Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie 9783111507385, 9783111140247


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German Pages 201 [212] Year 1956

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Table of contents :
Aus den Vorworten zur 21. bis 29. Auflage
Inhalt
Einleitung
Nichtmetallverbindungen, erster Teil
Metallverbindungen, erster Teil
Nichtmetallverbindungen, zweiter Teil
Metallverbindungen, zweiter Teil
Anhang Verzeichnis der Reagentien
Namen- und Sachregister
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Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie
 9783111507385, 9783111140247

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Biltz — Klemm — Fischer Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie

Heinrich Biltz

Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie völlig neu bearbeitet von

Wilhelm Klemm und Werner Fischer

Mit 24 Abbildungen und 1 Tafel 48.—49. Auflage

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp.

BERLIN

1956

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen u n d der Übersetzung vorbehalten. — Copyright 1955 b y W a l t e r d e G r u y t e r & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J . T r ü b ner — Veit & Comp. Berlin W 35, Genthiner Str. 13 — Archiv-Nr. 5 2 0 7 5 5 — Printed in Germany — S a t z : W a l t e r d e Gruyter & Co., D r u c k : Paul F u n k , Berlin

Aus den Vorworten zur 21. bis 29. Auflage Die erste Auflage dieses Buches wurde von H. B i l t z im Jahre 1898 für den Gebrauch im Kieler chemischen Universitätslaboratorium verfaßt. Bis 1937 ist es in fast 20000 Exemplaren verbreitet worden und hat eine sehr große Zahl von Chemikern darin unterstützt, sich die ersten Kenntnisse in der Chemie zu erwerben. 40 Jahre sind für ein sich so rasch fortentwickelndes Gebiet wie die anorganische Chemie eine lange Zeit; es haben sich in dieser Zeit nicht nur die Kenntnisse vermehrt, sondern auch die theoretischen Anschauungen vertieft. Auch haben sich die Ansichten darüber, wie man den Studenten mit dem bestmöglichen Wirkungsgrade die Grundzüge der Chemie lehrt, in manchem geändert. Als daher Herr Prof. B i l t z uns im Einvernehmen mit dem Verleger aufforderte, einmal zu überprüfen, ob das Buch nicht an manchen Stellen den Anforderungen der Jetztzeit noch besser angepaßt werden könnte, haben wir diese Aufgabe sehr gern übernommen; denn wir haben beide als Lernende (W. K l e m m als Schüler von H. B i l t z , W . F i s c h e r als Schüler von W. B i l t z ) wie als Lehrende das Buch gründlich kennen und schätzen gelernt. Bei dieser Neubearbeitung lag kein Grund dafür vor, an dem Gesamtcharakter des Buches etwas zu ändern. Insbesondere haben wir davon abgesehen, Versuche und theoretische Abschnitte aufzunehmen, durch die sich der Student den Molekularbegriff und das Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen selbst erarbeitet. Denn einmal halten wir nicht viel davon, wenn der Anfänger sich mit halbquantitativen Versuchen herumquält, bei denen er einerseits die Waagen mißhandelt und zum anderen einen ganz falschen Begriff von der Leistungsfähigkeit quantitativer Messungen und seiner eigenen Meßkunst erhält. Zum anderen soll das Buch kein Ersatz für Vorlesung und Lehrbuch sein. Es soll vielmehr n e b e n diesen benutzt werden und dem Anfänger die Kenntnis des stofflichen Verhaltens und einen Einblick in die theoretischen Fragen vermitteln, die ihm das Verständnis und die Ordnung der Fülle der Einzelerscheinungen erleichtern. Unsere Überarbeitung beschränkte sich vielmehr auf folgendes: Einmal wurde das P e r i o d e n - S y s t e m der Elemente, das leitende Prinzip alles Lernens und Forschens, zur Grundlage der Einteilung gemacht. Auf diese Weise hoffen wir, schon dem Anfänger das Verständnis größerer Zusammenhänge zu erleichtern. Die bisherige Einteilung des Stoffes nach vorwiegend a n a l y t i s c h e n Gesichtspunkten bringt, wie wir des öfteren feststellen konnten, leicht Mißverständnisse mit sich. Überhaupt haben wir den Charakter des Buches als Einführung in das analytische Arbeiten

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Aus den Vorworten zur 21. bis 29. Auflage

eine Kleinigkeit zurücktreten lassen. Dagegen haben wir den Stoff dadurch vermehrt, daß wir außer den in Anfängerbüchern in der Regel allein behandelten Elementen auch einige Angaben über die meist zu Unrecht als „selten" bezeichneten Elemente angeführt haben, da diese in Wissenschaft und Technik eine von Tag zu Tag steigende Bedeutung gewinnen. Es wird sich jedoch empfehlen, diesen Teil erst durchzuarbeiten, nachdem einige Erfahrungen in der qualitativen Analyse der anderen Elemente gesammelt worden sind. —• Auf den Wunsch aus Benutzerkreisen wurden einige Reaktionen mit organischen Reagentien aufgenommen. Berücksichtigt sind dabei nur solche Fälle, die für die qualitative Analyse von Bedeutung sind. Reagentien, die nur für die quantitative Analyse in Frage kommen (z. B. Oxychinolin, Cupferron) sind nicht aufgeführt. Zum anderen sind die t h e o r e t i s c h e n Abschnitte neubearbeitet und zum Teil wesentlich erweitert worden. Es handelt sich dabei meist um Fragen, die in der Experimentalvorlesung nicht in dieser Ausführlichkeit besprochen werden, ohne deren Kenntnis aber ein erfolgreiches analytisches Arbeiten nicht möglich ist. Der Studierende wird am Anfang mit diesen Abschnitten manchmal eine gewisse Mühe haben. Er begnüge sich aber in keinem Falle mit einem oberflächlichen Lesen und einem halben Verständnis. Vielmehr mache er es sich zur Regel, diese Abschnitte immer wieder durchzuarbeiten. Besonders fruchtbar wird es sein, wenn er sich nach dem Durcharbeiten eines Teiles des Buches die an früherer Stelle stehenden Abschnitte erneut vornimmt; es wird dann manches klar werden, was beim ersten Lesen vielleicht unverständlich blieb. Einzelne Sätze, die grundlegende Definitionen enthalten und daher besonders einzuprägen sind, sind fett gedruckt worden. Die neue Nomenklatur ist überall durchgeführt; in vielen Fällen sind jedoch die bisherigen Bezeichnungen in Klammern beigefügt, damit beim Studium von Lehrbüchern und älterer Originalliteratur keine Schwierigkeiten entstehen. Es dürfte zweckmäßig sein, die qualitativ-analytische Ausbildung mit der Durcharbeitung der „Experimentellen Einführung" etwa in folgender Reihenfolge zu verbinden: 1. Experimentelle Einführung: Nichtmetallverbindungen I.Teil. Metallverbindungen I. Teil. 2. Qual.-anal. Ausbildung: Einfacher Kationengang; „Schulanalyse". 3. Experimentelle Einführung: Nichtmetallverbindungen II. Teil. 4. Qual.-anal. Ausbildung: Säuren; Säuren kombiniert mit den Kationen der Schulanalyse. 5. Experimentelle Einführung: Metallverbindungen II. Teil. 6. Qual.-anal. Ausbildung: Analysen über alle Elemente; insbesondere Mineralien, technische Produkte usw.

Aus dem Vorwort zur 4 5 . - 4 7 . Auflage

VII

Man kann auch schon nach S. 67 Beispiele aus der Ammoniumcarbonatund der Magnesium-Alkalimetall-Gruppe, nach S. 131 die Ammoniakund Ammoniumsulfid-Gruppe und nach S. 153 die Salzsäure- und Schwefelwasserstoff-Gruppe bearbeiten lassen. Nach Punkt 1 und 6 wird zweckmäßigerweise ein kurzes Kolloquium mit dem Institutsleiter eingeschaltet. In Erwägung zu ziehen ist weiterhin, ob nicht nach 2. bereits einige einfache quantitative Bestimmungen ausgeführt werden, deren erzieherischer Wert sowohl für das chemische Denken wie für das experimentelle Arbeiten an dieser Stelle besonders groß ist.

Aus dem Vorwort zur 45. — 47. Auflage Die Chemie ist in ihren Grundlagen eine induktive Wissenschaft. Wir glauben deshalb, daß der im vorliegenden Werk eingeschlagene Weg, dem Anfänger die Vielfalt der chemischen Erscheinungen durch eine geordnete Auswahl von Reagensglasversuchen nahe zu bringen, nach wie vor der richtige ist.

Vorwort zur 48. u. 49. Auflage Da die 45.—47. Auflage schneller vergriffen war, als erwartet wurde, enthält die 48. und 49. Auflage gegenüber den vorhergehenden nur wenige Veränderungen; der starke Absatz des Buches zeigt, daß es im wesentlichen den Wünschen der Benutzer entspricht. Um bei der in Kürze zu erwartenden 50. Jubiläumsausgabe etwaige Wünsche aus dem Benutzerkreis nach Möglichkeit berücksichtigen zu können, bitten wir, solche möglichst bald den Unterzeichneten mitzuteilen. Oktober 1955 W. K l e m m

W. F i s c h e r

Münster i. W., Universität

Hannover, Technische Hochschule

Inhalt Theoretische Abschnitte sind kursiv gedruckt Einleitung Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium Das Umfüllen von Reagentien Filter und Filtrieren Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Die Bearbeitung des Glases Kork bohren

1 4 5 6 8 10 13

N i c h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , erster Teil Säuren, Basen, Salze Salzsäure und Chlor Chemische Umsetzungen Konzentration der Lösungen; Normallösungen Schwefelsäure Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre Chemische Bindungskräfte Oxydation und Reduktion Schweflige Säure Salpetersäure und Stickstoffoxyde Kohlendioxyd und Kohlensäure Schwefelwasserstoff Phosphorsäure, saure Salze Namen anorganischer Stoffe

15 15 16 20 21 22 24 29 31 34 35 39 41 44 48

M e t a l l v e r b i n d u n g e n , erster Teil Alkalimetalle und Ammonium Natrium Kalium Ammonium Erdalkalimetalle und Magnesium Erdalkalimetalle Calcium Strontium und Barium Magnesium Chemisches Gleichgewicht A. Das Wesen der chemischen Oleichgewichte B. Das Massenwirkungsgesetz C. Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Lösung D. Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen E. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen Aluminium Säuren- und basenbildende Oxyde

51 51 51 56 58 61 61 61 64 66 67 67 72 74 81 83 84 88

X

Inhalt Elemente der Gruppe I b Silber Komplexverbindungen und Doppelsalze Kupfer Elektroaffinität Elemente der Gruppe I I b Zink Cadmium Quecksilber Übergangselemente Eisengruppe Eisen Kobalt Nickel Chrom Mangan Aufschließen Weitere Elemente der b-Gruppen Zinngruppe Zinn Kolloide Lösungen Blei Sulfide Arsengruppe Arsen Antimon Wismut

92 92 95 100 103 104 105 107 108 112 113 113 119 121 122 128 131 132 134 134 136 139 141 142 142 149 152

N i e h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , z w e i t e r Teil VII. Gruppe Halogene Halogenwasserstoffe Halogensauerstoffverbindungen VI. Gruppe Wasserstoffperoxyd Säuren des Schwefels Selen und Tellur V. Gruppe Hydrazin, Hydroxylamin Salpetrige Säure und Nitrite Phosphorige Säure IV. Gruppe Silicium I I I . Gruppe Borsäuren

154 154 154 154 156 160 160 161 163 164 164 165 166 167 167 169 169

M e t a l l v e r b i n d u n g e n , z w e i t e r Teil Lithium, Beryllium Seltene Erden Titan, Zirkonium, Thorium Vanadin, Niob, Tantal Molybdän, Wolfram, Uran Thallium Verzeichnis der Reagentien Namen- und Sachregister

171 171 172 173 174 176 178 180 184

Einleitung Zum flotten Arbeiten im chemischen Laboratorium sind einige Hilfsmittel nötig, die der Praktikant sich auf seinem Arbeitsplatz zu halten hat, nämlich: eine Schere, ein Glasmesser zum Glasschneiden, eine an ihrer stärksten Stelle noch nicht ganz bleistiftdicke Rundfeile zum Glätten und Erweitern von Löchern in Korken, ferner Pinzette, Lötrohr und einige einseitig geschlossene Glasröhrchen, deren Anfertigung auf S. 11 bis 12 beschrieben ist. Dazu kommen: eine ausreichende Anzahl von Probiergläsern verschiedener Größe1) mit Gestell, Trichter, Kölbchen, einige dünne Glasstäbe mit rund geschmolzenen Enden, kleine Bechergläschen, eine Spritzflasche, Porzellantiegel und Abdampfschalen, schließlich ein Filtriergestell, ein eiserner Dreifuß (oder ein Stativ mit verschiebbarem Ring) nebst Drahtnetz als Kochgestell und ein Gasbrenner2). Für manche Zwecke benötigt man Spatel aus Glas, Porzellan, Horn, V2A-Stahl oder Reinnickel; v e r n i c k e l t e oder v e r c h r o m t e Instrumente sind im chemischen Laboratorium n i c h t b r a u c h b a r . Erforderlich ist ferner ein Platindraht von etwa 5 cm Länge und etwa 0,4 mm Durchmesser, der an einem Ende in einem dünnen Glasstab eingeschmolzen ist; er wird — mit dem Glasstab in einem Kork befestigt — in einem mit Salzsäure halbgefüllten Probierglas aufbewahrt. Als Ersatz können in manchen Fällen —• z. B. zur Herstellung von Phosphorsalz- oder Boraxperlen — Magnesiastäbchen und -Rinnen verwendet werden. Für die seltenen Fälle, in denen ein Platintiegelchen (es empfehlen sich die in der Lötrohranalyse gebräuchlichen „PlattnerSchälchen") unentbehrlich ist, leiht man ein solches vom Assistenten. Ferner sollte jeder im Besitz einer einfachen Schutzbrille mit splittersicherem Glas sein. Schließlich sind ein Wischtuch und ein Handtuch unentbehrlich; empfehlenswert ist eine Hasenpfote zum Reinigen des Arbeitsplatzes. J ) Für die meisten Versuche sind Probiergläser der normalen Größe von etwa 16 mm Durchmesser und 160 mm Länge zweckmäßig; daneben benötigt man einige größere (etwa 20 x 200 mm), vor allem aber auch kleinere von verschiedenen Abmessungen. 2 ) Zum Halten heißer Probiergläser benutzt man Probierglasklemmen. Man kann auch ein Stück Papier von etwa Oktavgröße verwenden, das durch einige Längskniffe zu einem Streifen zusammengefaltet ist.

B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung.

4 8 . - 4 9 . Aufl.

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2

Einleitung

Alle G l a s s a c h e n s e i e n s t e t s s a u b e r . Bechergläser werden gereinigt, mit destilliertem Wasser ausgespült und nach dem Abtropfen mit nach unten gestellter Öffnung auf Filtrierpapier, mit dem der Schrank zum Teil ausgelegt ist, aufbewahrt. Die gereinigten und getrockneten Kölbchen bewahrt man nach Verschluß mit etwas Filtrierpapier, das über den Rand geknifft wird, gegen Staub gesichert auf. D i e P r o b i e r g l ä s e r werden s t e t s b a l d n a c h den V e r s u c h e n g e r e i n i g t . Dazu reicht meist Wasser und eine Gänsefeder oder eine Probierglasbürste aus; zur Entfernung festanhaftender Niederschläge nimmt man eventuell einige Tropfen roher, konzentrierter Salzsäure zu Hilfe 1 ). Diese Reinigung gelingt fast immer leicht und schnell, wenn sie bald vorgenommen wird, ist aber oft recht .mühsam und zeitraubend, wenn sie bis zum nächsten Tage verschoben wird. Man spült auch hier stets mit destilliertem Wasser nach. Zum Abtropfen stellt man die Probiergläser mit der Mündung nach unten auf die Zapfen, die zu diesem Zweck an der Hinterseite des Gestells angebracht sind, oder auch in die Öffnungen des Probierglasgestells. Man halte sich stets einige trockene Probiergläser vorrätig, weil solche zu manchen Versuchen nötig sind. Durch Befolgen dieser Vorschriften kann man sich Zeitverlust und Mißerfolge ersparen. Überhaupt muß mit größtem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß m a n sich bei c h e m i s c h e n A r b e i t e n von v o r n h e r e i n an die g r ö ß t e S a u b e r k e i t g e w ö h n e n muß. Auch das Innere der Schubladen und Schränke sei stets vorbildlich sauber und ordentlich gehalten sowie mit Verständnis geordnet. Eisensachen, Filter, Glas- und Porzellansachen dürfen kein malerisches Durcheinander bilden, sondern müssen getrennt aufbewahrt werden. Die meisten Versuche dieses Leitfadens werden in Probiergläsern ausgeführt. Es ist zweckmäßig, zu jeder Umsetzung nur wenig S u b s t a n z zu nehmen und mit stark verdünnten Lösungen zu arbeiten; denn die meisten Erscheinungen sind bei verdünnten Lösungen viel klarer zu erkennen als bei konzentrierten. Ferner beachte man, daß man, von einigen Ausnahmen abgesehen, mit 1/2—1 ccm der Lösungen vollständig auskommt. Man halte sich an diese Vorschrift nicht nur, um Chemikalien, sondern vor allem, um Zeit zu sparen. Wichtig ist es auch, daß man sich von vornherein darin übt, Gew i c h t e und R a u m m a ß e a b z u s c h ä t z e n . Es empfiehlt sich, ein Probierglas zunächst leer, dann zum Fünftel, zur Hälfte, schließlich ganz mit Wasser gefüllt zu wägen, um dadurch eine Vorstellung vom Inhalt eines Probierglases und seiner Teile zu erhalten. Auch ist anzuraten, ein Probierglas durch Einwägen von 1, 2, 3 g usw. Wasser zu kalibrieren und die betreffenden Höhen an einem aufgeklebten Papierstreifen zu verzeichnen. Ein solcher einfacher Meßzylinder ist oft nützlich. Zum Reinigen von Glasoberflächen, die mit Fett oder ähnlichen Stoffen verschmutzt sind, benutzt man eine warme Lösung von Alkalidichromat (vgl. S. 127) in konzentrierter Schwefelsäure („Chrom-Schwefelsäure") oder eine alkalische Lösung von Kaliumpermanganat (vgl. S. 130).

Einleitung

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Es ist unbedingt erforderlich, daß über die Arbeiten im Laboratorium sorgfältig und ausführlich Protokoll geführt wird, und zwar nicht auf losen Zetteln, Zigarettenschachteln und ähnlichem, sondern in einem Heft. Der Studierende gewöhne sich vom ersten Tage daran, j e d e Beobachtung, und sei sie noch so geringfügig, so aufzuschreiben, als ob sie von ihm erstmalig gemacht sei. Man verlasse sich nicht darauf, daß ja alles „im Buche" stehe, sondern protokolliere sofort nach Ausführung des Versuchs die Beobachtungen, ohne das Buch zu Hilfe zu nehmen, weil man sonst leicht in den Fehler verfällt, das Buch abzuschreiben. Durch diese Art der Niederschrift lernt der Anfänger, die chemischen Ausdrücke zu verwenden. Wenn er sich ferner zum Grundsatz macht jede im Probierglas beobachtete Umsetzung auch formelmäßig auszudrücken, übt er sich, chemische Gleichungen aufzustellen. Schließlich ist diese Erziehung zum sorgfältigen Protokollieren auch als Vorbereitung für das spätere selbständige Arbeiten unentbehrlich, bei dem mangelhafte Protokollführung zu schweren Irrtümern und erheblichem Zeitverlust führen kann. Das Laboratoriumstagebuch braucht keine schön geschriebene Reinschrift zu sein, aber es sei übersichtlich und auch für einen anderen lesbar. Das allerwichtigste Erfordernis für ein erfolgreiches und flottes Durcharbeiten dieses Leitfadens ist das häusliche Studium. Kein Abschnitt soll im Laboratorium vorgenommen werden, bevor er sorgfältig unter Hinzuziehung eines L e h r b u c h s d e r C h e m i e zu Hause theoretisch durchgearbeitet und aufgeklärt ist. Unklarheiten und Zweifel lasse man nicht auf sich beruhen, sondern frage den Assistenten um Rat. Zwar sind in den experimentellen Teil zahlreiche theoretische Abschnitte eingestreut, deren Studium vielfach Aufklärung geben wird; aber selbstverständlich sind diese theoretischen Abschnitte nicht imstande, das Hören einer Vorlesung über die Grundlagen der analytischen Chemie zu ersetzen. Zu einem näheren Studium der theoretischen Verhältnisse sei namentlich auf „Die wissenschaftlichen Grundlagen der analytischen Chemie" von W. O s t w a l d (Verlag Steinkopff, Dresden und Leipzig), auf die „Qualitative Analyse" von W. B ö t t g e r (Verlag von W. Engelmann, Leipzig) und an moderneren Werken auf „Die theoretischen Grundlagen der analytischen Chemie" von G. H ä g g , Verlag Birkhäuser, Basel 1950, sowie auf „Grundlagen der analytischen Chemie und der Chemie in wäßrigen Systemen" von F. Seel, Verlag Chemie, Weinheim 1955, verwiesen.

1*

4

Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium Schon an dieser Stelle sei auf einige Vorsichtsmaßregeln hingewiesen, die beim Arbeiten im Laboratorium unbedingt beachtet werden müssen: 1. B e i m Erhitzen

von Flüssigkeiten

im Probierglas,

besonders v o n

solchen, in denen feste Teilchen ausgeschieden sind, ist das Probierglas leicht und andauernd zu bewegen. Durch diese leichten Schüttelbewegungen wird einem Siedeverzug und dem damit verbundenen Herauskochen der Flüssigkeit aus dem Rohr vorgebeugt. Außerdem werden dadurch die Wände des Rohrs innen, soweit sie erhitzt werden, andauernd mit Flüssigkeit befeuchtet, wodurch eine Überhitzung der Glaswände vermieden wird. B e i m K o c h e n im P r o b i e r g l a s h a l t e m a n s t e t s d i e M ü n d u n g v o n s i c h u n d a n d e r e n P e r s o n e n a b , damit niemand verbrüht werde, falls doch einmal ein Herauskochen stattfinden sollte. 2. Versuche, bei d e n e n übelriechende

oder giftige

Gase

entstehen,

müssen unter allen Umständen unter dem Abzug ausgeführt werden. Der Chemiker ist sowieso genötigt, bei seinen Arbeiten oft genug schlechte Luft in Kauf zu nehmen. Es ist eine selbstverständliche Pflicht gegenüber den Arbeitskameraden, alles zu vermeiden, was die Laboratoriumsluft in unnötiger Weise verschlechtert. Die Fenster unbenutzter Abzüge sind geschlossen zu halten, weil die Entlüftungswirkung in den anderen sonst geschwächt wird. 3. Bei manchen Versuchen muß man mit giftigen Substanzen (z. B. Natriumcyanid) arbeiten. In diesen Fällen ist besonders auf peinlichste Sauberkeit zu achten (nichts verschütten, sofortiges Säubern der Geräte und der Hände). Man bringt sonst sich selbst in Lebensgefahr und gefährdet unter Umständen andere. Überhaupt ist es selbstverständlich, daß man sich nach j e d e m Arbeiten sorgfältig die Hände wäscht. Man weiß nie, ob nicht Spuren schädlicher Stoffe an ihnen haften. 4. Gelegentlich hat man es mit Umsetzungen zu tun, die zu Explosionen führen können. Kennt man die Gefahr, so kann man durchaus solche Versuche ausführen; denn durch zweckmäßige Anordnung des Versuchs kann man sich schützen. Auf keinen Fall versäume man in den Fällen, in denen auch nur die entfernte Möglichkeit einer Explosion oder des Verspritzens von Alkalien und Säuren besteht, die Augen durch eine Schutzbrille zu schützen (vgl. S. 1).

Das Umfüllen von Reagentien

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Das Umfüllen von Reagentien Das Eingießen von flüssigen Reagentien aus einer Flasche in ein Probierglas ist eine der kleinen Handhabungen, die der Chemiker besonders häufig auszuführen hat. Da bei unsachgemäßer Durchführung mancherlei Übelstände auftreten, gewöhne man sich von vornherein an folgende Art der Ausführung:

c Figur 1. Ausgießen von Flüssigkeiten

Die Flasche ist mit vollem Griff zu fassen, und zwar so, daß die Beschriftung bei waagerechter Lage der Flasche nach oben kommt. Macht man es anders, so könnte ein herunterlaufender Tropfen die Beschriftung beschädigen. Das Probierglas wird mit dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger der linken Hand gehalten. Mit den beiden noch freien Fingern und dem Handballen nimmt man den Stopfen von der Flasche (Fig. l a ) und gießt die Flüssigkeit ein, ohne dabei den Rand der Flasche auf den des Probierglases aufzusetzen (Fig. lb). Berührt man das Probierglas, so kann der Rand und damit der Inhalt der Flasche verunreinigt werden — besonders, wenn man es gewohnheitsmäßig macht! —, was bei späterem Gebrauch der Reagensflüssigkeit Anlaß zu Irrtümern gibt. Nach dem Ausgießen der Flüssigkeit hängt am Rande der Flasche in der Regel ein dicker Tropfen. Diesen streicht man nicht am Probierglas ab noch läßt man ihn außen an der Flasche herunterlaufen, sondern man führt den Flaschenrand, ohne dabei die Flasche aus ihrer schrägen Lage wesentlich aufzurichten, an den Hals des Stopfens, streicht hier den Tropfen ab (Fig. lc), setzt den Stopfen auf und stellt die Flasche an ihren Platz. Gewöhnt man sich an diese Art der Ausführung, so bleiben die Reagentien stets sauber, die Flaschen und ihre Beschriftung sowie die Reagentienregale werden nicht beschmutzt, und es kann niemals vorkommen, daß man einen Stopfen auf eine falsche Flasche setzt. Führt man Reaktionen durch, bei denen sich beim Zugeben einer Reagensflüssigkeit Gase entwickeln (vgl. z. B. S. 17), so gießt man die Lösung nicht aus der Reagentienflasche zu; denn in diesem Fall besteht die Gefahr, daß die sich entwickelnden Gase den ganzen Inhalt der Flasche

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Filter und Filtrieren

verunreinigen. Vielmehr füllt man in diesem Fall erst die erforderliche Menge der Flüssigkeit in ein sauberes Probierglas und gießt sie von dort in das Probierglas mit der zu untersuchenden Substanz. Das Ausschütten von festen Reagentien aus Flaschen ist nach Möglichkeit zu vermeiden, da man dabei schlecht dosieren kann. Man entnimmt die benötigte Menge vielmehr mit einem s a u b e r e n Spatel oder Löffel. Hat man dabei einmal etwas mehr genommen, als benötigt wird, so gibt man den Rest —• wenn es sich nicht um besonders kostbare Substanzen handelt — nicht in die Flasche zurück, sondern in den Schmutzbehälter. Dies gilt unter allen Umständen von Anteilen, die auf den Arbeitstisch gefallen sind.

Filter und Filtrieren Zur Herstellung von „glatten Filtern" benutzt man in der Regel fertig geschnittene runde Scheiben aus Filtrierpapier. Für die vorliegenden Versuche genügen die billigen „qualitativen" Filter; die besonders aschearmen, teuren „quantitativen" Filter sind nicht erforderlich. Man halte sich eine größere Menge Filter verschiedenen Durchmessers (etwa 7 und 9 cm) stets vorrätig, und zwar nicht lose im Schubfach herumliegend, sondern in einer geeigneten Pappschachtel. Zum Gebrauch faltet man das Filter zweimal im rechten Winkel (vgl. Fig. 2a), so daß es das Aussehen von Fig. 2b erhält. Diese Papiertüte wird geöffnet (Fig. 2 c) und in einen Trichter gesteckt, dessen konischer Teil wenigstens um 1 cm höher ist als das Filter; auf k e i n e n F a l l d a r f d a s F i l t e r ü b e r d e n R a n d des T r i c h t e r s h i n a u s r a g e n . Jetzt gießt man mit der Spritzflasche Wasser in das Filter und drückt es mit einem Finger an die Trichterwand fest an (Fig. 2d). Das Filtrat läuft nur dann gut ab, wenn das Papier oben überall gut an der Glaswand anliegt, so daß keine Luftblasen auftreten 1 ); denn nur dann wirkt die Flüssigkeitssäule im Trichterrohr saugend auf die Flüssigkeit im Filter. Hat der Trichter nicht genau den Winkel von 60°, so muß man das beim Kniffen des Filters berücksichtigen. Man lernt dies wie überhaupt die Anfertigung eines gut arbeitenden Filters am besten von Geübteren. Für präparative Arbeiten sind oft die „Faltenfilter" vorzuziehen, da sie ein schnelleres Filtrieren ermöglichen. Man verwendet sie aber nur dann, wenn es nicht darauf ankommt, den auf dem Filter gesammelten Niederschlag gut auszuwaschen. Faltenfilter kann man bereits fertig geknifft beziehen. Will man selbst eines herstellen, so geht man am besten von einem kreisförmigen Stück Filtrierpapier aus und beginnt dann in genau der gleichen Weise wie in den Fig. 2 a und 2 b, nur wird der Viertel!) Es ist praktisch, die in Fig. 2 c gestrichelt gezeichnete Ecke abzureißen oder auch nur einzureißen und um die Knickstelle nach rechts umzuschlagen; denn das Filter liegt dann meist noch besser an.

Filter und Filtrieren

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kreis (Fig. 2 b) noch zweimal im Winkel gefaltet bis zum SechzehntelKreisausschnitt. Dann öffnet man zum Halbkreis (Fig. 3 a) und knifft von einer Seite beginnend, jedes Achtel des Halbkreises aus freier Hand nochmals mit den Daumen, Zeige- und Mittelfingern beider Hände;

Figur 2. Filter einlegen

dabei dienen die mit den Spitzen aneinander gelegten Mittelfinger als Unterlage. In Fig. 3 b ist die linke Hälfte des Filters so behandelt, die rechte noch nicht. Nun wird das Filter zur Tüte geöffnet und in den Trichter eingesetzt (Fig. 3 c).

Figur 3. Faltenfilter

Beim Filtrieren gießt man das Filter nie ganz voll, damit nichts über den Rand des Filters steigt. Mit dem Auswaschen, zu dem die Spritzflasche verwendet wird, beginnt man erst, wenn alle Flüssigkeit aus dem Filter abgelaufen ist, und nachdem man sich durch Zugabe eines Tropfens des Fällungsmittels zum Filtrat davon überzeugt hat, daß die Fällung vollständig war. Beim Auswaschen läßt man das Filter jedesmal erst ganz abtropfen, ehe man weiteres Waschwasser aufspritzt 1 ). Die Hauptregel für das Auswaschen ist: o f t m a l s m i t w e n i g W a s s e r a u s w a s c h e n und jedesmal möglichst vollständig ablaufen lassen! *) Bei s c h l e i m i g e n Niederschlägen, wie z. B. Aluminiumhydroxyd (vgl. S. 86), darf man das Ablaufen der Filtrierflüssigkeit nur so weit fortschreiten lassen, daß der Niederschlag noch feucht bleibt. Denn beim Trockenwerden springt die Masse in kleine Schollen entzwei, zwischen denen das Waschwasser wirkungslos vorbeilaufen würde.

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Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

Da der Filtrationsprozeß bei feinflockigen Niederschlägen sehr langsam verläuft, ist es zuweilen empfehlenswert, die Fällung im Glas absitzen zu lassen, darauf zunächst die über dem Niederschlag stehende klare Flüssigkeit, ohne diesen aufzuwirbeln, durch das Filter abzugießen und erst dann den Niederschlag mit etwas Wasser aufs Filter zu spülen. Man bezeichnet dieses Abgießen einer Flüssigkeit von einem Niederschlag als „ D e k a n t i e r e n e s gelingt bei schweren Niederschlägen leicht.

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Der Bunsenbrenner. Zur Erzeugung höherer Temperaturen benutzt m a n im chemischen Laboratorium heute sehr oft den von R o b e r t B u n s e n erfundenen und nach ihm benannten Gasbrenner. Dieser besitzt an dem unteren Teil des eigentlichen Brennerrohres ein mit Öffnungen versehenes Rohrstück, das so verstellt werden kann, daß der Gasstrom mehr oder weniger große Mengen Luft ansaugt. Stellt man es so ein, daß keine L u f t eintritt, so erhält man eine gelbe, „ l e u c h t e n d e " Flamme. Dieses Leuchten rührt daher, daß infolge der ungenügenden Luftzufuhr eine unvollständige Verbrennung stattfindet. Von den Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, aus denen das Leuchtgas besteht, vereinigt sich dabei der Wasserstoff leichter mit dem Luftsauerstoff, während der Kohlenstoff im wesentlichen nur am Flammenrand verbrennt. Bei der Flammentemperatur leuchten die vorübergehend gebildeten festen Kohlenstoff-(Ruß-)Teilchen. Infolge dieses Gehalts an unverbrannten brennbaren Stoffen kann diese Flamme Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben, den Sauerstoff entziehen: sie wirkt schwach „ r e d u z i e r e n d " 1 ) . Stärkere Reduktionswirkungen erzielt man mit dem Lötrohr (s. S. 9). L ä ß t man dagegen durch die Öffnung L u f t zutreten, so verbrennt auch der Kohlenstoff rascher. Da die Flamme infolgedessen glühende feste Teilchen nicht enthält, leuchtet sie nicht ( „ e n t l e u c h t e t e " Flamme). I n diesem Falle unterscheidet man einen inneren, blauen Kegel und einen äußeren, bei reinem Brenner und staubfreier Luft nahezu farblosen Mantel. Der i n n e r e Kegel ist verhältnismäßig kalt. Hält man ein Stückchen Holz (Streichholz ohne Kuppe) einen Augenblick quer in die Flamme, so verkohlt es nur an den Stellen, mit denen es sich in dem äußeren Mantel befindet. Da der innere Kegel unverbranntes Gas im Überschuß enthält, wirkt er reduzierend. Besonders geeignet f ü r Reduktionswirkungen ist seine oberste Spitze, weil er an dieser am heißesten ist. Am äußeren Rande des ä u ß e r e n Kegels findet sich ein geringer Sauerstoffüberschuß; dieser Teil wirkt daher s c h w a c h o x y d i e r e n d , er kann hineingebrachten Substanzen Sauerstoff zuführen. Bessere Oxydationswirkungen erzielt man jedoch mit dem Gebläse (s. unten) oder dem Lötrohr (s. S. 9). x

) Näheres über die Begriffe „Reduktion" und „Oxydation" siehe S. 17 u. S.31.

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

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Ist die Luftzufuhr zu groß oder der Gasdruck zu klein, so „schlägt" der Brenner „zurück", d. h. die Verbrennung erfolgt im Inneren des Brennerrohrs an der Gaseintrittsdüse. In solchen Fällen muß die Gaszufuhr sofort abgestellt werden 1 ), da sonst der Brenner beschädigt wird. Nach dem Erkalten des Brenners stellt man dann die Luftzufuhr etwas kleiner oder die Gaszufuhr größer. Den I n s t i t u t e n erwachsen durch den Gasverbrauch große U n k o s t e n . Es ist deshalb eine s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e P f l i c h t e i n e s j e d e n S t u d i e r e n d e n , G a s v e r s c h w e n d u n g zu v e r m e i d e n . Bei Nichtbenutzung des Brenners lasse man daher nur die Sparflamme brennen. Ist eine entsprechende Einrichtung am Brenner nicht vorhanden, so stellt man die Luftzufuhr ab und drosselt dann die Gaszuführung so stark, daß nur noch eine kleine Flamme brennt. Gebläse. Braucht man h ö h e r e T e m p e r a t u r e n , so benutzt man einen G e b l ä s e b r e n n e r , bei dem dem Gas vor der Verbrennung komprimierte Luft zugeführt wird. Das Einblasen der Luft erfolgt meist durch ein maschinell betriebenes Gebläse oder ein Wasserstrahlgebläse. Benutzt man ein Tretgebläse, so trete man nur so schnell, als es zur Erreichung des Zweckes unbedingt erforderlich ist. Ein Überschuß ist Kraftvergeudung und schädigt die Einrichtung. Noch höhere Temperaturen erzielt man durch ein S a u e r s t o f f - L e u c h t g a s g e b l ä s e , bei dem an Stelle von Luft komprimierter Sauerstoff zugeführt wird, den man einer Stahlflasche entnimmt. Die Flamme wirkt in diesem Falle stark o x y d i e r e n d . Für die üblichen Laboratoriumsarbeiten des Studierenden ist jedoch dieses Gebläse ebensowenig erforderlich wie das noch heißere WasserstoffSauerstoff-(„ICn allgas")- Gebläse.

Gebrauch des Lötrohrs. Die Verwendung des früher allgemein benutzten Lötrohrs ist heute in vielen Laboratorien zu Unrecht in den Hintergrund getreten; in Hüttenlaboratorien usw. wird es auch jetzt noch mit bestem Erfolg vielfach benutzt. Das Lötrohr dient dazu, eine kräftige Stichflamme horizontal zu treiben, damit Stoffe, die auf einer die Wärme schlecht leitenden Unterlage, gewöhnlich einem Stück Holzkohle, liegen, hoch erhitzt werden können. Durch Regelung der Luftzufuhr gelingt es dem Geübten leicht, in der Flamme einen Überschuß an unverbranntem Gas oder an sauerstoffhaltiger Luft vorherrschen zu lassen; man unterscheidet demnach die „Reduktionsflamme" und die „Oxydationsflamme". Die beiden Flammen sicher und rein zu erzeugen, ist nicht leicht und erfordert viel Übung. Ebenso ist es nicht ganz einfach, längere Zeit ununterbrochen zu blasen. Man muß dabei durch die Nase atmen, ohne daß der mit dem Mund erzeugte Luftstrom unterbrochen wird. Das Atmen erfolgt dabei ganz normal, die Brust darf nicht aufgeblasen sein. Die Hauptsache ist, mit dem Gaumensegel den Mundraum abzuschließen und nur mit dem Druck der Backenmuskeln und keinesfalls mit der Lunge zu blasen. Von Zeit zu Zeit werden die Backen neu aufgeblasen. Am besten erlernt man dies von einem Geübten. 1

) In leichteren Fällen hilft oft ein kurzer Schlag auf den Gasschlauch!

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Die Bearbeitung des Glases

Als F l a m m e benutzt man am besten eine Öllampe mit flachem Docht; für viele Zwecke genügt eine kleine l e u c h t e n d e Flamme des Bunsenbrenners 1 ). Um eine O x y d a t i o n s f l a m m e zu erhalten, führt man die Spitze des Lötrohrs 1—2 cm über der Mündung des Brenners mitten in die Flamme ein und bläst kräftig, so daß aus der Brennerflamme ein Flammenspitzchen seitlich herausgeblasen wird; in ihm erkennt man deutlich einen kurzen, inneren Kegel und den ihn zum Teil umhüllenden, zum Teil fortsetzenden Flammenmantel, den eigentlichen Oxydationsraum. Zur Erzeugung einer R e d u k t i o n s f l a m m e taucht man die Spitze des Lötrohrs nicht in die Flamme des Bunsenbrenners ein, sondern führt sie nur an die — natürlich nicht entleuchtete — Flamme heran und bläst nur schwach, so daß ein großer Teil der Flamme, in dem sich weder ein innerer Kern noch ein äußerer Mantel erkennen lassen, zur Seite schlägt.

Die Bearbeitung des Glases Der Chemiker kommt beim Zusammenstellen von Apparaten und bei anderen Gelegenheiten oft in die Lage, Glasröhren biegen zu müssen, sie abzuschmelzen, Bruchstellen abzurunden usw. Es ist sehr erwünscht, wenn er sich darin bald eine gewisse Fertigkeit aneignet. I m folgenden seien einige Fingerzeige über die allereinfachsten Glasarbeiten gegeben; besser als aus ihnen wird man die Sache durch Z u s e h e n b e i e i n e m G e ü b t e n lernen. Sehr empfehlenswert ist es, während des Studiums möglichst frühzeitig an einem G l a s b l a s e k u r s u s teilzunehmen. Glasrohr schneiden. Glasröhren bis

zu 1 cm Durchmesser zerschneidet man in folgender Weise. Mit einem scharfen Glasmesser wird das GlasFigur 4. Glasrohr brechen rohr zum Fünftel bis Viertel seines Umfanges eingeritzt. Dann faßt Die im Text beschriebene Ritzstelle man das Rohr gemäß Fig. 4 voll befindet sich zwischen den Daumen auf der vom Beschauer abgewendeten mit beiden Händen und bricht es Seite des Glasrohres unter schwachem Ziehen auseinander. Bricht das Rohr nicht bei leisem Druck, so muß man die Ritzstelle vertiefen. Handelt es sich darum, weitere Glasröhren zu zerlegen oder engere dicht an einem Ende anzuschneiden, so empfiehlt es sich, die Röhren a b z u s p r e n g e n . Zu diesem Zwecke ritzt man ebenfalls und berührt dann das Ende des Ritzes mit der auf Rotglut erhitzten Spitze eines dünnen Glasstabes. i) Leuchtgas ist aber meist nicht ganz frei von Schwefelverbindungen!

Die Bearbeitung des Glases

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Enden abrunden. Bei jedem Glasrohr, das verwendet werden soll, müssen die scharfkantigen Bruchstellen des Glases abgerundet werden. Dies macht man einfach dadurch, daß man das Ende des Rohres in der leuchtenden Flamme des Gebläses (d. h. ohne Luftzufuhr) 2—3 cm weit unter Drehen anwärmt und dann das äußerste Ende des Rohres in der entleuchteten Gebläseflamme (d. h. mit Luftzufuhr) unter beständigem Drehen erweicht; dabei schmilzt der Rand glatt. Man hüte sich, ein zu großes Stück des Glasrohres zu erweichen, weil sonst leicht der Durchmesser des Rohres durch Einfallen des erhitzten Teiles am Ende enger wird. Bei sehr weiten Röhren muß sehr sorgfältig angewärmt werden, da sonst leicht Sprünge entstehen. Herstellung

einseitig geschlossener

Glasröhrchen.

Z u Glüh- u n d Subli-

mationsversuchen verwendet man vielfach einseitig geschlossene Röhrchen. Zu ihrer Herstellung schneidet man ein Glasrohr von etwa 0,6 cm äußerem Durchmesser in etwa 12 cm lange Stücke. Ein solches Stück erweicht man in der Mitte unter fortwährendem Drehen in der Gebläseflamme ; wenn das Glas ganz weich geworden ist, nimmt man es aus der Flamme und zieht es sofort so aus, daß ein etwa 10—15 cm langes, enges Glasröhrchen die beiden weiteren Stücke verbindet. Die Mitte dieses engen Teiles hält man nun noch einen Augenblick in die Flamme, bis das Glas weich wird (Fig. 5a), und zieht dann auseinander. Nun 5 3

) e Figur 5. Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrehen

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Figur 6. Glasrohr biegen

nimmt man die eine Hälfte, erweicht unter beständigem Drehen die Verjüngungsstelle und zieht den Glasfaden ab, so daß das etwa 6 cm lange Röhrchen jetzt vollkommen geschlossen ist (Fig. 5 b). Um den zunächst zugespitzten und ungleichmäßigen Verschluß abzurunden, erhitzt man das Ende nochmals unter beständigem Drehen und bläst nach dem Herausnehmen aus der Flamme mit dem Mund vorsichtig auf; dies wird, wenn nötig, wiederholt, bis das Glasröhrchen durch eine Rundung von g l e i c h m ä ß i g e r W a n d s t ä r k e geschlossen ist (Figöc). Bleibt an einer Stelle eine Verdickung, so springt das Glas beim Erhitzen leicht. In gleicher Weise können P r o b i e r g l ä s e r , deren Boden zerbrochen ist, wiederhergestellt werden. Glasrohr biegen. Zum Biegen enger Glasröhrchen kann man zur Not die leuchtende Flamme eines sogenannten Schnittbrenners verwenden, die es gestattet, eine längere Strecke gleichmäßig zu erhitzen. Besser

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Die Bearbeitung des Glases

ist es, wenn sich schon der Anfänger daran gewöhnt, das Biegen von Glasröhrchen unter Benutzung der Gebläseflamme vorzunehmen, da man so auch weitere Röhren verarbeiten kann. Ein richtig gebogenes Rohr soll überall gleichen Durchmesser und annähernd gleiche Wandstärke besitzen (Fig. 6a), nicht einen Knick, wie in Fig. 6b. Das Schwierigste beim Biegen ist das gleichmäßige Erhitzen des Glasrohres auf eine genügende Länge. Da die Gebläseflamme nur eine geringe Breite hat, muß man so vorgehen, daß man das zu biegende Glasrohr unter fortwährendem Drehen so lange in der Gebläseflamme erhitzt, bis es an der erhitzten Stelle dickwandig geworden ist (Fig. 7 a). Dabei faßt die linke Hand von oben (Fig 8); sie trägt das Rohr und bestimmt die Geschwindigkeit des Drehens. Die Rechte, die das Rohr von unten hält, sorgt dafür, daß sich die rechte Seite des Rohres mit der gleichen Geschwindigkeit dreht wie die linke. Dieses Drehen einer weichgewordenen Glasmasse ist nicht ganz einfach; da es aber das A und 0 aller Glasarbeiten ist, muß man es unbedingt beherrschen. Sobald der in Fig. 7 a dargestellte Zustand erreicht ist, nimmt man das Rohr aus der Flamme, stellt es senkrecht und biegt es u n t e r g l e i c h z e i t i g e m Z i e h e n . Dabei nimmt der Durchmesser an der Biegungs-

Figur 7. Spitze ausziehen

Figur 8. Glasrohr drehen

stelle etwas ab. Durch vorsichtiges A u f b l a s e n wird dies ausgeglichen. Hierzu wird das Rohr an einer Seite (etwa durch einen Korkstopfen) vorher verschlossen. Nach dieser Vorschrift stelle man sich ein rechtwinklig gebogenes Glasrohr her, von dem der eine Schenkel etwa 4 cm, der andere etwa 12 cm lang ist; dies Rohr wird zum Einleiten von Gasen in Flüssigkeiten benutzt. Spitze ausziehen. Um eine Spitze, etwa für eine Spritzflasche, zu machen, darf man nicht so verfahren, wie es bei der Herstellung der einseitig geschlossenen Röhrchen beschrieben wurde, weil der zugespitzte Teil des Rohres dabei zu dünnwandig wird. Man muß vielmehr in diesem Falle ganz ähnlich vorgehen, wie es soeben für das Biegen von Glasröhren beschrieben wurde. Nachdem man den in Fig. 7a dargestellten Zustand hergestellt hat, nimmt man das Glasrohr aus der Flamme und

Kork bohren

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zieht langsam aus, bis die gewünschte Verjüngung erreicht ist. Nach dem Erkalten schneidet man an geeigneter Stelle ab und schmilzt die Ränder rund (vgl. Fig. 7 b).

Kork bohren Um in einen Kork ein Loch zu bohren, wählt man einen Korkbohrer, der eine Kleinigkeit enger ist, als es das gewünschte Loch sein soll, wärmt seine Schneide in der Flamme eines Bunsenbrenners etwas an (auf keinen Fall bis zum Glühen!) und setzt ihn auf die zu bohrende Stelle auf. Dabei hält man den Korkbohrer in der vollen rechten Hand, ihn gegen die Handfläche stemmend, und den Kork mit der linken Hand so, wie es die Fig. 9 zeigt. Nun wird gebohrt, indem der Korkbohrer stets nach derselben Richtung gedreht und dabei leicht gegen den Kork gedrückt wird. Macht es Schwierigkeiten, das Loch auf einmal durchzubohren, so zieht man den Bohrer heraus, entfernt aus ihm das etwa mitgenommene Korkstöpselchen, erwärmt ihn nochmals und bohrt jetzt völlig durch. Auf jeden Fall muß das Bohren aus freier Hand j,. ^ ^ geschehen; es darf nicht etwa der Tisch als UnterKorke bohren läge benutzt werden, weil dabei sowohl der Tisch als auch der Korkbohrer leiden würde. Etwaige Beschädigungen des Korkbohrers, die kaum vorkommen, wenn in der angegebenen Weise verfahren wird, bessert man mit einem Korkbohrer-Schärfer oder von innen mit der Rund- und von außen mit einer dreikantigen Feile aus. Korke, die ein Kölbchen verschließen sollen, wählt man stets etwas größer, als zunächst nötig erscheint. Durch vorsichtiges, allmählich verstärktes Pressen in einer K o r k p r e s s e unter öfterem Drehen des Korkens macht man den Kork weich, so daß er sich jetzt in den Hals des Kölbchens eindrehen läßt und einen festen Verschluß abgibt. Soll durch einen solchen Kork ein Loch gebohrt sein, so drückt man zunächst den Kork weich, bohrt dann das Loch und drückt schließlich den durch das Bohren erweiterten Kork nochmals leicht in der Korkpresse, wobei das Loch entweder durch die Rundfeile oder den entsprechenden Korkbohrer ausgefüllt ist. I n Gummistopfen können Löcher in der gleichen Weise gebohrt werden, wenn der Korkbohrer gut geschärft und mit etwas Natronlauge oder Glycerin befeuchtet, aber nicht erwärmt ist. Besser benutzt m a n in diesem Fall allerdings eine kleine Bohrmaschine.

Größte Vorsicht ist beim Einführen von Glasröhren in durchbohrte Stopfen erforderlich, da bei falscher Ausführung schwere Verletzungen eintreten können. Man faßt den Stopfen mit der linken Hand so, daß die

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Kork bohren

Bohrung nicht auf die Innenfläche der Hand zeigt, sondern nach beiden Seiten frei ist, ähnlich wie dies für die linke Hand in der Fig. 9 dargestellt ist. Die rechte Hand faßt das einzusetzende Glasrohr, das vorher rund zu schmelzen und gegebenenfalls anzufeuchten ist, g a n z k u r z vor dem einzuführenden Ende. Nun schiebt man das Rohr u n t e r d a u e r n d e m D r e h e n mit s c h w a c h e m Druck in die Öffnung. Faßt man das Rohr weit vom Korken entfernt und drückt stark, so bricht es leicht ab, und die scharfen Bruchstellen führen zu schweren Verletzungen (schmerzhafte, langsam heilende Fleischwunden, Sehnendurchschneidungen u. ä.). Ausführliche Beschreibungen der üblichen Laboratoriumsarbeiten und viele nützliche Ratschläge findet man bei H. Kruhme, Mit Becherglas und Bunsenbrenner. Bd. 1 u. 2. Westermann, Braunschweig 1950, und W. W i t t e n b e r g e r , Chemische Laboratoriumstechnik. Springer, Wien 1945.

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Nichtmetallverbindungen, erster Teil Säuren, Basen und Salze Säuren sind wasser Stoff haltige Verbindungen, deren Wasserstoff ganz oder teilweise durch Metall ersetzt werden kann. Man erkennt das Vorliegen einer Säure an dem Verhalten ihrer wäßrigen Lösung gegen sogenannte „ I n d i k a t o r e n " ; so wird z. B. blaue Lackmuslösung rot gefärbt.

1. Man stelle das Verhalten verschiedener Indikatoren selbst fest, indem man in Probiergläser etwas verdünnte Salz-, Schwefel- oder Salpetersäure gibt und sie mit wenigen Tropfen der Lösungen folgender Indikatoren versetzt: Lackmus, Phenolphthalein, M*ethylorange, Methylrot, Kongorot. Man notiere, welche Farben die Lösungen annehmen. E i n b a s i s c h e Säuren enthalten nur ein durch Metall ersetzbares Wasserstoffa t o m (Salzsäure HCl; Salpetersäure H N 0 3 ; Überchlorsäure HC10 4 ). I n z w e i - , d r e i - , v i e r b a s i s c h e n Säuren sind zwei, drei, vier solcher Wasserstoffatome vorhanden (Schwefelsäure H 2 S 0 4 ; Orthophosphorsäure H 3 P 0 4 ; Pyrophosphorsäure H 4 P 2 0 7 ) . Entzieht man einer sauerstoffhaltigen Säure Wasser, so erhält man die SäureAnhydride: H 2 S 0 4 - H 2 0 = S 0 3 ; 2 HC10 4 - H 2 0 = C1 2 0 7 ; 2 HN03 — H20 = N205. Wie die Beispiele zeigen, sind die Säure-Anhydride O x y d e v o n N i c h t m e t a l l e n . Durch Wasseranlagerung an die Anhydride entstehen wieder die Säuren. Beim Ersätze der Säurewasserstoffatome durch Metallatome entstehen aus den Säuren die Salze. N e u t r a l e Salze entstehen aus den Säuren dadurch, daß der gesamte überhaupt durch Metall vertretbare Wasserstoff durch Metall ersetzt wird (z. B. Kaliumchlorid KCl; Natriumsulfat N a 2 S 0 4 ; Natriumphosphat N a 3 P 0 4 ) . I n s a u r e n Salzen ist nicht aller ersetzbare Wasserstoff durch Metall ersetzt (z. B. N a H S 0 4 ; N a 2 H P 0 4 . Über die nähere Benennung solcher saurer Salze vgl. S. 45). Den Gegensatz zu den Säuren bilden die Basen, das sind Verbindungen von Metallen mit einer oder mehreren OH-(Hydroxyl)-Gruppen. Wir nennen: N a O H Natriumhydroxyd, seine Lösung: Natronlauge; K O H Kaliumhydroxyd, seine Lösung: Kalilauge; Ca(OH) 2 Calciumhydroxyd, seine Lösung: Kalkwasser. J e nach der Zahl der Hydroxylgruppen spricht man von ein-, zwei-, dreisäurigen Basen (weil sie 1, 2 oder 3 Säurewasserstoffe zu neutralisieren vermögen; vgl. folgende Seite oben). Auch die Basen bilden A n h y d r i d e , z. B. Ca(OH) 2 —H 2 0 = CaO. Diese Basen-Anhydride sind M e t a l l o x y d e . Man k a n n daher auch definieren: Basen sind Stoffe, die durch Wasseranlagerung an Metalloxyde entstehen. Entsprechend den sauren gibt es auch b a s i s c h e Salze, in denen nur ein Teil der OH-Gruppen durch den Säurerest ersetzt ist. Genannt seien: Pb(0H)C10 4 und SbOCl; das letztere kann m a n als Anhydrid des eigentlichen basischen Salzes Sb(OH) 2 Cl auffassen.

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Salzsäure und Chlor

2. Man stelle das Verhalten v o n Lackmuslösung u n d den übrigen Indikatoren g e g e n B a s e n durch den Versuch fest. Läßt man die Lösung einer Säure mit der einen Base reagieren, so bildet sich Wasser und ein Salz. Diesen Neutralisationsvorgang erläutert der folgende Versuch: 3. Zu einer mit Lackmuslösung versetzten, also rot g e f ä r b t e n Salzsäurelösung gebe m a n tropfenweise v e r d ü n n t e Natronlauge. D a b e i bleibt die Farbe zunächst unverändert; bei weiterer Zugabe v o n L a u g e schlägt sie p l ö t z l i c h in B l a u um. I m Augenblick der Farbänderung ist gerade alle vorhandene Salzsäure g e m ä ß der Gleichung HCl + NaOH = NaCl + H 2 0 umgesetzt. E s ist das n e u t r a l reagierende S a l z (NaCl) u n d W a s s e r entstanden. Bei weiterer Zugabe v o n Natronlauge erfolgt keine weitere U m s e t z u n g mehr und der Lackmusfarbstoff wird blau, weil n u n m e h r überschüssige Natronlauge vorhanden ist. Entsprechend können sich S a l z e auch aus Säure- bzw. B a s e n - A n h y d r i d e n bilden: CaO + 2 HCl = CaCl2 + H „ 0 2 NaOH + C0 2 = Na 2 C0 3 + H 2 0 CaO + S 0 3 = C a S 0 4 .

