Experimentelle Einführung in die Anorganische Chemie [73rd. rev. ed.] 9783110860320, 9783110106602

“Like many chemists who studied chemistry in the 20th century, my first contact with the chemistry lab was a practical c

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German Pages 297 [304] Year 1991

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Table of contents :
Einleitung
Benötigte Geräte
Reinigen von Geräten und ihre Aufbewahrung
Protokollführung und Lehrbuchstudium
Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium
Das Aufbewahren und Umfüllen von Reagentien
Filter und Filtrieren
Zentrifugieren
Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr
Die Bearbeitung des Glases
Kork bohren
Nichtmetallverbindungen - Erster Teil
Säuren,Basen, Salze
Chlor und Hydrogenchlorid
Chemische Umsetzungen
Das internationale Einheitensystem SI; die Stoffmenge und das Mol
Gehalt der Lösungen
Schwefelsäure
Elektrolytische Dissoziation — Ionenlehre
Chemische Bindung
Oxidation und Reduktion
Schweflige Säure
Salpetersäure und Stickstoffoxide
Kohlenstoffdioxid und Kohlensäure
Hydrogensulfid
Phosphorsäure — Saure Salze
Namen anorganischer Stoffe
Metallverbindungen — Erster Teil
Alkalimetalle und Ammonium
Natrium
Kalium
Ammonium
Erdalkalimetalle und Magnesium
Erdalkalimetalle
Calcium
Strontium und Barium
Magnesium
Chemisches Gleichgewicht
A. Das Wesen der chemischen Gleichgewichte
B. Das Massenwirkungsgesetz
C. Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen
D. Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted
E. Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen
F. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen
Aluminium
Hydroxide und Oxide von saurem bzw. basischem Charakter
Elemente der Gruppe 1 B
Silber
Komplexverbindungen und Doppelsalze
Kupfer
Oxidations-Reduktions-Potentiale
Elemente der Gruppe 2 B
Zink
Cadmium
Quecksilber
Übergangselemente
Eisengruppe
Eisen
Cobalt
Nickel
Chrom
Mangan
Aufschließen
Weitere Elemente der B-Gruppen
Zinngruppe
Zinn
Kolloide Lösungen
Blei
Sulfide
Arsengruppe
Arsen
Antimon
Bismut
Nichtmetallverbindungen — Zweiter Teil
7. Gruppe
Halogene
Hydrogenhalogenide
Pseudohalogene
Halogensauerstoffverbindungen
6. Gruppe
Hydrogenperoxid
Säuren des Schwefels
Selen und Tellur
5. Gruppe
Hydrazin, Hydroxylamin
Salpetrige Säure und Nitrite
Kondensierte Phosphorsäuren
Phosphonsäure
4. Gruppe
Silicium
3. Gruppe
Borsäuren
Metallverbindungen — Zweiter Teil
Lithium, Beryllium
Seltene Erden
Titan, Zirconium, Thorium
Vanadium, Niob, Tantal
Molybdän, Wolfram, Uran
Thallium
Anhang
Löslichkeit einiger Substanzen in Wasser
Verzeichnis der Reagentien
Namen- und Sachregister
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Experimentelle Einführung in die Anorganische Chemie [73rd. rev. ed.]
 9783110860320, 9783110106602

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de Gruyter Lehrbuch Biltz · Klemm · Fischer Experimentelle Einführung in die Anorganische Chemie

Heinrich Biltz

Experimentelle Einführung in die Anorganische Chemie fortgeführt von Wilhelm Klemm und Werner Fischer 73., durchgesehene Auflage

W DE

G Walter de Gruyter · Berlin · New York · 1986

Autoren Dr. Dr. h.c. mult. Wilhelm Klemm em. . Professor der Universität Münster Theresiengrund 22 D-4400 Münster

Dr. Dr. h.c. Werner Fischer em. o. Professor der Universität Hannover Neubergweg 20 D-7800 Freiburg

Chronologie 1898 erstmals erschienen Heinrich Biltz Experimentelle Einfuhrung in die Unorganische Chemie Als Manuskript gedruckt. Kiel, Königliches chemisches Uni versitätslaboratorium 1905 2. Auflage, gleicher Titel erschienen bei Veit & Comp., Leipzig 1924 12.-14. Auflage, gleicher Titel Walter de Gruyter, Berlin und Leipzig 1928 15.-17. Auflage, gleicher Titel 1937 21. Auflage, gleicher Titel bearbeitet von Wilhelm Klemm und Werner Fischer

1938 22. und 23. Auflage, gleicher Titel Walter de Gruyter, Berlin 1940 24.-26. Auflage, gleicher Titel 1941 Experimentelle Einführung in die Anorganische Chemie 27.-29. Auflage bearbeitet von Wilhelm Klemm und Werner Fischer Walter de Gruyter, Berlin 1942-1982 30.-72. Auflage 1985 73. Auflage Walter de Gruyter Berlin · New York

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Biltz, Heinrich Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie / Heinrich Biltz. Fortgef. von Wilhelm Klemm u. Werner Fischer. - 73., durchgesehene Aufl. - Berlin; New York: de Gruyter, 1985. (de-Gruyter-Lehrbuch) ISBN 3-11-0106604 NE: Klemm, Wilhelm [Bearb.]

Copyright © 1975, 1982, 1985 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz: Arthur Collignon GmbH, Berlin. Druck: Karl Gerike, Berlin. Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin.

Vorwort Die erste Auflage dieser Einführung wurde von Heinrich Biltz im Jahre 1898 für den Gebrauch im Kieler chemischen Universitätslaboratorium verfaßt. Sie erwarb sich bald zahlreiche Freunde auch an anderen Orten und diente in 20 Auflagen einer großen Zahl von Chemikern bei der Einarbeitung in die Anfangsgründe der Chemie. So hatten auch die Unterzeichneten das Buch als Lernende (W. Klemm als Schüler von H. Biltz, W. Fischer als Schüler von W. Biltz) wie als Lehrende gründlich kennen und schätzen gelernt. Nach der Emeritierung von H. Biltz übernahmen sie es im Jahre 1937 auf seinen Wunsch im Einvernehmen mit dem Verlag deshalb gem, eine gründliche Modernisierung des Werkes vorzunehmen. Seitdem sind mehr als 50 weitere Auflagen erschienen, bei deren Abfassung wir uns stets bemüht haben, Überholtes auszumerzen, den Text den neuen Erkenntnissen anzupassen und vor allem die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten, die den Erscheinungen zugrunde liegen, stärker herauszuarbeiten. Bei der Übernahme des Werkes und bei der Bearbeitung der folgenden Auflagen lag aber kein Anlaß vor, den Grundcharakter des Buches zu ändern. Die chemische Wissenschaft verdankt ihre großen Erkenntnisse der induktiven Methode; sie arbeitet auch heute noch im wesentlichen so und wird das noch lange Zeit tun. Obwohl die theoretische Chemie in den letzten Jahrzehnten grundlegende Fortschritte gemacht hat, halten wir es für verfehlt, den Anfänger vornehmlich auf deduktivem Wege in die Chemie einzuführen. Am Beginn gilt es vielmehr, die Freude an den Erscheinungen zu fördern und die Beobachtungsgabe zu schulen. Die Theorien sollten nicht als das Primäre eingeführt werden, sie sollen vielmehr die Ordnung der Erscheinungen erleichtern und das Gedächtnis entlasten. Diesen Forderungen entsprach die Konzeption der „Experimentellen Einführung" durch H. Biltz, und wir haben uns bemüht, daran nichts zu ändern, wenn auch die im Laufe der Jahre vorgenommenen Korrekturen insgesamt recht umfangreich sind. Wie es der Titel des Buches zum Ausdruck bringt, soll der Leser anhand von Experimenten, die er selber ausführt, — in der Regel mit kleinen Stoffportionen im Reagensglas! - in die anorganische Chemie eingeführt werden. Dabei handelt es sich nicht um eine Sammlung von Zusammenhang-

VI

Vorwort

losen Rezepten; die Versuche sind vielmehr so ausgewählt, daß sie das Wesentliche hervortreten und Beziehungen allgemeiner Art erkennen lassen. Die diesen allgemeinen Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhängen gewidmeten Abschnitte sind der Übersichtlichkeit halber von den Arbeitsvorschriften durch die Art des Druckes unterschieden, was nicht bedeuten soll, daß die einen wichtiger seien als die anderen. Auf das Ineinandergreifen der experimentellen und der theoretischen Abschnitte wird durch zahlreiche Seitenverweise immer wieder aufmerksam gemacht. So lernt der Benutzer z. B. als wichtigstes Ordnungsprinzip bald das Perioden-System der Elemente kennen. Neben dem ähnlichen Verhalten verwandter Elemente werden auch besonders ihre Unterschiede behandelt, die für die Erkennung der Elemente und für ihre Trennung von einander im Laboratorium und in der Technik von Bedeutung sind. Im Vordergrund stehen ferner die Gesetzmäßigkeiten, die sich aus dem Verhalten wäßriger Lösungen ableiten lassen. In allen Fällen war es unser besonderes Anliegen, für begriffliche Klarheit zu sorgen. Erfahrungsgemäß wird der Anfänger durch nichts so sehr verwirrt und gehemmt wie durch falsch verstandene und unklare Begriffe. Zum Zwecke möglichst übersichtlicher Gestaltung der Versuchsbeschreibungen sind die Namen der zur Ausführung benötigten Substanzen kursiv und die der entstehenden Stoffe senkrecht und gesperrt gedruckt. Die erste Maßnahme wird auch die Versuchsvorbereitung erleichtern. In dieser Einführung kann nicht alles, was der Anfänger kennenlernen muß, abgehandelt werden. Sie kann nur eine Ergänzung der Vorlesungen und des Lehrbuchstudiums darstellen. So haben wir z. B. davon abgesehen, Versuche und theoretische Abschnitte zum Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen aufzunehmen, anhand derer der Student den Molekül- und den Atombegriff verstehen lernen kann. Die dazu notwendigen quantitativen Experimente werden in der Hand des Anfängers zwangsläufig durch relativ große Fehler gekennzeichnet sein. Das Mißverhältnis zwischen den eigenen Resultaten und der Exaktheit der Stöchiometrie bringt die Gefahr mit sich, daß der Anfänger einen ganz falschen Begriff von der Leistungsfähigkeit quantitativer Messungen und seiner eigenen Meßkunst erhält. Im Zuge der Reform des Chemiestudiums spielt für den Anfängerunterricht die sogenannte „Allgemeine Chemie" eine große Rolle. Dabei werden vielfach anspruchsvolle Theorien vorgetragen, ohne daß eine ausreichende Stoffkenntnis vorausgesetzt werden kann. Heute sieht man mit einer gewissen Ernüchterung, daß man dabei sozusagen im luftleeren

Vorwort

VII

Raum operiert hat, und betont wieder zunehmend die Bedeutung der Stoffkenntnisse als Grundlage eines jeden Chemieuntemchtes. Wir haben uns bemüht, im vorliegenden Werk Stoffkenntnis und Theorie in einem ausgewogenen Verhältnis zu vermitteln. Den zur Zeit nicht ganz gleichmäßigen Studiengängen an verschiedenen Orten kann gegebenenfalls dadurch Rechnung getragen werden, daß bei der Durcharbeitung des Buches einzelne Teile gestrichen oder gekürzt behandelt werden. Es war bisher schon ein Kennzeichen dieser Einführung, daß sie für verschiedenartige Aufgaben verwendet wurde, sowohl an den Universitäten für Studenten der Chemie, der Physik und anderer Zweige der Naturwissenschaften als auch an Fachhochschulen und Chemieschulen. Nachdem in der 71. Auflage die Abschnitte über Metallhydroxide, -oxidhydroxide und -oxidhydrate den neueren Erkenntnissen angepaßt und neu formuliert worden waren, wurden in der 72. Auflage die Einleitung und das Kapitel über die Brönstedsche Säure-Basen-Theorie umgearbeitet. Die erhebliche Straffung der Begriffe und der Nomenklatur, die mit dem weltweit eingeführten internationalen Einheitensystem (SI) verbunden ist, verlangt vom Chemiker die Abkehr von einigen altgewohnten, z.T. aber unscharfen Bezeichnungen. Es erschien deshalb wünschenswert, das in der Bundesrepublik Deutschland auch gesetzlich verankerte internationale Einheitensystem (SI) in einem eigenen Kapitel kurz zu behandeln. Dabei haben wir uns weitgehend an die Empfehlungen der einschlägigen DIN-Normen gehalten. Entsprechend wurden auch alle betroffenen Stellen des übrigen Textes angepaßt; das trifft insbesondere für das Kapitel ,,Gehalt der Lösungen" zu und für alle Gehaltsangaben im Text und in dem ReagentienVerzeichnis im Anhang. Für die 73. Auflage wurde der Text redaktionell überarbeitet. Dabei standen Klarheit der Formulierungen, Einheitlichkeit der verwendeten Begriffe und der Nomenklatur sowie Eliminierung von Überholtem im Vordergrund. Da die sogenannten chemischen Umsetzungs-,,Gleichungen" keine Gleichungen im mathematischen Sinne sind, verwenden wir anstelle des früher allgemein benutzten Gleichheitszeichens einen Pfeil (-*), wenn eine Reaktion im wesentlichen in einer Richtung abläuft oder diese Richtung besonders gekennzeichnet werden soll; handelt es sich jedoch um die Beschreibung eines Gleichgewichtes, so wird sinngemäß ein Doppelpfeil (^) verwendet. Die Internationale Union für Reine und Angewandte Chemie hat im Jahre 1970 umfangreiche neue Regeln für die Nomenklatur der anorga-

VIII

Vorwort

nischen Chemie in englischer Sprache aufgestellt (Pure and Applied Chemistry, (1971) 28 no. 1); durch eine Kommission, der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland, Österreichs und der Schweiz angehörten, sind die Regeln für den deutschen Sprachgebrauch bearbeitet worden (Verlag Chemie, Weinheim, 1975). Diese Empfehlungen haben wir ebenso wie früher ihre Vorläufer - durchweg berücksichtigt. Es erscheint uns besonders wichtig, die neue Nomenklatur sobald wie möglich in den für den Anfänger bestimmten Lehrbüchern zu verwenden, damit sich späteres Umlernen erübrigt. In einigen Fällen hat die „Deutsche Kommission" Anregungen für Änderungen gegeben, die nützlich erscheinen, bei denen aber noch nicht zu übersehen ist, ob sie sich durchsetzen werden; dazu gehören z.B. Bezeichnungen wie Ferrumdichlorid statt Eisendichlorid für FeCl2 und auch die Bezeichnung der Nichtmetalle H, C, N, O, S durch die griechisch-lateinischen Namen Hydrogen, Carbon, Nitrogen, Oxygen und Sulfur. Da abgewartet werden muß, wieweit diese Anregungen angenommen werden, ist zwar auf die so gebildeten Namen hingewiesen worden, im Text sind aber noch die bisher verwendeten Namen benutzt worden. Im Interesse weiterer Verbesserung des Buches wären wir allen Benutzern für die Mitteilung von Wünschen und Kritik dankbar. September 1985 Wilhelm Klemm

Werner Fischer

Inhalt Überschriften der theoretischen Abschnitte sind kursiv gesetzt

Einleitung Benötigte Geräte Reinigen von Geräten und ihre Aufbewahrung Protokollführung und Lehrbuchstudium Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium . . Das Aufbewahren und Umfüllen von Reagentien Filter und Filtrieren Zentrifugieren Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Die Bearbeitung des Glases Kork bohren

l l 2 3 4 7 10 12 13 16 19

Nichtmetallverbindungen - Erster Teil Säuren,Basen, Salze Chlor und Hydrogenchlorid Chemische Umsetzungen Das internationale Einheitensystem SI; die Stoffmenge und das Mol Gehalt der Lösungen Schwefelsäure Elektrolytische Dissoziation — lonenlehre Chemische Bindung Oxidation und Reduktion Schweflige Säure Salpetersäure und Stickstoffoxide Kohlenstoffdioxid und Kohlensäure Hydrogensulfid Phosphorsäure — Saure Salze Namen anorganischer Stoffe

23 23 24 30

Metallverbindungen — Erster Teil Alkalimetalle und Ammonium Natrium Kalium

83 83 84 89

31 34 40 43 49 57 60 62 67 70 74 78

X

Inhalt

Ammonium Erdalkalimetalle und Magnesium Erdalkalimetalle Calcium Strontium und Barium Magnesium Chemisches Gleichgewicht A. Das Wesen der chemischen Gleichgewichte B. Das Massenwirkungsgesetz C. Anwendung desMassenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen D. Säure l Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted E. Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen F. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen

91 95 95 96 100 101 103 103 109

Aluminium Hydroxide und Oxide von saurem bzw. basischem Charakter

132

Elemente der Gruppe l B Silber Komplexverbindungen und Doppelsalze Kupfer Oxidations-Reduktions-Potentiale

143 143 147 153 158

Elemente der Gruppe 2 B Zink Cadmium Quecksilber

165 166 169 169

Übergangselemente Eisengruppe Eisen Cobalt Nickel Chrom Mangan Aufschließen

175 176 176 183 185 187 193 197

Weitere Elemente der B-Gruppen

199

113 114 127 130

138

Inhalt

Zinngruppe Zinn Kolloide Lösungen Blei Sulfide Arsengruppe Arsen Antimon Bismut

XI

200 201 204 207 209 211 211 219 223

Nichtmetallverbindungen — Zweiter Teil 7. Gruppe Halogene Hydrogenhalogenide Pseudohalogene Halogensauerstoffverbindungen 6. Gruppe Hydrogenperoxid Säuren des Schwefels Selen und Tellur 5. Gruppe Hydrazin, Hydroxylamin Salpetrige Säure und Nitrite Kondensierte Phosphorsäuren Phosphonsäure 4. Gruppe Silicium 3. Gruppe Borsäuren

225 225 225 225 227 228 233 233 235 238 239 239 240 242 245 246 246 249 249

Metallverbindungen — Zweiter Teil Lithium, Beryllium Seltene Erden Titan, Zirconium, Thorium Vanadium, Niob, Tantal Molybdän, Wolfram, Uran Thallium

251 251 252 254 256 259 262

XII

Anhang Löslichkeit einiger Substanzen in Wasser Verzeichnis der Reagentien Namen- und Sachregister Perioden-System der Elemente Erste Hilfe bei Unfällen

Inhalt

265 265 266 273 Ausschlagtafel . am Ende des Buches

Einleitung

Benötigte Geräte Zum Arbeiten im chemischen Laboratorium sind Geräte und Hilfsmittel nötig, die der Student an seinem Arbeitsplatz vorrätig halten muß: Reagensgläser1) verschiedener Größe2) Reagensglasgestell Reagensglasbürste Trichter Kölbchen einige dünne Glasstäbe mit rundgeschmolzenen Enden kleine Bechergläser eine Spritzflasche aus Glas oder Polyethylen Porzellantiegel und Abdampfschalen Filtriergestell ein eiserner Dreifuß oder besser ein Stativ mit verschiebbarem Ring als Kochgestell und ein Drahtnetz3) Gasbrenner oder Elektrobrenner Außerdem benötigt man noch folgende Hilfsmittel: Spatel aus Glas, Porzellan, Hörn, V2A-Stahl oder Reinnickel, eine Schere, ein Glasmesser zum Glasschneiden, eine dünne Rundfeile zum Glätten und Erweitern von Löchern im Korken (an der stärksten Stelle noch nicht ganz bleistiftdick), Pinzette und einige einseitig geschlossene Glasröhrchen, deren Anfertigung auf S. 17 beschrieben ist. Weiterhin ist ein Platindraht von etwa 5 cm Länge und etwa 0,4 cm Durchmesser erforderlich, der an einem 1

) Zum Halten heißer Reagensgläser benutzt man Reagensglasklammern. Man kann auch ein Stück Papier etwa der Größe DIN A 5 verwenden, das durch einige Längskniffe zu einem Streifen zusammengefaltet ist. 2 ) Für die meisten Versuche sind Reagensgläser der normalen Größe von etwa 16 mm Durchmesser und 160 mm Länge zweckmäßig; daneben benötigt man einige größere (etwa 20 mm X 200 mm), aber auch kleinere von verschiedenen Abmessungen. ) Drahtnetze aus V4A-Stahl ohne Einlage sind haltbarer als solche aus verzinktem Eisendraht mit Keramik-Einlage, außerdem behindert die Keramik-Einlage den angestrebten Wärmeübergang. Letzteres kann in manchen Fällen allerdings auch erwünscht sein.

2

Reinigen von Geräten und ihre Aufbewahrung

Ende in einen dünnen Glasstab eingeschmolzen ist. Er wird — mit dem Glasstab in einem Korken befestigt — in einem mit Salzsäure halbgefüllten Reagensglas aufbewahrt1). Zu beachten ist, daß vernickelte oder verchromte Instrumente im chemischen Laboratorium nicht brauchbar sind, weil sie leicht korrodieren und dann sauberes Arbeiten beeinträchtigen. Ferner muß jeder Student im Besitz einer Schutzbrille mit splittersicheren Scheiben, geeigneter Schutzhandschuhe (z.B. aus Latex oder Polyvinylchlorid) und eines Laborkittels sein. Der Kittel kann aus handelsüblichen Geweben bestehen, z.B. aus Baumwolle, Tuchgewebe, keineswegs jedoch aus leicht schmelzbarem vollsynthetischem Material. Für Reinigungsoperationen ist außerdem noch ein Wischtuch unentbehrlich. Es ist nützlich, daß man sich früh darin übt, G e w i c h t e und R a u m m a ß e a b z u s c h ä t z e n . Es empfiehlt sich, ein Reagensglas mit Wasser gefüllt zu wägen, um dadurch eine Vorstellung vom Inhalt eines Reagensglases und seiner Teile zu erhalten. Auch ist anzuraten, ein Reagensglas durch Einwägen von 1,2, 3 g usw. zu kalibrieren und die betreffenden Höhen an einem aufgeklebten Papierstreifen oder durch Anzeichnen mit einem Spezialschreibstift zu verzeichnen. Ein solcher einfacher Meßzylinder (Mensur) ist oft nützlich.

Reinigen von Geräten und ihre Aufbewahrung Alle Glasssachen müssen stets sauber gehalten w e r d e n . Bechergläser werden gereinigt, mit destilliertem Wasser ausgespült und nach dem Abtropfen mit nach unten gestellter Öffnung auf Filtrierpapier, mit dem der Geräteschrank zum Teil ausgelegt ist, aufbewahrt. Die gereinigten und getrockneten Kölbchen bewahrt man nach Verschluß mit etwas Filtrierpapier, das über den Rand geknifft wird, geg e n Staub gesichert auf. D i e R e a g e n s g l ä s e r s o l l e n s t e t s b a l d n a c h d e n V e r s u c h e n g e r e i n i g t w e r d e n . Dazu reichen meist eine Reagensglasbürste und Ausspülen mit Wasser aus; zur Entfernung festanhaftender Niederschläge nimmt man eventuell J

) Als Ersatz für den Platindraht können in manchen Fällen — z.B. zur Herstellung von Phosphorsalz- oder Boraxperlen — Stäbchen und Rinnen aus Aluminiumsilicat verwendet werden, die unter dem Namen Magnesiastäbchen bzw. -rinnen im Handel sind. Für die seltenen Fälle, in denen ein Platintiegel unentbehrlich ist, kann man einen solchen im Labor auslernen.

Protokollführung und Lehrbuchstudium

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einige T r o p f e n konzentrierter Salzsäure zu Hilfe 1 ). In manchen Fällen sind auch die handelsüblichen Spülmittel nützlich. Diese Reinigung gelingt fast immer leicht und schnell, wenn sie bald vorgenommen wird, ist aber oft recht mühsam und zeitraubend, wenn sie bis zum nächsten Tag verschoben wird. Man spült auch hier stets mit destilliertem Wasser nach. Zum Abtropfen stellt man die Reagensgläser mit der Mündung nach unten auf die Zapfen, die zu diesem Zweck an der Hinterseite des Gestells angebracht sind, oder auch in die Öffnungen des Reagensglasgestells. Man halte stets einige trockene Reagensgläser vorrätig, weil solche zu manchen Versuchen nötig sind. Durch Befolgen dieser Vorschriften kann man sich Zeitverlust und Mißerfolge ersparen. Überhaupt muß mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen werden, d a ß m a n s i c h b e i c h e m i s c h e n A r beiten von vornherein an die größte Sauberkeit g e w ö h n e n muß. Auch das Innere der Schubladen und Schränke sollte stets vorbildlich sauber und ordentlich gehalten sowie mit Verständnis geordnet sein. Filter, Glas- und Porzellangeräte dürfen nicht durcheinander geworfen werden, sondern müssen getrennt aufbewahrt werden.

Protokollführung und Lehrbuchstudium Es ist unbedingt erforderlich, daß über die Arbeiten im Laboratorium sorgfältig und ausführlich Protokoll geführt wird, und zwar nicht auf losen Zetteln, Zigarettenschachteln und ähnlichem, sondern in einem Heft. Der Studierende gewöhne sich vom ersten Tage daran, j e d e Beobachtung, und sei sie noch so geringfügig, so aufzuschreiben, als ob sie von ihm erstmalig gemacht worden sei. Man verlasse sich nicht darauf, daß ja alles ,,im Buche" stehe, sondern protokolliere sofort nach Ausführung des Versuches die Beobachtungen, ohne das Buch zu Hilfe zu neh) Zum Reinigen von Glasoberflächen, die mit Fett oder ähnlichen Stoffen verunreinigt sind, benutzt man eine alkalische Lösung von Kaliumpermanganat (vgl. S. 194ff.); das dabei gebildete Manganoxid löst sich leicht in Schwefligsäure-Lösung (vgl. S. 235). In Sonderfällen kann man auch eine warme Lösung von Kaliumdichromat in konzentrierter Schwefelsäure („Chromschwefelsäure") verwenden, jedoch ist ihre Gefährlichkeit wegen der Giftigkeit von Chromverbindungen zu beachten. Jegliche Berührung mit der Haut ist zu vermeiden. Chrom kann durch die Haut aufgenommen werden und sich im Körper akkumulieren.

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Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im chemischen Laboratorium

men, weil man sonst leicht in den Fehler verfüllt, das Buch abzuschreiben. Durch diese Art der Niederschrift lernt der Anfänger, die chemischen Ausdrücke zu verwenden und sauber wissenschaftlich zu formulieren. Wenn er es sich ferner zum Grundsatz macht, jede im Reagensglas beobachtete Umsetzung auch mittels der chemischen Symbole zu beschreiben, so übt er sich in der wichtigen chemischen Formelsprache. Schließlich ist diese Erziehung zum sorgfältigen Protokollieren auch als Vorbereitung für das spätere selbständige Arbeiten unentbehrlich, bei dem mangelhafte Protokollführung zu schweren Irrtümern und erheblichem Zeitverlust führen kann. Das Laboratoriumstagebuch braucht keine schön geschriebene Reinschrift zu sein, aber es soll übersichtlich und auch für einen anderen lesbar sein. Das allerwichtigste Erfordernis für ein erfolgreiches Durcharbeiten dieses Leitfadens ist das häusliche Studium. Kein Abschnitt soll im Laboratorium vorgenommen werden, bevor er sorgfältig unter Hinzuziehung eines L e h r b u c h s der C h e m i e zu Hause theoretisch durchgearbeitet und aufgeklärt ist. Es ist auch dringend zu empfehlen, die im vorliegenden Buch in großer Zahl gegebenen Seitenverweise auszunutzen, weil dadurch die Einordnung des neu Erlernten erleichtert und oft auf dem Anfänger noch unbekannte Schwierigkeiten aufmerksam gemacht wird. Unklarheiten und Zweifel lasse man keinesfalls auf sich beruhen, sondern frage um Rat.

Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im chemischen Laboratorium Die beim Ungang mit Chemikalien auftretenden Gefahren lassen sich vermeiden, wenn man sie kennt und entsprechende Vorsichtsmaßregeln einhält. Einige wichtige Regeln, die unbedingt beachtet werden müssen, sind im folgenden angeführt. Dabei spielt neben dem Schutz der eigenen Person die Verantwortung für Arbeitskollegen und Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Der Chemiker gewöhne sich frühzeitig an einen Arbeitsstil, der hinsichtlich Sicherheit und Hygiene als Vorbild für andere dienen kann. l. Jeder Chemiker muß die Grundregeln der Ersten Hilfe kennen (s. Tafel am Ende des Buches) und muß auch wissen, wo sich im Laboratorium der Verbandskasten, die Notbrause und das nächste Telefon befinden.

Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im chemischen Laboratorium

5

2. Viele Chemikalien können gesundheitsgefährlich sein. Als Gifte bezeichnet man solche Stoffe, die bereits in kleinen Mengen Gesundheitsschäden größeren Ausmaßes oder sogar den Tod verursachen können (z.B. Hydrogensulfid, Schwermetallsalze usw.). Dabei kann die Aufnahme durch den Atemtrakt als Gas, Dampf, Staub, Nebel und - was häufig nicht beachtet wird — auch durch die Haut erfolgen. Das Verschlucken von Chemikalien ist zwar verhältnismäßig selten die Ursache von Vergiftungen; derartige Unfälle können jedoch dann auftreten, wenn Lösungen mit dem Munde angesaugt werden; dies ist deshalb verboten. Als ätzend werden Stoffe bezeichnet, die lebendes Gewebe zerstören können. Zu dieser Gruppe zählen z.B. die anorganischen Säuren und Basen. Die erste allgemeine Regel zum Schutz vor diesen Gefahren besteht in der Forderung nach peinlicher Sauberkeit; dies wird in den folgenden Abschnitten im einzelnen erläutert. Man hüte sich besonders davor, Chemikalien mit Wunden in Berührung zu bringen. Gefährliche Chemikalien dürfen auf keinen Fall in den Ausguß gegeben werden, sondern müssen nach den örtlichen Vorschriften gesammelt und gezielt beseitigt werden. 3. Die meisten Versuche dieses Leitfadens werden in Reagensgläsern ausgeführt. Es ist zweckmäßig, zu jeder Umsetzung nur w e n i g S u b s t a n z zu nehmen und mit stark verdünnten Lösungen zu arbeiten; denn die meisten Erscheinungen sind bei verdünnten Lösungen viel klarer zu erkennen als bei konzentrierten. Ferner beachte man, daß man fast stets mit —l ml der Lösungen vollständig auskommt. Man spart so nicht nur Chemikalien, sondern vor allem auch Zeit und vermeidet Gefahren. 4. Beim Erhitzen von Flüssigkeiten im Reagensglas, besonders von solchen, in denen feste Teilchen ausgeschieden sind, ist das Reagensglas leicht und andauernd zu bewegen. Durch diese leichten Schüttelbewegungen wird einem Siedeverzug und dem damit verbundenen Herauskochen der Flüssigkeit aus dem Rohr vorgebeugt. Außerdem werden dadurch die Wände des Reagensglases innen, soweit sie erhitzt werden, andauernd mit Flüssigkeit gekühlt, wodurch eine Überhitzung der Glaswände vermieden wird. Wenn man den Inhalt zum Sieden erhitzen will, soll das Reagensglas keinesfalls zu mehr als V* von Flüssigkeit erfüllt sein; nötigenfalls gießt man in ein weiteres Glas um. Will man die Flüssigkeit längere Zeit im Sieden erhalten, z.B. einengen, so soll man Reagensgläser von mindestens etwa 16 mm Durchmesser verwenden.

6

Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im chemischen Laboratorium

Beim Kochen halte man die M ü n d u n g des Glases n i e m a l s auf sich und a n d e r e Personen g e r i c h t e t , damit niemand verletzt werde, falls doch einmal ein Herausschleudern stattfinden sollte. 5. Versuche, bei denen giftige oder übelriechende Gase entstehen, müssen unter allen Umständen unter dem Abzug ausgeführt werden. Es ist eine selbstverständliche Pflicht gegenüber den Arbeitskollegen, alles zu vermeiden, was die Laboratoriumsluft verschlechtert. Die Fenster unbenutzter Abzüge sind geschlossen zu halten, weil die Entlüftungswirkung in den anderen sonst geschwächt wird. 6. Bei manchen Versuchen muß man mit giftigen Substanzen (z.B. Natriumcyanid) arbeiten. In diesen Fällen ist besonders auf peinliche Sauberkeit zu achten (nichts verschütten, sofortiges Säubern der Geräte und der Hände.) Man bringt sonst sich selbst in Lebensgefahr und gefährdet unter Umständen andere. Überhaupt ist es selbstverständlich, daß man sich nach j e d e m Arbeiten im chemischen Laboratorium sorgfältig die Hände wäscht. Man weiß nie, ob nicht Spuren schädlicher Stoffe an ihnen haften. Chemikalien können auch über die Haut aufgenommen werden! Chemikalien dürfen niemals in Gefäßen aufbewahrt werden, die üblicherweise zur Aufnahme von Speisen oder Getränken benutzt werden. Auch das Essen und Trinken an Labortischen und an Abzügen muß unterlassen werden, da die Gefahr der Aufnahme gefährlicher Stoffe in den Körper besteht. Aus dem gleichen Grunde darf im gesamten Laborbereich nicht geraucht werden. 7. Gelegentlich hat man es mit Umsetzungen zu tun, die zu Explosionen führen können. Kennt man die Gefahr, so kann man durchaus solche Versuche ausführen; denn durch zweckmäße Anordnung des Versuchs kann man sich schützen. Da im Laboratorium stets mit der Möglichkeit des Verspritzens von Alkalien und Säuren gerechnet werden muß und auch kleine Explosionen vorkommen können, ist es für den Anfänger, der das Verhalten der Stoffe noch nicht kennt, unumgänglich, die Augen bei der Laboratoriumsarbeit s t e t s durch eine geeignete Schutzbrille zu schützen (vgl. S. 2). 8. Beim Hantieren mit hautresorptiven, giftigen Substanzen schützt man sich am besten durch das Tragen geeigneter Schutzhandschuhe

Das Aufbewahren und Umfüllen von Reagentien

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Die hier gegebenen praktischen Hinweise für den angehenden Chemiker dienen in erster Linie seinem eigenen Schutz und dem seiner unmittelbaren Umgebung. Es ist jedoch wichtig, schon an dieser Stelle, d.h. zu Beginn des Studiums, anzumerken, daß Chemiker oder Chemikerin nur werden sollte, wer von vornherein bereit ist, die damit verbundene Verantwortung auf sich zu nehmen. Der Chemiker arbeitet nicht nur mit bekannten Stoffen, die er aus Rohstoffen herstellt, reinigt und auf Zusammensetzung und Eigenschaften — durch Analyse — untersucht, sondern er erforscht neue Herstellungsverfahren für die bekannten Stoffe und stellt — durch Synthese — immer mehr neue Stoffe her in der Erwartung, darunter solche zu finden, die neue erwünschte Eigenschaften besitzen. Mit allen diesen Arbeiten können Belastungen und Gefährdungen für die betroffenen Menschen und die Umwelt verbunden sein, vor allem dann, wenn die Operationen in größerem, d.h. industriellem Maßstab durchgeführt werden. Diese Gefahren rechtzeitig zu erkennen, sie zu beschreiben und verantwortlich zu bewerten sowie Vorkehrungen zu ihrer Abwendung zu entwickeln, setzt eine innere Haltung voraus, die jeden verantwortungsbewußten Chemiker auszeichnet und an die sich schon der Student gewöhnen muß.

Das Aufbewahren und Umfüllen von Reagentien Zur Aufbewahrung von Reagentien dienten früher fast ausschließlich Glasgefäße, für Flüssigkeiten solche mit engem, für feste Stoffe mit weitem Hals. Da Kork- und Gummistopfen den Flascheninhalt leicht verunreinigen können, sind eingeschliffene Glasstopfen oder Verschlüsse aus chemikalienbeständigem Kunststoff unbedingt vorzuziehen. Das Glas wird von neutralen und sauren Flüssigkeiten kaum, merklich jedoch von alkalisch reagierenden angegriffen und verunreinigt diese; sog. Gerätegläser sind widerstandsfähiger, aber nicht vollständig resistent. Zur Aufbewahrung alkalischer Stoffe, z.B. von Natronlauge, Soda- oder Ammoniak-Lösung, sind besser geeignet Flaschen aus Polyethylen; auch zum Transport können sie wegen ihrer Unzerbrechlichkeit bei größeren Mengen anderer Substanzen eingesetzt werden. Dabei ist jedoch zu beachten, daß prinzipiell große Flaschen und Container für gefährliche Chemikalien in sog. Säureeimern, das sind einfache Eimer aus verzinktem Eisenblech, zu tragen sind. Weiterhin muß darauf geachtet werden, daß Gase wie Ammoniak, Hydrogenchlorid und Kohlendioxid durch Polyethylen langsam diffundieren können und daß die Flaschenwand unter Umständen etwas organische Substanz an den Inhalt abgeben kann.

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Das Aufbewahren und Umfüllen von Reagentien

Auf eine deutlich leserliche und haltbare Beschriftung aller Chemikalienflaschen, z.B. unter Verwendung von gut haftenden Etiketten, ist besonders zu achten. Polyethylenflaschen können mit Hilfe von Spezialetiketten gekennzeichnet werden. Vor dem Bekleben muß jedoch die betreffende Stelle der Flasche mit Aceton gereinigt werden. Das Eingießen von flüssigen Reagentien aus einer Flasche in ein Probierglas ist eine der kleinen Handhabungen, die der Chemiker besonders häufig auszuführen hat. Da bei unsachgemäßer Durchführung mancherlei Übelstände auftreten, gewöhne man sich von vornherein an folgende Art der Ausführung:

Fig. 1. Ausgießen von Flüssigkeiten

Die Flasche ist mit vollem Griff zu fassen, und zwar so, daß die Beschriftung bei waagerechter Lage der Flasche nach oben kommt. Macht man es anders, so könnte ein herunterlaufender Tropfen die Beschriftung beschädigen. Das Reagensglas wird mit dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger der linken Hand gehalten. Mit den beiden noch freien Fingern und dem Handballen nimmt man den Stopfen von der Flasche (Fig. l a) und gießt die Flüssigkeit ein, ohne dabei den Rand der Flasche auf den des Reagensglases aufzusetzen (Fig. l b). Berührt man das Reagensglas, so kann der Rand und damit der Inhalt der Flasche verunreinigt werden — besonders, wenn man es gewohnheitsmäßig macht! —, was bei späterem Gebrauch der Reagensflüssigkeit Anlaß zu Irrtümern gibt. Nach dem Ausgießen der Flüssigkeit hängt am Rande der Flasche in der Regel ein dicker Tropfen. Diesen streicht man nicht am Reagensglas ab, noch läßt man ihn außen an der Flasche herunterlaufen, sondern man führt den Flaschenrand, ohne dabei die Flasche aus ihrer schrägen Lage wesentlich aufzurichten, an den Hals des Stopfens, streicht hier den Tropfen ab (Fig. l c), setzt den Stopfen auf und stellt die Flasche an ihren Platz.

Das Aufbewahren und Umfüllen von Reagentien

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Gewöhnt man sich an diese Art der Ausführung, so bleiben die Reagentien stets sauber, die Flaschen und ihre Beschriftung sowie die Reagentienregale werden nicht beschmutzt, und es kann niemals vorkommen, daß man einen Stopfen auf eine falsche Flasche setzt. Bei Versuchen im Reagensglas ist es meist erforderlich, die Reagenslösungen t r o p f e n w e i s e zuzusetzen. Mit einiger Übung gelingt dies leicht durch vorsichtiges Neigen der Flasche; zweckmäßig ist es, die verschlossene Flasche vorher einmal umzuschüttein und mit dem dadurch befeuchteten Stopfen nach dem Öffnen die Stelle des Halses zu benetzen, an der der Tropfen ausfließen soll. In gewissen Fällen sind Tropfpipetten nützlich. Sie bestehen (s. Fig. 2) aus einem Glasrohr von 4—6 mm lichter Weite und etwa 6—10 cm Länge, das an einem Ende zu einer Verjüngung ausgezogen, abgeschnitten und dann rundgeschmolzen wird, während über das andere Ende eine Gummikappe gezogen wird. Sie müssen nach Gebrauch stets sorgsam gesäubert werden, was etwas umständlich ist, da dies nur nach Abnahme der Gummikappe und Ausspülen beider Teile mit destilliertem Wasser sicher gelingt. Es wird auch empfohlen, jede Reagensflasche für die Dauer mit einer zugehörigen Tropfpipette zu versehen, die mittels eines durchbohrten Stopfens auf Fig. 2. Tropfpipette. l/2 natürliche Größe

Fig. 3. Tropfflasche aus Polyethylen

die Flasche aufgesetzt wird. Das erfordert peinlich sauberes Arbeiten, weil jede Verunreinigung der Pipette den ganzen Flascheninhalt unbrauchbar macht. Besser sind Tropfflaschen aus Polyethylen (s. Fig. 3), deren Schraubverschluß a eine Tropfkapillare b trägt. Bei diesen Flaschen ist die Gefahr einer Verunreinigung geringer. Eine Verwechslung der Verschlußkappen c für die Kapillaren wird vermieden, wenn die Kappen mit einer Kunststoffschnur d an dem Schraubverschluß befestigt sind.

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Filter und Filtrieren

Zur Bestimmung der ungefähren Tropfengröße lasse man je etwa ein Milliliter aus einer Flasche bzw. einer Tropfpipette in einen Meßzylinder ausfließen und zähle dabei die Tropfen. Führt man Reaktionen durch, bei denen sich beim Zugeben einer Reagensflüssigkeit Gase entwickeln (vgl. z. B. S. 26, Nr. 2), so gießt man die Lösung nicht aus der Reagentienflasche zu; denn in diesem Fall besteht die Gefahr, daß die sich entwickelnden Gase den ganzen Inhalt der Flasche verunreinigen. Vielmehr füllt man in diesem Fall erst die etwa erforderliche Flüssigkeitsportion in ein sauberes Reagensglas und gießt sie von dort in das Reagensglas mit der zu untersuchenden Substanz, oder man verwendet eine Tropfpipette, die nach Gebrauch zu säubern ist. Das Ausschütten vor], festen Reagentien aus Flaschen ist nach Möglichkeit zu vermeiden, da man dabei schlecht dosieren kann. Man entnimmt die benötigte Stoffportion vielmehr mit einem s a u b e r e n Spatel oder Löffel. Hat man dabei einmal etwas mehr genommen, als benötigt wird, so gibt man den Rest — wenn es sich nicht um besonders kostbare Substanzen handelt — nicht in die Flasche zurück, sondern je nach Gefährlichkeit der Substanz zur Vernichtung oder in den Abfall. Dies gilt besonders für Anteile, die auf den Arbeitstisch gefallen sind. — Zum Einfüllen pulverförmiger Substanzen in Gefäße mit kleiner Öffnung sind saubere Spielkarten nützlich. Filter und Filtrieren Zur Herstellung von „glatten Filtern" benutzt man in der Regel fertig geschnittene runde Scheiben aus Filtrierpapier. Für die vorliegenden Versuche genügen die billigen „qualitativen" Filter; die besonders aschearmen, teureren „quantitativen" Filter sind nicht erforderlich. Man halte sich eine größere Menge Filter verschiedenen Durchmessers (etwa 7 und 9 cm) stets vorrätig, und zwar nicht lose im Schubfach herumliegend, sondern in einer geeigneten Pappschachtel. Zum Gebrauch faltet man das Filter zweimal im rechten Winkel (vgl. Fig. 4a), so daß es das Aussehen von Fig. 4b erhält. Diese Papiertüte wird geöffnet (Fig. 4c) und in einen Trichter gesteckt, dessen konischer Teil wenigstens um l cm höher ist als das Filter; auf k e i n e n F a l l d a r f d a s F i l t e r ü b e r d e n R a n d d e s T r i c h t e r s hina u s r a g e n . Jetzt gießt man mit der Spritzflasche Wasser in das Filter

Filter und Filtrieren

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Fig. 4. Filter einlegen

und drückt es mit einem Finger an die Trichterwand fest an (Fig. 4d). Das Filtrat läuft nur dann gut ab, wenn das Papier oben überall gut an der Glaswand anliegt, so daß keine Luftblasen auftreten 1 ); denn nur dann wirkt die Flüssigkeitssäule im Trichterrohr saugend auf die Flüssigkeit im Filter. Hat der Trichter nicht genau den Winkel von 60°, so muß man das beim Kniffen des Filters berücksichtigen. Man lernt dies wie überhaupt die Anfertigung eines gut arbeitenden Filters am besten von Geübteren. Für präparative Arbeiten sind oft die „Faltenfilter" vorzuziehen, da sie ein schnelleres Filtrieren ermöglichen. Man verwendet sie aber nur dann, wenn es nicht darauf ankommt, den auf dem Filter gesammelten Niederschlag gut auszuwaschen. Faltenfilter bezieht man in der Regel fertig gefaltet. Beim Filtrieren gießt man das Filter nie ganz voll, damit nichts über den Rand des Filters steigt. Mit dem Auswaschen, zu dem die Spritzfiasche verwendet wird, beginnt man erst, wenn alle Flüssigkeit aus dem Filter abgelaufen ist und nachdem man sich durch Zugabe eines Tropfens des Fällungsmittels zum Filtrat davon überzeugt hat, daß die Fällung vollständig war. Beim Auswaschen läßt man das Filter jedesmal erst ganz

') Es ist praktisch, die in Fig. 3c gestrichelt gezeichnete Ecke abzureißen oder auch nur einzureißen und um die Knickstelle nach rechts umzuschlagen; denn das Filter liegt dann meist noch besser an. Man kann außerdem beim zweiten Falten des Filters etwas vom rechten Winkel abweichen; öffnet man dann die Papierlage mit dem größeren Winkel, so erhält man eine kegelförmige Tüte mit einem Winkel größer als 60°. Setzt man diese in einen Trichter mit einem Konuswinkel von 60° ein, so liegt das Filter nur oben dicht an der Glaswand an; ein derartiges ,,hängendes Filter" filtriert rascher als ein überall gleichmäßig anliegendes.

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Zentrifugieren

abtropfen, ehe man weiteres Waschwasser aufspritzt 1 ). Die Hauptregel für d a s Auswaschen ist: o f t m a l s m i t w e n i g W a s s e r a u s waschen und jedesmal möglichst vollständig a b l a u f e n l a s s e n ! Vgl. S. 144. Da der Filtrationsprozeß bei feinflockigen Niederschlägen sehr langsam verläuft, ist es zuweilen empfehlenswert, die Fällung im Glas absitzen zu lassen, darauf zunächst die über dem Niederschlag stehende klare Flüssigkeit, ohne jenen aufzuwirbeln, durch das Filter abzugießen und erst dann den Niederschlag mit etwas Wasser aufs Filter zu spülen. Man bezeichnet dieses Abgießen einer Flüssigkeit von einem Niederschlag als „Dekantieren"; es gelingt bei Niederschlägen höherer Dichte leicht. Zentrifugieren Zur Trennung fester Stoffe von flüssigen verwendet man anstelle des Filtrierens oft mit Vorteil das Zentrifugieren. Es gelingt schon mit einer einfachen, von Hand betriebenen Zentrifuge, Z e n t r i f u g a l b e s c h l e u n i g u n g e n zu erzielen, die ein Vielfaches der normalen Schwerebeschleunigung betragen. Dadurch wird ein rasches Sedimentieren (Absetzen) der festen Partikeln bewirkt, die — wie es meist der Fall ist - dichter als die umgebende Flüssigkeit sind. Bevor man die Zentrifuge in Betrieb setzt, ist sie a u s z u w u c h t e n . Bei der Handzentrifuge genügt es, der zu sedimentierenden Probe gegenüber ein Glasrohr mit einer annähernd gleich schweren Wasserfüllung einzusetzen; bei größeren elektrisch angetriebenen Zentrifugen, die erheblich stärkere Kräfte erzeugen können, müssen Probe und Gegengewicht auf der Waage genau austariert werden, weil die Zentrifuge sonst auseinanderfliegen und erhebliche Zerstörungen anrichten kann. Zum Zentrifugieren kleiner Portionen von Suspensionen, wie sie bei den hier beschriebenen Versuchen und bei der qualitativen Analyse verwendet werden, benutzt man im unteren Teil schwach konische Z e n t r i f u g e n r ö h r c h e n (Fig. 5), mit deren Hilfe man auch sehr kleine Niederschlagsportionen am verjüngten Ende des Rohres gut sammeln ') Bei s c h l e i m i g e n Niederschlägen, wie z. B. Aluminiumhydroxid (vgl. S. 134), darf man das Ablaufen der Flüssigkeit nur so weit fortschreiten lassen, daß der Niederschlag noch feucht bleibt. Denn beim Trockenwerden springt die Masse in kleine Schollen entzwei, zwischen denen das Waschwasser wirkungslos vorbeilaufen würde.

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

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Fig. 5. Zentrifugenglas. Etwa J/3 natürliche Größe

kann. Die Röhrchen müssen eine etwas stärkere Wand als die gewöhnlichen Reagensgläser besitzen, damit sie den Kräften standhalten, die beim Zentrifugieren auftreten. Man darf die Zentrifugengläser n i c h t ü b e r f r e i e r F l a m m e erhitzen, weil wegen ihrer Form auch bei geringer Füllhöhe die Gefahr des Herausspritzens infolge Siedeverzugs sehr groß ist; bei Rohren aus gewöhnlichem Glas (nicht sog. Geräteglas) verbietet sich die unmittelbare Erhitzung mit dem Brenner auch deshalb, weil sie dabei infolge ihrer größeren Wandstärke leicht springen. Ist eine E r h i t z u n g der zu zentrifugierenden Mischung erforderlich, so muß diese vorher in einem Reagensglas erfolgen oder man hängt das Zentrifugenglas in ein Wasserbad; wenn für diesen Zweck kein Wasserbaddeckel mit passenden Öffnungen, die die Zentrifugengläser halten, zur Verfügung steht, so kann man das Hineinfallen des Zentrifugenglases dadurch verhindern, daß man es am oberen Ende in einer Reagensglasklammer befestigt. D i e A b t r e n n u n g d e r ü b e r s t e h e n d e n , durch d a s Zentrifugieren geklärten F l ü s s i g k e i t erfolgt am besten mit einer Tropfpipette, die man langsam nach unten senkt, während mittels der Gummikappe angesaugt wird. Zum A u s w a s c h e n gibt man wenig einer geeigneten Flüssigkeit zu und wirbelt mit einem dünnen, unten rund geschmolzenen Glasstab den oft sehr fest am Boden haftenden Niederschlag gut auf. Anschließend wird erneut zentrifugiert und die Waschflüssigkeit abpipettiert. Das Auswaschen erfordert im Zentrifugenglas weniger Waschflüssigkeit als auf dem Filter.

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Der Bunsenbrenner. Zur Erzeugung höherer Temperaturen benutzt man heute im chemischen Laboratorium im großen Umfang elektrische Öfen.

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Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

Wenn nur kleine Proben z. B. im Reagensglas erhitzt werden sollen, wie es bei den im vorliegenden Buch beschriebenen einfachen Versuchen meist der Fall ist, so verwendet man zweckmäßig Gasbrenner, deren Konstruktionsprinzip auf R o b e r t B u n s e n zurückgeht. Diese Brenner besitzen an dem unteren Teil des eigentlichen Brennerrohres Öffnungen, die so verstellt werden können, daß der Gasstrom mehr oder weniger große Mengen Luft ansaugt. Stellt man es so ein, daß keine Luft eintritt, so erhält man eine gelbe, „ l e u c h t e n d e " Flamme. Dieses Leuchten rührt daher, daß infolge der ungenügenden Luftzufuhr im Inneren der Flamme eine unvollständige Verbrennung stattfindet. Von den Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, aus denen das von den örtlichen Verteilungsstellen gelieferte Gas1) besteht, vereinigt sich dabei der Wasserstoff leichter mit dem Luftsauerstoff, während der Kohlenstoff im wesentlichen nur am Flammenrand verbrennt. Bei der Flammentemperatur leuchten die vorübergehend gebildeten festen Kohlenstoff-(Ruß-) Teilchen. Infolge dieses Gehalts an unverbrannten brennbaren Stoffen kann diese Flamme Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben, den Sauerstoff entziehen: sie wirkt schwach „ r e d u z i e r e n d "2). Läßt man dagegen durch die Öffnung Luft zutreten, so verbrennt auch der Kohlenstoff rascher. Da die Flamme infolgedessen glühende feste Teilchen nicht enthält, leuchtet sie nicht ( „ e n t l e u c h t e t e " Flamme). In diesem Falle unterscheidet man einen inneren, blauen Kegel und einen äußeren, bei reinem Brenner und staubfreier Luft nahezu farblosen Mantel. Der i n n e r e Kegel ist verhältnismäßig kalt. Hält man ein Stückchen Holz (Streichholz ohne Kuppe) einen Augenblick quer in die Flamme, so verkohlt es nur an den Stellen, mit denen es sich in dem äußeren Mantel befindet. Da der innere Kegel unverbranntes Gas im Überschuß enthält, wirkt er reduzierend. Besonders geeignet für Reduktionswirkungen ist seine oberste Spitze, weil er an dieser am heißesten ist. Am äußeren Rande des ä u ß e r e n Kegels findet sich ein geringer Sauerstoffüberschuß; dieser Teil wirkt daher s c h w a c h o x i d i e r e n d , er kann hineingebrachten Substanzen Sauerstoff zuführen. Stärkere Oxidationswirkungen erzielt man mit dem Gebläse (s. unten).

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) Heute in der Regel Erdgas mit Methan CH4 als Hauptbestandteil. ) Näheres über die Begriffe „Reduktion" und „Oxidation" siehe S. 25 u. S. 57 ff.

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

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Ist die Luftzufuhr zu groß oder der Gasdruck zu klein, so „schlägt" der Brenner „zurück", d. h. die Verbrennung erfolgt im Inneren des Brennerrohrs an der Gaseintrittsdüse. In solchen Fällen muß die Gaszufuhr sofort abgestellt werden1), da sonst der Brenner beschädigt wird. Nach dem Erkalten des Brenners stellt man dann die Luftzufuhr etwas kleiner oder die Gaszufuhr größer. Den Instituten erwachsen durch den Gasverbrauch große Unkosten. Es ist deshalb eine selbstverständliche Pflicht eines jeden Studierenden, G a s v e r s c h w e n d u n g zu v e r m e i d e n . Bei Nichtbenutzung des Brenners lasse man daher nur die Sparflamme brennen. Ist eine entsprechende Einrichtung am Brenner nicht vorhanden, so stellt man die Luftzufuhr ab und drosselt dann die Gaszuführung so stark, daß nur noch eine kleine Flamme brennt. Zur Erhitzung kleiner Reagensgläser, die zur Vermeidung von Siedeverzug um so weniger hoch gefüllt sein dürfen, je enger sie sind, und zur Erwärmung von Objektträgern hält man diese ü b e r , nicht in die S p a r f l a m m e des Brenners; man kann auch nach Abschrauben des Brennerrohres eine kleine Flamme aus der Gaszuführungsdüse brennen lassen und diese benutzen. Gebläse. Braucht man h ö h e r e T e m p e r a t u r e n , z. B. zum Erhitzen von Porzellantiegeln, so benutzt man einen G e b l ä s e b r e n n e r, bei dem dem Gas vor der Verbrennung komprimierte Luft zugeführt wird. Das Einblasen der Luft erfolgt meist durch ein maschinell betriebenes Gebläse. Bei dem heute meist nur verfügbaren Erdgas, das eine geringe Verbrennungsgeschwindigkeit besitzt, erhält man eine stabile Flamme nur, wenn man außer Luft auch etwas reinen Sauerstoff aus einer Stahlflasche zuführt. Eine solche Flamme ist auch zur Glasbearbeitung geeignet. Noch höhere Temperaturen erzielt man durch ein S a u e r s t o f f - G a s - G e b l ä s e, bei dem an Stelle eines Luft-Sauerstoff-Gemisches nur Sauerstoff zugeführt wird. Die Flamme wirkt in diesem Falle s t a r k o x i d i e r e n d . Für die üblichen Laboratoriumsarbeiten des Studierenden ist jedoch dieses Sauerstoff-Gebläse ebensowenig erforderlich wie das noch heißere Wasserstoff-Sauerstoff-(,,K n a 11 g a s") Gebläse.

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) Manchmal hilft ein kurzer Schlag auf den Gasschlauch!

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Die Bearbeitung des Glases

Das Lötrohr, das heute noch vom Goldschmied benutzt wird, ist leider in der Chemie weitgehend außer Gebrauch gekommen, obwohl es mit einer Paraffinlampe Proben auf schlecht wärmeleitender Unterlage (z. B. Holzkohle) ebenso hoch wie mit einem Gebläse zu erhitzen vermag und dabei je nach Luftzufuhr kräftige Oxidations- bzw. Reduktionswirkungen erzielt 1 ). Wie man so mit einfachen Hilfsmitteln auf trockenem Wege Beobachtungen machen kann, die anders nicht zu erhalten sind und die vielerlei Aufgaben der qualitativen Analyse zu lösen vermögen, hat Berzelius, der Altmeister der ,,Lötrohrprobierkunde", u.a. Goethe vorgeführt. Im vorliegenden Buch sind einige Lötrohrproben aufgeführt. Das Lötrohr entleihe man vom Assistenten, von dem man sich die Herstellung einer reduzierenden und einer oxidierenden Flamme zeigen lasse. Einige der hier angegebenen Lötrohrproben können auch mit einer kleinen Gebläseflamme, einige — wie die Perlenproben und die Flammenfärbung — auch mit dem Bunsenbrenner ausgeführt werden.

Die Bearbeitung des Glases Der Chemiker kommt beim Zusammenstellen von Apparaten und bei anderen Gelegenheiten oft in die Lage, Glasröhren biegen zu müssen, sie abzuschmelzen, Bruchstellen abzurunden usw. Es ist sehr erwünscht, wenn er sich darin bald eine gewisse Fertigkeit aneignet. Im folgenden seien einige Fingerzeige über die allereinfachsten Glasarbeiten gegeben; besser als aus ihnen wird man die Sache durch Z u s e h e n bei e i n e m G e ü b t e n lernen. Sehr empfehlenswert ist es, während des Studiums möglichst frühzeitig an einem G l a s b l a s e k u r s u s teilzunehmen. Glasrohr schneiden. Glasröhren bis zu l cm Durchmesser zerschneidet man in folgender Weise. Mit einem scharfen Glasmesser wird das Glasrohr zum Fünftel bis Viertel seines Umfanges eingeritzt. Dann faßt man das Rohr gemäß Fig. 6 voll mit beiden Händen und bricht es unter schwachem Ziehen auseinander. Bricht das Rohr nicht bei leisem Druck, so muß man die Ritzstelle vertiefen. Fig. 6. Glasrohr brechen. Die im Text beschriebene Ritzstelle befindet sich zwischen den Daumen auf der vom Beschauer abgewendeten Seite des Glasrohres

1

) Ein kurzer Abriß der Analyse mit dem Lötrohr findet sich bei W. Biltz, W. Fischer, Ausführung qualitativer Analysen. 16. Aufl. Thun, Frankfurt. 1976.

Die Bearbeitung des Glases

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Handelt es sich darum, weitere Glasröhrchen zu zerlegen oder engere dicht an einem Ende abzuschneiden, so empfiehlt es sich, die Röhren a b z u s p r e n g e n . Zu diesem Zwecke ritzt man ebenfalls und berührt dann das Ende des Ritzes mit der auf Rotglut erhitzten Spitze eines dünnen Glasstabes. Enden abrunden. Bei jedem Glasrohr und Glasstab, die verwendet werden sollen, müssen die scharfkantigen Bruchstellen des Glases abgerundet werden. Dies macht man einfach dadurch, daß man das Ende des Rohres in der leuchtenden Gasflamme (d.h. ohne Luftzufuhr) 2—3 cm weit unter Drehen anwärmt und dann das äußerste Ende des Rohres in der entleuchteten Flamme (d.h. mit Luftzufuhr) unter beständigem Drehen erweicht; dabei schmilzt der Rand glatt. Man hüte sich, ein zu großes Stück des Glasrohres zu erweichen, weil sonst leicht der Durchmesser des Rohres durch Einfallen des erhitzten Teiles am Ende enger wird. Bei sehr weiten Röhren muß sehr sorgfältig angewärmt werden, da sonst leicht Sprünge entstehen. Bei leicht erweichendem gewöhnlichen Glas läßt sich dieses Abrunden meist mittels des Bunsenbrenners erreichen. Bei schwerer erweichendem, sog. Geräteglas und bei allen im folgenden beschriebenen Operationen (auch mit gewöhnlichem Glas) benötigt man ein Gas-Luft-Gebläse, bei Verwendung von Erdgas unter Zumischung von Sauerstoff (vgl. S. 15). Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrchen („ Glühröhrchen "). Zu Glüh- und Sublimationsversuchen verwendet man vielfach einseitig geschlossene Röhrchen. Zu ihrer Herstellung schneidet man ein Glasrohr von etwa 0,6 cm äußerem Durchmesser in etwa 12 cm lange Stücke. Ein solches Stück erweicht man in der Mitte unter fortwährendem Drehen in der Gebläse flamme; wenn das Glas ganz weich geworden ist, nimmt man es aus der Flamme und zieht es sofort so aus, daß ein etwa 10 bis 15 cm langes, enges Glasröhrchen die beiden weiteren Stücke verbindet. Die Mitte dieses engen Teiles hält man nun noch einen Augenblick in die Flamme, bis das Glas weich wird (Fig. 7 a), und zieht dann auseinander. Nun nimmt man die eine Hälfte, erweicht unter beständigem Drehen die Verjüngungsstelle und zieht den Glasfaden ab, so daß das etwa 6 cm lange Röhrchen jetzt einseitig geschlossen ist (Fig. 7b). Um den zunächst zugespitzten und ungleichmäßigen Verschluß abzurunden, erhitzt man das Ende nochmals unter beständigem Drehen und bläst nach dem Herausnehmen aus der Flamme mit dem Mund vorsichtig auf; dies wird, wenn nötig, wiederholt, bis das Glasröhrchen durch

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Die Bearbeitung des Glases

eine Rundung von g l e i c h m ä ß i g e r W a n d s t ä r k e geschlossen ist (Fig. 7 c). Bleibt an einer Stelle eine Verdickung, so springt das Glas beim Erhitzen leicht. In gleicher Weise können R e a g e n s g l ä s e r , deren Boden zerbrochen ist, wiederhergestellt werden. a

> Fig. 7. Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrchen

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Glasrohr biegen. Das Biegen von Glasrohren erfordert einige Übung. Ein richtig gebogenes Rohr soll überall gleichen Durchmesser und annähernd gleiche Wandstärke besitzen (Fig. 8a), nicht einen Knick, wie in Fig. 8b. .D

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Fig. 8. Glasrohr biegen

Das Schwierigste beim Biegen ist das gleichmäßige Erhitzen des Glasrohres auf eine genügende Länge. Da die Gebläseflamme nur eine geringe Breite hat, muß man so vorgehen, daß man das zu biegende Glasrohr unter fortwährendem Drehen so lange in der Gebläseflamme erhitzt, bis es an der erhitzten Stelle dickwandig geworden ist (Fig. 9a). Dabei faßt die linke Hand von oben (Fig. 10); sie trägt und führt die linke Hälfte des Rohres, vornehmlich mit den drei letzten Fingern, während Zeigefin-

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Fig. 9. Spitze ausziehen

Fig. 10. Glasrohrdrehen

Kork bohren

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ger und Daumen die Geschwindigkeit des Drehens bestimmen. Die rechte Hand unterstützt die andere Hälfte des Glasrohres an ihrem Schwerpunkt mittels Ring- und Mittelfinger und dem oberen Teil des Zeigefingers; Zeigefinger und Daumen sorgen dafür, daß der rechte Glasrohrteil mit gleicher Geschwindigkeit gedreht wird wie der linke. Dieses Drehen einer weichgewordenen Glasmasse ist nicht ganz einfach; da es aber die Grundlage aller Glasarbeiten ist, muß man es unbedingt beherrschen. Sobald der in Fig. 9 a dargestellte Zustand erreicht ist, nimmt man das Rohr aus der Flamme, stellt es senkrecht und biegt es u n t e r g l e i c h z e i t i g e m Z i e h e n . Dabei nimmt der Durchmesser an der Biegungsstelle etwas ab. Durch vorsichtiges A u f b l a s e n , solange das Glas noch weich ist, wird dies ausgeglichen. Hierzu wird das Rohr an einer Seite (etwa durch einen Korkstopfen) vorher verschlossen. Nach dieser Vorschrift stelle man sich ein rechtwinklig gebogenes Glasrohr her, von dem der eine Schenkel etwa 4 cm, der andere etwa 12 cm lang ist; dies Rohr wird zum Einleiten von Gasen in Flüssigkeiten benutzt. Spitze ausziehen. Um eine Spitze, etwa für eine Tropfpipette (vgl. S. 9), zu machen, darf man nicht so verfahren, wie es bei der Herstellung der einseitig geschlossenen Röhrchen beschrieben wurde, weil der zugespitzte Teil des Rohres dabei zu dünnwandig wird. Man muß vielmehr in diesem Falle ganz ähnlich vorgehen, wie es soeben für das Biegen von Glasröhren beschrieben wurde. Nachdem man den in Fig. 9a dargestellten Zustand hergestellt hat, nimmt man das Glasrohr aus der Flamme und zieht langsam aus, bis die gewünschte Verjüngung erreicht ist. Nach dem Erkalten schneidet man an geeigneter Stelle ab und schmilzt die Ränder rund (vgl. Fig. 9b).

Kork bohren Um in einen Kork ein Loch zu bohren, wählt man einen Korkbohrer, dessen Durchmesser etwas kleiner ist, als ihn das gewünschte Loch haben soll, wärmt seine Schneide in der Flamme eines Bunsenbrenners e t w a s an (auf keinen Fall bis zum Glühen!) und setzt ihn auf die zu bohrende Stelle auf. Dabei hält man den Korkbohrer in der vollen rechten Hand, ihn gegen die Handfläche stemmend, und den Kork mit der linken Hand

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Kork bohren

so, wie es die Fig. 11 zeigt. Nun wird gebohrt, indem der Korkbohrer stets nach derselben Richtung gedreht und dabei leicht gegen den Kork gedrückt wird. Macht es Schwierigkeiten, das Loch auf einmal durchzubohren, so zieht man den Bohrer heraus, entfernt aus ihm das etwa mitgenommene Korkstöpselchen, erwärmt ihn nochmals und bohrt jetzt völlig durch. Auf jeden Fall muß das Bohren aus freier Hand geschehen; es darf nicht etwa der Tisch als Unterlage benutzt werden, weil dabei sowohl der Tisch als auch der Korkbohrer leiden würden. Nötigenfalls kann man den Rand des Korkbohrers mit einem Korkbohrer-Schärfer oder von innen mit der Rund- und von außen mit einer dreikantigen Feile schärfen.

Fig. 11. Kork bohren

Korke, die ein Kölbchen verschließen sollen, wählt man stets etwas größer, als zunächst nötig erscheint. Durch vorsichtiges, allmählich verstärktes Pressen in einer K o r k p r e s s e unter öfterem Drehen des Korkens macht man den Kork weich, so daß er sich jetzt in den Hals des Kölbchens eindrehen läßt und einen festen Verschluß abgibt. Soll durch einen solchen Kork ein Loch gebohrt sein, so drückt man zunächst den Kork weich, bohrt dann das Loch und drückt schließlich den durch das Bohren erweiterten Kork nochmals leicht in der Korkpresse, wobei das Loch entweder durch die Rundfeile oder den entsprechenden Korkbohrer ausgefüllt wird. In Gummistopfen können Löcher in der gleichen Weise gebohrt werden, wenn der Korkbohrergut geschärft und mit etwas Natronlauge oder Glycerin befeuchtet, aber nicht erwärmt ist. Besser benutzt man in diesem Fall allerdings eine kleine Bohrmaschine.

Größte Vorsicht ist beim Einführen von Glasröhren in durchbohrte Stopfen erforderlich, da bei falscher Ausführung schwere Verletzungen eintreten können. Man faßt den Stopfen mit der linken Hand so, daß die Bohrung nicht auf die Innenfläche der Hand zeigt, sondern nach beiden Seiten frei ist, ähnlich wie dies für die linke Hand in der Fig. 11 dar-

Kork bohren

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gestellt ist. Die rechte Hand faßt das einzusetzende Glasrohr, das vorher rund zu schmelzen und unter allen Umständen gleitfähig zu machen ist (mit Glycerin, Speichel oder Wasser), g a n z k u r z vor dem einzuführenden Ende. Nun schiebt man das Rohr u n t e r d a u e r n d e m D r e h e n mit s c h w a c h e m Druck in die Öffnung. Faßt man das Rohr weit vom Korken entfernt und drückt stark, so bricht es leicht ab, und die scharfen Bruchstellen führen zu schweren Verletzungen (schmerzhafte, langsam heilende Fleischwunden, Sehnendurchschneidungen u.a.). Zur Ergänzung des vorstehenden Kapitels findet man ausführliche Beschreibungen der üblichen Laboratoriumsgeräte und -verfahren, auch für quantitative und präparative Arbeiten, bei: E. Schmittel, G. Bouchee, W.-R. Less, Labortechnische Grundoperationen. Verlag Chemie, Weinheim, 1984.

Nichtmetallverbindungen - Erster Teil Säuren, Basen, Salze In der Chemie haben sich grundlegende Begriffe im Laufe der Zeit vielfach geändert, da die fortschreitende Entwicklung zu vertieften Einsichten führte, was eine Verfeinerung bzw. eine Umformulierung der Definitionen erforderlich machte. Dies gilt in besonderem Maße für die Begriffe: Säure, Base und Salz. Wir folgen in dieser Einführung der historischen Entwicklung und geben zunächst die älteste brauchbare Definition der Säuren, wie sie am Beginn des 19. Jahrhunderts von D a v y und L i eb i g entwickelt worden ist. Auf S. 46 behandeln wir dann die Definition, die A r r h e n i u s gegen Ende des 19. Jahrhunderts gegeben hat, und schließlich werden wir uns auf S. 114 ff. eingehend mit der z. Z. bevorzugt benutzten Theorie von B r ö n s t e d befassen. Nach D a v y und L i e b i g sind Säuren wasserstoffhaltige Verbindungen, deren Wasserstoff ganz oder teilweise durch Metall ersetzt werden kann. Man erkennt das Vorliegen einer Säure an dem Verhalten ihrer wäßrigen Lösung gegen sogenannte „ I n d i k a t o r e n"; so wird z. B. blaue Lackmuslösung rot gefärbt.

1. Man stelle das Verhalten verschiedener Indikatoren selbst fest, indem man in Reagensgläser etwas verdünnte Salz-, Schwefel- bzw. Salpetersäure gibt und sie mit wenigen Tropfen der Lösungen folgender Indikatoren versetzt: Lackmus, Phenolp h thalein, Methylorange, Methylrot. Man notiere, welche Farben die Lösungen annehmen. E i n w e r t i g e Säuren enthalten nur e i n durch Metall ersetzbares Wasserstoffatom in der Atomgruppe, die die Säure kennzeichnet (Salzsäure = wäßrige Lösung von HC1; Salpetersäure HNO 3 ; Perchlorsäure HC1O4). In z w e i - , d r e i - , v i e r w e r t i g e n Säuren sind zwei, drei, vier solcher Wasserstoffatome in der Atomgruppe vorhanden (Schwefelsäure H 2 SO4; Orthophosphorsäure 3 4; Diphosphorsäure H 4 P 2 O 7 ). Statt von einwertigen, zweiwertigen usw. Säuren spricht man auch von ein- bzw. zweibasigen usw. Säuren, weil ihre Atomgruppe eine bzw. zwei OHGruppen einer Base zu neutralisieren vermögen; s. S. 24. Entzieht man sauerstoffhaltigen Säuren Wasser, so erhält man Oxide, die man früher als „Säure-Anhydride" bezeichnete. Dabei handelt es sich meist um Oxide von Nichtmetallen. H 2 SO 4 -H 2 O->SO 3 ; 2HC1O4 - H 2 O ^-C12O7; 2HNO 3 -H 2 O-»N 2 O S . Durch Wasseranlagerung an diese Oxide entstehen wieder die Säuren. Beim Ersatz der Säurewasserstoffatome durch Metallatome entstehen die Salze; diese bestehen also aus dem M e t a l l a t o m und dem S ä u r e r e s t . N e u t r a l e Salze entstehen aus den Säuren dadurch, daß der gesamte überhaupt durch Metall vertretbare Wasserstoff durch Metall ersetzt wird (z. B. Kaliumchlorid KC1;

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Chlor und Hydrogenchlorid

Natriumsulfat Na 2 SO 4 ; Natriumphosphat Na 3 PO 4 ). In s a u r e n Salzen ist nicht der gesamte ersetzbare Wasserstoff durch Metall ersetzt (z. B. NaHSO4; Na 2 HPO 4 . Über die genauere Benennung solcher saurer Salze vgl. S. 74, 75). Den Gegensatz zu den Säuren bilden die Basen, das sind Verbindungen von Metallatomen mit einer oder mehreren OH-(Hydroxid)-Gruppen. Wir nennen: NaOH Natriumhydroxid, seine Lösung: Natronlauge; KOH Kaliumhydroxid, seine Lösung: Kalilauge; Ca(OH)2 Calciumhydroxid. Je nach der Anzahl der Hydroxidgruppen spricht man von ein-, zwei-, dreiwertigen bzw. -säurigen Basen. Auch die Basen bilden beim Erhitzen unter Wasserabspaltung Oxide; dabei handelt es sich um Metalloxide, z.B. Ca(OH)2 - H 2 O-»-CaO. Durch Wasseranlagerung an Metalloxide entstehen wieder die Basen. Entsprechend den sauren gibt es auch b a s i s c h e Salze, in denen nur ein Teil der OH-Gruppen durch den Säurerest ersetzt ist. Genannt seien: MgCl(OH) und SbCIO; das letztere kann man als Entwässerungsprodukt des eigentlichen basischen Salzes SbCl(OH)2 auffassen.

2. Man stelle das Verhalten von Lackmuslösung und den übrigen Indikatoren gegenüber Lösungen einiger Basen durch den Versuch fest. Läßt man die Lösung einer Säure mit der einer Base reagieren, so bilden sich Wasser und die Lösung eines Salzes. Diesen Neutralisationsvorgang erläutert der folgende Versuch:

3. Zu ein wenig mit Lackmuslösung versetzter, also rot gefärbter verdünnter Salzsäure gebe man tropfenweise verdünnte Natronlauge und mische jeweils gut. Dabei bleibt die Farbe zunächst unverändert; bei weiterer Zugabe von Lauge schlägt sie p l ö t z l i c h in Blau um. Im Augenblick der Farbänderung ist gerade alle vorhandene Säure gemäß HCl + NaOH-»H 2 O + NaCl umgesetzt. Es ist neben W a s s e r die neutral reagierende Lösung des S a l z e s NaCl entstanden. Bei weiterer Zugabe von Natronlauge erfolgt keine weitere Umsetzung mehr, und der Lackmusfarbstoff wird blau, weil nunmehr überschüssige Natronlauge vorhanden ist. Entsprechend können sich S a l z e auch aus den Entwässerungsprodukten von Säuren bzw. Basen bilden: CaO + 2HC1-*H2O + CaCl2 2NaOH + CO2 -+H 2 O + Na 2 CO 3 CaO + SO3-*CaSO4,

Chlor und Hydrogenchlorid Hydrogenchlorid HC1, früher als Chlorwasserstoff bezeichnet, ist ein farbloses, stechend riechendes, an der Luft unter Wasseranziehung nebelbildendes Gas, das sich in Wasser sehr reichlich löst. Die Lösung des Hydrogenchlorids zeigt das typische

Chlor und Hydrogenchlorid

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Verhalten einer Säure. Sie wird im Deutschen meist mit dem Trivialnamen „Salzsäure" bezeichnet. Die „konzentrierte" Salzsäure enthält in 100 g 35-40 g HC1, die „verdünnte" ungefähr 7 g HC1, d.h. ihre HCl-Konzentration beträgt etwa 2 mol/1 (vgl. dazu S. 35 ff.). In warmem Wasser, ferner in Lösungen seiner Salze und in anderen Säuren ist Hydrogenchlorid weniger löslich als in kaltem bzw. reinem Wasser. Kleinere Mengen von Hydrogenchlorid kann man deshalb durch Zutropfen von konzentrierter Schwefelsäure zu starker Salzsäure erhalten. Größere Mengen stellt man im Laboratorium durch Erhitzen von Natriumchlorid mit Schwefelsäure her. Dieses Verfahren wurde früher auch in der Technik verwendet, es spielt aber heute ebenso eine untergeordnete Rolle wie die direkte Synthese gemäß H 2 -l- C12 ->· 2HC1; die Hauptmenge des Hydrogenchlorids gewinnt man heute vielmehr bei der Chlorierung von Kohlenstoff-Wasserstoff-Verbindungen. Salzsäure löst viele M e t a l l e unter Abgabe von Wasserstoff auf, z.B. Eisen, Zink, Aluminium. Die dabei gebildeten Salze nennt man Chloride. Ein Entwässerungsprodukt kann das Hydrogenchlorid nicht bilden, weil es keinen Sauerstoff enthält. Das in der Salzsäure enthaltene C7i/orkann man durch Erwärmen mit Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben (z. B. Bleidioxid PbO 2 , Mangandioxid, „Braunstein" MnO2), frei machen. Diesen Vorgang kann man sich s c h e m a t i s c h in verschiedener Weise in Einzelstufen zerlegt denken, so z. B. in die folgenden 1 ): Ox,da„on,Redu k „o„,Vorga„ 8 MnO + 2HCl->MnCl 2 + H 2 O Neutralisation MnO 2 + 4HClH*MnCl 2 + 2H 2 O + C12 Gesamtumsetzung. Stoffe wie Bleidioxid und Mangandioxid bezeichnet man als Oxidationsmittel. Man versteht darunter Stoffe, die an andere Stoffe Sauerstoff abgeben ( l . Definition) oder — wie in unserem Falle — ihnen Wasserstoff entziehen können (2. Definition). Das Gegenteil von Oxidation, also die Wegnahme von Sauerstoff oder die Zuführung von Wasserstoff, nennen wir Reduktion. Aus der Definition geht hervor, daß Oxidation und Reduktion stets miteinander gekoppelt auftreten müssen: der Stoff, der oxidierend wirkt (z. B. Sauerstoff abgibt), wird selber reduziert (ihm wird Sauerstoff weggenommen). Eine umfassende Definition solcher sog. Redox-Vorgänge werden wir S. 58 kennenlernen. Während Chlor früher auch technisch durch die Einwirkung von Braunstein auf Salzsäure hergestellt wurde, benutzt man heute die Zersetzung von NaCl-Lösungen durch den elektrischen Strom (Elektrolyse), wobei gleichzeitig Natronlauge und Wasserstoff entstehen. Chlor ist einer der wichtigsten Grundstoffe der chemischen Industrie. Chlor zersetzt viele Farbstoffe und wird daher zum Bleichen benutzt. Aus lodiden und Bromiden verdrängt es die Halogene und setzt sie in Freiheit. Die meisten Chloride sind in Wasser reichlich löslich, z. T. bis über 100 g Salz in 100 g H 2 O; vgl. Tab. S. 265. Sehr wenig löslich ist das Silberchlorid (0,15 mg in 100 g H 2 O). Es fällt als weißer Niederschlag aus, wenn man Salzsäure oder Chloride in wäßriger Lösung mit Silbernitrat versetzt; die Fällung ist löslich in AmmoniakLösung, nicht aber in Salpetersäure. Diese Erscheinungen benutzt man zum Nachweis von Salzsäure und ihren Salzen, die alle das gleiche, soeben beschriebene Verhalten zeigen. Diese Tatsache ist nicht selbstverständlich; denn andere Chlorverbin!

) Eine bessere, an dieser Stelle aber noch nicht verständliche Zerlegung lernen wir S. 59 kennen.

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düngen, wie z. B. Perchlorsäure HC1O4 oder Chloroform CHC13, geben keine Fällung mit Silbernitrat-Lösung. Eine Erklärung für dieses verschiedenartige Verhalten werden wir auf S. 43 ff. kennenlernen.

1. Man erhitze 1—2 ml (10—20 Tropfen) konzentrierte Salzsäure in einem Reagensglas unter dem Abzug; es entweicht feuchtes H y d r o genchloridgas. 2. Zu 1—2 ml konzentrierter Salzsäure, die siclrin einem Reagensglas befinden, gieße man, ebenfalls unter dem Abzug, aus einem zweiten Reagensglas (vgl. S. 10) t r o p f e n w e i s e vorsichtig etwa den doppelten Raum teil konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich unter starkem Aufschäumen ein kräftiger Strom von H y d r o g e n chloridgas. 3. Eine Spatelspitze Natriumchlorid übergieße man im Reagensglas unter dem Abzug mit etwa l ml konzentrierter Schwefelsäure. Es entweicht H y d r o g e n c h l o r i d g a s , das man bei dieser Darstellungsmethode w a s s e r f r e i erhält. NaCl + H2SO4-»HC1 + NaHSO4. 4. In ein etwa 50 ml fassendes Kölbchen (s. Fig. 12) bringe man etwa 4 g granuliertes Zink, befeuchte es mit etwas Wasser und übergieße es mit so viel konzentrierter Salzsäure, daß die Metallstücke eben bedeckt sind. Sofort decke man auf den Hals des Kölbchens einen Trichter — die Öffnung nach unten — und halte über das nach oben gerichtete Abflußrohr

Fig. 12. Wasserstoff-Entwicklung

Chlor und Hydrogenchlorid

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des Trichters ein Reagensglas, ohne es auf den Trichter selbst aufzusetzen. Nach lli—\ Minute hebe man das Reagensglas hoch, schließe die Mündung sofort mit dem Daumen, drehe es verschlossen um und öffne es dicht an einer Flamme. Das aus dem Metall und der Säure nach der Umsetzung Zn + 2HCl->ZnCl 2 + H2 entwickelte W a s s e r s t o f f g a s entzündet sich und brennt mit fast farbloser, kaum sichtbarer Flamme im Reagensglas herab.

Nachdem die Flamme v o l l k o m m e n erloschen ist, halte man das Reagensglas noch einmal, aber kürzere Zeit über den Trichter, so daß die Luft aus ihm nur zum Teil verdrängt wird. Beim Entzünden verpufft nun der Inhalt des Reagensglases, je nach dem Volumenverhältnis von Wasserstoff und Luft mehr oder weniger lebhaft ( „ K n a l l g a s " ) . 5. Man erwärme eine Spatelspitze Bleidioxid mit etwa l ml konzentrierter Salzsäure im Reagensglas unter dem Abzug. Es entweicht C h l o r , ein gelblichgrünes Gas von charakteristischem, unangenehmem Geruch. Chlor greift die Schleimhäute stark an; man hüte sich also davor, viel davon einzuatmen. Im Reagensglas bleiben neben überschüssiger Salzsäure weiße Kristalle wenig löslichen B l e i c h l o r i d s zurück. PbO2 + 4HC1 ->PbCl2 + C12 + 2H2O. 6. Zur Darstellung von Chlor kann man statt des teuren Bleidioxids auch das billige rohe Mangandioxid („Braunstein") verwenden. Man stelle sich einen kleinen Gasentwicklungsapparat nach Fig. 1 3 her. Das Kölbchen fasse 50 ml; das Glasrohr sei so zum Winkel von 65—75° gebogen, daß der eine Schenkel etwa 6 cm, der andere etwa 16 cm lang ist; die Glasrohrenden seien rund geschmolzen. Wenn der Apparat zusammengestellt, aber noch nicht gefüllt ist, prüfe man, ob er dicht schließt, indem man am Glasrohr saugt und feststellt, ob die Zunge einige Zeit haften bleibt. In den Kolben bringe man dann etwa 2 g Braunstein und 5—7 ml konzentrierte Salzsäure, verschließe ihn und befestige unter dem A b z u g den Kolbenhals mit einer Klammer an einem Stativ in solcher Höhe, daß der Kolbenboden etwa 5 cm über einen darunter gestellten, noch nicht angezündeten Bunsenbrenner zu stehen kommt. Dann schiebe man ein zum Drittel mit Wasser gefülltes Reagensglas, das

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Chlor und Hydrogenchlorid

Fig. 13. Chlor-Entwicklung

man mit der Hand hält, über das Gasableitungsrohr und erwärme den Kolben gelinde mit kleiner, fächelnder Flamme. Zuerst entweicht durch das vorgelegte Wasser Luft; dann kommt C h j o r g a s , das zum Teil vom Wasser gelöst wird und dieses gelblich färbt. Die gebildete ChlorLösung kann bis zu 0,8 g elementares Chlor auf 100 g H 2 O enthalten. Nach einigen Minuten nimmt man das vorgelegte Reagensglas fort und entfernt erst dann die Flamme. Würde man die Flamme zuerst entfernen, so würde die Chlor-Lösung in den schnell erkaltenden Apparat zurücksteigen. 7. In das den oberen Teil des Reagensglases erfüllende Chlorgas halte man etwas rotes und etwas blaues angefeuchtetes Lackmuspapier; es tritt Entfärbung des Lackmusfarbstoffes ein. Zu l ml Indigo-Lösung gebe man etwas C/z/or-Lösung; sofort verschwindet die tiefblaue Farbe des Indigos und eine schmutzig gelbe von Umwandlungsprodukten des Indigos tritt auf. 8. Man gebe zu einigen Tropfen Natriumiodid-Lösung und zu einigen Tropfen Kaliumbromid-Lösung je einen Tropfen Chlor-Lösung, es tritt Braun- bzw. Gelbfärbung von frei gewordenem I o d bzw. B r o m auf. 2KI + C12^2KC1 + I 2 2KBr + Cl 2 -+2KCl + Br2. Man verteile die so erhaltenen brom- bzw. iodhaltigen Lösungen auf je zwei Reagensgläser und schüttele das eine mit l ml Kohlenstoffdisulfid1), 1

) Ein anderer Name für CS2 ist Carbondisulf id, vgl. S. 79, Anm. l ; der Name Schwefelkohlenstoff ist veraltet.

