Hydraulik und Pneumatik. Grundlagen und Ãœbungen - Anwendungen und Simulation 3834801909, 9783834801906

Dieses Lehr- und Ubungsbuch gibt eine anwendungs- und praxisorientierte Darstellung zu hydraulischen und pneumatischen S

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Hydraulik und Pneumatik. Grundlagen und Ãœbungen - Anwendungen und Simulation
 3834801909, 9783834801906

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Holger Watter

Hydraulik und Pneumatik

Aus dem Programm Grundlagen Maschinenbau und Verfahrenstechnik Klausurentrainer Technische Mechanik von J. Berger Lehrsystem Technische Mechanik mit Lehrbuch, Aufgabensammlung, Lösungsbuch sowie Formeln und Tabellen von A. Böge und W. Schlemmer Vieweg Handbuch Maschinenbau herausgegeben von A. Böge Technische Strömungslehre von L. Böswirth Technische Mechanik mit Mathcad, Matlab und Maple von G. Henning, A. Jahr und U. Mrowka Thermodynamik für Ingenieure von K. Langeheinecke, P. Jany und G. Thieleke Technologie der Werkstoffe von J. Ruge und H. Wohlfahrt Technische Mechanik. Statik von H.-A. Richard und M. Sander Technische Mechanik. Festigkeitslehre von H.-A. Richard und M. Sander Werkstoffkunde von W. Weißbach Aufgabensammlung Werkstoffkunde und Werkstoffprüfung von W. Weißbach und M. Dahms

vieweg

Holger Watter

Hydraulik und Pneumatik Grundlagen und Übungen – Anwendungen und Simulation Mit 158 Abbildungen und 23 Tabellen

Studium Technik

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

1. Auflage 2007 Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2007 Lektorat: Thomas Zipsner Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Technische Redaktion: Hartmut Kühn von Burgsdorff, Wiesbaden Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0190-6

V

Vorwort Die Fluidtechnik ist eine interdisziplinäre Paradedisziplin des Maschinenbaus. Aufbauend auf Grundlagenkenntnisse aus den Bereichen x x x

der technischen Mechanik (Belastungen, Dimensionierung, Spezifikation) der Betriebsstofflehre (Eigenschaften und Charakteristika der Fluide) der Strömungslehre und Thermodynamik (kompressible, inkompressible Medien, Zustandsänderungen, Strömungsverluste) sowie x der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (Automatisierung, Peripherie) werden vertiefende Kenntnisse aus den Bereichen x x

der Systemtechnik (Schnittstellenproblematik, Interaktionen der Systeme, Simulationstechnik) und der Anlagen- und Antriebstechnik benötigt (Verdrängerpumpen, -maschinen und -kompressoren, Hydro- und Druckluftmotoren, Wandler, hydrodynamische Kupplungen).

Die Gliederung dieses Buches orientiert sich an diesen Anforderungen. Es wendet sich an angehende Ingenieure und Ingenieurinnen in der Bachelor- und Masterausbildung sowie Praktiker im Betrieb. Nach der Darstellung des Grundlagenwissens zu den Betriebsstoffen (Kap. 2) und zur Fluidmechanik (Kap. 3) werden die wichtigsten Systemkomponenten und deren Wirkmechanismen vorgestellt (Kap. 4). Zahlreiche Beispiele verdeutlichen exemplarisch diese Zusammenhänge. Dabei steht weniger die Konstruktion ausgewählter Bauteile im Vordergrund, sondern vielmehr das Verständnis um die komplexen Wirkzusammenhänge und die Systemdynamik: Messen – Steuern – Regeln – Antreiben: Keine „Schräubchenkunde“ – Beschränkung auf die ingenieurgerechte Beschreibung der Wirkmechanismen. Es wird das verallgemeinerte Betriebsverhalten und die Betriebscharakteristik der mechatronischen Komponenten vorgestellt, soweit diese für die Anlagenkonfiguration, den Betrieb und die Störungssuche hilfreich sein können (Kap. 4). Konstruktive Details können den umfangreichen WebSeiten der Komponentenhersteller entnommen werden; eine Auswahl dazu wird auf der Verlagsseite als Online-Service (vgl. Anhang A6) bereitgehalten. Obwohl der Schwerpunkt des Buches wegen der besonderen Bedeutung der Mobilhydraulik auf dem Gebiet der Ölhydraulik liegt, wird immer wieder versucht, Parallelen und Differenzen zum Systemverhalten der Pneumatik herauszuarbeiten. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei die moderne Simulationstechnik (Kap. 5), hier soll eine erkannte Lücke in der deutschsprachigen Fachliteratur geschlossen werden. Die dazu notwendigen mathematischen Grundkenntnisse werden in den vorgenannten Abschnitten konsequent gelegt sowie dazu wichtige Randgebiete in den Anhängen A1 bis A4 behandelt. Anhand von anschaulichen Beispielen aus der Fluidtechnik wird die Herangehensweise zur Lösung von interdisziplinären dynamischen Problemstellungen vorgestellt. Der Ingenieur erhält mit der Simulationstechnik ein Werkzeug, um die Wirkungen von dynamischen Vorgängen abschätzen zu können, die in der Praxis immer wieder Probleme beim Betrieb von Anlagen und Geräten bereiten. Andererseits kann er durch diese Kenntnisse die Ergebnisse von kommerziellen Softwaretools kritisch hinterfragen – eine fachliche Qualifikation, die zunehmend wichtiger für die berufliche Praxis wird.

VI

Danksagung Eine Vorlesung mit anschaulichen Beispielen vorzubereiten, erfordert mehr Arbeit, als Studierende oder Laien erahnen: Viele Stunden Recherche, Aufarbeitung von Gefundenem, Verwerfen von Grafiken und Beispielen, die sich in der Lehre nicht bewährt haben. All dies geschieht im Verborgenen und wird vom „Kunden“ stillschweigend mit hoher Aktualität erwartet. Aus einer erprobten Vorlesung ein Buch zu machen, müsste dann doch wohl relativ einfach sein! Weit gefehlt! Die Stichworte aus der Vorlesung müssen ausformuliert sein; Dinge, die aus der Erfahrung „eben mal aus dem Handgelenk geschüttelt“ und vorgetragen werden, müssen nun didaktisch eingebunden werden; handschriftliche Folien und Tafelskizzen müssen fürs Layout elektronisch aufbereitet werden .... wieder mehr Arbeit als man denkt. Ich möchte mich daher bei Menschen bedanken, die mich bei der Arbeit und im Rahmen von Projekten unterstützt haben: x

Herr Dipl.-Ing. Stefan Claußen hat bei zurückliegenden Buchprojekten bereits hilfreiche Arbeit geliefert. Insbesondere die Teile über die Schmierstoffeigenschaften basieren auf dieser Zusammenarbeit!

x

Frau Dr.-Ing. Sylvia Ullmer hat mich bei der Durchführung des EU-Projektes LLINCWA (loss/lost lubrication in coastal and inland water activities) tatkräftig unterstützt. Der Teil zu den biologisch-abbaubaren Schmierstoffen entstand aus dieser Zusammenarbeit.

x

Herr Dipl.-Ing. Siegfried Prust stand als Mitarbeiter des Labors für Hydraulik und Pneumatik (H&P) an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft (HAW) Hamburg immer wieder beratend zur Seite. Offene Fragen und Lösungsansätze konnten durch Laborversuche schnell und unkompliziert evaluiert werden. Ich danke insbesondere für die Anfertigung der Fotos.

x

Bei Herrn Dipl.-Ing. Thomas Zipsner bedanke ich mich für die Initiative zu diesem Buch, das Vertrauen, die Beratung und die tatkräftige Unterstützung bei der Umsetzung.

x

Bei der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg bedanke ich mich für die Bereitstellung der Laborkapazitäten sowie der Ressourcen und Kompetenzen.

x

Bei meiner Familie, insbesondere bei meiner Frau Petra Watter, bedanke ich mich für Ihr Verständnis und die Unterstützung. Zahlreiche Stunden am PC (oft bis in die späte Nacht und am Wochenende) wurden ohne Murren akzeptiert.

Tarp, Sommer 2007

Holger Watter

VII

Inhaltsverzeichnis

1

Einführung .................................................................................................................

1

2

Fluide und Fluideigenschaften.................................................................................. 2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Druckflüssigkeiten....................... 2.1.1 Dichte ................................................................................................. 2.1.2 Viskosität............................................................................................ 2.1.3 Luftaufnahmevermögen ..................................................................... 2.1.4 Wassergehalt ...................................................................................... 2.1.5 Flammpunkt / Brennpunkt.................................................................. 2.1.6 Aschegehalt, Verkokungrückstand..................................................... 2.1.7 Stockpunkt / Pour Point...................................................................... 2.1.8 Alterung.............................................................................................. 2.2 Druckflüssigkeitsarten...................................................................................... 2.2.1 Additivierung .................................................................................... 2.2.2 Synthetische Schmierstoffe ................................................................ 2.2.3 Klassifikation / Normung .................................................................. 2.3 Biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten.................................................. 2.3.1 Problemfelder: Verlustschmierungen und technische Havarien......... 2.3.2 Betriebstechnisches Umfeld: Juristische Bewertung.......................... 2.3.3 Was sind umweltverträgliche Schmierstoffe? .................................... 2.3.4 Erfahrungen / Stand der Technik ....................................................... 2.4 Druckluft .......................................................................................................... 2.4.1 Stoffwerte von Luft ............................................................................ 2.4.2 Zustandsänderungen........................................................................... 2.4.3 Feuchte Luft ....................................................................................... 2.5 Übungsbeispiele ...............................................................................................

5 5 6 8 15 16 16 17 17 17 18 18 21 23 30 30 30 31 35 40 40 40 42 43

3

Grundlagen der Fluidmechanik ............................................................................... 3.1 Kontinuitätsgleichung ...................................................................................... 3.2 Leistung / Energie / Satz von Bernoulli ........................................................... 3.3 Druckverluste (Strömungsverluste R) .............................................................. 3.3.1 Strömungsverluste in geraden Rohrleitungen .................................... 3.3.2 Strömungsverluste an Einbauten und Ventilen .................................. 3.3.3 Reihen- und Parallelschaltung von Ventilen und Einbauten .............. 3.4 Trägheitswirkung (Induktivität L) .................................................................... 3.4.1 Beschleunigung des Fluids................................................................. 3.4.2 Induktivität L einer Rohrleitung ......................................................... 3.4.3 Berücksichtigung der Trägheit von mitbewegten Bauteilen .............. 3.4.4 Berücksichtigung der Trägheit bei rotatorischen Hydraulikantrieben

45 45 46 48 49 52 53 55 55 56 56 57

VIII

Inhaltsverzeichnis Kompressibilität (Kapazität C)......................................................................... 3.5.1 Kapazität C ......................................................................................... 3.5.2 Hydraulische Kapazität einer Rohrleitung ......................................... Kraftwirkungen strömender Flüssigkeiten / Impulssatz ................................... Leckverluste / Volumenstrom durch Drosselung Q ......................................... 3.7.1 Leckströmungen infolge von Druckdifferenzen im parallelen Spalt.. 3.7.2 Leckstrom im Ringspalt...................................................................... 3.7.3 Leckströmungen in röhrenförmigen Strömungskanälen .................... 3.7.4 Ausfluss an Drosselstellen (Pneumatik) ............................................. Schallgeschwindigkeit (Druckwellengeschwindigkeit).................................... Übungen und Beispiele.....................................................................................

58 58 59 60 61 61 64 64 65 67 68

4

Komponenten und Bauteile....................................................................................... 4.1 Grundprinzip, Leistungsübertragung und Energiewandlung............................ 4.2 Statische Anlagenkennlinie .............................................................................. 4.3 Schaltzeichen (DIN ISO 1219)......................................................................... 4.4 Verdrängermaschinen....................................................................................... 4.4.1 Pumpen............................................................................................... 4.4.2 Hubkolbenverdichter .......................................................................... 4.5 Ventile .............................................................................................................. 4.5.1 Hydraulikventile ................................................................................. 4.5.2 Pneumatikventile ................................................................................ 4.6 Linear- und Schwenkmotoren (Aktoren).......................................................... 4.6.1 Hydromotoren .................................................................................... 4.6.2 Pneumatikzylinder.............................................................................. 4.7 Hydrostatische Antriebe / hydrodyn. Getriebe und Wandler ........................... 4.7.1 Hydrostatische Antriebe ..................................................................... 4.7.2 Hydrodynamische Antriebe................................................................ 4.8 Zubehör ............................................................................................................ 4.8.1 Rohre, Schläuche................................................................................ 4.8.2 Speicher .............................................................................................. 4.8.3 Tank.................................................................................................... 4.8.4 Filter ................................................................................................... 4.8.5 Kühler................................................................................................. 4.8.6 Schalldämpfer (Pneumatik) ................................................................ 4.9 Übungen und Beispiele.....................................................................................

71 71 75 76 77 77 90 95 95 120 124 124 135 136 136 137 143 143 145 149 151 151 152 157

5

Steuern, Regeln, Simulieren...................................................................................... 5.1 Steuerungen ...................................................................................................... 5.1.1 Konventioneller Aufbau logischer Schaltungen................................. 5.1.2 Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) ................................... 5.1.3 Bussysteme ......................................................................................... 5.2 Regelungen ....................................................................................................... 5.2.1 Pumpenregelung .................................................................................

163 163 165 165 168 174 174

3.5

3.6 3.7

3.8 3.9

Inhaltsverzeichnis

5.3 5.4

IX

5.2.2 Positionierung einer hydraulischen Achse ......................................... 178 Modellbildung und Simulation......................................................................... 181 Übungen und Beispiele .................................................................................... 192

ANHANG............................................................................................................................ A1 Beschreibung von Schwingungen .................................................................... A1.1 Komplexe Darstellung........................................................................ A1.2 Weg – Geschwindigkeit – Beschleunigung........................................ A2 Verallgemeinerung der Schwingungsdifferentialgleichung ............................. A2.1 Freie, gedämpfte Schwingung............................................................ A2.2 Erzwungene Schwingungen ............................................................... A3 Regelungstechnische Grundlagen .................................................................... A3.1 Darstellung im Zeitbereich / Zustandsraum ....................................... A3.2 Darstellung im Komplexen ................................................................ A3.3 Frequenzgang ..................................................................................... A3.4 Reglerarten und -parameter ................................................................ A3.5 Stabilitätsverhalten des Regelkreises ................................................. A4 Numerische Integration / MATLAB-Implementation...................................... A5 Lösungen zu den Übungsbeispielen ................................................................. A6 Online-Service..................................................................................................

193 193 193 194 195 195 196 198 198 201 203 205 206 206 208 231

Quellen- und Literaturhinweise........................................................................................ 232 Sachwortverzeichnis ......................................................................................................... 235

XI

Formelzeichen und Abkürzungen a

Schallgeschwindigkeit

[m/s]

A

Fläche

[m2]

B

magn. Induktion

[Vs/m2 = T]

b

Dämpfungskonstante

[N/(m/s)]

c

Strömungsgeschwindigkeit

[m/s]

cp

spez. Wärmekapazität

[J/kg K]

C

Kapazität

[m³/bar]

D

Dämpfungsgrad



D

Geschwindigkeitsgefälle

[s–1]

e

EULER-Zahl: e = 2,71828



f

Erregerfrequenz

[Hz = 1/s]

f0

Eigenfrequenz

[Hz = 1/s]

F

Kraft

[N]

g

Erdbeschleunigung, Gravitationskonst.

9,81 m/s2

G(s)

Übertragungsfunktion



G

(laminarer / turbulenter) Leitwert

[(Ltr/min]/bar] [(Ltr/min]2/bar]

H

Feldstärke

[A/cm]

H...

Normbezeichnung für Hydrauliköl

HL, HLP

Normbezeichnung für legierte Hydrauliköl (vgl. Kap. 2)

HF

Normbezeichnung für schwer entflammbare Hydrauliköle

HE...

Normbez. für biolog. schnell abbaubare Hydrauliköle

Im

Imaginärteil einer komplexen Zahl

J

Massenträgheitsmoment

[kg m]

K

Kompressionsmodul

[bar]

L

Induktivität

[bar/(Ltr/min)]

m

Masse

[kg]

 m

Massenstrom

[kg/s]

M

Drehmoment

[Nm]

M

molare Masse

[kg/kmol]

p

Druck

[bar]

P

Leistung

[W, kW]

Q = V

Volumenstrom

[m3/s, Ltr/min]

XII

Formelzeichen und Abkürzungen Re

REYNOLDs-Zahl

Re

Realteil einer komplexen Zahl



allg. Gaskonstante

8,314 kJ/kmol K

R

spez. Gaskonstante

[J/kg K]

Rlam

laminarer Widerstand

[bar/(Ltr/min)]

Rturb

turbulenter Widerstand

[bar/(Ltr/min)2]

s

Wandstärke

[mm]

s

Sollwert

[%]

LAPLACE-Operator



W

Arbeit

[Nm = J = Ws]

VI

Viskositätsindex



V

Verstärkungsfunktion, Amplitudengang



V

Volumen

[m3]

Volumenänderung

[m3/s]

VH

Schluckvolumen

[cm3]

x

Wegposition

[m]

x

Geschwindigkeit

[m/s]

x

Beschleunigung

[m/s2]

z

Zylinderzahl, Zähnezahl



α

Winkel

[rad]

α

Durchflusszahl (Strömungseinschnürung)



αL

BUNSEN-Koeff.



Kompressibilität / Pressziffer

[1/bar]

β10

Filterfeinheit



G

Abklingkonstante

[1/s]

G

Ungleichförmigkeitsgrad



H

Dehnung



K

Wirkungsgrad



K

dynamische Viskosität

[Pa s]

ϕ

Drehwinkel

[rad]

ϕ= ω

Winkelgeschwindigkeit

[rad/s]

s=

d dt

V =

β=

dV dt

1 K



XIII

ϕ= ω

Winkelbeschleunigung

[rad/s2]

λ

Liefergrad



µ

magn. Permeabilität

[:s/m]

µ

Haftungs-/Reibungsbeiwert



N

Isentropenexponent



Q

kinematische Viskosität

[mm2/s]

Q

Querkontraktionszahl, POISSON-Zahl



U

Dichte

[kg/m3]

V

Normalspannungen

[N/mm2]

τ=t

Zeit

[s]

W

Schubspannung

[N/mm2]

Z

Winkelgeschwindigkeit

[rad/s]

Z0

Eigenkreisfrequenz

[rad/s]

:

Erregerkreisfrequenz

[rad/s]

]

Widerstandsbeiwert



ψ

Durchflussfunktion (Druckverhältnis vor/hinter Düse, Blende o.ä.)

1

1 Einführung Zur Bedeutung der Hydraulik und Pneumatik schreibt der Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbauer (VDMA) 1: Fluidtechnik – Hydraulik und Pneumatik – überträgt Kraft und Leistung zum Antreiben, Steuern und Bewegen. Schnelligkeit, Kraft, Präzision – die Dynamik von Maschinen und Anlagen sind häufig Resultate hydraulischer und pneumatischer Antriebs- und Steuerungstechnik. Bei linearen wie auch rotatorischen Bewegungen, gleichmäßigen Hub- oder Senkbewegungen, Beschleunigungsforderungen, Leistungsübertragungen oder dem Bedarf Positionen anzufahren und zu halten, finden hydraulische und pneumatische Komponenten in fast allen Bereichen der Industrie ihre Anwendung. Im Wettbewerb mit alternativen Antriebstechniken weist sich die Hydraulik vor allem durch ihre wesentlich höhere Leistungsdichte und die Pneumatik durch ihre kostengünstige und effiziente Bauweise aus. Hydraulik und Pneumatik begegnet uns überall im täglichen Leben. Kaum ein Produkt kommt ohne den Einsatz der Fluidtechnik zustande, kaum eine Maschine oder ein Flugzeug bewegt sich ohne sie – nur ist es uns meistens nicht bewusst. Die Hydraulik- und Pneumatikhersteller sind Zulieferer für die gesamte Industrie. Zu ihren Abnehmerbranchen zählen z. B. die Automobilindustrie, die Baumaschinen- und Landmaschinenindustrie, die Fördertechnik, die Hersteller von Nahrungsmitteln und Verpackungsmaschinen, von Holzbearbeitungs- und Werkzeugmaschinen, ebenso wie die Elektrotechnik, der Schiffbau, die Hütten- und Walzwerkindustrie bis hin zur Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik, Umwelttechnik, Gummi- und Kunststoffindustrie und Chemie. Ein Vergleich der Antriebs- und Steuerungssysteme (neu-deutsch „Benchmark“) liefert folgende Vor- und Nachteile: Vorteile der Hydraulik: x

Erzeugung großer Kräfte und Drehmomente bei geringen Abmessungen und Massen der dazu verwendeten Bauelemente als Folge der hohen Energiedichte der Hydraulik (das Verhältnis der Leistungsgewichte von Hydromotor zu Elektromotor liegt bei etwa 1:10).

x

Stufenlose Änderung der Antriebsgeschwindigkeit bzw. -drehzahl, einfache Umkehr der Bewegungsrichtung, Anfahren aus dem Stillstand auch unter voller Last.

x

Niedrige Trägheitsmomente hydraulischer Motoren wegen ihrer geringen Abmessungen und bewegten Massen, folglich geringe Zeitkonstanten bei Anfahrt und Verzögerung (das Verhältnis der Massenträgheitsmomente von Hydromotoren zu Elektromotoren liegt bei gleichem Drehmoment etwa bei 1:50).

x

Einfache Anzeige der wirkenden Kräfte und Drehmomente durch Druckmessgeräte.

x

Einfacher, beliebig einstellbarer Überlastschutz durch Druckbegrenzungsventile.

x

Einfache Umwandlung von rotierender in oszillierende Bewegung und umgekehrt.

x

Stufenlose Übersetzungsänderung unter Last (besonders vorteilhaft für mobile Arbeitsmaschinen).

x

Problemloser Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen (EX-Zonen).