Salzsäure und Chlor Chlorwasserstoff HCl ist ein farbloses, stechend riechendes, an der L u f t unter Wasseranziehung nebelbildendes Gas, das sich in Wasser sehr reichlich löst; die Lösung ist die Chlorwasserstoffsäure oder,, Salzsäure". Die „konzentrierte" Salzsäure des Laboratoriums ist eine 35- bis 40-proz., die „verdünnte" eine etwa 10-proz., die . ^ n o r m a l e " 1 ) eine 7,05-proz. wäßrige Lösung des Gases. Rohe Salzsäure enthält oft etwas Eisenchlorid und ist dadurch gelb gefärbt. In warmem Wasser, ferner in Lösungen seiner Salze und in anderen Säuren ist Chlorwasserstoff weniger löslich als in reinem, kaltem Wasser. Kleinere Mengen Chlorwasserstoffgas kann man deshalb durch Zutropfen von konzentrierter Schwefelsäure zu starker Salzsäure herstellen. Größere Mengen stellt man durch Erhitzen von Natriumchlorid mit Schwefelsäure her; dieses Verfahren wird auch in der Technik verwendet neben der heute wichtigeren direkten Synthese H , + C12 = 2HC1. — Salzsäure löst viele M e t a l l e unter Abgabe von Wasserstoff auf, z. B. Eisen, Zink, Aluminium. Ein Anhydrid kann die Salzsäure nicht bilden, weil sie keinen Sauerstoff enthält. Das in der Salzsäure enthaltene Chlor kann man durch Erwärmen mit Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben (z. B. Bleidioxyd P b 0 2 , Mangandioxyd, „Braunstein" Mn0 2 ), frei machen. Diesen Vorgang kann man sich s c h e m a t i s c h in verschiedener Weise in Einzelstufen zerlegt denken, so z. B. in die folgenden 2 ): ^HCl + O — h'o'+'cI } Oxydations-Reduktions-Vorgang MnO _+ 2 HCl ^ MnCl2 + H 2 0 Neutralisation MnÖ 2 + 4 HCl = MnCl2 + 2 H 2 0 + Cl2 Gleichung der Gesamtumsetzung. Über den Begriff „normal" vgl. S. 21. ) Eine bessere, an dieser Stelle aber noch nicht verständliche Zerlegung lernen wir S. 33 kennen. 2

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Salzsäure und Chlor

Stoffe wie Bleidioxyd und Mangandioxyd bezeichnet man als Oxydationsmittel. Man versteht darunter Stoffe, die an andere Stoffe Sauerstoff abgeben (1. Definition) oder — wie in unserem Falle — ihnen Wasserstoff entziehen können (2. Definition). Das Gegenteil von Oxydation, also die Wegnahme von Sauerstoff oder die Zuführung von Wasserstoff, nennen wir Reduktion. Aua der Definition geht hervor, daß Oxydation und Reduktion stets miteinander gekoppelt auftreten müssen: der Stoff, der oxydierend wirkt (z.B. Sauerstoff abgibt), wird selber reduziert (ihm wird Sauerstoff weggenommen). Eine umfassendere Definition werden wir S. 32 kennenlernen. Chlor zersetzt viele Farbstoffe und wird daher zum Bleichen benutzt. Aus Jodiden und Bromiden verdrängt es die Halogene und setzt sie in Freiheit. Zum Nachweis von Salzsäure und ihren Salzen dient der weiße Niederschlag von S i l b e r c h l o r i d , den man in wäßriger Lösung mit Silbernitrat erhält. Silberchlorid löst sich in Ammoniaklösung, nicht aber in Salpetersäure.

1. Man erhitze 1—2 ccm (10—-20 Tropfen) konzentrierte Salzsäure in einem Probierglas unter dem Abzug; es entweicht feuchtes C h l o r wasserstoffgas. 2. Zu 1—2 ccm konzentrierter Salzsäure, die sich in einem Probierglas befinden, gieße man, ebenfalls unter dem Abzug, aus einem zweiten Probierglas (vgl. S. 5/6) t r o p f e n w e i s e vorsichtig etwa die doppelte Raummenge konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich unter starkem Aufschäumen ein kräftiger Strom von C h l o r w a s s e r s t o f f g a s . 3. Eine Spatelspitze Natriumchlorid übergieße man im Probierglas unter dem Abzug mit etwa 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Es entweicht C h l o r w a s s e r s t o f f g a s , das man bei dieser Darstellungsmethode w a s s e r f r e i erhält. NaCl + H 2 S 0 4 = HCl + N a H S 0 4 .

4. In ein etwa 50 ccm fassendes Kölbchen bringe man etwa 4 g granuliertes Zink, befeuchte es mit einigen Tropfen Wasser und übergieße es mit so viel konzentrierter Salzsäure, daß die Metallstücke eben bedeckt sind. Sofort decke man auf den Hals des Kölbchens einen Trichter — die Öffnung nach unten — und halte über das nach oben gerichtete Abflußrohr des Trichters ein Probierglas, ohne es auf den Trichter selbst aufzusetzen. Nach 1 / a —1 Minute hebe man das Probierglas hoch, schließe die Mündung sofort mit dem Daumen, drehe es verschlossen um und öffne es dicht an einer Flamme. Das aus dem Metall und der Säure nach der Gleichung

Figur 10. Wasserstoff-Entwicklung

Zn + 2 HCl = ZnCl2 + H 2

entwickelte W a s s e r s t o f f g a s entzündet sich und brennt mit farbloser, kaum sichtbarer Flamme im Probierglas herab. 2 H2 + 0 2 = 2 H 2 0 .

Nachdem die Flamme v o l l k o m m e n erloschen ist, halte man das Probierglas noch einmal, aber kürzere Zeit über den Trichter, so daß die Luft aus ihm nur zum Teil verdrängt wird. Beim Entzünden B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung.

4 8 . - 4 9 . Aufl.

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Salzsäure und Chlor

v e r p u f f t n u n der I n h a l t des Probierrohres — je nach dem Mengenverh ä l t n i s der Mischung — m e h r oder weniger l e b h a f t ( „ K n a l l g a s " ) . 5. Man erwärme eine Spatelspitze Bleidioxyd m i t etwa 1 ccm konzent r i e r t e r Salzsäure im Probierglas u n t e r dem Abzug. E s entweicht C h l o r , ein gelblichgrünes Gas von charakteristischem, unangenehmem Geruch. Chlor g r e i f t die Schleimh ä u t e s t a r k a n ; m a n h ü t e sich also davor, viel d a v o n einzuatmen. I m Probierglas bleiben neben überschüssiger Salzsäure weiße Kristalle von B l e i c h l o r i d zurück. Pb0 2 + 4 HCl = PbCl2 + Cl2 + 2H 2 0. 6. Zur D a r s t e l l u n g von Chlor k a n n m a n s t a t t des t e u r e n Bleidioxyds auch das billige rohe Mangandioxyd („Braunstein") verwenden. Man stelle sich einen klein e n Gasentwicklungsapparat n a c h Fig. 11 her. D a s Kölbchen fasse 50 ccm; das Glasrohr sei so zum Winkel von 65—75° gebogen, d a ß Figur 11. Chlor-Entwicklung der eine Schenkel etwa 6 cm, der andere etwa 16 cm lang ist; die Glasrohrenden seien r u n d geschmolzen. W e n n der A p p a r a t zusammengestellt, aber noch nicht gefüllt ist, p r ü f e man, ob er dicht schließt, indem m a n a m Glasrohr s a u g t u n d feststellt, ob die Zunge einige Zeit h a f t e n bleibt. I n diesen A p p a r a t bringe m a n etwa 2 g B r a u n s t e i n u n d 5—7 ccm konzentrierte Salzsäure, verschließe ihn u n d befestige u n t e r dem A b z u g den Kolbenhals m i t einer K l a m m e r a n einem S t a t i v in solcher Höhe, d a ß der Kolbenboden etwa 5 cm über einen d a r u n t e r gestellten, noch nicht angezündeten Bunsenbrenner zu stehen k o m m t . D a n n schiebe m a n ein z u m D r i t t e l m i t Wasser gefülltes Probierglas, das m a n mit der H a n d hält, über das Gasableitungsrohr u n d erwärme den K o l b e n gelinde m i t kleiner, fächelnder F l a m m e . Zuerst entweicht durch das vorgelegte Wasser L u f t ; d a n n k o m m t C h l o r g a s , das zum Teil vom Wasser gelöst wird u n d dieses gelblich f ä r b t . E s bildet sich „Chlorwasser", das bis zu 0,8 Gewichtsprozent elementares Chlor e n t h a l t e n k a n n . N a c h einigen Minuten n i m m t m a n das vorgelegte Probierglas f o r t u n d e n t f e r n t erst d a n n die F l a m m e . W ü r d e m a n die F l a m m e zuerst entfernen, so w ü r d e das Chlorwasser in den schnell erkaltenden A p p a r a t zurücksteigen. 7. I n das den oberen Teil des Probierglases erfüllende Chlorgas halte m a n etwas rotes u n d etwas blaues angefeuchtetes Lackmuspapier; es t r i t t E n t f ä r b u n g des Lackmusfarbstoffes ein. Zu 1 ccm Indigo-Lösung gebe m a n etwas Chlorwasser; sofort verschwindet die t i e f b l a u e F a r b e des Indigos u n d eine schmutzig gelbe von O x y d a t i o n s p r o d u k t e n des Indigos t r i t t auf.

Salzsäure und Chlor

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8. Man gebe zu einigen Tropfen Natriumjodid-Tiösung u n d zu einigen Tropfen Kaliumbromid-UisvLng je einen Tropfen Chlorwasser; es t r i t t B r a u n - bzw. Gelbfärbung von frei gewordenem J o d bzw. B r o m a u f . 2KJ + Cl2 = 2 KCl + J 2 2KBr + Cl2 = 2 KCl + Br 2 . Man verteile die so erhaltenen brom- bzw. jodhaltigen Lösungen auf j e zwei Probiergläser u n d schüttele d a s eine m i t 1 ccm Schwefelkohlenstoff, das andere mit 1 ccm Chloroform k r ä f t i g d u r c h . N a c h d e m sich die Flüssigkeit wieder in zwei Schichten getrennt h a t , e r k e n n t m a n , d a ß das B r o m u n d das J o d in die nichtwäßrige Schicht übergegangen sind ( „ A u s s c h ü t t e l n " ) . Man notiere die F a r b e n , die dabei a u f t r e t e n . 9. Man vermische einen T r o p f e n v e r d ü n n t e r Salzsäure m i t einigen K u b i k z e n t i m e t e r n destillierten Wassers u n d f ü g e e t w a s v e r d ü n n t e Silbernitrat-Lösung h i n z u ; es e n t s t e h t ein weißer Niederschlag von S i l b e r e h l o r i d , der sich beim U m s c h ü t t e l n oder E r w ä r m e n flockig zusammenballt. HCl + AgN0 3 = AgCl + HN0 3 . Auf Zusatz einer ausreichenden Menge Ammoniak-Lösu n g löst sich der Niederschlag wieder auf. 10. Löst m a n ein K ö r n c h e n Natriumchlorid in destilliertem Wasser auf und f ü g t einige Tropfen Salpetersäure u n d d a n n etwas SilbernitratLösung hinzu, so fällt ebenfalls S i l b e r c h l o r i d aus. NaCl + AgNOj = AgCl + NaN0 3 . Auch andere Salze der Salzsäure geben die gleiche Reaktion. Diese Tatsache ist nicht selbstverständlich; denn andere Chlorverbindungen, wie z. B. Überchlorsäure HC104 oder Chloroform CHC13, geben keine Fällung mit SilbernitratLösung. Eine Erklärung für dieses verschiedenartige Verhalten werden wir S. 27 kennenlernen. Silberchlorid ist in Salpetersäure u n l ö s l i c h , wird aber, wie soeben gezeigt wurde, durch Zusatz von A m m o n i a k - L ö s u n g gelöst. Die Löslichkeit in Ammoniak unterscheidet das Silberchlorid vom Silberjodid, das sich nicht in Ammoniak-Lösung auflöst. Näheres vgl. S. 97 ff. Die Unlöslichkeit des Silberchlorids in Salpetersäure zu kennen, ist deshalb wichtig, weil das Auftreten eines schwer löslichen Niederschlages allein die Anwesenheit von Salzsäure oder Chloriden nicht mit Sicherheit verbürgt. Aus neutralen, d. h. nicht salpetersauren Lösungen fallen auch schwer lösliche Silbersalze anderer Säuren aus. 11. Man stelle dies m i t einem Tropfen Natriumcarbonai-Lösung fest, den m a n mit etwas Wasser u n d einigen Tropfen Silbernitrat-hösTing versetzt. E s e n t s t e h t ein dicker Niederschlag von S i l b e r c a r b o n a t ; dieser löst sich aber auf Zusatz von Salpetersäure auf. I s t diese Lösung j e t z t völlig klar, so war das N a t r i u m c a r b o n a t völlig frei von Chloriden; bleibt eine T r ü b u n g , so enthielt es (oder die Salpetersäure) Chloride bzw. Salzsäure. Ähnliches Verhalten b e o b a c h t e t m a n z.B. mit Kaliumnitrit- u n d N a triumphosphat-Lösung. Infolgedessen gibt m a n zur P r ü f u n g auf Chloride stets so viel Salpetersäure hinzu, d a ß die Lösung deutlich sauer reagiert. 2*

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Chemische Umsetzungen

12. Von Salpetersäure nur wenig gelöst wird auch das S i l b e r s u l f a t . Versetzt man ziemlich konzentrierte Silbernitrat-Lösung mit Schwefelsäure, so fällt ein weißer Niederschlag, der bei Zugabe von SalpetersäureLösung nicht verschwindet. Verdünnt man jedoch mit destilliertem Wasser stärker, so geht er — im Gegensatz zum Silberchlorid — in Lösung. Unter den Bedingungen des analytischen Arbeitens ist daher eine Verwechslung nicht zu befürchten. 13. Zum Nachweis von Chloriden im Leitungswasser fülle man dieses in ein Probierglas und gebe einige Tropfen Salpetersäure und etwas Silbernitrat-Lösung hinzu. Eine Trübung zeigt einen geringen, ein Niederschlag einen größeren Gehalt an Chloriden an. Durch Zugabe von Ammoniak überzeuge man sich, daß wirklich Chloride vorliegen. Zur Anstellung aller dieser Versuche sind natürlich — wie stets! — Probiergläser zu verwenden, die sorgfältig mit destilliertem Wasser ausgespült sind. Der Salzsäure stehen die Bromwasserstoffsäure HBr, die Jodwasserstoffsäure H J , die CyanwasserstoffBäure HCN, die Cyansäure HOCN, die Rhodanwasserstoffsäure HSCN und die Stickstoffwasserstoffsäure HN 3 sehr nahe; sie verhalten sich in den meisten Umsetzungen ganz ähnlich. Diese Säuren werden zum Teil später besprochen werden.

Chemische Umsetzungen Unter einer chemischen Umsetzung oder Reaktion versteht man einen Vorgang, bei dem sich aus vorhandenen Stoffen neue Stoffe bilden. Bei der Umsetzung zwischen Salzsäure und Silbernitrat z. B. bilden sich Silberchlorid und Salpetersäure. Die meisten der in dieser Anleitung beschriebenen Umsetzungen werden in w ä ß r i g e r L ö s u n g durchgeführt, weil man für die Reaktionen der analytischen Chemie meist dieses Lösungsmittel benutzt. Es sei jedoch schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Anwesenheit von Wasser keineswegs Voraussetzung für chemische Umsetzungen ist. Es gibt auch Reaktionen in anderen Lösungsmitteln, in Gasen, Schmelzen, ja bei höheren Temperaturen auch zwischen festen Stoffen. Schließlich können auch Gase mit flüssigen und festen Stoffen reagieren usw. Beispiele für Umsetzungen bei Abwesenheit von Wasser, die in der präparativen Chemie heute sehr häufig durchgeführt werden, werden wir auch in dieser Einführung gelegentlich kennenlernen. Zum E r k e n n e n von Stoffen durch chemische Umsetzungen (Nachweis- oder Erkennungs-Reaktionen) benutzt man solche Umsetzungen, bei denen Stoffe von recht augenfälligen Eigenschaften — insbesondere farbige oder unlösliche Stoffe — entstehen. Eine Reaktion ist „ s p e z i f i s c h " oder „ e i n d e u t i g " , wenn sie nur bei Gegenwart e i n e s bestimmten Stoffes eintritt. Allerdings wird dieser Idealfall nur selten erreicht; die meisten Umsetzungen sind nicht für einen Stoff, sondern jeweils für eine ganze G r u p p e von Stoffen charakteristisch; solche Reaktionen nennt man „ s e l e k t i v " . Wenn man z. B. eine zu untersuchende Lösung mit Silbernitrat-Lösung versetzt, so beweist, wie wir oben sahen, das Auftreten eines weißen, flockigen Niederschlages, der in Salpetersäure unlöslich, in Ammoniak-Lösung leicht löslich ist, die Gegenwart von Salzsäure oder von einem ihrer Salze. Diese Reaktion ist also charakteristisch für die Salzsäure und ihre Salze. — Eine Reaktion ist „ e m p f i n d l i c h " , wenn sie schon unter Anwendung einer sehr geringen Stoffmenge ausführbar ist. So ist Silbernitrat ein empfindliches Reagens auf Salzsäure oder Chloride, weil schon äußerst kleine Mengen dieser Stoffe auf Zugabe von Silbernitrat einen Niederschlag liefern.

Konzentration der Lösungen; Normallösungen

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F ü r d e n a n a l y t i s c h e n C h e m i k e r i s t es w i c h t i g , d i e c h e m i s c h e n Ums e t z u n g e n , d i e z u m N a c h w e i s e i n e s S t o f f e s b r a u c h b a r s i n d , zu k e n n e n . E r m u ß d a b e i die B e d i n g u n g e n , u n t e r d e n e n diese R e a k t i o n e n eint r e t e n , u n d i h r e Z u v e r l ä s s i g k e i t , d. h. i h r e S p e z i f i t ä t u n d E m p f i n d lichkeit, sorgfältig beachten.

Konzentration der Lösungen; Normallösungen Es ist zweckmäßig, bei Umsetzungen die richtigen Mengen der sich umsetzenden Stoffe zu verwenden; ein großer Überschuß eines der Stoffe würde — von besonderen Ausnahmefällen abgesehen — zweckloser Ballast, d. h. also Materialverschwendung sein und oft Veranlassung zu Störungen geben. Deshalb verwendet man in den Laboratorien Lösungen von bestimmtem Gehalt. Den Gehalt einer Lösung an gelöstem Stoff, seine Konzentration, kann man in zweierlei Weise bezeichnen, indem man sich entweder auf das Gewicht oder auf das Volumen der Lösung bezieht. Unter Prozentgehalt versteht man die Angabe der Gramme gelösten Stoffes, die in 100 Gramm (also einer bestimmten G e w i c h t s m e n g e ) der Lösung enthalten sind; andererseits ist es oft zweckmäßiger, die Gewichtsmenge des gelösten Stoffes anzugeben, die in einem bestimmten Volumen der fertigen Lösung enthalten ist. Da das Volumen der Lösung sich — im Gegensatz zum Gewicht! — in der Regel nicht genau additiv aus dem der Bestandteile zusammensetzt, ist stets eine Dichtebestimmung der Lösung erforderlich, wenn man beide Größen miteinander in Beziehung setzen will. Prozentgehalt x Dichte x 10 — Konzentration in Gramm je Liter gemessen. Früher — und gelegentlich auch jetzt noch — verwendete man Lösungen von festgesetztem P r o z e n t g e h a l t , meist 10-proz. Lösungen. Das ließ sich leicht merken, und man konnte beim Gebrauch sich durch eine Überschlagsrechnung schnell ausrechnen, wieviel man von jeder Lösung brauchte, um eine vollständige Umsetzung zu erzielen. Auch entsprechen einige der wichtigsten gleichprozentigen Reagens-Lösungen einander annähernd: so die Salzsäure- und die Natriumhydroxyd-Lösung und, wenn auch weniger gut, Schwefelsäure- und Salpetersäure-Lösungen. In einer Ammoniak-Lösung ist aber zwei- bis dreimal so viel Ammoniak enthalten, als zur Neutralisation des gleichen Raumteiles der genannten gleichprozentigen Säurelösungen erforderlich ist. Heute stellt man deshalb — viel sachgemäßer — die Lösungen meist nach einem anderen Gesichtspunkt her. Man löst nicht, wie eben geschildert, von jedem Stoff das gleiche Gewicht, etwa 10 g, für 100 g Lösung auf, sondern man berechnet ein f ü r alle Male, wieviel von jedem Stoffe zu einem L i t e r L ö s u n g gelöst werden muß, damit alle Lösungen f ü r gleiche Raumteile g l e i c h w e r t i g („äquivalent") werden, und stellt die Lösungen nach diesem Ansatz her. So kann man von den einwertigen Säuren und Basen, d. h. einbasischen Säuren und einsäurigen Basen, ein Gramm-Molekelgewicht (ein „ M o l " ) zu je einem Liter Lösung mit Wasser lösen, also 36,46 g Chlorwasserstoff HCl; 63,02 g Salpetersäure H N 0 3 ; 40,00 g Natriumhydroxyd NaOH; 56,10 g Kaliumhydroxyd K O H ; 17,03 g Ammoniak NH 3 . Gleiche Raumteile dieser Lösungen entsprechen dann einander vollkommen; je ein Kubikzentimeter jeder dieser Säure-Lösungen wird genau durch einen Kubikzentimeter jeder dieser Base-Lösungen neutralisiert. Von zweibasischen Säuren und zwei säurigen Basen wird ein halbes Mol, von dreiwertigen ein drittel Mol gelöst; also 1 / 2 X 98,08 = 49,04 g Schwefelsäure H 2 S 0 4 ; V2 X 171,38 = 85,69 g Bariumhydroxyd Ba(OH) 2 . Von Salzen verwendet man entsprechende Mengen, z . B . 169,89g Silbernitrat AgN0 3 ; 1 / 2 X 208,27 = 104,135 g Bariumchlorid BaCl 2 ; 1 / 3 X 162,21 = 54,07 g Eisen-(III)chlorid FeCl3. Die Größe: „Molekelgewicht dividiert durch Wertigkeit" nennt man ein „ Ä q u i v a l e n t g e w i c h t " . Man verwendet also im Laboratorium nach Möglichkeit Lösungen gleicher K o n z e n t r a t i o n , gemessen in G r a m m - Ä q u i -

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Schwefelsäure

v a l e n t e n je L i t e r . Molekelgewicht und Äquivalentgewicht sind ebenso wie das Atomgewicht unbenannte, r e i n e V e r h ä l t n i s z a h l e n , während GrammMolekelgewicht ( = Mol), Gramm-Äquivalent ( = Val) und Gramm-Atom bestimmte a b s o l u t e Mengen bedeuten, nämlich jeweils soviel Gramm, wie durch die betreffenden Größen angegeben wird. Lösungen, die i Gramm-Äquivalent im Liter gelöst enthalten, nennt man „Normallösungenz.B. „norm. Natriumhydroxyd-Lösung" oder „nNatriumhydroxyd-Lösung". Lösungen von doppelter Konzentration heißen „Doppeltnormal-Lösungen"; Lösungen, die ein Zehntel so stark sind, „ZehntelnormalLösungen" usw.; z . B . „2 n Salzsäure", „n/10 Schwefelsäure-Lösung". Von Doppeltnormal-Lösungen braucht man selbstverständlich das halbe Raummaß, von Zehntelnormal-Lösungen das Zehnfache, um gleichviel des gelösten Stoffes zu haben, wie von Normal-Lösungen. Die v e r d ü n n t e n 5- bis 10-proz. L ö s u n gen des L a b o r a t o r i u m s sind meist etwa d o p p e l t n o r m a l . Von den Normal-Lösungen sind die molaren Lösungen zu unterscheiden. Sie sind dadurch definiert, daß ein Liter von ihnen ein Gramm-Molekelgewicht des gelösten Stoffes enthält. Manchmal sind normale und molare Lösungen gleich, so bei Salzsäure und Natronlauge. Bei Schwefelsäure enthält jedoch die molare Lösung doppelt soviel wie die normale.

Schwefelsäure Die Schwefelsäure ist eine farblose, geruchlose Flüssigkeit. Die dickölige „konzentrierte" Schwefelsäure des Laboratoriums enthält etwa 95 bis 96% H 2 S0 4 , die „verdünnte" etwa 10%, die „2 norm." 9,25%. Konzentrierte Schwefelsäure vereinigt sich begierig mit Wasser; beim Mischen mit Wassererwärmtsiesichstark. Infolge dieser wasserentziehenden Wirkung zerstört sie viele organische Stoffe, oftmals unter Verkohlung. B e i m A r b e i t e n m i t S c h w e f e l s ä u r e i s t a l s o b e s o n d e r s g r o ß e V o r s i c h t u n d S a u b e r k e i t nötig 1 ). Andererseits kann man diese wasserentziehende Wirkung benutzen, um chemische Reaktionen zu erzwingen. So entsteht z. B. aus Ameisensäure (HC0 2 H) und konzentrierter Schwefelsäure Kohlenmonoxyd CO (auch kurz „Kohlenoxyd" genannt), ein brennbares, giftiges Gas. Das Anhydrid der Schwefelsäure, S0 3 , „Schwefelsäureanhydrid" oder„Schwefeltrioxyd", kommt in zwei Formen vor, als farbloses öl oder als farbloser, in langen Nadeln („asbestartig") kristallisierender fester Stoff. Beide rauchen an der Luft unter Wasseranziehung stark. Durch Auflösen von Schwefeltrioxyd in konzentrierter Schwefelsäure erhält man die r a u c h e n d e S c h w e f e l s ä u r e ( „ O l e u m " ) . In ihr ist eine neue Verbindung „Pyrosch-vuefelsäure" H 2 S 2 0 7 vorhanden, die durch Vereinigung einer Molekel Schwefelsäure und einer Molekel Schwefeltrioxyd entsteht: H 2 S0 4 + S0 3 = H 2 S 2 0 7 . Die „rauchende Schwefelsäure" des Handels ist ein Gemisch dieser Pyroschwefelsäure mit konzentrierter Schwefelsäure oder mit Schwefeltrioxyd. Sie gibt beim Erwärmen Dämpfe von Schwefeltrioxyd ab. 1. Man übergieße ein Stück Filtrierpapier, das in einer Abdampfschale liegt, mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure; es löst sich langsam u n t e r Bildung einer hellgelben Lösung auf. Man werfe ein Stückchen J ) In Kleider frißt konzentrierte Schwefelsäure gewöhnlich Löcher; verdünnte erzeugt rote Flecke, die durch Betupfen mit Ammoniak-Lösung — auch nach einiger Zeit noch — zu entfernen sind.

Schwefelsäure

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Streichholz (ohne K u p p e ) in ein Probierglas zu ein wenig k o n z e n t r i e r t e r Schwefelsäure; u n t e r S c h w a r z f ä r b u n g t r i t t Z e r s t ö r u n g der organischen S u b s t a n z ein. 2. Zu 3 ccm Wasser gieße m a n a u s einem zweiten Probierglas e t w a d e n gleichen R a u m t e i l konzentrierter Schwefelsäure. Die Mischung erw ä r m t sich s t a r k . Man merke sich, daß bei Herstellung größerer Mengen verdünnter Schwefelsäure stets die konzentrierte S ä u r e langsam und unter guter Durchmischung z u m W a s s e r gegossen werden muß, n i c h t u m g e k e h r t d a s W a s s e r zur Säure. H e i ß e k o n z e n t r i e r t e S c h w e f e l s ä u r e darf k e i n e s f a l l s v e r d ü n n t oder in den A u s g u ß gegossen werden! 3. M a n v e r s e t z e u n t e r d e m A b z u g 2—3 ccm k o n z e n t r i e r t e Ameisensäure m i t e t w a 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. D a s sich e n t w e d e r sof o r t oder bei geringem E r w ä r m e n bildende K o h l e n o x y d g a s (Kohleno x y d ist g i f t i g ! ) b r e n n t , w e n n m a n die M ü n d u n g des Probierglases a n die F l a m m e b r i n g t , m i t intensiv blauer F l a m m e . HC0 2 H - H 2 0 = CO 2 CO + 0 2 = 2 C 0 2 . 4. M a n erhitze u n t e r d e m A b z u g e t w a 1 ccm rauchende Schwefelsäure in einem t r o c k e n e n P r o b i e r g l a s ; es e n t w e i c h t S c h w e f e l t r i o x y d S 0 3 , d a s m i t der F e u c h t i g k e i t d e r L u f t dicke, weiße N e b e l bildet. Verdünnte Schwefelsäure löst viele M e t a l l e (z. B. Eisen, Aluminium, Zink) unter W a s s e r s t o f f - E n t w i c k l u n g zu ihren schwefelsauren Salzen (Sulfaten) auf; sie reagiert also entsprechend wie Salzsäure. Fe + H 2 S0 4 = FeS0 4 + H 2 . Konzentrierte Schwefelsäure dagegen verhält sich ganz anders; sie löst die genannten M e t a l l e bei Zimmertemperatur nicht auf. Bei höherer Temperatur bilden sich zwar ebenfalls Sulfate, aber es wird kein Wasserstoff frei, sondern es entwickelt sich S c h w e f e l d i o x y d S0 2 . Für E i s e n z. B. kann man diesen Vorgang folgendermaßen formulieren: Fe + 2 H 2 S 0 4 = FeSOj + 2 H 2 0 + S 0 2 . Zum Verständnis dieser Umsetzung ist es wesentlich, daß die S c h w e f e l s ä u r e dabei als O x y d a t i o n s m i t t e l wirkt, wobei sie selbst zu Schwefeldioxyd reduziert wird. Das Eisen wird dabei oxydiert und bildet sofort mit weiterer Schwefelsäure Eisen(II)-sulfat. Die voranstehende Gleichung kann somit schematisch zerlegt werden in zwei Gleichungen: Fe + H 2 S 0 4 = FeO + S0 2 + H 2 0 Oxydation-Reduktion EeO + H 2 S0 4 = FeS0 4 + H 2 0 Neutralisation. (Besser werden diese Vorgänge auf S. 33 klar werden.) S c h w e f e l s ä u r e i s t a l s o in v e r d ü n n t e m Z u s t a n d e n u r e i n e S ä u r e , in k o n z e n t r i e r t e m Z u s t a n d e in d e r W ä r m e a b e r a u c h e i n O x y d a t i o n s m i t t e l ; als solches hat sie große Bedeutung. Bei Umsetzung mit Z i n k erleidet heiße konzentrierte Schwefelsäure sogar Reduktion zu elementarem S c h w e f e l und in geringem Umfange sogar zu S c h w e f e l w a s s e r s t o f f H 2 S; Zink ist also ein stärkeres Reduktionsmittel als Eisen. Man entwickele die Umsetzungs-Gleichungen in entsprechender Weise.

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Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre

5. Man übergieße in einem Probierglas Granalien von t e c h n i s c h e m (d. h. verunreinigtem, vgl. S. 105) Zink mit verdünnter Schwefelsäure, der man zweckmäßig einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure beimischt. Das Zink löst sich lebhaft zu Z i n k s u l f a t , und W a s s e r s t o f f entweicht reichlich. 6. In einem trockenen Probierglas erhitze man u n t e r dem A b z u g ein Stückchen Stangenzink von etwa 1 cm Länge mit wenig konzentrierter Schwefelsäure so stark, daß eine Umsetzung unter schwachem Aufschäumen beginnt. Die Umsetzung geht dann meist ohne weitere Wärmezufuhr fort; sollte sie nachlassen, so werde sie durch erneutes Erwärmen wieder in Gang gebracht. Im oberen Teil des Probierglases bildet sich ein gelber Beschlag von festem S c h w e f e l , und gelbe Schwefeltröpfchen scheiden sich ab — ein eleganter Beweis für das Vorhandensein von Schwefelinder Schwefelsäure. Entweichendes S c h w e f e l d i o x y d — und manchmal auch S c h w e f e l w a s s e r s t o f f g a s — sind am Geruch zu erkennen. Granuliertes Zink oder Zinkspäne dürfen bei diesem Versuch nicht verwendet werden, da sie zu heftig einwirken. ZumNachuieis von Schwefelsäure und ihren Salzen werden lösliche Bariumsalze benutzt, mit denen sich das auch in Salz- und Salpetersäure praktisch unlösliche B a r i u m s u l f a t bildet: BaCl2 + H 2 S0 4 = BaS0 4 + 2 HCl Ba(N0 3 ) 2 + N a 2 S 0 4 = B a S 0 4 + 2 N a N 0 3 .

7. Man verdünne einen Tropfen verdünnter Schwefelsäure mit einigen Kubikzentimetern Wasser und setze einige Tropfen Bariumchlorid-Tiösuiig hinzu: es fällt weißes B a r i u m s u l f a t aus. Der Niederschlag ist fein kristallin und seinem ganzen Aussehen nach von dem S. 19 besprochenen Silberchlorid deutlich verschieden. Beim Zusatz von Salz- oder Salpetersäure löst sich der Niederschlag nicht auf. (Wichtige Erkennungsprobe.) Auch alle wasserlöslichen Sulfate geben diese Reaktion. Zweckmäßig fügt man stetB wenig Salz- oder Salpetersäure hinzu, weil auch Salze anderer Säuren (Carbonate, Phosphate) mit Bariumchlorid Niederschläge geben, die aber nur aus neutralen oder alkalischen Lösungen ausfallen. Bariumsulfat ist neben dem S. 169 zu besprechenden Bariumfluorosilicat der einzige Bariumsalz-Niederschlag, der auch aus saurer Lösung ausfällt.

8. Man weise Schwefelsäure im Kupfersulfat und im Natriumsulfat nach, verwende von beiden Salzen aber nur sehr kleine Proben. 9. Wird zu Bariumchlorid-Liösang konzentrierte Salzsäure oder konzentrierte Salpetersäure gegeben, so fällt nach kurzer Zeit ebenfalls ziemlich schwer lösliches B a r i u m c h l o r i d bzw. B a r i u m n i t r a t in derben Kristallen aus; beim Versetzen der Mischungen mit Wasser lösen sich diese Niederschläge aber wieder auf. Man hüte sich bei der Prüfung auf Schwefelsäure vor einem aus diesem Verhalten entspringenden Irrtum. Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre Elektrolyte;

Leiter 2. Klasse.

I n d e n b e i d e n K l e m m e n eines E l e k t r o -

lysenstativs (vgl. Fig. 12) befestige man zwei dünne Bogenlampenkohlen in etwa 1—2 cm Abstand in solcher Höhe, daß sie fast bis auf den Boden

Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre

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eines 100 com fassendenBecherglases reichen, das auf einem Dreifuß oder Holzklotz steht. Die beiden Kohlen verbinde man mittels isolierter Zuleitungen (Klingeldraht) mit den Klemmen von 3 hintereinandergeschalteten Akkumulatoren (d. h. einer Spannungsquelle von 3 X 2,1 = 6,3 Volt) und schalte ein Amperemeter in den Stromkreis, das bis zu 5 Amp. abzulesen gestattet.

Figur 12. Leitfähigkeits-Versuch

1. Nun gieße man so viel Chloroform in das Becherglas, daß die Kohlen eben hineintauchen; das Amperemeter zeigt keinen Ausschlag. Chloroform ist also ein I s o l a t o r . Destilliertes Wasser und Alkohol, die man in gleicher Weise prüfe, sind ebenfalls Nichtleiter. Ebenso zeigen Lösungen von Zucker oder Alkohol in destilliertem Wasser mit unserer Anordnung keine meßbare Leitfähigkeit. 2. Anders ist es, wenn man Lösungen folgender Stoffe p r ü f t : Schwefel-, Salz- und Salpetersäure, Natriumhydroxyd, Kochsalz, Natriumcarbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat. (Man benutze die etwa 2 n-Lösungen des Arbeitsplatzes.) Bringt man diese Stoffe nacheinander in das Becherglas (das selbstverständlich jedesmal gut mit destilliertem Wasser auszuspülen ist!), so zeigt das Amperemeter einen erheblichen Ausschlag, dessen Größe man in das Arbeitsheft eintrage. Man überzeuge sich ferner, daß auch das Leitungswasser infolge der in ihm gelösten Salze im Gegensatz zum destillierten Wasser eine deutlich nachweisbare Leitfähigkeit zeigt. Die eben genannten Lösungen leiten also den elektrischen Strom. Man bezeichnet daher Stoffe wie Salz-, Salpeter- und Schwefelsäure, Natriumhydroxyd, Natriumchlorid und -carbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat — oder allgemeiner gesagt, Säuren, Basen und Salze — als Elektrolyte. Die Leitfähigkeit der

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Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre

Elektroytlösungen ist allerdings längst nicht so groß wie die von Metallen. Außerdem unterscheiden sich diese Stoffe von den Metallen auch dadurch, daß bei ihnen mit dem Stromdurchgang stets eine chemische Umsetzung verbunden ist. Während ein Metalldraht bekanntlich durch den Stromdurchgang stofflich in keiner Weise verändert wird, beobachtet man bei den wäßrigen Lösungen bei unseren Versuchen an den Kohlestäben, den „Elektroden", entweder Gasentwicklung (Wasserstoff, Chlor, Sauerstoff) oder Metallabscheidung (Kupfer beim Kupfersulfat). Daher unterscheidet man diese Lösungen als L e i t e r 2. K l a s s e von den Metallen, den Leitern 1. Klasse. Den durch das Anlegen einer Spannung erzwungenen Stromdurehgang unter Stoffabscheidung an den Elektroden bezeichnet man als „ E l e k t r o l y s e " .

Molekelgezuichte in Lösungen. In der Experimental-Vorlesung werden die Methoden besprochen, mit denen man die Molekelgewichte gelöster Stoffe bestimmen kann (z. B durch Messung der Gefrierpunkts-Erniedrigung bzw. der Siedepunkts-Erhöhung). Untersucht man nach diesen Methoden die Molekelgewichte von solchen Lösungen, die den elektrischen Strom nicht leiten, so findet man die erwarteten Werte. Prüft man dagegen gut leitende Lösungen, so findet man z. B . für Natriumchlorid statt 58,5 (23 + 35,5) nur wenig mehr als 29 (V2 X 58,5), für Magnesiumchlorid nur wenig mehr als 31 ( 1 / 3 X 94,3), oder ganz allgemein Werte, die nur 1 j 2 , 1 / 3 usw. so groß sind, wie man es nach der formelmäßigen Zusammensetzung der Molekeln erwarten würde. Dies ist ein zweites Kennzeichen der „Elektrolyte". Ionenlehre. Die geschilderten Erscheinungen bei den Elektrolytlösungen führten den Schweden S v a n t e A r r h e n i u s 1887 zu der Erkenntnis, daß die in ihnen gelösten Molekeln in kleinere Spaltstücke zerfallen sind, die elektrisch geladen sind. Für diese geladenen Spaltstücke benutzte er die schon von F a r a d a y stammende Bezeichnung Ionen ( = Wanderer). So bildet z. B . Chlorwasserstoffgas beim Auflösen in Wasser positiv geladene Wasserstoffionen und negativ geladene Chlorionen. Natriumchlorid bildet neben positiv geladenen Natriumionen ebenfalls Chlorionen. Aus Natriumsulfat N a 2 S 0 4 entstehen positiv geladene Natriumionen und negativ geladene Sulfationen, von den ersten doppelt soviel wie von den zweiten usw. Diese Ionen sind wegen ihrer Ladung grundsätzlich verschieden von den elektrisch ungeladenen freien Elementen. So zeigt eine Kochsalz-Lösung, die j a positiv geladene Natrium- und negativ geladene ChlorIonen enthält, nichts von den Eigenschaften des Natriummetalls oder des freien Chlors. Letzteres löst sich zwar auch in Wasser, aber Chlorwasser sieht gelbgrün aus, ätzt und riecht nach freiem Chlor, während eine Kochsalz-Lösung färb- und geruchlos ist. Betrachten wir nun die Eigenschaften der Ionen im einzelnen. Man erkennt das V o r z e i c h e n d e r L a d u n g eines Ions daran, daß das Ion bei der Elektrolyse an die Elektrode entgegengesetzten Vorzeichens wandert, dort seine Ladung ausgleicht und in elektrisch nicht geladener Form in Erscheinung tritt. So wandern alle p o s i t i v geladenen Ionen (die Kationen) zur n e g a t i v e n Elektrode (der Kathode), die n e g a t i v geladenen Anionen dementsprechend zur p o s i t i v e n E l e k t r o d e (der Anode). An der Kathode werden z. B . die positiv geladenen Wasserstoffionen unter Aufnahme negativer Ladung zu ungeladenen Wasserstoffatomen entladen, die sich paarweise zu ebenfalls ungeladenen Wasserstoffmolekeln vereinigen. Entsprechend werden die negativ geladenen Chlorionen an der Anode entladen; es entstehen ungeladene Chlormolekeln. Aus diesen und anderen Versuchen ergibt sich, daß die Metallatome und der Wasserstoff positiv geladene Ionen bilden; einige Nichtmetallatome, die Hydroxyl-Gruppe und die Säurereste treten als negative Ionen auf. Über die G r ö ß e d e r L a d u n g e n haben Versuche, die hier nicht im einzelnen besprochen werden können, folgendes ergeben: Mißt man die Ladung der einzelnen Ionen in der Einheit der sogenannten Elementarladung, so findet man, daß nur ganzzahlige Vielfache dieser Elementarladung vorkommen. Die Zahl dieser Ladungen ist gleich der Wertigkeit des betreffenden Atoms bzw. der Atomgruppe

Elektrolytische Dissoziation; Ion^hlehre

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und wird deshalb auch „ E l e k t r o v a l e n z z a h l " genannt. Bezeichnet man eine positive Elementar-Ladung mit einem hochgestellten Plus-, eine negative mit einem Minus-Zeichen, so kommen demnach z. B. folgende Ionen vor: H+, Na+, Mg2+, (bzw. Mg++), Al 3 +; C r , OH", N 0 3 " , S 2 - , S 0 4 2 - , P 0 4 3 - 1 ). Dabei ist natürlich insgesamt der Absolutwert aller positiven Elementarladungen gleich dem aller negativen, denn die Ladungen der entgegengesetzt geladenen Ionen einer Elektrolytlösung heben sich ja gegenseitig auf, die Lösung erscheint nach außen , .elektroneutral". Manche Elemente können Ionen verschiedener Ladung bilden. So gibt es z. B. Cu2+- und Cu+-Ionen sowie Fe 3 +- und Fe 2 +-Ionen. Säuren, Basen, Salze. Die Ionenlehre gestattet, eine neue D e f i n i t i o n v o n S ä u r e n , B a s e n u n d S a l z e n zu geben. Säuren bilden in wäßriger Lösung Wasserstoffionen und negativ geladene Säurerestionen. Z. B.: HCl = H+ + C 1 - * H 2 S 0 4 = H+ + H S 0 4 - bzw. H S 0 4 " = H+ + S0 4 2 ~ oder H 2 S 0 4 = 2 H + + S0 4 2 . Basen zerfallen in negativ geladene Hydroxylionen und positiv geladene Baserestionen; bei den letzteren handelt es sich vorwiegend um Metall2 ionen. Beispiele: N a O H = Na+ + O H ; Ca(OH) 2 = C a + + 2 O H - ; Salze schließlich bilden positiv geladene Baserestionen (meist Metallionen) und 2 negativ geladene Säurerestionen: NaCl = Na+ + Cl~; CaS0 4 = Ca + + S 0 4 2 - ; (NH 4 ) 2 C0 3 = 2NH 4 + + CO3 2 -. Farbe der Elektrolyt-Lösungen. Weiterhin erklärt die Ionenlehre ohne weiteres die auffällige Tatsache, daß die Farbe der wäßrigen E l e k t r o l y t - L ö s u n g e n meist in einem sehr leicht zu übersehenden Zusammenhange mit der Art des gelösten Stoffes steht. So sind — vorausgesetzt, daß man genügend verdünnte Lösungen betrachtet — alle Lösungen von Salzen des zweiwertigen Kupfers deswegen blau, weil der färbende Bestandteil das in allen Lösungen zweiwertiger Kupfersalze vorhandene g e l ö s t e (vgl. dazu auch S. 30) Cu 2 + -Ion ist. I n ähnlicher Weise sind alle gelösten Nickelsalze grün gefärbt, alle Chromate geben gelbe, alle Permanganate dunkelviolette Lösungen. Ionenreaktionen. Soeben wurde gezeigt, daß Säuren Stoffe sind, die in wäßriger Lösung H+-Ionen abspalten. Damit wird sofort verständlich, warum gewisse Umsetzungen von a l l e n Säuren in gleicher Weise gegeben werden, so z. B. die Farbreaktionen mit Indikatoren und die Auflösung unedler Metalle unter Wasserstoff-Entwicklung. Ebenso versteht man, warum bestimmte Umsetzungen aller Basen untereinander gleich sind; es handelt sich um Wirkungen der OH~-Ionen. Der Vorgang der N e u t r a l i s a t i o n einer Säure mit einer Base in wäßriger Lösung besteht also nach der Ionenlehre in folgendem: Wenn die Säure (z. B. H+, Cl - ) zur Base (z. B. Na+, O H - ) gegeben wird, so vereinigen sich die Wasserstoffionen mit den Hydroxylionen zu dem elektrolytisch fast gar nicht dissoziierten Wasser; die Säurerest- und Baserestionen bleiben dagegen unverändert in Lösung: H+ + C l - + Na+ + O H - = H 2 0 + C l - + Na+. Der einzige Stoff, der sich bei dem Neutralisations-Vorgang wirklich bildet, ist das W a s s e r , wie man besonders deutlich sieht, wenn man auf beiden Seiten der Gleichung die gleichen Summanden streicht; es bleibt dann als allgemeine Neutralisationsgleichung: H+ + O H - = H 2 0 . Auch die Erscheinung, daß S a l z s ä u r e und alle ihre Salze mit S i l b e r n i t r a t Lösungen die g l e i c h e Umsetzung, nämlich eine Fällung von S i l b e r c h l o r i d geben, wird nun verständlich. Diese Umsetzung ist nämlich charakteristisch f ü r das Cl~-Ion. Statt die ausführlichen Gleichungen zu schreiben, wie: 1 ) F ü r gelöste, hydratisierte (vgl. S. 30) Ionen, um die es sich oben handelt, ist noch eine andere Bezeichnungsweise in Gebrauch, bei der eine positive Ladung durch einen Punkt, eine negative durch ein Komma bezeichnet wird also: H', Na", Mg", AI"'; Cl', OH', NO.,', S", S 0 4 " , P 0 4 " ' .

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Elektrolytische Dissoziation; Icnenlehre HCl + AgN0 3 = AgCl + H N 0 3 NaCl + AgN0 3 = AgCl + N a N 0 3 CaCl2 + 2 AgN0 3 = 2 AgCl + Ca(N0 3 ) 2 ,

genügt es daher zur Beschreibung aller drei Beispiele vollständig, wenn man, ähnlich wie es soeben für die Neutralisation abgeleitet wurde, nur die wirklich unter den Ionen vorgehenden Veränderungen schreibt: C r + Ag+ = AgCl. Daß es sich dabei tatsächlich um eine Ionenreaktion handelt, erkennt man daran, daß Chloroform (CHC13) diese Umsetzung nicht gibt. Chloroform ist ja nach S. 25 ein Isolator, liefert also keine Cl~-Ionen. In ganz entsprechender Weise läßt sich der Nachweis von S c h w e f e l s ä u r e bzw. Sulfaten durch Fällung mit B a r i u m c h l o r i d - L ö s u n g durch folgende Gleichung beschreiben: Ba 2 + + S 0 4 2 - = B a S 0 4 . Gleichungen, wie die eben genannten, bezeichnet man als Ionengleichungen. Sie haben vor den bisher verwendeten Summen- oder Brutto-Gleichungen den Vorteil, daß sie erkennen lassen, was wirklich in der Lösung vorgeht. So ersieht man z. B. aus der allgemeinen Neutralisationsgleichung: H+ -+- O H - = H 2 0 , daß bei der Neutralisation von Natronlauge mit Salzsäure der Zustand der Na+und Cl _ -Ionen nicht verändert wird. Dagegen läßt die Ionengleichung z. B. nicht ersehen, was vorgeht, wenn man die Lösung eindampft; dann vereinigen sich die Na+- und Cl _ -Ionen natürlich zu festem Natriumchlorid. Dies ersieht man erst aus der Bruttogleichung. Wir werden im folgenden in der Hauptsache die bisher benutzten Bruttogleichungen weiter verwenden und nur in einzelnen Fällen auch die Ionengleichung angeben. M a n ü b e sich a b e r m ö g l i c h s t o f t , d i e B r u t t o g l e i c h u n g e n in Ionengleichungen umzuschreiben und umgekehrt. Dissoziationsgrad; starke und schwache Elektrolyte. Viele Elektrolyte sind in wäßriger Lösung praktisch vollständig in Ionen zerfallen; bei anderen ist dies nicht der Fall. Man überzeuge sich davon durch folgende Versuche:

3. Mit der S. 24/25 beschriebenen Einrichtung prüfe man bei gleichem Abstand der Kohle-Elektroden wie früher die elektrische Leitfähigkeit von verdünnter Essigsäure und von Ammoniaklösung (näheres vgl. S. 58/59). Die Ausschläge des Amperemeters sind jetzt erheblich kleiner als die früher bei Natriumchlorid-, Schwefelsäure- usw. -Lösungen beobachteten. Elektrolyte, die in wäßriger Lösung nur teilweise in Ionen zerfallen, bezeichnet man als „schwach" im Gegensatz zu den praktisch vollständig dissoziierten „starken" Elektrolyten, wie Natriumchlorid, Salzsäure, Natronlauge usw. Schwache Elektrolyte findet man insbesondere bei Säuren (z. B. Essigsäure, Blausäure, Schwefelwasserstoff) und Basen (z. B. Ammoniaklösung). Bei den Salzen sind schwache Elektrolyte sehr selten (vgl. z. B. S. 110/111 über HgCl2 und Hg(CN) 2 ). Bei Elektrolytlösungen nennt man denjenigen Bruchteil aller gelösten Molekeln, der in Ionen zerfallen ist, den „Dissoziationsgrad". Vollständiger Dissoziation entspricht also der Dissoziationsgrad 1. Man kann den Dissoziationsgrad auch in Prozenten ausdrücken. Bei den starken Elektrolyten liegt er nahe bei 100%, bei den schwachen ist er kleiner, oft sogar sehr klein. So sind z. B. in 1 norm. Lösung in Ionen zerfallen: Salzsäure zu fast 100%, Schwefelsäure dagegen nur zu etwa 60%, Phosphorsäure zu 7%, Essigsäure zu etwa 0,4%. — Die starken anorganischen Säuren (Salz-, Schwefel-, Salpetersäure) nannte man früher Mineralsäuren.

Chemische Bindungskräfte

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Eine Angabe über den Dissoziationsgrad irgend eines gelösten Stoffes hat nur Sinn, wenn, wie es eben geschehen ist, gleichzeitig die Konzentration angegeben ist; denn mit steigender V e r d ü n n u n g steigt, wie wir S. 75 noch an einem Versuch sehen werden, der Dissoziationsgrad an. So erklärt sich z. B. der S. 23 besprochene Unterschied zwischen verdünnter und konzentrierter Schwefelsäure aus der Tatsache, daß in der verdünnten Säure vorwiegend Ionen, in der konzentrierten vorwiegend undissoziierte Molekeln vorliegen. Die Kenntnis der Stärke der Säuren und Basen ist von großer Bedeutung f ü r das Verständnis des chemischen Verhaltens. So werden, um an dieser Stelle nur ein Beispiel zu nennen, schwache Säuren die typischen Säurereaktionen nicht so ausgeprägt zeigen wie die starken; denn diese Reaktionen beruhen ja auf der Anwesenheit von H+-Ionen. Z. B. lösen sich Metalle, wie Zink, in starken Säuren viel schneller auf als in schwachen. Weitere zahlreiche Beispiele werden wir bei der Besprechung des Massenwirkungsgesetzes kennenlernen.

4. Man gebe zwei gleich große Stücke von granuliertem t e c h n i s c h e m , d. h. verunreinigtem Zink (reines Zink löst sich zu langsam, vgl. auch S. 105) in 2 n Salzsäure und 2 n Essigsäure und vergleiche die Lösungsgeschwindigkeiten.

Chemische Bindungskräfte Ionenbindung. Auch im k r i s t a l l i s i e r t e n Z u s t a n d e sind die Salze angenähert aus positiv und negativ elektrisch geladenen Atomen aufgebaut, über deren räumliche Anordnung wir durch Beugungsversuche mit Röntgenstrahlen

( v . L a u e ) in der Mehrzahl der Fälle gut unterrichtet sind (vgl. das „Kristallgitter" von Kochsalz in Fig. 13). Allerdings leiten die festen Salze in der überwiegenden Mehrzahl den elektrischen Strom nicht, da die geladenen Atome im „Kristallgitter" ihre Plätze wegen der elektrostatischen Anziehung durch die entgegengesetzt geladenen Nachbaratome nicht ohne weiteres wechseln können 1 ). Diese elektrostatischen K r ä f t e erklären u. a. auch die Härte und den hohen Schmelzpunkt der meisten Salze. Beim Auflösen in Wasser dagegen schiebt sich Wasser zwischen die Ionen (näheres siehe S. 96 ff.) und drängt sie gegen die elektrostatische Anziehung auseinander. Die gelösten Ionen lassen sich nun leicht von einer Stelle an die andere bewegen; daher leiten Elektrolyt-Lösungen den Strom. !) Trotz des Fehlens einer merklichen Wanderungsfähigkeit der Teilchen spricht man auch bei derartigen Kristallgittern oft von „ I o n e n " , um den elektrisch geladenen Zustand zu bezeichnen.

Chemische Bindungskräfte

30

Daß gelöste Ionen mit einer Hülle fest gebundener Wassermolekeln umgeben („hydratisiertu) sind, erkennt man in einigen Fällen an ihrer F a r b e . So ist z . B . wasserfreies Kupfersulfat farblos; Cu 2 +-Ionen sind demnach farblos. Bindet Kupfersulfat dagegen Wasser, so daß das feste H y d r a t CuS0 4 • 5 H 2 0 („Kupfervitriol") entsteht, so beobachtet man bereits die blaue Farbe, die f ü r die wäßrigen Kupfersalz-Lösungen kennzeichnend ist. Die blaue Farbe muß also durch eine Wechselwirkung zwischen den Cu 2 +-Ionen und den an diese gebundenen Wassermolekeln zustande kommen.

