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German Pages 256 Year 2014
Ulrich Poth
Polyester und Alkydharze Grundlagen und Anwendungen
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Umschlagsbild: T. Tulik – fotolia.com
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abruf bar.
Ulrich Poth Polyester und Alkydharze, 2., überarbeitete Auflage Hannover: Vincentz Network, 2014 FARBE UND LACK // BIBLIOTHEK ISBN 978-3-74860-023-7 © 2014 Vincentz Network GmbH & Co. KG, Hannover Vincentz Network, P.O. Box 6247, 30062 Hannover, Germany Das Werk einschließlich seiner Einzelbeiträge aus Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchtnamen, Warenzeichen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen. Das Verlagsverzeichnis schickt Ihnen gern: Vincentz Network, Plathnerstr. 4c, 30175 Hannover, Germany T +49 511 9910-033, F +49 511 9910-029 [email protected], www.farbeundlack.de Satz: Siegfried Urbich, Mediendesign ISBN 978-3-74860-023-7
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Auf ein Wort Polyester und Alkydharze sind die Bindemittelgruppen, die schon länger zu den vielfältigsten und wichtigsten Stoffklassen der Lackchemie gehören, und über die schon viel geschreiben wurde. Ist es daher angesagt über diese Produkte noch etwas zu schreiben? Wenn man in seinem Berufsleben eine sehr große Anzahl dieser Bindemittel entworfen und zunächst auch selbst präpariert hat, aus denen auch nicht selten große, technisch verwendete Produkte, die über längere Zeiträume produziert wurden bzw. noch werden, entstanden sind, ist man zunächst befangen, diese Frage zu beantworten. Einmal gibt es das Bedürfnis, die vielen gesammelten Erfahrungen festzuhalten, indem man sie zu Papier bringt. Dem widerspricht die Tatsache, dass es sich bei den Polyestern und Alkydharzen um längst etablierte Lackbindemittel handelt, bei denen man vermuten könnte, dass es keine neueren Entwicklungen und Erkenntnisse gibt. Dem ist aber nicht so. Schließlich gab es die Aufforderung, die gewonnenen Erfahrungen aufzuschreiben. Außerdem steht in neueren Veröffentlichungen (siehe Literaturverzeichnis) immer noch, dass die Realisierungsgrenze (Gelpunkt) für verzweigte Polyester (und auch Alkydharze) zwischen den Aussagen von Carothers [26] und Flory [32] liegen. Da die beiden Definitionen relativ weit auseinander stehen, bleibt schließlich immer noch die Vorstellung, dass optimale Polyester oder Alkydharze rein empirisch entworfen und präpariert werden. Tatsache ist: auch hinter empirischen Ergebnissen stehen chemische Regeln und Gesetzmäßigkeiten. Im Kapitel 3 des vorliegenden Werkes werden daher die genannten Aussagen der großen Polymerchemiker etwas kritisch beleuchtet und dann ein Rechenansatz vorgestellt, der nicht nur Aussagen über die Größe von Molmassen, Molmassenverteilungen und Realisierungsgrenzen enthält, sondern vor allem eine Basis dafür gibt, Polyester und Alkydharze in Versuchsplänen zu formulieren und auch systematisch zu variieren. Das hat zum Ziel, systematische Struktur-WirkungsBeziehungen zu begründen. Die Rechenverfahren sind so angelegt, dass alle Typen von Polyester berücksichtigt werden. Sie sind zunächst unabhängig von den individuellen Eigenschaften der verschiedensten Bausteine der Polyester, zu bewerten. Das Kapitel 4 stellt den allgemeinen Einfluss der Bausteine auf die Eigenschaften der verschiedenen Bindemittel dar. Es beschreibt die Zusammensetzung, Herstellung, Eigenschaften und wichtige Anwendungen der Polyesterbindemittel. Es sollen dabei alle verschiedenen Stoffklassen von Polyestern berücksichtigt
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Auf ein Wort
werden, auch solche, die man spontan nicht als Polyester bezeichnen würde. Neben der primären Gliederung der Stoffklassen nach chemischen Gesichtspunkten werden als zweites Gliederungsprinzip anwendungstechnische Gesichtpunkte gewählt. Um auch hier die Struktur-Wirkungs-Beziehungen deutlich zu machen, gibt es für die meisten Bindemittelgruppen Beispielformulierungen in Tabellenform mit Angaben der Kennzahlen nach den genannten Berechnungsverfahren. Diese Beispiele können aus Gründen der Vertraulichkeit natürlich nicht aus den großtechnisch hergestellten Bindemitteln der Herstellerfirmen ausgewählt werden. Es sind daher entweder Patentbeispiele oder Modellbindemittel aus eigenen, grundlegenden Versuchsserien, die als solche nicht großtechnisch zum Einsatz kommen. Während Patentbeispiele oft recht komplizierte Zusammensetzungen haben, so dass es schwierig ist, besonders repräsentative Beispiele zu finden, erscheinen Modellbindemittel meist relativ einfach zusammengesetzt. Gerade diese Bindemittel erlauben es, die aus der Struktur resultierenden Eigenschaften besonders deutlich zu machen. Für die verschiedenen Stoffklassen sind typische Vertreter von Handelsprodukten der Hersteller von Polyestern und Alkydharzen und verwandter Produkte benannt. Aus den Bindemitteleigenschaften leiten sich letztlich die wichtigsten Anwendungsgebiete ab, die hier genannt werden. Für die Vielzahl der Anwendungsmöglichkeiten wird aber auch auf die Angaben der genannten Hersteller verwiesen und zum anderen auf die umfangreichen Literaturzitate in den Veröffentlichungen über Lackbindemittel. Wie sieht die Zukunft der Polyesterharzbindemittel aus? Gerade die Gruppe der oxidativ vernetzenden Alkydharze weist sinkende Verbrauchsmengen auf, obwohl es gerade hier modern anmutende Gesichtspunkte gibt: Alkydharze bestehen zu großen Anteilen aus nachwachsenden Rohstoffen, die für die moderne Chemieindustrie eine immer wichtigere Rolle spielen. Außerdem ist das Vernetzungsverfahren durch den Luftsauerstoff natürlich physiologisch völlig unbedenklich. Vielleicht gelingt es doch noch, den besonderen Schwachpunkt der geringen Vernetzungsgeschwindigkeit dieser Systeme zu kompensieren. Gesättigte Polyester zeigen deutlich Zuwachsraten, sogar noch für lösemittelhaltige Lacke, aber besonders für UV-Lacke und Pulverlacke. Auch für festkörperreiche Lacke, für so genannte 100 %-Systeme und für wässrige Lacke werden Polyester auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Ulrich Poth Münster, im Mai 2014
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Inhalt
Inhaltsverzeichnis 1
Definitionen........................................................................................ 13
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Geschichte der Polyesterharze ........................................................ 15
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen ..............20 3.1 Reaktionen für den Aufbau ................................................................ 20 3.1.1 Grundlegende Reaktionen .................................................................. 20 3.1.1.1 Veresterung von Alkoholen und Carbonsäuren.................................. 20 3.1.1.2 Umesterungsreaktion .......................................................................... 22 3.1.1.3 Reaktionskatalyse................................................................................ 24 3.1.1.4 Anhydrid-Addition.............................................................................. 25 3.1.1.5 Epoxid-Addition.................................................................................. 26 3.1.1.6 Andere Bildungsreaktionen ................................................................ 26 3.1.2. Aufbau von Polyestern und Alkydharzen........................................... 27 3.1.2.1 Bildung linearer Polyester................................................................... 27 3.1.2.2 Bildung verzweigter Polyester............................................................. 30 3.1.2.3 Ringschlüsse als Nebenreaktionen?.................................................... 31 3.1.2.4 Vernetzung beim Aufbau von Polyestern........................................... 32 3.1.2.5 Besonderheiten bei der Bildung von Alkydharzen............................. 33 3.2 Bestimmung und Begrenzung der Größe von Polyestermolekülen ..... 34 3.2.1 Abhängigkeit der Molekülgröße.......................................................... 34 3.2.2 Ableitungen der Gelpunktgleichungen ............................................... 38 3.3 Berechnungsverfahren für mittlere Molmassen................................. 41 3.3.1 Auswahl der Einflussgrößen auf die Molmassen ............................... 41 3.3.2 Einfluss des molaren Verhältnisses von Polyol und Polycarbonsäure auf die Größe von Polyestermolekülen ................... 42 3.3.3 Einfluss des Kondensationsgrads auf Polyestermolekülgröße ........... 49 3.3.4 Beispiele für Berechnungsverfahren .................................................. 53 3.3.5 Berechnungsverfahren für mittlere Molmassen von Alkydharzen ...... 57 3.4 Molekulare Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen .....60 3.4.1 Beschreibung.......................................................................................60
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3.4.2 GPC-Analyse.......................................................................................64 3.4.3 Einflüsse auf die molekulare Größenverteilung von Polyestern ........ 68 3.4.4 Einflüsse auf die molekulare Größenverteilung von Alkydharzen ...... 83 3.5 Funktionalität von Polyestern und Alkydharzen................................ 88 Ausnahmereaktionen für die Molmassenverteilungen.......................90 3.6 Index für die Symbole, Definitionen und Berechnungen................... 91 3.7 3.8 Index der Gleichungen ........................................................................ 92 Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen ...........................98 4 4.1 Auswahlprinzipien für die verschiedenen Bausteine ......................... 98 Einfluss auf Löslichkeit und Verträglichkeit ...................................... 99 4.1.1 Einfluss auf die Filmeigenschaften................................................... 102 4.1.2 4.2 Gesättigte Polyester........................................................................... 105 4.2.1 Hochmolekulare gesättigte Polyester................................................ 105 Polyester als Weichmacher................................................................ 108 4.2.2 4.2.3 Gesättigte Polyester als Hartharze.................................................... 110 4.2.4 Polyester-Segmente ............................................................................111 4.2.4.1 Gesättigte Polyester als Bausteine für Polyurethan-Eelastomere........111 4.2.4.2 Feuchtigkeitsvernetzende Polyesterurethane.................................... 114 4.2.4.3 Polyesteracrylate ............................................................................... 115 4.2.5 Gesättigte OH-Polyester für fremdvernetzbare, lösemittelhaltige Lacksysteme...................................................................................... 116 4.2.5.1 Wichtigste Gruppe der gesättigten Polyesterharze........................... 116 4.2.5.2 Struktur und Zusammensetzung der gesättigten, fremdvernetzenden Polyester für lösemittelhaltige Lacke ................117 4.2.5.3 Gesättigte OH-Polyester für die Aminoharz-Vernetzung ................ 119 4.2.5.4 Gesättigte OH-Polyester für die Vernetzung mit freien Polyisocyanaten................................................................................. 123 4.2.5.5 Gesättigte OH-Polyester für die Vernetzung mit verkappten Polyisocyanaten............................................................................................. 127 4.2.5.6 Gesättigte OH-Polyester für festkörperreiche Lacke (High-Solids)..................................................................................... 129 4.2.6 Wasserverdünnbare, gesättigte Polyester.......................................... 135 4.2.7 Gesättigte Polyester für Pulverlacke................................................. 146 4.2.7.1 Thermoplastische, gesättigte Polyester für Pulverlacke................... 147
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4.2.7.2 Carboxylpolyester für Pulverlacke ................................................... 147 4.2.7.3 OH-Polyester für Pulverlacke............................................................ 155 4.2.8 Selbstvernetzende Polyester (auch mit heterocyclischen Bausteinen)........................................................................................ 158 4.2.9 Siliconpolyester................................................................................. 161 4.3 Ungesättigte Polyester (UP-Harze)................................................... 165 4.3.1 Vernetzung ungesättigter Polyester .................................................. 165 4.3.2 Nichtmodifizierte UP-Harze – „Wachspolyester“............................. 169 4.3.3 „Glanzpolyester“............................................................................... 172 4.3.4. UV-Vernetzung von ungesättigten Polyestern.................................. 175 4.3.5 Sonstige, ungesättigte Polyester........................................................ 176 4.4 Alkydharze........................................................................................ 177 4.4.1 Einteilung der Alkydharze................................................................ 177 4.4.2 Oxidativ vernetzende Alkydharze.................................................... 178 4.4.2.1 Vernetzungsreaktionen ..................................................................... 178 4.4.2.2 Langölige, oxidativ vernetzende Alkydharze................................... 183 4.4.2.3 Mittel- und kurzölige, oxidativ vernetzende Alkydharze ................ 188 4.4.2.4 Korrosionsschutz-Alkydharze .......................................................... 192 4.4.2.5 Alkydharze für festkörperreiche, oxidativ vernetzende Lacke ....... 195 4.4.3 Modifizierte Alkydharze................................................................... 197 4.4.3.1 Styrolisierte und acrylierte Alkydharze ........................................... 197 4.4.3.2 Thixotropierte Alkydharze................................................................ 199 4.4.3.3 Urethanmodifizierte Alkydharze...................................................... 201 4.4.3.4 Sonstige modifizierte, oxidativ vernetzende Alkydharze ................ 203 4.4.4 Wasserverdünnbare, oxidativ vernetzende Alkydharze und Alkydharz-Emulsionen .....................................................................204 4.4.5 Fremdvernetzende Alkydharze.........................................................209 4.4.5.1 Alkydharze für Einbrennlacke .........................................................209 4.4.5.2 Alkydharze für säurehärtende Lacke ............................................... 217 4.4.5.3 Alkydharze für die Isocyanat-Vernetzung ....................................... 218 4.4.5.4 Alkydharze für festkörperreiche Reaktionslacke............................. 220 4.4.5.5 Wasserverdünnbare Alkydharze für Reaktionslacke....................... 221 4.4.5.6 Sonstige Alkydharze für Reaktionslacke.......................................... 224
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4.4.6 Vergleich von OH-Gruppen haltigen Alkydharzen und Polyestern mit anderen Bindemitteln ............................................... 225 4.4.7 OH-Alkydharze als Kombinationspartner für physikalisch trocknende Bindemittel..................................................................... 230 4.4.8 Inverse Alkydharze........................................................................... 233 4.5 Spezielle Polyestersysteme ............................................................... 234 4.5.1 Polycarbonate .................................................................................... 234 4.5.2 Polycaprolactone ............................................................................... 235 4.5.3 Polyester aus Dienaddukten.............................................................. 237 4.5.4 Standöle............................................................................................. 239 Literaturverzeichnis........................................................................ 242 Allgemeine Literatur......................................................................... 242 Literatur-Index................................................................................... 242 Referenzen........................................................................................248 Autor.................................................................................................249 Index..................................................................................................250
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Definitionen
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1 Definitionen Im chemischen Sinne sind Polyester Polymere, deren Struktur durch eine regelmäßige Wiederkehr einer Estergruppe im molekularen Kettenaufbau gekennzeichnet ist. Die als Lackbindemittel eingesetzten Polyester werden als Polyesterharze bezeichnet. Harze in diesem Sinne sind – abgeleitet von den Naturharzen – Polymere, die geeignet sind Lackfilme aufzubauen. Sie werden dazu in einem applikationsfähigen Zustand überführt (Lösungen in organischen Lösemitteln, Lösungen oder Dispersionen in Wasser, nichtwässrige Dispersionen, Aerosole) und bilden nach der Applikation durch Trocknungsvorgänge oder Schmelzen und chemische Reaktionen Filme unterschiedlichster Eigenschaften. Die Begriffe sind in DIN 55958 festgelegt. So heißt es: „Polyesterharze sind Kunstharze auf Basis von Polyestern, deren Struktureinheiten Estergruppen in der Kette tragen.“ Der Begriff Polyester hat in der Vergangenheit verschiedene Bedeutungsänderungen erlebt: Die zuerst zur Verfügung stehenden Polyester haben, wegen ihrer – im lacktechnischen Sinne – schlechten Löslichkeit und geringen Verträglichkeit mit anderen Lackrohstoffen, nur eine geringe Bedeutung als Lackrohstoffe gehabt, bis 1925 vor allem Kienle die Alkydharze erfand, die ölmodifizierten Polyester. Der Begriff Alkydharze leitet sich von der Zusammenfassung der englischen Worte alcohol und acid ab (schreibt sich aber auch in der angloamerikanischen Literatur stets mit „k“), und meint damit das Reaktionsprodukt aus Alkohol und Carbonsäure, das heißt den Ester bzw. Polyester schlechthin. Da die Alkydharze zunächst die einzigen lacktechnisch breit eingesetzten Polyesterharze waren, wurde der zunächst allgemein definierte Begriff auf diese spezielle Stoffklasse eingeengt. Unter Alkydharz hat man dann bis in die 1960er-Jahre die Polyester gemeint, die fast ausschließlich aus Phthalsäureanhydrid als Polycarbonsäurebaustein und aus Polyalkoholen bestehen und die mit den Fettsäuren natürlicher Fette oder Öle modifiziert sind. Die aktuelle Definition für den Begriff Alkydharze lautet aber (DIN 55958, DIN 53183): „Alkydharze sind durch Polykondensation von mehrbasischen Carbonsäuren mit mehrwertigen Alkoholen und Ölen oder Fettsäuren hergestellte modifizierte Polyesterharze.“ Die Bezeichnung „ölmodifizierte“ oder „fettsäuremodifizierte Alkydharze“ ist also nicht korrekt (Doppelung der Definition). Also bezeichnet man auch die Polyester als Alkydharze, die mit synthetischen Fettsäuren modifiziert sind. Da ein grundsätzlicher Einfluss der Fettsäuren als integraler Baustein
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Definitionen
der Alkydharze gesehen wird, werden hier alle Polyester, die eine Monocarbonsäure-Modifikation haben, als Alkydharze bezeichnet (die Definition damit noch etwas erweitert). Von „modifizierten Alkydharzen” spricht man erst dann, wenn solche Kunstharze neben den Bestandteilen Polycarbonsäure, Polyalkohol und Monocarbonsäure weitere Bestandteile enthalten (Styrol, Acrylate, Polyamide, Urethane, Epoxide, Silikone). Nach den Alkydharzen gewannen die ungesättigten Polyesterharze für einen längeren Zeitraum eine dominante Rolle im Markt (Möbellacke). Man gewöhnte sich daran allgemein von Polyesterlacken zu sprechen, wenn man diese Lacke auf Basis der ungesättigten Polyesterharze meinte (und das wurde in der Möbelindustrie bis heute beibehalten). Die korrekte Definition ist natürlich ,ungesättigte Polyesterharze‘ und lautet (DIN 53184): „Ungesättigte Polyesterharze (UPHarze) sind Polyesterharze, bei denen mindestens eine der polyfunktionellen Komponenten (Polycarbonsäure oder Polyalkohol) olefinisch ungesättigt ist und mit monomeren, polymerisierbaren Verbindungen copolymerisiert werden kann.“ Sie setzt sich damit auch von den Alkydharzen ab, die bekanntlich ungesättigte Monocarbonsäuren enthalten können. Erst als komplexere Polyalkohole und neuere Polycarbonsäuren als Rohstoffe am Markt verfügbar und erschwinglich wurden, gewannen Polyester, die nur aus Polycarbonsäure und Polyalkohol bestehen, die also im ursprünglichen Sinne als Polyesterharze zu bezeichnen sind, in der Lackindustrie Bedeutung. Um sie von den bis dahin bekannteren Gruppen abzutrennen, nannte man sie „ölfreie Alkydharze“ oder „gesättigte Polyesterharze“. Während der Begriff „ölfreie Alkydharze“ zu vermeiden ist, ist der Begriff „gesättigte Polyesterharze“ geläufig und wird auch hier angewandt. Die Definition lautet: „Gesättigte Polyesterharze sind Polyesterharze, deren polyfunktionelle Komponenten (mehrbasische Carbonsäuren und mehrwertige Polyalkohole) keine polymerisierbaren Doppelbindungen enthalten.“ Bestimmte Lackbindemittel würde man spontan nicht als Polyester bezeichnen: Polycarbonate, Polycaprolactone, Harze aus Dienaddukten (Maleinatharze), und Standöle. Sie sind aber Polyester im weitesten Sinne des Wortes und es gelten auch für sie die Gesetzmäßigkeiten zum Aufbau von Polyestern und sie werden daher hier angesprochen. Der im Titel und im Folgenden verwendete summierende Begriff „Polyester und Alkydharze“ ist im chemischen Sinne natürlich unnötig redundant, denn Alkydharze bilden eine spezielle Gruppe der Polyester. Es wird aber damit auf die Bedeutung der Gruppe der Alkydharze und auf den täglichen Sprachgebrauch eingegangen.
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Geschichte der Polyesterharze
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Geschichte der Polyesterharze
Spätestens seit dem frühen Mittelalter werden trocknende Öle (zum Beispiel Leinöl) als Bindemittel für Farbkörper und „Lösemittel“ für Wachse, Harze und Bitumina eingesetzt und damit für Beschichtungen (Dekorationen) verwendet. Es wurde schon früh versucht deren „Trocknung an der Luft“, heute sagen wir oxidative Vernetzung, zu beschleunigen. Man beobachtete, dass bestimmte Metalloxide (zuerst die als Farbkörper eingesetzte Bleiglätte [Blei-II-oxid]) diesen Trocknungsvorgang beschleunigen. Dann sah man, dass, wenn trocknende Öle in so genannten Glashäfen in der Sonne standen, ein deutlicher Viskositätsanstieg stattfand. Die so veränderten Produkte (Standöle) „trockneten“ dann schneller als die unbehandelten Öle. (Hier werden diese Standöle als spezielle Polyester definiert.) Den größten Erfolg erzielte man dadurch, dass man die trocknenden Öle, bzw. ihre oben genannten Abwandlungen mit Naturharzen kombinierte (Gewinn an physikalischer Trocknung). Für eine effektive Durchmischung setzte man dann Temperaturprozesse ein. Eine Kombination aus trocknenden Ölen, Standölen, Naturharzen und bestimmter Mengen Metalloxide bildete als Firnis einen Anstrichstoff, der vielen damaligen Qualitätsforderungen entsprach (Schiffe, Kutschen). Sowohl die Kenntnisse der asiatischen Lackkunst als auch eine erste Industrialisierungsstufe (Manufakturen) der frühen Neuzeit ergaben eine Weiterentwicklung der Lacksysteme. Die neben den Bitumenlacken hergestellten Öllacke wurden dadurch verbessert, dass man hochschmelzende Naturharze wie den Bernstein, später aber vor allem auch die in den Kolonialländern gewonnen Kopale, als Kombinationspartner für die trocknenden Öle heranzog, die dann in einem etwas aufwändigeren Schmelzverfahren zusammengebracht werden mussten. Der Industrialisierungsprozess der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert forderte größere Mengen solcher Rohstoffe, die aber nicht zur Verfügung standen, vor allem, wenn man nur wenige Kolonien besaß (wie die deutschen Staaten) oder durch kriegerische Auseinandersetzungen der Warenaustausch empfindlich behindert wurde. Da im gleichen Zeitraum die chemische Industrie begründet wurde, suchte man dort nach geeigneten Stoffen, die die genannten Naturstoffe ersetzen sollten und schließlich aus der Rohstoffbasis Steinkohlenteer hergestellt werden konnten. Als erstes hatte bereits 1846 Berzelius ein Kondensationsprodukt aus Weinsäure und Glycerin beschrieben [1], das heute von allen Autoren als erster Polyester zitiert wird. Etwas später beschreibt Berthelot [2, 3] 1853 und 1854 Produkte aus Glycerin und Sebacinsäure bzw. aus Glycerin und Camphersäure. van Bemmelen [4]
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Geschichte der Polyesterharze
beschreibt 1856 die Umsetzungsprodukte von Glycerin mit Bernsteinsäure, Zitronensäure und Gemischen von Bernsteinsäure und Benzoesäure, auch die Umsetzung von Bernsteinsäure und Mannit wird erwähnt. Er findet als erster, dass je nach Kondensationsgrad und Mischungsverhältnissen lösliche schmelzbare Produkte neben unlöslich unschmelzbaren Produkten entstehen. Polyester aus Phthalsäureanhydrid und Glycerin wurden als erstes von Smith 1901 [5] beschrieben. Er schlug auch vor, diese Produkte für Formmassen einzusetzen. Erst deutlich später wurde 1914 der wirkliche Einsatz von so genannten Glyptalharzen für Formzwecke von M. J. Callahan [6] und L. Weisberg [7] beschrieben. Diese Glyptalharze aus Phthalsäureanhydrid und Glycerin, mit meist recht hoher Säurezahl, waren und sind bis heute nur begrenzt als Lackrohstoffe einsetzbar. Sie sind nur in niedrigen Alkoholen und Ketonen löslich und waren mit den meisten der damals bekannten Lackrohstoffe unverträglich. Nachdem man empirisch versucht hatte die Glyptalharze über Temperaturprozesse zum Beispiel mit „trocknenden Ölen“ verträglich zu machen (wie bei den Kopalen) [8], gelang 1925 Kienle die Herstellung von Polyestern auf Basis Phthalsäureanhydrid, Polyolen (zunächst vor allem Glycerin) und Fettsäuren aus natürlichen Ölen [9]. Man nannte diese Produkte Alkydharze (aus der verkürzenden Zusammenfassung der Begriffe alcohol und acid). Diese Stoffklasse errang in der Folgezeit als Lackrohstoff sehr große Bedeutung und bildete die Lackbindemittelgruppe mit der breitesten Anwendung und der größten Verbreitung. Zunächst gewannen die oxidativ härtenden Alkydharze, die mehrfach ungesättigte Fettsäuren aus natürlichen Ölen enthielten, an Bedeutung. Dann wurden Alkydharze auch als plastifizierende Bindemittel für die Kombination mit physikalisch trocknenden Bindemitteln – wie Cellulosenitrat – eingesetzt und auch auf Basis nichttrocknender Öle und Fette (Rizinusöl, Erdnussöl, Kokosfett) formuliert. Über die in den 1930er-Jahren für industrielle Lackierverfahren aufkommende Einbrennlackierung auf Basis von Phenolharzen und Aminoharzen fanden Alkydharze als plastifizierende Bindemittelanteile Eingang in diesen Anwendungsbereich. Erstaunlicherweise spät – erst in den 1950er-Jahren – wird beschrieben, dass es eine Co-Vernetzung zwischen den überschüssigen OH-Guppen von „kurzöligen“ und „mittelöligen“ Alkydharzen und den funktionellen Gruppen der Aminoharze gibt. Ähnliches ergibt sich für die Kombination von Alkydharzen und Aminoharzen in den so genannten säurehärtenden Lacken, die parallel dazu entwickelt und eingeführt wurden. Ein Überschuss von OH-Gruppen in Alkydharzen ergab sich beinahe eher zufällig. Seit Anfang der 1930er-Jahre beschäftigte man sich auch ausführlich theoretisch mit dieser Stoffklasse [10-12]. Alle diese theoretischen Ansätze gehen von
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Geschichte der Polyesterharze
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stöchiometrischen Verhältnissen der drei Bausteinklassen in Alkydharzen aus. Solange man möglichst hohe Molmassen erreichen wollte, um gute Filmeigenschaften zu erreichen, war das sicher richtig. Die Vorstellung rührte daher, dass man damals immer wieder versucht hat, Polyester und Alkydharze auch für Formmassen zu verwenden. Man dachte dabei daran, dass man, ähnlich wie bei den Phenolharzen und Aminoharzen, lösliche und schmelzbare Vorstufen herstellt, die dann erst nach einer Applikation (Ausgießen von Formen, aber auch als Lackfilm) ein vernetztes und daher beständiges Polymer ergeben. So hat man auch lange daran festgehalten, dass Polyester und Alkydharze beim Einbrennen aus sich selbst heraus durch Weiterreaktion vernetzen. Das ist um so erstaunlicher, weil schon früh hätte klar sein müssen, dass bei den Einbrennbedingungen solcher Lacke Veresterungsreaktionen nicht vollständig ablaufen können. Wollte man für Einbrennlacke – mit der geforderten höheren Härte – Alkydharze einsetzen, die geringere Anteile an Fettsäuren enthalten als zum Beispiel die ursprünglichen oxidativ vernetzenden Alkydharze, war man gezwungen, solange man stöchiometrische Verhältnisse der funktionellen Gruppen der Bausteine wählte, die Kondensationsreaktion rechtzeitig abzubrechen, um eine Gelierung zu vermeiden. Viele Arbeiten und Veröffentlichungen von 1930 bis 1965 beschäftigen sich daher mit der Definition von Gelierungsgrenzen bei der Herstellung von Polyestern und Alkydharzen, weil man an dem stöchiometrischen Gedankenansatz festgehalten hatte. Wenn man den Kondensationsprozess vorzeitig abbricht und zur Sicherheit mindestens einen geringen stöchiometrischen Überschuss an OH-Gruppen vorgibt [13, 14] resultieren Alkydharze mit signifikanten Anteilen freier, so genannter restlicher OH-Gruppen und meist auch noch freier, restlicher Carboxylgruppen. Nur langsam setzte sich durch, dass Alkydharze für Reaktionslacke rezepturmäßig nicht bis nahe an die Gelierungsgrenze ausgelegt und hergestellt werden müssen, sondern als Träger von OH-Gruppen für eine Vernetzungsreaktion angesehen wurden, die auch ausgehend von relativ niedrigen mittleren Molmassen, aber dann in Kombination mit einem Vernetzer, ein hohes Niveau der Filmeigenschaften erreichen. Während man in den USA seit Ende der 1950er-Jahre für die Einbrennlacke mehr und mehr OH-Gruppen enthaltende Acrylatharze einsetzte, die die Alkydharze dort weitgehend verdrängten, ging die Entwicklung und Optimierung der Stoffklasse in Europa weiter. Die dabei formulierten moderneren Alkydharze waren, vor allem in Europa, aber dann auch weltweit – außer in den USA und Japan – bis Mitte der 1980er-Jahre für industrielle Lackierverfahren die bedeutendste Bindemittelbasis der dort eingesetzten Lacksysteme (Füller, Decklacke, Einschichtlacke für Fahrzeuge, Geräte, Maschinen). Lediglich Klarlacke werden weltweit seit den 1970er-Jahren bevorzugt auf der Basis von Acrylatharzen formuliert.
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Erst mit dem weiteren Ausbau der Technologie der wässrigen Lacksysteme, seit dem genannten Zeitraum, sind die Mengenanteile des Einsatzes von Alkydharzen auch in Europa rückläufig. Das liegt daran, dass Alkydharze, wegen der begrenzten Verseifungsstabilität, nicht besonders gut für wässrige Systeme geeignet sind, obwohl es auch dafür geeignete Formulierungen gibt. Heute spielen Alkydharze noch eine Rolle, die schon als erstes großtechnisch verwendet wurden, nämlich die Leinölalkydharze für Korrosionsschutzlacke. Nach der Einführung der Alkydharze gab es schon früh (1930) [15] Patente über die Formulierungen von ungesättigten Polyestern. Aber erst mit Beginn der 1950er-Jahre wurden UP-Harze mehr und mehr als Lackbindemittel verwendet, vor allem für den Bereich der Möbellacke. Bis Ende der 1960er-Jahre waren geschlossenporige Klarlacke oder farbige Lacke (Polyesterlacke, Schleiflacke) für Möbel große Mode. Nachdem der Geschmack der Möbelkäufer immer mehr auf offenporige und naturnahe Oberflächen bei Möbeln ausgerichtet war und die verbleibenden geschlossenporigen Aufbauten durch preisgünstigere Verfahren erzeugt wurden, ging der Einsatz von UP-Harzen im Möbellacksegment zurück. Heute werden UP-Harzen dort nur noch für die Pianolackierung und die Beschichtung von so genannten Dash-Boards (Holzflächen in PKWs) verwendet. UP-Harze spielen heute ihre Hauptrolle außerhalb des Lackgebietes für die Herstellung von Kunststoffteilen und Beschichtungen (Gel-Coats). Aber auch Reparaturspachtel werden nach wie vor auf der Basis von UP-Harzen formuliert. Die größere lacktechnische Anwendung der nichtmodifizierten gesättigten Polyester beginnt mit der Erfindung der Zweikomponentenlacke aus OH-Gruppenhaltigen Bindemitteln und Polyisocyanaten Ende der 1930er-Jahre bei Bayer [16–18]. Die OH-Gruppen enthaltenden Bindemittel waren bevorzugt gesättigte Polyester und Alkydharze, dann aber auch Polyether. Die damals schon verwendeten Polyester und Alkydharze waren relativ niedrigmolekular, denn sie sollten möglichst hohe OH-Zahlen für die Isocyanatvernetzung haben. Auch wenn dabei stets nur stöchiometrische Formulierungsansätze gemacht wurden, resultierte die Auswahl größerer OH-Überschüsse letztlich in einer Begrenzung der mittleren Molmassen. Aber erst als die heute gängigen Rohstoffe für gesättigte Polyester, nämlich u.a. Isophthalsäure, Dimethylterephthalat, Neopentylglykol, Hexandiol und Trimethylolpropan großtechnisch zu akzeptableren Kosten verfügbar wurden, wurden gesättigte Polyester mehr und mehr als Lackbindemittel ausgewählt. Das begann zwar mit den Polyestern für die Zweikomponentenlacke, gilt aber für den breiteren Einsatz erst seit den 1970er-Jahren. So gewann die eigentlich ursprüngliche Stoffklasse von Polyestern, die nur aus Polycarbonsäuren und Polyalkoholen bestehen, als Letzte breiteren Eingang in die Lackindustrie. Denn erst bei
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Verwendung spezieller Polycarbonsäuren und vor allem der heute üblichen Diolkombinationen haben gesättigte Polyester ausreichende Löslichkeit in gängigen Lacklösemittel und Verträglichkeit mit anderen Lackrohstoffen, die natürlich für eine breitere Anwendung unerlässlich sind. Der mengenmäßige Zuwachs von gesättigten Polyestern in Lacksystemen hält noch an. Das liegt daran, dass gesättigte Polyester auch in modernen, umweltfreundlichen Lacksystemen verwendet werden. Es werden immer mehr Zweikomponentenlacke verarbeitet, die bevorzugt gesättigte Polyester enthalten (Kunststofflackierungen). Im Unterschied zu den klassischen Alkydharzen können gesättigte Polyester eher für wässrige Lacksysteme ausgewählt werden, wobei natürlich auch auf die Verseifungsstabilität Rücksicht genommen werden muss. Gesättigte Polyester sind neben den Epoxidharzen die wichtigste Stoffklasse für die Formulierung von Pulverlacken, deren Anteil als Beschichtungsmittel immer noch wächst – wenn auch nur moderat. Auch als modifizierende Bausteine spielen heute gesättigte Polyester eine wichtige Rolle: Es gibt zum Beispiel Polyesteracrylate für die UV-Vernetzung und Polyesterweichsegmente in wässrigen Polyurethandispersionen. Auch in Lehrbüchern und Veröffentlichungen werden die Formulierungsrichtlinien für Polyester und Alkydharze, die spätestens in den 1960er-Jahre veröffentlicht wurden, zitiert, und es gibt bisher dazu nur wenige neuere Untersuchungen, die veröffentlicht wurden. Die Zitate schließen oft ein, dass die Formulierung und Herstellung von Polyestern und Alkydharzen von den zitierten Berechnungsverfahren zwar beeinflusst werden, dass aber die Formulierung und Herstellung von Polyestern und Alkydharzen immer noch auf Erfahrungswerten beruhen. Da man diese Stoffklasse als etabliert definiert und keine besonderen Neuentwicklungen erwartet, beschäftigt man sich so gut wie gar nicht mehr mit den theoretischen Vorgaben.
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
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In der Literatur werden Polyester und vor allem Alkydharze meist über ihre Bausteine charakterisiert. Um die verschiedenen Einflussgrößen auf die Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen zu bewerten, sollen hier zuerst die allgemein gültigen, strukturellen Einflussgrößen von den stofflichen Einflussgrößen getrennt behandelt werden. Auch wenn es zwischen diesen Feldern Wechselwirkungen gibt, werden zunächst der prinzipielle Aufbau von Polyestern und Alkydharzen und die dabei relevanten Einflussgrößen angesprochen, die allgemein für die verschiedensten stofflichen Zusammensetzungen gelten. Erst danach wird auf die stofflichen Einflussgrößen eingegangen (Kapitel 4).
3.1
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3.1.1 Grundlegende Reaktionen 3.1.1.1 Veresterung von Alkoholen und Carbonsäuren Die Veresterung von Alkoholen und Polycarbonsäuren ist das klassische Beispiel für eine Kondensationsreaktion und für die Beschreibung von Gleichgewichtsreaktionen. Diese Reaktion wird im Lehrbereich üblicherweise auch für die Ableitung des Massenwirkungsgesetzes ausgewählt. Nach der konventionellen Vorstellung, die aber als Modell für den Aufbau von Polyestern geeignet ist, beruht die Reaktion auf der Anlagerung des nucleophilen Alkoholsauerstoffatoms an das elektrophile Kohlenstoffatom der Carboxylgruppe (Abbildung 3.1). Vor allem wegen des sterischen Effektes, der aus dieser Addition entstehenden „ortho-Struktur“ mit drei Sauerstoffatomen an einem Kohlenstoffatom, zerfällt diese „Zwischenstufe“ entweder in ihre Ausgangsbestandteile oder in einen Ester und Wasser. Das Verhältnis von Produkten aus diesem Zerfall zu den Edukten wird durch die Liganden der Ausgangskomponenten bestimmt (individuelle Reaktivität). Weitere Einflussgrößen auf den Zerfall sind die Konzentration der reaktionsfähigen Gruppen und die Temperatur. Insgesamt beruht das Gleichgewicht auf der Tatsache, dass auch die durch den Zerfall der „ortho-Struktur“ gebildeten Ester sich so polarisieren können, dass sie mit dem ebenfalls gebildeten Wasser die „ortho-Struktur“ wieder zurückbilden. Diese Reaktionsrichtung wird als Verseifung definiert.
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Der Beweis für den gesamten Ablauf besteht in einer radioaktiven Dotierung des Sauerstoffatoms des Alkohols, der dann ausschließlich im Ester wiedergefunden werden kann. Eine radioaktive Dotierung eines Carbonsäure-Sauerstoffatoms findet sich dann sowohl im Ester als auch im Wasser, weil die beiden OH-Gruppen der „ortho-Struktur“ völlig gleichberechtigt sind [19].
Abbildung 3.1: Konventionelles Modell zum Mechanismus der Veresterungs- und der Verseifungsreaktion
Abbildung 3.2 zeigt die summarische Formel der Veresterung und der Verseifung als Gleichgewichtsreaktion:
Abbildung 3.2: Summarische Formel der Veresterung und Verseifung
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Für die Bedingungen des Reaktionsgleichgewichts gilt die bekannte Ableitung des Massenwirkungsgesetzes [20]:
Das bedeutet, dass man für eine möglichst quantitative Herstellung von Estern, das Gleichgewicht auf die Seite der Produkte verschieben muss. Das geschieht üblicherweise mit der Abdestillation des entstehenden Wassers. Die üblichen Herstellverfahren für Polyester richten sich nach dieser Bedingung, unter dem Aspekt des Destillationsverfahrens liegt also eine „Sumpfgewinnung“ vor. 3.1.1.2 Umesterungsreaktion Die bei der Darstellung des Reaktionsmechanismus der Veresterung polarisierbare Estergruppe, die mit Wasser über die beschriebene „ortho-Struktur“ zu einer Verseifungsreaktion führen kann, kann auch mit anderen beweglichen Wasserstoffatomen reagieren. So können auch Alkohole mit Estern reagieren (Abbildung 3.3 und 3.4). Die dabei gebildete „ortho-Struktur“ zerfällt dann wieder in Alkohol und Ester, wobei ein Gleichgewicht zwischen dem Anteil des ursprünglichen Esters und dem des Esters mit dem zugegebenen Alkohol entsteht. Das Gleichgewicht wird auch hier von der Art des Alkohols, bzw. der durch den Alkylrest beeinflussten Reaktivität der OH-Gruppe bestimmt und ist natürlich auch von der Konzentration der Edukte und der Temperatur abhängig.
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Abbildung 3.3: Mechanismus der Umesterungsreaktion
Abbildung 3.4: Summarische Formel der Umesterung
Im Gleichgewicht gilt dann:
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Wenn einer der Ester in möglichst hoher Ausbeute gewonnen werden soll, muss das Gleichgewicht auf die entsprechende Seite verschoben werden. Das geschieht üblicherweise durch Abdestillation einer Komponente. Bei der Herstellung von Polyestern können daher die Polycarbonsäureester niedrigsiedender Alkohole als Ausgangsstoffe eingesetzt werden, und für eine möglichst vollständige Umesterung mit einem weiteren Alkohol wird der Alkohol der Ausgangskomponente abdestilliert. Die Umesterungsreaktion spielt auch bei der Herstellung von Alkydharzen eine Rolle. Dabei wird das Reaktionsgleichgewicht zugunsten der Produktseite durch die Wahl geeigneter Überschüsse auf der Eduktseite verschoben. Obwohl die Umesterungsreaktion für bestimmte Herstellverfahren bekannt ist, und dem entsprechend auch in den Lehrbüchern beschrieben wird, wird ihre Wirkung bei der theoretischen Betrachtung des Aufbaus von Polyestern meist außer Acht gelassen. Berechnungsverfahren für die Bildung von Polyestern, d.h. ihrer Molmassen, ihrer Molmassenverteilungen und die Definition so genannter Gelpunktgleichungen postulieren oft, dass außer der Veresterungsreaktionen keine intermolekularen Reaktionen bei der Herstellung von Polyestern ablaufen. Umesterungsreaktionen finden nicht nur bei der Herstellung von Polyestern und Alkydharzen aus Estern als Ausgangsprodukte statt, sondern natürlich auch während des gesamten Reaktionsablaufs (Herstellprozess) (siehe 3.4 Molekulare Größenverteilungen). 3.1.1.3 Reaktionskatalyse Viele Autoren interpretieren aus der Bestimmung der Reaktionsordnung bei Veresterungsreaktionen, Verseifungsreaktionen und Umesterungsreaktionen (meist Reaktionen zweiter Ordnung), eine katalytische Wirkung als ausschlaggebend. Dabei wird stets eine Polarisierung der Carboxylgruppe als auch der Estergruppe durch Säuren bzw. Lewis-Säuren vorausgesetzt und angenommen, dass die Anlagerung des Alkohols an eine Oxonium-Stufe oder ein CarboniumIon stattfindet (Abbildung 3.5).
Abbildung 3.5: Saure Katalyse zum Start der Veresterungsreaktion
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Andererseits bilden Carbonsäuren – eben als Säuren – selbst den Grund für die Polarisierung ihrer Carbonylgruppen, wie das Vorliegen von Dimeren bei der Molmassenbestimmung niedrigmolekularer Carbonsäuren beweist. Auch die H-Atome der Hydroxylgruppen von Alkoholen können entsprechend wirken. Damit stellen sich die Reaktionen der Carboxylgruppen bzw. der Abbildung 3.6: Carbonsäuren können als Dimere vorliegen Estergruppen als relativ komplex dar. Das gilt besonders für die Reaktion von tertiären Alkoholen und Phenolen mit Carboxylgruppen, die sich völlig anders verhalten als primäre und sekundäre aliphatische Alkohole. Andererseits spielen deren Reaktionen – nicht zuletzt wegen dieser Besonderheiten – bei der Herstellung von Polyestern praktisch keine Rolle. 3.1.1.4 Anhydrid-Addition Verschiedene Polycarbonsäuren fallen großtechnisch in Form ihrer 1,2-Anhydrid-Derivate an (o-Phthalsäure, Tetrahydrophthalsäure, Hexahydrophthalsäure, Trimellithsäure, Pyromellithsäure, Bernsteinsäure, Maleinsäure). 1,2-Anhydride reagieren aufgrund ihrer Ringspannung und der damit exponierten Lage des nukleophilen Brücken-Sauerstoffatoms leicht mit elektrophilen, beweglichen Wasserstoffatomen, wie zum Beispiel von Alkoholen. Durch eine Additionsreaktion bilden sich eine Estergruppe und eine freie Carboxylgruppe, die dann einer weiteren Veresterungsreaktion zugänglich ist. Deren Reaktionsgeschwindigkeit – vor allem bei aromatischen Polycarbonsäuren – ist aber durch die sterische Hinderung kleiner als die isolierter Carbonsäuregruppen. Eine Verseifungsreaktion ist dagegen begünstigt (Abbildung 3.7). Auch bei höheren Temperaturen kann sich das Anhydrid wieder zurückbilden – auch dann wieder bevorzugt bei den aromatischen Polycarbonsäuren.
Abbildung 3.7: Anhydrid-Additionsreaktion
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Abbildung 3.8: Esterbildung durch Epoxidaddition
3.1.1.5 Epoxid-Addition Formal könnten 1,2-Epoxide als Anhydride von 1,2-Diolen angesprochen werden. Sie reagieren daher mit Carbonsäuren unter Addition des beweglichen Wasserstoffatoms der Carboxylgruppe an den Sauerstoff des Epoxids. Es entsteht ein elektrophiles Carboniumion das mit einem nucleophilen Sauerstoff der Carboxylgruppe zu einer Estergruppe reagiert. Die entstehende – fast immer sekundäre OH-Gruppe – ist dann einer weiteren Veresterung zugänglich (Abbildung 3.8). Bei Einfluss stärkerer Säuren entstehen als Nebenreaktion Additionspolymere des Epoxids selbst. Es bilden sich Polyether. 3.1.1.6 Andere Bildungsreaktionen In der organischen Synthese sind noch weitere Esterbildungsreaktionen bekannt. Zwei spezielle Polyestersysteme, die als Bindemittelkomponenten eine Rolle spielen können, sollen hier noch genannt werden. Polycarbonate entstehen durch Umsetzung von Phosgen oder ggf. anderer Kohlensäurederivate mit Alkalialkoholaten. Dabei können dann auch Alkaliphenolate verwendet werden. Die hohe Bildungsenthalpie bei der Entstehung von Alkalihalogeniden sichert hohe Umsatzraten für die sonst schwierige Bildung von Carbonaten. Die gebildeten Carbonate sind überraschend stabil (Abbildung 3.9).
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Abbildung 3.9: Bildung von Arylcarbonat
Cyclische Ester (Lactone) können je nach Ringgröße katalytisch induziert oder durch Reaktion mit Carbonsäuren oder Alkoholen durch Ringöffnung kettenförmige Ester bilden. Während bei den Milchsäurelactonen und bei γ-Butyrolacton und δ-Valerolacton, die Gleichgewichte bevorzugt auf der Seite des cyclischen Esters liegen (Fünfer- und Sechserring), verläuft die Reaktion bei ε-Caprolacton (Siebenerring) zugunsten einer kettenförmigen Verbindung (Polyester), siehe Abbildung 3.10.
Abbildung 3.10: Ringöffnungsreaktion bei e-Caprolacton
3.1.2. Aufbau von Polyestern und Alkydharzen 3.1.2.1 Bildung linearer Polyester Voraussetzung für die Möglichkeit der Bildung von Polyestern sind polyfunktionelle Bausteine, d.h. Bausteine, die mindestens zwei funktionelle Gruppen enthalten. Wenn eine Dicarbonsäure mit einem Diol zur Reaktion gebracht wird, entsteht zunächst nach dem oben beschriebenen Reaktionsmechanismus ein einfacher Ester. Der einfache Ester trägt dann noch beide reaktionsfähige Gruppen. Er bildet mit seiner OH-Gruppe und weiterer Dicarbonsäure oder mit seiner Carboxylgruppe und weiterem Diol oder mit weiteren Molekülen seiner Art in einer „Kopf-Schwanz-Reaktion“ kettenförmige Oligomere und schließlich Polymere, d.h. lineare Polyestermoleküle (Abbildung 3.11). Setzt man n Mole Diol mit n Molen Dicarbonsäure um, so entstehen theoretisch im Mittel Polyestermoleküle mit n-1 Strukturelementen, die stets noch beide funktionelle Gruppen enthalten können, aber auch Gemische aus Molekülen darstellen, die je zwei OH-Gruppen oder je zwei Carboxylgruppen tragen können (Abbildung 3.12).
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Abbildung 3.11: Start und Aufbau linearer Polyestermoleküle
Zur Vereinfachung der Darstellung wurden hier schon vor längerer Zeit Symbole eingeführt, die mittlerweile auch in der Literatur aufgetaucht sind. Polycarbonsäuren werden durch Kreissymbole dargestellt, weil sie – für die Anwendung in Polyestern als Lackrohstoffe – meist aus aromatischen Verbindungen bestehen. Dagegen werden für die üblicherweise aliphatischen Polyalkohole Strichsymbole verwendet. Die Anzahl der Strichenden in beiden Symbolgruppen entspricht der Anzahl der funktionellen Gruppen. Die Abbildung 3.12 verkürzt sich dann zu den Symbolen in Abbildung 3.13, siehe Seite 29. Bemerkenswert – bei der Darstellung des prinzipiellen Aufbaus von Polyestern – ist die daraus ablesbare Tatsache, dass beim ersten Reaktionsschritt – der Bildung des Monoesters – stets mehr Wasser als Reaktionsprodukt der Veresterung anfällt als in allen darauf folgenden Schritten gemeinsam. Diese Bedingung ist
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Abbildung 3.12: Aufbau mittlerer Polyestermoleküle aus n Molen Diol und n Molen Dicarbonsäure
Abbildung 3.13: Aufbau mittlerer Polyestermoleküle aus n Molen Diol und n Molen Dicarbonsäure (Symbolform der Darstellung)
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ausschlaggebend für das Vorgehen bei den technischen Herstellverfahren von Polyestern. Lineare Polyester entstehen auch aus Hydroxycarbonsäuren. Diese verhalten sich so wie der zunächst aus Diol und Dicarbonsäure gebildete Monoester, der obigen Darstellung, aus dem dann durch „Kopf-Schwanz-Reaktionen“ lineare Polyester entstehen. 3.1.2.2 Bildung verzweigter Polyester Immer dann, wenn Bausteine verwendet werden, die mehr als zwei funktionelle Gruppen haben, entstehen zunächst verzweigte Polyester (Abbildung 3.14). Wenn es beim Aufbau linearer Polyester schon viele strukturelle Möglichkeiten gibt, so gilt das noch viel mehr beim Aufbau verzweigter Polyester. Es entsteht eine Vielzahl von Strukturisomeren. Die Vielzahl der Strukturisomere erhöht sich noch weiter dadurch, dass auch Polyestermoleküle gebildet werden, die nur OH-Guppen tragen und dann natürlich
Abbildung 3.14: Startreaktion und beginnender Aufbau verzweigter Polyester
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auch solche, die nur Carboxylgruppen tragen. Die Anzahl der Strukturisomere steigt exponentiell, je größer die Polyestermoleküle werden. Außerdem ist noch die molekulare Größenverteilung zu berücksichtigen. Es ist prinzipiell möglich, dass bei der Bildung von Polyestern aus Bausteinen mit mehr als zwei funktionellen Gruppen auch ein gewisser Anteil linearer Moleküle entsteht. Dieser Anteil wird umso kleiner sein, desto größer die Polyestermoleküle werden. Die Vorstellung, dass sich bei Bausteinen, die zwar mehr als zwei funktionelle Gruppen tragen, von denen sich aber eine in ihrer Reaktivität unterscheidet, zunächst nur lineare Polyestermoleküle aufbauen, ist kritisch zu bewerten. Das klassische Beispiel ist die Beschreibung der Herstellung von Polyestern, die Glycerin als Polyolkomponente enthalten. Dabei wird postuliert, dass zunächst nur lineare Polyester entstehen, und erst gegen Ende der Reaktion Verzweigungen, wenn überhaupt. Natürlich werden die primären OH-Gruppen des Glycerins schneller reagieren als die sekundären, und außerdem gibt es zwei von ihnen. Aber sobald ein Teil der primären OHGruppen Ester gebildet haben, wird die dann relativ höhere Konzentration der zunächst nicht zur Reaktion gekommenen sekundären OH-Gruppen so sein, dass deren geringere Reaktivität kompensiert wird. Setzt man Bausteine unterschiedlicher Funktionalität (zwei und größer) ein, erhöht sich weiterhin die mögliche Anzahl der Strukturisomere. 3.1.2.3 Ringschlüsse als Nebenreaktionen? Die theoretischen Betrachtungen der Literatur [21–23] beschäftigen sich oft intensiv mit der Bildung von Ringstrukturen während des Aufbaus von Polyestern. Neben der Tatsache, dass sich Ringe mit fünf und sechs Ringatomen, wegen der passenden Bindungswinkel der am Aufbau beteiligten Atome, relativ schnell bilden, wird darauf hingewiesen, dass Ringe die 14 und mehr Glieder haben, sich wieder ohne besondere Spannung der Bindungswinkel bilden können. Es wird dann daraus abgeleitet, dass die Bildung von Ringstrukturen, die experimentell gefundenen Abweichungen von den theoretischen Aussagen über Molmassen und Molmassenverteilungen erklären können. Dabei bleibt aber zu berücksichtigen, dass Ketten solcher Länge sehr viele tertiäre Strukturisomere (räumliche Molekülstrukturen) bilden können, so dass eine intramolekulare „Kopf-Schwanz-Anordnung“ nur eine geringe Wahrscheinlichkeit hat. Außerdem benötigt eine Veresterungsreaktion bestimmte kinetische Voraussetzungen, damit sie überhaupt abläuft (Modell der Wahrscheinlichkeit des Anteils erfolgreicher Zusammenstöße funktioneller Gruppen als Erklärung für die Größe der Geschwindigkeitskonstante k’ der Veresterungsreaktion). Damit wird die Wahrscheinlichkeit der Bildung größerer Ringstrukturen beim Aufbau von Polyestermolekülen recht gering.
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Bis auf bestimmte Ausnahmen finden Ringschlüsse beim Aufbau von Polyestermolekülen aus unserer Sicht nicht statt, bzw. Bausteine oder Bausteinkombinationen, die zu Ringschlüssen bei Veresterungsreaktionen führen können, sind dann nicht für die Herstellung von Polyestern vorgesehen. So entsteht zum Beispiel aus Oxalsäure und Ethylenglykol mit relativ hoher Ausbeute Dioxolandion und 4-Hydroxybuttersäure bildet durch Bildung eines inneren Esters γ-Butyrolacton. Zur Herstellung von Polyestern wird man daher auf diese Bausteine verzichten. Es gibt GC-Untersuchungen [24] die beweisen sollen, dass bei der Herstellung von Polyethylenterephthalat durch Umesterung aus Dimethylterephthalat über Diethylenglykolterephthalat als Zwischenstufe, cyclische Moleküle aus zwei Molen Terephthalsäure und zwei Molen Ethylenglykol entstehen, deren Anteil die gewünschten Eigenschaften des hochmolekularen Polyesters als Faserrohstoff natürlich signifikant beeinträchtigen würden. Wenn man sich die postulierte planare Struktur aus einem Benzolring und den beiden Carboxylgruppen der Terephthalsäure vor Augen hält und die Tatsache, dass die π-Elektronensysteme der Ringe sich abstoßen würden, erscheint auch eine solche Ringbildung ziemlich unwahrscheinlich. 3.1.2.4 Vernetzung beim Aufbau von Polyestern In Abhängigkeit von stöchiometrischen Bedingungen können verzweigte Polyester aus sehr großen Molekülen bestehen, die an den Enden der Molekülzweige OH-Gruppen und Carboxylgruppen tragen. Wenn solche Moleküle dann mehr als zweimal miteinander reagieren, entstehen aus den verzweigten Molekülen vernetzte Moleküle. Vernetzte Polyestermoleküle können auch dann entstehen, wenn größere Moleküle untereinander durch kleinere Moleküle mehr als einmal verknüpft werden. Die gebildeten räumlichen Netzwerke, können noch kleinere Moleküle einlagern. Räumlich Netzwerke enthalten daher auch molekulare Ringstrukturen. Bei der Bildung vernetzter Polyestermoleküle ändert sich die Viskosität eines Polyesters (Polyesterschmelze) nahezu sprungartig: Aus der maximal gering strukturviskosen Schmelze entsteht ein Gel mit sehr hohen Viskositäten und einer deutlichen Fließgrenze. Vernetzte Polyestermoleküle sind nicht mehr schmelzbar und nicht mehr in Lösemitteln löslich. Sie sind daher nicht mehr in eine verarbeitungsfähige Form zu überführen. Der Filmzustand wird vorweg genommen. Da zunächst versucht wurde möglichst hochmolekulare Polyester zu synthetisieren, hat man sich sehr lange Zeit mit der Vernetzung (Gelierung) beschäftigt und immer wieder versucht diesen Vorgang theoretisch zu definieren, d.h. den Umsetzungsgrad bei der Herstellung von Polyestern vorauszusagen, bei dem eine Gelierung stattfindet (siehe Kapitel 3.2).
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3.1.2.5 Besonderheiten bei der Bildung von Alkydharzen Alkydharze entstehen durch Umsetzung von Polycarbonsäuren, Polyolen und Monocarbonsäuren (siehe Kapitel 1 und 2). Gebräuchliche Alkydharze enthalten als Polycarbonsäure bevorzugt die o-Phthalsäure, bzw. – als Ausgangsstoff für die Herstellung – das Phthalsäureanhydrid, stets Polyole mit drei und mehr OH-Guppen (bei Mischungen im Mittel drei und mehr) und aliphatische Monocarbonsäuren, die primäre und – seltener – sekundäre Carboxylgruppen tragen. Diese Auswahl hat einen besonderen Grund: Bei der Herstellung von Alkydharzen aus den genannten Bausteinen, ist die Reaktion des Phthalsäureanhydrids mit einer OH-Gruppe eines Alkohols die schnellste und damit bevorzugte Reaktion. Es entsteht eine Ester und eine benachbarte Carboxylgruppe. Diese
Abbildung 3.15: Darstellung der Synthese von Alkydharzen als Stufenprozess
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Carboxylgruppe reagiert aufgrund der sterischen Beeinflussung (als benachbarte Gruppe und durch das aromatische p-Elektronensystem) relativ langsam mit den weiteren OH-Gruppen. Daher reagieren diese OH-Gruppen zunächst bevorzugt mit den Carboxylgruppen der Monocarbonsäuren. Danach ergibt erst die Veresterung der zweiten Carboxylgruppe des Phthalsäurerestes mit restlichen OH-Gruppen des Polyols das molekulare Wachstum des Polyesters (so genannter „polyester-backbone“ des Alkydharzes). Natürlich ist die Alkydharzsynthese kein echter Stufenprozess (Abbildung 3.15), wie in dem aufgezeigten Schema. Die Stufen sollen hier die unterschiedlichen Reaktionsgeschwindigkeiten darstellen. Die aufgezeigten Reaktionen laufen natürlich parallel, aber mit deutlich unterschiedlichen Geschwindigkeitsgradienten. Tatsache ist aber, dass während des Aufbaus von Alkydharzen die eingesetzten Polyolkomponenten schneller Monocarbonsäureester bilden, als dass sie sich am Wachsen der Polyesterkette beteiligen. Fallen die Säurezahlen bei der Synthese von Alkydharzen auf relativ niedrige Werte (unter 30), so sind die verbleibenden Carboxylgruppen stets die von Phthalsäureresten (bzw. auch von freiem Phthalsäureanhydrid), was GC-Untersuchungen belegen. Dieses Aufbauprinzip hat Konsequenzen für die Größenverteilung von Alkydharzmolekülen (siehe Kapitel 3.4). Die Synthese von Alkydharzen auf Basis anderer Polycarbonsäuren als Phthalsäureanhydrid (zum Beispiel auf Basis Isophthalsäure oder mit Anteilen von Adipinsäure neben Phthalsäureanhydrid), erfordert einen anderen molaren Ansatz, Dort bestehen die unterschiedlichen Reaktionsgeschwindigkeiten von Anhydrid und der zweiten sterisch beeinflussten Carboxylgruppe nicht. Auch die Synthese von Alkydharzen mit tertiären Monocarbonsäuren erfordert besondere Maßnahmen, weil die intermediäre Reduktion der Funktionalität der Polyole durch Bildung von Monocarbonsäureestern nicht ausreichend wirksam wird. Man kann sogar unterschiedliche Effekte feststellen, wenn man primäre und sekundäre Monocarbonsäuren miteinander vergleicht.
3.2 Bestimmung und Begrenzung der Größe von Polyestermolekülen 3.2.1 Abhängigkeit der Molekülgröße Nachdem die ersten Polyester und vor allem die Alkydharze [25] empirisch entstanden sind und dementsprechend beschrieben wurden, hat sich die theoretische Polymerchemie seit Anfang der 1930er-Jahre auch mit den Polyestern beschäftigt. Vor allem Carothers und Flory haben sich mit den theoretischen Voraussetzungen der Bildung von Polyestern befasst. Zwar gelang es damals noch nicht
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hochmolekulare, lineare Polyester für Kunststoffe oder Fasern herzustellen, aber es war immer das Ziel der Untersuchungen und Betrachtungen, die Bedingungen für die Bildung möglichst großer Polymermoleküle zu definieren. Die Betrachtung von Polyestern aus difunktionellen Bausteinen ergab schon früh, dass die Größe der Molmassen der Polyester vom Umsatz und von den molaren Verhältnissen abhängig ist. Es gibt bekannte Gleichungen für die Bildung linearer A-B-Polymere. So ist die Größe der Molmasse (M n) bzw. die Anzahl (q) der Strukturelemente linearer Polyester abhängig vom Verhältnis der aktuellen Anzahl der funktionellen Gruppen (nCOOH bzw. nOH) zu den am Anfang der Kondensationsreaktion eingesetzten, funktionellen Gruppen (nCOOH oder nOH) bei einem Polyester aus gleicher Molzahl Diol (n1) und Dicarbonsäure (n 2). Hier steht der Begriff Strukturelement für die Kombination eines Moleküls einer Polycarbonsäure mit dem anhängenden Polyolmolekül bzw. den anhängenden Polyolmolekülen.
Beim Einsatz difunktioneller Bausteine besteht eine Abhängigkeit der Anzahl der Strukturelemente (Gleichung 3.1) vom Quotient der Anzahl der Ausgangsmoleküle (n1 bzw. n 2) und der aktuellen Anzahl der betreffenden funktionellen Gruppen (nOH bzw nCOOH). Gleichung 3.1:
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Diese Abhängigkeit ist in der Abbildung 3.16 dargestellt:
Abbildung 3.16: Anzahl der Strukturelemente in Abhängigkeit vom Polykondensationsgrad linearer Polyester
Die andere Abhängigkeit der Anzahl der Strukturelemente besteht im Einsatz molarer Überschüsse eines der Bausteine. Üblicherweise haben Polyester Polyolüberschüsse. Dann ist die Anzahl der Strukturelemente (q) abhängig vom Verhältnis der Anzahl der Mole Diol (n1) zur Anzahl der Mole Dicarbonsäure (n 2) (Gleichung 3.2), sobald die Anzahl der aktuell freien Carboxylgruppen (nCOOH) gegen 0 geht und der Kondensationsgrad den Wert 1 anstrebt. Gleichung 3.2:
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Bestimmung und Begrenzung der Größe von Polyestermolekülen
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Diese Abhängigkeit ist in der Abbildung 3.17 dargestellt:
Abbildung 3.17: Anzahl der Strukturelemente linearer Polyester in Abhängigkeit von Polyolüberschuss
Es gibt ein entsprechendes Ergebnis bei einem Überschuss von Carbonsäuren bzw. Carboxylgruppen, wenn alle OH-Gruppen reagiert haben (Gleichung 3.3). Gleichung 3.3: Im Bestreben möglichst hohe Molmassen zu erhalten, wurden Polyester aus mehr als zweifunktionellen Bausteinen untersucht. Der am häufigsten beobachtete Effekt beim Einsatz mehrfunktioneller Bausteine war die Gelierung und es wurde daher versucht den Kondensationsgrad bis zur Gelierung zu definieren.
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
3.2.2 Ableitungen der Gelpunktgleichungen Carothers entwickelte 1935 [26] eine Gleichung, die den Polykondensationsgrad (p) bei der Bildung von Polyestern in eine Abhängigkeit bringt, indem die Differenz der eingesetzten Bausteinmoleküle (n1,2) und den aktuell gebildeten Polyestermoleküle (np) in Beziehung zur anfänglich eingesetzten Gesamtzahl der funktionellen Gruppen (Äquivalente) gesetzt werden (Gleichung 3.4). Weitere Autoren beschreiben ebenfalls diese Gleichung [27–31]: Gleichung 3.4: In dem Fall, dass der Quotient aus der Anzahl der Bausteine und der Anzahl der Polyestermoleküle eine unendliche Größe anstrebt, d.h. wenn aus vielen Bausteinmolekülen wenige sehr große Polyestermoleküle entstehen, ist der so genannte kritische Polykondensationsgrad (pc) erreicht. Dieser kritische Polykondensationsgrad ist der Quotient aus der Anzahl der eingesetzten Bausteine und allen Äquivalenten mal zwei (Gleichung 3.5): Gleichung 3.5: Diese Gleichung von Carothers bedeutet, dass beim Gelpunkt das Zahlenmittel der mittleren Molmasse von Polyestern den Wert unendlich anstrebt.
Flory [32 und beschrieben in 27, 28, 30, 31, 36] fand hingegen, dass die Gelierung schon bei bedeutend kleineren Zahlen des Polykondensationsgrads stattfindet und das Massenmittel der mittleren Molmasse den Wert unendlich anstrebt. Folglich wird im Vergleich zu den restlichen Polyestermolekülen zu diesem Zeitpunkt der Polykondensationsreaktion nur ein Teil der Polyestermoleküle so groß, dass sie die Größe des gesamten Reaktionsvolumen anstreben. Er definiert dazu eine statistische Größe (a), die die Wahrscheinlichkeit beschreibt, mit der Verzweigungen von Polyestermolekülen zwischen zwei Polyestermolekülketten Brücken aufbauen können. Bei der Gelierung wird diese Größe kritisch (ac). ac beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass die Polyesterketten mehr als einmal über eine Brücke verbunden sein können und damit ein Teil der Polyestermoleküle unendliche Größe (Netzwerke) anstrebt (Gleichung 3.6). Gleichung 3.6:
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Bestimmung und Begrenzung der Größe von Polyestermolekülen
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Spätere Autoren haben versucht den Wert dieser kritischen Größe zu quantifizieren indem sie entweder weitere statistische Abhängigkeiten einführten oder die Ergebnisse mit systematischen Versuchsprogrammen verarbeiteten. So entwickelte Stockmayer [34] eine Erweiterung der Gleichung von Flory, indem er die statistische Wirkung der Funktionalität der Bausteine hinzufügte (Gleichung 3.7): Gleichung 3.7: Jonason [33] kommt zu ähnlichen Resultaten, er versucht die Wirkung der Modifikation von Polyestern mit Monocarbonsäuren (also die Alkydharze) mit zu berücksichtigen. Sein kritischer Polykondensationsgrad ist abhängig von dem Verhältnis der funktionellen Gruppen und dem Verhältnis der Carboxylgruppen der monomeren Carbonsäuren zu denen der Polycarbonsäuren (Gleichung 3.8): Gleichung 3.8:
Kilb [35] versucht die unterschiedlichen Ergebnisse seiner Versuche gegenüber den theoretischen Voraussagen von Flory und Stockmayer damit zu erklären, dass es intermolekulare Reaktionen bei den sich bildenden Polyestermolekülen gibt, deren Häufigkeit von der Länge und Steifigkeit der Polyesterketten und von der aktuellen Konzentration des Polyesters und seiner funktionellen Gruppen in einem gegebenen Reaktionsvolumen abhängig ist. Bernardo [27] gibt eine gute Zusammenfassung zu den verschiedenen Modellansätzen und Gleichungen. Er vergleicht die Aussage der verschieden berechneten Gelpunkte anhand eines großen Versuchsprogramms zur Herstellung von Alkydharzen und deren Ergebnisse. Das größte Problem zur Definition des Gelpunktes besteht offensichtlich darin, dass nach Flory’s Theorie nur sehr wenige Moleküle des sich bildenden Polyesters eine unendliche Größe anstreben müssen, um den Vorgang Gelierung zu erzeugen. Der größte Einfluss dafür liegt sicher in der Molmassenverteilung und der Reaktivität der wachsenden Polyestermoleküle auf Basis unterschiedlicher Bausteine. Flory vergleicht das Wachstum von Polyestermolekülen (Polykondensationsreaktionen) mit dem Wachstum von Polymerketten bei Polymerisationsreaktionen. Die daraus abgeleiteten statistischen Voraussagen resultieren in relativ flachen Kurven der molekularen Größenverteilung von Polyestern.
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Kilb [35], Korschak [37] und Bresler [38] haben aber eine relativ steilere Gauß’sche Verteilungskurven bei der molekulare Größenverteilung von Polyestern gefunden. Die war im Vergleich zu den aus der Flory-Gleichung und ihren Ableitungen nicht zu erwarteten. Die genannten und die folgenden Autoren postulierten daher, dass die Gelpunkte von Polyestern und Alkydharzen zwischen den von Carothers und Flory [40] angegebenen Werten liegen. Diese Aussage ist bis heute in den Literaturstellen zu finden [41]. Hier wird die Ursache für die realen Ergebnisse der molekularen Verteilungskurven von Polyestern in der Auswirkung von Umesterungsreaktionen bei der Bildung von Polyestermolekülen gesehen, die auch Korschak [37] bereits andeutete. Danach gibt es beim Aufbau der Moleküle von Polyestern nicht nur Gleichgewichtbedingungen für Ester und Wasser gegenüber Alkohol und Carbonsäure. Es existiert darüber hinaus eine Vielzahl von Gleichgewichten zwischen Polyestermolekülen verschiedener Größen, die nicht nur durch Veresterung, sondern auch durch Umesterung, miteinander reagieren können. Die Vielzahl der hier betrachteten Polyester aus den verschiedensten Versuchsprogrammen zeigt eine deutliche Tendenz zur Bildung von Molekülen mittlerer Molmassen. Diese Tendenz hängt sehr deutlich von der Funktionalität der eingesetzten Bausteine und in zweiter Linie von der Reaktivität der funktionellen Gruppen ab. Natürlich bildet auch die zu erwartende mittlere Molmasse eine ausschlaggebende Rolle. Die Reaktionsbedingungen für die Herstellung der genannten Polyester wirken jedoch erstaunlich untergeordnet. Wenn die Berechnung der Molmassen und der Molmassenverteilungen bzw. der Gelpunkte von verzweigten Polyestern als schwierig angesehen wird, sollte die entsprechende Berechnung für Alkydharze unter Einbeziehung der Wirkung der am Aufbau der Moleküle beteiligten Monocarbonsäuren noch schwieriger sein. Patton [39] bezieht sich dazu zunächst auf die Carothers’ Gleichung (Gleichung 3.5) und erweitert sie um den Anteil der Mole der Monocarbonsäuren (n 3). Er modifiziert die Aussage von Carothers im Sinne Florys um eine Korrekturgröße, die er aus seinen umfangreichen Versuchsprogrammen bei der Herstellung verschiedenster Alkydharze gefunden hat. Er definiert, dass das Verhältnis der Molzahl aller beteiligten Komponenten (Polyole, Polycarbonsäuren und Monocarbonsäuren) zu der Anzahl aller Carboxylgruppen der Bausteine einen Wert von 1,000 bis 1,005 haben soll, um brauchbare Alkydharze aufzubauen, die auch bei hohen Kondensationsgraden nicht gelieren. Er nennt diesen Wert Alkydharzkonstante (K Patton) (Gleichung 3.9). Gleichung 3.9:
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Diese Alkydharzkonstante bildet bis heute die Basis für die meisten der in der Literatur genannten Berechnungsverfahren für Alkydharze und wird noch von vielen Entwicklern bzw. Herstellern angewendet. Da diese Gleichung sich letztlich auf stöchiometrische Verhältnisse bezieht, gibt es nicht genügend Freiraum für die Formulierung der verschiedenen Alkydharze, vor allem nicht für relativ niedrig molekulare mit hohen OH-Zahlen, die aber tatsächlich zur Anwendung kommen. Patton selbst hat zu seiner Gleichung Einschränkungen und Erweiterungen benannt. Sunderland [36] hat versucht, diese Gleichung zu ergänzen und zu verbessern. Dyck [29] gibt eine gute Übersicht darüber, wie sich die Gelpunktgleichungen von Carothers und Flory zu Patton und Sunderland entwickelt haben.
3.3 Berechnungsverfahren für mittlere Molmassen 3.3.1 Auswahl der Einflussgrößen auf die Molmassen Wenn die Frage gestellt wird, welche der bisher angesprochenen Berechnungen und Gleichungen geeignet sind für die Beschreibung von Polyestern und welche eine Basis bilden können für systematische Versuchsprogramme, gibt es einige kritische Anmerkungen. Man hat die Vorstellung aufgegeben, dass es sinnvoll ist Polyester und Alkydharze bis nahe an eine Realisierungsgrenze (Gelpunkt) zu fahren, weil dann daraus Bindemittel für eine optimale Filmbildung resultieren würden. Besonders unter dem Aspekt der Einsparung von Lösemitteln in Lacksystemen (Formulierung möglichst festkörperreicher Lacke im Applikationszustand, High-Solids) stellt sich daher eher die Frage, wie niedrig die mittlere Molmasse sein darf, um dann nach der Applikation und Vernetzung noch ausreichend gute Filmeigenschaften zu erreichen. Die mittlere Molmasse der genannten Bindemittel hat einen deutlichen Einfluss auf deren Verarbeitungsviskositäten, so ist es besonders wichtig, sich über die Zusammenhänge zwischen mittlerer Molmasse, Verarbeitungsviskosität und den Filmeigenschaften klar zu werden. Das erfordert aber Formulierungsfreiräume, die dann nicht mehr nur nach der Grenzbedingung der Realisierung (Gelpunkt) ausgerichtet sein können. Ein weiteres, besonderes Hindernis für einen breiten Formulierungsfreiraum stellt in den oben beschriebenen Ableitungen und Gleichungen der immer wieder gewählte stöchiometrische Ansatz dar. Die genannten Autoren behandeln die Bausteine von Polyestern und Alkydharzen mit ihren unterschiedlichen Funktionalitäten stöchiometrisch genauso wie die Ionenbestandteile anorganischer Salze.
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Wenn man die Bildung von Polyestern gedanklich verfolgt, entsteht jedoch während des Aufbaus eine Vielzahl von Zwischenstufen unterschiedlich großer Moleküle, die eine unterschiedlich große Anzahl und Arten funktioneller Gruppen enthalten und die dann wiederum intermolekular miteinander reagieren können. Die Endstufe des Polyesteraufbaus besteht letztlich auch aus solch einem Gemisch von Molekülen, die unabhängig von ihrer Größe eine unterschiedliche Anzahl von funktioneller Gruppen tragen kann. Eine stöchiometrische Betrachtung ist unter dieser Voraussetzung nicht angebracht. Es gibt zunächst keine notwendige Beziehung zwischen dem stöchiometrischen Verhältnis der funktionellen Gruppen und der molekularen Größe eines Polyesters (siehe dazu Abbildung 3.18).