Chlor und Hydrogenchlorid

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das andere mit l ml Chloroform kräftig durch. Nachdem sich die Flüssigkeit wieder in zwei Schichten getrennt hat, erkennt man, daß das Brom und das lod zum größeren Teil in die nichtwäßrige Schicht übergegangen sind ( V e r t e i l e n gelöster Stoffe zwischen zwei nicht mischbaren Lösungsmitteln, A u s s c h ü t t e l n ) . Man notiere die Farben, die dabei auftreten. 9. Man vermische einen Tropfen verdünnter Salzsäure mit einigen Millilitern destillierten Wassers und füge etwas verdünnte Silbernitrat-Lösung hinzu; es entsteht ein weißer Niederschlag von S i l b e r c h l o r i d , der sich beim Umschütteln oder Erwärmen flockig zusammenballt. HC1 + AgNO3 ->AgCl + HNO3. Auf Zusatz einer ausreichenden Menge Ammoniak-Lösung löst sich der Niederschlag wieder auf. 10. Löst man ein Körnchen Natriumchlorid in destilliertem Wasser auf und fügt einige Tropfen Salpetersäure und dann etwas SilbernitratLösung hinzu, so fällt ebenfalls S i l b e r c h l o r i d aus. NaCl + AgNO3 -»> AgCl + NaNO3. Silberchlorid i s t i n S a l p e t e r s ä u r e s e h r w e n i g l ö s l i c h , wird aber, wie soeben gezeigt wurde, durch Zusatz von A m m o n i a k - L ö s u n g gelöst. Die Löslichkeit in A m m o n i a k unterscheidet das Silberchlorid vom Silberiodid, das sich nicht in Ammoniak-Lösung auflöst. Näheres vgl. S. 146 u. 149-151. Die geringe Löslichkeit des Silberchlorids in S a l p e t e r s ä u r e zu kennen, ist deshalb wichtig, weil das Auftreten eines wenig löslichen Niederschlages allein die Anwesenheit von Chloriden nicht mit Sicherheit verbürgt. Aus neutralen, d.h. nicht salpetersauren Lösungen fallen auch wenig lösliche Silbersalze mit anderen Säureresten aus.

11. Man stelle dies mit einem Tropfen Natriumcarbonat-Lösung fest, den man mit etwas Wasser und einigen Tropfen Silbernitrat-Lösung versetzt. Es entsteht ein dicker Niederschlag von S i l b e r c a r b o n a t ; dieser löst sich aber auf Zusatz von Salpetersäure auf. Ist diese Lösung jetzt völlig klar, so war das Natriumcarbonat frei von Chloriden; bleibt eine Trübung, so enthielt es (oder die Salpetersäure) Chloride bzw. Salzsäure. Ähnliches Verhalten beobachtet man z.B. mit Kaliumnitrit- oder Natriumphosphat-Lösung. Infolgedessen gibt man zur Prüfung auf Chloride stets so viel Salpetersäure hinzu, daß die Lösung deutlich sauer reagiert.

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Chemische Umsetzungen

12. Von Salpetersäure nur wenig gelöst wird auch das S i l b e r s u 1f a t. Versetzt man ziemlich konzentrierte Silbernitrat-Lösung mit Schwefelsäure, so fällt ein weißer Niederschlag, evtl. erst nach Reiben mit einem Glasstab an der Innenwand des Reagensglases; bei Zugabe von Salpetersäure verschwindet er nicht. Verdünnt man jedoch mit destilliertem Wasser stärker, so geht er — im Gegensatz zum Silberchlorid — in Lösung. Unter den Bedingungen des analytischen Arbeitern ist daher eine Verwechslung nicht zu befürchten. 13. Zum Nachweis von Chloriden im Leitungswasser fülle man dieses in ein Reagensglas und gebe einige Tropfen Salpetersäure und etwas Silbernitrat-Lösung hinzu. Eine Trübung zeigt einen geringen, ein Niederschlag einen größeren Gehalt an Chloriden an. Durch Zugabe von Ammoniak überzeuge man sich, daß wirklich Chloride vorliegen. Zur Anstellung aller dieser Versuche sind natürlich — wie stets! — Reagensgläser zu verwenden, die sorgfältig mit destilliertem Wasser ausgespült sind. Dem Hydrogenchlorid stehen das Hydrogenbromid HBr und das Hydrogeniodid HI sehr nahe; auch das Hydrogencyanid HCN, das Hydrogencyanat HOCN, das Hydrogenthiocyanat HSCN und das Hydrogenazid HN 3 verhalten sich ingewissen Umsetzungen ganz ähnlich. Diese Stoffe werden zum Teil später besprochen.

Chemische Umsetzungen Unter einer chemischen Umsetzung oder Reaktion versteht man einen Vorgang, bei dem sich aus vorhandenen Stoffen neue Stoffe bilden. Bei der Umsetzung zwischen Salzsäure und Silbernitrat z.B. bilden sich Silberchlorid und Salpetersäure. Die Beschreibungen solcher Umsetzungen mittels der chemischen Formeln wurden früher als „Reaktionsgleichungen" bezeichnet. Es liegen jedoch keine Gleichungen im mathematischen Sinne vor; denn das, was auf der rechten und linken Seite dieser Formulierungen steht, ist einander nicht „gleich". Man darf also nicht von Reaktionsgleichungen" sprechen und schreibt anstelle eines Gleichheitszeichens einen Pfeil -»· oder einen Doppelpfeil =^(s. S 104f.). Auch sollte man eigentlich das Zeichen + nicht verwenden; es sind dafür andere Lösungen vorgeschlagen worden. Wir möchten aber hierfür eine internationale Regelung abwarten. Die meisten der in dieser Anleitung beschriebenen Umsetzungen werden in w ä ß r i g e r L ö s u n g durchgeführt, weil die Reaktionen in diesem Lösungsmittel für die anorganische Chemie sehr wichtig und für den Anfänger instruktiv sind. Es sei jedoch schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Anwesenheit von Wasser keineswegs Voraussetzung für chemische Umsetzungen ist. Es gibt auch Reaktionen in anderen Lösungsmitteln, in Gasen, Schmelzen, ja bei höheren Temperaturen auch zwischen festen Stoffen. Schließlich können auch Gase mit flüssigen und festen Stoffen reagieren usw. Beispiele für Umsetzungen bei Abwesenheit von Wasser, die

Das internationale Einheitensystem SI; die Stoffmenge und das Mol

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in der präparativen Chemie heute sehr häufig durchgeführt werden, werden wir auch in dieser Einführung kennenlernen. Zum E r k e n n e n von Stoffen durch chemische Umsetzungen (Nachweis- oder Erkennungs-Reaktionen) benutzt man solche Umsetzungen, bei denen Stoffe von recht augenfälligen Eigenschaften - insbesondere farbige oder sehr wenig lösliche Stoffe — entstehen. Eine Reaktion ist „ s p e z i f i s c h " oder „ e i n d e u t i g " , wenn sie nur bei Gegenwart e i n e s bestimmten Stoffes eintritt. Allerdings wird dieser Idealfall nur selten erreicht; die meisten Umsetzungen sind nicht für einen Stoff, sondern jeweils für eine ganze G r u p p e von Stoffen charakteristisch; solche Reaktionen nennt man „ s e l e k t i v " . Wenn man z. B. eine zu untersuchende Lösung mit Silbernitrat-Lösung versetzt, so beweist das Auftreten eines weißen, flockigen Niederschlages, der in Salpetersäure fast unlöslich, in Ammoniak-Lösung reichlich löslich ist, die Gegenwart von Hydrogenchlorid, -cyanid oder -thiocyanat bzw. von einem ihrer Salze. Diese Reaktion ist also nicht spezifisch, sondern selektiv für die genannte Stoffgruppe. — Eine Reaktion ist ,,e m p f i n d l i c h", wenn sie schon unter Anwendung einer sehr geringen Stoffmenge zu beobachten ist. So ist Silbernitrat ein empfindliches Reagens auf Salzsäure oder Chloride, weil schon äußerst kleine Mengen dieser Stoffe auf Zugabe von Silbernitrat einen Niederschlag liefern oder eine Trübung verursachen. Gründliche Kenntnisse über das chemische Verhalten d e r S t o f f e , d .h . ü b e r i h r e U m s e t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n und die Bedingungen, unter denen die verschiedenen Reaktionen eintreten, ist die unersetzliche Grundlage für erfolgreiches Arbeiten aufjedem Gebiet der Chemie.

Das internationale Einheitensystem SI; die Stoffmenge und das Mol Während sich das vorliegende Buch überwiegend mit den qualitativen Aspekten der chemischen Umsetzungen beschäftigt, seien hier doch kurz einige Begriffe erläutert, die sich auf das Quantitative beziehen und zum Verständnis des folgenden notwendig sind. 1 ) Meßbare Eigenschaften von Dingen, wie z.B. die Länge eines Stabes, nennt man „physikalische Größen " oder auch kurz „Größen". Jeder Wert einer physikalischen Größe läßt sich durch ein Produkt aus einem Zahlenwert und einer Einheit darstellen, z.B. die Länge / = 5 m; dabei ist / das Symbol der betreffenden Größe, 5 der Zahlenwert und m das Symbol für die Längeneinheit Meter. Man kann viele Größen auf andere zurückführen; so ist z.B. die Größe „Bewegungsgeschwindigkeit" gleich dem Quotienten der Größe „Länge" durch die Größe „Zeit". Die Mehrzahl der Größen läßt sich so von einer kleinen Anzahl von Basisgrößen ableiten, die nicht mehr auf andere Größen zurückgeführt werden. Bei der Wahl der Basisgrößen hat man eine gewisse Freiheit. So hat man in früheren Jahrzehnten als Basisgrößen: Länge, Masse, Zeit verwendet mit den Einheiten Zentimeter cm, Gramm g, Sekunde s (da1

) Eine ausführlichere Darstellung mit Zitaten der maßgebenden Gesetze und Normschriften enthält das empfehlenswerte Buch: E. Merkel, Die SI-Einheiten in der chemischen Praxis. Köln. 1980.

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Das internationale Einheitensystem SI; die Stoffmenge und das Mol

her der Name: cgs-System). Nach langwährenden Vorbereitungen in internationalen Kommissionen ist seit 1954 ein anderes System allgemein anerkannt und in der Bundesrepublik Deutschland durch Gesetze von 1969 und 1973 festgelegt worden; es trägt den Namen: Systeme International d'Unites, kurz: SI. Die ihm zugrunde gelegten 7 Basisgrößen und -einheiten zeigt Tabelle l. Tabelle l Basisgrößen und SI-Basiseinheiten Einheit

Größe Name

Symbol

Name

Symbol

Länge Masse Zeit elektrische Stromstärke thermodynamische Temperatur Stoffmenge Lichtstärke

/ m t I T n '\

Meter Kilogramm Sekunde Ampere Kelvin Mol Candela

m kg s A K m öl cd

Auch die in der Tabelle l aufgeführten Symbole sind international festgelegt und sollten stets nur in dieser Form benutzt werden. Als allgemeine Regel gilt, daß die Symbole der Größen durch schräg stehende, „kursive"1), die der Einheiten durch senkrecht stehende Buchstaben bezeichnet werden. Symbole von Einheiten, die nach einer Person benannt sind, sind große, die von anderen Einheiten kleine Buchstaben. Zu jeder Basisgröße und zu jeder davon abgeleiteten Größe gehört je nur eine einzige SI-Einheit. Es können aber auch deren dezimale Vielfache und Bruchteile verwendet werden; dafür werden bestimmte Vorsätze bzw. Vorsatzzeichen verwendet, die jeweils bestimmte Zehnerpotenzen bedeuten, z.B.: milli bzw. m bedeutet 10 , centi bzw. c ist 10"2, kilo bzw. k bedeutet l O3. Für die SI-Einheiten einiger abgeleiteter Größen sind besondere Namen üblich, z.B. für die Krafteinheit „Newton", Symbol N (l kg m s 2 = l N); für die Dockeinheit „Pascal", Symbol Pa (l N · m"2 = l kg · m -l s'2 = l Pa); für die Energieeinheit „Joule" (sprich: J wie englisches j, ou wie langes u), Symbol J (l N m ___ = l kg · m 2 · s:2 = l J). Für die Volumeneinheit l dm 3 darf auch der Name „Liter", Symbol l, verwendet werden. Im Laboratorium arbeitet man oft mit dem 10~3-ten Teil l cm 3 = l ml (Milliliter). Für die Größe „Druck" darf neben der SI-Einheit „Pascal" auch eine größere Einheit „Bar", Symbol bar, verwendet werden: l bar = 105 Pa. Für einige der neuen Einheiten seien hier die Beziehungen zu älteren, heute im geschäftlichen Verkehr gesetzlich nicht mehr zugelassenen Einheiten wiedergegeben: l

) Da diese Schriftart mit den normalen Schreibmaschinen und in der Handschrift nicht wiedergegeben werden kann, hilft man sich in diesen Fällen oft dadurch, die betreffenden Symbole zu unterstreichen.

Das internationale Einheitensystem SI; die Stoffmenge und das Mol

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Druck: l atm = 760 Torr = 101325 Pa = 1,01325 bar. Energie (Arbeit, Wärmemenge): l cal = 4,184 J. Von den Basisgrößen ist für den Chemiker die Stoffmenge mit der SI-Einheit Mol von besonders großer Bedeutung. Es erscheint deshalb zweckmäßig, auf diese beiden Begriffe hier etwas ausführlicher einzugehen, zumal der Name ,,Stoffmenge" bisher mehrdeutig verwendet wurde. Der gesetzlich festgelegte Begriff „Stoffmenge" ist eine physikalische Größe und somit eine Eigenschaft von Dingen. Z.B. ist die Stoffmenge eines Haufens Kupferspäne e i n e von den vielen Eigenschaften dieses Kupferspänehaufens, die nur etwas über seine Quantität aussagt. Damit Mißverständnisse vermieden werden, darf also der konkrete Kupferspänehaufen s e l b s t nicht mehr als Stoffmenge bezw. Kupfermenge bezeichnet werden, wie es bisher weitgehend üblich war. Zur Bezeichnung von konkreten, abgegrenzten Materiebereichen hat sich der allgemeine Name „Stoffportion", in speziellen Fällen: Kupferportion, Schwefelportion usw., bewährt; damit können konkrete Dinge klar von ihrer Eigenschaft „Stoffmenge" unterschieden werden. Die Kupferspäneportion h a t also eine bestimmte Stoffmenge, aber s i e i s t n i c h t eine Stoffmenge. Z u m Verständnis d e r B e d e u t u n g d e r Basisgröße S t o f f m e n g e stellen wir folgende Überlegung an.Wenn sich zwei Stoffportionen, z.B. von Natriumchlorid und Silbernitrat, gerade vollständig miteinander umsetzen, so stehen ihre Massen in einem bestimmten Verhältnis zueinander (Gesetz von den konstanten Proportionen). Dieses Massenverhältnis hat für jedes Stoffpaar einen anderen Wert; diese Werte sind niemals ganzzahlig. Genau ganzzahlig und damit übersichtlicher ist aber das Verhältnis der Anzahlen von Atomen, Atomgruppen 1 ) oder Molekülen, die sich miteinander umsetzen. Neben der Masse verwendet man deshalb zur Beschreibung der Quantität einer Stoffportion oft vorteilhaft eine andere physikalische Größe, die Stoffmenge, die ein Maß für die Anzahl der Atome, Atomgruppen oder Moleküle in einer Stoffportion ist, so daß das Verhältnis der Stoffmengen zweier Reaktionspartner auch genau ganzzahlig ist. Die Stoffmenge bedeutet allerdings nicht diese Anzahl selbst, sondern ist ihr nur proportional; als Basisgröße ist sie nicht auf andere Größen zurückführbar. Wegen der Kleinheit der Atome und Moleküle enthalten die Stoffportionen, mit denen der Chemiker Umsetzungen durchzuführen pflegt, so außerordentlich große Anzahlen von Atomen, daß das Rechnen damit unhandlich wäre. Man braucht aber die Anzahlen der Atome und Moleküle, die bei solchen Umsetzungen mit einander in Reaktion treten, selbst gar nicht zu kennen; es genügt die Kenntnis ihres Verhältnisses. Wenn z.B. bekannt ist, daß 2 Wasserstoffmoleküle mit l Sauerstoffmolekül reagieren2), so gilt auch, daß sich 2a Wasserstoffmoleküle mit l a Sauerstotfmolekülen umsetzen, wobei a irgend eine beliebig große Anzahl sein kann. Wenn man nun die Stoffmenge, die zu einer b e s t i m m t e n großen Anzahl L von Atomen oder Molekülen gehört, als Einheit der Stoffmenge definiert und „ M o l " nennt, so gilt auch, daß 2 mol H 2 sich mit l mol O2 umsetzen. Durch 1

) Von Atomgruppen wird hier und in der gesetzlichen Mol-Definition (siehe Anm. 2 auf S. 34) gesprochen, weil viele an Umsetzungen sich beteiligende Atomgruppen, wie z. B. NaCl, H 2 SO 4 , im allgemeinen nicht oder nur in untergeordnetem Maße Moleküle bilden; vgl. dazu S. 45 und 48. 2 ) Das ergibt sich nach A v o g a d r o aus den Volumenverhältnissen bei Gasreaktionen ohne Kenntnis der absoluten Größe der Atome und Moleküle; Ausführliches in den Lehrbüchern.

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Das internationale Einheitensystem SI; die Stoffmenge und das Mol

internationale Übereinkunft hat man die — an sich willkürliche - Festlegung getroffen, daß die Anzahl L 1 ) der Teilchen in l mol ebenso groß sein soll2) wie die Anzahl der Atome in 12 g des Kohlenstoff-Isotops 12 C. Aus dieser Beschreibung der Größe „Stoffmenge" und aus dem Wortlaut der MolDefinition ) folgt, daß jeder Stoffmengen-Angabe hinzugefügt werden muß, welche Teilchen ihr zugrunde gelegt worden sind. So ist es vieldeutig und deshalb unstatthaft, von der Stoffmenge einer Schwefelportion zu sprechen; denn dieser Stoffmengen-Angabe können S-Atome, S 8 -Moleküle oder Schwefelmoleküle anderer Größe zugrunde gelegt werden. Man muß also z.B. die S-Atom-Stoffmenge von der S8-Molekül-Stoffmenge usw. unterscheiden. Am kürzesten und zugleich korrekt läßt sich eine Stoffmengen-Angabe durch eine Größengleichung ausdrücken, wobei man dem Stoffmengen-Symbol n in Klammern die Formel der zugrundeliegenden Teilchen anfügt, z.B. «(Sj) = 8 mol bzw. rc(S 8 ) = l mol. Diese beiden Angaben beziehen sich auf dieselbe Schwefelportion. Man sieht, daß zu ein und derselben Stoffportion verschiedene Größenwerte der Stoffmenge gehören können, je nachdem von welchen Teilchen der Stoffportion die Stoffmenge angegeben wird. Man kann Stoffmengen nicht unmittelbar abmessen, weil es praktisch nicht möglich ist, die Teilchen in einer Stoffportion abzuzählen. Die Quantität von Stoffportionen wird vielmehr fast ausschließlich durch Ermittlung ihrer Masse oder ihres Volumens erfaßt. Aus Masse oder Volumen einer Stoffportion kann man ihre Stoffmenge er,,..., . Masse Volumen rechnen, wenn man das Verhältnis -—— bzw. -—— kennt, das dem Stoffmenge Stoffmenge abzumessenden Stoff eigen ist. Alle derartige Quotientengrößen, in deren Nenner die Stoffmenge steht, nennt man stoffmengenbezogene oder molare Größen. m V M(X) = / ist die molare Masse, Vm(X) = —^\ das molare Volumen. Auch der Zahlenwert der molaren Größen hängt davon ab, welche Teilchen X der Stoffmengen-Angabe zugrunde gelegt worden sind; deshalb müssen diese Teilchen auch bei der Angabe molarer Größen angeführt werden. Beispiel: Es soll eine Natriumchlorid-Portion mit der Stoffmenge n(NaCl) = 0,2 mol durch Wägung abgemessen werden. Den benötigten Wert der molaren Masse des Natriumchlorids entnimmt man einem Tabellen werk 3 ) zu Af(NaCl) = 58,44 g/mol.

' ) Die A v o g a d r o - K o n s t a n t e L oder7V A , die erstmals 1865 von dem Physiker Loschmidt ermittelt wurde, beträgt 6,0220 · l O 23 mol" 1 . Der praktische Chemiker benötigt diese Zahl nie, wie im Text S. 34/35 beschrieben wird. 2 ) Die bundesgesetzliche Fassung der Definition des Mol lautet: ,,Die Basiseinheit l Mol ist die Stoffmenge eines Systems" (dafür könnte auch gesagt werden: einer Stoffportion), ,,das aus ebensoviel Einzelteilchen besteht, wie Atome in 12/1000 kg des Kohlenstoffnuklids 12 C enthalten sind. Bei Verwendung des Mol müssen die Einzelteilchen des Systems spezifiziert sein und können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen sowie andere Teilchen oder Gruppen solcher Teilchen genau angegebener Zusammensetzung sein." ) z.B. K ü s t e r - T h i e l , Rechentafeln für die Chemische Analytik. Walter de Gruyter, Berlin · New York 1985. In Tabellenwerken — auch hier in der Wiedergabe des Periodensystems der Elemente am Ende des Buches — findet man oft anstelle der molaren Masse die relative Atom- bzw. Molekülmasse AT bzw. MT aufge-

Gehalt der Lösungen

35

Setzt man diesen Wert in die obige Definitionsgleichung fürAf ein, so ergibt sich: 58,44

mol

= n ™ , oder m = 58,44 · 0,2 g · —t = 11,688 g. 0,2 mol mol

Viele andere Größen, die für die Chemie wichtig sind, werden auch auf die Stoffmenge bezogen. Es seien genannt die molare Wärmekapazität, die molare Reaktionsenthalpie.

Gehalt der Lösungen Es ist zweckmäßig, bei Umsetzungen die reagierenden Stoffe in Portionen geeigneter Größe aufeinander einwirken zu lassen. Wendet man dabei die Stoffe in Form ihrer Lösungen an, so muß man für jede Lösung wissen, wieviel von dem gelösten Stoff in einem beliebigen Teil der Lösung enthalten ist, d.h. wie groß der Gehalt1) der Lösung ist. Zur Kennzeichnung des Gehaltes ist es offensichtlich erforderlich, die Quantität des Gelösten auf die Quantität des Lösungsmittels oder auch auf diejenige der gesamten Lösung (einschließlich des Gelösten) zu beziehen. Als Quantitätsmaß kommen dabei in Frage die Größen: Masse, Stoffmenge, Volumen (d.h. sogenannte extensive Größen). Da jede dieser Größen sowohl für den gelösten Stoff als auch für das Lösungsmittel bzw. die gesamte Lösung verwendet werden kann, ergeben sich so 2 · 9 = 18 verschiedene Quotientengrößen, die zur Angabe des Gehalts von Lösungen dienen können. Von diesen Möglichkeiten sind die am häufigsten benutzten in der Tabelle 2 (S. 36) zusammengestellt. Gehaltsangaben, die durch Division von Werten der gleichen Größe für das Gelöste und für die gesamte Lösung gebildet werden, heißen Anteil. — Gehaltsangaben, die auf das Volumen der gesamten Lösung bezogen sind, heißen Konzentration2). Am häufigsten wird die Stoffmengenkonzentration benutzt; sie kann kurz als Konzentration bezeichnet werden, wenn keine Verwechslungsgefahr mit den beiden anderen Konzentrationsgrößen besteht, also z.B. dann, wenn es sich um eine Angabe von Zahlenwert und Einheit (z.B. 2 mol/1) handelt. Die Verwendung der Konzentrationsgrößen ist vorteilhaft, weil man Lösungsportionen rascher und bequemer nach dem Volumen als nach der Masse abmißt. — Das Massenverhältnis wird bevorzugt zur

führt; diese Größen werden auch noch Atomgewicht bzw. Molekulargewicht genannt. Eine in der Einheit l g/mol gemessene molare Masse der Teilchen X hat denselben Zahlenwert wie die relative Atom- oder Molekülmasse dieser Teilchen, weil der Bezug in beiden Fällen l/12 der Masse des Nuklids 12C ist. 1 ) Der Name „Gehalt" wird hier in Übereinstimmung mit DIN 1310 (1984) als Oberbegriff verwendet für die zahlreichen Möglichkeiten, quantitative Aussagen über die Zusammensetzung einer Lösung zu machen (vgl. Tab. 2). 2 ) Früher wurde der Name „Konzentration" oft gleichbedeutend mit dem allgemeinen Begriff „Gehalt" verwendet. Heute wird er aufgrund internationaler Übereinkunft im obigen eingeengten Sinne gebraucht. Der alte, größere Bedeutungsumfang ist noch erhalten geblieben in dem allgemein gebräuchlichen Verb „konzentrieren" = „Gehalt erhöhen" und in dem Adjektiv „konzentriert" = „von hohem Gehalt", z.B. in „konzentrierte Lösung", „konzentrierte Salzsäure", „konzentrierte Schwefelsäure" usw.

Gehalt der L sungen r-1 II 1

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-AgCl + NaNO 3 CaCl2 + 2AgN0 3 -+2AgCl + Ca(NO 3 ) 2 , genügt es daher zur Beschreibung aller drei Beispiele vollständig, wenn man, ähnlich wie es soeben für die Neutralisation abgeleitet wurde, nur die wirklich unter den

48

Elektrolytische Dissoziation - lonenlehre

Ionen vorgehenden Veränderungen schreibt: C1-+ Ag+->-AgCl. Daß es sich dabei tatsächlich um eine lonenreaktion handelt, erkennt man daran, daß Chloroform (CHC13) diese Umsetzung nicht gibt. Chloroform ist ja nach S. 44 ein Isolator, enthält also keine Cr-Ionen. In ganz entsprechender Weise läßt sich der Nachweis von S c h w e f e l s ä u r e bzw. Sulfaten durch Fällung mit B a r i u m c h l o r i d-Lösung durch folgende Gleichung beschreiben: Ba2+ + SO42- ->-BaSO4. Formulierungen, wie die eben benutzten, beschreiben die Umsetzung der tatsächlich vorhandenen Ionen und lassen die wesentlichen Vorgänge in der Lösung erkennen, was man der hier bisher verwendeten Darstellung der Umsetzungen mittels der Summen- oder Bruttoformeln nicht entnehmen kann. So ersieht man aus der allgemeinen Formulierung der Neutralisation mittels der Ionen: H"1" + OH -> H 2 O, daß_ bei der Neutralisation von Natronlauge mit Salzsäure der Zustand der Na + - und Cl Ionen nicht verändert wird. Allerdings läßt die Beschreibung mittels der Ionen nicht ersehen, was vorgeht, wenn man die Lösung eindampft; dann ordnen sich die Na + und Cl -Ionen zu kristallisiertem Natriumchlorid. Wir werden im folgenden bei der Formulierung der Umsetzungen anstelle der Bruttoformeln, soweit sinnvoll, die Ionen zugrunde legen. Man übe s i c h a b e r möglichst oft, mit B r u t t o f o r m e l n beschriebene Umsetzungen in die lonenform umzuschreiben und umgekehrt. Dissoziationsgrad; starke und schwache Elektrolyte. Viele Elektrolyte sind in wäßriger Lösung praktisch vollständig in Ionen zerfallen; bei anderen ist dies nicht der Fall. Man überzeuge sich davon durch folgende Versuche:

3. Mit der S. 43 f. beschriebenen Einrichtung prüfe man bei gleichem Abstand und gleicher Eintauchtiefe der Kohle-Elektroden wie früher die elektrische Leitfähigkeit verdünnter, etwa 2 mol/1 enthaltender wäßriger Lösungen von Essigsäure und von Ammoniak (Näheres vgl. S. 92). Die Ausschläge des Amperemeters sind jetzt erheblich kleiner als die früher bei Natriumchlorid-, Schwefelsäure- usw. -Lösungen beobachteten. Dann vereinige man die Essigsäure- mit der Ammoniaklösung und beobachte erneut den Ausschlag der gebildeten Lösung von Ammoniumacetat. Elektrolyte, die in wäßriger Lösung nur in geringem Maße in Ionen zerfallen, bezeichnet man als „schwach" im Gegensatz zu den praktisch vollständig dissoziierten „starken" Elektrolyten, wie Natriumchlorid, Salzsäure, Ammoniumacetat, Natronlauge usw. Schwache Elektrolyte findet man insbesondere bei Säuren (z. B. Essigsäure, Hydrogencyanid, Hydrogensulfid) und bei Basen. Bei den Salzen sind schwache Elektrolyte seltener (vgl. z.b. S. 172f. über HgQ2 und Hg(CN)2 oder S. 114 über CuCl2). Bei Elektrolytlösungen nennt man denjenigen Bruchteil aller gelösten Moleküle, der in Ionen zerfallen ist, den „Dissoziationsgrad". Vollständiger Dissoziation entspricht

Chemische Bindung

49

also der Dissoziationsgrad 1. Man kann den Dissoziationsgrad auch in Prozenten ausdrücken. Bei den starken Elektrolyten liegt er nahe bei 100%, bei den schwachen ist er kleiner, oft sogar sehr klein. So sind z.B. in Lösungen von je l mol/1 in Ionen zerfallen: Salzsäure zu fast 100%, Phosphorsäure zu 7% (in H + und H2PO4"), Essigsäure zu etwa 0,4%. — Die starken anorganischen Säuren (Salz-, Schwefel-, Salpetersäure) bezeichnet man auch als Mineralsäuren. Eine Angabe über den Dissoziationsgrad irgendeines gelösten Stoffes hat nur Sinn, wenn man, wie es eben geschehen ist, gleichzeitig den Gehalt der Lösung angibt; denn mit steigender V e r d ü n n u n g steigt, wie wir S. 114 noch an einem Versuch sehen werden, der Dissoziationsgrad an. So erklärt sich z. B. der S. 41 f. besprochene Unterschied zwischen verdünnter und konzentrierter Schwefelsäure aus der Tatsache, daß in der verdünnten Säure neben HSO4~- und SO42~- sehr viel Wasserstoff-Ionen vorliegen, während in der konzentrierten andere Ionen gebildet werden (z. B. gemäß 2H2SO4^-H3SO4+ + HSO4'); z T. liegen auch undissoziierte Moleküle vor. Die Kenntnis der Stärke der Säuren und Basen ist von großer Bedeutung für das Verständnis des chemischen Verhaltens. So werden, um an dieser Stelle nur ein Beispiel zu nennen, schwache Säuren die typischen Säurereaktionen nicht so ausgeprägt zeigen wie die starken; denn diese Reaktionen beruhen ja auf der Anwesenheit von Wasserstoff-Ionen. Z. B. lösen sich Metalle, wie Zink, in starken Säuren viel schneller auf als in schwachen. Weitere zahlreiche Beispiele werden wir bei der Besprechung des Massenwirkungsgesetzes kennenlernen.

4. Man gebe zwei gleich große Stücke von granuliertem t e c h n i s c h e m , d.h. verunreinigtem Zink (reines Zink löst sich zu langsam, vgl. auch S. 164f.) in Salzsäure und Essigsäure, deren Konzentration je etwa 2 mol/1 beträgt, und vergleiche die Lösungsgeschwindigkeiten.

Chemische Bindung Perioden-System und A tombau. Für das Verständnis der physikalischen Eigenschaften und des chemischen Verhaltens ist das vor etwas mehr als 100 Jahren aufgestellte Perioden-System der Elemente ein unentbehrliches Ordnungsschema. Geschichte und Bedeutung des Perioden-Systems werden in der Vorlesung und in den Lehrbüchern eingehend behandelt und sollen in dieser Einführung nicht besprochen werden. Um aber schon dem Anfänger die grundlegende Bedeutung des Perioden-Systems vor Augen zu führen, weisen wir auch in dieser Einführung gelegentlich bei der Besprechung allgemeiner Zusammenhänge auf das Perioden-System hin. Man findet es in heraiisklappbarer Form am Ende des Buches. Eine Erklärung der im Perioden-System zusammengefaßten, zunächst rein empirischen Regelmäßigkeiten ergab sich durch die seit dem Beginn dieses Jahrhunderts auf Grund physikalischer Untersuchungen und der chemischen Erfahrung entwickelten Lehre vom Atombau. Auch hier muß auf Vorlesung und Lehrbuch verwiesen werden. Erwähnt sei an dieser Stelle nur folgendes: Die Atome sind aufgebaut aus extrem kleinen Atomkernen, die fast die gesamte Masse des Atoms enthalten und positiv geladen sind, und aus negativen Elektronen von sehr geringer Masse, die das gegenüber dem Kern große Volumen des ganzen Atoms ausfüllen (Elektronenhülle).

50

Chemische Bindung

Die Ladung eines Elektrons nennt man die elektrische Elementarladung. Der Kern trägt so viel positive Elementarladungen, wie durch die Ordnungszahl des Elements (in der Tabelle im Anhang fett gedruckt) angegeben wird; ebenso groß ist die Anzahl der Elektronen im elektrisch neutralen Atom. Die Elektronen sind in gewissen Gruppen angeordnet, die durch sogenannte „Quantenzahlen" charakterisiert sind. Die Elektronen sind sehr verschieden fest gebunden; die äußersten, am wenigsten fest gebundenen Elektronen sind für das Zustandekommen chemischer Verbindungen verantwortlich. Während man in den Anfängen der Atomtheorie den Elektronen bestimmte „Bahnen" (Kreise oder Ellipsen) zuschrieb, hat sich inzwischen herausgestellt, daß dies nicht zutreffend ist; man kann nach neueren Theorien vielmehr nur die Wahrscheinlichkeit angeben, mit welcher man ein Elektron an den verschiedenen Orten in der Umgebung des Kerns antrifft. Diese Wahrscheinlichkeitsräume, Orbitale genannt, sind zunächst durch die „Hauptquantenzahlen" n = l, 2, 3, 4 usw. gekennzeichnet, die die Bindungs-Energie des Elektrons in erster Linie bedingende größer n ist, desto lockerer ist das Elektron gebunden. In einer durch einen bestimmten -Wert charakterisierten Gruppe kann höchstens eine bestimmte Anzahl von Elektronen vorhanden sein (zwei für n = l, acht für n = 2, achtzehn für n - 3 usw.). Ferner sind zu nennen die „Nebenquantenzahlen" / = 0, l, 2, 3 ... usw., die maximal gleich (n - 1) sein können; die entsprechenden Elektronen-Zustände bezeichnet man mit s, p, d, f usw. Es sind ein s-, drei p-, fünf d- und sieben f-Orbitale möglich, von denen jedes nur entweder von einem oder von zwei Elektronen besetzt sein kann. Auf diese Weise ergeben sich die eben genannten Maximai-Zahlen der Elektronen für die verschiedenen Hauptquantenzahlen. Ein 4s-Elektron hat die Hauptquantenzahl 4, die Nebenquantenzahl 0; 3s23p6 bedeutet zwei 3s- und sechs 3p-Elektronen. Die Nebenquantenzahlen sagen etwas über die Symmetrie der Orbitale aus; bei s-Elektronen liegt Kugelsymmetrie vor, bei den drei p-Orbitalen, die zu einer bestimmten Hauptquantenzahl gehören, erstrecken sich die Elektronenwolken längs der x-, y- und z-Achse eines rechtwinkligen Koordinatensystems mit dem Atomkern im Nullpunkt. s-Elektronen sind etwas fester gebunden als p-Elektronen gleicher Hauptquantenzahl und diese fester als d-Elektronen; dies kann dazu führen, daß z. B. ein 4s-Elektron etwas fester gebunden ist als ein 3d-Elektron. Eine Übersicht, wie die Verteilung der Elektronen in den neutralen Atomen im Perioden-System ist, vermitteln die Angaben in der Tabelle am Schluß des Buches. Chemische Bindung. Auf Grund der Kenntnis des Atombaus konnten auch über das Zustandekommen der chemischen Bindung Vorstellungen entwickelt werden, die im folgenden kurz skizziert seien; bez. Einzelheiten muß auf Vorlesung und Lehrbuch verwiesen werden. Man kann vier Bindungsarten unterscheiden: lonenbindung, Atombindung oder kovalente Bindung, metallische Bindung, Dispersionskräfte. /. lonenbindung. Als ein Molekül, das diese Bindungsart enthält, kann man z. B. ein NaCl-Molekül ansehen, wie es sich bei hohen Temperaturen beim Verdampfen von + Kochsalz bildet. In dem NaCl-Molekül kann man geladene Teilchen Na und Cl annehmen, die sich elektrostatisch anziehen. Derartige Verbindungen entstehen dann, wenn eine Atomart, die leicht Elektronen abgibt (z. B. Alkalimetallatome), mit einer anderen zusammentrifft, die zusätzliche Elektronen zu binden vermag (z. B. die Halogenatome). Auch im kristallisierten Zustande kann man die Salze angenähert als aus positiv und negativ elektrisch geladenen Atomen aufgebaut annehmen, über deren räumliche An-

Chemische Bindung

51

Ordnung wir durch Beugungsversuche mit Röntgenstrahlen (v. L a u e) in der Mehrzahl der Fälle gut unterrichtet sind (vgl. das „Kristallgitter" von Kochsalz in Fig. 15). Allerdings leiten die festen Salze in der überwiegenden Mehrzahl den elektrischen Strom bei Zimmertemperatur praktisch nicht, da die geladenen Atome im „Kristallgitter" ihre Plätze wegen der elektrostatischen Anziehung durch die entgegengesetzt geladenen Nachbaratome nicht ohne weiteres wechseln können 1 ). Diese elektrostatischen Kräfte erklären u. a. auch die Härte und die hohen Schmelz- und Siedepunkte 2 ) der meisten Salze. Beim Auflösen in Wasser dagegen schiebt sich Wasser zwischen die Ionen (Näheres siehe S. 149) und drängt sie gegen die elektrostatische Anziehung auseinander. Die gelösten Ionen lassen sich nun leicht von einer Stelle an die andere bewegen; daher leiten Elektrolyt-Lösungen den Strom.

Fig. 15. Kochsalz-Gitter Gelöste Ionen sind mit einer Hülle fest gebundener Wassermoleküle umgeben (,,hydratisiert"). Die Anzahl der gebundenen Wassermoleküle hängt u. a. von der Größe und der Ladung des Ions ab; sie läßt sich in der Regel aber nicht eindeutig bestimmen. Immerhin hat man Grund zu der Annahme, daß positiv geladene Ionen in nächster Nachbarschaft vielfach von 6, manchmal von 4 oder 8 Wassermolekülen umgeben sind. Die Hydratation erkennt man in einigen Fällen an der Farbe der Verbindungen. So ist z. B. wasserfreies Kupfersulfat farblos; Cu 2+ -Ionen sind demnach farblos. Bindet Kupfersulfat dagegen Wasser, so daß die feste Verbindung CuSO4 · 5H 2 O („Kupfervitriol") entsteht, so beobachtet man bereits die blaue Farbe, die für die wäßrigen Kupfersalz-Lösungen kennzeichnend ist. Die blaue Farbe muß also durch eine Wechselwirkung zwischen den Cu 2+ -Ionen und den an diese gebundenen Wassermolekülen zustande kommen. Wenn man meist, z.B. bei der Formulierung von Umsetz-ungen, trotz der Hydratisierung nur die Symbole der nackten Ionen verwendet, so ist das nur als eine vereinfachte Schreibweise aufzufassen. So kommt z.B. das Wasserstoffion — was von A r r h e n i u s noch nicht berücksichtigt wurde — in wäßriger Lösung nicht als freies, einatomiges H + , das P r o t o n genannt wird, vor. Dieses ist in wäßriger ') Trotz des Fehlens einer merklichen Wanderungsfähigkeit der Teilchen spricht man auch bei derartigen Kristallgittern von „ I o n e n " , um den elektrisch geladenen Zustand zu bezeichnen. 2 ) Die leicht flüchtigen Verbindungen (z. B. HC1, SO 2 ) besitzen einen grundsätzlich anderen Gitterbau mit abgegrenzten Einzelmolekülen, wobei die Bindungen innerhalb der Moleküle überwiegend den Charakter von Atombindungen (vgl. S. 53—56) haben.

52

Chemische Bindung

Lösung vielmehr zunächst mit einem Wassermolekül zu 3 + ( O x o n i u m - I o n ) verbunden, das dann, wie alle anderen Ionen auch, eine größere Anzahl von H2OMolekülen bindet, wobei die Anlagerung von 3 weiteren HjO-Molekülen zu 9 4+ eine bevorzugte Zwischenstufe darstellt. Im Gegensatz zum Proton H + werden wir im folgenden das in Wasser gelöste, hydratisierte Wasserstoff-Ion als H 3 O + bezeichnen. Vgl. auch S. 114ff.

1. Man erhitze ein Kristallenen von,,Kupfervitriol" CuS04 · 5H2O im Reagensglas; es verdampft Wasser, und die blaue Farbe verschwindet. Befeuchtet man das entstandene farblose Kristallpulver mit Wasser, so färbt es sich wieder blau. Allerdings muß man mit der eben benutzten Schlußweise vorsichtig sein; es ist keineswegs immer zulässig, aus der Farbe der f e s t e n Salze auf die Farbe der Ionen zu schließen. Denn ebensogut, wie die Wechselwirkung von Cu2+-Teilchen und Wassermolekülen zur blauen Farbe führt, kann auch die Wechselwirkung zwischen den Cu2+-Teilchen und den negativ geladenen Gitternachbarn Änderungen der Farbe bewirken. So ist z. B. festes Kupferchlorid CuCl 2 1 ) braun, Kupferbromid CuBr2 schwarzbraun, Kupferoxid CuO schwarz. Auch zusammengesetzte, „komplexe"Ionen (Näheres vgl. S. 147ff.), wie z.B. das [SO 4 ] 2 "-Ion, können wir uns nach W. K o s s e l im Grenzfall 2 ) aus geladenen Teil'2- 2-" 2O O chen aufgebaut denken:

6+

6+

Wegen der hohen Ladung des S-Teilchens ist

2- 2LO OJ hier nun aber die elektrostatische Anziehung so stark, daß die einzelnen Teilchen beim Auflösen in Wasser nicht mehr voneinander getrennt werden; daher liegt die ganze Gruppe in der Lösung als eine Einheit vor. Obwohl also in diesem Falle einzelne S6+-Ionen nicht auftreten, ist es doch zweckmäßig, gemäß der oben angegebenen Ladungsverteüung innerhalb des Komplexes eine Ladung 6+ des Schwefels anzunehmen; man sagt daher, daß der Schwefel im [SO4]2~-Ion die Oxidationszahl 6+ (oder die Oxidationsstufe 6+) besitzt3). In gleicher Weise kann man auch den 6+ 2Ladungszustand in vielen ungeladenen Molekülen schematisieren, z. B. S O 3 . Wir bezeichnen den Ladungszustand derartig geladener Atome, die in Lösung nicht als selbständige Ionen auftreten, durch über das Atomsymbol gesetzte Plus- oder Minuszeichen, während wir die Ladung der in wäßriger Lösung auftretenden Ionen rechts oben neben das Formelsymbol des Ions schreiben. Auch bei den komplexen Ionen sind wir durch verschiedene physikalische Methoden über die räumliche Lagerung der Atome innerhalb der Komplexe genau unterrichtet. So liegen z. 5. beim [SO4]2"-Ion die Sauerstoffteilchen symmetrisch an den Ecken ') Vgl. dazu auch Nr. 2 u. 3, S. 114. ) Tatsächlich liegen in solchen Komplexen Übergänge zwischen einem Aufbau aus Ionen und einer Verknüpfung der Atome durch Atombindungen vor. Vgl. den vorletzten Absatz dieses Kapitels auf Seite 57. 3 ) Vielfach wird die Oxidationszahl mit römischen Ziffern angegeben; im [SO4]2" hat der Schwefel die Oxidationszahl VI, der Sauerstoff -II; vgl. dazu S. 79.

2

53

Chemische Bindung eines Tetraeders (Fig. 16) 1 ), in dessen Mitte sich das Schwefelteilchen befin2- 2- 32- 2O O O O 5+

det. Auch das Phosphat-Ion 2-

LO

7+

und das Perchlorat-Ion

P 2-

2-

OJ

sind tetra-

Cl

LO

2-

OJ

Fig. 16. Tetraeder

2-

2O 4+ 2-

co

edrisch gebaut. Dagegen bilden die Sauerstoffteüchen desCarbonat-Ions 2-

ein gleichseitiges Dreieck, in dessen Mittelpunkt der Kohlenstoff liegt.

lo

Oxidationszahl und Perioden-System. Es bestehen einfache Beziehungen zwischen den Oxidationszahlen der einzelnen Elemente und ihrer Stellung im PeriodenSystem. So ist in den kleinen Perioden und den -Gruppen l bis 7 der großen Perioden die höchste p o s i t i v e Oxidationszahl gleich der Nummer der Gruppe, 4+ 5+ 6+

zu der das Element gehört (z. B. Na"1", Ca2"1", A13+, Si, P , S); bei diesen Elementen entspricht dies der Edelgaskonfiguration s 2 p 6 . Auch bei den B-Gruppen gut meist, daß die höchste positive Oxidationszahl gleich der Gruppen-Nummer ist; die Ionen besitzen aber dann die Konfiguration s 2 p 6 d 10 . Ferner kommen hier bei Cu, Ag und Au auch höhere positive Oxidationsstufen vor; siehe bei den einzelnen Elementen. Bei den Elementen, die l bis 5 Stellen vor einem Edelgas stehen, treten oft Werte 3+ 4+

auf, die um 2 Einheiten kleiner sind als die bisher genannten ( P , S , Sn2 ); es hängt dies damit zusammen, daß zwei s-Elektronen eine abgeschlossene ElektronenGruppe bilden. N e g a t i v e Oxidationszahlen kommen fast nur bei den Elementen vor, die im 2- 3Perioden-System l bis 4 Stellen vor einem Edelgas stehen, z. B. Cl", O, N. Bei diesen Partikeln ist ebenfalls Edelgaskonfiguration s 2 p 6 vorhanden. 2. Atombindung. Der Verknüpfung gleicher Atome (z. B. im H 2 , N 2 , C12, S8) oder von Atomen, die sich in der Bindungsfestigkeit der Elektronen nur wenig voneinander unterscheiden (z. B. NO, CH4, [CNf), liegt ein anderes Bindungsprinzip zugrunde, d a s m a n a l s A t o m b i n d u n g oder k o v a l e n t e B i n d u n g b e 1

) In der Zeichnung sind nur die Atomschwerpunkte angegeben. In Wirklichkeit ist die Ausdehnung der Atome so groß, daß sie sich berühren.

Chemische Bindung

54

zeichnet. Hierbei wird nach der Theorie, über die Einzelheiten in den Lehrbüchern nachzulesen sind, aus den je mit einem Elektron besetzten Orbitalen zweier benachbarter Atome ein neues, von zwei Elektronen besetztes Orbital gebildet, das nun beiden Atomen zugehört. Die dabei auftretende Energieabgabe ist von der gleichen Größenordnung wie bei der Bildung einer lonenbindung. Ein solches, zwei Atomen gemeinsames Elektronenpaar symbolisiert man durch einen Doppelpunkt oder einen „Bindestrich". Sind 2 oder 3 Elektronenpaare an der Bindung zwischen zwei Atomen beteiligt, so spricht man von Doppel- oder Dreifachbindung. Die Anzahl der Elektronenpaare, die ein Atom insgesamt mit seinen Nachbarn teilt, nennt man seine „Bindigkeit". Die nicht an der Bindung beteiligten, sog. „einsamen" Elektronenpaare kennzeichnet man — sofern man sie überhaupt in der Formel mit angibt — durch nicht zwischen den Symbolen der gebundenen Atome angeordnete, sondern quer zu ihnen liegende Striche oder Doppelpunkte; dabei bleiben die Elektronen derjenigen Orbitale, die schon bei dem im Perioden-System voraufgehenden Edelgas besetzt sind, außer Betracht. Ein einzelnes Elektron, z. B. im NO, wird durch einen einzelnen Punkt dargestellt. Beispiele: H:H oder H-H

lä-cii

oder

C1-C1

H l H-C-H l H Ein wichtiger Unterschied zwischen Ionen- und kovalenter Bindung liegt in folgendem: Beim Vorliegen von lonenbindung kann sich die elektrostatische Anziehungskraft eines Ions auf beliebig viele entgegengesetzt geladene Ionen in beliebige Richtungen erstrecken; so ist z. B., wie Abb. 15 zeigt, ein CT-Teilchen, obwohl es nur eine Elementarladung trägt, im NaCl-Gitter von 6 Na+-Teilchen umgeben und umgekehrt. Die kovalenten Bindungen sind jedoch hinsichtlich ihrer Zahl b e g r e n z t und außerdem g e r i c h t e t . Die Richtung der von einem Atom ausgehenden Bindungen hängt von der Richtung der Orbitale dieses Atoms ab. In gewissen Fällen stimmen aber die Zahl der Bindungen und die experimentell gefundene Form des Moleküls nicht mit der Zahl der bindenden Orbitale und ihrer Richtung im Grundzustand des bindenden Atoms überein, wie es folgende Zusammenstellung für einige Beispiele mit einbindigen Partnern X zeigt:

|N=Ö

Elektronenkonfiguration des Grundzustandes des Zentralatoms BeX2

Elektronenkonfiguration des bindenden Zustandes des Zentralatoms sp

2

Form des Moleküls linear

BX 3

s p

Dreieck mit dem B-Atom im Zentrum

CX4

s2 p 2

Tetraeder mit dem C-Atom im Zentrum

Chemische Bindung

55

Die Theorie macht deshalb zwei zusätzliche Annahmen, daß nämlich erstens der bindende Zustand sich von einer angeregten Elektronenkonfiguration mit nur je durch ein Elektron besetzten Orbitalen 1 ) ableitet und daß zweitens die Orbitale von Elektronen mit verschiedenen Nebenquantenzahlen (s und p) eine Wechselwirkung (,, Hybridisierung") gerade derart eingehen, daß sich die beobachteten hochsymmetrischen Molekülformen ergeben. Die Orbital-Theorie ist also eine Modellvorstellung, die den experimentellen Befunden nach Möglichkeit angepaßt ist. Sie hat die Vor- und Nachteile solcher Modelle: Sie ist anschaulich, aber sie stellt eine Vereinfachung und Schematisierung der vorliegenden Verhältnisse dar, und ihre Vorhersagen reichen nicht immer aus. Nur wenn man sich dessen bewußt ist, ist sie nützlich. Mit der Tatsache, daß bei der Hauptquantenzahl n = 2 nur 4 Orbitale möglich sind, die von je zwei Elektronen besetzt werden können, hängt zusammen, daß um ein Atom eines Elementes der ersten kleinen Periode maximal 4 Elektronenpaare möglich sind (O k t e t t-Regel). Diese Zahl wird nur selten u n t e r schritten, z. B. in den Molekülen von gasförmigem LiCl oder im NO. Jedoch sind in der ersten Periode keine Verbindungen bekannt, zu deren Deutung eine Ü b e r schreitung jener Zahl notwendig wäre. Dagegen ist dies bei den Elementen der zweiten kleinen Periode, in denen neben s- und p- aber auch - im Grundzustand nicht besetzte - d-Orbitale vorhanden sind, manchmal der Fall (PF 5 ; SF 6 ). Ein Sonderfall liegt z. B. bei Ionen wie [CO 3 ] 2 " und [NOJ " sowie bei Molekülen wie NO 2 und N 2 O 5 vor. Wenn man die Formel etwa des [CO 3 ] 2 "-Ions in dieser Weise

^C=O schriebe, so würde dies der Oktett-Regel widersprechen. Aus spek-

Lo-'

J

troskopischen Untersuchungen läßt sich aber ableiten, daß die Bindung zwischen C und O im Carbonat-Ion einem Zustand entspricht, der zwischen einer einfachen und einer doppelten Atombindung liegt. Das führt zu folgender Deutung: Von einem der Oktett-Regel entsprechenden Bindungszustand mit einer doppelten und zwei einfachen Bindungen sind drei Variationen möglich: /O)

=

—- * i

\

n

m

Diese drei Formern sind völlig gleichberechtigt. Die Theorie zeigt nun, daß die Existenz der Grenzstrukturen I, II und III nicht zu erwarten ist, weil sie gemeinsam unter gegenseitiger Überlagerung einen neuen Zustand bilden, wobei Energie gewonnen wird. Dieses Verhalten bezeichnet man als „Mesomerie" und kennzeichnet es durch das Symbol «—> zwischen den Grenzstrukturen. Im K r i s t a l l g i t t e r bleiben Moleküle mit Atombindungen in der Regel als abgeschlossene Moleküle erhalten. Da zwischen ihnen nur schwache Kräfte vorhanden sind (vgl. unter 4. Dispersionskräfte; evtl. kommen dazu noch Anziehungen infolge elektrischer Unsymmetrien; vgl. S. 149 über Dipolmoment), Liegen Schmelzund Siedetemperaturen niedrig, und zwar ifn allgemeinen um so tiefer, je kleiner die molare Masse ist. l

) Z. B. beim Kohlenstoff nicht vom zweibindigen Grundzustand s 2 p 2 , sondern von dem angeregten Zustand sp 3 , der Vierbindigkeit ergibt.

56

Chemische Bindung

Es gibt allerdings auch Stoffe mit kovalenten Bindungen, die sehr hoch schmelzen. Ein Beispiel ist der Diamant, bei dem jedes C-Atom von vier anderen C-Atomen so umgeben ist, daß im Kristall ein einziger Verband entsteht. Da beim Schmelzen und bei der Verdampfung viele Atombindungen aufgespalten werden müssen, haben Stoffe von der Art des Diamanten sehr hohe Schmelz- und Siedetemperaturen1). — Zwei verschiedene Möglichkeiten können bei Stoffen auftreten, die O- oder NAtome enthalten. Sauerstoff bildet mit Elementen der ersten kleinen Periode Doppelbindungen. So gehört z. B. zum COj-Molekül die Elektronenformel xQ=C=9x. Im Kristall bleibt dieses Molekül unverändert; CO2 hat niedrige Schmelz- und Siedetemperaturen. Die Elemente der z w e i t e n kleinen Periode dagegen haben sehr viel geringere Neigung zur Bildung von Doppelbindungen; sie genügen der Oktett-Regel oft dadurch, daß eine Verknüpfung von zwei oder vielen Molekülen zu einem „Dimeren" oder „Polymeren" eintritt. Das Siliciumdioxid, das Homologe des Kohlendioxids, bildet Kristalle, in denen jedes Si-Atom tetraedrisch von 4 O-Atomen, jedes O von 2 Si umgeben ist; das bedeutet — ähnlich wie beim Diamanten — eine gleichmäßige Vernetzung in allen drei Raumdimensionen, ohne daß Einzelmoleküle als Bausteine abgrenzbar sind. Das kann man durch die Annahme von einfachen Atombindungen zwischen allen Nachbaratomen nach dem folgenden (ins Zweidimensionale übertragenen) Schema beschreiben: l _ l _ l _ -Si-0-Si-O-Si-.OI l l 101 101 101

l _ l _ l _ -Si-0-Si-O-Si-.O-

I

101 l

l

101 l

i

101 l

Auch hier liegen die Schmelz- und die Siedetemperatur hoch. 3. Metaltische Bindung. Eine dritte Bindungsart liegt bei den Metallen vor. Diese besitzen ein Gitter aus positiv geladenen Ionen, zwischen denen sich die Elektronen weitgehend frei bewegen; man spricht daher auch von einem „Elektronengas", dessen Volumen allerdings — im Vergleich mit dem der freien Gase — sehr klein ist. Dieses Volumen des Elektronengases wird dadurch bestimmt, wie fest die AußenElektronen an die Kationen des betreffenden Elements gebunden sind, wie dies in der lonisierungsarbeit, d. h. der zur Abtrennung eines oder mehrerer Elektronen erforderlichen Energie, zum Ausdruck kommt. Je höher diese ist, desto kleiner ist das Volumen des Elektronengases. 4. Dispersionskräfte. Diese treten stets auf, wenn Atome in nähere Nachbarschaft kommen, und sind unabhängig davon, ob schon andere Bindungen vorliegen. Die Dispersionskräfte beruhen darauf, daß der positive Kern des einen Atoms die negative Elektronenwolke eines anderen anzieht. Sie führen nur zu schwachen Wechselwirkungen; diese sind um so größer, je leichter „verschiebbar" die Elektronen im Atom sind, d. h. je größer und „weicher" (d. h. stärker polarisierbar) die Atome sind. Mit steigender Entfernung nehmen die Dispersionskräfte rasch ab. Sie bewirken z. B., daß sich die Edelgase und neutrale Moleküle wie C12 bei tiefen Temperaturen verflüssigen. l

) Der Diamant selbst wandelt ach allerdings bei normalem Druck beim Erhitzen in Graphit um.

57

Oxidation und Reduktion

Abgesehen davon, daß die Dispersionskräfte stets vorhanden sind und sich deshalb den anderen Bindungsarten immer überlagern, bietet uns die Natur nur selten Fälle, in denen eine der drei anderen Bindungsarten allein in Erscheinung tritt. Im allgemeinen haben wir es mit Ü b e r g ä n g e n zwischen verschiedenen Bindungsarten zu tun. Viele Verbindungen kann man mit gleicher Berechtigung mit geladenen Atomen (lonenbindung) oder mit Valenz strichen (Atombindung) formulieren. Wenn wir in dieser Einführung vielfach den ersten Weg gewählt haben, so geschah dies vor allem darum, weil sich Oxidations-Reduktionsvorgänge so besonders leicht übersehen und formulieren lassen. Für manche anderen Zwecke sind Valenzstrichformeln geeigneter. Stöchiometrische Wertigkeit. Als man früher über das Zustandekommen der chemischen Bindung noch nichts wußte, hat man aus den Regelmäßigkeiten, die man bezüglich der quantitativen Zusammensetzung der Stoffe fand, den Begriff der „Stöchiometrischen Wertigkeit" oder „ Valenzzahl" abgeleitet. Es hat sich herausgestellt, daß diese „Wertigkeit" in die im Vorstehenden benutzten Begriffe „Ladung" (bzw. „Oxidationszahl") und „Bindigkeit" aufgespalten werden muß. Leider wird der Begriff „Wertigkeit" heute vielfach in nicht eindeutiger Weise benutzt, manchmal im Sinne von „Ladung", in anderen Fällen im Sinne von „Bindigkeit". Man sollte wegen dieser Mehrdeutigkeit den Begriff „Wertigkeit" nur dann benutzen, wenn irgendwelche Zweifel darüber, was gemeint ist, nicht bestehen können.

Oxidation und Reduktion Unter Oxidation hatten wir bisher die Zuführung von Sauerstoff oder die Wegnahme von Wasserstoff, unter Reduktion die entgegengesetzten Vorgänge verstanden. Die lonenlehre gestattet uns, eine vertiefte und verallgemeinerte Auffassung dieser Vorgänge zu geben.

1. In das Kölbchen der in Fig. 17 gezeichneten Apparatur bringe man Wasser und füge zur Verhinderung von Überhitzung einige kleine Tonscherben („Siedesteinchen") zu. In die Kugel des Kugelrohres aus schwer schmelzendem Glas gebe man etwas Magnesiumpulver. Man

Fig. 17. Umsetzung zwischen Magnesium und Wasserdampf

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Oxidation und Reduktion

erhitze das Wasser zum Sieden, so daß bei A ein gleichmäßiger, nicht zu lebhafter Wasserdampfstrom entströmt, und erhitze darauf mit einem zweiten Brenner die Kugel zunächst vorsichtig, bis etwa kondensiertes Wasser vertrieben ist, und dann mit der entleuchteten Flamme stark. Bei der nach einiger Zeit unter Feuererscheinung plötzlich einsetzenden Reaktion geht das Metall in weißes M a g n e s i u m o x i d über, während bei A W a s s e r s t o f f entweicht, der sich entzündet: Mg + H 2 O->MgO + H 2 . Bei dieser Reaktion ist also das Magnesium oxidiert, der Wasserstoff des Wassers reduziert worden. Der Versuch läßt den bereits S. 25 betonten Satz, daß O x i d a tion und Reduktion untrennbar miteinander verkopp e l t sind, noch einmal besonders deutlich erkennen. Das ist allerdings nicht immer ohne weiteres zu übersehen, so z, B. bei dem folgenden Versuch:

2. In einem Reagensglas aus schwer schmelzbarem Glas (Assistent), das s c h r ä g in einem Stativ befestigt wird, wird - wegen der Giftigkeit des Quecksilberdampfes (s. S. 1 70) unter dem Abzug — eine Spatelspitze rotes Quecksilberoxid k r ä f t i g erhitzt. Es bildet sich ein Beschlag von metallischem Q u e c k s i l b e r ; ein in das Glas eingeführter glimmender Holzspan glüht hell auf, also hat sich S a u e r s t o f f gebildet:

Hier ist kein Zweifel, daß das Quecksilber des Quecksilberoxids reduziert worden ist, während man nicht ohne weiteres einsehen kann, was oxidiert wurde. Umgekehrt ist bei der S. 41 besprochenen Oxidation von Kohlenmonoxid durch Sauerstoff nicht sofort zu sehen, was eigentlich reduziert wird. Diese Schwierigkeit verschwindet aber, wenn wir folgende umfassendere Definitionen benutzen: Oxidation ist die Veränderung der Oxidationszahl in positiver Richtung, Reduktion ihre Veränderung in negativer Richtung. Dabei kann die Oxidationszanl entweder die experimentell bestimmbare lonenladung nach S. 46 oder die gemäß S. 52 schematisch angenommene Ladung eines Teilchens in einem nicht dissoziierten Atomverband (Molekül oder Komplex-Ion) bedeuten. Unverbundenen Elementen ist die Oxidationszahl 0 zuzuordnen. Da Ladungsänderungen nur bei Austausch von - negativen - Elektronen eintreten, definiert man kürzer: Oxidation ist Abgabe, Reduktion Aufnahme von Elektronen. Demnach ergibt sich für die Reaktion zwischen M a g n e s i u m und dampf: ±0 2X1+ 22+2- ±o Mg+ H 2 O -* MgO + H2.

Wasser-

+ Das elementare Magnesiumatom hat also zwei Elektronen an die zwei H-Teilchen abgegeben, die dadurch zum ungeladenen H2-Molekül geworden sind: Das Magnesium ist oxidiert, das positive Wasserstoffteilchen reduziert worden.

Oxidation und Reduktion

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Durch diese Auffassung lassen sich nun auch für die Z e r s e t z u n g des Q u e c k s i l b e r o x i d s und ähnliche Reaktionen die Schwierigkeiten beseitigen. Wir erhalten: 2+ 2±o ±o 2HgO -+2Hg + O2.

Das Quecksilber-Kation ist also reduziert, das Sauerstoff-Anion oxidiert worden. Die neue umfassendere Definition hat ferner den Vorteil, daß sie auch solche analogen Reaktionen einschließt, bei denen Sauerstoff oder Wasserstoff gar nicht mitwirken, so z. B. die S. 28 beschriebene Einwirkung von C h l o r g a s auf K a l i u m b r o m i d u n d - i o d i d . B e i d e r Brutto-Umsetzung Cl 2 -*2KCl + Br 2 findet folgender Ladungsaustausch mit den Ionen statt: ±0 ±Q Hier ist also das Bromid-Ion oxidiert, das Chlor reduziert worden. Eine andere Oxidationsreaktion lernten wir bei der D a r s t e l l u n g des C h l o r s kennen. Wir haben dort auf S. 25 die Einwirkung von Braunstein auf Salzsäure bereits in Teilreaktionen zerlegt. Besser als die dort gegebene Aufteilung ist die nachstehende: 1. MnO 2 + 4HCl-»MnCl 4 + 2H 2 O 2. Reaktion 1. ist eine reine Neutralisation; die Oxidation-Reduktion wird durch 2. dargestellt: das Mn 4+ geht in Mn2"1" über, es wird also reduziert; dafür werden zwei von den vier ClMonen in ein ungeladenes Chlor-Molekül übergeführt, also oxidiert. D i e E i n w i r k u n g e i n e s M e t a l l s w i e Zink a u f irgendeine v e r d ü n n t e S ä u r e — gleichgültig ob Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure oder ähnliche wird durch die Formulierung: Zn + 2H 3 O + ^Zn 2+ -l- H 2 + 2H 2 O dargestellt. Auch hier liegt also eine Oxidations-Reduktionswirkung vor: Das Zink ist oxidiert, die H3O+-Ionen sind unter Abspaltung von H 2 O reduziert worden. Liegt dagegen k o n z e n t r i e r t e , d. h. nahezu wasserfreie Schwefelsäure vor, in der ein erheblicher Gehalt an undissoziierten H2 SO4-Molekülen vorliegt, so kommt zur Geltung, daß das u n d i s s o z i i e r t e H2SO4-Molekül im Gegensatz zum [SO4]2"-Ion ein recht starkes O x i d a t i o n s m i t t e l ist; es reagiert daher das Zink-Metall mit dem H 2 SO 4 -Molekül: Zn + 2H2SO4-*ZnSO4 + 2H2O + SO2. Diese Umsetzung können wir uns wieder formal in Teilvorgänge zerlegt denken 1 ): l

) Man beachte, daß hier wie in vielen späteren Beispielen in den Formulierungen die Oxidationszahlen nur bei den Atomen angegeben sind, bei denen sie für die Umsetzung von Bedeutung sind!

60

Schweflige Säure ±0 6+ 2+ 4+ 1. Zn + H2SO4^· „ZnO" + SO2 + H 2 O (Oxidation-Reduktion) 2. „ZnO" + H 2 SO 4 H>·ZnSO 4 + H 2 O (Neutralisation),

aus deren Addition — wobei sich das tatsächlich auch gar nicht gebildete ZnO her±o aushebt! — sich die obige Formulierung ergibt. Bei dem Vorgang 1. werden vom Zn 6+ 4+ zwei Elektronen an das S abgegeben, das dadurch in S übergeht. Wollen wir die Bildung von neutralem Schwefel bzw. von Hydrogensulfid bei dieser Reaktion formulieren, so müssen wir bedenken, daß dazu pro Schwefel6+ ±o Atom 6 bzw. 8 Elektronen aufgenommen werden müssen, um vom S zum S bzw. 2-

S zu kommen; wir müssen daher bei den Umsetzungen 3 bzw. 4Zn auf l H2SO4 einsetzen, denn jedes Zink-Atom gibt ja 2 Elektronen ab. Man erhält so: ±0

6+

2+

±0

6+

2+

±0

3 Zn + H 2 S0 4 ->3 „ZnO" + S + H 2 O

bzw. 2-

4 Zn + H 2 SO 4 ^4 „ZnO" + H 2 S. Zusätzlich ist dann jedesmal die Neutralisation des Zinkoxids zu formulieren. Um die Oxidation s-Reduktlons-Vorgänge sofort ohne langes Probieren richtig zu formulieren, beachte man, daß stets soviel Elektronen, wie vom R e d u k t i o n s m i t t e l abgegeben werden, vom Oxidationsmittel aufgenommen

5+

2+

w e r d e n . Wenn also z. B. ein Oxidationsmittel von A in A übergeht, also 2- ±0 3 Elektronen aufnimmt, ein Reduktionsmittel dagegen von B zu B oxidiert wird, also 2 Elektronen abgibt, so müssen 2A mit 3B reagieren usw. Weiteres über Oxidations-Reduktionsvorgänge s. S. 158ff.

Schweflige Säure Schwefeldioxid1) SO2 entsteht u. a. beim Verbrennen von Schwefel. Beim Auflösen des Gases in Wasser entsteht die schweflige Säure H 2 SO 3 . In dieser sind die beiden Bestandteile SO2 und H 2 O nicht sehr fest aneinander gebunden, beim Erhitzen verflüchtigt sich das Schwefeldioxid SO2 allmählich wieder vollständig; H 2 SO 3 ist wasserfrei ebensowenig darstellbar wie H 2 CO 3 (S. 67). Schweflige Säure ist ein kräftiges Reduktionsmittel, da sie das Bestreben hat, unter Sauerstoffaufnahme in Schwefelsäure überzugehen. Schwefligsäure-Lösung, die lange gestanden hat, zeigt die H 2 SO 3 -Reaktionen nur noch schwach, weil sie, soweit sich nicht das Schwefeldioxid verflüchtigt hat, durch den Luftsauerstoff zu Schwefelsäure oxidiert worden ist. Die Salze, die sich von der schwefligen Säure ableiten, werden Sulfite genannt. oder Sulfurdioxid; vgl. S. 79, Anm. 1.

Schweflige Säure

61

1. Unter dem Abzug entzünde man auf einem Porzellan-Tiegeldeckel ein Stückchen Schwefel. Der Schwefel verbrennt mit blauer Flamme. Das gebildete S c h w e f e l d i o x i d entweicht als farbloses Gas von charakteristischem, stechendem Geruch. 2. Um Schwefeldioxid im Laboratorium im größeren Maßstab herzustellen, kann man Kupfer auf heiße konzentrierte Schwefelsäure einwirken lassen. Man bringe in den zur Darstellung von Chlorwasser schon benutzten kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 13, S. 28) einige Stückchen Kupferblech zu 5-10 ml konzentrierter Schwefelsäure und erhitze in der beschriebenen Weise, vermeide aber sorgfältig ein Zurücksteigen des vorgelegten Wassers, da es auf die heiße Schwefelsäure explosionsartig einwirken würde 1 ). Man erhält im vorgelegten Reagensglas eine wäßrige Lösung v o n s c h w e f l i g e r S ä u r e H2SO3. 3. Man erhitze einen Teil dieser Lösung; es entweicht SchwefeldioxidGas, das am Geruch leicht zu erkennen ist. 4. Vielfach stellt man Schwefeldioxid auch durch Einwirkung von Salzsäure auf eine starke Lösung von Natrium-hydrogensulfit NaHSO3 (z. B. auf die handelsübliche Lösung mit einem Massenanteil dieses Sulfits von 40%) her: HS03- + H30+ -» S02 + 2H20. Man führe den Versuch im Reagensglas aus, gebe aber die verdünnte Salzsäure nur tropfenweise aus einem zweiten Reagensglas (vgl. S. 10) zu. Um die Reduktionswirkung der schwefligen Säure zu erproben, führe man mit der frischen Lösung von Versuch 2 folgende Reaktionen durch: 4. Lösungen von/öd oder Brom werden entfärbt. I2 + H2SO3 + H2O -> 2HI + H2SO4

bzw. I2 + [HS03]- + 4H20 ·-> 21- + [6S04]2- + 3H3O+

bzw. I2 + SO2 + 6H2O -»2 + SO42- + 4H3O+. ') Es ist gut, zur Sicherheit eine kleine, leere sogenannte „Waschflasche" (Assistent!) so zwischen zu schalten, daß das Gas - umgekehrt wie bei der üblichen Verwendung - in das kurze Rohr ein-, aus dem langen au stritt.

62

Salpetersäure und Stickstoffoxide

6. Man gieße zu etwas QuecksilberfW-chlorid-Lösung das drei- bis vierfache Volumen Schwefligsäure-Lösung. Beim Erwärmen fällt aus der zunächst klaren Mischung langsam weißes O u e c k s i l b e r ( I ) - c h l o r i d 1 ) aus, das sich infolge weiterer Reduktion zu Q u e c k s i l b e r später meist grau färbt. 2HgCl2 + H2SO3 + H2O -+Hg2Cl2 + H2SO4 + 2HC1 Hg2Cl2 + H2SO3 + H2O -+2Hg + H2SO4 + 2HC1

bzw. 2Hg2+ + [H4SO3]- + 4H2O ->[Hg2]2+ + [SOJ2" + 3H3O+ [Hg2]2+ + [H4S03]- + 4H20 ->2Hg + fsOJ2' + 3H3O+.

Salpetersäure und Stickstoffoxide Salpetersäure HNO 3 ist eine farblose Flüssigkeit, die sich am Licht unter geringer Zersetzung gelb färbt. Bei der konzentrierten Salpetersäure des Laboratoriums ist w(HNO 3 ) etwa 65%, bei der „verdünnten" ungefähr 12%, d.h. c(HNO 3 ) « 2 mol/1. Die „rauchende Salpetersäure" hat einen Massenanteil von über 95% HNO 3 ; sie ist durch einen Gehalt an Stickstoffdioxid NO 2 gelbbraun gefärbt. Wasserfreie Salpetersäure siedet bei etwa 86° unter schwacher Zersetzung. Sie kann z. B. durch Erhitzen von Nitraten (z. B. Natriumnitrat NaNO 3 ) mit konzentrierter Schwefelsäure dargestellt werden, wobei sie überdestilliert. Konzentrierte Salpetersäure ist ein sehr aggressiver Stoff. Viele Farbstoffe werden durch sie entfärbt. Papier wird unter Gelbfärbung gelöst, Holz und Kork werden sofort intensiv gelb gefärbt und bald zerstört, ebenso die Haut. Auf Kleidern erzeugt Salpetersäure gewöhnlich dunkelgelbe Flecke, die nicht mehr zu entfernen sind und später meist Löcher geben. B e i m A r b e i t e n m i t S a l p e t e r s ä u r e i s t also große Vorsicht nötig. Alle anorganischen Salze der Salpetersäure sind in Wasser reichlich löslich, z. T. bis über 100 g Salz in 100 g H 2 O; vgl. Tab. S. 265. Das Verhalten von Salpetersäure gegenüber Metallen ist je nach den Versuchsbedingungen verschieden: I. Die Reaktion der konzentrierten Säure (w(HNO 3 ) « 65%), insbesondere bei höheren Temperaturen, kann man, ähnlich wie bei konzentrierter Schwefelsäure, auf die undissoziierten HNO3-Moleküle zurückführen; diese werden dabei zu dem braunen Stickstoffdioxid (Nftrogendioxid2)) NO2 reduziert. Da sich in diesem Falle die Oxidationszahl des Stickstoffs von 5+ auf 4+ erniedrigt, ist dieser Vorgang folgendermaßen zu formulieren:

2

) Über den Grund, weshalb Hg2Cl2 und nicht HgCl geschrieben wird, s. S. 169. ) Vgl. S. 79, Anm. 1.

Salpetersäure und Stickstoffoxide

63

±0 s+ 2+ 4+ Zn + 2HNO 3 ->„ZnO" + 2NO 2 + H 2 O Oxidation-Reduktion „ZnO" + 2HNO 3 -»Zn(NO 3 ) 2 + H 2 O Neutralisation Zn + 4HNO 3 ^Zn(NO 3 ) 2 + 2NO 2 + 2H 2 O.

II. Auch bei halbkonzentrierter Säure (w(HNO 3 ) « 30%) und niedrigeren Temperaturen sind im wesentlichen die HNO3-Moleküle wirksam ), in diesem Falle entsteht aber in der Hauptsache das farblose Stickstoffmonoxid (Nitrogenmonoxid2)) NO; abgekürzt wird NO als Stickstoffoxid bezeichnet. Die Oxidationszahl des Stickstoffs ändert sich hier von 5+ auf 2+: ±0

5+

2+

2+

3Zn -i- 2HNO 3 -»· 3„ZnO" + 2NO + H 2 O Oxidation-Reduktion 3„ZnO" + 6HNO 3 H>3Zn(NO 3 ) 2 + 3H 2 O Neutralisation 3Zn + 8HNO 3 ->3Zn(NO 3 ) 2 + 2NO + 4H 2 O. Unter den unter I. und II. beschriebenen Bedingungen, bei denen die HNO 3 -Moleküle wirksam sind, ist Salpetersäure ein sehr starkes Oxydationsmittel; sie löst dann auch Metalle wie Kupfer oder Silber, die von Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure nicht gelöst werden. III. Verdünnt man Salpetersäure auf einen HNO3-Massenanteil kleiner als etwa 4%, so sind praktisch keine HNO 3 -Moleküle mehr vorhanden, sondern nur H 3 O + - und NO3Monen. In diesem Falle reagiert Salpetersäure genauso wie verdünnte Salz- oder Schwefelsäure; es wird Wasserstoff frei: Zn + 2H 3 O + -»-Zn 2+ + H 2 + 2H 2 O. Diese Umsetzung ist, ebenso wie die folgende, nur mit verhältnismäßig unedlen Metallen möglich. IV. In alkalischer Lösung kann die reduzierende Wirkung von Metallen nur am NO 3 ~lon angreifen; es kann sich dann Ammoniak NH 3 bilden, wobei die Oxidationszahl des Stickstoffs von 5+ auf 3- sinkt: ±o s+ 2+ 34Zn + [NO 3 ]- + 6H 2 0->4Zn(OH) 2 -l- NH 3 + OH". Dabei löst sich das Zinkhydroxid schon bei Raumtemperatur sofort auf nach einer Umsetzung, die wir S. 134, 149 und 167 besprechen werden. Eine Reihe von Metallen (z. B. Gold, Platin), die sich in Salpetersäure allein nicht lösen, können durch ein Gemisch von Salpetersäure und Salzsäure, das sogenannte „Königswasser", in Lösung gebracht werden; meist benutzt man ein Gemisch von l Teil konzentrierter Salpetersäure mit etwa 3 Teilen konzentrierter Salzsäure3). In diesem Falle kommt zu der oxidierenden Wirkung der Salpetersäure noch die Fähigkeit der Cl'-Ionen, mit den entstandenen Metall-Ionen besonders stabile Verbindungen wie H[AuCl 4 ] und H 2 [PtCl 6 ], sogenannte „Komplexverbindungen" (vgl. dazu S. 147ff.), zu bilden; Näheres hierzu s. S. 163. 1

) Halbkonzentrierte Salpetersäure wirkt nicht ganz so stark oxidierend wie konzentrierte; NO ist neben halbkonzentrierter HNO 3 beständig, wird aber von konzentrierter teilweise zu NO2 oxidiert. — (Vgl. auch S. 64, Anm. 2). 2 ) Vgl. S. 79, Anm. 1. 3 ) Beim Erhitzen eines solchen Gemisches bildet sich stets etwas N i t r o s y 1c h l o r i d (NOC1), das an der Braunfärbung der Flüssigkeit zu erkennen ist, sowie etwas freies C h l o r (Geruch!): HNO 3 + 3HC1-*NOC1 + C12 + 2H 2 O.

64

Salpetersäure und Stickstoffoxide

Stickstoffoxide (Nitrogenoxide1)). Das Entwässerungsprodukt der Salpetersäure N 2 O 5 ist ein unbeständiger Stoff, der sich nur schwierig rein darstellen läßt. Wichtiger ist das Stickstoffdioxid NO^. Dieses ist ein Gas, das bei nicht zu hohen Temperaturen neben den braunen NO 2 -Molekülen auch farblose N 2 O 4 -Moleküle enthält (vgl. dazu S. 107f.). Man erhält es in reiner Form am einfachsten durch Erhitzen von festem Bleinitrat, das dabei gemäß 2Pb(NO 3 ) 2 ^2PbO + 4NO 2 + O 2 zerfällt. In ähnlicher Weise zersetzen sich alle Nitrate von zwei- und dreiwertigen Elementen. Die A l k a l i m e t a l l n i t r a t e dagegen bilden bei starkem Erhitzen N i t r i t e , z.B. KNO2 (vgl. S. 190 und 240); A m m o n i u m n i t r a t gibt dabei Distickstoffoxid (Dinitrogenoxid) N 2 O (vgl. S. 93 ff.). D i e U m s e t z u n g v o n S t i c k s t o f f d i o x i d m i t W a s s e r führt nicht unter Wasseranlagerung zu einer Säure des vierwertigen Stickstoffs, sondern unter Änderung der Oxidationszahl zu zwei Spaltstücken, von denen das eine ein Stickstoffatom mit h ö h e r e r , das andere eines mit n i e d r i g e r e r Oxidationszahl enthält 2 ): 3NO2 + H 2 O ->2HNO 3 + NO. Das entstehende farblose Stickstoffoxid löst sich kaum in Wasser. Ist aber Sauerstoff zugegen, so oxidiert dieser das Stickstoffoxid zu Stickstoffdioxid, das dann in gleicher Weise weiterreagiert. Eine Reaktion wie die eben beschriebene, bei der eine Verbindung eines Elementes mit mittlerer Oxidationszahl zum Teil in eine höhere, zum Teil in eine niedrigere Stufe übergeht, nennen wir Disproportionierung. Mit L a u g e n disproportioniert das Stickstoffdioxid in anderer Weise zu Nitrat und Nitrit: 2NO 2 + 2OH--+NO3- + NO 2 - + H 2 O. Da alle S t i c k s t o f f o x i d e g i f t i g sind, f ü h r e man die Versuche u n t e r d e m A b z u g aus!

1. In einem Reagensglas übergieße man etwas Kaliumnitrat („Salpeter") eben mit konzentrierter Schwefelsäure und erwärme. S a l p e t e r s ä u r e destilliert in den oberen Teil des Reagensglases, verdichtet sich an den Wänden und rinnt an ihnen herab. 2. Etwa l ml Wasser werde mit einigen Tropfen Indigo -Lösung dunkelblau gefärbt. Die Mischung werde mit einem Tropfen verdünnter Salpe*) Vgl. S. 79, Anm. 1. ) Die Reaktion verläuft mit Wasser und verdünnter Salpetersäure praktisch vollständig, wird aber unvollständig, wenn die Konzentration der Salpetersäure größer wird. Mit konzentrierter Salpetersäure verläuft sie von rechts nach links. (Vgl. S. 63, Anm. 1.)

65

Salpetersäure und Stickstoffoxide

tersäure versetzt. Gibt man jetzt V2~l ml konzentrierte Schwefelsäure zu, so erwärmt sich die Mischung etwas, und es bilden sich unter der wasserentziehenden Wirkung der Schwefelsäure undissoziierte HNO3Moleküle, die den Indigofarbstoff unter Gelbfärbung oxidieren. Im folgenden werden einige Versuche beschrieben, die den Unterschied der Wirkungsweise der Salpetersäure (bzw. des Nitrat-Ions) mit wechselnder Konzentration bzw. im sauren und alkalischen Medium erkennen lassen. Die römischen Ziffern beziehen sich auf die vier Fälle, die in den klein gedruckten Vorbemerkungen besprochen wurden. 3. (Fall I.) In ein Reagensglas gebe man zu 1-2 ml konzentrierter Salpetersäure 1-2 Zinkgranalien. Es tritt heftige Entwicklung von rotbraunen S t i c k s t o f f d i o x i d-Dämpfen ein. Nachdem man dies beobachtet hat, bremse man die Reaktion durch Verdünnen mit viel Wasser. 4. (Fall I.) In einem Reagensglas werde etwas Zinnfolie ebenfalls mit konzentrierter Salpetersäure unter Bewegen des Glases mäßig erwärmt. Das Zinn wird dabei zu weißem Z i n n d i i d SnO2 oxidiert, das ungelöst bleibt. Dabei entstehen ebenfalls rotbraune Dämpfe von Stickstoffdioxid. 5. (Fall II.) Man bereite in einem Reagensglas durch Versetzen von etwas konzentrierter Salpetersäure mit etwas mehr als dem gleichen Volumen Wasser halbkonzentrierte Salpetersäure, gebe einige Zinkgranalien zu und erwärme. Die sich entwickelnden Gase sind im Gegensatz zu dem Versuch 3 nur schwach braun gefärbt; es entsteht ein G e m i s c h von viel Stickstoffoxid mit etwas Stickstoffdioxid. 6. (Fall II.) Zur Reindarstellung von Stickstoffoxid führe man folgenden Versuch aus: Man entwickle in der in Fig. 18 abgebildeten Apparatur

Fig. 18. Pneumatische Wanne

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Salpetersäure und Stickstoffoxide

aus Kupferspänen und konz. Salpetersäure, die mit 2 Teilen Wasser versetzt ist, Stickstoffoxide. Nachdem die Luft verdrängt ist, stülpe man über die Öffnung des Gasentbindungsrohres ein mit Wasser gefülltes Reagensglas. Dabei beobachtet man im Kolben mehr oder weniger rotbraune Dämpfe, d i e e i n G e m i s c h v o n S t i c k s t o f f o x i d und S t i c k s t o f f d i o x i d darstellen. Beim Durchgang durch das Wasser reagiert nun das letztere unter Bildung von Salpetersäure und Stickstoffoxid, so daß das im Reagensglas aufgefangene Gas nur aus farblosem S t i c k s t o f f o x i d besteht. Hebt man nun das Reagensglas aus dem Wasser heraus, so färbt sich der Inhalt von der Mündung her schnell braun, weil sich das Stickstoffoxid mit dem Luftsauerstoff zu S t i c k s t o f f d i o x i d (bzw. z. T. zu Distickstofftetraoxid) umsetzt. 2NO + O 2 ->2NO 2 2NO2 -+N2O4. 7. (Fall III.) In einem Reagensglas verdünne man etwas verdünnte Salpetersäure auf das Doppelte, setze einige Zinkgranalien zu und erwärme. Es entwickelt sich ein farbloses Gas, das sich auch bei Luftzutritt an der Mündung des Reagensglases nicht braun färbt; es besteht aus W a s s e r stoff. 8. (Fall IV.) In einem Reagensglas wird eine Messerspitze Zinkstaub mit etwa 6 Tropfen verdünnter Salpetersäure übergössen. Sogleich fügt man dazu 2 ml Natronlauge und erhitzt zum Kochen. In die Dämpfe werde ein Streifen feuchtes rotes Lackmuspapier so gehalten, daß er die Wände nicht berührt; er bläut sich bald durch Einwirkung des entwickelten A m m o n i a k -Gases, dessen Geruch oft deutlich wahrzunehmen ist. 9. Man erhitze etwas festes Bleinitrat im Glühröhrchen. Es entweichen braune Dämpfe von S t i c k s t o f f d i o x i d . 10. Man erhitze etwas Kaliumnitrat im Probierglas. Es schmilzt zunächst und gibt bei weiterer Steigerung der Temperatur langsam ein farbloses Gas ab, das bei einiger Übung durch das Aufflammen eines glühenden Holzspans als S a u e r s t o f f erkannt werden kann. Der Rückstand enthält neben unverändertem Nitrat K a l i u m n i t r i t . Farbreaktion: 11. Ein Tropfen verdünnter Salpetersäure werde mit 2 ml Wasser in einem Reagensglas verdünnt und mit etwa 2 ml einer frisch bereiteten, konzentrierten Lösung von Eisen(II)-sulfat versetzt. Dann lasse man bei schräg gehaltenem Glas vorsichtig an der Glaswand entlang etwa

Kohlenstoffdioxid und Kohlensäure

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l ml konzentrierte Schwefelsäure zufließen. Man erhält an der Grenze der beiden Flüssigkeitsschichten eine b r a u n e Zone. Die Erscheinung beruht auf folgenden Vorgängen: Die Salpetersäure wird durch das Fe2+-Ion zu S t i c k s t o f f o x i d reduziert, wobei sich Fe3+-Ion bildet. Das Stickstoffoxid liefert mit nicht verbrauchtem Fe 2+ -Ion ein tief dunkelbraun gefärbtes, wasserlösliches Anlagerungsprodukt, das zu den erst später zu besprechenden Komplexverbindungen (vgl. S. 147ff.) gehört: 3Fe 2 + + [NO 3 ]- + 4H 3 0 + ->3Fe3+ + NO + 6H 2 O Fe 2 + ^[Fe(NO)] 2 + . Diese Reaktion ist nicht nur für Salpetersäure charakteristisch, sie wird vielmehr auch von s a l p e t r i g e r S ä u r e (vgl. S. 241) gegeben.

