eingeschränkt werden, da Strafbarkeit nach §§ 331 ff. StGB ansonsten mittels Vertragsabschlusses umgangen werden könnte: BGHSt 31, 264 (279 f.); zustimmend u. a. SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 22, 22a; Rönnau, JuS 2003, 232 (235); Knauer / Kaspar, GA 2005, 385 (392); näher hierzu NK-Kuhlen, § 331 Rn. 47 ff.; MK-Korte, § 331 Rn. 72; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 17; LK12-Sowada, § 331 Rn. 31; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 25; Bock / Borrmann, ZJS 2009, 625 (629); skeptisch Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 187. Teilweise wird auf das Element „kein Rechtsanspruch“ verzichtet und der Vorteilsbegriff in einem rein naturalistischen Sinne verstanden, sodass jede faktische Besserstellung genügt; danach ist dieses Element vielmehr für die Unrechtsvereinbarung maßgeblich: Ambos, JZ 2003, 345 (351); Ambos / Ziehn, NStZ 2008, 498 (499); Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (476); LK12-Sowada, § 331 Rn. 32. 32 LK12-Sowada, § 331 Rn. 31. 33 Dazu u. a. MK-Korte, § 331 Rn. 10; Fischer, § 331 Rn. 3; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 7; LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 39; Greeve, Rn. 150; a. A. teilweise bei Wentzell, S. 87 f.; Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (786), Ambos, JZ 2003, 345 (349). 34 BT-Drs. 13 / 3353, S. 11; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 67; König, JR 1997, 397 (399); NKKuhlen, § 331 Rn. 41 ff.; LK12-Sowada, § 331 Rn. 41 ff.; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 20. Krey / Heinrich, BT / 1, Rn. 669b, sehen die Bestechungsdelikte als von Haus aus eigennützig an (vgl. auch BGHSt 35, 128 (134)), sodass ein Strukturbruch vorläge, wenn aus diesen Delikten fremdnützige Straftaten gemacht werden. Sie fordern eine restriktive Auslegung dahingehend, dass der Drittvorteil für den Amtsträger selbst einen materiellen oder immateriellen

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal „Unrechtsvereinbarung“ entspricht der Tauschbeziehung („Korruptionsvertrag“) zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber im Außenverhältnis. Die handlungstheoretische Strukturanalyse der Korruption und das Korruptionsmodell finden in den Vorschriften §§ 331 – 334 StGB Bestätigung. Der Vorteilsnehmer missbraucht seine Machtposition im Innenverhältnis zum Staat als Prinzipal, wenn er regel- und pflichtwidrig Entscheidungen an die Gewährung von Vorteilen knüpft und sich bei der Entscheidungsfindung von Vorteilen beeinflussen lässt35. Der Vorteilsnehmer steht als Amtsträger in einer besonderen Pflichtenbindung im Beziehungsverhältnis zum Staat als Prinzipal.36 Er hat ein „Bündel herausgehobener Pflichten“ zu beachten und ist an durch das jeweilige Amt vorgegebene Verhaltensregeln gebunden.37 Dazu gehört auch die Pflicht zur Unbestechlichkeit.38 Indem der Amtsträger seine Dienststellung zu eigenen Vorteilen ausnutzt und sich korrumpieren lässt, unterwandert er die Repräsentationsfunktion seines Amtes.39 Derartige Pflichten ergeben sich beispielsweise aus Beamtengesetzen (siehe nur § 54 Satz 2 BBG: Ein Beamter hat „sein Amt uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten“), aus Verordnungen sowie Tarifverträgen des Bundes und der Länder und darüber hinaus aus dem Grundgesetz, insbesondere Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 33 Abs. 5 GG.40 Im Innenverhältnis zwischen Vorteilsnehmer als Agenten und Staat als Prinzipal geht es im Wesentlichen um Lauterkeit des öffentlichen Dienstes41, Sachgerechtigkeit sowie Nichtkäuflichkeit dienstlichen Handelns42, Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung43, Nutzen oder Vorteil im weitesten Sinne bedeuten muss. Wentzell, S. 106 f. hält diese Auslegung zumindest für den ansonsten unangemessen weiten Anwendungsbereich der §§ 331, 333 StGB für angebracht. Für §§ 332, 334 StGB, so Wentzell, S. 107, gilt dies wegen des schweren Unrechts, welches im Verkauf einer pflichtwidrigen Diensthandlung besteht, jedoch nicht. Festzuhalten ist, dass die Voraussetzung einer Eigennützigkeit dem eindeutigen Wortlaut der Vorschriften widerspricht. Darüber hinaus können gerade auch altruistische Verhaltensweisen verwerflich sein, wenn Diensthandlungen sachwidrig an Vorteile gekoppelt werden: so Knauer / Kaspar, GA 2005, 385 (391); Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (769); Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (477); LK12-Sowada, § 331 Rn. 43. 35 Letzterer Aspekt auch in BGHSt 49, 275 (292); BGHSt 48, 44 (50). 36 BGHSt 49, 275 (292); Wentzell, S. 52. 37 Wentzell, S. 53, 60. 38 BGHSt 15, 88 (96); Wentzell, S. 53. 39 Wentzell, S. 86. 40 Wentzell, S. 53, 170; BeckOK / GG-Hense, Art. 33 Rn. 45. 41 BGH NJW 1985, 2654 (2656); BT-Drs. 13 / 5584, S. 16; BT-Drs. 7 / 550, S. 269; SSWRosenau, § 331 Rn. 7; MK-Korte, § 331 Rn. 4. BGHSt 10, 237 (241); „Reinheit der Amtsausübung“. BGHSt 15, 88 (96); BGH NJW 1985, 2654 (2656): „Makellosigkeit des Amtes nach außen“. 42 BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 10; BGHSt 47, 295 (303); BGHSt, 47, 22 (25); BGH NJW 2001, 2558 (2559); MK-Korte, § 331 Rn. 8; Hellmann / Beckemper, § 11 Rn. 777; Überhofen, S. 81; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 1; Eidam, Rn. 1799; Birkmeyer, S. 311; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 29. 43 SK-Stein / Rudolphi, Vor § 331 Rn. 7, § 331 Rn. 4; Fischer, § 331 Rn. 3.

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen44 und das Vertrauen der Allgemeinheit darin45. Der Amtsträger verpflichtet sich daher gegenüber dem Staat zu besonderer Loyalität.46

a) Konkretisierung und Differenzierung der Unrechtsvereinbarung Der wesentliche Unterschied zwischen den Delikten §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB und §§ 332 Abs. 1 Satz 1, 334 Abs. 1 Satz 1 StGB besteht in den Anforderungen, die an die Unrechtsvereinbarung zu stellen sind. Vorwegzunehmen ist, dass sich § 332 StGB als Qualifikation zum Grunddelikt § 331 StGB verhält ebenso wie § 334 StGB als Qualifikation zum Grunddelikt § 333 StGB.47 § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB und § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB setzen ein synallagmatisches Verhältnis im Sinne eines do ut des („als Gegenleistung“) zwischen dem Vorteil und einer hinreichend bestimmten bzw. konkretisierten48 Diensthandlung voraus.49 Das Tatbestandsmerkmal Unrechtsvereinbarung ist in diesem Normenbereich daher eng auszulegen.50 Die Diensthandlung muss darüber hinaus als solche pflichtwidrig sein, was sich aus einem Verstoß gegen Gesetze, allgemeine Dienstvorschriften, Richtlinien, Verwaltungsvorschriften oder Einzelanordnungen ergibt. Daraus resultiert das qualifizierte Unrecht bei § 332 StGB.51 44 BGH NJW 2001, 2558 (2559); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 49; Dölling, ZStW 112 (2000), 334 (335); Eidam, Rn. 1799; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 3; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 1; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 7; Bock / Borrmann, ZJS 2009, 625 (628), stellen sowohl auf die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen als auch auf das Vertrauen in diese Sachlichkeit ab. 45 BGH NStZ 2000, 589 (590); BGH NStZ-RR 2005, 266 (267); BGH NJW 1985, 2654 (2656); BGHSt 15, 88 (96); BGHSt 47, 295 (303); BGHSt 47, 22 (25); LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 34 ff.; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 13; Fischer, § 331 Rn. 3; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 7; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 7; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 49; Dölling, ZStW 112 (2000), 334 (335); Lackner / Kühl, § 331 Rn. l; SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 4; Krey / Heinrich, BT / 1, Rn. 660; MK-Korte, § 331 Rn. 8. 46 Jaques, S. 67. 47 NK-Kuhlen, § 332 Rn. 1; Jaques, S. 70; LK12-Sowada, § 332 Rn. 1; Fischer, § 331 Rn. 9, § 333 Rn. 14; Überhofen, S. 137; Greeve, Rn. 142 f.; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 3. 48 BT-Drs. 13 / 8079, S. 15; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 34; Eidam, Rn. 1824; Fischer, § 332 Rn. 5; LK12-Sowada, § 332 Rn. 7; Heinrich, NStZ 2005, 197 (198); Sch / SchHeine, § 332 Rn. 4a; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (485); Krey / Heinrich, BT / 1, Rn. 657a: „konkretisierte Unrechtsvereinbarung“. 49 BGH NStZ 1984, 24 (24); Schünemann, FS Otto (2007), 777 (782); SSW-Rosenau, § 332 Rn. 1; Krey / Heinrich, BT / 1, Rn. 669; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (487). BGHSt 18, 263 (265): Nicht erforderlich ist, dass der Täter eine pflichtwidrige Handlung begeht oder auch nur begehen will; der Tatbestand ist auch erfüllt, sobald der Amtsträger durch seine Erklärung kundgibt, dass er einen Vorteil für die Begehung einer pflichtwidrigen Handlung fordert, annimmt oder sich versprechen lässt. 50 Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 1. 51 BGHSt 15, 239 (241); BGH NJW 2002, 2801 (2806); BGHSt 48, 44 (46); BGH NStZRR 2008, 13 (14); Jaques, S. 70; SSW-Rosenau, § 332 Rn. 8; Dölling / Möhrenschlager,

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

Demgegenüber sind die Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung bei den §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB, bei denen Bezugspunkt ein Vorteil „für die Dienstausübung“ ist, gelockert.52 Der Vorteil muss seinen Grund gerade in der Dienstausübung haben, sodass dieser im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung verknüpft ist und Gegenleistungscharakter aufweist.53 Eine konkrete Diensthandlung wird nicht vorausgesetzt. Es reichen vielmehr Handlungen, die in amtlicher Eigenschaft wahrgenommen werden (können).54 Des Weiteren werden von den §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB sowohl pflichtwidrige als auch pflichtgemäße Handlungen erfasst.55 Die §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB fungieren daher als Auffangtatbestände, insbesondere bei Beweisschwierigkeiten.56 Zwar wird auf den Nachweis einer bestimmten und pflichtwidrigen Diensthandlung als Gegenleistung verzichtet57, was eigentlich die praktische Konsequenz der BeweiserKap. 8 Rn. 36; Greeve, Rn. 142, 296; NK-Kuhlen, § 332 Rn. 8; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 7; Ambos / Ziehn, NStZ 2008, 498 (498); Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (485); LK12-Sowada, § 332 Rn. 9; Sommer, Rn. 103 ff.; Fischer, § 332 Rn. 6, 7; Bock, JA 2008, 199 (200). Es reicht bei § 332 Abs. 1 StGB aus, wenn nur der Vorteilsnehmer von der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung weiß, siehe BGHSt 15, 352 (355); Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (775); LK12-Sowada, § 332 Rn. 10. Bei § 334 Abs. 1 StGB muss der Vorteilsgeber zumindest bedingten Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung haben, ansonsten kommt nur § 333 Abs. 1 StGB in Betracht, siehe MK-Korte, § 331 Rn. 24; LK12-Sowada, § 334 Rn. 14; NK-Kuhlen, § 334 Rn. 7; Sch / Sch-Heine, § 334 Rn 10; SK-Stein / Rudolphi, § 334 Rn. 7; Fischer, § 334 Rn. 7; vgl. auch BGHSt 15, 352 (357). 52 BGHSt 49, 275 (281 f.); BGH NStZ-RR 2007, 309 (310); A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 17; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 30; LK12-Sowada, § 331 Rn. 64; Fischer, § 331 Rn. 22; Überhofen, S. 121; Bannenberg, S. 19; Greeve, Rn. 258; Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1104; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (480); Schünemann, FS Otto (2007), 777 (787 ff.); Sch / SchHeine, § 331 Rn. 26; Ambos, JZ 2003, 345 (349); Heinrich, NStZ 2005, 197 (198); kritisch Hettinger, JZ 2009, 370 (372); Durynek, S. 422 ff. 53 BGH NJW 2008, 3580 (3583); BGH NStZ-RR 2007, 309 (310); BGH NJW NJW 2005, 3011 (3012). Fischer, § 331 Rn. 23; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 83 f.; LK12-Sowada, § 331 Rn. 66; Kindhäuser, BT / I, § 76 Rn. 27: Die Tauschbeziehung zwischen Dienstausübung und Vorteil ist bei den §§ 331, 333 StGB asymmetrisch, da der Vorteil „für die Dienstausübung“ gefordert / angeboten etc. wird. Dass die Dienstausübung als Gegenleistung für einen Vorteil gefordert / angeboten etc. wird, ist nicht erforderlich. 54 BGH NStZ-RR 2007, 309 (310); BGHSt 48, 213 (220 f.); BGHSt 31, 264 (280); MKKorte, § 331 Rn. 84; Hellmann / Beckemper, § 11 Rn. 780; LK12-Sowada, § 331 Rn. 52; Fischer, § 331 Rn. 6 f.; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 33; kritisch Reinhold, HRRS 2010, 213 (215). Nicht zur Dienstausübung gehören Privathandlungen eines Amtsträgers und bloße Nebentätigkeiten, siehe BGH NStZ-RR 2007, 309 (310); Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (480); LK12Sowada, § 331 Rn. 55. 55 Maurach / Schroeder / Maiwald, BT / 2, 79 / 4; Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1102; Fischer, § 331 Rn. 9; Überhofen, S. 116; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 62; SK-Rudolphi, § 331 Rn. 18. A.A. Krey / Heinrich, BT / 1, Rn. 657a: § 331 Abs. 1 StGB bezieht sich nur auf nicht pflichtwidrige Dienstausübungen und dient als Auffangtatbestand, wenn die Diensthandlung nicht nachweislich pflichtwidrig i. S. v. § 332 Abs. 1 StGB ist. 56 BT-Drs. 13 / 5584, S. 17; Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1101; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 32; Reinhold, HRRS 2010, 213 (216); Krey / Heinrich, BT / 1, Rn. 657a.

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leichterung mit sich bringen soll58. Jedoch resultiert daraus ein anderes praktisches Problem, nämlich ohne eine bestimmte (pflichtwidrige) Diensthandlung eine Unrechtsvereinbarung nachzuweisen. Dies birgt die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen strafbarem und straflosem Verhalten.59 Des Weiteren wird die Strafbarkeit vorverlagert60. Mit dieser gelockerten Unrechtsvereinbarung sollte vor allem die sogenannte Anfütterungsproblematik strafrechtlich erfasst werden. Bei dieser erfolgen ohne konkrete Gegenleistung systematisch kleinere Zuwendungen, um den Amtsträger prinzipiell geneigt zu machen, generelles Wohlwollen zu erkaufen oder allgemein zur sog. Stimmungs- bzw. Klimapflege.61 Das Gefährdungspotenzial des Anfütterns besteht darin, dass die Versuchung wächst, von bisherigen pflichtgemäßen Diensthandlungen zu pflichtwidrigen überzugehen.62 Es geht somit auf Seiten des Vorteilsgebers um die Beeinflussung des Vorteilsnehmers, obwohl Bezugspunkt der Vorteilsgewährung keine konkrete Diensthandlung ist.63 Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit muss ein Beziehungsverhältnis des Vorteils zur dienstlichen Tätigkeit sein. Eine gänzliche Aufgabe der Konnexität zwischen Dienstausübung und Vorteilszuwendung hat schließlich nicht stattgefunden, was der Gesetzeswortlaut „für die Dienstausübung“ suggeriert.64 Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption hat die Strafbarkeit nach §§ 331, 333 StGB erheblich erweitert und die Strafbarkeit weit ins Vorfeld gezogen.65 Schließlich ist in diesem Normbereich keine konkretisierte Unrechtsvereinbarung im Sinne eines do ut des notwendig, sondern es genügen bereits Akte der Dankbarkeit aus. Ziel der Reformen war es, das Vertrauen in die Integrität des Staates als Eckpfeiler der Gesellschaft zu stärken.66 Gerade in der Veränderung des § 333 StGB spiegelt sich ein gesellschaftliches Umdenken hinsichtlich Zuwendungen wider. Während früher noch die Position vertreten wurde, dass in der Gewährung eines

57 BGH NJW 2008, 3580 (3582); BGHSt 49, 275 (281); BGH NStZ-RR 2007, 309 (310); Hellmann / Beckemper, § 11 Rn. 779; Bannenberg, S. 20; Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (767); Überhofen, S. 123; Paster / Sättele, NStZ 2008, 366 (367). 58 Ambos, JZ 2003, 345 (349). 59 Vgl. Fischer, § 331 Rn. 24; Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (155). 60 Ambos, JZ 2003, 345 (349). 61 BGH NJW 2008, 3580 (3582); BGH NStZ 2008, 216 (217); BGH NStZ-RR 2007, 309 (310); BGH NStZ 2005, 334 (335); BGHSt 49, 275 (281); Rengier, BT / II, § 60 Rn. 30 f.; Dölling, ZStW 112 (2000), 334 (344); LK12-Sowada, § 331 Rn. 71; Bannenberg, S. 20; Greeve, Rn. 258; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 7; Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (152); A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 26; Überhofen, S. 123; Krey / Heinrich, BT / 1, Rn. 669a; Trüg, NJW 2009, 196 (197): „Nicht-Rechtsbegriffe“. 62 Wentzell, S. 87. 63 Reinhold, HRRS 2010, 213 (214); Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (152). 64 Wentzell, S. 137; Sommer, Rn. 135. 65 BGHSt 49, 275 (280); Wentzell, S. 87. 66 BT-Drs. 13 / 5584, S. 1; BT-Drs. 13 / 8079, S. 2; BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 1; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 5.

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

Vorteils für eine ordnungsgemäße Handlung nichts Verfängliches, sondern ein Akt des Wohlwollens oder der Dankbarkeit zu sehen ist, so wird man heute allgemein die Anschauung finden, dass es sich um strafwürdiges Verhalten handelt.67 Mit der Neugestaltung der §§ 331, 333 StGB sollte eine Strafbarkeitslücke68 geschlossen werden. Die bloße Zuwendung aufgrund der Stellung des Amtsträgers genügt für die Strafbarkeit nicht, obwohl die Anfütterungsproblematik erfasst wird. Hiervon tangiert sind beispielsweise Repräsentationsakte von Spitzen der Politik, Regierung, Verwaltung, Kultur, Sport und Wirtschaft im öffentlichen Rahmen diverser Festlichkeiten und Feierlichkeiten.69 Anknüpfungspunkt ist das Amt und nicht die Dienstausübung.70 Es wird deutlich, dass sich eine Pauschalisierung der Strafbarkeit gemäß § 331 StGB durch den Begriff „Klimapflege“ verbietet.71 Der Amtsträger nimmt demzufolge Einladungen solcher Art zur und nicht für die Dienstausübung an.72 Eine Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme scheidet in derartigen Fallkonstellationen regelmäßig aus.

b) Strafbarkeitsgrenzen Ob eine strafrechtlich relevante Unrechtsvereinbarung im Sinne der §§ 331 ff. StGB vorliegt, beurteilt sich nach einer Gesamtschau aller Umstände wie beispielsweise Höhe, Dauer und Häufigkeit der Gewährung, Geringfügigkeit, Sozialadäquanz, Verschleierung, Transparenz und Einhaltung außerstrafrechtlicher Regeln.73 Aufgrund der Erweiterung der §§ 331, 333 StGB durch die Strafrechtsreform 1997 sieht sich der Bundesgerichtshof zunehmend gezwungen, Möglichkeiten einer pra-

67 BT-Drs. 13 / 5584, S. 17; BT-Drs. 7 / 550, S. 274; zur früheren Auffassung siehe beispielsweise Bindung, BT / II / 2, S. 732; Jaques, S. 71. 68 BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 17. 69 BGHSt 15, 239 (251); Schünemann, FS Otto (2007), 777 (791 ff.); Trüg, NJW 2009, 196 (197); Sommer, Rn. 142 ff.; vgl. auch MK-Korte, § 331 Rn. 103 sowie Paster / Sättele, NStZ 2008, 366 (372 ff.). 70 Trüg, NJW 2009, 196 (198); Valerius, GA 2010, 211 (215). 71 BGH NJW 2008, 3580 (3583); zustimmend Reinhold, HRRS 2010, 213 (217). 72 Trüg, NJW 2009, 196 (197); differenzierend danach, von wem der Vorteilsempfänger den Vorteil zur Dienstpflichtwahrnehmung erhält und ob die Art und Güte des jeweiligen Vorteils tatsächlich erforderlich ist, um die Dienstpflicht erfüllen zu können: Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (152); vgl. auch Paster / Sättele, NStZ 2008, 366 (372); LK12-Sowada, § 331 Rn. 68. 73 Vgl. BGHSt 33, 336 (339); BGHSt 47, 296 (303); BGH NStZ 2008, 216 (218); Bannenberg, S. 399, 401; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 30 (m.w. N.); Fischer, § 331 Rn. 25; Knauer / Kaspar, GA 2005, 385 (395 f.); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 70; Schmidhäuser, BT, Rn. 8; Dölling, FS Otto 2007, 219 (220); Rengier, BT / II, § 60 Rn. 13; Paster / Sättele, NStZ 2008, 366 (373); LK12-Sowada, § 331 Rn. 64, 70; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (481, 498). Kritisch Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (153): die Anwendung dieser Gesamtbetrachtungslehre besticht durch ihre flexible Handhabung; insbesondere könne der Indizienkatalog beliebig eingeschränkt und erweitert werden.

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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xisgerechten Tatbestandsreduzierung zu finden.74 Schließlich existieren „im Randbereich kaum trennscharfe Konturen“.75 Die Sozialadäquanz dominiert als ungeschriebenes und eigenständiges Institut der Tatbestandskorrektur und wird für die strafrechtliche Eingrenzung der §§ 331, 333 StGB herangezogen, um dem Charakter der Strafe als ultima ratio zu entsprechen.76 §§ 332, 334 StGB stellen auf ein nicht rechtskonformes Verhalten ab. Pflichtwidrige Diensthandlungen können darum nicht durch Sozialadäquanz legitimiert werden, da es bei sozialadäquatem Verhalten nur um solche Handlungen geht, die sich im Rahmen des Gemeinschaftslebens nach der normalen, geschichtlich bedingten, sozialen Ordnung des Lebens vollziehen.77 Der Bundesgerichtshof formuliert die Sozialadäquanz als „das übliche von der Allgemeinheit gebilligte und daher in strafrechtlicher Hinsicht im sozialen Leben gänzlich unverdächtige, weil im Rahmen der sozialen Handlungsfreiheit liegende Verhalten“.78 Dies beinhaltet Gebote der Höflichkeit, Verkehrssitte, Dankbarkeit und Zuwendungen aus Konvention, die als gewohnheitsrechtlich anerkannt gelten, allgemein sozialer Akzeptanz unterliegen und keinen Regelverstoß darstellen.79 Schließlich kann keinem Amtsträger zu-

74 SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 3; Michalke, StV 2011, 492 (495), basierend auf BGHSt 49, 275 (284); BGH NStZ 2008, 33 (33 ff.); BGH NJW 2008, 3580 (3583); des Weiteren BGHSt 47, 296 (303). 75 BGHSt 53, 6 (17); zustimmend Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1109. 76 Dölling, ZStW 112 (2000), 334 (344); Wentzell, S. 89 f.; Schünemann, FS Otto (2007), 777 (785); Dölling, FS Otto 2007, 219 (219, 224); Bannenberg, S. 398; Ambos, JZ 2003, 345 (351). Als Korrektiv der Unrechtsvereinbarung: BGHSt 15, 239 (251 f.); BGHSt 23, 226 (228); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 65; Fischer, § 331 Rn. 25; Knauer / Kaspar, GA 2005, 385 (385, 396); Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (766, 780); Thomas, FS Jung (2007), 973 (973 ff.); NKKuhlen, § 331 Rn. 56; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 29; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 30; LK12-Sowada, § 331 Rn. 72; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 29a; Ambos, JZ 2003, 345 (351); Ambos / Ziehn, NStZ 2008, 498 (501); Walther, Jura 2010, 511 (515). Andere verneinen bei Sozialadäquanz den „Vorteil“, so BGHSt 33, 336 (339); SSW-Rosenau, § 331 Rn. 16, 36; SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 23. Sozialadäquanz wird aber auch als Rechtfertigungsgrund diskutiert, so Schmidhäuser, AT, 6 / 102. Höltkemeier, S. 129, favorisiert teleologische Reduktion. Die größte Kritik an der Sozialadäquanz besteht darin, dass gar keine Einigkeit über den Begriff der Sozialadäquanz herrsche bzw. die Begriffsbestimmungen keine klaren Abgrenzungen für strafloses oder strafbares Verhalten ermöglichen, so Bannenberg, 399 ff.; Eser, FS Roxin (2001), 199 (205 ff.). 77 Wentzell, S. 91; Welzel, ZStW 58 (1939), 491, 517; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 56; Bannenberg, S. 398; Sch / Sch-Lenckner / Eisele, Vorbem. §§ 13 Rn. 69; Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (778); Höffling, S. 56. 78 BGHSt 23, 226 (228); BGH NStZ-RR 2002, 272 (273); vgl. auch Bannenberg, S. 399; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 13. 79 BGH NStZ 2005, 334 (335); BGHSt 15, 239 (252); RGSt 19, 19 (22); A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 30; Thomas, FS Jung (2007), 973 (974); Schaupensteiner, 61. DJT Bd. II / 2, L 113; LK12-Sowada, § 331 Rn. 72; Überhofen, S. 112, 135; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 13; Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (778 f.); Schünemann, FS Otto (2007), 777 (785); Korte, NStZ 1997, 513 (515); Eser, FS Roxin (2001), 199 (203); Ambos, JZ 2003, 345 (351).

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

gemutet werden, gänzlich auf soziale Kontakte, Freundschaften oder höflichen Umgang mit Dritten zu verzichten.80 Durch dieses Tatbestandskorrektiv sollen Wertungswidersprüche aufgelöst und erwünschtes Verhalten im Gegensatz zum unerwünschten vom Normappell ausgeschlossen werden.81 Die Grenzen zwischen verbotenen und erlaubten Zuwendungen dürften jedoch fließend sein.82 Eine weitere Einschränkung der Strafbarkeit resultiert regelmäßig aus einer Genehmigung. Gemäß § 331 Abs. 3 StGB und § 333 Abs. 3 StGB ist die Tat nach den jeweiligen Absätzen 1 nicht strafbar, wenn eine Genehmigung durch die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse erfolgt. Eine Genehmigung von pflichtwidrigen Diensthandlungen ist hingegen nicht vorgesehen.83 Es ist jedenfalls zu beobachten, dass der Gesetzgeber das Korruptionsstrafrecht mit dem Ziel der Erfassung aller strafbedürftigen Fälle wesentlich verschärft und erweitert hat.84 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Strukturen des Korruptionsmodells die Straftaten im Amt als Korruptionsdelikte klassifizieren.

II. Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr als Straftaten gegen den Wettbewerb, § 299 Abs. 1 und 2 StGB Die zweite Gruppe der Straftatbestände, die auf ihre Einordnung als Korruptionsdelikte zu untersuchen ist, bildet § 299 Abs. 1 (Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr) und Abs. 2 (Bestechung im geschäftlichen Verkehr) StGB. Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr stellen Straftaten gegen den Wettbewerb dar. Zweck des 26. Abschnitts des Strafgesetzbuches – also der Straftaten gegen den Wettbewerb – ist die Sanktionierung besonders strafwürdiger Verhaltensweisen, die dem Prinzip des freien bzw. fairen Wettbewerbs zuwiderlaufen.85 „Wettbewerb“ ist ein Sammelbegriff, der zumeist den Markt bezeichnet, auf dem geschäftliche Güter und Leistungen gehandelt und nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage verteilt werden.86 Damit verbunden ist zum einen das Streben der Wettbewerbsteilnehmer nach Vorteilen unter Verwendung unterschiedlicher Geschäftsstrategien87 und zum anderen Konkurrenz zwischen den Wettbewerbsteilneh-

Überhofen, S. 127. Thomas, FS Jung (2007), 973 (974). 82 Vahlenkamp / Knauß, S. 41; Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1109; Michalke, StV 2011, 492 (492). 83 BT-Drs. 7 / 550, S. 272. 84 SSW-Rosenau, § 331 Rn. 13. 85 BT-Drs. 13 / 5584, S. 12. 86 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 104. 87 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 104. 80 81

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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mern88. „Freier Wettbewerb“, als leitendes Grundprinzip der deutschen Wirtschaftsverfassung89, bedeutet Freiheit der Marktkonkurrenz vor unlauteren, nicht offenbarten Einflüssen, die das Austauschverhältnis von Waren und Leistungen einseitig zugunsten eines Beteiligten verzerren.90 In diesem Sinne funktioniert Marktkonkurrenz nur, wenn sich überlegenes wirtschaftliches Kalkül und bessere Waren sowie Dienstleistungen durchsetzen und wenn das günstigere Angebot sowie das optimale Know-how für Produktion und Vertrieb über den Erfolg entscheiden.91 Schutzwürdig ist ein Wettbewerb, der auf dem Leistungsprinzip beruht.92 § 299 StGB ist durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. 08. 1997 in das StGB eingeführt worden und hat § 12 UWG a. F. ersetzt.93 Schon § 12 UWG a. F. hatte das Ziel, das verbreitete Schmiergeldunwesen im Wirtschaftsleben zu bekämpfen.94 Diese Vorschrift wurde aus dem Nebenstrafrecht in das Kernstrafrecht verlegt, um die Sozialschädlichkeit von Korruption im geschäftlichen Bereich noch stärker zu betonen und um die Schwere des kriminellen Unrechts angemessen ahnden zu können.95 Dennoch ist § 299 StGB gemäß § 301 StGB im Gegensatz zu den §§ 331 ff. StGB nur ein Strafantragsdelikt. Soweit allerdings ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, kann auf den Strafantrag verzichtet werden.

1. Täterstrukturen § 299 StGB ist parallel zu den Straftaten im Amt aufgebaut.96 Insbesondere ist die spiegelbildliche Ausgestaltung der Strafbarkeit des Vorteilsnehmers (§ 299 Abs. 1 StGB) und die Strafbarkeit des Vorteilsgebers (§ 299 Abs. 2 StGB) strukturgleich.97 Der Vorteilsnehmer ist Täter der sog. passiven Bestechung und der VorGötting, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 1. LK12-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 1; NK-Dannecker, Vor § 298 Rn. 11. 90 Fischer, Vorbem. § 298 Rn. 6; Greeve, Rn. 336; NK / GS-Bannenberg, § 298 Rn. 4; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 298 ff. Rn. 2; LK12-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 4 f.; Lackner / Kühl, § 298 Rn. 1; SK-Rudolphi, § 298 Rn. 3; NK-Dannecker, § 298 Rn. 10; SSW-Bosch, § 298 Rn. 1; Bannenberg, S. 22; Zöller, GA 2009, 137 (141). 91 Dannecker, FS Tiedemann (2008), 789 (794); vgl. auch Heine, ZBJV 2002, 533 (542). 92 BT-Drs. 13 / 5584, S. 12; Fischer, Vorbem. § 298 Rn. 6; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 51; Haft / Schwoerer, FS Weber (2004), 367 (371); Vahlenkamp / Knauß, S. 314. 93 BT-Drs. 13 / 5584, S. 15. 94 LK12-Tiedemann, § 299 vor Rn. 1; Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (130); Wittig, wistra 1998, 7 (7): „strafrechtliches Schmiergeldverbot“. 95 BT-Drs. 13 / 5584, S. 9, 15; BT-Drs. 13 / 6424, S. 7; Dölling, ZStW 112 (2000), 335 (350); SSW-Rosenau, § 299 Rn. 4. 96 BT-Drs. 13 / 5584, S. 15; Dölling, ZStW 112 (2000), 335 (350); Haft / Schwoerer, FS Weber (2004), 367 (371); vgl. auch Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (129). 97 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (277); Pragal, S. 11; Schmidl, wistra 2006, 286 (287); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 104; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 6; Bannenberg, 88 89

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

teilsgeber ist Täter der sog. aktiven Bestechung.98 Diese Strukturen entsprechen denen des Korruptionsmodells, welches Korruption als Täter-Täter-Interaktion begreift. Täter der Bestechlichkeit können nur Angestellte und Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes sein. § 299 Abs. 1 StGB ist daher ein echtes Sonderdelikt, welches durch die besondere Beziehung zum Betrieb gekennzeichnet ist.99 Angestellter ist, wer in einem zumindest faktischen Dienstverhältnis zum Betriebsinhaber steht, dessen Weisungen unterworfen ist und damit in einem Abhängigkeitsverhältnis zu diesem steht sowie Einfluss auf die geschäftliche Betätigung des Betriebes nehmen kann.100 Angestellte sind beispielsweise Geschäftsführer einer GmbH und Beamte im Rahmen erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit.101 Beauftragter ist, wer befugtermaßen für einen Geschäftsbetrieb tätig wird, ohne Angestellter oder Betriebsinhaber zu sein. Er muss berechtigt und verpflichtet sein, auf Entscheidungen Einfluss zu nehmen, die den Waren- und Leistungsaustausch des Betriebes tangieren.102 Es kommt dabei nicht auf ein Vertragsverhältnis an, entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse.103 Der Begriff hat Auffangfunktion.104 Beauftragte sind beispielsweise Aufsichtsratsmitglieder, einzeln handelnde geschäftsführende Gesellschafter einer Personengesellschaft und Insolvenzverwalter, geschäftsführende Vorstandsmitglieder einer AG105 und Vereinsvorstände, Handelsvertreter, Vertreter freier Berufe.106

S. 25; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 2, 6; Rönnau, StV 2009, 302 (303); Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (445). 98 SSW-Rosenau, § 299 Rn. 6; Rönnau, StV 2009, 302 (303); Schmidl, wistra 2006, 286 (287). 99 Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (445); Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 8; LK12Tiedemann, § 299 Rn. 10; Greeve, Rn. 431; Fischer, § 299 Rn. 3; Rönnau, StV 2009, 302 (303); A / W-Heinrich, § 49 Rn. 57; NK-Dannecker, § 299 Rn. 15; Bürger, wistra 2003, 130 (131); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 91; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (296): „Sonderdeliktscharakter“. 100 SSW-Rosenau, § 299 Rn. 7; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 10; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 20; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 11; Greeve, Rn. 434; Fischer, § 299 Rn. 9; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 2; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 7; NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 8; Eidam, Rn. 1874; NK-Dannecker, § 299 Rn. 19; Bürger, wistra 2003, 130 (131 f.); Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3531). 101 Fischer, § 299 Rn. 9; Greeve, Rn. 434; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 2; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 7; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 14; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 8; Odenthal, wistra 2005, 170 (171); Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3531); NK-Dannecker, § 299 Rn. 21. 102 Fischer, § 299 Rn. 10; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 9; Eidam, Rn. 1875; Greeve, Rn. 434; Wittig, wistra 1998, 7 (9); BGHSt 2, 396 (401); NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 9; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 20; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 16; NK-Dannecker, § 299 Rn. 22; Bürger, wistra 2003, 130 (131 f.); Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3531). 103 SSW-Rosenau, § 299 Rn. 9; NK-Dannecker, § 299 Rn. 22. 104 LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 16; NK-Dannecker, § 299 Rn. 22; Michalke, StV 2011, 492 (496); Walther, Jura 2010, 511 (514).

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§ 299 Abs. 1 StGB ist also auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, der eine bestimmte Täterqualität verlangt.107 Es gilt § 28 Abs. 1 StGB.108 Demgegenüber ist § 299 Abs. 2 StGB ein Allgemein- bzw. Jedermannsdelikt.109 Zumindest existiert formal keine Einschränkung des Täterkreises. Allerdings muss der Vorteilsgeber im Ergebnis ein Mitbewerber oder ein im Interesse eines Mitbewerbers Handelnder sein, da nur diese „zu Zwecken des Wettbewerbs“ handeln können, so wie es § 299 Abs. 2 StGB tatbestandlich verlangt.110 Durch diese Einschränkung wird § 299 Abs. 2 StGB jedoch nicht zu einem Sonderdelikt.111

105 Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 10; a. A. Angestellte: SSW-Rosenau, § 299 Rn. 8; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 14; vgl. auch BGHSt 20, 210 (210). Diese Ansicht verkennt, dass geschäftsführende Vorstandsmitglieder nicht weisungsgebunden sind, Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 10. 106 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 94; NK-Dannecker, § 299 Rn. 22; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 12; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 16 f. Zur Problematik, ob niedergelassene Vertragsärzte Beauftragte i. S. v. § 299 StGB sein können, beispielsweise bereits Sahan, ZIS 2007, 69 ff.; Pragal, NStZ 2005, 133 ff.; Klötzer, NStZ 2008, 12 ff.; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 10; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 32; Michalke, StV 2011, 492 (496); Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 15. Der Große Senat des Bundesgerichtshof hat auf Vorlage von BGH wistra 2011, 375 ff., und BGH NStZ-RR 2011, 303 ff., entschieden, dass Kassenärzte keine Beauftragten i. S. v. § 299 StGB sind: BGH (Großer Senat) NStZ 2012, 505 ff. Demzufolge sind Kassenärzte nach der derzeitigen Rechtsprechung straflos, wenn sie eine Prämie dafür erhalten, Arzneimittel eines bestimmten Pharmaunternehmens zu verordnen. Im Vergleich dazu können sich Ärzte, die an Universitätskliniken tätig sind und als Amtsträger handeln, in gleichen Sachverhaltskonstellationen wegen Bestechlichkeit bzw. Vorteilsannahme strafbar machen; dazu beispielsweise HansOLG Hamburg NStZ 2001, 277 ff., BGH wistra 2003, 464 f., OLG Karlsruhe NJW 2001, 907 ff. 107 Schmidl, wistra 2006, 286 (287). 108 Fischer, § 299 Rn. 3; SK-Rudolphi, § 299 Rn. 3; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 6. Da §§ 331, 332 StGB und § 299 Abs. 1 StGB als echte Sonderdelikte eingeordnet werden, ist das Problem um die „Ungleichbehandlung strafbegründender und strafmodifizierender Merkmale“ (so Hake, S. 2) durch § 28 Abs. 1 und 2 StGB nicht Gegenstand der Untersuchung. Dazu Hake, Beteiligungsstrafbarkeit und „besondere persönliche Merkmale“ – Ein Beitrag zur Harmonisierung des § 28 StGB. 109 Bürger, wistra 2003, 130 (131); Rönnau, StV 2009, 302 (303); Fischer, § 299 Rn. 3; NK-Dannecker, § 299 Rn. 16; Sommer, Rn. 228. 110 Bannenberg, S. 25; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 627; NK-Dannecker, § 299 Rn. 62; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 25; Greeve, Rn. 438; Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3531); Sommer, Rn. 229; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 20; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 6; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 28 f.; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 46. 111 LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 20; NK-Dannecker, § 299 Rn. 16. Durch ein zweites Korruptionsbekämpfungsgesetz (BT-Drs. 16 / 6558, S. 13) sollte die Wortgruppe „zu Zwecken des Wettbewerbs“ gestrichen werden, „um einen Gleichklang zwischen der Bestechung und der Bestechlichkeit zu erreichen“. Ob diese Neuerung sachgerecht wäre, ist sehr zweifelhaft, schließlich bezieht sich auch Abs. 1 auf den Wettbewerb.

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

2. „Unrechtsvereinbarung“ als Ausdruck korruptiver Handlungselemente Der Gesetzgeber hat die gleiche Tatbestandsstruktur wie bei den §§ 332, 334 StGB gewählt (Tatsubjekt, Tathandlung, Vorteil, Unrechtsvereinbarung, Gegenleistung).112 § 299 StGB entspricht vor allem wegen des Erfordernisses einer Gegenleistung der Struktur der §§ 332, 334 StGB.113 Unrechtskern ist parallel zu den §§ 331 ff. StGB die Unrechtsvereinbarung.114 Die genaue Ausgestaltung der Unrechtsvereinbarung ist abhängig von der konkreten Tathandlung. Es wird das gesetzgeberische Bemühen erkennbar, die strafrechtliche Bewertung von Korruption auf eine einheitliche Basis zu bringen.115 § 299 StGB ähnelt allerdings nur rein äußerlich der tatbestandlichen Struktur der §§ 331 ff. StGB. Inhaltlich sind die §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB nicht identisch. Schließlich gelten für sachgerechtes Verhalten im Wirtschaftsleben andere Maßstäbe als im staatlichen Amt.116 Bei der Unrechtsvereinbarung des § 299 StGB handelt es sich um eine Übereinkunft zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber, einen Vorteil117 als Gegenleistung für eine konkrete118 künftige119 („bevorzuge“) unlautere Bevorzugung im Rahmen eines Wettbewerbs zu erbringen. Die Übereinkunft hat „im geschäftlichen Verkehr“ stattzufinden. Der Kontakt zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber muss sich

112 Greeve, Rn. 426; Odenthal, wistra 2005, 170 (170); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (277); Jaques, S. 130; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 51: enge strukturelle Verwandtschaft; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 1; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (473); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 85. Mit dieser Anpassung sollten „Auslegungsdivergenzen“ vermieden werden, NK-Dannecker, § 299 Rn. 1. 113 LK12-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 7; NK-Dannecker, Vor § 298 Rn. 22; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 5. 114 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (136); NK-Dannecker, § 299 Rn. 42; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 16; Odenthal, wistra 2005, 170 (172); Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (488); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 96. Nach Pragal, S. 171 ff., hat der Begriff der Unrechtsvereinbarung keine relevante Bedeutung. 115 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (136); Sommer, Rn. 10; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 588. 116 Sommer, Rn. 223 f., 227; Greeve, Rn. 426. 117 Der Vorteilsbegriff entspricht dem der §§ 331 ff. StGB, A / W-Heinrich, § 49 Rn. 58; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 11; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 19; Fischer, § 299 Rn. 7; MK-Diemer / Krick, § 299 Rn. 9; Greeve, Rn. 440; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 25; Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3532); NK-Dannecker, § 299 Rn. 35; Zöller, GA 2009, 137 (139). 118 A / W-Heinrich, § 49 Rn. 59; NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 4; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 21; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 16. 119 Bannenberg, S. 25; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 5; Schmidl, wistra 2006, 286 (289); Freund / Kallmayer / Kraft, S. 22; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 59; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 22; NK-Dannecker, § 299 Rn. 42, 47; Fischer, § 299 Rn. 13; Sommer, Rn. 273; NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 1; Noltensmeier, S. 42; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 29; Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3533); Wittig, wistra 1998, 7 (8); MK-Diemer / Krick, § 299 Rn. 15 f.; Sch / SchHeine, § 299 Rn. 15; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 610.

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auf den geschäftlichen Betrieb beziehen. Rein private Handlungen, betriebsinterne Handlungen und öffentlich-rechtliche Tätigkeiten werden nicht von § 299 StGB erfasst.120 Das Gesetz verlangt ein echtes Äquivalenzverhältnis im Sinne eines do ut des zwischen Vorteil und Bevorzugung.121 Bevorzugung, d. h. eine Entscheidung zwischen mindestens zwei Bewerbern122, impliziert dabei eine anvisierte Besserstellung des Vorteilsgebers oder eines von ihm begünstigten Dritten, auf die kein Rechtsanspruch besteht.123 Eine tatsächliche Bevorzugung im Sinne eines Taterfolges setzt § 299 StGB nicht voraus.124 § 299 StGB ist als abstraktes Gefährdungsdelikt zu verstehen, da es auf einen materiellen Schaden nicht ankommt.125 Wann eine Bevorzugung als unlauter zu qualifizieren ist, richtet sich wettbewerbsakzessorisch nach dem UWG (insbesondere § 4 UWG).126 Maßgeblich für Unlauterkeit ist, dass sie zur Beeinträchtigung der Wettbewerbsverhältnisse führt.127 Die Bevorzugung ist unlauter, wenn sie geeignet ist, Mitbewerber durch Umgehung der Regeln des Wettbewerbs und durch Ausschaltung der Konkurrenz zu schädigen128 oder wenn sie nicht auf sachgerechten Erwägungen, sondern auf sachwidrigen Motiven basiert, insbesondere unter dem Einfluss von Vorteilen129. § 299 StGB bezweckt daher Schutz 120 A / W-Heinrich, § 49 Rn. 57; Greeve, Rn. 439; Bannenberg, S. 25; Fischer, § 299 Rn. 12; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 9; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 3; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 21 f.; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 14; NK-Dannecker, § 299 Rn. 28. 121 Freund / Kallmayer / Kraft, S. 21; NK-Dannecker, § 299 Rn. 42; Pragal, S. 12; Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (388); Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (136). 122 Vgl. nur BGH NJW 2006, 3290 (3298); BGH NJW 2003, 2996 (2997); Bernsmann / Gatzwieler, Rn. 616; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 24; Fischer, § 299 Rn. 14; BeckOK-Momsen, § 299 Rn. 15; M-G / B-Blessing, 53 / 77; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 22; NK-Dannecker, § 299 Rn. 46; Gercke / Wollschläger, wistra 2008, 5 (5); Klengel / Rübenstahl, HRRS 2007, 52 (53). 123 BGH NJW 2007, 2932 (2932); Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3533); NK-Dannecker, § 299 Rn. 45; ähnlich Klengel / Rübenstahl, HRRS 2007, 52 (53). 124 LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 36, 50; Fischer, § 299 Rn. 15, 21; Klengel / Rübenstahl, HRRS 2007, 52 (53); Greeve, Rn. 426; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 35. 125 SSW-Rosenau, § 299 Rn. 1; Greeve, Rn. 426; Klengel / Rübenstahl, HRRS 2007, 52 (55); Zöller, GA 2009, 137 (146): „abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt“. A.A. LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 7; NK-Dannecker, § 299 Rn. 11: Verletzungsdelikt. 126 Rengier, FS Tiedemann (2008), 837 (846); Bürger, wistra 2003, 130 (133). Die Regelungen des UWG sind nach dem Willen des Gesetzgebers trotz der Verlegung des § 12 UWG a. F. in das Strafgesetzbuch zu beachten: Gercke / Wollschläger, wistra 2008, 5 (5); Zöller, GA 2009, 137 (140); Klengel / Rübenstahl, HRRS 2007, 52 (55). 127 NK-Dannecker, § 299 Rn. 52; Bürger, wistra 2003, 130 (133). 128 NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 16; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 22; Fischer, § 299 Rn. 16; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 33; Gercke / Wollschläger, wistra 2008, 5 (6); Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (446). 129 BGHSt 2, 396 (401); SSW-Rosenau, § 299 Rn. 24; MK-Diemer / Krick, § 299 Rn. 19; Mansdörfer, Rn. 535; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 41; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 19; BeckOK-Momsen, § 299 Rn. 16.1; NK-Dannecker, § 299 Rn. 53; Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (391); Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3533); Greeve, Rn. 449; Fischer, § 299

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

vor wettbewerbsdysfunktionalem Konkurrentenverhalten.130 Schließlich wird infolge unlauterer Bevorzugung das Leistungsprinzip in der Form ersetzt und ausgehebelt, dass sich nicht mehr der Anbieter des leistungsstärksten Produkts am Markt durchsetzt, sondern der des höchsten Schmiergeldes.131 Die Grenze zur Strafbarkeit nach § 299 StGB beurteilt sich danach, was nach den Regeln des Wettbewerbsrechts wettbewerbsrechtlich erlaubt ist.132 Eine gelockerte Unrechtsvereinbarung im Sinne der §§ 331, 333 StGB ist gesetzlich nicht vorgesehen. Anfüttern und allgemeine Klimapflege sind damit straflos und wettbewerbskonform.133 Erst mit einer sog. konkretisierten Unrechtsvereinbarung können Wettbewerbsregeln verletzt werden.134 Sozialadäquates Verhalten schließt Strafbarkeit aus, solange es sich „im wettbewerbsverträglichen Rahmen“ hält.135 Der Anwendungsbereich der Sozialadäquanz ist bei § 299 StGB deutlich weiter gefasst als bei §§ 331 f. StGB, schließlich ist der private Geschäftssektor nicht derart von gesetzlichen Regelungen reglementiert wie der öffentliche Bereich.136 Nicht zu inkriminieren sind Gefälligkeiten, die im Geschäftsverkehr als gewöhnlich gelten und als angemessen einzuordnen sind.137 Vielmehr haben sich Geschäftsleute dem branchenüblichen Gebaren der Kunden und Konkurrenten anzupassen, um erfolgreich sein zu können.138 Diese Auffassung beruht auf dem Aspekt, dass Bagatellzuwendungen nicht dazu geeignet sind, sachgerechte Marktentscheidungen zu sabotieren.139 Rn. 16; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (488); vgl. auch Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 99. 130 Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig-Schünemann, § 1 Rn. 63; Gercke / Wollschläger, wistra 2008, 5 (6); LK12-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 2; NK-Dannecker, Vor § 298 Rn. 18; Bürger, wistra 2003, 130 (133). 131 Walther, Jura 2010, 511 (513). 132 Wollschläger, S. 30. 133 Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 611; Pragal, S. 12; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 96; Zöller, GA 2009, 137 (139); Sommer, Rn. 287; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 5; Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3533); NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 4; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 29; Noltensmeier, S. 41; Schmidl, wistra 2006, 286 (289); Rönnau, StV 2009, 302 (304). 134 NK-Dannecker, § 299 Rn. 44; Bürger, wistra 2003, 130 (133); Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 48. 135 NK-Dannecker, § 299 Rn. 39; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 20; MK-Diemer / Krick, § 299 Rn. 9; Fischer, § 299 Rn. 16; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 5; Greeve, Rn. 441; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 595; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 28; Thomas, FS Jung (2007), 973 (977 ff.); MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 221; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 23; vgl. auch Schmidl, wistra 2006, 286 (289); kritisch A / W-Heinrich, § 49 Rn. 61. 136 Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 23; Noltensmeier, S. 244; Schmidl, wistra 2006, 286 (288); Sommer, Rn. 260 ff.; Heine, ZBJV 2002, 533 (548); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 596. 137 Schmidl, wistra 2006, 286 (288). 138 Noltensmeier, S. 244; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 39. 139 Heine, ZBJV 2002, 533 (546).

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3. § 299 StGB als Wettbewerbs-, Korruptions- oder Zwitterdelikt? Die gesetzliche Ausgestaltung des § 299 StGB vermittelt auf den ersten Blick, dass Handlungs- und Beziehungsstrukturen des Korruptionsmodells beinhaltet sind. Die Unrechtsvereinbarung stellt die Tauschbeziehung zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber dar, welche bei § 299 StGB auf den Tausch Vorteil gegen Bevorzugung angelegt ist.140 Der Vorteilsnehmer missbraucht seine Machtposition dadurch, dass er sich bei der Entscheidung zwischen Mitbewerbern regelwidrig von Vorteilen leiten lässt und einen Mitbewerber nur deshalb bevorzugt, weil dieser ihm Vorteile in Aussicht stellt oder gewährt. Ziel der Vorteilsgewährung ist demgegenüber die Einflussnahme auf die Machtposition des Vorteilsnehmers und die eigene Bevorzugung (oder die eines anderen). Der Vorteilsnehmer im Sinne von § 299 Abs. 1 StGB ist der Intraneus und der Vorteilsgeber im Sinne von § 299 Abs. 2 StGB der Extraneus. Prinzipal des Vorteilsnehmers ist der Betriebsinhaber, der gemäß § 299 Abs. 1 StGB nicht zum Täterkreis gehört und grundsätzlich nicht strafbar ist.141 Diese Straflosigkeit resultiert allerdings nicht nur direkt aus § 299 Abs. 1 StGB, sondern ebenso aus dem Umkehrschluss des § 299 Abs. 2 StGB: Der Vorteilsgeber kann gemäß § 299 Abs. 2 StGB nur Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes bestechen, nicht aber den Betriebsinhaber.142 Die Täteruntauglichkeit ist als legislatorisch verbindlich hinzunehmen.143 Betriebsinhaber im (individual-)strafrechtlichen Sinne können ausschließlich natürliche Personen sein.144 Innerhalb einer GmbH können strafrechtlich daher nur die Gesellschafter und innerhalb einer Aktiengesellschaft nur die Aktionäre Betriebsinhaber sein.145 Darüber hinaus sind beispielsweise Selbstständige146, Freiberufler147, Alleingeschäftsführer einer GmbH (der gleichzeitig einziger Gesellschafter ist)148, Komplementäre einer Kommanditgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafter149 und gemeinschaftlich

Siehe auch Pragal, S. 7. Vgl. nur Fischer, § 299 Rn. 10c; NK-Dannecker, § 299 Rn. 41; Brand / Sperling, ZStW 121 (2009), 281 (314); Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 142; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 8; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 564; Wollschläger, S. 90; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 7; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 10 m.w. N. Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (462): „sachgerecht“; Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (445): „rechtspolitisch nicht überzeugend“. 142 Odenthal, wistra 2005, 170 (171). 143 NK-Dannecker, § 299 Rn. 21; Schmidl, wistra 2006, 286 (288); Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (445). 144 Noltensmeier, S. 251. 145 Noltensmeier, S. 251 f.; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 10. 146 LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 10; kritisch, aber zustimmend NK-Dannecker, § 299 Rn. 27. 147 Bürger, wistra 2003, 130 (131). 148 Greeve Rn. 436; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 14; NK-Dannecker, § 299 Rn. 21; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 10. 140 141

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

handelnde Gesellschafter einer Personengesellschaft150 als Betriebsinhaber einzuordnen.

a) Übertragung des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes auf § 299 StGB Obwohl § 299 StGB auf den ersten Blick typisch korruptive Elemente aufweist, ist es nicht unproblematisch, diese Vorschrift als Korruptionsdelikt zu interpretieren. Ein Grund dafür ist die gesetzgeberische Intention, mit § 299 StGB den lauteren Wettbewerb zu schützen. § 299 StGB kann nur dann als Korruptionsdelikt eingeordnet werden, wenn sich das handlungstheoretische Modell des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes in der tatbestandlichen Ausgestaltung widerspiegelt. Daher wird in den folgenden Abschnitten die maßgebende Frage beantwortet, ob der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz auf § 299 StGB übertragen werden kann.

aa) Der Betriebsinhaber als Prinzipal: Gründe für die Straflosigkeit des Betriebsinhabers Eine zentrale Frage, die sich bei der Übertragung des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes auf § 299 StGB stellt, lautet, warum der Betriebsinhaber nicht gemäß § 299 Abs. 1 StGB strafbar ist. Diese Frage muss beantwortet werden, um zu klären, ob die Zugrundelegung des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes bei § 299 StGB sachgemäß ist. Hauptsächliches Argument gegen die Strafbarkeit des Betriebsinhabers ist, dass dieser grundsätzlich frei ist, seinen Vorteil auf Kosten anderer zu suchen151 und Waren bzw. Leistungen zum günstigsten Preis – beispielsweise aufgrund der Gewährung eines Rabattes – zu erwerben152. Aus ökonomischer Sicht ist Profitsteigerung das maßgebende Ziel des Betriebsinhabers.153 Vorteilsannahmen in der Privatwirtschaft als interessenwidrig und strafwürdig einzustufen, ist daher zwangsläufig schwieriger als in der staatlichen Verwaltung.154 In der privaten Wirtschaft gilt schließlich das Prinzip der Gewinnmaximierung, während die staatliche Verwaltung vor allem gemeinwohlorientiert handeln muss.155 Aus rechtlicher Sicht kommt dem Betriebsinhaber die in der Privatwirtschaft verfassungsrechtlich garantierte Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG zu Gute.156 Allerdings muss auch der 149 NK-Dannecker, § 299 Rn. 21; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 10; Bürger, wistra 2003, 130 (132). 150 Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 10. 151 NK-Dannecker, § 299 Rn. 21; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 7; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 57; Heine, ZBJV 2002, 533 (544); zustimmend im Grundsatz auch Pragal, S. 117; Pragal, ZIS 2006, 63 (73); Bürger, wistra 2003, 130 (135). 152 Pragal, S. 117; Pragal, ZIS 2006, 63 (73). 153 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 133 f.; Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (466). 154 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (466). 155 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (466).

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Betriebsinhaber das Wettbewerbsrecht, insbesondere die Wertungen des UWG und GWB, beachten.157 Die Zielrichtung des Wettbewerbsrechts ist es, Maßstäbe für zulässiges und unzulässiges wettbewerbliches Handeln zu ermitteln und die Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher und der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen sowie das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb zu schützen (§§ 1, 3 UWG).158 Die Regeln des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb sind für den Betriebsinhaber verbindlich, obwohl er strafrechtlich nicht nach § 299 Abs. 1 StGB als Straftat gegen den Wettbewerb sanktioniert werden kann. Das wesentliche Ziel der Normen des UWG und des GWB besteht darin, die unternehmerische Entscheidungsfreiheit vor unzulässigen Methoden zu schützen.159 Aus dieser Perspektive ist die folgende These, die in der Strafrechtswissenschaft vertreten wird, fragwürdig. Danach handelt es sich um Wettbewerb und nicht um Manipulationen des Wettbewerbs bzw. nicht um Wettbewerbsverstöße, wenn sich der Betriebsinhaber dazu bestechen lässt, den Vorteilsgeber zu bevorzugen.160 Soweit die Bevorzugung dabei auf sachlichen Kriterien basiert, wird die Lauterkeit des Wettbewerbs überhaupt nicht tangiert.161 Beispielsweise kann für den Betriebsinhaber das Produkt eines bestimmten Mitbewerbers trotz des hohen Preises, und obwohl in diesem hohen Preis ein sog. Firmenrabatt bereits eingerechnet ist, besonders attraktiv sein, weil dieser Mitbewerber sich in der Vergangenheit als besonders zuverlässig erwiesen hat. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass es wirtschaftlich unsachlich sein mag, das preislich höhere Angebot anzunehmen. Es ist hingegen sachlich nachvollziehbar, wenn der Betriebsinhaber andere Gründe findet, dieses Angebot zu bevorzugen. Eine solche Entscheidung ist in einer freien Marktwirtschaft hinzunehmen, obwohl es Stimmen gibt, die die Strafwürdigkeit und -bedürftigkeit bejahen.162 Der Betriebsinhaber ist nun einmal faktisch Eigentümer seines Unternehmens und kann grundsätzlich frei darüber entscheiden, welche Ware oder Leistung er von welchem Anbieter bevorzugt, auch und insbesondere wenn er dafür Vorteile, beispielsweise in Form von Rabatten, fordert oder annimmt. Solange die unternehmerische Entscheidung auf sachlichen Gründen und nicht auf unangemessenem unsachlichen Einfluss, bei-

156 Bürger, wistra 2003, 130 (135); Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 782; Pragal, ZIS 2006, 63 (73). 157 Bürger, wistra 2003, 130 (135); Pragal, S. 121. 158 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 133 ff.; Götting, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 2; Wollschläger, S. 41. 159 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 1772; Götting, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 2. 160 Hauck, wistra 2010, 255 (257); Trüg, wistra 2010, 17 (18); Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (468); vgl. Volk, 61. DJT Bd. II / 1, L 48; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 38. 161 Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 38. 162 NK-Dannecker, § 299 Rn. 21; Schmidl, wistra 2006, 286 (288); Bürger, wistra 2003, 130 (134); Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (488); Tiedemann, FS Lampe (2003), 759 (763); siehe auch Wolf, ZRP 2007, 44 (45 f.).

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spielsweise i. S. v. §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 1 UWG, basiert, liegt kein unlauteres Verhalten vor.163 Es ist nicht die Aufgabe des Strafrechts, die freie Marktwirtschaft einzuschränken und zu regulieren. Das Verhalten des Betriebsinhabers darf deshalb nicht ohne Weiteres mit staatlicher Strafe bedroht werden, nur weil dieser sich von Vorteilen leiten lässt. Vielmehr schaffen anderweitige Sanktionsinstrumente, die das UWG oder GWB vorsehen, Abhilfe. Der Vorschlag Pragals einen § 299c StGB in das Strafgesetzbuch einzufügen, der Bestechlichkeit und Bestechung von Geschäftsinhabern pönalisiert,164 ist auf Grundlage der vorherigen Erwägungen abzulehnen. Ob andere Varianten der Kriminalisierung und damit der Übertragung von Verantwortung auf den Prinzipal in Betracht kommen, beispielsweise in Form einer analogen Vorschrift zu § 357 StGB, ist noch zu untersuchen (Kapitel 6. C.).165 Wenn der Betriebsinhaber also nicht ausnahmsweise selbst als Agent auftritt166, handelt es sich begrifflich nicht um Korruption. Als Agent handelt der Betriebsinhaber, wenn er beispielsweise als einer von mehreren Gesellschaftern einer Personengesellschaft eine spezielle Aufgabe erteilt bekommt und diese gegenüber den Gesellschaftern als deren Agent erfüllen muss. Die Annahme von Schmiergeldern durch den Betriebsinhaber selbst ist im Ergebnis nur als korruptionsnahes Phänomen einzuordnen.167 Die Behauptung, dass die „volkswirtschaftlichen Schäden einer solchen Fehlsteuerung exakt denjenigen durch Straftaten gemäß § 299 StGB“168 entspricht, ist nicht nachzuvollziehen und kann nicht belegt werden.

bb) Missbrauch einer Machtposition als tatbestandliche Voraussetzung Der Betriebsinhaber ist als Prinzipal einzuordnen, sodass die gesetzliche Ausgestaltung, die den Betriebsinhaber nicht unter Strafe stellt, mit dem Korruptionsmodell kongruent ist: Der Betriebsinhaber ist Prinzipal der Angestellten bzw. Beauftragten im Innenverhältnis. Eine Prinzipal-Agenten-Beziehung existiert. Die Tauschbeziehung im Außenverhältnis besteht demzufolge zwischen einem Angestellten bzw. Beauftragten als Vorteilsnehmer und einem Vorteilsgeber. Die Schlüsselfrage lautet daher, ob § 299 StGB den Missbrauch einer Machtposition innerhalb einer Prinzipal-Agenten-Beziehung im Sinne des Korruptionsmodells voraussetzt. Soll § 299 StGB als „Korruptionsdelikt“ interpretiert werden, so wie es die gesetzgeberische Intention169 und die einhellige Meinung der Strafrechtswissen-

Vgl. Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2193 ff.; Wollschläger, S. 41. Pragal, S. 219. 165 Für eine Kriminalisierung ist Pragal, S. 169. 166 Nach Pragal, S. 117, „ist der Geschäftsinhaber unter keinem denkbaren Gesichtspunkt, erst recht nicht im Rahmen vertraglicher Beziehungen, der ‚Agent‘ eines Anderen“. 167 A.A. Pragal, S. 117; Pragal, ZIS 2006, 63 (72); Bürger, wistra 2003, 130 (135). 168 Pragal, S. 118. 163 164

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schaft170 nahe legt, müssen sich alle Kriterien des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes in § 299 StGB gesetzestechnisch widerspiegeln. Andernfalls ist § 299 StGB kein Korruptionsdelikt, sondern lediglich ein Wettbewerbsdelikt. Dieser Gesichtspunkt wird interessanterweise selbst vom Gesetz erzeugt: Zum einen heißt der 26. Abschnitt „Straftaten gegen den Wettbewerb“ und zum anderen wird § 299 StGB als „Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ betitelt. Das Problem an der Zugrundelegung einer Prinzipal-Agenten-Beziehung im Sinne des Korruptionsmodells stellt folgende überwiegende Ansicht in der Strafrechtswissenschaft dar: § 299 StGB setze keinen Pflichtverstoß des Angestellten bzw. Beauftragten gegenüber dem Betriebsinhaber voraus, sondern nur eine sachwidrige Beeinflussung geschäftlicher Entscheidungen im Wettbewerb durch Tausch von Vorteilen.171 Dieser Ansatz beruht primär auf der Auslegung der Tatbestandsvoraussetzung Bevorzugung „in unlauterer Weise“. Mit dieser Problemstellung ist die dargelegte Schlüsselfrage zum § 299 StGB unmittelbar verbunden: Will man § 299 StGB zum einen als Korruptionsdelikt und zum anderen als Straftat gegen den lauteren Wettbewerb begreifen172, muss die Schnittmenge zwischen dem Phänomen Korruption und den Schutzerwägungen des Wettbewerbsrechts gefunden werden. § 299 StGB erfasst dann als Korruptionsdelikt Straftaten im Wettbewerb. Dieser Vorschlag könnte verschiedene Auslegungsfragen konsequent und folgerichtig lösen: Vom Begriffsverständnisses „unlauter“ über die Frage der Beachtlichkeit der Zustimmung des Betriebsinhabers bis hin zur Problematik der Drittvorteile. Die Lösung besteht darin, dass § 299 StGB die Schnittmenge zwischen (Bekämpfung der) Korruption und (Schutz des) Wettbewerb(s) darstellt. Will man § 299 StGB als Korruptionsdelikt erfassen, so wie es vor allem die gesetzgeberische Intention ist, muss in der Prinzipal-Agenten-Beziehung im Innenverhältnis ein Missbrauch einer Machtposition im Sinne des Korruptionsmodells stattfinden. Die These, § 299 StGB sei ein Korruptionsdelikt, wird im Folgenden untersucht. Aus wettbewerbsrechtlicher Perspektive – und Wettbewerbsschutz bezweckt § 299 StGB primär – ist der Ansicht zuzustimmen, dass § 299 StGB im Hinblick BT-Drs. 13 / 5584, S. 15: „Korruption im geschäftlichen Bereich“. Pragal, S. 1 ff.; Noltensmeier, S. 231; Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (548 f.); Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 1; Hellmann / Beckemper, Rn. 759; Eidam, Rn. 1767, 1863; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 45; Arnim / Heiny / Ittner, S. 2, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 5; Bock, JA 2008, 199 (199); Busch, StV 2009, 291 (292); Satzger, NStZ 2009, 297 (298); Androulakis, S. 57; Schemmel / Hacker, ZRP 2009, 4 (5); Eppner, S. 6; Bernsmann, GA 2009, 296 (296). 171 RGSt 47, 183 (185); RGSt 48, 291 (294 f.); Sinner, HRRS 2008, 327 (328); Pragal, S. 167 f.; Wollschäger, S. 18 f.; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 40, 42 m.w. N.; Pragal, ZIS 2006, 63 (68); Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (446). 172 Heine, ZBJV 2002, 533 (539 ff.), unterscheidet beispielsweise zwischen einem reinen Modell des Schutzes von Pflichten aus dem Anstellungsverhältnisses und einem reinen Wettbewerbsmodell. 169 170

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auf das Merkmal „unlauter“ keinen Pflichtenverstoß des Angestellten oder Beauftragten gegenüber dem Betriebsinhaber voraussetzt.173 Vielmehr bedeutet „unlauter“ aus wettbewerbsrechtlicher Sicht und im Kontext des § 299 StGB, dass die Bevorzugung aus sachwidriger Motivation, d. h. aus sachfremden und insbesondere eigennützigen Gründen, heraus erfolgt174 und dadurch wettbewerbliche Interessen von Marktteilnehmern spürbar beeinträchtigt werden (§ 3 Abs. 1 UWG). Einem Pflichtverstoß gegenüber dem Betriebsinhaber ist das aber nicht gleichzusetzen. Neben diesem wettbewerbsrechtlichen Aspekt stellt § 299 Abs. 1 StGB auf einen Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes als Täter ab. Der Betriebsinhaber selbst ist straflos. Gemäß § 299 Abs. 2 StGB kann lediglich ein Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes bestochen werden. Der Gesetzgeber brachte damit zum Ausdruck, dass Bestechlichkeit nur in einem hierarchischen System möglich sei.175 Insofern spiegelt sich das gesetzgeberische Vorbild der §§ 331 ff. StGB und die parallele Ausgestaltung zu den §§ 331 ff. StGB in § 299 StGB wider. Ähnlich wie der Amtsträger in einer besonderen Pflichtenbeziehung zum Staat steht, ist der Gesetzgeber wohl auch bei § 299 StGB der Intention gefolgt, eine Pflichtenstellung bei der gesetzlichen Begrenzung auf Angestellte und Beauftragte zum Betriebsinhaber einzubeziehen.176 § 299 StGB beruht daher sachgerechter Weise auf dem Verständnis, dass Entscheidungsmacht in einem PrinzipalAgenten-Verhältnis vom Prinzipal (Betriebsinhaber) auf den Agenten delegiert wird.177 Die Entscheidungsfindung des Betriebsinhabers wird gestört und damit der gesamte unternehmerische Entscheidungsprozess, indem der Agent andere Ziele als die des Unternehmens verfolgt.178 Vor allem Bestechlichkeit gemäß § 299 Abs. 1 StGB ist ein „Eingriff in den Wettbewerb von innen über die Entscheidungssphäre des Vertragspartners“.179 Der Betriebsinhaber selbst ist es, der nach seiner ihm zustehenden unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eigenverantwortlich die geschäftliche Linie bestimmt180 (Innenregeln) und das entsprechende geschäftliche Vorgehen an seine Betriebsangehörigen weitergibt. Diese unternehmerische Entscheidungsfreiheit ist aber, wie bereits herausgearbeitet wurde, durch die rechtlichen Rahmenbedingungen des UWG und GWB be-

173 Vgl. nur LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 40. Dass sich hinter dem Merkmal „unlauter“ das Erfordernis der Pflichtwidrigkeit verbirgt, vertreten beispielsweise Jaques, S. 185; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 59. 174 RGSt 47, 183 (185); RGSt 48, 291 (293 ff.); BGHSt 2, 396 (401); Wollschläger, S. 79; M-G / B-Blessing, 53 / 77; LPK-Kindhäuser, § 299 Rn. 8; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 5. 175 Szebrowski, S. 155. 176 Vgl. Jaques, S. 93; Szebrowski, S. 155 ff. 177 Mansdörfer, Rn. 534; Pragal, S. 5 ff. 178 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2197. 179 Mansdörfer, Rn. 535; ähnlich Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (467): die Angriffsform liegt beim Agenten. 180 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 1768 f.

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grenzt. Das Innenverhältnis zwischen Betriebsinhaber und Agent wird von den Vorgaben des UWG und GWB (Außenregeln) determiniert. Nach diesen Vorgaben bemisst sich der Entscheidungsspielraum der Betriebsangehörigen. Diese Feststellung stellt die gemeinte Schnittmenge zwischen Korruption und Wettbewerbsrecht dar: Der Betriebsangehörige geht eine Tauschbeziehung (Vorteil gegen Bevorzugung) mit einem Vorteilsgeber ein und missbraucht als Agent seine Machtposition, nämlich den übertragenen Entscheidungsspielraum gegenüber dem Betriebsinhaber als Prinzipal. Diese These bedeutet allerdings nicht, dass § 299 Abs. 1 StGB die „Pflichtenbeziehung zwischen Angestellten bzw. Beauftragten und Betriebsinhaber“ schützt.181 Es wird die Lauterkeit des Wettbewerbs geschützt.182 Die Ausgestaltung des § 299 StGB sieht jedoch vor, dass eine unlautere Bevorzugung von einem Angestellten oder Beauftragten ausgehen muss183 und damit im Rahmen eines Prinzipal-Agenten-Verhältnisses stattfindet. Will man § 299 StGB als Korruptionsdelikt auslegen, kann der freie Wettbewerb nur in der beschriebenen spezifischen Angriffsform der Korruption geschädigt werden.184 Wenn der Agent entgegen den Vorgaben des Innenverhältnisses Mitbewerber im Wettbewerb bevorzugt und dafür Vorteile erlangt, missbraucht er seine übertragende Machtposition und begeht einen Regelverstoß im Innenverhältnis zum Prinzipal.185 Die Verpflichtung zu adäquatem Verhalten des Betriebsangehörigen gegenüber dem Prinzipal resultiert dabei aus dem Arbeitsverhältnis.186 Obwohl Beauftragte keine Betriebsangehörigen im eigentlichen Sinne sind, wird ihnen regelmäßig durch den Auftrag oder das auftragsähnliche Verhältnis eine besondere Stellung im Unternehmen eingeräumt.187 Im Ergebnis ist zu konstatieren: Soll § 299 StGB angemessener Weise als Korruptionsdelikt interpretiert werden, muss dem Normverständnis eine PrinzipalAgenten-Beziehung zugrunde gelegt werden und der Missbrauch einer übertragenen Machtposition Voraussetzung sein. § 299 StGB ist dann als Zwitterdelikt zwischen Korruptions- und Wettbewerbsdelikt zu verstehen. Die „Natur“ des § 299 StGB liegt demzufolge in der Schnittmenge dieser Erscheinungen.

So aber Szebrowski, S. 170. NK-Dannecker, § 299 Rn. 27; Schmidl, wistra 2006, 286 (288); Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (445); Wollschläger, S. 26. Einen anderen Ansatz wählt Pragal, ZIS 2006, 63 (72 ff.); Pragal, S. 134 ff. 183 Siehe auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (467). 184 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (468); a. A. Pragal, S. 116 ff.; Pragal, ZIS 2006, 63 (72), denn er lehnt bereits die dieser Arbeit zugrunde gelegte Prämisse ab, dass Korruption durch eine Prinzipal-Agenten-Beziehung geprägt ist. 185 Siehe auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (467): Der Agent begibt sich in einen Interessenwiderspruch, indem er sich zwei Parteien verpflichtet: dem Prinzipal und dem Klienten. Der Prinzipal kann sich nicht in einem Interessenwiderspruch begeben, sodass er den lauteren Wettbewerb gar nicht – zumindest nicht im korruptiven Sinne – verletzen kann. 186 Schmidl, wistra 2006, 286 (288). 187 Schmidl, wistra 2006, 286 (288). 181 182

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Entgegen der dieser Arbeit zugrunde liegenden Ansicht vertritt Pragal die Auffassung, dass Korruption, insbesondere im Sinne von § 299 StGB de lege ferenda, außerhalb von Prinzipal-Agenten-Verhältnissen auftreten könne.188 Fehlsteuerungen korruptiver Art seien zwar im Prinzipal-Agenten-Verhältnis typisch, könnten erstens aber auch entstehen, wenn ein Individuum durch einen Vorteil bei einer Entscheidung beeinflusst wird, ohne einem Prinzipal vertraglich verpflichtet zu sein.189 Und zweitens betrifft das Fallkonstellationen, in denen der Betriebsinhaber als Prinzipal selbst Bestechungsgelder annimmt.190 Abgrenzungskriterium zwischen zulässigen Preisnachlässen und unzulässigen Bestechungsgeldern ist nach Pragal, dass der Betriebsinhaber den Vorteil als Betriebseinnahme verbucht und gegebenenfalls versteuert.191 Die Behauptung, dass Korruption außerhalb von Prinzipal-Agenten-Verhältnissen möglich ist, wird nicht weiter begründet. Vielmehr will Pragal mit dieser Behauptung bereits bewiesen haben, dass Korruption außerhalb von PrinzipalAgenten-Verhältnissen möglich ist. Allerdings setzt er diese Behauptung schon als bewiesen voraus, wenn er meint, dass ein Fall der Korruption vorliegt, wenn ein Individuum durch einen Vorteil bei einer Entscheidung beeinflusst wird, ohne einem Prinzipal vertraglich verpflichtet zu sein. Tatsächlich handelt es sich dabei nicht um eine überzeugende Beweisführung, sondern lediglich um eine petitio principii. Zusätzlich überzeugen die Beispiele, die „zur Illustration von Fehlsteuerungen“ außerhalb von Prinzipal-Agenten-Beziehungen dienen sollen, nicht. Es wird nur scheinbar bewiesen, dass es sich um Korruption handelt, wenn Pragal wiederum voraussetzt, was erst noch bewiesen werden müsste, und zur Illustration das Tätigkeitsverb „bestechen“ verwendet. Warum aber Fehlsteuerungen korruptiver Art vorliegen, bleibt offen. Diese Frage bleibt ungeklärt, da eine echte und konsequente Phänomenbetrachtung nicht stattfindet. Dass durch die Existenz des § 108b StGB belegt werden könne, dass Korruption außerhalb von Prinzipal-Agenten-Beziehungen denkbar sei,192 bleibt eine unbewiesene Behauptung. Grundlage der weiteren Untersuchung ist daher das entwickelte Korruptionsmodell.

b) Weitere Auslegungsvorschläge Aus diesen Ergebnissen lassen sich weitere Gesichtspunkte für ein sachgerechtes Verständnis des § 299 StGB, der zwischen Korruption und Wettbewerbsrecht einzuordnen ist, herleiten.

188 189 190 191 192

Pragal, S. 9, 116 ff.; Pragal, ZIS 2006, 63 (67 ff.); Bürger, wistra 2003, 130 (132 f.). Pragal, S. 116. Pragal, S. 117; Bürger, wistra 2003, 130 (132). Pragal, S. 142; Pragal, ZIS 2006, 63 (73). Pragal, ZIS 2006, 63 (72).

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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aa) „Eigennützigkeit“ als Abgrenzungskriterium Um eine sachgemäße Strafbarkeitsbegrenzung des § 299 StGB zu bewirken, ist zwischen Vorteilen für den Betrieb als solchen und Vorteilen egoistischer, eigennütziger Natur zu unterscheiden.193 Schließlich wird der unternehmerische Entscheidungsprozess gestört, wenn der Mitarbeiter andere Ziele als die des Unternehmens verfolgt.194 Dieser Gesichtspunkt spielt für § 299 StGB insoweit eine tragende Rolle, als für die Strafbarkeit nach Absatz 1 die Forderung, das Sich-Versprechen-Lassen oder die Annahme von Drittvorteilen und nach Absatz 1 das Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Drittvorteilen genügt. Der Vorteil muss den Angestellten oder Beauftragten nicht zwangsläufig betreffen. Es werden ebenso Drittvorteile erfasst. Als Dritter kommt daher der Betriebsinhaber bzw. der Betrieb als solcher in Betracht.195 Indem auf egoistische bzw. eigennützige Vorteile abgestellt wird, wird die Schnittmenge zwischen Korruption und unlauterem Wettbewerb präziser verdeutlicht. Darüber hinaus können klare Strafbarkeitsgrenzen gezogen werden. Der Betriebsangehörige ist schließlich regelmäßig arbeits- oder gesellschaftsrechtlich dazu verpflichtet, Vorteile für das eigene Unternehmen zu erzielen. Dem Angestellten oder Beauftragten muss es möglich sein, Vorteile etwa in Form von Rabatten für das Unternehmen und damit den Betriebsinhaber auszuhandeln, ohne zugleich von Strafverfolgung bedroht zu sein.196 Es wäre zudem widersprüchlich, den Betriebsinhaber nicht als Täter einzuordnen, aber als Dritten anzuerkennen.197 Dieselben Erwägungen, die es gebieten, den Betriebsinhaber nicht als Täter in Betracht zu ziehen, sprechen gegen eine strafrechtliche Relevanz von Drittvorteilen an den Betriebsinhaber selbst.198 Es ist für unlauteren Wettbewerb maßgeblich, ob sich die Entscheidung über den Bezug der Ware oder gewerblichen Leistung an sachwidrigen, eigennützigen Erwägungen orientiert.199 Die gleichen Gesichtspunkte betreffen den Vorteilsgeber. Wenn dieser beispielsweise dem Betrieb als solchen Rabatte 193 Vgl. zu § 331 StGB: BGHSt 35, 128 (134); Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 50; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 38; Odenthal, wistra 2005, 170 (172): „persönliches“ Versprechen. 194 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2197. 195 Bürger, wistra 2003, 130 (131); Greeve, Rn. 442; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 26; NKDannecker, § 299 Rn. 41; MK-Diemer / Krick, § 299 Rn. 10; Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3532); a. A. Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 602; Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (394); SSW-Rosenau, § 299 Rn. 21; Odenthal, wistra 2005, 170 (171 f.). 196 Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 26; Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (391); NK-Dannecker, § 299 Rn. 41; vgl. auch Rönnau, StV 2009, 302 (305); Odenthal, wistra 2005, 170 (170); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 601. 197 Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 26 f.; NK-Dannecker, § 299 Rn. 41; vgl. auch Odenthal, wistra 2005, 170 (170); vgl. auch Rönnau, StV 2009, 302 (305). 198 Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (393 f.); NK-Dannecker, § 299 Rn. 53. 199 NK-Dannecker, § 299 Rn. 41; Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (393); Pragal, S. 116, 144.

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gewährt, um konkurrenzfähig zu bleiben und Aufträge zu akquirieren, kann mit dem genannten Abgrenzungsmerkmal wiederum eine sachgerechte Strafbarkeitsgrenze gezogen werden. Im Hinblick auf Vorteile an den Betriebsinhaber selbst ist noch einmal zu differenzieren: Betrifft der Vorteil den Betriebsinhaber persönlich und in eigennütziger Art und Weise, handelt es sich um Drittvorteile i. S. v. § 299 StGB. Soll der Vorteil den Betriebsinhaber allerdings als solchen und mittelbar den Betrieb betreffen, handelt es sich nicht um einen Drittvorteil i. S. v. § 299 StGB. Der Bundesgerichtshof löst die Problematik im Übrigen, indem er fordert, dass der Drittvorteil für den Angestellten oder Beauftragten zumindest mittelbar von Vorteil sein muss.200 Die hier vorgeschlagene Differenzierung erlaubt eine sachgerechte Trennung zwischen gesundem Marktverhalten und Korruption.201 Des Weiteren kann sich diese Unterscheidung als praxistauglich erweisen202, schließlich müssen eigennützige Vorteile den eigentlichen Empfänger erreichen. Dies wird in einer ordentlichen Buchführung immer Lücken hinterlassen. Regelmäßig werden eigennützige Schmiergeldzahlungen in Form von Bargeld übergeben, auf Privatkonten oder über schwarze Konten transferiert. Wenn der gezahlte Rabatt des Vorteilsgebers nicht mehr in der Buchführung zurückverfolgbar ist, sondern auf dubiose Art und Weise nicht mehr vorzufinden ist, kann hierin ein starkes Indiz für eigennützige Vorteile gesehen werden.

bb) Zustimmung des Betriebsinhabers Konträr wird in der Strafrechtswissenschaft die Berücksichtigung der Zustimmung des Betriebsinhabers für die Strafbarkeit des Angestellten bzw. Beauftragten nach § 299 Abs. 1 StGB behandelt. Zustimmung heißt, dass der Angestellte bzw. Beauftragte mit Wissen und Billigung des Betriebsinhabers tätig wird.203 Derartige Fallkonstellationen werden auch unter der Begrifflichkeit „entschleierte Schmiergelder“ thematisiert.204 Anlass zu der Diskussion um die Beachtlichkeit einer Zustimmung gab die Korkengeldentscheidung des Reichsgerichts (RGSt 48, 291), welches Strafbarkeit des Angestellten trotz Zustimmung des Betriebsinhabers annahm. Eine zeitlang galt diese These unwidersprochen.205 Die zu diesem Problemkreis existierenden Ansichten gehen bei der Diskussion entweder von einer rechtfertigenden206 (sog. Einwilligung) oder einer tatbestandsausschließenden Wirkung207 (sog. Einver200 BGH NJW 2006, 925 (927); i.E. zustimmend Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 28. 201 Vgl. auch Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 195 f. 202 Auch BGHSt 48, 44 (46), sieht in „eigennütziger Vereinnahmung […] ein gewichtiges Beweiszeichen“. 203 Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (390). 204 Jaques, S. 95; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 42; Wollschläger, S. 78. 205 So Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 42; Pragal, S. 167. 206 Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 624; NK-Dannecker, § 299 Rn. 80; Pragal, S. 168.

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ständnis) aus. Diese Unterscheidung ist im Hinblick auf die Voraussetzungen einer Rechtfertigung bzw. eines Tatbestandsausschlusses bereits signifikant, obwohl die Unterscheidung zwischen rechtfertigender Einwilligung und tatbestandsausschließendem Einverständnis in der Strafrechtswissenschaft mehr denn je angezweifelt wird.208 Unter Berücksichtigung des Korruptionsmodells liegt grundsätzlich kein Missbrauch der Machtposition des Agenten gegenüber dem Prinzipal im Innenverhältnis vor, wenn der Prinzipal der Entscheidung des Agenten zustimmt.209 Nach dem hier vertretenen Modell reglementieren aber nicht nur Innenregeln, sondern auch Außenregeln das Innenverhältnis. Das bedeutet, dass im Innenverhältnis die Regeln des GWB und UWG Beachtung finden müssen. Die Zustimmung des Prinzipals kann den Missbrauch daher nicht in allen Fällen beseitigen. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht müsste ermittelt werden, ob die Zustimmung des Betriebsinhabers wettbewerbskonform im Sinne des UWG bzw. GWB ist. Schließlich hängt die Beeinträchtigung des Wettbewerbs tatbestandlich nicht vom Willen des Betriebsinhabers ab, sondern von den wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen. Es wird deutlich, dass es sich bei der Zustimmung nur um ein Instrument der Rechtfertigung und nicht des Tatbestandsausschlusses handeln kann. Auf den entgegenstehenden bzw. fehlenden Willen des Betriebsinhabers kommt es allein nicht an.210 Erste Hürde für eine rechtfertigende Wirkung der Zustimmung ist, dass der Betriebsinhaber nicht über den lauteren Wettbewerb disponieren kann.211 Das Gesetz schützt den lauteren Wettbewerb und den ehrbaren, anständigen, d. h. lauteren Wettbewerber vor dem unlauteren Wettbewerber.212 Demzufolge sind das Wissen und die Billigung des Betriebsinhabers irrelevant.213 Da die Auslegung des Merkmals „Unlauterkeit“ nach UWG stattfindet, liegt selbst bei Billigung des Betriebsinhabers ein Verstoß gegen § 1 UWG vor.214 Diejenigen, die sich gegen eine Berücksichtigung der Zustimmung aussprechen, rücken daher den Schutz des Wettbewerbs in den Fokus. Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 155; Szebrowski, S. 195. Roxin, AT / I, § 13 Rn. 11 ff.; Wessels / Beulke, AT, Rn. 363. 209 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (468): kein Interessenwiderspruch; siehe auch Brand / Sperling, ZStW 121 (2009), 281 (314 f.). 210 Roxin, AT / I, § 13 Rn. 5; Wessels / Beulke, AT, Rn. 362. 211 RGSt 48, 291 (295); Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 30; Zöller, GA 2009, 137 (141); Pragal, S. 169 f.; Odenthal, wistra 2005, 170 (171); LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 55; NK-Dannecker, § 299 Rn. 80; a. A. M-G / B-Blessing, 53 / 81; Rengier, FS Tiedemann (2008), 837 (848). 212 NK-Dannecker, § 299 Rn. 80; Sch / Sch-Heine, § 299 Rn. 20; Lackner / Kühl, § 299 Rn. 5; i.E. auch RGSt 48, 291 (296); Bürger, wistra 2003, 130 (134); Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3533); Sommer, Rn. 231. 213 RGSt 48, 291 (296); Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (388); Sommer, Rn. 228. 214 Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 155; Pragal, S. 168; vgl. auch NK-Dannecker, § 299 Rn. 52. 207 208

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Diejenigen, die sich für die Berücksichtigung der Zustimmung äußern, führen den Gedanken des § 331 Abs. 3 StGB heran, wonach die Tat straflos ist, wenn die zuständige Behörde das Sich-Versprechen-Lassen oder die Annahme eines Vorteils genehmigt.215 Obwohl die Genehmigenden wiederum dem Staat untergeordnet sind, wird diesen Dispositionsbefugnis, soweit sie sich im Rahmen ihrer Befugnisse halten, zugebilligt.216 § 331 Abs. 3 StGB gilt als Beispiel, in welchem trotz eigentlich fehlender Dispositionsbefugnis eine Rechtfertigung der Tat stattfinden kann.217 Es ist fraglich, ob ein solcher systematischer Vergleich legitim ist. Erstens ist bereits die Wirkung einer Genehmigung umstritten.218 Zweitens sind die Fälle, die § 331 StGB erfasst, anders gelagert: § 331 StGB wurde vor allem zur Erfassung von Fällen, in denen es um Stimmungs- und Klimapflege geht, geschaffen. Der Anknüpfungspunkt der Unrechtsvereinbarung ist, dass sich der Amtsträger einen Vorteil „für die Dienstausübung“ versprechen lässt oder annimmt. Darüber hinaus kommt es nicht auf die Verletzung einer Dienstpflicht an. Hingegen verlangt § 299 Abs. 1 StGB eine konkretisierte Unrechtsvereinbarung („als Gegenleistung dafür […], dass er einen anderen […] im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge“). § 332 StGB, der ebenfalls auf eine konkretisierte Unrechtsvereinbarung abstellt, sieht keine Genehmigung vor. Ob der Gedanke des § 331 Abs. 3 StGB herangezogen werden kann, ist aus systematischer Sicht zumindest zweifelhaft. Allerdings ist mit Blick auf § 331 Abs. 3 StGB eine analoge Struktur erkennbar: Sowohl den Straftaten im Amt (§§ 331 ff. StGB) als auch den Straftaten im Wettbewerb (§ 299 StGB) liegt eine hierarchische Personalstruktur zugrunde. Wenn daher übergeordnete Amtsträger über die Genehmigungsfähigkeit eines Vorteils in den Grenzen, die § 331 Abs. 3 StGB festlegt, entscheiden dürfen, muss dies im Grundsatz ebenfalls für den Betriebsinhaber gelten. Dieser ist im Gegensatz zu Amtsträgern gerade frei, Vorteile auf Kosten anderer zu suchen.219 Ein weiteres Argument in der Diskussion um die Beachtlichkeit der Zustimmung ist die Straflosigkeit des Betriebsinhabers. Da § 299 Abs. 1 StGB den Betriebsinhaber strafrechtlich nicht erfasst, muss bei einer Billigung seinerseits Straffreiheit die Konsequenz sein, soweit der Betriebsinhaber nicht selbst, sondern für ihn und mit seiner Zustimmung gehandelt wird. Es liegt „straflose Geschäftsinhaberbestechung“ vor.220 Demzufolge gibt es keine vernünftige und sachgerechte Erklärung, warum der Betriebsinhaber straflos bleibt, wenn er Vorteile entgegennimmt, während der Angestellte, der mit Billigung des Betriebsinhabers Vorteile entgegennimmt, strafRengier, FS Tiedemann (2008), 837 (839); Wollschläger, S. 81. Ähnlich Noltensmeier, S. 254. 217 Noltensmeier, S. 253. 218 Dazu LK12-Sowada, § 331 Rn. 104 m.w. N. 219 Siehe Kapitel 3 A. II. 3. a) aa). 220 M-G / B-Blessing, 53 / 81; Fischer § 299 Rn. 11a; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 155; Rönnau, StV 2009, 302 (305); Rengier, FS Tiedemann (2008), 837 (845); Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (386); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 625; Noltensmeier, S. 254; Wollschläger, S. 79 f.; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 42; Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (467). 215 216

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bar ist.221 Straflosigkeit des Betriebsinhabers resultiert aus der besonderen Achtung des Gesetzgebers vor der Vertragsfreiheit: Wenn sich der Betriebsinhaber, wie im Regelfall, seiner Mitarbeiter bedient, wäre die Strafbarkeit dieses Mitarbeiters trotz der Billigung des Betriebsinhabers ein Eingriff in seine Vertragsfreiheit.222 Dass sich allein der Angestellte strafbar macht, wenn dieser in Absprache mit dem Betriebsinhaber Bestechungsgelder entgegennimmt, wäre eine absurde Konsequenz.223 Insbesondere die Möglichkeit der Straflosgestaltung in der Form, dass der Betriebsinhaber den Vorteil sich selbst geben lässt und diesen dann als straflose Innenbestechung an den Angestellten weitergibt, muss einer „Privilegierung von Komödien“ entgegenwirken.224 Der Betriebsinhaber macht sich die Handlung seiner Angestellten demnach zu eigen.225 Das Argument der Straflosigkeit des Betriebsinhabers wiegt schwer. Jedoch ist es nicht unangreifbar. Erstens gilt der Wettbewerbsschutz gemäß § 1 UWG ebenfalls für den Betriebsinhaber. Er kann genauso wettbewerbswidrig handeln und gegen § 1 UWG verstoßen.226 Obwohl der Betriebsinhaber selbst straflos ist, beseitigt eine wettbewerbswidrige Zustimmung des Betriebsinhabers die Strafbarkeit des Angestellten und Beauftragten nicht.227 Es darf bei der Auslegung des § 299 StGB nicht außer Acht gelassen werden, dass § 299 StGB auch ein Wettbewerbsdelikt ist. Wenn wettbewerbswidrig gehandelt wird, kann Strafbarkeit eintreten. Zweitens darf die Strafbarkeit von Angestellten und Beauftragten nicht ausgehebelt werden, nur und gerade weil der Betriebsinhaber tatbestandlich nicht erfasst wird. Drittens wird die Sachwidrigkeit der Entscheidung des Angestellten bzw. Beauftragten aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht durch die Zustimmung beseitigt.228 Der lautere Wettbewerb wird trotzdem beeinträchtigt.229 Die Zustimmung des Betriebsinhabers ist grundsätzlich beachtlich. Diese Erkenntnis basiert auf den Prämissen des Korruptionsmodells. Die Zustimmung des Betriebsinhabers zu korruptiven Handlungen seiner Betriebsangehörigen führt daher im Grundsatz zur Straflosigkeit, da der Betriebsinhaber der Prinzipal und in seinen Betriebsentscheidungen frei ist. Die Grenzen der Wirksamkeit einer Zustim221 Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (386); M-G / B-Blessing, 53 / 81; Noltensmeier, S. 254; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 155. 222 Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 43; siehe auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (468). 223 A / W-Heinrich, § 49 Rn. 57. 224 Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (393); Walther, Jura 2010, 511 (518); Wollschläger, S. 80; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 42. 225 M-G / B-Blessing, 53 / 81. 226 So richtig Pragal, S. 168. 227 Siehe auch Pragal, S. 168. 228 A.A. Szebrowski, S. 195: Die Gefahr, sachwidrige Erwägungen in den Entscheidungsprozess des Agenten einfließen zu lassen, ist ausgeschlossen, wenn der Betriebsinhaber dem Verhalten des Agenten zustimmt. 229 A.A. Wollschläger, S. 80; Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (467 f.).