3.3.2 E influss des molaren Verhältnisses von Polyol und Polycarbonsäure auf die Größe von Polyestermolekülen Entscheidend für die mittlere Größe von Polyestermolekülen bleibt aber – wie bereits in den Abbildungen 3.16 und 3.17 für lineare Polyester dargestellt – das molare Verhältnis der Bausteine und der Kondensationsgrad beim Polyesteraufbau. Die Abbildung 3.18 zeigt die bei der Polyesterbildung aus Diolen und Triolen unterschiedlichen, möglichen Strukturen, aber bei gleichen molaren Verhältnissen keine Unterschiede in der Größe (Anzahl der Strukturelemente). Diese Abbildung 3.18 ließe sich für Polyole mit höherer Funktionalität erweitern und für gemischte Funktionalitäten und andere Verhältnisse, aber auch für Alkydharze ergänzen, ohne dass sich die Aussage der Größendefinition ändert. Bereits Kraft [42] hat einen molaren Ansatz auch für die Formulierung von Alkydharzen gewählt, aber daraus keine Ableitung für eine Molmassenberechnung entwickelt. Schließlich haben U. und H. Holfert [43] das Verhältnis der Anzahl der Mole Polyalkohol (n1) zur Anzahl der Mole Polycarbonsäure (n 2) als ausschlaggebend für die Größe der zu erwartenden mittleren Molmasse (Zahlenmittel) von allen Polyestern – nicht nur den linearen – angesehen. Das molare Verhältnis von Polyol zu Polycarbonsäure wird dazu – im Wettbewerb zur Alkydharzkonstante von Patton (K Patton) – als Konstante für die Molmassenberechnung (K M) definiert (Gleichung 3.10). Gleichung 3.10: Wenn man voraussetzt, dass bei der Bildung von Polyestern nur Veresterungsreaktionen und Umesterungsreaktionen ablaufen und Ringschlussreaktionen zu
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Abbildung 3.18: Anzahl der Strukturelemente (q) von Polyestern in Abhängigkeit vom Verhältnis der Molzahl Polyole zur Molzahl Polycarbonsäure (n1/n2), unabhängig von der Funktionalität der Polyole
vernachlässigen sind, ist es möglich die Gleichung zur Bestimmung der Anzahl der Strukturelemente (q) eines Polyesters (Gleichung 3.2) auch für verzweigte Polyester zu erweitern und in eine Abhängigkeit zum Verhältnis der Anzahl der Mole Polyol (n1) zur Anzahl der Mole Polycarbonsäure (n 2) zu setzen, und zwar
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
(zunächst) für Dicarbonsäuren (F2 = 2) und für alle Polyole – unabhängig ihrer Funktionalität (F1 ≥ 2) – unter der Voraussetzung, dass die Anzahl der Mole Polyol mindestens denen der Dicarbonsäuren entspricht oder größer ist (n1 ≥ n 2). Die meisten realen Polyester werden mit Polyolüberschüssen formuliert und hergestellt (Gleichung 3.11). Gleichung 3.11:
Für diese Gleichung ergibt sich für die Anzahl der Strukturelemente (q) in Abhängigkeit vom Molverhältnis der Bausteine für die genannten Bedingungen (n1 ≥ n 2 , F2 = 2) eine einzige Kurve für alle Polyole unabhängig von ihrer Funktionalität (F1 ≥ 2) (siehe in Abbildung 3.20). Für Diole (F1 = 2) wirkt sich der Überschuss der Dicarbonsäuren genauso begrenzend aus wie ein Überschuss von Diolen. Die Anzahl der Strukturelemente (q) bildet in diesem Fall zwischen den Größen 0 und 1 für die Konstante (K M) eine Kurve, die der für den Polyolüberschuss bei Größen von 1 bis 2 für die Konstante (K M) spiegelsymmetrisch ist. Für Polyole mit höherer Funktionalität als 2 (F1 > 2) ergeben sich allerdings Bereiche für die Konstante (K M), wo der Wert für die Anzahl der Strukturelemente (q) nicht definiert ist, bzw. den Wert unendlich anstrebt (Gleichung 3.12 und Folgerung):
Gleichung 3.12:
Das Modell eines Polyestersegments in der Abbildung 3.19 zeigt, dass beim Polyesteraufbau aus Triol und Dicarbonsäure im molaren Verhältnis (K M) wie 3 zu 4, bei vollständigem Umsatz die Möglichkeit besteht, zwei unendliche Ketten durch das eine Segment zu legen. Das beschreibt den Zustand „vernetzt“.
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Abbildung 3.19: Polyestersegment aus Triol und Dicarbonsäure mit K M = 0,75
Abbildung 3.20: Anzahl der Strukturelemente von Polyestern (q) in Abhängigkeit von der Polykondensationskonstante (KM) und er Anzahl der funktionellen Gruppen der Polyole (F1)
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Der Bereich, bei dem die Anzahl der Strukturelemente (q) von Polyestern den Wert unendlich anstrebt, liegt bei Polyestern aus Triol und Dicarbonsäure bei Werten für die Konstante (K M) von 0,50 bis 1,00 und bei Polyestern aus Tetraol und Dicarbonsäure bei Werten für die Konstante (K M) von 0,33 bis 1,00. Verarbeitungsfähige Polyester erhält man daher nur dann, wenn die Zusammensetzung ihrer Moleküle außerhalb dieser Bereiche liegen, womit dann doch noch einmal auf den Gelpunkt eingegangen wird (siehe Kapitel 3.4). Die bisher dargestellten Abhängigkeiten wurden auf die Verwendung von Dicarbonsäuren als Polycarbonsäuren beschränkt. Ein Berechnungsverfahren für die Größe von Polyestermolekülen sollte natürlich auf die Verwendung aller Polycarbonsäuren (F2 ≥ 2) eingehen. Die Vorstellung, dass durch Polyolüberschüsse eine molekulare Größenbegrenzung entsteht, kann für Polycarbonsäuren. die mehr als zwei Carboxylgruppen pro Molekül tragen, ergänzt werden, indem jede Carboxylgruppe mehr einen entsprechenden Polyolüberschuss erfordert. Die Modelle in der Abbildung 3.21 vergleichen Polyestermoleküle, die bezogen auf ihre Strukturelemente gleich groß sind, aber einmal aus Dicarbonsäure und zum anderen aus Tricarbonsäure bestehen.
Abbildung 3.21: Modelle von Polyestermolekülen mit je vier Strukturelementen aus Dicarbonsäure und Tricarbonsäure und der entsprechenden Molzahl Diol
Aus der Darstellung wird ersichtlich, dass eine vergleichbare Größenbegrenzung (Anzahl der Strukturelemente q) bei Polyestern erreicht wird, wenn pro Molekül einer Tricarbonsäure ein Molekül Polyol mehr eingesetzt wird, als beim Aufbau eines entsprechenden Polyesters aus Dicarbonsäure. Beziehungsweise – aus einem anderem Blickwinkel – ist es erforderlich, bei einer gegebenen molaren Polyesterzusammensetzung, die Anzahl der Mole Polyol um je ein Mol zu verringern, wenn Polycarbonsäuren mit einer Anzahl von mehr als zwei Carboxylgruppen pro Molekül eingesetzt werden.
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Die Definition der Konstante für die Molmassenberechnung von Polyestern (K M) erweitert sich der Zähler des Quotienten (n1) daher um den negativen Term (F2-2) pro Mol Polycarbonsäure, der bei Dicarbonsäuren natürlich 0 wird, und für alle Gemische den Einsatz von Mittelwerten oder eine Faktorenzerlegung erlaubt. Damit ist die Definition für die Konstante (K M) für die Verwendung aller Bausteine von Polyestern gültig (siehe Gleichung 3.13) und die Berechnung der Anzahl der Strukturelemente (q, Gleichung 3.11) gilt ebenfalls für alle Bausteine. Dazu gehören auch die Hydroxycarbonsäuren. Der Rest einer Hydroxycarbonsäure in einem Polyestermolekül rechnet als ganzes Strukturelement, als Kombination aus Polyol und Polycarbonsäure. Die Molzahl der eingesetzten Hydroxycarbonsäure wird daher sowohl bei der Molzahl der Polyole als auch bei der Molzahl der Polycarbonsäuren mitgezählt, damit die Definitionen und Gleichungen zutreffen. Gleichung 3.13: Dann gilt:
Unter der Voraussetzung, dass Polyestermoleküle mit begrenzten Molmassen nur durch Veresterungs- und Umesterungsreaktionen entstehen und dabei Ringschlüsse zu vernachlässigen sind, ist es möglich jedes Polyestermolekül, auch die offenkettig verzweigten, für die Größenbestimmung formell zu linearisieren.
Abbildung 3.22: Darstellung eines linerarisierten, allgemeinen Polyestermoleküls
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Solch ein prinzipiell allgemein gültiges Polyestermolekül ist in der Abbildung 3.22; bzw. vereinfacht, ohne funktionelle Gruppen, in der Abbildung 3.23 dargestellt. Dieses Polyestermolekül besteht danach aus q Strukturelementen und einem Molekül Polyol (Polyolüberschuss). Das Strukturelement wiederum aus dem Polycarbonsäurerest und den zugeordneten Polyolmolekülen, deren Anzahl um 1 kleiner ist als die Anzahl der Carboxylgruppen der Polycarbonsäure. Für die Größenberechnung ergibt sich dann die Molmasse eines Polyesters (M P) bestehend aus der q-fachen Masse des Strukturelements (MS) und der Masse eines Polyolmoleküls (M1) (Gleichung 3.14). Abbildung 3.23: Vereinfachte Darstellung des linerarisierten, allgemeinen Polyestermoleküls, ohne funktionelle Gruppen
Gleichung 3.14: Dabei setzt sich die Molmasse des Strukturelements zusammen aus der Masse des Polycarbonsäurerestes (M’2) und der zugeordneten Anzahl und Masse der Polyole ([F1 - 1] · M1):
Setzt man für die Anzahl der Strukturelemente (q) die Gleichung 3.10 ein, erhält man für die Molmasse von Polyestermolekülen (Gleichung 3.15): Gleichung 3.15: Durch Erweiterung mit dem Nenner (K M – 1) erhält man:
Der Ausdruck (K M + F1 – 2) entspricht nach Umformung der Gleichung 3.13 für die Polyester-Konstante (K M) dem einfachen Verhältnis der Molzahl Polyol zur Molzahl Polycarbonsäure (n1/n 2). Damit ergibt sich (Gleichung 3.16) für die Molmasse von Polyestermolekülen (M P) eine Berechnung auf Basis bekannter Größen (n1, M1, n 2 , M’2 , K M). Gleichung 3.16:
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Erweitert man den Bruch der Gleichung mit der Anzahl der Mole Polycarbonsäure (n 2), erhält man eine Gleichung (Gleichung 3.17), deren Zähler die Masse der Ausbeuterezeptur jedes beliebigen Polyesters enthält, aus n1 Molen Polyol mit der Molmasse M1 und n 2 Molen Polycarbonsäure mit der Masse M’2 des Säurerestes. Gleichung 3.17: Man kann daher für jeden Polyester, dessen Ausbeute (A) und dessen Bausteinverhältnis bekannt sind, die Molmasse (M P) berechnen (Gleichung 3.18). Gleichung 3.18: Obwohl alle genannten Größen für Gemische der Bausteine wie Mittelwerte zu bewerten sind, ist es bei der meist komplexen Zusammensetzung der Polyester sinnvoll, sie in Faktorsummen zu zerlegen, so wie in einer Ausbeuterezeptur. Dies wird an einem Beispiel erläutert (Gleichung 3.19): Gleichung 3.19: für:
Natürlich ist auch die Ableitung der Größenberechnung aus dem obigen Molekülmodell und die Bestimmung der Molmasse (M P) eines Polyesters die Bildung eines Mittelwertes. Die hier berechnete Molmasse eines Polyesters bildet ein Zahlenmittel (M n, siehe Kapitel 3.4).
3.3.3 E influss des Kondensationsgrads auf Polyestermolekülgröße Neben des Einflusses des Verhältnisses der Molzahlen der Bausteine von Polyestern auf deren Molekülgröße (Molmasse) wurde der Einfluss des Kondensationsgrads genannt. Alle bisherigen Aussagen (Kapitel 3.3.2) beziehen sich auf die funktionellen Gruppen, die im Unterschuss vorliegen. Dies sind bei den meisten Polyestern die Carboxylgruppen, die vollständig abreagiert haben. Unter diesen Voraussetzungen können die Polyestermoleküle nicht größer werden. Wenn aber die Anzahl der Unterschussfunktionen – üblicherweise die Carboxylgruppen der Polycarbonsäuren – beim Auf bau eines Polyesters noch nicht gegen Null geht, ist so eine Größenbegrenzung gegeben. Das ist auch bei allen verfügbaren Polyestern der Fall, weil die Umsetzungsgeschwindigkeit von
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Carboxylgruppen mit ihrer Konzentration in einer Abklingfunktion auf sehr kleine Werte sinkt. Hier wird postuliert, dass jede noch freie Carboxylgruppe die gleiche begrenzende Rolle spielt wie ein Polyolmolekül als Überschuss (Abbildung 3.24).
Abbildung 3.24: Polyolüberschuss oder Kondensationsgrad – alternative Molmassenbegrenzung
Es ist daher möglich, die Konstante für die Molmassenbestimmung der Polyester um den Einfluss der verbliebenen Carbonsäuregruppen (nCOOH) entsprechend zu erweitern (Gleichung 3.20). Gleichung 3.20: Weil eine Begrenzung des Kondensationsgrads als Alternative zu Polyolüberschüssen gelten kann, gilt diese Gleichung auch dann, wenn es keinen Polyolüberschuss gibt, d.h. für alle Polyester aus n1 Molen Polyol und n 2 Molen Polycarbonsäure.
Die allgemeine Darstellung aller Polyester (linearisierte Form) stellt sich dann wie Abbildung 3.25 zeigt dar.
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Berechnungsverfahren für mittlere Molmassen
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Abbildung 3.25: Modell eines allgemeinen Polyestermoleküls aus n1 Molen Polyol und n2 Molen Polycarbonsäure, begrenzt durch Polyolüberschuss oder Kondensationsgrad
Abbildung 3.26: Vereinfachte Darstellung des Polyestermolekül-Modells aus Abbildung 3.25
Die Gleichung zur Berechnung der Molmasse ändert sich entsprechend (Gleichung 3.21): Gleichung 3.21: Die Größe f2 entspricht der Anzahl der überschüssigen Carbonsäuregruppen (nCOOH) pro Mol Polycarbonsäure (n 2).
Der Term (F2 – f 2 – 1) im Zähler lässt sich dann durch den einfachen Quotienten der Molmassen aus der Umformung der Gleichung 3.20 ersetzten:
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Die Anzahl der überschüssigen Carboxylgruppen wird fassbar aus der Bestimmung der Säurezahl eines Polyesters, die auf seine Ausbeutemasse (ASZ) bei einem gegebenen Kondensationsgrad bezogen ist:
Für die mittlere Molmasse (M’P) eines Polyesters aus n1 Molen Polyol und n 2 Molen Polycarbonsäure mit einer Ausbeutemasse (ASZ) ergibt sich dann (Gleichung 3.22): Gleichung 3.22: Diese Gleichung gilt auch dann, wenn es keinen molaren Überschuss an Polyolen gibt (n1 ≤ n 2), d.h. wenn die Begrenzung der mitttleren Molmasse nur über den Kondensationsgrad erreicht wird. Die Ausbeutemasse eines Polyesters bei gegebener Säurezahl (A SZ) ist um die Wassermenge größer als bei Säurezahl = 0 (A0), die der Anzahl der noch freien Carboxylgruppen (nCOOH) entspricht:
Setzt man für die Anzahl der restlichen Carboxylgruppen (nCOOH) die Bestimmung durch die Säurezahl ein, erhält man für die Ausbeutemasse bei dieser Säurezahl (ASZ) (siehe Gleichung 3.23): Gleichung 3.23: Die erneute Abhängigkeit von der Ausbeutermasse bei gegebener Säurezahl (ASZ) ergibt dann durch Iteration als geometrische Reihe (siehe Gleichung 3.24): Gleichung 3.24:
Daraus folgt für die mittlere Molmasse von Polyestern bei gegebenem Kondensationsgrad (M’P) (siehe Gleichung 3.25): Gleichung 3.25:
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Berechnungsverfahren für mittlere Molmassen
Nach Einsetzen der bekannten, feststehenden Größen resultiert daraus:
Bei niedrigen Säurezahlen ist der dritte Faktor des Nenners nahe 1 und kann somit vernachlässigt werden.
3.3.4 Beispiele für Berechnungsverfahren Die Berechnungsverfahren sollen an folgenden Beispielen erläutert werden: a) Ein Polyester soll aus 0,70 Molen Isophthalsäure; 0,30 Molen Adipinsäure; 0,50 Molen Neopentylglykol, 0,30 Molen Propylenglykol und 0,25 Trimethylolpropan bestehen. Es sollen 96 % der Carboxylgruppen umgesetzt werden. Tabelle 3.1: Berechnung eines Modellpolyesters mit begrenztem Kondensationsgrad n•F
n
Baustein
M [g/mol]
n•M [g]
m-% 49,72
– 1,40
0,70
Isophthalsäure
166
116,2
– 0,60
0,30
Adipinsäure
146
43,8
18,74
+ 1,00
0,50
Neopentylglykol
104
52,0
22,25
+ 0,60
0,30
Propylenglykol
76
22,8
9,76
+ 0,75
0,25
Trimethylolpropan
134
Summe – 0,08
nCOOH
+ 0,43
nOH 1,92
Wasser Ausbeute
18
33,5
14,33
268,3
114,81
34,6
14,81
233,7
100,00
Die Anzahl der funktionellen Gruppen (n · F) ist für die Carboxylgruppen als negativer Wert und für die OH-Gruppen als positiver Wert angegeben. Daraus ergibt sich für die Säurezahl (SZ) und für die OH-Zahl (OHZ) des Polyesters:
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Die mittlere Molmasse (Zahlenmittel) ergibt sich aus:
b) Ein Polyester aus 0,75 Molen Isophthalsäure, 0,25 Molen Trimellithsäureanhydrid, 0, 65 Molen Neopentylglykol, 0,35 Molen Hexandiol-1,6 und 0,35 Molen Ethylenglykol wird bis zu einer Säurezahl von 15 kondensiert. Tabelle 3.2: Berechnung eines Modellpolyester mit gegebener Säurezahl n•F
n
Baustein
M [g/mol]
n•M [g]
m-%
– 1,50
0,75
Isophthalsäure
166
124,5
46,10
– 0,75
0,25
+ 1,30
0,65
Trimellithsäureanhydrid
192
48,0
17,97
Neopentylglykol
104
67,6
25,31 15,64
+ 0,70
0,35
Hexandiol-1,6
118
41,3
+ 0,70
0,35
Ethylenglykol
62
21,7
8,12
303,8
113,48
Summe nOH
+ 0,45 2,00
36,0
13,48
A0
Wasser
18
267,1
100,00
A SZ
268,4
Die Ausbeutemasse bei der gegebenen Säurezahl wurde berechnet nach:
Die Anzahl der nicht umgesetzten Carboxylgruppen beträgt dann:
Damit erhöht sich entsprechend die Anzahl der überschüssigen OH-Gruppen:
Dann resultiert für die OH-Zahl:
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Berechnungsverfahren für mittlere Molmassen
Für die Polykondensationskonstante ergibt sich:
Der Wert 0,25 im Zähler entspricht der Molzahl der Tricarbonsäure und ergibt sich aus der Zerlegung des Terms n 2 · (F2 - 2). Die Berechnung der mittleren Molmasse (Zahlenmittel) ergibt sich dann zu:
Oder aus der Massenausbeute bei Säurezahl = 0:
Wenn man den dritten Faktor des Nenners nicht berücksichtigt, ist das Resultat 1571. Bei beiden Berechnungsverfahren wurde bewusst der Wert für die Anzahl der Mole Polycarbonsäure (n1) mit 1,00 gewählt, dieses Verfahren vereinfacht die Rechnung bzw. gestaltet sie übersichtlicher. Es ist auch sinnvoll für Versuchsplanungen ähnlich vorzugehen, wie am folgenden Beispiel gezeigt werden soll. c) Versuchsplan: Änderung der Molmassen und des Verzweigungsgrads von Polyestern aus Isophthalsäure, Adipinsäure, Neopentylglykol und Trimethylolpropan: Tabelle 3.3: Systematischer Versuchsplan für Polyester (Änderung der Molmassen und des Verzweigungsgrads) Versuche
a
b
c
d
e
Bausteine [mol] Isophthalsäure
0,65
0,65
0,65
0,65
0,65
Adipinsäure
0,35
0,35
0,35
0,35
0,35
Neopentylglykol
0,80
0,85
0,90
0,90
0,80
Trimethylolpropan
0,30
0,30
0,30
0,20
0,40
K M (SZ = 0)
1,10
1,15
1,20
1,10
1,20
10
10
10
10
10
1716
1295
1049
1701
1058
Säurezahl [mgKOH/g] Molmasse [g/mol] SZ=10
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Die Versuche /1 bis /3 zeigen den Einfluss der Änderung der Molmasse auf die Eigenschaften der Polyester (Viskosität, anwendungstechnische Eigenschaften), der Vergleich von Versuch /1 mit /4 und von Versuch /3 mit /5 zeigt den Einfluss der Änderung des Verzweigungsgrad auf diese Eigenschaften. Die Berechnungsverfahren lassen sich auch auf Massenangaben zur Zusammensetzung von Polyestern anwenden. Die Analysendaten werden entsprechend verwertet, wie im folgenden Beispiel gezeigt wird. d) Die (konstruierte) Analyse eines Polyesters ergibt 45,3 % Phthalsäureanhydrid; 11,2 % Adipinsäure; 10,6 % Glycerin; 9,0 % Hexandiol-1,6 und 23,9 % Neopentylglykol bezogen auf das Analysenergebnis = 100 % (das entspricht einer Einwaagerezeptur, nicht einer Ausbeuterezeptur). Die Säurezahl des Polyesters beträgt 18. Berechnung der mittleren Molmasse und der OH-Zahl (Tabelle 3.4). Tabelle 3.4: Berechnung eines Polyesters aus Analysenergebnissen m-%
Bausteine
M [g/mol]
m/M=n
n•F
45,3
Phthalsäureanhydrid
148
0,3061
-0,6122
11,2
Adipinsäure
146
0,0767
-0,1534
10,6
Glycerin
n2 9,0 23,9
92
-0,7656
0,1152
+0,3456
Hexandiol-1,6
118
0,0763
+0,1526
Neopentylglykol
104
0,2298
+0,4596
0,4213
+0,9578
n1 100,0
Summe
8,3
Wasser
91,7
0,3828
+0,1912 18
0,4595
Ausbeute (SZ = 0)
0,3061 Mol Phthalsäureanhydrid und 0,0767 Mol Adipinsäure können maximal 0,4596 Mole Wasser abspalten, das entspricht 8,3 Massenteilen. Bei einer Säurezahl von 18 ergibt sich für die restlichen Carboxylgruppen (nCOOH):
Somit lässt sich die Polykondensationskonstante (K’M) berechnen:
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Berechnungsverfahren für mittlere Molmassen
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Die Ausbeuterezeptur bei gegebener Säurezahl ist um 0,53 Massenteile (0,0296 • 18) größer als bei der Säurezahl = 0; d.h. 92,23 Massenteile Ausbeute. Die mittlere Molmasse berechnet sich aus:
So gilt für die OH-Zahl:
Sowohl die berechnete mittlere Molmasse als auch die berechnete OH-Zahl lassen sich mit entsprechenden Analyseergebnissen (GPC, OH-Zahlbestimmung) korrelieren, wobei natürlich die möglichen systematischen Fehler und Abweichungen berücksichtigt werden sollten. Dazu sind hier die berechneten Werte zu genau angegeben, sie sollen aber das Berechnungsverfahren veranschaulichen.
3.3.5 B erechnungsverfahren für mittlere Molmassen von Alkydharzen Vor allem in amerikanischen Veröffentlichungen [44] werden die Monocarbonsäuren, die als Modifikation die Alkydharze charakterisieren, als „chain-stopper“ bezeichnet. Diese Definition ist aber nicht zutreffend, vor allem dann nicht, wenn sie als Begrenzung der molekularen Größe von Alkydharzen verstanden wird. Alkydharze werden stets so formuliert, dass die Anzahl der OH-Gruppen (nOH) aus den Polyolen (n1) signifikant größer ist als die Summe der Anzahl der Carbonsäuregruppen (nCOOH) aus den Polycarbonsäuren (n 2) und den Monocarbonsäuren (n 3) (Gleichung 3.26). Gleichung 3.26: Alkydharze enthalten daher überschüssige OH-Gruppen (nOH) unter anderem, um sicher zu stellen, dass keine freien Monocarbonsäuren vorliegen, die als niedrigmolekulare Bestandteile die anwendungstechnischen Eigenschaften der Alkydharze signifikant beeinträchtigen würden. Wenn neben freien OH-Gruppen (nOH) auch noch freie Carboxylgruppen vorkommen (nCOOH), könnte das Alkydharz
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
noch größere Moleküle bilden, was von dem Gehalt an Monocarbonsäuren völlig unabhängig geschehen würde. Für Alkydharze gelten daher die bei den Polyestern beschriebenen Definitionen und Berechnungsverfahren für die Polykondensationskonstante und die grundsätzliche Berechnung der mittleren Molmassen.
Die Molmasse des Strukturelements (M’S) eines Alkydharzes kann sich allerdings deutlich von der Molmasse eines Strukturelements eines nichtmodifizierten Polyesters unterscheiden, weil der Anteil der Monocarbonsäure (n 3) berücksichtigt werden muss. So ist zum Beispiel das Strukturelement eines Alkydharzes aus Phthalsäurerest, Pentaerythrit und 1,6 Mol einer 280er Monocarbonsäure mit 685 g/mol fast dreimal so groß wie das Strukturelement eines Polyesters aus Isophthalsäure und Neopentylglykol mit 234 g/Mol. Für die Masse eines Strukturelementes (M’S) eines Alkydharzes gilt (Gleichung 3.27): Gleichung 3.27: Die mittlere Molmasse eines Alkydharzes berechnet sich nach Gleichung 3.28:
Gleichung 3.28: Und, wenn man den Quotienten mit der Anzahl der Mole der Polycarbonsäuren (n 2) erweitert, ergibt sich Gleichung 3.29: Gleichung 3.29: Der Zähler des Quotienten entspricht der Ausbeutemasse eines Alkydharzes aus n1 Molen Polyol, n 2 Molen Polycarbonsäure und n 3 Molen Monocarbonsäure. Diese Gleichung gilt auch ohne Polyolüberschuss (n1 ≤ n 2), wenn also die molare Begrenzung nur über den Kondensationsgrad vorgenommen wird. Aber es muss gewährleistet bleiben, dass die Anzahl der eingesetzten OH-Gruppen größer als die Anzahl der eingesetzten Carboxylgruppen bleibt (nOH ≥ nCOOH). Aus der Ausbeutemasse unter Berücksichtigung der Säurezahl (A SZ) ergibt sich dann die Berechnung der mittleren Molmasse und den dazu gehörenden Bedingungen mit Gleichung 3.30:
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Berechnungsverfahren für mittlere Molmassen
Gleichung 3.30:
Auch für Alkydharze lassen sich die Berechnungsverfahren an einem Beispiel veranschaulichen: Ein Alkydharz besteht aus 1,00 Mol Phthalsäureanhydrid; 1,03 Molen Trimethylolpropan und 0,65 Molen Isononansäure, es wird auf eine Säurezahl von 15 polykondensiert. Tabelle 3.5: Berechnung eines Modellalkydharzes mit gegebener Säurezahl n•F
n
Bausteine
M [g/mol]
n•M g
m-%
–2,00
1,00
Phthalsäureanhydrid
148
148,0
41,02
+3,09
1,03
Trimethylolpropan
134
138,0
38,26
–0,65
0,65
Isononansäure
158
Summe
102,7
28,47
388,7
107,75
nOH
+0,44 1,65
Wasser
29,7
7,75
A0
18
359,0
100,00
ASZ
360,7
Die Ausbeutemasse bei der gegebenen Säurezahl wurde berechnet nach:
Die Anzahl der nicht umgesetzten Carboxylgruppen beträgt dann:
Damit erhöht sich entsprechend die Anzahl der überschüssigen OH-Gruppen:
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Für die OH-Zahl resultiert:
Für die Polykondensationskonstante ergibt sich:
Die Berechnung der mittleren Molmasse (Zahlenmittel) ergibt dann:
3.4
Molekulare
Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen
3.4.1 Beschreibung Die bisher vorgestellten Definitionen und Berechnungsverfahren (K’M, q, M P,SZ) betreffen stets Mittelwerte. Polyester und Alkydharze bestehen aber immer aus einer Mischung von Molekülen unterschiedlicher Größe. Man kann sich vorstellen, dass bei der Bildung von Polyestern zunächst die eingesetzten Bausteine, durch die Reaktion untereinander, in einer relativ steilen Abklingfunktion über die Reaktionszeit verbraucht werden. Ehe aber die Zwischenstufe (einfacher Ester) hohe Anteile erreicht, werden schon kleinere Polyestermoleküle (M1) gebildet und ziemlich schnell auch größere. Die kleineren Polyestermoleküle werden über die Reaktionszeit durch Bildung größerer Polyestermoleküle (M 2 , M3) verbraucht. Besonders große Polyestermoleküle (M4) bilden sich nur langsam, aber stetig. Es gibt einen Trend zur Bildung von Polyestermolekülen mittlerer Größe (M 2). Das liegt nach den hier vorliegenden Ergebnissen vor allem daran, dass sehr große Polyestermoleküle mit kleinen Polyestermolekülen durch Umesterung reagieren können und dabei mittlere Größen von Polyestermolekülen bilden. Insgesamt bestehen beim Reaktionsverlauf der Bildung von Polyestern eine Vielzahl von dynamischen Gleichgewichten zwischen Polyestermolekülen verschiedener Größe. Bei dem vorgegebenen Kondensationsgrad (Säurezahl) werden
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Molekulare Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen
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Abbildung 3.27: Modelldarstellung der Bildung von Polyestermolekülen unterschiedlicher Größe über den Reaktionsablauf
diese Gleichgewichte eingefroren. Es resultiert dann eine Mischung verschieden großer Polyestermoleküle. Dieser Reaktionsablauf soll an einer modellhaften Abbildung dargestellt werden (Abbildung 3.27). Aus der Mischung der Polyestermoleküle des eingefrorenen Gleichgewichts können Mittelwerte abgeleitet werden. Es gibt verschiedene Mittelwertdefinitionen: Bringt man die Anzahl der Mole in Bezug zu ihrer Molmasse (n i · Mi) und deren Summe in Relation zur Summe der Anzahl der Mole (n i), so erhält man das Zahlenmittel der mittleren Molmasse eines Polyesters (M n). (Der Index n stammt aus der angloamerikanischen Bezeichnung „number average molecular weight“). Dieses Zahlenmittel der mittleren Molmasse entspricht dem Ergebnis der Berechnungen in den oben entwickelten Gleichungen (Gleichungen 3.21, 3.22, 3.25). Die Definition ist in Gleichung 3.31 erfasst. Gleichung 3.31: Setzt man die Masse der Mole in Bezug zu ihrer Molmasse (m i · Mi) und deren Summe in Relation zur Summe der Massen der Polyestermoleküle (m i), so erhält man das Massenmittel der mittleren Molmasse eines Polyesters (Mw). (Der Index w stammt aus der anglo-amerikanischen Bezeichnung „weight average molecular weight“. Dagegen bezeichnet das deutsche Wort Gewicht eine Kraft und keine Masse). Die Masse von Polyestermolekülen (m i) ist wiederum das Produkt aus
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Molzahl (n i) und Molmasse (M i), daraus wird die Bezugssumme als Produkt von Molzahl (n i) und Molmasse zum Quadrat (M i2) (Gleichung 3.32):
Gleichung 3.32: Da die Massen der Polyestermoleküle stets relativ größer werden als die Anzahl der betreffenden Polyestermoleküle, sind die Massenmittel der Molmassen stets höher als die Zahlenmittel, und zwar umso mehr, desto breiter die Molmassenverteilung des Polyesters ist. Man wählt daher den Quotienten aus Massenmittel und Zahlenmittel als Maß für die Breite der Molmassenverteilung und bezeichnet diese Größe als Dispersität (DM) (Gleichung 3.33): Gleichung 3.33: Anhand eines konstruierten Beispiels sollen die hier genannten Größen veranschaulicht werden: Das mittlere Strukturelement eines Modellpolyesters soll aus 0,75 Molen Isophthalsäure; 0,25 Molen Adipinsäure; 0,75 Molen Neopentylglykol und 0,25 Molen Trimethylolpropan bestehen und hätte daher eine Molmasse des Strukturelementes (MS) von 236,5 g/mol. Der Polyolüberschuss aus den genannten Anteilen Neopentylglykol und Trimethylolpropan (M1) hätte dann eine mittlere Molmasse von 111,5 g/mol. Wenn man eine molare Begrenzung durch den Polykondensationsgrad vernachlässigt (SZ ≥ 0) erhält man für die verschiedenen Molmassen (Mi, siehe Spalte 3 der Tabelle 3.6) der einzelnen Polyestermoleküle mit der jeweiligen Anzahl an Strukturelementen (q, siehe Spalte 1 der Tabelle 3.6) die Werte: 347 (q = 1), 585 (2), 821 (3), 1058 (4) usw. bis 6025 (25). Aus der gesetzten Mischung der Polyestermoleküle (n i, Spalte 2 der Tabelle 3.6) ergeben sich dann die Werte für die Massen der jeweiligen Fraktion (n i · Mi, Spalte 4 der Tabelle 3.6) und als weitere Bezugsgröße das Produkt aus Massenfraktion und Molmasse (m i · Mi, bzw. n i · Mi2, Spalte 5 der Tabelle 3.6). Aus der Summenbildung und der Bildung der Quotienten erhält man als Massenmittel der Molmasse des Polyesters 3187 g/mol, als Zahlenmittel 2640 g/mol und als Dispersität 1,21. Reale Polyester dieses Typs haben Dispersitäten von 2 und mehr, das liegt vor allem daran, dass kleine Anteile von Molmassen über 10000 g/mol vorliegen. Die Verteilungsfunktionen sind aber stets enger als die von Polymerisationsprodukten gleicher mittlerer Molmassen (Acrylatharze). Die Angaben der Tabelle werden in Abbildung 3.28 dargestellt.
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Molekulare Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen
Tabelle 3.6: Molmassenverteilung des Modellpolyesters q
ni
Mi
ni • Mi = mi
ni • Mi2
1
0
347
0
0
2
1
585
585
342.225
3
6
821
4.926
4.044.246
4
10
1.058
10.580
11.193.640
5
12
1.294
15.528
20.093.232
6
14
1.531
21.434
32.815.454
7
15
1.767
26.505
46.834.335
8
15
2.004
30.060
60.240.240
9
14
2.240
31.360
70.246.400
10
13
2.477
32.201
79.761.877 88.324.428
11
12
2.713
32.556
12
11
2.950
32.450
95.727.500
13
10
3.186
31.800
101.505.960 105.452.361
14
9
3.423
30.807
15
8
3.659
29.272
107.106.248
16
7
3.896
27.272
106.251.712
17
6
4.132
24.792
102.440.544
18
5
4.369
21.845
95.440.805
19
4
4.605
18.420
84.824.100
20
3
4.842
14.526
70.334.892
21
3
5.079
15.237
77.388.723 56.498.450
22
2
5.315
10.630
23
2
5.552
11.104
61.649.408
24
1
5.788
5.788
33.500.944
1
6.025
25 Summen
184
6.025
36.300.625
485.763
1.548.318.349
Molmasse (Zahlenmittel) = 485763 / 184 = 2640 g/mol Molmasse (Massenmittel) = 1548318349 / 485763 = 3187 g/mol Dispersität = 3187 / 2640 = 1,21
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Abbildung 3.28: Molekulare Verteilungsfunktionen des Modellpolyesters
3.4.2 GPC-Analyse Die GPC-Analyse (gel permeation chromatography) ist die heute gebräuchlichste Methode zur Ermittlung der molaren Verteilungsfunktionen von Polymeren, d.h. auch der von Polyestern und Alkydharzen. Damit die über dieses Analysenverfahren gefundenen Daten für Polyester und Alkydharze richtig interpretiert werden können, sei das Verfahren kurz beschrieben. (Hier liegen vor allem Ergebnisse mit dem Gerät „Agilant“ [HP] 1100 und der Software von PPS vor.) Die GPC-Analyse beruht darauf, dass Polymermoleküle in einer verdünnten Lösung beim Durchströmen eines Gels in Chromatographiesäulen (hier Länge 3 · 30 cm, Ø 8 mm) in Abhängigkeit von ihrer Größe eine unterschiedliche Verweilzeit haben. Das Gel besteht aus einem vernetzten Copolymer aus Styrol mit Anteilen an Divinylbenzol. Kleinere Polymermoleküle können in den Poren des Gels länger verweilen als größere. Das Lösemittel – die mobile Phase der GPCAnalyse – ist üblicherweise Tetrahydrofuran. Es kann auch Dimethylformamid verwendet werden, wenn schwerlösliche Polymere analysiert werden sollen. Die Konzentration der Analysenlösung ist ungefähr 5 g/l. Die zu analysierende Polymerlösung wird über eine Schleife automatisch in den Durchflussstrom injiziert. Die Durchflussgeschwindigkeit ist 1 ml/min, die Temperatur muss sehr genau eingehalten werden (35°C). Nach dem Durchlauf der Säulen wird die
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Molekulare Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen
65
Konzentration der ankommenden Lösung in Abhängigkeit von der Zeit analysiert. Üblicherweise wird dazu ein Refraktometer eingesetzt, es gibt aber auch UV-Detektoren. Das Refraktometer bestimmt die Änderung des Brechungsindexes in bestimmten Zeitintervallen (mehrfach pro Sekunde) und das Auswerteprogramm interpretiert diese Änderungen als unterschiedliche Massenkonzentrationen, die dann auf die Gesamtmasse bezogen werden. Die gefundenen differentiellen Massenkonzentrationen werden der gefundenen Eluierungszeit zugeordnet. Die Eluierungszeit entspricht einer bestimmten Molmasse. Die Zuordnung von Molmasse zur Eluierungszeit geschieht durch Eichung mit Polystyrolstandards. Diese Polystyrolstandards haben eine bekannte Molmasse und sind nach einem Polymerisationsverfahren hergestellt, das eine besonders enge Molmassenverteilung ergibt. Ein Beispiel einer solchen Eichkurve ist in Abbildung 3.29 dargestellt und die dazu abgeleitete Funktion lautet:
Es besteht also eine Abhängigkeit des Logarithmus der Molmasse (Massenfraktion) von der Zeit, die über ein Polynom dritten Grades dargestellt werden kann. Für andere Polymersysteme gibt es auch entsprechende Standards (Polymethylmethacrylate). Wenn man die Ergebnisse der GPC-Analyse mit den berechneten Werten vergleichen will, sollte man sich die Bedingungen der Analyse vor Augen führen.
Abbildung 3.29: Eichkurve der Abhängigkeit der Molmasse (Massenfraktion) von der Zeit für Polystyrolstandards
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Da es Abweichungen für die Analysenergebnisse gibt, werden die als die wichtigsten Beeinflussungen dargestellt: Die Eichung der Molmasse (Massenfraktion) als Funktion der Zeit bezieht sich hier auf Polystyrol. Polystyrol ist ein lineares Polymer, das sich in Lösung in Tetrahydrofuran in bestimmter Weise verknäult. Es ist sicher, dass Polyestermoleküle andere Knäueltypen in einer Tetrahydrofuran-Lösung bilden und die Wechselwirkung mit dem Gel verschieden sein wird. Das gilt vor allem dann, wenn die Polyestermoleküle verzweigt sind. Gemessen wird daher für die Polyestermoleküle das Polystyrol-Äquivalent der Molmasse (Massenfraktion) und nicht der wirklich wahre Wert. Eine weitere Abweichung kann dadurch entstehen, dass die Messwerte nicht den Median der Fläche der Massenfraktion erfassen sondern den Rand. Bei der Integration können dann die Flächen der höhermolekularen Massenfraktionen kleiner angerechnet werden, was natürlich die mittleren Molmassen erniedrigt. Daher ist es wichtig eine hohe Messfrequenz einzuhalten. Auch die Vorgeschichte der GPC-Säulen, die üblicherweise für die verschiedensten Messungen eingesetzt werden, kann eine Rolle spielen. Die Reproduzierbarkeit ist dadurch nicht besonders hoch. Es ist daher sinnvoll, Vergleiche von Molmassenverteilungen seriell durchzuführen. Um diese Abweichungsmöglichkeiten herauszustellen, wurden Modellpolyester mit unterschiedlichen Molmassen hergestellt, und die berechneten Werte der mittleren Molmasse (Zahlenmittel) mit analytischen Werten verglichen. Tabelle 3.7: Molare Zusammensetzung von linearen Modellpolyestern, Kennzahlen und Molmassenbestimmungen Polyester
/1
/2
/3
/4
/5
Phtalsäureanhydrid
0,500
0,500
0,500
0,500
0,500
Adipinsäure
0,500
0,500
0,500
0,500
0,500
Bausteine
Neopentylglykol
0,750
0,650
0,600
0,550
0,525
Hexandiol-1,6
0,750
0,650
0,600
0,550
0,525 1,050
Kennzahlen: KM (SZ = 0)
1,500
1,300
1,200
1,100
Säurezahl (bestimmt)
4,6
5,0
6,2
4,5
4,9
OH-Zahl (berechnet)
200,2
132,2
94,7
50,8
28,6 3353
Molmassen (Zahlenmittel): Molmasse, berechnet
548
818
1113
2030
Molmasse, osmometrisch
680
984
1150
1903
2570
Molmasse, GPC
744
944
1274
1488
2089
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Molekulare Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen
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Als Analysenverfahren wurden eine osmometrische Bestimmung der mittleren Molmasse (Zahlenmittel) und das GPC-Ergebnis (Zahlenmittel) zum Vergleich herangezogen. Die Zusammensetzung der Polyester, die Molmassenberechnung und die analytischen Ergebnisse des Vergleichs sind in der Tabelle 3.7) zusammengestellt und in Abbildung 3.30 veranschaulicht. Aus den Zahlen der Tabelle und der Abbildung geht hervor, dass die Werte für die mittleren Molmassen (Zahlenmittel) bei niedrigen mittleren Molmassen sehr gut korrelieren, dass es aber bei höheren Molmassen deutliche Abweichungen von der Theorie gibt. Die analytischen Methoden finden geringere Molmassen (Zahlenmittel), je größer die Werte der mittleren Molmassen werden. Dabei weicht die GPC-Messung erheblich mehr von der Korrelationsgraden ab, als die osmometrische Bestimmung. Aus diesen Abhängigkeiten kann aber nicht abgeleitet werden, dass die berechneten Werte nicht stimmen, sondern man muss sich die Bedingungen und Vorgaben der Analysenverfahren vor Augen führen.
Abbildung 3.30: Vergleich der analytischen Molmassenbestimmungen mit den berechneten Werten (Zahlenmittel der Molmassen)
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
3.4.3 Einflüsse auf die molekulare Größenverteilung von Polyestern Nachdem Flory [32] postuliert hatte, dass am Gelpunkt nur ein Anteil der Moleküle eines Polyesters eine unendliche Größe anstreben und Stockmeier [34] versucht hat, diese Bedingung zu quantifizieren, hat es viele Versuche gegeben, die Molmassenverteilung bzw. das Massenmittel der Molmasse von Polyestern vorauszusagen bzw. zu berechnen. Korschak [37] und Bresler [38] fanden, dass die Molmassenverteilungen bei Polyestern stets einheitlicher sind, als aus den rein statistisch berechneten Vorgaben von Flory und Stockmeier. Auch hier hat es nicht an Versuchen gefehlt, die oben getroffenen Definitionen und die dort aufgestellten Gleichungen in der Hinsicht zu erweitern. So sollte die molekulare Größenverteilung berechnet werden können oder zumindest das Massenmittel der Molmassen. Der erste Schritt in diese Richtung bestand natürlich in der Analyse der Einflussgrößen auf die Molmassenverteilung. Dazu wurden die Ergebnisse einer Vielzahl von synthetisierten Polyestern herangezogen. Wichtige Einflussgrößen sind: • Größe des Zahlenmittels der Molmassen von Polyestern, • Verzweigungsgrad von Polyestern, • Reaktivität der eingesetzten Polyester-Bausteine. Andere Einflüsse, darunter vor allem die Reaktionsbedingungen (Ausnahmen siehe 3.4.5) spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Einfluss durch Größe des Zahlenmittels der Polyester-Molmassen Steigt die Größe des Zahlenmittels der Molmassen, so wird auch die Dispersität der Polyester größer, d.h. die Molmassenverteilung wird breiter. Das liegt daran, dass das Wachstum unterschiedlich großer Polyestermoleküle nicht stufenweise abläuft, sondern nur mit geringem zeitlichen Versatz, wie bereits oben in einer Abbildung 3.27 dargestellt. Die Molmassenverteilung wird breiter, obwohl die Umesterungsreaktion regulierend zugunsten mittlerer Molmassen wirkt. Die Aufnahme der integralen Verteilungsfunktionen an den vorher beschriebenen, linearen Modellpolyestern unterschiedlicher mittlerer Molmassen (Zahlenmittel) (Tabelle 3.7) zeigt deutlich, wie die Molmassenverteilung mit steigender mittlerer Molmasse breiter wird (Abbildung 3.31). Während der Polyester mit der Polykondensationskostante k M = 1,50 Molekülanteile bis zur Molmasse 5000 g/mol enthält, reicht die Kurve beim Polyester mit k M = 1,30 bereits über 7000 g/mol, mit k M = 1,20 über 9000 g/mol, mit k M = 1,10 über 10.000 g/mol und bei k M = 1,05 bis 20.000 g/mol.
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Molekulare Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen
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Abbildung 3.31: Integrale Verteilungsfunktionen der Molmassen von linearen Polyestern mit unterschiedlichen Zahlenmitteln der Molmasse
Einfluss durch Verzweigungsgrad von Polyestern Besonders deutlich wirkt sich der Verzweigungsgrad von Polyestern auf die molekulare Verteilungsfunktion aus. Polyester mit gleicher mittlerer Molmasse, aber unterschiedlichem Verzweigungsgrad zeigen unterschiedliche Molmassenverteilungen. Die Molmassenverteilung wird umso breiter, desto höher der Verzweigungsgrad des Polyesters ist. Die Erklärung liegt darin, dass der regulierende Eingriff der Umesterungsreaktion bei höher verzweigten Polyestern viel kleiner ist als bei weniger verzweigten Polyestern. Die Wahrscheinlichkeit einer Wachstumsreaktion ist bei höher verzweigten Polyestern dagegen deutlich größer als die Wahrscheinlichkeit einer Umesterung. Eine modellhafte Darstellung soll diese Tatsache veranschaulichen (Abbildung 3.32). Der für die Molmassenverteilung so wichtige Verzweigungsgrad wird in Gleichung 3.34 definiert. Es wurden alle Verzweigungsmöglichkeiten aus den Bausteinen berücksichtigt, d.h. die Summe aller Bausteine, die eine Funktionalität von mehr als 2 haben. Der Verzweigungsgrad wurde ähnlich wie andere
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Abbildung 3.32: Modell für den Vergleich der Reaktionsmöglichkeiten für die Veresterung und Umesterung bei Polyestermolekülen unterschiedlichera Verzweigung
Kennzahlen auf eine Masseneinheit bezogen. Der Verzweigungsgrad (v) nennt die Anzahl der potentiellen Verzweigungsstellen in 1000 g. Gleichung 3.34: Die Größe des Verzweigungsgrads soll an einem Modellbeispiel (Abbildung 3.33) veranschaulicht werden: Ein Polyester aus 5 Molen Phthalsäureanhydrid, 5 Molen Neopentylglykol, und 1 Mol Trimethylolpropan hat bei SZ gegen 0 mgKOH/g eine mittlere Molmasse von 1304 g/mol, eine potentielle Zweigstelle und damit einen Verzweigungsgrad
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Molekulare Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen
von 0,77 mol/kg. Dagegen hat ein Polyester aus 5 Molen Phthalsäureanhydrid, 4 Molen Neopentylglykol und 2 Molen Trimethylolpropan bei SZ gegen 0 mgKOH/g eine mittlere Molmasse von 1334 g/mol, zwei potentielle Zweigstellen und damit einen Verzweigungsgrad von 1,50 mol/kg.
Abbildung 3.33: Modellpolyester mit unterschiedlichem Verzweigungsgrad Tabelle 3.8: Polyester gleicher mittlerer Molmasse (Zahlenmittel) und unterschiedlichem Verzweigungsgrad /6
/7
/8
/9
Phtalsäureanhydrid Adipinsäure
0,700 0,300
0,700 0,300
0,700 0,300
0,700 0,300
MPPD-1,3 Trimethylolpropan
1,150 0,000
1,000 0,150
0,850 0,300
0,700 0,450
Kennzahlen KM (SZ = 0)
1,150
1,150
1,150
1,150
Säurezahl [mgKOH/g]
13,6
13,8
15,2
13,0
OH-Zahl [mgKOH/g] Verzweigungsgrad [mol/kg]
74,4 0,00
104,8 0,54
136,4 1,08
164,5 1,62
Molmassen [g/mol] Zahlenmittel, berechnet
1276
1271
1233
1296
Zahlenmittel, GPC
1152
1200
1251
1275
Massenmittel, GPC Dispersität
2245 1,95
2856 2,38
3529 2,82
3938 3,09
Viskositäten [ICI, 23 °C] 60 %-ig in MPA [mPa·s] 65 %-ig in MPA [mPa·s]
180 375
235 520
345 710
370 850
Polyester Bausteine (mol)
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Zur Darstellung des Einflusses des Verzweigungsgrads (v) auf die Molmassenverteilung wurden Polyester mit unterschiedlicher Verzweigung aber gleicher mittlerer Molmasse (Zahlenmittel) synthetisiert und analysiert. Die Polyester bestehen aus Phthalsäureanhydrid, Adipinsäure, unterschiedlichen Anteilen von Methylpropylpropandiol-1,3 (MPPD-1,3) und Trimethylolpropan (Tabelle 3.8), aber gleichem Polyolüberschuss. Die Polyole wurden danach ausgewählt, dass beide fast die gleiche Molmasse haben (MPPD-1,3 hat 132 g/mol, TMP hat 134 g/mol). Damit ist die mittlere Molmasse der Strukturelemente der Polyester fast gleich groß. Die Verteilungsfunktionen der Polyester sind in Abbildung 3.34 dargestellt. Aus der Tabelle 3.8 ist ersichtlich, dass die Zahlenmittel der Molmasse aus der GPC-Analyse befriedigend genau mit den berechneten Größen übereinstimmen. Aus den differentiellen Verteilungsfunktionen der Abbildung 3.34 geht deutlich hervor, dass größere Verzweigungsgrade die Anteile an größeren Moleküle erhöhen. Durch höhere Verzweigungsgrade werden die Verteilungsfunktionen der Molekülgrößen breiter und die Maxima kleiner.
Abbildung 3.34: Differentielle Verteilungsfunktionen der Polyester mit gleicher mittlerer Molmasse (Zahlenmittel) und unterschiedlichem Verzweigungsgrad (1. Serie)
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Molekulare Größenverteilungen von Polyestern und Alkydharzen
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Durch die Auswahl von Polyolen mit fast gleicher Molmasse, die zu einer fast gleichen Molmasse der Strukturelemente führt, sind die niedrigmolekularen Anteile in der GPC- Verteilungsfunktion individuell aufgelöst und für die unterschiedlichen Polyester fast deckungsgleich. Der logarithmische Wert für den ersten niedrigmolekularen Anteil ist 2,58, das entspricht 380 g/mol und korreliert sehr gut mit dem Wert aus der Summe von einem Mol Polycarbonsäuregemisch und zwei Molen Polyalkohol mit 390 g/mol für das kleinste Polyestermolekül der molaren Verteilung. Bei der Herstellung von Polyestern in der Praxis ist es wichtig, den Aufbau der molekularen Größe zu verfolgen. Der Kondensationsgrad wird üblicherweise durch die Bestimmung der Säurezahl verfolgt. Es wäre zu aufwändig die Molmassen mittels einer GPC-Analyse zu bestimmen. Stattdessen nimmt man die Viskosität einer definierten Messlösung oder auch die Viskosität der Polyesterschmelze als Maß für die mittlere Molmasse. Die Viskosität von Polyesterlösungen korreliert mit dem Massenmittel der Molmasse. Die theoretischen Grundlagen hierzu liefern die Gleichungen von Einstein und Staudinger [45]. Danach ist die spezifische Viskosität sehr verdünnter Polymerlösungen abhängig vom Knäulvolumen gelöster Polymere und dieses wiederum von der Molmasse des Polymeren (Massenmittel). Um die Wechselwirkung der Polymerknäule untereinander auszuschalten, setzt man für die Viskosität den Wert der Grenzviskosität ([h]) ein, der die Interpolation der spezifischen Viskosität in Abhängigkeit von der Konzentration der Lösung auf die Konzentration = 0 enthält. Die Grenzviskosität ist dann gleich der mittleren Molmasse (Massenmittel) zum Exponenten a multipliziert einer Viskositätskonstante K [h]. Sowohl der Exponent a als auch die Viskositätskonstante sind abhängig von der Wechselwirkung zwischen Polymer und Lösemittel und damit spezifisch für die Auswahl der Substanzen und außerdem abhängig von der Temperatur. Für Polyester liegen die Werte für die Viskositätskonstante in üblichen Anlösemitteln (zum Beispiel Tetrahydrofuran) zwischen 0,01 und 0,04 und die Werte für den Exponenten zwischen 0,70 und 0,90 (bei 20 °C). Die Konstante und der Exponent lassen sich nicht theoretisch ableiten, sie müssen für die verschiedenen Polymere und Lösemittel jeweils experimentell bestimmt werden. Einstein-Staudinger-Gleichung [45, 46]:
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Für die Praxis ist es ausreichend, die Viskosität einer relativ konzentrierten Messlösung zu verfolgen bzw. die Viskosität für die reproduzierbare Herstellung eines Polyesters festzulegen. Der Zusammenhang zwischen Verzweigungsgrad, Molmassenverteilung und Viskosität wird anhand einer zweiten Polyesterserie dargestellt: Synthetisiert wurden Polyester auf Basis Phthalsäureanhydrid, Neopentylglykol, Hexandiol-1,6 und Trimethylolpropan, mit gleichem Polyolüberschuss und Kondensationsgrad und damit nahezu identischer mittlerer Molmasse (Zahlenmittel) aber unterschiedlichem Verzweigungsgrad (Tabelle 3.9): Tabelle 3.9: Polyester mit gleicher mittlerer Molmasse aber unterschiedlichem Verzweigungsgrad (2. Serie) Polyester
/10
/11
/12
/13
Phthalsäureanhydrid Neopentylglykol
1,000 0,540
1,000 0,480
1,000 0,430
1,000 0,380
Hexandiol-1,6 Trimethylolpropan
0,540 0,120
0,480 0,240
0,430 0,340
0,380 0,440
Kennzahlen KM (SZ –> 0)
1,200
Bausteine
1,200
1,200
1,200
Säurezahl [mgKOH/g]
11,8
11,2
10,3
11,0
OH-Zahl [mgKOH/g] Verzweigungsgrad [mol/kg]
121,1 0,45
144,4 0,89
163,0 1,25
182,8 1,60
Molmassen [g/mol] Zahlenmittel, berechnet
1042
1062
1088
1081
Zahlenmittel, GPC
940
982
998
1037
Massenmittel, GPC Dispersität
1629 1,733
1847 1,881
1991 1,995
2228 2,149
160
205
285
315
Viskositäten (60 %-ig in MPA) [mPa · s, 23 °C]
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Vergleicht man die Werte für die mittleren Molmassen (Zahlenmittel) aus der Berechnung und der GPC-Analyse, so stellt man hier (Tabelle 3.9) niedrigere Werte in der GPC-Analyse fest. Offensichtlich wird das Ergebnis der GPCAnalyse auch von der stofflichen Zusammensetzung der Polyester beeinflusst. Aus der Abbildung 3.35 ist ein praktisch linearer Zusammenhang zwischen Dispersität und Verzweigungsgrad für beide Polyesterserien abzuleiten. Die Dispersität steigt signifikant mit dem Verzweigungsgrad. Dabei beeinflusst offensichtlich die Lage der mittleren Molmasse (Zahlenmittel) die Lage der Abhängigkeit (Serie 1: mittlere Molmasse um 1280; Serie 2: mittlere Molmasse um 1070). Auch die Viskosität der Polyesterlösungen steigt exponentiell mit dem Verzweigungsgrad. Hier unterscheiden sich die Lagen der Kurven durch die Größe der Molmasse (Massenmittel) der Serie 1 (Polyester 6 – 9) und Serie 2 (Polyester 10 – 13).
Abbildung 3.35: Abhängigkeit der Dispersität und der Lösungsviskosität von Polyestern vom Verzweigungsgrad
Bringt man die Viskosität – als Maß für die Größe des Massenmittels der Molmassen – in Zusammenhang zur Polykondensationskonstante (K’M ≥ 1,00) und zum Verzweigungsgrad von Polyestern – hier dargestellt als mittlere Funktionalität der Polyole – so findet man einen Bereich, wo die Viskosität unendliche Größe anstrebt. Diese Polyester sind also geliert. Der Bereich ist umso größer, desto höher die
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Funktionalität der Polyole der Polyester und damit der Verzweigungsgrad ist und entspricht Polyestern, die bei einem endlichen Zahlenmittel der Molmasse (K’M ≥ 1,00) ein unendliches Massenmittel anstreben. Damit wird Flory’s Definition untermauert, die besagt, dass eine Gelierung dann eintritt, wenn das Massenmittel der Molmassen (und nicht das Zahlenmittel) unendliche Werte anstrebt. Diese allgemein gültige Aussage ist in Abbildung 3.36 dargestellt.
Abbildung 3.36: Abhängigkeit der Viskosität von Polyestern von der Polykondensationskonstante und der Funktionalität der Polyole (Verzweigungsgrad)
Diese Bedingung lässt sich auch anhand der Abbildung 3.20 darstellen. Die dort angegebenen Kurven für die Polykondensationskostante (K M) gelten natürlich nur für Mittelwerte. Stellt man in der Abbildung 3.37 für Polyester aus Triol und Dicarbonsäure die Molmassenverteilung dar, ergeben sich mehr oder weniger breite Bereiche für den Wert der Polykondensationskonstante. Ragen diese Bereiche aufgrund einer breiten Molmassenverteilung unter den Wert für K M = 1,0; so ergibt sich, dass ein Teil der Moleküle eine unendliche Größe anstrebt, d.h. der Polyester geliert (Flory’s Annahme).
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Polyester lassen sich natürlich nur dann realisieren, wenn der genannte Bereich nicht unter Werte für die Polykondensationskonstante K M = 1,0 reicht. Das heißt, man ist gezwungen die geplante Anzahl der Strukturelemente des Polyesters so weit zu senken, und damit auch die zu erwartende mittlere Molmasse (Zahlenmittel), dass die Bedingung für den gesamten Bereich erfüllt wird. Folglich kann man keine hochverzweigten und hochmolekularen Polyester (bezogen auf das Zahlenmittel der Molmassen) herstellen. Um die in der Abbildung 3.36 der Abhängigkeit der Viskosität von Polyestern von der Polykondensationskonstante und der Funktionalität der Polyole (Verzweigungsgrad) als allgemein gültige Aussage zu quantifizieren, wurde die
Abbildung 3.37: Molmassenverteilungen als Bereiche der Polykondensationskonstante, Bedingung für die Realisierbarkeit verzweigter Polyester
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Serie 2 der Polyester (6 – 9) um die Serie 4 ergänzt. In der Projektion der dreidimensionalen Darstellung (Abbildung 3.38) sind die Punkte der Viskositäten der Polyesterlösungen in Abhängigkeit von der Polykondensationskonstante (K’M) bzw. der mittleren Anzahl der Strukturelemente (q’) und dem Verzweigungsgrad (v) aufgenommen. Die Zusammensetzung und die Kennzahlen der Polyester sind der Tabelle 3.10 zu entnehmen. Tabelle 3.10: Zusammensetzung, Kennzahlen und Lösungsviskosität (mPa·s bei 23 °C, 60 %ig in 1-Methoxypropylacetat-2) von Polyestern in Abhängigkeit von der Polykondensationskonstante (K’M) und dem Verzweigungsgrad (v) Polyester Bausteine [mol]
/6
/7
/8
/9
/14
/15
/16
/17
/18
/19
PSA
0,70
0,70
0,70
0,70
0,70
0,70
0,70
0,70
0,70
0,70
Adipinsäure
0,30
0,30
0,30
0,30
0,30
0,30
0,30
0,30
0,30
0,30
MPPD-1,3
1,15
1,00
0,85
0,70
0,72
0,53
0,28
0,20
–
0,11
–
0,15
0,30
0,45
0,30
0,52
0,82
0,95
1,20
1,02
K’M
1,22
1,22
1,23
1,21
1,09
1,12
1,17
1,22
1,27
1,20
q’
4,6
4,6
4,4
4,7
11,3
8,1
6,0
4,5
3,7
5,1
SZ [mgKOH/g]
13,6
13,8
15,2
13,0
14,8
15,6
13,5
14,6
13,7
13,5
74
105
136
165
88
147
224
266
328
273
0,00
0,54
1,08
1,62
1,15
1,96
3,01
3,40
4,19
3,69
TMP Kennzahlen
OHZ [mgKOH/g] v [mol/kg] Molmassen M n (berechnet)
g/mol 1276
1271 1233 1296 2936 2143 1644 1253 1060 1407
M n (GPC)
1152
1200 1251 1275 2257 1883 1693 1121 1408 1619
Mw (GPC)
2245
2856 3529 3938 30829 14154 10527 2927 5317 8746
1,95
2,38
2,82
3,09
13,7
6,22
2,61
3,78
235
345
370
2100 1600 1800
920
1600 1900
Dispersität Viskositäten 60 %-ig in MPA
7,52
5,40
mPa·s 180
Versucht man – auf Basis der zehn Werte für die Lösungsviskosität – ungefähr die Linien gleicher Viskosität in Abbildung 3.38 hinein zu interpretieren, sieht man deutlich die schräg gezogene exponentielle Abhängigkeit der Viskosität, die schließlich zu Bereichen mit Werten, die gegen unendlich gehen, führen muss, wie in der allgemeinen Abbildung 3.36 bereits dargestellt. Einfluss durch Reaktivität der eingesetzten Polyester-Bausteine Außer der Lage der mittleren Molmasse (Zahlenmittel) und dem Verzweigungsgrad von Polyestern bildet die Reaktivität der funktionellen Bausteine eine Einflussgröße auf die Molmassenverteilung von Polyestern.
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Abbildung 3.38: Lösungsviskositäten (mPa · s bei 23 °C, 60 %ig in 1-Methoxypropylacetat-2) von Polyestern in Abhängigkeit von der Polykondensationskonstante (K’M) und dem Verzweigungsgrad (v)
So haben zum Beispiel Adipinsäurepolyester bei sonst gleicher molekularer Zusammensetzung und bei gleichem Kondensationsgrad stets eine breitere Molmassenverteilung als Polyester auf Basis Phthalsäureanhydrid. Das wird allerdings aus der Größe der Lösungsviskosität nicht sichtbar, sondern nur in der GPC-Analyse. Grund hierfür ist die Löslichkeit von Adipinsäurepolyestern, die sich deutlich von der der ortho-Phthalsäurepolyester unterscheidet. Wegen der hohen Kettenbeweglichkeit der Adipinsäure als Baustein innerhalb eines Polyesters ist die Viskosität deutlich niedriger als bei Einfluss der relativ steifen aromatischen Struktur des ortho-Phthalsäurerestes. Die Erklärung für die engere Molmassenverteilung der ortho-Phthalsäurepolyester liegt in der sehr unterschiedlichen Reaktivität der beiden potentiellen Carboxylgruppen des Phthalsäureanhydrids als Ausgangskomponente. Das Anhydrid bildet bereits bei relativ niedrigen Temperaturen durch eine Additionsreaktion mit Polyalkoholen einfache Ester. Die zweite Carboxylgruppe, die sich aus dieser Additionsreaktion bildet, reagiert aufgrund der ortho-Struktur deutlich langsamer und ist aus dem gleichen Grund auch einer Alkoholyse – die
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einer Umesterung zugrunde liegt – zugänglicher als andere Carboxylgruppen. Demgegenüber hat Adipinsäure zwei relativ gleichwertig reagierende Carboxylgruppen, eine Tatsache die das molekulare Größenwachstum stützt, ohne die Umesterungsreaktion besonders zu begünstigen. Diese Beobachtung gilt auch, wenn man Polyester aus Trimellithsäureanhydrid mit solchen aus Trimesinsäure vergleicht, wenn sie ansonsten von vergleichbarer Zusammensetzung sind. Die Polyester aus Trimellithsäure haben stets eine engere Molmassenverteilung. Das gilt auch, wenn die beiden genannten Bausteine nur einen Anteil der Polycarbonsäurekomponente eines Polyesters bilden. Bei diesen Polyestern unterscheidet sich auch die Viskosität bei sonst gleicher Zusammensetzung und gleichem Zahlenmittel der Molmassen. Dieser Unterschied wird auch deutlich, wenn man Isophthalsäurepolyester mit ortho-Phthalsäurepolyestern vergleicht. Da Isophthalsäure erst über 300 °C schmilzt, und daher bei den üblichen Temperaturen für die Herstellung von Polyestern (180 – 240 °C) nicht in der Reaktionsphase gelöst ist, entstehen Isophthalsäurepolyester durch Grenzflächenreaktionen. Bei der Ablösung von Isophthalsäuremolekülen aus der Oberfläche der Suspension können aber beide Carboxylgruppen fast gleichzeitig zur Reaktion kommen, was das molekulare Größenwachstum stärker fördert als bei unterschiedlich reaktiven funktionellen Gruppen in einem Bausteinmolekül. Ein weiteres Beispiel bildet der Vergleich von Terephthalsäurepolyestern, die einmal aus Terephthalsäure selbst, zum anderen aber auch aus Dimethylterephthalat hergestellt werden können. Die Polyester aus Dimethylterephthalat haben zunächst eine deutlich engere molekulare Verteilungsfunktion als die aus Terephthalsäure. Auch hier ist vorauszusetzen, dass die Umesterungsreaktion von Dimethylterephthalat, das aufgrund seines ausreichend niedrigen Schmelzpunktes bei den üblichen Bedingungen, voll in der Reaktionsphase zur Verfügung steht, zunächst zu einfachen Estern führen kann. Dagegen reagiert die freie Terephthalsäure mit ihrem hohen Schmelzpunkt und ihrer niedrigen Reaktivität ähnlich wie die bereits beschriebene Isophthalsäure. Bei diesem Beispiel besteht stofflich kein Unterschied der beiden Polyester, lässt sich so der Unterschied nur über Viskositätsvergleiche erfassen. Allerdings ist es schwieriger den Umsetzungsgrad von Polyestern auf Basis Dimethylterephthalat zu verfolgen, weil es keine Säurezahlmessung gibt. Man kann davon ausgehen, dass bei hohen Umsetzungsgraden und ausreichender Reaktionszeit, die Molmassenverteilungen sich letztlich doch annähern, aufgrund der Umesterungsgleichgewichte. Da die spezifische Reaktionsfähigkeit vor allem der Polycarbonsäuren eine so große Rolle für die Molmassenverteilung bei Polyestern spielt, gibt es aus den
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hier vorliegenden Ergebnissen keine Möglichkeit eine generelle Formel für die Berechnung der Molmassenverteilung bzw. des Massenmittels der Molmassen aufzustellen. So wird auch die Realisierungsgrenze der obigen Abbildung 3.36 aus der Abhängigkeit der Lösungsviskosität von Polyestern von der Polykondensationskonstante und dem Verzweigungsgrad (hier auch dargestellt als Änderung der mittleren Funktionalität der Polyole) je nach den eingesetzten Bausteinen ihre Lage ändern. Es bleibt daher bei der Definition des Zahlenmittels der Molmassen, berechnet aus dem Polyolüberschuss und dem Kondensationsgrad und einer Abschätzung der molekularen Verteilungsfunktion aus dem Einfluss der Lage dieser mittleren Molmasse (Zahlenmittel), dem Verzweigungsgrad und dem Einfluss der Bausteine. Die Reaktionsbedingungen spielen für die molare Verteilungsfunktion von Polyestern offensichtlich nur eine geringe Rolle. Das liegt nach den hier gemachten Beobachtungen sicher daran, dass die Geschwindigkeitsgradienten für die Veresterungsreaktion und die Umesterungsreaktion bei den Bedingungen, die für die Herstellung von Polyestern üblich sind (160 bis 240 °C) sehr ähnlich sind. Wenn man einen Polyester einmal bei 200 °C herstellt und ein anderes Mal bei 240 °C, wird man bei gleichem Kondensationsgrad, die gleiche Viskosität und die gleiche Molmassenverteilung erhalten, allerdings bei 200 °C erheblich mehr Zeit benötigen, um den genannten Kondensationsgrad zu erreichen. Erst bei sehr hohen Temperaturen scheint die Umesterungsreaktion die Veresterungsreaktion in der relativen Geschwindigkeit zu überholen, was sich aber schließlich positiv auf die Gleichgewichtsreaktion auswirkt, die die Molmassenverteilung beeinflusst. Die genannte Tatsache ist auch der Grund dafür, dass man bei der Herstellung von Polyestern im Labor den Herstellprozess beliebig unterbrechen kann, ohne die Reproduzierbarkeit der Herstellung des Polyesters bezüglich mittlerer Molmassen und molarer Verteilung zu beeinträchtigen. Um die – von früheren Autoren nicht angesprochene – Wirksamkeit der Umesterungsreaktion für die Steuerung der Molmassenverteilung herauszustellen, d.h. letztlich deren Wirksamkeit zu beweisen, sind dazu zwei weitere Beispiele zu nennen. Beispiel a) Varianten der Herstellung von verzweigten Terephthalsäurepolyestern Verzweigte, relativ niedrigmolekulare Terephthalsäurepolyester aus Dimethylterephthalat, Glycerin und Ethylenglykol spielen seit den 1950er-Jahren eine gewisse Rolle für die Herstellung von relativ wärmebeständigen Drahtlacken. Man stellt sie üblicherweise aus den genannten Bausteinen her, durch eine katalytisch beschleunigte Umesterungsreaktion bei Temperaturen von ca. 240 °C.
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Es gelingt aber auch den gleichen Polyester herzustellen, indem man von Polyethylenterephthalat (PET) ausgeht, das als Faser- und Folienrohstoff eine große Rolle spielt und auch in großen Mengen verfügbar ist. Polyethylenterephthalat hat mittlere Molmassen von ca. 20.000 g/mol und besteht daher aus Terephthalsäureresten und Ethylenglykol praktisch im Verhältnis 1 : 1 (d.h. K M –> 1,00). Bringt man diesen Polyester mit einer entsprechenden Menge überschüssigem Polyol zur Reaktion – auch hier werden natürlich Umesterungskatalysatoren eingesetzt – erhält man nach ausreichend langer Reaktionszeit einen Polyester, der dem erstgenannten in der Lösungsviskosität und der molekularen Verteilungsfunktion entspricht. Man kann also nicht nur durch eine Umesterungsreaktion aus Bausteinen Polyester erzeugen, sondern auch durch Umesterung aus hochmolekularen Polyestern relativ niedrigmolekulare Polyester erzeugen, die in Molmasse und Molmassenverteilung den anderen – analog zusammengesetzten – entsprechen. Hier wird darin ein deutlicher Beweis für die Wirkung der Umesterung auf die Regulierung der mittleren Molmassen gesehen. Es erschien reizvoll aus Abfällen der Folienherstellung und deren Verwendung solche Polyester herzustellen (es wurden auch Patente angemeldet). Das Verfahren hat sich aber nicht durchgesetzt, weil die recht voluminösen Folienreste für den beschriebenen, alternativen Herstellprozess nur in zerkleinerten Portionen und letztlich „von Hand“ in den Reaktor dosiert werden mussten, denn der Polyolüberschuss bildet zuerst eine zu kleine Masse um den gesamten Anteil an Polyethylenterephthalat aufzunehmen. Die vergleichenden Rezepturbeispiele sind in der Tabelle 3.11 zusammengestellt. Tabelle 3.11: Terephthalsäurepolyester, alternative Ausgangsstoffe Baustein Dimethylterephthalat
M
n
Polyester 1 n•M m-%
n
Polyester 2 n•M m-%
194
1,00
194,0
85,9
–
–
–
(192) x
–
–
–
1,00
192,0
85,0
Ethylenglykol
62
1,10
68,2
30,2
0,10
6,2
2,8
Glycerin
92
0,30
27,6
12,2
0,30
289,8
128,3
PET
Summe Methanol Ausbeute
32
2,00
64,0
28,3
225,8
100,0
–
27,6
12,2
225,8
100,0
–
–
225,8
100,0
Beispiel b) „Reparatur“ von gelierenden Polyestern Bei Versuchen im Labor, aber auch bei Fehlern in der Produktion bei der Herstellung von Polyestern, können Gelierungen auftreten. Im Labor, weil man
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Verzweigungsgrad und/oder mittlere Molmasse bezogen auf die eingesetzten Bausteine zu hoch gewählt hat, in der Produktion durch Einwaagefehler oder durch Verluste des Polyolüberschusses. Die Viskosität des Reaktionsgemisches steigt dann schlagartig an, es entsteht ein Gel. Dieses Gel besteht offensichtlich aus relativ wenigen Molekülen, die sehr hohe Molmassen erreicht haben (die vernetzt sind), dessen größte Mengenanteile aber noch aus Molekülen mit begrenzter Molmasse bestehen. Wenn dieses Gel daher noch etwas beweglich ist (bei ausreichender Rührerleistung) gelingt es, nach einer Zugabe von Polyol, den Gelzustand wieder zu zerstören. Das bedeutet, die Polyolzugabe bewirkt durch Umesterungsreaktionen einen Abbau der Molmassen der vernetzten Anteile. Dazu bedarf es natürlich ausreichend hoher Reaktionstemperaturen. Es gehört in der Produktion schon etwas Mut dazu, nach der Polyolzugabe das gelierende Reaktionsgemisch mit möglichst hoher Wärmeübertragung anzuheizen, aber es gelingt dann den Polyester wieder „lebendig“ zu machen. Es ist dann sogar oft möglich – wenn man keine rezepturfremden Polyole zugegeben hat – den Polyester in die vorgegebenen Kennzahlen und die vorgegebene Zusammensetzung zu fahren, d.h. eine noch einsetzbare Charge zu gewinnen. Zumindest vermeidet man aber, dass die Polyestercharge – wenn sie dann ganz durchgeliert und nach längerer Zeit (schlechte Wärmeleitung) abgekühlt ist – „bergmännisch abgebaut“ werden muss. Auch hier spielt natürlich die Umesterungsreaktion ihren wichtigen regulierenden Einfluss.