1

Vgl. www.vdma.org/fluid

2

1 Einführung

Nachteile der Hydraulik: x

Relativ hohe Anschaffungskosten durch die zur Erzielung kleinstmöglicher Spalte zwischen bewegten Bauteilen erforderliche genaue Fertigung (Präzisions- und Feinmechanik der Bauteile).

x

Hohe Anforderungen an die Filterung der Hydraulikflüssigkeiten.

x

Geringe Übertragungsentfernung hydraulischer Anlagen durch die aus der relativ hohen Viskosität der Hydraulikflüssigkeit resultierenden hohen Druckverluste.

x

Abhängigkeit wichtiger Eigenschaften der Hydraulikflüssigkeit, wie Viskosität, Dichte und Kompressibilität von Druck und Temperatur.

x

Geringer Wirkungsgrad der hydraulischen Antriebe gegenüber den mechanischen Antrieben (infolge von Druckverlusten durch Flüssigkeitsreibung in Rohren und Elementen sowie infolge von Leckölverlusten in den Spalten der Elemente).

x

Schlupf zwischen An- und Abtrieb (infolge von Leckölverlusten und Kompression des Öles, so dass keine exakte Synchronisierung von Bewegungsabläufen möglich ist).

x

Erhöhte Anforderungen an Umweltschutzbestimmungen.

x

Rückflussleitung erforderlich.

Vorteile der Pneumatik: x

Wegen der großen Kompressiblität der Luft ist eine Speicherung von Druckluft einfach und damit die Anwendung zentraler Druckluftsysteme möglich.

x

Große Übertragungsentfernungen pneumatischer Anlagen, da wegen der geringen Viskosität der Luft geringe Druckverluste auftreten.

x

Rückfluss- und Leckleitungen nicht erforderlich.

x

Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen (z. B. Produktionsprozessen) problemlos möglich.

Nachteile der Pneumatik: x

Infolge der Energiespeicherfähigkeit der Luft (Unfallgefahr) wird der Druck pneumatischer Netze auf 0,6...1,0 MPa (= 6...10 bar) begrenzt, weshalb pneumatische Anlagen im Vergleich zur Hydraulik nur geringe Kräfte übertragen können.

x

Gleichförmige Bewegung, insbesondere bei veränderlicher Belastung pneumatischer Motoren, sind wegen der großen Kompressiblität der Luft nicht möglich.

x

Beim Ausströmen der Abluft in die Atmosphäre treten Entlüftungsgeräusche auf (Lärmschutzproblematik).

Die Pneumatik schließt auch das gesamte Spektrum der Vakuumtechnik mit ein. Von der kraftvollen wie gefühlvollen Handhabungstechnik (z. B. durch Vakuum-Saugdüsen mit VakuumSaugkopf) bis hin zum Schüttguttransport (durch pneumatische Förderung).

3 Tab. 1.1: Vergleich der Energieformen versch. Steuerungssysteme2 Pneumatik

Hydraulik

Elektronik Elektrik

Mechanik

Energieträger

Luft

Öl

Elektr. Energie

Wellen, Zahnräder, Gestänge, Ketten usw.

Energiequelle

Verdichter

Pumpe

Generator

Elektro- oder Verbr.-Motor

Kenngrößen

Druck p | 6 bar

p | 30 … 400 bar U | 12 / 24 V U | 220 / 380 V

Übertragungsreichweite

| 1000 m

| 100 m

unbegrenzt

| 10 m

Energiespeicher

Druckbehälter

Speicher

Akkumulator (Batterie)

Federn

Energiewandler

Zylinder Druckluftmotor

Zylinder Hydromotor

Elektromotor Elektromagnet

Getriebe

Wirkungsgrad

weniger gut (wegen Strömungsverluste)

gut

sehr gut (geringe mech. Verluste)

Leistungsdichte

70 ... 1200 W/Ltr 70 ... 300 W/kg

70 ... 150 W/Ltr 20 ... 100 W/kg

Verbrennungskraftmaschinen 0,1 ... 10 kW/kg < 60 kW/Ltr

2

nach LIPSMEIER

ca. 2000 W/Ltr 600 ... 800 W/kg

Kraft F, Drehmoment M, Geschw.

5

2 Fluide und Fluideigenschaften Nachfolgend werden die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Druckmedien vorgestellt sowie die Charakteristika des Fluids als Konstruktionselement mit seinen spezifischen Parametern beschrieben. Fluid ist der Oberbegriff für Gase und Flüssigkeiten. Fluide bestehen aus Atomen oder Molekülen, die miteinander in Wechselwirkung stehen, aber keine feste Ordnungsstruktur aufweisen; die Substanz ist daher frei beweglich, unbegrenzt deformierbar und gibt beliebig kleinen Kräften nach. Der Fokus liegt nachfolgend auf Druckflüssigkeiten (Hydrauliköl) und Druckluft.

2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Druckflüssigkeiten Als Druckflüssigkeiten werden im Wesentlichen synthetische oder mineralölbasische Öle eingesetzt (in Sonderanwendung z. B. der Lebensmittelindustrie auch Wasser). Hierbei handelt es sich oft um speziell legierte Hydrauliköle. Bei verknüpften Systemen auch um Motorenoder Getriebeöle, die ebenfalls hydraulische Aufgaben mit übernehmen. Die Druckflüssigkeit ist ein Konstruktionselement des Systems, das auf die Anforderungen an die Anlage abgestimmt werden muss. Dabei übernimmt das Fluid folgende Aufgaben: x

Kraftübertragung

x

Schmierung

x

Wärmeabfuhr

x

Korrosionsschutz.

Es sollte die nachfolgenden Anforderungen erfüllen: x

Günstiges Temperatur-Viskositätsverhalten

x

gute Schmier- und Verschleißschutzeigenschaften (häufig Mischreibungsbedingungen bei kleinen Gleitgeschwindigkeiten)

x

gute Korrosionsschutzeigenschaften und gute Lack- und Dichtungsverträglichkeit (Gummi, Kunststoffe, Buntmetalle)

x

Alterungsbeständigkeit (Widerstand gegen Säurebildung durch Oxidation sowie Schlamm- und Harzbildung durch Polymerisation)

x

gutes Luftabscheidevermögen (wegen der Kompressibilität, Verschleißverhalten, Wärmeüberragung) bei gutem Luftlösevermögen (d. h. Luft in gelöster Form nicht in Blasenform)

x

ausreichende Scherfestigkeit

x

gutes Wasserabscheidevermögen

x

gute Filtrierbarkeit

x

geringe Schaumneigung.

6

2 Fluide und Fluideigenschaften

2.1.1 Dichte Die Dichte U ist das Verhältnis von Masse m zu Volumen V: ρ=

⎡ kg ⎤ ⎢ ⎣ m3 ⎥ ⎦

m V

(2.1)

Die Dichte eines Hydrauliköles hängt von dem Basisöl und der Additivierung ab. Je höher der Kohlenstoffanteil, desto größer ist die Dichte. Ein brauchbarer Mittelwert liegt bei etwa 900 kg/m3. Mit zunehmender Temperatur verstärken sich die atomaren Bewegungen, das Volumen vergrößert sich, die Dichte nimmt ab. Nach DIN 51757 wird die Dichte für 15 °C und 1 bar angegeben. Für das Dichte-Temperatur-Verhalten von Ölen gilt näherungsweise der lineare Zusammenhang (vgl. Bild 2-1): ρt = ρ15 ⋅[1− α⋅(t −15) ]

(2.2a)

∆V ∆ρ =− = α⋅∆t V ρ

(2.2b)

darin ist V 'V

Ut U15 D

Volumen der Flüssigkeit [Ltr, dm3, m3] Volumenänderung Dichte bei der Temperatur t in °C Dichte bei 15 °C Dichte- bzw. Volumenänderungskoeffizient (sortenabhängig) [1/K].

Für den sortenabhängigen Volumenänderungskoeffizient gibt Tabelle 2.1 Anhaltswerte, der Mittelwert liegt bei ca. 0,7 % pro 10 °C. U [kg/m³] 1000

950

Wasser

900

850

800

15°C 60°F

50

Normtemperatur

100

150

t [°C]

Bild 2-1: Dichte-Temperaturverhalten von Wasser und verschiedenen Hydraulikölen.

2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Druckflüssigkeiten

7

Tab. 2.1: Volumenkorrekturfaktoren für ausgewählte Ölsorten.

Ölsorte

Dichteänderungskoeffizient α

Mineralöl

0,65 · 10-3 K-1

HFC-Hydrauliköl

0,70 · 10-3 K-1

HFD-Hydrauliköl

0,75 · 10-3 K-1

Mit zunehmendem Druck wird die atomare Packungsdichte vergrößert. Das Volumen nimmt ab, die Dichte nimmt zu. Für das Dichte-Druck-Verhalten (Kompressibilität) kann in analoger Weise eine Näherungsgleichung angegeben werden: ∆ρ ∆V =− = β⋅∆p ρ V K=

(2.3a)

1 V = ⋅∆p β ∆V

(2.3b)

wobei

E

Kompressibilität / Pressziffer

[1/bar]

K

Kompressionsmodul / Elastizitätsmodul der Druckflüssigkeit

[bar, MPa]

U [kg/m³] 1000

950

900

850

500

Bild 2-2: Dichte-Druck-Verhalten von Hydraulikölen.

1000

p [bar]

8

2 Fluide und Fluideigenschaften

Tab. 2.2: Dichtekorrekturfaktoren für Hydrauliköle.

Kompressibilität E

Kompressionsmodul K

Ölsorte

104

Mineralöl

1,4 ·

bar

0,7 · 10-4 bar-1

HFC-Hydrauliköl

3,3 · 104 bar

0,3 · 10-4 bar-1

HFD-Hydrauliköl

2,85 · 104 bar

0,35 · 10-4 bar-1

Ein brauchbarer Mittelwert liegt hier bei E = – 0,7 % pro 100 bar. Daraus folgt: Die Kompressibilität ist insbesondere bei Drücken > 150 bar zu berücksichtigen! Einen starken Einfluss auf die Kompressibilität haben gelöste Gase (Lufteinschluss, vgl. Kap 2.1.3). So gilt näherungsweise: für luftfreie Mineralöle, K = (1,4 ... 1,6) · 104 bar = (1,4 ... 1,6) · 103 MPa 4 3 für lufthaltige Mineralöle. K = (1,0 ... 1,2) · 10 bar = (1,0 ... 1,2) · 10 MPa Durch die Ersatzkompressibilität K’ kann auch die elastische Formänderung der Bauelemente (Rohrleitungen, Schläuche) mit berücksichtigt werden (vgl. Kap 4.8.1). Ein Vergleich zwischen E-Modul von Stahl (ca. 210 · 103 MPa) und K-Modul von Druckflüssigkeiten (ca. 1...4 · 103 MPa) zeigt, dass die Flüssigkeit eine Steifigkeitsschwachstelle darstellt. Dies führt ggf. zu Problemen bei der genauen Positionierung und zur Schwingungsneigung. Der dynamischen Analyse sowie der Steuerungs- und Regelungstechnik kommen daher eine besondere Bedeutung zu (vgl. Kap. 5).

2.1.2 Viskosität Die Viskosität ist ein Maß für den Fließwiderstand, die Fließfähigkeit bzw. die Zähigkeit. Sie ist ein Maß für die innere Reibung einer Flüssigkeit. Dickflüssige, zähflüssige oder hoch viskose Öle haben eine hohe Viskosität, dünnflüssige oder niedrig viskose Öle haben eine geringe Viskosität. Die Beschreibung des Fließverhaltens von Stoffen wird in der Rheologie behandelt.

W Q

>K @

>Q @



Schichthöhe y

du dy

Verschiebeweg u(y)

K U

N/m² m /m s

Ns/m² kg/m³

Kraft F

x Ns m²

m² s

Pa ˜ s

1P(Poise) 100cP

1 Ns 10 m²

1St(Stoke) 100cSt 100

mm² s

Bild 2-3: Zähigkeitsverhalten (Viskosität) einer NEWTONschen Flüssigkeit.

Auf NEWTON geht das nachfolgende Gedankenexperiment zurück (vgl. Bild 2-3): Betrachtet wird ein homogenes Fluid in einem System mit konstanter Temperatur zwischen zwei parallelen Platten (oder verallgemeinert eine Flüssigkeitsschicht) mit der Fläche A und dem Abstand y. Wird

2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Druckflüssigkeiten

9

die obere Platte nun durch eine Tangentialkraft F mit der Geschwindigkeit c – bzw. die Flächen zueinander mit der Relativgeschwindigkeit oder Differenzgeschwindigkeit dc – verschoben (u ist der Verschiebeweg), so verhält sich die Scherkraft F aufgrund der Zähigkeitseffekte in den meisten Flüssigkeiten (so genannte NEWTONschen-Flüssigkeiten) proportional zur Geschwindigkeit c und umgekehrt proportional zum Abstand y. F ~c~

1 y

(2.4a)

Die Geschwindigkeitsdifferenz dc pro Einheit der Filmdicke dy wird als Geschwindigkeitsgefälle D oder auch als Schergefälle bezeichnet: D=

dc dy

[s-1]

(2.4b)

Die Schubspannung W ist die in Fließrichtung zur Verformung des plastischen Systems aufzubringende Scherkraft F oder Tangentialkraft pro Flächeneinheit A. τ=

F A

[Pa]

(2.4c)

Den Proportionalitätsfaktor aus Schubspannung τ und Schergefälle D nennt man dynamische Viskosität K (auch absolute Viskosität); vgl. Bild 2-4. Sie wird in Pascal-Sekunde [Pa s] bzw. früher in Zenti-Poise [cP] angegeben. F dc =η A dy

[Pa s]

(2.4d)

K

W D

Geschw.-Gefälle D

Schubspannungen W [N/m² bzw. Pa]

dyn. Viskosität K [Pa s]

Flüssigkeiten, bei denen die Viskosität nicht nur von der Temperatur und dem Druck abhängen, sondern zusätzlich vom Geschwindigkeitsgefälle sind Nicht-NEWTONsche-Flüssigkeiten. Deren Viskosität wird Strukturviskosität oder Scheinviskosität genannt. Ihre Viskosität lässt sich daher nur ungenau angeben. Beispiele dazu sind: Fette, Zweiphasenöle (Emulsions-, Suspensions-, Dispersionsöle) und Öle bei sehr niedrigen Temperaturen. Im normalen Betriebsbereich verhalten sich Hydraulikflüssigkeiten und Luft wie eine NEWTONsche Flüssigkeit.

konst

dc dy

[s-1]

W

F A



dc dy

Geschw.-Gefälle D

Bild 2-4: Charakteristische Eigenschaften einer NEWTONschen Flüssigkeit.

K˜D

dc dy

[s-1]

10

2 Fluide und Fluideigenschaften

Die kinematische Viskosität wird nach MAXWELL als Quotient aus der dynamischen Viskosität und der Dichte der Flüssigkeit definiert: ν=

η ρ

[m2/s]

(2.5)

Die heute gebräuchliche Einheit ist [mm2/s] und ist mit der alten, nach GEORGE STOKES (1819-1903) benannten Einheit Zenti-Stokes [cSt] größenmäßig identisch (1 m2/s = 104 St oder 1 mm2/s = 1 cSt). Messung der kinematischen Viskosität: Die kinematische Viskosität wird im Kapillarviskosimeter ermittelt; vgl. Bild 2-5. Das Öl wird auf die Prüftemperatur erwärmt. Eine definierte Ölmenge durchläuft gravimetrisch (also unter dem Einfluss der Schwerkraft) eine definierte Strecke der Kapillare. Der Querschnitt der Kapillare ist über die Prüfstrecke konstant. Über die gemessene Zeit wird die kinematische Viskosität mit Hilfe des STOKEschen Gesetzes errechnet. Die Messung erfolgt z. B. für Motorenöle bei 100 °C und für Hydrauliköle bei 40 °C. Messung der dynamischen Viskosität: Das Rotationsviskosimeter (Cold-Cranking-Simulator) ist besonders gut zur Messung der Viskosität bei tiefen Temperaturen geeignet. Das Viskosimeter besteht aus einem becherförmigen Behälter mit einem vertikal angeordneten, zylindrischen Rotor, der mit konstantem Drehmoment angetrieben wird. Die Flüssigkeit befindet sich im Schmierspalt y zwischen der Mantelfläche der Außenwandung des Behälters und der Rotormantelfläche. Die Drehzahl stellt sich bei gleicher Temperatur entsprechend der dynamischen Viskosität der Flüssigkeitsprobe ein. Je dünnflüssiger das Fluid, desto höher die Drehzahl des Rotors. Mittels einer zuvor mit Eichölen erstellten Eichkurve kann die dynamische Viskosität der Ölprobe in mPa s ermittelt werden. Kugelfallviskosimeter

Fallgeschw. der Kugel ~ dyn. Viskosität K

Rotationsviskosimeter

Kapillarviskosimeter

Drehmoment / „Drehkraft“ ~ dyn. Viskosität K

Kapillarwirkung

Bild 2-5: Viskositätsmessung über verschiedene Formen des Schmierspaltes.

2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Druckflüssigkeiten

11

Viskositäts-Druck-Verhalten (V-p-Verhalten): Mit stark steigendem Druck nimmt auch die Viskosität zu. Die Druckabhängigkeit der Viskosität ist vom Grundöl und der Additivierung abhängig. Bei paraffinbasischen Ölen3 ist die Viskositätsveränderung durch den Druck stärker als bei naphthenbasischen Ölen4. Die Druckabhängigkeit der dynamischen Viskosität lässt sich wie folgt beschreiben:

η p = η0 ⋅e α⋅p

(2.6)

In einem logarithmierten Diagramm ergeben sich näherungsweise Geraden. Der Druckkoeffizient α [10-8 m2/N bzw. 10-3 bar-1] liegt nach E. KUSS für Mineralöle bei 25 °C zwischen 1,7 10-3 und 3,5 10-3 bar-1. Bei Drosselvorgängen mit hohem Druckabfall kann die Zähigkeit der Öle um 25 bis 50% abnehmen. Tab. 2.3: Druckkoeffizienten für verschiedene Ölsorten. α in [m2/N]

naphtenbasische Öle

paraffinbasische Öle

geringe Viskosität

hohe Viskosität

geringe Viskosität

hohe Viskosität

30 °C

2,1 · 10-8

2,8 · 10-8

2,2 · 10-8

3,4 · 10-8

60 °C

1,6 ·

10-8

10-8

10-8

2,8 · 10-8

100 °C

1,3 · 10-8

1,4 · 10-8

2,2 · 10-8

Öltemperatur

2,3 ·

1,8 · 10-8

1,9 ·

lg K

100.000

dyn. Viskosität [mPa s]

0°C

10.000

25°C

1.000 100°C 100

500

1.000 Druck p [bar]

Bild 2-6: Druckabhängigkeit der Viskosität.

3 4

Paraffine = Alkane = kettenförmige Kohlenwasserstoff mit Einfachbindungen („gesättigt“) Naphtene = Zykol-Alkane = Zykloparaffine = ringförmige Kohlenwasserstoffe mit Einfachbindungen.

12

2 Fluide und Fluideigenschaften

Viskositäts-Temperatur-Verhalten (V-T-Verhalten): Die Darstellung des stark nichtlinearen Zusammenhangs zwischen Viskosität und Temperatur erfolgt üblicherweise in einem UBBELOHDE-WALTER-Diagramm. Hier wird eine grafische Linearisierung durch doppelte Logarithmierung mit dem empirischen Zusammenhang lg (lg (ν + A)) = B · lg T + C

(2.7)

erreicht, wobei die Konstanten A (= 0,8), B (Steigungswert) und C stoffabhängig sind. lg lg (Q + 0,8) mm²/s 10.000 5.000 1.000 500

100 50 30 20

10

HLP 68

5

HLP 32 HLP 22 10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110 120

lg T °C

Bild 2-7: Viskositäts-Temperatur-Diagramm von Hydraulikölen (UBBELOHDE-Diagramm).

Viskositätsindex VI (DIN ISO 2909): Da die Änderung der Viskosität mit der Temperatur nicht bei allen Ölen gleich verläuft, haben DEAN und DAVIS 1929 mit zwei Grundölschnitten als Referenzöle den Viskositäts-Index, kurz VI, zur Charakterisierung des Viskosität-Temperatur-Verhaltens (VT-Verhalten) von Mineralölprodukten entwickelt. Ein Grundöl mit der größten und ein anderes mit der geringsten bis dahin bekannten Viskositätsänderung in Abhängigkeit der Temperatur wurden als Referenzöle herangezogen und per Definition mit dem VI=0 und VI=100 festgelegt. Der dimensionslose, empirische Zahlenwert für den VI wird aus den kinematischen Viskositäten bei 40 °C und 100 °C berechnet. Ein hoher VI kennzeichnet eine relativ geringe Viskositätsänderung mit der Temperatur, d. h. die Viskositätsschwankungen bei verschiedenen Betriebstemperaturen fallen weniger stark aus. Im Allgemeinen ist das VTVerhalten von synthetischen Produkten besser als das mineralischer Öle, der VI ist also größer. Durch die Additivierung kann der VI angehoben werden und auch Werte über 100 annehmen. VI-Verbesserer (VI-Improver) sind Additive (organische Polymere mit Molekulargewichten von 10.000 bis 200.000), deren kettenförmige Molekülestruktur bei mäßigen Temperaturen zusammengeknäuelt und bei höheren Temperaturen in gestreckter Form vorliegen. Durch den

2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Druckflüssigkeiten

13

gleichzeitigen Übergang auf niedrigviskose Basisöle mit höherem VI wird die ViskositätsTemp.-Kurve im UBBELOHD-Diagramm flacher. VI = VI =

Viskositätsindex beschreibt die Steigung der Geraden im UBBELOHDE-Diagramm 0 Æ starke Abhängigkeit von der Temperatur,

VI = 100 Æ geringere Abhängigkeit von der Temperatur, VI > 100 Æ Additive mit VI-Verbesserer

enges Knäuel bei niedriger Temperatur

geweitetes Knäuel bei höheren Temperaturen

Verdünnungseffekt

Verdickungseffekt

Bild 2-8: Schematisierte Wirkung von VI-Verbesserern.

Viskosität lg lg(Q  0,8)

Referenzwerte nach DIN / ISO 2909: Referenzöl mit VI = 0 Ölprobe D=L-H Referenzöl mit VI = 100 L U H

40 °C ca. 100 °F

100 °C Temperatur ca. 210 °F lg (T)

Bild 2-9: Berechnung des VI-Indexes nach DIN/ISO 2909.