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mung legen die Wettbewerbsregeln des UWG und GWB fest, die die PrinzipalAgenten-Beziehung determinieren. Maßstab für die Wirksamkeit der Zustimmung ist die Unlauterkeit im wettbewerbsrechtlichen Sinne, d. h. die Beeinträchtigung von Wettbewerbsverhältnissen und die Ausschaltung von Konkurrenz. Es wird wiederum die Zwitterstellung des § 299 StGB zwischen Korruptions- und Wettbewerbsmodell deutlich. Nach dem hier vertretenen Ansatz ist ein zentrales Abgrenzungskriterium für strafrechtsrelevante Vorteile im Sinne von § 299 StGB die persönliche Eigennützigkeit. Die Unwirksamkeit der Zustimmung resultiert vor allem in solchen Fallkonstellationen, in denen es um persönliche und eigennützige Drittvorteile an den Betriebsinhaber selbst oder persönliche und eigennützige Vorteile an den Angestellten bzw. Beauftragten geht. Wenn der Betriebsinhaber von den eigennützigen Motiven seiner Angestellten bzw. Beauftragten positive Kenntnis besitzt oder selbst die Vorteile aus eigennützigen Motiven erhalten will, muss die Zustimmung als unwirksam und unlauter im wettbewerbsrechtlichen Sinne beurteilt werden. In diesen Fallkonstellationen existieren keine Gründe, wonach eine Zustimmung das korruptive Unrecht legitimieren könnte. Die wirksame Zustimmung des Betriebsinhabers führt daher regelmäßig zur Straflosigkeit des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers. Die Sachgerechtigkeit dieser Auslegung verdeutlicht besonders die Perspektive des Extraneus. Erstens ist der Intraneus gar nicht korrumpierbar, wenn der Betriebsinhaber der Annahme von Rabatten zugestimmt hat. Zweitens spricht der Grundgedanke des § 333 Abs. 3 StGB – vorausgesetzt man hält diesen für übertragbar – dafür, dass die Zustimmung des Betriebsinhabers die Strafbarkeit des Vorteilsgebers beseitigt. Die Friktion wird deutlich: Die Zustimmung des Betriebsinhaber zum Fordern etc. persönlicher und eigennütziger Drittvorteile an ihn ist unwirksam und der Angestellte bzw. Beauftragte ist strafbar. Die Lösung, die die Zustimmung des Betriebsinhabers generell für unbeachtlich hält, deckt solche Friktionen nicht auf, da sie gar nicht zu solchen Überlegungen kommt. Eine derartige Lösung müsste allerdings konsequent sein und § 299 StGB lediglich als Wettbewerbsdelikt erfassen. Nur um vermeintlich „billige“ Ergebnisse, die vermeintlich keine Friktionen erzeugen, herzustellen, muss aber nicht auf das Verständnis des § 299 StGB als Korruptionsdelikt verzichtet werden. Der Ausweg aus dieser Friktion könnte darin bestehen, eine § 357 StGB vergleichbare Norm zu schaffen oder Teilnahmestrafbarkeit des Betriebsinhabers zu begründen. Hierbei handelt es sich um einen eigenen Untersuchungsgegenstand, der in Kapitel 6 C. erneut aufgegriffen wird.

c) Entwurf eines zweiten Korruptionsbekämpfungsgesetzes Eine Diskussion um § 299 StGB ist durch einen neuerlichen Gesetzesentwurf entfacht worden. Ein zweites Korruptionsbekämpfungsgesetz (BT-Drs. 16 / 6558,

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S. 5 f.) will § 299 StGB auf strafbedürftige Fälle außerhalb von Wettbewerbslagen durch Einfügen von Absatz 1 Nr. 2 und Absatz 2 Nr. 2 erweitern: (1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen 2. seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen 2. seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

Sinn und Zweck dieser Varianten ist es, Schmiergeldzahlungen zu sanktionieren, die den Kauf bzw. Verkauf der Verletzung von Pflichten der Angestellten und Beauftragten gegenüber dem Unternehmen bezwecken.230 Das bisherige Wettbewerbsmodell würde durch ein „untreuenahes Geschäftsherrenmodell“ ergänzt werden, welches auf eine Pflichtverletzung gegenüber dem Betriebsinhaber abstellt.231 Auf eine Wettbewerbsverzerrung kommt es demzufolge nicht an.232 Nur die Interna des Geschäftsbetriebes sind maßgeblich.233 Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll damit der Schutz der Interessen des Betriebsinhabers an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austauschs von Waren und Dienstleistungen erweitert werden.234 Der Entwurf dient der Umsetzung internationaler-, insbesondere europarechtlicher Vorgaben (Art. 21 des VN-Übereinkommen gegen Korruption vom 31. 10. 2003, Art. 7 und 8 des Strafrechtsübereinkommens des Europarates über Korruption vom 27. 01. 1999 sowie Art. 2 des EU-Rahmenbeschlusses 2003 / 568 / JI vom 22. 07. 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor).235 Diese gesetzliche Neuerung würde das Korruptionsmodell im Grundsatz widerspiegeln. Statt des Tausches Vorteil gegen (wettbewerbswidrige) Bevorzugung würde der Tausch Vorteil gegen Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen Inhalt des Korruptionsvertrages zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber sein. Im Innenverhältnis stellt der Verkauf einer Pflichtverletzung den Missbrauch der Machtposition gegenüber dem Prinzipal dar. Obwohl das Korruptionsmodell Entsprechung in der gesetzlichen Ausgestaltung finden würde, ist der Gesetzentwurf zu BT-Drs. 16 / 6558, S. 13 f. Fischer, § 299 Rn. 1a; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 3; NK / GS-Bannenberg, § 299 Rn. 5; Rönnau, StV 2009, 302 (306); Rönnau / Golombek, ZRP 2007, 193 (193); Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3534); LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 45; Wollschläger, StV 2010, 385 (389). 232 Rönnau / Golombek, ZRP 2007, 193 (193); Rönnau, StV 2009, 302 (306). 233 Lüderssen, FS Tiedemann (2008) (2008), 889 (891). 234 BT-Drs. 16 / 6558, S. 13. 235 BT-Drs. 16 / 6558, S. 1, 9. 230 231

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kritisieren.236 Nur stichpunktartig werden die wichtigsten Kritikpunkte dargestellt. Eine abschließende Analyse soll die Untersuchung nicht leisten. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Gesetzgeber die Kritik aufnehmen wird. Vor allem ist die Bestimmtheit im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB der Neuerung zweifelhaft237: Es wird nicht deutlich, auf welche Pflichten gesetzlich abgestellt wird. Die Pflichten, die ein Betriebsangehöriger gegenüber dem Unternehmen zu erfüllen hat, sind schließlich mannigfaltig. Die neuen Tatbestandsvarianten wären noch viel weiter als der ohnehin schon vielfach auf Verfassungswidrigkeit gescholtene Untreuetatbestand.238 Untreue stellt auf Vermögensbetreuungspflichtverletzungen ab, die bereits als wenig konkretisiert gelten.239 Zusätzlich muss gar keine tatsächliche Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen stattfinden, was die Wortwahl „verletze“ suggeriert. Danach genügt die abstrakte Gefährdung diffuser Interessen, wobei die neuen Tatbestandsvarianten noch nicht einmal eine Besserstellung auf der Seite des Vorteilsgebers verlangen.240 Darüber hinaus ist die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit der gesetzlich zu erfassenden Fallkonstellationen zu bezweifeln.241 Schließlich kennt das deutsche Strafrecht den Untreuetatbestand.242 Die geplante Neuerung ist im Prinzip die Einführung eines versteckten Tatbestandes der versuchten Untreue und würde eine Vor236 Transparency International Deutschland e.V., Positionspapier, S. 1, abrufbar unter: http: //www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Wirtschaft/%C2%A7299%20-%20Posi tionspapier_09-09-30.pdf (Stand 25. 11. 2010), unterstützt hingegen den Gesetzesentwurf und teilt nicht die Auffassung, dass die neue Bestimmung zu rechtsdogmatischen Problemen führen könnte. 237 Rönnau, StV 2009, 302 (307); Zöller, GA 2009, 137 (145 f.); ähnlich Lüderssen, FS Tiedemann (2008) (2008), 889 (897); Hauck, wistra 2010, 255 (257); Wollschläger, StV 2010, 385 (390); i.E. auch BRAK-Stellungnahme-Nr. 2 / 2007, S. 6, 10 abrufbar unter: http: // www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/2007/Stn2.pdf (Stand 07. 12. 2009); BRAK-Stellungnahme-Nr. 39 / 2007, S. 7, abrufbar unter: http: //www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/ 2007/Stn39.pdf (Stand 07. 12. 2009). 238 Noltensmeier, S. 255. Nach der Entscheidung des BVerfG wistra 2010, 380 ff., ist der Untreuetatbestand mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG noch zu vereinbaren (1. Leitsatz, S. 387, Rn. 85). Jedoch ist die Rechtsprechung gehalten, Unklarheiten über den Anwendungsbereich von Strafnormen durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen, sog. Präzisierungsgebot (2. Leitsatz, S. 387, Rn. 81). 239 Rönnau, StV 2011, 753 (754); Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (447). 240 Zöller, GA 2009, 137 (145 f.); Rönnau, StV 2009, 302 (307); ähnlich Hauck, wistra 2010, 255 (257); Lüderssen, FS Tiedemann (2008) (2008), 889 (897); Wollschläger, StV 2010, 385 (390); i.E. auch BRAK-Stellungnahme-Nr. 2 / 2007, S. 6, 10 abrufbar unter: http: // www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/2007/Stn2.pdf (Stand 07. 12. 2009); BRAK-Stellungnahme-Nr. 39 / 2007, S. 7, abrufbar unter: http: //www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/ 2007/Stn39.pdf (Stand 07. 12. 2009). 241 Rönnau, StV 2009, 302 (306); Lüderssen, FS Tiedemann (2008), 889 (897): Gefahr eines uferlos verdächtigenden Kriminalisierungsprozesses. 242 Rönnau, StV 2009, 302 (307); Rönnau / Golombek, ZRP 2007, 193 (194); vgl. auch Zöller, GA 2009, 137 (146).

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verlagerung der Strafbarkeit bedeuten.243 Zudem wäre die versuchte Anstiftung zur „Untreue“ als Angestelltenbestechung strafbar, was in Anbetracht der Straflosigkeit des Versuches von § 266 StGB und vor dem Hintergrund des § 30 Abs. 1 StGB, dass versuchte Anstiftung nur bei Verbrechen strafbar ist, „eklatant wertungswidersprüchlich“ ist.244 Es ist notwendig, sich auf die Subsidiarität des Strafrechts zu besinnen.245 Zivilund arbeitsrechtliche Maßnahmen in Form der Geltendmachung von Herausgabeund Schadensersatzansprüchen sowie fristloser Kündigung sind in derartigen Fallkonstellationen, die die neuen Tatbestandsvarianten erfassen will, ausreichende Instrumentarien.246 Das Strafrecht schützt die Interessen des Betriebsinhabers durch die §§ 263, 266, 246 StGB bereits hinreichend.247

III. Submissionsabsprachen als Straftat gegen den Wettbewerb, § 298 StGB Die dritte Gruppe der Straftatbestände, die auf ihre Einordnung als Korruptionsdelikte zu überprüfen sind, sind die wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen gemäß § 298 StGB. § 298 StGB wurde ebenfalls wie § 299 StGB als Straftat gegen den Wettbewerb mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. 08. 1997 in das Strafgesetzbuch eingefügt.248 Verbindendes Element zwischen § 298 StGB und § 299 StGB ist daher der Schutz des lauteren Wettbewerbs.249 Wettbewerbsbeschränkende Absprachen werden ebenso als „Submissionsabsprachen“250 und § 298 StGB wird als „Ausschreibungsbetrug“251 oder „Submissionsbetrug“252 bezeichnet. Diese Bezeichnungen dürfen allerdings nicht darüber hinweg Lüderssen, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 241 (253). Hauck, wistra 2010, 255 (257); Rönnau / Golombek, ZRP 2007, 193 (195); Lüderssen, FS Tiedemann (2008), 889 (892). 245 Rengier, FS Tiedemann (2008), 837 (842). 246 Zöller, GA 2009, 137 (144 f.); Rönnau, StV 2009, 302 (307); Rönnau / Golombek, ZRP 2007, 193 (194); BRAK-Stellungnahme-Nr. 2 / 2007, S. 6, abrufbar unter: http: //www.brak.de/ seiten/pdf/Stellungnahmen/2007/Stn2.pdf (Stand 07. 12. 2009). 247 BRAK-Stellungnahme-Nr. 2 / 2007, S. 10, abrufbar unter: http: // www.brak.de / seiten / pdf / Stellungnahmen / 2007 / Stn2.pdf (Stand 07. 12. 2009). 248 BT-Drs. 13 / 5584, S. 9; kritisch Küchler, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 61 (63 ff.). 249 Siehe nur LK12-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 1. 250 Vgl. BT-Drs. 13 / 5584, S. 9, 13; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 93; NK-Dannecker, Vor § 298 Rn. 2; Hohmann, NStZ 2001, 566 (566). 251 Dölling, 61. DJT Bd. I, C 95. 252 Otto, wistra 1999, 41 (41); NK / GS-Bannenberg, § 298 Rn. 1; A / W-Heinrich, § 21 Rn. 103; Hohmann, NStZ 2001, 566 (572); Böttger-Nuzinger, Kap. 1 Rn. 205. 243 244

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täuschen, dass § 298 StGB tatbestandsmäßig nicht allein auf eine „Submissionsabsprache“ abstellt. Die bloßen Submissionsabsprachen wurden ursprünglich als Ordnungswidrigkeiten nach §§ 1, 25, 38 Abs. 1 Nr. 1, 8 GWB a. F. sanktioniert.253 Die Sanktionierung als bloße Ordnungswidrigkeit ist nach wie vor gemäß §§ 1, 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB möglich. Strafbarkeit nach § 298 StGB erfordert, dass ein Angebot abgegeben wird, welches auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, und darauf abzielt, den Veranstalter der Ausschreibung zur Annahme eines bestimmten Angebotes zu veranlassen. Die bloße Absprache ist bei § 298 StGB demzufolge nur straflose Vorbereitungshandlung.254 Sinn einer solchen Ausschreibung ist es, dem Veranstalter einen Überblick über die erforderlichen Aufwendungen zu verschaffen255 und den günstigsten Anbieter unter der Bedingung der Fairness im Wettbewerb zu ermitteln.256 Der Gesetzgeber hat sich bei der Ausgestaltung des § 298 StGB vor allem an Ausschreibungen der öffentlichen Hand, speziell im Bausektor257, orientiert258, schließlich ist diese im besonderen Maße an den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden.259 Zweck der Submissionsabsprachen als Form des Wettbewerbsverstoßes (§ 1 GWB) ist es, den freien Wettbewerb auszuschalten, um höhere Preise zu erzielen, die bei Einhaltung des freien und fairen Wettbewerbs nicht zu erzielen wären.260 Inhalt der Absprache können demzufolge Beschränkungen des Angebotsinhaltes, Preis- und / oder Leistungsabsprachen sowie Quoten- und / oder Gebietsabsprachen (sog. Ringabsprachen) sein.261 Wenn sich ein Kreis von Unternehmen bei Ausschreibungen dazu verpflichtet, jeweils zugunsten eines bestimmten Unternehmens keine wettbewerbsgerechten Angebote oder bloße Scheinangebote abzugeben, handelt es sich um sog. Submissionskartelle.262 Submissionskartelle sind regelmäßig auf Wiederholung angelegt263 und beruhen auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit264. BT-Drs. 13 / 5584, S. 9. LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 26; MK-Hohmann, § 298 Rn. 60; Bannenberg, S. 24; Fischer, § 298 Rn. 15; Otto, wistra 1999, 41 (41). 255 BT-Drs. 13 / 5584, S. 12. 256 NK / GS-Bannenberg, § 298 Rn. 6; NK-Dannecker, § 298 Rn. 24; Hohmann, NStZ 2001, 566 (567); MK-Hohmann, § 298 Rn. 38. 257 Vgl. Hohmann, NStZ 2001, 566 (567); LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 42; Eidam, Rn. 2199; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 137 ff., 141; Dannecker, JZ 2005, 49 (49). 258 Hohmann, NStZ 2001, 566 (567); MK-Hohmann, § 298 Rn. 51; Greeve, Rn. 344; SSW-Bosch, § 298 Rn. 5; Greeve, NStZ 2002, 505 (505). 259 Vgl. nur § 7 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung, § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder. 260 BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 9; BT-Drs. 13 / 5584, S. 12 f.; Hohmann, NStZ 2001, 566 (568); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 93; Vogel, FS Tiedemann (2008), 817 (825). 261 Greeve, Rn. 381; LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 39. 262 I / M-Zimmer, § 1 Rn. 258; Hohmann, NStZ 2001, 566 (567). 263 LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 3. 253 254

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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Letzteres bedeutet, dass die Erwartung besteht, der jeweils auf ein Angebot Verzichtende gelangt bei späteren Aufträgen selbst durch entsprechendes Verhalten der anderen Kartellmitglieder zum Geschäftsabschluss und profitiert früher oder später von diesem Scheinwettbewerb.265 Submissionskartelle bezwecken, den Preiswettbewerb außer Kraft zu setzen und das Preisniveau anzuheben.266 Die Kartellmitglieder entscheiden sich innerhalb ihres Kartells dazu, den Wettbewerbsgedanken nach innen hin zu unterlaufen. Da bei Submissionsabsprachen Wettbewerb nur simuliert wird267, beabsichtigt die Schaffung des Straftatbestandes § 298 StGB, dass überhaupt (Ausschreibungs-268)Wettbewerb stattfindet.269 § 298 StGB bezweckt somit die Ausschaltung von Chancenungleichheit im Wettbewerb, die Marktöffnung und den Erhalt des freien Marktzuganges für alle Marktteilnehmer.270 Ein weiterer Grund für die Einführung des § 298 StGB war die unbefriedigende strafrechtliche Handhabung von Submissionsabsprachen als Betrug gemäß § 263 StGB.271 Zwar entschied der Bundesgerichtshof, dass Strafbarkeit wegen Betruges durchaus möglich sei, wenn die Anbieter durch Preisabsprachen und Vorspiegelung von Wettbewerb die Bildung eines Wettbewerbspreises verhindern und der vereinbarte Preis höher als der erzielbare hypothetische Wettbewerbspreis ist.272 Die Strafbarkeit wegen Betruges scheiterte in den meisten Fällen jedoch an der Beweisbarkeit eines Vermögensschadens.273 Darum wurde mit § 298 StGB ein „Sondertatbestand“ geschaffen274, der die entsprechende Strafbarkeitslücke schließen275 und als „Auffangtatbestand“ fungieren276 soll. Der § 298 Abs. 1 StGB verzichtet gänzlich auf den Eintritt eines Vermögensschadens und auf die Vornahme einer Täuschungshandlung.277 Einen im Vorfeld des Betruges liegenden § 264b StGB-E namens „Ausschreibungsbetrug“ als Alternativmodell zu § 298 StGB zu schaffen, der vorrangig Vermögensschutz bezweckt hätte, wurde im Ergebnis abgelehnt.278 Vor allem I / M-Zimmer, § 1 Rn. 258. I / M-Zimmer, § 1 Rn. 258. 266 I / M-Zimmer, § 1 Rn. 258; vgl. auch LK12-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 3. 267 Vogel, FS Tiedemann (2008), 817 (825); Hohmann, NStZ 2001, 566 (568). 268 Kuhlen, FS Lampe (2003), 743 (744). 269 Greeve, Rn. 339; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 70; Bürger, wistra 2003, 130 (130). 270 NK-Dannecker, Vor § 298 Rn. 14. 271 Vgl. nur Dölling, 61. DJT Bd. I, C 94; Eidam, Rn. 2203; NK / GS-Bannenberg, § 298 Rn. 1; NK-Dannecker, Vor § 298 Rn. 2; Kuhlen, FS Lampe (2003), 743 (743). 272 BGHSt 47, 83 (88 f.); BGHSt 38, 186 (191 ff.); zur Kritik Hohmann, NStZ 2001, 566 (569). 273 BT-Drs. 13 / 5584, S. 13; Dölling, 61. DJT Bd. I, C 93. 274 LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 3. 275 Hohmann, NStZ 2001, 566 (571). 276 Otto, wistra 1999, 41 (45). 277 Korte, NStZ 1997, 513 (516); A / W-Heinrich, § 21 Rn. 109, betont die Betrugsähnlichkeit; ablehnend hingegen Bannenberg, S. 22; NK-Dannecker, § 298 Rn. 13; Vogel, FS Tiedemann (2008), 817 (827 f.); Korte, NStZ 1997, 513 (516). 264 265

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Betrug gegenüber und zum Nachteil des Veranstalters gemäß § 263 StGB kann aber nach wie vor neben § 298 StGB einschlägig sein, wenn ein Vermögensschaden beim Veranstalter nachweisbar ist.279 Bereits der gesetzgeberische Hintergrund der Schaffung des § 298 StGB verdeutlicht, dass die Strafvorschrift nicht an typische Korruptionssachverhalte angelehnt ist. § 298 StGB wurde zum einen primär geschaffen, um die Beweisschwierigkeiten des § 263 StGB zu umgehen und zum anderen um eine effektivere Verfolgung sicherzustellen und die präventive Wirkung des Rechts zu verstärken280. Daher ist in den folgenden Abschnitten darzulegen, dass § 298 StGB nicht an typischen Korruptionssachverhalten orientiert war und sich dies in der Ausgestaltung des Tatbestandes widerspiegelt.

1. Täterstrukturen § 298 StGB setzt tatbestandlich voraus, dass bei Ausschreibungen über Waren oder gewerblichen Leistungen281 ein Angebot abgegeben wird, welches auf einer (kartell-282) rechtswidrigen Absprache (insbesondere im Sinne von § 1 GWB283) beruht. Die Abgabe eines Angebotes ist insoweit die Tathandlung.284 Die rechtswidrige Absprache muss darauf abzielen, den Veranstalter der Ausschreibung (Auftraggeber) zur Annahme eines bestimmten Angebotes zu veranlassen. Der Unrechtskern des § 298 StGB ist anders gelagert als bei den §§ 331 ff. StGB oder bei § 299 StGB, der genau wie § 298 StGB den Schutz des lauteren Wettbe-

BT-Drs. 13 / 3353, S. 8; Dölling, ZStW 112 (2000), 335 (348). BR-Drs. 298 / 95 (Beschluss), S. 9 f.; BT-Drs. 13 / 5584, S. 14; Pasewaldt, ZIS 2008, 84 (91); Otto, wistra 1999, 41 (41); Korte, NStZ 1997, 513 (516); Eidam, Rn. 2203; Kuhlen, FS Lampe (2003), 743 (753 f.). 280 BT-Drs. 13 / 5584, S. 9; SSW-Bosch, § 298 Rn. 2; Otto, wistra 1999, 41 (46); kritisch Küchler, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 61 (63 ff.). 281 Ein zweites Korruptionsbekämpfungsgesetz (BT-Drs. 16 / 6558, S. 5) sieht vor, „gewerbliche Leistung“ durch „Dienstleistung“ zu ersetzen. 282 BT-Drs. 13 / 8079, S. 14; MK-Hohmann, § 298 Rn. 76; Fischer, § 298 Rn. 10; Greeve, Rn. 373; NK / GS-Bannenberg, § 298 Rn. 9; NK-Dannecker, § 298 Rn. 48; König, JR 1997, 397 (402); Lackner / Kühl, § 299 Rn. 3; LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 34; Korte, NStZ 1997, 513 (516). 283 BGHSt 49, 201 (205); BeckOK-Momsen, § 298 Rn. 21; NK-Dannecker, § 298 Rn. 45; LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 32 f.; Korte, NStZ 1997, 513 (516); Fischer, § 298 Rn. 10; Kuhlen, FS Lampe (2003), 743 (755); SK-Rudolphi, § 298 Rn. 8; König, JR 1997, 397 (402); Otto, wistra 1999, 41 (41); Hohmann, NStZ 2001, (566) 571; A / W-Heinrich, § 21 Rn. 111; Bannenberg, S. 24; Greeve, Rn. 372; Greeve, NStZ 2002, 505 (508); SSW-Bosch, § 298 Rn. 11; NK-Dannecker, § 298 Rn. 47; Eidam, Rn. 2208; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 151. 284 MK-Hohmann, § 298 Rn. 37; A / W-Heinrich, § 21 Rn. 111; Bannenberg, S. 24; SSWBosch, § 298 Rn. 6; LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 26; NK-Dannecker, § 298 Rn. 20. 278 279

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werbs bezweckt. Insbesondere weist § 298 StGB eine andere (Tatbestands-)Struktur auf. § 298 StGB fehlt bereits die für Korruption charakteristische Tauschbeziehung zwischen einem Vorteilsnehmer und einem Vorteilsgeber im Sinne des Korruptionsmodells. Vielmehr soll der Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebotes bewegt werden, wobei es jedoch nicht darauf ankommt, dass der Veranstalterseite Vorteile zukommen. Es ist nur derjenige strafbar, der ein entsprechendes Angebot abgibt, welches auf einer kartellrechtswidrigen Absprache beruht. Zwar können der Veranstalter der Ausschreibung und ein Kartellmitglied vereinbaren, dass der Auftrag gegen Zahlung eines Schmiergeldes an ein bestimmtes Kartellmitglied vergeben wird285, um damit der getroffenen Submissionsabsprache zum Erfolg zu verhelfen.286 Ob eine solche Absprache zwischen Veranstalter und Mitbewerber kartellrechtswidrig im Sinne von § 1 GWB ist, ist allerdings umstritten. Die Beantwortung dieser Streitfrage ist für die Kernfrage, ob es sich bei § 298 StGB um ein Korruptionsdelikt handelt, von zentraler Bedeutung. 2. „Vertikale Absprachen“ als korruptives Handlungselement? Der vorstehend dargestellten Problematik liegt dabei die Fragestellung zugrunde, ob § 298 StGB nur horizontale oder auch vertikale Absprachen erfasst. Horizontale Absprachen finden zwischen mindestens zwei miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen und vertikale Absprachen zwischen einem Anbieter und einer Person auf der Seite des Veranstalters statt.287 Der Wortlaut des § 298 StGB gibt nicht vor, welche Absprache gemeint ist.288 Da § 298 StGB kartellrechtsakzessorisch289 ausgestaltet wurde, könnte das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) aufschlussreich sein. Bis Juli 2005 enthielt § 1 GWB a. F. die Formulierung „Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen […], die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken, sind verboten“. Daraus resultierte, dass bis dato nur horizontale Absprachen kartellrechtswidrig waren. Seit Juli 2005 enthält § 1 GWB n. F. jedoch nur noch die Formulierung „Vereinbarungen zwischen Unternehmen“. Der Gesetzgeber manifestierte damit im GWB, dass vertikale Absprachen eine vergleichbare wettbewerbsschädigende Tendenz wie horizontale Absprachen haben.290 Diese Gesetzesänderung könnte sich auf § 298 StGB dergestalt auswirken, dass im Wege kartellrechtsakzessorischer Auslegung strafrechtlich nunmehr vertikale Absprachen erfasst werden.291 Rönnau, StV 2009, 302 (302). LK12-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 1. 287 BGHSt 49, 201 (204); MK-Hohmann, § 298 Rn. 78. 288 BGHSt 49, 201 (205). 289 BGHSt 47, 83 (87); LK-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 5; NK-Dannecker, Vor § 298 Rn. 17; kritisch Otto, Jura 2009, 480 (480). 290 SSW-Bosch, § 298 Rn. 9. 285 286

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Vor dem Hintergrund der Argumentation des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 22. 06. 2004, wonach § 298 StGB nur horizontale Absprachen erfasst,292 bleiben Zweifel. Der Bundesgerichtshof argumentierte bei der damaligen Rechtsfindung, dass es Wille des Gesetzgebers sei, mit § 298 StGB nur einen Teilbereich der bisherigen Kartellordnungswidrigkeiten zu kriminalisieren.293 Obwohl vertikale Absprachen daher wettbewerbsrechtlich verboten sind, bedeutet dies für die Auslegung des § 298 StGB nicht zwangsläufig dasselbe. Immerhin können diese Verhaltensweisen durch Bußgeldtatbestände sanktioniert werden.294 Gegen diese Argumentation wird vorgebracht, dass der Gesetzgeber die besondere Strafwürdigkeit gerade solcher Fälle betonte, in denen der Bieter kollusiv mit der Veranstalterseite zusammenarbeitet.295 Ein weiteres gewichtiges Argument des Bundesgerichtshofes ist, dass der strafrechtliche Schutz begrenzt sein muss. Zwar verkennt der Senat nicht, dass der lautere Wettbewerb auch bei vertikalen Absprachen betroffen sein kann, jedoch fehlen den vertikalen Absprachen die für die horizontale Absprachen (insbesondere bei Ringvereinbarungen im Bauwesen) typische, wirtschaftspolitisch gefährliche Tendenz zur Wiederholung, die mit § 298 StGB bekämpft werden soll.296 Des Weiteren findet Preiswettbewerb regelmäßig nur zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen statt.297 Horizontale Absprachen beruhen auf der gegenseitigen Erwartung, den anderen an der Absprache Beteiligten bei künftigen Ausschreibungen Aufträge zu verschaffen. Demgegenüber sind vertikale Absprachen häufig auf einen Einzelfall beschränkt.298 Gegen diese Argumentation existiert der Einwand, dass trotz der geringeren Gefahr der Wiederholung und Ringbildung, teleologisch der Wettbewerbsschutz für die Einbeziehung vertikaler Absprachen spricht.299 Zudem weisen vertikale Absprachen einen engen Regelungs- und Sachzusammenhang mit korruptiven Verhaltensweisen auf.300 Das im Ergebnis überzeugende Argument des Bundesgerichtshofes, nur horizontale Absprachen einzubeziehen, ist, dass der Gesetzgeber Fälle der vertikalen Ab291 So Fischer, § 298 Rn. 9; LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 14; SSW-Bosch, § 298 Rn. 9; MK-Hohmann, § 298 Rn. 84; BeckOK-Momsen, § 298 Rn. 16; Eidam, Rn. 2209; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 151; ablehnend NK / GS-Bannenberg, § 298 Rn. 11; Pasewaldt, ZIS 2008, 84 (87); zweifelnd NK-Dannecker, § 298 Rn. 47c; Otto, Jura 2009, 480. 292 BGHSt 49, 201 (205). 293 BT-Drs. 13 / 5584, S. 12. 294 BGHSt 49, 201 (207). 295 BT-Drs. 13 / 5584, S. 14. Kuhlen, FS Lampe (2003), 743 (756): Die Kollusion zwischen Anbieter und Mitarbeiter schließt dabei die rechtswidrige Absprache lediglich nicht aus. Hingegen bildet sie diese nicht. 296 BGHSt 49, 201 (207); NK-Dannecker, § 298 Rn. 47c. 297 Dannecker, JZ 2005, 49 (51). 298 Dannecker, JZ 2005, 49 (51); NK-Dannecker, § 298 Rn. 47c. 299 LK-Tiedemann, § 298 Rn. 14; a. A. NK-Dannecker, § 298 Rn. 47c. 300 Dannecker, JZ 2005, 49 (50); SSW-Bosch, § 298 Rn. 9.

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sprachen durch § 299 StGB sanktioniert hat.301 Der Unrechtsgehalt vertikaler Absprachen lässt sich nur an § 299 StGB (oder gegebenenfalls an §§ 331 ff. StGB) messen.302 Dieser Argumentation ist zuzustimmen: Lediglich § 299 StGB weist die notwendige Korruptionsstruktur auf, § 298 StGB hingegen nicht. Vertikale Absprachen in der Lesart des § 298 StGB sind nur Erfolg versprechend und überhaupt sinnvoll, wenn Schmiergelder fließen. Wenn die Veranstalterseite mit einem Mitbewerber in einer korruptiven Tauschbeziehung steht und es dem Mitbewerber darauf ankommt, den Auftrag gegen Zahlung eines Schmiergeldes zu erhalten, ist die Tatbestandsstruktur des § 299 StGB oder der §§ 331 ff. StGB tangiert. Intention des schmiergeldzahlenden Mitbewerbers kann die eigene Bevorzugung in einem Wettbewerbsverhältnis zu anderen Marktteilnehmern und die Verdrängung der Konkurrenz sein. Es ist denkbar, dass zu einer horizontalen Absprache eine vertikale Absprache hinzutritt. Preisabsprachen werden häufig erst durch die Bestechung von Mitarbeitern des Auftraggebers (oder auch eines von diesem beauftragten Planungsbüros) ermöglicht.303 Weil es bei Submissionsabsprachen darum geht, dass innerhalb des Submissionskartells ein bestimmtes Kartellmitglied den Auftrag erhält, kann die Zahlung von Schmiergeldern an die Veranstalterseite zum Erfolg führen. Die Kartellmitglieder wollen sich gegenseitig helfen.304 Wer entsprechende Angebote abgibt, ist gemäß § 298 StGB strafbar. Auf die Ernsthaftigkeit des Angebotes kommt es dabei nicht an, da auch Schein- und Deckangebote der Submissionskartelle erfasst werden.305 Es handelt sich um eine typische Fallkonstellation, in der Submissionsabsprachen und Korruption verbunden sind.306 § 298 StGB betrifft tatbestandlich lediglich die Angebotsabgabe, die auf der Absprache des Submissionskartells beruht. Wenn zusätzlich Schmiergelder gegenüber der Veranstalterseite fließen, ist Strafbarkeit nach § 299 StGB oder §§ 331 ff. StGB (sowohl der Veranstalterseite als auch der Bieterseite) in Betracht zu ziehen. Für die erste Fallkonstellation, in der nur vertikale Absprachen stattfinden, gilt Folgendes: Wenn Schmiergeldzahlungen durch einen Mitbewerber an die Veranstalterseite erfolgen, ist ohne Submissionskartell und ohne Absprache innerhalb eines solchen Submissionskartells der Anwendungsbereich des § 298 StGB überhaupt nicht eröffnet, sondern nur der des § 299 StGB oder der §§ 331 ff. StGB. Dies wird anhand von Abbildung 3 deutlich. 301 BGHSt 49, 201 (205); NK / GS-Bannenberg, § 298 Rn. 11; Greeve, Rn. 374; NK-Dannecker, § 298 Rn. 47c. 302 Kuhlen, FS Lampe (2003), 743 (757). 303 Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 51. 304 Rönnau, StV 2009, 302 (302); LK12-Tiedemann, Vor § 298 Rn. 1. 305 LK12-Tiedemann, § 298 Rn. 28; MK-Hohmann, § 298 Rn. 68; NK-Dannecker, § 298 Rn. 40b; Greeve, NStZ 2002, 505 (509); dagegen stellt NK / GS-Bannenberg, § 298 Rn. 13, auf ein ernsthaftes Angebot ab. 306 Greeve, Rn. 340; NK-Dannecker, Vor § 298 Rn. 3, 15; Dölling, ZStW 112 (2000), 335 (348); Vogel, FS Tiedemann (2008), 817 (824); Dannecker, JZ 2005, 49 (50); SSW-Bosch, § 298 Rn. 9; BT-Drs. 13 / 5584, S. 14.

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

Innenverhältnis („Prinzipal-Agenten-Beziehung“)

Missbrauch einer Machtposition Vorteil

Bevorzugung

Extraneus (Klient) = Mitbewerber

sog. vertikale Absprachen im Außenverhältnis („Korruptionsvertrag“)

Intraneus = Agent des Veranstalters

Prinzipal = Veranstalter

Abbildung 3: Erste Fallkonstellation: vertikale Absprachen

Diese Konstellation zeigt, dass § 298 StGB strukturmäßig und inhaltlich nur horizontale Absprachen betrifft. Für die zweite Fallkonstellation, in der sowohl horizontale als auch vertikale Absprachen stattfinden, gilt Gleiches: Die Angebotsabgabe, die auf einer Submissionsabsprache beruht und darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebotes zu veranlassen, ist nach § 298 StGB zu erfassen. Vertikale Absprachen zwischen Bieter und Veranstalter sind nach § 299 StGB zu beurteilen. Das Zusammenspiel von horizontalen und vertikalen Absprachen illustriert Abbildung 4. Nur unter der Bedingung, dass Schmiergeldzahlungen gegenüber dem Veranstalter erfolgen, um den Veranstalter zur Annahme des Angebotes zu bewegen, kann von einer echten Korruptionssituation ausgegangen werden. In diesem Fall ist der für den Veranstalter Agierende als Intraneus und der Angebotsabgebende (Kartellmitglied) als Extraneus zu qualifizieren. Prinzipal ist der Veranstalter. Im Übrigen gelten die Ausführungen zu §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB. § 298 StGB kann nur kontextabhängig als Strafnorm, die ein Korruptionsphänomen erfasst, eingeordnet werden. Submissionsabsprachen sind nicht generell dem Begriff der Korruption zuzuordnen, wie die Anwendung des Korruptionsmodells zeigt. Werden jedoch Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit Submissionsabsprachen getätigt, ist zusätzlich Strafbarkeit wegen § 299 StGB oder §§ 331 ff. StGB in Betracht zu ziehen.

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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Innenverhältnis („Prinzipal-Agenten-Beziehung“)

Vorteil

Angebote i.S.v. § 298 StGB

U1

U2

Bevorzugung

U3 = Extraneus (Klient)

sog. vertikale Absprachen

Missbrauch einer Machtposition

im Außenverhältnis („Korruptionsvertrag“)

Intraneus = Agent des Veranstalters

Prinzipal = Veranstalter

Submissionskartell sog. horizontale Absprachen

Abbildung 4: Zweite Fallkonstellation: vertikale und horizontale Absprachen

IV. Untreue als Straftat gegen das Vermögen, § 266 StGB Die vierte Gruppe der Straftatbestände, die auf ihre Einordnung als Korruptionsdelikte zu untersuchen sind, bildet Untreue gemäß § 266 StGB. Dieser Straftatbestand wird immer wieder in Zusammenhang mit Korruption gebracht.307 Korruptionsfälle wie beispielsweise Siemens / ENEL308, Gebauer / Volkert309 und Siemens / AUB310 führten u. a. zu der Frage, ob die Zahlung von Bestechungsgeldern Strafbarkeit gemäß § 266 StGB auslöst.311 Untreue wird im Rahmen dieser Untersu-

307 BVerfG wistra 2010, 380 (380, Rn. 16); Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 171; Rönnau, StV 2011, 753 (758); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 655; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (889); LK12-Schünemann, § 266 Rn. 1; vgl. auch Bernsmann, GA 2007, 219 (219); Bernsmann, GA 2009, 296 (296); Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (57); Gaßner, in: Arnim, S. 60; Satzger, NStZ 2009, 297 (297); Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8 (10); Noltensmeier, S. 288; Bittmann, wistra 2002, 405 (408); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 4; Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (607), stellt die Frage: „Untreue – ein Korruptionsdelikt?“; ebenso Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (57 ff.), welche dieser These auf S. 76 jedoch eine Absage erteilen; Greeve, Rn. 513; Eidam, Rn. 1904; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (887), verweist auf wirtschaftskorruptive Zusammenhänge, insbesondere bei sog. Kick-back-Konstellationen. 308 BGH NJW 2009, 89 ff. 309 BGH NJW 2010, 92 ff. 310 BGH NJW 2011, 88 ff.; zum „System Siemens-AUB“ Kraatz, wistra 2011, 447 ff. 311 Corsten, HRRS 2011, 247 (247); Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 4 ff.

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

chung nicht allumfassend behandelt. Vielmehr werden zentrale Aspekte hervorgehoben, die die Frage nach Strafbarkeit gemäß § 266 StGB im Rahmen von Korruptionssachverhalten aufwirft.

1. Täterstrukturen und korruptives Handlungselement Untreue ist ein klassisches Vermögensdelikt im engeren Sinne und schützt das individuelle Vermögen des Treugebers und zwar im Sinne der Gesamtheit seiner geldwerten Güter.312 Hingegen wird nicht die bloße Dispositionsbefugnis des Treugebers geschützt.313 Die Tatbestandsstruktur ist entsprechend ausgestaltet. Den Unrechtskern bildet die Herbeiführung eines Vermögensnachteils durch die Verletzung einer Pflicht zur Vermögensbetreuung.314 Untreue stellt somit Vermögensangriffe von innen unter Strafe315 und ist durch ein Vertrauensverhältnis zwischen Täter und Opfer316 gekennzeichnet. Damit kann die Struktur der Untreue bereits festgestellt werden: Erfasst werden Vermögensschäden im Rahmen von Prinzipal-Agenten-Verhältnissen.317 Prinzipal ist ein Treugeber, der sein Vermögen von einem Agenten als Treupflichtigen in einem „Vertragsverhältnis“ betreuen lässt.318 Der Prinzipal delegiert dabei Entscheidungsbefugnisse auf den Agenten.319 Wenn der Agent seine daraus erwachsenden Pflichten zur Vermögensbetreuung verletzt, missbraucht er im Rahmen der Beziehung zum Prinzipal seine Machtposition.

312 BVerfG wistra 2010, 380 (387, Rn. 86); BGH wistra 2010, 445 (447); BGHSt 43, 293 (297); Bittmann, NStZ 2012, 57 (57); Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 9; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (453 f.); Brammsen, wistra 2009, 85 (86); Fischer, § 266 Rn. 2; A / WWeber, § 22 Rn. 1; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (890); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 112; Sch / Sch-Perron, § 266 Rn. 1; LK12-Schünemann, § 266 Rn. 28; Achenbach / Ransiek-Seier V 2 Rn. 10. Zur Kritik Achenbach, FG BGH (2000), 593 (598 ff.). 313 BGH wistra 2010, 445 (447); BGH NJW 1998, 913 (914); Greeve, Rn. 536; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 112. 314 Siehe etwa NK-Kindhäuser, § 266 Rn. 28; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 111; Fischer, § 266 Rn. 6; Brammsen, wistra 2009, 85 (86). 315 Schünemann, NStZ 2005, 473 (474); Szebrowski, S. 10; Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8 (10); Satzger, NStZ 2009, 297 (303); Brammsen, wistra 2009, 85 (88); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (891); BVerfG wistra 2010, 380 (387, Rn. 87); Thomas, FS Riess (2002), 795 (795); Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (472); vgl. auch Saliger, JA 2007, 326 (327); A / W-Weber, § 22 Rn. 1; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 111; Brammsen, wistra 2009, 85 (86 f.); LK12-Schünemann, § 266 Rn. 1. 316 A / W-Weber, § 22 Rn. 6; siehe auch Heine, ZBJV 2002, 533 (545); Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (453 f.). 317 Mansdörfer, Rn. 347; 534. 318 Auch Corsten, wistra 2011, 389 (390), betont die „Pflichtenbeziehung zwischen Vermögensinhaber und Treupflichtigen“. 319 Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (468): „Das maßgebliche Untreueunrecht besteht also darin, dass das Opfer den Täter mit der notwendigen Dispositionsmacht und Entscheidungsmacht ausstattet […]“.

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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Eine punktuelle Strukturgleichheit ist mit Korruption wieder zu erkennen. Die Ausführungen treffen auf das Innenverhältnis zwischen Prinzipal und Intraneus (Agent) zu. Hier endet allerdings bereits die Strukturgleichheit. Auf eine Tauschbeziehung zwischen Intraneus und Extraneus kommt es nicht an. Überhaupt stellt § 266 StGB nicht auf die Person eines Extraneus ab. Mit anderen Worten: Untreue weist nicht die Strukturen von Korruption im Sinne des Prinzipal-Agenten-Klienten-Verhältnisses auf.320 Allerdings kann Untreue im Rahmen von Korruptionstaten im Innenverhältnis zwischen Prinzipal und Intraneus relevant werden, wenn der Intraneus anlässlich der Tauschbeziehung zum Extraneus Vermögensbetreuungspflichten gegenüber dem Prinzipal verletzt und dadurch einen Vermögensnachteil verursacht. Der Extraneus kann ebenfalls wegen Untreue bestraft werden.321 Erstens sind Fallkonstellationen denkbar, in denen sich der Extraneus wegen Beteiligung an der Untreuestraftat des Intraneus schuldig macht. Zweitens sind Fallkonstellationen vorstellbar, in denen der Extraneus wiederum Agent gegenüber einem Prinzipal ist, seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt und dadurch einen Vermögensnachteil verursacht. Untreue kommt beispielsweise in Betracht, wenn sich der Extraneus aus dem Vermögen des Prinzipals bedient, um ein Schmiergeld an den Intraneus zu zahlen, und er das Schmiergeld in den Auftragspreis einrechnet.322 Wenn diesem Schmiergeld ein Auftragszuschlag oder sonstige erwartete Gewinne gegenüberstehen, kann der verursachte Vermögensnachteil jedoch durch einen Vermögensausgleich kompensiert werden.323 Der Zusammenhang zwischen Korruption und Untreue wird deutlich, wenn innerhalb der Prinzipal-Agenten-Beziehung vermögenspflichtwidrige Handlungen hinzukommen. Dass für Korruption und Untreue „der Missbrauch einer Machtposition zur Verschaffung unzulässiger Vorteile kennzeichnend“ ist324, ist hingegen ein Fehlschluss. Untreue stellt auf einen Vermögensnachteil beim Treugeber ab. Im Gegensatz beispielsweise zum Betrug ist eine Bereicherungsabsicht gerade nicht Voraussetzung der Strafbarkeit. Auch objektiv kommt es bei Untreue nicht auf eine Bereicherung des Treupflichtigen an. Der Einsatz von Bestechungsgeldern kann Untreuestrafbarkeit auslösen325, muss es aber nicht zwangsläufig.326 Dabei ist sowohl Untreue des Vorteilsnehmers als 320 Volk, GS Zipf 1999, 419 (421); ähnlich Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (609): Untreue unterläuft die Tatbestandsstrukturen des Korruptionsstrafrechts. 321 Kempf, FS Hamm (2008), 255 (256 ff.); Achenbach / Ransiek-Seier, V 2 Rn. 401; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 655; vgl. auch Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (919 f.); Noltensmeier, S. 288 ff. 322 Kempf, FS Hamm (2008), 255 (257 ff.), 323 Kempf, FS Hamm (2008), 255 (257 ff.); vgl. auch Ransiek, StV 2009, 321 (322). Zur Frage der Kompensation Fischer, § 266 Rn. 115; OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 237 (238). 324 So aber Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 370. 325 Vgl. Weber, FS Seebode (2008), 437 (442); M-G / B-Blessing, 53 / 36; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (919); Niehaus, in: Korruptionsfall Siemens, 21 (21).

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

auch des Vorteilsgebers jeweils zu Lasten entsprechender Treugeber möglich.327 Vor allem wenn Strafbarkeit wegen § 299 StGB oder §§ 331 ff. StGB an einem Tatbestandsmerkmal scheitert und wegen Untreue zu Lasten der Treugeber bestraft wird, ziehen Stimmen in der Strafrechtswissenschaft den Schluss, dass (insbesondere Wirtschafts-)Korruption über § 266 StGB bewältigt328 und von der Justizpraxis als Auffangtatbestand angewendet wird329. Ein Teil der Strafrechtswissenschaft kritisiert daher, dass Untreue im Kampf gegen Korruption nur instrumentalisiert wird.330 Diese Kritik beruht nicht zuletzt auf der „hohen Anpassungsfähigkeit“ des Untreuetatbestandes.331 § 266 StGB passe immer, schließlich ist Untreue die Norm im Wirtschaftsstrafrecht, die ganz unabhängig davon greifen kann, um welche Spezialmaterie es sich handelt. Es braucht lediglich ein Risiko für fremdes Vermögen mit dem Handeln oder Unterlassen einer Person verbunden zu sein.332 Es wird darüber hinaus kritisiert, dass die Grenzen der Untreuestrafbarkeit wegen vager Beschränkungen des Tatbestandes weitgehend im Dunkeln bleiben.333 Nicht zuletzt wegen dieser Kritik hat das Bundesverfassungsgerichts die Anforderungen an Untreuestrafbarkeit verschärft und betont, dass der Tatbestand zwar verfassungsgemäß ist, aber einer restriktiven und präzisierenden Auslegung unterzogen werden muss.334 Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8 (19); M-G / B-Blessing, 53 / 36. Kempf, FS Hamm (2008), 255 (256 ff.); Weber, FS Seebode (2008), 437 (442); Achenbach / Ransiek-Seier, V 2 Rn. 394 ff.; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 655; Kraatz, wistra 2011, 447 (451); vgl. auch Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (919 f.); Noltensmeier, S. 288 ff. 328 Vogel, FS Weber (2004), 395 (406); Perron, GA 2009, 219 (222): „Allzweckwaffe“; Krüger, NStZ 2011, 369 (369); vgl. auch Saliger, HRRS 2006, 10 (15). 329 Rönnau, StV 2011, 753 (754); Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 171; Kraatz, wistra 2011, 447 (451); Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (607); Achenbach, FS Tiedemann (2008), 47 (57); Bernsmann, GA 2009, 296 (297); Safferling, NStZ 2011, 376 (376); Krüger, NStZ 2011, 369 (369); vgl. auch Achenbach, NStZ 2010, 621 (621); Perron, GA 2009, 219 (222): „Lückenfüllerfunktion“. 330 Saliger, HRRS 2006, 10 (15); Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (573); Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (66); Kraatz, wistra 2011, 447 (451); ähnlich Perron, GA 2009, 219 (222); Bernsmann, GA 2009, 296 (304); Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (615): Untreue ist ein Vermögensdelikt und dient nicht zur Sicherung der Einhaltung von Recht und Moral. 331 Bosch / Lange, JZ 2009, 225 (227); Ransiek, ZStW 116 (2004), 634 (634); Hamm, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 44 (51): „Eignung“; Saliger, HRRS 2006, 10 (15); zustimmend Bernsmann, GA 2007, 219 (220); Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 370: „Weitläufigkeit“; Mosiek, HRRS 2009, 565 (566 f.). 332 Ransiek, ZStW 116 (2004), 634 (634); zustimmend Kubiciel, NStZ 2005, 353 (353); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (887 ff.); Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (448); ähnlich Eidam, Rn. 1904; Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 7. 333 Tiedemann, BT, Rn. 3. 334 BVerf wistra 2010, 380 ff.; jedoch ist die Rechtsprechung gehalten, Unklarheiten über den Anwendungsbereich von Strafnormen durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen, sog. Präzisierungsgebot (2. Leitsatz, S. 387, Rn. 81). Dazu beispielsweise Safferling, NStZ 2011, 376 ff.; Krüger, NStZ 2011, 369 ff.; Saliger, NJW 2010, 3195 ff.; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634 (640 ff.); Rönnau, StV 2011, 753 326 327

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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Wie bereits angeführt, setzt Untreue die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht voraus.335 Beurteilungsgrundlagen für eine solche Pflichtverletzung können im Bereich von Schmiergeldzahlungen neben allgemeinen Gesetzen, Richtlinien, Weisungen und vertraglichen Regelungen gegenwärtig insbesondere ComplianceRegeln und konkrete Treuabreden sein.336 Dass der Treupflichtige dabei im Interesse des Treugebers Schmiergeldzahlungen tätigt, um beispielsweise Vorteile für den Treugeber zu erlangen, steht der Pflichtwidrigkeit nicht entgegen.337 Bei Korruptionssachverhalten ist regelmäßig die Missbrauchsalternative wegen der Nichtigkeit der Schmiergeldabrede gemäß §§ 134, 138 BGB ausgeschlossen. Diese Nichtigkeit wird sich in aller Regel auf den abgeschlossenen Folgevertrag übertragen.338 Des Weiteren führt kollusives Zusammenwirken zwischen den Parteien der Schmiergeldabrede zur Nichtigkeit des Folgevertrages. Daher ist im Bereich der Korruption überwiegend die Treubruchsalternative heranzuziehen.339 Auslegungsschwierigkeiten im Hinblick auf die Pflichtwidrigkeit existieren besonders dort, wo dem Treupflichtigen eigene Entscheidungsspielräume mit abstrakt schwer zu bestimmenden Grenzen eingeräumt werden, wie beispielsweise bei § 93 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG.340 Grundsätzlich begründet aber nicht jedes pflichtwidrige Verhalten eine Pflichtverletzung im Untreuesinne, obwohl § 266 StGB stark akzessorisch ausgestaltet ist.341 Dazu zählt beispielsweise die Herausgabepflicht empfangener Schmiergeldzahlungen als bloße Schuldnerpflicht an den Treugeber gemäß §§ 678 Abs. 2, 681 Satz 2, 667 BGB.342 Der Bundesgerichtshof (753 f.); vgl. auch Bittmann, wistra 2011, 343 (343); Theile, ZIS 2011, 616 (621 f.); Saliger, ZIS 2011, 902 ff. 335 Kritisch Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (467): Rechtsprechung und überwiegendes Schrifttum ignorieren den eindeutigen Gesetzeswortlaut „Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen“. 336 Rönnau, StV 2011, 753 (755); SSW-Saliger, § 266 Rn. 31; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (922); Rönnau, FS Tiedemann (2008), 713 (721); Ransiek, StV 2009, 321 (321). Zustimmend hinsichtlich sog. Compliance-Regeln Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (68, 72); Satzger, NStZ 2009, 297 (300); Kempf, FS Hamm 2008, 255 (259); BGHSt 52, 323 (335); kritisch Michalke, StV 2011, 245 (247 ff.); ablehnend hingegen Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (612). An den tangierten Pflichten bemisst sich auch, ob ein Tun oder Unterlassen vorliegt, so Satzger, NStZ 2009, 297 (300). 337 BGH NJW 2009, 89 (91); Niehaus, in: Korruptionsfall Siemens, 21 (25); Corsten, HRRS 2011, 247 (253). 338 Siehe BGH NJW 2006, 925 (930 f.); Bernsmann, StV 2005, 576 (576) m.w. N.; Szebrowski, S. 19 ff. 339 Siehe BGH NJW 2006, 925 (930 f.); Bernsmann, StV 2005, 576 (576) m.w. N.; Szebrowski, S. 19 ff. 340 BVerfG wistra 2010, 380 (389 Rn. 97); Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (451 f.); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (355). 341 BGH NJW 2002, 1585 (1587); Bittmann, NStZ 2012, 57 (58); MK-Dierlamm, § 266 Rn. 154; Brammsen, wistra 2009, 85 (86, 91); Bosch / Lange, JZ 2009, 225 (226 f.); vgl. auch A / W-Weber, § 22 Rn. 11; Bernsmann, GA 2009, 296 (307); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (907); Schüppen, FS Tiedemann (2008), 749 (760); Schünemann, NStZ 2005, 473 (474).

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

hat mittlerweile klargestellt, dass nicht in jedem Verstoß gegen die Rechtsordnung eine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 StGB zu erblicken ist, sondern die verletzte Rechtsnorm wenigstens mittelbar vermögensschützenden Charakter haben muss (sog. Schutzzweckzusammenhang).343 Erst dann liege ein untreuespezifischer Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und geschütztem Vermögen vor.344 Ansonsten könnte jeder Gesetzesverstoß eine pflichtwidrige Handlung gemäß § 266 StGB begründen.345 Die Strafbarkeit nach §§ 331 ff. StGB oder § 299 StGB und die Pflicht zur Unbestechlichkeit begründet daher nicht pauschal eine Pflichtverletzung i. S. v. § 266 StGB.346 Auch die Verletzung von Compliance-Regeln beinhaltet nicht notwendiger Weise einen solchen Schutzzweckzusammenhang, insbesondere wenn es lediglich um die Etablierung einer „guten Unternehmenskultur“ usw. geht.347 Nicht abschließend geklärt ist, ob eine gravierende Pflichtverletzung erforderlich ist.348 Zwischen der Vermögensbetreuungspflicht und der pflichtverletzenden Un342 Siehe nur BGHSt 47, 296 (298); BeckOK-Wittig, § 266 Rn. 36.1; MK-Dierlamm, § 266 Rn. 231; Bernsmann, StV 2005, 576 (577). 343 BGH NJW 2011, 88 (91); zustimmend Saliger, ZIS 2011, 902 (909); BeckOK-Wittig, § 266 Rn. 35, im Hinblick auf die Bemühung um eine Konturierung des Untreuetatbestandes; Achenbach / Ransiek-Seier, V 2 Rn. 207; Corsten, HRRS 2011, 247 (249); Bittmann, NStZ 2012, 57 (58 f.); Rönnau, FS Tiedemann (2008), 713 (722); Rönnau, StV 2009, 246 (247); Knauer, NStZ 2009, 151 (152); Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (612); Bernsmann, StV 2005, 576 (577); Ransiek, ZStW 116 (2004), 634 (673); Bittmann, wistra 2011, 343 (343); Corsten, wistra 2011, 389 (389), fordert, dass die verletzte Verhaltensnorm „gerade“ dem Vermögensschutz dient; skeptisch Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (481). Siehe im Übrigen Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (477 ff.), zu den Grundsätzen der objektiven Zurechnung (rechtliche relevante Gefahr, Pflichtwidrigkeitszusammenhang, Schutzzweckzusammenhang, Unmittelbarkeitszusammenhang) als „Strafrechtsfilter“. 344 BGH NJW 2011, 88 (91); BGH wistra 2011, 301 (304); Corsten, wistra 2011, 389 (389). 345 BGH NJW 2011, 88 (92); Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (73): Untreue würde zu einem Superdelikt avancieren. 346 Corsten, HRRS 2011, 247 (249); Ransiek, StV 2009, 321 (321); Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (73); Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (612); Ransiek, ZStW 116 (2004), 634 (673); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (922); Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (73); Kempf, FS Hamm (2008), 255 (259); Schünemann, NStZ 2006, 196 (198). 347 Michalke, StV 2011, 245 (250). 348 Krause, NStZ 2011, 57 (58 ff.). Ablehnend BGH NJW 2006, 522 (526); Sch / Sch-Perron, § 266 Rn. 19b; befürwortend BGH wistra 2011, 301 (304); BGH NJW 2002, 1585 (1587): „Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich auf Grund einer Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien. Bedeutsam sind dabei: fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen.“; zustimmend Theile, ZIS 2011, 616 (624 ff.); MK-Dierlamm, § 266 Rn. 154 f.; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634 (643); Schünemann, NStZ 2005, 473 (476); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (357); BVerfG wistra 2010, 380 (390 Rn. 111 f.): die Strafbarkeit sei „auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken“, was durch „fallgruppenspezifische Obersatzbildung“ handbar

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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treuetathandlung muss jedenfalls ein innerer Zusammenhang bestehen, d. h. der Treupflichtige muss seine Pflicht zur Vermögensbetreuung zugleich als Vermögensbetreuer in Ausübung seiner internen Machtposition verletzen und nicht nur bei Gelegenheit.349 Das Einverständnis des Treugebers schließt dabei die Pflichtwidrigkeit aus.350 Schwierigkeiten treten bei der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals Vermögensnachteil auf. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht, dass eine eigenständige Ermittlung des Vermögensnachteils stattfinden muss und es keine Verschleifung von Pflichtverletzung und Vermögensnachteil geben darf.351 Der Beurteilung des Vermögensnachteils liegt zunächst eine wirtschaftlich vernünftige und alle bekannten Umstände berücksichtigende Gesamtbetrachtung zugrunde.352 Voraussetzung ist eine Vermögenseinbuße, die sich nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung berechnen lässt. Dabei findet ein Vergleich der Vermögenslage vor und nach der pflichtverletzenden Tathandlung statt.353 Der Vermögensnachteil muss kausal durch die Vermögensbetreuungspflichtverletzung hervorgerufen worden sein („dadurch“).354 Darüber hinaus muss der Vermögensnachteil auf das pflichtwidrige Verhalten zurückzuführen sein, sog. Pflichtwidrigkeitszusammenhang.355 Umstritten und nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob der Vermögensnachteil unmittelbar aus der Pflichtverletzung resultieren muss, sog. Unmittelbarkeitszusammenhang.356 Soweit eine schadensausschließende Kompensation ermittelbar ist, besteht zu machen sei. Dazu Safferling, NStZ 2011, 376 (377 f.); Schünemann, NStZ 2006, 196 (197 ff.); Saliger, HRRS 2006, 10 (19) m.w. N. 349 BGH NJW 1988, 2483 (2485); BGHSt 47, 295 (297); BGH NJW 1992, 250 (251); SSW-Saliger, § 266 Rn. 37; NK-Kindhäuser, § 266 Rn. 61 f.; Lackner / Kühl, § 266 Rn. 15; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 113; Rönnau, JuS 2003, 232 (233). „Sachlich-inhaltlicher Zusammenhang“: BeckOK-Wittig, § 266 Rn. 35; MK-Dierlamm, § 266 Rn. 162. „Funktionaler Zusammenhang“: Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (473); Saliger, JA 2007, 326 (328); Saliger, HRRS 2006, 10 (18); LG Düsseldorf NJW 2004, 3275 (3281); Sch / Sch-Perron, § 266 Rn. 23; Kubiciel, NStZ 2005, 353 (355); Brammsen, wistra 2009, 85 (87). 350 Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 665; Greeve, Rn. 527; Fischer, § 266 Rn. 90; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 114; Niehaus, in: Korruptionsfall Siemens, 21 (30 ff.). 351 BVerfG wistra 2010, 380 (395); Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (585); Schünemann, NStZ 2005, 473 (475); Achenbach / Ransiek-Seier, V 2 Rn. 173 ff. 352 BGH NJW 1975, 1234 (1235). 353 BGHSt 43, 293 (298); Sch / Sch-Perron, § 266 Rn. 39 f. 354 Achenbach / Ransiek-Seier, V 2 Rn. 202. 355 BGHSt 46, 30 (34); Bittmann, NStZ 2012, 57 (58); Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (480); Sch / Sch-Perron, § 266 Rn. 39 m.w. N.; Saliger, HRRS 2006, 10 (22); NK-Kindhäuser, § 266 Rn. 99; Achenbach / Ransiek-Seier, V 2 Rn. 204. Zur Frage, ob Untreuestrafbarkeit durch die Verursachung straf- und bußgeldrechtlicher Sanktionen gegen den Vermögensinhaber in Betracht zu ziehen ist, Weber, FS Seebode (2008), 437 ff. 356 Gegen einen Unmittelbarkeitszusammenhang: OLG Hamm NJW 1982, 190 (192); BGH wistra 2011, 301 (306); zustimmend Bittmann, wistra 2011, 343 (344); Bittmann, NStZ 2012, 57 (61), es gilt: „Je mehr Zwischenschritte eintreten müssen, um ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen, desto unsicherer fällt die Beurteilung [der Prognose] aus“. Für einen Unmit-

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

kein Vermögensnachteil. Die vage Aussicht auf Vermögensmehrung oder auf Befreiung von einer Verbindlichkeit genügt allerdings ebenso wenig für eine Schadenskompensation wie bloße Hoffnungen oder ungewisse Chancen.357 Das setzt voraus, dass durch die Tathandlung in engem zeitlichen Zusammenhang und unmittelbar ein die Vermögenseinbuße aufwiegender Vermögenszuwachs resultiert.358 Unmittelbarkeit bedeutet, dass keine weitere, selbstständige Handlung hinzutreten darf, die zu einem kompensationsfähigen Vermögenszuwachs führt.359 An einem solchen Unmittelbarkeitszusammenhang kann es aber mangeln, wenn wegen eines Verfalls gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB die Vorteile nicht mehr zur Schadenskompensation herangezogen werden können.360 Darüber hinaus ergibt sich die Frage der Schadenskompensation, wenn durch die Zahlung von Bestechungsgeldern gewinnbringende Aufträge akquiriert werden konnten.361 Bei der Schadensfeststellung ist dabei die Prüfung erforderlich, ob das verbotene Korruptionsgeschäft wirtschaftlich betrachtet nachteilhaft ist.362 Es bleibt festzuhalten, dass nicht jede Schmiergeldzahlung zwangsläufig und automatisch zu einem Vermögensnachteil führt.363

2. Fallgruppen der Untreue im Korruptionskontext Im Folgenden sind besonders zwei Fallgruppen von Interesse, in denen Untreue im Rahmen von Korruptionssachverhalten strafrechtlich relevant wird: die sog. „Kick-backs“ und die sog. „Schwarzen Kassen“.364 telbarkeitszusammenhang: BGH StV 2009, 687 (688); zustimmend Corsten, wistra 2011, 389 (390); Rönnau, StV 2011, 753 (761); Achenbach / Ransiek-Seier, V 2 Rn. 211 ff.; Kraatz, ZStW 123 (2011), 447 (482); Mosiek, HRRS 2009, 565 (566 f.). 357 BGH NJW 2011, 88 (93); BGH NStZ-RR 2002, 237 (238); BGH NJW 1983, 1807 (1808); HansOLG Bremen NStZ 1989, 228 (229); OLG Stuttgart NJW 1999, 1564 (1566); Fischer, § 266 Rn. 116; Thomas, FS Riess (2002), 795 (807). 358 BGHSt 40, 287 (295); BGHSt 43, 296 (298); BGHSt 47, 296 (302); BGH NStZ 1997, 543 (543); BGH NStZ-RR 2002, 237 (238); BGH NJW 2011, 88 (93); BGH wistra 2010, 445 (447); Saliger, ZIS 2011, 902 (909); Fischer, StraFo 2008, 269 (270); Fischer, § 266 Rn. 166; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 124; Thomas, FS Riess (2002), 795 (807); Sch / SchPerron, § 266 Rn. 41. 359 BGH NJW 2011, 88 (93); Corsten, HRRS 2011, 247 (252); Saliger, ZIS 2011, 902 (909); Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (574). Hiergegen Bittmann, NStZ 2012, 57 (61): Es kommt nicht darauf an, ob die vermögensrelevanten Folgen unmittelbar oder mittelbar eintreten. 360 Dazu Corsten, HRRS 2011, 247 (252). 361 Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 173; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 197 f. 362 BVerfG wistra 2010, 380 (391 Rn. 115). 363 BGH NJW 2001, 2102 (2105); Greeve, Rn. 534; NK-Kindhäuser, § 266 Rn. 113. 364 Szebrowski, S. 1 ff.; Perron, GA 2009, 219 (222); Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 171; Bernsmann, StV 2005, 576 (576); Rönnau, FS Kohlmann (2003), 239 (239); Vogel,

A. Prüfung bestimmter Straftatbestände auf korruptive Strukturen

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a) „Kick-backs“ Ein exakt definierter terminus technicus von „Kick-back“ existiert nicht.365 Phänomenologisch liegt ein Hin- und Rückfluss von Geldbeträgen zwischen Intraneus (Vorteilsnehmer) und Extraneus (Vorteilsgeber) zugrunde, welchem eine Rückflussbzw. Rückvergütungsvereinbarung vorausgeht.366 Es handelt sich um Sachverhalte, bei denen verdeckt gezahlte Provisionen bzw. Schmiergelder als Vergütung im Rahmen von Geschäftsbeziehungen durch den Extraneus bzw. seinem Prinzipal empfangen werden.367 Diese Provisionen bzw. Schmiergelder werden letztlich durch den Prinzipal des Intraneus finanziert, da der Auftrags- oder Kaufpreis durch diese Beträge erhöht wird. Der Extraneus leitet die Provision bzw. das Schmiergeld an den Intraneus weiter. Intraneus und Extraneus können sich zum einen wegen §§ 331 ff. StGB oder § 299 StGB strafbar machen. Zum anderen sind „Kick-backs“ aber auch untreuerelevant, weil die Schmiergelder vom Prinzipal des Intraneus finanziert werden.368 Von besonderem Interesse sind daher die Handlungen des Intraneus.369 In der Rechtsprechung, bekanntestes Beispiel ist der Kölner Müllskandal370, haben sich folgende Gesichtspunkte zur Untreuestrafbarkeit des Intraneus herausgebildet: Ein treupflichtiger Intraneus kann sich der Untreue strafbar machen, wenn zum einen der Extraneus bereit war, die Leistung um ein die Schmiergeldzahlung reduziertes Entgelt zu erbringen und zum anderen der Intraneus die konkrete und sichere Möglichkeit vereitelt oder unterlässt, einen vorteilhafteren Vertragsschluss zugunsten des betreuten Vermögens zustande kommen zu lassen.371 Der Intraneus verursacht regelmäßig mit der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen bei seinem Treugeber einen Vermögensnachteil in Form eines prozentualen Preisaufschlags.

FS Weber (2004), 395 (406); Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 191; Rönnau, JuS 2003, 232 (233); Bernsmann, GA 2007, 219 (233); Noltensmeier, S. 290 f.; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 121; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 663; Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 171; siehe auch BGHSt 47, 296 (299). 365 Rönnau, FS Kohlmann, 239 (240); ausführlich Szebrowski, S. 1 ff. 366 Szebrowski, S. 1; Rönnau, FS Kohlmann, 239 (240); Bernsmann, GA 2007, 219 (233); vgl. auch Klengel / Rübenstahl, HRRS 2007, 52 (61). 367 Eidam, Rn. 1916; Bernsmann, StV 2005, 576 (576); Szebrowski, S. 1 f.; Rönnau, FS Kohlmann, 239 (239); Klengel / Rübenstahl, HRRS 2007, 52 (61); Greeve, Rn. 524; MKDierlamm, § 266 Rn. 231. 368 Szebrowski, S. 1 ff.; Rönnau, FS Kohlmann, 239 (241); Bernsmann, StV 2005, 576 (576); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (919); Eidam, Rn. 1916; MK-Dierlamm, § 266 Rn. 231; Saliger, NJW 2006, 3377 (3377); Greeve, Rn. 524; Bernsmann, GA 2007, 219 (233). 369 Zur Strafbarkeit des Extraneus wegen Untreue Kempf, FS Hamm (2008), 255 (259 ff.). 370 BGH NJW 2006, 925 ff. 371 BGH NJW 1983, 1807 (1809); BGH NStZ 2003, 540 (541); BGH NJW 2006, 925 (931); BGH NJW 2006, 3290 (3297); Fischer, § 266 Rn. 116; MK-Dierlamm, § 266 Rn. 231; BGH wistra 2006, 386 (389); Szebrowski, S. 26 ff.

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Mindestens der Betrag, den der Extraneus für Schmiergelder aufwendet und der deren Finanzierung dient, hätte auch in Form eines Preisnachlasses dem Treugeber des Intraneus gewährt werden können.372 Gerade wenn sich Schmiergeldzahlungen nur als Durchlaufposten darstellen, liegt diese Annahme nah.373 Die Schmiergeldzahlungen sind bei den „Kick-backs“ regelmäßig als bloße Durchlaufposten anzusehen, da diese sogleich an den eigentlichen Schmiergeldempfänger weitergeleitet werden.374 b) „Schwarze Kassen“ Die zweite Fallgruppe, in der Untreue im Rahmen eines Korruptionsgeschehens relevant wird, sind „Schwarze Kassen“. Diese werden häufig für korruptive Praktiken gebildet und geführt.375 Es geht um Fallkonstellationen, in denen Geldmittel des Treugebers dem gewöhnlichen Geldkreislauf entzogen und außerhalb dieses Kreislaufes liegenden Konten zugeführt werden.376 Der Begriff der „Schwärze“ kann zum einen darauf zurückgeführt werden, dass gegen gesetzliche Buchfüh-

372 BGH NJW 2006, 925 (931); BGH NJW 2001, 2102 (2105); i.E. zustimmend Saliger, NJW 2006, 3377 (3377). Kritisch zu dieser Argumentation Bernsmann, StV 2005, 576 (578), und GA 2007, 219 (236), wonach es von Anfang an an einer möglichen, legalen Preisreduzierung fehle und vom Treupflichtigen nicht der Abschluss wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden könne. Zustimmend Schünemann, NStZ 2006, 196 (201), dahingehend: „wenn der Abschluss zum niedrigeren Preis rechtlich nicht zulässig gewesen wäre – wie Bernsmann geltend gemacht hat –, hätte insoweit auch keine vermögenswerte Anwartschaft bestehen können“. Schünemann, NStZ 2006, 196 (201), bestreitet aber die Prämisse Bernsmanns, „dass der Abschluss mit dem Unternehmen, welches das Schmiergeld versprochen hatte, zu einem um das Schmiergeld verminderten Entgelt und unter dessen Eliminierung ebenfalls gemäß § 134, BGB § 138 BGB sittenwidrig und deshalb nichtig gewesen wäre“. Es gehöre vielmehr zum guten Recht des Auftraggebers, von dem Auftragnehmer eine möglichst günstige Preisgestaltung zu verlangen. Ablehnend auch Saliger, NJW 2006, 3377 (3378): Für die Untreuestrafbarkeit sei allein das tatsächliche Verhalten von Schmiergeldabrede und schmiergeldüberhöhtem Vertragsschluss entscheidend. Insoweit treffe es nicht zu, dass der Geschäftsführer der Auftraggebergesellschaft keine Möglichkeit der „legalen Preisreduzierung“ besessen habe. Die Pflicht des Treupflichtigen gehe dahin, sich auf schmiergeldbedingte Vergabemanipulationen und Vertragsschlüsse erst gar nicht einzulassen. Anderenfalls entstehe für besonders schwere Pflichtverletzungen ein untreuefreier und privilegierter Raum. Bernsmann, GA 2007, 219 (233 ff.): Für die Geberseite stehen oftmals „strategische Fernziele im Vordergrund, die einen Preisnachlass statt Provision nicht in Frage kommen lassen“. Für den Geber spiele es daher häufig keine Rolle, wer „belohnt“ wird, das Unternehmen durch Preisnachlass oder der Geschäftsführer durch Schmiergeld. 373 BGH NJW 2006, 925 (931); BGH wistra 2006, 386 (389); zustimmend Saliger, NJW 2006, 3377 (3378). 374 Fischer, § 266 Rn. 119. 375 Satzger, NStZ 2009, 297 (298); Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8 (10); Vogel, FS Weber (2004), 395 (408); Fischer, § 266 Rn. 130 ff.; Bernsmann, GA 2007, 219 (232); Bernsmann, GA 2009, 296 (308). 376 MK-Dierlamm, § 266 Rn. 211.

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rungs- und Rechnungslegungspflichten (§ 239 HGB) verstoßen wird, und zum anderen darauf, dass ein Bestand von Geldern des Treugebers unter Verletzung von Pflichten (vor allem der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns i. S. v. § 43 Abs. 1 GmbHG oder § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG377) gebildet und verheimlicht wird, um nach Maßgabe eigener Zwecksetzung darüber zu verfügen.378 „Schwarze Kassen“ können aus mehreren Gründen errichtet werden: Erstens um für Schmiergeldzahlungen vorbehalten und erst später verwendet zu werden.379 Zweitens um Schmiergeldzahlungen beispielsweise zur Erlangung von Aufträgen abzuwickeln380, d. h. die „Schwarze Kasse“ wird konkret zum Transfer des Geldes verwendet. Drittens um bereits empfangene Schmiergelder heimlich zu verwalten.381 Im ersten Fall stellen die Bildung und Unterhaltung „Schwarzer Kassen“ typische Korruptionsvorbereitungshandlungen dar, da sie sich im Vorfeld korruptiver Handlungen abspielen.382 Eine Tauschbeziehung im Sinne des Korruptionsmodells wurde in dieser Konstellation entweder noch gar nicht angebahnt oder aber noch nicht konkretisiert. Untreue tritt dann als die Korruption „vorbereitendes Delikt“ in Erscheinung.383 Untreuehandlungen können daher die Basis für die Zahlung von Bestechungsgeldern bilden.384 Untreue kann wegen der Vielgestaltigkeit von Korruptionsgeschehnissen dogmatisch aber nicht per se als „Korruptionsvorfelddelikt“385 eingeordnet werden. Dies wird durch den zweiten und den dritten Grund für die Errichtung „Schwarzer Kassen“ deutlich. Im zweiten Fall dienen die „SchwarBGH NJW 2010, 3458 (3460). BGH NJW 2010, 3458 (3460); Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (67); Satzger, NStZ 2009, 297 (298); Schünemann, StraFo 2010, 1 (4 f.); Bernsmann, GA 2007, 219 (231); Bernsmann, GA 2009, 296 (300); Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8 (17), verneint einen solchen Fall der „schwarzen Kasse“ bei der Siemens-AG, da diese nicht Inhaberin der von den Angeklagten verwalteten Gelder sei. Nach Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (67), ist ein mit Billigung oder im Auftrag des Geschäftsherrn geführtes Konto keine „schwarze Kasse“. Sie bezeichnen derartige Kassen als sog. Schattenkassen; vgl. auch BGHSt 52, 323 (336); grundsätzlich zustimmend Satzger, NStZ 2009, 297 (298). 379 Eidam, Rn. 1926. 380 Rönnau, FS Tiedemann (2008), 713 (713); Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8 (10); Kempf, FS Hamm 2008, 255 (262). Begriff „Schmiergeld-Kasse“: Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8 (10); Rönnau, StV 2009, 246 (246). Begriff „verdeckte Kasse“: BGHSt 52, 323 (336). 381 Eidam, Rn. 1926. 382 Satzger, NStZ 2009, 297 (298); ähnlich Ransiek, NJW 2009, 95 (95); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 122: „Sprungbrett für die Zahlung von Bestechungsgeldern“; Satzger, NStZ 2009, 297 (306): schlicht korruptionsnahes Verhalten. 383 Busch, StV 2009, 291 (293). 384 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 110; BGH NJW 2003, 2996 (2996): „Der Angekl. war Gesellschafter der A-GmbH & Co. KG und der G-GmbH. In beiden Unternehmen veranlasste er den Abfluss von Geldern (insg. mehr als 5,5 Mio. DM) durch Bezahlung von Scheinrechnungen der Firma I. Das dann durch Bezahlung eigener fingierter Gegenrechnungen gewonnene Schwarzgeld setzte er für Schmiergeldzahlungen an die gesondert abgeurteilten früheren Mitangekl. Prof. Dr. M und H ein.“. 385 Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (66). 377 378

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zen Kassen“ dazu, die Tauschbeziehung abzuwickeln und um den Vorteil zum Vorteilsnehmer zu transferieren. Im dritten Fall, empfangene Schmiergelder werden verwaltet, sind korruptive Vorgänge bereits, und wenn auch nur vorübergehend, abgeschlossen. Der Tausch ist erfolgt. Anknüpfungspunkte für die Strafbarkeit gemäß § 266 StGB können sowohl die Bildung, Unterhaltung, spätere Verwendung und das Unterlassen der Offenbarung gegenüber dem Treugeber386 sein.387 Die Pflichtverletzung kann sich beispielsweise aus Buch- und Bilanzierungsvorschriften ergeben388 oder aus ComplianceRegeln389, soweit diese Vorschriften und Regeln zumindest mittelbar vermögensschützenden Charakter aufweisen (Schutzzweckzusammenhang)390. Bei der Bewertung der Untreuestrafbarkeit ist es notwendig zwischen öffentlichen und privaten „Schwarzen Kassen“ zu differenzieren, schließlich gelten in diesen Bereichen unterschiedliche Anforderungen und Pflichten.391 Im öffentlichen Bereich gilt hinsichtlich des Einsatzes öffentlicher Mittel insbesondere das Prinzip der strengen Zweckbindung, sodass haushaltsrechtliche Bindungen maßgeblich sind.392 In der Privatwirtschaft steht hingegen das Prinzip der Gewinnmaximierung im Vordergrund.393 Als schwierig erweist sich die Begründung des Vermögensnachteils. Zunächst wurde der Vermögensnachteil bei „Schwarzen Kassen“ mittels der sog. schadensgleichen Vermögensgefährdung (sog. Gefährdungsschaden) begründet. Diese Figur setzt eine gegenwärtige Minderung des Gesamtvermögenswertes durch die naheliegende und konkrete Gefahr des endgültigen Verlustes eines Vermögensteils voraus.394 Die Vermögensgefährdung ist konkret, wenn sie unmittelbar in den Schaden Zuletzt BGHSt 52, 323 (334). Rönnau, FS Tiedemann (2008), 713 (714); Satzger, NStZ 2009, 297 (301); Ransiek, NJW 2009, 95 (95 f.); Dölling / Möhrenschlager, Rn. 125. 388 Rönnau, FS Tiedemann (2008), 713 (736); Satzger, NStZ 2009, 297 (300); Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (68). 389 BGHSt 52, 323 (335); Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (68); ablehnend Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (612). 390 BGH NJW 2010, 3458 (3460). 391 Fischer, § 266 Rn. 131 f.; Rönnau, FS Tiedemann (2008), 713 (714); Schlösser, HRRS 2009, 19 (23); Schünemann, StraFo 2010, 1 (5); Bernsmann, GA 2007, 219 (231); Sch / SchPerron, § 266 Rn. 45c. 392 BGH NStZ 1984, 549 (550); BGHSt 40, 287 (294 f.); BGHSt 43, 293 (296 ff.); BGHSt 51, 100 (111 ff.); Bernsmann, GA 2007, 219 (231); Rönnau, FS Tiedemann (2008), 713 (734); Schlösser, HRRS 2009, 19 (23); Eidam, Rn. 1927; Schünemann, StraFo 2010, 1 (5); Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (593). In solchen Fallkonstellationen liegt regelmäßig „Haushaltsuntreue“ bzw. „Amtsuntreue“ vor: Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 2, 110; M-G / BSchmid, § 32 Rn. 1; Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (591); Noltensmeier, S. 296 ff.; Schünemann, StraFo 2010, 1 (5); Eidam, Rn. 164. 393 Schlösser, HRRS 2009, 19 (23); vgl. auch Bernsmann, GA 2007, 219 (232). 394 BGHSt 44, 376 (384); BGHSt 48, 354 (356); BGHSt 51, 100 (113); BGH NJW 2008, 2451 (2451); kritisch: Saliger, HRRS 2006, 10 (12 f.); Bernsmann, GA 2007, 219 (221 ff.); 386 387

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umschlagen kann.395 Dass sich die Rechtsprechung dieser Schadensfigur396 bedient, wird kritisiert, da durch die Heranziehung einer Vermögensgefährdung die „Grenze zwischen Strafbarkeit und Straflosigkeit“397 verschoben wird. Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt beschlossen, dass sich diese Figur (noch) im zulässigen Rahmen hält, aber angesichts der Untreueausgestaltung als Verletzungsdelikt und der Straflosigkeit des Versuches Grenzen zu ziehen sind, um einer Vorverlagerung und Ausdehnung der Strafbarkeit entgegenzuwirken.398 Mit dem sog. Siemens-Urteil hat aber eine Abkehr vom Konzept des Gefährdungsschadens in Fällen der Errichtung „schwarzer Kassen“ stattgefunden.399 Bis zu diesem Urteil war ein Vermögensnachteil in Form des Gefährdungsschadens gegeben, wenn durch das Einrichten bzw. Halten einer schwarzen Kasse dem Treupflichtigen oder einem Dritten die Möglichkeit eingeräumt wurde, nach seinem Gutdünken eigenmächtig und unkontrolliert über die Mittel zu verfügen, diese zeitweise als geheimen, keiner Zweckbindung unterliegenden Dispositionsfonds zu nutzen und sie je nach Bedarf für künftig erst noch zu bestimmende Zwecke zu entnehmen.400 Nach dieser Rechtsprechung mindert die Entziehung von Vermögenswerten den objektiven wirtschaftlichen Wert der Forderungen.401 Im Siemens-Urteil und fortgesetzt im Fall Trienekens wird hingegen nunmehr ein endgültiger Vermögensschaden angenommen.402 Diese Wertung wird folgendermaßen begründet: Das Geldvermögen wird in einer schwarzen Kasse geführt und auf Dauer vorenthalten, wodurch dieses dem Treugeber endgültig entzogen wird. Ein Zugriff auf die Vermögenswerte ist dem Treuegeber nicht möglich, da ihm die Kasse unbekannt ist.403 Dass der Treupflichtige die Absicht hat, letztlich einen Vermögensvorteil hervorzurufen, schließt den Eintritt eines Vermögensnachteils nicht Schünemann, NStZ 2008, 430 (430 ff.); Rönnau, FS Tiedemann (2008), 713 (728 ff.); Fischer, § 266 Rn. 150; Brammsen, wistra 2009, 85 (89); Perron, FS Tiedemann (2008), 737 (740 ff.). 395 Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (577); Saliger, HRRS 2006, 10 (20). 396 Kritisch zum Begriff Fischer, StraFo 2008, 269 (271); Fischer, StV 2010, 95 (99), wonach die Frage nicht lautet „ob Vermögensgefährdungen (‚echte‘) Schäden sein können, […] sondern wann sie dies sind“. Es handele sich um eine Berechnungsart. 397 Perron, FS Tiedemann (2008), 737 (740 f.); „Versuchspönalisierung“: Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (565 f.); Perron, GA 2009, 219 (228); Bernsmann, GA 2007, 219 (221 f.). 398 BVerfG wistra 2010, 380 (394 f., Rn. 145, 150 f.); zur Gefahr der Versuchspönalisierung Saliger, HRRS 2006, 10 (12). 399 Fischer, § 266 Rn. 137. 400 BGHSt 40, 287 (296); BGH NJW 2007, 1760 (1764). 401 BGH NJW 2007, 1760 (1764). 402 BGHSt 52, 323 (336); zuletzt BGH NJW 2010, 3458 (3462 f.). 403 BGHSt 52, 323 (336); BGH NJW 2010, 3458 (3462 f.); kritisch zum Urteil Satzger, NStZ 2009, 297 ff.; Knauer, NStZ 2009, 151 ff.; Ransiek, NJW 2009, 95 ff.; Rönnau, StV 2009, 246 ff.; Schlösser, HRRS 2009, 19 ff.; Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, 8 ff.; zum Abrücken des BGH von der Konstruktion einer schadensgleichen Vermögensgefährdung Achenbach, NStZ 2009, 621 (622 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken: BVerfG wistra 2010, 380 (392, Rn. 124).

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aus. Die Bestimmung über die Verwendung eigenen Vermögens obliegt allein dem Vermögensinhaber.404 Die spätere Verwendung ist nur eine Schadensvertiefung.405 Soweit Vermögensvorteile durch eine wirtschaftlich vorteilhafte Verwendung erlangt werden, handelt es sich um bloße nachträgliche Schadenswiedergutmachung.406 Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist wiederum auf Kritik gestoßen. Unter anderem wird darauf hingewiesen, dass für die Untreuestrafbarkeit die bloße Missachtung der Dispositionsfreiheit gerade nicht ausreicht.407 Die zukünftige Entwicklung der Rechtsprechung zur Fallgruppe „Schwarze Kassen“ bleibt daher abzuwarten.

c) Zusammenfassung Strafbarkeit wegen Untreue kann innerhalb von Korruptionssachverhalten sowohl für den Intraneus als auch den Extraneus relevant werden. Untreue weist jedoch im Ergebnis nicht alle Kriterien des Korruptionsmodells auf. § 266 StGB stellt lediglich auf eine Prinzipal-Agenten-Beziehung und einen Missbrauch einer übertragenen Machtposition ab. Deshalb ist Untreue als korruptionsnahes Delikt einzuordnen, welches unter bestimmten Umständen mit Korruption zusammentreffen kann. In diesen Konstellationen ist die Schnittmenge zwischen beiden strafrechtlichen Erscheinungsformen für die Relevanz der Untreuestrafbarkeit innerhalb eines Korruptionsgeschehens entscheidend.

V. Einordnung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte Der Begriff „Korruptionsdelikt“ ist nicht auf alle untersuchten Straftatbestände anwendbar. Dazu gehören die Submissionsabsprachen gemäß § 298 StGB und die Untreue gemäß § 266 StGB. Nur in bestimmten Fallkonstellationen und unter bestimmten Voraussetzungen werden diese Straftatbestände in Korruptionssachverhalten relevant. Darum handelt sich um bloße korruptionsnahe Delikte. Hingegen können die §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB klar als Korruptionsdelikte eingeordnet werden.

BGHSt 52, 323 (337); BGH NJW 2010, 3458 (3462). BGHSt 52, 323 (338). 406 BGHSt 52, 323 (338); BGH NJW 2010, 3458 (3462 f.). 407 So Schünemann, StraFo 2010, 1 (9); Bosch, JA 2009, 233 (233); Bernsmann, GA 2009, 296 (308). 404 405

B. Klassifizierung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte

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B. Klassifizierung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte Die bisherige Untersuchung hat die Vielschichtigkeit des Phänomens Korruption im Rahmen der Straftatbestände gezeigt. Beispielsweise gelten je nach Stellung des Intraneus im öffentlichen und privaten Bereich unterschiedliche Regeln, die der Intraneus einhalten muss. Es ist zwischen Intraneus und Extraneus bei der Bewertung der Strafbarkeit zu differenzieren, da diese unterschiedliche Rollen im Korruptionsgeschehen einnehmen. Darüber hinaus sind die Straftatbestände §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB als Korruptionsdelikte, die Straftatbestände § 298 StGB und § 266 StGB hingegen nur als korruptionsnahe Delikte identifiziert worden. Diese Vielgestaltigkeit führt zu dem Bedürfnis, Straftatbestände, die im Zusammenhang mit Korruptionssachverhalten in Betracht zu ziehen sind, zu klassifizieren. Es zeichneten sich dabei wiederholt drei Einteilungskriterien ab: Erstens Korruptionsdelikte im engeren und weiteren Sinne, zweitens Korruptionsdelikte im öffentlichen und privaten Bereich, drittens Korruptionsdelikte im Sinne des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers. Diese Einteilungskriterien konkretisieren gleichzeitig das entwickelte Korruptionsmodell im strafjuristischen Sinne und spezifizieren die handlungstheoretischen Strukturen des Phänomens Korruption.

I. Korruptionsdelikte im engeren und weiteren Sinne Straftatbestände, die in Zusammenhang mit Korruption gebracht werden, sind nach Korruptionsdelikten im engeren und im weiteren Sinne klassifizierbar. Die untersuchten Straftatbestände erfassen das Phänomen Korruption entweder direkt oder ausschließlich unter bestimmten Bedingungen. Die Merkmale des Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatzes sind dafür maßgebend. Entscheidende Kriterien für diese Klassifizierung sind die Merkmale Tauschbeziehung zwischen Intraneus und Extraneus im Außenverhältnis und Machtmissbrauch des Intraneus gegenüber einem Prinzipal im Innenverhältnis. Straftatbestände, die das Phänomen Korruption direkt erfassen, werden als „Korruptionsdelikte im engeren Sinne“408 oder „klassische Korruptionsdelikte“409 bezeichnet. Dazu zählen, wie gezeigt wurde, §§ 331 ff. StGB410 und §§ 299 f. StGB.411 408 Vahlenkamp / Knauß, S. 256; Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (548 f.); Bernsmann, GA 2007, 219 (219); Hellmann / Beckemper, Rn. 759; Arnim / Heiny / Ittner, S. 2, www. foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Satzger, NStZ 2009, 297 (298); Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 5 Rn. 21; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 1; bei Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 2; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 360: „Kern der Korruptionsstraftaten“; bei Hetzer, StraFo 2008, 489 (491); Schemmel / Hacker, ZRP 2009, 4 (5): „primäre Korruptionsdelikte“; siehe auch Michalke, StV 2011, 492 (492). Wieso BGH NStZ 2004, 564 (564), von „Bestechungsdelikte[n] im weiteren Sinn (§ 331 bis § 335 StGB)“ spricht, bleibt völlig unklar.

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

Dabei ist zu beachten, dass diese Bezeichnungen die vielgestaltige Möglichkeit eines denkbaren Korruptionsgeschehens simplifizieren, wie das Korruptionsmodell und seine Sondersituationen beweisen. Die notwendige Unterscheidung zwischen Korruption in Vollendung und einseitigem Korruptionsversuch (Kapitel 2 A. III.) vernachlässigen diese Bezeichnungen. Die Straftatbestände §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB selbst erfassen allerdings diese Differenzierung: Zum einen ist die Strafbarkeit von Intraneus und Extraneus getrennt und selbstständig geregelt und zum anderen stellen die Strafnormen zugleich auf einseitige Tathandlungen wie „Anbieten“ und „Fordern“ ab. Wenn tatsächlich kein Tausch von Vorteilen erfolgt ist, sondern nur ein erfolgloses und einseitiges Ansinnen auf Seiten des Intraneus oder Extraneus, wird dies von der gesetzgeberischen Ausgestaltung der §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB berücksichtigt. Diese klassischen Korruptionsdelikte enthalten daher beide Formen von Korruption: Korruption in Vollendung und den einseitigen Korruptionsversuch. Neben der Einteilung „Korruptionsdelikte im engeren Sinne“ ist eine weitere Einteilung erkennbar: „Korruptionsdelikte im weiteren Sinne“412, die zwei Funktionen erfüllen. Die erste Funktion besteht in der Sanktionierung von Verhaltensweisen, die regelmäßig im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Begehung klassischer Korruptionsdelikte verwirklicht werden.413 Vielfach werden korruptive Verhaltensweisen durch andere strafbare Handlungen ermöglicht oder verdeckt.414 In diesem Zusammenhang wird die Bezeichnung „korruptionstypisches Begleitdelikt“415 ver-

409 Hellmann / Beckemper, Rn. 759; Eidam, Rn. 1786; Androulakis, S. 57; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 45; Noltensmeier, S. 231; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 1. 410 Ausschließlich §§ 331 ff. StGB: Vahlenkamp / Knauß, S. 256; Hetzer, StraFo 2008, 489 (491). 411 Noltensmeier, S. 231; Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (548 f.); Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 1; Hellmann / Beckemper, Rn. 759; Eidam, Rn. 1767, 1863; Bock, JA 2008, 199 (199); BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 5; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 45; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 21; Eppner, S. 6; Arnim / Heiny / Ittner, S. 2, www.foevspeyer.de (Stand 30. 04. 2009); Busch, StV 2009, 291 (292); Androulakis, S. 57; Satzger, NStZ 2009, 297 (298); Schemmel / Hacker, ZRP 2009, 4 (5); Bernsmann, GA 2009, 296 (296). 412 Walther, Jura 2010, 511 (512); Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 24; bei Arnim / Heiny / Ittner, S. 7, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (549): „Korruption im weiten strafrechtlichen Sinne“; bei Dölling, 61. DJT Bd. I, C 22: „andere Straftaten“, die mit „Bestechungsdelikten“ verknüpft sind; bei Überhofen, S. 69: „Umfelddelikt“. 413 Noltensmeier, S. 231; BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 7: „mit Korruptionsstraftaten unmittelbar zusammenhängende Straftaten“. 414 Eidam, Rn. 1891. 415 Noltensmeier, S. 231, 288 ff.; Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 370; BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 7; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 46; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 189; Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 51; LK12-Sowada, § 331 Rn. 143;

B. Klassifizierung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte

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wendet. Als Begleitdelikte werden Untreue, Betrug, Strafvereitelung, Urkundendelikte, Verletzung des Dienstgeheimnisses, Verstöße gegen strafrechtliche Nebengesetze, Geldwäsche, Erpressung sowie Steuerhinterziehung – weder abschließend noch einheitlich noch vollständig – aufgezählt.416 In bestimmten korruptiven Fallkonstellationen, beispielsweise bei der organisierten Kriminalität, können sogar Mord (§ 211 StGB) und Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB) als Begleitdelikte auftreten. Die genannten Straftatbestände sind daher keine klassischen Korruptionsdelikte. Zum einen ist der Anwendungsbereich allgemeiner und nicht auf Korruption beschränkt.417 Zum anderen betreffen die genannten Delikte regelmäßig Verhaltensweisen, die entweder nur im Außen- oder nur im Innenverhältnis stattfinden. Die zweite Funktion von „Korruptionsdelikten im weiteren Sinne“ besteht darin, bestimmte Fallkonstellationen, die klassische Korruptionsdelikte nicht erfassen und die lediglich korruptionsnahe Phänomene beinhalten, aufzufangen (sog. Auffangfunktion). „Korruptionsdelikte im weiteren Sinne“ fungieren dann als Auffangtatbestände.418 Typisches Beispiel für Fallkonstellationen, in denen klassische Korruptionsdelikte keine Anwendung finden, bilden Bestechung und Bestechlichkeit im Sport, insbesondere der Schiedsrichter.419 Deshalb werden vor allem § 266 StGB und § 263 StGB herangezogen.420 Die Einordnung von § 298 StGB erfolgt nicht einheitlich. Vielfach wird § 298 StGB den Begleitdelikten421, teilweise aber ebenso den klassischen Korruptionsdelikten422 zugeordnet. Wie die Bewertung des § 298 StGB jedoch gezeigt hat Bittmann, wistra 2002, 405 (405); Walther, Jura 2010, 511 (512); Schemmel / Hacker, ZRP 2009, 4 (5). 416 BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 7; Busch, StV 2009, 291 (293); Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 32; Greeve, Rn. 36, 499; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 46; Arnim / Heiny / Ittner, S. 7, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); Eidam, Rn. 1891; Vahlenkamp / Knauß, S. 251, 331; Eidam, Rn. 1891; Hellmann / Beckemper, Rn. 759; Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 51; Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 362; Walther, Jura 2010, 511 (512); Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 29; Überhofen, S. 60 f.; Bock, JA 2008, 199 (199); LK12-Sowada, § 331 Rn. 143. 417 Überhofen, S. 60 f. 418 Beispielsweise zur Untreue: Dierlamm, FS Widmaier (2008), 607 (607); Achenbach, FS Tiedemann (2008), 47 (57); Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 189; Bernsmann, GA 2009, 296 (297); Satzger, NStZ 2009, 297 (298); Safferling, NStZ 2011, 376 (376); Krüger, NStZ 2011, 369 (369); Achenbach, NStZ 2010, 621 (621); Perron, GA 2009, 219 (222): „Lückenfüllerfunktion“; Kubiciel, NStZ 2005, 353 (353); Böttger-Böttger / Brockhaus, Kap. 3 Rn. 171. 419 Dazu Krack, ZIS 2011, 475 ff. 420 Krack, ZIS 2011, 475 (481). 421 Arnim / Heiny / Ittner, S. 7, www.foev-speyer.de (Stand 30. 04. 2009); BKA, Korruption – Bundeslagebild 2010, S. 7; Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 32; Schemmel / Hacker, ZRP 2009, 4 (5); Walther, Jura 2010, 511 (512). 422 Busch, StV 2009, 291 (292); A / W-Heinrich, § 49 Rn. 51; BT-Drs. 13 / 5584, S. 9; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 2: selbstständige Korruptionsform.

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

(A. III.), ist § 298 StGB nicht als „Korruptionsdelikt im engeren Sinne“, sondern als „Korruptionsdelikt im weiteren Sinne“ (Begleitdelikt) zu qualifizieren. Die Tatbestandsstruktur ist nicht auf eine Korruptionssituation ausgerichtet. Insbesondere erfasst § 298 StGB nur horizontale Absprachen. Die Kartellmitglieder, die sich an den horizontalen Absprachen beteiligen, unterlaufen den Wettbewerbsgedanken (A. III. 2.), werden jedoch nicht notwendig korruptiv tätig. Auf die vorliegende Arbeit wirkt sich die Einteilung in Korruptionsdelikte im engeren und im weiteren Sinne dergestalt aus, dass sich die Kapitel vier bis sechs ausschließlich den Korruptionsdelikten im engeren Sinne, folglich den klassischen Korruptionsdelikten, zuwenden.

II. Korruptionsdelikte im öffentlichen und privaten Bereich Straftatbestände können des Weiteren in Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich und im privaten Bereich unterschieden werden.423 Vielfach werden die Begriffspaare Amtsträgerkorruption und Wirtschaftskorruption424 oder Korruption im Staat und Korruption in der Wirtschaft425 synonym verwendet.

423 BT-Drs. 13 / 5584, S. 16; Kurt Schmidt / Garschagen, HdWW, S. 566; Heine, ZBJV 2002, 533 (535); Kessel / Stähli, in: Jakob / Fikentscher, S. 273; Bottke, ZRP 1998, 215 (219); Korte, NStZ 1997, 513 (514); Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 29; Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 368; MAH-Greeve / Dörr, § 19 Rn. 45; Greeve, Rn. 2 ff., 36, 45; Eidam, Rn. 1768, 1863; Szebrowski, S. 1; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 1; Überhofen, S. 39; Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (60); Dölling / Maschmann, Kap. 3 Rn. 161, 163; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 2; Androulakis, S. 41; Volk, GS Zipf 1999, 419 (426); Hetzer, StraFo 2008, 489 (490); Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (461); Wiehen, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 15 (15 f.); Walther, Jura 2010, 511 (512); Bock, JA 2008, 199 (199), unterscheidet hingegen danach, ob die Eigenschaft als Amtsträger vorliegt oder nicht; daher ergibt sich eine andere Einordnung bspw. von § 108e StGB; konsequenterweise müsste diese Einordnung auch die §§ 333, 334 StGB betreffen. 424 Vogel, FS Weber (2004), 395 (395); LK12-Tiedemann, Vor § 298; Rönnau, StV 2009, 302 (302); Rönnau / Golombek, ZRP 2007, 193 (193); Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 5; LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 41; Saliger / Gaede, HRRS 2008, 57 (60, 66); Jaques, S. 19, 21; Hetzer, StraFo 2008, 489 (491); Wolf, ZRP 2007, 44 (44); Walther, Jura 2010, 511 (513 / 519); ähnlich Kessel / Stähli, in: Jakob / Fikentscher, S. 273; Karsten / Thiessen, S. 10: „Privatkorruption“ und „politische Korruption“; Bottke, ZRP 1998, 215 (215, 219): „wirtschaftliche Korruption“ und „politische Korruption“ bzw. „Amtskorruption“; vgl. auch Kahmann, S. 82. Nur auf den Begriff „Wirtschaftskorruption“ beziehen sich Tiedemann, FS Lampe (2003), 759 (762); Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (145); Tiedemann, BT, Rn. 195; Zöller, GA 2009, 137 (137); Satzger, NStZ 2009, 297 (298); Rönnau, StV 2009, 246 (246); Nestler, StV 2009, 313 (314); Berg, S. 43; Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (462); Wittig, wistra 1998, 7 (9); nur auf den Begriff „Amtsträgerkorruption“ beziehen sich Trüg, NJW 2009, 196 (196); Dölling, ZStW 112 (2000), 334 (336); Noltensmeier, HRRS 2009, 151 (155). 425 Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (357); A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 1.