3.4.4 Einflüsse auf die molekulare Größenverteilung von Alkydharzen Prinzipiell gelten für die Alkydharze die gleichen Einflussgrößen auf die molare Größenverteilung wie bei den Polyestern. Das sind zunächst die Lage der zu erwartenden mittleren Molmasse und die Unterschiede der Reaktivität der funktionellen Gruppen der Bausteine. Eine besondere Rolle spielt jedoch die Größe der Monocarbonsäuremodifikation als Einflussgröße im Vergleich zum Verzweigungsgrad der unmodifizierten Polyester. Wie aus der Beschreibung der Aufbaureaktion für Alkydharze (siehe Kapitel 3.1.2.5) hervorgeht, wirkt die Monocarbonsäuremodifikation „in situ“ erniedrigend auf die Funktionalität der Polyole. Die Größe dieser Wirkung, d.h. die Höhe des Anteils der Monocarbonsäuremodifikation beeinflusst signifikant die molare Größenverteilung des Alkydharzes. Je mehr der überschüssigen OH-Gruppen (nOH) der im Alkydharz verwendeten Polyole durch Monocarbonsäuremoleküle besetzt sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit eines unverhältnismäßig großen Wachstums der Alkydharzmoleküle – entsprechend zu der beschriebenen Wirkung geringerer Verzweigungsgrade bei nichtmodifizierten Polyestern. Der Verzweigungsgrad für Alkydharze (v) wird daher aus dem Verzweigungsgrad
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des Polyester-“back-bones“ abgeleitet, indem man den Anteil der Monocarbonsäure (n3) abzieht (siehe Gleichung 3.35): Gleichung 3.35: Bei Alkydharzen ist daher die Belegung (b) der überschüssigen OH-Gruppen des Polyestergrundgerüsts (in der anglo-amerikanischen Literatur sehr treffend als „back-bone“ bezeichnet) das Äquivalent zum Verzweigungsgrad bei Polyestern ohne Monocarbonsäuremodifikation. Die Belegung bezeichnet den Anteil an Monocarbonsäure (n 3) mit dem die überschüssigen OH-Gruppen des Polyestergrundgerüsts (nOH) des Alkydharzes modifiziert sind. Die überschüssigen OHGruppen resultieren aus der Bilanz der funktionellen Gruppen der Polyole und der Polycarbonsäuren eines Alkydharzes (Gleichung 3.36):
Gleichung 3.36: Wenn man den Kondensationsgrad in diese Definition mit einbezieht, erhöht sich die Anzahl der überschüssigen OH-Gruppen (nOH) entsprechend der Menge der überschüssigen Carboxylgruppen (nCOOH) und man erhält die den Kondensationsgrad berücksichtigende Größe der Belegung (b’) (Gleichung 3.37): Gleichung 3.37: Den Einfluss der Belegung (b’) kann man auch anhand der Viskositätskurven von Alkydharzen in Abbildung 3.39 darstellen. Die Abbildung 3.39 zeigt die Abhängigkeit der Viskosität von Triol-Alkydharzen von der Polykondensationskostante (K’M) und der Anzahl der Mole Monocarbonsäure pro Mol Triol als Maß für die Belegung. Sie stellt das Äquivalent zu den Kurven dar, die die Abhängigkeit der Viskosität von (unmodifizierten) Polyestern von der Polykondensationskostante (K’M) und der mittleren Funktionalität der Polyole als Maß für den Verzweigungsgrad beschreibt. Je höher die Belegung mit Monocarbonsäure, desto schmaler ist die Verteilungsfunktion und desto geringer ist die Viskosität. Auch für Alkydharze gibt es, wenn sie eine geringe Belegung und entsprechend höhere mittlere Molmassen (Zahlenmittel) haben, eine Realisierungsgrenze.
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Abbildung 3.39: Viskosität von Triol-Alkydharzen in Abhängigkeit von der Polykondensationskonstante (K’M) und dem Anteil an Monocarbonsäure pro Triol
Bei der Beschreibung der Aufbaureaktionen von Alkydharzen wurde betont, dass die unterschiedliche Reaktivität der beiden potenziellen Carboxylgruppen des Phthalsäureanhydrids sicherstellen, dass die „in situ“-Reduktion der Funktionalität der Polyole des Alkydharzes durch die Belegung mit Monocarbonsäuren gewährleistet ist. Dieser stoffliche Einfluss ist sehr bedeutend. Stellt man Alkydharze nicht – wie üblich – aus Phthalsäureanhydrid, sondern zum Beispiel aus Isophthalsäure her, so ist man gezwungen, das Zahlenmittel der mittleren Molmasse zu senken, das bedeutet den Wert der Polykondensationskostante (K’M) anzuheben, wenn man nicht an die Realisierungsgrenze stoßen will. Diese Vorgabe gilt erst recht, wenn man Alkydharze aus Adipinsäure herstellen wollte. Ein Alkydharz aus Adipinsäure, Pentaerythrit und Monocarbonsäure lässt sich bei niedrigen Werten für die Polykondensationskostante (K’M) auch dann nicht realisieren, wenn die Belegung (b’) sehr hoch gewählt wird. Aufgrund der
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Konkurrenz der beiden sehr reaktionsfähigen Carboxylgruppen der Adipinsäure gegenüber den Carboxylgruppen der Monocarbonsäuren, entsteht ein Gel aus einem anteilig vernetztem Adipinsäure-Pentaerythrit-Polyester, das noch große Anteile freier Fettsäure enthält. Eine Vorveresterung der Fettsäure mit Pentaerythrit und dann anschließende Veresterung der Adipinsäure kann die Realisierungsmöglichkeit verbessern. Auch die Reaktivität der Monocarbonsäuren spielt eine wichtige Rolle. Vergleicht Auch die Reaktivität der Monocarbonsäuren spielt eine wichtige Rolle. Vergleicht man zum Beispiel Polyester aus Phthalsäureanhydrid und Polyol, modifiziert mit Isononansäure (primäre Carboxylgruppe), gegenüber 2-Ethylhexansäure (sekundäre Carboxylgruppe) und gegenüber Versatic-10-säure (tertiäre Carboxylgruppe) so wird die Molmassenverteilung des Alkydharzes mit 2-Ethylhexansäure breiter sein als die des Alkydharzes mit Isononansäure und das Alkydharz mit Versatic-10-säure ist je nach Lage der Polykondensationskonstante (K’M) gar nicht realisierbar. Der Grund für diese Ergebnisse liegt darin, dass die „in situ“-Erniedrigung der Polyolfunktionalität durch die unterschiedliche Reaktivität der Carboxylgruppen der Monocarbonsäuren unterschiedlich gut gewährleistet ist. Die Belegung der funktionellen Gruppen der Polyole durch Monocarbonsäuren führt natürlich nicht zu einer Linearisierung der Alkydharzmoleküle. Monocarbonsäurebelegung kann sowohl Endgruppen erzeugen aber auch Verzweigungen zulassen. Die möglichen Strukturen, die bei Alkydharzen vorkommen können, sind in der Abbildung 3.40 modellhaft dargestellt:
Abbildung 3.40: Modellhafte Darstellung der möglichen Strukturen in Alkydharzen
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Damit stellen relativ hochbelegte Alkydharze die einzige Möglichkeit dar, wenn man von den üblichen Polykondensationsreaktionen ausgeht, Polyestermoleküle zu realisieren, die relativ hochmolekular aber auch höher verzweigt sein können. Die folgende Abbildung (Abbildung 3.41) zeigt eine typische molekulare Verteilungskurve für ein Alkydharz aus Phthalsäureanhydrid, Pentaerythrit und einer Fettsäure, mit hoher Belegung. Es gibt bei hohen mittleren Molmassen eine relativ breite Verteilung. Der Anteil der sehr großen Moleküle bricht aber ab, weil darüber hinaus die geringe Reaktionsfähigkeit der funktionellen Gruppen der Großmoleküle aus kinetischen Gründen kein weiteres Wachstum zulässt.
Abbildung 3.41: Typische Molmassenverteilung eines hochbelegten Alkydharzes aus PSA, Pentaerythrit und Fettsäure
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3.5
Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Funktionalität von Polyestern und Alkydharzen
Die wichtigste Anwendung von Polyestern und Alkydharzen ist die in vernetzbaren Lacksystemen. Vernetzungsreaktionen finden über die Reaktionen der funktionellen Gruppen der Polyester statt, bevorzugt an den OH-Gruppen von Polyestern und Alkydharzen, seltener an den Carboxylgruppen. Die Beschreibung des Gehalts an funktionellen Gruppen geschieht über die Angabe der Säurezahl und der OH-Zahl bzw. über den OH%-Gehalt. Diese Angaben beziehen sich auf Masseneinheiten von Polyestern und Alkydharzen, wie aus den dazu gehörenden Berechnungsgleichungen hervorgeht. Gleichung 3.38:
Gleichung 3.39: Gleichung 3.40: Für die Abschätzung der Effektivität der Vernetzung ist aber nicht die Massenkonzentration der funktionellen Gruppen ausschlaggebend, sondern die Funktionalität und Molmasse der Vernetzungspartner. So wird zum Beispiel ein linearer Polyester mit endständigen OH-Gruppen mit einem polyfunktionellen Isocyanat ein anderes Netzwerk aufbauen, als ein Polyester mit – im Mittel – vier OH-Gruppen pro Molekül. Beide könnten aber die gleiche OH-Zahl haben. Es ist daher wichtig, sich vor Augen zu führen, wie die Zusammenhänge zwischen OHZahl (und Säurezahl) und der Funktionalität von Polyestern (FP,OH bzw. FP,COOH) oder des Verzweigungsgrads (v) und deren mittlerer Molmasse sind. Abbildung 3.42 zeigt den Zusammenhang zwischen OH-Zahl und Verzweigungsgrad und der mittlere Molmasse und Funktionalität von Polyestern und Alkydharzen. Danach hat ein Polyester mit der OH-Zahl 112 mg KOH/g und der mittleren Molmasse von 1000 g/mol nur zwei endständige OH-Gruppen, er ist also linear, sein Verzweigungsgrad ist 0. Ein Polyester mit der gleichen OH-Zahl, aber einer mittleren Molmasse von 2000 g/mol, trägt 4 OH-Gruppen, sein Verzweigungsgrad ist 1,0 mol/kg und ein Polyester mit einer mittleren Molmasse von 3000 g/mol trägt bei dieser OH-Zahl 6 OH-Gruppen und sein Verzweigungsgrad ist 1,5 mol/kg. Dieser Zusammenhang lässt sich auch als Abhängigkeit der Funktionalität der Polyester von der OH-Zahl und der mittleren Molmasse darstellen (Abbildung 3.43).
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Funktionalität von Polyestern und Alkydharzen
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Abbildung 3.42: Zusammenhang zwischen mittlerer Molmasse (Zahlenmittel) und Funktionalität von Polyestern und Alkydharzen und OH-Zahl und Verzweigungsgrad
Abbildung 3.43: Beziehung zwischen der Funktionalität von Polyestern (FP,OH) ihrer OH-Zahl und ihrer mittleren Molmasse
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3.6 Ausnahmereaktionen für die Molmassenverteilungen Die Bildung von Polyestern und Alkydharzen wurden bisher als Gleichgewichtsreaktionen beschrieben, die durch Veresterungsreaktion und die Umesterungsreaktion aufgebaut werden. Es wurde herausgestellt, dass die Lage der mittleren Molmasse und der Verzweigungsgrad bzw. die Monocarbonsäurebelegung neben stofflichen Einflüssen ausschlaggebend für die Molmassenverteilung sind. Demnach können hochverzweigte Polyester bzw. Alkydharze mit niedriger Belegung durch eine Monocarbonsäuremodifikation keine hohen mittleren Molmassen haben, weil dann ihre Verteilungsfunktionen so breit sind, dass Anteile an Molekülen den Zustand vernetzt anstreben würden. Wenn man Polyester nicht durch Veresterungs- und Umesterungsreaktionen herstellt, erhält man andere Bedingungen. Man kann Polyester durch schrittweise Additionsprozesse aufbauen und erhält dann Produkte mit relativ engerer Molmassenverteilung. Solche Prozesse sind relativ aufwendig und werden meines Wissens bisher technisch nicht genutzt. Aktuelle Informationen zu diesem Thema sind die Beschreibungen zum Aufbau von dendrimeren Polyestern [47]. Dabei wird zum Beispiel beschrieben, dass es gelingt aus Polyol bzw. einem Polyolderivat und Dimethylolpropionsäure in einzelnen Reaktionsschritten kugelige Polyestermoleküle aufzubauen, die hoch verzweigt sind, entsprechend hoch funktionalisiert, aber eine sehr enge Molmassenverteilung haben. Das kann aber nicht durch eine normale Veresterungsreaktion geschehen. Einmal ist es schwer die tertiäre Carboxylgruppe der Dimethylolpropionsäure zu verestern. Zum anderen wird die Dimethylolpropionsäure auch mit sich selbst reagieren und statistisch verzweigte Polyesterketten bilden und nicht nur mit den OH-Gruppen der jeweils vorhergehenden Stufe des postulierten Dendrimeren. Möglich ist der Aufbau solcher Dendrimere über eine Kette von Additionsreaktionen, bei denen jede Zwischenstufe neu modifiziert werden müsste. Das entstehende Produkt ist durch diesen Aufwand natürlich recht kostspielig. Es ist zu diskutieren, ob der Einsatz solcher dendrimerer Polyester eine signifikante Verbesserung der Eigenschaften von Lacksystemen bedeuten kann. Herausgestellt werden in der genannten Literatur niedrigere Verarbeitungsviskositäten und damit höhere, nichtflüchtige Anteile (High-Solids) der daraus hergestellten Lacksysteme und eine effektivere Vernetzung durch die hohe Funktionalität und einheitliche Molmasse. Während der erste Punkt unumstritten ist, gibt es hier deutliche Zweifel für die zweite Aussage. Es wurde hier gefunden, dass Polyester mit relativ breiter Molmassenverteilung bei der Vernetzung optimale Eigenschaftssummen für Flexibilität und Beständigkeiten der daraus hergestellten Filme erreichen, im Gegensatz zu OH-Polyestern
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Index für die Symbole, Definitionen und Berechnungen
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mit engerer Molmassenverteilung. Die Zukunft wird zeigen, ob der besondere Aufwand, der sicher notwendig ist, um die beschriebenen Dendrimere zu erzeugen, gerechtfertigt ist, um damit besondere lacktechnische Eigenschaften zu erreichen.
3.7 Index für die Symbole, Definitionen und Berechnungen Symbole: n
Anzahl von eingesetzten Molen oder funktionellen Gruppen (gekennzeichnet durch den Index)
ν
Anzahl der aktuellen Mole oder funktioneller Gruppen (gekennzeichnet durch den Index)
F Funktionalität eines Moleküls eines Bausteins (Mittelwert bei Mischungen) M
Molmasse von Bausteinen oder eines Polyesters oder Alkydharzes
A
Ausbeutemenge eines Polyesters oder Alkydharzes
q Anzahl der Strukturelemente bezogen auf die Anzahl der Mole Polycarbonsäure und der dazu gehörenden Mole Polyol und Monocarbonsäure (Gleichung 3.11) p
Polykondensationsgrad (siehe Gleichung 3.4)
K Berechnungskonstanten (K M Polykondensationskonstante der molaren Verhältnisse, siehe Gleichung 3.20) K Patton Pattons Alkyd-Konstante, siehe Gleichung 3.8) v Verzweigungsgrad – die Anzahl der möglichen Verzweigungen in einem Polyester oder Alkydharz bezogen auf 1000 g (siehe Gleichung 3.34) α
statistische Größe der Verzweigung nach Flory (siehe Gleichung 3.6)
b Belegung der überschüssigen OH-Gruppen des Polyestergerüsts eines Alkydharzes durch Monocarbonsäuren (siehe Gleichung 3.36) D
Dispersität – Maß für die molekulare Uneinheitlichkeit (siehe Gleichung 3.33)
SZ
Säurezahl (siehe Gleichung 3.38)
OHZ
OH-Zahl (siehe Gleichung 3.39)
OH-% OH-%-Gehalt (siehe Gleichung 3.40)
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Indices: 1
bezogen auf Polyole und deren Derivate
2
bezogen auf Polycarbonsäuren und deren Derivate
3
bezogen auf Monocarbonsäuren und deren Derivate
OH
bezogen auf OH-Gruppen
COOH bezogen auf Carboxylgruppen n
berechnet auf die Anzahl der Mole
m
berechnet auf die Masse
M
berechnet auf die Molmasse
SZ
berechnet auf die Säurezahl
s
bezogen auf das Strukturelement
c
kritische Größe eines Terms
Strichsymbol als Exponent: K’M
K M unter Einbeziehung des Kondensationsgrads
M’2
M 2 ohne das Kondensationsprodukt (Säurerest der Polycarbonsäure)
M’3
M 3 ohne das Kondensationsprodukt (Säurerest der Monocarbonsäure)
M’P
M P, unter Berücksichtigung des Kondensationsgrads
b’
b, unter Berücksichtigung des Kondensationsgrads
3.8
Index der Gleichungen
Gleichung 3.1:
Seite Abhängigkeit der Anzahl der Strukturelemente linearer Polyester vom Umsetzungsgrad ............................ 35
Gleichung 3.2:
Abhängigkeit der Anzahl der Strukturelemente linearer Polyester vom Molverhältnis Polyol zu Polycarbonsäure ..... 36
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Index der Gleichungen
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Gleichung 3.3:
Abhängigkeit der Anzahl der Strukturelemente linearer Polyester vom Molverhältnis Polycarbonsäure zu Polyol ..... 37
Gleichung 3.4:
Polykondensationsgrad nach Carothers .............................. 38
Gleichung 3.5:
Kritischer Polykondensationsgrad nach Carothers ............. 38
Gleichung 3.6:
Kritischer Verzweigungsgrad nach Flory ........................... 38
Gleichung 3.7:
Kritischer Polykondensationsgrad nach Stockmayer ......... 39
Gleichung 3.8:
Kritischer Polykondensationsgrad nach Jonason ............... 39
Gleichung 3.9:
Polykondensationskonstante nach Patton ........................... 40
Gleichung 3.10: Molverhältnis als Polyesterkonstante ................................. 42
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Gleichung 3.11: Abhängigkeit der Anzahl der Strukturelemente vom Molverhältnis Polyol zu Polycarbonsäure, unabhängig von der Funktionalität der Polyole ...................................... 44
Gleichung 3.12: Abhängigkeit der Anzahl der Strukturelemente vom Molverhältnis Polycarbonsäure zu Polyol, unabhängig von der Funktionalität der Polycarbonsäuren ..................... 44
Gleichung 3.13: Polyesterkonstante für alle Polyole und Polycarbonsäuren ... 47
Gleichung 3.14: Molmassen aller verzweigten Polyester ............................. 48
Gleichung 3.15: Molmassenberechnung von Polyestern aus n1 und n 2 Bausteinen ........................................................................... 48
Gleichung 3.16: Umrechnung der Molmassen von Polyestern aus n1 und n 2 Bausteinen ........................................................... 48
Gleichung 3.17: Umrechnung der Molmassen von Polyestern aus n1 und n 2 Bausteinen ........................................................... 49
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Index der Gleichungen
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Gleichung 3.18: Molmassenberechnung von Polyestern aus der Ausbeute-Rezeptur .............................................................. 49
Gleichung 3.19: Mittelwertsentwicklung für die Mole von Polyolen ........... 49
Gleichung 3.20: Polyesterkonstante unter Berücksichtigung des Kondensationsgrades .......................................................... 50
Gleichung 3.21: Molmassenberechnung unter Berücksichtigung des Kondensationsgrades .......................................................... 51
Gleichung 3.22: Molmassenberechnung von Polyestern bei gegebener Säurezahl ............................................................................. 52
Gleichung 3.23: Ausbeutemasse in Abhängigkeit von der Säurezahl .......... 52
Gleichung 3.24: Ausbeutemasse in Abhängigkeit von der Säurezahl .......... 52
Gleichung 3.25: Molmassenberechnung von Polyestern aus der Ausbeuterezeptur und der Säurezahl .................................. 52
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Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen
Gleichung 3.26: Bedingungen für die Zusammensetzung von Alkydharzen ... 57
Gleichung 3.27: Molmasse des Strukturelements von Alkydharzen ............ 58
Gleichung 3.28: Molmassenberechnung von Alkydharzen .......................... 58
Gleichung 3.29: Molmassenberechnung von Alkydharzen .......................... 58
Gleichung 3.30: Molmassenberechnung von Alkydharzen aus der Ausbeuterrezeptur ............................................................... 59
Gleichung 3.31: Zahlenmittel der Molmassen .............................................. 61
Gleichung 3.32: Massenmittel der Molmassen ............................................. 62
Gleichung 3.33: Maß für die molekulare Uneinheitlichkeit (Dispersität) ...... 62
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Index der Gleichungen
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Gleichung 3.34: Verzweigungsgrad von Polyestern ...................................... 70
Gleichung 3.35: Verzweigungsgrad von Alkydharzen ................................. 84
Gleichung 3.36: Belegung der überschüssigen OH-Gruppen mit Monocarbonsäure ................................................................ 84
Gleichung 3.37: Belegung unter Berücksichtigung der Säurezahl ............... 84
Gleichung 3.38: Berechnung der Säurezahl .................................................. 88
Gleichung 3.39: Berechnung der OH-Zahl .................................................... 88
Gleichung 3.40: Berechnung des OH-Gehalts in m-% ................................. 88
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
4 Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen 4.1 Auswahlprinzipien für die verschiedenen Bausteine Neben den bisher behandelten Einflussgrößen auf die Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen (Molmasse, Molmassenverteilung, Verzweigungsgrad, Funktionalität), spielt die Auswahl der verwendeten Bausteine natürlich eine große Rolle, die hier – zunächst allgemein und bei den einzelnen Bindemitteltypen im Speziellen – dargestellt und den rein strukturellen Einflussgrößen der Polyester und Alkydharze gegenüber gestellt werden. Polyester und Alkydharze als Lackbindemittel können eine Vielzahl unterschiedlicher Bausteine enthalten, wobei diese auf ganz unterschiedliche Eigenschaften der Bindemittel wirken. Zunächst gibt es beträchtliche Einflüsse durch die Anzahl bzw. das Verhältnis der Bausteine und ihrer Funktionalität auf die Bildung und die Struktur der Polyester und Alkydharze (siehe Kapitel 3). Des Weiteren beeinflusst die Auswahl der Bausteine die Löslichkeit von Polyestern und Alkydharzen und deren Verträglichkeit mit anderen Bindemitteln. Letztlich besteht der wichtigste Einfluss der Bausteine von Polyestern und Alkydharzen auf die Filmeigenschaften der Lacksysteme, die diese Polyester und Alkydharze enthalten. Unterschiedliche Bausteine beeinflussen die Beweglichkeit der Segmente zwischen den Estergruppen (Kettenlänge) und erzeugen damit Unterschiede der physikalischen Härte bzw. Flexibilität von Lackfilmen. Ähnlich wirken die Seitenketten von Bausteinen und die Modifikation durch Monocarbonsäuren in den Alkydharzen. Art und Anzahl der funktionellen Gruppen wirken auf die Vernetzungsreaktionen von Polyestern und Alkydharzen. Neben OH-Gruppen und Carboxylgruppen sind es auch die Doppelbindungssysteme von Polycarbonsäuren (in ungesättigten Polyestern) und von Fettsäuren (in oxidativ vernetzenden Alkydharzen), die für Vernetzungsreaktionen ausgewählt werden können. Bausteine für die Herstellung von Polyestern und Alkydharzen als Lackbindemittel werden so ausgewählt, dass sie durch relativ kostengünstige Verfahren, die die Umwelt nicht sonderlich belasten, zu Polyestern und Alkydharzen umgesetzt werden können. So werden zum Beispiel normalerweise keine Carbonsäurechloride oder Alkalialkoholate großtechnisch als Bausteine für die Herstellung von Lackpolyestern verwendet (Ausnahme Polycarbonate). Man verzichtet fast
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Auswahlprinzipien für die verschiedenen Bausteine
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immer auch auf Bausteine, die nicht durch Veresterungs- und Umesterungsreaktionen eindeutig zum Aufbau von Polyester- und Alkydharzmolekülen beitragen. Daher ist zum Beispiel Oxalsäure, wegen der Reaktivität der Carboxylgruppen, des Risikos von Abbaureaktionen und von Ringschlussreaktionen kein üblicher Baustein für Polyester. Stoffdaten, Sicherheitshinweise, Herstellverfahren und allgemeine Verwendungshinweise zu den Bausteinen (Polyole, Polycarbonsäuren, Monocarbonsäuren) findet man in den Chemie-Lexika [48] und in Handbüchern der technischen Chemie [49].
4.1.1 Einfluss auf Löslichkeit und Verträglichkeit Unter dem Begriff Löslichkeit von Polymeren versteht man im physikalischen Sinne die Fähigkeit der Moleküle von Polymeren mit Lösemittelmolekülen mehr oder weniger gut in Wechselwirkung zu treten und so genannte Solvate zu bilden, die die Polymermolekülknäule auffluten und in der Phase des Lösemittels verteilen. Im lacktechnischen Sinne bedeutet gute Löslichkeit hingegen, dass ein Polymer (Bindemittel) in möglichst vielen gebräuchlichen Lösemitteln löslich ist und in bestimmten Lösemittelgemischen bei relativ hohem nichtflüchtigen Anteil möglichst niedrige Lösungsviskositäten hat. Der Lacktechniker bevorzugt – z.T. aus Kostengründen, aber vor allem unter anwendungstechnischen Gesichtspunkten, relativ unpolare Lösemittel (aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe). Es wurde versucht, sowohl Lösemittel als auch Bindemittel durch so genannte Löslichkeitsparameter zu klassifizieren, um dann für ein gegebenes Bindemittel geeignete Lösemittel rechnerisch zu bestimmen. Die Bestimmung der Löslichkeitsparameter von Bindemitteln ist sehr schwierig und eine Berechnung für übliche Bindemittelmischungen und Lösemittelmischungen ist sehr aufwändig. In der Praxis geht man daher meist empirisch von der Vorraussetzung aus: „Gleiches löst sich in Gleichem“, wobei dabei die charakteristischen Molekülstrukturen von Bindemitteln und Lösemitteln gemeint sind. Gute Verträglichkeit von Bindemitteln untereinander besteht dann, wenn sie gemeinsam in geeigneten Lösemitteln homogene Lösungen ergeben, und vor allem während der Filmbildung durch Diffusionsvorgänge homogene Filme bilden und sich nicht trennen. Ein breiter lacktechnischer Einsatz der ersten großtechnisch hergestellten Polyester, vor allem aus Phthalsäure und Glycerin (Glyptalharze), scheiterte an ihrer begrenzten Löslichkeit und Verträglichkeit. Solche Polyester sind praktisch nur in niedrigen Alkoholen und niedrigen Ketonen löslich und völlig unverträglich mit fast allen der damals gebräuchlichen Bindemitteln, wie zum Beispiel den trocknenden Ölen. Erst die Modifikation solcher Polyester mit Fettsäuren aus den genannten Ölen (oder mit diesen Ölen direkt), das heißt die Bildung von
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Alkydharzen [9], eröffnete der Produktklasse einen breiten Einsatz für viele unterschiedliche Lacksysteme. Letztlich lag der Schlüssel darin, die hohe Polarität der einfachen ersten Polyester zu erniedrigen. Dieser Trend zieht sich wie ein roter Faden durch die Entwicklung der Polyester und ihrer Gebrauchsfähigkeit. Er gilt aber auch für andere Bindemittelklassen, so zum Beispiel für die Aminoharze, die erst als veretherte Aminoharze tauglich für den Einsatz in Lacksystemen werden. So kamen die gesättigten Polyester erst dann – relativ spät – zur besonderer Geltung, als mehrere verschiedene Polyole – vor allem Diole – großtechnisch und relativ kostengünstig zur Verfügung standen, die durch die Länge ihrer Ketten oder durch Seitenketten die Polarität der daraus hergestellten Polyester deutlich erniedrigen, im Vergleich zu den genannten „ersten“ Polyestern. Daher spielt das Neopentylglykol eine besonders wichtige Rolle bei der Herstellung von gesättigten Polyestern und der Hydroxypivalinsäureneopentylglykolester (HPN) und weitere Polyole mit Neostrukturen (z. B. das 2-Ethyl-2-butylpropandiol-1,3) ergeben noch bessere Löslichkeit und Verträglichkeit. Polyester auf Basis solcher Polyole haben eine hohe Toleranz gegenüber relativ unpolaren Lösemitteln, wie Aromaten, und benötigen zur Herstellung stabiler Lösungen nur noch geringe Anteile an polareren Lösemitteln wie Estern oder Glykolethern bzw. Glykoletherestern. Gesättigte Polyester werden oft auf Basis aromatischer Polycarbonsäuren (Isophthalsäure) aufgebaut, die allerdings recht polare Lösemittel fordern. Polyester, die dagegen nur noch geringe Anteile aromatischer Bausteine enthalten (z.B. Hexahydrophthalsäure als Dicarbonsäure), sind dagegen meist vollständig löslich in aromatischen Kohlenwasserstoffen. Handelsübliche gesättigte Polyester als Lackbindemittel sind in Lösung verträglich mit einer Reihe anderer Lackbindemittel, wie mit Aminoharzen, Polyisocyanataddukten, PVC-Copolymeren, Epoxidharzen, Celluloseestern. Es gibt aber Einschränkungen bei den höhermolekularen Typen der genannten Bindemittelkomponenten für die Verträglichkeit im Film. Gesättigte Polyester auf Basis aromatischer Dicarbonsäuren neigen zur Kristallinität. Diese Eigenschaft ist für die Herstellung von Fasern und Folien erwünscht, weil damit hohe Festigkeiten erreicht werden können (Polyethylenterephthalat, Polybutylenterephthalat). Auch für die Herstellung von Flüssigkristallen wird diese Eigenschaft ausgenutzt. Ebenso Polyester aus höheren Anteilen von Bausteinen, die längere aliphatische Ketten haben, tendieren dazu kristallin (wachsartig) zu sein. Lackbindemittel dürfen natürlich nicht kristallin sein, weil dadurch Löslichkeit, Verträglichkeit mit anderen Bindemittelkomponenten und wichtige Eigenschaften für die Filmbildung (Benetzung, Transparenz, Glanz) deutlich beeinträchtigt werden. Man kann die Kristallinität von Polyestern, die höhere Anteile
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Auswahlprinzipien für die verschiedenen Bausteine
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aromatischer Dicarbonsäuren enthalten – und das gilt für viele der gebräuchlichen Polyester (siehe Handelsprodukte und Formulierungsbeispiele) – verringern, indem man eine möglichst komplexe Polyolzusammensetzung auswählt. Lineare und schwach verzweigte Polyester auf Basis Isophthalsäure zum Beispiel müssen eine Mischung von mindestens drei Diolen enthalten, um nicht kristallin zu sein. Dabei ist es zunächst unerheblich, welche Diole ausgewählt werden. Je höher allerdings der Anteil der Diole mit Seitenketten ist, desto geringer ist die Tendenz zur Kristallinität. Auch eine Erhöhung des Verzweigungsgrades verringert die Neigung zur Kristallinität, so dass dann die Anzahl der Diole der Mischung verringert werden kann. Wenn man verschiedene aromatische Dicarbonsäuren kombiniert (z.B. Isophthalsäure mit Terephthalsäure), oder aromatische Dicarbonsäuren mit anderen Polycarbonsäuren mischt, wird ebenfalls die Neigung zur Kristallinität unterdrückt. Der Effekt aller hier beschriebener Maßnahmen beruht letztlich darauf, dass die einzelnen Kettensegmente der Polyestermoleküle möglichst unterschiedliche Längen und Strukturen erhalten, so dass eine Assoziation der Segmente, die für die Ausbildung kristalliner Strukturen verantwortlich ist, weitgehend vermieden wird. Alkydharze sind aufgrund ihrer üblichen Modifikation mit aliphatischen Monocarbonsäuren relativ unpolar und daher auch in unpolaren Lösemitteln löslich. Das gilt natürlich im Besonderen für die Alkydharze, die relativ hohe Anteile an C18-Fettsäuren (Ölsäure, Linolsäuren, Linolensäuren) enthalten. Diese Bindemittel sind dann sogar in reinen aliphatischen Kohlenwasserstoffen löslich und natürlich auch in Aromaten, Estern und Glykoletherestern. Aber Löslichkeit in Alkoholen und Glykolethern besteht dann nicht mehr. Ein Zusatz solcher Lösemittel zu Lösungen der beschriebenen Alkydharze in aliphatischen Kohlenwasserstoffen wirkt aufgrund der bestehenden Unverträglichkeit stark senkend auf die Löseviskosität (Verschnittmitteleffekt), was man lacktechnisch positiv ausnutzen kann (höhere Verarbeitungsfestkörper). Je geringer der Anteil der Modifizierung mit Monocarbonsäure in einem Alkydharz ist, und je kürzer die Ketten der Monocarbonsäuren sind, desto polarer sind diese Bindemittel und desto polarer müssen auch die verwendeten Lösemittel sein. So sind Alkydharze, die mit signifikanten Anteilen an Benzoesäure modifiziert sind und Fettsäuregehalte unter 50 % enthalten, nicht mehr unbegrenzt löslich in aliphatischen Kohlenwasserstoffen. Zur Herstellung stabiler Lösungen benötigen sie mindestens einen Anteil polarer Lösemittel. Die Seitenketten der Monocarbonsäuremodifikation verhindern auch schon bei geringen Anteilen die Neigung zur Kristallinität. Man kann sich weiterhin vorstellen, dass Alkydharze mit höheren Anteilen längerkettiger Monocarbonsäuren in Lösung zu tensid-ähnlich kolloidalen Mizellen orientieren, wobei sich die langkettigen Monocarbonsäuren in unpolaren Lösemitteln nach außen orientieren.
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Angaben zu der Herstellung von Fettsäuren, ihren Stoffdaten und ihre Verwendung findet man bei den Herstellern [50].
4.1.2 Einfluss auf die Filmeigenschaften Für die Filmeigenschaften aller Lacksysteme gilt, dass man möglichst hohe Härte und Beständigkeit mit möglichst hoher Flexibilität verbinden möchte. Es gelingt aber meist nicht, diese beiden Eigenschaften unabhängig voneinander zu einem Optimum zu bringen. Eine Lösung besteht darin, einen Kompromiss der beiden Eigenschaftsfelder zu erreichen, der natürlich für den jeweiligen Anwendungsfall für die dabei geforderten Eigenschaften unterschiedlich sein kann. Bei Filmen aus Polyestern und Alkydharzen wird hohe Härte und Beständigkeit durch die Verwendung hoher Anteile aromatischer Bausteine erreicht. Diese Bausteine wirken aber negativ auf Löslichkeit und Flexibilität. Cycloaliphatische Bausteine ergeben deutlich bessere Löslichkeit und Verträglichkeit und flexiblere Filme. Bausteine mit aliphatischen Ketten verringern Härte und Beständigkeiten, bilden aber – je nach ihrer Kettenlänge – besonders flexible Filme. Aliphatische Monocarbonsäuren als Komponenten von Alkydharzen senken je nach Anteil und Kettenlänge die Härte, verbessern aber im gleichen Sinne die Löslichkeit, Benetzung und Flexibilität. Für die Formulierung von Polyestern für die verschiedenen Anwendungsfälle werden unterschiedlich wirksame Komponenten kombiniert, um ein gefordertes Optimum zu erreichen. Es hat sich herausgestellt, dass es sinnvoll ist, solche unterschiedlich wirksamen Bausteine zu kombinieren, um das gewünschte Optimum zu erreichen. Diese Maßnahme ist für viele Beispiele günstiger, als von vorne herein Bausteintypen für ein mittleres Eigenschaftsniveau auszuwählen. Bei der Auswahl spielen allerdings auch die Verfügbarkeit und die Herstellkosten der Bausteine für Polyester und Alkydharze eine ausschlaggebende Rolle. Aromatische Bestandteile von Polyestern sind fast immer die Polycarbonsäuren und ihre Derivate (Phthalsäureanhydrid, Isophthalsäure, Terephthalsäure bzw. Dimethylterephthalat), weil sie schon länger großtechnisch und relativ preisgünstig zur Verfügung stehen. Es gibt dagegen kaum aromatische Polyole für Polyester. Phenole und Methylolaromaten reagieren nicht wie übliche Alkohole und spielen daher für die Herstellung von Polyestern keine Rolle (Ausnahme Polycarbonate). Aromatische Polycarbonsäuren und ihre Derivate sind vor allem die, die Härte und Beständigkeit in ein Polyestersystem einbringen. Dagegen wird Flexibilität vor allem über die aliphatischen Polyole eingebracht. Es gibt heute eine Vielzahl von aliphatischen Polyolen, die für die Herstellung von Polyestern ausgewählt werden können (Ethylenglykol; die Propandiole
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Auswahlprinzipien für die verschiedenen Bausteine
[1,2- und 1,3-]; Butandiol-1,4; Hexandiol-1,6; Neopentylglykol und andere Neodiole, HPN, Trimethylpentandiol; Polyetherpolyole). Wenn die Flexibilität aus der Verwendung der Polyolkomponenten nicht ausreicht – zum Beispiel, wenn nur Polyole mit kurzen Ketten zur Verfügung stehen – kann man auch auf Anteile an aliphatischen Polycarbonsäuren zurückgreifen (Adipinsäure, Azelainsäure, Sebacinsäure, Dimerfettsäuren). Cycloaliphatische Bausteine bilden in sich bereits einen Kompromiss der Eigenschaften. Es gibt Polycarbonsäuren und ihre Derivate (Hexahydrophthalsäureanhydrid und isomere Cyclohexandicarbonsäuren, Tetrahydrophthalsäureanhydrid, Endomethylentetrahydrophthalsäureanhydrid und TCD-Dicarbonsäure) und Diole (Perhydrobisphenol A, Dimethylolcyclohexan und TCD-Alkohol DM). Sie erzeugen gute Löslichkeit und Verträglichkeit und fördern die Flexibilität der daraus hergestellten Systeme, ohne die Härte deutlich zu senken. Sie sind allerdings zum Teil deutlich teurer als zum Beispiel aromatische Polycarbonsäuren oder aliphatische Polyole. Bei der Beschreibung der Eigenschaften von Polyacrylatharzen wird die Glasübergangstemperatur der Bindemittel angegeben, die dann üblicherweise über eine Gleichung (Fox-Gleichung) aus den Glasübergangstemperaturen der Homopolymere der Monomerbestandteile unter Einbeziehung der Massenanteile berechnet wird. Diese Glasübergangstemperaturen bilden ein Maß für die physikalische Härte, bzw. die zu erwartende Flexibilität der Lackfilme aus diesen Bindemitteln. Prinzipiell sollte eine Definition der Glasübergangstemperaturen auch für die Klassifizierung von Polyestern und Alkydharzen möglich sein. Es gibt für eine Reihe relativ hochmolekularer, linearer Polyester einheitlicher Zusammensetzung Messwerte für die Glasübergangstemperatur und den Schmelzpunkt, die aber bei dieser Stoffklasse besonders deutlich von der Kristallinität solcher Polyester beeinflusst sind. Die Werte sind gelistet in Tabelle 4.1. Tabelle 4.1: Experimentell ermittelte Glasübergangstemperaturen (TG) und Schmelzpunkte (Smp) hochmolekularer, linearer Polyester Polyester aus: Dicarbonsäure Diol
TG
Quelle
Smp
Terephthalsäure
Ethylenglykol
+ 69 °C
[51]
+265 °C
[51]
Terephthalsäure
Butandiol-1,4
+15-50 °C
[52]
+230 °C
[56]
Isophthalsäure
Ethylenglykol
+ 51 °C
[56]
+240 °C
[56]
Isophthalsäure
Butandiol-1,4
+ 24 °C
[53]
+152 °C
[51] [55]
Quelle
Adipinsäure
Butandiol-1,4
- 68 °C
[54]
+ 57 °C
Adipinsäure
Neopentylglykol
- 48 °C
[54]
+ 46 °C
[55]
Adipinsäure
Hexandiol-1,6
- 73 °C
[54]
+ 61 °C
[55]
- 60 °C
[55]
+ 60 °C
[56]
ε-Hydroxycapronsäure
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Für die Beschreibung der Kettenbeweglichkeit von Polyestern als Lackbindemittel spielen diese Zahlenangaben nur eine geringe Rolle, weil es sich bei denen immer um nichtkristalline, niedrigmolekularere und meist verzweigte Polyester handelt. Die Daten ergeben aber Anhaltspunkte zur Abschätzung der Wirkung der Bausteine auf die Glasübergangstemperatur. Es ist auch versucht worden, aus den Segmentbeiträgen der Bausteine Glasübergangstemperaturen für Polyester zu berechnen, die aus Bausteinmischungen aufgebaut sind [57]. Diese Berechnungen versagen aber, wenn man verzweigte Polyester einbezieht. Für die Formulierung von Polyestern gibt es für die Abschätzung der Lage der Glasübergangstemperaturen, eine Voraussage für Härte bzw. Flexibilität. Sie folgen letztlich den Trendaussagen: • Glasübergangstemperaturen fallen am deutlichsten beim Übergang von aromatischen Bausteinen (aromatische Polycarbonsäuren) über cycloaliphatische zu aliphatischen Bausteinen. • Je länger die lineare Kette eines aliphatischen Bausteins ist, desto niedriger wird die Glasübergangstemperatur. Die Ketten von Dicarbonsäuren wirken deutlicher als die von Diolen. • Seitenketten wirken erniedrigend auf die Glasübergangstemperatur, aber nicht so stark wie eine entsprechende lineare Kette (Butandiol-1,4 ergibt niedrigere Glasübergangstemperaturen als Methylpropandiol-1,3). • Ethergruppen in aliphatischen Ketten (Polyetherpolyole) wirken stärker erniedrigend auf die Glasübergangstemperatur als CH 2-Gruppen an deren Stelle. Die Modifikation von Polyestern mit aliphatischen Monocarbonsäuren – das Grundprinzip des Aufbaus der Alkydharze – bedeutet nicht nur eine Verbesserung von Löslichkeit und Verträglichkeit. Die Modifikation verbessert auch die Benetzung, den Verlauf und die Flexibilität der daraus hergestellten Lackfilme. Natürlich wird die Härte und Beständigkeit der Filme erniedrigt, und zwar umso mehr, desto höher der Anteil der aliphatischen Monocarbonsäuren und desto größer ihre Kettenlänge ist. Man kann – ohne das Strukturprinzip der Alkydharze zu verlassen – durch anteilige Modifikation mit aromatischen Monocarbonsäuren – eine bessere Härte erreichen. Auch hier bilden cycloaliphatische Monocarbonsäuren – bei Alkydharzen vor allem die Harzsäuren – eine Alternative, die Härte zu verbessern ohne die gute Löslichkeit und Benetzung zu beeinträchtigen. Harzsäuren bringen aber auch noch weitere Eigenschaften ein, die einem allgemeinen Einsatz entgegenstehen. Die Auswahl der Bausteine wirkt weiterhin auf die Vernetzung bei der Filmverfestigung von Polyestern und Alkydharzen. Die Effektivität der Vernetzung wird zunächst durch die Anzahl der funktionellen Gruppen (fast immer OH-Gruppen) im Bezug auf die mittlere Molmasse und den Verzweigungsgrad
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bestimmt (siehe Kapitel 3.5). Die funktionellen Gruppen können aber individuell unterschiedlich reaktiv sein. Die Reaktionsgeschwindigkeit von primären OHGruppen ist stets höher als die von sekundären OH-Gruppen. Besonders reaktiv sind primäre OH-Gruppen, die über längere Ketten exponiert sind (z. B. aus Hexandiol-1,6 oder ε-Caprolacton). Unter Härte von Lackfilmen wird hier die Beständigkeit gegen mechanische Einflüsse verstanden (Oberflächenhärte, Eindringhärte). Flexibilität von Filmen bildet im physikalischen Sinne die Summe aus einer elastischen Komponente und einer plastischen Komponente. Die elastische Komponente der Flexibilität entsteht hauptsächlich durch die Effektivität der Vernetzung bei der Filmbildung. Optimale Filme, die sowohl hart als auch flexibel sind, entstehen dann, wenn es gelingt bei Einsatz harter Bausteine sehr effektiv zu vernetzen. Diese Tatsache (!) wird in der allgemeinen Literatur immer noch bestritten. Es wird dort behauptet, hoch vernetzt bedeute hart und spröde, gering vernetzt bedeute flexibel. Das liegt daran, dass durch die meisten der vorgegebenen Filmbildungsbedingungen eine – im physikalischen Sinne – optimale Vernetzung nicht möglich ist. Für die meisten Lacksysteme, für die hohe Flexibilität gefordert ist, ist es daher notwendig, diese Eigenschaft durch die Kombination plastisch wirkender Bausteine und Elastizität, d.h. durch Vernetzung bei geringer Vernetzungsdichte, zu erzeugen. Es gibt aber auch Beispiele, bei denen sich wirklich beide Eigenschaften – Härte und Flexibilität – optimal vereinigen lassen (siehe Kapitel 4.2.8).
4.2
Gesättigte Polyester
4.2.1 Hochmolekulare gesättigte Polyester Hochmolekulare, gesättigte Polyester als Lackbindemittel sind verwandt mit den Faserrohstoffen Polyethylenterephthalat oder Polybutylenterephthalat. Diese Polyester sind als Faserrohstoffe teilkristallin, was für die Eigenschaften Zugfestigkeit und Elastizität der Fasern positiv wirksam ist. Eine solche Teilkristallinität ist für Polyester als Lackbindemittel ungeeignet. Die hochmolekularen, gesättigten Polyester als Lackbindemittel bestehen zwar auch aus aromatischen Dicarbonsäuren und kurzkettigen Diolen, wie die Faserrohstoffe, werden aber – um eine Kristallinität zu vermeiden – aus Mischungen verschiedener aromatischer Dicarbonsäuren und verschiedener kurzkettiger Diole hergestellt. Man wählt daher meist Kombinationen aus Terephthalsäure mit Isophthalsäure an Stelle der Terephtalsäure allein und Mischungen von Ethylenglykol mit Propylenglykol oder auch Neopentylglykol an Stelle von Ethylenglykol oder Butandiol-1,4 als alleinige Diolkomponente. Auch wenn durch diese Zusammensetzungen die Kristallinität weitgehend unterdrückt wird, haben diese Polyester recht hohe Glasübergangstemperaturen.
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Ihre besonderen Eigenschaften resultieren aber vor allem aus den hohen mittleren Molmassen (15.000 – 20.000 g/mol) und den relativ engen Molmassenverteilungen (D = 2,5 – 3,0) dieser Polyester. Diese Eigenschaften werden durch das Herstellverfahren erreicht, das dem der Herstellung der Polyester für Faserrohstoffe vergleichbar ist: Bei diesem Verfahren werden aus den Polycarbonsäuren bzw. ihren Derivaten (Isophthalsäure, Terephthalsäure bzw. Dimethylterephthalat) mit hohen Überschüssen an Diolen (Ethylenglykol, Propylenglykol) zunächst sehr niedrigmolekulare Produkte hergestellt, die dann in einem zweiten Schritt über Umesterungsreaktionen (katalysiert mit Lewis-Säuren) bei hohen Temperaturen (über 240 °C) und sehr niedrigen Drücken in hochmolekulare Polyester überführt werden, wobei die niedriger siedenden Diole abgespalten werden. Die Lackbindemittel dieses Typs werden meist im Batch-Verfahren hergestellt und nach Erreichen der Endkennzahlen – es werden vor allem bestimmte Viskositätszahlen gemessen – als Festharze ausgetragen und unter Kühlung granuliert. Diese Polyester sind löslich in Estern, Ketonen, Glykolethern und Glykoletherestern, in Dimethylformamid und N-Methylpyrrolidon. Diese Lösungen können Alkohole und aromatische Lösemittel als Verschnittmittel enthalten. Wegen der hohen Molmassen entstehen Lösungen mit hoher Viskosität. Die gebräuchlichen Lösungen für die Herstellung von Lacken aus solchen Polyestern haben daher nur geringere nichtflüchtige Anteile (Festkörper) von 25 bis 40 m-%. Wenn man Polyester dieses Type mit niedrigeren Molmassen herstellt – was einfach bei früherem Abbruch der Umesterungsstufe erreicht wird – resultieren zwar bessere Verträglichkeit und niedrigere Lösungsviskosität; aber die typischen Eigenschaften der hochmolekularen Polyester gehen zum Teil verloren. Zunächst hat man die hochmolekularen, linearen, aromatischen Polyester als Alleinbindemittel in Überzugslacken, Pulverlacken und Eletroisolierlacken verwendet. Außerhalb des eigentlichen Lackgebiets spielen sie noch eine Rolle für Heißschmelzkleber, Versiegelungen, Folienbeschichtungen und Laminierungen. Sie zeigen dabei eine gute Beständigkeit gegen unpolare Lösemittel und Wasser. Sie sind relativ hochschmelzend und temperaturbeständig und aufgrund ihrer hohen Molmassen relativ flexibel. Ein Grund für diese Eigenschaften bildet die Tatsache, dass die Kristallinität der Lackpolyester zwar durch den gemischten molekularen Aufbau unterdrückt ist, aber immer noch eine Assoziation der aromatischen Ringe zu den Methylengruppen der Polyole besteht, was Trocknungsgeschwindigkeit (Lösemittelabgabe), Beständigkeiten und Flexibilität der Lackfilme unterstützt. Besondere Vorteile aber ergeben diese Polyester in einer Kombination mit Melaminharzen für Can-Coating-Lacke und Coil-Coating-Lacke. Von diesen Lacksystemen werden optimale Verformungseigenschaften und Chemikalienbeständigkeiten (vor allem bei den Can-Coating-Lacken) erwartet. Es hatte
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Gesättigte Polyester
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anfänglich verschiedene Theorien gegeben, um die positiven Eigenschaften gerade dieser Kombination zu erklären. Bei Molmassen von bis zu 20.000 und nur endständigen OH-Gruppen ergeben sich keine effektiven Vernetzungsmöglichkeiten. Eine Reaktion dieser OH-Gruppen mit den hochfunktionellen Melaminharzen ist eher unwahrscheinlich und als Nebenreaktion anzusehen. Auch die frühere Annahme, dass Umesterungsreaktionen von Melaminharzen mit den Polyestern unter Kettenabbau ablaufen, wurde verworfen. Heute geht man allgemein von folgender Vorstellung aus: Die niedrigmolekularen – meist voll veretherten Melaminharze (es werden hauptsächlich HMMM-Harze verwendet) vernetzen bei den für diese Lacksysteme vorgesehenen hohen Einbrenntemperaturen unter der Wirkung der relativ starken Säurekatalysatoren (Sulfonsäuren) mit sich selbst (Abspaltung von Formalen, Formaldehyd und Methanol). Das dabei gebildete, an sich sehr spröde Netzwerk wird von dem recht hohen Massenanteil der eingelagerten hochmolekularen Polyestermoleküle gestört, die für das Netzwerk des Melaminharzen eine ähnliche Rolle spielen wie die Stahlmatten in Betondecken (der Volumenanteil ist hier aber bedeutend höher). Es ist auch möglich, dass sich getrennte Domänen der Molekülgruppen bilden. Dieser prinzipiell molekular inhomogene Aufbau ergibt einerseits – durch das thermoplastische Verhalten der Polyesteranteile oder dessen Domänen – eine hohe Verformbarkeit, andererseits – durch die hohe Netzwerkdichte in den Melaminharzdomänen – ausreichende Chemikalienbeständigkeit und eine sehr gute Lösemittelbeständigkeit. Diese Eigenschaften sind für Coil-Coating-Lacke und Can-Coating-Lacke ausschlaggebend. Es lassen sich mit einer geeigneten Melaminharzmenge (8 – 15 % des Bindemittelanteils als HMMM-Harz) und ausreichender Säurekatalyse (zum Beispiel 0,25 % p-Toluolsulfonsäure bezogen auf den Bindemittelanteil) tiefziehfähige und sterilisationsbeständige Lackfilme herstellen. Die Beständigkeiten gegen Säuren ist relativ gut. Das deutet daraufhin, dass die Melaminharzbrücken viele Methylenbrücken enthalten und dass der Polyesteranteil die Diffusion der Säuren abwehrt. Diese Bindemittelkombination ist für viele Anwendungen auch ausreichend wetterbeständig. Beispiele von Handelsprodukten: Dynapol L 205, L 206 (Evonik [59]) (Weitere Beispiele – auch für die folgenden Produktgruppen – sind der entsprechenden Literatur [58] und aus den Firmenschriften zu entnehmen.) Tabelle 4.2 beschreibt ein hochmolekulares, lineares Polyesterharz, das aus 1,65 Mol Ethylenglykol; 1,00 Mol Neopentylglykol; 1,00 Mol Terephthalsäure und 1,00 Mol Isophthalsäure hergestellt wird [60]. Die vierte Spalte der Tabelle enthält die molaren Angaben (n-1, auf die Summe der Mole Dicarbonsäure = 1,00 genormt) und die Mengenangabe (auf 1000 Massenanteile bezogen) der Einwaagerezeptur. Die fünfte Spalte enthält die entsprechende Zusammensetzung
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Tabelle 4.2A: Beispielzusammensetzung eines hochmolekularen, linearen Polyesters [60] n-1, norm
n-2, norm
Isophthalsäure
Bausteine
0,500
0,500
Terephthalsäure
0,500
0,500
Ethylenglykol
0,825
0,506
Neopentylglykol
0,500
0,500
m-‰-1
m-‰-2
Isophthalsäure
355,4
388,8
Terephthalsäure
355,4
388,8
Ethylenglykol
219,0
147,0
Neopentylglykol
222,7
243,6
Einwaagesumme
1152,6
(1168,2)
- Wasser
152,6
(168,2) 93,3
- Ethylenglykol Ausbeute (SZ)
1000,0
1000,0
für das Endprodukt, wenn die Polykondensationsreaktion durch eine katalysierte Umesterung auf eine mittlere Molmasse von ca. 18.000 g/mol gefahren wurde. Zur Vereinfachung der Darstellung wurde angenommen, dass bei dieser Umesterungsreaktion nur Ethylenglykol abdestilliert wird (die theoretisch abgespaltene Menge ist angegeben), so dass das Molverhältnis zwischen Ethylenglykol und Neopentylglykol im Endprodukt ungefähr 1 : 1 beträgt. Die Tabellen 4.2A und B enthält dann noch die für solche Produkte typischen Kennzahlen.
Tabelle 4.2B: Beispielzusammensetzung eines hochmolekularen, linearen Polyesters [60] Kennzahlen
Symbol
Bausteine
nOH
mol/n2
0,6708
0,0177
nCOOH
mol/n2
0,0208
0,0057
Säurezahl
SZ
mg KOH/g
5,0
1,5
mittlere Molmasse
Mn
g/mol
q’
n/mol
OHZ
mg KOH/g
OH-Überschuss Restliche Carboxylgruppen
Anzahl der Strukturelemente OH-Zahl
n-1, norm
675
n-2, norm
18235
2,9
85,4
161,2
4,7
4.2.2 Polyester als Weichmacher Niedrigmolekulare Polyester aus aliphatischen Dicarbonsäuren und aliphatischen Diolen bilden ausgesprochene Weichharze. Als Dicarbonsäure wird vor allem Adipinsäure verwendet, seltener Azelainsäure oder Sebacinsäure. Als Diole kommen vor allem Proylenglykol, Butandiol-1,4 und Pentandiol-1,5 zum Einsatz. Die Polyester werden meist aus einer Dicarbonsäure und einem Diol hergestellt. Sie sind über einen entsprechenden Diolüberschuß relativ niedrigmolekular ausgelegt und werden auf niedrige Säurezahlen (zum Beispiel ≤ 2 mg KOH/g) kondensiert. Diese linearen, molekular einheitlichen Produkte neigen bei niedrigeren Temperaturen (≤ 20 °C) zu Kristallinität. Sie sind löslich in Estern, Glykolethern, Glykoletherestern, den meisten Alkoholen und in Ketonen, verschneidbar mit Aromaten, nicht löslich in Aliphaten und Terpenen.
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Gesättigte Polyester
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Es gibt auch Polyesterweichmacher aus aliphatische Dicarbonsäure, Diolen und längerkettigen Monoalkoholen, wobei letztere dann als molekulare Begrenzung für die Polyestermoleküle wirken (siehe Abbildung 4.1). Es gibt auch Weichmacherpolyester, die Diolmischungen, kleinere Anteile an Triolen oder neben aliphatischen Dicarbonsäuren geringe Anteile an aromatischen Dicarbonsäuren enthalten. Diese Polyester haben dann eine deutlich geringere Kristallisationsneigung.
Abbildung 4.1: Modell eines Polyesterweichmachers aus Adipinsäure, Butandiol-1,4 und 2-Ethylhexanol
Polyesterweichmacher werden zur Plastifizierung von Cellulosenitrat, anderen Celluloseestern und PVC und seinen Copolymerisaten verwendet. Sie wirken auf Cellulosenitrat als gelatinierende Weichmacher. Sie sind hell und farbstabil, ausreichend wetterbeständig, kältebeständig und beständig gegen Feuchtigkeit. Sie haben gegenüber anderen Esterweichmachern (aus Phthalsäurediestern, Adipinsäurediestern oder Trimellithsäuretriestern mit höheren Monoalkoholen, organischen Phophorsäureester, Fettsäuremonoestern) den Vorteil, dass sie noch besser migrationsbeständig sind – auch bei höheren Temperaturen. Sie sind allerdings wie diese auch nicht absolut verseifungsstabil. Die Verträglichkeit der höhermolekularen Polyesterweichmacher mit den niedrigmolekularen Estern und mit PVC ist geringer. Aufgrund der Unverträglichkeit zu Polystyrol eignen sie sich zur Formulierung physikalisch trocknender Lacke für Polystyrol, die – aufgrund der dann vermiedenen Migration in den Untergrund – eine gute Dauerflexibilität aufweisen. Diese Polyesterweichmacher sind im Gegensatz zu den Diestern der Phthalsäure und den Phosphorsäureestern physiologisch völlig unbedenklich, einige Typen haben eine FDA-Zulassung (zum Beispiel für PVC-Artikel für Lebendmittelverpackungen). Beispiele von Handelsprodukten: Palamoll 600-er (BASF [61]), Paraplex G 50 (HallStar), Edenol 1200 (Emery [62]), Uraplast RA 25 (DSM [63]), Santhicizer 400-er Reihe (Cytec).
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
4.2.3 Gesättigte Polyester als Hartharze Gesättigte Polyester als Hartharze gehören zu der bereits beschriebenen Stoffklasse der „ersten Polyester“, die großtechnisch zur Verfügung gestellt wurden. Es sind Phthalsäureester, aus meist stöchiometrisch gewählten Verhältnissen von Phthalsäureanhydrid und Glycerin oder Pentaerythrit, die natürlich nur bis zu relativ niedrigen Kondensationsgraden verestert werden können und daher sehr hohe Säurezahlen haben. Sie sind löslich in Alkoholen, Glykolethern und Ketonen, die Lösungen sind verschneidbar mit Estern und Glykoletherestern. Die Pentaester haben Erweichungsbereiche um 75 bis 85 °C (Kofler), die Glycerinester von 65 bis 75 °C. Sie werden als Bindemittel für Überzugslacke und für lösemittelhaltige Tinkturen verwendet. Sie haben eine gewisse Rolle gespielt als Kombinationspartner zu Celluloseestern zur Verbesserung des Glanzes und Erhöhung des Festkörpers der daraus hergestellten Lacke. Aufgrund der hohen Säurezahl können sie in neutralisierter Form auch in wasserverdünnbaren Systemen verwendet werden und bilden dabei die Basis für wasserlösliche Tinten. Beispiele von Handelsprodukten: Rokrapol 7000-er Reihe (Krämer [65]) Tabelle 4.3: Beispielzusammensetzung eines Polyesterhartharzes [66] M
n·M=m
0,50
n
Baustein Pentaerythrit
136
68,00
321,4
1,00
Phthalsäureanhydrid
148
148,00
699,5
216,00
1020,9
4,43
20,9
211,57
1000,0
Einwaagesummen 0,25
Wasser
18
Ausbeute (SZ = 200)
m-‰
dOH = 0,7541 mol dCOOH = 0,7541 mol Polyesterkonstante
k’M 1,2541
mittlere Molmasse [g/mol]
M n 833
Anzahl der Strukturelemente
q’ 3,9
Säurezahl [mg KOH/g]
SZ 200
OH-Zahl [mg KOH/g]
OHZ 200
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Gesättigte Polyester
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4.2.4 Polyester-Segmente 4.2.4.1 Gesättigte Polyester als Bausteine für Polyurethan-Eelastomere Polyurethanelastomere bestehen aus Polyisocyanat-Hartsegmenten und verschiedenen, meist linearen Weichsegmenten. Als Weichsegmente kommen infrage: Polyether, Polyester, endständig funktionalisierte Polysiloxane und jetzt auch endständig funktionalisierte Polyacrylate. Die Polyester können Polycarbonate (siehe Kapitel 4.5.1) und Polycaprolactone (siehe 4.5.2) aber auch „normale“ Polyester auf Basis von Dicarbonsäuren und Diolen sein. Die große Auswahlmöglichkeit der Bausteine für solche „normalen“ Polyester ergibt die Möglichkeit, den Charakter des Weichsegmentes in breiter Variation zu bestimmen. Durch einen Einsatz aromatischer Dicarbonsäuren kann man das Plastifizierungsverhalten sogar weitgehend zurückdrängen und für die daraus hergestellten nur physikalisch trocknenden Polyurethane recht hohe Lösemittel- und Chemikalienbeständigkeiten in den daraus gebildeten Filmen erzielen. Die Verwendung cycloaliphatischer Polycarbonsäuren bildet einen Übergang zu den deutlicher plastifizierend wirkenden aliphatischen Dicarbonsäuren, bei denen dann die Dimerfettsäuren die stärkste Wirkung in dieser Richtung haben. Auch bei den Diolen gibt es eine solche Reihe: ausgehend von cycloaliphatischen Diolen über kurzkettige und langkettige aliphatische Diole, Etherdiole bis hin zu den Dimerdiolen. Eine weitere Variationsmöglichkeit bildet die Auswahl unterschiedlicher mittlerer Molmassen für die Polyesterweichsegmente. Wenn man mittlere Molmassen von ca. 800 bis 5000 für das Polyesterweichsegment variiert, verändert man nicht nur den Wirkungsanteil dieses Segments, sondern verdünnt natürlich auch den Volumenanteil des Hartsegments und damit die Menge des im Molekül enthaltenden Polyisocyanats beträchtlich. Polyurethanelastomere eignen sich besonders für wasserverdünnbare, anionisch stabilisierte Lacksysteme. Urethangruppen sind bei pH-Werten zwischen 7,5 und 9,0 deutlich verseifungsstabiler als Estergruppen. Üblicherweise wird daher der Baustein für die anionische Trägergruppe über Urethan-, oder die noch stabileren Harnstoffgruppen, in das Isocyanat-Hartsegment eingefügt. Die wichtigste anionische Trägergruppe für wässrige Polyurethanelastomere als Lackbindemittel bildet dabei die Dimethylolpropionsäure. Die kolloidale Struktur der wässrigen Polyurethandispersionen ergibt einen deutlichen Schutz gegen die Verseifung der Estergruppen des Polyesters des Weichsegments. Es ist daher nicht notwendig besondere Maßnahmen bei der Auswahl der Bausteine und des Herstellverfahrens zu treffen, wie es bei wasserverdünnbaren Polyestern (siehe Kapitel 4.2.6) erforderlich ist. Wenn man allerdings die anionische Trägergruppe der Polyurethandispersion in das Polyesterweichsegment einbringt – zum Beispiel über Dimethylolpropionsäure oder statistische Trimellithsäurediester – ist die Verseifungsstabilität bedeutend schlechter.
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Polyester für Polyurethanelastomere eignen sich sowohl für das PolymerSchmelzverfahren als auch für das Ketonverfahren bei der Herstellung dieser Bindemittelgruppe, wobei das Ketonverfahren natürlich eine weit größere Variationsmöglichkeit (vor allem bei Auswahl der Bausteine und der mittleren Molmassen der Polyesterweichsegmente) zulässt. Als Polyesterweichsegmente können auch schwach verzweigte Polyester und relativ OH-Gruppen-arme Alkydharze verwendet werden, die dann natürlich einen höheren Polyisocyanatüberschuss für das Präpolymer erfordern und nicht mehr so hohe mittlere Molmassen des Endproduktes zulassen. Bei einer Aminkettenverlängerung in der wässrigen Phase kann man allerdings aus solchen Präpolymeren auch gezielt recht stabile wässrige Polyurethanmikrogele (vernetzte Partikel) erzeugen. Im Vergleich zu den Polyethern als Weichsegment sind Polyester zwar teurer, aber in ihrer Variationsbreite und ihrer deutlich besseren Wetterbeständigkeit überlegen. Die höhere Verseifungsbeständigkeit der Polyether kommt wie oben beschrieben dabei kaum zum Tragen. Aus dieser Sicht ist auch ein Einsatz der endständig funktionalisierten Polyacrylate, die als besonders wetterbeständig und verseifungsbeständig definiert werden, nicht unbedingt erforderlich. (Diese Produkte sind sehr aufwändig herstellbar, wenn sie wirklich Makrodiole sein sollen, und daher recht kostspielig.) Es sollte im Einzelfall geprüft werden, ob sich die Verwendung solcher Polymerdiole wirklich in einer signifikanten Eigenschaftsverbesserung niederschlägt. Die bereits oben genannten speziellen Polyester (Polycarbonate, Polycaprolactone) und die endständig funktionalisierten Polysiloxane verleihen jedoch den daraus hergestellten Polyurethanelastomeren besondere Eigenschaften. Tabelle 4.4 beschreibt ein Beispiel eines Polyesterweichsegments, das auf Dimerfettsäure, Isophthalsäure und Hexandiol-1,6 aufbaut und für eine anionisch stabilisierte Polyurethandispersion verwendet wird. Tabelle 4.4: Beispiel für ein Polyesterweichsegment für eine Polyurethandispersion [67] n = m/M 2,626 1,000 1,000
Baustein M Hexandiol-1,6 118 Isophthalsäure 166 Dimerfettsäure (≥ 98 %) 567 Einwaagesumme 3,961 Wasser (SZ = 2,3) 18 Ausbeute (SZ = 2,3) Polyesterkonstante k’M 1,3327 M n 1460 mittlere Molmasse [g/mol] q’ 3,0 Anzahl der Strukturelemente SZ 2,3 Säurezahl [mg KOH/g] OHZ 74,6 OH-Zahl [mg KOH/g]
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m 309,87 166,00 567,00 1042,87 71,29 3266,60
m-‰ 318,9 170,9 583,9 1073,4 73,4 1000,0
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Bei dem im Beispiel beschriebenen Ketonverfahren wird der Polyester (569,0 g) in Methylethylketon gelöst und dann bei relativ niedrigen Temperaturen (80 °C) mit Isophorondiisocyanat (213,0 g IPDI, im Überschuss), Dimethylolpropionsäure (46,0 g DMPS) und Neopentylglykol (7,0 g NPG) zu einem Polyurethanpräpolymer umgesetzt. Das mittlere Molekül des Präpolymers des Beispiels besteht dann aus 2,45 Mol Polyester; 0,42 Mol NPG; 2,16 Mol eines Addukts aus 2 Molen IPDI und DMPA und weiteren 1,71 Molen IPDI. Es hat eine mittlere Molmasse von 5247 g/mol und damit ein NCO-Äquivalentgewicht von 2624 g/mol. Die gemessenen Werte liegen etwas höher. Die Säurezahl des Präpolymeren beträgt 25 mg KOH/g. In der Abbildung 4.2 ist ein Modell dieses Polyurethanpräpolymers dargestellt.
Abbildung 4.2: Molekülmodell eines Beispiels eines Polyurethanpräpolymers
Dieses Präpolymer (835 g, 67 %-ig in 420,0 g MEK) wird dann mit Trimethylolpropan (24,0 g TMP) kettenverlängert. Es entsteht ein relativ hochmolekulares Polyurethan (theoretische Molmasse von über 40.000 g/mol) mit end- und seitenständigen OH-Gruppen. Die Säuregruppen dieses Polyurethans werden mit N,N-Dimethylethanolamin (25,8 g DMEA) neutralisiert, das entspricht einem Neutralisationsgrad von fast 85 %, und in deionisiertem Wasser (2552 g) dispergiert. Das Prozesslösemittel MEK wird im Vakuum abdestilliert. Es entsteht eine lösemittelfreie, anionisch stabilisierte, relativ feinteilige Polyesterurethandispersion. Das Produkt des Beispiels ist für die Herstellung von Wasserbasislacken für die Automobil-Serienlackierung vorgesehen [67]. Polyester enthaltende, anionisch stabilisierte Polyurethandispersionen können auch andere Diisocyanate und andere Anionenträger enthalten. Sie spielen außer bei wässrigen Basislacken eine Rolle für wässrige Füllersysteme, für Holz- und Folienbeschichtungen, für Kunststoff-, Papier- und Lederlacke. Für die physikalisch trocknenden Lacke werden Polyurethane mit relativ hohen Molmassen bevorzugt. Die zeichnen sich dann durch rasche Antrocknung, hohe Flexibilität und je nach Bausteinen guten Beständigkeiten gegen Wasser und Chemikalien aus. Solche Polyurethandispersionen werden auch mit primären Polyacrylatdispersionen kombiniert. Es werden aber auch niedrigmolekularere Typen, die funktionelle Gruppen haben, mit anderen Bindemitteln und Vernetzern zu Reaktionslacken verwendet,
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die sich dann ebenfalls durch besondere Flexibilität auszeichnen. Solche Bindemittel werden zum Beispiel für wässrige Zweikomponentenlacke empfohlen. Polyesterweichsegmente werden auch für Polyurethanpräpolymere verwendet, die nicht zu höhermolekularen Polyurethanen kettenverlängert werden, sondern bei denen dann die endständigen NCO-Gruppen mit Verkappungsmitteln umgesetzt werden. Diese verkappten Polyurethane können als flexibilisierende Vernetzer in Kombination mit anderen OH-Gruppen tragenden Bindemitteln in Einbrennlacken eingesetzt werden. 4.2.4.2 Feuchtigkeitsvernetzende Polyesterurethane Verzweigte Polyurethanpräpolymere können unter Einfluss von Luftfeuchtigkeit vernetzen. Dazu werden Diisocyanate im Überschuss mit relativ niedrigmolekularen, verzweigten, OH-Gruppen tragenden Polymeren umgesetzt, so dass sich Präpolymere mit endständigen NCO-Gruppen ausbilden. Als OH-Polymere werden bevorzugt Polyester, aber auch Polyole und Polyether, eingesetzt. Als Diisocyanate kommen Toluylendiisocyanat (TDI), 4,4’-Diisocyanatodiphenylmethan (Methylendiphenylisocyanat, MDI) und seine Isomermischungen, Hexamethylendiisocyanat (HDI), HMDI und Isophorondiisocyanat (IPDI) zum Einsatz. Überschüssiges Diisocyanat wird nach der Reaktion über Dünnschichtverdampfer abgetrennt. Ein alternatives Verfahren besteht darin, dass man oligomere Polyisocyanataddukte, die auch als Vernetzer für Zweikomponentenlacke verwendet werden, im Überschuss mit OH-Gruppen enthaltenden Polyester umsetzt. Wenn höherfunktionelle Polyisocyanataddukte eingesetzt werden, können auch lineare OH-Polyester ausgewählt werden. Die Polyisocyanataddukte sind bevorzugt trifunktionelles TDI-Urethan und trimeres IPDI. Wenn diese Addukte bereits sehr geringe Anteile an monomerem Diisocyanaten enthalten, ist kein Destillationsprozess erforderlich. Solche Produkte lassen sich auch beim Lackhersteller produzieren. Die für solche Polyurethanpräpolymere ausgewählten Polyester bestehen meist aus plastifizierend wirkenden Bausteinen (aliphatische Dicarbonsäuren, längerkettige Diole) und aus solchen mit Seitenketten. Die NCO-Gruppen enthaltenden Präpolymere sind löslich in aromatischen Lösemitteln, in Estern und Ketonen. Sie können pigmentiert werden. Um eine vorzeitige Vernetzung zu vermeiden, sind sie natürlich vor dem Einfluss von Feuchtigkeit zu schützen. Die Vernetzung läuft so ab, dass ein Teil der freien NCO-Gruppen mit der Feuchtigkeit der Luft reagiert und über eine Carbaminsäureverbindung unter Abspaltung von Kohlendioxid primäre Aminogruppen bildet. Diese Aminogruppen reagieren sehr schnell mit den übrig gebliebenen NCO-Gruppen zu Harnstoffen und bilden
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dadurch vernetzte Filme. Der Prozess läuft bei einem relativen Feuchtegehalt der Luft von mindestens 30 % effektiv ab. Die Vernetzung benötigt allerdings relativ lange Zeit und lässt sich durch höhere Temperatur nur wenig beschleunigen (unter anderem deshalb, weil dann die relative Luftfeuchtigkeit kleiner wird). Polyurethanpräpolymere aus aromatischen Polyisocyanaten reagieren schneller als die aus aliphatischen oder cycloaliphatischen Polyisocyanaten. Es ist üblich, die durch Luftfeuchte vernetzenden Bindemittel zu katalysieren, normalerweise wird dazu Dibutylzinndilaurat verwendet. Die Filme aus solchen Bindemitteln haben ausgesprochenen Elastomercharakter: Die über Harnstoffgruppen verknüpften Polyisocyanate bilden die Hartsegmente, die Polyesteranteile (oder Polyetheranteile) bilden die Weichsegmente. Die Filme sind zäh und elastisch. Sie sind chemikalienbeständig und wasserbeständig. Die aus aliphatischen oder cycloaliphatischen Polyisocyanaten hergestellten Präpolymere bilden wetterbeständige Filme. Wegen der langen Reaktionszeit ist der Einsatz solcher Bindemittel bei industriellen Applikationsverfahren begrenzt. Sie werden bevorzugt für hochwertige Korrosionsschutzbeschichtungen verwendet. Ein Vorteil ist dabei, dass sie auch Feuchtigkeit des Substrats aufnehmen. Weitere Anwendungen sind Betonversiegelungen und Dachbeschichtungen. Es gibt lösemittelfreie Systeme dieses Typs, die für Dichtungsmassen eingesetzt werden (Scheibenverklebung). 4.2.4.3 Polyesteracrylate Mit dem Begriff Polyesteracrylate bezeichnet man Umsetzungsprodukte von relativ niedrigmolekularen Polyestern, die endständige (und ggf. auch seitenständige) OHGruppen tragen, mit Acrylsäure. Diese Doppelbindungen enthaltenden Produkte werden für UV-Lacke verwendet. Unter dem Einfluss von UV-Initiatoren vernetzen die Produkte durch UV-Bestrahlung über eine Radikalketten-Polymerisation zu effektiven, wohl sehr ausgedehnten molekularen Netzwerken mit C-C-Brücken. Die Eigenschaften der UV-Lackfilme werden signifikant von der Größe und der Zusammensetzung des Polyestersegments beeinflusst. Naturgemäß steigt die Netzwerkdichte der Lackfilme mit steigender Verzweigung und sinkender Molmasse der Polyesters. Die Flexibilität der Filme ist umso höher, desto mehr aliphatische Komponenten im Polyestersegment enthalten und desto länger die aliphatischen Ketten dieser Bausteine sind. Härtere Filme entstehen dann natürlich aus Polyesteracrylaten aus niedrigmolekularen Polyestersegmenten, die aromatische und kurzkettige aliphatische Bausteine enthalten und ggf. verzweigt sind. Die Veresterung von Acrylsäure mit den OH-Gruppen eines Polyesters gestaltet sich schwierig. Einmal verestert die Acrylsäure – aufgrund des induktiven Effekts der Doppelbindung in Nachbarschaft der Carboxylgruppe – nur sehr langsam. Es sind daher Veresterungskatalysatoren notwendig (Säuren wie p-Toluolsulfonsäure oder Lewis-Säuren). Zum anderen müssen eine vorzeitige
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Polymerisation der Acrylsäure und Michael-Additionen von OH-Gruppen an die Doppelbindungen vermieden werden. Die Veresterung wird daher bei relativ niedrigen Temperaturen (max. 120 °C) durchgeführt, und es wird von vorne herein mit Zugaben von Inhibitoren (zum Beispiel Methylhydrochinon) gearbeitet. Damit das Veresterungsgleichgewicht möglichst effektiv auf die Seite der Produkte verschoben wird, ist es hier besonders wichtig, das gebildete Wasser möglichst schnell zu entfernen. Dazu werden relativ große Mengen von niedrig siedenden Schleppmitteln verwendet (zum Beispiel 10 % Toluol), die dann gegen Ende der Umsetzung unter Vakuum abdestilliert werden können. Man kann gegen Ende der Veresterungsreaktion eventuell vorhandene Reste an nicht umgesetzter Acrylsäure mit zugesetzten Epoxidverbindungen abreagieren lassen. Im Wettbewerb zu den Polyesteracrylaten stehen die Polyetheracrylate, die durch Umsetzung von Polyethylenglykolen, Polypropylenglykolen und ihren Copolymeren oder von Polyethern, die von höherfunktionellen Polyolen ausgehen, also verzweigt sind, mit Acrylsäure entstehen. Zur Herstellung von UV-vernetzenden Bindemitteln kann man auch von Polyurethanpräpolymeren (siehe Kapitel 4.2.4.1) ausgehen. Nach der Herstellung der Polyurethanpräpolymere, die endständige oder auch noch seitenständige NCOGruppen enthalten, werden diese bei relativ niedrigen Temperaturen mit Hydroxyalkylacrylaten zu Urethanen umgesetzt. Diese Reaktion verläuft weniger problematisch ab als die Veresterung von Acrylsäure mit OH-Gruppen. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Reaktion von Diepoxiden (niedrigmolekularen Epoxidharzen) mit Acrylsäure zu ungesättigten ß-Hydroxyestern, den so genannten Epoxidacrylaten. Auch diese Umsetzung ist relativ leicht durchzuführen. Natürlich ergeben die aufgezählten Bindemittelvarianten unterschiedliche Eigenschaften für die vernetzten Filme der daraus hergestellten UV-Lacke.