14

2 Fluide und Fluideigenschaften

Nach DIN/ISO 2909 wird der VI-Wert unterhalb von 100 berechnet über die Referenzwerte nach Abb. 2-9. VI =

L −U L −U ⋅100 = ⋅100 L− H D

(2.8a)

wobei U Q40 der Ölprobe [mm2/s] und die Werte L, D und H den Tabellen der DIN 2909 zu entnehmen ist (dabei ist L = Q40 des Referenzöles mit VI = 100). 5 Für Öle mit einem VI > 100 gilt: VI =

(10 N ) −1 +100 mit 0,00715

N=

lg( H ) − lg(U ) lg(Y )

(2.8b)

dabei sind die Werte der Ölprobe einzusetzen:

U = Q40

[mm2/s]

Y = Q100 [mm2/s] und H aus den Tabelle der Norm zu entnehmen (H = Q40 des Referenzöles mit VI = 100). Scheinbare Viskosität / Strukturviskosität: Die Flüssigkeiten, bei denen die Viskosität nicht nur von der Temperatur und dem Druck abhängen, sondern zusätzlich vom Schergefälle bzw. Geschwindigkeitsgefälle sind als strukturviskose Stoffe bekannt. Das Fließverhalten der Nicht-NEWTONschen-Flüssigkeiten wird auch mit der scheinbaren Viskosität beschrieben. Sie lässt sich daher nur ungenau angeben (Beispiele: Fette oder anschaulicher: Ketchup, Mayonnaise, Senf). Die strukturviskosen Flüssigkeiten werden wie folgt eingeteilt: Bei dilatanten Flüssigkeiten nimmt die dynamische Viskosität mit der Scherkraft bzw. dem Geschwindigkeitsgefälle bei konstanter Temperatur zu. Dies ist eine Flüssigkeit, die z. B. durch Rühren dickflüssiger wird (Silicone). Bei pseudoplastischen Flüssigkeiten nimmt die dynamische Viskosität mit der Scherkraft bzw. dem Geschwindigkeitsgefälle bei konstanter Temperatur ab. Dies ist eine Flüssigkeit, die z. B. durch Rühren dünnflüssiger wird (z. B. Gallerte, Farben). Die plastischen Flüssigkeiten verhalten sich bis zu einer bestimmten Schubspannung (Fließgrenze) wie ein fester Körper. Bei Überschreitung dieser Schubspannung verhalten sie sich entweder wie eine NEWTONsche Flüssigkeit (genannt Bingham-Körper) oder wie eine strukturviskose bzw. pseudoplastische oder dilatante Flüssigkeit (Schmierfett, Gallerte, Zahnpasta).

5

Q40 bedeutet ‚kinematische Viskosität bei 40 °C’, Q100 bei 100 °C

2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Druckflüssigkeiten

15

2.1.3 Luftaufnahmevermögen Gase haben grundsätzlich das Bestreben sich unter Druck in Flüssigkeiten zu lösen (Absorption). Das Lösungsvermögen steigt mit dem Druck. Bis ca. 300 bar ist das Lösungsvermögen proportional zum Druck und kann durch das HENRY-DALTONsche Löslichkeitsgesetz beschreiben werden: VLu = VFl ⋅α L ⋅

p p0

(2.9)

darin ist:

VLu

gelöste Luftvolumen bei dem Druck p

VFl

Flüssigkeitsvolumen bei dem Referenzdruck p0 (i. A. Luftdruck)

αL

Löslichkeitskoeffizient (BUNSEN-Koeff.), Beispiele 0,08 ... 0,09 für Mineralöle bei 25 °C, 0,05 ... 0,06 für HETG (natives, biol.-abbaubares Öl).

D. h. im Sättigungszustand können bei atmosphärischem Druck ca. 9 Vol.-% Luft gelöst (absorbiert) werden. Die Öleigenschaften (Kompressibilität) werden dadurch noch nicht beeinflusst. Es kann aber bei starken Druckabsenkungen zum „Ausperlen“ von Gasblasen kommen. Luftblasen / ungelöste „freie“ Luft (Dispersion): Wird das Lösungsvermögen überschritten, so liegt Luft in ungelöster Form vor. Ursachen können Lufteinbrüche (z. B. auf der Saugseite der Pumpe oder des Arbeitszylinders) oder Unterschreitung des Sättigungsdruckes (in Krümmern, Drosselstellen etc.) sein. Die Kompressibilität steigt hierdurch erheblich an (vgl. Kap. 2.1.1): Die ungelösten Luftblasen verhalten sich wie ein ideales Gas (vgl. Kap. 2.4) κ κ po ⋅VLu = p⋅VLu ,

(2.10a)

0

so dass die Volumenänderung unter Druckeinfluss 1⎤ ⎡ ⎢ ⎛ p0 ⎞κ ⎥ ∆VLu = VLu0 ⋅⎢1−⎜ ⎟ ⎥. ⎢ ⎝ p⎠ ⎥ ⎣ ⎦

(2.10b)

Für das Gemisch aus ungelösten Gasen und kompressiblem Öl bedeutet dies 1⎤ ⎡ ⎢ ⎛ p0 ⎞κ ⎥ Völ ∆V ( p ) = ∆VÖl ( p ) +∆VLu ( p) = ⋅ p +VLu0 ⋅⎢1−⎜ ⎟ ⎥, K ⎢ ⎝ p⎠ ⎥ ⎣ ⎦

(2.10c)

⎧ 1 ⎤⎫ ⎡ ⎪1 VLu0 ⎢ ⎛ p0 ⎞κ ⎥⎪ ∆V ( p ) = ∆VÖl ( p) +∆VLu ( p) = VÖl ⋅⎨ + ⋅⎢1−⎜ ⎟ ⎥⎬⋅ p . ⎪ K VÖl ⋅ p ⎢ ⎝ p ⎠ ⎥⎪ ⎣ ⎦⎭ ⎩

(2.10d)

bzw.



1/ K '

Das Ersatzkompressionsmodul K’ für ungelöste Gasanteile ist daher druckabhängig:

16

2 Fluide und Fluideigenschaften K '=

1 1⎤ ⎡ VLu0 ⎢ ⎛ p0 ⎞κ ⎥ 1 + ⋅⎢1−⎜ ⎟ ⎥ K VÖl ⋅ p ⎢ ⎝ p ⎠ ⎥ ⎣ ⎦

(2.10e)

Auf der Saugseite der Pumpe kann es durch den entsprechenden Unterdruck zur Hohlraumbildung (Ausdehnung der Gasblasen) und auf der Druckseite der Pumpe zur Implosion der Bläschen kommen. Dies führt zu ruckartigen Flüssigkeitsbewegungen („Flüssigkeitsschlag“) im makroskopischen Bereich mit hoher mechanischer Beanspruchung und Verschleiß (örtliche Druckspitzen, prasselnde Geräusche, „Scheinkavitation“). Das Öl wird in der Nachbarschaft der Blasen bei der Verdichtung stark erhitzt (durch Kompression der Gase); es kommt zur schnellen Alterung. Wartungs- und Projektierungshinweise:6 x

Entlüften der Anlage bei Inbetriebnahme (Entlüftungsmöglichkeiten an der höchsten Stelle im Kreislauf, ggf. auch an Motoren und Arbeitszylindern),

x

Kontrolle der Anlage auf Undichtigkeiten und richtigen Ölstand,

x

kurze, gerade Saugleitungen mit genügend großer Nennweite zur Erzielung geringer Strömungsgeschwindigkeiten (c < 1 m/s) Æ geringerer Strömungswiderstand, geringere Druckverluste,

x

richtige Auslegung des Flüssigkeitsbehälters (Behältergröße, Trennbleche für Saugund Rücklaufleitung, Entlüftung mit Entlüftungsfilter),

x

Vermeidung von schroffen Querschnitts- und Richtungsänderungen im Leitungsnetz und in den Anlagenkomponenten Æ Druckabfall.

2.1.4 Wassergehalt Hydrauliköle sollen nahezu wasserfrei sein (< 0,1 Masse-%). Im Betrieb kann jedoch z. B. durch Kondensation der Luftfeuchtigkeit (im Rahmen der Tag- und Nachtschwankungen bei mobilen Anwendungen) Kondenswasser über die Entlüftung in den Ausgleichstank eingebracht werden. Da Wasser schwerer als Öl ist (vgl. Dichtediagramm in Kap. 2.1.1), sammelt es sich am Tankboden als ungelöstes freies Wasser, führt zu Korrosion im System und verschlechtert die Schmiereigenschaften des Öles. Bei biologisch schnell abbaubaren Hydraulikflüssigkeiten (insbesondere bei synthetischen Estern HEES, HETG) wird die Zersetzung durch Hydrolyse gefördert (vgl. Abschn. 2.3). Das Eindringen von Wasser oder die regelmäßige Entwässerung des Systems ist also zu berücksichtigen.

2.1.5 Flammpunkt / Brennpunkt Der Flammpunkt ist die niedrigste Temperatur, bei der sich (unter Normbedingungen bei 1 bar7) Dämpfe in solchen Mengen entwickeln, dass diese bei Annäherung einer fremden Zündquelle oder Flamme ein brennbares Gemisch entsteht. Bei Entfernung der Stützflamme 6 7

Will, Ströhl, Gebhardt (1999) S. 21. Der Flammpunkt sinkt bei niedrigeren Drücken (beachte bei Vakuumpumpen) und steigt bei höheren Drücken.

2.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften der Druckflüssigkeiten

17

erlöschen die brennbaren Gase. Die Norm kennt zwei Messverfahren, die unterschiedliche Messergebnisse liefern und dadurch nicht direkt vergleichbar sind: Verfahren nach PENSKY MARTENS - Closed Cup = PMCC) und CLEVELAND (Open Cup = COC). Der Brennpunkt ist die Temperatur bei der das Öl an der Oberfläche von selbst weiter brennt, der Wert liegt ca. 30 ... 60 °C über dem Flammpunkt.

2.1.6 Aschegehalt, Verkokungrückstand Aschegehalt (in Gew.-%) ist der Anteil anorganischer und metallorganischer Verbindungen, die nach der Veraschung und Glühen einer definierten Probenmenge zurückbleibt (Na, V, Al, Si, Ni, Fe). Bei Frischölen ohne Zusätze dient die Bestimmung des Aschegehalts (Oxidasche) zur Beurteilung des Reinheitsgrades. Bei Gebrauchtölen und legierten Ölen werden durch Abrauchen mit konzentrierter Schwefelsäure leicht flüchtige Oxide in schwer verdampfbare Sulfate überführt (Sulfatasche). Da sich in Motorenölen während des Betriebes Sulfate bilden, ist ein direkter Vergleich Frischöl-Gebrauchtöl möglich. Die Verkokungsneigung bzw. der Koksrückstand wird durch Verschwelung bestimmt (Carbon residue). Die Verschwelung findet bei 550 °C in einem geschlossenen Gefäß statt. Testverfahren nach RAMSBOTTOM (gem. ASTM) oder CONRADSON (gem. DIN 51551 – CONRADSON Carbon Residue = CCR). Dadurch ergeben sich Rückschlüsse auf die Verkokungsneigung und die Neigung zur Bildung von Rückständen bei hohen Temperaturen.

2.1.7 Stockpunkt / Pour Point Stockpunkt und Pour Point sind Mindesttemperatur zur Aufrechterhaltung der Fließfähigkeit. Der Stockpunkt ist die Temperatur, bei der eine Flüssigkeit beim Abkühlen unter festen Bedingungen gerade nicht mehr unter Einwirkung der Schwerkraft fließen kann (Wachskristallisation Æ keine Fließbewegung erkennbar). Beim Pour Point ist gerade noch ein wahrnehmbares Fließen erkennbar (ca. 3...5 °C über dem Stockpunkt).

2.1.8 Alterung Unter Alterung versteht man einen irreversiblen Verlust der Schmierstoffeigenschaften durch Oxidation und Polymerisation. Diese chemischen Alterungsprozesse werden begünstigt durch Luftsauerstoff (Oxidation), Wärme (Cracken), Katalysatoren (einige Metalle wie Cu, Pb) und Licht. Durch Ausfällungen von zähen, gummiartigen Schlammsubstanzen kann es zu einer Viskositätszunahme kommen (ggf. Zerstörung von Komponenten als Folgeschaden). Bei sehr hohen Temperaturen können Crackvorgänge auch die Entstehung von Ölkohle und leicht flüchtigen Komponenten begünstigen. Es kann dann auch zu einer Viskositätabnahme ggf. in Verbindung mit einer Flammpunktänderung kommen. Die Reaktionsgeschwindigkeit (Alterung) verdoppelt sich etwa pro 10 °C-Temperaturerhöhung. (VAN HOFFsches Gesetz). D. h. wird eine Betriebstemperatur von 45 °C auf 55 °C erhöht, so sind die Ölwechselintervalle zu verdoppeln! Ab 80...100 °C (je nach Ölsorte) beginnen bereits erste Zersetzungen von Additiven.8

8

Müller (1984) S. 10/5

18

2 Fluide und Fluideigenschaften

2.2 Druckflüssigkeitsarten An die Schmierstoffe und Drückflüssigkeiten werden allgemein folgende Anforderungen gestellt: x Reibung und Verschleiß mindern x gutes Alterungs- und Oxidationsverhalten x Eignung bei hohen und niedrigen Temperaturen x Reinigungs- und Schmutztragevermögen (auch Wasser und Feuchtigkeit) x Metall-, Farb-, Dichtungsverträglichkeit x Hohe Verfügbarkeit, günstiger Preis. Hier stellen Schmierstoffe auf Mineralölbasis einen guten und wirtschaftlichen Kompromiss dar. Mineralöle sind Kohlenwasserstoffgemische, kein einheitlicher Stoff! Je nach Anteil von paraffinischen9, naphtenischen10 und aromatischen11 Kohlenwasserstoffen können die physikalisch-chemischen Eigenschaften leicht schwanken.

2.2.1 Additivierung 12 Die Anforderungen an Schmierstoffe sind durch zunehmende Beanspruchungen moderner Maschinen und Anlagen weiter gestiegen. Mit reinen unlegierten Grundölen können diese schon lange nicht mehr erfüllt werden. Durch öllösliche Wirkstoffe bzw. Additive und deren chemische und/oder physikalische Wirkung werden die Eigenschaften des synthetischen oder mineralischen Grund- bzw. Basisöls verbessert (z. B. Reinigungs- und Dispersionsvermögen). Das Additivpaket besteht aus mehreren Additiven, die aufeinander abgestimmt sein müssen, um Wechselwirkungen zu vermeiden. Obwohl viele Additive bereits mehrere Funktionen erfüllen, gibt es drei Hauptgruppen: x ölverbessernde Additive (Modifiers) x ölschützende Additive (Oil Protectors) x oberflächenwirksame Additive (Surface Protectors). Das Einsatzgebiet eines Schmierstoffes lässt sich durch ölverbessernde Additive erweitern, die sich in folgende Untergruppen einteilen lassen: x Viskositätsindex-Verbesserer (VI-Improver) x Stockpunkterniedriger (Pourpoint Depressant - PPD) x dichtungsquellende Additive (Seal-swell controllers). Die Lebensdauer des Schmierstoffes kann mit ölschützenden Additiven verbessert werden: x Alterungsschutzstoffe (Anti-oxidants) x Metalldeaktivatoren x Antischaumwirkstoffe. Die oberflächenwirksamen Additive schützen metallische Oberflächen von Kolben, Lagerschalen, Zahnflanken usw. durch: x Verschleißschutzadditive (Anti wear- oder Extreme Pressure -Additives - EP) x Reibwertverminderer (Friction Modifier) 9 10 11 12

Paraffine = gesättigte kettenförmige Kohlenwasserstoffe Naphtene = gesättigte ringförmige Kohlenwasserstoffe Aromate = ringförmige Kohlenwasserstoffe mit Doppelbindungen (Benzol / Benzen) Claußen, Stefan: Betriebsstoffe, Seehafenverlag, Hamburg, 2006.

2.2 Druckflüssigkeitsarten x x x

19

Korrosionsinhibitoren Reinigungsadditive (Detergentien) schmutztragende Additive (Dispergiermittel, engl. Dispersants).

Die Wirkungsweise der Additive lässt sich in chemisch wirkende (Detergentien, Dispergiermittel, Antioxidantien, Verschleißschutzadditive, Korrosionsinhibitoren, Emulgatoren oder Demulgatoren) und physikalisch wirkende Additive (VI-Verbesserer, Antischaumwirkstoffe, Stockpunkterniedriger, Reibwertverminderer) einteilen. Zusätzlich sind Fungizide, Bakterizide, Riechstoffe und andere Wirkstoffe für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle denkbar. VI-Verbesserer (VI = Viskositätsindex [-]): Dieses Additiv besteht aus langkettigen Kohlenwasserstoffpolymeren, die im kalten Zustand als kleine Knäuel im Öl verteilt sind und die Bewegung der Ölmoleküle dann kaum beeinträchtigen (vgl. Abb. 2-8). Mit zunehmender Temperatur vergrößern sich die Polymerverbindungen, nehmen ein größeres Volumen ein und bilden ein engmaschiges Netz, das die Bewegung der Ölmoleküle einschränkt und die innere Reibung des Öles signifikant erhöht. Der VI-Verbesserer erhöht damit die Viskosität eines Öles bei höheren Temperaturen, die Temperaturanfälligkeit der Viskosität bei geänderten Betriebstemperaturen wird dadurch verringert. Der Einsatz von VI-Verbesserern ermöglicht die Herstellung so genannter Mehrbereichsöle. So können mit VI-Verbesserern z. B. in einem Mehrbereichsöl die guten Kaltstarteigenschaften, das gute Verteilungsvermögen und geringe Reibungsverluste durch geringe Viskosität im unteren Temperaturbereich mit guter Schmierung, guter Abdichtung und gutem Lasttragevermögen durch eine höhere Viskosität im oberen Temperaturbereich vereint werden (vgl. Abb. 2-11). Die Scherstabilität beschreibt die Qualität polymerhaltiger Mehrbereichsöle bzw. die der unterschiedlichen VI-Verbesserer und somit auch die „Stay-in-grade“-Eigenschaft eines Öles. Im Schmierspalt, z. B. im Kolbenringbereich liegen hohe Scherbelastungen vor (hohe Drehzahlen, Gleitgeschwindigkeiten, Drücke und Temperaturen). Die langen Molekülketten des VI-Verbesserer können dort geschert bzw. zerschnitten werden und so zum sog. permanenten Scherverlust führen. Dieser ist gleichbedeutend mit einem irreversiblen Viskositätsverlust. Es wird zwischen temporärem und permanentem Scherverlust unterschieden. Bei besonders hohen Scherbeanspruchungen im Schmierspalt (z. B. Hydrauliköl im Düsenprüfstand oder Wälzlagerfett) kann es im Schmierstoff zu irreversiblen Viskositätsverlusten kommen. Stockpunkt- oder Pourpoint-Verbesserer: Mit der Temperatur nimmt das Lösungsvermögen für Paraffine (chemische Nomenklatur: Alkane) ab, so dass diese als Kristalle ausfallen und sich verflechten. Der Pourpoint ist die Temperatur, bei der das Öl gerade noch fließt. Schon bei der Herstellung des Grundöls wird durch Entparaffinierung ein großer Teil der wachsgebenden Paraffine entfernt. Eine komplette Entparaffinierung wäre unökonomisch. Durch Zugabe von Pourpoint-Verbesserern wird nicht die Kristallisation der Paraffine, sondern das Verflechten zu Gitterstrukturen verhindert und somit das Tieftemperaturverhalten der Öle verbessert. Antioxidantien: Auch Schmieröle altern bzw. oxidieren unter dem Einfluss von Wärme und Sauerstoff. Dieser Zersetzungsprozess wird bei Verbrennungsmotoren durch saure Reaktionsprodukte aus der motorischen Verbrennung, aus dem Oxidationsprozess selbst und durch Spuren von Metallen, die katalytisch wirken (abrasiver- oder korrosiver Verschleiß) beschleunigt. Es entstehen bei der Ölalterung neben den Säuren auch lack-, harz- und schlammartige Ablagerungen, die größtenteils ölunlöslich sind, wie z. B. Ölkohle. Durch Zugabe von Antioxidantien kann die natürliche Oxidationsstabilität von Mineralölen wesentlich verbessert werden. So

20

2 Fluide und Fluideigenschaften

haben z. B. Polyalphaolefine eine gute thermische Stabilität, benötigen aber geeignete Antioxidantien, um die fehlende natürliche Oxidationsstabilität zu kompensieren. Die Antioxidantien können den Alterungsprozess nicht verhindern, jedoch verlangsamen. Alterungsschutzstoffe können auf drei Arten wirken: Die Radikalfänger (primärer Alterungsschutz) sättigen freie Valenzen, bevor sich Sauerstoff (Oxidation) anlagern kann. Die Peroxidzersetzer (sekundärer Alterungsschutz) wirken „sauerstoffentziehend“ auf bereits gebildete Alterungsstoffe und die Passivatoren/Metall-Ionen Deaktivatoren verhindern katalytische Reaktionen durch Metall. Antischaum-Additive: Die Schauminhibitoren sollen den Schaum schnell zerfallen lassen, der aus zahlreich aneinander gelagerten Luftblasen besteht und das Druckverhalten und die Oxidation des Schmierstoffes beeinflusst. Unter anderem haben sich organische Siliziumverbindungen als Additiv bewährt. Ein schäumender Schmierstoff (einschließlich der Luft-in-ÖlDispersion) kann wegen der erhöhten Reibung höhere Öltemperaturen, erhöhten Verschleiß (Erosion, Kavitation) und größere Kompressibilität (Hydrostößelklappern) zur Folge haben. Verschleißschutz-Additive: Durch geeignete Additive können äußerst dünne Reaktionsschichten mit niedriger Scherfestigkeit – niedriger als die von metallischen Gleitflächen – gebildet werden. Durch die ständige Neubildung der Reaktionsschicht wird ein übermäßiger Verschleiß verhindert. Die Extreme Pressure (EP) und Antiwear (AW) Additive sind grenzflächenaktive Wirkstoffe und können in der polaren Gruppe u.a. die Elemente Zink, Phosphor und Schwefel in verschiedenen Kombinationen enthalten. Sie unterscheiden sich nach Reaktionsfähigkeit und Aktivierungstemperatur. In der Anfahrphase der Motoren liegt der Zustand der Mischreibung vor (Übergang zwischen Trocken-, Misch- und Flüssigkeitsreibung). Kommt es zur Berührung von metallischen Reibpartnern, so entsteht Wärme. Die Zink-/Phosphorverbindung reagiert an der Oberfläche und bildet eine zusätzliche, vor Verschleiß schützende Schicht. Das älteste EP-Additiv ist reiner Schwefel und das bekannteste ist Zinkdithiophosphat (ZDDP), das zusätzlich noch als Alterungs- und Korrosionsschutzadditiv wirkt. Friction Modifier (Reibwertverminderer): Die Reibwertverminderer können nur im Bereich der Mischreibung wirken. Auch diese Wirkstoffe bilden einen Oberflächenschutz (physikalischer Vorgang), der Metalloberflächen voneinander trennt. Die Reibwertverminderer sind sehr polar und haben somit eine sehr hohe Affinität zur metallischen Oberfläche. Korrosionsschutz-Additiv: Zusätzlich zu den Antioxidantien eignen sich zum Schutz der Metallflächen, vor chemischem oder elektrochemischem Angriff, grenzflächenaktive Additive. Sie können sowohl aschefrei als auch aschebildend sein, lagern sich an Metalloberflächen an und bilden eine dichte, hydrophobe (wasserfeindliche) Schicht. Durch die polare Struktur stehen die Korrosionsschutzadditive im Wettbewerb z. B. mit Verschleißschutzadditiven und können deren Wirksamkeit beeinträchtigen. Detergentien: Detergentien sind waschaktive, chemisch wirkende Substanzen, die der Bildung von Ablagerungen an thermisch belasteten Bauteilen entgegenwirken und diese sauber halten. Für einige Anwendungen sind aschefreie Detergentien erforderlich. Der aschefreie und der aschegebende, metallorganische Wirkstoff verhindert ein Anlagern von festen Schmutzteilchen an Metalloberflächen. Über die Alkalität des Wirkstoffes werden ebenso saure Reaktionsprodukte aus der Verbrennung neutralisiert. Der kontinuierliche Abbau der Basenzahl (Base number depletion) durch den Neutralisationsvorgang ist beim Motorenöl hauptsächlich vom Schwefelgehalt des Brennstoffes, von der Alkalität des Frischöles, vom Ölverbrauch und von der Ölmenge im Sumpf abhängig. Dispersanten: Die Aufgabe der Dispersanten ist es, feste und flüssige Verschmutzungen (z. B. Staub, Wasser, Reaktionsprodukte aus der Verbrennung oder Oxidationsprodukte) zu umhül-

2.2 Druckflüssigkeitsarten

21

len und fein verteilt im Öl in Schwebe zu halten, um Ablagerungen zu verhindern. Bei festen Schmutzteilen spricht man vom Peptisierungs-Vorgang und bei flüssigen Schmutzteilchen vom Solubilisierungs-Vorgang. Neutralisationsvermögen: Schmierstoffe können alkalische und saure Bestandteile enthalten. Durch die Total Acid Number (TAN) / Gesamtsäurezahl (SZ) oder Neutralisationszahl (NZ) wird die Menge an Kaliumhydroxid in mg [mg KOH] bestimmt, die notwendig ist, um die in 1 g Öl vorhandenen Säuren zu neutralisieren (Titration). Die Basenzahl (BN) / Gesamtbasenzahl (Total Base Number – TBN) ist die Säuremenge, die notwendig ist, um die basischen Anteile eines Öles zu neutralisieren. Sie wird angegeben in der äquivalenten Menge Kaliumhydroxid (mg KOH), die der Säuremenge für 1 g Öl entspricht. Die TBN ist also die Alkalitätsreserve des Schmieröles. Sie ist auch ein relatives Maß für die Reinigungswirkung des Schmieröles. Durch die Neutralisierung der sauren Verbrennungsprodukte, die bei der Verbrennung schwefelhaltiger Brennstoffe entstehen, nimmt die Basenzahl im normalen Motorenbetrieb ab.