B. Klassifizierung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte

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Korruption im öffentlichen Bereich wird qualifiziert als Erscheinungsform, an welcher der Staat direkt oder indirekt beteiligt ist.426 Diese Art der Korruption ist an die Eigenschaft des Amtsträgers (im weitesten Sinne) geknüpft.427 Korruption im privaten Bereich hingegen meint Verhaltensweisen von Privaten oder Privatunternehmen, die im Wettbewerb wirken bzw. stehen.428 Diese Art der Korruption liegt, negativ formuliert, vor, wenn auf keiner Seite in der Funktion eines Amtsträgers (im weitesten Sinne) gehandelt wird.429 Diese Unterscheidung hat praktische Bedeutung, da in beiden Bereichen unterschiedliche Regeln gelten. Insbesondere ist der öffentliche Bereich stärker durch Vorschriften reglementiert. Im privaten Geschäftsverkehr sind die jeweiligen Geschäftspartner hingegen wegen des zivilrechtlichen Grundsatzes der Privatautonomie prinzipiell frei(er).430 Die klassischen Korruptionsdelikte §§ 331 ff. StGB knüpfen an die Eigenschaft des Amtsträgers an und sind der Korruption im öffentlichen Bereich und daher den Korruptionsdelikten im öffentlichen Bereich zuzuordnen. Das klassische Korruptionsdelikt § 299 StGB StGB richtet sich an Angestellte und Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes und nicht an Amtsträger. Nach der Negativdefinition handelt es sich um Korruption(-sdelikte) im privaten Bereich. Korruptionsdelikte im weiteren Sinne sind sachverhaltsabhängig der Korruption im öffentlichen Bereich oder im privaten Bereich zuzuteilen.431 Maßstab ist wiederum die Eigenschaft des Amtsträgers (im weitesten Sinne). Die Grenzen zwischen Korruption im öffentlichen und privaten Bereich verschwimmen allerdings zunehmend, insbesondere wegen der fortschreitenden Aufgabenprivatisierung der öffentlichen Verwaltung.432 Praktisches Beispiel bildet die sogenannte PPP, d. h. Public Private Partnership. Dieser Sammelbegriff steht für das partnerschaftliche Zusammenwirken von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft.433 Mit dieser Partnerschaft wird die möglichst effiziente Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Einsatz betriebswirtschaftlichen „Know-hows“ bezweckt.434 Klassisches Fallbeispiel ist der sogenannte Kölner Müllskandal435, in welchem die Kahmann, S. 82; vgl. auch Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 29. Greeve, Rn. 2, 45; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 29 f.; Eidam, Rn. 1786 f.; Sinner, HRRS 2008, 327 (327 ff.). 428 Kahmann, S. 82. 429 Berg, S. 43; Sinner, HRRS 2008, 327 (327 ff.). 430 Heine, ZBJV 2002, 533 (544). 431 Vgl. Greeve, Rn. 36; Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 29. 432 Niehaus, in: Korruptionsfall Siemens, 21 (22); Noltensmeier, S. 17 f.; Sinner, HRRS 2008, 327 (327 ff.); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 46 ff.; Kühling / Schreiner, ZIS 2011, 112 (112); Michalke, StV 2011, 492 (492); vgl. auch Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 1. 433 Detailliert zur PPP Noltensmeier, Public Private Partnership und Korruption, S. 22 ff.; Kühling / Schreiner, ZIS 2011, 112 (112 ff.); Saliger, FS Puppe (2011), 933 (933). 434 Noltensmeier, S. 22 f.; Kühling / Schreiner, ZIS 2011, 112 (112); Saliger, FS Puppe (2011), 933 (933). 426 427

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Kap. 3: Anwendung des Korruptionsmodells zur Identifikation

Kölner AVG GmbH als PPP fungierte.436 Die Gerichte standen dabei vor der Aufgabe, die Gesellschaft als öffentlich oder privat einzuordnen. Die Übergänge von Amtsträger- zu Wirtschaftskorruption sind im Bereich sog. PPPs jedenfalls fließend und eine eindeutige Zuordnung ist detailabhängig. Dies spiegelt sich vor allem im Amtsträgerbegriff der §§ 331 f. StGB wider.437 Daher bestimmt die Reichweite des Amtsträgerbegriffes die Anwendung der §§ 331 ff. StGB und entscheidet maßgeblich über die Strafbarkeit oder Straflosigkeit nach §§ 331 ff. StGB. Wird die Amtsträgereigenschaft abgelehnt, steht die Strafnorm § 299 StGB zur Verfügung.438

III. Korruptionsdelikte im Sinne des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers Straftatbestände können darüber hinaus zum einen nach Strafbarkeit des Vorteilsnehmers und zum anderen nach Strafbarkeit des Vorteilsgebers unterteilt werden. Maßgeblich ist die Einteilung nach den Eigenschaften Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber vor allem für die klassischen Korruptionsdelikte, welche zwischen Nehmerund Geberdelikten unterscheiden.439 Im Folgenden werden diese im Sinne des Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatzes synonym als Intraneus- bzw. Extraneusdelikte bezeichnet. Es handelt sich dabei um „Komplementärdelikte“440, schließlich ist „Nehmer“ das Komplement von „Geber“. Insoweit differenzieren die §§ 331 ff. StGB zwischen §§ 331, 332 StGB, welche die Strafbarkeit des Vorteilsnehmers betreffen, und §§ 333, 334 StGB, welche die Strafbarkeit des Vorteilsgebers betreffen. Strukturgleich unterscheidet § 299 StGB in Absatz 1 und Absatz 2 zwischen der Strafbarkeit des Vorteilsnehmers und der Strafbarkeit des Vorteilsgebers. Diese Einteilung verdeutlicht die Komplexität der Handlungsgeflechte und -strukturen sowie der Beziehungsstrukturen im Korruptionsgeschehen. Darüber hinaus zeigt sie, dass Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber in der Tauschbeziehung als Täter interagieren (Täter-Täter-Interaktion). Zusätzlich veranschaulicht die Klassifizierung die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Strafbarkeit beider Tauschparteien. Wenn die Korruptionsofferte des Vorteilsnehmers oder des Vorteilsgebers erfolglos bleibt, wird nur die offerierende Partei sanktioniert. Demzufolge findet im BGH NJW 2006, 925 (926 ff.). Noltensmeier, S. 23; Saliger, FS Puppe (2011), 933 (933). 437 Noltensmeier, S. 19; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 77; Sinner, HRRS 2008, 327 (329); siehe auch Wollschläger, S. 62 ff.; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 11. 438 König, JR 1997, 397 (397). 439 Siehe beispielsweise Dölling / Dölling, Kap. 1 Rn. 3; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (277); Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Maurach / Schroeder / Maiwald, BT / 2, 79 / 2; Bock, JA 2008, 199 (199), verwendet die Begriffe „Beschenkter“ und „Schenker“; vgl. auch Heine, ZBJV 2002, 533 (534). 440 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285); siehe auch Szebrowski, S. 201. 435 436

B. Klassifizierung bestimmter Straftatbestände als Korruptionsdelikte

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Gesetz die Sondersituation des einseitigen Korruptionsversuches Berücksichtigung. Aus diesen Gründen spielt die Differenzierung zwischen Vorteilsnehmer(-delikt) und Vorteilsgeber(-delikt) in den Kapiteln vier bis sechs – und im Rahmen der Beteiligung an Korruptionsstraftaten – eine zentrale Rolle.

Kapitel 4

Kritische Analyse von Handlungsstrukturen innerhalb klassischer Korruptionstatbestände In den vorangegangenen Kapiteln wurden Beziehungs- und Handlungsstrukturen des Phänomens Korruption handlungstheoretisch erarbeitet. Es wurde ein Korruptionsmodell entwickelt, welches diese Strukturen präzise darlegt und Beteiligungsstrukturen der in das Korruptionsgeschehen involvierten Personen vorzeichnet. Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber interagieren im Rahmen der Tauschbeziehung als Täter. Diese handlungstheoretischen Überlegungen werden in diesem Kapitel strafjuristisch überprüft und präzisiert. Die Besonderheit der Beteiligung an Korruptionsdelikten im Sinne der §§ 25 ff. StGB besteht darin, dass es sich bei Korruptionstaten um „Beziehungstaten“1 handelt und in Korruptionssachverhalten zwangsläufig mehrere Personen involviert sind2 – Intraneus, Extraneus, Prinzipal und gegebenenfalls außenstehende Dritte. Dabei handelt es sich im Gegensatz zu anderen Straftaten jedoch nicht um klassische Täter-Opfer-Konstellationen, sondern um Täter-Täter-Interaktionen. Im vierten Kapitel werden zunächst das differenzierende Beteiligungssystem (A. I.) und das Einheitstätersystem skizziert (A. II.), um anhand der Handlungsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte zu entscheiden, welches System diese Strukturen hinreichend erfassen kann. Schließlich werden Grundlinien der Tatherrschaftslehre vorgestellt (A. III.), da diese Lehre eine dominierende Stellung in der allgemeinen Täterlehre einnimmt und weitestgehend Anerkennung gefunden hat. Die Tatherrschaftslehre erkennt in der Tatherrschaft das maßgebende Kriterium zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei vorsätzlichen Begehungsdelikten. Allerdings ist die Verwendung des Tatherrschaftsgedankens innerhalb bestimmter Deliktsgruppen, wozu die klassischen Korruptionsdelikte zählen, problematisch. Der Grund hierfür liegt darin, dass sich bei klassischen Korruptionsdelikten echte Sonderdelikte und Allgemeindelikte gegenüberstehen. An diese Überlegungen knüpft schließlich unmittelbar das fünfte Kapitel an, welches das Ziel verfolgt, zu klären, welche Kriterien Täterschaft begründen (Kapitel 5 A. I.).

1 Noltensmeier, S. 39; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 211; Volk, GS Zipf 1999, 419 (421); Schweitzer, S. 36. 2 Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 298: „Die Bestechungsdelikte z. B. sind weitgehend Delikte mit Regelmitwirkung, denn ihre Vollendung setzt teils begrifflich, teils typischerweise die vorsätzliche Mitwirkung eines Dritten voraus“.

Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

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Gegenstand der Beteiligungslehre ist die zentrale Frage, was jeder Einzelne der Beteiligten, der an einer Straftat mitwirkt, zu verantworten hat.3 Im Vordergrund der Überlegungen steht, wie die konkrete Zuweisung von strafrechtlicher Verantwortung4 der einzelnen Akteure erfolgen soll. Mit den Worten Ottos geht es um die Frage, wer primär Verantwortlicher und damit Täter und wer sekundär Verantwortlicher und damit allenfalls Teilnehmer ist.5 Obwohl der entwickelte Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz die Beteiligungen vorzeichnet, ist die strafrechtliche Verantwortung notwendiger Weise gesondert zu prüfen. Gerade bei sehr umfassenden Korruptionssachverhalten mit komplexen Personengeflechten ist die jeweilige Beteiligtenrolle der einzelnen Personen im strafrechtlichen Sinne nicht immer eindeutig. Dazu zählen beispielsweise Konstellationen, in denen Schmiergeldzahlungen durch (unternehmens-)externe Vermittler abgewickelt werden6, oder die Tätigkeit des Schwarzkassenwalters, der selbst keine Bestechungshandlungen vornimmt.7 Im Laufe der Untersuchung wird sich allerdings zeigen, dass ein handlungstheoretisches Modell wie das entwickelte Korruptionsmodell hilfreich ist, dogmatische Zusammenhänge zwischen Handlungsstrukturen und Beteiligungsfragen sachgerecht und wirklichkeitsgetreu zu erfassen. In den folgenden Abschnitten sind deshalb Besonderheiten der Tathandlungen klassischer Korruptionsdelikte offen zu legen (B.), die zentrale Bedeutung für Strafbarkeit im Allgemeinen und Beteiligung im Besonderen haben. Zu diesen Besonderheiten zählt die spiegelbildliche Deliktsstruktur8 (§§ 331 ff. StGB und § 299 StGB). Die gesetzestechnische Strukturierung der Tathandlungen wirft dabei folgende Fragestellungen auf: Welche Bedeutung haben die einzelnen Handlungsstufen (Fordern – Sich-Versprechen-Lassen – Annehmen / Anbieten – Versprechen – Gewähren) in Bezug auf die Unrechtsvereinbarung und auf Täterschaftsfragen (B. I.)? Handelt es sich bei den Tathandlungen des Extraneus um bloße vertäterschaftlichte Teilnahmehandlungen (B. II.)? Wie gestaltet sich Versuch und Vollendung korruptiver Tathandlungen (B. III.)? Diese Einführung deutet bereits an, dass der Allgemeine Teil und der Besondere Teil des Strafgesetzbuches in spezieller Weise aufeinander Einfluss nehmen.9 Es ist eine gesamtsystematische Untersuchung notwendig, die diesen gegenseitigen Einfluss des Allgemeinen und des Besonderen Teils berücksichtigt und konsequent

Pariona, S. 64. Otto, Jura 1987, 246 (246): „Verantwortungszuweisung“; Heine, S. 97: „Zuschreibung von Verantwortung“. 5 Otto, Jura 1987, 246 (247). 6 Satzger, NStZ 2009, 297 (298). 7 Satzger, NStZ 2009, 297 (298). 8 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 70. 9 Vgl. Fincke, S. 26 f., 31: „notwendiges Ergänzungsverhältnis“; Tröndle, GA 1956, 129 (151): „Schwierigkeiten rühren daher, daß der Besondere Teil in verschiedenen Fällen (nämlich den Sonderstraftaten) vom Täterbegriff des Allgemeinen Teils abweicht.“. 3 4

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

fortführt. Dies ist erforderlich, da „die Bedeutung des Besonderen Teils für die Dogmatik der Verbrechenslehre […] noch lange nicht genug gewürdigt“10 wird. Anknüpfungspunkte der folgenden Abschnitte bilden dabei die besonderen Deliktsund Handlungsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte. Tröndle meint zwar, dass es denkgesetzlich nicht möglich sei, im Allgemeinen Teil die Auflösung von Schwierigkeiten zu suchen, die erst der Besondere Teil produziert hat.11 Ziel der folgenden Untersuchung ist es jedoch, die allgemeine Täterlehre, die primär im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches verortet wird, durch Einbeziehung besonderer Handlungsstrukturen für neue Lösungen zu öffnen. Zumindest im Bereich des Korruptionsstrafrechts soll die Beteiligungslehre als das „dunkelste und verworrenste Kapitel der deutschen Strafrechtswissenschaft“12 erhellt und Schlussfolgerungen für andere Regelungsgegenstände gezogen werden.

A. Beteiligungssysteme und die Problematik der Verwendung des Tatherrschaftsgedankens In den folgenden Abschnitten werden das differenzierende Beteiligungssystem und das Einheitstätersystem dargestellt. Anhand der Korruptionsdelikte und deren komplexen Handlungs- und Beziehungsstrukturen wird gezeigt, dass das differenzierende Beteiligungssystem dem Einheitstätersystem vorzuziehen ist. Darüber hinaus wird der Tatherrschaftsgedanke, der als Abgrenzungskriterium zwischen Täterschaft und Teilnahme fungieren soll, skizziert. Die Heranziehung des Tatherrschaftsgedankens ist allerdings bei bestimmten Deliktsgruppen wie den echten Sonderdelikten problematisch. Diese Problematik wirkt sich zentral auf die klassischen Korruptionsdelikten aus. Da in diesem Bereich echte Sonderdelikte auf Seiten des Vorteilsnehmers und Allgemeindelikte auf Seiten des Vorteilsgebers aufeinander treffen. Welche Auswirkungen diese Eigenart des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches auf die allgemeine Täterlehre hat, ist zentrale Fragestellung des fünften Kapitels.

I. Differenzierendes Beteiligungssystem Das Strafgesetzbuch sieht im Allgemeinen Teil eine Dreiteilung in die Beteiligungsformen Täterschaft (§ 25 StGB), Anstiftung (§ 26 StGB) und Beihilfe (§ 27 StGB) vor.13 Gemäß § 28 Abs. 1 StGB werden Anstiftung und Beihilfe dem OberRoxin, TuT, S. 380. Tröndle, GA 1956, 129 (151 f.); zustimmend Roxin, TuT, S. 369. 12 Kantorowicz, Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 1910, 257 (306); zustimmend u. a. Bottke, S. 112; Ranft, FS Otto (2007), 403 (403). 13 LK11-Roxin, Vor § 25 Rn. 1. 10 11

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begriff „Teilnahme“ zugeordnet. Dieses im Ergebnis dualistische Beteiligungssystem, welches Beteiligung an einer Straftat nach Täterschaft und Teilnahme gliedert (§ 28 Abs. 2 StGB), bringt die Aufgabe der Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme mit sich.14 Die Grundlagen und Grenzen der Zuordnung nach Täterschaft bzw. Teilnahme sind dabei höchst umstritten.15 Kernfrage ist, welches das „täterschaftsbegründende Kriterium“16 darstellt. Die Lösung der Abgrenzungsaufgabe erfolgt durch das Gesetz selbst nur „rudimentär“ und wird primär durch die Rechtsprechung und Lehre vorgenommen.17 Um eine einheitliche Rechtsprechung zu garantieren, muss in der Rechtspraxis diesbezüglich Rechtsklarheit und -sicherheit herrschen.18 Das Strafgesetzbuch selbst enthält keine klaren und konkreten Kriterien für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme.19 Es wird lediglich aus dem Gesetzeswortlaut deutlich, dass der Täter eine eigene Tat begeht (§ 25 Abs. 1 StGB: „wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht“, § 25 Abs. 2 StGB: „Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich“), während sich der Teilnehmer an fremder Tat beteiligt (§ 26 StGB: „wer […] einen anderen zu dessen […] Tat […] bestimmt hat“, § 27 Abs. 1 StGB: „wer […] einem anderen zu dessen […] Tat […] Hilfe geleistet hat“).20 Gesetzgeberisches Motiv dieses differenzierenden Beteiligungssystems ist die unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Beteiligungsformen, wobei die Strafwürdigkeit von untergeordneten und entfernten Mitwirkungen als geringer anzusehen ist.21 Die Anbindung der Teilnahme an die Täterschaft erfolgt im Sinne von § 29 StGB nach dem Prinzip der limitierten Akzessorietät, sodass die Teilnahme von einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat des Täters abhängt.22 Eine selbstständige Bewertung des Teilnahmeunrechts erfolgt daher neben der Strafmilderung der Beihilfe nach § 27 Abs. 2 StGB vor allem im Hinblick auf die Schuld der Haupttat.23 Hauptproblem des Differenzierungsmodells nach §§ 25 ff. StGB ist deshalb die Herstellung einer sachgerechten Lösung der Akzessorietät der Teilnahme.24 Mit der notwendigen Abgrenzung sind auch die Fragen verbunden, welches das leitende Prinzip der Täterschaft25 ist und ob die Strafbarkeit des Teilnehmers im 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Schmidhäuser, AT, 10 / 154; Heinrich, AT / II, Rn. 1174 ff.; LK11-Roxin, § 25 Rn. 1. Ranft, FS Otto (2007), 403 (403). Roxin, TuT, S. 360, 364. Lampe, ZStW 119 (2007), 471 (475); Otto, Jura 1987, 246 (246). Mosenheuer, S. 73; Schmidhäuser, AT, 10 / 154. Mosenheuer, S. 71. Mosenheuer, S. 71 f.; Heinrich, AT / II, Rn. 1192; Pariona, S. 64 f. BT-Drs. IV / 650, S. 147, 150 f.; Mosenheuer, S. 72; Schünemann, Jura 1985, 355 (356). Herzberg, TuT, S. 103; Schünemann, Jura 1985, 355 (356); Stein, S. 23. Schünemann, Jura 1985, 355 (356). Tiedemann, AT, § 4 Rn. 237.

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Vergleich zur Strafbarkeit des Täters auf Strafausdehnung oder -einschränkung beruht.26 Nach dem extensiven Täterbegriff ist jeder Täter, der den tatbestandsmäßigen Erfolg verursacht, sodass die Straftatbestände sowohl Täter als auch Teilnehmer erfassen.27 Die Vorschriften über Anstiftung und Beihilfe schränken nach diesem Täterbegriff den Bereich des Strafbaren nur ein.28 Der extensive Täterbegriff steht aber im Widerspruch zum geltenden Strafrecht, welches zwischen Täterschaft und Teilnahme differenziert.29 Er reduziert Täterschaft und Tatbestand auf kausale Rechtsgutsverletzungen.30 Es bleibt bei diesem Täterbegriff offen, worin der Unterschied zwischen Täterschaft und Teilnahme bestehen soll, wenn beide gleichermaßen auf einem kausalen Tatbeitrag beruhen.31 In Bezug auf das Phänomen Korruption zeigen die dargelegten Handlungsstrukturen deutlich, dass nicht alle kausal am Korruptionsgeschehen Beteiligten auf einer Unrechtsstufe stehen. Vielmehr offenbart die Figur des sog. außenstehenden Dritten, dass Abstufungen der Verantwortung vorgenommen werden müssen. Außenstehende Dritte sind den Tauschparteien nach dem Korruptionsmodell nicht gleichzustellen. Aus den genannten Gründen ist der extensive Täterbegriff abzulehnen und stattdessen ein restriktiver Täterbegriff heranzuziehen.32 Wer Täter ist, legen demnach Wortlaut, Struktur sowie Sinn und Zweck des jeweiligen Straftatbestandes im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches fest.33 Der restriktive Täterbegriff ist damit tatbezogen34, sodass Täterschaft durch das Moment der Ausführung einer Tatbestandshandlung bestimmt ist35. Die Vorschriften über Anstiftung und Beihilfe sind unter Heranziehung des restriktiven Täterbegriffes strafbegründender Natur und erweitern den Bereich des Strafbaren.36 Der Gesetzgeber kann durch die tatbestandliche Formulierung der einzelnen Delikte das relevante Tatgeschehen bereits akzentuieren und die Unterscheidung nach Täterschaft und LK11-Roxin, Vor § 25 Rn. 9; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 98: „personales Aktionszentrum des Unrechts“. 26 Heinrich, AT / II, Rn. 1179. 27 Vgl. Krey, AT / 2, § 24 Rn. 10; LK12-Schünemann, Vor § 25 Rn. 11; Gallas, S. 80; LK11Roxin, Vor § 25 Rn. 9; Renzikowski, S. 11; kritisch Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 283. 28 Krey, AT / 2, § 24 Rn. 10; LK11-Roxin, Vor § 25 Rn. 9; Gallas, S. 80; Heinrich, AT / II, Rn. 1180. 29 Gallas, S. 82; Krey, AT / 2, § 24 Rn. 14; Pariona, S. 70. 30 LK12-Schünemann, Vor § 25 Rn. 13; Pariona, S. 69. 31 Gallas, S. 80. 32 Mosenheuer, S. 70; Krey, AT / 2, § 24 Rn. 14; Pariona, S. 69; Roxin, AT / II, § 25 Rn. 4; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 25 ff. Rn. 9; NK-Schild, § 25 Rn. 21. 33 Pariona, S. 70; Krey, AT / 2, § 24 Rn. 14. 34 Krey, AT / 2, § 24 Rn. 14; LK11-Roxin, Vor § 25 Rn. 10; Roxin, TuT, S. 741; Pariona, S. 70. 35 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 99; Renzikowski, S. 11. 36 Heinrich, AT / II, Rn. 1181; Krey, AT / 2, § 24 Rn. 16; LK11-Roxin, Vor § 25 Rn. 10. 25

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Teilnahme vorzeichnen.37 Mit einer Umgestaltung der Straftatbestände ist der Gesetzgeber ebenfalls in der Lage, eine solche Vorzeichnung zu verändern.38 Die Deliktsbeschreibungen der Strafnormen aus dem Besonderen Teil betreffen daher den „Täter“ im engeren Sinne39 oder neutralen Sinne40, d. h. im Sinne täterbezogenen, personalen (Handlungs-)Unrechts41. Wer eine Straftat selbst begeht und den Tatbestand eigenhändig sowohl objektiv als auch subjektiv verwirklicht, ist immer Täter.42 Wenn Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber alle notwendigen Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Nehmer- bzw. Geberdeliktes verwirklichen, sind sie Täter. Insofern bestätigt sich im strafjuristischen Sinne die These von der Täter-Täter-Interaktion. Wenn Täterschaft Tatbestandserfüllung bedeutet, ist der „Prototyp“ der Täterschaft die unmittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB („wer die Straftat selbst begeht“).43 Die Täterlehre ist daher ein Bestandteil der Lehre vom Tatbestand.44

II. Einheitstätersystem Mit der dreigliedrigen gesetzlichen Konzipierung (Täterschaft, Anstiftung, Beihilfe) hat sich der Strafgesetzgeber grundlegend gegen die Einheitstäterschaft entschieden.45 Der Einheitstäterbegriff ist das Gegenmodell zur dreiteiligen Unterscheidung und verzichtet auf eine Differenzierung zwischen Täterschaft, Anstiftung und Beihilfe.46 Der funktionale Einheitstäterbegriff kennt zwar die begriffliche Differenzierung zwischen Täterschaft, Anstiftung und Beihilfe, vereinheitlicht aber für alle Mitwirkenden die Straffolgen und Strafrahmen. Der formale Einheitstäterbegriff lehnt hingegen schon die begriffliche Differenzierung ab und lässt alle kausalen Tatbeiträge in Täterschaft münden.47 Der Einheitstäterbegriff basiert auf einem rein naturalistischen Verständnis kausalgesetzlicher Verursachung.48 Da jede Mitwirkung Täterschaft begründet, wird die Otto, Jura 1987, 246 (246). Otto, Jura 1987, 246 (246). 39 Schünemann, Jura 1985, 355 (356). 40 Deichmann, S. 11, geht von einer mehrdeutigen Verwendung des Begriffs „Täter“ aus. 41 Welzel, Das Deutsches Strafrecht, S. 62. 42 OLG Stuttgart NJW 1978, 715 (716); Roxin, TuT, S. 127 ff.; LK11-Roxin, § 25 Rn. 47; LK12-Schünemann, § 25 Rn. 53. 43 Roxin, TuT, S. 127; LK12-Schünemann, § 25 Rn. 55. 44 Hake, S. 168; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 25 Rn. 1. 45 BT-Drs. IV / 650, S. 147; LK11-Roxin, Vor § 25 Rn. 3; Otto, Jura 1987, 246 (246); vgl. Pariona, S. 65. 46 LK12-Schünemann, Vor § 25 Rn. 5; Renzikowski, S. 10 f.; LK11-Roxin, Vor § 25 Rn. 3; Otto, Jura 1987, 246 (246); Pariona, S. 68. Beispielsweise ist Haas, ZStW 119 (2007), 519 (546), für die Etablierung eines materiellen Einheitstätersystems. 47 Kienapfel, S. 25 f., 41 f. 37 38

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Rechtsanwendung durch Verzicht hohen dogmatischen Aufwands scheinbar einfacher. Erwägungen wie die Vornahme der Ausführungshandlung, der Aufenthalt am Tatort, der quantitative Umfang der Beteiligung, die Qualität des Beitrags, die Organisation der Tat etc. sind erst auf der Strafzumessungsebene zu berücksichtigen.49 Das deutsche Strafrecht kennt das Einheitstätersystem bereits bei fahrlässigen Erfolgsdelikten und im Ordnungswidrigkeitenrecht.50 Differenzierungen zwischen Täterschaft und Teilnahme sind jedoch wegen der Intensität eines Tatbeitrages gerade bei den Vorsatztaten notwendig, um das Unrecht der Tat sachgerecht und ausreichend zu würdigen.51 Ein Einheitstäterbegriff nimmt dem Teilnehmer die Privilegierung, involviert ihn in die Versuchsstrafbarkeit und sieht ihn als Täter hinsichtlich einer fahrlässigen Haupttat.52 Es wird erkennbar, dass die Strafbarkeit unangemessen ausgedehnt werden würde.53 Ein weiterer entscheidender Einwand gegen die Einheitstäterschaft besteht in der Reduzierung der Täterschaft und des Tatbestandes auf kausale Rechtsgutsverletzungen.54 Die Tatbestandsverwirklichung ist schließlich zumeist auf bestimmte Angriffsformen ausgerichtet und nicht nur auf kausale Rechtsgutsverletzungen.55 Das entwickelte Korruptionsmodell zeigt, dass eine differenzierende Täterbetrachtung unvermeidbar ist. Das komplexe Handlungsgeflecht der Korruption kann durch einen rein kausalen Täterbegriff nicht erfasst werden. Es ist notwendig, zwischen dem Unrecht zu unterscheiden, welches der Vorteilsgeber, der Vorteilsnehmer und gegebenenfalls außenstehende Dritte begehen. Jede dieser im Korruptionsgeschehen mitwirkenden Personen agiert in unterschiedlicher Weise und Intensität. Der Vorteilsnehmer missbraucht beispielsweise im Innenverhältnis zum Prinzipal eine übertragene Machtposition. Der Vorteilsgeber kann lediglich von außen auf das Innenverhältnis einwirken, missbraucht selbst aber keine Machtposition gegenüber dem Prinzipal des Vorteilsnehmers. Außenstehende Dritte vermitteln nur innerhalb der Tauschbeziehung, sind selbst allerdings keine Tauschparteien. Diese handlungstheoretischen Überlegungen und Differenzierungen muss ein Täterbegriff bereits auf der Tatbestandsebene berücksichtigen und nicht erst auf der Strafzumessungsebene. Das wesentliche Merkmal der Einheitstäterschaft, die Vereinheitlichung der Strafrahmen56, birgt zudem ein rechtsstaatliches Problem: Die Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme wird nicht gänzlich aufgehoben, sondern in die Strafzumessung verlagert 48 Heinrich, AT / II, Rn. 1174; Pariona, S. 66; dazu auch Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 130, 132, 150. 49 Kienapfel, S. 34 f.; Bock, Jura, 2005, 673 (679); Renzikowski, S. 13. 50 Heinrich, AT / II, Rn. 1177; Pariona, S. 65. 51 Heinrich, AT / II, Rn. 1178. 52 Volk, FS Roxin (2001), 563 (563); Pariona, S. 67 f. 53 Pariona, S. 68. 54 LK11-Roxin, Vor § 25 Rn. 11; LK12-Schünemann, Vor § 25 Rn. 13. 55 LK12-Schünemann, Vor § 25 Rn. 8. 56 Kienapfel, S. 25; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 464 f.

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und allein zur Disposition des Richters gestellt.57 Weiterhin werden Abstufungen bei der täterschaftlichen Verantwortung und Strafbarkeitseinschränkungen durch ein Einheitstätersystem nicht entbehrlich.58 Zudem würden die Beteiligten an Sonderdelikten unabhängig davon, ob der Beteiligte das besondere persönliche Merkmal aufweist oder nicht, aufgrund der kausalen Mitwirkung aus demselben Strafrahmen sanktioniert werden.59 Das Einheitstätersystem erweist sich als nicht geeignet, komplexe Handlungsstrukturen und -geflechte hinreichend zu würdigen. Anhand des Beispiels Korruption wird deutlich, dass der Einheitstäterbegriff keine echte Alternative zum differenzierenden Beteiligungssystem darstellt. Volk und Rotsch behaupten, in der Gesetzgebung existiere die Tendenz zur Einheitstäterschaft60 und es fände ein Rückzug von der differenzierenden Täterlehre61 statt. Rotsch postuliert, dass „das Bestreben zu wachsen scheint, täterschaftliche Strafbarkeit zu begründen, wo dies kriminalpolitisch für notwendig gehalten wird, dogmatisch aber nicht mehr wirklich überzeugend zu begründen ist“.62 Demnach verschwimmen die Grenzen der Beteiligung im modernen (Wirtschafts-)Strafrecht und im klassischen Strafrecht zunehmend. Ursachen dafür sind moderne Konzepte zum Rechtsgut, die durch ihre Abstraktion prinzipiell differenzierungsfeindlich sind.63 Die Abschichtung zwischen Täterschaft und Teilnahme werde, so Volk, schwieriger, wenn Rechtsgüter geschaffen werden, die Institutionen und Funktionen schützen, und der Gesetzgeber deshalb tendenziell zur generellen Vertäterschaftlichung übergeht.64 Moderne Phänomene der Wirtschafts-, Unternehmens- und Systemkriminalität fördern bzw. fordern nach Rotsch daher „den Einheitstäter“.65 Als Beweis für die Tendenzen des Gesetzgebers zur Einheitstäterschaft wird beispielsweise die Figur der Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen herangezogen.66 Wenn der Gesetzgeber klassische Teilnahmehandlungen vertäterschaftlicht, erreicht er im Einzelfall Ergebnisse, die der Einheitstäterschaft gleichkommen.67 Im Normbereich §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB herrscht die These, dass es sich bei den 57 Volk, FS Roxin (2001), 563 (564); Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 461 ff.; Bock, Jura 2005, 673 (679). 58 Bock, Jura 2005, 673 (679); vgl. Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 465. 59 Pariona, S. 68. 60 MAH-Volk, § 2 Rn 12, betont diese Tendenz für das Wirtschaftsstrafrecht; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 338; Volk, FS Roxin (2001), 563 (564 f., 569): Tendenz existiert auch im traditionellen Strafrecht. 61 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 338. 62 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 481. 63 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 209. 64 MAH-Volk, § 2 Rn 13 f.; Volk, FS Roxin (2001), 563 (571). 65 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 313 ff. 66 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 281. 67 LK12-Schünemann, Vor § 25 Rn. 15.

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Tathandlungen des Vorteilsgebers um derartige eigentliche Teilnahmehandlungen handelt, die nur durch den Gesetzgeber vertäterschaftlicht worden sind.68 Diese These muss ausführlich überprüft werden (B. II.), da sie den Tatbeitrag des Vorteilsgebers im Vergleich zu den Tatbeiträgen des Vorteilsnehmers als geringwertiger und untergeordnet einstuft. Allerdings ist diese These unter Berücksichtigung des Korruptionsmodells äußerst zweifelhaft, da die Tauschbeziehung zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber auf einer ebenbürtigen Täter-Täter-Interaktion beruht.

III. Der Tatherrschaftsgedanke im differenzierenden Beteiligungssystem Das differenzierende Beteiligungssystem des Strafgesetzbuches stellt den Rechtsanwender vor die Aufgabe, Täterschaft und Teilnahme abzugrenzen. Als maßgebendes Abgrenzungskriterium hat sich bei den vorsätzlichen Begehungsdelikten in der Strafrechtswissenschaft überwiegend die Tatherrschaftslehre, wenn auch mit unterschiedlichen Akzentuierungen, durchgesetzt.69 Schon der Gesetzgeber gab dem Gedanken der Tatherrschaft im Gesetzgebungsverfahren Raum, verzichtete letztlich allerdings darauf, diesen gesetzlich festzulegen.70 Die Rechtsprechung, die primär auf subjektive Elemente (animus auctoris oder animus socii) bei der Entscheidungsfindung abstellt, zieht mittlerweile ebenfalls regelmäßig Kriterien der Tatherrschaftslehre heran.71 Dadurch sind die Gegensätze zwischen Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft realiter nicht mehr allzu groß.72 Dass sich die Tatherrschaftslehre im Grundsatz durchgesetzt hat, besagt alleine aber noch nicht viel über ihre Überzeugungsfähigkeit. Nach der Tatherrschaftslehre ist Täter, wer die Tatherrschaft innehat. Wer nicht über Tatherrschaft verfügt, ist allenfalls Anstifter oder Gehilfe.73 Was aber bedeutet „Tatherrschaft“?

68 Siehe nur Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 542; Hassemer, JuS 1991, 606 (607); Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1122. 69 Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 47 / 84; Putzke, FS Roxin (2011), 425 (425); LK11-Roxin, § 25 Rn. 30; MK-Joecks, § 25 Rn. 10 f.; Schild, S. 33; M. Heinrich, S. 7; M-G / B-Häcker, § 19 Rn. 5; LK12-Schünemann, § 25 Rn. 36; Mosenheuer, S. 83; Heinrich, AT / II, Rn. 1206; Otto, Jura 1987, 246 (248). Als Begründer der Tatherrschaftslehre gilt Welzel. Maurach und Gallas haben die Lehre weiterentwickelt. Roxin führte die Tatherrschaftslehre letztlich zu ihrem Begriff. Dazu eingehend Schild, S. 9 ff. Eine Darstellung sämtlicher Varianten der Tatherrschaftslehre findet sich bei Schild, S. 8 ff. 70 BT-Drs. IV / 650, S. 148. 71 Beispielsweise BGHSt 13, 162 (166); BGHSt 14, 123 (128); BGHSt 28, 346 (349). 72 So beispielsweise Otto, Jura 1987, 246 (249); Lampe, ZStW 119 (2007), 471 (474 f.). 73 M. Heinrich, S. 8; Roxin, Kriminalpolitik, S. 21.

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Nach Welzel hat Tatherrschaft, wer „Herr über seine Tat“74 bzw. „Herr über seinen Entschluss und dessen Durchführung“75 ist. Maurach stellt auf das „In-denHänden-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufes“ ab. Danach ist Täter, „wer die Tatbestandsverwirklichung je nach seinem Verhalten ablaufen lassen, hemmen oder abbrechen“ kann.76 Diese materiell-objektive Formel wird heute noch verwendet.77 Nach Gallas bedeutet Tatherrschaft „die Beziehung des Handelnden zu einem Geschehensablauf und dessen Erfolg“, die den „Gesamtvorgang als seine Tat und den Erfolg als sein Werk“ erscheinen lässt. Eine solche Beziehung besteht, wenn der „Handelnde durch planmäßig gesteuerten Einsatz der geeigneten Mittel die Tat in den Händen hält, ihren Ablauf bis zum Erfolg beherrscht“.78 Neben diesen objektiven Momenten finden ebenfalls subjektive Gesichtspunkte Berücksichtigung. Tatherrschaft setzt das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehens voraus.79 Vor allem Roxin beförderte die Tatherrschaftslehre in seiner Habilitationsschrift „Täterschaft und Tatherrschaft“ (1963). Anstatt eine Definition aller Merkmale in einem Oberbegriff zu fixieren, formuliert Roxin ein Leitprinzip für die Bestimmung des Täterbegriffes, welches er als neuen methodischen Ansatzpunkt sieht.80 Für die Ermittlung der Täterschaft sind die Bedeutung des Tatbestands und die Tatbestandsfassung bestimmend.81 Roxin legt daher wie Gallas82 einen tatbestandsbezogenen Täterbegriff zugrunde.83 Täter ist demnach die „Schlüsselfigur“ bzw. „Zentralgestalt des handlungsmäßigen Geschehens“ bzw. „des im jeweiligen Delikt beschriebenen Handlungsgeschehens“.84 Täter ist Hauptfigur, Teilnehmer nur Randfigur des Geschehens.85 Freilich handelt es sich dabei allenfalls um Metaphern86, die keine große Aussagekraft, sondern nur bildhaften Charakter haben.87 Um mehr als „schmüWelzel, ZStW 58 (1939), 491 (539); Gallas, S. 90. Welzel, ZStW 58 (1939), 491 (539). 76 Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 47 / 85. 77 Schild, S. 15. 78 Gallas, S. 90. 79 Heinrich, AT / II, Rn. 1206; Lampe, ZStW 119 (2007), 471 (475); Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 99; Otto, Jura 1987, 246 (248). 80 Schild, S. 24. 81 Roxin, TuT, S. 353, 380, 442 f. 82 Gallas, S. 96. 83 Roxin, TuT, S. 380, 441, 447 f. 84 Roxin, TuT, S. 25, 336, 380; 442; LK11-Roxin, § 25 Rn. 36. 85 Roxin, TuT, S. 26. 86 Haas, S. 32; BeckOK-Kudlich, § 25 Rn. 15; vgl. auch Stein, S. 64; MK-Joecks, § 25 Rn. 33: „Denn der Begriff ‚Tatherrschaft‘ ist ebenso wie der der ‚Zentralgestalt des Geschehens‘ kein Begriff unter den sich beliebige Erscheinungsformen täterschaftlichen Handelns einfach subsumieren ließen“. 87 G. Wolf, FS Schroeder (2006), 415 (418); Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (353): „Roxin verwendet nun wiederholt diesen Terminus, ohne über tautologische Erläuterun74 75

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

ckende Beiworte“ handelt es sich jedenfalls nicht.88 Die gesetzlichen Begriffe Täter, Anstifter und Gehilfe weisen einen ähnlich anschaulichen Gehalt auf.89 „Von einem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn kann also keine Rede sein.“90 Die Tatherrschaftslehre hat Schwächen, die sich bei bestimmten Deliktsgruppen besonders auswirken. Zu diesen Deliktsgruppen zählen die Sonderdelikte, die als Spezialfälle der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten.91 Die Problematik der Verwendung des Tatherrschaftsgedankens wird anhand folgenden abstrakten Beispiels deutlich: Ein Amtsträger verleitet einen Nichtamtsträger dazu, eine bestimmte Tathandlung vorzunehmen, für die das Gesetz nur Strafe für einen Amtsträger vorsieht. Wird der Tatherrschaftsgedanke herangezogen, ist der Amtsträger nicht wegen dieser Tat strafbar, da er nicht die Tatbestandshandlung verwirklicht hat, nicht das tatbestandsmäßige Geschehen in den Händen hält und nicht Tatherr ist. Der Nichtamtsträger ist, obwohl er Tatherr ist, nicht wegen der Tat strafbar, weil er nicht die Tätereigenschaft „Amtsträger“ besitzt und ihm der eigentliche Unrechtsgehalt der Tat deshalb gar nicht zugänglich ist.92 Teilnahmestrafbarkeit ist sowohl für den Amtsträger als auch den Nichtamtsträger ausgeschlossen, da Teilnahme eine teilnahmefähige Haupttat voraussetzt. Das Kriterium der Tatherrschaft erfasst derartige Fallkonstellationen nicht. Der Tatherrschaftsgedanke kann daher bei einer Vielzahl von Deliktsgruppen, wie den Sonderdelikten, nicht zum Tragen kommen oder bedarf hierzu „kunstreicher inhaltlicher Verbiegungen“.93 Ein allgemeingültiger Täterbegriff muss jedoch für unterschiedliche Anforderungen der Deliktsverwirklichung offen sein und sich nach diesen unterschiedlichen Anforderungen richten können.94 Paradox gestaltet sich diese Problematik bei den klassischen Korruptionsdelikten. Bei den Nehmerdelikten als Sonderdelikte würde es in jener geschilderten Fallkonstellation bei Straflosigkeit des Amtsträgers und des Nichtamtsträgers bleiben. Hingegen sind Geberdelikte Allgemeindelikte und können von jedermann begangen werden. Die Strafbarkeit würde daher zumindest nicht an einer fehlenden Tätereigenschaft scheitern.

gen hinauszukommen“; „ohne erhellende Bedeutung“; Ranft, FS Otto (2007), 403 (421): Wort ohne Inhalt; kritisch auch Marlie, S. 179. 88 Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (353). 89 Schmidhäuser, AT, 10 / 164; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (347). 90 Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (354); G. Wolf, FS Schroeder (2006), 415 (418). 91 Eidam, Rn. 415, 430; Frister, AT, Kap. 8 Rn. 23; Bacigalupo, FS Tiedemann (2008), 253 (253); LK12-Schünemann, § 25 Rn. 39; zu den Schwächen Putzke, FS Roxin (2011), 425 (428 ff.). 92 Herzberg, TuT, S. 10; Heinrich, AT / II, Rn. 1196. 93 M. Heinrich, S. 8; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 275: Der Tatherrschaftsgedanke laufe in mancherlei Hinsicht ins Leere. 94 Siehe auch Cramer, FS Bockelmann (1979), 389 (394 f.); ähnlich LK12-Schünemann, § 25 Rn. 38.

A. Die Problematik der Verwendung des Tatherrschaftsgedankens

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Als Lösungsvorschlag zur Erfassung derartiger Fallkonstellationen, in denen die Tatherrschaftslehre versagt, wird die sog. Pflichtdeliktslehre vorgebracht. Diese hat Roxin begründet.95 Ihre Anwendung ist aber bis heute nicht unumstritten geblieben.96 Nach Roxin liegt es nahe, den Begriff der Zentralgestalt – als Leitprinzip für die Bestimmung des Täterbegriffes – durch andere Kriterien auszufüllen als durch die Tatherrschaft, wenn der Gesetzgeber besondere Merkmale beim Handelnden voraussetzt.97 Roxin schlüsselt das Leitprinzip der Zentralgestalt in drei Gesichtspunkte auf: „Herrschaft“, „Pflicht“ und „Eigenhändigkeit“.98 Die Anwendung des Tatherrschaftsgedankens beschränkt Roxin dabei auf die sog. Herrschaftsdelikte.99 Tatherrschaft stellt nach Roxin demzufolge kein Universalprinzip dar, welches ohne Ausnahme bei sämtlichen Straftatbeständen zur Bestimmung der Täterschaft gilt.100 Bei zwei Deliktsgruppen muss die Beurteilung der Täterschaft anders erfolgen: bei den Pflichtdelikten, die für die kommende Untersuchung relevant ist, und den eigenhändigen Delikten.101 Roxin behauptet, dass die Strukturen der Pflichtdelikte einen anderen Täterbegriff als die Strukturen der Herrschaftsdelikte erzwingen.102 Bei den Pflichtdelikten kommt es nach Roxin nicht auf die äußere Art der Beteiligung an.103 Im fünften Kapitel ist daher eingehend zu prüfen, ob die Tatherrschaftslehre bei den Sonderdelikten fortentwickelt bzw. ergänzt werden muss104 oder ob eine Alternative, wie beispielsweise die genannte Pflichtdeliktslehre, für die Lösung der Problematik zu wählen ist. Zuvor müssen jedoch auf Grundlage der im zweiten und dritten Kapitel vorgenommenen handlungstheoretischen Überlegungen die Besonderheiten der Tathandlungen von klassischen Korruptionsdelikten herausgearbeitet werden. Die Erfassung der Besonderheiten der Tathandlungen ist notwendig, da diese einen zentralen Anknüpfungspunkt zur Erschließung der allgemeinen Täterlehre bilden werden.

Dazu Roxin, TuT, S. 352 ff. Cramer, FS Bockelmann (1979), 389 (395). 97 Roxin, TuT, S. 338. 98 Roxin, TuT, S. 442. 99 Roxin, TuT, S. 355. 100 LK11-Roxin, § 25 Rn. 36. 101 LK11-Roxin, § 25 Rn. 36. 102 Roxin, TuT7, S. 702; insofern geht er in der neuesten Auflage (Roxin, TuT, S. 740) schon weiter und meint, dass es „als wohl schon herrschende Lehre bezeichnet werden“ kann, dass bei den Pflichtdelikten andere Kriterien als die der Tatherrschaft für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme herangezogen werden müssen. 103 Roxin, TuT, S. 379. 104 Schünemann, GA 1986, 293 (331). 95 96

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

B. Besonderheiten der Tathandlungen von klassischen Korruptionsdelikten und deren Auswirkungen auf Beteiligungsfragen In den folgenden Abschnitten werden die vielfach erwähnten Besonderheiten der Tathandlungen des Intraneus und des Extraneus präzise aufgeschlüsselt, um die Eigenart der Strafbarkeit des Nehmers und des Gebers zu verdeutlichen. Insoweit werden die Handlungsstrukturen bei Korruption im strafjuristischen Sinne konkretisiert. Die Tathandlungen der Nehmerdelikte und der Geberdelikte unterscheiden sich entsprechend der Rolle der Beteiligten als Vorteilsnehmer oder Vorteilsgeber.105 Eine besondere Deliktsstruktur, die sich auf die Tathandlungen auswirkt, stellt die spiegelbildliche Ausgestaltung106 der Intraneusstrafbarkeit als Sonderdelikt und der Extraneusstrafbarkeit als Jedermannsdelikt dar. Aus der Spiegelbildlichkeit resultiert jedoch nicht, dass die Strafbarkeit des Vorteilsgebers logisch der Strafbarkeit des Vorteilsnehmers entsprechen muss.107 Vielmehr ist für die individuelle Strafbarkeit des Vorteilsnehmers oder des Vorteilsgebers nur das jeweilige Verhalten maßgeblich. Das Verhalten der Gegenseite ist für die individuelle Strafbarkeit grundsätzlich irrelevant.108 Diese Erkenntnis zeigt sich deutlich anhand des einseitigen Korruptionsversuches. Wenn lediglich ein einseitiges Ansinnen auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung besteht und die Gegenseite diesem Ansinnen nicht entgegenkommt, ist ausschließlich der Ansinnende strafbar.109 „Selbst wenn man sich den Handel als vollkommen abgeschlossen vorstellt“, es also bei einer einseitigen Initiative bleibt, kann die Strafbarkeit der Vorteilsnehmer- oder Vorteilsgeberseite fehlen, ohne dass dies unmittelbare Auswirkungen auf die Gegenseite hätte.110 Obwohl im Korruptionsgeschehen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber als Täter interagieren und beide regelmäßig im Tauschgeschehen mitwirken, ist die Strafbarkeit beider Akteure im strafjuristischen Sinne eigenständig zu prüfen. Der Kenntnisstand und Wille der betreffenden Person ist auf subjektiver Seite maßgeblich, sodass die konkrete Strafbarkeit von Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber divergieren kann, beispielsweise hinsichtlich des Merkmals „pflichtwidrige Diensthandlung“ gemäß § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB bzw. § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB.111 Dennoch ist das Verhalten des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers unweigerlich miteinander verquickt, was das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung zeigt. Diese LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 47. Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 70; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (281); Fischer, § 299 Rn. 19; Pragal, S. 11. 107 Bell, MDR 1979, 719 (719). 108 BGHSt 15, 184 (184); BGHSt 15, 88 (98); Hardtung, S. 65; Jaques, S. 149; Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (446 f.); Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 63. 109 Siehe auch Sowada, S. 123. 110 Binding, BT / II / 2, S. 726. 111 Vgl. Hardtung, S. 64 f.; Jaques, S. 129. 105 106

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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phänotypische Verbundenheit der Tauschparteien wirkt sich auf die Auslegung der Tatbestandsmerkmale aus.

I. Korruptionsdelikte als Interaktionsdelikte: Analyse der einzelnen Handlungsstufen im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung Anknüpfungspunkt der konkreten Ausgestaltung der Unrechtsvereinbarung bildet die jeweilige Tathandlung.112 Jede Tathandlungsvariante stellt im Grundsatz eine Tat dar.113 Die Unrechtsvereinbarung, womit die Übereinkunft über einen Tausch von Vorteilen gemeint ist, umfasst den Unrechtskern klassischer Korruptionsdelikte.114 Das Gesetz unterscheidet bei den §§ 331 ff. StGB und § 299 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zwischen den Tathandlungen Fordern, Sich-Versprechen-Lassen und Annehmen auf Seiten des Vorteilsnehmers und Anbieten, Versprechen und Gewähren auf Seiten des Vorteilsgebers. Die Tathandlungen sind einem dreistufenförmigen Aufbau (sog. Drei-Stufen-Modell)115 unterworfen und „quasi-vertraglich“116 ausgestaltet. Das Verhältnis der einzelnen Tathandlungen folgt dabei einem historischen Ablauf.117 Die Unrechtsvereinbarung wird beim Fordern / Anbieten angestrebt, beim Sich-Versprechen-Lassen / Versprechen geschlossen und beim Annehmen / Gewähren realisiert.118 Das Gesetz berücksichtigt somit, dass die Tauschbeziehung zu112 Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 118, 125. Mit der Verwirklichung der Tathandlungen ist die Tat vollendet; LK12-Sowada, § 331 Rn. 130. Sie ist mit dem letzten Teilakt der Handlung und dem Annehmen des letzten Vorteils beendet, soweit diese auf der Unrechtsvereinbarung beruhen: für §§ 331 ff. StGB BGHSt 11, 345 (347); BGH NJW 1998, 2373 (2373); LK12-Sowada, § 331 Rn. 131; für § 299 StGB BGHSt 10, 237 (243); BGHSt 49, 214 (228); BGH NJW 2003, 2996 (2997); BGH NStZ-RR 2008, 42 (43); SSW-Rosenau, § 299 Rn. 36; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 33. Kommt es nicht zum Vorteil, ist die Tat beendet, wenn sich die Forderung oder das Versprechen etc. endgültig als fehlgeschlagen erwiesen haben und der Täter mit einer Erfüllung nicht mehr rechnet; BGH NJW 2003, 2996 (2997); BGH NStZ 2004, 41 (41 f.); Fischer, § 331 Rn. 30a; LK12-Sowada, § 331 Rn. 131. Neben den Auswirkungen auf Beteiligungsfragen ergeben sich Fragen der Tatbeendigung und des Beginns der Verjährungsfrist; dazu beispielsweise Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 212. 113 BGH v. 4. 10. 1994 – 5 StR 503 / 94, in: NStE Nr. 49 zu § 52 StGB; MK-Korte, § 331 Rn. 184. Zum konkurrenzrechtlichen Verhältnis der einzelnen Taten Noltensmeier, S. 237 ff. 114 Kapitel 3 A. I. und II. 115 Freund / Kallmayer / Kraft, S. 21; Oğlakcioğlu, HRRS 2011, 275 (275); Schmidl, wistra 2006, 286 (289); vgl. auch Fischer, § 331 Rn. 17, § 333 Rn. 4; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 76; LK12-Sowada, § 331 Rn. 21. 116 LK12-Sowada, § 333 Rn. 9; SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 24: „[…] strukturell einem Vertragsschluss entspricht […]“. 117 Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 216. 118 Hardtung, S. 62 (m.w. N.); vgl. auch BGHSt 15, 184 (184 f.); BGH wistra 1986, 218 (219).

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

nächst von einer Partei angebahnt wird, sich beide Parteien schließlich über den Tausch einig sind und letztendlich die Leistungen tatsächlich tauschen. Für dieses Verständnis spricht vor allem die bewusste Änderung der Reihenfolge der Tathandlungen bei den §§ 331 f. StGB seit der Gesetzesfassung von 1974.119 Dieses auf den ersten Blick gut nachvollziehbare Gepräge der Korruptionsdelikte120 löst allerdings verschiedene Fragestellungen auf den einzelnen Stufen des „Korruptionsvertrages“ aus, die zu klären sind.

1. Verhandlungsstufe Die erste Stufe zur Unrechtsvereinbarung stellt die sogenannte Verhandlungsstufe in Form des Forderns bzw. Anbietens dar.121 Fordern ist das einseitige Verlangen eines Vorteils122 durch den Vorteilsnehmer und das Angebot auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung123. Die Charakterisierung der Nehmerdelikte als „passive Bestechung“124 ist in diesem Zusammenhang mit Vorsicht zu genießen, schließlich handelt es sich beim Fordern nicht um passives, sondern vielmehr um aktives Verhalten.125 Der Vorteilsnehmer muss den Vorteil tatsächlich erlangen wollen. Nicht die Äußerung an sich ist entscheidend, sondern die Äußerung als Ausdruck eines ernsthaften Willens.126 Es ist deshalb unbeachtlich, ob der Intraneus ausdrücklich oder nur verschleiert seine Forderung kundgibt.127 Anbieten als Komplement des Siehe hierzu den Anhang: Neue und alte Gesetzestexte der §§ 331 ff. StGB. Oğlakcioğlu, HRRS 2011, 275 (275). 121 Fischer, § 331 Rn. 18, § 333 Rn. 4; bei NK-Kuhlen, § 331 Rn. 76, Angebot; LK12-Sowada, § 331 Rn. 21; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 21; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 86. 122 BGHSt 10, 237 (241); BGH NStZ 2006, 628 (629); BGHSt 15, 88 (98); Baumann, BB 1961, 1057 (1060); Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 124; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 44; LK12-Sowada, § 331 Rn. 22; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 16; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 22; MK-Korte, § 331 Rn. 52; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 22. Es handelt sich um eine aktive Handlungsweise, Überhofen, S. 113. 123 BGHSt 47, 22 (29); BGHSt 15, 88 (98); BGHSt 10, 237 (241 f.); A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 25, 34; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 24; Eidam, Rn. 1816; Knauer / Kaspar, GA 2005, 385 (393); Hardtung, S. 231; LK12-Sowada, § 331 Rn. 22; vgl. auch Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (766). Interessant ist die Frage, inwieweit der Vorteilsgeber wegen Notstandes gemäß § 34 StGB gerechtfertigt sein kann, wenn der Vorteilsnehmer an seine Forderung eine Erpressung oder Nötigung knüpft, dazu Dann, wistra 2011, 127 ff. 124 RGSt 13, 181 (181); Überhofen, S. 83; Bannenberg, S. 19; Eidam, Rn. 1767; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 2; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 16; Kohlrausch / Lange, Überschrift zu § 332. 125 Küchler, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 61 (61); Kohlrausch / Lange, § 331 Abs. 1: „Die übliche Bezeichnung ‚passive Bestechung‘ ist sprachlich unschön und führt sachlich irre.“. 126 Fischer, § 331 Rn. 18; Eidam, Rn. 1816; MK-Korte, § 331 Rn. 52; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 44. 127 Hardtung, S. 47; Baumann, BB 1961, 1057 (1061). 119

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B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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Forderns stellt das Angebot des Vorteilsgebers auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung dar.128 Die Willenserklärungen der Tauschparteien sind empfangsbedürftig.129 Auf der sogenannten Verhandlungsstufe bedarf es keiner Zustimmung oder positiven Reaktion des Gegenübers.130 Wenn ein Angebot auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung abgegeben wird, ist diese Willenserklärung regelmäßig mit dem Willen verbunden, dass das Gegenüber die Erwartungen des Initiators erkennt.131 Zumindest muss der Erklärungsgehalt objektiv erkennbar sein.132 Dass der Adressat die Bedeutung des Angebotes tatsächlich versteht, ist nicht erforderlich. Das Fordern des Intraneus erfolgt schließlich häufig in verdeckter Form.133 Für die Vollendung der Tathandlungen Fordern und Anbieten wird teilweise auf den Zugang der Erklärung134 abgestellt, überwiegend auf die Kenntnisnahme des Erklärungsempfängers135 oder einer Mittelsperson mit der Einschränkung, dass die Erklärung in den Organisationsbereich des Adressaten gelangt und die Mittelsperson im Lager des Adressaten steht136. Zugang bedeutet im zivilrechtlichen Sinne, dass die Erklärung dergestalt in den Machtbereich bzw. die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist, dass es nur noch an ihm liegt, von ihr Kenntnis zu nehmen und mit der Kenntnisnahme unter normalen Umständen gerechnet werden kann.137

128 BGHSt 15, 88 (102); BGHSt 16, 40 (46); Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 3; Fischer, § 333 Rn. 4; Hardtung, S. 231; NK-Kuhlen, § 333 Rn. 4; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 47; SSW-Rosenau, § 333 Rn. 5; LK12-Sowada, § 333 Rn. 3. 129 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (135, 142). 130 BGHSt 10, 237 (241); BGH NStZ 2006, 628 (629); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 218; Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (140, 143); Greeve, Rn. 300; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 22; MK-Korte, § 331 Rn. 53; Eidam, Rn. 1816; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 23; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 124. 131 BGH NJW 2008, 3580 (3583); SSW-Rosenau, § 331 Rn. 22; Reinhold, HRRS 2010, 213 (216). 132 BGHSt 10, 237 (240 f.); BGHSt 15, 88 (102); BGHSt 16, 40 (46); BGH NStZ 2006, 628 (629); Fischer, § 333 Rn. 4; NK-Kuhlen, § 333 Rn. 4; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 47; SSW-Rosenau, § 333 Rn. 5; LK12-Sowada, § 333 Rn. 3, § 331 Rn. 24; MK-Korte, § 331 Rn. 53; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 18; Sommer, Rn. 195; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 224. 133 BGHSt 10, 237 (240 ff.); BGHSt 15, 184 (185); BGHSt 47, 22 (29); BGH NJW 1957, 1078 (1079); BGH NStZ 2006, 628 (629); Lackner / Kühl, § 331 Rn. 7; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 17; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 22; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 25; Knauer / Kaspar, GA 2005, 385 (393); Baumann, BB 1961, 1057 (1061); LK12-Sowada, § 333 Rn. 3; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 24; vgl. auch Kargl, ZStW 114 (2002), 763 (766); LK12-Sowada, § 331 Rn. 23. 134 Fischer, § 331 Rn. 18, § 333 Rn. 4; Rengier, BT / II, 60 / 26. 135 BGHSt 10, 237 (243); BGH NStZ 2006, 628 (629); BGHSt 47, 22 (29); Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 4; SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 25; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 7; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 34; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 23; MK-Korte, § 331 Rn. 53; Greeve, Rn. 300; LK12-Sowada, § 331 Rn. 130. 136 LK12-Sowada, § 333 Rn. 7; Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 4; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 12; MK-Korte, § 333 Rn. 10; NK-Kuhlen, § 333 Rn. 4. 137 BeckOK / BGB-Wendtland, § 130 Rn. 9.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

Für die Vollendung der Tathandlungen Fordern und Anbieten ergibt sich, dass auf die tatsächliche Kenntnisnahme abzustellen ist. Zum einen ist die Grenze zur Vollendungsstrafbarkeit durch diese Auslegung klarer und bestimmter. Erst wenn der Empfänger die Erklärung des Absenders zur Kenntnis nimmt, verwirklicht sich die Gefahr der Käuflichkeit des Vorteilsnehmers. Zum anderen kann die Abgabe der Erklärungen, die nicht zur tatsächlichen Kenntnisnahme gelangt sind, gegebenenfalls durch Versuchsstrafbarkeit – soweit diese gesetzlich vorgesehen ist – erfasst werden. Die Grenze zwischen Vollendung und Versuch kann durch das Abstellen auf die Kenntnisnahme des Empfängers klar gezogen werden. Eine Unrechtsvereinbarung liegt in diesem Stadium (Verhandlungsstufe) noch nicht vor.138 Die Tathandlungen Fordern und Anbieten sind daher am weitesten vom Kern des Unrechtsgeschehens entfernt und nach vorn verlagert.139 Pragal steht dem Begriff „Unrechtsvereinbarung“ sehr kritisch gegenüber, da es sich bei den Tathandlungen „Fordern“ und „Anbieten“ nur um einseitige Bestechungsversuche und nicht um beidseitige Vereinbarungen handelt. Der Begriff Unrechtsvereinbarung sollte daher „mangels Relevanz […] nicht verwendet werden“.140 Das entwickelte Korruptionsmodell hat jedoch gezeigt, dass der Korruptionsbegriff offen für unterschiedliche Stadien der Tauschbeziehung sein muss. Der Begriff Korruption ist um die Sondersituation des einseitigen Korruptionsversuches zu erweitern. Danach handelt es sich ebenfalls um ein korruptives Geschehen, wenn lediglich ein einseitiges Ansinnen auf einen korruptiven Tausch besteht. Es hat sich am Anfang der Untersuchung gezeigt, dass ein zu enges Verständnis das Phänomen Korruption nicht vollständig erfasst. Der einseitige Korruptionsversuch ist auf die Herstellung einer Tauschbeziehung und auf den Abschluss eines „Korruptionsvertrages“ gerichtet. Merkmal der Korruption bleibt auch im Rahmen des einseitigen Korruptionsversuches die Tauschbeziehung. Die Tathandlungen des Forderns und Anbietens beziehen sich auf eine Unrechtsvereinbarung.141 Nur diese Auslegung des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals „Unrechtsvereinbarung“ ist sachgerecht. Es ist demgegenüber verfehlt, diesem Tatbestandsmerkmal bei einseitigen Handlungen die Relevanz abzusprechen. Die Tathandlungen des „Forderns“ und des „Anbietens“ sind als schlicht einseitige Verhaltensweisen142 daher geeignet, die handlungstheoretische Sonderkonstellation des einseitigen Korruptionsversuches gesetzestechnisch zu erfassen. Fordern und Anbieten haben somit Auffangfunktion, wenn der Tausch zwischen Intraneus und Extraneus scheitert.143 Diese Tathandlun138 BGH NStZ 2006, 628 (629); Jaques, S. 148; Sommer, Rn. 130; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 218. 139 Sommer, Rn. 194. 140 Pragal, S. 171 ff. 141 Nach LK12-Sowada, § 331 Rn. 65, ist bei den Tathandlungen des Forderns und Anbietens die Unrechtsvereinbarung kein Tatbestandsmerkmal, sondern ein bloßer Bezugsbegriff. 142 Rengier, BT / II, § 60 Rn. 24; Sommer, Rn. 298; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 130; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 218. 143 Vgl. Oğlakcioğlu, HRRS 2011, 275 (277).

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

151

gen berücksichtigen damit ausreichend, dass es häufig zunächst nur um das Bemühen um eine Unrechtsvereinbarung geht.144 Das Fordern des Vorteilsnehmers gilt als besonders verwerfliche Tathandlung und stellt vor allem im Normbereich der §§ 331 f. StGB im erhöhten Maße einen Verstoß gegen die Regeln des öffentlichen Dienstes dar.145 Fordern ist daher das schwerere Unrecht.146 Beim Fordern handelt der Intraneus in besonders verwerflicher Weise, da er initiativ an den Extraneus herantritt und seine Käuflichkeit zu erkennen gibt. Beim „Sich-Versprechen-Lassen“ und „Annehmen“ gibt hingegen der Extraneus den Anstoß zur Tatbegehung.147 Demzufolge ist Fordern auch im Wettbewerbsrecht und in § 299 Abs. 1 StGB das schwerere Unrecht, vorausgesetzt, § 299 StGB wird als klassisches Korruptionsdelikt anerkannt (Kapitel 3 A. II. 3.). Zum einen bestätigt sich anhand der besonderen Verwerflichkeit des Forderns noch einmal die Erweiterung des Korruptionsbegriffes um den einseitigen Korruptionsversuch. Zum anderen erstaunt es, dass gerade der einseitige Bestechungsversuch auf Seiten des Vorteilsnehmers als besonders verwerflich gilt, wird doch der Tausch handlungstheoretisch stark betont und in den Vordergrund gerückt. Es ist beachtlich, dass der Unrechtsgehalt des Anbietens hingegen nicht höher bewertet wird als bei den anderen Tathandlungen (Versprechen, Gewähren etc.).148 Die immanenten Bewertungsunterschiede zwischen den Tathandlungen von Intraneus und Extraneus treten deutlich hervor. Diese Unterschiede sind sachgerecht, denn wer es initiativ anbietet, gegen Gewährung von Vorteilen seine Machtposition gegenüber dem Prinzipal zu missbrauchen, und sich als käuflich zeigt, handelt besonders illoyal und verwerflich. Die besondere Verwerflichkeit des Forderns resultiert ebenfalls daraus, dass der Extraneus durch die „Initiative zum Unrechtspakt“ besonders unter Druck gesetzt wird. Das gilt vor allem im Bereich der §§ 331 ff. StGB, wenn es sich beim Vorteilsgeber um einen normalen Bürger handelt.149 Diese besondere Verwerflichkeit und besondere Unrechtsqualität150 des Forderns ist ausdrücklich151 im Gesetz manifestiert. Gemäß § 331 Abs. 3 StGB kommt eine Genehmigung einer Tat im Sinne von § 331 Abs. 1 StGB ausschließlich152 bei den Tathandlungen des Sich-Versprechen-Lassens und der Annahme von Vorteilen in Betracht, nicht hingegen, wenn der Intraneus den Vorteil gefordert hat. Das Fordern eines Vorteils wird daher vom

144 145 146 147 148 149 150 151 152

Hardtung, S. 66; Sommer, Rn. 130. BT-Drs. 7 / 550, S. 271; BGHSt 10, 237 (242); vgl. Wagner, S. 232; Hardtung, S. 117. Wagner, S. 234. BGH NJW 1957, 1078 (1079); MK-Korte, § 333 Rn. 11. MK-Korte, § 333 Rn. 11. Wagner, S. 231: „eigennützige Bedrückung des Staatsbürgers“; Hardtung, S. 45, 117. Wagner, S. 232; Hardtung, S. 117. So auch Hardtung, S. 117. BT-Drs. 7 / 550, S. 271.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

Gesetzgeber strenger behandelt als das Sich-Versprechen-Lassen und die Annahme.153 Im Hinblick auf das Drei-Stufen-Modell ist dies beachtlich, ist doch der Abschluss des „Korruptionsvertrages“ bei diesen Tathandlungen viel weiter vorangeschritten als beim einseitigen Korruptionsversuch. Der einseitige Korruptionsversuch des Intraneus weist damit eine besondere Unrechtsrelevanz auf. Im Zusammenhang mit der Tathandlung Fordern steht die Frage, ob Fordern sozialadäquat sein kann.154 Grundsätzlich kann Sozialadäquanz nur nach einer Gesamtschau einzelner Kriterien beurteilt werden.155 Systematisch spricht beispielsweise § 331 Abs. 3 StGB, wonach die Genehmigung eines Vorteils beim Fordern ausgeschlossen ist, gegen diese Form der Tatbestandskorrektur. Hardtung folgt dieser Schlussfolgerung allerdings nicht. Soweit keine Gefährdung der Integrität des öffentlichen Dienstes besteht, liegt kein tatbestandsmäßiges Fordern vor. Nach Hardtung betrifft Sozialadäquanz daher bereits die Tatbestandsmäßigkeit.156 Im Ergebnis ist eine differenzierende und einzelfallabhängige Lösung nach folgenden Kriterien sachgerecht: Wenn im Fordern ein besonders schweres Unrecht zu sehen ist, wie beispielsweise beim offensiven, massiven, aggressiven und erpresserischen Fordern, scheidet Sozialadäquanz regelmäßig aus. Falls hingegen eine bloße Anregung, d. h. eine mildere Form des Forderns, stattfindet, ist der Spielraum für Sozialadäquanz zumindest eröffnet.157 Eine entsprechende Fallkonstellation könnte die Anspielung auf eine Einladung zu einem Mittagessen als Dankeschön für gute Zusammenarbeit darstellen.

2. Vereinbarungsstufe Die zweite Stufe stellt die sogenannte Vereinbarungsstufe in Form des Sich-Versprechen-Lassens bzw. Versprechens dar.158 Sich-Versprechen-Lassen meint das ausdrückliche oder konkludente Annehmen eines Angebotes auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung durch den Intraneus und stellt den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung dar.159 Die Initiative geht beim Sich-Versprechen-Lassen vom Extraneus aus.160 Ob der Vorteil tatsächlich gewährt wird, ist auf der sog. VereinbarungsHardtung, S. 46; Wentzell, S. 33. Hardtung, S. 72. 155 Kapitel 3 A. I. 2. b). 156 Hardtung, S. 73. 157 Hardtung, S. 73 f. 158 Fischer, § 331 Rn. 17, § 333 Rn. 4; bei NK-Kuhlen, § 331 Rn. 76, Abschluss; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 21; LK12-Sowada, § 331 Rn. 21; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 86, bei Überhofen, S. 113, Stadium des Verpflichtungsgeschäftes. 159 LK12-Sowada, § 331 Rn. 26; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 43; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 20; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 23; Fischer, § 331 Rn. 19; Greeve, Rn. 300; Jaques, S. 151; MK-Korte, § 331 Rn. 54; Eidam, Rn. 1817; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 123; Baumann, BB 1961, 1057 (1061); Sommer, Rn. 191; BGHSt 10, 237 (241). 153 154

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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stufe irrelevant.161 Versprechen als Komplement zum Sich-Versprechen-Lassen bedeutet demgegenüber das Annehmen eines Angebotes auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung durch den Extraneus und impliziert den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung. Die Initiative geht hier vom Intraneus aus.162 Die Willenserklärungen sind wiederum empfangsbedürftig.163 Der „Korruptionsvertrag“ zwischen den Tauschparteien im Sinne des Korruptionsmodells gilt unter diesen Voraussetzungen als geschlossen. Hardtung bestreitet die zugrunde liegende Auslegung der Tathandlungen „Versprechen“ und „Anbieten“. Er behauptet, dass „Anbieten“ und „Versprechen“ sowohl als Aktionen als auch als Reaktionen des Vorteilsgebers verstanden werden können.164 Nach seiner Ansicht bietet der Vorteilsgeber an, was er sofort gewähren will, und verspricht, was er später gewähren will. Der Gesetzgeber habe, so Hardtung, bei der Wortwahl um der Klarheit willen nur typische, anschauliche Begriffe gewählt.165 Dieser Ansatz schafft jedoch mehr Verwirrung als Klarheit. Erstens würde das saubere Gefüge der Stufen des „Korruptionsvertrages“ durchbrochen werden. Die Einordnung nach zivilrechtlichem Vorbild ist transparenter. Es wird klar zwischen dem Angebot auf Abschluss eines „Korruptionsvertrages“, dem Abschluss des „Korruptionsvertrages“ und der Erfüllung des „Korruptionsvertrages“ differenziert. Zweitens ist „Anbieten“ sprachlich keine Reaktion. Vielmehr handelt es sich um eine einseitige Aufforderung des Extraneus und ein Angebot auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung. Hingegen könnte „Versprechen“ sprachlich tatsächlich auch als Aktion verstanden werden.166 „Sich-Versprechen-Lassen“ wäre dann die Reaktion auf ein „Versprechen“. Dieses Verständnis zerbricht allerdings die Kongruenz zwischen den komplementären Tathandlungen167 und die Zweckmäßigkeit des Drei-Stufen-Modells. Zu Rechtsklarheit führt dieses Verständnis jedenfalls nicht. Sich-Versprechen-Lassen ist nicht die Reaktion des Vorteilsnehmers auf ein Versprechen des Vorteilsgebers, obwohl die Spiegelbildlichkeit der Nehmer- und Geberdelikte zunächst diesen Eindruck erweckt.168 160 SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 25a; Schmidl, wistra 2006, 286 (290); MK-Korte, § 333 Rn. 11. 161 Eidam, Rn. 1817; Fischer, § 331 Rn. 19; Greeve, Rn. 300; A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 34; LK12-Sowada, § 331 Rn. 26. 162 BGHSt 10, 237 (242); NK-Kuhlen, § 333 Rn. 5; Fischer, § 333 Rn. 4; LK12-Sowada, § 333 Rn. 8; SSW-Rosenau, § 333 Rn. 6; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 47; Oğlakcioğlu, HRRS 2011, 275 (277). 163 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (136, 142). 164 Hardtung, S. 231; MK-Korte, § 333 Rn. 12. 165 Hardtung, S. 231. 166 So auch LK12-Sowada, § 333 Rn. 8; NK-Kuhlen, § 333 Rn. 5. 167 Was Hardtung, S. 231, auch erkennt, aber nicht als Einwand gegen seine Ansicht gelten lässt. 168 Binding, BT / II / 2, S. 726.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

Drittens macht es in der Sache keinen Unterschied, ob der Vorteilsgeber etwas sofort oder erst später gewähren will. Die zeitliche Differenzierung ist weder funktional noch sachgerecht.169 Beides ist als „Anbieten“ und damit als Angebot auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung auszulegen. Darüber hinaus kann die Erfüllung des „Korruptionsvertrages“ denknotwendig erst eintreten, wenn der Intraneus das Angebot des Extraneus (konkludent oder ausdrücklich) annimmt, sich also einen Vorteil versprechen lässt. Der Sprung vom „Anbieten“ als Reaktion hin zum „Gewähren“ als Erfüllung ist zu groß. Dazwischen liegt „Versprechen“ als „Vertragsabschluss“. Viertens muss sich „Versprechen“ vom „Anbieten“ unterscheiden, ansonsten wäre die begriffliche und gesetzliche Differenzierung bedeutungslos. Unter Zugrundelegung des Drei-Stufen-Modells der Tathandlungen (Anbieten / Fordern – SichVersprechen-Lassen / Versprechen – Gewähren / Annehmen) und der inneren Systematik der §§ 331 ff. und § 299 StGB muss „Versprechen“ mehr als „Anbieten“, aber weniger als „Gewähren“ sein.170 Das Verständnis Hardtungs würde auf einen unschlüssigen Gleichlauf von „Anbieten“ und „Versprechen“ hinauslaufen und die Gesamtkonzeption der Tathandlungen missachten. Der Tathandlungsaufbau des Gesetzes ist mit Blick auf das Korruptionsmodell daher in sich schlüssig und logisch.

3. Leistungsstufe Die dritte Stufe stellt die sogenannte Leistungsstufe in Form des Annehmens bzw. Gewährens dar.171 Auf dieser Stufe geht es quasi-vertraglich um die Erfüllung der Unrechtsvereinbarung.172 Das Tatgeschehen ist in Bezug auf die Realisierung des Vorteilstransfers am weitesten vorangeschritten.173 Annehmen ist dabei das tatsächliche Empfangen des Vorteils durch den Intraneus oder das Weitergeben eines Vorteils an einen Dritten, für den dieser bestimmt ist.174 Es muss eine Willensübereinstimmung bezüglich des Abschlusses einer Unrechtsvereinbarung vorliegen.175 Annehmen ist dabei mehr als Hinnehmen, sodass der In diese Richtung auch LK12-Sowada, § 333 Rn. 8. 170 Siehe auch LK12-Sowada, § 333 Rn. 8; NK-Kuhlen, § 333 Rn. 5. 171 Fischer, § 331 Rn. 17, § 333 Rn. 4; LK12-Sowada, § 331 Rn. 21, § 333 Rn. 9; bei NKKuhlen, § 331 Rn. 76, Vollzug; Freund / Kallmayer / Kraft, S. 21; Böttger-Böttger, Kap. 5 Rn. 86. 172 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (136). 173 Sommer, Rn. 300. 174 MK-Korte, § 331 Rn. 56, 58; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 24; Fischer, § 331 Rn. 20; LK12-Sowada, § 331 Rn. 28 f.; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 42. Geht der Vorteil unmittelbar an einen Dritten und soll dieser den Vorteil behalten, liegt keine Annahme, sondern ein Sich-Versprechen-lassen vor: NK-Kuhlen, § 331 Rn. 25; MK-Korte, § 331 Rn. 58. 175 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 42; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 26; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 24; MK-Korte, § 331 Rn. 56; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 28 b; Sommer, Rn. 187. 169

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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Wille gegeben sein muss, den Vorteil im eigenen Interesse zu verwenden oder an einen Dritten weiterzuleiten.176 Es hingegen ist unbeachtlich, wenn sich der Vorteilsnehmer vorbehält, den Vorteil nicht dauerhaft zu behalten.177 Gewähren ist als Komplement zum Annehmen die tatsächliche Zuwendung des Vorteils durch den Extraneus, wobei wiederum eine Willensübereinstimmung zur Unrechtsvereinbarung erforderlich ist.178 Vortäuschen der Gewährung reicht nicht aus.179 Es genügt aber, dass der Extraneus den Willen hat, der Intraneus werde den Sinn der Vorteilshingabe verstehen. Ob der Intraneus diesen Willen erkennt, ist ohne Belang.180 Teilweise wird behauptet, dass Gewähren ohne Schließung einer Unrechtsvereinbarung denkbar sei und als einseitiges Ansinnen des Extraneus verstanden werden könne. Nimmt der Intraneus den Vorteil beispielsweise trotz tatsächlicher Zuwendung nicht an, liege „Gewähren“ in dieser Fallkonstellation nach dem Wortlaut näher als „Anbieten“.181 In diesem Fallbeispiel liegt keine Willensübereinstimmung zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber vor. Vielmehr existiert nur ein Ansinnen des Vorteilsgebers, auf welches der Vorteilsnehmer nicht eingeht. Folgt man dem Drei-Stufen-Modell konsequent, setzt Gewähren den Abschluss der Unrechtsvereinbarung voraus und ist die Erfüllung dieser Vereinbarung. Demzufolge ist die Tathandlung des Anbietens einschlägig, da der Vorteilsnehmer das Angebot nicht angenommen hat.182 Es wird deutlich, dass im korruptiven Geschehen nicht nur die tatsächlichen Einzelakte zu betrachten sind, sondern vor allem die Willensübereinstimmung zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber maßgebend ist: Wenn der Extraneus zeitgleich mit dem Angebot den Vorteil übergibt, der Intraneus allerdings ablehnt, handelt es sich lediglich um Anbieten.183 Nimmt der Intraneus hingegen zeitgleich an und erkennt er nach Ansicht des Extraneus den zugrunde liegenden „Korruptionsvertrag“, hat der Extraneus den Vorteil gewährt. LK12-Sowada, § 331 Rn. 28; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 121 f. BGH GA 1963, 147 (148): „Das Behaltenwollen ist nur Beweiszeichen für die Vorteilsannahme“; SSW-Rosenau, § 331 Rn. 25; LK12-Sowada, § 331 Rn. 28. 178 BGHSt 15, 184 (185); BGHSt 43, 270 (275); BGHSt 49, 275 (298); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 47; Fischer, § 333 Rn. 4; NK-Kuhlen, § 333 Rn. 6; LK12-Sowada, § 333 Rn. 9; SSW-Rosenau, § 333 Rn. 7. Fraglich ist, ob Gewähren vorliegt, wenn ein Drittvorteil direkt an den Dritten erbracht wird. Der Bundesgerichtshof geht vom Gewähren aus, wenn der Vorteilsgeber absprachegemäß den Vorteil an den Dritten leistet, siehe BGHSt 49, 275 (298). Die Formulierung lässt ein solches Verständnis durchaus zu, sodass die spiegelbildliche Gestaltung nicht irritieren darf, siehe Oğlakcioğlu, HRRS 2011, 275 (278); LK12-Sowada, § 333 Rn. 11. 179 LK12-Sowada, § 333 Rn. 10. 180 BGHSt 15, 184 (185). 181 Böse, JR 2003, 523 (525). 182 BGHSt 15, 184 (185); LK11-Jescheck, § 333 Rn. 4; Fischer, § 333 Rn. 4; LK12-Sowada, § 333 Rn. 9; Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 5. 183 Siehe auch BGHSt 15, 184 (185); LK12-Sowada, § 333 Rn. 9; Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 5. 176 177

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

4. Schlussfolgerungen für die Strafbarkeit des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers Die klassischen Korruptionsdelikte sind tatbestandlich durch Interaktion des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers gekennzeichnet. Diese Interaktion ist auf den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung ausgerichtet. Die konkrete Ausgestaltung der Unrechtsvereinbarung beurteilt sich dabei nach den jeweiligen Tathandlungen, die dem Korruptionsgeschehen zugrunde liegen. Die Tathandlungen folgen einem Drei-Stufen-Modell: Angebot zum Abschluss einer Unrechtsvereinbarung (Verhandlungsstufe), Abschluss der Unrechtsvereinbarung (Vereinbarungsstufe) und Erfüllung der Unrechtsvereinbarung (Leistungsstufe). Die Deliktsstrukturen der klassischen Korruptionsdelikte besitzen damit vertraglichen Charakter. Das Verhalten des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers ist im Korruptionsgeschehen zwingend miteinander verquickt. Unabhängig davon, ob lediglich ein einseitiger Korruptionsversuch oder Korruption in Vollendung vorliegt, treten Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber zwingend miteinander in Kontakt. Schließlich setzen auch die einseitigen Tathandlungen des Forderns und Anbietens die Kenntnisnahme des Empfängers von der jeweiligen Willenserklärung des Absenders voraus. Die Interaktion zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber ist deshalb als sog. Verbrechenseinheit184 zu qualifizieren, obwohl eine positive Reaktion der Gegenseite nicht notwendig ist. Die konkrete Unrechtsvereinbarung beschreibt damit das korruptive Gesamtgeschehen.185 Obwohl das Drei-Stufen-Modell suggeriert, dass die Tathandlungen auf der Vereinbarungs- und Leistungsstufe besonders verwerflich sind, stellt das Fordern des Vorteilsnehmers auf der Verhandlungsstufe das schwerere Unrecht dar. Diese Bewertung ist im Sinne des Korruptionsmodells damit zu begründen, dass der Vorteilsnehmer die Initiative ergreift, den Missbrauch seiner Machtposition gegen Vorteile zu verkaufen. Dieses Beispiel zeigt die Bedeutung des einseitigen Korruptionsversuches für das Korruptionsgeschehen und die Richtigkeit der Erweiterung des Korruptionsbegriffes um diese Sondersituation. Das Drei-Stufen-Modell präzisiert demzufolge gleichzeitig den Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz im Hinblick auf die Tauschbeziehung. Kennzeichen des Phänomens Korruption ist eine Interaktion zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber als Täter. Vielfach wird behauptet, dass die Besonderheit der Korruptionsdelikte darin bestehe, dass ein- und beidseitige Kommunikationsakte zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber stattfinden.186 Deshalb werden Korruptionsdelikte auch als „Kommunikationsdelikte“187 bezeichnet. Die bisherige Siehe auch Binding, BT / II / 2, S. 709 f. Jaques, S. 209. 186 Pragal, S. 11 (allerdings im Rahmen von § 299 StGB); Fischer, § 299 Rn. 17; LK12-Sowada, § 331 Rn. 21; Reinhold, HRRS 2010, 213 (215); vgl. auch Maurach / Schroeder / Maiwald, BT / 2, 79 / 15. 184 185

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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handlungstheoretische Analyse hat jedoch gezeigt, dass das Korruptionsgeschehen nicht nur auf Kommunikation basiert. Kommunikation findet regelmäßig ebenfalls zwischen Täter und Opfer bei Betrugsstraftaten im Sinne von § 263 StGB oder Beleidigung im Sinne von § 185 StGB statt. Die Besonderheit des korruptiven Geschehens besteht jedoch darin, dass zwei Täter interagieren und die Straftat des Vorteilsnehmers das Spiegelbild zur Straftat des Vorteilsgebers darstellt. Korruptionsdelikte sind daher mehr als bloße „Kommunikationsdelikte“. Passender ist die Bezeichnung „Interaktionsdelikte“ oder „Täterinteraktionsdelikte“.

II. Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen? Das Kriminalitätsphänomen Korruption ist durch Täter-Täter-Interaktionen gekennzeichnet. In der Strafrechtswissenschaft hat sich allerdings die These etabliert, dass die Tathandlungen des Extraneus gemäß §§ 333 Abs. 1, 334 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 2 StGB eigentlich Teilnahmehandlungen zu den Spiegeldelikten der §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB seien, die durch den Gesetzgeber lediglich vertäterschaftlicht wurden.188 Anstiftung und Beihilfe zu den Taten gemäß §§ 331, 332 bzw. 299 Abs. 1 StGB sind danach in §§ 333, 334 bzw. 299 Abs. 2 StGB zu „Sonderdelikten“ erhoben.189 Zum Teil werden auch die Bezeichnungen „Sondertatbestände“190 oder „besondere Vergehen“191 verwendet. Die Ergebnisse des Korruptionsmodells und die These der Vertäterschaftlichung sind zwar grundsätzlich identisch: Der Extraneus ist Täter. Allerdings qualifiziert die These der Vertäterschaftli187 Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (412); Reinhold, HRRS 2010, 213 (215); Eidam, Rn. 1770; Pragal, S. 172. 188 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 542; Hassemer, JuS 1991, 606 (607); Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1122; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273); BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 50.1 („Vorteilsgeber [ist] strukturell Teilnehmer an der Tat der Amtsperson“); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 509; Baumann, BB 1961, 1057 (1065); Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Wentzell, S. 53 (Fn. 25); LK12-Sowada, § 333 Rn. 1; Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 372; Bell, MDR 1979, 719 (719): „eigens zum Tatbestand erhobene Teilnahmedelikte“; auch Rengier, BT / II, § 60 Rn. 5, betont den Teilnahmecharakter der §§ 333, 334 StGB; i.E. wohl auch Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (280 f., 297); Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 26; Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14: „die schwersten Formen einer möglichen Beteiligung [an §§ 331, 332 StGB sind] in §§ 333, 334 StGB verselbstständigt“; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 45 (Fn. 166): „zur Täterschaft aufgewertete Teilnahme an §§ 331, 332“; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 117: „Handlungen des Vorteilsgebers, die sich materiell als Teilnahme darstellen“. 189 Vgl. Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 26; kritisch Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 298. 190 BGH NJW 1991, 576 (577); Kohlrausch / Lange, § 331 VIII, § 333 Abs. 1; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273): „Teilnahme an der passiven Bestechung [wurde] zum Sonderdelikt der aktiven Bestechung ausgestaltet“; Baumann, BB 1961, 1057 (1065): „Sonderregelung“ bzw. „Sondervorschrift“; Bell, MDR 1979, 719 (719): „Sonderregeln“; zustimmend NK-Kuhlen, § 331 Rn. 117. 191 RGSt 13, 181 (181).

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

chung die Handlungen des Extraneus als eigentliche Teilnahmehandlungen und damit untergeordnete und geringere Tatbeiträge. Während dessen klassifiziert das Korruptionsmodell die Tatbeiträge von Intraneus und Extraneus als gleichrangig. Untersuchungsgegenstand der folgenden Passagen ist deshalb die Überprüfung dieser These auf ihre Schlüssigkeit und Folgerichtigkeit. Es ist zu klären, wie sich diese These behaupten konnte und wie die Idee entstehen konnte, dass es sich um eigentliche Teilnahmehandlungen handelt. Zur Lösung sind die handlungstheoretischen Überlegungen des Korruptionsmodells und einzelne strafjuristische Gesichtspunkte, wie beispielsweise ein Vergleich der Tathandlungen des Extraneus mit den Teilnahmehandlungen gemäß §§ 26, 27 StGB und mit den Tathandlungen des Intraneus sowie ein systematischer Vergleich mit anderen strafbaren Handlungen, heranzuziehen.

1. Begrifflichkeit, Gründe und Konsequenzen der Vertäterschaftlichung von eigentlichen Teilnahmehandlungen Die Begrifflichkeit Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen192 meint, dass der Gesetzgeber Täterschaft im technischen Sinne konstituiert, wo es sich nach allgemeiner Beteiligungsdogmatik eigentlich und typischerweise um Teilnahme handelt.193 Durch eine derartige Vertäterschaftlichung will der Gesetzgeber das tatbestandsmäßige Geschehen erweitern.194 Gründe des Gesetzgebers können zum einen darin bestehen, Strafbarkeitslücken durch die Abkoppelung der Strafdrohung vom Akzessorietätsprinzip zu schließen, insbesondere wenn die Haupttat straflos ist, und zum anderen zwingende Strafmilderungsgründe gemäß §§ 27 Abs. 2 Satz 2, 28 Abs. 1 StGB dem eigentlichen Teilnehmer zu versagen.195

192 Roxin, TuT, S. 359; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 208. Terminus „verselbständigte Teilnahme“ z. B. bei Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (275); MK-Joecks, Vorbem. §§ 26, 27 Rn. 38. „Täterschaftliche Vertypung materieller Teilnahmehandlungen“ z. B. bei LK12-Sowada, § 333 Rn. 1. Sommer, JR 1981, 490 (490), vertieft beispielsweise die sog. verselbständigten Beihilfehandlungen; siehe auch Baumann / Weber / Mitsch, 32 / 76, 91; Fincke, S. 65; LK12-Schünemann, § 27 Rn. 84. 193 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 281; Fincke, S. 65; Volk, FS Roxin (2001), 563 (564 f.); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (275); MK-Joecks, Vorbem. §§ 26, 27 Rn. 38; Sommer, JR 1981, 490 (491); vgl. auch Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 189. Mit solchen kriminalpolitischen Entscheidungen des Gesetzgebers gehe eine Abkehr von der bewährten Trennung zwischen Täterschaft und Teilnahme einher. Die differenzierende Beteiligungsformenlehre werde aufgeweicht und durchbrochen. Dazu Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 209, 280, 294; vgl. auch Lüderssen, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 241 (256). 194 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 294. 195 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (276, 288); Sommer, JR 1981, 490 (494); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 117.

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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Die These der Vertäterschaftlichung im Deliktsbereich der §§ 333 Abs. 1, 334 Abs. 1, 299 Abs. 2 StGB196 ist vor allem auf die spiegelbildliche Deliktsstruktur und auf die Betonung der Intraneusstrafwürdigkeit zurückzuführen. Die §§ 333, 334 StGB (§ 299 Abs. 2 StGB) würden konstruktiv, so die einhellige Meinung, insbesondere Anstiftungshandlungen zu den Spiegeltaten der §§ 331, 332 StGB (§ 299 Abs. 1 StGB) pönalisieren.197 Demzufolge wäre „die schwerste Form einer möglichen Beteiligung, nämlich Anbieten, Versprechen und Gewähren, in §§ 333, 334 StGB verselbstständigt“.198 Die Tathandlungen des Extraneus werden auf dieser Grundlage als sogenannte materielle Teilnahmehandlungen eingeordnet,199 die lediglich formell durch den Gesetzgeber zur Täterschaft in selbstständigen Delikten erhoben worden sind.200 Nach der Beteiligungslehre müsste demzufolge begrifflich zwischen materiellen und formellen Teilnahmehandlungen unterschieden werden. Ersteres stellen die Teilnahmehandlungen dar, die durch Gesetz vertäterschaftlicht worden sind, und letzteres die Teilnahmehandlungen aus §§ 26, 27 StGB.201 Materielle Teilnahmehandlungen resultieren demzufolge aus dem Besonderen Teil des Strafgesetzbuches und formelle Teilnahmehandlungen aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches.202

2. Anwendung auf klassische Korruptionsdelikte? – Kritische Würdigung der These „Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen“ Im Folgenden gilt zu klären, ob die These der Vertäterschaftlichung sachgerecht ist und auf klassische Korruptionsdelikte bzw. vielmehr auf Geberdelikte angewendet werden kann. Im Hinblick auf die Prämissen des entwickelten Korruptionsmo196 Bell, MDR 1979, 719 (719), beispielsweise benennt nicht nur §§ 333, 334 StGB, sondern auch die §§ 331 f. StGB als eigens zum Tatbestand erhobene Teilnahmedelikte. Binding, BT / II / 2, S. 726, meint, dass zur aktiven Bestechung „angestiftet“ werde, wenn die Initiative vom Intraneus ausgeht. 197 Bell, MDR 1979, 719 (719); Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 401; Baumann, BB 1961, 1057 (1065); vgl. auch Binding, BT / II / 2, S. 726; a. A. Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 213 (Fn. 379). 198 Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14. 199 Fincke, S. 65; Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 509. 200 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 542; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 2; Hassemer, JuS 1991, 606 (607); Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273). 201 Fincke, S. 67; Sommer, JR 1981, 490 (493), bezieht sich nur auf Beihilfe. 202 Sommer, JR 1981, 490 (493). Zur Fragestellung, wie sich die Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen zur Teilnahme aus dem Allgemeinen Teil verhält: Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (280 f.); ausführlich Sommer, JR 1981, 490 ff.; Schmitt, NJW 1977, 1188 (1188); Bell, MDR 1979, 719 (719).

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

dells, welches Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber als gleichrangige Tauschparteien einordnet, ist die These durchaus zu hinterfragen. a) Sachgerechtigkeit im Hinblick auf korruptive Handlungsstrukturen Zunächst wird überprüft, ob die These der „Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen“ auf der handlungstheoretischen Basis, die dieser Bearbeitung zugrunde liegt, sachgerecht ist. Die These ordnet den Intraneus als alleinige Schlüsselfigur des Geschehens ein. Seine Handlungen und Pflichtverletzungen stehen demnach im Mittelpunkt der Betrachtung. Das Tauschgeschehen rückt hingegen in den Hintergrund. Insofern ist erklärbar, dass die Handlungen des Extraneus als eigentliche Teilnahmehandlungen bewertet werden. Diese Betrachtungsweise überzeugt jedoch nicht. Korruptionssachverhalten liegen Täter-Täter-Interaktionen zugrunde. Zentrales Merkmal ist die Tauschbeziehung zwischen Intraneus und Extraneus. Richtig ist zwar, dass im Mittelpunkt die Figur des Intraneus steht. Diese Erkenntnis muss jedoch im Gesamtkontext eines Korruptionsgeschehens gesehen werden, um sachgerecht interpretiert werden zu können. Im Mittelpunkt steht der Intraneus, da er sowohl in einem Beziehungsverhältnis zum Prinzipal (Innenverhältnis) als auch zum Extraneus (Außenverhältnis) steht. Wenn der Gesetzgeber sich dazu entscheidet, spiegelbildlich Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber zu sanktionieren, stellt er die Tauschbeziehung in den Vordergrund der Betrachtung. Demzufolge erkennt der Gesetzgeber Nehmer und Geber als gleichrangige und ebenbürtige Täter des Korruptionsgeschehens an. Der Vorteilsgeber leistet keinen untergeordneten, sondern einen wesentlichen Tatbeitrag. Ohne einen Vorteilsgeber kann es keinen Vorteilsnehmer geben. Der Extraneus ist unter diesen Gesichtspunkten nicht materieller Teilnehmer, sondern materieller Täter. Obwohl handlungstheoretisch einzig der Intraneus eine Machtposition missbrauchen kann, ist dies kein Argument für die Annahme, der Extraneus sei eigentlich bloßer Teilnehmer an den Taten des Intraneus. Vielmehr stellt sich das Korruptionsgeschehen doch dergestalt dar, dass der Extraneus in das Tauschgeschehen maßgeblich involviert ist. Er ist notwendige Gegenseite im Tauschgeschehen, nimmt eine zentrale Rolle ein und ist nicht nur Randfigur des Geschehens. Ohne den Extraneus als Tauschpartner kann der Intraneus seine Machtposition überhaupt nicht dadurch missbrauchen, dass er diese Machtposition gegen Vorteile verkauft. Binding erklärt die These der Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen so, dass die Initiative zu korruptiven Sachverhalten regelmäßig vom Extraneus ausgeht, dieser also zur passiven Bestechung anstiftet und deswegen nur als Teilnehmer (als Urheber) zu betrachten ist.203 Zwar wird die Hemmschwelle des Intraneus, 203

Binding, BT / II / 2, S. 726.