4.2.5 Gesättigte OH-Polyester für fremdvernetzbare, lösemittelhaltige Lacksysteme 4.2.5.1 Wichtigste Gruppe der gesättigten Polyesterharze Gesättigte Polyester mit OH-Gruppen für fremdvernetzbare, lösemittelhaltige Lacksysteme bilden die weitaus wichtigste Gruppe der gesättigten Polyester. Das gilt sowohl für ihren Mengenanteil als auch für die Vielfältigkeit ihrer Einsatzgebiete und der erzielbaren Eigenschaften. Obwohl alle diese Polyester OH-Gruppen tragen, die mit den entsprechenden reaktionsfähigen Gruppen der Vernetzer reagieren können, gibt es sehr unterschiedliche Typen für die verschiedensten Anwendungsfälle. Es gibt keine andere Bindemittelklasse – vielleicht mit Ausnahme der OH-Alkydharze, die aber als modifizierte Polyester prinzipiell auch
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zu dieser Gruppe gehören – die so unterschiedliche Produkte enthält. Weder die OH-Acrylatharze noch andere Bindemittel die OH-Gruppen enthalten, sind so vielfältig in der Zusammensetzung und Struktur und den daraus resultierenden Lackeigenschaften wie diese OH-Polyester. Diese Vielfalt ist natürlich nicht willkürlich entstanden, sondern ein Resultat der Entwicklung möglichst „maßgeschneiderter“ Bindemittel, um für die immer höheren Forderungen – vor allem an industriell verarbeitete Lacksysteme, allen voran die für die Automobil- und Elektronikindustrie – optimale Lösungen bereitzustellen. Das hat letztlich dazu geführt, dass diese Stoffklasse mehr und mehr von den größeren Lackherstellern selbst für einen „captive-use“ hergestellt wird und damit einen Teil deren speziellen „know-hows“ darstellen. Damit haben die größeren Chemieunternehmen, die Lackbindemittel herstellen – und zunächst die Hauptlieferanten der gesättigten Polyester waren – einen relativ großen Marktanteil verloren und konzentrieren sich auf die meist kleineren Lackhersteller, die ihre Bindemittel nicht selbst herstellen. Dabei stehen sie im Wettbewerb – vor allem auch bei den Kosten – mit kleineren Kunstharzherstellern, die vorzugsweise Bindemittel für die Lackindustrie herstellen. Trotz der besonders großen Vielfalt der Handelsprodukte, die es von dieser Stoffklasse am Markt gibt [58], gibt es auch Produkte verschiedener Hersteller, die in der Zusammensetzung, Struktur und den Kennzahlen und damit auch in den erzielbaren Lackeigenschaften weitgehend vergleichbar sind. Der daraus resultierende Wettbewerb ist für die Lackhersteller von Vorteil, zumal es für diese Stoffklasse weltweit große Produktionskapazitäten gibt. 4.2.5.2 Struktur und Zusammensetzung der gesättigten, fremdvernetzenden Polyester für lösemittelhaltige Lacke Strukturell können sich gesättigte, fremdvernetzbare OH-Polyester durch ihre mittleren Molmassen, den Verzweigungsgrad und die Anzahl der freien funktionellen Gruppen (OH-Gruppen und Carboxylgruppen) unterscheiden. Dabei gelten natürlich die im Kapitel „Aufbau und Struktur von Polyestern und Alkydharzen“ (Kapitel 3) beschriebenen Bedingungen und die Auswirkungen von Verzweigungsgrad und Lage des Zahlenmittels der Molmasse auf die Molmassenverteilung (Massenmittel der Molmasse). Die Zahlenmittel der Molmassen liegen für technisch verwendete Bindemittel im Bereich zwischen 800 und 4000. Natürlich ist die Wahl abhängig vom Verzweigungsgrad, der dann entsprechend zwischen 0,4 und 2,0 mol/kg liegt. Die OH-Zahlen der Polyester liegen dann üblicherweise – in Abhängigkeit von Molmasse und Verzweigungsgrad – zwischen 50 und 150 mg KOH/g. Diese OH-Gruppen sollen für die Fremdvernetzung zur Verfügung stehen. Es gibt aber auch eine Reihe relativ niedrigmolekularer linearer Polyester, die für fremdvernetzende Systeme empfohlen werden, die dann über ihre endständigen OH-Gruppen mit
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höherfunktionellen Vernetzern reagieren können. Die aus dem Kondensationsgrad resultierenden restlichen Carboxylgruppen ergeben übliche Säurezahlen zwischen ≤ 1,0 und 25,0 mg KOH/g. Die Carboxylgruppen spielen hier nicht nur die Rolle einer molekularen Begrenzung des Kondensationsgrads. Sie sollen zwar nicht direkt am Vernetzungsprozess teilnehmen, haben aber – vor allem bei der Aminoharzvernetzung – einen wichtigen katalytischen Effekt. Und natürlich unterscheiden sich diese Polyester durch die Auswahl ihrer Bausteine. Trotz der beschriebenen möglichen Vielfalt, gibt es für diese Bindemittelgruppe Rohstoffe, die bevorzugt eingesetzt werden, weil sie abgerundete Eigenschaften garantieren, und weil sie kostengünstig und großtechnisch verfügbar sind. Bei den Polycarbonsäuren ist es vor allem die Isophthalsäure, die in sehr vielen Polyestern die Hauptkomponente bildet. Häufig wird Isophthalsäure – um die Glasübergangstemperatur zu drücken und die Löslichkeit zu verbessern – mit Anteilen an Adipinsäure kombiniert. Terephthalsäure spielt bei dieser Polyestergruppe nur eine untergeordnete Rolle. Es gibt auch gesättigte Polyester in dieser Gruppe, die auf Phthalsäureanhydrid aufbauen, die dann relativ preisgünstig sind, die aber in den daraus hergestellten Lacksystemen geringere Flexibilität und geringere Zähigkeit ausbilden. Wenn man bei relativ schwach verzweigten Polyestern die plastifizierende Wirkung von Adipinsäure vermeiden will, aber die Tendenz zur Kristallinität bei alleiniger Verwendung von Isophthalsäure unterdrücken möchte, kann man Isophthalsäure mit bestimmten Anteilen Phthalsäureanhydrid kombinieren. Es wirken schon kleine Anteile. Von den cycloaliphatischen Polycarbonsäuren wird Hexahydrophthalsäure (-anhydrid) dann eingesetzt, wenn es darauf ankommt, bestimmte Bewitterungsstabilität (zum Beispiel für Klarlacke) zu erreichen. Tetrahydrophthalsäure (-anhydrid) vermittelt als Baustein Zwischenhaftung – ergibt aber geringere Wetterbeständigkeit. Sie wird daher bevorzugt für Füllersysteme oder Grundierungen verwendet. Die höheren aliphatischen Dicarbonsäuren sind teurer als Adipinsäure. Obwohl durch ihren Einbau bestimmte Eigenschaften wie Haftung und Flexibilität im Vergleich zur Wirkung eines mehr oder weniger hohen Anteils an Adipinsäure – ohne deutlicheren Verlust der Härte – verbessert wird, werden sie aus Kostengründen nur in wenigen Fällen berücksichtigt. Hohe plastifizierende Wirkung und gute Löslichkeit erreicht man durch Kombinationen von unterschiedlichen Anteilen an Dimerfettsäuren in Verbindung mit Isophthalsäure oder anderen „härteren“ Polycarbonsäuren. Auch bei den Diolen wird das Neopentylglykol als weitaus häufigste Komponente verwendet. Es wird bevorzugt, weil es aufgrund seiner C3-Kette nicht zu stark plastifiziert, aber durch die beiden Methylseitengruppen eine gute Löslichkeit der Polyester garantiert. Neopentylglykol wird dann häufig mit kleineren Anteilen anderer Diole kombiniert, wie zum Beispiel Hexandiol-1,6 und HPN (Hydroxypivalinsäureneopentylglykolester). Ethylenglykol wird – weil es schlechte Löslichkeit
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vermittelt – seltener verwendet, das Propylenglykol dann schon eher. Die preisgünstigen Etherdiole und Polyetherdiole plastifizieren verhältnismäßig deutlich, sie ergeben aber keine ausreichend wetterbeständigen Systeme und werden daher nicht in Decklack-Bindemitteln verwendet. Besondere Erwähnung sollen die Diole mit „Neostruktur“ finden, die längere Seitenketten als das Neopentylglykol haben, wie das Ethylbutylpropandiol-1,3. Polyester mit signifikanten Anteilen dieser Diole sind vollständig aromatenlöslich (wie kurzölige OH-Alkydharze) und zeigen breite Verträglichkeit. Wenn man auf Anteile an aromatischen Bausteinen verzichten muss (zum Beispiel bei der Formulierung wetterbeständiger Klarlacke) und möchte relativ hohe Glasübergangstemperaturen und Härten der Filme erreichen, wählt man Kombinationen aus Dimethylolcyclohexan und Hexahydrophthalsäureanhydrid mit Anteilen anderer Bausteine. Diese Kombination ist allerdings relativ kostspielig. Die verzweigende Komponente in dieser Polyestergruppe ist fast ausschließlich das Trimethylolpropan. Es wird mit seinen drei primären (vergleichbar reaktiven) OH-Gruppen dem Glycerin vorgezogen, das zusätzlich den Nachteil hat, leichter zu verfärben (Vergilbung). Andere mehr als zweifunktionelle Polyole werden nur sehr selten berücksichtigt. Prinzipiell ist natürlich auch eine Verzweigung über mehr als zweifunktionelle Polycarbonsäuren möglich – wie durch den Einbau von Trimellithsäure (-anhydrid). Da sich aber hier kein besonderer Vorteil ergibt, ist dieser Aufbau – auch aus Kostengründen – weniger vertreten. Die beschriebenen Polyesterharze dieser Gruppe sind gut löslich in Estern, in Alkoholen, Glykolethern, Glykoletherestern und Ketonen, einige sind auch löslich in aromatischen Kohlenwasserstoffen aber meist nicht in aliphatischen Kohlenwasserstoffen oder Terpenen. Auch aus Kostengründen wählt man für die Lieferform dieser Polyester meist Kombinationen aus aromatischen Kohlenwasserstoffen und kleineren Anteilen an polareren Lösemitteln (Beispiele: 60 %-ig in Xylol / Butylacetat 30 : 10 oder 60 %-ig in Solventnaphtha/Methoxypropylacetat 35 : 5). Prinzipiell lassen sich alle gesättigten OH-Polyester mit den entsprechenden Vernetzern kombinieren, aber es gibt auch dabei eine Zuordnung, die die Eigenschaften der gewählten Vernetzer sinnvoll ergänzt. Als Vernetzer spielen hier die Aminoharze und die Polyisocyanate (freie Polyisocyanate und verkappte Polyisocyanate) die wichtigste Rolle. 4.2.5.3 Gesättigte OH-Polyester für die Aminoharz-Vernetzung Die OH-Gruppen tragenden gesättigten Polyester (OH-Polyester) können mit den funktionellen Gruppen von Aminoharzen reagieren. Die OH-Gruppen reagieren mit Methylolgruppen unter Abspaltung von Wasser und mit den Methylolethergruppen der Aminoharze durch Umetherung und Abspaltung des Monoalkohols dieser Gruppe, dargestellt in Abbildung 4.3. Als Aminoharze kommen Harnstoff-Formaldehyd-Harze, Melamin-Formaldehyd-Harze,
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Benzoguanamin-Formaldehyd-Harze infrage. Die Reaktionen laufen entweder bei höheren Temperaturen (Einbrennlacke) oder bei Umgebungstemperaturen durch katalytische Einwirkung starker Säuren (p-Toluolsulfonsäure, partielle Phosphorsäureester, Salzsäure) ab. Allerdings reagieren unter diesen Bedingungen die Aminoharze auch mit sich selbst (Selbstvernetzung). Es entstehen relativ komplex zusammengesetzte molekulare Netzwerke. Man nimmt an, dass im Extremfall diese Netzwerke aus unterschiedlichen Bereichen (molekulare Domänen, Cluster) von selbstvernetzten Aminoharzanteilen und covernetzten Anteilen bestehen können. Eine stöchiometrische Berechnung der Mischungsverhältnisse ist unter diesen Bedingungen nicht sinnvoll. Das Verhältnis von Covernetzung zu Selbstvernetzung beeinflusst die Eigenschaften der dabei gebildeten Lackfilme. Während die Covernetzung mehr die Eigenschaften Flexibilität, Haftung, Wetterbeständigkeit und Chemikalienbeständigkeit unterstützt, beeinflusst die Selbstvernetzung eher die Oberflächenhärte und Lösemittelbeständigkeit positiv. Die üblichen Verhältnisse der Kombination von OH-Polyestern zu Aminoharzen liegen zwischen 60 : 40 und 85 : 15 Massenteilen. Höhere Anteile an Covernetzung
Abbildung 4.3: Möglichkeiten der Covernetzung von OH-Polyestern mit Aminoharzen
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erreicht man, wenn man höhere Anteile an OH-Polyester wählt, die OH-Polyester eine höhere OH-Zahl und reaktionsfähige OH-Gruppen enthalten, die Einbrenntemperaturen relativ niedrig sind oder kleinere Anteile an Säurekatalysatoren eingesetzt werden oder schwächere Säuren und wenn die Reaktivität der Aminoharze nicht sehr hoch ist. Höhere Anteile an Selbstvernetzung erzielt man mit hohen Anteilen Aminoharz, höher reaktiven Aminoharzen, mit Polyestern, die niedrigere OH-Zahlen enthalten, bei hohen Einbrenntemperaturen oder bei der Katalyse mit größeren Anteilen starker Säuren. Da die Applikationsbedingungen stark auf die Vernetzung wirken, sollte man bei einem gegebenen Polyester-Aminoharz-System das optimale Kombinationsverhältnis innerhalb der oben genannten Grenzen anhand der zu erreichenden Filmeigenschaften empirisch ermitteln. OH-Polyester für die Vernetzung mit Aminoharzen bestehen bevorzugt aus Isophthalsäure, weniger aus Phthalsäureanhydrid, Tetrahydrophthalsäureanhydrid oder Terephthalsäure. Sie enthalten oft Anteile an Adipinsäure (zwischen 15 und 40 mol-% der Dicarbonsäuren). Als Polyole enthalten sie bevorzugt Neopentylglykol, dazu Propylenglykol oder Butandiol-1,4, Hexandiol-1,6, Hydroxypivalinsäureneopentylglykolester oder Diole mit so genannten Neostrukturen, bzw. Mischungen der genannten Rohstoffe. Die verzweigende Komponente ist meistens das Trimethylolpropan. Die mittleren Molmassen (Zahlenmittel) dieser Polyester liegen zwischen 1500 und 4000 g/mol. Dabei sind natürlich die höhermolekularen die, die eine geringere Verzweigung haben. Die OH-Zahlen liegen üblicherweise zwischen 70 und 130. Die Säurezahlen der Polyester liegen normalerweise zwischen 10 und 25. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Carboxylgruppen der Polyester katalytisch auf die Vernetzungsreaktion mit den Aminoharzen wirken. Für Einbrennlacke kann man daher meist auf eine zusätzliche Katalysierung mit Säuren verzichten. Das wird erst nötig, wenn nur sehr geringe Einbrenntemperaturen zur Verfügung stehen (zum Beispiel 80 °C). Da die Aminoharzvernetzer stets höherfunktionell sind, kann man hier auch lineare Polyester einsetzen, die endständige OH-Gruppen enthalten. Die können dann auch höhere Molmassen haben. Die Vernetzungsdichten sind dann natürlich deutlich geringer. Solche Polyester werden bevorzugt für die Herstellung besonders flexibler Lackfilme (aus Can-Coating-Lacken und Coil-Coating-Lacken) verwendet. Insgesamt finden diese Polyester-Aminoharz-Kombinationen Verwendung in Einbrennfüllern, Einbrenndecklacken, Metallic-Basislacken für die Automobilindustrie, Industrie-Einbrennlacke für Maschinen und andere Geräte, CanCoating-Lacke, Coil-Coating-Lacke, als so genannte Säure-härtende Lacke für Holzoberflächen, Folien und Kunststoffe. Für verschiedene Anwendungen bieten diese Bindemittel-Kombinationen Vorteile gegenüber Kombinationen anderer OH-Gruppen enthaltender Bindemittel (OH-Alkydharze, OH-Acrylatharze, siehe Kapitel 4.4.6).
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In Basislacken für die Automobilserienlackierung wirkt die Kombination aus OH-Polyestern und Aminoharzen auch plastifizierend auf die dort als physikalisch trocknende Bindemittel eingesetzten Celluloseester (Celluloseacetobutyrat). Die flexibilisierende Wirkung muss auch dann erhalten bleiben, wenn diese Komponenten nach der so genannten Nass-in-Nass-Applikation des Klarlacks miteinander vernetzen. Kombiniert man die genannten OH-Polyester mit Melaminharzen in geeigneten Verhältnissen, erhält man pigmentierte Einbrennlacke mit ausreichend guter Wetterbeständigkeit. Auch die Chemikalienbeständigkeit dieser Filme ist für viele Anwendungen ausreichend gut. Melaminharznetzwerke (und auch die Netzwerke anderer Aminoharze) sind nicht sehr beständig gegen Säuren (reversible Spaltung der Methylolether), während die Polyesteranteile stabiler sind. Die Kombinationen mit Harnstoffharzen und Benzoguanaminharzen sind aufgrund des Verhaltens dieser Vernetzungspartner nicht wetterbeständig. Die recht gute Wetterbeständigkeit von Lackfilmen auf Basis OH-Polyestern und Melaminharzen gilt aber nicht so allgemein für ihre Verwendung in Klarlacken. Es ist aber nicht – wie immer noch angenommen – die Empfindlichkeit der Polyesterketten gegen Verseifung bei Bewitterung, die die geringere Wetterbeständigkeit hervorruft. Polyester sind nämlich bei Umgebungstemperaturen gegen schwache Säuren – und damit ist bei Bewitterung zunächst zu rechnen („saurer Regen“) – relativ verseifungsstabil; allerdings nicht in basischer Umgebung, die aber bei Bewitterung kaum auftritt. Die Ursache, dass Klarlacke auf Basis von Polyestern und Melaminharzen geringer wetterbeständig sind, liegt an ihrem üblichen Gehalt an aromatischen Polycarbonsäuren (meist Isophthalsäure). Formuliert man OH-Polyester ohne aromatische Bausteine, zum Beispiel mit Hexahydrophthalsäureanhydrid als Dicarbonsäure, so erhält man – in Kombination mit geeigneten Melaminharzen – Klarlackfilme, die mindestens genauso stabil gegen Bewitterungen sind wie Klarlackfilme auf Basis von Acrylatharzen und Melaminharzen. Die meisten der heute technisch zur Verfügung stehenden OH-Polyester sind mit den gebräuchlichen Aminoharzen gut verträglich. Wenn aber die Polarität der Bindemittel sehr unterschiedlich ist, gibt es Mischungslücken bei der Kombination in der Lieferform des Lackes (vor allem bei der Kombination von schwach verzweigten Polyestern und reaktiven Harnstoffharzen). Das lässt sich anhand trüber Bindemittellösungen oder trüber Filme, wenn sie nur physikalisch getrocknet sind, feststellen. Solche Unverträglichkeiten beeinträchtigen das Applikationsverhalten und auch die Filmeigenschaften. Für solche Fälle wählt man eine Mischung bei höheren Temperaturen. Da bei höheren Temperaturen bereits Reaktionen zwischen Polyester und Aminoharze ablaufen, wird die Verträglichkeitsgrenze überwunden. Man bezeichnet dieses Verfahren als
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Präkondensation. Natürlich muss die Umsetzung in Grenzen gehalten werden, am besten, indem man die Viskosität der Mischung verfolgt. Das folgende Beispiel in Tabelle 4.5 beschreibt einen verzweigten OH-Polyester, der in diesem Fall gemeinsam mit anderen Bindemitteln (Aminoharze, Polyurethan) für die Herstellung lösemittelhaltiger Metallic-Basislacke für die Automobil-Serienlackierung vorgesehen ist. Tabelle 4.5: Beispiel eines gesättigten OH-Polyester für die Aminoharz-Vernetzung [68] n = m/M 1,829 1,371 1,372 0,686 1,826 1,354 1,371
Baustein Ethylenglykol Neopentylglykol HPN Trimethylolpropan Isophthalsäure HHPSA Adipinsäure Einwaagesumme 7,646 Wasser Ausbeute (SZ = 5,0) Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Verzweigungsgrad [mol/kg] Säurezahl [mg KOH/g] OH-Zahl [mg KOH/g]
M 62 104 206 134 166 154 146 18
m 113,4 142,6 279,8 91,9 303,5 208,5 200,2 1339,9 137,6 1202,3
m-‰ 94,3 118,6 232,7 76,5 252,5 173,4 166,5 1114,4 114,4 1000,0
k’M 1,1782 M n 1482 v’ 0,57 SZ 5,0 OHZ 102,5
Beispiele von Handelsprodukten: Desmophen T 1665 SN/IB (Bayer [69]), Crodapol O-28X (Croda [70]), Uralac SN 820 (DSM [63]), Vialkyd AN 927 (Allnex [71]), Dynapol H 700 (Evonik [59]), Setal 186 (Nuplex [72]), Synolac 5025 (Cray Valley [73]), WorléePol 190 N (Worlée [74]). 4.2.5.4 Gesättigte OH-Polyester für die Vernetzung mit freien Polyisocyanaten OH-Gruppen enthaltende Polyester reagieren mit Isocyanaten bereits bei Raumtemperatur und bilden Urethane. Daher werden die beiden Komponenten der Lacksysteme getrennt ausgeliefert, man bezeichnet sie als Zweikomponentenlacke aus Stammlack (aus Polyester, Lösemittel, ggf. Pigment und Additiven) und Härter (aus Polyisocyanataddukt und Lösemittel). Es werden fast immer Polyisocyanataddukte verwendet, weil die niedrigmolekulareren Polyisocyanate (Diisocyanate) physiologisch bedenklich sind. Technisch bevorzugt sind Polyisocyanataddukte des Hexamethylendiisocyanat (HDI), des Isophorondiisocyanat (IPDI), des Toluylendiisocyanats (TDI), des 4,4’-Diisocyanatodiphenylmethan
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(Methylendiphenylisocyanat, MDI) und des 4,4’-Diisocyanatodicyclohexylmethan (HMDI). Die Oligomerisierung erfolgt über die Bildung von Urethanen mit Polyolen, die Trimerisierung zum Isocyanurat, die Bildung von Biuret, die Bildung von Allophanaten und die Bildung von Uretdionen. Die Reaktion zwischen OH-Gruppe und Isocyanatgruppe ist ziemlich eindeutig. Die Abbildung 4.4 zeigt die Vernetzungsreaktion eines OH-Polyesters mit dem Isocyanurat-Trimeren des Hexamethylendiisocyananats. Es gibt lediglich eine Konkurrenzreaktion der Isocyanatgruppen mit der Feuchtigkeit der Luft, dabei bilden sich aus den Isocyanatgruppen über eine instabile Carbaminsäureverbindung Amine, die dann wiederum an der Vernetzungsreaktion teilnehmen und daher keine wirkliche Beeinträchtigung für die gesamten Filmeigenschaften bedeuten. Die Vernetzungsreaktion kann über Katalysatoren
Abbildung 4.4: Vernetzungsreaktion eines OH-Polyesters mit dem Isocyanurat-Trimeren des Hexamethyelendiisocyanats
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(Organozinnsalze wie zum Beispiel Dibutylzinndilaurat, andere organische Schwermetallsalze wie zum Beispiel Zinkoctoat und tertiäre Amine) oder über höhere Temperaturen beschleunigt werden. Katalysierte Formulierungen haben dann eine geringere Standzeit (Potlife) als die nichtkatalysierten Systeme. Für die Applikationszeit nach Fertigmischen der Komponenten werden 3 bis 6 Stunden angestrebt. Für die industrielle Verarbeitung dieser Zweikomponentenlacke gibt es Zweikomponenten-Spritzpistolen, bei deren Anwendung die beiden Komponenten erst unmittelbar vor dem Applikationsvorgang in der Pistole gemischt werden, so dass das Potlife praktisch keine Rolle mehr spielt. Bei den Vernetzungsreaktionen entstehen – im Unterschied zu den vorher beschriebenen Vernetzungsreaktion von OH-Polyestern mit Aminoharzen – relativ homogene, ausgedehntere molekulare Netzwerke. Lackfilme aus OHPolyestern und Polyisocyanaten haben daher bei geeigneter Formulierung und effektiver Aushärtung höhere Flexibilität und Chemikalienbeständigkeit als die Aminoharz-vernetzten Polyesterlacke. Aromatische Polyisocyanate reagieren mit den OH-Gruppen von Polyestern deutlich schneller als aliphatische und cycloaliphatische Polyisocyanate. Lackfilme, die aromatische Polyisocyanate enthalten, sind aber nicht wetterbeständig. Solche Vernetzer werden daher vor allem für Grundierungen eingesetzt, die sich bei geeigneter Formulierung durch Härte und gute Haftung aber auch ausreichende Flexibilität auszeichnen. Filme aus OH-Polyestern und aliphatischen oder cycloaliphatischen Polyisocyanaten sind besser wetterbeständig als Filme aus OH-Polyestern und Melaminharzen. Auch hier gilt eine Einschränkung der Wetterbeständigkeit von Klarlacken aus den genannten Komponenten, die wiederum mit dem Verhalten von aromatischen Bausteinen in den Polyesterharzen zusammenhängt. Aromatenfreie OH-Polyester vernetzt mit aliphatischen oder cycloaliphatischen Polyisocyanataddukten ergeben mindestens die gleiche gute Wetterbeständigkeit wie für die aus geeigneten OH-Acrylatharzen und Polyisocyanaten gebildeten Klarlackfilme. Beide sind in dieser Eigenschaft den entsprechenden über MelaminharzVernetzung gebildeten Klarlackfilmen noch überlegen. Obwohl prinzipiell die gleichen OH-Polyester sowohl für die Vernetzung mit Aminoharzen als auch für die Vernetzung mit Polyisocyanaten geeignet sind, gibt es gewisse Unterschiede zu den Polyestern, die für die Vernetzung mit Polyisocyanaten entwickelt wurden bzw. dafür bevorzugt verwendet werden. Da das Härte-Elastizitätsspektrum von Filmen aus OH-Polyestern und Polyisocyanaten viel breiter ist, kann man hier auch eher Phthalsäurepolyester einsetzen. Deren geringere Flexibilität gegenüber den Isophthalsäure enthaltenden Polyestern wird dann über die Eigenschaft des Vernetzers kompensiert. Solche Polyester sind dann relativ preisgünstiger, was wiederum den höheren Kosten des Vernetzers entgegenwirkt.
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Wenn man allerdings flexiblere Lackfilme erzeugen will, wird man auch hier bei der Polyesterformulierung auf eine Kombination aus Isophthalsäure und Adipinsäure zurückgreifen, wobei man höhere Anteile Adipinsäure wählen kann. Besonders flexible Zweikomponentenlacke enthalten Polyester, die nur auf aliphatischen Dicarbonsäuren aufgebaut sind. Die erreichen ihre Beständigkeit dann vor allem durch die effektivere Vernetzung bei der Anwendung geeigneter Polyisocyanate. Aus diesen Gründen haben die OH-Polyester für die Vernetzung mit Polyisocyanaten im Trend niedrigere mittlere Molmassen (800 bis 2500 g/mol), höhere OH-Zahlen (90 bis 160 mg KOH/g) und niedrigere Säurezahlen (von unter 1 bis 12 mg KOH/g. Die Säurezahlen von Polyestern für die Vernetzung mit Polyisocyanataddukten sollten niedrig sein, weil nicht auf einen katalytischen Effekt Rücksicht genommen werden muss und höhere Säurezahlen eher Nachteile bringen (Verfärbung, Verkürzung der Standzeiten). Da die Polyisocyanataddukte Funktionalitäten von ca. 3 und höher haben, können hier auch relativ niedrigmolekulare, lineare Polyester verwendet werden, die endständige OH-Gruppen enthalten. Lacke aus OH-Polyestern und Polyisocyanataddukten finden bevorzugt Anwendung für die Automobil-Serienlackierung, die Automobil-Reparaturlackierung, die Lackierung von Großfahrzeugen, die Kunststoff- und Folienlackierung, für Bootslacke und für andere hochwertige Industrielacke. ZweikomponentenHolzlacke werden aus solchen Polyestern für die Vernetzung mit aromatischen Tabelle 4.6: Beispiel eines gesättigten Polyesters für die Vernetzung mit freien Polyisocyanaten [75] n = m/M 2,115 5,892 3,767 11,780 2,948 1,354 1,371
Baustein M Phthalsäureanhydrid 148 Isophthalsäure 166 Adipinsäure 146 Hexandiol-1,6 118 Trimethylolpropan 134 HHPSA 154 Adipinsäure 146 Einwaagesumme 21,374 Wasser 18 Ausbeute (SZ = 1,0) k’M 1,2558 Polyesterkonstante M n 1076 mittlere Molmasse [g/mol] Säurezahl [mg KOH/g] SZ 1,0 v’ 0,91 Verzweigungsgrad [mol/kg] OHZ 154,3 OH-Zahl [mg KOH/g] OH-Gehalt [%] OH-% 4,7
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m 313,0 978,0 550,0 1390,0 395,0 208,5 200,2 3626,0 384,7 3241,3
m-‰ 96,6 301,7 169,7 428,8 121,9 173,4 166,5 1118,7 118,7 1000,0
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Polyisocyanataddukten formuliert. Polyester-Polyisocyanat-Kombinationen finden auch Anwendung für Papierbeschichtungen, Versiegelungen und Kleber. Niedrigmolekulare, flüssige Polyester werden mit Polyisocyanat aus MDI-Isomeren für Vergussmassen (100 %-Systeme) verwendet. Tabelle 4.6 beschreibt das Beispiel eines Polyesters, der für die Vernetzung mit aliphatischen und cycloaliphatischen Polyisocyanataddukten für 2 K-Lacke für Kunststoffteile und hochflexible Füller (Steinschlagschutz) verwendet werden kann. Er enthält einen besonders hohen Anteil an Hexandiol-1,6 als einziges Diol. Dessen Kombination mit der Verzweigung über das Trimethylolpropan ergibt nach der Poyisocyanatvernetzung besonders zähelastische Filme. Es muss aber dabei die hier genannte Mischung von Dicarbonsäuren vorgenommen werden, damit der Tendenz zu Kristallinität aufgrund der einheitlichen Diol-Zusammensetzung entgegen gewirkt wird. Beispiele von Handelsprodukten: Desmodur 670 (Bayer [69]), Setal 168 (Nuplex [72, 78]), Uralac SN 831 (DSM [63]), Rokrapol 2135 (Krämer [65]), Synolac 1500 (Cray Valley [73]), Synthoester 1130 (Synthopol-Chemie [76]), Vialkyd AN 950 (Allnex [71]). 4.2.5.5 Gesättigte OH-Polyester für die Vernetzung mit verkappten Polyisocyanaten Um den Zweikomponenteneffekt zu umgehen, aber doch eine effektive Urethanvernetzung zu erreichen, verwendet man so genannte verkappte Polyisocyanate. Verkappte Polyisocyanate sind Umsetzungsprodukte aus Polyisocyanataddukten mit Verbindungen, die sich bei höherer Temperatur wieder abspalten können. Diese Verbindungen, die als Verkappungsmittel bezeichnet werden, bestehen aus H-aktiven Produkten mit relativ hoher Polarisierungsneigung. Beispiele von Verkappungsmitteln sind (die Werte in Klammern nennen die effektiven Umsetzungstemperaturen eines entsprechend verkappten aliphatischen Polyisocyanataddukts mit OH-Gruppen von Polyestern): Phenole (~180 °C), ε-Caprolactam (~170 °C), 1,2,4-Triazol (~155 °C), Methylethylketoxim (~155 °C), Ethylacetoacetat (~140 °C), 2,3-Dimethylpyrazol-1,2 (~140 °C), Diethylmalonat (~130 °C). Als Polyisocyanataddukte können hier die gleichen Verbindungen verwendet werden, die auch bei den Zweikomponentenlacken zum Einsatz kommen. Die Umsetzungsreaktion der verkappten Polyisocyanate mit den OH-Gruppen von Polyestern, ist nur bei hohen Temperaturen eine Zweistufenreaktion. Bei den oben genannten Temperaturen laufen bevorzugt Austauschreaktionen ab, die mit dem Mechanismus der Umesterung vergleichbar sind. Dabei kommt es zum Beispiel bei Diethylmalonat als Verkappungsmittel nicht zu einer Freisetzung des Malonesters, sondern bevorzugt zu einer Abspaltung von Ethanol, das heißt zu einer durch die ß-Ketostellung der Carbonylgruppen induzierten Umesterung.
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Menge und Typ der OH-Gruppen der Polyester spielen für solche Reaktionsmechanismen natürlich eine große Rolle. Es werden hier Polyester ausgewählt, die sich nicht prinzipiell von denen unterscheiden, die man auch für die Zweikomponentenlacke verwendet. Sie haben auch wie diese relativ hohe OH-Zahlen, kleine Säurezahlen und nicht sehr hohe mittlere Molmassen (Zahlenmittel). Bei der Auswahl ist allerdings die Applikation als Einbrennlack zu berücksichtigen: Es werden weniger temperaturempfindliche Bausteine verwendet – wie zum Beispiel die längerkettigen aliphatischen Dicarbonsäuren. Diese Systeme finden Verwendung für hochflexible Einbrennlacke für Füller in der Automobil-Serienlackierung und für Can-Coating-Lacke und Coil-CoatingLacke. In diesen Formulierungen werden oft verkappte Polyisocyanate und Melaminharze als Vernetzer für die OH-Polyester kombiniert, um ein besonders ausgewogenes Eigenschaftsspektrum der Filme zu erhalten (Balance von Flexibilität und Beständigkeit). Verzweigte OH-Polyester kombiniert mit Phenol-verkappten aromatischen Polyisocyanataddukt werden für direkt verzinnbare (lötbare) Drahtlacke verwendet. Tabelle 4.7 [77] beschreibt einen Polyester, der aus 10 Molen Dimethylterephthalat, 8 Molen Trimethylhexandiol-1,6 und 3 Molen Trimethylolpropan durch Umesterung hergestellt wurde. Bei den Angaben zur mittleren Molmasse von 1600 – 1700 und einer OH-Zahl von 93 – 95 ist mit einer nicht ganz vollständigen Abspaltung des Methanols zu rechnen (zu etwa 96 %). Die Säurezahl des Produktes ist natürlich sehr klein und ergibt keine Aussage über die mittlere Molmasse. Der Polyester ist in Kombination mit IPDI, das mit ε-Caprolactam verkappt ist zur Herstellung von Coil-Coating-Lacken vorgesehen. Tabelle 4.7: Beispiel eines gesättigten OH-Polyesters für die Vernetzung mit verkappten Polyisocyanaten [77] n 10,0 8,0 3,0
Baustein M Dimethylterephthalat 194 Trimethylhexandiol-1,6 160 Trimethylolpropan 134 Einwaagesumme 19,2 Methanolabspaltung 32 Ausbeute Polyesterkonstante k’M 1,18 M n 1671 mittlere Molmasse [g/mol] v 1,0 Verzweigungsgrad [mol/kg] Säurezahl [mg KOH/g] SZ 1,0 OHZ 108,2 OH-Zahl [mg KOH/g]
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m=n·M 1940,0 1280,0 402,0 3622,0 614,4 3007,6
m-‰ 645,0 425,6 133,7 1204,3 204,3 1000,0
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Beispiele von Handelsprodukten: Setal 1600 (Nuplex [72]), Uralac SN 810 (DSM [63]), Dynapol H 905 (Evonik [59]). Eine alternative Zusammensetzung besteht aus Umsetzungsprodukten von verzweigten OH-Polyestern und halbverkappten Diisocyanaten mit einem Teil der freien OH-Gruppen. Es entstehen dann selbstvernetzende Polyester für Einbrennlacke (Can-Coating, Coil-Coating) 4.2.5.6 Gesättigte OH-Polyester für festkörperreiche Lacke (High-Solids) Seit längerer Zeit besteht für die Lackentwicklung die Forderung, den Ausstoß an Lösemitteln (VOC = volatile organic compounds) zu reduzieren. Diese Forderung zielt zunächst auf den Umweltschutz und den Schutz der Personen, die mit den Lacken umgehen müssen, aber auch darauf, vom Erdöl abhängige Rohstoffe einzusparen. Der Weg zu Lacken, die bei der Applikation weniger Lösemittel abgeben, führt bei Lösemittel-haltigen Lacken unter anderem über die Erniedrigung der Viskosität dieser Lacksysteme in Abhängigkeit vom „Verarbeitungsfestkörper“. Korrekter wäre der Begriff: „nichtflüchtiger Anteil im applikationsfähigen Zustand“ (abgekürzt nfA), aber der kürzere Begriff „Festkörper“ ist immer noch sehr geläufig. Festkörperreiche Lacksysteme bezeichnet man auch als „High-Solids“. Damit wird allerdings nicht ein absoluter unterer Grenzwert des nichtflüchtigen Anteils angesprochen, sondern die Bezeichnung bezieht sich unterschiedlich auf die verschiedenen Lacksysteme und gilt dann, wenn eine signifikante Anhebung dieses Anteils im Bezug auf die vorher üblichen Produkte erzielt worden ist. So spricht man von „High-Solids“ bei einem weißem Einbrenndecklack, wenn es gelungen ist, den nichtflüchtigen Anteil im verarbeitungsfähigen Zustand von früher ca. 55 m-% auf über 70 m-% anzuheben. Bei einem Metallic-Basislack für die Automobil-Serienlackierung sprach man davon, als es gelang den Applikationsfestkörper von ca. 13 m-% auf über 25 m-% anzuheben, denn dabei wurde der Lösemittelausstoß immerhin halbiert. Die Viskosität eines Lackes bei einem gegebenen nichtflüchtigen Anteil und einer gegebenen Temperatur ist vor allem vom Bindemittel und vom Lösemittel abhängig. Die Größe der Molmasse, die Molmassenverteilung, die Löslichkeit des Bindemittels und der Typ des verwendeten Lösemittel sind dabei die Einflussgrößen auf die Viskosität. Da die Viskosität von Lösungen mit steigender Temperatur exponentiell sinkt, kann man auch die Anhebung der Temperatur für eine Viskositätserniedrigung vorsehen, indem man Lackmaterialien auf bis zu 80 °C erhitzt, um auf die für die Applikation notwendige Viskosität zu kommen (Heißspritzen). Die Lacksysteme müssen dann bei dieser Temperatur allerdings noch ausreichend stabil sein.
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Für die Verwendung gesättigter Polyester in festkörperreichen Lacken lag es zunächst nahe, die mittleren Molmassen der Polyester abzusenken und damit auch ihre Lösungsviskosität. Dabei sollten aber die Eigenschaften der daraus hergestellten Lacke und der Lackfilme nicht beeinträchtigt werden. Im Gegenteil: An neue, moderne Lacksysteme stellte man die Forderung, die Gebrauchseigenschaften noch weiter zu verbessern. Die Herabsetzung der mittleren Molmassen nach den oben beschriebenen Methoden, durch Erhöhung des Polyolüberschusses und Senken des Kondensationsgrads (siehe Kapitel 3.3 und 3.4), führt natürlich zu einer Erniedrigung der Lösungsviskosität. Damit ist aber verbunden, dass sich die Anzahl der funktionellen Gruppen (OH-Zahl bzw. OH-Zahl und Säurezahl) deutlich erhöhen, was die Löslichkeit der Produkte – vor allem in den sonst bevorzugten unpolareren Lösemitteln – beeinträchtigt. Während man die Säurezahlen meist in den sonst üblichen Rahmen hält (max. 20 mg KOH/g), haben Polyester für festkörperreiche Lacksysteme oft OH-Zahlen von über 200 mg KOH/g. Außerdem wird bei niedrigen mittleren Molmassen der Weg vom Polyesterharz zur Filmbildung durch eine Vernetzungsreaktionen verlängert. Das bedeutet, dass bei gleichen Vernetzungsbedingungen, die Verfilmung weniger effektiv ist, was wiederum Einbußen bei den Filmeigenschaften nach sich ziehen kann. Da die meisten Vernetzer (Aminoharze und Polyisocyanataddukte) mindestens drei reaktionsfähige Gruppen pro Molekül haben, können lineare Polyester mit endständigen OH-Gruppen für die Herstellung vernetzender Lacksysteme eingesetzt werden. Lineare Polyester haben schmalere Molmassenverteilungen (siehe Kapitel 3.4.3) und daher niedrige Lösungsviskositäten, vor allem dann, wenn sie Bausteine enthalten, die gute Löslichkeit (im lacktechnischen Sinne) vermitteln. Sie eignen sich daher für die Herstellung von festkörperreicheren Lacken. Die Vernetzungsdichten sind natürlich geringer im Vergleich zu denen aus verzweigten Polyestern. Eine niedrigere Viskosität der Polyester macht sich auch bei der Applikation bemerkbar. Aufgrund der niedrigeren Molmassen, ist die physikalische Filmverfestigung langsamer, es bedarf erst einer bestimmten Vernetzungsreaktion bis die Filmviskosität ausreichend steigt. Besonders bei Einbrennlacken durchläuft dann die Viskositätskurve des Films längere und tiefere Minima. Das kann die Bildung von Läufern und im Extremfall ein Ablaufen des Lackfilms bedeuten. In der Abbildung 4.5 ist die Abhängigkeit der mittlerer Molmasse, der OH-Zahl und des Verzweigungsgrads eines Polyesters aus Isophthalsäure (0,70 Mol), Adipinsäure (0,30 Mol), Trimethylolpropan (0,25 Mol) und Neopentylglykol bei konstanter Säurezahl von 15 mg KOH/g dargestellt, wenn man die Polyesterkonstante (k’ von 1,10 auf 1,50) über den Anteil des Neopentylglykols kontinuierlich erhöht (von 0,80 auf 1,15 Mol).
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Abbildung 4.5: Abhängigkeit von mittlerer Molmasse, OH-Zahl und Verzweigungsgrads eines Polyesters von der Anhebung der Polyesterkonstante
In dem gewählten Beispiel fällt die mittlere Molmasse von 2100 auf 570 g/mol, der Verzweigungsgrad von 1,03 auf 0,90 mol/kg und die OH-Zahl steigt von 95 auf 230 mg KOH/g. Die Lösungsviskosität einer 65 %-igen Lösung der Polyester in Xylol/Methoxypropylacetat fällt von ca. 1500 auf 450 mPa·s. Man hat versucht, die Nachteile, die aus der Erniedrigung der mittleren Molmassen von gesättigten Polyestern entstehen, zu kompensieren: Zur Optimierung der Filmbildungsreaktion hat man die Anzahl der reaktiven Gruppen der Polyester erhöht, das heißt den Verzweigungsgrad und damit die OH-Zahl. Diese Maßnahme führt aber, wie man weiß, wieder zu einer Verbreiterung der Molmassenverteilung und damit zu einer Erhöhung der Lösungsviskosität (siehe Kapitel 3.4.3). Außerdem bedeuten noch höhere OH-Zahlen eine geringere Löslichkeit in üblichen Lacklösemitteln.
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Dem Ablaufverhalten von Lacken auf Basis niedrigmolekularer Polyester kann man mit rheologisch wirkenden Additiven begegnen. Rheologieadditive, wie kolloidale Kieselsäuren, Bentonite, Polyurethane, Polyamide und Wachse bezeichnet man gelegentlich auch als Verdicker, d.h. sie heben die Verarbeitungsviskosität wieder an. Optimale Mittel sind daher nur die, deren Viskositätsbeeinflussung im verarbeitungsfähigen Zustand recht gering ist, aber bei der Filmbildung – das heißt beim Verdunsten des Lösemittels – deutlich zum Tragen kommt. Solche Mittel sind zum Beispiel Dispersionen von niedrigmolekularen, kristallinen Harnstoffverbindungen [78] oder kolloidale Kieselsäuren, die eine organische Oberflächenbehandlung ihrer Teilchen haben [79]. Nachdem man die Grenzen für die Erniedrigung der mittleren Molmassen erkannt hatte, hat man nach anderen Methoden gesucht, die Löseviskosität von Polyestern zu senken. Die unterschiedliche Löslichkeit von Polyestern in Abhängigkeit von ihren Bausteinen bildet dabei den zweiten Ansatzpunkt. Die Lösungsviskosität eines Polyesters mit gleicher mittlerer Molmasse, bei gleichem Verzweigungsgrad und mit gleicher Anzahl funktioneller Gruppen (OH-Zahl und Säurezahl), gelöst in aromatischen Lösemitteln oder Estern (bzw. in deren Gemischen), fällt, wenn man die aromatischen Dicarbonsäuren durch cycloaliphatische und schließlich durch aliphatische Dicarbonsäuren ersetzt. Das gleiche gilt, wenn man kurzkettige Diole, durch längerkettige Diole oder Diole mit mehr bzw. längeren Seitenketten ersetzt. Wenn dieses Vorgehen für eine Viskositätsabsenkung deutliche Erfolge zeigt, gibt es auch hier bestimmte Grenzen. Vernetzte Filme aus Polyestern, die nur aus langkettigen aliphatischen Bausteinen bestehen, sind weich und nur gering beständig gegenüber den Einflüssen von Lösemitteln und Chemikalien; sie sind auch nicht temperaturbeständig und können leichter vergilben. Moderne, technisch verwendbare Polyester für festkörperreiche Lacksysteme beinhalten daher einen Kompromiss aus den aufgeführten Maßnahmen. Für diesen Kompromiss steht besonders die Verwendung cycloaliphatischer Bausteine, wie Hexahydrophthalsäureanhydrid auf der Seite der Polycarbonsäuren und Dimethylolcyclohexan bei den Diolen. So ergibt Hexahydrophthalsäure deutlich niedrigere Lösungsviskositäten im Vergleich zu der sonst üblichen Isophthalsäure, ohne die Härte und Beständigkeiten der Lackfilme, die aus den daraus hergestellten Polyestern gebildet werden, nachdrücklich zu verschlechtern. Dabei spielt natürlich auch der Effekt der unterschiedlichen Reaktionsgeschwindigkeit der Anhydridgruppe des HHPSA gegenüber den beiden Carboxylgruppen der Isophthalsäure eine Rolle. Es ist auch auffällig, dass die Lösungsviskosität der Polyester aus Hexahydrophthalsäureanhydrid mit fallender Konzentration stärker abfällt, als die der Polyester aus Isophthalsäure, wie in Abbildung 4.6 dargestellt.
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Abbildung 4.6: Vergleichende Viskositätskurven von OH-Polyestern die Isophthalsäure und Hexahydrophthalsäure enthalten
Bei Verwendung solcher Bausteinkombinationen ist es oft nicht erforderlich die Molmassen so weit zu senken, dass die Effektivität der Vernetzung verschlechtert wird. Da cycloaliphatischen Bausteine auch für Klarlacke eine gute Wetterbeständigkeit ergeben, ist ihre Verwendung sehr zu empfehlen. Allerdings sind diese Bausteine vergleichsweise teurer. Die Abbildung 4.6 zeigt das unterschiedliche Verdünnungsverhalten von verzweigten Polyestern aus Neopentylglykol, Hexandiol-1,6, Trimethylolpropan und Adipinsäure, die einmal Isophthalsäure und im anderen Fall den gleichen molaren Anteil an Hexahydrophthalsäure enthalten. Vernetzer für die Kombination mit den hier beschriebenen Polyestern, sind Aminoharze und Polyisocyanataddukte mit freien Isocyanatgruppen (Zweikomponentenlacke).
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Bei den Aminoharzen werden die niedrigmolekularen, vollveretherten Produkte vom HMMM-Typus bevorzugt (HMMM = Hexamethoxymethylmelamin), die aufgrund ihrer niedrigen Molmasse und ihrer breiten Löslichkeit zur Erhöhung des Applikationsfestkörpers in High-Solid-Lacken beitragen. Vollveretherte Melaminharze müssen allerdings mit starken Säuren (p-Toluolsulfonsäure [80]) bzw. deren Aminsalzen katalysiert werden, damit sie – bei den für die industrielle Lackierung üblichen Einbrenntemperaturen – effektiv vernetzen. Für Zweikomponentenlacke haben aliphatische Polyisocyanataddukte aufgrund ihrer Molmassen und ihrer Löslichkeit relativ niedrige Viskositäten. Da sie schon bei Umgebungstemperaturen effektiv reagieren, spielt eine geringe mittlere Molmasse des Partnerpolyesters nur eine untergeordnete Rolle, während diese bei der Aminoharz-Vernetzung die effektive Vernetzung beeinträchtigen kann. Tabelle 4.8 enthält Angaben über einen gesättigten Polyester, der für die Vernetzung mit Aminoharzen für festkörperreiche Klarlacke vorgesehen ist [81]. Tabelle 4.8: Beispiel eines gesättigten OH-Polyester für festkörperreiche Lacke (High-Solids) [81] n = m/M 3,538 0,963 1,295 2,026
Baustein M Neopentylglykol 104 Trimethylolpropan 134 Adipinsäure 146 Hexahydrophthalsäureanhydrid 154 Einwaagesumme 4,394 Wasser 18 Ausbeute (SZ = 13,5) Polyesterkonstante k’M 1,4221 M n 656 mittlere Molmasse [g/mol] q 2,4 mittl. Anzahl der Strukturelemente v 1,05 Verzweigungsgrad [mol/kg] SZ 13,5 Säurezahl [mg KOH/g] OHZ 216,5 OH-Zahl [mg KOH/g]
m 368,0 129,0 189,0 312,0 998,0 79,1 918,9
m-‰ 400,5 140,4 205,7 339,5 1086,1 86,1 1000,0
Die im Patentbeispiel aufgeführte Komplettierung zu einem Klarlack mit reaktiven Verdünnern, HMMM-Harz, Katalysator, Verlaufsmittel und Lichtschutzmittel – das heißt ohne Lösemittel – soll eine Viskosität von 175 mPa·s bei 70 °C (Rotationsviskosimeter, Schergefälle 235/s) haben. Der über ein Heißspritzverfahren bei 70 °C zum Abschluss des Aufbaus einer Metallic-Automobil-Serienlackierung aufgetragene Klarlack soll nach Einbrennen von 30 min bei 150 °C ausreichend vernetzt sein. Gesättigte Polyester für festkörperreiche Lacke spielen ein Rolle bei der Formulierung von Einbrennlacken wie Füllern (Spritzapplikation, nfA ≥ 65 m-%),
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Decklacken und Einschichtlacken (Spritzapplikation, nfA bei Weiß ≥ 65 m-%), bei Metallic-Basislacken (Spritzapplikation, nfA ≥ 25 m-%) bei Can-Coatingund Coil-Coating-Lacken (Walzenapplikation, nfA ≥ 70 m-%). Sie werden für Zweikomponentenlacke verwendet, wie für Decklacke (Spritzapplikation, nfA ≥ 70 %), Klarlacke (Spritzapplikation, nfA ≥ 55 %) und für verschiedene Kunststofflacke. Sie sind wegen ihrer Bestandteile relativ teuer und werden daher zum Beispiel kaum für Holzlacke eingesetzt; dort lassen sich heute Hochpreisprodukte – trotz guter Eigenschaften – nicht gut vermarkten. Beispiele von Handelsprodukten: Dynapol HS 706 (Evonik [59]), Synthalat OF 831 (Synthopol-Chemie [76]), Uralac SY 941 (DSM [63]) Im Wettbewerb zu den Polyestern in festkörperreichen Lacksystemen stehen entsprechende OH-Alkydharze (siehe Kapitel 4.3) und OH-Acrylatharze. Zur weiteren Einsparung flüchtiger Lösemitteln gibt es wässrige Lacksysteme (siehe Kapitel 4.2.6 und 4.4.5.5). Alternativen zum gänzlichen Verzicht auf flüchtige Lösemittel sind die Pulverlacke (siehe Kapitel 4.2.7) und die so genannten 100 %-Systeme. Zu den Polyestern für festkörperreichen Lacke gehören auch die Polyesterdendrimere (siehe Kapitel 3.6 und [47]).
4.2.6 Wasserverdünnbare, gesättigte Polyester Es gibt nur wenige Lackbindemittel, die wirklich wasserlöslich sind. Dazu gehören die Polyethylenoxide (auch Copolymere und verzweigte Typen), die Polypropylenoxide bis zu einer bestimmten Molmasse (max. 600 g/mol bei linearen Typen), nichtveretherte und die mit Methanol veretherten Harnstoff-Formaldehyd-Harze und Melamin-Formaldehyd-Harze, Polyvinylalkohole, Celluloseether und auch spezielle Polyester, die einen signifikanten Anteil an Trishydroxyethylisocyanurat (THEIC) enthalten. Außer bei den ganz niedrigmolekularen Typen, die molekulare Lösungen in Wasser bilden können, sind es kolloidale Lösungen der Produkte in Wasser. Für die Filmbildung ist problematisch, dass die genannten Bindemittel gegen Einwirkung von Wasser empfindlich bleiben können. Die sonstigen Polyesterbindemittel sind so hydrophob, dass sie sich nicht ohne weiteres in Wasser lösen oder dispergieren lassen. Es gibt aber Möglichkeiten, die Polyester so zu modifizieren, dass sie in eine wässrige Phase überführt werden können. Eine Methode ist der Einbau von Polyethylenoxid-Segmenten – in der Kette oder auch seitenständig – die dann mit Wasser solvatisieren und dadurch in der Lage sind, eine Verteilung der Polyesters in der Wasserphase zu vermitteln (Mizellen, bzw. kolloidale Lösungen). Für diese so modifizierten Polyester gilt das Gleiche,
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wie für die wasserlöslichen Bindemittel, die Filme können wasserempfindlich bleiben. Außerdem wirken die Polyethylenoxid-Segmente stark plastifizierend. Wichtiger ist die Methode ionische Gruppen in Polyestermoleküle einzubauen, die dann mit Wasser Solvate bilden, die wiederum die sonst hydrophoben Polyestermoleküle tragen (ähnlich wie die Tenside). Es gibt grundsätzlich die Möglichkeiten kationische oder anionische Trägergruppen einzubauen. Bei wasserverdünnbaren Polyestern sind es aber fast ausschließlich anionische Trägergruppen. Denn diese kann man zunächst aus den Carboxylgruppen erzeugen, die Polyester prinzipiell immer enthalten (Säurezahlen). Fast alle Polyester mit bestimmten Säurezahlen, lassen sich in eine wässrige Phase überführen, indem man diese Säuregruppen neutralisiert. Neutralisationsmittel sind vor allem tertiäre Amine, selten auch Alkalimetalle. Je nach Aufbau, Molmasse und Struktur der Polyester müssen die Säurezahlen eine bestimmte Größe haben, um nach der Neutralisation effektive anionische Trägergruppen zu bilden. Auch der Neutralisationsgrad – das ist das molare Verhältnis zwischen Base (Neutralisationsmittel) und den Carboxylgruppen – spielt eine Rolle für die Wasserverdünnbarkeit. Die Carboxylgruppen selbst können keine Wasserverdünnbarkeit vermitteln. Der Begriff Wasserverdünnbarkeit stammt aus der Beobachtung, dass solche Polyester mit anionischen Trägergruppen nicht wirklich wasserlöslich sind, ihre Verteilung in der wässrigen Phase entspricht aber auch nicht der einer echten Dispersion. Die konventionellen Definitionen der Physik zur Einteilung der Verteilung fester Stoffe in einem flüssigen Medium in Lösung, kolloidale Lösung und Dispersion nach der Teilchengröße oder sogar nach der Reflektion des Lichts, ist hier weniger angebracht. Das gilt vor allem dann, wenn man den Einfluss der für wasserverdünnbare Polyester häufig verwendeten Anteile an so genannten Colösemitteln (Cosolventien) berücksichtigt. Colösemittel sind organische Lösemittel, die Solvate mit den hydrophoben Anteilen der Polyestermoleküle bilden können, aber weitgehend wasserverträglich sind. Das weitaus am meisten eingesetzte Colösemittel ist Butylglykol (Ethylenglykomonobutylether). Colösemittel verteilen sich entsprechend ihrer Wasserverträglichkeit und ihrem Solvatisierungsmöglichkeiten für die Polyestermoleküle in der kolloidalen Phase und in der wässrigen Phase. In der kolloidalen Phase haben sie die Aufgabe die Verknäulung der Polyestermoleküle zu lockern, die Viskosität dieser Phase zu senken und dabei den potenziellen Trägergruppen (Carboxylgruppen bzw. Carboxylatgruppen) die Möglichkeit zu geben, sich zur Außenphase zu orientieren. Die dabei entstehenden kolloidalen Teilchen unterscheiden sich strukturell fast gar nicht von den kolloidalen Teilchen einer organischen Polymerlösung. Sie können auch ungefähr deren Größe haben. Die Grenzen der Teilchen bilden molekulare Schlaufen, so dass es oft keinen optischen Dichtesprung geben kann, wenn Licht durch diese
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Abbildung 4.7: Modellhafter Vergleich von kolloidaler Lösung, wässriger kolloidaler Verteilung und wässriger Dispersion
wässrige Verteilung fällt. Solche Produkte können daher völlig klar sein und den Eindruck einer echten Lösung vermitteln. Demgegenüber haben echte Dispersionen definierte Teilchengrenzen, die auch optische Dichtesprünge ergeben. Sie sind bei einer bestimmten Teilchengröße also opak (weiß). Die Stabilisierung von Dispersionsteilchen wird durch Emulgatoren erreicht. Es wird in Abbildung 4.7 versucht, den Unterschied zwischen einer organischen kolloidalen Lösung, einer wässrigen kolloidalen Verteilung und einer wässrigen Dispersion modellhaft darzustellen, wobei in der Darstellung ganz bewusst gleiche Teilchengrößen gewählt wurden. (Die molekularen Größenordnungen sind aber natürlich nicht maßstabgetreu.) Die Dotierung von Polyestermolekülen mit Carboxylgruppen kann über verschiedene Maßnahmen erfolgen: • Addition von Anhydriden an OH-Polyester • Begrenzung der Kondensationsreaktion von Polyestern bei hohen Säurezahlen Als Anhydride für die Additionsreaktion kommen infrage: Phthalsäureanhydrid, Maleinsäureanhydrid, Trimellithsäureanhydrid, Tetrahydrophthalsäureanhydrid, Hexahydrophthalsäureanhydrid, Bernsteinsäureanhydrid und substituierte Bernsteinsäureanhydride wie das Dodecenylbernsteinsäureanhydrid. Will man hohe Säurezahlen durch eine Begrenzung des Kondensationsgrads erreichen, muss man natürlich die begrenzende Wirkung auf die mittlere Molmasse berücksichtigen, es müssen also entsprechend niedrigere molare Anteile von Polyolen gewählt werden. Hohe Säurezahlen bei Polyestern aus Isophthalsäure oder Terephthalsäure gestalten sich problematisch, wenn Anteile dieser
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hochschmelzenden Bausteine während der Kondensationsreaktion erhalten bleiben und zunächst keine Halbester bilden. Bei Polyestern, die Polycarbonsäuregemische enthalten, macht es Sinn diese Dicarbonsäuren zunächst vollständig zu verestern und dann – in einer zweiten Stufe – die weiteren Polycarbonsäuren zuzugeben und auf die gewünschte Säurezahl zu kondensieren. Das Gleiche gilt für die Verwendung von Dimethylterephthalat als Baustein, das bei der Umesterung natürlich keine freien Säuregruppen ausbilden kann. Die dabei hergestellten Polyester haben fast immer noch ausreichend hohe OH-Zahlen für die Vernetzungsreaktionen. Die Säurezahlen der Produkte liegen meist zwischen 25 und 65 mg KOH/g. Die Säuregruppen dieser Polyester werden dann fast ausschließlich mit Aminen neutralisiert. Die wichtigsten Amine als Neutralisationsmittel sind: Triethylamin, N,N-Dimethylethanolamin (DMEA), Diethanolamin, Diisopropanolamin (DIPA), 2-Amino-2-methylpropanol (AMP) und auch Ammoniak. Die Neutralisationsgrade liegen zwischen 60 bis 100 % (Mol Amin bezogen auf die Anzahl der Carboxylgruppen). Da die verwendeten Amine relativ stärkere Basen und die Carboxylgruppen der Polyester schwächere Säuren sind, liegt der pH-Wert verdünnter wässriger Lösungen der vollständig neutralisierten Polyester (am Neutralpunkt) meist deutlich über 8. Die pH-Werte der wässrigen Lieferformen der Polyester liegen üblicherweise zwischen 7,2 und 8,5. Zur Herstellung wässriger Polyesterlösungen wird destilliertes oder deionisiertes (voll entsalztes) Wasser verwendet, denn auch kleine Mengen an gelösten Erdalkalisalzen würden Instabilitäten erzeugen. Aus der Lage der pH-Werte resultiert das besondere Problem wasserverdünnbarer Polyester. In diesem pH- Bereich sind Estergruppen nicht besonders verseifungsstabil. Es kommt bei Lagerung der wässrigen Polyesterlösungen zur Verseifung der partiell veresterten Polycarbonsäuren aus der Anhydridaddition oder der partiellen Veresterung und auch zur Spaltung der Esterketten. Dabei geht die Wasserverdünnbarkeit verloren, und die Molmassen der Polyester sinken signifikant. Es geht daher darum, durch bestimmte Maßnahmen diesen Effekt zu vermeiden oder zumindest deutlich zu reduzieren, damit es nicht zum Verlust anwendungstechnischer Eigenschaften der aus wasserverdünnbaren Polyestern hergestellten Lacke kommt. So wurde festgestellt, dass die addierten Anhydride sehr unterschiedlich auf die Verseifungsreaktion reagieren. Vergleicht man dazu die Änderung der zunächst gleich eingestellten Säurezahl und der pH-Werte der Addukte der oben genannten Anhydride an einen verzweigten OH-Polyester, der danach vollständig mit N,N-Dimethylethanolamin neutralisiert und auf 30 % mit deionisierten Wasser verdünnt wurde, bei Lagerung bei 40 °C, so ergibt sich folgende Reihenfolge für einen Anstieg der Säurezahl und einen Abfall des pH-Wertes: • Phthalsäureanhydrid • Trimellithsäureanhydrid • Maleinsäureanhydrid
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• Tetrahydrophthalsäureanhydrid • Hexahydrophthalsäureanhydrid • Bernsteinsäureanhydrid. Die relativ geringere Stabilität der Addukte aus aromatischen Polycarbonsäureanhydriden gegenüber den cycloaliphatischen und aliphatischen, lässt sich durch den induktiven Effekt des aromatischen p-Elektronensystems und der benachbarten Stellung der potenziellen Carboxylgruppen (anchimerer Effekt) erklären. Auch für die Polycarbonsäureester innerhalb der Polyesterkette gibt es eine Reihenfolge der Verseifungsstabilität: Terephthalsäure- und Isophthalsäureester sind deutlich stabiler als Tetrahydrophthalsäure- und Hexahydrophthalsäureester, und diese sind deutlich stabiler als Phthalsäure- und Adipinsäureester. Besonders stabil sind dann wieder die Polyester aus Dimerfettsäuren. Diese Aussage gilt auch, wenn nur Anteile der genannten Polycarbonsäuren in einem Polyester enthalten sind. Des Gleichen gibt es eine Reihenfolge der Verseifungstabilität von Diolen in der Polyesterkette. Lineare und kurzkettige Diole verseifen am schnellsten, Diole mit längeren Ketten, mit Seitenketten und cycloaliphatische Diole verseifen langsamer. Die stabilsten Bausteine in dieser Hinsicht sind 2-Ethyl-2-butylpropandiol-1,3, Hydroxypivalinsäureneopentylglykolester (HPN), Dimethylolcyclohexan, Perhydrobisphenol A und die Dimerdiole. Trimethylolpropan verhält sich hier auch besser als Glycerin und Pentaerythrit. Die Erklärung für diese Unterschiede liegen sicher darin, dass unpolarere Bausteine die Polyesterkette hydrophobieren, und dass das Wasser bzw. die OH-Ionen dann weniger die Möglichkeit haben bis zur Estergruppe vorzudringen, was natürlich für eine Verseifungsreaktion unerlässlich ist. Auch Colösemittel können stabilisierend gegen die Verseifung wirken. Wenn Colösemittel innerhalb der komplexen Löslichkeits-Gleichgewichte mehr in die kolloidale (innere) Phase wandern, als in die äußere Phase (Wasser), können sie die Estergruppen vor Verseifungsreaktionen schützen. Man kann als Colösemittel auch solche einsetzen, die nicht voll wassermischbar sind, wie zum Beispiel n-Butanol oder sogar begrenzte Mengen aromatischer Lösemittel (zum Beispiel Xylol). In diesem Zusammenhang wurde auch festgestellt, dass Butylglykol besser wirkt als das polarere – und damit wasserfreundlichere Butyldiglykol. Cosolventien erniedrigen damit nicht nur die Viskosität der kolloidalen Phase und unterstützen die Orientierung der ionischen Trägergruppen, sondern sie reduzieren auch die Verseifungsgeschwindigkeit wasserverdünnbarer Polyester. Bei höheren Temperaturen können OH-Gruppen tragende Colösemittel allerdings Umesterungsreaktionen ergeben. Außerdem ergeben Colösemittel Vorteile in wässrigen Lacken, indem sie Verträglichkeit, Benetzung und Verlauf fördern. Es gibt auch Lieferformen wasserverdünnbarer Polyester nur in Colösemittel, die dann natürlich zunächst eine bedeutend längere Lagerstabilität haben als wässrige Lieferformen.
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Demnach bestehen wasserverdünnbare Polyester bevorzugt aus Isophthalsäure, Hexahydrophthalsäureanhydrid oder Tetrahydrophthalsäureanhydrid als härtere Dicarbonsäuren und aus Anteilen an Dimerfettsäuren – wenn auf eine Plastifizierung Wert gelegt wird. Neben Neopentylglykol als Diol enthalten sie bevorzugt weitere Neodiole, Hydroxypivalinsäureneopentylglykolester (HPN) oder Dimethylolcyclohexan. Als Triol enthalten sie meist Trimethylolpropan. Zusammenfassend kann man feststellen, dass wasserverdünnbare Polyester – außer den notwendigen hydrophilen Carboxylat-Gruppen – möglichst hydrophobe Bausteine enthalten sollten, und diese Aussage enthält nur scheinbar einen Widerspruch. Es wurde gefunden, dass man die geringere Verseifungsbeständigkeit eines Addukts aus OH-Polyester und Trimellithsäureanhydrid dadurch kompensieren kann, dass man nach der Addition – statistisch – noch mindestens eine weitere Carboxylgruppe der Trimellithsäure verestert. Ein Trimellithsäurediester bildet dann einen Kettenbestandteil mit einer seitenständigen Carboxylgruppe. Diese Struktur ist deutlich stabiler gegenüber Verseifungsreaktionen als das einfache Additionsprodukt. Sie ergibt den weiteren Vorteil, dass bei gleicher Säurezahl die Carboxylgruppen mehr über die Polyestermoleküle verteilt sind. Für die gleiche Säurezahl ist dann natürlich die doppelte Menge an Trimellithsäureanhydrid einzusetzen, und der molare Anteil der anderen Dicarbonsäure entsprechend zu senken, um auf eine vergleichbare mittlere Molmasse zu kommen. Diese Methode wird auch von einem der wichtigsten Hersteller von Trimellithsäureanhydrid empfohlen [82]. Es liegt dann auch nahe, so viel Trimellithsäureanhydrid einzusetzen und entsprechend weit zu verestern, dass dieser Baustein auch zu einer gewünschten Verzweigung des Polyesters beiträgt. Tabelle 4.9: Beispiel eines wasserverdünnbaren, gesättigten Polyester [83] n = m/M 3,000 3,016 7,010 7,008 4,000
Baustein M Hexahydrophthalsäureanhydrid 154 Dimerfettsäure (98 % Dimer) 567 Neopentylglykol 104 Hexandiol-1,6 118 Trimellithsäureanhydrid 192 Einwaagesumme Wasser 18 Ausbeute (SZ = 30) k’M 1,2260 Polyesterkonstante M n 1869 mittlere Molmasse [g/mol] SZ 30,0 Säurezahl [mg KOH/g] OHZ 83,1 OH-Zahl [mg KOH/g] v’ 0,95 Verzweigungsgrad
m 462,0 1710,0 729,0 827,0 768,0 4496,0 265,9 4230,1
m-‰ 109,2 404,2 172,3 195,9 181,6 1062,8 62,8 1000,0
Statistisch sind von 4 Mol TMSA 1,7 Mol Verzweigungsstellen und 2,3 Mol COOH-Träger.
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Das Beispiel in Tabelle 4.9 [83] beschreibt einen solchen wasserverdünnbaren Polyester, der für Wasserbasislacke für die Automobil-Serienlackierung Verwendung findet. Der Polyester wird zunächst 80 %-ig in n-Butanol gelöst, die Carboxylgruppen zu 80 % mit Dimethylethanolamin neutralisiert und mit deionisiertem Wasser auf eine 60 %-ige Lieferform verdünnt, die einen pH-Wert von 7,8 hat. Bei diesem Beispiel hat statistisch jedes der mittleren Polyestermoleküle im Mittel je eine Carboxylgruppe. Aber auch Polyester, bei denen im Mittel nicht alle Moleküle je eine Carboxylgruppe enthalten, sind – aufgrund der Trägerwirkung der Moleküle mit Carboxylgruppen – noch wasserverdünnbar.
Abbildung 4.8: Viskositätskurven von organisch gelöstem Polyester, wässrigem Polyester und Dispersion in Abhängigkeit vom nichtflüchtigen Anteil
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Beim Verdünnen wässriger Lieferformen der Polyester beobachtet man oft – mehr oder weniger ausgeprägte Viskositätsanomalien. Bei bestimmten Konzentrationen sinkt die Viskosität nicht – wie bei organischen Lösungen üblich – exponentiell ab, sondern steigt vorübergehend auf relativ hohe Werte an, um dann besonders deutlich abzufallen. Abbildung 4.8 zeigt einen Vergleich der Viskositäten organisch gelöster Polyester, wässriger Polyester und dazu noch eine typische Kurve für eine echte Dispersion. Es gibt verschiedene Interpretationen für diese Viskositätsanomalie, die man oft salopp als „Wasserberg“ bezeichnet. Zum einen wird angenommen, dass konzentriertere wässrige Polyestersysteme das Wasser als innere Phase enthalten, dann kommt es bei der Verdünnung mit Wasser zu einer Phasenumkehr (Inversion), wobei der Umkehrpunkt durch das Viskositätsmaximum gekennzeichnet ist. Diese Vorstellung vergleicht diese Systeme mit wässrigen Emulsionen, die bei der Inversion von der W/Ö-Emulsion zur Ö/W-Emulsion auch ein Viskositätsmaximum haben (zum Beispiel bei Cremes). Hier wird aber vorausgesetzt, dass die Ursache der Anomalie in den komplexen Löslichkeits-Gleichgewichten von Polymer, Wasser und Cosolvent liegt. Beim Verdünnen könnte dann zunächst Wasser in die kolloidalen Teilchen wandern und diese vergrößern – die Viskosität steigt. Ab einem bestimmten Verhältnis von Wasser zu Cosolvent in diesen Teilchen geht die Solvatationsfähigkeit des Gemisches verloren, die Teilchen kontrahieren und drängen Wasser und Cosolvent in die äußere Phase ab, so dass die Viskosität deutlich fällt. Bei niedrigen Konzentrationen bildet die Verteilung wasserverdünnbare Polyester mehr und mehr den Zustand einer echten Dispersion. Trotz Neutralisation kann es dann sogar zu Ausfällungen kommen. Lage und Größe des so genannten „Wasserbergs“ der Viskositätskurven werden von den Bausteinen der Polyester, deren Molmassen und Molmassenverteilungen, der Säurezahl, dem Neutralisationsgrad, dem Typ des Neutralisationsmittels und dem Typ und Anteil des Colösemittels beeinflusst. Hier liegt auch die Erklärung dafür, warum die Alkanolamine als Neutralisationsmittel bevorzugt werden; sie wirken wie Colösemittel positiv auf das Viskositätsverhalten und damit auch auf das Applikationsverhalten. Die Viskositätsanomalie ist vor allem bei der Komplettierung wasserverdünnbarer Lacke aus den Lieferformen der Polyester zu berücksichtigen, weil für die hochviskose Phase entsprechende Scherkräfte zur Verfügung stehen müssen. Sie wirkt sich aber auch auf das Applikationsverhalten aus. Der Effekt wird bei der Zumischung von Melaminharzen, die rheologisch fast wie Colösemittel wirken, geringer. Der Gehalt an Colösemittel darf – um den Umweltaspekt zu erfüllen – natürlich nicht zu hoch sein. Wässrige Einbrennlacke sollten daher deutlich unter 10 m-% an Colösemittel im applikationsfähigen Zustand enthalten.