Kohlenstoffdioxid und Kohlensäure Kohlenstoffdioxid (Carbondioxid1)) CO 2 , meist abgekürzt als Kohlendioxid bezeichnet, ist ein farbloses Gas. Es entsteht beim Verbrennen von Kohlenstoff, bei der Zersetzung organischer Stoffe, im lebenden Organismus (die ausgeatmete Luft enthält Kohlendioxid), ferner bei der Einwirkung von Säuren auf Carbonate. l Raumteil Wasser löst bei Zimmertemperatur und einem Druck von l bar etwa l Raumteil Kohlendioxid. In dieser Lösung liegt der größte Teil des Kohlendioxids im wesentlichen unverändert, „physikalisch" gelöst, vor; nur ein kleiner Teil reagiert mit Wasser gemäß CO2 + 2H 2 O->HCO 3 ~ + H 3 O + . Wegen dieser Umsetzung reagiert die Lösung schwach sauer. Man stellt das oft so dar, als ob in den Lösungen eine schwache Säure, die Kohlensäure H 2 CO 3 , vorliege. Diese ist jedoch wasserfrei nicht darstellbar; bei dem Versuch, sie in konzentrierter Form zu erhalten, zerfällt sie wieder: H 2 CO 3 -*CO 2 + H 2 O . Während also Kohlensäure im freien Zustand nicht existiert, leiten sich doch zahlreiche Salze (Carbonate) von ihr ab. Genannt seien z. B.: Natriumcarbonat (Soda) Na 2 CO 3 , Kaliumcarbonat (Pottasche) K 2 CO 3 ; Calciumcarbonat (Kalkstein, Kreide, Marmor) CaCO 3 ; Zinkcarbonat (Zinkspat, edler Galmei) ZnCO 3 . Von den neutralen Carbonaten sind nur die der Alkalimetalle und des Ammoniums in Wasser reichlich löslich. Mit zweiwertigen Metallen, deren Hydroxide schwach basischen Charakter besitzen, entstehen in Gegenwart von Wasser vielfach b a s i s c h e Salze, während die meisten drei- und höherwertigen Metalle, deren Hydroxide noch schwächer basischen Charakter haben, überhaupt keine Carbonate bilden. Fast alle Carbonate zerfallen bei starkem Erhitzen in Metalloxid und Kohlendioxid, z. B.: CaCO 3 ->-CaO + CO2 (vgl. dazu auch S. 96); Ausnahmen: Natrium- und Kaliumcarbonat. Wichtig sind die s a,u r e n S a l z e der Kohlensäure, z. B. NaHCO 3 , Ca(HCO 3 ) 2 ; man bezeichnet sie nach der offiziellen Nomenklatur (vgl. S. 74f. u. 78ff.) a.\sHydrogencarbonate, weil sie noch Wasserstoff enthalten. Von Ca(HCO 3 ) 2 löst sich im Gegensatz zum neutralen Carbonat CaCO3 in Wasser verhältnismäßig viel, es ist aber ') Vgl. S. 79, Anm. 1.

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Kohlenstoffdioxid und Kohlensäure

nur bei einem gewissen Kohlensäureüberschuß in der Lösung beständig. Kocht man die Lösung, so entweicht Kohlendioxid, und das neutrale Carbonat fällt aus: Ca 2+ + 2HCO3" -+CaCO3 + H 2 O + CO 2 . Entsprechend verhält sich die Magnesiumverbindung. Im Fluß- und Quellwasser sind Calcium und Magnesium zum Teil als Hydrogencarbonate gelöst enthalten (neben anderen Salzen des Calciums und Magnesiums bedingen sie die „ H ä r t e " des Wassers) und fallen beim Stehenlassen oder Aufkochen des Wassers aus (Kesselschlamm). Auch f e s t e s Natriumhydrogencarbonat (vgl. S. 88) gibt schon beim gelinden Erhitzen Kohlendioxid und Wasser ab: 2NaHCO 3 -*Na 2 CO 3 + H 2 O + CO 2 .

1. Eine Spatelspitze Calciumcarbonat werde im Reagensglas mit verdünnter Salzsäure übergössen. Unter starkem Aufschäumen entweicht K o h l e n d i o x i d . Ein in das Glas hineingehaltenes Stück feuchtes Lackmuspapier wird rot. Ein brennender Holzspan erlischt. 2. In dem kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 13, S. 28) werde ein Stückchen Marmor mit Salzsäure übergössen; der Kork werde schnell aufgesetzt und das entweichende Gas in ein Reagensglas geleitet, auf dessen Boden sich etwa l ml Natronlauge befindet; das Glasrohr soll in diese nicht eintauchen. Nach einer Minute etwa werde das Reagensglas von dem Gasentwicklungsapparat entfernt, schnell mit dem Daumen verschlossen und tüchtig geschüttelt. Beim Wegnehmen des Daumens merkt man einen Widerstand und hört Luft in das Glas treten; das Kohlendioxid ist beim Schütteln von der Natronlauge absorbiert worden, wobei sich Natriumcarbonat gebildet hat. 2OH-+CO 2 ^CO 3 2 -+H 2 O. 3. Jetzt werde das Gasableitungsrohr des Apparates abgespült, die Kohlendioxidentwicklung im Kölbchen durch Zugabe von etwas Salzsäure wieder in Gang gebracht und das Ableitungsrohr in ein neues Reagensglas getaucht, das zum Drittel mit stark verdünnter CalciumhydroxidLösung gefüllt ist. Es entsteht ein flockiger Niederschlag von C a l c i u m c a r b o n a t , der sich bei längerem Einleiten als H y d r o g e n c a r b o n a t Ca(HCO3)2 löst. Ca2+ + 2OH- + CO2 -»CaCO3 + H2O CaC03 + H2O + CO2 ->Ca2+ + 2HCO3-. 4. Kocht man diese Lösung einige Zeit, so trübt sie sich wieder unter Ausscheidung von Calciumcarbonat CaCO3.

Kohlenstoffdioxid und Kohlensäure

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5. Man erhitze in einem mit Gasentbindungsrohr versehenen Reagensglas (ähnlich Fig. 13, S. 28) etwas Natriumhydrogencarbonat ganz gelinde und weise das gebildete Kohlendioxid durch die Einwirkung auf Calciumhydroxid-Lösung nach.

Fig. 19. Ausführungsformen des CO2Nachweises

6. Zum Nachweis kleiner Mengen Kohlendioxid kann man verschiedene Versuchsanordnungen benutzen. Z. B. kann man so vorgehen, daß man die zu prüfende Substanz (eine stecknadelkopfgroße Menge Natriumcarbonat oder Kreide) in ein Reagensglas bringt und einen Tropfen verdünnter Salzsäure zugibt, worauf Kohlendioxid unter schwachem Aufbrausen entweicht. Nun wird ein Glasstab, an dessen Ende ein Tropfen Calciumhydroxid- oder besser Bariumhydroxid-Lösung hängt, senkrecht vorsichtig in das Reagensglas so eingeführt, daß er die Wände nicht berührt. Zweckmäßig läßt man ihn, wie die Fig. 19a zeigt, an dem Zeigefinger der linken Hand hinabgleiten, wodurch eine ruhige Führung des Glasstabes erreicht wird. Wenn der Stab tief genug eingetaucht ist, kommt der Tropfen in die kohlendioxidhaltige Luftschicht und trübt sich. Dies ist eine empfindliche Probe auf Kohlendioxid.

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Hydrogensulfid

7. Sehr empfindlich ist auch die folgende Prüfung auf t r o c k e n e m W e g e : Man bringt die zu prüfende Probe in ein nach S. 17 f. hergestelltes Röhrchen (A) von etwa 5 mm Durchmesser und zieht dieses zu einer Spitze aus, die etwas seitlich abgebogen ist (vgl. Fig. 19b). Dann gibt man in ein zweites Röhrchen (B) 1—2 Tropfen Bariumhydroxid-Lösung, steckt die Spitze von A in B und erhitzt die Probe einige Zeit, wobei man sie mittels B hält. Dann schüttelt man sofort das Röhrchen B für sich allein kräftig durch. Um sicher zu sein, daß die beobachtete Trübung nicht von etwaigem SO3 aus Sulfaten herrührt, prüfe man, ob sich der Niederschlag in Salzsäure löst. 8. Um das in der ausgeatmeten Luft enthaltene Kohlendioxid nachzuweisen, blase man die ausgeatmete Luft von einigen Atemzügen langsam mit einem Glasrohr durch ein zu zwei Dritteln mit Bariumhydroxid-Lösung gefülltes Reagensglas. 9. Kohlendioxid ist schwerer als atmosphärische Luft. Man entwickele in einem Reagensglas aus Natrium carbonat und ganz wenig Salzsäure etwas Kohlendioxid und gieße dieses Gas, als ob es eine Flüssigkeit sei, langsam in ein zweites Reagensglas. Dann weise man in letzterem das Kohlendioxid mit einem Tropfen Bariumhydroxid-Lösung nach.

Hydrogensulfid Hydrogensulfid H 2 S oder Monosulfan, oft noch mit dem veralteten Namen Schwefelwasserstoff bezeichnet, ist ein farbloses, unangenehm riechendes Gas, das mit blauer Flamme zu Schwefeldioxid verbrennt: Hydrogensulfid ist ein sehr starkes Gift, das besonders gefährlich ist, weil es in höherer Konzentration die Geruchsnerven betäubt. In W a s s e r ist Hydrogensulfid etwas löslich; bei der bei 20 °C unter l bar gesättigten Lösung, die im Laboratorium verwendet wird, ist w(H 2 S) etwa 0,5%; das entspricht einer Konzentration c(H 2 S) von etwas mehr als 0,1 mol/1. Die Lösung reagiert schwach s a u e r , weil ein geringer Teil des gelösten Hydrogensulfids die Ionen: H 3 O + , HS und in ganz untergeordnetem Maße S2" bildet. Hydrogensulfid ist also eine schwache Säure. Als sauerstofffreie Säure kann sie - ebenso wie die Salzsäure — kein Entwässerungsprodukt bilden. Hydrogensulfid ist ein R e d u k t i o n s m i t t e l . Bei seiner Oxidation geht der zweifach negative Schwefel in den elementaren, ungeladenen Zustand über. Sämtliche Metalle lassen sich mit Schwefel zu den Sulfiden verbinden. Diese können zum feil als Salze mit Sulfid-Ionen aufgefaßt werden; andererseits zeigen sie manche Beziehung zu den Oxiden (Schwefel steht im Perioden-System unter dem Sauerstoff!); manche haben metallähnliche Eigenschaften: Metallglanz und elektrische

Hydrogensulfid

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Leitfähigkeit (z. B. Pyrit FeS 2 , Bleiglanz PbS). Die Sulfide einiger S c h w e r m e t a l l e , z. B. von Kupfer, Blei, Quecksilber, Zinn, können durch Einwirkung von Hydrogensulfid-Lösung auf die Lösungen von Salzen dieser Metalle hergestellt werden; dabei scheiden sich die in Wasser sehr wenig löslichen Sulfide in fester Form aus, während H 3 O + -Ionen frei werden, z. B.: Cu 2 + + H 2 S + 2H 2 O->CuS + 2H 3 O + . Auf Grund der verschiedenen Löslichkeit ihrer Sulfide lassen sich die Metalle in einzelne Gruppen scheiden; hiervon macht man in der analytischen und präparativen Chemie Gebrauch (vgl. dazu S. 209 ff.). Leitet man Hydrogensulfidgas in A m m o n i a k-Lösung bis zur Sättigung ein, so bildet sich eine Lösung von Ammonium-hydrogensulfid, dem sauren Ammoniumsalz des Hydrogensulfids. Wird zu der Ammonium-hydrogensulfid-Lösung noch einmal ein gleiches Volumen Ammoniak-Lösung gesetzt, wie sie vorher mit dem Hydrogensulfid-Gas gesättigt wurde, so kann man den Vorgang vereinfachend als Bildung einer Lösung des neutralen Ammoniumsulfids (NH4)2S formulieren:

Die zunächst farblose Ammoniumsulfid-Lösung wird an der Luft durch Oxidation bald gelb, indem sich Polysulfid-Anionen S22", S32' usw. bilden: 2 ±0 *o 4NH 4 + + 2S - + O 2 -+4NH 3 + 2H 2 O + 2S

2

S2' + S -+S22-; S22' + S ->S32- usw. Ammonium sulfid- und -polysulfid-Lösungen, im Laborgebrauch oft als ,,f a r b l os e s" bzw. „ g e l b e s " A m m o n i u m s u l f i d bezeichnet, sind wichtige Reagentien. Ammoniumsulfid fällt aus den entsprechenden Salzlösungen außer den meisten auch durch Hydrogensulfid ausfällbaren Metallen noch manche andere Schwermetalle als Sulfide, so z. B. Eisen (vgl. S. 178 u. 209ff.), wobei keine H3O*lonen entstehen: Fe2+ + S O 2 ' + 2 N H + + S 2 '^FeS + 2 N H + + S O 2 - . Beim S c h m e l z e n eines beliebigen schwefelhaltigen Stoffes m i t N a t r i u m c a r b o n a t und K o h l e entsteht — wenn nötig, unter dem reduzierenden Einflüsse der Kohle — N a t r i u m s u l f i d , z . B . : CuSO4 + Na 2 CO 3 -»CuO + CO2 + Na 2 SO 4 6+

±0

2-

2+

Na 2 SO 4 + 4C->Na 2 S + 4CO. Auf dieser Umsetzung beruht die wichtige ,,#eper"-Reaktion für den Nachweis von Schwefel in beliebigen Verbindungen (vgl. S. 73).

Alle Arbeiten mit Hydrogensulfid und Ammoniumsulfid sind u n t e r dem Abzug oder im S t i n k r a u m vorzunehmen!

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Hydrogensulfid

1. In den kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 13, S. 28) werden etwa fünf erbsengroße Stücke Eisensulfid gegeben und mit etwas verdünnter Salzsäure eben übergössen; zweckmäßig gibt man ein wenig konzentrierte Salzsäure hinzu und erwärmt, wenn nötig, so lange, bis die Gasentwicklung in Gang kommt. FeS + 2H3O+-+Fe2+ + H2S + 2H2O. Das entweichende Gas -werde zuerst in etwas Wasser ( l / 3 Reagensglas voll) geleitet. Nach einiger Zeit werde ein zweites Reagensglas, das zu einem Fünftel mit Ammoniak-Lösung gefüllt ist, vorgelegt. Zuletzt werde das Gas, nachdem das Ableitungsrohr abgetrocknet ist, in ein drittes Reagensglas geleitet, in dem einige Milliliter konzentrierter Schwefelsäure enthalten sind. Im ersten Glas bildet sich H y d r o g e n s u l f i d -Lösung, im zweiten A m m o n i u m s u l f i d - (bzw. Ammoniumhydrogensulfid-)Lösung. Im dritten scheidet sjch ein feiner weißlicher Niederschlag von S c h w e f e l ab, dessen Entstehen sich dadurch erklärt, daß der Schwefel der Schwefelsäure mit der Oxidationszahl 6+ durch den doppelt negativ geladenen Schwefel des Hydrogensulfids reduziert wird, wobei beide in elementaren, d.h. ungeladenen Schwefel übergehen: HSO + 3HS ^ 4 H O + 4S. Hydrogensulfid kann also nicht mit Schwefelsäure getrocknet werden! 2. Man versetze einige Tropfen alkoholischer lod-Lösung mit Hydrogensulfid-Lösung. Unter R e d u k t i o n des lods zum I o d i d tritt Entfärbung und eine milchige Trübung durch abgeschiedenen S c h w ef e l ein. 2- ±o ±o H2S + I2 + 2H2O -» S + 2 + 2H3O+.

3. Zu Kupfersulfat-, Bleiacetat-1) und ZinnflD-chlorid-Lösung gebe man Hydrogensulfid-Lösung. Es fallen die entsprechenden S u l f i d e aus, die schwarz bzw. dunkelbraun sind. l

) Acetate sind Salze mit dem Anion der Essigsäure CH 3 CO 2 H; von den vier Wasserstoffatomen besitzt nur das mit dem Sauerstoff verknüpfte schwach sauren Charakter.

Hydrogensulfid

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Cu2+ + H2S + 2H2O-*CuS + 2H3O+ Sn2+ + H 2 S + 2H20^ SnS + 2H3O+ Pb2+ + 2CH3CO2- + H2S ->PbS + 2CH3CO2H. 4. Dieselben Niederschläge entstehen auch, wenn die Metallsalz-Lösungen schwach angesäuert sind. Dagegen wird aus einer schwach mit Salzoder Schwefelsäure angesäuerten Probe Cobalt- oder Z/Hfoa/z-Lösung durch Hydrogensulfid n i c h t s gefällt. 5. Von der bereiteten Ammoniumsulfld-Lösung setze man je ein paar Tropfen zu etwas Kupfer-, Cobalt- und Zinksalz-Lösung. Aus allen drei Lösungen fallen die S u l f i d e aus. Man notiere und merke sich die Farben dieser und der oben hergestellten Sulfide. 6. Ein Tropfen Ammoniumsulfid-Lösung werde auf ein Stück Silberblech gebracht; es entsteht nach kurzer Zeit ein braunschwarzer Fleck von S i l b e r s u l f i d Ag2S. Dabei wirkt der Sauerstoff aus der Luft mit: ±o ±o 2x1+ 24NH4+ + 2S2- + 4Ag + 02 -> 2Ag2S + 4NH3 + 2H2O. 7. Man gebe ein Tropfchen Ammoniumsulfid-Lösung zu einigen Millilitern einer frisch bereiteten, äußerst verdünnten Lösung des kompliziert zusammengesetzten Natriumnitroprussids (vgl. dazu S. 183); die Lösung nimmt bald eine prächtige R o t v i o l e t t-Färbung an, die später verblaßt. Diese spezifische Umsetzung, der Geruch und die Fähigkeit, „Bleipapier", d. h. ein mit Bleisalz-Lösung befeuchtetes Papier, zu schwärzen, dienen zum N a c h w e i s von Hydrogensulfid bzw. Sulfid-Ionen.

8. Zum Nachweis von Schwefel in einer beliebigen Verbindung, etwa Kupfersulfat, mittels der „H e p a r "-Reaktion verfährt man folgendermaßen: Ein Körnchen des Salzes werde mit einer Spatelspitze wasserfreien Natriumcarbonats gemischt; die Mischung werde in einer kleinen Vertiefung eines Stückes Holz kohle in der reduzierenden Lötrohrflamme geschmolzen. Um ein Fortblasen des Pulvers zu verhindern, kann man die Mischung vor dem Glühen mit einem Tröpfchen Wasser befeuchten. Nach dem Erkalten werde der Schmelzkuchen auf ein Silberblech gelegt, mit Wasser befeuchtet und mit einem Spatel oder Glasstab zerdrückt. In kurzer Zeit bildet sich ein am Silber fest haftender braunschwarzer Fleck von Silbersulfid. Der wäßrige Auszug der Schmelze gibt mit Natriumnitroprussid eine violette Färbung.

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Phosphorsäure — Saure Salze

Phosphorsäure - Saure Salze Phosphorsäure. Beim Verbrennen von Phosphor entsteht Phosphor (V)-oxid P 2 O 5 (oder Diphosphorpentaoxid), das durch geringe Mengen Phosphor(III)-oxid P2O 3 (oder Diphosphortrioxid) verunreinigt ist. Phosphor(V)-oxid gibt bei Wasseranlagerung eine ganze Reihe von Phosphorsäuren. Phosphorsäure schlechthin ist die Monooder Ortho ^-phosphor säure H 3 PO 4 , die aus P 2 Os nach P 2 O S + 3H 2 O^2H 3 PO 4 entsteht. Diese Orthophosphorsäure stellt in reiner Form einen farblosen, kristallinen Stoff dar, der bei 42 °C zu einer zähen Flüssigkeit schmilzt. Beim stärkeren Erhitzen verknüpfen sich zunächst zwei Moleküle unter H 2 O-Abgabe (Kondensation) zur Diphosphorsäure (früher als Pyrophosphorsäure 1 ) bezeichnet): 2H 3 PO 4 -H 2 O^H 4 P 2 O 7 ; bei noch höherem Erhitzen bilden sich noch wasserärmere Polyphosphorsäuren; vgl. S. 242 ff. Phosphor(V)-oxid läßt sich durch Erhitzen von Phosphorsäuren nicht gewinnen. In w ä ß r i g e r L ö s u n g gibt die Monophosphorsäure nur ein Proton in erheblichem Umfange an die Wassermoleküle ab; in bezug auf diese Reaktion H 3 PO 4 + H 2 O->H 3 O + + [I^POJist sie als eine m i t t e l s t a r k e Säure anzusehen. Dagegen erfolgt die Abspaltung des zweiten und namentlich die des dritten Protons nur in sehr geringem Umfang. [H 2 PO 4 ]~ ist eine s c h w a c h e , [HPO4]2" eine ä u ß e r s t s c h w a c h e Säure. Eine derartige „stufenweise Dissoziation" findet man bei allen mehrwertigen Säuren und Basen (vgl. auch S. 118). So ist z. B. Schwefelsäure in bezug auf die Abspaltung des ersten Protons H 2 SO 4 + 2 -> 3 + + HSO4" eine sehr starke, in bezug auf die Abspaltung des zweiten Protons HSO4~ + 2 -*· 3 + + SO42" dagegen nur eine mittelstarke Säure. Einzelheiten s. S. 120 u. Tab. 4 auf S. 121. Salze der Phosphorsäure; allgemeines über saure Salze. Im Gegensatz zu HC1 haben die Moleküle von Säuren wie H 2 SO 4 , H 3 PO 4 , H 4 P 2 O 7 u.a. mehrere durch Metall ersetzbare Wasserstoffatome. Sie bilden daher neben den neutralen Salzen, wie K 2 SO 4 , Na 3 PO 4 , bei denen alle Wasserstoffatome durch Metall ersetzt sind, auch die S. 24 bereits erwähnten sauren Salze. Wir nannten: NaHSO 4 , Na 2 HPO 4 ,

*) Das Präfix ,,o r t h o" wird auch sonst in der anorganischen Chemie gelegentlich zur Bezeichnung der Säure, deren Moleküle am meisten Wasser enthalten, und für deren Derivate verwendet; die Präfixe , , p y r o " und ,,m e t a" sind veraltet; sie dienten in einigen Fällen zur Kennzeichnung von wasserärmeren Säuren, vgl. z. B. S. 40 „Pyroschwefelsäure", S. 243 „Metaphosphate". Die Bezeichnung „pyro"(von dem griechischen Wort für Feuer abgeleitet) rührt daher, daß man z.B; „Pyrosulfate" durch E r h i t z e n von sauren Sulfaten erhält, siehe S. 75.

Phosphorsäure — Saure Salze

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Ca(HCO 3 ) 2 . Handelt es sich um eine zweiwertige Säure1), so gibt es nur eine Art von sauren Salzen, die man als ,,Hydrogen"-Sulfate, -Carbonate usw. bezeichnet (vgl. dazu S. 67). Früher wurde auch die Bezeichnung „Bi"-sulfate,-carbonate usw. benutzt, die jedoch überholt ist. und nicht mehr verwendet werden sollte. Bei den dreiwertigen Säuren, wie H 3 PO 4 , gibt es zwei Reihen von sauren Salzen. Sie werden nach den auf S. 78f. unter B,a beschriebenen Regeln bezeichnet 2 ): NaH 2 PO 4 Ca(H 2 PO 4 ) 2 Saure Salze ^ Na 2 HPO 4 CaHPO4 Neutrale ) ( Na 3 PO 4 Salze \ Ca 3 (PO 4 ) 2 4

Mononatrium-dihydrogenphosphat 3 ) Monocalcium-bis(dihydrogenphosphat) Dinatrium-monohydrogenphosphat3) (abgekürzt: Dinatriumphosphat) Monocalcium-monohydrogenphosphat 3 ) Trinatriumphosphat Tricalcium-bis(phosphat)

Durch Erhitzen der sauren Salze erhält man unter Wasseraustritt Salze der wasserärmeren Säuren. So gehen H y d r o g e n s u l f a t e in Disulfate über, z. B.: 2KHS0 4

Erhitze

" >H20 + K 2 S 2 0 7 .

Bei der P h o s p h o r s ä u r e liefern die Salze mit dem Anion HPO42" beim Erhitzen Diphosphate: 2Na 2 HPO 4 -> H 2 O + Na 4 P 2 O 7 . Das Verhalten der Salze mit dem Anion H 2 PO 4 ~ ist verwickelt; Näheres s. S. 242ff. Neutrale Phosphate verändern sich beim Erhitzen nicht. — Die A m m o n i u m phosphate verhalten sich anders als die Metallphosphate, weil jene beim Erhitzen NH 3 abgeben; vgl. z. B. unten bei Phosphorsalz und S. 93. Außer den Phosphaten der Alkalimetalle und des Ammoniums sind fast alle neutralen Phosphate in Wasser sehr wenig löslich; in starken Säuren hingegen lösen sie sich fast ausnahmslos. Unter „ N a t r i u m p h o s p h a t " schlechthin versteht man das Dinatriumsalz Na 2 HPO 4 . „P h o s p h o r s a l z" ist Ammonium-natrium-hydrogenphosphat (NH 4 )NaHPO 4 ; es gibt beim Erhitzen außer Wasser auch Ammoniak ab; die dabei entstehende Schmelze (,,Phosphorsalz-Perle") hat die Fähigkeit, M e t a 11 id e aufzulösen, wobei in vielen Fällen charakteristisch g e f ä r b t e G l a s f l ü s s e entstehen, die beim Abkühlen nicht kristallisiert, sondern glasig erstarren.

*) Einwertige Säuren, wie HClusw., bilden überhaupt keine sauren Salze. Allerdings kennt man Verbindungen, wie z. B. KHF 2 ; das hier vorhandene Anion [FHF]" muß man aber als ein Anlagerungsprodukt von HF an F~ ansehen. 2 ) Salze mit dem Anion H 2 PO 4 ~ bezeichnete man früher als primär, mit HPO 4 2 ' als sekundär, mit PO43" als tertiär. 3 ) Das „Mono" kann in derartigen Namen wegbleiben; es genügt Natrium-dihydrogenphosphat bzw. Dinatrium-hydrogenphosphat bzw. Calcium-hydrogenphosphat. 4 ) Vgl. aber S. 117f. über basische bzw. saure Reaktion der Lösungen von formal neutralen Salzen.

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Phosphorsäure - Saure Salze

1. Unter dem Abzug werde gemäß Fig. 20 ein Porzellantiegeldeckel — mit dem Griff nach unten — in eine Abdampfschale gelegt und auf ihn so viel roter Phosphor gebracht, wie eine Erbse ausmacht. Durch Berühren mit einer Flamme werde der Phosphor entzündet, worauf man sofort einen trockenen Trichter über die Flamme in die Abdampfschale stellt; an der einen Seite schiebe man zwischen Trichter und Schale ein Streichholzstückchen, damit ein Spalt bleibt, durch den die zur Ver-

Fig. 20. Phosphor-Verbrennung

brennung nötige Luft eintreten kann. Der Phosphor verbrennt langsam, und weißes P h o s p h o r ( V ) - o x i d setzt sich im Konus und im Rohr des Trichters ab, während auf dem Tiegeldeckel eine rote Masse, die niedere Oxide des Phosphors enthält, zurückbleibt. Das Phosphor(V)oxid werde mit etwas Wasser vom Trichter in die Schale gespült; es löst sich sofort unter Zischen auf, weil es sich mit Wasser sehr energisch verbindet1). Monophosphorsäure. 2. Wenige Tropfen einer Natriumphosphat-Lösung werden mit einigen Tropfen verd. Salpetersäure angesäuert und dann mit etwa 2—3 ml, also relativ viel einer speziell zusammengesetzten Ammoniummolybdat-Lösung (vgl. Anhang S. 268) versetzt. Die Lösung färbt sich gelb; bei schwachem Erwärmen entsteht allmählich als feinkörniger, gelber, schwerer Niederschlag das A m m o n i u m - m o l y b d o p h o s p h a t (NH4)3[P(Mo3O10)4]2). Bei Gegenwart größerer Phosphorsäuremengen erscheint der Niederschlag auch schon bei Raumtemperatur. Bei der Ausführung der Umsetzung ist wichtig, daß eine reichliche Menge der Ammoniummolybdat-Lösung, die viel Salpetersäure ') Auch mit dem in der Luft enthaltenen Wasserdampf verbindet sich Phosphor(V)oxid langsam. Solche Stoffe bezeichnet man als h y g r o s k o p i s c h , vgl. dazu S. 106. 2 ) In der Molybdophosphorsäure, die zu den sogenannten ,,H e t e r o p o l y s ä u r e n " (vgl. S. 259 f.) gehört, ist formal jedes O -Teilchen der Phosphorsäure durch eine (Mo 3 O 10 ) 2 "-Gruppe ersetzt.

Phosphorsäure — Saure Salze

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und Ammoniumnitrat enthält, zugesetzt wird; ferner darf nicht zu stark erhitzt werden, weil sonst Molybdänsäure ausfallen kann. Der Molybdophosphat-Niederschlag löst sich in Ammoniak-Lösung zu einer farblosen Lösung. Wichtige und quantitative Fällung der Phosphorsäure aus s a u r e r Lösung! 3. Wenige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit ebensoviel konzentrierter Salzsäure vermischt; dazu werde die gleiche Menge Magnesiumchlorid-Lösung gesetzt. Dann gebe man>lmmomVzÄ>Lösung hinzu, bis die Lösung auch nach dem Umschütteln noch deutlich danach riecht. Es fällt — aus stark verdünnter Lösung erst nach einiger Zeit — A m m o n i u m - m a g n e s i u m - p h o s p h a t 1 ) aus. Der Zusatz von Salzsäure dient zur Bildung von Ammoniumchlorid, das ein Ausfallen von Magnesiumhydroxid aus der ammoniakalischen Lösung verhindert (Näheres vgl. S. 120f.). Wichtige und quantitative Fällung der Phosphat-Ionen aus a m m o n i a k a l i s c h e r Lösung! HPO42- + Mg2+ + NH 3 -*MgNH4PO4. Ammonium-magnesium-phosphat geht beim Glühen in Magnesiumdiphosphat über. 2MgNH4PO4 ^Mg2P2O7 + 2NH 3 + H2O. 4. Wenige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit etwas Silbernitrat-Lösung versetzt. Es fällt gelbes S i l b e r-(m o n o)p h o s p h a t Ag3PO4 aus. Der Niederschlag ist sowohl in Salpetersäure als auch in Ammoniak-Lösung löslich. 5. Phosphorsalz-Perle. Man tauche das heiße Ende eines Magnesiastäbchens in etwas Phosphorsalz und schmelze das haftengebliebene Salz in dem heißesten Teile der Bunsenbrennerflamme, bis eine klare Schmelze entstanden ist, aus der sich keine Blasen mehr entwickeln. An diese Perle bringe man sehr wenig von dem Oxid oder einem Salz eines der 1

) Dieses Salz kristallisiert mit 6 Molekülen Kristallwasser. In diesem Buch wird dies · hier und in ähnlichen Fällen in den Formeln nicht zum Ausdruck gebracht, damit der Anfänger nicht unnötig belastet wird. Es ist aber mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß der Gehalt an Kristallwasser für die Kristallstruktur und viele Eigenschaften der Stoffe von großer Bedeutung ist. In einigen Fällen (z.B. Soda, Gips, Borax) wird im Text auf den Kristallwasser-Gehalt besonders hingewiesen. Für einige wichtige feste Reagentien findet man den Kristallwasser-Gehalt in dem Verzeichnis S. 270/72.

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Namen anorganischer Stoffe

Metalle Kupfer, Cobalt, Nickel, Eisen und erhitze die Perle nochmals einige Zeit zum Schmelzen. Man beobachte die Farbe der Perle in der Hitze und während des Abkühlens und wiederhole den Versuch mit neuen Perten und den Salzen der anderen Metalle.

Namen anorganischer Stoffe In der anorganischen Chemie lag früher für den Lernenden eine besondere Schwierigkeit darin, daß für ein und denselben Stoff verschiedene Namen verwendet wurden. Diese historisch zu verstehende Entwicklung führte zu unvermeidlichen Mißverständnissen. 1957 hat die Internationale Union für Reine und Angewandte Chem ie (IUPAC) Regeln für eine international gültige, in sich konsequent durchgeführte Nomenklatur veröffentlicht; diese Regeln wurden von der 51. Ausgabe dieser Einführung an benutzt. 1970 wurden von der IUPAC die Regeln von 1957 ergänzt und verbessert. Die deutsche Fassung dieser „Regeln von 1970" ist durch eine Kommission der Gesellschaft Deutscher Chemiker erarbeitet worden, der auch Sachverständige aus Österreich und der Schweiz angehört haben 1 ); sie liegt dieser Ausgabe zugrunde. Selbstverständlich finden sich in der älteren Literatur — und leider gelegentlich auch noch in modernen Veröffentlichungen — veraltete Bezeichnungen; um dem Studierenden das Verständnis dieser Arbeiten zu erleichtern, ist in dieser Einführung gelegentlich auf diese älteren Namen hingewiesen. A. Viele chemische Verbindungen sind binär (d. h. sie bestehen aus nur zwei Elementen) oder aber sie können für Nomenklaturzwecke als binär betrachtet werden. Bei der lUPAC-Nomenklatur wird kein Unterschied gemacht zwischen Verbindungen, die aus Ionen aufgebaut sind, und solchen, die kovalent sind. Der positiv geladene (oder als positiv geladen zu betrachtende 2 )) Anteil bleibt im Namen unverändert; der negative erhält die Endung -id oder -at (gelegentlich -it, vgl. C). Die Endung -id benutzt man für einatomige Anionen (z. B. Cl~ Chlorid, O 2 ~ Oxid) und für einige mehratomige (OH~ Hydroxid, NH 2 ~ Amid, CN~ Cyanid, O 2 2 ~Peroxid, O 2 ~ Hyperoxid, N3~ Azid); sonst erhalten mehratomige Anionen die Endung -at. NaCl Natriumchlorid (NH 4 ) 2 CO 3 Ammoniumcarbonat KOH Kaliumhydroxid Ca(NO 3 ) 2 Calciumnitrat CaSO4 Calciumsulfat KIO 3 Kaliumiodat B. Um das Mengenverhältnis der Bestandteile einer Verbindung anzugeben, bestehen nach den lUPAC-Regeln folgende drei Möglichkeiten: a) Allgemein anwendbar — sowohl für Salze als auch für kovalente Verbindungen — ist die Angabe der Zahl der Atome durch vorgesetzte griechische Zahlwörter. Die Vorsilbe ,mono' und in manchen Fällen andere Zahlwörter können weggelassen werden, wenn keine Verwechslung möglich ist. ) IUPAC: Regeln für die Nomenklatur der Anorganischen Chemie 1970. Deutsche Fassung. Verlag Chemie, Weinheim. 1975. 2 ) Bei binären Verbindungen aus Nichtmetallen wird der Bestandteil als positiv betrachtet (und auch in der Formel zuerst genannt), der in der folgenden Reihe zuerst steht: Rn, Xe, Kr; B; Si, C; Sb, As, P, N; H; Te, Se, S; At, I, Br, Cl; O; F. Beispiele: XeF 2 , NH 3 > H 2 S, S2C12, C12O, OF 2 .

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FeCl2 Eisen-dichlorid N2O Distickstoff-(mono)oxid NO FeCl3 Eisen-trichlorid (Mono)Stickstoff-(mono)oxid Fe203 Dieisen-trioxid NO2 (Mono)Stickstoff-dioxid CuO Kupfer-monoxid NjO4 Distickstoff-tetraoxid N2OS Cu2O Dikupfer-monoxid Distickstoff-pentaoxid Ag2 F Disilber-(mono)fluorid Hg2Cl2 Diquecksilber-dichlorid Vereinfachte Namen: H2S Hydrogensulfid A1C13 Aluminiumchlorid Für Atomgruppen werden, wenn Doppeldeutigkeiten vermieden werden sollen, die Vorsilben ,bis', ,tris', .tetrakis' usw. benutzt, z. B. wird Ca3(PO4)2 als Tricalciumbis(phosphat) bezeichnet zur Unterscheidung von Ca4P2O7 Calcium-diphosphat (vgl. S. 242f.). b) Insbesondere für salzartige Verbindungen ist eine Bezeichnungsart geeignet, die auf A. Stock zurückgeht: Die Oxidationszahl des Metalls wird durch eine an den Namen 1 ) unmittelbar angehängte römische Ziffer bezeichnet, die in runde Klammern gesetzt wird. Kupfer(I)-chlorid FeCl2 Eisen(II)-chlorid CuCl FeCl3 Eisen(III>chlorid CuCl2 Kupfer(II)-chlorid Fe2O3 Eisen(HI)-oxid Hg2Cl2 Quecksilber( I>chlorid K 3 MnO 4 Kalium-manganat( V) K 2 MnO 4 Kalium-manganat(VI) KMnO 4 Kalium-manganat(VII) c) Das in den ILJPAC-Regeln ebenfalls empfohlene Ewens-Basset-System verwendet Bezeichnungen wie: Eisen(2+-)-chlorid für FeCl2 und Diquecksilber (2+>chlorid für Hg2Cl2. Es wird in Deutschland wenig benutzt. 1

) Die Kommission, die die deutsche Fassung der lUPAC-Regeln 1970 bearbeitet hat, setzt sich für die in den Regeln gegebene Anregung ein, in solchen Fällen für die Kationen die lateinischen statt der deutschen Namen zu benutzen (z. B. für FeCl2 Ferrum(II)-chlorid statt Eisen(Il)-chlorid). Ferner stellt die Kommission zur Wahl, auch in der deutschen wissenschaftlichen Literatur für die Nichtmetalle H, C, N, O und S statt der Namen Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel die in den meisten anderen Sprachen verwendeten lateinischen (griechischen) Namen Hydrogen, Carbon, Nitrogen, Oxygen und Sulfur zu verwenden. Besonders würde sie dies bei Verbindungen begrüßen, in denen diese nichtmetallischen Elemente als Kationen bzw. als elektropositiv zu betrachtende Bestandteile auftreten. Beispiele: Hydrogenperoxid, Carbondioxid, Nitrogen(mono)oxid, Sulfurtrioxid. Beide Vorschläge würden wesentlich zur Vereinheitlichung der Namen in verschiedenen Sprachen führen. Es erschien aber verfrüht, sie in dieser Einführung schon generell zu befolgen; nur für positiven Wasserstoff wurde der Name Hydrogen verwendet, wie es bei sauren Salzen schon seit langem üblich ist. Sonst aber wird man abwarten müssen, wieweit sich die von der Kommission gegebenen Anregungen im chemischen Schrifttum durchsetzen. Um aber den Anfänger mit diesen Vorschlägen schon jetzt vertraut zu machen, ist an geeigneten Stellen auf die nach diesen Prinzipien gebildeten Namen hingewiesen.

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Früher unterschied man Oxidationsstufen durch Namen, die mit .Oxydul' und ,Oxyd' bzw. ,Chlorür' und ,Chlorid' oder durch die Buchstaben o und i gebildet wurden: FeO Eisenoxydul, Fe 2 O 3 Eisenoxyd; FeCl2 Eisenchlorür, FeCl3 Eisenchlorid bzw. FeCl2 Ferrochlorid, FeCl3 Ferrichlorid. C. Für sauerstoffhaltige Säuren kann man an sich systematische Namen bilden, etwa für H 2 SO 4 : Dihydrogentetraoxosulfat( VI). Bei den besonders häufig benutzten Oxosäuren von Nichtmetallen, die meist in verschiedenen Oxidationsstufen vorkommen, bestehen jedoch althergebrachte Namen, die weiterhin benutzt werden dürfen. Dabei werden die Anionen der praktisch wichtigsten Säure eines Elements, die meist, aber nicht immer, die sauerstoffreichste ist, durch die Endung -at gekennzeichnet, die der um ein Sauerstoffatom ärmeren Säure mit -it. Es ergibt sich so für die bisher besprochenen Säuren des Schwefels: 6+

H 2 SO 4

Schwefelsäure

Na 2 SO 4

Natriumsulfat

Schweflige Säure

Na 2 SO 3

Natriumsulfit)

Hydrogensulfid

Na 2 S

Natriumsulfid )

4+

aber:

H 2 SO 3 2H2S

Entsprechend heißen die Salze der Salpetersäure HNO 3 Nitrate, die der salpetrigen Säure HNO2 Nitrite 1 ). Ersatz aller -Atome des Ammoniaks führt zu den Nitriden 1 ) (z. B. Mg 3 N 2 ), ferner gibt es hier die Imide (z. B. CaNH) und die Amide (z. B. NaNH 2 ). Manchmal ist noch eine weitere Unterteilung notwendig: 7+

HC1O4

Perchlorsäure

KC1O4

Kaliumperchlorat

Chlorsäure

KC1O3

Kaliumchlorat

Chlorige Säure

KC1O2

Kaliumchlorit1)

Hypochlorige Säure

KC1O

Kaliumhypochlorit

Hydrogenchlorid

KC1

Kaliumchlorid1)

5+

HC1O3 3+

HC1O2 1+

aber:

HC1O iHC1

Zu bemerken ist, daß die Vorsilbe ,Per' nur bei Säuren von Elementen der 7. Gruppe bzw. ihren Anionen (HC1O4, H S IO 6 , KMnO 4 ,KReO 4 ) benutzt wird. Nicht zu verwechseln mit diesen Säurereihen, die sich in der Oxidationszahl des betreffenden säurebildenden Elements unterscheiden, sind solche, die sich bei gleicher Oxidationszahl im Wassergehalt unterscheiden, wie z. B. Ortho-, Di-, Poly-, Meta-Phosphorsäure, vgl. dazu S. 74 und 242 ff.

l

) Die Ähnlichkeit der Endungen -it und -id kann zu Verwechslungen führen; -it wird gewöhnlich kurz, -id dagegen lang gesprochen (wie -ied!).

Namen anorganischer Stoffe

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D. Sind in einer Verbindung mehrere Arten von K a t i o n e n oder Anionen vorhanden, so wird alphabetisch geordnet; dabei kann die Reihenfolge im Namen und in der Formel verschieden sein: PbClF Blei-chlorid-fluorid Cas F(PO4 )3 Pentacalcium-fluorid-tris(phosphat) MgNH4PO4 Ammonium-magnesium-phosphat Bei sauren Salzen kommen jedoch ohne Rücksicht auf die alphabetische Reihenfolge H in der Formel und Hydrogen im Namen unmittelbar vor das Anion; vgl. die Beispiele S. 75. E. Trivialnamen. Wie schon unter C erwähnt, sind für viele Sauerstoff säuren und ihre Salze Trivialnamen statt ihrer systematischen Namen in Gebrauch, z.B. „Schwefelsäure" statt „Dihydrogen-tetraoxosulfat(VI)". Die lUPAC-Kommission erhebt auch keine Bedenken, wenn in der technischen und volkstümlichen Literatur Namen wie Soda, Chilesalpeter, Ätzkali u.a. benutzt werden. Im deutschen Sprachbereich sind Namen wie Chlorwasserstoff, Schwefelkohlenstoff u.a. viel im Gebrauch, die-mit den lUPAC-Regeln in Widerspruch sind. Der Student sollte sie kennen, aber möglichst nicht benutzen. Namen wie „Salzsäure" und „Flußsäure" für die wäßrigen Lösungen von Hydrogenchlorid bzw. Hydrogenfluorid und „Natronlauge" für die wäßrige Lösung von Natriumhydroxid gibt es nur im deutschen Sprachbereich. Obwohl sie vom Standpunkt der lUPAC-Regeln nicht korrekt sind, wird sich eine Weiterverwendung nicht vermeiden lassen.

Metallverbindungen - Erster Teil

Für die Anordnung des Folgenden ist im wesentlichen das Perioden-System zugrunde gelegt (vgl. Tabelle im Anhang), das für das Erlernen der anorganischen Chemie ebenso wie für die Forschung auf diesem Gebiet grundlegend ist. Es ist zu beachten, daß die Unterteilung in A- und B-Untergruppen bzw. in Haupt- und Nebengruppen in den verschiedenen Lehrbüchern nicht gleichmäßig behandelt wird. Wir richten uns nach den Empfehlungen der Internationalen Union für Chemie. In den folgenden Abschnitten werden zunächst die wichtigeren Metalle und ihre Verbindungen besprochen, während am Schluß des Buches einige kurze Angaben über die weniger gebräuchlichen und zum Teil selteneren Metalle folgen.

Alkalimetalle und Ammonium D i e Alkalimetalle, L i t h i u m L i , N a t r i u m N a , K a l i u m K , R u b i d i u m Rb und C a e s i u m Cs, sind weiche Stoffe von silberweißer bzw. im Falle des Caesiums von gelber Farbe und metallischem Aussehen. Sie werden außerordentlich leicht oxidiert. Infolgedessen überziehen sie sich an der Luft sofort mit einer Kruste von Hydroxid und Carbonat. Man hebt sie deshalb meist in Sauerstoff freien Flüssigkeiten, am besten in Petroleum, auf. Lithiummetall ist der leichteste aller bei Zimmertemperatur festen Stoffe (Dichte 0,53 g/cm 3 ). Rubidium und Caesium sind schwerer als Wasser. Die Alkalimetalle bilden nur einfach positiv geladene Ionen. Sie zerlegen Wasser unter Wasserstoffentwicklung und Bildung von Lösungen der Hydroxide. Diese Hydroxide besitzen außerordentlich stark basischen Charakter. Sie setzen sich mit gasförmigem Kohlendioxid zu den Carbonaten um. Die Mehrzahl der Salze der Alkalimetalle, so z. B. die C h l o r i d e 1 ) , N i t r a t e , S u l f a t e , sind in Wasser in erheblichem Ausmaß löslich, vgl. Tab. S. 265; auch die C a r b o n a t e und P h o s p a t e , mit Ausnahme derer des Lithiums, lösen sich reichlich in Wasser Salze von so geringer Löslichkeit wie etwa das Bariumsulfat oder die Schwermetallsulfide bilden die Alkalimetalle überhaupt nicht. Wegen dieses Mangels an sehr wenig löslichen Verbindungen bereitet in der präparativen und analytischen Chemie die Trennung der Alkalimetalle gewisse Schwierigkeiten. Alle Alkalimetalle und ihre Verbindungen färben die Flamme in charakteristischer Weise. Von den Alkalimetallen besprechen wir an dieser Stelle nur die beiden häufigsten, Natrium und Kalium. Rubidium und Caesium sind nach ihren chemischen Umsetzungen schwer von Kalium zu unterscheiden. Über Lithium finden sich einige Angaben auf S. 251. Außerdem behandeln wir im Anschluß an Kalium noch die AmmoniumVerbindungen, da diese den entsprechenden Kalium- und Rubidiumverbindungen in vielen Eigenschaften sehr ähnlich sind. Über die Löslichkeit der Fluoride s. S. 226.

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Natrium

Natrium Das Natrium ist das häufigste der Alkalimetalle. Seine Verbindungen gehören zu den wichtigsten Stoffen; sie finden in der Technik und im Laboratorium ausgedehnte Anwendung und spielen unter den anorganischen Bestandteilen der belebten Natur eine wesentliche Rolle. Das Natrium ist das Alkalimetall, das die wenigsten Salze mit geringer Löslichkeit bildet; bemerkenswert wenig löslich ist das Antimonat, s. S. 221 f., Nr. 9. Viele Natriumsalze kristallisieren mit Kristallwasser. Das Natriumoxid Na 2 O ist schwierig darzustellen. Wichtiger ist das N a t r i u mper i d Na 2 O 2 , das überraschender Weise beim Verbrennen von Natriummetall entsteht. - Leicht zugänglich ist das H y d r i d NaOH, in der Umgangssprache als „Ätznatron" bezeichnet. Für die wäßrige Lösung benutzt man vielfach den Trivialnamen N a t r o n l a u g e . Z u r E r k e n n u n g d e s Natriums dienen: d i e gelbe F l a m m e n f ä r b u n g und die Kristallform des N a t r i u m - u r a n y l - a c e t a t e s . Bei allen Versuchen mit Natrium m e t a 11 komme man mit Gesicht und Händen nicht zu nahe, fasse das Metall stets nur mit der Pinzette und s c h ü t z e die A u g e n d u r c h e i n e Schutzbrille, d a einzelne Partikelchen Natrium leicht verspritzen und schwere Verletzungen verursachen können.

Natriumhydroxid. 1. Ein Stück Natrium, so groß wie eine Erbse, werde abgeschnitten, mit etwas Filtrierpapier abgetrocknet und in ein kleines, hinter der Glasscheibe des Abzugs stehendes Becherglas auf etwa 10 ml Wasser geworfen. Mit großer Heftigkeit wirkt das Natrium darauf ein; es schmilzt zu einer Kugel, die auf der Wasseroberfläche schwimmt oder vielmehr schwebt, bald kleiner wird und schließlich ganz verschwindet. Der gebildete W a s s e r s t o f f entweicht währenddessen, und es bildet sich eine verdünnte Lösung von N a t r i u m h y d r o x i d (Natronlauge); sie färbt rotes Lackmuspapierblau. 2Na + 2H2O -» 2Na + + 2OH' + H 2 . Man wiederhole den Versuch in der Weise, daß man das Natriumstückchen mit der Pinzette auf ein auf dem Wasser schwimmendes Stück Filtrierpapier bringt, wodurch es an seiner Fortbewegung gehindert wird; dabei erwärmt es sich stärker als beim ersten Versuch, so daß der gebildete -Wasserstoff sich entzündet und mit einer durch Natriumdämpfe gelb gefärbten Flamme verbrennt. Oft verspritzt dabei das Metall zum Schluß, nachdem die Flamme schon erloschen zu sein scheint. V o r sicht! Wegen dieser Eigenschaften des Natriums h ü t e man s i c h , auch die kleinsten Natriumreste in die Ausgüsse der Wasserleitung zu werfen, da sie sich in den Röhren festsetzen und zu heftigen Explosionen des gebildeten Knallgases Anlaß geben

Natrium

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können. Größere Mengen von Natriumresten zerstört man durch Aufgießen von Alkohol, mit dem sie sich gefahrlos umsetzen, oder man gibt sie im Freien nach und nach in eine offene, mit Wasser gefüllte Schale.

2. Natronlauge kann man auch durch Umsetzung von (wenig!) SodaLösung mit Calciumhydroxid-Lösung herstellen. 2OH-+ 2Na + + CO 2 -+2Na + + 2OH'+ CaCO. Das C a l c i u m c a r b o n a t fällt aus; durch Filtrieren kann man die gebildete N a t r o n l a u g e abtrennen. Man führe den Versuch aus. In Anlehnung an ein früher in der Technik benutztes Verfahren zur Darstellung von Natronlauge kann man den Versuch auch folgendermaßen durchführen:

3. Man koche 2-3 Spatelspitzen von gelöschtem Kalk Ca(OH)2 mit etwa 5 ml Sodalösung einige Minuten lang und filtriere. Das F i 1 1 r a t gibt beim Versetzen mit verdünnter Salzsäure keine oder höchstens eine ganz schwache Entwicklung von Kohlendioxid, weil es im wesentlichen aus N a t r o n l a u g e besteht. Hier ist zunächst die geringe Menge des gelösten Calciumhydroxids in Carbonat übergeführt worden, weil dieses wesentlich weniger löslich ist als das Hydroxid. Dann löst sich weiteres Hydroxid, das wieder als Carbonat gefällt wird, usw. Da infolge der nur geringen Löslichkeit des Calciumhydroxids jeweils nur geringe Mengen in Umsetzung treten, dauert diese einige Zeit. Bei höherer Temperatur erfolgt die Umsetzung schneller, weil einerseits die Löslichkeit und andererseits die Lösegesqhwindigkeit mit steigender Temperatur zunehmen.

4. Man neutralisiere Natronlauge mit Schwefelsäure, indem man aus einem Reagensglas 1ml verdünnte Schwefelsäure in ein zweites Reagensglas zu l ml verdünnter Natronlauge gießt. Die Mischung erwärmt sich. Bei allen chemischen Umsetzungen wird Wärmeenergie abgegeben oder aufgenommen; ihre Größe, die R e a k t i o n s e n t h a l p i e , variiert von Reaktion zu Reaktion stark. Umsetzungen, bei denen Wärme abgegeben wird, nennt man „exotherm"; bei ihnen tritt eine Temperaturerhöhung auf, die u. U. bis zur Glühhitze gehen kann. Entsprechend führen „endotherme" Umsetzungen, die unter Wärmeaufnahme verlaufen, zu einer Abkühlung. Die Reaktionsenthalpie wird bei endothermen Reaktionen positiv, bei exothermen negativ gezählt. Die Neutralisationsenthalpie starker Säuren mit starken JBasen ist also negativ; - 57,3 kJ/mol (= - 13,7 kcal/mol) für die Reaktion: H + + OH' -»· H 2 O. Man h ü t e sich, k o n z e n t r i e r t e Säuren und k o n z e n t r i e r t e Laugen zusammenzugeben; auch beim Mischen kleiner Mengen t r e t e n e x p l o s i o n s a r t i g e E r s c h e i n u n g e n auf!

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Natrium

Beim Eindampfen der Natronlauge würde das Natriumhydroxid als kristalline weiße, feste Masse zurückbleiben, die jedoch an der Luft schnell wieder Feuchtigkeit anziehen und zerfließen würde; Natriumhydroxid ist hygroskopisch. Ferner zieht es Kohlendioxid aus der Luft an: 2NaOH + CO2 -+

2

+ Na 2 CO 3 .

5. Um dies festzustellen, lasse man ein kleines Stück festes Natriumhydroxid über Nacht in einer Abdampfschale offen stehen. Dann übergieße man die zerflossene Masse in einem Reagensglas mit verdünnter Salzsäure: es entweicht K o h l e n d i o x i d , das mit einem Tropfen Calciumhydroxid-Lösung (vgl. S. 69) nachgewiesen werden kann. Natriumhydroxid-Lösung vermag fein verteilte K i e s e l s ä u r e zu lösen und greift auch Glas mit der Zeit merklich an; solche Lösungen sind für analytische und andere feinere Arbeiten unbrauchbar. Man benutzt daher für Lösungen von NaOH Flaschen aus Polyethylen. Man kann auch bequem Natriumhydroxid-Lösungen jeweils f r i s c h herstellen mittels der im Handel befindlichen Plätzchen-Form des Ätznatrons. Man stelle das Durchschnittsgewicht eines Plätzchens fest, indem man 10 oder 20 Stück abwägt. Für die meisten Zwecke genügt es dann, wenn man zur Herstellung kleiner Lösungsmengen die Ätznatronmenge durch Abzählen der Plätzchen abmißt. Die verdünnte Natronlauge der Konzentration c(NaOH) = 2 mol/1 hat einen NaOH-Massenanteil von 7,4%, die sogenannte „konzentrierte Natronlauge" einen solchen von etwa 33%. Organische Stoffe, namentlich tierische Fasern, wie Wolle und Haut, werden von Natronlauge angegriffen. Die Finger fühlen sich nach dem Benetzen mit Natronlauge schlüpfrig an.

6. Man setze etwas Natronlauge zu verdünnten Proben von Calcium-, Eisendll)-, Kupfer- und Cobaltsalz-Lösung. Es fallen die H y d r o x i d e dieser Metalle aus. Man notiere im Arbeitstagebuch die Farbe der Niederschläge und beschreibe ihr Aussehen. Ca2+ + 20H-->Ca(OH)2 usw. Nachweisreaktionen. 7. Wird eine Spur einer beliebigen Natriumverbindung am Platindraht in die Flamme gebracht, so färbt sich diese intensiv g e l b . Bei Prüfung mit einem Spektroskop erkennt man eine gelbe Linie. Dieser Nachweis für Natrium ist sehr empfindlich; Bruchteile von einem Tausendstel Milligramm Natrium genügen bereits, um eine deutliche Flammenfärbung zu erzeugen, so daß schon der Staub der Laboratoriumsluft gelegentlich ein vorübergehendes gelbes Aufleuchten der Flamme hervorruft. Wegen der großen Empfindlichkeit muß man sich vor Anstellung dieser Reaktion besonders davon überzeugen, daß der Platindraht frei von Natrium ist, und ihn nötigenfalls so lange ausglühen und zwischendrein mehrfach mit konzentrierter Salzsäure benetzen, bis er der Flamme keine Färbung mehr erteilt.

Natrium

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8. Eine empfehlenswertere Reaktion auf Natrium ist die folgende: Man bringt auf einen Objektträger einen Tropfen einer gesättigten Lösung von Uranylacetat (UO2)(CH3CO2)2 in verd. Essigsäure und einen Tropfen der auf Natrium zu prüfenden Lösung. Wenn Natrium zugegen ist, sieht man nach einigen Minuten unter dem Mikroskop kleine derbe, stark glänzende Tetraeder von N a t r i u m-u r a n y l - a c e t a t Na(UO2)(CH3CO2)3, die vielfach als Dreiecke erscheinen; daneben finden sich häufig Wachstumsformen 1 ). Bei sehr verdünnten Lösungen kann man vorher mit ganz kleiner Flamme (Sparbrenner!) etwas einengen2), auf keinen Fall aber bis zur Trockne. Auch neben viel Kalium (vgl. dazu S. 91) kann Natrium so sicher erkannt werden. Gegenwart von Ammoniumsalzen beeinflußt die Reaktion nicht. Wohl aber stören freie Mineralsäuren und namentlich Phosphorsäure. Weitere Natrium verbindungen. N a t r i u m c h l o r i d („Kochsalz") NaCl. Würfelförmige Kristalle, die frei von Kristallwässer sind.

9. Das Fehlen eines wesentlichen Wassergehaltes erkennt man daran, daß eine Probe Natriumchlorid beim Erhitzen im einseitig geschlossenen Röhrchen nicht soviel Wasserdämpfe abgibt, daß sich an den kälteren Stellen des Rohres ein Hauch von Wassertröpfchen niederschlägt. Dagegen beobachtet man bei diesem Versuche eine andere Erscheinung, die noch besser zutage tritt, wenn man einige Kristalle Natriumchlorid auf der Magnesiarinne oder einem Tiegeldeckel erhitzt: die Kristalle zerspringen unter Knistern, wobei die Bruchstücke oft weit fortgeschleudert werden (die Kristalle „dekrepitieren"). Dies rührt davon her, daß die Kristalle geringe Mengen „Mutterlauge" eingeschlossen enthalten, deren Dampf beim Erhitzen die Kristalle zersprengt. N a t r i u m c a r b o n a t Na 2 CO 3 („Soda") bildet mit zehn Molekülen Kristallwasser farblose, derbe Kristalle („Kristallsoda"); wasserfrei ist es ein weißes Pulver.

10. Man weise das Kristallwasser eines Soufa-Kriställchens durch Erwärmen im Glühröhrchen nach.

') Eine Zusammenstellung von mikroskopischen Bildern analytisch wichtiger Kristallformen findet sich in dem Werk: W. G e i l m a n n, Bilder zur qualitativen Mikroanalyse anorganischer Stoffe, Weinheim, 3. Auflage. I960. 2 ) Dabei bewege man den Objektträger hin und her, sonst springt er leicht!

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Natrium

11. Soda-Lösung fällt aus den Lösungen vieler Metallsalze die C a r b o n a t e dieser Metalle aus. Man stelle den Versuch mit etwas Calcium-, Magnesium- und Kupfersalz-Lösung an, notiere Farbe und Aussehen der Niederschläge und bilde die Umsetzungsgleichungen. N a t r i u m h y d r o g e n c a r b o n a t (früher auch: Natriumbicarbonat, „doppeltkohlensaures Natron") NaHCO 3 . Dieses Salz ist in Wasser erheblich weniger löslich als das neutrale Salz und ist deshalb ein wichtiges Zwischenglied bei der technischen Sodaherstellung. Über die Herstellung von Kohlendioxid aus Natriumhydrogencarbonat vgl. S. 68 f. N a t r i u m n i t r a t NaNO 3 . Der natürliche „Chilesalpeter" diente zur Darstellung der Salpetersäure und wird auch jetzt noch als Düngemittel benutzt, aber nicht mehr in Europa.

12. Man weise in einer Probe von Natriumnitrat das Natrium durch die Flammenfärbung, die Salpetersäure durch die Eisen(II)-sulfatprobe nach (s. S. 66f.). Natriumnitrat ist im Gegensatz zu Kaliumnitrat hygroskopisch und deshalb zur Herstellung von Schießpulver ungeeignet. Im N a t r i u m p e r o x i d Na 2 O 2 , einem gelblich weißen Pulver, ist nicht etwa ·+ 2xizweiwertiges Natrium vorhanden, sondern es enthält Na-Teilchen und (O 2 )-Gnippen. (Näheres siehe S. 234). Natriumperoxid gibt leicht Sauerstoff ab und ist daher ein wichtiges alkalisches O x i d a t i o n s m i t t e l . Im Gemisch mit organischen Stoffen kann es — namentlich beim Erwärmen eines solchen Gemisches oder beim Zugeben von konzentrierter Schwefelsäure — außerordentlich heftige Explosionen veranlassen. M a n v e r w e n d e e s a l s o m i t g r ö ß t e r V o r s i c h t ! Auch mit konzentrierter Schwefelsäure allein reagiert Natriumperoxid äußerst heftig; man führe deshalb den folgenden Versuch vorsichtig und nur mit den angegebenen k l e i n e n M e n g e n aus.

13. Unter dem Abzug werde eine kleine Spatelspitze Natriumperoxid in einem trockenen staubfreien Reagensglas mit zwei Tropfen konzentrierter Schwefelsäure, die man aus einem zweiten Reagensglas zugibt, übergössen (Schutzbrille!). Es tritt heftiges Aufschäumen ein. Ein glimmender Holzspan, der in das entweichende Gas eingeführt wird, flammt auf: es ist also S a u e r s t o f f frei geworden. 2Na2O2 + 4H 2 SO 4 ^4Na + + 4HSO4'+ 2H2O + O2. Verbrennende Teile des Holzspanes, die in das Gemisch am Boden des Glases fallen, können zu Verpuffungen und zum Verspritzen von konz. Schwefelsäure führen: Vorsicht! 14. Trägt man eine größere Menge Natriumperoxid auf einmal in wenig Wasser ein, so erwärmt sich die Mischung stark, und es entweicht reich-

Kalium

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lieh S a u e r s t o f f . Schüttet man es dagegen in kleinen Anteilen nach und nach in kaltes Wasser, so ist die Zersetzung gering. Die Partner setzen sich mit einander unter Bildung von N a t r o n l a u g e und H y d r o g e n p e r o x i d um: Na2O2 + 2H2O ->2Na+ + 2OH' + H202. Von der so erhaltenen, gewöhnlich durch kleine Gasbläschen etwas getrübten Lösung werde die Hälfte zu etwas Bleiacetat- Lösung, die andere Hälfte zu etwas Mangansulfat- Lösung gegeben. Es bilden sich dichte, rotbzw. schwarzbraune Niederschläge von wasserhaltigem B l e i d i id und M a n g a n d i o x i d : Pb2+ + H2(O2) + 20H"*PbO2 + 2H2O Mn2+ + H2(02) + 20H-->Mn02 + 2H2O. 2xl-

Die Niederschläge stellen keine Peroxide mit (O2)-Gruppen dar, sondern sind normale Oxide von Blei bzw. Mangan in der Oxidationsstufe 4+.

Kalium Kalium und seine Verbindungen sind dem Natrium und seinen Verbindungen sehr ähnlich. Die Oxidation,des Metalls erfolgt noch energischer als die des Natriums; ein axlf Wasser geworfenes Stück Kalium bewirkt sofort eine Entzündung des frei werdenden Wasserstoffs. Beim Verbrennen des Metalls im Sauerstoffstrom entsteht im iwesentlichen K a l i u m h y p e r o x i d KO2 mit (O 2 )-Gruppen. Die Kalium-Verbindungen sind im allgemeinen etwas weniger löslich als die Natriumsalze und enthalten seltener Kristallwasser. Wenig löslich sind: das H e x a c h l o r o p l a t i n a t (IV) K2[PtQ6], das P e r c h l o r a t KC1O4, das H e x a n i t r o c o b a l t a t (III) K3[Co(NO2)6] (vgl. dazu S. 1 85) und das s a u r e S a l z der zweiwertigen W e i n s ä u r e , das K a l i u m h y d r o g e n t a r t r a t K[HC4H4O6]. Das Auftreten der entsprechenden Niederschläge wird zum N a c h w e i s von Kalium verwertet. Charakteristisch ist ferner die fahlviolette Färbung, die Kalium- Verbindungen der Flamme erteilen. Für das Kaliumhydroxid ist der Trivialname „Kali" viel in Gebrauch, z. B. in Ätzkali, Kalilauge. In „Kali-Industrie", „Kali-Düngemittel" usw. steht in der Umgangssprache „Kali" für „Kaliumsalz".

Flammenfärbung. 1. Die Spitze eines Platindrahtes werde nach S. 86 durch Glühen gereinigt und mit etwas Salzsäure befeuchtet. Dann werde eine Spur eines Kaliumsalzes daran gebracht; beim Zurückbringen in die

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Kalium

Flamme färbt es diese jetzt weißlich-violett1)· Im Spektroskop erkennt man die violette Linie meist kaum, aber gut zwei rote Linien sowie eine gelbe Linie. Die letztere rührt aber nicht vom Kalium her, sondern von Spuren von Natrium, die als Verunreinigungen im Kaliumsalz vorhanden sind. 2. Man wiederhole den Versuch in der Weise, daß man ein Gemisch aus Kalium- und Natriumsalzen an den Draht bringt. Jetzt erscheint die Flamme gelb, weil das intensive Gelb des Natriums das lichtschwache Violett des Kaliums verdeckt. Um die verdeckte Kaliumflamme zu erkennen, benutzt man am besten das Spektroskop. Man kann auch die Flamme durch ein mit Cobalt tiefblau gefärbtes Glas oder besser durch ein mit Indigo-Lösung gefülltes Glasprisma betrachten: nun sieht man die Kaliumflamme deutlich, weil die gelben Strahlen durch das blaue Glas bzw. die blaue Lösung absorbiert werden, die violetten aber nicht. Eine reine Natriumflamme erscheint durch das blaue Glas oder das Prisma nahezu farblos. Die Flammenfärbung ist das einfachste Verfahren, Kalium neben Natrium zu erkennen. Bei diesen und ähnlichen Versuchen nimmt man die benutzten Stoffe unter keinen Umständen mit dem Platindraht aus den Vorratsflaschen, sondern füllt kleine Mengen auf Uhrgläser ab, um die Vorräte nicht zu verunreinigen. Sonstige Nachweisreaktionen. Das früher meist benutzte Verfahren der Charakterisierung und Unterscheidung des Kaliums von Natrium beruhte auf der Umsetzung mit „ P l a t i n c h l o r i d" 2 ), wobei die von der Hexachloroplatin(IV)-säure abgeleiteten Salze K 2 PtCl 6 und Na 2 PtCl 6 entstehen. Der hohe Preis des Platins schränkt seine Anwendung ein, stört aber nicht, wenn man den Nachweis des Kaliums, wie unten beschrieben, als Mikroreaktion durchführt. Das wenig lösliche Kaliumsalz kristallisiert in kleinen Oktaedern und wird unter dem Mikroskop erkannt; das reichlich lösliche Natriumsalz kristallisiert beim Eindunsten bis zum feuchten Rückstande als lange, breite, kristallwasserhaltige Spieße, die zu einem balkigen Gerüst vereinigt sind.

3. Man bringe auf einen Objektträger ein Tröpfchen der verdünnten Alkalimetallchlorid-Lösung und so viel Platinchlorid-Lösung, daß vollständige Umsetzung zu den Chloroplatinaten erfolgt, und betrachte die entstehenden K r i s t a l l e unter dem Mikroskop.

!

) Die Kaliumflamme erkennt man sehr schön, wenn man eine Zigarre mit der Bunsenflamme anzündet. 2 ) Die unter dem Kurznamen „Platinchlorid" in den Laboratorien verwendete Flüssigkeit ist eine wäßrige Lösung von Hexachloroplatin(IV>säure H 2 PtCl 6 .

Ammonium

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4. Wichtiger ist der Nachweis mit Perchlorsäure, der ebenfalls auf dem Objektträger ausgeführt wird, damit man die Kristallform erkennen kann. Es empfiehlt sich, den durch Zugabe eines Tropfens Perchlorsäure zu einem Tropfen Kaliumchlorid-Lösung erzeugten feinkristallinen Niederschlag von K a l i u m p e r c h l o r a t durch ganz vorsichtiges Erwärmen mit der Sparflamme noch einmal in Lösung zu bringen, da die dann beim Erkalten entstehenden Kristalle größer und besser ausgebildet sind. Diese Reaktion dient nicht nur zur Erkennung des Kaliums, sondern in geeigneter Abänderung auch zum Nachweis der Perchlorsäure. Ammoniumperchlorat ist merklich, Natriumperchlorat bedeutend mehr löslich als das Kaliumsalz. U r a n y l a c e t a t gibt mit Kaliumchlorid-Lösung feine, lange Nadeln, die meist erst erscheinen, nachdem die Lösung durch Erwärmen etwas konzentriert worden ist. Diese Umsetzung ist für den Nachweis von Kalium unwichtig; man muß das Erscheinungsbild aber kennen, da man es beim Nachweis von Natrium (vgl. S. 87) neben Kalium oft beobachtet.

5. Man prüfe einen Tropfen, der Natrium- und Kaliumchlorid enthält, mit Uranylacetat. 6. Zu einer Probe nicht zu verdünnter Kaliumsalz-Lösung gebe man einen Überschuß von Natrium-hydrogentartrat-Lösung Na[HC4H4O6] (oder, falls dieses nicht verfügbar, Weinsäure- und Natriumacetat-Lösung). Aus konzentrierten Lösungen scheidet sich sofort das wenig lösliche K a l i u m - h y d r o g e n t a r t r a t (früher: Kaliumbitartrat) aus; in verdünnten Lösungen bildet sich der Niederschlag wegen der leicht auftretenden Ü b e r s ä t t i g u n g (vgl. S. 105 f.) erst nach einiger Zeit, eventuell nach Umschütteln oder Reiben der Glaswand mit einem Glasstab. Aus diesem Grunde ist diese Reaktion für analytische Zwecke wenig empfehlenswert. K a l i u m - h y d r o g e n t a r t r a t ist in Laugen oder starken Säuren löslich; die Ausgangslösung muß also neutral oder sehr schwach sauer sein. Aus dem gleichen Grunde muß bei Verwendung von Weinsäure als Fällungsreagens, die nach: K + + H 2 C 4 H 4 O 6 + H 2 O->K[HC 4 H 4 O 6 ] + H 3 O + H 3 O + -Ionen in Freiheit setzt, Natriumacetat zugefügt werden. Die „abstumpfende" Wirkung der Acetationen werden wir S. 124 verstehen lernen.

Ammonium Ammoniumsalze entstehen durch Vereinigung von A m m o n i a k NH 3 mit einer Säure:

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Ammonium NH 3 -t- HC1->NH4C1

(Ammoniumchlorid, Trivialname „Salmiak") NH 3 + H 2 SO 4 -KNH4)HSO4 (Ammonium-hydrogensulfat, saures Ammonium sulfat) 2NH 3 + H 2 SO 4 -KNH 4 ) 2 SO 4 (Ammoniumsulfat). Bei ihnen hat sich aus dem Ammoniak-Molekül und dem Proton der Säure das Ammonium-Ion NH 4 + gebildet1). Dieses verhält sich dem K + - und besonders dem Rb+-Ion sehr ähnlich, so daß man die Ammoniumsalze geradezu den AlkalimetallSalzen zurechnen kann. Das den Alkalimetallen entsprechende A m m o n i u m - „ M e t a 11" (d. h. ungeladenes NH 4 im Gegensatz zum NH4+-Ion) ist frei n i c h t herstellbar. Auch das Ammoniumhydroxid ist weder im festen noch im gelösten Zustand bekannt. In Wasser löst sich Ammoniak-Gas zwar sehr stark, bei 20° und l bar z.B. etwa 700 Raumteile in l Raumteil Wasser. Dabei findet, wenn auch nur in sehr geringem Umfang, die Reaktion NH 3 + H 2 O -> NH4+ + OH~ statt; Lösungen von Ammoniak in Wasser reagieren deshalb schwach, aber deutlich alkalisch 2 ). Der allergrößte Anteil des Ammoniaks setzt sich aber mit dem Wasser nicht um, sondern ist nur „physikalisch" gelöst. Die Verhältnisse liegen also ganz ähnlich wie bei der Kohlensäure (vgl. S. 67). Undissoziierte NH 4 OH-Moleküle sind in Lösung nicht nachweisbar und nicht zu erwarten, da auch die Alkalimetallhydroxide MeOH in Lösung praktisch zu 100% als Me + - und OH~-Ionen vorliegen. Als konzentrierte wäßrige Ammoniak-Lösungen sind solche mit etwa 25—35 g NH 3 in 100 g Lösung im Handel (vgl. S. 267); man bestimme die Dichte der Lösung des Laboratoriums mittels eines Aräometers und entnehme den zugehörigen NH3-Gehalt einer Tabelle (z. B. D n s u. L a x , Taschenbuch für Chemiker und Physiker. Berlin, 3. Aufl. 1967. S. 806. - v. V o g e l , Chemikerkalender. Berlin, 1974. S. 443). Die verdünnte Ammoniak-Lösung des Laboratoriums enthält ungefähr 3,5 g NH 3 in 100 g Lösung; ihre Konzentration c(NH 3 ) « 2 mol/1. Im Volksmund heißen Ammoniak-Lösungen „Salmiakgeist", irrtümlich auch „Salmiak"; das Ammoniak wird oft auch fälschlich als Maskulinum behandelt. Alle A m m o n i u m - V e r b i n d u n g e n mit Anionen flüchtiger Säuren sind schon bei mäßiger Temperaturerhöhung f l ü c h t i g ; dabei spalten sie sich wieder in Ammoniak und freie Säure. Ammoniumchlorid-Dampf enthält keine NH4C1Moleküle, sondern er besteht aus einem Gemisch von NH 3 - und HCl-Molekülen3). Beim Abkühlen des Dampfes vereinigen sich die Spaltungsstücke wieder. Man bezeichnet diesen umkehrbaren Vorgang ah „thermische Dissoziation", da die Spaltung durch die Temperatur bedingt ist. Man beachte den Unterschied: CuCl 2 ->-Cu 2+ -I- 2C1* NH 4 ClH>-NH 3 + HC1 J

elektrolytische Dissoziation thermische Dissoziation.

) Das entspricht völlig der Bildung von H3O+-Ionen durch Anlagerung von Protonen an H2 O; vgl. dazu 51 f. und 114ff. 2 ) Die Bezeichnung „alkalisch" wird allgemein für Lösungen verwendet, die Lackmus blau färben, auch wenn die „alkalische" Reaktion nicht durch eine Alkalimetallverbindung hervorgerufen wird. Unter „Alkalien" versteht man aber nur die Hydroxide und Carbonate der Alkalimetalle. 3 ) Da NH 3 bei Rotglut und noch höheren Temperaturen in N 2 + 3H2 zerfällt, wirkt es dann als Reduktionsmittel. Das gilt auch für NH4C1 bei hohen Temperaturen.

Ammonium

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Liegt das Ammoniumsalz mit dem Anion einer sehr schwer flüchtigen Säure vor, so spaltet es beim Erhitzen Ammoniak-Gas ab, und die freie Säure bleibt zurück: NH 4 H 2 P0 4 f e s t ^ NH 3gasf . + H 3 P0 4flüssig . Eine besondere Stellung nehmen Ammoniumnitrat und -nitrit ein. Das erstere liefert beim Erhitzen nach der Gleichung NH 4 NO 3 ->2H 2 O + N 2 O D i s t i c k s t o f f o x i d . Setzt man das Ammoniumnitrat der Einwirkung eines „brisant" explodierenden Sprengstoffes („Initialzündung") oder ähnlichen heftigen Einflüssen aus, so kann es sich ebenfalls explosiv zersetzen; es wird daher als Sicherheits-Sprengstoff verwandt. Ammoniumnitrit zersetzt sich nach NH 4 NO 2 ->2H 2 O + N 2 unter Bildung von S t i c k s t o f f schon bei Raumtemperatur; das Salz ist deshalb schwierig herzustellen und nicht haltbar.

1. In einem Reagensglas werde eine kleine Probe Ammoniak-Lösung erwärmt; es entweicht neben Wasserdämpfen A m m o n i a k als farbloses, stechend riechendes Gas. Man bringe in die Dämpfe einen mit Salzsäure befeuchteten Glasstab: es bildet sich dichter weißer Rauch von A m m o n i u m c h l o r i d , fälschlich Salmiak-,, Nebel" genannt (vgl. S. 40, Anm. 3). Nachweisreaktionen. 2. Ein Körnchen A mmoniumchlorid werde mit einigen Tropfen Natronlauge übergössen und die Mischung erwärmt. Es entweicht A m m o n i a k , das man nachweise, indem man ein Stück feuchtes rotes Lackmuspapier in die entweichenden Dämpfe halte.

Die Tatsache, daß diese Umsetzung weitgehend abläuft, steht in Einklang mit der Feststellung von S. 92, daß NH 3 mit H 2 O nur in geringem Umfange reagiert. Bei diesem Versuch nehme man nur wenig Natronlauge; ein Überschuß würde das Verflüchtigen von Ammoniak erschweren, da er die Flüssigkeitsmenge unnötig vermehrt. Auf die beschriebene Weise wird Ammoniak in beliebigen Ammonium salzen nachgewiesen. Ebenso wie Natronlauge reagieren Kalium-, Calcium- und Bariumhydroxid. 3. Man versetze auf einem Objektträger einen Tropfen Ammoniumchlorid-Lösung mit einem Tropfen ,,Platinchlorid"-Lösung (S. 90); es fällt gelbes A m m o n i u m-c h l o r o p l a t i n a t (NH4)2[PtCl6] aus, das dem Kaliumchloroplatinat sehr ähnlich ist. Eindeutig wird die Probe,

94

Ammonium

wenn man ein Körnchen der auf Ammoniak zu prüfenden Substanz mit e i n e m Tropfen Natronlauge in einem kleinen Porzellantiegel mischt und den Tiegel sofort mit einem Objektträger bedeckt, an dessen Unterseite ein Tröpfchen Platinchlorid-Lösung haftet. Der Tiegel muß so klein sein, daß seine Öffnung von dem Objektträger vollständig bedeckt wird. Nach l bis 2 Minuten erkennt man unter dem Mikroskop die charakteristischen gelben Oktaeder des Ammonium-chloroplatinats. 4. Mit einem Glasstab bringe man ein Tröpfchen Ammoniumsalz-Lösung in ein größeres Becherglas voll Wasser und gieße einige Tropfen ,,N esslersehe s Reagens" hinzu. Zur Darstellung dieser Reagens-Lösung versetzt man etwa 4 Tropfen Quecksilber(II)-chlorid-Lösung mit so viel Natriumiodid-Lösung, bis der auftretende Niederschlag wieder verschwunden ist, und macht dann mit Natronlauge s t a r k alkalisch. Durch das freigemachte Ammoniak färbt sich die Lösung — bei ganz geringem Ammoniakgehalt erst nach einiger Zeit — g e l b b r a u n . Die Farbe vertieft sich nach kurzer Zeit, und schließlich entsteht ein flockiger brauner Niederschlag, der die Bruttozusammensetzung Hg2NI besitzt (vgl. S. 171 f.). Dies ist die empfindlichste Probe auf Ammoniumverbindungen, die z. B. bei der Untersuchung von Trinkwasser verwendet wird. Darstellung von Hydroxiden. 5. Da eine wäßrige Ammoniak-Lösung OH"-Ionen enthält, fällt sie die Mehrzahl der Metallhydroxide aus Lösungen ihrer Metallsalze aus1). Man gebe etwas Ammoniak-Lösung zu je l ml von verdünnter Aluminium-, Blei- und Cobaltsalz-Lösung, worauf A l u m i n i u m h y d r o x i d A1(OH)3, B l e i h y d r o x i d Pb(OH) 2 , C o b a l t h y d r o x i d Co(OH)2 ausfallen. A13+ + 3NH 3 + 3H2O -»· A1(OH)3 + 3NH4+ usw. Verhalten beim Erhitzen. 6. In einem Glühröhrchen erhitze man etwas trockenes Ammoniumchlorid \ es verflüchtigt sich, ohne zu schmelzen, und schlägt sich an den oberen kühleren Wänden des Röhrchens wieder in fester Form nieder. Den unmittelbaren Übergang fest-^gasförmig-^fest ohne das Auftreten von Flüssigkeit nennt man ,,s u b l i m i e r e n". 7. Man erhitze etwas festes Ammoniumnitrat in einem trockenen Reagensglas vorsichtig zum Schmelzen und später etwas stärker, ohne die 1

) Über die Abschwächung der Basizität von Ammoniak-Lösung durch AmmoniumIonen und das verschiedenartige Verhalten von Metallhydroxiden bei ihrer Gegenwart vgl. S. 122 und S. 129 f.

Erdalkalimetalle und Magnesium

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Glaswand oberhalb der Schmelze mit der Flamme zu berühren (vgl. Nr. 8); unter Aufschäumen entweicht D i s t i c k s t o f f o x i d N2O. Man fange das Gas in der S. 65 beschriebenen kleinen pneumatischen Wanne über Wasser in einem Reagensglas auf und bringe einen glimmenden Span hinein; er glüht auf. Distickstoffoxid gibt also seinen Sauerstoff leicht ab. 8. Erhitzt man Ammoniumnitrat sehr p l ö t z l i c h , so erfolgt die Zersetzung sehr rasch. Man werfe unter dem Abzug (Schutzbrille!) eine Spatelspitze des Salzes in ein Reagensglas, dessen Boden man schon vorher in der Flamme zur schwachen Rotglut erhitzt hat: rasche Zersetzung unter Feuererscheinung. 9. Um die thermische Zersetzung des selbst nicht haltbaren Ammoniumnitrits zu studieren, erhitze man statt dessen das Gemisch einer Kaliumnitrit- mit einer Ammoniumsulfat-Lösung; es bildet sich S t i c k s t o f f , den man so — im Gegensatz zu dem aus Luft gewonnenen Stickstoff — frei von Edelgasen erhält. Man prüfe das entweichende Gas mit einem brennenden Holzspan.

Erdalkalimetalle und Magnesium Erdalkalimetalle D i e Elemente C a l c i u m (Ca), S t r o n t i u m (Sr), B a r i u m (Ba), d i e m a n unter dem Namen Erdalkalimetalle1) zusammenfaßt, sind silberweiße, feste Metalle, die zwar bedeutend luftbeständiger sind als die Alkalimetalle, aber doch noch ein starkes Bestreben besitzen, sich mit Sauerstoff, Wasserdampf usw. umzusetzen. Mit Wasser reagieren sie lebhaft, mit verdünnten Säuren heftig. Ihre Oxide (z. B. CaO „gebrannter Kalk") sind weiße, erdige Stoffe, die sich mit Wasser energisch zu Hydroxid umsetzen (z. B. Löschen des Kalks). Die Hydroxide sind beim Stehen an der Luft nicht zerfließlich wie die Alkalimetall-hydroxide. Sie ziehen aber ebenfalls Kohlendioxid aus der Luft an. Feuchtes rotes Lackmuspapier wird unter der Einwirkung der Hydroxide blau. In Wasser lösen sie sich nur in mittlerem Maße; s. S. 265. Von den Salzen sind die Choride und Nitrate in Wasser reichlich löslich, die Carbonate, Oxalate und Sulfate dagegen wenig, z. T. sogar sehr wenig; vgl. Tab., S. 265. Die Sulfide sind nur auf trockenem Wege darstellbar; mit Wasser zersetzen sie sich vollständig, bei reichlichem Wasserzusatz im wesentlichen nach der Gleichung CaS + H 2 OH>Ca 2 + + SH' + OH'. *) Gelegentlich rechnet man auch das Magnesium (Mg) zu den Erdalkalimetallen, obwohl es in manchen Eigenschaften von den drei anderen Elementen abweicht; vgl. auch S. 101.

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Calcium

Ähnlich reagieren auch die Carbide, bei deren Zersetzung mit Wasser sich Acetylen C 2 H 2 bildet: CaC 2 + 2H 2 O^Ca 2 + + 2OH' + C 2 H 2 . Die Erdalkalimetalle und ihre Verbindungen geben wie die Alkalimetalle charakteristische F l a m m e n f ä r b u n g e n .