2.2.2 Synthetische Schmierstoffe Für besonders extreme Anforderungen werden spezielle, durch chemische und verfahrenstechnische Schritte synthetisch hergestellte Schmierstoffe eingesetzt. Die nachfolgenden Abbildungen und Tabellen geben einen groben Überblick bezüglich chem. Struktur und Eigenschaften. Bezüglich der Lack- und Dichtungsverträglichkeit ist darauf hinzuweisen, dass die meisten Farb- und Dichtungssysteme auf mineralölbasische Öle abgestimmt wurden. Bei synthetischen Ölen kann es daher zu Unverträglichkeiten kommen, wenn die chemischen Komponenten nicht aufeinander abgestimmt wurden. Die Lack- und Dichtungsfirmen können entsprechend abgestimmte Systeme liefern. Mineralöl Polyalphaolefine Alkylbenole Diester Polyolester Polyglykole Phosphorsäureester Siliconöle

-100

0

100

200

300

Bild 2-10: Temperaturbereiche verschiedener Ölsorten (nach KARA) 13

14

400

Temp. [°C]

13 14

Olefine = kettenförmige Kohlenwasserstoffe mit Doppelbindungen („ungesättigt“) (Monoolefine = Alkene), CnH2n Ester enthalten die funktionelle Gruppe R – COOR

22

2 Fluide und Fluideigenschaften

Ester

Kohlenwasserstoffe

Synthetische

Tab. 2.4: Struktur und Eigenschaften synthetischer Schmierstoffe. 15

Ölsorte Polyalphaolefine PAO

Strukturformel

Eigenschaften und Einsatzgebiete x x x

x

Alkylbenzol

x

Diester

x x

gutes Hoch- und Temperaturverhalten niedrige Verdampfungsneigung Æ Einsatz in Turbinen von Düsenflugzeugen, Beimischung (bis zu 15%) zu Motorenöle (gutes VT, niedrige Verdampfungsrate, hohe Scherstabilität), Instrumenten- und Kompressorenöl

Polyolester

x x

hohe Zersetzungstemperaturen gutes Grenzschmierverhalten Æ Schmierstoff für Flugzeugturbinen, Wärmeträgeröl

Polyglykole

x

wasserlöslich oder wasserunlöslich (je nach Zusammensetzung) wasserlösliche Typen Æ Einsatz als Kühlschmierstoffe, schwer entflammbare Hydraulikflüssigkeiten, Frostschutzmittel wasserunlösliche Typen Æ Getriebeöle, gutes VT- und Tieftemperaturverhalten reaktionsträge mit Sauerstoff Æ Einsatz als schwer entflammbare Hydraulikflüssigkeiten, Regelkreisläufen von Dampfturbinen Reaktion mit Metalle Æ Verschleißschutz

x

Phosphorsäureester

x x x

x

Silikonöle

15

hoher VI > 130, gutes Tieftemperaturverhalten, rel. gute Lack- und Dichtungsverträglichkeiten (ähnliches Verhalten wie Mineralöle, d. h. es sind keine besonderen Maßnahmen zu beachten) Haupteinsatzgebiet: thermisch hoch beanspruchte Motorenöle, Kompressorenöle gute Kältemittellöslichkeit (FCKW-Kältemittel R22) Æ Einsatz als Kältemaschinenöl, Kompressorenöl, Isolierflüssigkeit für Kabel

R = Rest des Moleküls = Radikal

x x x x x

sehr gutes VT-Verhalten gute thermische und Oxidationsstabilität gute Benetzungseigenschaften gute Schaumdämpfungseigenschaften Temperaturbereich –70 .... +300 °C Æ Einsatz als schwer entflammbare Hydrauliköle, Wärmeträgeröle, Isolieröle, Lebensmittelindustrie.

2.2 Druckflüssigkeitsarten

23

VT-Verhatlen

Verschleißschutz

Reibungsverhalten

Farbverräglichkeit

Dichtungsverträglichkeit

Tieftemperaturverhalten

Hochtemperatur / Oxidationsstabilität

Entflammbarkeit

rel. Preis

Tab. 2.5: Verhalten von mineralischen und synthetischen Schmierölen.

Mineralöl

0

0

+

+++

+++

0

0

+

1

Polyalphaolefine

+

0

+

+++

+++

+

++

+

5

Aklylester

0

0

+

+++

+++

+

0

+

2

Diester

++

0

+

-

0

+

+

0

5

Polyolester

++

0

++

-

0

++

+++

0

5

Polyglykol

++

+++

+++

+

+

+

+++

0

6

-

++

++

-

0

0

+

++

6

+++

-

-

++

+++

+

+

+

40

Phosphorsäureester Silikonöl +++ ++ + 0 -

ausgezeichnet sehr gut gut ausreichend schlecht

2.2.3 Klassifikation / Normung 16 Um Verwechslungen bei der Verwendung von Schmierstoffen zu vermeiden, ist in der DIN 51502 eine einheitliche und eindeutige Kurzbezeichnung der Schmierstoffe und Kennzeichnung der Schmierstoffbehälter, Schmiergeräte und Schmierstellen festgelegt worden (gilt nicht für die Kennzeichnung von Schmierstellen an Werkzeugmaschinen, siehe dazu DIN 8659 Teil 1): Schmieröle, Sonderöle und schwer entflammbare Hydrauliköle erhalten einen Kennbuchstaben für die Stoffart (Anwendung) und neben möglichen Zusatz-Kennbuchstaben eine Kennzahl für die Viskosität. Kennbuchstaben der Mineralöle (Schmieröle, Sonderöle): AN B C CG D F FS 16

Schmieröl (Normalschmieröle), Schmieröl BA, BB oder BC (z. B.: bitumenhaltig), Umlaufschmieröle, Gleitbahnöle, Druckluftöle, Luftfilteröle, Formen-Trennöle,

Claußen, Stefan: Betriebsstoffe, Seehafenverlag, Hamburg, 2006.

24

2 Fluide und Fluideigenschaften H HF HE HV J K L Q R S TD

V W Z

Hydrauliköle (Druckflüssigkeit), schwer entflammbare Hydraulikflüssigkeiten, biologisch schnell-abbaubare Hydraulikflüssigkeiten, Hydrauliköle mit verbessertem Viskositäts-Temperatur-Verhalten, elektrische Isolieröle, JA oder JB, Kältemaschinenöle K bzw. KA, KAA, KAB, KB, KC, KD oder KE, Härte- und Vergüteöle, Wärmeträgeröle, Korrosionsschutzöle, Kühlschmierstoffe, Schmier- und Regleröle (Schmierung und/oder Regelung in Dampfturbinen, stationären Gasturbinen; auch in elektrisch oder von Dampfturbinen angetriebenen Maschinen, wie Generatoren, Verdichtern, Pumpen und Getrieben), Luftverdichteröle VB, VC oder VDL, Walzöle, Dampfzylinderöle ZS, ZA, ZB oder ZD.

Zum Teil wird der internationale Klassenbuchstabe L (Lubricants) dem Kennbuchstaben der Mineralöle vorangestellt, z. B. L-AN oder L-TD. Dieser kann jedoch weggelassen werden. Für einfache Schmiersysteme ohne höhere Anforderungen an die Alterungsbeständigkeit und den Korrosionsschutz ist ein Normalschmieröl AN völlig ausreichend. Es liegen z. B. höhere Anforderungen vor, wenn die Schmieröltemperatur über 50 °C oder unter der jeweiligen Fließgrenze erhöht um 10 °C entsprechend der Viskositätsklasse liegt (z. B. für AN 68 ist die Fließgrenze bei -12 °C und somit die minimale Einsatztemperatur bei -2 °C). Ist der Zutritt von Fremdstoffen unvermeidbar und ein besonders hohes Haftvermögen erforderlich, so sind dunkle bitumenhaltige Schmieröle B mit Viskositäten bei 100 °C von 16 bis 36mm2/s (Schmieröl BA), 49 bis 114 mm2/s (Schmieröl BB) oder 225 bis 500 mm2/s (Schmieröl BC) einsetzbar. Diese Öle können lösemittelhaltig sein, um z. B. das Auftragen auf Drahtseilen oder offenen Getrieben zu erleichtern. Nach dem VAN HOFFschen Gesetz verdoppelt sich die Reaktionsgeschwindigkeit mit je 10 °C Temperaturerhöhung. So ist es auch zu erklären, dass die Oxidation oder Alterung des Öles bei höheren Einsatztemperaturen schneller geht und somit die Lebensdauer des Schmierstoffes geringer ist. Bei höheren Anforderungen ist das alterungsbeständige und somit ggf. wirtschaftlichere, unlegierte Schmieröl C einzusetzen. Die Schmieröle C werden in der Regel als Umlauföl eingesetzt. Mit zunehmender Alterung des Schmieröles nehmen die sauren Bestandteile im Öl zu. Ist mit Korrosion zu rechnen, weil z. B. Kontamination mit Wasser oder höhere Schmieröltemperaturen möglich sind, so ist das alterungsbeständigere Schmieröl CL mit Korrosionsschutz einzusetzen. Der Zusatz-Kennbuchstabe P bei einem Schmieröl CLP weist auf die vorhandenen Antiverschleißwirkstoffe hin. Die Hydrauliköle H sind mineralische Drucköle für Anlagen mit vorwiegend hydrostatischem Antrieb und entsprechen weitestgehend dem Schmieröl C. Sind erhöhter Korrosionsschutz und/oder erhöhte Alterungsbeständigkeit gefordert, so gibt es analog die Hydrauliköle HL mit zusätzlich definiertem Luftabscheidevermögen, Schaumverhalten und Demulgiervermögen. Im Mischreibungsgebiet verschleißmindernd wirken die Hydrauliköle HLP. Gemäß DIN 51524 Teil 2 können Hydrauliköle HL und HLP auch in Anlagen mit hydrodynamischem Antrieb zum Einsatz kommen. In der Regel enthalten Hydrauliköle Antischaumzusätze und ggf. PourPoint-Verbesserer. Die detergierenden Hydrauliköle HLP-D haben eine Reinigungswirkung.

2.2 Druckflüssigkeitsarten

25

Die Hydrauliköle HVLP haben gegenüber den Hydraulikölen HLP ein verbessertes Viskositäts-Temperatur-Verhalten und kommen heute primär zum Einsatz. Die schwer entflammbaren Hydraulikflüssigkeiten HF werden hauptsächlich im Bergbau und in der Stahlindustrie eingesetzt. Normiert sind Öl-in-Wasser-Emulsionen HFA bzw. HFAE oder HFAS, Wasser-in-Öl-Emulsionen HFB, wässrige Polymerlösungen HFC sowie wasserfreie, vollsynthetische Flüssigkeiten HFD bzw. HFDR, HFDS, HFDT oder HFDU (der Wassergehalt nimmt jeweils ab). Für biologisch schnell abbaubaren Hydraulikflüssigkeiten HE (Hydraulik environmental) wurde vom Fachausschuss Mineralöl- und Brennstoffnormung (FAM) und von der Fachgemeinschaft Fluidtechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im VDMA-Einheitsblattes 24568 nachfolgende Klassifikation vorgenommen (vgl. auch DIN 51 524 Teil 2): HETG = Triglyceride = Hydraulikflüssigkeiten auf pflanzlicher Basis (wasserunlöslich), HEES = synthetische Ester (wasserunlöslich), HEPG = Polyglykole (wasserlöslich). Kennbuchstaben der Synthese- oder Teilsyntheseflüssigkeiten (außer Motorenöle und KfzGetrieböle): Ester (organisch) E, Perfluor-Flüssigkeiten FK, Synthetische Kohlenwasserstoffe HC, Ester der Phosphorsäure PH, Polyglykolöle PG, Silikonöle SI, sonstige X. Die Schmier- und Regleröle TD sind zur Schmierung und/oder Regelung in Dampfturbinen, stationären Gasturbinen aber auch in elektrischen oder von Dampfturbinen angetriebenen Maschinen, wie Generatoren, Verdichtern, Pumpen und Getrieben einsetzbar. Das Turbinenöl ist in den Viskositäten TD 32 bis TD 100 erhältlich. Gegenüber dem Schmieröl CL ist ein Wasser- und Luftabscheidevermögen jedoch keine so hohe Kältebeständigkeit des Schmieröl TD gefordert. Das Viskositäts-Temperatur-Verhalten (VT-Verhalten) des Turbinenöles liegt mit einem VI von 90 bis 110 über dem des Schmieröl CL. Die Schmieröle V sind für Luftkompressoren mit ölgeschmierten Druckräumen ohne Einspritzkühlung oder für Luftvakuumpumpen geeignet. Die Schmieröle VB können bis 140 °C Verdichtungsendtemperatur eingesetzt werden und sind in den Viskositätsklassen VB 22 bis VB 460 definiert. Die Schmieröle VC und VDL sind für Verdichtungsendtemperaturen bis zu 220 °C für mobile Einheiten und bis zu 160 °C für Kompressoren mit Druckluftspeicher oder Rohrleitungsnetzen geeignet und decken die Viskositätsklassen ISO VG 32 bis 150 ab. Die Viskositätszunahme ist bei dem Schmieröl VDL definiert. Elektrische Isolieröle J: Neben der elektrischen Isolierung dienen die niedrigviskosen Schmieröle J als Trägeröl zur Abfuhr von Verlustwärme in Transformatoren, aber auch in Messwandlern, Schaltgeräten, Gleichrichtern, Kabeln und Kondensatoren. Neben der hohen Durchschlagfestigkeit, die mit der Temperatur abnimmt, sind gute Alterungsbeständigkeit (dielektrische Verluste nehmen mit der Ölalterung zu) und gute Kälteeigenschaften sowie Materialverträglichkeiten erforderlich. Für die Triebwerksschmierung von Kompressoren in offenen Kältemaschinen, in denen das Schmieröl nicht mit dem Kältemittel in Kontakt kommt, wäre ggf. auch ein Schmieröl C oder Schmieröl AN einsetzbar. Ist das Öl allerdings der Einwirkung des flüssigen oder gasförmigen Kältemittels ausgesetzt, so ist ein Kältemaschinenöl K gem. DIN 51503-1 mit entsprechenden (zum Temperaturniveau passenden) Viskositäten auszuwählen. Das Kältemittel Ammoniak vermischt sich in der Regel nicht mit Mineralöl. Je nach Verdichter bzw. Druck und Temperatur ist ein Kältemaschinenöl KAA 15 bis KAA 100 zu wählen. Kältemaschinenöle, die mit Ammoniak teilweise oder vollständig mischbar sind, wie z. B. Polyglykole, sind in den Viskositätsklassen KAB 22 bis KAB 150 definiert. Wird Kohlendioxid als Kältemittel eingesetzt, so

26

2 Fluide und Fluideigenschaften

sind mineralische oder synthetische Kältemaschinenöle der Gruppe KB (KB 32 bis KB 460) einzusetzen. Durch öllösliche voll- oder teilhalogenierte Kohlenwasserstoffe (FCKW/ HFCKW, z. B. R22) verringert sich die Viskosität des Schmieröles. Die mineralischen oder synthetischen Kältemaschinenöle der Gruppe KC decken die Viskositätsklassen von KC 15 bis KC 460 ab. In der Gruppe KD sind synthetische Kältemaschinenöle (z. B. Esteröle, Polyglykole) für voll- und teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/HFKW) mit den Viskositätsklassen KD 7 bis KD 460 zusammengefasst. Die mineralischen und synthetischen Kältemaschinenöle KE 15 bis KE 460 sind für Kühlkompressoren, die mit Kohlenwasserstoffen, wie z. B. Propan oder Isobutan betrieben werden. In der Regel sind die synthetischen Kältemaschinenöle den mineralischen deutlich überlegen. Die Wärmeträgermedien Q sind gemäß DIN 51522 als Stoffe definiert, die flüssig und/oder dampfförmig zur Übertragung von Wärme eingesetzt werden. Der Flammpunkt ist größer 100 °C, Wassergehalt kleiner 500 mg/kg und die Neutralisationszahl kleiner 0,2 mgKOH/g gefordert. Korrosionsschutzöle R: Da der Korrosionsschutz von normalen Motorenölen unzureichend sein kann, bieten für längere Stillstandszeiten von Motoren Korrosionsschutzöle den besseren Schutz. Die Schmieröle Z sind zum Schmieren der Dampf berührten, gleitenden Teile von Dampfmaschinen, unterteilt nach der Dampfeintrittstemperatur, in 5 Gruppen bis 380 °C definiert. Das Schmieröl ZS ist für Sattdampf und überhitzten Dampf bis 16 bar abs. und bis 250 °C, das Schmieröl ZA für Sattdampf und überhitzten Dampf über 16 bar abs. bis 310 °C, das Schmieröl ZB für Dampftemperaturen bis 325 °C, das Schmieröl ZC bis 340 °C und das Schmieröl ZD für Heißdampf bis 380 °C einsetzbar. Zusatz-Kennbuchstaben: Ausgenommen bei Motorenölen, Schmieröle für Kraftfahrzeuggetriebe und schwer entflammbare Hydraulikflüssigkeiten sind ein oder mehrere Zusatz-Kennbuchstaben möglich. Nach dem heutigen Stand der Technik enthalten die meisten Schmierstoffe Wirkstoffzusätze bzw. Additive: D E F L M S P V

detergierende (reinigende) Zusätze, z. B.: Hydrauliköl HLPD als Emulsion zum Einsatz kommende Schmierstoffe, z. B.: Kühlschmierstoff SE mit Festschmierstoff-Zusatz (wie Graphit, Molybdändisulfid), z. B.: Schmieröl CLPF erhöhter Korrosionsschutz und/oder erhöhte Alterungsbeständigkeit, z. B.: Schmieröl CL wassermischbare Kühlschmierstoffe mit Mineralölanteil, z. B.: Kühlschmierstoff SEM wassermischbare Kühlschmierstoffe auf synthetischer Basis, z. B.: Kühlschmierstoff SES mit Wirkstoffen zum Herabsetzen der Reibung und des Verschleißes im Mischreibungsgebiet und/oder zur Erhöhung der Belastbarkeit des Schmierfilms, z. B.: Schmieröl CLP mit Lösemitteln verdünnt (bedingt u.U. eine Kennzeichnung nach der Verordnung über gefährliche Stoffe (Gefahrenstoffverordnung – GefStoffV)), z. B.: Schmieröl DIN 51513 – BB-V.