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Wasserverdünnbare Polyester, die sowohl OH-Gruppen als auch Carboxylgruppen haben, werden mit wasserlöslichen Melaminharzen zu Einbrennlacken kombiniert. Bei den Melaminharzen sind es vor allem die niedrigmolekularen, hoch mit Methanol veretherten Typen (HMMM-Harze), die verwendet werden. Je nach Einbrennbedingungen reicht dann die relativ hohe Säurezahl des Polyesters aus, um die Vernetzung zu katalysieren. Man kann diese Kombinationen aber auch noch mit Aminsalzen stärkerer Säuren (Sulfonsäuren) katalysieren. Reaktivere Melaminharze haben daher auch das Problem der mangelnden Lagerstabilität. Wenn sie nach der Mischung in der wässrigen Phase in die kolloidalen Teilchen diffundieren, ist dort die lokale Konzentration der Carboxylgruppen so hoch, das eine vorzeitige Vernetzungsreaktion angestoßen werden kann. Im Unterschied zu den organischen Lösungen, deren Viskosität dann exponentiell steigen würde, bleibt die wässrige Verteilung zunächst scheinbar unverändert. Es kann – wegen der Kontraktion der Teilchen – sogar zu einer Absenkung der Viskosität kommen. Man stellt dann aber bei der Applikation Verlaufstörungen und Filmstörungen fest. Im Grenzfall fällt die kolloidale Phase dann aus. Einsatzgebiete der Kombinationen wasserverdünnbarer Polyester und Melaminharze sind Einbrennfüller, Basislacke, wässrige Industrielacke, Can-CoatingLacke und Coil-Coating-Lacke. Es gibt auch wasserverdünnbare Einbrennlacke, die aus Polyestern und verkappten Polyisocyanataddukten bestehen. Dazu kann man die Polyisocyanataddukte zum Teil verkappen und mit Dimethylolpropionsäure umsetzen, die dann nach Neutralisation Wasserverdünnbarkeit ergibt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass man Polyester ausreichend hoch mit Carboxylgruppen dotiert und dann neutralisiert. Diese können so die gebräuchlichen verkappten Polyisocyanataddukte (ohne anionische Gruppen) in ihren kolloidalen Teilchen aufnehmen und stabile wässrige Verteilungen ergeben. Beispiele von Handelsprodukten wasserverdünnbarer, gesättigter Polyester: Setal 6306 (Nuplex [72]), Dynapol HW 112 (Evonik [59]), Plusaqua V494 (Omya-PlüssStaufer [84]), Synthoester WP 181 (Synthopol-Chemie [76]), WorléePol 191 (Worlée [74]) Erstaunlicherweise kann man auch mit freien Polyisocyanaten wässrige Lacke herstellen, obwohl Isocyanatgruppen mit Wasser reagieren und über Carbaminsäurederivate Amine bilden. Es gibt dabei zwei Wege, die beschritten werden: Polyisocyanataddukte sind relativ unpolar und hydrophob. Wenn man sie zu der wässrigen Verteilung eines Polyesters mischt, kann der größte Teil durch die wässrige Phase wandern und in die hydrophoberen kolloidalen Teilchen der Polyestermoleküle diffundieren, um dann bevorzugt dort über die Umsetzung mit OH-Gruppen die Bildung von Urethanen zu starten (Vernetzung). Dafür eignen sich besonders die niedrigviskosen Polyisocyanate, weil sie am schnellsten
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in die Teilchen diffundieren können. Aus dem gleichen Grund kann man auch Lösungen von Polyisocyanaten verwenden. Als Lösemittel und Colösemittel können hier allerdings keine OH-Gruppen enthaltenden Lösemittel eingesetzt werden. Neben N-Methylpyrrolidon und niedrigen Ketonen, werden – wegen ihrer anwendungstechnischen Vorteile – besonders Glykoletherester (zum Beispiel Methoxypropylacetat) und Diether von Glykolen mit Monoalkoholen verwendet. Für diese Kombinationen sorgt eine mechanische Mischung für die Effektivität der Diffusion und damit auch für die Effektivität der Vernetzung. Der andere Weg besteht darin Polyisocyanataddukte mit Polyethylenoxiden zu modifizieren, sie werden dabei hydrophil. Diese so modifizierten Polyisocyanate lassen sich dann leichter in wässrige Systeme eintragen. Auch sie können in die kolloidalen Teilchen dieser Systeme eindringen. Ein größerer Teil wird aber in der wässrigen Phase bleiben und mit dem Wasser reagieren. Wenn dann aus den Isocyanatgruppen Aminogruppen gebildet werden, können die mit den übrig gebliebenen Isocyanatgruppen zu Harnstoffen reagieren. Bei ausreichend hoher Funktionalität entstehen molekulare Netzwerke, nur aus den Polyisocyanataddukten, die gute Filmeigenschaften haben. Insgesamt resultiert so eine gemischte Vernetzung. Während beim ersten Verfahren relativ wenige Reaktionen der Isocyanate mit Wasser vorkommen, wird beim zweiten Verfahren relativ mehr Isocyanat mit Wasser reagieren. Dementsprechend wählt man im ersten Fall nur geringe Überschüsse an Isocyanat bezogen auf die OH-Gruppen des Polyesters, während man im zweiten Fall deutliche Überschüsse (zum Beispiel bis zu 160 %) bezogen auf die OH-Gruppen einsetzt. Die Eigenschaften der entstehenden Filme sind durchaus mit den Eigenschaften der Filme aus konventionell gelösten Zweikomponentenlacke zu vergleichen. Auch bei den wässrigen Lacken gibt es natürlich einen Zweikomponenteneffekt, der aber auch nicht aus dem Viskositätsverhalten der Mischung abzuleiten ist, sondern nur aus dem Applikationsergebnis. Diese Produkte verhalten sich applikationstechnisch nicht einfach, sie bilden bei der Spritzlackierung häufig Kocher, denen man durch Auswahl bestimmter Colösemittelkombinationen und durch Zusatz von Additiven begegnen muss. Für solche wässrigen Lacke haben gesättigte Polyester eindeutige Vorteile gegenüber den Acrylatharzen, die ebenfalls für eine Isocyanatvernetzung in wässriger Phase vorgesehen sind; unter anderem auch deshalb, weil sie verseifungsbeständig sind. Kolloidale Teilchen von Polyestern sind aber stets weniger dicht verknäult als die von Acrylatharzen. Die notwendige Diffusion der Isocyanate ist daher bei den Polyestern begünstigt. Obwohl sekundäre Acrylatdispersionen häufig für diese Systeme empfohlen werden, werden hier auch Polyester und urethanmodifizierte Polyester eine wichtige Rolle spielen.
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Eine Alternative zur Einführung von Carboxylgruppen in Polyestermoleküle, um wasserverdünnbare Bindemittel herzustellen, ist die, an Stelle von Polycarbonsäuren (bzw. deren Anhydride) Hydroxycarbonsäuren einzubauen. Mit Hydroxypivalinsäure kann man in Polyestern gezielt Carboxylendgruppen erzeugen. Das ist selbst bei einem Einstufenprozess statistisch möglich, weil die tertiäre Carboxylgruppe dieser Verbindung nur sehr langsam verestert. Bekannter ist die Dimethylolpropionsäure, die mit ihren beiden primären OH-Gruppen als Kettensegment in den Polyesterverband einreagieren kann, während die tertiäre Carboxylgruppe – wegen ihrer geringeren Reaktivität – weitgehend als freie Carboxylgruppe erhalten bleibt. Das Segment ist relativ verseifungsstabil. Sehr gute Verseifungsstabiltät erzielt man dann, wenn man Dimethylolpropionsäure nicht über Estergruppen, sondern über Urethangruppe in Polymerketten, einbringt. Das geschieht einfach dadurch, dass man sie mit zwei Molen Diisocyanat umsetzt und das dabei entstandene Addukt bei relativ niedrigen Temperaturen mit OH-Gruppen von Polyestern umsetzt; es entstehen nach Neutralisation wasserverdünnbare Polyesterurethane (siehe dazu Kapitel 4.2.4.1). Weitere Alternativen wasserverdünnbare Polyester herzustellen bieten Bausteine mit Sulfonsäuregruppen bzw. deren Salze. Dazu werden vor allem Alkalisalze der Sulfoisophthalsäure empfohlen [85]. Abbildung 4.9 zeigt das Lithiumsalz der Sulfoisophthalsäure, das als Dicarbonsäure reagiert. Solche Bausteine haben den Vorteil, dass man molar deutlich weniger Anteile benötigt, um ausreichend wasserverdünnAbbildung 4.9: Lithiumsalz der bare Polyester zu erzeugen. Der Nachteil Sulfoisophthalsäure besteht darin, dass es nur Alkalisalze dieser Verbindungen gibt, die sich bei der Applikation schwierig verhalten können, vor allem aber nicht flüchtig sind und daher auch im fertig vernetzten Film hydrophile Bestandteile sind. Es gibt auch die Möglichkeit, Sulfogruppen polymeranalog in Polyester einzubringen. Bei Polyestern, die mit signifikanten Anteilen an Maleinsäureanhydrid hergestellt wurden (ungesättigte Polyester, siehe Kapitel 4.3), kann der gebildete Fumarsäureester durch Reaktion der Doppelbindung Hydrogensulfate anlagern, es entstehen Sulfonsäuresalze.
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4.2.7 Gesättigte Polyester für Pulverlacke Lacktechnisch brauchbare Polymere können – bis auf wenige Ausnahmen – nicht als solche eingesetzt werden, sondern müssen in eine verarbeitungsfähige Form überführt werden. Man bildet daher aus den Polymeren organische Lösungen oder Dispersionen und wässrige Lösungen oder Dispersionen, in denen die Polymere fein verteilt sind und sich als mehr oder weniger niedrigviskose Flüssigkeiten verarbeiten lassen. Es gibt aber auch noch eine weitere Möglichkeit, nämlich die Verteilung von Polymeren in Luft, das heißt die Bildung von Aerosolen. Stabile Aerosole haben viele Ähnlichkeiten mit Flüssigkeiten, sie sollten vor allem so mobil sein, dass sie gefördert und appliziert werden können. Die auf diese Weise hergestellten so genannten Pulverlacke haben den Vorteil, dass sie bei Applikation und Filmbildung praktisch keine organischen Bestandteile emittieren. Die Bindemittel (Polymere) – hier die gesättigten Polyester – müssen allerdings für die Verwendung in Pulverlacken bestimmte Vorraussetzungen erfüllen. Sie müssen mit technisch verfügbaren Methoden zu Pulvern zerkleinert werden können. Diese Pulver müssen unter üblichen Bedingungen lagerstabil sein. Sie müssen stabile Aerosole bilden, das heißt sie müssen effektiv fluidisierbar sein. Sie müssen für die heute fast ausschließlich angewendete Applikationsmethode – das elektrostatische Spritzen – gute Dielektrika sein, die sich entsprechend aufladen lassen. Sie müssen bestimmte Schmelzbereiche haben und dann Schmelzviskositäten, die einen optimalen Verlauf ergeben. Geeignete Polyester für die Herstellung und Lagerung von Pulverlacken haben Glasübergangstemperaturen von über 55 °C und Erweichungstemperaturen – je nach Messmethode – von über 75 °C. Die erforderliche Temperatur ist auch vom Temperaturverhalten der Vernetzer, die den Polyestern zugemischt werden, abhängig. Durch die Lage der Glasübergangs- bzw. Erweichungstemperaturen wird gewährleistet, dass die Bindemittel bzw. ihre Mischungen mit technisch verfügbaren Mahlaggregaten zu Pulvern zerkleinert werden können, denn bei diesem Prozess entsteht natürlich Wärme. Sie werden dann, auf eine bestimmte Korngrößenverteilung zielend, gesichtet und müssen lagerstabile Pulver bilden. Während des Prozesses und bei der Lagerung müssen die vorgegebenen Temperaturen natürlich eingehalten werden. Gesättigte Polyester mit so hohen Glasübergangstemperaturen enthalten hauptsächlich aromatische und cycloaliphatische Polycarbonsäuren und kurzkettige aliphatische Diole oder cycloaliphatische Diole. Aliphatische Dicarbonsäuren und längerkettige Diole können nur in solchen Anteilen berücksichtigt werden, die die Glasübergangstemperaturen nicht zu sehr senken. Diese kleineren Anteile regeln das Applikationsverhalten (Schmelzviskosität) und die Flexibilität der Filme. Als verzweigende Komponente ist Trimethylolpropan, das aufgrund der Seitenkette schon plastifizierend wirkt, nur in geringen Anteilen zu verwenden,
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sondern eher – auf der Seite der Polycarbonsäuren – das Trimellithsäureanhydrid. Die Polyester für Pulverlacke sollen bei den Filmbildungstemperaturen möglichst steile Schmelzviskositätskurven haben, damit aus der Schmelze ausreichend verlaufende Filme entstehen können. Höhermolekulare Polyester benötigen dazu recht hohe Temperaturen. Da es bei Pulverlackbindemitteln nicht auf eine gute Löslichkeit ankommt, sind teilkristalline Strukturen vorteilhaft, weil sie zwar hohe Erweichungstemperaturen haben, aber dann steilere Schmelzviskositätskurven über die Temperatur. Schmelzbereichstemperaturen und Schmelzviskositäten müssen bei vernetzenden Pulverlacken natürlich auf die Vernetzungsreaktion abgestimmt sein. Die Schmelze muss vor der Vernetzung ausreichend verfließen können, um glatte Filme erzeugen zu können. 4.2.7.1 Thermoplastische, gesättigte Polyester für Pulverlacke Geeignete hochmolekulare, lineare Polyester aus aromatischen Dicarbonsäuren – wie in Kapitel 4.2.1 beschrieben) – können auch als Pulverharze verwendet werden. Da sie praktisch keine reaktionsfähigen Gruppen tragen, können sie nicht vernetzen. Aufgrund ihrer hohen Glasübergangstemperaturen können sie gut in eine Pulverform gebracht werden. Im Gegensatz zur Anwendung in lösemittelhaltigen Lacken, können hier auch teilkristalline Polyester zum Einsatz kommen. Sie benötigen nach der Applikation, meist durch elektrostatisches Spritzen, relativ hohe Filmbildungstemperaturen (240 – 400 °C). Die damit erhaltenden Beschichtungen sind gut haftend, flexibel, beständig gegen Wasser und recht gut wetterbeständig Beispiel eines Handelsprodukts: Dynapol P 1500 (Evonik [59]) 4.2.7.2 Carboxylpolyester für Pulverlacke Die mengenmäßig wichtigste Gruppe der Polyester für Pulverlacke bilden solche, die Carboxylgruppen tragen. Diese Polyester werden zunächst mit Epoxidgruppen enthaltenden Verbindungen vernetzt. Die Vernetzungsreaktion läuft bei höheren Temperaturen effektiv ab. Sie hat den Vorteil, dass sie als Additionsreaktion keine Abspaltprodukte erzeugt. Daher lassen sich mit solchen Kombinationen relativ hohe Schichtdicken störungsfrei erzeugen. Die Carboxylpolyester werden bevorzugt aufgebaut aus aromatischen Polycarbonsäuren wie Terephthalsäure, Isophthalsäure, Trimellithsäureanhydrid und gelegentlich auch aus geringeren Anteilen von Phthalsäureanhydrid. Sie enthalten kurzkettige Diole, wie Ethylenglykol, Propylenglykol und Neopentylglykol oder auch cycloaliphatische Diole, wie Dimethylolcyclohexan. Sie können kleinere Anteile an längerkettigen aliphatischen Verbindungen enthalten, wie
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Adipinsäure oder Hexandiol-1,6. Solche Bausteine können nur in solchen Mengen eingesetzt werden, die – im Zusammenhang mit den anderen Bausteinen – die Glasübergangstemperatur nicht unter 55 – 60 °C senken. Die Carboxylguppen werden genauso generiert wie bei der Herstellung der wasserverdünnbaren Polyester (siehe Anschnitt 4.2.6), nämlich durch Anhydridadditionen oder durch Begrenzung des Kondensationsgrads bei hohen Säurezahlen. Die Säurezahlen dieser Polyester liegen meist zwischen 30 und 80 mg KOH/g. Die OH-Zahlen sind dann relativ niedrig. Für die Dotierung mit Säuregruppen über eine Anhydridaddition wird zunächst ein meist linearer OH-Polyester hergestellt, der bevorzugt Terephthalsäure oder Isophthalsäure enthält – es wird aber auch Dimethylterephthalat verwendet – und der aus Polyolen im molaren Überschuss besteht. Dann wird meist Trimellithsäureanhydrid zugegeben und über eine Additionsreaktion angelagert. Die so hergestellten Polyester haben bevorzugt Molmassen zwischen 1500 und 3000 g/mol.
Abbildung 4.10: Mengenverhältnisse (m-%) von Carboxylpolyester-Epoxidharz-Abmischungen bei stöchiometrischen Verhältnissen
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Sie werden als Schmelze aus dem Reaktor ausgetragen und auf Kühlbändern gekühlt, in Stücke gebrochen und auf eine bestimmte Korngröße zerkleinert. Dann wird der Vernetzer zugegeben, zum Beispiel ebenfalls granuliertes Epoxidharz. In einem Feststoffmischer werden die übrigen Bestandteile des Pulverlackes: Pigmente und Additive (Flussmittel, Katalysatoren, Verlaufsmittel) zugemischt. Die Mischung wird dann über einen Extruder gefahren und dort bei Temperaturen, die so gewählt sein müssen, dass die Vernetzungsreaktion noch nicht startet, intensiv homogenisiert. Nach Austragen, Kühlen und Brechen wird der Pulverlack gemahlen und gesichtet. Die Korngrößenverteilung ist entscheidend für das Applikationsverhalten und für die Mindestschichtdicke für optimal verlaufende Filme. Die Epoxidharze als Vernetzungspartner müssen natürlich auch relativ hohe Glasübergangstemperaturen bzw. entsprechend hohe Erweichungstemperaturen haben. Es werden aromatische Epoxidharze aus Bisphenol A und Epichlorhydrin ausgewählt, die mittlere Molmassen von 1300 bis 1800 g/mol und dann entsprechende Epoxyäquivalentmassen haben. Carboxylpolyester und Epoxidharz werden üblicherweise in stöchiometrischen Verhältnissen kombiniert. Wenn man zum Beispiel ein Epoxidharz mit einer mittleren Epoxyäquivalentmasse von 740 g/mol verwendet resultieren Mischungsverhältnisse von ungefähr 70 : 30 bei einem Polyester mit Säurezahl 30 mg KOH/g und von ca. 50 : 50 bei einem Polyester mit Säurezahl 80 mg KOH/g. Abbildung 4.10 zeigt die Mengenverhältnisse der Abmischungen bei stöchiometrischen Verhältnissen, in Abhängigkeit von den Säurezahlen der Polyester. Es gibt Pulverlacke mit einem höheren Polyesteranteil (so genannte 70 : 30-Systeme) und mit gleichen Anteilen der Bindemittel (50 : 50-Systeme). Ein höherer Polyesteranteil unterstützt die Flexibilität und die Wetterbeständigkeit, ein höherer Anteil an Epoxidharz unterstützt Haftung, Korrosionsschutz, Chemikalienbeständigkeit und Lösemittelbeständigkeit. Die Vernetzung zwischen Carboxylpolyestern und Epoxidharzen wird über Säuren und Lewis-Säuren katalysiert. Hier werden vor allem Organozinnverbindungen eingesetzt. Das können auch die Anteile sein, die bereits für die Veresterung von Terephthalsäure oder Isophthalsäure und zur Umesterung von Dimethylterephthalat verwendet wurden, es könne aber auch weitere Zusätze erfolgen. Da für eine Epoxidadditionsreaktion die genannten Epoxidharze nur zwei funktionelle Gruppen pro Molekül tragen, müssten die Polyestermoleküle im Mittel drei funktionelle Gruppen haben, damit vernetzte Strukturen entstehen. Bringt man aber die genannten Säurezahlen in Relation zu den mittleren Molmassen der Polyester, stellt man fest, dass selbst bei einem Polyester mit der mittleren Molmasse über 2500 g/mol, die Säurezahl über 67 mg KOH/g liegen muss, wenn man im Mittel drei Carboxylgruppen pro Polyestermolekül erreichen will.
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Polyester mit Molmassen unter 2500 g/mol mit Säurezahlen unter 45 mg KOH/g tragen sogar im Mittel weniger als zwei Carboxylgruppen pro Polyestermolekül. Abbildung 4.11 zeigt die Abhängigkeit der mittleren Funktionalität der Polyestermoleküle von deren mittlerer Molmasse und der Säurezahl. Da aber bei den gewählten Einbrennbedingungen bei solchen Bindemittelkombinationen ausreichend vernetzte Filme entstehen, muss angenommen werden, dass weitere Reaktionen ablaufen, die zur Vernetzung beitragen. Das sind sicher auch Additionsreaktionen von Epoxidgruppen und OH-Gruppen des Epoxidharzes selbst. Der Anteil von möglichen Veresterungsreaktionen ist sicher nur gering.
Abbildung 4.11: Abhängigkeit der mittleren Funktionalität der Polyestermoleküle von deren mittlerer Molmasse und der Säurezahl
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Tabelle 4.10 zeigt ein Beispiel eines Carboxylpolyesters, der zweistufig aus Propylenglykol (9 Mol), Dipropylenglykol (2 Mol) und Terephthalsäure (10 Mol) hergestellt wird [86]. Aus der Angabe der OH-Zahl im Patentbeispiel mit 28,0 mg KOH/g berechnet sich ein Verlust von 7,0 % des eingesetzten Propylenglykols (dann nur noch 8,37 Mol). An die erste Stufe aus diesen Bausteinen wird dann Trimellithsäureanhydrid (0,5 Mol auf 1000 g der ersten Stufe) addiert. Tabelle 4.10: Beispiel eines Carboxylpolyesters für Pulverlacke mit Addition von Trimellithsäureanhydrid [86] Bausteine, Mole Propylenglykol (Einwaage 9,000) Dipropylenglykol Terephthalsäure Trimellithsäureanhydrid Bausteine, Massen [‰] Propylenglykol (Einwaage 309,5) Dipropylenglykol Terephthalsäure Trimellithsäureanhydrid Einwaagesumme Wasser Ausbeute (bei SZ) Kennzahlen Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante k’ mittlere Molmasse (Zahlenmittel) [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Verzweigungsgrad [mol/kg] OH-Zahl [mg KOH/g] Erweichungstemperatur [°C]
1. Stufe 8,370 2,000 10,000 0,000 287,8 121,2 750,9 0,0 1159,9 159,9 1000,0 9,2 1,0732 3018,0 13,7 0,0 28,0 96 – 113 °C
2. Stufe 8,370 2,000 10,000 1,105 262,8 110,7 685,7 87,7 1146,9 146,9 1000,0 57,0 1,0557 3913,0 18,0 0,46 (- 2,7) 108 – 120 °C
Es resultiert ein schwach verzweigter Polyester mit der Säurezahl 57,0 mg KOH/g, einer OH-Zahl von praktisch 0 mg KOH/g und der mittleren Molmasse von 3913 g/mol. Solche Polyester eignen sich für die Vernetzung mit Epoxidharzen aber auch mit weiteren Vernetzern (wie im Patent beschrieben). Neben den bereits genannten Vernetzungskatalysatoren können die Bindemittel für diese Pulverlacke auch noch weitere Additive enthalten: Entgasungsmittel (zum Beispiel Benzoin), Oberflächenmittel (Wachse und Silicone) und Verlaufmittel (Polyacrylate). Die nichtfunktionellen Polyacrylate als Verlaufmittel sind hochviskose Flüssigkeiten, die in den vorgesehenen sehr kleinen Mengen nicht im Extruderprozess homogenisiert werden können. Man fertigt daher zunächst Mischungen von
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Polyester oder Epoxidharz mit relativ höheren Mengen der Additive (zum Beispiel 10 m-%) in der Schmelze, die danach entsprechend vorzerkleinert in den Extrudierprozess eingebracht werden (so genannte „Masterbatche“). Pulverlacke aus Carboxylpolyestern und aromatischen Epoxidharzen haben für die industrielle Anwendung ein breites Einsatzgebiet. Es werden Waschmaschinen, Kühlschränke und andere Hausgeräte, Heizkörper, Bauteile von Maschinen, Metallregale, Gitter, Behälter und metallene Gartenmöbel mit solchen Pulverlacken beschichtet. Dabei werden pigmentierte 70 : 30-Systeme als ausreichend wetterbeständig bezeichnet. Beispiele von Handelsprodukten: Crylcoat 327 (Allnex [87]), Uralac P 2450 (DSM [63]) Ein eindeutigeres Vernetzungsverhalten zeigen die alternativen Vernetzungspartner für Carboxylpolyester in Pulverlacken. Zunächst ist das Triglycidylisocyanurat (TGIC, Strukturformel in Abbildung 4.12) zu nennen. Technisch verfügbares Triglycidylisocyanurat [88] hat eine Epoxyäquivalentmasse von 100 – 108 g/mol und einen günstigen Schmelzbereich von 88 – 98 °C. Es ist deutlich reaktiver als die aromatischen Epoxidharze. Polyester für die Vernetzung mit Triglycidylisocyanurat haben meist relativ kleinere Säurezahlen (25 – 50 mg KOH/g) aber tendenziell höhere mittlere Molmassen (2000 – 4000 g/mol). Sie werden weniger nach dem Anhydridadditionsverfahren hergestellt, sondern bevorzugt aus Terephthalsäure und Isophthalsäure, die dann nicht vollständig verestert werden, sondern die Kondensationsreaktion wird bei höheren Säurezahlen abgebrochen. Einige dieser Polyester als Handelsprodukte werden daher auch ausdrücklich als Trimellithsäureanhydrid-freie Bindemittel bezeichnet. Die Polyester und das Triglycidylisocyanurat werden meist in stöchiometrischen Mengenverhältnissen kombiniert. Für einen Polyester mit der
Abbildung 4.12: Triglycidylisocyanurat
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Tabelle 4.11: Beispiel eines Carboxylpolyesters für Pulverlacke für die Vernetzung mit TGIC und seinen Alternativen [89] n=m/M 8,668 0,519 10,194 1,782
Baustein Terephthalsäure Adipinsäure Neopentylglykol Isophthalsäure Einwaagesumme Wasser Ausbeute (SZ = 35) Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] (Angabe dazu im Patent: 3205) Säurezahl [mg KOH/g] OH-Zahl [mg KOH/g]
M 166 146 104 166 18
m 1438,90 75,73 1060,20 295,89 2870,72 366,78 2503,94
m-‰ 574,7 30,2 423,4 118,2 1146,5 146,5 1000,0
k’M 1,0717 M n 3182 SZ 35 OHZ 0,3
Säurezahl von 35 mg KOH/g (die COOH-Äquivalentmasse ist dann 1603 g/mol) ist das Mischungsverhältnis ca. 93 : 7 mit TGIC. Wählt man Polyester mit höheren Säurezahlen und setzt dann höhere Anteile an Triglycidylisocyanurat ein, wird dadurch die Glasübergangstemperatur gesenkt. Insgesamt sollte die Glasübergangstemperatur bei Polyestern für diese Vernetzung daher relativ höher liegen (über 60 °C), als die von Polyestern für die Epoxidharzvernetzung. Das Beispiel in Tabelle 4.11 [89] beschreibt einen Carboxylpolyester für die Vernetzung mit TGIC aus Terephthalsäure, wenig Adipinsäure, Neopentylglykol und Isophthalsäure. Der Polyester wird in zwei Stufen hergestellt: Zunächst werden Terephthalsäure und Adipinsäure mit Neopentylglykol zu einem linearen OH-Polyester mit kleiner Säurezahl kondensiert (Temperaturen bis 230 °C, Katalyse mit Dibutylzinnoxid). Dann wird der Anteil an Isophthalsäure zugegeben und auf eine Säurezahl von 35 mg KOH/g verestert. Das bedeutet, dass praktisch alle restlichen OH-Gruppen der ersten Stufe verbraucht werden und 88 Mol-% der Isophthalsäure als Monoester vorliegt. Die angegebene mittlere Molmasse stimmt sehr gut mit dem theoretisch berechneten Wert überein. Die aus der Kombination von Carboxylpolyester und TGIC hergestellten Filme sind gut wetterbeständig und vergilbungsfrei. Sie haben eine ausreichende Härte bei guter Flexibilität und relativ gute Chemikalienbeständigkeiten. Sie werden daher bevorzugt für wetterbeständige Pulverlacke verwendet. Beispiel eines Handelsprodukts: Crylcoat 630 (Allnex [87]) Inzwischen wird aber der Härter TGIC als toxisch eingestuft [88]. TGIC gilt als reizend für die Schleimhäute, sensibilisierend und mutagen (Gruppe 2 der
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gesundheitsschädlichen Produkte). Es sollte daher in neuen Pulverlacksystemen nicht mehr eingesetzt werden. Als Alternativen zu TGIC für die Vernetzung von Carboxylpolyestern in Pulverlacken gibt es einmal die Glycidester von Terephthalsäure (Diglycidester) und Trimellithsäure (Triglycidester). Sie werden als Handelsprodukt [90] gemischt. Die Mischung hat eine Epoxyäquivalentmasse von 141 – 154 g/mol, eine mittlere Funktionalität von 2,3 pro Mol und einen Erweichungsbereich von 90 – 102 °C. Da das Triglycidyltrimellitat flüssig ist und das Diglyciylterephthalat kristallin, und die Mischung eine Art Eutektikum bildet, ist die Schmelzviskosität niedriger als die der anderen Vernetzer (11,5 mPa·s bei 100 °C, TGIC 320 mPa·s). Aufgrund der höheren Äquivalentmasse muss für eine stöchiometrische Vernetzung relativ mehr Vernetzer eingesetzt werden (zum Beispiel 92 : 8 bei einem Polyester mit der Säurezahl 35 mg KOH/g). Da die Glycidester niedrigere Glasübergangstemperaturen einbringen, sollten die zu vernetzenden Polyester höhere Erweichungstemperaturen haben. Die Glycidestergruppen sind weniger reaktiv als die Epoxygruppen des TGIC. Die Pulverlacke daraus sind auch gut wetterbeständig. Beispiel eines Handelsprodukts: Crylcoat 804 (Allnex [87]) Weitere Vernetzer für Carboxylpolyester sind die ß-Hydroxyalkylamide [91], deren ß-Hydroxygruppen durch den induktiven Effekt der Amidgruppe mit Carboxylgruppen bei niedrigeren Temperaturen verestern als „normale“ OHGruppen. Als Handelsprodukte [91] gibt es N,N,N’,N’-(Tetra-2-hydroxyethyl)adipinsäurediamid und N,N,N’,N’-(Tetra-2-hydroxypropyl)-adipinsäurediamid (Strukturformel in Abbildung 4.13). Da bei dieser Veresterungsreaktion Wasser abgespalten wird, müssen hier spezielle Flussmittel und Entlüftungsmittel als Additive eingesetzt werden. Das gilt vor allem bei Auftrag dickerer Schichten, die sonst nach dem Einbrennvorgang nadelstichartige Filmstörungen aufweisen
Abbildung 4.13: N,N,N’,N’-(Tetra-2-hydroxyalkyl)-adipinsäurediamid
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können. Prinzipiell können hier die gleichen Polyester eingesetzt werden wie für die Vernetzung mit TGIC oder mit der Glycidestern. Die Filme aus Carboxylpolyestern und ß-Hyroxyalkylamiden sind zwar wetterbeständig, sie gelten aber als weniger wasser- und säurebeständig und neigen aufgrund der Amidstrukturen zur Vergilbung. Beispiel eines Handelsprodukts: Crylcoat 810 (Allnex [87]) Auch cycloaliphatische und aliphatische Polyepoxide werden als Vernetzer für Carboxylpolyester empfohlen [92]. Da diese Epoxyverbindungen flüssig sind, werden sie mit den Polyestern bereits in der Schmelze gemischt, dabei ist auch eine gewisse Vorreaktion zu erwarten. Da cycloaliphatische und aliphatische Epoxide relativ langsam reagieren, werden dem gesamten System auch sehr wirksame Katalysatoren (zum Beispiel tertiäre Ammoniumverbindungen) über das Masterbatch-Verfahren zugegeben. Die Handelsprodukte enthalten also fertige Kombinationen. Die Erweichungstemperaturen liegen relativ niedriger, was die Lagerstabilität beeinträchtigen kann. Auch Acrylatharze, die als Monomer Glycidylmethacrylat enthalten, eignen sich als Vernetzer für Carboxylpolyester. Dabei sind die Erweichungsbereiche der beiden Komponenten aufeinander abzustimmen. (Epoxidacrylatharze werden aber häufiger mit Polycarbonsäuren, wie Dodecandisäure, kombiniert, die dann als Vernetzer dafür definiert sind.) Beide Bindemittelkombinationen eignen sich zur Herstellung wetterbeständiger Pulverlacke. 4.2.7.3 OH-Polyester für Pulverlacke Auch die Kombinationen aus OH-Polyestern und verkappten Polyisocyanaten eignen sich dann für die Herstellung von Pulverlacken, wenn die Bestandteile ausreichend hohe Glasübergangstemperaturen bzw. Erweichungstemperaturen ergeben. Die Erweichungstemperaturen solcher Polyester sollen bei 85 bis 120 °C liegen. Die Polyester bestehen daher auch bevorzugt aus aromatischen Polycarbonsäuren und kurzkettigen Diolen, oder sie enthalten cycloaliphatische Bausteine. Sie enthalten meist nur kleinere Anteile an längerkettigen aliphatischen Bausteinen und sind linear oder nur gering über Trimethylolpropan verzweigt. Die OH-Zahlen liegen zwischen 35 und 100 mg KOH/g, bei kleinen Säurezahlen. Das folgende Patentbeispiel in Tabelle 4.12 [93] beschreibt einen Polyester, der Bemerkenswerterweise aus einer Mischung von Terephthalsäure und Dimethylterephthalat hergestellt wird. Er wird auf eine relativ kleine Säurezahl kondensiert und hat eine nicht besonders hohe OH-Zahl. Der Unterschied zwischen dem
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Tabelle 4.12: Beispiel eines OH-Polyesters für Pulverlacke [93] n 12,00 12,00 11,50 6,75 5,00 3,00
Baustein M m=n·M m-‰ Terephthalsäure 166 1992,0 319,1 Dimethylterephthalat 194 2328,0 372,9 Neopentylglykol 104 1196,0 191,6 Hexandiol-1,6 118 796,5 127,6 Dimethylolcyclohexan 144 720,0 115,3 Trimethylolpropan 134 402,0 64,4 Einwaagesumme 7434,5 1190,9 Methanol/Wasser 18 1192,0 190,9 Ausbeute (SZ = 4) 6242,5 1000,0 k’M 1,1123 Polyesterkonstante M n mittlere Molmasse [g/mol] 2316 (Patentangaben) SZ 4 (3 – 4) Säurezahl [mg KOH/g] OHZ 71,4 (56 – 61) OH-Zahl (mg KOH/g) 55 Glasübergangstemperatur [°C] Erweichungstemperatur [°C] 80 η 1600 Viskosität (160 °C) [mPa·s]
errechneten Wert und der Angabe im Patentbeispiel liegt in Polyolverlusten bei der Kondensation. Wenn zum Beispiel 6 % der eingesetzten Menge an Neopentylglykol verloren gegangen wäre, resultiert bei gleicher Säurezahl eine OH-Zahl von 59,5 mg KOH/g und eine mittlere Molmasse von 3101 g/mol. Der Polyester ist für die Vernetzung mit einem speziell verkappten Polyisocyanat (IPDI mit Diketopiperazine) für Pulverlacke vorgesehen. Als Vernetzer werden Polyisocyanate bzw. ihre oligomeren Addukte verwendet, die selbst höhere Glasübergangstemperaturen haben. Da man Pulverlacke auf Basis von OH-Polyestern und verkappten Polyisocyanaten für sehr gut wetterbeständige Filme vorgesehen hat, werden als Polyisocyanate Isophorondiisocyanat und auch 4,4’-Diisocyanatodicyclohexylmethan (HMDI) bevorzugt. Die Verkappungsmittel sind vor allem ε-Caprolactam, Dimethylpyrazol, Triazol und auch Diketopiperazine. Die Vernetzungstemperaturen liegen bei 160 bis 220 °C. Es wurde festgestellt, dass einige Verkappungsmittel beim Einbrennprozess zum Teil im Film verbleiben und dort die Rolle eines Verlaufmittels und auch eines Weichmachers spielen können. Die Pulverlackfilme aus der Kombination von OH-Polyestern und verkappten Polyisocyanaten sind sehr gut wetterbeständig und vergilbungsbeständig. Sie sind meist hoch flexibel und beständig gegen Chemikalien. Die Systeme werden daher für hochwertige außenbeständige Beschichtungen verwendet. Wenn ihr Marktanteil nicht sehr hoch ist, liegt das daran, dass die Produkte durch den Anteil an verkapptem Polyisocyanaten deutlich teurer sind als zum Beispiel Polyester-Epoxidharz-Kombinationen in Pulverlacken.
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Beispiel eines Handelsprodukts: Crylcoat 820 (Allnex [87]) Alternative Vernetzungsmittel für OH-Polyester in Pulverlacken sind Uretdione. Uretdione sind Dimere von Isocyanaten, die bei höherer Temperatur wieder in zwei Isocyanatgruppen zurückspalten. Als Vernetzer für Pulverlacke wählt man PolyUretdione – meist aus Isophorondiisocyanat – deren endständige Isocyanatgruppen meist mit Diolen abreagiert sind, die dann später bei der Vernetzung mit einbauen, dargestellt in Abbildung 4.14. Die Uretdione sind im Gemisch mit verzweigten OH-Polyestern zunächst stabil und zerfallen erst unter den Einbrennbedingungen in Diisocyanate, die dann mit den Polyestern vernetzen können. Ein Vorteil besteht darin, dass bei der Reaktion keine Verkappungsmittel frei gesetzt werden. Die Kombinationen bilden Pulverlackfilme, die hohe Flexibilität, gute Chemikalienbeständigkeit und sehr gute Wetterbeständigkeit miteinander verbinden.
Abbildung 4.14: Poly-Urethdion aus IPDI als Vernetzer
Weitere Vernetzungspartner sind die Glycolurile. Das Tetramethoxymethylglycoluril ist ein vollverethertes Aminoplast [94]. Es hat eine Äquivalentmasse von 90 – 125 g/mol und eine Erweichungstemperatur von 90 – 110 °C, die Strukturformel zeigt Abbildung 4.15. Abbildung 4.15: Tetramethoxymethylglycoluril Das Glycoluril wird aus Harnstoff und Acetylen hergestellt. Es wird mit Formaldehyd methyloliert und mit Methanol verethert. Die Vernetzung mit OH-Polyestern besteht in einer Umetherungsreaktion bei höheren Temperaturen, sie bedarf darüber hinaus einer Katalyse mit starken Säuren. Bei der Vernetzung entsteht hauptsächlich Methanol, dessen Abspaltung vor allem bei dickeren Schichten Rechnung getragen werden muss. Es entstehen dabei chemikalien- und wetterbeständige Pulverlackfilme. Für diese Vernetzer können im Prinzip die gleichen Pulver-Polyester gewählt werden, wie für die Vernetzung mit verkappten Polyisocyanaten.
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4.2.8 Selbstvernetzende Polyester (auch mit heterocyclischen Bausteinen) Bis in die 1950er-Jahre wurden Elektroisolierlacke vorzugsweise aus oxidativ vernetzenden Ölen (Leinöl, Holzöl), ihren Derivaten und aus ihren Kombinationen mir Phenolharzen hergestellt. Die gestiegenen Qualitätsanforderungen (Wärmebeständigkeit, Flexibilität) führten dann zur Einführung der selbstvernetzenden Terephthalsäurepolyester. Diese Polyester sind relativ niedrigmolekular und bestehen aus Terephthalsäure – die thermisch noch beständiger ist als Isophthalsäure – und Polyolmischungen aus Glycerin und Ethylenglykol in unterschiedlichen Verhältnissen und hohen Polyolüberschüssen. Wegen ihrer relativ schlechten Löslichkeit werden diese Polyester in Kresolen und Xylenolen gelöst. Die Lösungen enthalten höhere Aromaten als Verschnittmittel. Diese Polyester sind selbstvernetzend unter dem Einfluss effektiver Umesterungskatalysatoren (Alkyltitanate) und bei den für die Applikation auf Kupferdrähte üblichen hohen Einbrenntemperaturen (kontinuierliche Mehrfachbeschichtung der Lackdrähte bei Umlufttemperaturen von über 300 °C). Im Gleichgewicht der Umesterung werden die freigesetzten Überschüsse des relativ leicht flüchtigen Ethylenglykols abgespalten. Es entstehen sehr effektive Netzwerke aus Terephthalsäureresten, Glycerin und evt. restlichem Ethylenglykol, die sehr beständig gegen Chemikalien, Lösemittel und Temperaturbelastung sind. Die Lackfilme vereinigen hohe Flexibilität mit hoher Härte. In den 1960er-Jahren gab es für diese Polyesterklasse zwei weitere Entwicklungsstufen. Nachdem die anderen, gängigen Triole als Verzweigungs- bzw. Vernetzungskomponente (zum Beispiel Trimethylolpropan) gegenüber Glycerin eher Nachteile einbrachten (Verschlechterung der Wärmebeständigkeit, Härte und Lösemittelbeständigkeit), ergab die Verwendung des Trishydroxyethylisocyanurats (THEIC) als Triol bedeutende Vorteile. Aufgrund der geringen Flüchtigkeit dieses Polyols, verläuft die Umesterungsreaktion noch eindeutiger, es gibt kaum Abbaureaktionen bei den hohen Temperaturen, wie bei Glycerin als Triol; denn der Isocyanuratring ist aromatenähnlich und daher besonders wärmestabil. Die Wärmestabilität wurde damit insgesamt verbessert. Die gehäuften Ringstrukturen der Lackfilme ergeben hohe Glasübergangstemperaturen und damit hohe Härte und hohe Beständigkeiten gegen Lösemittel und Chemikalien. Die Einführung von THEIC als Triol ergab vor allem auch eine hohe Beständigkeit gegen die bei elektrischen Umspannern eingesetzten Kältemittel (Frigen-feste Drahtlacke). Obwohl die molekularen Netzwerke dieser Drahtlacktypen nachweislich (Spektrometer-Analysen) fast ausschließlich aus Terephthalsäureresten und THEIC bestehen, sind diese Filme ungewöhnlich flexibel. Man kann Lackdrähte bis zu 0,8 mm Durchmesser durch Überdehnung reißen und die gerissenen Enden um
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den eigenen Durchmesser wickeln – ohne die Lackschicht zu zerstören (!). Diese Eigenschaft kann man nur dadurch erklären, dass die molekularen Netzwerke dieser Filme eine besonders große Ausdehnung haben. Diese Filme bilden eines der Beispiele dafür, dass eine hohe Vernetzungsdichte nicht zwingend eine geringe Flexibilität bedeuten muss. Allerdings ist diese Eigenschaft hier besonders hervorzuheben, weil die cyclischen Bausteine des Netzwerks keinesfalls eine Plastifizierung einbringen. Die Flexibilität dieser Lackfilme resultiert daher fast ausschließlich aus einem ideal elastischen Verhalten. Diese Lackfilme zeigen in der Differential-Thermoanalyse hohe Glasübergangsbereiche mit flachem Übergang und ein hohes Niveau für den Bereich des elastischen Verhaltens der Viskoelastizität in der Kurve des Elastizitätsmoduls in Abhängigkeit von der Temperatur. Ein weiteres Indiz für die größere molekulare Ausdehnung dieser Netzwerke ist die besondere Haftfestigkeit (Reißfestigkeit). Der zweite Innovationsschritt zielte auf eine weitere deutliche Verbesserung der Wärmebeständigkeit und bestand in der Einführung unterschiedlicher Anteile Heterocyclen enthaltender Bausteine. Der wichtigste – weil auch relativ kostengünstig verfügbare – Baustein dieser Art bildet die Diimiddicarbonsäure aus Trimellithsäureanhydrid und Diaminodiphenylmethan, Strukturformel in Abbildung 4.16. Für die Herstellung von Polyestern, die mit dieser Diimiddicarbonsäure modifiziert sind, ist es nicht notwendig diesen Baustein separat zu synthetisieren, man stellt das Produkt „in situ“ der übrigen Polyesterbausteine her. Die fertigen Produkte werden als Polyesterimide bezeichnet (Imidpolyester wäre korrekter).
Abbildung 4.16: Diimiddicarbonsäure aus Trimellithsäureanhydrid und Diaminodiphenylmethan
Je nach Höhe des Anteils an Diimiddicarbonsäure gegenüber dem Anteil an Terephthalsäure wird die Wärmebeständigkeit („heat shock“ und Dauerwärmebeständigkeit) verbessert, Härte und Flexibilität können bei hohen Anteilen geringer sein als bei den nicht modifizierten Terephthalsäurepolyestern. Als Polyole werden auch hier THEIC und Ethylenglykol verwendet. Als Beispiel ist in Tabelle 4.13 ein Polyester aufgeführt, der Terephthalsäure und Diimiddicarbonsäure im molaren Verhältnis von 6 : 4 enthält und die stöchiometrische Menge an Trishydroxyethylisocyanurat. Der Polyester enthält dazu die
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gleiche molare Menge Ethylenglykol, was zu einem molaren Polyolüberschuss von 1,34 : 1,00 führt [95]. Zur Herstellung des Polyesters wird zunächst Dimethylterephthalat mit der gesamten Polyolmenge bei max. 240 °C unter Zugabe von 0,1 % Tetrabutyltitanat als Katalysator umgeestert. Dann werden Trimellithsäureanhydrid und das Diaminodiphenylmethan in entsprechenden molaren Verhältnissen zugefügt. Bei Temperaturen über 160 °C bildet sich durch Additionsreaktion am Anhydridring und Ringschluss durch Wasserabspaltung spontan und quantitativ die Diimiddicarbonsäure, die dann wegen ihres hohen Schmelzbereiches ausfällt. Durch weitere Kondensationsreaktionen (in der Grenzfläche) wird die dann in das Polyestermolekül eingebaut. Es wird bis auf eine Säurezahl von 5 mg KOH/g verestert. Der entstandene Polyester hat eine mittlere Molmasse von 1298 g/mol, einen Verzweigungsgrad von 1,34 mol/kg und eine OH-Zahl von 156,7 mg KOH/g. Er wird 60 %-ig in Kresol (Isomerengemisch) gelöst. Aus dem Polyester wird durch Verdünnen mit Xylenol und einem höhersiedenden aromatischen Lösemittel, durch Zugabe eines Verlaufmittels (Siliconöl) und weiteren Katalysators (Alkyl/Aryl-Titanate) ein Drahtlack hergestellt. Die durch die Titanate nach dem Einbrennvorgang hervorgerufene Färbung (goldbraun – zusammen mit der Farbe des Kupferdrahtes) ist erwünscht, weil früher der dunkle Farbton eines Drahtlackes als positives Qualitätsmerkmal galt und zum Teil bis heute gilt. Der Drahtlack wird über ein Tauch-Abstreif-Verfahren in sechs Schichten auf Kupferdraht mit einem Durchmesser von 0,8 mm appliziert und die Schichten jeweils in einem Durchlaufofen mit einer Umlufttemperatur von 410 °C und einer Geschwindigkeit von 14 m/min auf eine Gesamt-Trockenfilmschichtdicke von 50 µm appliziert. Beim Einbrennprozess vernetzt der Polyester durch Tabelle 4.13: Beispiel eines Polyesterimids für hochwärmebeständige Drahtlacke [95] n 0,60 0,67 0,67 0,80 0,40
Baustein M m=n·M Dimethylterephthalat 194 116,40 Trishydroxyethylisocyanurat 262 174,87 Ethylenglykol 62 41,54 Trimellithsäureanhydrid 192 153,60 Diaminodiphenylmethan 198 79,20 Einwaagesumme 565,61 Methanol 32 38,39 Wasser 18 28,01 Ausbeute (SZ = 5,0) 499,21 k’M 1,3845 Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] M n 1298 Verzweigungsgrad [mol/kg] v 1,34 SZ 5,0 Säurezahl [mg KOH/g] OHZ 156,7 OH-Zahl [mg KOH/g]
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m-‰ 233,2 350,2 83,2 307,6 158,7 1132,9 76,5 56,4 1000,0
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Umesterung selbst. Dabei wird ein Gleichgewichtsziel nOH = nCOOH angestrebt, so dass praktisch die gesamte Menge des leichter flüchtigen Ethylenglykols abgespalten wird, was anhand spektroskopischer Analysenmethoden nachgewiesen werden kann. Es resultiert ein enges Netzwerk aus den Dicarbonsäureresten und dem Trishydroxyethylisocyanurat, dass neben hohen Beständigkeitseigenschaften eine ausgezeichnete Elastizität hat (Wickelfestigkeit nach 25 % Vordehnung, entsprechend einer Außenfaserdehnung von über 60 %). Obwohl die genannte Diimiddicarbonsäure in Polyesterimiden für Drahtlacke bevorzugt eingesetzt wird, gibt es weitere Heterocyclen als Bausteine für die Modifizierung der selbstvernetzenden Polyester: Diimiddicarbonsäure aus Trimellithsäureanhydrid und Diaminodiphenyloxid (noch höhere Wärmebeständigkeit), Imiddicarbonsäure aus Trimellithsäureanhydrid und p-Aminobenzoesäure (flexibler), Diimiddicarbonsäure aus Pyrromelithsäuredianhydrid und p-Aminobenzoesäure, Dipyrazoldiondicarbonsäure aus Trimellithsäureanhydrid und Terephthalsäuredihydrazid (hohe Härte) und eine Pyrrolidondicarbonsäure aus Itaconsäure und Diaminodiphenylmethan (flexibel). Es hat nicht an Versuchen gefehlt die als toxisch eingestuften Kresole und Xylenole als Lösemittel zu ersetzen. Es gibt positive Ergebnisse bei Verwendung von höheren Ethylenglykolethern (zum Beispiel Methyldiglykol), die dann auch schon bei der Herstellung der Polyesterimide als zusätzlicher Alkoholüberschuss verwendet werden, allerdings sind diese Produkte deutlich teurer als die phenolischen Lösemittel. Das gilt erst recht für die Verwendung der als Lösemittel geeigneten Stoffe Dimethylformamid und N-Methylpyrrolidon. Es gibt weiterhin auch lösemittelfreie Polyesterimide, die im Schmelzverfahren aufgetragen werden. Da bei der Drahtlackierung die abgegebenen Lösemittel in den Umluftöfen praktisch vollständig zur Wärmegewinnung katalytisch verbrannt werden, ist der Druck, aus Umweltgesichtspunkten auf die phenolischen Lösemittel zu verzichten, nicht besonders hoch. Die beschriebenen Polyester bilden noch den aktuellen Standard für hochwärmebeständige Drahtlacke, die allerdings heute meist aus Zweischichtsystemen bestehen. Die ersten Lackschichten bilden die genannten Polyesterimide, die oberen Lackschichten bestehen aus Polyimiden, Polyamidimiden oder Polyhydantoinen (Pseudothermoplaste, mit sehr hohen Erweichungstemperaturen). Alle genannten Produkte werden fast ausschließlich von den Herstellern der Drahtlacke selbst hergestellt (Schenectady, DuPont, ICI) und sind nicht als solche im Handel.
4.2.9 Siliconpolyester Aus der Umsetzung von reinem Silcium mit Alkyl- oder Arylchloriden bei hohen Temperaturen (280 °C) und an Metallkatalysatoren (Zink, Zinn) entstehen Alkylund Arylchlorsilane mit unterschiedlichen Substitutionsgraden an Alkyl- bzw.
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Arylresten (Mono-, Di- und Trialkyl(aryl)chlorsilane (Müller-Rochow-Synthese). Das wichtigste Produkt ist das Dimethyldichlorsilan aus Silizium und zwei Molen Methylchlorid. Die verschiedenen Alkyl- und Arylchlorsilane werden destillativ voneinander getrennt. Zu Herstellung von Bausteinen für Polymere werden die Alkyl- bzw. Arylchlorsilane hydrolisiert. Mit Wasser entstehen Alkyl- bzw. Arylsilanole unterschiedlicher Funktionalität, mit Alkoholen (Methanol) entstehen die entsprechenden Alkoxysilane. Aufgrund des amphoteren Charakters der Silanole können diese leicht zu Polysiloxanen kondensieren und sind daher nur begrenzt lagerstabil. Alkoxysilane sind lagerstabil. Aus ihnen entstehen bei höherer Temperatur unter dem Einfluss von Katalysatoren und von Wasser durch Abspaltung von Alkoholen ebenfalls Polysiloxane. Die Abbildung 4.17 gibt einen Überblick für die beschriebenen Reaktionsabläufe am Beispiel der Bildung von Polydimethylsiloxanen. Dieser Reaktionsablauf wird für die Herstellung von Siliconölen und anderen linearen Siliconpolymeren beschritten.
Abbildung 4.17: Reaktionsablauf zur Bildung von Polydimethylsiloxanen
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Wenn Trichlorsilane oder sogar Tetrachlorsilan hydrolisiert werden, können dreidimensionale polymere Produkte entstehen. Im Unterschied zu entsprechenden Kohlenstoffverbindungen können diese Polysiloxane käfigartige molekulare Netzwerke bilden, die an die Kristallstruktur des Siliziumdioxids erinnern. Die Netzwerke haben besondere Beständigkeiten gegen Säuren, Wasser, Bewitterung und sehr hohe Temperaturen. Sie sind aber empfindlich gegen starke Alkalien und nicht flexibel. Für die Nutzung dieser Vernetzungsmöglichkeit in Lacksystemen werden solche Siloxane mit anderen Bindemittelbausteinen modifiziert. Dabei geht man auf Seiten der Siloxanbausteine von relativ niedrigmolekularen Vorprodukten (Intermediates) aus. Weil die methylsubstituierten Siloxane mit fast allen anderen Lackbindemitteln völlig unverträglich sind, wählt man Produkte die Phenylgruppen enthalten, bzw. Mischungen solcher Silane mit den methylsubstituierten. Als Beispiel für ein solches Intermediate sei hier ein Oligosiloxan dargestellt, das aus zwei Molen Dimethoxydimethylsilan und einem Mol Trimethoxyphenylsilan hergestellt ist. Die Abbildung 4.18 zeigt dazu ein Formelmodell. Solche Siloxanintermediates werden mit gesättigten Polyestern kombiniert. Um die prinzipiell noch immer begrenzte Verträglichkeit zu verbessern und die besonders niedrige Molmasse der Siloxanintermediates zu kompensieren, werden aus Polyestern und solchen Intermediates so genannte Präkondensate hergestellt, die man dann verkürzt Siliconpolyester nennt.
Abbildung 4.18: Siloxanintermediate aus Dimethoxydimethylsilan und Trimethoxyphenylsilan
Die hier eingesetzten Polyester bestehen bevorzugt aus aromatischen Polycarbonsäuren wie Isophthalsäure und Terephthalsäure, sie enthalten aliphatische Diole, besonders solche mit Seitenketten und auch cycloaliphatische Polyole. Sie sind – meist über Trimethylolpropan – relativ hoch verzweigt und haben niedrige mittlere Molmassen. Die Polyester werden dann mit unterschiedlichen Mengenanteilen an Siloxanintermediate umgesetzt. Die Umsetzung erfolgt bei relativ hohen Temperaturen (über 180 °C) und wird über Lewis-Säuren katalysiert. Am wirksamsten ist dabei das Tetrabutyltitanat (Farbe!), es können aber auch Organozinnverbindungen verwendet werden. Die Mengenanteile an Siloxanintermediate sind üblicherweise zwischen 30 und ca. 50 m-%. Bei der Umsetzung reagieren die OH-Gruppen des Polyesters mit den Methoxygruppen des Siloxans, es wird Methanol abgespalten. Es findet dabei bereits ein molekulares Wachstum statt, die Viskosität steigt kontinuierlich an. Die Reaktion wird bei Erreichen einer vorgegebenen Lösungsviskosität abgebrochen und durch Abkühlen gestoppt.
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Die so hergestellten Siliconpolyester sind sehr hell, sie lösen sich in Gemischen von Estern, Glykolethern und Glykoletherestern mit aromatischen Kohlenwasserstoffen. Sie werden für Einbrennlacke verwendet. Die Vernetzung erfordert ebenfalls hohe Temperaturen und zusätzliche Katalysatoren. Im Prinzip werden dabei die Reaktionen der Präkondensation weitergeführt. Außer der Reaktion der OH-Gruppen mit den Methoxygruppen der Siloxane können aber auch die Siloxangruppen mit sich selbst reagieren und Si-O-Si-Brücken aufbauen, die besonders beständig sind. Die zweite Reaktion läuft natürlich häufiger bei den Präkondensaten mit hohen Anteilen an Siloxanintermediate (50 : 50) ab. Die Abbildung 4.19 zeigt die beiden möglichen Vernetzungsreaktionen.
Abbildung 4.19: Vernetzungsreaktionen von Siliconpolyestern
Siliconpolyester zeichnen sich durch gute Pigmentbenetzung und guten Verlauf aus. Die Filme der Einbrennlacke aus Siliconpolyestern sind gilbungsbeständig, wetterbeständig, hart und je nach Vernetzung gut flexibel. Sie sind – vor allem dann, wenn sie hohe Anteile an Siloxanintermediate enthalten, besonders temperaturbeständig (bis zu 250 °C). Durch den Siloxananteil werden die Filme hydrophobiert. Die Produkte sind – abhängig vom Siloxananteil – relativ teuer. Siliconpolyester werden besonders für hoch außenbeständige Coil-CoatingLacke (Fassadenverkleidung), in der Elektrotechnik und für temperaturbeständige Industrielackierungen eingesetzt. Beispiele von Handelsprodukten: Uralac SQ 871 (DSM [63]), Plusodur 261 (Mäder AG [84])
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Ungesättigte Polyester (UP-Harze)
4.3
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Ungesättigte Polyester (UP-Harze)
4.3.1 Vernetzung ungesättigter Polyester Die bereits zitierte Definition für ungesättigte Polyester nach DIN 53184 lautet: „Ungesättigte Polyesterharze (UP-Harze) sind Polyesterharze, bei denen mindestens eine der polyfunktionellen Komponenten (Polycarbonsäure oder Polyalkohol) olefinisch ungesättigt ist und mit monomeren, polymerisierbaren Verbindungen copolymerisiert werden kann“. Diese Copolymerisationsreaktion ist die Vernetzungsreaktion der ungesättigten Polyester. Als Träger der olefinischen Doppelbindung in UP-Harzen wird fast ausschließlich Maleinsäureanhydrid als Baustein verwendet. Bei der Herstellung der ungesättigten Polyesterharze bildet Maleinsäure aber zu hohen Anteilen ihr Isomeres, es entstehen in der Polyesterkette Fumarsäureester. Diese Fumarsäureester sind besonders gut einer radikalischen Polymerisationsreaktion zugänglich. Als Copolymerisationspartner dienen reaktive Vinylverbindungen, vor allem Styrol und Vinyltoluol aber auch Acrylsäureester. Für die Reaktion benötigt man Initiator-Radikale. Diese entstehen aus Peroxiden, Beispiele zeigt Abbildung 4.20. Man bezeichnet sie bei der Applikation von UP-Harzsystemen als Katalysatoren (obwohl sie im Unterschied zu wirklichen Katalysatoren bei der Vernetzungsreaktion verbraucht werden). Peroxide bilden bei Umgebungstemperaturen durch Redox-Katalysatoren Radikale. Als Redox-Katalysatoren werden entweder organische Cobalt-II-Salze oder tertiäre aromatische Amine eingesetzt. Diese bezeichnet man bei der Applikation von UP-Harzsystemen als Beschleuniger. Cobalt-II-Salze werden in der Regel mit Ketonhydroperoxiden (zum Beispiel Cyclohexanonperoxid, Methylethylketonperoxid [Butanonperoxid]) kombiniert. Tertiäre aromatische Amine (zum Beispiel N,N-Dimethylanilin) werden zusammen mit Acylperoxiden (zum Beispiel Benzoylperoxid) verwendet. Die Initiatorreaktion besteht im Falle der Kombination von Cobalt-II-Salzen mit Ketonhydroperoxiden in der Reduktion des Hydroperoxids durch das Cobalt-IIIon und der Bildung einer OH-Gruppe und eines Alkoxyradikals. Das Alkoxyradikal startet die Radikalkettenpolymerisation durch Aufspaltung der Doppelbindung
Abbildung 4.20: Peroxide als Initiatoren für die UP-Harz-Vernetzung
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
des Fumarsäureesters in der Polyesterkette und Bildung eines neuen Radikals. Dieses Radikal lagert bevorzugt das Comonomer zum Beispiel Styrol an, womit ein radikalisches Kettenwachstum beginnt. Es kommt dann relativ schnell zu einer Rekombination mit Styrol-Radikalketten oder Fumarsäureester-Radikalen. Dieser Reaktionsablauf ist der wahrscheinlichste, aufgrund der unterschiedlichen Polymerisationsparameter von Fumarsäureestern und Styrol. Die Werte im e/Q-Diagramm der Polymerisationsparameter für Styrol sind e = –0,8; Q = +1,0 (gesetzter Standard) und für Fumarsäureester e = +1,5; Q = +0,75. Dabei bildet Q ein Maß für die Radikalaktivierung und e ein Maß für die Polarisierung des jeweiligen Monomeren. Wenn Wertepaare in den genannten Größen zueinander liegen, sind gute Voraussetzungen für eine alternierende Copolymerisation gegeben, es gibt bei der Vernetzung von UP-Harzen daher kaum Anteile an Homopolymeren. Durch die Copolymerisation entstehen relativ ausgedehnte und dichte
Abbildung 4.21: Vernetzung von ungesättigten Polyestern durch Copolymerisation mit Styrol
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molekulare Netzwerke, eine Voraussetzung für gute Chemikalien- und Lösemittelbeständigkeit. Die Ausdehnung und die Dichte der molekularen Netzwerke ist natürlich von der Radikalkonzentration (Initiatormenge, Beschleunigermenge und Temperatur), der Konzentration der Fumarsäurereste, der molekularen Größe der Polyester und vom molaren Anteil des Styrols abhängig. Der Reaktionsablauf ist schematisch in Abbildung 4.21 dargestellt. Ein besonderer Vorteil dieses Systems besteht darin, dass Styrol für die Verarbeitung ein gutes Lösemittel für das ungesättigte Polyesterharz ist, durch die Copolymerisation bei der Filmverfestigung aber einen Bestandteil des Filmes bildet (reaktives Lösemittel). Es wird nur wenig flüchtige Substanz (VOC) an die Umgebung abgegeben. Damit könnte man das System als umweltfreundlich bezeichnen, allerdings ist Styrol als physiologisch bedenklich eingestuft, so dass der Umgang damit und auch die nicht vollständig zu vermeidende Verdunstung bei der Applikation dieser Bezeichnung widerspricht. Aufgrund dieser Bedingung lassen sich ohne Probleme sehr dicke Schichten erzeugen (bis zu 500 µm). Neben der Anwendungen in Lacken werden daher mit solchen Bindemitteln auch Schichtstoffe und Kunststoffteile hergestellt (glasfaserverstärkte Kunststoffe für Bauelemente, Bootskörper usw.). Das alternative Katalysatorsystem aus der Kombination aus Acylperoxiden und tertiären aromatischen Aminen (zum Beispiel N,N-Dimethylanilin und weitere Derivate) reagiert schon bei sehr niedrigen Temperaturen, hat aber den Nachteil zu verfärben. Diese Kombination, dargestellt in Abbildung 4.22, wird vor allem für Spachtelmassen und Füller verwendet. Zur Aushärtung ungesättigter Polyesterharze bei höheren Temperaturen werden eine Kombination aus Cumolhydroperoxid und Cobalt-II-Salzen oder Perester (zum Beispiel das tert.-Butylperethylhexanoat, ohne Beschleuniger) eingesetzt. Solche Produkte haben bei Umgebungstemperaturen deutlich längere Standzeiten als die zuerst genannten Peroxid-Beschleuniger-Kombinationen.
Abbildung 4.22: Initiatorreaktion von Dibenzoylperoxid mit N,N-Dimethylanilin
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Die Zugabe der Peroxide erfolgt in der Regel erst kurz vor der Verarbeitung der UP-Harzlacke. Die Beschleuniger werden den Lacken meist schon bei der Herstellung zugefügt. Je nach Art des Polyesterharzes, der Beschleunigung und Initiatorzugabe resultieren unterschiedliche Standzeiten. Für die Vernetzung, die durch Acylperoxide ausgelöst wird, können die tertiären Amine bereits in der Lieferform der entsprechenden UP-Harze enthalten sein. Wenn größere Mengen Initiator-haltiger UP-Harzlack über die Standzeit übrig bleiben, läuft eine Blockpolymerisation ab, bei der eine gefährlich hohe Menge an Wärme entstehen kann. Für die industrielle Verarbeitung größerer Mengen von UP-Harzsystemen durch Spritzapplikation, Walzapplikation oder mit Gießmaschinen gibt es Verfahren, die die begrenzte Standzeit fertig initiierter Lacke berücksichtigen. So verwendet man Zweikopfgießmaschinen, die zwei Vorratsbehälter mit UP-Harz und Initiator und mit UP-Harz und Beschleuniger enthält. Die Reaktion startet dann, wenn sich die zwei direkt hintereinander gegossenen Schichten durch Diffusion vermischen. Ein anderes Verfahren bildet das so genannte Reaktivgrundverfahren, bei dem eine physikalisch trocknende Grundierung (Bindemittel Cellulosenitrat oder Celluloseacetobutyrat), die Peroxid enthält, zunächst in dünner Schicht aufgetragen wird und dann erst der UP-Harzlack, der nur den Beschleuniger enthält, in einer dickeren Schicht. Auch hier erfolgt die Vernetzungsreaktion nach einem Diffusionsvorgang. Die Vernetzung von ungesättigten Polyesterharzen durch Copolymerisation mit Styrol führt zu einer Volumenverkleinerung. Dieser Schrumpf ist für die Herstellung von Formteilen ein Vorteil (leichteres Entformen), aber für Lacke eher ein Nachteil. Normale UP-Harzsysteme haften daher zum Beispiel meist nur schlecht auf unbehandeltem Metall. Ungesättigte Polyesterharze lassen sich auch durch UV-Licht vernetzen, wenn sie mit entsprechenden UV-Initiatoren kombiniert werden. Alternative reaktive Lösemittel sind Vinyltoluol, tert.-Butylstyrol, a-Methylstyrol, Maleinsäurediester von Monoalkoholen und Methacrylate. Vinylester reagieren nur bei höheren Temperaturen. Polyfunktionelle Comonomere wie Divinylbenzol oder 1,4-Butandioldimethacrylat ergeben höhere Netzwerkdichten. Die Vernetzungsreaktion von ungesättigten Polyesterharzen durch Copolymerisation mit Monomeren wird durch Luftsauerstoff inhibiert. Man geht davon aus, dass der Luftsauerstoff, mit seiner Fähigkeit im Grenzzustand ein Biradikal zu bilden, sich an die Radikale der wachsenden Copolymerisation anlagert und einen Kettenabbruch herbeiführt. Die Vernetzung bleibt dann unvollständig. Das führt dazu, dass die obersten Schichten eines UP-Harzlackfilms weich und klebrig bleiben. Es gibt verschiedene Methoden, diesen Effekt zu vermeiden.
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Ungesättigte Polyester (UP-Harze)
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4.3.2 Nichtmodifizierte UP-Harze – „Wachspolyester“ Einfache ungesättigte Polyester werden aus Maleinsäureanhydrid fast immer in Kombination mit weiteren Polycarbonsäuren (zum Beispiel Phthalsäureanhydrid) und aus meist kurzkettigen Diolen (Ethylenglykol, Propylenglykol, Butandiol-1,3, Neopentylglykol) hergestellt. Polyester, die nur aus Maleinsäureanhydrid als Dicarbonsäure aufgebaut wären, würden weniger gut löslich sein und bei der Vernetzungsreaktion Filme mit unbefriedigenden Eigenschaften bilden. Typische molare Verhältnisse von Maleinsäureanhydrid zu Phthalsäureanhydrid liegen zwischen 4 : 6 und 7 : 3. Will man flexiblere Schichten erzeugen, kombiniert man das Maleinsäureanhydrid mit Adipinsäure. Oder man wählt längerkettige Diole wie Butandiol-1,4, Trimethylpentandiol-1,3, Diethylenglykol, Dipropylenglykol oder höhere Polyetherdiole. Selten werden Triole wie Glycerin oder Trimethylolpropan verwendet und wenn, dann nur in kleinen Anteilen. Diese Komponenten werden bei relativ niedrigen Temperaturen (um 180 °C) polykondensiert. Sie werden meist ohne große Polyolüberschüsse formuliert und die Reaktion wird bereits bei relativ niedrigen Kondensationsgraden (Säurezahlen 30 – 50 mg KOH/g) abgebrochen. Es gibt auch Formulierungen ungesättigter Polyester, die von Fumarsäure als Baustein ausgehen. Hier werden für die Fumarsäure als Nachteile die hohe Schmelztemperatur (Schmelzpunkt im geschlossenen Rohr 287 °C) und die Sublimationsneigung gesehen. Fumarsäure baut in Polyester durch Grenzflächenreaktionen ein, genau wie Isophthalsäure in gesättigten Polyestern. Es entstehen dabei sicher breitere Molmassenverteilungen als bei der Verwendung von Maleinsäureanhydrid. Da sich die Maleinsäure bei der Veresterung in Fumarsäure umwandelt, wird hier kein besonderer Vorteil für die Anwendung der Fumarsäure gesehen. Der Grund für die Wahl geringer Polyolüberschüsse, für den üblichen Verzicht auf den Einbau höherfunktioneller Polyalkohole, für die bevorzugt niedrige Reaktionstemperatur und für den Abbruch der Reaktion bei meist relativ niedrigen Kondensationsgraden liegt darin, dass man Nebenreaktionen bei der Herstellung von ungesättigten Polyestern weitgehend vermeiden will. Einmal können ungesättigte Polyester schon vorzeitig polymerisieren – vor allem bei höheren Temperaturen. Zum anderen können OH-Gruppen der Polyole mit der olefinischen Doppelbindung des Maleinsäureanhydrids bzw. des dann gebildeten Fumarsäureesters durch eine Michael-Addition reagieren. Diese Reaktion erhöht die mittlere Molmasse (es entsteht eine gesättigte Hydroxydicarbonsäure, n1 wird kleiner) und erzeugt Verzweigungen. Außerdem besteht beim Anlösen von ungesättigten Polyesterharzen die Gefahr, dass bereits Copolymerisationen stattfinden. GPC-Messungen an ungesättigten Polyestern ergeben stets höhere Werte für die Zahlenmittel der Molmassen, als aus der Formulierung und dem Kondensationsgrad berechnet werden. Das ist sicher auf diese Nebenreaktionen zurückzuführen, die in Abbildung 4.23 dargestellt sind.