Calcium 1. Man bringe eine Spur festes Calciumchlorid auf der Spitze eines ausgeglühten Platindrahtes in die Flamme. Man beobachtet im ersten Augenblick ein rotes Aufleuchten, dann eine gelbrote Flammenfärbung, die oft einen roten Saum besitzt. Diesen erkennt man besonders schön, wenn man die die Substanz tragende Spitze des Drahtes in den unteren seitlichen Teil der Flamme bringt. Im Spektroskop erkennt man vor allem eine gelbrote und eine grüne Linie. Außerdem ist stets eine gelbe Linie zu beobachten, die aber von Verunreinigungen an Natrium herrührt. Andere Salze, die sich in der Hitze zum O x i d zersetzen, wie z. B. das Nitrat (vgl. S. 64), das Carbonat und das Sulfat, geben die Flammenfärbung am besten, wenn man sie nach einem ersten kurzen Erhitzen einen Augenblick in konzentrierte Salzsäure getaucht hat. Es liegt dies daran, daß eine Färbung der Flamme nur dann erfolgen kann, wenn eine Spur der Substanz verdampft. Dies ist bei dem Chlorid, dessen Siedepunkt bei Atmosphärendruck etwa bei 2000° liegt, bei der Temperatur des Bunsenbrenners (etwa 1200— 1500°) auch tatsächlich der Fall. Das Oxid dagegen (Siedepunkt annähernd 3000°) verdampft bei der Temperatur des Bunsenbrenners noch nicht, färbt daher die Flamme nicht.

Oxid und Hydroxid. 2. Ein Stückchen Marmor (Calciumcarbonat CaCO3) werde auf der Magnesiarinne durch die Gebläseflamme (oder auf Kohle mit dem Lötrohr) stark erhitzt. Dieser Vorgang wird als „Brennen" des Kalksteins technisch in großem Maße ausgeführt. Dabei entsteht d e r „ g e b r a n n t e K a l k " .

3. Ein etwa haselnußgroßes Stück gebrannter Kalk werde in einem Porzellantiegel mit wenig Wasser befeuchtet. Nach und nach füge man tropfenweise Wasser hinzu, aber nur so viel, wie von dem Stück aufgesaugt wird. Der Kalk erwärmt sich dabei von selbst, erst allmählich, dann schneller, schließlich so stark, daß überschüssiges Wasser verdampft und der Dampf in Strömen entweicht. Wenn gerade die geeignete Menge Wasser genommen wurde, hinterbleibt C a l c i u m h y d r o x i d als

Calcium

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trockenes weißes Pulver; wenn zuviel verwendet wurde, erhält man einen steifen Brei. Dieser Prozeß wird als „ L ö s c h e n des K a l k s " bezeichnet. CaO + H 2 O^Ca(OH) 2 . Der gelöschte Kalk wird, mit Sand und Wasser gemischt, als „Mörtel" zu Bauzwekken verwendet. Beim Trocknen verkittet der Kalk die Sandkörner und Bausteine. Ferner bilden sich mit dem Kohlendioxid der Luft Calciumcarbonat und Wasser: Ca(OH) 2 + CO 2 ->CaCO 3 + H 2 O. Dies erfolgt in den äußersten Schichten relativ schnell, geht jedoch in tieferliegenden erst im Laufe der Jahre allmählich vor sich. Durch diese Vorgänge verfestigt sich der Mörtel („Abbinden").

4. Eine Probe Calciumhydroxid werde mit Wasser zu einer dünnen milchigen Flüssigkeit angerührt: „Kalkmilch". Diese bläut rotes Lackmuspapier. 5. Eine zweite Probe Calciumhydroxid werde mit viel Wasser geschüttelt; durch Filtration erhält man eine wasserklare Lösung von Calciumhydroxid mit einem Gehalt von 0,1 g Ca(OH)2 in 100 g Wasser; vgl. in Tab. S. 265. Calciumchlorid. 6. Ein haselnußgroßes Stück Marmor werde in möglichst wenig verdünnter Salzsäure gelöst. Die Lösung werde filtriert und das Filtrat in einer kleinen Kasserolle unter andauerndem Rühren über freier Flamme eingedampft (Abzug!). Es bleibt eine körnige, weiße, fast wasserfreie Masse zurück, die im Handel als „gekörntes Calciumchlorid" bezeichnet wird. Calciumchlorid ist h y g r o s k o p i s c h und zerfließlich (vgl. S. 106). Läßt man ein Stückchen gekörntes Calciumchlorid über Nacht auf einem Uhrglas stehen, so zieht es Wasserdampf aus der Luft an und zerfließt. Es wird daher im Laboratorium zum Entwässern von Gasen und Flüssigkeiten benutzt. Für diese Zwecke ist seine poröse Beschaffenheit günstig, weil so eine große Oberfläche vorhanden ist.

7. Das soeben dargestellte Produkt ist aber kein ganz reines Calciumchlorid. Man versuche, es in destilliertem Wasser zu lösen; dabei erhält man eine trübe Flüssigkeit, die erst auf Zusatz einiger Tropfen Salzsäure klar wird. Beim Erhitzen hat sich nämlich ein kleiner Teil des Calciumchlorids mit Wasser zu Hydrogenchlorid und Oxid umgesetzt. CaCl2 + H 2 O^CaO + 2HC1. (Näheres vgl. S. 117.)

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Calcium

Umsetzungen der Calcium- Verbindungen. Mit je l ml der so dargestellten Calciumchlorid-Lösung stelle man die folgenden Versuche an: 8. Ammoniak-Lösung gibt keine Fällung. Läßt man die Mischung im offenen Gefäß längere Zeit stehen, so trübt sie sich durch Ausscheidung von C a l c i u m c a r b o n a t , weil von der alkalischen Lösung Kohlendioxid aus der Luft angezogen wird. 9. Natriumhydroxid gibt mit hinreichend konzentrierter Calciumchlorid-Lösung eine flockige weiße Fällung von C a l c i u m h y d r o x i d . Ist die Lösung zu verdünnt, so entsteht keine Fällung, weil Calciumhydroxid eine merkliche Löslichkeit besitzt; s. Tab. S. 265. 10. Natrium- oder Ammoniumcarbonat gibt mit neutraler oder schwach ammoniakalischer Calciumchlorid-Lösung eine flockige Fällung von sehr wenig löslichem C a l c i u m c a r b o n a t . Beim Erwärmen der Mischung geht der Niederschlag allmählich in eine kristallisierte, noch weniger lösliche, sich gut absetzende Form über. Die Erscheinung, daß ein Niederschlag erst sehr feinkörnig und schlecht kristallisiert oder gar als Haufwerk ohne durchgehende Ordnung der Atome und Moleküle („amorph" = gestaltlos) ausfällt und nach einiger Zeit oder beim Erwärmen kristallin und grobkörnig wird, findet sich bei s e h r w e n i g l ö s l i c h e n Stoffen vielfach. Die Ausscheidung erfolgt zunächst so schnell, daß eine Ordnung zu wohlausgebildeten Kristallen nicht möglich ist: die ,,H ä u f u n g s g e s c h w i n d i gk e i t" ist größer als die „O r d n u n g s g e s c h w i n d i g k e i t". Im Laufe der Zeit bilden sich dann aus diesen instabilen, regellosen Haufen von winzigen, in ihrem Aufbau nicht völlig geordneten Kriställchen gut ausgebildete, größere Kristalle, die sich besser abfiltrieren lassen und weniger löslich und reiner sind. Infolgedessen läßt man bei quantitativen bzw. präparativen Fällungen oft einen Niederschlag mit der Lösung, aus der er gefallen ist, einige Zeit bei Zimmertemperatur oder bevorzugt warm stehen. Vielfach führt man mit noch besserer Wirkung ,,F ä 11 u n g e n aus h o m o g e n e r L ö s u n g " durch, bei denen das Fällungsmittel erst langsam in der Lösung gebildet wird, z. B. NH 3 aus Urotropin, H 2 SO 4 aus H 2 NSO 3 H (Amidoschwefelsäure). Vgl. die Fällung von Bariumsulfat auf S. lOOf. Bei Stoffen mit nicht zu geringer Löslichkeit erfolgt die Fällung meist nicht so rasch; die Kristalle wachsen verhältnismäßig langsam und sind daher besser ausgebildet. Für Reaktionen, bei denen man den Niederschlag nach der Kristallform beurteilt (vgl. z. B. den Nachweis von Natrium mit Uranylacetat S. 87), eignen sich daher sehr wenig lösliche Stoffe nicht ; man benutzt hier Verbindungen, deren Löslichkeit nicht allzu gering ist.

11. Gibt man die Sodalösung nicht zu einer neutralen, sondern zu einer mit etwa zwei Tropfen Salzsäure schwach angesäuerten CalciumchloridLösung, so fällt unter Entwicklung von Kohlendioxid nur ein Teil des Calciums als Calciumcarbonat aus; ein anderer Teil bleibt gelöst, da

Calcium

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C a l c i u m - h y d r o g e n c a r b o n a t Ca(HCO3)2 leicht löslich ist. Aus dem wasserklaren Filtrat scheidet sich in diesem Falle beim Kochen noch etwas Calciumcarbonat aus (vgl. dazu S. 68). 12. Schwefelsäure fällt weißes feinkristallines C a l c i u m s u l f a t Dihydrat (CaSO4 · 2H2O), aus konzentrierten Lösungen sofort, aus verdünnten erst nach einiger Zeit oder beim Anreiben der Wandung mit einem Glasstab. Calciumsulfat-Dihydrat, „Gips", ist in reinem Wasser etwas löslich; vgl. Tab. S. 265. Versetzt man seine Lösung mit Sodalösung, so fällt Calciumcarbonat aus. Dieses ist also weniger löslich als Gips. 13. Natriumphosphat fällt aus neutralen und ammoniakalischen Lösungen wenig lösliche voluminöse Niederschläge von C a l c i u m p h o s p h a t e n wechselnder Zusammensetzung, die langsam kristallin werden. Bei Zugabe von Säuren — es genügt schon Essigsäure - lösen sich diese Niederschläge wieder auf. Bei diesen Niederschlägen spielt eine besondere Rolle ein „basisches" Salz, 3Ca 3 (PO 4 ) 2 · Ca(OH) 2 bzw. Ca s OH(PO 4 ) 3 , Pentacalcium-hydroxid-tris(phosphat) („Hydroxylapatit"), das auch die anorganische Substanz der Knochen bildet. Das Tricalcium-bis(phosphat) Ca 3 (PO 4 ) 2 ist nur auf trockenem Wege zu erhalten.

14. Ammoniumoxalat gibt mit der zuvor ammoniakalisch zu machenden Lösung einen sehr wenig löslichen Niederschlag von C a l c i u a l a t CaC2O4. Bei sehr verdünnten Lösungen erscheint der Niederschlag manchmal erst beim Anreiben der Glaswand mit einem Glasstab. — Beim starken Glühen geht das Oxalat in Oxid über: CaC2O4 = CaO + CO2 + CO. Calciumoxalat eignet sich als Abscheidungsform des Calciums in der q u a n t i t a t i v e n Analyse. Zur Trennung von Strontium und Barium kann diese Umsetzung aber nicht benutzt werden, weil diese Metalle ebenfalls ziemlich wenig lösliche Oxalate bilden. Calciumoxalat fällt nicht nur aus ammoniakalischer, sondern auch aus essigsaurer Lösung; Strontiumoxalat dagegen ist in essigsäurehaltigem Wasser etwas, Bariumoxalat erheblich löslich.

15. Ein Reagensglas voll Wasser werde mit dem Daumen verschlossen und umgekehrt in eine Porzellanschale mit Wasser gestellt. Bringt man ein etwa erbsengroßes Stück Calciumcarbid in das Wasser unter die Mündung des Reagensglases, so sammelt sich das entwickelte A c e t y l e n im Glase. Wenn das Glas mit Gas gefüllt ist, verschließe man es wieder und öffne es unter dem Abzug nahe einer Flamme: Verbrennung mit sehr hell leuchtender und stark rußender Flamme.

100

Strontium und Barium

Strontium und Barium Strontium- und Bariumsalzeverhalten sich den Reagentien: Ammoniak, Natriumhydroxid, Ammonium- und Natriumcarbonat, Natriumphosphat und Ammoniumoxalat gegenüber ganz ähnlich wie die Calciumsalze. Infolge dieser großen Ähnlichkeit, die ihr Gegenstück in der Gleichartigkeit des Verhaltens von Kalium-, Rubidium- und Caesium-Verbindungen findet - vgl. die Stellung dieser Elemente im Perioden-System - ist es sehr wichtig, die Abstufungen der Löslichkeiten genau zu kennen; vgl. Tab. S. 265. Bei den H y d r o x i d e n nimmt die Löslichkeit von der Calcium- zur Barium-Verbindung zu. Daß Calcium a l a t weniger löslich ist als Strontium- und Bariumoxalat, wurde schon hervorgehoben. Umgekehrt ist Bariums u l f a t sehr viel weniger löslich als Calciumsulfat. Noch ausgeprägter sind die Unterschiede bei den C h r o m a t e n ; man nutzt sie zur A b t r e n n u n g des am wenigsten löslichen Bariumchromats aus. Für die Trennung der drei Elemente von einander haben noch Bedeutung die unterschiedlichen Löslichkeiten der Chloride und der Nitrate in wasserfreiem Alkohol sowie die der letzteren in hochkonzentrierter Salpetersäure. Während Bariumchromat durch Behandeln mit starken Säuren leicht gelöst werden kann (vgl. auch S. 191), lassen sich Barium- und Strontiumsulfat nur durch Schmelzreaktionen „aufschließen". Näheres vgl. S. 197f. In der Flamme ergeben Strontium salze prächtig r o t e , Bariumsalze g r ü n e Färbungen (pyrotechnische Verwendung). Im Spektroskop beobachtet man neben der stets vorhandenen Natriumlinie im ersten Falle mehrere rote und eine violette, im zweiten mehrere grüne Linien. Lösliche Bariumverbindungen sind giftig; das sehr wenig lösliche BaSO4 (vgl. S. 265) kann als Kontrastmittel bei Röntgen-Untersuchungen des Magen-Darm-Traktes verwendet werden.

1. Man prüfe unter Beobachtung des beim Calcium Angeführten die Flammenfärbung einiger Strontium- und Bariumsalze. Bei den Sulfaten ist hier vorherige Reduktion zum Sulfid (durch Glühen mit Kohle oder durch Erhitzen der Probe in der Spitze des Reduktionskegels des Bunsenbrenners) und Befeuchten mit Salzsäure erforderlich. 2. Die Abnahme der Löslichkeit der S u l f a t e vom Calcium zum Barium zeigen folgende Versuche: Zu einer Strontiumchlorid- oder -mYraf-Lösung werde der gleiche bis doppelte Raumteil CalciumsulfatLösung gesetzt: es entsteht — gewöhnlich erst nach einiger Zeit, schnell beim Aufkochen — ein weißer Niederschlag von S t r o n t i u m s u l f a t . — Etwas Bariumchlorid-Lösung gibt mit Strontiumsulfat-Lösung langsam, mit Calciumsulfat-Lösung sofort einen Niederschlag von B a r i u m s u l f a t . Die Reaktionen sind für analytische Zwecke nicht brauchbar; denn falls die Probelösung auch Ca2+-Ionen enthält, kann auf Zusatz von Calciumsulfat-Lösung ein Niederschlag als Wirkung des gleichionigen Zusatzes (s. S. 128) entstehen.

Magnesium

101

3. Man versetze etwas Bariumchlorid-Lösung von Raumtemperatur mit verdünnter Schwefelsäure und filtriere; der Niederschlag ist so feinkörnig, daß er zum Teil durch das Filter läuft. Man wiederhole den Versuch, indem man die beiden Lösungen vor dem Vereinigen zum Sieden erhitzt und die Mischung dann noch einige Zeit vor dem Filtrieren warm hält; der Niederschlag ist jetzt gröber und das Filtrat vollkommen klar. 4. Fällung aus h o m o g e n e r L ö s u n g . Man gebe in zwei Reagensgläser gleiche kleine Mengen von Bariumchlorid-Lösung. Die eine Probe fälle man wie in Nr. 3 in der Siedehitze. Zu der anderen gebe man eine Spatelspitze Atnidoschwefelsäure (s. S. 98), erhitze 2 Minuten zum Sieden und lasse stehen. Im Vergleich zu der ersten Fällung setzt sich der Niederschlag viel rascher ab, die Kristalle sind größer und das Volumen der abgesetzten Fällung ist kleiner. 5. Bariumchlorid-Lösung gibt mit Kaliumchromat-Lösung einen gelben Niederschlag von B a r i u m c h r o m a t BaCrO4. Der Niederschlag ist in verdünnter Essigsäure unlöslich, dagegen in Salzsäure löslich (vgl. dazu auch S. 191).

Magnesium Die Eigenschaften der Magnesium-Verbindungen sind zum größten Teil ohne weiteres aus der Stellung des Magnesiums im Perioden-System abzuleiten. So schließt sich die geringe Löslichkeit des Hydroxids der Abstufung unter den Erdalkalimetallen an. Diese geringe Löslichkeit des Hydroxids und die gute Haftung an der Metalloberfläche bedingen, daß die Hydroxid- bzw. Oxidhaut, die auf dem Metall durch die Luftfeuchtigkeit und den Luftsauerstoff entsteht, dieses bei Zimmertemperatur vor weiterer Einwirkung schützt. Infolgedessen sind einige Legierungen, die überwiegend aus Magnesium bestehen (,,Elektron"-MetalI), wichtige Werkstoffe von geringer Dichte. Bei hohen Temperaturen reicht der Schutz des Magnesiums durch die Oxidhaut allerdings nicht aus; das Metall verbrennt dann mit blendend weißem Licht, das reich an den photographisch besonders wirksamen ultravioletten Strahlen ist. Den Verbindungen der Erdalkalimetalle schließen sich die des Magnesiums auch insofern an, als sein C h l o r i d sehr reichlich löslich ist. Die große Löslichkeit seines S u l f a t s entspricht der Zunahme der Löslichkeit vom Barium- zum Calciumsulfat; jedoch ist der Sprung beim Übergang von der Calcium- zur Magnesiumverbindung besonders groß! Vgl. Tab. S. 265. Magnesiumcarbonat und -phosphat sind wenig löslich wie die entsprechenden Erdalkalimetallsalze. Durch Fällung mit Natriumcarbonat-Lösung erhält man allerdings zunächst ein basisches Carbonat, das aber beim Stehen mit kohlensäurehaltigem Wasser in ein Hydrat des neutralen Carbonats MgCO3 übergeht; in der Natur findet sich das wasserfreie Salz als „Magnesit". Aus ammoniakalischer Lösung fällen Phosphate A m m o n i u m - m a g n e s i u m p h o s p h a . t MgNH 4 PO 4 , das analytisch für die Erkennung und Abscheidung sowohl von Phosphorsäure (vgl. S. 77) als auch von Magnesium wertvoll ist.

102

Magnesium

1. Ein Stück Magnesiumband von Fingerlänge werde an einem Ende mit einer Pinzette gefaßt, das andere Ende werde in eine Flamme gehalten. Es entzündet sich und verbrennt ohne weitere Wärmezufuhr mit blendend weißem, hellem Licht unter Bildung eines weißen Rauches zu M a g n e s i u m o x i d . Da die intensive Strahlung die Augen schädigen kann, blicke man nicht unmittelbar in die Flamme oder setze eine dunkle Schweißerbrille auf. Der Verbrennungsrückstand werde in eine Porzellanschale gebracht. 2. Eine Probe des so erhaltenen Magnesiumoxids werde mit einem Tropfen Wasser auf rotes Lackmuspapier gebracht; dieses bläut sich nach einiger Zeit, da das Oxid langsam Wasser anlagert und das gebildete H y d r o x i d in Wasser nicht ganz unlöslich ist; vgl. Tab. S. 265. 3. Der Rest des Magnesiumoxid-Rückstandes werde mit möglichst wenig (einigen Tropfen) Salzsäure in der Hitze gelöst und die Lösung mit etwas Wasser verdünnt. Diese Magnesiumchlorid-Lösung werde zu folgenden Umsetzungen der Magnesiumsalze benutzt: 4. Natriumhydroxid gibt einen weißen flockigen Niederschlag von Magnesium h y d r i d Mg(OH) 2 . 5. Ammoniak-Lösung fällt ebenfalls Magnesium h y d r i d aus. Die Fällung ist nicht vollständig. Auf Zusatz von Ammoniumchlorid l ö s t s i c h der Niederschlag w i e d e r a u f . Wenn zum Auflösen des Magnesiumoxids zuviel Salzsäure verwendet wurde, entsteht deshalb überhaupt kein Niederschlag. Der Versuch ist dann mit etwas säurefreier Magnesiumsalz-Lösung des Reagentienvorrates zu wiederholen. Die Erklärung dieser eigenartigen lösenden Wirkung von Ammoniumionen werden wir S. 122 und 129f. kennenlernen.

6. Natriumcarbonat fällt unter Bildung von HCO3"-Ionen weißes basisches M a g n e s i u m c a r b o n a t von wechselnder Zusammensetzung aus: „Magnesia alba". Auch hier entsteht bei Gegenwart von Ammoniumsalzen kein Niederschlag; der schon entstandene Niederschlag löst sich auf Zusatz von Ammoniumchlorid-Lösung wieder auf. 7. Natriumphosphat: Zu einer Probe Magnesiumsalz-Lösung gebe man etwas Ammoniumchlorid, um nachher ein Ausfallen von Magnesiumhydroxid zu verhindern, und mache mit Ammoniak-Lösung alkalisch. (Oder man säuere die Magnesiumsalz-Lösung mit Salzsäure an und gebe

Chemisches Gleichgewicht - Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

103

Ammoniak im Überschuß hinzu.) Dann versetze man mit etwas Natriumphosphat-Lösung; es fällt A m m o n i u m - m a g n e s i u m p h o s p h a t aus; s. S. 77. Aus verdünnten Lösungen fällt der Niederschlag erst nach einiger Zeit. Wie bereits S. 91 bemerkt wurde, kann man in derartigen Fällen die Kristallisation dadurch fördern, daß man die Flüssigkeit umrührt und mit dem Glasstab dabei an den Wänden des Glases reibt. 8. Man stelle den Niederschlag auf dem Objektträger in der Weise her, daß man je e i n e n Tropfen der ammoniakalischen Magnesiumchloridund der Phosphat-Lösung getrennt auf das Glas bringt und dann mit einer dünnen, rund geschmolzenen Glasspitze eine Verbindung zwischen den beiden Tropfen herstellt, so daß die Lösungen langsam ineinander diffundieren. Es bilden sich dann verhältnismäßig große Kristalle, deren Form man unter dem Mikroskop betrachte (sargdeckelähnliche Einzelformen bzw. scheren- und sternförmige Verwachsungen).

Chemisches Gleichgewicht A. Das Wesen der chemischen Gleichgewichte /. Das Verdampfungsgleichgewicht (flüssige und gasförmige Phase). Bringt man in ein kleines evakuiertes Kölbchen, das mit einem Quecksilbermanometer verbunden ist, etwas Wasser, so zeigt das Manometer einen kleinen Ausschlag: es herrscht also kein Vakuum mehr, sondern es muß sich ein gasförmiger Stoff gebildet haben. Dies kann nur Wasserdampf sein. Der Druck des entwickelten Wasserdampfes, der ,,Sättigungsdruck" oder „Dampfdruck" des Wassers, erreicht dabei - vorausgesetzt, daß so viel Wasser vorhanden ist, daß ein Teilflüssigbleibt - einen g a n z b e s t i m m t e n Wert. Er ist um so größer, je höher die Versuchtstemperatur ist. Die durch Versuche der geschilderten Art erhaltene „ D a m p f d r u c k k u r v e "ist in Fig. 21, S. 104, dargestellt. Der Dampfdruck ist praktisch unabhängig von der Gegenwart fremder Gase, z. B. Luft 1 ). Dies i s t d e r einfachste Fall eines p h y s i k a l i s c h - c h e m i s c h e n G l e i c h g e w i c h t s . Es hat mit dem stabilen mechanischen Gleichgewicht die Eigenschaft gemeinsam, auf erzwungene Störungen mit einer freiwilligen Rückkehr in die Gleichgewichtslage zu antworten. Denkt man sich z. B. das Kölbchen mit einem beweglichen Stempel versehen, der es gestattet, das Volumen zu ändern, so wird durch eine Volumenverkleinerung nicht - wie sonst bei einem Gas - der Gasdruck ') Direkt über einer Wasseroberfläche enthält demnach die Luft so viel Wasserdampf, wie dem Dampfdruck bei der betreffenden Temperatur entspricht. Im allgemeinen ist jedoch der Wassergehalt der Luft geringer; die Luftfeuchtigkeit hängt von der jeweiligen Wetterlage ab.

104

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

I Temperatur

Fig. 21. Dampfdruckkurve

erhöht, sondern es geht so viel Wasserdampf in flüssiges Wasser über, bis wieder der ursprüngliche Wasserdampfdruck vorhanden ist. Bei einer Vergrößerung des Volumens verdampft entsprechend flüssiges Wasser, bis der Gleichgewichtsdruck wieder eingestellt ist. Erhöht man bei einer in einem offenen Gefäß befindlichen Flüssigkeit wie Wasser die Temperatur, bis der Dampfdruck eben größer als der Druck der äußeren Atmosphäre geworden ist (Siedetemperatur), so ist der entwickelte Dampf nunmehr imstande, die auf der Flüssigkeit lastende Luft vor sich herzuschieben, und es entstehen im I n n e r e n der Flüssigkeit Dampfblasen: die Flüssigkeit „ k o c h t " oder „ s i e d e t". Leitet man andererseits unterhalb der Siedetemperatur, z. B. bei Raumtemperatur, über eine Schüssel mit Wasser Luft, die weniger Wasserdampf enthält, als dem Wasserdampfdruck bei der betreffenden Temperatur entspricht, so gibt das Wasser in dem Bestreben, in dem darüberstehenden Gase den Gleichgewichtsdruck an Wasserdampf herzustellen, an das Gas dauernd Wasserdampf ab, der infolge der Gasbewegung immer wieder weggeführt wird; die Wasserdampfabgabe erfolgt dabei aber nur von der O b e r f l ä c h e , nicht wie beim Sieden aus dem Inneren des Wassers: das Wasser „ v e r d u n s t e t " (vgl. z. B. das Trocknen von Wäsche!). //. Gleichgewichte zwischen einem Gas und festen Stoffen. Ganz ähnliche Verhältnisse haben wir auch bei manchen c h e m i s c h e n U m s e t z u n g e n . Beim Brennen -von Kalkstein z. B. spaltet sich dieser in festes Calciumoxid und gasförmiges Kohlendioxid. CaCO3 ->CaO + CO 2 . Andererseits kann sich Calciumoxid mit Kohlendioxid wieder zu Calciumcarbonat vereinen: CaO + CO 2 -*-CaCO3. Beide Vorgänge kann man unter Verwendung eines Doppelpfeiles durch die Formulierung beschreiben, die ausdrücken soll, daß die Umsetzung, je nach den herrschenden Bedingungen, entweder von links nach rechts oder von rechts nach links verläuft. Man

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

105

spricht deshalb auch von einer,,umkehrbaren Reaktion". Erhitzt man Kalkstein in einem abgeschlossenen Raum, so stellt sich ein ganz bestimmter KohlendioxidDruck, ein „Gleichgewichtsdruck", ein, der mit steigender Temperatur in ganz entsprechender Weise ansteigt, wie es Fig. 21 für den Sättigungsdruck des Wassers gezeigt hat (Voraussetzung ist natürlich wieder, daß so reichlich Kalkstein verwendet wurde, daß er noch nicht vollständig zersetzt ist). Stört man auch hier dieses Gleichgewicht, indem man z. B. in einem offenen Gefäß erhitzt und durch Überleiten von Luft das Kohlendioxid dauernd entfernt, so wird laufend weiter Kohlendioxid abgespalten, bis das Calciumcarbonat vollständig zersetzt ist. ///. Löslichkeit (z. B. flüssige und feste Phase). Weitere Beispiele für physikalischchemische Gleichgewichte bietet uns die Erscheinung der L ö s l i c h k e i t . Die meisten Stoffe, wie z. B. Kochsalz, Kaliumnitrat usw., lösen sich in Wasser bis zu einem bestimmten Sättigungsgehalt 1 ). Überschüssig zugesetzter fester Stoff löst sich nicht mehr, sondern bleibt unverändert am Boden des Gefäßes zurück („Bodenkörper"). Die überstehende Lösung bezeichnet man dann als „gesättigt". Der Sättigungsgehalt ist unabhängig von der anwesenden Menge des festen Bodenkörpers und von seiner Korngröße; nur extrem feinkörnige oder schlecht kristallisierte Stoffe besitzen eine etwas erhöhte Löslichkeit (vgl. S. 98, Nr. 10). Eindunsten einer gesättigten Lösung stört das Löslichkeitsgieichgewicht ebenso, wie eine Verminderung des Volumens das Verdampfungsgleichgewicht beeinflußt. Die dadurch willkürlich erzeugte Erhöhung des Gehalts wird durch Auskristallisieren einer entsprechenden Menge des gelösten Stoffes rückgängig gemacht. Die G r ö ß e der L ö s l i c h k e i t bewegt sich bei verschiedenen Stoffen innerhalb sehr weiter Grenzen; vgl. Tab. S. 265. So lösen 100 g Wasser bei Zimmertemperatur fast 100 g Natriumnitrat, aber nur < Viooo mS Quecksilbersulfid. Vollkommen unlösliche Stoffe gibt es nicht; auch von den kaum löslichen Stoffen (zu denen das Quecksilbersulfid gehört) gehen geringe Beträge in Lösung, wie das z. B. der Versuch 2 auf S. 100 für Erdalkalimetall-Sulfate gezeigt hatte. Infolgedessen kann man durch Fällung einen Stoff auch nie restlos aus der Lösung entfernen. Allerdings ist die Löslichkeit vieler Niederschläge für die meisten praktischen Zwecke zu vernachlässigen. Wie alle Gleichgewichte hängt auch das Löslichkeitsgieichgewicht von der T e m p e r a t u r ab, aber bei den einzelnen Stoffen in verschiedener Weise. Die Sättigungskonzentration einiger Stoffe fällt mit steigender Temperatur (z. B. Natriumsulfat oberhalb 32°). In der Regel steigt sie mit der Temperatur an, bei manchen Stoffen (z. B. Natriumchlorid) schwach, bei anderen (Kaliumnitrat) stark (vgl. Fig. 22, S. 106). Man beachte, daß in Fig. 22 die Massenanteile, in Tabelle S. 265 aber die Massenverhältnisse, bezogen auf die Masse des Lösungsmittels, wiedergegeben sind (vgl. S. 35 ff.). Kühlt man eine heiß gesättigte Lösung eines Stoffes der letzten Art ab, so sollte entsprechend der Abnahme der Löslichkeit mit fallender Temperatur ein Teil des gelösten Stoffes auskristallisieren. Oft unterbleibt aber diese Ausscheidung, man erhält sogenannte „ ü b e r s ä t t i g t e " L ö s u n g e n . Diese stellen k e i n e n Gleichgewichtszustand dar. Die ausgebliebene Kristallisation kann meist durch Hinzufügen eines winzigen Kriställchens („Keims") des betreffenden Stoffes oder aber durch Reiben der Gefäßwand mit einem Glasstab momentan ausgelöst werden: der „labile" Zustand geht damit in das „stabile" Gleichgewicht über. Manchmal gelingt !

) Manche Stoffe lösen sich allerdings in bestimmten anderen Stoffen in unbegrenzter Menge auf, z. B. Alkohol in Wasser („völlige Mischbarkeit").

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

106

70° 20° 30°

• Temperatur

° 50° 60°

SO°WO°L

Fig. 22. Löslichkeiten in Wasser, aufgetragen als g wasserfreie Substanz in 100 g Lösung, d. h. als Massenanteil

die Aufhebung des übersättigten Zustandes aber nur schwierig (z. B. bei Kaliumhydrogentartrat- oder Calciumoxalat-Lösungen; vgl. S. 91 u. 99). Beim Auflösungsvorgang wird wie bei chemischen Reaktionen (s. S. 85) Wärme abgegeben oder aufgenommen; die „Lösungsenthalpie" ist aber meist nicht sehr groß. Verhältnismäßig stark exotherm erfolgt z. B. die Auflösung von wasserfreiem Calciumchlorid in Wasser, ziemlich stark endotherm lösen sich Kaliumnitrat und Ammonium thiocyanat. D e r D a m p f d r u c k e i n e r L ö s u n g eines nichtflüchtigen Stoffes i s t stets geringer als der des reinen Lösungsmittels bei der gleichen Temperatur. Die Dampfdruckerniedrigung ist um so größer, je höher der Gehalt der Lösung ist. Infolgedessen haben gesättigte wäßrige Lösungen sehr reichlich löslicher Stoffe einen kleineren Dampfdruck, als der mittleren Luftfeuchtigkeit entspricht. Daher ziehen solche Stoffe, z. B. Calciumchlorid, im festen Zustand Wasserdampf aus der Luft an und bilden damit — zunächst gesättigte — Lösungen; sie sind „ h y g r o s k o p i s c h " und zerfließlich 1 ). Auch bei der Auflösung von G a s e n in Flüssigkeiten handelt es sich um Gleichgewichte. In diesem Falle ist die Sättigungskonzentration des gelösten Stoffes erheblich verschieden je nach dem D r u c k (Partialdruck), unter dem das zu lösende Gas mit der Lösung in Berührung steht. Im einfachsten Fall steigt die Löslichkeit p r o p o r t i o n a l mit der Erhöhung des Druckes ( H e n r y sches Gesetz). Mit steigender T e m p e r a t u r nimmt in allen praktisch bedeutsamen Fällen die Löslichkeit von Gasen in Flüssigkeiten ab. IV. Homogene Gleichgewichte. Bei den bisher besprochenen Beispielen handelte es sich stets um Gleichgewichte zwischen mehreren Phasen2), z. B. zwischen flüssiger 1

) Für manche Stpffe ist bei normaler Luftfeuchtigkeit der Wasserdampfdruck nicht groß genug, daß sich eine wäßrige Lösung bildet, aber er kann zur Bildung eines festen Hydrates ausreichen. Solche Stoffe, z.B. wasserfreies Kupfersulfat, sind hygroskopisch - sie nehmen Wasserdampf aus der Luft zur Bildung des festen Hydrats auf —, sie sind aber nicht zerfließlich. 2 ) Der Begriff: P h a s e ist praktisch gleichbedeutend mit dem Begriff: homogener Stoff; bei dem Phasenbegriff wird aber ausdrücklich von dem Zerteilungsgrad abgesehen. So besteht z. B. der bei feuchter Witterung in der Natur auftretende Nebel nur aus z w e i P h a s e n : l. der überall gleichförmigen Luft und 2. den Wassertröpfchen, die alle gleiche Zusammensetzung, gleiche Dichte usw. besitzen, also ebenfalls „homogen" sind.

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

1 07

und gasförmiger, zwischen fester und flüssiger Phase usw. Nicht weniger wichtig als diese „heterogenen" Gleichgewichte sind die ,,h o m o g e n e n". Unter homogenen Reaktionen versteht man solche chemischen Umsetzungen, die sich nur in einer Phase abspielen. Hierher gehören z. B. alle Umsetzungen, die in einer Lösung ohne Niederschlagsbildung oder Gasentwicklung verlaufen, oder solche, die ausschließlich im Gaszustand vor sich gehen. Bei derartigen Fällen sind wir bisher auf die Erscheinung des Gleichgewichts deswegen noch nicht aufmerksam geworden, weil bei ihnen die Umsetzungen meist weniger augenfällig sind und oft nur indirekt erkannt werden können. Erhitzt man z. B. reines H y d r o g e n b r o m i d - Gas auf Rotglut, so zersetzt es sich nach 2HBrH>H 2 +Br 2 . Das entstandene freie Brom färbt das vorher farblose Gas braun und läßt sich, ebenso wie der entstandene elementare Wasserstoff, auf chemischem Wege nachweisen. Die Zersetzung verläuft aber n i c h t v o l l s t ä n d i g , denn man kann in dem Gasgemisch auch noch unverändertes Hydrogenbromid nachweisen. Erhitzt man andererseits ein HBr-freies Gemisch von Wasserstoff und Brom auf Rotglut, so zeigt sich, daß sich ein Teil dieser Gase in Umkehrung der obigen Umsetzung: H 2 + Br 2 -»2HBr zu Hydrogenbromid vereinigt. Wir haben es also mit einer u m k e h r b a r e n

Reaktion

H 2 + Br 2 =^2HBr zu tun, die zu einem Gleichgewicht führt: Brom und Wasserstoff vereinigen sich zwar miteinander, aber nicht vollständig, sondern nur so lange, bis die entstandene Hydrogenbromidmenge einen bestimmten Wert besitzt; diesen Endzustand bezeichnen wir als das G l e i c h g e w i c h t . Umgekehrt zerfällt Hydrogenbromid beim Erhitzen, aber ebenfalls nicht vollständig, sondern nur bis zur Erreichung des Gleichgewichtsgemisches von H 2 , Br 2 und HBr. Die Lage eines Gleichgewichts, d. h. die Zusammensetzung des Gleichgewichtsgemisches, ändert sich im allgemeinen bei Änderungen der äußeren Bedingungen (Temperatur, Druck)1). So stehen z. B. die dunkelbraunen Moleküle des Stickstoffdioxids NO 2 mit den farblosen, doppelt so großen Molekülen des Distickstofftetraoxids N 2 O 4 (vgl. S. 64 u. 66) in einem Gleichgewicht:

das sich mit steigender Temperatur zugunsten der NO 2 -Moleküle verschiebt; bei tiefer Temperatur sind im Gleichgewicht neben viel N 2 C>4-Molekülen nur wenig NO 2 Moleküle vorhanden, bei höheren Temperaturen ist es umgekehrt. Diese Erscheinung läßt sich wegen der verschiedenen Farbe der beiden Reaktionsteilnehmer leicht bei folgendem Versuch erkennen:

l

) Näheres ersieht man aus den Lehrbüchern.

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

108

1. Von zwei gleichen Glasrohren, die mit gasförmigem Stickstoffdioxid gefüllt und dann abgeschmolzen sind (Assistent)1), kühle man das eine mit einem Gemisch von klein gestoßenem Eis und Wasser: die Farbe wird heller (Zunahme von N2O4 auf Kosten von NO2), was besonders beim Vergleich mit dem anderen, nicht gekühlten Rohr deutlich wird. Nun hänge man das erste Rohr in einen weiten Glaszylinder mit unten angeschmolzener Erweiterung (Assistent) mit Hilfe einer mehrfachen Drahtschlinge ein (Fig. 23). Die Erweiterung des großen Zylinders sei zur Hälfte mit Wasser beschickt; ferner enthalte sie einige Stückchen unglasierten Tons (Siedesteinchen), damit kein Siedeverzug auftritt. Bringt man jetzt das Wasser zum Sieden, so vertieft sich die Farbe des Gases nach Dunkelbraun in dem Maße, wie es durch die aufsteigenden Wasserdämpfe erwärmt wird (Zunahme von NO2 auf Kosten von N2O4).

Fig. 23. Erhitzung des mit Stickstoffdioxid gefüllten Rohres Ebenso wie es völlig unlösliche Stoffe nicht gibt, so sind auch die Gleichgewichte aller chemischen Reaktionen dadurch gekennzeichnet, daß Ausgangsstoffe und entstehende Stoffe n e b e n e i n a n d e r vorliegen. Allerdings liegt das Gleichgewicht vielfach sehr weit zugunsten der einen Seite der umkehrbaren Reaktion, so daß entweder die Ausgangsstoffe oder die entstehenden Stoffe nur in verschwindend kleiner Menge zugegen sind. Auch bei chemischen Umsetzungen gibt es V e r z ö g e r u n g e n der Gleichgewichtseinstellung, ähnlich wie wir es S. 105 f. bei den übersättigten Lösungen kennengelernt haben. So sollte das „Knallgas", d. h. ein Gemisch von Wasserstoff und Sauerstoff, bei Zimmertemperatur eigentlich zu einem Gleichgewicht 2H + O ^ 2 H O l

) Bei der Füllung, die etwa ein älterer Student als präparative Arbeit durchführen kann, ist darauf zu achten, daß die Rohre gleiche Durchmesser (etwa 20—30 mm) haben und bis zu gleicher Farbtiefe mit gasförmigem Stickstoffdioxid gefüllt werden.

Das Massenwirkungsgesetz

109

führen, das praktisch vollständig zugunsten des Wassers liegt. Tatsächlich bleibt aber „Knallgas" bei Zimmertemperatur unverändert. Der Grund für diese Erscheinung ist der, daß die G e s c h w i n d i g k e i t , mit der sich Wasserstoff und Sauerstoff vereinigen, bei Zimmertemperatur so gering ist, daß auch nach langen Zeiträumen noch keine Wasserbildung nachzuweisen i s t ( „ g e h e m m t e R e a k t i o n"). Diese Hemmung rührt im vorliegenden Falle daher, daß bei der Umsetzung die H 2 - und O 2 Moleküle in die Atome aufgespalten werden müssen; dazu ist Energiezufuhr erforderlich, die den Molekülen bei Zimmertemperatur nicht zur Verfügung steht. Durch Temperaturerhöhung werden die Geschwindigkeiten der chemischen Reaktionen stark vergrößert. Erhitzt man das Knallgasgemisch an einer Stelle, so setzt hier die Reaktion ein; die dabei frei werdende Wärme bringt die benachbarten Teile auf eine Temperatur großer Reaktionsgeschwindigkeit, und nun schreitet die Umsetzung rasch durch die ganze Mischung fort: V e r p u f f u n g oder E x p l o s i o n . Die Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff verläuft nach einem sogenannten „ K e t t e n m e c h a n i s m u s". Das bedeutet, daß aktive, energiereiche Teilchen, wie z. B. -Atome oder OH- sowie HO 2 -Radikale, bei der Reaktion mit O 2 oder H 2 -Molekülen wiederum ein neues aktives Teilchen liefern (näheres siehe Lehrbücher). Für die Knallgasreaktion ist, wie für fast alle zu Explosionen führenden Umsetzungen, von Bedeutung, daß bei höheren Temperaturen Teilreaktionen stattfinden, bei denen aus einem aktiven Teilchen mehrere neue entstehen, z. B. H + O 2 ->OH + O oder O + H 2 - » O H + H. Bei solchen „ K e t t e n v e r z w e i g u n g e n " wächst die Konzentration der aktiven Teilchen lawinenartig an 1 ). Die Diffusion der energiereichen Teilchen in noch unverbrannte Teile des Knallgasgemisches ist maßgebend für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Explosion. Erfolgt dagegen die Energieübertragung durch die fast lOOOmal raschere Fortpflanzung einer Druckwelle, wie das beim Knallgas meist der Fall ist, so spricht man von D e t o n a t i o n .

B. Das Massenwirkungsgesetz Bringt man die Gase S c h w e f e l d i o x i d SO2 und C h l o r C12 bei erhöhter Temperatur zusammen, so bildet sich teilweise S u l f o n y l c h l o r i d 2 ) SO2C12; es stellt sich dabei folgendes Gleichgewicht ein; SO2 + C1 2 =^SO 2 C1 2 . Die nähere Untersuchung ergibt für das Verhältnis, in dem die drei Stoffe im Gleichgewicht nebeneinander vorhanden sind, eine sehr einfache, zahlenmäßige Beziehung. Bezeichnen wir die S t o f f m e n g e n k o n z e n t r a t i o n e n 3 ) der drei Stoffe ') Dies ist analog der Neutronenlawine bei Kernexplosionen infolge der Kettenverzweigung beim Zerfall von 235 U. 2 ) Ein anderer Name für SO2C12 ist S u l f u r y l c h l o r i d . 3 ) Den G e h a l t eines Stoffes in einem G a s g e m i s c h kennzeichnet man wie in einer L ö s u n g (vgl. S. 35ff.) oft durch die Angabe der Stoffmengenkonzentration c, Einheit mol/1. - Nach dem G a s g e s e t z : p = RT · n/V (R = Gaskonstante, T= thermodynamische Temperatur, n = Stoffmenge, V = Volumen; also n/V = c = Stoffmengenkonzentration) ist bei gegebener Temperatur der D r u c k p eines gasförmigen Stoffes seiner S t o f f m e n g e n k o n z e n t r a t i o n p r o p o r t i o -

110

Das Massenwirkungsgesetz

im Gleichgewichtszustand mit cso ratur: C

~ C

ccl und cso c\ , so gilt bei gegebener Tempe-

S02C12 _Äv so 22ci 2 C

S02 ' C12

Die Konzentration des entstehenden Stoffes, dividiert durch das Produkt aus den Konzentrationen der Ausgangsstoffe, ist für eine gegebene Reaktion eine konstante Größe, die,,Gleichgewichtskonstante" K. Es ist dabei keineswegs notwendig, daß man von „stöchiometrischen" Mengen Schwefeldioxid und Chlor ausgeht; es ist vielmehr unerheblich, ob man viel Schwefeldioxid und wenig Chlor zusammengibt oder umgekehrt: Für den sich einstellenden Gleichgewichtszustand erweist sich die obige Gleichung in allen diesen Fällen als gültig. Gibt man z. B. zu einem im Gleichgewicht befindlichen System neues Schwefeldioxid, so daß cso vergrößert wird, so bildet sich mehr Sulfonylchlorid; es werden also cci kleiner und £so2C!2 B r °ß er > und zwar in solchem Umfang, daß für den Quotienten i"so2ci2/cSO2 ' CC12 wieder der gleiche Zahlenwert erreicht wird wie vorher. Voraussetzung ist dabei nur, daß die T e m p e r a t u r die gleiche bleibt. Untersucht man das Gleichgewicht bei verschiedenen Temperaturen, so erhält man auch verschiedene Zahlenwerte für die Gleichgewichtskonstante. - Außerdem ist selbstverständlich die Gleichgewichtskonstante von Reaktion zu Reaktion verschieden. Es handelt sich also nicht um eine generelle Konstante, wie es etwa bei der Gaskonstanten R der Fall ist. Liegt ein Gleichgewicht vor, bei dem ein Reaktionspartner mit mehreren Molekülen an der Umsetzung beteiligt ist, wie z. B. bei dem S. 107 besprochenen Gleichgewicht der Bildung von Hydrogenbromid: H + Br

n a 1. Liegt ein Gemisch mehrerer gasförmiger Stoffe vor, so entspricht der Konzentration j e d e n Stoffes ein b e s o n d e r e r Druckwert, den wir dann als Teildruck oder P a r t i a l d r u c k dieses Stoffes bezeichnen. Der Partialdruck eines Stoffes ist der Druck, den man messen würde, wenn man alle anderen gasförmigen Stoffe entfernte, ohne das Volumen zu ändern. Liegt ein Gemisch mehrerer gasförmiger Stoffe vor, so ist die Summe ihrer Partialdrucke gleich dem auf die Gefäßwände wirkenden Gesamtdruck. — Ersetzt man nun in den Gleichungen im Text, die für gasförmige Partner gelten, die Konzentrationen nach dem Gasgesetz durch die Partialdrucke c = p/RT, so erhält man die Formulierung des Massenwirkungsgesetzes mit Partialdrucken, die der obigen Formulierung mit Konzentrationen formal und inhaltlich gleicht. Für das Ammoniak-Gleichgewicht (S. 1 1 1 ) ergibt sich z. B. P

_ 3

PN, · PH,

p.NH,3

Dabei wird, wie man leicht einsieht, der Zahlenwert von K dann ein anderer als bei der Formulierung mit Konzentrationen, wenn die Zahl der Moleküle auf beiden Seiten der Reaktionsgleichung verschieden ist, wie es hier, nicht aber z. B. bei dem Hydrogenbromid-Gleichgewicht der Fall ist.

Das Massenwirkungsgesetz

11 1

so können wir dafür auch schreiben: H2 + B r 2 ^ H B r + H B r . Die Konzentrationen im Gleichgewichtszustand sind dementsprechend durch folgende Beziehung: c

HBr ' c HBr _ , c„ . Cp C H 2 Cßr2

,

r

oder

c

HBr

C -— H 2 c Br 2

=



miteinander verknüpft: Nimmt ein Partner mit mehreren Molekülen an der Umsetzung teil, so ist demnach seine Konzentration in die Gleichgewichtsbedingung mit der entsprechenden P o t e n z einzusetzen. Weitere wichtige B e i s p i e l e für die Anwendung dieses Gesetzes auf Gasreaktionen sind: l . Die Darstellung von S c h w e f e l t r i o x i d : C

2S0 + 0 ^ 2S0

S03 -- = C

s

S02 · C02

2. Die Gewinnung von A m m o n i a k aus Stickstoff und Wasserstoff: N 2 + 3H2 ^ 2 NH 3 C

N2 · CH2

In der gleichen Form hat das Gesetz auch Gültigkeit für die Reaktionen in Lösungen. Beispiele hierfür werden in den nächsten Abschnitten behandelt. Das soeben besprochene Gesetz wurde von den beiden Norwegern G u l d b e r g und W a a g e entdeckt (1864/7). Da diese das, was wir heute „Konzentration" nennen, als „aktive Masse" bezeichneten, sprachen sie es in folgender Form aus: Die Wirkung eines Stoffes ist seiner aktiven Masse proportional. Daher heißt das Gesetz heute noch das Massenwirkungsgesetz. Man lasse sich aber nicht zu der Ansicht verleiten, als ob die a b s o l u t e Masse eines Reaktionsteilnehmers für das Gleichgewicht von Bedeutung sei. Das Entscheidende ist vielmehr immer die auf das V o l u m e n bezogene Masse oder Stoffmenge, d. h. eine der „Konzentrationsgrößen" (vgl. S. 3 5 f.). In der Praxis verwendet man stets die Stoffmengenkonzentration (mit der Einheit mol/1) oder davon nach S. 109, Anm. 3 abgeleitet den Druck. Im Falle des Hydrogenbromid-Gleichgewichtes, bei dem die Zahl der entstehenden und die der verschwindenden Moleküle gleich sind, ist die Konstante des Massenwirkungsgesetzes eine unbenannte Zahl, deren Größe unabhängig von der Einheit ist, in der die Stoffmengenkonzentrationen der Reaktionsteilnehmer gemessen werden. Stimmt die Zahl der entstehenden nicht mit der der verschwindenden Moleküle überein, so hat die Konstante eine entsprechende Dimension, bei dem oben beschriebenen Beispiel des Schwefeltrioxids z. B. (Dimension Stoffmengenkonzentration)" 1 im Falle des Ammoniak-Gleichgewichtes (Dimension Stoffmengenkonzentration)" 2 Wendet man das Massenwirkungsgesetz unter Verwendung der Partialdrucke der Reaktionspartner an, so gilt entsprechendes. Die Stoffmengenkonzentration (s. S. 35f.) eines Stoffes wird oft dadurch bezeichnet daß man das chemische Symbol eines Stoffes in eckige Klammern schließt. So ist

112

Das Massenwirkungsgesetz

z. B. zu lesen: [HBr] = Konzentration des Hydrogenbromids; [C12] = Konzentration des molekularen Chlors; [Cl~] = Konzentration der Chlorid-Ionen usw. 1 ) Für die allge meine Umsetzungsgleichung: mA + nB -t- oC + . . . = uP + vQ + wR -l- . . .

lautet dann das Massenwirkungsgesetz:

[A] m · [B] n · [C]°. . . Der eingangs dieses Kapitels (S. 1 03 f.) benutzte Vergleich des chemischen mit dem mechanischen Gleichgewicht hinkt wie alle Vergleiche, besonders insofern, als das mechanische Gleichgewicht ein statisches, das chemische ein dynamisches Gleichgewicht ist. Das chemische Gleichgewicht kommt nicht dadurch zustande, daß bei den Bedingungen des Gleichgewichts die Moleküle der vorhandenen Stoffe überhaupt nicht mehr miteinander reagieren. Vielmehr laufen auch im Gleichgewichtszustand dauernd Reaktionen im Sinne der Umsetzungsgleichung ab, und zwar sowohl von links nach rechts als auch von rechts nach links. Jedoch ist unter den Gleichgewichtsbedingungen der Umsatz in beiden Richtungen gleich groß. Infolgedessen verändern sich die Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer dann nicht, so daß der Beobachter fälschlicherweise den Eindruck gewinnt, als ob alles in Ruhe sei. Auf Grund der Vorstellung, daß ein dynamisches Gleichgewicht vorliegt, läßt sich das Massenwirkungsgesetz leicht ableiten. Geht man von einer Reaktion der allgemeinen Form: A+B^C+D aus, so wird die Geschwindigkeit, mit der die Stoffe A und B miteinander reagieren, von der Wahrscheinlichkeit abhängen, mit der ihre Moleküle zusammenstoßen. Diese ist proportional dem Produkt der in jedem Augenblick vorhandenen Konzentrationen. Nun braucht jedoch nicht jeder Zusammenstoß zur Reaktion zu führen; ob eine solche eintritt oder nicht, hängt noch von anderen Faktoren ab. Dementsprechend gilt für die Geschwindigkeit der Umsetzung zwischen A und B, der ,,Hin"-reaktion: v H = *H ' [A] · [B],

wobei also

[A] · [B]

ein Maß für die Wahrscheinlichkeit der Zusammenstöße darstellt, während zum Ausdruck bringt, welcher Prozentsatz der Zusammenstöße zur Umsetzung führt. Sobald nun aber etwas C und D gebildet worden sind, werden sich diese Stoffe wieder mehr oder weniger stark unter Rückbildung von A und B umsetzen. Für die Geschwindigkeit V R dieser ,,Rück"-reaktion gilt nach dem vorhergehenden: "R, = *R · 1C] -[D], wobei fcR in der Regel von fcH verschieden sein wird. Gleichgewicht ist erreicht, wenn V H gleich V R geworden ist. Es gilt dann also: * R . [ C ] . [ D ] = * „ . [ A ] . [ B ] bzw. 1

=

H = *.

) Anstelle dieser Schreibweise wird neuerdings empfohlen, c(HBr), c(C!2), c(Cl) zu schreiben; diese Schreibweise wurde hier bereits auf S. 37 ff. im Anschluß an S. 34 benützt.

Anwendung des Massen Wirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen

113

Die Gleichgewichtskonstante K ist somit der Quotient aus den Proportionalitätskonstanten der Geschwindigkeiten der Hin- und Rückreaktion.

C. Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Lösung /. Alle Dissoziationsreaktionen von in Wasser gelösten Elektrolyten führen zu Gleichgewichten, die allerdings bei den meisten Salzen und den starken Säuren und Basen weitgehend zugunsten der Dissoziationsprodukte liegen. Bei diesen „starken" Elektrolyten ist das Massenwirkungsgesetz nur in sehr verdünnten Lösungen streng gültig, weil in konzentrierten die Ladungen der Ionen Störungen verursachen; das gilt auch dann, wenn fremde Ionen in wesentlichen Konzentrationen anwesend sind. Man kann aber auch auf diese Fälle das Massenwirkungsgesetz anwenden, wenn man die Konzentrationen der Reaktionspartner mit Korrekturfaktoren y, den „A k t iv i t ä t s k o e f f i z i e n t e n " , multipliziert, die experimentell ermittelt werden können. Das Produkt y · c nennt man A k t i v i t ä t . Wir machen im vorliegenden Buch von dieser Verfeinerung keinen Gebrauch, sondern rechnen mit Konzentrationen. Die Größen K des Massenwirkungsgesetzes haben dann nur noch näherungsweise konstante Zahlenwerte. Für die nur wenig dissoziierenden „schwachen" Elektrolyte gilt das Massenwirkungsgesetz ohne jene Korrektur auch noch für Lösungen mittlerer Konzentration. //. Einfluß der Verdünnung auf den Dissoziationsgrad. Wir betrachten einen Elektrolyten K A, der in das Kation K + und das Anion A' dissoziiert. Dann gilt nach der Massenwirkung sgleichung

[K+] · [AI [ ] ' Bezeichnet man den Dissoziationsgrad (vgl. S. 48f.) mit ( = 1 entspricht vollständiger, = 0 keiner Dissoziation) und ist Vm das Volumen, in dem ein Mol KA aufgelöst worden ist („Verdünnung", Dimension Volumen/Stoffmenge), so gilt: [K + ] = [A ] = a/Vm und für die undissoziiert gebliebenen Moleküle [KA] = (l -oi)IVm. Man erhält (a/Km).(a/Km)_K ~2

(l-a)/Km ( O s t w a l d s c h e Verdünnungsgleichung). Da Vm= l / c ist (c = „Ausgangskonzentration" von KA in mol/1, ohne Berücksichtigung des Umstandes, daß ein Teil von K A dissoziiert ist; vgl. S. 38), so kann man statt A"KA · Vm auch AT KA /c schreiben. Man sieht leicht ein, daß bei schwachen Elektrolyten, solange < l ist (was nur bei nicht allzu großer Verdünnung zutrifft!) der D i s s o z i a t i o n s g r a d der W u r z e l a u s d e r V e r d ü n n u n g p r o p o r t i o n a l i s t ; e s gilt angenähert: tt = V* K A · V m = V*KA/CZ. B. beruht auch der S. 41 f. und 62ff. beschriebene Unterschied zwischen konzentriertem und verdünntem Zustand bei Schwefel- und Salpetersäure teilweise (vgl. S. 49) darauf, daß im ersten Falle ein Anteil dieser Stoffe in Form von Molekülen, im zweiten der Hauptteil in Form von Ionen vorliegt. Sehr deutlich läßt sich die Zunahme des Dissoziationsgrades mit der Verdünnung an folgendem Versuch erken-

1 14

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

nen, zu dem ein Salz benutzt wird, das im dissoziierten Zustand eine andere Farbe besitzt als im nicht dissoziierten.

2. Man stelle eine annähernd gesättigte Lösung von Kupfer(II)-chlorid her. Da die Farbe der in Wasser gelösten, hydratisierten (vgl. S. 5 1 f.) Cu2+-Ionen blau, die der CuCl2-Moleküle aber gelbbraun ist1) und da ferner in einer konzentrierten Kupfer(II)-chlorid-Lösung das Salz nur zum Teil dissoziiert ist, so besitzt die Lösung eine Mischfarbe von blau und gelb, also grün. Wird diese Lösung nun allmählich mit Wasser verdünnt, so wird sie blaustichiger. Bei starker Verdünnung geht der Farbton schließlich - einer vollständigen Dissoziation des gelösten Kupfer(II)chlorids entsprechen — in reines Blau über. Noch auffälliger ist der Farbumschlag bei Verwendung von Kupfer(H)-bromid, das in wasserfreier Form schwarzbraun ist. ///. Wirkung gleichioniger Zusätze. Für die Dissoziation des Kupfer(II)-chlorids:

2C1ergibt das Massenwirkungsgesetz: [Cu2+] · [Cl~] 2 /[CuCl 2 ] =K. Daraus ersieht man, daß eine Erhöhung der Konzentration der Chlorid-Ionen den Anteil der Cu^-Ionen zugunsten der undissoziierten CuCl 2 -Moleküle zurückdrängen muß.

3. Man setze zu konzentrierter grüner Kupfer(II)-chlonä-Lösung etwas konzentrierte Salzsäure hinzu; dabei wird das Grün gelbstichiger. Bei starkem Salzsäurezusatz geht es in das reine Gelbbraun des undissoziierten KupferUO-chlorids 1 ) über. Schwache Dissoziation findet man bei den Salzen der Leichtmetalle kaum, bei denen der Schwermetalle häufiger, besonders ausgeprägt z. B. bei den Quecksilber(II)halogeniden; vgl. S. 168ff. Von entscheidender Bedeutung sind DissoziationsGleichgewichte nach den Vorstellungen von A r r h e n i u s und O s t w a l d für viele Säuren und Basen. Dieses Problem erfährt in dem folgenden Kapitel D eine etwas andere Deutung und eingehende Behandlung.

0. Säure/Basen-Reaktionen - Die Theorie von Brönsted /. Die Definitionen von Brönsted. Bisher haben wir zur Behandlung der Säuren und Basen die Definitionen von A r r h e n i u s (S. 46) verwendet. Man erkannte schon verhältnismäßig früh, daß diesen Definitionen, so fruchtbar sie waren, gewisse Mängel anhafteten. So gelten sie zunächst nur für wäßrige Lösungen, und es war nicht ohne weiteres möglich, sie auf Reaktionen in nichtwäßrigen Lösungen, wie z. B. in flüssigem Ammoniak oder Alkohol, anzuwenden, die zunehmend an Bedeutung ') Streng genommen spielt bei der Farbe der konzentrierten bzw. HCl-haltigen Lösungen (vgl. Vers. 3) die Bildung von Komplexionen (vgl. dazu S. 147ff.) eine zusätzliche wichtige Rolle; das ist aber für das Wesentliche des Vorgangs ohne Bedeutung.

Säure/Basen-Reaktionen - Die Theorie von Brönsted

115

gewannen. Auch für Reaktionen im Gaszustande sind diese Begriffe nicht ohne weiteres brauchbar. Die größte Schwierigkeit besteht jedoch darin, daß wäßrige Lösungen von NH 3 und verwandten Stoffen alkalisch reagieren, obwohl NH 3 keine OHGruppe besitzt und NH 4 OH weder im festen noch im gelösten Zustande existiert. Aus diesen Gründen entwickelten 1923 J. N. B r ö n s t e d und T. M. L o w r y unabhängig voneinander neue Definitionen. Diese werden heute allgemein als B r ö n s t e dsche Theorie bezeichnet, da Brönsteds Arbeiten umfassender waren. Brönsted bezeichnet als Säuren Stoffe, die Protonen (nicht-hydratisierte H4"-Teilchen) abgeben können (Protonendonatoren), als Basen Stoffe, die Protonen aufnehmen können (Protonenacceptoren). Dies wird am besten aus einigen Beispielen klar: Säure I 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

HC1 HC1 HC1 H20 H20 NH 3 H20 [A1(H20)6]3+

Base II

Säure II

Base I

+ H2O ^ H 3 O+ + ci+ NH 3 ^ NH 4 + + ci' + CH 3 CH 2 OH^ CH 3 CH 2 OH 2 + + Cl' + OH + NH 3 NH 4 + " + + H20 ^ H30 + + NH 3 NH 4 + + + CN^ HCN + OH+ H20 H30+ + [A1(H 2 O) S OH] 2+

Die Zufuhr bzw. den Entzug von Protonen bezeichnet man auch als Protonierung bzv/.Deprotonierung, den Austausch von Protonen zwischen zwei Säure-Basen-Paaren als Protolyse. Zu diesen Beispielen ist im einzelnen folgendes zu sagen: 1) HC1 dissoziiert weder als Gas noch in verflüssigter Form in H"1"- und Cl"-Ionen; es zeigt die Säure-Eigenschaft, wie sie von A r r h e n i u s definiert wurde, erst nach dem Auflösen in Wasser. Nach B r ö n s t e d besteht der Säurecharakter von HC1 in seiner Fähigkeit, Protonen abspalten zu können, als deren Empfänger Wasser, Ammoniak und andere „ B r ö n s t e d-Basen" wirken können. Die dabei jeweils frei werdenden ClMonen sind als die der Säure HC1 korrespondierende Base anzusehen. 2) Protonierung von NH 3 durch HC1 läuft nicht nur in wäßriger Lösung der beiden Ausgangsstoffe ab, sondern auch mit flüssigem NH 3 sowie insofern, als sich aus NH 3 - und HCl-Gas bei nicht zu hohen Temperaturen festes NH 4 C1 mit den Ionen NH 4 + und Cl als Bausteinen bildet. Bei höheren Temperaturen, wenn festes NH 4 C1 in den Gaszustand übergeht, liegen NH 3 und HC1 unverbunden nebeneinander vor, weil NH 4 Cl-Moleküle nicht existieren. 3) Mit Ethylalkohol reagiert HC1 in analoger Weise wie mit H 2 O. 4) Gegenüber NH 3 wirkt H 2 O nicht als Base, sondern als Säure; es bilden sich die Säure NH 4 + und die Base OH". Stoffe, die wie H 2 O sowohl als Base als auch als Säure fungieren können, nennt man Ampholyte. 5) und 6) Auch die — sehr geringe! - Eigendissoziation des Wassers ist eine SäureBasen-Reaktion; H 2 O wirkt hier g l e i c h z e i t i g als Säure und als Base. Das entsprechende gilt für die Eigendissoziation von flüssigem Ammoniak. Mit der Eigendissoziation des Wassers werden wir uns im folgenden Abschnitt beschäftigen. 7) und 8) Diese Gleichungen betreffen Vorgänge, die man bisher als „ H y d r o l y s e n " bezeichnete. Auf diese Frage kommen wir im übernächsten Abschnitt zurück.

116

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

Weitere Beispiele für die Anwendung des Brönstedschen Säure-Basen-Begriffs finden sich auf S. 121ff. Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß sich die Begriffe „Säure" und „Base" bei B r ö n s t e d keineswegs nur, wie wir sie früher benutzt haben, auf „neutrale" Moleküle bzw. feste Stoffe beziehen. Es kann sich vielmehr ebensogut um Ionen, und zwar sowohl um Kationen als auch um Anionen handeln. Man unterscheidet entsprechend Kationen-, Anionen- und Molekül-Säuren bzw. -Basen; für die letzteren Begriffe werden auch die — mißverständlichen! — Bezeichnungen „Neutral"-Säure bzw. -Base benutzt. Nach B r ö n s t e d ist nicht Kaliumhydroxid eine Base; der Protonenacceptor und damit die Base ist vielmehr das OH~lon. Die B r ö n s t e dsche Theorie bezieht sich auf sehr verschiedenartige Lösungsmittel; vgl. S. 115. Im folgenden behandeln wir vornehmlich Vorgänge in wäßriger Lösung. //. Die Eigendissoziation des Wassers. Reines Wasser leitet den elektrischen Strom um Größenordnungen schlechter als Salz-, Säure- und Basen-Lösungen. Seine sehr geringe Leitfähigkeit ist aber nicht etwa durch Verunreinigungen bedingt, denn auch das mit allen z. Zt. zur Verfügung stehenden Mitteln gereinigte Wasser behält eine bestimmte Leitfähigkeit. Dies führt man auf eine geringe Dissoziation der Wassermoleküle in Ionen zurück, die man früher H 2 O ^ H+ + OH~ formulierte. Da iedoch die H+-Ionen in Wirklichkeit hydratisiert sind, ergibt sich in der auf S. 51/52 begründeten Schreibweise H 2 O + H 2 O ^ H 3 O + + OFT, d.h. die Reaktion, die in der Tab. S. 115 unter 5) verzeichnet ist. Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt also: [H30+] · [QH-] [H 2 0] · [H 2 0]

>°·

Da in einem Liter Wasser von 1000 g Masse 1000/18 mol » 56 mol Wasser enthalten sind, beträgt in reinem Wasser die Konzentration der undissoziierten H 2 O-Moleküle 56 mol/1. Da sich diese Konzentration nur unwesentlich ändert, wenn man statt reinen Wassers verdünnte wäßrige Lösungen betrachtet, so kann man sie für die meisten Betrachtungen als konstant annehmen. Also gilt: [H 3 0 + ] · [OH-] =* Ha o · [H 2 0] 2 =KW, wobei Ä"w als Produkt konstanter Größen ebenfalls eine Konstante 1 ) ist. Dieses lonenprodukt des Wassers [I^O"1"] · [OH"] hat bei Zimmertemperatur 2 ) einen Wert von l O"14 mol2/!2. Infolgedessen beträgt in reinem Wasser, in dem ja die Menge der H 3 O + -Ionen gleich der der OH'-Ionen sein muß, die Konzentration dieser beiden Ionen je 10~7 mol/1; oder anders ausgedrückt: 19 g H 3 O + -Ionen und 17gOH"-Ionen sind in l O 7 Litern, das sind 10000 t Wasser, enthalten. ') Die Konstante Kw enthält also als Faktor die Konzentration des Wassers, genauer: seine Aktivität, in der 2. Potenz. Meist ist es üblich, die Aktivität eines L ö s u n g s m i t t e l s nicht in mol/1 zu messen, sondern sie auf das reine Lösungsmittel zu beziehen und dafür — und für alle verdünnten Lösungen angenähert — die Aktivität gleich l zu setzen. Das hat auf den Zahlenwert von ÄTW keinen Einfluß, weil durch eine andere Wahl der Einheit für [H 2 O] der Zahlenwert von ^H 2 o entsprechend geändert wird. 2 ) Genauer gesagt, bei 22 °C; mit steigender Temperatur wird Kw größer, mit fallender Temperatur nimmt es ab; bei 100 °C beträgt es 74 · 10"14, bei 0 °C 0,13 · 10"14 mol2/!2.

Säure/Basen-Reaktionen - Die Theorie von Brönsted

117

Diese Tatsache führt zu folgenden Überlegungen: Selbst bei der Neutralisation einer starken Säure mit einer starken Base werden die H3O"l"-Ionen und OH'-Ionen nicht r e s t l o s zu H 2 O-Molekülen vereinigt, sondern es bleibt stets ein kleiner Bruchteil übrig, nämlich soviel, daß [H 3 O + ] · [OH"] = l O'14 mol2/!2 ist. Es sind also selbst in alkalischer Lösung neben sehr viel OHMonen auch einige wenige H 3 O + -Ionen und in saurer Lösung neben den H 3 O + -Ionen auch ganz wenige OHMonen vorhanden. So ist in der Lösung einer starken Säure mit der Äquivalent-Konzentration l mol/1 (vgl. S. 39), in der ja [H 3 O + ] sehr nahe gleich l mol/1 ist, [OH~] = l O"14 mol/1, und in einer starken Lauge mit der Äquivalent-Konzentration l mol/1 beträgt umgekehrt [H 3 O + ] = IGT 14 mol/1. Wegen dieser eindeutigen Verknüpfung der Konzentrationen der H 3 O + -Ionen und der der OH -Ionen kann man sowohl alkalische als auch saure Lösungen durch eine dieser Größen allein charakterisieren. Man pflegt dazu die H 3 O + -Ionen-Konzentration zu benutzen, und zwar nicht die Größe selbst, sondern den negativen dekadischen Logarithmus des Zahlenwertes der in mol/1 angegeQ+1

benen Konzentration 1 ). Diese Größe pH = - log ., 3 , „ nennt man den W a s s e r - . l mol/1 s t o f f i o n e n - E x p o n e n t e n 2 ). Sein Wert beträgt also in neutraler Lösung 7, in einer sauren Lösung mit [H3O+] = l mol/1 ist er 0, in einer alkalischen Lösung mit [OH1 = l mol/1 beträgt er 14. Den pH-Wert einer Lösung kann man durch die Messung elektrischer Spannungen in geeigneten Anordnungen ermitteln; vgl. S. 159f. u. 163. Ungefähre Messungen sind mit Indikatoren möglich; Näheres S. 126. ///. Unter „Hydrolyse" versteht man im wörtlichen Sinne die „Lösung von Bindungen durch Wasser". Dieser Vorgang findet z. B. statt, wenn ein Ester durch Wasser in Säure und Alkohol gespalten wird (vgl. dazu S. 249) oder bei der Reaktion von AlCl3-Gas und Wasserdampf bei hohen Temperaturen (Pyrohydrolyse) gemäß 2A1C13 + 3H 2 O->A1 2 O 3 + 6HC1. Als A m m o n o l y s e bezeichnet man entsprechend die Reaktion A1C13 + NH 3 -»A1N + 3HC1, die bei hoher Temperatur abläuft. Der Begriff Hydrolyse wird aber auch oft - nicht korrekt - für andere Vorgänge benutzt. Lösungen von Salzen in Wasser sollten eigentlich neutral reagieren, da die Kationen und Anionen des Salzes an sich — z. B. Na + und Cl" - den pH-Wert nicht beeinflussen. Dazu kommt die äußerst geringe Menge an H 3 O + - und OH~-Ionen aus dem Wasser; diese liegen im Wasser aber in äquivalenten Mengen vor entsprechend dem pH-Wert 7. Tatsächlich reagieren jedoch keineswegs alle Salzlösungen neutral;die Lösungen mancher Salze, etwa KCN, reagieren alkalisch, andere, wie die von NH4C1 oder A1C13, geben saure Reaktion. Man führte dies darauf zurück, daß die Salze durch das Wasser teilweise „hydrolytisch" gespalten würden und formulierte dies beispielsweise so: KCN + H 2 O ^ KOH + HCN 1

) Weil ein Logarithmus nicht von einer physikalischen Größe (Zahlenwert mal Einheit), sondern nur von einem reinen Zahlenwert gebildet werden kann, ist die Festlegung auf eine bestimmte Einheit erforderlich. 2 ) Korrekter wäre es, pH durch pH 3 O zu ersetzen. Die Bezeichnung stammt aber aus einer Zeit, als man der Vereinigung der Protonen mit Wassermolekülen zu H 3 O + keine nennenswerte Bedeutung beimaß. — Das Symbol p mit der im Text beschriebenen Bedeutung wird auch im Zusammenhang mit Gleichgewichtskonstanten benutzt.

1 18

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

Betrachtet man die Verhältnisse vom Standpunkt der lonenlehre, so verüeren diese Vorstellungen ihren Sinn. In einer Lösung von KCN z. B. sind zunächst in der Hauptsache K + - und CNMonen enthalten. Zwischen CNMonen und Wasser stellt sich das Gleichgewicht 7), S. 115,

ein, d. h. es findet der Übergang eines Protons vom H 2 O zum CN" statt. Dies ist aber ein Säure-Basen-Gleichgewicht im Sinne von B r ö n s t e d . Die K*-Ionen werden von diesem Vorgang überhaupt nicht berührt. Die alkalische Reaktion ist allein eine Folge der P r o t o n i e r u n g des C N ' - I o n s . Ähnlich ist es bei den Lösungen von NH4C1 oder A1C13. In einer Lösung von NH 4 C1 stellt sich das Gleichgewicht NH 4 + + H 2 O ^H 3 O + + NH 3 ein; ein Teil der NH4"t"-Ionen wird d e p r o t o n i e r t , und die Lösung reagiert sauer. In einer Al-Salz-Lösung findet, wie A. W e r n e r zuerst erkannte, die analoge Reaktion 8) statt: [A1(H20)6]3+ + H 2 O ^ H 3 0 + + [A1(H 2 0) 5 OH] 2 +, d. h. von einem Wassermolekül der Hydrathülle des Al 3+ -Ions wird ein Proton an ein Molekül des Lösungsmittels abgegeben. Dem können weitere Stufen folgen, die man schematisch folgendermaßen formulieren kann: + H 2 O ^ H 3 O + + [A1(H 2 O) 4 (OH) 2 ] + bzw. [A1(H 2 0) 4 (OH) 2 ] -i- H 2 0 ^H 3 O + + [A1(H2O)3(OH)3] +

d. h. es kann schließlich wasserhaltiges A1(OH)3 ausfallen (Näheres s. S. 1 32 f.). Wie man sieht, handelt es sich bei diesen Umsetzungen um die Reaktion von Wasser als Base mit Kationen-Säuren oder als Säure mit Anionen-Basen; die Vorgänge zeichnen sich in keiner Weise gegenüber den anderen Protonenübergangs-Reaktionen aus. Keinesfalls handelt es sich um eine Lösung von Bindungen durch Wasser; man sollte sie also nicht als Hydrolyse bezeichnen. Verallgemeinert man die obigen Überlegungen, so gilt: Die Lösung eines Salzes mit extrem schwach saurem Kation und extrem schwach basischem Anion reagiert neutral. Je stärker sauer das - evtl. hydratisierte — Kation, desto saurer die Lösung; je stärker basisch das Anion, desto alkalischer die Lösung. Sind gleichzeitig das Kation sauer und das Anion basisch, so schreitet die Umsetzung der beiden Ionen mit Wasser weit fort, und es kann zu vollständiger Umsetzung des Salzes kommen; vgl. S. 135. IV. Quantitative Behandlung von Säure-Basen-Reaktionen. Wir betrachten zunächst wäßrige Lösungen. Die Gleichgewichte bei der Abspaltung von lösungsmittelfreien Protonen p + von einer Säure HA und vom H 3 O + -Ion kann man so formulieren:

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

11 9

Zwar sind die beiden Konstanten nicht bekannt, weil man [p*] nicht messen kann. Wenn aber eine Säure in Wasser gelöst wird, stellt sich ein Simultangleichgewicht ein, das dadurch gekennzeichnet ist, daß [p + ] für beide Teilgleichgewichte gleich groß wird. 1 ) Deshalb fällt bei der Kombination der obigen Gleichungen dieses Glied heraus, und man erhält für HA + H 2 O ^H 3 O + + A~ [H 3 0 + ].[A'] ^kl [HA].[H20] V Da alle Größen der linken Gleichungsseite meßbar sind, erhält man so das Verhältnis der — einzeln unbekannten — Konstanten kl und fc2. Nach S. 1 16 dürfen wir [H 2 O] in verdünnten wäßrigen Lösungen als angenähert konstant ansehen und erhalten dann [H 3 Q + ] · [A ] *, — — =K$ wird nach B r ö n s t e d als Säurekonstante bezeichnet 2 ) und praktisch immer in mol/1 angegeben. In Analogie zum pH-Wert schreibt man

Hier und im folgenden wird durch senkrechte Lettern (hier K) angedeutet, daß es sich um den in mol/1 gemessenen Zahlenwert der Größe K (mit kursivem Symbol gemäß S. 32) handelt. l

) Die Verhältnisse liegen sehr ähnlich denen bei Oxidations-Reduktions-Potentialen; vgl. S. 158ff. Da bei chemischen Reaktionen freie Elektronen ebensowenig faßbar sind wie freie Protonen, kann man nur die Kombination je zweier Elektronenbzw. Protonen-Gleichgewichte der Messung zugänglich machen. Der als Bezugspunkt für die Potentiale gewählten Wasserstoff-Elektrode entsprechen bei den Säure-BasenGleichgewichten in Wasser die Gleichgewichte [H20]-[p+] — = k-y [H 3 0 + ]

bzw.

[H 2 0] 1 — = £4 . [OH"] - [p + ]

Diese sind durch die Beziehung

k-2 ·

[H 2 0] 2 [

30

+

]·[

[H 2 0] 2 ]

*w

[H 2 0] 2 10

14

mol 2 f 2

miteinander verknüpft, also nicht unabhängig voneinander. ) Nach A r r h e n i u s und O s t w a l d gilt für die Dissoziation einer Säure die ru+l . Definition HA =^H+ + A- bzw. das Gleichgewicht: ^-^—1-£-*- = KHA. Es ist darauf [rlA J

hinzuweisen, daß die Dissoziationskonstante A"HA nach A r r h e n i u s und die Säurekonstante Ä"s nach B r ö n s t e d nach Dimension und Zahlenwert einander gleich sind.

120

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

Für eine Base B und für das OH~-Ion gilt entsprechend [B]-[p+]

In der wäßrigen Lösung der Base B stellt sich das Simultangleichgewicht ein:

· OH [ti\

/C4

wird Basenkonstante genannt; auch hier definiert man pK B = - log

l mol/1 '

Ä"s und KB eines k o r r e s p o n i e r e n d e n Säure-Basen-Paares HA + H 2 O=^H 3 O + + A" bzw. H 2 O + A"^HA + OH" hängen in einfacher Weise zusammen: )*]· [A~] · [HA] - [OH~1

Es gilt also: KE = ( l O"14 mol2 \'2)/Ks oder pK B = 1 4 - pK s . Wie die obige Ableitung zeigt, stellen die ÄTg-Werte für wäßrige Lösungen einen Vergleich der Bindungsfestigkeit des Protons der verschiedenen Säuren mit der des Protons im H 3 O + -Ion dar; alle K s -Werte für wäßrige Lösungen sind also auf dasselbe — selbst nicht meßbare - Gleichgewicht: H 3 O + ^ H 2 O + p"1" bezogen. Je größer die Tendenz einer Säure zur Protonenabspaltung im Vergleich zu der des H 3 O + -Ions ist, je größer also das Verhältnis fcj/A: 2 und damit auch K§ bzw. je kleiner pK§ ist, desto weiter wird das Gleichgewicht HA + H 2 O ^ H 3 O + + A" nach rechts verschoben, desto stärker ist die Säure. Ist k j ^> fc2, so kann man den sehr kleinen Rest von HA nicht mehr messen und keinen Wert für K$ angeben; vgl. Tabelle 4. Dies gilt in wäßriger Lösung z.B. für H 2 SO 4 (bezüglich der Abspaltung des ersten Protons), HC1 und HC1O4; diese Säuren sind übereinstimmend extrem stark, sie setzen sich mit Wasser praktisch vollständig um zu H 3 O + + A . Entsprechendes gilt für die Ä" B -Werte in wäßriger Lösung; sie alle sind auf dasselbe Gleichgewicht: OH~+ p + ^ H 2 O bezogen. Je größer die Tendenz einer Base zur Anlagerung eines Protons im Vergleich zu der des OH -Ions ist, je größer also K% bzw. je kleiner pK B ist, desto stärker liegt das Gleichgewicht B + H 2 O ^BH + + OH auf der rechten Seite. Ist k3 > fc4, so kann der im Gleichgewicht verbleibende sehr kleine Rest von B nicht mehr experimentell bestimmt werden, und es kann kein Wert für K% angegeben werden. Das gilt in wäßriger Lösung z.B. für die Basen NH 2 " und O2", die sich beim Auflösen etwa von NaNH 2 bzw. Na 2 O in Wasser praktisch vollständig umsetzen gemäß: H 2 O + NH 2 "->NH 3 + OH~ bzw.

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Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

Für a n d e r e L ö s u n g s m i t t e l , die Protonen binden oder abspalten können, gelten analoge Beziehungen. Nur fungieren hier andere Bezugsgleichgewichte: LH,

und

= LH.

wobei LH das Lösungsmittelmolekül bedeutet. Da diese Gleichgewichte anders liegen als die entsprechenden des Wassers, verschieben sich alle K$- und /if B -Werte. Ihre Reihenfolge bleibt zwar in groben Zügen erhalten, aber die Änderung der Säurestärke kann bei Wechsel des Lösungsmittels erheblich sein. Während z.B. Essigsäure in Wasser eine schwache Säure ist, verhält sie sich in flüssigem Ammoniak als starke Säure. Wichtig ist der Zusammenhang zwischen dem pH- W e r t der wäßrigen Lösung einer Säure und deren pKg- W e r t bei Abwesenheit von anderen Säuren und von Basen. ] i A "l Dann gilt [H 3 O + ] = Ks V-^T oder pH = pK s + log 77777. Bei Verwendung der IA J

IHAJ

Größe „Stoffmengenanteil" (vgl. S. 35 f.) für den unverändert gebliebenen Anteil der [HA] [ Säure HA x$ = =- bzw. für die korrespondierende Base X B = [HA] + [ [HA] + [ wird, da xg + X B laut Definition gleich l ist, pH = pKg + log

. Trägt man also

Tabelle 4 E i n i g e k o r r e s p o n d i e r e n d e pKg- u n d pK B -W e r t e i n v e r d ü n n t e r w ä ß r i g e r L ö s u n g b e i Z i m m e r t e m p e r a t u r (K§ u n d K& i n mol/1). Säurestärke stark

mittelstark

schwach

sehr schwach

überaus schwach

-1,3 1,9 2,0 3,1 3,7 4,7 4,9 6,5 7,0 7,2 9,2 9,4 9,6 10,4 12,3 13,0

Säure

Base

HC1O4 HC1 H 2 SO 4 HNO 3 HSO4H 3 PO 4 HF HCOOH CH3COOH [A1(H20)6]3+ (H 2 0 + C02) H2S H2PO4NH 4 + HCN [Zn(H 2 0) 6 ] 2+ HC03HPO4HSNH 3

C1O4"

OH"

er

überaus schwach

*T

HSO4" NO3SO42' H 2 PO 4 FHCOOCH3COO[A1(H20)SOH]2+ HCO3HSHPO42NH 3 CN[Zn(H 2 0) s OH]+ CO32" 3 P0 2 4 '

s-

Basenstärke

NH 2 " O2'

15,3 12,1 12,0 10,9 10,3 9,3 9,1 7,5 7,0 6,8 4,8 4,6 4,4 3,6 1,7 1,0

sehr schwach

schwach

mittelstark

stark

122

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

den pH-Wert gegen XB auf, so haben die pH-Kurven für alle Säure/Basen-Paare die gleiche Form; sie sind nur parallel der pH-Achse gegeneinander verschoben, wie Fig. 24 für einige Beispiele zeigt. Man kann aus der Abbildung direkt ablesen, welcher Bruchteil der aufgelösten Menge von HA bei einem bestimmten pH-Wert als A" bzw. noch unverändert als HA vorliegt. Die Größe *B bezeichnet man auch als Umsetzungsgrad. Bei XB= 0.5 wird der pH-Wert zahlenmäßig gleich dem pKs-Wert, wie aus der obigen Gleichung folgt. Fig. 24 zeigt, daß die pH-Werte in der Nähe dieses Umsetzungsgrades von 50% eine sehr flache Steigung besitzen, d. h. daß eine nicht zu große Änderung des Umsetzungsgrades den pH-Wert nur wenig verändert. Davon macht man ausgiebigen Gebrauch in den sogenannten Pufferlösungen. Diese dienen dazu, bei chemischen Reaktionen begrenzte Mengen H 3 O + - bzw. OHMonen, die in einer Lösung vorhanden sind oder durch eine Umsetzung in der Lösung entstehen, wegzufangen und den pH-Wert angenähert konstant zu halten. Liegt z. B. in der Lösung ein äquimolares Gemisch von Essigsäure und einem löslichen Acetat, etwa Natriumacetat, vor, so ist der pH-Wert 4,7, zahlenmäßig gleich dem pKg-Wert. H 3 O" f -Ionen, die etwa durch eine Reaktion irgendwelcher Partner in der Lösung entstehen, werden sich mit den Acetat-Ionen zu CH3COOH umsetzen. Ist die Menge der H 3 O + -Ionen gering gegenüber denen von CH 3 COO~ und CH3COOH, so ändert sich der Umsetzungsgrad XB = [CH3COO-]/([CH3COOH] + [CH3COCr]) nur wenig, und der pH-Wert bleibt nach Fig. 24 nahezu konstant. Entsprechendes erfolgt, wenn OH'-Ionen entstehen. Ein anderes Beispiel ist der NH 4 Cl/NH 3 -Puffer; sein pH-Wert ist nach der obigen Tab. gleich 9,2. Der (H 2 O + CO2)/HCO3"-Puffer regelt den pHWert des Blutes.