1. Man erhitze ein Kupfersulfat-Kriställchen im Probierglas; es verdampft Wasser und die blaue Farbe verschwindet. Befeuchtet man das entstandene farblose Kristallpulver mit Wasser, so färbt es sich wieder blau. Allerdings muß man mit der eben benutzten Schlußweise vorsichtig sein; es ist keineswegs immer zulässig, aus der F a r b e der f e s t e n Salze auf die F a r b e der Ionen zu schließen. Denn ebensogut, wie die Wechselwirkung von Cu2+Ionen und Wasser zur blauen Farbe f ü h r t , kann auch die Wechselwirkung zwischen den Cu 2 +-Teilchen und den negativ geladenen Gitternachbarn zu Änderungen der Farbe führen. So ist z. B. festes Kupferchlorid CuCl2 braun, Kupferbromid CuBr 2 schwarzbraun, Kupferoxyd CuO schwarz. Auch zusammengesetzte, „ k o m p l e x e " Ionen (näheres vgl. S. 95), wie z.B. das [S0 4 ] 2 _ -Ion, können wir uns nach W. K o s s el aus geladenen Teilchen aufgebaut denken 1 ):

220 6+0 2- s 2_ 0 0

Wegen der hohen Ladung des S 6+ -Teilchens ist hier nun

aber die elektrostatische Anziehung so stark, daß die einzelnen Teilchen beim Auflösen in Wasser nicht mehr voneinander getrennt werden; daher liegt die ganze Gruppe in der Lösung als eine Einheit vor. Obwohl also in diesem Falle einzelne S°+-Ionen nicht auftreten, ist es doch sinnvoll, gemäß der oben angegebenen Ladungsverteilung innerhalb des Komplexes dem Schwefel die Elektrovalenzzahl 6 + bzw. die O x y d a t i o n s s t u f e 6 + (vgl. später) zuzuschreiben. Wir bezeichnen den Ladungszustand derartig geladener Atome, die nicht als selbständige Ionen auftreten, durch über das Atomsymbol gesetzte Plus- oder Minuszeichen, während wir die Ladung der in wäßriger Lösung auftretenden Ionen rechts oben neben das Formeslymbol des Ions schreiben. Auch bei den komplexen Ionen sind wir durch verschiedene physikalische Methoden über die räumliche Lagerung der Atome innerhalb der Komplexe genau unterrichtet. So liegen z. B. beim [S0 4 ] 2 _ -Ion die Sauerstoffteilchen symmetrisch an den Ecken eines Tetraeders (Fig. 14, S. 29) 2 ), in dessen Mitte 2206+ 0 und das sich das Schwefelteilchen befindet. Auch das Phosphation 2 - P 2220 0 0 7+ 0 sind tetraedrisch gebaut. Dagegen bilden die SauerPerchloration 2- C1 20 0 ein gleichseitiges Dreieck, in dessen stoffteilchen des Carbonations 0 4 + 2_ o 2_c o Mittelpunkt der Kohlenstoff liegt. !) Dies ist zwar nicht s t r e n g richtig, aber sozusagen als stenographische Schreibweise zur angenäherten Beschreibung gewisser Eigenschaften der Verbindungen sehr nützlich. 2 ) In der Zeichnung sind nur die Atomschwerpunkte angegeben. In Wirklichkeit ist die Ausdehnung der Atome so groß, daß sie sich berühren.

Oxydation und Reduktion

31

Elektrovalenzzahl und Perioden-System der Elemente. Es bestehen einfache Beziehungen zwischen den Elektrovalenzzahlen der einzelnen Elemente und ihrer Stellung im Perioden-System (vgl. die Tafel am Ende des Buches). So ist die höchste p o s i t i v e Elektrovalenzzahl in der Regel gleich der Nummer der 6 +

Gruppe, zu der das Element gehört (z. B. Na+, Ca 2+ , Al 3+ , Si, P, S). Daneben treten oft kleinere Werte auf, bevorzugt solche, die um 2 Einheiten kleiner sind 6+

4+

(so neben S auch S, z. B. im S0 5 ). N e g a t i v e Elektrovalenzzahlen kommen nur bei den Elementen vor, die im Perioden-System 1—4 Stellen vor einem Edelgas stehen. Ihre Größe ist dabei stets gleich der Anzahl Stellen, um die das betreffende Element von dem Edelgas entfernt ist, z. B. C1 , O, N. Andere Bindungsarten. Durchaus nicht in allen Verbindungen wird der Zusammenhalt der Atome durch die elektrostatische Anziehung zwischen Ionen hervorgerufen. Ganz anderer Art sind z. B. die sogenannten Atombindungen, die die Atome in den Molekeln der Gase: Cl2, N2, 0 2 und in der Mehrzahl der organischen Molekeln binden. Da diese im Gegensatz zu den allseitig wirkenden elektrostatischen Kräften in ganz bestimmten Richtungen wirken, lassen sie sich treffend durch B i n d e s t r i c h e zwischen den Atomen, „Valenzstriche", darH I stellen, z. B. Cl—Cl, H—C —0—H usw. Eine dritte Bindungsart (metallische I H Bindung) haben wir zwischen den Atomen von Metallen und Legierungen anzunehmen. Die Natur bietet uns nur selten Fälle, in denen eine dieser drei Bindungsarten allein in Erscheinung tritt. Im allgemeinen haben wir es mit Ü b e r g ä n g e n zwischen jenen Extremen zu tun. Dabei ist es dann oft mit gleicher Berechtigung möglich, eine Verbindung entweder mit geladenen Atomen oder mit Valenzstrichen zu formulieren. Wenn wir in dieser Einführung vielfach den ersten Weg vorziehen, so muß man sich darüber klar sein, daß dies eine gewisse Schematisierung bedeutet. Es ist dies aber bequem zum' Verständnis der OxydationsReduktionsprozesse.

Oxydation und Reduktion Unter Oxydation hatten wir bisher die Zuführung von Sauerstoff oder die Weg nähme von Wasserstoff, unter Reduktion die entgegengesetzten Vorgänge verstanden. Die Ionenlehre gestattet uns, eine vertiefte und verallgemeinerte Auffassung dieser Vorgänge zu geben. 1. In das Kölbchen der in Fig. 15 gezeichneten Apparatur bringe man Wasser und füge zur Verhinderung von Überhitzung einige kleine Tonscherben („Siedesteinchen") zu. I n die Kugel des Kugelrohres aus schwer schmelzendem Glas gebe man etwas Magnesiumpulver. Man erhitze das Wasser zum Sieden, so daß bei A ein gleichmäßiger, nicht zu lebhafter Wasserdampfstrom entströmt, und erhitze darauf mit einem zweiten Brenner die Kugel zunächst vorsichtig, bis etwa kondensiertes Wasser vertrieben ist, und dann mit der entleuchteten Flamme stark. Bei der nach einiger Zeit unter Feuererscheinung plötzlich einsetzenden Reaktion geht das Metall in weißes M a g n e s i u m o x y d über, während bei A W a s s e r s t o f f entweicht, der sich entzündet: Mg + H 2 0 = MgO + H 2 .

Oxydation und Reduktion

32

Bei dieser Reaktion ist also das Magnesium oxydiert, der Wasserstoff des Wassers reduziert worden. Der Versuch läßt den bereits S. 17 betonten Satz, daß O x y d a t i o n u n d R e d u k t i o n u n t r e n n b a r m i t e i n a n d e r v e r k o p p e l t sind, noch einmal besonders deutlich erkennen. Das ist allerdings nicht immer ohne weiteres zu übersehen, so z. B. bei dem folgenden Versuch: 2. In einem Probierglas aus schwer schmelzbarem Glas (Assistent), das schräg in einem Stativ befestigt wird, wird rotes Quecksilberoxyd kräftig erhitzt. Es bildet sich ein Beschlag von metallischem Q u e c k s i l b e r ; ein in das Glas eingeführter glühender Holzspan (Wurstspeil) glüht hell auf, also hat sich S a u e r s t o f f gebildet: 2HgO = 2 Hg + 0 2 . Hier ist kein Zweifel, daß das Quecksilber des Quecksilberoxyds reduziert Figur 15. Umsetzung zwischen worden ist, während man nicht ohne weiMagnesium und Wasserdampf teres einsehen kann, was oxydiert wurde. Umgekehrt ist bei der S. 23 besprochenen Oxydation von Kohlenoxyd durch Sauerstoff nicht sofort zu sehen, was eigentlich reduziert wird. Diese Schwierigkeit verschwindet aber sofort, wenn wir folgende umfassendere Definition benutzen: Oxydation ist die Zunahme an positiver oder die Abnahme an negativer Ladung, Reduktion die Zunahme an negativer oder die Abnahme an positiver Ladung1). Aus diesem Grunde kann die Elektrovalenzzahl auch als Oxydationsstufe bezeichnet werden. Um diese Definition allgemein anwenden zu können, bedienen wir uns der S. 30 beschriebenen Auffassung der Wertigkeit als elektrischer Ladung. Freie Elemente sind dabei natürlich als ungeladen anzusehen. Demnach ergibt sich für die Reaktion zwischen M a g n e s i u m u n d W a s s e r dampf: ±0

2X1+2-

2+2-

±0

Mg + H 2 O = MgO + H 2 . An das Magnesiumatom sind also zwei positive Ladungen von zwei H-Teilchen abgegeben worden, die dadurch zur ungeladenen H2-Molekel geworden sind: Das Magnesium ist oxydiert, das Wasserstoffion reduziert worden. Durch diese Auffassung lassen sich nun auch f ü r die Z e r s e t z u n g des Quecks i l b e r o x y d s und ähnliche Reaktionen die Schwierigkeiten beseitigen. Wir erhalten: 2+ 2 -

±0

±0

2 HgO = 2 Hg + 0 2 und sehen also, daß das Quecksilberkation reduziert, das Sauerstoffanion oxydiert worden ist. Die neue Definition hat ferner den großen Vorteil, daß sie auch solche Reaktionen einschließt, bei denen Sauerstoff oder Wasserstoff gar nicht mitwirken, so z. B. die S. 19 beschriebene Einwirkung von C h l o r g a s auf K a l i u m b r o m i d u n d - j o d i d . Die Gleichung: Da in Wirklichkeit nur negative Ladungen (Elektronen) ausgetauscht werden (näheres in der Vorlesung!), definiert man oft auch: Oxydation ist die Abgabe,

Reduktion

die Aufnahme

von

Elektronen.

33

Oxydation und Reduktion wird zur Ionengleichung:

2 K B r + C12 = 2KC1 + Br 2

±o ±o 2 B r - + Cl2 = 2 Gl" + Br 2 . Hier ist also das Bromion oxydiert, das Chlor reduziert worden. Eine andere Oxydationsreaktion lernten wir bei der D a r s t e l l u n g d e s C h l o r s kennen. Wir haben dort die Einwirkung von Braunstein auf Salzsäure bereits S. 16 in Teilreaktionen zerlegt. Besser als die dort gegebene Aufteilung ist die nachstehende: 1. Mn0 2 + 4 HCl = MnCl4 + 2 H 2 0 2. Mn 4 + + 4C1- = Mn 2 + + 2 CP + Cl°2. Reaktion 1. ist eine reine Neutralisation; die Oxydation-Reduktion wird durch 2. dargestellt: das Mn4+ geht in Mn2+ über, es wird also reduziert; dafür werden zwei von den vier Cl - -Ionen in eine neutrale Chlor-Molekel übergeführt, also oxydiert. Die E i n w i r k u n g e i n e s M e t a l l s wie Zink auf irgendeine v e r d ü n n t e S ä u r e — gleichgültig ob Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure oder ähnliche — wird durch die Gleichung: ±o ±o Z n + 2H+ = Zn2+ + H 2 dargestellt. Auch hier liegt also eine Oxydations-Reduktionswirkung vor: Das Zink ist oxydiert, die H+-Ionen sind reduziert worden. Liegt dagegen k o n z e n t r i e r t e , d.h. nahezu wasserfreie Schwefelsäure vor, in der eine große Konzentration an undissoziierten H 2 S0 4 -Molekeln vorliegt, so kommt zur Geltung, daß die u n d i s s o z i i e r t e H 2 S 0 4 - M o l e k e l im Gegensatz zum [S0 4 ] a ~-Ion ein recht starkes O x y d a t i o n s m i t t e l ist; es reagiert daher das Zink-Metall mit der H 2 S0 4 -Molekel nach der Gleichung: Zn + 2 H 2 S 0 4 = Z n S 0 4 + 2 H 2 0 + S 0 2 . Diese können wir uns wieder in 2 Teilgleichungen zerlegt denken 1 ): 1. Zn + H 2 S 0 4 = ZnO + SÖ2 + H 2 0 (Oxydation-Reduktion) 2. ZnO + H 2 S 0 4 = ZnS0 4 + H 2 0 (Neutralisation), aus deren Addition — wobei sich das ZnO heraushebt! — sich die obige Gleichung ±0

6+

ergibt. Gleichung 1. zeigt, daß hier an das Zn zwei positive Ladungen vom S 4+

abgegeben sind, das dadurch zum S geworden ist. Wollen wir die Bildung von neutralem S c h w e f e l bzw. S c h w e f e l w a s s e r s t o f f bei dieser Reaktion formulieren, so müssen wir bedenken, daß dazu pro Schwefel-Atom 6 bzw. 8 positive Ladungen abgegeben werden müssen, um vom 6+

±0

2-

S zum S bzw. S zu kommen; wir müssen daher 3 bzw. 4 Z n mit 1 H 2 S 0 4 reagieren lassen, denn jedes Zink-Atom nimmt ja 2 positive Ladungen auf. Man erhält so: ±0 6-H 2+ ±0 3Zn + H 2 S 0 4 = 3 ZnO + S + H 2 0 bzw. ±0 8+ 2+ 24Zn + H 2 S 0 4 = 4 ZnO + H 2 S . Daran schließt sich dann jedesmal die Neutralisation des Zinkoxyds an. *) Man beachte, daß hier wie in vielen späteren Beispielen in den Gleichungen die Ladungen nur bei den Atomen angegeben sind, bei denen sie für die Umsetzung von Bedeutung sind! Biltz, K l e m m , Fischer, Einführung. 4 8 . - 4 9 . Aufl.

3

Schweflige Säure

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U m die O x y d a t i o n s - R e d u k t i o n s - G l e i c h u n g e n s o f o r t ohne l a n g e s P r o b i e r e n richtig anzusetzen, b e a c h t e man, daß stets soviel posit i v e L a d u n g e n , wie v o m O x y d a t i o n s m i t t e l a b g e g e b e n w e r d e n , v o m R e d u k t i o n s m i t t e l a u f g e n o m m e n w e r d e n . Wenn also z. B. ein 6+

2+

Oxydationsmittel von A auf A übergeht, also 3 positive Ladungen abgibt, ein 2-

±0

Reduktionsmittel dagegen von B zu B oxydiert wird, also 2 positive Ladungen aufnimmt, so müssen 2 A mit 3 B reagieren usw.

Schweflige Säure Schwefeldioxyd S0 2 entsteht u. a. beim Verbrennen von Schwefel. Beim Auflösen des Gases in Wasser entsteht die schweflige Säure H 2 S 0 3 . In dieser sind die beiden Bestandteile S 0 2 und H 2 0 nicht sehr fest aneinander gebunden, beim Erhitzen verflüchtigt sich das Anhydrid S 0 2 allmählich wieder vollständig. Schweflige Säure ist ein kräftiges Reduktionsmittel, da sie das Bestreben hat, unter Sauerstoffaufnahme in Schwefelsäure überzugehen. Schwefligsäure-Lösung, die lange gestanden hat, zeigt die H 2 S0 3 -Reaktionen nur noch schwach, weil sie, soweit sich nicht überhaupt das Schwefeldioxyd verflüchtigt hat, durch den Luftsauerstoff zu Schwefelsäure oxydiert worden ist.

1. Unter dem Abzug entzünde man auf einem Porzellan-Tiegeldeckel ein Stückchen Schwefel. Der Schwefel verbrennt mit blauer Flamme. Das gebildete S c h w e f e l d i o x y d entweicht als farbloses Gas von charakteristischem, stechendem Geruch. 2. Um Schwefeldioxyd im Laboratorium im größeren Maßstab herzustellen, kann man Kupfer auf heiße konzentrierte Schwefelsäure einwirken lassen. Man bringe in den zur Darstellung von Chlorwasser schon benutzten kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 11, S. 18) einige Stückchen Kupferblech zu 5—10 ccm konzentrierter Schwefelsäure und erhitze in der beschriebenen Weise, vermeide aber sorgfältig ein Zurücksteigen des vorgelegten Wassers, da es auf die heiße Schwefelsäure explosionsartig einwirken würde 1 ). Man erhält im vorgelegten Probierglas eine wäßrige Lösung von s c h w e f l i g e r S ä u r e H 2 S 0 3 . 3. Man erhitze einen Teil dieser Lösung; es entweicht SchwefeldioxydGas, das am Geruch leicht zu erkennen ist. 4. Vielfach stellt man Schwefeldioxyd auch durch Einwirkung von Salzsäure auf eine starke Lösung von saurem Natriumsulfit NaHSOg (bzw. auf die handelsübliche, 40°/0ige Lösung, die sog. ,,Bisulfitlauge") her: N a H S O j + HCl = NaCl + H 2 0 + S 0 2 .

Man führe den Versuch im Probierglas aus, gebe aber die verdünnte Salzsäure nur tropfenweise aus einem zweiten Probierglas (vgl. S. 6) zu. 5. U m die Reduktionswirkung

der schwefligen

Säure

zu erproben,

mache man mit der soeben hergestellten Schwefligsäure-Lösung folgende Versuche: Jod- sowie .Brom-Lösung werden entfärbt. 1 ) Es ist gut, zur Sicherheit eine kleine, leere sogenannte „Waschflasche" (Assistent!) so zwischen zu schalten, daß das Gas — umgekehrt wie bei der üblichen Verwendung — in das kurze Rohr ein-, aus dem langen austritt.

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Salpetersäure und Stickstoffoxyde

bzw.

±n

J 2 + H 2 S0 3 + H 2 0 = 2 H J + H 2 S0 4

4+

6+

J2 + [S03p- + H20 = 2 J - + [ S 0 4 r + 2H+.

6. Man gieße zu etwas Quecksilber(II)-chlorid-Liösang drei bis vier Raumteile Schwefligsäure-Tiöaxmg. Beim Erwärmen fällt aus der zunächst klaren Mischung langsam weißes Q u e c k s i l b e r (I)-chlorid aus, das sich später infolge weiterer Reduktion zu Q u e c k s i l b e r meist grau färbt.

bZW.

2 HgCl2 + H 2 S0 3 + H 2 0 = Hg2Cl2 + H 2 S0 4 + 2 HCl Hg2Cl2 + H 2 S0 3 + H 2 0 = 2 Hg + H 2 S0 4 + 2 HCl

4+

±0

6+

[Hg 2 ] 2+ + [SO,]»" + H 2 0 = 2 Hg + [SO.]«- + 2H+.

Salpetersäure und Stickstoffoxyde Salpetersäure H N 0 3 ist eine farblose Flüssigkeit, die sich am Licht unter geringer Zersetzung gelb färbt. Die konzentrierte Salpetersäure des Laboratoriums ist etwa 65-proz., die „verdünnte" etwa 10-proz., die „2 norm." 11,8-proz. Die „rauchende Salpetersäure" enthält über 95°/0 H N 0 3 ; sie ist durch einen Gehalt an Stickstoffdioxyd N0 2 gelbbraun gefärbt. Wasserfreie Salpetersäure siedet bei etwa 86° unter schwacher Zersetzung. Sie wird durch Erhitzen von Nitraten (z. B. Natriumnitrat NaN0 3 ) bzw. von halbkonzentrierter Salpetersäure mit konzentrierter Schwefelsäure dargestellt, wobei sie überdestilliert. Konzentrierte Salpetersäure ist ein sehr aggressiver Stoff. Viele Farbstoffe werden durch sie entfärbt. Papier wird unter Gelbfärbung gelöst, Holz und Kork werden sofort intensiv gelb gefärbt und bald zerstört, ebenso die Haut. Auf Kleidern erzeugt Salpetersäure gewöhnlich dunkelgelbe Flecke, die nicht mehr zu entfernen sind und später meist Löcher geben. B e i m A r b e i t e n m i t S a l p e t e r s ä u r e ist also große Vorsicht nötig. Das Verhalten von Salpetersäure gegenüber Metallen ist je nach den Versuchsbedingungen verschieden. I. Bei konzentrierter Säure und höheren Temperaturen reagieren ähnlich wie bei konzentrierter Schwefelsäure nur die undissoziierten HN0 3 -MolekeIn; diese werden dabei zu dem braunen Stickstoffdioxyd reduziert. Da sich in diesem Falle die Elektrovalenzzahl des Stickstoffs von fünf auf vier erniedrigt, ist dieser Vorgang folgendermaßen zu formulieren: Zn + 2 H N 0 S = ZnO + 2 N 0 2 + H 2 0 Oxydation-Reduktion ZnO + 2HNQ 3 = Zn(NQ3)2 + H a O Neutralisation Zn + 4 H N 0 3 = Zn(N0 3 ) 2 + 2 N0 2 + 2 H 2 0 . II. Auch bei halbkonzentrierter Säure und niedrigeren Temperaturen sind im wesentlichen die HN0 3 -Molekeln wirksam; in diesem Falle entsteht aber in der Hauptsache das farblose Stickstoffoxyd NO. Die Elektrovalenzzahl des Stickstoffs ändert sich hier von 5 + auf 2 + : 3Zn + 2 H N 0 3 = 3 ZnO + 2 NO + H 2 0 Oxydation-Reduktion 3 ZnO + 6HNQ 3 = 3Zn(N0 3 ) 2 + 3 H 2 0 Neutralisation 3 Zn + 8 H N 0 3 = 3 Zn(N0 3 ) 2 + 2 NO + 4 H 2 0 . Unter den unter I. und II. beschriebenen Bedingungen, bei denen die HN0 3 Molekeln wirksam sind, ist Salpetersäure ein sehr starkes Oxydationsmittel; sie löst dann auch Metalle wie Kupfer oder Silber, die von Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure nicht gelöst werden. 3*

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Salpetersäure und Stickstoffoxyde

I I I . Verdünnt man Salpetersäure s e h r s t a r k , so sind fast gar keine HN0 3 Molekeln mehr vorhanden, sondern nur H+- und N0 3 - -Ionen. In diesem Falle reagiert Salpetersäure genauso wie verdünnte Salz- oder Schwefelsäure; es wird Wasserstoff frei: Zn + 2H+ = Zn 2 + + H 2 . Diese Umsetzung ist, ebenso wie die folgende, nur mit verhältnismäßig unedlen Metallen möglich. IV. In alkalischer Lösung kann die reduzierende Wirkung von Metallen nur am N0 3 _ -Ion angreifen; es bildet sich dann vlmmom'aftNH 3 , wobei die Elektrovalenzzahl des Stickstoffs von 5 + auf 3— sinkt: 4Zn + [ N O s r + 6 H 2 0 = 4Zn(OH) 2 + NH 3 + OH". I m Falle IV löst sich dann das Zinkhydroxyd nach einer Umsetzung, die wir S. 89/90 und 106 kennenlernen werden. Eine Reihe von Metallen (z. B. Gold, Platin), die sich in Salpetersäure allein nicht lösen, können durch ein Gemisch von Salpetersäure und Salzsäure, das sogenannte „ K ö n i g s w a s s e r i n Lösung gebracht werden; meist benutzt man ein Gemisch von 1 Teil konzentrierter Salpetersäure mit etwa 3 Teilen konzentrierter Salzsäure 1 ). I n diesem Falle kommt zu der oxydierenden Wirkung der Salpetersäure noch die Fähigkeit der Salzsäure, mit den entstandenen Metallionen besonders stabile Verbindungen wie H[AuCl 4 ]undH 2 [PtCl (1 ], sogenannte „Komplexverbindungen" (vgl. dazu S. 95ff.), zu bilden. Stickstoffoxyde. Das A n h y d r i d der Salpetersäure N 2 0 6 ist ein sehr unbeständiger Stoff, der sich nur schwierig rein darstellen läßt. Wichtiger ist das Stichstoffdioxyd N02. Dieses ist ein Gas, das bei nicht zu hohen Temperaturen neben den braunen N0 2 - auch farblose N 2 0 4 -Molekeln enthält (vgl. dazu S. 70/71). Man erhält es in reiner Form am einfachsten durch Erhitzen von Bleinitrat, das dabei nach der Gleichung 2Pb(N0 3 ) 2 = 2PbO + 4 N 0 2 + 0 2 zerfällt. I n ähnlicher Weise zersetzen sich alle Nitrate von zwei- und dreiwertigen Elementen. Die A l k a l i m e i a l l n i t r a t e dagegen bilden beim Erhitzen N i t r i t e , z. B. K N 0 2 (vgl. S. 125 und 165); A m m o n i u m n i t r a t gibt Distichstoffoxyd N 2 0 (vgl. S. 59/60). Die U m s e t z u n g v o n S t i c k s t o f f d i o x y d m i t W a s s e r führt nicht unter einfacher Wasseranlagerung zu einer Säure des vierwertigen Stickstoffs, sondern unter Wertigkeitsänderung zu zwei Spaltstücken, von denen das eine h ö h e r - , das andere niedrigerwertigen Stickstoff enthält: 3 N 0 2 + H 2 0 = 2 H N 0 3 + NO. Das entstehende farblose StickstoffoxydNO (abgekürzt auch Stickoxyd genannt) löst sich nicht in Wasser. Ist aber Sauerstoff zugegen, so wird das Stickstoffoxyd wieder zu Stickstoffdioxyd oxydiert, das dann in gleicher Weise weiterreagiert. Eine Reaktion, wie die eben beschriebene, bei der eine Verbindung eines Elementes in mittlerer Wertigkeitsstufe zum Teil in eine höhere, zum Teil in eine niedrigere Stufe übergeht, nennen wir Disproportionierung. Auch mit L a u g e n erleidet das Stickstoffdioxyd eine Disproportionierung, die aber neben Nitrat zu N i t r i t f ü h r t : 2 N 0 2 + 2NaOH = N a N 0 3 + N a N 0 2 + H 2 0 . J ) Erhitzt man ein solches Gemisch vorsichtig, so bilden sich stets etwas N i t r o s y l c h l o r i d (N0C1), das an der Braunfärbung der Flüssigkeit zu erkennen ist, sowie etwas freies C h l o r (Geruch!): H N 0 3 + 3HCl = NOC1 + Cl2 + 2 H 2 0 .

Salpetersäure und Stickstoffoxyde

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D a alle S t i c k s t o f f o x y d e g i f t i g sind, f ü h r e man die V e r s u c h e u n t e r dem A b z u g a u s !

1. In einem Probierglas übergieße man etwas Kaliumnitrat („Salpeter") eben mit konzentrierter Schwefelsäure und erwärme. S a l p e t e r s ä u r e destilliert in den oberen Teil des Probierglases, verdichtet sich an den Wänden und rinnt an ihnen herab. 2. Etwa 1 ccm Wasser werde mit einigen Tropfen Indigo-Lösung dunkelblau gefärbt. Die Mischung werde mit einem Tropfen verdünnter Salpetersäure versetzt. Gibt man jetzt 1 / 2 —1 ccm konzentrierte Schwefelsäure zu, so erwärmt sich die Mischung etwas, und es bilden sich unter der wasserentziehenden Wirkung der Schwefelsäure undissoziierte HN0 3 -Molekeln, die den Indigofarbstoff unter Gelbfärbung oxydieren. Im folgenden werden einige Versuche beschrieben, die den Unterschied der Wirkungsweise

der

Salpeter-

säure (bzw. des Nitrations) mit wechselnder Konzentrationbzw. im sauren und alkalischen Medium erkennen lassen. Die römischen Ziffern beziehen sich auf die vier Fälle, die in den klein gedruckten Vorbemerkungen besprochen wurden. 3. (Fall I.) In ein Probierglas gebe man zu 1—2 ccm konzentrierter Salpetersäure 1—2 Zinkgranalien. Es tritt heftige Entwicklung von rotbraunen S t i c k s t o f f d i o x y d - Dämpfen Fi cur 16. Pneumatische Wanne ein. Nachdem man dies beobachtet hat, bremse man die Reaktion durch Verdünnen mit viel Wasser. 4. (Fall I.) I n einem Probierglas werde etwas Zinnfolie ebenfalls mit konzentrierter Salpetersäure unter Bewegen des Glases mäßig erwärmt. Das Zinn wird dabei zu weißem Z i n n d i o x y d Sn0 2 oxydiert, das ungelöst bleibt. Dabei entstehen ebenfalls rotbraune Dämpfe von S t i c k stoffdioxyd. 5. (Fall II.) Man bereite in einem Probierglas durch Versetzen von etwas konzentrierter Salpetersäure mit etwas mehr als dem gleichen Volumen Wasser halbkonzentrierte Salpetersäure, gebe einige Zinkgranalien zu und erwärme. Die sich entwickelnden Gase sind im Gegensatz zu dem Versuch 3 nur schwach braun gefärbt; es entsteht ein G e m i s c h von viel S t i c k s t o f f o x y d mit etwas S t i c k s t o f f d i o x y d . 6. (Fall II.) Zur Reindarstellung von Stickstoffoxyd führe man folgenden Versuch aus: Man entwickle in der in Fig. 16 abgebildeten Apparatur aus Kupfer und konzentrierter Salpetersäure, die mit 2 Teilen Wasser versetzt ist, Stickstoffoxyde. Nachdem die Luft verdrängt ist, stülpe man

Salpetersäure und Stickstoffoxyde

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über die Öffnung des Gasentbindungsrohres ein mit Wasser gefülltes Probierglas. Dabei beachtet man im Kolben mehr oder weniger rotbraune Dämpfe, die ein G e m i s c h v o n S t i c k s t o f f o x y d u n d S t i c k s t o f f d i o x y d darstellen. Beim Durchgang durch das Wasser reagiert nun das letztere unter Bildung von Salpetersäure und Stickstoffoxyd, so daß das im Probierglas aufgefangene Gas nur aus farblosem S t i c k s t o f f o x y d besteht. Hebt man nun das Probierglas aus dem Wasser heraus, so f ä r b t sich der Inhalt von der Mündung her schnell braun, weil sich das Stickstoffoxyd mit dem Luftsauerstoff zu S t i c k s t o f f d i o x y d (bzw. z. T. zu Stickstofftetroxyd) umsetzt. 2 NO + 0 2 = 2N0 2 2N0 2 = N 2 0 4 . 7. (Fall III.) I n einem Probierglas verdünne man etwas verdünnte Salpetersäure auf das Doppelte, setze einige Zinkgranalien zu und erwärme. Es entwickelt sich ein farbloses Gas, das sich auch bei Luftzutritt an der Mündung des Reagensglases nicht braun f ä r b t ; es besteht aus Wasserstoff. 8. (Fall IV.) I n einem Probierglas wird eine Messerspitze Zinkstaub mit etwa 6 Tropfen verdünnter Salpetersäure übergössen. Sogleich fügt man dazu 2 ccm Natronlauge und erhitzt zum Kochen. I n die Dämpfe werde ein Streifen feuchtes rotes Lackmuspapier so gehalten, daß er die Wände nicht berührt; er bläut sich bald durch Einwirkung des entwickelten A m m o n i a k - G a s e s . Oft ist auch der Ammoniakgeruch deutlich wahrzunehmen. 9. Man erhitze etwas festes Bleinitrat im Glühröhrchen. Es entweichen braune Dämpfe von S t i c k s t o f f d i o x y d . 10. Man erhitze etwas Kaliumnitrat im Probierglas. Es schmilzt zunächst und gibt bei weiterer Steigerung der Temperatur ein farbloses Gas ab, das durch einen glühenden Holzspan als S a u e r s t o f f erkannt werden kann. Der Rückstand enthält neben unverändertem Nitrat Kaliumnitrit. Farbreaktionen: 11. Ein Tropfen verdünnter Salpetersäure werde mit 2 ccm Wasser in einem Probierglas verdünnt und mit etwa 2 ccm einer frisch bereiteten, starken Lösung von Eisen(II)-sulfat versetzt. Dann lasse man bei schräg gehaltenem Glas vorsichtig an der Glaswand entlang etwa 1 ccm konzentrierte Schwefelsäure zufließen. Man erhält an der Grenze der beiden Flüssigkeitsschichten eine b r a u n e Zone. Die Erscheinung beruht auf folgenden Vorgängen: Die Salpetersäure wird durch das Eisen(II)-sulfat zu Stickstoffoxyd reduziert, wobei sich Eisen(III)sulfat bildet. Das Stickstoffoxyd liefert mit überschüssigem Eisen(II)-sulfat ein tief dunkelbraun gefärbtes, wasserlösliches Anlagerungsprodukt: 2+

5+

2X3+

2 +

6FeS0 4 + 2HN0 3 + 3H 2 S0 4 = 3Fe2(S04)3 + 2 NO + 4H 2 0 NO + FeS0 4 = [Fe(N0)]S0 4 . Die erste dieser Gleichungen ist leichter als Ionengleichung zu übersehen: 3Fe2+ + [NO„r + 4H+ = 3Fe3+ + NO + 2H 2 0.

Kohlendioxyd und Kohlensäure

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12. Unterschichtet man eine Nitrat-haltige Lösung mit einer Lösung von Diphenylamin in konz. Schwefelsäure genauso wie oben, so erhält man an der Trennungsfläche eine t i e f b l a u e Färbung. Diese beiden Reaktionen sind nicht nur für Salpetersäure charakteristisch; sie werden vielmehr auch von s a l p e t r i g e r S ä u r e (vgl. S. 165) gegeben. Die Diphenylamin-Reaktion ist so empfindlich, daß schon die geringen Spuren von Salpetersäure und salpetriger Säure, die manchmal in konzentrierter Schwefelsäure enthalten sind, ihr Eintreten veranlassen können.

13. Man überzeuge sich durch einen „ b l i n d e n Versuch", d. h. einen in gleicher Weise, aber ohne Zusatz von Salpetersäure angestellten Versuch von der Brauchbarkeit der Schwefelsäure. Für den Nachweis von Salpetersäure in der qualitativen Analyse eignet sich besonders die Probe mit Eisen(II)-sulfat.

Kohlendioxyd und Kohlensäure Kohlendioxyd C0 2 ist ein farbloses Gas. Es entsteht beim Verbrennen von Kohlenstoff, bei der Zersetzung organischer Stoffe, im lebenden Organismus (die ausgeatmete Luft enthält Kohlendioxyd), ferner bei der Einwirkung von Säuren auf Carbonate. 1 Raumteil Wasser löst bei Zimmertemperatur etwa 1 Raumteil Kohlendioxyd von Atmosphärendruck. In dieser Lösung liegt der größte Teil des Kohlendioxyds im wesentlichen unverändert, „physikalisch" gelöst, vor; nur ein kleiner Teil reagiert mit Wasser gemäß C0 2 + H 2 0 = HC0 3 ~ + H+. Wegen dieser Umsetzung reagiert die Lösung wie die einer schwachen Säure. Man stellt das oft so dar, als ob in den Lösungen eine schwache Säure, die Kohlensäure H 2 C0 3 , vorliege. Eine solche ist jedoch nicht darstellbar; bei dem Versuch, sie in konzentrierter Form zu erhalten, zerfällt sie wieder: H 2 C0 3 = C0 2 + H 2 0 . Während also Kohlensäure im freien Zustand nicht existiert, leiten sich doch zahlreiche Salze von ihr ab. Wie die schwachen Säuren bildet sie n e u t r a l e Salze („Carbonate") nur mit den stark basischen Metallen; genannt seien: Natriumcarbonat („Soda") Na 2 C0 3 , Kaliumcarbonat („Pottasche") K 2 C0 3 ; Calciumcarbonat („Kalkstein", „Kreide", „Marmor") CaC0 3 . Diese neutralen Carbonate sind mit Ausnahme der Alkalimetallcarbonate und des Ammoniumcarbonats in Wasser schwer löslich. Mit den schwächer basischen Metallen entstehen in Gegenwart von Wasser b a s i s c h e Salze, während die am schwächsten basischen Metalle, so die meisten drei- und höherwertigen Metalle, überhaupt keine Carbonate bilden. Fast alle Carbonate zerfallen bei starkem Erhitzen in Oxyd und Kohlendioxyd, z. B.: CaC0 3 = CaO + C0 2 (vgl. dazu auch S. 62); Ausnahmen: Natrium- und Kaliumcarbonat. Wichtig sind die s a u r e n S a l z e der Kohlensäure; man bezeichnet sie nach der offiziellen Nomenklatur (vgl. S. 45 u. 48ff.) als Hydrogencarbonate, weil sie noch Wasserstoff enthalten. Viel in Gebrauch ist die Bezeichnung „ B i c a r b o n a t e " , die zum Ausdruck bringen soll, daß in ihnen pro Äquivalent Base die doppelte Menge Säure enthalten ist: z. B. NaHC0 3 , Ca(HC0 3 ) 2 . Das letztgenannte Salz ist im Gegensatz zum neutralen Carbonat CaC0 3 in Wasser verhältnismäßig leicht löslich, aber nur bei einem gewissen Kohlensäureüberschuß in der Lösung beständig. Kocht man die Lösung, so entweicht Kohlendioxyd, und das neutrale Carbonat fällt aus: Ca(HC0 3 ) 2 = CaC0 3 + H 2 0 + C0 2 . Ganz ebenso verhält sich die Magnesiumverbindung. Im Fluß- und Quellwasser sind Calcium und Magnesium zum Teil als Hydrogencarbonate gelöst enthalten

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Kohlendioxyd und Kohlensäure

(neben anderen Salzen des Calciums und Magnesiums bedingen sie die „ H ä r t e " des Wassers) und fallen beim Stehenlassen oder Aufkochen des Wassers aus (Kesselschlamm). Auch f e s t e s Natriumhydrogencarbonat gibt schon beim gelinden Erhitzen Kohlendioxyd und Wasser ab: 2NaHC0 3 = Na 2 C0 3 + H 2 0 + C0 2 .

1. Eine Spatelspitze Calciumcarbonat werde im Probierglas mit verdünnter Salzsäure Übergossen. Unter starkem Aufschäumen entweicht K o h l e n d i o x y d . Ein in das Glas hineingehaltenes Stück feuchtes Lackmuspapier wird rot. Ein brennender Holzspan erlischt. 2. In dem kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 11, S. 18) werde ein Stückchen Marmor mit Salzsäure Übergossen; der Kork werde schnell aufgesetzt und das entweichende Gas in ein Probierrohr geleitet, auf dessen Boden sich etwa 1 ccm Natronlauge befindet; das Glasrohr soll in diese nicht eintauchen. Nach einer Minute etwa werde das Probierglas von dem Gasentwicklungsapparat entfernt, schnell mit dem Daumen verschlossen und tüchtig geschüttelt. Beim Wegnehmen des Daumens merkt man einen Widerstand und hört Luft in das Glas treten; das Kohlendioxyd ist beim Schütteln von der Natronlauge absorbiert worden, wobei sich Natriumcarbonat gebildet hat. ¡2NaOH + C0 2 = Na 2 C0 3 + H 2 0 .

3. Jetzt werde das Gasableitungsrohr des Apparates abgespült, die Kohlendioxydentwicklung im Kölbchen durch Zugabe von etwas Salzsäure wieder in Gang gebracht und das Ableitungsrohr in ein neues Probierglas getaucht, das zum Drittel mit stark verdünntem Kalkwasser gefüllt ist. Es entsteht ein flockiger Niederschlag von C a l c i u m c a r b o n a t , der sich bei längerem Einleiten als H y d r o g e n c a r b o n a t Ca(HC0 3 ) 2 löst. Ca(OH)2 + C0 2 = CaC03 + H 2 0 CaC03 + H 2 0 + C0 2 = Ca(HC0 3 ) 2 .

4. Kocht man diese Lösung einige Zeit, so trübt sie sich wieder unter Ausscheidung von Calciumcarbonat CaC0 3 . 5. Man erhitze in einem mit Gasentbindungsrohr versehenen Glasrohr etwas Natriumhydrogencarbonat ganz gelinde und weise das gebildete Kohlendioxyd durch die Einwirkung auf Kalkwasser nach. 6. Zum Nachweis kleiner Mengen Kohlendioxyd kann man verschiedene Versuchsanordnungen benutzen. Z. B. kann man so vorgehen, daß man die zu prüfende Substanz (eine stecknadelkopfgroße Menge Natriumcarbonat oder Kreide) in ein Probierglas bringt und einen Tropfen verdünnter Salzsäure zugibt, worauf Kohlendioxyd unter schwachem Aufbrausen entweicht. Nun wird ein Glasstab, an dessen Ende ein Tropfen Kalkwasser oder besser Barytwasser (Ba(OH) 2 ) hängt, senkrecht vorsichtig in das Probierglas so eingeführt, daß er die Wände nicht berührt. Zweckmäßig läßt man ihn, wie die Figur 17 a zeigt, an dem Zeigefinger der linken Hand hinabgleiten, wodurch eine ruhige Führung des Glas-

Schwefelwasserstoff

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stabes erreicht wird. Wenn der Stab tief genug eingetaucht ist, kommt der Tropfen in die kohlendioxydhaltige Luftschicht und t r ü b t sich. Dies ist eine empfindliche Probe auf Kohlendioxyd. 7. Sehr empfindlich ist auch die folgende Prüfung auf t r o c k n e m W e g e : Man bringt die zu prüfende Probe in ein nach S. 11 hergestelltes Röhrchen (^4) von etwa 5 mm Durchmesser und zieht dieses zu

b

einer Spitze aus, die etwas seitlich abgebogen ist (vgl. Fig. 17b). Dann füllt man ein zweites Röhrchen (B) mit einem Tropfen Barytwasser, steckt die Spitze von A in B und erhitzt die Probe einige Zeit, wobei man sie mittels B hält. Dann schüttelt man sofort das Röhrchen B f ü r sich allein kräftig durch. Um sicher zu sein, daß die beobachtete Trübung nicht von etwaigem S 0 3 aus Sulfaten herrührt, prüfe man, ob sich der Niederschlag mit Salzsäure löst. 8. Um das in der ausgeatmeten L u f t enthaltene Kohlendioxyd nachzuweisen, blase man dieAusatmungsluft zwei- bis dreimal langsam mit einem Glasrohr durch ein zu zwei Dritteln mit Barytwasser gefülltes Probierglas. 9. Kohlendioxyd ist schwerer als atmosphärische Luft. Man entwickele in einem Probierglas aus Natriumcarbonat und ganz wenig Salzsäure etwas Kohlendioxyd und gieße dieses Gas, als ob es eine Flüssigkeit sei, langsam in ein zweites Probierglas. Dann weise man in letzterem das Kohlendioxyd mit dem Barytwassertropfen nach. Figur 17. Ausführungsformen des C02-Nachweises

Schwefelwasserstoff Schwefelwasserstoff H 2 S ist ein farbloses, unangenehm riechendes Gas, das mit blauer Flamme zu Schwefeldioxyd verbrennt: 2H a S + 3 0 2 = 2 H 2 0 + 2 S 0 2 . Schwefelwasserstoff ist ein sehr starkes Gift, das besonders gefährlich ist, weil es in höherer Konzentration die Geruchsnerven betäubt. Man arbeite mit dem Gas nur unter einem gut z i e h e n d e n Abzug im Stinkraum. In Wasser ist Schwefelwasserstoff etwas löslich; die unter 1 Atm. gesättigte Lösung, „Schwefel wasserstoffwasser", enthält nur etwa 0,5% Schwefelwasserstoff, ist also etwas stärker als 0,1 molar. Die Lösung reagiert schwach sauer, weil ein geringer Teil des gelösten Schwefelwasserstoffs in die Ionen: H+, H S - und

Schwefelwasserstoff

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in ganz untergeordnetem Maße in S 2 _ zerfällt. Schwefelwasserstoffsäure ist also eine schwache Säure. Als sauerstofffreie Säure kann sie — ebenso wie die Salzsäure — kein Anhydrid bilden. Schwefelwasserstoff ist ein R e d u k t i o n s m i t t e l . Bei seiner Oxydation geht der zweifach negative Schwefel in den elementaren, ungeladenen Zustand über. Sämtliche Metalle lassen sich mit Schwefel zu den Sulfiden verbinden. Diese können als Salze der Schwefelwasserstoffsäure aufgefaßt werden; andererseits zeigen sie manche Beziehung zu den Oxyden (Schwefel steht im Perioden-System unter dem Sauerstoff!). Die Sulfide einiger S c h w e r m e t a l l e , z. B. von Kupfer, Blei, Quecksilber, Zinn, können durch Einwirkung von Schwefelwasserstoffwasser auf die Lösungen von Salzen dieser Metalle hergestellt werden; dabei scheiden sich die in Wasser schwer löslichen Sulfide in fester Form aus, während die Säure des angewandten Salzes in Freiheit gesetzt wird, z. B.: CuS0 4 + H 2 S = CuS + H 2 S0 4 . Auf Grund der verschiedenen Löslichkeit ihrer Sulfide lassen sich die Metalle in einzelne Gruppen scheiden; hiervon macht man in der analytischen Chemie Gebrauch (vgl. dazu S. 141/142). Leitet man Schwefelwasserstoffgas in A m m o n i a k - L ö s u n g bis zur Sättigung ein, so bildet sich Ammoniumhydrogensulfid (oder Ammoniumbisulfid), das saure Ammoniumsalz der Schwefelwasserstoffsäure. Wird zu der Ammoniumhydrogensulfid-Lösung noch einmal eine gleiche Menge Ammoniak-Lösung gesetzt, wie sie vorher mit dem Schwefelwasserstoff gesättigt wurde, so entsteht formal eine Lösung des neutralen Ammoniumsulfids. NH 3 + H 2 S = NH 4 SH NH 4 SH + NH 3 = (NH 4 ) 2 S. Die zunächst farblose Ammoniumsulfid-Lösung wird an der Luft durch Oxydation bald gelb, indem sich „ P o l y s u l f i d e " des Ammoniums bilden, d. h. Salze der Säuren H 2 S 2 , H 2 S 3 usw. 2(NH 4 ) 2 S~+ 0 2 = 4NH 3 + 2 H 2 0 + 2S° (NH 4 ) 2 S + S = (NH 4 ) 2 S 2 bzw. (NH 4 ) 2 S + 2 S = (NH4)2S3 usw. Ammoniumsulfid- und -polysulfid-Lösungen, früher oft als „ f a r b l o s e s " bzw. „ g e l b e s S c h w e f e l a m m o n i u m " bezeichnet, sind wichtige Reagentien. Ammoniumsulfid fällt außer den meisten auch durch Schwefelwasserstoff ausfällbaren Metallen noch manche andere Schwermetalle als Sulfide, so z. B. Eisen (vgl. S. 141/142). FeS0 4 + (NH 4 ) 2 S = FeS + (NH 4 ) 2 S0 4 . Beim S c h m e l z e n eines beliebigen schwefelhaltigen Stoffes m i t N a t r i u m c a r b o n a t u n d K o h l e entsteht — wenn nötig, unter dem reduzierenden Einfluße der Kohle — N a t r i u m s u l f i d , z . B . : CuS0 4 + Na 2 C0 3 = CuO + C0 2 + Na 2 S0 4 6+

±0

2-

2+

Na 2 S0 4 + 4C = Na 2 S + 4 CO. Auf dieser Umsetzung beruht die wichtige „Hepar"-Reaktion für den Nachweis von Schwefel in beliebigen Verbindungen. Alle A r b e i t e n m i t S c h w e f e l w a s s e r s t o f f u n d A m m o n i u m s u l f i d s i n d u n t e r d e m A b z u g o d e r im S c h w e f e l w a s s e r s t o f f r a u m v o r z u nehmen! 1. In den kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 11, S. 18) werden etwa fünf erbsengroße Stücke Eisensulfid gegeben und mit etwas verdünnter Salzsäure eben Übergossen; zweckmäßig gibt man ein wenig

Schwefelwasserstoff

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konzentrierte Salzsäure hinzu und erwärmt, wenn nötig, so lange, bis die Gasentwicklung in Gang kommt. FeS + 2 HCl = FeCI2 + H 2 S .

Das entweichende Gas werde zuerst in etwas Wasser ( 1 / 3 Probierglas voll) geleitet. Nach einiger Zeit werde ein zweites Probierglas, das zu einem Fünftel mit Ammoniak-Lösung gefüllt ist, vorgelegt. Zuletzt werde das Gas, nachdem das Ableitungsrohr abgetrocknet ist, in ein drittes Probierglas geleitet, in dem einige Kubikzentimeter konzentrierter Schwefelsäure enthalten sind. Im ersten Glas bildet sich S c h w e f e l w a s s e r s t o f f W a s s e r , im zweiten A m m o n i u m s u l f i d - (bzw. Ammoniumhydrogensulfid-)Lösung. Im dritten scheidet sich ein feiner weißlicher Niederschlag von S c h w e f e l ab, dessen Entstehen sich dadurch erklärt, daß der sechsfach positiv geladene Schwefel der Schwefelsäure durch den doppelt negativ geladenen Schwefel des Schwefelwasserstoffs reduziert wird, wobei beide in elementaren, d. h. ungeladenen Schwefel übergehen: H 2 S 0 4 + 3H 2 S~= 4 H 2 0 + 4S°

Schwefelwasserstoff kann also nicht mit Schwefelsäure getrocknet werden! 2. Man versetze einige Tropfen alkoholischer Jod-Lösung mit Schwefelwasserstoff-Wasser. Unter R e d u k t i o n des Jods zu Jodwasserstoff tritt Entfärbung und eine milchige Trübung durch abgeschiedenen Schwefel ein. 2- ±0 x- ±o H2S + Ja = 2 H J + S .

3. Zu Kupfersulfat-, Bleiacetat-1) und Zinn(II )-chlorid-i,öavmg gebe man Schwefelwasserstoff-Wasser. Es fallen die entsprechenden S u l f i d e aus, die alle dunkel gefärbt sind. CuS0 4 + H 2 S = CuS + H 2 SO 4 Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + H 2 S = PbS + 2 CH 3 C0 2 H SnCl2 + H 2 S = SnS + 2 HCl.

4. Dieselben Niederschläge entstehen auch, wenn die MetallsalzLösungen schwach angesäuert sind. Dagegen wird aus einer schwach mit Salz- oder Schwefelsäure angesäuerten Probe Kobalt- oder ZinksalzLösung durch Schwefelwasserstoff n i c h t s gefällt. 5. Von dem bereiteten Ammoniumsulfid setze man je ein paar Tropfen zu etwas Kupfer-, Kobalt- und Zinksalz-Lösung. Aus allen drei Lösungen fallen die S u l f i d e aus. CuS0 4 + (NH 4 ) 2 S = CuS + (NH 4 ) 2 S0 4 CoCl2 + (NH 4 ) 2 S = CoS + 2 NH4C1 ZnS0 4 + (NH 4 ) 2 S = ZnS + (NH 4 ) 2 S0 4 .

Man notiere und merke sich die Farben dieser und der oben hergestellten Sulfide. Aeetate sind Salze der Essigsäure CH 3 C0 2 H; von den vier Wasserstoffatomen besitzt nur das an letzter Stelle geschriebene sauren Charakter.

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Phosphorsäure. Saure S a k e

6. Ein Tropfen Ammoniumsulfid-Ltöswcig werde auf eine Silbermiinze gebracht; es entsteht nach kurzer Zeit ein schwarzer Fleck von S i l b e r s u l f i d Ag 2 S. Dabei wird Sauerstoff aus der Luft aufgenommen: 2 (NH 4 ) 2 S + 4 Ag° + 0°, = 2 Ag 2 S + 4 N H 3 + 2 H 2 0 .

7. Man gebe ein Tröpfchen Ammoniumsulfid-Lösung zu einigen Kubikzentimetern einer frisch bereiteten, äußerst verdünnten Lösung des kompliziert zusammengesetzten Natriumnitroprussids (vgl. dazu Seite 119); die Lösung nimmt bald eine prächtige R o t v i o l e t t - F ä r b u n g an, die später verblaßt. Diese U m s e t z u n g , der Geruch u n d die Fähigkeit, „Bleipapier", d. h . ein m i t Bleisalz-Lösung befeuchtetes P a p i e r , zu schwärzen, dienen z u m N a c h w e i s v o n Schwefelwasserstoff.

8. Zum Nachweis von Schwefel in einer beliebigen Verbindung, etwa Kupfersulfat, mittels der „.Hepar"-Reaktion verfährt man folgendermaßen. Ein Körnchen des Salzes werde mit einer Spatelspitze wasserfreien Natriumcarbonats gemischt; die Mischung werde auf einem Stück Holzkohle in der reduzierenden Lötrohrflamme geschmolzen. U m ein Fortblasen des Pulvers zu verhindern, kann man die Mischung vor dem Glühen mit einem Tröpfchen Wasser befeuchten. Nach dem Erkalten werde der Schmelzkuchen auf eine Silbermünze gelegt, mit Wasser befeuchtet und mit einem Spatel oder Glasstab zerdrückt. In kurzer Zeit bildet sich ein am Silber fest haftender schwarzer Fleck von Silbersulf id. Man kann auch den wäßrigen Auszug der Schmelze mit Natriumnitroprussid prüfen.

Phosphorsäure. Saure Salze Phosphorsäure. Beim V e r b r e n n e n v o n P h o s p h o r e n t s t e h t Phosphor(V)-oxyd P 2 0 6 (oder D i p h o s p h o r p e n t o x y d , a b g e k ü r z t P h o s p h o r p e n t o x y d g e n a n n t ) , das d u r c h geringe Mengen P h o s p h o r ( I I I ) - o x y d P 2 0 3 (oder D i p h o s p h o r t r i o x y d , abgek ü r z t P h o s p h o r t r i o x y d ) verunreinigt ist. P h o s p h o r ( V ) - o x y d i s t d a s A n h y d r i d v o n mehreren P h o s p h o r s ä u r e n . D u r c h Anlagerung e i n e r Molekel Wasser e n t s t e h t die Metaphosphorsäure P206 + H20 = 2 H P ( V ) , d u r c h Anlagerung z w e i e r Molekeln Wasser die Pyro-(odeT Di-)phosphorsäure P206 + 2 H 2 0 = H4P207, d u r c h Anlagerung d r e i e r Molekeln W a s s e r die Orthophosphorsäure P206 + 3H20 = 2 H3P04. Welche dieser drei P h o s p h o r s ä u r e n sich beim Auflösen v o n Phosphor(V)-oxyd in Wasser z u n ä c h s t bildet u n d welche a u s der zuerst gebildeten beim A u f b e w a h ren der Lösung weiter e n t s t e h t , möge d u r c h eigene Versuche (vgl. S. 47/48) festgestellt werden. Andererseits sind P y r o - u n d M e t a p h o s p h o r s ä u r e a u s der O r t h o p h o s p h o r s ä u r e d u r c h W a s s e r a b s p a l t u n g e n t s t a n d e n zu d e n k e n : d e r A u s t r i t t einer Molekel 1 ) Die Metaphosphorsäuren im engeren Sinne enthalten Ringe m i t 3 oder 4 Formeleinheiten in der Molekel: H 3 P 3 0 9 bzw. H 4 P 4 0 1 2 . Außerdem gibt es zahlreiche weitere „kondensierte" Phosphate, die kettenförmig gebaut sind u n d den allgemeinen Formeln Me* 2 [ P n 0 3 n J bzw. M e ' [ H 2 P n 0 3 n x ] entsprechen, wobei n alle W e r t e zwischen 2 und etwa 10 6 a n n e h m e n k a n n ; auf Einzelheiten k a n n hier nicht eingegangen werden.