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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einen Vorteil abzulehnen, regelmäßig sinken, wenn ein konkretes Angebot des Extraneus lockt. Die Gefahr der Versuchung zum Machtmissbrauch steigt. Diese denkbare Tatsituation hebt gerade die Verwerflichkeit des Handelns des Extraneus hervor. Er liefert zwar die Initialzündung204, ähnlich wie bei der Anstiftung, allerdings nicht nur als Randfigur des Geschehens, sondern als Schlüsselfigur des Tauschgeschehens. Nur mit einem Vorteilsgeber kann ein „Korruptionsvertrag“ geschlossen werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Extraneus nicht nur materielle Teilnahmehandlungen begeht, sondern von vorn herein materielle Täterhandlungen. Auf Basis des zugrunde liegenden Modells und der handlungstheoretischen Strukturanalyse ist die These der Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen abzulehnen.

b) Unterscheidung zwischen Teilnahmehandlungen und Täterhandlungen Rotsch wirft allgemein die Frage auf, ob es bei der Definition der tatbestandsmäßigen Handlung möglich ist, Teilnahmehandlungen von täterschaftlichen Handlungen unterscheiden zu können.205 In der Beschreibung der Tathandlung kann die Unterscheidung, so Rotsch, nicht begründet sein. Diese ist zunächst „neutral“ und personenzahlunabhängig, d. h. die Beschreibung der Tathandlung erfolgt ohne Berücksichtigung der im Allgemeinen Teil zugrunde liegenden Differenzierung zwischen Teilnehmer und Täter.206 Diese Unterscheidung kann allenfalls in die Tathandlung hineingelesen und damit ein Beteiligungsvorverständnis gebildet werden. Aus der Tatbestandsfassung und dem restriktiven Täterbegriff kann, so Rotsch, jedenfalls nicht unmittelbar eine solche Unterscheidung erfolgen, solange das tatbestandsmäßige Verhalten nicht ausführlicher beschrieben ist.207 Dem Gesetzgeber geht es um die Sanktionierung bestimmten menschlichen Verhaltens, welches Rechtsgutsbeeinträchtigungen nach sich zieht. Eine Kategorisierung nach Täterschaft und Teilnahme geht damit wohl nicht einher. Vertäterschaftlichung von typischen Teilnahmehandlungen resultiert vielmehr aus dem Rechtsgefährdungspotential des menschlichen Verhaltens.208 Rotsch zieht daraus den Schluss, dass die Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches unter gesetzgeberischen Aspekten keine Rolle spielt,

MK-Joecks, § 26 Rn. 5. Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 281. 206 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 281; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (280): „allein der Gesetzgeber [nehme] mit der Umschreibung des täterschaftlichen Unrechts eine inhaltliche Strukturierung von Täterschaft und Teilnahme vor“. 207 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 281 f. 208 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 286. 204 205

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weil der Gesetzgeber regelmäßig keine Beteiligungspräsumtionen vornimmt, sondern von Schutzguterwägungen ausgeht.209 Führt man diese Gedanken konsequent zu Ende, ist der Extraneus materieller Täter und nicht „eigentlicher Teilnehmer“. Der Gesetzgeber hat im Sinne der Argumentation Rotschs die Tathandlungen des Vorteilsgebers als genauso verwerflich eingeordnet wie die Tathandlungen des Intraneus. Mit der spiegelbildlichen und eigenständigen Strafbarkeitsausgestaltung hat der Gesetzgeber entschieden, beide Tauschparteien als gleichrangige Täter zu bestrafen. An diese Überlegungen knüpfen auch die Gedanken von Sommer an: „Der Versuch, der Sache nach materielle Beihilfehandlungen aus den Unrechtsumschreibungen des Besonderen Teils herauszuarbeiten, muss bereits an der Erkenntnis scheitern, dass es an tauglichen materiellen Abgrenzungskriterien zu den hiervon dann zu unterscheidenden eigentlichen Täterschaftshandlungen mangelt.“210 Intraneus und Extraneus sind materielle Täter. Die Tatbeiträge des Intraneus und Extraneus können nicht als geringwertig und untergeordnet qualifiziert werden, da beide Figuren notwendige Parteien des Tausches sind.

c) Gleichstellung des Extraneus und des Intraneus nach dem Willen des Gesetzgebers Der Gesetzgeber hat die Ausgestaltung der §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB mit der Intention vorgenommen, dass der Geber nicht seliger als der Nehmer sei.211 Diese Gleichstellung von Geber und Nehmer wird vor allem anhand der kongruenten Strafrahmen von § 331 Abs. 1 und § 333 Abs. 1 StGB sowie § 299 Abs. 1 und 2 StGB deutlich. Daneben wurde das zuvor in § 333 StGB a. F. angelegte „Privilegierungsmodell“ durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption von 1997 abgeschafft.212 § 333 StGB a. F. privilegierte den Vorteilsgeber, da nur die Vorteilsgewährung als Gegenleistung dafür, dass der Amtsträger für eine in seinem Ermessen Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 288. Sommer, JR 1981, 490 (493). 211 BR-Drs. 298 / 95, S. 5; Kühne, in: Jakob / Fikentscher, S. 69; Kerner / Rixen, GA 1996, 355 (365 f.); Bannenberg, in: Internationales Handbuch der Kriminologie II, S. 373; Geis, in: Korruption in Staat und Wirtschaft, 47 (49); Vahlenkamp / Knauß, S. 338; Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (412); Mischkowitz, in: BKA Bd. 46, S. 29; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 9; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2266); Koch, ZIS 2008, 500 (502); Dölling, 61. DJT Bd. I, C 31; Eser, 61. DJT Bd. II / 2, L 75; Duttge, 61. DJT Bd. II / 2, L 102; Modlinger, S. 1; Forstenhäusler, Kriminalistik 1996, 548 (553); Martiny, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 3 (4); Siller, Kriminalistik 2010, 747 (748); Durynek, S. 441; Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (145); auch Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (287), betont die „Gleichbehandlung zwischen Amtsträger und Außenstehenden“; kritisch Hettinger, NJW 1996, 2263 (2272 f.): Der „Sonderdeliktscharakter“ der §§ 331 f. StGB würde „dementiert“ werden, insbesondere durch die Neuregelung des § 333 StGB. Die Gleichsetzung sei wegen des Schuldprinzips höchst fragwürdig. 212 Vgl. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (286 f.). 209 210

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stehende Diensthandlung künftig vornehme, strafbar war. Zweck dieser gesetzgeberischen Entscheidung ist die Bekämpfung des Geflechts der Korruption. Die Bekämpfung dieses Geflechts ist allerdings nur effektiv, wenn das Verhalten der Tauschparteien als gleichrangiges Täterverhalten qualifiziert wird.213 Die Gleichstellung hat jedoch Kritik ausgelöst. Danach bestehe eine „Pflicht des Gesetzgebers […,] die in Wegfall geratene Privilegierung durch eine Absenkung des für den Extraneus geltenden Strafrahmens auszugleichen“.214 Woher diese „Pflicht“ rühren sollte, bleibt unklar. Die Entscheidung des Gesetzgebers für eine gleiche Strafdrohung ist zum einen als legislatorisch verbindlich hinzunehmen215 und zum anderen mit dem Korruptionsmodell konform. Darüber hinaus hängt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB das individuelle Strafmaß von der jeweiligen Schuld des Vorteilsnehmers bzw. des Vorteilsgeber ab. Der Strafrahmen kann durch die richterliche Strafzumessung einzelfallabhängig ausgeschöpft werden. Im Strafmaß kann Berücksichtigung finden, dass der Vorteilsnehmer im Einzelfall das schwerere Handlungsunrecht begeht.216 Die legislatorische Grundsatzentscheidung der Gleichstellung wird nicht dadurch gemindert, dass bei den Straftaten im Amt die Strafrahmen zwischen § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) und dem spiegelbildlichen § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren)217 leicht divergieren. Die Divergenz hat bei diesem Deliktspaar berechtigte Gründe, die die Gleichstellung nicht annullieren. Die Abweichung beruht auf dem stärkeren Unrecht auf Seiten des Intraneus. Bei den §§ 332 Abs. 1 Satz 1 und 334 Abs. 2 Satz 2 StGB ist schließlich tatbestandliche Voraussetzung, dass der Vorteilsnehmer „eine Diensthandlung vorgenommen hat oder zukünftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde“. Der Intraneus ist die Person im Korruptionsgeschehen, die ihre Machtposition gegenüber seinem Prinzipal im Innenverhältnis missbraucht. Demgegenüber kann der Extraneus diese „Dienstpflicht“ weder verletzen218 noch qualitativ und quantitativ annähernd in gleicher Weise die Integrität des Prinzipals erschüttern.219 Schließlich steht nicht der Volk, FS Roxin (2001), 563 (567); MAH-Volk, § 2 Rn. 21. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (289); Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1122. 215 A.A. Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1122: Es bestehen zum Teil „Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit“. „Der übelste Missgriff liegt in der Gleichbehandlung des Amtsträgers und des Außenstehenden“. Es handelt sich bei der Gleichstellung um einen „Gesetzgebungsfehler“. 216 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (289). 217 Nach Hettinger, NJW 1996, 2263 (2272), sei das weder de lege lata noch de lege ferenda selbstverständlich. 218 Der Bestechende verdiene daher eine mildere Bestrafung als der Bestochene: A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (283); Hardtung, S. 233; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273). 219 Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 401. Deswegen müsse nach Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1122, im Strafrahmen der §§ 333, 334 StGB der Gedanke des § 28 Abs. 1 StGB zum Ausdruck kommen. 213 214

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Extraneus in dem Beziehungsverhältnis zum Prinzipal, sondern der Intraneus. Der Extraneus kann nur auf eine Dienstpflichtverletzung hinwirken. Es ist falsch, daraus zu schlussfolgern, dass das Handlungsunrecht im Korruptionsgeschehen ausschließlich beim Intraneus liege.220 Vielmehr könnte man auch dem Extraneus als Bürger die Verpflichtung gegenüber dem Staat zuschreiben, die Loyalität der Intranei gegenüber dem Staat als Prinzipal nicht zu missbrauchen. Die Differenzen zwischen den Strafrahmen des § 332 Abs. 1 Satz 1 und des § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB stellen im Ergebnis nicht die Gleichstellung von Geber und Nehmer infrage, sondern würdigen die unterschiedlichen Gegebenheiten sachgerecht. Vor diesem Hintergrund ist die leichte Divergenz der Mindestfreiheitsstrafen angemessen. Im Normenbereich § 332 Abs. 1 Satz 1 und § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB ist der Gesetzgeber daher seiner angeblichen „Pflicht“ zum Strafrahmenausgleich nachgekommen. Dass ohne die Existenz der Strafnormen §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB lediglich eine Teilnahmestrafbarkeit an den Taten des Intraneus in Betracht kommen würde und damit die Möglichkeit von Strafmilderungen nach § 28 Abs. 1 StGB und gegebenenfalls § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB eröffnet wäre221, ist richtig, allerdings rein hypothetisch. Diese Argumentation kann nicht zu dem Schluss führen, dass es sich bei den Tathandlungen des Extraneus um eigentliche Teilnahmehandlungen handelt und der Extraneus gegenüber anderen Teilnehmern mangels Strafmilderung schlechter gestellt ist.222 Die Verweigerung von Strafmilderungen zugunsten des Extraneus ist als klare gesetzgeberische Entscheidung223 hinzunehmen, auch wenn sie nach Bernsmann zweifelhaft sein mag.224 Indem der Gesetzgeber die Nehmer- und Geberhandlungen als gleichrangige Formen täterschaftlicher Tatbestandsverwirklichung konstruierte, will der Gesetzgeber beide sich zu einem deliktischen Gesamtgeschehen ergänzenden Verhaltensweisen als gleichrangig beurteilen.225 Von einem „Systembruch“ im Hinblick auf die Systematik des § 28 Abs. 1 StGB zu sprechen226, setzt voraus, dass es sich um eigentliche Teilnahme handelt. Wenn der Gesetzgeber den Vorteilsgeber dem Vorteilsnehmer gleichstellt und als materiellen Täter klassifiziert, findet § 28 Abs. 1 StGB aber schon gar keine Anwendung. Es wirkt sich ferner nicht auf die heutige täterschaftliche Gleichstellung aus, dass historisch die Fassung der passiven Bestechung maßgebend für die Ausgestaltung der Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich war und die aktive Bestechung auf

Vgl. jedoch Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273). Hettinger, NJW 1996, 2263 (2272); BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 50.1; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 509; Sowada, S. 122; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (288). 222 So aber BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 50.1. 223 BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 50.1; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (288). 224 Bernsmann, StV 2003, 521 (526): das Gesetz sei durch die Verschärfung des § 333 StGB nicht mehr konsistent; siehe auch Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 510. 225 Sowada, S. 122. 226 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (288). 220 221

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sie zugeschnitten worden ist.227 Dass der Intraneus aus historischer Sicht im Fokus der Strafgesetzgebung stand, ist auf seine besondere Stellung gegenüber dem Staat als Prinzipal zurückzuführen. Die moderne Strafgesetzgebung rückt jedoch richtigerweise das Tauschgeschehen in das Zentrum der Betrachtung und nicht nur den Missbrauch der Machtposition durch den Intraneus.

d) Selbstständigkeit der Strafbarkeit und Struktur der Tatbestände Die Strafbarkeit von Intraneus und Extraneus ist autonom in eigenständigen Straftatbeständen geregelt. Beide Tauschparteien sind nach der Struktur und Systematik des Gesetzes eigenständige Täter. Die Strafbarkeit des einen hängt nicht notwendiger Weise von der Strafbarkeit des anderen ab228, obwohl im korruptiven Geschehen das Verhalten beider Tauschparteien unweigerlich miteinander verknüpft ist. Am deutlichsten zeigt sich eine tatbestandsimmanente Abhängigkeit auf der Vereinbarungs- und der Leistungsstufe (Kapitel 4 B. I. 2. und 3.): Der Intraneus kann sich einen Vorteil nur versprechen lassen, wenn der Extraneus zuvor ein Angebot zum Abschluss einer Unrechtsvereinbarung gemacht hat. Gleiches gilt für die Tathandlung „Annehmen“. Der Intraneus kann nach dem Drei-Stufen-Modell nur annehmen, wenn eine Unrechtsvereinbarung mit dem Extraneus abgeschlossen worden ist. Der Extraneus kann wiederum nur einen Vorteil versprechen, wenn der Intraneus zuvor einen Vorteil gefordert hat. Des Weiteren kann er lediglich einen Vorteil gewähren, wenn der Intraneus mit ihm eine Unrechtsvereinbarung bereits getroffen hat. Die Selbstständigkeit der Strafbarkeiten zeigt sich hingegen am deutlichsten auf der Verhandlungsstufe (Kapitel 4 B. I. 1.). Obwohl der Intraneus sich nicht bestechen lässt, ist der Extraneus zu bestrafen.229 Diese Verflechtungen der Tathandlungen auf der Vereinbarungs- und Leistungsstufe zeigen zugleich, dass der Extraneus strukturmäßig materieller und eigenständiger Täter im Korruptionsgeschehen ist. Die notwendige Verflechtung der Handlungen innerhalb der Tauschbeziehung bedeutet aber nicht einen zwangsläufigen Gleichlauf der Strafbarkeit. Beispielsweise kann die Strafbarkeit einer Tauschpartei am Vorsatz oder an der Schuld, vor allem in Irrtumskonstellationen, scheitern. Die Tatbestandsstruktur der Extraneusdelikte ist im Vergleich zur Tatbestandsstruktur der Intraneusdelikte uneingeschränkt täterschaftskonstituierend.230 Binding beschrieb die Rollen von Extraneus und Intraneus beispielsweise wie folgt: „Beide Verbrechen […] sind innerlich so scharf verschieden wie die Rollen von Käufer und Verkäufer beim Kauf. Nicht nur führt die aktive Bestechung, selbst Binding, BT / II / 2, S. 712. Siehe nur Röske / Böhme, wistra 2011, 445 (446 f.); Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 63. 229 So schon Birkmeyer, S. 322. 230 Vgl. Sommer, JR 1981, 490 (493). 227 228

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wenn sie ihr Ziel erreicht, keineswegs immer zu einer verbrecherischen passiven Bestechung, sondern jene ist Angriff wider die Amtsgewalt, die passive Bestechung aber die Preisgabe der Amtsgewalt durch ihren Träger.“231 „Die Einheit des ‚Unrechtsgeschäfts‘ erweckt den Schein der Verbrechenseinheit: aktive und passive Bestechung werden dann, statt als zwei wesentlich verschiedene Delikte, fälschlich als zusammengehörige Teile eines und desselben Verbrechenstatbestandes betrachtet.“232 Binding analysiert die Verbrechensstruktur der Korruptionsdelikte zutreffend. Obwohl das Kriminalitätsphänomen Korruption auf einem Handlungsgeflecht zwischen Geber und Nehmer basiert, führt die innerliche Verflechtung der jeweiligen korruptiven Handlungen nicht zu einer strikten gegenseitigen Strafbarkeitsakzessorietät. Das gilt vor allem für den Geber. Geber und Nehmer nehmen unterschiedliche Rollen im korruptiven Geschehen ein, die phänomengetreu miteinander verflochten sind, aber nicht zwingend zu paralleler Strafbarkeit führen.

e) Vergleich der Tathandlungen des Extraneus mit formellen Teilnahmehandlungen gemäß §§ 26, 27 StGB und mit Tathandlungen des Intraneus Soweit es sich bei den Tathandlungen des Extraneus um materielle Teilnahmehandlungen handeln sollte, müssten diese den formellen Teilnahmehandlungen der §§ 26, 27 StGB entsprechen. Die formelle Teilnahmehandlung der Beihilfe ist gemäß § 27 Abs. 1 StGB „Hilfe leisten“. „Hilfe leisten“ kann sich sowohl in physischer Beihilfe (Tathilfe) als auch psychischer Beihilfe (Rat oder Bestärkung des Tatentschlusses) äußern.233 Tathilfe stellt jede Handlung dar, die die Haupttat in ihrer konkreten Gestalt erst ermöglicht oder ihren rechtsgutsverletzenden Erfolg vergrößert. Damit werden Handlungen erfasst, die eine „absolute Bedingung für die Ausführung der Tat setzen“, die den „Umfang des Erfolges bewirken“ und „die Rechtsgutsverletzung intensivieren“, und die eine „bloße Erleichterung der Begehung der Haupttat“ bewirken.234 Die formelle Teilnahmehandlung der Anstiftung gemäß § 26 StGB ist „Bestimmen“. „Bestimmen“ meint das Hervorrufen des Tatentschlusses zu einer bestimmten Tat235, die sich als vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat äußert und im Detail umstritten ist236. Ziel des Extraneus ist die Beeinflussung des Intraneus. Dieses Ziel wird vor allem in Fallkonstellationen deutlich, in denen er Initiator des Korruptionsgeschehens ist. 231 232 233 234 235 236

Binding, BT / II / 2, S. 717. Binding, BT / II / 2, S. 709 f. BeckOK-Kudlich, § 27 Rn. 3; MK-Joecks, § 27 Rn. 5. MK-Joecks, § 27 Rn. 6. BeckOK-Kudlich, § 26 Rn. 12. Dazu beispielsweise MK-Joecks, § 26 Rn. 10 ff.

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Insofern können tatsächlich Parallelen zur Anstiftung gezogen werden. Der Intraneus soll zu einem bestimmten Verhalten bewegt werden. Dafür wird diesem ein Vorteil angeboten. Diese Parallele wird vor allem in § 334 Abs. 3 StGB deutlich, der neben der Tathandlung Anbieten, Versprechen und Gewähren darauf abstellt, dass der Extraneus den Intraneus „zu bestimmen versucht“, „bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen“ (Nr. 1). Allerdings tritt diese Verhaltensweise nur neben die eigentliche Tathandlung des Anbietens, Versprechens oder Gewährens. Die Parallelen führen jedoch nicht zu der Schlussfolgerung, dass der Extraneus nur materieller Teilnehmer (Anstifter) ist. Schließlich ist die Tauschbeziehung zwischen Intraneus und Extraneus essentiell für Korruption. Daher ist der Extraneus nicht nur materieller Teilnehmer (Anstifter), wenn er den Anstoß zu korrupten Verhaltensweisen gibt, sondern materieller Täter im Korruptionsgeflecht.237 Zusätzlich ist zu beachten, dass eine Beihilfehandlung in beinahe jedes Geberverhalten hineininterpretiert werden kann, sowohl in Anbieten, Versprechen als auch Gewähren, wenn man auf eine solche Interpretation abzielt. Jede dieser Tathandlungen ermöglicht eine Tathandlung auf Seiten des Intraneus. Wiederum gilt jedoch, dass es sich bei den Handlungen des Vorteilsgebers nicht um bloße Förderungsmaßnahmen, sondern um wesentliche Tatbeiträge im korruptiven Tauschgeschehen handelt. Die Ermöglichung basiert auf den Handlungs- und Beziehungsstrukturen des Korruptionsgeflechts. Die Handlungsstrukturen sind bei Korruptionsdelikten viel komplexer als beispielsweise bei Tötungsdelikten oder Körperverletzungsdelikten. Die Interaktion zwischen Geber und Nehmer gestaltet sich zudem vielschichtiger als bei einfachen Täter-Opfer-Konstellationen. Der Vergleich der Tathandlungen von Intraneus und Extraneus führt zu dem Ergebnis, dass die These von der Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen unsachgemäß und nicht phänomengetreu ist. Die Tathandlungen der Geberdelikte folgen wie die Tathandlungen der Nehmerdelikte einem Drei-Stufen-Modell und sind spiegelbildlich zueinander ausgestaltet: Anbieten – Fordern, Versprechen – Sich-Versprechen-Lassen, Gewähren – Annehmen. Der Aufbau der Tathandlungen zeigt wiederum, dass der Extraneus, ebenso wie der Intraneus, notwendige und gleichrangige Tauschpartei ist.

f) Strafgrund der Teilnahme Es ist zu untersuchen, ob der Strafgrund der Teilnahme Rückschlüsse zur Richtigkeit der These der „Vertäterschaftlichung von Teilnahmenhandlungen“ zulässt. Der Strafgrund der Teilnahme ist umstritten. Im Folgenden werden deshalb einzelne Theorien zum Strafgrund dargestellt. Auf eine abschließende Streitentscheidung kommt es in den folgenden Abschnitten nicht an. Vielmehr gilt zu überprüfen, ob anhand der Theorien zum Strafgrund der Teilnahme Anknüpfungspunkte für die 237

BGH NStZ 2004, 565 (565); Volk, FS Roxin (2001), 563 (567); MAH-Volk, § 2 Rn. 21.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

Folgerichtigkeit der These „Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen“ zu finden sind.

aa) Reine Verursachungstheorie Nach der reinen Verursachungstheorie gilt die Teilnahme als eigenständige Form der Verursachung eines strafrechtlich relevanten Erfolges. Der Strafgrund besteht danach in dem mit der Teilnahmehandlung begangenen eigenständigen Unrecht; sog. selbstständiges „Teilnehmerdelikt“.238 Gegen die reine Verursachungstheorie sprechen folgende Einwände: Die §§ 26, 27 StGB setzen eine rechtswidrige Tat des Täters voraus.239 Das Gesetz widerspricht daher der Annahme, zur Strafbarkeitsbegründung komme es allein auf die vom Teilnehmer verursachte Rechtsgutsverletzung an.240 Vielmehr zwingt § 28 StGB zu dem Schluss, dass die sachlichen Merkmale des vom Täter verwirklichten Unrechts auch den Unrechtsgehalt der Teilnahme festlegen.241 Unabhängig von der Kritik, zeigt der Ansatz deutliche Parallelen zu den Extraneusdelikten als „eigentliche Teilnahmedelikte“. Der Vorteilsgeber begeht eigenes Unrecht. Das resultiert allerdings nicht aus dem Gedanken der Teilnahme. Vielmehr begeht er eigenes Unrecht, weil er materieller Täter im Sinne der §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB und maßgebliche Tauschpartei im Sinne des Korruptionsmodells ist. Der Extraneus liefert einen eigenen Tatbeitrag, ist wesentliche Tauschpartei und nimmt Einfluss auf den Intraneus. Er begeht eigenes Unrecht als Korrumpierender. Obwohl in der Beeinflussung faktisch eine Anstiftung zur Pflichtverletzung zu sehen ist, was durch § 334 Abs. 3 StGB formuliert ist, liegt das Augenmerk auf dem Tausch. Die Tathandlung des „Anbietens“ belegt, dass der Extraneus gänzlich eigenes Täterunrecht begeht, welches nicht an die Reaktion des Intraneus gekoppelt ist.

bb) Schuldteilnahmetheorie Nach der Schuldteilnahmetheorie resultiert die Strafwürdigkeit des Teilnehmers aus der Schuld des Täters.242 Der Teilnehmer lässt „den Armen schuldig werden“; 238 Sax, ZStW 90 (1978), 927 (928 ff.); Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 78 ff., 119 ff., 161 ff.; Schmidhäuser, AT, 10 / 8 ff.; Renzikowski, S. 123 ff.: „Die eigenständige Verbotsnorm der Teilnahme“. 239 Haas, S. 131; Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 118; Krey, AT / 2, § 31 Rn. 211; Geppert, Jura 2008, 34 (35). 240 Schumann, S. 45; Hake, S. 51 m.w. N. 241 Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 118; Geppert, Jura 2008, 34 (35). 242 U. a. Schaffstein, ZStW 57 (1938), 295 (323). Als Vertreter der Unrechtsteilnahmetheorie, die sich aus der reinen Schuldteilnahmetheorie entwickelt hat, gelten Trechsel, S. 54 ff., und Less, ZStW 69 (1957), 43 (47, 54). Trechsel, S. 54 ff., stellt auf die „soziale Desintegration“ ab, welcher der Teilnehmer den Täter aussetze. Der Teilnehmer bewirke die Gefahr, dass

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er macht den Täter; er verstrickt ihn in Schuld243. Gegen die Schuldteilnahmetheorie sprechen einige Einwände: Der Teilnehmer an schuldloser Tat würde bestraft werden, obwohl er den Haupttäter nicht in Schuld verstrickt hat.244 Diese Theorie ist contra legem zu § 29 StGB.245 Der Grundgedanke der Schuldteilnahmetheorie lässt sich nicht mit dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät vereinbaren.246 Darüber hinaus kann diese Theorie lediglich die Anstiftung erklären, nicht jedoch die Beihilfe.247 Unabhängig davon, dass sich der Ansatz der Schuldteilnahmetheorie nicht mit den gesetzlichen Vorgaben deckt, bestätigt er die These von der „Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen“ nicht. Die Strafbarkeit des Extraneus ist selbstständig und unabhängig von der Strafbarkeit des Intraneus. Die Schuld des Extraneus resultiert nicht aus der Schuld des Intraneus. Möglicherweise lässt der Extraneus in einem weiteren Sinne „den Armen [Intraneus] schuldig werden“, wenn er dem Intraneus einen Vorteil anbietet und der Intraneus sich auf dieses korruptive Ansinnen einlässt. Korruption basiert aber gerade auf einem Handlungsgeflecht, welches auf einen Tausch angelegt ist. Wenn der Geber die Person darstellt, die einen solchen Tausch als Initiator anstrebt, wird er dadurch nicht zum materiellen Teilnehmer, sondern ist materieller Täter und maßgebende Tauschpartei. Darüber hinaus kann die Schuldteilnahmetheorie die Einordnung des Extraneus als eigentlichen Teilnehmer an den Taten des Intraneus nicht erklären, wenn die Initiative vom Intraneus ausgeht.

cc) Akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie Nach der akzessorietätsorientierten Verursachungs- bzw. Förderungstheorie248 trägt der Teilnehmer zur Verwirklichung des Unrechts, welches der Täter begeht, bei. Er verstößt gegen das in den §§ 26, 27 StGB beinhaltete Verbot, einen anderen zu tatbestandsmäßigem Verhalten zu veranlassen oder zu unterstützen. Das Unrecht der Täter bestraft wird, und verwickele ihn in unrechtes Handeln. Diese Theorie zerstört die Einheit des Teilnahmestrafgrundes und passt nicht auf die Beihilfe. Zudem ist unverständlich, warum sich der Strafrahmen nach dem der Haupttat richtet, so LK12-Schünemann, Vor § 26 Rn. 10; LK11-Roxin, Vor § 26 Rn. 11; Roxin, AT / II, § 26 Rn. 18 ff.; Satzger, Jura 2008, 514 (516); kritisch auch Hake, S. 46 ff.; Stein, S. 101 ff.; Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 77. 243 Schaffstein, ZStW 57 (1938), 295 (323). 244 Stein, S. 103. 245 Jescheck / Weigend, S. 685; Geppert, Jura 2008, 34 (34); Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 119; Satzger, Jura 2008, 514 (516); Krey, AT / 2, § 31 Rn. 212; LK11-Roxin, Vor § 26 Rn. 11. 246 Hake, S. 45; Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 76. 247 Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 120; LK11-Roxin, Vor § 26 Rn. 11; Hake, S. 45. 248 Jescheck / Weigend, S. 685; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 25 Rn. 17; Wessels / Beulke, Rn. 552; Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 121.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

der Teilnahme richtet sich primär nach dem fremden Unrecht der Tat.249 Für die Theorie spricht die Vereinbarkeit mit dem aus den §§ 26, 27 StGB resultierenden Akzessorietätsprinzip.250 Teilnahme an echten Sonderdelikten ist möglich und erklärbar.251 Begründungsschwierigkeiten bestehen aber bei dem „agent provocateur“ und bei der notwendigen Teilnahme, denn in beiden Fällen soll Straflosigkeit resultieren, obwohl der Teilnehmer das Unrecht der Haupttat mitverursacht hat.252 Darüber hinaus wird zu einseitig auf das Erfolgsunrecht der Haupttat abgestellt und das Handlungsunrecht vernachlässigt.253 Der Extraneus trägt im Korruptionsgeschehen insbesondere zur Verwirklichung des Unrechts des Intraneus bei, wenn die Initiative von ihm ausgeht und der Intraneus sich auf das Ansinnen einlässt. Wiederum gilt aber, dass der Extraneus dadurch nicht materieller Teilnehmer ist. Es ist vielmehr auf die vorangegangenen Argumente für eine materielle Täterschaft zu verweisen. Dieser Ansatz erklärt nicht die eigentliche Teilnahme in Fallkonstellationen, in denen die Initiative vom Intraneus ausgeht und sich der Extraneus auf einen Tausch einlässt. Grund hierfür ist, dass die These der Vertäterschaftlichung eigentlicher Teilnahmehandlungen auf phänomenwidrigen Prämissen beruht.

dd) Theorie des akzessorischen Rechtsgutsangriffs Nach der Theorie des akzessorischen Rechtsgutsangriffes besteht das Unrecht der Teilnahme in der Verletzung fremder Rechtsgüter und in der Mitwirkung an der rechtswidrigen Haupttat.254 Danach beinhaltet die Teilnahme einen eigenen Unwert und einen eigenen Angriff auf das Rechtsgut.255 Zwar ist das Teilnahmeunrecht aus dem Täterunrecht abzuleiten, allerdings ist es unabhängig und selbstständig.256 Dadurch können Einseitigkeiten der reinen und akzessorietätsorientieren Verursa-

249 BGHSt 4, 355; BGHSt 37, 214 (217); Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 121 f.; Stein, S. 118; Wessels / Beulke, Rn. 552; Krey, AT / 2, § 31 Rn. 206; Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 50 / 57; Jescheck / Weigend, S. 685; Baumann / Weber / Mitsch, AT, 31 / 3; Hake, S. 53 ff., 191: „dass der Teilnehmer nicht für fremdes Unrecht haftet, sondern für eigenes, das in der Mitwirkung an fremden Unrecht besteht“. 250 Geppert, Jura 2008, 34 (35). 251 Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 25 Rn. 17. 252 Hake, S. 50; Geppert, Jura 2008, 34 (35); LK12-Schünemann, Vor § 26 Rn. 15. 253 Geppert, Jura 2008, 34 (35); LK12-Schünemann, Vor § 26 Rn. 15; Schumann, S. 48. 254 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 11; LK12-Schünemann, Vor § 26 Rn. 1; Jakobs, AT, 22 / 8 f.; Geppert, Jura 2008, 34 (35); Satzger, Jura 2008, 514 (517); Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 25 Rn. 17a. 255 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 11; LK11-Roxin, Vor § 26 Rn. 22; LK12-Schünemann, Vor § 26 Rn. 7; Jakobs, AT, 22 / 9; Satzger, Jura 2008, 514 (517); Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 73; differenzierend Krey, AT / 2, § 31 Rn. 206 ff. 256 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 11; LK12-Schünemann, Vor § 26 Rn. 7.

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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chungstheorie vermieden werden.257 Diese Theorie ist als Synthese beider Verursachungstheorien zu verstehen.258 Der Extraneus verwirklicht einen eigenen Unwert und einen selbstständigen Rechtsgutangriff. Jedoch ist das Unrecht, welches der Extraneus begeht, nicht lediglich aus dem Täterunrecht des Intraneus abzuleiten. Vielmehr begeht der Vorteilsgeber als materieller Täter eine eigene Tat. Das Handlungsgeflecht, welches notwendig im Korruptionsgeschehen vorhanden ist, begründet daher keine bloße Teilnahme auf Seiten des Vorteilsgebers.

ee) Theorie der Solidarisierung mit fremdem Unrecht Nach Schumann beinhaltet die Teilnahmehandlung einen „besonderen Aktunwert“, der für die Rechtsgemeinschaft unerträglich ist.259 Strafgrund der Teilnahme ist danach die „Solidarisierung mit fremdem Unrecht“.260 Der Teilnehmer solidarisiert sich durch seinen vorsätzlichen Beitrag mit fremdem vorsätzlichen Unrecht und macht sich mit der fremden Tat gemein.261 Das Teilnahmeunrecht ist als Handlungsunrecht dem Entstehungsgrund nach eigenständig, wird aber in Art und Maß nach dem Bezugsobjekt der Solidarisierung abgeleitet.262 Es wird bestritten, dass die Solidarisierung als solche strafbar ist. Strafrechtsrelevant sind nur Verhaltensweisen, die sich auf den Erfolg auswirken.263 Der Teilnehmer muss sich darüber hinaus gar nicht mit dem Täter solidarisieren, sondern kann eigenständige Interessen verfolgen.264 Der Vorteilsgeber solidarisiert sich nicht nur mit dem Vorteilsnehmer, sondern interagiert mit diesem im Korruptionsgeschehen. Beide Tauschparteien sind materielle Täter. Wiederum bestätigt sich die These der Vertäterschaftlichung eigentlicher Teilnahmehandlungen nicht. 257 LK11-Roxin, Vor § 26 Rn. 22; Haas, S. 133, hält es für wenig überzeugend, zwei heterogene, sich wechselseitig ausschließende Erklärungsansätze miteinander zu kombinieren, die jede für sich an den dargelegten Einwänden scheitere; so auch Bloy, S. 254. 258 LK11-Roxin, Vor § 26 Rn. 22. 259 Schumann, S. 49 f. 260 Schumann, S. 50 f.; Haas, S. 135, interpretiert den Solidarisierungsaspekt auf andere Weise: Der Teilnehmer übertrete die „immanenten Schranken seiner Rechtsausübungsfreiheit, weil sein Verhalten schon aufgrund des äußeren kommunikativ-sozialen Gesamtkontextes der konkreten Tatsituation nur so verstanden werden kann, als sei es zu Lasten des Inhabers des betroffenen Rechtsguts auf die Hervorrufung oder Förderung der rechtswidrigen Handlung gerichtet“. Der Teilnehmer nehme daher ein Sonderverhalten vor; in diesem Sinne auch SKHoyer, § 27 Rn. 29. 261 Schumann, S. 51. 262 Schumann, S. 51. 263 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 22 ff.; Renzikowski, S. 46: „Mit dieser Argumentation macht Schumann die Teilnahme zu einer Art Friedensstörungsdelikt“. 264 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 24.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

ff) Schlussfolgerung Keine der Theorien über den Strafgrund der Teilnahme bestätigt die These von der „Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen“ auf Seiten des Vorteilsgebers. Der Vorteilsgeber ist vielmehr ein materiell selbstständiger Täter, der unabhängig von der Strafbarkeit des Vorteilsnehmers bestraft wird. Der Vorteilsgeber nimmt daher nicht nur materielle Teilnahmehandlungen vor. Die These der Vertäterschaftlichung missachtet die Handlungsstrukturen im Korruptionsgeschehen. Das Phänomen Korruption basiert auf einem Handlungsgeflecht zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber. Dabei sind die Handlungen dieser Personen unweigerlich miteinander verbunden. Darüber hinaus bildet die Figur des Intraneus den Mittelpunkt der Prinzipal-Agenten-Beziehung und der Tauschbeziehung. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Vorteilsgeber deswegen nur Randfigur und materieller Teilnehmer im Geschehen ist, denn ohne die Figur des Vorteilsgebers ist Korruption nicht denkbar.

g) Systematischer Vergleich der Korruptionsdelikte mit anderen Straftatbeständen Die Handlungsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte sind des Weiteren systematisch mit Handlungsstrukturen anderer Straftatbestände, denen tatsächlich eigentliche Teilnahmehandlungen zugrunde liegen, zu vergleichen. Hierzu zählen Tathandlungen der §§ 120 Abs. 1, 180 Abs. 1 Satz 1, 206 Abs. 2 Nr. 3, 233a StGB und § 259 StGB. Aus einem solchen Vergleich können möglicherweise weitere Schlussfolgerungen über die These der Vertäterschaftlichung eigentlicher Teilnahmehandlungen bei klassischen Korruptionsdelikten gezogen werden. Die Gefangenenbefreiung gemäß § 120 Abs. 1 StGB erfasst neben der täterschaftlichen Begehungsform des „Befreiens“ eines Gefangenen tatbestandlich verselbstständigte Teilnahmehandlungen des „Verleitens“ und „Förderns“.265 Es handelt sich hier um Anstiftung bzw. Beihilfe zur Selbstbefreiung. Da die Selbstbefreiung straflos ist, erfolgte aus Akzessorietätsgründen (fehlende Haupttat) eine selbstständige Bestrafung von Teilnahmehandlungen, um diese Verhaltensweisen sanktionieren zu können.266 Die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 StGB erfasst durch die Tathandlung „Vorschubleisten“ ebenfalls bestimmte Teilnahmehandlungen in Form der Vermittlung (Nr. 1) oder des Gewährens oder Verschaffens von Gelegenheit (Nr. 2). Hierbei handelt es sich um typische Förderungs- und damit Teilnahmehandlungen.267 „Vorschubleisten“ bedeutet das Schaffen günstiger Bedingungen für sexuelle Kontakte zwischen Personen unter sechzehn Jahren und

265 266 267

MK-Bosch, § 120 Rn. 16. MK-Bosch, § 120 Rn. 6, 16; 21 f. BGHSt 21, 272 (276); BGHSt 26, 358 (362); OLG Köln NJW 1967, 455 (455).

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

173

Dritten.268 Der Gesetzgeber hat hiermit die Beihilfe zu fremden Sexualkontakten zu einem selbstständigen Straftatbestand erhoben.269 Darüber hinaus sind Anstiftungshandlungen („Bestimmen“) gemäß § 180 Abs. 2 und Abs. 3 StGB als täterschaftliche Tathandlungen strafbar. Die Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses stellt gemäß § 206 Abs. 2 Nr. 3 StGB auf das „Fördern“ bestimmter Handlungen ab. „Fördern“ ist jede Form des Hilfeleistens270, sodass diese Tathandlung beispielsweise auf Beihilfehandlungen im Sinne von § 27 StGB beruht.271 Die Förderung des Menschenhandels gemäß § 233a StGB beinhaltet „Vorschubleisten“ als Tathandlung, d. h. das Schaffen günstiger Bedingungen für den Menschenhandel nach §§ 232, 233 StGB.272 Hierbei handelt es sich formal wiederum um Hilfeleistung im Sinne der Beihilfe.273 Da Strafbarkeitslücken zu befürchten sind, wenn etwa die Haupttat noch nicht das Versuchsstadium erreicht hat oder die Beihilfehandlung nicht über das Versuchsstadium hinaus gelangt ist, hat der Gesetzgeber gezielt einen verselbstständigten Beihilfetatbestand geschaffen.274 Schließlich enthält die Hehlerei gemäß § 259 StGB als Tatvariante die Absatzhilfe. Absatzhilfe bezeichnet die unselbstständige, d. h. an Weisungen gebundene, Unterstützung des Vortäters und dessen Bemühungen um eine wirtschaftliche Verwertung der Beute aus der Vortat.275 Es handelt sich der Sache nach um eine Beihilfe zu den Absatzbemühungen des Vortäters, die wegen der Straflosigkeit der Absatztat des Vortäters zur selbstständigen Tat aufgewertet worden ist.276 Die Tathandlungen der aufgeführten Delikte weisen typische Teilnahmehandlungen wie „Fördern“ oder „Vorschubleisten“ auf. Dass es sich um eigentliche Teilnahmehandlungen handelt, wird durch einen Vergleich zu weiteren Tathandlungen innerhalb derselben Straftatbestände deutlich: Bei der Gefangenenbefreiung stellt „Befreien“ das eigentliche Tatunrecht dar. Die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger bezieht sich vor allem auf die Vornahme sexueller Handlungen zwischen minderjährigen Personen und Dritten. Bei der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses ist die unbefugte Mitteilung von Tatsachen, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegt, die eigentliche Tathandlung. Die Förderung des Lackner / Kühl, § 180 Rn. 4; MK-Renzikowski, § 180 Rn. 20. BGH NJW 1954, 766 (766); MK-Renzikowski, § 180 Rn. 20. 270 BeckOK-Weidemann, § 206 Rn. 21. 271 NK-Kargl, § 206 Rn. 36. 272 MK-Renzikowski, § 233a Rn. 9. 273 BeckOK-Valerius, § 233a Rn. 6. 274 BT-Drs. 15 / 4048, S. 13. 275 NK-Altenhain, § 259 Rn. 53; MK-Lauer, § 259 Rn. 89, 91; Sch / Sch-Stree / Hecker, § 259 Rn. 31. 276 BGH NStZ 2009, 161 (161); BGH NStZ-RR 1999, 208 (208); BGH NStZ 2008, 215 (216); BGH NStZ-RR 2005, 373 (374); BGHSt 26, 358 (362); Sch / Sch-Stree / Hecker, § 259 Rn. 31; Rengier, BT / I, § 22 Rn. 32; MK-Lauer, § 259 Rn. 89. 268 269

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

Menschenhandels basiert auf den Tathandlungen des Menschenhandels. Die Absatzhilfe der Hehlerei beruht auf der Tathandlung „Absetzen“. Die Integration der Tathandlungen „Verleiten“, „Fördern“, „Vorschubleisten“ und „Absatzhilfe“ ist daher offenkundig auf die fehlende Strafbarkeit der jeweiligen eigentlichen Haupttat zurückzuführen und bezweckt die Schließung von sonst bestehenden Strafbarkeitslücken. Im Vergleich zu den aufgezählten Tathandlungen sind die korruptiven Tathandlungen des Extraneus jedoch völlig anders ausgestaltet und nicht von gleichem Inhalt. Im Gegensatz zu den aufgelisteten Tathandlungen sind die Tathandlungen des Extraneus und des Intraneus unwertmäßig und im Hinblick auf die Schließung eines „Korruptionsvertrages“ gleichrangig. Die Strafbarkeit des Extraneus rührt nicht aus der sonst resultierenden Straflosigkeit, sondern aus der Gleichstellung von Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber. Dies wird wiederum anhand der spiegelbildlichen Ausgestaltung der jeweiligen Tathandlungen (Fordern / Anbieten – Sich-VersprechenLassen / Versprechen – Annehmen / Gewähren) deutlich. Die spiegelbildlichen Tathandlungspaare stehen unwertmäßig jeweils auf der selben Stufe. Der systematische Vergleich zeigt ebenfalls, dass die These der Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen bei den Geberdelikten abzulehnen ist.

3. Zusammenfassung zur These der Vertäterschaftlichung Der Extraneus ist im Korruptionsgeschehen Täter. Es hat sich als nicht haltbar erwiesen, dass es sich bei den Tathandlungen des Extraneus um eigentliche und bloße Teilnahmehandlungen handeln soll. Die Tathandlungen sind vielmehr als materielle und nicht als formelle Täterhandlungen zu qualifizieren. Die Anwendung des Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Modells, die Gleichstellung von Nehmer und Geber nach dem Willen des Gesetzgebers sowie der Vergleich der Tathandlungen des Extraneus mit formellen Teilnahmehandlungen und den Tathandlungen des Intraneus haben u. a. gezeigt, dass keine überzeugenden Argumente für die These sprechen. Es können im Gegenteil verschiedene Erwägungen gegen diese These vorgebracht werden. Dass der Extraneus als eigentlicher Gehilfe und bloße Randfigur wahrgenommen werden soll, basiert vor allem auf der Strafmaßargumentation der Verteidigerseite.277 Im Ergebnis findet die Konstruktion der Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen nicht auf den Bereich der klassischen Korruptionsdelikte Anwendung. Der Inhalt der Vertäterschaftlichungsthese wird erstens nicht dem Unrechtsgehalt der §§ 331 ff., 299 StGB gerecht, wirft zweitens durchgreifende konstruktive Bedenken auf und entspricht drittens nicht der Gegenseitigkeit der Nehmer- und Geberstrafbarkeit.278 Die Nehmer- und Geberdelikte stellen daher materiell selbstständige Delikte dar.279

277

MAH-Volk, § 2 Rn. 24.

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

175

III. Vollendung und Versuch korruptiver Handlungen In den vorangegangenen Abschnitten ist vor allem eine Differenzierung in Erscheinung getreten, die sich argumentativ bereits auf verschiedene Fragestellungen ausgewirkt hat: Die Unterscheidung zwischen einseitigem Korruptionsversuch und Korruption in Vollendung. Es wurde gezeigt, dass sich diese Differenzierung in den Tathandlungen der Korruptionstatbestände widerspiegelt. Anbieten und Fordern auf der Verhandlungsstufe präzisieren den handlungstheoretischen einseitigen Korruptionsversuch. Versprechen und Sich-Versprechen-Lassen auf der Vereinbarungsstufe sowie Gewähren und Annehmen auf der Leistungsstufe konkretisieren demgegenüber die handlungstheoretische Korruption in Vollendung. Von Versuch und Vollendung in diesem gesetzesuntechnischen und handlungstheoretischen Sinne unterscheiden sich Versuch und Vollendung im gesetzestechnischen Sinne.280 Im gesetzestechnischen Sinne meint die strafjuristische Differenzierung zwischen Versuchsstrafbarkeit gemäß §§ 22 ff. StGB und Vollendungsstrafbarkeit. Versuch stellt die vollständig gewollte, aber nur unvollständig verwirklichte Tat dar. Eine versuchte Tat kann dabei nur vorliegen, wenn die Tat nicht vollendet ist.281 Der folgende Abschnitt hat das Ziel, Versuch und Vollendung korruptiver Handlungen aufgrund der diffizilen Handlungs- und Tatbestandsstrukturen präziser zu systematisieren. Die im Gesetz angelegten Versuchs- und Vollendungsstrukturen wirken sich schließlich auf die Strafbarkeit aus. Es ist daher zu klären, mit welcher Handlung Strafbarkeit beginnt und wo die Strafbarkeit endet. Darüber hinaus ist de lege ferenda zu untersuchen, ob eine Neustrukturierung des Gesetzes die aufgezeigten Versuchs- und Vollendungsstrukturen besser verdeutlichen und die Strafbarkeitsgrenzen deutlicher ziehen könnte.

278 RGSt 9, 261 (262); RGSt 42, 382 (383): „[…], dass gewisse Handlungen, die als Anstiftung oder Beihilfe zu dem Verbrechen gegen § 332 StGB aufgefasst werden könnten, unter eine selbständige Strafandrohung gestellt sind und deshalb ihren Charakter als unselbständige Teilnahmehandlungen am Verbrechen eines anderen abgestreift haben“ (Hervorhebungen durch den Verfasser); Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 59, 62; Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 213 (Fn. 379); Binding, BT / II / 2, S. 719: „die zum selbständigen Verbrechen erhobene aktive Bestechung darf eben durchaus nicht als Anstiftung zu einem Amtsdelikt betrachtet werden“; Kohlrausch / Lange, § 331 VIII, § 333 I: Sondertatbestände, die gegenüber der Teilnahme ein aliud bilden; Birkmeyer, S. 322; i.E. auch Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 209. 279 Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 62; Birkmeyer, S. 322; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 209. 280 Fincke, S. 39 ff., 53 f., unterscheidet zwischen einem „materiellen“ Versuch und einem „formellen“ Versuch i. S. d. § 22 StGB. Der Versuch im materiellen Sinne sei in Wahrheit Vollendung im formellen Sinne; Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 103, lehnt die Unterscheidung zwischen „formellem“ und „materiellem“ Versuchsbegriff beispielweise ab. 281 BeckOK-Beckemper, § 22 Rn. 14 f.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

1. Überlegungen de lege lata Zunächst ist die aktuelle Gesetzesfassung de lege lata im Hinblick auf Vollendung und Versuch näher zu beleuchten, um gegebenenfalls Schlussfolgerungen de lege ferenda ziehen zu können. Es sind, wie bereits beschrieben, zum einen Vollendung und Versuch der Deliktsverwirklichung im gesetzestechnischen Sinne (§§ 22, 23 StGB) und zum anderen der einseitige Korruptionsversuch und Korruption in Vollendung im gesetzesuntechnischen Sinne zu unterscheiden.

a) Vollendung und Versuch der Deliktsverwirklichung im gesetzestechnischen Sinne (§§ 22, 23 StGB) Mit der Verwirklichung der Tathandlungen im Sinne der §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB ist die jeweilige Tat des Intraneus bzw. Extraneus vollendet.282 Die Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich (§§ 331 ff. StGB) sehen vereinzelt Versuchsstrafbarkeit vor. Im Wesentlichen ist aber lediglich für den Intraneus der Versuch der objektiven Tatbestandsverwirklichung strafbar. Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB ist beispielsweise ein Vergehen und der Versuch straflos. Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB ist ebenfalls ein Vergehen, der Versuch allerdings gemäß § 332 Abs. 1 Satz 3 StGB strafbar. Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 2 Satz 1 StGB und Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 2 Satz 1 StGB im Zusammenhang mit einem Richter- oder Schiedsrichteramt bestimmen stets Versuchsstrafbarkeit (§ 331 Abs. 2 Satz 1, 2 StGB als Vergehen, § 332 Abs. 2 Satz 1 StGB als Verbrechen). Für den Extraneus ist hingegen der Versuch nur in einer Konstellation strafbar. Versuchsstrafbarkeit ist gemäß § 334 Abs. 2 Satz 2 StGB im Rahmen von Bestechung eines Richters oder Schiedsrichters als Vergehen gemäß § 334 Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmt. Sowohl Vorteilsgewährung gemäß § 333 Abs. 1 StGB als auch Bestechung gemäß § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB sind Vergehen. Der Versuch ist jeweils straflos. Die Korruptionsdelikte im privaten Bereich (§ 299 Abs. 1 und Abs. 2 StGB) sehen keine Versuchsstrafbarkeit vor. Anhand der Versuchsstrafbarkeit werden zwei Gesichtspunkte deutlich. Erstens hat der Gesetzgeber die Korruptionsdelikte im privaten Bereich nicht vollständig den Korruptionsdelikten im öffentlichen Bereich gleichgesetzt. Zweitens hat der Gesetzgeber die Versuchsstrafbarkeit des Intraneus nicht vollständig der Versuchsstrafbarkeit des Extraneus gleichgestellt. Der Intraneus wird offensichtlich als strafwürdiger als der Extraneus qualifiziert, wenn die Tat nicht vollendet worden ist. Im Hinblick darauf, dass der Intraneus die Person im Korruptionsgeschehen darstellt, die ihre Machtposition gegenüber dem Prinzipal missbraucht, ist die Strafwürdig282 Rengier, BT / II, § 60 Rn. 24; Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (140, 143); Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 56 m.w. N.; Pragal, S. 11.

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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keit des Versuches nachvollziehbar. Er verwirklicht mit dem Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung einen rechtsfeindlichen Willen283 gegenüber dem Prinzipal und den Regeln, die das Innenverhältnis determinieren, wenn er sich bewusst als käuflich zeigen will. Im Sinne der sog. Eindruckstheorie ist der betätigte rechtsfeindliche Wille darüber hinaus geeignet, das Vertrauen in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit zu erschüttern.284 Im öffentlichen Bereich verletzt der Intraneus das Vertrauen in die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen und in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes, wenn er versucht, auf eine Unrechtsvereinbarung mit einem Extraneus hinzuwirken. Im privaten Bereich ist Versuchsstrafbarkeit gesetzlich nicht vorgesehen. Der Intraneus unterläuft allerdings den gesetzlich verankerten Gedanken des fairen Wettbewerbs, der das Innenverhältnis zwischen Intraneus und Prinzipal determiniert, wenn er sich gegenüber Mitbewerbern bewusst als käuflich zeigen will. Dass der Gesetzgeber den Versuch nicht bestraft, ist jedoch als legislatorisch verbindlich hinzunehmen. Es ist fraglich, ob die überwiegende Versuchsstraflosigkeit des Extraneus angesichts der Gleichstellung von Nehmer und Geber als gerechtfertigt anzusehen ist. Der Extraneus ist gleichrangige und ebenbürtige Tauschpartei im Korruptionsgeschehen. Danach wäre die Straflosigkeit des Versuches unklar. Dem Extraneus kann ein rechtsfeindlicher Wille mit dem Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung zugestanden werden, wenn er versucht, auf eine Unrechtsvereinbarung mit einem Intraneus hinzuwirken. Allerdings verfehlt dieser Wille regelmäßig seine rechtsfeindliche Wirkung. Da die Tathandlungen der Korruptionsdelikte auf empfangsbedürftigen Willenserklärungen basieren, kann der Extraneus in den meisten Fällen nicht das Vertrauen in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit erschüttern, wenn der Intraneus von der Willenserklärung nie Kenntnis genommen hat. An dieser Stelle offenbart sich die Rolle des Extraneus als Außenstehender. Wenn seine Willenserklärungen den Intraneus überhaupt nicht erreicht haben, erschüttert er den Rechtsfrieden nicht. Die überwiegende Versuchsstraflosigkeit ist daher begründet und entspricht dem fragmentarischen Charakter des Strafrechts.

b) Korruption in Vollendung und einseitiger Korruptionsversuch im gesetzesuntechnischen Sinne Neben der Versuchsstrafbarkeit gemäß §§ 22, 23 StGB und der Vollendungsstrafbarkeit im gesetzestechnischen Sinne sind den Korruptionsdelikten Strukturen des Versuchs und der Vollendung im gesetzesuntechnischen Sinne immanent. Diese Strukturen sind vor allem im Wege der Anwendung des Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatzes auf die Straftatbestände, die Korruptionsgeschehen umfassen, deutlich geworden. Korruptionsdelikte weisen innerhalb der Tathandlungen die hand-

283 284

BGHSt 11, 324 (327); BGHSt 15, 210 (214). Wessels / Beulke, AT, Rn. 594; Fischer, § 22 Rn 40, 42b; Jescheck / Weigend, S. 514.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

lungstheoretischen Strukturen des einseitigen Korruptionsversuches und der Korruption in Vollendung auf. Der einseitige Korruptionsversuch spiegelt sich auf der Intraneusseite in der Tathandlung des „Forderns“ und auf der Extraneusseite in der Tathandlung des „Anbietens“ wider. Korruption in Vollendung wird gesetzestechnisch von Versprechen bzw. Sich-Versprechen-Lassen und Gewähren bzw. Annehmen umfasst. Die Tathandlungen Fordern und Anbieten offenbaren daher eine dogmatisch interessante Deliktsstruktur. Diese stellen Vollendungstatbestände dar, d. h. die jeweilige Tat ist mit Begehung der Tathandlungen vollendet285, obwohl sie handlungstheoretisch auf einer Versuchsstruktur basieren und die Unrechtsvereinbarung zwischen Intraneus und Extraneus nicht zustande kommt. So stellte bereits der Bundesgerichtshof fest, dass die Tathandlungen Anbieten und Fordern „Versuchshandlungen“ sind, die „als vollendete Straftaten“ bestraft werden.286 „Fordern“ und „Anbieten“ stellen daher einseitig gebliebene, fehlgeschlagene oder untaugliche Bestechungsversuche dar nicht hingegen beidseitige Vereinbarungen.287 Die Verwirklichung dieser Tathandlungen führt damit zur Vollendungsstrafbarkeit, ohne dass es auf eine positive Reaktion der Gegenseite ankäme.288 Dadurch sind Quasi-Versuche289 tatbestandsmäßig in den §§ 331 ff. und 299 StGB als Vollendungsdelikte integriert. Das bloße Fordern bzw. Anbieten wäre aus gesetzestechnischer Sicht daher dem Versuchsstadium zuzuordnen.290 Einseitige Versuchshandlungen werden insoweit klassischen Vollendungshandlungen, wie „Annehmen“ und „Gewähren“, gleichgestellt und gelten als genauso verwerflich.291 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gerade das einseitige Fordern das schwerere Unrecht darstellt (siehe B. I. 1.). Es ist demzufolge sachgerecht und angemessen, einseitige und im Hinblick auf den Tausch erfolglose Versuchshandlungen den Vollendungshandlungen, die auf beidseitigen Vereinbarungen beruhen, gleichzustellen. Wenn das Gesetz zusätzlich Versuchsstrafbarkeit anordnet, liegt den Korruptionsdelikten bei den Tathandlungen Anbieten und Fordern sogar eine doppelte Versuchsstruktur in Form des Versuches einseitiger Versuchshandlungen zugrunde.

Siehe Kapitel 4 Fußnote 282. BGHSt 10, 358 (367); zustimmend LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 6; Oğlakcioğlu, HRRS 2011, 275 (276): „typische Vorfeldhandlungen“. 287 Für § 299 StGB: Pragal, S. 171; Jaques, S. 148. Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 20; Wollschläger, S. 113: „völlig untaugliche Versuche, eine Unrechtsvereinbarung herbeizuführen“; kritisch Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 604: diese „untauglichen Anbahnungsbemühungen“ sind „bedenklich, wenn nicht zu weit gehend“. 288 Kudlich / Oğlakcioğlu, Rn. 384; Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (140 f., 143). 289 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 106; Pragal, S. 171; Jaques, S. 148. 290 Binding, BT / II / 2, S. 726; Pragal, ZIS 2006, 63 (77); Schmidl, wistra 2006, 286 (290); Wollschläger, S. 113; Sommer, Rn. 298, Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 215. 291 Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (141). 285 286

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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Diese doppelte Versuchsstruktur wird in Fallkonstellationen relevant, in denen der Täter sein Angebot auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung aus der Tätersphäre entlässt, der gedachte Empfänger aber keine Kenntnis vom Angebot erlangt.292 Die Versuchsstrafbarkeit des einseitigen Korruptionsversuches rückt die Korruptionsstrafbarkeit daher noch weiter ins Vorfeld tatsächlicher Gefährdungen. Ist zusätzlich Versuchsstrafbarkeit im Sinne der §§ 22 ff. StGB innerhalb klassischer Korruptionsdelikte angeordnet, sind die Versuchs- und Vollendungsstrukturen im gesetzestechnischen und gesetzesuntechnischen Sinne miteinander verflochten. Die Korruptionsdelikte enthalten darüber hinaus weitere tatbestandsimmanente Versuchsstrukturen. Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB und Vorteilsgewährung gemäß § 333 Abs. 1 StGB setzen beispielsweise keine konkrete und pflichtwidrige Diensthandlung voraus. Damit wird bloße Stimmungs- und Klimapflege strafrechtlich erfasst. Wenn Vorteile zur bloßen Stimmungs- und Klimapflege gefordert oder angeboten werden, sanktionieren die §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB dogmatisch das Vorfeld eines klassischen Versuchs in Form von Vollendungsstrafbarkeit.293 Eine weitere Versuchsstruktur beinhaltet § 334 Abs. 3 StGB. Danach ist auf der Vorteilsgeberseite § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB schon dann anzuwenden, wenn der Vorteilsgeber den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt und den anderen „zu bestimmen versucht“, eine seiner Pflichten zu verletzen (Nr. 1) oder bei Ermessensentscheidungen sich von einem Vorteil beeinflussen zu lassen (Nr. 2). „Zu bestimmen versuchen“ liegt die gleiche Bedeutung wie § 30 Abs. 1 Satz 1 StGB zugrunde.294 § 30 Abs. 1 Satz 1 StGB lautet: „Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft.“ Der erfolglose Versuch des Bestimmens des Intraneus zu einer Handlung im Sinne von Nr. 1 oder 2 ist ausreichend.295 Es genügt somit, dass der Extraneus vorhat, den Entschluss entsprechend Nr. 1 bzw. Nr. 2 beim Intraneus zu verursachen.296 Die Vollendungsstrafbarkeit wird wiederum gesetzlich vorverlagert.297 § 299 StGB weist ebenfalls eine „materielle Versuchsstruktur“ auf, da weder die tatsächliche Abwicklung des Tauschgeschäftes (insbesondere bei den Tathandlungen Fordern und Anbieten) noch die Vornahme der Bevorzugung erforderlich (zukünftige Bevorzugung genügt) ist.298

292 293 294 295 296 297 298

LK12-Sowada, § 332 Rn. 30. Heine, ZBJV 2002, 533 (551). Reinhold, HRRS 2010, 213 (215): Sonderfall der Anstiftung. BGH wistra 1998, 108 (109); Lackner / Kühl, § 334 Rn. 3; MK-Korte, § 334 Rn. 18 ff. Lackner / Kühl, § 334 Rn. 3. Bock, JA 2008, 199 (200). Pragal, S. 11; Pragal, ZIS 2006, 63 (77).

180

Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

Anhand der Tathandlungen Anbieten und Fordern wird deutlich, dass klassische Korruptionsdelikte von Versuchsstrukturen durchzogen werden, ohne dass damit der Versuch im Sinne von §§ 22 ff. StGB gemeint ist. Mit der gesetzlichen Manifestierung von Versuchsstrukturen in die Vollendungsstrafbarkeit geht eine Vorverlagerung eigentlicher Vollendungshandlungen einher. An dieser Vorverlagerung wird Kritik geübt. Danach werde die Strafbarkeit bedenklich weit ins Vorfeld gerückt299, wenn „völlig untaugliche Versuche, eine Unrechtsvereinbarung herbeizuführen“, sanktioniert werden.300 Gegenstand der Kritik ist darüber hinaus, dass trotz der Vorverlagerung der Strafbarkeit keine Korrekturen durch gesetzliche Rücktrittsmöglichkeiten oder tätige Reue eingeräumt werden.301 Diese Kritik geht jedoch fehl. Es wurde gezeigt, dass der einseitige Korruptionsversuch den Begriff Korruption sachgerecht erweitert. Einseitige Versuchshandlungen des Vorteilsnehmers oder des Vorteilsgebers sind ebenso verwerflich wie klassische Vollendungshandlungen. Dieser Ansicht folgt beispielsweise auch der Gesetzgeber, wenn er das Fordern des Vorteilsnehmers gemäß § 333 Abs. 3 StGB als nicht genehmigungsfähig einstuft.

2. Überlegungen de lege ferenda Nachdem die Komplexität der Versuchs- und Vollendungsstrukturen veranschaulicht und wesentliche Unterschiede der Vollendung und des Versuches im gesetzestechnischen und gesetzesuntechnischen Sinne aufgezeigt werden konnten, sind Änderungen der Deliktsstrukturen de lege ferenda zu erwägen. Eine neue Deliksstruktur könnte die Vollendungs- und Versuchsstrukturen möglicherweise besser systematisieren und sachgerechter strukturieren.

a) Echte und unechte Unternehmensdelikte Insbesondere die Komplexität der Versuchsstrukturen führt zu der Frage, ob klassische Korruptionsdelikte nicht gänzlich als echte Unternehmensdelikte umgeformt werden sollten. Echte Unternehmensdelikte zeichnen sich dadurch aus, dass versuchte Taten als vollendete behandelt und bestraft werden.302 Korruptionsdelikte belegen die Verwirklichung einseitiger Versuchshandlungen mit Vollendungsstrafe. Das Unternehmensdelikt ist eine Unterart des Vollendungsdeliktes und muss im Gegensatz zum Versuchsdelikt sämtliche Voraussetzungen des jeweiligen Straftatbestandes erfüllen.303 Das Gesetz definiert in § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB das „Unter299 300 301 302 303

Fischer, § 299 Rn. 17; zustimmend Wollschläger, S. 113. Wollschläger, S. 113. Wollschläger, S. 113. Wolters, S. 26, 82; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 288. Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 102.

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

181

nehmen einer Tat“ als „deren Versuch und deren Vollendung“. Demnach ist derselbe Strafrahmen unabhängig davon anzuwenden, ob die Voraussetzungen eines Versuchs oder einer Vollendung bestehen.304 Korruptionsdelikte in Gestalt echter Unternehmensdelikte könnten etwa wie folgt lauten: Wer es unternimmt, eine Unrechtsvereinbarung im Sinne eines Tausches von Vorteilen gegen Diensthandlungen zu treffen, wird bestraft.305 Das einseitige Ansinnen einer Tauschpartei in Form des Forderns und Anbietens wäre dann das Unternehmen der Tat als deren Versuch. Beidseitige Vereinbarungen wären das Unternehmen der Tat als deren Vollendung. Ob sich echte Unternehmensdelikte für die strafrechtliche Erfassung von komplexen Korruptionssachverhalten eignen, ist fragwürdig. Zum einen wurde diese Deliktsgruppe in der Strafrechtswissenschaft bisher höchst „stiefmütterlich“ behandelt, sodass viele dogmatische Fragen ungeklärt sind.306 Zum anderen werden mit der Schaffung echter Unternehmensdelikte neue Probleme befördert und keine Verbesserungen erzielt. Diese Bedenken sind in folgenden sechs Gesichtspunkten zusammenzutragen. Erstens müsste die Anwendung der Versuchsregeln, vor allem der Rücktrittsregeln, in Betracht gezogen werden.307 Von einseitigen Versuchshandlungen könnten die Tauschparteien daher zurücktreten. Sinnt der Intraneus oder Extraneus auf den Abschluss eines „Korruptionsvertrages“ und übermittelt er der Gegenseite ein entsprechendes „Vertragsangebot“, ist nach den handlungstheoretischen Strukturüberlegungen zur Korruption jedoch kein Spielraum für einen Rücktritt eröffnet. Vor allem auf Seiten des Intraneus kann die Gefährdung, die mit dem Sich-KäuflichZeigen einhergeht, nicht mehr beseitigt werden.308 Das Strafbedürfnis entfällt nicht dadurch309, dass sich die Gegenseite zufällig nicht auf die Offerte des anderen einlässt. Im Gegenteil: Fordern stellt das schwerere Unrecht dar, da der Intraneus initiativ und selbstständig kundgibt, seine Machtposition zu verkaufen. Fordern und Anbieten werden daher sachgerechter Weise als Vollendungshandlungen behandelt. Zweitens findet die Strafmilderung nach den Versuchsgrundsätzen (§ 23 Abs. 2 StGB) aufgrund der Gleichstellung von Versuch und Vollendung keine Anwendung.310 Die einseitigen Versuchshandlungen Fordern und Anbieten ziehen auch nach jetziger Gesetzesausgestaltung keine Strafmilderung nach sich. Es könnte in dieser Hinsicht keine verbesserte Deliktsstruktur erzielt werden. Wolters, S. 108, BeckOK-Beckemper, § 11 Rn. 39. Hinzuweisen ist auf § 108e StGB, der ebenfalls auf „unternehmen“ abstellt. 306 Wolters, S. 19: „Schattendasein der Unternehmensdelikte“, S. 287. 307 Wolters, S. 81 ff., 112 ff., 177 ff. Kritisch zur voreiligen Verrechtlichung Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 109. 308 Auf die Gefährdung stellt ab: RGSt 6, 341 (342 f.); RGSt 72, 349 (350 f.); RGSt 73, 53 (60). 309 Darauf abstellend BGHSt 9, 48 (52); Sch / Sch-Eser, § 24 Rn 2 f. 310 LK12-Hilgendorf, § 11 Rn. 84; Wolters, S. 82. 304 305

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

Drittens ist der Frage nachzugehen, ob die Schaffung echter Unternehmensdelikte tatsächlich eine strukturiertere und systematischere Handhabung von Korruptionstatbeständen bedeuten würde. Neben der Versuchsstrafbarkeit im gesetzestechnischen Sinne (§§ 22 ff. StGB) und dem einseitigen Korruptionsversuch im gesetzesuntechnischen Sinne würde eine weitere Variation des Versuchsbegriffes im Rahmen des echten Unternehmensdelikts treten.311 Darüber hinaus müsste das DreiStufen-Modell in Bezug auf die Tathandlungen aufgegeben werden. Die einseitigen Versuchshandlungen Fordern und Anbieten wären den übrigen Vollendungshandlungen zwar im Hinblick auf dieselbe Strafbarkeit gleichgestellt, stünden diesen aber nicht mehr als materielle Vollendungshandlungen gegenüber. Das zeigt sich vor allem daran, dass die Versuchsregeln Anwendung finden könnten. Des Weiteren würde das Unternehmensdelikt nicht sauber zwischen der Vereinbarungsund der Leistungsstufe differenzieren. Inhalt der Tauschbeziehung ist ein „Korruptionsvertrag“. Es ist daher sachgerecht, zwischen den Stufen des Vertrages zu unterscheiden: Abgabe von Willenserklärungen auf Abschluss eines Vertrages, Abschluss des Vertrages und Erfüllung des Vertrages. Die Beibehaltung des Drei-Stufen-Modells ist vorzugswürdig. Viertens würde die besondere Verwerflichkeit einseitiger Korruptionsversuche, insbesondere des Forderns des Intraneus, zu sehr in den Hintergrund rücken. Die Tathandlung Fordern stellt aber gerade das schwerere Unrecht gegenüber den anderen Tathandlungen dar. Fünftens wäre die Tathandlung des „Unternehmens“ zu unpräzise: Wann würde die Betätigung einer Unrechtsvereinbarung versucht werden – mit Fordern bzw. Anbieten oder mit dem Versuch des Forderns bzw. Anbietens? Deshalb sind klar formulierte Tathandlungen, die auf Vollendung ausgerichtet sind und einem Drei-Stufen-Modell folgen, präziser und schaffen deutlich mehr Rechtssicherheit. Es konnte gezeigt werden, dass die Umgestaltung der Korruptionsdelikte in echte Unternehmensdelikte weder mehr Klarheit noch mehr Rechtssicherheit schaffen würde. Deshalb eignen sich echte Unternehmensdelikte nicht dazu, Korruptionssachverhalte sachgerechter zu erfassen. In diesem Zusammenhang ist auf die Behauptung von Kindhäuser und Pragal hinzuweisen. Diese postulieren, dass Korruptionsdelikte bereits unechte Unternehmensdelikte darstellen, da der Versuch formal der Vollendung gleichgestellt sei.312 Schließlich ist der Tatbestand der Korruption bereits verwirklicht, wenn ein Vorteil nur gefordert oder angeboten wird, unabhängig davon, ob sich die Gegenseite auf das Geschäft einlässt.313 Es gilt daher darzulegen, ob die Behauptung zutrifft.

Kritisch auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 100 ff., 109. Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (464); nur bei § 299 StGB Pragal, ZIS 2006, 63 (77); Pragal, S. 156. 313 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (464). 311

312

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

183

Zunächst ist zu klären, was ein unechtes Unternehmensdelikt auszeichnet.314 Wiederum stehen die Fragen im Mittelpunkt, ob und gegebenenfalls welche Versuchsarten als Vollendungsdelikte bestraft werden und ob Rücktrittsregeln Anwendung finden.315 § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB können jedenfalls keine unmittelbaren Aussagen entnommen werden.316 Unechte Unternehmensdelikte sollen eine ähnliche Tatbestandsstruktur wie echte Unternehmensdelikte aufweisen317 und, angelehnt an die gesetzliche Begriffsbestimmung der echten Unternehmensdelikte, neben der Vollendung auch den Versuch der Tat beschreiben.318 Unechte Unternehmensdelikte sind daher mit Vornahme der Handlung vollendet.319 Die Tathandlungen eines unechten Unternehmensdeliktes beinhalten nicht den Begriff des Unternehmens, sind jedoch durch finale Tätigkeitsworte gekennzeichnet.320 Demnach werden Handlungen unter Vollendungsstrafe gestellt, ohne dass es auf das Erreichen eines erstrebten (außertatbestandlichen) Erfolges ankommt.321 Tathandlungen unechter Unternehmensdelikte sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass die Übergänge zwischen straffreiem und tatbestandsmäßigem Verhalten schwer zu ermitteln sind. Daher hat sich der Gesetzgeber in Konstellationen unechter Unternehmensdelikte dazu entschieden, die Strafbarkeitsgrenze nicht nach § 22 StGB zu bestimmen, sondern die Strafbarkeit vor diesem Zeitpunkt anzusetzen.322 Die tatbestandsbezogene Auslegung entscheidet somit über die Reichweite der Gleichbehandlung mit echten Unternehmensdelikten.323 Anknüpfungspunkte für die Frage, ob es sich bei klassischen Korruptionsdelikten um unechte Unternehmensdelikte handelt, bilden die Tathandlungen der Geber- und Nehmerseite, die auf eine Unrechtsvereinbarung ausgerichtet sind. Das Drei-StufenModell der Tathandlungen könnte suggerieren, dass ein unechtes Unternehmensdelikt vorliegt. Schließlich sind die einseitigen Tathandlungen auf der Verhandlungsstufe auf den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung gerichtet, während die anderen Tathandlungen den Abschluss dieser bereits herbeiführen (Vereinbarungsstufe) bzw. herbeigeführt haben (Leistungsstufe). Bei den Tathandlungen auf der Verhandlungs-

314 BeckOK-Beckemper, § 11 Rn. 43; MK-Radtke, § 11 Rn. 92; vgl. auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 110. 315 Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 110. 316 NK-Saliger, § 11 Rn. 61: Die Gleichstellung wäre mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbar; ebenso MK-Radtke, § 11 Rn. 92. 317 MK-Radtke, § 11 Rn. 91. NK-Saliger, § 11 Rn. 61: Die unechten Unternehmensdelikte seien durch eine Versuchsstruktur gekennzeichnet. 318 Wolters, S. 301. 319 BeckOK-Beckemper, § 11 Rn. 43. 320 NK-Saliger, § 11 Rn. 61; LK12-Hilgendorf, § 11 Rn. 88. 321 MK-Radtke, § 11 Rn. 91 f.; LK12-Hilgendorf, § 11 Rn. 91; BeckOK-Beckemper, § 11 Rn. 43. 322 LK12-Hilgendorf, § 11 Rn. 90. 323 MK-Radtke, § 11 Rn. 93; Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 111.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

stufe kommt es daher noch nicht auf den Erfolg des Abschlusses einer Unrechtsvereinbarung an. Diejenigen, die Korruptionsdelikte für unechte Unternehmensdelikte halten, vermengen jedoch die aufgezeigten Differenzierungen der tatbestandsimmanenten Versuchsstrukturen. Bei den Tathandlungen des Forderns und Anbietens handelt es sich um einseitige Korruptionsversuche, jedoch in einem gesetzesuntechnischen und handlungstheoretischen Sinne. Fordern und Anbieten setzen notwendig voraus, dass die Willenserklärung nicht nur formuliert wird, sondern der gedachte Empfänger von dieser Kenntnis erlangt. Der Versuch dieser Tathandlungen würde heißen, dass die Willenserklärungen nur formuliert werden, ohne dass der Empfänger von dieser Kenntnis genommen hat. Mit Verwirklichung der Tathandlungen ist der entsprechende Tatbestand vollendet. Darüber hinaus wären auch die Tathandlungen des Sich-Versprechen-Lassens und des Versprechens wohl dem materiellen Versuchsstadium zuzuordnen, schließlich ist die Unrechtsvereinbarung hier nur abgeschlossen, jedoch noch nicht faktisch vollzogen. Auf einen tatsächlichen Erfolg, wie dem tatsächlichen Austausch, kommt es nicht an. Das Drei-Stufen-Modell der Tathandlungen spricht daher gegen die Annahme eines unechten Unternehmensdelikts. Der Vergleich des Drei-Stufen-Modells mit Tathandlungen unechter Unternehmensdelikte zeigt den Unterschied sehr deutlich. Als vergleichende Beispiele dienen „Fischen“ im Sinne von § 293 StGB (Fischwilderei) und „Nachstellen“ im Sinne von § 292 StGB (Jagdwilderei). Fischen und Nachstellen sind auf Fang, Inbesitznahme, Zueignung oder Erlegen ausgerichtete Handlungen ohne Ansehen des Erfolges.324 Diese Tathandlungen erfassen eine Bandbreite von Handlungen, vom Versuchsstadium bis hin zum Vollendungsstadium. Das Drei-Stufen-Modell der Korruptionsdelikte enthält hingegen eine abgestufte, zeitliche Tathandlungsabfolge: erstens Anbieten bzw. Fordern, zweitens Versprechen bzw. Sich-Versprechen-Lassen, drittens Annehmen bzw. Gewähren. Der Vergleich mit den Beispielen „Fischen“ und „Nachstellen“ verdeutlicht, dass die Tathandlungen der Korruptionsdelikte einer anderen Struktur unterliegen als Tathandlungen unechter Unternehmensdelikte. Es ist daher unsachgemäß, klassische Korruptionsdelikte als unechte Unternehmensdelikte einzuordnen. Des Weiteren handelt es sich bei den Korruptionsdelikten um abstrakte Gefährdungsdelikte. Abstrakte und konkrete Gefährdungsdelikte scheiden, so Wolters, als unechte Unternehmensdelikte aus.325 Gefährdungsdelikte verlangen weder, dass eine Rechtsgutverletzung oder -gefährdung objektiv eingetreten ist, noch, dass eine solche subjektiv erstrebt werden muss. Mit einem Versuch der Tat im Sinne eines unechten Unternehmensdeliktes ist dies nicht vergleichbar. Die Tatbestandsstruktur von Gefährdungsdelikten ist schließlich hinsichtlich der objektiven Voraussetzungen und der Tätervorstellung „deckungsgleich“.326 „Konstitutive Voraus324 325 326

BeckOK-Witteck, § 293 Rn. 14, § 292 Rn. 17.1. Wolters, S. 301 f. Wolters, S. 301.

B. Besonderheiten der Tathandlungen von Korruptionsdelikten

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setzung eines Versuches“ ist aber gerade „die Vorstellung des Täters auf objektiv ausbleibende Merkmale“. Korruptionsdelikte stellen aus diesen Gründen keine unechten Unternehmensdelikte dar, da die Tatbestandsstruktur kongruent ist.327 Wer ein Angebot auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung abgegeben hat, der verbindet damit die Vorstellung, eine solche anzustreben. Nur in handlungstheoretischer Hinsicht liegt ein einseitiger Korruptionsversuch vor, nicht aber in gesetzestechnischer Hinsicht. Darüber hinaus können die Korruptionsdelikte schon deshalb keine unechten Unternehmensdelikte darstellen, da vereinzelt Versuchsstrafbarkeit gesetzlich vorgesehen ist.328 Die Tatbestandsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte stimmen im Ergebnis nicht mit der Tatbestandsstruktur unechter Unternehmensdelikte überein.

b) Echte Versuchsdelikte Nach der gesetzlichen Ausgestaltung de lege lata handelt es sich bei Korruptionsdelikten um Vollendungsdelikte, obwohl Fordern und Anbieten handlungstheoretisch Versuchsstrukturen aufweisen. Eine weitere Überlegung de lege ferenda ist deshalb, ob es sinnvoll und sachgerecht sein kann, Korruptionsdelikte im Hinblick auf einseitige Verhaltensweisen (Fordern und Anbieten) in echte Versuchsdelikte umzugestalten.329 Dies würde bedeuten, die Tathandlungen Anbieten und Fordern aus den Vollendungstatbeständen auszugliedern und in echte Versuchsdelikte zu modifizieren. Aus der materiellen Versuchsstruktur würde dann eine formelle Versuchsstruktur geschaffen werden. Im Ergebnis ist dieser Ansatz allerdings abzulehnen. Es gelten die Argumente, die bereits zu den Erwägungen über echte und unechte Unternehmensdelikte angeführt worden sind. Insbesondere würde eine solche Ausgestaltung untergraben, dass gerade das Fordern auf Seiten des Intraneus nach gesetzgeberischem Willen (vgl. § 331 Abs. 3 StGB) das schwerere Unrecht darstellt. Des Weiteren würde mit einer Ausgliederung einseitiger Verhaltensweisen handlungstheoretisch die Gleichstellung des einseitigen Korruptionsversuches mit Korruption in Vollendung missachtet werden. Im Laufe der Untersuchung hat sich gezeigt, dass der einseitige Korruptionsversuch berechtigter und sachgerechter Weise den Korruptionsbegriff erweitert. Darüber hinaus ordnet der Gesetzgeber partiell sogar Vorstufen des einseitigen Korruptionsversuches als strafwürdig und -bedürftig ein, wenn er den Versuch des Forderns bzw. Anbietens unter Strafe stellt. Eine Neustrukturierung der Korruptionsdelikte führt im Ergebnis nicht zu klareren Differenzierungen der Versuchs- und Vollendungsstrukturen. Es hat sich viel327 328 329

Wolters, S. 301 f. Vgl. Fincke, S. 58. Zur Problematik grundlegend auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 102 ff.

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Kap. 4: Kritische Analyse von Handlungsstrukturen

mehr bestätigt, dass der einseitige Korruptionsversuch eine feste Konstante im Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz darstellt, den Korruptionsbegriff sachgemäß erweitert und den vorangeschrittenen Handlungsstufen (Vereinbarung- und Leistungsstufe) legitimer Weise gleichgestellt wird.

Kapitel 5

Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung der am Korruptionsgeschehen Beteiligten – täterschaftsbegründende Kriterien und täterschaftliche Zurechnung Im fünften Kapitel ist die strafrechtliche Verantwortung von Intraneus und Extraneus, die maßgeblich am Korruptionsgeschehen beteiligt sind, nach den einzelnen Täterschaftsformen unmittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB; siehe B. I.), mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB; siehe B. II.) und Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB; siehe B. III.) differenziert zu bewerten. Eine differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung von Intraneus und Extraneus ist grundsätzlich notwendig, da diese Personen unterschiedliche Rollen im Korruptionsgeschehen einnehmen, unterschiedliche Funktionen erfüllen (siehe Kapitel 2 B.) und das Gesetz unterschiedliche Voraussetzungen an die Strafbarkeit knüpft: Innerhalb der Tauschbeziehung ist der Intraneus Vorteilsnehmer und der Extraneus Vorteilsgeber. Der Vorteilsnehmer ist jedoch nur strafbar, wenn er eine bestimmte vom Gesetz festgelegte Tätereigenschaft erfüllt. Die Strafbarkeit des Vorteilsgebers setzt hingegen nicht die Verwirklichung einer solchen Tätereigenschaft voraus. Es stehen sich gesetzlich demnach echte Sonderdelikte und Allgemeindelikte gegenüber. Obwohl Intraneus und Extraneus unterschiedliche Rollen und Funktionen verwirklichen und obwohl das Gesetz unterschiedliche Voraussetzungen an die Strafbarkeit stellt, sind Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber einheitlich zu betrachten. Der Grund dafür ist, dass erst das Zusammenwirken beider Parteien ein Korruptionsgeschehen begründet und Korruption eine Täter-Täter-Interaktion darstellt. Um dies hinreichend zu würdigen, ist die strafrechtliche Verantwortung von Extraneus und Intraneus gemeinsam zu beurteilen. Die Mitwirkung mehrerer Personen am Tatgeschehen wirft zwei grundlegende Fragen auf: Zum einen die nach der Zurechnung fremder Tatbeiträge und zum anderen die nach der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme.1 Zurechnung ist dabei als ein zentrales Kriterium der Verantwortlichkeit als Täter zu qualifizieren.2 Strafrechtliche Verantwortung kann demzufolge Abschichtung von Verantwortungsbe1 2

Siehe auch Schmidhäuser, AT, 10 / 47. Tiedemann, AT, § 4 Rn. 238; vgl. auch Mittelsdorf, S. 128 ff.

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

reichen bedeuten.3 Auf diesem Grundsatz basiert ebenfalls die gesetzgeberische Ausgestaltung der §§ 25 ff. StGB, denen die Vorstellung unterschiedlicher Verantwortungszuweisungen zugrunde liegt.4 Von weiterer zentraler Bedeutung ist die Frage, ob Täterschaft – in Abgrenzung zur Teilnahme – für sämtliche Deliktstypen, d. h. von Allgemein- bis hin zu Sonderdelikten, durch den etablierten Tatherrschaftsgedanken erklärt werden kann (A. I.). Da klassische Korruptionsdelikte dadurch gekennzeichnet sind, dass sich echte Sonderdelikte auf Seiten der Intraneusstrafbarkeit und Allgemeindelikte auf Seiten der Extraneusstrafbarkeit gegenüberstehen, wirkt sich diese Frage unmittelbar auf diesen Deliktsbereich aus. Es gilt aufzuschlüsseln, ob ein einziges Täterschaftskriterium – etwa der Tatherrschaftsgedanke – fähig ist, die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme zu ermöglichen5 und ob mit einem Täterschaftskriterium klare Grenzen hin zur Täterschaft gezogen werden können. Roxin beispielsweise zieht im Bereich der Sonderdelikte den Pflichtverletzungsgedanken heran.6 Die entscheidende Frage lautet folglich, ob Täterschaft für alle Deliktstypen durch eine einheitliche Tätertheorie definiert werden kann oder ob eine differenzierende Tätertheorie notwendig ist.7 Insgesamt gilt zu klären, inwieweit „das täterschaftsbegründende Kriterium“ überhaupt existiert. Im Zusammenhang mit diesen grundlegenden Fragen sind weitere spezielle Täterschaftsfragen zu beantworten: Wie wirkt sich der Einsatz eines außenstehenden Dritten als „Tatwerkzeug“ auf die Strafbarkeit des Intraneus bzw. Extraneus (B. I.) aus? Handelt es sich um unmittelbare Täterschaft oder um mittelbare Täterschaft? Findet die Figur der mittelbaren Täterschaft auf klassische Korruptionsdelikte aufgrund der besonderen Ausgestaltung der Tathandlungen überhaupt Anwendung (B. I. und II.)? Wie ist die Strafbarkeit von mehreren Intranei bzw. Extranei, die zusammen korruptive Tathandlungen begehen, zu bewerten (B. III.)? Welche Rolle spielt innerhalb der Täterschaftsfragen Konnivenz gemäß § 357 StGB (B. IV.)?

A. Begründung der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus Im Vordergrund täterschaftlicher Überlegungen steht vor allem der Intraneus. Dass diese Figur von zentraler Bedeutung für Täterschaftsfragen ist, beruht auf zwei Aspekten. Erstens bildet nach dem Korruptionsmodell der Intraneus die MitMittelsdorf, S. 23; Tiedemann, AT, § 4 Rn. 238; Krause, NStZ 2011, 57 (65). Ranft, FS Otto (2007), 403 (421 f.). 5 Schmidhäuser, AT, 10 / 46; 10 / 160. 6 Roxin, TuT, S. 353. 7 Vgl. nur Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 5, 417, 483; Schünemann, GA 1986, 293 (327 f.). 3 4

A. Begründung der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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telpunktfigur der Tauschbeziehung und der Prinzipal-Intraneus-Beziehung. Zweitens ist die Strafbarkeit des Intraneus an engere tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft. §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB sind echte Sonderdelikte. Täter echter Sonderdelikte ist nur, wer die gesetzlich beschriebene besondere Tätereigenschaft innehat (sog. Sonderpflichtiger).8 Das Vorliegen dieser Tätereigenschaft reicht allerdings nicht in jedem Fall zur Täterschaft gemäß § 25 StGB aus.9 Führt der Sonderpflichtige die Tat nicht selbst oder nicht alleine aus, bedarf es weitergehender Gründe, um die Tat und den Taterfolg zurechnen zu können. Es ist deshalb fraglich, wann der Intraneus Täter ist und welches das täterschaftsentscheidende Element darstellt.10 Im Gegensatz zu den Intraneusdelikten kann Täter der Extraneusdelikte jedermann sein, da es sich um Allgemein- bzw. Jedermannsdelikte handelt. Die Notwendigkeit der Bestimmung des sog. täterschaftsbegründenden Kriteriums bei Sonderdelikten wird anhand einer bereits erwähnten Fallgruppe (Kapitel 4 A. III.) deutlich: Begeht ein Nichtsonderpflichtiger eine Tat auf Weisung eines sonderpflichtigen Hintermannes, reicht für die Täterschaft des Hintermannes nicht aus, dass dieser die Tätereigenschaft erfüllt. Es ist vielmehr ein Zurechnungsmoment erforderlich, welches die Täterschaft des sonderpflichtigen Hintermannes begründet. Ähnlich ist die Problematik gelagert, wenn mehrere Sonderpflichtige gemeinschaftlich agieren. Für die wechselseitige Zurechnung bedarf es eines Zurechnungsmomentes, welches die Täterschaft aller Beteiligten begründet. Das Vorliegen der gesetzlich verlangten Tätereigenschaft allein genügt für eine wechselseitige Zurechnung nicht. Ziel der folgenden Ausführungen ist es daher, das täterschaftsbegründende Kriterium bzw. das entscheidende Zurechnungsmoment der Täterschaft anhand der Strukturen klassischer Korruptionsdelikte zu identifizieren. Korruptionsdelikte eignen sich im Besonderen für die Analyse des täterschaftsbegründenden Kriteriums, da echte Sonderdelikte und Allgemeindelikte aufeinander treffen. Basis der folgenden Darlegung und kritischen Auseinandersetzung sind die aufgeführten Handlungs- und Beziehungsstrukturen korruptiver Verhaltensweisen im Sinne des Korruptionsmodells. Gerade die klassischen Korruptionsdelikte sind wegen ihrer komplexen Tatbestandsstrukturen dazu geeignet, Schwächen und Fehlentwicklungen bisheriger Täterschaftstheorien aufzuzeigen. Die allgemeine Täterlehre hat die Strukturen klassischer Korruptionsdelikte bislang viel zu wenig beachtet.11 Es wurde vor allem außer Acht gelassen, dass Korruptionsdelikte zwei Täter erfassen: den Vorteilsnehmer als Sonderpflichtigen und den Vorteilsgeber als Jedermann. In Roxin, TuT, S. 255. Roxin, TuT, S. 353: Die Kategorie der Sonderdelikte kann das für die Täterschaft entscheidende Element nicht erfassen. 10 Roxin, TuT, S. 353. 11 Exemplarisch dafür ist das Paragraphenverzeichnis bei Roxin, TuT, S. 786. Weder werden die Geberdelikte § 333 und § 334 StGB noch wird § 299 StGB aufgeführt. §§ 331, 332 StGB finden nur kurz Erwähnung. 8 9

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den folgenden Abschnitten ist auf Basis der bisherigen Untersuchungsergebnisse zu verdeutlichen, dass die Bestimmung der Täterschaft nur im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung verschiedener Momente innerhalb des jeweiligen Tatgeschehens erfolgen kann.12 Anhand der Täter-Täter-Interaktion im Korruptionsgeschehen gilt deshalb zu demonstrieren, dass Täterschaft nicht mit einem einzigen Kriterium begründet werden kann, ohne zu widersprüchlichen Ergebnissen zu gelangen.

I. Täterschaftsbegründendes Kriterium Im Folgenden werden ausgewählte Theorien und wesentliche Strömungen zur Abgrenzung der Täterschaft von der Teilnahme13 dargestellt und auf ihre Sachgerechtigkeit im Hinblick auf die Erfassung von Korruptionssachverhalten geprüft. Im Zentrum der Überlegungen stehen Argumente, die auf den Beziehungs- und Handlungsstrukturen des Korruptionsgeschehens basieren. Aus diesem Grunde werden nur die wesentlichen Gesichts- und Kritikpunkte zu den einzelnen Theorien wiedergegeben. Anhand der Komplexität klassischer Korruptionsdelikte ist folglich die These zu belegen, dass Täterschaft in Abgrenzung zur Teilnahme eine Frage der ganzheitlichen Betrachtung verschiedener Momente ist.14 Nur diese Täterschaftsanalyse kann dem Phänomen Korruption gerecht werden. Die meisten Täterschaftsansätze leisten einer ganzheitlichen Betrachtung des Geschehens Folge, verstecken das Erfordernis nach einer wertenden Betrachtung aber hinter einzelnen Begriffen. Dadurch wird lediglich suggeriert, dass dieses oder jenes Kriterium Täterschaft begründet. In Wirklichkeit kann Täterschaft nicht anhand eines Kriteriums bemessen werden. Vielmehr bedarf es notwendiger Weise Differenzierungen, die sich entweder nach den Anforderungen der einzelnen Delikte bzw. Tatbestandsvoraussetzungen oder aber nach tatsächlichen Gegebenheiten des Sachverhaltes richten.

1. Pflichtdeliktslehre nach Roxin Die Pflichtdeliktslehre Roxins steht am Anfang der Theoriendarstellung, da diese die Täterschaft des Intraneus auf gänzlich andere Art und Weise als die Täterschaft des Extraneus begründet. Ob die Täterschaft von Intraneus und Extraneus, die handSchmidhäuser, AT, 10 / 156, 163; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (343). Siehe darüber hinaus beispielsweise Ansätze von Lampe, ZStW 119 (2007), 471 ff.; Sinn, Straffreistellung aufgrund von Drittverhalten. Zurechnung und Freistellung durch Macht; Stein, Die strafrechliche Beteiligungsformenlehre; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft. Zur Abkehr von einem differenzierenden Beteiligungsformensystem in einer normativfunktionalen Straftatlehre; Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen. Zur Notwendigkeit einer Revision der Beteiligungslehre. 14 Schmidhäuser, AT, 10 / 156, 163; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (343). 12 13

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lungstheoretisch in ein- und demselben Korruptionsgeschehen als Täter mitwirken, derart unterschiedlich begründet werden darf, ist eine zentrale Frage der folgenden Ausführungen. Nach der Täterlehre Roxins ist Täter, wer die „Zentralgestalt des tatbestandsmäßigen Geschehens“15 darstellt. Bei sogenannten Herrschaftsdelikten ist das äußere Verhalten und die Herrschaft über das äußere Geschehen maßgebend.16 Es gilt der Tatherrschaftsgedanke.17 Bei sogenannten Pflichtdelikten18 begründet hingegen allein und unabhängig von anderen Merkmalen die Verletzung einer spezifischen Pflicht die Täterschaft.19 Der Pflichtige ist demnach unabhängig vom GeschehensRoxin, TuT, S. 25, 336, 380; LK11-Roxin, § 25 Rn. 36. Roxin, TuT, S. 386; Roxin, AT / II, § 25 Rn. 268; Roxin, Kriminalpolitik, S. 18. 17 Roxin, TuT, S. 353; LK11-Roxin, § 25 Rn. 37; Roxin, Kriminalpolitik, S. 21. 18 Teilweise werden die Begriffe „Pflichtdelikt“ und „Sonderdelikt“ synonym verwendet, so bei Heinrich, BT / II, Rn. 1196; Puppe, AT / 2, § 43 Rn. 16 ff.; Stratenwerth / Kuhlen, AT, 8 / 4; Frister, AT, Kap. 8 Rn. 23; Krey, AT / 2, § 26 Rn. 92. Teilweise werden die Pflichtdelikte aber auch den Sonderdelikten als Untergruppe zugeordnet, so bei Cortes Rosa, ZStW 90 (1978), 413 (425); wohl auch M. Heinrich, S. 306; Cavero, FS Tiedemann (2008), 299 (306). Nach Kühl, AT, § 20 Rn. 14, existieren neben den sog. echten Sonderdelikten Straftatbestände, bei denen vom Täter eine bestimmte Pflichtenstellung abverlangt wird. 19 Roxin, TuT, S. 353; LK11-Roxin, § 25 Rn. 37; Roxin, Kriminalpolitik, S. 21. Das täterschaftsbegründende Kriterium des außerstrafrechtlichen Pflichtverstoßes wird unter dem Begriff der Sonderdelikte versteckt, Roxin, TuT, S. 380. Der Pflichtdeliktslehre folgend etwa Pariona, S. 17 ff.; Pariona, FS Roxin (2011), 853 ff.; Bacigalupo, FS Tiedemann (2008), 253 (253); Sánchez-Vera, S. 142 ff.; Witteck, S. 91 ff., 143; Cramer, FS Bockelmann (1979), 389 (395 ff.); Volk, FS Roxin (2001), 563 (568 f.); MAH-Volk, § 2 Rn. 25 ff.; Cavero, FS Tiedemann (2008), 299 (304); Frister, AT, Kap. 26 Rn. 32; LPK-StGB, Vor §§ 25 – 31, Rn. 43; Sch / Sch-Heine, § 25 Rn. 44; unter Vorbehalten Seier, JA 1990, 382 (383), und Putzke, FS Roxin (2011), 425 (436): „Die von Roxin etablierten Pflichtdelikte haben dogmatisch ihre Berechtigung – wenn auch nicht in der […] vorgestellten Art und Weise“; die Besonderheit der Pflichtdelikten wird im Rahmen der objektiven Zurechnung relevant (433). Auch Jakobs, AT, 21 / 1, unterscheidet zwischen Herrschaftsdelikten (Delikte kraft Organisationszuständigkeit, Jakobs, AT, 1 / 7) und Pflichtdelikten (Delikte kraft institutioneller Zuständigkeit, Jakobs, AT, 1 / 7). Bei den Herrschaftsdelikten ergänzt er den Tatherrschaftsbegriff aber durch die Zuständigkeit, sodass eine normative Komponente der Täterschaft hinzutritt, Jakobs, AT, 21 / 24. Später hat Jakobs, so Schild, S. 47 f., diese Normativierung noch sehr viel weiter geführt und versucht sich von der Verbindung zur Tatherrschaftslehre weitgehend zu lösen: Bei den Herrschaftsdelikten ist nunmehr die „Zuständigkeit für die Tatgestalt“ maßgeblich, dazu Jakobs, FS Lampe (2003), 561 (562). Bei Pflichtdelikten (sog. Sonderdelikte im engen Sinn, Jakobs, AT, 6 / 91) findet nach Jakobs, AT, 21 / 2, 7 / 70, hingegen die täterschaftliche Zuständigkeit nur durch die „Verletzung einer besonderen, institutionell abgesicherten Pflicht“ statt, welche auf einer „besonderen, institutionell abgesicherten solidarischen Sorge für ein Gut“ beruht. Mit Verletzung der Pflicht ist die Täterschaft immer begründet, Jakobs, AT, 21 / 2. Kritisch zur Konzeption Jakobs: LK12-Schünemann, § 25 Rn. 44: „Radikalisierung der Konzeption der Pflichtdeliktslehre“; Schünemann, FS Roxin (2001), 1 (17); Chen, S. 76; Schünemann, Madrid-Symposium (1995), 49 (52); Witteck, S. 149, 155 ff.; siehe Sánchez- Vera, S. 34, zu den Unterschieden zwischen den Konzeptionen Jakobs und Roxins. 15 16

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ablauf Zentralfigur des tatbestandsmäßigen Geschehens, sodass die äußere Art der Beteiligung nach Roxin gleichgültig ist.20 Der Tatherrschaftsgedanke ist vollständig auszublenden.21 Die Pflichtverletzung begründet dabei nur die Täterschaft, nicht aber die Tatbestandsverwirklichung.22 Strafgrund ist die Rechtsgutsverletzung.23 Bei Pflichtdelikten kann demzufolge nur Täter sein, wer eine dem Tatbestand vorgelagerte außerstrafrechtliche Sonderpflicht verletzt.24 Tangiert sind „Pflichten, die der Strafrechtsnorm logisch vorgelagert sind und die im Allgemeinen anderen Rechtsgebieten entspringen“.25 Mittlerweile hat Roxin seine Beschränkung auf außerstrafrechtliche Pflichten jedoch relativiert26 und verwendet nun Bezeichnungen wie „Verletzung der tatbestandsspezifischen (Sonder-)Pflicht“27, „täterschaftsbegründende Pflicht“ oder „tatbestandskonstituierende Pflichten“28. Zum einen ist der „Verstoß gegen die aus einer übernommenen sozialen Rolle erwachsende Pflichtenstellung“29 maßgebend und zum anderen, dass die „Träger solcher Pflichten sich unter sonstigen Mitwirkenden durch eine besondere Beziehung zum Unrechtsgehalt der Tat auszeichnen“30. Teilnehmer ist hingegen, wer an der Tatbestandserfüllung mitwirkt, ohne die täterschaftsbegründende außerstrafrechtliche Sonderpflicht zu verletzen.31 Die Lehre von den Pflichtdelikten weitet die Strafbarkeit nach Roxin nicht aus, sondern ordnet die Rollen von Täter, Anstifter und Gehilfen neu, da die soziale Realität in diesem Normbereich eine andere ist.32 Roxin, TuT, S. 379, 386. Roxin, TuT, S. 355. Die Pflichtdeliktslehre weist die Tendenz zur Einheitstäterschaft auf, so Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 351. Denn mit der Behauptung, der Pflichtige sei stets Täter, wird die Tatherrschaftslehre bei den Pflichtdelikten durch den Einheitstäter ersetzt, so Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 352. Siehe auch Seier, JA 1990, 382 (383). 22 Roxin, TuT, S. 745; Witteck, S. 234; Pariona, FS Roxin (2011), 853 (856). 23 Roxin, TuT, S. 371. 24 LK11-Roxin, § 25 Rn. 37; Roxin, Kriminalpolitik, S. 21: „Verletzung einer vorstrafrechtlichen Sonderpflicht“. 25 Roxin, TuT, S. 354. 26 Roxin, TuT, S. 742. Hintergrund ist die Kritik von Schünemann, Unternehmenskriminalität, S. 92; Schünemann, GA 1986, 293 (331 f.); Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 47 / 91; ebenfalls Chen, S. 46, 108 f. Pizarro Beleza, Coimbra-Symposium (1995), 267 (272). 27 Roxin, AT / II, § 25 Rn. 275; Roxin, TuT, S. 739. 28 Roxin, AT / II, § 25 Rn. 268. Pariona, FS Roxin (2011), 853 (857), betont ebenfalls in seiner Konzeption, dass täterschaftsbegründende Pflichten strafrechtlicher und nicht außerstrafrechtlicher Natur sein müssen. 29 Roxin, AT / II, § 25 Rn. 268; Roxin, Kriminalpolitik, S. 17, 21. 30 Roxin, TuT, S. 354. 31 Roxin, TuT, S. 364. 32 Roxin, AT / II, § 25 Rn. 283; Roxin, Kriminalpolitik, S. 17. Die Pflichtdeliktslehre sei zu unbestimmt: Mosenheuer, S. 168; Chen, S. 44; Langer, S. 224 f.; Pizarro Beleza, CoimbraSymposium (1995), 267 (271). 20 21

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Die Unterscheidung zwischen Pflicht- und Herrschaftsdelikten ist nach Roxin eine gesetzgeberische Wertentscheidung33 und folgt aus der differierenden Struktur der Tatbestände34. Die Abgrenzung zwischen Pflicht- und Herrschaftsdelikten ist keine logisch-begriffliche, sondern eine teleologische Frage, d. h. eine Frage der Auslegung des Tatbestandes.35 Wendet man die Unterscheidung zwischen Pflicht- und Herrschaftsdelikten auf klassische Korruptionsdelikte an, ergibt sich Folgendes: Die Nehmerdelikte §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB sind Pflichtdelikte.36 Dieses Ergebnis folgt aus der spezifischen Stellung des Nehmers zum Prinzipal. Nur der sonderpflichtige Nehmer ist strafbar. Täterschaft des Intraneus begründet insoweit die Verletzung einer tatbestandsspezifischen Pflicht. Die Pflicht rührt aus dem Innenverhältnis zum Prinzipal. Das Innenverhältnis kann dabei auch durch Außenregeln, beispielsweise Regeln des Wettbewerbsschutzes, reglementiert sein. Die Geberdelikte §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB stellen hingegen Herrschaftsdelikte dar, denn die Strafbarkeit des Gebers hängt von keiner spezifischen Pflichtverletzung ab. Vielmehr kann jedermann Vorteilsgeber sein. Deshalb begründet Tatherrschaft über das äußere Geschehen die Täterschaft des Extraneus. Für die Täterschaftsform Mittäterschaft, d. h. der gemeinschaftlichen Begehung einer Straftat gemäß § 25 Abs. 2 StGB, ist demnach bei den Nehmerdelikten als Pflichtdelikte der Pflichtverletzungsgedanke maßgebend.37 Nur wenn mehrere Intranei unter gemeinsamer Verletzung einer gemeinsamen Pflicht eine Straftat im Sinne der §§ 331, 332 oder 299 Abs. 1 StGB gemeinschaftlich begehen, können sie Mittäter sein. Der Tatherrschaftsgedanke ist dabei vollkommen auszublenden.38 Eine gemeinsame Pflicht besteht nach Roxin, wenn mehrere Personen in ein und derselben Pflichtenbindung stehen.39 Bei den Geberdelikten als Herrschaftsdelikte richtet sich die mittäterschaftliche Begehung einer Straftat durch mehrere Geber hingegen nach dem Tatherrschaftsgedanken.40 Nur wenn mehrere Geber gemeinschaftlich in funktioneller, d. h. tätigkeitsbedingter, Tatherrschaft einen Tatbeitrag für die Verwirklichung des angestrebten Erfolges leisten, können sie Mittäter sein.41 Die einzelnen Erscheinungsformen der Täterschaft erlangen bei Anerkennung und Anwendung der Pflichtdeliktslehre im Bereich der Sonder- bzw. Pflichtdelikte eine „erheblich veränderte Struktur“.42 Die Pflichtdeliktslehre ist insofern ein „au33 34 35 36 37 38 39 40 41 42

Roxin, TuT, S. 385. Roxin, TuT, S. 380; Roxin, Kriminalpolitik, S. 21. Roxin, TuT, S. 386; Sánchez-Vera, S. 27. Siehe Pariona, S. 107; Roxin, TuT, S. 384. Roxin, TuT, S. 355. Roxin, TuT, S. 355, 357. Roxin, TuT, S. 357. Roxin, TuT, S. 275 ff. Roxin, TuT, S. 280. Roxin, TuT, S. 361.