Fig. 24. pH-Werte von korrespondierenden Säure-Base-Paaren in Abhängigkeit vom Umsetzungsgrad JCB

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

123

Die Kurven der Fig. 24 sind annähernd unabhängig von der Konzentration der Lösung; dies gilt auch für den pH-Wert eines Puffers. Die P u f f e r k a p a z i t ä t hingegen ist um so größer, je konzentrierter die Lösung ist. Die Kurven der Fig. 24 geben nur einen Zusammenhang zwischen pH und JC B ; sie sagen aber nichts darüber aus, welcher U m s e t z u n g s g r a d X B und damit welcher pH-Wert sich einstellen, wenn man eine bestimmte Stoffmenge n einer Säure in einem bestimmten Wasservolumen V löst (n/V - c = „Ausgangskonzentration"; vgl. S. 38). Ebenso wie die £s-Werte einer Säure nach S. 119, Anm. 2 der Dissoziationskonstanten nach A r r f i e n i u s und O s t w a l d formal und zahlenmäßig gleich sind, ist auch der Umsetzungsgrad X B bei Säure-Basen-Gleichgewichten gleich dem Dissoziationsgrad ÖL, wie ein Vergleich der Definitionen auf S. 48 bzw. 121f. zeigt. Für k l e i n e -Werte hatten wir S. 113 nach dem O s t w a l d sehen Verdünnungsgesetz die Formel a - \/K/c abgeleitet. Es gilt also auch

. log Kc - log c - pKo - log c l o g x B = * b0 5_ = _£1_S_—5_} W0 bei cw= 2 ' l mol/1 ' Damit können wir für kleine Umsetzungsgrade JCB den pH-Wert angeben: Da [H 3 O + ] = [A'], folgt aus der Definition von XB (S. 121f.), daß [H 3 O + ] =XB · c; damit wird [H 3 O + ] = cV#s/c = V*s · c und pH = Entsprechend gilt 6

l - xs '

und man erhält für pOH als Funktion von ;cs eine der Fig. 24 analoge Darstellung. Für kleine xs folgt wie oben log xs =

und pOH

=

Protolyse-Gleichgewichte zwischen zwei Säure-BasenP a a r e n . Mischt man die Lösungen einer Säure HA und einer (ihr nicht korrespondierenden) Base Z, so stellt sich das Gleichgewicht ein:

+ A'. Seine Lage läßt sich aus den zugehörigen Ks- bzw. tf B -Werten [A'] · [H 3 0+] [ZH+] - [ O H - ] _r ---S =HA Ä C H A und - - B ZA D / [HA] ' . [Z] ' ermitteln. Multiplikation beider Gleichungen miteinander und Umformung liefert den Wert der Gleichgewichtskonstanten KG\:

[ZH + ] · [OH-] - [ A - ] - [ H 3 0+ ] _

--

[Z] - [HA]

Ac ujA ' S>HA

B > Z7

124

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted [ZH+1 ·

'] _K

[Z] · [HA]

10'14 mol2/!2

_ G1

Das Gleichgewicht liegt zugunsten der Seite von ZH* + A", wenn KGi > l, also log K G i > 0 oder (pK s>HA + p K B > z ) < 14. Aus der Tab. 4 S. 121 ersieht man, daß diese Bedingung für eine herausgegriffene Säure HA nur dann erfüllt ist, wenn die angewendete Base Z in der Tabelle tiefer steht, also stärker als die zu HA korrespondierende Base A' ist. Entsprechend gilt umgekehrt, daß das Gleichgewicht zugunsten von HA + Z liegt, wenn die Base Z in der Tabelle oberhalb der Säure HA steht, also schwächer als A" ist. In der wäßrigen Lösung einer starken Säure HA verläuft, wie oben dargelegt, die Umsetzung HA + H 2 O -> 3 "*" + A.' praktisch vollständig. Die dabei gebildete korrespondierende Base A bleibt, da sie überaus schwach ist, auch beim Hinzutreten von anderen Säuren unverändert. Fügt man nun zu der Lösung eine Base X" mittlerer Stärke (z.B. CH3COO"- oder HCO3"-Ionen, etwa in Form ihrer Natriumsalze), so stellt sich das Gleichgewicht ein: H 3 O + + X"=^HX + H 2 O, für welches Q+I ~1 - t. In dem Maße, in dem die Base X" zugesetzt wird, wird IHXJ H 3 O + verbraucht, der pH-Wert wird größer, aber ohne jemals - auch nicht an der Zugabestelle — bis ins stark alkalische Gebiet anzusteigen. Einen derartigen Vorgang, der oft erwünscht ist, nennt man Abstumpfen einer starken Säure. Setzt man die Base X' im Überschuß zu, so daß [HX]/[X~] « l wird, so schließt sich an die abstumpfende eine p u f f e r n d e (vgl. S. 122) Wirkung an. - Entsprechend lassen sich Lösungen starker Basen, z.B. von OH" etwa in Form eines Alkalihydroxids, durch eine schwache Säure von geeignetem pKs-Wert, z.B. NH 4 + , abstumpfen und evtl. anschließend puffern; vgl. die Anwendung auf S. 129f., 134f. und 136f.. V. Rechenbeispiele. Um die Verhältnisse näher zu beleuchten, geben wir einige Beispiele: l . D e r pH- W e r t e i n e r S a l z s ä u r e mit der Ausgangskonzentration c(HCl) = 0,01 mol/1. Da es sich um eine sehr starke Säure handelt, die sich mit Wasser praktisch vollständig zu H 3 O + + Cl" umsetzt, ist XB - \ ; damit wird [H3O*] =c= l O"2 mol/1 bzw. pH = 2. 2. D e r pH- W e r t e i n e r N a t r i u m h y d r o x i d - L ö s u n g mit der Ausgangskonzentration c(NaOH) = 0,001 mol/1. DerpOH-Wert beträgt 3, der pH-Wert 11. 3. U m s e t z u n g s g r a d und pH- W e r t e i n e r E s s i g s ä u r e mit der Ausgangskonzentration c(CH 3 COOH) = 0,01 mol/1. Hier dürfen wir die oben für kleine B-Werte entwickelten Formeln anwenden. DerpK s -Wert beträgt 4 7. Also -4,7 - ( - 2 ) ist log X B = --- = - 1,35 = 0,65 - 2. X B ist 0,045 = 4,5%. Der pH-Wert ist 4,7 + 2 pH = -^-=3,35.

4. A m m o n i a k - L ö s u n g mit der Ausgangskonzentration c(NH 3 ) = 0,1 mol/1. Für das Gleichgewicht NH 3 + H 2 O^NH 4 + + OH" ist pK B =4,8. Damit wird -4,8+1 . 4,8+1 logx s = —'-- = _ i , 9 ; j e s = 1,3- 10~2 = 1,3%. pOH = -J-—- = 2,9;pH = 11,1.

Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

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5 . D e p r o t o n i e r u n g v o n [A1(H 2 O) 6 ] 3+ i n e i n e r A1C(3- L ö s u n g mit der Ausgangskonzentration c(A!Cl3) = 0,05 mol/1. Für [A1(H 2 O) 6 ] 3 + + H 2 O H30+ + [A1(H [A1(H 2 0) 5 OH] 2 + ist pK s = 4,9. log X B = " 4>9 + 4,9 + 1,3

1>3

= - 1,8;*B = 1,6%.

=3.1.

6 . P r o t o n i e r u n g v o n CN" i n e i n e r KCN- L ö s u n g m i t d e r Ausgangskonzentration c(KCN) - 0,1 mol/1. FürCN' + H 2 O=^HCN + OH~istpK B = 4,6; -4,6+ l 4,6+ l logx s = —'-- - l,8;*s = !,6%.pOH = -~ — = 2 , 8 ; p H = 11,2. 7. pH- W e r t e i n e r NH4C1-L ö s u n g mit der Ausgangskonzentration c(NH 4 Cl) = 0,01 mol/1. Für NH4+ + H 2 O ^ H 3 O + + NH 3 ist pKs = 9,2; 9,2+ 2 pH = ^— = 5,6. Bei den Beispielen 5, 6 und 7 durfte der zweite Bestandteil des gelösten Salzes (Cl~ bzw. K + ) unberücksichtigt bleiben. Anders ist es, wenn sowohl das Anion als auch das Kation mit dem Wasser reagiert, wie es im Beispiel 8 der Fall ist. 8. L ö s u n g von A m m o n i u m a c e t a t . Die Reaktion der Ionen des Salzes mit einander NH4+ + CH3COO- =^NH 3 + CH3COOH führt zu einem Gleichgewicht zweier Säure-Basen-Paare. Wir können auf die Gleichgewichtskonstante also die oben für solche Fälle abgeleitete Beziehung anwenden: ,



,

108 KGI = 10g

[CH3COOH] · [CH3COO-]= = -9,2-9,3 + 14 = -4,5.

Dies bedeutet, daß das Gleichgewicht weitgehend auf der Seite des Nenners liegt; es sind im wesentlichen NH 4 + - und CH3COOMonen und nur etwa l % NH3- und CH3-COOH-Moleküle vorhanden1). Der pH- W e r t einer Lösung von Ammoniumacetat entspricht, wie hier nicht im einzelnen abgeleitet sei, dem Mittelwert der pKg-Werte der beiden in Frage stehen92 +47 den Säuren NH 4 + und CH3COOH; pH ist also ' ' = 6,9S . Die Lösung reagiert neutral. 9. D e r pH- W ert von A m p h o l y t e n . Die eben erwähnte Beziehung gilt auch für den pH-Wert von Ampholyten. Für eine L ö s u n g von KH 2 PO 4 sind folgende Gleichgewichte zu berücksichtigen:

') Die entsprechende Gleichgewichtskonstante nimmt bei anderen Ammoniumsalzen erst dann Werte > l an, wenn für das Anion des SalzespK B < 4,8 wird; bei pK B ·< 4,8 sind in der Lösung vorwiegend NH 3 - und undissoziierte Säure-Moleküle vorhanden.

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Säure/Basen-Reaktionen — Die Theorie von Brönsted

a) H 3 PO 4 + H 2 O^H 3 O + + H 2 PO 4 -

b) H2PO4- + H 2 O^H 3 O + + HPO42-

Für a) ist pK s = 2,0, für b) 7,2. Der pH-Wert der Lösung ist demnach 2>Q * 7'2 = 4,6. VI. Indikatoren. Schon S. 23 f. haben wir Indikatoren benutzt, um festzustellen, ob eine Lösung sauer oder alkalisch reagiert. Wir wollen uns jetzt etwas genauer mit dieser Stoffklasse befassen. Indikatoren sind organische Farbstoffe mit Säurecharakter im Sinne von B r ö n s t e d , bei denen das Anion A" eine andere Farbe hat als die Säure HA. Die pH-Kurven der Indikatoren haben die gleiche Form, wie es in Fig. 24 dargestellt ist. Daraus ergibt sich, daß bei pH-Werten, die etwa um eine Einheit kleiner sind als dem pK s -Wert entspricht, im wesentlichen nur die Säure HA vorliegt, bei pH-Werten, die etwa um l größer sind als pK s , in der Hauptsache das Anion A~. Die Farbänderung erstreckt sich also stets über einen gewissen pH-Bereich von etwa 2 pH-Einheiten; bei pH-Werten etwa zwischen pK s - l und pK s + l finden sich Mischfarben. Da die in der Praxis benutzten Indikatoren verschiedene pK s Werte besitzen, liegen die Umschlagbereiche in verschiedenen Gebieten der pH-Skala. Die Tabelle 5 gibt dafür einige Beispiele. Tabelle 5 Viel verwendete Indikatoren Indikator Thymolblau1) Methylorange Methylrot Lackmus2) Bromthymolblau Thymolblau1) Phenolphth alein Alizaringelb

Umschlagsbereich in pH

„^ e Saure

1,2-2,8 3,1-4,4 4,4-6,2 5-8 6,2-7,6 8-9,6 8-9,8 10-12

rot rot rot rot gelb gelb farblos gelb

er n

a orBase

gelb orange gelb blau blau blau rotviolett dunkelorange

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß man durch Benutzung von Indikatoren den pH-Wert einer Lösung a n g e n ä h e r t bestimmen kann. Papiere, die mit geeigneten Indikatormischungen getränkt sind, sind unter dem Namen „UniversalIndikator-Papier" im Handel; durch Vergleich des damit an einer Lösung erhaltenen Farbtones mit einer gedruckten Farbtonskala kann man auf den vorliegenden pHWert schließen. Man überschätze die damit erzielbare Genauigkeit nicht; vornehmlich in stärkeren Salzlösungen treten erhebliche Fehler auf. VII. Die Säure-Basen-Theorie von Lewis. Eine weitere Säure-Basen-Theorie hat 1923 G. N. L e w i s aufgestellt. Danach werden Moleküle, die ein Elektronenpaar zur Bildung einer kovalenten Bindung liefern (z. B. NH 3 ) als B a s e n bezeichnet, solche, die dieses Elektronenpaar aufnehmen (z. B. BC13) als Säuren (oder auch „Anti1

) Dieser Stoff besitzt 2 Säurestufen, die beide im Bereich praktischer Anwendung liegen. 2 ) Ein Gemisch mehrerer Verbindungen, deshalb breiteres Umschlagsgebiet.

Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen

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basen"). Diese Theorie ist zwar für viele Fragen nützlich, hat aber mit den Definitionen von A r r h e n i u s und B r ö n s t e d , bei denen es sich um die Abgabe bzw. Aufnahme von P r o t o n e n handelt, wenig zu tun; es ist daher nicht sehr glücklich, daß diese Theorie die Bezeichnungen Basen und Säuren verwendet. Wir machen von dieser Theorie in dieser Einführung keinen Gebrauch und verweisen auf Lehrbücher.

E. Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen Das Löslichkeitsprodukt. Für die Dissoziation eines Elektrolyten AB in seine Ionen gilt: [A + ] · [B-]/[AB] = K oder [A + ] · [B'] = K · [AB]. Diese Gleichung haben wir bisher nur auf u n g e s ä t t i g t e Lösungen angewandt, bei denen also weniger von den betreffenden Stoffen gelöst ist, als der Löslichkeit entspricht. Die Gleichung muß aber auch dann noch ihre Gültigkeit behalten, wenn S ä t t i g u n g an dem festen Salz vorhanden ist. Auch in diesem Falle bedeutet [AB] die Konzentration der g e l ö s t e n undissoziierten Moleküle. Diese Konzentration hat nun aber in der gesättigten Lösung, in der nach S. 105 Gleichgewicht mit dem festen Bodenkörper vorhanden ist, für eine gegebene Temperatur einen ganz bestimmten Wert. Für g e s ä t t i g t e Lösungen gilt also: [AB] = const; daraus folgt: [A + ] · [B"] = K · const = Z, AB . Diese Gleichung, die nach dem eben Dargelegten nur für die g e s ä t t i g t e L ö s u n g gilt, besagt, daß das lonenkonzentrationsprodukt eines Elektrolyten in seiner gesättigten Lösung einen konstanten Wert LAB besitzt. Man bezeichnet Z,AB als das L ö s l i c h k e i t s p r o d u k t des Salzes AB. Das Löslichkeit sprodukt gibt demnach das Produkt der Konzentrationen der Ionen eines Elektrolyten in seiner gesättigten Lösung an. Die Einzelwerte der lonenkonzentrationen können dabei beliebige Werte annehmende größer aber die Konzentration einer lonensorte ist, desto kleiner muß die der anderen sein. Das Löslichkeitsprodukt stellt demnach ein allgemeiner gültiges Maß für die Löslichkeit eines Salzes dar als der Wert seiner Löslichkeit in reinem Wasser. So gilt z. B. eine Angabe über die Menge Silberchlorid, die sich in Wasser löst, nur unter der Voraussetzung, daß die gesättigte Lösung gleich viel Ag+- und ClMonen enthält 1 ) 2 ). Beim analytischen Arbeiten wird dies aber kaum jemals der Fall sein, da man die Mengenverhältnisse nicht so genau einhalten kann und — wie das folgende zeigt — auch nicht einhalten will. Man wird vielmehr in der Regel mit einem geringen Ü b e r s c h u ß von Ag"1"- oder Cl'-Ionen zu rechnen haben. Auch für diesen Fall macht das Löslichkeitsprodukt Aussagen. x

) Der Zusammenhang des Löslichkeitsproduktes mit der Angabe der Löslichkeit ist leicht zu erkennen: Beträgt z. B. die Löslichkeit von AgCl in Wasser bei Raumtemperatur l O"5 mol/1, so ist, da angenähert vollständige Dissoziation angenommen werden kann, [Ag+] = [Cf] = l O"5 mol/1, das Löslichkeitsprodukt also [Ag*] · [Cl"] = 10 mol2/! . Diese Beziehung wird aber durch die in Anm. 2) erwähnten Erscheinungen eingeschränkt. 2 ) Zu dem durch das Löslichkeitsprodukt bestimmten Wert für die Löslichkeit sehr wenig löslicher Stoffe kommen in der Regel noch Anteile, die durch die Bildung löslicher Komplexe (vgl. S. 147ff.) bedingt sind, z. B. beim Silbersulfid außer dem Molekül Ag2S selbst die Teilchen [AgSH] ±0 , [Ag(SH) 2 ]- und andere.

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Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen

Löslichkeitsverminderung durch gleichionige Zusätze. Es kommt oft darauf an, ein Ion aus einer Lösung möglichst weitgehend zu entfern e n . Aus der eben angestellten Überlegung folgt, daß dieses Ziel am besten erreicht wird, wenn m a n d a s z u r F ä l l u n g z u g e s e t z t e I o n i m Ü b e r s c h u ß a n w e n d e t . So werden z. B. Ba2"1"-Ionen bei der Fällung mit SO42~lonen durch einen Überschuß der letzteren noch weitergehend entfernt, als sie durch den Zusatz der nur gerade äquivalenten Menge SO42"-Ionen gefällt würden, wie man ohne weiteres dem Löslichkeitsprodukt des Bariumsulfats: [Ba 2+ ] · [SO 4 2 ~] =/-BaSO entnimmt. Allerdings wurde schon davor gewarnt, den Überschuß zu groß zu nehmen, weil dann andere Erscheinungen (Komplexbildung, vgl. S. 147 ff.) wieder erhöhend auf die Löslichkeit einwirken können. Das O p t i m u m des Überschusses schwankt von Stoff zu Stoff in weiten Grenzen.

4. Die Herabsetzung der Löslichkeit von Kaliumchlorat auf Zusatz gleichioniger Stoffe zeigt folgender Versuch: Man bereite eine bei Zimmertemperatur gesättigte KaliumchloratLösung, indem man eine Probe Kaliumchlorat in heißem Wasser löst und die Lösung unter Umschwenken in dem Strahl der Wasserleitung auf etwa Zimmertemperatur abkühlen läßt; hierbei soll ein Teil des gelösten Kaliumchlorats auskristallisieren. Nach frühestens einer Stunde filtriere man ab und versetze je eine Probe der Lösung mit einigen Tropfen Kaliumchlorid-, Kaliumnitrat-, Natriumchlorat- und NatriumchloridLösung. Die ersten drei Gemische trüben sich in etwa einer Minute, schneller beim Umschütteln und lassen Kaliumchlorat auskristallisieren. Die vierte Probe, zu der kein gleichioniger Zusatz gekommen ist, bleibt klar. Ganz ähnliche Überlegungen, wie wir sie soeben für die Löslichkeit fester Stoffe, die in Lösung Ionen bilden, anstellten, gelten für Lösungen von Gasen, die sich in Wasser unter lonenbildung lösen. Säuert man z. B. eine N a t r i u m c a r b o n a t-Lösung, die Na"1"- und CO32"-Ionen und wegen des Gleichgewichtes der letzteren mit Wasser auch etwas HCO3'- und OH"-Ionen enthält, mit einer starken S ä u r e an, d. h. gibt man reichlich H3O+-Ionen hinzu, so setzen sich diese zum Teil mit den CO32"und HCO3~-Ionen um unter Bildung von undissoziierter Kohlensäure H 2 CO 3 . Diese zerfällt sofort fast vollständig in Wasser und Kohlendioxid, welch letzteres aber in Wasser nur mäßig löslich ist. War die benutzte Natriumcarbonat-Lösung nicht zu verdünnt, so entsteht beim Ansäuern Kohlendioxid in höherer Konzentration, als es der Löslichkeit bei Zimmertemperatur und Atmosphärendruck entspricht. Deshalb e n t w e i c h t K o h l e n d i o x i d aus der Lösung unter Aufbrausen. Ähnlich ist das Auflösen von manchen in Wasser schwer löslichen Stoffen, wie z. B. C a l c i u m c a r b o n a t , in Säuren zu verstehen. Wasser nimmt bei der Berührung mit dem Salz entsprechend dem Löslichkeitsprodukt [Ca 2+ ] · [CO32'] =^caCO eine sehr geringe Menge Ca 2+ - und CO32Monen auf. Gibt man eine starke Säure hinzu, so daß die Lösung viel H3O+-Ionen enthält, so werden zunächst HCO3"-Ionen gebildet, und die CO32"-Ionen-Konzentration wird dadurch vermindert. Dadurch kann neues Calciumcarbonat in Lösung gehen, die neu gelösten CO32"-Ionen reagieren wieder mit H 3 O + -Ionen unter Bildung von HCO3"-Ionen und weiterhin von H 2 O

Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen

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und CO 2 , und so geht der Prozeß weiter, bis die Lösung an K o h l e n d i o x i d g a s übersättigt ist und dieses e n t w e i c h t . Infolgedessen löst sich Calciumcarbonat bei Säureüberschuß vollständig auf. Ist nicht genügend Säure vorhanden, so geht die Auflösung nur so lange weiter, bis die H3O*-Ionenkonzentration auf einen Wert abgesunken ist, der durch die erwähnten Gleichgewichte festgelegt ist. Man hat so übrigens eine weitere Möglichkeit, die Konzentration der H 3 O + -Ionen einer sauren Lösung bis auf einen bestimmten Wert abzusenken, die saure Lösung abzustumpfen. Solange noch CaCO3 als Bodenkörper vorhanden ist, ändert sich der pH-Wert der Lösung auch bei Zufuhr weiterer H 3 O + -Ionen kaum. CaCO3 wirkt also auch als Puffer. In analoger Weise wirken auch gewisse Metalloxide. So kann man folgende pH-Werte einstellen: 7,4 mit CaCO3; 5,5 mit ZnO; 9,5 mit MgO. Umgekehrt ist es manchmal notwendig, eine saure Lösung nach den für homogene Medien geltenden Regeln (s. S. 124) abzustumpfen, damit eine Fällung eintritt, die durch H 3 O + -Ionen verhindert wird:

5. Man überzeuge sich, daß die S. 101 erwähnte Fällung von B a r i u m c h r o m a t dann eintritt, wenn man zu einer schwach salzsauren Lösung eine ausreichende Menge vonNairiumacetat-Lösung zugibt. Fällungen mit Ammoniak. Ammoniak-Lösung fällt viele Hydroxide aus, weil gemäß NH 3 + H 2 O ^ NH 4 + + OH~ Hydroxid-Ionen vorhanden sind. Die Konzentration an OH" ist selbstverständlich von dem Verhältnis [NH 4 + ]/[NH 3 ] abhängig. Ist das Verhältnis l, so ist der pH-Wert gleich dem pKs-Wert der obigen Reaktion (9,2). Ist dagegen (NH4"1"] sehr klein, wie es bei einer NH3-Lösung ohne Zusatz eines Ammoniumsalzes der Fall ist, so ist [OH~] größer (vgl. das Beispiel 4, S. 124). Man kann den Einfluß der NH^-Ionen leicht durch einen Versuch zeigen:

6. Man gebe in zwei Reagensgläser je l/2 ml verdünnter AmmoniakLösung (nicht mehr!) und versetze die eine Probe mit viel Ammoniumchlorid-Lösung, die andere mit der gleichen Menge Wasser. Gibt man dann zu beiden Lösungen 1—2 Tropfen Phenolphthalein-Lösung, so zeigt nur die ammoniumchloridfreie Probe die rote Farbe, die Phenolphthalein in alkalischem Medium annimmt; die andere bleibt praktisch farblos. Statt Ammoniumchlorid kann man dabei auch Ammoniumsulfat oder -nitrat benutzen, da es nur auf die NH4+-Ionen ankommt. Dieser Unterschied in der OH'-Ionenkonzentration macht sich auch bei Fällungsreaktionen bemerkbar. Die OH*-Ionenkonzentration von ammoniumsalzfreier Ammoniak-Lösung reicht aus, um z. B. mit Mg2+-Ionen das Löslichkeitsprodukt des M a g n e s i u m h y d r o x i d s zu überschreiten, diejenige von ammoniumsalzhaltiger Ammoniak-Lösung aber erzeugt keine Fällung mehr. Aber auch aus Magnesiumsalz-Lösungen, die ursprünglich frei von Ammoniumsalzen waren, ist die Fällung von Magnesiumhydroxid unvollständig. Denn bei der Umsetzung etwa von Magnesiumchlorid mit Ammoniak bilden sich ja nach Mg 2+ + 2NH 3 + 2H 2 O^Mg(OH) 2 + 2NH 4 + Ammonium-Ionen, die in der geschilderten Weise die OH -lonenkonzentration herab-

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Ursachen für den Eintritt von Reaktionen

setzen. — Ebenso wie das Mg 2+ -Ion verhalten sich eine Reihe anderer z w e i wertiger Ionen, z. B. Mn 2+ . Die Hydroxide d r e iwertiger Elemente haben dagegen durchweg ein so kleines Löslichkeitsprodukt (vgl. S. 136f., 140f.), daß auch die sehr geringe OH'-Ionenkonzentration ammoniumsalzhaltiger Ammoniak-Lösungen genügt, um sie aus ihren Salz-Lösungen auszufällen.

7. Man versetze Proben von Magnesiumchlorid-, Mangansulf at-, ZinkChlorid-, Eisen(HI)-chlorid- undAluminiumchlorid-Lösungen tropfenweise mit verdünnter Ammoniak-Lösung. In allen Fällen tritt eine F ä l l u n g auf 1 )- Versetzt man die gleichen Salz-Lösungen mit Ammoniak-Lösung, die man reichlich mit Ammoniumchlorid versetzt hat, so bleibt die Fällung bei den z w e i w e r t i g e n Metallen aus, während sie bei den d r e i w e r t i g e n nicht verhindert wird. Bezgl. des Mangans vgl. S. 195, Nr. 6. - Über Fällungen von Sulfiden s. S. 209 f.

F. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen Die Frage, warum gewisse Stoffe beim Zusammenbringen miteinander reagieren, andere wiederum nicht, mit anderen Worten die Frage nach der Verwandtschaft oder Affinität der Stoffe zueinander, können wir hier nicht allgemein beantworten. Aber einige Beobachtungen, die wir in dieser Hinsicht in den voraufgehenden Versuchen bereits gelegentlich gemacht haben, seien hier kurz zusammengestellt. I. Bringen wir zwei wäßrige Elektrolyt-Lösungen zusammen, so wird vielfach gar nichts geschehen, z. B. bei der Vereinigung der Lösungen von Natriumchlorid und Kaliumiodid, von Magnesiumsulf at und Kaliumchlorid, von Natrium chlorid und verdünnter Schwefelsäure. Reaktion tritt aber ein, wenn zwei oder mehrere der zusammengebrachten gelösten Ionen a) einen w e n i g d i s s o z i i e r t e n Stoff bilden; z. B.: H 3 O + + NO3- + Na + + OH-->2H 2 O + Na + + NO3H 3 0+ + Cl- + Na + + CH 3 CO 2 -->CH 3 CO 2 H + Na + + Cl- + H 2 O. Als Sonderfall kann der wenig dissoziierte Stoff — entweder selbst oder seine Zerfallsprodukte — als Gas aus der Lösung entweichen, z. B.: 2NH 4 + + S2- + 2H 3 O+ + 2C1-->2NH4+ + 2C1' + 2H 2 O + H2S-Gas 2Na + + CO32- + 2H 3 O + + 2Cl--»2Na + + 2C1' + 2H 2 O + H 2 CO 3 H 2 CO 3 ^-H 2 O + CO2-Gas b) einen Stoff mit einem k l e i n e n L ö s l i c h k e i t s p r o d u k t z. B.:

ergeben;

Ag + + NO3- + Na + + Cl--*AgCl + Na + ') Der Zinkhydroxid-Niederschlag löst sich bei Zugabe eines Ü b e r s c h u s s e s von Ammoniak-Lösung wieder auf; auf die Ursache dieser Erscheinung, die mit der vorliegenden Betrachtung nichts zu tun hat, kommen wir später zurück (vgl. S. 167).

Ursachen für den Eintritt von Reaktionen

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Kommen mehrere Vorgänge nach a) oder b) in Frage, so b i l d e t s i c h der a m s c h w ä c h s t e n d i s s o z i i e r t e bzw. d e r a m w e n i g s t e n l ö s l i che Stoff. II. Bei Abwesenheit von Wasser spielen andere Dinge eine Rolle. Es können dann auch Reaktionen eintreten, die bei Gegenwart von Wasser nicht ablaufen und umgekehrt. Aus der großen Fülle verschiedener Erscheinungen sei nur eine herausgegriffen. Während verdünnte wäßrige Lösungen von Natriumchlorid und Schwefelsäure nicht miteinander reagieren, wirkt k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure auf f e s t e s Kochsalz bereits in der Kälte ein nach: NaCl + H 2 SO 4 ->NaHSO4 + HC1. Diese Reaktion tritt ein, weil sich im Gleichgewicht mehr Hydrogenchlorid bildet, als der geringen Löslichkeit dieses l e i c h t f l ü c h t i g e n Stoffes in konz. Schwefelsäure entspricht. Infolgedessen entweicht das Hydrogenchlorid-Gas, und durch diese Störung des Gleichgewichts tritt weiterer Umsatz ein, bis die Reaktion praktisch vollständig im Sinne der obigen Gleichung abgelaufen ist. Erhöht man die Temperatur, so nimmt die Löslichkeit des Hydrogenchlorids noch weiter ab; es ist dann sogar die nach der Gleichung NaHSO4 + NaCl->Na 2 SO 4 + HC1 im Gleichgewicht gebildete sehr geringe Menge Hydrogenchlorid größer, als der Löslichkeit entspricht. Auch hier tritt durch das Entweichen des HCl-Gases eine dauernde Störung des Gleichgewichts ein; die Reaktion verläuft vollständig von links nach rechts, wenn das HCl-Gas laufend entfernt wird. Zur Erklärung solcher Reaktionen kann man den aus wäßrigen Lösungen abgeleiteten Begriff der „Stärke" einer Säure nicht anwenden, da ein ganz anderes Medium vorliegt. Das Entscheidende ist hierbei vielmehr die geringe Löslichkeit des leichtflüchtigen Hydrogenchlorids in dem wasserfreien System. E i n e S ä u r e (bzw. i h r Entwässerungsprodukt) k a n n i n A b w e s e n h e i t v o n W a s s e r b e i m E r h i t z e n e i n e S ä u r e (bzw. i h r Entwässerungsprodukt), d i e i n w ä ß r i gem M e d i u m s t ä r k e r als j e n e ist, aus ihren Salzen austreiben, w e n n nur die l e t z t e r e in a u s r e i c h e n d e m Maß leichter f l ü c h t i g i s t . Z.B. reagiert bei hohen Temperaturen das Entwässerungsprodukt der sehr schwachen Kieselsäure mit Gips unter Austreiben von SO3, das bei diesen Temperaturen allerdings sofort in SO2 und O2 dissoziiert: 2SiO2 + 2CaSO 4 -»2CaSiO 3 + 2SO2 + O 2 . III. Bei den Fällen I und II behielten die einzelnen Atome ihre Oxidationszahlen; das ist aber, wie wir S. 57 ff. gesehen haben, sehr oft nicht der Fall. Kommen Stoffe zusammen, die verschieden große Bindungsfestigkeit für Elektronen haben, so kann ein Ladungsaustausch, d. h. eine Oxidations-Reduktions-Reaktion eintreten, z. B. (vgl. dazu den Abschnitt: Oxidations-Reduktions-Potentiale S. 158ff.). Auch in diesem Falle kann der Ablauf der Reaktionen stark dadurch beeinflußt werden, daß durch Ausscheidung eines Stoffes (z. B. Ausfällung eines Feststoffes, Entweichen eines Gases) das Gleichgewicht gestört wird.

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Aluminium

Aluminium Von den Elementen der dritten Gruppe des Perioden-Systems gehört B o r zu den Nichtmetallen; sein Hydroxid ist eine schwache Säure (S. 249). Von den übrigen Elementen dieser Gruppe ist Aluminium das bei weitem wichtigste. Es ist ein silberweißes Metall, das bei 660° schmilzt. Es ist sehr unedel, setzt sich aber doch mit Wasser nicht in nennenswertem Umfange um, da es sich mit einer Oxidschicht bedeckt, die man oft noch künstlich verstärkt ( E l o x i e r e n ) . Da das Oxid eine festhaftende, fast porenfreie Haut bildet und außerdem in Wasser nahezu unlöslich ist, schützt es das Metall vor weiteren Einwirkungen. Gegen Reagentien, die Aluminiumoxid 1 ) lösen, wie Säuren und Basen (vgl. dazu weiter unten), schützt die Haut natürlich nicht mehr. Aluminiummetall löst sich daher unter Wasserstoffentwicklung sowohl in Säuren als auch in Basen, ja sogar in Sodalösung, die ja nach S. 1 2 1 wegen der Reaktion CO32" + H 2 O ->-HCO3~ + OH" alkalisch reagiert. Aluminiumhydroxid erhält man als stark wasserhaltigen Niederschlag, wenn man eine Aluminiumsalz-Lösung mit Ammoniak-Lösung oder mit wenig (vgl. dazu S. 134) Natronlauge oder mit Soda-Lösung versetzt:

Die Auffassung, daß es sich bei den sehr voluminösen Niederschlägen, die man aus den Lösungen drei- und höherwertiger Metall-Ionen mit OH~-Ionen in der Regel erhält, um Hydroxide handelt, ist eine Zeitlang angezweifelt worden. Man hat vielmehr angenommen, daß es sich bei diesen nicht kristallinen Niederschlägen mit hohem, variablem Wassergehalt um die Anlagerungsprodukte von Wasser an die Oxide — O x i d - H y d r a t e — handelt. Die neuere Forschung hat gezeigt, daß diese Produkte sehr verschiedenartig sein können und in ihrer Zusammensetzung von Fall zu Fall wechseln; sie lassen sich durch eine „Formel" in der Regel nicht beschreiben. Es hat sich jedoch ergeben, daß es sich vielfach tatsächlich um stark wasserhaltige H y d r o x i d e handelt; in anderen Fällen liegen jedoch wasserhaltige O x i d - H y d r o x i d e oder auch O x i d - H y d r a t e vor. In diesem Buch haben wir zur Vereinfachung durchweg Formeln wie „A1(OH)3" benutzt und diese ebenso wie die entsprechenden Namen in Anführungszeichen gesetzt; man muß sich darüber im klaren sein, daß dies nur ein grobes Schema ist. Um zu einem etwas vertieften Verständnis der Einwirkung von OH"-Ionen auf gelöste Al 3+ -Ionen zu kommen, betrachten wir die dabei maßgebenden Vorgänge im einzelnen. Sie verlaufen stufenweise. Wir gehen von der Lösung eines Aluminium-

]

) Bei diesem Oberflächenoxid handelt es sich nicht um das stabile, sehr reaktionsträge - 12 3 (Korund), sondern um instabile, reaktionsfähigere Formen. Seine Umsetzungen entsprechen weitgehend denen des Hydroxids A1(OH)3, von dem auch mehrere Modifikationen (Hydrargillit und Bayerit) bekannt sind. Außerdem existieren Formen der Zusammensetzung AIO(OH) (Böhmit und Diaspor). Beim Erhitzen auf Temperaturen über 1000—1100 °C gehen alle diese Stoffe in - 12 3 über.

Aluminium

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salzes, z. B. A1C13, aus, die hydratisierte AI3"1"-Ionen, etwa [Al(OH 2 )6] 3+ -Ionen 1 ), enthält. Wie S. 118 bereits besprochen, reagiert diese Lösung sauer, weil sich das Gleichgewicht 1. [A1(OH 2 ) 6 ] 3+ + H 2 O^H 3 0 + + [A1(OH 2 ) S (OH)] 2+ ; pK s = 4,9 einstellt; im Beispiel 5, S. 125, haben wir für eine AlCl 3 -Lösung (0,05 mol/1) errechnet, daß in ihr die Deprotonierung einen Umsetzungsgrad von 1,6% erreicht und sich ein pH-Wert von 3,1 einstellt. Fügt man der Lösung 1/2 mol NaOH auf 1 mol A1C13 zu, so wird pH = 4,9; es liegen dann gleich viel [A1(OH2)6]3+- und [A1(OH 2 ) 5 (OH)] 2+ lonen vor. Gibt man mehr NaOH zu, so verlagert sich das Gleichgewicht 1. immer mehr zur rechten Seite; aber es tritt daneben allmählich auch schon das Gleichgewicht 2. [A1(OH 2 ) S (OH)] 2+ + H 2 0^=H 3 0 + + [A1(OH 2 ) 4 (OH) 2 ]+ in Erscheinung, weil dessen pK s -Wert nicht viel größer als 4,9 ist; ein genauer Zahlenwert ist nicht bekannt. Wenn auf l mol AI3"1" mehr als l mol OH" zugesetzt wird, spielt zunächst der Deprotonierungsvorgang 2. die entscheidende Rolle. Dabei tritt, da das Aluminium nur in g e l a d e n e n Komplexen vorliegt, keine Fällung auf; die Vorgänge können nur durch Messung des pH-Wertes in der Lösung verfolgt werden. Erst bei einer weiteren Zugabe von OH'-Ionen beobachtet man einen Niederschlag. Man kann sich zunächst gemäß 3. [A1(OH 2 ) 4 (OH) 2 ] + + H 2 O ^ H 3 0 + + [A1(OH 2 ) 3 (OH) 3 ] ±0 eine weitere Deprotonierung vorstellen, die zu einem ungeladenen Teilchen führt. Mit dieser sind nun aber K o n d e n s a t i o n s v o r g ä n g e (vgl. S. 74 u. 242) verbunden, d. h. es werden je zwei Teilchen unter Wasser ab Spaltung mit einander verknüpft. Indem die so entstandenen größeren Gebilde weiteren Kondensationsprozessen unterliegen, kommt es zur Bildung immer größerer Haufwerke, die schließlich als Niederschlag ausfallen, allerdings noch viel locker gebundenes Wasser mit sich führen. Diese Kondensationsreaktionen können im vorliegenden Falle von zweierlei Art sein: a) Wenn sich zwei [Al(OH 2 ) 3 (OH) 3 ]-Teüchen nähern, so kann sich bei einem Teilchen ein H 2 O-Molekül abspalten; in den frei werdenden Platz kann das OH"-Ion eines benachbarten Teilchens eintreten, das mit seiner negativen Ladung beide AI3"1" anzieht; es würde im einfachsten Falle ein Komplex der Form [(H20)3(HO)2A10A1(OH)3(OH2)2] H entstehen. Bei der Fortsetzung dieses Vorganges kommt man über zahlreiche mehr oder weniger geordnete Zwischenzustände schließlich zum H y d r o x i d . In kristallisierter Form (Hydrargillit oder Bayerit) kann man dieses durch Fällung aber nur erhalten, wenn man ganz bestimmte Bedingungen einhält.

l

) Wir haben [A1(OH 2 ) 6 ] 3+ statt [A1(H 2 O) 6 ] 3+ geschrieben, um zum Ausdruck zu bringen, daß die O-Atome zum AI3"1" hin, die -Atome von diesem weg gerichtet sind.

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Aluminium

b) Derartige Kondensationsreaktionen können aber auch so erfolgen, daß aus zwei OH-Gruppen, die benachbarten Ionen oder Molekülen angehören, ein H2O-Molekül abgespalten wird. In diesem Falle werden die beiden AI3"*" -T eilchen durch ein O2'lon verbunden. Auf diese Weise entstehen als Endprodukte mehr oder weniger wasserhaltige H y d r o x i d - O x i d e 1 ) . Verhalten des ,, Aluminiumhydroxids" gegen H^O* -Ionen. Die eben geschilderten Vorgänge kehren sich um, wenn man zu einer Suspension, die das „Hydroxid" enthält, H3O+-Ionen — etwa in Form einer Mineralsäure — gibt. Sobald alles „Hydroxid" wieder in Ionen wie [A1(OH2)4(OH)2]+ überführt ist, ist der Niederschlag verschwunden. Verhalten des „Aluminiumhydroxids" gegen OH'-Ionen. Eine Suspension des „Hydroxids" löst sich aber nicht nur in Säuren, sondern auch in einem Überschuß von NaOH-Lösung. Geht man von der schematischen Formel [A1(OH2)3(OH)3] aus, so kann man eine weitere Deprotonierung annehmen gemäß 4. [A1(OH2)3(OH)3] + H 2 0=^H 3 0 + + [A1(OH2)2(OH)4]-. Diese Reaktion läuft nur ab, wenn durch eine hohe Konzentration von OHMonen die H3O+-Ionen-Konzentration sehr klein gehalten wird. Gleichwertig mit der Formel 4 ist die Formulierung 4 a: 4a. [A1(OH2)3(OH)3] +

~ =^ [A1(OH2)2(OH)4]- + H 2 O.

Die gebildeten [Al(OH2)2(OH)4]"-Anionen bezeichnet man als Hydroxoaluminatlonen. Wasserfreies A1(OH)3 und A1OOH lösen sich in OH"-haltigen Lösungen zum gleichen Endprodukt auf. Hierfür würde man die Umsetzung als K o m p l e b i 1d u n g (vgl. S. 1 47 ff.) formulieren: 4b. A1(OH)3 + OH--> [A1(OH)4]-. Dabei bleibt es offen, ob und wieviel H2O-Moleküle das gelöste Anion [A1(OH)4]~ anlagert2). Der Zustand in der Lösung ist unabhängig davon, ob das Hydroxid wasserhaltig war oder nicht. Es gilt allgemein, daß die D e p r o t o n i e r u n g eines w a s s e r h a l t i g e n H y d r o x i d s zu dem g l e i c h e n Endp r o d u k t f ü h r t wie die A n l a g e r u n g von OHM onen an ein Hy dr i d. Die Hydroxoaluminat-Ionen können entsprechend den Gleichgewichten 4 a und 4b nur dann in erheblicher Konzentration vorliegen, wenn die OHMonenkonzentration groß ist. Vermindert man sie, so verschieben sich die Gleichgewichte wieder nach der linken Seite; es fällt wieder Hydroxid aus. Zum Abstumpfen der hohen OH~lonenkonzentration werden nach S. 124 schwache Säuren von geeignetem pKg-Wert benutzt. Man kann z.B. A m m o n i u m-I o n e n verwenden, die man als Salz 1

) Beim Aluminium treten Vorgänge gemäß b) gegenüber a) zurück, zum mindesten bei Zimmertemperatur. Bei hoher Temperatur fällt aber „Böhmit" AIO(OH) aus. Dagegen sind Vorgänge gemäß b) beim dreiwertigen Eisen vorherrschend (vgl. S. 178 Nr. 11). 2 ) Es können auch unter Kondensation wasserärmere Produkte gebildet werden; so kann man aus Aluminatlösungen kristallisierte Verbindungen wie z. B. K 2 [A1 2 0(OH) 6 ] erhalten.

Aluminium

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mit einem sehr schwach basischem Anion, das in das Geschehen nicht eingreift, zufügt, also z. B. als Ammoniumchlorid. Die NH 4 + -Ionen liefern nach NH 4 + + H 2 O->NH 3 + H 3 O + in einer dem pK s -Wert entsprechend dosierten Weise H 3 O + -Ionen, die die OH'lonen der Aluminatlösung neutralisieren. Da bei der Reaktion NH 3 gebildet wird, gelangt man leicht zu einem [NH 4 + ]/[NH 3 ]-Verhältnis in der Größenordnung von l, d. h. in das nahe bei pH = 9 liegende Pufferungsgebiet des entsprechenden Gleichgewichtes. Dann liegt das Gleichgewicht 4 schon auf der linken, das Gleichgewicht 3 noch auf der rechten Seite, so daß das Aluminiumhydroxid quantitativ ausfällt. Das gleiche erreicht man, wenn man der Aluminatlösung andere schwache Säuren zufügt, die eine Abstumpfung bis in den pH-Bereich von etwa 6-9 gestatten. Man kann z.B. CO2, das Entwässerungsprodukt der K o h l e n s ä u r e , in die Hydroxoaluminatlösung einleiten, wobei sich nach CO2 + 2H 2 O ^ H 3 O + + HCO3" ein Gleichgewicht mit pKg = 6,5 einstellt. Nach dem Vorstehenden besitzen A1(OH)3 · und die Ionen [A1(OH2)4(OH)2]+ 2 2+ und [A1(OH2)5OH] a m p h o l y t i s c h e n Charakter (vgl. S. 1 1 5), weil sie sowohl Protonen abspalten als auch aufnehmen können. Für den S o n d e r f a l l a m p h o l y t i s c h e r H y d r o x i d e ist seit langem auch die Bezeichnung amphoter („beidseitig") im Gebrauch, weil sie sowohl mit starken Basen als auch mit starken Säuren reagieren können. Wegen der Deprotonierungs-Reaktion

reagieren Lösungen von Aluminium-Salzen, deren Anionen extrem schwache Basen sind (z. B. A1C13, A12(SO4)3], s a u e r ; S. 125 ist dies bereits mit einem Rechenbeispiel belegt. Allerdings geht die Deprotonierung nicht so weit, daß Hydroxid ausfällt. Anders ist dies bei Lösungen von Aluminium-Salzen, deren Anionen merklich basisch sind, z. B. Al-Acetat. Das Acetat-Ion ist eine stärkere Base als H 2 O, Protonen werden also von CH3COO" stärker unter Bildung von CH3COOH gebunden als von H 2 O unter Bildung von H 3 O + . Infolgedessen liegen die Gleichgewichte l, 2 und 3 bei der Anwesenheit von Acetat-Ionen stärker nach der rechten Seite, als wenn nur die Anionen der Mineralsäuren (z. B. Cl", NO3", HSO4" bzw. SO42") vorliegen, die ja äußerst schwach basisch sind. Die Verschiebung erfolgt soweit, daß Hydroxid ausfällt. In der Hitze ist die Fällung quantitativ. Dieser Temperatureinfluß ist durch die Temperaturabhängigkeit der in Frage kommenden Gleichgewichte bedingt, vornehmlich durch die starke Zunahme der Eigendissoziation des Wassers (vgl. S. 116, Anm. 2). Ähnlich wie A1(OH)3 werden auch andere Hydroxide d r e iwertiger Ionen aus acetathaltiger Lösung in der Hitze vollständig ausgefällt. Hydroxide z w e iwertiger Ionen [Mg(OH) 2 ; Mn(OH) 2 ; Co(OH) 2 ; Ni(OH) 2 ; Zn(OH) 2 ] dagegen fallen nicht aus, weil die entsprechenden hydratisierten Ionen [Mn(OH 2 ) 6 ] 2+ usw. schwächer sauer sind als etwa [A1(OH2)6]3+ und damit weniger leicht deprotoniert werden; außerdem ist die Löslichkeit der zweiwertigen Hydroxide größer als die der dreiwertigen. Man benutzt daher dieses Verfahren zur Trennung dreiwertiger Elemente von zweiwertigen (Acetatmethode).

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Aluminium

Durch Erhitzen von Aluminiumhydroxid bzw. durch Oxidation von Aluminiummetall entsteht Aluminiumoxid. Beim Erhitzen auf hohe Temperaturen (> 1000 °C) bildet sich die S. 132, Anm. l schon erwähnte stabile -Form des A12O3, der Korund, der weder in wäßrigen Säuren noch Basen löslich ist; er muß vielmehr durch Schmelzen mit Kaliumdisulfat oder alkalischen Stoffen a u f g e s c h l o s s e n werden (vgl. dazu S. 1 97 f.).

1. Ein Stückchen A luminiummetall werde mit Natronlauge erwärmt; es löst sich unter Wasserstoffentwicklung, wobei sich A l u m i n a t bildet. 2A1 + 2OH- + 6H2O -+2[A1(OH)4]- + 3H2. Ganz ähnlich verhält sich Aluminium gegen Soda-Lösung. 2. Durch Auflösen von Aluminium in verdünnter Salzsäure stelle man sich eine A l u m i n i u m c h l o r i d-Lösung her. 2A1 + 6H3O+ -+2A13+ + 6H2O + 3H2. Durch Eindampfen dieser Lösung läßt sich wasserfreies Aluminiumchlorid nicht darstellen, da das in konzentrierter Lösung vorliegende Salz in der Hitze unter Umsetzung mit Wasser in basisches Aluminiumchlorid übergeht, während HCl-Gas mit dem Wasserdampf entweicht. Einen solchen Prozeß haben wir schon beim Calciumchlorid kennengelernt; beim Aluminium Chlorid tritt er aber wesentlich eher ein und geht viel weiter. Wasserfreies Aluminiumchlorid wird im Laboratorium durch Überleiten von trocknem Chlor- oder Hydrogenchlorid-Gas über erhitztes Aluminium dargestellt, in der Technik durch Erhitzen von A12O3 im CO/Cl2-Strom.

Die salzsaure Aluminiumchlorid-Lösung werde filtriert und zu folgenden Umsetzungen der Aluminiumsalze benutzt: 3. Natriumhydroxid: Man gebe zu der Lösung einige Tropfen Natronlauge; es fällt „A l u m i n i u m h y d r i d" als gelatinös flockige Masse aus. Durch Zusatz von Salzsäure kann es wieder gelöst werden. 4. Zu einer zweiten Probe der Aluminiumchlorid-Lösung gebe man soviel Natronlauge , bis der zuerst ausfallende Niederschlag als H y d r o x o a l u m i n a t wieder in Lösung geht. 5. Zu einem Teil der so erhaltenen Aluminat-Lösung gebe man reichlich festes Ammoniumchlorid und erwärme; „A l u m i n i u m h y d r i d" fällt wieder aus. Das gleiche erreicht man, wenn man die Lösung erst mit Salzsäure ansäuert und dann mit Ammoniak-Lösung versetzt.

Aluminium

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6. In eine andere Probe der Aluminat-Lösung leite man Kohlendioxid ein; es scheidet sich ebenfalls „A l u m i n i u m h y d r i d" ab. 7. Ammoniak: Daß aus Aluminiumsalz-Lösungen durch AmmoniakLösung das „H y d r i d" gefällt wird, ergibt sich bereits aus dem Vorhergehenden. Ferner wurde S. 130 gezeigt, daß die Fällung des Aluminiumhydroxids — im Gegensatz zu der der Hydroxide des Magnesiums und der meisten zweiwertigen Metalle — durch Ammonium-Ionen n i c h t verhindert wird. 8. Dagegen ist darauf hinzuweisen, daß sowohl mit Ammoniak als auch m i t Natronlauge e i n Niederschlag a u s b l e i b t , w e n n g e w i s s e h y d r o x y l h a l t i g e o r g a n i s c h e V e r b i n d u n g e n ,w i e z. B. Weintäure, in der Lösung vorhanden sind (vgl. S. 152f.). Man überzeuge sich hiervon. 9. Natriumcarbonaf. Eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung werde mit s e h r w e n i g 1 ) Soda-Lösung versetzt; unter Entwicklung von Kohlendioxid fällt „ A l u m i n i u m h y d r o x i d " aus. 2A13+ + 3CO32- + 3H2O ->2 „A1(OH)3" + 3CO2 10. Natriumacetat'. Man neutralisiere in einem Becherglas eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung annähernd mit Natriumcarbonat-Lösung. Sollte dabei etwas Hydroxid ausfallen, so bringe man es durch Zusatz von einigen Tropfen verdünnter Salzsäure wieder in Lösung. Man füge etwa den gleichen Raumteil Natriumacetat-Lösung hinzu, verdünne stark mit Wasser und erhitze die Mischung zum Kochen. Es fällt Aluminiumhydroxid bzw. b a s i s c h e s A c e t a t aus. Wenn der Niederschlag h e i ß abfiltriert wird, ist die Fällung quantitativ. 11. Ammoniumsulfid: Eine Probe der sauren Aluminiumchlorid-Lösung werde, wie soeben beschrieben, annähernd neutralisiert und mit Ammoniumsulfid versetzt; es fällt quantitativ „A l u m i n i u m h y d r i d" aus. A13+ + 3S2- + 3H2O -+„A1(OH)3" + 3HS". 1

) Benutzt man viel Sodalösung, so kann sich kein Kohlendioxid entwickeln, weil sich dann Hydrogencarbonat-Ionen bilden!

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Hydroxide und Oxide von saurem bzw. basischem Charakter

12. Dinatriumphosphat: Zu angenähert neutralisierter Aluminiumchlorid-Lösung gebe man Dinatriumphosphat-Lösung. Es fällt ein voluminöser Niederschlag von A l u m i n i u m p h o s p h a t . A13+ + 2HPO42- -»A1PO4 + H2PO4-. Durch starke Säuren und Laugen wird der Niederschlag wieder gelöst. 13. T h e ' n a r d s B l a u : Man stelle sich durch Fällung aus heißer Lösung Aluminiumhydroxid her, filtriere, wasche mit Wasser aus und trockne einigermaßen durch Aufstreichen auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier. Dann glühe man das Präparat auf der Magnesiarinne oder einem Stück Holzkohle. Der weiße Glührückstand werde mit e i n e m T r o p f e n sehr verdünnter Cobaltnitrat-Lösung befeuchtet und nochmals geglüht. Er ist dann blau gefärbt. Es bildet sich Co-Al-Spinell; vgl. dazu S. 143. Aluminiumhydroxid und ähnliche Hydroxide (z. B. von ZT, Mg, Be) bilden mit gewissen organischen Farbstoffen Adsorptionsverbindungen ( „ F a r b l a c k e"), die man u. a. technisch benutzt, um diese Farbstoffe an die Faser zu binden. Auf der Bildung eines solchen Farblackes beruht auch eine sehr empfindliche Nachweisreaktion für Aluminium:

14. Man gebe zu sehr verdünnter, nur ganz schwach saurer Alwniniumsa/z-Lösung etwa l ml einer Lösung von etwa 0, l g Natriumalizarinsulfonat in 100 g H2O und dann so viel Ammoniak-Lösung, daß die Mischung dunkelrot wird. Säuert man jetzt mit verdünnter Essigsäure an (Prüfung mit Indikator-Papier!), so scheidet sich der rote Färb lack flockig aus. \j OH l OH SO3-

Anion der Alizarinsulfonsäure

Hydroxide und Oxide von saurem bzw. basischem Charakter Die Reaktion von Oxiden — sowohl von Metallen als auch von Nichtmetallen — mit wenig Wasser führt zu festen oder flüssigen Hydroxiden: CaO + H 2 O -» Ca(OH)2 (Calciumhydroxid) SO3 + H 2 O -»O 2 S(OH) 2 (Schwefelsäure)

Hydroxide und Oxide von saurem bzw. basischem Charakter

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Der Charakter der Schwefelsäure als hydroxidhaltige Verbindung ist allerdings nur dann erkennbar, wenn man statt der „Summenformel" H 2 SO 4 die obige „Strukturformel" benutzt, die die gegenseitige Verknüpfung der Atome im Molekül wiedergibt. Um das Schwefelteilchen liegen tetraedrisch die Sauerstoffteilchen, von denen zwei mit je einem Wasserstoffatom verbunden sind. Das Gitter des festen C a l c i u m h y d r o x i d s hingegen enthält keine Moleküle, sondern ist wie das eines Salzes aus Ca 2+ - und OH"-Ionen als Bausteinen aufgebaut. Das OH"-Ion als eine Atomgruppe, die Protonen anzulagern vermag, ist nach B r ö ns t e d eine Base. Das gilt unabhängig vom Aggregatzustand, also auch für das OH Ion im kristallisierten Calciumhydroxid. Aber die V e r b i n d u n g Calciumhydroxid ist im B r ö n s t e d sehen Sinne keine Base! Da sie aber die Base OH" als Baustein enthält, ist es sinnvoll, das feste Calciumhydroxid als ein H y d r o x i d von b a s i s c h e m C h a r a k t e r z u bezeichnen. Ganz anders ist es bei der S c h w e f e l s ä u r e . Obwohl diese ebenfalls eine hydroxidhaltige Verbindung ist, spaltet sie beim Lösen keine OHMonen ab; vielmehr ist hier ein Proton leicht ablösbar und es stellt sich beim Auflösen das Gleichgewicht ein: O 2 S(OH) 2 + H 2 O *? H3O+ + O3SOH", das ganz auf der rechten Seite hegt. Die Schwefelsäure i s t also eine H y d r o x i d - V e r b i n d u n g m i t s a u r e m C h a rakter. Warum unterscheiden sich diese beiden Hydroxid-Verbindungen so grundlegend in ihrem Verhalten beim Auflösen in Wasser? Um diese Frage zu erörtern, wollen wir an Hand des Perioden-Systems vorgehen. /. Die Horizontalreihen. Wir betrachten folgende Reihe: NaOH; Mg(OH) 2 ; A1(OH) 3 ; Si(OH) 4 ; OP(OH) 3 ; O 2 S(OH) 2 ; O3C1OH. In dieser Reihe steht rechts die stärkste Säure, die wir kennen, die Perchlorsäure O3C1OH; nach links nimmt die Säurestärke immer mehr ab; das Endglied Natriumhydroxid gibt beim Auflösen in Wasser keine Protonen mehr unter H 3 O + -Büdung ab, es liegen in der Lösung praktisch nur Na + - und OHMonen vor. NaOH besitzt den am stärksten basischen Charakter der ganzen Reihe. Diese Abstufung ist nach W. K o s s e l folgendermaßen zu verstehen: Er ging von der - sicher nur angenähert gültigen! - Auffassung aus, daß alle Verbindungen der obigen Reihe ausgeladenen, kugelförmigen Teilchen aufgebaut sind: Wasserstoff habe stets die Ladung 1+, Sauerstoff die Ladung 2- und die Ladung des 3. Partners ändere sich von l + bei NaOH bis auf 7 + bei O3C1OH, während gleichzeitig die 7+

Größe der Teilchen vom Na + zum Cl abnimmt 1 ). Rein elektrostatisch ist dann zu erwarten, daß die Abstoßung zwischen Na + und H"1" im NaOH relativ klein, die 7+

zwischen Cl und H in der Perchlorsäure sowohl wegen der höheren Ladung als auch wegen des kleineren Abstandes sehr viel größer ist. Nach diesem Modell sollte sich also das Proton bei O3C1OH am leichtesten ablösen lassen, bei NaOH am schwersten. Dies entspricht dem experimentellen Befund. K o s s e l hat auch die Anziehung zwischen den H y d r i d-Gruppen und den positiv geladenen Teilchen betrachtet. Bei hoher positiver Ladung, wie z. B. im 7+

O3C1OH, ist diese sehr groß, eine Abtrennung der OH"-Gruppe beim Auflösen in ') Man beachte, daß diese „lonenradien" verschieden sind von den „Atomradien". Positiv geladene Ionen sind kleiner, negativ geladene größer als die neutralen Atome.

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Hydroxide und Oxide von saurem bzw. basischem Charakter

Wasser tritt hier nicht ein. Anders ist es bei niedrig geladenen Teilchen, etwa Na"1", Mg2*, A13+ usw. Man sieht sofort, daß die Anziehung gegenüber Na"1" am geringsten ist; dem entspricht, daß undissoziierte NaOH-Moleküle in der Lösung in nachweisbarer Menge nicht vorhanden sind. Beim Übergang zu Mg2"1" oder AI3"1" sollte die Anziehung der OHMonen zunehmen. Dies kann man beim Mg2"1" für die erste Stufe, die Bildung von [MgOH] + , in der Tat feststellen. Die zweite Stufe, die Bildung von undissoziierten Mg(OH) 2 -Molekülen, führt zur Ausscheidung von Mg(OH) 2 -Kristallen; die Tatsache, daß die Löslichkeit von Mg(OH) 2 recht gering ist (viel kleiner als die von NaOH!) und daß die Löslichkeit von A1(OH)3 noch geringer ist, hat K o s s e l zu der Annahme geführt, daß dies durch die verstärkte Anziehung der Mg2+- bzw. Al^-Teilchen auf die OH~-Gruppen bedingt ist; mit solchen Schlüssen muß man aber vorsichtig sein1). Theoretisch einwandfreier ist die folgende Betrachtung, die nicht die Anziehung der OH~-Teilchen durch das positive Teilchen betrachtet, sondern die von dem Hydratkomplex ausgeht und - ähnlich, wie es im vorigen Abschnitt geschehen ist — die Abstoßung der Protonen der Hydratwasser-Moleküle durch das positiv geladene Teilchen erörtert. Im [Na(OH 2 ) x ] +-Ion werden Protonen vom Na"1" nur wenig abgestoßen, für eine Reaktion [Na(OH 2 ) x ] + + H 2 O ^ H 3 O+ + [Na(OH 2 ) x -iOH] finden sich experimentell keine Hinweise. Anders ist es schon beim hydratisierten Mg2+-I-CaSO4. M a n spricht deshalb auch v o n O x i d e n m i t b a s i s c h e m o d e r s a u r e m C h a r a k t e r , obwohl hier Protonen nicht vorhanden sind, die nach B r ö ns t e d für Säure/Basen-Reaktionen unbedingt erforderlich sind. Man kann ebenso, wie wir S. 139 den Hydroxiden einen sauren oder basischen Charakter zugeschrieben haben, dies auch bei Oxiden tun. Für ein Verständnis der zwischen Oxiden ablaufenden Vorgänge lassen sich die gleichen ordnenden Prinzipien anwenden, die nach K o s s e l ein Verständnis der Stärke von Basen und Säuren ermöglichen. Als Beispiel betrachten wir die Bildung von Magnesiumsilicat aus MgO und SiO2 beim Erhitzen des Gemisches: 2MgO + SiO 2 H>-Mg 2 SiO 4 . In dem Kristallgitter dieses Stoffes lassen sich isolierte [SiO4]4~-Tetraeder erkennen, 2+ zwischen denen sich Mg-Teilchen befinden. Man kann das in Anlehnung an 2-

2+

K o s s e l so verstehen, daß die O-Teilchen vom Mg weniger stark angezogen wer4+ den als vom Si, ganz ähnlich wie wir es bezüglich der OHMonen bei der Bildung der gelösten Hydroxo-Komplexe (z. B. [A1(OH)4]~; vgl. S. 134) kennengelernt haben. Dementsprechend kann man im Mg 2 SiO 4 das MgO als den basischeren und SiO2 als den saureren Partner bezeichnen und Mg 2 SiO 4 als eine salzartige Verbindung. Manchmal sind die Unterschiede im sauren bzw. basischen Charakter zwischen den beiden Partnern derartiger Verbindungen nur g e r i n g f ü g i g — z. B. zwischen MgO und A12O3 -, so daß man sie besser als D o p p e l o x i d e bezeichnet, d. h.

Elemente der Gruppe l B - Silber

143

etwa mit der Formel MgO · A12O3. Dieser — als Mineral auch S p i n e l l genannten - Verbindung ist eine Reihe von Verbindungen analog („isomorph", vgl. S. 212), in denen das Magnesium durch andere 2wertige, das Aluminium durch andere Swertige Metalle ersetzt ist; dazu gehört z. B. das S. 138 besprochene T h e n a r d s B l a u . Es können auch, wie z. B. in dem Mineral M a g n e t i t Fe 3 O 4 , der 2- und der 3wertige Partner das gleiche Element sein. MgO · A12O3 FeO · Cr 2 O 3 CoO - Co 2 O 3 FeO · Fe 2 O 3

Spinell Chromeisenstein Cobalt(II)-cobalt(III)-oxid Magnetit

In ähnlicher Weise kann man die M e n n i g e Pb 3 O 4 als 2PbO · PbO2 mit Blei in den Oxidationsstufen 2+ und 4+ auffassen; vgl. S. 207f. Die eben genannten Verbindungen (Spinelle, Silicate usw.) sind dadurch ausgezeichnet, daß man sie nur in f e s t e m (und z. T. in geschmolzenem) Zustand kennt und daß sie in Wasser praktisch unlöslich sind. Ein volles Verständnis für ihren Bau gewinnt man erst bei der Betrachtung ihrer Kristallgitter.

Elemente der Gruppe 1 B Silber Während bisher nur solche Metalle besprochen wurden, die den kleinen Perioden bzw. den -Gruppen der großen Perioden angehören, lernen wir im Silber den ersten Vertreter der B-Gruppen kennen. Auf den ersten Blick erkennt man wesentliche Unterschiede. Während die Alkalimetalle ebenso wie die Erdalkali- und Erdmetalle sehr unedle Leichtmetalle sind, ist Silber ein Schwermetall von ausgesprochen edlem Charakter. Es setzt sich nicht mit Wasser um und löst sich auch nicht in Salz- oder verdünnter Schwefelsäure. Erst durch die kräftige Oxidationswirkung von Salpetersäure mittleren Gehaltes bzw. von heißer konzentrierter Schwefelsäure kann man das Metall in Silber-Ionen überführen. Den niedrigen Schmelz- und Siedepunkten der Alkalimetalle (Natrium schmilzt z. B. bei 98 °C und siedet bei Atmosphärendruck bei 881 °C) stehen hohe Werte beim Süber (Schmelzpunkt 961 °C, Siedepunkt « 2200 °C) gegenüber. Die Unterschiede zwischen den Elementen der l A- und l B-Gruppe, etwa zwischen Na und Ag, im metallischen Zustande und in ihren Verbindungen lassen sich vom + + Atombau her verstehen. Die Radien von Na und Ag sind etwa gleich groß, aber die + Kernladung von Ag ist viel größer und die Elektronenkonfiguration ist verschieden: + + Na enthält 8, Ag 18 Außenelektronen. Mit der größeren Kernladung bei gleichem lonenradius hängt es zusammen, daß die lonisierungsenergie I von Ag größer ist als die von Na (7,5 gegen 5,1 Elektron-Volt) 1 ); so erklären sich nach S. 56 das relativ 1

) l eV ist die Energie, die ein Elektron beim Durchlaufen einer Spannungsdifferenz von l V aufnimmt. 1 eV = 1,6022 · l O"19 J. Bezieht man diese Energieaufnahme auf l mol Elektronen, so muß man jenen Wert mit der Avogadro-Konstanten NA = 6,0220 · l O23 mol"1 multiplizieren und erhält 96,485 kJ/mol (« 23 kcal/mol).

144

Silber

kleine Volumen des Elektronengases und damit das relativ kleine Atomvolumen und die viel größere Dichte von Ag sowie die höheren Schmelz- und Siedetemperaturen. Auch in den Verbindungen kommt dies zum Ausdruck. Zwar entsprechen die Formeln der Verbindungen des Silbers, das mit wenigen Ausnahmen (s. S. 53 u. 153, Anm. 1) einwertig ist, denen der Alkalimetalle, aber die Eigenschaften der Verbindungen sind recht verschieden. So sind z. B. die Ag-Verbindungen leicht reduzierbar, d. h. ihre Bildungsenthalpie ist klein; dies ist eine Folge der größeren lonisierungsenergie. Diese bedingt ferner den Unterschied im Bindungscharakter; Ag-Salze sind nicht mehr so ausgeprägte lonenverbindungen. Auch ist aus diesem Grunde die Tendenz zur Bildung von Komplexverbindungen (S. 147f.) recht ausgeprägt. Schließlich ist wegen der größeren Elektronenzahl bei ähnlichem Volumen die Polarisierbarkeit der Ag^-Ionen größer und damit ergeben sich höhere Dispersionskräfte. Im Zusammenhang mit den Anteilen an Atombindung bedingt dies wesentliche Unterschiede in den Löslichkeiten: bei den Halogeniden ist im Gegensatz zu den entsprechenden Natriumverbindungen die Löslichkeit im Wasser von AgF groß, die von AgCl, AgBr und AgI aber nur sehr gering. Auch das schwarze Sulfid Ag 2 S ist im Gegensatz zu Na 2 S in Wasser nur sehr wenig löslich; dies ist charakteristisch für die Sulfide der Metalle der B-Gruppen. Da der Silberpreis recht hoch ist, gieße man s i l b e r h a l t i g e L ö s u n g e n nicht gedankenlos weg. Sie sind vielmehr in einem im Laboratorium ausstehenden Gefäß zu s a m m e l n ! Ammoniakalische Lösungen müssen vorher angesäuert werden, da sonst E x p l o s i o n s g e f a h r besteht (vgl. S. 146, Nr. 7).

1. Ein Weg zur Darstellung von reinem Silber nutzt die sehr geringe Löslichkeit seines Chlorids aus. Man löse etwas Silber/Kupfer-Legierung (Assistent!) in wenig halbkonzentrierter Salpetersäure auf, verdünne die Lösung mit Wasser und füge unter Umrühren soviel verd. Salzsäure hinzu, bis eine neu hinzugesetzte Probe Salzsäure keinen weiteren Niederschlag erzeugt. Der dichte käsigflockige Niederschlag werde auf einem glatten Filter gesammelt und das Filtrat mit einem Tropfen Salzsäure auf Vollständigkeit der Fällung geprüft. Dann wasche man den Niederschlag auf dem Filter g r ü n d l i c h mit destilliertem Wasser aus; das durchfließende Waschwasser darf schließlich nicht mehr sauer reagieren. D a b e i v e r g e s s e m a n n i c h t , a u c h d a s F i l t e r sorgf ä l t i g a u s z u w a s c h e n : man spritze mit der Spritzflasche einige Male auf den oberen Rand des Filters rundherum; das von dort durch die gesamte Papiermasse des Filters herabfließende Waschwasser entfernt die fremden Stoffe - in unserem Fall Kupfersalze und überschüssige Säure - auch aus seinem oberen Rand. Vgl. S. 10-12. 2. Einen Teil des Silberchlorids bringe man in eine Abdampfschale, übergieße es mit etwas verdünnter Salzsäure und lege ein Stückchen reines Zink in den Brei. Sofort beginnt das Silberchlorid sich in der Nähe

Silber

145

des Zinks zu bräunen und geht in 5 bis 10 Minuten in eine graubraune schwammige Masse von metallischem S i l b e r über. 2AgCl + Zn->2Ag + Zn 2+ + 2C1'. Man entferne nun das Zinkstückchen und wasche das entstandene Zinkchlorid und die Salzsäure sorgfältig mit heißem, destilliertem Wasser fort. Am besten kocht man das Silber in der Abdampfschale mehrfach mit destilliertem Wasser auf und gießt jedesmal vorsichtig ab, ehe man die Masse aufs Filter bringt. Gibt man schließlich den so erhaltenen Silberschwamm in eine kleine Vertiefung eines Stücks Lötrohrkohle und erhitzt mit dem Lötrohr oder der Gebläseflamme, so schmilzt er zu einer Kugel von Silbermetall zusammen. 3. Man kann die Reduktion des Silberchlorids statt mit Zink auf nassem Wege auch auf trockenem Wege durchführen. Man mischt dazu etwas im Trockenschrank getrocknetes Silberchlorid mit der doppelten Gewichtsmenge Soda und erhitzt das Gemisch auf Kohle mit der Lötrohr- oder Gebläseflamme. Es bildet sich Silbercarbonat, das in M e t a l l , Kohlendioxid und Sauerstoff zerfällt: 2AgCl + Na 2 CO 3 ^Ag 2 C0 3 + 2NaCl Ag2CO3 -+Ag20 + C02 2Ag20 ->4Ag + O2. Den erhaltenen Regulus koche man mit verdünnter Salzsäure, um so die anhaftenden Salzreste aufzulösen. 4. Die so erhaltenen Silberkugeln werden mit m ö g l i c h s t w e n i g Salpetersäure gelöst. Die Lösung benutze man zu den folgenden Umsetzungen der Silbersalze. 5. Natriumhydroxid fällt braunes S i l b e r

i d:

Silberhydroxid, das man bei dieser Reaktion eigentlich erwartet hätte, konnte noch nicht dargestellt werden. Da sich Ag2O in Wasser nach der Umkehrung des obigen Fällungsvorganges im Gegensatz zu fast allen anderen Schwermetalloxiden ein wenig löst (vgl. Tab. S. 265), reagiert seine wäßrige Aufschlämmung deutlich alkalisch; sie dient bei präparativen Arbeiten zum Ersatz von Halogen durch OH.

146

Süber

6. Natriumcarbonat fällt hellgelbes S i l b e r c a r b o n a t ; beim Erhitzen der wäßrigen Suspension spaltet Silbercarbonat Kohlendioxid ab und geht in braunes Silberoxid über. 7. Ammoniak-Lösung fällt, wenn sie in sehr kleiner Menge zugesetzt wird, aus neutraler Lösung ebenfalls S i l b e r i d ; der geringste Überschuß löst das ausgefällte Silberoxid wieder auf. Aus salpetersaurer Lösung bildet sich überhaupt kein Niederschlag. Man benutze daher zu diesem Versuch nicht die selbst hergestellte Silbernitratlösung, die überschüssige Salpetersäure enthält, sondern eine Lösung von festem Silbernitrat in Wasser. — Ammoniakalische Silbersalzlösungen können beim Stehenlassen e x p l o d i e r e n ; sie müssen daher vor dem Aufbewahren angesäuert werden! 8. Hydrogensulfid oder Ammoniumsulfid fällen schwarzes S i l b e r s u l f i d Ag2S. 9. Salzsäure oder Chloride fällen, wie S. 29 u. 47 f. bereits gezeigt wurde, S i l b e r c h l o r i d , das sich in Ammoniak-Lösung leicht und vollständig löst. Die Erklärung wird S. 149f. gegeben werden. 10. Während sich Silberchlorid in schwach salzsäurehaltigem Wasser weniger löst als in reinem Wasser (Wirkung eines gleichionigen Zusatzes), löst es sich, wie man sich durch den Versuch leicht überzeugt, in konz. Salzsäure merklich, wenn auch nicht reichlich. Dabei bilden sich die Ionen von C h l o r o s i l b e r s ä u r e n , so z. B. [AgCl4 ]3~. 11. Kaliumbromid fällt hellgelbes S i l b e r b r o m i d , das in Ammoniak-Lösung in g e r i n g e r e m A u s m a ß löslich ist als das Chlorid. 12. Natriumiodid fällt gelbes S i l b e r i o d i d , das sich in AmmoniakLösung praktisch n i c h t löst. 13. Natriumcyanid: Wird eine frisch bereitete Natriumcyanid-Lösung (Vorsicht, nach dem Versuch sofort die Hände a b s p ü l e n ! ) in geringer Menge zugesetzt, so fällt weißes S i l b e r c y a n i d AgCN. Reste nach Versuch 14 nach örtlicher Vorschrift beseitigen. 14. In überschüssiger Natriumcyanid-Lösung löst sich Silbercyanid leicht unter Bildung von D i c y a n o a r g e n t a t-Ionen und höheren Komplexen (vgl. S. 148).

Komplexverbindungen und Doppelsalze

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15. Natrium thiosulfat ^-Lösung fällt, wenn in geringer Menge zugesetzt, weißes S i l b e r t h i o s u l f a t .

Der weiße Niederschlag wird beim Stehenlassen erst gelb, dann braun und schließlich schwarz, weil er sich unter Bildung von S i l b e r s u 1f i d zersetzt: Ag2S2O3 + 2H2O -» Ag2S + HSO4- + H3O+. 16. Ein Überschuß von Natriumthiosulfat-Lösung löst das Silberthiosulfat unter Bildung von T h i o s u l f a t o a r g e n t a t -Komplexen wie [Ag(S203)3]5-. Auch Silberchlorid und -bromid lösen sich in Thiosulfat-Lösung; davon macht man in der Photographie Gebrauch („Fixieren"). AgBr + 3S2032--*[Ag(S203)3]5- + Br.

Komplexverbindungen und Doppelsalze Bei der Besprechung der Silberverbindungen haben wir eine Reihe eigenartiger Umsetzungen kennengelernt: Das ausgefallene Silberchlorid ging bei der Zugabe von Ammoniak-Lösung wieder in Lösung; Silbercyanid, das aus Silbernitrat-Lösungen bei Zugabe von wenig Natriumcyanid-Lösung ausfiel, löste sich beim Zusatz von mehr Cyanid-Lösung wieder auf. Diese Versuche zeigen, daß tiefgreifende Veränderungen erfolgt sein müssen. /. Komplexbildung durch Anlagerung von Ionen an ein neutrales Molekül. Schon S. 138 haben wir besprochen, daß sich aus S c h w e f e l t r i o x i d und W a s s e r Schwefelsäure bildet. Berücksichtigen wir die Dissoziation der Schwefelsäure, so ergibt sich folgende Umsetzung: 3H 2 O + SO 3 -»2H 3 O + + [SO 4 ] 2 -. Dieses [SO4]2"-Ion tritt in wäßriger Lösung stets als Einheit auf; es bUdet weder freie S6+- noch O 2 "-Ionen. Solche zusammengesetzte Ionen, die nicht oder nicht erheblich in die Einzelbestandteile dissoziieren, bezeichnet man als komplexe Ionen (vgl. auch S. 52). *) Im N a t r i u m t h i o s u l f a t Na 2 S2 O3 (vgl. auch S. 237) ist an Stelle eines Sauerstoffatoms des Natriumsulfats Na 2 SO 4 ein Schwefelatom getreten. Die Vorsilbe „Thio" wird allgemein benutzt, um den Ersatz von Sauerstoff durch Schwefel zum Ausdruck zu bringen; KOCN = Kaliumcyanat; KSCN = Kaliumthiocyanat (vgl. S. 180 und 227 f.). Na 3 AsO 4 = Natriumarsenat; Na 3 AsS 4 = Natriumthioarsenat (vgl. S. 200).

148

Komplexverbindungen und Doppelsalze

Komplexbildung liegt auch bei der soeben besprochenen Umsetzung von S i l b e r c y a n i d mit N a t r i u m c y a n i d vor. Diese ist durch die Gleichung CN- + AgCN-KAg(CN) 2 Jzu beschreiben. Die eckige Klammer (die man nicht mit dem S. U l f . eingeführten Zeichen für „Konzentration" verwechsle!) soll andeuten, daß sich ein komplexes Ion gebildet hat, das aus einem Silberteilchen und zwei Cyanidgruppen besteht. Daß f r e i e Silberionen tatsächlich in nennenswerter Konzentration nicht vorhanden sind, erkennt man durch folgende Versuche:

1. Zu einer nach S. 146, Nr. 14 hergestellten Natrium-cyanoargentatLösung gebe man a) Natriumchlorid-Lösung, b) Natronlauge. Es fällt weder Silberchlorid noch -oxid aus. 2. Ganz ähnlich verhält sich das entsprechend aufgebaute Kalium-cyanoferrat(II) K4[Fe(CN)6], das wir S. ISOff. noch näher besprechen. In einer wäßrigen Lösung dieses Salzes sind praktisch nur K*- und [Fe(CN)6]4~-Ionen vorhanden. Dementsprechend gibt sie mit Perchlorsäure einen Niederschlag von Kaliumperchlorat; mit Natronlauge fällt jedoch kein Eisen(II)-hydroxid Fe(OH)2 — wie z. B. aus einer Eisen(II)sulfat-Lösung — aus, weil die Fe2+-Ionen komplex gebunden sind. Man führe die beiden Versuche aus. Bei den Komplexen von der Art des [SO4]2'-, des [Ag(CN) 2 ]~- und des [Fe(CN) 6 ] 4 ~lons ist die G e s a m t l a d u n g (= lonenladung, vgl. S. 46) von der „ L a d u n g " des Z e n t r a l t e i l c h e n s (= Oxidationszahl, vgl. S. 52 f.) s t e t s v e r s c h i e d e n . So kann man z. B. im [SO4]2~-Komplex unter den S. 57 gemachten Vorbehalten dem Schwefelteilchen (dem „Zentralatom") eine „Ladung" von 6+ zuschreiben; die vier Sauerstoffteilchen (die „L i g a n d e n") tragen jedoch insgesamt 4 - 2 = 8 negative Ladungen. Die Gesamtladung des Komplexes ist also + 6 - 8 = -2. Es bereitet dem Anfänger in der Regel Schwierigkeiten, zu verstehen, wieso z. B. ein AgCN-Molekül, in dem doch scheinbar die positive Ladung des Silberions und die negative des Cyanidions sich gegenseitig vollständig abgesättigt haben, noch ein weiteres CNMon zu binden vermag. Betrachtet man jedoch die Gruppierung:

wie sie in dem Komplex vorliegt, so sieht man, daß die linke CN-Gruppe von dem + Ag-Teilchen stärker angezogen als von der weiter entfernten rechten CN-Gruppe abgestoßen wird; für die rechte CN-Gruppe gilt das entsprechende. Insgesamt resultiert also für jede der beiden CN-Gruppen tatsächlich eine Anziehungskraft an das + Ag-Teilchen.

Komplexverbindungen und Doppelsalze

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Freilich können nun nicht beliebig viele CN-Gruppen angelagert werden; denn mit steigender Zahl der CN-Gruppen nimmt die Abstoßung zu, die die negativen Ladungen aufeinander ausüben. Zu diesem Einfluß der Ladung kann noch ein r ä u m l i c h e r kommen. Um das Zentralteilchen herum kann ja nur eine bestimmte Anzahl von Ionen oder Molekülen untergebracht werden. Die Zahl der im Einzelfall vorhandenen „Liganden" bezeichnet man als die „Koordinationszahl". Sie beträgt in sehr vielen Fällen 6, oft auch 4; andere Zahlen — wie hier 2 — kommen seltener vor. Die eben geschilderte Art von Komplexen wird besonders leicht von C y a n i dionen gebildet, jedoch kommt sie auch bei anderen Anionen vor. So gehören hierher das [PtCl6]2--Ion (vgl. auch S. 89, 90) und die Hydroxokomplexe wie [A1(OH)4]~ (S. 134)oder[Zn(OH) 4 ] 2 "(S. 167). //. Komplexbildung durch Anlagerung von Dipolmolekülen an ein Ion. Auf S. 51 f. haben wir besprochen, daß die Ionen in wäßriger Lösung „h y d r a t i s i e r t" sind, d. h. daß sie die Wassermoleküle in ihrer nächsten Umgebung besonders fest binden. Diese Bindung der Wassermoleküle wird dadurch bewirkt, daß die Wassermoleküle nicht linear gebaut sind (entsprechend HÖH), sondern gewinkelt (entsprechend H H). Dies bedingt eine elektrische Unsymmetrie, das Molekül hat ein „Dipolmoment". Kommt ein solches Dipolmolekül sehr nahe an ein positives Ion, so wird dieses das Dipolmolekül so zu drehen versuchen, daß seine negative Seite, d. h. das Sauerstoffteilchen, sich zu ihm hin, die positive Seite, d. h. die Wasserstoffteilchen, sich 2+ 2-

+

von ihm weg richten: H 2 O · Ag. Bei negativen Ionen erfolgt das entsprechende. Bei dieser gegenseitigen Stellung der beiden Partner zueinander tritt eine elektrostatische Anziehung auf, obwohl das Wassermolekül als Ganzes keine überschüssige freie Ladung besitzt. Ein solches hydratisiertes Ion stellt demnach ebenfalls einen K o m p l e x dar; er ist durch Anlagerung von Wassermolekülen als Liganden an das Ion a l s Zentralteilchen entstanden. D i e L a d u n g e i n e s d e r a r t i g e n K o m plexes ist gleich der des Zentralteilchens. Dipolmoleküle wie die des Wassers gibt es in großer Zahl. Wichtig ist auch das A m m o n i a k m o l e k ü l . Es stellt eine dreiseitige Pyramide dar, an deren Spitze sich der negativ geladene Stickstoff, an deren Grundfläche sich die drei positiv geladenen Wasserstoffteilchen befinden. Das S i l b e r i o n z . B . bindet Ammoniakmoleküle fester als Wassermoleküle. Gibt man daher zu einer Lösung, die Ag + -Ionen enthält, A m m o n i a k-Lösung, so verdrängen die NH 3 -Moleküle trotz ihrer wesentlich geringeren Konzentration die Wassermoleküle, und es bildet sich der K o m p l e x [Ag(NH 3 ) 2 ]+ . D i e s e r g i b t a n d e r e U m s e t z u n g e n a l s d a s g e w ö h n l i c h e h y d r a t i s i e r t e S i l b e r i o n . Während z . B . Chlorid-Ionen die Hydrathülle des Ag^-Ions beiseite schieben, so daß sich wenig lösliches Silberchlorid bildet, lassen sich die Ammoniakmoleküle durch Chlorid-Ionen nicht verdrängen; Natriumchlorid-Lösung fällt deshalb aus ammoniakalischer Lösung kein Silberchlorid. Umgekehrt wird bei der Umhüllung des Silberteilchens mit Ammoniakmolekülen die Anziehung der Ag + - und Cr-Teilchen überwunden; das in Wasser kaum lösliche Silberchlorid löst sich, wie wir S. 29 und 146 gesehen haben, in Ammoniak-Lösung glatt auf. Sorgt man dafür, daß der [Ag(NH 3 ) 2 ] + -Komplex z e r s t ö r t wird, so findet man wieder die Umsetzungen der normalen hydratisierten Silberionen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn man ansäuert und so die NH 3 Moleküle durch Reaktion mit den H 3 O + -Ionen in NH 4 + -Ionen überführt. Diese NH 4 + -Ionen werden natürlich nicht von den Ag+-Ionen gebunden; denn einmal

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Komplexverbindungen und Doppelsalze

besitzen sie, weil die vier Wasserstoffteilchen tetraedrisch um das Stickstoffteilchen angeordnet sind, kein Dipolmoment mehr, und außerdem werden sie wegen ihrer positiven Ladung von dem Ag+-Teilchen abgestoßen.