Die Kennzahlen für die verschiedenen Viskositätsklassen sind Mittelpunktviskositäten mit Grenzabweichungen von ±10%: ISO Viskositätsklasse nach DIN 51519 (entspricht ISO 3448), kinematische Viskosität in Abhängigkeit der Temperatur: Die meisten Nebensorten, wie z. B. das Getriebe- oder Hydrauliköl sind gemäß der 18 Viskositätsklassen (Viscosity-Grades, kurz ISO-VG) von 2 mm2/s bis 1500 mm2/s bei 40 °C abge-

2.2 Druckflüssigkeitsarten

27

stuft17. Ein Öl entspricht einer Viskositätsklasse, wenn die Viskosität innerhalb der Nennviskosität bei 40 °C (mit einer Toleranzfeldes von +/- 10%) liegt. Beispielsweise bedeutet ISO VG 46 Æ ca. 46 mm2/s (+/- 10%) bei 40 °C ISO-VG 15 Æ ca. 15 mm2/s bei 40 °C An die Änderung der Viskosität mit der Temperatur, beschrieben durch den Viskositätsindex, sind keine Anforderungen gestellt. Es ist also möglich, dass verschiedene Öle in der gleichen ISO VG liegen, aber bei hohen oder tiefen Temperaturen unterschiedlich hohe Viskositäten besitzen. Kennzeichnung von Schmierölen für Verbrennungsmotoren und Kfz-Getriebe: Öle HD (Motorenschmieröle), Öle HYP (Schmieröle für Kraftfahrzeuggetriebe), Öle ATF (Automatic Transmission Fluid). Nach der DIN oder ISO besteht die Bezeichnung aus dem Kennbuchstaben für Mineralöle, dem Kennbuchstaben der API-Klassifikation18 und der SAE-Viskositätsklasse19. Zusätzliche Normen werden durch Vereine oder Verbände geschaffen, beispielsweise erfolgt die Interessensvertretung der Motoren und Fahrzeughersteller seit 1991 durch die ACEA20 – vormals CCMC21, für die Schmierstoffhersteller arbeitet die ATIEL22 und für die Additivhersteller die ATC23. Generell erfolgt die Normungsarbeit auf europäischer Ebene durch das CEC24. Die ACEA-Kategorien sind A für Benzinmotoren, z. B. ACEA A2, B für Pkw-Dieselmotoren, z. B. ACEA B2 und E für Heavy Duty Diesel bzw. Lkw-Dieselmotoren, z. B. ACEA E2. Die höheren ACEA Kategorien sind für Dieselmotoren, welche die immer strenger werdenden Abgasnormen erfüllen (z. B. EURO 4 und EURO 5). Das American Petroleum Institute (API) hat ein freiwilliges Lizenzier- und Bescheinigungsystem für Motorenöle, das Engine Oil Licensing and Certification System (EOLCS). Bei den API-Klassen wird in Motorenschmierstoffe für Benzin- („S“ Service) und Dieselmotoren („C“ Commercial) unterschieden. Die API-Klasse für Dieselmotoren kann auch z. B. in CF-4 oder CD für Viertaktmotore und CF-2 oder CD-II für Zweitaktmotore unterteilt sein. Im Gegensatz zu Mehrbereichs-Motorenölen erfüllen Einbereichsmotorenöle nur eine SAEKlasse. Die Mehrbereichsmotorenöle müssen mindestens zwei SAE-Klassen erfüllen, sowohl im unteren als auch im Hochtemperaturbereich. Die Grenzpumpentemperatur ist ein weiteres Prüfkriterium des SAE-Klassifikationssystems, bei der das Öl der Ölpumpe noch von selbst zuläuft, um Lufteinschlüsse und damit Mangelschmierung bzw. Motorschäden zu vermeiden.

17

18 19 20

21 22

23 24

40 °C als Kompromiss zwischen dem metrischen System bei 50 °C und dem angelsächsischen System bei 100 °F (= 37.8 °C). API = American Petroleum Institute SAE= Society of Automotive Engineers ACEA = Association des Contructeurs Européens d’Automobiles = Interessensvertretung der europäischen und einigen amerikanischen Auto- und Nutzfahrzeughersteller bzw. Motorenhersteller CCMC = Comité des Constructeurs d’Automobile du Marché Commun ATIEL = Association Technique de I'Industries Européenne des Lubrifiants = Verband der Schmierstoffhersteller ATC = Technical Committee of Petroleum Additive Manufacturers = Verband der Additivhersteller CEC = Coordinating European Council - Conseil Européen de Co-ordination pour les Developments des Essais de Performance des Lubrifiants et des Combustibles pour Moteurs = Normenausschuss für Schmierstoffe

28

2 Fluide und Fluideigenschaften

Tab. 2.6: SAE-Viskositätsklassen für Motorenschmierstoffe nach DIN 51511.

scheinbare Viskosität bei -18 °C nach DIN 51377 mPa s

SAE Viskositätsklasse 5W 10W 15W1) 20W 20 30 40 50

über über über

bis bis bis bis

1250 2500 5000

kin. Viskosität bei 100 °C nach DIN 51550 mm2/s min. 3,8 4,1 5,6 5,6 5,6 9,3 12,5 16,3

1250 2500 5000 10000

-

max. unter 9,3 unter 12,5 unter 16,3 unter 21,9

1) In der SAE J 300 wird 15W als Fußnote ausgewiesen Ein Mehrbereichsöl ist ein Schmieröl, dessen Viskosität bei -18 °C in den Bereich einer der „W“-Viskositätsklassen fällt und dessen Viskosität bei 100 °C in den Bereich einer der Viskositätsklassen fällt, die nicht mit „W“ klassifiziert sind.

kin. Viskosität lg lg ( Q + 0,8) 10.000 5.000 1.000

SAE 10W Basisöl

500

100 50 30 20

SAE 40 10

Mehrbereichsöl SAE 10W-40

5

-20

-10

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110 120

Temp. lg(T)

Bild 2-11: Motorenöle: Basis-Sommeröl SAE 40, Winteröl SAE 10 W, Mehrbereichsöl SAE 10W-40.

2.2 Druckflüssigkeitsarten

29

Tab. 2.7: SAE-Viskositätsklasse für Achs- und Schaltgetriebe, jedoch nicht Flüssigkeitsgetriebe.

SAE Viskositätsklasse 75W 80W 85W 90 140 250

Höchsttemperatur für eine scheinbare Viskosität von 150000mPa s nach DIN 51398 °C -40 -26 -12 -

kin. Viskosität bei 100 °C nach DIN 51550 mm²/s min. max. 4,1 7,0 11,0 13,5 unter 24,0 24,0 unter 41,0 41,0 -

Die SAE Viskositätsklassen, SAE J306 für Kfz-Getriebeöle, mit definiertem Kälteverhalten tragen, wie auch bei den Motorenölen, den Zusatz "W". Die Bezugstemperaturen, bei denen die dynamische Viskosität von 150.000 mPas noch nicht erreicht sein darf, sind je nach SAE-Klasse zwischen -12 °C und -55 °C.

Die Kfz-Getriebeöle sind von dem API (American Petroleum Institute) nach fressund verschleißmindernden Flüssigkeiten in 5 Klassen von GL-1 bis GL-5 eingeteilt, die in aufwendigen Achstests ermittelt werden. Die Klassifikation GL-1 ist für Getriebe mit niedrigen Drehzahlen und kleinen Gleitgeschwindigkeiten sowie ohne EP-Additive. Alle anderen Klassen von GL2 bis GL5 enthalten zunehmend Verschleißschutzadditive. Nicht bei jeder Anwendung sind hochwirksame EP-Additive vorteilhaft. Sie können z. B. im Sinterwerkstoff von Kupplungen den Wärmeübergang verschlechtern. Es ist also beim Einsatz von Substituten zu beachten, ob mild- oder hochlegierte Getriebeöle erforderlich bzw. zulässig sind. Die ATF Öle (Automatic Transmission Fluid) sind für automatisch schaltende Getriebe mit einem abgestimmten Additivpaket: SAE 20 mit sehr gutem Tieftemperaturverhalten, mit Verschleißschutzadditiven, Reibwertverminderer und Alterungsschutzstoffe. Sie werden zum Teil auch als Hydraulikflüssigkeit und in Luftverdichtern eingesetzt. Bild 2-12: Vergleich der ISO-Viskositätsklassen (ISO VG) mit den SAE-Klassen für Motoren- und Getriebeölen, gültig für einen Viskositätsindex von ca. 90...95. - siehe Anhang A der DIN 51517 Teil 1.

30

2 Fluide und Fluideigenschaften

2.3 Biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten Wegen der besonderen Bedeutung der biologisch schnell-abbaubaren Hydraulikflüssigkeiten für die mobilen Anwendungen (insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft) wird dieser Themenkomplex hier noch einmal ausführlich dargestellt. Die Darstellung sind weitgehend Ergebnisse des EU-Projektes LLINCWA. 25

2.3.1 Problemfelder: Verlustschmierungen und technische Havarien In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich ca. 1,2 Millionen Tonnen Mineralöl als Industrieschmierstoff, Hydrauliköl, Motorenöl oder Kühlschmierstoffe etc. verwendet. Ein Großteil wird dabei als Altöl einer Wiederverwertung zugeführt (Bild 2-13). Etwa 500.000 Tonnen kehren jedoch nicht mehr in den Kreislauf zurück, verbleiben also irgendwo in der Natur (durch technische Havarien oder Verlustschmierungen). als Altöl gesammelt 47%

innerbetriebl. verwertet oder entsorgt 11%

Verlustschmierung 8%

Verluste in Umlaufsystemen 28%

im Motor verbrannt oder teilverbrannt 6%

Bild 2-13: Stoffstrombilanz für Schmierstoffe.

2.3.2 Betriebstechnisches Umfeld: Juristische Bewertung Der Gesetzgeber verpflichtet die Betreiber von technischen Anlagen und Geräten zu einem umweltverträglichen Ressourceneinsatz, stellvertretend seien hier genannt: ƒ

§§ 1 und 6 Umwelthaftungsgesetz

ƒ

§§ 1 und 3 Produkthaftungsgesetz

ƒ

§ 130 Ordnungswidrigkeitgesetz

ƒ

§ 19g Wasserhaushaltsgesetz

ƒ

§ 3a Chemikaliengesetz.

25

v. Broekhuizen, Theodori, Ullmer, Watter, et al.: Lubrication in Inland and Coastal Water Activities, A.A. Balkema Publishers, Lisse/Abingdon/Exton/Tokyo, 2003.

2.3 Biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten

31

Die Beweislast für ein sorgfältiges Handeln liegt dabei grundsätzlich beim Anlagenbetreiber. Der Gesetzgeber kennt dabei verschiedene Formen des Organisationsverschuldens (Auswahlverschulden, Instruktionsverschulden, Überwachungs- und Kontrollverschulden, Eingriffsverschulden).

2.3.3 Was sind umweltverträgliche Schmierstoffe? Bei den biologisch schnell abbaubaren Schmierstoffen wird grundsätzlich zwischen drei Stoffklassen unterschieden: ƒ ƒ ƒ

Natürliche Ester (z. B. Rapsöl, Sonnenblumenöl, Sojaöl, Rizinusöl), Synthetische Ester (z. B. Dicarbonsäureester, Glycerinester, Polyolester, Monoester) auf Pflanzenöl- oder Mineralölbasis, Polyalkylenglykole (z. B. Polyethylenglykole) auf Mineralölbasis.

2.3.3.1 Chemische Grundlagen Ester, natürliche sowie synthetische, sind Verbindungen aus Alkoholen und Carbonsäuren (Fettsäuren, vgl. Bild 2-14). Sie können bei erhöhten Temperaturen und unter Wasserzutritt wieder durch die Ester-Hydrolyse in die Ausgangskomponenten Alkohol und Fettsäure gespalten werden. Ungesättigte Ester enthalten (entsprechend der Struktur ihrer Fettsäure) Doppelbindungen innerhalb der Kohlenwasserstoffketten, bei gesättigten Estern liegen hier nur Einfachbindungen vor. Alkohole enthalten die funktionelle Gruppe (-OH) (Hydroxylgruppe), gebunden an einen Kohlenwasserstoffrest. Die Einteilung erfolgt nach der Anzahl der OH-Gruppen in x

einwertige (Methanol CH3OH, Ethanol C2H5OH, Propanol C3H7OH,....), zweiwertige (z. B. Ethylenglycol C2H4(OH)2 bzw. genauer: CH2OH-CH2OH), x dreiwertige z. B. Glycerol=Glycerin C3H5(OH)3 bzw. CH2(OH)-CH(OH)-CH2(OH)) Alkohole usw. x

Carbonsäuren (Fettsäuren) enthalten die funktionelle Gruppe -COOH (Carboxylgruppe). Die Carboxylgruppe verleiht dem Molekühl sauren Charakter. Beispiele sind die gesättigten Fettsäuren x x

Hexadecansäure (= Palmitinsäure: C15H31COOH bzw. genauer CH3-(CH2)14-COOH), Octadecansäure (= Stearinsäure: C17H35COOH bzw. CH3-(CH2)16-COOH)

und die ungesättigte Fettsäuren x x x

Linolsäure C16H31COOH, Linolensäure C17H29COOH, Ölsäure C17H33COOH.

Tierische und pflanzliche Fette sind Ester zwischen Fettsäuren und Glycerin (Fettsäureglycerolester, Fettsäuregyceride). Sie dienen dem tierischen und pflanzlichen Körper als Depotoder Reservestoff. Bei den natürlichen Fetten sind alle drei OH-Gruppen des Glycerins verestert (= Triglyceride, vgl. Bild 2-16).

32

2 Fluide und Fluideigenschaften

Natürliche Ester sind im wesentlichen Triglyceride, bei denen der dreiwertige Alkohol Glycerin C3H5(OH)3 mit langkettigen Carbonsäuren (Fettsäuren ...-COOH) verestert ist. Glycerin enthält zwei primäre und eine sekundäre Alkohol-Gruppe (..-OH). Bedingt durch die sekundäre Alkohol-Gruppe weisen natürliche Ester eine geringere Hydrolysestabilität auf als synthetische Ester, zu deren Herstellung ausschließlich Alkohol mit primären Alkoholgruppen verwendet werden. Wegen den in natürlichen Estern in erheblichen Umfang vorliegenden Glyceriden mehrfach ungesättigter Fettsäuren (z. B. Linolsäure) ist ferner die Oxidationsstabilität geringer. Esterbildung: (Carbon-)

Alkohol

+

Säure O

.... - OH

..... - C OH

bzw.

Veresterung

Ester Verseifung Ester-Hydrolyse

+ O

..... -C

Wasser H2 O

O - .....

bzw.

... COO....

... COOH

gesättigte Ester

ungesättigte Ester

O .... - (CH2)n - C - O - .... O ....(HC = CH)n - (CH2)m - C - O - ....

Bild 2-14: Veresterung und Hydrolyse.

2.3.3.2 Grundöle / Klassifikation Für die Herstellung der umweltfreundlichen Schmier- und Druckflüssigkeiten stehen damit verschiedene Basisflüssigkeiten zur Verfügung: ƒ ƒ ƒ

mineralölbasische Öle synthetische Öle pflanzliche Öle.

Die wichtigsten technisch genutzten, natürlich vorkommenden Pflanzenöle sind Mischungen aus zahlreichen chemisch reinen Ölen. Ein wesentlicher Nachteil der natürlichen Öle ist die geringere chemische Beständigkeit im Vergleich zu den Mineralölen durch Hydrolyse (Verseifung) und Verharzung (Oxidation, bevorzugt durch Doppelbindungen), begründet damit aber gleichzeitig ein gute biologische Abbaubarkeit. Die Herstellung bzw. Umsetzung von chemischen Verbindungen wird in der Chemie allgemein als „Synthese“ bezeichnet. Bei synthetischen Ölen wird z. B. von einfach gebauten kettenförmigen Kohlenwasserstoffen (Alkene = Olefine) ausgegangen, die in mehreren Reaktionsstufen entweder zu

2.3 Biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten

33

ƒ

synthetischen Kohlenwasserstoffen (Poly-D-Olefine PAO bzw. Poly-Iso-Butene PIB) oder aber

ƒ

durch weitere Reaktionen mit Sauerstoff, Wasserstoff, Wasser, z.T. im Beisein von Katalysatoren, zu synthetischen Estern oder Polyglykolen umgesetzt werden.

Synthetische Kohlenwasserstoffe bestehen nur aus Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H). Synthetische Ester und Polyglykol (Polypropylenglykol PPG bzw. Polyethylenglykol PEG) enthalten neben C und H auch noch Sauerstoff (O)).

Synthetische Öle auf Mineralölbasis: Erdöl

Destillation

Alkene / Olefine: Ethen C2H2 (Äthylen) / Buten C4H8 CH 2 =CH 2

Synthetische Kohlenwassertoffe PIB (Poly- iso -Butene ) PAO (Poly- a -Olefine)

Synthetische Ester

Polyglykole HO-[(CH 2 )n -O-(CH 2 )n ]m -OH

O ..... -C O - .....

PPG (Polypropylenglykol) PEG (Polyethylenglykol)

H2 C-(CH 2 )7 -CH 3 H2 C H C-(CH 2 )7 -CH 3 H2 C H C-(CH 2 )7 -CH 3 H3 C

Bild 2-15: Synthetische Öle auf Mineralölbasis. Ester auf Pflanzenölbasis (native Öle): Rapsöl Sonnenblumenöl Leinenöl Sojaöl

Fettsäuren = Carbonsäuren ... - COOH

O ..... - C OH

z.B.: Öl-, Linol-,Linolen-, Palmitin- und Stearinsäure

Reinigung / Aufarbeitung / Raffination O

synthetische Ester

natürliche Ester

H2C - O - C - ....

z.B.: Triglyceride (TG)

H C - O - C - .... O

O

H2C - O - C - ....

Bild 2-16: Synthetische Ester auf Pflanzenölbasis (native Öle).

34

2 Fluide und Fluideigenschaften

2.3.3.3 Einstufung umweltverträglicher Schmierstoffe / Testverfahren Als umweltschonend gilt ein Schmierstoff, wenn er biologisch schnell abbaubar ist und nicht toxisch wirkt. Unter biologischer Abbaubarkeit wird die durch Mikroorganismen vollzogene biologische Oxidation verstanden, mit Kohlendioxid CO2, Wasser H2O und Biomasse als Endprodukt. Hierzu brauchen die Bakterien Sauerstoff (aerober Abbau) und Nährstoffe (Phosphor- und Stickstoffverbindungen), woraus sie Enzyme bilden, die dann als Katalysatoren den Abbau durch Spaltung ermöglichen. Der biologische Abbau wird durch eine feine Verteilung des abzubauenden Stoffes, durch Feuchtigkeit und Wärme beschleunigt.

Aerober Abbau von Kohlenwasserstoffen: Sauerstoff

CnH2n+2 +

CO2

O2

+

H2O

+

Energie Biomasse

CO2

+

Energie Biomasse

+ Bakterien + Wasser H2O

Anaerober Abbau von Kohlenwasserstoffen: (von untergeordneter Bedeutung)

CnH2n+2 +

CH4

+

+ Bakterien + Wasser H2O

Bild 2-17: Biologischer Abbau von Kohlenwasserstoffen (stark vereinfacht).

2.3.3.4 Normung zur biologischen Abbaubarkeit Nachgewiesen wird das biologische Abbauverhalten anhand von verschiedenen Prüfmethoden, mit denen die Abnahme der Konzentration des Stoffes in Abhängigkeit von der Zeit gemessen wird. Als Prüfmethode für die vollständige aerobe Abbaubarkeit kommen u.a. die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit entwickelten Verfahren nach der OECDRichtlinien 301/302 oder die primäre Abbaubarkeit von Schmierfetten, nach dem CECAbbautest L33A93 (technisch gleichwertig mit DIN 51828) in Betracht. Über die Aussagefähigkeit dieser Tests kann durchaus ein wissenschaftlicher Diskurs geführt werden (BATTERSBY [44], KROP [45]). Die vollständige aerobe Abbaubarkeit, d. h. Mineralisierung zu Kohlendioxid, Wasser und Biomasse, wird auch bei den meisten Umweltzeichen (Blauer Engel u.a.) favorisiert. Zur Beurteilung der toxischen Wirkung auf Wasserorganismen wird die Wirkung der Inhaltsstoffe (Substanzen) des formulierten Produkts (Grundöl und Additiv) mit Hilfe von Bakterien, Algen und Fischen getestet (OECD 201-203, DIN 38412). Danach ergeben sich drei Kategorien: ƒ ƒ ƒ

Sehr Toxisch, Toxisch, Harmlos,

wenn eine der Testsubstanzen bei < 1mg/l giftig wirkt. wenn ein Bestandteil zwischen 1 und 10 mg/l giftig wirkt. wenn alle Bestandteile erst zwischen 10-100 ml/l giftig wirken.

2.3 Biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten

35

Die Einstufung nach Gefahrenmerkmalen (R-Sätze / R = (engl.) Risk) ist komplexer, da sie aus der Kombination der Wirkdaten mit expositionsrelevanten Eigenschaften (Basisdatenabbau und Bioakkumulation) resultiert (z. B. R50/53 = „sehr giftig, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkung haben“). Die R-Sätze R39 (giftig), R40-49 (gesundheitsschädlich, karzinogen, mutagen) und R60-64 (Reproduktionstoxizität) beschreiben gesundheitsschädliche Substanzen und sind in umweltfreundlichen Schmierstoffen generell verboten. Für die R-Sätze R50-53 (umweltgefährlich für Wasserorganismen) gelten Höchstgrenzen, z. B. < 1%. Das europäische Konzept der Gefahrenmerkmale (R-Sätze) basiert auf der Analyse der Inhaltsstoffe der Produkte und nicht auf der Toxizität des formulierten Produkts nach OECD 201-203. Bis zum 30. Juli 2002 musste die EU-Richtlinie (1999/45/EC) für gefährliche Zubereitungen europaweit umgesetzt sein. Vor diesem Hintergrund ist z. B. die Anpassung der Verwaltungsvorschrift wassergefährdender Stoffe (VwVwS) bereits am 1. Juni 1999 in Kraft getreten. Sie führt als wesentliches Element die eigenverantwortliche Einstufung über die R-Satz-Einstufung des europäischen Gefahrstoffrechts ein. In Deutschland ist die Einteilung der Stoffe in Wassergefährdungsklassen (WGK) Beurteilungsgrundlage für Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Gewässer. Diese Sicherheitsvorkehrungen können in differenzierten Anforderungen, z. B. an Behältnisse, Lagervolumen, Anlagenausstattung, Überwachungs- und Anzeigepflichten zum Ausdruck kommen. Ebenso liefert die Einteilung der Stoffe und Zubereitungen wichtige Anhaltspunkte bei der Beurteilung von Schadensszenarien. Die VwVwS teilt die wassergefährdenden Stoffe in drei Wassergefährdungsklassen ein: x WGK 1: schwach wassergefährdende Stoffe, x WGK 2: wassergefährde Stoffe, x WGK 3: stark wassergefährdende Stoffe Daneben definiert die VwVwS Stoffe und Gemische, die als nicht wassergefährdend im Sinne der §§ 19g ff Wasserhaushaltsgesetz zu betrachten sind. Bei der Einstufung der Produkte werden in Europa unterschiedliche Kriterien und Grenzwerte für die Vergabe von Umweltzeichen und für die Gefährdungseinstufung festgelegt. Einige Umweltzeichen (Blauer Engel) definieren technische Mindeststandards, z. B. nach VDMA 24568 (Hydraulikflüssigkeiten) und schwedischem Standard SS 15 54 34. Bei anderen Produkten sind nur die Angaben der Hersteller über die technische Leistungsfähigkeit verfügbar. Manche Label verlangen einen Anteil erneuerbarer Grundstoffe, andere nicht. Für den Blauen Engel genügt z. B. eine primäre Abbaubarkeit von mind. 95% aller Inhaltsstoffe; diese müssen innerhalb von 28 Tagen zu 80% abgebaut sein, während andere europäischen Label (genauso wie die Einstufung in WGK) die vollständige aerobe Abbaubarkeit nach OECD 301 und 302 verlangen.