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Abbildung 4.23: Nebenreaktionen bei der Herstellung von UP-Harzen
Diese ungesättigten Polyesterharze werden üblicherweise unter Zugabe von Inhibitoren und bei möglichst niedrigen Temperaturen in Styrol gelöst, der Styrolanteil der Lieferform liegt meist zwischen 30 und 50 m-%. Wenn ein ungesättigtes Polyesterharz ein Äquivalentgewicht (bezogen auf die ungesättigten Anteile) von etwa 300 g/mol hat (siehe Beispiel) und 60 : 40 mit Styrol kombiniert wird (Molmasse 104 g/mol), beträgt das stöchiometrische Verhältnis der Doppelbindungen fast 1 : 2. Würde die Vernetzung ideal ablaufen, kämen also auf eine Doppelbindung im Polyester zwei Moleküle Styrol. Tabelle 4.14 beschreibt ein ungesättigtes Polyesterharz aus Phthalsäureanhydrid und Maleinsäureanhydrid im Verhältnis 62 : 38, umgesetzt mit einem geringen molaren Überschuss an Propylenglykol (1,04 / 1,00) und verestert auf eine Säurezahl von 46 mg KOH/g [96]. Das UP-Harz hat dann eine mittlere Molmasse von 964 g/mol. Die Polyestermoleküle enthalten im Mittel 3,31 Mole Fumarsäureester, die entsprechende Äquivalentmasse ist also 291 g/mol. Tabelle 4.14: Beispiel eines nichtmodifizierten, ungesättigten Polyesters [96] n = m/M 10,395 3,797 6,204
Baustein Propylenglykol Pthalsäureanhydrid Maleïnsäureanhydrid Einwaagesumme Wasser Ausbeute (SZ = 46) Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Säurezahl [mg KOH/g] OH-Zahl [mg KOH/g] Viskosität (65 %-ig in Styrol) [mPa · s]
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M 76 148 98 18
m 790,0 562,0 608,0 1960,0 153,4 1806,6
m-‰ 437,3 311,1 336,5 1084,9 84,9 1000,0
k’M 1,1874 M n 964 SZ 46 OHZ 70,4 η 1486
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Ungesättigte Polyester (UP-Harze)
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Das ungesättigte Polyesterharz wird zu 55 m-% in Styrol gelöst und mit 0,012 m-% Methylhydrochinon stabilisiert. Solche relativ einfach zusammengesetzte UP-Harze bilden die Basis für hochwertige Beschichtungen. Allerdings sind Maßnahmen erforderlich, um die inhibierende Wirkung des Luftsauerstoffs auf die Vernetzung der Lackfilmoberfläche zu vermeiden. Zunächst hat man früher ungesättigte Polyester aus Bausteinen hergestellt, die für das fertige Bindemittel sehr hohe Glasübergangstemperaturen ergaben (über 50 °C). Wenn dann in den obersten Filmschichten die Vernetzung durch den Einfluss des Luftsauerstoffs nicht effektiv ablaufen konnte, entstanden dann doch harte und glänzende Oberflächen. Natürlich war es ein Nachteil bei den Beständigkeiten, wenn die Filmoberfläche fast nur physikalisch getrocknet war. Eine wirksamere Methode besteht darin, die UP-Harzsysteme mit bestimmten Mengen an Wachsen zu versetzen. Hier werden Paraffinwachse und Stearine ausgewählt. Die Zugaben liegen zwischen 0,1 m-% und max. 2,0 m-%, je nach Schmelztemperatur der Wachse (40 – 70 °C, von den höherschmelzenden benötigt man kleinere Mengen). Da diese Wachse in aromatischen Lösemitteln zunächst löslich sind, verteilen sie sich optimal in der Styrol-Lösung des UP-Harzes. Manche UP-Harze als Handelsprodukte enthalten bereits bestimmte Wachsanteile (Paraffinwachse), oder sie werden bei der Herstellung der UP-Harz-Lacke zugefügt. Man bezeichnet diese Bindemittelgruppe daher als „Wachspolyester“. Bei der beginnenden Aushärtung der UP-Harze (Copolymerisationsreaktion) sind die Wachse in dem dann entstehenden Gel unlöslich, sie separieren und schwimmen an die Oberfläche aus. Der dabei entstehende Wachsfilm schützt die oberen Filmschichten vor dem Eindringen von Luftsauerstoff und unterbindet damit dessen inhibierende Wirkung. Die Wachsschicht hat noch einen weiteren Vorteil: Sie verringert die Verdunstungsverluste des Styrols. Allerdings bildet diese Wachsschicht einen unregelmäßigen, matten Film. Die Oberfläche der Beschichtungen muss daher durch Schleifen und Polieren (Schwabbeln) nachbehandelt werden. Man erzeugt dann sehr glatte, harte, kratzfeste, hochglänzende aber sehr füllig wirkende Schichten. Die Lackoberflächen sind besonders beständig gegen Chemikalien (auch gegen Haushaltsmittel, Alkohol, Fruchtsäfte usw.) und gegen Wasser. Solche UP-Harzfilme sind nicht ausreichend wetterbeständig. Für einen bestimmten Zeitraum waren mit diesen UP-Harzlacken hergestellte, geschlossenporig lackierte Holz- bzw. Möbeloberflächen große Mode; mit Klarlacken aber auch mit pigmentierten Systemen. Da dann später für Möbel offenporige Lacke wieder Mode wurden, die zudem preisgünstiger sind und nicht einen so großen Applikationsaufwand haben, ist der Umsatz solcher UP-Harze für den Bereich der Möbellacke deutlich zurückgegangen. Heute werden vor allem hochwertige Klaviere und Flügel mit UP-Harzlacken beschichtet.
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Die relativ dicke Lackschicht wirkt dabei unterstützend auf die Resonanz der Instrumente. Außerdem werden so genannte „Dash-Boards“, das sind Holzteile an Armaturen und anderen Teilen im Inneren von PKWs mit UP-Harzlacken beschichtet. UP-Harze dieses Typs kann man auch für hochgefüllte Spachtelmassen einsetzen. Dort aber ohne Wachszusatz, weil die inhibierende Wirkung des Luftsauerstoffs eine geringere Rolle spielt. Allerdings werden auch dort UP-Harze der folgenden Gruppe (siehe Kapitel 4.3.3) verwendet. Beispiele von Handelsprodukten: Palatal P 6 (BASF [61]), Roskydal E 65 (Nuplex [72]), Sacopal L 100 w (KremsChemie [97])
4.3.3 „Glanzpolyester“ Es gibt auch eine Methode ungesättigte Polyesterharze selbst so zu modifizieren, dass die inhibierende Wirkung des Luftsauerstoffs auf die Vernetzungsreaktion in den oberen Schichten von UP-Lackfilmen weitgehend unterdrückt wird. Bestimmte Bausteine können mit dem Luftsauerstoff eine Konkurrenzreaktion eingehen, so dass dessen Wirkung auf die Radikalkettenpolymerisation unterbleibt. Es gab dazu in den 1960er-Jahren eine Vielzahl von Patenten, die verschiedenste Stoffe als wirksam in diesem Sinne beschreiben. Es sind cycloaliphatische Verbindungen, vor allem die mit olefinischen Doppelbindungen, aber besonders herauszustellen bestimmte Allylverbindungen die die Sauerstoffinhibierung kompensieren. Cycloaliphatische Bausteine sind: Perhydro-Bisphenol A [2,2-(4,4’-Bishydroxycyclohexyl)-propan] und TCD-Diol auf der Seite der Diole. Endomethylentetrahydrophthalsäureanhydrid, TCD-Dicarbonsäure und vor allem Tetrahydrophthalsäureanhydrid auf der Seite der Polycarbonsäuren. Allylverbindungen sind: Monoallylether von Glycerin und Trimethylolpropan, Diallylether von Glycerin, Trimethylolpropan und Pentaerythrit. Da die Diallylether des Glycerins und des Trimethylolpropans nur noch eine OH-Gruppe pro Molekül enthalten, führt ihr Einbau zum Abbruch der Polyesterkette. Es gibt die Vorstellung, dass diese Verbindungen ausgehend von ihren aktivierten CH2-Gruppen (in der Nachbarschaft der Doppelbindungen oder der tertiären C-Atome) mit Sauerstoff reagieren und Hydroperoxide bilden. Diese Hydroperoxide können dann selbst Radikale bilden, die nicht zu einem Kettenabbruch führen, sondern neue Kettenstarts veranlassen, bzw. bei Rekombinationen eine zusätzliche Vernetzung ergeben. Die Radikalbildung an diesen Allyl-Hydroperoxiden wird durch die bereits im System vorhandenen Cobalt-Salze angestoßen. Es ist daher wichtig, soviel Cobalt-Salze einzusetzen, dass beide Reaktionen ausgewogen
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Ungesättigte Polyester (UP-Harze)
Abbildung 4.24: Reaktionen an einem Molekülmodell eines ungesättigten Polyesters aus Maleinsäureanhydrid, Tetrahydrophthalsäureanhydrid und TMP-monoallylether
ablaufen. (Der Vorgang ist vergleichbar mit der oxidativen Vernetzung von Alkydharzen, die mehrfach ungesättigte Fettsäuren [9,12-Linolsäure] enthalten (siehe Kapitel 4.4.2.1). Beide Reaktionsprinzipien sind in Abbildung 4.24 beschrieben. Ungesättigte Polyesterharze, die solche Bausteine enthalten, ergeben bei der Vernetzung durch Copolymerisation mit Styrol (oder alternativen Comonomeren) direkt harte, glänzende Filmoberflächen. Man bezeichnet solche Bindemittel in Unterschied zu den „Wachspolyestern“ daher als „Glanzpolyester“. Die Messwerte für den Glanz sind unter anderem auch deswegen sehr hoch, weil das copolymerisierte Styrol hohe Brechungsindices erzeugt. Es gibt einen weiteren Baustein, der die Inhibierung durch Luftsauerstoff auch unterdrückt, das 2,2,4-Trimethylpentandiol-1,3. Für die Herstellung gesättigter Polyester hat dieses Diol den Nachteil, durch intramolekulare Wasserabspaltung einen ungesättigten Monoalkohol zu bilden, das ist aber für einen Baustein für ungesättigte Polyester eher ein Vorteil, denn die entstehende Struktur ergibt eine Tabelle 4.15: Beispiel eines ungesättigten Polyesters mit Trimethylolpropandiallylether [98] n 0,45 0,40 0,60 0,40 0,30
Baustein M Propylenglykol 76 Neopentylglykol 104 Maleinsäureanhydrid 98 Tetrahydrophthalsäureanhydrid 152 Trimethylolpropandiallyether 214 Einwaagesumme Wasser 18 Ausbeute (SZ = 20) k’M 1,2367 Polyesterkonstante M n 1027 mittlere Molmasse [g/mol] SZ 20 Säurezahl [mg KOH/g] OH-Zahl [mg KOH/g] OHZ 20
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m=n·M 34,20 41,60 58,80 60,80 64,20 259,60 16,44 243,16
m-‰ 140,6 171,1 241,8 250,0 264,0 1067,6 67,6 1000,0
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Möglichkeit, mit dem Luftsauerstoff zu reagieren. Ähnlich wie die Diallylether der Triole bildet der Baustein natürlich einen Kettenabbruch. Tabelle 4.15 beschreibt ein ungesättigtes Polyesterharz aus Maleinsäureanhydrid (0,60 Mol), Tetrahydrophthalsäureanhydrid (0,40 Mol), Propylenglykol (0,45 Mol), Neopentylglykol (0,40 mol) und Trimethylolpropandiallyether (0,30 Mol), der dann die Enden der Polyestermoleküle bildet (im Mittel ca. 1,3 Mol pro Polyestermolekül). Bei einer Säurezahl von 20 hat das Polyesterharz eine mittlere Molmasse von 1027 g/mol. Das Äquivalentgewicht bezogen auf die gesamten Doppelbindungen ist 253,3 g/mol. Solche Bindemittel werden für hochglänzende, chemikalienbeständige Holzlacke, Klarlacke und pigmentierte Lacke verwendet, aber auch für Spachtel und Füller. Beispiele von Handelsprodukten: Roskydal 500er-Reihe (Nuplex [72]), Sacoval L 300 t (Krems-Chemie [97]) Ungesättigte Polyesterharze, die bevorzugt neben Maleinsäureanhydrid, Tetrahydrophthalsäureanhydrid oder andere cycloaliphatische Dicarbonsäuren als Baustein enthalten und längerkettige Diole wie zum Beispiel Butandiol-1,4, Pentandiol-1,5, aber auch das 2,2,4-Trimethylpentandiol-1,3, Diethylenglykol, Dipropylenglykol oder höhere Polyetherdiole, eignen sich besonders gut für die Herstellung von Spachtelmassen und Füllern, die dann vor allem in der Automobil-Reparaturlackierung eingesetzt werden. Sie härten in dicken Schichten ohne Probleme durch. Die Filme sind ausreichend flexibel, aber trotzdem schon nach kurzer Reaktionszeit schleifbar und überarbeitbar. Die cycloaliphatischen Bausteine vermitteln dabei auch eine ausgezeichnete Haftung. Besonders gute Haftung wird auch bei Einbau von alkoxylierten Bisphenol A als Diol erzielt. Solche Produkte sind dann auch relativ temperaturbeständig, was für Grundierungen und Füller unter Einbrenndecklacken sehr wichtig ist. Initiatorsysteme für solche Bindemittel bestehen aus tertiären, aromatischen Aminen und Acylperoxiden. Diese Kombination hat den Vorteil, dass sie auch bei niedrigen Temperaturen (um 0 °C) ausreichend reaktiv ist. Die Amine sind meist bereits in der Lieferform des UP-Harzes enthalten. Die Acylperoxide werden in Form von Pasten (das Pastenmedium bilden meist Weichmacher [Dialkylphthalate]) in Tuben ausgeliefert und kurz vor der Verarbeitung des Spachtels der Spachtelmasse zugesetzt. Es werden dabei immer nur kleine Mengen manuell zur Applikation vorbereitet, denn das Potlife der fertigen Mischungen ist sehr kurz. Beispiele von Handelsprodukten: Roskydal E-Reihe (Nuplex [72])
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Ungesättigte Polyester (UP-Harze)
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4.3.4. UV-Vernetzung von ungesättigten Polyestern Bereits 1955 wurden erste Versuche durchgeführt, ungesättigte Polyesterharze durch UV-Licht zu vernetzen [99]. Da auch dort die Inhibierung durch Luftsauerstoff ein Problem darstellte, wurde das Verfahren erst wieder aufgegriffen, als es die so genannten „Glanzpolyester“ gab (siehe Kapitel 4.3.3). Die UV-Vernetzung wird durch UV-Initiatoren gestartet. Diese nehmen UV-Licht der Wellenlängen von 280 bis 450 nm auf und bilden Radikale, die dann ihrerseits eine Radikalkettenpolymerisation – wie oben beschrieben – an den Doppelbindungen der Fumarsäureester, aber auch des Comonomers (Styrol) auslösen können. Man geht davon aus, dass die Radikalkettenreaktion von beiden Bausteintypen ausgehen kann. UV-Initiatoren sind Verbindungen, die unter Einwirkung von UV-Licht aufgrund sterischer Effekte in Radikale zerfallen können. Dazu gehören Benzophenone, Benzoinether, Benzilketale, ß-Hydroxyalkylphenylketone, ß-Aminoalkylphenylketone und Benzoylphosphinoxide [100]. Für ungesättigte Polyester gibt es die Empfehlung für UV-Klarlacke 2,5 – 3,5 m-% bezogen auf das Polyesterharz ß-Hydroxyalkylphenylketon einzusetzen und für pigmentierte UV-Lacke 2,5 – 3,0 m-% eines Benzoylphosphinoxids [101]. Die Benzoylphosphinoxide sind auch für pigmentierte Systeme geeignet, weil sie UV-Licht bis zu 450 nm Wellenlänge absorbieren, das heißt in einem Bereich, wo Titandioxid noch teilweise transparent ist. Abbildung 4.25 zeigt ein Phenylketon und ein Bis-benzoylphosphinoxid mit der Darstellung der UV-sensiblen Bindungen. Die Filme der vernetzten UV-Lacke aus ungesättigten Polyestern („Glanzpolyester“) enthalten ausgedehnte molekulare Netzwerke, die hohe Härte bei hoher Flexibilität, hohe Glanzwerte, sehr gute Beständigkeit gegen Chemikalien und Feuchtigkeit garantieren. Die Filme sind nicht besonders wetterbeständig. Ungesättigte Polyester werden für die UV-Vernetzung an Stelle von Styrol auch mit anderen Comonomeren kombiniert, das sind dann vor allem Acrylester
Abbildung 4.25: Beispiele von UV-Initiatoren (mit ihren labilen Bindungen)
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(monofunktionelle und polyfunktionelle Comonomere, zum Beispiel Hexandiol1,6-diacrylat, Trimethylolpropantriacrylat). Wenn ungesättigte Polyester eine ausreichende Anzahl von Doppelbindungen enthalten, können sie auch ohne Comonomere durch UV-Licht vernetzt werden. Für diese Anwendung werden von den Herstellern monomerfreie Lieferformen ausgeliefert, entweder als 100 %-ige UP-Harze oder als Lösungen in gebräuchlichen Lösemitteln (meist in Estern, zum Beispiel in Butylacetat). Beispiel eines Handelsproduktes: Roskydal 502BA (Nuplex [72]) Weil UV-Lacke umweltfreundlich sind und weil bei der UV-Vernetzung qualitativ hochwertige Lackfilme entstehen, gibt es eine deutliche Ausweitung dieses Applikationsgebiets. Auch in Zukunft werden hohe Zuwachsraten für diese Lackgruppe erwartet. Allerdings spielen dabei die ungesättigten Polyester nur eine Nebenrolle für spezielle Formulierungen. Denn die Doppelbindungen von Acrylsäureestern sind deutlich reaktiver bei der Vernetzung mit UV-Licht als die von Fumarsäureestern der ungesättigten Polyesterharze. Daher spielen Bindemittel mit Acrylsäureestern die wichtigste Rolle bei der UV-Vernetzung: Polyesteracrylate (siehe Kapitel 4.2.4.3), Polyetheracrylate, Epoxidacrylate, Polyurethanacrylate [100]. Es gibt allerdings auch Polyesteracrylate, die ein ungesättigtes Polyesterharz als Segment enthalten und endständige Acrylester.
4.3.5 Sonstige, ungesättigte Polyester Wenn man ungesättigte Polyester aus Maleinsäureanhydrid, weiterer Dicarbonsäure und Polyetherpolyolen aus Ethylenglykol aufbaut, erhält man wasserverdünnbare UP-Harze. Auch die spielen eine Rolle für die Formulierung von UV-Lacken. Man kann dabei relativ hochmolekulare Polyester aufbauen, die dann als wässrige „Lösungen“ in einen verarbeitungsfähigen Zustand gebracht werden. Im Unterschied zu anderen UV-Systemen, die als 100 %-Systeme eingesetzt werden, muss hier natürlich Zeit und Energie zum Verdampfen des Wassers aufgebracht werden. Weil die UV-Vernetzung sehr effektiv ist, bildet der Gehalt solcher Polyester an hydrophilen Bausteinen keinen besonderen Nachteil. Wenn UP-Harze ohne Styrol verarbeitet werden, erreichen sie gute Haftungseigenschaften. Das gilt besonders für die UP-Harze, die cycloaliphatische Bausteine enthalten. Die cycloaliphatischen Bausteine wurden zunächst vor allem für die Formulierung von ungesättigten Polyestern verwendet, die ohne Sauerstoffinhibierung an der Filmoberfläche vernetzen (siehe Kapitel 4.3.3). Dann wurden vor allem die UP-Harze für Spachtel und Füller aus cycloaliphatischen Bausteinen aufgebaut (Tetrahydrophthalsäureanhydrid, Endomethylentetrahydrophthalsäureanhydrid). Schließlich fand man heraus, dass solche Polyesteranteile auch die
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Alkydharze
Haftung bei anderen Lacksystemen unterstützen, die nicht über Doppelbindungen vernetzen. Diese Wirkung tritt schon bei kleinen Anteilen solcher Bindemittel in den Lackformulierungen in Erscheinung. Es wurden daher solche styrolfreie UP-Harze ausdrücklich als Haftharze definiert. Sie sind hier auf Maleinsäureanhydrid mit Phthalsäureanhydrid (hart) oder mit Adipinsäure (weich) und dem Dimethyloltricyclodecan (TCD-Diol) aufgebaut. Sie werden zur Verbesserung der Haftung auf Metall besonders bei Can-Coating-Lacken und Coil-CoatingLacken verwendet. Beispiele für Handelsprodukte: Tego Add-Bond LTH, LTW (Evonik [59])
4.4 Alkydharze 4.4.1 Einteilung der Alkydharze Traditionell werden Alkydharze nach ihrem Ölgehalt eingeteilt. Dabei sind nicht nur die Alkydharze gemeint, die über ein Umesterungsverfahren direkt aus Ölen hergestellt werden, sondern auch solche, die aus Fettsäuren aufgebaut sind und ebenso solche, die gar kein Glycerin enthalten. Der Umrechnungsfaktor zwischen Ölgehalt und Fettsäuregehalt berechnet sich für Öle und Fettsäuren, die überwiegend aus C18-Komponenten bestehen, nach:
Der Faktor ist so klein, dass es praktisch unerheblich ist, ob man solche Alkydharze nach ihrem Ölgehalt oder dem Fettsäuregehalt klassifiziert. Die Einteilung nach DIN 55945 ist: • fette (langölige) Alkydharze • mittelfette (mittelölige) Alkydharze • magere (kurzölige) Alkydharze
60 m-% Ölgehalt 40 – 60 m-% Ölgehalt 40 m-% Ölgehalt.
Obwohl der Ölgehalt von Alkydharzen – vor allem bei den oxidativ vernetzenden Typen – eine wichtige anwendungstechnische Rolle spielt, soll hier eine Einteilung nach dem Vernetzungsprinzip und der molekularen Struktur vorgenommen werden. So macht es zum Beispiel wenig Sinn für Alkydharze, die mit synthetischen Fettsäuren oder mit Benzoesäuren modifiziert sind, den Ölgehalt zu definieren. Hier sind die Alkydharze also zunächst in oxidativ vernetzende Typen, in so genannte fremdvernetzende und in plastifizierend wirkende Typen gegliedert. Fremdvernetzende Alkydharze benötigen in so genannten Reaktionslacken einen
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Kombinationspartner (Vernetzer) für die Filmbildung. Sie sind fast ausschließlich OH-Gruppen tragende Bindemittel. Plastifizierend wirkende Alkydharze sind molekular ähnlich aufgebaut wie die fremdvernetzenden Typen.
4.4.2 Oxidativ vernetzende Alkydharze 4.4.2.1 Vernetzungsreaktionen Oxidativ vernetzende Alkydharze enthalten vor allem Fettsäuren, die zwei und mehr Doppelbindungen tragen. Dabei sind zunächst Fettsäuren mit isolierten Doppelbindungen gemeint, also 9,12-Linolsäure, 9,12,15-Linolensäure, Strukturformeln dargestellt in Abbildung 4.26, und die höher ungesättigten C20 -C22-Fettsäuren der Öle von Seetieren.
Abbildung 4.26: Fettsäuren mit isolierten Doppelbindungen
Die oxidative Vernetzung wird auch noch oft als oxidative Trocknung bezeichnet. Man hat früher die Filmverfestigung von flüssigen Ölen als Trocknungsvorgang verstanden, und diese Bezeichnung auch für die Filmverfestigung bei Alkydharzlacken beibehalten. Diese Bezeichnung ist aber nicht korrekt. Die Filmverfestigung der hier beschriebenen Alkydharze besteht aus der Abgabe von Lösemitteln (bzw. Dispergiermitteln (physikalische Trocknung) und aus einer chemischen Vernetzungsreaktion unter Einbeziehung des Luftsauerstoffes (oxidative Vernetzung). Startreaktion Die Vernetzungsreaktion beginnt fast immer mit der Addition von Luftsauerstoff an die CH 2-Gruppe, die zwei Doppelbindungen benachbart ist. Der Sauerstoff reagiert dabei quasi als Biradikal und die Reaktivität der CH 2-Gruppe ist vergleichbar mit der der CH3-Gruppe des Propens, die unter bestimmten Bedingungen bevorzugt radikalischen Substitutionsreaktionen zugänglich ist (Bildung von Allylverbindungen). Bei den isoliert ungesättigten Fettsäuren besteht dann sogar ein induktiver Effekt aus zwei benachbarten Doppelbindungen auf die CH 2-Gruppe.
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Radikalbildung Die aus dieser Sauerstoffaddition gebildeten Hydroperoxide können in Radikale zerfallen. Bei relativ niedrigen Umgebungstemperaturen (Raumtemperatur und noch darunter) ist es sinnvoll, diese Radikalbildung katalytisch zu beschleunigen. Trockenstoffe Die dazu verwendeten Katalysatoren bezeichnet man als Trockenstoffe (Sikkative). Auch diese Bezeichnung, die mit dem Begriff der „oxidativen Trocknung“ im Zusammenhang steht, ist natürlich nicht korrekt, aber generell geläufig. Trockenstoffe bestehen aus organischen Salzen von Metallen, die unterschiedliche Oxidationsstufen (Ladungszahlen) haben können. Die bekanntesten Metalle sind Cobalt, Mangan, Zirkon und Blei. Die Kationen dieser Metalle können über ihre unterschiedlichen Oxidationsstufen als Redoxsysteme fungieren. Es sind auch noch weitere Metall-Kationen getestet worden (Eisen, Vanadium, Cer). Es ist aufgrund der spezifischen Ergebnisse anzunehmen, dass nicht nur das Redoxverhalten, sondern zusätzlich das Verhalten als Komplexbildner am Doppelbindungs-Hydroperoxid-System eine entscheidende Rolle spielt (Ionenradien, Annäherungsverhalten). Man hat auch herausgefunden, dass Kationen, die nicht mehrere Oxidationsstufen haben können – in Kombination mit den oben genannten Metallionen – die oxidative Vernetzung unterstützen (SynergieEffekte). Dazu gehören Zink, Calcium, Barium und Magnesium. Viele der genannten organischen Metallsalze wirken auch gleichzeitig als Netzmittel für die Untergrundbenetzung und die Pigmentbenetzung (Zink, Calcium, Barium, Blei). Die Cobaltsalze sind mit Abstand die wirksamsten Trockenstoffe. Es werden nur kleine Mengen an Cobaltsalzen eingesetzt, unter anderem aber auch deshalb, weil höhere Mengen zu Verfärbungen führen würden (Co2+-Salze sind tief rotviolett, Co3+-Salze grün). Wenn aufgrund so hoher Wirksamkeit und gegebenenfalls zusätzlich hoher Zugabemenge der Vernetzungsprozess recht schnell abläuft, besteht die Möglichkeit, dass nur die oberste Schicht des Lackfilms vernetzt und dann eine Diffusion von Sauerstoff in die unteren Schichten vermindert wird und der Vernetzungsprozess dort unvollständig bleibt. Im Extremfall zeigt sich dann noch durch die unterschiedliche Volumenänderung der Schichten ein Kräuseleffekt als Schadensbild. Diesen Effekt kann man aber auch positiv ausnutzen: Bei Auswahl bestimmter Bindemittel (Ricinenalkyde), relativ hoher Mengen an Cobalt-Sikkativ und vor allem bei höherer Vernetzungstemperatur (zum Beispiel bei 80 °C) entstehen sehr regelmäßige Kräuseleffekte, die für Effektlacke verwendet werden können.
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Für einen optimalen, gleichmäßigen Vernetzungsprozess hat man aufgrund empirischer Ergebnisse schon recht früh Kombinationen unterschiedlich wirkender Metalle verwendet. Das klassischen Beispiel ist eine Kombination aus wenig Cobalt und relativ viel Blei (zum Beispiel 0,05 % Cobalt, 0,80 % Blei, Metallanteil auf Bindemittel [fest]). Auch eine weitere Kombination mit Mangan, dessen katalytische Wirkung nach dem Cobalt an zweiter Stelle liegt, wurde empfohlen (zum Beispiel 0,03 % Cobalt, 0,02 % Mangan, 0,5 % Blei, Metallanteil auf Bindemittel [fest]). Mangan-Sikkative haben den Nachteil, schon in kleinen Zugabemengen zu verfärben. Wegen der physiologischen Bedenklichkeit löslicher Bleiverbindungen, werden heute in vielen Fällen Blei-Sikkative ersetzt. Bevorzugt werden Kombinationen von Cobalt- und Zirkonsalzen (zum Beispiel 0,04 % Cobalt, 1,2 % Zirkon, Metallanteil auf Bindemittel [fest]). Hierzu wird auch noch eine zusätzliche Zugabe von Calcium empfohlen (zum Beispiel [102] +0,2 % Calcium, Metallanteil auf Bindemittel [fest]). Obwohl Cobalt ein essentielles Spurenelement für Säugetiere ist (Zentralatom des Vitamins B 12, Tagesbedarf beim Menschen 0,1 µg Cobalt) sind Cobalt-Verbindungen physiologisch nicht unbedenklich. Zwar ist die letale Dosis relativ hoch (LD50 [Ratte, oral] 6170 mg/kg) aber CobaltSalze haben sich im Tierversuch als carcinogen erwiesen (Einstufung: A2), für den Umgang mit Sikkativen ist daher die MAK auf 0,1 mg/m3 festgesetzt [49]. Die in Lacken und Lackfilmen enthaltenden Mengen sind dagegen sehr klein. Es gibt bisher auch keinen Trockenstoff, der in seiner Wirkung dem Cobalt gleichkommt. Die organischen Säurereste der Trockenstoffe stammten in der Vergangenheit hauptsächlich aus technischen Linolsäuren (Linolate aus Tallölfettsäure, Sojafettsäure und Leinölfettsäure), aus Naturharzsäuren (Resinate) und Naphtensäuren (Naphtenate). Heute werden die Metallsalze meist aus 2-Ethylhexansäure (Octoate) hergestellt, die dann einheitlicher und heller als die vorgenannten sind. Die genannten Säurereste haben die Aufgabe, über gute Löslichkeit und Verträglichkeit für eine effektive Verteilung der kleinen Katalysatormengen im Lacksystem zu sorgen. Tabelle 4.16 nennt die Metallgehalte der gehandelten Sikkative und die empfohlenen Einsatzmengen [103]. Es gibt aber auch Sikkativierungsvorschläge, die bei Blei und Zirkon deutlich höhere Mengen nennen, wie das oben genannte Beispiel zeigt [102]. Tabelle 4.16: Metallgehalte und empfohlene Einsatzmengen von Sikkativen [103]
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Metall
%-Metallgehalt im Tockenstoff
%-Einsatzmengen (Bindemittel, fest)
Cobalt Mangan Blei Zirkon
6 – 18 6 – 10 24 – 36 6 – 18
0,03 – 0,08 0,01 – 0,05 0,08 – 0,60 0,05 – 0,30
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Radikalkettenpolymerisation Die aus den Hydroperoxiden gebildeten Oxoradikale können mit den Doppelbindungen der Fettsäurereste eine Radikalkettenpolymerisation auslösen. Es entstehen dann Netzwerke durch Verknüpfungen der Fettsäurereste der Alkydharze über C-O-C-Brücken und C-C-Brücken. Die Radikalkettenpolymerisation wird durch Rekombinationen abgebrochen. Es gelten dabei die für eine solche Polymerisationsreaktion typischen Bedingungen: Hohe Radikalkonzentrationen erzeugen viele, kurze Ketten und schnelle Rekombinationen, die gesamte Umsatzzeit ist klein. Weniger Radikale erzeugen wenige, längere Ketten, spätere Rekombinationen und die gesamte Umsatzzeit ist länger. Die Anzahl der gebildeten Radikale ist abhängig von der Konzentration der Doppelbindungen, der Wirksamkeit und der Einsatzmenge der Metallkatalysatoren und natürlich von der Temperatur. Hier wird deutlich, dass die optimale Einsatzmenge für die verschiedenen Sikkative nicht nur durch eine Untergrenze, sondern auch durch eine Obergrenze bestimmt wird, wenn es darum geht effektive Netzwerke, bezüglich der Netzwerkdichte und der Ausdehnung der Netzwerke zu erreichen. Einfluss des Typs der Doppelbindungen Die Startreaktion (Hydroperoxidbildung) und die Radikalbildung (Redoxreaktion) erfolgt wie beschrieben an den α,α’-ständigen CH 2-Gruppen isolierter Doppelbindungssysteme. Wenn einmal Radikale gebildet sind, können bei der Radikalkettenpolymerisation auch C-C-Brücken mit konjugierten Doppelbindungen gebildet werden. Die reagieren dann – mit einem Energiegewinn – über eine 1,4-Polymerisation. Es wurde auch gefunden, dass sich während des Vernetzungsprozess isolierte Doppelbindungen in konjugierte Doppelbindungen umlagern können. Eine Kombination bestimmter Verhältnisse isolierter und konjugierter Doppelbindungen bildet daher ein Optimum für die oxidative Vernetzung. Es entstehen dann wohl relativ ausgedehnte Netzwerke, die Lackfilme sind beständig und flexibel. Auf Basis empirischer Ergebnisse hat man dazu bereits sehr früh gefunden, dass Kombinationen aus Leinöl und Holzöl bei der Herstellung oxidativ vernetzender Alkydharze, höherwertige Filme ergeben, als solche, die nur Leinöl enthalten. Holzöl enthält die dreifach konjugiert ungesättigte α-Eleostearinsäure. Heute kombiniert man in mittelöligen Alkydharzen die 9,12-linolsäurereichen Fettsäuren mit bestimmten Anteilen 9,11-Linolsäure (konjugiert) enthaltenden Fettsäuren [104]. Die Filmbildung ist sehr effektiv, vor allem, wenn man noch „forciert trocknet“. Man hat in der Vergangenheit versucht, die verschiedenen Reaktionswege bei der oxidativen Vernetzung aufzuklären [105]. Hier erscheint die detaillierte Aufklärung der Reaktionen für die Beurteilung der zu erreichenden Filmeigenschaften
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unerheblich. Anhand einer etwas schematischen Darstellung wird der Ablauf der Reaktionen bei der oxidativen Vernetzung in Abbildung 4.27 dargestellt
Abbildung 4.27: Vereinfachte Darstellung des Reaktionsablaufs bei der oxidativen Vernetzung
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Zusammenfassend ist zu sagen, dass bei der oxidativen Vernetzung von Alkydharzen mehr oder weniger ausgedehnte Netzwerke durch Verknüpfungen der Fettsäurereste entstehen. Die Verknüpfungen bestehen aus C-O-C-Brücken und C-C-Brücken. Es gibt sicher noch eine signifikante Anzahl restlicher Doppelbindungen. Die oxidative Vernetzung kann durch höhere Temperaturen beschleunigt werden. Früher wurden oxidativ vernetzende Alkydharze auch für Einbrennlacke verwendet. Bei höheren Temperaturen haben 9,11-Linolsäure enthaltende Fettsäuren Vorteile gegenüber denen mit 9,12-Linolsäure. Dann ist zwar die Sauerstoffaufnahme bei der Vernetzung geringer, es läuft eine 1,4-Polymerisation ab, aber die entstehenden Filme sind flexibel und beständig. Abbaureaktionen Aktivierte CH/CH2-Gruppen und restliche Doppelbindungen bilden den Grund dafür, dass die oben beschriebenen Reaktionen bei der Alterung der Lackfilme, besonders unter dem Einfluss von Sonnenlicht, weiter gehen können. Vor allem an den Sauerstoff-Brücken können dann Abbaureaktionen ablaufen, es werden weitere Peroxide gebildet, durch Kettenspaltung können Aldehyde und Carbonsäuregruppen entstehen. Daher sind Alkydharzfilme, die durch oxidative Vernetzung entstanden sind, nicht besonders wetterbeständig. Die Schadensbilder der Weiterreaktionen sind vor allem Vergilbung und Versprödung. Man hat früher angenommen, dass bei der Alterung solcher Alkydharzfilme eine Nachvernetzung abläuft, die zur Versprödung führen kann. Heute weiß man, dass eine Versprödung von Filmen nur durch eine Abbaureaktion, d.h. teilweise Zerstörung des Netzwerks, entstehen kann. Die genannten Abbaureaktionen kommen vor allem dann zum Tragen, wenn die Konzentration an CH 2 -Gruppen isolierter Doppelbindungssysteme hoch ist, denn dann ist die Sauerstoffaufnahme am höchsten und kann auch bei der Alterung weiter laufen. Daher sind Filme aus Leinölalkydharzen (und auch aus Fischölalkydharzen) nur wenig wetterbeständig. Sie neigen zur Vergilbung und Versprödung. Filme aus Alkydharzen, die praktisch keine 9,12,15-Linolensäure oder mehrfach ungesättigte C20 -C22-Fettsäuren enthalten, sondern hauptsächlich 9,12-Linolsäure, bzw. deren Kombinationen mit 9,11-Linolsäure, sind deutlich vergilbungs- und wetterbeständiger. Sie erreichen aber nicht die Beständigkeiten der Lackfilme aus fremdvernetzenden Einbrennlack-Alkydharzen. 4.4.2.2 Langölige, oxidativ vernetzende Alkydharze Auch wenn hier die Gliederung aller Alkydharze nach ihrem Öl- bzw. Fettsäuregehalt nicht angewendet wird, ist natürlich der Gehalt an Fettsäuren mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren in einem oxidativ vernetzenden Alkydharz ausschlaggebend für seine Vernetzungseigenschaften („Trocknungsverhalten“). Es ist
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festzustellen, dass die Bildung von Netzwerken bei der oxidativen Trocknung relativ langsam und nicht umfassend abläuft. Dabei ist nicht die Reaktion im Einzelnen gemeint – denn Radikalkettenreaktionen sind sehr schnell – sondern der Umfang und die Geschwindigkeit des Gesamtumsatzes. Aus der Erkenntnis, dass Sojaöl, Baumwollsaatöl und sogar Safloröl als solche, trotz ihres hohen Gehalts an 9,12-Linolsäure, durch oxidative Vernetzung keine effektiv beständigen Filme bilden können (man rechnet sie daher zu den halbtrocknenden Ölen), können Alkydharze auf Basis der Fettsäuren dieser Öle optimale Filme ergeben. Das wird dadurch erreicht, dass man Alkydharze mit relativ hohen Molmassen herstellt. Dann ist der Schritt vom Lackbindemittel zum Film klein genug, so dass auch die insgesamt langsamere oxidative Vernetzungsreaktion für eine effektive Filmbildung ausreicht. Der Wunsch einen möglichst hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren und hohe mittlere Molmassen in einem Alkydharz zu realisieren, trifft sehr gut die Bedingungen zum theoretischen Aufbau von Alkydharzen: Denn hohe Molmassen bei Alkydharzen erfordern hohe Belegung der überschüssigen OHGruppen mit Monocarbonsäuren. Oxidativ vernetzende Alkydharze, die diesen Vorgaben entsprechen, haben Molmassen zwischen 5000 und 9000 g/mol (Zahlenmittel der Molmassen) und Tabelle 4.17: Abhängigkeit des Fettsäuregehalts von Alkydharzen von der Polyolkomponente bei identischer Belegung, Säurezahl und Molmasse Bausteine, Mole Pentaerythrit Glycerin Phthalsäureanhydrid Linolsäure-reiche Fettsäure Bausteine, Massen [‰] Pentaerythrit Glycerin Phthalsäureanhydrid Linolsäure-reiche Fettsäure Einwaagesumme Wasser Ausbeute (SZ = 10,0) Kennzahlen Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante k’ mittlere Molmasse (Zahlenmittel) Anzahl der Strukturelemente Verzweigungsgrad [mol/kg] Belegung (b’) OH-Zahl [mg KOH/g]
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1 1,000 0 1,000 1,700
2 0,750 0,250 1,000 1,495
3 0,500 0,500 1,000 1,285
4 0,250 0,750 1,000 1,070
5 0 1,000 1,000 0,860
190,6 0 207,4 667,0 1064,5 64,5 1000,0
157,2 35,5 228,1 645,2 1066,0 66,0 1000,0
116,7 79,0 254,1 617,6 1067,4 67,4 1000,0
66,0 134,0 287,4 581,8 1069,1 69,1 1000,0
0 205,0 329,8 536,6 1071,4 71,4 1000,0
10,0 1,1272 5611 7,9 0,42 0,80 33,6
10,0 1,1156 5611 8,6 0,39 0,80 32,1
10,0 1,1038 5611 9,6 0,37 0,80 30,7
10,0 1,0918 5611 10,9 0,35 0,80 29,6
10,0 1,0800 5611 12,5 0,31 0,80 27,5
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Alkydharze
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Belegungen von 70 bis 85 % der überschüssigen OH-Gruppen. Noch höhere Belegungen bilden ein Risiko, weil dann freie Fettsäuren übrig bleiben könnten, die anwendungstechnische Nachteile einbringen. Um eine Vorstellung von den infrage kommenden Zusammensetzungen zu bekommen, wird eine Serie von Modell-Alkydharzen in Tabelle 4.17 vorgestellt. Es sind Alkydharze aus Phthalsäureanhydrid, einer Fettsäure mit mittlerer Molmasse von 280 g/mol und einem molaren Verhältnis von Polyol zu Dicarbonsäure wie 1 : 1. Variiert wird das Verhältnis der Polyole Pentaerythrit und Glycerin. Säurezahl, Belegung und Molmasse der Alkydharze sind identisch! Hier wird deutlich, dass bei identischer Belegung (b’ = 0,80), Säurezahl (10,0 mg KOH/g) und Molmasse (5611 g/mol) der Fettsäuregehalt der Alkydharze von 66,7 m-% beim reinen Penta-Alkyd und auf 53,7 m-% beim reinen GlycerinAlkyd fällt. Zur Herstellung von Alkydharzen mit Fettsäuregehalten über 60,0 % ist also stets ein signifikanter Anteil an Pentaerythrit auszuwählen. Weil die Molmassen der Strukturelemente so unterschiedlich sind, steigt bei gleichem Zahlenmittel der Molmasse des Alkydharzes die mittlere Anzahl der Strukturelemente von 7,9 beim reinen Penta-Alkydharz auf 12,5 beim reinen Glycerin-Alkydharz. Der Verzweigungsgrad fällt aufgrund der Änderung der mittleren Funktionalität der Polyole, bei gleicher Belegung, von 0,42 auf 0,31. Die OH-Zahl dabei aber nur um 6 Punkte. Die hier behandelten Alkydharze sind sehr gut löslich in aliphatischen Kohlenwasserstoffen, aromatischen Kohlenwasserstoffen, Terpenkohlenwasserstoffen, Halogenkohlenwasserstoffen und in höheren Estern und Ketonen. Polarere Lösemittel wie niedrig siedende Ester, Alkohole und Glykolether wirken als Verschnittmittel. Gibt man zum Beispiel in die Lösung eines solchen Alkydharzes in Lackbenzin eine kleine Menge n-Butanol, so sinkt die Viskosität schlagartig ab. Der Effekt beruht bei den hier beobachteten Beispielen darauf, dass das n-Butanol als Nichtlöser für das Alkydharz, aus der Solvathülle der Teilchen der kolloidalen Lösung des Alkydharzes so viele Anteile an Lösemittel an sich zieht, dass diese Solvate sich verkleinern und der Anteil der nichtgebundenen Lösemittelmoleküle (äußere Phase der kolloidalen Lösung) sich deutlich vergrößert. Die Viskosität der Alkydharze in unpolaren Lösemitteln ist abhängig von der Molmasse bzw. der Molmassenverteilung und der Löslichkeit der Bindemittel. Die Löslichkeit der Alkydharze ist wiederum abhängig vom Gehalt an Fettsäuren in Relation zum reinen Polyesteranteil (Polyester-“back-bone“ des Alkydharzes). Hohe Anteile an Fettsäuren erniedrigen die Viskosität. So sollte zum Beispiel in der oben dargestellten Bindemittelreihe in Tabelle 4.17 die Lösungsviskosität der Alkydharze vom reinen Penta-Alkyd zum reinen Glycerin-Alkyd mit dem Polyesteranteil der Alkydharzmoleküle kontinuierlich
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ansteigen. Dieser Viskositätsanstieg hält sich aber deshalb in Grenzen, weil im gleichen Sinne der potenzielle Verzweigungsgrad fällt, was sich bekanntlich auf die Molmassenverteilung Auswirkt, die Verteilung wird schmaler. Höherviskose langölige Penta-Alkydharze kann man herstellen, indem man, bei hoher Belegung mit Fettsäure, das Molverhältnis zwischen Pentaerythrit und Phthalsäureanhydrid noch unter 1,00 drückt und die molekulare Größenbegrenzung nur über den Kondensationsgrad erreicht. So hat eine Alkydharz aus 0,96 Mol Pentaerythrit, 1,00 Mol Phthalsäureanhydrid und 1,65 Mol Linolsäure-reicher Fettsäure bei einer Säurezahl von 10 mg KOH/g, eine OH-Zahl von 25,3 mg KOH/g, eine Belegung der überschüssigen OH-Gruppen mit Fettsäure von 0,84, eine mittlere Molmasse von 8287 g/mol und einen Ölgehalt von 69,5 m-%. Langölige Penta-Alkydharze werden auch oft noch nach dem Umesterungsverfahren hergestellt. Das Umesterungsverfahren beruht darauf, dass Öle (Triglyceride) mit überschüssigen Polyolen bei höheren Temperaturen (240 – 280 °C) unter Einfluss von Katalysatoren (Lewis-Säuren: organische Salze von Blei, Zink und vor allem Lithium) so umestern, dass sich die Monocarbonsäuren (Fettsäuren) statistisch auf praktisch alle Polyole verteilen. Es entstehen dann bevorzugt Monoester der Polyole. Diese Monoester können– in einer zweiten Reaktionsstufe – mit Phthalsäureanhydrid zu fertigen Alkydharzen umgesetzt werde. Tabelle 4.18: Langöliges Umesterungsalkydharz aus Linolsäure-reichem Öl Bausteine Pentaerythrit Linolsäure-reiches Öl Phthalsäureanhydrid Pentaerythrit Linolsäure-reiches Öl Phthalsäureanhydrid Einwaagesumme Wasser Ausbeute (SZ = 10,0) Kennzahlen Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante k’ mittlere Molmasse (Zahlenmittel) [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Verzweigungsgrad [mol/kg] Belegung (b’) OH-Zahl [mg KOH/g]
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Mole 0,555 0,445 1,000 m-‰ 126,2 653,2 247,4 1026,9 26,9 1000,0 10,0 1,1066 5611 9,40 0,37 0,80 30,6
Verwendet man dieses Verfahren bei der oben dargestellten Alkydharzserie (Polyol : Dicarbonsäure = 1 : 1, Säurezahl = 10 mg KOH/g, Belegung = 0,80, mittlere Molmasse = 5611 g/mol) so ergibt sich für ein Alkydharz aus Linolsäurereichem Öl, Phthalsäureanhydrid und Pentaerythrit folgendes Bild in Tabelle 4.18. Der Ölgehalt von 65,3 m-% entspricht einem Fettsäuregehalt von 62,5 m-%. Das klassische Anwendungsgebiet langöliger, oxidativ vernetzender Alkydharze sind die Bautenlacke. Da es dabei auf Vergilbungsbeständigkeit und Wetterbeständigkeit ankommt, wählt man Öle bzw. Fettsäuren, die reich an 9,12-Linolsäure
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sind und nur wenig oder gar keine 9,12,15-Linolensäure enthalten. Sie enthalten also Fettsäuren aus Sojaöl, Sonnenblumenöl, Safloröl oder harzarme Tallölfettsäure. Fettsäuren aus Sojaöl und harzarme Tallölfettsäuren werden wegen der günstigeren Kosten bevorzugt. Bei den Bautenlacken spielen die Pigmentbenetzung (die Lacke enthalten meist hohe Anteile an Titandioxid in Rutilmodifikation), die Untergrundbenetzung (Penetration auf Holzoberflächen), die Verarbeitbarkeit (Streichfähigkeit, Entlüftung), weniger die Antrocknungsgeschwindigkeit, dafür aber eine effektive Durchtrocknung eine wichtige Rolle. Die Penta-Alkydharze mit Fettsäuregehalten über 60 m-% treffen diese Eigenschaftsforderungen sehr gut. Trotz relativ hoher mittlerer Molmassen sind sie relativ niedrigvikos, aufgrund des hohen Anteils ungesättigter, aliphatischer Ketten (sie sind viskose flüssige Polymere bei Molmassen bis zu 8000 g/mol). Diese Eigenschaft unterstützt die Penetration und die Benetzung. Die Lacke daraus haben eine relativ lange „Offenzeit“, was wiederum die Entlüftung, die Streichfähigkeit und die Möglichkeit der Überarbeitung fördert. Bei geeigneter Sikkativierung verläuft die Trocknung über Nacht. Bei Verwendung der oben genannten Fettsäuretypen, entstehen für diesen Anwendungsfall ausreichend vergilbungsbeständige und wetterbeständige Lackierungen. Für Lacke, die sowohl für den Handwerkerbereich als auch für den „Do-ityourself“-Sektor empfohlen werden, ist man bestrebt, den Gehalt an physiologisch bedenklichen, organischen Lösemitteln zu senken oder sogar zu vermeiden. Der Lösemittelanteil in streichfähigen, oxidativ vernetzenden, weißen Decklacken liegt zwar nur bei 35 m-% und darunter, aber auch dieser Anteil sollte reduziert werden. Die Forderung führte zunächst zur Auswahl möglichst unbedenklicher Lösemittel, dann zur Entwicklung festkörperreicher Bautenlacke und schließlich zum Einsatz wasserverdünnbarer Bautenlacke. Im ersten Schritt wurden Lackbenzine ausgewählt, die für die Formulierung der Lösungen dieser Alkydharze und der Lacke daraus, praktisch keine aromatischen Kohlenwasserstoffe mehr enthalten. Ein zusätzlicher Vorteil bei Verwendung dieser Lösemittel besteht darin, dass sie besonders geruchsarm sind, wenn sie entsprechend raffiniert wurden (Entzug auch der kleinsten Mengen von Schwefelverbindungen). Diese rein aliphatischen Lösemittel haben einen geringen Verdünnungseffekt, der Verarbeitungsfestkörper der Bautenlacke bleibt also relativ niedrig. Daher wurden Alkydharze entwickelt, die die Formulierung festkörperreicherer Bautenlacke zulassen (siehe Kapitel 4.4.2.5). Es gibt darüber hinaus heute eine Vielzahl wasserverdünnbarer Bautenlacke, die aber nicht auf Alkydharzen aufbauen, sondern Acrylatdispersionen und praktisch keine flüchtigen Lösemittel mehr enthalten. Mit solchen Dispersionen gelingt es zwar heute geschlossene, hochglänzende Decklacke zu formulieren, was anfangs sehr schwierig war; aber die organisch
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gelösten Alkydharze sind den Dispersionslacken immer noch in der Penetrationsfähigkeit und im Verarbeitungsverhalten deutlich überlegen. Der Anteil der Bautenlacke ist allerdings heute insgesamt rückläufig. Vor allem deshalb, weil sich bei der Fensterherstellung mehr und mehr Kunststofffenster durchsetzen, die nicht mehr konventionell lackiert werden. Beispiele für Handelsprodukte: Setal AF 681, Setal 62 (Nuplex [72]), Synolac 6166 (Cray Valley [73]), Synthalat SF 653 (Synthopol [76]), Uralac AD 96 (DSM [63]), Worléekyd B 870 (Worlée [74]). 4.4.2.3 Mittel- und kurzölige, oxidativ vernetzende Alkydharze Wenn die relativ lange „Offenzeit“ der Lacke aus langöligen, oxidativ vernetzenden Alkydharzen für deren Applikationsverhalten als Bautenlacke einen Vorteil darstellt, ist das für andere Anwendungen eher ein Nachteil, nämlich dort, wo eine deutlich schnellere Antrocknung (physikalische Trocknung) gefordert wird, die durch höhere Erweichungspunkte der Bindemittel erreicht würde. Der Grund für den niedrigen Erweichungspunkt der langöligen Alkydharze ist natürlich der hohe Gehalt an den langen, ungesättigten, aliphatischen Ketten der Fettsäuren. Es liegt also nahe, diesen Gehalt zu erniedrigen, um damit den Massenanteil des Polyester-“back-bone“ zu erhöhen, das zu einem deutlich höheren Erweichungspunkt führen würde. Dieser Trend ist bereits erkennbar, wenn man von hoch belegten Penta-Alkyden zu vergleichbaren Glycerin-Alkyden übergeht, wie in Tabelle 4.17 dargestellt wurde. Bei gleicher mittlerer Molmasse, gleicher Belegung und gleicher Säurezahl trocknet das Glycerin-Alkydharz (5) mit einem Fettsäuregehalt von 53,7 m-% (das ist ein Ölgehalt von 56,1 m-%) schneller an, als das reine Penta-Alkydharz (1) mit einem Fettsäuregehalt von 66,7 m-% (das ist ein Ölgehalt von 69,7 m-%). Eine weitere Erniedrigung des Fettsäuregehaltes wäre bei diesen Typen mit einer Erniedrigung der Belegung möglich. Aufgrund der dann deutlich breiteren Molmassenverteilung wäre es allerdings notwendig, die Polyolüberschüsse zu erhöhen und damit die mittlere Molmasse zu senken, weil sonst diese Alkydharze bei höheren Kondensationsgraden die Realisierungsgrenze überschreiten würden (Gelierung). Die Reduktion der Fettsäureanteile und die Reduktion der mittleren Molmassen beeinträchtigen beide die effektive Filmbildung. Zum einen bedeutet eine Verringerung des Fettsäureanteils natürlich auch eine Verringerung der Konzentration an Doppelbindungen als reaktionsfähige Gruppen für die oxidative Vernetzung und damit eine geringere Effektivität der Vernetzung. Zum anderen bringen niedrigere mittlere Molmassen, längere Wege zum Filmzustand und damit eine langsamere Durchtrocknung oder zumindest eine geringere Ausdehnung der gebildeten Netzwerke. Außerdem würde die Löslichkeit der Bindemittel die Verwendung polarer Lösemittel fordern.
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Es gelingt aber Alkydharze zu formulieren, die geringere Anteile an Fettsäuren enthalten, aber doch eine hohe Belegung mit Monocarbonsäuren haben und daher zu relativ hohen mittleren Molmassen kondensiert werden können. Der Weg besteht darin, dass man Anteile der Fettsäuren durch aromatische Monocarbonsäuren (Benzoesäuren) ersetzt. Im Unterschied zu den Fettsäuren bilden Benzoesäuren gemeinsam mit dem Polyester-“back-bone“ des Alkydharzes harte Komponenten (hohe Erweichungspunkte), die die physikalische Trocknung des betreffenden Bindemittels fördern. Wenn man bei Pentaerythrit als Polyol bleibt, kann man durch Kombination der Fettsäure mit unterschiedlichen Anteilen an Benzoesäure [106] die Fettsäuregehalte deutlich senken, ohne die allgemeine, molekulare Struktur der Alkydharze signifikant zu ändern. Ausgehend von dem reinen Penta-Alkydharz der Serie von langöligen Modellalkydharzen in Tabelle 4.17 wurde in einer weiteren Serie, dargestellt in Tabelle 4.19, der molare Anteil an Fettsäure in zunächst willkürlichen Schritten durch Benzoesäure ersetzt, bis zu einem molaren Verhältnis von Fettsäure zu Benzoesäure wie ca. 1 : 1. Bei gleichem prinzipiellen molaren Aufbau der Alkydharze sinkt also der Fettsäureanteil von 66,7 m-% auf 40,9 m-% (der Ölgehalt von 69,7 m-% auf 42,7 m-%), der Anteil an Benzoesäure steigt auf 17,8 m-%. Die Löslichkeit der Alkydharze Tabelle 4.19: Abhängigkeit des Fettsäuregehalts von Alkydharzen vom Anteil an Benzoesäure bei identischer Belegung, Säurezahl und Molmasse Bausteine, Mole Pentaerythrit Phthalsäureanhydrid Linolsäure-reiche Fettsäure Benzoesäure Bausteine, Masse, ‰ Pentaerythrit Phthalsäureanhydrid Linolsäure-reiche Fettsäure Benzoesäure Einwaagesumme Wasser Ausbeute (SZ = 10,0) Kennzahlen Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante k’ mittlere Molmasse (Zahlenmittel) Anzahl der Strukturelemente Verzweigungsgrad [mol/kg] Belegung (b’) OH-Zahl [mg KOH/g]
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1 1,000 1,000 1,700 0,000
6 1,000 1,000 1,500 0,200
7 1,000 1,000 1,300 0,400
8 1,000 1,000 1,090 0,600
9 1,000 1,000 0,840 0,840
190,6 207,4 667,0 0 1064,5 64,5 1000,0
199,4 217,0 615,8 35,8 1068,1 68,1 1000,0
209,1 227,6 559,8 75,0 1071,5 71,5 1000,0
220,8 240,3 495,5 118,8 1075,4 75,4 1000,0
236,4 257,3 408,8 178,1 1080,6 80,6 1000,0
10,0 1,1272 5611 7,9 0,42 0,80 33,6
10,0 1,1215 5611 8,2 0,44 0,80 34,7
10,0 1,1159 5611 8,6 0,46 0,80 35,9
10,0 1,1098 5611 9,1 0,50 0,80 38,2
10,0 1,1025 5611 9,8 0,56 0,80 41,2
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in reinen aliphatischen Kohlenwasserstoffen geht verloren, es werden mindestens anteilig aromatische Kohlenwasserstoffe verwendet (Beispiel 60 %-ig in Lackbenzin / Xylol 30 : 10), oder auch eine Kombination von aliphatischen Kohlenwasserstoffen und kleinerer Anteile polarerer Lösemittel (Beispiel 60 %-ig in Lackbenzin/Isobutanol 37 : 3). Hohe Anteile an Benzoesäure beeinträchtigen nicht nur die Löslichkeit, sondern auch die Glanzgebung nach der Filmbildung. Diese Beeinträchtigungen können kompensiert werden, indem die Benzoesäure durch p-tert.-Butylbenzoesäure [107] ersetzt wird. Alkydharze, die p-tert.-Butylbenzoesäure enthalten, sind aufgrund der Wirkung der tertiären Butylgruppe besser löslich und verträglich als die, die unsubstituierte Benzoesäure enthalten, und ergeben besser glänzende Lackfilme. Da p-tert.-Butylbenzoesäure deutlich teurer ist als Benzoesäure, kann man diese auch nur anteilig ersetzen. Es wurde versucht, die geringere Vernetzungseffektivität, die durch die Reduktion der Fettsäuremengen und damit natürlich auch der Doppelbindungen entsteht, zu kompensieren. Eine effektive Vernetzung erzielt man vor allem dann, wenn man isolierte und konjugierte Doppelbindungen in bestimmten Verhältnissen miteinander kombiniert. Als konjugierte Fettsäuren verwendet man in diesem Fall die durch Isomerisierung aus isoliert ungesättigten Fettsäuren hergestellten Produkte. Je nach Verfahrensbedingungen enthalten solche isomerisierten technischen Linolsäuren Tabelle 4.20: Mittelöliges Alkydharz mit p-tert.-Butylbenzoesäure [104] n = m/M 7,500 7,649 1,839 5,511 3,051
Baustein Pentaerythrit Phthalsäureanhydrid Sojafettsäure Konjugierte Sojafettsäure p.-tert.-Butylbenzoesäure Einwaagesumme 17,377 Wasser Ausbeute (SZ = 8,5) Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Säurezahl [mg KOH/g] OH-Zahl [mg KOH/g] Verzweigungsgrad [mol/kg] Belegung Ölgehalt Viskosität (DIN 53211) nfA, Anlöseform
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M 136 148 280 280 178 18
m 1020,0 1132,0 515,0 1543,0 543,0 4753,0 312,8 4440,2
m-‰ 229,7 254,9 116,0 347,5 122,3 1070,4 70,4 1000,0
k’M 1,0682 M n 8474 q’ 14,6 SZ 8,5 OHZ 62,9 V 1,04 b’ 0,68 m-% 48,6 sec 56 40 %-ig in Testbenzin
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Anteile an 9,11-Linolsäure (siehe Abbildung 4.34) und restlicher 9,12-Linolsäure in solchen Verhältnissen, die optimal für den Trockenvorgang sind. Man kann aber auch gezielt Mischungen einsetzen, wie ein Beispiel in Tabelle 4.20 zeigt. Benzoesäure-Alkydharze mit Ölgehalten zwischen 38 und 50 m-% werden für schnelltrocknende Industrielacke, Landmaschinenlacke, Heizkörperlacke und Autoreparaturlacke eingesetzt. Wenn sie aus Linolsäure-reichen Fettsäuregemischen hergestellt werden, die sehr wenig oder keine 9,12,15-Linolensäure enthalten, sind sie für die genannten Anwendungsgebiete gut vergilbungsstabil und gut wetterbeständig. Vor allem die Typen, die Fettsäuren aus Kombinationen von 9,12-Linolsäure und 9,11-Linolsäure enthalten, eignen sich gut für forciert trocknende Lacke (Autoreparaturlacke). Die Alkydharze werden auch wie die langöligen Alkydharze sikkativiert (Beispiel [108]: 0,06 % Cobalt, 0,20 % Zirkon, 0,10 % Calcium und 0,20 % Zink, berechnet als Metall auf lösemittelfreies Alkydharz). Beispiele für Handelsprodukte: Setal AF 48, Setal 196 (Nuplex [72]), Synolac 3132 (Cray Valley [73]), Synthalat F 477 (Synthopol [76]), WorléeKyd V 543 (Worlée [74]) Besonders kurzölige Alkydharze dieses Typs erhält man, wenn man Triol-Alkydharze mit Mischungen aus Linolsäure-reichen Fettsäuren und Benzoesäuren belegt. Als Beispiel sei dazu ein Alkydharze aus Trimethylolpropan (1,00 Mol), Tabelle 4.21: Kurzöliges TMP-Alkydharz mit Benzoesäure [109] n = m/M 1,000 1,000 0,350 0,350
Baustein M Trimethylolpropan 134 Phthalsäureanhydrid 148 Linolsäure-reiche Fettsäure 280 Benzoesäure 122 Einwaagesumme 17,377 Wasser 18 Ausbeute (SZ = 10,0) Polyesterkonstante k’M 1,0701 M n 5611 mittlere Molmasse [g/mol] q’ 14,3 Anzahl der Strukturelemente SZ 10,0 Säurezahl [mg KOH/g] OHZ 52,8 OH-Zahl [mg KOH/g] v 0,76 Verzweigungsgrad [mol/kg] Belegung b’ 0,76 26,0 Ölgehalt [m-%]
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m 134,00 148,00 98,00 42,70 422,70 29,34 393,36
m-‰ 340,7 376,2 249,1 108,6 1070,6 70,6 1000,0
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PSA (1,00 Mol), mit einer Belegung von 76 % mit Linolsäure-reicher Fettsäure und Benzoesäure im molaren Verhältnis von 1 : 1 dargestellt in Tabelle 4.21. Solche Alkydharze trocknen besonders schnell an. Sie sind nicht mehr in aliphatischen Kohlenwasserstoffen (Lackbenzinen) löslich, sondern nur in aromatischen Kohlenwasserstoffen, Estern und Ketonen. Sie werden fast immer als Lösungen in aromatischen Kohlenwasserstoffen ausgeliefert. Einige Typen dieser Alkydharze werden sowohl für ofentrocknende als auch für oxidativ vernetzende Lacksysteme empfohlen. Einsatzgebiete sind schnelltrocknende Industrielacke, Einschichtlacke, Grundierungen und Heizkörperlacke. Aus diesen Alkydharzen lassen sich auch Spachtel herstellen, die in dickeren Schichten optimal durchtrocknen. Alkydharze dieses Typs werden auch gelegentlich mit noch etwas geringerer Belegung hergestellt und haben dann höhere OH-Zahlen, die so liegen, dass diese Bindemittel dann auch mit Aminoharzen als Vernetzer reagieren können (siehe Kapitel 4.4.5.1). Diese Alkydharze werden sowohl für die oxidative Vernetzung als auch für Einbrennlacke empfohlen. Beispiele für Handelsprodukte: Setal AF 26 (Nuplex [72]) Synolac 272 (Cray Valley [73]), WorléeKyd SM 426 (Worlée [74]) 4.4.2.4 Korrosionsschutz-Alkydharze Nachdem früher Leinölalkydharze auch für Bautenlacke verwendet wurden, ist heute noch ihr Haupteinsatzgebiet der Korrosionsschutz. Außerdem werden sie zu Druckfarben verwendet. Aufgrund des Gehalts an 9,12,15-Linolensäure vernetzen („trocknen“) Leinölalkydharze relativ schnell. Die Filmverfestigung erfolgt deutlich früher als bei Alkydharzen, die 9,12-Linolsäure-reiche Fettsäuren enthalten. Der hohe Gehalt an Doppelbindungen wirkt sich darüber hinaus besonders positiv auf die Benetzung von Untergründen (Penetration) und auf die Pigmentbenetzung (besonders für hohe Anteile anorganischer Pigmente) aus. Die Alkydharze sind meist relativ hoch mit Fettsäure belegt. Aufgrund der recht hohen Vernetzungsgeschwindigkeit durch die Linolensäure-reichen Fettsäuren, können auch relativ niedrig molekulare, das heißt niedrigviskose Typen eingesetzt werden. Niedrigviskose Leinöl-Glycerin-Alkydharze sind die klassischen Bindemittel für Korrosionschutzgrundierungen, die früher mit hohen Anteilen Bleimennige pigmentiert wurden. Heute werden Bleipigmente meist vermieden; es werden andere aktive Korrosionsschutzpigmente eingesetzt – wie Zinkphosphate und basische Silikate – die aber auch ein effektiv benetzendes Bindemittel erfordern. Die korrosionsvermeidende Wirkung von Bleipigmenten und anderen basischen Korrosionsschutzpigmenten beruht unter anderem auch darauf, dass sie mit Fettsäuren von Ölen und Alkydharzen wasserunlösliche Seifen bilden
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und entsprechend auch mit sauren Abbauprodukten solcher Bindemittel reagieren. Eine Reaktion mit den basischen Pigmenten bereits im Lack muss natürlich vermieden werden, die Alkydharze müssen daher eine ausreichend niedrige Säurezahl haben. Das Kriterium für diese Eigenschaft ist die „Zinkweißverträglichkeit“. Da Leinölalkydharze bei Bewitterung (Lichteinwirkung) vergilben können, werden sie bevorzugt in Grundierungen und Füllern verwendet. Die Decklacke werden dann mit Alkydharzen formuliert, die 9,12-Linolsäure-reiche Fettsäuren (Basis Sojaöl, oder Tallölfettsäure) enthalten. Um auch für Decklacke die schnelle Vernetzung der Leinölfettsäuren auszunützen, gibt es Kombinationen aus Leinölfettsäuren und anderen ungesättigten Fettsäuren, die dann Alkydharze ergeben, die einen Kompromiss bezüglich Vernetzungsgeschwindigkeit („Trocknung“) und Wetterbeständigkeit enthalten und daher auch für Decklacke verwendet werden können. Als Beispiel sei hier ein typisches Leinölalkydharz für Korrosionsschutzgrundierungen in Tabelle 4.22 dargestellt. Tabelle 4.22: Niedrigviskoses Leinölalkydharz für Korrosionsschutzgrundierungen [110] n 0,32 0,73 1,00
Baustein Leinöl Glycerin Phthalsäureanhydrid Einwaagesumme Wasser Ausbeute (SZ = 10) Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Säurezahl [mg KOH/g] Belegung OH-Zahl [mg KOH/g]
M 872 92 148
m=n·M 279,04 67,16 148,00 494,20 18 16,47 477,73 k’M 1,1351 M n 3535 SZ 10,0 b’ 0,78 OHZ 32,3
m-‰ 584,1 140,6 309,8 1034,5 34,5 1000,0
Beispiele für Handelsprodukte: Setal 16 (Nuplex [72]), Synthalat L 492 (Synthopol [76]), Uralac AD 143 (DSM [63]) Zur Verbesserung der Antrocknungsgeschwindigkeit können diese Leinölalkydharze auch mit Benzoesäure modifiziert werden, wobei man dabei genauso vorgeht wie bei der oben beschriebenen Formulierung von Benzoesäure-modifizierten Alkydharzen. Bei dieser Alkydharzgruppe bietet sich aber noch eine weitere Modifizierungsmöglichkeit an, nämlich die mit Naturharzsäuren (Kolophonium). Kolophonium wird aus dem Balsamharz von Kiefern und anderen Nadelbäumen gewonnen, es
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Abbildung 4.28: Naturharzsäuren Lävopimarsäure und Abietinsäure
besteht hauptsächlich aus Triterpen-Monocarbonsäuren (Abietinsäure, Lävopimarsäure, siehe Abbildung 4.28). Diese cycloaliphatischen Monocarbonsäuren erhöhen die Härte (Lage der Glasübergangstemperatur) der Alkydharze, die sie enthalten, ähnlich wie die aromatischen Monocarbonsäuren (Benzoesäuren) und damit auch die Antrocknungsgeschwindigkeit. Sie haben darüber hinaus weitere Vorteile: Sie fördern die Löslichkeit und Benetzung. Sie unterstützen – aufgrund ihrer Doppelbindungssysteme – die oxidative Vernetzung. Allerdings haben sie auch Nachteile: Die tertiäre Carboxylgruppe dieser Monocarbonsäuren ist schwerer veresterbar als die Carboxylgruppen der anderen Monocarbonsäuren. Man muss daher bei relativ hohen Temperaturen unter Zuhilfenahme von Katalysatoren auf möglichst niedrige Säurezahlen fahren, um sicher zu sein, dass die Naturharzsäuren in den Alkydharzverband eingebaut sind. Man sollte auch nicht eine allzu hohe Belegung wählen, sondern mit OH-Überschüssen arbeiten. Außerdem neigen Alkydharze, die mit Naturharzsäuren modifiziert sind, zu Vergilbung. Tabelle 4.23: Beispiel eines mit Naturharzsäuren modifizierten Leinölalkydharzes [111] n 0,17 0,87 1,00 0,20
Baustein Leinöl Glycerin Phthalsäureanhydrid Naturharzsäure Einwaagesumme Wasser Ausbeute (SZ = 10) Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Säurezahl [mg KOH/g] Belegung OH-Zahl [mg KOH/g]
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M 872 92 148 333
m=n·M 148,24 80,04 148,00 66,60 442,88 18 20,24 422,64 k’M 1,1153 M n 3665 SZ 10,0 b’ 0,63 OHZ 64,4
m-‰ 350,8 189,4 350,2 157,6 1047,9 47,9 1000,0
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Das beschränkt ihren Einsatz auf eine – dann aber sinnvolle – Kombination mit Leinölfettsäuren. Haupteinsatzgebiete solcher Alkydharze sind Grundierungen und Spachtel, wobei durch die Kombination von Leinölfettsäure schnelle Antrocknung und gute Durchtrocknung und eine hohe Härte (Schleifbarkeit bei Grundierungen und vor allem bei Spachteln) erreicht werden. Tabelle 4.23 zeigt ein typischen Beispiel eines mit Naturharzsäuren modifizierten Leinölalkydharzes, das für oxidativ vernetzende Grundierungen und Spachtel verwendet werden kann. Man wählt die Belegung solcher Alkydharze geringer als bei den „Langöl“Alkydharzen und den Benzoesäure-Alkydharzen um sicher zu sein, dass die tertiäre Carboxylgruppe der Naturharzsäure auch möglichst vollständig verestert. Dann muss natürlich auch ein höherer Polyolüberschuss gewählt werden, denn hohe Säurezahlen (niedrigerer Kondensationsgrad) ergiben ebenfalls das Risiko eines Restgehalts an freier Naturharzsäure. Es gibt auch solche Alkydharze, die mit Harzsäure-modifizierten Phenolharzen variiert sind. Harzsäure-modifizierte Phenolharze bilden für diese Bindmittel Anteile an Polycarbonsäuren (mit nicht definierter Funktionalität), die dann bei der Wahl der Polyolüberschüsse berücksichtigt (empirisch) werden müssen. Beispiele für Handelsprodukte: Synthalat HL 30 (Synthopol [76]), Uralac AM 352 (DSM [63]), WorléeKyd L 138 (Worlée [74]) 4.4.2.5 Alkydharze für festkörperreiche, oxidativ vernetzende Lacke Wie schon erwähnt, ist man aus Umweltgesichtspunkten bestrebt den Lösemittelgehalt von oxidativ vernetzenden Lackfarben für die handwerkliche Anwendung und für den „Do-it-yourself“-Sektor zu senken. Man hat sich dazu zunächst die Erfahrung zunutze gemacht, dass der Fettsäureanteil eines Alkydharzes für die Lösungsviskosität ausschlaggebend ist: je höher der Fettsäureanteil, desto niedriger diese Viskosität und damit die Möglichkeit, Lacke mit kleineren Anteilen flüchtiger Bestandteile (VOC = volatile organic compound) zu formulieren. Der erste Schritt bestand darin, dass man Alkydharze (meist bereits „langölige Typen“) mit Ölen oder Standölen versetzte und damit auf „Öllängen“ von über 80 m-% kam. Um bei diesen Kombinationen gute Verträglichkeit zu erhalten, wurden die Mischungen bei höheren Temperaturen hergestellt („Verkochungen“). Dann ist damit zu rechnen, dass Umesterungsreaktionen ablaufen und durch den Glycerinanteil der Öle und Standöle niedrigmolekularere, hochbelegte Alkydharze entstehen.