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ßerordentlich verführerisches Konstrukt“, das „alle Schwierigkeiten [der] Dogmatik […] zumindest scheinbar einfach [löst]“.43 Vor allem die vielfach angesprochene Konstellation, in welcher ein Nichtsonderpflichtiger die Tat ausführt, ein Sonderpflichtiger allerdings den Nichtsonderpflichtigen zu dieser Tat verleitet hat, wird durch Anwendung des Pflichtdeliktsgedankens scheinbar einfach gelöst. Ist unter Heranziehung des Tatherrschaftsgedankens keiner der Beteiligten Täter – der Nichtsonderpflichtige als Tatherr erfüllt nicht die Tätereigenschaft; der Sonderpflichtige ist nicht Tatherr, erfüllt jedoch die Tätereigenschaft –, kann die Heranziehung des Pflichtverletzungsgedankens die Täterschaft des Sonderpflichtigen begründen. Wenn Roxin auf angeblich kriminalpolitisch unerträgliche Strafbarkeitslücken verweist, um seine Pflichtdeliktslehre zu begründen, greift er allerdings zu weit.44 „Kriminalpolitisch erargumentierte Ergebnisplausibilität ersetze […] nicht den dogmatischen Erweis eines materialen Geltungsgrundes“, die Pflichtverletzung als entscheidenden Täterschaftsumstand zu erachten.45 Es wäre zunächst zu beweisen, dass Strafbarkeitslücken durch das alleinige Abstellen auf die Pflichtverletzung ohne den Verstoß gegen den Grundsatz nullum crimen sine lege schließbar sind.46 Im Übrigen ist der alleinige Zweck einer Täterlehre, Strafbarkeitslücken zu schließen, mit dem Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG nicht kompatibel.47 Dass die Intraneusdelikte als echte Sonderdelikte und im Sinne der Pflichtdeliktslehre als Pflichtdelikte dem Sonderpflichtigen ein besonderes bzw. höheres Maß an Verantwortlichkeit auferlegen48, ist richtig und nicht in Frage zu stellen. Für die Verteilung der strafrechtlichen Verantwortung49 müssen Pflichtverletzungen des sonderpflichtigen Intraneus berücksichtigt werden. Die Frage ist aber, ob die Pflichtverletzung den Kern der Täterschaft vollständig erfasst und Tatherrschaft vollständig in den Hintergrund zu rücken ist.50 Pizarro Beleza, Coimbra-Symposium (1995), 267 (271); Bottke, S. 113. Bottke, S. 114.; wohl auch Zieschang, FS Otto (2007), 505 (517). 45 Bottke, S. 115. 46 Bottke, S. 115. 47 Krey, AT / 2, § 26 Rn. 93. 48 Witteck, S. 110, 134; Herzberg, TuT, S. 33; Putzke, FS Roxin (2011), 425 (433). Hingegen betonen andere, wie Otto, Jura 1987, 246 (257); M. Heinrich, S. 308; Maurach / Gössel / Zipf, 47 / 91; Chen, S. 45, dass jede Deliktsverletzung eine Pflichtverletzung voraussetzt und die Sonderpflichtverletzung strukturell nichts anderes als die Pflichtverletzung eines von jedermann begehbaren Deliktes ist. Im Mittelpunkt steht auch nach dem Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates vom 27. 1. 1999, nach dem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der Korruption im privaten Sektor vom 22. 7. 2003 und nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. 10. 2003 die Pflichtverletzung des Bestochenen, dazu Vogel, FS Weber (2004), 395 (397); Lüderssen, in: Handlungsfreiheit des Unternehmers, 241 (254). 49 Witteck, S. 134, 160. 43 44

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Es bleibt die Frage, wie eine wechselseitige Zurechnung von unterschiedlichen Tatbeiträgen erfolgen soll? Der Pflichtverletzungsgedanke mag im Einzelfall die Alleintäterschaft des tatausführenden Intraneus sachgerecht herleiten. Wie soll seine Pflichtverletzung aber einem anderen Intraneus zugerechnet werden und als „gemeinsame Pflichtverletzung“ beurteilt werden? Diese Frage kann der Pflichtdeliktsgedanke nicht beantworten. Eine Antwort auf diese Frage kann nur eine ganzheitliche Betrachtung des Tatgeschehens erbringen. Letztendlich würde die Heranziehung des Pflichtdeliktsgedankens die Differenzierung in verschiedene Täterschaftsformen zugunsten der Alleintäterschaft auflösen.51 Schmidhäuser betont zu recht, dass sich darüber hinaus Fallgestalten nicht ausschließen lassen, „bei denen von zwei Pflichtigen nur der eine Täter, der andere aber Gehilfe ist“.52 Gerade wenn mehrere Pflichtige zusammenwirken, kann die Pflichtdeliktslehre nicht überzeugen. Täter ist nur die Zentralgestalt des tatbestandsmäßigen Geschehens. Wenn aber einer der Pflichtigen im Tatgeschehen nur als Randfigur und Helfer agiert, würde die Pflichtdeliktslehre mit dem Leitprinzip von der Zentralgestalt und demzufolge mit der realen Tatgestaltung kollidieren.53 Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist auch innerhalb der Sonder- bzw. Pflichtdelikte erforderlich, will man nicht die im Gesetz verankerte unterschiedliche Beteiligungsstruktur außer Acht lassen.54 Der Lehre von den Pflichtdelikten wäre nach Puppe zuzustimmen, wenn die Unterscheidung zwischen Beihilfe und Mittäterschaft von einer absoluten Beziehung des Beteiligten zum Taterfolg abhängig wäre.55 Die Mittäterschaft ist als koordinierte Zusammenarbeit vernünftiger und entscheidungsfähiger Personen aber ein gruppendynamisches Phänomen, welches nicht davon abhängt, welche absolute

Herzberg, TuT, S. 94. Langer, S. 225, und teilweise auch Bloy, S. 230 ff., halten der Pflichtdeliktslehre entgegen, dass die vereinzelte Aufnahme von Teilnahmehandlungen (beispielsweise in § 120 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 StGB oder § 206 Abs. 2 Nr. 3 StGB) überflüssig wäre, wenn tatsächlich jede Sonderpflichtverletzung täterschaftsbegründend wäre. Nach SK-Hoyer, § 25 Rn. 20 f., wäre es überflüssig, nicht-tatherrschaftliche der tatherrschaftlichen Deliktsbegehung, wie beispielsweise „begehen“ und „begehen lassen“ bei § 340 StGB zeigen, gleichzustellen; die Pflichtverletzung kann deshalb in keiner Form die Tatherrschaft substituieren. Witteck, S. 131, meint: Die Beschränkung des Täterkreises habe weniger mit der Bestimmung des Täterkreises als vielmehr mit der Entscheidung darüber zu tun, welche Handlungen strafwürdig sind. Dem Gesetzgeber stehe es frei, gegen welche Angriffe ein Rechtsgut geschützt werden soll. Dies basiere auf dem fragmentarischen Charakter des Strafrechts. 51 So auch NK-Schild, § 25 Rn. 72. 52 Schmidhäuser, AT, 10 / 155; Zieschang, FS Otto (2007), 505 (517); Pizarro Beleza, Coimbra-Symposium (1995), 267 (278): Bei einem echten Sonderdelikt kann der Intraneus auch nur Teilnehmer sein. Aber nur dann, wenn ihn die Eigenschaft nicht zwangsläufig zum Täter macht, und weil er das tatbestandsmäßige Verhalten nicht beherrscht. 53 Mosenheuer, S. 170. 54 Zieschang, FS Otto (2007), 505 (517). 55 Puppe, AT / 2, § 39 Rn. 33. 50

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Herrschaft der Beteiligte über den Erfolg hat, sondern welche er relativ zu seinen Tatgenossen aufweist.56 Es ist kein Grund ersichtlich, innerhalb einer Gruppe von Sonderpflichtigen nicht nach Tatherrschaftskriterien zu differenzieren.57 Nach Puppe ist es die Pflichtenstellung selbst, die bei den sog. Pflichtdelikten Tatherrschaft begründet.58 Puppe ist darin zuzustimmen, dass Mittäterschaft ein gruppendynamisches Phänomen im genannten Sinne ist und dass es nicht ersichtlich ist, warum der Tatherrschaftsgedanke bei Pflichtdelikten völlig auszublenden wäre. Es ist jedoch unplausibel, dass es die Pflichtenstellung selbst sein soll, die Tatherrschaft begründet. Wie Schmidhäuser betont, sind Fallgestalten denkbar, in denen von mehreren Sonderpflichtigen nicht jeder tatsächlich Tatherrschaft innehat. Der Ansatz Puppes erzeugt daher genauso wie der Ansatz Roxins undifferenzierte Lösungen: Bei Roxin wäre jeder Sonderpflichtige, der eine tatbestandsspezifische Pflicht verletzt, Täter. Nach Puppe würde jeder, der eine Pflichtenstellung einnimmt und am Tatgeschehen mit anderen Sonderpflichten mitwirkt, automatisch aufgrund der Pflichtenstellung Tatherrschaft besitzen und Täter sein. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Lösung der Täterschaftsfrage mit absoluten Kriterien nicht zu erschließen ist. Dass die Pflichtdeliktslehre nicht überzeugen kann, wird darüber hinaus an den Lösungen zur Täterschaft klassischer Korruptionsdelikte deutlich. Für die Nehmerdelikte ist danach allein der Pflichtverletzungsgedanke und für die Geberdelikte allein der Tatherrschaftsgedanke täterschaftsbegründendes Kriterium. Gerade anhand der klassischen Korruptionsdelikte zeigt sich, dass die Täterlehre Roxins die Täterschaft bei Jedermanns- und Sonderdelikten unsachgemäß splittet.59 In einem einzigen Geschehen gänzlich unterschiedliche Kriterien zur Täterschaftsbegründung heranzuziehen, überzeugt nicht. Eine täterschaftliche Ungleichbehandlung der Intraneus- und Extraneusdelikte könnte zwar aufgrund der besonderen Verantwortung eines Sonderpflichtigen legitim sein, zerreißt aber ein einheitliches Geschehen unsachgemäß. Die handlungstheoretische Strukturanalyse der Korruptionsdelikte hat schließlich gezeigt, dass Geber- und Nehmerdelikte einem Gleichlauf unterliegen. Gehen mehrere Intranei mit mehreren Extranei eine Tauschbeziehung ein, so hinge nach Roxin die mittäterschaftliche Begehung der Intranei allein von einer gemeinsamen Pflichtverletzung gegenüber dem Prinzipal ab, die mittäterschaftliche Begehung der Extranei hingegen allein von einer funktionellen Tatherrschaft. Das Korruptionsmodell hat gezeigt, dass Geber und Nehmer gleichrangige Tauschparteien innerhalb einer Täter-Täter-Interaktion sind. Das täterschaftsbegründende Kriterium an gänzlich unterschiedlichen Gesichtspunkten zu orientieren, ist mit der Realität Puppe, AT / 2, § 39 Rn. 34. Puppe, AT / 2, § 39 Rn. 34; Zieschang, FS Otto (2007), 505 (517). 58 Puppe, AT / 2, § 39 Rn. 35; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 79. A.A. Roxin, AT / II, § 25 Rn. 275, der von einem Zirkelschluss ausgeht und meint, es verhalte sich gerade umgekehrt. 59 Bottke, S. 112; Haas, S. 54, sieht ebenfalls einen entscheidenden Kritikpunkt in der Zweiteilung der Tatbestände in Herrschafts- und Pflichtdelikte. Die grundsätzliche Gefahr der Rechtszersplitterung betont auch Ranft, FS Otto (2007), 403 (421). 56 57

A. Begründung der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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des Phänomens Korruption schwer vereinbar. Es steht zwar nur der Intraneus in einer Pflichtenbeziehung zum Prinzipal und nur er kann eine übertragene Machtposition missbrauchen. Der Extraneus wirkt auf diesen Machtmissbrauch gerade hin. Sein Anliegen besteht also darin, eine Pflichtverletzung des Intraneus zu erzeugen. Er gewährt dafür Vorteile. Die strikte Heranziehung des Pflichtverletzungsgedankens auf die eine Deliktsgruppe und die strikte Heranziehung des Tatherrschaftsgedankens auf die andere Deliktsgruppe ist innerhalb eines Geschehens zu starr. Es wird sichtbar, dass beide Kriterien die Handlungsstrukturen der Delikte des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches zu sehr ausblenden. Eine sachgemäße Täterlehre muss aber spezifischen Handlungsstrukturen gerecht werden, ohne zu einer künstlichen Splittung der Delikte und der jeweiligen Täterschaftskriterien zu führen.60 Dass der Pflichtverletzungsgedanke ein tragendes Kriterium für die Täterschaftsbestimmung mehrerer Intranei spielen kann, wird nicht bezweifelt. Die Absolutheit des Pflichtverletzungsgedankens ist aber abzulehnen. Stehen auf der Nehmerseite nämlich mehrere Intranei, agiert jedoch einer der Intranei nur als Randfigur und Helfer im Geschehen, muss dieser Gesichtspunkt Berücksichtigung finden. Dass dieser Intraneus dabei eine Pflicht gegenüber dem Prinzipal verletzt, kann nicht unbedingt zur Täterschaft führen. Es ist vielmehr der individuelle Tatbeitrag in die Bewertung der Täterschaft einzubeziehen.61 Dies bedeutet im Ergebnis, die Täterschaft jedes einzelnen am Korruptionsgeschehen Beteiligten nach einer ganzheitlichen Betrachtung verschiedener Momente, die das Tatgeschehen tangieren, zu beurteilen. Eine weitere Fallkonstellation verdeutlicht ebenfalls die Fehlbarkeit der Absolutheit des Pflichtverletzungsgedankens. Die Täterschaft des Gebers richtet sich nach der Lehre Roxins nach dem Tatherrschaftsgedanken. Angenommen der Geber finanziert die Schmiergelder, indem er durch eine Vermögensbetreuungspflichtverletzung gegenüber seinem Treugeber einen Vermögensnachteil verursacht, so würde Untreuestrafbarkeit des Gebers zusätzlich zur Strafbarkeit wegen Vorteilsgewährung oder Bestechung in Betracht kommen. Nach der Täterlehre Roxins würde die Täterschaft ein- und derselben Person in ein- und demselben Geschehen bei Korruptionsdelikten nach dem Tatherrschaftsgedanken und bei der Untreue nach dem Pflichtverletzungsgedanken62 begründet werden. Dass die Begründung der Täterschaft eines gewissen Spielraumes bedarf, je nachdem welche Delikte betroffen sind und welche Wirklichkeiten zu erfassen sind, ist legitim und unumgänglich.63 Diese Methode ist jedoch offen zu legen.64 Mit Freund kann sich „ein kritischer Beobachter des Eindrucks nicht wehren, dass mit

60 61 62 63 64

Vgl. auch Haas, S. 54. Siehe auch Zieschang, FS Otto (2007), 505 (517). Roxin, TuT, S. 355 f.; Pariona, S. 107. Bottke, S. 112. Schmidhäuser, AT, 10 / 163.

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

der Pflichtdeliktskategorie je nach Bedarf nur die Leerformel der Tatherrschaft durch die Zauberformel der Verletzung einer außerstrafrechtlichen Sonderpflicht ausgetauscht wird“.65 Ein weiterer Einwand gegen die Anwendung der Pflichtdeliktslehre ist aus dem Gedanken des Doppelverwertungsverbotes im Sinne von § 46 Abs. 3 StGB zu entnehmen. Danach dürfen Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, bei der Strafzumessung nicht noch einmal berücksichtigt werden. Überträgt man diesen Gedanken analog auf die Pflichtdeliktslehre, dürfte eine tatbestandlich verankerte Pflichtverletzung nicht noch einmal als täterschaftsbegründendes Kriterium herangezogen werden. Bei Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB ist die Dienstpflichtverletzung beispielsweise bereits Tatbestandsmerkmal. Es ist unplausibel und dogmatisch nicht einleuchtend, dass die Verwirklichung einer Dienstpflichtverletzung zum einen notwendiges Tatbestandsmerkmal darstellt und zum anderen gleichzeitig bei mehreren agierenden Vorteilsnehmern die wechselseitige täterschaftliche Zurechnung im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB begründen soll. Darüber hinaus ist die Figur der Pflichtdelikte auf einfache und überschaubare Pflichtenverletzungen zugeschnitten, eröffnet aber größere Schwierigkeiten der Täterzuschreibung bei größer und komplexer organisierten Wirtschaftsunternehmen und je mehr der einzelne individuelle Beitrag seine Bedeutung verliert.66 Individuelle Verantwortung durch die Pflichtenstellung, aber unter Außerachtlassung der faktischen Möglichkeiten des Individuums zur Erfüllung dieser Pflichten zuzuschreiben, ist nach Witteck nahezu unmöglich.67 Nur wo ein erhöhter Informationsgrad des Pflichtigen und eine erhöhte Möglichkeit der Beeinflussung des Geschehens durch den Pflichtigen bestehen, ist die erhöhte Verantwortlichkeit gerechtfertigt.68 In derartigen Fallkonstellationen stellt sich deshalb die Frage, ob der Täterbegriff nicht stets auch ein Moment der Herrschaft verlangt.69 Die Antwort auf diese Frage ist zu bejahen, jedoch nicht in dem Sinne nur den Tatherrschaftsgedanken zur Täterschaftsbegründung heranzuziehen, sondern im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung verschiedene Momente des Tatgeschehens.

2. Tatherrschaftslehren Um bei den Sonderdelikten Täterschaft sachgemäß begründen zu können, wurde teilweise auch der Tatherrschaftsbegriff weiterentwickelt, anstatt auf andere Begründungsansätze, wie die Pflichtdeliktslehre Roxins, auszuweichen. Die Ur65 66 67 68 69

Freund, AT, 10 / 49. Witteck, S. 234. Witteck, S. 235. Witteck, S. 237. Bottke, S. 115.

A. Begründung der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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sprungsform der Tatherrschaftslehre hat inzwischen zahlreiche Modifikationen erfahren. An die Stelle des Begriffes „Tatherrschaft“ ist dabei teilweise der Begriff „Herrschaft“ getreten, der wiederum vielfältige Formen angenommen hat.70 Folgende Bezeichnungen verdeutlichen die heutige Vielfältigkeit der Tatherrschaftslehre: „Unmittelbarkeitsherrschaft“71, „normative Tatherrschaft“72, „Herrschaft als Anwendung von Macht“73, „soziale Tatherrschaft“74, Tatherrschaft über die „Tat als Ganzes“75, „Gestaltungsherrschaft“76, „Herrschaft über den Grund des Erfolges“77 usw.78 Die Tatherrschaftslehre erliegt zunehmender Kritik in der Strafrechtswissenschaft.79 Der „Siegeszug“80 der Tatherrschaftslehre hat scheinbar sein vorläufiges Ende erreicht. Die folgende Befassung mit der Tatherrschaftslehre beschränkt sich auf zwei Strömungen der Tatherrschaftslehre, Täterschaftsfragen bei den Sonder- bzw. Pflichtdelikten zu lösen, ohne auf unterschiedliche Täterbegriffe, wie die Pflichtdeliktslehre Roxins, zurückgreifen zu müssen.81 Die monistische Heranziehung des Siehe dazu NK-Schild, § 25 Rn. 24. Herzberg, in: Amelung (2000), 33 (43). 72 Jescheck / Weigend, S. 670. 73 Lampe, ZStW 119 (2007), 471 (480); Sinn, Straffreistellung aufgrund von Drittverhalten. Zurechnung und Freistellung durch Macht, S. 190 ff. 74 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 (543); Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 104. 75 Gallas, S. 102. Es handelt sich dabei um eine Begehungsform eigener Art, die der Mittäterschaft näher als der mittelbaren Täterschaft stehe. 76 Bottke, S. 36. 77 Schünemann, Grund und Grenzen, S. 236; Schünemann, Unternehmenskriminalität, S. 88; Schünemann, Madrid-Symposium (1995), 49 (81); Schünemann, FS Schroeder (2006), 401 (411); Schünemann, FS Roxin (2011), 799 (809). 78 Überblick bei NK-Schild, § 25 Rn. 24. 79 Siehe beispielsweise Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen. Zur Notwendigkeit einer Revision der Beteiligungslehre, S. 9 ff.; Haas, ZStW 119 (2007), 519 ff.; Marlie, Unrecht und Beteiligung. Zur Kritik des Tatherrschaftsbegriffs, S. 32 ff.; M. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 33 ff.; Pariona, Täterschaft und Pflichtverletzung, S. 103 ff.; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 18 ff.; Schumann, strafrechtliches Handlungsunrecht und das Prinzip der Selbstverantwortung der Anderen, S. 73 ff.; Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 220; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 296. Rotsch schlägt beispielsweise vor (S. 482), die „überkommenen Begrifflichkeiten von Täterschaft und Teilnahem über Bord zu werfen und die traditionellen Beteiligungsstrukturen vollständig aufzuheben“ und (S. 485) einem „beteiligungsindifferenten normativ-funktionalen Straftatmodell“ zu folgen. Dieses Modell ist „kein Einheitstätersystem“. Diesem liegt vielmehr ein „restriktives Unrechtsverständnis“ zugrunde, welches nur noch die „strafzumessungsirrelevanten Kategorien“ der „unmittelbaren und mittelbaren Zuständigkeit“ kennt (S. 486). Das Modell basiert auf einem „zweistufigen normativen Zurechnungssystem“ (Vorwort). 80 Krey, AT / 2, § 26 Rn. 93a. 81 Roxin, TuT, S. 395 f., streitet zwar ab, dass mit seiner Lehre ein „doppelter Täterbegriff“ geschaffen wird und legitimiert seinen Ansatz durch den Oberbegriff „Zentralgestalt des tatbestandsmäßigen Geschehens“. Im Ergebnis hat die Anwendung der Täterlehre Roxins im Be70 71

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Tatherrschaftsgedankens wird mit dem Argument begründet, dass vollkommen „heterogene Delikts- und Verantwortlichkeitsstrukturen“ „unplausibel“ sind und das Tatherrschaftskriterium die Verletzung bzw. Gefährdung von Rechtsgütern zutreffend beschreibt.82 Bei den zwei Strömungen handelt es sich zum einen um die „Gestaltungsherrschaft“ bei Bottke und zum anderen um die „Herrschaft über den Grund des Erfolges“ bei Schünemann. Es drängt sich wiederum die entscheidende Frage auf, ob der Tatherrschaftsgedanke in der Weise modifiziert werden kann, dass er alle Formen der Täterschaft erfasst und auf alle Deliktstypen Anwendung finden kann. Ob ein einziges Kriterium die komplexe Täterschaftsfrage sachgerecht zu lösen vermag, ist zweifelhaft. Hinzu kommt, dass mit der unterschiedlichen Bezeichnung des Tatherrschaftsbegriffes häufig ein anderes Verständnis verbunden ist. Interessanterweise sieht Roxin sowohl in der „Gestaltungsherrschaft“ Bottkes als auch in der „Herrschaft über den Grund des Erfolges“ Schünemanns „neuere Bemühungen […], Herrschafts- und Pflichtdelikte […] zu einer Synthese zu bringen und einem gemeinsamen normativen Herrschaftsprinzip zu unterstellen“.83 Schünemann, Bottke und Murmann widersprechen nach Roxin nicht der Pflichtdeliktslehre: Die Ansätze seien „durchaus fruchtbar“, wenn die Unterschiede zwischen Tatherrschaft bei den Jedermannsdelikten und einer normativen Schutz-, Geschehens-, Gestaltungs- oder Verhältnisherrschaft deutlich werden.84 Das verwundert,

reich klassischer Korruptionsdelikte jedoch gezeigt, dass diese auf einen doppelten Täterbegriff hinauslaufen würde. 82 Schünemann, GA 1986, 293 (331 f.). Neben den Strömungen Bottkes und Schünemanns ist auf die „Neukonzeption der Täterschaftslehre“ von M. Heinrich hinzuweisen: M. Heinrich, S. 73, will die „täterschaftliche Unrechtsverwirklichung an ein und demselben grundlegenden Kriterium“ bemessen und eine „weitgehende Homogenisierung“ der Täterlehre schaffen. Dies soll das Kriterium der „Entscheidungsträgerschaft“ hinsichtlich eines vorgenommenen Rechtsgutszugriffs leisten (M. Heinrich, S. 143). „Entscheidungsträgerschaft“ soll an die Stelle des Tatherrschaftsgedankens treten (M. Heinrich, S. 143) und als „eigenständiges normatives Zuordnungskriterium“ begriffen werden (M. Heinrich, S. 147). Mit dem Kriterium der „Entscheidungsträgerschaft“ könne auch die Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges stringent gelöst werden: Wirkt der Hintermann aufgrund einer tatbestandsgerichteten Entscheidung auf den Vordermann ein, so beruhe das Geschehen unmittelbar auf der Entscheidung des Hintermannes. Ihm sei das Unrechtsgeschehen daher zuzuordnen (M. Heinrich, S. 264 f.). Täter eines eigentlichen Pflichtdeliktes könne nur sein, wer die im Gesetz bezeichnete Pflichtenstellung einnehme (M. Heinrich, S. 153) und eine tatbestandsspezifische Sonderpflicht verletze (M. Heinrich, S. 313). Jedoch nicht im Sinne eines eigenständigen Täterschaftskriteriums, sondern in Anwendung des Kriteriums der Entscheidungsträgerschaft (M. Heinrich, S. 313). Nach Roxin, AT / II, § 25 Rn. 184, „handelt es sich – anders als ihr Urheber meint – […] nur um eine terminologisch anders eingekleidete Variante der Tatherrschaftslehre“. Schild, S. 56, schließt sich dieser Auffassung an und fasst die „Theorie der Entscheidungsherrschaft als sehr weite Variante der Tatherrschaftslehre“ auf; siehe auch Mosenheuer, S. 88; Krey, AT / 2, § 26 Rn. 93a f. 83 Roxin, TuT, S. 742. 84 Roxin, TuT, S. 742.

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soll das Tatherrschaftskriterium bei den Pflichtdelikten doch ausdrücklich ausgeblendet werden. a) „Gestaltungsherrschaft“ bei Bottke Nach Bottke kann Täter nur sein, wer „Gestaltungsherrschaft“ aufweist und diese wissentlich ausübt.85 Dieses Resultat basiert auf der „Methodik kritischer Alltagssprachnützung“86, wonach Täter ist, wer „Macher“ ist, das „Geschehen bewerkt“87, die „Tat konfiguriert“88 und „zuständig“ für die tatbestandsmäßige Handlung ist89. Teilnehmer ist hingegen, wer ein Geschehen weder gestaltet noch bewerkt, sondern lediglich „bewirkt“.90 Bottke bezweckt damit „Homogenität der normativen Struktur jedweden Täterbegriffes“ und die „gleichermaßen strafbegründende Zuschreibung täterschaftlichen Verhaltens“.91 Gestaltungsherrschaft kann sich „durch eigenkörperlichen Vollzug“ (unmittelbare Alleintäterschaft), „durch einen anderen als Tatmittler in relevant überlegener Gestaltungsherrschaft“ (mittelbare Täterschaft) oder „durch abgestimmt (konsensuell) gleichgeordnete Gestaltungsherrschaft“ (Mittäterschaft) äußern.92 Das „schwierigste Problemfeld“ der Täterschaft bei Sonderdelikten löst Bottke ebenfalls mit der Gestaltungsherrschaft.93 Täter eines Sonderdeliktes ist danach, wer kraft legislatorischer Verfügung den Rang oder die Stellung innerhalb einer institutionellen Beziehung zum geschützten Rechtsgut aufweist und „vorrangige Gestaltungsherrschaft“ besitzt.94 Dabei bedeutet vorrangig, dass allein der Sonderpflichtige in einem Näheverhältnis zum geschützten Rechtsgut steht.95 Bottke sieht allein in dem Kriterium der Tatherrschaft über das Geschehen die Lösung, nicht hingegen in der bloßen Statuszugehörigkeit und in der Verletzung vorstraftatbestandlicher Sonderverhaltensnormen.96 Der Tatherrschaftsgedanke kann, so Bottke, Fälle le-

Bottke, S. 36. Bottke, S. 9; Bottke, Coimbra-Symposium (1995), 235 (236); kritisch zur Methode Witteck, S. 124; Pariona, S. 112 f. 87 Bottke, S. 35 f.; Bottke, Coimbra-Symposium (1995), 235 (238); Bottke, JuS 2002, 320 (321). 88 Bottke, Coimbra-Symposium (1995), 235 (239). 89 Bottke, S. 37. 90 Bottke, Coimbra-Symposium (1995), 235 (239). 91 Bottke, S. 18. 92 Bottke, S. 139; Bottke, Coimbra-Symposium (1995), 235 (241 ff.); Bottke, JuS 2002, 320 (321 ff.). 93 Bottke, S. 94. 94 Bottke, S. 98. 95 Bottke, Coimbra-Symposium (1995), 235 (245). 96 Bottke, S. 98. 85 86

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bensnah lösen und die wirklichen Beteiligungsverhältnisse klären.97 Die faktischaktuelle Ausübung von Gestaltungsherrschaft ist entscheidend.98 „Denn auch derjenige bewerkt und gestaltet herrschaftlich das Geschehen, der sich in faktisch-aktueller Machthabe über das rechtsgutsgefährdende Geschehen passiv verhält oder gar aktiv einer Sonderpflicht zuwiderhandelt.“99 Die Anwendung der „Gestaltungsherrschaft“ auf klassische Korruptionsdelikte würde immerhin sowohl im Hinblick auf Nehmer- als auch auf Geberdelikte homogene Ergebnisse erzeugen. Nehmer und Geber gestalten und bewerken als gleichrangige Tauschparteien das Korruptionsgeschehen. Der Begriff „Gestaltungsherrschaft“ ist alles andere als griffig und klar.100 Bei Anwendung der Floskeln, „wer Macher ist“, „die Tat konfiguriert“ oder „ein Geschehen bewerkt“, kann die Täterschaft eines Handelnden beliebig begründet oder abgelehnt werden.101 Was „Gestaltung“ konkret meint, bleibt vage und unbestimmt. Rechtssicherheit wird jedenfalls nicht erzeugt. Zwar ist der Begriff „Gestaltungsherrschaft“ offen für unterschiedliche Handlungsstrukturen des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches, schafft allerdings keine Klarheit.102 Um Täterschaft in einer Vielzahl von Fallkonstellationen begründen zu können, überdehnt Bottke den Tatherrschaftsbegriff. Bottke hat es dabei versäumt, sein Konzept der gesetzlichen Wertung anzupassen, wonach Angriffe auf Rechtsgüter bestimmter Personen intensiver zu schützen sind.103 Vor allem wird der Gegenstand der Herrschaft von der Erfolgsherbeiführung (zeitlich) nach vorne hin zur Entscheidungssituation gerückt.104 Über die Erkenntnis des restriktiven Täterbegriffes, dass täterschaftliches Handeln mehr als bloßes Bewirken des Erfolges sein soll, kommt Bottke nicht hinaus.105 Witteck führt an, dass sich mit der „Gestaltungsherrschaft“ bei Taten aus komplexen Organisationen individuelle Verantwortung aufgrund von Arbeitsteilung und Informationssplitting bis hin zur Grenze der Nichtnachweisbarkeit verdünnen ließe. Die Bestrafung der Person, die Gestaltungsherrschaft aufweist, erscheint dabei zufällig und unbillig.106 Um Täterschaft sachgerecht begründen zu können, bedarf es fester Kriterien, die das Tatgeschehen würdigen können, ohne dabei auf ein zu hohes Abstraktionsniveau zu gelangen.

Bottke, S. 140 f. Bottke, S. 108; Bottke, Coimbra-Symposium (1995), 235 (245). 99 Bottke, S. 138. 100 So auch Pariona, S. 112 f. 101 Siehe auch Pariona, S. 113. 102 Siehe auch Pariona, S. 112 f. 103 Witteck, S. 125 f. 104 Schild, S. 46. 105 Witteck, S. 124. 106 Witteck, S. 124 f. 97 98

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b) „Herrschaft über den Grund des Erfolges“ bei Schünemann Die Konzeption Bottkes steht der Herrschaftskonzeption Schünemanns „teils nahe, teils fern“107, gelangt aber im Wesentlichen zu den gleichen Ergebnissen.108 Schünemann erachtet die „Verbannung der aktiven Tatherrschaft im Sinne eines dynamischen In-den-Händen-Haltens des Kausalverlaufes aus dem Täterbegriff der Sonderdelikte“ als richtig. Dieser Ansatz sei weiter zu entwickeln.109 Um die Täterstrukturen für die Sonderform der Sonderdelikte herauszufinden, müsse aus den Begehungsgemeindelikten eine allgemeine Struktur entwickelt werden, die für die Sonderform zu konkretisieren ist.110 Für Schünemann ist die „Herrschaft über den Grund des Erfolges“ maßgebliches Kriterium und allgemeines Zurechnungsprinzip.111 Dabei handelt es sich um eine normative Richtlinie, die weiterer Konkretisierung bedürfe.112 Ziel ist es, ein Geschehen als Werk des Täters zu identifizieren.113 Schünemann hat mit seinem Prinzip eine „einheitliche monistische Täterlehre“ entwickelt. Bei Begehungsdelikten ist danach die Tatherrschaft im engeren Sinne, bei unechten Unterlassungsdelikten und bei Garantensonderdelikten die Garantenherrschaft und bei Organisationsdelikten die Organisationsherrschaft maßgeblich.114 Die Formel „Herrschaft über den Grund des Erfolges“ könne daher die „Einheitlichkeit des strafrechtlichen Tätersystems“ garantieren.115 Dieses Zurechnungsprinzip konkretisiert als überformendes, einheitliches Grundprinzip die abstrakte Figur Roxins von der „Zentralgestalt des handlungsmäßigen Geschehens“.116 Bei den Garantensonderdelikten, wozu der größte Teil der Sonderdelikte und die Nehmerdelikte gehören117, ist die Täterstellung eine strafrechtliche Garantenstellung im Sinne einer Herrschaft über den Grund des Erfolges.118 Die Täterschaft ist an die Übernahme einer sozialen Funktion gekoppelt119 und von einer Garantenstellung Bottke, S. 122, S. 123: Die Parallelen der Grundposition sind „dogmatisch evident“. LK11-Schünemann, § 14 Rn. 17. 109 Schünemann, Unternehmenskriminalität, S. 94. 110 LK12-Schünemann, § 25 Rn. 39. 111 Schünemann, Grund und Grenzen, S. 236; Schünemann, Unternehmenskriminalität, S. 88; Schünemann, Madrid-Symposium (1995), 49 (81); Schünemann, FS Schroeder (2006), 401 (411); Schünemann, FS Roxin (2011), 799 (809). 112 Schünemann, Grund und Grenzen, S. 241; Schünemann, Unternehmenskriminalität, S. 88. 113 Chen, S. 81. 114 Vgl. Chen, S. 85. 115 Schünemann, GA 1986, 293 (333); Schünemann, Madrid-Symposium (1995), 49 (81). 116 LK12-Schünemann, § 25 Rn. 39. 117 Schünemann, GA 1986, 293 (333); LK12-Schünemann, § 25 Rn. 42; LK11-Schünemann, § 14 Rn. 17; Schünemann, Jura 1980, 568 (577). 118 LK12-Schünemann, § 25 Rn. 42. 119 Schünemann, Jura 1980, 568 (577). 107 108

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abhängig120. Über außerstrafrechtliche Pflichten hinaus sind dahinter stehende soziale Strukturen und die soziale Ordnung maßgeblich.121 Bei den Garantensonderdelikten stellt sich die Herrschaft über den Grund des Erfolges deshalb als „prästabilisierte Geschehensherrschaft im Sinne der Kontrolle über einen sozialen Bereich“122 bzw. als „Herrschaft über das Geschehen“ dar123. Herrschaft bedeutet im Kern eine faktisch, sozial wirksame Willensmacht. Die Realität der Willensmacht ist abhängig von den rechtlichen Möglichkeiten.124 Hinter der Kategorie der Pflichtdelikte verbergen sich Garantensonderdelikte und spezielle Herrschaftsdelikte.125 Deswegen stellt die Theorie der Garantensonderdelikte eine Materialisierung der Pflichtdeliktslehre Roxins dar.126 Die Pflicht eines Sonderpflichtigen ist in Wahrheit, so Schünemann, eine Begleiterscheinung der Herrschaft und die Herrschaft selbst ist das entscheidende Täterkriterium.127 Schünemann geht im Vergleich zur Pflichtdeliktslehre aber einen Schritt weiter und will von der „formalen Schale der Pflicht“ auf den „pflichterzeugenden materiellen Kern“ zugreifen. Dieser Kern ist danach das Obhutsverhältnis zum Rechtsgut(-sobjekt) oder das Aufsichtsverhältnis über eine Gefahrenquelle.128 Die Position des Sonderpflichtigen wird von Schünemann als faktische Schutzherrschaft über das Rechtsgut gedeutet, die auf einem Vertrauensakt beruht.129 Dabei geht es um eine 120 Schünemann, Jura 1980, 568 (577); LK12-Schünemann, § 25 Rn. 133. Auch Chen, S. 111, sieht den „Schlüssel zur Lösung“ in der aus der Eigenschaft als Intraneus hergeleiteten Garantenstellung. Damit schließt sich Chen dem Ansatz Schünemanns zu den Garantensonderdelikten an. Bei den Garantensonderdelikten ist die Herrschaftsbeziehung Voraussetzung der Täterschaft und bedeutet „Kontrolle über einen sozialen Bereich“ (Chen, S. 111). Die außerstrafrechtliche Pflicht, die bei der Pflichtdeliktslehre Roxins maßgeblich ist, wird durch ein strafrechtliches Herrschaftsverhältnis ersetzt, bei dem die „Pflicht lediglich die Folge der Herrschaft ist“ und „schlicht die aus dem Tatbestand folgende Rechtswidrigkeit wiedergibt“ (Chen, S. 111). Kritisch Roxin, TuT, S. 743: Der Herrschaftsgedanke wird „überstrapaziert“, auch wenn diesem die „weiterführende Einsicht“ zugrunde liegt, dass „jede Pflichtenstellung einen Herrschaftsbereich umspannt“. Die Pflicht ist jedoch nicht nur Reflex einer schon vorher gegebenen Kontrollherrschaft; vielmehr resultiert die Kontrollherrschaft aus der Übertragung einer Pflicht. Vgl. auch M-G / B-Häcker, § 19 Rn. 6: Täter bei Pflichtdelikten ist, wer Garant für ein Rechtsgut ist und für dessen Bestand bzw. Unversehrtheit einzustehen hat und deshalb Gefahren von diesem abzuwenden hat, unabhängig davon, ob und inwieweit er Inhaber der Tatherrschaft ist. 121 Schünemann, GA 1986, 293 (332). Die Herrschaftsbeziehung ist „Epiphänomen“ zur außerstrafrechtlichen Pflicht, so LK12-Schünemann, § 25 Rn. 42. 122 LK11-Schünemann, § 14 Rn. 17; Schünemann, Madrid-Symposium (1995), 49 (77, 81); Schild, S. 40, formuliert diese Geschehensherrschaft als „Kontrollherrschaft“. 123 LK12-Schünemann, § 25 Rn. 42. 124 Schünemann, Madrid-Symposium (1995), 49 (76 f.). 125 Schünemann, Madrid-Symposium (1995), 49 (76). 126 LK12-Schünemann, § 25 Rn. 134. 127 LK12-Schünemann, § 25 Rn. 42. 128 LK12-Schünemann, § 25 Rn. 134. 129 Schünemann, GA 1986, 293 (334).

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nach „Art der durch den Vertrauensakt übertragenen Schutzherrschaft“. Die faktische Näheposition des Täters gegenüber dem Rechtsgut, die durch einen fremden Vertrauensakt erworben sein muss, ist maßgebend.130 Roxin sieht in dem Modell Schünemanns eine sehr konstruktive Weiterentwicklung der Lehre von den Pflichtdelikten.131 Roxin hat seine Auffassung hinsichtlich der Pflichtdelikte dahingehend modifiziert, dass diese nicht durch Tatherrschaft gekennzeichnet sind, „wohl aber durch eine Kontrollherrschaft“.132 Die Pflichtdelikte sind nunmehr eine Variante der Herrschaftsdelikte133 im Rahmen eines einheitlichen normativen Grundprinzips der Tatherrschaft. In seinem Lehrbuch relativiert Roxin seitdem den Unterschied zwischen Herrschafts- und Pflichtdelikten.134 Schild hält die Gangart Roxins zu Recht für widersprüchlich.135 Einerseits auf die Verletzung tatbestandsspezifischer Sonderpflichten abzustellen und damit zu postulieren, dass es nicht auf das Maß des äußeren Anteils am Erfolg ankommt, und andererseits zu sagen, die Pflichtdelikte charakterisieren bei den Begehungsdelikten den Täter durch Kontrollherrschaft, sind unterschiedliche Konkretisierungen des Leitprinzips der Zentralgestalt.136 Bei den vorsätzlichen Handlungsdelikten wäre der Tatherr Täter, bei den Pflichtdelikten wäre der Kontrollherr Täter.137 Diese Widersprüchlichkeit rührt in Wirklichkeit jedoch daher, dass das täterschaftsbegründende Kriterium realiter nicht existiert, sondern verschiedene Momente im Tatgeschehen für die Einordnung als Täter maßgeblich sind. An der Konzeption Schünemanns ist richtig, dass derjenige, welcher einen umfassenden Zugriff auf ein Rechtsgut hat, die davon ausgehenden Gefahren am besten kontrollieren und am einfachsten verletzen kann. Deshalb übernimmt der Täter eine Schutzfunktion.138 Es stellt sich die Frage nach dem tieferen Sinn der unterschiedlichen Terminologie. Schünemann stellt auf Geschehensherrschaft, Kontrollherrschaft über das Geschehen, dann wieder auf Schutzherrschaft ab. Kontrolle und Schutz sind keine synonymen Begriffe und bringen in ihrer Abstraktheit in der Sache keinen sonderli-

Schünemann, Unternehmenskriminalität, S. 93. LK11-Roxin, § 25 Rn. 39. Die Überzeugungskraft liege in der Schaffung einer „übergeordneten Gleichstellungsrichtlinie“ und eines einheitlichen Prinzips, so Chen, S. 86 f.; diese „Homogenisierung“ begrüßt ebenfalls M. Heinrich, S. 11. Nach Sánchez-Vera, S. 130, versteckt sich in der Sonderstellung nach Art der Herrschaft über die Hilflosigkeit des Rechtsgutes nichts weiter als die Anerkennung einer besonderen Verpflichtung im Sinn der Pflichtdeliktslehre. 132 Roxin, AT / 2, § 32 Rn. 20. 133 Vgl. LK11-Roxin, § 25 Rn. 39. 134 Schild, S. 31. 135 Schild, S. 31. 136 Schild, S. 31 f. 137 Schild, S. 32. 138 Witteck, S. 160, 165. 130 131

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chen Erkenntnisgewinn: Wer Kontrolle hat, muss im Einzelfall bewertet werden. Eine irgendwie geartete Sonderpflicht sagt nicht viel über die Reichweite einer etwaigen Kontroll- oder Schutzherrschaft aus. Führt man diese Überlegungen weiter, stellt sich die Frage, wie Kontrollherrschaft das maßgebende Kriterium für die mittäterschaftliche Zurechnung sein soll. Wie müsste die Kontrolle bzw. der Schutz unter mehreren Intranei verteilt sein, um die Tatbeiträge wechselseitig zurechnen zu können? Es wird deutlich, dass der Grund für eine täterschaftliche Zurechnung durch die Konzeption Schünemanns nicht klarer wird.139 Schutzherrschaft, Kontrollherrschaft, Geschehensherrschaft erzeugen ein bestimmtes Abstraktionsniveau, dass in der Praxis die täterschaftliche Zurechnung nicht erleichtert. Der Herrschaftsbegriff wird eines aussagekräftigen und allumfassenden Inhalts beraubt und der Täterschaftsund der Herrschaftsbegriff überdehnt.140 Nach Bottke setzt sich Schünemann mit seiner Entnormativierung der Herrschaftsstrukturen der Gefahr aus, Momente der Herrschaft mit solchen zu vermischen, die soziale Herrschaft als täterschaftsbegründend einordnen. Daher ist manche soziale Machthabe hinreichend, andere hingegen ungenügend für die Annahme von Täterschaft.141 Anstatt in ein begriffliches Chaos zu verfallen, welches in der Sache keinen ertragreichen Nutzen für eine praxisgerechte Täterlehre mit sich bringt, ist die eigentliche Methode offen zu legen: Die Beurteilung der Täterschaft im Einzelfall richtet sich nach einer ganzheitlichen Betrachtung verschiedener Momente. Wie die einzelnen Varianten der Tatherrschaftslehre zeigen, ist die Tatherrschaftslehre selbst um Erweiterungen und Flexibilität bemüht. Bei Schünemann sind das Momente der vorgegebenen sozialen Ordnung, Schutzherrschaft, Kontrollherrschaft, Geschehensherrschaft und Sonderpflicht.142 Tatherrschaft kann dabei ebenso ein Moment für die Feststellung der Täterschaft sein wie die Pflichtverletzung. Diese Begriffe sind allerdings mit Inhalt zu füllen. Dieser Inhalt besteht nicht in abstrakten Momenten, sondern in konkreten, tatbezogenen Momenten, die ganzheitlich zu bewerten sind.

3. Dualistische Ansätze Neben den Ansätzen, die entweder die Pflichtverletzung oder die (Tat-)Herrschaft über das Geschehen in den Vordergrund stellen, existieren dualistische Ansätze, die auf beide Momente bei der täterschaftlichen Zurechnung abstellen.143 Die TatherrSo auch allgemein zur Tatherrschaftslehre Haas, S. 39. Witteck, S. 138 f. 141 Bottke, S. 131. 142 Vgl. Witteck, S. 140. 143 Bloy, S. 229 ff.; SK-Hoyer, § 25 Rn. 21 – 25; Jescheck / Weigend, S. 652 Fn. 30; Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 47 / 90 f.; im Grundsatz auch Krey, AT / 2, § 26 Rn. 93, der aber unter Rn. 93b für eine strikte Tatherrschaftslehre plädiert. 139 140

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schaft sei danach ein notwendiges, aber nicht immer hinreichendes Täterschaftsmerkmal.144 Ebenso wenig könne sich die strafrechtliche Verantwortung allein aus der Verletzung einer Sonderpflicht ergeben.145 Die Pflichtenstellung kann nach diesem Ansatz das die Täterschaft konstituierende Kriterium der Tatherrschaft nicht ersetzen.146 Roxin hat in seiner Darstellung der Pflichtdeliktslehre beispielsweise unterschlagen, dass Eb. Schmidt zusätzlich auf die Tatherrschaft abstellt.147 Roxin führt Eb. Schmidt aber als ersten, der „den Pflichtgedanken in seiner Bedeutung für die Täterlehre […] klar erkannt“148 hat, an.149 Obwohl „der Kreis der in Frage kommenden Täter unter dem Gesichtspunkt von besonderen Pflichten abgegrenzt“ wird, ist nach Eb. Schmidt zusätzlich Tatherrschaft notwendig.150 Interessanterweise stellen selbst bekennende Anhänger der Pflichtdeliktslehre trotz der Behauptung, der Pflichtverletzungsgedanke sei alleiniges täterschaftskonstituierendes Merkmal bei Pflichtdelikten, überraschender Weise auf Tatherrschaftsmomente ab. Sánchez-Vera, Anhänger der Pflichtdeliktslehre, weicht im Hinblick auf die Begründung der Mittäterschaft von der Position Roxins ab.151 Nach Sánchez-Vera ist neben der Frage, ob eine gemeinsame Pflicht existiert, klärungsbedürftig, ob diese Pflicht überhaupt gemeinsam verletzt werden kann. Schließlich seien die Pflichten individuell und höchstpersönlich.152 Bei zwei positiv Verpflichteten sei daher jeder regelmäßig Alleintäter, da die Pflichtverletzung vollständig und unabhängig vom anderen erfüllt werden muss.153 Nach Sánchez-Vera könnten Verpflichtete zwar grundsätzlich als Mittäter qualifiziert werden, jedoch nicht wegen der Verletzung von Pflichten, sondern „kraft gemeinschaftlicher Organisation im Sinne einer funktionellen arbeitsteiligen Tatherrschaft“.154 Diese Konsequenz überrascht, meint Sán144 Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 47 / 91; Langer, S. 227; Otto, Jura 1987, 246 (257); SKHoyer, § 25 Rn. 25. 145 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 472. 146 SK-Hoyer, § 25 Rn. 22; siehe auch Bloy, S. 243, der allerdings differenziert: Bei reinen Herrschaftsdelikten sei Tatherrschaft, bei reinen Pflichtdelikten die Sonderpflichtverletzung und bei gemischten Pflicht- und Herrschaftsdelikten beides kumulativ maßgeblich. Volk, FS Roxin (2001), 563 (569); MAH-Volk, § 2 Rn. 25 ff.; erkennt beispielsweise die Pflichtdeliktslehre im Grundsatz an, will aber eine „Brücke zwischen Pflicht und Herrschaft“ schlagen und zwar in der Form, dass in einigen Fallkonstellationen aus der Herrschaft die Pflicht abzuleiten ist. 147 Eb. Schmidt, Die militärische Straftat und ihr Täter, S. 10 f.; siehe im Übrigen auch Welzel, ZStW 58 (1939), 491 (543). 148 Roxin, TuT, S. 380 f. 149 Langer, Sonderverbrechen, S. 227. 150 Eb. Schmidt, Die militärische Straftat und ihr Täter, S. 7. 151 Vgl. Sánchez-Vera, S. 160. 152 Sánchez-Vera, S. 160. 153 Sánchez-Vera, S. 159 f.

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chez-Vera doch im Rahmen der Zusammenfassung seiner Untersuchung, „die von Roxin begründete Pflichtdeliktslehre [… habe] sich im Laufe der Untersuchung in ihren Grundzügen bestätigt“.155 Will man die Grundzüge der Pflichtdeliktslehre anerkennen, ist der „Tatherrschaftsgedanke“ bei Pflichtdelikten jedoch vollständig auszublenden. Pariona ist ebenfalls Anhänger der Pflichtdeliktslehre. Nach ihm ist Mittäterschaft bei den Pflichtdelikten „funktionelle Pflichtverletzung“.156 Die „Funktionalität der Pflichtverletzung“ ergibt sich dabei aus der Rollenverteilung. Jede Pflichtverletzung ist danach Resultat der Erfüllung einer Funktion gemäß des gesamten Tatplans.157 Die wechselseitige Zurechnung der Pflichtverletzungen erfolgt deshalb aufgrund planmäßiger Beteiligung.158 Es ist fraglich, ob sich hinter dem Begriff „Funktionalität“ nicht in Wahrheit ein Tatherrschaftsmoment verbirgt. Denn „Funktion“ ist die Aufgabe und klar umrissene Tätigkeit innerhalb eines Zusammenhangs und, wie Pariona selbst erkennt, die Rolle in einem solchen Zusammenhang. Diese inneren Widersprüche zeigen, dass der Pflichtdeliktsgedanke bei den Sonder- bzw. Pflichtdelikten einen entscheidenden Kernpunkt darstellt. Der Pflichtverletzungsgedanke ist jedoch nicht das alleinige „täterschaftsbegründende Kriterium“. Demzufolge lenkt der dualistische Ansatz, der neben der Tatherrschaft auf den Pflichtverletzungsgedanken zur Täterschaftsbegründung bei Sonder- bzw. Pflichtdelikten abstellt159, die Lösung der Täterschaftsfrage in die richtige und entscheidende Richtung. Die Absolutheit dieses Ansatzes – sowohl Pflichtverletzung als auch Tatherrschaft – überzeugt aber nicht. Anhand der vielfach erwähnten Fallkonstellation (ein Sonderpflichtiger verleitet einen Nichtsonderpflichtigen zur Tatbegehung) wird deutlich, wie Roxin zu Recht betont, dass der dualistische Ansatz nicht zu befriedigenden Ergebnissen kommt.160 Die Kumulation von außerstrafrechtlicher Pflichtverletzung und Tatherrschaft führt dazu, dass die Beteiligten in zwei völlig heterogene Gruppen auseinander fallen: Zum einen in Tatherren ohne Treuverpflichtung und zum anderen in Treupflichtige ohne Tatherrschaft.161 Der Sonderpflichtige könnte seine Strafbarkeit damit bewusst umgehen, indem er sich im Hintergrund hält.162 154 Sánchez-Vera, S. 160 f. Ebenso meinen Jeschek / Weigend, S. 663 Fn. 1, im Hinblick auf mittäterschaftliche Zurechnung, dass es wiederum auf Tatherrschaft ankomme, wenn mehrere in derselben Pflicht stehen. Ablehnend Roxin, TuT, S. 744: Selbst wenn mehrere dieselbe Pflicht haben, komme es für die Täterschaft nicht plötzlich auf die Tatherrschaft an. 155 Sánchez-Vera, S. 214. 156 Pariona, S. 171. 157 Pariona, S. 171. 158 Pariona, S. 171. 159 Pizarro Beleza, Coimbra-Symposium (1995), 267 (273). Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 47 / 91, meint, dass das Tatherrschaftskriterium unverzichtbar sei. 160 Roxin, TuT, S. 744. 161 Roxin, TuT, S. 356. 162 Roxin, TuT, S. 361.

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Der richtige Weg ist dennoch eingeschlagen: Für die Täterschaftsbestimmung ist nicht nur ein bestimmtes Kriterium, sondern eine ganzheitliche Betrachtung verschiedener Momente eines Tatgeschehens maßgeblich.

4. Normativer Kombinationsansatz der Rechtsprechung Die Rechtsprechung beurteilt Täterschaft anhand einer wertenden Betrachtung der gesamten Umstände.163 Danach ist die Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Tatgeschehens maßgebend. Wesentliche Momente sind der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Durchführung und der Ausgang der Haupttat nach der Vorstellung des Tatbeteiligten maßgeblich von seinem Beitrag abhängen sollen.164 Die Rechtsprechung hat sich erkennbar der Tatherrschaftslehre genähert, wenn Tatherrschaft oder zumindest der Wille zur Tatherrschaft in die wertende Betrachtung der gesamten Umstände einbezogen wird.165 Ausgangspunkt der Rechtsprechung ist jedoch immer noch der subjektive Ansatz, Täterschaft nach dem Täterwillen (animus auctoris) zu bemessen.166 Grundlage dieses Ansatzes ist die Äquivalenztheorie, wonach im Kausalgeschehen alle Bedingungen und Tatbeiträge der Beteiligten gleichwertig sind. Daher könne nur die subjektive Einstellung die Grenze zwischen Täterschaft und Teilnahme bilden.167 Allerdings zieht die Rechtsprechung mittlerweile objektive Kriterien zur Ermittlung des Täterwillens heran.168 Die Bezeichnung als normative Kombinationstheorie ist insgesamt zutreffend.169 Die Rechtsprechung berücksichtigt darüber hinaus die Pflichtenstellung der Beteiligten.170 Folgende Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHSt 37, 106

163 Siehe beispielsweise BGH NStZ-RR 2010, 236 (236); BGHSt 37, 289 (291). Zur Entwicklung der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Roxin, FG BGH (2000), 177 ff. 164 Siehe nur BGH NJW 1966, 1763 (1763); BGH, Beschluss vom 10. 11. 2011, 3 StR 355 / 11, Rn. 10; BGH NStZ-RR 2010, 236 (236); BGH NStZ-RR 2011, 111 (112); BGH NStZ 2009, 25 (26). 165 Roxin, FG BGH (2000), 177 (177); Eidam, Rn. 427; Mittelsdorf, ZIS 2011, 123 (124); MK-Joecks, § 25 Rn. 22; Schmidhäuser, AT, 10 / 160. NK-Schild, § 25 Rn. 36, kann keine Annäherung an die Tatherrschaftslehre feststellen; vielmehr bleibe es bei der bloßen Nebeneinander-Aufzählung, die keinen inneren Zusammenhang begründen könne. 166 Siehe beispielsweise RGSt 74, 84 (85); BGH NStZ 2008, 273 (275); BGH NStZ-RR 2011, 111 (112); BGH NStZ 2009, 25 (26); zustimmend Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 59. 167 Vgl. Schmidhäuser, AT, 10 / 158; Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 38. 168 Sch / Sch-Heine, Vorbem. zu §§ 25 ff. Rn. 87 – 93. 169 Mosenheuer, S. 80; Roxin, TuT, S. 645; SK-Hoyer, § 25 Rn. 6. 170 BGHSt 9, 203 (217 f.); BGHSt 37, 106 (129).

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(129) ist beispielhaft. In dieser heißt es: „Mittäterschaft ist auch bei den (unechten) Unterlassungsdelikten möglich. Sie liegt unter anderem vor, wenn mehrere Garanten, die eine ihnen gemeinsam obliegende Pflicht nur gemeinsam erfüllen können, gemeinschaftlich den Entschluss fassen, dies nicht zu tun. So verhielt es sich hier. Bei der Sondersitzung der Geschäftsführung vom 12. 5. 1981, an der sämtliche Geschäftsführer der Firma W-GmbH, darunter auch die Angeklagten S und Dr. Sch, teilnahmen, trafen die Beteiligten einstimmig die Entscheidung, von einem umfassenden Rückruf abzusehen. Darin lag der gemeinschaftlich gefasste Entschluss, die ihnen gemeinsam obliegende Schadensabwendungspflicht nicht zu erfüllen. Das begründete für die daran Beteiligten die Gemeinschaftlichkeit der Unterlassung und folglich Mittäterschaft.“ Daraus wird geschlussfolgert, dass der Bundesgerichtshof sich im Bereich der Unternehmenskriminalität vom Erfordernis tatsächlicher Tatmacht abwendet und die Täterschaft anhand der Pflichtenstellung der Leitungsorgane bestimmt.171 Roxin will darin eine Bestätigung seiner Pflichtdeliktslehre sehen.172 Beide Schlussfolgerungen sind abzulehnen. Diese Entscheidung belegt vielmehr nur, dass je nach Einzelfall unterschiedliche Momente maßgeblich dafür sein können, ein Verhalten als täterschaftlich einzuordnen oder nicht. Die Vorgehensweise der Rechtsprechung trifft auf erhebliche Kritik in der Strafrechtswissenschaft. Nur einige Kritikpunkte sollen an dieser Stelle erwähnt werden: Die Rechtsprechung nimmt lediglich eine rechtliche Wertung vor, deren Begründung fehlt bzw. durch den beliebigen Hinweis auf eines der täterinneren und äußerlichen Merkmale gegeben wird.173 Es handelt sich um ein „Mischmasch von adhoc-Kriterien“.174 Die Animuslehre ist nichtssagend und die Kriterien untauglich.175 Die Vorstellung, dass das objektive Unrecht auf ein Kausalwerden für die Tatbestandsverwirklichung beschränkt ist, ist als überholt anzusehen.176 Die Rechtsprechung begibt sich in einen Widerspruch, wenn sie auf objektive Gesichtspunkte zurückgreift.177 Allein der Wille zur Tatbeherrschung kann nicht gleichbedeutend mit der objektiven Vollverantwortlichkeit sein.178 Darüber hinaus ist das Tatinteresse nicht geeignet, die Verantwortlichkeit zu begründen, da dieses maßgeblich Relevanz für die Schuld entfaltet, aber nicht für die Tatbestandsverwirklichung.179 Der Ansatz 171 Rotsch, Individuelle Haftung, S. 173; Witteck, S. 223. Das Gericht habe nicht beachtet, dass mit dem Modell der Pflichtdelikte nur die Täterschaft begründet werden kann, nicht aber die Strafbarkeit als solche, so Witteck, S. 234. 172 Roxin, TuT, S. 356, S. 744 f.; Roxin, AT / II, § 25 Rn. 280; LK11-Roxin, § 25 Rn. 38; siehe auch Witteck, S. 234; Rotsch, Individuelle Haftung, S. 173. 173 NK-Schild, § 25 Rn. 36. 174 Schünemann, GA 1986, 293 (333). 175 Herzberg, in: Amelung (2000), 33 (34). 176 Mosenheuer, S. 80. 177 Mosenheuer, S. 80. 178 Mosenheuer, S. 81. 179 Mosenheuer, S. 81.

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der Rechtsprechung wird den Bestimmtheitsanforderungen nicht gerecht, da das Verhältnis der Kriterien unklar und die Kriterien selbst unklar sind.180 Es liegt ein Verstoß gegen den Gesetzeswortlaut vor, wenn gegebenenfalls Beihilfe trotz eigenhändiger Tatbestandsverwirklichung angenommen werden müsste.181 Einem Kritikpunkt ist in jedem Fall beizupflichten. Ausgangspunkt der Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme kann nicht der Täterwille sein. Dass subjektive Kriterien im Rahmen einer wertenden Betrachtung aller Umstände beachtlich sind, ist nicht anzuzweifeln. Bei der Bewertung der Täterschaft sind subjektive Momente gleichrangig neben objektiven Momenten zu berücksichtigen. Den Täterwillen in den Vordergrund zu stellen und über objektive Momente auf den Täterwillen zu schließen, ist eine überholte Konstruktion. Es ist hingegen abzulehnen, dass die Vorgehensweise der Rechtsprechung grundsätzlich den Bestimmtheitsanforderungen nicht gerecht werde. Erstens hat der Gesetzgeber keine bestimmten Kriterien zur Täterschaftsermittlung in den §§ 25 ff. StGB vorgegeben. Ohnehin ist primär die Tatbestandsfassung der Delikte im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches maßgebend.182 Zweitens kann ein einziges Kriterium, wie gezeigt worden ist, nicht widerspruchsfrei alle Fallkonstellationen erfassen. Drittens ist die Gegenfrage zu stellen, wie Täterschaft praktisch ermittelt und Einzelfallgerechtigkeit erzeugt werden soll, ohne eine wertende Betrachtung aller subjektiven und objektiven Momente vorzunehmen. Die Methode der Rechtsprechung, die Täterschaft im Sinne einer wertenden Betrachtung der gesamten Umstände zu beurteilen, ist richtig und überzeugt. Dabei ist aber nicht der Täterwille Ausgangspunkt, sondern die ganzheitliche Betrachtung aller objektiven und subjektiven Momente. Nur diese Methode der Täterschaftsanalyse ist plausibel und erzeugt pragmatische Lösungen.

5. Ganzheitstheorie Schmidhäusers als offene Täterlehre für verschiedene Handlungsstrukturen Die richtige Methode zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme besteht ganz im Sinne Schmidhäusers in einer ganzheitlichen Betrachtung verschiedener Momente.183 Das bedeutet die „Heranziehung aller Momente des besonderen Tatgeschehens als Grundlage der begrifflichen Unterscheidung im jeweiligen Einzelfall“ und die Berücksichtigung des gesamten Tatgeschehens als Ganzes.184 Mit diesem „Ganzheitsgedanken“185 wird nicht ein einzelner Geschehenszug herausgegrif180 181 182 183 184 185

Mosenheuer, S. 81; SK-Hoyer, § 25 Rn. 9. Mosenheuer, S. 82. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 30. Schmidhäuser, AT, 10 / 156, 163; zustimmend Meyer, S. 62. Schmidhäuser, AT, 10 / 46. Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (343).

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fen und an diesem die Grenze zwischen Täterschaft und Teilnahme gezogen.186 Nur mit Blick auf die „Gesamtheit der objektiven und subjektiven Umstände des Tatgeschehens“ lässt sich beantworten, ob Täterschaft oder Teilnahme vorliegt.187 Anhand der Strukturen klassischer Korruptionsdelikte konnte gezeigt werden, dass eine sachgerechte Täterlehre offen für verschiedene Handlungsstrukturen sein muss.188 Nur eine offene Täterlehre kann den unterschiedlichen Handlungsstrukturen des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches gerecht werden. Bei der ganzheitlichen Betrachtung geht es um das Eingeständnis und die Offenlegung, dass ein abstrakt-allgemeiner Begriff die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme nicht ermöglicht.189 Warum Täterschaft bzw. Teilnahme vorliegt, ist im Einzelfall durch Angabe von Momenten des zu beurteilenden Geschehens plausibel zu machen.190 Merkwürdigerweise, so formuliert es Schmidhäuser treffend, wird „das Ganzheitliche der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gemeinhin verdeckt […] als gehe es um etwas Verpöntes, das es zu vermeiden gelte“.191 Nachteile dieser Methode resultieren nur aus der „Gewöhnung an Rituale der Rechtsanwendung, die Sicherheit vorspiegeln“ bzw. „dem Richter die Verantwortung für die Entscheidung zu erleichtern scheinen“.192 „In der Sache selbst [ist] eine scharfe Grenze nicht zu finden“. Es muss sich damit abgefunden werden, dass eine Grenze „nur phänomenologisch in Fallgruppen und einleuchtenden Beispielen aufgezeigt und vorgeschlagen werden kann“.193 Die durch die Tatherrschaftslehre „bemühte wertende Betrachtung erhellt sich erst, wenn man die verschiedenen Konstellationen näher betrachtet“.194 Dabei ist die sog. Organisationsherrschaft beispielhaft. Roxin gesteht Folgendes ein: „Die geschilderte Art, aus dem Hintergrund Erfolge durchzusetzen, wird man als eine eigenständige Form der Tatherrschaft anerkennen müssen. […] Tatherrschaft ist ein Kriterium, das zwar, wie fast alle Rechtsbegriffe, an seinen Grenzen normativ festgelegt werden, in seinem Kernbereich aber auf einer Faktengrundlage ruhen muss.“195 Die Tatherrschaftslehre wertet im Ergebnis nicht anders als ganzheitlich, wenn diese in verschiedenen Konstellationen unterschiedliche Kriterien heranzieht („Handlungsherrschaft“, „Willensherrschaft“, „funktionelle Tatherrschaft“, „Organisationsherrschaft“ usw.196). Schmidhäuser, AT, 10 / 156; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (358). Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (343). 188 Bereits Roxin, TuT, S. 122 ff., favorisierte „offene Begriffe“, bezog sich dabei aber auf „Tatherrschaft“. 189 Schmidhäuser, AT, 10 / 163. 190 Schmidhäuser, AT, 10 / 163. 191 Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (361). 192 Schmidhäuser, AT, 10 / 167. 193 Schmidhäuser, AT, 10 / 163. 194 So MK-Joecks, § 25 Rn. 33. 195 Roxin, FS Schroeder (2006), 387 (398). 196 Siehe nur Roxin, TuT, 127 ff. 186 187

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Bei der ganzheitlichen Betrachtung handelt es sich nicht um „richterliche Rechtsschöpfung“, wodurch das Rechtsstaatsprinzip der Gewaltenteilung verletzt werden würde.197 Der Anwendung des Rechts liegt immer eine Wertung des Gesamtgeschehens zugrunde. Solange sich der Richter an Recht und Gesetz hält, handelt es sich nicht um „richterliche Rechtsschöpfung“.198 Der Gesetzgeber hat kein Abgrenzungsmerkmal für Täterschaft und Teilnahme normiert, sodass der Vorwurf „richterlicher Rechtsschöpfung“ sachlich verfehlt ist.199 Als der Lehre Schmidhäusers nahe stehend200 gilt Cramer. Er meint, „[…], dass es ein einheitliches Prinzip für das hier interessierende Abgrenzungsproblem nicht gibt. Es sind vielmehr nach der Art des durch den Tatbestand verkörperten Delikts unterschiedliche normative Kriterien dafür maßgebend, ob jemand als Täter oder Teilnehmer einzustufen ist.“ Den „sich aus der unterschiedlichen Ausgestaltung der Tatbestände ergebenden Besonderheiten muss Rechnung getragen werden“. „Daher ist der Täterbegriff stets normativ aufzufassen“.201 So weit wie Schmidhäuser, auf eine ganzheitliche Betrachtung abzustellen, geht Cramer allerdings nicht. Cramer bleibt am Begriff der Tatherrschaft haften: „Während sich bei der mittelbaren Täterschaft die Tatherrschaft und das Bewusstsein, die Tat in Händen zu halten, grundsätzlich als die alleinigen Zurechnungskriterien für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme erwiesen haben, muss bei der Mittäterschaft als der arbeitsteiligen Begehung eines Delikts bezweifelt werden, ob das Merkmal der Tatherrschaft hier allein die Abgrenzung zu leisten vermag […]“.202 Wessels / Beulke grenzen Täterschaft und Teilnahme letztendlich ebenfalls im Sinne der ganzheitlichen Betrachtung ab: „Der h.M. in der Rechtslehre ist darin beizupflichten, dass Täterschaft und Teilnahme sich weder durch eine rein subjektive noch durch eine rein objektive Betrachtungsweise sachgerecht gegeneinander abgrenzen lassen.“203 „So wie jede Straftat eine aus objektiven und subjektiven Elementen bestehende Sinneinheit bildet, sind Täterschaft und Teilnahme auf der Grundlage des gesetzlichen Tatbestandes nur durch eine Synthese objektiver und subjektiver Kriterien sachgerecht gegeneinander abzugrenzen.“204 Es ist nach dem „Leitprinzip der Tatherrschaft“ entscheidend, „ob und inwieweit der einzelne Beteiligte nach Art und Gewicht seines objektiven Tatbeitrags sowie auf Grund seiner Willensbeteiligung das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung in der Weise be197 Schmidhäuser, AT, 10 / 165; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (349); so aber Roxin, TuT, S. 645; SK-Hoyer, § 25 Rn. 9. 198 Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (351). 199 Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (351). 200 Sch / Sch-Heine, § 25 Rn. 82; so auch Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (348). 201 Cramer, FS Bockelmann (1979), 389 (396 f.). 202 Cramer, FS Bockelmann (1979), 389 (400). 203 Wessels / Beulke, AT, Rn. 517. 204 Wessels / Beulke, AT, Rn. 518.

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herrscht oder mitbeherrscht, dass der Erfolg als das Werk (auch) seines zielstrebig lenkenden oder die Tat mitgestaltenden Willens erscheint“.205 Die Äußerungen zur Tatherrschaftslehre „machen deutlich, dass hier im Grunde doch kein einzelner Geschehenszug zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gemeint ist, sondern die jeweils am konkreten Fall orientierte Fülle der Gesichtspunkte einbezogen werden muss“.206 So zitiert Schmidhäuser207 aus Roxin: „Tatherrschaft“ ist kein Begriff „der durch die abschließende Angabe stets vorfindbarer deskriptiver Merkmale definiert wäre und unter den sich beliebige Erscheinungsformen täterschaftlichen Handelns einfach subsumieren ließen“208. Schmidhäuser kritisiert zu recht, dass mit der Heranziehung des Begriffes Tatherrschaft so getan wird, als würde sich daraus automatisch die Antwort auf die im Einzelfall gestellte Frage der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme evident ergeben.209 In Wirklichkeit ist jedoch wenig, wie sich gezeigt hat, mit dem Terminus Tatherrschaft gewonnen.210 Mit dem Begriff Tatherrschaft werden nur „Scheinbegründungen“ gegeben.211 Im Rahmen der Tatherrschaft muss ebenfalls nach der Gesamtheit der Tatumstände und der Bedeutung des Beteiligten im ganzen Geschehen gefragt werden.212 Der Titel eines Aufsatzes Schmidhäusers trifft den Kern des Problems zutreffend: „Tatherrschaft“ ist nicht mehr als der „Deckname der ganzheitlichen Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme im Strafrecht“.213

Wessels / Beulke, AT, Rn. 518. Schmidhäuser, AT, 10 / 161. Nach Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 296, könne Tatherrschaft Täterschaft von Teilnahme nicht trennscharf abgrenzen, da sie sich zum einen in den meisten Fällen auf einen unendlichen Verursachungsakt bezieht und zum anderen selbst keine eigenständigen Wertmaßstäbe beinhaltet. Weiterhin stehe die Tatherrschaftslehre vor dem Hintergrund des restriktiven Täterbegriffes in einem immanenten Widerspruch, weil Tatherrschaft, die die strafrechtliche Verantwortung unter personal-relationaler Hinsicht bewertet, nicht gleichzeitig unrechtskonstituierend und unrechtsbewertend sein könne (S. 296). Rotsch schlägt daher vor (S. 482), die „überkommenen Begrifflichkeiten von Täterschaft und Teilnahme über Bord zu werfen“, „die traditionellen Beteiligungsstrukturen vollständig aufzuheben“ und einem „beteiligungsindifferenten normativ-funktionalen Straftatmodell“ zu folgen (S. 485). Dieses ist „kein Einheitstätersystem“. Diesem liegt vielmehr ein „restriktives Unrechtsverständnis“ zugrunde, welches nur noch die „strafzumessungsirrelevanten Kategorien“ der „unmittelbaren und mittelbaren Zuständigkeit“ kennt (S. 486). Das Modell basiert auf einem „zweistufigen normativen Zurechnungssystem“ (Vorwort). 207 Schmidhäuser, AT, 10 / 161. 208 LK11-Roxin, § 25 Rn. 36. 209 Schmidhäuser, AT, 10 / 161. 210 Schmidhäuser, AT, 10 / 162; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (349); siehe auch MK-Joecks, § 25 Rn. 33; Herzberg, in: Amelung (2000), 33 (43): „Schon der Begriff ‚Tatherrschaft‘ ist nicht verbindlich und sollte uns vielleicht nicht länger dienen, das gesuchte Kriterium zu bezeichnen“. 211 Schmidhäuser, AT, 10 / 163. 212 Schmidhäuser, AT, 10 / 162; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (348). 213 Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (343). 205 206

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Schmidhäuser hat daher nicht das Anliegen, die Tatherrschaftstheorie zu verwerfen. Jedoch zeigt er, dass der Begriff Tatherrschaft nicht mehr als eine „Zauberformel“ ist und „nur scheinbar weiterhilft“.214 Die Tatherrschaftslehre zieht in problematischen Fallkonstellationen ebenso die Gesamtheit der objektiven und subjektiven Umstände im Geschehen heran, um zwischen Täterschaft und Teilnahme unterscheiden zu können.215 Daher unterliegt die Tatherrschaftslehre der „Gefahr der Selbsttäuschung“.216 Schmidhäuser hat „Momente folgender Art“ zusammengestellt, die „innerhalb des ganzheitlichen Zusammenhangs des Tatgeschehens den Ausschlag geben“ können.217 „Im Objektiv-Äußeren des Geschehens“ sind das Momente wie die Gegenwart des Beteiligten am Tatort, die zeitliche Nähe des Einsatzes zum Erfolg, das Gewicht des Einsatzes für die Herbeiführung des Erfolges, die Gestaltung des Tatablaufes nach Ort und Zeit, das Maß der Beherrschung des Geschehens, die Intensität der Tatvorbereitung, das Maß an Individualität des Tatbeitrages, die Notwendigkeit der Mitwirkung und die Ersetzbarkeit des Beteiligten. „Im Subjektiv-Seelischen“ sind das Momente wie das spezielle Handlungsziel, die Verabredung über die Art der Teilung der Verbrechensbeute, die Raffinesse in der Planung der Tat, die Auswahl des Tatobjekts, die Stärke der Persönlichkeit im Verhältnis zu anderen Mitwirkenden, die Freiwilligkeit oder Unfreiwilligkeit in der Unterordnung eigenen Strebens unter fremdem Entschluss, das Anheimstellen der Ausführung der Tat, das Sich-Führen-Lassen von einem anderen.218 Die Entscheidung für Täterschaft oder Teilnahme gestaltet sich dabei weder „logisch zwingend“ noch „dezisionistisch willkürlich“.219 Über diese Momente hinaus ist der Pflichtverletzungsgedanke als Moment „im Objektiv-Äußeren des Geschehens“ aufzunehmen. Den Pflichtverletzungsgedanken hat Schmidhäuser zwar nicht aufgezählt. An anderer Stelle seiner Ausführungen lässt sich allerdings entnehmen, dass er diesen Gedanken möglicherweise berücksichtigt hat. Bei der Benutzung eines Nichtqualifizierten durch einen Qualifizierten stellt Schmidhäuser auf Unterlassungstäterschaft ab.220 Der Sonderpflichtige habe eine Garantenstellung, kraft derer er zum Handeln verpflichtet ist, wenn ein anderer Schmidhäuser, AT, 10 / 162. Schmidhäuser, AT, 10 / 162; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (348); zustimmend Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 310. 216 Schmidhäuser, AT, 10 / 162. 217 Schmidhäuser, AT, 10 / 166; zustimmend Meyer, S. 62. 218 Schmidhäuser, AT, 10 / 166; zustimmend Meyer, S. 62. 219 Schmidhäuser, AT, 10 / 166; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (343). Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 310, erkennt an, dass „durchaus handhabbare Kriterien zur gerechten Einzelfallentscheidung“ vorgeschlagen werden. Darüber hinaus scheint Rotsch ein „offen praktiziertes normatives System allemal luzider als ein gemischt faktisch-normatives System, wie Roxin und die herrschende Meinungs es praktizieren“, zu sein. Schild, S. 74, hält die „heftige Ablehnung dieser Auffassung zumindest für übertrieben“. 220 Schmidhäuser, AT, 10 / 97. 214 215

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

in seinem Amtsbereich störend tätig wird.221 Es ist richtig, dass auch das Untätigbleiben eine Sonderpflichtverletzung des Intraneus begründen kann. Es wird jedoch eine Gefahrenlage kraft aktiven Tuns hervorgerufen, wenn ein Intraneus einen Extraneus veranlasst.222 Roxin sieht darin die Pflichtdeliktslehre bestätigt.223 Dieser Schlussfolgerung ist jedoch nicht zu folgen. Vielmehr liegt der Schluss nahe, dass Schmidhäuser den Pflichtverletzungsgedanken in seinen Katalog der Täterschaftsmomente aufgenommen hätte, wäre er nicht von Unterlassungstäterschaft ausgegangen. Dass die Idee von der Unterlassungstäterschaft nicht funktioniert, zeigt die Anwendung auf klassische Korruptionsdelikte. Die Tathandlungen bestehen aus Fordern / Anbieten, Sich-Versprechen-Lassen / Versprechen und Annehmen / Gewähren. Hierbei handelt es sich um aktive Verhaltensweisen des Nehmers bzw. Gebers. Unterlassen ist gemäß § 13 Abs. 1 StGB nur strafbar, wenn dieses der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Die aufgezählten Tathandlungen als aktive Verhaltensweisen (Tun) haben jedoch keine Entsprechung im Sinne eines Unterlassens. Die Tathandlungen klassischer Korruptionsdelikte sind dadurch gekennzeichnet, dass Willenserklärungen abgegeben werden, die zumindest auf einen Vertragsschluss (Unrechtsvereinbarung) hinwirken. Die Abgabe der Willenserklärung kann nur aktiv vorgenommen werden. Es ist zwar grundsätzlich vorstellbar, dass es ein Garantenpflichtiger unterlässt, zu verhindern, dass auf eine Unrechtsvereinbarung hingewirkt wird oder diese abgeschlossen wird. Allerdings wäre er nur wegen Unterlassens entsprechend eines positiven Tuns strafbar, wenn er dafür beispielsweise einen Vorteil erlangt. Diese Konstellation erfasst im Bereich der Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich § 336 StGB. Eine derartige Vorschrift existiert für Korruptionsdelikte im privaten Bereich nicht. Im Sinne klassischer Korruptionsdelikte macht sich nur strafbar, wer selbst auf eine Unrechtsvereinbarung bedacht ist. Ist das nicht der Fall, kommt in der genannten Fallkonstellation nur Teilnahme durch Unterlassen in Betracht, beispielsweise in Form der Beihilfe durch Unterlassen. Der Garant kann sich in einem solchen Fall dadurch strafbar machen, dass er die aktive Begehung einer Straftat durch einen anderen nicht verhindert hat.224 Wenn der Unterlassende demzufolge nicht selbst Tauschpartei ist, ist er nicht Täter innerhalb des Korruptionsgeschehens als TäterTäter-Interaktion. Ist der Unterlassende in der Tauschbeziehung involviert, ist er selbst Tauschpartei. Im Rahmen von Korruption im öffentlichen ist dann der § 336 StGB einschlägig. Der Vornahme einer Diensthandlung oder einer richterlichen Handlung im Sinne der §§ 331 – 335 StGB steht gemäß § 336 StGB das Unterlassen der Handlung gleich.225 Ausdrücklich strafbar ist demnach, dass sich der VorteilsSchmidhäuser, AT, 10 / 97. Roxin, TuT, S. 748; LK11-Roxin, § 25 Rn. 136; Roxin, AT / II, § 25 Rn. 278; LK12-Schünemann, § 25 Rn. 135; Wagner, S. 380; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 41. 223 Roxin, TuT, S. 748. 224 Siehe LK12-Weigend, § 13 Rn. 90. 221 222

A. Begründung der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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nehmer einen Vorteil beispielsweise dafür versprechen lässt, dass er eine Diensthandlung nicht vornimmt und dadurch seine Dienstpflichten verletzt. Der Vorteilsnehmer lässt sich aktiv dazu korrumpieren, eine bestimmte Diensthandlung zu unterlassen. Unterlassen werden kann im Sinne von § 336 StGB daher lediglich eine Diensthandlung. In dem Beispiel wäre der Vorteilsnehmer strafbar gemäß § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB i.V. m. § 336 StGB. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber bei Straftaten im Amt den Straftatbestand Konnivenz gemäß § 357 Abs. 1 StGB geschaffen. Dieser Straftatbestand fängt u. a. Unterlassungskonstellationen in Form von Täterschaft auf. Danach ist der Vorgesetzte strafbar, welcher eine rechtswidrige Tat seiner Untergebenen „geschehen lässt“. In welchem Verhältnis § 357 Abs. 1 StGB zu anderen Strafbarkeitskonstellationen, wie beispielsweise Beihilfe durch Unterlassen, steht, wird in diesem Kapitel unter B. IV. untersucht. Die Korruptionsdelikte im privaten Bereich (§§ 299 f. StGB) beinhalten keine Vorschriften, die den § 336 StGB oder § 357 StGB entsprechen würden. Die Schaffung einer § 357 StGB analogen Strafnorm für den Betriebsinhaber könnte insbesondere Unterlassungskonstellationen erfassen (Kapitel 6 C.).

II. Ergebnis – ganzheitliche Betrachtung Die Handlungsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte konnten verdeutlichen, dass Täterschaft im strafjuristischen Sinne nur im Wege einer ganzheitlichen Betrachtung unterschiedlicher Momente eines Tatgeschehens beurteilt werden kann. Dabei handelt es sich nicht um eine beliebige226, sondern um eine offen gelegte Methode der Täterschaftsermittlung. Es wurde gezeigt, dass selbst der Tatherrschaftslehre und der Täterlehre Roxins Beliebigkeit vorgeworfen werden kann. Ein starres Kriterium ist nicht fähig, alle Fallkonstellationen sachgemäß zu erfassen. Die Komplexität der Handlungsstrukturen bei Korruptionsdelikten verdeutlicht, dass eine 225 Eine Angleichung an die Terminologie der §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB „Dienstausübung“ ist durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. 08. 1997 nicht erfolgt. Nach dem Gesetzeswortlaut steht das Unterlassen einer Dienstausübung der Vornahme einer Diensthandlung gesetzlich nicht gleich (Sch / Sch-Heine, § 336 Rn. 1). Unterlassen werden können nur bestimmte Diensthandlungen, siehe BeckOK-Trüg, § 336 Rn. 3; Fischer, § 336; SSW-Rosenau, § 336 Rn. 3; NK-Kuhlen, § 336 Rn. 1. Für die Anwendung des § 336 StGB sind solche Sachverhaltskonstellationen relevant, in denen es der Intraneus unterlässt, seinem Vorgesetzten korruptionsverdächtige Umstände und erst recht klar erkennbare korruptive Verhaltensweise anzuzeigen, siehe BGH NStZ 2004, 565 (566); BGH NStZ 1999, 560 (560); SSW-Rosenau, § 336 Rn. 1; NK-Kuhlen, § 336 Rn. 1; BeckOK-Trüg, § 336 Rn. 2. Der Intraneus handelt pflichtwidrig, da er seiner Dienstpflicht nicht nachkommt, manipulationsverdächtige Tatsachen mitzuteilen, siehe BGH NStZ 2004, 565 (566); SSW-Rosenau, § 336 Rn. 1; NK-Kuhlen, § 336 Rn. 1. Eine solche Angleichung existiert für § 299 Abs. 1 StGB im Übrigen nicht. 226 Roxin, TuT, S. 659 f.; Renzikowski, S. 22; Stein, S. 121 ff.; Bloy, S. 307 ff.

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

sachgerechte Täterlehre für ein breites Spektrum von Handlungskonstruktionen offen sein muss. Demnach kann Täterschaft realiter nur im Wege einer ganzheitlichen Betrachtung verschiedener Momente und einer wertenden Betrachtung des gesamten Tatgeschehens beurteilt werden.

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus Nachdem gezeigt wurde, dass Täterschaft nur im Wege einer ganzheitlichen Betrachtung verschiedener Momente beurteilt werden kann, sind im Folgenden Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus auszuführen.

I. Unmittelbare Alleintäterschaft Prototyp der Täterschaft ist die eigenhändige Ausführung der Tathandlung und damit die unmittelbare Alleintäterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB: „wer die Straftat selbst begeht“).227 Eine zentrale Frage lautet deshalb, ob unmittelbare Alleintäterschaft des Intraneus notwendig voraussetzt, dass dieser den Tatbestand vollständig „eigenhändig“ verwirklicht, oder ob diese Form der Täterschaft ebenso einschlägig ist, wenn der Intraneus zur Tatbestandsverwirklichung eine Mittelsperson einsetzt. Die Alternative zur unmittelbaren Alleintäterschaft heißt in dieser Fallkonstellation mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB: „wer die Straftat durch einen anderen begeht“).

1. Anwendung der unmittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB) oder der mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) bei Einschaltung von Mittelspersonen? Das Gesetz verlangt vom Täter gemäß §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB, dass er einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, und vom Täter gemäß §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB, dass er einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt. Solange der Täter die Straftat selbst begeht, d. h. eigenhändig alle Tatbestandsmerkmale verwirklicht228 und das mit Strafe Bedrohte tut229, liegt unprobleRoxin, TuT, S. 127; LK12-Schünemann, § 25 Rn. 55. 228 BT-Drs. IV / 650, S. 149; Jescheck / Weigend, S. 652; MK-Joecks, § 25 Rn. 37 f.; Schmidhäuser, AT, 10 / 48; Heine, S. 100; Mittelsdorf, S. 129; Schünemann, FS Roxin (2011), 799 (808); LK12-Schünemann, § 25 Rn. 53; Roxin, TuT, S. 127. Kritisch zum Begriff „Eigenhändigkeit“ Haas, S. 53: „Sprachgebrauch in völlig unklarer Weise“; „Entweder man erfüllt einen Tatbestand oder man erfüllt ihn nicht.“; „Derjenige, der die tatbestandliche Handlung nicht vollzieht, [verwirklicht] auch nicht den Tatbestand“. 229 Stein, S. 25; Roxin, TuT, S. 127; Schmidhäuser, FS Stree / Wessels (1993), 343 (345). 227

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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matisch unmittelbare Alleintäterschaft im Sinne von § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB vor. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die vollständige eigenhändige Tatbestandsverwirklichung hinreichende oder notwendige Bedingung der unmittelbaren Alleintäterschaft ist.230 Fordert der Vorteilsnehmer selbst einen Vorteil oder lässt er sich selbst einen Vorteil versprechen oder nimmt der Vorteilsnehmer einen Vorteil selbst an, ist er unmittelbarer Täter. Soweit der Täter jedoch Mittelspersonen231 in das Korruptionsgeschehen einschaltet, treten prinzipiell – so müsste man meinen – Zurechnungsprobleme auf.232 Mittelspersonen im Korruptionsgeschehen werden auch als außenstehende Dritte bezeichnet. Diese Personen nehmen in Korruptionssachverhalten zumeist die Rolle des Vermittlers innerhalb der Tauschbeziehung zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber ein. In diesem Sinne ist die Auswirkung der Einschaltung von Mittelspersonen auf die Täterschaftsform beim Vorteilsgeber bzw. Vorteilsnehmer zu überprüfen. Die „Zurechnung tatbestandlichen Unrechts […] bildet die Grundlage für die Verhängung einer Strafe gegen eine Person“.233 Zurechnung bedeutet Verantwortlichkeit für eine Handlung und (regelmäßig) einen Erfolg.234 Die Tathandlungen der Korruptionsdelikte werfen daher folgende Fragestellungen auf: Handelt es sich um unmittelbar vom Intraneus bzw. Extraneus verwirklichte Tathandlungen, wenn außenstehende Dritte als Mittelspersonen eingeschaltet werden und eine Botenfunktion übernehmen? Oder ist mit der mittelbaren Täterschaft zu operieren? Dabei ist an Fallkonstellationen zu denken, in denen der Intraneus seine Forderung zunächst seinem Boten mitteilt. Der Bote wird dazu beauftragt, diese Forderung an den Extraneus weiterzuleiten. Oder der Extraneus gewährt den vereinbarten Vorteil dem Intraneus als Tauschpartner, indem er einen Boten in das Geschehen involviert und diesem den Vorteil gewähren lässt. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass die Willenserklärungen, die sich auf eine Unrechtsvereinbarung beziehen, empfangsbedürftig sind. Vollendetes „Fordern“ im Sinne der §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB liegt nur vor, wenn der Fordernde seine Forderung ausspricht und diese den Empfänger erreicht. Entsprechendes gilt für alle anderen Tathandlungen. Wenn in der folgenden Untersuchung von „Erfolg“ die Rede ist, ist die Empfangsbedürftigkeit der Tathandlungen in Form der Kenntnisnahme des Gegenübers gemeint.

MK-Joecks, § 25 Rn. 36, 39; SK-Hoyer, § 25 Rn. 32. Bell, MDR 1979, 719 (720). 232 NK-Schild, § 25 Rn. 13; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 423; LK12Tiedemann, § 299 Rn. 12; vgl. auch Herzberg, in: Amelung (2000), 33 (43). 233 Bloy, S. 244. 234 Bloy, S. 247. 230 231

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

a) Problematik und Bestandsaufnahme Die Heranziehung der Täterschaftsform unmittelbare Alleintäterschaft bei einem Intraneus bzw. Extraneus, der Mittelspersonen in den Tausch involviert, muss dogmatisch begründet werden. Schließlich wird in der Strafrechtswissenschaft regelmäßig auf mittelbare Täterschaft zurückgegriffen, wenn Dritte für den Täter agieren und der Täter die Tat somit nicht eigenhändig begeht.235 „[Seit der gesetzlichen Anerkennung der mittelbaren Täterschaft] erfüllt den Tatbestand im materiellen Sinne auch der, der die Tat durch einen von ihm beherrschten Mittler begeht, ohne dass es darauf ankommen kann, ob diese mittelbare Begehung sich dem Wortlaut der unmittelbaren Ausführungshandlung subsumieren lässt.“236 Im Bereich von Korruptionsdelikten wird darüber hinaus teilweise selbstverständlich die Täterschaftsform unmittelbare Täterschaft angewendet, obwohl der Täter eine Mittelsperson eingeschaltet hat. Zur Illustration dieser Selbstverständlichkeit dienen folgende Beispiele aus der Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft: Bereits das Reichsgericht nahm ohne Bedenken unmittelbare Täterschaft an: „Es ist zum Tatbestande nicht erforderlich, dass der Beamte persönlich die Forderung gestellt oder den Vorteil angenommen hat, vielmehr kann die Bestechung auch durch eine Mittelsperson geschehen.“237 „Demnach können alle, die das Verbrechen gegen § 332 fördern, ohne danach zu trachten, durch ihre Tätigkeit das Anbieten, Versprechen oder Gewähren zu verwirklichen, als Gehilfen der Beamten bestraft werden. Dies wird häufig bei denjenigen Mittelspersonen zutreffen, die für den Beamten das Geschenk in Empfang nehmen, die Vorteile fordern oder sich versprechen lassen, die also auf der Seite der pflichtvergessenen Beamten stehend, gewissermaßen als deren Vertreter den Gegenkontrahenten bei dem Handeln gegenüber treten“.238 Der Bundesgerichtshof äußerte sich beispielsweise folgendermaßen: „Namentlich dann, wenn – wie hier – die Zuwendung i.S. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG unter Zwischenschaltung eines Dritten gewährt wird, der selbst mit der Zuwendung und bei deren Weiterleitung keine weitergehenden Ziele verfolgt als der eigentliche Vorteilsgeber, greift das Abzugsverbot lediglich bei diesem, nicht aber bei dem – letztlich als (Geld-)Bote fungierenden – Mittler. In solchen Fällen ist die Vorteilszuwendung allein dem eigentlichen Vorteilsgeber zuzurechnen, in dessen Interesse sie auch erfolgt.“239

235 236 237 238 239

Siehe nur Pariona, S. 23; Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 423, 427. Roxin, AT / II, § 25 Rn. 290. RGSt 39, 193 (197). RGSt 42, 382 (384). BGH NJW 2011, 88 (95 Rn. 73).