Phosphorsäure. Saure Salze

45

Wasser aus zwei Molekeln Orthophosphorsäure f ü h r t zu Pyrophosphorsäure, der Austritt einer Molekel Wasser aus einer Molekel Orthophosphorsäure zur Metaphosphorsäure: 2 H3P04 - H20 = H4P20, H3P04 - H20 = HP03. Das Präfix „ortho" bezeichnet auch sonst in der anorganischen Chemie die Verbindung, die am meisten Wasser aufgenommen hat, oder Derivate davon; die Präfixe „ p y r o " und „meta" dienen in einigen, dem Beispiel der Phosphorsäuren entsprechenden Fällen zur Unterscheidung wasserärmerer Verbindungen, z. B. Orthoarsensäure H 3 A s 0 4 ; Pyroarsensäure H 4 As 2 0 7 ; Metaarsensäure H A s 0 3 ; Pyroschwefelsäure H 2 S 2 0 ? (vgl. S. 22 und 46). Unter Phosphorsäure schlechthin wird die Orthophosphorsäure verstanden; sie stellt im reinen Zustand einen kristallinen, farblosen Stofi dar, der schon bei geringer Temperaturerhöhung zu einem zähflüssigen ö l schmilzt; sie zieht leicht Wasser an. Bei stärkerem Erhitzen geht die Orthophosphorsäure in die Pyrophosphorsäure, bei noch höherer Temperatur in die Metaphosphorsäure über. Phosphor(V)oxyd läßt sich aus dieser durch Erhitzen nicht gewinnen. I n w ä ß r i g e r L ö s u n g spaltet die Orthophosphorsäure nur ein Wasserstoffion in erheblichem Umfange a b ; in bezug auf die Reaktion H 3 P 0 4 = H+ + [H2P04r ist sie als eine m ä ß i g s t a r k e Säure anzusehen. Dagegen erfolgt die Abspaltung des zweiten und namentlich die des dritten H+-Ions nur in sehr geringem Umfang. (H 2 P0 4 )~ ist eine s c h w a c h e , (HP0 4 ) 2 ~ eine ä u ß e r s t s c h w a c h e Säure. Eine derartige „stufenweise Dissoziation'1 findet man bei allen mehrbasischen Säuren und mehrsäurigen Basen (vgl. auch S. 79). So ist z. B. Schwefelsäure in bezug auf die Dissoziation H 2 S 0 4 = H+ + H S 0 4 ~ eine sehr starke, in bezug auf die Dissoziation H S 0 4 _ = H+ + S0 4 2 ~ dagegen nur eine mittelstarke Säure. Salze der Phosphorsäure; allgemeines über saure Salze. I m Gegensatz zur Salzsäure haben Säuren wie H 2 SÖ 4 , H 3 P 0 4 , H 4 P 2 0 7 u. a. mehrere durch Metall ersetzbare Wasserstoffatome. Sie bilden daher neben den neutralen Salzen, wie K 2 S 0 4 , N a 3 P 0 4 , bei denen alle Wasserstoffatome durch Metall ersetzt sind, auch die S. 15 bereits erwähnten-sauren Salze. Wir nannten bereits: N a H S 0 4 , N a 2 H P 0 4 , Ca(HC0 3 ) 2 . Handelt es sich um eine „zweibasische" Säure 1 ), so gibt es nur eine Art von sauren Salzen, die man am korrektesten als „Hydrogen"-Sulfate, -Carbonate usw. bezeichnet (vgl. dazu S. 39). Oft wird, wie bereits erwähnt, auch die Bezeichnung „Bi"-Sulfate, -Carbonate usw. verwendet. Bei den „dreibasischen" Säuren, wie H 3 P 0 4 , gibt es zwei Reihen von sauren Salzen, zu deren Unterscheidung man vielfach die Worte „primär" und „sekundär" verwendet; die entsprechenden ne v.tralen Salze bezeichnet man als „tertiär". NaH2P04 Saure Salze

Neutrale Salze 3 )

Ca(H 2 P0 4 ) 2 Na2HP04 CaHP04 f Na3P04 \ Ca 3 (P0 4 ) 2

primäres Natriumphosphat (Mononatriumdihydrogenphosphat 2 ) primäres Calciumphosphat sekundäres Natriumphosphat (Dinatriummonohydrogenphosphat 2 ) sekundäres Calciumphosphat tertiäres Natriumphosphat (Trinatriumphosphat) tertiäres Calciumphosphat

1 ) Einbasische Säuren, wie HCl usw., bilden überhaupt keine sauren Salze. Allerdings kennt man Verbindungen, wie z. B. K H F 2 ; dieses muß man aber als ein Anlagerungsprodukt von H P an K P ansehen. 2 ) Das „Mono" kann in derartigen Namen wegbleiben; es genügt „Natriumdihydrogenphosphat" bzw. „Dinatriumhydrogenphosphat". 3 ) Vgl. aber S. 77ff. über Hydrolyse!

46

Phosphorsäure. Saure Salze

Sekundäre Phosphate enthalten also immer die Gruppe (HP0 4 ) 2 ~, primäre die Gruppe (H 2 P0 4 )". Sehr wichtig ist, daß man durch Erhitzen der sauren Salze unter Wasseraustritt Salze der wasserärmeren Säuren erhält. So gehen H y d r o g e n s u l f a t e in Pyrosulfate über, z. B.: 2 KHS04

H 2 0 + K2S207.

Bei der P h o s p h o r s ä u r e verhalten sich primäre und sekundäre Salze verschieden; die ersteren geben Meta-, die letzteren Pyrophosphate. NaH2P04 - v H20 + NaP03 2 N a 2 H P 0 4 - v H 2 0 + Na4P207. Tertiäre Phosphate verändern sich beim Erhitzen nicht. — Die A m m o n i u m s a l z e der Phosphorsäure verhalten sich anders als die Salze von nicht flüchtigen Basen, weil sie beim Erhitzen N H 3 abgeben; vgl. z. B. unten bei Phosphorsalz. Außer den Phosphaten der Alkalimetalle sind fast alle neutralen Phosphate in Wasser unlöslich; in starken Säuren hingegen lösen sie sich fast ausnahmslos. Unter „ N a t r i u m p h o s p h a t " schlechthin versteht man das sekundäre Salz N a 2 H P 0 4 . „ P h o s p h o r s a l z " ist N a ( N H 4 ) H P 0 4 ; es gibt beim Erhitzen außer Wasser auch Ammoniak ab und liefert das Metaphosphat N a P 0 3 .

1. Unter dem Abzug werde gemäß Fig. 18 ein Porzellantiegeldeckel — mit dem Griff nach unten —- in eine Abdampfschale gelegt und auf ihn so viel roter Phosphor gebracht, wie eine Erbse ausmacht. Durch Berühren mit einer Flamme werde der Phosphor entzündet, worauf man sofort einen trockenen Trichter über die Flamme in die Abdampfschale stellt; an der einen Seite schiebe man zwischen Trichter und Schale ein Streichholzstückchen, damit ein Spalt bleibt, durch den die zur Verbrennung nötige Luft eintreten kann. Der Phosphor verbrennt langsam, und weißes P h o s p h o r ( V ) - o x y d setzt sich im Konus und im Rohr des Trichters ab, während auf dem Tiegeldeckel eine rote Masse, die niedere Oxyde des Phosphors enthält, zuFigur 18. rückbleibt. Das Phosphor (V)-oxyd werde mit Phosphor - Verbrennung etwas Wasser vom Trichter in die Schale gespült; es löst sich sofort unter Zischen auf, weil es sich mit Wasser sehr energisch verbindet1). Die Lösung werde zu weiteren Versuchen beiseite gestellt. Orthophosphorsäure. 2. Wenige Tropfen einer Natriumphosphat-L,ösuiig werden mit etwa 2—3 ccm Ammoniummolybdat-Liösnng ((NH 4 ) 2 Mo0 4 ) und 1—2 ccm konzentrierter Salpetersäure versetzt. Die Lösung färbt

sich gelb; bei schwachem Erwärmen entsteht allmählich als feinkörniger, . gelber, schwerer Niederschlag das A m m o n i u m s a l z der 1 ) Mit dem in der L u f t enthaltenen Wasserdampf verbindet sich Phosphor(V)oxyd ebenfalls; es zerfließt daher, wenn man es offen an der Luft stehenläßt. Solche Stoffe bezeichnet man als h y g r o s k o p i s c h , vgl. dazu S. 70.

Phosphorsäure. Saure Salze

47

M o l y b d a t o p h o s p h o r s ä u r e (NH4)3[P(Mo3O10)4]1). Bei Gegenwart größerer Phosphorsäuremengen erscheint der Niederschlag auch schon bei Raumtemperatur. Bei der Ausführung der Umsetzung ist wichtig, daß v i e l Ammoniummolybdat und Salpetersäure zugesetzt werden; ferner darf nicht zu stark erhitzt werden, weil sonst Molybdänsäure ausfallen kann. Der Molybdatophosphorsäure-Niederschlag löst sich leicht in Ammoniak-Lösung zu einer farblosen Lösung. Wichtige und quantitative Fällung der Phosphorsäure aus s a u r e r Lösung! 3. Wenige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit ebensoviel konzentrierter Salzsäure vermischt; dazu werde die gleiche Menge Magnesiumchlorid-Lösung gesetzt. Dann gebe man Ammoniak-USs\mg hinzu, bis die Lösung auch nach dem Umschütteln noch deutlich danach riecht. Es fällt —- aus stark verdünnter Lösung erst nach einiger Zeit — A m m o n i u m m a g n e s i u m p h o s p h a t 2 ) aus. Der Zusatz von Salzsäure dient zur Bildung von etwas Ammoniumchlorid, das ein Ausfallen von Magnesiumhydroxyd aus der ammoniakalischen Lösung verhindert (näheres vgl. S. 82/83). Wichtige und quantitative Fällung der Phosphorsäure aus a m m o n i a k a l i s c h e r Lösung! Na 2 HP0 4 + MgCl2 + NH 3 = NH 4 MgP0 4 + 2NaCl.

Ammoniummagnesiumphosphat geht beim Glühen in Magnesiumpyrophosphat über. 2NH 4 MgP0 4 = Mg 2 P 2 0 7 + 2NH S + H 2 0 .

4. Wenige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit etwas Silbernitrat-Lösung versetzt. Es fällt gelbes S i l b e r o r t h o p h o s p h a t Ag 3 P0 4 aus. Der Niederschlag ist sowohl in Salpetersäure als auch in Ammoniak-Lösung löslich. 5. Einige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit etwas klarer Eiweiß-Lösung und einigen Tropfen Essigsäure versetzt; es tritt k e i n e Fällung ein. Pyrophosphorsäure. 6. Etwas Natriumphosphat werde auf der Magnesiarinne in der Gebläseflamme bis zum klaren Schmelzfluß erhitzt. Das entstandene Pyrophosphat werde in 2 ccm Wasser unter Kochen gelöst. Ein Teil der Lösung gibt mit Silbernitrat eine w e i ß e Fällung von S i l b e r p y r o p h o s p h a t Ag 4 P 2 0 7 ; ein anderer Teil werde abgekühlt und mit Eiweiß-Lösung versetzt; er gibt auch nach Zusatz von etwas Essigsäure ebenso wie die Orthophosphate k e i n e Fällung. Metaphosphorsäure. 7. Phosphorsalz werde auf der Magnesiarinne stark erhitzt und das entstandene Metaphosphat in wenig kochendem Wasser gelöst. Die Lösung bringt Eiweiß-Lösung nach Zusatz von etwas In der Molybdatophosphorsäure, die zu den sogenannten „ H e t e r o p o l y säuren", (vgl. S. 176) gehört, ist jedes 0 2- -Teilchen der Phosphorsäure durch eine (Mo3Oi0)2--Gruppe ersetzt. 2 ) Dieses Salz kristallisiert mit 6 Molekeln Kristallwasser; hier und in anderen Fällen ist dies in den Formeln nicht zum Ausdruck gebracht, um den Anfänger nicht unnötig zu belasten.

48

Namen anorganischer Stoffe

Essigsäure zum G e r i n n e n . Sie gibt ferner mit Silbernitrat eine w e i ß e Fällung von S i l b e r m e t a p h o s p h a t . Diese Reaktion tritt jedoch nur in neutraler Lösung ein. Man prüfe daher mit Lackmus und neutralisiere gegebenenfalls mit g a n z v e r d ü n n t e r Ammoniak- bzw. Salpetersäurelösung. 8. Mit der Silbernitrat- und der Eiweißprobe können somit die drei Phosphorsäuren unterschieden werden. Zur Prüfung, welche dieser Phosphorsäuren sich beim Auflösen des Phosphor(V)-oxyds in Wasser bildet, stelle man mit einem Teile der aufbewahrten Lösung die eben angeführten zwei Versuche an. Es wird sich zeigen, daß Metaphosphorsäure vorliegt. 9. Bei längerem Stehen der wäßrigen, aus Phosphor(V)-oxyd erhaltenen Lösung oder beim Aufkochen nach Säurezusatz wird weiteres Wasser angelagert, und es bildet sich Orthophosphorsäure. Um dies festzustellen, säure man einige Tropfen der Phosphor(V)-oxyd-Auflösung an und prüfe mit Ammoniak und Magnesiumsalz-Lösung; es fällt kein Niederschlag. Eine zweite Probe säure man ebenfalls an und koche kurze Zeit auf. Prüft man jetzt wiederum mit Ammoniak und Magnesiumsalz-Lösung, so fällt Ammoniummagnesiumphosphat aus. Phosphorsale-Perle. Geschmolzenes Natriummetaphosphat hat die Fähigkeit, M e t a l l o x y d e aufzulösen, wobei g e f ä r b t e G l a s f l ü s s e entstehen. Dies kann man so auffassen, als ob sich die entsprechenden Orthophosphate bildeten: NaP0 3 + CuO = NaCuP0 4 .

10. Man tauche das heiße Ende eines Magnesiastäbchens in etwas Phosphorsalz und schmelze das haftengebliebene Salz in dem heißesten Teile der Bunsenbrennerflamme, bis eine klare Schmelze entstanden ist, aus der sich keine Blasen mehr entwickeln. An diese NaP0 3 -Perle bringe man sehr wenig von dem Oxyd oder einem Salz eines der Metalle Kwpfer, Kobalt, Nickel, Eisen und erhitze die Perle nochmals einige Zeit zum Schmelzen. Man beachte die Farbe der Perle in der Hitze und während des Abkühlens und wiederhole den Versuch mit neuen Perlen und den Salzen der anderen Metalle.

Namen anorganischer Stoffe In der anorganischen Chemie lag bisher für den Lernenden eine besondere Schwierigkeit darin, daß für ein und denselben Stoff verschiedene Namen verwendet wurden. Dies ist aus der historischen Entwicklung zu erklären. Da dieser Zustand jedoch zu Schwierigkeiten und Mißverständnissen führte, sind 1940 von der I n t e r n a t i o n a l e n U n i o n für Chemie u n t e r m a ß g e b e n d e r Mitwirkung d e u t s c h e r S t e l l e n R i c h t s ä t z e für die B e n e n n u n g a n o r g a n i s c h e r V e r b i n d u n g e n aufgestellt worden. Ihre Anwendung wird u. a. auch das Studium fremdsprachiger Literatur sehr erleichtern. Es ist mit Nachdruck anzustreben, daß sich diese Bezeichnungen allgemein durchsetzen. Sie sind daher auch dieser Einführung zugrunde gelegt worden. Damit sich der Studierende aber auch in solchen Büchern und Arbeiten zurechtfindet, in denen noch andere Nomenklaturen verwendet werden, sind auch diese kurz berücksichtigt.

Namen anorganischer Stoffe

49

A. Wir beginnen mit den einfachsten Verbindungen aus je"zwei die sich in verschiedenem Mengenverhältnis verbinden. 1. Veraltet sollten:

Atomarten,

sind folgende Bezeichnungen, die nicht mehr verwendet werden

a) Man bezeichnet die h ö h e r w e r t i g e Verbindung als O x y d bzw. C h l o r i d (Bromid usw.), die n i e d e r w e r t i g e als O x y d u l , C h l o r ü r (Bromür usw.): Fe 2 0 3 FeCl 3 CuO CuBr 2

Eisenoxyd Eisenchlorid Kupferoxyd Kupferbromid

FeO FeCl2 Cu 2 0 CuBr

Eisenoxydul Eisenchloriir Kupferoxydul Kupferbromür

b) Man hängt an den abgekürzten l a t e i n i s c h e n Namenides Metalls bei dei höherwertigen Form ein i, bei der niederwertigen ein o: FeClj CuO

Ferrichlorid Cuprioxyd

2. Nach den Internationalen gewendet werden:

FeCl2 Cu 2 0

Richtsätzen

Ferrochlorid Cuprooxyd

sollen folgende Bezeichnungen an-

a) Insbesondere f ü r Verbindungen aus Metall- und Nichtmetallatomen, d. h. also s a l z a r t i g e S t o f f e , ist folgende Bezeichnungsart geeignet, die auf einen Vorschlag von A. S t o c k zurückgeht: Die E l e k t r o v a l e n z z a h l des betreffenden Elements wird durch eine an seinen Namen unmittelbar angehängte römische Ziffer bezeichnet, z. B. FeCl 2 Eisen(II)-chlorid (sprich: Eisen-zwei-chlorid); FeCl 3 Eisen(III)-chlorid; Cr 2 0 3 Chrom(III)-oxyd. b) A l l g e m e i n a n w e n d b a r , d. h. also sowohl f ü r Salze als auch für Verbindungen, die nur aus Nichtmetallatomen bestehen, ist die Bezeichnung der Zahl der Atome in der Molekel durch vorgesetzte griechische Z a h l w ö r t e r ; daB Vorwort „Mono" wird dabei in der Regel weggelassen: N20 NO N203 N02 N204 N205

Distickstoff(mon)oxyd Stickstoffoxyd Distickstofftrioxyd Stickstoffdioxyd Distickstofftetroxyd Distickstoffpentoxyd

PC16 PC13 Ag 2 F Fe(CO)5

Phosphorpentachlorid Phosphortrichlorid Disilberfluorid Eisenpentacarbonyl

Neben diesen „ s t ö c h i o m e t r i s c h e n " können auch „ f u n k t i o n a l e " Benennungen angewandt werden, z. B.: N20s

Salpetrigsäureanhydrid

N20s

Salpetersäureanhydrid

B. Bei Salzen von Sauerstoffsäuren pflegt man den meist lateinisch gewählten Namen der Säure mit der Endung „ a t " an das Metall anzuhängen. Natriumsulfat Na 2 S0 4 Ammonium magnesium phosphat (NH 4 )MgP0 4 Kaliumpyrosulfat K 2 S 2 0 7 Calciumnitrat Ca(N0 3 ) 2 Ammoniumcarbonat (NH 4 ) 2 C0 3 Kaliumjodat K J O s Leiten sich von einem Nichtmetall mehrere sauerstoffhaltige Säuren mit v e r s c h i e d e n e m L a d u n g s z u s t a n d des betreffenden säurebildenden Elements ab, so werden die Salze der praktisch wichtigsten Säure, die meist, aber nicht immer, die sauerstoffreichste ist, durch die Endung „ a t " gekennzeichnet. Für sauerstoffärmere wird die Endung „ i t " benutzt, die außerordentlich unglücklich gewählt ist, da sie Verwechslungen mit der Endung „ i d " f ü r die Salze der sauerstofffreien Säuren zuläßt: B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 48.—49.Aufl.

4

Namen anorganisoher Stoffe

50 H

2

H

2

«+ so

4

so

3

Schwefelsäure

Na 2 S0 4

Natriumsulfat

Schweflige Säure

Na 2 S0 3

Natriumsulfit

Schwefelwasserstoff

Na 2 S

Natriumsulfid

3

Salpetersäure

Mg(N0 3 ) 2 Magnesiumnitrat

2

Salpetrige Säure

Mg(N0 2 ) 2 Magnesiumnitrit

Ammoniak

Mg3N2

2— h

s

2

5+

h n o

8+ h n o n h

3

Magnesiumnitrid

Manchmal ist noch eine weitere Unterteilung notwendig: HC10 4

Überchlorsäure

KC10 4

Kaliumperchlorat

Chlorsäure

kcio3

Kaliumchlorat

HC10 2

Chlorige Säure

KC102

Kaliumchlorit

HCIO

Unterchlorige Säure

KCIO

Kaliumhypochlorit

HCl

Chlorwasserstoff

KCl

Kaliumchlorid.

6+

HC10 3 3+

Nicht zu verwechseln mit diesen Säurereihen, die sich in der Elektrovalenzzahl des betreffenden säurebildenden Elementes unterscheiden, sind solche, die sich bei g l e i c h e r Elektrovalenzzahl nur im W a s s e r g e h a l t unterscheiden, wie z. B. Ortho-, Pyro-, Meta-Phosphorsäure; vgl. dazu S. 44. Über die Benennung s a u r e r S a l z e vgl. S. 45. Bedauerlich ist, daß die in Apotheken noch gebrauchten lateinischen Namen Verwechslungen begünstigen; so heißt z. B. Kaliumchlorid KCl dort „Kalium chloratum", Kaliumchlorat KC10 3 dagegen „Kalium chloricum".

51

Metallverbindungen, erster Teil Für die Anordnung des Folgenden ist im wesentlichen das Perioden-System zugrunde gelegt (vgl. am Ende des Buches). Auf das Perioden-System können wir zwar im einzelnen nicht eingehen; es sei aber mit größtem Nachdruck darauf hingewiesen, daß der Studierende schon in den ersten Wochen seines Studiums dieses System unbedingt in sich aufnehmen muß, da es die Grundlage sowohl des Lernens als auch der Forschung in der anorganischen Chemie ist. In den folgenden Abschnitten werden zunächst die wichtigeren Metalle und ihre Verbindungen besprochen, während am Schluß des Buches einige kurze Angaben über die weniger wichtigen und zum Teil selteneren Metalle folgen.

Alkalimetalle und Ammonium Die Alkalimetalle, L i t h i u m Li, N a t r i u m Na, K a l i u m K, R u b i d i u m Rb und C a e s i u m Cs, sind weiche Stoffe von silberweißer Farbe und metallischem Aussehen. Sie besitzen eine außerordentlich große Neigung, sich zu oxydieren. Infolgedessen tiberziehen sie sich an der Luft sofort mit einer Kruste von Hydroxyd und Carbonat. Man hebt sie deshalb meist in sauerstofffreien Flüssigkeiten, am besten in Benzin, auf. Lithiummetall ist der leichteste aller bei Zimmertemperatur festen Stoffe (Dichte 0,53). Rubidium und Caesium sind schwerer als Wasser. Die Alkalimetalle bilden nur einfach positiv geladene Ionen. Sie zerlegen Wasser unter Wasserstoffentwicklung und Bildung der Hydroxyde. Diese Hydroxyde sind die stärksten Basen, die wir kennen; sie setzen sich mit gasförmigem Kohlendioxyd zu den Carbonaten um. Die Mehrzahl der Salze der Alkalimetalle, so z. B. die Chloride, N i t r a t e , S u l f a t e , sind in Wasser sehr leicht löslich; auch die C a r b o n a t e und P h o s p h a t e , mit Ausnahme derer des Lithiums, lösen sich leicht in Wasser. Salze von so geringer Löslichkeit wie etwa das Bariumsulfat oder die Schwermetallsulfide bilden die Alkalimetalle überhaupt nicht. Wegen dieses Mangels an schwer löslichen Verbindungen bereitet in der Analyse die Abscheidung der Alkalimetalle gewisse Schwierigkeiten. Alle Alkalimetalle und ihre Verbindungen färben die Flamme in charakteristischer Weise. Von den Alkalimetallen besprechen wir an dieser Stelle nur die beiden häufigsten, Natrium und Kalium. Rubidium und Caesium sind nach ihren chemischen Umsetzungen kaum von Kalium zu unterscheiden. Über Lithium finden sich einige Angaben auf S. 171. Außerdem behandeln wir im Anschluß an Kalium noch die /immomwm-Verbindungen, da diese den entsprechenden Kalium- und Rubidiumverbindungen in vielen Eigenschaften sehr ähnlich sind. Natrium Das Natrium ist das häufigste der Alkalimetalle. Seine Verbindungen gehören zu den wichtigsten Stoffen; sie finden in der Technik und im Laboratorium ausgedehnte Anwendung und spielen unter den anorganischen Bestandteilen der belebten Natur eine wesentliche Rolle. 4*

52

Natrium

Das Natrium ist daa Alkalimetall, das die wenigsten schwer löslichen Salze bildet. Viele seiner Salze kristallisieren mit Kristallwasser. Das Natriumoxyd Na 2 0 ist schwer erhältlich und spielt praktisch keine Rolle. Wichtiger ist das N a t r i u m p e r o x y d Na 2 0 2 , das man beim Verbrennen von Natriummetall erhält. — Leicht zugänglich ist das H y d r o x y d NaOH, „Ätznatron". Seine wäßrige Lösung heißt N a t r o n l a u g e . Zur E r k e n n u n g des Natriums dienen: die gelbe F l a m m e n f ä r b u n g , die Kristallform des N a t r i u m u r a n y l a c e t a t e s und die geringe Löslichkeit des N a t r i u m s a l z e s der Antimonsäure. Bei allen Versuchen mit Natriumme t a l l komme man mit Gesicht und Händen nicht zu nahe, fasse das Metall stets nur mit der Pinzette und s c h ü t z e die A u g e n d u r c h e i n e S c h u t z b r i l l e , da einzelne Partikelchen Natrium leicht verspritzen und böse Verletzungen verursachen können.

Natriumhydroxyd. 1. Ein Stück Natrium, so groß wie eine Erbse, werde abgeschnitten, mit etwas Filtrierpapier abgetrocknet und in ein kleines, hinter der Glasscheibe des Abzugs stehendes Becherglas auf etwa 10 com Wasser geworfen. Mit großer Heftigkeit wirkt das Natrium darauf ein; es schmilzt zu einer Kugel, die auf der Wasseroberfläche schwimmt oder vielmehr schwebt, bald kleiner wird und schließlich ganz verschwindet. Der gebildete W a s s e r s t o f f entweicht währenddessen, und das N a t r i u m h y d r o x y d löst sich im Wasser. 2 Na + 2 H 2 0 = 2 NaOH + H 2 .

Man wiederhole den Versuch in der Weise, daß man das Natriumstückchen mit der Pinzette auf ein auf dem Wasser schwimmendes Stück Filtrierpapier bringt, wodurch es an seiner Fortbewegung gehindert wird; dabei erwärmt es sich stärker als beim ersten Versuch, so daß der gebildete Wasserstoff sich entzündet und mit einer durch Natriumdämpfe gelb gefärbten Flamme verbrennt. Oft verspritzt dabei das Metall zum Schluß, nachdem die Flamme schon erloschen zu sein scheint. Vorsicht! Wegen dieser Eigenschaften des Natriums h ü t e m a n sich, auch die kleinsten Natriumreste in die Ausgüsse der Wasserleitung zu werfen, da sie sich in den Röhren festsetzen und zu heftigen Explosionen des gebildeten Knallgases Anlaß geben können. Größere Mengen von Natriumresten zerstört man durch Aufgießen von Alkohol, mit dem sie sich gefahrlos umsetzen, oder man gibt sie im Freien nach und nach in eine offene, mit Wasser gefüllte Schale.

Die bei den obigen Versuchen entstandene Flüssigkeit ist eine verdünnte N a t r i u m h y d r o x y d - L ö s u n g ( „ N a t r o n l a u g e " ) ; sie färbt rotes Lackmuspapier blau. 2. Natronlauge kann man auch durch Umsetzung von (wenig!) SodaLösung mit Kalkwasser herstellen. Ca(OH)2 + Na 2 C0 3 = 2 NaOH + CaC0 3 .

Das Calciumcarbonat fällt aus; durch Filtrieren kann man die gebildete Natronlauge abtrennen. Man führe den Versuch aus. In Anlehnung an das früher viel durchgeführte Verfahren zur technischen Darstellung von Natronlauge kann man den Versuch auch folgendermaßen durchführen:

Natrium

53

3. M a n k o c h e 2 — 3 S p a t e l s p i t z e n v o n gelöschtem Kalk m i t e t w a 5 c c m Sodalösung einige M i n u t e n l a n g u n d filtriere. D a s F i l t r a t g i b t b e i m V e r s e t z e n m i t v e r d ü n n t e r Salzsäure k e i n e oder h ö c h s t e n s eine g a n z s c h w a c h e E n t w i c k l u n g v o n K o h l e n d i o x y d , weil es i m w e s e n t l i c h e n a u s Natronlauge besteht. Hier ist zunächst die geringe Menge des gelösten Calciumhydroxyds in Carb o n a t übergeführt worden, weil dieses wesentlich schwerer löslich ist als das H y d r o x y d . Dann löst sich weiteres Hydroxyd, das wieder als Carbonat gefällt wird, usw. D a infolge der n u r geringen Löslichkeit des Calciumhydroxyds jeweils nur geringe Mengen in Umsetzung treten, dauert diese einige Zeit. Bei höherer Temperatur erfolgt die Umsetzung schneller, weil einmal die Löslichkeit u n d andererseits die Lösegeschwindigkeit mit steigender Temperatur zunehmen. 4. M a n neutralisiere N a t r o n l a u g e m i t S c h w e f e l s ä u r e , i n d e m m a n a u s e i n e m Probierglas 1 c c m verdünnte Schwefelsäure in ein z w e i t e s Probierglas z u 1 c c m verdünnter Natronlauge gießt. D i e Mischung erw ä r m t sich s t a r k : N e u t r a l i s a t i o n s w ä r m e . Alle chemischen Umsetzungen sind mit mehr oder weniger großen Veränderungen der Temperatur verbunden, die u n t e r U m s t ä n d e n bis zur Glühhitze gehen können. Die Umsetzungswärme kann auch negativ sein, d. h. bei der Umsetzung kann W ä r m e verbraucht werden, was sich dadurch bemerkbar macht, daß sich das Reaktionsgemisch abkühlt. Reaktionen, die unter W ä r m e a b g a b e verlaufen, n e n n t m a n e x o t h e r m e , solche, die unter W ä r m e a u f n a h m e vor sich gehen, e n d o t h e r m e . Man h ü t e sich, k o n z e n t r i e r t e Säuren und k o n z e n t r i e r t e Lauge zusammenzugeben; auch beim Mischen kleiner Mengen treten explosionsartige Erscheinungen auf! Beim Eindampfen der Natronlauge würde das N a t r i u m h y d r o x y d als kristalline weiße, feste Masse zurückbleiben, die jedoch an der L u f t schnell wieder Feuchtigkeit anziehen und zerfließen würde; N a t r i u m h y d r o x y d ist hygroskopisch. Ferner zieht es Kohlendioxyd aus der L u f t a n : 2 N a O H + C02 = H 2 0 + Na2C03. 5. U m dies f e s t z u s t e l l e n , lasse m a n e i n k l e i n e s S t ü c k festes Natriumhydroxyd über N a c h t i n einer A b d a m p f s c h a l e o f f e n s t e h e n . M a n überg i e ß e d i e zerflossene M a s s e i n e i n e m Probierglas m i t v e r d ü n n t e r Salzsäure: es e n t w e i c h t K o h l e n d i o x y d , d a s m i t d e m K a l k w a s s e r t r o p f e n (vgl. S. 4 0 / 4 1 ) n a c h g e w i e s e n w e r d e n k a n n . Natriumhydroxyd-Lösung vermag fein verteilte K i e s e l s ä u r e zu lösen u n d greift daher Glas mit der Zeit merklich a n ; solche Lösungen sind f ü r analytische und andere feinere Arbeiten unbrauchbar. Man benutzt daher in neuerer Zeit f ü r solche Lösungen Flaschen aus Polyäthylen. Stehen solche nicht zur Verfügung, gewöhne man sich daran, Natriumhydroxyd-Lösungen jeweils f r i s c h herzustellen; das ist mit der heute im Handel befindlichen Plätzchen-Form des Ätznatrons sehr bequem möglich. Man stelle das Durchschnittsgewicht eines Plätzchens fest, indem m a n 10 oder 20 Stück abwägt. F ü r die meisten Zwecke genügt es dann, wenn m a n zur Herstellung kleiner Lösungsmengen die Ätznatronmenge durch Abzählen der Plätzchen abmißt. Die „2-norm. Natronlauge" ist 7,4-proz., u n t e r „konzentrierter Natronlauge" verstellt man eine etwa^ 33-proz. Lösung von Natriumhydroxyd. Organische Stoffe, namentlich tierische Fasern, wie Wolle u n d H a u t , werden von Natronlauge angegriffen. Die Finger f ü h l e n sich nach dem Benetzen mit Natronlauge schlüpfrig an. 6. M a n s e t z e e t w a s Natronlauge z u P r o b e n v o n Calcium-, Eisen ( I I I ) -, Kupferu n d Kobaltsalz-Lösung. E s fallen die H y d r o x y d e dieser

Natrium

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Metalle aus. Man notiere im Arbeitstagebuch die Farbe der Niederschläge und beschreibe ihr Aussehen. CaCI2 + FeClj + CuS0 4 + CoS0 4 +

2NaOH 3NaOH 2NaOH 2NaOH

= = = =

Ca(OH) 2 Fe(OH) 3 Cu(OH) 2 Co(OH)2

+ + + +

2NaCl 3NaCl Na 2 S0 4 Na 2 S0 4

Solche Fällungen sind f ü r den analytischen Nachweis der Metalle oft von Bedeutung; außerdem wird die Fällung mit Natronlauge vielfach zur Darstellung von Metallhydroxyden benutzt.

Nachweisreaktionen. 7. Wird eine Spur einer beliebigen Natriumverbindung am Platindraht in die Flamme gebracht, so färbt sich diese intensiv gelb. Bei Prüfung mit einem Spektroskop erkennt man eine gelbe Linie. Dieser Nachweis für Natrium gehört zu den empfindlichsten Reaktionen, die wir kennen; Bruchteile von einem Tausendstel Milligramm Natrium genügen bereits, um eine deutliche Flammenfärbung zu erzeugen, so daß schon der Staub der Laboratoriumsluft gelegentlich ein vorübergehendes gelbes Aufleuchten der Flamme hervorruft. Wegen der großen Empfindlichkeit muß man sich vor Anstellung dieser Reaktion besonders davon überzeugen, daß der Platindraht frei von Natrium ist und ihn nötigenfalls so lange ausglühen und zwischendrein mehrfach mit konzentrierter Salzsäure benetzen, bis er der Flamme keine Färbung mehr erteilt. 8. Im Gegensatz zu der großen Löslichkeit fast aller Natriumsalze in Wasser steht die Schwerlöslichkeit des N a t r i u m s a l z e s d e r A n t i m o n s ä u r e , Na [Sb(OH) 6 ] (vgl. S. 151). Da das entsprechende Kaliumsalz in Wasser leichter löslich ist, kann man seine Lösung als Reagens auf Natriumverbindungen benutzen. Man führe die Umsetzung durch; sie ist aber nur dann eindeutig, wenn die auf Natrium zu prüfende Lösung neutral oder alkalisch und frei von anderen Metallsalzen als denen der Alkalimetalle ist. 9. Eine sehr empfehlenswerte Reaktion auf Natrium ist die folgende. Man bringt auf einen Objektträger einen Tropfen einer gesättigten Lösung von Uranylacetat (U0 2 )(CH 3 C0 2 )2 in 10-proz. Essigsäure und einen Tropfen der auf Natrium zu prüfenden Lösung. Wenn Natrium zugegen ist, sieht man nach einigen Minuten unter dem Mikroskop kleine derbe, stark glänzende Tetraeder von N a t r i u m u r a n y l a c e t a t Na(U0 2 )(CH 3 C02)3, die vielfach als Dreiecke erscheinen; daneben finden sich häufig Wachstumsformen 1 ). Oft ist es nötig, vorher mit ganz kleiner Flamme (Sparbrenner!) etwas einzuengen 2 ), auf keinen Fall aber bis zur Trockne. Auch neben viel Kalium (vgl. dazu S. 57/58) kann Natrium so sicher erkannt werden. Gegenwart von Ammoniumsalzen beeinflußt Eine Zusammenstellung von mikroskopischen Bildern analytisch wichtiger Kristallformen findet sich in dem Werk: W. G e i l m a n n , Bilder zur qualitativen Mikroanalyse anorganischer Stoffe, Leipzig 1934. 2 ) Dabei bewege man den Objektträger hin und her, sonst springt er leicht!

Natrium

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die Reaktion nicht. Wohl aber stören freie Mineralsäuren und namentlich Phosphorsäure; auch darf die zu prüfende Lösung nicht zu verdünnt sein. — Noch empfindlicher ist der ähnliche Nachweis des Natriums als Natriumzinkuranylacetat. Weitere Natriumverbindungen. N a t r i u m c h l o r i d („Kochsalz") NaCl. Würfelförmige Kristalle, die frei von Kristallwasser sind.

10. Dies erkennt man daran, daß eine Probe Natriumchlorid beim Erhitzen im einseitig geschlossenen Röhrchen keine Wasserdämpfe abgibt, die sich durch einen an den kälteren Stellen des Rohres auftretenden Hauch von Wassertröpfchen bemerkbar machen würden. Dagegen beobachtet man bei diesem Versuche eine andere Erscheinung, die noch besser zutage tritt, wenn man einige Kristalle Natriumchlorid auf der Magnesiarinne oder einem Tiegeldeckel erhitzt: die Kristalle zerspringen unter Knistern, wobei die Bruchstücke oft weit fortgeschleudert werden (die Kristalle „dekrepitieren"). Dies rührt davon her, daß die Kristalle „Mutterlauge" eingeschlossen enthalten, deren Dampf beim Erhitzen die Kristalle zersprengt. N a t r i u m c a r b o n a t (Kohlensaures Natrium, „Soda") Na 2 C0 3 bildet mit zehn Molekeln Kristallwasser farblose, derbe Kristalle; wasserfrei ist es ein weißes Pulver.

11. Man weise das Kristallwasser eines $o wenn eine s c h w a c h e Säure oder eine s c h w a c h e Base vorliegen; ein großer Zahlenwert für -^Hydiolyse bedeutet nach Gleichung (3) aber weitgehende Umsetzung des Salzes in Säure und Base, d. h. s t a r k e H y d r o l y s e . Besonders stark wird die Hydrolyse eines Salzes sein, das aus einer schwachen Base und einer schwachen Säure aufgebaut ist, d. h. wenn X B lsc und i f g ä u r e gleichzeitig klein sind. Umgekehrt wird die Hydrolyse verschwindend gering bei Salzen aus starken Basen mit starken Säuren; deshalb reagiert die Natriumchlorid-Lösung neutral. Vergleicht man Salze derselben Base mit verschiedenen Säuren, so muß die Hydrolyse um so stärker sein, je schwächer die entsprechende Säure ist; so reagiert z. B. Natriumchlorid neutral, Natriumacetat schwach, Natriumcarbonat deutlich basisch2). Gleichgewichtszustände sind ja dadurch ausgezeichnet, daß sie von beiden Seiten erreicht werden können. Das bedeutet in unserem Falle, daß man bei den Beispielen, in denen beim A u f l ö s e n eines S a l z e s in W a s s e r Hydrolyse eintritt, auch umgekehrt durch Zusammenbringen von Säure- und Basen-Lösung *) Einige w e n i g e S a l z e sind nur s c h w a c h d i s s o z i i e r t , z. B. einige H g ( I I ) Salze. In diesem Falle tritt nach Gleichung (3) auch dann keine wesentliche Hydrolyse ein, wenn das Anion einer schwachen Säure zugehört, z. B. bei Hg(CN) 2 . 2 ) Die Gleichung (3) läßt ferner den T e m p e r a t u r e i n f l u ß auf die Hydrolyse erkennen, der z. B. bei der S. 85 und 87 zu besprechenden Acetatmethode eine wichtige Rolle spielt. Alle Dissoziationskonstanten wie -S^Base, ^wasaer u s w werden mit steigender Temperatur größer. Da aber -K^Wasser mit der Temperatur sehr viel stärker ansteigt als alle anderen K-Werte, so folgt daraus, daß mit steigender Temperatur -Kjfydroiyc-e größer, die Hydrolyse also verstärkt wird.

Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw.

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keine vollständige Vereinigung zum Salz erhält; d. h. starke Basen werden durch schwache Säuren und starke Säuren werden durch schwache Basen n i c h t v o l l ständig neutralisiert. I m folgenden seien die Verhältnisse bei der Hydrolyse noch an einigen Beispielen von einem etwas anderen Standpunkt aus erläutert. Als Salz einer starken Base mit einer schwachen Säure betrachten wir wiederum N a t r i u m c y a n i d . Beim Auflösen dissoziiert dieses praktisch vollständig in Na+- und CN"-Ionen. Diese Ionen sind also in sehr großer Zahl vorhanden. Nun sind außerdem infolge der Dissoziation des Wassers einige wenige H+- und O H - - I o n e n in zunächst gleicher Anzahl in der Lösung. Da die CN~-Ionen als Anionen der s c h w a c h e n Blausäure (HCN) ein großes Bestreben haben, sich mit H+-Ionen zu vereinigen, bilden sie mit den H+-Ionen u n d i s s o z i i e r t e HCN-Molekeln. Dadurch wird aber das Gleichgewicht [H+] • [ 0 H ~ ] / [ H 2 0 ] = K ^ 0 gestört; es müssen sich also neue H+- und OH~-Ionen bilden. Die ersteren vereinigen sich wieder mit den CN"-Ionen zu undissoziierten HCN-Molekeln. Die OH _ -Ionen dagegen bleiben unverändert in der Lösung; denn Natriumhydroxyd ist ja eine starke Base, die in der Lösung praktisch vollkommen dissoziiert ist. Diese OH _ Ionen sind es, die die alkalische Reaktion verursachen. Demnach kann man die Hydrolyse außer in der S. 77 gewählten Form auch als I o n e n g l e i c h u n g formulieren; sie lautet dann f ü r diesen Fall: CN~ + H 2 0

HCN + O H - .

Bei der Betrachtung dieser Gleichung kann leicht ein Bedenken kommen: Blausäure sei zwar eine schwache Säure, sie sei aber immerhin merklich in Ionen dissoziiert; Wasser dagegen dissoziiere doch noch wesentlich weniger. Es erscheine demnach schwer verständlich, wieso die CN _ -Ionen den H 2 0-Molekeln H+-Ionen entreißen können. Die Erklärung ergibt sich aus dem Massenwirkungsgesetz. Beim Beginn des Hydrolysenvorgangs sind die CN - -Ionen in großer Konzentration vorhanden, die OH _ -Ionen dagegen nur in äußerst geringer; HCN-Molekeln gibt es zunächst gar nicht. Diese wenigen OH~-Ionen können dem Bestreben der CN - -Ionen, sich mit H+-Ionen zu vereinigen, wenig Widerstand entgegensetzen. Mit der Bildung von HCN-Molekeln ist nun aber zwangsläufig eine Verminderung der H+-Ionen und damit eine Erhöhung der OH~Ionen-Konzentration verbunden. Infolgedessen wird der Widerstand der O H - Ionen gegen die weitere Vereinigung von H+- und CN _ -Ionen um so größer, je weiter die Hydrolyse fortschreitet. Dazu kommt noch, daß auch die gebildeten HCN-Molekeln der Bildung von neuen HCN-Molekeln entgegenwirken. Die Hydrolyse kommt daher bei dem „ H y d r o l y s e n g l e i c h g e w i c h t " zum Stillstand, das man bei der Darstellung als Ionengleichung f ü r diesen Fall zu formulieren hätte: [HCN] • [OH"] [CN-] • [ H 2 0 ] U m ganz entsprechende Vorgänge handelt es sich, wenn das Salz einer schwachen Base mit einer starken Säure, wie z. B. A l u m i n i u m c h l o r i d , vorliegt. 3+ Hier fangen die Al -Ionen die OH -Ionen des Wassers ein. Dadurch bekommt die Lösung einen Überschuß an H+-Ionen und reagiert sauer. Man könnte den Einwand erheben, daß aus Al 3+ - und OH~-Ionen doch Al(OH) 3 entstehe und daß sich dies durch das Auftreten eines Niederschlages bemerkbar machen müßte; tatsächlich bleibe die Lösung aber klar. Dies liegt daran, daß die Vereinigung von Al 3 + und O H - in mehreren Stufen entsprechend dem nachstehenden Schema erfolgt, wobei es allerdings zwischen 2 und 3 noch weitere Stufen gibt: 1. Al3+ + O H " = Al(OH) 2 + 2 2. Al(OH) ++ O H - = Al(OH)+ 3. Al(OH)+ + O H " = Al(OH) 3 .

80

Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw.

Von diesen tritt bei der Hydrolyse des Aluminiumchlorids nur die erste in nennenswertem Umfang ein. Unlöslich ist aber nur das nach 3. gebildete Al(OH)3. Außerdem spielen noch kolloidchemische (vgl. S. 136ff.) Erscheinungen eine wichtige Rolle; ferner haben komplexchemische (vgl. S. 95ff.) sowie Alterungsvorgänge (vgl. z. B. S. 138), auf die hier nicht eingegangen werden kann, einen gewissen Einfluß. Eine „ s t u f e n w e i s e " H y d r o l y s e , wie wir sie soeben kennenlernten, tritt stets auf, wenn eine mehrsäurige Base oder eine mehrbasische Säure beteiligt sind, weil diese stufenweise dissoziieren (vgl. S. 45) ;z . B. spielt bei der Hydrolyse der Soda praktisch nur die erste Stufe C0 3 2 - + H 2 0 ^

HC- positives Ion ist auch der W e c h s e l d e r p o s i t i v e n W e r t i g k e i t , etwa der Übergang Fe 2 + -»-Fe 3 + bzw. Sn2+->- Sn 4+ , zu behandeln. So ist die Kombination Fe 2 + /Fe 3 + in die umseitig aufgeführte Reihe zwischen Cu und Hg einzuordnen. Dementsprechend kann Fe 3 + durch metallisches Kupfer zu Fe 2 +, nicht aber bis zum Metall reduziert werden. In ähnlicher Weise kann man auch die Nichtmetalle auf Grund ihrer verschiedenen negativen Elektroaffinität in die Spannungsreihe einordnen. Für einige Nichtmetalle gilt z. B. folgende Reihenfolge: — Schwefel, Jod, Brom, Chlor zunehmende negative Elektroaffinität Versuche, die diese Reihe beweisen, haben wir schon kennengelernt: S. 19 wurde gezeigt, daß C h l o r g a s Br _ - und J _ -Ionen zu den e l e m e n t a r e n H a l o g e n e n entlädt, z. B. ±o ±o Cl2 + 2 Br" = Br 2 + 2 C r . S. 43 lernten wir die Umsetzung: H a S + J 2 = S + 2 H J bzw. S 2 - + J 2 ±o = S + 2 J kennen, die die Stellung des J o d s vor dem S c h w e f e l beweist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die eben angeführten Spannungsreihen f ü r positive und negative Ionen nur so lange gelten, als die Konzentrationen etwa die gleichen bleiben. Große Konzentrationsunterschiede können zu abweichenden Reaktionen führen. So löst sich z. B. S i l b e r m e t a l l in s t a r k e r J o d w a s s e r s t o f f s ä u r e unter Wasserstoffentwicklung, obwohl Silber in der Spannungsreihe auf der edlen Seite vom Wasserstoff steht; denn die sich bildende Dij odosilbersäure HAgJ a dissoziiert nur äußerst wenig unter Bildung von Ag + -Ionen, es stehen somit in Konkurrenz sehr viele H + -Ionen und äußerst wenig Ag + -Ionen. Über diese und andere Einflüsse lese man Näheres in den Lehrbüchern nach.

Elemente der Gruppe IIb Während die Verbindungen des Kupfers und Silbers charakteristische Unterschiede gegenüber denen der Alkalimetalle zeigen, ist die Ähnlichkeit zwischen den Verbindungen des Zinks, Cadmiums und zweiwertigen Quecksilbers mit denen der Erdalkalimetalle und besonders denen des Magnesiums wesentlich größer. Wie das Magnesium bilden sie l e i c h t l ö s l i c h e H a l o g e n v e r b i n d u n g e n (Ausnahme HgJ 2 ), N i t r a t e und S u l f a t e , dagegen s c h w e r l ö s l i c h e H y d r o x y d e (bzw. beim Quecksilber ein schwer lösliches Oxyd), C a r b o n a t e und P h o s p h a t e . Charakteristische U n t e r s c h i e d e liegen in folgendem: Einmal bilden sie, wie alle Metalle der b-Gruppen, schwer lösliche Sulfide; Zinksulfid ist farblos, Cadmiumsulfid gelb, Quecksilbersulfid schwarz bzw. rot (Zinnober). Die Löslichkeit nimmt vom Zink- zum Quecksilbersulfid ab; HgS ist das am schwersten lösliche aller Sulfide. Zweitens ist die Neigung zur Komplexbildung, die auch für

Zink

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das Verhalten der Elemente der Ib-Gruppe charakteristisch ist, hier ebenfalls groß. Schließlich ist der Basencharakter w e n i g e r a u s g e p r ä g t als in der Ila-Gruppe. Zinkhydroxyd ist, wie Berylliumhydroxyd, amphoter, löst sich also nicht nur in Säuren, sondern auch in Laugen. Erst Cadmiumhydroxyd entspricht in seiner Basenstärke angenähert dem Magnesiumhydroxyd. Während Zink und Cadmium in Verbindungen nur z w e i w e r t i g vorkommen, bildet das Quecksilber auch einige, allerdings nicht sehr beständige Verbindungen der e i n w e r t i g e n Stufe. Die Metalle sind durch niedrige Schmelz- und Siedepunkte ausgezeichnet. Zink schmilzt bei 419° und siedet bei 906°. Die Daten für Cadmium sind 321° und 764°, f ü r Quecksilber —39° und 357°. Der Unterschied in der Edelkeit gegenüber den Erdalkalimetallen ist nicht so groß wie zwischen den Gruppen I a u n d I b . Wie in der Gruppe I b nimmt der edle Charakter mit steigendem Atomgewicht zu. Während Quecksilber schon zu den Edelmetallen zu rechnen ist, verdanken Zink und Cadmium ihre Beständigkeit gegenüber Luft gerade der Bildung einer dünnen, festhaftenden Oxydschicht, ähnlich wie es beim Aluminium der Fall ist. Zink 1. Ein Stückchen Zink werde auf Kohleunterlage mit der oxydierenden Stichflamme des Lötrohrs oder der Gebläseflamme stark erhitzt. E s schmilzt und verbrennt mit bläulichweißer fahler Flamme. Dabei steigt ein weißer Rauch von Z i n k o x y d auf, der sich zum Teil auf der Kohle in der Nähe des Metalls als weißer „ B e s c h l a g " niedersetzt. D e r Beschlag zeigt, solange er heiß ist, eine gelbe Farbe. Die hier beobachtete Erscheinung, daß sich die Farbe eines Stoffes mit steigender Temperatur vertieft, findet sich oft. 2. Man übergieße ein Stückchen reines Stangenzink mit einigen Kubikzentimetern reiner verdünnter Schwefelsäure und setze einige Tropfen reiner konzentrierter Schwefelsäure zu. Es tritt nur eine minimale Wasserstoffentwicklung auf, selbst wenn man die Mischung erwärmt. D i e Umsetzung wird aber lebhaft, sobald man das Zinkstück mit einem Platindraht berührt. Man achte darauf, daß die Wasserstoffentwicklung nicht vom Zink, sondern vom Platindraht ausgeht. Sobald sich Zink und Platin nicht mehr berühren, hört die Gasentwicklung auf. Die gleichen Erscheinungen beobachtet man beim Auflösen von r e i n e m Cadmium in r e i n e r , verdünnter Schwefelsäure. Verwendet man u n r e i n e Materialien, so enthält das Metall fremde Metallpartikelchen — oder es schlagen sich aus der unreinen Säure solche auf ihm nieder —, die die Stelle des Platindrahtes ausfüllen. Solche inhomogene Stellen schafft man künstlich durch Zusatz eines Tropfens Kupfersulfat- oder Silbernitrat-Lösung zu dem Metall-SäureGemisch : Kupfer- oder Silberteilchen schlagen sich sofort auf dem Zink nieder und ermöglichen eine lebhafte Auflösung des Zinks. Wegen der Theorie dieser Erscheinungen (Überspannung, Lokalelemente) muß auf Lehrbuch und Vorlesung verwiesen werden. Man führe mit etwas Zinksalz-Lösung die folgenden Umsetzungen Zinksalze aus:

der

3. Natronlauge: Bei tropfenweisem Zusatz fällt weißes flockig-gelatinöses Z i n k h y d r o x y d aus. ZnCl2 + 2NaOH = Zn(OH) 2 + 2NaCl.

106

Zink

4. Ein Überschuß an Natronlauge löst das Zinkhydroxyd zu N a t r i u m zinkat. Zn(OH)2 + NaOH = Na[Zn(OH) 3 ].

5. Wird in Natronlauge so viel Zinkhydroxyd eingetragen, wie sich löst, die Natriumzinkat-Lösung abfiltriert, mit Wasser verdünnt und zum Kochen erhitzt, so fällt Z i n k h y d r o x y d daraus zum Teil wieder aus. Wird Natriumzinkat-Lösung mit Natriumchlorid-Lösung verdünnt, so fällt Zinkhydroxyd sofort aus; nach einiger Zeit.ist die Abscheidung fast quantitativ. Die Erklärung für dieses Verhalten liegt darin, daß Natriumzinkat als Salz der sehr schwachen Zinksäure in wäßriger Lösung h y d r o l y t i s c h gespalten ist. Beim Verdünnen sowie beim Erhitzen nimmt, wie stets, der Hydrolysengrad zu. Das gebildete Zinkhydroxyd kann unter Umständen k o l l o i d gelöst bleiben (vgl. dazu S. 136f.). Durch Erwärmen oder Elektrolytzusatz werden aber Kolloide „ausgeflockt".

6. Eine Probe des erhaltenen Zinkhydroxyds werde auf der Magnesiarinne geglüht; der weiße Glührückstand (Zinkoxyd) werde mit e i n e m Tröpfchen sehr verdünnter Kobaltnitrat-~Lösvixig befeuchtet und nochmals geglüht. Er erscheint jetzt grün gefärbt ( „ R i n m a n s G r ü n " ) ; es hat sich, je nach den Bedingungen, ein Mischkristall von wenig Kobalt(II)-oxyd in viel Zinkoxyd oder ein Spinell ZnO • Co 2 0 3 gebildet. 7. Ammoniak: Durch wenig Ammoniak-Lösung wird Zinkhydroxyd ausgefällt. Ein Überschuß von Ammoniak-Lösung löst den Niederschlag leicht auf unter Bildung von k o m p l e x e n H e x a m m i n z i n k i o n e n [Zn(NH 3 ) 6 ] 2+ . Das Verhalten entspricht, abgesehen von der Zahl der gebundenen NHj-Molekeln, vollkommen der S. 101 behandelten Umsetzung von Kupferhydroxyd. Enthält die Lösung Ammoniumsalze starker Säuren oder ist sie sauer, so daß sich beim Ammoniakzusatz solche bilden, so fällt überhaupt kein Zinkhydroxyd aus. Dieses Verhalten entspricht vollkommen dem des Magnesiumhydroxyds. 8. Natriumcarbonat fällt b a s i s c h e s Z i n k c a r b o n a t wechselnder Zusammensetzung. 9. Schwefelwasserstoff: Wenn man zu einer schwach mit Salzsäure angesäuerten Zinksalz-Lösung Schwefelwasserstoffwasser gibt, so fällt nichts aus. Aus neutraler Lösung fällt weißes Z i n k s u l f i d , jedoch ist die Fällung unvollständig, da bei der Umsetzung Mineralsäure frei wird. ZnS0 4 + H 2 S = ZnS + H 2 S 0 4 .