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Solche Bindemittel kann man daher auch direkt herstellen, indem man höhere Polyolüberschüsse (zum Beispiel Polykondensationskonstanten k0 bei 1,250) und eine sehr hohe Fettsäurebelegung wählt. Der Nachteil der genannten Bindemittel sind die langsame Antrocknung und die verzögerte Durchtrocknung. Einen Kompromiss bildet hier die Verwendung von Isophthalsäure als Dicarbonsäurebaustein in solchen Alkydharzen. Isophthalsäure bewirkt breitere molare Verteilungsfunktionen und damit eine höhere Viskosität, es lassen sich aber noch höhere Polyolüberschüsse und Fettsäure- bzw. Ölanteile realisieren. Die Anteile in solchen Bindemitteln, die höhere Molmassen haben, sorgen für eine frühere Filmverfestigung bei der oxidativen Vernetzung. Es gibt dabei Ölgehalte bis zu 80 %. Dieser Alkydharztyp wird nach dem Umesterungsverfahren hergestellt. Dabei kann man sowohl zunächst Öl und Polyol umestern als auch Öl und Isophthalsäure, das heißt in dem Fall besteht die Reaktion in einer Acidolyse. Die Reaktionen müssen effektiv katalysiert werden. Die hier beschriebenen Alkydharze werden nicht nur für festkörperreiche Bautenlacke, sondern auch für Druckfarben verwendet. Eine weitere Möglichkeit bildet die Verwendung von Di-Pentaerythrit oder DiTrimethylolpropan als Polyolkomponenten. Diese Polyole bieten aufgrund ihrer höheren Funktionalität (F1 = 6 bzw. 4) die Möglichkeit hohe Fettsäureanteile einzubauen, die eine vergleichsweise niedrige Viskosität ergeben. Weiterhin ergeben diese Etherpolyole aufgrund der hohen Beweglichkeit der Etherkette niedriger Lösungsviskositäten als andere höherwertige Polyole. Das Beispiel in Tabelle 4.24 [112] beschreibt ein solches Alkydharz aus 9,12-Linolsäure-reicher Fettsäure, Phthalsäureanhydrid und Di-Pentaerythrit. Trotz der sehr hohen rechnerischen mittleren Molmasse ist die Viskosität des Alkydharzes Tabelle 4.24: Beispiel eines Alkydharzes für festkörperreiche, oxidativ vernetzende Lacke [112] n = m/M 2,689 0,768 0,770
Baustein M Linolsäure-reiche Fettsäure 280 Di-Pentaerythrit 254 Phthalsäureanhydrid 148 Einwaagesumme Wasser 18 Ausbeute (SZ = 4,0) Polyesterkonstante k’M 1,0893 M n 14548 mittlere Molmasse [g/mol] SZ 4,0 Säurezahl [mg KOH/g] b’ 0,86 Belegung OHZ 25,1 OH-Zahl [mg KOH/g] η 10 Viskosität [dPa·s] (80 %ig in Testbenzin)
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m 753,0 195,0 114,0 1062,0 61,0 1001,0
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aufgrund der hohen Belegung, des hohen Fettsäureanteils und vor allem durch die Wirkung des Di-Pentaerythrits erstaunlich niedrig. Beispiele für Handelsprodukte: Synthalat HS 80 (Synthopol [76]), WorléeKyd SB 990 (Worlée [74])
4.4.3 Modifizierte Alkydharze Unter modifizierten Alkydharzen versteht man die Bindemittel, die neben Dicarbonsäuren, Polyalkoholen und Monocarbonsäuren weitere Bausteine enthalten. Das heißt der Anteil der Monocarbonsäuren in Alkydharzen ist essentiell und wird daher bei Alkydharzen nicht als Modifikation definiert. (Alkydharze bezeichnet man allerdings korrekt als Polyester, die mit Monocarbonsäuren modifiziert sind.) 4.4.3.1 Styrolisierte und acrylierte Alkydharze Alkydharze, die mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten, können mit Styrol, Vinyltoluol oder Methacrylsäureestern copolymerisiert werden. Man bezeichnet die Produkte als styrolisierte bzw. acrylierte Alkydharze. Als Fettsäuren werden Leinölfettsäure, 9,12-Linolsäure-reiche Fettsäuren, aber auch Anteile an 9,11-Linolsäure-reichen Fettsäuren berücksichtigt. Dabei werden zunächst Alkydharze mit mittlerer bis hoher Fettsäurebelegung und meist relativ niedrigeren mittleren Molmassen (zum Beispiel mit Zahlenmitteln der Molmasse um 2000 g/mol) hergestellt. Die Copolymerisation wird dann in der Schmelze oder in einer Lösung in aromatischen Lösemitteln durchgeführt. Die Reaktion ist eine radikalische Kettenpolymerisation, die mit Peroxiden als Initiatoren gestartet und bei höheren Temperaturen ausgeführt wird. Der wichtigste Initiator ist das Di-tert.-Butylperoxid, das bei Temperaturen zwischen 140 und 170 °C verwendet werden kann. Bezogen auf den Monomeranteil werden je nach Temperatur 1,0 bis 4,0 m-% Initiator eingesetzt. Man wählt für die Copolymerisation am besten ein Zulaufverfahren, bei dem Styrol oder die Acrylatmonomere über mehrere Stunden gleichmäßig, gleichzeitig mit dem Initiator zudosiert werden. Nach Ende der Zuläufe von Monomeren und Initiatoren wird bei der Reaktionstemperatur gehalten und der Umsatz über die Messung des nichtflüchtigen Anteils bestimmt. Gegebenenfalls wird – um einen vollständige Umsetzung zu erreichen – eine kleine Menge Initiator nachdosiert. Das Mengenverhältnis zwischen Alkydharzanteil und Copolymerisat liegt üblicherweise zwischen 60 : 40 und 85 : 15. Aufgrund der unterschiedlichen Polymerisationsparameter der Doppelbindungen der Fettsäuren und denen der Monomere ist eine Copolymerisation die wahrscheinlichste Reaktion. Es ist zu erwarten, dass nur relativ kurze Polymerketten aus den Monomeren gebildet werden. Durch Kettenübertragungsreaktionen
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können solche Polymerketten offene Seitenketten bilden. Allerdings steigt die mittlere Molmasse der Bindemittel nach der Reaktion deutlich an, so dass mit der Ausbildung von Polymerbrücken zwischen den Fettsäuremolekülen zu rechnen ist. Besonders reaktive Doppelbindungen enthalten – in diesem Sinne – die 9,11-Linolsäure-reichen Fettsäuren (siehe Abbildung 4.33). Insgesamt sind sehr komplexe Reaktionsabläufe zu erwarten. Einflussgrößen auf die Reaktionen sind der Anteil und die Art der Fettsäuren, das Verhältnis von Alkydharz zu Monomer, der Typ des Monomeren, die Konzentration der Lösung, der Typ des Lösemittels, die Initiatormenge und die Reaktionstemperatur. Im Gegensatz zu einer Radikalkettenpolymerisation von einfach ungesättigten Monomeren kann hier mit steigendem Initiatorgehalt – bei sonst gleichen Reaktionsbedingungen – die Viskosität auch ansteigen, weil mehr Polymerbrücken gebildet werden. Ziel der beschriebenen Modifikation ist vor allem eine Verbesserung des Antrocknungsverhaltens „langöliger“ Alkydharze. Daher werden Comonomere ausgesucht, die hohe Glasübergangstemperaturen erzeugen wie Styrol, Vinyltoluol und Methylmethacrylat. Die schnelle Antrocknung dieser Alkydharze ergibt die Möglichkeit einer schnellen Überarbeitbarkeit (Nass-in-Nass-Überarbeitung). Der Copolymeranteil dieser Alkydharze verbessert die Chemikalienbeständigkeit (auch gegen Alkalien) und die Wasserbeständigkeit der Lackfilme. Alkydharze mit hohem Styrolanteil sind mit anderen Bindemitteln nur begrenzt verträglich und haften nicht besonders gut. Bessere Verträglichkeit ergibt die Modifikation mit Vinyltoluol anstelle von Styrol. Acrylierten Alkydharzen wird, neben verbesserter Antrocknung und Wasserbeständigkeit, bessere Wetterbeständigkeit, Haftung und Pigmentbenetzung zugesprochen. Natürlich ist die Durchtrocknung dieser Bindemittel geringer als die unmodifizierter Alkydharze, weil der Massenanteil der Fettsäure unter Berücksichtigung des Copolymeranteils insgesamt kleiner ist, und weil ein Teil der Doppelbindungen der Fettsäuren bei der Copolymerisation reagiert hat. Diese Bindemittelgruppe wird für oxidativ vernetzende Korrosionsschutzlacke, Schiffsanstriche, für Maschinenlacke in Grundierungen, Füllern und Spachteln, aber auch in Decklacken und Einschichtlacken (auch für Dickschichtsysteme) verwendet. Einige Typen werden auch für Einbrennlacke empfohlen. Spezielle acrylierte Alkydharze können auch für Blechlacke und Tubenlacke verwendet werden. Beispiele für Handelsprodukte: Styrolisierte Alkydharze: Synthalat SF 260 (Synthopol [76]), Uralac AS 381 (DSM [63]) Acrylierte Alkydharze: Setyrene 78 (Nuplex [72]), Uralac AC 651 (DSM [63]), WorléeKyd AC 2550 (Worlée [74])
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4.4.3.2 Thixotropierte Alkydharze Mit Thixotropie bezeichnet man einen besonderen Fall der Strukturviskosität. Strukturviskose Flüssigkeiten unterscheiden sich von so genannten newtonischen Flüssigkeiten dadurch, dass ihre Viskosität vom Schergefälle abhängig ist. Dabei ist die Viskosität umso niedriger je höher das Schergefälle ist. Strukturviskose Flüssigkeiten können auch eine Fließgrenze haben, das heißt es ist ein Mindestschergefälle aufzubringen, um die Flüssigkeit zu bewegen. Es gibt strukturviskose Flüssigkeiten, deren Viskosität ist nicht nur vom Schergefälle abhängig sondern auch noch von der Scherzeit. Dieses Verhalten bezeichnet man als Thixotropie. Schert man eine thixotrope Flüssigkeit, so fällt die Viskosität mit steigendem Schergefälle über die Zeit exponentiell ab (Solkurve), sie sinkt auch weiter bei bleibendem Schergefälle mit der Zeit. Nimmt man das Schergefälle zurück, steigt die Viskosität wieder an, allerdings in einer deutlich flacheren Kurve als bei steigendem Schergefälle (Gelkurve). Das beschriebene Verhalten ist in der Abbildung 4.29 dargestellt. Die stoffliche Erklärung für die Strukturviskosität und die Thixotropie liegt im Verhalten der Moleküle einer Flüssigkeit bzw. Lösung. Wenn zwischen den Molekülen einer Flüssigkeit oder vor allem den kolloidalen Teilchen (Molekülknäule) einer Polymerlösung besondere Wechselwirkungen bestehen, die erst durch mehr und mehr Scherung überwunden werden, spricht man von Strukturviskosität. Wenn man zur Überwindung dieser Wechselwirkungen eine Mindestscherung aufbringen muss, bildet die Flüssigkeit bzw. Lösung ein Gel mit einer Fließgrenze. Wenn die durch die Scherung gestörten Wechselwirkungen eine messbare Zeit benötigen, um sich wieder aufzubauen, hat man ein thixotropes Viskositätsverhalten. Ein Vergleichsmaß für die Größe der Thixotropie bildet die Fläche (das Integral) zwischen der Sol- und der Gelkurve. Kolloidal gelöste Polymere – wie hier die Polyester und Alkydharze – zeigen durch die Wechselwirkung zwischen den Teilchen oft ein strukturviskoses Verhalten, vor allem bei höherer Lösungskonzentration. Thixotropie erzeugt man dann unter anderem dadurch, dass man in diese gelösten Teilchen Segmente einbaut, die nicht in der äußeren Phase (Lösemittel) löslich sind. Diese Segmente erzeugen durch ihre Assoziationsneigung von Teilchen zu Teilchen eine starke Wechselwirkung, die bis zu einem Gelzustand führen kann. Wenn diese Wechselwirkung durch Scherung über die Zeit aufgehoben werden kann und sich erst einige Zeit nach der Zurücknahme der Scherung wieder aufbaut, hat man eine thixotrope Bindemittellösung. Ein wichtiges Verfahren thixotrope Alkydharzlösungen herzustellen, ist die Modifikation von oxidativ vernetzenden Alkydharzen mit Polyamiden. Langölige Alkydharze sind gut löslich in aliphatischen Kohlenwasserstoffen. Polyamide
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Abbildung 4.29: Viskositätskurve thixotroper Lösungen in Abhängigkeit von Schergefälle und Zeit
sind nur in sehr polaren Lösemitteln löslich, und viele sind kristallin. Relativ gut löslich und nichtkristallin sind Polyamide aus Polyaminen und Dimerfettsäuren. Aber auch sie benötigen aromatische Lösemittel und Alkohole, um stabile Lösungen zu bilden. Wenn solche Polyamide mit langöligen Alkydharzen gemischt werden, sind sie zunächst unverträglich. Es gelingt aber bei höheren Temperaturen (180 – 210 °C), eine partielle Verträglichkeit zu erzeugen. Bei diesen Temperaturen laufen zwischen Alkydharz und Polyamid Umamidierungen ab. Es entstehen Alkydharze mit Polyamidsegmenten und Polyamide mit Fettsäuremodifikationen. Nach ausreichender Reaktionszeit würde man eine vollständig verträgliche Lösung mit ziemlich „normalem“ Viskositätsverhalten erhalten. Der Prozess wird aber abgebrochen, wenn eine gewisse Verträglichkeit besteht, aber noch ein
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„anormales“ Viskositätsverhalten. Dieser Zeitpunkt wird bestimmt, indem das Löslichkeitsverhalten und Viskosität über die Prozesszeit verfolgt wird. Je nach Alkydharz, Polyamidtyp und Anteil an Polyamid (übliche Mengen sind 5 – 15 m-% bezogen auf nfA), gibt es einen Klarpunkt (visuell) und ein Viskositätsmaximum bei einer abgekühlten Lösungsprobe. Der Prozess wird bis zum Klarpunkt gefahren, möglichst nahe an das Viskositätsmaximum, und dann wird die Reaktion durch Abkühlen unterbrochen. Bei genauer Prozessführung kann man auch eine bestimmte Reaktionszeit festlegen, um die aufwändige Probenahme zu vermeiden. Die Bestimmung der Thixotropiekurve ist deshalb ein aufwändiges Verfahren, weil die Vorgeschichte der Probe – wie zu erwarten – stark in die Messwerte eingeht. Thixotropierte, oxidativ vernetzende Alkydharze lassen sich besonders für Bautenlacke des „Do-it-yourself“-Sektors einsetzen, wenn es darum geht relativ hohe Schichtdicken auch an senkrechten Flächen, ohne Ablaufen zu applizieren. Beim Pinselauftrag wird dabei eine ausreichende Scherung ausgeübt, die einen guten Verlauf ergibt, die Gelkurve ist dann so einzustellen, dass die Viskosität nach dem Streichen und Verlaufen so steigt, dass es keine Läufer gibt. Zeitweise waren solche tropffreien Lacke große Mode. Heute verwendet man meist nur geringer thixotropierte Alkydharze – auch im handwerklichen Bereich – um bei Bautenanstrichen und Korrosionsschutzlacken in nur einem Arbeitsgang möglich hohe Schichtdicken applizieren zu können. Beispiele für Handelsprodukte: Gelkyd 3605 (Cray Valley [73]), Urathix AT 400 (DSM [63]), Worléethix S 6455 (Worlée [74]). Es gibt auch andere Verfahren – durch Additive – Alkydharz-Lacke rheologisch zu beeinflussen (Strukturviskosität oder Thixotropie), nämlich mit Schichtsilikaten, mit kolloidaler Kieselsäure, mit kristallinen Harnstoffen, mit niedrigmolekularen Polyurethanen oder mit hydriertem Ricinusöl. 4.4.3.3 Urethanmodifizierte Alkydharze Bindemittel mit besonderen Eigenschaften erhält man dann, wenn man in Alkydharzen einen Teil des üblichen Phthalsäureanhydrids durch ein Diisocyanat ersetzt. Dazu stellt man zunächst ein Alkydharz her, das entsprechend wenig Phthalsäureanhydrid enthält, und das bis auf niedrige Säurezahlen kondensiert wird. Dieses niedrigmolekulare, OH-Gruppen enthaltende Alkydharz wird dann in nichtprotischen Lösemitteln gelöst und bei relativ niedrigen Temperaturen (80 – 120 °C) mit Diisocyanaten umgesetzt. Die Reaktion kann katalysiert werden, üblicherweise dann mit Dibutylzinndilaurat. Urethanalkyde müssen relativ höhere Polyolüberschüsse enthalten als die vergleichbaren Alkydharze auf Basis Phthalsäureanhydrid, und haben damit
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niedrigere mittlere Molmassen. Denn die Umsetzung mit Diisocyanaten ist unter den gewählten Bedingungen keine Gleichgewichtsreaktion, so dass die daraus resultierende regulierende Wirkung zugunsten mittlerer Molekülgrößen unterbleibt. Neben der resultierenden breiteren Molmassenverteilung trägt auch das Löseverhalten der Urethangruppen des modifizierten Alkydharzes zu einer relativ höheren Viskosität bei. Am meisten Anwendung finden hier relativ hoch, mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren belegte Urethan-Alkydharze, die als Diisocyanat Toluylendiisocyanat (TDI) enthalten. Das molare Verhältnis zwischen Phthalsäureanhydrid und Toluylendiisocyanat liegt meist zwischen 7 : 3 und 3 : 7. Tabelle 4.25 vergleicht ein langöliges, oxidativ trocknendes Alkydharz (siehe Tabelle 4.16 im Kapitel 4.4.2.2) mit einem entsprechenden, das mit Toluylendiisocyanat modifiziert ist. Das Modell-Urethan-Alkydharz [113] enthält Phthalsäureanhydrid und Toluylendiisocyanat, molar wie 1 : 1, und wurde auf praktisch die gleiche „Öllänge“ und Belegung wie das ursprüngliche Alkydharz ausgelegt. Trotz der geringeren mittleren Molmasse ist es in einer gleichen Anlöseform (60 m-% in Lackbenzin) deutlich höherviskos als das unmodifizierte Alkydharz. Tabelle 4.25: Vergleich der prinzipiellen Zusammensetzung eines oxidativ vernetzenden Urethanalkyds und eines Langöl-Alkydharzes [113] Bausteine, Mole Pentaerythrit Linolsäure-reiche Fettsäure Phthalsäureanhydrid Toluylendiisocyanat Bausteine, m-‰ Pentaerythrit Linolsäure-reiche Fettsäure Phthalsäureanhydrid Toluylendiisocyanat Einwaagesumme Wasser Ausbeute (SZ = 10,0) Kennzahlen Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante k’ mittlere Molmasse (Zahlenmittel) [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Verzweigungsgrad [mol/kg] Belegung (b’) OH-Zahl [mg KOH/g]
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Alkyd 1,000 1,700 1,000 -
Urethanalkyd 1,100 1,921 0,500 0,500
190,6 667,0 207,4 1064,5 64,5 1000,0
185,5 667,2 91,8 107,9 1052,5 52,5 1000,0
10,0 1,1272 5611 7,9 0,42 0,80 33,6
5,0 1,1719 4692 5,8 0,35 0,78 38,3
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Solche Urethanalkydharze trocknen deutlich schneller an, als die vergleichbaren nichtmodifizierten, oxidativ vernetzenden Alkydharze. Sie werden vergleichbar sikkativiert. Sie bilden durch den Gehalt an Urethangruppen sehr harte, aber gleichzeitig zähelastische Filme und damit Lacküberzüge mit hoher Abriebfestigkeit. Außerdem sind sie deutlich besser beständig gegen Wasser und Chemikalien, besonders gegen Alkalien. Diese Bindemittel werden daher bevorzugt für Holzbeschichtungen ausgewählt, die besonderen mechanischen Einflüssen unterliegen. Das klassische Einsatzgebiet sind Parkettlacke und ähnliche Bodenbeschichtungen. Sie finden aber auch Anwendungen für Möbellacke, schnell trocknende Industrielacke für Metalluntergründe und für Bootslacke. Es gibt Klarlacke (Lasuren), aber auch pigmentierte Systeme. Urethan-Alkydharze mit aromatischen Diisocyanaten sind nicht vollständig wetterbeständig. Es gibt auch Alkydharze, die sind mit aliphatischen bzw. cycloaliphatischen Diisocyanaten modifiziert, dabei wird das Isophorondiisocyanat (IPDI) bevorzugt. Diese Bindemittel sind dann deutlich besser wetterbeständig. Beispiele für Handelsprodukte: Setal AU 601 (Nuplex [72]), Unithane 1077, Unithane 6451 (Cray Valley [73]), Uralac AL 202 (DSM [63]), WorléeKyd S 6003 (Worlée [74]). Wenn der gesamte Anteil an Phthalsäureanhydrid eines langöligen, oxidativ vernetzenden Alkydharzes molar durch Diisocyanat (Toluylendiisocyanat) ersetzt wird, erhält man ein fettsäuremodifiziertes Polyurethanharz, das auch als Urethanöl bezeichnet wird. Solche Urethanöle werden üblicherweise aus Ölen nach dem bereits beschriebenen Umesterungsverhalten hergestellt. Die aus den Ölen und Polyolen hergestellten Monoester werden dabei mit Diisocyanaten umgesetzt. Auch dann sind wegen der Additionsreaktion höhere Polyolüberschüsse einzuplanen. Die Bindemittel gehören natürlich nicht zu der Gruppe der Polyesterharze. Sie haben aber ähnliche Eigenschaften wie die Urethanalkyde, bzw. die für diese genannten Vorteile werden bei den Urethanölen besonders deutlich erreicht. 4.4.3.4 Sonstige modifizierte, oxidativ vernetzende Alkydharze Es gibt weitere Modifikationen für oxidativ vernetzende Alkydharze: Durch Umsetzung der Carboxylgruppen von Alkydharzen, deren Kondensationsreaktion bei relativ hohen Säurezahlen abgebrochen wurde, mit aromatischen Epoxidharzen, entstehen Epoxid-Alkydharze. Die Epoxide können auch bereits am Anfang der Aufbaureaktion solcher Alkydharze zugegeben werden. Sie haben letztlich die Funktion eines oligomeren Polyalkoholderivats, weil ihre Epoxidgruppen bevorzugt mit den Carboxylgruppen reagieren. Ihre molaren Anteile müssen entsprechend für die Abschätzung der zu erreichenden
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mittleren Molmassen der Bindemittel berücksichtigt werden. Der EpoxidharzAnteil dieser Alkydharze verbessert deren Antrocknungsgeschwindigkeit; die Haftung – vor allem auf Metall – und die Korrosionsschutzeigenschaften werden unterstützt. Die Bindemittel werden vor allem für Grundierungen, aber auch für Blechlacke und Tubenlacke empfohlen. Sie leiten zu den häufiger eingesetzten Epoxidestern über. Wenn man oxidativ vernetzende Alkydharze, die noch Carboxylgruppen – aber auch OH-Gruppen – enthalten mit Alkoholaten höherwertiger Metalle umsetzt, erhält man die so genannten Metall-verstärkten Alkydharze. Bei dieser Modifikation werden vor allem Aluminiumalkoholate (Aluminiumtriisopropylat) verwendet. Durch eine so genannte Vorvernetzung durch Reaktion mit den Carboxylgruppen wird die Antrocknungsgeschwindigkeit solcher Bindemittel beschleunigt. Die Filme sind besser beständig gegen den Einfluss von Chemikalien, Feuchtigkeit und mechanische Einflüsse. Mit diesen Bindemitteln wurden höherwertige Industrie- und Malerlacke formuliert, aber auch Bootslacke und Korrosionsschutzanstriche (Schiffsanstriche). Ähnlich wie bei den gesättigten Polyestern, kann man Alkydharze auch mit Silicon-Intermediates umsetzen (siehe Kapitel 4.2.9). Bei solchen oxidativ vernetzenden Silicon-Alkydharzen werden dadurch die Antrocknungsgeschwindigkeit, die Beständigkeit gegen Feuchtigkeit und Chemikalien, die Wetterbeständigkeit und die mechanischen Eigenschaften verbessert. Eine Verbesserung der Temperaturbeständigkeit ist aber wegen der anderen Bausteine dieser Bindemittel geringer als bei den oben beschriebenen Silicon-Polyestern. Die Produkte werden für höherwertige Industrie- und Bautenlacke, auch für Schiffsfarben empfohlen. Sie sind natürlich vergleichsweise teuer. Beispiele von Handelsprodukten: Synolac 5600 (Cray Valley [73]), WorléeKyd BS 830 (Worlée [74])
4.4.4 W asserverdünnbare, oxidativ vernetzende Alkydharze und Alkydharz-Emulsionen Die Aufgabe – aus Umweltgesichtspunkten – die Emission organischer Substanzen zu begrenzen oder – noch besser – ganz zu vermeiden, führt über die Formulierung festkörperreicher Lacksysteme zu den wässrigen Lacksystemen. Für oxidativ vernetzende Alkydharze, die in wässrigen Lacken verwendet werden können, werden zunächst die gleichen Methoden angewandt wie bei den gesättigten Polyestern für wässrige Lacke: Es gibt dabei erstens die Möglichkeit (1.) OH-Gruppen enthaltende Alkydharzvorprodukte herzustellen, die auf eine niedrige Säurezahl kondensiert werden,
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um dann – in einer zweiten Reaktionsstufe – an diese OH-Gruppen Polycarbonsäureanhydride zu addieren. Solche Alkydharze sollten dann Säurezahlen von 45 bis 75 mg KOH/g haben, sie werden mit Ammoniak oder Aminen mindestens teilweise neutralisiert und sind dann wasserverdünnbar. Auch hier muss das Hauptaugenmerk auf die Verseifungsstabilität der Bindemittel gerichtet werden. Die Fettsäureanteile in Alkydharzen wirken – durch ihre geringe Polarität – zunächst positiv auf die Verseifungsstabilität. Die üblicherweise in Alkydharzen enthaltenden o-Phthalsäureester sind allerdings besonders empfindlich gegen Verseifung bei höheren pH-Werten. Solche wasserverdünnbaren Alkydharze werden daher oft auf Basis von Isophthalsäure formuliert, die dann deutlich bessere Verseifungsbeständigkeit ergibt. Als Anhydride für die Additionsreaktion werden Tetrahydrophthalsäureanhydrid oder Bernsteinsäureanhydrid gegenüber Phthalsäureanhydrid vorgezogen, weil das Phthalsäureanhydrid leicht wieder abspalten kann. Das Beispiel in Tabelle 4.26 beschreibt ein wasserverdünnbares Alkydharz, bei dem zunächst Pentaerythrit, Isophthalsäure und Leinölfettsäure bei max. 220 °C bis auf eine Säurezahl von 1,0 mg KOH/g kondensiert werden. Dann wird Tetrahydrophthalsäureanhydrid zugegeben und bei 100 °C addiert. Es resultiert daraus eine Säurezahl von 75 mg KOH/g bei einer mittleren Molmasse von 1825. (Im Beispiel wird dieses Alkydharz noch mit einem weiteren wasserverdünnbaren Bindemittel, einem Urethanalkyd, kombiniert) [114]. Solche Alkydharze werden in Colösemittel angelöst, mit Aminen oder Ammoniak neutralisiert und können mit Wasser in stabile, homogene, wässrige Lösungen überführt werden. Zur Herstellung wasserverdünnbarer Alkydharze können auch Dianhydride verwendet werden. Dabei ist natürlich mit einem zusätzlichen Molekülwachstum zu rechnen und es können nur niedrigmolekulare Vorstufen verwendet werden. Für Tabelle 4.26: Beispiel eines oxidativ vernetzenden, wasserverdünnbare Leinölalkydharz [114] n = m/M 4,007 2,952 4,137 3,000
Baustein M Pentaerythrit 136 Isophthalsäure 166 Leinölfettsäure 278 Tetrahydrophthalsäureanhydrid 152 Einwaagesumme Wasser 18 Ausbeute (SZ = 75) Polyesterkonstante k’M 1,2270 M n 1825 mittlere Molmasse [g/mol] SZ 75 Säurezahl [mg KOH/g] b’ 0,56 Belegung OHZ 74,8 OH-Zahl [mg KOH/g]
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m 545,0 490,0 1150,0 456,0 2641,0 175,4 2465,6
m-‰ 221,0 198,7 466,4 184,9 1071,1 71,1 1000,0
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diese Verfahrensvariante werden auch spezielle Dianhydride vorgeschlagen, die aus zwei Molen Trimellithsäure und Diolen entstehen [115]. Die andere, bereits beschriebene Möglichkeit (2.), die darin besteht, die Kondensationsreaktion bei höheren Säurezahlen abzubrechen, ist bei der Herstellung von Alkydharzen problematisch. Höhere Säurezahlen können dabei nämlich auch noch von freien Fettsäuren stammen, was für die Filmbildungseigenschaften nicht wünschenswert ist. Aber beim Umesterungsverfahren, wenn aus Triglyceriden zunächst Monoester hergestellt werden und keine freien Fettsäuren auftreten, kann eine anschließende Veresterung mit Dicarbonsäuren bei ausreichend hohen Säurezahlen abgebrochen werden. Auch die bereits beschriebene Methode (3.) an niedrigmolekulare OH-Gruppen tragende Vorstufen Trimellithsäureanhydrid zu addieren und dann weiter zu kondensieren bis statistisch eine weitere Carboxylgruppe der Trimellithsäure verestert ist und die dritte Carboxylgruppe übrig bleibt, kann für die Herstellung wasserverdünnbarer Alkydharze verwendet werden. Ein besonderes Verfahren (4.) besteht darin, indem man relativ niedrigmolekulare Alkydharzvorstufen mit kleinen Säurezahlen und ausreichend hohen OH-Zahlen mit einem Addukt aus zwei Molen Diisocyanat und einem Mol Dimethylolpropionsäure umsetzt. Man erhält ein Urethanalkydharz mit freien Säuregruppen aus der Dimethylolpropionsäure. Dieses Verfahren wurde hier bereits bei den linearen, gesättigten Polyestern als Weichsegment für Polyurethandispersionen beschrieben (siehe Kapitel 4.2.4.1). Bei den wasserverdünnbaren Alkydharzen für Reaktionslacke (siehe Kapitel 4.4.5.5) wird dazu ein Beispiel (siehe Tabelle 4.31) beschrieben. Diese Urethanalkydharze sind deutlich verseifungsbeständiger als die Bindemittel, deren Carboxylgruppen aus Anhydridadditionen oder partieller Veresterung stammen. Die Carboxylgruppen wasserverdünnbarer, oxidativ vernetzender Alkydharze werden mit Aminen bzw. Ammoniak zu 70 bis 100 % neutralisiert. Die pH-Werte betragen meist 7,2 bis 8,5. Für die oxidative Vernetzung bei Umgebungstemperaturen werden Neutralisationsmittel verwendet, die relativ leicht verdunsten. Ammoniak und Triethylamin werden bevorzugt. (Der Einsatz von Triethylamin ist begrenzt, seitdem es als Schadstoff der Klasse II in die TA-Luft aufgenommen wurde.) Es ist dabei zu bedenken, dass Ammonium-Ionen nicht flüchtig sind. Daher spielt sowohl die Säurestärke als auch die Basenstärke und das daraus resultierende Gleichgewicht von dissoziiertem und nichtdissoziiertem Amin für die Verdunstung des Amins eine wichtige Rolle. Es können wässrige Lösungen (kolloidale Lösungen mit Dispersionscharakter) hergestellt werden, die zwischen 35 und 50 m-% nichtflüchtige Anteile enthalten. Es gibt völlig lösemittelfreie Produkte, aber auch solche, die bestimmte
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Anteile an Colösemitteln enthalten, die die Wasserverdünnbarkeit, aber auch das Applikationsverhalten (Verlauf, Glanzgebung), unterstützen. Als Colösemittel kommen vor allem infrage: Butylglykol, Methoxypropanol und N-Methylpyrollidon. Die Mengenanteile sollten möglichst klein sein, sie betragen 10 bis 30 m-% der organischen Phase des Bindemittels, bei einer Lieferform von zum Beispiel 40 m-% nichtflüchtigem Anteil sind das 4 bis 12 m-%. Für wässrige, oxidativ trocknende Lacke werden spezielle wasserlösliche Sikkative angeboten. Hier wurde die Erfahrung gemacht, dass auch die nicht wasserlöslichen – „normalen“ – Sikkative (zum Beispiel Octoate) für wässrige Systeme geeignet sind, wenn sie richtig eingearbeitet werden. Dazu besteht die Vorstellung, dass diese Sikkative in die hydrophoben Anteile der wässrigen Alkydharzlösung diffundieren, wo sie dann auch wirken sollen. Wasserverdünnbare Alkydharze werden für wässrige Bautenlacke (Malerlacke, „Do-it-yourself“-Lacke) und auch für oxidativ vernetzende Industrie- und Korrosionsschutzlacke verwendet. Dabei gibt es auch Kombinationen mit nur physikalisch filmbildenden, primären Acrylatdispersionen. Da solche Dispersionen meist scherempfindlich sind, werden aus den Alkydharzen als Co-Bindemittel die entsprechenden Pigmentanreibungen hergestellt. Beispiele für Handelsprodukte wasserverdünnbarer Alkydharze: Setal 146 (Nuplex [72]), Synthalat W 46 (Synthopol-Chemie [76]), WorléeSol 61 A (Worlée [74]) Die ungesättigten Fettsäuren von Alkydharzen ergeben eine weitere Möglichkeit (5.) Carboxylgruppen in den Bindemittelverband einzuführen. Isolen-Doppelbindungen und vor allem auch Konjuen-Doppelbindungen können andere ungesättigte Verbindungen anlagern. Bei konjugierten Doppelbindungen geschieht das nach der so genannten Dien-Addition (Reaktion nach DielsAlder), die auch bei der Herstellung von Tetrahydrophthalsäure und bei der Bildung von Harzen aus Dienaddukten (Maleinatharze, siehe Kapitel 4.5.3) zur Anwendung kommt. Isolierte Doppelbindungen reagieren an der aktivierten CH 2 -Gruppe zwischen den Doppelbindungen (Pseudo-Diels-Alder), die auch bei der oxidativen Vernetzung den Startpunkt der Reaktion bildet (siehe Kapitel 4.4.2.1); oder dadurch, dass sie zunächst zu konjugierten Doppelbindungen isomerisieren. Als Additionspartner kommt bevorzugt Maleinsäureanhydrid, aber auch Acrylsäure zum Einsatz. Die Dienaddukte der Säuren können neutralisiert werden und es entstehen wasserverdünnbare Alkydharze. Aus dem Addukt mit Maleinsäureanhydrid entstehen zwei Carboxylgruppen pro Mol, wenn der Anhydridring bei der Herstellung der Lieferform mit Wasser und Amin geöffnet wird. Wenn man das Anhydrid in der organischen Phase mit Alkohol umsetzt (zum Beispiel mit
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einem Colösemittel wie Butylglykol) bildet sich natürlich nur eine Carboxylgruppe pro Mol. Bei der Dien-Addition werden zwar Doppelbindungen verbraucht, es bleiben aber noch genügend übrig, um eine effektive oxidative Trocknung zu erreichen. Ein Vorteil der Dien-Addition besteht darin, dass die Carboxylträger über eine C-C-Bindung in die Bindemittelmoleküle eingebracht werden und nicht, wie bei der Anhydridaddition oder der partiellen Veresterung über Estergruppen, die weniger verseifungstabil sind. Ein weiteres Verfahren (6.) zur Herstellung wasserverdünnbarer oxidativ vernetzender Lacksysteme besteht im Einsatz so genannter Alkydharzemulsionen. Dabei werden oxidativ vernetzende Alkydharze, die aber auch höhere Säurezahlen haben können, die nach den oben genannten Verfahren erzeugt wurden, mit Emulgatoren versetzt und diese Mischung in deionisiertem Wasser dispergiert. Man kann dann Alkydharze Auswählen, die höhere mittlere Molmassen haben als die für die Herstellung wässriger kolloidaler Lösungen, daraus resultiert ein besseres Vernetzungsverhalten. Es gibt dabei auch Beispiele, wo die Vorprodukte zunächst in geringen Mengen eines unpolaren Lösemittels angelöst werden, zum Beispiel in einem aromatenarmen Lackbenzin. Die Carboxylgruppen der Bindemittel werden teilneutralisiert, die Produkte enthalten üblicherweise weniger Amin als die oben beschriebenen wasserverdünnbaren Bindemittel. Die Emulgatoren sind zum Beispiel auf Alkanolen gestartete Polyethylenoxide. Die früher eingesetzten Alkylphenole sollten wegen ihrer physiologischen Bedenklichkeit nicht mehr in Betracht gezogen werden. Die Produkte bilden opake Emulsionen unterschiedlicher Teilchengrößen, die ein völlig anderes Viskositätsverhalten zeigen als die kolloidal gelösten Bindemittel. Es gibt steilere Viskositätskurven in Abhängigkeit vom nichtflüchtigen Anteil, die Viskositäten sind bei niedrigen Konzentrationen recht niedrig. Schließlich stellt man wasserverdünnbare, oxidativ vernetzende Bindemittel auch dadurch her (7.), dass man Copolymere aus Alkydharzen und Acrylaten erzeugt. Dabei werden zwei Vorstufen hergestellt. Die erste besteht aus einem relativ niedrigmolekularen Alkydharze mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren kleiner Säurezahl und restlichen OH-Gruppen. Die zweite Vorstufe ist ein Copolymerisat aus ungesättigter Fettsäure und Acrylatmonomeren, die einen signifikanten Anteil an Methacrylsäure enthalten. Die beiden Vorprodukte werden dann über Kondensationsreaktionen miteinander verknüpft. Man geht davon aus, dass vor allem die Carboxylgruppen der Fettsäuren des Copolymers mit den OH-Gruppen des Alkydharzes reagieren, während die tertiären Carboxylgruppen der Methacrylsäure des Copolymers unberücksichtigt bleiben können. Nach mindestens teilweiser Neutralisation entstehen in deionisiertem Wasser stabile, opake Emulsionen bzw. Dispersionen, die keine flüchtigen organischen
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Bestandteile enthalten. Man nimmt an, dass sich die durch die Neutralisation der Methacrylsäuregruppen gebildeten, hydrophilen Acrylatcopolymerketten nach außen zur wässrigen Phase orientieren, während die aufgrund der Fettsäuremodifikation besonders unpolaren, hydrophoben Alkydharz-Anteile sich im Inneren der Teilchen befinden (core-shell-Dispersionen). Die Produkte eignen sich zur Herstellung umweltfreundlicher, oxidativ vernetzender Lacksysteme für Decklacke, Füller und Grundierungen. Mit geeigneten Pigmenten kann man auch Korrosionsschutzanstriche herstellen [116]. Beispiele für Handelsprodukte von Alkydharz-Emulsionen: Synthalat AEM 440 (Synthopol-Chemie [76]), WorléeSol E440 W (Worlée [74])
4.4.5 Fremdvernetzende Alkydharze Fremdvernetzende Alkydharze bilden mengenmäßig die größte Gruppe der Alkydharze. Es handelt sich bei diesen Bindemitteln fast ausschließlich um OH-Gruppen tragende Alkydharze. Als wichtigste Vernetzungspartner in diesen – auch als Reaktionslacke bezeichneten Systemen – sind die Aminoharze (Melaminharze, Harnstoffharze, Benzoguanaminharze) und die Polyisocyanate (mit freien NCO-Gruppen und verkappte Polyisocyanate) zu nennen. Von den vielen Gliederungsmöglichkeiten dieser großen Stoffgruppe wird hier die nach den anwendungstechnischen Gesichtpunkten gewählt. Innerhalb der Kapitel werden die Unterschiede der Zusammensetzung beschrieben. 4.4.5.1 Alkydharze für Einbrennlacke Zunächst wurden die oxidativ vernetzenden Alkydharze auch für Einbrennlacke verwendet. Man stellte dabei fest, dass die höhere Temperatur den Vernetzungsprozess mit dem Sauerstoff der Luft nicht so beschleunigt, dass die bei der industriellen Applikation geforderten Applikationsbedingungen für eine effektive Vernetzung ausreichten. Lediglich die Alkydharze, die Fettsäuren mit konjugierten Doppelbindungen enthielten (aus Holzöl oder Ricinenfettsäuren) konnten den Anforderungen in etwa nachkommen. Weiterhin hat man Alkydharze ausgewählt, um in Einbrennlacken und auch in säurehärtenden Lacken, die aus Aminoharzen (Harnstoffharze, Melaminharze) hergestellt wurden, eine Verbesserung der Flexibilität zu erreichen. Die selbstvernetzenden Aminoharze bilden als Alleinbindemittel nur sehr spröde Filme. Diese flexibilisierenden Alkydharze sind nur dann mit Aminoharzen verträglich, wenn sie ausreichend polar sind, das heißt wenn sie „kurzölig“ oder „mittelölig“ sind und eine ausreichend hohe OH-Zahl haben. Erstaunlicherweise kam man erst recht spät darauf, dass solche Alkydharze mit den Aminoharzen
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co-vernetzen [117]. Diese Co-Vernetzung hat entscheidenden Einfluss auf die Filmeigenschaften der Lacke aus den Bindemittelkombinationen. Bei den gesättigten Polyestern (siehe Kapitel 4.2.5.3) ist beschrieben, wie OHGruppen tragende Bindemittel mit den funktionellen Gruppen der Aminoharze (Melaminharze) reagieren können. Diese Darstellung gilt auch für die OHGruppen enthaltenden Alkydharze. Auch hier ist mit einem Anteil an Selbstvernetzung des Aminoharzes zu rechnen. Das Verhältnis von Covernetzung zu Selbstvernetzung wird durch die Mengenverhältnisse von Alkydharz zu Aminoharz, die Reaktivität und Anzahl der funktionellen Gruppen und durch die Applikationsbedingungen (Einbrenntemperatur, Einbrennzeit, interne und externe Katalyse) beeinflusst. Nachdem zunächst Alkydharze mit ungesättigten Fettsäuren auch für solche Einbrennlacke eingesetzt wurden, spielten – vor allem in europäischen Lackformulierungen – die gesättigten Fettsäuren eine immer wichtigere Rolle. Gesättigte Fettsäuren als Bestandteile von Einbrennlack-Alkydharzen ergeben Farbstabilität, Wetterbeständigkeit und Vergilbungsbeständigkeit. Zunächst wurden für diese Alkydharze das Kokosfett (Umesterungsverfahren bei der Herstellung der Alkydharze daraus) bzw. die Kokosfettsäuren (C8 bis C18 , Hauptanteile C12) verwendet. Da zunächst die längerkettigen Fettsäuren des Kokosfetts für die Herstellung von Tensiden und für die Kosmetik-Industrie eine Rolle spielten, kamen bevorzugt die kurzkettigen Fettsäuren des Kokosfetts, die durch fraktionierte Destillation abgetrennt werden, für die Herstellung von Alkydharzen infrage. Diese – zunächst wie ein weniger wichtiges Nebenprodukt behandelten – so genannten Vorlauffettsäuren bestehen hauptsächlich aus Mischungen von Caprylsäure und Caprinsäure (C8 und C10). Auch die aus Ölsäure durch Ozonolyse hergestellte Pelargonsäure gehört zu dieser Fettsäuregruppe (C9). Alkydharze aus kurzkettigen, linearen Fettsäuren sind noch farbstabiler als die aus dem gesamten Fettsäuregemisch des Kokosfetts, weil in dem auch noch geringe Anteile ungesättigter Fettsäuren (5 – 8 m-% Ölsäure) vorkommen. Aufgrund ihrer geringen Kettenlänge liefern diese in Alkydharzen – in Kombination mit Melaminharzen – härtere und zähelastische Einbrennlackfilme. Kurzkettige Kokosfettsäuren wurden dann aber wichtige Rohstoffe für die Herstellung hochwertiger Schmiermittel (zum Beispiel für Düsentriebwerke) und auch für flüssige, biologisch abbaubare Tenside. Ihre Kosten stiegen so weit, dass sie heute für die Herstellung von Alkydharzen praktisch keine Rolle mehr spielen. Aber auch aus anderen Gründen werden Alkydharze dieses Typs seither auf Basis synthetischer Fettsäuren, die aus der Oxosynthese und der Koch-Synthese entstehen, hergestellt. Die wichtigsten synthetischen Fettsäuren sind die Isononansäure [118] (hauptsächlich 3,5,5-Trimethylhexansäure), die auf Grund ihrer primären
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Carboxylgruppe bevorzugt wird, die 2-Ethylhexansäure und die tertiären, verzweigten Monocarbonsäuren [119, 120], die dann als Glycidester, [121, 122] eingebaut werden können, dargestellt in Abbildung 4.30. Synthetische Fettsäuren sind aufgrund ihrer verzweigten Struktur noch weniger empfindlich gegen Temperatur und Luftsauerstoff als die kurzkettigen, gesättigten natürlichen Fettsäuren. Die Lackfilme aus diesen Bindemitteln sind daher noch besser vergilbungsbeständig und wetterbeständig. Alkydharze mit synthetischen Fettsäuren können hohe Härten ergeben und die Filme sind beständig gegen mechanische Einflüsse.
Abbildung 4.30: Synthetische Fettsäuren
Die Einbrennlack-Alkydharze, die gesättigte Fettsäuren enthalten, bestehen außerdem aus Pthalsäureanhydrid und aus Trimethylolpropan als Polyol (sie enthalten seltener Glycerin), oder aus Gemischen aus Pentaerythrit und Diolen (meist Propylenglykol) oder auch aus Pentaerythrit alleine als Polyolkomponenten. Es gibt auch Produkte, die Anteile an Benzoesäuren enthalten. Die Alkydharze können im Einstufenverfahren bei Umsetzungstemperaturen von 200 bis 240 °C unter Einsatz eines Schleppmittels hergestellt werden. Der Prozess wird über die Bestimmung der Säurezahl und der Viskosität des Bindemittels verfolgt. Die Alkydharze haben meist mittlere Molmassen zwischen 1500 und 3000 g/mol und eine relativ niedrigere Belegung der überschüssigen OH-Gruppen mit Monocarbonsäuren. Die OH-Zahlen liegen daher üblicherweise zwischen 80 und 140 mg KOH/g und die Säurezahlen zwischen 10 und 25 mg KOH/g. Sie werden in aromatischen Lösemitteln oder Estern bzw. Glykoletherestern gelöst, die Lösungen können auch Anteile an Alkoholen (Butanole) oder Glykolethern (Methoxypropanol) enthalten. Tabelle 4.27 [123] beschreibt zwei Modell-Alkydharze, einmal aus Phthalsäureanhydrid, Isononansäure und Trimethylolpropan als Polyol, im Vergleich zu einem aus einem Gemisch von Pentaerythrit und Propylenglykol als Polyole. Bei einer Fettsäurebelegung von 50 % bei beiden, resultieren Fettsäuregehalte von fast 30 m-%. Bei Säurezahlen von 15 mg KOH/g ergeben sich OH-Zahlen von ca. 100 mg KOH/g. Die beiden Bindemittel haben ungefähr die gleiche Lösungsviskosität.
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Tabelle 4.27: Zusammensetzung von Einbrennlack-Alkydharz-Modellen aus Triol im Vergleich zu Tetraol-Diol-Gemisch [123] Bausteine, Mole
TriolTyp
TetrolDiol-Typ
Phthalsäureanhydrid Trimethylolpropan
1,000 1,050
1,000 0,000
Pentaerythrit
0,000
0,500
Propylenglykol Isononansäure
0,000 0,620
0,570 0,620
Phthalsäureanhydrid
412,0
448,9
Trimethylolpropan
140,7
0
0
206,2
Propylenglykol
0
448,9
Isononansäure
272,7
297,1
Einwaagesumme
1076,4
1083,6
Wasser Ausbeute (SZ = 10,0)
76,4 1000,0
83,6 1000,0
Bausteine, m-‰
Pentaerythrit
Kennzahlen Säurezahl [mg KOH/g]
15,0
15,0
Polyesterkonstante k’
1,1460
1,1581
mittlere Molmasse (Zahlenmittel) [g/mol]
2460
2085
Anzahl der Strukturelemente
6,8
6,3
Verzweigungsgrad [mol/kg]
1,20
1,15
Belegung (b’) OH-Zahl [mg KOH/g]
0,50 97,8
0,50 103,5
Die Abbildungen 4.31, 4.32 und 4.33 zeigen modellhaft die typischen Strukturelemente von Alkydharzen aus Phthalsäureanhydrid und Isononansäure und aus den Polyolen: • Trimethylolpropan • Gemisch von Pentaerythrit und Propylenglykol • Pentaerythrit (alleine) mit einer Fettsäurebelegung der Hälfte der überschüssigen OHGruppen, deren Zusammensetzungen in den Tabellen 4.27 und 4-28 dargestellt sind. Wenn man nur Pentaerythrit als Polyol verwendet, ist es bei gleicher Fettsäurebelegung erforderlich, höhere Polyolüberschüsse zu wählen. So resultieren Alkydharze mit Fettsäureanteilen von über 40 m-%, die bei gleichen Säurezahlen recht hohe OH-Zahlen von ca. 150 mg KOH/g haben. Tabelle 4.28 beschreibt ein solches Modell-Alkydharz nur mit Pentaerythrit als Polyol.
Abbildung 4.31: Modell eines Molekülsegments des Triol-Alkydharzes
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Abbildung 4.32: Modell eines Molekülsegments des Tetraol-Diol-Alkydharzes Tabelle 4.28: Zusammensetzung eines Einbrennlack-Alkydharz-Modells aus Tetraol [124] n = m/M 1,000 1,080 1,240
Baustein Phthalsäureanhydrid Pentaerythrit Isononansäure Einwaagesumme 2,119 Wasser Ausbeute (SZ = 15,0) Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Belegung Verzweigungsgrad [mol/kg] OH-Zahl [mg KOH/g]
M 148 136 158 18
m 148,00 146,88 195,92 490,80 38,14 452,66
m-‰ 327,0 324,5 432,8 1084,3 84,3 1000,0
SZ 15,0 k’M 1,2010 M n 2252 q 5,0 b’ 0,51 v 2,03 OHZ 148,9
Abbildung 4.33 zeigt die typischen Strukturelemente dieses Alkydharzes.
Abbildung 4.33: Modell eines Molekülsegments des Tetraol-Alkydharzes
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Zwischen diesen drei Basismodellen gibt es natürlich eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten. Dazu gehören besonders kurzölige Alkydharze, die Polyolmischungen aus Triol und Diol enthalten; oder solche die neben einem geringeren Tetraolanteil höhere Anteile Diol enthalten. Andere Bindemittel dieser Art mit Fettsäureanteilen zwischen 30 und 40 m-% enthalten dann oft aus Mischungen von Tetraol und Triol als Polyole. Neben den genannten Vorteilen der synthetischen Fettsäuren in EinbrennlackAlkydharzen ergeben sich auch noch weitere Eigenschaften. Diese linearen, längerkettigen und ungesättigten Fettsäuren als Bausteine von Alkydharzen besitzen eine höhere Plastifizierungswirkung, eine bessere Löslichkeit und Verträglichkeit, eine bessere Benetzung von Substraten und Pigmenten als die synthetischen Fettsäuren und wirken sich auch positiv auf das anwendungstechnische Verhalten aus. Sie fördern den Verlauf und den Glanz der Filme und helfen Kocher bei der Spritzapplikation zu vermeiden. Daher formuliert man viele Alkydharze für Einbrennlacke so, dass sie neben einem Hauptanteil an synthetischen Fettsäuren bestimmte Anteile linearer, längerkettiger Fettsäuren enthalten, die dann auch ungesättigt sein können. Produkte mit solchen Fettsäurekombinationen, bei denen vor allem auf Farbtonstabilität Wert gelegt wird, enthalten dann zum Beispiel längerkettige Fraktionen aus dem Kokosfettsäuregemisch, die hydriert sind. Man kann aber auch für die meisten Anwendungsfälle bestimmte Anteile an 9,12-Linolsäure-reichen Fettsäuren wählen, ohne dass die Vergilbungsbeständigkeit oder die Wetterbeständigkeit von Lackfilmen aus solchen Einbrennlack-Alkydharzen beeinträchtigt wird. Hier wurde gefunden, dass bestimmte Anteile 9,12-Linolsäure-reicher Fettsäure, die die Pigmentbenetzung in Decklacken unterstützen, bei der Bewitterungsprüfung auch die Glanzhaltung verbessern können. Einbrennlack-Alkydharze, die gesättigte Fettsäuren oder daneben auch begrenzte Anteile ungesättigter Fettsäuren enthalten, werden mit Harnstoffharzen und Melaminharzen kombiniert. Die Kombination solcher Alkydharze mit veretherten Melaminharzen bilden auch heute noch die wichtigste Bindemittelbasis für lösemittelhaltige Einbrenn-Decklacke, die bei der Industrielackierung, den Coil-Coating- und Can-Coating-Lacken und vor allem bei Fahrzeug-Decklacken Anwendung finden. Sie bilden auch die Basis für Pigmentpastenreihen. Die Lacke daraus zeichnen sich durch ausgewogene Flexibilität und Härte aus, sie sind ausreichend vergilbungsbeständig und wetterbeständig. Sie sind den anderen für diese Anwendungsfälle infrage kommenden Bindemittel (OH-Polyester, OHAcrylatharze mit Melaminharzen) überlegen in Bezug auf das Applikationsverhalten, den Verlauf, das Füllvermögen und die Glanzgebung. Besonders geeignete Vernetzungspartner sind Butanol-veretherte Melaminharze. Je nach OH-Zahl des Alkydharzes, Reaktivität und mittlerer Molmasse des Melaminharzes werden die beiden Komponenten in den Verhältnissen 60 : 40 bis 85 : 15 kombiniert. Der
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Anteil an Covernetzung bei der Filmbildung steigt mit dem Anteil des Alkydharzes, mit dessen OH-Zahl und steigender Reaktivität der OH-Gruppen, sinkenden Einbrenntemperaturen und geringeren katalytischen Effekten und geringer reaktiven Melaminharzen. Mehr Selbstvernetzung erzielt man mit höheren Anteilen an Melaminharzen, höher reaktiven Melaminharzen, bei Alkydharzen mit niedrigeren OH-Zahlen, bei höheren Einbrenntemperaturen und stärkeren katalytischen Effekten. Für eine optimale Vernetzung bei ausreichend hohen Einbrenntemperaturen reicht meist der katalytische Effekt der Säurezahlen der Alkydharze aus. Für niedrigere Einbrenntemperaturen oder für gering reaktive Melaminharze werden Säurekatalysatoren verwendet (Sulfosäuren, saure Phosphorsäureester, Maleinsäure bzw. Maleinsäurehalbester). Ähnlich wie bei den gesättigten OH-Polyestern unterstützt die Selbstvernetzung die Oberflächenhärte der Filme und die Lösemittelbeständigkeit, während die Covernetzung die Flexibilität und die Wetterbeständigkeit begünstigt. Beispiele für Handelsprodukte: Setal AF 310 (Nuplex [72]), Synolac 4422 (Cray Valley [73]), Uralac AN 633 (DSM [63]), WorléeKyd C 628 (Worlée [74]) Darüber hinaus gibt es auch immer noch Einbrennlack-Alkydharze, die OHGruppen für eine Vernetzung mit Aminoharzen enthalten, deren Fettsäurebelegung nur aus 9,12-Linolsäure-reichen Fettsäuren (zum Beispiel harzarme Tallölfettsäure, Sojafettsäure) besteht. Diese Produkte sind natürlich nicht besonders farb- bzw. vergilbungsstabil. Sie zeichnen sich aber durch gute Pigmentbenetzung und gutes Applikationsverhalten aus. Sie werden bevorzugt für Industrie-Einbrennlacke eingesetzt. Beispiel für ein Handelsprodukt: Synolac 130 (Cray Valley [73]) Alkydharze auf Basis konjugierter Fettsäuren Eine besondere Bedeutung für die Formulierung von Einbrennlack-Alkydharzen haben 9,11-Linolsäure-reiche Fettsäuren, mögliche Strukturformeln zeigt Abbildung 4.34, die durch Isomerisierung aus 9,12-Linolsäure-reichen Fettsäuren (Konjuen-Fettsäuren) oder durch Dehydratisierung aus Ricinusöl-Fettsäuren (Ricinenfettsäuren) hergestellt werden. Konjugierte Fettsäuren in Alkydharzen wirken positiv auf die Plastifizierung, die Pigmentbenetzung, den Verlauf und sogar auf die Vernetzung. Im Unterschied zu den 9,12-Linolsäure-reichen Fettsäuren, können konjugierte Fettsäuren leichter durch den Einfluss höherer Temperaturen polymerisieren und damit zur Vernetzung der Alkydharzfilme beitragen. Alkydharze auf Basis konjugierter
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Fettsäuren neigen dabei auch weniger zur Vergilbung als die aus 9,12-Linolsäurereichen Fettsäuren, obwohl sie in der Vergilbungsstabilität natürlich nicht an die mit gesättigten Fettsäuren herankommen. Es gibt Einbrennlack-Alkydharze, die neben gesättigten Fettsäuren signifikante Anteile an konjugierten Fettsäuren enthalten. Weiterhin gibt es Alkydharze, die ausschließlich konjugierte Fettsäuren enthalten.
Abbildung 4.34: Konjugierte Fettsäuren: 9,11-Linolsäuren
Beide Gruppen kann man auch direkt aus Ricinusöl herstellen. Dabei wird in einer ersten Stufe das Ricinusöl mit dem Anteil der Polyole und einem Teil der vorgesehenen Menge an Phthalsäureanhydrid bei hohen Temperaturen (260 – 280 °C) simultan umgeestert und dehydratisiert. Der Anteil an Phthalsäureanhydrid wirkt dabei für die Dehydratisierung. In einer zweiten Stufe wird das Alkydharz dann mit den weiteren Bestandteilen, vor allem der Menge des restlichen Phthalsäureanhydrids bei üblichen Veresterungstemperaturen (220 – 240 °C) fertig kondensiert. Dieser Alkydharztyp wird vor allem dann verwendet, wenn nur begrenzte Einbrenntemperaturen zur Verfügung stehen (zum Beispiel bei so genannten 80 °C-Lacken). Solche Lacke spielen eine Rolle bei der Beschichtung temperaturempfindlicher Substrate (Kunststoffe, Mischbauweisen), größerer Objekte, die nicht auf höhere Temperaturen erhitzt werden können (Landmaschinen, Großfahrzeugbereich) und für Reparatur-Lacksysteme. Sie stehen in den genannten Anwendungsgebieten im Wettbewerb mit Zweikomponentenlacken, die zwar sehr effektiv vernetzen und hohe Beständigkeitseigenschaften erzielen, aber auch deutlich teurer sind. Beispiele für Handelsprodukte: Setal 118 (Nuplex [72]), Synthalat RT 35 (Synthopol [76]), Uralac AD 543 (DSM [63]), WorléeKyd RM 232 (Worlée [74])
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4.4.5.2 Alkydharze für säurehärtende Lacke Der im vorigen Kapitel (Kapitel 4.4.4.1) beschriebene Bindemitteltyp kann prinzipiell auch für so genannte säurehärtende Lacke verwendet werden. Säurehärtende Lacke bestehen aus OH-Gruppen enthaltenden Alkydharzen und Aminoharzen, hier vorzugsweise Harnstoffharzen. Die Vernetzung wird durch die Zugabe von Säuren katalysiert und läuft dann bereits bei Umgebungstemperatur ausreichend schnell ab. Es werden relativ starke Säuren in signifikanten Mengen eingesetzt: Salzsäure, Phosphorsäure, saure Phosphorsäureester, Sulfonsäuren. Nach Zugabe der Säurekatalysatoren haben die Lacksysteme nur noch eine begrenzte Standzeit für die Verarbeitung (Potlife). Unter diesen Bedingungen ist der Anteil der Selbstvernetzung der Aminoharze bei der Filmbildung relativ hoch. Als Alkydharze werden für diesen Anwendungsfall bevorzugt die mit höheren OH-Zahlen und höheren Fettsäure-Anteilen ausgewählt, das sind dann meist die Pentaerythrit-Typen der OH-Gruppen tragenden Alkydharze. Als Fettsäuren werden synthetische Fettsäuren bevorzugt, es kommen aber auch Mischungen gesättigter Fettsäuren und ungesättigter Fettsäuren (zum Beispiel Tallölfettsäuren) zum Einsatz. Ungesättigte Fettsäuren unterstützen vor allem die plastifizierende Wirkung des Alkydharzanteils in den säurehärtenden Lacken. Die beschriebenen Alkydharze werden in den Verhältnissen 50 : 50 bis 70 : 30 mit veretherten Harnstoffharzen kombiniert. Säurehärtende Alkydharz-Lacke werden bevorzugt für Holzlacke (Möbelbeschichtungen) und zur Lackierung von Schichtstoffplatten verwendet. Es werden hohe Filmhärten und entsprechende mechanische Festigkeiten, Chemikalienbeständigkeit und Lösemittelbeständigkeit erreicht. Beispiele für Handelsprodukte: Setal 118 (Nuplex [72]), Synolac 1035 (Cray Valley [73]), Synthalat R 43 (SynthopolChemie [76]), WorléeKyd SH 380 (Worlée [74]) In der Zwischenzeit haben diese säurehärtenden Lacksysteme, die vor allem für die Möbellackierung gebraucht wurden, an Bedeutung verloren. Der Grund liegt darin, dass bei der durch starke Säuren katalysierten Aushärtung aus den Aminoharzen Formaldehyd freigesetzt wird. Reste an Formaldehyd werden dann auch noch nach längerer Zeit aus den Möbeloberflächen emittiert, was man schon aus dem Geruch ableiten kann. Da Formaldehyd aber physiologisch bedenklich ist, bestand die Aufgabe diese Emission zu vermeiden. Das gelingt bei diesen Lacksystemen durch Zugabe von Formaldehyd aufnehmende Substanzen (zum Beispiel durch freien Harnstoff), allerdings nicht vollständig. Die säurehärtenden Lacksysteme wurden daher aus diesem Markt mehr und mehr verdrängt. Heute werden für solche Möbelbeschichtungen bevorzugt wässrige Acrylatdispersionen verwendet (Primärdispersionen nichtvernetzender Acrylatharze).
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4.4.5.3 Alkydharze für die Isocyanat-Vernetzung Alkydharze für die Vernetzung mit Polyisocyanat-Addukten, die freie NCOGruppen enthalten, bestehen hauptsächlich aus Phthalsäureanhydrid, Trimethylolpropan oder Pentaerythrit und gesättigten Fettsäuren, meist synthetische Fettsäuren. Es gibt aber auch Produkte, die zumindest anteilig ungesättigte Fettsäuren enthalten. Sie unterscheiden sich prinzipiell nicht von den Alkydharzen, die für Einbrennlacke verwendet werden. Es gibt allerdings Typen, die speziell für den Einsatz in solchen Zweikomponentenlacken empfohlen werden. Weil die Covernetzung solcher Alkydharze mit den Polyisocyanaten sehr eindeutig ist und sich dabei homogene ausgedehnte molekulare Netzwerke bilden, formuliert man die Bindemittel meist mit relativ hohen OH-Zahlen aus Polyolüberschüssen bzw. über eine niedrige Belegung der überschüssigen OH-Gruppen mit Monocarbonsäuren. Es sind daher unter diesen Typen die Alkydharze mit den geringsten Fettsäureanteilen. Einige Typen werden daher – um den Effekt der geringen Fettsäureanteile auf die Plastifizierung zu kompensieren – nicht nur mit Pthalsäureanhydrid als Dicarbonsäure formuliert, sondern enthalten zum Beispiel noch Anteile von Adipinsäure, die dann plastifizierend wirkt. Es gibt auch Bindemittel, die neben geringen Anteilen an synthetischer Fettsäure auch Diole enthalten, entweder solche mit längeren Ketten oder Polyetherpolyole (Diethylenglykol, Dipropylenglykol und auch höhere Homologe). Solche Bindemittel leiten in der Zusammensetzung und den Eigenschaften zu den gesättigten OH-Polyestern für die Isocyanatvernetzung über (siehe Kapitel 4.2.5.4). Wegen der hohen Vernetzungseffektivität durch die Polyisocyanate ist es nicht erforderlich besonders hohe mittlere Molmassen auszuwählen. Sie liegen im Mittel unter denen der Alkydharze für Einbrennlacke. Ähnlich wie bei den gesättigten OH-Polyestern haben diese Bindemittel meist auch kleine Säurezahlen (meist deutlich unter 12 mg KOH/g). Alkydharze auf Basis synthetischer Fettsäuren werden bevorzugt für Zweikomponenten-Decklacke ausgewählt, die sich durch gute Benetzung, effektiven Verlauf und hohe Glanzgebung auszeichnen. Dann vernetzt man natürlich mit aliphatischen oder cycloaliphatischen Polyisocyanat-Addukten (HDI- oder IPDIAddukte) und erreicht sehr gute Vergilbungsbeständigkeit, Farbtonstabilität und Wetterbeständigkeit. Alkydharze mit ungesättigten Fettsäuren finden in hochwertigen Holzlacken Verwendung. Die Vernetzer sind dann aromatische Polyisocyanat-Addukte (TDI-Addukte und MDI und Homologe). Die Lackfilme aus dieser Kombination sind sehr hart und sehr gut beständig gegen Wasser, Chemikalien und Lösemittel. Eine besondere Gruppe der Alkydharze für Zweikomponentenlacke bilden die aus Ricinolsäure hergestellten Typen. Die Fettsäure des Ricinusöls besteht fast ausschließlich aus 12-Hydroxyölsäure. Diese Fettsäure ist also eine Hydroxycarbonsäure,
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deren Anteile entsprechend der Berechnungen (siehe Gleichung 13 und Kapitel 3.3.2) für die Ermittlung der Polyesterkonstante und der mittleren Molmasse berücksichtigt werden muss. Die Ricinolsäure hat eine deutlich plastifizierende Wirkung. Die OH-Gruppe kann sowohl am Aufbau des Polyestermoleküls teilhaben, als auch der Vernetzung mit Isocyanatgruppen. Das folgende Beispiel in Tabelle 4.29 zeigt ein Modell-Alkydharz für die Vernetzung mit Polyisocyanaten aus Phthalsäureanhydrid und Adipinsäure im molaren Verhältnis von 3 : 1, mit einem deutlichen molaren Überschuss an Trimethylolpropan und einer geringen Belegung der überschüssigen OH-Gruppen durch Isononansäure. Bei Säurezahl 8,0 mg KOH/g wird eine OH-Zahl von 126,5 mg KOH/g und eine mittlere Molmasse von 2101 g/mol erreicht. Tabelle 4.29: Alkydharz aus Phthalsäureanhydrid, Adipinsäure, Trimethylolpropan und Isononansäure für Zweikomponentenlacke [125] n = m/M 1,120 0,750 0,250 0,600
Baustein Trimethylolpropan Phthalsäureanhydrid Adipinsäure Isononansäure Einwaagesumme 1,799 Wasser Ausbeute (SZ = 8,0) Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Belegung Verzweigungsgrad [mol/kg] OH-Zahl [mg KOH/g] Viskosität (ICI, 23 °C) [mPa·s]
M 134 148 146 158 18
m 150,08 111,00 35,50 94,80 392,38 32,38 360,00
m-‰ 416,9 308,3 101,4 263,3 1089,9 89,9 1000,0
SZ 8,0 k’M 1,1713 M n 2101 q 5,8 b’ 0,43 v 1,44 OHZ 126,5 η 4200
Beispiele für Handelsprodukte: Setal D RD 181 (Nuplex [72]), Synolac 1333 (Cray Valley [73]), WorléePol 6631 (Worlée [74]) OH-Gruppen enthaltende Alkydharze lassen sich auch mit verkappten Polyisocyanaten vernetzen. Dabei sind – je nach Isocyanattyp und Verkappungsmittel – höhere Einbrenntemperaturen erforderlich. Die Bausteine solcher Alkydharze sollten also entsprechend temperaturstabil und farbstabil sein. Alkydharze ergeben in diesen Kombinationen Vorteile in den Eigenschaften Benetzung, Verlauf und Glanz. Für die Vernetzung mit verkappten Polyisocyanaten werden aber die gesättigten OH-Polyester den Alkydharzen vorgezogen.
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4.4.5.4 Alkydharze für festkörperreiche Reaktionslacke Um festkörperreiche Reaktionslacke auf Basis von Alkydharzen formulieren zu können, bietet sich an, die mittleren Molmassen dieser Bindemittel deutlicher zu erniedrigen. Im Gegensatz zu den oxidativ vernetzenden Bindemitteln ergeben die effektiveren Vernetzungsreaktionen der Reaktionslacke die Möglichkeit, die Filmverfestigung ausgehend von sehr niedrigeren mittleren Molmassen zu starten. Es gibt Alkydharze für festkörperreiche Reaktionslacke, die nur noch mittlere Molmassen um 800 g/mol haben, also nur aus im Mittel 2,5 bis 3 Strukturelementen bestehen. Allerdings erfordern die polareren OH-Alkydharze, die meist nur geringe Fettsäureanteile enthalten, auch polarere Lösemittel für ihre Lieferform bzw. in der Lackformulierung. Besteht der dann höhere Anteil des Polyestergerüsts (back-bone) solcher Alkydharze aus den üblichen Bausteinen wie Phthalsäureanhydrid und Pentaerythrit oder Trimethylolpropan, sind die Glasübergangstemperaturen und damit auch die Viskositäten der Bindemittel wieder relativ höher. Ebenso wirken höhere Verzweigungsgrade und höhere OHZahlen erhöhend auf die Lösungsviskosität. Will man daher deutlich höhere Verarbeitungs-Festkörper erzielen, sind besondere Maßnahmen erforderlich, um die dafür geeigneten Alkydharze zu formulieren. Es gibt dazu – ähnlich wie bei den gesättigten Polyestern – die Möglichkeit, die Anteile aromatischer Bausteine durch cycloaliphatische oder sogar aliphatische Bausteine zu ersetzen. Der Austausch von Isophthalsäure durch zum Tabelle 4.30: Alkydharze aus Glycidester, Phthalsäureanhydrid, Trimethylolpropan, Ricinenfettsäure [129] n = m/M
Baustein Glycidester einer tert. 0,505 C10-Monocarbonsäure 0,190 Ricinenfettsäure 0,911 Trimethylolpropan 1,000 Phthalsäureanhydrid Einwaagesumme 0,588 Wasser Ausbeute (SZ = 12,4) Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Belegung Verzweigungsgrad [mol/kg] OH-Zahl [mg KOH/g] Viskosität (80 %ig in Xylol) [mPa·s]
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M
m
m-‰
249
125,75
286,8
280 134 148
53,20 122,07 148,00 449,02 10,56 438,43
121,3 278,4 337,6 1024,1 24,1 1000,0
18 SZ 12,4 k’M 1,5129 M n 855 q 1,9 b’ 0,30 v 1,64 OHZ 211,2 η 60 – 70
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Beispiel Hexahydrophthalsäureanhydrid bei den gesättigten Polyestern ergibt aber einen größeren Effekt als bei Phthalsäureanhydrid, das für Alkydharze der Standard ist. Denn Phthalsäureanhydrid ergibt schon bereits aufgrund seiner Anhydridreaktion beim Einbau in Alkydharze bedeutend enger Molmassenverteilungen als die Isophthalsäure und hat auch eine geringere Neigung zur Kristallinität. Wenn man in solche Alkydharze höhere Anteile aliphatischer Bausteine einbaut, die ggf. auch längere Ketten haben oder Etherbrücken, kann man die Viskosität bei gegebener Molmasse weiter senken, dann ist aber der plastifizierende Effekt solcher Bausteine und die geringe Wetterbeständigkeit der Bindemittel mit Ethergruppen zu berücksichtigen. Eine besondere Methode besteht in der Verwendung von Glycidester verzweigter, synthetischer Monocarbonsäuren. Die reagieren praktisch wie das Anhydrid eines Diols. Sie bauen über einen Additionsmechanismus in das Bindemittelmolekül ein und ergeben dadurch engere Molmassenverteilungen als die Polyole selbst. Das folgende Beispiel in Tabelle 4.30 beschreibt ein Alkydharze aus einem solchen Glycidester, Phthalsäureanhydrid, Trimethylolpropan und Ricinenfettsäure [129]. Festkörperreiche Alkydharze werden für Einbrennlacke bevorzugt mit niedrigmolekularen, niedrigviskosen Aminoharzen kombiniert, das sind vor allem die niedrigmolekularen, voll mit Methanol veretherten Melaminharze (HMMMHarze). Diese Bindemittel erfordern für eine effektive Vernetzung – auch bei höheren Temperaturen (130 – 180 °C) Säurekatalysatoren (zum Beispiel p-Toluolsulfonsäure). Die High-Solid-Einbrennlacke haben Verarbeitungsfestkörper je nach Pigmentierung von über 55 m-% (Schwarz) bis über 85 m-% (Weiß). Sie ergeben gut verlaufende, glänzende, wetterbeständige Decklacke. Meistens ist eine Zugabe von Antiablauf-Additiven erforderlich. Die Produkte werden für Industrie-Einbrennlacke, aber auch für bestimmte Fahrzeug-Decklacke eingesetzt. 4.4.5.5 Wasserverdünnbare Alkydharze für Reaktionslacke Bei den oxidativ vernetzenden, wasserverdünnbaren Alkydharzen wurden sieben prinzipielle Herstellmöglichkeiten aufgezählt, die hier noch einmal wiederholt wird: 1. Anhydridaddition an OH-Alkydharz-Vorstufen 2. Begrenzung des Kondensationsgrads bei höheren Säurezahlen (aus einer Umesterungsvorstufe) 3. Addition und begrenzte Veresterung von Trimellithsäureanhydrid 4. Reaktion eines Isocyanat-Addukts mit Dimethylolpropionsäure
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5. Dien-Addition von Maleinsäureanhydrid oder Acrylsäure 6. Alkydharz-Emulsionen mit Emulgatoren 7. Emulsionen von Alkydharz-Copolymeren mit Acrylatmonomeren (dabei Methacrylsäure) Alkydharze für wasserverdünnbare Reaktionslacke enthalten auch ungesättigte Fettsäuren, aber für bestimmte Eigenschaften (Farbstabilität, Vergilbungsbeständigkeit, Wetterbeständigkeit) werden gesättigte Fettsäuren (meist synthetische Fettsäuren) bevorzugt. Von den genannten Verfahren werden hier daher vor allem die ausgewählt, die ohne Reaktionen an ungesättigten Fettsäuren auskommen. Das sind die Anhydridaddition an OH-Alkydharz-Vorstufen (1.), die Addition und begrenzte Veresterung von Trimellithsäureanhydrid (3.), die Reaktion eines Isocyanat-Addukts mit Dimethylolpropionsäure (4.) und die Herstellung von Alkydharz-Emulsionen mit Emulgatoren (6.). Für die Fremdvernetzung der Bindemittel ist es wichtig, dass noch eine ausreichende Menge von OH-Gruppen zur Verfügung steht. Die Monocarbonsäureanteile sind daher meistens niedrig. Die Säurezahlen liegen zwischen 25 und 60 mg KOH/g. Die Carboxylgruppen der Alkydharze werden mit Aminen neutralisiert. Dafür kommt vor allem Dimethylethanolamin zum Einsatz, oder auch Diethanolamin (DEA), Diisopropanolamin (DIPA) und 2-Amino-2-methylpropanol (AMP). Die Neutralisationsgrade liegen üblicherweise zwischen 70 und 100 mol-%. Daraus werden dann mit deionisiertem Wasser kolloidale Dispersions-ähnliche Lösungen hergestellt mit nichtflüchtigen Anteilen von 30 bis 50 m-% und pH-Werten von 7,5 bis 8,5. Für Einbrennlacke werden diese Bindemittel mit wasserlöslichen Aminoharzen kombiniert. Das sind vor allem wieder die niedrigmolekularen, mit Methanol veretherten Melaminharze, aber auch mit Methanol veretherte Benzoguanaminharze. Die Einbrennlacke werden für Industrielacke (Füller, Decklacke) und auch für Fahrzeug-Decklacke verwendet. Oft genügt die katalytische Wirkung der relativ hohen Säurezahlen, um die Vernetzungsreaktion der vollveretherten HMMM-Harze bei Temperaturen im Bereich von 130 bis 160 °C zu beschleunigen. Es ist aber auch möglich, Aminsalze von Sulfonsäuren als Vernetzungskatalysatoren zu verwenden. Wasserverdünnbare Alkydharzen, die eine ausreichende OH-Zahl haben, lassen sich auch für Zweikomponentenlacke verwenden. Die Fettsäuremodifikation schirmt zwar die OH-Gruppen sterisch etwas ab, die geringere Polarität unterstützt aber die Verträglichkeit mit aliphatischen und cycloaliphatischen Polyisocyanataddukten. Außerdem wirkt die Fettsäuremodifizierung positiv auf das Applikationsverhalten, es treten weniger Kocher auf, und der Verlauf ist gut. Auch wenn sich in diesem Gebiet die Entwicklung auf den Einsatz von OH-Acrylatharzen konzentriert, weil diese weniger verseifungsempfindlich
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sind, sollten OH-Alkydharze, wegen der hier genannten Eigenschaften, stärker berücksichtigt werden. Die Tabelle 4.31 beschreibt die Zusammensetzung eines Alkydharzes aus hydrierter, fraktionierter Kokosfettsäure (C16 -C18-Fraktion), Trimethylolpropan, Pentaerythrit und Phthalsäureanhydrid, das über eine Additionsreaktion mit einem Addukt aus Isophorondiisocyanat und Dimethylolpropionsäure als ein Urethanalkyd wasserlöslich wird. Das Alkydharz-Vorprodukt hat bei einer Säurezahl von 1,0 mg KOH/g eine mittlere Molmasse von 899 g/mol und eine OHZahl von 248,6 mg KOH/g. Das fertige Urethanalkyd hat bei einer Säurezahl von 26,0 mg KOH/g eine Molmasse von 3119 und eine OH-Zahl von 126,3 mg KOH/g. Im Beispiel wird das Bindemittel mit Triethylamin neutralisiert (Neutralisationsgrad 80 mol-%), und es wird 88 %ig in N-Methylpyrrolidon gelöst. Zusätzlich wird ein Emulgator zugegeben und auf einen nichtflüchtigen Anteil von 40 m-% mit deionisiertem Wasser verdünnt. Das Bindemittel ist dort für die Herstellung von wässrigen Effektbasislacken für die Automobilserienlackierung vorgesehen und wird dazu mit einem wasserverdünnbaren Melaminharz und einer wässrigen Polyurethandispersion kombiniert [130]. Tabelle 4.31: Wasserverdünnbares Urethanalkyd mit OH-Gruppen für die Aminoharzvernetzung [130] n = m/M 0,043 0,058 0,024 0,051 0,019
Baustein M 277 Hydrierte Kokosfettsäure C16 -C18 Trimethylolpropan 134 Pentaerythrit 136 Phthalsäureanhydrid 148 Addukt aus 2 IPDI + 1 DMPS 578 Einwaagesumme 0,075 Wasser 18 Ausbeute (SZ = 26,0) Säurezahl [mg KOH/g] SZ 26,0 k’M 1,1838 Polyesterkonstante M n 3119 mittlere Molmasse [g/mol] q 5,4 Anzahl der Strukturelemente b’ 0,32 Belegung Verzweigungsgrad [mol/kg] v 2,07 OHZ 126,3 OH-Zahl [mg KOH/g]
m 11,880 7,820 3,320 7,570 10,790 41,380 1,360 40,020
m-‰ 296,8 195,4 83,0 189,2 269,6 1034,0 34,0 1000,0
Beispiele für Handelsprodukte: Synolac 8300 (Cray Valley [73]), Synthalat KF 43 (Synthopol-Chemie [76]), WorléeSol 84 C (Worlée [74])
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4.4.5.6 Sonstige Alkydharze für Reaktionslacke Ähnlich wie bei den oxidativ vernetzenden Alkydharzen werden auch fremdvernetzende Alkydharze mit weiteren Bausteinen modifiziert. Fremdvernetzbare Urethanalkyde zeichnen sich durch gute Antrocknung, die Filme daraus durch hohe Härte, gute Flexibilität, hohe Wasserbeständigkeit und durch verbesserte Chemikalienbeständigkeit aus. In Kombination mit Melaminharzen in Einbrennlacken oder aliphatischen und cycloaliphatischen Polyisocyanataddukten in Zweikomponentenlacken wird eine hohe Wetterbeständigkeit erreicht. Diese Bindemittel werden für hochwertige Industrielacke eingesetzt. Die Modifikation von Einbrennalkydharzen mit Siliconintermediates wird auf die gleiche Weise durchgeführt, wie bei den gesättigten Polyestern und den oxidativ vernetzenden Alkydharzen beschrieben. Diese Siliconalkydharze können bei ausreichendem Siliconanteil selbst vernetzen; sie können aber auch mit – meist kleineren Anteilen – an Melaminharzen kombiniert werden. Die Filme daraus haben hohe Beständigkeiten gegen Chemikalien, Wasser, mechanische Belastungen, Bewitterung und höhere Temperaturen. Durch Einbau von Epoxidharzen in Alkydharze entstehen fremdvernetzende Epoxidalkydharze. Der Epoxidharzanteil wird für den Molekülaufbau wie eine Makro-Polyol behandelt. Der Epoxidharzbaustein in den Alkydharzen verbessert die Haftung und die Korrosionsfestigkeit der Lackfilme daraus. Es können Einbrennlacke und Zweikomponentenlacke hergestellt werden. Die Produkte werden für Grundierungen und Füller aber vor allem auch für Blechlacke (CanCoating, Coil-Coating) verwendet. Ein besonderer Fall der Anwendung für OH-Gruppen enthaltende Alkydharze bildet die Copolymerisation mit Acrylatharzen. Bei dem Versuch die vorteilhaften Eigenschaften von Alkydharzen (siehe dazu auch Kapitel 4.4.6) mit denen von Acrylatharzen zu kombinieren, stellte man oft Verträglichkeitsprobleme fest. Das Problem konnte dadurch gelöst werden, dass man die Polymerisation des Acrylatharzes in Gegenwart des Alkydharzes bzw. einer Lösung des Alkydharzes vornimmt. Es wird angenommen, dass bei der Polymerisationsreaktion auch dann Übertragungsreaktionen an Alkydharzmolekülen ablaufen, wenn dieses keine polymerisierbaren Doppelbindungen enthält. Es entstehen dabei Bindemittelkombinationen mit interessanten Eigenschaften, vor allem für Reparaturlacke. Die effektive Vernetzung des Alkydharzes addiert sich zur schnellen Antrocknung und den Beständigkeitseigenschaften des Acrylatharzanteils.