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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Wittig240 befasste sich thematisch mit diesem Problemkreis im Rahmen von § 299 StGB. Sie legte folgenden Sachverhalt aus der Zeitschrift „DER SPIEGEL“241 zugrunde: Leitende Angestellte eines Automobilkonzerns gründeten Vermittlungsgesellschaften, die von diversen Lieferantenfirmen „Vermittlungsprovisionen“ für Aufträge des Konzerns von bis zu 5 % des Auftragsvolumens forderten und erhielten. Für die Vermittlungsgesellschaften handelten Personen, die dort und nicht im Konzern angestellt waren. Gegenüber den Lieferantenfirmen gaben die für die Vermittlungsgesellschaften handelnden Personen vor, gute Kontakte zu den im Konzern Verantwortlichen zu haben und bei Zahlung von „Vermittlungsprovisionen“ Aufträge zu vermitteln. Die im Konzern angestellten Personen, die für die Auftragsvergabe zuständig waren, erhielten zumindest Anteile an den von den Lieferantenfirmen gezahlten Schmiergeldern.242 Interessant sind an den Schlussfolgerungen Wittigs folgende Gesichtspunkte: Die Strafbarkeit der Beteiligten, d. h. der Konzernangestellten, der Lieferanten und der Vermittler, hängt maßgeblich davon ab, wie die Vermittler in den Vermittlungsgesellschaften in das Korruptionsgeschehen einzuordnen sind.243 Wittig stellt zu Recht fest, dass die Bevorzugung i. S. d. § 299 StGB die Auftragserteilungen des Konzerns an die Lieferantenfirmen darstellt. Die gezahlten „Vermittlungsprovisionen“ implizieren die Vorteile i. S. d. § 299 StGB, die als Gegenleistungen für die Bevorzugung der jeweiligen Lieferantenfirma gegenüber anderen Lieferantenfirmen erfolgten.244 Die Vermittler sind innerhalb dieses Korruptionsgeschehens weder Angestellte noch Beauftragte des Konzerns, sodass Strafbarkeit der Vermittler als Angestellte oder Beauftragte des Konzerns wegen passiver Bestechung (§ 299 Abs. 1 StGB) ausscheidet.245 Die Vermittler sind nicht als Vorteilsnehmer einzuordnen. Vorteilsnehmer sind vielmehr die Konzernangestellten. Ebenfalls scheidet Strafbarkeit der Vermittler wegen aktiver Bestechung (§ 299 Abs. 2 StGB) aus, da die Vermittler nicht als Vorteilsgeber an die Konzernangestellten herantreten. Als Vorteilsgeber agieren die Lieferantenfirmen.246 Die Vermittler handeln demzufolge für die Lieferanten als „bloße Mittelsleute, die primär als Sprachrohr und als Zahlstelle für die Konzernangestellten“ agieren.247 Die Vermittler sind lediglich die Mittelsleute der eigentlichen Hintermänner, d. h. der Lieferantenfirmen und Konzernangestellten.248 Wittig geht dabei von einer unmittelbaren Täterschaft der eigentlichen Hintermänner aus.

240 241 242 243 244 245 246 247 248

Wittig, wistra 1998, 7 (7). DER SPIEGEL, Nr. 9 / 1997, S. 96 ff. Wittig, wistra 1998, 7 (7). Wittig, wistra 1998, 7 (8). Wittig, wistra 1998, 7 (9). Wittig, wistra 1998, 7 (9); zustimmend LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 12. Wittig, wistra 1998, 7 (9). Wittig, wistra 1998, 7 (9). Wittig, wistra 1998, 7 (10); Greeve, Rn. 437.

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

Sommer meint, dass mittelbare Äußerungen als Fordern oder Anbieten bewertet werden können.249 „Nimmt ein im Lager des Vorteilsnehmers stehender Empfangsbote die Leistung für diesen entgegen, um sie abredegemäß an ihn weiterzuleiten, so ist ein Annehmen durch den Amtsträger gegeben.“250 Ähnliche Ausführungen werden zu den Vorteilsgebertaten getroffen. Zur Verwirklichung der Tathandlungen des § 333 StGB ist es „nicht erforderlich, dass der Täter mit dem Amtsträger usw. in unmittelbare Verbindung tritt“, d. h. selbst unmittelbaren Kontakt mit dem Vorteilsnehmer aufnimmt.251 Anbieten, Versprechen und Gewähren kann auch „durch eine Mittelsperson“ erfolgen.252 Weiter heißt es, dass der eingeschaltete Mittelsmann durch seine Überbringertätigkeit nicht zum Gewährenden und Täter wird, sondern nur „Bote“ des eigentlichen Gebers ist.253 Einzig Tiedemann und Rönnau äußern sich kritisch zur Zurechnung des Verhaltens von Mittelspersonen. Die Zurechnung des Vermittlerverhaltens ist nach ihnen äußerst zweifelhaft, da die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft nicht vorlägen und andere Zurechnungsmechanismen nicht ersichtlich seien.254

b) Kritische Würdigung des Befundes Die wenig hinterfragte These, dass unmittelbare Täterschaft des Vorteilsnehmers bzw. Vorteilsgebers vorliegt, wenn Mittelspersonen in das Korruptionsgeschehen involviert sind und als Vermittler agieren, verwundert. Schließlich ist es im Strafrecht keine Selbstverständlichkeit, Tatbeiträge Dritter einer anderen Person problemlos zuzurechnen.255 Um nichts anderes als um einen Tatbeitrag Dritter und nicht des Täters handelt es sich aber, wenn eine Mittelsperson den Vorteil an den Vorteilsgeber überreicht oder für den Vorteilsnehmer entgegennimmt. Anhand verschiedener Aspekte ist beispielhaft zu verdeutlichen, dass die Zurechnung von Drittverhalten proSommer, Rn. 196. LK12-Sowada, § 331 Rn. 29. 251 BGH NJW 1988, 390 (391); Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 4; Beckemper, wistra 1999, 169 (173); Otto, wistra 1997, 81 (87); Bell, MDR 1979, 719 (720). 252 BGHSt 43, 270 (275); Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 4; Otto, wistra 1998, 227 (228); Bell, MDR 1979, 719 (720), mit folgendem Beispiel: Der Vorteilsgeber will sich auf rechtswidrige Weise einen Führerschein verschaffen und überredet die Frau des zuständigen Beamten der Straßenverkehrsbehörde mittels eines Angebotes i.H.v. 1000 € ihrem Mann den Wunsch darzulegen und diesen hierzu zu überreden; zustimmend im Hinblick auf Gewähren BGH NJW 1988, 390 (391); Beckemper, wistra 1999, 169 (172 f.); SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 7; Pfeiffer, FS Gamm (1990), 129 (136): „Die Einschaltung von Mittelspersonen lässt den Straftatbestand unberührt.“; a. A. wohl Böse, JR 2003, 523 (525). 253 Beckemper, wistra 1999, 169 (172 f.); siehe auch Otto, wistra 1997, 81 (87). 254 LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 12; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 13. 255 Siehe nur LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 12. 249 250

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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blematisch ist. Die folgenden Ausführungen sind mit dem Ziel verbunden, zu analysieren, ob die Annahme unmittelbarer Täterschaft berechtigt ist oder ob mittelbare Täterschaft die naheliegendere Täterschaftsform darstellt.

aa) Prinzip der Eigenverantwortung Als Grundlage von Täterschaftsfragen und als „Leitidee für die klassischen Zurechnungslehren“256 wird das Prinzip der Eigenverantwortung257, Verantwortungsprinzip258 bzw. Selbstverantwortungsprinzip259 herangezogen. Dabei handelt es sich um eine Grundidee der Tatherrschaftslehre.260 Dieses Prinzip besagt, dass grundsätzlich jede Person nur für ihr eigenes Verhalten verantwortlich ist bzw. sein kann und nicht für das Verhalten frei verantwortlich Handelnder.261 Es gilt danach zu bestimmen, welche Handlungen eigene Handlungen und welche die von anderen sind.262 Das Prinzip der Eigenverantwortung bedeutet, dass es grundsätzlich keinen Täter hinter einem vollverantwortlichen Täter gibt.263 Dass dieser Gesichtspunkt durch zahlreiche Ausnahmen, insbesondere bei Anerkennung sogenannter Organisationsherrschaft, geprägt ist264, kann hier ebenso wie die daran anknüpfende Frage, was das Verantwortungsprinzip bei all solchen Ausnahmen überhaupt noch wert ist265, nur angedeutet werden. Für die zugrunde liegende Fragestellung ist jedenfalls

Heine, S. 29. Heine, S. 29; Rotsch, Individuelle Haftung, S. 71 f., 131; Ranft, FS Otto (2007), 403 (408); Otto, Jura 1987, 246 (251); Mittelsdorf, S. 46; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 2; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 25 Rn. 6. 258 Mittelsdorf, ZIS 2011, 123 (123); Schumann, S. 6; Schünemann, FS Schroeder (2006), 401 (402); Schünemann, FS Roxin (2011), 799 (810). 259 Schumann, S. 6; kritisch Greco, ZIP 2011, 9 (9 ff.); Renzikowski, S. 68. Ausführliche Darstellung bei S. Walther, Eigenverantwortlichkeit und strafrechtliche Zurechnung. 260 Haas, S. 56. 261 Jakobs, AT, 21 / 63; Jescheck / Weigend, S. 653; Schumann, S. 6; S. Walther, S. 81; Mittelsdorf, S. 46; Renzikowski, S. 69; Mittelsdorf, ZIS 2011, 123 (123); Schmucker, StraFO 2010, 235 (235). Nach Schumann, S. 42, bedarf es für Verantwortung bzw. Mitverantwortung anderer besonderer Gründe; so auch NK-Schild, § 25 Rn. 31: Die freie Tätigkeit stellt die wirkliche Tatbestandshandlung dar. 262 Greco, ZIP 2011, 9 (10). 263 Greco, ZIP 2011, 9 (9), der sich mit diesem Prinzip im Hinblick auf die Organisationsherrschaft auseinandersetzt; Mittelsdorf, ZIS 2011, 123 (125); Schünemann, FS Schroeder (2006), 401 (402 f.); Jakobs, AT, 21 / 103. 264 Dazu BGH NJW 1994, 2703 (2705) = BGHSt 40, 218 ff.; Schünemann, FS Schroeder (2006), 401 (403); Roxin, FS Schroeder (2006), 387 ff.; Haas, S. 39. Als Alternativlösung zur mittelbaren Täterschaft wird Mittäterschaft oder Anstiftung vorgeschlagen, dazu beispielsweise Jakobs, AT, 21 / 103; Jescheck / Weigend, S. 670; Schmucker, StraFO 2010, 235 (238 ff.), befasst sich mit der Übertragung auf Wirtschaftsunternehmen und favorisiert die Anstiftung als Lösung, insbesondere die Rechtsfigur der Anstiftung zur Anstiftung (sog. Kettenanstiftung) als mittelbare Anstiftung zur Haupttat (S. 241). 256 257

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

wichtig, dass die Zuschreibung der Handlung einer Mittelsperson, die frei- und vollverantwortlich handelt, mit dem Prinzip der Eigenverantwortung nicht ohne Weiteres harmoniert. Es müsste vielmehr begründet werden, weshalb der Vorteilsgeber bzw. Vorteilsnehmer bei Einsatz eines Boten nach dem Prinzip der Eigenverantwortung strafrechtlich verantwortlich und unmittelbarer Täter ist. Selbst bei Ablehnung des Prinzips der Eigenverantwortung sind jedoch Zurechnungsmechanismen notwendig, um strafrechtliche Verantwortung für ein Verhalten zu begründen.266

bb) Erfolgszurechnung In ähnlicher Weise gilt es zu begründen, warum der Erfolg, der durch einen Boten herbeigeführt wird, dem Hintermann zugeschrieben werden kann. Die Zurechnung des Erfolgsunrechts ist dabei das eigentliche Problem der gedachten Fälle: Vorteilsgeber bzw. Vorteilsnehmer müssen auch unter der Prämisse, dass eine unmittelbare Tatbestandsverwirklichung ihrerseits denkbar ist, eine entsprechende Willenserklärung in Form des Anbietens / Forderns, Versprechens / Sich-Versprechen-Lassens oder Gewährens / Annehmens gegenüber ihren Boten äußern. Die Willenserklärung muss dabei zumindest mit dem Bemühen um eine Unrechtsvereinbarung verbunden sein. Wenn der Bote seine Aufgabe schließlich erfüllt, indem er beispielsweise die Forderung des Vorteilsnehmers dem Vorteilsgeber übersendet und ihn in Kenntnis setzt, kann dieser Erfolg dem Hintermann zugeschrieben werden. Die Problematik besteht darin, dass eine unmittelbare Alleintäterschaft regelmäßig nur vorliegt, wenn zwischen der Vornahme einer Handlung und dem Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges keine weitere Handlung eines Menschen tritt.267 Die Besonderheit in den gedachten Fällen besteht darin, dass die Willenserklärung vom Vorteilsnehmer bzw. Vorteilsgeber stammt, aber die Kenntnisnahme von einem Boten bewerkstelligt wird. Dieser Erfolg kann dem Vorteilsgeber bzw. Vorteilsnehmer nicht in jedem Fall zugerechnet werden. Es ist an Fallkonstellationen zu denken, in denen der Bote von den Vorgaben des Vorteilsnehmers bzw. Vorteilsgebers abweicht. Es bedarf daher bestimmter Kriterien, um das Verhalten zuzurechnen und den Intraneus bzw. Extraneus strafrechtlich verantwortlich zu machen. Ziel der folgenden Abschnitte ist es daher, Kriterien für die Zurechnung des Drittverhaltens zu entwickeln. Die bloße „Handlungsherrschaft“ im Sinne der Vornahme der tat-

265 Schünemann, FS Schroeder (2006), 401 (403), schlägt an Stelle des Verantwortungsprinzips „die in der Rechtsprechung intuitiv praktizierte Idee der Tatherrschaftsstufen“ vor (410). Skeptisch auch NK-Schild, § 25 Rn. 31; Kuhlen, in: Amelung (2000), 71 (82). Nach Haas, ZStW 119 (2007), 519 (545), ist diese Grundidee „zum Scheitern verurteilt“. 266 Auch Haas, S. 38, erkennt an, dass auf ein „Konzept der außerordentlichen Verhaltenszurechnung“ nicht verzichtet werden kann. 267 Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 423, 425; NK-Schild, § 25 Rn. 13; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 12; vgl. auch Herzberg, in: Amelung (2000), 33 (43).

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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bestandsentsprechenden Handlung genügt alleine nicht.268 In den gedachten Fallkonstellationen der Korruption, in denen der Vorteilsgeber oder Vorteilsnehmer eine Mittelsperson einsetzt, muss der handlungsspezifische Erfolg zugerechnet werden.269

cc) Die Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges Dass die Zuschreibung von Drittverhalten nicht selbstverständlich ist, zeigt darüber hinaus die Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges270, die im Rahmen der mittelbaren Täterschaft behandelt wird. Diese Fallgruppe wird bei Sonderdelikten relevant, da Sonderdelikte eine bestimmte Tätereigenschaft zur Tatbestandsverwirklichung voraussetzen.271 Der Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges liegt die folgende, bereits vielfach erwähnte Fallkonstellation zugrunde: Der Veranlasser einer Tat weist die notwendige Tätereigenschaft (Qualifizierter) auf, der den Tatbestand verwirklichende Vordermann jedoch nicht (Nichtqualifizierter272).273 Der Qualifizierte ist, obwohl er die erforderliche Tätereigenschaft besitzt, nicht unmittelbarer Täter, da er die Tathandlung nicht vornimmt.274 Der Nichtqualifizierte ist nicht unmittelbarer Täter, da er mangels Täterqualifikation den Tatbestand eines Sonderdelikts nicht erfüllen kann.275 Der Qualifizierte kann auch nicht anstiften, weil eine teilnahmefähige

NK-Schild, § 25 Rn. 10; Roxin, AT / II, § 25 Rn. 38. Beispielsweise muss die Zurechnung des tatbestandsmäßigen Erfolges in Fallkonstellationen des Totschlags oder der Körperverletzung, in denen Bomben, Viren oder Tieren eingesetzt werden, gegenüber der einsetzenden Person begründet werden. Dazu NK-Schild, § 25 Rn. 11. Bottke, S. 44 ff., zählt auch die Verwendung eines Werkzeugs zur „eigenkörperlichen Gestaltungsherrschaft“ – ohne weitere Problematisierung (so NK-Schild, § 25 Rn. 47). 270 Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 44 / 52; Gallas, S. 100; LK11-Roxin, § 25 Rn. 134; LK12Schünemann, § 25 Rn. 133; Cramer, FS Bockelmann (1979), 389 (399); Herzberg, TuT, S. 32; ablehnend Otto, Jura 1987, 246 (255 f.). Die Konstellation der mittelbaren Täterschaft, in der sich der Nichtsonderpflichtige eines Intraneus als Werkzeug zur Tat bedient, ist auszublenden; schließlich weist er nicht die erforderliche Täterqualifikation auf; er ist nicht Sonderpflichtiger; siehe Puppe, AT / 2, § 43 Rn. 17; Schmidhäuser, AT, 10 / 76; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 3; Sch / Sch-Heine, § 25 Rn. 44; Vor § 25 Rn. 84; LK11-Roxin § 25 Rn. 37; Jescheck / Weigend, S. 664; Stratenwerth / Kuhlen, AT, 12 / 22; Wessels / Beulke, AT, Rn. 543; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 60 f.; Jakobs, AT, 23 / 25. 271 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, § 29 Rn. 127; Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 38. 272 In der Diskussion wird der Begriff „Extraneus“ verwendet. Dieser Begriff hat in der Untersuchung aber eine weitreichendere Bedeutung, sodass auf den Termini „Nichtqualifizierter“ zurückgegriffen wird. 273 Jescheck / Weigend, S. 670; Eidam, Rn. 420; LK12-Schünemann, § 25 Rn. 133; NKSchild, § 25 Rn. 4; Herzberg, TuT, S. 32; Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 38; M. Heinrich, S. 262; LK11-Roxin, § 25 Rn. 134. 274 Schild, S. 78; Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 38. 275 BGHSt 2, 169 (170); NK-Schild, § 25 Rn. 72. 268 269

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

Haupttat des Nichtqualifizierten fehlt.276 Unmittelbare Täterschaft scheidet damit für beide Tatbeteiligten aus. Es bleibt lediglich die Bestrafung des qualifizierten Tatveranlassers wegen mittelbarer Täterschaft durch Einsatz eines „qualifikationslos dolosen Werkzeuges“.277 Mittelbarer Täter könnte er deshalb sein, da er sich zur Verwirklichung des Tatbestandes einer anderen Person, d. h. fremder Hand zur Begehung seiner eigenen Tat, bedient.278 „Qualifikationslos doloses Werkzeug“ bedeutet demzufolge, dass das die Tat ausführende „Werkzeug“ vorsätzlich, aber ohne erforderliche Täterqualifikation handelt.279 Auf den ersten Blick könnte die Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges, unabhängig von Fragen der Täterschaftsbegründung280, auf die Fallkonstellationen des Einsatzes eines Boten im Korruptionsgeschehen passen. Wenn der Bote selbst kein Sonderpflichtiger ist, könnte er als qualifikationslos doloses Werkzeug des Intraneus fungieren. Es wird deutlich, dass die Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges allenfalls auf die Intraneusdelikte als echte Sonderdelikte angewendet werden kann. Lediglich die Intraneusdelikte verlangen eine bestimmte Tätereigenschaft. Hingegen scheidet die Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft von vornherein bei Extraneusdelikten als Allgemeindelikte aus. Schließlich verlangen diese Delikte keine bestimmte Tätereigenschaft des Gebers. Auch für die Extraneusdelikte gilt, dass Strafbarkeit des Boten als Vorteilsgeber im Sinne von §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB ausscheidet, wenn der Bote selbst nicht auf eine eigene Unrechtsvereinbarung bedacht ist. Darüber hinaus besteht zwischen der Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges und der Fallgruppe des Einsatzes eines Boten ein weiterer essentieller Unterschied. Bei dem Einsatz eines Boten innerhalb des Tausches zwischen Intraneus und Extraneus begeht die jeweils handelnde Tauschpartei die Tathandlung selbst. Der Intraneus spricht selbst die Forderung aus, er lässt sich selbst den Vorteil versprechen, er nimmt selbst den Vorteil an, obwohl ein Bote zwischengeschaltet Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 38; Witteck, S. 112; M. Heinrich, S. 263. M. Heinrich, S. 263; Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 38: „Verlegenheitslösung“. 278 Pariona, S. 145. 279 Roxin, AT / II, § 25 Rn. 275; Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 38. 280 Täterschaft des Hintermannes liegt nach der hier vertretenen Auffassung nur vor, wenn eine ganzheitliche Betrachtung verschiedener objektiver und subjektiver Momente zu diesem Schluss führt. Siehe zur Lösung der Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges: Cramer, FS Bockelmann (1979), 389 ff.; Wagner, S. 382 f.; LK11-Roxin, § 25 Rn. 137; Roxin, TuT, S. 254 ff., 360 ff., 746 ff.; LK12-Schünemann, § 25 Rn. 136; Hake, S. 167; Gallas, S. 102; Jescheck / Weigend, S. 670; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 4; Herzberg, TuT, S. 32 ff.; Herzberg, in: Amelung (2000), 33 (43); Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 104; Welzel, ZStW 58 (1939), 491 (543); Maurach / Gössel / Zipf, AT / 2, 48 / 55; Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 40; Otto, Jura 1985, 246 (255 f.); Bloy, S. 238 f.; Chen, S. 51 ff.; NK-Schild, § 25 Rn. 72; Witteck, S. 112 ff. 276 277

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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wird. Gleiches gilt für den Extraneus, der einen Boten einsetzt: Er spricht selbst das Angebot aus, er verspricht selbst den Vorteil, er gewährt selbst den Vorteil. Der Kern der Problematik ist beim Einsatz eines Boten und beim qualifikationslos dolosen Werkzeug anders gelagert. In letzterer Konstellation handelt der Hintermann tatsächlich „durch einen anderen“, nämlich durch das qualifikationslos dolose Werkzeug.281 Der Hintermann veranlasst die Tat, während das Werkzeug die Tat ausführt. In den Fällen des Einsatzes eines Boten handelt der „Hintermann“ selbst: Er formuliert selbst seine eigene Willenserklärung, die an den Empfänger gelangen soll.282 Allerdings schaltet der „Hintermann“ zur Übermittlung der eigenen Willenserklärung einen Boten ein. Den Fallkonstellationen des Einsatzes eines Boten liegt die Besonderheit der Korruptionsdelikte zugrunde, dass Inhalt der Korruption ein quasi-vertragliches Geschehen ist und zum Abschluss eines Korruptionsvertrages Willenserklärungen notwendig sind. Diese auf Abschluss eines Korruptionsvertrages gerichteten Willenserklärungen müssen zwingend vom Nehmer oder Geber stammen. Das „Wie“ der Übermittlung an den Tauschpartner tangiert dabei grundsätzlich nicht die Urheberschaft der Willenserklärungen. Die Korruptionsdelikte sind daher keine eigenhändigen Delikte.283 Deshalb liegt bei Vergleich der Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges mit der Fallgruppe des Einsatzes eines Boten die Einordnung des Hintermannverhaltens als unmittelbare Täterschaft nahe. Der Bote würde dann – so die These – als bloßes Kommunikationsmittel des Extraneus bzw. Intraneus fungieren. Diese Funktion berührt allerdings nicht die Täterschaftsform der unmittelbaren Täterschaft. Intraneus und Extraneus begehen die Straftat auch bei Einsatz eines Boten selbst (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB).

2. Unmittelbare Täterschaft durch Einsatz eines Boten Die in Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft vertretene These, dass der Intraneus bzw. Extraneus, der einen Boten in das Geschehen involviert, unmittelbarer Täter sei, hat sich in den vorangegangenen Ausführungen als zutreffend erwiesen. Dabei handelt es sich um eine besondere Form der unmittelbaren Täterschaft, wenn das Verhalten eines Dritten die Unmittelbarkeit nicht tangiert. Trotzdem müssen Kriterien entwickelt werden, um das Verhalten der Mittelsperson, die als Bote fungiert, in dieser unmittelbaren Weise zurechnen zu können. Welche Bedingungen an die Zurechnung zu knüpfen sind, wird nachstehend beantwortet. Die Besonderheit der Korruptionsdelikte besteht im Streben nach einem „QuasiVertragsschluss“.284 Wenn die Mittelsperson als bloßer Bote und Überbringer der

281 282 283

Vgl. NK-Schild, § 25 Rn. 69. A.A. Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 13. Otto, wistra 1998, 227 (228); B. Heinrich, S. 180.

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

Willenserklärung agiert, könnten die Regeln des Zivilrechts zur Boteneigenschaft möglicherweise den Anknüpfungspunkt für eine strafrechtliche Zurechnung bilden. Im zivilrechtlichen Sinne ist Bote, wer keine eigene Willenserklärung abgibt, sondern eine fremde Willenserklärung übermittelt. Es handelt sich um rein tatsächliches und nicht um rechtsgeschäftliches Handeln.285 Ob Botenschaft (oder Stellvertretung) im zivilrechtlichen Sinne vorliegt, richtet sich nach dem Empfängerhorizont und nicht nach dem zwischen dem Handelnden und seinem Auftraggeber bestehenden Innenverhältnis.286 Letzterer Gesichtspunkt, der Empfängerhorizont entscheidet, ob Botenschaft vorliegt, ist auf das Strafrecht nicht übertragbar. Die Zurechnung des Botenverhaltens und die Strafbarkeit des Intraneus bzw. Extraneus richten sich nur nach dem Willen des Intraneus bzw. Extraneus. Der erste Gesichtspunkt ist hingegen strafrechtskompatibel. Bote ist, wer keine eigene, sondern eine fremde Willenserklärung übermittelt. Im Sinne der Korruptionsdelikte wird die Willenserklärung durch einen Boten überbracht, wenn dieser Bote sich die Willenserklärung nicht zu eigen macht. Der Intraneus bzw. Extraneus handelt dann nicht „durch einen anderen“, wie es mittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB verlangt,287 sondern er handelt selbst. Wie der Intraneus bzw. Extraneus die Willenserklärung überbringt, mittels Brief (beispielsweise schriftliche Einladung zu einem Abendessen als „Dankeschön“), E-Mail oder eines menschlichen Boten, ist irrelevant. Im Hinblick auf die Strafbarkeit als unmittelbarer Täter ist kein Unterschied dahingehend erkennbar, ob der Vorteilsnehmer persönlich dem Vorteilsgeber gegenübertritt und seine Forderung deutlich macht oder ob er über Briefverkehr, ein sonstiges Fernkommunikationsmittel oder über einen menschlichen Boten seine Botschaft übermittelt.288 Das Risiko, dass der gedachte Empfänger keine Kenntnis von der Willenserklärung nimmt, trägt der Vorteilsgeber bzw. Vorteilsnehmer. Wenn die Willenserklärung nicht zur Kenntnis des Empfängers gelangt, kommt jedoch zumindest Versuchsstrafbarkeit in Betracht.289

284 So auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (464): Die Tathandlungen der Korruption lassen sich in Analogie zu zivilrechtlichen Regelungen als Begründung und Erfüllung eines Vertrages umschreiben. 285 BeckOK / BGB-Valenthin, § 164 Rn. 11. 286 BeckOK / BGB-Valenthin, § 164 Rn. 11. 287 Kritisch G. Wolf, FS Schroeder (2006), 415 (427): „Dass jemand durch einen anderen (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) handelt, ist ein umgangssprachlich zulässiges, aber wissenschaftlich unbrauchbares Bild, das die Handlungsstrukturen verfälscht. In Wahrheit handeln sowohl der Vordermann als auch der Hintermann, jeder in seiner Weise. Die gesetzliche Regelung […] ist daher allenfalls eine misslungene Klarstellung, dass Täterschaft keine Eigenhändigkeit fordert.“. 288 So wohl auch BGHSt 14, 123 ff. = BGH NJW 1960, 971 (971 f.); Baumann, BB 1961, 1057 (1060 f.). 289 Vgl. Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 4.

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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a) Voraussetzungen der Boteneigenschaft Der unmittelbaren Täterschaft durch Einsatz eines Boten müssen enge Grenzen gesetzt werden, um Drittverhalten nicht willkürlich als unmittelbare Täterschaft zuzuschreiben. Deshalb müssen klare und feste Voraussetzungen der Botenschaft im Korruptionsgeschehen bestehen. Erstens muss der Bote eine fremde Willenserklärung, die vom Vorteilsnehmer oder Vorteilsgeber stammt, überbringen.290 Zweitens darf er sich die fremde Willenserklärung weder zu eigen machen291 noch den Inhalt verändern. Der Bote darf nicht selbst auf eine eigene Unrechtsvereinbarung bedacht sein, sondern ausschließlich eine fremde Willenserklärung vermitteln.292 Drittens muss der Bote für den eigentlichen Täter handeln, d. h. an seiner Stelle.293 Viertens muss der Bote die konkreten Weisungen des Intraneus bzw. Extraneus befolgen. Fünftens muss der anvisierte Tauschpartner von der Willenserklärung Kenntnis nehmen. Es genügt dafür auch, dass der Bote die Willenserklärung wiederum einem Boten des Gegenübers übermittelt.294 Hingegen genügt die bloße Beeinflussung der Mittelsperson des Gegenübers nicht.295 Unter diesen Voraussetzungen kann das Verhalten des Boten dem Vorteilsnehmer bzw. Vorteilsgeber unmittelbar zugerechnet werden. Der Vorteilsgeber bzw. Vorteilsnehmer, der den Boten einsetzt, ist in diesem Falle unmittelbarer Täter. Wer im genannten Sinne als bloßer Bote agiert, ist wegen des geringen Tatbeitrages selbst niemals Täter, kann aber gegebenenfalls wegen Teilnahme strafbar sein.296 Wird die Unrechtsvereinbarung durch den Boten hingegen selbst angestrebt, ist er gegebenenfalls Täter.297

b) Fallgruppen der Botenschaft auf Vorteilsnehmerund Vorteilsgeberseite Im Folgenden werden die einzelnen Fallgruppen der Botenschaft auf Vorteilsnehmer- und Vorteilsgeberseite kurz skizziert, um denkbare Fallkonstellationen der Botenschaft im Korruptionsgeschehen transparenter zu machen. Über die folgenden

Beckemper, wistra 1999, 169 (173); RGSt 42, 382 (384): „Vertreter“. Vgl. Beckemper, wistra 1999, 169 (173). 292 Vgl. Bell, MDR 1979, 719 (720). 293 Otto, wistra 1998, 227 (228). 294 Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 4; enger MK-Korte, § 333 Rn. 10 (Kenntnis); a. A. Böse, JR 2003, 523 (525): Es genügt, wenn das Angebot in die Sphäre des Vorteilsnehmers gelangt und mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. 295 RGSt 13, 396 (397); Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 4; SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 7. 296 Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 4; Beckemper, wistra 1999, 169 (173); Otto, wistra 1997, 81 (87); Bell, MDR 1979, 719 (720). 297 Beckemper, wistra 1999, 169 (173). 290 291

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

reinen Fallgruppen sind Mischformen denkbar, insbesondere wenn auf beiden Seiten Boten auftreten. aa) Vorteilsnehmer Fordern des Vorteilsnehmers durch Einschaltung eines Boten: Der Bote übermittelt die Forderung des Vorteilsnehmers an den Vorteilsgeber. Sich-Versprechen-Lassen des Vorteilsnehmers durch Einschaltung eines Boten: Der Bote übermittelt die Angebotsannahme des Vorteilsnehmers an den Vorteilsgeber. Annehmen des Vorteilsnehmers durch Einschaltung eines Boten: Der Bote nimmt den Vorteil entgegen und übermittelt ihn als Empfangsbote an den Vorteilsnehmer.

bb) Vorteilsgeber Anbieten des Vorteilsgebers durch Einschaltung eines Boten: Der Bote übermittelt das Angebot des Vorteilsgebers an den Vorteilsnehmer. Versprechen des Vorteilsgebers durch Einschaltung eines Boten: Der Bote übermittelt die Angebotsannahme des Vorteilsgebers an den Vorteilsnehmer. Gewähren des Vorteilsgebers durch Einschaltung eines Boten: Der Bote übermittelt und überreicht den Vorteil als Empfangsbote an den Vorteilsnehmer.

c) Dogmatische Einordnung dieses Ergebnisses in die allgemeine Täterlehre Wie ist der Befund unmittelbare Täterschaft durch Einsatz eines Boten dogmatisch in die allgemeine Täterlehre einzuordnen, die zwar die unmittelbare Alleintäterschaft und die mittelbare Täterschaft kennt, jedoch nicht eine unmittelbare Täterschaft qua Mittelsperson? Die Frage stellt sich nur scheinbar. Bei der unmittelbaren Täterschaft qua Mittelsperson handelt es sich um unmittelbare Täterschaft i. S. v. § 25 Abs. 1 Alt.1 StGB. Ausgangspunkt der Überlegungen war, dass der Intraneus bzw. Extraneus selbst die Straftat begeht, obwohl er einen Boten in das Tatgeschehen involviert. Die Voraussetzungen der Boteneigenschaft sind in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Nur wenn die Voraussetzungen gegeben sind, darf das Botenverhalten dem Intraneus bzw. Extraneus unmittelbar zugerechnet werden. Folgende Ausführungen belegen, dass in Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft verschiedene konstruktive Ansätze existieren – jedoch nicht im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten –, unmittelbare Täterschaft trotz der Zwischenschaltung Dritter zu begründen. Häufig stehen diese Untersuchungsergebnisse im Zu-

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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sammenhang mit dem sog. qualifikationslos dolosen Werkzeug als Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft. Sánchez-Vera ist Anhänger der Pflichtdeliktslehre. Interessant sind an seinen Ausführungen, dass er bei Pflichtdelikten von unmittelbarer Täterschaft ausgeht, wenn der Täter eine Sonderpflicht verletzt hat. Wenn es auf die Tatherrschaft nicht ankommt, ist nach Sánchez-Vera eine mittelbare Täterschaft streng genommen gar nicht möglich.298 Nur der Intraneus ist als positiv Verpflichteter mit dem Schutz des ihm anvertrauten Rechtsgutes bedacht.299 Wenn er seine Pflicht verletzt, haftet er unmittelbar, schließlich begeht er eine unmittelbare Pflichtverletzung, obwohl rein äußerlich beispielsweise ein Nichtqualifizierter eingeschaltet wird. Auf die Figur der mittelbaren Täterschaft kommt es nicht an.300 Der Verpflichtete ist bei stringenter Anwendung der Pflichtdeliktslehre, so Sánchez-Vera, unmittelbarer Täter.301 Stratenwerth lehnt die Figur der Pflichtdeliktslehre zwar ab. Soweit ein Tatbestand allerdings keine bestimmte Tathandlung umschreibt, wie beispielsweise der Untreuetatbestand, erfüllt den Tatbestand auch ein Intraneus, der andere nur veranlasst oder ihnen nur hilft.302 Stratenwerth wendet in diesen Konstellationen unmittelbare Täterschaft an; die Heranziehung von mittelbarer Täterschaft sei hingegen eine Fehlkonstruktion.303 Unmittelbarer Täter bleibt auch derjenige, der sich den untergeordneten Tatbeitrag eines anderen für seine Deliktpläne zunutze macht.304 Mittelsdorf trifft ähnliche Erwägungen auf dem Gebiet der strafrechtlichen Verantwortung der Geschäftsführung: „Für eine [unmittelbare] Alleintäterschaft spricht, dass den Handlungen untergeordneter Mitarbeiter keine eigenständige Bedeutung zukommt, soweit die Entscheidung auf anderer Ebene getroffen wurde.“305 Mittelsdorf zieht als Beispiel die Ledersprayentscheidung des Bundesgerichtshofs306 heran. Diese Entscheidung betrifft die strafrechtliche Haftung für das In-Verkehr-bringen eines Schuhputzmittels, welches in Verbindung mit schweren Gesundheitsschäden gebracht wurde. In dieser Entscheidung ist der Bundesgerichtshof von unmittelbarer Täterschaft der Geschäftsführer ausgegangen, da diese die betreffenden Produkte in den Verkehr gebracht haben.307 „Im Falle einer Weisung ist nur dann von unmittel298 299 300 301

Sánchez-Vera, S. 162. Sánchez-Vera, S. 162. Sánchez-Vera, S. 163. Sánchez-Vera, S. 163 f.; ebenso Pizarro Beleza, Coimbra-Symposium (1995), 267

(273). 302 Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 40; zustimmend Bloy, S. 238 Fn. 203; Herzberg, TuT, S 33 Fn. 64; Chen, S. 52 f. 303 Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 40. 304 Stratenwerth / Kuhlen, § 12 Rn. 33. 305 Mittelsdorf, S. 130. 306 BGH NJW 1990, 2560 = BGHSt 37, 106 ff. 307 BGH NJW 1990, 2560 (2562).

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

barer Täterschaft auszugehen, wenn im jeweiligen Tatbestand direkt aus der Entscheidung der Leitungsperson die Strafbarkeit abgeleitet werden kann, so etwa bei dem bereits genannten Beispiel des In-Verkehr-Bringens eines Produkts, wenn also die Weisung der Leitungsperson selbst als strafbare Erfüllung eines Tatbestandes eingestuft werden kann. Dann ist der Geschäftsführer alleinige Zentralgestalt des Geschehens, weil er die Tatherrschaft innehat.“308 In diesem Fall kann mit den Worten Puppes das gesamte Unternehmen als verlängerter Arm der Geschäftsleitung309 angesehen werden.310 Für die Strafbarkeit ist daher die Entscheidung der Geschäftsführer maßgebend. Die untergeordneten Mitarbeiter, die die Produktion des gefährlichen Produktes nur ausführen und das Produkt ausliefern, werden durch diese Ausführungshandlungen nicht zu Tätern. Sie „verüben dagegen sozial übliche Verhaltensweisen ohne strafrechtliche Bedeutung“.311 Mittelsdorf differenziert bei der Täterschaftsfrage danach, „ob die maßgebliche Handlung des Mitarbeiters eine Erfolgszurechnung begründet oder kein eigenverantwortlich handelnder Mitarbeiter zwischengeschaltet ist. Bei sog. neutralen Handlungen der Mitarbeiter ist regelmäßig eine unmittelbare Täterschaft des Entscheidungsträgers gegeben.“312 Die größte Übereinstimmung der unmittelbaren Täterschaft qua Mittelsperson bzw. unmittelbaren Täterschaft durch Einsatz eines Boten besteht mit dem Ansatz von Schild, der unmittelbare Täterschaft in Gestalt der „Selbstbegehung durch einen Helfer“ 313 herausgearbeitet hat. Selbstbegehung heißt dabei nicht, dass der Helfer die Tat begeht. Vielmehr begeht der den Helfer Einsetzende die Tat selbst. Der Helfer wirkt nur in unterstützender Weise mit.314 Diese Form der unmittelbaren Täterschaft schlägt Schild vor allem für die Behandlung der sogenannten Pflichtdelikte und der Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges vor.315 „Selbstbegehung durch einen Helfer“ begründet keine mittelbare Täterschaft, da in Fällen der mittelbaren Täterschaft der Hintermann „durch“ das (unfreie) Werkzeug und gerade nicht selbst handelt. Ebenfalls liegt keine gemeinschaftliche Begehung zwischen Hintermann und Helfern im Sinne der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB vor, da der Helfer nicht gleichrangig bzw. arbeitsteilig bei der Erfolgsherbeiführung mitwirkt, sondern in bloß unterstützender Weise.316 Die Prämissen zwischen der „Selbstbegehung durch einen Helfer“ entsprechen denen der unmittelbaren Täterschaft qua Mittelsperson, die aus Fallgestalten der Korruption entwickelt worden

Mittelsdorf, S. 130. Puppe, JR 1992, 30 (30), welche es im Ledersprayverfahren ablehnt, das gesamte Unternehmen als verlängerten Arm der Geschäftsleitung anzusehen. 310 Mittelsdorf, S. 130. 311 Mittelsdorf, S. 130. 312 Mittelsdorf, S. 130; vgl. auch Schild, Täterschaft als Tatherrschaft, S. 46. 313 NK-Schild, § 25 Rn. 73. 314 NK-Schild, § 25 Rn. 69. 315 NK-Schild, § 25 Rn. 72. 316 NK-Schild, § 25 Rn. 69. 308 309

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ist. Der Intraneus bzw. Extraneus, der eine Mittelsperson bzw. einen Helfer einschaltet, begeht in den geschilderten Fallkonstellationen die Straftat i. S. v. § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB selbst. Die Besonderheit besteht nur darin, dass eine Mittelsperson bzw. ein Helfer eingesetzt wird. Pariona überzeugt der Lösungsvorschlag nicht. Nach ihm handelt es sich um einen „rein formalen Wechsel der Terminologie“ „und zwar von der Begehung durch andere zur Selbstbegehung“. Die inhaltliche Struktur zwischen der Selbstbegehung durch einen Helfer und der mittelbaren Täterschaft sei vielmehr dieselbe.317 Die vorangegangenen Ausführungen zeigen jedoch, dass es sich nicht um dasselbe handelt, sondern deutliche Unterschiede zwischen beiden Konstellationen existieren. Anhand der Korruptionsdelikte ist der Unterschied zwischen Selbstbegehung und Begehung durch ein Werkzeug sichtbar geworden. Pariona meint darüber hinaus, einen Widerspruch entdeckt zu haben. Er stellt die Frage, wie von Selbstbegehung gesprochen werden kann, wenn man durch einen Helfer begeht.318 Dabei handelt es sich aber nicht um einen Widerspruch, sondern um ein Missverständnis. Bei der „Selbstbegehung durch einen Helfer“ begeht der Hintermann die Tat selbst und gerade nicht der Helfer.

d) Behandlung der Fallgruppen außerhalb der Botenschaft Anhand verschiedener strafrechtlicher Erwägungen wurde verdeutlicht, dass nur ein enges Verständnis der Botenschaft unter unmittelbare Täterschaft qua Mittelsperson gefasst werden kann. Zuletzt gilt es deshalb die Frage zu beantworten, wie diejenigen Fälle dogmatisch zu behandeln sind, die außerhalb der Botenschaft liegen. Nach den entwickelten Voraussetzungen der Boteneigenschaft [siehe a)] handelt es sich beispielsweise um Fallkonstellationen, in denen der Bote sich die Willenserklärung zu eigen macht und selbst auf eine Unrechtsvereinbarung bedacht ist. Der Bote übermittelt dann keine fremde Willenserklärung, sondern eine eigene. In diesen Fällen kommt Täterschaft des Boten in Betracht, wenn alle Voraussetzungen der täterschaftlichen Begehung erfüllt sind.319 Es ist kurz zu erwägen, ob im Rahmen klassischer Korruptionsdelikte Fallkonstellationen denkbar sind, in denen die Mittelsperson nach den Prämissen der zivilrechtlichen Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) handelt.320 Zivilrechtliche Stellvertretung bedeutet, dass der Stellvertreter eine eigene Willenserklärung abgibt, die für und gegen einen anderen unmittelbar wirkt. Die Korruptionsdelikte setzen allerdings eine Willenserklärung des Vorteilsnehmers bzw. Vorteilsgebers selbst (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB) voraus. Das Gesetz stellt demzufolge auf ein Fordern, Sich-Ver-

Pariona, S. 156. Pariona, S. 157. 319 Ähnlich Wittig, wistra 1998, 7 (9). 320 Kindhäuser, GA 2010, 542 (545): Die zivilrechtliche Stellvertretung passt nicht in das strafrechtliche Zurechnungssystem. 317 318

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

sprechen-Lassen oder Annehmen des Vorteilsnehmers bzw. auf das Anbieten, Versprechen oder Gewähren des Vorteilsgebers ab. Folge der Anerkennung zivilrechtlicher Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) im strafrechtlichen Zurechnungssystem wäre das Auseinanderfallen von Tathandlung und Unrechtsvereinbarung. Die korruptive Tathandlung kann jedoch nicht von der Unrechtsvereinbarung getrennt werden, da die Unrechtsvereinbarung zwischen Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer den Bezugspunkt der strafrechtlichen Tathandlung bildet. Klassische Korruptionsdelikte lassen demnach keinen Spielraum für ein Stellvertreterverhalten zu. Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber müssen, um Korruptionstäter zu sein, Urheber der korruptiven Willenserklärungen darstellen. Ist dies nicht der Fall, kann gegebenenfalls nach den Regeln der mittäterschaftlichen Zurechnung (§ 25 Abs. 2 StGB) und der mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) Strafbarkeit wegen Täterschaft begründet werden.

e) Ergebnis zur unmittelbaren Täterschaft durch Einsatz eines Boten Mit Anerkennung unmittelbarer Täterschaft qua Mittelsperson (oder nach Schild in Form der „Selbstbegehung durch einen Helfer“) ist die vollständig eigenhändige Tatbestandsverwirklichung hinreichende Bedingung, aber nicht notwendige Bedingung der unmittelbaren Alleintäterschaft.321 Wer die vollständig eigenhändige Tatbestandsverwirklichung als notwendige Bedingung erachtet, muss die Täterschaftsform mittelbare Täterschaft heranziehen.322 Es ist allerdings auch für unmittelbare Täterschaft qua Mittelsperson notwendig, dass das Verhalten der Mittelsperson zugerechnet werden kann. Der Vielgestaltigkeit einer Täter-Täter-Interaktion im Korruptionsgeschehen und der Komplexität der Handlungsstrukturen können mit dieser Form der unmittelbaren Täterschaft sachgerecht Rechnung getragen werden. Schließlich erfasst unmittelbare Täterschaft qua Mittelsperson gerade solche Fallkonstellationen, in denen sich Vorteilsgeber oder Vorteilsnehmer im Hintergrund halten und andere unmittelbar für sie korruptive Dienste tätigen. Diese Form der unmittelbaren Täterschaft kann daher altbekannte Denkmuster aufbrechen und komplexe Handlungsstrukturen erfassen. Das Bedürfnis, weitergehende Lösungen der unmittelbaren Täterschaft zuzulassen, besteht vor allem angesichts der vielfältigen und häufig sehr konstruierten Varianten der mittelbaren Täterschaft. Nicht alles, was auf den ersten Blick mittelbare Täterschaft zu sein scheint, ist jedoch zwangsweise mittelbare Täterschaft. Durch die Anerkennung unmittelbarer Täterschaft qua Mittelsperson können schwierige und unnötige Konstruktionen der mittelbaren Täterschaft vermieden werden. Der strafrechtliche Blick für Selbstbegehung im Sinne von § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB wird durch unmittelbare Täterschaft qua Mittelsperson sachgemäß erweitert. 321 322

A.A. Sch / Sch-Heine, § 25 Rn. 3: notwendige Bedingung. Siehe beispielsweise Sch / Sch-Heine, § 25 Rn. 3.

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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Lediglich angedeutet werden soll die Anwendung unmittelbarer Täterschaft qua Mittelsperson auf eine Fallkonstellation, die regelmäßig mit der Täterschaftsform mittelbare Täterschaft gelöst wird. Es handelt sich um diejenigen Fälle, in denen der Täter zunächst selbst handelt, der unmittelbare Erfolg allerdings erst durch das Verhalten des Opfers herbeigeführt wird (sog. Giftfalle).323 Anstatt das Opfer als „Tatmittler gegen sich selbst“ zu klassifizieren, liegt die Lösung der unmittelbaren Täterschaft näher und kann nach den Grundsätzen der unmittelbaren Täterschaft qua Mittelsperson angemessen gelöst werden. Der „Hintermann“ vergiftet sein Opfer selbst, obwohl die Bedingung hinzutreten muss, dass das Opfer das vergiftete Getränk selbst zu sich nimmt. Dennoch hat der Täter die Tötungshandlung selbst in Gang gesetzt. Das Opfer agiert in dieser Fallkonstellation als seine Mittelsperson. Dies erscheint sachgerechter als die Qualifikation der Straftatbegehung „durch einen anderen“.324

II. Mittelbare Täterschaft Schalten Intraneus oder Extraneus einen Dritten in das Korruptionsgeschehen ein, ist deren korruptives Verhalten unter bestimmten Voraussetzungen der Täterschaftsform unmittelbare Täterschaft (qua Mittelsperson) i. S. v. § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB zuzuordnen (siehe vorstehend I. 2.). Wenn der eingeschaltete Dritte hingegen nicht als Bote und damit als bloßes Kommunikationsmittel fungiert, sondern selbst als unmittelbarer Täter beispielsweise einer Bestechung oder Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr agiert, können Intraneus bzw. Extraneus als tatveranlassende Hintermänner unter bestimmten Umständen mittelbare Täter i. S. v. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB sein. Im Rahmen von Korruption kommt mittelbare Täterschaft vor allem in Fallkonstellationen in Betracht, in denen der tatveranlassende Hintermann die allgemeine Weisung bzw. Erlaubnis an seine Mitarbeiter erteilt, korruptiv tätig zu werden.325 Beispielsweise kann Korruption in Unternehmen oder Behörden methodisch als Unternehmens- bzw. Behördenstrategie eingesetzt werden, um systematisch gegen Zahlung von Schmiergeldern Aufträge zu akquirieren oder zu erteilen. Der unmittelbar korruptiv tätige Mitarbeiter ist dann regelmäßig selbst Täter, entweder Vorteilsnehmer oder Vorteilsgeber. Der tatveranlassende Hintermann kann sich neben Mittäterschaft, Teilnahme und gegebenenfalls Konnivenz ebenso wegen mittelbarer Täterschaft kraft der vieldiskutierten Organisationsherrschaft326 strafbar machen. Vor allem bei Wirtschaftskorruption wird die Anwendung und Ausdehnung der soSiehe nur Wessels / Beulke, AT, Rn. 539a. Vgl. auch NK-Schild, § 25 Rn. 47 ff.; siehe im Übrigen auch BGH NJW 1997, S. 3453 f. 325 Tiedemann, AT, § 4 Rn. 241; Kuhlen, in: Amelung (2000), 71 (82). 326 Vgl. auch LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 12. 323 324

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

genannten Organisationsherrschaft auf unternehmerische oder sonst geschäftsähnliche Gebilde als organisierte Machtapparate relevant, um mittelbare Täterschaft der Hintermänner zu begründen.327 Diese besondere Form der mittelbaren Täterschaft wird bedeutsam, wenn der Hintermann innerhalb bestimmter, unternehmerischer oder geschäftsähnlicher, Organisationsstrukturen regelhafte Abläufe auslöst.328 Die vorliegende Bearbeitung wird die aufgeworfenen Gesichtspunkte nicht weiter vertiefen, da hiermit das für die Untersuchung maßgebliche einfache Beziehungsgeflecht zwischen Geber und Nehmer verlassen und der Rahmen der Bearbeitung überschritten wird.

III. Mittäterschaft Mittäterschaft wird in § 25 Abs. 2 StGB folgendermaßen definiert: Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, wird jeder als Täter bestraft. Die Besonderheit an der gemeinschaftlichen Begehung von Korruptionsstraftaten besteht darin, dass Mittäterschaft nur zwischen mehreren Intranei und zwischen mehreren Extranei möglich ist. Die Strafbarkeit des Nehmers und des Gebers ist jeweils selbstständig in separaten Delikten geregelt. Insoweit sind die Strafbarkeitsvoraussetzungen der Nehmerseite in den §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB festgelegt, während die Strafbarkeitsvoraussetzungen der Geberseite in §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB eigenständig reglementiert sind.329 Obwohl Korruption durch eine Täter-Täter-Interaktion zwischen Geber und Nehmer charakterisiert ist, bedeutet diese Interaktion nicht, dass Geber und Nehmer im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB Mittäter sind. Schließlich sind die gesetzlichen Anforderungen an die Strafbarkeit des Intraneus und des Extraneus unterschiedlich, obwohl beide in ein- und demselben Geschehen als notwendige Tauschparteien agieren.

327 Dazu Tiedemann, AT, § 4 Rn. 241 m.w. N.; BGH NJW 1994, 2703 (2706 f.); BGHSt 49, 147, 163 f.; kritisch Rübenstahl, HRRS 2003, 210 ff.; zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Unternehmensleitung durch innerbetriebliche Anweisungen Schmucker, StraFO 2010, 235 (235 ff.). 328 Vgl. BGH NJW 1998, 767 (769). Zum Problem der Übertragbarkeit der Figur auf Wirtschaftsunternehmen Schmucker, StraFO 2010, 235 (236 ff.); zweifelnd Mittelsdorf, ZIS 2011, 123 (125). 329 BGHSt 14, 123 (129); MK-Korte, § 331 Rn. 179, § 332 Rn. 46. Die Frage, warum sich ein Beteiligter, der mit einem Spezialisten das Delikt begeht, dessen Fähigkeit nicht zurechnen lassen muss, bleibe letztlich unerklärt, so A / W-Heinrich, § 49 Rn. 8. Die Zahl der Sonderdelikte könne drastisch reduziert werden, wenn man erkennen würde, dass grundsätzlich auch persönliche strafbegründende Merkmale nach den allgemeinen Regeln der Mittäterschaft vergeistigt und damit wechselseitig zugerechnet werden können. Gerade den Amtsträgern hätte, so A / W-Heinrich, § 49 Rn. 8, eine Säkularisierung ihrer Sonderstellung gut getan. Hingegen RGSt 42, 382 (382): Andere Personen als Amtsträger können nicht wegen §§ 331, 332 verantwortlich gemacht werden, weil zwischen Amtsträger und Nichtamtsträger begrifflich keine Mittäterschaft möglich sei.

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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Wenn daher mehrere Intranei oder mehrere Extranei am Korruptionsgeschehen mitwirken, ist zu prüfen, ob eine gemeinschaftliche Begehung im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, d. h. Mittäterschaft, einschlägig ist. Diese Form der Straftatbegehung ist regelmäßig von der sogenannten Nebentäterschaft abzugrenzen. Nebentäterschaft bedeutet im Gegensatz zur gemeinschaftlichen Begehung, dass mehrere Intranei oder mehrere Extranei nur nebeneinander agieren.330 Darüber hinaus lassen sich im Sinne der ganzheitlichen Betrachtung verschiedener Momente des Tatgeschehens Fallgestalten nicht ausschließen, bei denen von zwei pflichtigen Intranei oder zwei Extranei nur einer Täter und der andere Gehilfe ist.331 Völlig untergeordnete Tatbeiträge begründen regelmäßig keine Mittäterschaft.332 Des Weiteren können Dritte, die zwischen Geber und Nehmer vermitteln, ebenfalls als Mittäter agieren, soweit sie selbst auf eine Unrechtsvereinbarung bedacht sind.333 Mittäterschaft, d. h. gemeinschaftliche Begehung einer Straftat, liegt vor, wenn mehrere bewusst und gewollt zusammenwirken und ein arbeitsteiliger Prozess im Sinne einer „gleichgeordneten Arbeitsteilung“334 abläuft.335 Soweit es am bewussten und gewollten Zusammenwirken mangelt, liegt regelmäßig Nebentäterschaft vor, d. h. die Beteiligten handeln als Alleintäter nebeneinander.336 Der mittäterschaftlichen Tatbegehung geht ein gemeinsamer Tatentschluss voraus. Nach diesem wird jedem Mittäter eine bestimmte Funktion für die Tatbegehung zugewiesen und durch den jeweiligen Tatbeitrag realisiert.337 Nach ständiger Rechtsprechung handelt daher mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag derart in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und das Tun des anderen als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint.338 Jedem einzelnen Mittäter wird demzufolge das Handeln des oder der anderen Mittäter und das herbeigeführte Tatgeschehen als eigene Tat objektiv zugerechnet.339 Mittäterschaft bedeutet deshalb wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge.340 Ob eine gemeinschaftliche Tat-

Schmidhäuser, AT, 10 / 47. Schmidhäuser, AT, 10 / 155. Hingegen BGHSt 14, 123 (128 f.): „Mittäterschaft setzt ein zur Verwirklichung des Tatbestandes beitragendes Handeln voraus. Dabei genügt es nach dem allgemein anerkannten Grundsatz der Arbeitsteilung […], wenn der Mittäter seine persönliche Tätigkeit auf Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlungen beschränkt […]“. 332 Sch / Sch-Heine, § 25 Rn. 69 m.w. N. 333 Vgl. auch Wittig, wistra 1998, 7 (9 f.); Greeve, Rn. 302. 334 Schmidhäuser, AT, 10 / 49. 335 Eidam, Rn. 423; M-G / B-Häcker, § 19 Rn. 11 f.; Schünemann, FS Schroeder (2006), 401 (411). 336 M-G / B-Häcker, § 19 Rn. 14. 337 Eidam, Rn. 423; M-G / B-Häcker, § 19 Rn. 11. 338 RGSt 69, 393 (395); BGH NStZ-RR 2010, 236 (236). 339 Schmidhäuser, AT, 10 / 49. 340 Schmidhäuser, AT, 10 / 52; Haas, ZStW 119 (2007), 519 (534): „wechselseitige Repräsentation“; Eidam, Rn. 423; M-G / B-Häcker, § 19 Rn. 12. 330 331

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begehung i. S. v. § 25 Abs. 2 StGB gegeben ist, bemisst sich im Einzelfall anhand einer ganzheitlichen Betrachtung objektiver und subjektiver Momente.

1. Mittäterschaft zwischen mehreren Intranei Wesentliche Voraussetzung für die gemeinschaftliche Begehung mehrerer Intranei an Korruptionsstraftaten i. S. v. §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB ist die Erfüllung der Intraneuseigenschaft. Mittäter eines Intraneusdeliktes kann nur sein, wer die erforderliche besondere Tätereigenschaft im Sinne des Gesetzes besitzt.341 §§ 331, 332 StGB setzen voraus, dass ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, ein Richter etc. die Straftat begeht. § 299 Abs. 1 StGB verlangt die Eigenschaft des Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes. Handeln mehrere Personen gemeinschaftlich, erfüllen aber nicht alle die Tätervoraussetzung, kommt für diejenigen, die nicht die gesetzlich geforderte Tätereigenschaft besitzen, lediglich Teilnahmestrafbarkeit in Betracht.342

a) Korruption im öffentlichen Bereich, §§ 331, 332 StGB Zunächst ist die gemeinschaftliche Begehung mehrerer Intranei an Straftaten gemäß §§ 331, 332 StGB zu spezifizieren. Folgender Sachverhalt aus BGHSt 10, 237 ff. kann die gemeinschaftliche Begehung einer Straftat im Sinne der §§ 331 f. StGB dabei veranschaulichen: „1. Nach den Urteilsfeststellungen hatte S. Anfang 1954 dem Mitangeklagten D. den Vorschlag unterbreitet, bei der Vergebung von Lieferungsaufträgen dadurch Geld herauszuschlagen, daß D. vor der Erteilung eines Auftrages jeweils den Lieferanten aufsuchen und ihn zu Spenden für bedürftige Anstaltsangehörige oder für einen anderen sozialen Zweck oder auf sonstige ähnliche Weise zur Hergabe von Geld veranlassen sollte; das erhaltene Geld sollte geteilt werden. D. ging auf den Vorschlag ein. a) Den mit S. vereinbarten Plan verwirklichte D. erstmals gegenüber P., der bereits im Jahre 1953 von der Anstalt B. einen Auftrag erhalten hatte und im Januar 1954 erneut zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden war. […] Das Geld teilte D. mit dem Mitangeklagten S. b) Auf ähnliche Weise wie im Falle P. ging D. gegenüber dem Geschäftsinhaber M., ebenfalls in drei Einzelfällen, vor. Er erklärte M. im Februar 1954, er bekomme wieder einen Auftrag, müsse aber diesmal etwas tun; in der Anstalt sei eine Frau, die unterstützt werden solle; es müsse aber unter vier Augen bleiben. D. verlangte 500 DM, begnügte sich dann aber mit 400 DM, die ihm M. später bei Erhalt des schriftlichen Lieferungsvertrages aushändigte. Im Juni 1954 verlangte D. von M. anlässlich eines neuen Auftrages eine Spende

341 RGSt 39, 193 (195); BGHSt 14, 123 (129); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 72; M-G / B-Häcker, § 19 Rn. 11; Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 67. 342 Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 67.

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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von 400 DM, erhielt jedoch 200 DM. In den beiden Fällen war M. des Glaubens, daß das Geld für eine bedürftige Frau bestimmt sei. D. war jedoch – insoweit abweichend vom Fall P. – der Meinung, M. glaube das nicht, nehme vielmehr an, dass D. das Geld für sich verwenden werde. Als im April 1954 D. aus Anlaß eines Lieferungsvertrages zum drittenmal bei M. erschien und 200 DM von ihm verlangte, lehnte er diese Zahlung zunächst ab; ihm war klar geworden, daß D. das Geld für sich wollte. Schließlich ließ er sich überreden und zahlte die geforderten 200 DM. Die Beiträge von insgesamt 800 DM teilten D. und S. vereinbarungsgemäß wieder unter sich.“

Die Gemeinschaftliche Begehung von Straftaten gemäß §§ 331, 332 StGB im Sinne von Mittäterschaft setzt voraus, dass beide Täter zur Tatzeit die Amtsträgereigenschaft innehaben und die tatbestandlichen Handlungen gemeinschaftlich vorgenommen werden.343 Gemeinschaftlich muss daher das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen eines Vorteils, d. h. die Anbahnung, der Abschluss oder die Erfüllung der Unrechtsvereinbarung, erfolgen. Der Eintritt in eine bereits abgeschlossene Unrechtsvereinbarung führt nicht zur Zurechnung bereits vollendeter Akte, sondern allenfalls zur Mittäterschaft von zukünftigen gemeinschaftlichen Handlungen.344 Die Diensttätigkeit ist hingegen nur unselbstständiges Bezugselement der Unrechtsvereinbarung.345 Mittäterschaft erfordert nicht, dass die Amts- bzw. Diensthandlung gemeinschaftlich ausgeführt wird.346 Notwendig ist nur, dass die Amtshandlungen bei jedem der Beteiligten in das Amt einschlagen und zumindest teilweise in den Amtskreis fallen, sodass jeder im Rahmen seines Tätigkeitsbereiches an der Gesamthandlung mitwirkt und zum Gesamterfolg beiträgt.347 Das bedeutet gleichzeitig, dass mehrere Intranei mehrere unterschiedliche Amtshandlungen vornehmen können und dennoch wegen mittäterschaftlicher Tatbegehung strafbar sind. Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass ein gemeinschaftliches Fordern, SichVersprechen-Lassen oder Annehmen besteht.348 Möhrenschlager nimmt hingegen Nebentäterschaft an, wenn zwei Amtsträger zwei selbstständige Diensthandlungen vornehmen.349 Nebentäterschaft bedeutet, dass ein Beteiligungsverhältnis zwischen 343 RGSt 69, 393 (393 f.); BGHSt 14, 123 (129 f.); Greeve, Rn. 301; Wabnitz / JanovskyBannenberg, Kap. 10 Rn. 89; MK-Korte, § 331 Rn. 178, § 332 Rn. 45; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 72. Binding, BT / II / 2, S. 725, ging hingegen noch davon aus, dass keine Mittäterschaft bei der passiven Bestechung möglich wäre, weil es sich bei der Amts- bzw. Dienstpflicht um eine höchstpersönliche Pflicht eines jeden Einzelnen handele, die jeder nur für sich preisgeben könne. 344 Fischer, § 332 Rn. 17a; LK12-Sowada, § 332 Rn. 32. 345 LK12-Sowada, § 331 Rn. 135. 346 BGHSt 14, 123 (130); BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 49; LK12-Sowada, § 331 Rn. 135; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 72. 347 RGSt 69, 393 (394); BGHSt 14, 123 (130); Greeve, Rn. 301; Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 89; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 116. 348 Siehe Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 35. 349 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 73.

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mehreren Tätern gar nicht erst existiert, d. h. jeder ist Alleintäter.350 In Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof ist Nebentäterschaft jedoch abzulehnen. Dadurch würde die Amtshandlung entscheidend in den Vordergrund gestellt werden und die Tathandlung in den Hintergrund rücken.351 Unrechtskern der Korruptionsdelikte ist schließlich die Unrechtsvereinbarung. Für die Mittäterschaft bedeutet dieser Gesichtspunkt, dass mehrere Amtsträger gemeinschaftlich eine Unrechtsvereinbarung (zumindest) anstreben bzw. abschließen müssen. Wer hingegen welche Amtshandlung als Tauschleistung vornimmt, spielt für die gemeinschaftlich angestrebte bzw. abgeschlossene Unrechtsvereinbarung keine entscheidende Rolle. Der Unterschied zwischen § 331 und § 332 StGB ist wiederum zu beachten. § 331 StGB setzt nur eine Dienstausübung voraus, während Strafbarkeit nach § 332 StGB eine konkrete Diensthandlung, die pflichtwidrig ist, verlangt. Voraussetzung der gemeinschaftlichen Begehung einer Bestechlichkeit ist demzufolge, dass die Gegenleistung als Bezugshandlung für alle Amtsträger eine Diensthandlung darstellt und für alle pflichtwidrig ist.352 Mittäterschaftliche Zurechnung erfolgt nach der hier vertretenen Auffassung auch dann, wenn die pflichtwidrige Diensthandlung nur von einem der Amtsträger vorgenommen wird, jene aber ebenso von den anderen Mittätern hätte begangen werden können.353 Darüber hinaus ist Mittäterschaft zwischen einem Täter des § 332 StGB mit einem Täter des § 331 StGB möglich, wenn der Täter des § 331 StGB die Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung nicht kennt.354 Die Tatbeiträge werden dann nur im Hinblick auf die Verwirklichung des Grunddeliktes bzw. der Qualifikation wechselseitig zugerechnet, wobei die mittäterschaftliche Grenze der gemeinsame Tatentschluss bildet.355 Soweit einer der Amtsträger pflichtwidrig im Sinne von § 332 StGB handelt, besteht Strafbarkeit nach §§ 332, 25 Abs. 2 StGB; der andere ist wegen §§ 331, 25 Abs. 2 StGB strafbar.356 Ob eine gemeinsame Tatausführung i. S. v. § 25 Abs. 2 StGB vorliegt, richtet sich nach der ganzheitlichen Betrachtung objektiver und subjektiver Momente des Tatgeschehens. Im Ausgangsfall ist beispielsweise das Teilen der erlangten Vorteile für die gemeinschaftliche Begehung von Bedeutung. Wegen der tatbestandlichen Ein350 Ranft, FS Otto (2007), 403 (418); Otto, Jura 1987, 246 (252); Sch / Sch-Heine, § 25 Rn. 100. Zum Thema Nebentäterschaft: Murmann, Die Nebentäterschaft im Strafrecht. 351 BGHSt 14, 123 (131). 352 MK-Korte, § 331 Rn. 178, § 332 Rn. 45; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 116, § 332 Rn. 27; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 25; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 72; LK12-Sowada, § 332 Rn. 32. 353 RGSt 69, 393 (395); MK-Korte, § 332 Rn. 45; LK11-Jescheck, § 332 Rn. 15; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 72; LK12-Sowada, § 332 Rn. 32: zu eng. 354 Fischer, § 332 Rn. 17a; LK12-Sowada, § 332 Rn. 32. 355 BeckOK-Kudlich, § 25 Rn. 51 f.; Sch / Sch-Heine, § 25 Rn. 84, 87 / 88; vgl. auch BGH NJW 2002, 3116 f., und BGH NJW 2003, 1451 ff. 356 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 73; MK-Korte, § 332 Rn. 45; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 25; LK11-Jescheck, § 332 Rn. 15.

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beziehung von Drittzuwendungen genügt es, dass nur einer der Amtsträger den Vorteil erlangt, wenn der andere Amtsträger für diesen den Vorteil gefordert, sich versprechen lassen oder angenommen hat.357 Übernimmt einer der Amtsträger im Sinne der ganzheitlichen Betrachtung eine nur untergeordnete Rolle, kann dieser wegen Teilnahme an den Taten der Hauptbeteiligten bestraft werden.358

b) Korruption im privaten Bereich, § 299 Abs. 1 StGB Die genannten Grundsätze gelten auch für § 299 Abs. 1 StGB. Gemeinschaftliche Begehung der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr liegt vor, wenn mehrere Intranei gemeinschaftlich einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, dass sie einen anderen beim Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugen. Notwendig ist das gemeinschaftliche Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen des Vorteils. Hingegen muss – äquivalent zu den §§ 331, 332 StGB – die konkrete Bevorzugung nicht gemeinschaftlich begangen werden. Insofern kann eine wechselseitige Zurechnung der unlauteren Entscheidung erfolgen. Für die täterschaftliche Zurechnung ist wiederum die ganzheitliche Betrachtung objektiver und subjektiver Momente des Tatgeschehens maßgebend.

2. Mittäterschaft zwischen mehreren Extranei Mittäterschaft i. S. v. § 25 Abs. 2 StGB ist ebenfalls zwischen mehreren Extranei denkbar. Das Vorliegen einer besonderen Tätereigenschaft ist im Gegensatz zu den Intraneusdelikten bei den Extraneusdelikten als Allgemeindelikte nicht erforderlich. Die gemeinschaftliche Begehung der Korruptionsstraftaten von mehreren Vorteilsgebern setzt voraus, dass die Tathandlungen Anbieten, Versprechen oder Gewähren unter Bildung eines gemeinsamen Tatentschlusses gemeinschaftlich ausgeführt werden.359 Das bedeutet, jeder der Mittäter erfüllt „im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem oder mehreren anderen einen Unrechtstatbestand derart […], dass jeder Mitträger des Tatentschlusses ist“.360 Ob eine gemeinschaftliche Tatausführung im mittäterschaftlichen Sinne stattgefunden hat, richtet sich nach der ganzheitlichen Betrachtung objektiver und subjektiver Momente des Tatgeschehens.

357 MK-Korte, § 331 Rn. 178; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 116; Sch / Sch-Heine, § 331 Rn. 35; LK12-Sowada, § 331 Rn. 135, § 332 Rn. 32; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 116. 358 A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44; a. A. BGHSt 14, 123 (131 f.); LK12-Sowada, § 331 Rn. 135: Es liege ausschließlich Mittäterschaft bei unterstützenden oder vorbereitenden Tätigkeiten vor; irrelevant sei, ob die Amtsträger gleichrangig nebeneinander stehen oder in einem Über- oder Unterordnungsverhältnis zueinander stehen. 359 Schünemann, FS Schroeder (2006), 401 (411). 360 Otto, Jura 1987, 246 (252).

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Werden in diesem Sinne unterschiedliche Tatbeiträge nach dem Grundsatz der Arbeitsteilung verwirklicht, erfolgt eine wechselseitige Zurechnung der jeweiligen Tatbeiträge. Entsprechend der gemeinschaftlichen Begehung mehrerer Intranei müssen die gemeinschaftlich handelnden Extranei, um die Straftat gemäß § 334 Abs. 1 StGB gemeinschaftlich zu begehen, einen Vorteil dafür fordern, versprechen oder gewähren, dass eine pflichtwidrige Diensthandlung vorgenommen wird oder wurde. Weicht die Vorstellung eines der gemeinschaftlich Handelnden von dem Tatbestandsmerkmal „pflichtwidrige Diensthandlung“ ab, ist er wegen §§ 333, 25 Abs. 2 StGB zu bestrafen.

IV. Spezialkonstellation der Täterschaft wegen Konnivenz, § 357 StGB Im Bereich der Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich kann eine spezielle Strafnorm Relevanz entfalten: Konnivenz gemäß § 357 StGB.361 Diese Vorschrift ist eine aus dem preußischen Strafgesetzbuch (§ 330 PStGB) übernommene „Sonderregelung“362, die im Abschnitt „Straftaten im Amt“ vorzufinden ist. Konnivenz bezweckt die Verschärfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Vorgesetzten, wenn er sich in seiner Funktion als Vorgesetzter pflichtwidrig verhält.363 Dem Vorgesetzten obliegt die Dienstpflicht gegen erkanntes pflichtwidriges Verhalten der unterstellten Mitarbeiter einzuschreiten.364 Wenn der Vorgesetzte daher Kenntnis von Bestechung und Bestechlichkeit seiner Untergebenen im Amt nimmt und nicht gegen diese korruptiven Verhaltensweisen einschreitet, wird der 361 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 70. Ähnliche Normen existieren im Völkerrecht: § 4 Abs. 1 Satz 1 VStGB: Ein militärischer Befehlshaber oder ziviler Vorgesetzter, der es unterlässt, seinen Untergebenen daran zu hindern, eine Tat nach diesem Gesetz zu begehen, wird wie ein Täter der von dem Untergebenen begangen Tat bestraft. § 13 Abs. 1 VStGB: Ein militärischer Befehlshaber, der es vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt, einen Untergebenen, der seiner Befehlsgewalt oder seiner tatsächlichen Kontrolle untersteht, gehörig zu beaufsichtigen, wird wegen Verletzung der Aufsichtspflicht bestraft, wenn der Untergebene eine Tat nach diesem Gesetz begeht, deren Bevorstehen dem Befehlshaber erkennbar war und die er hätte verhindern können. Ähnlich ist § 13 Abs. 2 VStGB hinsichtlich eines ziviles Vorgesetzten und einer seinerseitigen Aufsichtspflichtverletzung formuliert. Darüber hinaus sind weitere strafbare Handlungen des Vorgesetzten im Wehrstrafgesetzbuch enthalten, siehe §§ 30 Abs. 2, 31 Abs. 2, 33, 34, 41 WStG. 362 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 76; MK-Schmitz, § 357 Rn. 8. Die Frage der Aufhebung wurde einer späteren Überprüfung vorbehalten (BT-Drs. 7 / 550, S. 288), so LK12Zieschang, § 357 vor Rn. 1. 363 Kohlrausch / Lange, Überschrift zu § 357; LK12-Zieschang, § 357 vor Rn. 1, Rn. 3. 364 LK12-Sowada, § 331 Rn. 140.

B. Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus

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Vorgesetzte selbst wie ein Korruptionstäter bestraft. Kriminalpolitischer Sinngehalt der Strafvorschrift ist es daher, den Vorgesetzten wie einen Täter zu behandeln365, wenn er seine Untergebenen zu einer rechtswidrigen Tat im Amt verleitet oder zu verleiten unternimmt oder eine solche rechtswidrige Tat seiner Untergebenen geschehen lässt. Demzufolge wird die Strafnorm § 357 StGB der hierarchischen Personalstruktur im öffentlichen Dienst gerecht und ist Ausdruck der besonderen Verantwortlichkeit des Vorgesetzten. Die Tathandlung „verleiten“ meint Anstiften im Sinne von § 26 StGB.366 Die Tathandlung „zu unternehmen verleitet“ ist nicht mit „Unternehmen“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB gleichzusetzen. Das vollendete Unternehmen wird schließlich bereits von der ersten Tathandlungsvariante „verleiten“ erfasst.367 Diese Variante stellt eine Besonderheit gegenüber § 30 StGB dar und umfasst eine versuchte Anstiftung zur Begehung eines Vergehens.368 Die Tathandlung „geschehen lässt“ bedeutet demgegenüber Beihilfe durch Unterlassen.369 Anhand der aufgegliederten Tathandlungen wird deutlich, dass es sich bei § 357 StGB um eine „Sonderregelung der Teilnahme“ handelt.370 Die strafrechtliche Verantwortung des Vorgesetzten wird durch die Existenz des § 357 StGB gegenüber allgemeinen Teilnahmeregelungen verschärft371 und geht diesen vor372. Die Tathandlungen stellen demzufolge echte Vertäterschaftlichungen materieller Teilnahmehandlungen dar. „Verleiten“, „zu verleiten unternimmt“ und „geschehen lässt“ wären ohne die Existenz des § 357 StGB als klassische Teilnahmehandlungen an den rechtswidrigen Taten der Untergebenen einzuordnen.373 § 357 StGB wertet die Teilnahme des Vorgesetzten an fremden Straftaten demzufolge umfassend zur eigenen Täterschaft auf.374 Zweck der Konnivenz und der Vertäterschaftlichung ist es, LK12-Zieschang, § 357 vor Rn. 1. Kohlrausch / Lange, § 357 III 1; LK12-Zieschang, § 357 Rn. 9. 367 LK12-Zieschang, § 357 Rn. 10. 368 LK12-Zieschang, § 357 Rn. 10. 369 Kohlrausch / Lange, § 357 III 3; LK12-Zieschang, § 357 Rn. 12. 370 BGHSt 5, 155 (165): „besondere Bestimmungen für die Teilnahme des Amtsvorgesetzten“; Kohlrausch / Lange, § 357 IV; LK12-Zieschang, § 357 Rn. 12; vgl. auch Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 70; ablehnend Fincke, S. 73 ff. 371 LK12-Zieschang, § 357 vor Rn. 1, Rn. 3. 372 RGSt 68, 90 (92); BGHSt 5, 155 (165); OLG Düsseldorf NStZ 1981, 25 (25); NK-Kuhlen, § 357 Rn. 13; MK-Schmitz, § 357 Rn. 37; Sch / Sch-Cramer / Heine, § 357 Rn. 10; Sax, ZStW 90 (1978), 927 (953); Kohlrausch / Lange, § 357 IV: „§ 357 ist lex specialis“. Zum Problem der Anwendbarkeit der Teilnahmestrafbarkeit nach §§ 26, 27 StGB bei Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen: Sommer, JR 1981, 490 (491 ff.). Nach Sommer, JR 1981, 490 (495), ist „die Verdrängung [der §§ 26, 27 StGB] vielmehr stets das Ergebnis einer teleologischen Auslegung der einzelnen Strafnorm dahingehend, ob eine zusätzliche Ausweitung der Strafbarkeit auf unterstützende Randfiguren als eine nicht mehr als hinreichend angesehene Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts gewertet werden muss.“. 373 Siehe auch OLG Düsseldorf NStZ 1981, 25 (25); LK12-Zieschang, § 357 Rn. 9 ff. 365 366

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Kap. 5: Differenzierende Bewertung der strafrechtlichen Verantwortung

dem Vorgesetzten Strafmilderungen nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB und § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB zu entziehen.375 Das heißt jedoch nicht, dass der Vorgesetzte nur formeller Täter im Sinne von § 357 StGB sein kann. Er kann sich ebenfalls wegen materieller Täterschaft innerhalb eines Korruptionsgeschehen strafbar machen, wenn er selbst unmittelbarer (Neben-)Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter im Hinblick auf die Taten seiner Untergebenen ist. Die Anwendung des § 357 StGB scheidet dann aus.376 Die Schwelle zur materiellen Täterschaft bemisst sich wiederum nach einer ganzheitlichen Betrachtung objektiver und subjektiver Momente. § 357 StGB stellt eine Spezialkonstellation der Täterschaft bei klassischen Korruptionsdelikten im öffentlichen Bereich dar.

374 OLG Düsseldorf NStZ 1981, 25 (25); Baumann / Weber / Mitsch, § 32 Überschrift zur Rn. 76; zustimmend Rotsch, „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 275. 375 LK12-Zieschang, § 357 Rn. 3. 376 RGSt 67, 175 (177); OLG Düsseldorf NStZ 1981, 25 (25); LK12-Zieschang, § 357 Rn. 3; LK12-Sowada, § 331 Rn. 140; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 76; NK-Kuhlen, § 357 Rn. 6; MK-Schmitz, § 357 Rn. 8; Sch / Sch-Cramer / Heine, § 357 Rn. 1.

Kapitel 6

Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit wegen Teilnahme im Kontext klassischer Korruptionsdelikte Korruptionssachverhalte befördern nicht nur Fragen zur Täterschaft, sondern ebenfalls spezifische Teilnahmefragen. Ein Grund hierfür liegt in der Komplexität der Handlungs- und Beziehungsstrukturen innerhalb von Korruptionssachverhalten. Ein weiterer Grund besteht in der Komplexität des Gesetzes selbst. Das sechste Kapitel hat deshalb das Ziel, drei spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit wegen Teilnahme im Kontext klassischer Korruptionsdelikte zu beantworten. Die erste Frage lautet, ob sich Intraneus und Extraneus neben Täterschaft zugleich wegen wechselseitiger Teilnahme an der Straftat des jeweils anderen strafbar machen können (A.). Diese Fragestellung basiert auf der im Gesetz manifestierten spiegelbildlichen Gegenüberstellung von Nehmer- und Geberdelikten. Neben dieser Fragestellung resultiert eine weitere daraus, dass sog. außenstehende Dritte in das Korruptionsgeschehen involviert sein können. Ein außenstehender Dritter kann beispielsweise als Mittelsperson in den Tausch einbezogen werden und die Tauschleistungen zwischen Geber und Nehmer vermitteln. Dieser Dritte handelt nicht als Tauschpartei und ist daher regelmäßig nicht Täter eines klassischen Korruptionsdeliktes. Schließlich agiert er weder als Vorteilsnehmer noch als Vorteilsgeber. Wenn er nicht als Täter bestraft wird, stellt sich daher die hier wesentliche zweite Frage, ob er sich wegen Teilnahme strafbar macht (B.). Zur Beantwortung dieser Frage sind weitere Differenzierungen notwendig (B. I.). Handelt der außenstehende Dritte nur für den Vorteilsnehmer oder nur für den Vorteilsgeber? Oder handelt er für beide gleichzeitig? Darüber hinaus ist zu klären, ob und welche Strafmilderungen den außenstehenden Dritten zustehen. Kann die Strafe aufgrund von § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB und / oder § 28 Abs. 1 StGB gemildert werden? Die Antwort richtet sich zum einen nach der Teilnahmeform (Beihilfe oder Anstiftung) und zum anderen nach der Deliktsform, die der Haupttat zugrunde liegt (Teilnahme an einem echten Sonderdelikt oder Teilnahme an einem Allgemeindelikt). Die letztere Einordnung befördert Inkonsistenzen des Gesetzes. Obwohl Geber und Nehmer nach dem Willen des Gesetzgebers gleichgestellt sind, werden die jeweiligen Teilnehmer an deren Taten ungleich behandelt: Der Teilnehmer an der Tat des Vorteilsnehmers erfährt zwingend eine Strafmilderung gemäß §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB, wenn er die besondere Tätereigenschaft nicht aufweist.1 Der Teilnehmer an

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

der Tat des Vorteilsgebers erhält hingegen keine Strafmilderung. Ob diese Ungleichbehandlung legitim ist, muss geklärt werden. Wenn sie es nicht ist, müssen Lösungen entwickelt werden, die Ungleichbehandlung zu beseitigen (B. II und III.). Die in diesem Kapitel zu beantwortende dritte Frage wurde bereits im Rahmen von § 299 StGB aufgeworfen [Kapitel 3 A. II. 3. b) cc)]. Wenn der Betriebsinhaber zustimmt, dass sein Betriebsangehöriger eigennützige Vorteile bzw. Drittvorteile fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, ist zu klären, ob der Betriebsinhaber sich deshalb wegen Teilnahme an den Straftaten der Betriebsangehörigen strafbar machen kann (C.).

A. Wechselseitige Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat? Obwohl Korruption nach der dieser Arbeit zugrunde liegenden handlungstheoretischen Strukturanalyse auf einer Täter-Täter-Interaktion innerhalb der Tauschbeziehung basiert, stellt sich strafjuristisch die Frage, ob Teilnahmestrafbarkeit des jeweiligen Täters an der Tat des anderen in Betracht zu ziehen ist. Diese Frage resultiert aus der spiegelbildlichen Deliktsgestaltung der Strafbarkeit des Vorteilsnehmers (§§ 331 Abs. 1, 332 Abs. 1 Satz 1 bzw. 299 Abs. 1 StGB) und der Strafbarkeit des Vorteilsgebers (§§ 333 Abs. 1, 334 Abs. 1 Satz 1 bzw. 299 Abs. 2 StGB). Im Folgenden wird diese korruptionsspezifische Teilnahme als wechselseitige Teilnahme2 (an der jeweiligen Spiegeltat) bezeichnet. Dabei sind zwei Fallkonstellationen, in denen wechselseitige Teilnahme zu erwägen ist, zu unterscheiden. In der ersten Konstellation machen sich Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber strafbar. In der zweiten Fallkonstellation scheitert die Strafbarkeit einer Tauschpartei, da der Vorteilsnehmer beispielsweise nicht strafbar ist. Derartige Fallkonstellationen sind möglich, wenn als Vorteilsnehmer ein Soldat der Bundeswehr agiert. Die Vorteilsannahme bestimmter Soldaten der Bundeswehr wird weder in den §§ 331 f. StGB noch in § 48 Abs. 1, Abs. 2 WStG pönalisiert [dazu ausführlich unter A. I. 3. b) bb)]. Insbesondere die letzte Fallkonstellation ist von Interesse: Wenn sich der Soldat schon nicht als Täter einer Vorteilsannahme verantworten muss, dann könnte er theoretisch zumindest wegen Teilnahme an der Straftat des Vorteilsgebers strafbar sein. Es wird uneingeschränkt vertreten, dass Strafbarkeit in Form von wechselseitiger Teilnahme an der Straftat der jeweils anderen Tauschpartei nicht stattfinden könne.3 Rengier, BT / II, § 59 Rn. 4; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 331 ff. Rn. 7. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (284): „wechselbezügliche Teilnahmestrafbarkeit“; Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 294: „verschränkende Teilnahme“. 3 RGSt 13, 181 (181); RGSt 36, 66 (68 f.); RGSt 42, 382 (383); BGH NJW 1991, 576 (577); Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 89; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 1 2

A. Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat?

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Die vorgebrachten Argumente zur Begründung dieser These sind vielfältig. Vor allem Sowada4 hat sich intensiv mit dieser Fragestellung auseinandergesetzt, sodass seine Position und seine Argumente die Grundlage für die anstehende kritische Auseinandersetzung mit der genannten These bietet. Es ist bemerkenswert, dass der generelle Ausschluss wechselseitiger Teilnahme „zu allen Zeiten der herrschenden Auffassung“ entsprach und sich hieran, so Sowada, „auch bezüglich der gegenwärtigen Gesetzesauffassung nichts geändert“ habe.5 Es ist aber auch beachtenswert, dass diese Auffassung, verfolgt man die Quellenangaben zurück, auf einer Reichsgerichtsentscheidung aus dem Jahre 1885 basiert.6 Das Strafgesetzbuch hat sowohl im Allgemeinen Teil als auch im Besonderen Teil seit 1885 zahlreiche Änderungen erfahren. Darüber hinaus hat sich die Strafrechtsdogmatik seit 1885 erheblich weiterentwickelt. Insofern gibt es gute Gründe, die These, dass wechselseitige Teilnahme ausgeschlossen sei, genau zu überprüfen.

I. Analyse und kritische Würdigung der These vom Ausschluss der wechselseitigen Teilnahme an der Spiegeltat Mit Blick auf die Teilnahmevorschriften § 26 StGB und § 27 Abs. 1 StGB ist eine wechselseitige Teilnahme an der jeweiligen Spiegeltat denkbar. Voraussetzung der Teilnahmestrafbarkeit ist u. a. eine von einem anderen begangene rechtswidrige Tat. Sowohl aus der Perspektive des Vorteilsnehmers als auch des Vorteilsgebers stellt die Tat des Vorteilsnehmers und die Tat des Vorteilsgebers für den jeweils anderen eine fremde Tat dar. Teilnahmestrafbarkeit ist daher nicht ausgeschlossen, da diese nach den allgemeinen Teilnahmevorschriften grundsätzlich und ausnahmslos zu sämtlichen im Besonderen Teil manifestierten Straftaten möglich ist.7 Ob und Rn. 74; LK11-Jescheck, § 331 Rn. 29; § 332 Rn. 16; § 333 Rn. 11; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 210; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 543; Kohlrausch / Lange, § 331 VIII, § 333 I: „Sondertatbestand […] der gegenüber der Teilnahme am Amtsverbrechen ein aliud ist“; Birkmeyer, S. 318; Fischer, § 331 Rn. 38; Hardtung, S. 232; Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 60; Hassemer, JuS 1991, 606 (607); Szebrowski, S. 201; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285); Überhofen, S. 83; Walther, Jura 2010, 511 (513); LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 47; LK12-Sowada, § 331 Rn. 136; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 117, § 334 Rn. 9; MK-Korte, § 332 Rn. 46, § 333 Rn. 38; BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 50; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 26, § 334 Rn. 11 ff.; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 42; Sax, ZStW 90 (1978), 927 (953); Baumann, BB 1961, 1057 (1065); Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 298 f. 4 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 ff.: „Kettenregeln versus Lagertheorie. Die Teilnahmestrafbarkeit bei Tatbeständen mit spiegelbildlicher Deliktsstruktur (insbesondere Korruptionsstrafrecht)“. 5 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (284). 6 RGSt 13, 181 f.

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

welche Gründe allerdings gegen Strafbarkeit wegen wechselseitiger Teilnahme an der jeweiligen Spiegeltat sprechen könnten, werden im Folgenden aufgezeigt und kritisch gewürdigt.

1. Handlungstheoretische Strukturanalyse und Lagertheorie Die handlungstheoretische Strukturanalyse zum Phänomen Korruption hat ergeben, dass Geber und Nehmer gleichrangige Tauschparteien im Korruptionsgeschehen darstellen. Das Kriminalitätsphänomen Korruption ist durch Täter-Täter-Interaktionen gekennzeichnet. Es agieren daher zwei eigenständige Täter in ein- und demselben Geschehen. Die Eigenständigkeit der handlungstheoretischen Täterschaft wird besonders anhand des einseitigen Korruptionsversuches deutlich. Zwar hängt „Nehmen“ von „Geben“ ab. Allerdings sind Fallgestalten denkbar, in denen das Ansinnen des Intraneus oder des Extraneus auf Ablehnung bei der Gegenseite stößt. Diese Fallgestalten verdeutlichen die Eigenständigkeit von Geber und Nehmer. Die gesetzliche Ausgestaltung berücksichtigt, wie bereits gezeigt wurde, diese phänotypischen Täterstrukturen und hat eigenständige Geber- und Nehmerdelikte geschaffen, die sich spiegelbildlich gegenüberstehen. Die spiegelbildliche Ausgestaltung klassischer Korruptionsdelikte könnte dafür sprechen, dass der Gesetzgeber täterschaftlich nach Lagern (sog. „Lagertheorie“) differenziert. Danach wäre zwischen dem Lager des Vorteilsnehmers und dem Lager des Vorteilsgebers zu unterscheiden.8 Die These, wonach wechselseitige Teilnahme ausgeschlossen sei, ist auf dieses Trennungsprinzip9 zurückzuführen. Da die Strafbarkeit des Vorteilsnehmers und die des Vorteilsgebers abschließend und selbstständig geregelt sind, wird einhellig vertreten, dass der Vorteilsgeber nicht zugleich Teilnehmer der Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit und der Vorteilsnehmer nicht zugleich Teilnehmer der Vorteilsgewährung bzw. Bestechung sei.10 Da7 Sommer, JR 1981, 490 (490); Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 59; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (275 ff.), führt das Ergebnis auf die sogenannten Kettenregeln zurück, die die Teilnahmestrafbarkeit verlängern und den Teilnahmekreis erweitern; vgl. auch Bell, MDR 1979, 719 (719); A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44. 8 RGSt 13, 181 (182); RGSt 42, 382 (384); BGH NJW 1991, 576 (578); Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 89, Rn. 103 – 107; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44, Rn. 62; Bell, MDR 1979, 719 (719); Rengier, BT / II, § 60 Rn. 43; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285); vgl. auch Baumann, BB 1961, 1057 (1065); Schmitt, NJW 1977, 1811 (1811); LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 47, sowie Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19, verwenden den Begriff „Rolle“. 9 LK12-Sowada, § 331 Rn. 137. 10 RGSt 13, 181 (181); RGSt 36, 66 (68 f.); RGSt 42, 382 (383); BGH NJW 1991, 576 (577 f.); SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 16; Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 89; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 74; LK11-Jescheck, § 331 Rn. 29; § 332 Rn. 16; § 333 Rn. 11; Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 210; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 543; Kohlrausch / Lange, § 331 VIII, § 333 I; Birkmeyer, S. 318; Fischer, § 331 Rn. 38;

A. Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat?

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raus lasse sich weiterhin schlussfolgern, dass aufgrund der abschließenden und eigenständigen Regelung der §§ 331 ff., 299 StGB die allgemeinen Teilnahmevorschriften nicht mehr vollumfänglich anzuwenden11 und einschränkend auszulegen12 sind. Demnach trennen „Lager“ strikt zwischen der Strafbarkeit des Intraneus und des Extraneus. Zugleich resultiert daraus, dass der Teilnehmerkreis verkleinert wird (Restriktion der Strafbarkeit durch die Lagertheorie).13 Die wechselseitige Teilnahme ist demzufolge ausgeschlossen, da §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB gegenüber §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB tatbestandlich exklusiv sind und Sperrwirkung entfalten.14 Tatbestandliche Exklusivität oder Exklusivität der Tatbestände15 meint Sachverhalte, in denen ein Tatbestand einen anderen logisch ausschließt, weil es rein tatsächlich nur ein Entweder-Oder-Verhältnis gibt.16 Die Tatbestände enthalten einander widerstreitende Merkmale und schließen sich deswegen gegenseitig aus.17 Das bedeutet, dass ein Tatbestand ein Merkmal aufweist, dessen Negation begriffliche Voraussetzung für die Erfüllung eines anderen Tatbestandes ist.18 Aus der Tatbestandsbeschreibung der betreffenden Straftatbestände könne geschlussfolgert werden, dass nur einer der Tatbestände erfüllt sein kann.19 Die Exklusivität der Tatbestände gehört daher zur Tatbestandsbeschreibung.20 Ein Entweder-Oder lässt sich

Hardtung, S. 232; Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 60; Hassemer, JuS 1991, 606 (607); Szebrowski, S. 201; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285); Überhofen, S. 83; Walther, Jura 2010, 511 (513); LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 47; LK12-Sowada, § 331 Rn. 136; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 117, § 334 Rn. 9; MK-Korte, § 332 Rn. 46, § 333 Rn. 38; BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 50; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 26, § 334 Rn. 11 ff.; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 42; Sax, ZStW 90 (1978), 927 (953); Baumann, BB 1961, 1057 (1065). 11 RGSt 13, 181 (181 f.); RGSt 42, 382 (382); Bell, MDR 1979, 719 (719); A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44 f.; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 74; Hassemer, JuS 1991, 606 (607). 12 Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 60; Hassemer, JuS 1991, 606 (607). 13 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (279); vgl. auch Bell, MDR 1979, 719 (719). 14 MK-Korte, § 332 Rn. 46, § 333 Rn. 38; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 26; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 47: „exklusive Vertypungen, die eine strafbare Teilnahme der einen an der Straftat des anderen Seite nicht zulassen“; Sommer, Rn. 234, für § 299 StGB: „exklusive Tätervertypung durch den Tatbestand“; LK12-Sowada, § 331 Rn. 136; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 118; vgl. auch Baumann, BB 1961, 1057 (1065). Bell, MDR 1979, 719 (719); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (282): „eigenständig vertypte Parteien des deliktischen Geschehens“. 15 Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 157; Sch / Sch-Stree / Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 104a; NK-Puppe, Vorbem. § 52 Rn. 42. 16 Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 159; LK12-Rissing-van Saan, Vor § 52 Rn. 94; siehe auch Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (283). 17 LK12-Rissing-van Saan, Vor § 52 Rn. 94. 18 NK-Puppe, Vorbem. § 52 Rn. 42; Sch / Sch-Stree / Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 104a. 19 Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 159.

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

der Zuordnung nach Vorteilsnehmer bzw. Vorteilsgeber unter Anwendung des Korruptionsmodells grundsätzlich entnehmen. Innerhalb der maßgebenden korruptiven Tauschbeziehung ist eine Person entweder Nehmer oder Geber. Wurzel des Entweder-Oder-Verhältnisses der Strafbarkeit von Geber und Nehmer ist daher die spiegelbildliche Ausgestaltung klassischer Korruptionsdelikte. Warum aber sollte der Geber nicht gleichzeitig durch sein Tun dem Nehmer zu seiner Tat Hilfe leisten? Diese Frage drängt sich besonders in der zweiten Fallkonstellation auf, in der eine Tauschpartei nicht als Täter bestraft werden kann. Aus dem rein formalen Argument „Exklusivität der Tatbestände“ lässt sich jedenfalls keine zufriedenstellende und grundlegende Antwort gegen die Möglichkeit wechselseitiger Teilnahme herleiten. Ähnlich blass ist das Argument, dass die Geberdelikte gegenüber den Nehmerdelikten Sperrwirkung entfalten. Der Begriff der Sperrwirkung wird verwendet, wenn die Verhältnisse von Tatbeständen unklar sind und sich nicht in altbekannte Strukturen einordnen lassen.21 Sperrwirkung wird vielfältig eingesetzt und für unterschiedliche Fallkonstellationen verwendet, beispielsweise Vorrangverhältnisse oder Ausschlussverhältnisse.22 Wenn keine anderen anerkannten Rechtsinstitute, wie die Regeln der Gesetzeskonkurrenz, weiterhelfen, wird „Sperrwirkung“ herangezogen.23 Hier liegt somit der Kern der eigentlichen Problematik. Die Deliktsstruktur der spiegelbildlichen Ausgestaltung von Intraneus- und Extraneusdelikten und die komplexen Handlungs- und Beziehungsstrukturen lassen sich nicht mit einfachen TäterOpfer-Strukturen der Tötungsdelikte oder Körperverletzungsdelikte vergleichen. Das Argument der „Sperrwirkung“ bringt in der Sache – Ist wechselseitige Teilnahmestrafbarkeit möglich? – keine Erkenntnisse. Der Begriff Sperrwirkung wird daher nur als Ausdruck gesetzgeberischer Wertentscheidungen verwendet.24 Daher gilt zu klären, welche materiellen Gründe gegen die Möglichkeit wechselseitiger Teilnahme sprechen. Der bloße Hinweis auf eine „Sperrwirkung“ der Delikte ist jedenfalls kein weiterführendes Argument.

20 Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 160: Nur im weiteren Sinne gehört daher die Exklusivität der Tatbestände zur Konkurrenzlehre. Insofern ist nach Sch / Sch-Stree / SternbergLieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 104a m.w. N., die tatbestandliche Exklusivität bzw. Alternativität strikt von der Gesetzeskonkurrenz zu trennen. Dem Konstrukt der Exklusivität steht Puppe skeptisch gegenüber. Nach NK-Puppe, Vorbem. § 52 Rn. 43, handelt es sich um einen „gesetzgebungstechnischen Fehler“. Exklusivität sei „nicht nur überflüssig, sondern erzeugt überflüssige Probleme und Strafbarkeitslücken“, NK-Puppe, Vorbem. § 52 Rn. 44. Puppe (NK-Puppe, Vorbem. § 52 Rn. 45) kritisiert vor allem, dass Exklusivitätsverhältnisse zwischen Tatbeständen auch dort hergestellt werden, wo sie nach deren Wortlaut nicht gegeben sind, indem beispielsweise Tatbestandsmerkmale einschränkend ausgelegt oder ungeschriebene Tatbestandsmerkmale hinzugefügt werden. 21 Seiler, S. 1. 22 Seiler, S. 281 ff. Bei der Sperrwirkung gehe es daher wie bei der Gesetzeskonkurrenz um Nichtanwendung bestimmter Straftatbestände, so Seiler, S. 3 ff. 23 Seiler, S. 285 f. 24 Seiler, S. 252, 293 f.

A. Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat?

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Von zentraler Bedeutung für die Frage nach der Möglichkeit wechselseitiger Teilnahme sind vielmehr Gesichtspunkte, wie der Wille des Gesetzgebers (2.), der tiefere Sinn und Zweck der gesetzlichen Unterscheidung zwischen Geber- und Nehmerdelikten (3.), die Anwendbarkeit der Konstruktion „notwendige Teilnahme“ (4.) und ein systematischer Vergleich zu anderen Delikten (5.). 2. Wille des Gesetzgebers Die Existenz von eigenständigen Extraneus- und Intraneusdelikten lässt den Rückschluss auf den Willen des Gesetzgebers zu, zwischen dem Lager „Geber“ und „Nehmer“ täterschaftlich zu differenzieren und die Strafbarkeit abschließend zu regeln.25 Der Gesetzgeber trennt zwischen den Rollen Geber und Nehmer. Die Strafbarkeit soll gerade nicht voneinander abhängen, was die spiegelbildliche Täterausgestaltung verdeutlicht.26 Darüber hinaus ist es gesetzgeberische Intention, Geber und Nehmer gleichzustellen. Damit hat sich der Gesetzgeber gegen eine Teilnahmelösung entschieden.27 Die Anwendung der Teilnahmevorschriften auf den jeweils anderen Täter wäre daher – zumindest in der ersten Fallkonstellation der gleichzeitigen wechselseitigen Teilnahme bei beidseitiger Strafbarkeit – abzulehnen.28 3. Sinn und Zweck der Unterscheidung zwischen Intraneusund Extraneusdelikten Weitere Anhaltspunkte zur Beantwortung der Frage, ob eine wechselseitige Teilnahme an der jeweiligen Spiegeltat möglich ist, könnten aus dem tieferen Sinn und Zweck der gesetzlichen Unterscheidung zwischen Intraneus- und Extraneusdelikten resultieren. Insofern ist zum einen die Funktion der Rollen „Nehmer“ und „Geber“ [a)] und zum anderen die Funktion gesetzlicher Privilegierungen [b)] zu analysieren. a) Funktion der Rollen „Nehmer“ und „Geber“ Sinn und Zweck der Unterscheidung zwischen Intraneus- und Extraneusdelikten besteht darin, den unterschiedlichen Rollen und Funktionen des „Nehmers“ und des „Gebers“ innerhalb des Korruptionsgeschehens gerecht zu werden. 25 RGSt 13, 181 (181); Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 60; Birkmeyer, S. 318. 26 Sowada, S. 123; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (282 f.); LK12-Sowada, § 331 Rn. 136. 27 Hettinger, NJW 1996, 2263 (2272 f.). 28 Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 62.

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

Der Intraneus ist Vorteilsnehmer. Der Extraneus ist Vorteilsgeber. Beide stehen in einer Tauschbeziehung. Getauscht werden Vorteile gegen den Missbrauch einer Machtposition. Der Missbrauch findet im Innenverhältnis zwischen Intraneus und Prinzipal statt. Der Intraneus nimmt daher eine spezielle Funktion im Korruptionsgeschehen ein, da er gegenüber dem Prinzipal regelwidrig die übertragene Machtposition missbraucht. Der Extraneus kann hingegen nur von außen auf das PrinzipalIntraneus-Verhältnis einwirken. Diese Handlungs- und Beziehungsstrukturen berücksichtigen und beinhalten klassische Korruptionsdelikte. Demzufolge wird die Strafbarkeit des Intraneus in echten Sonderdelikten umfasst. Täter kann nur eine Person mit einer bestimmten Tätereigenschaft sein, d. h. der Täter muss in einer besonderen Pflichtenstellung zu einem Prinzipal stehen. Die Rolle des Vorteilsgebers kann hingegen jeder einnehmen. Das Gesetz gestaltet die Strafbarkeit des Extraneus deswegen als Allgemeindelikt aus. Die spiegelbildliche Ausgestaltung von Sonder- und Allgemeindelikten bezweckt daher, das unterschiedlich gelagerte Handlungsunrecht von Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber29 selbstständig und eigenständig strafrechtlich zu erfassen. Des Weiteren wird diese Selbstständigkeit der Strafbarkeit durch die Sondersituation des einseitigen Korruptionsversuches deutlich. Wegen der Begehung klassischer Korruptionsstraftaten macht sich ebenfalls derjenige strafbar, der einen Vorteil fordert oder anbietet, ohne dass es auf eine positive Reaktion des Gegenübers ankommt. Die Trennung der Intraneus- und Extraneusstrafbarkeit in materiell selbstständigen Delikten spricht dafür, dass neben der materiellen Täterschaft nicht noch zusätzlich Strafbarkeit wegen wechselseitiger Teilnahme an den Straftaten der anderen Tauschpartei eintreten soll. Vielmehr weist der innere Grund für die gesetzestechnische Ausgestaltung der klassischen Korruptionsdelikte darauf hin, dass zwischen der Täterrolle „Nehmer“ und „Geber“ im Sinne einer Lagerbildung zu trennen ist. Darüber hinaus spricht auch der Grundgedanke im Strafrecht, dass keine Doppelbestrafung (im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) stattfinden darf30, gegen die zusätzliche wechselseitige Teilnahmestrafbarkeit am Spiegeldelikt neben der eigenen Täterschaft. Die Teilnahme an der Spiegeltat wird nicht im Sinne der Gesetzeskonkurrenz durch die Täterschaft ausgeschöpft.31 Die Täterschaft als theoretisch schwerere Beteiligungsform genießt in dieser Konstellation keinen Vorrang gegenüber der Teilnahme, schließlich gilt der Vorrang der Täterschaft gegenüber der Teil-

29 Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 62; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (288). 30 RGSt 13, 181 (182); Geppert, Jura 1982, 418 (428); Vogler, FS Bockelmann (1979), 715 (721); SSW-Eschelbach, § 52 Rn. 3; Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 61; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (294); Schmitt, NJW 1977, 1811 (1811); LK12-Sowada, § 331 Rn. 137. 31 BGHSt 39, 100 (108); BGHSt 41, 113 (115); BGHSt 44, 196 (199); BGHSt 46, 24 (25); Roxin, AT / II, § 33 Rn. 170; SSW-Eschelbach, § 52 Rn. 7.

A. Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat?

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nahme nur für ein- und dasselbe Delikt, nicht jedoch für unterschiedliche Delikte.32 Die grundsätzliche materielle Subsidiarität der Teilnahme gegenüber der Täterschaft33 hilft nicht weiter. Allenfalls könnte die Teilnahme als mitbestrafte Begleittat konsumiert werden. Konsumtion bedeutet, dass der Unrechtsgehalt einer Vorschrift von einer anderen vollständig umfasst wird34 und zum Regeltatbild gehört35. Die Konsumtion bezweckt, eine Doppelbestrafung wegen des letztlich selben Unrechts zu vermeiden.36 Bei der Begleittat fallen die Tatbestandsverwirklichungen tatsächlich gesehen zusammen.37 Die Tatbestandsverwirklichung ist typische Begleiterscheinung der Haupttat, sodass der Unrechtsgehalt dieser gegenüber (der Natur der Straftat oder den tatsächlichen Umständen nach) rechtlich nicht ins Gewicht fällt.38 Die Begleittat ist infolge ihrer Typizität materiell Bestandteil der Haupttat, sodass es formalistisch wäre, das Gesetz der Begleittat anzuwenden, wenn der Unrechtsgehalt von der Haupttat umschlossen ist.39 Wenn es dem „Gerechtigkeitsempfinden“ widerspricht, dem Täter zusätzlich wegen der Begleittat zu bestrafen, muss diese weichen.40 Allerdings passt diese Konstruktion nicht auf die Rollen „Nehmer“ und „Geber“.41 Die Straftaten des Intraneus und Extraneus sind selbstständig und eigen32 BGH NStZ 1994, 29 (30); Roxin, AT / II, § 33 Rn. 212; Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 188; LK12-Rissing-van Saan, Vor § 52 Rn. 137; Geppert, Jura 1982, 418 (425); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285; siehe auch Fn. 69); Sch / Sch-Stree / Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 120; SSW-Eschelbach, § 52 Rn. 20. 33 BGH NStZ 1994, 29 (30): „Treffen mehrere Beteiligungsformen (einschließlich der Mittäterschaft) einer Person an derselben Tat zusammen, so geht die weniger schwere in der schwereren auf. Dabei ist Mittäterschaft als Täterschaft gegenüber der Anstiftung die schwerere Form der Beteiligung.“; Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 189; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (286 Fn. 69). Allgemein zur materiellen Subsidarität: SSW-Eschelbach, § 52 Rn. 16; Roxin, AT / II, § 33 Rn. 190; Geppert, Jura 1982, 418 (423); Sch / Sch-Stree / Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 107; LK12-Rissing-van Saan, Vor § 52 Rn. 125 m.w. N. 34 BGHSt 38, 366 (369): „Der Unrechtsgehalt der (mitbestraften) Nachtat wird durch die Bestrafung der in erster Linie strafwürdigen Haupttat abgegolten“; BGHSt 39, 233 (235); Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 223; LK12-Rissing-van Saan, Vor § 52 Rn. 144; Roxin, AT / II, § 33 Rn. 213 ff.; zu abweichenden Meinungen Vogler, FS Bockelmann (1979), 715 (716 ff.). 35 SSW-Eschelbach, § 52 Rn. 21. 36 BGHSt 38, 366 (368 f.); Geppert, Jura 1982, 418 (428); Vogler, FS Bockelmann (1979), 715 (721). 37 Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 216. 38 Sch / Sch-Stree / Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 125; Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 223; LK12-Rissing-van Saan, Vor § 52 Rn. 145; SSW-Eschelbach, § 52 Rn. 21, 27. 39 Geerds, Konkurrenz im Strafrecht, S. 217. 40 Vogler, FS Bockelmann (1979), 715 (721). 41 A.A. Binding, BT / II / 2, S. 723; Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 299, der die straflose Vor- bzw. Nachtat allerdings der Subsidiarität zuordnet; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (284), wonach eine Strafbarkeitsverdoppelung durch Teilnahme notfalls tatbestandlich hinzunehmen sei und die gebotene Korrektur in den Bereich der Konkurrenzlehre

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

ständig geregelt. Der Unrechtsgehalt, der von „Nehmer“ und „Geber“ im Korruptionsgeschehen verwirklicht wird, wird jeweils von den Geber- und Nehmerdelikten umfasst. Eine zur eigenen Täterschaft automatisch hinzutretende wechselseitige Teilnahmestrafbarkeit an der Spiegeltat ist wegen der strikten Rollentrennung nicht möglich. Trennt man daher zwischen den Rollen bzw. Lagern „Geber“ und „Nehmer“, wird eine zusätzliche Multiplikation von Teilnahmekonstellationen neben der eigenen Täterschaft vermieden.42

b) Funktion gesetzlicher Privilegierungen unter besonderer Berücksichtigung der Gesetzesentwicklungen zu §§ 331 ff. StGB Einen weiteren materiellen Hinweis zur Möglichkeit bzw. zum Ausschluss gleichzeitiger wechselseitiger Teilnahmestrafbarkeit an der Spiegeltat neben der Täterschaft geben gesetzlich manifestierte tatbestandliche Privilegierungen auf der Geber- und der Nehmerseite.43 Zunächst sind die Extraneusdelikte und im Anschluss die Intraneusdelikte auf tatbestandliche Privilegierungsstrukturen zu untersuchen. aa) Privilegierungen des Extraneus Nach der heutigen gesetzlichen Ausgestaltung weisen die Extraneusdelikte keine tatbestandlichen Privilegierungsstrukturen gegenüber den Intraneusdelikten auf. Bis zu dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption von 1997, welches die Korruptionsdelikte letztmalig veränderte, existierten jedoch tatbestandliche Unterschiede zwischen den Intraneus- und den Extraneusdelikten, die vor allem den Extraneus privilegierten. Erst durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption wurde die prinzipielle Gleichstellung von Nehmer und Geber im Gesetz manifestiert. Insbesondere § 333 StGB a. F. enthielt in der Gesetzesvariante von 1974 und vor dem Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. 08. 1997 Privilegierungen des Vorteilsgebers. Danach war als Geber nur strafbar, wer „als Gegenleistung dafür, dass [der Vorteilsnehmer] eine in seinem Ermessen stehende Diensthandlung künftig vornehme, einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt“. Hingegen zog § 331 StGB a. F. tatbestandlich auch vorgenommene Diensthandlungen ein. Die Vorteilsgewährung gemäß § 333 StGB wurde erst mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. 08. 1997 vollständig spiegelbildlich der Vorteilsannahme gemäß § 331 StGB angepasst.44 verlagert werden könnte“. Maurach / Schroeder / Maiwald, BT / 2, 79 / 31: „die Teilnahme des einen Partners an der Tat des anderen [ist] von seiner Täterschaft umfasst“. 42 A / W-Heinrich, § 49 Rn. 45; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285 f.). 43 Vgl. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (284).

A. Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat?

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Noch vor jener Gesetzesvariante von 1974 existierte in der Gesetzesvariante von 1872 kein korrespondierendes Geberdelikt zu § 331 StGB a. F. Danach wurde nur der Nehmer bestraft, „welcher für eine in sein Amt einschlagende, an sich nicht pflichtwidrige Handlung Geschenke oder andere Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen lässt“. Der Geber war hingegen straflos. Nur die aktive Bestechung, welche mit dem heutigen § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB vergleichbar ist, war gemäß § 333 StGB a. F. strafbar. Erst 1974 wurde demzufolge die heutige deliktische Ausgestaltung, die zwischen Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung und Bestechung unterscheidet, geschaffen.45 Zuvor existierte im Sinne der heutigen Deliktsbezeichnung nur Vorteilsannahme, Bestechlichkeit und Bestechung, aber keine Vorteilsgewährung. Aus der stetigen Entfernung von Privilegierungen des Gebers, die in der heutigen Gleichstellung des Gebers mit dem Nehmer mündete, können Rückschlüsse zur Möglichkeit wechselseitiger Teilnahme am Spiegeldelikt gezogen werden. Wäre wechselseitige Teilnahme möglich, würden Privilegierungen des Gebers unterlaufen werden. Schließlich könnte über den Umweg der wechselseitigen Teilnahme am Spiegeldelikt als straflos geltendes Verhalten der Strafbarkeit zugeführt werden.46 Damit würde allerdings der Wille des Gesetzes missachtet werden. Wenn die dem § 331 StGB a. F. korrespondierende Vorteilsgewährung (der heutige § 333 StGB) in der Gesetzesvariante von 1872 straflos war, durfte die Straflosigkeit nicht durch eine Bestrafung wegen Anstiftung zur passiven Bestechung des § 331 StGB a. F. korrigiert werden.47 Die seit 1997 bestehende neue Gesetzeslage ändert an dieser Schlussfolgerung nichts.48

bb) Privilegierungen des Intraneus Im Gegensatz zu den Extraneusdelikten existieren in der heutigen Tatbestandsfassung der Intraneusdelikte tatbestandliche Privilegierungen des Vorteilsnehmers. In bestimmten Fallkonstellationen ist der Geber strafbar, während der Nehmer straflos bleibt. Beispielsweise wird ein Soldat der Bundeswehr als Vorteilsnehmer gemäß den §§ 331, 332 StGB privilegiert. Wenn ein Soldat der Bundeswehr Vorteile fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, ist er dem Wortlaut gemäß §§ 331, 332 StGB straflos. In den §§ 331 Abs. 1, 332 Abs. 1 Satz 1 StGB wird der Soldat der Bundeswehr nicht aufgezählt. Hingegen ist der Vorteilsgeber, der einem Soldaten der Bun44 Hettinger, NJW 1996, 2263 (2268); Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 298; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 26. 45 Art. 19 Nr. 187 des Gesetzes vom 02. März 1974 (BGBl. I 1974 Nr. 22 vom 09. März 1974 S. 469 – 650). 46 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (284). 47 Birkmeyer, S. 318. 48 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (284).

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

deswehr einen Vorteil gemäß §§ 333 Abs. 1, 334 Abs. 1 Satz 1 StGB anbietet, verspricht oder gewährt, in jedem Fall strafbar. Ebenso regelt das Wehrstrafgesetzbuch die Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit (§§ 331, 332, 335 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2, 336 StGB) eines Soldaten der Bundeswehr nicht vollumfänglich. So stellt § 48 Abs. 1 (Aufzählung 5) WStG Offiziere und Unteroffiziere den Amtsträgern und ihren Wehrdienst dem Amt gleich. § 48 Abs. 2 WStG stellt Mannschaften den Amtsträgern und ihren Wehrdienst dem Amt gleich, allerdings nur hinsichtlich Bestechlichkeit (§§ 332, 335 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2, 336 StGB). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SoldG ist Soldat, „wer auf Grund der Wehrpflicht oder freiwilliger Verpflichtung in einem Wehrdienstverhältnis steht.“. Die Strafbarkeit eines Soldaten der Bundeswehr als Vorteilsnehmer hängt daher von seinem Dienstgrad ab.49 Es existieren insoweit drei Laufbahngruppen, die der Mannschaften, die der Unteroffiziere und die der Offiziere, § 3 SLV. Daher ist ein Soldat der Bundeswehr, der lediglich der Laufbahngruppe der Mannschaften angehört, im Ergebnis nicht wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB strafbar. Das Gesetz ist hier inkonsistent.50 Geber und Nehmer sind auf Grundlage der handlungstheoretischen Strukturüberlegungen zur Korruption gleichrangige Tauschparteien. Demzufolge überzeugt die partielle Straflosigkeit des Nehmers nicht. Die Aussage, dass die uneingeschränkte Anwendung des § 331 StGB auf Soldaten „nicht angängig“ sei, die dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 11. 05. 1973 zu entnehmen ist,51 ist daher unsachgemäß. Hintergrund dieser Ansicht war, dass nur „Offiziere und Unteroffiziere die öffentlich-rechtlichen Funktionen und die damit verknüpfte besondere Machtposition besitzen, die eine Anwendbarkeit des Amtsträgerstrafrechts rechtfertigen“.52 Der Entwurf erkannte zwar die Diskrepanz zur Vorteilsgeberstrafbarkeit und die „ungleiche Behandlung des Vorteilsgebers und des Vorteilsnehmers“. Dieser weist darauf hin, dass es kriminalpolitisch nicht vertretbar zu sein scheint, nur den Vorteilsgeber zu bestrafen, wenn der Vorteilsnehmer ein Unteroffizier oder Offizier ist.53 Der Entwurf fand sich im Ergebnis mit der Ungleichbehandlung ab und sah den „Ausgleich“ darin, dass „die begangene Dienstverfehlung disziplinarisch zur Rechenschaft gezogen werden kann“.54 Der Gesetzgeber hat dieses Dilemma 2007 wieder in einem Gesetzesentwurf aufgegriffen. Entsprechend sieht ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung als sogenanntes Zweites Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 04. 10. 2007 (BT-Drs. 16 / 6558, S. 18) vor, das Wehrstrafgesetz zu ändern. So soll in § 48 Abs. 2 WStG die Vorteilsannahme einbezogen und Mannschaften den Amtsträgern gleichgestellt werden.55 Im Bereich der Korruptionsdelikte kann es BT-Drs. 16 / 6558, S. 18. So auch Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 10: Es sind allenfalls disziplinarische Sanktionen möglich; SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 7; Hardtung, S. 232. 51 BT-Drs. 7 / 550, S. 275. 52 BT-Drs. 16 / 6558, S. 18. 53 BT-Drs. 7 / 550, S. 275. 54 BT-Drs. 7 / 550, S. 275. 55 BT-Drs. 16 / 6558, S. 18. 49 50

A. Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat?

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nach diesem Entwurf nicht auf den Umfang der öffentlich-rechtlichen Funktion ankommen.56 Obwohl die partielle gesetzliche Ungleichbehandlung des Gebers und des Nehmers nicht sachgerecht ist, darf die vereinzelte Straflosigkeit des Vorteilsnehmers wiederum nicht dazu führen, den Nehmer wegen der Teilnahme an der Gebertat zu bestrafen.57 Die entscheidenden Gründe hierfür wurden bereits genannt: Die gesetzlich manifestierte Privilegierung und der Wille des Gesetzgebers würden unterlaufen werden. Darüber hinaus würde die Lagertrennung zwischen Geber und Nehmer, die gesetzlich vorgesehen ist, ausgehebelt werden.58 Daher kann es nicht zur Anwendung von Teilnahmevorschriften auf den korrespondierenden Täterkreis kommen, wenn diese Vorschriften nicht willkürlich und unbestimmt werden sollen.59

4. Anwendbarkeit der Konstruktion „notwendige Teilnahme“ Die Frage nach der wechselseitigen Teilnahme am Spiegeldelikt wird teilweise über die Rechtsfigur der „notwendigen Teilnahme“ geklärt.60 Mit dem Begriff „notwendige Teilnahme“ soll die Straflosigkeit bestimmter Teilnahmekonstellationen verdeutlicht werden.61 „Notwendige Teilnahme“ setzt die Beteiligung mehrerer Personen an der Begehung einer Straftat voraus, deren Tatbestand so gestaltet ist, dass er nur durch das Zusammenwirken mehrerer erfüllt werden kann.62 Unter „notwenBT-Drs. 16 / 6558, S. 18. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (284 f.); im Hinblick auf die Konstellation „Soldat der Bundeswehr“: Sax, ZStW 90 (1978), 927 (953); MK-Korte, § 333 Rn. 38; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 74; LK12-Sowada, § 331 Rn. 136. 58 BGH NJW 1991, 576 (578); Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 298; Sax, ZStW 90 (1978), 927 (953); Jakobs, AT, 24 / 11; Sowada, S. 124; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (284 f.); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 74; LK11-Jescheck, § 333 Rn. 11; MK-Korte, § 333 Rn. 38; Bell, MDR 1979, 719 (719 ff.); Herzberg, TuT, S. 136. 59 Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 61; Birkmeyer, S. 318. 60 LK11-Jescheck, § 331 Rn. 29; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 39; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2273); Kohlrausch / Lange, § 331 VIII: „Teilnahme des Geschenkgeber [ist] ausgeschlossen, auch soweit sie über die notwendige Beteiligung hinausgeht“; § 333 I: „Der Beamte ist notwendig (passiv) beteiligt, aber nicht Teilnehmer“; wohl auch Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 210; Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 299; Oğlakcioğlu, HRRS 2011, 275 (276); LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 47: „Es handelt sich [bei den Tathandlungen] um exklusive Vertypungen, die eine strafbare Teilnahme der einen an der Straftat des anderen Seite nicht zulassen[. Daran] ändert sich der Sache nach nichts, wenn der jeweils andere in Bezug auf die Unrechtsvereinbarung als notwendiger Teilnehmer angesehen und mit Blick auf seine Beihilfe zur Haupttat ein Zurücktreten hinter der eigenen Täterschaft angenommen wird“. 61 Herzberg, TuT, S. 133; Sowada, S. 269; Sax, ZStW 90 (1978), 927 (947); LK12-Gribbohm, § 236 Rn. 106; Schmitt, NJW 1977, 1811 (1811). 62 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 41; Baumann / Weber / Mitsch, § 32 Rn. 65; Schmidhäuser, AT, 10 / 169; Heinrich, BT / II, Rn. 1375; LK12-Schünemann, Vor § 26 Rn. 24. 56 57

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

dige Teilnahme“ ist daher eine regelmäßige und typische Teilnahme zu verstehen.63 Die „notwendige Teilnahme“ bleibt straflos, wenn sich der jeweilige Tatbeitrag auf das denknotwendig erforderliche Mindestmaß beschränkt.64 Im Rahmen der notwendigen Teilnahme ist zwischen Konvergenz- und Begegnungsdelikten zu unterscheiden.65 Konvergenzdelikte setzen ein gemeinschaftliches Handeln mehrerer mit gemeinsamer Zielsetzung voraus.66 Mehrere Täter verwirklichen den Tatbestand „in derselben Rolle“.67 Die gemeinsame Zielsetzung der Täter von klassischen Korruptionsdelikten könnte in der Unrechtsvereinbarung (Übereinkunft über den Tausch von Leistungen) erblickt werden. Allerdings handelt es sich nicht um gemeinschaftliches Handeln, welches „in derselben Art und Richtung auf die Rechtsgutsverletzung hin“68 wirkt. Intraneus und Extraneus stehen sich mit unterschiedlicher Motivation gegenüber. Der Intraneus erfüllt die Rolle des Nehmers, der Extraneus die Rolle des Gebers. Klassische Korruptionsdelikte sind daher keine Konvergenzdelikte. Es bleibt die Alternative der Begegnungsdelikte. Begegnungsdelikte sind dadurch gekennzeichnet, dass an der Tatbestandsverwirklichung notwendig mehrere Personen in entgegengesetzter Richtung und in gegensätzlichen Rollen auf dasselbe Ziel hin mitwirken.69 Dasselbe Ziel ist der Abschluss einer Unrechtsvereinbarung. Die Tatbeiträge stammen aus entgegengesetzter Richtung. Der Vorteilsnehmer fordert einen Vorteil, lässt sich einen Vorteil versprechen oder nimmt einen Vorteil an. Der Vorteilsgeber bietet einen Vorteil an, verspricht oder gewährt einen Vorteil. Beide Tauschparteien nehmen daher unterschiedliche Rollen ein, die des Nehmers und die des Gebers. Ohne diese beiden Parteien ist der Abschluss einer Unrechtsvereinbarung nicht möglich.70 Darüber hinaus missbraucht nur der Intraneus im Innenverhältnis zum Prinzipal eine Machtposition, wenn er seine Entscheidungsbefugnisse verkauft. Klassische Korruptionsdelikte können daher grundsätzlich als Begegnungsdelikte eingeordnet werden. Die Teilnahme der jeweiligen Gegenseite an der Tat des anderen ist allerdings nicht zwingend „notwendig“. Dieser Aspekt tritt am deutlichsten bei einseitigen Tathandlungen hervor. Die einseitigen Tathandlungen Fordern und Anbieten auf der Schmitt, NJW 1977, 1811 (1811). Schmidhäuser, AT, 10 / 170; Roxin, AT / II, § 26 Rn. 50 ff.; Sowada, S. 271. 65 Baumann / Weber / Mitsch, § 32 Rn. 65; Roxin, AT / II, § 26 Rn. 41. 66 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 41; Baumann / Weber / Mitsch, § 32 Rn. 66; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (279). 67 Lackner / Kühl, Vor § 25 Rn. 12. 68 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 41. 69 Roxin, AT / II, § 26 Rn. 42; Baumann / Weber / Mitsch, § 32 Rn. 71; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (279); Krey, AT / 2, § 31 Rn. 250; Heinrich, BT / II, Rn. 1376; Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, S. 10. 70 Sowada, S. 121 ff.; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (280); vgl. auch Roxin, AT / II, § 26 Rn. 42, anhand von Wucher gemäß § 291 StGB; Oğlakcioğlu, HRRS 2011, 275 (276). 63 64

A. Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat?

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Verhandlungsstufe sind nicht durch Zusammenwirken gekennzeichnet, da es in diesen Fallkonstellationen um eine Offerte geht und eine positive Reaktion des Gegenübers nicht erforderlich ist.71 Darüber hinaus existiert gesetzlich eine „allseitige Strafdrohung“72 in Form von materieller Täterschaft. Dieser Tatbestandsstruktur liegt der Gedanke der Lagertheorie zugrunde, wonach zwischen Geber und Nehmer als Täter unterschieden wird.73 Daher ist eine gleichzeitige Teilnahme neben der Täterschaft von vornherein ausgeschlossen. Die „notwendige Teilnahme“ ist zwar ebenfalls ein Konstrukt, um zur Straflosigkeit der Teilnahme zu gelangen, setzt aber denknotwendig die Möglichkeit der Teilnahme voraus. Bei den Korruptionsdelikten §§ 331 ff., 299 StGB handelt es sich aber um eigenständige täterschaftliche Regelungen.74 Die Verwirklichung des Komplementäraktes, entweder auf Geber- oder Nehmerseite, ist tatbestandlich nicht erforderlich.75 Die Konstruktion der „notwendigen Teilnahme“ überzeugt bei spiegelbildlichen Delikten nicht. Es handelt es sich um Täter-Täter-Interaktionen, wodurch der Rückgriff auf eine straflose „notwendige Teilnahme“ am jeweiligen Spiegeldelikt ausgeschlossen ist.

5. Systematischer Vergleich mit anderen Delikten, insbesondere Hehlerei, Geldwäsche und Kinderhandel Zuletzt wird geprüft, ob andere Straftatbestände im Strafgesetzbuch existieren, die gleiche oder ähnliche Deliktsstrukturen wie klassische Korruptionsdelikte aufweisen, und wenn ja, ob Teilnahmestrafbarkeit des jeweils anderen Täters möglich ist. Es sind Delikte relevant, die ebenso wie klassische Korruptionsdelikte auf Täter-Täter-Interaktionen abstellen und zwischen „Täterlagern“ unterscheiden. Aus einem derartigen systematischen Vergleich könnten Rückschlüsse zur Möglichkeit wechselseitiger Teilnahmestrafbarkeit im Bereich klassischer Korruptionsdelikte gezogen werden.

a) Anschlusstaten Begünstigung, Geldwäsche, Hehlerei Delikte, bei denen ähnlich wie bei klassischen Korruptionsdelikten zwischen „Lagern“ unterschieden wird, sind Begünstigung, Geldwäsche und Hehlerei. Bei diesen Delikten handelt es sich um Anschlusstaten zu bestimmten Vortaten.76 Im Sowada, S. 123. Vgl. Sowada, S. 118 ff. 73 Vgl. Sowada, S. 122. 74 Sowada, S. 124; Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 62: rechtliche Selbstständigkeit; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (280); Heinrich, BT / II, Rn. 1376. 75 Geerds, Unrechtsgehalt der Bestechungsdelikte, S. 59 f.; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (283 Fn. 57). 71 72

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

Ausgangspunkt agieren wie bei klassischen Korruptionsdelikten zwei Täter, die selbstständig bestraft werden. Begünstigung gemäß § 257 Abs. 1 StGB unterscheidet zwischen Vortäter und Begünstigenden. Die Vortat muss ein anderer begangen haben. Hierin liegt eine Differenzierung zwischen dem Lager des Vortäters und dem Lager des Nachtäters. Gemäß § 257 Abs. 3 Satz 1 StGB wird nicht wegen Begünstigung bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Als Anschlusstat gilt ebenfalls Geldwäsche gemäß § 261 StGB. Der Gegenstand der Geldwäsche muss aus einer rechtswidrigen Tat im Sinne des abschließendes Kataloges gemäß Absatz 1 Satz 2 stammen.77 Nach der jetzigen Tatbestandsformulierung ist es nicht mehr erforderlich, dass die Vortat „von einem anderen“ begangen wird, sodass der Vortäter den Tatbestand der Geldwäsche verwirklichen kann.78 Absatz 9 Satz 2 bestimmt, dass nicht derjenige wegen Geldwäsche bestraft wird, der wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Damit soll eine Doppelbestrafung wegen Vor- und Nachtat verhindert werden.79 Hehlerei gemäß § 259 StGB ist die Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage durch einverständliches Zusammenwirken mit dem Vortäter bzw. dem Zwischenhändler.80 Täter einer Hehlerei kann nur sein, wer nicht Täter der Vortat und nicht der von der Vortat betroffene Berechtigte ist.81 Dies folgt aus dem Gesetzeswortlaut „ein anderer“. Im Übrigen existiert keine § 257 Abs. 3 StGB bzw. § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB entsprechende Regelung. Der Vortäter kann sich aber trotzdem nicht wegen Anstiftung oder Beihilfe zur Hehlerei strafbar machen. Teilweise wird dieses Ergebnis aus dem Gedanken der mitbestraften Nachtat geschlussfolgert.82 Teilweise heißt es, „wenn der Täter der Vortat schon tatbestandlich nicht Täter der anschließenden Hehlerei sein kann, kann er erst recht nicht Teilnehmer an dieser Tat sein“.83 Teilweise gilt der Vortäter auch als notwendiger Teilnehmer.84

76 Vgl. BGH NStZ 2009, 161 (161); Fischer, § 257 Rn. 2, § 259 Rn. 6, 17, 31, § 261 Rn. 18; A / W-Heinrich, § 27 Rn. 12, § 28 R. 20. 77 Rengier, BT / I, § 23 Rn. 6; BeckOK-Ruhmannseder, § 261 Rn. 9. 78 Sch / Sch-Stree / Hecker, § 261 Rn. 7; BeckOK-Ruhmannseder, § 261 Rn. 11; Rengier, BT / I, § 23 Rn. 26. 79 BT-Drs. 13 / 8651, S. 11; BeckOK-Ruhmannseder, § 261 Rn. 11; Sch / Sch-Stree / Hecker, § 261 Rn. 7; a. A. formelle Subsidiarität: NK-Altenhain, § 261 Rn. 21. 80 BayObLG NJW 1958, 1597 (1597); BGH NJW 1977, 205 (205). 81 Rengier, BT / I, § 22 Rn. 42; Sch / Sch-Stree / Hecker, § 259 Rn. 47; MK-Lauer, § 259 Rn. 50. 82 BayObLG NJW 1958, 1597 (1598); Sch / Sch-Stree / Hecker, § 259 Rn. 50; SSW-Jahn, § 259 Rn. 38; Geppert, Jura 1982, 418 (428). 83 MK-Lauer, § 259 Rn. 51; Rengier, BT / I, § 22 Rn. 42. 84 BayObLG NJW 1958, 1597 (1597).

A. Teilnahme von Intraneus und Extraneus an der Spiegeltat?

261

Trotz der Unterscheidung zwischen den Lagern Vortäter und Nachtäter sind diese Delikte strukturverschieden zu den klassischen Korruptionsdelikten, sodass keine Rückschlüsse auf die Möglichkeit wechselseitiger Teilnahme gezogen werden können. Die Vortat muss regelmäßig abgeschlossen sein, d. h. bereits begangen worden sein, damit eine Nachtat möglich ist.85 Daher ist bei Hehlerei, Begünstigung und Geldwäsche faktisch schon keine gleichzeitige wechselseitige Teilnahme denkbar. Ein systematischer Vergleich der Tatbestandsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte mit den Tatbestandsstrukturen der Anschlussdelikte Begünstigung, Hehlerei und Geldwäsche führt demzufolge zu keinem weitergehenden Erkenntnisgewinn.

b) Spiegeltatdelikte Kinderhandel und Verwandtenbeischlaf Die Tatbestandsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte sind mit denen des Kinderhandels gemäß § 236 StGB und des Verwandtenbeischlafes gemäß § 173 StGB wegen der spiegelbildlichen Tatbestandsausgestaltung vergleichbar. 86 Folgende Hinweise beschränken sich auf Kinderhandel. Kinderhandel bestraft zum einen den „Verkäufer“ gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 StGB. Bei dem „Verkäuferdelikt“ handelt sich um ein echtes Sonderdelikt.87 Zum anderen bestraft § 236 Abs. 1 Satz 2 StGB den „Käufer“. Das „Käuferdelikt“ stellt ein Jedermannsdelikt mit Ausnahmen dar.88 Die Bestrafung von „Verkäufer“ und „Käufer“ erfolgt wie bei klassischen Korruptionsdelikten spiegelbildlich. Auf Verkäuferseite wird das Überlassen gegen Entgelt und auf Käuferseite das Aufnehmen gegen Gewährung eines Entgeltes unter Strafe gestellt.89 Die jeweiligen Tathandlungen gehören als einheitliches Geschehen zusammen, wobei die eine ohne die andere tatbestandsmäßig nicht möglich ist.90 Dem Kinderhandel liegt daher wie den klassischen Korruptionsdelikten eine Täter-Täter-Interaktion zugrunde. Die Täter des Kinderhandels gehen wie Korruptionstäter einen „Unrechtsvertrag“ ein; bei klassischen Korruptionsdelikten ist es der „Korruptionsvertrag“ und beim Kinderhandel ist es der „Kaufvertrag über ein Kind“. Neben dieser starken Ebenbildlichkeit der Tatbestandsstrukturen wird die gesetzliche Unterscheidung zwischen Lagern, nämlich Verkäufer und Käufer, deutlich.91 Kinderhandel liegt ebenfalls eine eigenständige Vertypung der Käufer- und Verkäuferstrafbarkeit zugrunde.92

85 86 87 88 89 90 91 92

Fischer, § 257 Rn. 4; § 259 Rn. 8; § 261 Rn. 18. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (297). LK12-Gribbohm, § 236 Rn. 6; BeckOK-Valerius, § 236 Rn. 2. LK12-Gribbohm, § 236 Rn. 10; BeckOK-Valerius, § 236 Rn. 7. BeckOK-Valerius, § 236 Rn. 7; vgl. auch Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (296 f.). LK12-Gribbohm, § 236 Rn. 91. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (297). Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (297).

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

Eine wechselseitige Teilnahme am Spiegeldelikt wird zumeist mit den Verweis auf „notwendige Teilnahme“ ausgeschlossen: Der Verkäufer des Abs. 1 Satz 1 mache sich als „notwendiger Teilnehmer“ nicht zusätzlich wegen Anstiftung oder Beihilfe an der Tat des Käufers nach Abs. 1 Satz 2 strafbar; entsprechendes gelte umgekehrt für den Käufer.93 Auf Käuferseite verwendet Gribbohm den Terminus „notwendiger Täter“: der Käufer könne sich als „notwendiger Täter“ nicht zusätzlich strafbar machen.94 Dass damit „notwendiger Teilnehmer“ gemeint ist, ist wohl anzunehmen. Dennoch trifft dieser anzunehmende Verschreiber den Kern des Ganzen: Verkäufer und Käufer sind selbstständige und eigenständige Täter. Eine gleichzeitige wechselseitige Teilnahmestrafbarkeit neben der eigenen Täterschaft ist wie bei klassischen Korruptionsdelikten ausgeschlossen, da der Unrechtsgehalt der TäterTäter-Interaktion bereits durch das Verkäufer- und Käuferdelikt materiell umfasst wird. Keiner der Täter ist daher „notwendig“ Teilnehmer.

II. Ergebnis: keine automatische wechselseitige Teilnahme Eine gleichzeitige wechselseitige Teilnahmestrafbarkeit an der jeweiligen Spiegeltat ist grundsätzlich neben der Täterschaft ausgeschlossen. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die umfassende materielle Täterschaft der Spiegeltattäter. Es muss jedoch zwischen einer Teilnahmestrafbarkeit neben der Täterschaft durch ein- und dieselben Handlungen und einer Teilnahmestrafbarkeit neben der Täterschaft durch andere Handlungen differenziert werden.95 Es ist auszuschließen, dass der Gesetzgeber alle übrigen Teilnahmehandlungen, die nicht an die eigenen täterschaftlichen Handlungen gekoppelt sind, straflos lassen will.96 Demnach sind Handlungseinheit und Handlungsmehrheit wesentliche Parameter für die Möglichkeit von Teilnahmestrafbarkeit neben der Täterschaft. Daher ist zwischen folgenden zwei Fallkonstellationen zu differenzieren. Die erste Fallkonstellation ist diejenige, die die Frage nach der Möglichkeit wechselseitiger Teilnahmestrafbarkeit an der Spiegeltat primär hervorgebracht hat. Es handelt sich um gleichzeitige und insofern „automatische“ Teilnahme an der Spiegeltat neben der Täterschaft. Für diese Fallkonstellationen wurden unterschiedliche Gründe angeführt, warum eine wechselseitige Teilnahme ausgeschlossen ist. Obwohl nach allgemeiner Teilnahmedogmatik, wie zu Anfang ausgeführt, Teilnahme grundsätzlich zu sämtlichen Straftaten des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches möglich ist, bedeutet die täterschaftliche Trennung und Selbstständigkeit der Nehmer- und Geberstrafbarkeit den Ausschluss einer automatischen wechselseitigen Teilnahme.97 93 94 95 96

Sch / Sch-Eser / Eisele, § 236 Rn. 14; LK12-Gribbohm, § 236 Rn. 91, 106. LK12-Gribbohm, § 236 Rn. 91. Vgl. auch RGSt 42, 382 (383). RGSt 42, 382 (383).

B. Teilnahme außenstehender Dritter

263

Über die „automatische“ Teilnahme an der Spiegeltat hinaus ist eine von der Täterschaft „unabhängige“ Teilnahme am spiegelbildlichen Delikt grundsätzlich denkbar. Dies gilt insbesondere, wenn weitere Handlungen des Nehmers oder Gebers vorgenommen werden.98 Folgendes Beispiel illustriert dabei einen denkbaren Fall der „unabhängigen“ Teilnahme im Korruptionsgeschehen: Die Unrechtsvereinbarung zwischen Intraneus und Extraneus ist abgeschlossen, nachdem der Intraneus einen Vorteil gefordert und der Extraneus einen Vorteil versprochen hat. Es besteht Strafbarkeit nach § 331 Abs. 1 StGB und § 333 Abs. 1 StGB. Folgender Faktor kommt hinzu: Der Amtsträger leistet in irgendeiner Weise dazu Hilfe, dass die Vorteilsgewährung tatsächlich durchgeführt werden kann. Beispielsweise hilft er dem Extraneus beim Beschaffen des versprochenen Vorteils.99 Diese Verhaltensweise ist von der Forderung abgekoppelt und stellt eine von der Forderung unabhängige und selbstständige Handlung dar. Der Amtsträger verwirklicht zweierlei: Erstens fordert er aktiv auf. Zweitens hilft er dem Extraneus. Der Intraneus spielt in dieser Konstellation neben seiner Täterrolle eine zweite Rolle innerhalb der Tauschbeziehung und zwar die Rolle eines Gehilfen zur Straftat des Gebers.100

B. Teilnahme außenstehender Dritter Korruptionssachverhalte sind durch eine Prinzipal-Intraneus-Beziehung im Innenverhältnis und eine Tauschbeziehung zwischen Intraneus und Extraneus im Außenverhältnis charakterisiert. Im Außenverhältnis können neben Intraneus und Extraneus ebenfalls sog. außenstehende Dritte agieren. Außenstehende Dritte wirken im Korruptionsgeschehen mit, sind selbst aber nach dem zugrunde liegenden Prämissen des Korruptionsmodells in der Regel nicht auf eine eigene Unrechtsvereinbarung bedacht.101 Obwohl sie sich somit an den Täter-Täter-Interaktionen von Nehmer und Geber beteiligen, erfüllen außenstehende Dritte regelmäßig nicht die Rolle des Nehmers oder die des Gebers. Handlungstheoretisch sind sie daher keine Täter im Korruptionsgeschehen. Es sind jedoch Fallkonstellationen denkbar, in denen sog. außenstehende Dritte ihren Entschluss ändern und sich selbst zur Tauschpartei des „Korruptionsvertrages“ machen [siehe Kapitel 5 B. I. 2 d)]. Solche Fallkonstellationen sind in den folgenden Abschnitten auszublenden. Wenn außenste-

A / W-Heinrich, BT, § 49 Rn. 16; ähnlich Überhofen, S. 82. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (280): „Täterschaftlich nicht erfasste Randbereiche“; Wessels / Hettinger, BT / 1, Rn. 1121. 99 Siehe auch Binding, BT / II / 2, S. 723. 100 Vgl. auch RGSt 13, 181 (182); Baumann, BB 1961, 1057 (1065); Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 543; a. A. wohl Kohlrausch / Lange, § 331 VIII, nach denen eine Teilnahme des Vorteilsgebers ausgeschlossen ist, auch soweit sie über die notwendige Beteiligung hinausgeht. 101 Vgl. Bell, MDR 1979, 719 (720); Wittig, wistra 1998, 7 (8 ff.). 97 98

264

Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

hende Dritte im Korruptionsgeschehen nicht als Täter agieren, können sie nur als Teilnehmer an den Straftaten des Nehmers bzw. des Gebers strafbar sein.102 Das Strafgesetzbuch sieht keine selbstständige Strafbarkeit vor. Teilweise werden Vermittlertätigkeiten außerhalb von Korruptionssachverhalten auch mit selbstständiger Strafe bedroht, wie beispielsweise § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB oder § 236 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 StGB belegen. Beispielfälle für Verhaltensweisen von außenstehenden Dritten im Korruptionsgeschehen sind Folgende: der außenstehende Dritte wird als Empfangsbote oder als Erklärungsbote tätig103; der außenstehende Dritte stellt als Finanzier des Vorteilsgebers das für die Bestechung benötigte Geld zur Verfügung und veranlasst die Bezahlung104; der außenstehende Dritte rät dem Vorteilsnehmer / dem Vorteilsgeber zu korruptiven Verhaltensweisen105; der außenstehende Dritte übernimmt eine Vermittlertätigkeit, auch in Form von Strohfirmen, zwischen Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer.106 Einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag beispielsweise folgender Sachverhalt zugrunde (BGHSt 37, 207 ff.): „M. und G. haben u. a. dem Mitangekl. F Interessenten namhaft gemacht, denen er durch Bestechung des beim Straßenverkehrsamt der Stadt O. angestellten Mitangekl. U Führerscheine ‚besorgte‘, auf die sie ohne die sonst erforderliche Fahrerlaubnisprüfung keinen Anspruch hatten. Teils handelte es sich um die ‚Umschreibung‘ italienischer Führerscheine in deutsche Führerscheine, teils um den Umtausch alter inländischer Führerscheine in neue nach dem sog. EG-Muster.“

Auf ein plastisches Fallbeispiel für Korruption im privaten Bereich, in welchem außenstehende Dritte agieren, wurde bereits hingewiesen.107 Zur Erinnerung wird der Sachverhalt jedoch nochmals wiedergegeben: Leitende Angestellte eines Automobilkonzerns gründeten Vermittlungsgesellschaften, die von diversen Lieferantenfirmen „Vermittlungsprovisionen“ für Aufträge des Konzerns von bis zu 5 % des Auftragsvolumens forderten und erhielten. Für die Vermittlungsgesellschaf-

102 LPK-StGB, Vor §§ 25 – 31, Rn. 43; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 8; insbesondere zu § 299 Abs. 1 StGB: Dannecker, JZ 2005, 49 (52); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 564; LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 10; NK-Dannecker, § 299 Rn. 15: Dritte, die nicht in einer besonderen Beziehung zum Betrieb stehen, können lediglich Teilnehmer sein; zu § 299 Abs. 2 StGB: Kienle / Kappel, NJW 2007, 3530 (3531); Greeve, Rn. 438; Sommer, Rn. 229; LK12Tiedemann, § 299 Rn. 20; NK-Dannecker, § 299 Rn. 16, 62: Private Dritte, die nicht im Interesse eines Mitbewerbers handeln und auch nicht in einem wirtschaftlichen Kontext konkret involviert sind, kommen als Täter nicht in Betracht und können allenfalls Teilnehmer sein. 103 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291). 104 BGH NStZ 2000, 430 (430); SSW-Rosenau, § 299 Rn. 38; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 628; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (286). 105 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291). 106 BGH NJW 1991, 576 (577); Wittig, wistra 1998, 7 (7 ff.); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (295 f.); LK12-Tiedemann, § 299 Rn. 12; NK-Dannecker, § 299 Rn. 20; Bell, MDR 1979, 719 (720); SSW-Rosenau, § 299 Rn. 37; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 566, 628. 107 Kapitel 5 B. I. 1. a).

B. Teilnahme außenstehender Dritter

265

ten handelten Personen, die dort und nicht im Konzern angestellt waren. Gegenüber den Lieferantenfirmen gaben die für die Vermittlungsgesellschaften handelnden Personen vor, gute Kontakte zu den im Konzern Verantwortlichen zu haben und bei Zahlung von „Vermittlungsprovisionen“ Aufträge zu vermitteln. Die im Konzern angestellten Personen, die für die Auftragsvergabe zuständig waren, erhielten zumindest Anteile an den von den Lieferantenfirmen gezahlten Schmiergeldern.108

Der folgende Untersuchungsgegenstand setzt sich mit der Teilnahmestrafbarkeit außenstehender Dritter auseinander. Die Teilnahme, d. h. Anstiftung oder Beihilfe, muss zur eigentlichen Tathandlung, d. h. Fordern, Sich-Versprechen-Lassen, Annehmen bzw. Anbieten, Versprechen, Gewähren, erfolgen. Zur Teilnahmestrafbarkeit gemäß § 332 Abs. 1 Satz 2 StGB genügt beispielsweise nicht die bloße Hilfe zur pflichtwidrigen Handlung ohne den Willen, damit zugleich die tatbestandliche Handlung zu fördern.109 Entsprechendes gilt für alle weiteren klassischen Korruptionsdelikte. Darüber hinaus ist der zumeist schwierige Nachweis zu führen, dass eine konkrete Teilnahmehandlung und alle erforderlichen subjektiven Voraussetzungen (sog. doppelter Teilnahmevorsatz) gegeben sind.110 Der Teilnehmer muss von allen wesentlichen Begriffsmerkmalen der zu begehenden Haupttat Kenntnis haben und seinen Vorsatz auf die Unterstützung der Ausführung oder auf die Bestimmung zu dieser Tat durch seine Teilnahmehandlung richten.111 Klassische Korruptionsdelikte werfen spezielle Fragestellungen zur Teilnahmestrafbarkeit außenstehender Dritter auf. Die besonderen Tatbestandsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte produzieren auf der Teilnahmeebene zahlreiche Inkonsistenzen und Ungleichbehandlungen, je nachdem auf welcher Tauschseite die außenstehenden Dritten mitwirken. Die Ursache hierfür besteht darin, dass die Nehmerdelikte echte Sonderdelikte, während die Geberdelikte Allgemeindelikte darstellen.112 Die Inkonsistenzen und Ungleichbehandlungen rühren des Weiteren daher, dass die Strafe von Teilnehmern, bei denen die besondere Tätereigenschaft des Nehmers fehlt, an den Taten des Nehmers zwingend gemäß § 28 Abs. 1 StGB zu mildern ist, während Teilnehmer an den Taten des Gebers keine derartige Strafmilderung erfahren. Ausgangspunkt der folgenden Untersuchung bilden Fallkonstellationen, in denen außenstehende Dritte selbst nicht die Intraneuseigenschaft besitzen. Je nachdem, ob der außenstehende Dritte auf Seiten des Vorteilsgebers oder des Vorteilsnehmers oder aber auf beiden Seiten tätig wird, resultieren aufgrund der Gegenüberstellung von echten Sonderdelikten und Allgemeindelikten unterschiedliche Strafrahmen.113 Vor dem Hintergrund der Gleichstellung von Geber und Nehmer

Wittig, wistra 1998, 7 (7). BGHSt 18, 263 (265). 110 Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 59. 111 RGSt 42, 382 (383). 112 Auch der BGH NJW 1991, 576 (577), warf die Frage nach den Konsequenzen für den Teilnehmer auf, wenn die Strafbarkeit von Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber spiegelbildlich ausgestaltet ist. 108 109

266

Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

leuchtet die Ungleichbehandlung der Teilnehmer nicht ein. Die folgenden Abschnitte werden die angedeuteten Problempunkte vertiefen. Insofern werden Fallgruppen gebildet, die die unterschiedlichen Rechtsfolgen der Teilnahmestrafbarkeit und die entstehenden Inkonsistenzen aufzeigen. Dabei ist zu prüfen, ob und inwieweit diese Inkonsistenzen legitim bzw. legitimierbar sind. Abschließendes Ziel der nachstehenden Untersuchung ist es, überzeugende Lösungen zur Behebung der Inkonsistenzen und Ungleichbehandlungen zu entwickeln.

I. Fallgruppen und Rechtsfolgen, insbesondere nach § 28 Abs. 1 StGB – Inkonsistenz des Gesetzes Zunächst sind die verschiedenen Teilnahmekonstellationen des außenstehenden Dritten in Fallgruppen zu untergliedern, um die jeweiligen Inkonsistenzen des Gesetzes zu verdeutlichen. Es existieren zwei wesentliche Fallgruppen, erstens einseitige Teilnahme und zweitens beidseitige Teilnahme.114 Die einseitige Teilnahme ist wiederum in die Teilnahme an den Taten des Intraneus gemäß §§ 331 Abs. 1, 332 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 1 StGB und in Teilnahme an den Taten des Extraneus gemäß §§ 333 Abs. 1, 334 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 2 StGB zu unterteilen. Ebenfalls ist die beidseitige Teilnahme wiederum aufzuteilen, zum einen in vorrangige Teilnahme und zum anderen in gleichrangige Teilnahme. Diese verschiedenen Fallgruppen und die resultierenden Inkonsistenzen des Gesetzes werden im Folgenden genauer dargestellt. 1. Einseitige Teilnahme Einseitige Teilnahme bedeutet, dass sich der außenstehende Dritte entweder an den Taten des Vorteilsnehmers oder an den Taten des Vorteilsgebers beteiligt.115 Je nachdem, an welcher Tat der außenstehende Dritte mitwirkt, knüpft das Gesetz unterschiedliche Rechtsfolgen an die Strafbarkeit. a) Teilnahme an den Taten des Intraneus (§§ 331 Abs. 1, 332 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 1 StGB) Außenstehende Dritte, die einseitig an den Taten des Intraneus (§§ 331 Abs. 1, 332 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 1 StGB) im Sinne der §§ 26, 27 StGB teilnehmen, er113 Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 512; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285 ff.). 114 So bereits Bell, MDR 1979, 719 (719), der allerdings den Begriff „doppelseitige Teilnahme“ statt „beidseitiger Teilnahme“ verwendet. 115 Bell, MDR 1979, 719 (719); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119; MK-Korte, § 333 Rn. 39.

B. Teilnahme außenstehender Dritter

267

halten zwingend eine Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 i.V. m. § 49 Abs. 1 StGB, wenn bei ihnen die besondere Tätereigenschaft des Intraneus fehlt.116 Soweit der außenstehende Dritte als Gehilfe im Sinne von § 27 Abs. 1 StGB agiert, kommt ihm wegen § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB obligatorisch eine doppelte Strafmilderung zu.117 Eine solche doppelte Strafmilderung, obwohl legislatorisch zwingendes Resultat, billigt der Bundesgerichtshof dem Gehilfen lediglich unter bestimmten Bedingungen zu. Nur wenn sein Tatbeitrag materiell nach den Gesamtumständen eine Beihilfehandlung darstellt, könne aufgrund des geringen Gewichts des Tatbeitrages eine doppelte, aber selbstständige, Strafmilderung nach § 27 Abs. 2 StGB hinzutreten.118 Dieses Ergebnis beruht auf dem Gedanken, dass eine Doppelverwertung letztendlich ein- und desselben Milderungsgrundes ungereimt wäre.119 Treffen somit mehrere Strafmilderungsgründe aufeinander, könne eine Mehrfachverwertung lediglich stattfinden, wenn jeder Milderungsgrund eine selbstständige sachliche Grundlage hat.120 Schünemann knüpft die doppelte Strafmilderung hingegen an das Merkmal „Tatherrschaft“: der mit Tatherrschaft beteiligte Nichtqualifizierte erhält eine nur einmalige Strafmilderung – der ohne Tatherrschaft beteiligte Nichtqualifizierte erlangt eine doppelte Strafmilderung, da es sich um eine mindergewichtige Beteiligung handelt.121 Andere halten zu Recht an der zwingenden doppelten Strafmilderung fest. Schon im Hinblick auf das Gesetzlichkeitsprinzip (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) geht die Versagung der doppelten Strafmilderung unzulässig zu Lasten des Teilnehmers.122 Teilweise wird angeführt, dass die doppelte Strafmilderung geboten sei, um das Stufenverhältnis zwischen Anstiftung und Beihilfe zu erhalten.123 Im Ergebnis ist die Strafe doppelt zu mildern, da das Strafgesetzbuch keinen fakultativen Spielraum lässt. Die doppelte Strafmilderung ist obligatorisch.

116 Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 513; Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 75; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 121; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 6; Sch / Sch-Heine, § 28 Rn. 25; Krey, AT / 2, § 31 Rn. 231; Frister, AT, Kap. 25 Rn. 31; LK12-Sowada, Vor § 331 Rn. 9; Sánchez-Vera, S. 202; vgl. auch SK-Stein / Rudolphi, Vor § 331 Rn. 21; Bernsmann, StV 2003, 521 (526); MK-Korte, § 331 Rn. 179, § 332 Rn. 47; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 43, § 59 Rn. 4; Sch / Sch-Heine, Vorbem. §§ 331 ff. Rn. 7. 117 BGHSt 26, 53 (54); BGH StV 1983, 330; Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 69; SK-Stein / Rudolphi, Vor § 331 Rn. 21. 118 BGHSt 26, 53 (54); BGH StV 1983, 330; Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 69. 119 BGHSt 26, 53 (54); Schünemann, Jura 1985, 355 (367). 120 BGHSt 26, 53 (54). 121 Schünemann, Jura 1985, 355 (367). 122 BeckOK-Kudlich, § 28 Rn. 20. 123 NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 79, im Anschluss an LK11-Roxin, § 28 Rn. 88.

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

b) Teilnahme an den Taten des Extraneus (§§ 333 Abs. 1, 334 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 2 StGB) Der außenstehende Dritte, der einseitig an den Taten des Extraneus (§§ 333 Abs. 1, 334 Abs. 1 Satz 1, 299 Abs. 2 StGB) teilnimmt, erhält keine Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 i.V. m. § 49 Abs. 1 StGB, schließlich handelt es sich bei den Haupttaten des Extraneus um Jedermannsdelikte und nicht um echte Sonderdelikte.124 Dadurch wird der Teilnehmer auf Seiten des Vorteilsgebers grundsätzlich schlechter gestellt als der Teilnehmer auf Seiten des Vorteilsnehmers. Diese Schlechterstellung ist aus mehreren Gründen nicht einsichtig. Erstens entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, Geber und Nehmer auf der Täterebene gleichzustellen. Zweitens ordnet das Gesetz für Geber und Nehmer gleiche Strafandrohungen an (§ 331 Abs. 1 und § 333 Abs. 1 StGB sowie § 299 Abs. 1 und § 299 Abs. 2 StGB), die nur leicht zwischen § 332 Abs. 1 Satz 1 und § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB divergieren.125 Stiftet beispielsweise der außenstehende Dritte den Extraneus zu seiner Tat an, ist er als Anstifter gemäß § 26 StGB gleich dem Täter zu bestrafen, während derjenige, der den Intraneus anstiftet, trotz der gesetzlichen Gleichstellung eine Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB erhält.126 Zwischen Teilnahme auf Seiten des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers existiert daher ein gesetzliches Spannungsverhältnis.127 Diese Ungleichbehandlung des Teilnehmers, je nachdem an welcher Tat er sich beteiligt, ist widersprüchlich.128 Dass die gesetzliche Trennung zwischen den Lagern Nehmer und Geber im Strafgesetzbuch älter als die in § 28 Abs. 1 StGB vorgesehene Strafmilderung für Teilnehmer an Sonderdelikten ist129, kann dieses Spannungsverhältnis zwischen Täterund Teilnehmerebene zwar gesetzeshistorisch erklären, aber nicht rechtfertigen. Heinrich erkennt in der Regelung des § 28 Abs. 1 StGB einen Anhaltspunkt dafür, dass der eigentliche Sinn der §§ 333, 334 StGB entfallen sei.130 Diese Ansicht ist allerdings abzulehnen. Die handlungstheoretische Grundlage zur Korruption hat bereits mehrfach gezeigt, dass notwendig zwischen Nehmer und Geber zu unterscheiden ist. Beide nehmen unterschiedliche Funktionen und Rollen im Korruptionsgeschehen ein. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass ein einzelner allgemeiner

124 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 74 f.; Sch / Sch-Heine, § 333 Rn. 11; Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Rengier, BT / II, § 60 Rn. 43; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 514; Hettinger, NJW 1996, 2263 (2272). 125 Bernsmann, StV 2003, 521 (526); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 514. 126 Diesen Aspekt heben Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 514, hervor. 127 LK12-Sowada, § 331 Rn. 137. 128 Bell, MDR 1979, 719 (720), aber noch bezogen auf die alte Gesetzesfassung. 129 A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44. 130 A / W-Heinrich, § 49 Rn. 44.

B. Teilnahme außenstehender Dritter

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Korruptionstatbestand das Kriminalitätsphänomen Korruption nicht sachgerecht strafrechtlich erfassen würde (Kapitel 2 A. II. 7.). Es spricht noch ein weiterer Gesichtspunkt gegen die Ungleichbehandlung der Teilnehmer. Selbst unter der Prämisse der Gleichstellung von Geber und Nehmer liegt das schwerere Handlungsunrecht beim Intraneus, schließlich missbraucht er im Innenverhältnis zum Prinzipal seine übertragene Machtposition. Der Extraneus kann nur von außen auf den Intraneus Einfluss nehmen und auf den Machtmissbrauch hinwirken, selbst aber nicht die Machtposition missbrauchen. Demzufolge ist es erst recht unplausibel, die Teilnahme an der Tat des Intraneus milder zu bestrafen als die Teilnahme an der Tat des Extraneus. Aus kriminologischer Sicht wäre nämlich die Teilnahme an der Tat der Amtsperson die strafwürdigere Tat.131 Daher findet eine unbegründete Durchbrechung der prinzipiellen Gleichstellung von Geber und Nehmer auf der Teilnehmerebene statt.132 Bei der Ungleichbehandlung handelt es sich damit um eine unbegründbare Inkonsistenz des Gesetzes.133 Trotzdem akzeptiert ein Großteil der Strafrechtswissenschaft dieses unsachgemäße Ergebnis.134 Sowada meint beispielsweise, dass das „auf der Täterebene bestehende Spannungsverhältnis zwischen den Strafdrohungen auf der Teilnahmeebene auszuhalten“ sei.135 Die Lösung der Problematik und der Erzeugung gesetzlicher Konsistenz besteht darin, § 28 Abs. 1 StGB und §§ 331 ff. StGB sowie § 299 StGB miteinander in Einklang zu bringen (siehe II.).

2. Beidseitige Teilnahme Beidseitige Teilnahme bedeutet, dass sich der außenstehende Dritte gleichzeitig durch ein- und dieselbe Handlung sowohl an der Tat des Vorteilsnehmers als auch an der Tat des Vorteilsgebers beteiligt.136 In der Praxis ist diese Konstellation nicht ganz selten.137 Beispielsweise betreffen Vermittlungstätigkeiten zwischen Intraneus und Extraneus beide Seiten (B.).138 Die beidseitige Teilnahme ist wiederum in zwei

BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 51.1. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (290). 133 Bernsmann, StV 2003, 521 (526); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 515. 134 MK-Korte, § 331 Rn. 179, § 332 Rn. 47; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119 ff.; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 57; BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 51.1; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291); SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 16 f. 135 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291). 136 Bell, MDR 1979, 719 (719); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 120. 137 Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 516. 138 SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 17; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27; LK12-Sowada, § 331 Rn. 139; SSW-Rosenau, § 299 Rn. 37; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 566, 628; Sowada, 131 132

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

Fallgruppen zu unterteilen, erstens vorrangige Teilnahme und zweitens gleichrangige Teilnahme. In der Strafrechtswissenschaft besteht die starke Tendenz, den außenstehenden Dritten, der beidseitig an den Taten des Intraneus und des Extraneus teilnimmt, nur wegen einer Teilnahme zu bestrafen. Da der Gesetzgeber die Strafbarkeit des Nehmers und des Gebers trennt, habe für den teilnehmenden Dritten gleichfalls das Prinzip der Lagertrennung zu gelten.139 Deshalb müsse, so die überwiegende Auffassung, die Anwendung der Teilnahmeregelungen durch die in den klassischen Korruptionsdelikten verankerte Lagertheorie modifiziert werden.140 Eine „lagerübergreifende Anwendung“ komme nicht in Betracht.141 Die eigenständige und abschließende Strafbarkeit von Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber müsse in den Teilnahmebereich systemadäquat hinein verlängert werden.142 Als Begründung hierfür wird angegeben, eine doppelte Teilnahmestrafbarkeit des außenstehenden Dritten zu vermeiden143 und im Gesetz angelegte Privilegierungsstrukturen auch auf den Teilnahmebereich zu erstrecken144.

a) Vorrangige Teilnahme Wird der Teilnehmer in erster Linie für nur eine Tauschpartei – also für den Vorteilsnehmer oder den Vorteilsgeber – tätig und fördert er vorrangig nur diese Tat (sog. vorrangige Teilnahme), wird der Teilnehmer nach einhelliger Auffassung nur wegen Teilnahme an dieser Tat bestraft.145 Für die Zuordnung der vorrangigen Teilnahme existieren unterschiedliche Kriterien und Anknüpfungspunkte, die nur wenig geklärt sind.146 FS Tiedemann (2008), 273 (295); Wittig, wistra 1998, 7 (7 ff.); Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 103 – 107; Greeve, Rn. 306. 139 BGH NJW 1991, 576 (578); A / W-Heinrich, § 49 Rn. 45; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119 ff.; MK-Korte, § 331 Rn. 179; Fischer, § 331 Rn. 38; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 518. 140 RGSt 42, 382 (384); BGH NJW 1991, 576 (577); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285); Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 89; Bell, MDR 1979, 719 (719); Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27. 141 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285). 142 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (287); Bell, MDR 1979, 719 (719). 143 BGH NJW 1991, 576 (578); A / W-Heinrich, § 49 Rn. 45; LK12-Sowada, § 331 Rn. 137; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285 f.). 144 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (286); Bell, MDR 1979, 719 (719). 145 RGSt 42, 382 (384 f.); BGH NJW 1991, 576 (577); Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 75; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 45; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 120 f., § 333 Rn. 14; MK-Korte, § 331 Rn. 179, § 332 Rn. 47, § 333 Rn. 39; Fischer, § 331 Rn. 38; Greeve, Rn. 302; Bernsmann, StV 2003, 521 (526); SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 17; Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19. Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 517, kritisieren, dass diese Entscheidung theoretisch zwar denkbar, praktisch aber kaum realisierbar sei.

B. Teilnahme außenstehender Dritter

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Vor allem die Rechtsprechung orientiert sich an subjektiven Kriterien, wonach die Willensrichtung des außenstehenden Dritten maßgeblich für die Vorrangigkeit ist.147 Will der außenstehende Dritte vorrangig eine Seite fördern, ist er nur Teilnehmer an dieser Tat, auch wenn er weiß und will, dass seine Handlung unmittelbar oder mittelbar beide Taten fördert.148 Das Schrifttum beurteilt die Vorrangigkeit primär anhand von objektiven Kriterien.149 Dazu zählen die Art des Beitrages und des Interesses150, in wessen Auftrag und Interesse er tätig wird151, der Vorrang der Förderung152, die Bekanntheit und der vertrauensvolle Umgang mit einer Partei153. Bei Vermittlertätigkeit des außenstehenden Dritten kann die Zuordnung davon abhängen, wer den Vermittler entlohnt.154 Der Kontakt zum anderen Lager sollte der Zuordnung in eines der Lager dabei nicht entgegenstehen, ansonsten würde der Anwendungsbereich der Lagertheorie unangemessen verengt werden.155 Teilweise wird vertreten, dass sich die Vorrangigkeit sowohl nach der Willensrichtung des außenstehenden Dritten als auch nach objektiven Kriterien bemesse.156 Diese vermittelnde Lösung ist sachgerecht, denn wenn der außenstehende Dritte tatsächlich an beiden (strafbaren) Taten mitwirkt, verwirklicht er objektiv die Voraussetzungen der Teilnahmestrafbarkeit. Unter der Prämisse, dass sowohl Intraneus als auch Extraneus strafbar sind, werden jeweils teilnahmefähige, d. h. vorsätzliche und rechtswidrige, Haupttaten im Sinne von §§ 26 f. StGB verwirklicht. Der außenstehende Dritte handelt schließlich objektiv tatbestandsmäßig, wenn eine Hilfeleistung oder Bestimmung zu den jeweiligen Haupttaten vorliegt. Unter der weiteren Prämisse, dass keine Kausalitätsprobleme bestehen, ist von zwei objektiv tatbestandsmäßigen Teilnahmen zu den jeweiligen Taten des Intraneus und Extraneus auszugehen. Die maßgebende Frage ist dann, an welchen Taten der außenstehende Dritte LK12-Sowada, § 331 Rn. 138; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (293). RGSt 42, 382 (384); BGH NJW 1991, 576 (577); wohl auch Bell, MDR 1979, 719 (720); Fischer, § 331 Rn. 38. 148 BGH NJW 1991, 576 (577); Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; Greeve, Rn. 303 f.; Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14; SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 17; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 120. 149 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (293). 150 Kindhäuser, BT / I, 76 / 49. 151 Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 103 – 107; Greeve, Rn. 306. 152 Dölling / Möhrenschlager, Kap. 8 Rn. 75; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 120; SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 17. 153 Wabnitz / Janovsky1-Schubert, Kap. 12 Rn. 65; LK12-Sowada, § 331 Rn. 138; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (294); Greeve, Rn. 306. 154 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (296). 155 RGSt 42, 382 (384 f.); LK12-Sowada, § 331 Rn. 138; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (294). 156 Greeve, Rn. 437; nach Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 103 – 107, die sachgerechteste Lösung. 146 147

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

vorsätzlich mitwirkt. Insofern ist der Ansatz des Bundesgerichtshofes richtig, die Vorrangigkeit subjektiv zu bewerten. Bei der Beurteilung des Teilnahmewillens sind objektive Momente zu berücksichtigen. Aus den bereits genannten objektiven Kriterien können Rückschlüsse auf den Willen des außenstehenden Dritten gezogen werden. Die Bewertung der Vorrangigkeit beruht letztendlich auf einer Beurteilung aller Umstände des Einzelfalles.157 Wen der außenstehende Dritte unmittelbar und wen nur mittelbar fördert, ist wertend zu ermitteln.158 Nimmt der außenstehende Dritte im Ergebnis vorrangig an der Tat des Intraneus teil, erhält er eine Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 i.V. m. § 49 Abs. 1 StGB. Nimmt er vorrangig an der Tat des Extraneus teil, bleibt ihm diese Strafmilderung verwährt. Demnach resultieren dieselben Inkonsistenzen, die bereits aufgezeigt worden sind.

b) Gleichrangige Teilnahme Gleichrangige Teilnahme bedeutet, dass sich der außenstehende Dritte gleichermaßen an den Taten des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers beteiligt.159 Anknüpfungspunkte für das Vorliegen gleichrangiger Teilnahme sind konsequenterweise wiederum die oben genannten subjektiven und objektiven Kriterien. Die dogmatische Behandlung dieser Fallgruppe ist umstritten. Der Bundesgerichtshof hat offen gelassen, was gilt, wenn beispielsweise der Gehilfe von vornherein in gleicher Weise Geber und Nehmer unterstützt.160 Die dogmatisch konsequente Lösung wäre Teilnahme sowohl an den Taten des Vorteilsnehmers als auch an den Taten des Vorteilsgebers.161 Selbst bei gleichrangiger Teilnahme will aber der überwiegende Teil des Schrifttums den außenstehenden Dritten lediglich wegen einer Teilnahme bestrafen. In dieser Fallgruppe soll der härtere Strafrahmen herangezogen werden und der mildere Strafrahmen zurücktreten.162 Der härtere Strafrahmen resultiert aus der Teilnahme an der Vorteilsgewährung bzw. Bestechung, schließlich greift die Strafmilderung aus § 28 Abs. 1 i.V. m. § 49 Abs. 1 StGB

Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (294). Siehe auch Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (286). 159 NK-Kuhlen, § 331 Rn. 122; MK-Korte, § 331 Rn. 179, § 333 Rn. 39, Fischer, § 331 Rn. 38; LK12-Sowada, § 331 Rn. 139; vgl. auch Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27. 160 BGH NJW 1991, 576 (577). 161 Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 518; wohl auch NKKuhlen, § 331 Rn. 120; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (296); Bell, MDR 1979, 719 (720 f.); SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 17. 162 Fischer, § 331 Rn. 38; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 45; LK12-Sowada, § 331 Rn. 139; Rengier, BT / II, § 60 Rn. 43; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27; Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Greeve, Rn. 305; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 122, § 333 Rn. 14; MK-Korte, § 331 Rn. 179, § 333 Rn. 39; Fischer, § 331 Rn. 38; i.E. SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 17; a. A. Bell, MDR 1979, 719 (720 f.), für Tateinheit. 157 158

B. Teilnahme außenstehender Dritter

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nicht.163 Diese Auffassung wird mit dem Argument begründet, dass die für den teilnehmenden Dritten maßgebende Strafdrohung durch die für den Geber geltende begrenzt sein müsse, da das Unrecht des Dritten nicht schwerer wiegen könne als das des Gebers.164 Bestraft man den außenstehenden Dritten wegen zweifacher Teilnahme, würde der Vorteilsgeber insgesamt milder bestraft werden.165 Daher könne mit der Lösung „einseitige Teilnahme“ eine Doppelbestrafung und eine Schlechterstellung gegenüber den eigentlichen Tätern vermieden werden.166 Dass dem außenstehenden Dritten damit die Strafmilderung aus § 28 Abs. 1 i.V. m. § 49 Abs. 1 StGB wegen der Teilnahme an der Nehmertat vorenthalten wird, wird zwar erkannt, aber abgewiegelt. Die alleinige Mitwirkung auf der Geberseite führt schließlich zu einem ungemilderten Strafrahmen, sodass die Mitwirkung auf der Nehmerseite nicht zur Verbesserung der Situation des Teilnehmers führen dürfe.167 Bell entgegnet zutreffend, dass diese Lösung zu einer „unbegründeten Privilegierung des Dritten [führen würde], der doch ganz offensichtlich mehr tut als derjenige, der sich nur an der Tat des Vorteilsnehmers oder an der des Vorteilsgebers beteiligt“.168 Nach Bell gibt es keinen Grund diese Strafe auch noch entfallen zu lassen, da die Teilnahme an den Straftaten gemäß §§ 331, 332 StGB aufgrund der Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB mit weniger Strafe als die Teilnahme an den Straftaten gemäß §§ 333, 334 StGB bedroht ist.169 Darüber hinaus resultiert aus einer tateinheitlichen Teilnahme an den Taten des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers keine größere Abweichung hinsichtlich des Strafrahmens, obwohl der Schuldspruch schwerer wiegt.170 Die Strafrahmenobergrenze bildet dabei gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB das Gesetz, welches die schwerere Strafe androht, und die Strafrahmenuntergrenze gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 StGB das Gesetz mit der mildesten Strafe. Die Strafrahmenobergrenze ergibt sich aus der ungemilderten Strafe entsprechend den §§ 333, 334 bzw. 299 Abs. 2 StGB, die Strafrahmenuntergrenze aus der gemilderten Strafe entsprechend den §§ 331, 332 bzw. 299 Abs. 1 StGB. Die Ergebnisse der tateinheitlichen Lösung stimmen daher grundlegend mit den Ergebnissen der oben dargestellten Lehre überein. 163 Bernsmann, StV 2003, 521 (526); BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 51.1; MK-Korte, § 331 Rn. 179; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 122; SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 17; Fischer, § 331 Rn. 38; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (296); a. A. Bell, MDR 1979, 719 (720). 164 Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; Greeve, Rn. 303; LK11-Jescheck, § 333 Rn. 12; Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 518; SK-Stein / Rudolphi, § 333 Rn. 17 f.; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 122; vgl. auch Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14; Schmidhäuser, BT, 24 / 10. 165 NK-Kuhlen, § 331 Rn. 121. 166 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (296). 167 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (296); LK12-Sowada, § 331 Rn. 139; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27. 168 Bell, MDR 1979, 719 (720). 169 Bell, MDR 1979, 719 (720). 170 LK12-Gribbohm, § 236 Rn. 92, deutet für den Kinderhandel die beidseitige Teilnahmemöglichkeit im Sinne einer tateinheitlichen Lösung an.

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

Die Argumentationskette der Auffassung, die den außenstehenden Dritten bei gleichrangiger Teilnahme nur wegen einer Teilnahme bestrafen will, ist mit Blick auf die Argumente der herrschenden Meinung zur „Natur“ der Extraneusdelikte, wonach es sich um reine Vertäterschaftlichungen von Teilnahmehandlungen handele, erstaunlich. Wurde auf der Täterebene noch beklagt, dass der Extraneus eine mildere Bestrafung als der Intraneus verdiene – schließlich sei er doch eigentlich nur ein Teilnehmer –, erscheint die strikte Handhabung und Resignation auf der Teilnahmeebene inkonsequent und folgewidrig. Die Inkonsistenz dieser Auffassung resultiert aus der Hinnahme der gesetzlichen Schieflage bei den Strafmilderungen. Um diese Problematik und die Inkonsistenz des Gesetzes zu beseitigen, werden in den folgenden Abschnitten Lösungsansätze präsentiert.

II. Lösungsvorschläge zur Beseitigung der Inkonsistenz des Gesetzes durch Anwendung bzw. Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB Die Gleichstellung von Nehmer und Geber auf der Täterebene zwingt handlungstheoretisch zur Gleichstellung der Teilnehmer an den Straftaten des Intraneus und Extraneus. Die gesetzliche Ausgestaltung führt jedoch, wie gezeigt wurde, nicht zu diesem Ergebnis. Der Grund hierfür liegt zum einen in der Spiegelbildlichkeit von echten Sonderdelikten und Allgemeindelikten und zum anderen in der obligatorischen Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB, die nur dem Teilnehmer an einem echten Sonderdelikt, nicht hingegen dem Teilnehmer an einem Allgemeindelikt gebührt. Die unterschiedlichen strafrechtlichen Folgen für die Teilnahmestrafbarkeit auf Seiten des Intraneus und auf Seiten des Extraneus sind sowohl im Hinblick auf die gesetzgeberische Gleichstellung von Nehmer und Geber als auch im Hinblick auf die handlungstheoretische Strukturanalyse zum Kriminalitätsphänomen Korruption inkonsistent und widersprüchlich. Ziel der folgenden Überlegungen ist es daher, die Inkonsistenz des Gesetzes zu beseitigen und Lösungswege zu finden, um den Teilnehmer an den Taten des Nehmers dem Teilnehmer an den Taten des Gebers gleichzustellen. Insofern werden verschiedene Lösungsmöglichkeiten zur Beseitigung der aufgezeigten Inkonsistenz und Ungleichbehandlung präsentiert und kritisch auf ihre gesamtsystematische Geeignetheit überprüft.

1. Generelle Bestrafung gemäß §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB bzw. Heranziehung dieser Strafrahmen Zum Teil ist vertreten worden, dass für die Strafbarkeit außenstehender Dritter generell nur die §§ 333, 334 StGB bzw. die Strafrahmen dieser Vorschriften in Betracht kämen, gleichgültig in welcher Form sich außenstehende Dritte im Korruptionsgeschehen beteiligen und für welche Person sie sich engagieren.171 Ergebe sich

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unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 1 StGB jedoch eine mildere Bestrafung, sei von dieser auszugehen.172 Diese Rechtsanwendung basiert im Wesentlichen auf gesetzlichen Privilegierungen, insbesondere innerhalb des § 333 StGB a. F., die dem Vorteilsgeber bis zum Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997 zukamen.173 Nach dieser Ansicht wäre es widersprüchlich, den außenstehenden Dritten als Teilnehmer an den Taten gemäß §§ 331, 332 StGB bestrafen zu können, wenn doch die Vorteilsgewährung als die „schwerste Form der Teilnahme“ an §§ 331, 332 StGB in bestimmten Konstellationen straflos ist.174 Diese Lösung beruht jedoch erstens auf falschen Prämissen, führt zweitens zu unlösbaren Widersprüchen175 und entspricht drittens nicht mehr der heutigen Gesetzeslage. Erstens liegen den Extraneusdelikten keine eigentlichen Teilnahmehandlungen zugrunde, die lediglich formell vertäterschaftlicht worden sind. Es hat sich im Laufe der bisherigen Untersuchung erwiesen, dass die Tathandlungen des Extraneus nicht als „die schwersten Formen einer möglichen Beteiligung in §§ 333, 334 StGB verselbstständigt“176 sind. Vielmehr handelt es sich um materielle Täterhandlungen. Der Extraneus ist gleichrangige Tauschpartei im Korruptionsgeschehen und dem Intraneus nach dem Willen des Gesetzgebers gleichgestellt (siehe Kapitel 4 B. II.). Zweitens ist es widersprüchlich, außenstehende Dritte generell nur wegen Teilnahme an den Taten gemäß §§ 333, 334 StGB mit der Konsequenz bestrafen zu wollen, dass die Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB ausgeschlossen ist, jedoch von einer milderen Strafe auszugehen, wenn unter Berücksichtigung von § 28 Abs. 1 StGB eine mildere Strafe resultiert. Unklar bleibt das Ziel dieser Auffassung. Soll § 28 Abs. 1 StGB Anwendung finden oder nicht? Findet § 28 Abs. 1 StGB keine Anwendung, würde die Nichtanwendung im Rahmen von echten Sonderdelikten zu einem Verstoß gegen das Gesetzlichkeitsprinzip gemäß Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB führen. Darüber hinaus handelt es sich ebenfalls um einen Verstoß gegen das Gesetzlichkeitsprinzip (Bestimmtheitsgebot), wenn der außenstehende Dritte, der objektiv und subjektiv lediglich Teilnehmer an den Taten des Vorteilsnehmers ist, wegen Teilnahme an den Taten des Vorteilsgebers bestraft wird. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig: „Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.“ Die aufgeführte Auffassung widerspricht sowohl der Gesetzessystematik als auch den korruptiven Handlungs- und Beziehungsstrukturen. Die Strafbarkeit von Nehmer und Geber ist in entsprechende Lager aufgeteilt. Diese Lagertrennung muss sich zwin171 Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14, 15; Schmidhäuser, BT, 24 / 10, 24 / 12; vgl. auch SK-Stein / Rudolphi, § 331 Rn. 41; a. A. Bell, MDR 1979, 719 (719 ff.). 172 Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14. 173 Vgl. Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27. 174 Bell, MDR 1979, 719 (720). 175 So schon Bell, MDR 1979, 719 (720). 176 Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14.

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

gend auf der Teilnahmeebene fortsetzen. Wer dem Vorteilsnehmer Hilfe leistet, ist Gehilfe des Nehmers. Wer hingegen dem Vorteilsgeber Hilfe leistet, ist Gehilfe des Gebers. Hilft der außenstehende Dritte beiden Tauschparteien, ist zu differenzieren, ob es sich um vorrangige oder gleichrangige Teilnahme handelt. Drittens ist die dargestellte Auffassung mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz obsolet geworden, da der Gesetzgeber Geber und Nehmer tatbestandlich gleichgestellt hat. Tatbestandliche Privilegierungen auf der Vorteilsgeberseite sind nicht mehr im Gesetz vorgesehen. Damit existiert nicht mehr das Bedürfnis, die Auswirkungen der Privilegierungen auf sämtliche außenstehende Dritte zu erstrecken, weil der Vorteilsgeber straflos ist.177 Es besteht vielmehr noch immer das Bedürfnis, die Teilnehmer im Korruptionsgeschehen gleich zu behandeln. Die Inkonsistenzen des Gesetzes sind nur andere als vor dem Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997. Die Lösung der generellen Bestrafung gemäß §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB und der Heranziehung deren Strafrahmen überzeugt nicht und ist abzulehnen.

2. Generelle Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an Nehmertaten Einen weiteren Lösungsvorschlag zur Beseitigung der aufgezeigten Gesetzesinkonsistenzen stellt die generelle Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Intraneusdelikten gemäß §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB dar.178 Würde die Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB nicht angewendet werden, wären die Teilnehmer an den Taten des Nehmers und des Gebers grundsätzlich gleichgestellt und die Inkonsistenzen des Gesetzes auf der Teilnahmeebene beseitigt. Es ist zunächst zu überprüfen, auf welchen Grundgedanken § 28 Abs. 1 StGB basiert und ob der genannte Lösungsvorschlag mit diesen Grundgedanken vereinbar ist. Der gesetzgeberische „Urgedanke“ zur Schaffung des § 28 Abs. 1 StGB beruht auf der Überlegung, dass ein Nichtqualifizierter179 von Gesetzes wegen nie Täter eines echten Sonderdelikts sein kann, schließlich erfüllt er nicht die gesetzlich verlangte Tätereigenschaft.180 Der Nichtqualifizierte kann jedoch Teilnehmer an der

Siehe noch Bell, MDR 1979, 719 (720), zur alten Rechtslage. Ob Bernsmann, StV 2003, 521 (526), diese Variante meint, wenn er eine „Strafbegrenzung“ für diskutabel hält, bleibt unklar. 179 Häufig wird der Begriff „Extraneus“ verwendet, siehe beispielsweise Herzberg, TuT, S. 117; Langer2, S. 389 ff., der aber in diesem Kontext nicht herangezogen werden und in dieser Arbeit eine andere Bedeutung gewinnen soll. Treffend daher Schmidhäuser, AT, 10 / 155: „der Außenseiter“. 180 Herzberg, TuT, S. 117 ff.; Langer2, S. 393; Schmidhäuser, AT, 10 / 155; Eb. Schmidt, Die militärische Straftat und ihr Täter, S. 11; NK-Schild, § 25 Rn. 72. 177 178

B. Teilnahme außenstehender Dritter

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Tat eines Intraneus sein.181 § 28 Abs. 1 StGB setzt damit die Feststellung voraus, ob jemand Täter oder Teilnehmer ist.182 Der Nichtqualifizierte ist strafwürdig, wenn er am „Pflichtbruch“ des sonderpflichtigen Qualifizierten mitwirkt, schließlich erzeugt auch er das Unrecht des Sonderdelikts.183 Der Rechtssatz, eine mit der Pflichtenstellung verbundene Machtstellung nicht zu missbrauchen, wendet sich daher sowohl an den Nichtqualifizierten als auch an den qualifizierten Intraneus. Tatsächlich kann nur der Intraneus diese Machtstellung missbrauchen.184 Wenn der Nichtqualifizierte nicht Täter sein kann, soll er wenigsten als Teilnehmer bestraft werden. Dieses „Missverhältnis“ – Täter kann er nie sein, Teilnehmer schon – soll die obligatorische Strafmilderung (§§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB) ausgleichen.185 Die Akzessorietät zur Tat des Intraneus bleibt demnach unberührt, wenn beim Teilnehmer das strafbegründende besondere persönliche Merkmal fehlt.186 Allerdings wird die Akzessorietät zur sonderpflichtigen Haupttat durch die Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB auf der Strafzumessungsebene gelockert187, um den Umstand zu berücksichtigen, dass das „personale Unrecht sich für denjenigen als reduziert darstellt, der nicht in einer entsprechenden Pflichtenstellung steht“.188 § 28 Abs. 1 StGB korrigiert daher das geltende Akzessorietätsprinzip und beseitigt Diskrepanzen, die aus der Zurechnung personenbezogener Tatbestandsmerkmale resultieren.189

Schmidhäuser, AT, 10 / 155. Roxin, AT / II, § 25 Rn. 286; Roxin, TuT, S. 739 Fn. 752; Sánchez-Vera, S. 169; a. A. Langer2, S. 425: Bei Sonderverbrechen mit strafbegründenden persönlichen Merkmalen sei § 28 Abs. 1 StGB die „gesetzliche Bestimmung der Strafbarkeit“ i. S. v. Art. 103 Abs. 2 GG. 183 Herzberg, TuT, S. 117 ff.; vgl. auch Grünwald, GS Kaufmann (1989), 555 (561); Frister, FS Puppe (2011), 451 (461 ff.). A.A. Langer, S. 219 f., 480 ff.: die Bestrafung sei sachwidrig, schließlich könne der Nichtqualifizierte schon kein Täter sein. Siehe im Ergebnis auch Bambach, S. 1; Schmidhäuser, AT, 10 / 38, 10 / 155, hegt zumindest Bedenken. Langer2, S. 412: nicht durch die §§ 26, 27 StGB werde die Teilnahme Nichtqualifizierter am Sonderdelikt erfasst, sondern erst durch § 28 StGB vertatbestandlicht und Strafbarkeit im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG gesetzlich bestimmt. Grünwald, GS Kaufmann (1989), 555 (567), meint, dass eine nichtakzessorische Behandlung des Teilnehmers, d. h. die Straflosigkeit, ebenfalls sachgemäß wäre. Hake, S. 35 ff., lehnt die Theorie der Straflosigkeit des nichtqualifizierten Teilnehmers sowohl im Hinblick auf den geltenden restriktiven Täterbegriff als auch im Hinblick auf den Strafgrund der Teilnahme ab. 184 NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 9. 185 Herzberg, TuT, S. 120; Frister, FS Puppe (2011), 451 (463); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (288). 186 Baumann / Weber / Mitsch, § 32 Rn. 28; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 7; Grünwald, GS Kaufmann (1989), 555 (563); Stein, S. 37; Jakobs, AT, 22 / 7. 187 Baumann / Weber / Mitsch, § 32 Rn. 28; Grünwald, GS Kaufmann (1989), 555 (563). 188 Wabnitz / Janovsky-Raum, Kap. 4 Rn. 69; MK-Korte, §§ 331 Rn. 179; Puppe, AT / 2, § 43 Rn. 19; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 8; Frister, AT, Kap. 25 Rn. 31 f. 189 Schünemann, Jura 1985, 355 (356, 365); Schünemann, GA 1986, 293 (339); NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 6. 181 182

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

Der Grund für die Gewährung einer Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB ist schlüssig und nachvollziehbar. Würde man dem Teilnehmer an den Taten des Vorteilsnehmers die Strafmilderung nehmen, würden wertungsmäßige Friktionen entstehen. Dem nichtqualifizierten Teilnehmer fehlt schließlich die besondere Tätereigenschaft. Die generelle Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf klassische Korruptionsdelikte würde darüber hinaus einen Verstoß gegen das Gesetzlichkeitsprinzip gemäß Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB darstellen. Wenn das Gesetz obligatorisch eine Strafmilderung bestimmt, würde es zu einer Analogie zu Lasten190 des Teilnehmers führen, wenn diesem die Strafmilderung vorenthalten wird. Eine gesetzlich zwingend vorgesehene Strafmilderung kann dem nichtqualifizierten Teilnehmer demzufolge nicht versagt werden.191 Im Ergebnis kann, wenn eine konsistente Lösung gefunden werden soll, nur eine Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an Extraneusdelikten stattfinden, nicht hingegen eine prinzipielle Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an Intraneusdelikten.192 190 Die Beachtung des Analogieverbotes wurde zuletzt ebenfalls von BVerf wistra 2010, 380 ff., betont. 191 LK12-Dannecker, § 1 Rn. 268 f.; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (290); ablehnend auch LK12-Sowada, § 331 Rn. 137. 192 Der Vollständigkeit halber ist auf die Problematik des § 28 Abs. 2 StGB hinzuweisen. § 28 StGB ordnet unterschiedliche Rechtsfolgen bei Vorliegen eines „besonderen persönlichen Merkmals“ an: Absatz 1 richtet sich an strafbegründende, Absatz 2 an strafmodifzierende Merkmale, Hake, S. 1; Frister, FS Puppe (2011), 451 (450); Sch / Sch-Heine, § 28 Rn. 21; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 7. Im Gegensatz zu § 28 Abs. 1 StGB, wonach die Strafe obligatorisch zu mildern ist, wird der Nichtqualifizierte in Folge von § 28 Abs. 2 StGB aus dem existierenden Grunddelikt bestraft, siehe etwa Frister, FS Puppe (2011), 451 (450); Herzberg, TuT, S. 120; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 7, 54; Cortes Rosa, ZStW 90 (1978), 413 (414). Sind strafmodifizierende Merkmale tangiert, so gilt die Strafschärfung, Strafmilderung oder Strafausschließung nur für den Beteiligten, bei dem sie vorliegen, siehe Hake, S. 32 f. Das Fehlen ein und desselben besonderen persönlichen Merkmals, hier der Amtsträgereigenschaft, wirkt sich demzufolge unterschiedlich aus, je nachdem ob dieses Merkmal strafbegründender oder -erhöhender Natur ist, Stein, S. 37; Hake, S. 31 ff.; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 27, 57. Nach Grünwald, GS Kaufmann (1989), 555 (564), ist dies unsachgemäß; dies sei allerdings zu respektieren. Stein, S. 41, meint, dass strafbegründende und strafschärfende Merkmale wegen Art. 3 GG nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden dürfen. Zusätzlich bereitet § 28 StGB im Hinblick auf § 29 StGB „einer widerspruchsfreien Interpretation und systematischen Verarbeitung fast unüberwindliche Schwierigkeiten“, LK12Schünemann, § 28 Rn. 1; NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 19; siehe auch Schünemann, GA 1986, 293 (336 ff.). Gemäß § 29 StGB wird jeder Beteiligte ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft. Demgegenüber können die strafbegründenden und strafändernden Merkmal jede Deliktsstufe betreffen, LK12-Schünemann, § 28 Rn. 1. Insofern existiert der Vorwurf, dass durch §§ 28 Abs. 2, 29 StGB die Akzessorietät durchbrochen werde, während § 28 Abs. 1 die Strafe mildere, so Grünwald, GS Kaufmann (1989), 555 (570); LK12Schünemann, § 28 Rn. 1; Schünemann, GA 1986, 293 (336 ff.) Anderer Auffassung sind beispielsweise Cortes Rosa, ZStW 90 (1978), 413 (431 ff.) und LK11-Roxin, § 28 Rn. 4 ff.: § 28 StGB enthalte sowohl in Abs. 1 als auch in Abs. 2 Strafzumessungsregeln, um einen angemessenen Strafrahmen zu finden, und durchbreche nicht die Akzessorietät. Danach bleibt es beim Schuldspruch aus dem vom Täter verwirklichten Straftatbestand. Jedoch wird der Strafrahmen

B. Teilnahme außenstehender Dritter

279

3. Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Nehmertaten über den Weg der mittelbaren Teilnahme Sowada will die Mitwirkung des außenstehenden Dritten als Teilnehmer an der Intraneustat zugleich als „mittelbare Teilnahme“ an der Extraneustat auffassen, um dem Teilnehmer an der Intraneustat die Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB zu versagen.193 „Mittelbare Teilnahme“ bedeutet dabei soviel wie Teilnahme an der (unmittelbaren) Teilnahme an der Haupttat.194 Der von Sowada verwendete Begriff der „mittelbaren Teilnahme“ ist insofern ein Ausdruck für Kettenteilnahme195, etwa Kettenanstiftung (Anstiftung zur Anstiftung), Kettenbeihilfe (Beihilfe zur Beihilfe) oder Kombinationsformen (Anstiftung zur Beihilfe oder Beihilfe zur Anstiftung)196. Zwar lehnt Sowada diese Möglichkeit letztendlich mit der Begründung ab, dass dieser Lösungsvorschlag erstens eine unsachgemäße Verdopplung der Teilnahmestrafbarkeit bedeuten würde und es zweitens ein dogmatisch wenig überzeugender Trick sei, die Strafmilderung durch Zurücktretenlassen der milderen Strafvariante zu umgehen.197 Auf Bedenken stößt aber schon der Ansatz dieses Lösungsvorschlages: „Mittelbare Teilnahme“ heißt Teilnahme an der Teilnahme. „Mittelbare Teilnahme“ könnte im Bereich der Intraneusdelikte Teilnahme des außenstehenden Dritten an der täterschaftlichen Tatbegehung des Intraneus als eigentliche Teilnahme an den Taten des Extraneus heißen. Dieses Ergebnis würde überraschen, wird doch zumeist vertreten, dass die Extraneustat bloße Teilnahme an der Intraneustat sei (siehe Kapitel 4 B. II.). Wie soll dann aber die Intraneustat eine Teilnahme an der eigentlichen Teilnahme des Extraneus sein? Dieser Aspekt zeigt noch einmal deutlich, dass im Rahmen der Korruptionsdelikte die Figur der Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen Verwirrung stiftet und unsachgemäße Ergebnisse erzielt. Grundlage sachgedes Grunddeliktes herangezogen. Auch Hake, S. 152, Stein, S. 45 ff., sprechen sich für eine Strafzumessungslösung aus. Zu den Kritikpunkten Hake, S. 142 ff. Siehe weiterhin LK12Schünemann, § 28 Rn. 10, der sich für die sog. Einheitstheorie ausspricht, und NK-Puppe, §§ 28, 29 Rn. 54, die vorschlägt, § 28 Abs. 1 StGB auf alle Delikte mit einer Sonderpflicht des Täters anzuwenden; ebenso Sánchez-Vera, S. 195 ff.; kritisch Frister, FS Puppe (2011), 451 (453). 193 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (290). 194 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 120; A / W-Heinrich, § 49 Rn. 45 (Fn. 166); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (274); vgl. auch Bell, MDR 1979, 719 (719); Selter, S. 2, die den Begriff der „mittelbaren Teilnahme“ als „fehlleitende Bezeichnung“ sieht; sachgerecht wäre vielmehr der Ausdruck „vermittelt“. 195 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (274); Selter, S. 2. 196 Baumann / Weber / Mitsch, AT, 30 / 95, 31 / 40; Roxin, AT / II, § 26 Rn. 176 ff.; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 120; LK12-Schünemann, § 26 Rn. 101 ff., § 27 Rn. 73; Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (274). 197 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (290); vgl. auch NK-Kuhlen, § 331 Rn. 121.

280

Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

rechter Ergebnisse sowohl auf der Täterebene als auch auf der Teilnehmerebene ist eine Täter-Täter-Interaktion zwischen Intraneus und Extraneus. „Mittelbare Teilnahme“ könnte im Bereich der Intraneusdelikte aber ebenso Teilnahme des außenstehenden Dritten an der wechselseitigen Teilnahme des Intraneus an den Taten des Extraneus bedeuten. Allerdings überzeugt auch diese Konstruktion nicht, wurde doch gezeigt, dass eine automatische wechselseitige Teilnahme an den Spiegeltaten aus verschiedenen Gründen nicht sachgerecht ist. Ein Grund hierfür ist die Lagertrennung „Nehmer“ und „Geber“. Der Lösungsvorschlag, die obligatorische Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB über eine „mittelbare Teilnahme“ zu entziehen, überzeugt ebenfalls nicht.

4. Gesetzesänderung der §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB: „§ 28 Abs. 1 StGB findet auf Teilnehmer keine Anwendung“ Ein weiterer Lösungsvorschlag besteht darin, dem Teilnehmer am Intraneusdelikt die Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB durch eine entsprechende Gesetzesänderung zu versagen. In die §§ 331, 332, 299 Abs. 1 StGB könnten entsprechende Absätze bzw. Sätze eingefügt werden, etwa in folgender Formulierung: „§ 28 Abs. 1 StGB findet auf Teilnehmer keine Anwendung.“. Der Vorzug dieser Variante ist, dass die Entziehung der Strafmilderung mit dem Gesetzlichkeitsprinzip und dem Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) vereinbar ist. Allerdings führt eine derartige Gesetzesänderung zu Friktionen mit dem „Urgedanken“ des § 28 Abs. 1 StGB, durch Gewährung einer obligatorischen Strafmilderung einen Ausgleich für die prinzipielle Strafbarkeit eines nichtqualifizierten Teilnehmers an echten Sonderdelikten zu schaffen. Danach würde die Norm § 28 StGB generell in Frage gestellt werden, was nicht Zweck der vorliegenden Arbeit sein soll. Darum ist dieser Lösungsvorschlag abzulehnen.