Gibt man jedoch reichlich Natriumacetat zu, so daß die starke freie Säure abgestumpft wird, so wird die Fällung q u a n t i t a t i v . 10. Ammoniumsulfid fällt ebenfalls weißes S u l f i d ; ein Zusatz von Ammoniumchlorid befördert die Abscheidung (kolloid-chemische Erscheinung; vgl. S. 136ff.). 11. Natriumphosphat: Nach der S. 67 beim Magnesium gegebenen Vorschrift, jedoch mit s e h r g e r i n g e m Ammoniaküberschuß (sonst

Cadmium

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Bildung eines löslichen Ammins), fälle man Z i n k a m m o n i u m p h o s p h a t Z n N H 4 P 0 4 . Beim Glühen geht diese wie die MagnesiumVerbindung in das P y r o p h o s p h a t Zn 2 P 2 0 7 über. 12. Natriumcyanid: Gibt man zu einer Zinksalz-Lösung t r o p f e n w e i s e Alkalimetallcyanid-Lösung, so fällt weißes Z i n k c y a n i d : ZnS0 4 + 2 NaCN = Zn(CN)„ + Na 2 S0 4 .

Ein Uberschuß löst den Niederschlag zum komplexen N a t r i u m c y a n o zinkat: Zn(CN)¡¡ + 2 NaCN = Na2[Zn(CN)4].

Aus dieser Lösung wird — falls nicht ein zu großer Cyanidüberschuß verwendet worden war — mit Ammoniumsulfid-Lösxmg Zinksulfid gefällt 1 ); der Komplex ist also verhältnismäßig schwach. 13. Man versetze eine sehr stark verdünnte Zinksalz-Lösmig mit etwa dem gleichen Volumen verdünnter Natronlauge. Schüttelt man diese Lösung mit wenigen ccm einer Lösung von 10 mg Dithizon ( = Diphenylthiocarbazon C 6 H 6 • N : N • CS • N H • N H • C 6 H 5 ) in 100 ccm Tetrachlorkohlenstoff, so schlägt die grüne Farbe der Tetrachlorkohlenstofflösung in r o t um, und auch die w ä ß r i g e S c h i c h t f ä r b t sich r o t . Sehr empfindliche Reaktion. — Ähnliche Reaktionen mit Dithizon geben einige andere Schwermetalle. Cadmium 1. Man erhitze ein auf Kohle liegendes Stückchen Cadmium mit der Lötrohrflamme-, es schmilzt und verbrennt zu gelbbraunem C a d m i u m o x y d , das sich zum Teil auf der Kohle als Beschlag niederschlägt, zum Teil als Rauch entweicht. C a d m i u m s a l z - L ö s u n g e n verhalten sich den entsprechenden Z i n k s a l z - L ö s u n g e n so ä h n l i c h , daß esgenügt, auf folgende U n t e r s c h i e d e hinzuweisen: 2. Der mit Natronlauge oder Ammoniak fallende Niederschlag von C a d m i u m h y d r o x y d ist zwar ebenso wie Zinkhydroxyd in überschüssiger Ammoniaklösung löslich (Amminbildung), jedoch nicht in überschüssiger verd. Natronlauge. 3. Das gelbe C a d m i u m s u l f i d i s t bei Zimmertemperatur in verdünnten Mineralsäuren u n l ö s l i c h . I n konzentrierten Mineralsäuren löst es sich jedoch auf. 4. Mit Sodalösung fällt basisches oder neutrales C a r b o n a t . 5. Man führe ferner die beim Zink unter Nr. 11 und 12 beschriebenen Umsetzungen mit Cadmiumsalz-Lösungen aus. l ) Man beachte den Unterschied im Verhalten des Cyanozink- und des sich, entsprechend verhaltenden Cyanocadmiumkomplexes gegenüber der Kupferverbindung !

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Quecksilber

Quecksilber Während Zink und Cadmium sowie ihre Verbindungen einander sehr ähnlich sind, finden sich beim Quecksilber trotz mancher Analogien zu jenen Elementen auch wesentliche Verschiedenheiten. Schon beim Metall selbst fallen der besonders tiefe Schmelzpunkt und die niedrige Siedetemperatur auf. Ferner ist Quecksilber wesentlich edler als Zink und Cadmium. Beim Erhitzen auf etwa 350° verbindet es sich zwar mit dem Luftsauerstoff zum Oxyd; beim Erhitzen auf höhere Temperaturen zerfällt dieses jedoch, wie wir S. 32 bereits gesehen haben, wieder in Metall und Sauerstoff. Die wenig beständigen Verbindungen des einwertigen Quecksilbers (früher als Mercuroverbindungen bezeichnet) enthalten keine Hg + -, sondern [HgJ 2 + Ionen. In den Löslichkeitsverhältnissen zeigen sie eine gewisse Ähnlichkeit mit den entsprechenden Silberverbindungen. Bei vielen Umsetzungen disproportionieren sie in Quecksilber(II)-salze und metallisches Quecksilber. [Hg2]2+ = Hg 2 + + Hg . Die Halogenide des zweiwertigen Quecksilbers (früher Mercuriverbindungen genannt) sind ziemlich wenig löslich, das Jodid sogar sehr wenig. Das Quecksilber(II)-ion neigt stark zur Komplexbildung; damit steht im Zusammenhang, daß auch einige Quecksilber(II)-salze, die Halogenide und das Cyanid, in wäßriger Lösung n u r , in sehr geringem Umfang in Ionen zerfallen. Hier liegen einige der seltenen Beispiele dafür vor, daß nicht nur Säuren und Basen, sondern auch S a l z e s c h w a c h d i s s o z i i e r t e E l e k t r o l y t e sein können. In geringerem Mäße findet man diese Erscheinung noch bei Cadmium- und Zinkhalogeniden, insbesondere Jodiden. Deshalb wird z. B. Cadmiumsulfid aus Lösungen, die viel Jodionen enthalten, mit Schwefelwasserstoff nur langsam und unvollständig gefällt. Beim Arbeiten mit Quecksilberverbindungen beachte man folgendes: I. L ö s l i c h e Q u e c k s i l b e r v e r b i n d u n g e n s i n d starke Gifte, Man arbeite also mit größter Vorsicht und reinige Geräte und Hände sorgfältig. A u c h d e r D a m p f d e s Q u e c k s i l b e r m e t a l l s f ü h r t zu s c h w e r e n g e s u n d h e i t l i c h e n S c h ä d i g u n g e n , namentlich dann, wenn man ihn längere Zeit einatmet. Es ist deshalb unbedingt zu vermeiden, daß QuecksiJbertropfen verstreut werden, in Ritzen kommen usw. Auch wenn man nichts Derartiges beobachtet, sind Räume, in denen mit Quecksilber gearbeitet wird — und das sind praktisch alle physikalischen und chemischen Laboratorien — reichlich zu lüften. Figur 22. I I . Quecksilbermetall legiert sich mit vielen Metallen Quecksilber-Pipette (z. B. den Alkali- und Erdalkalimetallen, Kupfer, Silber, Blei, Zink) leicht zu A m a l g a m e n . Bringt man also Quecksilbermetall oder -salze in die Abgüsse, so werden die Bleileitungen beschädigt und undicht. A l l e Q u e c k s i l b e r r e s t e g e h ö r e n in e i n im L a b o r a t o r i u m a u f g e s t e l l t e s Sammelgefäß !

1. Man bringe mit Hilfe eines Glasröhrchens von der Form der Fig. 22 einen kleinen Quecksilbertropfen von der Größe eines Stecknadelkopfes auf eine blanke Kupfermünze zu einem Tropfen verdünnter Salpetersäure und reibe mit einem Bäuschchen Filtrierpapier: das Kupfer überzieht sich mit einer Schicht Kupferamalgam und Quecksilber; es wird „verquickt". Beim Erwärmen (Abzug!) geht der Quecksilberüberzug wieder fort.

Quecksilber

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Q u e c k s i l b e r löst sich in heißer, konzentrierter Schwefelsäure zu Quecks i l b e r ( I I ) - s u l f a t . Salpetersäure wirkt je nach den Versuchsbedingungen verschieden. Mäßig konzentrierte Salpetersäure bildet mit überschüssigem Metall Queck silber(I)-nitrat; heiße, konzentrierte Salpetersäure im Überschuß oxydiert zum Quecksilber(II)-nitrat.

Verhalten der Quecksilber(II)-salze. 2. Eine für die folgenden Versuche geeignete Q u e c k s i l b e r ( I I ) - n i t r a t - L ö s u n g , die frei von überschüssiger Säure ist, erhält man durch kurzes Aufkochen von etwas Quecksilber (II )oxyd mit wenig verdünnter Salpetersäure und Abfiltrieren der Lösung von überschüssigem Oxyd. Die so bereitete Lösung, die gewöhnlich etwas basisches Salz enthält, werde zu den folgenden Umsetzungen der Queck silber(II)-salze benutzt. 3. Natronlauge: Zu einer Probe Quecksilber(II)-nitrat-Lösung werde sehr wenig Natronlauge gesetzt: es fällt weißes, b a s i s c h e s Q u e c k s i l b e r ( I I ) - n i t r a t . Setzt man mehr Natronlauge hinzu, so wird die Farbe des Niederschlags gelb, weil er in Q u e c k s i l b e r ( I I ) - o x y d übergeht. Hg(NO s ) s + NaOH = Hg(0H)N0 3 + NaN0 3 Hg(0H)N0 3 + NaOH = HgO + H 2 0 + NaN0 3 . Es bildet sich also wie beim Silber an Stelle des erwarteten Hydroxyds unter H 2 0-Abspaltung das Oxyd. Dieses durch Fällung bereitete Quecksilber(II)-oxyd sieht gelb, das durch Erhitzen von Quecksilber(II)-nitrat erhaltene rot aus. Ersteres ist feiner verteilt und deshalb umsetzungsfähiger als letzteres; deswegen wird es in den chemischen Laboratorien vorzugsweise benutzt.

4. Natriumcarbonat fällt braunrotes b a s i s c h e s Q u e c k s i l b e r ( I I ) c a r b o n a t von wechselnder Zusammensetzung. 5. Natriumhydrogenkarbonat wirkt ebenso. Die Natriumhydrogencarbonat-Lösung werde so hergestellt, daß man festes Natriumhydrogencarbonat mit Wasser bei Zimmertemperatur etwa 5 Minuten lang schüttelt und dann filtriert. 6. Ammoniak gibt einen weißen Niederschlag, der außer A m i d o q u e c k s i l b e r ( I l ) - n i t r a t Hg(NH 2 )N0 3 auch basische Verbindungen wechselnder Zusammensetzung enthält: Hg(N0 3 ) 2 + 2NH 3 = Hg(NH 2 )N0 3 + NH 4 N0 3 .

Ein entsprechender, besonders schwer löslicher Niederschlag ( „ P r ä z i p i t a t " ) bildet sich mit Q u e c k s i l b e r ( I I ) - c h l o r i d . 7. Natriumjodid erzeugt, wenn man es in geringer Menge zusetzt, einen hellroten Niederschlag von Q u e c k s i l b e r ( I I ) - j o d i d . Hg(N0 3 ) 2 + 2NaJ = HgJ 2 + 2 N a N 0 3 .

Ein Überschuß von Natriumjodid-Lösung lö3t das Quecksilber(II)jodid zu einer blaßgelben Lösung von N a t r i u m j o d o m e r c u r a t . HgJ 2 + 2NaJ = Na 2 [HgJ 4 ].

8. Aus dieser Lösung kann durch Natronlauge keine Quecksilberverbindung gefällt werden, weil das [HgJ 4 ] 2 - -Ion kaum dissoziiert ist. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid fällt jedoch Quecksilber(II)-sulfid aus.

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Quecksilber

Eine s t a r k a l k a l i s c h e Lösung von Natriumjodomercurat wird, wie bereits S. 60 erwähnt wurde, als Reagens auf Ammoniak benutzt. Dabei bildet sich das Jodid der Millonschen Base HgNHgOH.

9. Schwefelwasserstoff gibt zunächst einen hellgefärbten Niederschlag, der im wesentlichen aus s u l f o b a s i s c h e m S a l z besteht. 2Hg(N0 3 ) 2 + H 2 S = Hg 2 S(N0 3 ) 2 + 2 H N 0 3 .

Beim weiteren Einleiten bildet sich das außerordentlich schwer lösliche schwarze Q u e c k s i l b e r ( I I ) - s u l f i d : Hg 2 S(N0 3 ) 2 + H 2 S = 2HgS + 2 H N 0 3 .

Nachdem sich der Niederschlag abgesetzt hat, gieße man die Lösung ab, wasche einmal durch Dekantieren mit Wasser nach und erwärme den Rückstand mit etwas halbkonzentrierter Salpetersäure; er löst sich nicht, wird aber oft wieder hell, weil sich erneut das bereits erwähnte sulfobasische Salz bildet. Mit einem Gemisch von Salz- und Salpetersäure löst sich Quecksilber(II)-sulfid jedoch leicht auf. Die l ö s e n d e Wirkung des Königswassers (vgl. S. 36) beruht auch hier auf der Vereinigung der Oxydation mit der Bildung einer äußerst wenig dissoziierten Verbindung (über die geringe Dissoziation von HgCl 2 bzw. HgCl 3 _ vgl. unten). 10. Ammoniumsulfid verhält sich wie Schwefelwasserstoff. 11. Harnstoff gibt, in nicht zu verdünnter Lösung zugesetzt, einen weißen, kompliziert zusammengesetzten Niederschlag, den man früher zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs benutzte. Die geringe Dissoziation der QuecksilberfllJ-halogenide erkennt man durch folgende Versuche: 12. Natriumhydrogencarbonatund Harnstoff-hösung ergeben mit Quecksilber (II)-chlorid-Lösung keine Niederschläge; es sind nicht genügend Hg 2 + -Ionen vorhanden, um die in Frage kommenden Löslichkeitsprodukte zu überschreiten. Die gleichen Ergebnisse erhält man, wenn man die Versuche mit einer Quecksilber(II)-nitrat-Lösung anstellt, die mit Natriumchlorid-Lösung versetzt worden ist. 13. Eine Probe festes Quecksilber(II)-chlorid werde mit etwas konzentrierter Schwefelsäure in einem Probierglas erhitzt (Abzug!): es entweicht kein Chlorwasserstoff. Beim Sieden der Schwefelsäure destilliert mit ihren Dämpfen unzersetztes Quecksilber(II)-chlorid hoch und verdichtet sich in den kälteren Teilen des Probierglases zu Kristallnadeln. Dieser Versuch zeigt gleichzeitig, daß Quecksilber(II)-chlorid — im Gegensatz zu den echten Salzen — leicht flüchtig ist. Daher rührt auch die Bezeichnung „Sublimat" für das Quecksilber(II)-chlorid. Allerdings ist dieser Ausdruck irreführend; denn unter S u b l i m i e r e n versteht man nach S. 60, Nr. 6 den direkten Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand. Quecksilber(II)-chlorid dagegen d e s t i l l i e r t , Atmosphärendruck vorausgesetzt, d. h. beim Erhitzen schmilzt es zunächst und siedet erst bei höherer Temperatur.

14. Man erhitze etwas festes Quecksilber (II)-chlorid im Probierglas (Abzug!) und beobachte den Schmelz- und Verdampfungsvorgang.

Quecksilber

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D a ß Q u e c k s i l b e r ( I I ) - c y a n i d n o c h w e n i g e r d i s s o z i i e r t ist als Quecksilber(II)-chlorid, erkennt man aus folgenden Versuchen:

15. Zu einer Probe Quecksilber (II)-Cyanid-Lösung gebe man etwas Natronlauge-, es fällt nichts aus. Auch mit Kaliumjodid-iiösnng bildet sich kein Niederschlag. Erst auf Zusatz von Ammoniumsulfid tritt Fällung von Q u e c k s i l b e r ( I I ) - s u l f i d ein. 16. Eine Probe Quecksilber (II)-oxyd werde mit etwas frisch bereiteter Natriumcyanid-Lösung Übergossen; sie löst sich zu Q u e c k s i l b e r (II) C y a n i d auf: HgO + 2NaCN + H 2 0 = Hg(CN) 2 + 2NaOH . Das Quecksilber(II)-cyanid ist so wenig dissoziiert, daß sogar die wenigen Hg 2 + -Ionen, die gemäß dem kleinen Löslichkeitsprodukt des HgO in Lösung gehen, sich noch mit CN - -Ionen vereinigen; dadurch wird das Löslichkeitsprodukt des HgO unterschritten, und der Prozeß geht weiter, bis entweder das gesamte HgO aufgelöst oder bis Gleichgewicht erreicht ist. Diese Umsetzung ist eine der wenigen, bei denen ein Natriumsalz in wäßriger Lösung in Natriumhydroxyd umgewandelt wird, ohne daß gleichzeitig ein anderer Stoff ausgefällt wird. Die geringe Dissoziation des gelösten Quecksilber(II)-cyanids macht sich auch dadurch bemerkbar, daß es k e i n e H y d r o l y s e erleidet, obwohl das Salz aus einer schwachen Säure und einer schwachen Base aufgebaut ist; vgl. dazu Gleichung (3) auf S. 78: Obwohl K B a s e und K g ä u r e klein sind, bleibt auch K H y d r o l y g e klein, weil gleichzeitig K S a l z klein ist.

Quecksilber(I)-salze. Zu den folgenden Versuchen benutze man etwas Quecksilber(I)-nitrat-Lösung des Laboratoriums. 17. Salzsäure u n d Chloride fällen weißes schweres Q u e c k s i l b e r (I)c h l o r i d aus. Hg 2 (N0 3 ) 2 + 2NaCl = Hg 2 Cl 2 + 2 N a N 0 3 .

18. Quecksilber(I)-chlorid kann man auch durch Reduktion von Quecksilber (II )-chlorid-iiösungen erhalten. Als Reduktionsmittel für diesen Versuch kann man, wie wir bereits S. 35 gesehen haben, schweflige Säure benutzen. Noch besser eignet sich Zinn(II)-chlorid SnCl 2 , das dabei in Zinn(IV)-chlorid SnCl4 übergeht. Setzt man Zinn(II)-chlorid in geringer Menge zu, so fällt weißes Quecksilber(I)-chlorid. 2 H g ( N 0 3 ) 2 + SnCl2 + 4 HCl = Hg a Cl 2 + SnCl4 + 4 H N 0 3 .

Wird ein Überschuß von Zinn(II)-chlorid-Lösung angewendet, so wird das Quecksilber(I)-chlorid weiter zu metallischem Q u e c k s i l b e r reduziert, das in der Flüssigkeit teils kolloid gelöst (vgl. S. 136f.), teils in feinster Verteilung aufgeschwemmt bleibt und sich erst langsam zu Boden setzt. Nach dem Abgießen der Lösung vereinigt es. sich beim Aufkochen mit verdünnter Salzsäure zu einem Quecksübertröpfchen. Hg 2 Cl 2 + SnCl2 = 2 Hg + SnCl4 .

19. Schließlich kann man zur Reduktion des Quecksilber(II)-chlorids auch metallisches Quecksilber benutzen. Schüttelt man eine Quecksilber(II)chlorid-Lösung mit einem Tröpfchen Quecksilber, so scheidet sich Quecksilber(I)-chlorid ab: HgCl 2 + Hg = Hg 2 Cl 2 .

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Übergangselemente

20. Andererseits können QuecksiIber(I)-salze in Quecksilber und QuecksiIber(II)-salze zerfallen (Disproportionierung: [ H g 2 ] 2 x l + - » H g ± 0 -f- H g 2 + , vgl. S. 36), z. B. unter der Einwirkung von Ammoniak. Dieses bildet z . B . mit Quecksilber(I)-chlorid zunächst Q u e c k s i l b e r ( I ) a m i d o c h l o r i d (etwa Hg 2 NH 2 Cl), das dann bei längerer Einwirkung von Ammoniak in Q u e c k s i l b e r und Q u e c k s i l b e r ( I I ) - a m i d o c h l o r i d zerfällt. Die Gesamtgleichung lautet demnach Hg2Cla + 2NH 3 = Hg + Hg(NH2)Cl + NH 4 C1. Man führe den Versuch aus. Der Niederschlag sieht schwarz aus, da das fein verteilte Quecksilber den Präzipitatniederschlag dunkel färbt. Nach dieser Reaktion bezeichnet man das Quecksilber(I)-chlorid auch als „ K a l o m e l " (schön schwarz). 21. Natriumjodid: Wird wenig Natriumjodid-Lösung zu Quecksilber(I)nitrat-Lösung gesetzt, so fällt ein dunkelgrüngelber Niederschlag von Q u e c k s i l b e r ( I ) - j o d i d . Beim Erwärmen der Mischung geht das Quecksilber(I)-jodid in ein Gemisch von rotem Quecksilber(II)-jodid und feinst verteiltem grauem Quecksilber über. Auf Zusatz eines Natriumjodidüberschusses löst sich das Quecksilber(II)-jodid, so daß die Fällung rein grau erscheint. Hg 2 (NO,) 2 + 2 N a J = Hg 2 J 2 + 2NaN0 3 Hg 2 J 2 = HgJ 2 + H g . 22. Natronlauge und Schwefelwasserstoff geben dunkel gefärbte Niederschläge, die aus Quecksilbermetall und Quecksilber(II)-oxyd bzw. -sulfid bestehen. Übergangselemente Von den Elementen der g r o ß e n Perioden des Perioden-Systems (vgl. Tafel I am Ende des Buches) schließen sich sowohl die ersten (d. h. die Gruppen Ia, I I a usw.) als auch die letzten (d. h. die Gruppen VII b, VIb usw.) in ihrem chemischen Verhalten eng an die Elements der entsprechenden Gruppen in den beiden ersten k l e i n e n Perioden an. Die mittleren Elemente der großen Perioden hingegen nehmen eine gewisse Sonderstellung ein; man nennt sie Übergangselemente. Von diesen behandeln wir an dieser Stelle ausführlicher von der ersten jener Reihen die Eisengruppe (Eisen, Kobalt, Nickel) sowie Chrom und Mangan. Die Gruppen I b und I I b haben wir bereits besprochen. Über weitere wichtige Übergangselemente findet man einige Angaben auf S. 173 ff. Die Elemente dieser Reihen sind dadurch ausgezeichnet, daß sie fast durchweg Verbindungen mehrerer Wertigkeitsstufen bilden; in vielen Fällen ist dabei die Maximalwertigkeit kleiner, als es der Gruppenzahl entspricht. Infolge dieses Auftretens mehrerer Wertigkeitsstufen ist die Chemie dieser Elemente oft verwickelt. Für eine erste Übersicht iflt die Regel nützlich, daß das chemische Verhalten (Basen- bzw. Säurecharakter, Löslichkeit usw.; vgl. auch S. 83 f. u. 91) in erster Linie von der Wertigkeit bestimmt wird. So zeigen alle zweiwertigen Verbindungen dieser Elemente Ähnlichkeit mit den Verbindungen des Magnesiums und noch mehr mit denen des zweiwertigen Kupfers. Die dreiwertigen ähneln vielfach den Aluminiumverbindungen. Die Chromate mit s e c h s wertigem Chrom sind den Sulfaten ähnlich usw. Dadurch ist es verhältnismäßig leicht, ein übersichtliches Bild über die Eigenschaften der verschiedenen Verbindungen zu erhalten. Für das chemische Verhalten

Eisengruppe — Eisen

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dieser Elemente ist ferner charakteristisch, daß der Übergang von einer Wertigkeitsstufe in eine andere oft sehr leicht erfolgt; infolgedessen ist mit der Möglichkeit von Disproportionierungen (vgl. S. 36) bzw. Oxydations-Reduktions-Reaktionen zu rechnen. Einzelne Verbindungen, z. B. die Chromate und Permanganate, sind starke, viel benutzte Oxydationsmittel. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Mehrzahl der in diesem Abschnitt zu behandelnden Verbindungen im Gegensatz zu den meisten der bisher b e s p r o c h e n e n f a r b i g ist. Dabei tritt die schon S. 30 hervorgehobene Erscheinung sehr deutlich auf, daß die w a s s e r f r e i e n Salze oft eine andere Farbe besitzen als die Hydrate bzw. die wäßrigen Lösungen: | FeCl 2 FeBr a farbwasserfrei los Hydrat bzw. wäßrige Lösung

F e J 2 | CoCl21 CoBr 2

gelb- schwarz blau lich

CoJ 2

NiCl2|NiBr2|

grün schwarz gelb

bläulich bis grünlich

rosa

gelb

NiJ2 schwarz

apfelgrün

Eisengrnppe Die Elemente Eisen, Kobalt und Nickel widersprechen den Regelmäßigkeiten des Perioden-Systems insofern, als das Atomgewicht des Kobalts größer ist als das des Nickels (vgl. die Tafel I am Ende des Buches). Über die Wertigkeitsverhältnisse unterrichtet die nachstehende Tabelle, in der die unbeständigen Verbindungen des sechswertigen Eisens, wie z. B. B a F e 0 4 , sowie einige andere Wertigkeitsstufen, die in Komplexverbindungen bzw. in festen wasserfreien Verbindungen gelegentlich auftreten, nicht berücksichtigt sind:

Eisen Kobalt Nickel

Wichtigste Wertigkeitsstufen

Beständigste Stufe in einfachen Verbindungen

Beständigste Stufe in Komplexverbindungen

zwei und drei zwei und drei zwei 1 )

drei zwei zwei

zwei drei zwei

Eisen Das Eisen ist ein grauweißes Metall. Technisch unterscheidet man einerseits kohlenstoffreiches Eisen (mehr als 1,7% Kohlenstoff): „ R o h e i s e n " , „ G u ß e i s e n " und andererseits kohlenstoffarmes Eisen (weniger als 1,7% Kohlenstoff): „ S t a h l " , bei ganz geringen Kohlenstoffgehalten „ S c h m i e d e e i s e n " . Außerdem enthält das Roheisen nicht unerhebliche Mengen von Si und Mn sowie meist von S und P ; beim Stahl sind Si, S und P nur in Spuren vorhanden. Roheisen schmilzt bei 1100 bis 1200°, Stahl und Schmiedeeisen — je nach Kohlenstoffgehalt — höher. Der Schmelzpunkt des reinen Eisens liegt bei 1530°. An trockner L u f t hält sich das Eisen bei Raumtemperatur beliebig lange; in Gegenwart von Feuchtigkeit wird es durch L u f t allmählich zu wasserhaltigem Eisen(III)-oxyd Fe.O, („Rost") oxydiert. Da diese Rostschichten porös sind, können sie — im Gegensatz zum Aluminium — das Eisen vor weiteren Angriffen nicht schützen. Man muß daher das Metall mit Anstrichen von Ölfarben usw. x

) Dazu noch höhere Wertigkeitsstufen in wasserhaltigen Oxyden.

B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 48.-49. Aufl.

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Eisen

versehen. Auch kann man es durch Glühen und geeignete Behandlung („Brünieren", z. B. bei Gewehrläufen) mit einer dichten glatten schwarzen Schicht von Oxyden überziehen, die es vor weiterer Oxydation schützt. Mit reinem Sauerstoff setzt sich Eisen nach Einleitung der Reaktion durch Erhitzen energisch um („autogenes Schneiden"); desgl. mit Schwefel. Die Verbindungen der zweiwertigen Stufe (früher als Ferroverbindungen bezeichnet) sind in wäßriger Lösung bläulich-grünlich, die der dreiwertigen Stufe (Fernverbindungen) infolge teilweiser Hydrolyse (vgl. S. 80, 133) meist gelbbraun. Das Verhalten der letzteren unterscheidet sich von dem der Aluminiumverbindungen vor allem dadurch, daß Eisen(III)-hydroxyd sich nicht in Natronlauge löst. Verbindungen, die z w e i - u n d d r e i w e r t i g e s E i s e n , d. h. also zwei verschiedene Wertigkeitsstufen, g l e i c h z e i t i g enthalten (Magnetit FeO • Fe 2 0 3 und das S. 118 zu besprechende Berliner Blau), zeichnen sich durch i n t e n s i v e F a r b e n aus; dies entspricht einer verbreiteten Gesetzmäßigkeit.

1. Etwas Eisensalz färbt die Phosphorsalzperle in der Oxydationsflamme gelb. Beim Abkühlen blaßt die Farbe ab; falls nur wenig Eisensalz genommen wurde, verschwindet sie ganz. 2. Etwa 1 g Eisenspäne werde in nicht zuviel verdünnter Salzsäure, der etwas konzentrierte Salzsäure zugesetzt ist, gelöst (Abzug). Es entweicht Wasserstoffgas, das durch eine kleine Beimengung übelriechender anderer Gase verunreinigt ist. Im Kölbchen bleibt eine grüne Lösung von E i s e n ( I I ) - c h l o r i d FeCl2, die vom Ungelösten abfiltriert werde. Fe + 2 HCl = H 2 + FeCl 2 .

Eisen(II)-salze. Ein Teil dieser Lösung werde zu den folgenden Umsetzungen der Eisen(II)-verbindungen benutzt, die sofort auszuführen sind, da sich die Eisen(II)-chlorid-Lösung an der Luft schnell oxydiert. Der Rest der Lösung werde für spätere Versuche zurückgestellt. 3. Natronlauge fällt grünlich-weißes flockiges E i s e n ( I I ) - h y d r o x y d . FeCla + 2NaOH = Fe(OH) 2 + 2 N a C l .

Der Niederschlag wird beim Umschütteln dunkelgrün, dann dunkelgrau und schließlich von oben her rotbraun: er wird durch den Luftsauerstoff zu E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d oxydiert. Ganz reines Eisen(II)-hydroxyd sieht weiß aus. 4Fe(OH) 2 + 0 2 + 2 H 2 0 = 4 F e ( 0 H ) 3 .

4. Ammoniak fällt ebenfalls E i s e n ( I I ) - h y d r o x y d . Die Fällung ist unvollständig. Sind in der Lösung reichlich Ammoniumsalze vorhanden, so unterbleibt die Fällung (vgl. S. 83). 5. Natriumperoxyd: Setzt man zu einer Eisen(II)-salz-Lösung eine frisch und ohne Erwärmung bereitete Lösung von Natriumperoxyd, so fällt sofort ein dichter flockiger Niederschlag von rotbraunem E i s e n (III)h y d r o x y d aus. 6. Natriumkarbonat fällt weißes E i s e n ( I I ) - c a r b o n a t . FeCl a + Na 2 C0 3 = FeC0 3 + 2NaCl.

Eisen

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Unter dem Einfluß des Luftsauerstoffs wird der Niederschlag bald oxydiert, er geht schließlich in Eisen(III)-hydroxyd über, weil Eisen(III)carbonat als Salz einer schwachen Base und einer schwachen Säure hydrolytisch vollständig zerfällt. 7. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung nichts. Auch aus neutraler Lösung scheidet sich nur ein sehr geringer Niederschlag des s c h w a r z e n E i s e n ( I I ) - s u l f i d s PeS ab, da die bei der Ausfällung des Sulfids frei werdende Säure die weitere Ausfällung hindert. FeCl2 + H 2 S = FeS + 2 HCl.

Wesentlich weiter geht die Abscheidung des Sulfids bei Anwesenheit von viel Natriumacetat. Vollständig ist die Fällung jedoch nur in alkalischer Lösung. 8. Ammoniumsulfid fällt schwarzes E i s e n (II) - s u l f i d . Hat man g e l b e s Ammoniumpolysulfid im Überschuß zugesetzt, so nimmt die Lösung meist eine grüne Farbe an. Diese rührt davon her, daß ein Teil des Eisen(II)-sulfids zunächst in kolloider Form (vgl. S. 136f.) gelöst bleibt. Beim Filtrieren erhält man ein klares grünes Filtrat; läßt man es stehen, so fällt nach einiger Zeit weiteres Eisen(II)-sulfid in schwarzen Flocken aus. Feuchtes Eisen(II)-sulfid oxydiert sich an der Luft leicht zu basischem Eisen(III)-sulfat und verhält sich dann beim Auswaschen entsprechend, wie es beim Kupfersulfid beschrieben ist (vgl. S. 101, Nr. 5). 9. Natriumphosphat: Zu einer Probe Eisen(II)-chlorid-Lösung setze man reichlich Ammoniumchlorid-Ijösxmg, mache ammoniakalisch und füge Natriumphosphat-Lösung hinzu; es fällt E i s e n ( I I ) - a m m o n i u m p h o s p h a t aus. FeCl2 + Na 2 HP0 4 + N H 3 = Fe(NH 4 )P0 4 + 2NaCl.

Eisen(III)-salze. 10. Um zum Eisen(III)-salz zu oxydieren, setze man zu der Eisen(II)-chlorid-hösnng etwas konzentrierte Salpetersäure und erwärme. Die Lösung wird erst dunkel und hellt sich dann plötzlich zu einer gelben Flüssigkeit auf. Dies ist so zu erklären, daß die Salpetersäure durch das Eisen(II)-Salz zu Stickstoffoxyd reduziert wird: 3 FeCl2 + HNO s + 3 HCl = 3FeCl 3 + NO + 2 H 2 0 . Dieses Stickstoffoxyd gibt zunächst mit noch vorhandenem Eisen(II)-chlorid eine der schon S. 38 besprochenen analoge dunkle Anlagerungsverbindung. Sobald alles Eisen(II)-chlorid zum Eisen(III)-ch!orid oxydiert ist, verschwindet auch die dunkle Farbe. Die Oxydation einer Eisen(II)-salz- zur Eisen(III)-salz-Lösung kann man auch mit anderen Oxydationsmitteln durchführen, so z. B. mit Chlor- oder Bromwasser oder auch mit Wasserstoffperoxyd.

Mit der erhaltenen Eisen(III)-salz-Lösung stehenden Umsetzungen aus:

führe man die nach8*

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Eisen

11. Natronlauge oder A mmonialc fällen flockiges braunrotes E i s e n (III)hydroxyd. FeCl, + 3NaOH = Fe(OH)3 + 3NaCl. Die Fällung ist in beiden Fällen q u a n t i t a t i v und c h a r a k t e r i s t i s c h . Durch Ammoniumsalze starker Säuren wird sie n i c h t verhindert. 12. Natriumkarbonat: Es entsteht ein Niederschlag von E i s e n ( I I I ) hydroxyd. 2 FeCl3 + 3 Na2C03 + 3H 2 0 = 2Fe(OH)3 + 3C0 2 + 6NaCl. IB. Eine Bariumcarbonat-Auisch\&mmm\g fällt, wie S. 82 besprochen, aus Eisen(III)-salz-Lösungen das Eisen als E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d . 14. Natriumacetat: Schon S. 85 wurde erwähnt, daß man — ebenso wie bei Aluminium — auch das Eisen durch Kochen einer reichlich mit Natriumacetat versetzten Eisen(III)-salz-Lösung quantitativ als Eisen(III)-hydroxyd bzw. basisches Eisenacetat abscheiden kann. Man führe den Versuch durch, indem man die Eisen(III)-chlorid-Lösung zunächst mit $oda-Lösung annähernd neutralisiert, reichlich Natriumacetat zugibt (die dabei auftretende Rotfärbung rührt von kompliziert zusammengesetzten Komplexen her), stark verdünnt und kocht. 15. Natriumphosphat gibt einen gelblich-weißen Niederschlag von E i s e n ( I I I ) - p h o s p h a t F e P 0 4 , der in Mineralsäuren löslich (vgl. dazu aber S. 119), in Essigsäure unlöslich ist. Man gebe daher vor der Fällung etwas Natriumacetat zur Lösung, um die Mineralsäure abzustumpfen. Sind bei der vorher beschriebenen Natriumacetatfällung PhosphatIonen in der Lösung vorhanden, so gehen sie als Eisen(III)-phosphat in den Niederschlag, und zwar vollständig, wenn die Menge der EisenIonen die der Phosphat-Ionen überwiegt. Entsprechendes gilt für die Ammoniakfällung, weil Eisen(III)-phosphat auch in Ammoniak-Lösung unlöslich ist. 16. Schwefelwasserstoff macht unter Reduktion des Eisen(III)-salzes zum Eisen(II)-salz S c h w e f e l frei, der in der Lösung zunächst als weiße Trübung schweben bleibt, ohne sich abzusetzen. 2 FeCl3 + H2S = 2 FeClä + S -f 2 HCl. (Man formuliere die entsprechende Ionengleichung!) 17. Ammoniumsulfid erzeugt einen schwarzen Niederschlag von E i s e n ( I I ) - s u l f i d und Schwefel, der je nach den Fällungsbedingungen mehr oder weniger große Mengen des instabilen Eisen(III)-sulfids Fe 2 S 3 enthält. 2 FeClj + 3 (NH4)2S = 2FeS + S + 6NH4C1. 18. Kaliumrhodanid färbt die saure Eisen(III)-salz-Lösung unter Bildung von wenig dissoziiertem, wahrscheinlich dimolekularem E i s e n (III) - r h o d a n i d intensiv rot. 2 FeCl3 + 6KSCN = [Fe(SCN)3]2 + 6 KCl. Beim Schütteln mit Äther geht das Rhodanid mit roter Farbe in den Äther über.

Eisen

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19. Dies ist die empfindlichste Probe auf Eisen(III)-verbindungen. Man gebe einen Tropfen Eisen(III)-salz-Lösung in ein Becherglas voll angesäuerten Wassers, gieße den Inhalt fast ganz aus, fülle wieder mit Wasser auf und setze Kaliumrhodanid-Lösung hinzu. Es tritt in dieser enormen Verdünnung noch deutlich Rotfärbung auf. 20. Eisen(II)-salz-Lösungen zeigen diese Reaktion gewöhnlich auch, weil sie Spuren Eisen(III)-salz enthalten. Man löse etwas „Eisenvitriol" (kristallwasserhaltiges Eisen(II)-sulfat F e S 0 4 • 7 H 2 0 ) in viel Wasser auf und prüfe einige Tropfen der Lösung mit Kaliumrhodanid. Dabei wird eine deutliche Rotfärbung auftreten. Den Rest säure man mit Schwefelsäure schwach an und gebe etwas Eisenpulver hinzu, wodurch die wenigen vorhandenen Eisen(III)- zu Eisen(II)-Ionen reduziert werden. Nach einigen Minuten gieße man einige Tropfen der Lösung ab und prüfe mit Kaliumrhodanid. Die Lösung wird jetzt farblos bleiben oder sich nur noch ganz schwach färben. Nach weiterem Stehen über Eisenpulver oder Erwärmen der Mischung wird eine dritte Probe keine Färbung mehr zeigen. Zur Feststellung, ob ein Eisensalz der Eisen(II)oder der Eisen(III)-reihe angehört, ist die Kaliumrhodanidprobe nicht empfehlenswert, da sie zu empfindlich ist. Geeigneter sind hierzu die Versuche 22 und 23! Eisencyanverbindungen. 21. Etwas Eisen (II) -safe-Lösung versetze man tropfenweise mit Natronlauge, bis eben eine Trübung von Eisen(II)hydroxyd auftritt. Dann gebe man ein wenig Natriumcyanid-~Lösxmg hinzu: es fällt ein rotbrauner Niederschlag flockig aus, der verwickelt zusammengesetzt ist und nur in erster Näherung als E i s e n ( I I ) - c y a n i d Fe(CN)2 beschrieben werden kann. Ein nicht zu geringer Überschuß von Natriumcyanid löst bei schwachem Erwärmen den Niederschlag zu einer hellgelben Lösung, die filtriert werden kann. FeCl2 + 2NaCN = Fe(CN)3 + 2NaCl Fe(CN)2 + 4NaCN = Na4[Fe(CN)6] . Die Lösung enthält das N a t r i u m s a l z der H e x a c y a n o e i s e n ( I I ) S ä u r e H 4 [Fe(CN) 6 ] (abgekürzt Cyanoeisen(II)-säure, früher Ferrocyanwasserstoffsäure). Das entsprechende Kaliumsalz ist das „gelbe Blutlaugensalz". Der [Fe(CN) 6 ] 4_ -Komplex ist, wie bereits S. 98 besprochen wurde, einer der festesten Komplexe, die wir kennen. 22. Eine Probe der Natriumcyanoferrat(II)-Lösung säure man mit verdünnter Salzsäure an (Abzug! Aus dem überschüssigen Natriumcyanid entwickelt sich Blausäure!) und gebe einen Tropfen f r i s c h ber e i t e t e r Eisen(II)-sulfat-LösvLiig hinzu. Es entsteht ein hellbläulichweißer Niederschlag, vielleicht — aber nicht sicher — das Eisen(II)-salz der C y a n o e i s e n ( I I ) - s ä u r e . Na4[Fe(CN),] + 2FeS0 4 = Fe2[Fe(CN),] + 2Na 2 S0 4 . Beim Stehenlassen, schneller beim Durchschütteln der Masse mit Luft, wird der Niederschlag tiefblau: er oxydiert sich dabei zum Eisen(III)salz der Cyanoeisen(II)-säure (vgl. unten).

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Eisen

23. Eine zweite Probe der Natriumcyanof errat (II ^-Lösung säure man ebenfalls an (Abzug!) und setze einen Tropfen Eisen(III)-chloridLösung hinzu; es entsteht ein tiefblauer Niederschlag von komplizierter Zusammensetzung, den man in grober Näherung als E i s e n ( I I I ) - s a l z d e r C y a n o e i s e n ( I I ) - s ä u r e auffassen kann. 3Na 4 [Fe(CN) 6 ] + 4FeCl 3 = Fe 4 [Fe(CN) 6 ] 3 + 12NaCl.

Der Niederschlag findet unter dem Namen „ B e r l i n e r B l a u " Verwendung als Farbstoff. Wichtige Erkennungsprobe zum Nachweis von Eisen! Wie diese letzten beiden Versuche zeigen, kann Alkalimetallcyanoferrat(II) außerdem zur Entscheidung der Frage benutzt werden, ob ein gegebenes Eisensalz der E i s e n ( I I ) - o d e r d e r E i s e n ( I i I ) - r e i h e angehört. Handelt es sich um den Nachweis sehr geringer Mengen von Eisen(III)-ionen, so ist die Cyanoferrat(II)-Lösung unmittelbar vor der Verwendung herzustellen, da eine ältere Lösung stets, wenn auch nur spurenweise, zersetzt ist und sich daher beim Ansäuern durch Bildung sehr geringer Mengen Berliner Blau grünlich färbt und bei längerem Stehen einige Flöckchen Berliner Blau absetzt. Man überzeuge sich davon durch einen Versuch mit der stark zu verdünnenden Kaliumcyanoferrat(II)Lösung des Laboratoriums.

24. Etwas Kaliumcyanoferrat(II^-Lösung aus der Standflasche des Laboratoriums werde mit etwa dem doppelten Raumteil Bromwasser versetzt und aufgekocht, bis der Überschuß des Broms weggekocht ist und nur farblose Wasserdämpfe aus dem Probierglas aufsteigen. Die bräunliche Lösung enthält jetzt K a l i u m h e x a c y a n o f e r r a t ( I I I ) K 3 [Fe(CN) 6 ] (abgekürzt Kaliumcyanoferrat(III), früher Kaliumferricyanid, Trivialname: „rotes Blutlaugensalz"). 2K 4 [Fe(CN) 6 ] + Br 2 = 2 K 3 [Fe(CN)„] + 2 K B r .

25. Mit dieser Lösung werden dieselben Versuche wie mit der Natriumcyanoferrat(II)-Lösung angestellt. Man erhält mit Natronlauge k e i n e n Niederschlag und mit Ammoniumsulfid nur eine Abscheidung von S c h w e f e l . Eisen(III)-chlorid gibt keine Fällung, sondern nur Dunkelfärbung der Lösung. Dagegen erhält man mit einem Eisen(II)-salz einen tiefblauen Niederschlag von B e r l i n e r B l a u . Die auffällige Tatsache, daß sich Berliner Blau sowohl aus Fe 3 + - und [Fe(CN) 6 ] 4 ~lonen als auch aus Fe 2 + - und [Fe(CN) 6 ] 3 ~-Ionen bildet, ist nur auf Grund des Kristallbaus zu deuten, dessen Besprechung an dieser Stelle zu weit führen würde.

26. Während der Cyanoferrat(II)-komplex, wie S. 98, Nr. 5 gezeigt wurde, gegen k a l t e Säuren beständig ist, wird er durch h e i ß e v e r d ü n n t e S ä u r e n zersetzt. Ein erbsengroßes Stück Kaliumcyanoferrat(11) werde unter dem Abzug im Probierglas mit 1—2 ccm verdünnter Schwefelsäure bis zum Kochen der Lösung erhitzt. Es entweicht B l a u s ä u r e , die an ihrem Geruch ( V o r s i c h t ! ) leicht zu erkennen ist. 27. Durch h e i ß e k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure wird auch die Blausäure zerlegt, und zwar in Kohlenoxyd und Ammoniak: HCN + H 2 0 = CO NH 3 . Ein bohnengroßes Stück Kaliumcyanoferratfll) werde im Probierglas mit 2 ccm konzentrierter Schwefelsäure erhitzt, bis Auf-

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Kobalt

schäumen auftritt. Die von der Flamme entfernte Masse kocht lebhaft weiter, wobei farbloses K o h l e n o x y d entweicht, das mit blauer Flamme brennt. Der Umsetzungsverlauf entspricht etwa folgender Gleichung: K 4 [Fe(CN) 8 ] + 6 H 2 0 + 6H 2 S0 4 = 6 CO + FeS0 4 + 2 K 2 S0 4 + 3(NH 4 ) 2 S0 4 . Zu den komplexen Eisencyaniden gehört auch das S. 44 erwähnte N a t r i u m n i t r o p r u s s i d ; es besitzt die Formel Na 2 [Fe(CN) 6 NO] • 2 H 2 0 . Ferner bilden die Fe 3+ -Ionen mit vielen anderen Anionen mehr oder weniger feste Komplexe, so z. B. auch mit Cl~-Ionen [FeCl 6 ] 3_ -Komplexe. Daher sind salzsaure Eisen(III)-salz-Lösungen stärker gelb gefärbt als schwefelsaure. Besonders fest sind die Komplexe mit P h o s p h a t - I o n e n , die farblos sind. Man erkennt dieses Verhalten an folgendem Versuch:

28. Man oxydiere nach S. 115 Nr. 10 Eisen(II)-sulfat mit Salpetersäure zur Eisen(III)-salz-JJ5s\mg. Die fast farblose Lösung versetze man mit etwas konzentrierter Salzsäure: die Lösung wird gelbbraun. Dann gebe man reichlich Phosphorsäure-Lösxmg hinzu: die Lösung wird fast vollständig entfärbt. Kobalt Das grausilberweiße, bei 1490° schmelzende Metall löst sich in verdünnten starken Säuren. Dabei entstehen Salze des zweiwertigen Kobalts. Von einfachen Salzen des dreiwertigen Kobalts kennt man nur das Fluorid COF3 sowie das außerdem zweiwertiges Kobalt enthaltende Oxyd (Co304 vgl. S. 92). Dagegen leiten sich vom dreiwertigen Kobalt zahlreiche beständige Komplexverbindungen ab, z. B. mit Cyanwasserstoff, Ammoniak, salpetriger Säure usw.

1. Eine Probe einer Kobalt-Verbindung färbt die Phosphorsalzperle t i e f b l a u . Die gleiche Farbe zeigt kobalthaltiges Glas, was man in der Glasindustrie und in der Keramik verwendet. Einfache Kobaltsalze.

2. Natronlauge:

E t w a s Kobaltsalz-Lösung

werde

mit etwas Natronlauge versetzt; es fällt zunächst ein blauer Niederschlag aus, der beim Erwärmen der Mischung mit mehr Natronlauge in schön rosenrotes K o b a l t ( I I ) - h y d r o x y d übergeht. CoCI2 + 2NaOH = Co(OH)2 + 2NaCl.

3. Bei Zusatz von Bromwasser erhält man schwarzes wasserhaltiges Kobalt (III)-hydroxyd. 2Co(OH) 2 + Br 2 + 2NaOH = 2Co(OH) s + 2NaBr.

Über das Verhalten gegen Ammoniak vgl. S. 120, Nr. 7. 4. Schwefelwasserstoff verhält sich ganz ähnlich wie gegen Eisen(II)salz-Lösungen. 5. Ammoniumsulfid fällt das schwarze K o b a l t ( I I ) - s u l f i d quantitativ aus. Sehr merkwürdig ist es, daß sich der einmal gebildete Niederschlag nicht nennenswert in 1 normaler Salzsäure wieder auflöst, obwohl er

120

Kobalt

aus einer Lösung dieses Säuregrades nicht ausfällt. Man überzeuge sich davon, indem man den Niederschlag abfiltriert, mit Wasser auswäscht, etwas davon in ein Probierglas bringt, mit 5-proz. Salzsäure versetzt und durchschüttelt. Dabei löst sich fast nichts auf. Diese verminderte Lösbarkeit ist darauf zurückzuführen, daß sich oberflächlich auch in Säure unlösliches CoS2 bildet. Der dazu erforderliche Schwefel entsteht aus (NH 4 ) 2 S unter Einwirkung des Luftsauerstoffs (vgl. S. 42). 6. Ammoniumrhodanid: Eine kleine Probe äußerst verdünnter Kobaltsalz-Lösung werde b i s z u r S ä t t i g u n g mit festem Ammonium(nicht Kalium-)-rhodanid versetzt und dann etwa mit dem halben oder viertel Raumteil Äther, dem einige Tropfen Amylalkohol zugesetzt sind, durchgeschüttelt. Es bildet sich A m m o n i u m - r h o d a n a t o c o b a l t a t , das sich in der Äther-Amylalkohol-Schicht mit tiefblauer Farbe löst. CO(N03)2 + 4 N H 4 S C N = 2 N H 4 N 0 3 +

(NH4)2Co(SCN)4.

Dies ist eine der empfindlichsten Prüfungsmethoden auf Kobalt, mit deren Hilfe sehr kleine Mengen Kobalt auch neben viel Nickel nachgewiesen werden können. Ist gleichzeitig Eisen zugegen, so verhindert man die Bildung des Eisen(III)-rhodanids — das durch seine tiefrote Farbe die Blaufärbung auch größerer Kobaltmengen verdecken könnte, da es sich ebenfalls im Äther löst und diesen intensiver färbt — durch Zusatz von etwas festem Natriumfluorid, das die Eisen(III)-ionen in farblose, in Äther nicht lösliche fluorhaltige Komplexe, z. B. [FeF„]3~, überführt. — Freie Salpetersäure in erheblicher Konzentration stört die Reaktion, weil sie das Rhodanid durch Oxydation unter Bildung roter Zersetzungsprodukte zerstört.

Komplexverbindungen. Die Komplexverbindungen des zweiwertigen Kobalts sind unbeständig und werden leicht zu solchen der dreiwertigen Stufe oxydiert. 7. Gibt man z. B. zu einer Kobalt(II)-salz-Lösung r e i c h l i c h Ammoniai-Lösung, so löst sich das zunächst gebildete blaue basische Salz zu einer gelblich-braunen Lösung auf, die komplexe A m m i n e der zweiwertigen Stufe enthält. Bald aber ändert sich die Farbe der Lösung; sie wird rötlich, weil unter der Einwirkung des Luftsauerstoffs ein Übergang in die dreiwertige Stufe erfolgt. 8. Versetzt man Kobaltsalz-Lösung mit sehr wenig frisch bereiteter Natriumcyanid-Lösung, so fällt schmutzigbraunes K o b a l t ( I I ) - c y a n i d aus. Ein Uberschuß von Natriumcyanid löst den Niederschlag zu einer hellbraunen Lösung des sehr unbeständigen komplexen N a t r i u m (penta)cyanocobaltats(II). CO(N03)2 + 2NaCN = Co(CN)2 + : 2 N a N 0 3 CO(CN)2 + 3NaCN = Na 3 [Co(CN) 5 ] .

Ein kleiner Teil der Lösung werde sofort angesäuert (Abzug! aus dem überschüssigen NaCN bildet sich Blausäure!): es fällt wieder K o b a l t (II)c y a n i d aus. Der Versuch gelingt am besten, wenn die Kobaltsalz- und die Natriumcyanid-Lösung jede für sich aufgekocht und dadurch von gelöster Luft befreit, vor dem Mischen aber wieder abgekühlt worden waren.

Nickel

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9. Die übrige Lösung schüttle man im Probierglas tüchtig mit durch oder koche sie besser einige Minuten lang; sie wird zu N a t r i u m ( h e x a ) c y a n o c o b a l t a t ( III) -Lösung oxydiert; während dieser Oxydation färbt sie sich vorübergehend dunkelbraun.

Luft

4Na 3 [Co(CN) 6 ] + 2 H 2 0 + 0 2 + 4NaCN = 4Na 3 [Co(CN) 6 ] + 4NaOH .

Der [Co(CN)6]3~-Komplex ist äußerst wenig dissoziiert. Weder Ammoniumsulfid noch Natronlauge noch Bromwasser und Natronlauge (Unterschied von Nickel, vgl. S. 122, Nr. 5) geben einen Niederschlag. Durch Salzsäure (Abzug!) wird er ebensowenig angegriffen wie der [Fe(CN)6]4--Komplex. 10. Schließlich sei noch ein Komplex beschrieben, der sich überhaupt nur mit dreiwertigem Kobalt bildet. Gibt man zu einer neutralen Kobalt(II)-salz-Lösung einen reichlichen Überschuß einer konzentrierten Lösung von Kaliumnitrit (KN0 2 ), so bildet sich kein Niederschlag. Setzt man jedoch jetzt Essigsäure zu, so oxydiert die dadurch in Freiheit gesetzte salpetrige Säure (vgl. S. 165) — von der die Hauptmenge in Wasser und Stickstoffoxyde zerfällt, die entweichen — das Kobalt zur dreiwertigen Form, und es bildet sich ein gelber Niederschlag von K a l i u m h e x a n i t r o c o b a l t a t ( I I I ) (Ks[Co(N02)6]). Da das entsprechende Natriumsalz leicht löslich ist, kann man diese Reaktion bei entsprechender Umänderung zu einem empfindlichen Nachweis für Kalium benutzen. Nickel Nickel (Schmelzpunkt 1453°) ist als Metall dem Kobalt sehr ähnlich. Es bildet — wenn man von den wasserhaltigen höheren Oxyden und einigen hier nicht zu behandelnden Komplexsalzen mit 4-, 3- und 1 wertigem Nickel absieht — im wesentlichen nur Verbindungen der zweiwertigen Stufe. Auch die Komplexverbindungen leiten sich im Gegensatz zum Kobalt ganz überwiegend von der zweiwertigen Stufe ab. Die Umsetzungen der Nickelsalze sind sonst denen der Kobaltsalze sehr ähnlich.

1. Die Phosphorsalzperle der Nickelverbindungen ist in der Hitze b r ä u n l i c h g e l b , nach dem Erkalten heller. Einfache Nickelsalze. 2. Natronlauge fällt hellgrünes N i c k e l h y d r o x y d — also kein basisches Salz wie beim Kobalt. Auf Zusatz von Bromwasser entsteht ein schwarzes, wasserhaltiges h ö h e r e s O x y d . 3. Schwefelwasserstoff und Ammoniumsulfid geben dieselben Erscheinungen wie beim Kobalt. Führt man die Fällung mit gelbem Ammoniumsulfid aus, so erhält man Nickelsulfid zum Teil in kolloidem Zustand (vgl. S. 136f.), das beim Filtrieren als braune Lösung durch das Filter läuft. Aus dieser Lösung läßt sich das Nickelsulfid nur schwierig abscheiden. Beim analytischen Arbeiten verwende man deshalb zur Fällung von Nickelsulfid nur f r i s c h e , f a r b l o s e AmmoniumsulfidLösung, die jene Erscheinung nicht zeigt. Nickelsulfid verhält sich hinsichtlich seiner Lösbarkeit ähnlich wie Kobaltsulfid.