2.3.4 Erfahrungen / Stand der Technik Konflikte mit dem Umwelthaftungsrecht können durch die in der Praxis bewährten, biologisch schnell abbaubaren Hochleistungsschmierstoffe weitgehend vermieden werden. Nachfolgend soll ein Überblick über den 'Stand der Technik', die Performance der auf dem Markt verfügbaren 'Bioschmierstoffe' und die betriebliche Erfahrungen gegeben werden.

36

2 Fluide und Fluideigenschaften

2.3.4.1 Rückblick / Historische Problemfelder Beim Einsatz biologisch-schnell abbaubarer Schmierstoffe gab es in der Vergangenheit anfänglich betriebliche Probleme (Lack- und Dichtungsverträglichkeiten). Durch die Erfahrungen der Betreiber sowie der Komponenten-, Anlagen- und Schmierstoffhersteller sind diese Probleme weitgehend im Griff. Es können tribologische Systeme kreiert werden, die eine wesentlich höhere Performance (geringere Reibwerte, längere Ölwechselintervalle) und damit (neben den rechtlichen Aspekten) auch betriebswirtschaftlich sinnvolle Lösungen bieten.

2.3.4.2 Technische Performance der 'Bio-Schmierstoffe' Moderne biologisch-schnell abbaubare Schmierstoffe sind Hochleistungsschmierstoffe auf der Basis von natürlichen oder synthetischen Estern (auf Pflanzenöl- oder Mineralölbasis) und Polyglykolen. Im Allgemeinen verfügen diese Schmierstoffe über x

einen höheren Viskositätsindex, d. h. die Temperaturabhängigkeit der Viskosität ist geringer (breiter Temperatur-Einsatzbereich), weshalb oft eine niedrigere Viskositätsklasse eingesetzt werden kann und somit tendenziell

x

günstigere Reibeigenschaften (niedrigere Energieverbräuche) vorliegen. Sie zeichnen sich aber auch durch

x

einen niedrigen Stockpunkt,

x

gute Verschleißschutzeigenschaften,

x

gute Oxidationsstabilität und

x

gute Hydrolysestabilität aus. Dies führt i. A. zu

x

längeren Standzeiten (insbesondere bei synthetischen Estern) und damit zu einem

x

geringeren Ölverbrauch.

2.3.4.3 Exemplarische Anwendungsbereiche Der Schmierölmarkt hält eine Vielzahl von biologisch schnell abbaubaren Schmierstoffen bereit, so dass fast jeder Anbieter entsprechende Systemlösungen offerieren kann. Der relativ hohe Preis (im Vergleich zu Mineralölen) kann dabei oft durch eine höhere technische Performance und durch die o.g. Rechtssicherheit kompensiert werden.

Motorenöle Die Ansammlung von Kohlenwasserstoffen im Sediment des Bodensees und dessen Bedeutung als Trinkwasserreservoir in dieser Region führten zu ersten Anwendungsvorschriften und zur Entwicklung von biologisch schnell abbaubaren Motorenölen für 2-Takt-Außenbordmotoren Anfang der 1980er. Verfahrensbedingt wird hierbei der Schmierstoff mit verbrannt und über die Abgase in die Umwelt getragen. Dabei kann eine biologische Abbaubarkeit von 80% nach 21 Tagen gem. CEC L-33-A-93 erreicht werden. Obwohl durch die andersartige Verfahrenstechnik bei den 4-Takt-Motoren der Schmieröleintrag in die Umwelt wesentlich geringer ausfällt, sind auch für diese Anwendungen Motorenöle auf Pflanzenölbasis entwickelt worden.

2.3 Biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten

37

Getriebeöle Für Getriebeanwendungen in der Nähe von Gewässern oder in Naturschutzgebieten (Windkraftanlagen, Lüfterantriebsgetriebe in Kläranlagen, Getriebe in Schwimmbaggern, Siebmaschinen in Kieswerken oder bei Stellantrieben von Schleusentoren) werden neben der biologischen Abbaubarkeit auch höhere Viskositätsklassen (ISO VG 150 bis 460) gefordert. Auch hier sind synthetische Ester mit ƒ

guten Verschleißschutzeigenschaften,

ƒ

verifiziertem Verhalten gegenüber Elastomeren und Buntmetallen sowie

ƒ

hoher Oxidations- und Hydrolysebeständigkeit

auf dem Markt verfügbar.

Hydrauliköle Zu den biologisch schnell abbaubaren Hydraulikflüssigkeiten liegen jahrzehntelange, umfangreiche Erfahrungen und eine breite Produktpalette vor. Sie bilden das größte Marktsegment der 'Bioöle'. Insbesondere für freibewitterte oder mobile Hydraulikanlagen, z. B. Erdbewegungsmaschinen, Kläranlagen, Schleusen, Schiffe, Fahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft wurden biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten entwickelt und mit dem BLAUEN ENGEL-Umweltzeichen (RAL ZU 79) ausgezeichnet. Weitere Anwendungsgebiete für biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten sind im Lebensmittelbereich und bei der Getränkeindustrie zu finden. Die Klassifizierung von biologisch schnell abbaubaren Hydraulikölen erfolgt anhand des verwendeten Grundöls nach ISO/DIN 15 380 in 4 Gruppen: 1.

Native Grundöle HETG: Hydraulic Oil Environmental Triglyceride (Umweltschonende Hydraulikflüssigkeit auf Rapsölbasis),

2.

Polyglykole HEPG: Hydraulic Oil Environmental Polyglycol (Umweltschonende Hydraulikflüssigkeit auf Polyglykolbasis),

3.

Synthetische Ester HEES: Hydraulic Oil Environmental Ester Synthetic (Umweltschonende Hydraulikflüssigkeit auf synthetischer Basis),

4.

PAO ’s und andere Kohlenwasserstoffe HEPR: Hydraulic Oil Environmental Polyalphaolefine and Related Products (Umweltschonende Hydraulikflüssigkeit auf Basis von Polyalphaolefine oder verwandeten Kohlenwasserstoffen).

Die Mindestanforderungen für biologisch schnell abbaubare Druckflüssigkeiten werden u.a. im VDMA-Einheitsblatt 24568 definiert (Viskositätsklassen, Dichtungsverträglichkeit, Tieftemperaturverhalten, Buntmetallverträglichkeit) sowie durch die Umstellungsrichtlinie im VDMA-Einheitsblatt 24569 / DIN 51524 ergänzt. Auf die verschiedenen Entsorgungswege von HETG und HEES und die unterschiedlichen Abfallschlüssel sei hier nur am Rande verwiesen.

38

2 Fluide und Fluideigenschaften

Maschinen mit Industriegetriebe

Verlustschmierung

und -hydraulik

Werkzeugmaschine Mobilhydraulik Fahrzeuggetriebe

andere

Verbrennungsmotoren

Bild 2-18:

Bioschmierstoffabsatz in Deutschland nach Anwendungsbereichen (ca. 4 – 5% vom Gesamtumsatz in 2000).

2.3.4.4 Anwendungsbeispiele Schiffsbetrieb Einige marktgängige, biologisch schnell abbaubare Hydrauliköle sind seit 1985 im Einsatz. 1992 wurde die Zentralstelle für Schiffs- und Maschinentechnik der Wasser und Schifffahrtsverwaltung damit beauftragt, zu untersuchen, welche umweltverträglichen Ersatzstoffe mineralölhaltigen Hydraulikflüssigkeiten ersetzen können. Auf Behördenschiffen werden seit Anfang der 1990-er Jahre verstärkt umweltfreundliche Betriebsstoffe eingesetzt. Die positiven Betriebserfahrungen und der zunehmend routinierte Umgang der Systemhersteller mit den synthetischen Estern hat z. B. in den von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) projektierten Schiffsneubauten, zu einem ständig anwachsenden Anteil der umweltfreundlichen Betriebsstoffe geführt: Einsatz als Druck- und Schmierstoff, in

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Ruder-, Verstellpropeller- und Bugstrahleranlagen, in Decksmaschinen sowie bei der Stevenrohrschmierung.

2.3 Biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten

39

Davit für Einsatzboot Assistenz- u. Proviantkran Bugankerwinde Heckverholspill

Davit für Arbeitsboot

Rudermaschine

Heckstrahlruder

Schottenschiebetür

Bugstrahlruder Flossenstabilisator

Bild 2-19: Anwendungsbereiche der Bio-Schmierstoffe auf dem BGS-Neubau 241 (2002).

Wasser- und Hafenbau Auch im Hafen- und Wasserbau werden biologisch schnell abbaubare Produkte bevorzugt eingesetzt. Hier können Referenzanlagen des Amts für STROM UND HAFEN der Freien und Hansestadt Hamburg und der Firma BILFINGER & BERGER exemplarisch genannt werden. Bei der Hubinsel ANNEGRET handelt sich um ein schwimmendes Arbeitsponton von 40 m Länge, 20 m Breite, 3 m Höhe mit 40 m langen Hubbeinen. Die 6 hydraulischen Verholwinden à 9 t Zugkraft und das Stelzensystem werden mit Hydroaggregaten betrieben. Für die hydraulischen Komponenten (Hubbeine und Winden) werden ca. 8000 l biologisch abbaubares Hydrauliköl (synthetischer Ester) eingesetzt. Für die Hubbeine und den Koker wird ein biologisch abbaubares Fett verwendet. Durch Nebenstromfiltration wird ein niedriger Wassergehalt des Hydrauliköls und Langzeiteinsatz sichergestellt. Die Kosten für Betriebsstoffe sind im Vergleich zu Mineralölen etwa doppelt so hoch. Der Einsatz biologisch abbaubarer Betriebsstoffe stellt jedoch eine Schutzmaßnahme zum Zwecke der Anlagensicherheit dar. Insgesamt ergeben sich die nachfolgenden Vorteile: ƒ

Erfüllung der gesetzlichen Pflichten des Anlagenbetreibers

ƒ

Reduzierung der Wartungskosten durch verlängerte Standzeiten

ƒ

weniger Altöl

ƒ

höhere Ausfall-/Betriebs- und Planungssicherheit

ƒ

geringeres Umwelt-Haftungsrisiko und damit günstigere Versicherungsprämien

ƒ

besseres Image.

40

2 Fluide und Fluideigenschaften

2.4 Druckluft Luft besteht im Wesentlichen aus 79 Vol.-% Stickstoff (N2), ca. 21 Vol.-% Sauerstoff (O2) und < 1% Edelgase. Die Druckluft muss frei von Partikeln sein und eine möglichst geringe Luftfeuchtigkeit besitzen.

2.4.1 Stoffwerte von Luft Die thermodynamischen Daten von Luft können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Tab. 2.8: Thermodynamische Daten von Luft bei 0 °C und kleinem Druck.

Eigenschaftsparameter

Symbol

Dichte

ρ=

p R⋅T

spez. Gaskonstante

R=

allg. Gaskonstante

ℜ M=

molare Masse Isentropenexponent kin. Viskosität (für 1 bar und 0...20 °C) 27 spez. Wärmekapazität (bei p = konst) spez. Wärmekapazität (bei V = konst)

Betrag

Dimension kg/m3

ℜ M

287

m 26 nL

J/kg K

8314,4

J/kmol K

29

kg / kmol

N Q0 Q10 Q20

13,28 · 10-6 14,18 · 10-6 15,10 · 10-6

cp cV

1,003 | 1 0,716

1,4 m2/s kJ/kg K kJ/kg K

2.4.2 Zustandsänderungen Bei pneumatischen Systemen ist die Dichte nicht konstant m ρ= ≠ konst V

(2.11)

es gilt näherungsweise die thermische Zustandsgleichung für ein ideales Gas p⋅V = n L⋅ℜ⋅T = m⋅ R⋅T

(2.12)

mit R = RLuft = c p − cv = 287

J kg ⋅ K

(2.13)

und κ=

26 27

cp cv

=1, 4

nL =Substanzmenge [mol, kmol] DUBBEL: Taschenbuch für den Maschinenbauer (15. Aufl.) S. 1356

(2.14)

2.4 Druckluft

41

Verallgemeinert kann geschrieben werden p⋅V n = konst

(2.15)

wobei der Polytropenexponent

n = 1 isotherme Zustandsänderung (Zeit für Wärmeaustausch ist ausreichend) und für n = N adiabatische Zustandsänderung (Wärmeaustausch kann nicht stattfinden) ist. Eine Zusammenstellung der wesentlichen Zustandsänderungen enthält die Tab. 2.9.

Tab. 2.9: Thermodynamische Zustandsänderungen eines idealen Gases (nach GIECK). Zustandsänderung Polytropenexponent n

Zustandsgleichung

Volumenänderungsarbeit 2 w1, 2

Techn. Arbeit wt1, 2

³

 p ˜ dv

³

 v ˜ dp 1

1

Isochore v=konst n=f Isobare p=konst n=0 Isotherme T=konst n=1 Isentrope s=konst n=N

Polytrope n = const.

p2 p1

T2 T1

Wärme q1,2 =

2

p

v ˜ p1  p 2

0

p-v-Diagr.

T

2

cvm ˜ T2  T1

R ˜ T1  T2

p ˜ v 2  v1

T2 T1

c pm ˜ T2  T1

0

R ˜ T2  T1

1

v1 v2

§ p · R ˜ T ˜ ln¨¨ 1 ¸¸ © p2 ¹

= w1,2

N

p2 p1

· N 1 cvm ˜ T1  T2 ¸¸ ª ¹ R ˜ T1 « § p2 N ˜ «1  ¨¨ § v1 · p N 1 ¨¨ ¸¸ « © 1 ¬ © v2 ¹

§ T2 ¨¨ © T1

T 1

= w1,2

· ¸¸ ¹

N 1 º N »

ª

N 1 º

N ˜ R˜T1 « § p2 · N » » N 1 ˜ «1 ¨¨ p ¸¸ » » « © 1¹ » ¼

wie Isentrope n statt N ersetzen

¬

¼

0

2 1

2

s

v T

1 2

1

2

v

p 1

cpm ˜ T1 T2

s

v

p p2 p1

2

1 p

v2 v1

T-s-Diagr.

s T

2

1 2

v beliebig

s

42

2 Fluide und Fluideigenschaften

2.4.3 Feuchte Luft Bei der Verdichtung von Luft und anschließender Rückkühlung entsteht Kondensat. Daher sollte Druckluft möglichst wenig Luftfeuchtigkeit enthalten. Der Massenstrom feuchter Luft enthält trockene Luft und Wasser

 =m  L +m  W = (1+ X )⋅m L m

(2.16)

darin ist

m

Masse der feuchten Luft, bestehend aus

mL Masse trockene Luft mW Masse der Luftfeuchtigkeit (Wasser) und X

absoluter Wassergehalt der Luft [kg/kg].

Die feuchte Luft erhält bei dieser Nomenklatur keinen Index, während die Teilkomponenten Luft (L) und Wasser (W) jeweils einen Index erhalten. Die Thermodynamik liefert für den Teilmassenstrom der trockenen Luft

( p − ϕ⋅ pS )⋅V p ⋅V  L= L = m RL ⋅T RL ⋅T

(2.17)

und für den absoluten Wassergehalt m pS (t ) X = W = 0,622⋅ p mL − pS (t ) ϕ

(2.18a)

wobei R 287 J / kg K 0,622 = L = RW 461 J / kg K

(2.18b)

mit

pL Partialdruck der trockenen Luft V Gesamtmassenstrom der feuchten Luft,

T Temperatur des Luftgemisches aus trockener Luft und Wasser, pS temperaturabhängiger Sättigungsdruck (aus der Dampftafel),

M relative Feuchte (z. B. durch Messung ermittelt), RL allgemeine Gaskonstante der trockenen Luft (287 J/kg K). Tab. 2.10 und Bild 2-20 enthalten die charakteristischen Daten im Sättigungszustand.

Tab. 2.10: Dampftafelauszug. Sättigungszustand Druck p Temp. t [bar abs.] [°C] 0.010 6.98 0.015 13.04 0.020 17.51 0.025 21.10 0.030 24.10 0.035 26.69 0.040 28.98 0.045 31.04 0.050 32.90 0.055 34.61 0.060 36.18 0.065 37.65 0.070 39.03 0.075 40.32 0.080 41.53 0.085 42.69 0.090 43.79 0.095 44.83 0.10 45.83 0.15 54.00 0.20 60.09 0.25 64.99 0.30 69.12 0.40 75.89 0.45 78.74 0.50 81.35 0.55 83.74 0.60 85.95 0.65 88.02 0.70 89.96 0.75 91.79 0.80 93.51 0.85 95.15 0.90 96.71 0.95 98.20 1.00 99.63 1.50 111.37 2.00 120.23 2.50 127.43 3.00 133.54 3.50 138.87 4.00 143.62 4.50 147.92 5.00 151.83 5.50 155.46 6.00 158.84 6.50 161.99 7.00 164.96 7.50 167.75 8.00 170.41 8.50 172.94 9.00 175.36 9.50 177.66 10.00 179.88

43

Temperatur t [°C]

2.5 Übungsbeispiele 200,00 180,00 160,00 140,00 120,00 100,00 80,00 60,00 40,00 20,00 0,00 0,000

2,000

4,000

6,000

8,000

10,000

12,000

Druck p [bar abs.] Bild 2-20: Dampfdruckkurve.

2.5 Übungsbeispiele 2.1

Auf welche Normtemperatur ist die Dichte von Hydraulikölen bezogen? Um wie viel Prozent ist das Volumen bei Betriebstemperatur (30 ... 55 ... 70 °C) größer ? Was ist bei hydraulischen Konstruktionen zu bedenken, damit diese Volumenänderungen keine Schäden verursachen (Volumenkorrekturfaktor D = 0,0007 K-1) ?

2.2

Ein Ölbehälter mit 100 Ltr. Füllung ist gegeben. (a) Welche Volumenzunahme ist vorhanden, wenn sich das Öl von 15 °C auf 65 °C erwärmt (D = 6,5 · 10-4 K-1) ? (b) Welche Druckzunahme im Ölbehälter wäre durch die Erwärmung vorhanden, wenn eine Volumenänderung nicht zugelassen wird ? (Kompressibilität E = 6,5 · 10-5 bar-1)

2.3

Wie groß ist die Volumenänderung, wenn sich der Öldruck durch einen Schaltvorgang von 0 auf 150 bar (Manometeranzeige) ändert. Wie groß ist diese Änderung in Prozent pro 100 bar ? Wie sehen die Verhältnisse mit und ohne begrenzende Rohrleitung (Stahl d = 20 mm, s = 1 mm) aus ? Durch welchen Terminus Technicus kann diese Eigenschaft beschrieben werden ? Vergleichen Sie die Ergebnisse mit den Kompressionseigenschaften eines lufthaltigen Öles !

2.4

Wie groß ist die Änderung der dyn. Viskosität an einer Drosselstelle mit einem Druckabfall von 100 bzw. 200 bar ? Der Viskositätsdruckkoeff. D sei 2,0 · 10-3 bar-1.

2.5

Eine leere Aufzugsbühne wird durch einen hydraulischen Zylinder mit der Kolbenfläche 5 cm2, 2 m hochgefahren und dann mit 1,53 t belastet. Um wie viel sinkt die Bühne aufgrund der Ölkompressibilität ab ?

2.6

Ein Öl mit der Dichte 900 kg/m3 hat bei Betriebstemperatur eine kinematische Viskosität von 25 mm2/s. Wie groß ist die dynamische Viskosität?

2.7

Gesucht ist das Luftaufnahmevermögen einer Hydraulikanlage mit 100 dm3 Ölvolumen bei 1 bar, 100 bar und 300 bar.

44

2 Fluide und Fluideigenschaften

2.8

In einigen Bereichen (Forst- und Landwirtschaft) sind biologisch schnell abbaubare Schmierstoffe vorgeschrieben. Welche Gruppen gibt es, aus welchen Grundölen bestehen sie ? Durch welche Mechanismen wird die biologische Abbaubarkeit begründet? Was ist beim „Umölen“ bestehender Anlagen gem. VDMA-Einheitsblatt zu berücksichtigen ?

2.9

Was versteht man unter Ölalterung ? Welche Faktoren begünstigen diesen Prozess ?

2.10

Durch Additivierung des Grundöls können die Eigenschaften beeinflusst werden. Was bewirken die nachfolgenden Zusätze (vgl. z. B. die Kurzbeschreibung des Laboröls HLP) ?    

2.11

Detergents / Dispersants (HD-Wirkstoffe) Oxidationsinhibitoren Verschleißinhibitoren (EP-Zusätze) VI-Impover.

Erklären Sie die Bedeutung der nachfolgenden Eigenschaften/Parameter eines Öles:     

Flammpunkt Verkokungsneigung Aschegehalt Stockpunkt / Pourpoint NZ.

2.12

Durch welche betrieblichen Vorgänge kann Hydrauliköl Wasser und Luft aufnehmen ? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus ? Wie können Wasser und Luft aus dem System evakuiert werden ?

2.13

Aus den Datenblättern verschiedener Aggregate werden Grenzviskositäten entnommen: Wegeventil: 2,8 ... 500 mm2/s; Servoventil 15 ... 380 mm2/s, Axialkolbenmotor 16 … 36 mm2/s; Flügelzellenpumpe: 13 … 860 mm2/s. Für das Hydraulköl HLP 68 sind die jeweiligen Grenztemperaturen (mininmale Kaltstarttemperatur und maximale Betriebstempertur) zu ermitteln (vgl. UBBELOHDE-Diagr. Bild 2-7).

2.14

Was bedeuten die nachfolgenden Normbezeichnungen ? Erklären Sie kurz die Systematik !      