5. Anwendung der Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Gebertaten über den Weg der mittelbaren Teilnahme Kommt eine Nichtanwendung der Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Intraneustaten nicht in Betracht, so ist zu überprüfen, ob zur Beseitigung der Inkonsistenzen des Gesetzes die Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Extraneustaten angewendet werden kann. Bernsmann hat folgenden Vorschlag unterbreitet, um § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB heranzuziehen: Die Teilnahme an den Taten des Extraneus ist als „mittelbare“ Teilnahme zu den Taten des Intraneus zu werten, sodass die Möglichkeit der Strafmilderung aus § 28 Abs. 1 StGB eröffnet ist, wenn dieser Teilnahme Vorrang eingeräumt wird.198

B. Teilnahme außenstehender Dritter

281

Es sprechen jedoch die gleichen Argumente, die im 3. Lösungsvorschlag dargelegt wurden, gegen diesen Lösungsvorschlag. Erstens würde diese Lösung wiederum eine Verdopplung der Teilnahmestrafbarkeit nach sich ziehen. Diese Verdoppelung widerspricht allerdings der Lagertrennung zwischen „Nehmer“ und „Geber“, die sich im Teilnahmebereich fortsetzt.199 Zweitens handelt es sich erneut um einen „dogmatisch wenig überzeugenden Trick“, über diesen Umweg die Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB heranzuziehen.200 Drittens setzt dieser Lösungsvorschlag eine Teilnahme seitens des Vorteilsgebers voraus. Die vorangegangenen Abschnitte haben jedoch gezeigt, dass die Tathandlungen des Extraneus weder „eigentliche Teilnahmehandlungen“ darstellen noch neben der Täterschaft eine automatisch wechselseitige Teilnahme an der Spiegeltat hinzutritt. Die Lösung, die Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB über dem Umweg der „mittelbaren Teilnahme“ heranzuziehen, überzeugt wiederum nicht.

6. Analoge Anwendung der Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Gebertaten Eine weitere Lösungsmöglichkeit stellt die analoge Anwendung der Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an den Extraneusdelikten dar.201 Die analoge Anwendung der Strafmilderung ist im Sinne einer „Rechtsfolgenlösung“ zu interpretieren.202 Analogie bedeutet, dass eine Rechtsnorm auf einen von ihr nicht erfassten, aber rechtsähnlichen Sachverhalt angewendet und ausgedehnt wird, um eine planwidrige Lücke des Gesetzes zu schließen.203 Infolge dieser Ähnlichkeit sind beide Sachverhalte hinsichtlich der für die gesetzlichen Bewertung maßgeblichen Aspekte gleich zu bewerten; denn es gilt Gleichartiges nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) gleich zu behandeln.204 Der Analogieschluss beruht demzufolge auf

198 Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 518; BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 51.1: „dogmatisch gangbarer Weg“; ablehnend Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (290); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119; Bell, MDR 1979, 719 (719); MK-Korte, §§ 331 Rn. 179. 199 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (285); vgl. auch Wabnitz / Janovsky-Bannenberg, Kap. 10 Rn. 89; Sch / Sch-Heine, § 332 Rn. 27; NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119; MK-Korte, § 331 Rn. 179. 200 Vgl. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (290); NK-Kuhlen, § 331 Rn. 121. 201 Bernsmann, StV 2003, 521 (526); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (290); ablehnend NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119. 202 Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 515, verweisen auf BGHSt 30, 105 (112 ff.). 203 LK12-Dannecker, § 1 Rn. 244; Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 202; Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 889. 204 Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 202; Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 889.

282

Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

einem wertenden Akt, sodass vor allem nach Sinn und Zweck der betreffenden Rechtsnorm zu fragen ist.205 Im Strafrecht ist folgende Eigenart zu beachten. Die Analogie von Strafvorschriften darf nicht zu Lasten des Betroffenen gehen (nullum crimen sine lege stricta). Dies folgt aus Art. 103 Abs. 2 GG und dem Gesetzlichkeitsprinzip.206 In den betreffenden Konstellationen der Analogie handelt es sich jedoch um eine Analogie zugunsten des Betroffenen, schließlich soll eine Strafmilderung und damit eine sich positiv auswirkende Rechtsnorm analog herangezogen werden. Diese Form der Analogie ist im Strafrecht zulässig.207 Voraussetzung der Analogie ist, dass eine planwidrige Lücke des Gesetzes besteht, die nicht durch Auslegung beseitigt werden kann.208 Der Ausdruck „Lücke“ weist auf eine Unvollständigkeit hin, von der nur auszugehen ist, wenn das Gesetz für einen bestimmten Bereich eine einigermaßen vollständige Regelung anstrebt.209 „Lücke“ bedeutet daher „das Fehlen einer bestimmten, nach dem Regelungsplan oder dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartenden Regel“.210 Die Planwidrigkeit der Unvollständigkeit ist dabei im Wege einer historischen und teleologischen Auslegung zu ermitteln. Abzugrenzen ist die planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes von einem bloßen rechtspolitischen Fehler.211 Die Abgrenzung bemisst sich anhand der Frage, „ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig ist, oder ob nur die in ihm getroffene Entscheidung einer rechtspolitischen Kritik nicht standhält“. Diese Beurteilung stellt „eine Frage der Wertung“ dar.212 Die vorhandene Gesetzeslage ist im Hinblick auf Planwidrigkeit mit einer ideal gedachten Konzeption zu vergleichen.213 Deshalb muss die Frage beantwortet werden, ob es sich um eine Lücke des Gesetzes handelt, wenn dem Teilnehmer eines Allgemeindeliktes im Gegensatz zum Teilnehmer eines echten Sonderdeliktes keine Strafmilderung im Sinne von § 28 Abs. 1 StGB zukommt. Den Strafbarkeitsbereich, der vorliegend betroffen ist, stellen die klassischen Korruptionsdelikte dar, welche aus Nehmer- und Geberdelikten bestehen. Nach Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 889; Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 195. BVerfG NJW 1995, 1141 (1141); LK12-Dannecker, § 1 Rn. 238, 242; Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 823a. 207 LK12-Dannecker, § 1 Rn. 240, 282; BVerfG NJW 1995, 1141 (1141); BGHSt 7, 190 (193), BGHSt 9, 310 (311 f.). 208 LK12-Dannecker, § 1 Rn. 244; Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 832; Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 174. 209 Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 192. 210 Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 196; vgl. auch Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 842. 211 Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 194. 212 Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 195; Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 833 f. 213 Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 833. 205 206

B. Teilnahme außenstehender Dritter

283

dem Willen des Gesetzgebers sind Nehmer und Geber gleich zu behandeln. Handlungstheoretischer Grund für die Gleichstellung ist, dass Nehmen ohne Geben nicht denkbar ist. Ein Tausch zwischen Intraneus und Extraneus ist ohne den jeweils anderen nicht möglich. Dass der Intraneus dabei intern gegenüber seinem Prinzipal eine übertragene Machtposition missbraucht, wird durch das Gesetz angemessen berücksichtigt, zum Beispiel in Form leichter Strafrahmendivergenzen gegenüber der Geberstrafbarkeit. Diese vom Gesetzgeber gewollte Gleichstellung von Geber und Nehmer ist auf der Täterebene zwar weitestgehend gelungen, sodass hier keine Lücken des Gesetzes vorliegen, jedoch nicht auf der nachfolgenden Teilnahmeebene. Auf der Teilnehmerebene setzt sich die Gleichstellung von Geber und Nehmer, wie gezeigt wurde, nicht fort. Vielmehr wird die Nehmerseite gegenüber der Geberseite auf der Teilnahmeebene durch eine Strafmilderung privilegiert. Diese Ungleichbehandlung im Bereich klassischer Korruptionsdelikte überzeugt auf der handlungstheoretischen Basis dieser Bearbeitung nicht. Betrachtet man wiederum § 28 Abs. 1 StGB isoliert vom Korruptionsgegenstand, leuchtet ein, warum der nichtqualifizierte Teilnehmer eines echten Sonderdeliktes gegenüber dem Sonderpflichtigen milder zu bestrafen ist. Wenn der Nichtqualifizierte nicht Täter eines echten Sonderdeliktes sein kann, muss die Akzessorietät zur sonderpflichtigen Haupttat durch eine Strafmilderung auf der Strafzumessungsebene gelockert werden (siehe II. 2.). Wenn hingegen Allgemeindelikte keine besonderen persönlichen Merkmale voraussetzen, besteht dieses Bedürfnis, d. h. die Strafe des Teilnehmers zu mildern, nicht. Bei isolierter Betrachtung der Regelungsgegenstände resultieren keine Gesetzeslücken. Werden beide Regelungsgegenstände allerdings zusammengeführt, ergeben sich Lücken im Gesamtzusammenhang des Gesetzes. Auf der einen Seite Geber und Nehmer als Täter gleich behandeln zu wollen und auf der anderen Seite keine Gleichbehandlung der Teilnehmer an den Nehmer- bzw. Gebertaten zu bewerkstelligen, ist inkonsistent und nicht miteinander vereinbar. Die Teilnahme an der Tat des Nehmers ist aus kriminologischer Sicht die strafwürdigere, schließlich missbraucht er seine Machtposition im Innenverhältnis zum Prinzipal.214 Wieso gerade der Teilnehmer an den Taten des Vorteilsgebers im Vergleich zum Teilnehmer an den Taten des Vorteilsnehmers derjenige sein soll, der auf eine Strafmilderung verzichten muss, bleibt unklar und unschlüssig. Wenn der außenstehende Dritte an der Tat des Gebers teilnimmt und nicht als Partei des „Korruptionsvertrages“ agiert, gilt für ihn das Gleiche wie für den Teilnehmer der Nehmertat: Er kann handlungstheoretisch niemals Täter im Korruptionsgeschehen sein. Demzufolge gilt für ihn ebenfalls der „Urgedanke“ des § 28 Abs. 1 StGB. Diese Missverhältnisse müssen beseitigt werden, indem auf der Teilnahmeebene die Gleichstellung fortgesetzt wird. Die zu erwartende Regel, die im Gesamtzusammenhang der Re-

214

BeckOK-Trüg, § 331 Rn. 51.1.

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

gelungsgegenstände fehlt, ist eine Strafmilderung auch auf Seiten des Teilnehmers einer Gebertat. Eine Lücke des Gesetzes liegt daher vor. Diese Lücke kann mit der analogen Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf den Teilnehmer einer Gebertat geschlossen werden. Die lokalisierte Gesetzeslücke muss schließlich planwidrig sein. Der Gesetzgeber hat das Spannungsverhältnis zwischen klassischen Korruptionsdelikten und der Rechtsnorm § 28 Abs. 1 StGB bei der Reform der Korruptionsdelikte nicht erkannt. In den Gesetzesmaterialien finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber den Teilnehmer an den Taten des Vorteilsgebers bewusst schlechter als den Teilnehmer an den Taten des Vorteilsnehmers stellen wollte. Es ist davon auszugehen, dass die Gleichstellung von Nehmer und Geber auf die Teilnahmeebene zu übertragen ist. Das Gesetz ist, gemessen an der Regelungsabsicht des Gesetzgebers und an den Intentionen der Reform von 1997, als unvollständig zu bewerten, soweit die Gleichstellung von Geber und Nehmer auf der Täterebene nicht auf die Teilnehmerebene transportiert worden ist. Es handelt sich nicht um einen bloßen rechtspolitischen Fehler. Die entstehenden Inkonsistenzen wurden vom Gesetzgeber vielmehr nicht bedacht.215 Der Gesetzgeber konzentrierte sich ausschließlich auf die Täterebene, ohne die Konsequenzen auf der Teilnehmerebene in die Reformüberlegungen einzubeziehen. Daher liegt eine unbewusste Gesetzeslücke vor, d. h. der Gesetzgeber hat eine vorhandene, nach den Normzwecken regelungsbedürftige Rechtsfrage übersehen.216 Sowada lehnt hingegen die Voraussetzungen einer planwidrigen Gesetzeslücke ab. Nach ihm liegt der eigentliche Grund für eine analoge Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf die Teilnahme an Taten des Vorteilsgebers in der Identität der Strafdrohungen zwischen Intraneus- und Extraneustaten. Diese Gleichstellung sei aber gerade nicht planwidrig, sondern vom Gesetzgeber gewollt.217 Dass § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an Jedermannsdelikten keine Anwendung findet, entspreche daher den dogmatischen Regeln des Allgemeinen Teils. Von einer Gesetzeslücke geht Sowada nicht aus. Das Spannungsverhältnis zwischen den Strafdrohungen auf der Teilnahmeebene sei auszuhalten.218 Es handele sich um eine bloße sekundäre Folge der primären täterschaftlichen Normengestaltung.219 Sowada vermischt allerdings die Anknüpfungspunkte für die Annahme einer planwidrigen Gesetzeslücke. Die Gleichstellung von Nehmer und Geber auf der Täterebene ist ebenso wie die Strafrahmenangleichung vom Gesetzgeber gewollt. Hier besteht keine Lücke. Die Lücke entsteht erst auf der Teilnehmerebene, da der Gesetzgeber die Gleichstellung nicht konsequent fortgesetzt und die Rechtsfolgen des § 28 Abs. 1 StGB im Gesamtzusammenhang mit der Gleichstellung nicht bedacht hat. 215 216 217 218 219

Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 515. Rüthers / Fischer, Rechtstheorie, 23 / 852. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291). Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291). Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291).

B. Teilnahme außenstehender Dritter

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Die Argumentation Sowadas gegen eine planwidrige Gesetzeslücke überzeugt nicht. Die Strafmilderung kann analog § 28 Abs. 1 StGB auf den Teilnehmer einer Gebertat Anwendung finden. Es besteht eine planwidrige Gesetzeslücke, die geschlossen werden muss, um sachgerechte Ergebnisse auf der Teilnehmerebene zu erzeugen.

7. Gesetzesänderung der §§ 333, 334, 299 Abs. 2 StGB: „§ 28 Abs. 1 StGB findet auf Teilnehmer entsprechende Anwendung“ Neben dem Lösungsvorschlag, § 28 Abs. 1 StGB analog auf den Teilnehmer einer Gebertat anzuwenden, bleibt abschließend die Lösung der direkten Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB. Hierzu wäre eine Gesetzesänderung erforderlich. Die Geberdelikte könnten durch Absätze bzw. Sätze etwa in folgender Form ergänzt werden: „§ 28 Abs. 1 StGB findet auf Teilnehmer entsprechende Anwendung.“. Dass der Gesetzgeber in anderen Strafnormen zu solchen expliziten Strafmilderungen des Teilnehmers zurückgegriffen hat, beweist § 236 Abs. 5 StGB. Danach „kann das Gericht […] in den Fällen der Absätze 2 und 3 bei Teilnehmern, deren Schuld unter Berücksichtigung des körperlichen und seelischen Wohls des Kindes oder der vermittelten Person gering ist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern […]“. Der Vorteil dieses Lösungsvorschlages ist, dass Rechtssicherheit und -klarheit gewährleistet wird. Der Nachteil besteht darin, dass die Forderung nach einer Gesetzesänderung zumeist einen langwierigen Weg bedeutet und unklar bleibt, ob diese Forderung überhaupt auf Gehör stößt. Perspektivisch ist eine Gesetzesänderung und die damit einhergehende Festschreibung der Gleichstellung von Geber und Nehmer auf der Teilnehmerebene aus den genannten Gründen vorzugswürdig. Bei der derzeitigen Gesetzeslage ist der Lösungsvorschlag, § 28 Abs. 1 StGB analog heranzuziehen, zu wählen.

8. Ergebnis und Resultat der (analogen) Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB Im Folgenden wird anhand der einzelnen Fallgruppen der Teilnahme (B. I. 1. und 2.) gezeigt, dass der Lösungsvorschlag (6.) von der analogen Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf den Teilnehmer der Gebertat funktioniert, schlüssige Ergebnisse bezüglich der Gleichstellung von Teilnehmern an der Nehmer- und Gebertat erzielt und Inkonsistenzen des Gesetzes beseitigt werden. Diese Ausführungen gelten ebenfalls für den Lösungsvorschlag der direkten Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB (7.).

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

a) Einseitige Teilnahme Für einseitige Teilnahme an den Taten des Vorteilsnehmers gilt die obligatorische Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB, da es sich um echte Sonderdelikte handelt. Auf die einseitige Teilnahme an den Taten des Vorteilsgebers wird die Strafmilderung analog § 28 Abs. 1 StGB angewendet. Die Teilnehmer auf der Geber- und der Nehmerseite sind demnach gleichgestellt und Inkonsistenzen des Gesetzes beseitigt. Der Grundsatz, „der Geber ist nicht seliger als der Nehmer“ [Kapitel 4 B. II. 2. c)], wird durch die analoge Anwendung der Strafmilderung auf den Teilnehmer der Gebertat sachgemäß transportiert. Die analoge Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf den Teilnehmer der Gebertat hat bei Teilnahme an Richterbestechlichkeit (§ 332 Abs. 2 Satz 1 StGB) bzw. -bestechung (§ 334 Abs. 2 Satz 1 StGB) allerdings gegenteilige Effekte. Der Grund hierfür sind Strafrahmen, die stark divergieren. Die Richterbestechlichkeit wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft, während Richterbestechung in den Fällen des § 334 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren und in den Fällen des § 334 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren anordnet. Liegt eine Fallkonstellation vor, in der ein Vorteilsnehmer wegen Richterbestechlichkeit und ein Vorteilsgeber wegen Richterbestechung strafbar ist und auf beiden Seiten ein außenstehender Dritter als Teilnehmer agiert, ergeben sich für den außenstehenden Dritten folgende Strafrahmen: Der Teilnehmer an der Richterbestechlichkeit erhält obligatorisch und in direkter Anwendung eine Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 i.V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1, Nr. 3 StGB. Daraus resultiert für den Anstifter ein Strafrahmen von drei Monaten bis zu sieben Jahren sechs Monate.220 Im Falle von Beihilfe und doppelter Strafmilderung (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB, § 28 Abs. 1 StGB) resultiert ein Strafrahmen von einem Monat bis zu fünf Jahren sieben Monate 15 Tage221. Für den Anstifter einer Richterbestechung gilt bei derzeitiger Gesetzeslage ohne analoge Anwendung der Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB ein Strafrahmen von drei Monaten (§ 334 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB) bzw. sechs Monaten (§ 334 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB) bis zu fünf Jahren, da er gleich einem Täter bestraft wird. Für den Gehilfen einer Richterbestechung beträgt der Strafrahmen ohne analoge Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB und aufgrund der Strafmilderung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1, Nr. 3 StGB ein Monat bis drei Jahre neun Monate. Wendet man die Strafmilderung analog § 28 Abs. 1 StGB auf Teilnahme an Richterbestechung an, resultieren folgende Strafrahmen: Beim Anstifter beträgt der

220 221

Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (292). Fischer, § 49 Rn. 4: Für die Berechnung nach Nr. 2 Satz 1 gilt § 39 StGB nicht.

B. Teilnahme außenstehender Dritter

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Strafrahmen ein Monat bis drei Jahre neun Monate, beim Gehilfen wegen doppelter Strafmilderung ein Monat bis zwei Jahre neun Monate 22 Tage. Anhand der eben erfolgten Rechendarlegung wird deutlich, dass die Gewährung einer analogen Strafmilderung auf Seiten des Teilnehmers der Gebertat zu einer starken Strafrahmendivergenz zwischen dem Teilnehmer der Richterbestechlichkeit und dem Teilnehmer der Richterbestechung führt. Diese Divergenzen sind allerdings aus folgenden Gründen hinzunehmen. Ziel der analogen Anwendung der Strafmilderung ist es, die Teilnehmer grundsätzlich gleich zu behandeln und beiden Teilnehmern eine Strafmilderung zuzugestehen. Dadurch soll die prinzipielle tatbestandliche Gleichstellung von Nehmer und Geber sachgerecht auf die Teilnehmerebene übertragen werden. Das heißt aber nicht, dass die Strafrahmen zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber nicht divergieren dürfen [siehe Kapitel 4 B. II. 2. c)]. Der Gesetzgeber kann verschiedene Gründe haben, die Strafe des Intraneus höher anzusetzen als die des Extraneus. Bei der Richterbestechlichkeit liegt diese Strafrahmendivergenz auf der Hand. Der Richter, der sich als käuflich zeigt und gegen Vorteile richterliche Handlungen vornimmt und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt, handelt besonders verwerflich. Der Extraneus kann hingegen lediglich von außen auf diesen Machtmissbrauch hinwirken. Die prinzipielle täterschaftliche Gleichstellung muss daher nicht bedeuten, dass Unterschiede auf der Strafrahmenebene illegitim wären. Der Gesetzgeber darf besondere Umstände, wie die besondere Sensibilität des Richteramtes, bei der Strafrahmenausgestaltung berücksichtigen. Demnach sind die starken Strafrahmendivergenzen zwischen Teilnehmern einer Richterbestechlichkeit und einer Richterbestechung hinzunehmen. Es ist daran zu erinnern, dass es unklar und unschlüssig ist, wieso der Teilnehmer an den Taten des Vorteilsgebers im Vergleich zum Teilnehmer an den Taten des Vorteilsnehmers derjenige sein soll, der auf eine Strafmilderung verzichten muss (B. II. 6.). Demzufolge ist der teilweise vertretene Vorschlag im Rahmen von Richterbestechlichkeit und -bestechung, den milderen Geberstrafrahmen auf den Teilnehmer der Nehmertat anzuwenden222, abzulehnen. Die analoge Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB auf die Teilnahme der Gebertat führt zu sachgemäßen und schlüssigen Ergebnissen bei der einseitigen Teilnahme und beseitigt die Inkonsistenzen des Gesetzes.

b) Beidseitige Teilnahme Für vorrangige Teilnahme gilt bei analoger Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB Folgendes: Wird der außenstehende Dritte vorrangig für den Vorteilsnehmer tätig, ist er wegen Teilnahme an Nehmertaten zu bestrafen und erhält eine obligatorische Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB. Wird der außenstehende Dritte hingegen 222 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (293); Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; SK-Stein / Rudolphi, § 334 Rn. 8; Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 15; Fischer, § 331 Rn. 38.

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

vorrangig für den Vorteilsgeber tätig, ist er wegen Teilnahme an den Gebertaten zu sanktionieren. Der vorrangige Teilnehmer an den Gebertaten wird durch analoge Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB dem vorrangigen Teilnehmer an den Nehmertaten in sachgerechter Weise und nach dem Grundsatz, der Geber sei nicht seliger als der Nehmer, gleichgestellt. Für gleichrangige Teilnahme gilt, dass der außenstehende Dritte wegen Teilnahme an den Taten des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers in Tateinheit bestraft wird, wenn er mit ein- und derselben Handlung an den Taten beider Tauschparteien gleichrangig mitwirkt [siehe B. I. 2. b)]. Die Strafrahmenobergrenze bildet dabei gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB das Gesetz mit der schwersten Strafe und die Strafrahmenuntergrenze gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 StGB das Gesetz mit der mildesten Strafe. Werden beide Teilnahmehandlungen direkt bzw. analog § 28 Abs. 1 StGB gemildert, entsteht bei Heranziehung der Tateinheitslösung keine Ungleichbehandlung von Teilnahme an der Nehmer- und der Gebertat. Der Tateinheitslösung kann nicht entgegnet werden, dass das Unrecht des Teilnehmers schwerer wiegen würde als das Unrecht des Gebers.223 Obwohl der außenstehende Dritte wegen gleichrangiger Teilnahme bestraft wird, wird er milder als der Geber bestraft. Dieses Ergebnis resultiert vor allem aus der Gewährung einer Strafmilderung auch auf Seiten des Teilnehmers an der Gebertat. Diese gemilderte Strafe bildet zugleich die Strafrahmenobergrenze gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB. Darüber hinaus wird nach dem unterbreiteten Lösungsvorschlag der Teilnehmer, der gleichrangig an den Taten des Gebers und Nehmers mitwirkt, nicht gegenüber demjenigen Teilnehmer besser gestellt, der beispielsweise nur für den Geber tätig wird.224 Damit erzeugt die Lösung, gleichrangige Teilnahme tateinheitlich zu bestrafen und die Strafe wegen Teilnahme an der Gebertat analog § 28 Abs. 1 StGB zu mildern, sowohl auf der Täter- als auch der Teilnehmerebene konsistente und schlüssige Ergebnisse. Die Konstruktion der herrschenden Lehre, den Teilnehmer bei gleichrangiger Teilnahme nur wegen einer Tat zu bestrafen, ist obsolet.

III. Lösungsvorschläge zur Beseitigung von Inkonsistenzen auf der Teilnahmeebene durch tatbestandliche Privilegierungsstrukturen auf der Täterebene Neben den Inkonsistenzen des Gesetzes durch die Anwendung bzw. Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 StGB existiert im Bereich klassischer Korruptionsdelikte eine weitere Deliktsstruktur, die Fragen auf der Teilnahmeebene aufwirft. Es geht um die Frage, wie mit im Gesetz angelegten Privilegierungsstrukturen auf der Teilnahmeebene umzugehen ist. 223 224

Siehe Kapitel 6 B. I. 2. b). So aber NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119 f.

B. Teilnahme außenstehender Dritter

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Tatbestandliche Privilegierungen existierten in der heutigen Gesetzesfassung auf Seiten des Vorteilsnehmers. Deshalb ist anhand verschiedener theoretischer Teilnahmekonstellationen zu klären, wie sich tatbestandliche Täterprivilegierungen auf der Teilnahmeebene auswirken. Dazu dienen Fallkonstellationen, in denen ein Soldat der Bundeswehr als Vorteilsnehmer agiert. Der Soldat der Bundeswehr ist schließlich, wie bereits gezeigt wurde, nicht in jedem Fall wegen Vorteilsannahme strafbar [siehe Kapitel 6 A. I. 3. b) bb)]. In der ersten Teilnahmekonstellation handelt jeweils ein außenstehender Dritter sowohl auf Nehmerseite als auch auf Geberseite. Nehmer ist dabei ein Soldat der Bundeswehr, der lediglich der Laufbahngruppe der Mannschaften angehört. Dieser ist straflos, da weder § 331 StGB noch § 48 WStG Strafbarkeit bestimmen. Der Vorteilsgeber macht sich hingegen gemäß §§ 333 Abs. 1 bzw. 334 Abs. 1 Satz 1 StGB strafbar. In dieser Fallkonstellation tritt mangels strafbarer Haupttat keine Teilnahmestrafbarkeit des außenstehenden Dritten auf der Nehmerseite ein. Der außenstehende Dritte auf Seiten des Vorteilsgebers wäre hingegen wegen Teilnahme an der Gebertat zu sanktionieren. In der zweiten Teilnahmekonstellation vermittelt ein außenstehender Dritter zwischen einem Bundeswehrsoldaten als Vorteilsnehmer und einem Vorteilsgeber und wirkt daher auf beiden Tauschseiten mit. Wird der außenstehende Dritte vorrangig für den Vorteilsnehmer tätig, kann er wiederum mangels Strafbarkeit des Bundeswehrsoldaten nicht wegen Teilnahme an einer Nehmertat bestraft werden. Wird der außenstehende Dritte hingegen vorrangig für den Geber tätig, würde er sich wegen Teilnahme an einer Gebertat strafbar machen. Selbst wenn der außenstehende Dritte gleichrangig für den Nehmer als auch für den Geber tätig wird, wäre er nur wegen Teilnahme an der Gebertat strafbar. Die partielle Privilegierung des Vorteilsnehmers hat weitreichende Folgen auf der Teilnahmeebene: Gegenüber dem Teilnehmer an der Gebertat ist der Teilnehmer an der Nehmertat wegen des Akzessorietätsprinzips straflos. Die genannten Teilnahmekonstellationen befördern daher folgende Fragen: Wirkt sich die Privilegierung des Vorteilsnehmers und die zwangsläufig daraus folgende Privilegierung des außenstehenden Dritten als Quasi-Teilnehmer225 auf die Strafbarkeit des Teilnehmers auf Seiten des Vorteilsgebers aus? Wenn nicht, sollte diese Privilegierung berücksichtigt und insgesamt auf die Teilnahmeebene transportiert werden?226 Zur Beantwortung dieser Fragen ist Bezug auf die alte Gesetzeslage von 1974 vor dem Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. 08. 1997 zu nehmen. Nach der Der Begriff „Quasi-Teilnehmer“ (beispielsweise auch bei Langer2, S. 392) dient zur Illustration, dass Teilnahmestrafbarkeit bereits an einer teilnahmefähigen Haupttat scheitert, handlungstheoretisch aber eine Teilnahmehandlung beispielsweise in Form einer Hilfeleistung existiert. 226 Bell, MDR 1979, 719 (721); Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291 f.). Dafür Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; LK11-Jescheck, § 333 Rn. 12; Sch / Sch27-Heine, § 334 Rn. 12 – 14; Bell, MDR 1979, 719 (721); a. A. NK-Kuhlen, § 331 Rn. 119 f. 225

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

alten Gesetzeslage wurde vor allem der Geber im Korruptionsgeschehen gemäß § 333 StGB a. F. privilegiert.227 Nach teilweiser Auffassung der Strafrechtswissenschaft war ein außenstehender Dritter nicht wegen Teilnahme an der Nehmertat zu bestrafen, wenn der Geber in Folge der tatbestandlichen Privilegierung straflos war. Als Grund des Transportes der täterschaftlichen Privilegierung auf die Teilnehmerebene wurde angeführt, dass der Gesetzgeber die intensivere Mitwirkung des Vorteilsgebers bewusst straflos gelassen habe.228 Folgt man diesem Lösungsweg, müsste die tatbestandliche Privilegierung und die Entscheidung des Gesetzgebers zur Straflosigkeit einer Tauschpartei stets auf der Teilnehmerebene berücksichtigt werden. Diese Lösung hätte zur Folge, dass die strikte Trennung zwischen den Lagern „Geber“ und „Nehmer“, die sich nach bisherigem Erkenntnisstand auf der Teilnahmeebene fortsetzen muss, durch tatbestandliche Privilegierungsstrukturen des Gesetzes durchbrochen werden würde.229 Dieses Resultat bedeutet, dass ein teilnehmender außenstehender Dritte immer straflos wäre, wenn ein Täter tatbestandlich privilegiert ist, obwohl sich der außenstehende Dritte an der anderen Tat wegen Teilnahme strafbar gemacht hätte. Alternativ zu dieser Lösung steht der Vorschlag, tatbestandliche Privilegierungsstrukturen nicht in spezieller Weise auf der Teilnahmeebene zu berücksichtigen und statt dessen die allgemeinen Teilnahmeregeln anzuwenden. Das heißt, dass der Teilnehmer an der nichtprivilegierten Tat trotz Privilegierung der Spiegeltat bestraft wird.230 Zwar wird dadurch der „nichtprivilegierte“ Teilnehmer gegenüber dem „privilegierten“ Teilnehmer handlungstheoretisch benachteiligt. Von Gesetzes wegen ist Teilnahme gemäß §§ 26, 27 StGB jedoch strafbar, wenn eine teilnahmefähige Haupttat vorliegt. Die Privilegierung des Vorteilsnehmers wirkt sich gesetzestechnisch nicht auf den Teilnehmer an der Tat des Vorteilsgebers aus. Darüber hinaus trennen klassische Korruptionsdelikte zwischen den Lagern „Nehmer“ und „Geber“. Entschließt sich der außenstehende Dritte dazu, einseitig an der Tat des Gebers mitzuwirken, ist er nach der Lagertheorie als Teilnehmer des Geberlagers zu qualifizieren. Die Lagerbildung auf der Täterebene setzt sich demzufolge auf der Teilnehmerebene fort. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur, wenn der außenstehende Dritte gleichrangig an den Taten des Geber- und des Nehmerlagers Siehe Kapitel 6 A. I. 3. b) aa). Bell, MDR 1979, 719 (719 m.w. N.); Lackner / Kühl, § 331 Rn. 19; LK11-Jescheck, § 333 Rn. 12. 229 Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (290). 230 Für Teilnahme an § 331 StGB a. F. trotz Privilegierung des Vorteilsgebers nach § 333 StGB a. F.: RGSt 42, 382 (384); Eb. Schmidt, Bestechungstatbestände, Rn. 210 Fn. 278; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 540. Nach Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (291), ist dieses Ergebnis „durchaus angemessen“. Sowada, FS Tiedemann (2008), 273 (292), will allerdings nur die Privilegierung des Vorteilsgebers dem Teilnehmer der Taten des Vorteilsnehmers gewähren, schließlich handelt es sich um die intensivste Form der Mitwirkung. Die Privilegierung des Vorteilsnehmers soll hingegen nicht auf den Teilnehmer der Taten des Vorteilsgebers übertragen werden. 227 228

C. Teilnahme des Betriebsinhabers an § 299 Abs. 1 StGB?

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teilnimmt. Die materielle Selbstständigkeit und Eigenständigkeit der Nehmer- und Geberdelikte setzt sich daher auf der Teilnehmerebene fort. Die tatbestandliche Privilegierung des einen Lagers wirkt sich nicht strafbefreiend auf den Teilnehmer an der Tat des anderen Lagers aus. Dafür spricht ebenfalls, dass tatbestandliche Privilegierungsstrukturen auf der Nehmerseite keine strafbefreienden Auswirkungen auf der Geberseite haben. Im Ergebnis ist es daher nicht sachgerecht, täterprivilegierende Tatbestandsstrukturen in der Weise auf die Teilnehmerebene zu transportieren, dass der Teilnehmer des einen Lagers von den tatbestandlichen Privilegierungen des anderen Lagers profitiert. Diese Notwendigkeit wird besonders bei der Fallgruppe der gleichrangigen Teilnahme deutlich: Der außenstehende Dritte könnte sowohl die Nehmer- als auch die Gebertat fördern, würde somit doppeltes Teilnahmeunrecht begehen, wäre aber wegen der tatbestandlichen Privilegierung auf der Nehmerseite gänzlich straflos. Privilegierungsstrukturen auf der Täterebene dürfen nicht auf die Teilnehmerebene übertragen werden. Dies gilt unabhängig von der Erwägung, dass die Gleichstellung von Geber und Nehmer tatbestandliche Privilegierungen auf der Täterebene verbietet.

C. Teilnahme des Betriebsinhabers an § 299 Abs. 1 StGB? – Überlegungen de lege lata und de lege ferenda Letztlich bleibt die anfangs aufgeworfene dritte Frage zu beantworten, ob sich der Betriebsinhaber wegen Teilnahme an den Straftaten seiner Angestellten bzw. Beauftragten gemäß § 299 Abs. 1 StGB strafbar machen kann. Im Kapitel 3 A. II. 3. a) aa) wurde herausgearbeitet, dass der Betriebsinhaber als Prinzipal nicht nach § 299 Abs. 1 StGB strafbar ist. Wenn er nicht als Täter bestraft werden kann, ist jedoch grundsätzlich eine Teilnahmestrafbarkeit an den Taten der Angestellten bzw. Beauftragten in Betracht zu ziehen, da es sich um fremde, vorsätzlich und rechtswidrig begangene Haupttaten handelt. Die Möglichkeit der Teilnahme ist anhand der Ergebnisse, die aus dem dritten Kapitel hervorgegangen sind, zu beurteilen. Dort wurden die Fragen beantwortet, warum der Betriebsinhaber nicht gemäß § 299 Abs. 1 StGB strafbar ist und ob die Zustimmung zur Bestechlichkeit beachtlich ist. Die Antworten auf diese Fragen können Aufschluss über die Teilnahmemöglichkeit geben. Auf die Frage, warum der Betriebsinhaber nicht gemäß § 299 Abs. 1 StGB strafbar ist, ergab sich folgende Antwort: Der Betriebsinhaber ist im Korruptionsgeschehen als Prinzipal einzuordnen. Der Prinzipal ist grundsätzlich frei darüber, Entscheidungen auf Kosten anderer zu treffen und seinen eigenen Vorteil zu suchen. Allerdings hat auch der Betriebsinhaber die Wertungen des UWG und GWB zu beachten [siehe Kapitel 3 A. II. 3. a) aa)].

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Kap. 6: Spezielle Fragestellungen zur Strafbarkeit

Auf die Frage, ob die Zustimmung zur Bestechlichkeit beachtlich ist, resultierte folgendes Ergebnis: Die Zustimmung ist grundsätzlich beachtlich und kann die Strafbarkeit des Angestellten bzw. Beauftragten beseitigen. Die Grenzen der Wirksamkeit der Zustimmung bilden dabei die Wettbewerbsregeln des UWG und GWB. Die Unwirksamkeit der Zustimmung resultiert vor allem in solchen Fallkonstellationen, in denen persönliche und eigennützige Drittvorteile an den Betriebsinhaber selbst oder persönliche und eigennützige Vorteile an den Angestellten bzw. Beauftragten erfolgen [siehe Kapitel 3 A. II. 3. b) cc)]. Aus diesen Ergebnissen ist nur eine Schlussfolgerung zur Teilnahmestrafbarkeit zulässig, um konsistente und schlüssige Rechtsfolgen herzustellen. Wenn der Betriebsinhaber als Prinzipal erstens grundsätzlich darüber frei ist, Entscheidungen auf Kosten anderer und zum eigenen Vorteil zu treffen, und zweitens seine Zustimmung für die Strafbarkeit der Angestellten und Beauftragten grundsätzlich beachtlich ist, kann er nicht wegen Teilnahme bestraft werden.231 Da der Betriebsinhaber im Rahmen des § 299 StGB die spezielle Position des Prinzipals einnimmt, ist eine Teilnahme handlungstheoretisch ausgeschlossen.232 Die gesetzliche Wertung, dass der Betriebsinhaber bewusst schon nicht als Täter bestraft wird, darf nicht durch Teilnahmestrafbarkeit unterlaufen werden.233 Die Friktionen, die die Gesetzesinterpretation des § 299 StGB mit sich bringt, dürfen nicht auf der Teilnahmeebene gelöst werden. Demgegenüber hält Winkelbauer beispielsweise eine Teilnahmestrafbarkeit des Betriebsinhabers nach den Grundsätzen über die Strafbarkeit eines Außenstehenden für denkbar. Schließlich könne sich auch ein Außenstehender an einem echten Sonderdelikt beteiligen.234 Dieser Vergleich überzeugt jedoch nicht. Im Korruptionsgeschehen ist der Betriebsinhaber kein Außenstehender, sondern Prinzipal des Intraneus. Auf klassische Korruptionsdelikte kann dieses Argument daher nicht übertragen werden. Statt Teilnahmestrafbarkeit in Betracht zu ziehen, ist vielmehr eine selbstständige Strafbarkeit des Betriebsinhabers für solche Fallkonstellationen zu erwägen, in denen die Zustimmung des Betriebsinhabers wegen der Forderung von eigennützigen Drittvorteilen an den Betriebsinhaber unwirksam und der Angestellte bzw. Beauftragte deshalb strafbar ist. Für derartige Fallkonstellationen könnte beispielsweise eine Regelung im Rahmen von § 299 StGB geschaffen werden, die § 357 StGB nachgebildet ist.235 Nach einer solchen Strafvorschrift wäre der Betriebsinhaber

231 Pragal, S. 169: Nur bei Unbeachtlichkeit der Zustimmung ist Teilnahme an den Taten der Angestellten bzw. Beauftragten strafbar; Wollschläger, S. 95 f.: In erster Linie käme dann Beihilfe durch Unterlassen in Betracht; ebenso Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (390). 232 Sommer, Rn. 234; Achenbach / Ransiek-Rönnau, III 2 Rn. 44; Bernsmann / Gatzweiler, Rn. 564. 233 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (468). 234 Winkelbauer, FS Weber (2004), 385 (390); Höltkemeier, S. 174.

C. Teilnahme des Betriebsinhabers an § 299 Abs. 1 StGB?

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strafbar, wenn er der Bestechlichkeit des Angestellten bzw. Beauftragten zustimmt, um entweder selbst einen eigennützigen Drittvorteil zu erlangen oder um persönliche Vorteile des Angestellten bzw. Beauftragten zu billigen, und diese Zustimmung im wettbewerbsrechtlichen Sinne unlauter ist. Darüber hinaus könnten mit einer solchen entsprechenden Vorschrift bestimmte strafwürdige Unterlassungskonstellationen, in denen der Betriebsinhaber beispielsweise Straftaten seiner Angestellten bzw. Beauftragten geschehen lässt, erfasst werden (siehe Kapitel 5 A. I. 5.). Die Schaffung einer solchen Regelung stellt unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte eine mögliche weitere Forschungsfrage dar, die im Anschluss an diese Arbeit beantwortet werden könnte.

235 Bottke, JuS 2002, 320 (324); Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (467), schlägt die Schaffung eines genuinen Straftatbestandes vor. Interessanterweise enthielt das UWG, welches § 299 StGB vor dem Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997 in Form des § 12 UWG a. F. regelte, eine mit § 357 StGB vergleichbare Regelung in § 4 Abs. 2 UWG a. F. § 4 Abs. 1 UWG a. F. findet dabei in Teilen seine heutige Entsprechung in § 16 UWG (strafbare Werbung). Nach § 4 Abs. 2 UWG a. F. galt Folgendes: „Werden die im Absatz 1 bezeichneten unrichtigen Angaben in einem geschäftlichen Betriebe von einem Angestellten oder Beauftragten gemacht, so ist der Inhaber oder Leiter des Betriebs neben dem Angestellten oder Beauftragten strafbar, wenn die Handlung mit seinem Wissen geschah.“

Kapitel 7

Zusammenfassung und Schlussbemerkung Die Zielsetzung dieser Arbeit bestand darin, zwei bisher zumeist separat betrachtete Themenkomplexe zusammenzuführen: das traditionelle Thema Beteiligungslehre und das Modethema Korruption. Da innerhalb der Strafrechtswissenschaft schon lange nach einem Kriterium gesucht wird, welches den Täter charakterisiert, ist ersteres traditionell. Korruption stellt hingegen ein Thema dar, das die Strafrechtswissenschaft erst seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts intensiv beschäftigt. Dass es sich bei Korruption um ein „Modethema“ der gegenwärtigen wissenschaftlichen und rechtspolitischen Auseinandersetzung handelt, darf allerdings nicht über die Ergiebigkeit für die Beteiligungsdogmatik hinweg täuschen. Anhand korruptiver Handlungsstrukturen wurde gezeigt, dass die Dogmatik der allgemeinen Beteiligungslehre besondere Handlungsstrukturen bisher viel zu wenig berücksichtigt. Es wurde deutlich, dass überzeugende Lösungsansätze zu bestimmten Täterschafts- und Teilnahmefragen fehlen. Die Arbeit lokalisierte Fehlentwicklungen und entwickelte Lösungen zur Beseitigung dieser Defizite. Es konnte beispielsweise gezeigt werden, dass phänomengetreue und sachgerechtere Ergebnisse zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme erzielt werden, wenn besondere Handlungsstrukturen in der allgemeinen Täterdogmatik Berücksichtigung finden. Um die Zusammenführung zwischen beiden Themenkomplexen zu ermöglichen, wurde im zweiten Kapitel ein Korruptionsmodell entwickelt, welches korruptive Handlungs- und Beziehungsstrukturen der am Korruptionsgeschehen Beteiligten systematisch darstellt. Hierzu wurden verschiedene disziplinäre Ansätze zur Definition des Phänomens Korruption auf ihre Tauglichkeit untersucht. Dies war notwendig, da das geltende Recht bestimmte Formen korruptiven Verhaltens in verschiedenen Strafvorschriften sanktioniert, ohne dabei den Oberbegriff Korruption tatsächlich zu gebrauchen. Soll eine fruchtbare wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Korruption gelingen, muss das Phänomen auf einen Begriff gebracht werden. Es hat sich gezeigt, dass ein allgemeiner Begriff der Korruption gebildet werden kann. Ein solcher Begriff bezweckt, Korruption inhaltlich zu erfassen, phänotypisch einzuordnen und von anderen Phänomenen abzugrenzen. Dabei wird bei der Begriffsbestimmung nicht an die Schaffung eines allgemeinen Straftatbestandes namens „Korruption“ gedacht. Ein allgemeiner Begriff kann die Differenzierung zwischen strafrechtlich relevanter und strafrechtlich nicht relevanter Korruption nicht leisten. Dies ist Aufgabe des Strafrechts.

Kap. 7: Zusammenfassung und Schlussbemerkung

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Bei der Untersuchung der disziplinären Begriffsbestimmung hat sich der ökonomische Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz als besonders geeignet herausgestellt, um Strukturen von Korruption handlungstheoretisch darzulegen. Dieser Ansatz bildet daher die theoretische Grundlage des entwickelten Korruptionsmodells. Der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz betrachtet drei Akteure in einem Dreiecksverhältnis: Den Klienten als Bestechenden, den Agenten als Bestochenen und den Prinzipal als Vertragspartner des Agenten. Der Prinzipal überträgt dem Agenten besondere Handlungs- und Entscheidungsbefugnisse, wodurch der Agent in die Lage versetzt wird, bestimmte Aktionen durchzuführen. Agent und Klient schließen einen sog. Korruptionsvertrag und tauschen Leistungen aus. Dabei verhält sich der Agent gegenüber dem Prinzipal vertragswidrig, da er regelwidrig entscheidet bzw. handelt und dafür eine Gegenleistung (Vorteil) vom Klienten erhält. Demzufolge profitieren sowohl Agent als auch Klient vom „Korruptionsvertrag“. Der Regelverstoß des Agenten gegenüber dem Prinzipal resultiert aus Vertrags-, Innen- oder Außenregeln. Ein Vorteil des Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatzes besteht darin, korruptiven Machenschaften klare Zurechnungsstrukturen zu verleihen. Der Ansatz verdeutlicht, welche Akteure im Korruptionsgeschehen agieren, welche Handlungen jeweils vorgenommen werden und welche Konflikte im jeweiligen Personenverhältnis bestehen. Die jeweiligen Beziehungen werden zwischen den Akteuren und die sonst eher allgemein gehaltenen Begriffsmerkmale anderer disziplinärer Ansätze konkretisiert. Insbesondere präzisiert der Prinzipal-Agenten-Klienten-Ansatz den Interessengegensatz zwischen Prinzipal und Agent. In der vorliegenden Arbeit wird das entwickelte Korruptionsmodell auch als Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz bezeichnet, da diese Begriffe die in der jeweiligen Beziehung stattfindenden korruptiven Elemente in strafrechtlicher Hinsicht besser veranschaulichen. Der Agent (Vorteilsnehmer) wird als Intraneus und der Klient (Vorteilsgeber) wird als Extraneus charakterisiert. Es ist insoweit zwischen dem Grundverhältnis Intraneus – Prinzipal (sog. Innenverhältnis) und dem Tauschverhältnis Intraneus – Extraneus (sog. Außenverhältnis) zu unterscheiden. Im Außenverhältnis wird der „Korruptionsvertrag“ zwischen Intraneus und Extraneus geschlossen und im Innenverhältnis missbraucht der Intraneus seine Machtposition gegenüber seinem Prinzipal. Der Intraneus steht innerhalb dieser Dreieckskonstellation im Mittelpunkt. Machtmissbrauch ist dabei ein Schlüsselmerkmal der Korruption und kann dieses Kriminalitätsphänomen von anderen Tauschphänomenen, wie beispielsweise Hehlerei, Bezahlung von Schwarzarbeit, Kinderhandel, Drogen- und Waffenhandel und Ringabsprachen beim Submissionsbetrug, abgrenzen. Da, im Gegensatz zum Extraneus, ausschließlich der Intraneus den Machtmissbrauch durchführen kann, ist das Unrecht der Tauschparteien unterschiedlich gelagert. Obwohl der Extraneus außerhalb des Innenverhältnisses steht – daher das Begriffspaar Intraneus und Extraneus – spielt er im Korruptionsgeschehen eine tragende Rolle. Es gilt das Prinzip: Ohne einen Geber kann es keinen Nehmer geben. Beide Tauschparteien sind notwendige und gleichrangige Akteure im Korruptionsgeschehen.

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Kap. 7: Zusammenfassung und Schlussbemerkung

Korruption stellt demzufolge eine Täter-Täter-Interaktion dar. Der Tausch zwischen Intraneus und Extraneus ist das die Täter verbindende Element. Innerhalb der handlungstheoretischen Strukturanalyse von Korruption hat sich gezeigt, dass der Korruptionsbegriff um die Sondersituationen Autokorruption und einseitiger Korruptionsversuch zu erweitern ist. Vor allem die letztere Sondersituation hat zentrale Bedeutung in der weiteren Untersuchung eingenommen. Ein einseitiger Korruptionsversuch liegt vor, wenn lediglich ein einseitiges Ansinnen zum Abschluss eines Korruptionsvertrages besteht und keine positive Reaktion des Gegenübers erfolgt. Die Erweiterung war notwendig, da mangels Tausches von Leistungen keine Korruption vorliegt, obwohl auch derartige Sachverhalte als typisch korruptiv erscheinen. Das Bedürfnis um die Erweiterung hat sich in der weiteren Untersuchung und im Rahmen verschiedener Diskussionspunkte als tragfähig und erkenntnisbringend herausgestellt. Im Korruptionsgeschehen können neben den Akteuren Intraneus und Extraneus auch sog. außenstehende Dritte eine zentrale Rolle spielen, ohne dabei als Tauschpartei zu agieren. Werden sie in den Tausch als Tauschparteien einbezogen, handelt es sich nicht um außenstehende Dritte. Der Akteur ist dann selbst als Intraneus oder Extraneus zu klassifizieren. Außenstehende Dritte sind daher strafrechtlich allenfalls als Teilnehmer im Korruptionsgeschehen einzuordnen. Im dritten Kapitel wurde das zuvor entwickelte Korruptionsmodell auf verschiedene Straftatbestände angewendet. Nur einige der Delikte, die mit Korruption in Zusammenhang gebracht werden, sind als klassische Korruptionsdelikte einzuordnen. Als klassische Korruptionsdelikte werden diejenigen Straftatbestände bezeichnet, die korruptive Handlungsstrukturen beinhalten. Delikte, die solche Strukturen nicht aufweisen, sind hingegen als korruptionsnahe Delikte zu qualifizieren und fungieren primär als korruptionstypische Begleitdelikte oder als Auffangtatbestände. Die erste Gruppe der zu überprüfenden Straftatbestände stellten die Straftaten im Amt gemäß §§ 331 ff. StGB dar. Es handelt sich um klassische Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich. Die Besonderheit dieser Deliktsgruppe stellt die spiegelbildliche Ausgestaltung von Nehmer- und Geberstrafbarkeit und die Gegenüberstellung von echten Sonderdelikten und Allgemeindelikten dar. §§ 331, 332 StGB sind als echte Sonderdelikte ausgestaltet: Vorteilsnehmer bzw. Intraneus ist ein Amtsträger (im engeren oder weiteren Sinne – wiederum wird der Einfachheit halber auf Differenzierungen verzichtet), der eine besondere Pflichtenstellung gegenüber dem Prinzipal Staat innehat. Demgegenüber stellen §§ 333, 334 StGB Allgemeindelikte dar: Vorteilsgeber bzw. Extraneus kann jedermann sein. Nehmer und Geber sind gleichrangige Täter, da diese eigenständigen und selbstständigen Straftatbeständen unterliegen. Extraneus und Intraneus sind dabei durch den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung verbunden, welches ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal und Kernstück dieser Deliktsgruppe darstellt. Handlungstheoretisch handelt es sich um den „Korruptionsvertrag“. Durch den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung missbraucht der Intraneus im Innenverhältnis zum Prinzipal Staat seine übertragene

Kap. 7: Zusammenfassung und Schlussbemerkung

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Machtposition, soweit er seine Entscheidungen regel- und pflichtwidrig an die Gewährung von Vorteilen knüpft und sich bei der Entscheidungsfindung von Vorteilen beeinflussen lässt. Durch die korruptiven Verhaltensweisen wird die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes, die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen und das Vertrauen der Allgemeinheit hierin verletzt. Die zweite Gruppe der zu überprüfenden Straftatbestände bildete Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 und 2 StGB. Diese Straftatbestände wurden durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. 08. 1997 in das Strafgesetzbuch mit dem Ziel eingefügt, das verbreitete Schmiergeldunwesen im Wirtschaftsleben zu bekämpfen. § 299 StGB bezweckt den Schutz des freien Wettbewerbs. Freier Wettbewerb bedeutet Freiheit der Marktkonkurrenz vor unlauteren, nicht offenbarten Einflüssen, die das Austauschverhältnis von Waren und Leistungen einseitig zugunsten eines Beteiligten verzerren. Hierzu zählt die Freiheit der Marktkonkurrenz vor unzulässigen Vorteilsannahmen bzw. -gewährungen. Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sind parallel zu den §§ 331 ff. StGB aufgebaut und mit diesen strukturgleich. § 299 Abs. 1 StGB stellt ein echtes Sonderdelikt dar: Vorteilsnehmer ist ein Angestellter oder Beauftragter im geschäftlichen Verkehr. § 299 Abs. 2 StGB ist demgegenüber ein Allgemeindelikt: Vorteilsgeber kann jedermann sein. Kernstück der Straftatbestände ist wiederum die sog. Unrechtsvereinbarung, die Geber und Nehmer verbindet. Die Unrechtsvereinbarung hat bei § 299 StGB allerdings einen anderen Inhalt als bei den §§ 331 ff. StGB. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass im Wirtschaftsleben andere Maßstäbe für sachgerechtes Verhalten als im staatlichen Bereich gelten. Obwohl der Gesetzgeber offensichtlich die Absicht hatte, mit § 299 StGB ein weiteres „Korruptionsdelikt“ in das Strafgesetzbuch zu integrieren und die Tatbestandsstrukturen diesen Eindruck auf den ersten Blick bestätigen, hat die Analyse des Deliktes gezeigt, dass die konkrete Ausgestaltung diese Interpretation erschwert. Will man § 299 StGB als Korruptionsdelikt begreifen, muss die „Schablone“ des Korruptionsmodells passen. Wendet man das Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Modell auf § 299 StGB an, so ist der Betriebsinhaber als Prinzipal des Angestellten bzw. Beauftragten zu qualifizieren. Diese Qualifikation kann der gesetzlichen Ausgestaltung durchaus entnommen werden, da der Betriebsinhaber nicht gemäß § 299 Abs. 1 StGB strafbar ist. Die Straflosigkeit basiert auf dem Grundgedanken, dass der Betriebsinhaber grundsätzlich frei ist, seinen Vorteil auf Kosten anderer zu suchen, Waren bzw. Leistungen zum günstigsten Preis – beispielsweise aufgrund der Gewährung eines Rabattes – zu erwerben und bestimmte Anbieter zu bevorzugen. Dabei ist zu beachten, dass sich auch der Betriebsinhaber an Wettbewerbsregeln nach GWB und UWG zu halten hat, selbst wenn er nicht wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr strafbar ist. Die Übertragung des Prinzipal-Klienten-Ansatzes ist nicht unproblematisch, da § 299 Abs. 1 StGB nach überwiegender Auffassung keinen Pflichtverstoß des Angestellten bzw. Beauftragten gegenüber dem Betriebsinhaber voraussetzt. Will man aber § 299 StGB als Korruptionsdelikt und nicht als bloßes Wettbewerbsdelikt aus-

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legen, muss der Machtmissbrauch im Innenverhältnis zwischen Betriebsinhaber und Angestellten bzw. Beauftragten handlungstheoretische Voraussetzung des Straftatbestandes sein. Ansonsten handelt es sich ausschließlich um ein korruptionsnahes Phänomen. § 299 StGB nimmt daher eine besondere Stellung als Zwitterdelikt zwischen Wettbewerbsschutz und Korruptionsbekämpfung ein. Den Unrechtsgehalt stellt die Schnittmenge zwischen dem Phänomen Korruption und den Schutzerwägungen des Wettbewerbsrechts dar. Wenn der Angestellte bzw. Beauftragte seine Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten vertragswidrig missbraucht, indem er regelwidrig entscheidet oder handelt und dafür eine Gegenleistung erhält, ist hierin das korruptive Element zu sehen. Maßstab ist die vorgegebene geschäftliche Linie des Betriebsinhabers. Diese unternehmerische Entscheidungsfreiheit ist durch die rechtlichen Rahmenbedingungen des UWG und GWB begrenzt, die das Innenverhältnis als sog. Außenregeln determinieren. Der freie Wettbewerb, der durch § 299 StGB geschützt werden soll, kann daher nur in der Angriffsform der Korruption geschädigt werden. Aus diesem Normverständnis heraus konnten weitere phänomengetreue und gleichzeitig sachgerechte Auslegungsvorschläge gefunden werden: Erstens betrifft dies die Auslegung sog. Drittvorteile. Um die Strafbarkeit nach § 299 StGB sachgemäß einzugrenzen und um die Interessenwahrnehmung des Angestellten bzw. Beauftragten gegenüber dem Betriebsinhaber auf der einen Seiten und den Wettbewerbsschutz auf der anderen Seite zu respektieren, ist zwischen Vorteilen für den Betrieb als solchen und Vorteilen egoistischer, eigennütziger Natur zu differenzieren. Nur letztere Vorteile begründen Strafbarkeit des Intraneus und des Extraneus. Zweitens betrifft dies die Frage, ob die Zustimmung des Betriebsinhabers zu korruptivem Verhalten die Strafbarkeit des Intraneus und des Extraneus beseitigt. Unter Berücksichtigung des Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatzes ist die Zustimmung grundsätzlich beachtlich. Die Grenzen der Wirksamkeit legen allerdings die Wettbewerbsregeln des UWG und GWB fest. Darüber hinaus ist die Zustimmung unwirksam, wenn sie egoistische, eigennützige (Dritt-)Vorteile betrifft und der Betriebsinhaber hiervon Kenntnis besitzt. Nur unter den genannten Prämissen kann § 299 StGB als klassisches Korruptionsdelikt (im privaten Bereich) eingeordnet werden. Abschließend wurde gezeigt, dass der Entwurf des sog. zweiten Korruptionsbekämpfungsgesetzes (BT-Drs. 16 / 6558, S. 5 f.) nicht überzeugt. Zum einen ist die Vereinbarkeit der zu schaffenden Gesetzesvarianten mit dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG höchstwahrscheinlich nicht gegebenen und zum anderen sind Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit der Fallkonstellationen sehr zweifelhaft. Die dritte Gruppe der zu überprüfenden Straftatbestände waren die sog. Submissionsabsprachen gemäß § 298 StGB, die ebenfalls mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997 in das Strafgesetzbuch eingefügt wurden und den Schutz des lauteren Wettbewerbs bezwecken. § 298 StGB stellt kein klassisches Korruptionsdelikt dar. Strukturell betrachtet, fehlt die Tauschbeziehung zwischen Extraneus und Intraneus. Strafbar ist, wer ein Angebot abgibt, was auf einer kartellrechtswidrigen

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Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter der Ausschreibung zur Annahme eines bestimmten Angebotes zu veranlassen. Zwar sind in diesem Rahmen Sachverhalte typisch, in denen an die Veranstalterseite Schmiergelder gezahlt werden, um der Submissionsabsprache zum Erfolg zu verhelfen. Derartige sog. vertikale Absprachen sind nach § 1 GWB auch kartellrechtswidrig. Die Strafbarkeit gemäß § 298 StGB betrifft jedoch nur horizontale Absprachen. Hauptargument hierfür ist, dass vertikale Absprachen strafrechtlich von § 299 StGB bzw. §§ 331 ff. StGB erfasst werden. § 298 StGB ist daher als korruptionstypisches Begleitdelikt einzuordnen. Die vierte Gruppe der zu überprüfenden Straftatbestände bildete Untreue gemäß § 266 StGB. Dieser Straftatbestand ist kein klassisches Korruptionsdelikt, sondern ein klassisches Vermögensdelikt, welches Vermögensschäden im Prinzipal-Agenten-Verhältnis erfasst. Unrechtskern ist die Herbeiführung eines Vermögensnachteils durch die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht. Untreue fungiert in Korruptionssachverhalten vor allem als korruptionstypisches Begleitdelikt oder als Auffangtatbestand, wenn kein klassisches Korruptionsdelikt existiert oder einschlägig ist. Strafbarkeit gemäß § 266 StGB ist sowohl durch vermögensschädigendes Verhalten des Intraneus als auch des Extraneus möglich. In den Kapiteln vier bis sechs wurde das Thema Korruptionsstrafrecht mit dem Thema Beteiligungslehre verknüpft. Die Untersuchung konzentrierte sich dabei auf Beteiligung an klassischen Korruptionsdelikten. Zentrale Herausforderung stellte die mögliche Komplexität im Korruptionsgeschehen dar: Erstens sind zwangsläufig mehrere Personen in dieses Geschehen involviert – mindestens ein Intraneus und ein Extraneus, gegebenenfalls mehrere Intranei und Extranei, der Prinzipal vor allem im privaten Bereich und gegebenenfalls außenstehende Dritte auf Seiten des Intraneus und / oder des Extraneus. Zweitens handelt es sich um Täter-Täter-Interaktionen zwischen Extraneus und Intraneus und nicht um klassische Täter-OpferKonstellationen. Im vierten Kapitel wurden zunächst Strukturen des differenzierenden Beteiligungssystems und des Einheitstätersystems aufgezeigt. Anhand korruptiver Handlungsstrukturen und der Komplexität des Handlungsgeflechts wurde belegt, dass das Einheitstätersystem ebenso wie ein extensiver Täterbegriff besonderen Tatbestandsstrukturen nicht gerecht wird und das differenzierende Beteiligungssystem und ein restriktiver Täterbegriff vorzuziehen ist. Des Weiteren wurden Grundlinien der Tatherrschaftslehre vorgestellt, da diese eine dominierende Stellung in der allgemeinen Täterlehre einnimmt. Dabei wurde die Problematik der Verwendung des Tatherrschaftsgedankens im Bereich klassischer Korruptionsdelikte verdeutlicht. Diese wird durch die spiegelbildliche Gegenüberstellung von echten Sonderdelikten und von Allgemeindelikten erzeugt. Anhand bestimmter Fallkonstellationen konnte dargelegt werden, dass der klassische Tatherrschaftsgedanke vor allem im Bereich echter Sonderdelikte versagt. Anstatt den Tatherrschaftsgedanken solange zu modifizieren, bis er passend gemacht ist, sollte ein allgemeingültiger Täterbegriff geschaffen werden, der für sämtliche Deliktsstrukturen offen ist.

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Des Weiteren wurden im vierten Kapitel besondere Handlungsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte kritisch analysiert. Dies war notwendig, da diese Delikte wegen ihrer tatbestandlichen Strukturierung spezielle Fragen beteiligungsrechtlicher Natur aufwerfen. Dabei stellten sich folgende Fragen: Welche Bedeutung nehmen die einzelnen Handlungsstufen in Bezug auf die Unrechtsvereinbarung und Täterschaftsfragen ein? Handelt es sich bei den Tathandlungen des Extraneus um bloße vertäterschaftliche Teilnahmehandlungen? Wie gestaltet sich Versuch und Vollendung korruptiver Handlungen? Die erste Frage wurde wie folgt beantwortet: Anknüpfungspunkt der konkreten Ausgestaltung der Unrechtsvereinbarung ist die jeweilige Tathandlung. Die Tathandlungen sind einem dreistufigen Aufbau unterworfen, der einem chronologischen Ablauf folgt (Verhandlung: Fordern / Anbieten – Vereinbarung: Sich-Versprechen-Lassen / Versprechen – Leistung: Annehmen / Gewähren). Die Tathandlungen sind diesem Aufbau entsprechend spiegelbildlich und quasi-vertraglich (Angebot – Vertragsschluss durch Annahme – Erfüllung) ausgestaltet. Korruptionsdelikte stellen demnach sog. Interaktionsdelikte dar. Es wurde beispielsweise gezeigt, dass die Verhandlungsstufe zwar am weitesten vom Kern des Unrechtsgeschehens entfernt ist, da lediglich ein einseitiges Ansinnen vorliegt. Allerdings gilt das Fordern des Intraneus als besonders verwerfliche Tathandlung und setzt den Extraneus unter einen besonderen Druck. Darüber hinaus wurde verdeutlicht, warum „Anbieten“ eine einseitige Aufforderung des Extraneus und „Versprechen“ die positive Reaktion des Extraneus auf ein Angebot des Intraneus darstellt, warum „Sich-Versprechen-Lassen“ keine Reaktion auf ein „Versprechen“ ist und warum „Gewähren“ nicht als einseitiges Ansinnen interpretiert werden kann. Zum einen um die Kongruenz zwischen den komplementären Tathandlungen und das saubere Gefüge zwischen den Handlungsstufen des Drei-Stufen-Modells nicht zu zerbrechen und zum anderen um die gesetzliche Differenzierung und Gesamtkonzeption schlüssig und logisch auszulegen. Extraneusdelikte beinhalten keine vertäterschaftlichten eigentlichen Teilnahmehandlungen (Frage 2), wie es derzeit allgemein vertreten wird. Es handelt sich vielmehr um materielle Täterhandlungen, nicht hingegen um bloße formelle Täterhandlungen. Der Extraneus leistet keinen untergeordneten, sondern einen wesentlichen Tatbeitrag innerhalb des Korruptionsgeschehens. Wiederum gilt: Ohne einen Geber gibt es keinen Nehmer. Der Geber ist notwendige Gegenseite im Tauschgeschehen und nimmt eine zentrale Rolle darin ein. Vor allem aber spricht die gesetzgeberische Intention der Gleichstellung von Nehmer und Geber für diese Betrachtung. Strafrahmendivergenzen können die tatbestandliche Gleichstellung dabei nicht beseitigen, sondern würdigen unterschiedliche Gegebenheiten in der jeweiligen Fallkonstellation sachgerecht. Schließlich hat auch der Vergleich der Tathandlungen des Extraneus mit formellen Teilnahmehandlungen sowie mit Tathandlungen des Intraneus und darüber hinaus ein systematischer Vergleich mit anderen Delikten gezeigt, dass keine bloße Vertäterschaftlichung eigentlicher Teilnahmehandlungen vorliegt.

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Abschließend wurden die Versuchs- und Vollendungsstrukturen klassischer Korruptionsdelikte genauer analysiert (Frage 3). Die Analyse zeigte, dass diese Delikte in besonderer Weise von Versuchsstrukturen geprägt sind. Es stellte sich die Frage, ob eine Neustrukturierung des Gesetzes die Versuchs- und Vollendungsstrukturen de lege ferenda besser präzisieren könnte und Strafbarkeitsgrenzen deutlicher gezogen werden könnten. Es sind zwei verschiedene Formen des Versuchs und der Vollendung de lege lata zu unterscheiden: zum einen Korruption in Vollendung und einseitiger Korruptionsversuch im gesetzesuntechnischen Sinne und zum anderen Versuch und Vollendung im gesetzestechnischen Sinne. Es wurde zunächst festgestellt, dass Korruption im privaten Bereich keiner Versuchsstrafbarkeit im gesetzestechnischen Sinne unterliegt. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Extraneus dem Intraneus im Hinblick auf die Versuchsstrafbarkeit im gesetzestechnischen Sinne nicht vollständig gleichgestellt ist. Vielmehr unterliegt primär der Intraneus der Versuchsstrafbarkeit. Dass dies sachgerecht ist, konnte anhand der Grundgedanken der Versuchsstrafbarkeit dargelegt werden. Im Gegensatz zum Intraneus verfehlt der rechtsfeindliche Wille des Extraneus regelmäßig seine Wirkung, wenn die Willenserklärungen das Gegenüber nicht erreichen. Das Vertrauen in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit kann vom Extraneus in überwiegenden Fallkonstellationen nicht erschüttert werden. Hier offenbart sich seine Rolle als Außenstehender. Das Gesetz beinhaltet eine doppelte Versuchsstruktur, wenn Versuchsstrafbarkeit im gesetzestechnischen Sinne und der einseitige Korruptionsversuch im gesetzesuntechnischen Sinne zusammentreffen. Die jeweiligen Versuchsstrukturen sind dabei miteinander verflochten. Deshalb drängt sich die Überlegung auf, ob klassische Korruptionsdelikte als echte Unternehmensdelikte ausgestaltet werden sollten. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass versuchte Taten als vollendete behandelt und bestraft werden. Echte Unternehmensdelikte schaffen mehr Fragen und Probleme, führen jedoch nicht zu einer besseren Systematisierung der Versuchs- und Vollendungsstrukturen. Diese Deliktsform würde die Zweckmäßigkeit und Sachgerechtigkeit des Drei-StufenModells beseitigen. Daneben würde die besondere Verwerflichkeit des einseitigen Korruptionsversuches völlig in den Hintergrund rücken. Die Ausgestaltung klassischer Korruptionsdelikte in echte Unternehmensdelikte würde nicht zu mehr Rechtsklarheit und -sicherheit führen. Klassische Korruptionsdelikte stellen keine unechten Unternehmensdelikte dar. Hauptargument hierfür ist, dass das Drei-Stufen-Modell im Vergleich zu Tathandlungen unechter Unternehmensdelikte einer anderen Struktur unterliegt. Als letztes wurde überprüft, ob die Schaffung echter Versuchsdelikte bezüglich der Tathandlungen Anbieten und Fordern sinnvoll und sachgerecht sein könnte. Dies musste verneint werden. Diese Ausgestaltung würde untergraben, dass „Fordern“ das schwerere Unrecht darstellt und dass Korruption in Vollendung und einseitigem Korruptionsversuch gleichzustellen sind. Im fünften Kapitel wurde die strafrechtliche Verantwortung von Intraneus und Extraneus nach den einzelnen Täterschaftsformen differenziert bewertet. Es wurde

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Strafbarkeit wegen unmittelbarer Täterschaft, mittelbarer Täterschaft, Mittäterschaft und die Spezialkonstellation der Konnivenz gemäß § 357 StGB analysiert. Die vorangegangenen Erkenntnisse ließen dabei nur eine Vorgehensweise zu: Intraneus und Extraneus sind einheitlich zu beurteilen. Obwohl Geber und Nehmer unterschiedliche Rollen und Funktionen im Korruptionsgeschehen einnehmen und das Gesetz unterschiedliche Voraussetzungen an die Strafbarkeit stellt, sind beide Tauschparteien einheitlich zu betrachten, da es sich bei dem Kriminalitätsphänomen Korruption um eine Täter-Täter-Interaktion handelt. Dies galt vor allem für die Suche nach dem täterschaftsbegründenden Kriterium bzw. den täterschaftsbegründenden Kriterien. Eine sachgerechte Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme lässt einzig eine ganzheitliche Betrachtung objektiver und subjektiver Momente zu, ohne zu widersprüchlichen Ergebnissen zu führen. Klassische Korruptionsdelikte eignen sich aufgrund ihrer komplexen Tatbestandsstrukturen und der Erkenntnis, dass es sich bei Korruption um eine Täter-Täter-Interaktion handelt, im Besonderen dazu, Schwächen und Fehlentwicklungen bisheriger Täterschaftstheorien aufzuzeigen. Weder die Pflichtdeliktslehre noch die Tatherrschaftslehre, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung, sind in der Lage, im Bereich klassischer Korruptionsdelikte konsistente Lösungen der Täterschaftsbegründung herbeizuführen. Beispielsweise würde die Heranziehung der Pflichtdeliktslehre die Täterschaft bei Sonder- und Jedermannsdelikten unsachgemäß splitten. In einem einzigen Geschehen einer Täter-Täter-Interaktion unterschiedliche Kriterien zur Täterschaftsbegründung heranzuziehen, überzeugt nicht und zerreißt das Geschehen unsachgemäß. Darüber hinaus wären Fallgestalten theoretisch ausgeschlossen, in denen mehrere Intranei zusammenwirken und einer dieser Intranei als Teilnehmer qualifiziert wird. Die Verletzung einer Sonderpflichtverletzung führt nach der Pflichtdeliktslehre zur Täterschaft. Dass der Pflichtverletzungsgedanke eine Rolle spielt, wird nicht bestritten. Dieser Gedanke ist bei Sonderdelikten aber nicht das einzige täterschaftsbegründende Kriterium, sondern fließt in die ganzheitliche Betrachtung ein. Die Theorie der ganzheitlichen Betrachtung hat sich demzufolge als offene Täterlehre für verschiedene Handlungsstrukturen herausgestellt. Diese ist fähig, besondere Handlungsstrukturen umfassend zu berücksichtigen. Es ist ein Kombinationsansatz zur Begründung der Täterschaft notwendig, allerdings nicht im Sinne der Rechtsprechung und nicht im Sinne eines dualistischen Ansatzes, sondern im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung objektiver und subjektiver Momente. Im fünften Kapitel wurden abschließend die einzelnen Formen der Täterschaft des Intraneus und des Extraneus detailliert untersucht. Dabei stellte sich hauptsächlich die Frage, ob unmittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB oder mittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB Anwendung findet, wenn Mittelspersonen in das Tauschgeschehen eingeschaltet werden. Es ist fraglich, ob der Intraneus bzw. Extraneus, der einen Boten als Vermittler einschaltet, die korruptive Tat selbst oder durch einen anderen begangen hat. Bis auf einige kritische Stimmen wird überwiegend auf unmittelbare Täterschaft abgestellt. Die Problematik besteht darin, dass sich die Zurechnung regelmäßig als schwierig erweist, wenn menschli-

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ches Handeln zwischengeschaltet ist. Dies konnte anhand der Fallgruppe des qualifikationslos dolosen Werkzeuges innerhalb mittelbarer Täterschaft verdeutlicht werden. Hiermit verbunden war ebenfalls die Frage, ob die vollständig eigenhändige Tatbestandsverwirklichung hinreichende oder notwendige Bedingung der unmittelbaren Alleintäterschaft ist. Dabei ist an Fallkonstellationen gedacht, in denen die Tauschpartei ihren Willen zunächst einem Boten mitteilt und dieser den Willen als Kommunikationsmittel an das Gegenüber überbringt. Es zeigte sich, dass die Täterschaftsform unmittelbare Täterschaft Anwendung findet. Dabei handelt es sich um eine besondere Form der unmittelbaren Täterschaft, vorausgesetzt das Verhalten eines Dritten tangiert die Unmittelbarkeit nicht und die Begehung der Straftat ist als vom Intraneus bzw. Extraneus selbst begangen zu qualifizieren. Hierzu ist eine Willenserklärung des Intraneus bzw. Extraneus in Bezug auf den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung notwendig. Die Urheberschaft wird durch Vermittlung dieser Willenserklärung durch einen Boten nicht beseitigt. Es sind enge Voraussetzungen an die Boteneigenschaft zu knüpfen, um Drittverhalten nicht willkürlich als unmittelbare Täterschaft zu bewerten. Bei der dogmatischen Einordnung dieser besonderen Form unmittelbarer Täterschaft qua Mittelsperson wurde deutlich, dass in der Strafrechtswissenschaft bereits Ansätze existieren, in bestimmten Fallkonstellationen unmittelbare Täterschaft heranzuziehen, obwohl Dritte zwischengeschaltet sind. Größte Übereinstimmung mit der Figur der unmittelbaren Täterschaft qua Mittelsperson besteht dabei mit dem Ansatz von Schild, der unmittelbare Täterschaft in Gestalt der „Selbstbegehung durch einen Helfer“ herausgearbeitet hat. Mit Anerkennung unmittelbarer Täterschaft qua Mittelsperson ist die vollständig eigenhändige Tatbestandsverwirklichung hinreichende Bedingung, aber nicht notwendige Bedingung der unmittelbaren Alleintäterschaft. Von dieser besonderen Form der unmittelbaren Täterschaft sind Fallkonstellationen abzugrenzen, in denen ein tatveranlassender Hintermann die allgemeine Weisung bzw. Erlaubnis an seine Mitarbeiter erteilt, korruptiv tätig zu werden. Es wird an Fallgestalten gedacht, in denen Korruption methodisch als Unternehmens- bzw. Behördenstrategie eingesetzt wird, um systematisch gegen Zahlung von Schmiergeldern Aufträge zu akquirieren oder zu erteilen. In derartigen Konstellationen ist neben Mittäterschaft, Teilnahme oder gegebenenfalls Konnivenz auch an mittelbare Täterschaft des Hintermannes zu denken. Bei mittäterschaftlicher Begehung ist vor allem zu beachten, dass nur mehrere Intranei eine Straftat gemeinschaftlich begehen können oder nur mehrere Extranei. Die Täter-Täter-Interaktion der Korruption bedeutet also nicht, dass Geber und Nehmer gemeinschaftlich eine Straftat i. S. v. § 25 Abs. 2 StGB begehen können. Die mittäterschaftliche Begehung mehrer Intranei setzt beispielsweise zwingend voraus, dass alle die Intraneuseigenschaft, d. h. die erforderliche besondere Tätereigenschaft i. S. v. § 28 Abs. 1 StGB, besitzen. Darüber hinaus ist die Tathandlung gemeinschaftlich zu begehen. Es muss sich um ein gemeinschaftliches Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen handeln. Hingegen muss beispielsweise

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nicht die pflichtwidrige Diensthandlung gemäß § 332 Abs. 1 Satz 2 StGB gemeinschaftlich begangen werden. Schreitet ein Vorgesetzter gegen die korruptiven Verhaltensweisen seiner Mitarbeiter nicht ein, kann er sich wegen Konnivenz gemäß § 357 StGB strafbar machen, wenn er nicht selbst als unmittelbarer Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter handelt. Konnivenz ist als Spezialkonstellation der Täterschaft im Bereich klassischer Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich einzuordnen. Im sechsten Kapitel wurden spezielle Fragen zur Strafbarkeit wegen Teilnahme im Kontext klassischer Korruptionsdelikte beantwortet. Die erste Frage, die es zu beantworten galt, lautete, ob sich Intraneus bzw. Extraneus neben Täterschaft zugleich wegen wechselseitiger Teilnahme an der jeweiligen Spiegeltat strafbar machen können. Im Ergebnis ist automatische wechselseitige Teilnahme an der jeweiligen Spiegeltat durch ein- und dieselbe Handlung ausgeschlossen. Hauptargumente, die zu diesem Ergebnis führten, sind die materielle Täterschaft der Spiegeltattäter sowie die täterschaftliche Trennung und Selbstständigkeit der Nehmer- und Geberstrafbarkeit. Eine von der Täterschaft unabhängige Teilnahme am spiegelbildlichen Delikt ist grundsätzlich möglich, wenn weitere Handlungen vom Nehmer oder Geber vorgenommen werden. Der Intraneus oder Extraneus kann demzufolge innerhalb der Tauschbeziehung neben der Täterrolle eine zweite Rolle spielen und zwar die Rolle eines Teilnehmers. Die Beantwortung der Fragen, ob und wie sich ein außenstehender Dritter wegen Teilnahme strafbar macht, erwiesen sich als komplex. Hierzu mussten zunächst verschiedene Fallgruppen gebildet werden: einseitige und beidseitige Teilnahme. Dabei ist einseitige Teilnahme in Teilnahme an den Taten des Intraneus und in Teilnahme an den Taten des Extraneus zu unterteilen. Beidseitige Teilnahme ist wiederum in vorrangige Teilnahme und gleichrangige Teilnahme zu untergliedern. Ob eine voroder gleichrangige Teilnahme vorliegt und an welcher Tat vorrangig teilgenommen wird, ist eine Frage der wertenden Betrachtung objektiver und subjektiver Momente im Einzelfall. Bei der Bewertung gleichrangiger Teilnahme zeigte sich, dass eine tateinheitliche Lösung gegenüber der Lösung der überwiegenden Auffassung, wonach nur wegen einer Teilnahme zu bestrafen sei, zu bevorzugen ist. Bei der Analyse der Fallgruppen wurde deutlich, dass Inkonsistenzen des Gesetzes bestehen, da der Teilnehmer an einer Gebertat gegenüber dem Teilnehmer an einer Nehmertat benachteiligt wird. Der Teilnehmer an einer Gebertat erlangt keine Strafmilderung gemäß § 28 Abs. 1 StGB. Es handelt sich um eine unsachgemäße Benachteiligung, da sich herausgestellt hat, dass die Gleichstellung von Nehmer und Geber auf der Täterebene ebenso auf der Teilnahmeebene gelten muss. Als richtiger Lösungsweg erwies sich bei der derzeitigen Gesetzeslage die Anwendung der Strafmilderung analog § 28 Abs. 1 StGB auf den Teilnehmer der Gebertat. Auf der Teilnahmeebene klassischer Korruptionsdelikte liegt eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die es im Wege der analogen Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB zu schließen gilt. Die analoge Anwendung führt in allen Fallkonstellationen zu überzeugenden und schlüssigen Ergebnissen.

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Eine weitere Herausforderung auf der Teilnahmeebene stellen tatbestandliche Privilegierungsstrukturen auf der Täterebene dar. Obwohl der Gesetzgeber mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997 Nehmer und Geber gleichstellen wollte, existiert in der heutigen Gesetzesfassung des § 331 StGB i.V. m. § 48 WStG eine tatbestandliche Privilegierung des Vorteilsnehmers. Danach machen sich Soldaten der Bundeswehr, die der Laufbahngruppe der Mannschaften angehören, nicht wegen Vorteilsannahme strafbar, obwohl die spiegelbildliche Vorteilsgewährung sanktioniert wird. Daraus resultiert die Frage, wie mit diesen Strukturen auf der Teilnahmeebene umzugehen ist. Es wurde gezeigt, dass sich die tatbestandliche Privilegierung eines Täters nicht strafbefreiend auf den Teilnehmer an der Tat des anderen Täters auswirkt. Die Lagertrennung auf der Täterebene und die Selbstständigkeit der Geber- und Nehmerdelikte setzen sich demzufolge auf der Teilnehmerebene fort. Schließlich wurde die Frage beantwortet, ob sich der Betriebsinhaber i. S. v. § 299 StGB wegen Teilnahme an den Straftaten seiner Angestellten bzw. Beauftragten strafbar machen kann. Diese Frage wurde verneint. Wenn der Betriebsinhaber aus verschiedenen Gründen schon nicht als Täter bestraft wird, darf diese gesetzliche Wertung nicht zur Teilnahmestrafbarkeit führen. Das Bedürfnis nach Strafe ist daher allenfalls in einer selbstständigen Strafbarkeit im Sinne einer Strafnorm zu suchen, die § 357 StGB nachgebildet ist. Die Systematisierung der Akteure nach dem entwickelten Korruptionsmodell wurde am Ende des zweiten Kapitels bestätigt: Extraneus und Intraneus sind Täter. Außenstehende Dritte sind Teilnehmer. Prinzipale sind regelmäßig als Opfer zu qualifizieren. Im Bereich der Wirtschaftskorruption können Personen, die unter normalen Umständen als Prinzipale einzuordnen ist, selbst als Täter agieren: Entweder da sie selbst als Agenten handeln oder weil sie korruptive Verhaltensweisen ihrer Angestellten bzw. Beauftragten geschehen lassen. Der Allgemeine Teil und der Besondere Teil des Strafgesetzbuches, speziell Fragen zur Täterschaft und Teilnahme, sind untrennbar miteinander verbunden. Dieser Befund stellt eine wesentliche Erkenntnis der Untersuchung dar. Der Allgemeine und der Besondere Teil des Strafgesetzbuches dürfen daher nicht separat betrachtet werden. Schlüssige Ergebnisse können nur erzielt werden, wenn die gegenseitige Einflussnahme sowohl bei der Gesetzgebung als auch bei der Gesetzesauslegung bedacht wird. Eine konsistente und überzeugende Täterlehre muss deshalb für besondere Handlungsstrukturen der Delikte aus dem Besonderen Teil offen sein. Im Vergleich zu den bisherigen Ansätzen berücksichtigen die in dieser Untersuchung entwickelten Lösungen komplexe, korruptive Handlungs- und Personengeflechte und leisten daher einen Beitrag, verschiedene Beteiligungsfragen sachgerecht zu beantworten. Die Untersuchung hat deutlich gemacht, dass der Begriff Korruption in den Medien als auch in juristischen Diskussionsbeiträgen voreilig verwendet wird. Um zu sachgerechter Strafbarkeit der handelnden Akteure zu gelangen, ist ein rationaler

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Umgang mit dem Kriminalitätsphänomen Korruption notwendig. Tendenzen der Strafbarkeitsextention und unsachgemäßer Moralisierung der Gesellschaft durch das Strafrecht sind eine klare Absage zu erteilen. Dies gilt vor allem für den Bereich der Privatwirtschaft. Das Strafrecht kann hier nur eingeschränkt als Mittel der Sozialkontrolle Geltung erlangen. Nicht alle Verhaltensweisen, die teilweise ganz allgemein unter „Wirtschaftskorruption“ gefasst werden, sind dem Begriff Korruption zuzuordnen. Es ist ein Strafrecht erforderlich, welches klare Strafbarkeitsgrenzen für die handelnden Akteure aufzeigt und keine gesetzliche Grauzone schafft. Handlungstheoretische Strukturanalysen stellen eine geeignete Grundlage für eine klare und präzise strafrechtliche Bewertung bestimmter Kriminalitätsphänomene dar. Das hier entwickelte Korruptionsmodell kann dabei nicht nur auf nationaler Ebene hilfreiche Richtlinien zur Strafbarkeit bzw. Straflosigkeit der am Korruptionsgeschehen beteiligten Akteure geben, sondern auch auf die europäische und internationale Ebene übertragen werden und Anwendung finden.

Anhang: Neue und alte Gesetzestexte der §§ 331 ff. StGB In diesem Anhang werden die Gesetzestexte der §§ 331 ff. StGB von der heutigen bis zur Gesetzesfassung von 1871 mit den jeweiligen wesentlichen Änderungen aufgeführt.1 Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 1987 (BGBl. I vom 26. März 1987 S. 945 – 1040), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl. I 1997 Nr. 58 vom 19. August 1997 S. 2038 – 2043):

§ 331 StGB Vorteilsannahme (1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) 1Ein Richter oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 2Der Versuch ist strafbar. (3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.

§ 332 StGB Bestechlichkeit (1) 1Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und

1 Ausführliche Synopse bei Fuchs, StGB. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871. Historisch-synoptische Edition. 1871 – 2011, S. 1457 ff., abrufbar unter: http: // delegibus.com / 2010,1.pdf.

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dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 2In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. 3Der Versuch ist strafbar. (2) 1Ein Richter oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. 2In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. (3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat, 1. bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder, 2. soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen. § 333 StGB Vorteilsgewährung (1) Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Wer einem Richter oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfänger genehmigt. § 334 StGB Bestechung (1) 1Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 2In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. (2) 1Wer einem Richter oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung 1. vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder 2. künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,

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wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 2Der Versuch ist strafbar. (3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser 1. bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder, 2. soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 02. Januar 1975 (BGBl. I 1975 Nr. 1 vom 07. Januar 1975 S. 1 – 79), zuletzt geändert durch Art. 19 Nr. 187 des Gesetzes vom 02. März 1974 (BGBl. I 1974 Nr. 22 vom 09. März 1974 S. 469 – 650): § 331 StGB Vorteilsannahme (1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) 1Ein Richter oder Schiedsrichter, der einen Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 2 Der Versuch ist strafbar. (3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.

§ 332 StGB Bestechlichkeit (1) 1Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 2Der Versuch ist strafbar. (2) Ein Richter oder Schiedsrichter, der einen Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, dass er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen wür-

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de, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat, 1. bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder, 2. soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

§ 333 StGB Vorteilsgewährung (1) Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr als Gegenleistung dafür, daß eine in seinem Ermessen stehende Diensthandlung künftig vornehme, einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Wer einem Richter oder Schiedsrichter als Gegenleistung dafür, daß er eine richterliche Handlung künftig vornehme, einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfänger genehmigt.

§ 334 StGB Bestechung (1) Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) 1Wer einem Richter oder Schiedsrichter einen Vorteil als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung 1. vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder 2. künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde, wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 2Der Versuch ist strafbar. (3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

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1. bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder, 2. soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich in der Fassung der Bekanntmachung vom 01. Januar 1872 (Gesetz, betreffend die Redaktion des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund als Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, vom 15. Mai 1871, RGBl. 1871 Nr. 24 vom 14. Juni 1871 S. 127 – 205):

§ 331 StGB Pflichtwidrige Geschenkannahme Ein Beamter, welcher für eine in sein Amt einschlagende, an sich nicht pflichtwidrige Handlung Geschenke oder andere Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundert Thalern oder mit Gefängnis bis zu sechs Monate bestraft.2

§ 332 StGB Passive Bestechung (Bestechlichkeit) (1) Ein Beamter, welcher für eine Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, Geschenke oder andere Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, wird wegen Bestechung mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.3 (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.4

§ 333 StGB Aktive Bestechung (1) Wer einem Beamten oder einem Mitgliede der bewaffneten Macht Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, um ihn zu einer Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, zu bestimmen, wird wegen Bestechung 2 20. März 1876 (BGBl. 1871 Nr. 16 vom 20. April 1871 S. 63 – 85): „… mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.“. 01. September 1969 (BGBl. I 1969 Nr. 88 vom 02. September 1969 S. 1445 – 1501): „… mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bestraft.“. 3 01. September 1969 (BGBl. I 1969 Nr. 88 vom 02. September 1969 S. 1445 – 1501): „… wird wegen Bestechung mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu einem fünf Jahren bestraft.“. 4 01. September 1969 (BGBl. I 1969 Nr. 88 vom 02. September 1969 S. 1445 – 1501): „Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ein.“.

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mit Gefängnis bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.5 (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu fünfhundert Thalern erkannt werden.6 § 334 StGB7 Passive und aktive Richterbestechung (1) Ein Richter, Schiedsrichter, Geschworener oder Schöffe, welcher Geschenke oder andere Vorteile fordert, annimmt oder sich versprechen läßt, um eine Rechtssache, deren Leitung oder Entscheidung ihm obliegt, zu Gunsten oder zum Nachteile eines Beteiligten zu leiten oder zu entscheiden, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) 1Derjenige, welcher einem Richter, Schiedsrichter, Geschworenen oder Schöffen zu dem vorbezeichneten Zwecke Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Zuchthaus bestraft. 2Sind milderne Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.

5 01. April 1970 (Erstes Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. StrRG) vom 25. Juni 1969, BGBl. I 1969 Nr. 52 vom 30. Juni 1969 S. 645 – 682): „… wird wegen Bestechung mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.“. 6 20. März 1876 (BGBl. 1871 Nr. 16 vom 20. April 1871 S. 63 – 85): „Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark erkannt werden.“ 01. April 1970 (Erstes Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. StrRG) vom 25. Juni 1969, BGBl. I 1969 Nr. 52 vom 30. Juni 1969 S. 645 – 682): (weggefallen). 7 01. September 1969 (BGBl. I 1969 Nr. 88 vom 02. September 1969 S. 1445 – 1501): (1) Ein Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter, welcher Geschenke oder andere Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen läßt, um eine Rechtssache, deren Leistung oder Entscheidung ihm obliegt, zu Gunsten oder zum Nachteile eines Beteiligten zu leiten oder zu entscheiden, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. (2) 1Derjenige, welcher einem Berufsrichter oder ehrenamtlichen Richter zu dem bezeichneten Zwecke Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. 2Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ein. 01. Juli 1927 (Gesetz vom 23. Dezember 1926, RGBl. I 1926 Nr. 68 vom 28. Dezember 1926 S. 507 – 532): (1) Ein Richter, Schiedsrichter, Beisitzer einer Arbeitsgerichtsbehörde, Geschworener oder Schöffe, welcher Geschenke oder andere Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen läßt, um eine Rechtssache, deren Leistung oder Entscheidung ihm obliegt, zu Gunsten oder zum Nachteile eines Beteiligten zu leiten oder zu entscheiden, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) 1Derjenige, welcher einem Richter, Schiedsrichter, Beisitzer einer Arbeitsgerichtsbehörde, Geschworenen oder Schöffen, zu dem bezeichneten Zwecke Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Zuchthaus bestraft. 2Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.

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Sachwortverzeichnis Anbieten 148, 151, 153, 155, 178, 180 Annehmen 154, 165, 178 Bestechlichkeit 39 Bestechung 38 Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr 82 – Eigennützigkeit der Vorteile 97 – Entschleierte Schmiergelder 98 – Korruptionsdelikt 92 – Prinzipal-Agenten-Klienten-Modell 90, 93 – Strafbarkeit des Betriebsinhabers 90 – Wettbewerbsdelikt 93 – Zustimmung des Betriebsinhabers 98 – Zwitterdelikt 95 Differenzierendes Beteiligungssystem 136 Echte Unternehmensdelikte 180 Echte Versuchsdelikte 185 Einheitstäterbegriff 139 Extensiver Täterbegriff 138 Extraneusdelikte 132 Fordern 148, 151, 178, 180 Ganzheitstheorie 211 – Maßgebende Momente 215 – Pflichtverletzungsgedanke 215 – Unterlassungstäterschaft 215 Gefangenendilemma 26, 47 Gesetz zur Bekämpfung von Korruption 37, 75, 79, 83, 105, 162, 254 Gewähren 155, 178 Homo oeconomicus 47 Intraneusdelikte 132 Konnivenz 242 Konsumtion 253

Korrumpierender 39, 51 Korrumpierter 39, 51 Korruption 21, 22, 37, 39, 40, 42, 43, 45, 46, 57 – Abgrenzung 53 – Allgemeine Begriffsbildung 50, 70 – Anfüttern 51, 79, 88 – Autokorruption 58 – Belastungskorruption 51 – Einseitiger Korruptionsversuch 59 – Entlastungskorruption 51 – Ethischer Ansatz 40 – Etymologischer Ansatz 39 – Gleichstellung von Geber und Nehmer 162 – Handlungstheoretische Strukturanalyse 50, 61 – Korruptionsnahe Phänomene 92 – Kriminologischer Ansatz 45 – Missbrauch der Machtposition 52 – Moral 57 – Ökonomischer Ansatz 46 – Politikwissenschaftlicher Ansatz 43 – Schadenspotenzial 55 – Situative Korruption 67 – Sozialschädlichkeit 55 – Soziologischer Ansatz 42 – Strukturelle Korruption 68 – Systematische Korruption 69 – Tausch 51 – Vorteil 54 Korruptionsdelikte 71, 72, 82, 105, 113 – Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr 82 – Doppelte Versuchsstruktur 178 – Straftaten im Amt 72 – Täterinteraktionsdelikte 157 – Untreue 113 – Versuchsstrafbarkeit 176

Sachwortverzeichnis – Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen 105 Korruptionsdelikte im engeren und im weiteren Sinne 127 Korruptionsdelikte im öffentlichen und im privaten Bereich 130 Korruptionsdelikte im Sinne des Vorteilsnehmers und des Vorteilsgebers 132 Korruptionsmodell 37, 38, 58, 61, 135, 140, 150 – Anwendung 71 – Außenstehende Dritte 66 – Außenverhältnis 62, 63, 160 – Beziehungsstruktur 66 – Einseitiger Korruptionsversuch 66, 150, 175, 178 – Extraneus 63 – Innenverhältnis 62, 63, 160 – Intraneus 63 – Korruption in Vollendung 61, 66, 175, 178 – Mittelspersonen 65 – Prinzipal-Intraneus-Extraneus-Ansatz 65 – Täter-Täter-Interaktion 65, 160 Korruptionsnahe Delikte 126 Korruptionstatbestand 38, 57 Lagertheorie 248, 270 Mittäterschaft 236 – Korruption im öffentlichen Bereich 238 – Korruption im privaten Bereich 241 – Mehrere Extranei 241 – Mehrere Intranei 238 Mittelbare Täterschaft 235 Normativer Kombinationsansatz 209 – Grundlagen 209 – Kritik 210 Pflichtdeliktslehre 145, 190 – Anwendung 193 – Grundlagen 191 – Kritik 193 Prinzipal-Agenten-Klienten-Modell 48, 50, 62 Prinzipal-Agenten-Modell 48 Privilegierungen 254 – Extraneus 254 – Intraneus 255

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Public Private Partnership 44 Rational-Choice-Ansatz 47 Restriktiver Täterbegriff 138 Richterbestechlichkeit 286 Richterbestechung 286 Sich-Versprechen-Lassen 152 Sozialadäquanz 81, 88, 152 Sperrwirkung 250 Spiegelbildliche Deliktsstruktur 146 Tatbestandliche Exklusivität 249 Tatherrschaftslehre 134, 142 – Allgemeindelikte 134, 144, 188 – Anwendung 200, 202 – Begriff 143 – Dualistische Ansätze 206 – Echte Sonderdelikte 134, 144, 145, 188 – Gestaltungsherrschaft 200, 201 – Herrschaft über den Grund des Erfolges 200, 203 – Kritik 202, 205 – Modifikationen 199 – Schwächen 144 Teilnahme 137, 245 – Abgrenzung Täterschaft 137 – Analoge Anwendung der Strafmilderung 281 – Außenstehende Dritte 263 – Beidseitige Teilnahme 269 – Einseitige Teilnahme 266, 286 – Formelle Täterhandlungen 159, 174 – Formelle Teilnahmehandlungen 159, 166 – Gleichrangige Teilnahme 272, 288 – Inkonsistenzen 265 – Materielle Täterhandlungen 160, 162, 167, 172, 174 – Materielle Teilnahmehandlungen 159 – Mittelbare Teilnahme 279 – Notwendige Teilnahme 257 – Prinzipal 291 – Privilegierungen 288 – Strafgrund 167 – Strafmilderung 265, 274, 276 – Vertäterschaftlichung von Teilnahmehandlungen 141, 157, 158, 172, 174, 243, 279

342

Sachwortverzeichnis

– Vorrangige Teilnahme 270, 287 – Wechselseitige Teilnahme 246 Unechte Unternehmensdelikte 182 Unmittelbare Alleintäterschaft 218 – Abgrenzung mittelbare Täterschaft 220 – Abgrenzung zum qualifikationslos dolosen Werkzeug 225 – Mittelspersonen 219 – Prinzip der Eigenverantwortung 223 – Selbstbegehung durch einen Helfer 232 – Unmittelbare Täterschaft durch Einsatz eines Boten 227 – Unmittelbare Täterschaft qua Mittelsperson 230, 233, 234 – Zurechnung des Erfolgsunrechts 224 Unrechtsvereinbarung 74, 76, 86, 147 – Drei-Stufen-Modell 147 – Leistungsstufe 154, 165 – Vereinbarungsstufe 152, 165 – Verhandlungsstufe 148, 150, 165

Untreue 113 – Auffangtatbestand 116 – Gefährdungsschaden 124 – Kick-backs 121 – Kölner Müllskandal 121 – Prinzipal-Agenten-Klienten-Modell 115 – Schwarze Kassen 122 – Siemens 125 – Wirtschaftskorruption 116 Versprechen 153 Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen 105 – Horizontale Absprachen 109 – Submissionskartell 106, 111 – Vertikale Absprachen 109 Zweites Korruptionsbekämpfungsgesetz 102