3. Man fälle aus Silbernitrat-Lösung mit Natriumchlorid-Lösung Silberchlorid und löse dies durch Zugabe von,4mmo«/a/:-Lösung wieder auf. Zu dieser Lösung gebe man eine beliebige starke Säure (z. B. Salpeteroder Schwefelsäure). Es fällt wieder Silberchlorid aus: [Ag(NH3)2r + 2H30+ + Cl- -»AgCl + 2NH4+ + 2H2O. K o m p l e x s a l z e kennt man auch in festem Zustand, und zwar sowohl lonenals auch Dipolkomplexe. Zu den ersteren gehört z. B. das feste Kalium-cyanoferrat(II), zu den letzteren zählen die H y d r a t e und A m m i n e , z. B. CaSO4 · 2 2 ! ) Calciumsulfat-Dihydrat („Gips"), [Cu(H2O)4]SO4 · H 2 O Kupfersulfat-Pentahydrat 2 ) („Kupfervitriol"), [Cu(NH 3 ) 4 ]SO 4 · H 2 O Tetraamminkupfer(II)sulfat-Monohydrat, [Co(NH 3 ) 6 ](NO 3 ) 3 Hexaammincobalt(III)-nitrat usw. Bezüglich der Namen vgl. S. 153. ///. Doppelsalze. Es gibt Stoffe, die im k r i s t a l l i s i e r t e n Zustand, ebenso wie die lonenkomplexe, aus zwei oder mehreren einfachen Salzen zusammengesetzt sind und sich in ihren kristallographischen usw. Eigenschaften durchaus von einem Gemenge ihrer Bestandteile unterscheiden. Im Gegensatz zu den Komplexverbindungen zeigen sie jedoch in wäßriger L ö s u n g die Reaktionen sämtlicher Einzelionen; sie verhalten sich also wie ein Gemisch der Lösungen der Einzelsalze. Solche „ D o p p e l s a l z e " erhält man in der Regel dadurch, daß man eine Lösung, die die Einzelsalze enthält, zur Kristallisation bringt. So entsteht z. B. aus Kalium- und Aluminiumsulfat der K a l i u m a l a u n A1K(SO4)2 · 12H 2 O. Hierher gehören ferner die anderen Alaune, wie A1NH4(SO4)2 · 12H2O und CrK(SO4)2 · 12H 2 O. Auch das M o h r sehe Salz Fe(NH 4 ) 2 (SO 4 ) 2 · 6H2 O (das aber wegen seiner abweichenden Zusammensetzung nicht zu den Alaunen gehört!), der C a r n a 11 i t KMgCl3 · 6H2 O u. a. sind Doppelsalze.

4. Man versetze drei Proben von Kaliumalaun-Lösung gesondert mit verdünnter Perchlorsäure, Ammoniak- und Bariumchlorid-Lösung. Es treten die normalen Niederschläge von Kaliumperchlorat, „Aluminiumhydroxid" und Bariumsulfat auf. IV. Starke und schwache Komplexe. Doppel- und Komplexsalze sind idealisierte Grenzfälle, zwischen denen es in Wirklichkeit die mannigfachsten Ü b e r g ä n g e *) Wenn man nicht weiß, ob die Wassermoleküle dem Kat- oder Anion zugeordnet sind, oder wenn sie — wie im Gips — zwischen beiden lonenarten angeordnet sind, gibt man nur, wie es hier geschehen ist, die Bruttoformel an. Komplexformeln geben bei kristallisierten Stoffen oft nur ein stark vereinfachtes Bild der wirklichen Verhältnisse. 2 ) Namen wie „Dihydrat" oder „Pentahydrat" haben sich zwar eingebürgert, sind aber eigentlich nicht korrekt; die IUPAC spricht sich daher für Bezeichnungen wie Kupfersulfat-Wasser (1/5) (gelesen l zu 5) für CuSO4 · 5H2O aus.

Komplexverbindungen und Doppelsalze

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gibt. In wäßriger Lösung völlig undissoziierte Komplexe kennt man ebensowenig wie ganz unlösliche Stoffe. So ist z. B. der [Fe(CN) 6 ] 4 "-Komplex doch in ganz geringem Umfang in Fe 2+ und CN'-Ionen dissoziiert. Freilich ist bei diesem „starken" Komplex der Grad dieser Dissoziation so gering, daß er nur durch physikalische Methoden ermittelt werden kann. Dagegen gibt es keine chemische Methode, um die Fe2+-Ionen nachzuweisen. Auch die CN'-Ionen lassen sich bei Zimmertemperatur 1 ) nicht chemisch erfassen. Selbst in salzsaurer Lösung genügt das Bestreben der H 3 O + -Ionen, unter Protonenabgabe undissoziierte Blausäure zu bilden, nicht dazu, daß die Konzentration der CN'-Ionen unter den Wert im Gleichgewicht mit dem Komplex abgesenkt und dieser zerstört würde.

5. Man versetze Kalium-cyanoferrat(II)-Lösung reichlich mit verdünnter Salzsäure. Es tritt kein Geruch nach Blausäure auf, der schon bei der Gegenwart sehr geringer Mengen dieser Säure merklich wäre. Dagegen sind z. B. die Silberkomplexe [Ag(CN) 2 ]' und [Ag(NH 3 ) 2 ] + nur mäßig stark', sie sind doch so weit in Ag + - und CN'-Ionen bzw. Ag + -Ionen und NH 3 -Moleküle dissoziiert, daß man die einzelnen Bestandteile durch genügend empfindliche Reaktionen nachweisen kann. Die Dissoziation der Komplexe wird durch die Gleichgewichtskonstante gemessen, die bei dem zweiten Komplex durch den Ausdruck [[Ag(NH 3 ) 2 ] + ] [Ag+].[NH3]2 gegeben ist. Man nennt sie auch die Beständigkeitskonstante des Komplexes. Sie ist in diesem Falle zu groß, als daß die Konzentration der Ag + -Ionen ausreichte, um mit der in Lösungen erreichbaren Konzentration an Cl"-Ionen das verhältnismäßig große Löslichkeitsprodukt des Süberchlorids zu überschreiten. Die Konzentration der Silberionen ist aber immerhin so groß, daß auf Zugabe von lodid- bzw. Sulfidionen die kleineren Löslichkeitsprodukte von Silberiodid bzw. Silbersulfid überschritten werden.

6. Man versetze eine Lösung von Silberchlorid in Ammoniak-Lösung mit Lösungen von: Natriumchlorid: Es fällt kein Silberchlorid. Kaliumiodid: Es fällt Silberiodid. Ammoniumsulfid: Es fällt Silbersulfid. 7. Entsprechendes gilt für den Komplex [Ag(CN)2]". Man versetze etwas Silbernitrat-Lösung mit so viel Natriumcyanid-Lösung, daß der Niederschlag von Silbercyanid eben wieder in Lösung geht, und prüfe mit folgenden Lösungen: Natriumchlorid: Es fällt kein Silberchlorid. Natronlauge: Es fällt kein Silberoxid. Wohl aber bei höheren Temperaturen; vgl. S. 182, Nr. 25.

152

Komplexverbindungen und Doppelsalze

Ammoniumsulfid: Es fällt Silbersulfid. Verdünnte Salpetersäure: Die Lösung riecht nach Hydrogencyanid; außerdem fällt Silbercyanid wieder aus. Durch die mit der Salpetersäure zugeführten H 3 O + -Ionen wird gemäß [H 3 0 + ]-[CN-]/[HCN]=/: S ) HCN unter Bildung von freiem Hydrogencyanid die Konzentration der CN'-Ionen in der Lösung so weit herabgesetzt, daß das Gleichgewicht [[Ag(CN)2]-] _ =

gestört wird und der Komplex zerfällt, wobei die gebildeten CN'-Ionen immer wieder von den H3O+-Ionen abgefangen werden. Andererseits ist die Konzentration der CN~-Ionen selbst bei Anwesenheit überschüssiger H 3 O + -Ionen noch so groß, daß das Löslichkeitsprodukt des Silbercyanids überschritten wird. Als verhältnismäßig schwache Komplexe werden wir S. 168 die Ionen der Cyanozink- und der Cyanocadmiumsäure kennenlernen. V. Chelate. Mehratomige Liganden, die sich mit zwei Atomen an ein Zentralatom anlagern können, nennt man zweizähnig oder zweizählig. So kann sich z. B. das gewinkelt gebaute Ethylendiamin-Molekül (Abkürzung ,,en")

H2N

H2H2 /C-C.

NH 2 ,

das in den beiden NH2-Gruppen je einen Dipol trägt, mit deren negativen Seiten, den Stickstoffatomen, an ein Cobalt-Ion anlagern. Komplexe dieser Art bezeichnet man als C h e l a t e , abgeleitet von dem griechischen Wort für Krebsschere, weil der Ligand wie eine Zange das Zentralatom von zwei Seiten faßt. Dabei bildet sich stets ein Ring, der im erwähnten Falle aus den 5 Atomen Co, N, C, C, N gebildet wird; die Wasserstoffatome sind seitwärts an die den Ring bildenden Atome angefügt. Bei den Chelaten treten bevorzugt Ringe aus 5 oder 6 Atomen auf. Sehr beständige Chelate bilden mehrwertige Metallionen mit gewissen organischen Verbindungen, die gleichzeitig durch Metalle salzartig ersetzbaren Wasserstoff und Dipolgruppen (wie die Hydroxylgruppe OH, die Aminogruppe NH 2 ) enthalten. Das gilt z. B. für das Kupfer(II)-salz der Aminoessigsäure H 2 N— CH 2 — COOH:

H2 H 2 C-N,

!_ O-C=O

\2+

h7w mit

Cu

O=C-

1-

H2 H 2 C-N Atombindungen:

'N-CH2 H2

\_

;cu

0-C=O /

Vc„ H2

Jeder der beiden Aminoacetatreste ist auf z w e i v e r s c h i e d e n e W e i s e n mit dem Kupfer verbunden: Einerseits besteht eine salzartige Beziehung zwischen dem positiven Kupferion und der negativen Carboxylgruppe, andererseits übt das Kupferion auch eine Anziehungskraft auf den NH 2 -Dipol aus. Solche Chelate

Kupfer

153

bezeichnet man als i n n e r e K o m p l e x s a l z e . Zu diesen gehören auch die Komplexe mehrwertiger Metallionen, wie z. B. Cu 2 +, A13+, Fe3+, mit hydroxylhaltigen organischen Verbindungen von der Art der Weinsäure, der Zucker usw. So kann z. B. im Anion der Weinsäure O H H O

-[O-C-C-C-C-O]OHOH der Wasserstoff einer OH-Gnippe durch '/2 Cu 2+ ersetzt werden, während die andere als Dipol an das Kupferion gebunden wird; vielleicht fungieren zusätzlich Sauerstoffatome der CO2*-Gruppen als Liganden. Derartige Verbindungen sind sehr stabil; aus ihren wäßrigen Lösungen werden durch OH'-Ionen z. B. die Hydroxide A1(OH)3, Cu(OH)2 usw. nicht gefällt (vgl. S. 137, Nr. 8). Das ist von großer Bedeutung, weil die Verhinderung dieser Fällungen sowohl erwünscht als auch unerwünscht sein kann. So muß man z. B. beim Nachweis jener Metalle in Speisen die organischen Verbindungen zuvor zerstören. — Zu der Klasse der inneren Komplexsalze gehören die meisten analytisch wichtigen organischen Metallverbindungen. VI. Die Namengebungfür die Komplexverbindungen erfolgt nach den internationalen Vereinbarungen auf Grundlage der Regeln, die wir S. 78ff. besprachen. Diese Art der Benennung geht im wesentlichen zurück auf A l f r e d W e r n e r , den erfolgreichen Forscher auf dem Gebiet der Komplexverbindungen und Nobelpreisträger. Nach diesen Regeln steht der Name des Kations an erster Stelle, der des Anions, das, wenn es aus mehreren Atomen zusammengesetzt ist, im allgemeinen durch die Endung -at gekennzeichnet wird, an zweiter. Säuren werden entweder als Hydrogenverbindungen bezeichnet oder es wird dem Namen des Anions das Wort -säure statt -at angehängt. Beim Kation wie beim Anion gehen dem Namen des Zentralteilchens die Namen der Liganden (vgl. S. 148) voraus. Letztejre erhalten die Endung -o,_wenn es sich um n e g a t i v geladene Teilchen handelt (Cl = chloro, CN = cyano, OH = 2-

2x1-

hydroxo, O = oxo, O 2 = peroxo); sonst wird der unveränderte Name verwendet (z.B. CO = Carbonyl, NO = Nitrosyl, CH 3 -NH 2 = Methylamin). Ein H2O-Ligand wird mit aqua (früher aquo!), NH 3 mit ammin bezeichnet. Die Oxidationszahl wird durch eine angehängte römische Ziffer angegeben, also z.B. [Co(NH 3 ) 6 ]Cl 3 Hexaarnmincobalt(III)-chlorid, K 4 [Fe(CN) 6 ] Kalium-hexacyanoferrat(II), H 2 [PtCl 6 ]Hydrogen-hexachloroplatinat(IV) oder Hexachloroplatin(IV)-säure. Weitere Beispiele für Namen von Komplexen s. S. 134, 180—186.

Kupfer Kupfer tritt hauptsächlich mit den Oxidationszahlen 2 + und l + auf. Die Kupfer(II)verbindungen stellen eine der seltenen1) Ausnahmen von der Regel dar, daß die höchste positive Oxidationszahl eines Elementes gleich seiner Gruppennummer im ') Als weitere Ausnahmen sind drei- und fünfwertiges Gold, sowie Verbindungen von zwei- und dreiwertigem Silber und drei- und vierwertigem Kupfer zu nennen. Es hat dies seinen Grund darin, daß bei diesen Elementen die Unterschiede in der Energie der s-Elektronen und der d-Elektronen mit der um l niedrigeren Hauptquantenzahl gering sind.

154

Kupfer

Perioden-System ist (vgl. S. 53). Die Verbindungen des einwertigen Kupfers entsprechen in ihren Eigenschaften weitgehend den Silberverbindungen. Sie sind jedoch in der Regel schwierig darzustellen, weil die meisten von ihnen leicht zu den Verbindungen der zweiwertigen Stufe oxidiert werden. Leicht zu erhalten sind das lodid Cul (bei der Reaktion von Cu 2+ - und I"-Ionen bildet sich nicht CuI 2 , sondern es fällt Cul aus und I2 wird frei!), das Cyanid CuCN, das Thiocyanat CuSCN und das Oxid Cu 2 O. Die Verbindungen des zweiwertigen Kupfers sind denen des zweiwertigen Nickels und Eisens (vgl. S. 186 u. 177 f.) ähnlich. Sie sind in kristallwasserhaltiger Form blau oder grün. Die Neigung zur Komplexbildung ist bei beiden Wertigkeitsstufen ausgeprägt. Das Metall ist in reinem Zustand hellrot; meist ist es durch oberflächliche Oxidation dunkler gefärbt. Es schmilzt bei 1083 °C; ein dünner Kupferdraht kann in der Flamme des Bunsenbrenners zum Schmelzen gebracht werden. Kupfer ist wesentlich unedler als Silber; das Oxid zersetzt sich beim Erhitzen auf Rotglut nicht.

1. Kupferhalogenide färben die Flamme b l a u mit grünem Saum. Das Nitrat und andere Verbindungen färben die Flamme gleichmäßig g r ü n . Man bringe am Magnesiastäbchen einmal etwas Kupferchlorid, ein anderes Mal etwas Kupfernitrat in die entleuchtete oxidierende Bunsenflamme. Nach dem Erkalten sieht das Stäbchen schwarz aus, weil sich oberflächlich eine Schicht von Kupferoxid gebildet hat. 2. Die Phosphorsalzperle wird durch Kupferverbindungen in der Oxidationsflamme g r ü n gefärbt. Bringt man zu der Perle ein Stückchen Zinn und glüht nochmals, aber jetzt in der Reduktionsflamme, so wird die Perle infolge der Reduktion des zweiwertigen Kupfers undurchsichtig und d u n k e l r o t , etwa von der Farbe des Packsiegellacks. Man führe diesen Versuch an einem Magnesiastäbchen, nicht am Platindraht durch, da sich das Platin mit dem Zinn legieren würde. Beim Auflösen von Kupfermetall in warmer Salpetersäure oder heißer konzentrierter Schwefelsäure entstehen Verbindungen des z w e i w e r t i g e n K u p f e r s (Kupfer(II)-nitrat bzw. -sulfat). Über die Reaktionen der Kupfer(II)-salze (Cuprum(H)-salze)1) unterrichten folgende Versuche: 3. Natriumhydroxid: Es fällt matt-grünlichblaues K u p f e r(II)hydr i d aus, das beim Aufkochen der Masse zuerst braun und weiterhin schwarz wird, weil es unter Wasserabspaltung über Zwischenstufen in wasserfreies K u p f e r(II)-o i d übergeht. Cu2+ -l- 2OH-^Cu(OH)2 ; Cu(OH)2 ->H2O + CuO. Vgl. S. 79, Anm. 1.

Kupfer

155

4. Ammoniak-Lösung fällt, wenn sie in geringer Menge zugesetzt wird, ebenfalls Kupfer(II)-hydroxid aus. Ein Überschuß von Ammoniak löst die Fällung, wobei sich tiefblau gefärbte Amminkomplexe, im wesentlichen T e t r a a m m i n k u p f e r ( I I ) - I o n e n bilden: Cu2+ + 2NH 3 + 2H 2 O^Cu(OH) 2 + 2NH 4 + Cu(OH)2 + 4NH 3 ^[Cu(NH 3 ) 4 ] 2+ + 2OH-. 5. Hydrogensulfid fällt schwarzbraunes K u p f e r(II)-s u l f i d. Die Fällung werde heiß und in saurer Lösung durchgeführt, da sich dann der Niederschlag leichter in gut filtrierbarer Form absetzt (vgl. auch S. 205). Feuchtes Kupfersulfid wird von der Luft leicht zum Sulfat oxidiert. Läßt man z. B. ein feuchtes Kupfersulfid enthaltendes Filter eine Stunde lang stehen und wäscht dann mit Wasser aus, so geht das gebildete Kupfersulfat in Lösung, und das Filtrat ergibt mit Hydrogensulfid eine durch das Ausfallen von etwas Kupfersulfid bewirkte leichte Braunfärbung. 6. Ammoniumsulfid fällt ebenfalls Kupfer(II)-sulfid. Mit (gelbem) Ammoniumpolysulfid ist die Fällung nicht ganz vollständig; es bleibt etwas Kupfer gelöst. 7. Natriumcarbonat fällt b a s i s c h e s K u p f e r(II)-c a r b o n a t von wechselnder Zusammensetzung. 8. Kalium-cyanoferrat(II) fällt aus neutraler oder schwach saurer Lösung braunes K u p f e r(II)-c y a n o f e r r a t(II), in dem meist ein Teil des Kupfers durch Kalium ersetzt ist. 2Cu2+ + [Fe(CN)6r--».Cu2[Fe(CN)6]. Zur Herstellung von Verbindungen der einwertigen Stufe (Cuprum(I)verbindungen) geht man in der Regel ebenfalls von Kupfer(II)-salzLösungen aus. 9. Am leichtesten ist das Kupfer(I)-iodid herzustellen. Gibt man zu einer Kupfer(II)-salz-Lösung Kaliumiodid, so fällt unter Abscheidung von lod K u p f e r(I)-io d i d.

Durch Zugabe von Schwefligsäure-Lösung wird das braune lod zu Hydrogeniodid reduziert, und die weiße Farbe des Kupfer(I)-iodid-Niederschlages wird deutlich erkennbar.

1 56

Kupfer

10. Kupfer(II)-chlorid und -bromid zerfallen in Lösung nicht von selbst in die Kupfer(I)-verbindung und freies Halogen. Hier ist die Anwendung von Reduktionsmitteln erforderlich. Zur Reduktion sind schweflige Säure oder auch Kupfermetall brauchbar. Man gebe in ein Reagensglas eine stark sahsaure Lösung von Kupfer(II)-chlorid oder -sulfat, füge etwas Kupferpulver zu und koche auf. Das dabei gebildete Kupfer(I)chlorid bleibt, ähnlich wie Silberchlorid, in konzentrierter Salzsäure gelöst in Form der C h l o r o k o m p l e x e [CuCl2]~ und [CuCl3]2~: Cu 2+ +2Cl-+Cu ±0 ^2CuCl Die zunächst grüne Lösung färbt sich erst dunkel 1 ) und wird dann fast farblos. Man gieße die Lösung von dem Kupferpulver ab in viel Wasser. Der Komplex zerfällt, und das schwer lösliche farblose K u p f e r(I)c h l o r i d fällt aus. Filtriert man den Niederschlag ab, so färbt er sich schon nach kurzer Zeit grün, weil feuchtes Kupfer(I)-chlorid von der Luft sehr leicht zu basischem Kupfer(H)-chlorid oxidiert wird. 11. Hinsichtlich der Beständigkeit stehen zwischen dem Kupfer(I)-iodid und dem Kupfer(I)-chlorid das Thiocyanat und das Cyanid. Kupfer(II)sulfatlösung gibt auf Zusatz einer Lösung von Kaliumthiocyanat einen schwarzen unbeständigen Niederschlag von K u p f e r (II) -t h i o c y an a t Cu(SCN)2. Setzt man reichlich Schwefeldioxid- Lösung hinzu, so wird der schwarze Niederschlag heller und nach einiger Zeit weiß; er wird zu K u p f e r (I)-t h i o c y a n a t reduziert. 2Cu(SCN)2 + SO2 + 5H2O -> 2CuSCN + 2SCN' + HSO4- + 3H3O+ . Kupfer(I)-thiocyanat ist in Wasser sehr wenig löslich und kann deshalb zur quantitativen Fällung verwendet werden. 12. Etwas verwickelt ist die Einwirkung von Cyanidionen auf Kupfer (II )-salzlösungen; der Übergang in die Oxidationsstufe 1+ kann verschiedenartig ablaufen. Wird frisch bereitete N atrium cyanidLösung tropfenweise zu KupferfW-sulfat-Lösung gesetzt, so fällt unbeständiges hellbraunes K u p f e r(II)-c y a n i d aus; es wird J

) Diese dunkle Farbe rührt von einer Wechselwirkung zwischen Kupfer(I) und Kupfer(II) her; vgl. S. 177.

Kupfer

157

bald heller und zuletzt - schneller beim Erwärmen — weiß, indem es unter C y a nbildung in K u p f e r(I)-c y a n i d übergeht. Cu2+ + 2CN-->Cu(CN)2 '2Cu(CN) 2 ^2CuCN + (CN) 2 . Die Reduktion verläuft auf Zusatz von Schwefeldioxid-Lösung rascher. Die cyanidhaltigen Reste von den Versuchen 12, 13 und 14 sind nach örtlichen Vorschriften zu beseitigen. 13. Gibt man viel Cyanid-Lösung zu einer Kupfer(II)-salz-Lösung, so löst sich alles zu einer farblosen Lösung, in der das Kupfer in Form eines sehr beständigen K o m p l e x e s [Cu(CN)4]3*mit Kupfer der Oxidationsstufe l + vorhanden ist, der nach der Gleichung Cu(CN) + 3CN-->[Cu(CN)4]3entsteht. In diesem Falle bildet sich kein Cyan1). 14. DasAnion [Cu(CN)4]3~ ist außerordentlich wenig dissoziiert und gibt keine Kupferreaktionen mehr. Man setze zu einer Probe der Lösung etwas Natronlauge: es fällt nichts aus. Dann füge man etwas Ammoniumsulfid-Lösung hinzu: es erfolgt ebenfalls keine Fällung2). Von H3O+lonen wird der Komplex jedoch zerstört. Man gebe unter dem Abzug zu einer Probe der farblosen Flüssigkeit etwas Salzsäure. Es entsteht B l a u s ä u r e , die am Geruch zu erkennen ist (Vorsicht!), und K u p f e r(I)c y a n i d scheidet sich in weißen Flocken aus. Schließlich ist als beständige Verbindung des einwertigen Kupfers noch das Kupfer(I)-oxid zu nennen. Dieses erhält man aus wäßriger Lösung, wenn man eine alkalische Lösung eines Kupfer(II)-salzes reduziert. Um zu verhindern, daß durch den Alkalizusatz Kupfer(II)-hydroxid ausfällt, muß man — wie es S. 153 besprochen ist - geeignete hydroxylhaltige organische Stoffe zugeben. Viel verwendet wird zu diesem Zweck Weinsäure.

15. Man gebe zu einigen Tropfen Kupfer(II)-sulfat-Lösung etwa den doppelten Raumteil einer konzentrierten Weinsäure-Lösung und dann konzentrierte Natronlauge, bis eine tiefblaue Lösung entsteht, die das Natriumsalz eines innerkomplexen T a r t r a t o k u p f e r - I o n s enthält. Diese Lösung führt den Namen „F e h l i n gsche Lösung". Man !

) Die (CN)2-Moleküle (vgl. S. 227) setzen sich nämlich mit den durch das Protonenaustauschgleichgewicht der CN'-Ionen mit Wasser gebildeten OHMonen nach der Gleichung (CN) 2 + 2OH' = OCN' + CN" + H 2 O zu Cyanat- und Cyanid-Ionen um. Dies entspricht völlig der S. 228ff. zu behandelnden Umsetzung der Halogene mit OH"-Ionen. 2 ) Man beachte das abweichende Verhalten des Natrium-cyanozinkats und -cyanocadmats(vgl. S. 168, Nr. 11 und S. 169, Nr. 5).

158

Oxidations-Reduktions-Potentiale

setze zu einer Probe F e h l i n g scher Lösung als Reduktionsmittel ein wenig Traubenzucker-Lösung und erwärme die Mischung. Es scheidet sich zuerst gelbes, bald dichter und dabei rot werdendes K u p f e r(I)o i d ab. Diese Probe wird in der physiologischen Chemie zum Nachweis von Zucker im Harn usw. benutzt.

Oxidations-Reduktions-Potentiale Wie wir S. 58 bereits besprochen haben, treten bei Oxid ations-Reduktions- Vorgängen Übergänge von Elektronen e" auf. Man kann dies ganz ähnlich behandeln wie es S. 1 1 8 ff. für die Protonenübergänge der Säure-Basen-Reaktionen gezeigt worden ist. Auch bei Elektronenübergängen gibt es „korrespondierende Paare"; genannt seien: Ag = Ag+ + e-, Cl~ = Vs C12 + e ~> s"2+ = Sn4+ + 2e ~- Wie die Beispiele zeigen, können solche Paare aus einem Element und den dazugehörigen positiven oder negativen Ionen bestehen; es kann sich aber auch um verschiedene Ladungszustände eines Elements handeln. Da freie Elektronen bei chemischen Umsetzungen ebensowenig auftreten wie freie Protonen, sind bei Oxidations-Reduktions-Reaktionen stets zwei derartige Paare miteinander gekoppelt. Bei den Versuchen l und 2 zeigen wir dies an Beispielen, bei denen M e t a l l e und die dazugehörigen positiv geladenen I o n e n auftreten.

1. Etwas blankes Eisenblech werde im Reagensglas in ein wenig Kupfer(II)-sulfat-Lösung getaucht. Das Blech färbt sich rot, weil sich K u p f e r a b s c h e i d e t , während eine äquivalente Menge E i s e n sich auflöst: ±o ±o 2. Ein Streifen Zinkblech von etwa 10 X 40 mm Größe werde in einem Reagensglas mit wenigen Millilitern der im Laboratorium ausstehenden Zinn(JI)-chlorid-Lösung versetzt. Es scheiden sich auf dem Zinkblech allmählich silberweiß glänzende Kristalle von Z i n n ab, die nadeiförmig, unter Verästelung wachsen („Zinnbaum"), während Z i n k i n L ö s u n g geht: ±o ±o Eine solche Abscheidung eines Metalls in elementarer Form aus der Lösung seiner Ionen durch ein anderes Metall bezeichnet man als Zementation. Die Reaktionen der beiden Versuche verlaufen offenbar deshalb, weil die „unedlen" Metalle Fe bzw. Zn die Elektronen weniger festhalten als die edleren Cu bzw. Sn. Kennt man diese Festigkeit, so kann man den Verlauf von Reaktionen des obigen Typs vorhersagen. Man könrite eine entsprechende Reihenfolge weiterer Metalle durch Versuche der oben genannten Art feststellen; man kann dies aber auch durch S p annungsm essungen an einer „galvanischen Kette" feststellen, bei denen der Elektronenaustausch nicht

Oxidations-Reduktions-Potentiale

159

direkt, sondern durch einen Metalldraht erfolgt und daher messend verfolgt werden kann. Um das Prinzip derartiger Messungen kennenzulernen, baue man sich ein „Daniell-Element" auf, dem die Reaktion Cu 2+ + ->· 2+ + Cu zugrunde liegt 1 ).

3. In ein Becherglas von 250 ml Inhalt stelle man gemäß Figur 25 eine poröse Tonzelle und bringe in den äußeren, zylindrischen Raum ein mit einem Zuleitungsdraht versehenes Kupferblech, in die Tonzelle ein Zinkblech mit Zuleitung. Dann fülle man den äußeren Raum mit Kupfersulfat-, die Tonzelle mit Zinksulfat-Lösung (für beide c(MeSO4) « « 0,5 mol/1)2) etwa bis zu einem Drittel der Höhe des Becherglases; das Niveau der Lösungen innen und außen soll etwa gleich hoch sein. Verbindet man jetzt die Ableitungen des Zink- und des Kupferbleches mit den Klemmen eines Voltmeters, so m i ß t man eine S p a n n u n g von, ca. l ,1 V, wobei der Zn-Pol negativ gegenüber dem Cu-Pol ist. Man unterbreche den Stromkreis und hebe die Versuchsanordnung für Versuch 4 auf.

Voltmeter poröse Tomelle Zink - Blech Kupfer - Blech

Fig. 25. Daniell-Element Auf Grund entsprechender Versuche mit anderen Metallen und Lösungen ihrer zugehörigen Salze kann man eine Spannungsreihe aufstellen, wie sie in Tabelle 6 für einige Metalle und den Wasserstoff, der ja wie diese unter Elektronen-Abgabe positive Ionen zu bilden vermag, angegeben ist. Die hier aufgeführten Spannungswerte (sogenannte Normalpotentiale, s. weiter unten) geben ein quantitatives Maß für die Tendenz der Metalle, unter Bildung in Wasser gelöster positiver Ionen Elektronen abzugeben. Bei unedlen Metallen mit negativen Spannungswerten ist sie groß, bei edlen Metallen mit positiven Werten ist sie gering. Man ersieht ohne weiteres den Zusammenhang mit den Versuchen l und 2. Man erkennt ferner, warum sich Metalle wie K, Zn, Fe, Sn und Pb in Säuren gemäß Me + xH 3 O + ->-Me x+ + X /2H 2 auflösen, edle wie Cu, Ag und Au dagegen nicht. Zur Einordnung des Wasserstoffs in Tab. 6 benötigt man eine W a s s e r s t o f f E l e k t r o d e . Diese kann man sich so herstellen, daß man eine Elektrode aus einem sehr edlen Metall, z. B. Platin, benutzt, an der man Wasserstoffgas vorbeileitet; 1

) Die Versuche 3. und 4. werden am besten in Gruppen in Anwesenheit eines Assistenten durchgeführt. 2 ) Die CuSO4-Lösung darf wegen Versuch 4 keine freie Säure enthalten!

160

Oxidations-Reduktions-Potentiale Tabelle 6

Normalpotentiale einiger Elemente (Spannungsreihe) Volt

K/K+ Ca/Ca 2 + Zn/Zn 2 + Fe/Fe 2+ Sn/Sn 2+ Pb/Pb 2 + H 2 /H 3 0 + Cu/Cu 2 + Ag/Ag+ Au/Au 3 +

-2,92 -2,87 -0,76 -0,44 -0,14 -0,13 ±0,00 + 0,35 + 0,80 + 1,4

die H 2 -Moleküle werden an der Metalloberfläche adsorbiert und sind gegenüber der Lösung potentialbestimmend; das Metall besorgt nur die elektrische Leitung. Man ist übereingekommen, der Wasserstoffelektrode bei 25 °C, einem H 2 -Druck von 1,01325 bar und einer H 3 O + -Ionen-Molalität von l mol/kg 1 ) das Potential Null zuzuordnen. Diese Feststellung ist willkürlich, war aber notwendig, da man den absoluten Wert eines Elektrodenpotentials nicht ohne weiteres angeben kann; denn man braucht - wie Versuch 3 zeigt - immer zwei Elektroden für die Messung und kann nur die D i f f e r e n z ihrer Potentiale messen. Wie wir eingangs dieses Kapitels sahen, sind Elektronenübergänge nicht auf die korrespondierenden Paare von Metallen und ihren Ionen beschränkt. Man kann auch für N i c h t m e t a l l e gegenüber ihren Anionen Potentiale ermitteln; siehe Tab. 7. Danach erklärt sich beispielsweise, warum die S. 28 u. 59 beschriebene Reaktion C12 + 2Br-»· Br2 + 2C1" abläuft. Auch für Reaktionen, bei denen „ U m l a d u n g e n " von Ionen eines Elementes aus einem Oxidationszustand in einen anderen auftreten, kann man Potentiale messen, die man Redoxpotentiale nennt. Dabei kann es sich um einfache Übergänge zwischen zwei Ladungsstufen handeln wie z. B. Fe 2+ ^ Fe3"1" + e"; zur Herstellung entsprechender Elektroden taucht man einen Platindraht in eine Lösung, die beide lonenarten enthält, und zwar für die Bestimmung der Normalpotentiale bei gleicher Molalität (genauer: Aktivität) beider Partner. Es kann sich aber auch um Reaktionen handeln, bei denen mehrere Partner beteiligt sind, wie z.B. bei der oxidierenden Wirkung von Salpetersäure. Die Potentiale für derartige Umladungsreaktionen sind in Tab. 7 mit denen für die lonenbildung von Metallen aus Tab. 6 und von Nichtmetallen vereinigt. Im oberen Teil von Tab. 7 fin1

) Es ist hier zweckmäßig, den Gehalt der Lösung durch die Größe Molalität b, Einheit mol/kg, zu kennzeichnen; vgl. S. 36f. Außerdem muß wegen der gegenseitigen Störung der Ionen (vgl. S. 113) eine Korrektur (Aktivitätskoeffizient) angebracht werden. Da wir uns hier bei Zahlenrechnungen auf wenige überschlägliche Betrachtungen beschränken, sehen wir von dieser Korrektur ab, obwohl sie - auch bei anderen Ionen — erheblich sein kann. Verwendet man als Lieferant der H 3 O -Ionen, z. B. Salzsäure, so muß bei 25 °C deren Molalität o(HCl) = 1 , 1 9 mol/kg betragen damit die Aktivität 1,00 mol/kg ist.

Oxidations-Reduktions-Potentiale

161

den sich die starken R e d u k t i o n s m i t t e l , im unteren die starken Ο χ i d a tionsmittel. Die in den Tabellen 6 und 7 angegebenen Werte sind Normalpotentiale EQ, d.h. sie beziehen sich auf „Normalbedingungen": 25 °C; 1,01325 bar bei Gasen; die Aktivit t der reinen Metalle und die des reinen Wassers (vgl. S. 116, Anm. 1) werden als l festgesetzt; die Molalit t (genauer: Aktivit t) der beteiligten gel sten Ionen wird auf l mol/kg eingestellt (vgl. dazu S. 160, Anm. 1). Tabelle 7 Normalpotentiale EQ bei 25 C reduzierte Form

oxidierte Form

EQ in Volt

Κ ^ Κ+ + eCa^Ca 2+ + 2eΑ1 ^= Α13+ + 3e~ Ζη ^ Ζη 2+ + 2eS2- ^ S + 2eFe ^ Fe 2+ + 2e~ Cr2+ ^ Cr3+ + eSn =^ Sn2+ + 2e" Pb ^ Pb2+ + 2e' 2H 2 0 + H 2 ^ 2 H 3 0 + + 2eSn2* ^ Sn4+ + 2eCu ^ Cu 2+ + 2e4OH- ^ O2 + 2H 2 O + 4e* 21" ^ I 2 + 2e" T^

O^ i pg^T _^ Τ^ HC^*ΐ+ "4" C

Ao ~^ Ao **β ^^ ^^e

^* ^™"

6H 2 O + NO ?* NO3* + 4H3O+ + 3e~ 2Br ^ Br2 + e~ 21 H 2 O+ 2Cr3* ^Cr 2 O 7 2 * + 14H 3 O + + 6e~ 2€Γ ^ C12 + 2e~ yi 1 1 —-fc- A 1 1 J · ^ ^ g™ QT ¥

f\

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f^\~

2+

_^ /^1 f~\

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^TT

f\^

.l. J^ A·

+

12 H 2 O + Mn ^ MnO4- + 8H3O + 5e' 2F-^F2+2e-

-2,92 -2,87 -1,66 -0,76 -0,50 -0,44 -0,41 -0,14 -0,13 ±0,00 + 0,15 +0,35 +0,40 + 0,54 + 0,77 +0,80 +0,96 + 1,07 + 1,33 + 1,36 + 1,4 + 1,44 + 1,51 + 2,87

Eine nderung jener Bedingungen ndert die Potentiale E mehr oder weniger stark. Besonders wichtig ist der Einflu der K o n z e n t r a t i o n . 1 ) Dieser wird durch die N e r n s t sehe Gleichung wiedergegeben: 1

) F r genaue Zahlenrechnungen ist zu beachten, da anstelle der Konzentrationen die Zahlenwerte (s. S. 117, Anm. 1) der in mol/kg gemessenen Molalit ten - korrigiert um den Aktivit tskoeffizienten - einzusetzen sind, weil die Normalpotentiale darauf bezogen sind. F r Drucke gilt entsprechendes. Vgl. dazu S. 113; S. 160 Anm. 1.

162

Oxidations-Reduktions-Potentiale _ _ R· T [Ox] E = En + · In z-F [Red] '

Dabei bedeutet Ox = Oxidierte Form, Red = Reduzierte Form, z ist die. Anzahl der gemäß Tab. 7 in Reaktion tretenden Elektronen. Die Konzentrationen (bzw. bei Gasen die Drucke) von Reaktionspartnern, die mit mehreren Molekülen oder Ionen an dem Redox-Gleichgewicht beteiligt sind, sind zur entsprechenden Potenz zu erheben. Setzt man die Daten für die Gaskonstante R = 8,3 144 Joule je Kelvin und Mol und die auf ein einwertiges Ion bezogene Faraday-Konstante F = 96485 Coulomb 1 ) je Mol ein, so erhält man für T= 298 K bei Verwendung dekadischer Logarithmen ):

Handelt es sich um ein Metall Me, so ist laut Definition (vgl. S. 161) [Red] = l und es gilt E = E0 + (0,059/z) · log[Mez+] V; bei einem Nichtmetall X gilt entsprechend £- = £- 0 -(0,059/z)-log[X z -]V. Bei Redoxgleichgewichten sind beide Konzentrationen von Bedeutung; z. B. gilt für das Paar: Fe 3+ /Fe 2+ : E = {0,77 + 0,059 · log([Fe 3 +]/[Fe 2+ ])} V; das Potential ist um so stärker positiv, d. h. die Oxidationswirkung ist um so größer, je höher der Gehalt der Lösung an Fe3+ und je kleiner er an Fe2+ ist. Daß die Oxidationswirkung von MnO4- (vgl. S. 1 94 ff.) außer von den Konzentrationen von MnO4- und Mn 2 + auch sehr stark vom pH-Wert abhängig ist, zeigt die nach der vorletzten Zeile von Tab. 7 angesetzte Gleichung:

4. Man löse in der CuSO4-Lösung der Zelle von Versuch 3 unter Umrühren festes Natriumcyanid auf, bis die Flüssigkeit farblos geworden ist; die Spannung kehrt ihr Vorzeichen um; während vorher Zink der negative Pol war, ist es jetzt das Kupfer. Durch die Bildung des Cyanokoml

) Das Coulomb ist die SI-Einheit der elektrischen Ladung; l Coulomb ist gleich l Ampere · Sekunde; l C = l A · s. Dividiert man die Faraday-Konstante F durch die Avogadro-Konstante N& (vgl. S. 143, Anm. 1), so erhält man F/N^ - e = 1,6022 · l O"19 C; das ist die Größe e der S. 46 u. 50 ohne Zahlenangabe erwähnten Elementarladung. 2 ) Man bbeachte die Ähnlichkeit mit der Gleichung für den Protonenaustausch (S. 121):

Oxidations-Reduktions-Potentiale

163

plexes (vgl. S. 156f.) ist die Konzentration der Kupfer-Ionen 1 ) äußerst klein geworden; log[Ox] nimmt für die Kupfer-Elektrode einen stark negativen Wert an, £Cu wird trotz des positiven £0-Wertes negativer als - 0,76 V. Cyanidhaltige Lösung nach dem Versuch nach örtlicher Vorschrift beseitigen! Der Einfluß der Konzentration erklärt es auch, warum sich S i l b e r , obwohl sein £\)-Wert positiv ist, in konz. Lösungen von H y d r o g e n i o d i . d unter Wasserstoffentwicklung auflöst. Die sich bildenden lodoargentat-Ionen, [AgI 4 ] 3 und andere, dissoziieren nur äußerst wenig unter Bildung von Ag + -Ionen und damit wird das Potential Ag/Ag+ negativ. In ähnlicher Weise ist zu erklären, daß sich Gold und Platin nur dann in Salpetersäure lösen, wenn Cl"-Ionen vorhanden sind; vgl. S. 63. Wenn man in den Außen- und Innenraum der Anordnung von Versuch 3 Lösungen bringt, die das gleiche Metall-Kation in verschiedener Konzentration enthalten, und in beide Lösungen das gleiche, entsprechende Metall als Elektrode taucht („K o nz e n t r a t i o n s k e t t e"), so kann man aus dem Potential dieser Kette mittels der N e r n s t sehen Gleichung den Konzentrations-Unterschied zwischen den beiden Lösungen ermitteln. Ist die eine Konzentration bekannt, so ergibt sich aus der Messung die andere. In dieser Weise kann man z. B. vermittels Wasserstoffelektroden oder anderer Elektroden, die auf die H 3 O -lonenkonzentration ansprechen, den pH-Wert von Lösungen bestimmen. Potentiale können natürlich nur angeben, ob eine Reaktion möglich ist, sie können aber nichts darüber aussagen, ob sie auch tatsächlich eintritt. Viele Umsetzungen mit Elektronenübergängen laufen nicht ab, obwohl ^ie nach den Potentialen möglich sind. Solche „ R e a k t i o n s h e m m u n g e n " treten namentlich dann auf, wenn mehratomige G a s e beteiligt sind; vgl. über die analoge Hemmung beim Knallgas S. 1 08 f. Eigentüch müßten alle Oxidationsmittel mit Potentialen > + 0,81 V aus Wasser Sauerstoff frei machen. Der Wert dieser Potentialgrenze ergibt sich durch folgende Überlegung: Für 4HCT ^ O 2 + 2H 2 O + 4e~ ist E0 = + 0,40 V. Nach der N e r n s t sehen Gleichung gilt: E = (0,40 + 0,059 · log ^°* ] V. V IUH J / Bezgl. der Aktivität des Wassers vgl. S. 116,Anm. 1. Da E0 fürpo = 1,01325 bar und [OH"] ^ 1 mol/1 gilt, während in neutralen Lösungen [OH~] ~ lO^ 7 mol/1 beträgt, sollte Sauerstoff gegen den Atmosphärendruck entweichen, wenn das Potential des Oxidationsmittels positiv größer ist als E = (0,40 + 0,059 · 7) V - 0,81 V. Tatsächlich entwickeln aber z.B. Lösungen von MnO 4 ~ oder C1O3" von l mol/1 aus wäßriger Lösung keinen Sauerstoff, obwohl sie jene Bedingung auch noch in neutralem Medium erfüllen (die in Tab. 7 für die beiden Stoffe angegebenen E0-Werte

1

) Daß der Komplex nicht Kupfer(II), sondern Kupfer(I) enthält (vgl. S. 156f.), ist ohne Bedeutung; denn das Potential Cu/Cu + ist dem Potential Cu/Cu 2+ nahezu gleich.

164

Oxidations-Reduktions-Potentiale

gelten für [H 3 O + ] « l mol/1). Nur Fluor vermag mit Wasser unter O 2 -Entwicklung zu reagieren; vgl. S. 226. Nach Lage der Potentiale sollte man erwarten, daß sich die Edelmetalle aus ihren Salzlösungen durch Wasserstoff abscheiden und Oxidationsmittel wie Salpetersäure durch Wasserstoff reduzieren ließen; diese Reaktionen sind aber unter normalen Bedingungen ebenfalls vollständig gehemmt. Umgekehrt sollte man erwarten, daß alle Metalle, deren £"0-Wert negativer als - 0,41 V ist, aus Wasser H 2 frei machen. Nur einige, z. B. Natrium, tun dies tatsächlich. In anderen Fällen können aber zwei Erscheinungen, die im folgenden besprochen werden, dies behindern: die Bildung von Deckschichten und die Überspannung. Manche unedle Metalle wie z. B. Aluminium (vgl. S. 132) überziehen sich an der Luft mit einer festhaftenden Deckschicht von Hydroxid und Oxid, die beide in Wasser fast unlöslich sind und deshalb vor weiterem Angriff schützen. Verhindert man, daß die Oxidationsprodukte am Metall fest haften, so setzen sich die Metalle mit Wasser um, wie es der folgende Versuch für das Aluminium zeigt:

5. Man verreibe auf der Oberfläche eines Aluminiumbleches einen Tropfen QuecksilberflD-chlorid-Lösung unter Zuhilfenahme z. B. eines Korkes. Unter Zerstörung der Deckschicht überzieht sich diese Stelle mit Quecksilber, das durch das unedlere AI zementiert wird. Man lege das Blech in eine Porzellanschale, an deren Boden sich so wenig Wasser befindet, daß das amalgamierte Blech nicht benetzt wird, und bedecke die Schale mit einem Uhrglas. Langsam, evtl. erst bis zum nächsten Tage, wachsen unter Einwirkung der feuchten Luft aus dem Blech weiße Faserbüschel von A l u m i n i u m h y d r o x i d heraus, die m a n F a s e r t o n e r d e nennt. Auch Zink überzieht sich an der Luft mit einer gegen Einwirkung von Wasser schützenden Deckschicht. Da Zinkoxid und -hydroxid säurelöslich sind, wird das Metall nach Auflösen der Deckschicht von Säuren ebenfalls angegriffen. Diese Reaktion und die damit verbundene Wasserstoffentwicklung verlaufen jedoch bei s e h r r e i n e m Z i n k nur sehr langsam; es handelt sich dabei aber nicht um eine Veränderung des unedlen Gleichgewichtspotentials des Zinks, sondern nur um eine Frage der Reaktionsgeschwindigkeit. Die Erscheinung ist aber so ausgeprägt, daß man sie grob so beschreiben kann, als ob eine erhebliche Wasserstoffentwicklung erst bei einem negativeren Potential erfolge. Diese Potentialverschiebung, die man auch angenähert messen kann, nennt man Überspannung des Wasserstoffs am Zink. Sie tritt auch an anderen Metallen auf. Eine wichtige Rolle spielt sie z. B. beim Blei; ohne die Überspannung wäre der Bleiakkumulator, bei dem die Reaktion Pb + PbO2 + 2H 2 SO 4 ^2PbSO 4 + 2H 2 O abläuft, gar nicht möglich.

6. Man übergieße ein Stückchen reines Stangenzink mit einigen Millilitern reiner verdünnter Schwefelsäure und setze einige Tropfen reiner konzentrierter Schwefelsäure zu. Es tritt nur eine geringe Wasserstoff-

Elemente der Gruppe 2 B

165

entwicklung auf, selbst wenn man die Mischung erwärmt. Die Umsetzung wird aber lebhaft, sobald man das Zinkstück mit einem Platindraht berührt. Man achte darauf, daß die Wasserstoffentwicklung nicht vom Zink, sondern vom Platindraht ausgeht. Sobald sich Zink und Platin nicht mehr berühren, hört die Gasentwicklung auf. Diese Beobachtung ist so zu erklären, daß das Platin zwar auch eine Überspannung für Wasserstoff besitzt, aber eine kleinere als das Zink. Ebenso wie Platin wirken alle anderen Metalle mit kleinerer Überspannung für Wasserstoff wie z. B. Fe, Cu, Ag. Enthält das Zink solche Metalle in kleiner Menge als Verunreinigung, so löst es sich rascher in Säure, weil die Wasserstoffabscheidung, die an den Verunreinigungen abläuft, einer geringeren Hemmung unterliegt. Wenn die Verunreinigungen in der ganzen Zinkprobe fein zerteilt vorliegen, spricht man von L o k a l e l e m e n t e n . Will man eine kräftige Wasserstoffentwicklung durch Auflösen von reinem Zink in Säure erzielen, so macht man von jener Erscheinung Gebrauch, indem man der auflösenden Säure einen Tropfen einer Kupfersulfat- oder Silbernitrat-Lösung zufügt.

7. Man wiederhole den Versuch 2 nach Zugabe von etwas konz. Salzsäure zu der Zinn(II)-chlorid-Lös\ing. Auch in diesem Fall scheidet sich am Zinkblech Z i n n in schwammiger Form aus, daneben entwickelt sich W a s s e r s t o f f . Entfernt man das Zinkblech aus der Lösung und wischt das anhaftende Zinnmetall in die salzsaure Lösung, s o löst es sich wieder auf. 8. Man führe den Versuch 7 so aus, daß man einen Eisennagel in die salzsaure ZinndD-chlorid-Lösung bringt; es erfolgt keine Abscheidung von Zinnmetall, sondern nur Entwicklung von W a s s e r s t o f f . Der Grund für dieses verschiedene Verhalten ist der folgende: An sich sind sowohl Zink als auch Eisen unedler als Zinn; dieses müßte also von beiden Metallen abgeschieden werden. Noch edler ist aber nach Tab. 7 der Wasserstoff; danach sollte dieser bei beiden Versuchen abgeschieden werden. Mit Eisen, an dem der Wasserstoff nur eine kleine Überspannung hat, ist das auch tatsächlich der Fall. Am Zink ist jedoch die Überspannung des Wasserstoffs wesentlich größer, und deshalb scheidet sich neben Wasserstoff auch Zinnmetall ab, dessen Zementation durch keine Überspannung gehemmt wird. Entfernt man das Zinkmetall, so löst sich, der Reihenfolge der Potentiale entsprechend, das Zinnmetall in der Säure wieder auf. Seine Abscheidung im ersten Abschnitt des Versuchs muß also noch eine weitere Voraussetzung haben: Die Zementation des Zinns durch das Zink muß mit größerer Geschwindigkeit verlaufen als die Wiederauflösung des Zinns durch die Säure, die ja auch schon im ersten Versuchsabschnitt neben der Abscheidung einher gelaufen sein muß.

Elemente der Gruppe 2 B Während die Verbindungen des Kupfers und Silbers charakteristische Unterschiede gegenüber denen der Alkalimetalle zeigen, ist die Ähnlichkeit zwischen den Verbin-

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Zink

düngen des Zinks, Cadmiums und zweiwertigen Quecksilbers und denen der Erdalkalimetalle und besonders denen des Magnesiums wesentlich größer. Wie das Magnesium bilden s i e r e i c h l i c h l ö s l i c h e H a l o g e n v e r b i n d u n g e n (Ausnahme HgI 2 ), N i t r a t e u n d S u l f a t e sowie w e n i g l ö s l i c h e H y d r o x i d e (bzw. beim Quecksilber ein wenig lösliches Oxid), C a r b o n a t e und P h o s p h a t e . Charakteristische U n t e r s c h i e d e liegen in folgendem: Einmal bilden sie, wie nahezu alle Metalle der B-Gruppen, sehr wenig lösliche Sulfide; Zinksulfid ist farblos, Cadmiumsulfid gelb, Quecksilbersulfid rot (Zinnober) bzw. schwarz. Die Löslichkeit nimmt vom Zink- zum Quecksilbersulfid ab; HgS ist das am wenigsten lösliche aller Sulfide. Zweitens ist die Neigung zur Komplexbildung, die auch für das Verhalten der Elemente der l B-Gruppe charakteristisch ist, hier ebenfalls groß. Schließlich ist der Basencharakter w e n i g e r a u s g e p r ä g t als in der 2A-Gruppe. Zinkhydroxid ist, wie Berylliumhydroxid, amphoter, löst sich also nicht nur in Säuren, sondern auch in Laugen. Erst Cadmiumhydroxid entspricht in der Stärke seines basischen Charakters angenähert dem Magnesiumhydroxid. Während Zink und Cadmium in Verbindungen nur z w e i w e r t i g vorkommen, bildet das Quecksilber auch einige, allerdings nicht sehr beständige Verbindungen d e r e i n w e r t i g e n Stufe. Die Metalle sind durch niedrige Schmelz- und Siedepunkte ausgezeichnet. Zink schmilzt bei 419 °C und siedet bei 908 °C. Die Daten für Cadmium sind 321 °C und 767 °C, für Quecksüber - 38,9 °C und 357 °C. Der Unterschied in der Edelkeit gegenüber den Erdalkalimetallen ist nicht so groß wie zwischen den Gruppen l A und IB. Wie in der Gruppe l B nimmt der edle Charakter mit steigendem Atomgewicht zu. Während Quecksilber schon zu den Edelmetallen gehört, verdanken Zink und Cadmium ihre Beständigkeit gegenüber Luft, wie S. 164 besprochen, der Bildung einer dünnen, festhaftenden Oxidschicht, ähnlich wie es beim Aluminium der Fall ist.

Zink 1. Ein Stückchen Zink werde auf Kohleunterlage mit der oxidierenden Stichflamme des Lötrohrs oder der Gebläse flamme stark erhitzt. Es schmilzt und verbrennt mit bläulichweißer fahler Flamme. Dabei steigt ein weißer Rauch von Z i n k i d auf, der sich zum Teil auf der Kohle in der Nähe des Metalls als weißer „ B e s c h l a g " niedersetzt. Der Beschlag zeigt, solange er heiß ist, eine gelbe Farbe. Die hier beobachtete Erscheinung, daß sich die Farbe eines Stoffes mit steigender Temperatur vertieft, findet sich oft.

Man führe mit etwas Zinksalz-Lösung die folgenden Umsetzungen der Zinksalze aus: 2. Natronlauge: Bei tropfenweisem Zusatz fällt zunächst weißes flockiggelatinöses Z i n k h y d r o x i d aus.

Zink

167

3. Ein Überschuß an Natronlauge löst das Zinkhydroxid unter Bildung von H y d r o x o z i n k a t - I o n e n : Zn(OH)2 + 20H-^[Zn(OH) 4 ] 2 -. 4. Wird in Natronlauge so viel Zinkhydroxid eingetragen, daß etwas ungelöst bleibt, und wird die Natriumzinkat-Lösung dann abfiltriert, mit Wasser verdünnt und zum Kochen erhitzt, so fällt Z i n k h y d r o x i d daraus zum Teil wieder aus. Wird die Natriumzinkat-Lösung mit Natriumchlorid-Lösung verdünnt, so fällt Zinkhydroxid sofort aus; nach einiger Zeit ist die Abscheidung fast quantitativ. Die Erklärung für dieses Verhalten liegt darin, daß das Gleichgewicht der Reaktion Zn(OH) 2 + 2OH- ^ [Zn(OH) 4 ] 2 - nur bei großer OHMonenkonzentration auf der rechten Seite liegt. Beim Verdünnen wird [OH"] kleiner. Das gebildete Zinkhydroxid kann unter Umständen k o l l o i d gelöst bleiben (vgl. dazu S. 204f.). Durch Erwärmen oder Elektrolytzusatz werden aber Kolloide „ausgeflockt".

5. Eine Probe des erhaltenen Zinkhydroxids werde auf der Magnesiarinne geglüht; der weiße Glührückstand (Zinkoxid) werde mit e i n e m Tröpfchen sehr verdünnter Cobaltnitrat-Lösung befeuchtet und nochmals geglüht. Er erscheint jetzt grün gefärbt („R i n m a n s G r ü n " ) ; es hat sich, je nach den Bedingungen, ein Mischkristall von wenig Cobalt(II)-oxid in viel Zinkoxid oder ein Spinell ZnO · Co2O3 gebildet. 6. Ammoniak: Durch wenig Ammoniak-Lösung wird Zinkhydroxid ausgefällt. Ein Überschuß von Ammoniak-Lösung löst den Niederschlag schnell auf unter Bildung von k o m p l e x e n A m m i n z i n kI o n e n , vornehmlich [Zn(NH 3 ) 4 ] 2+ . Das Verhalten entspricht vollkommen der S. 155 behandelten Umsetzung von Kupferhydroxid. Enthält die Lösung Ammoniumionen in ausreichender Konzentration oder H3O+-Ionen, so.daß sich jene beim Ammoniakzusatz bilden, so fällt überhaupt kein Zinkhydroxid aus. Dieses Verhalten entspricht vollkommen dem des Magnesiumhydroxids; vgl. S. 102 u. 129f. 7. Natriumcarbonat fällt b a s i s c h e s Z i n k c a r b o n a t wechselnder Zusammensetzung. 8. Hydrogensulfid: Wenn man zu einer schwach mit Salzsäure angesäuerten Zinksalz-Lösung wäßrige Hydrogensulfid-Lösung gibt, so fällt nichts aus. Aus neutraler Lösung fällt weißes Z i n k s u l f i d, jedoch

168

Zink

ist die Fällung unvollständig, da die bei der Umsetzung frei werdenden Protonen H3O+-Ionen bilden: Zn2+ + H2S + 2H 2 O->ZnS + 2H3O+. Gibt man jedoch reichlich Natriumacetat zu, so daß die entstehenden Protonen großenteils als Essigsäure gebunden werden, so wird die Fällung q u a n t i t a t i v . 9. Ammoniumsulfid fällt ebenfalls weißes S u l f i d ; ein Zusatz von Ammoniumchlorid befördert die Abscheidung (kolloid-chemische Erscheinung; vgl. S. 204ff.). 10. Natriumphosphat: Nach der auf S. 102f. beim Magnesium gegebenen Vorschrift, jedoch mit s e h r g e r i n g e m Ammoniaküberschuß (sonst Bildung eines löslichen Ammins), fälle man A m m o n i u m - z i n k p h o s p h a t NH4ZnPO4. Beim Glühen geht dieses, der Magnesiumverbindung entsprechend, in das D i p h o s p h a t Zn2P2O7 über. 11. Natriumcyanid: Gibt man zu einer Zinksalz-Lösung t r o p f e n w e i s e Alkalimetallcyanid-Lösung, so fällt weißes Z i n k c y a n i d Zn(CN)2. Ein Überschuß löst den Niederschlag unter Bildung von C y a n o z i n k a t-Komplexen: Zn(CN) 2 + 2CN-^[Zn(CN) 4 ] 2 -. Aus dieser Lösung wird — falls nicht ein zu großer Cyanidüberschuß verwendet worden ist — mit Ammoniumsulfid-Lösung Z in k su lfid 1 gefällt ); der Komplex ist also verhältnismäßig schwach. 12. Man versetze eine sehr stark verdünnte Zinksalz-Lösung mit etwa dem gleichen Volumen verdünnter Natronlauge. Schüttelt man diese Lösung mit wenigen Millilitern einer Lösung von 10 mgDithizon (= 1,5Diphenylthiocarbazon C6H5 - N = N - CS - NH - NH - C6H5) in 100 ml Kohlenstofftetrachlorid (Carbontetrachlorid2), so schlägt die grüne Farbe der Kohlenstofftetrachlorid-Lösung in r o t um, und auch die w ä ß r i g e S c h i c h t färbt sich rot. Sehr empfindliche Reaktion. Ähnliche Reaktionen mit Dithizon geben viele andere Schwermetalle. 1

) Man beachte den Unterschied im Verhalten des Cyanozink- und des sich entsprechend verhaltenden Cyanocadmium-Komplexes gegenüber der Kupferverbindung (S. 157, Nr. 14). 2 )vgl. S. 79, Anm. 1.

Cadmium - Quecksilber

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Cadmium Cadmiumverbindungen sind starke Gifte; schon geringe Konzentrationen sind gefährlich.

1. Man erhitze ein auf Kohle liegendes Stückchen Cadmium mit der Lötrohrflamme \ es schmilzt und verbrennt zu gelbbraunem C a d m i u m o i d, das sich zum Teil auf der Kohle als Beschlag niederschlägt, zum Teil als Rauch entweicht. C a d m i u m s a l z -Lösungen verhalten sich den entsprechenden Z i n k s a l zLösungen so ä h n l i c h , daß es genügt, auf folgende U n t e r s c h i e d e hinzuweisen:

2. Der mit Natronlauge oder Ammoniak-Lösung fallende Niederschlag von C a d m i u m h y d r o x i d ist zwar ebenso wie Zinkhydroxid in überschüssiger Ammoniaklösung löslich (Amminbildung), jedoch nicht in überschüssiger verd. Natronlauge. 3. Das gelbe C a d m i u m s u l f i d ist bei Zimmertemperatur in verdünnten Mineralsäuren s e h r w e n i g l ö s l i c h . I n konzentrierten Mineralsäuren löst es sich jedoch auf. 4. Mit Sodalösung fällt basisches oder neutrales C a r b o n a t . 5. Man führe ferner die beim Zink unter Nr. 10 und 1 1 beschriebenen Umsetzungen mit Cadmium salz-Lösungen aus. Quecksilber Während Zink und Cadmium sowie ihre Verbindungen einander sehr ähnlich sind, finden sich beim Quecksilber trotz mancher Analogien zu jenen Elementen auch wesentliche Verschiedenheiten. Schon beim Metall selbst fallen der besonders tiefe Schmelzpunkt und die niedrige Siedetemperatur auf. Ferner ist Quecksilber wesentlich edler als Zink und Cadmium. Beim Erhitzen auf etwa 350 °C verbindet es sich zwar mit dem Luftsauerstoff zum Oxid; beim Erhitzen auf höhere Temperaturen zerfällt dieses jedoch, wie wir S. 58 bereits gesehen haben, wieder in Metall und Sauerstoff. Die wenig beständigen Verbindungen von Quecksilber mit der Oxidationszahl 1 + enthalten keine Hg+-, sondern [Hg2]2'1' -Ionen, in denen zwei Hg+-Teilchen mit je einem s-Elektron durch eine Atombindung verbunden sind, ganz ähnlich wie sich zwei -Atome zum H2 -Molekül vereinigen. In den Löslichkeitsverhältnissen zeigen Hg(I)-Verbindungen eine gewisse Ähnlichkeit mit den entsprechenden Silberverbindungen. Bei vielen Umsetzungen disproportionieren sie in Quecksilber(II)-salze und metallisches Quecksilber:

Die Halogenide von Quecksilber mit der Oxidationszahl 2+ lösen sich in Wasser ziemlich reichlich, nur das lodid ist wenig löslich. Das Quecksilber(II)-Ion neigt stark zur Bildung von kovalenten Bindungen. Damit hängt zusammen, daß es zahlreiche Köm-

170

Quecksilber

plexe bildet und daß einige Quecksilber(II)-salze, die Halogenide und das Cyanid, in wäßriger Lösung nur in sehr geringem Umfang in Ionen zerfallen. In geringem Maße findet man diese Erscheinungen auch bei Halogeniden anderer Schwermetalle, z.B. Zn, Cd, besonders bei ihren lodiden. Aber die genannten Hg(II)-Verbindungen sind extreme Beispiele für schwach dissoziierende Salze. Beim Arbeiten mit Quecksilber und seinen Verbindungen beachte man folgendes: I . L ö s l i c h e Q u e c k s i l b e r v e r b i n d u n g e n s i n d starke Gifte. M a n arbeite also mit größter Vorsicht und reinige Geräte und Hände sorgfältig. A u c h der Dampf des Quecksilbermetalls führt zu schweren g e s u n d h e i t l i c h e n S c h ä d i g u n g e n , namentlich dann, wenn man ihn längere Zeit einatmet. Es ist deshalb unbedingt zu vermeiden, daß Quecksilbertropfen verstreut werden, in Ritzen kommen usw. Auch wenn man nichts Derartiges beobachtet, sind Räume, in denen mit Quecksilber gearbeitet wird — und das sind praktisch alle physikalischen und chemischen Laboratorien — reichlich zu lüften. II. Quecksilber m e t a 11 legiert sich mit vielen Metallen (z.B. den Alkali- und Erdalkalimetallen, Kupfer, Silber, Blei, Zink) leicht zu A m a l g a m e n . Bringt man also Quecksilbermetall oder -salze in die Abgüsse, so werden die Bleileitungen beschädigt u n d undicht. A l l e Q u e c k s i l b e r r e s t e g e h ö r e n i n e i n im Laboratorium aufgestelltes Sammelgefäß!

1. Man bringe mit Hilfe eines Glasröhrchens von der Form der Fig. 26 einen kleinen Quecksilbertropfen von der Größe eines Stecknadelkopfes auf eine blanke Kupfermünze zu einem Tropfen verdünnter Salpetersäure und reibe mit einem Bäuschchen Filtrierpapier: das Kupfer überzieht sich mit einer Schicht Kupferamalgam und Quecksilber; es wird „verquickt" oder „amalgamiert". Beim Erwärmen (Abzug!) geht der Quecksilberüberzug wieder fort.

Fig. 26. Quecksilber-Pipette Q u e c k s i l b e r löst sich in heißer, konzentrierter Schwefelsäure zu Q u e c k s i l b e r(II)-s u l f a t. Salpetersäure wirkt je nach den Versuchsbedingungen verschieden. Mäßig konzentrierte Salpetersäure bildet mit überschüssigem Metall Q u e c k s i l b e r(I)-n i t r a t; heiße, konzentrierte Salpetersäure im Überschuß oxidiert zum Q u e c k s i l b e r (II)-n i t r a t.

Verhalten der Quecksilber(II)-salze. 2. Eine für die folgenden Versuche geeignete Q u e c k s i l b e r (II)-n i t r ä t-Lösung, die frei von überschüssiger Säure ist, erhält man durch kurzes Aufkochen von etwas Quecksilber(II)-oxid mit wenig verdünnter Salpetersäure und Ab filtrieren der Lösung von überschüssigem Oxid. Die so bereitete Lösung, die

Quecksilber

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gewöhnlich etwas Hydroxidnitrat enthält, werde zu den folgenden Umsetzungen der Quecksilber(II)-salze benutzt. 3. Natronlauge: Zu einer Probe Quecksilber(II)-nitrat-Lösung werde sehr wenig Natronlauge gesetzt: es fällt weißes Q u e c k s i l b e r (II)h y d r o x i d - n i t r a t . Setzt man mehr Natronlauge hinzu, so wird die Farbe des Niederschlags gelb, weil er in Q u e c k s i l b e r (II)o i d übergeht. Hg2+ + NO3- + OH' -> HgNO3 (OH) HgNO 3 (OH)+OH-^HgO + H2O + NO 3-. Es bildet sich also wie beim Silber an Stelle des erwarteten Hydroxids unter H 2 OAbspaltung das Oxid. Dieses durch Fällung bereitete Quecksilber(II)-oxid sieht gelb, das durch Erhitzen von Quecksilber(II)-nitrat erhaltene rot aus. Ersteres ist feiner verteilt und deshalb umsetzungsfähiger als letzteres; deswegen wird es in den chemischen Laboratorien vorzugsweise benutzt.

4. Natriumcarbonat fällt braunrotes Q u e c k s i l b e r(II)-c a r b on a t - h y d r o x i d von wechselnder Zusammensetzung. 5. Ammoniak-Lösung gibt einen weißen Niederschlag, der neben basischen Verbindungen wechselnder Zusammensetzung Q u e c k s i 1b e r ( I I ) - a m i d - n i t r a t Hg(NH2)NO3 enthält: Hg2+ + NO3- + 2NH 3 -*Hg(NH 2 )NO 3 + NH4+. Ein entsprechender, besonders schwer löslicher Niederschlag („P r ä z ip i t a t") bildet sich mit Q u e c k s i l b e r(II)-ch l o r i d. 6. Natriumiodid erzeugt, wenn man es in geringer Menge zusetzt, einen hellroten Niederschlag von Q u e c k s i l b e r(II)-i o d i d.

Ein Überschuß von Natriumiodid-Lösung löst das Quecksilber(II)-iodid zu einer blaßgelben Lösung, die l o d o m e r c u r a t - I o n e n enthält:

7. Aus dieser Lösung kann durch Natronlauge keine Quecksilberverbindung gefällt werden, weil das [HgI4]2~-Ion kaum dissoziiert ist. Auf Zusatz von Ammoniumsulf id fällt jedoch Quecksilber(II)-sulfid aus. Eine s t a r k a l k a l i s c h e Lösung von Natrium-iodomercurat wird, wie bereits S. 94 erwähnt wurde, als Reagens auf A m m o n i a k benutzt. Dabei bildet sich

172

Quecksilber

das lodid der M i 1 1 o n sehen Base, die man vereinfacht als HgNHgOH formulieren kann.

8. Hydrogensulfid gibt zunächst einen hellgefärbten Niederschlag, der im wesentlichen aus Q u e c k s i l b e r(II)-n i t r a t - s u l f i d besteht. 2Hg2+ + 2NO3- + H2S + 2H2O ^Hg2(NO3)2S + 2H3(T. Beim weiteren Einleiten bildet sich das außerordentlich wenig lösliche schwarze Q u e c k s i l b e r(II)-s u l f i d : Hg 2 (NO 3 ) 2 S+ H2S + 2H2O -+2HgS + 2H3O+ + 2

3'.

Nachdem sich der Niederschlag abgesetzt hat, gieße man die Lösung ab, wasche einmal durch Dekantieren mit Wasser nach und erwärme den Rückstand mit halbkonzentrierter Salpetersäure (s. S. 63, II); er löst sich nicht, wird aber oft wieder hell, weil sich erneut das Nitrat-sulfid bildet. Mit einem Gemisch von Salz- und Salpetersäure löst sich Quecksilber(II)-sulfid jedoch leicht auf. Die l ö s e n d e Wirkung des Königswassers (vgl. S. 63 u. 163) beruht auch hier auf der Vereinigung der Oxidation mit der Bildung einer äußerst wenig dissoziierten Verbindung durch die d'-Ioneri der Salzsäure. 9. Ammoniumsulfid- und Natriumsulfid-Lösungen fällen ebenfalls HgS, das vom Überschuß des ersteren nicht gelöst wird. Dagegen löst es sich ziemlich leicht in überschüssiger Na2S-Lösung. Die geringe Dissoziation der Quecksilber(II)-halogenide erkennt man durch folgende Versuche: 10. Eine Probe festes Quecksilber(H)-chlorid werde mit etwas konzentrierter Schwefelsäure in einem Reagensglas erhitzt (Abzug!): es entweicht kein Hydrogenchlorid. Beim Sieden der Schwefelsäure destilliert mit ihren Dämpfen unzersetztes Quecksilber(II)-chlorid hoch und verdichtet sich in den kälteren Teilen des Reagensglases zu Kristallnadeln. Dieser Versuch zeigt gleichzeitig, daß Quecksilber(II)-chlorid — im Gegensatz zu den echten Salzen — leicht flüchtig ist. Daher rührt auch die Bezeichnung „Sublimat" für das Quecksilber(II)-chlorid. Allerdings ist dieser Ausdruck nicht korrekt; denn unter S u b l i m i e r e n versteht man nach S. 94, Nr. 6 den direkten Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand. Quecksilber(II)-chlorid dagegen d e s t i l l i e r t bei Atmosphärendruck, d. h., beim Erhitzen schmilzt es zunächst und siedet erst bei höherer Temperatur.

11. Man erhitze etwas festes QuecksilberflD-chlorid im Glührohr (Abzug!) und beobachte den Schmelz- und Verdampfungsvorgang.

Quecksilber

1 73

Daß Q u e c k s i l b e r(II)-c y a n i d n o c h w e n i g e r d i s s o z i i e r t ist als Quecksilber(II)-chlorid, erkennt man an folgenden Versuchen:

12. Zu einer Probe QuecksilberffD-cyanid-Lösung gebe man etwas Natronlauge; es fällt nichts aus. Auch mit Natriumiodid-Lösung bildet sich kein Niederschlag. Erst auf Zusatz von Ammoniumsulfid tritt Fällung von Q u e c k s i l b e r(II)-s u l f i d ein. Quecksilber(H)-chloridLösung hingegen gibt mit allen drei Reagentien N i e d e r s c h l ä g e . 13. Eine Probe Quecksilber(II)-oxid werde mit etwas frisch bereiteter Natriumcyanid-Lösung übergössen; sie löst sich zu Q u e c k s i l b e r(II)-c y a n i d auf: HgO + 2CN- +

2

^ ^(

)2 + 2OH'.

Das Quecksilber(II)-cyanid ist so wenig dissoziiert, daß sogar die wenigen Hg 2+ lonen, die sich gemäß dem kleinen Löslichkeitsprodukt des HgO in der Lösung bilden, sich noch mit CN'-Ionen vereinigen; dadurch wird das Löslichkeitsprodukt des HgO unterschritten, und der Prozeß geht weiter, bis entweder das gesamte HgO aufgelöst oder bis Gleichgewicht mit dem Bodenkörper erreicht ist. Die geringe Dissoziation des gelösten Quecksilber(II)-cyanids macht sich auch dadurch bemerkbar, daß das Gleichgewicht CN"+ H 2 O^HCN + OH" nicht zu einer durch den Geruch erkennbaren HCN-Konzentration führt, obwohl CN" eine Base mittlerer Stärke ist.

Quecksilber(I)-salze. Zu den folgenden Versuchen benutze man etwas Quecksilber(I)-nitrat-Lösung des Laboratoriums. 14. Salzsäure oder Chloride fällen weißes schweres Q u e c k s i l b e r (I) c h l o r i d aus. 15. Quecksilber(I)-chlorid kann man auch durch Reduktion von Quecksilber(II)-chlorid-L ö s u n g e n erhalten. Als Reduktionsmittel für diesen Versuch kann man, wie wir bereits S. 62 gesehen haben, schweflige Säure benutzen. Noch besser eignet sich Zinn(II)-chlorid SnCl2, das dabei in eine Zinn(IV)- Verbindung übergeht. Setzt man Zinn(II)-chlorid in geringer Menge zu, so fällt weißes Q u e c k s i l b e r(I)-c h l o r i d . + Sn2+ + 8Cl--*Hg2Cl2 -l- [SnCl6]2Wird ein Überschuß von Zinn(II)-chlorid-Lösung angewendet, so wird das Quecksilber(I)-chlorid weiter zu metallischem Q u e c k s i l b e r reduziert, das in der Flüssigkeit teils kolloid gelöst (vgl. S. 204 f.), teils in feinster Verteilung aufgeschwemmt bleibt und sich erst langsam zu

174

Quecksilber

Boden setzt. Nach dem Abgießen der Lösung vereinigt es sich beim Aufkochen mit verdünnter Salzsäure zu einem Quecksilbertröpfchen. Hg2Cl2 + Sn2+ +.4Cl-^2Hg + [SnClJ2'. 16. Schließlich kann man zur Reduktion des Quecksilber!I I)-chlorids auch metallisches Quecksilber benutzen. Schüttelt man eine Quecksilber(II)-chlorid-Lösung mit einem Tröpfchen Quecksilber, so scheidet sich Q u e c k s i l b e r(I)-c h l o r i.d ab:

17. Andererseits können Quecksilber(I)-salze in Quecksilber und Quecksilber(II)-salze zerfallen (Disproportionierung: [Hg 2 ] 2+ -> Hg ±0 + Hg2"1" (vgl. S. 64), z. B. unter der Einwirkung von Ammoniak. Dieses bildet z. B. mit Quecksilber(I)-chlorid Q u e c k s i l b e r und Q u e c k s i l b e r (II) - a m i d - c h l o r i d nach der Gleichung Hg2Cl2 + 2NH 3 ->Hg + Hg(NH2)Cl + NH 4 + + Cl". Daneben kann auch das Chlorid der M i 1 1 o n sehen Base (vgl. Versuch 7.) entstehen. Man führe den Versuch aus. Der Niederschlag sieht schwarz aus, da das fein verteilte Quecksilber das farblose Präzipitat dunkel färbt. Nach dieser Reaktion bezeichnet man das Quecksilber(I)chlorid auch als ,,K a l o m e l" (= schön schwarz). 18. Natriumiodid: Wird wenig Natriumiodid-Lösung zu Quecksilber(I)nitrat-Lösung gesetzt, so fällt ein dunkelgrüngelber Niederschlag von Q u e c k s i l b e r(I)-i o d i d . Beim Erwärmen der Mischung geht das Quecksilber(I)-iodid in ein Gemisch von rotem Quecksilber(II)-iodid und feinst verteiltem grauem Quecksilber über. Auf Zusatz eines Natriumiodidüberschusses löst sich das Quecksilber(II)-iodid, so daß die Fällung rein grau erscheint.

19. Natronlauge und Hydrogensulfid geben dunkel gefärbte Niederschläge, die aus Quecksilbermetall und Quecksilber(II)-oxid bzw. -sulfid bestehen.

Übergangselemente

175

Übergangselemente Von den Elementen der g r o ß e n Perioden des Perioden-Systems (vgl. die Tafel am Ende des Buches) schließen sich — wie es nach dem Atombau zu erwarten ist — sowohl die ersten (d.h. die Gruppen l A, 2A) als auch die letzten (d.h. die Gruppen 7B, 6B usw.) in ihrem chemischen Verhalten eng an die Elemente der entsprechenden Gruppen in den beiden ersten k l e i n e n Perioden an. Dagegen nehmen die Reih e n S c a n d i u m - Z i n k , Y t t r i u m —C a d m i u m u n d L a n t h a n Q u e c k s i l b e r eine Sonderstellung ein, weil, wie Tab. im Anhang zeigt, bei ihnen d-Elektronen eingebaut werden, was sich sowohl in den physikalischen Eigenschaften als auch im chemischen Verhalten sehr deutlich ausdrückt. Man bezeichnet die genannten Elemente als Übergangselemente. Von diesen behandeln wir an dieser Stelle ausführlicher von der ersten jener Reihen die Eisengruppe (Eisen, Cobalt, Nickel) sowie Chrom und Mangan. Die Gruppen l B und 2B haben wir bereits besprochen. Über weitere wichtige Übergangselemente findet man einige Angaben auf S. 252ff. Die Übergangselemente bilden fast durchweg Verbindungen mehrerer Oxidationsstufen',m vielen Fällen ist dabei die maximale Oxidationszahl kleiner, als es ihrer Gruppen-Nummer im Perioden-System entspricht. Infolge dieses Auftretens mehrerer Oxidationsstufen ist die Chemie dieser Elemente oft verwickelt. Für eine erste Übersicht ist die Regel nützlich, daß das chemische Verhalten (Basen- bzw. Säurecharakter, Löslichkeit usw.; vgl. auch S. 130 u. 142) in erster Linie von der Oxidationszahl bestimmt wird. So zeigen alle z w e i wertigen Verbindungen dieser Elemente Ähnlichkeit mit den Verbindungen des Magnesiums und noch mehr mit denen des zweiwertigen Kupfers. Die d r e iwertigen ähneln vielfach den Aluminiumverbindungen. Die Chromate mit der Oxidationszahl 6+ sind den Sulfaten ähnlich usw. Dadurch ist es verhältnismäßig leicht, ein übersichtliches Bild über die Eigenschaften der verschiedenen Verbindungen zu erhalten. Für das chemische Verhalten dieser Elemente ist ferner charakteristisch, daß der Übergang von einer Oxidationsstufe in eine andere oft sehr leicht erfolgt; infolgedessen ist mit der Möglichkeit von Disproportionierungen (vgl. S. 64) und Oxidations-Reduktions-Reaktionen zu rechnen. Z. B. sind die Chromate und Permanganate starke, viel benutzte Oxidationsmittel (vgl. Tab. 7 S. 161). Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Mehrzahl der in diesem Abschnitt zu behandelnden Verbindungen im Gegensatz zu den meisten der bisher besprochenen farbig ist. Dabei tritt die schon S. 51 hervorgehobene Erscheinung sehr deutlich auf, daß die w a s s e r f r e i e n Salze oft eine andere Farbe besitzen als die Hydrate bzw. die wäßrigen Lösungen:

wasserfrei Hydrat bzw. wäßrige Lösung

FeCl2

FeBr2

FeI2

CoCl2

CoBr2

CoI2

NiCl2

NiBr2

NiI2

farblos

gelblich

schwarz

blau

grün

schwarz

gelb

gelb

schwarz

bläulich bis grünlich

rosa

apfelgrün

Eisengruppe — Eisen

176

Eisengruppe Hierunter faßt man die Elemente Eisen, Cobalt und Nickel zusammen. Die Reihenfolge der beiden letzteren im Perioden-System (vgl. die Tafel am Ende des Buches) stellt insofern eine Ausnahme dar, als die Atommasse des Cobalts größer ist als die des Nickels. Über die Oxidationszahlen unterrichtet die nachstehende Tabelle, in der die unbeständigen Verbindungen des Eisens der Oxidationsstufe 6+, wie z.B. BaFeO4, sowie einige andere Oxidationsstufen, die in Komplexverbindungen bzw. in festen wasserfreien Verbindungen gelegentlich auftreten, nicht berücksichtigt sind:

Eisen Cobalt Nickel

Wichtigste Oxidationsstufen

Bevorzugte Stufe in einfachen Verbindungen

2+ und 3+ 2+ und 3+ 2+1)

3+ 2+ 2+

Bevorzugte Stufe in Komplexverbindungen 2+ 3+ 2+

Eisen Das Eisen ist ein grauweißes Metall. Technisch unterscheidet man einerseits kohlenstoffreiches Eisen (mehr als 1,7% Kohlenstoff): „R o h e i s e n", „G u ß e i s e n" und andererseits kohlenstoffarmes Eisen (weniger als 1,7% Kohlenstoff): ,,S t a h l" Außerdem enthält das Roheisen nicht unerhebliche Mengen von Si und Mn sowie meist von S und P; beim Stahl sind Si, S und P nur in Spuren vorhanden. Roheisen schmilzt bei 1100 bis 1200 °C, Stahl - je nach Kohlenstoffgehalt - höher. Der Schmelzpunkt des reinen Eisens liegt bei 1536 °C. An trockner Luft hält sich das Eisen bei Raumtemperatur beliebig lange; in Gegenwart von Feuchtigkeit wird es durch Luft allmählich zu wasserhaltigem Eisen(III)hydroxid-oxid FeOÖH („Rost") oxidiert. Da diese Rostschichten porös sind, können sie — im Gegensatz zu der Oxidschicht beim Aluminium — das Eisen vorweiteren Angriffen nicht schützen. Man muß daher das Metall mit Anstrichen von Ölfarben usw. versehen. Auch kann man es durch Glühen und geeignete Behandlung („Brünieren") mit einer dichten glatten schwarzen Schicht von Oxiden überziehen, die es vor weiterer Oxidation schützt. Mit reinem Sauerstoff setzt sich Eisen nach Einleitung der Reaktion durch Erhitzen energisch um („autogenes Schneiden"); desgl. mit Schwefel. Die Verbindungen der z w e iwertigen Stufe sind in wäßriger Lösung bläulich-grünlich, die der d r e iwertigen Stufe wegen teilweiser Deprotonierung der selbst farblosen Hexaaquaeisen(III)-Ionen (vgl. S. 179, Nr. 13) meist gelbbraun. Das Verhalten der Eisen(III)-Verbindungen ist dem der Aluminiumverbindungen ähnlich, unterscheidet sich aber vor allem dadurch, daß „Eisen(III)-hydroxid" (vgl. S. 178, ') Dazu noch höhere Oxidationsstufen in wasserhaltigen Oxiden und in einigen Komplexverbindungen.

Eisen

177

Anm. 2) sich nicht in Natronlauge löst. Verbindungen, die z w e i - u n d d r e i w e r t i g e s E i s e n , d.h. also zwei verschiedene Oxidationsstufen, g l e i c h z e i t i g enthalten (Magnetit FeO · Fe 2 O 3 und das S. 181 f. zu besprechende Berliner Blau), zeichnen sich durch t i e f e r e F a r b e n gegenüber den Komponenten aus; dies entspricht einer verbreiteten Gesetzmäßigkeit.

1. Etwas Eisensalz färbt die Phosphorsahperle in der Oxidationsflamme gelb. Beim Abkühlen blaßt die Farbe ab; falls nur wenig Eisensalz genommen wurde, verschwindet sie ganz. 2. Etwa l g Eisenspäne werden in nicht zuviel verdünnter Sahsäure, der etwas konzentrierte Salzsäure zugesetzt ist, gelöst (Abzug). Es entweicht Wasserstoffgas, das durch eine kleine Beimengung übelriechender anderer Gase verunreinigt ist. Im Kölbchen bleibt eine grüne Lösung von E i s e n ( I I ) - c h l o r i d FeCl2, die vom Ungelösten ab filtriert werde. Eisen(H)-salze (Ferrum(II)-salzel). Diese Lösung werde zu den folgenden Umsetzungen der Eisen(II>verbindungen benutzt, die sofort auszuführen sind, da die Eisen(II)-chlorid-Lösung an der Luft schnell oxidiert wird. 3. Natronlauge fällt grünlich-weißes flockiges E i s e n ( I I ) - h y d r o x i d. Der Niederschlag wird beim Umschütteln dunkelgrün, dann dunkelgrau und schließlich von oben her rotbraun: er wird durch den Luftsauerstoff zu , , E i s e n ( I I I ) - h y d r o x i d " oxidiert. Ganz reines Eisen(H)-hydroxid sieht weiß aus. 4Fe(OH)2 + O2 + 2H2O-> 4 „Fe(OH)3". 4. Ammoniak-Lösung fällt ebenfalls E i s e n ( I I ) - h y d r i d. Die Fällung ist unvollständig. Sind in der Lösung reichlich .4mmoniumionen vorhanden, so unterbleibt, falls Fe(III)-Ionen abwesend sind, eine Fällung (vgl. S. 130, Nr. 7). 5. Natriumperoxid: Setzt man zu einer Eisen(II)-salz-Lösung eine frisch und ohne Erwärmung bereitete Lösung von Natriumperoxid, so fällt sofort ein dichter flockiger Niederschlag von rotbraunem „ E i s e n (Ill)-hy d r o x i d " a u s . 6. Natriumcarbonat fällt weißes E i s e n ( I I ) - c a r b o n a t . Unter dem Einfluß des Luftsauerstoffs wird der Niederschlag bald oxidiert, er geht schließlich in „Eisen(III)-hydroxid" über, weil die hydratisierten ') Vgl. S. 79, Anm. 1.