HFC HLP ISO VG 46 API-SE SAE 10W40 SAE 80

45

3 Grundlagen der Fluidmechanik Der statische Druck p, den das ruhende Fluid auf eine Oberfläche ausübt, ist p=

F A

(3.1)

darin ist F eine Kraft

[N]

A die Fläche, auf die sich die Kraftwirkung verteilt.

[m2]

Gebräuchliche Einheiten sind PASCAL und bar: 1 bar =105

N m

2

=105 Pa

wobei

N m2

= Pa

3.1 Kontinuitätsgleichung Bei einer Rohrströmung gilt nach dem Erhaltungssatz der Masse

 = V ⋅ ρ= konst m

(3.2a)

 1=m 2 m

Im Anlagenbau ist es üblich, für den Volumenstrom V auch Q zu schreiben, dann wird mit der Strömungsgeschwindigkeit c und der Querschnittsfläche A der Rohrleitung V = Q = A⋅c

(3.2b)

Die Kontinuitätsgleichung erhält dann die Form A1 ⋅c1 ⋅ ρ1 = A2 ⋅c2 ⋅ ρ2

(3.2c)

wobei A

die Fläche des Strömungsquerschnittes (z. B.Rohrleitungsquerschnittsfläche)

c

die Strömungsgeschw.

[m/s]

U  m

die Dichte

[kg/m3]

der Massenstrom

[kg/s]

V = Q

der Volumenstrom

[m3/s] oder [Ltr/min].

die Indices 1 und 2 repräsentieren die unterschiedlichen Positionen auf einem Strömungsfaden.

46

3 Grundlagen der Fluidmechanik

3.2 Leistung / Energie / Satz von Bernoulli Aus der technischen Mechanik sind die nachfolgenden Energieformen bekannt: 1.

Bewegungsenergie / kinetische Energie 1 Wkin = m⋅c 2 2

2.

(3.3a)

Lagenergie / potentielle Energie W pot = m⋅ g ⋅h

3.

(3.3b)

Druckenergie (Verschiebearbeit): Thermodynamik und Strömungslehre liefern die Druckenergie (Verschiebearbeit). Wird unter Druckeinwirkung die Fläche A um den Weg 's verschoben, so ergibt sich mit der Vomenänderungsarbeit aus Kap. 2.4.2 bei gleich bleibendem Druck mit dem verschobene Volumen 'V ∆W p = F ⋅∆s = ( p⋅ A)⋅∆s = p⋅( A⋅∆s ) = p⋅∆V

4.

(3.3c)

Enthalpie H / innere Energie: Die thermische Bewegung der Moleküle in einem Fluid wird als innere Energie bezeichnet. Sie ist gleich der gespeicherten Wärmemenge und damit primär von der Temperatur abhängig. In der Thermodynamik wird die innere Energie Enthalpie H genannt und auf die Masse bezogen (h=H/m): Wi = H = h⋅m

hier ist

h

die spez. (massebezogene) Enthalpie

Die spezifische Enthalphie h ist von Druck und Temperatur abhängig: h = h(p,t) Nach dem Erhaltungssatz der Energie

W p +Wkin +W pot +Wi = konst

(3.3d)

gilt für eine Strömung an jeder beliebigen Stelle auf diesem Strompfad

W p1 +Wkin1 +W pot1 +Wi1 = W p2 +Wkin2 +W pot2 +Wi2 +∆WV

(3.3e)

darin beschreibt 'WV die Verluste zwischen den Punkten 1 und 2. Mit den o.g. Termen folgt 1 p⋅V + m⋅c 2 + m⋅ g ⋅h = konst. 2

wobei

V=

m ρ

(3.3f)

Bei instationären Anlauf- und Bremsvorgängen ist noch ein Integraltherm einzufügen, der den Beschleunigungsdruck beschreibt s

ρ⋅∫ 0

δc ds δt

(vgl. Beschleunigungsdruck, hydr. Induktivität – Kap. 3.4).

Bei hydraulischen Strömungsprozessen ist die Änderung der inneren Energie oft vernachlässigbar. Für inkompressible Medien (Dichte U | konst.) ergibt sich aus Gleichung (3.3f) durch Teilung mit m und Multiplikation mit U die BERNOULLI-Gleichung als Sonderfall des Energieerhaltungssatzes:

3.2 Leistung / Energie / Satz von Bernoulli p1 +

ρ 2 ρ c1 + ρ⋅ g ⋅h1 = p2 + c22 + ρ⋅ g ⋅h2 +∆pV 2 2

47

(3.4)

Darin ist 'pV

der Druckverlust zwischen den Punkten 1 und 2.

Man bezeichnet

p = pstat pdyn =

ρ 2 c 2

p+ = p +

ρ 2 c 2

statischer Druck

(3.5a)

dynamischer Druckanteil

(3.5b)

Totaldruck

(3.5c)

Leistung ist Arbeit pro Zeit. Durch Ableiten erhält man aus (3.3c) bei konstanter Kraft die mechanische Leistung Pmech =

dW ds = F ⋅ = F ⋅c dt dt

(3.6)

sowie die hydraulische Leistung

 = V ⋅∆p = Q⋅∆p Phyd = W

(3.7)

darin ist

F

Kraft in Richtung der Geschwindigkeit c

V = Q

Volumenstrom des inkompressiblen Mediums

∆p = p2 − p1

die Druckdifferenz zwischen Eintritt und Austritt

In Ausnahmefällen (bei geringen Druckänderungen) kann die Strömung auch in der Pneumatik als quasi-inkompressibel angesehen werden. Bei pneumatischen Strömungsprozessen ist gewöhnlich die Höhendifferenz vernachlässigbar, während die Änderung der inneren Energie zu berücksichtigen ist. Für kompressible Medien (Pneumatik) ist daher die Anwendung der Totalenthalpie h+ aus der Thermodynamik sinnvoller. Die Totalenthalphie h+ ist die Summe aus spezifischer innerer Energie h(p,t) und spezifischer kinetischer Energie: h+ = h( p, t ) +

c2 2

Totalenthalphie

(3.8a)

Auf einem Strömungsfaden bleibt die Energie erhalten. Die Totalenthalpie wird lediglich durch die etwaigen Verlust 'hV verringert: h1+ = h+ 2 +∆hV

(3.8b)

Strömungsverluste werden in Wärme umgesetzt ∆hV = q12

(3.8c)

48

3 Grundlagen der Fluidmechanik

so dass der Energiesatz für kompressible Strömungen lautet: ⎛ c2 ⎞ ⎛ c2 ⎞ ⎜ h1 + 1 ⎟=⎜ h2 + 2 ⎟+∆hV ⎜ ⎜ 2⎟ 2⎟ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠

(3.8d)

Die pneumatische Leistung ist dann

 ⋅∆h P=m

(3.9)

mit

 m ∆h

Massenstrom der Luft Enthalphiedifferenz

3.3 Druckverluste (Strömungsverluste R) Aufgrund von Zähigkeitseffekten kommt es durch innere Reibung in Strömungen in den Rohrleitungen und an Einbauten zu Druckverlusten. Die Strömungsverluste steigen i. A. mit dem Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit c an. Bezugsgröße ist daher der dynamische Druck am Eintritt einer Strömung pdyn. Als Proportionalitätskonstante wird der Widerstandsbeiwert ] eingeführt28: ρ ∆ pV = ζ⋅ c 2 2 N

(3.10)

pdyn

Der Widerstandsbeiwert ] hängt von der Oberflächenbeschaffenheit, der Geometrie und vom Strömungszustand ab. Der Strömungszustand (laminare oder turbulente Strömung) wird durch die REYNOLDs-Zahl charakterisiert: Re =

c⋅ d ν

darin ist

c Strömungsgeschwindigkeit (am Eintritt c1), d eine charakteristische Länge (bei Rohrleitungen der Durchmesser d) und Q die kinematische Viskosität des Fluids.

28

Beim Pkw ist dieser Widerstandsbeiwert der cW-Wert.

(3.11)

3.3 Druckverluste (Strömungsverluste R)

49

3.3.1 Strömungsverluste in geraden Rohrleitungen Bei geraden Rohrstücken berechnet sich der Widerstandsbeiwert nach der Gleichung ζ = λ⋅

l d

(3.12a)

wobei

l Länge der Rohrleitung d Durchmesser der Rohrleitung und O der Rohrwiderstandsbeiwert ist. Der Rohrwiderstandsbeiwert O ist wiederum vom Strömungszustand (repräsentiert durch Re) und der relativen Rohrrauhigkeit (d/k) abhängig. d λ = f (Re, ) k

(3.12b)

Konkrete Werte können über Bild 3-1 ermittelt werden.

O

k· § ¨1,14  2 ˜ lg ¸ d¹ ©

2

rau-turbulente Strömung 0,06

Rohrwiderstandsbeiwert O

0,05

relative Rauhigkeit d/k = 100

0,04

200

0,03

O

64 Re

500 1000

0,02 0,018 0,016

hyd r.

0,014

O

0,012

2000 glat te

0,3164

s Ro

hr k =

0

Re 0, 25

0,010

103

2

3

4

5 6

8 104

2

3

4 5 6

8

105

2

3

4 5 6

Re

laminare

turbulente Strömung

Rekrit = 2300 Bild 3-1: Rohrwiderstandsbeiwert in Abhängigkeit von Re und (d/k).

c˜d

Q

8

106

50

3 Grundlagen der Fluidmechanik Rohrströmungen:

laminare Strömung Re < 2300 O = 64 /Re

mittl. Geschw.

turbulente Strömung Re > 2300 im Übergangsbereich O = f(k/d, Re) für große Re, d.h. rau, turbulente Strömung O = f(k/d) mittl. Geschw.

c | 0,6 ˜ cmax

c | 0,8 ˜ cmax

Bild 3-2: Strömungsprofil und charakteristische Größen der laminaren und turbulenten Rohrströmungen.

Für den in der Hydraulik oft vorliegenden Fall der laminaren Strömungen ist der Rohrwiderstandswert nach dem Gesetz von HAGEN-POISSEULLE λ=

k1 Re

(3.12c)

In kreisförmigen Querschnitten (Rohrleitungen) ist insbesondere k1 = 64 ,

(3.12d)

für eine Kugel ist k1 = 24. Für nicht kreisförmige Querschnitte (z. B. im Leckspalt eines Ventils) ist k1 der Literatur zu entnehmen29 und als charakteristische Länge der hydraulische Durchmesser dh =

4⋅ A U

(3.13)

einzusetzen. Darin ist A die Querschnittsfläche und U der Umfang des Strömungsprofils. Mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung und dem Rohrwiderstandsbeiwert für gerade Rohre ergibt sich damit ⎛ l⎞ ρ ⎛ 64 l ⎞ ρ ⎛ 64⋅ν l ⎞ ρ 2 ⎛ 64⋅ν⋅l ρ ⎞ ρ ∆pV = ζ⋅ c 2 =⎜ λ⋅ ⎟⋅ ⋅c 2 =⎜ ⋅ ⎟⋅ ⋅c 2 =⎜ ⋅ ⎟⋅ ⋅c =⎜ ⋅ ⎟⋅c ⎝ d⎠ 2 ⎝ Re d ⎠ 2 ⎝ c⋅d d ⎠ 2 ⎝ d2 2 2⎠

für kreisförmige Rohrquerschnitte

29

z. B. Will, Ströhl (1999) Seite 50/51.

3.3 Druckverluste (Strömungsverluste R)

51

⎛ 64⋅ν⋅l ρ ⎞ ⎛ Q ⎞ ⎛ 4⋅64⋅ν⋅l ρ ⎞ ∆pV =⎜ ⋅ ⎟⋅⎜ ⎟=⎜ ⋅ ⎟⋅Q = Rlam ⋅Q ⎝ d2 2 ⎠ ⎝ A ⎠ ⎝ d 4 ⋅π 2⎠

(3.14a)

∆pV ~ c ~ Q

(3.14b)

bzw.

Bei einer laminaren Rohrströmung (Re < 2320) sind die Druckverluste proportional zur Strömungsgeschwindigkeit (Volumenstrom Q) und zur Rohrlänge l sowie umgekehrproportional zur 4. Potenz des Durchmessers! In Analogie zur Elektrotechnik wird Rlam als laminarer Rohrwiderstand bezeichnet. In der Pneumatik liegt oft der Fall einer rau-turbulenten Strömung vor. D.h. der Rohrwiderstandswert O ist nur noch von der relativen Rauigkeit (d / k ) und nicht mehr von der REYNOLDs-Zahl abhängig (rechter oberer Bereich im Diagramm nach Bild 3-1). In diesem Fall werden die Druckverluste: ⎛ l⎞ ρ ρ ∆pV = ζ⋅ c 2 =⎜ λ⋅ ⎟⋅ ⋅c 2 ⎝ d⎠ 2 2

(3.15a)

für kreisförmige Rohrquerschnitte ⎛ l ⎞ ρ ⎛ Q ⎞2 ⎛ l ρ 4 ⎞ ∆pV =⎜ λ⋅ ⎟⋅ ⋅⎜ ⎟ =⎜ λ⋅ ⋅ ⋅ 2 ⎟⋅Q 2 = Rturb ⋅Q 2 ⎝ d ⎠ 2 ⎝ A⎠ ⎝ d 2 d π⎠

(3.15b)

∆pV ~ c 2 ~ Q 2

(3.15c)

bzw.

Es ergibt sich eine quadratische Abhängigkeit der Druckverluste vom Durchsatz Q ! In Analogie zur Elektrotechnik ist Rturb der turbulente Rohrwiderstand.

52

3 Grundlagen der Fluidmechanik

3.3.2 Strömungsverluste an Einbauten und Ventilen Die Verluste an Einbauten und Ventilen sind oft von der REYNOLDs-Zahl unabhängig. Den einschlägigen Tabellenwerken können geeignete Zahlenwerte entnommen werden. Nachfolgend dazu einige exemplarische Beispiele als Anhaltswerte: Tab. 3.1: Anhaltswerte für Verlustziffern ].

Einbauteil Eintritts- und Austrittsverluste

Widerstandswert ]

Beschreibung scharfkantiger Einlauf gerundeter Eintritt Auslauf

0,5 0,1 ... 0,25 1 ... 2

Einbauten (voll geöffnet)

Durchgangsventil Eckventil Schieber Hahn

5 ...8 3 ... 7 0,2 ... 0,3 0,1 ... 0,3

Verzweigungsverluste

Stark abhängig vom Volumenstromverhältnis und Abzweigungswinkel

Querschnittsänderungen

langsame Erweiterung

⎡⎛ ⎞2 ⎤ A ⎢ 0, 2⋅ ⎜ 2 ⎟ −1⎥ ⎢ ⎥ ⎣⎝ A1 ⎠ ⎦

langsame Verengung

0,05

Filter

Abhängig von der Filterfeinheit, Flächenverhältnis und Verschmutzungsgrad

0 ... 1

1 ... 10

Tab. 3.2: Anhaltswerte für Verlustziffern bei Rohrkrümmern.

Krümmungsradius r = Innendurchmesser d glattes Rohr, Kümmerwinkel

30° 45° 90° rauhes Rohr, Kümmerwinkel 90°

2

5

10

0,06 0,09 0,14 0,30

0,05 0,07 0,11 0,21

0,05 0,07 0,09 0,20

Im Allgemeinen ergibt sich ein quadratischer Zusammenhang für die Druckverluste an Einbauten, die Verlustwerte sind REYNOLDs-Zahl unabhängig. Mit der Kontinuitätsgleichung folgt 2 ρ ρ⎛ Q ⎞ ⎛ ρ 1 ⎞ ∆pV = ζ⋅ c 2 = ζ⋅ ⎜ ⎟ =⎜ ζ⋅ ⋅ 2 ⎟⋅Q 2 2 2⎝ A ⎠ ⎝ 2 A ⎠

(3.16)



R

Da die Klammer auf der rechten Seite nur von Stoffwerten und den geometrischen Verhältnissen des Einbauteils abhängig ist, geben Hersteller die Verluste bevorzugt als Strömungswiderstand R an:

3.3 Druckverluste (Strömungsverluste R) Rturb =

53

∆pV

(3.17)

Q2

In der Hydraulik enthalten die Datenblätter der Wegeventile i. A. ein parabelförmiges Diagramm, mit deren Hilfe der Konstruktionsparameter R des Ventils bestimmt werden kann. In der Pneumatik wird dagegen nur ein Nenndurchfluss (z. B. 500 Ltr/min) angegeben. Dieser bezieht sich immer auf eine Druckdifferenz von 6 bar bei Normbedingungen (20 °C, 1 bar); vgl. Abschn. 4.5.2. Für eine Vielzahl von Einbauten ist die Berechnung des Widerstandsverhaltens über R daher praxisnäher als über ]. Aufgrund der o.g. Abhängigkeiten gilt für ∆pv = Rlam ⋅Q

(3.18a)

und für turbulente Strömungen

∆pv = Rturb ⋅Q 2

(3.18b)

Druck p [bar]

laminare Strömungen

Widerstand R = konst

Druckverluste ρ ∆ pV = ζ⋅ c 2 ~ Q 2 2

Volumenstrom Q [Ltr/Min] Strömungsgeschwindigkeit

c

Q A

Bild 3-3: Druckverlustkennlinie eines hydraulischen Einbauteils.

3.3.3 Reihen- und Parallelschaltung von Ventilen und Einbauten Bei einer Reihenschaltung von Rohrleitungen und Einbauten fließt durch alle Bauteile der gleiche Volumenstrom Qges = Q1 = Q2 = ... = Qn

(3.19a)

die Druckverluste addieren sich ∆pges = ∆p1 +∆p2 +...+∆pn

(3.19b)

für den Gesamtwiderstand erhält man durch Einsetzen von (3.18) in (3.19b) für inkompressible Medien Rges = ∑ Ri = R1 + R2

(3.20)

(vgl. Analogie zur Elektrotechnik!). Für kompressible Medien ändert sich von Stufe zu Stufe der Volumenstrom. Der Massenstrom bleibt konstant; vgl. Kap. 4.5.2.

54

3 Grundlagen der Fluidmechanik

Bei einer Parallelschaltung von Rohrleitungen und Einbauten teilen sich die Volumenströme auf Qges = Q1 + Q2 +...+ Qn

(3.21a)

Sind die Bauteile auf beiden Seiten miteinander verbunden (kommunizierendes System), so findet über alle Bauteile der gleiche Druckabfall statt

∆pges = ∆p1 = ∆p2 = ... = ∆pn

(3.21b)

für die Strömungswiderstände der Einbauten erhält man nun durch Einsetzen von (3.18) in (3.21a) bei laminarer, inkompressibler Strömung 1 1 1 1 =∑ = + Rlam ges Ri R1 R2

(3.22a)

In Analogie zur Elektrotechnik ist es in diesem Fall einfacher mit dem Leitwert G zu rechnen. G=

1 = ∑ Gi R

also

Q = G ⋅∆pv

(3.22b)

Bei einer Parallelschaltung von turbulenten Bauteilen folgt wegen (3.18) 1 Rturb ges

=∑

1 1 1 = + Ri R1 R2

(3.22c)

Hinweis: Die Zusammenhänge nach (3.18) bis (3.22) gelten für inkompressible Medien (Q = konst.). Im Falle eines Pneumatiksystems ist zu bedenken, dass sich z. B. der Volumenstrom bei einer Reihenschaltung von Stufe zu Stufe ändert¸ vgl. Kap. 4.5.2. Reihenschaltung

'pV

Q ges 'p ges

Q1

Q2

'p1  'p 2

Q Parallelschaltung

'pV

Q ges 'p ges

Q

Bild 3-4: Reihen- und Parallelschaltung von Einbauten.

Q1  Q2 'p1

'p 2

3.4 Trägheitswirkung (Induktivität L)

55

3.4 Trägheitswirkung (Induktivität L) Durch die Beschleunigungen und Verzögerungen des Fluids und der mitbewegten Bauteile kann es zu erheblichen, dynamischen Zusatzbelastungen im System kommen (bis zur Anlagenzerstörung). Nach dem dynamischen Grundgesetz der Mechanik gilt für geradlinige (translatorische) Bewegungen:

∑ F = m⋅x

(3.23)

darin ist m

Masse Beschleunigung der Masse

x = a

∑F

Kraftwirkung aller äußeren Kräfte.

Die Beschleunigungen und Verzögerungen werden durch die Trägheitsgrößen behindert (Masse m bei translatorischen Bewegungen, Massenträgheitsmoment J bei rotatorischen Bewegungen).

3.4.1 Beschleunigung des Fluids Die Beschleunigung einer Flüssigkeitssäule in einer Rohrleitung erfolgt durch die Druckdifferenz p21 ='p = p2 – p1 .

(3.24)

Das 2. NEWTONsche Gesetz der Mechanik liefert nach (3.23) d

∑ F = p21⋅ A = dt (m⋅c ) = m⋅x

(3.25)

darin ist p21 A m

Druckwirkung zur Beschleunigung (Beschleunigungsdruck) oder Druckwirkung zur Verzögerung (Verzögerungsdruck). Rohrleitungsquerschnitt Masse des Fluids.

Druckwirkung und Beschleunigung der Flüssigkeitssäule sind also (zu jedem Zeitpunkt) proportional: p21 (t ) =

m ⋅x (t ) A

(3.26)

Liegt an einer Rohrleitung eine Druckdifferenz an, so wird die Flüssigkeitssäule beschleunigt (Beschleunigungsdruck). Im Umkehrschluss kommt es bei Verzögerung der Flüssigkeitssäule (z. B. durch Schließen eines Ventils) durch die Trägheitswirkung zu einem Druckanstieg (Verzögerungsdruck).