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4.4.6 Vergleich von OH-Gruppen haltigen Alkydharzen und Polyestern mit anderen Bindemitteln Die Reaktion der OH-Gruppen von Bindemitteln ist der vorrangige Vernetzungsmechanismus bei den verschiedensten Reaktionslacken. Bindemittel mit OH-Gruppen sind gesättigte Polyesterharze, Alkydharze, Acrylatharze, Epoxidharze, Polyether, Polyvinylharze (Polyvinylchlorid-Copolymere, Polyvinylacetale, Allylalkohol-Styrolcopolymere) und Celluloseester. Die ersten drei Stoffklassen der Aufzählung sind unter dem Aspekt der Vernetzung die wichtigsten. Es gibt davon Lösemittel enthaltende Lacke, wässrige Lacke und auch so genannte 100 %-Systeme. Die Vernetzer für die OH-Gruppen enthaltenden Bindemittel sind Aminoharze (Melaminharze, Harnstoffharze, Benzoguanaminharze, Carbamatharze), Polyisocyanate (Polyisocyanataddukte mit freien Isocyanatgruppen, verkappte Polyisocyanate), Phenolharze (Resole) und andere aus Formaldehyd-Addukten hergestellte Methylolträger und Silicone (Alkoxysilane und Silanole). Die wichtigsten Vertreter bilden die ersten beiden der genannten Stoffklassen. Die OH-Gruppen enthaltenden gesättigten Polyesterharze, Alkydharze und Acrylatharze gibt es in einer großen Typenvielfalt. Die Bindemittel jeder Gruppen unterscheiden sich jeweils durch ihre mittleren Molmassen, ihre Molmassenverteilung, ihre allgemeine Struktur (linear oder unterschiedlich verzweigt), die Anzahl der reaktionsfähigen Gruppen – vor allem der OH-Gruppen, und nicht zuletzt durch die Vielfalt der Eigenschaften der verfügbaren Bausteine (Monomere). Trotzdem gelingt es, gruppentypische Eigenschaften zu definieren und zu vergleichen. Aus diesem Vergleich lassen sich dann die Haupteinsatzgebiete der betreffenden Bindemittel ableiten. Hier soll vor allem der Zusammenhang zwischen molekularem Aufbau und Struktur, Verhalten im Applikationszustand, den Applikations- und Filmeigenschaften und dem wichtigsten Anwendungsgebieten der drei Bindemittelklassen aufgezeigt werden. Gesättigte OH-Polyester haben mittlere Molmassen zwischen 800 und 3000 g/mol, sie sind entweder linear oder sehr unterschiedlich offenkettig verzweigt. In organischen Lösungen bilden sie kolloidale Verteilungen aus Knäulen mehrerer Moleküle, die aber meist effektiv durch die Lösemittel aufgeflutet sind. Aufgrund der Molekülstruktur und des Zustands in der Lösung, sind die OHGruppen für eine Vernetzungsreaktion – im Vergleich zu denen der anderen Bindemittel – sehr gut verfügbar. Gesättigte OH-Polyester liefern daher von den drei genannten Stoffklassen die effektivste Covernetzung. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass eine gute Verträglichkeit zwischen Polyester und Vernetzer besteht, der über Diffusionsvorgänge bei der Filmbildung zu den Polyestermolekülen vordringen können muss. OH-Polyester ergeben dann Filme, bei denen
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ein optimales Gleichgewicht zwischen Härte (je nach Baustein) und Flexibilität besteht. Der Anteil der Elastizität an der Flexibilität ist dabei relativ hoch, wenn auch zusätzlich von der Art der Bausteine beeinflusst. Auch die chemische Beständigkeit ist aufgrund der effektiven Vernetzung recht hoch. Kombinationen von gesättigten OH-Polyestern und Vernetzern werden daher bevorzugt dort eingesetzt, wo es darauf ankommt, hohe Flexibilität mit vergleichbar hoher Härte und hoher Beständigkeit zu verbinden. Die Kombinationen finden daher Anwendung in Füllern, aber auch in Grundierungen, in so genannten Basislacken von Zweischicht-Effektlackaufbauten (Automobil-Serienlackierung und Automobil-Reparaturlackierung) und vor allem für Kunststofflacke (Zweikomponentenlacke) und Coil-Coating-Lacke, Can-Coating-Lacke und Elektroisolierlacksysteme (Einbrennlacke), die hochflexibel sein müssen. Gesättigte Polyester sind prinzipiell nicht so breit löslich und verträglich wie andere Bindemitteltypen. Sowohl Lösemittel als auch Kombinationspartner bedürfen daher einer sorgfältigeren Auswahl. Andere Bindemittel haben auch Vorteile gegenüber den gesättigten Polyestern bei der Pigmentbenetzung, dem Verlauf und der Glanzgebung. Eine ausreichend gute Pigmentbenetzung vorausgesetzt, sind Decklacke aus gesättigten OH-Polyestern und geeigneten Vernetzern (Melaminharze oder freie und verkappte, aliphatische und cycloaliphatische Polyisocyanat-Addukte) sehr gut wetterbeständig. Denn, je effektiver – das heißt ausgedehnter – das molekulare Netzwerk eines Lackfilms ist, desto später wirken sich Abbaureaktionen aus der Bewitterung negativ auf die Filmeigenschaften aus. Glanzverlust, Verfärbung, Kreiden, Versprödung, Rissbildung, Blasenbildung werden dann verzögert oder bleiben aus. Für Klarlacke – vor allem für die von ZweischichtEffektlackaufbauten – gilt, dass der Anteil der aromatischen Bausteine neben der Lage der Glasübergangstemperaturen die ausschlaggebende Rolle für die Bewitterungsbeständigkeit spielt und nicht – wie früher vermutet – die Verseifungsempfindlichkeit der Polyester. Filme, die aromatische Polyisocyanate, Harnstoffharze oder Benzoguanaminharze als Vernetzer enthalten sind prinzipiell nicht ausreichend wetterbeständig. Gesättigte Polyester selbst sind gegen Verseifung im mäßig sauren pH-Bereich recht stabil, aber weniger stabil bei höheren pH-Werten. Weniger stabil sind allerdings die Filmanteile an Aminoharz (Melaminharz), die auch schon im schwach sauren pH-Bereich abgebaut werden können. Besonders stabil sind allerdings die Urethane aus der Polyisocyanatvernetzung. Die Chemikalienbeständigkeit von Lacken mit gesättigten Polyestern hängt daher vor allem von der Auswahl des Vernetzers ab. Wasserlösliche, gesättigte OH-Polyester bilden ebenfalls relativ gut aufgeflutete kolloidale Verteilungen aus Knäulen mehrerer Moleküle; vor allem dann,
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wenn bestimmte Mengen an Colösemittel verwendet wird. Auch hier haben die Polyester daher den Vorteil, dass die OH-Gruppen für eine Vernetzungsreaktion effektiver zur Verfügung stehen als bei den anderen Bindemittelgruppen. Das prädestiniert gesättigte Polyester nach der hier vorliegenden Erfahrung besonders für die Polyisocyanatvernetzung über niedrigviskose Polyisocyanataddukte in wässrigen Zweikomponentenlacken. OH-Alkydharze haben üblicherweise mittlere Molmassen zwischen 1500 und 4000 g/mol, sie sind immer verzweigt und haben übliche OH-Zahlen von 80 bis 160 mg KOH/g. (Solche Alkydharze für festkörperreiche Lacke haben niedrigere Molmassen und höhere OH-Zahlen.) Hier besteht die Vorstellung, dass Alkydharze dieses Typs in geeigneten organischen Lösemitteln kolloidale Verteilungen aus Knäulen mehrerer Moleküle bilden, wobei sich die Fettsäureketten nach außen orientieren und eine Struktur bilden, die den Mizellen von Emulgatoren entspricht. Diese Vorstellung resultiert unter anderem aus der Beobachtung, dass Vernetzungsreaktionen von solchen Alkydharzen weniger effektiv ablaufen, als bei gesättigten, unmodifizierten Polyestern. Die Fettsäurereste bilden also eine gewisse sterische Barriere für die Diffusionsvorgänge, die für eine Vernetzungsreaktion notwendig sind. Der beschriebene Effekt ist natürlich umso geringer, desto niedriger die Fettsäureanteile in solchen Alkydharzen sind. Man sollte sich auch nicht vorstellen, dass die Vernetzung behindert wird, es gibt lediglich Unterschiede in Effektivität und Geschwindigkeit. Andererseits ist wohl die postulierte Struktur der gelösten Alkydharzmoleküle die Ursache für die besonderen Vorteile der Alkydharze. Sie sind in relativ unpolareren Lösemitteln gut löslich – besser als die gesättigten Polyester – und mit vielen anderen Lackbindemitteln breiter verträglich. Sie benetzen Pigmente und Untergründe besonders gut. Sie haben weniger Probleme bei der Applikation, indem sie weniger Kocher und Nadelstiche erzeugen und sie ergeben fast immer besseren Verlauf und guten Anfangsglanz. Daher sind die Haupteinsatzgebiet der OH-Alkydharze Einbrenndecklacke für Industrielacksysteme (Maschinenlacke), Fahrzeuglackierungen (Automobilserienlacke, Großfahrzeuglacke, Landmaschinenlacke) und Blechlacke (Can-Coating, Coil-Coating) und Zweikomponenten-Decklacke für Industrielacksysteme und Kunststofflacke. Filme aus OH-Alkydharzen haben vergleichsweise eine geringere Chemikalienbeständigkeit als die aus gesättigten OH-Polyestern, aber für die meisten Anwendung ist sie ausreichend gut, vor allem dann, wenn Polyisocyanat-Vernetzer verwendet wurden. Da die OH-Alkydharze vergleichsweise gute Pigmentbenetzung ergeben, ist die Wetterbeständigkeit von pigmentierten Decklacksystemen sehr gut und wird eher durch den Vernetzertyp als durch das Alkydharz beeinflusst. Sie sind
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bei hochpigmentierten Decklacken in diesem Punkt den gesättigten Polyestern deutlich überlegen. Glanzverlust und Kreiden tritt im Vergleich bei gleichen Vernetzungspartnern, erst später ein. Für Klarlacke gilt hier auch, dass die für Alkydharze übliche Phthalsäure als aromatischer Baustein eine Beeinträchtigung der Wetterbeständigkeit bedeutet. OH-Alkydharze aus aliphatischen oder cycloaliphatischen Bausteinen ergeben Klarlacke mit ausgezeichneter Wetterbeständigkeit. In wässrigen Systemen sind OH-Alkydharze die Bindemittel, die vergleichsweise weniger stabil gegen Verseifung bei höheren pH-Werten sind. Die Struktur der Molekülknäule wird sich hier dadurch von der der organischen Lösung unterscheiden, dass die unpolaren Fettsäurereste sich eher zum Inneren der Knäule orientieren. Die prinzipiell gute Verträglichkeit der Alkydharze trägt aber auch in wässriger Phase zu effektiver Mischung mit den gewählten Vernetzern bei. Ebenso ist das Applikationsverhalten besser als bei den anderen Bindemittelklassen. OH-Acrylatharze sind lineare Kettenpolymere mit seitenständigen OH-Gruppen und deutlich verknäulten Molekülketten. Sie haben mittlere Molmassen meist zwischen 2500 und 7500 g/mol. Sie haben üblicherweise OH-Zahlen zwischen 60 und 140 mg KOH/g. OH-Acrylatharze bilden auch bei Verwendung sehr guter Lösemittel in organischen Lösungen dichte Molekülknäule. So hat eine die Lösung eines OH-Acrylatharzes mit der Molmasse von 5000 g/mol ungefähr die gleiche Viskosität wie die eines gesättigten OH-Polyesters mit der Molmasse von 1800 g/mol, obwohl er ähnlich polar ist, und das gleiche Lösemittel verwendet wurde. Dieses Ergebnis ist nur über die unterschiedliche Anzahl der Teilchen und die unterschiedliche Größe (Aufflutung) der kolloidalen Teilchen der Lösungen zu erklären. Daher sind die OH-Gruppen solcher Acrylatharze deutlich weniger exponiert und stehen weniger gut für eine Vernetzungsreaktion zur Verfügung. Die hohe Knäuldichte behindert zusätzlich die Diffusion der Kombinationspartner. OH-Acrylatharze vernetzen daher weniger effektiv als die OH-Alkydharze und erst recht weniger im Vergleich zu den gesättigten OH-Polyestern. Die Balance von Härte und Flexibilität muss also mehr durch die physikalischen Eigenschaften der Bindemittel eingebracht werden. Der Anteil der Plastizität an der Flexibilität ist also höher als bei den anderen Bindemitteln. Das bedeutet aber, dass das Optimum von Härte und Flexibilität ungünstiger ist als bei gesättigten OH-Polyestern und OH-Alkydharzen. Acrylatharze sind aufgrund ihrer kolloidalen Struktur auch weniger geeignet Untergründe und Pigmente zu benetzen als die anderen Bindemittelklassen. Der Unterschied bedeutet aber nicht, dass man keine Pigmentierungen erzeugen kann. Bemerkenswert ist allerdings, dass man bei OH-Acrylatharzen, die für die Formulierung pigmentierter Decklacke vorgesehen sind, Strukturen herstellt, die den Strukturen von Alkydharzen ähneln. So werden zum Beispiel für solche Lacke OH-Acrylatharze empfohlen, die mit Glycidestern tertiärer, verzweigter Monocarbonsäuren modifiziert sind. Oder es werden Anteile von Acrylatmonomeren
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copolymerisiert, die besonders lange Seitenketten (höhere Alkanolester) – und damit auch Alkydharz-ähnliche Strukturen – enthalten. OH-Acrylatharze haben auch ein vergleichsweise geringer gutes Applikationsverhalten. Zum Beispiel besteht bei Einbrennlacken, die durch Spritzen appliziert werden, eher die Gefahr der Ausbildung von Kochern, Blasen und Nadelstichen als bei Alkydharzen. Auffallend ist besonders, dass Einbrenndecklacke aus OHAcrylaten und Melaminharzen eine deutlich geringere Füllkraft haben als solche aus Alkydharzen und Melaminharzen. OH-Acrylatharze ergeben unter Berücksichtigung der Eigenschaften der Vernetzer besonders gute Härte, Chemikalienbeständigkeit und Vergilbungsbeständigkeit. Sie sind vergleichbar gut wetterbeständig wie die anderen Bindemittel. Bei Decklacken ist dafür aber eine Vorraussetzung, dass Maßnahmen ergriffen wurden, um eine effektive Pigmentbenetzung zu erzielen. Bei Klarlacken gilt, dass Acrylatharzfilme mit sehr hohen Glasübergangstemperaturen, besonders aber dann, wenn sie höhere Anteile aromatischer Bausteine (Styrol) enthalten, genauso schlecht wetterbeständig sind wie Filme aus Polyestern und Alkydharzen, mit den dort zunächst üblichen aromatischen Bausteinen (Isophthalsäure oder Phthalsäureanhydrid). Trotzdem werden Acrylatharze für die Formulierung von Klarlacken, vor allem für Klarlacke in Zweischichtlacken der Automobilserien- und Automobilreparatur-Lackierung, den anderen Bindemitteln vorgezogen. Der objektive Grund ist nicht die so oft zitierte bessere Wetterbeständigkeit, denn hier gelten die oben beschriebenen Abhängigkeiten. Der wirkliche Grund liegt woanders: Die beschriebene, dichte Verknäulung der Acrylatharzmoleküle, die für die effektive Vernetzung eher negativ wirkt, hat einen besonderen Vorteil für die Antrocknung. Die Assoziationsneigung der Acrylatharzmoleküle, die der dichten Verknäulung zugrunde liegt, bewirkt eine deutlich schnellere Lösemittelabgabe als bei den gut aufgefluteten Polyester- und Alkydharzmolekülen. Überall dort, wo es auf eine schnelle Lösemittelabgabe ankommt, haben OH-Acrylatharze also Vorteile. Das gilt in dem Zusammenhang hier für die Klarlacke. Klarlacke von Zweischichtlacken der Automobilserienlackierung dürfen beim Applizieren und auch beim Einbrennen die nur physikalisch getrockneten Basislacke nicht wieder anlösen. Eine der verschiedenen Voraussetzungen dafür, dass das nicht geschieht ist, dass der Klarlack relativ schnell seine Lösemittel abgibt, und sich der Film verfestigt. Objektiv ist es also nicht die bessere Wetterbeständigkeit, die die OH-Acrylatharze unter den genannten Voraussetzungen zwar auch haben, die zu einen bevorzugten Einsatz in Automobilserienklarlacken führt, sondern ihr Applikationsverhalten. Generell ist schnelle Lösemittelabgabe auch dort gefragt, wo die Filmbildung nur bei Umgebungstemperatur oder wenig erhöhten Temperaturen stattfinden muss,
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es aber doch auf schnelle Taktzeiten ankommt. Das ist vor allem der Bereich der Automobil-Reparaturlackierung. Dort bilden heute weit verbreitet OHAcrylatharze, vernetzt mit aliphatischen und cycloaliphatischen Polyisocyanataddukten die Bindemittelbasen nicht nur für die Klarlacke, sondern besonders auch für pigmentierte Decklacke, aber nur gelegentlich für Füller und Grundierungen. Auch bei Zweikomponentenlacke für Kunststoffe werden OH-Acralytharze dann eingesetzt, wenn es nicht auf sehr hohe Flexibilitäten ankommt. Wegen der guten Chemikalienbeständigkeit und des Antrocknungsverhaltens werden OHAcrylatharze auch für allgemeine Industrielacke bevorzugt. Für wässrige Lacke zeichnen sich OH-Acrylatharze vor allem durch ihre Verseifungsbeständigkeit aus. Da die OH-Gruppen dieser Bindemittel über eine Copolymerisation von bestimmten Anteilen an Monoestern von Diolen mit Acrylsäure oder Methacrylsäure generiert werden, sollte man auch dort eine gewisse Schwachstelle bezüglich der Verseifung vermuten. Das trifft aus zwei Gründen nicht zu: Einmal sind Ester von Acrylsäure und besonders von Methacrylsäure aufgrund primärer sterischer Effekte sehr verseifungsstabil, zum zweiten wirken die sekundären und tertiären Effekte der Molekülknäule und Molekülassoziationen stabilisierend. Daraus resultiert aber auch der Nachteil, dass in wässrigen Systemen die Vernetzungseffektivität von OH-Acrylatharzen besonders gering ist. Das gilt für die Kombination mit Melaminharzen für Einbrennlacke aber auch für wässrige Zweikomponentenlacke. Auch das Applikationsverhalten wässriger Acrylatharzlacke ist problematisch. Zusammenfassend werden die Einsatzschwerpunkte der drei Bindemittel gegenübergestellt. • Gesättigte OH-Polyester: Füller, Basislacke, Coil-Coating-Lacke, Can-Coating-Lacke, Kunststofflacke • OH-Alkydharze: Einbrenndecklacke, Kunststoffdecklacke, Einschichtlacke, Pigmentpasten • OH-Acrylatharze: Reparaturlacke, Automobil-Serienklarlacke, Kunststofflacke, Industrielacke
4.4.7 OH-Alkydharze als Kombinationspartner für physikalisch trocknende Bindemittel Bindemittel, die nur physikalisch trocknen, sind meist hochmolekulare Polymere, die aufgrund des hohen Assoziationsbestrebens ihrer Moleküle Filme bilden. Oft entstehen dann aufgrund dieser Eigenschaft relativ spröde Filme. Deshalb verwendet man für diese Bindemittel Weichmacher. Weichmacher werden eingesetzt für Celluloseether, Celluloseester (Acetylcellulose und Celluloseacetobutyrat), Cellulosenitrat, Chlorkautschuk, Polyvinylchlorid und seine Copolymerisate, thermoplastische Acrylatharze und für Polystyrol.
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Es gibt verschiedene Theorien wie diese Weichmacher funktionieren [131]. Weichmacher wirken letztlich so ähnlich wie echte Lösemittel für Polymere, indem sie sich an die Moleküle der zu plastifizierenden Polymere anlagern, das heißt praktisch eine Art von Solvat bilden. Polymer und Weichmacher sollten dann von Typ und Mengenverhältnis so ausgewählt werden, dass die Mischung einen subjektiv festen Film bildet, der den Beständigkeitsanforderungen entspricht, vor allem aber ausreichend flexibel ist. Eine wichtige Voraussetzung für die Auswahl von Weichmachern ist neben ihrer Verträglichkeit mit den genannten Polymeren ihre Alterungsbeständigkeit. Sie dürfen ihre plastifizierende Wirkung nicht einbüßen, und sie dürfen weder durch Migration noch durch Verdunsten verloren gehen. Daher gibt es Weichmacher, die selbst Polymere sind und daher auch als Bindemittel angesprochen werden können. Eine Gruppe von Weichmachern bilden die bereits beschriebenen Polyesterweichharze (siehe Kapitel 4.2.2). Eine weitere Gruppe bilden ausgewählte Alkydharze. Für die meist relativ polaren, physikalisch trocknenden Bindemittel wie Celluloseester und PVC-Copolymere werden natürlich verträgliche, das heißt polare Alkydharze ausgewählt. Prinzipiell unterscheiden sich daher die hier eingesetzten Alkydharze nicht von den OH-Alkydharzen, wie sie für Einbrennlacke, Zweikomponentenlacke oder säurehärtende Lacke Verwendung finden. Auch, wenn sie nicht besonders hohe mittlere Molmassen haben, sind sie in den Kombinationen mit den physikalisch trocknenden Polymeren ausreichend migrationsstabil und natürlich nicht flüchtig. Die Fettsäuregehalte sind meist relativ niedrig. Als Fettsäuren werden dann solche ausgewählt, die eine dauernde plastifizierende Wirkung haben, das heißt sich durch Alterung nicht so ändern, dass die flexibilisierende Wirkung nachlässt. Alkydharze mit trocknenden Fettsäuren sind daher zunächst nicht die erste Wahl. Klassisch ist die Auswahl von Alkydharzen, die Fettsäuren mit relativ viel Ölsäure enthalten, wie die aus dem Erdnussöl; ebenso Alkydharze aus Ricinolsäure (siehe Kapitel 4.4.5.3) finden als Weichmacherharze vor allem für Cellulosenitrat Anwendung. Weiterhin werden hier Ricinenalkyde eingesetzt. Auch, wenn deren konjugierte Fettsäuren polymerisieren können, verlieren sie ihre plastifizierende Wirkung nicht. Die Kombinationen aus Cellulosenitrat und Alkydharz haben unter der Bezeichnung „Kombi-Emaillelack“ einmal eine große Bedeutung gehabt. Sie hatten sich gegen die so genannten „Polier-Emaillelacke“ aus Cellulosenitrat und Phthalsäureester-Weichmachern (vor allem Dibutylphthalat) bei der Decklackierung von Automobilen durchgesetzt. Bis in die 1960er-Jahre wurden die „Kombi-Emaillelacke“ noch für die Lackierung von Großfahrzeugen benutzt. Sie zeichneten sich durch unproblematisches Applikationsverhalten, sehr schnelle Trocknung, hohe Farbton-Brillanz und hohen Glanz aus. Da sie nicht ausreichend lösemittel- und chemikalienbeständig sind und vor allem nicht ausreichend wetterbeständig, wurden sie in den genannten Anwendungsbereichen von Reaktionslacken verdrängt. Heute spielen solche „Nitro-Kombilacke“ eine Rolle für preisgünstige Holzlacke.
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Das folgende Modellbindemittel [132] beschreibt in Tabelle 4.32 ein klassisches Alkydharz für die Plastifizierung von Cellulosenitrat aus Glycerin, Phthalsäureanhydrid und Erdnussfettsäure in den Molverhältnissen 1,1 zu 1,0 zu 0,6. Bei einer Säurezahl von 15,0 mg KOH/g hat das Bindemittel eine mittlere Molmasse von 1916 g/mol und eine OH-Zahl von 115,0 mg KOH/g. Der Fettsäuregehalt von 43,4 m-% entspricht einem Ölgehalt von 45,3 m-%. Das Produkt ist relativ niedrigviskos. Tabelle 4.32: Modell eines Erdnussfettsäurealkydharzes, Kombinationsbindemittel für Cellulosenitrat [132] n = m/M 1,100 1,000 0,600
Baustein Glycerin Phthalsäureanhydrid Erdnussfettsäure Einwaagesumme 1,495 Wasser Ausbeute (SZ = 15,0) Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Belegung Verzweigungsgrad [mol/kg] OH-Zahl [mg KOH/g] Viskosität [mPa·s] (60 %-ig in Xylol, ICI-Visk., 23 °C)
M 92 148 284 18
m 101,20 148,00 170,40 419,60 26,91 392,69
m-‰ 257,7 376,9 433,9 1068,5 68,5 1000,0
SZ 15,0 k’M 1,2050 M n 1916 q 4,9 b’ 0,43 v 1,27 OHZ 115,0 η 540
Solche Alkydharze werden mit Cellulosenitrat in Verhältnissen zwischen 1 : 1 und 2 : 1 (Alkydharz : Cellulosenitrat, fest) kombiniert. Das Alkydharz bildet dabei auch das Medium für die Pigmentanreibungen. Es gibt Kombinationen aus Cellulosenitrat einerseits und Alkydharzen und Aminoharzen (Harnstoffharzen) andererseits, die über eine Säurehärtung (siehe Kapitel 4.4.5.2) vernetzt werden. Diese Lacksysteme verbinden eine relativ schnelle Antrocknung (durch das Cellulosenitrat) mit ausreichender Beständigkeit gegen Wasser, Lösemittel und Chemikalien (durch die Vernetzung von Alkydharz und Aminoharz). Die Kombinationen aus PVC-Copolymeren (Copolymere mit Vinylacetat, Maleinsäureestern, Acrylsäureestern) und Alkydharzen wird vor allem für Korrosionsschutzlacke eingesetzt. Damit können relativ dickschichtige Lackfilme erzielt werden. Diese Lacksysteme zeichnen sich durch gute Wasserbeständigkeit aus. Für verseifungsbeständige Lacke werden PVC-Copolymere allerdings mit anderen Weichmachern kombiniert. Beispiele für Handelsprodukte: Setal AE 41 (Nuplex [69]), Synolac 926 (Cray Valley [73]), Synthalat E 42 (Synthopol [76]),Uralac AN 582 (DSM [63]), WorléeKyd C 640 (Worlée [74])
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4.4.8 Inverse Alkydharze Wenn Alkydharze aus Dicarbonsäure, höherfunktionellen Polyolen und Monocarbonsäuren bestehen, gibt es natürlich auch die Möglichkeit, modifizierte Polyester aus Diolen, höherfunktionellen Polycarbonsäuren und Monoalkoholen aufzubauen. Solche Produkte bezeichnet man als inverse Alkydharze. Für die Struktur und Größe der Moleküle der inversen Alkydharze gelten die gleichen Bedingungen wie für die „normalen“ Alkydharze. In den Gleichungen für die Berechnungen werden die Positionen der Angaben über die Molzahl von Polycarbonsäuren und Polyalkoholen ausgetauscht und der Index 3 steht für die Monoalkohole. So lautet die Gleichung für die Polyesterkonstante in dem Fall wie folgt.
Die mittlere Molmasse (Zahlenmittel) berechnet sich dann entsprechend:
Das folgende Beispiel in Tabelle 4.33 beschreibt ein solches inverses Alkydharz aus Neopentylglykol, Trimellithsäureanhydrid und Isononanol. Die Produkte sind löslich in aromatischen Kohlenwasserstoffen. Da, wie oben beschrieben, die meisten Vernetzungsreaktionen mit Bindemitteln, die Tabelle 4.33: Modell eines inversen Alkydharzes [133] n 1,100 1,000 0,800
Baustein Trimellithsäureanhydrid Neopentylglykol Isononanol Einwaagesumme 1,628 Wasser Ausbeute (SZ = 80,0) Säurezahl [mg KOH/g] Polyesterkonstante mittlere Molmasse [g/mol] Anzahl der Strukturelemente Belegung Verzweigungsgrad [mol/kg] OH-Zahl [mg KOH/g]
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M 192 104 144 18
m=n·M 211,20 104,00 115,20 430,40 29,31 401,09
m-‰ 526,6 259,3 287,2 1073,1 73,1 1000,0
SZ 80,0 k’M 1,1719 M n 2334 q 5,8 b’ 0,58 v 0,75 OHZ 10,1
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
OH-Gruppen tragen, ablaufen, spielen inverse Alkydharze bisher keine Rolle als technische Produkte. Denkbar wäre aber, diese inversen Alkydharze mit Epoxidharzen zu kombinieren und über ihre Carboxylgruppen zu vernetzen.
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Spezielle Polyestersysteme
4.5.1 Polycarbonate Polycarbonate entstehen zunächst durch Umsetzung von Alkalisalzen von Bisphenolen mit Phosgen bzw. mit Diphenylcarbonat. Neben Bisphenol A werden auch weitere Bisphenole mit Alkyl- und Phenylseitenketten berücksichtigt, die dann besondere Eigenschaften ausbilden. Es gibt zwei prinzipielle Herstellverfahren [49]. Zum einen werden die Alkali-Bisphenolate in wässriger Phase (pH-Werte 9 – 11) mit Phosgen in organischer Phase (Lösung in Chlorkohlenwasserstoffen) über eine Grenzflächenreaktion bei 20 – 40 °C zu oligomeren Polycarbonaten umgesetzt. Aus den Oligomeren wird – unter Einfluss von Katalysatoren, wie tertiären Aminen – das fertige Polycarbonat hergestellt. Es werden Molmassen von 20.000 bis 35.000 g/mol erreicht. Zum Kettenabbruch bei niedrigeren Molmassen können aber auch Monophenole verwendet werden. Das fertige Polycarbonat wird gewaschen, ausgefällt und abzentrifugiert oder auch destillativ vom Lösemittel und Überschüssen getrennt. Das zweite – weniger verwendete Verfahren ist eine Schmelzumesterung von Diphenylcarbonat mit Bisphenolen unter Einfluss von Alkali-Katalysatoren bei 190 – 320 °C und reduziertem Druck. Die hochmolekularen, aromatischen Polycarbonate sind nur in chlorierten Kohlenwasserstoffen, Pyridin und Kresolen löslich und spielen daher in der Lackindustrie keine Rolle. Diese Produkte haben eine Glasübergangstemperatur von 150 °C und schmelzen erst über 260 °C. Sie sind hochtransparent, wärmebeständig und haben sehr gute mechanische Eigenschaften. Sie werden in der Elektroindustrie, für Bauteile und Konstruktionen, für die Automobil-Ausstattung und in der Elektronik-Industrie, vor allem für die Herstellung von CDs verwendet. Es gibt auch Kombinationen mit anderen Polymeren, und zwar als Mischungen (Blends), aber auch chemische Copolymere, indem zum Beispiel ein Teil des Bisphenols durch einen linearen Terephthalsäurepolyester mit OH-Endgruppen ersetzt wird. Lacktechnisch interessante Produkte haben deutlich geringere Molmassen und dann natürlich andere Eigenschaften als die hochmolekularen Produkte. Sie werden – um bessere Löslichkeit zu erreichen – auch nicht aus Bisphenolen hergestellt, sondern aus mehr oder weniger langkettigen Diolen (zum Beispiel Hexandiol-1,6). Man verwendet dann das Verfahren der Schmelzumesterung und steuert die Molmassen der gewünschten Produkte über entsprechende Überschüsse an Diol.
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Die Produkte sind meistens noch Flüssigkeiten, sie sind löslich in Estern, Ketonen, Glykolethern und Glykoletherestern und in aromatischen Kohlenwasserstoffen, neigen aber aufgrund ihrer regelmäßigen Struktur zur Kristallinität. Sie sind sehr hell, hoch flexibel und besonders verseifungsstabil. Sie haben Molmassen zwischen 1000 und 4000 g/mol. Sie werden mit aliphatischen oder cycloaliphatischen Polyisocyanat-Addukten vernetzt. Es resultieren sehr wetterbeständige Zweikomponenten-Lackfilme, die hart und zähelastisch sind. Eine weitere wichtige Anwendung besteht darin, dass niedrigmolekulare lineare Polycarbonate als Makrodiole (Polyestersegmente, siehe dazu auch Kapitel 4.2.4) vor allem mit Polyurethanbausteinen kombiniert werden. Beispiel für ein Handelsprodukt: Desmophen C 1200 (Bayer [69])
4.5.2 Polycaprolactone Während γ-Butyrolacton und δ-Valerolacton für die Herstellung von Polyestern kaum geeignet sind, weil sich der Fünferring bzw. der Sechserring dieser cyclischen Ester auch in Umsetzungsgleichgewichten leicht wieder zurückbilden, hat der Siebenerring des ε-Caprolacton, dargestellt in Abbildung 4.35, bereits eine so große Ringspannung, dass man quantitative Öffnungsreaktionen durchführen kann. Als Reagenzien für die Ringöffnung kommen Wasser, Alkohole aber auch Carbonsäuren infrage. Die Reaktion mit Wasser und Alkoholen ist dabei bevorzugt. Je nach molarem Verhältnis von Wasser oder Alkohol zum ε-Caprolacton entstehen Polyesterketten unterschiedlicher Größe. Abbildung 4.35: ε-Caprolacton Es läuft eine ringöffnende Polyadditionsreaktion ab, die vor allem darin besteht, dass die beweglichen Wasserstoffatome des Alkohols an der Sauerstoffbrücke des cyclischen Esters angreifen. Die Additionsreaktion wird bei höheren Temperaturen (120 – 180 °C) durchgeführt, sie kann mit Säuren und Lewis-Säuren (zum Beispiel mit organischen Zinnsalzen) katalysiert werden. Es können auch mehrwertige Alkohole zum Kettenstart herangezogen werden. Aus Diolen entstehen lineare Polyester mit endständigen OH-Gruppen, aus höherfunktionellen Polyolen entsprechend verzweigte Polyesterpolyole. So entsteht zum Beispiel aus einem Mol Trimethylolpropan und drei Molen ε-Caprolacton ein niedrigmolekularer Polyester mit einer mittleren Molmasse von 476 g/mol, einem Verzweigungsgrad von 2,10 mol/kg und einer OH-Zahl von 353,6 mg KOH/g.
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Caprolactonpolyester sind löslich in Estern, Ketonen, Glykolethern und Glykoletherestern, nur begrenzt in aromatischen Lösemitteln. Die höhermolekularen linearen Typen neigen zur Kristallinität. Es werden lineare und verzweigte Caprolactonpolyester angeboten, die sich des Weiteren in ihren Molmassen unterscheiden. Sie werden bevorzugt für festkörperreiche Zweikomponentenlacke eingesetzt. Dort stehen sie im Wettbewerb zu den Polyetherpolyolen, die kostengünstiger sind. Aber auch wenn die Caprolactonpolyester nicht so verseifungsstabil sind wie die Polyetherpolyole, so sind sie aber deutlich wetterbeständiger und daher auch für Decklacke zu verwenden. Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet der Caprolactonpolyester ist ihre Verwendung als Segmente in anderen Polymeren. Die ersten BindemittelFormulierungen für die kationische Elektrotauchlackierung enthalten Caprolactonpolyester zur Plastifizierung der dort eingesetzten Epoxidharze [134]. Caprolactonpolyester kann man auch als Weichsegmente für Polyurethandispersionen verwenden. Beispiele von Handelsprodukten: Tone Polyole (DOW) Durch die ringöffnende Polyadditionsreaktion mit ε-Caprolacton kann man polymeranaloge Modifizierungen durchführen. Am bekanntesten ist die Umsetzung von OH-Acrylatharzen mit ε-Caprolacton. Es entstehen Acrylatharze mit Polyesterseitenketten, die exponierte OH-Gruppen tragen [135]. Die Umsetzung läuft in Lösung schon bereits bei 140 °C ab und wird zum Beispiel mit organischen Zinnsalzen (Zinnoctoat) katalysiert. Der Umsatz wird durch die Bestimmung des nichtflüchtigen Anteils kontrolliert (nichtumgesetztes ε-Caprolacton ist relativ flüchtig). Durch Vergleichsversuche, bei denen andere Verfahren eingesetzt wurden, OH-Acrylatharze polymeranalog mit Seitenketten zu modifizieren, wurde herausgefunden, dass die ringöffnende Additionsreaktion mit ε-Caprolacton an den bereits angelagerten Einheiten deutlich schneller abläuft, als an den ursprünglichen OH-Gruppen des Acrylatharzes. Je nach Anzahl der OH-Gruppen des Ausgangsproduktes und der Menge an ε-Caprolacton entstehen also Acrylatharze mit längeren Polyesterseitenketten, die auch noch Anteile der ursprünglichen OH-Gruppen enthalten. Man erhält daher ein ausgesprochen segmentiertes Polymer. Es liegt nahe, bewusst OH-Acrylate mit relativ hoher Härte über diese Additionsreaktion mit Polyesterweichsegmenten zu modifizieren und dadurch besondere Eigenschaften zu erzielen. Über eine geeignete Vernetzung, zum Beispiel mit aliphatischen und cycloaliphatischen Polyisocyanataddukten lassen sich Filme erzeugen, die bei hoher Härte auch noch zähelastisch sind. Zur effektiven Vernetzung tragen dabei auch die exponierten OH-Gruppen bei, die deutlich reaktiver sind als die OH-Gruppen, die durch
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„normale“ Hydroxyalkylacrylat-Monomere in das Bindemittel eingebracht wurden. Die höhere Reaktivität wird auch durch kürzere Standzeiten (Potlife) der Zweikomponentenlacke bestätigt. Andere OH-Gruppen enthaltende Bindemittel (Polyester, Alkydharze, Epoxidharze, PVC-Mischpolymerisate) sind auch dieser polymeranalogen Additionsreaktion mit ε-Caprolacton zugänglich.
4.5.3 Polyester aus Dienaddukten Die Harzsäuren (Abietinsäure und Lävopimarsäure) enthalten konjugierte Doppelbindungssysteme. Solche Doppelbindungen sind einer Dien-Additionsreaktion zugänglich. Diese Reaktion spielt bei der Synthese von Tetrahydrophthalsäureanhydrid; Endomethylentetrahydrophthalsäureanhydrid; TCD-Dicarbonsäure und von wasserverdünnbaren Alkydharzen eine Rolle. Die Harzsäuren – es ist dann im Gleichgewicht bevorzugt die Lävopimarsäure – lagern einfach ungesättigte Verbindungen an und bilden über eine 1,4-Addition einen Sechsring mit nur noch einer Doppelbindung. Es werden für die Reaktion möglichst reine Harzsäuren aus Balsamharzen verwendet. Die wichtigsten Partner für die konjugiert ungesättigten Harzsäuren sind das Maleinsäureanhydrid und auch die Fumarsäure. Aus Lävopimarsäure und Maleinsäureanhydrid entsteht bei Temperaturen über 150 °C Tricarbonsäureanhydrid. Fumarsäure benötigt höhere Temperaturen um zu addieren, sie lagert sich entsprechend um. Abbildung 4.36 zeigt die molekulare Struktur des Maleinsäureanhydridaddukts Dieses mehrkernige cycloaliphatische Tricarbonsäureanhydrid wird mit mehrwertigen Alkoholen (Glycerin und Pentaerythrit) unter den üblichen Verfahrensbedingungen einer Schmelzkondensation zu Polyestern umgesetzt. Diese Polyester werden als Maleinatharze Abbildung 4.36: Addukt aus Maleinsäureanoder Fumaratharze bezeichnet. Es hydrid und Lävopimarsäure entstehen relativ niedrigmolekulare Hartharze, die in aromatischen Kohlenwasserstoffen, Estern, Glykolethern und Glykoletherestern löslich sind, meist weniger in aliphatischen Kohlenwasserstoffen und nicht in Alkoholen. Die technisch verfügbaren Bindemittel unterscheiden sich in ihrem Gehalt an Maleinsäureanhydrid, dem Polyalkoholtyp, dem Polyolüberschuss und dem Kondensationsgrad. Ein höherer Gehalt an Maleinsäureanhydrid führt zu Polyestern
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
mit hoher Härte und hohen Schmelzpunkten. Geringere Anteile an Maleinsäureanhydrid bedeuten, dass ein Polyester aus dem Maleinsäureanhydridaddukt, dem Polyol und der restlichen Harzsäure als Monocarbonsäure (streng genommen also ein Alkydharz) entsteht, mit niedrigeren Schmelzpunkten. Pentaester haben naturgemäß höhere Härten und Schmelzpunkte als Glycerinester. Die Schmelzpunkte der Produkte liegen zwischen 80 und 170 °C. Die Formulierungen mit geringeren molaren Überschüssen an Polyol haben dann natürlich hohe Säurezahlen. Deren Strukturen ähneln prinzipiell denen der Phthalatharze. Die Säurezahlen der Handelstypen dieser Stoffklasse liegen zwischen 50 und 200 mg KOH/g. Bindemittel mit solch hohen Säurezahlen lassen sich mit Aminen oder Ammoniak neutralisieren und sind dann gut wasserlöslich. Diese Bindemittel sind Hartharze zur Kombination mit Cellulosenitrat (Verbesserung von Glanz und Fülle), mit trocknenden Ölen (sie müssen damit verkocht werden) und Alkydharzen (Verbesserung von Antrocknung und Härte). Maleinatharze unterstützen die Pigmentbenetzung und die oxidative Vernetzung. Die Bindemittel mit höheren Anteilen an Maleinsäureanhydrid sind relativ hell und farbstabil. Aus Maleinatharzen werden Holzlacke, oxidativ vernetzende Industrielacke mit schneller Trocknung und Straßenmarkierungsfarben hergestellt. Die wasserlöslichen Typen – mit hoher Säurezahl – finden Verwendung für Druckfarben (Flexodruck und Pigmentpasten). Beispiele für Handelsprodukte: Erkamar 1065, 2300, 3300 (Krämer [65]) Es gibt auch Addukte von Harzsäuren und anderen dienophilen Partnern. Aus Lävopimarsäure und Acrylsäure entsteht durch Dien-Addition eine cycloaliphatische Dicarbonsäure, Struktur in Abbildung 4.37. Diese Dicarbonsäure kann wie das Addukt aus Maleinsäureanhydrid und Lävopimarsäure mit höherwertigen Polyalkoholen verestert werden. Die Abbildung 4.37: Addukt aus Acrylsäure und entstehenden Polyester bezeichLävopimarsäure net man missverständlich als Acrylatharze, obwohl sie natürlich nichts mit den Acrylatharzen als Polymerisationsprodukten aus Acrylsäure- und Methacrylsäureestern zu tun haben. Diese Polyester können relativ höhere mittlere Molmassen haben und besitzen daher sehr hohe Schmelzpunkte.
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Die Reaktion der Harzsäuren mit ortho-Methylolphenolen wurde früher auch als Dien-Additionsreaktion eines intermediär durch Wasserabspaltung gebildeten Chinonmethids erklärt. Hier wird aber angenommen, dass die Wasserabspaltung nach der Anlagerung an die Doppelbindungen abläuft. Auch durch diese Reaktion entstehen mehrwertige Carbonsäuren. Diese Polycarbonsäuren können mit Polyalkoholen verestert werden. Obwohl sie daher zur Gruppe der Polyesterharze im weitesten Sinne des Wortes gehören, werden sie aber üblicherweise als harzsäuremodifizierte Phenolharze bezeichnet und auch dort beschrieben. Diese Produkte bildeten die ersten Kunstharze, die großtechnisch hergestellt wurden und als Kombinationspartner in Öllacken im Wettbewerb zu den Kopalen eingesetzt wurden.
4.5.4 Standöle Der Begriff Standöl stammt aus der Beobachtung, dass trocknende Öle bei Einwirkung von Sonnenlicht aber unter Luftabschluss hochviskose Produkte bilden können, die den ursprünglichen Ölen im Filmbildungsverhalten überlegen sind. Standöle wurden später bei höheren Temperaturen unter Ausschluss von Luftsauerstoff hergestellt. Man bezeichnete den Vorgang als Verkochung. Die deutliche Viskositätserhöhung der Öle bei der Herstellung von Standölen beruht auf der Bildung polymerer Fettsäuren durch Reaktion der Doppelbindungen der Ausgangsfettsäuren. Neben der wohl bevorzugten Dien-Addition laufen insgesamt sehr komplizierte Reaktionen ab. Es bilden sich cyclische Addukte, die zum Teil dehydrieren können und aromatische Ringe bilden. Es entstehen aber auch offenkettig verzweigte Strukturen. Die C-C-Addtionsreaktionen können mehrere Fettsäurereste erfassen, so dass nicht nur Dimere, sondern höhere Fettsäureoligomere gebildet werden. Natürlich bleiben auch Monocarbonsäuren zurück. Formell haben daher Standöle die Struktur von Alkydharzen, denn sie bestehen aus Glycerin, Polycarbonsäuren (hier polymere Fettsäuren unterschiedlicher Funktionalität) und Monocarbonsäuren. Je nach Umsetzungsgrad entstehen dabei relativ hochmolekulare Produkte, die auch eine breite Molmassenverteilung haben. Einflussgrößen auf den Umsetzungsgrad sind Zeit und Temperatur. Bei Ölen, die Fettsäuren mit isolierten Doppelbindungen haben, werden für die Polymerisationsreaktion hohe Temperaturen und relativ lange Zeiten benötigt. Man hat angenommen, dass bei dem Prozess die isolierten Doppelbindungen zum Teil isomerisieren, und dass erst dann eine Dien-Addition abläuft. Aus Leinöl können relativ große Chargen an Leinölstandöl hergestellt werden. Zum Ausschluss des Luftsauerstoffs wird unter Schutzgas (Kohlendioxid oder Stickstoff) gefahren. Abbildung 4.38 [136] zeigt den Anstieg der Viskosität von Leinöl in Abhängigkeit von der Zeit und der Temperatur. Öle mit Fettsäuren, die konjugierte Doppelbindungen enthalten, wie Holzöl, Oiticiaöl und Ricinenöl polymerisieren bei höheren Temperaturen recht schnell.
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Eigenschaften von Polyestern und Alkydharzen
Abbildung 4.38: Anstieg der Viskosität von Leinöl in Abhängigkeit von der Zeit und der Temperatur
Hier gibt es noch die persönliche Erfahrung wie früher in einer Lackfabrik [137] Holzölstandöl hergestellt wurde: In offenen, so genannten Kopalschmelzkesseln, die aus einem runden Kupferboden mit einer angeflanschten Aluminiumtülle bestehen, wurden auf einer offenen Feuerstelle kleinere Mengen – zum Beispiel 25 kg – rohes Holzöl möglichst schnell – unter manuellem Rühren – auf 280 °C erhitzt. Das Feuer wurde weggenommen und die Temperatur stieg durch den gestarteten Polymerisationsprozess weiter auf 290 °C an. Ab ca. 8 min. bei dieser Temperatur wurden Proben auf eine kalte Glasplatte gegeben und die Viskosität des Öls abgeschätzt, indem man mit dem Finger einen Faden aus der Ölprobe zog. Sobald es gelang, einen Faden von ausreichender Länge zu ziehen, wurde der Polymerisationsprozess abgebrochen. Das geschah dadurch, dass das Öl der Charge mit einer gleichen Menge an fertigem, kaltem Holzölstandöl
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Spezielle Polyestersysteme
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gestürzt wurde. Danach wurde der Inhalt des Kessels auf einem „Wasserloch“ unter Rühren weiter gekühlt. Viele Einzelchargen wurden schließlich zu der benötigten Menge Holzölstandöl vereinigt. Aufgrund der Beschreibung dieses Herstellungsprozesses ist es sicher verständlich, dass es keine reinen Holzölstandöle als Handelsprodukte gibt. Es gibt aber Mischungen mit Leinölstandöl. Standöle zeichnen sich – aufgrund ihrer höheren mittleren Molmassen – gegenüber ihren Ausgangsprodukten durch eine höhere Filmbildungsgeschwindigkeit aus, man sagt sie haben eine verbesserte „Antrocknung“ und „Durchtrocknung“. Wie bei den oxidativ vernetzenden Alkydharzen werden hier entsprechende Sikkative eingesetzt. Natürlich verfilmen Standöle langsamer als zum Beispiel diese oxidativ vernetzenden Alkydharze. Sie benetzen Pigmente und Untergründe (Metalloberflächen) sehr gut. Sei sind vergleichsweise niedrigviskos und gut löslich in allen gebräuchlichen Lösemittel außer in Alkoholen. Holzölstandöl wird – wie schon beschrieben – meist in Kombination mit anderen, isolierte Doppelbindungen enthaltenden Bindemitteln verwendet. Es unterstützt die Vernetzungsreaktion, kann aber auch für eine Verfilmung bei höheren Temperaturen herangezogen werden. Während früher Standöle als Alleinbindemittel zu Malerlacken und Korrosionsschutzlacken verwendet wurden, spielen sie heute eine untergeordnete Rolle. Dabei hätten sie heute als Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen und wegen der Filmbildungsreaktion mit Luftsauerstoff – die natürlich physiologisch unbedenklich ist – eine gute Voraussetzung für ihre Verwendung. Der große Nachteil ist aber die lange Zeit der effektiven Filmbildung, die begrenzte Wetterbeständigkeit und die geringe Beständigkeit gegen Lösemittel und Chemikalien. Standöle spielen daher noch eine Rolle für Künstlerfarben. Es werden aber auch festkörperreiche Bautenlacke und Holzlasuren mit Standölanteilen formuliert. Standöle sind in einer Norm definiert [138]. Von speziellen Herstellern wird vor allem Leinölstandöl in verschiedenen Viskositätsstufen, die dann in der Handelsbezeichnung genannt werden (Maßeinheit dPa·s, früher Poise), als Handelsprodukt angeboten. Beispiele für Handelsprodukte: Aco LS 6, 30, 45, 60, 90 (Abshagen [139])
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Referenzen
Referenzen Den Anstoß dazu, sich mit den Gesetzen der Bildung von Polyestern und Alkydharzen zu befassen, gab bereits der damalige Kollege in der Bindemittelentwicklung bei Dr. Kurt Herberts & Co. (heute DuPont Performance Coatings in Wuppertal) Horst Holfort [43]. Er sah vor allem die besondere Möglichkeit für die Bindemittelentwicklung einer Lackfabrik – im Gegensatz zur Großchemie – die Polymerchemie mit den Ergebnissen der Lackanwendung verknüpfen zu können. Die Diskussionen und Versuchspläne des damaligen Teams mit Klaus Buscher, Stanislawa Buscher-Šargač und Dieter Hille bildeten einen fruchtbaren Boden für die Entwicklung der Berechnungsverfahren. Vor allem unser damaliger Entwicklungsleiter, später auch bei der BASF Lacke & Farben (heute BASF Coatings in Münster) Dr. Arnold Dobbelstein hat die grundlegenden Arbeiten zur systematischer Entwicklung von Polyestern und Alkydharzen gefördert und auch aktiv zu den Formulierungen beigetragen. Die Mitarbeiter und Kollegen Ingrid Heid, Willi Ludwig und Bärbel Wiatr haben wichtige Hinweise und Beiträge vor allem zur Präparation und zur Produktion der Bindemittelklassen gegeben. Prof. Dr. Reinhard Vollmer hat die Definitionen und Rechenansätze unter mathematischen Aspekten analysiert und das erste PC-Programm für die Berechnungen entwickelt. Neuere PC-Programme für die Polyesterberechnungen stammen von Dr. Hans-Jürgen Figge. Viele Ergebnisse aus der Anwendungstechnik der verschiedensten Lacksysteme haben das Gedankengebäude gefestigt. Auch die jüngeren Kollegen in der Bindemittelentwicklung benutzen die Berechnungsmethoden für Versuchspläne, für die Qualitätssicherung von Bindemittelproduktionschargen und für die Interpretation von Analysenergebnissen.
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Autor
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Autor Dipl. Ing. Ulrich Poth, geb. 1941, begann seine Tätigkeit nach der Ausbildung bei Dr. Kurt Herberts & Co in der Bindemittelentwicklung für Elektroisolierlacke; und schloss ein Studium an der Fachhochschule Niederrhein an. Im Anschluss daran entwickelte er bei der BASF Coatings AG Bindemittel für die Automobilserienlackierung, später übernahm er dies in leitender Funktion. Zuletzt war er Leiter der Operations-Klarlacke des Geschäftsbereichs Automobilserienlacke. Seit 2002 ist er im Ruhestand, aber noch weiterhin als Berater, Referent und Gastdozent tätig.
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Index
Index A Acrylatharz 17, 103, 122, 224 –– mit ε-Caprolacton 236 –– mit Epoxygruppen 155, 229 –– nicht vernetzend 217 –– OH-Gruppen enthaltend 117, 125, 135, 214, 222, 228, 230 Adipinsäure 34, 53, 55, 56, 62, 72, 80, 85, 103, 108, 118, 121, 126, 133, 153, 169, 177, 218, 219 Alkohole, als Lösemittel 16, 99, 101, 106, 108, 110, 119, 185, 200, 211 Alkydharz –– acryliert 197 –– auf Basis von Konjuenfettsäuren 215 –– Berechnung 40 –– Bildung 33 –– Definition 13 –– Epoxid-modifiziert, oxidativ vernetzend 203 –– fremdvernetzend 209, 224 –– für die Isocyanatvernetzung 218 –– für Einbrennlacke 209 –– für festkörperreiche Reaktionslacke 220 –– für Korrosionsschutzlacke 192 –– für physikalisch trocknende Lacke 231 –– für säurehärtende Lacke 217 –– invers 233 –– kurzölig 177, 191 –– langölig 177, 186 –– Metall-verstärkt 204 –– mit Benzoesäure modifiziert 191 –– mit Harzsäure modifiziert 193 –– mittelölig 177, 188 –– modifiziert mit Benzoesäure 189 –– OH-Gruppen enthaltend 135, 227, 230
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–– oxidativ vernetzend 16, 178, 183, 192, 195 –– Silicon modifiziert 204, 224 –– styrolisiert 197 –– Synthese 34 –– thixotropiert 199 –– urethanmodifiziert 201 –– Vergleich 225 –– wasserverdünnbar 204, 221 –– wässrige Emulsionen 208 Amin –– Kettenverlängerung 112 –– Neutralisationsmittel 113, 138, 141, 142, 205, 208, 222, 238 Aminoharz 16, 100, 118, 119, 125, 134, 192, 209, 215, 217, 221, 225, 226, 232 Anhydrid-Addition 25 Automobil-Reparaturlackierung 126, 174, 226, 229 Automobil-Serienlackierung 113, 121, 122, 123, 126, 128, 134, 141, 223, 226, 229 Azelainsäure 103
B Basislack 113, 121, 122, 123, 129, 135, 223, 226, 229 Baumwollsaatöl 184 Baustein 100, 114, 118, 132, 139, 155, 159, 161, 162, 165, 169, 174, 196, 214, 219, 224, 228 –– Einflussgrößen 98, 99 –– funktionell 78 –– für Polyurethandispersionen 111 Bautenlack 186, 188, 192, 196, 201, 204, 207, 241 Belegung 84, 85, 86, 90, 184, 186, 188, 189, 192, 195, 196, 202, 211, 212, 218
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Index
Benetzung 218 –– Untergrund 100, 102, 104, 139, 179, 192, 194, 214 –– von Pigmenten 164, 179, 187, 192, 198, 214, 215, 226, 229, 238 Benzoesäure 16, 101, 177, 189, 190, 192, 195, 211 Benzoguanaminharz 120, 122, 209, 222, 225, 226 Berechnungsverfahren 46, 55 –– Beispiele 53 –– für Alkydharze 41, 57 Bernsteinsäure, -anhydrid 16, 25, 137, 139, 205 Beständigkeit –– gegen Bewitterung 109, 112, 115, 118, 120, 122, 133, 149, 153, 156, 164, 186, 193, 210, 214, 218, 221, 222, 227, 228, 235 –– gegen Chemikalien 106, 111, 115, 120, 122, 125, 149, 153, 156, 163, 167, 171, 174, 175, 198, 203, 204, 217, 224, 226, 229 –– gegen Feuchtigkeit 109, 232 –– gegen Lösemittel 106, 107, 120, 149, 158, 167, 215, 217 –– gegen mechanische Einflüsse 102, 105 –– gegen Vergilbung 186, 187, 210, 214, 218, 222, 229 –– gegen Verseifung 19, 112, 140, 144, 145, 205 –– gegen Wärme 81, 106, 158, 159, 163, 164, 174 Bisphenol A 149, 234 –– alkoxyliert 174 Butandiol-1,3 169 Butandiol-1,4 103, 105, 108, 121, 169, 174 Butylbenzoesäure 190 Butyldiglykol 139 Butylglykol 136, 139, 207, 208
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C Can-Coating-Lack 106, 121, 128, 135, 143, 177, 214, 226 Caprolactam 156 Caprolacton 27, 105, 235, 236 Celluloseacetobutyrat 122, 168 Celluloseester 100, 109, 110, 225, 230, 231 Cellulosenitrat 109, 168, 230, 231, 232, 238 Chlorkautschuk 230 Coil-Coating-Lack 106, 121, 128, 135, 143, 164, 177, 214, 226 Colösemittel 136, 139, 142, 205, 207, 208, 227 Copolymerisation 224 Cyclohexandicarbonsäure 103 Cyclohexanonperoxid 165
D Decklack 119, 129, 135, 174, 187, 193, 198, 209, 214, 218, 221, 226, 228, 231, 236 Diaminodiphenylmethan 159 Diethylenglykol 169, 174, 218 Diethylmalonat 127 Diimiddicarbonsäure 159, 160 Diisocyanatodicyclohexylmethan 124, 156 Diisocyanatodiphenylmethan 114, 123 Dimerdiol 111, 139 Dimerfettsäure 103, 111, 139, 140, 200 Dimethylformamid 64, 106, 161 Dimethylolcyclohexan 103, 119, 132, 139, 147 Dimethylolpropionsäure 90, 111, 113, 143, 145, 206, 221, 222 Dimethylpyrazol 127, 156 Dimethylterephthalat 32, 80, 81, 102, 106, 128, 138, 148, 149 Diol 118 –– mit Neostruktur 103, 119, 121, 139, 140 Di-Pentaerythrit 196
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252 Dipropylenglykol 151, 169, 174, 218 Di-Trimethylolpropan 196 Dodecandisäure 155 Dodecenylbernsteinsäureanhydrid 137 Drahtlack 128, 160 Druckfarbe 192, 196, 238
E Elektroisolierlack 158, 226 Eleostearinsäure 181 Endomethylentetrahydrophthalsäureanhydrid 103, 172, 176, 237 Epoxidacrylat 116, 176 Epoxid-Addition 26 Erdnussfettsäure 232 Erdnussöl 16, 231 Ester, als Lösemittel 101, 106, 108, 110, 119, 164, 185, 192, 211, 235, 236, 237 Ethylbutylpropandiol-1,3 119 Ethylenglykol 32, 54, 81, 82, 105, 107, 118, 147, 158, 159, 160, 161, 169 Ethylhexansäure 86, 180, 211
F Fettsäure 13, 16, 99, 177, 188, 192 –– C18- 101 –– gesättigt 210, 216, 218 –– konjugiert 215, 216 –– mehrfach ungesättigt 178, 181, 184, 197, 202, 208, 209, 217 –– synthetisch 210, 211, 214, 218 Flexibilität 98, 104, 105, 153, 158, 175, 209, 214, 224, 226 Füller 118, 167, 174, 176, 193, 198, 209, 224, 230 Fumarsäure 169 Funktionalität 88
G Gelpunktgleichung –– Ableitung 38 Geschichte, Polyester als Lackbindemittel 15
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Index
Glanz 100, 110, 173, 175, 190, 214, 219, 226, 227, 231 Glasübergangstemperatur 103, 118, 146, 148, 153, 154, 155, 171, 194, 198, 220, 226, 229, 234 Gleichungen –– Index 92 Glycerin 15, 31, 56, 81, 99, 110, 119, 139, 158, 169, 177, 185, 192, 232, 239 –– Allylether 172 Glycidester 154 Glycoluril 157 Glykolether –– als Lösemittel 161 Glykolether, als Lösemittel 164, 185, 211, 235, 236, 237 Glykoletherester, als Lösemittel 164, 211, 235, 236, 237 GPC-Analyse 64, 65, 67, 72, 75, 79, 169 Grundierung 118, 125, 168, 174, 192, 193, 195, 198, 204, 209, 224, 226, 230
H Halogenkohlenwasserstoff 185 Harnstoffharz 122, 209, 214, 217, 225, 226 Härte 17, 98, 102, 104, 105, 115, 118, 120, 125, 132, 153, 158, 161, 175, 194, 195, 211, 214, 215, 217, 224, 226, 229, 236, 238 Harzsäure 104, 180, 194, 237, 239 Hexahydrophthalsäureanhydrid 25, 103, 118, 119, 122, 132, 137, 139, 140, 221 Hexamethylendiisocyanat 114, 123 Hexandiol 54, 56, 74, 103, 112, 121, 127, 133, 148 Hexandioldiacrylat 176 High-Solid 41, 90, 129, 134, 221 Holzlack 135, 174, 217, 231, 238 Holzöl 158, 181, 239, 240 Holzölstandöl 240 Hydroxycarbonsäure 47, 145 Hydroxypivalinsäureneopentylglykolester 100, 118, 121, 139, 140
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253
Index
I
M
Industrielack 126, 143, 164, 191, 203, 214, 222, 224, 230 Isononanol 233 Isononansäure 59, 210, 211, 212, 219 Isophorondiisocyanat 113, 114, 123, 156, 157, 203, 223 Isophthalsäure 34, 53, 54, 55, 58, 62, 80, 101, 105, 107, 112, 118, 121, 125, 126, 132, 133, 137, 139, 140, 147, 148, 149, 152, 153, 163, 196, 205, 221
Maleinatharz 237, 238 Maleinsäureanhydrid 25, 137, 138, 165, 169, 170, 174, 238 Melaminharz 106, 107, 122, 125, 128, 134, 142, 143, 209, 214, 221, 224, 225 Methoxypropanol 207 Methoxypropylacetat 119, 144 Methyldiglykol 161 Methylethylketonperoxid 165 Methylpropylpropandiol 72 Methylpyrollidon 207 Molmasse 17, 24, 35, 37, 38, 40, 41, 42, 47, 48, 49, 51, 52, 54, 55, 57, 60, 62, 65, 66, 68, 69, 72, 73, 74, 75, 76, 81, 83, 85, 88, 90, 106, 111, 112, 115, 121, 128, 130, 131, 132, 134, 136, 138, 140, 149, 152, 163, 169, 170, 184, 185, 187, 188, 189, 196, 198, 202, 204, 211, 218, 219, 221, 225, 227, 231, 234, 235, 241 Molmassenberechnung 94 Molmassenverteilung 24, 39, 62, 65, 68, 69, 72, 74, 79, 80, 81, 83, 86, 87, 90, 106, 117, 131, 169, 185, 186, 202, 221, 225, 239 Monocarbonsäure 14, 33, 34, 39, 40, 57, 58, 83, 84, 85, 86, 101, 102, 104, 184, 194, 197, 211, 218, 221, 222, 228, 238 Monocarbonsäuren 86
K Katalyse –– bei der Herstellung von Polyestern 24 Keton 16, 99, 106, 108, 110, 112, 114, 119, 144, 185, 192, 235, 236 Klarlack 18, 122, 133, 134, 171, 174, 226, 228, 229, 230 Kohlenwasserstoff –– aliphatisch 99, 101, 108, 119, 185, 190, 192, 199 –– aromatisch 99, 100, 108, 119, 164, 185, 187, 190, 192, 233, 235, 237 Kokosfett 16, 210 Kokosfettsäure 210, 214, 223 Kunststofflack 135, 226
L Leinöl 158, 180, 181, 239 Leinölalkydharz 18, 183, 192, 193, 195 Leinölstandöl 239, 241 Linolensäure 101, 178, 183, 191, 192 Linolsäure 101, 178, 180, 183, 184, 186, 191, 214, 215, 216 Lösemittel 41, 73, 99, 100, 106, 114, 116, 129, 130, 132, 144, 161, 226, 227, 231, 241 –– reaktiv 168
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N n-Butanol 139, 141, 185 Neopentylglykol 53, 54, 55, 56, 58, 62, 70, 74, 100, 103, 105, 107, 113, 118, 121, 130, 133, 147, 153, 169, 174, 233
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O OH-Zahl 18, 41, 53, 57, 60, 97, 117, 121, 126, 128, 130, 131, 138, 148, 151, 155, 156, 160, 185, 186, 192, 206, 209, 211, 212, 215, 217, 218, 220, 222, 223, 227, 235 Oiticiaöl 239 Ölsäure 101, 231 Oxalsäure 32, 99
P Pelargonsäure 210 Pentaerythrit 58, 85, 86, 87, 110, 139, 172, 185, 186, 189, 205, 211, 212, 217, 218, 220, 223 Pentandiol-1,5 108, 174 Perhydrobisphenol A 103, 139 Perhydro-Bisphenol A 172 Phthalsäureanhydrid 25, 33, 34, 56, 59, 70, 72, 74, 79, 85, 86, 87, 110, 118, 121, 137, 138, 147, 169, 170, 177, 185, 186, 201, 202, 211, 212, 216, 218, 219, 220, 221, 223, 232 pH-Wert 111, 138, 141, 205, 206, 222, 226, 228 Polycaprolacton 111, 235 Polycarbonat 26, 111, 234 Polycarbonsäure 14, 19, 20, 25, 28, 33, 35, 42, 46, 47, 48, 49, 52, 55, 58, 80, 84, 100, 102, 103, 106, 118, 122, 132, 138, 139, 155, 163, 169, 172, 195, 233, 239 Polyester –– aus Dienaddukten 237 –– Dendrimer 90 –– ungesättigt 167, 174 Polyesteracrylat 115 Polyesterharz –– Definition 13 Polyesterkonstante 94 Polyesterweichharz 231 Polyetheracrylat 176 Polyetherpolyol 176 Polyethylenglykol 116
Poth_Polyester.indb 254
Index
Polyisocyanat 100, 111, 114, 115, 123, 125, 126, 127, 134, 143, 209, 218, 222, 224, 227 –– verkappt 128, 155, 156, 209, 219, 225 Polykondensationskonstante 55, 56, 60, 75, 77, 78, 81 Polykondensationskostante 84, 85 Polyol 28, 33, 42, 44, 46, 47, 49, 52, 73, 77, 81, 83, 84, 86, 100, 102, 114, 119, 130, 148, 159, 163, 169, 185, 195, 203, 216, 235, 238 Polypropylenglykol 116 Polystyrol 109 Polyurethanacrylat 176 Polyurethandispersion 206 Polyurethanelastomer 111 Propylenglykol 53, 105, 121, 147, 169, 170, 174, 211, 212 Pulverlack 19, 146, 147, 149, 153, 155, 156, 157 Pyromellithsäuredianhydrid 25
R Ricinenfettsäure 209, 221 Ricinenöl 239 Ricinolsäure 231 Ringschlüsse als Nebenreaktionen 31 Rizinusöl 16
S Safloröl 184, 187 Säurekatalysator 107, 121 Säurezahl 16, 34, 52, 53, 54, 57, 58, 59, 73, 95, 108, 110, 118, 136, 137, 138, 140, 143, 148, 149, 151, 152, 156, 160, 169, 170, 174, 186, 188, 193, 194, 195, 201, 203, 205, 206, 211, 212, 215, 218, 222, 223, 238 Sebacinsäure 15, 103 Siliconpolyester 161, 163, 164 Siloxan 111, 162, 163 Sojaöl 184, 187, 193 Sonnenblumenöl 187
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Index
Spachtel 167, 172, 176, 192, 195, 198 Standöl 15, 239 Styrol 64, 165, 167, 170, 171, 173, 197, 198 Substrate 214 Sulfoisophthalsäure 145
T Tallölfettsäure 180, 187, 193, 215 TCD-Alkohol DM 103 TCD-Dicarbonsäure 103, 172, 237 TCD-Diol 177 Terephthalsäure 32, 80, 82, 105, 107, 118, 121, 137, 139, 147, 148, 149, 151, 152, 153, 158, 159, 163 Terpenkohlenwasserstoff 108, 119, 185 Tetrahydrophthalsäureanhydrid 25, 103, 118, 121, 137, 139, 140, 172, 174, 176, 205, 207, 237 Tetrahydroxyethyladipinsäurediamid 154 Thixotropie 199 Toluolsulfonsäure 115, 120, 134, 221 Toluylendiisocyanat 114, 123, 202 Triglycidylisocyanurat 152 Trimellithsäureanhydrid 25, 54, 80, 119, 137, 138, 140, 147, 148, 161, 206, 221, 222, 233 Trimesinsäure 80 Trimethylhexandiol 128 Trimethylolpropan 53, 55, 59, 62, 70, 72, 74, 127, 128, 130, 133, 139, 140, 158, 163, 169, 172, 211, 218, 219, 220, 223 –– Allylether 172 Trimethylolpropandiallyether 174 Trimethylolpropantriacrylat 176 Trimethylpentandiol 103 Trishydroxyethylisocyanurat 135, 158, 161 Tubenlack 198, 204
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U Umesterungsreaktion 22, 24, 32, 40, 60, 68, 80, 82, 83, 90, 127, 138, 158, 177, 186, 195, 206 Ungesättigte Polyester –– als Glanzpolyester 172 –– Definition 14, 165 –– Geschichte 18 –– Haftharze 177 –– nicht modifiziert 169 –– UV-Vernetzung 175 –– wasserverdünnbar 176 Uretdion 157
V Vergilbung 119, 153, 155, 183, 194, 216 Verkappungsmittel 114, 127, 156, 219 Verlauf 104, 139, 146, 164, 201, 214, 215, 219, 226, 227 Verlaufmittel 151, 156, 160 Vernetzung 215 –– Co-Vernetzung 120, 210 –– durch Aminoharz 119, 121, 209, 217, 221, 225 –– durch Epoxidharz 151 –– durch Luftfeuchtigkeit 114 –– durch Polyisocyanat 18, 123, 125, 126, 218 –– durch Siloxan 164 –– durch verkapptes Polyisocyanat 127, 156, 219 –– Effektivität 104, 228, 230 –– mit Polyisocyanat 236 –– oxidativ 15, 178, 181, 183, 188, 190, 192, 194, 196, 206, 238 –– oxidativ vernetzend 16 –– Selbstvernetzung 120, 158, 210, 215 –– ungesättigte Polyester 165 –– UV-Vernetzung 175 Vernetzung beim Aufbau von Polyestern 32
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Vernetzungsreaktion 165 Verseifung 18, 21, 25, 111 Verzweigungsgrad 55, 56, 68, 69, 70, 72, 74, 75, 78, 81, 83, 84, 88, 90, 97, 98, 101, 117, 130, 132, 185, 186, 220, 235 Vinyltoluol 165, 197, 198 Viskosität 32, 41, 73, 74, 75, 78, 81, 83, 84, 99, 101, 106, 123, 129, 130, 132, 134, 136, 139, 142, 143, 163, 185, 195, 196, 198, 199, 201, 208, 211, 220, 228, 239
W Wasser, als Löse- und Dispergiermittel 110, 113, 135, 136, 138, 140, 142, 204, 207, 208, 221, 223, 226, 238 Wasserbasislack 141 Wasserberg 142 Weichmacher 231
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