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Eisen

Eisen(III)-Ionen mit den CO32~-Ionen eine protolytische Reaktion eingehen; vgl. Versuch 12. 7. Hydrogensulfid fällt aus saurer Lösung nichts. Auch aus neutraler Lösung scheidet sich nur ein sehr geringer Niederschlag des s c h w a r zen E i s e 7 i ( I I ) - i » u l f i d s FeS ab, da die bei der Ausfällung des Sulfids frei werdenden H3O+-Ionen die weitere Ausfällung hindern. Fe2+ -f H2S + 2H 2 O->FeS + 2H3O+. Wesentlich weiter geht die Abscheidung des Sulfids bei Anwesenheit von viel Acetationen. Vollständig ist die Fällung jedoch nur in alkalischer Lösung. 8. Ammoniumsulfid fällt schwarzes E i s e n ( I I ) - s u l f i d . ( G e l b e s ) Ammonium p o l ysulfid, im Überschuß zugesetzt, führt leicht zu grünen kolloiden Lösungen von FeS (vgl. S. 204ff.). 9. Natriumphosphat: Zu einer Probe Eisen(II)-chlorid-Lösung setze man reichlich Ammoniumchlorid-Lösung, mache, ammoniakalisch und füge Natriumphosphat-Lösung hinzu; es fällt A m m o n i u m-e i s e n ( I I ) p h o s p h a t aus. Eisen(IH)-salze (Ferrum(IH)-salzel). 10. Um zum Eisen(III)-salz zu oxidieren, setze man zu der Eisen(II)-chlorid-Lösung etwas konzentrierte Salpetersäure und erwärme. Die Lösung wird erst dunkel und hellt sich dann plötzlich zu einer gelben Flüssigkeit auf. Dies ist so zu erklären, daß die Salpetersäure durch das Eisen(II)-Salz zu Stickstoffoxid reduziert wird; vgl. S. 66f. Dieses Stickstoffoxid gibt zunächst mit noch vorhandenen Fe2+-Ionen einen dunklen Anlagerungskomplex, der schon S. 67 besprochen wurde. Sobald alle Fe 2+ -Ionen zu Fe 3+ -Ionen oxidiert sind, verschwindet auch die dunkle Farbe. Die Oxidation einer Eisen(II)-salz- zur Eisen(III)-salz-Lösung kann man auch mit anderen Oxidationsmitteln durchführen, so z. B. mit Chlor- oder Bromwasser oder auch mit Hydrogenperoxid.

Mit der erhaltenen E isenf III)-salz-Lösung führe man die nachstehenden Umsetzungen aus: 11. Natronlauge oder Ammoniak-Lösung fällen flockiges braunrotes „E i s e n(III)-h y d r i d" mit wechselndem Wassergehalt2). Die ') Vgl. S. 79, Anm. 1. ) Der Niederschlag entsteht aus Fe(OH 2 )3(OH) 3 , das man sich primär gebildet denken kann, durch Kondensationsvorgänge, wie sie S. 134 unter b) geschildert worden sind; er hat je nach den Versuchsbedingungen verschiedenen Aufbau. Er ist hier schematisch mit „Eisen(III)-hydroxid" bzw. ,,Fe(OH) 3 " bezeichnet, obwohl ein kristallisiertes Fe(OH)3 im Gegensatz zu A1(OH)3 nicht existiert. 2

Eisen

179

Fällung ist in beiden Fällen q u a n t i t a t i v und c h a r a k t e r i s t i s c h . Durch Ammoniumionen wird s i e n i c h t v e r h i n d e r t . 12. Natriumcarbonat: Es entsteht ein Niederschlag von „ E i s e n ( I I I ) hydr i d". [Fe(OH2)6P + 3CO32- ->Fe(OH2)3(OH)3 + 3HCCV oder abgekürzt: Fe3+ + 3CO32- + 3H2O ->„Fe(OH)3" + 3HCO3-. 13. Man versetze etwas wäßrige Eisen(III)-chlorid-Lösung aus der Standflasche mit verdünnter Salpetersäure und beachte die A u f h e l l u n g der gelbbraunen Farbe, die als Folge der Verschiebung von ProtolyseGleichgewichten wie z. B. [Fe(OH2)5OH]2+ + H30+ ^[Fe(OH2)6]3+ + H2O nach rechts eintritt. Verwendet man anstelle von Salpetersäure Salzsäure, so überlagert sich die Bildung eines intensiv hellgelben C h l o r okomplexes: [Fe(OH2)6]3+ + 4C1- ->[FeCl4]- + 6H2O. 14. Die hellgelbe salzsaure Eisen(IH)-chlorid-Lösung des vorigen Versuchs versetze man mit et was Phosphorsäure: Die Lösung entfärbt sich, weil farblose P h o s p h a t o e i s e n ( I I I ) - K o m p l e x e gebildet werden, die stabiler sind als der Chlorokomplex. Macht man die Lösung dann mit/lmraomaÄ:-Lösung alkalisch, so fällt gelblich-weißes E i s e n ( I I I ) - p h o s p h a t quantitativ aus. Dieses ist in Essigsäure schwer, in starken Säuren leicht löslich. Durch viel Natronlauge werden die Phosphationen herausgelöst und gegen OH"-Ionen ausgetauscht, so daß braunes ,,Fe(OH)3" ungelöst zurückbleibt. 15. Hydrogensulfid macht unter Reduktion des Eisen(III)-salzes zum Eisen(II)-salz S c h w e f e l frei, der in der Lösung zunächst als weiße Trübung schweben bleibt, ohne sich abzusetzen. 2Fe3+ -(- H2S + 2H2O ^2Fe 2+ + S + 2H3O+. 16. Ammoniumsulfid erzeugt einen schwarzen Niederschlag von E i s e n ( I I ) - s u l f i d und Schwefel, der je nach den Fällungsbedingun-

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Eisen

gen mehr oder weniger große Mengen des instabilen Eisen(III)-sulfids Fe2S3 enthält. 2Fe 3+ +3S 2 '-+2FeS + S. 17. Kalium- oder Ammoniumthiocyanat färbt die saure Eisen(III)-salzLösung unter Bildung von E i s e n (III)-t h i o c y a n a t intensiv rot, das je nach den Versuchsbedingungen als [Fe(SCN)3]2-Molekül oder als komplexes Anion auftritt. 2Fe3+ + 6SCN- ^[Fe(SCN)3]2. Beim Schütteln mit Ether geht das Eisenthiocyanat mit roter Farbe in den Ether über. 18. Dies ist eine sehr empfindliche Probe auf Eisen(III)-verbindungen. Man gebe einen Tropfen Eisen(III)-salz-Lösung in ein Becherglas voll angesäuerten Wassers, gieße den Inhalt fast ganz aus, fülle wieder mit Wasser auf und setze Kalium- oder Ammonium thiocyanat-Lösung hinzu. Es tritt in dieser großen Verdünnung noch deutlich Rotfärbung auf. 19. Eisen(II)-salz-Lösungen zeigen diese Reaktion gewöhnlich auch, weil sie Spuren Eisen(III)-salz enthalten. Man löse etwas,,Eisenvitriol" (kristallwasserhaltiges Eisen(II)-sulfat FeSO4 · 7H2O) in viel Wasser auf und prüfe einige Tropfen der Lösung mit Kaliumthiocyanat. Dabei wird eine deutliche Rotfärbung auftreten. Den Rest säuere man mit Schwefelsäure schwach an und gebe etw'äs Eisenpulver hinzu, wodurch die wenigen vorhandenen Fe3+- zu Fe2+-Ionen reduziert werden. Nach einigen Minuten gieße man einige Tropfen der Lösung ab und prüfe mit Kaliumthiocyanat. Die Lösung wird jetzt farblos bleiben oder sich nur noch ganz schwach färben. Nach weiterem Stehen über Eisenpulver oder Erwärmen der Mischung wird eine dritte Probe keine Färbung mehr zeigen. Zur Feststellung, ob ein Eisensalz der Eisen(II)- oder der Eisen(III)reihe angehört, ist die Thiocyanatprobe nicht empfehlenswert, da sie zu empfindlich ist. Geeigneter sind hierzu die Versuche 21 und 22! Cyanoferrate. 20. Frisch bereitete Eisen(II)-salz-Lösung versetze man tropfenweise mit Natronlauge, bis eben eine Trübung von Eisen(II)hydroxid auftritt. Dann gebe man ein wenig Natriumcyanid-Lösung hinzu: es fällt ein rotbrauner Niederschlag flockig aus, der verwickelt zusammengesetzt ist und nur in erster Näherung als E i s e n (II) -

Eisen

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c y a n i d Fe(CN)2 beschrieben werden kann. Ein nicht zu geringer Überschuß von Natriumcyanid löst bei schwachem Erwärmen den Niederschlag zu einer hellgelben Lösung. Wegen der Giftigkeit des Cyanids führe man diesen Versuch in sehr kleinem Maßstab (sehr wenig Eisen(II)-salz) durch und beseitige die Reste nach örtlicher Vorschrift. Fe(CN)2 -l- 4CN- ^[FeiCN^]4-. Dies H e x a c y a n o f e r r a t(II)-I o n (abgekürzt Cyanoferrat(II)-Ion), ist, wie S. 148 u. 151 besprochen wurde, ein besonders fester und reaktionsträger Komplex. Das Kaliumsalz K4 [Fe(CN)6 ] bezeichnete man früher als „gelbes Blutlaugensalz". 21. Etv/asNatrium-cyanoferratfID-Lösung aus der Standflasche säuere man mit verdünnter Salzsäure an und gebe einen Tropfen f r i s c h b e r e i t e t e r EisenfW-sulfat-Lösung hinzu. Es entsteht ein hellbläulichweißer Niederschlag, der je nach den Fällungsbedingungen das E i s e n(II)-c y a n o f e r r a t(II) enthält oder alkalimetallhaltige Verbindungen wie Na 2 Fe[Fe(CN) 6 ]. 4

- + Fe2+ + 2Na + ^Na 2 Fe[Fe(CN) 6 ].

Beim Stehenlassen, schneller beim Durchschütteln der Masse mit Luft, wird der Niederschlag tiefblau: er wird zum Eisen(II)-cyanoferrat(III) oxidiert (vgl. unten Nr. 24). 22. Zu ein wenig angesäuerter Nairium-cyanoferrat(II)-Lösung setze man einen Tropfen Eisen(III)-chlorid- Lösung hinzu; es entsteht ein tiefblauer Niederschlag, der unter dem Namen „ B e r l i n e r B l a u " Verwendung als Anstrichfarbe (Pigment) findet. Wegen der Zusammensetzung des Niederschlages vgl. unten unter Nr. 24. Wichtige Erkennungsprobe zum Nachweis von Eisen! Wie diese letzten beiden Versuche zeigen, kann Alkalimetall-cyanoferrat(II) außerdem zur Entscheidung der Frage benutzt werden, ob ein gegebenes Eisensalz der E i s e n(II)- o d e r der E i s e n(III)- R e i h e angehört. Handelt es sich um den Nachweis sehr geringer Mengen von Eisen(III)-Ionen, so ist die Cyanoferrat(II)Lösung unmittelbar vor der Verwendung herzustellen, da eine ältere Lösung stets, wenn auch nur spurenweise, zersetzt ist und sich daher beim Ansäuren durch Bildung sehr geringer Mengen Berliner Blau grünlich färbt und bei längerem Stehen einige Flöckchen Berliner Blau absetzt. Man überzeuge sich davon durch einen Versuch mit der stark zu verdünnenden Kalium-cyanoferrat(II)-Lösung des Laboratoriums.

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Eisen

23. Etwas Kalium-cyanoferrat(II)-Lösung werde mit etwa dem doppelten Raumteil Bromwasser versetzt und aufgekocht, bis der Überschuß des Broms weggekocht ist und nur farblose Wasserdämpfe aus dem Reagensglas aufsteigen. Die bräunliche Lösung enthält jetzt H e ac y a n o f e r r a t(III)-Ionen. Das feste Salz K 3 [Fe(CN) 6 ] heißt abgekürzt Kalium-cyanoferrat(III), Trivialname: „rotes Blutlaugensalz". 2[Fe(CN) 6 ] 4 - + Br2 ^2[Fe(CN) 6 ] 3 - + 2Br. 24. Mit dieser Lösung werden dieselben Versuche wie mit der Natriumcyanoferrat(II)-Lösung angestellt (S. 148). Man erhält mit Natronlauge k e i n e n Niederschlag und mit Ammoniumsulfid nur eine Abscheidung von S c h w e f e l . Eisen(IH)-chlorid gibt keine Fällung, sondern nur Dunkelfärbung der Lösung. Dagegen erhält man mit einem Eisen(II)salz einen tiefblauen Niederschlag, den man früher als T u r n b u 11 s B l a u bezeichnete, der aber mit dem B e r l i n e r B l a u identisch ist. Die auffällige Tatsache, daß sich Berliner Blau sowohl aus Fe3"1"- und [Fe(CN) 6 ] 4 ~lonen als auch aus Fe2"1"- und [Fe(CN) 6 ] 3 Monen bildet, beruht u. a. auf der Einstellung des Redox-Gleichgewichts (vgl. S. 158ff.) Fe3+ + [Fe(CN) 6 ] 4 - ^ Fe2+ + [Fe(CN) 6 ] 3 -, das weitgehend auf der rechten Seite liegt. Der Fällungsvorgang wird durch die Umsetzung

nur grob wiedergegeben. Die Zusammensetzung des u. U. auch noch Alkalimetall enthaltenden Niederschlags kann man vollständig nur aufgrund seines Kristallbaus beschreiben. Bezgl. der tiefen Farbe des Berliner Blau s. S. 177.

25. Während der Cyanoferrat(II)-Komplex, wie S. 151, Nr. 5 gezeigt wurde, gegen k a l t e Säuren beständig ist, wird er durch h e i ß e v e r d ü n n t e S ä u r e n zersetzt. Ein erbsengroßes Stück Kaliumcyanoferrat(II) werde unter dem Abzug im Reagensglas mit 1—2 ml verdünnter Schwefelsäure bis zum Kochen der Lösung erhitzt. Es entweicht H y d r o g e n c y a n i d , das an seinem Geruch ( V o r s i c h t ! ) leicht zu erkennen ist. 26. Durch h e i ß e k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure wird auch das Hydrogencyanid umgesetzt, und zwar in Kohlenstoffmonoxid und Ammoniak:

Cobalt

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Ein bohnengroßes Stück Kalium-cyanoferrat(H) werde im Reagensglas mit 2 ml konzentrierter Schwefelsäure erhitzt, bis Aufschäumen auftritt. Die von der Flamme entfernte Masse kocht lebhaft weiter, wobei farbloses K o h l e n m o n o x i d entweicht, das mit blauer Flamme brennt. Die Umsetzung läßt sich etwa folgendermaßen formulieren: K4[Fe(CN)6] + 6H2O + 6H2S04^6CO + FeSO4 + 2K2SO4 + 3(NH4)2SO4. Zu den komplexen Eisencyaniden gehört auch das S. 73 erwähnte N a t r i u m n i t r o p r u s s i d ; es handelt sich um das Natrium-pentacyanonitrosylferrat(III)Dihydrat Na 2 [Fe(CN) 5 NO] · 2H 2 O.

Cobalt Das grausilberweiße, bei 1492 °C schmelzende Metall löst sich in verdünnten starken Säuren. Dabei entstehen Salze des zweiwertigen Cobalts. Von einfachen Salzen des dreiwertigen Cobalts kennt man nur das Fluorid CoF3 sowie das außerdem zweiwertiges Cobalt enthaltende Oxid Co3O4 (vgl. S. 143). Dagegen kommt die Oxidationszahl 3+ in zahlreichen beständigen Komplexverbindungen vor, z.B. mit Cyanidionen, Ammoniak, Nitritionen usw. In festen Oxo- und Fluorocobaltaten gibt es auch die Oxidationsstufe 4+.

1. Eine Probe einer Co bait- Verbindung färbt die Phosphorsalzperle t i e f b l a u . Die gleiche Farbe zeigt cobalthaltiges Glas, was man in der Glasindustrie und in der Keramik ausnutzt. Einfache Cobaltsalze. 2. Natronlauge: Etwas Cobalfsalz-Lösung werde mit etwas Natronlauge versetzt; es fällt zunächst ein blauer Niederschlag aus, der beim Erwärmen der Mischung mit mehr Natronlauge in schön rosenrotes C o b a l t(II)-h y d r i d übergeht. 3. Bei Zusatz von Brom-Lösung zu dem Fällungsgemisch erhält man einen schwarzen wasserhaltigen Niederschlag, der der Einfachheit halber als ,,C o b a l t(lll)-h y d r i d " bezeichnet sei. 2Co(OH)2 + Br2 + 2OH-^2„Co(OH)3" + 2Br. 4. Hydrogensulfit! reagiert ähnlich wie mit Eisen(II)-salz-Lösungen. 5. Ammoniumsulfid fällt das schwarze C o b a l t(II)-s u l f i d quantitativ aus. Sehr merkwürdig ist es, daß sich der einmal gebildete Niederschlag nicht nennenswert in Salzsäure von l mol/1 wieder auflöst, obwohl er aus einer Lösung dieser HCl-Konzentration nicht ausfällt. Man überzeuge sich da-

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Cobalt

von, indem man den Niederschlag abfiltriert, mit Wasser auswäscht, etwas davon in ein Reagensglas bringt, mit einem Gemisch gleicher Volumina von Wasser und verdünnter (ca. 2 mol/1) Salzsäure versetzt und durchschüttelt. Dabei löst sich nur wenig auf. Diese verminderte Lösbarkeit ist darauf zurückzuführen, daß sich unter Einwirkung der Luft rasch schwerer lösliche, schwefelreichere Cobaltsulfide bilden. Der dazu erforderliche Schwefel entsteht aus (NH4)2S und Luftsauerstoff (vgl. S. 71) bzw. er entstammt dem Polysulfidgehalt des Ammoniumsulfids. 6. Ammoniumthiocyanat: Eine kleine Probe äußerst verdünnter Cobaltsalz-Lösung werde b i s z u r S ä t t i g u n g m i t festem Ammonium(nicht Kalium-)thiocyanat versetzt und dann etwa mit dem halben oder viertel Raumteil Ether, dem einige Tropfen Amylalkohol zugesetzt sind, durchgeschüttelt. Es bildet sich A m m o n i u m-t h i o c y a n a t o c o b a 11 a t (II), das sich in der Ether-Amylalkohol-Schicht mit tiefblauer Farbe löst. Co2+ + 2NH 4 + + 4SCN- -+(NH4)2Co(SCN)4. Dies ist eine sehr empfindliche Prüfungsmethode auf Cobalt, mit deren Hilfe sehr kleine Mengen Cobalt auch neben viel Nickel nachgewiesen werden können. Ist gleichzeitig Eisen zugegen, so verhindert man die Bildung des Eisen(III)-thiocyanats — das durch seine tiefrote Farbe die Blaufärbung auch größerer Cobaltmengen verdecken könnte, da es sich ebenfalls im Ether löst und diesen intensiver färbt — durch Zusatz von etwas festem Natriumfluorid, das die Eisen(III)-ionen in farblose, in Ether nicht lösliche fluorhaltige Komplexe, z. B. [FeF6]3", überführt. — Ein erheblicher Gehalt an freier Salpetersäure stört die Reaktion, weil sie das Thiocyanat durch Oxidation unter Bildung roter Zersetzungsprodukte zerstört. - Die Reaktion gelingt nicht mit dem Kaliumsalz, weil dieses kaum in Ether löslich ist.

Komplexverbindungen, Die Komplexverbindungen des z w e i wertigen Cobalts werden leicht zu solchen der d r e i wertigen Stufe oxidiert. 7. Gibt man z. B. zu einer Cobalt(I/)-salz-Lösung r e i c h l i c h Ammoniak-Lösung, so löst sich der zunächst gebildete blaue Niederschlag zu einer gelblich-braunen Lösung auf, die komplexe A m m i n e der z w e i wertigen Stufe enthält. Bald aber ändert sich die Farbe der Lösung; sie wird rötlich, weil unter der Einwirkung des Luftsauerstoffs ein Übergang in die d r e i wertige Stufe erfolgt. 8. Versetzt man Cobaltsalz-Lösung mit sehr wenig frisch bereiteter Natriumcyanid-Lösung, so fällt schmutzigbraunes C o b a l t(II)-c y an i d aus. Ein Überschuß von Natriumcyanid löst den Niederschlag zu einer hellbraunen Lösung des komplexen N a t r i u m-p e n t a c y a n o -

Nickel

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cob alt at s(II) Na 3 [Co(CN) 5 ], das an der Luft zu einem Cyano-Komplex des Co(III) oxidiert wird (vgl. Nr. 9). Ein kleiner Teil der Lösung werde sofort angesäuert (Abzug! aus dem überschüssigen NaCN bildet sich Blausäure!); es fällt wieder C o b a l t (II)-c y a n i d aus. Der Versuch gelingt am besten, wenn die Cobaltsalz- und die Natriumcyanid-Lösung jede für sich aufgekocht und dadurch von gelöster Luft befreit, vor dem Mischen aber wieder abgekühlt worden waren. Reste von Versuch 8 und 9 nach örtlicher Vorschrift beseitigen. 9. Die übrige Lösung schüttle man im Reagensglas tüchtig mit Luft durch oder koche sie besser einige Minuten lang; sie wird zu N a t r iu m-h e x a c y a n o c o b a l t a t(III)-Lösung oxidiert; während dieser Oxidation färbt sie sich vorübergehend dunkelbraun. 4[Co(CN)5 ] 3 ~ + 4CN~ + 02 + 2H 2 O -» 4[Co(CN) 6 ] 3 ~ + 4OH~ . Der [Co(CN) 6 ] 3 ~-Komplex ist äußerst wenig dissoziiert. Weder Ammoniumsulfid noch Natronlauge noch Brom-Lösung und Natronlauge (Unterschied von Nickel, vgl. S. 186, Nr. 5) geben einen Niederschlag. Durch Salzsäure (Abzug!) wird er in der Kälte ebensowenig angegriffen wie der [Fe(CN) 6 ] 4 '-Komplex. 10. Schließlich sei noch ein Komplex beschrieben, der sich überhaupt nur mit d r e iwertigem Cobalt bildet. Gibt man zu einer neutralen Cobalt(II)-salz-Lösung einen reichlichen Überschuß einer konzentrierten Lösung von Kaliumnitrit (KNO 2 ), so bildet sich kein Niederschlag. Setzt man jedoch jetzt Essigsäure zu, so oxidiert die dadurch in Freiheit gesetzte salpetrige Säure (vgl. S. 240f.) — von der die Hauptmenge unter Bildung von Stickstoffoxiden zerfällt, die entweichen — das Cobalt zur dreiwertigen Form, und es bildet sich ein gelber Niederschlag von K a l i u m-h e x a n i t r o c o b a l t a t(III) (K 3 [Co(NO 2 ) 6 ]). Da das entsprechende Natriumsalz reichlich löslich ist, kann man diese Reaktion bei entsprechender Abänderung zu einem empfindlichen Nachweis für Kalium benutzen. Nickel Nickel (Schmelzpunkt 1453 °C) ist als Metall dem Cobalt sehr ähnlich. Es bildet im wesentlichen nur Verbindungen der zweiwertigen Stufe. Auch die Komplexverbindungen besitzen im Gegensatz zum Cobalt ganz überwiegend die Oxidationsstufe 2+. Die Umsetzungen der Nickelsalze sind sonst denen der Cobaltsalze sehr ähnlich.

186

Nickel

1. Die Phosphorsalzperle der Nickelverbindungen ist in der Hitze b r ä u n l i c h g e l b , nach dem Erkalten heller. Einfache Nickelsalze. 2. Natronlauge fällt hellgrünes N i c k e l hydr i d. Auf Zusatz von Brom-Lösung entsteht ein schwarzes, wasserhaltiges h ö h e r e s H y d r o x i d - o x i d . 3. Hydrogensulfid und Ammoniumsulfid geben dieselben Erscheinungen wie beim Cobalt, auch hinsichtlich der Lösbarkeit des NiS-Niederschlages. Führt man die Fällung mit gelbem Ammoniumsulfid aus, so erhält man Nickelsulfid zum Teil in kolloidem Zustand (vgl. S. 204ff.), das beim Filtrieren als braune Lösung durch das Filter läuft. Komplexsalze. 4. Ammoniak fällt, wenn es tropfenweise zugesetzt wird, zunächst hellgrünes N i c k e l h y d r o x i d . Ein sehr kleiner Überschuß an Ammoniak löst den Niederschlag wieder, weil sich die komplexen H e x a a m m i n n i c k e l - I o n e n [Ni(NH 3 ) 6 ] 2+ bilden; ihre Lösung ist tiefblau und unterscheidet sich durch einen Stich ins Rötliche von dem ebenfalls tiefblauen [Cu(NH3)4]2"1'. 5. Natriumcyanid fällt, wenn in geringer Menge zugesetzt, weißgrünliches N i c k e l c y a n i d . Ein Überschuß an Natriumcyanid löst zu einer gelben Lösung, die Tetracyanoniccolat(II)-Ionen [Ni(CN) 4 ] 2 ~ enthält. Dieser Komplex ist nur mittelstark. Zwar fallen mit Natronlauge und Ammoniumsulfid keine Niederschläge. Säuert man jedoch an (Abzug!), so fällt Nickelcyanid wieder aus, und Blausäure entweicht. Gibt man schließlich reichlich Bromwasser und Natronlauge zu, so wird der Komplex ebenfalls zerstört (Unterschied von Cobalt!), und ein schwarzes wasserhaltiges höheres Nickel-hydroxid-oxid fällt aus. Zum Nachweis der Elemente Cobalt und Nickel nebeneinander und zu ihrer Trennung sind bei der Ähnlichkeit ihrer Reaktionen nur wenige Umsetzungen geeignet. Z u m N a c h w e i s v o n C o b a l t neben Nickel u n d z u r T r e n n u n g können die Ammoniumthiocyanat-Reaktion oder die Fällung von K 3 [Co(NO 2 ) 6 ] dienen. Die beste N a c h w e i s reaktion für N i c k e l und gleichzeitig die beste T r e nn u n g s methode ist die nachstehend beschriebene D i a c e t y J d i o x i m - Reaktion. Diacetyldioxim*) bildet nämlich in essigsaurer oder ammoniakalischer Lösung mit Nickel ein sehr wenig lösliches Salz, das zur Klasse der innerkomplexen Salze (vgl. S. 152f.) gehört.

|| H HON NOH

, auch als Dimethylglyoxim bezeichnet.

Chrom

187

6. Ein Tropfen Nickelsalz-Lösung werde mit Wasser auf etwa l ml verdünnt. Nach Zugabe von etwa l/2 ml einer alkoholischen Lösung von Diacetyldioxim (ca. 10 g/l) färbt sich die Lösung rot, und alsbald scheidet sich ein voluminöser hochroter Niederschlag ab, der aus feinen Nädelchen (Mikroskop!) besteht. Aus mineralsaurer Lösung fällt der Niederschlag erst beim Neutralisieren mit Ammoniak oder nach dem Abstumpfen mit Natriumacetat aus. Chrom In Verbindungen tritt Chrom in mehreren Oxidationsstufen auf. Man beachte die S. 141 f. gegebenen allgemeinen Regeln über den Zusammenhang zwischen Oxidationsstufe und basischem bzw. saurem Charakter der Hydroxide bzw. Oxide. Die Verbindungen des Chroms sind wie diejenigen der meisten Schwermetalle giftig; gefährlich sind vor allem Chrom(VI)-verbindungen; vgl. S. 3, Anm. l. Während beim Eisen die der Gruppenzahl entsprechende (vgl. S. 53) Oxidationszahl 8+ bei keiner Verbindung erreicht wird, kennt man bei dem in der 7. Gruppe stehenden Element Mangan die Permanganate mit der Oxidationszahl 7+ und bei dem in der 6. Gruppe stehenden Chrom eine Reihe von Verbindungen der Oxidationsstufe 6+. Diese Verbindungen gehen leicht in solche mit geringerer Oxidationsstufe über und stellen daher besonders starke O x i d a t i o n s m i t t e l dar, die viel verwendet werden. Die meist gelb gefärbten C h r o m a t e(VI), meist kurz Chromate genannt, Salze mit dem Anion CrO42~, stehen in ihren Löslichkeitsverhältnissen den entsprechenden Sulfaten nahe. Die gelben [CrO4]2"-Ionen sind nur in alkalischen oder neutralen Lösungen vorhanden; bei Zuführung von H 3 O + -Ionen bilden sich neben [HCrO 4 ]~-Ionen unter Wasserabspaltung rote [Cr 2 O 7 ] 2 ~-Ionen: 2[CrO 4 ] 2 - + 2H 3 O+^[Cr 2 0 7 ] 2 - + 3H 2 O. Die ebenfalls roten Salze, z. B. K 2 Cr 2 O 7 , bezeichnet man als D i c h r o m a t e (früher auch Bichromate und Pyrochromate genannt). Beim stärkeren Ansäuern bilden sich T r i- und T e t r a c h r o m a t - I o n e n [Cr 3 O 10 ] 2 ~bzw. [Cr4O13]2~. Versetzt man eine konzentrierte Dichromatlösung mit konzentrierter Schwefelsäure, so scheidet sich nicht die Chrom- oder die Dichromsäure, die in fester Form nicht darstellbar sind, sondern das wasserfreie CrO3, C h r o m t r i o x i d , in tiefroten Nadeln ab. Ferner kennt man noch ein „P e r i d " CrO 5 . In diesem sind zwei O-Teilchen des CrO3 durch je eine doppelt negative O2-Gruppe ersetzt, wie sie auch im Na 2 O 2 und H 2 O 2 vorhanden ist (vgl. S. 88 u. 234). CrO5 enthält also ebenfalls nur Chrom(VI) und ist zu formulieren als OCr(O 2 ) 2 . Oxidationsstufe 3+. Die Chrom(III)-verbindungen sind den Aluminium- und Eisen(III)verbindungen ähnlich. Für ,,Chrom(III)-hydroxid" gilt das S. 132ff. Angeführte. Es ist im Gegensatz zu Fe(OH)3 amphoter wie Aluminiumhydroxid. Die K o m p l e x v e r b i n d u n g e n des dreiwertigen Chroms schließen sich mehr denen des dreiwertigen Cobalts als denen des dreiwertigen Eisens an. Die große Beständigkeit und Vielgestaltigkeit der komplexen Chrom(III)-verbindungen (einschließlich der Hydrate) bedingen ihr verwickeltes Verhalten. So sehen w a s s e r h a l t i g e C h r o m(III)-s a l z e in manchen Fällen violett, in anderen grün aus. Das ist auf

188

Chrom

Unterschiede in ihrer Struktur zurückzuführen; z. B. ist das kristallisierte Hexaaquachrom(III>chlorid [Cr(H2O)6]Cl3 b l a u v i o l e t t , das Tetraaquadichlorochrom(III>chlorid-Dihydrat [CrCl2(H2O)4]Cl · 2H 2 O g r ü n . Schließlich ist noch zu erwähnen, daß man auch Salze der Oxidationsstufe 2+ kennt; diese werden jedoch schon durch den Luftsauerstoff sehr leicht zur Stufe 3+ oxidiert; sie dienen gelegentlich als starke Reduktionsmittel. Oxidationsvoirkungen der Chromverbindungen der Oxidationsstufe 6+: Bringt man Chromate oder Dichromate mit oxidierbaren Substanzen zusammen, so gehen sie in Verbindungen der Oxidationsstufe 3+ über; je Chromatom werden also 3 Elektronen aufgenommen. So setzen sich z.B. Kaliumdichromat 1 ) und k o n z e n t r i e r t e S a l z s ä u r e (verdünnte Salzsäure wird nicht nennenswert oxidiert!) um: 2X6+

±0

[Cr2O7]2- + 6Cl-+ 14H3O+->3C12 + 2Cr 3+ + 21H 2 O.

Bei Oxidationen mit Dichromationen werden also sehr viel H 3 O + -Ionen verbraucht. So kann z. B. bei der Einwirkung von Dichromat auf Hydrogensulfid bei u n g e n ü g e n d e r S ä u r e m e n g e d i e Reaktion d e r Lösung a l k a l i s c h werden, so daß am Anfang die Umsetzung 2X6+

2-

±0

[Cr207]2- + 3H 2 S + 8H3O+->-3S + 2Cr3+ + 15H 2 O

erfolgt, am Ende jedoch die Reaktion 2[Cr04]2- + 3S2- + 8H 2 O->3S + 2„Cr(OH)3"+ 10 OH\ Führt man die oben besprochene Einwirkung von Dichromat auf Hydrogenchlorid bei Abwesenheit von Wasser in Anwesenheit eines wasserbindenden Mittels durch, z. B. durch Erhitzen eines Gemisches von Kaliumdichromat, Natriumchlorid und konzentrierter Schwefelsäure, so bildet sich neben etwas Chlor eine leicht flüchtige Verbindung der Zusammensetzung CrO 2 Cl 2 . Dieses„Chromylchlorid"2) ist das „Säurechlorid" der hypothetischen Chromsäure, in der die beiden Hydroxylgruppen durch Chlor ersetzt sind: O

:pH

Cr O J

HjCl

HiOH

->· 2H 2 O + O 2 CrCl 2 . HiCl

) Geht man von C h r o m a t aus, so erfolgt die gleiche Umsetzung, da ja CrO 4 2 Ionen in saurer Lösung in Cr 2 O 7 2 ~-Ionen übergehen. 2 ) Die Endung -yl bezeichnet Gruppen aus einem Metall oder Nichtmetall und Sauerstoff, die wiederholt als einheitlicher Bestandteil („Radikal") in Verbindungen vorkommen. Z. B.: OH Hydroxyl-Radikal, SOC12 Sulfinylchlorid (Thionylchlorid), SO2C12 Sulfonylchlorid (Sulfurylchlorid), NOC1 Nitrosylchlorid. Manche derartige Gruppen können auch als positiv geladene Ionen auftreten, z. B. UO 2 2+ Uranyl-Ion. Das OH"-Ion, das von dem ungeladenen OH-Radikal zu unterscheiden ist, erhält wegen seiner negativen Ladung die Endung „id" und heißt Hydroxid-Ion.

Chrom

189

Kommt Chromylchlorid mit Wasser zusammen, so tritt H y d r o l y s e ein, es bilden sich Chromsäure, die sofort in Dichromsäure übergeht, und Salzsäure bzw. die Ionen dieser Produkte. Mit Lauge erfolgt die entsprechende Umsetzung: CrO 2 Cl 2 + 4OH-->CrO42- + 2C1' + 2H 2 O. Chrom-Metall ist dem Eisen ähnlich; es besitzt eine hellgraue Farbe mit einem Stich ins Blaue. Für den Schmelzpunkt wurden von verschiedenen Beobachtern Werte zwischen 1850 und 1900 °C gefunden. In verdünnter Salz- oder Schwefelsäure löst es sich unter Wasserstoffentwicklung. In Salpetersäure dagegen löst es sich kaum ( „ P a s s i v i e r u n g"). Da sich Chrom — wie Aluminium — an der Luft mit einer f e s t h a f t e n d e n Oxidschicht bedeckt, halten sich verchromte Gegenstände sehr gut, vorausgesetzt, daß sie nicht Salzsäuredämpfen oder chloridhaltigen Lösung e n ausgesetzt werden. I m L a b o r a t o r i u m s i n d s i e e b e n s o u n b r a u c h b a r w i e v e r n i c k e l t e (vgl. S . 2 ) .

1. Chrom Verbindungen färben die Phosphorsalzperle sowohl in der Oxidations- als auch in der Reduktionsflamme g r ü n . 2. Man löse etwas fein gepulvertes violettes Chrom(IH)-sulfat oder „Chromalaun" (vgl. S. 150, III) in kaltem Wasser, wobei eine violette, bald mehr ins Blaue, bald mehr ins Rote schillernde Lösung entsteht. Man koche eine Probe dieser Lösung auf; sie färbt sich tief grün. Bei längerem Stehenlassen bei Zimmertemperatur wird die grüne Lösung langsam wieder violett. 3. Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, fällt graugrünes „C h r o m(III)-h y d r i d". Fri;~ ^h gefällte Niederschläge von ,,Cr(OH)3" werden durch einen Überschuß von Natronlauge zu einer smaragdgrünen Lösung gelöst, wobei sich H y d r o x o c h r o m a t(III)Komplexe verschiedener Zusammensetzung bilden, z. B.: „Cr(OH) 3 " + 3 OH' ^[Cr(OH) 6 ] 3 -. Da diese Hydroxo-Komplexe nur bei großer OH'-Ionenkonzentration beständig sind und da außerdem im Laufe der Zeit, insbesondere bei höherer Temperatur, ähnliche Kondensationsprozesse ablaufen, wie sie S. 133 für Hydroxide beschrieben sind, so fällt ,,Cr(OH)3" wieder aus, wenn man die erhaltene Lösung verdünnt und einige Minuten kocht. 4. Ammoniak fällt graugrünes ,,C h r o m(III)-h y d r i d", von dem meist ein wenig in der ammoniakalischen Lösung komplex gelöst bleibt und sie rötlich färbt. Man filtriere und koche das Filtrat einige Minuten: es entfärbt sich, und der Rest ,,Chrom(III)-hydroxid" fällt aus. 5. Natriumcarbonat fällt graugrünes „C h r o m(III)-h y d r 2Cr3+ + 6CO32- + 6H2O ->2„Cr(OH)3" + 6HCO3-.

i d".

190

Chrom

6. Hydrogensulfid fällt nichts. 7. Ammoniumsulfid fällt „C h r o m(III)-h y d r

i d".

2Cr3+ + 6S2- + 6H2O ->2„Cr(OH) 3 " + OHS' C h r o m(III)-s u l f i d Cr 2 S 3 ist nur auf trockenem Wege darstellbar; mit Wasser wird es wie A12S3 oder CaS (S. 95) zersetzt; es bilden sich Cr(OH)3 und H 2 S. Den Übergang von der Oxidationsstufe 3+ in 6+ kann man sowohl auf nassem als auch auf trockenem Wege bewirken; da GrO3 ein Oxid von saurem Charakter ist, erfolgt er am leichtesten im alkalischen Medium, auf trockenem Wege sogar ausschließlich.

8. Man erwärme e'meAlkalichromai(III)-Lösung mit einem Oxidationsmittel, z. B. Bromwasser oder Hydrogenperoxid; sie färbt sich g e l b . 2[Cr(OH)4]- + 3Br 2 + 8

~ -+2CrO42- + 6Br + 8H2O

In s a u r e r Lösung können umgekehrt Halogenidionen durch Chromat zu Halogen oxidiert werden, vgl. dazu unten, Nr. 17. D i e O x i d a t i o n a u f t r o c k e n e m W e g e wird i n kleinem Maßstabe a m besten durch die Soda-Salpeter-Schmelze erreicht. Den Reaktionsablauf kann man durch folgende Teilreaktionen beschreiben: Cr 2 O 3 + Na 2 CO 3 ->2NaCrO 2 + CO2 2KNO 3 ^2KNO 2 + O 2 4NaCrO 2 + 3O2 + 2Na 2 CO 3 -+4Na 2 CrO 4 + 2CO 2 . Cr 2 O 3 wird durch die Sodaschmelze in Chromat(III) überführt; vgl. S. 198. Dieses läßt sich gemäß der letzten Teilreaktion schon durch den Sauerstoff der Luft zu Chromat(VT) oxidreren, das sich in der Schmelze löst; der Zusatz von KNO 3 befördert die Umsetzung durch Erniedrigung des Schmelzpunktes der Mischung und durch Lieferung von Sauerstoff durch thermische Zersetzung (S. 64 u. 66). Während die unmittelbare Oxidation von Cr 2 O 3 zu CrO3 durch O2 nicht vor sich geht, erfolgt sie bei Gegenwart des von der Soda gelieferten stark basischen Na 2 O glatt und unter Energiegewinn, weil CrO3 gemäß S. 141 f. viel stärker sauren Charakter hat alsCr 2 O 3 .

9. Etwas „ChromdW-hydroxid" werde auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier gestrichen, die das Wasser aufsaugt und den Niederschlag somit einigermaßen trocknet. Der nur noch schwach feuchte Rückstand werde mit etwa der doppelten bis dreifachen Menge eines Gemisches von etwa gleich viel Kaliumnitrat und wasserfreiem Natriumcarbonat auf einer Magnesiarinne geschmolzen. Die entstehende gelbe Schmelze liefert mit Wasser gelbe C h r o m a t-Lösung.

Chrom

191

Verbindungen der Oxidationsstufe 6+. Zu den folgenden Umsetzungen werde etwas K a l i u m c h r o m a t-Lösung des Laboratoriums verwendet. 10. Gibt man zu der gelben Lösung verdünnte Schwefel- oder Salz säure, so wird sie r o t , weil neben HCrO4~-Ionen Dichromationen entstehen. 2[CrO4]2- + 2H3O+ ->[Cr2O7]2- + 3H2O. Gibt man zu der roten Dichromat-Lösung7Vairo«/a«ge oder AmmoniakLösung, so wird sie wieder g e l b . [Cr2O7]2' + 2OH- -+2[Cr04]2- + H2O. Diese Überführung von [CrO4]2~-Ionen in [Cr2O7]2~-Ionen und umgekehrt kann man mit der gleichen Probe beliebig oft durchführen. Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt: [[CrQ4]2-]2-[H30+]2_^ [[Cr 2 0 7 ) 2 -] Diese Gleichung erklärt, warum nach S. 100 f. B a r i u m c h r o m a t nur aus essigsaurer, nicht aber aus mineralsaurer Lösung ausfällt. Im letzten Falle ist nämlich infolge der großen Konzentration von H 3 O + die Konzentration an [CrO 4 ] 2 "-Ionen so klein, daß das an sich ziemlich kleine Löslichkeitsprodukt des Bariumchromats nicht überschritten wird. In essigsaurer Lösung ist [H 3 O + ] wesentlich kleiner; die Konzentration an [CrO4]2~-Ionen ist zwar gegenüber der der [Cr2O7]2~-Ionen immer noch nicht groß, sie reicht aber jetzt zur Fällung von Bariumchromat aus.

11. Bleiacetat fällt einen sattgelben Niederschlag von B l e i c h r o m a t („Chromgelb"), der in Essigsäure fast unlöslich, in Salpetersäure oder Natronlauge löslich ist. PbCrO4 + 3OH- ->[Pb(OH)3]- + CrO42-. Beim Übergießen mit Ammoniak-Lösung geht der Bleichromatniederschlag in bräunlich-rotes basisches Bleichromat über. 12. Silbernitrat erzeugt einen dunkelbraunroten Niederschlag von S i 1b e r c h r o m a t Ag 2 CrO 4 . Auf Zusatz von Salzsäure oder Chloriden wird der Niederschlag weiß, weil er sich zu Silberchlorid umsetzt. 2Ag2CrO4 + 4C1- + 2H3O+ -+4AgCl + Cr2O72- + 3H2O Silberchlorid hat also eine geringere Löslichkeit als Silberchrom at. 13. Quecksilber(I)-nitrat gibt einen tief orangeroten Niederschlag von amorphem Q u e c k s i l b e r(I)-c h r o m a t Hg2CrO4. Beim Auf-

192

Chrom

kochen der mit etwas Salpetersäure versetzten Masse entstehen daraus Kristalle von prachtvoll roter Farbe. 14. Hydrogenperoxid: Ein Tropfen Kaliumchrom at-Lösung werde mit wenigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und wenig HydrogenperoxidLösung versetzt. Es entsteht eine tiefblaue Lösung von C h r o m p e r o x i d CrO s . Schüttelt man diese sofort mit 1—2 ml Ether, so geht das blaue Oxid in den Ether über. Später verblaßt die Farbe, weil nach folgender Gleichung Zersetzung erfolgt: 4CrOs + 1 2H3O+ ^4Cr3+ + 7O2 + l 8H2O.

Man überzeuge sich unter Einsetzen der Oxidationszahlen, daß die Umsetzung nach dieser stöchiometrischen Beziehung verläuft. 15. Man verdünne einen Tropfen verdünnter AlkalimetallchromatLösung im Reagensglas mit etwa 20—30 ml Wasser, mische gut durch, gieße die gesamte Lösung bis auf den am Glas haftenden Rest aus und gebe zu diesem einige Milliliter verdünnter Schwefelsäure und ganz wenig festes Diphenylcarbazid (C6H5 - NH - NH) 2 CO; beim Umschütteln färbt sich die Lösung r o t v i o l e t t . Sehr empfindlicher Nachweis. 16. C h r o m y l c h l o r i d : Man pulvere und mische so viel Kaliumdichromat, wie eine Erbse ausmacht, mit ebensoviel Kaliumchlorid und erwärme die Mischung in einem Reagensglas mit Gasableitungsrohr (vgl. Fig. 13, S. 28) mit 1-2 ml konzentrierter Schwefelsäure . Den - neben HC1 und etwas C12 — entstehenden braunen Dampf von CrO2Q2 leite man so in ein vorgelegtes Reagensglas über 2—3 ml verdünnte Natronlauge, daß das Ableitungsrohr nicht in die Natronlauge eintaucht. In der Natronlauge läßt sich dann das durch Hydrolyse gebildete Chromat mit Schwefelsäure und Hydrogenperoxid leicht nachweisen. Ein entsprechendes Chromyl-Bromid oder -lodid bildet sich unter den Versuchsbedingungen nicht. Infolgedessen kann die beschriebene Reaktion zum N a c h w e i s von C h l o r i d e n neben Bromiden und lodiden dienen.

Oxidationen mit Chromat und Dichromat. 17. Man koche etwas Kaliumdichromat mit starker Salzsäure. Es entweicht C h l o r , während sich die Lösung unter Reduktion des Chromats zu Chrom(III)-salz grün färbt (vgl. S. 1 88 u. 190, Nr. 8).

Mangan

193

18. Zu einer mit verdünnter Schwefelsäure angesäuerten DichromatLösung gebe man Hydrogensulfid. Die Lösung färbt sich grün, und es scheidet sich S c h w e f e l aus. 19. Man wiederhole den Versuch mit einer Chromat-Lösung ohne Säurezusatz. Es fällt ein Gemisch von S c h w e f e l und graugrünem ,,C h r o m(III)-h y d r i d". Lackmuspapier zeigt alkalische Reaktion der Lösung an. Über den Umsetzungsverlauf vgl. S. 188. 20. Man versetze ein wenig Kaliumdichromat-Lösung reichlich mit Schwefligsäure-Lösung; das Chromat wird zu Cr3+-Ionen reduziert, wobei eine äquivalente Menge Schwefel aus der vierfach positiven in die sechsfach positive Stufe übergeht, im wesentlichen gemäß: 3+ Cr2O72- + 5SO2 + H2O ^2Cr3+ + 3SO422'' + 2HSO3-.

21. Man erwärme etwas Kaliumdichromat-Lösung mit ebensoviel Ethanol und etwas verdünnter Schwefelsäure und achte auf den dabei auftretenden eigentümlichen Geruch von A l d e h y d , einem Oxidationsprodukt des Alkohols. Die Umsetzung kann schematisch durch zwei Teilschritte beschrieben werden 2K2Cr2O7 + 8H2SO4 ^2Cr2(SO4)3 + 3O2 + 8H2O + 2K2SO4 2CH3CH2OH + O2 ^2H2O + 2CH3CHO. Alkohol

Aldehyd

22. Der vorletzten Formulierung entsprechend kann man durch Erwärmen von gepulvertem Kaliumdichromat mit konzentrierter Schwefelsäure auch S a u e r s t o f f g a s darstellen. Man stelle dies durch einen Reagensglasversuch fest, \vobei man den entstehenden Sauerstoff durch das Aufflammen eines glimmenden Spanes nachweise. Mangan Mangan kommt in ungewöhnlich zahlreichen Oxidationsstufen vor; man beachte auch hier die bereits beim Chrom erwähnten Regeln über basischen und sauren Charakter auf S. 141 f. Die schwach rosa gefärbten Mangan(II)-salze stehen den Eisen(II)und besonders den Magnesium salzen nahe. Die Mangan(III)-salze sind unbeständig, abgesehen von einigen Komplexen. Die Oxidationsstufe 4+ liegt im Mangan· dioxid MnO 2 vor, dem Hauptbestandteil des „Braunsteins", eines wichtigen Manganerzes. Im Laboratorium kann man MnO 2 aus Mn 2+ -salzlösungen und Na 2 O 2 gewinnen; vgl. S. 89. Technisch wird es durch anodische Oxidation hergestellt. Bei der Soda-Salpeterschmelze entstehen je nach den Bedingungen entweder blaue Ver-

1 94

Mangan

bindungen der Oxidationsstufe 5+ oder die grünen Manganate(VI) (z. B. K 2 MnO 4 ) mit der Oxidationszahl 6+. Mit Wasser disproportionieren diese letzteren gemäß + 4OH",

wobei neben Braunstein mit vierwertigem Mangan Permanganat, auch Manganat(VH) genannt, mit der Oxidationszahl 7+ entsteht. Festes Kaliumpermanganat KMnO 4 bildet tiefrote, fast schwarze Kristallnadeln, die sich in Wasser mit tiefvioletter Farbe lösen. Permanganate sind starke Oxydationsmittel. Durch oxidierbare Stoffe werden sie in a l k a l i s c h e r Lösung in B r a u n s t e i n bzw. dessen OH~-haltige Vorstufen überführt. Die Oxidationszahl des Mangan-Atoms geht dabei von 7+ in 4+ über, z.B.: 7+ ±o 4+ 2[MnO 4 ] !- + SS2' + 4H 2 O->-3S + 2MnO 2 + SOH". Als Zwischenstufe bildet sich dabei M a n g a n a t (VI): 2[Mn0 4 ] *- + S 2 -^-S + 2[Mn0 4 ] 2 -. In s a u r e r Lösung geht die Reduktion bis zum M a n g a n(II)-salz; die Oxidationszahl des Manganatoms wird in diesem Falle um f ü n f Einheiten erniedrigt: [MnO 4 ] !- + 5Fe 2+ + 8H3O+ ->Mn 2+ + 5Fe 3 + + 12H 2 O. Aus diesen Umsetzungen folgt, daß die bevorzugte Oxidationsstufe des Mangans in s a u r e r Lösung 2+ ist, während in a l k a l i s c h e r häufig 4+ auftritt. In saurer Lösung genügt, wie aus dem Versuch auf S. 27 f. folgt, schon die schwache Reduktionswirkung von Salzsäure zur Überführung von Braunstein in Mangan(II). Hier entsteht als Zwischenprodukt die vom Mangantetrachlorid MnCl 4 (vgl. S. 59) abzuleitende komplexe' Chloromangan(IV)-Säure H 2 MnCl 6 ; diese ist jedoch wenig beständig und zerfällt in Mangan(II)-chlorid, Hydrogenchlorid und Chlor. Andererseits erkennt man die geringe Beständigkeit des zweiwertigen Mangans in a l k a l i s c h e r Lösung gegenüber Sauerstoff auch daran, daß eine Fällung von Mangan(II)hydroxid Mn(OH) 2 , die man durch Einwirkung von Natronlauge auf Mangan(II)salz-Lösungen erhält, an der Luft dunkel wird, weil sie durch den Luftsauerstoff oxidiert wird. Allerdings wird dabei die vierwertige Stufe nicht erreicht, man erhält vielmehr ungefähr einen Niederschlag mit Mangan in der dreiwertigen Stufe, der im wesentlichen wasserhaltiges MnOOH ist (vgl. S. 132f.). Während die freie Permangansäure nur in wäßriger Lösung bekannt ist, erhält man aus festen Permanganaten und konz. H 2 SO 4 unter Wasserabspaltung eine flüssige Substanz, die der Zusammensetzung Mn 2 O 7 nahesteht und ein g e f ä h r l i c h e r E x p l o s i v s t o f f ist; m a n h ü t e sich, d i e g e n a n n t e n S t o f f e zusammenzubringen. Mangan-Metall schmilzt bei 1244 °C, also niedriger als seine Nachbarn im Periodensystem. Während das reine Metall keine praktische Bedeutung hat, spielen Manganlegierungen in der Metallurgie des Eisens eine große Rolle, u. a. weil Mangan unedler ist als Eisen und daher als Desoxidationsmittel dient.

Manganfll )-verbindungen. Diese entsprechen so weitgehend den Magnesiumverbindungen, daß die S. 1 02 f. für diese angegebenen Vorschriften auch für die Mangan(II)-verbindungen gelten. Man führe unter Benut-

Mangan

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zung einer Mangan(II)-salz-Lösung des Laboratoriums Versuche mit folgenden Reagentien durch: 1. Natronlauge: Weiße Fällung von H y d r i d, das sich im Überschuß nicht auflöst. Man hebe die Produkte der Versuche l und 2 für Versuch 6 auf. 2. Ammoniak: Ebenfalls H y d r i dfällung, nicht löslich in viel Ammoniak-Lösung, aber löslich durch Ammoniumchlorid-Zusatz, falls nicht bereits teilweise Oxidation eingetreten ist (Versuch 6). 3. Natriumcarbonat: Weißer Niederschlag, der hier allerdings aus n e u t r a l e m C a r b o n a t besteht. 4. Natriumphosphat- nach Zusatz von Ammoniumchlorid- und Ammoniak-Lösung: Fällung von A m m o n i u m-m a n g a n(II)-p h o sp h a t Mn(NH4)PO4. 5. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Mangan(II)- und Magnesiumverbindungen besteht jedoch darin, daß aus Mangan(II)-salzen mit Ammoniumsulfid ein je nach den im Einzelfalle gewählten Bedingungen fleischfarbenes oder grünes S u l f i d fällt. In Essigsäure sowie in Mineralsäuren löst sich dieses auf. Hydrogensulfid gibt selbst aus schwach essigsaurer Lösung unter Abstumpfung mit viel Natriumacetat k e i n e Fällung. Übergang in Mangan(IlI)- Verbindungen. 6. Betrachtet man die mit Natronlauge erhaltene Fällung von Mangan(II)-hydroxid nach einiger Zeit wieder, so sieht man, daß sie sich von oben her dunkel färbt. Der Luftsauerstoff oxidiert etwa bis zum „ M a n g a n(III)-h y d r i d". Ebenso fällt aus einer mit Ammoniumchlorid- und Ammoniak-Lösung versetzten klaren Mangan(II)-salz-Lösung nach einiger Zeit ein schwarzbrauner Niederschlag aus; dieses „Hydroxid" der dreiwertigen Stufe ist also im Gegensatz zu dem der zweiwertigen Stufe auch bei Gegenwart von überschüssigen Ammonium-Ionen schwer löslich. Alkalimetallmanganat(VI). 7. Man schmelze auf einer Magnesiarinne ein wenig Braunstein mit dem Drei- bis Vierfachen eines Gemisches von etwa gleich viel wasserfreiem Natriumcarbonat und Kaliumnitrat (vgl. S. 190). Es entsteht eine tief dunkelgrüne, manchmal mehr blaustichige (s. S. 193f.) Schmelze, deren Auftreten für das Vorhandensein auch

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Mangan

sehr geringer Mengen von Mangan charakteristisch ist. Diese Schmelze wird deshalb in der Analyse zum Nachweis von Mangan benutzt. 2MnO 2 + 2Na2CO3 + O2 -+2Na 2 MnO 4 + 2CO2. In kaltem Wasser löst sich die Schmelze mit der grünen Farbe der M a n g a n a t(VI)-Ionen. Nach mehreren Stunden tritt jedoch infolge Disproportionierung die violette Farbe des P e r m a n g a n a t - I o n s auf, und wasserhaltiges Mangandioxid fällt aus. Permangansäure. 8. Man kann eine Lösung von Permangansäure auch unmittelbar durch Oxidation von Mangan(II)-salz mit Bleidioxid erhalten. Zu diesem Zweck koche man eine Mischung von etwa 5 ml verdünnter und l ml konzentrierter Salpetersäure mit einer Spatelspitze Bleidioxid und zwei Tropfen Mangan(II)-sulfat-Lösung wenige Minuten und lasse dann das Ungelöste sich absetzen. Die überstehende, nötigenfalls durch Zentrifugieren 1 ) zu klärende Lösung zeigt dann die rotviolette Farbe der Permangansäure. Bei dieser Umsetzung würde die Gegenwart von Chloriden stören (Vgl. die Versuche S. 224 Nr. 7 und S. 231 Nr. 7). Oxidationen mit Permanganat in alkalischer Lösung. 9. Man versetze 5 ml verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung mit einigen Tropfen verdünnter Natronlauge und setze mit einem Glasstab einen Tropfen verdünnter Ammoniumsulfid-Lösung hinzu. Sofort geht das Rotviolett in das tiefe Grün des K a l i u m m a n g a n a t s(VI) über. Auf Zusatz von etwas mehr Ammoniumsulfid wird die Lösung farblos, und ein dicker brauner Schlamm von wasserhaltigem M a n g a n d i o x i d setzt sich zu Boden. 10. Man versetze 5 ml verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung mit einigen Tropfen Natronlauge und setze einige Tropfen Ethanol hinzu. Auch hier tritt zunächst Grünfärbung auf. Erhitzt man die Masse, so geht die Umsetzung weiter: Die Lösung entfärbt sich, und M a n g a n d i o x i d fällt aus. Dabei wird der Alkohol zu A l d e h y d (vgl. S. 193) oxidiert, dessen charakteristischer Geruch wahrzunehmen ist. 11. Die Reduktion des Permanganats kann in alkalischer Lösung auch mitMangan(II)-salz erfolgen, wobei auch dieses in wasserhaltiges Mangandioxid übergeht: 3Mn 2+ + 2[MnO 4 ] 1 -+ 4OH-->5MnO 2 + 2H2O. J

) Eine Abtrennung des überschüssigen Bleidioxids durch Filtration ist nicht empfehlenswert, weil das Filtrierpapier die Permangansäure reduzieren kann.

Aufschließen

197

Man entfärbe eine alkalische Permanganat-Lösung durch Zutropfen von Mangan(II)-salz-Lösung. Dieser Versuch zeigt besonders deutlich, daß die vierwertige Stufe des Mangans in alkalischer Lösung bevorzugt ist. Oxidation in saurer Lösung. 12. Zu einer verdünnten PermanganatLösung gebe man verdünnte Schwefelsäure und Eisen(II)-sulfat-Lösung', die violette Farbe verschwindet, und es tritt die schwach gelbe Farbe von E i s e n(III)-salz-Lösungen auf (vgl. S. 194). 13. Zu einer verdünnten Permanganat- Lösung gebe man SchwefligsäureLösung; es tritt Entfärbung ein. Die Umsetzung verläuft im wesentlichen gemäß 2[MnO 4 ] 1 -+ 5SO2 + 6H 2 O^2Mn 2 + + sfsO 4 ] 2 -+ 4H3O+. Daneben treten jedoch noch andere Reaktionen (Bildung komplizierterer Schwefelsäuren, vgl. S. 23 5 f.) auf, so daß diese Umsetzung für quantitative Zwecke nicht brauchbar ist.

14. Man gebe zu 5 ml verdünnter Kaliumpermanganat-Lösung einige Tropfen Oxalsäure- Lösung und Y 2 - 1 ml konzentrierter Schwefelsäure. Die Lösung entfärbt sich. Dabei wird die Oxalsäure zu W a s s e r und K o h l e n d i o x i d oxidiert. Die Formulierung der Umsetzung wird übersichtlich, wenn man berücksichtigt, daß das Oxalat-Ion [O 2 C-CO 2 ] 2~ zu zweimal CO2 entladen wird. Ein Molekül Oxalsäure gibt also zwei Elektronen ab. Demnach sind Permanganat, das in saurer Lösung fünf Elektronen aufnimmt, und Oxalsäure im Molverhältnis 2 : 5 anzusetzen, und man erhält: 2[MnO 4 ] '- + 5 [ O 2 C - C O 2 ] 2 ~ + 16 H 3 O + -MO CO2 + 2Mn 2 + + 24 H 2 O. Über die Umsetzung des Permanganats mit Hydrogenperoxid vgl. S. 234, Nr. 2, über die mit salpetriger Säure S. 241, Nr. 3.

Auf schließen Viele feste Stoffe, z. B. hochgeglühte Oxide von Aluminium, Eisen und Chrom, Bariumsulfat, Edelstahle usw., sind weder durch die Einwirkung von wäßrigen Lösungen noch durch konzentrierte Säuren oder Laugen in Lösung zu bringen; sie müssen vielmehr „aufgeschlossen" werden. Dieser Prozeß besteht meist im Zusammenschmelzen mit derart ausgewählten anderen Stoffen, daß neue, leichter in Lösung zu bringende Verbindungen entstehen. So gehen Oxide basischen Charakters (vgl. S. 142), z.B. Eisen(III)-oxid, beim Schmelzen mit dem „ s a u r e n " Aufschlußmittel K a l i u m d i s u l f a t in die wasserlöslichen Sulfate über: Fe 2 O 3 + 3K 2 S 2 O 7 ->Fe 2 (SO 4 ) 3 + 3K 2 SO 4 .

198

Aufschließen

Da das Disulfat über die Formel K 2 SO 4 hinaus SO3 enthält, das bei höherer Temperatur abgegeben wird (vgl. auch unten Nr. 1), so liegt hier eine Einwirkung des Entwässerungsproduktes der Schwefelsäure bei Temperaturen weit über dem Siedepunkt der Schwefelsäure vor. Oxide sauren Charakters schmilzt man entsprechend mit Stoffen b a s i s c h e n Charakters wie S o d a (seltener Borax) oder dem stärker wirksamen N a t r i u m h y d r o x i d . Dabei geht z. B. Siliciumdioxid in Natriumsilicat über. SiO2 + 2Na 2 CO 3 ->Na4SiO4 + 2CO 2 . Entsprechend behandelt man Verbindungen von Elementen, die lösliche Thiosalze bilden (Arsen, Antimon, Zinn; Näheres s. S. 200 u. ff.), mit N a t r i u m p o l y s u l f i d , das beim Zusammenschmelzen von Soda und Schwefel entsteht („Freiberger Aufschluß"). Z. B. SnO2 + 2Na 2 CO 3 + 4S-*Na 2 SnS 3 + Na 2 SO 4 + 2CO 2 . Oxide von amphoterem Charakter, wie Aluminiumoxid, lassen sich sowohl s a u e r als auch b a s i s c h aufschließen, beides aber nur schwierig. Oxide von Elementen, die in eine höhere Oxidationsstufe mit saurem Charakter überführbar sind, behandelt man am besten mit b a s i s c h e n Aufschlußmitteln unter gleichzeitiger O x i d a t i o n . So erhält man mit der S o d a - S a l p e t e r s c h m e l z e , wie wir S. 190, Nr. 9 u. S. 195, Nr. 7 sahen, aus Chrom(III)-oxid Chromat(VI), aus niederen Manganoxiden Manganat(VI). Für hartnäckigere Stoffe steht uns als am stärksten oxidierendes alkalisches Aufschlußmittel das N a t r i u m p e r o x i d z u r Verfügung. Der Aufschluß von unlöslichen Sulfaten und dergleichen beruht auf einer anderen Erscheinung. Erhitzt man z. B. Bariumsulfat mit einem ausreichenden Überschuß von wasserfreiem Natriumcarbonat bis zum Schmelzen, so scheiden sich beim Abkühlen der Schmelze — wie bei wäßrigen Lösungen — diejenigen Salze zuerst aus, die am schwersten in der Schmelze löslich sind. In unserem Falle kristallisiert das Barium als Carbonat, das Sulfat als Natriumsalz aus; es ist also die Umsetzung eingetreten: BaSO4 + Na 2 CO 3 ->BaCO3 + Na 2 SO 4 . Behandelt man die erkaltete Schmelze mit Wasser, so lösen sich das Natriumsulfat und das überschüssige unverbrauchte Natriumcarbonat, während das Bariumcarbonat zurückbleibt. Nach dem Filtrieren und Auswaschen läßt sich dann das Bariumcarbonat leicht in verdünnter Salz- oder Salpetersäure lösen. Über die Wege zum Aufschluß von Silicaten vgl. auch S. 246 f.

1. Eine kleine Spatelspitzesehr fein gepulverten Eisenoxids schmelze man einige Zeit im Platinlöffel 1 ) mit der fünf- bis sechsfachen Menge Kaliumdisulfat bei einer solchen Temperatur, daß nur wenig Schwefeltrioxid-Nebel entweichen. Nach-dem Erkalten erwärme man das Tiegel') P l a t i n g e r ä t e dürfen nicht mit reduzierender Flamme oder mit Schwefel, Phosphor oder Schwermetalle abgebenden Stoffen erhitzt werden. Die Reinigung erfolgt durch Ausschmelzen mit Disulfat.

Weitere Elemente der B-Gruppen

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chen im Reagensglas mit etwas Wasser und verdünnter Schwefelsäure. Wenn der Aufschluß gelungen ist, erhält man eine klare Lösung, aus der Ammoniak-Lösung „Eisenhydroxid" fällt. Bei zu hoher Temperatur während des Aufschließens entweicht das aus dem Disulfat entstehende Schwefeltrioxid rasch, und der Aufschluß bleibt unvollständig. — Steht kein Disulfat zur Verfügung, so entwässere man in einem Porzellantiegel zuvor die notwendige Menge Kalium-hydrogensulfat: 2KHSO 4 ^K 2 S 2 0 7 +H 2 O.

2. Man erhitze im Platintiegelchen etwas gefälltes, d. h. reaktionsfähiges Siliciumdioxid mit der fünffachen Menge von wasserfreiem Natriumcarbonat. Nachdem die Gasentwicklung aufgehört und sich alles zu einer klaren Schmelze umgesetzt hat, schrecke man das Ganze dadurch ab, daß man die U n t e r s e i t e des Tiegelchens in kaltes Wasser taucht (Schutzbrille!). Der Schmelzkuchen, der sich auf diese Weise gut von der Tiegelwand abtrennt, ist in Wasser löslich. 3. Man fälle nach S. 100, Nr. 3 Bariumsulfat heiß aus, wasche es gut aus und lasse es trocknen. Dann mische man es mit der zwei- bis dreifachen Menge von wasserfreiem Natriumcarbonat und schmelze das Gemisch einige Minuten lang im Platintiegelchen. Nach dem „Abschrecken" (vgl. oben) zerdrücke man den Schmelzkuchen, übergieße ihn mit heißem Wasser und koche noch l Minute lang. Dann filtriere man vom Ungelösten ab und wasche sorgfältig aus, bis einige der zuletzt durchgeflossenen Tropfen mit Bariumchlorid-Lösung keine Trübung mehr ergeben, also frei von Sulfat sind. Der ausgewaschene Niederschlag löst sich dann glatt in Salzsäure auf.

Weitere Elemente der B-Gruppen Von den Elementen der B-Gruppen sind Kupfer und Silber sowie Zink, Cadmium und Quecksilber schon besprochen worden. Einige Versuche mit T h a l l i u m salzen werden S. 262 f. durchgeführt werden. G a l l i u m , I n d i u m und G e r m a n i u m haben zwar neuerdings eine gewisse Bedeutung in der Halbleitertechnik gewonnen, sollen aber in dieser Einführung nicht behandelt werden.Seit langem technische Bedeutung besitzen die Elemente Zinn und Blei sowie Arsen, Antimon und Bismut. Diese Elemente stellen Ü b e r g a n g s g l i e d e r v o n d e n M e t a l l e n zu den N i c h t m e t a l l e n dar. Namentlich Arsen, aber auch Zinn und Antimon, zeigen manche Eigenschaften, die auf nichtmetallischen Charakter hinweisen. In Verbindungen zeigen diese Elemente a u ß e r der durch die G r u p p e n z a h l bestimmten O x i d a t i o n s s t u f e noch d i e u m z w e i E i n h e i t e n ger i n g e r e . So kommen Zinn und Blei mit den Oxidationszahlen 2+ und 4+, Arsen, Antimon und Bismut in den Stufen 3+ und 5+ vor. Allerdings tritt bei Blei und Bis-

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Zinngruppe

mut die höchste Oxidationsstufe nur in wenigen Verbindungen auf, die leicht in die niedere Stufe übergehen. Beim Blei sind PbO 2 , PbF 4 , PbCl4 und einige Komplexsalze zu nennen, beim Bismut das nur unter Wasserausschluß herstellbare BiFs und die Bismutate(V), z. B. KBiO 3 . Die überwiegende Mehrzahl der Verbindungen leitet sich vom zweiwertigen Blei und dreiwertigen Bismut ab. Diese Unbeständigkeit der höchsten Stufe findet sich übrigens auch bei dem in der gleichen Horizontalen des Periodensystems stehenden Thallium; sie drückt sich ferner in der leichten Zersetz lichkeit der Quecksilber- und Goldverbindungen aus, sie hängt also mit dem edlen Charakter dieser beiden Elemente zusammen. Die Oxide bzw. Hydroxide der h ö c h s t e n Oxidationsstufe zeigen im allgemeinen s a u r e n Charakter, insbesondere in der fünften Gruppe. Bei Zinn(II)-hydroxid-oxid und den dreiwertigen Hydroxiden von Arsen und Antimon liegen ausgesprochen a m p h o t e r e Stoffe vor. Auch Pb(OH) 2 löst sich in Natronlauge; dies ist bei Bi(OH)3 zwar — beim Vergleich mit Pb(OH) 2 auffälligerweise! — nur dann der Fall, wenn man höchst konzentrierte Lauge benutzt; doch drückt sich die Schwäche des basischen Charakters hier deutlich durch die starke Neigung des hydratisierten, dreiwertigen Bismut-Ions zur Deprotonierung aus. Alle Sulfide der fünf Elemente sind in verdünnten Säuren kaum löslich. Die Sulfide des vierwertigen Zinns (nicht des zweiwertigen!) sowie des drei- und fünfwertigen Arsens und Antimons sind dadurch ausgezeichnet, daß sie mit A m m o n i u m s u l f i d - L ö s u n g unter Komplexbildung reagieren u n d i n L ö s u n g g e h e n . Es entspricht dies weitgehend der Umsetzung zwischen den durch Entwässerung aus einer Base und einer Säure entstandenen Oxiden: SO 3 ->Ca[SO 4 ] (NH 4 ) 2 S + SnS2 -+(NH 4 ) 2 [SnS 3 ] 3(NH 4 ) 2 S + As2 S 3 ^2(NH 4 ) 3 [ AsS3 ] 3(NH 4 ) 2 S + Sb 2 S 5 -+2(NH 4 ) 3 [SbS 4 ] . Deshalb bezeichnet man diese Sulfide auch als S u l f i d e von s a u r e m Charakter im Gegensatz zu den S u l f i d e n von b a s i s c h e m Charakter, die sich in Ammoniumsulfidlösung nicht auflösen (vgl. dazu auch S. 142 über Oxide). Die entstehenden Komplexionen stellen die Anionen von Säuren dar, in denen der Sauerstoff durch Schwefel ersetzt ist, sogenannten „Thiosäuren "l): H 3 AsO 3 arsenige Säure, H 3 AsS 3 thioarsenige Säure. Allerdings sind diese Thiosäuren selbst nicht darstellbar; denn beim Versuch, sie durch Zugabe von H 3 O + -Ionen aus ihren Salzen abzuscheiden, zerfallen die Komplexe, und es bilden sich neben Hydrogensulfid wieder die schwerlöslichen Sulfide: SnS32' + 2H 3 O+-»SnS 2 + H 2 S + 2H 2 O Der Grund hierfür liegt, ähnlich wie es S. 1 52 besprochen wurde, darin, daß die H 3 O + -Ionen in ihrem Bestreben, durch Protonenabgabe undissoziiertes Hydrogensulfid zu bilden, dem Komplex die Sulfidionen entziehen.

Zinngruppe Als „Zinngruppe" seien das Zinn und das Blei zusammengefaßt. Beide Metalle verbinden sich beim Erhitzen mit dem Sauerstoff der Luft zu Oxiden, die im Gegensatz !

) Über die Bezeichnung „Thio" vgl. S. 147, Anm. 1.

Zinn

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zum Quecksilber- oder Silberoxid bei höherer Temperatur nicht wieder in Metall und Sauerstoff zerfallen, wohl aber durch reduzierende Mittel verhältnismäßig leicht zu den Metallen reduzierbar sind. Blei wird durch den Luftsauerstoff schon bei Zimmertemperatur oberflächlich oxidiert und sieht deshalb gewöhnlich mattgrau aus. Beide Metalle haben einen relativ niedrigen Schmelzpunkt, Zinn schmilzt bei 232 °C, Blei bei 327 °C; die Siedepunkte liegen dagegen recht hoch (» 2700 °C bzw. 1750 °C).

Zinn Das silberweiße, sehr dehnbare Metall reagiert mit Salzsäure unter H 2 -Entwicklung, wobei sich eine Lösung von Z i n n(II)-c h l o r i d bildet. Diese ist nur bei Gegenwart überschüssiger Säure beständig. Beim Auflösen des festen Salzes SnCl2 · 2H 2 O in Wasser wird ein Teil der [Sn(OH 2 ) n ] 2+ -Ionen deprotoniert; die Lösung reagiert kräftig sauer und es fällt nach einiger Zeit etwas Zinn(II)-hydroxid-oxid aus. Zur Verhinderung einer Oxidation zu Zinn(IV)-Verbindungen durch den Luftsauerstoff setzt man den Zinn(II)-chlorid-Vorratslösungen einige Zinngranalien zu. In den wäßrigen Lösungen von Zinnverbindungen der Oxidationsstufe 4+ hat man keine [Sn(OH 2 ) n ] 4+ -Ionen nachweisen können, nur deren Deprotonierungsprodukte; selbst in ziemlich stark saurer Lösung kann schon eine Fällung auftreten, die z. B. durch Abstumpfen der Säure vervollständigt werden und schematisch als das nicht isolierbare ,,Sn(OH)4" angesehen werden kann, das sich aber rasch durch Kondensationsprozesse (s. S. 133) verändert. „Sn(OH)4" ist amphoter und löst sich in frisch gefälltem Zustand (,,a-Z i n n s ä u r e") im Überschuß von Säuren oder auch in Basen wieder auf. Beim Stehen, rascher beim Erhitzen, geht es in weniger reaktionsfähige und gröberteüige Produkte über (,,b-Z i n n s ä u r e"); ähnliche Produkte erhält man direkt durch Oxidation von Zinn mit Salpetersäure (Zinnmetall kann also mit starker Salpetersäure nicht in Lösung gebracht werden!). Noch weniger reaktionsfähig ist das wasserfreie Z i n n d i o x i d , das nach dem Glühen bei hoher Temperatur selbst von geschmolzener Soda nur schwer angegriffen wird. Wegen der Deprotonierung der hydratisierten vierwertigen Zinn-Ionen lassen sich w a s s e r f r e i e H a l o g e n i d e des vierwertigen Zinns nicht aus wäßriger Lösung gewinnen. Zinntetrachlorid SnCl4 kann man durch Überleiten von trockenem Chlor über geschmolzenes Zinn als farblose, dünnflüssige, bei 114 °C siedende Flüssigkeit darstellen. Zinn(IV>verbindungen werden in saurer Lösung von metallischem Eisen zu Zinn(II)verbindungen, von metallischem Zink aber bis zum Metall reduziert; vgl. die Erklärung dieses verschiedenen Verhaltens auf S. 165. Z i n n(II)-s a l z e zeigen andererseits ein starkes Bestreben, in den vierwertigen Zustand überzugehen und werden daher vielfach als R e d u k t i o n s m i t t e l benutzt. Alle festen Zinnverbindungen werden beim Schmelzen mit wasserfreiem N at r i u m c a r b o n a t u n d N a t r i u m c y a n i d z u m M e t a l l reduziert, wobei das Cyanid als Reduktionsmittel wirkt und in Cyanat übergeht. SnO2 + 2NaCN-»Sn + 2NaOCN.

Reaktionen der Zinn(H)-salze (Stannum(H)-salze1)). 1. Man löse etwas Zinn in wenig konzentrierter Salzsäure auf, verdünne, filtriere und ver-

') Siehe S. 79, Anm. 1.

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Zinn

wende die so erhaltene salzsaure Z i n n(II)-c h l o r i d-Lösung zu den folgenden Umsetzungen: 2. Kali- oder Natronlauge fällen, wenn man sie in geringer Menge zusetzt, einen Niederschlag, der ein gemischtes Hydroxid-Oxid ist und hier schematisch als ,,Sn(OH) 2 " formuliert wird. Bei Überschuß der Lauge löst er sich als S t a n n a t(II) (früher Stannit genannt) wieder auf. 2OH-^„Sn(OH) 2 " „Sn(OH)2" + OH' ^[Sn(OH) 3 ]-. 3. Ammoniak fällt kompliziert zusammengesetztes Z i n n(II)-c h l or i d-o i d. Ein Überschuß löst den Niederschlag nicht auf (Gegensatz zu Zink und Cadmium!). 4. Hydrogensulfid fällt kaffeebraunes Z i n n(II)-s u l f i d . Dieses löst sich in farblosem Ammoniumsulfid nicht auf, da sich der Komplex 2+

[SnS2]2' nicht bildet. Entsprechend der für Sauerstoffverbindungen geltenden Regel hat auch die Schwefelverbindung des zweiwertigen Zinns schwächer sauren Charakter als die des vierwertigen. Wohl aber löst sich Zinn(II)-sulfid in gelbem — also polysulfidhaltigem -Ammoniumsulfid beim Stehenlassen, rascher bei Erwärmen auf, da es dann zur Zinn(IV) Verbindung oxidiert wird: 2+

2X1-

4+ 2-

SnS + (S 2 ) 2 -->[SnS 3 ] 2 -. Man erkennt dies daran, daß man beim Ansäuren aus dieser Lösung nicht das braune Zinn(II)-sulfid, sondern das gelbe Z i n n(IV)-s u l f i d erhält; vgl. unten Nr. 9. Reaktionen der Zinn(IV)-salze (Stannum(IV)-salze). 5. Man tropfe zu der salz saure n Zinn(U)-chlorid-Lösung Bromwasser, bis die gelbe Farbe eben bestehen bleibt, und entferne den Überschuß an freiem Brom durch Zutropfen von verdünnter SnCl2-Lösung. Durch die oxidierende Wirkung des Broms werden die Zinn(II)-Ionen in Halogenokomplexe und andere Verbindungen des Zinns mit der Oxidationszahl 4 + überfuhrt, schematisch etwa nach: Sn2+ + 6Cr + Br2 -» [ SnCl6]2- + 2Br . Diese Zinn(IV)-salz-Lösung werde zu den Versuchen 6, 7 und 9 benutzt: Je nach den H 3 O + - und Cl"-Konzentrationen der Lösung wird bei dieser Reaktion u. a. auch mehr oder weniger „Sn(OH)4" gebildet, das aber meist zunächst k o l-

Zinn

203

l o i d (vgl. S. 204ff.) gelöst bleibt. Durch Zugabe von Salz-Lösungen (es eignen sich besonders Sulfate, auch Schwefelsäure selbst) oder durch Aufkochen läßt sich der kolloide Zustand zerstören, „Zinn(IV)-hydroxid" fällt aus.

6. Eine kleine Probe der Zinnfl V)-salz-Lösung werde verdünnt und aufgekocht, eine zweite Probe mit wenig konzentrierter Schwefelsäure oder der konzentrierten Lösung eines Alkalimetallsulfats versetzt: Bei beiden Proben tritt unter Zerstörung der kolloiden Lösung (S. 205) eine Trübung auf, die aus Kondensationsprodukten von Sn(OH)4 mit O- und OH-Brücken sowie wechselndem Wassergehalt besteht (vgl. S. 133). 7. Natronlauge fällt, in geringer Menge zugesetzt „a-Z i n n s ä u r e". Ein Überschuß löst unter Bildung von H y d r o x o s t a n n a t(IV)lonen [Sn(OH)6]2-. 8. Man stelle sich durch Behandeln von Zinn mit konzentrierter Salpetersäure „b-Z i n n s ä u r e" (vgl. S. 65, Nr. 4) her und überzeuge sich, daß diese von Natronlauge oder Salzsäure n i c h t gelöst wird. Dagegen läßt sie sich durch Behandeln mit schmelzendem Natriumhydroxid (vgl. S. 198 u. 201) im Nickeltiegel in Natriumstannat(IV) überführen. b-Zinnsäure entsteht auch beim Abrauchen von Zinnsalzlösungen mit konz. Salpetersäure. 9. Hydrogensulfid fällt aus Zinn(IV)-salz-Lösung gelbes Z i n n (IV)s u l f i d , das sich in gelbem wie in farblosem Ammoniumsulf id zu A m m o n i u m-t h i o s t a n n a t löst. Aus dieser Lösung wird durch Säuren Zinn(IV)-sulfid wieder gefällt. Auch sonst neigt vierwertiges Zinn zu K o m p l e x b i l d u n g . So läßt sich aus Lösungen, die Zinntetrachlorid und Ammoniumchlorid enthalten, das Ammoniumhexachlorostannat (NH 4 ) 2 SnCl 6 („Pinksalz") in fester Form gewinnen.

10. Man löse eine Probe dieses schön kristallisierten Salzes in Wasser auf: es löst sich klar. Die Lösung reagiert wegen der Komplexbildung viel schwächer sauer als eine Lösung von Zinn(IV)-chlorid allein. Durch Hydrogensulfid wird aus der Lösung Z i n n(IV)-s u l f i d gefällt; der Komplex ist also nicht sehr stark. Oxidations-Reduktions-Reaktionen. 11. Man schmelze in einem einseitig geschlossenen Glasröhrchen etwas festes Zinn(II)-chlorid mit etwa gleichen Teilen von wasserfreiem Natriumcarbonat und Natriumcyanid. Im geschlossenen Ende des Röhrchens sieht man ein Tröpfchen geschmolzenen Z i n n s , das man nach dem Abkühlen durch Zerschlagen des Rohres leicht von der erstarrten Salzschmelze trennen kann.

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Kolloide Lösungen

12. Man versetze auf einem Objektträger sowohl einen Tropfen Zinn(II)als auch Zinn(IV)-chlorid-Lösung mit je einem etwa l mm langen Spänchen Zink. In beiden Fällen beobachtet man unter dem Mikroskop das langsame Wachsen von Zinnmetall-Kristallen. Vgl. S. 158, Nr. 2. 13. Man behandle eine salzsaure Zinn(IV)-salz-Lösung mit Eisenpulver. Unter gleichzeitiger Wasserstoffentwicklung erfolgt nur Reduktion zu Z i n n(II)-Ionen, deren Anwesenheit man an ihrer R e d u k t i o n s w i r k u n g , z. B. gegenüber Quecksilber(II)-Verbindungen (vgl. S. 173, Nr. 15), erkennt: Man filtriere die soeben erhaltene Lösung und gebe zu dem Filtrat etwas QuecksilberdD-chlorid-Lösung; es fällt weißes Q u e c k s i l b e r(I)-c h l o r i d bzw. graues Q u e c k s i l b e r m e t a l l aus. Ein Beispiel für die R e d u k t i o n s w i r k u n g von Zin n(II)v e r b i n d u n g e n i n a l k a l i s c h e r Lösung werden w i r a u f S. 224 kennenlernen.