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Chrom

Komplexsalze. 4. Ammoniak fällt, wenn es tropfenweise zugesetzt wird, zunächst hellgrünes N i c k e l h y d r o x y d . Der geringste. Überschuß an Ammoniak löst den Niederschlag wieder, weil sich die komplexen H e x a m m i n n i c k e l i o n e n [Ni(NH 3 ) 6 ] 2+ bilden; ihre Lösung sieht tiefblau aus mit schwachem Stich ins Rötliche. 5. Natriumcyanid fällt, wenn in geringer Menge zugesetzt, weißgrünliches N i c k e l c y a n i d . Ni(N0 3 ) 2 + 2NaCN = Ni(CN) 2 + 2 N a N 0 3 .

Ein Uberschuß an Natriumcyanid löst zu einer gelben Lösung des komplexen N a t r i u m ( t e t r a ) c y a n o n i c k e l a t s Na2[Ni(CN]4). Dieser Komplex ist nur mittelstark. Zwar fallen mit Natronlauge und Ammoniumsulfid keine Niederschläge. Säuert man jedoch an (Abzug!), so fällt Nickelcyanid wieder aus und Blausäure entweicht. Gibt man schließlich reichlich Bromwasser und Natronlauge zu, so wird der Komplex ebenfalls zerstört (Unterschied von Kobalt!) und schwarzes höheres Nickeloxyd fällt aus. ZumNachweis der Elemente Kobalt und Nickel nebeneinander und zu ihrer Trennung sind bei der Ähnlichkeit ihrer Reaktionen nur wenige Umsetzungen geeignet. Zum N a c h w e i s von K o b a l t neben Nickel kann die Ammoniumrhodanidreaktion dienen. Zur T r e n n u n g läßt sich der K 3 [Co(N0 2 ) 6 ]-Komplex verwenden. Auch kann man die verschiedene Beständigkeit der Cyanokomplexe (Verhalten gegen Brom und Natronlauge) heranziehen. Die beste N a c h w e i s reaktion f ü r N i c k e l und gleichzeitig die beste T r e n n u n g s m e t h o d e ist die nachstehende D i a c e t y l d i o x i m r e a k t i o n . Diacetyldioxim 1 ) bildet nämlich in essigsaurer oder ammoniakalischer Lösung mit Nickel ein sehr schwer lösliches Salz, das zur Klasse der innerkomplexen Salze (vgl. S. 99) gehört. Das Nickeldiacetyldioxim ist gleichzeitig ein besonders charakteristisches Beispiel f ü r die Verwendung organischer Spezialreagentien in der analytischen Chemie, die steigend an Bedeutung gewinnen (vgl. z. B. auch S. 88, 107, 127, 166, 172, 174, 177).

6. Ein Tropfen Nickelsalz-Lösung werde mit Wasser auf etwa einen Kubikzentimeter verdünnt. Nach Zugabe von etwa 1 / 2 ccm einer 1-proz. alkoholischen Lösung von Diacetyldioxim färbt sich die Lösung rot, und alsbald scheidet sich ein voluminöser hochroter Niederschlag ab, der aus feinen Nädelchen (Mikroskop!) besteht. Aus mineralsaurer Lösung fällt der Niederschlag erst beim Neutralisieren mit Ammoniak oder nach dem Abstumpfen mit Natriumacetat aus. Chrom Während beim Eisen die der ' Gruppenzahl entsprechende (vgl. S. 31) positive Höchstwertigkeit 8 bei keiner Verbindung erreicht wird, kennt man bei dem in der 7. Gruppe stehenden Element Mangan Salze der Übermangansaure mit siebenwertigem Mangan und bei dem in der 6. Gruppe stehenden Chrom eine Reihe von Verbindungen mit sechswertigem Chrom. Diese Verbindungen gehen leicht in niederwertige Verbindungen über und stellen daher besonders starke O x y d a t i o n s m i t t e l dar, die viel verwendet werden. Die meist gelb gefärbten !) H 3 C - C - C - C H 3 || || , auch als Dimethylglyoxim bezeichnet. HON NOH

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Chrom

C h r o m a t e , Salze der im freien Zustand nicht darstellbaren Chromsäüre H 2 C r 0 4 , stehen in ihren Löslichkeitsverhältnissen den entsprechenden Sulfaten nahe. Die gelben [Cr0 4 ] 2 _ -Ionen sind nur in alkalischen oder neutralen Lösungen vorhanden; bei Zuführung v o n H + - I o n e n bilden sich nicht den Hydrogensulfationen analoge [HCr0 4 ] _ -Ionen, sondern unter Wasserabspaltung rote [ C r 2 0 7 ] 2 - Ionen: 2 [ C r 0 4 ] 2 - + 2 H+ = [Cr 2 0 7 ] 2 ~ + H 2 0 . Die ebenfalls roten Salze, z. B . K 2 C r 2 0 7 , bezeichnet man als „ P y r o c h r o m a t e " oder besser als „ D i c h r o m a t e " (die früher gelegentlich benutzte Bezeichnung „Bichromate" sollte vermieden werden). Beim stärkeren Ansäuern bilden sich T r i - und T e t r a c h r o m a t i o n e n ([Cr 3 O ] 0 ] 2 ~bzw. [Cr 4 0, 3 ] 2 - ). Versetzt man schließlich eine konzentrierte Dichromatlösung mit konzentrierter Schwefelsäure, so scheidet sich nicht die Chrom- oder die Dichromsäure, sondern das Anhydrid C r 0 3 , C h r o m t r i o x y d , in tiefroten Nadeln ab. Ferner kennt man noch ein 2 -

„ P e r o x y d " C r 0 5 . In diesem sind zwei O-Teilchen des C r 0 3 durch doppelt negativ geladene O ,-Gruppen ersetzt, wie sie auch im N a , 0 2 und H , 0 , vorhanden sind (vgl. S. 55 u. 160/161). Cr0 6 enthält also ebenfalls nur sechswertiges Chrom: OCr(0. 2 ) 2 . Dreiwertiges Chrom. Die Chrom(III)-verbindungen (früher alsChromiverbindungen bezeichnet) sind den Aluminium- und Eisen(III)-verbindungen ähnlich. Chrom(III)-hydroxyd Cr(OH) 3 ist im Gegensatz zu F e ( 0 H ) 3 amphoter wie Aluminiumhydroxyd. Die K o m p l e x v e r b i n d u n g e n des dreiwertigen Chroms schließen sich mehr denen des dreiwertigen Kobalts als denen des dreiwertigen Eisens an. Die große Beständigkeit und Vielgestaltigkeit der komplexen Chrom(III)-verbindungen (einschließlich der Hydrate) bedingen ihr verwickeltes Verhalten. So sehen w a s s e r h a l t i g e C h r o m ( I I I ) - s a l z e in manchen Fällen violett, in anderen grün aus. Das istauf Unterschiede im JJauihrerKomplexezurückzuführen; so entspricht z. B . das kristallisierte b l a u v i o l e t t e Chrom(III)-chloridhydrat der Formel [Cr(H 2 0) 6 ]Cl 3 , das g r ü n e der Formel [Cr(H.20)4Cl.,]Cl - 2 H . O . Schließlich ist noch zu erwähnen, daß man auch Salze der zweiwertigen Stufe (früher als Chromosalze bezeichnet) kennt; diese sind jedoch wenig beständig. Die Verbindungen des 5- und 4 wertigen Chroms brauchen hier ebenfalls nicht besprochen zu werden. Oxydationswirkungen des sechswertigen Chroms. Bringt man Chromate oder Dichromate mit oxydierbaren Substanzen zusammen, so gehen sie in die dreiwertige Stufe über; je Chromatom werden also 3 positive Ladungen abgegeben. So verläuft z. B. die Einwirkung zwischen Kaliumdichromat und k o n z e n t r i e r t e r S a l z s ä u r e (verdünnte Salzsäure wird nicht nennenswert oxydiert!) nach der Gleichung 1 ) KjCr.O, + 14 HCl = 3 Cl 2 + 2 CrCl3 + 2 KCl + 7 H 2 0 . Besser noch ersieht man aus der Ionengleichung:

[Crto 7 ] 2 - + 6 C r + 14H+ = 3 01° + 2Cr 3 + + 7 H_0 ,

daß je 3 positive Ladungen von den beiden sechsfach positiv geladenen Chromatomen abgegeben und zur Oxydation von 6 Cl~-Ionen benutzt worden sind. Gleichzeitig werden aber dabei sehr viel H+-Ionen verbraucht. So kann z. B . bei der Einwirkung von Dichromat auf S c h w e f e l w a s s e r s t o f f bei u n g e n ü g e n d e r S ä u r e m e n g e die Reaktion der Lösung a l k a l i s c h werden, so daß am Anfang die Umsetzung nach der Gleichung [ C r 2 0 7 ] 2 - + 3 H 2 S + 8 H + = 3 S ° + 2Cr 3 + +

7H20

J ) Geht man von C h r o m a t aus, so gilt die gleiche Umsetzungsgleichung, d a j a Cr0 4 2 ~-Ionen in saurer Lösung in Cr 2 0 7 2 ~-Ionen übergehen.

124

Chrom

erfolgt, am Ende jedoch nach der Gleichung 2 [Cr0 4 l 2 - + 3 S2~ + 8 H 2 0 = 3 S ° + 2Cr(OH) 3 + 1 0 0 I T . Führt man die eben besprochene Einwirkung zwischen Dichromat und Salzsäure bei Abwesenheit von Wasser in Anwesenheit eines wasserbindenden Mittels durch, z. B. durch Erhitzen eines Gemisches von Kaliumdichromat, Kochsalz und konzentrierter Schwefelsäure, so bildet sich neben etwas Chlor eine leicht flüchtige Verbindung der Zusammensetzung CrO Cl t . Dieses „Chromylchlorid" 1 ) ist das „Säurechlorid" der hypothetischen Chromsäure, in der die beiden Hydroxylgruppen durch Chlor ersetzt sind: 0 OH H C1 Cr + = 2 HjO + 0 2 CrCl 2 . O OH H CI Die Chromsäure wirkt hier gleichsam als Base. Da sie natürlich eine äußerst schwache Base ist, entsteht Chromylchlorid nur unter der wasserbindenden Wirkung von Schwefelsäure. Kommt Chromylchlorid mit Wasser zusammen, so tritt H y d r o l y s e ein, es bilden sich die freie „Base" (Chromsäure, die sofort in Dichromsäure übergeht) und die freie Säure (Salzsäure). Mit Lauge erfolgt die entsprechende Umsetzung: Cr0 2 Cl 2 + 4NaOH = Na_Cr04 + 2NaCl + 2Hc.O . Chrommetall ist dem Eisen ähnlich; es besitzt eine hellgraue Farbe mit einem Stich ins Blaue und schmilzt oberhalb 1700°. In verdünnter Salz- oder Schwefelsäure löst es sich unter Wasserstoffentwicklung. In Salpetersäure dagegen löst es sich kaum ( „ P a s s i v i e r u n g " ) . Da sich Chrom — wie Aluminium — an der Luft mit einer f e s t h a f t e n d e n Oxydschicht bedeckt, halten sich verchromte Gegenstände sehr gut, vorausgesetzt, daß sie nicht Sauredämpfen ausgesetzt werden. I m L a b o r a t o r i u m s i n d sie e b e n s o u n b r a u c h b a r wie v e r n i c k e l t e (vgl. S. 1). 1. Chrom Verbindungen färben die Pkosphorsalzperle sowohl in der Oxydations- als auch in der Reduktionsflamme g r ü n . 2. Man löse etwas fein gepulvertes violettes Chrom(IIIj-sulfat oder „Chromalaun" (vgl. S. 97/98, III) in kaltem Wasser, wobei eine violette, bald mehr ins Blaue, bald mehr ins Rote schillernde Lösung entsteht. Man koche eine Probe dieser Lösung auf; sie färbt sich tief grün. Bei längerem Stehenlassen bei Zimmertemperatur wird die grüne Lösung langsam wieder violett. Reaktionen der Chrom(III)-salze. Zu den folgenden Umsetzungen werde die violette Lösung benutzt. 3. Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, fällt graugrünes Chrom(III)-hydroxyd. Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6NaOH = 2Cr(OH) 3 + 3 N a 2 S 0 4 . ') Die Endung „yl" bezeichnet ganz allgemein geladene Gruppen aus einem Metall oder Nichtmetall und Sauerstoff, die gleichsam als einheitlicher Bestand3+ teil in Verbindungen eintreten. Z . B . : [SbO] + Antimonyl, SbOCl Antimonylchlorid; [U0 2 ] 2 + Uranyl, U0 2 (N0 s ) 2 Uranylnitrat. Man kann diese Verbindungen auch als Anhydride von — z. T. hypothetischen — basischen Salzen auffassen: Sb(OH)2Cl - H 2 0 = SbOCl.

Chrom

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Ein Überschuß von Natronlauge löst das Chrom(III)-hydroxyd zu einer prächtig smaragdgrünen Lösung von N a t r i u m - ( h y d r o x o ) - c h r o m i t . 3NaOH + Cr(OH)3 = Na 3 [Cr(OH) 8 ].

Verdünnt man diese Lösung und kocht einige Minuten, so fällt das Chromhydroxyd wieder aus, weil der [Cr(OH) 6 ] 3 ~-Komplex nur bei großer [ O H - ] beständig ist. 4. Ammoniak fällt graugrünes C h r o m ( I I I ) - h y d r o x y d , von dem meist ein wenig in der ammoniakalischen Lösung komplex gelöst bleibt und sie rötlich färbt. Man filtriere und koche das rosafarbige Filtrat einige Minuten: es entfärbt sich, und der Rest Chrom(III)-hydroxyd fällt aus. 5. Natriumcarbonat fällt unter Kohlendioxydentwicklung graugrünes Chrom (III)-hydroxyd. Cr2(S04)3 + 3Na ä C0 3 + 3 H 2 0 = 2Cr(OH)3 + 3COä + 3Na,SO,.

6. Schwefelwasserstoff fällt nichts. 7. Ammoniumsulfid fällt C h r o m ( I I I ) - h y d r o x y d . Cr2(S04)3 + 6(NH 4 ),S + 6H»0 = 2Cr(0H) 3 + 6(NH 4 )HS + 3(NH 4 ) 2 S0 4 . Chrom(III)-sulfid Cr..S3 ist nur auf trockenem Wege darstellbar; mit Wasser erleidet es Hydrolyse. Den Übergang von der dreiwertigen in die sechswertige Stufe kann man sowohl auf nassem als auch auf trockenem Wege bewirken; er erfolgt am leichtesten im alkalischen Medium.

8. Man erwärme eine Alkalichromit-Lösnng mit einem Oxydationsmittel, z. B. Bromwasser oder Wasserstoffperoxyd; sie färbt sich g e l b 2Na3[Cr(OH)„] + 3Br 2 + 4NaOH = 2Na,Cr0 4 + 6NaBr + 8 H 2 0 . In saurer Lösung können umgekehrt Halogenwasserstoffe durch Chromat zu Halogen oxydiert werden, vgl. dazu S. 127, Nr. 17. Die O x y d a t i o n auf t r o c k e n e m Wege erfolgt im Laboratorium durch die Soda-Salpeter-Schmelze. Das Alkalimetallnitrat dient dabei als Oxydationsmittel, weil es sich bei höheren Temperaturen in Nitrit und Sauerstoff zersetzt (vgl. S. 36). Die Soda liefert das erforderliche Alkali. Die Oxydation von Chrom(III)oxyd zum Chromat kann man demnach folgendermaßen formulieren: 2KN03 = 2KN0, + 02 2 Cr203 + 3 0 2 = 4Cr0„ Cr03 + Na 2 C0 3 = Na 2 Cr0 4 + C 0 2 .

9. Etwas Chrom(III)-hydroxyd werde auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier gestrichen, die das Wasser aufsaugt und den Niederschlag somit einigermaßen trocknet. Der nur noch schwach feuchte Rückstand werde mit etwa der doppelten bis dreifachen Menge eines Gemisches von etwa gleich viel Kaliumnitrat und wasserfreiem Natriumcarbonat auf einer Magnesiarinne geschmolzen. Die entstehende gelbe Schmelze liefert mit Wasser gelbe C h r o m a t - L ö s u n g . Sechswertiges Chrom. Zu den folgenden Umsetzungen werde etwas K a l i u m c h r o m a t - L ö s u n g des Laboratoriums verwendet.

126

Chrom

10. Gibt man zu der gelben Lösung verdünnte Schwefel- oder Salzsäure, so wird sie r o t , weil Dichromationen entstehen. 2 [Cr0 4 ] 2 - + 2H+ = [Cr 2 0 7 ] 2 - + H 2 0 .

Gibt man zu der roten Dichromat-Lösung Natronlauge oder Ammoniak-hösxxng, so wird sie wieder g elb. [ 0 , 0 , ] 2 - + 2 OH" = 2 [Cr0 4 ] 2 - + H 2 0 .

Diese Überführung von [Cr0 4 ] 2 _ -Ionen in [Cr 2 0 7 ] 2 ~-Ionen und umgekehrt kann man mit der gleichen Probe beliebig oft durchführen. Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt: [[CrQ 4 ] 2 -j 2 -[H+] 2 [[Cr207r] Diese Gleichung erklärt ohne weiteres, warum nach S. 64/65 B a r i u m c h r o m a t nur aus essigsaurer, nicht aber aus mineralsaurer Lösung ausfällt. Im letzten Falle ist nämlich infolge der großen H + -Ionenkonzentration die Konzentration an [Cr0 4 ] 2 - -Ionen so klein, daß das an sich sehr kleine Löslichkeitsprodukt des Bariumchromats nicht überschritten wird. In essigsaurer Lösung ist [ H + ] wesentlich kleiner; die Konzentration an [Cr0 4 ] 2 - -Ionen ist zwar gegenüber der der [Cr 2 0 7 ] 2 ~-Ionen immer noch klein, sie reicht aber jetzt zur Fällung von Bariumchromat aus.

11. Ek.iace.tat fällt einen sattgelben Niederschlag von B l e i c h r o m a t („Chromgelb"), der in Essigsäure unlöslich, in Salpetersäure oder Natronlauge löslich ist. K,Cr0 4 + Pb(CH 3 C0 2 ) 2 = PbCr0 4 + 2K(CH 3 CO i ) PbCr0 4 + 4 N a O H = Na 2 [Pb(OH) 4 ] + N a 2 C r 0 4 .

Beim Übergießen mit Ammoniaklösung geht der Bleichromatniederschlag in bräunlich-rotes basisches Bleichromat über. 12. Silbemitrat erzeugt einen dunkelbraunroten Niederschlag von S i l b e r c h r o m a t . Auf Zusatz von Salzsäure oder Chloriden wird der Niederschlag weiß, weil er sich zu Silberchlorid umsetzt. K 2 Cr0 4 + 2 A g N 0 3 = Ag,Cr0 4 + 2 K N 0 3 2 Ag 2 Cr0 4 + 4 HCl = 4 AgCl + H 2 0 + H 2 Cr 2 0 7 .

Silberchlorid hat also ein geringeres Löslichkeitsprodukt als Silberchromat. 13. Quecksilber(I)-nitrat gibt einen tief orangeroten Niederschlag von amorphem Q u e c k s i l b e r ( I ) - C h r o m a t Hg 2 Cr0 4 . Beim Aufkochen der mit etwas Salpetersäure versetzten Masse entstehen daraus Kristalle von prachtvoll roter Farbe. 14. Wasserstoffperoxyd: Ein Tropfen Kaliumchromat-Lösung werde mit wenigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und wenig Wasserstoffperoxyd-Lösung versetzt. Es entsteht eine tiefblaue Lösung von C h r o m p e r o x y d CrO s . Schüttelt man diese sofort mit 1—2 ccm Äther, so geht das blaue Oxyd in den Äther über. Später verblaßt die Farbe, weil nach folgender Gleichung Zersetzung erfolgt: 4Cr0 6 + 6 H 2 S 0 4 = 2Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6 H 2 0 + 7 0 2 .

15. Man verdünne einen Tropfen verdünnter Alkalimetallchromat-höswag im Probierglas mit etwa 20—30 ccm Wasser, mische gut durch, gieße die

Chrom

127

gesamte Lösung bis auf den am Glas haftenden Rest aus und gebe zu diesem einige Kubikzentimeter verdünnter Schwefelsäure und ein wenig festes Diphenylcarbazid (C6H5 • N H • NH) 2 : CO : Beim Umschütteln färbt sich die Lösung r o t v i o l e t t . Sehr empfindlicher Nachweis. 16. C h r o m y l c h l o r i d : Man pulvere und mische so viel Kaliurndichromat, wie eine Erbse ausmacht, mit ebensoviel Kaliumchlorid und erwärme die Mischung in einem Probierglas mit Gasableitungsrohr (vgl. auch Fig. 11, S. 18) mit 1—2 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Den entstehenden braunen Dampf von Cr0 2 Cl 2 leite man so in ein vorgelegtes Probierglas über 2—3 ccm verdünnte Natronlauge, daß das Ableitungsrohr nicht in die Natronlauge eintaucht. In der Natronlauge läßt sich dann das durch Hydrolyse gebildete Chromat mit Schwefelsäure und Wasserstoffperoxyd leicht nachweisen. Als Chromsäurechlorid kann also das Chrom leicht destilliert werden. Ein entsprechendes Chromyl-Bromid oder - Jodid existiert nicht. Infolgedessen kann das Auftreten einer flüchtigen Chromverbindung, das an dem Chromgehalt der vorgelegten Natronlauge zu erkennen ist, zum N a c h w e i s v o n Chloriden neben Bromiden und Jodiden dienen. Überdestillierendes Brom sieht zwar ganz ähnlich aus wie Chromylchlorid; es würde jedoch mit der Natronlauge eine fast farblose, chromfreie Lösung geben. Die Bildung von Cr02Cl2 kann durch Nitrate, Silbersalze u. a. verhindert werden. Andererseits ist auch Cr0 2 F 2 flüchtig. Der analytische Wert der Reaktion ist also beschränkt. Oxydationen

mit

Chromat

und

Dichromat.

17. M a n k o c h e

etwas

Kaliumdichromat mit starker Salzsäure. Es entweicht Chlor, während sich die Lösung unter Reduktion des Chromats zu Chrom(III)-salz grün färbt (vgl. S. 123). 18. Zu einer mit verdünnter Schwefelsäure angesäuerten DichromatLösung gebe man Schwefelwasserstoffwasser. Die Lösung färbt sich grün, und es scheidet sich S c h w e f e l aus. 19. Man wiederhole den Versuch mit einer Chromat-Lösung ohne Säurezusatz. Es fällt ein Gemisch von S c h w e f e l und graugrünem C h r o m ( I I I ) - h y d r o x y d . Lackmuspapier zeigt alkalische Reaktion der Lösung an. Über die Umsetzungsgleichungen vgl. S. 123/124. 20. Man versetze ein wenig Kaliumdichromat-Lösung reichlich mit Schwefligsäure-Lösung; das Chromat wird zu Chrom(III)-sulfat reduziert, wobei eine entsprechende Menge Schwefel aus der vierfach in die sechsfach positive Stufe übergeht. K 2 Cr 2 0 7 + 4 H 2 S 0 3 = C?2(S04)3 + K 2 SÖ 3 + 4 H 2 0 .

21. Man erwärme etwas Kaliumdichromat-Lösung mit ebensoviel Alkohol und etwas verdünnter Schwefelsäure und achte auf den dabei auftretenden eigentümlichen Geruch von A l d e h y d , einem Oxydationsprodukt des Alkohols. 2 K 2 Cr 2 0 7 + 8;H 2 S0 4 = 2Cr 2 (S0 4 ) 3 + 3 0 2 + 8 H 2 0 + 2K 2 S0 4 2CH3CH.iOH + 0 2 = 2H a O + 2CH3CHO . Alkohol

Aldehyd

128

Mangan

22. Der vorletzten Gleichung entsprechend kann man durch Erwärmen von gepulvertem Kaliumdi Chromat mit leonzentrierter Schwefelsäure auch S a u e r s t o f f g a s darstellen. Man stelle dies durch einen Probierglasversuch fest, wobei man den entstehenden Sauerstoff durch das Aufflammen eines glimmenden Spanes nachweise.

Mangan Mangan kommt in ungewöhnlich zahlreichen Wertigkeitsstufen vor. Die schwach rosa gefärbten Mangan(II)-salze (früher Manganosalze) stehen den Eisen(II)- und besonders den Magnesiumsalzen nahe. Die Mangan(JII)-salze (früher Manganisalze) sind unbeständig. Vom vieriuertigen Mangan leitet sich das Mangandioxyd MnO, ab, der Hauptbestandteil des „Braunsteins". Bei der Soda-Salpeterschmelze entstehen je nach den Bedingungen entweder blaue Verbindungen des fünftuertigen Mangans oder die grünen Manganate (z. B. K 2 Mn0 4 ), die sechsvoertiges Mangan enthalten. Mit Wasser disproportionieren diese letzteren gemäß 3 K 2 Mn0 4 + 2 H 2 0 = 2KMn0 4 + Mn0 2 + 4 K 0 H , wobei neben Braunstein mit vierwertigem Mangan Permanganat mit siebenwertigem Mangan entsteht. Festes Kaliumpermanganat KMn0 4 bildet tiefrote, fast schwarze Kristallnadeln, die sich in Wasser mit tiefvioletter Farbe lösen. Permanganate sind starke Oxydationsmittel. Durch oxydierbare Stoffe werden sie in a l k a l i s c h e r Lösung in B r a u n s t e i n überführt. Je Mangan-Atom werden dabei d r e i positive Ladungen abgegeben, z. B. 2KMn0 4 + 3(NH 4 ) 2 S = 3 S + 2Mn0 2 + 2KOH + 6NH 3 + 2 H 2 0 bzw. 2 [MnO] 4 1- + 3S 2 _ + 4 H 2 0 = 3S° + 2 MnO, + 8 OH". Als Zwischenstufe bildet sich dabei M a n g a n a t : 2 [Mn0 4 ] 1_ + S* - = S°+ 2 [Mn0 4 ] 2 ". In s a u r e r Lösung geht die Reduktion bis zum M a n g a n (Il)-salz; jedes Manganatom gibt in diesem Falle f ü n f positive Ladungen ab: [Sin0 4 ] 1 - + 5Fe 2 + + 8H+ = Mn2+ + 5Fe 3 + + 4 H 2 0 . Aus diesen Umsetzungen folgt, daß die beständigste Stufe des Mangans in s a u r e r Lösung die z w e i w e r t i g e ist, während in a l k a l i s c h e r die v i e r w e r t i g e bevorzugt ist. Die Unbeständigkeit des vierwertigen Mangans in s a u r e r Lösung folgt auch aus dem Versuch auf S. 18, bei dem sich bei der Einwirkung von Salzsäure auf Braunstein Chlor bildete. Hier entsteht als Zwischenprodukt vermutlich Mangantetrachlorid MnCl4 (vgl. S. 33); dieses ist jedoch als Derivat des vierwertigen Mangans in saurer Lösung nicht beständig und zerfällt daher in Mangan(II)-chlorid und Chlor. Andererseits erkennt man die Unbeständigkeit des zweiwertigen Mangans in a l k a l i s c h e r Lösung auch daran, daß eine Fällung von Mangan(II)-hydroxyd Mn(OH) 2 , die man durch Einwirkung von Natronlauge auf Mangan(II)-salz-Lösungen erhält, an der Luft dunkel wird, weil sie schon durch den Luftsauerstoff oxydiert wird. Allerdings wird dabei die vierwertige Stufe nicht erreicht, man erhält vielmehr Mangan(III)-hydroxyd Mn(OH)s. Das Anhydrid der Übermangansaure, Mn 2 0 7 , das aus festen Permanganaten und konz. H 2 S0 4 entsteht, ist ein gefährlicher Explosivstoff; man hüte sich, die genannten Stoffe zusammenzubringen.

Mangan

129

Mangan(II)-verbindungen. Diese entsprechen so weitgehend den Magnesiumverbindungen, daß die S. 66/67 f ü r diese angegebenen Vorschriften auch f ü r die Mangan(II)-verbindungen gelten. Man führe unter Benutzung einer Mangan(II)-salz-Lösung des Laboratoriums Versuche mit folgenden Reagentien durch: 1. Natronlauge: Weiße Fällung von H y d r o x y d , das sich im Überschuß nicht auflöst. 2. Ammoniak: Ebenfalls H y d r o x y d f ä l l u n g , nicht löslich in viel Ammoniak-Lösung, aber löslich durch Ammoniumchlorid-Zusatz. Man hebe die Probiergläser mit den Versuchen mit Natronlauge u n d Ammoniak f ü r später (Nr. 6) auf. 3. Natriumcarbonat: Weißer Niederschlag, der hier allerdings aus n e u t r a l e m C a r b o n a t besteht. 4. Natriumphosphatplus Ammoniak-Lösung: Fällung von A m m o niummangan (II)-phosphat. 6. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Mangan(II)- und Magnesiumverbindungen besteht jedoch darin, daß aus Mangan(II)-salzen mit Ammoniumsulfid ein je nach den im Einzelfalle gewählten Bedingungen fleischfarbenes oder grünes S u l f i d fällt. I n Essigsäure sowie in Mineralsäuren löst sich dieses auf. Schwefelwasserstoff gibt selbst aus schwach essigsaurer Lösung unter Abstumpfung mit viel Natriumacetat keine Fällung. Übergang in die dreiwertige Stufe. 6. Betrachtet man die mit Natronlauge erhaltene Fällung von Mangan(II)-hydroxyd nach einiger Zeit wieder, so sieht man, daß sie sich von oben her dunkel färbt. Der Luftsauerstoff oxydiert bis zum M a n g a n ( I I I ) - h y d r o x y d Mn(OH) 3 . Ebenso fällt aus einer mit Ammoniumchlorid- und Ammoniak-Lösung versetzten klaren Mangan(II)-salz-Lösung nach einiger Zeit schwarzbraunes Hydroxyd der dreiwertigen Stufe aus, das also im Gegensatz zu dem Hydroxyd der zweiwertigen Stufe auch bei Gegenwart von Ammoniumchlorid nicht löslich ist. Alhalimetallmangtmat. 7. Man schmelze auf einer Magnesiarinne ein wenig Braunstein mit dem Drei- bis Vierfachen eines Gemisches von etwa gleich viel wasserfreiem Natriumcarbonat und Kaliumnitrat (vgl. S. 125). E s entsteht eine tiefdunkelgrüne 1 ) Schmelze, deren Auftreten f ü r das Vorhandensein auch sehr geringer Mengen von Mangan charakteristisch ist. Diese Schmelze wird deshalb in der Analyse zum Nachweis von Mangan benutzt. 2 Mn0 2 + 2Na 2 C0 3 + O t = 2Na 2 Mn0 4 + 2CO ä . I n kaltem Wasser löst sich die Schmelze mit der grünen Farbe der M a n g a n a t i o n e n . Nach kurzem Stehen t r i t t jedoch infolge Disproportionierung die violette Farbe des P e r m a n g a n a t i o n s auf, und Braun*) Unter Umständen enthält die Schmelze f ü n f w e r t i g e s Mangan und ist dann blau bzw. blaugrün. B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 48

49. Aufl.

9

Mangan

130

stein fällt aus. Später verschwindet auch die violette Farbe wieder infolge der reduzierenden Wirkung des in der Schmelze entstandenen Nitrits (vgl. S. 125 und 166). Übermangansäure. 8. Man kann Übermangansaure auch unmittelbar durch Oxydation von Mangan(II)-salz mit Bleidioxyd erhalten. Zu diesem Zweck koche man eine Mischung von etwa 5 ccm verdünnter und 1 ccm konzentrierter Salpetersäure mit einer Spatelspitze Bleidioxyd und zwei Tropfen Mangan(II)-sulfat-Lösung wenige Minuten und lasse dann das Ungelöste sich absetzen. Die überstehende klare Lösung zeigt dann die rotviolette Farbe der Übermangansaure 1 ). Bei dieser Umsetzung würde die Gegenwart von Chloriden stören. Oxydationen

mit Permanganat

in alkalischer

Lösung.

9. M a n v e r s e t z e

5 ccm verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung mit einigen Tropfen verdünnter Natronlauge und setze mit einem Glasstab einen Tropfen verdünnter Ammoniumsulfid-Lösung hinzu. Sofort geht das Rotviolett in das tiefe Grün des K a l i u m m a n g a n a t s über. Auf Zusatz von etwas mehr Ammoniumsulfid wird die Lösung farblos und ein dicker brauner Schlamm von wasserhaltigem M a n g a n d i o x y d setzt sich zu Boden. 10. Man versetze 5 ccm verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung mit einigen Tropfen Natronlauge und setze einige Tropfen Alkohol hinzu. Auch hier tritt zunächst Grünfärbung auf. Erhitzt man die Masse, so geht die Umsetzung weiter: Die Lösung entfärbt sich, und M a n g a n d i o x y d fällt aus. Dabei wird der Alkohol zu A l d e h y d (vgl. S. 127) oxydiert, dessen charakteristischer Geruch wahrzunehmen ist. 11. Die Reduktion des Permanganats kann in alkalischer Lösung auch mit Mangan(II)-salz erfolgen, wobei auch dieses in B r a u n s t e i n übergeht: 3MnCl 2 + 2 K M n 0 4 + 4 K O H = 5MQ0 2 + 6 KCl + 2 H a O .

Man entfärbe eine alkalische Permanganat-Lösung durch Zutropfen von Mangan(II)-salz-Lösung. Dieser Versuch zeigt besonders deutlich, daß die vierwertige Stufe des Mangans in alkalischer Lösung bevorzugt ist. Oxydation in saurer Lösung. 12. Zu einer verdünnten PermanganatLösung gebe man verdünnte Schwefelsäure und Eisen(II)-sulfat-Lös\ing; die violette Farbe verschwindet und es tritt die schwach gelbe Farbe von Eisen(iil)-salz-Lösungen auf (vgl. S. 128). 18. Zu einer verdünnten Permanganat-Lösung gebe man Schweflig«öwre-Lösung; es tritt Entfärbung ein. Die Umsetzung verläuft im wesentlichen nach der Gleichung: 2 [Mn0 4 ] 1 _ + 5 [ S 0 3 ] 2 - + 6H+ = 2Mn 2 + + 5[S0 4 ]»- + 3 H 2 0 . Daneben treten jedoch noch andere Reaktionen (Bildung komplizierterer Schwefelsäuren, vgl. S. 161 f.) auf, so daß diese Umsetzung f ü r quantitative Zwecke nicht brauchbar ist. J ) Eine Abtrennung des überschüssigen Bleidioxyds durch Filtration ist nicht empfehlenswert, weil das Filtrierpapier die Übermangansäure reduzieren kann.

Aufschließen

131

14. Man gebe zu 5 ccm verdünnter Kaliumpermanganat-Lösung einige Tropfen O x a l s ä u r e - L ö s u n g und 1 / 2 —1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Die Lösung entfärbt sich. Dabei wird die Oxalsäure zu W a s s e r und K o h l e n d i o x y d oxydiert.

Am besten macht man sich das so klar, daß das Oxalat-ion [O..C—C0 2 ] 2- zu zweimal C 0 2 entladen wird. Für eine Molekel Oxalsäure braucht man also zwei positive Ladungen. Demnach sind Permanganat, das in saurer Lösung fünf Ladungen abgibt, und Oxalsäure im Molverhältnis 2 : 5 anzusetzen und man erhält: 2 KMn0 4 + 5 H 0 .C- C0 2 H + 3 H 2 S 0 4 = 10C0 2 + 2MnS0 4 + K , S 0 4 + 8 H ä 0 bzw. 2 [Mn0 4 ] 1 - + 6 [ 0 a C • C 0 2 ] 2 - + 16H+ = 10C0 2 + 2Mn 2 + + 8 H ä 0 . Über die Umsetzung des Permanganats mit Wasserstoffperoxyd vgl. S. 161, Nr. 2, über die mit salpetriger Säure S. 166, Nr. 3.

Aufschließen Viele feste Stoffe, z. B. hochgeglühte Oxyde von Aluminium, Eisen und Chrom, Bariumsulfat, Edelstahle usw. sind weder durch die Einwirkung von wäßrigen Lösungen noch durch konzentrierte Säuren oder Laugen in Lösung zu bringen; sie müssen vielmehr „aufgeschlossen" werden. Dieser Prozeß besteht meist im Zusammenschmelzen mit derart ausgewählten anderen Stoffen, daß neue, leichter in Lösung zu bringende Verbindungen entstehen. So gehen Oxyde basischen Charakters, z. B. Eisen(III)-oxyd, beim Schmelzen mit dem s a u r e n Aufschlußmittel K a l i u m p y r o s u l f a t in die wasserlöslichen Sulfate über: Fe 2 0 3 + 3 K 2 S 2 0 7 = Fe 2 (S0 4 ) 3 + 3 K 2 S 0 4 . Da das Pyrosulfat über die Formel K 2 S 0 4 hinaus S 0 3 enthält, das bei höherer Temperatur abgegeben wird (vgl. auch S. 132, Nr. 1), so liegt hier eine Einwirkung von Schwefelsäure-Anhydrid bei Temperaturen weit über dem Siedepunkt der Schwefelsäure vor. Oxyde sauren Charakters schmilzt man entsprechend mit b a s i s c h e n Stoffen wie S o d a (seltener Borax) oder dem stärker wirksamen Ä t z n a t r o n . Dabei geht z. B. Siliciumdioxyd in Natriumsilicat über. Si0 2 + Na. 2 C0 3 = Na 2 Si0 3 + C 0 2 . Entsprechend behandelt man Verbindungen von Elementen, die lösliche Thiosalze bilden (Arsen, Antimon, Zinn; näheres s. S. 133 u. ff.), mit N a t r i u m p o l y s u l f i d , das beim Zusammenschmelzen von Soda und Schwefel entsteht („Freiberger Aufschluß"). Z. B. 2 S n 0 a + 5Na 2 C0 3 + 9 S = 2Na 2 SnS 3 + 3 N a 2 S 0 3 + 5C0. 2 . Amphotere Oxyde, wie Aluminiumoxyd, lassen sich sowohl s a u e r als auch b a s i s c h aufschließen. sauren Charakter Oxyde von Elementen, die in höherer Wertigkeitsstufe zeigen, behandelt man am besten mit b a s i s c h e n Aufschlußmitteln unter gleichzeitiger O x y d a t i o n . So erhält man mit der S o d a - S a l p e t e r s c h m e l z e , wie wir S. 125, Nr. 9 u. S. 129, Nr. 7 sahen, aus Chrom(III)-oxyd Chromat, aus niederen Manganoxyden Manganat. Für hartnäckigere Stoffe steht uns als am stärksten oxydierendes alkalisches Aufschlußmittel das N a t r i u m p e r o x y d zur Verfügung. Der Aufschluß von unlöslichen Sulfaten und dergleichen beruht auf einer anderen Erscheinung. Erhitzt man z. B. Bariumsulfat mit wasserfreiem Natriumcarbonat bis zum Schmelzen, so scheiden sich beim Abkühlen der Schmelze — wie bei wäßrigen Lösungen — diejenigen Salze zuerst aus, die am schwersten in 9*

132

Weitere Elemente der b-Gruppen

der Schmelze löslich sind. In unserem Falle kristallisiert das Barium als Carbonat, das Sulfat als Natriumsalz aus; es ist also die Umsetzung eingetreten: BaS0 4 + Na 2 C0 3 = BaC0 3 + N a 2 S 0 4 . Behandelt man die erkaltete Schmelze mit Wasser, so lösen sich das Natriumsulfat und das überschüssige unverbrauchte Natriumcarbonat, während das Bariumcarbonat zurückbleibt. Nach dem Filtrieren und Auswaschen läßt sich dann das Bariumcarbonat leicht in verdünnter Salz- oder Salpetersäure lösen. Über den wichtigen Aufschluß von Silicaten vgl. S. 167.

1. Eine kleine Spatelspitze sehr fein gepulverten Eisenoxyds schmelze man einige Zeit im Platinlöffel1) mit der fünf- bis sechsfachen Menge Kalium- oder Natriumpyrosulfat bei einer solchen Temperatur, daß nur wenig Schwefeltrioxyd-Nebel entweichen. Nach dem Erkalten erwärme man das Tiegelchen im Probierglas mit etwas Wasser und verdünnter Schwefelsäure. Wenn der Aufschluß gelungen ist, erhält man eine klare Lösung, aus der Ammoniak-Lösung Eisenhydroxyd fällt. Bei zu hoher Temperatur während des Aufschließens entweicht das aus dem Pyrosulfat entstehende Schwefeltrioxyd rasch und der Aufschluß bleibt unvollständig. — Steht kein Pyrosulfat zur Verfügung, so entwässere man in einem Porzellantiegel zuvor die notwendige Menge Kalium- oder Natriumhydrogensulfat: 2 K H S 0 4 = K2S207 + H 2 0 .

2. Man erhitze im Platintiegelchen etwas gefälltes, d. h. reaktionsfähiges Siliciumdioxyd mit der fünffachen Menge wasserfreier Soda. Nachdem die Gasentwicklung aufgehört und sich alles zu einer klaren Schmelze umgesetzt hat, schrecke man das Ganze dadurch ab, daß man die U n t e r s e i t e des Tiegelchens in kaltes Wasser taucht (Schutzbrille!). Der Schmelzkuchen, der sich auf diese Weise gut von der Tiegelwand abtrennt, ist in Wasser löslich. 3. Man fälle nach S. 65, Nr. 3 Bariumsulfat heiß aus, wasche es gut aus und lasse es trocknen. Dann mische man es mit der zwei- bis dreifachen Menge wasserfreier Soda und schmelze das Gemisch einige Minuten lang im Platintiegelchen. Nach dem „Abschrecken" (vgl. oben) zerdrücke man den Schmelzkuchen, übergieße ihn mit heißem Wasser und koche noch 1 Minute lang. Dann filtriere man vom Ungelösten ab und wasche sorgfältig aus, bis einige der zuletzt durchgeflossenen Tropfen mit Bariumchlorid-Lösung keine Trübung mehr ergeben, also frei von Sulfat sind. Der ausgewaschene Niederschlag löst sich dann glatt in Salzsäure auf.

Weitere Elemente der b-Gruppen Von den Elementen der b- Gruppen sind Kupfer und Silber sowie Zink, Cadmium und Quecksilber schon besprochen worden. Gallium und I n d i u m sind seltene Elemente, die in dieser Einführung nicht behandelt zu werden brauchen. Einige Versuche mit Thalliumsalzen werden später durchgeführt werden. Auch 1 ) P l a t i n g e r ä t e dürfen nicht mit reduzierender Flamme oder mit Schwefel, Phosphor oder Schwermetalle abgebenden Stoffen erhitzt werden. Die Reinigung erfolgt durch Ausschmelzen mit Pyrosulfat.

Weitere Elemente der b-Gruppen

133

G e r m a n i u m ist sehr selten. Wichtig sind dagegen Zinn und Blei sowie Arsen, Antimon und Wismut. Diese Elemente stellen Ü b e r g a n g s g l i e d e r v o n d e n M e t a l l e n zu d e n N i c h t m e t a l l e n dar. Namentlich Arsen, aber auch Zinn und Antimon zeigen manche Eigenschaften, die auf nichtmetallischen Charakter hinweisen. In Verbindungen zeigen alle diese Elemente a u ß e r d e r durch die Gruppenzahl bestimmten M a x i m a l w e r t i g k e i t noch die um zwei E i n h e i t e n g e r i n g e r e W e r t i g k e i t . So kommen Zinn und Blei zwei- und vierwertig, Arsen, Antimon und Wismut drei- und fünfwertig vor. Allerdings tritt bei Blei und Wismut die Höcbstwertigkeit nur in sehr wenigen, unbeständigen Verbindungen auf. Beim Blei sind Bleidioxyd und einige Komplexsalze zu nennen, beim Wismut das nur unter Wasserausschluß herstellbare BiF 5 und die Metabismutate, z. B. KBi0 3 . Die überwiegende Mehrzahl der Verbindungen leitet sich vom zweiwertigen Blei und dreiwertigen Wismut ab. Diese Unbeständigkeit der höchsten Stufe findet sich übrigens auch beim Thallium; sie drückt sich ferner in der leichten Zersetzlichkeit der Quecksilber- und Goldverbindungen aus (vgl. die Stellung dieser Elemente im Perioden-System). Die Oxyde bzw. Hydroxyde der h ö c h s t e n Wertigkeitsstufe zeigen im allgemeinen s a u r e n Charakter, insbesondere in der fünften Gruppe. Bei den z w e i bzw. dreiwertigen Hydroxyden liegen bei den Elementen Zinn, Arsen und Antimon ausgesprochen a m p h o t e r e Stoffe vor. Auch Pb(OH) , löst sich in Natronlauge; dies ist bei Bi(OH) 3 zwar — beim Vergleich mit Pb(OH) 2 auffälligerweise! — nur dann der Fall, wenn man höchst konzentrierte Lauge benutzt; doch drückt sich die Schwäche des basischen Charakters hier deutlich durch die starke Neigung der Wismutsalze zur Hydrolyse aus. Alle Sulfide der fünf Elemente sind in verdünnten Säuren unlöslich. Die Sulfide des vierwertigen Zinns (nicht des zweiwertigen!) sowie des drei- und fünfwertigen Arsens und Antimons sind dadurch ausgezeichnet, daß sie m i t A m m o n i u m s u l f i d - L ö s u n g unter Komplexbildung reagieren und in L ö s u n g g e h e n . Es entspricht dies weitgehend der Umsetzung zwischen einem Basenund einem Säureanhydrid: CaO + S0 3 (NH 4 ) 2 S + SnS 2 3(NH 4 ) 2 S + As 2 S 3 3(NH 4 ) 2 S + Sb 2 S 5

= = = =

Ca[S0 4 ] (NH 4 ) 2 [SnS 3 ] 2(NH 4 ) 3 [AsS 3 ] 2(NH 4 ) 3 [SbS 4 ].

Deshalb bezeichnet man diese Sulfide auch als S u l f i d e von s a u r e m Charakter im Gegensatz zu den S u l f i d e n von b a s i s c h e m Charakter, die sich in Ammoniumsulfidlösung nicht auflösen. Die entstehenden Komplexionen stellen die Anionen von Säuren dar, in denen der Sauerstoff durch Schwefel ersetzt ist, sogenannten „Thiosäuren"1)-. H 3 As0 3 arsenige Säure, H 3 AsS 3 thioarsenige Säure. Allerdings sind diese Thiosäuren selbst nicht darstellbar; denn beim Versuch, sie durch Zugabe starker Säuren aus ihren Salzen abzuscheiden, zerfallen die Komplexe, und es bilden sich neben Schwefelwasserstoff wieder die schwer löslichen Sulfide: (NH 4 ) 2 SnS 3 + 2 HCl = 2NH 4 C1 + SnS 2 + H 2 S . Der Grund hierfür liegt, ähnlich wie es S. 97 besprochen wurde, darin, daß die H + -Ionen in ihrem Bestreben, undissoziierten Schwefelwasserstoff zu bilden, dem Komplex die Sulfidionen entziehen. J

) Über die Bezeichnung „Thio" vgl. S. 95, Anm. 1.

134

Zinngruppe.

Zinn

Zinngruppe Als „Zinngruppe" seien das Zinn und das Blei zusammengefaßt. Beide Metalle verbinden sich beim Erhitzen mit dem Sauerstoff der Luft zu Oxyden, die im Gegensatz zum Quecksilber- oder Silberoxyd bei höherer Temperatur nicht wieder in Metall und Sauerstoff zerfallen, wohl aber durch reduzierende Mittel verhältnismäßig leicht zu den Metallen reduzierbar sind. Blei oxydiert sich schon bei Zimmertemperatur oberflächlich und sieht deshalb gewöhnlich mattgrau aus. Zinn schmilzt bei 232°, Blei bei 327°. Zinn Das silberweiße, sehr dehnbare Metall löst sich in Salzsäure zu Z i n n ( I I ) c h l o r i d (früher Stannochlorid). Durch Oxydationsmittel gewinnt man aus den Zinn(II)-salzen Zinn(IV)-verbindungen (früher Stanniverbindungen). Diese sind als Verbindungen einer sehr schwachen Base weitgehend hydrolysiert. Durch sehr geringe Laugenzusätze fällt aus Zinn(IV)-salz-Lösungen ein Niederschlag, den man im wesentlichen als das Hydroxyd ansehen kann. Dieses ist amphoter und löst sich in Säuren wie in Basen wieder auf, leicht aber nur in frisch gefälltem Zustand ( „ a - Z i n n s ä u r e " ) . Beim Stehen, rascher beim Erhitzen, geht es in weniger reaktionsfähige, wasserärmere Produkte über ( „ b - Z i n n s ä u r e " ) , die man auch direkt durch Oxydation von Zinn mit Salpetersäure erhält (Zinnmetall kann also mit starker Salpetersäure nicht in Lösung gebracht werden!). Noch weniger reaktionsfähig ist das wasserfreie Z i n n d i o x y d , das nach dem Glühen bei hoher Temperatur selbst von geschmolzener Soda nur schwer angegriffen wird. Wegen der leichten Hydrolysierbarkeit der Zinn(IV)-salze lassen sich w a s s e r f r e i e H a l o g e n i d e des vierwertigen Zinns nicht aus wäßriger Lösung gewinnen. Zinntetrachlorid SnCl4 kann man durch Überleiten von trockenem Chlor über geschmolzenes Zinn als farblose, dünnflüssige, bei 114° siedende Flüssigkeit darstellen. Durch Zinkmetall werden Zinn(IV)-salze in das Metall übergeführt, Eisenmetall reduziert nur bis zur zweiwertigen Stufe 1 ). Zinn(II)-salze zeigen andererseits ein starkes Bestreben, in den vierwertigen Zustand überzugehen und werden daher vielfach als Reduktionsmittel benutzt. Alle festen Zinnverbindungen werden beim Schmelzen mit wasserfreiem N a t r i u m c a r b o n a t und N a t r i u m c y a n i d zum M e t a l l reduziert, wobei das Cyanid als Reduktionsmittel wirkt und in Cyanat übergeht. Sn0 2 + 2NaCN = Sn + 2NaOCN. Reaktionen

der Zinn(II)-salze.

1. Man löse etwas Zinn in wenig kon-

zentrierter Salzsäure auf, verdünne, filtriere und verwende die so erhaltene Zinn(II)-chlorid-Lösung zu den folgenden Umsetzungen: 2. Kali- oder Natronlauge fällen, wenn man sie in geringer Menge zusetzt, Z i n n ( I I ) - h y d r o x y d , das sich bei Überschuß der Lauge zum S t a n n i t löst. SnCl2 + 2NaOH = Sn(OH) 2 + 2NaCl Sn(OH)2 + NaOH = Na[Sn(OH) 3 ].

3. Ammoniak fällt weißes Z i n n ( I I ) - h y d r o x y d . Ein Überschuß löst den Niederschlag nicht auf (Gegensatz zum Zink und Cadmium!). *) Nach der Spannungsreihe sollten beide nur bis Sn 2+ reduzieren und dann H 2 freimachen; die H 2 -Abscheidung ist aber nach S. 105 an reinem Zinkmetall erschwert, so daß die reduzierende Wirkung des Zinks auf das Sn 2+ -Ion zur Geltung kommt. Beim Eisen dagegen ist die Entwicklung von Wasserstoff weniger stark gehemmt, das Sn 2+ wird deshalb nicht weiter reduziert.

Zinn

135

4. Schwefelwasserstoff fällt kaffeebraunes Z i n n (II) - s u l f i d . Dieses löst sich in farblosem Ammoniumsulfid nicht auf, da sich der Komplex 2+

[ S n S 2 ] 2 - nicht bildet. Entsprechend der f ü r Sauerstoffverbindungen geltenden Regel hat auch die Schwefelverbindung des zweiwertigen Zinns schwächer sauren Charakter als die des vierwertigen. Wohl aber löst sich Zinn(II)-sulfid in gelbem — also polysulfidhaltigem — Ammoniumsulfid beim Stehenlassen, rascher bei Erwärmen auf, da es dann zur Zinn(IV)verbindung oxydiert wird: SnS + (NH4)2S2 = (NH 4 ) 2 [SnS 3 ]. Durch Ansäuern erhält man aus dieser Lösung natürlich nicht das braune Zinn(II)-sulfid, sondern das gelbe Z i n n ( I V ) - s u l f i d . Reaktionen der Zinn(IV)-salze. 5. Man tropfe zu der salzsauren Zinn(II)-chlorid-Lösung Bromwasser, bis die gelbe Farbe eben bestehen bleibt, und entferne den Überschuß an freiem Brom durch Zutropfen von verdünnter SnCl 2 -Lösung. Durch die oxydierende Wirkung des Broms werden die Zinn(II)- in Zinn(IV)-ionen überführt: Sn2+ + Br2 = Sn 4+ + 2Br _ . Die so erhaltene Zinn(IV)-salz-Lösung ist stark h y d r o l y t i s c h g e s p a l t e n ; das gebildete Zinn(IV)-hydroxyd bleibt jedoch kolloid (vgl. S. 136) gelöst. Durch Zugabe von Salz-Lösungen (es eignen sich besonders Sulfate, auch Schwefelsäure selbst) oder durch Aufkochen läßt sich der kolloide Zustand zerstören, Zinn(IV)-hydroxyd fällt aus.

6. Eine kleine Probe der Zinn(IV)-safe-Lösung werde verdünnt und aufgekocht, eine zweite Probe mit wenig konzentrierter Schwefelsäure oder der starken Lösung eines Alkalimetallsulfats versetzt: Bei beiden Proben t r i t t eine T r ü b u n g von Zinn(IV)-hydroxyd infolge von Zerstörung der kolloiden Lösung auf (vgl. S. 137). Die soeben dargestellte Zinn(IV)-salz-Lösung den Umsetzungen benutzt:

werde ferner zu folgen-

7. Natronlauge fällt, in sehr geringer Menge zugesetzt, Z i n n ( I V ) h y d r o x y d , , , a - Z i n n s ä u r e " . Ein Überschuß löst zum S t a n n a t : Sn(OH)4 + 2NaOH = Na 2 [Sn(OH) 8 ].

Man überzeuge sich, daß sich , , b - Z i n n s ä u r e " (vgl. S. 134), die sich durch Behandeln von Zinn mit konzentrierter Salpetersäure oder durch Abrauchen irgendeiner Zinnsalz-Lösung mit konzentrierter Salpetersäure bildet, in Natronlauge oder Salzsäure n i c h t löst. Dagegen läßt sie sich durch Behandeln mit schmelzendem Natriumhydroxyd (vgl. S. 131 u. 134) im Nickeltiegel in Natriumstannat überführen. 8. Schwefelwasserstoff fällt gelbes Z i n n ( I V ) - s u l f i d , das sich in gelbem wie in farblosem Ammoniumsulfid zu A m m o n i u m t h i o s t a n n a t löst. Aus dieser Lösung wird durch Säuren Zinn(IV)-sulfid wieder gefällt.