56

3 Grundlagen der Fluidmechanik

3.4.2 Induktivität L einer Rohrleitung Ist eine Rohrleitung der Länge l mit dem Querschnitt A mit einem Fluid der Dichte U befüllt, so erfährt der Inhalt eine Beschleunigung x aufgrund der Druckdifferenz p21 A⋅l ⋅ ρ⋅x = p21 ⋅ A

(3.27)

Mit der zeitlichen Änderung des Volumenstromes Q (Beschleunigung oder Verzögerung im Zeitintervall dt) dQ d  = ( A⋅x ) = Q dt dt

mit

x = c

(3.28)

kann eine Proportionalitätskonstante L zwischen der Druckwirkung und dem Volumen- oder Massenstromänderung in der Rohrleitung gefunden werden: p21 =

l⋅ ρ d l⋅ ρ d l ⋅ ρ  l ⋅ ρ  l m ⋅ ( A⋅x ) = ⋅ Q= ⋅Q = ⋅V = ⋅ A dt A dt A A A N N L

(3.29)

L'

In Analogie zur Elektrotechnik wird die Trägheitsgröße L als hydraulische Induktivität bezeichnet: p l⋅ ρ m L = 21 = = 2 A Q A

(3.30a)

darin ist m A p21  Q

die Masse des Fluids in der Rohrleitung die Querschnittsfläche der Rohrleitung die Druckdifferenz zwischen Eintritt- und Austritt der Rohrleitung die Beschleunigung oder Verzögerung des Volumenstrom Q aufgrund der Druckdifferenz

In einer Simulationsrechnung lässt sich der aktuelle Volumenstrom Q der beschleunigten oder verzögerten Strömung durch Integration der Druckwirkung bestimmen: Q(t ) =

1 ∫ p21⋅dt L

(3.30b)

Wird die Masse als Bezugsgröße gewählt (pneumatische Induktivität) so folgt: L '=

∆p21 l = m A

und

 (t ) = m

1 ∫ p21⋅dt L'

(3.30c)

3.4.3 Berücksichtigung der Trägheit von mitbewegten Bauteilen Auch das Trägheitsverhalten der Hydromotoren (Arbeitszylinder und Rotationsmotoren) und der zu bewegende Baugruppen und Anlagenteile kann durch eine Induktivität beschrieben werden. Dabei wird die Trägheit von den angehängten, mitbewegten Bauteilen zur Masse des Fluids addiert. Oft ist es so, dass die Masse des Fluids gegenüber der angehängten Masse vernachlässigt werden kann, so dass man über Gleichung (3.30) für translatorische Antriebe (Zylinder, Linearmotor) zu einem analogen Ergebnis kommt:

3.4 Trägheitswirkung (Induktivität L)

Ltrans =

m 2

A

und

Q(t ) =

57 1 ∫ p21⋅dt L

(3.31)

Darin ist

m Ersatzmasse für Fluid und angehängte, mitbewegte Massen, A die Fläche, für die der Volumenstrom Q berechnet wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass die hier einzusetzende Ersatzmasse (reduzierte Masse) die gleiche kinetische Energie besitzt, wie alle mitbewegten Massen (Fluid im Zylinder, Fluid im der Rohrleitung und angetriebene Massen) des realen Systems. Die Ersatzmasse wird also über die Energiegleichung (3.3a) berechnet; vgl. auch Kap. 4.6 – Gl. (4.70).

3.4.4 Berücksichtigung der Trägheit bei rotatorischen Hydraulikantrieben Für Drehbewegungen wird die Trägheitswirkung durch das Massenträgheitsmoment J beschrieben:

 ∑ M = J ⋅ϕ

(3.32)

darin ist

J

Massenträgheitsmoment

ϕ

Winkelbeschleunigung der Drehbewegung.

∑M

Momentenwirkung aller äußeren Momente

Bei rotatorischen Antrieben wird das gesamte Massenträgheitsmoment J der rotierenden Bauteile und Maschinenelemente auf die Abtriebswelle des Rotationsmotors reduziert. 30 Für rotierende Hydraulikmaschinen folgt aus der Leistungsbilanz, hier am Beispiel eines Hydromotors: P = M ⋅ω= Phyd ⋅η= (V ⋅∆p )⋅η

(3.33)

mit der Winkelgeschwindigkeit ω= 2⋅π⋅n

darin ist

M

Drehmoment des Motors dϕ Winkelgeschwindigkeit ω= dt n Drehzahl des Motors K Wirkungsgrad des Motors

30

V = Q

Volumenstrom in den Motor

'p

Druckdifferenz am Motor

Will, Ströhl (1999) Seite 66.

(3.34)

58

3 Grundlagen der Fluidmechanik

Definiert man das Hub- oder Schluckvermögen des Motors VH in m3 pro Umdrehung, so folgt zunächst für das Drehmoment aus (3.33) M=

(VH ⋅∆p ) 2⋅π⋅1

⋅η

(3.35a)

gleichzeitig ist VH 2⋅π⋅1 2 π 2π = = = dϕ 2⋅π⋅n Q ω dt

(3.35b)

so dass

ϕ=

2π  Q. VH

(3.35c)

Setzt man dies in die dynamische Gleichung (3.32) ein

M=

(VH ⋅∆p ) 2⋅π⋅1

 J ⋅ ⋅η= J ⋅ϕ=

2π  Q VH

(3.35d)

mit J als dem Trägheitsmoment aller rotierenden Bauteile, so folgt ⎛ 2 π ⎞2  ∆p = J ⋅⎜ ⎟Q ⎝ VH ⎠

(3.35e)

und somit für die Induktivität der rotierenden Maschinen ⎛ 2⋅π⋅⎞2 Lrot = J⎜ ⎟ ⎝ VH ⎠

und

Q=

1 Lrot

∫ pa ⋅dt

(3.36)

I. A. sind die Trägheitskräfte bzw. die Induktivitäten der angehängten Bauteile Ltrans und Lrot wesentlich größer als die hydraulische Induktivität L des zu beschleunigenden Fluids, so dass dieser Anteil oft vernachlässigt werden kann.

3.5 Kompressibilität (Kapazität C) Durch eine Kraftwirkung kommt es zur elastischen Deformationen der Volumenbegrenzung (Gefäßelemente, Zylinder, Rohrleitungen, vgl. Kap. 4.8.1) und Kompression des Fluids. Das Fluid hat dann potentielle Energie gespeichert. In Analogie zur Elektrotechnik wird hierfür der Begriff Kapazität C eingeführt.

3.5.1 Kapazität C Die hydraulische Kapazität C ist definiert als Volumenänderung pro Druckänderung, C=

∆V dV = ∆p dp

[Ltr/bar]

Für Hydrauliköle folgt nach Gl. (2.3a) mit der Kompressibilität K bzw. der Pressziffer E

(3.37)

3.5 Kompressibilität (Kapazität C) CFl =

59

∆V V = =V ⋅ β ∆p K

(3.38)

Der Ausdruck ist für Öle stark vom gewählten Volumen V abhängig. Da Luft kompressibel ist und wie ein ideales Gas behandelt werden kann, ist es sinnvoller, die pneumatische Kapazität auf die Masse zu beziehen: C=

 m m V = = p p R⋅T

(3.39)

3.5.2 Hydraulische Kapazität einer Rohrleitung Bezeichnet man den Eintrittsvolumenstrom einer Rohrleitung mit Q1 und den Austrittsvolumenstrom mit Q2 so wird aufgrund der Kompressibilität ein Volumenstrom 'Q gespeichert ∆Q = Q2 − Q1 = Q21

(3.40)

Durch Einführung der zeitlichen Ableitungen dp = p dt

dV = ∆V = ∆Q dt

und

folgt aus Gl. (3.38) für den gespeicherten Volumenstrom ∆Q =

V ∆p ⋅ = CFL ⋅ p K dt N

p=

bzw.

1 CFL

∫ Q21⋅dt

(3.41)

CFL

In einer Hydraulikanlage setzt sich C aus der hydraulischen Kapazität des Fluids CFl, der Leitungsaufweitung CLtg und ggf. vorhandenen Druckflüssigkeitsspeichern CSp zusammen: C = CFl + CLtg + CSp

(3.42a)

Wobei CFl =

V =V ⋅ β K

mit

CLtg

β=

1 K

Pressziffer

(3.42b)

für Rohrleitungen i. A. vernachlässigbar (vgl. Kap. 4.8.1 Ersatzkompressionsmodul K’) für Schlauchleitungen gem. Herstellerangaben. 1

V ⎛ p ⎞n CSp = 0 ⎜ 0 ⎟ n⋅ p⎝ p ⎠

vgl. Kap. 4.8.2 mit

p0 p V0 n

(3.42c)

Gasfülldruck Flüssigkeitsdruck = Gasdruck, Speichergröße Polytropenexponent (isotherm n = 1, polytrop n = 1,4)

60

3 Grundlagen der Fluidmechanik Q

Reibungsverluste p2

p1

'p21

Rlam ˜ Q

'p21

Rturb ˜ Q 2

Q(t)

Trägheitswirkung p1

p2

Q1

Q2

Q(t )

1 'p 21 ˜ dt L

³

Kompressibilität p1

p2

'p 21

1 Q21 ˜ dt C FL

³

1 C FL

³ Q

2

 Q1 ˜ dt

Bild 3-5: Zusammenfassung: Widerstand, Trägheitswirkung und Kompressibilität der Rohrströmung.

3.6 Kraftwirkungen strömender Flüssigkeiten / Impulssatz Nach dem Impulssatz der Mechanik gilt

G

dF =

G

G

d (m⋅c ) dm G dc = ⋅c + m ⋅ dt dt dt

(3.43a)

wobei die zeitliche Änderung der Geschwindigkeit bei stationären Strömungen

G

dc =0 . dt

(3.43b)

Der erste Term repräsentiert den Massenstrom dm  = ρ⋅Q =m dt

so dass

G

G

F = ∫ dF = ∫

(3.43c)

G

d ( m ⋅c ) G G G G G  ⋅c 12 = m  ⋅c2 − m  ⋅c1 = I 2 − I1 =m dt

(3.43d)

Das Produkt aus Massenstrom und Strömungsgeschwindigkeit wird Impuls I genannt. Der Impuls erzeugt eine Kraftwirkung („Rückstoß der Strömung“). Unter Berücksichtigung von Druck- und Geschwindigkeitsunterschieden zwischen Eintritt (1) und Austritt (2) ergibt sich vektoriell (!): G G G G G G G G G  ( c2 − c1 ) = ( p2 + ρ2 ⋅c22 )⋅ A2 − ( p1 + ρ1 ⋅c12 )⋅ A1 F = p2 ⋅ A2 − p1 ⋅ A1 + m

3.7 Leckverluste / Volumenstrom durch Drosselung Q

61

p2 A2 c2 .

I2= m . c2

I2

F = I2 – I1

p1

- I1

.

A1

I1= m . c1

c1

Bild 3-6: Kraftwirkung / Impulssatz.

3.7 Leckverluste / Volumenstrom durch Drosselung Q Ist der Druck vor und hinter einer Drosselstelle/Leckstelle mit der Querschnittsfläche AD bekannt, so gilt nach Gl. (3.10) p1 − p2 = ∆p = ζ

ρ 2 c 2

(3.44a)

durch Einsetzen der Kontinuitätsgleichung und Umstellen nach dem Volumenstrom Q ergibt sich für ein inkompressibles Medium (Hydraulik) die Blendengleichung Q = AD ⋅c = α⋅ AD ⋅

2⋅∆p ρ

(3.44b)

Darin berücksichtigt die Durchflusszahl D den Einfluss von Reibung und Geschwindigkeitsverteilung sowie Turbulenzen an der Blende mit der Querschnittsfläche AD: α=

1 = f ( AD , Re) ζ

(3.44c)

Leckverluste oder Volumenströme durch Drosselstellen können also durch Umkehrung der Ergebnisse aus Kapitel 3.3.1 berechnet werden.

3.7.1 Leckströmungen infolge von Druckdifferenzen im parallelen Spalt Es wird von einer laminaren Strömung in einem Spalt der Länge l, der Breite b und der Höhe h ausgegangen. Nach dem STOKEschen Gesetz stellt sich dabei ein parabolisches Strömungs-

62

3 Grundlagen der Fluidmechanik

profil ein, wobei die mittlere Strömungsgeschwindigkeit etwa 67 % des Maximalwertes beträgt. Bild 3-7 veranschaulicht die Verhältnisse. 31 l

y p2

p1

W(y)

c(y) bei laminarer Strömung nach STOKE parabolisches Strömungsprofil mit c 0,67 ˜ c max

Bild 3-7: Laminare Spaltströmung und Schubspannungsverteilung.

Nach dem NEWTONschen Reibungsgesetz (2.4) sind Geschwindigkeitsgefälle und Schubspannung proportional: τ = η⋅ D

mit dem Geschw.-Gefälle

D=

dc dy

und den Stoffdaten η= ν⋅ ρ

Da das Geschw.-Profil nach dem STOKEschen Gesetz parabolisch ist, muss der Schubspannungsverlauf linear sein. Für die Schubspannungen gilt gleichzeitig aufgrund der wirkenden Kräfte F ∆p⋅( y⋅b ) y τ= = = ∆p ⋅ . (l ⋅b ) A l Die Schubspannung ist der Strömungsrichtung entgegengesetzt, so dass τ ( y ) = η⋅

dc y =−∆p⋅ . dy l

Durch Integration über das halbe Strömungsprofil (vgl. Koordinatensystem in Bild. 3-7) liefert diese Differentialgleichung c( y )

c( y ) =

∫ 0

∆p dc =− η⋅l

y

∫ −

h 2

∆p y 2 y⋅dy =− ⋅ η⋅l 2

y −

h 2

so dass das Strömungsprofil durch die nachfolgende Gleichung beschrieben werden kann: 31

Findeisen (1994) S. 131 f.

3.7 Leckverluste / Volumenstrom durch Drosselung Q

c( y ) =−

63

∆p ⎡ 2 h 2 ⎤ ⋅⎢ y − ⎥ 2⋅η⋅l ⎣ 4 ⎦

Der Maximalwert der Strömungsgeschwindigkeit liegt bei y = 0 und beträgt cmax =

∆p ⋅ h 2 8⋅η⋅l

(3.45a)

Den Leckstrom Q für den parallelen ebenen Spalt erhält man durch Integration über das Geschwindigkeitsprofil: h 2

h 2⎛ h2

h/2

⎞ 2b⋅∆p b⋅∆p⎛ h 2 y3 ⎞ ⎜ ⎜ − y2 ⎟ Q = 2∫ c( y )⋅b⋅dy = dy = y− ⎟ ∫ ⎜ ⎟ ⎜ ηl ⎝ 4 2 ηl 0 ⎝ 4 3⎟ ⎠ ⎠ 0

0

so dass Q=

b⋅h3 ⋅∆p ∆p = = G ⋅∆p . 12⋅η⋅l Rlam

(3.45b)

Darin ist b h l

K 'p R G

Spaltbreite Spalthöhe Spaltlänge dyn. Viskosität des Fluids Druckdifferenz über dem Spalt Rohrwiderstand Leitwert des Rohrwiderstandes

Die daraus resultierende Verlustleistung ergibt sich aus der Leistungsbilanz zu PV = ∆p⋅Q =

b⋅h3 ⋅∆p 2 = Q⋅ ρ⋅c p ⋅∆ϑ 12⋅η⋅l

(3.46a)

da diese Verluste direkt in Wärme umgesetzt werden, lässt sich aus der Wärmebilanz die Temperaturerhöhung des Fluids berechnen: ∆ϑ =

∆p cp ⋅ ρ

(3.46b)

Hinweis: Die Temperaturerhöhung ist nur von der Druckdifferenz, nicht aber vom Volumenoder Massenstrom abhängig!

64

3 Grundlagen der Fluidmechanik

3.7.2 Leckstrom im Ringspalt Setzt man für die Spaltbreite den mittleren Spaltumfang b = π⋅d m so folgt für den konzentrischen Ringspalt direkt aus Gl. (3.45b) Q=

π⋅d m ⋅h3 ⋅∆p ∆p = = G ⋅∆p Rlam 12⋅η⋅l

(3.47a)

Die Herleitung für den Leckstrom im exzentrischen Ringspalt ist etwas aufwendiger. Die Lösung wird hier vollständigkeithalber angegeben. Die Analogie zum konzentrischen Ringspalt ist deutlich erkennbar: Q=

π⋅d m ⋅h3 ⋅∆p ⋅ 1+1,5⋅ε3 = G ⋅∆p 12⋅η⋅l

(

)

e ε= = 0...1 h

mit

(3.47b)

3.7.3 Leckströmungen in röhrenförmigen Strömungskanälen In kleinen Strömungskanälen von Hydraulikventilen stellt sich nach dem Gesetz von HAGENPOISSEULLE (vgl. Gl. (3.12) und (3.14) in Kap. 3.3.1) eine laminare Strömung ein ζ=

64 l ⋅ Re d

Re =

c⋅d ν

ν=

η ρ

c=

Q = x A

(3.48a)

so dass ⎛ l⎞ ρ ⎛ 64 l ⎞ ρ ρ ∆pV = ζ⋅ c 2 =⎜ λ⋅ ⎟⋅ ⋅c 2 =⎜ ⋅ ⎟⋅ ⋅c 2 ⎝ d⎠ 2 ⎝ Re d ⎠ 2 2 ⎛ 64⋅ν l ⎞ ρ 2 ⎛ 128⋅ν⋅l ⋅ ρ ⎞ =⎜ ⋅ ⎟⋅ ⋅c =⎜ ⎟⋅Q ⎝ c⋅ d d ⎠ 2 ⎝ d 4 ⋅π ⎠

(3.48b)

⎛ d 4 ⋅π ⎞ Q =⎜ ⎜ 128⋅η⋅l ⎟ ⎟⋅∆p = G ⋅∆p ⎝ ⎠

(3.48c)

bzw.

3.7 Leckverluste / Volumenstrom durch Drosselung Q

65

3.7.4 Ausfluss an Drosselstellen (Pneumatik) Bei kompressiblen Medien ist Vordruck p1

V = Q ≠ konst

+

Totalenthalphie h1 = h2

+

m

dm dt

U ˜c˜ A

p ˜c˜ A R ˜T

konst.

so dass die Massenstromdichte

Enthalpie h

vielmehr gilt nach der Kontinuitätsgleichung nun

c12 2 h 1 = h ( p 1 , t1 )

c22 2

Hinterdruck p2

 m = ρ⋅c . A Bei adiabaten Strömungsvorgängen erhält der Energieerhaltungssatz mit der Gesamtbzw. Totalenthalphie die Form ht = h +

'hs

h2 = h(p2 , t2 )

c2 = konst. 2

bzw. unter Berücksichtigung von Verlusten

Entropie s

1 1 h1 + c12 = h2 + c22 +∆hV 2 2

Die Enthalphiedifferenz 'hs bei gleichbleibender Entropie s ist gem. Tab. 2.9 χ−1 ⎡ ⎤ ⎢⎛ p2 ⎞ χ ⎥ χ ∆hS = ⋅ p1 ⋅v1⎢⎜ ⎟ −1⎥ χ−1 ⎢⎝ p1 ⎠ ⎥ ⎣ ⎦

Bei einem Ausströmvorgang mit dem Anfangszustand p1, T1, c1 | 0 wird somit c2 ≈ 2⋅(h1 − h2 )

(3.49a)

und unter Berücksichtigung einer isentropen Zustandsänderung ⎛ T ⎞ c2 ≈ 2⋅c p (T1 −T2 ) = 2⋅c pT1⎜1− 2 ⎟ ⎝ T1 ⎠

mit χ−1 χ

T2 ⎛ p2 ⎞ =⎜ ⎟ T1 ⎝ p1 ⎠ folgt

und

cp R

=

χ χ−1

(3.49b)

66

3 Grundlagen der Fluidmechanik χ−1 ⎞ ⎛ ⎜ ⎛ p2 ⎞ χ ⎟ χ ⋅ R⋅T1⎜1−⎜ ⎟ ⎟ c2 ≈ 2⋅ χ−1 ⎜ ⎝ p1 ⎠ ⎟ ⎝ ⎠

(3.49c)

Der austretende Massenstrom im Querschnitt A2 wird also χ−1 ⎞ ⎛ ⎜ ⎛ p2 ⎞ χ ⎟ χ  = ρ2 ⋅ A2 ⋅ 2⋅ ⋅ R⋅T1⎜1−⎜ ⎟ ⎟ . m χ−1 ⎜ ⎝ p1 ⎠ ⎟ ⎝ ⎠

(3.49d)

Ersetzt man hier 1

⎛ p ⎞χ ρ v ρ2 = ρ1 ⋅ 2 = ρ1 ⋅ 1 = ρ1 ⋅⎜ 2 ⎟ ρ1 v2 ⎝ p1 ⎠

so folgt 1 χ−1 ⎞ ⎛ ⎛ p2 ⎞χ ⎜ ⎛ p2 ⎞ χ ⎟ χ  = ρ1 ⋅⎜ ⎟ ⋅ A2 ⋅ 2⋅ ⋅ R⋅T1⎜1−⎜ ⎟ ⎟ m χ−1 ⎝ p1 ⎠ ⎜ ⎝ p1 ⎠ ⎟ ⎝ ⎠ 2 χ+1 ⎞ ⎛ χ ⎜⎛ p2 ⎞χ ⎛ p2 ⎞ χ ⎟  = A2 ⋅ 2⋅ p1 ⋅ ρ1 ⋅ m ⎜⎜ ⎟ −⎜ ⎟ ⎟ χ−1⎜⎝ p1 ⎠ ⎝ p1 ⎠ ⎟ ⎝ ⎠

(3.49e)

Unter Berücksichtigung von x x x

Widerstandbeiwert ] Durchflusszahl D Durchflussfunktion \

(Reibung, Verwirbelungen) (Strömungseinschnürung) und (Druckverhältnis vor und hinter Drossel/Blende)

wird die Blendengleichung

 = A2 ⋅ p1 ⋅ m

2 ⋅ψ⋅ζ⋅α R⋅T1

Für die Durchflussfunktion gilt im unterkritischen Bereich 0,528
0 QP = Qa = QA = G ⋅ ' s⋅ p p − p A ,

Qb = Qc = 0

(4.52c)

Qa = Qd = 0

(4.52d)

für s < 0 P Æ B: QP = Qb = QB = G ⋅ ' s ⋅ p P − pB ,

mit pP pA pB 'p = pA – pB

Vordruck am Ventil / Systemdruck Vordruck am Verbraucher Hinterdruck am Verbraucher Lastdruck / Druckdifferenz über dem Verbraucher.

Es zeigt sich also, dass der Volumenstrom zum Verbraucher sowohl von der Spaltbreite s als auch von der Druckdifferenz über dem Spalt abhängt. Die Gleichungen berücksichtigen noch nicht die Druckdifferenz am Verbraucher (Lastdruck 'p = pA – pB). In [24, 29] wird daher für symmetrische Belastung mit Null-Schaltüberdeckung die kompaktere Form QA = G ⋅ ' s⋅ pP − sgn( s )⋅∆p

⎧ 1: ⎪ sgn( s ) = ⎨ 0 : ⎪ ⎩−1:

mit

s>0 s=0 sjmf\dY_]fÜmf\Ü8fo]f\mf_]fÜl][`fak[`]jÜJqkl]e] ‡‡ƒ‘ÜO–Ü~†ÜJ‘ÜÜealÜ…‚Ü8ZZ‘Üm‘Ü~‡ÜKYZ‘Ü9j‘Ü