136

Kolloide Lösungen

Auch sonst neigen die Zinn(IV)-ionen zu K o m p l e x b i l d u n g . So verbindet sieh Zinntetrachlorid mit Ammoniumchlorid zum Ammoniumsalz der komplexen ( H e x a ) c h l o r o z i n n ( I V ) - s ä u r e („Pinksalz"). SnCl, + 2NH4C1 = (NH 4 ) 2 [SnCl,].

9. Man löse eine Probe dieses schön kristallisierten Salzes in Wasser auf: es löst sich klar. Die Hydrolyse ist wegen der Komplexbildung viel schwächer als in einer Lösung von Zinn(IY)-chlorid allein. Durch Schwefelwasserstoff wird aus der Lösung Zinn(IV)-sulfid gefällt; der Komplex ist also nicht sehr stark. Oxydations-Reduhtions-Reaktionen. 10. Man schmelze in einem einseitig geschlossenen Glasröhrchen etwas festes Zinn(II)-chlorid mit etwa gleichen Teilen von wasserfreiem Natriumcarbonat und Natriumcyanid. Im geschlossenen Ende des Röhrchens sieht man ein Tröpfchen geschmolzenen Zinns, das man nach dem Abkühlen durch Zerschlagen des Rohres leicht von der erstarrten Salzschmelze trennen kann. 11. Man versetze sowohl Zinn(II)- als auch Zinn(IV)-chlorid-Lösung mit einigen Stückchen Zink. In beiden Fällen scheidet sich Z i n n m e t a l l langsam feinkristallinisch als schwammige glitzernde Masse ab. 12. Man behandle eine salzsaure Zinn(IV)-safe-Lösung mit Eisenpulver. Es erfolgt keine Abscheidung von Zinnmetall, sondern unter Wasserstoffentwicklung nur Reduktion zu Zinn(II)-ionen, deren Anwesenheit man an ihrer R e d u k t i o n s w i r k u n g , z. B. gegenüber Quecksilber(II)-Verbindungen (vgl. S. 111, Nr. 18), erkennt: Man filtriere die soeben erhaltene Lösung und gebe zu dem Filtrat etwas Quecksilber (II )chlorid-hösung; es fällt weißes Q u e c k s i l b e r ( I ) - c h l o r i d bzw. graues Q u e c k s i l b e r m e t a l l aus. Ein Beispiel für die R e d u k t i o n s w i r k u n g von Z i n n ( I I ) - v e r b i n dungen in a l k a l i s c h e r Lösung werden wir auf S. 153 kennenlernen.

Kolloide Lösungen Schon mehrfach haben wir Beispiele dafür kennengelernt, daß Stoffe, die nach ihrer äußerst geringen Löslichkeit ausfallen sollten, unter gewissen Bedingungen in Lösung bleiben, so z. B . S. 106, Nr. 5 am Zinkhydroxyd, S. 115, Nr. 8 am Eisensulfid, S. 121, Nr. 3 am Nickelsulfid und insbesondere S. 135, Nr. 5 und 6 an a-Zinnsäure. Die nähere Untersuchung zeigt, daß die so erhaltenen Lösungen gegenüber den gewöhnlichen Lösungen wesentliche Unterschiede aufweisen: Molekulargewichtsbestimmungen haben ergeben, daß die gelösten Teilchen in ihnen nicht aus Einzelionen oder -molekeln bestehen, sondern 1000bis 1000000 mal so groß sein müssen. Dementsprechend gehen sie zwar meist noch durch die großen Poren eines Papierfilters hindurch, sie diffundieren aber nicht mehr durch die engen Poren einer Pergamentmembran. Läßt man einen Lichtstrahl s e i t l i c h durch die Lösung hindurchtreten, so zeichnet er sich leuchtend ab ( T y n d a l l - E f f e k t ) , ähnlich wie Staubteilchen in einem Sonnenstrahl aufleuchten; kolloide Lösungen erscheinen deshalb, obwohl sie im d u r c h f a l l e n den Licht klar aussehen, bei s c h r ä g e r Beleuchtung trüb, opaleszierend. So kann man auch in solchen Lösungen mit Hilfe des sogenannten „Ultramikroskops" die einzelnen Teilchen, die im durchfallenden Licht wegen ihrer Kleinheit un-

Kolloide Lösungen

137

sichtbar bleiben, bei seitlicher Beleuchtung an den durch sie hervorgerufenen Beugungserscheinungen wahrnehmen (Einzelmolekeln hingegen sind so klein, daß sie selbst auf diese Weise mit sichtbarem Licht nicht erkennbar werden). Man bezeichnet solche Lösungen nach dem Vorschlag ihres Entdeckers, des Engländers G r a h a m , als kolloide („leimartige") Lösungen. Zeigen die eben genannten Versuche, daß die gelösten Teilchen in kolloiden Lösungen sehr viel größer sind als in den echten Lösungen, so läßt sich andererseits leicht nachweisen, daß sie viel kleiner sind als die in „Suspensionen" (z. B. Lehmwasser) enthaltenen Teilchen. So setzen sie sich z. B. beim Stehen oder Zentrifugieren nicht ab, sie sind mit einem gewöhnlichen Mikroskop nicht zu sehen, sie gehen durch ein PapierfOter hindurch u. a. m. Da es sich bei den kolloiden Lösungen meist um äußerst schwer lösliche Stoffe handelt, die sich eigentlich zu größeren Teilchen vereinigen und ausfallen müßten, so muß es eine Ursache geben, die ihre Vereinigung verhindert. Es ist dies ihre elektrische Ladung. D i e T e i l c h e n e i n e r k o l l o i d e n L ö s u n g s i n d a l l e i m g l e i c h e n S i n n e g e g e n d a s L ö s u n g s m i t t e l a u f g e l a d e n 1 ) . Treffen daher zwei Teilchen infolge der Wärmebewegung aufeinander, so stoßen sie einander elektrostatisch ab und entfernen sich wieder voneinander. Freilich ist diese Aufladung nicht so stark wie bei Ionen, bei denen ja jedes einzelne Atom oder zum mindesten jede Gruppe aus wenigen Atomen eine oder mehrere Ladungen trägt. Bei den Kolloiden kommt im Gegensatz dazu erst auf sehr viele Atome eine Ladung. Diese Ladung der Kolloidteilchen kann verschiedene U r s a c h e n haben. So können z. B. bei einer kolloiden Säure, wie z. B. Zinnsäure, von den an der Oberfläche liegenden Atomgruppen H+-Ionen in die Lösung geschickt werden. Das Kolloid ist in diesem Falle negativ geladen. Gibt das Kolloid OH~Ionen ab, so bleibt es positiv geladen zurück. Kolloidteilchen von Aluminium-, Eisen(III)- und Chrom(III)-hydroxyd sind daher positiv geladen. Die Metallionen an der Oberfläche vieler kolloider Sulfide binden S 2 - -Ionen aus der Lösung; diese Sulfide sind dann negativ geladen. Versetzt man andererseits eine sehr verdünnte Natriumjodid-Lösung mit einem kleinen Überschuß an Silbernitrat-Lösung, so sind die entstehenden Silberjodid-Teilchen positiv geladen, weil an der Oberfläche der Kolloidteilchen Ag + -Ionen adsorbiert werden. — I n den kolloid gelösten Teilchen können die Atome bzw. Molekeln entweder — wie in einem makroskopischen, mit dem Auge unmittelbar sichtbaren Kristall — regelmäßig angeordnet sein (das ist z. B. in den Teilchen einer kolloiden Goldlösung der Fall), sie können aber auch zu einem ungeordneten Haufwerk zusammengeballt, amorph (vgl. S. 63) sein (z. B. bei den meisten kolloiden Lösungen von Hydroxyden). Eine Zerstörung der kolloiden Lösung, ein „ A u s f l o c k e n ' 1 des Kolloids, kann man auf verschiedenen Wegen erreichen. Oft hilft Erwärmen der Lösung bis zum K o c h e n . Hierdurch wird die Bewegung der Teilchen vergrößert. Sie treffen infolgedessen mit solcher Wucht aufeinander, daß die elektrostatische Abstoßung nicht mehr ausreicht, um eine Vereinigung zu verhindern. Oder aber man neutralisiert die Ladungen in geeigneter Weise. So fällen sich z. B. kolloide Lösungen mit entgegegengesetzt geladenen Teilchen innerhalb gewisser Konzentrationsgrenzen g e g e n s e i t i g aus, wobei eine Zusammenlagerung beider Kolloide zu einer sogenannten „Adsorptionsverbindung" stattfindet. So fällt z. B. eine kolloide Eisen(III)-hydroxyd-Lösung eine kolloide Antimonsulfid-Lösung. Meist benutzt man zum Ausflocken kolloider Lösungen E l e k t r o l y t e , von denen die der Ladung der Kolloidteilchen entgegengesetzt geladenen Ionen wirksam sind. Die Wirkung des Elektrolyten steigt mit der Ladung des fällenden Ions; so wirken z. B. auf negativ geladene Kolloide Ca 2+ - und insbesondere Al 3 + -Ionen viel stärker fällend als etwa K + -Ionen. Besonders wirksam ist auch das H + -Ion wegen seiner geringen Größe. J ) Nur in der organischen Chemie kennt man Teilchen, die auch o h n e elektrische Ladung aus anderen Gründen kolloide Lösungen zu bilden vermögen.

138

Kolloide Lösungen

1. Man verdünne Kupfersulfat-Lösxmg sehr stark und verteile sie auf zwei Probiergläser. Zu der einen Probe gebe man reichlich konzentrierte Salzsäure und fälle dann beide Lösungen mit Schwefelwasserstoffwasser. I n der säurefreien Lösung entsteht nur eine braune Färbung; das gebildete Sulfid flockt äußerst langsam aus. I n der zweiten, salzsäurehaltigen Probe ballt sich der Niederschlag rasch zu schwarzen Flocken zusammen. Erwärmen beschleunigt dies noch. Sollte auch in der säurefreien Lösung sofort eine Fällung auftreten, so sind die Versuche mit stärker verdünnten Lösungen zu wiederholen. 2. Etwas Eisen(III)-chlorid-Lösung des Laboratoriums werde mit Wasser so stark verdünnt, daß sie fast farblos erscheint. Eine Probe davon reagiert intensiv mit Kaliumrhodanid, ein Zeichen dafür, das E i s e n ( I I I ) i o n e n vorhanden sind. Eine zweite Probe werde nun aufgekocht, wobei sie sich dunkler, braunstichig färbt; jetzt gibt diese Probe auf Zusatz von Kaliumrhodanid keine Rotfärbung mehr; nach einiger Zeit scheiden sich einige Flöckchen von Eisen(III)-hydroxyd aus. Nach dem Aufkochen waren also k e i n e E i s e n ( I I I ) - i o n e n mehr in der Lösung, sondern alles Eisen(III)-chlorid war unter Hydrolyse in Chlorwasserstoff und Eisen(III)-hydroxyd übergegangen, welches letztere kolloid gelöst blieb und erst durch Zusatz eines Elektrolyten (Kaliumrhodanid) ausgeflockt wurde. Auch in gewöhnlichen Eisen(III)-chlorid- und Aluminiumchlorid-Lösungen ist diese Hydrolyse teilweise schon vor sich gegangen (vgl. S. 77 u. 79/80). Kolloide Lösungen nennt man auch Sole; ist Wasser das Lösungsmittel, so spricht man von H y d r o s o l e n . Beim Eindampfen hinterlassen die Sole einen festen Rückstand. In einigen Fällen löst sich dieser ohne weiteres in dem ursprünglichen Lösungsmittel wieder kolloid auf, z. B. Leim, Molybdänblau in Wasser ( r e v e r s i b l e K o l l o i d e ) ; in anderen Fällen nicht, z. B. Gold, Kieselsäure ( i r r e v e r s i b l e Kolloide). Die aus Solen durch Eindampfen oder Ausflocken erhaltenen Rückstände können lösungsmittelfrei sein (z. B. Gold aus wäßriger kolloider Goldlösung), oft enthalten sie aber eine große Menge des Lösungsmittels mehr oder weniger fest, aber nicht in stöchiometrischem Verhältnis gebunden und bilden schleimige Flocken, die man sich wie einen Schwamm als von feinsten unregelmäßigen Kanälen durchzogen vorstellen muß. Solche Gebilde bezeichnet man als Gele; sind sie aus Wasser gewonnen, als H y d r o g e l e (Beispiel: Aluminiumhydroxyd). Wegen ihrer eigenartigen Struktur ist die Oberfläche der Gelteilchen sehr groß. Sie besitzen deshalb gewisse charakteristische Eigenschaften, besonders ein großes „ A d s o r p t i o n s v e r m ö g e n " : Fremdstoffe werden an ihrer Oberfläche festgehalten. Gele entstehen nicht nur bei der Zerstörung von Solen; gewisse schwer lösliche Stoffe können, wenn man sie durch Zusammengeben entsprechender Lösungen ausfällt, auch ohne erkennbares Durchlaufen des Solzustandes unmittelbar als Gele entstehen, insbesondere viele Hydroxyde, z. B. von Aluminium, Eisen, Silicium. Frisch ausgefällte Gele sind r e a k t i o n s f ä h i g , lösen sich z. B. rasch in geeigneten Lösungsmitteln. Im Laufe der Zeit, besonders in der Wärme, werden sie reaktionsträger, sie a l t e r n ; dabei spalten sie — selbst bei Aufbewahrung unter überschüssigem Lösungsmittel — in mehr oder weniger großem Umfang die gebundenen Lösungsmittelanteile ab. Beim F i l t r i e r e n und A u s w a s c h e n von Fällungen, die die Neigung haben, kolloide Lösungen zu büden, muß man besondere Vorsichtsmaßregeln anwenden, um zu verhindern, daß der abfiltrierte Niederschlag „durchs Filter läuft". Man

Blei

1'39

wäscht deshalb in solchen Fällen nicht mit reinem Wasser, sondern mit Lösungen geeigneter Elektrolyte aus, die das Entstehen der kolloiden Lösungen verhindern und die ferner beim Glühen des Niederschlages durch Verdampfen entfernt werden können. So wäscht man z. B. a-Zinnsäure mit verdünnter Salpetersäure, Aluminiumhydroxyd mit heißer Ammoniumnitratlösung usw. Namentlich f ü r die quantitative Analyse ist dies von Bedeutung. Blei Das grauglänzende, weiche, dehnbare Metall löst sich in Salpetersäure zu Bleinitrat, das sich ebenso wie die überwiegende Mehrzahl der Bleiverbindungen vom zweiwertigen Blei ableitet. Schwerlöslich sind das Oxyd PbO, das Hydroxyd Pb(OH),, das Sulfat P b S 0 4 , das Chromat PbCr0 4 , das Jodid Pb J 2 ; ziemlich schwer löslich ist das Chlorid PbCl,. Bleimonoxyd, „Bleiglätte" PbO ist von gelbbräunlicher Farbe, Bleijodid ist gelb; die übrigen Blei(II)-Verbindungen mit farblosem Anion sind farblos. Von den Verbindungen der vierwertigen Stufe ist hier nur das Bleidioxyd P b 0 2 zu nennen. Ferner kennt man noch ein rotes Oxyd, die Mennige, die zwei"2+ 4+ und vierwertiges Blei enthält und gemäß der Formel Pb 2 [Pb0 4 ] formal so aufgefaßt werden kann, als ob das mehr basische Pb(OH) 2 mit dem mehr sauren 4+

H 4 P b 0 4 ein Salz gebildet hätte (vgl. auch S. 92). Durch die starke Salpetersäure wird die schwache Bleisäure ausgetrieben; es bildet sich neben dem löslichen Bleinitrat Pb(NO a ) , das unlösliche Anhydrid PbO,, der Bleisäure. Die Säure selbst ist nicht herstellbar; sie zerfällt ähnlich der Kohlensäure in Bleidioxyd und Wasser. B l e i s a l z e s i n d g i f t i g ! Bleirohrleitungen, die wegen ihrer leichten Verformbarkeit zu Abfallwasserleitungen benutzt werden, bilden oberflächlich eine Haut von Sulfat oder Carbonat, die verhindert, daß Blei in Lösung geht. Auf diese Weise ist Blei sogar gegen mäßig konzentrierte Schwefelsäure ziemlich beständig. Die folgenden Umsetzungen der Blei(II)-salze (früher Plumbosalze) führe m a n mit Bleinitrat-Lösung aus: 1. Natronlauge fällt weißes B l e i h y d r o x y d aus, das sich im Uberschuß der Lauge, namentlich beim Erwärmen, leicht als N a t r i u m ( h y d r o x o ) p l u m b i t löst. Pb(N0 3 ) 2 + 2NaOH = Pb(OH) 2 + 2 N a N 0 3 Pb(OH) a + 2NaOH = Na 2 [Pb(0H) 4 ]. 2. Ammoniak auf.

fällt B l e i h y d r o x y d ; ein Überschuß löst es nicht wieder

3. Natriumcarbonat fällt b a s i s c h e s B l e i c a r b o n a t v o n wechselnder Zusammensetzung ( „ B l e i w e i ß " ) . 4. Salzsäure fällt weißes B l e i c h l o r i d . Beim Auf kochen der gegebenenfalls stark zu verdünnenden Mischung löst sich dieses und kristallisiert beim Erkalten in langen glänzenden Nädelchen wieder aus. 5. Natriumjodidfällt gelbes B l e i j o d i d , das sich in Wasser noch weniger löst als Bleichlorid. B e i m Aufkochen der s t a r k v e r d ü n n t e n Mischung löst es sich und kristallisiert beim Abkühlen in gelben, prächtig glitzernden Blättchen wieder aus.

140

Blei

6. Schwefelsäure fällt das in Wasser sehr wenig lösliche, in Alkohol fast unlösliche B l e i s u l f a t . Dieses ist in verdünnter, namentlich warmer Salpetersäure etwas löslich. Mit Natronlauge löst es sich glatt unter Bildung von Plumbit. Auf Zusatz von Weinsäure und AmmoniakLösung geht es in der Hitze langsam in das Ammoniumsalz einer innerkomplexen Bleiweinsäure über, deren Formel nicht sicher ist. Der Schwerlöslichkeit des Bleisulfats entspricht es, daß auch B l e i c h r o m a t schwer löslieh ist, wie es S. 126, Nr. 11 bereits besprochen wurde.

7. Schwefelwasserstoff oder Ammoniumsulfid fällen schwarzes B l e i s u l f i d . Aus chloridhaltigen Lösungen fällt zunächst — ähnlieh wie bei Quecksilber (II)-salzen — ein orangebraunes sulfobasisches Salz. Bleisulfid löst sich n i c h t in Ammoniumsulfid-Lösung. Bleidioxyd. 8. Etwas Bleiacetat-USswig des Laboratoriums werde mit einer ohne Erwärmen frisch bereiteten starken Natriumperoxyd-Lösung versetzt; es fällt dunkelbraunes B l e i d i o x y d P b 0 2 aus. Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + Na 2 0 2 = Pb0 2 + 2Na(CH 3 C0 2 ).

9. Eine zweite Probe Bleiacetat-Lösung werde mit Bromwasser versetzt; es fällt ebenfalls B l e i d i o x y d aus. Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + Br2 + 2H a O = P b 0 2 + 2CH 3 C0 2 H + 2 H B r .

10. Etwas Mennige werde mit Salpetersäure Übergossen. Die Masse färbt sich dunkel (Pb0 2 ); im Filtrat läßt sich das gebildete Bleinitrat durch eine der oben beschriebenen Bleireaktionen nachweisen. Reduktion zum Metall. 11. Um aus Bleiverbindungen m e t a l l i s c h e s B l e i zu gewinnen, schmelze man sie mit wasserfreiem Natriumcarbonat und Kohle zusammen. Um diese Umsetzung mit kleinen Mengen sicher ausführen zu können, breche man von einem Streichhölzchen die Kuppe ab, tränke das Holz durch Abstreichen eines Kristalls von wasserhaltiger Soda, der durch kurzes Einhalten in eine Flamme oberflächlich zum Schmelzen gebracht ist, zu zwei Dritteln mit Soda und glühe den bestrichenen Teil des Hölzchens, bis das Holz verkohlt ist und der nach dem Verjagen des Kristallwassers wieder fest gewordene Natriumcarbonatüberzug eben zu schmelzen beginnt. Dann bringe man an die Spitze ein wenig des auf Blei zu prüfenden Stoffs und glühe die Stelle, an der sich die Probe befindet, im Reduktionsraum der Bunsenbrennerflamme (vgl. S. 8), bis das Natriumcarbonat geschmolzen ist und die Spitze des Kohlestäbchens völlig überzogen hat. Dabei sieht man das entstandene Metallkügelchen in der Schmelze schwimmen. Nach dem Erkalten kann man es mit einiger Vorsicht leicht herauspräparieren und mit dem Messer auf seine Weichheit — es muß sich leicht zu einer Platte drücken lassen — prüfen. Auf Papier gibt es einen „Bleistrich". Ähnliche Metallkügelchen erhält man aus Zinn-, Silber-, Antimon- und Wisnmtverbindungen.

12. Mit einiger Vorsicht gelingt es unschwer, das Bleikügelchen auf einem Objektträger in einem Tropfen Salpetersäure und einem Tropfen

Sulfide

141

Wasser zu lösen, die überschüssige Säure wegzudampfen, den Bückstand in zwei Tropfen Wasser zu lösen und in Teilen der Lösung des Blei durch einige M i k r o r e a k t i o n e n (z. B. als PbCr0 4 , PbJ 2 ) auch chemisch sicher nachzuweisen. Man führe dies durch. IB. Aus seinen L ö s u n g e n wird Blei durch unedlere Metalle in feinen Blättchen als „ B l e i b ä u m " ausgefällt. Man stelle den Versuch mit einem halben Probierglas voll Bleinitrat-Lösung an, in der man einen Streifen Zinkblech über Nacht stehen läßt.

Sulfide Die Sulfide zeigen in ihrem Verhalten gegenüber Wasser, Alkalien und Säuren große Unterschiede. Alkalimetallsulfide sind in Wasser leicht und unzersetzt löslich. Die Erdalkalimetallsulfide dagegen sind aus wäßriger Lösung nicht lerhältlich; auf trockenem Wege dargestellte Präparate zersetzen sich unter Hydrolyse mit Waaser zwar langsam, aber schließlich vollständig. Mangan(II)-sufidist zwar wasserbeständig, fällt aber nur aus alkalischen Lösungen. Eisen-, Kobalt- und Nickelsulfid fallen zwar bei Zugabe von Schwefelwasserstoff auch aus neutralen Lösungen, aber unvollständig. Zinksulfid läßt sich schon aus esaigsaurer Lösung quantitativ ausscheiden. Cadmiumsulfid fällt auch aus schwach mineralsaurer Lösung, löst sich aber in stärker sauren Lösungen auf. Kupfer-, Blei- und Quecksilbersulfid schließlich lassen sich sogar aus stark salzsauren Lösungen abscheiden. Als besonders unempfindlich gegen hohe Säurekonzentration erweist sich dabei das Quecksilbersulfid. Der Unterschied zwischen dem Verhalten der einzelnen Sulfide liegt darin begründet, daß sich die Löslichkeitsproduhte — obwohl sie bei allen Schwermetallsulfiden klein sind — s t a r k von e i n a n d e r u n t e r s c h e i d e n . Sie steigen in der Reihenfolge: HgS, CuS, CdS, ZnS, FeS, MnS, CaS. Beim Hg2+-Ion genügt also schon eine äußerst geringe S 2 ~-Ionenkonzentration, um das Löslichkeiteprodukt des Sulfids zu überschreiten. Bei Mn 2+ -Ionen dagegen ist schon eine merkliche S 2 ~-Ionenkonzentration zur Ausscheidung des Sulfids erforderlich. Beim Calcium schließlich reicht auch die höchste erreichbare S 2- -Ionenkonzentration nicht zur Fällung aus. Nun besagt das M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z über die Abhängigkeit der S s _ Ionenkonzentration von p H -Wert der Lösungen folgendes: Schwefelwasserstof dissozüert nach den Gleichungen: H2S H+ + HS" und HS" H + + S 2 -. Dies liefert die Beziehungen: rH+] • [HS~] [H + ] • [ S H [H 2 S] ~ K l Und [HS"] ~ K* • Multipliziert man diese Gleichungen, so folgt: [H+]2 • [S 2 -] [H,S] Zu jeder H+-Ionenkonzentration gehört also eine ganz bestimmte S 2_ -Ionenkonzentration. Ist [H + ] sehr groß ( s t a r k s a u r e Lösung), so ist [S 2 _ ] sehr klein, und es werden nur die Sulfide mit dem allergeringsten Löslichkeitsprodukt ausfallen (HgS, CuS, PbS). Ist [H + ] dagegen sehr klein ( a l k a l i s c h e Lösung), so ist [S 2 _ ] groß und es fällt auch das verhältnismäßig leicht lösliche Mangan(II)sulfid aus. Unterhalb bestimmter [H + ]-Werte mittlerer Größe fallen entsprechend Sulfide mit mittleren Löslichkeitsprodukten (CdS, ZnS) aus.

142

Arseneruppe. Arsen

Diese Abstufung der Löslichkeitsprodukte ist von großer Bedeutung, weil man es durch eine genügend hohe H + -Ionenkonzentration (also Fällung in saurer Lösung) erreichen kann, daß nur ein Teil der schwer löslichen Sulfide ausfällt. Bei Erniedrigung der H + -Ionenkonzentration durch Zugabe von Ammoniak — oder, was die gleiche Wirkung hat, bei Zugabe von Ammoniumsulfid — fallen dann auch die übrigen Sulfide aus. Auf diese Weise kann man bei der Analyse die Elemente in drei Gruppen scheiden: Solche, die auch in s a u r e r Lösung Sulfide bilden, solche, die als Sulfid nur aus a l k a l i s c h e r Lösung ausfallen, und schließlich solche, die mit S 2 ~-Ionen überhaupt k e i n e Niederschläge bilden. Die wasserunlöslichen Sulfide lassen sich nun noch weiterhin in die mit basischem und die mit saurem Charakter (vgl. S. 133) trennen, indem man letztere in die löslichen Alkalimetallsalze ihrer Thiosäuren überführt. Dies kann man nach S. 133 mit A m m o n i u m s u l f i d l ö s u n g oder nach S. 131 durch Aufschluß mittels der N a t r i u m c a r b o n a t - S c h w e f e l - S c h m e l z e erreichen. Diese verschiedenen Trennungsmöglichkeiten machen verständlich, warum der Schwefelwasserstoff trotz seiner unangenehmen physiologischen Eigenschaften ein im analytischen Laboratorium so viel benutztes Reagens ist.

Arsengruppe Als „Arsengruppe'' seien die Elemente Arsen, Antimon und Wismut zusammengefaßt. Außerdem gehören in diese Gruppe des Perioden-Systems noch die in ihren wichtigsten Verbindungen schon besprochenen Elemente S t i c k s t o f f und P h o s p h o r . In dieser Fünfergruppe von Elementen zeigen sich zahlreiche Gesetzmäßigkeiten, wenn man die Elemente nach den Atomgewichten ordnet: J e größer das Atomgewicht ist, desto höher liegen die Siedepunkte. (Die Schmelzpunkte dagegen zeigen ein verwickeltes Verhalten!) Ausgesprochen metallische Eigenschaften hat das Wismut; die übrigen sind um so deutlicher Nichtmetalle, je kleiner das Atomgewicht ist. Das Wismuthydroxyd ist eine Base, die übrigen Hydroxyde haben mit fallendem Atomgewicht steigend immer stärker saure Eigenschaften. Der Siedepunkt der Trichloride, die flüssig oder leicht schmelzbar sind, steigt mit zunehmendem Molekulargewicht. Alle Elemente dieser Gruppe bilden Verbindungen mit Wasserstoff von der Formel XH 3 , die mit steigendem Atomgewicht des Elements unbeständiger werden.

Arsen Arsen bildet spröde, metallisch glänzende Kristalle oder dunkelgraue Stücke, die an der Luft matt werden, da sie sich oberflächlich zu As.0 3 (Arsen(III)oxvd oder Diarsentrioxyd, abgekürzt Arsentrioxyd) oxydieren. Bei Atmosphärendruck läßt sich Arsen nicht schmelzen, da es vorher sublimiert. Sein Dampf riecht knoblauchartig. Von den Verbindungen der dreiwertigen Stufe ist A r s e n ( I I I ) - o x y d As^O., („Arsenik") nur wenig in Wasser löslich; die Lösung reagiert schwach sauer, weil sich a r s e n i g e S ä u r e H 3 As0 3 bildet. Starken Säuren gegenüber kann diese auch als Base reagieren. So ist z. B. die Löslichkeit von Arsenik nicht nur in Natronlauge, sondern auch in starker Salzsäure wesentlich größer als in Wasser. Das im zweiten Falle gebildete Trichlorid AsCl3 erfährt als Salz einer sehr schwachen Base durch Wasser eine weitgehende hydrolytische Spaltung; andererseits ist es ausnahmsweise wenig elektrolytisch dissoziiert. Salzsäure drängt die Hydrolyse und die Dissoziation zurück; deshalb geht beim Kochen einer stark mit Salzsäure versetzten Arsenigsäure-Lösung Arsen als leichtflüchtiges Arsentrichlorid mit den Dämpfen der Salzsäure fort.

Arsen

143

Dagegen läßt sich eine Lösung der A r s e n s ä u r e , in der das Arsen fünfiuertig ist, auch nach dem Versetzen mit Salzsäure fast ohne Verlust an Arsen eindampfen, weil beim Arsen (im Gegensatz zum Phosphor und Antimon!) ein Pentachlorid AsC16 nicht existiert. Eine Lösung von Arsensäure erhält man leicht durch Oxydation von Arsen(III)-oxyd bei Gegenwart von Wasser. Die durch Fällung daraus entstehenden Salze leiten sich meist von der Orthosäure H 3 As0 4 ab, manchmal jedoch auch von der Pyro- bzw. der Metasäure (H 4 As 2 0 7 bzw. HAsO,). Man muß daher annehmen, daß in der Lösung verschiedene Hydratationsstufen nebeneinander vorhanden sind, die sich — anders als bei der Phosphorsäure! — sehr leicht ineinander umwandeln. Durch Fällung mit irgendeiner Salzlösung entsteht jeweils die Verbindung, die am schwersten löslich ist. — Durch Einengen einer Arsensäure-Lösung erhält man Kristalle der Zusammensetzung H 3 As0 4 • ' / , H , 0 . Durch Erhitzen entstehen daraus zunächst wasserärmere Verbindungen, deren Zusammensetzung jedoch nicht der Pyro- oder Metaphosphorsäure entspricht. Als Endprodukt der Entwässerung bildet sich schließlich As,0 5 (Arsen(V)-oxyd oder Diarsenpentoxyd, abgekürzt Arsenpentoxyd). (Gegensatz zu Phosphorsäure, die sich nur bis zur Metasäure entwässern läßt!) — Die A r s e n a t e sind den Phosphaten außerordentlich ähnlich. So ist an dem Paar KH 2 P0 4 und KH 2 As0 4 von M i t s c h e r l i c h die ^Isomorphie'- entdeckt worden, d. h. die Tatsache, daß zwei Stoffe verschiedener Zusammensetzung nahezu die gleiche Kristallgestalt besitzen und Misch- und Überwachsungskristalle bilden können. Dementsprechend sind auch die chemischen Umsetzungen von Arsen- und Phosphorsäure sehr ähnlich, so daß man sich vor Irrtümern hüten muß. Eine Abtrennung des Arsens läßt sich jedoch leicht über die s c h w e r l ö s l i c h e n S u l f i d e As S 3 bzw. As,S6 durchführen. Auch läßt sich Arsensäure im Gegensatz zur Phosphorsäure schon durch schwache Reduktionsmittel bis zur dreiwertigen Stufe, durch starke bis zum elementaren Arsen oder sogar zum ArsenWasserstoff reduzieren. Arsenverbindungen sind sehr giftig! Namentlich beim Experimentieren mit Arsenwasserstoff und anderen flüchtigen Arsenverbindungen ist g r ö ß t e V o r s i c h t erforderlich! Arsen und Arsenik. 1. Man erhitze ein Stückchen Arsen von der Größe einer Erbse in einem trockenen Probierglas (Abzug!). Zuerst sublimiert etwas Arsen(III)-oxyd und bildet einen weißen Beschlag. Erhitzt man so stark, daß das Glas erweicht, so beginnt das Arsen zu sublimieren und sich in den kälteren Teilen des Rohres als schwarzer, spiegelnder Beschlag ( „ A r s e n s p i e g e l " ) niederzuschlagen. Wenn alles Arsen verdampft ist, unterbreche man den Versuch und zerschlage nach dem Abkühlen das Glas. Das aus metallisch glänzenden Kristallen bestehende Sublimat läßt sich von den Glasscherben leicht ablösen. 2. Ein stecknadelkopfgroßes Stück Arsen werde unter dem Abzug mit der Lötrohrflamme auf Kohleunterlage erhitzt. E s verdampft und wird zum Teil zu A r s e n ( I I I ) - o x y d oxydiert, das als weißer Rauch entweicht oder sich auf den kälteren Stellen der Kohle als Beschlag niedersetzt. Dabei zeigt sich der eigentümliche Geruch des Arsendampfs deutlich. 3. A r s e n ( I I I ) - o x y d ist ein weißes kristallines Pulver oder — als zweite Modifikation — eine glasartige, amorphe Masse, die beim Aufbewahren langsam in die kristalline Modifikation übergeht. Beim Sublimieren setzt sich Arsen(III)-oxyd in kleinen stark lichtbrechenden Oktaedern ab. Man sublimiere im einseitig geschlossenen Röhrchen einige

Arsen

144 Körnchen Arsenflll Mikroskop.

)-oxyd

und betrachte das Sublimat unter dem

4. Unter dem Einfluß von R e d u k t i o n s m i t t e l n (Natriumcyanid, vgl. S. 134 und 136, Nr. 10, Kohle, Zinn(II)-chlorid) geht Arsenik leicht in A r s e n über. Man erhitze ein kleines Körnchen von Arsen(III)-oxyd oder einer beliebigen Arsenverbindung im einseitig geschlossenen Glasröhrchen mit ein wenig eines Gemisches von gleich viel trockenem Natriumcarbonat und Natriumcyanid. An den kälteren Teilen des Röhrchens bildet sich ein A r s e n s p i e g e l . 5. Man ziehe ein Stück Glasrohr zu einem etwa 2 mm weiten, etwa 2—3 cm langen Röhrchen aus, wie es Fig. 23 zeigt. I n die verschlossene Spitze bringe man ein Körnchen Arsen(III)-oxyd und lege ein schon vorher passend zurechtgeschnittenes Splitterchen Holzkohle darüber. N u n n halte man das Röhrchen waagerecht Figur 23. Reduktion von Arsenik i n d i e Flamme, so daß zunächst der Kohlesplitter ins Glühen kommt, und richte es dann, ohne die eben erhitzte Stelle aus der Flamme zu bringen, etwas auf, so daß das Arsen(III)-oxyd zu verdampfen beginnt. Sein Dampf streicht dann über die glühende Kohle, wird durch sie reduziert, und das gebildete Arsen schlägt sich als schwarzer Spiegel an der Übergangsstelle des engen Rohrteils zum Weiten nieder. 6. I n wäßriger Lösung eignet sich zur Reduktion Zinn fII)-chlorid. Zu einigen Körnchen Arsenflll)-oxyd bringe man etwa ein Gramm festes Zinn(II)-chlorid und 1—2 ccm konzentrierte Salzsäure. Beim Stehenlassen, schneller beim gelinden Erwärmen, bildet sich durch Reduktion elementares Arsen, das in kolloider Form die Lösung bräunt und später in Flocken ausfällt ( „ B e t t e n d o r f s A r s e n p r o b e " ) . Reaktionen der arsenigen Säure. 7. Man koche eine Spatelspitze Arsenflll)-oxyd in einem Kölbchen einige Minuten mit etwa 10 ccm Wasser, filtriere die Lösung ab, so daß das Ungelöste möglichst im Kölbchen bleibt, und hebe es zur Darstellung von Arsensäure (Vers. Nr. 14) im Kölbchen auf. Das Filtrat, das a r s e n i g e S ä u r e gelöst enthält, benutze man zu folgenden Versuchen: 8. Schwefelwasserstoff f ä r b t die Lösung gelb, indem sich kolloides A r s e n ( I I I ) - s u l f i d (oder Diarsentrisulfid) As 2 S 3 bildet. Erst auf Zusatz von Salzsäure oder von Salzen wird das Arsen(III)-sulfid ausgeflockt. I n farblosem Ammoniumsulfid löst sich das Arsen(III)-sulfid zu Ammoniumt h i o a r s e n i t , i n gelbem Ammoniumpolysulfid zu Ammoniumthioarsenat. AS2S3 + 3(NH4)2S = 2(NH4)3[ASS3] As2S3 + 3 (NH4)2S + 2 S = 2 (NH4)3[ASS4] . I n Ammoniumcarbonat-hösang löst sich Arsen(III)-sulfid zu einem Gemisch von Arsenit und Thioarsenit.

Arsen

145

9. Silbernitrat fällt zunächst nichts. Wird jedoch zu der Mischung mit einem Glasstab vorsichtig ein Tröpfchen Ammoniak-Lösung gebracht, so wird die freiwerdende Säure neutralisiert und es fällt g e l b e s S i l b e r a r s e n i t aus (Unterschiedsprobe gegen Arsenate). Salpetersäure löst den Niederschlag wieder auf. Ebenso löst ein Überschuß von AmmoniakLösung : H 3 AS0 3 + 3 AgN0 3 + 3 N H 3 = Ag 3 As0 3 + 3 N H 4 N 0 3 Ag 3 As0 3 + 3 H N 0 3 = 3 A g N 0 3 + H 3 As0 3 Ag 3 As0 3 + 6 S H 3 = [Ag(NH 3 )j] 3 As0 3 .

10. K a k o d y l r e a k t i o n . Ein Körnchen Arsen(III)-oxyd werde mit ein wenig Natriumacetat verrieben und das Gemisch im Glühröhrchen stark erhitzt. Es tritt ein durchdringender, unangenehmer Geruch nach einer organischen Arsenverbindung ( K a k o d y l o x y d ) auf. 11. Schließlich ist zu erwähnen, daß Lösungen von arseniger Säure mit sehr vielen Metallionen in alkalischer Lösung Niederschläge geben, die jedoch meist nicht sehr charakteristisch sind. Man stelle als Beispiel Niederschläge mit Kalkwasser sowie mit (wenig!) Kupfersalz-Lösung und Natronlauge her. Arsensäure. Zur Überführung von arseniger Säure in Arsensäure eignen sich die verschiedensten Oxydationsmittel. Analytisch wichtig ist die Umsetzung mit J o d , die nach folgender Gleichung verläuft: [A3O3]3- + J° + H 2 0 —

[AS0 4 ]'- + 2H+ + 2 J".

Diese Reaktion verläuft je nach der K o n z e n t r a t i o n der H + - I o n e n von links nach rechts oder umgekehrt. Hält man [H + ] k l e i n , so erfolgt quantitative Oxydation zur A r s e n s ä u r e . Das Wegfangen der bei der Umsetzung gebildeten H + -Ionen kann natürlich durch Natronlauge erfolgen. Dann würde aber die Entfärbung der Jod-Lösung wenig charakteristisch sein; denn nach S. 158 u. 159, Nr. 11 entfärbt Natronlauge Jod-Lösung auch ohne Gegenwart von arseniger Säure. Das gleiche gilt für Soda-Lösung, die ja infolge von Hydrolyse alkalisch reagiert. Dagegen eignet sich für den Versuch N a t r i u m h y d r o g e n c a r b o n a t , weil es wohl die H + -Ionen unter Bildung der wenig dissoziierten Kohlensäure (bzw. von H 2 0 und C0 2 , das entweicht) wegfängt, für sich allein jedoch JodLösung nicht entfärbt. — Hält man umgekehrt die H + -Ionenkonzentration groß, so verläuft die Reaktion von rechts nach links.

12. Man gebe zu einer Arsenigsäure-Löaung etwas Natriumhydrogencarbonat-PulveT und einige Tropfen Jod-Lösung. Die braune Jodfarbe verschwindet. 13. Man gebe zu der soeben erhaltenen Lösung von Arsensäure und Jod-Ionen nach und nach (Vorsicht wegen des durch die Kohlendioxydentwicklung bedingten Schäumens!) reichlich konzentrierte Salzsäure. Die braune Jodfarbe tritt wieder auf. 14. Für präparative Zwecke eignet sich zur Oxydation besser Salpetersäure. Man übergieße den bei dem Versuch Nr. 7, S. 144 im Kölbchen verbliebenen Rest Arsen(III)-oxyd mit 1—2 ccm konzentrierter Salpetersäure, koche auf und dampfe die Lösung unter dem Abzug in einer Porzellanschale auf dem Sandbad fast zur Trockne ein. Den Rückstand B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung.

48.—49. Aufl.

10

Arsen

146

löse man in etwas Wasser und benutze die Lösung zu folgenden Umsetzungen der Arsensäure: 15. Schwefelwasserstoffgas fällt in der Kälte aus s t a r k salzsaurer Lösung gelbes Arsen(V)-sulfid (oder Diarsenpentasulfid) As 2 S 6 . Der Niederschlag ist in Ammoniumsulf id-Lösxmg zu Ammoniumthioarsenat löslich. As2S6 + 3 (NH 4 ) 2 S = 2 (NH 4 ) 3 [AsS 4 ] .

Auch in Ammoniumcarbonat-Lösimg löst er sich, und zwar zu einem Gemisch von Arsenat und Thioarsenat. Aua w e n i g e r s t a r k s a u r e n Lösungen fällt ein G e m i s c h v o n A r s e n ( I I I ) Bulfid und S c h w e f e l ; diese Fällung erfolgt langsam und ist erst nach längerer Zeit vollständig. Es liegt dies daran, daß es sich hier n i c h t um Ionenreaktionen handelt. Vielmehr bilden sich zunächst gemäß: H 3 AS0 4 + H 2 S

H 3 AS0 3 S + H 2 0

Monothioarsensäure sowie weitere Zwischenstufen. In stark saurer Lösung setzen sich diese leidlich rasch zu As2S6 um. In schwach saurer Lösung und bei höherer Temperatur ist dagegen unter den verschiedenen möglichen, durchweg langsam verlaufenden Umsetzungen der Monothiosäure der Zerfall in arsenige Säure und Schwefel der verhältnismäßig schnellste und damit der vorherrschende Vorgang. Die so entstehende arsenige Säure setzt sich dann erst mit weiterem Schwefelwasserstoff zu As 2 S 3 um.

Bei den folgenden Umsetzungen beachte man die Ä h n l i c h k e i t mit den S. 46f. beschriebenen Reaktionen der Phosphorsäure. 16. Wenig Arsensäure-hösung werde mit Salpetersäure stark angesäuert und mit dem mehrfachen Volumen AmmoniummolybdatLösung versetzt; bei schwacher (vgl. S. 46, Nr. 2) Erwärmung der Mischung treten eine Gelbfärbung und bald ein gelber Niederschlag vom Ammoniumsalze der komplexen M o l y b d a t o a r s e n s ä u r e (NH4)3[As(Mo3O10)4] auf. 17. Magnesiumsalze fällen aus der mit Ammoniumchlorid- und Ammoniak-Lösung versetzten Arsensäure-Lösxmg kristallwasserhaltiges Ammoniummagnesiumarsenat NH4MgAs04 (Mikroskop! Vgl. S. 67, Nr. 8). Fällung stehen lassen für Versuch Nr. 19. 18. Silbernitrat fällt zunächst nichts. Wird aber — am besten tropfenweise mit einem Glasstab — die zur Bindung der freien Säure nötige Menge Ammoniak-Lösung (nicht mehr!) hinzugesetzt, so fällt r o t b r a u nes S i l b e r a r s e n a t . H 3 AS0 4 + 3 AgN0 3 + 3NH 3 = Ag 3 As0 4 + 3 N H 4 N 0 3 .

Silberarsenat ist in Salpetersäure und auch in Ammoniak-Lösung löslich. Die Silberarsenatreaktion kann nicht nur zu der E n t s c h e i d u n g dienen, ob d r e i - o d e r f ü n f w e r t i g e s A r s e n vorliegt, sie gestattet auch, im Magnesiumammoniumarsenat-Niederschlag die Arsensäure nachzuweisen und so diesen Niederschlag v o n dem e n t s p r e c h e n d e n P h o s p h a t n i e d e r s c h l a g zu unterscheiden:

Arsen

147

19. Man lasse den soeben dargestellten Niederschlag von Magnesiumammoniumarsenat eine Viertelstunde stehen, filtriere ab und wasche den Niederschlag auf dem Filter mit Wasser gut aus. Da die Fällung aus Cl - -Ionen-haltiger Lösung erfolgte, kann man die erfolgreiche Beendigung des Auswaschens leicht daran feststellen, daß einige Tropfen des ablaufenden Waschwassers, die man in einem Reagensglas auffängt, auf Zusatz von verdünnter Salpetersäure und Silbernitrat-Lösung keine Trübung mehr geben. (In entsprechender Weise verfährt man bei allen analytischen Fällungen!) Ist die beschriebene Prüfung negativ ausgefallen, so werde eine Probe des Niederschlags mit einem Tropfen neutraler Silbemitrat-Lösung befeuchtet; er färbt sich durch Bildung von Silberarsenat r o t b r a u n . 20. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Arsensäure — ähnlich wie die Phosphorsäure — mit nahezu allen zwei- und dreiwertigen Ionen in a l k a l i s c h e r , zum Teil auch in s c h w a c h s a u r e r L ö s u n g schwer lösliche Niederschläge liefert. Als Beispiel fälle man mit BariumhydroxydLösung B a r i u m a r s e n a t . Arsenwasserstoff AsH 3 nnd Antimonwasserstoff SbH 3 sind weniger beständig als Ammoniak. Schon beim gelinden Erhitzen zersetzen sie sich in Wasserstoff und Metall, das sich an der Gefäßwand als Spiegel abscheidet. Zündet man Arsenwasserstoff an, so verbrennt er an der Luft zu Arsen(III)-oxyd und Wasser. Der Wasserstoff reagiert dabei schneller als das Arsen. Bringt man einen kalten Gegenstand in die Flamme, so scheidet sich das noch unverbrannte Arsen als „ A r s e n f l e c k " ab. Da sich Arsenwasserstoff schon mit äußerst kleinen Mengen 3- und 5-wertiger Arsen Verbindungen bildet, kann man ihn zum N a c h w e i s k l e i n e r A r s e n m e n g e n in der Giftanalyse benutzen (Marshsche Arsenprobe). Zur Darstellung von Arsenwasserstoff behandelt man die Lösung einer Arsenverbindung mit einem unedlen Metall (am besten Zink) und Schwefelsäure 1 ): 8+

±o

s-

2+

H 3 As0 3 + 3Zn + 3 H 2 S 0 4 = AsH 3 + 3ZnS0 4 + 3 H 2 0 . Bei d e m n a c h s t e h e n d e n V e r s u c h b e a c h t e man, daß Arsenwasserstoff sehr giftig ist. Das Einatmen des Gases kann zum Tode führen. Vor allem sei man beim Auseinandernehmen der Apparatur vorsichtig!

21. Man setze unter dem Abzug den in Fig. 24 dargestellten Apparat aus folgenden Teilen zusammen: einem 200 ccm fassenden Kölbchen, einem Einfülltrichter, einem Calciumchloridrohr (b), in das zum Trocknen des Gases einige Stücke kristallisiertes Calciumchlorid2) zwischen zwei Wattebäuschchen kommen, und dem Zersetzungsrohr. Letzteres x ) Gelegentlich findet man als Erklärung der Reduktionswirkung des Zinks bei Gegenwart von Säure die Annahme, es bilde sich zunächst eine besonders reaktionsfähige Form des Wasserstoffs, der Wasserstoff „in statu naseendi", der seinerseits dann die beobachteten Reduktionsreaktionen bewirke. Diese Annahme ist überflüssig; denn Zink selbst ist ja ein starkes Reduktionsmittel (vgl. seine Stellung in der Spannungsreihe, S. 103), und der aus Zink und Säure entstehende Wasserstoff könnte höchstens ein schwächeres, keinesfalls aber ein stärkeres Reduktionsmittel als das Zink sein. 2 ) Nicht entwässertes CaCl2, da dies AsH 3 adsorbiert.

Arsen

148

wird aus einem schwer schmelzbaren, außen 7 mm weiten Glasrohr nach der Zeichnung gefertigt. Die Rohre werden mit kurzen Stücken Gummischlauch so miteinander verbunden, daß Glas an Glas stößt. I n den Kolben kommen acht je etwa 1 cm lange Stengelchen reinen Zinks, d a z u ein wenig verdünnte Schwefelsäure

u n d ein T r o p f e n

Kupfer-

sulfat-Lösung. Sobald lebhafte Gasentwicklung im Gange ist und die

b

Figur 24. Marshsche Probe

Zinkstückchen sich mit ausgeschiedenem Kupfer überzogen haben, gieße man die Flüssigkeit von den Zinkstückchen möglichst ab, gebe neue, etwa 20-proz. Schwefelsäure (verdünnte Säure, der etwas konzentrierte Säure zugesetzt ist) hinzu und setze den Apparat völlig zusammen. Über die Ausströmungsöffnung des Zersetzungsrohres stülpe man ein umgekehrtes Probierglas. Nach etwa 1 / 2 Minute entfernt man das Probierglas, verschließt es sofort mit dem Daumen, nähert es einer entfernt von der Apparatur stehenden Flamme und öffnet es wieder. Explodiert der Inhalt mit lautem Knall, so ist noch L u f t in der Apparatur. Nachdem die Flamme im Reagensglas s i c h e r e r l o s c h e n ist, wiederholt man die Prüfung, bis der Inhalt des Probierglases sich fast lautlos entzünden läßt 1 ). D a n n e r s t erhitze man das Zersetzungsrohr kurz vor einer ausgezogenen Stelle (vgl. Fig. 24) bis zum Glühen, während man den vor und hinter dieser Stelle befindlichen Teil des Rohres durch den Ring des Kochgestells stützt. Auch nach längerer Zeit — im Ernstfall etwa einer halben Stunde; hier mögen einige Minuten genügen •—• darf bei x kein Arsenspiegel im Rohr entstehen; andernfalls wären die Materialien arsenhaltig und müßten durch neue ersetzt werden. Scheidet sich kein Arsenspiegel ab, so gebe man e i n e n T r o p f e n verdünnter Arsenigsäure-Lösung in den Trichter und spüle ihn mit einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure in den Kolben. Nach einiger Zeit wird sich jetzt hinter der erhitzten Stelle bei x ein A r s e n s p i e g e l niederApparaturen, die mit Wasserstoff gefüllt werden müssen, prüft man stets in der oben beschriebenen Weise auf die Abwesenheit von Sauerstoff, ehe man sie in Betrieb nimmt.

Antimon

149

schlagen. Wenn der erste Arsenspiegel dunkel genug geworden ist, kann man durch Erhitzen bei c an der zweiten Verjüngungsstelle einen zweiten Spiegel entstehen lassen. Jetzt entferne man die Flamme und entzünde das ausströmende Gas. Die Flamme färbt sich fahl gelbgrünlich, und ein weißer R a u c h v o n A r s e n ( I I I ) - o x y d steigt auf. Wird die Flamme jetzt durch eine kalte Abdampfschale niedergedrückt, so bildet sich innerhalb des flammenbedeckten Teiles an der Schale ein braunschwarzer A r s e n f l e c k . Charakteristisch für den Arsenspiegel bzw. die Arsenflecke ist die namentlich am Rand deutlich wahrzunehmende B r a u n f ä r b u n g (die ähnlichen Antimonflecke sind tiefsammetschwarz). Ein Fleck werde mit einem Tropfen gelber Ammoniumsulfid-Lösung betupft; bei vorsichtigem Abrauchen der Lösung hinterbleibt ein g e l b e r Fleck von Arsensulfid. Ein zweiter Arsenfleck werde in etwas frischer NatriumhypochloritLösung (NaCIO; vgl. S. 156/159) aufgelöst, wobeier sich zu Arsensäure oxydiert. Ein Antimonfleck würde sich nicht lösen. 2 As + 5 NaCIO + 3 H 2 0 = 2 H 3 A s 0 4 + 5 N a C l .

Antimon Antimon ist als Element und in seinen Verbindungen dem Arsen recht ähnlich E s ist silberweiß, spröde und schwerer flüchtig als Arsen. An Oxyden bzw. Hydroxyden kennt man außer dem A n t i m o n ( I I I ) - o x y d (oder Diantimontrioxyd, abgekürzt Antimontrioxyd) Sb 2 0 3 und dem nur in wasserhaltiger Form bekannten A n t i m o n ( V ) - o x y d (oder Diantimonpentoxyd, abgekürzt Antimonpentoxyd) Sb 2 0 5 noch weitere Verbindungen, die drei- und fünfwertiges Antimon nebeneinander enthalten; ihre Erforschung ist jedoch noch nicht ganz abgeschlossen. Die Antimonoxyde sind ziemlich schwer flüchtig; sie sind, ähnlich wie Zinndioxyd, in Wasser und Salpetersäure fast unlöslich. Scheidet man das Trioxyd oder das Pentoxyd aus Antimoniten oder Antimonaten ab, so entstehen Produkte mit wechselndem Wassergehalt, die im folgenden der Einfachheit halber als Sb(OH) 3 bzw. Sb 2 0 6 formuliert werden. Antimonige Säure ist schwächer sauer als arsenige Säure und noch ausgesprochener amphoter. Die Verbindungen, in denen Sb(OH)3 als Base fungiert, sind stark hydrolysiert. Vielfach findet sich in basischen Verbindungen die Gruppe (SbO)+, die als „ ^ n i i m o n y / g r u p p e " bezeichnet wird; z. B. SbOCl Antimonylchlorid (vgl. dazu auch S. 124, Anm. 1). Das in Wasser fast unlösliche wasserhaltige Oxyd des f ü n f w e r t i g e n Antimons löst sich zwar in Salzsäure, verhält sich aber in der Mehrzahl seiner Umsetzungen als typische, allerdings sehr schwache S ä u r e . Verbindungen des dreiwertigen Antimons können r e d u z i e r e n d , die des fünfwertigen o x y d i e r e n d wirken. Die R e d u k t i o n zu M e t a l l gelingt in wäßriger Lösung sehr leicht, so z. B. mit Eisen (Unterschied gegen Zinn!).

1. Man erhitze etwas Antimon in einem einseitig geschlossenen Glasröhrchen. Es schmilzt bei 630°; bei der Hitze des Bunsenbrenners läßt es sich nicht verdampfen. Beim Erhitzen mit der Lötrohrflamme auf Kohle gibt Antimon einen weißen Beschlag von Oxyden, der beim Erwärmen wesentlich weniger flüchtig ist als derjenige des Arsens. Dreiwertiges

Antimon.

2. Man erhitze etwas gepulverten Grauspieß-

glanz (Sb2S3) in einem Probierglas mit 2 ccm konzentrierter Salzsäure

Antimon

150

(Abzug!). Unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff löst sich der Grauspießglanz zum Teil auf. Sb,S 3 + 6 HCl = 2 SbCl3 + 3 H 2 S .

Nach dem Erkalten filtriere man und koche das Filtrat bis zur Entfernung des gelösten Schwefelwasserstoffs. Nachdem man die Lösung vorsichtig tropfenweise mit Wasser verdünnt hat—eine etwa entstehende Trübung werde mit einem Tropfen konzentrierter Salzsäure wieder in Lösung gebracht — verwende man sie zu den folgenden Umsetzungen. 3. Wasser hydrolysiert und fällt weißes A n t i m o n y l c h l o r i d , das bei längerem Stehen mit viel Wasser in wasserhaltiges Antimon(III)oxyd übergeht. 4. Wird zu dieser Mischung konzentrierte Salzsäure gesetzt, so löst sich das Antimonylchlorid wieder auf. Beim Verdünnen bildet sich dann wieder ein Niederschlag usw. Ein schönes Beispiel für die M a s s e n wirkung : SbCh + H-O

HCl

SbOCl + 2 HCl.

5. Auf Zusatz von Weinsäure löst sich der Antimonylchlorid-Niederschlag zur innerkomplexen (vgl. S. 99) A n t i m o n y l w e i n s ä u r e auf; das Kaliumsalz dieser Säure ist als „ B r e c h w e i n s t e i n " auch in fester Form bekannt. Aus einer Lösung dieses Salzes (also bei Abwesenheit überschüssiger freier Weinsäure) fällt verdünnte Salzsäure wieder Antimonylchlorid aus, weil die Antimonylweinsäure nur ein mäßig starker Komplex ist. 6. Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, fällt A n t i m o n ( I I I ) h y d r o x y d , das amphoter ist und daher oft als Antimonige Säure bezeichnet wird; ein Überschuß von Natronlauge löst das H y d r o x y d zu N a t r i u m ( h y d r o x o ) a n t i m o n i t auf. SbCls + 3;NaOH = Sb(OH)3 + 3NaCl NaOH + Sb(OH)3 = Na[Sb(OH)J,

7. Schwefelwasserstoff fällt A n t i m o n ( I I I ) - s u l f i d (oder Diantimontrisulfid) Sb 2 S 3 in roter flockiger Form. 2 SbCl3 + 3H 2 S = Sb2S3 + 6 HCT. Dieses rote Antimon(III)-sulfid stellt eine zweite i n s t a b i l e M o d i f i k a t i o n neben dem grauschwarzen Grauspiefiglanz dar. Beim Erwärmen unter Luftausachluß geht die rote Form in die grauschwarze über.

8. In farblosem Ammoniumsulfid ist das Antimon(III)-sulfid zu Amm o n i u m t h i o a n t i m o n i t , in gelbem Ammoniumpolysulfid zu Ammon i u m t h i o a n t i m o n a t löslich. Sb2S3 + 3(NH 4 ) 2 S = 2(NH 4 ) 3 [SbS 3 ] Sb2S3 + 3(NH 4 ) 2 S + 2 S = 2(NH 4 ) 3 [SbS 4 ].

Umsetzungen des fünfwertigen Antimons. 9. In einer Abdampfschale erwärme man etwas gepulvertes Antimon mit wenig konzentrierter Salpetersäure mit kleiner Flamme und verdampfe die Salpetersäure

Antimon

151

dann auf dem Wasserbad fast völlig. Etwas von dem weißen Rückstand, der aus wasserhaltigem Antimon(V)-oxyd (oder Diantimonpentoxyd, „Metaantimonsäure") bestellt und den man möglichst von Antimonteilchen befreit, werde mit etwas wasserfreier Soda und Kaliumnitrat, das in diesem Fall nur als Flußmittel dient, auf einem Porzellantiegeldeckel geschmolzen. Beim Aufnehmen der Schmelze mit Wasser bleibt N a t r i u m a n t i m o n a t Na[Sb(OH)8] ungelöst. Es ist eines der wenigen in Wasser schwerlöslichen Natriumsalze (vgl. S. 54). Statt Metaantimonsäure können auch andere beliebige Verbindungen des Antimons genommen werden; niederwertige Verbindungen werden durch das Nitrat oxydiert. 10. Eine weitere Probe der Metaantimonsäure löse man unter Erwärmen in wenig verdünnter Salzsäure. Die so gebildete Antimonpentachlorid-Lösung, die viel kolloid gelöstes Antimon( V)-oxyd enthält, verwende man zu folgenden Umsetzungen: 11. Wasser: Zu einigen Tropfen Antimonpentachlorid-Lösung setze man einige Kubikzentimeter Wasser und lasse stehen. Nach einiger Zeit scheidet sich durch Hydrolyse gebildetes wasserhaltiges Antimon(V)oxyd aus. 2 SbCls + 5H 2 0 = Sb206 + 10 HCl. 12. Schwefelwasserstoff fällt aus Antimonpentachlorid-Lösung rotes Antimon(V)-sulfid bzw. Antimon(III)-sulfid und Schwefel. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid-Lösung löst sich der Niederschlag zu Ammoniumthioantimonat. Oxydations-Reduktions-Reahtionen. 13. Zu Natriumantimonit-Lösung gebe man etwas Diamminsilbersalz-Uiswxg, z. B. Silbernitrat-Lösung, die bis zur Auflösung des zuerst ausgefällten Silberoxydniederschlags mit Ammoniak-Lösung versetzt worden ist. Die anfangs farblose Mischung bräunt sich bald, und es scheidet sich schwarzbraunes S i l b e r in Flocken aus. Schwaches Erwärmen beschleunigt den Vorgang. [Sb(OH)4r + 2 [Ag(NH3)2]+ + 40H= 2 Ag + [Sb0 4 ] s_ + 4NHS + 4H 2 0. Das Antimonit geht also in Antimonat über, wobei es das Silbersalz zu metallischem Silber reduziert. Durch dies Verhalten unterscheidet man dreiwertige Antimonverbindungen von fünfwertigen. 14. Ein Tropfen stark mit Salzsäure angesäuerter, also im wesentlichen Antimonpentachlorid-hedtiger Antimonsäure-Lösung werde mit etwas Natriumjodid-Läsang gemischt und erwärmt. Es scheidet sich J o d aus, das sich beim Durchschütteln der abgekühlten Mischung mit etwas Chloroform mit violetter Farbe in diesem löst. Unterschiedsprobe gegen die Verbindungen des dreiwertigen Antimons! SbCl6 + 2NaJ~ = SbCl3 + 2NaCl + J ° .

152

Wismut

15. In etwas salzsaure Antimonsalz-Läsung (gleichgültig, ob dreioder fünfwertig) bringe man einen Eisennagel. E l e m e n t a r e s Antimon scheidet sich in schwarzen Flocken ab. 16. Einen Tropfen einer salzsauren Antimonsalz-Lösung bringe man auf ein Platinblech und gebe ein Stückchen Zink hinein. Bald bildet sich auf dem Blech ein schwarzer, f e s t h a f t e n d e r Antimonfleck, während Zink in Lösung geht. Nach einiger Zeit spüle man den Fleck mit Wasser ab und löse ihn mit einigen Tropfen Salpetersäure, die mit Weinsäure versetzt ist. Verdünnt man die entstandene Lösung, und gibt Schwefelwasserstoffwasser hinzu, so scheidet sich rotes Antimonsulfid aus. Antimonwasserstoff. 17. Der Marshsche Versuch werde in gleicher Weise wie beim Arsen mit etwas Antimonsalz-Lösung ausgeführt. Man erhält im Glasrohr und auf der Porzellanschale m a t t s a m m e t a r t i g e schwarze Flecken. Sie geben beim Betupfen mit Ammoniumsulfid einen roten Fleck von Antimonsulfiden. Auch lösen sie sich n i c h t in frischer Natriumhypochlorit-Lösxmg, wodurch sie sich von den ähnlichen Arsenflecken unterscheiden. Wismut Wismut ist ein hellgraues Metall mit rötlichem Farbton. E s schmilzt schon bei 27 I o , ist aber sehr schwer flüchtig. In starker Salpetersäure löst es sich zuWismutnitrat B i ( N 0 3 ) 3 , d . h . also zur dreiwertigen Stufe. Wismuthydroxyd Bi(OH), ist eine schwache Base; saure Eigenschaften fehlen ihm fast völlig. Von der fünfwertigen Stufe sind nur wenige Verbindungen bekannt (vgl. S. 133); diese gehen leicht in solche der dreiwertigen Stufe über und sind deshalb starke Oxydationsmittel (z. B. NaBiCy.

1. Man löse ein Stückchen Wismut in wenig konzentrierter Salpetersäure unter Erwärmen auf, verdünne die Lösung tropfenweise mit Wasser und gieße oder filtriere ab, ehe eine bleibende Trübung entsteht. 2. Wasser: Wird zu der Lösung reichlich kochendes Wasser gesetzt, so fallen basische W i s m u t n i t r a t e , etwa Bi(0H) 2 N0 3 , aus: Bi(N03)3 + 2HaO = Bi(0H)2N03 + 2 H N 0 3 .

Fügt man vor dem Verdünnen wenig Natriumchlorid zu, so fällt das noch schwerer lösliche B i s m u t y l c h l o r i d BiOCl aus. Enthält die Wismutsalz-Lösung viel freie Säure, so erfolgt ein Niederschlag erst nach dem Zusatz von sehr viel Wasser und nach längerem Stehen. Durch Zusatz von Weinsäure kann das Entstehen dieses Niederschlags — anders als beim Antimon — nicht verhindert werden. 3. Natronlauge fällt Wismuthydroxyd, das sich im Überschuß von verd.' Natronlauge n i c h t löst. Wird Wasserstoffperoxyd-~Lös\mg oder Bromwasser zu der Mischung gegeben, so färbt sich der Niederschlag hellbraun, weil das Wismut teilweise in den fünfwertigen Zustand übergeht.

Wismut

153

4. Schwefelwasserstoff fällt schwarzbraunes W i s m u t s u l f i d Bi 2 S 3 . 6. Kaliumjodid fallt schwarzrotes W i s m u t j o d i d B i J 3 . Ein Uberschuß an Kaliumjodid-Lösung löst das Wismutjodid zum komplexen Kalium(tetra)jodobismutit K [ B i J J . • 6. Stannit-Lösung: Wird zu einer Wismutnitrat-Lösung Natriumstannit-Lösung (vgl. S. 134 bis 136) gesetzt, so fällt schwarzes e l e m e n t a r e s W i s m u t aus. 2 Bi(OH)s + 3Na[Sn(OH)3] + 3NaOH = 2Bi°+ 3Na2[Sn(OH)8]. 7. Natriumbismutat, NaBi0 3 , als Oxydationsmittel: Ein Tropfen einer verd. Mangansulfai-Lösung werde mit etwa 1 ccm konz. Salpetersäure, dem doppelten Volumen Wasser und einer Spatelspitze Natriumbismutat versetzt und die Mischung einige Zeit geschüttelt. Nach Verdünnen mit Wasser und evtl. Filtration erkennt man die violettrote Farbe des gebildeten P e r m a n g a n a t i o n s . Überschüssiges Bismutat bleibt ungelöst zurück.

154

Nichtmetallverbindungen, zweiter Teil I m folgenden sind die Elemente nach dem Perioden-System geordnet.

VII. Gruppe Halogene Zu der Gruppe der Halogene gehören die Elemente Fluor, Chlor, Brom und Jod. Von diesen haben wir das Chlor bereits besprochen. Auch vom Brom und Jod haben wir schon einige charakteristische Eigenschaften kennengelernt. So haben wir S. 19, Nr. 8 die Charakterisierung dieser Elemente durch die beim Ausschütteln auftretenden Farben der Lösungen in Chloroform besprochen. Besonders kennzeichnend ist die intensive b l a u e Farbe, die auftritt, wenn man eine Jod-Lösung mit Stärke-Lösung versetzt. Man löse je ein Körnchen Jod in Alkohol, Schwefelkohlenstoff und Chloroform und notiere die Farben der Lösung. Während sich Jod in Wasser nur wenig löst, ist es in einer Natriumjodid-Lösung reichlich löslich. Dabei bildet sich unter Anlagerung einer Jodmolekel an ein Jodion das [J 3 ] - -Ion. Man verdünne etwas wäßrige Jod-Lösung so stark, daß die braune Farbe kaum noch zu erkennen ist, und gebe etwas in der Wärme bereitete /Siär&e-Lösung dazu. Die Flüssigkeit färbt sich tiefblau. Halogenwasserstoffe Beständigkeit. Die Verwandtschaft der Halogene zur negativen Ladung, ihre n e g a t i v e E l e k t r o a f f i n i t ä t , wächst vom Jod zum Fluor. So haben wir bereits S. 19 gesehen, daß elementares Chlor Brom- und Jodionen zu den freien Halogenen oxydiert. Das Fluor schließlich ist so stark elektronegativ, daß es sogar den Sauerstoff des Wassers verdrängt: 2 F j + 2 H 2 0 = 4 H F + 0 2 x ). Ganz entsprechend fällt die B i l d u n g s w ä r m e d e r H a l o g e n w a s s e r s t o f f verbindungen vom Fluor- zum Jodwasserstoff ab. Damit hängt es zusammen, daß wäßrige Brom- und besonders Jodwasserstoffsäure durch den L u f t s a u e r s t o f f leicht oxydiert werden und sich daher beim Stehen, namentlich im Licht, allmählich dunkel färben: 4 H J + 02 = 2H20 + 2 J2 . Diese leichtere Oxydierbarkeit des Brom- und Jodwasserstoffs kommt auch darin zum Ausdruck, daß man diese Verbindungen nicht wie Chlorwasserstoff durch Einwirkung von konzentrierter S c h w e f e l s ä u r e auf ihre Alkalimetallsalze *) Der Sauerstoff ist mit etwas Fluoroxyd F 2 0 und Ozon 0 3 verunreinigt.

Halogenwasserstoffe

155

darstellen kann, weil Bromwasserstoff dabei teilweise, Jodwasserstoff vollständig oxydiert wird: 2 H J + H 2 S0 4 = J 2 + S0 2 + 2 H 2 0 . Benutzt man an Stelle der Schwefelsäure die nicht oxydierende P h o s p h o r s ä u r e , so läßt sich Bromwasserstoff ohne Zersetzung darstellen. Jodwasserstoff kann man jedoch auch so nicht rein gewinnen, weil bei der erforderliohen Temperatur das Gleichgewicht 2 H J . — H 2 + J 2 bereits merklich nach der rechten Seite verschoben ist. Durch schwächere Oxydationsmittel, wie salpetrige Säure (vgl. dazu S. 165, Nr. 2), wird aus den Halogenwasserstoffsäuren nur Jod, nicht aber Brom freigemacht. I n den physikalischen Eigenschaften der wasserfreien Halogenwasserstoffverbindungen nimmt der bei + 20°, d. h. etwa bei Zimmertemperatur siedende F l u o r w a s s e r s t o f f eine Sonderstellung gegenüber den übrigen Halogenwasserstoffverbindungen ein, die durch den hier besonders zum Ausdruck kommenden Dipolcharakter (vgl. S. 96) der Halogenwasserstoffmolekeln sowie die geringe Größe des Fluorions bedingt ist; denn wasserfreier Chlorwasserstoff siedet bei —85°, Bromwasserstoff bei —67° und Jodwasserstoff bei —35°. Ähnliches findet man auch bei W a s s e r und A m m o n i a k in den Reihen: H.,0, H 2 S, H 2 Se, H 2 Te bzw. K H , , P H S , AsH 3 , SbH 3 . — Die L ö s l i c h k e i t aller Halogenwasserstoffe in Wasser ist sehr groß. In den Löslichkeitsverhältnissen ihrer Salze ähneln sich Chlor-, Brom- und Jodwasserstoff, wie S. 94 f ü r die Silbersalze gezeigt worden ist. Die F l u o r i d e verhalten sich anders: Silberfluorid ist sehr leicht löslich, während Calciumfluorid („Flußspat") im Gegensatz zu dem sehr leicht löslichen Calciumchlorid schwer löslich ist. Alle Halogenwasserstoffsäuren neigen zur Komplexbildung. So lernten wir z. B. die Chloroplatinsäure H 2 [PtCl„] und die Jod"silbersäure H[AgJ s ] bereits kennen. Besonders hinzuweisen ist auf die Fluorokieselsäure H 2 [SiF,], weil sie sich bildet, wenn man mit Fluorwasserstoff-Lösungen in Glasgefäßen arbeitet. Wir besprechen sie S. 168 f. Noch mehr zur Komplexbildung neigen die nachstehenden Säuren, die sioh den Halogenwasserstoffsäuren ähnlich verhalten, obwohl sie gar kein Halogen enthalten; die Atomgruppen, die in ihnen das Halogen ersetzen, nennt man deshalb auch „Pseudo-Halogene": HCN C y a n w a s s e r s t o f f (Blausäure) HOCN C y a n s ä u r e HSCN T h i o c y a n s ä u r e (Rhodanwasserstoff). Die wichtigsten Umsetzungen dieser Säuren haben wir schon kennengelernt; hingewiesen sei besonders auf die Fällung der CN _ -Ionen mit Ag + -Ionen und die Auflösung des Niederschlages in überschüssigem Cyanid nach der Gleichung: AgCN + CN- = [Ag(CN) 2 r (vgl. S. 94/95). Auch das freie C y a n (CN)2 ist den Halogenen ähnlich. Man gewinnt das sehr giftige Gas durch Erhitzen von Schwermetallcyaniden: Hg(CN) 2 = Hg + (CN) 2 .

1. Man gebe unter dem Abzug zu etwas festem Kaliumbromid konzentrierte Schwefelsäure. Durch Brom und S c h w e f e l d i o x y d verunreinigter B r o m w a s s e r s t o f f entweicht in Strömen, die Flüssigkeit färbt sich durch freies Brom braun. 2. Behandelt man Natriumjodid in entsprechender Weise, so wird reichlich Jod ausgeschieden.

Halogensauerstoffverbindungen

156

3. Man gebe zu Natriumfluorid-Lösung Silbernitrat-'Lösung. E s bildet sich k e i n Niederschlag. Gibt man zu Natriumfluorid-Lösung dagegen Calciumchlorid-Lösung, so scheidet sich voluminöses C a l c i u m f l u o r i d ab. 4. Man mische einen Tropfen Natriumcyanid-Lösung mit einem Tropfen gelben Ammoniumpolysulfids und dampfe in einer Abdampfschale auf dem Wasserbad zur Trockne. D e n Rückstand befeuchte man mit einigen Tropfen Salzsäure und gebe eine Spur Eisen(III)-cMorid-Lös\mg hinzu. Die Lösung färbt sich durch Bildung von E i s e n ( I I I ) - r h o d a n i d (vgl. S. 116, Nr. 18) dunkelrot. NaCN + (NH 4 ) 2 S 2 = NaSCN + (NH 4 ) 2 S . 5. Man erhitze im trockenen Probierglas u n t e r d e m A b z u g etwas Quecksilber (II)-Cyanid. E s bildet sich C y a n g a s , das beim Anzünden mit purpurgesäumter Flamme verbrennt. Halogensauerstoffverbindungen Man kennt folgende Oxyde und Säuren des Chlors (bzw. ihre Salze): Elektro,valenzzahl ; des Chlors1)

Oxyd

Säure

Chloride HCl Salzsäure HCIO Unterehlorige Hypochlorite Säure Chlorite HC102 Chlorige Säure

1 1 +

.

3 4 5 6

+ + + +

C120 Dichlor(mon)oxyd I C102 Chlordioxvd

1 /

C1._06 Dichlorhexoxyd

,

Name der Salze

|

HCIO, Chlorsäure -

| | Chlorate -

|

HC104 Überchlorsäure

Perchlorate C1207 Dichlorheptoxyd —> Dabei deuten die Pfeile an, wie sieh die Oxyde mit Wasser bzw. Lauge um^ setzen. Von diesen Verbindungen behandeln wir hier nur die umrahmten. 7 +

/ . Unterchlorige Säure. C h l o r g a s setzt sich mit W a s s e r in ganz geringem Umfang nach der Gleichung Ci, + H 2 0 H+ + C r + HCIO um, nach der unter Disproportionierung der Chlormolekel neben CP-Ionen freie unterchlorige Säure entsteht. Einem Portsehreiten der Reaktion nach rechts wirken die entstehenden H + -Ionen entgegen. Fängt man diese jedoch mit 0H~Ionen weg, leitet man also Chlorgas in N a t r o n l a u g e ein, so setzt es sich nach der Gleichung Cl, + 2-NaOH = NaCl + NaCIO + H , 0 x ) Die Annahme von Ionenbindung in Stoffen wie Cl.,0 usw. ist zwar für die Behandlung der Oxydationsprozesse bequem, bedeutet aber gerade hier eine von den wirklichen Verhältnissen stark abweichende Näherung.

Halogensauerstoffverbindungen

157

vollständig um. Beim A n s ä u e r n hingegen verschiebt sich das Gleichgewicht wieder entsprechend dem unteren Pfeil der vorletzten Gleichling, und es bildet sich Chlor zurück. Ähnlich wie gegen Natronlauge verhält sich Chlorgas gegen Calciumhydroxyd, wobei der hypochlorithaltige, im übrigen verwickelt zusammengesetzte „ C h l o r k a l k " entsteht. Die Hypochlorite sind instabile Verbindungen. Noch sehr viel unbeständiger ist die u n t e r c h l o r i g e S ä u r e . Das Entstehen dieser energiereichen Stoffe wird nur dadurch ermöglicht, daß bei dem Übergang eines Chloratoms in ein Chloridion so viel Energie frei wird, daß dem zweiten Chloratom der Chlormolekel Energie zur Bildung einer instabilen Verbindung zur Verfügung steht, die sich ohne diese Energiezufuhr nicht bilden könnte („Gehoppelte Reaktion"). Derartige instabile Stoffe versuchen, in einen stabileren Zustand überzugehen. Unterehlorige Säure wirkt deshalb gegenüber oxydierbaren Stoffen als starkes Oxydationsmittel. Da es aber auch noch höhere Oxydationsstufen des Chlors gibt, die ebenfalls stabiler als die unterchlorige Säure sind, kann die unterchlorige Säure gegenüber reduzierbaren Stoffen auch als starkes Reduktionsmittel wirken. Ganz entsprechend liegen die Verhältnisse bei einigen anderen instabilen Stoffen mittlerer Oxydationsstufe, z. B. bei Chlorsäure (siehe weiter unten), salpetriger Säure (S. 165f.), Wasserstoffperoxyd (S. 160f.). Besonders häufig macht man von der O x y d a tionswirkung der unterchlorigen Säure Gebrauch. Diese kommt — ähnlich wie wir es z. B. bei der Salpetersäure kennengelernt haben — in erster Linie der undissoziierten Säure zu, weniger den C10 - -Ionen. Die freie Säure ist auch in schwach alkalischer Lösung in geringem Umfange vorhanden; denn die unterchlorige Säure ist sehr schwach, so daß ihre Salze stark hydrolysieren. II. Chlorsäure und Chlordioxyd. Beim Erwärmen oxydieren HClO-Molekeln C10 _ -Ionen unter Disproportionierung nach der Gleichung 2 HCIO + [CIO]- + 2 OH" = [C10 3 r + 2 Cl" + 2 H , 0 , wobei sich Chlorat-Ionen bilden. In der W ä r m e reagiert daher Chlorgas mit Laugen nach der Gleichung 3 Cl2 + 6 O H - = C10 3 - + 5 Cl - + 3 H 2 0 direkt zu Chlorat und Chlorid. Hier liegt ebenfalls eine gekoppelte Reaktion vor. Auch Chlorate sind instabile Stoffe, die ihre Bildung dem gleichzeitigen Entstehen von Chloridionen verdanken; sie sind jedoch weniger energiereich als die Hypochlorite. — Ähnlich wie die C10 _ -Ionen sind auch die C10 s _ -Ionen neben Cl~-Ionen nur in alkalischer Lösung beständig. In saurer zersetzen sie sich gemäß: HC103 + 5 HCl = 3C12 + 3 H 2 0 . Beim Behandeln von Chloraten mit k a l t e r konzentrierter Schwefelsäure bildet sich (neben Überchlorsäure, vgl. III) das explosible Chlordioxyd, da das Anhydrid C1206 der Chlorsäure nicht existiert. 3 HCIO3 - H 2 0 = 2 CIO2 + HC104 . III. Überchlorsäure. Noch beständiger als die Chlorate sind schließlich die Perchlorate, die z. B. beim Erhitzen von Chloraten — wiederum in gekoppelter Reaktion und unter Disproportionierung — nach der Gleichung 4 KCIO3 = KCl + 3 KC104 entstehen. Daneben erfolgt allerdings auch eine Zersetzung gemäß 2KCIO3 = 2 KCl + 3 0 2 . Bei Anwesenheit von Katalysatoren, wie Braunstein, erfolgt die Umsetzung sogar ausschließlich nach der letzten Gleichung. — Die Ü b e r c h l o r s ä u r e ist,' den S. 88 ff. besprochenen Regeln entsprechend, eine sehr starke Säure. Das

158

Halogensauerstoffverbindungen

schwer lösliche Kaliumsalz ist schon S. 57, Nr. 4 besprochen worden. Perchlor a t e lassen sich — im Gegensatz zu den Chloraten — mit schwefliger Säure oder mit Zink und verdünnter Schwefelsäure n i c h t zu den Chloriden reduzieren, sondern nur mit anderen Reduktionsmitteln, z. B. Titan(III)-Salzen in saurer Lösung (vgl. dazu S. 174, Nr. 6). Mischungen von Chloraten bzw. Perchloraten mit leicht oxydablen Stoffen (S, P, organischen Verbindungen) sind S p r e n g s t o f f e . Konzentrierte HC103nnd HC104-Lösungen (letztere über 70%)> insbesondere Mischungen der Salze mit konz. H 2 S0 4 , sind bereits an sich explosiv. Vorsicht! Vgl. Lehrbücher. IV. Sauerstoffsäuren von Brom und Jod. Auch Brom und Jod lösen sich in Lösungen, die OH_-Ionen enthalten, zu u n t e r b r o m i g e r bzw. u n t e r j o d i g e r Säure, die in ihren Umsetzungen der unterchlorigen Säure weitgehend entsprechen. J o d s ä u r e erhält man leicht durch Oxydation von Jodiden oder Jod mit Chlor in wäßriger Lösung:

6Cr.

J~ + 3C1°2 + 3H20 = [J03r + 6H+ + Brom dagegen läßt sich mit Chlor nicht zur Bromsäure oxydieren. Bromate dagegen bzw. Jodate setzen sich in saurer Lösung mit Brom- bzw. Jodionen ebenso IU freiem Halogen um, wie es oben für die Einwirkung von Chloraten auf Chlorionen beschrieben ist, z. B.: H J 0 3 + 5 H J = 3H 2 0 + 3 J 2 . L Unterchlorige Säure. 1. Ein halbes Probierglas Chlorwasser werde nach Zugabe einiger Tropfen Natronlauge geschüttelt, wobei der Geruch nach Chlor verschwindet. Ein Teil dieser Lösung entfärbt einen Tropfen /«¿»^o-Lösung ( O x y d a t i o n s w i r k u n g d e r u n t e r c h l o r i g e n S ä u r e ! ) . Der Rest werde mit Schwefelsäure angesäuert, worauf der Geruch nach C h l o r wieder zu erkennen ist. HCl + HC10 = H 2 0 + Cl 2 . 2. Man schüttle Chlorkalk mit Wasser und stelle mit dem Filtrat die gleichen Versuche an. IL Chlorsäure. 3. Eine kleine Spatelspitze (nicht mehr!) Kaliumchlorat werde auf Holzkohle mit der Lötrohrflamme unter dem Abzug erhitzt (Schutzbrille!). E s erfolgt lebhafte V e r p u f f u n g unter Feuererscheinung. 4. Eine kleine Probe Kaliumchlorat werde mit konzentrierter Salzsäure in einem Probierglas schwach erwärmt. E s entweicht C h l o r g a s ; daneben bildet sich auch C h l o r d i o x y d . Wenn es sich in der Giftanalyse um den Nachweis von Metallen in organischen Stoffen (Speisen usw.) handelt, werden die organischen Stoffe oft durch diese Mischung oxydiert und entfernt. 6. Kaliumchlorat-Lösxmg gibt—vorausgesetzt, daß sie frei von Kaliumc h l o r i d ist — mit Silbernitrat-Lösung k e i n e n Niederschlag. Nach Zusatz von einigen Stückchen Zink und etwas verdünnter Schwefelsäure fällt S i l b e r c h l o r i d aus, weil jetzt die Chlorsäure zur Salzsäure reduziert wird. Bei dem Versuch verdünne m a n mit Wasser, da auch Silbersulfat wenig löslich ist (vgl. S. 20). Auch durch Kochen mit schwefliger Säure wird die Chlorsäure reduziert.

Halogensauerstoffverbindungen

159

Die Reduktion von Chlorsäure kann man schließlich auch mit salpetriger Säure erreichen; vgl. dazu S. 166, Nr. 4.

6. In einem trockenen Probierglas, das in schräger Lage in ein Stativ geklammert ist, befeuchte man eine Spatelspitze Kaliumchlorat (nicht mehr!) mit 2—3 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich langsam gelbgrünes Chlordioxyd, das beim Erwärmen des oberen Teils des Probierglases mit schwacher Detonation verpufft. Man hüte sich, das Gemisch von Kaliumchlorat und Schwefelsäure selbst zu erwärmen, weil dabei heftige Explosionen eintreten können. (Der Versuch ist hinter der Glasscheibe des Abzugs auszuführen!) 7. In einem trocknen Probierglas werde etwas Kaliumchlorat, dem etwas Braunstein zugesetzt ist, vorsichtig erhitzt. Es entweicht Sauerstoff, der mit einem glühenden Holzspan nachgewiesen werde. HI. Überchlorsäure. 8. Erhitzt man 1—2 g Kaliumchlorat ohne Braunsteinzusatz, so schmilzt es und entwickelt viel weniger Sauerstoff. Nachdem man die Gasentwicklung einige Minuten in Gang gehalten hat, lasse man die Schmelze erstarren und abkühlen. Beim Ausziehen mit heißem Wasser löst sich nur ein Teil. In der Lösung lassen sich mit Silbernitrat Chlorionen nachweisen. Das Ungelöste besteht im wesentlichen aus Kaliumperchlorat. Man bringe auf dem Objektträger ein kleines Körnchen davon in einem Tropfen Wasser durch Erhitzen in Lösung und vergleiche die beim Erkalten entstehenden Kristalle mit Kaliumperchloratkristallen, die man aus KaliumchloridLösung mit Überchlorsäure gefällt hat. 9. Man überzeuge sich, daß eine Perchlorat-Lösung durch Zink und verdünnte Schwefelsäure sowie mit schwefliger Säure nicht zum Chlorid reduziert wird. Überchlorsäure wird am besten mikrochemisch über das Kaliumsalz nachgewiesen (vgl. S. 57, Nr. 4). I V . Sauerstoffsäuren des Broms und Jods.

10. Man versetze

etwa»

Natronlauge mit Bromwasser; die braune Farbe verschwindet. Br2 + 2 NaOH = NaBr + NaBrO + H 2 0 .

Beim Ansäuern wird wieder Brom frei: HBrO + HBr = Br2 + H 2 0 .

11. Die gleichen Versuche führe man mit Jod-Lösung durch. 12. Ein Tropfen Natriumjodid-Lösung werde mit so viel Chlorwasser tropfenweise versetzt, bis eben die braune Farbe des zuerst ausgeschiedenen Jods verschwindet. HJ + 3C12 + 3H 2 0 = HJ0 3 + 6 HCl.

Die so erhaltene Jodsäure-Lösung werde zur Entfernung des überschüssigen Chlors einen Augenblick aufgekocht und dann mit Natronlauge neutralisiert, wobei der Endpunkt durch ein in der Lösung schwimmendes Stück Lackmuspapier erkannt wird. Jetzt gebe man zu der

160

VI. Gruppe — Wasserstoffperoxyd

Lösung etwas Natriumjodid-Lösvaig: die Lösung bleibt farblos. Säuert man sie jedoch mit verdünnter Salzsäure an, so färbt sie sich braun, und es scheidet sich reichlich J o d aus. 13. Da sich Brom mit Chlorwasser nicht zur Bromsäur a oxydieren läßt, kann man B r o m i d e und J o d i d e in folgender Weise n e b e n e i n a n d e r n a c h w e i s e n . Man versetze eine verdünnte Lösung, die wenig Alkalimetalljodid und -bromid enthält, zunächst mit einem Tropfen Chlorwasser und etwas Chloroform. Beim Umschütteln nimmt die Chloroformschicht die violette J o d f a r b e an, während sich elementares Brom noch nicht bildet, da das Bromidion schwerer als das Jodidion oxydiert wird. Dann gebe man mehr Chlorwasser hinzu, bis beim Umschütteln die violette Jodfarbe verschwunden ist (Jodsäurebildung). Bei weiterem Chlorwasserzusatz wird dann freies B r o m gebildet, das die Chloroformschicht braun färbt (vgl. auch Elektroaffinität S. 103). VI. G r u p p e Die Elemente Sauerstoff, Schwefel, Selen und Tellur, die nach ihren Eigenschaften und nach ihrer Stellung im Periodensystem eine zusammenhängende Gruppe, ähnlich wie die Halogene, bilden, nennt man C h a l k o g e n e (Erzbildner). Wir besprechen im folgenden außer den bisher noch nicht behandelten Elementen Selen und Tellur einige Säuren des Schwefels und das Wasserstoffperoxyd. Wasserstoffperoxyd Das Wasserstoffperoxyd

kann unter erheblicher Energieabgabe zerfallen nach 2H202 = 2H20 + 0 2 .

In hochkonzentriertem Zustand neigt es deshalb zur Explosion. Reine, verdünnte wäßrige Lösungen zerfallen bei Zimmertemperatur nur äußerst langsam. Durch manche Stoffe wird die Zersetzung katalytisch (s. Lehrbuch) beschleunigt. 1. Man versetze etwas verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösxmg mit einigen Tropfen kolloider Platin-Lösung (Assistent): es tritt lebhafte S a u e r s t o f f entwicklung ein. Geringe Alkali mengen, wie sie vom Glas an Wasser abgegeben werden, beschleunigen die Zersetzung ebenfalls. Das „Perhydrol" des Handels, eine 30-proz. wäßrige Wasserstoffperoxyd-Lösung, wird deshalb in paraffinierten Flaschen aufbewahrt. Verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösung ist etwa 3-proz., d. h. annähernd einfach-molar. Im Wasserstoffperoxyd H 2 0 2 kommt eine doppelt negativ geladene O s -Gruppe vor, die für alle „Peroxyverbindungen" charakteristisch ist. Diese verwechsle man nicht mit den P e r v e r b i n d u n g e n , z. B. mit Kaliumperchlorat (S. 159) oder den Permanganaten (S. 128), die keine 0 2 -Gruppen enthalten, sondern durch die höchste Oxydationsstufe des an Sauerstoff gebundenen Elements gekennzeichnet sind. Von den Peroxyverbindungen lernten wir das N a t r i u m p e r o x y d (S. 55) und das C h r o m p e r o x y d (S. 123 u. 126, Nr. 14) schon kennen; weiteren Peroxyverbindungen werden wir bei der Peroxydischwefelsäure (S. 161) sowie beim Titan (S. 173) und beim Vanadin (S. 175) begegnen. — Die d o p p e l t n e g a t i v g e l a d e n e 0 2 - G r u p p e steht in bezug auf die Oxydationsstufe des Sauerstoffs zwischen dem ungeladenen Sauerstoff der 02-Molekel und 2— dem doppelt negativen O-Teilchen, das im Wasser und den Oxyden vorliegt.

Säuren des Schwefels

161

Damit ist verständlich, daß Wasserstoffperoxyd s o w o h l a l s R e d u k t i o n s a l s a u c h a l s O x y d a t i o n s m i t t e l wirken kann. Durch o x y d i e r e n d e Stoffe wird die doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppe unter Aufnahme von zwei positiven Ladungen zu elementarem Sauerstoff oxydiert. Dies erfolgt bevorzugt in saurer Lösung. R e d u k t i o n s m i t t e l führen Wasserstoffperoxyd in Wasser über. Dabei gibt es zwei positive Ladungen ab, weil aus einer doppelt negativ geladenen 0 2 -Gruppe zwei O-Teilchen gebildet werden. Dieser Reaktionsverlauf wird im alkalischen Medium bevorzugt. Weil Wasserstoffperoxyd energiereicher ist als seine Oxydations- und Reduktionsprodukte Sauerstoff und Wasser, sind sowohl seine Oxydations- als auch seine Reduktionswirkungen kräftig (vgl. S. 157).

2. Zu einer mit Schwefelsäure angesäuerten WasserstoffperoxydLösung setze man tropfenweise verdünnte Kaliumpermanganat-Löaung. Unter S a u e r s t o f f e n t w i c k l u n g verschwindet die Farbe des Permanganats, weil es in M a n g a n ( I I ) - s a l z übergeht. ( R e d u k t i o n s W i r k u n g des Wasserstoffperoxyds). 2 pän04]~~ + 5H 2 0~ + 6 H + = 2Mn 2 + + 50°2 + 8 H 2 0 .

3. Man versetze etwas Chromflll)-salz-Liöaung mit Natronlauge, bis der Niederschlag wieder gelöst ist. Auf Zugabe von Wasserstoffperoxyd geht beim Erwärmen das grüne Chromit in das gelbe C h r o m a t über ( O x y d a t i o n s w i r k u n g des Wasserstoffperoxyds). 2 [Cr(OH) 6 ] 3 ~ + 3 H 2 0 2 = 2 [ C r O J 2 - + 8 H a 0 + 2 0 H ~ .

Nebenher wird ein Teil des Peroxyds katalytisch unter Sauerstoffentwicklung zersetzt. Säuren des Schwefels Außer den bereits besprochenen Verbindungen: Schwefelwasserstoff H 2 S , schweflige Säure H 2 S 0 3 , Schwefelsäure H 2 S 0 4 und Pyroschwefelsäure H 2 S 2 0 7 bildet der Schwefel noch eine Reihe weiterer Säuren. I. Peroxydischuiefelsäure H 2 S 2 O e (früher als Perschwefelsäure bezeichnet). I m Peroxydisulfation

o o OSOOSO O O

sind die beiden positiv sechswertigen Schwefel-

atome durch eine doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppe verbunden. Peroxydisulfate wirken daher o x y d i e r e n d .

I . Man setze zu eine Spatelspitze wenige Minuten. chromat-Lösung

etwas ziemlich stark verdünnter Chromalaun-Lösung Ammoniumperoxydisulfat (NH 4 ) 2 S 2 0 8 und koche Das dreiwertige Chrom wird zu gelbroter Dimit sechswertigem Chrom oxydiert.

II. Dithionsäure H2S206. 2. Man versetze etwas Mangan(II)-salzLösung mit wenig Wasserstoffperoxyd und so viel Ammoniak-\Jisu.Tig, daß die Fällung, im wesentlichen wasserhaltiges M a n g a n ( I I I ) - h y d r o x y d , gerade vollständig ist. Auf Zusatz von Schwefligsäure-hösvaig geht der Niederschlag beim Erwärmen wieder in Lösung. Aus dieser fällt nach Zugabe von Ammoniak- und Ammoniumsulfid-lLösmig ManB i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 48.-49. Aufl.

11

162

Säuren des Schwefels

g a n ( I I ) - s u l f i d . Die schweflige Säure h a t also das Mangan(III)-oxyd reduziert; dabei ist sie selbst zum Anion der D i t h i o n s ä u r e oxydiert worden: 2H 2 S0 3 + 2Mn(OH)3 + 2H+ = 6 H 2 0 + 2Mn2+ + [& 2 0 8 ] 2- .

0

0

Im D i t h i o n a t - i o n O S - S O

O O

2—

sind die beiden S03-Gruppen durch eine Atom-

bindung zwischen den beiden Schwefelatomen miteinander verknüpft. Man verwendet die eben beschriebene Umsetzung, um die Haut, die beim Berühren von Kaliumpermanganat unter Abscheidung von Mangandioxyd Mn0 2 braun gefärbt wird, zu reinigen: man spült die Hände einfach mit etwas Schwefligsäure-Lösung und dann mit Wasser ab. Mn02 wirkt ebenso wie Mn( 0H) 3 .

DI. Polythionsäuren H2S3Oe, H2Sß& . . . H2Se06. 3. Man versetze etwas Schwefligsäure-hösung mit Schwefelwasserstoffwasser. Als Hauptumsetzungsprodukt fällt S c h w e f e l aus: H 2 S0 3 + 2H 2 S = 3S°+ 3H 2 0 .

Als N e b e n p r o d u k t e enthält die entstandene Suspension, die man als W a c k e n r o d e r s c h e Flüssigkeit bezeichnet, die sogenannten P o l y t h i o n s ä u r e n : Trithionsäure H 2 S 3 0 6 , Tetrathionsäure H 2 S 4 0 6 usw., die sich durch verwickelte Umsetzungen gebildet haben. Von diesen Säuren werden wir die Tetrathionsäure (vgl. Nr. 7) kennenlernen. IV. Dithionite (Hyposulfite). 4. Man versetze etwas SchwefligsäureLösung mit einem Tropfen Indigo-Lösung: Der Farbstoff wird nicht verändert. Nun gebe man in eine andere Probe starker SchwefligsäureLösung einige Stückchen Zink. Es erfolgt fast keine Wasserstoffentwicklung, sondern es findet Reduktion zu Z i n k d i t h i o n i t s t a t t : 2H 2 S0 3 + Zn = Zn[S 2 0 4 ] + 2 H 2 0 .

Die Gegenwart der (S 2 0 4 ) 2 - -Ionen läßt sich dadurch nachweisen, daß die Lösung nunmehr Indigo-hösung entfärbt. 5. Die f r e i e d i t h i o n i g e ( u n t e r s c h w e f l i g e ) S ä u r e zersetzt sich sehr rasch; in Gegenwart starker Säuren verläuft die Reduktion von schwefliger Säure mit Zink deshalb anders. Eine kleine Probe Natriumsulfit-Lösung werde mit einem Stückchen Zink und einigen Tropfen konzentrierter Salzsäure versetzt. Unter reichlicher S c h w e f e l w a s s e r s t o f f e n t w i c k l u n g scheidet sich S c h w e f e l ab. V. Thiosulfate. Wie die Thioarsenate, Thiostannate usw. durch Ersatz des Sauerstoffs der Arsenate, Stannate usw. durch Schwefel entstanden gedacht werden können, gibt es auch Salze einer „Thioschwefelsäure", deren Anion

2— O

o ss

2 - 6+ 2 -

o 2"

sich unter Ersatz eines Sauerstoffteilchens durch ein Schwefel-

teilchen von dem Sulfation ableitet. Die freie Säure ist unbeständig.

Selen und Tellur

163

6. Man versetze etwas stark verdünnte Natriumthiosulfat-Lösnng mit etwas verdünnter Schwefelsäure. Die zuerst klare Mischung riecht bald nach S c h w e f e l d i o x y d , während sich die Flüssigkeit unter Abscheidung von feinstverteiltem S c h w e f e l trübt. H 2 S 2 0 3 = H 2 0 + S0 2 + S . Verwendet man zu diesem Versuch eine konzentrierte Natriumthiosulfat-Lösung, so tritt die Zerstörung der Thioschwefelsäure sofort ein. 7. Natriumthiosulfat ist ein gelindes R e d u k t i o n s m i t t e l . Man versetze eine Probe Natriumthiosulfat-Löaung mit Jod-Lösung; die Jodfarbe verschwindet sofort, weil sich J o d i d - und T e t r a t h i o n a t ionen (vgl. S. 162, Nr. 3) bilden. 2 [S 2 0 3 ] 2 - + J 2 = 2 J - + [S 4 0 e ]*- bzw. 2Na 2 S 2 0 3 + J 2 = 2 N a J + Na 2 S 4 0„. 8. Durch die stärkeren Oxydationsmittel Brom, oder Chlor wird Natriumthiosulfat unter Abscheidung von Schwefel zu Sulfat oxydiert. Durch einen Uberschuß an Halogen kann der Schwefel ebenfalls zu Schwefelsäure oxydiert werden. Na 2 S 2 0 3 + Cl2 + H 2 0 = 2NaCl + H 2 S0 4 + S S + 3C12 + 4 H 2 0 = 6HCl + H 2 S 0 4 . Hierauf beruht die Verwendung von Natriumthiosulfat zum Entfernen freien Chlors („Antichlor"). Über Beine Verwendung als „Fixiersalz" vgl. S. 95, Nr. 16. 9. Zum N a c h w e i s von Thiosulfat benutzt man entweder das gleichzeitige Auftreten von S c h w e f e l und S c h w e f e l d i o x y d beim Ansäuern der Lösung oder die S. 95 beschriebenen Farbänderungen, die das S i l b e r s a l z beim Stehenlassen erfährt. Selen und Tellur Selen und Tellur verhalten sich dem Schwefel weitgehend ähnlich, doch tritt beim Selen die sechswertig positive Stufe zugunsten der vierwertigen zurück. So hat man z. B. das Selentrioxyd erst vor kurzem dargestellt. Schon lange bekannt ist die (bei Raumtemperatur kristallisierte) Selensäure H 2 Se0 4 und die davon abgeleiteten Selenate wie Na 2 Se0 4 . Tellursäure (Kristalle der Formel H e TeO s ) ist viel s c h w ä c h e r als Schwefel- und Selensäure. Beim Rösten der Elemente oder von Seleniden bzw. Telluriden entstehen die Dioxyde, die bei Zimmertemperatur fest sind, als weißer Rauch. Selendioxyd löst sich in Wasser, Tellurdioxyd nur in Laugen leicht. Mit Reduktionsmitteln (Schwefeldioxyd, Zinn(II)-chlorid, Hydrazin) fallen aus den sauren Lösungen der Dioxyde die E l e m e n t e ; auch Schwefelwasserstoff wirkt in diesem Sinne. S e l e n a t e lassen sich merkwürdigerweise mit schwefliger Säure nur äußerst langsam reduzieren, gehen aber beim Kochen mit starker Salzsäure in selenige Säure über, die dann leicht mit schwefliger Säure reagiert. Die gefällten, d. h. fein verteilten Elemente lösen sich leicht in A m m o n i u m s u l f i d - L ö s u n g unter Bildung von Verbindungen, die den Ammoniumpolysulfiden analog sind. In k o n z e n t r i e r t e r S c h w e f e l s ä u r e löst sich Selen mit grüner, Tellur mit roter Farbe. Beim Verdünnen fallen die Elemente wieder aus. Bei der Heparreaktion (vgl. S. 42 u. 44, Nr. 8) geben Selen- und Tellurverbindungen die gleichen Erscheinungen wie Schwefel. 11*

164

V. Gruppe — Hydrazin; Hydroxylamin

1. Man erhitze etwas Selen in einem einseitig zugeschmolzenen Glasröhrchen. Das Selen bildet ein schwarzes, am oberen Rande rot gefärbtes Sublimat; die rote Farbe r ü h r t von einer instabilen Modifikation des Elements her. Über dem Selenspiegel setzt sich etwas weißes S e l e n d i o x y d ab. Dabei t r i t t ein eigenartiger Geruch auf, der an faulen Rettich erinnert. 2. Man schmelze in einem Glühröhrchen etwas Selen mit Soda und Salpeter. Es bildet sich S e l e n a t N a 2 S e 0 4 . Ein kleiner Teil davon werde nach dem Zerschlagen des Glühröhrchens gepulvert, mit festem Ammoniumchlorid innig gemischt und in ein neues Glühröhrchen gebracht. Beim Erhitzen sublimiert das Ammoniumchlorid; zum Teil aber reduziert es das Selenat zu S e l e n , das das Sublimat zunächst schwarz färbt und allmählich in eine rote Modifikation übergeht 1 ). Der Rest des Selenats werde in Wasser gelöst. 3. Versetzt man einen Teil der so erhaltenen Lösung mit verdünnter Salzsäure und Schwefligsäure-Lösung, so fällt n i c h t s . 4. Der andere Teil der Lösung werde mit konzentrierter Salzsäure stark angesäuert und einige Zeit gekocht, wobei R e d u k t i o n z u s e l e n i g e r S ä u r e erfolgt. Eine Hälfte der Lösung werde mit schwefliger Säure erhitzt: Fällung von rotem elementarem S e l e n . Se0 2 + 2 H 2 S 0 3 = Se + 2 H 2 S O t .

Die andere Hälfte werde mit Schwefelwasserstoffwasser Fällung eines Gemisches von S e l e n und S c h w e f e l .

versetzt: gelbe

Se0 2 + 2 H 2 S = 2H a O + Se + 2 S .

6. Ein wenig Tellur werde mit 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure erwärmt: R o t f ä r b u n g . N a c h d e m A b k ü h l e n ( ! ) gieße man die Schwefelsäure in einige Kubikzentimeter Wasser ein: die Rotfärbung verschwindet, und es fällt wieder schwarzes T e l l u r aus.

V. Gruppe Hydrazin; Hydroxylamin Denkt man sich in der Ammoniak-Molekel ein H-Atom durch die OH-Gruppe ersetzt, so kommt man zum Hydroxylamin NH 2 OH. Durch Vereinigung von zwei Amidogruppen (—NH 2 ) entsteht das Diamid oder Hydrazin H 2 N—NH 2 . Beide Stoffe verhalten sich in wäßriger Lösung — ähnlich dem Ammoniak — wie s c h w a c h e B a s e n und bilden mit Säuren Salze, z. B.: H 2 NOH + HCl = [H 3 NOH]Cl Hydroxylammoniumchlorid H 2 N - N H 2 + H 2 S 0 4 = [ H 2 N - N H 3 ] H S 0 4 Hydraziniumsulfat. *) Das zunächst entstehende schwarze Sublimat stellt also offenbar eine besonders instabile Modifikation dar; um das bei Zimmertemperatur stabile graue Selen kann es sich nicht handeln, da sich dieses nicht freiwillig in die instabile rote Form verwandeln kann!

Salpetrige Säure und Nitrate

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Die freien Basen und die meisten ihrer Salze sind in Wasser leicht löslich und wirken sehr stark reduzierend. 1. Man versetze e t w a s ammoniakalische Silbersalz-Lösung mit Hydraziniumsulfat-höaung u n d einem Tropfen Natronlauge u n d erwärme. E s scheidet sich metallisches S i l b e r ab, das als Spiegel f e s t a n der Glasw a n d h a f t e t , falls das v e r w e n d e t e Probierglas fettfrei war 1 ). D a s H y d r a z i n wird dabei i m wesentlichen z u elementarem S t i c k s t o f f oxydiert.

Salpetrige Säure und Nitrite Wie S. 36 besprochen, disproportioniert Stickstoffdioxyd beim Einleiten in Lauge in Nitrat und Nitrit. Ferner zersetzen sich Alkalimetallnitrate oberhalb der Schmelztemperatur allmählich in Nitrit und Sauerstoff 2 ): 2 K N 0 3 q=± 2 K N 0 2 + 0 2 . Zusatz geeigneter Reduktionsmittel, etwa von metallischem Blei, befördert diese Zersetzung. Die freie salpetrige Säure ist im Gegensatz zum Nitrition unbeständig und zerfällt unter Disproportionierung in Stickstoffoxyd, Stickstoffdioxyd und Wasser. 1. Man säure eine ziemlich starke Kaliumnitrit-Lösxmg m i t Schwefelsäure a n ; die Lösung färbt sich gelb ( N 0 2 ) , u n d es e n t w e i c h t ein Gemisch v o n farblosem S t i c k s t o f f o x y d und braunem S t i c k s t o f f d i o x y d . 2 H N 0 2 = H 2 0 + NO + N 0 2 . I m Gaszustand ist also das Anhydrid der salpetrigen Säure N 2 0 3 nicht (bzw. nur in untergeordneter Menge) existenzfähig. Beim A b k ü h l e n auf Temperaturen unter 0° kondensiert sich aber das obige Gemisch zu einer t i e f b l a u e n Flüssigkeit, die als die Verbindung D i s t i c k s t o f f t r i o x y d N 2 0 3 anzusprechen ist. Die salpetrige Säure kann, da sie den Stickstoff in einer mittleren Oxydationsstufe (3 + ) enthält, gegenüber oxydierenden Stoffen als Reduktionsmittel und gegenüber reduzierenden Stoffen als Oxydationsmittel auftreten. Sie ist ein stärkeres Oxydationsmittel als Salpetersäure mit fünfwertigem Stickstoff und ein stärkeres Reduktionsmittel als Stickstoffoxyd mit zweiwertigem Stickstoff. Dies ist darin begründet, daß die salpetrige Säure i n s t a b i l ist und freiwillig in die Nachbarstufen zerfällt (vgl. S. 157). 2. Man verdünne einen Tropfen Natriumnitrit-Lösung m i t einigen K u b i k z e n t i m e t e r n Wasser, f ü g e zwei Tropfen Natriumjodid-Lösung und einige Tropfen Salz- oder Essigsäure hinzu. E s scheidet sich J o d aus, das die Lösung braun färbt. Empfindlicher wird die Probe durch Zusatz v o n (Siär&e-Lösung (vgl. S. 154). O x y d a t i o n s w i r k u n g der salpetrigen Säure! 2 H N 0 2 + 2 H J = 2 H 2 0 + 2 NO + J 2 °. J

) Eine gegebenenfalls vorhandene Fettschicht beseitige man vorher dadurch, daß man das Probierglas eine Zeitlang mit Alkalilauge gefüllt stehenläßt. 2 ) Über das Verhalten anderer Nitrate sowie von Ammoniumnitrat und -nitrit beim Erhitzen vgl. S. 36 und 59ff.

166

Phosphorige Säure

Man verwendet diese Umsetzung; die in sehr großen Verdünnungen am besten gelingt, unter anderem zur Prüfung von Brunnenwasser auf einen Gehalt an Nitriten.

3. Einige Tropfen Natriumnitrit-Lösxmg werden mit etwas verdünnter Kaliumpermanganat-hösung versetzt und mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Es tritt Entfärbung ein. R e d u k t i o n s w i r k u n g der salpetrigen Säure! 2 [ M n 0 4 r + 5 H N 0 2 + 6H+ = 2Mn 2 + + 5 H N 0 3 + 3 H 2 0 .

4. Auch die Reduktion von C h l o r s ä u r e kann man mit salpetriger Säure erreichen. Man säure eine stark verdünnte chloridfreie Kaliumchlorat-Lösung mit Salpetersäure an und gebe ein wenig einer Lösung von reinem Natriumnitrit hinzu. Nach etwa 5 Minuten wird mit Silbernitrat- Lösung versetzt und aufgekocht: es scheidet sich S i l b e r c h l o r i d ab. Für die Analyse ist es wichtig zu wissen, daß es — außer der Einwirkung auf Jodionen (s. o.) — noch eine Reihe von verwickelten Umsetzungen mit organischen Verbindungen (so z. B. die unten angegebene mit Sulfanilsäure und Salzen des Naphthylamins) gibt, durch die man die s a l p e t r i g e Säure neben der Salpetersäure nachweisen kann, daß dagegen s ä m t l i c h e U m s e t z u n g e n d e r S a l p e t e r s ä u r e a u c h m i t s a l p e t r i g e r S ä u r e erhalten werden. Will man also Salpetersäure bei Anwesenheit von salpetriger Säure nachweisen, so muß man die s a l p e t r i g e S ä u r e vorher entfernen. Dies gelingt durch Umsetzung mit Harnstoff.

5. I n ein Becherglas mit etwa 100 ccm Wasser gebe man 2 Tropfen Natriumnitrit-höaxmg und je 1 ccm einer sehr verdünnten Lösung vom Natriumsalz der Sulfanilsäure (H 2 N • C 6 H 4 • S0 3 H), verdünnter Schwefelsäure und verdünnter