Kolloide Lösungen Schon mehrfach haben wir Beispiele dafür kennengelernt, daß Stoffe, die nach ihrer äußerst geringen Löslichkeit ausfallen sollten, unter gewissen Bedingungen in Lösung bleiben, so z. B. S. 167, Nr. 4 am Zinkhydroxid, S. 178, Nr. 8 am Eisensulfid, S. 186, Nr. 3 am Nickelsulfid und insbesondere S. 202f., Nr. 5 und 6 an a-Zinnsäure. Die nähere Untersuchung zeigt, daß die so erhaltenen Lösungen gegenüber den gewöhnlichen Lösungen wesentliche Unterschiede aufweisen: Bestimmungen der Massen der gelösten Teilchen haben ergeben, daß sie nicht aus Einzelionen oder -molekülen bestehen, sondern 1000- bis l OOOOOOmal so groß sind. Dementsprechend gehen sie zwar meist noch durch die großen Poren eines Papierfilters hindurch, sie diffundieren aber nicht mehr durch die engen Poren einer Pergamentmembran. Läßt man einen Lichtstrahl s e i t l i c h durch die Lösung hindurchtreten, so zeichnet er sich leuchtend ab (T y n d a 11-Effekt), ähnlich wie Staubteilchen in einem Sonnenstrahl aufleuchten; die Lösungen erscheinen deshalb, obwohl sie im d u r c h f a l l e n d e n Licht klar aussehen, bei s c h r ä g e r Beleuchtung trüb, opaleszierend. So kann man auch in solchen Lösungen mit Hilfe des sogenannten „Ultramikroskops" die einzelnen Teilchen, die im durchfallenden Licht wegen ihrer Kleinheit unsichtbar bleiben, bei seitlicher Beleuchtung an den durch sie hervorgerufenen Beugungserscheinungen wahrnehmen (Einzelmoleküle hingegen sind so klein, daß sie selbst auf diese Weise mit sichtbarem Licht nicht erkennbar werden). Man bezeichnet solche Lösungen nach dem Vorschlag ihres Entdeckers, des Engländers G r a h a m , als kolloide („leimartige") Lösungen. Zeigen die eben genannten Versuche, daß die gelösten Teilchen in kolloiden Lösungen sehr viel größer sind als in den echten Lösungen, so läßt sich andererseits leicht nachweisen, daß sie viel kleiner sind als die in „Suspensionen" (z. B. Lehmwasser) enthaltenen Teilchen. So setzen sie sich z. B. beim Stehen oder Zentrifugieren nicht

Kolloide Lösungen

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ab, sie sind im durchfallenden Licht selbst mit einem Mikroskop nicht zu sehen, sie gehen durch ein Papierfilter hindurch u. a. m. Da es sich bei den kolloiden Lösungen meist um äußerst wenig lösliche Stoffe handelt, die sich eigentlich zu größeren Teilchen vereinigen und ausfallen müßten, so muß es eine Ursache geben, die ihre Vereinigung verhindert. Es ist dies ihre elektrische Ladung. D i e T e i l c h e n e i n e r k o l l o i d e n L ö s u n g s i n d a l l e i m g l e i c h e n S i n n e g e g e n d a s L ö s u n g s m i t t e l a u f g e l a d e n1). Treffen daher zwei Teilchen infolge der Wärmebewegung aufeinander, so stoßen sie einander elektrostatisch ab und entfernen sich wieder voneinander. Freilich ist diese Aufladung nicht so stark wie bei Ionen, bei denen ja jedes einzelne Atom oder zum mindesten jede Gruppe aus wenigen Atomen eine oder mehrere Elementarladungen trägt. Bei den Kolloiden kommt im Gegensatz dazu erst auf sehr viele Atome eine Elementarladung. Diese Ladung der Kolloidteilchen kann verschiedene U r s a c h e n haben. So können z. B. bei einer kolloiden Säure, wie z. B. Zinnsäure, von den an der Oberfläche liegenden Atomgruppen Protonen mit den Wassermolekeln zu H 3 O + -Ionen reagieren, die in die Lösung übergehen. Das Kolloid ist in diesem Falle negativ geladen. Das gleiche ist der Fall, wenn aus der Lösung OH"-Ionen angelagert werden. Gibt das Kolloid dagegen OH'-Ionen ab oder nimmt es Protonen von gelösten H 3 O + -Ionen auf, so ist es positiv geladen. Z. B. sind Kolloidteilchen der „Hydroxide" von Aluminium, Eisen(III) und Chrom(III) in saurem Medium positiv, in alkalischem negativ geladen. Die Metallionen an der Oberfläche vieler kolloider Sulfide binden S2"-Ionen aus der Lösung; diese Sulfide sind dann negativ geladen. Versetzt man andererseits eine sehr verdünnte Silbernitrat-Lösung mit einem kleinen Unterschuß an Natriumiodid-Lösung, so sind die entstehenden Silberiodid-Teilchen positiv geladen, weil an der Oberfläche der Kolloidteilchen AgMonen adsorbiert werden. In den kolloid gelösten Teilchen können die Atome bzw. Moleküle entweder — wie in einem makroskopischen, mit dem Auge unmittelbar sichtbaren Kristall — regelmäßig angeordnet sein (das ist z. B. in den Teilchen einer kolloiden Goldlösung der Fall), sie können aber auch zu einem ungeordneten Haufwerk zusammengeballt, amorph (vgl. S. 98) sein (z. B. bei den meisten kolloiden Lösungen von Hydroxiden). Eine Zerstörung der kolloiden Lösung, ein ,,Ausflocken" des Kolloids, kann man auf verschiedenen Wegen erreichen. Oft hilft Erwärmen der Lösung bis zum K o c h e n . Hierdurch wird die Bewegung der Teilchen vergrößert. Sie treffen infolgedessen mit solcher Wucht aufeinander, daß die elektrostatische Abstoßung nicht mehr ausreicht, um eine Vereinigung zu verhindern. Oder aber man neutralisiert die Ladungen in geeigneter Weise. So fällen sich z. B. k'olloide Lösungen m'it entgegengesetzt geladenen Teilchen innerhalb gewisser Konzentrationsgrenzen g e g e n s e i t i g aus, wobei eine Zusammenlagerung beider Kolloide zu einer sogenannten „Adsorptionsverbindung" stattfindet. So kann z. B. eine kolloide „Eisen(III)hydroxid"-Lösung eine kolloide Antimonsulfid-Lösung fällen. Meist benutzt man zum Ausflocken kolloider Lösungen E l e k t r o l y t e , von denen die der Ladung der Kolloidteilchen entgegengesetzt geladenen Ionen wirksam sind. Die Wirkung des Elektrolyten steigt mit der Ladung des fällenden Ions; so wirken z.B. auf negativ geladene Kolloide Ca 2+ - und insbesondere Al 3+ -Ionen viel stärker flockend als etwa K + -Ionen. Besonders wirksam ist auch das H 3 O + -Ion, weil es leicht das kleine Proton abgeben kann. J

) In der organischen Chemie kennt man auch Fälle, in denen Teilchen o h n e elektrische Ladung aus anderen Gründen kolloide Lösungen zu bilden vermögen.

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Kolloide Lösungen

1. Man verdünne Kupfersulfat-Lösung sehr stark und verteile sie auf zwei Reagensgläser. Zu der einen Probe gebe man reichlich konzentrierte Salzsäure und versetze dann beide Lösungen mit HydrogensulfidLösung. In der säurefreien Lösung entsteht nur eine braune Färbung; das gebildete Sulfid flockt äußerst langsam aus. In der zweiten, salzsäurehaltigen Probe ballt sich der Niederschlag rasch zu schwarzen Flokken zusammen. Erwärmen beschleunigt dies noch. Sollte auch in der säurefreien Lösung sofort eine Fällung auftreten, so sind die Versuche mit stärker verdünnten Lösungen zu wiederholen. 2. Etwas Eisen(III)-chlorid-Lösung aus der Standflasche werde mit Wasser so stark verdünnt, daß sie fast farblos erscheint. Eine Probe davon reagiert intensiv mit Kaliumthiocyanat, ein Zeichen dafür, daß E i s e n(III)-I o n e n vorhanden sind. Eine zweite Probe werde nun aufgekocht, wobei sie sich dunkler, braunstichig färbt; jetzt gibt diese Probe auf Zusatz von Kaliumthiocyanat keine Rotfärbung mehr; nach einiger Zeit scheiden sich einige Flöckchen von ,,Eisen(III)-hydroxid" aus. Nach dem Aufkochen sind also k e i n e E i s e n(III)-I o n e n mehr in der Lösung, weil sie unter Deprotonierung ihrer Hydrathülle in „Eisen(III)-hydroxid" übergegangen sind, welches letztere kolloid gelöst bleibt und erst durch Zusatz eines Elektrolyten (Kaliumthiocyanat) ausgeflockt wird. Vgl. die Deprotonierung von hydratisierten Al3+-Ionen, S. 133. Kolloide Lösungen nennt man auch Sole', ist Wasser das Lösungsmittel, so spricht man von H y d r o s o l e n . Beim Eindampfen hinterlassen die Sole einen festen Rückstand. In einigen Fällen löst sich dieser ohne weiteres in dem ursprünglichen Lösungsmittel wieder kolloid auf, z. B. Leim, Molybdänblau in Wasser ( r e v e r s i b l e K o 11 o i d'e); in anderen Fällen nicht, z. B. Gold, Kieselsäure ( i r r e v e r s i b l e K o l l o i d e ) . Die aus Solen durch Eindampfen oder Ausflocken erhaltenen Rückstände können lösungsmittelfrei sein (z. B. Gold aus wäßriger kolloider Goldlösung), oft enthalten sie aber eine große Menge des Lösungsmittels mehr oder weniger fest, aber nicht in stöchiometrischem Verhältnis gebunden und bilden schleimige Flocken, die man sich wie einen Schwamm als von feinsten unregelmäßigen Kanälen durchzogen vorstellen muß. Solche Gebilde bezeichnet man als Gele; sind sie aus Wasser gewonnen, als H y d r o g e l e (Beispiel: „Aluminiumhydroxid"). Wegen ihrer eigenartigen Struktur ist die Oberfläche der Gelteilchen sehr groß. Sie besitzen deshalb gewisse charakteristische Eigenschaften, besonders ein großes „ A d s o r p t i o n s v e r m ö g e n " : Fremdstoffe werden an ihrer Oberfläche festgehalten. Gele entstehen nicht nur bei der Zerstörung von Solen; gewisse wenig lösliche Stoffe können, wenn man sie durch Zusammengeben entsprechender Lösungen ausfällt, auch ohne erkennbares Durchlaufen des Solzustandes unmittelbar als Gele entstehen, insbesondere viele „Hydroxide", z. B. von Aluminium, Eisen, Silicium. Frisch ausgefällte Gele sind r e a k t i o n s f ä h i g , lösen sich z. B. rasch in geeigneten Lösungsmitteln. Im Laufe der Zeit, besonders in der Wärme,

Blei

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werden sie reaktionsträger, sie a l t e r n ; dabei spalten sie — selbst bei Aufbewahrung unter überschüssigem Lösungsmittel — in mehr oder weniger großem Umfang die gebundenen Lösungsmittelanteile ab. Beim F i l t r i e r e n und A u s w a s c h e n von Fällungen, die die Neigung haben, kolloide Lösungen zu bilden, muß man besondere Vorsichtsmaßregeln anwenden, um zu verhindern, daß der abfiltrierte Nieder schlag „durchs Filter läuft". Man wäscht deshalb in solchen Fällen nicht mit reinem Wasser, sondern mit Lösungen geeigneter Elektrolyte aus, die das Entstehen der kolloiden Lösungen verhindern und die ferner beim Glühen des Niederschlages durch Verdampfen entfernt werden können. So wäscht man z. B. a-Zinnsäure mit verdünnter Salpetersäure, „Aluminiumhydroxid" mit heißer Ammoniumnitratlösung usw.

Blei Das grauglänzende, weiche, dehnbare Metall löst sich in Salpetersäure zu Bleinitrat, das sich ebenso wie die überwiegende Mehrzahl der Bleiverbindungen vom zweiwertigen Blei ableitet. Sehr wenig löslich sind das Oxid PbO, das Hydroxid Pb(OH) 2 , das Sulfat PbSO 4 , das Chromat PbCrO 4 , das lodid PbI2 ; nur wenig reichlicher löslich ist das Chorid PbCl 2 . Blei(II)-oxid, „Bleiglätte" PbO ist von gelbbräunlicher Farbe, Bleiiodid ist gelb; die übrigen Blei(II)-Verbindungen mit farblosem Anion sind farblos. Von den Verbindungen der vierwenigen Stufe ist hier nur das Bleidioxid PbO 2 zu nennen. Ferner kennt man noch ein rotes Oxid, die Mennige Pb 3 O 4 , die gemäß 2PbO · PbO 2 zwei- und vierwertiges Blei enthält. Behandelt man Mennige mit Salpetersäure, so bildet das zweiwertige Blei lösliches Bleinitrat Pb(NO 3 ) 2 , das vierwertige bleibt als PbO 2 ungelöst zurück. ß l e i s a l z e s i n d g i f t i g ! Bleirohrleitungen, die wegen ihrer leichten Verformbarkeit zu Abfallwasserleitungen benutzt werden, bilden oberflächlich eine Haut von Sulfat oder Carbonat, die verhindert, daß Blei in Lösung geht. Auf diese Weise ist Blei sogar gegen mäßig konzentrierte Schwefelsäure ziemlich beständig.

Die folgenden Umsetzungen der Blei(II)-salze (Plumbumfllj-salze1)) man mit Bleinitrat-Lösung aus:

führe

1. Natronlauge fällt weißes B l e i h y d r o x i d aus, das sich im Überschuß der Lauge, namentlich beim Erwärmen, leicht in Form von H y d r o x o p l u m b a t(II)-Ionen löst Pb(OH)2 + OH--*[Pb(OH)3]-. 2. Ammoniak-Lösung fällt B l e i h y d r o x i d ; ein Überschuß löst es nicht wieder auf. 3. Natriumcarbonat fällt B l e i - c a r b o n a t - h y d r o x i d von wechselnder Zusammensetzung („B l e i w e i ß"). J

) Vgl. S. 79, Anm. 1.

208

Blei

4. Salzsäure fällt weißes B l e i c h l o r i d . Beim Aufkochen der gegebenenfalls stark zu verdünnenden Mischung löst sich das Salz und kristallisiert beim Erkalten in langen glänzenden Nädelchen wieder aus. 5. Natriumiodid fällt gelbes B l e i i o d i d , das sich in Wasser noch weniger löst als Bleichlorid. Beim Aufkochen der s t a r k v e r d ü n n t e n Mischung löst es sich und kristallisiert beim Abkühlen in gelben, prächtig glitzernden Blättchen wieder aus. 6. Schwefelsäure fällt das in Wasser sehr wenig lösliche, in Alkohol noch weniger lösliche B l e i s u l f a t. Dieses ist in verdünnter, namentlich warmer Salpetersäure etwas löslich. In Natronlauge löst es sich glatt unter Bildung von Plumbat(II). Auf Zusatz von Weinsäure und Ammoniak-Lösung geht es in der Hitze langsam in das Anion einer innerkomplexen Tartratobleisäure über, deren Formel nicht sicher ist. Der geringen Löslichkeit des Bleisulfats entspricht es, daß auch B l e i c h r o m a t wenig löslich ist, wie es S. 1 9 1 , Nr. 11 bereits besprochen wurde.

7. Hydrogensulfid oder Ammoniumsulfid fällt schwarzes B l e i s u 1f i d . Aus chloridhaltigen Lösungen fällt zunächst - ähnlich wie bei Quecksilber(II)-salzen — ein orangebraunes Chlorid-sulfid. Bleisulfid löst sich n i c h t in Ammoniumsulfid-Lösung. Bleidioxid läßt sich aus Pb2+-salzlösungen mit Na2O2 (s. S. 89) oder mit Br2 aus essigsaurer Lösung fällen. Für analytische Zwecke kann man PbO2 anodisch aus salpetersaurer Lösung abscheiden.

8. Eine Probe Bleiacetat-Lösung werde mit Bromwasser versetzt; ein Teil des Bleis fällt in Form von B l e i d i i d aus. Pb2+ + Br2 + 4CH3COO- + 2H2O -*PbO2 + 2Br + 4CHCOOH. 9. Etwas Mennige werde mit Salpetersäure übergössen. Die Masse färbt sich dunkel (PbO2); im Filtrat läßt sich das gelöste Pb2+-Ion durch eine der oben beschriebenen Bleireaktionen nachweisen. Reduktion zum Metall. 10. Um aus Bleiverbindungen m e t a l l i s c h e s B l e i zu gewinnen, schmelze man sie mit wasserfreiem Natriumcarbonat und Kohle zusammen. Um diese Umsetzung mit kleinen Mengen sicher ausführen zu können, breche man von einem Streichhölzchen die Kuppe ab, tränke das Holz durch Abstreichen eines Kristalls von wasserhaltiger Soda, der durch kurzes Einhalten in eine Flamme oberflächlich zum Schmelzen gebracht ist, zu zwei Dritteln mit

Sulfide

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Soda und glühe den bestrichenen Teil des Hölzchens, bis das Holz verkohlt ist und der nach dem Verjagen des Kristallwassers wieder fest gewordene Natriumcarbonatüberzug eben zu schmelzen beginnt. Dann bringe man an die Spitze ein wenig des auf Blei zu prüfenden Stoffs und glühe die Stelle, an der sich die Probe befindet, im Reduktionsraum der Bunsenbrennerflamme (vgl. S. 14), bis das Natriumcarbonat geschmolzen ist und die Spitze des Kohlestäbchens völlig überzogen hat. Dabei sieht man das entstandene Metallkügelchen in der Schmelze schwimmen. Nach dem Erkalten kann man es mit einiger Vorsicht leicht herauspräparieren und mit dem Messer auf seine Weichheit - es muß sich leicht zu einer Platte drücken lassen - prüfen. Auf Papier gibt es einen „Bleistrich". Ähnliche Metallkügelchen erhält man aus Zinn-, Silber-, Antimon- und Bismut-Verbindungen.

11. Mit einiger Vorsicht gelingt es unschwer, das Bleikügelchen auf einem Objektträger in einem Tropfen Salpetersäure und einem Tropfen Wasser zu lösen, die überschüssige Säure wegzudampfen, den Rückstand in zwei Tropfen Wasser zu lösen und in Teilen der Lösung das Blei durch einige M i k r o r e a k t i o n e n (z. B. als PbCrO4, PbI 2 ) auch chemisch sicher nachzuweisen. Man führe dies durch. 12. Aus seinen L ö s u n g e n wird Blei durch unedlere Metalle in feinen Blättchen als ,,B l e i b a u m" ausgefällt. Man versetze auf dem Objektträger einen Tropfen Bleiacetat-Lösung mit einem kleinen ZinkSpänchen und beobachte die Umsetzung unter dem Mikroskop.

Sulfide Die Sulfide zeigen in ihrem Verhalten gegenüber Wasser, Alkalien und Säuren große Unterschiede. Alkalimetallsulfide sind in Wasser ohne sichtbare Zersetzung reichlich löslich. Die Erdalkalimetallsulfide dagegen sind aus wäßriger Lösung nicht erhältlich; auf trockenem Wege dargestellte Präparate zersetzen sich mit Wasser zwar langsam, aber schließlich vollständig in Me(OH) 2 + H 2 S. Mangan(II)-sulfid ist zwar wasserbeständig, fällt aber nur aus alkalischen Lösungen. Eisen-, Cobalt- und Nickelsulfid fallen zwar bei Zugabe von Hydrogensulfid auch aus neutralen Lösungen, aber unvollständig. Zinksulfid läßt sich schon aus essigsaurer Lösung quantitativ ausscheiden. Cadmiumsulfid fällt auch aus schwach mineralsaurer Lösung, löst sich aber in stärker sauren Lösungen auf. Kupfer-, Blei- und Quecksilbersulfid schließlich lassen sich sogar aus stark salzsauren Lösungen abscheiden. Als besonders unempfindlich gegen hohe Säurekonzentration erweist sich das Quecksilbersulfid.

210

Sulfide

Der Unterschied zwischen dem Verhalten der einzelnen Sulfide liegt darin begründet, d a ß sich ihre Löslichkeitsprodukte s t a r k v o n e i n a n d e r u n t e r s c h e i d e n 1 ) . Sie sind zwar wegen ihrer Kleinheit nur auf indirekten Wegen zugänglich; aber obwohl die Zahlenwerte nur die ungefähre Größenordnung angeben können, zeigen sie in der folgenden Reihenfolge deutlich ein kräftiges Ansteigen: Löslichkeitsprodukte L in mol 2 HgS CuS CdS 10 -52

10 -3S

10 -26

ZnS

FeS

lQ-24

1 Q -18

MnS 1 0 -11

Beim Hg2+-Ion genügt also schon eine äußerst geringe S 2 ~-Konzentration, um das Löslichkeitsprodukt des Sulfids zu überschreiten. Bei Mn2+-Ionen dagegen ist schon eine merkliche S2"-Ionenkonzentration zur Ausscheidung des Sulfids erforderlich. Beim Calcium schließlich, dessen Sulfid ein noch größeres Löslichkeitsprodukt besitzt, reicht auch die höchste erreichbare S2"-Ionenkonzentration nicht zur Fällung aus. Nun besagt das M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z über die Abhängigkeit der S 2 ~lonenkonzentration vom pH-Wert der Lösungen folgendes: Hydrogensulfid reagiert mit Wasser in zwei Stufen: H 2 S + H 2 O->H 3 0 + + HS-;

HS' + H 2 O->H 3 O + + S2'.

Die pK s -Werte sind nach S. 121: 7,0 bzw. 13,0; H 2 S ist also eine schwache, HS~ eine äußerst schwache Säure. In einer mit H2S-Gas gesättigten Lösung - [H2S] = const. - gehört also zu jeder H3O+-Ionenkonzentration eine ganz bestimmte S 2 ~-Ionenkonzentration. Ist [H30*] sehr groß ( s t a r k s a u r e Lösung), so ist [S2"] äußerst klein, und es werden nur die Sulfide mit dem allergeringsten Löslichkeitsprodukt ausfallen (HgS, CuS, PbS). Ist [H 3 O + ] dagegen sehr klein ( a l k a l i s c h e Lösung), so ist [S2"] ziemlich groß - bei pH = 13 läge die Hälfte des gelösten Hydrogensulfid s als S2", die andere Hälfte als HS" vor! — und es fällt auch das verhältnismäßig leicht lösliche Mangan(II)-sulfid aus. Unterhalb bestimmter [H3O"1"]-Werte mittlerer Größe fallen entsprechend Sulfide wie CdS, ZnS aus, deren Löslichkeitsprodukte zwischen denen von CuS und MnS liegen. Diese Abstufung der Löslichkeitsprodukte ist von großer Bedeutung, weil man es durch eine genügend hohe H3O"l"-Ionenkonzentration (also Fällung in saurer Lösung) erreichen kann, daß nur ein Teil der wenig löslichen Sulfide ausfällt. Bei Erniedrigung der H 3 O + -Ionenkonzentration durch Zugabe von Ammoniak — oder, was die gleiche Wirkung hat, bei Zugabe von Ammoniumsulfid — fallen dann auch die übrigen Sulfide aus. Auf diese Weise kann man bei der Analyse die Elemente in drei Gruppen scheiden: Solche, die auch in s a u r e r Lösung Sulfide bilden, solche, die als Sulfid nur aus a l k a l i s c h e r Lösung ausfallen, und schließlich solche, die mit S2'-Ionen überhaupt k e i n e Niederschläge bilden, z. B. Erdalkalimetalle. ') Die L ö s l i c h k e i t als die im Gleichgewicht insgesamt in der Lösung befindliche Teilchenmenge läßt sich aus dem Löslichkeitsprodukt der Sulfide aus den S. 127, Anm. 2 erwähnten Gründen nicht errechnen. Sie hängt in verwickelter Weise von der H 2 S-Konzentration und dem pH-Wert der Lösung ab. Z. B. enthält eine bei 20 °C mit schwarzem HgS und H 2 S von l bar gesättigte wäßrige Lösung 2 g Hg in 100 g, vornehmlich in Form von Hg(SH)2. (l Mikrogramm = l /ig = l O"6 g).

Arsengruppe — Arsen

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Die in Wasser wenig löslichen Sulfide lassen sich nun noch weiterhin in die mit basischem und die mit saurem Charakter (vgl. S. 200) trennen, indem man letztere in Form ihrer komplexen Thio-Anionen in Lösung überführt. Dies kann man nach S. 200 mit A m m o n i u m s u l f i d l ö s u n g oder nach S. 198 durch Aufschluß mittels d e r N a t r i u m c a r b o n a t - S c h w e f e l - S c h m e l z e erreichen. Diese verschiedenen Trennungsmöglichkeiten machen verständlich, warum das Hydrogensulfid trotz seiner unangenehmen physiologischen Eigenschaften ein im analytischen Laboratorium so viel benutztes Reagens ist.

Arsengruppe Als „Arsengruppe" seien die Elemente Arsen, Antimon und Bismut zusammengefaßt. Sie bilden mit den homologen Elementen in den kleinen Perioden des Perioden-Systems, den in ihren wichtigsten Verbindungen schon besprochenen Elementen S t i c k s t o f f und P h o s p h o r , eine Fünfergruppe, die zahlreiche Gesetzmäßigkeiten zeigt, wenn man die Elemente nach den Atomgewichten ordnet: Je größer das Atomgewicht ist, desto höher liegen die Siedepunkte. (Die Schmelzpunkte dagegen zeigen ein unregelmäßiges Verhalten!). Deutlich metallische Eigenschaften hat das Bismut; die übrigen sind um so deutlicher Nichtmetalle, je kleiner das Atomgewicht ist. Das Bismuthydroxid bzw. die daraus sich bildenden wasserärmeren Kondensationsprodukte haben basischen Charakter, die übrigen Hydroxide haben mit fallendem Atomgewicht steigend immer stärker saure Eigenschaften. Der Siedepunkt der Trichloride, die flüssig oder leicht schmelzbar sind, steigt mit zunehmender relativer Molekülmasse. Alle Elemente dieser Gruppe bilden Verbindungen mit Wasserstoff von der Formel XH 3 , die mit steigender relativer Atommasse des Elements unbeständiger werden.

Arsen Arsen bildet spröde, metallisch glänzende Kristalle von guter elektrischer Leitfähigkeit, die an der Luft matt werden, da sie oberflächlich oxidiert werden. Außerdem kann man durch Abschrecken des Dampfes auch amorphe, fast schwarze Produkte erhalten, die den Strom nicht leiten und gegen Luftfeuchtigkeit wesentlich beständiger sind; bei etwa 300 C gehen diese in die kristalline Form über. Bei Atmosphärendruck läßt sich Arsen nicht schmelzen, da es vorher sublimiert. Sein Dampf riecht knoblauchartig. Von den Verbindungen der Oxidationszahl 3+ ist As 2 O 3 (A r s e n (III)id oder Diarsentrioxid, Trivialname „Arsenik") nur wenig in Wasser löslich; die Lösung reagiert schwach sauer, weil sich a r s e n i g e S ä u r e H 3 AsO 3 bildet. Diese ist eine sehr schwache Säure. Die Löslichkeit von Arsenik ist aber nicht nur in Natronlauge, sondern auch in starker Salzsäure wesentlich größer als in Wasser. Das letztere beruht auf der Einstellung des Gleichgewichtes As(OH) 3 + 3H 3 O + + 3C1- ^ AsCl3 + 6H 2 O, das zur Bildung des leicht flüchtigen Arsentrichlorids führt; dieses dissoziiert weder in Lösung noch in reiner Form merklich in Ionen. Bringt man das bei Zimmertemperatur flüssige AsCl3 vom Siedepunkt 130 °C mit Wasser zusammen, so erleidet es entsprechend dem obigen Gleichgewicht eine weitgehende echte Hydrolyse. Durch

212

Arsen

hohe H 3 O + - und Cr-Konzentration wird sie zurückgedrängt. Deshalb kann beim Kochen stark salzsaurer Lösungen das AsCl3 vollständig verflüchtigt werden. Dagegen läßt sich eine Lösung der A r s e n s ä u r e , in der das Arsen in der Oxidationsstufe 5+ vorliegt, auch nach dem Versetzen mit wenig Salzsäure fast ohne Verlust an Arsen eindampfen, weil im Gegensatz zu PC15 und SbCls das AsCls nur bei tiefen Temperaturen existiert. Eine Lösung von Arsensäure erhält man leicht durch Oxidation von Arsen(III)-oxid bei Gegenwart von Wasser. Die durch Fällung daraus entstehenden Salze leiten sich meist von der Orthosäure H3AsO4 ab, manchmal jedoch auch von der Di- bzw. einer noch wasserärmeren Säure (H4As2O7 bzw. HAsO 3 ), die beide in freier Form nicht bekannt sind. Man muß daher annehmen, daß in der Lösung verschiedene Hydratationsstufen nebeneinander vorhanden sind, die sich — anders als bei der Phosphorsäure! — sehr leicht ineinander umwandeln. Durch Fällung mit irgendeiner Salzlösung entsteht jeweils die Verbindung, die am schwersten löslich ist. — Durch Einengen einer Arsensäure-Lösung erhält man Kristalle der Zusammensetzung H 3 AsO 4 · VaF^O. Durch Erhitzen entsteht daraus zunächst 3As 2 Os · 5H 2 O, dessen Zusammensetzung weder der Di- noch der Metaphosphorsäure entspricht. Als Endprodukt der Entwässerung bildet sich schließlich As2Ös, A r s e n(V)i d oder Diarsenpentaoxid. (Gegensatz zu Phosphorsäure, die sich nur zu Polyphosphorsäuren mit einem restlichen Massenanteil von etwa 7% H 2 O entwässern läßt!) — Die A r s e n a l e sind den Phosphaten außerordentlich ähnlich. So ist an dem Paar KH 2 PO 4 und KH 2 AsO4 von M i t s c h e r l i c h die „Isomorphie" entdeckt worden, d.h. die Tatsache, daß zwei Stoffe verschiedener Zusammensetzung nahezu die gleiche Kristallgestalt besitzen und Misch- und Überwachsungskristalle bilden können. Da diese beiden Erscheinungen nicht mit einander gekoppelt zu sein brauchen, unterscheidet man heute I s o t y p i e (gleiche Anordnung der Atome im Kristall) und Bildung von M i s c h k r i s t a l l e n , d.h. von f e s t e n L ö s u n g e n . Die chemischen Umsetzungen von Arsen- und Phosphorsäure sind sehr ähnlich, so daß man sich vor Irrtümern hüten muß. Eine Abtrennung des Arsens läßt sich jedoch leicht auf Grund der Tatsache durchführen, daß die S u l f i d e As 2 S 3 und As 2 S 5 sehr wenig löslich sind, während die Phosphorsulfide von Wasser vollständig hydrolysiert werden und daher aus wäßrigen Lösungen nicht darstellbar sind. Auch läßt sich Arsensäure im Gegensatz zur Phosphorsäure schon durch schwache Reduktionsmittel bis zur Oxidationsstufe 3+, durch starke bis zum elementaren Arsen oder sogar zur Wasserstoffverbindung AsH3 („Arsan") reduzieren, bei der man mit einem gewissen Vorbehalt dem Arsen die Oxidationsstufe 3zuschreiben kann. Arsenverbindungen sind sehr giftig! Namentlich beim Experimentieren mit Arsan und anderen flüchtigen Arsenverbindungen ist g r ö ß t e V o r s i c h t erforderlich!

Arsen und Arsenik, l. Man erhitze ein Stückchen Arsen von der Größe eines Reiskorns in einem trockenen Glühröhrchen, s. S. 17f. (Abzug!). Zuerst sublimiert etwas Arsen(III)-oxid und bildet einen weißen Beschlag. Erhitzt man so stark, daß das Glas erweicht, so beginnt das Arsen zu sublimieren und sich in den kälteren Teilen des Rohres als schwarzer, spiegelnder Beschlag („A r s e n s p i e g e l") niederzuschlagen. Wenn alles Arsen verdampft ist, unterbreche man den Versuch und zerschlage nach dem Abkühlen das Glas. Das bei diesen Bedingungen aus

Arsen

213

metallisch glänzenden Kristallen bestehende Sublimat läßt sich von den Glasscherben leicht ablösen. 2. Ein stecknadelkopfgroßes Stück Arsen werde unter dem Abzug mit der Lötrohrflamme auf Kohleunterlage erhitzt. Es verdampft und wird zum Teil zu A r s e n(III)-o i d oxidiert, das als weißer Rauch entweicht oder sich auf den kälteren Stellen der Kohle als Beschlag niedersetzt. Dabei zeigt sich der eigentümliche Geruch des Arsendampfes deutlich. 3. A r s e n(III)-o i d kommt als weißes kristallines Pulver oder als glasartige, amorphe Masse vor, die beim Aufbewahren langsam in die kristalline Form übergeht. Beim Sublimieren setzt sich Arsen(III)-oxid in kleinen, stark lichtbrechenden Oktaedern ab. Man sublimiere im einseitig geschlossenen Röhrchen einige Körnchen Arsen(III)-oxid und betrachte das Sublimat unter dem Mikroskop. 4. Unter dem Einfluß von R e d u k t i o n s m i t t e l n (Natriumcyanid, vgl. S. 201 und 203, Nr. 11, Kohle, Zinn(II)-chlorid) geht Arsenik leicht in A r s e n über. Man erhitze ein kleines Körnchen von Arsen(HI)-oxid oder einer beliebigen Arsenverbindung im einseitig geschlossenen Glasröhrchen mit ein wenig eines Gemisches von gleich viel wasserfreiem Natriumcarbonat und trockenem Natriumcyanid. An den kälteren Teilen des Röhrchens bildet sich ein A r s e n s p i e g e l . 5. Man ziehe ein Stück Glasrohr zu einem etwa 2 mm weiten, etwa 2—3 cm langen Röhrchen aus, wie es Fig. 27 zeigt. In die verschlossene Spitze bringe man ein Körnchen Arsen(JJI)-oxid und lege ein vorher passend zurechtgeschnittenes Splitterchen Holzkohle darüber. Nun halte man das Röhrchen waagerecht in die Flamme, so daß zunächst der Kohlesplitter ins Glühen kommt, und richte es dann, ohne die eben erhitzte Stelle aus der Flamme zu bringen, etwas auf, so daß das Arsen(III)-oxid zu verdampfen beginnt. Sein Dampf streicht dann über die glühende Kohle, wird durch sie reduziert, und das gebildete Arsen schlägt sich als schwarzer Spiegel an der Übergangsstelle des engen Rohrteils zum weiten nieder. Fig. 27. Reduktion von Arsenik

6. In wäßriger Lösung eignet sich zur Reduktion Zinn(II)-chlorid. Zu einigen Körnchen Arsen(III)-oxid bringe man etwa l g festes Zinn(II)-

214

Arsen

chlorid und 1—2 ml konzentrierte Salzsäure. Beim Stehenlassen, schneller beim gelinden Erwärmen, bildet sich durch Reduktion elementares Arsen, das in kolloider Form die Lösung bräunt und später in Flocken ausfällt ( „ B e t t e n d o r f s A r s e n p r o b e "). Reaktionen der arsenigen Säure. 7. Man koche eine Spatelspitze Arsen(III)-oxid in einem Kölbchen einige Minuten mit etwa 10 ml Wasser, filtriere die Lösung ab, so daß das Ungelöste möglichst im Kölbchen bleibt, und hebe es zur Darstellung von Arsensäure (Vers. Nr. 14) im Kölbchen auf. Das Filtrat, das a r s e n i g e S ä u r e gelöst enthält, benutze man zu folgenden Versuchen: 8. Hydrogensulfid färbt die Lösung gelb, indem sich kolloides A r s e n(III)-s u l f i d (oder Diarsentrisulfid) As2S3 bildet. Erst auf Zusatz von Salzsäure oder von Salzen wird das Arsen(III)-sulfid ausgeflockt. In farblosem Ammoniumsulfid löst sich das Arsen(III)-sulfid zu T h i o a r s e n i t-, in gelbem Ammoniumpolysulfid zu T h i o a r s e n a t -Ionen: As2S3 + SS2' + 2S -*2 In Ammoniumcarbonat-Lösung löst sich Arsen(III)-sulfid zu einem Gemisch von Arsenit und Thioarsenit. 9. Silbernitrat fällt zunächst nichts. Wird jedoch zu der Mischung mit einem Glasstab vorsichtig ein Tröpfchen A mmoniak-Lösung gebracht, so werden die Protonen vom NH 3 gebunden, und es fällt g e l b e s S i l b e r a r s e n i t aus (Unterschiedsprobe gegen Arsenate). Salpetersäure löst den Niederschlag wieder auf. Ebenso löst ein Überschuß von Ammoniak- Lösung: H3AsO3 + 3Ag+ + 3NH3 ^Ag3AsO3 + 3NH4+ Ag3AsO3 + 3H30+ ->3Ag+ + H3AsO3 + 3H2O Ag3AsO3 + 6NH 3 + 2H2O ->3[Ag(NH3)2]+ + H2AsO3' + 2OH'. 10. K a k o d y l r e a k t i o n . Ein Körnchen Arsen(HI)-oxid werde mit ein wenig Natriumacetat verrieben und das Gemisch im Glühröhrchen stark erhitzt. Es tritt ein durchdringender, unangenehmer Geruch nach einer organischen Arsenverbindung ( K a k o d y l o x i d ) auf. 11. Schließlich ist zu erwähnen, daß Lösungen von arseniger Säure mit sehr vielen Metallionen in alkalischer Lösung Niederschläge geben, die

Arsen

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jedoch meist nicht sehr charakteristisch sind. Man stelle als Beispiel Niederschläge mit Calciumhydroxid- sowie mit (wenig!) KupfersalzLösung und Natronlauge her. Reaktionen der Arsensäure. Zur Überführung von arseniger Säure in Arsensäure eignen sich die verschiedensten Oxidationsmittel. Analytisch wichtig ist die Umsetzung mit l o d , die folgendermaßen verläuft 1 ): H 3 +5

3

-l-12 + 4H 2 O ^ [H 2 AsO 4 ]»' + 3H 3 O + + 21".

Diese Reaktion verläuft je nach der K o n z e n t r a t i o n der H 3 O + -I o n e n von links nach rechts oder umgekehrt. Hält man [H 3 O + ] k l e i n , so erfolgt quantitative Oxidation zur A r s e n s ä u r e . Die Beseitigung der bei der Umsetzung gebildeten H 3 O + -Ionen kann natürlich durch Natronlauge erfolgen. Dann würde aber die Entfärbung der Tod-Lösung wenig charakteristisch sein; denn nach S. 230, u. 232, Nr. 12 entfärbt Natronlauge lod-Lösung auch ohne Gegenwart von arseniger Säure. Das gleiche gilt für Soda-Lösung, die ja wegen Protoneneinfang durch die CO32*-Ionen alkalisch reagiert. Dagegen eignet sich für den Versuch N a t r i u m h y d r o g e n c a r b o n a t , weil es wohl die H 3 O + -Ionen unter Bildung der wenig dissoziierten Kohlensäure (bzw. von H 2 O und CO 2 , das entweicht) entfernt, für sich allein jedoch lod-Lösung nicht entfärbt. — Hält man umgekehrt die Konzentration an H 3 O + -Ionen g r o ß , so verläuft die Reaktion von rechts nach links.

12. Man gebe zu einer Arsenigsäure-Lösung etwas Natriumhydrogencarbonat-Pulver und einige Tropfen lod-Lösung. Die braune lodfarbe verschwindet. 13. Man gebe zu der soeben erhaltenen Lösung von Arsensäure und lodid-Ionen nach und nach (Vorsicht wegen des durch die Kohlendioxidentwicklung bedingten Schäumens!) reichlich konzentrierte Salzsäure. Die braune lodfarbe tritt wieder auf. 14. Für präparative Zwecke eignet sich zur Oxidation besser Salpetersäure. Man übergieße den bei dem Versuch Nr. 7, S. 214 im Kölbchen verbliebenen Rest Arsen(III)-oxid mit 1—2 ml konzentrierter Salpetersäure, koche auf und dampfe die Lösung unter dem Abzug in einer Porzellanschale auf dem Sandbad fast zur Trockne ein. Den Rückstand löse man in etwas Wasser und benutze die Lösung zu folgenden U m s e t zungen der Arsensäure: 15. Hydrogensulfid-Gas fällt in der Kälte aus stark salzsawer Lösung gelbes A r s e n (V)-s u l f i d (oder Diarsenpentasulfid) As2S5. Man filJ

) Die arsenige Säure ist hier als äußerst schwache Säure in undissoziierter Form, die Arsensäure als mittelstarke Säure in der ersten Dissoziationsstufe geschrieben.

216

Arsen

triere den Niederschlag ab. Er ist in Ammoniumsulfid-Lösung zu Ammonium t h i o a r s e n a t löslich.

Auch in Ammoniumcarbonat-Lösung löst er sich, und zwar zu einem Gemisch von Arsenat und Thioarsenat. A u s weniger s t a r k s a u r e n Lösungen fällt e i n G e m i s c h v o n A r s e n(III)s u l f i d und S c h w e f e l ; diese Fällung erfolgt langsam und ist erst nach längerer Zeit vollständig. Es liegt dies daran, daß es sich hier n i c h t um lonenreaktionen handelt. Vielmehr bilden sich zunächst gemäß: H 3 As0 4 + H 2 S ^ H 3 AsO 3 S + H 2 O Monothioarsensäure sowie weitere Zwischenstufen. In stark saurer Lösung setzen sich diese leidlich rasch zu As 2 S 5 um. In schwach saurer Lösung und bei höherer Temperatur ist dagegen unter den verschiedenen möglichen, durchweg langsam verlaufenden Umsetzungen der Monothioarsensäure der Zerfall in arsenige Säure und Schwefel der verhältnismäßig schnellste und damit der vorherrschende Vorgang. Die so entstehende arsenige Säure setzt sich dann erst mit weiterem Hydrogensulfid zu As 2 S 3 um.

Bei den folgenden Umsetzungen beachte man die Ä h n l i c h k e i t mit den S. 76 f. beschriebenen Reaktionen der P h o s p h o r s ä u r e . 16. Ein Teil der Salpetersäure-haltigenArsensäure-Lösung von Nr. 14 werde mit dem m e h r f a c h e n Volumen einer Ammoniummolybdat-Lösung versetzt, die viel HNO3 und NH4NO3 enthält (vgl. S. 268); bei schwacher (vgl. S. 76, Nr. 2) Erwärmung der Mischung treten eine Gelbfärbung und bald ein gelber Niederschlag von A m m o n i u m d o d e c a m o l y b d o a r s e n a t (NH 4 ) 3 [As(Mo 3 Oi 0 )4] au f17. Magnesiumsalze fällen aus der mit Ammoniumchlorid- und Ammoniak-Lösung versetzten Arsensäure-Lösung kristallwasserhaltiges A m m o n i u m-m a g n e s i u m-a r s e n a t MgNH4As04 (Mikroskop! Vgl. S. 103, Nr. 8). Fällung stehenlassen für Versuch Nr. 19. 18. Silbernitrat fällt zunächst nichts. Wird aber — am besten tropfenweise mit einem Glasstab oder einer Tropfpipette - die zur Bindung der freien Säure nötige Menge Ammoniak-Lösung (nicht mehr!) hinzugesetzt, s o fällt r o t b r a u n e s . S i l b e r a r s e n a t . H2AsO4- + 3Ag+ + 2NH 3 -*Ag3AsO4 + 2NH4+. Silberarsenat ist in Salpetersäure und auch in Ammoniak-Lösung löslich.

Arsen

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Die Silberarsenatreaktion kann nicht nur zu der E n t s c h e i d u n g dienen, ob d r e i - o d e r f ü n f w e r t i g e s A r s e n vorliegt, sie gestattet auch, im Ammonium-magnesium-arsenat-Niederschlag die Arsensäure nachzuweisen und so diesen Niederschlag v o n d e m e n t s p r e c h e n d e n P h o s p h a t n i e d e r schlag zu unterscheiden:

19. Man lasse den im Versuch Nr. 17 dargestellten Niederschlag von Ammonium-magnesium-arsenat eine Viertelstunde stehen, filtriere ab und wasche den Niederschlag auf dem Filter mit Wasser gut aus. Da die Fällung aus Cl'-Ionen-haltiger Lösung erfolgte, kann man die erfolgreiche Beendigung des Auswaschens leicht daran feststellen, daß einige Tropfen des ablaufenden Waschwassers, die man in einem Reagensglas auffängt, auf Zusatz von verdünnter Salpetersäure und SilbernitratLösung keine Trübung mehr geben. (In entsprechender Weise verfährt man bei allen analytischen Fällungen!) Ist die beschriebene Prüfung negativ ausgefallen, so werde eine Probe des Niederschlags mit einem Tropfen neutraler Silbernitrat-Lösung, befeuchtet; er färbt sich durch Bildung von Silberarsenat r o t b r a u n (Silberphosphat ist gelb!). 20. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Arsensäure — ähnlich wie die Phosphorsäure — mit nahezu allen zwei- und dreiwertigen Ionen i n a l k a l i s c h e r , z u m Teil auch i n s c h w a c h s a u r e r L ö s u n g schwer lösliche Niederschläge liefert. Als Beispiel fälle man mit Bariumhydroxid-Lösung, B a r i u m a r s e n a t . Die Wasserstoffverbindungen Arson AsH 3 und Stiban SbHa 1 ) sind weniger beständig als Ammoniak. Schon beim gelinden Erhitzen zersetzen sie sich in Wasserstoff und Metall, das sich an der Gefäßwand als Spiegel abscheidet. Zündet man Arsan an, so verbrennt es an der Luft zu Arsen(III)-oxid und Wasser. Der Wasserstoff reagiert dabei schneller als das Arsen. Bringt man einen kalten Gegenstand in die Flamme, so scheidet sich das noch unverbrannte Arsen als „Arsenfleck" ab. Da sich Arsan schon mit äußerst kleinen Mengen von Arsenverbindungen der Oxidationsstufen 3+ und 5+ bildet, kann man es zum N a c h w e i s k l e i n e r A r s e n m e n g e n in der Giftanalyse benutzen ( M ä r s h sehe Arsenprobe). Zur Darstellung von Arsan behandelt man die Lösung einer Arsenverbindung mit einem unedlen Metall (am besten Zink) und Schwefelsäure2). Nimmt man im AsH3 in *) Nach den lUPAC-Regeln können AsH3 und SbH3 auch als Arsen- bzw. Antimonhydrid oder als Arsin bzw. Stibin bezeichnet werden. 2 ) Gelegentlich findet man als Erklärung der Reduktionswirkung des Zinks bei Gegenwart von Säure die Annahme, es bilde sich zunächst eine besonders reaktionsfähige Form des Wasserstoffs, der Wasserstoff „in statu nascendi", der seinerseits dann die beobachteten Reduktionsreaktionen bewirke. Diese Annahme ist vom energetischen Standpunkt aus überflüssig; denn Zink selbst ist ja ein starkes Reduktionsmittel (vgl. seine Stellung in der Spannungsreihe, S. 160f.), und der aus Zink und Säure entstehende Wasserstoff könnte höchstens ein schwächeres, keinesfalls aber ein stärkeres Reduktionsmittel als das Zink sein. Für die Reaktionsgeschwindigkeit kann aber der naszierende Wasserstoff Bedeutung haben.

Arsen

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Analogie zum NH 3 die Oxidationsstufe 3- für das Arsen an, so ergibt sich folgende Gleichung: H 3 AsO 3 + 3Zn + 6H 3 O + -»AsH 3 + 3Zn 2+ + 9H 2 O. B e i d e m n a c h s t e h e n d e n V e r s u c h b e a c h t e m a n , d a ß Arsan s e h r g i f t i g ist. Das Einatmen des Gases kann zum Tode führen. Vor allem sei man beim Auseinandernehmen der Apparatur vorsichtig!

21. Man setze unter dem Abzug den in Fig. 28 unten dargestellten Apparat aus folgenden Teilen zusammen: einem 200 ml fassenden Kölbchen, einem Einfülltrichter, einem Calciumchloridrohr (b), in das zum Trocknen des Gases einige Stücke Calciumchlorid zwischen zwei Wattebäuschchen kommen, und dem Zersetzungsrohr. Letzteres wird aus einem schwer schmelzbaren, außen 7 mm weiten Glasrohr nach der Zeichnung gefertigt. Die Rohre werden mit kurzen Stücken Gummischlauch so miteinander verbunden, daß Glas an Glas stößt. In den Kolben kommen acht je etwa l cm lange Stengelchen reinen Zinks, dazu ein wenig verdünnte Schwefelsäure und ein Tropfen Kupfer5M//a/-Lösung. Sobald lebhafte Gasentwicklung im Gange ist und die Zinkstückchen sich mit ausgeschiedenem Kupfer überzogen haben, gieße man die Flüssigkeit von den Zinkstückchen möglichst weitgehend ab, gebe erneut 50 ml verdünnte Schwefelsäure und dann langsam 5 ml konz. Schwefelsäure hinzu und setze den Apparat völlig zusammen. Schutzbrille aufsetzen! Wenn die Gasentwicklung recht k r ä f t i g in Gang gekommen ist, stülpe man über die Ausströmungsöffnung des Zersetzungsrohres ein umgekehrtes Reagensglas. Nach etwa l/2 Minute entfernt man das Reagensglas, verschließt es, ohne es umzudrehen, sofort mit dem Daumen, nähert es einer entfernt von der Apparatur stehenden Flamme und öffnet es wieder. Explodiert der Inhalt mit lautem Knall, so ist noch Luft in der Apparatur. Nachdem die Flamme im Reagensglas

Fig. 28. M a r s h sehe Probe

Antimon

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s i c h e r e r l o s c h e n ist, wiederholt man die Prüfung, bis der Inhalt des Reagensglases sich fast lautlos entzünden läßt1). D a n n e r s t erhitze man das Zersetzungsrohr kurz vor einer ausgezogenen Stelle (vgl. Fig. 28) bis zum Glühen, während man den vor und hinter dieser Stelle befindlichen Teil des Rohres durch den Ring des Kochgestells stützt. Auch nach längerer Zeit — im Ernstfall etwa einer halben Stunde; hier mögen einige Minuten genügen — darf bei kein Arsenspiegel im Rohr entstehen; andernfalls wären die Materialien arsenhaltig und müßten durch sauberere ersetzt werden. Scheidet sich kein Arsenspiegel ab, so gebe man e i n e n T r o p f e n verdünnter Arsenigsäure-Lösung in den Trichter und spüle ihn mit einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure in den Kolben. Nach einiger Zeit wird sich jetzt hinter der erhitzten Stelle bei * ein A r s e n s p i e g e l niederschlagen. Wenn der erste Arsenspiegel dunkel genug geworden ist, kann man durch Erhitzen bei c an der zweiten Verjüngungsstelle einen zweiten Spiegel entstehen lassen. Jetzt entferne man die Flamme und entzünde das ausströmende Gas. Die Flamme färbt sich fahl gelblichgrünlich, und ein w e i ß e r R a u c h von A r s e n(III)-o i d steigt auf. Wird die Flamme jetzt durch eine kalte Abdampfschale niedergedrückt, so bildet sich innerhalb des flammenbedeckten Teiles an der Schale ein braunschwarzer A r s e n f l e c k . Charakteristisch für den Arsenspiegel bzw. die Arsenflecke ist die namentlich am Rand deutlich wahrzunehmende B r a u n f ä r b u n g (die ähnlichen Antimonflecke sind tiefsammetschwarz). Ein Fleck werde mit einem Tropfen gelber AmmoniumpolysulfidLösung betupft; bei vorsichtigem Eindampfen der Lösung hinterbleibt ein g e l b e r Fleck von Arsensulfid. Ein zweiter Arsenfleck werde in etwas frischer Nafriumhypochlorit-Lösung (NaCIO; vgl. S. 228/31) aufgelöst, wobei er zu Arsensäure oxidiert wird. Ein Antimonfleck würde sich nicht lösen. 2As + 5C10- + 4OH- ^2HAsO 2 - + 5€ + HO. Antimon Antimon ist als Element und in seinen Verbindungen dem Arsen recht ähnlich. Es ist silberweiß, spröde und schwerer flüchtig als Arsen. An Oxiden bzw. Hydroxiden ') Apparaturen, die mit Wasserstoff gefüllt werden müssen, prüft man stets in der oben beschriebenen Weise auf die Abwesenheit von Sauerstoff, ehe man sie in Betrieb nimmt.

220

Antimon

kennt man außer dem A n t i m ( )i d (oder Diantimontrioxid) Sb 2 O 3 und dem nur in wasserhaltiger Form bekannten A n t i m o n (V)i d (oder Diantimonpentaoxid) Sb 2 O 5 das Oxid Sb 2 O 4 , das drei- und fünfwertiges Antimon nebeneinander enthält; es bildet sich, wenn ein beliebiges Oxid oder Hydroxid-oxid an der Luft auf etwa 800 °C erhitzt wird. Die Antimonoxide sind ziemlich schwer flüchtig; sie sind, ähnlich wie Zinndioxid, in Wasser und Salpetersäure fast unlöslich. Versucht man das Trioxid oder das Pentaoxid durch Ansäuern von Antimonat(III)oder"Antimonat(V)-Lösungen abzuscheiden, so entstehen Produkte mit wechselndem Wassergehalt, die im folgenden der Einfachheit halber als Sb(OH)3 bzw. Sb2O5 formuliert werden. Antimon(III)-säure ist noch schwächer sauer als arsenige Säure und ausgesprochener amphoter. Die Verbindungen, die sich formal von dem Kation Sb3+ ableiten wie z. B. SbCl3, werden stark hydrolysiert. Vielfach findet man dabei schwer lösliche Hydrolysenprodukte der Formel SbOX, wobei X für ein einwertiges Anion steht, z. B. Antimon-chlorid-oxid SbCIO (= SbCl(OH)2 - H 2 O). Das in Wasser fast unlösliche wasserhaltige Oxid des f ü n f wertigen Antimons löst sich zwar in Salzsäure, verhält sich aber in der Mehrzahl seiner Umsetzungen wie eine typische, allerdings sehr schwache S ä u r e . Antimonverbindungen der Oxidationsstufe 3+ können r e d u z i e r e n d , die der Oxidationsstufe 5 + o x i d i e r e n d wirken. D i e R e d u k t i o n z u M e t a l l gelingt in wäßriger Lösung sehr leicht, so z. B. mit Eisen (Unterschied gegen Zinn!).

1. Man erhitze etwas Antimon in einem einseitig geschlossenen Glasröhrchen. Es schmilzt bei 630,5 °C; bei der Hitze des Bunsenbrenners läßt es sich nicht verdampfen. Beim Erhitzen mit der Lötrohrflamme auf Kohle gibt Antimon einen weißen Beschlag von Oxiden, der beim Erwärmen wesentlich weniger flüchtig ist als der von Arsen(III)-oxid. Antimon(III)-verbmdungen. 2. Man erhitze etwas gepulverten Grauspießglanz (Sb2S3) in einem Reagensglas mit 2 ml konzentrierter Salzsäure (Abzug!). Unter Entwicklung von Hydrogensulfid löst sich der Grauspießglanz im wesentlichen zum Anion einer Chlorosäure zum Teil auf: Sb2S3 + 6H3O+ + 8C1- -+2SbCl4- + 3H2S + 6H2O. Nach dem Erkalten filtriere man und koche das Filtrat bis zur Entfernung des gelösten Schwefelwasserstoffs. Nachdem man die Lösung vorsichtig tropfenweise mit Wasser verdünnt hat — eine etwa entstehende Trübung werde mit einem Tropfen konzentrierter Salzsäure wieder in Lösung gebracht — verwende man sie zu den folgenden Umsetzungen: 3. Wasser wirkt hydrolysierend; es fällt weißes A n t i m o n - c h l o r i d o x i d , das bei längerem Stehen mit viel Wasser in wasserhaltiges Antimon(III)-oxid übergeht. 4. Wird zu dieser Mischung konzentrierteSalzsäure gesetzt, so löst sich das Antimon-chlorid-oxid unter Bildung von SbCl3 und auch von SbCl4~

Antimon

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wieder auf. Beim Verdünnen bildet sich dann wieder ein Niederschlag usw. Ein schönes Beispiel für die M a s s e n w i r k u n g : H, o SbCl3 + 3H2O . SbCIO + 2H3O+ + 2C\~. HCl

5. Auf Zusatz von Weinsäure löst sich der Antimon-chlorid-oxid-NieaeTschlag zu einer innerkomplexen (vgl. S. 153) Säure auf; das Kaliumsalz dieser Säure ist als ,, B r e c h w e i n s t e i n " auch in fester Form bekannt. Aus einer Lösung dieses Salzes (also bei Abwesenheit überschüssiger freier Weinsäure) fällt verdünnte Salzsäure wieder Antimon-chloridoxid aus, weil der Komplex nur mäßig stark ist. 6. Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, fällt A n t i m o n (III)hydr i d, das amphoter ist und früher als Antimonige Säure bezeichnet wurde; ein Überschuß von Natronlauge lös^ das H y d r id unter Bildung von H y d r o x o a n t i m o n a t(III)-Ionen auf. OH' + Sb(OH) 3 -+[Sb(OH) 4 ]-. 7. Hydrogensulfid fällt A n t i m o n (III) -s u I f i d (oder Diantim ontrisulfid) Sb2S3 in roter flockiger Form. 2SbQ3 + 3H2S + 6H2O -> Sb2S3 + 6H3O+ + 6Cr. Dieses rote Antimon(III)-sulfid stellt eine zweite, i n s t a b i l e M o d i f i k a t i o n neben dem grauschwarzen Grauspießglanz dar. Beim Erwärmen unter Luftausschluß geht die rote Form in die grauschwarze über.

8. In farblosem Ammoniumsulfid ist das Antimon(III)-sulfid unter Bildung von T h i o a n t i m o n a t (III)-, in gelbem Ammoniumpolysulfid unter Bildung von T h i o a n t i m o n a t (V) -Ionen löslich. Sb2S3 + 3S2- + 2S

Umsetzungen der Antimonf V)-verbindungen. 9. In einer Abdampfschale erwärme man etwas gepulvertes ntimon mit wenig konzentrierter Salpetersäure mit kleiner Flamme und verdampfe die Salpetersäure dann auf dem Wasserbad fast völlig. Etwas von dem weißen Rückstand, der aus wasserhaltigem A n t i m o n(V)-o i d (auch „Antimonsäure" genannt) besteht und den man möglichst von Antimonteilchen befreit, werde mit etwas wasserfreier Soda und Kaliumnitrat, das in diesem Fall

222

Antimon

nur als Flußmittel dient, auf einem Porzellantiegeldeckel geschmolzen. Beim Aufnehmen der Schmelze mit Wasser bleibt N a t r i u m a n t i m o n a t Na[Sb(OH) 6 ] ungelöst. Es ist eines der wenigen in Wasser wenig löslichen Natriumsalze (vgl. S. 84); das entsprechende Kaliumsalz ist reichlich löslich. 10. Eine weitere Probe der Antimonsäure löse man unter Erwärmen in wenig verdünnter Salzsäure. Die so gebildete A n t i m o n p e n t a c h l o r i d - L ö s u n g , die viel kolloid gelöstes Antimon(V)-oxid enthält, verwende man zu folgenden Umsetzungen: 11. Wasser: Zu einigen Tropfen Antimonpentachlorid-Lösung setze man einige Milliliter Wasser und lasse stehen. Nach einiger Zeit scheidet sich durch Hydrolyse gebildetes wasserhaltiges A n t i m o n(V)-o i d aus. 2SbCls + 15 H2O ->Sb2Os + 10 H3O+ + l OCl'. 12. Hydrogensulfid fällt aus Antimonpentachlorid-Lösung rotes A n t im o n (V)-s u l f i d bzw. Antimon(III)-sulfid und Schwefel. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid-Lösung löst sich der Niederschlag unter Bildung v o n T h i o a n t i m o n a t(V)-Ionen. Oxidations-Reduktions-Reaktionen. 13. Zu Natriumantimonat(III)Lösung gebe man etwas Diamminsilbersalz-Lösung, z. B. SilbernitratLösung, die bis zur Auflösung des zuerst ausgefällten Silberoxidniederschlags mit Ammoniak-Lösung versetzt worden ist. Die anfangs farblose Mischung bräunt sich bald, und es scheidet sich schwarzbraunes S i 1b e r in Flocken aus. Schwaches Erwärmen beschleunigt den Vorgang. [Sb(OH)4]- + 2[Ag(NH 3 ) 2 ] + + 3OH--»2A°g + [HS^OJ2- + 4NH 3 + 3H2O. Das Antimonat(III) geht also in Antimonat(V) über, wobei es das Silbersalz zu metallischem Silber reduziert. Durch dieses Verhalten unterscheidet man dreiwertige Antimonverbindungen von fünfwertigen. 14. Ein Tropfen stark mit Salzsäure angesäuerter Antimonsäure-Lösung, die im wesentlichen Chloroantimonat(V)-lonen enthält, werde mit etwas Natriumiodid-Lösung gemischt und erwärmt. Es scheidet sich I o d aus, das sich beim Durchschütteln der abgekühlten Mischung mit etwas Chloroform mit violetter Farbe in diesem löst. Unterschiedsprobe gegen die Verbindungen des dreiwertigen Antimons! - + 2I--»[SbCl4]- + 2C1- + T2.

Bismut

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15. In etwas salzsaure Antimonsalz-Lösung (gleichgültig, ob drei- oder fünfwertig) bringe man einen Eisennagel. E l e m e n t a r e s A n t i m o n scheidet sich in schwarzen Flocken ab. 16. Einen Tropfen einer salz sauren Antimonsalz-Lösung bringe man auf ein Platinblech (Assistent) und gebe ein Stückchen Zink hinein. Bald bildet sich auf dem Blech ein schwarzer, f e s t h a f t e n d e r A n t i m o n f l e c k , während Zink in Lösung geht. Nach einiger Zeit spüle man den Fleck mit Wasser ab und löse ihn mit einigen Tropfen Salpetersäure, die mit Weinsäure versetzt ist. Verdünnt man die entstandene Lösung und gibt Hydrogensulfid-Lösung hinzu, so scheidet sich r o t e s A n t i m o n s u l f i d aus. Stiban. 17. Der M a r s h sehe Versuch werde in gleicher Weise wie beim Arsen mit etwas Antimonsalz-Lösung ausgeführt. Man erhält im Glasrohr und auf der Porzellanschale m a t t s a m m e t a r t i g e s c h w a r z e F l e c k e n . Sie geben beim Betupfen mit Ammoniumsulfid einen r o t e n Fleck von Antimonsulfiden. Auch lösen sie sich n i c h t in frischer Natriumhypochlorit-Lösung, wodurch sie sich von den ähnlichen Arsenflecken unterscheiden. Bismut Bismut ist ein hellgraues Metall mit rötlichem Farbton. Es schmilzt schon bei 271 °C, ist aber sehr schwer flüchtig. In starker Salpetersäure löst es sich zu Bismutnitrat Bi(NO 3 ) 3 , d. h. also zur dreiwertigen Stufe. Die Verbindungen, die sich mit OH~lonen bilden, sind verwickelt zusammengesetzt, durch „Bi(OH)3" werden sie nur grob beschrieben. „Bi(OH)3" hat einen schwach basischen Charakter; saure Eigenschaften fehlen ihm fast völlig. Von der f ü n f wertigen Stufe sind nur wenige Verbindungen bekannt (vgl. S. 199f.), diese gehen leicht in solche der dreiwertigen Stufe über und sind deshalb starke Oxidationsmittel (z. B. NaBiO 3 ).

1. Man löse ein Stückchen Bismut in wenig konzentrierter Salpetersäure unter Erwärmen auf, verdünne die Lösung tropfenweise mit Wasser und gieße oder filtriere ab, ehe eine bleibende Trübung entsteht. Diese Lösung verwende man für die folgenden Versuche. 2. Wasser: Wird zu der Lösung reichlich kochendes Wasser gesetzt, so fallen B i s m u t-h y d r i d-n i t r a t e, etwa Bi(OH)2NO31), aus: Bi3+ + N03- + 4H2O -> Bi(OH)2NO3 + 2H 3 O + . ') Die Bi(OH) 2 + -Ionen sind zu [Bi6(OH)i2]6"'"-Gruppen assoziiert.

224

Bismut

Fügt man vor dem Verdünnen wenig Natriumchlorid zu, so fällt das noch schwerer lösliche B i s m u t-c h l o r i d-o i d BiCIO (früher Bismutylchlorid genannt) aus. Enthält die Bismutsalz-Lösung viel freie Säure, so erfolgt ein Niederschlag erst nach dem Zusatz von sehr viel Wasser und nach längerem Stehen. Durch Zusatz von Weinsäure kann das Entstehen dieses Niederschlags — anders als beim Antimon — nicht verhindert werden. 3. Natronlauge fällt weißes B i s m u t-h y d r i d-o i d , das sich im Überschuß von verd. Natronlauge n i c h t löst. Wird Hydrogenperoxid-Lösung oder Bromwasser zu der Mischung gegeben, so färbt sich der Niederschlag h e l l b r a u n , weil das Bismut teilweise in den f ü n f wertigen Zustand übergeht. 4. Hydrogensulfid fällt schwarzbraunes B i s m u t s u l f i d Bi2S3. 5. Kaliumiodid fällt schwarzrotes B i s m u t i o d i d BiI3. Ein Überschuß an Kaliumiodid-Lösung löst das Bismutiodid unter Bildung von rötlich gelben komplexen Tetraiodobismutat(III)-Ionen [BiI4]~. 6. Stannat(II)-Lösung: Wird zu einer Bismutnitrat-Lösung Natriumstannat(II)-Lösung (vgl. S. 202) gesetzt, so fällt schwarzes e l e m e n t a r e s B i s m u t aus. 2„Bi(OH)3" + 3[Sn(OH)3]- + 3OH' ^2B°i + 3[Sn(OH)6]2-. 7. Natriumbismutat(V), NaBiO3, als Oxidationsmittel: Ein Tropfen einer verd. Mangansulfat-Lösung werde mit etwa l ml konz. Salpetersäure, dem doppelten Volumen Wasser und einer Spatelspitze Natriumbismutati V) versetzt; dann schüttele man die Mischung einige Zeit. Nach Verdünnen mit Wasser und evtl. Zentrifugieren erkennt man die violette Farbe des gebildeten P e r m a n g a n a t - I o n s . Überschüssiges Bismutat bleibt ungelöst zurück.

Nichtmetallverbindungen - Zweiter Teil

Im folgenden sind die Elemente nach dem Perioden-System geordnet.

7. Gruppe Halogene Zu der Gruppe der Halogene gehören die Elemente Fluor, Chlor, Brom und lod. Von diesen haben wir das Chlor S. 24 ff. behandelt. Auch vom Brom und lod haben wir schon einige charakteristische Eigenschaften kennengelernt. So haben wir S. 28, Nr. 8 die Kennzeichnung dieser Elemente durch die beim Ausschütteln auftretenden Farben der Lösungen in Chloroform besprochen. Spezifisch und empfindlich ist auch die intensive b l a u e Farbe, die auftritt, wenn man eine I o d-Lösung mit S t ä r k e-Lösung versetzt.

Man löse je ein Körnchen lod in Alkohol, Kohlenstoffdisulfid und Chloroform und notiere die Farben der Lösung. Während sich lod in Wasser nur wenig löst, ist es in einer Natriumiodid-Lösung reichlich löslich. Dabei bildet sich unter Anlagerung eines lodmoleküls an ein lodidlon das [I3]"-Ion. Man verdünne etwas wäßrige iod-Lösung so stark, daß die braune Farbe kaum noch zu erkennen ist, und gebe etwas in der Wärme bereitete Stärke-Lösung dazu. Die Flüssigkeit färbt sich tiefblau. Elementares Chlor kann mit konzentrierter NH 4 Cl-Lösung h o c h e x p l o s i b 1 e s Stickstofftrichlorid NC13 bilden. lod gibt mit NH 3 -Lösung ähnliche, e b e n s o g e f ä h r l i c h e Stoffe. Man hüte sich also, diese Ausgangsstoffe zusammenzubringen. Freies Brom oxidiert dagegen Ammoniak und dessen Salze gefahrlos zu Stickstoff.

Hydrogenhalogenide Bei den wasserfreien Hydrogenhalogeniden ist der Gang der Siedepunkte auffällig: HF +20 °C, HC1 -85 °C, HBr -67 °C, HI -35 °C. Der im Vergleich zu den anderen Verbindungen hohe, etwa bei Zimmertemperatur liegende Siedepunkt des H y d r o g e n f l u o r i d s ist durch sog. „Wasserstoffbrückenbindungen" (s. Lehrbuch) sowie das große Dipolmoment und die geringe Größe des HF-Moleküls bedingt. Ähnliches findet man auch bei W a s s e r und A m m o n i a k in den Reihen: H 2 O, H2 S, H 2 Se, H 2 Te bzw. NH 3 , PH 3 , AsH 3 , SbH 3 .

226

Hydrogenhalogenide

Wäßrige Lösungen. Die L ö s l i c h k e i t der Hydrogenhalogenide in Wasser ist sehr groß. Während die Lösungen von Hydrogen-bromid und -iodid wie Salzsäure s e h r s t a r k e S ä u r e n sind, nimmt Hydrogenfluorid, das in wäßriger Lösung nur eine m i t t e l s t a r k e S ä u r e ist, wieder eine Sonderstellung ein. In der Lösung spielt das Gleichgewicht F~ + HF^ [HF 2 ]~ eine Rolle. Beim Arbeiten mit Fluorwasserstoff oder seiner wäßrigen Lösung, die auch mit dem Trivialnamen F l u ß s ä u r e bezeichnet wird, ist größte Vorsicht geboten, weil Hydrogenfluorid, auch in Gasform, leicht in die Haut eindringt und schwierig heilende Wunden erzeugen kann (vgl. Tafel im Anhang). Redoxverhalten. Das Bestreben der Halogene, durch Bindung eines zusätzlichen Elektrons negative Ionen zu bilden, wächst vom lod zum Fluor. So haben wir bereits S. 28 gesehen, daß elementares Chlor Bromid- und lodid-Ionen zu den freien Halogenen exidiert. Das Fluor schließlich ist so stark elektronegativ, daß es sogar den Sauerstoff des Wassers verdrängt 1 ) (vgl. dazu S. 161, 164): 2F2 + 2H 2 0-»4HF + 02. Die Elemente Brom und lod sind dagegen so wenig elektronegativ, daß die — in reiner Form farblosen - wäßrigen Lösungen ihrer Wasserstoffverbindungen, besonders des Hydrogeniodids und auch seiner Salze, durch den L u f t s a u e r s t o f f leicht oxidiert werden und sich daher beim Stehen, namentlich im Sonnenlicht, allmählich rotbraun bzw. braun färben: 4 + 4H 3 O + + O 2 ^6H 2 O + 2I 2 . Diese leichtere Oxidierbarkeit des Hydrogen-bromids und iodids kommt auch darin zum Ausdruck, daß man diese Verbindungen nicht wie Hydrogenchlorid durch Einwirkung von konzentrierter S c h w e f e l s ä u r e auf ihre Alkalimetallsalze darstellen kann, weil Hydrogenbromid dabei teilweise, Hydrogeniodid vollständig oxidiert wird: 2HI + H 2 SO 4 ->I 2 + SO2 + 2H 2 O. Benutzt man anstelle der Schwefelsäure die nicht oxidierende P h o s p h o r s ä u r e , so läßt sich Hydrogenbromid ohne Zersetzung darstellen. Hydrogeniodid kann man jedoch auch so nicht rein gewinnen, weil bei der erforderlichen Temperatur (über 100 °C) im Gleichgewicht 2HI ^H 2 + I2 über 10% des Hydrogeniodids zersetzt sind. Durch schwächere Oxidationsmittel, Wie salpetrige Säure (vgl. dazu S. 241, Nr. 2), wird aus den Hydrogenhalogeniden nur lod, nicht aber Brom freigemacht. Salze. Hinsichtlich der Löslichkeit in Wasser ähneln sich Chloride, Bromide und Iodide, wie S. 146 für die Silbersalze gezeigt worden ist. Die Fluoride verhalten sich anders: Silberfluorid ist reichlich löslich, während Calciumfluorid („Flußspat") im Gegensatz zu dem reichlich löslichen Calciumchlorid nur wenig löslich ist. Auch LiF ist wenig, NaF nur massig löslich, während sich die Fluoride von Kalium, Rubidium, Caesium und Ammonium reichlich lösen. Über das Chromylchlorid und seine analytische Bedeutung vgl. S. 188f u. 192, über den Nachweis von Bromid und Iodid nebeneinander s. S. 233, Nr. 14.

1. Man gebe unter dem Abzug zu etwas festem Kaliumbromid konzentrierte Schwefelsäure. Durch B r o m und S c h w e f e l d i o x i d ver!

) Der Sauerstoff ist mit etwas Sauerstoffdifluorid OF2 und Ozon O 3 verunreinigt.

Pseudohalogene

227

unreinigter B r o m w a s s e r s t o f f entweicht in Strömen, die Flüssigkeit färbt sich durch freies B r o m braun. 2. Behandelt man Natriumiodid in entsprechender Weise, so wird reichlich I o d ausgeschieden. 3. Man gebe zu Ammonium- oder Kaliumfluorid-Lösung SilbernitratLösung. Es bildet sich k e i n Niederschlag. Gibt man zu einer der genannten Fluorid-Lösungen dagegen Calciumchlorid-Lösung, so scheidet sich voluminöses C a l c i u m f l u o r i d ab. Pseudohalogene Die zusammengesetzten Anionen der nachstehend aufgeführten Wasserstoff Verbindungen sind den Halogenid-Ionen im chemischen Verhalten überraschend ähnlich; die Atomgruppen, die diese Anionen bilden, nennt man deshalb auch P s e u d o H a l o g e n e . Ihre Anionen neigen noch stärker zur Komplexbildung als die Halogenid-Ionen. HCN H y d r o g e n c y a n i d (Veralteter Trivialname: Blausäure) HOCN C y a n s ä u r e HSCN T h i o c y a n s ä u r e (früher auch Rhodanwasserstoff genannt) HN 3 H y d r o g e n a z i d (früher Stickstoffwasserstoffsäure genannt) Einige wichtige U m s e t z u n g e n dieser Säuren und ihrer Salze haben wir schon kennengelernt; z. B. die Fällung der CNMonen mit Ag+ -Ionen und die Auflösung des Niederschlages in überschüssigem Cyanid nach der Gleichung: AgCN + CN-->[Ag(CN) 2 ](vgl. S. 146); etwas verwickelter sind die Reaktionen von zweiwertigem Kupfer mit Thiocyanat und besonders mit Cyanid (man arbeite nochmals die S. l 56 f. Nr. 11 — 14 beschriebenen Zusammenhänge durch). Einige Schwermetalle geben sehr tieffarbige Thiocyanate, die sich durch gewisse organische Lösungsmittel aus ihren wäßrigen Lösungen' extrahieren lassen, z. B. Eisen (S. 180, Nr. 17/18), Cobalt (S. 184, Nr. 6), Molybdän (S. 260, Nr. 5). In wäßriger Lösung ist Thiocyansäure eine recht s t a r k e S ä u r e , während die Hydrogencyanid-Lösung nur sehr w e n i g d i s s o z i i e r t und schwächer als Kohlensäure ist. Wäßrige Thiocyansäure von höherer Konzentration als etwa l mol/1 wird in Berührung mit Luft allmählich zu verschiedenen Produkten oxidiert. Freie Cyansäure setzt sich mit Wasser um: HOCN + 2H 2 O^NH 4 + + HCO3~ Auch das freie D i c y a n (CN) 2 ist den Halogenen ähnlich. Man gewinnt das sehr giftige Gas durch Erhitzen von Schwermetallcyaniden, z. B.:

1. Man mische einen Tropfen Natriumcyanid- Lösung mit einem Tropfen Ammoniumpolysulfid-Lösung und dampfe in einer Abdampfschale auf

Halogensauerstoffverbindungen

228

dem Wasserbad zur Trockne. Den Rückstand befeuchte man mit einigen Tropfen Salzsäure und gebe etwas stark verdünnte Eisen(HI)-chloridLösung hinzu. Die Lösung färbt sich durch Bildung von E i s e n (III)t h i o c y a n a t dunkelrot.

2. Man erhitze im trockenen Reagensglas u n t e r dem A b z u g etwas Quecksilber(II)-cyanid. Es bildet sich D i c y a n g a s , das beim Anzünden mit purpurgesäumter Flamme verbrennt. Halogensauerstoffverbindungen Man kennt folgende Oxide und Säuren des Chlors (bzw. ihre Salze):

Dabei deuten die Pfeile an, wie sich die Oxide mit Wasser bzw. Lauge umsetzen. Von diesen Verbindungen behandeln wir hier nur die umrahmten. /. Hypochlorige Säure. C h l o r g a s setzt sich mit W a s s e r zum Teil gemäß C12 + 2H 2 O ^ H 3 O +

HC1O

um, nach der unter Disproportionierung des Chlormoleküls neben Cl'-Ionen freie hypochlorige Säure entsteht (früher unterchlorige Säure genannt). Einem Fortschreiten der Reaktion nach rechts wirken die entstehenden H 3 O + -Ionen entgegen. Fängt man diese jedoch mit OH'-Ionen weg, leitet man also Chlorgas in N a t r o n l a u g e ein, so setzt es sich nach C12 +OH--»C1- + HC1O bzw. C12 + 2OH-->C1- + [CIO]- + H 2 O

Halogensauerstoffverbindungen

229

vollständig um. Beim A n s ä u e r n hingegen verschiebt sich das Gleichgewicht wieder entsprechend dem unteren Pfeil der ersten Gleichung dieses Absatzes, und es bildet sich Chlor zurück. Ähnlich wie gegen Natronlauge verhält sich Chlorgas gegen Calciumhydroxid, wobei der hypochlorithaltige, im übrigen verwickelt zusammengesetzte „ C h l o r k a l k " entsteht. Die Hypochlorite sind instabile Verbindungen. Noch sehr viel unbeständiger ist die h y p o c h l o r i g e S ä u r e . Das Entstehen dieser energiereichen Stoffe wird nur dadurch ermöglicht, daß bei dem Übergang eines Chloratoms in ein Chloridion so viel Energie frei wird, daß dem zweiten Chloratom des Chlormoleküls Energie zur Bildung einer instabilen Verbindung zur Verfügung steht, die sich ohne diese Energiezufuhr nicht bilden könnte (,,Gekoppelte Reaktion"). Derartige instabile Stoffe versuchen, in einen stabileren Zustand überzugehen. Hypochlorige Säure wirkt deshalb gegenüber oxidierbaren Stoffen als starkes Oxidationsmittel. Da es aber auch noch höhere Oxidationsstufen des Chlors gibt, die ebenfalls stabiler als die hypochlorige Säure sind, können Hypochlorite gegenüber stark oxidierenden Stoffen auch als Reduktionsmittel wirken. Ganz entsprechend liegen die Verhältnisse bei einigen anderen instabilen Stoffen mittlerer Oxidationsstufe, z. B. bei Chlorsäure (siehe weiter unten), salpetriger Säure (S. 240f.), Hydrogenperoxid (S. 233 f.). Besonders häufig macht man von der O x i d a t i o n swirkung der hypochlorigen Säure Gebrauch. Diese Fähigkeit kommt — ähnlich wie wir es z. B. bei der Salpetersäure kennengelernt haben - in erster Linie der undissoziierten Säure zu, weniger den ClO'-Ionen. Die freie Säure ist auch in schwach alkalischer Lösung in gewissem Umfange vorhanden; denn die hypochlorige Säure ist sehr schwach, so daß ihre Anionen leicht protoniert werden. //. Chlorsäure und Chlordioxid. Beim Erwärmen oxidieren HClO-Moleküle C1O~lonen unter Disproportionierung gemäß 2HC1O + [CIO]' + 2OH- H>-[C1O3]- + 2C1' + 2H 2 O, wobei sich Chlorat-lonen bilden. In der W ä r m e r e a g i e r t daher Chlorgas mit OH"-haltigen Lösungen nach 3C12 + 6OH-->C1O3- + 5C1- + 3H 2 O direkt zu Chlorat und Chlorid. Hier liegt ebenfalls eine gekoppelte Reaktion vor. Auch Chlorate sind instabile Stoffe, die ihre Bildung dem gleichzeitigen Entstehen von Chloridionen verdanken; sie sind jedoch weniger energiereich als die Hypochlorite. — Ähnlich wie die ClO'-Ionen sind auch die ClO3--Ionen neben Cl"-Ionen nur in alkalischer Lösung beständig. In saurer setzen sie sich um gemäß: C1O3- + 5C1- + 6H 3 O + -*3C12 + 9H 2 O. Beim Behandeln von Chloraten mit k a l t e r konzentrierter Schwefelsäure bildet sich (neben Perchlorsäure, vgl. III) das e x p l o s i b l e Chlordioxid, da das Entwässerungsprodukt C12O5 der Chlorsäure nicht existiert. 3HC1O3 - H2O->2C1O2 + HC1O4. Ein Gemisch von Chlorat mit konz. Salpetersäure besitzt bei Wasserbadtemperatur eine sehr starke Oxidationswirkung, die — bei Abwesenheit von Reduktionsmitteln, insbesondere Chloriden — sogar ausreicht, in saurer Lösung das Mangan zum Oxid

230

Halogensauerstoffverbindungen

der sonst nur in alkalischem Medium erhältlichen vierwertigen Stufe zu oxidieren, wobei gleichzeitig Chlordioxid entsteht. Da MnO 2 in Wasser und auch in Salpetersäure sehr wenig löslich ist, beruht auf dieser Reaktion eine Möglichkeit, das Mangan von anderen zwei- und auch einigen dreiwertigen Metallen zu trennen. ///. Perchlorsäure (früher: Überchlorsäure). Noch beständiger als die Chlorate sind schließlich die Perchlorate, die z. B. beim Erhitzen von Chloraten - wiederum in gekoppelter Reaktion und unter Disproportionierung — nach der Umsetzung 4KC1O3 -+KC1 + 3KC1O4 entstehen. Daneben erfolgt allerdings auch eine Zersetzung gemäß Bei Anwesenheit von Katalysatoren, wie Braunstein, erfolgt sogar ausschließlich die letzte Umsetzung. — Die P e r c h l o r s ä u r e ist, den S. 139/42 besprochenen Regeln entsprechend, eine sehr starke Säure. Ihre Anionen haben kein Bestreben, als Liganden in Komplexe einzutreten. Das wenig lösliche Kaliumperchlorat ist schon S. 91 , Nr. 4 besprochen worden. P e r c h l o r a t e lassen sich — im Gegensatz zu den Chloraten — mit schwefliger Säure oder mit Zink und verdünnter Schwefelsäure n i c h t zu den Chloriden reduzieren, sondern nur mit anderen Reduktionsmitteln, z.B. Titan(III)-Salzen in saurer Lösung (vgl. dazu S. 255, Nr. 6). Mischungen von Chloraten bzw. Perchloraten mit leicht oxidablen Stoffen (S, P, organischen Verbindungen) sind Sprengstoffe. Konzentrierte HC1O3- und HC1O4Lösungen (letztere über 70%), insbesondere Mischungen ihrer Salze mit konz. H 2 SO 4 , sind bereits an sich explosiv. Besonders gefährlich sind Gemische von Perchlorsäure und Alkoholen (vgl. Lehrbücher). Der Anfänger halte sich im folgenden genau an die Vorschriften, verwende stets kleine Mengen und führe keine anderen Versuche als die beschriebenen aus. Schutzbrille tragen! IV. Sauerstoffsäuren von Brom und lod. Auch Brom und lod lösen sich in Lösungen, die OH"-Ionen enthalten, und bilden Anionen der h y p o b r o m i g e n bzw. h y p o i o d i g e n S ä u r e , die in ihren Umsetzungen der hypochlorigen Säure weitgehend entsprechen. l o d a t - I o n e n bilden sich rasch durch Oxidation von lodiden oder lod mit Chlor in wäßriger Lösung: I- + 3C12 + 9H 2 O-»[IO 3 ]- + 6H 3 O + + oCl". Brom dagegen wird durch verdünnte Chlorlösung praktisch n i c h t zu Bromsäure oxidiert. Bromate bzw. lodate setzen sich in saurer Lösung mit Bromid- bzw. lodidlonen ebenso zu freiem Halogen um, wie es oben für die Einwirkung von Chloraten auf Chlorid-Ionen beschrieben ist, z. B.: IO3- + 51- + 6H 3 O + -^9H 2 O + 3I2. Die Periodsäure, die sich vom lod mit der Oxidationszahl 7+ ableitet, hat die Formel H 5 IO 6 , weil um die große lodpartikel 6 Sauerstoffpartikeln Platz haben.

/. Hypochlorige Säure. 1. Ein halbes Reagensglas Chlor-Lösung werde nach Zugabe einiger Tropfen Natronlauge geschüttelt, wobei der Geruch

Halogensauerstoffverbindungen

231

nach Chlor verschwindet. Ein Teil dieser Lösung entfärbt einen Tropfen Indigo-Lösung ( O x i d a t i o n s w i r k u n g d e r u n t e r c h l o r i gen S ä u r e ! ) . Der Rest werde mit Schwefelsäure angesäuert, worauf der Geruch nach C h l o r wieder zu erkennen ist. 2. Man schüttle Chlorkalk mit Wasser und stelle mit dem Filtrat die gleichen Versuche an. //. Chlorsäure. 3. Eine k l e i n e Spatelspitze (nicht mehr!) Kaliumchlorat werde auf Holzkohle mit der Lötrohrflamme unter dem Abzug erhitzt (Schutzbrille!). Es erfolgt lebhafte V e r p u f f u n g unter Feuererscheinung. 4. Eine kleine Probe Kaliumchlorat werde mit konzentrierter Salzsäure in einem Reagensglas schwach erwärmt. Es entweicht C h l o r g a s; daneben bildet sich auch C h l o r d i o x i d . Wenn es sich in der Giftanalyse um den Nachweis von Metallen in organischen Stoffen (Speisen usw.) handelt, werden die organischen Stoffe oft durch diese Mischung oxidiert und entfernt. 5. Kaliumchlorat-Lösung gibt — vorausgesetzt, daß sie frei von Kaliumc h l o r i d ist - mit Silbernitrat-Lösung k e i n e n Niederschlag. Nach Zusatz von einigen Stückchen Zink und etwas verdünnter Schwefelsäure fällt S i l b e r c h l o r i d aus, weil jetzt das Chlorat-Ion zum Chlorid-Ion reduziert wird. Bei dem Versuch verdünne man etwas mit Wasser, da auch Silbersulfat wenig löslich ist (vgl. S. 30). Auch durch Kochen mit schwefliger Säure wird die Chlorsäure reduziert. Die Reduktion von Chlorsäure kann man schließlich auch mit s a l p e t r i g e r Säure erreichen; vgl. dazu S. 241, Nr. 4.

6. In einem trockenen Reagensglas, das in schräger Lage in ein Stativ geklammert ist, befeuchte man eine Spatelspitze Kaliumchlorat (nicht mehr!) mit 2—3 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure (Schutzbrille!). Es entwickelt sich langsam gelbgrünes C h l o r d i o x i d , das beim Erwärmen des o b e r e n Teils des Reagensglases mehr oder weniger heftig detoniert. Man hüte sich, das Gemisch von Kaliumchlorat und Schwefelsäure selbst zu erwärmen, weil dabei heftige Explosionen eintreten können. (Der Versuch i s t h i n t e r d e r G l a s s c h e i b e d e s A b z u g s auszuführen!). 7. 2—3 Tropfen Mangartsulfat-Lösung (nicht Chlorid!) werden im Reagensglas mit 2-3 ml konz. Salpetersäure (Dichte p = 1,4) und mit einer

232

Halogensauerstoffverbindungen

kleinen Spatelspitze Kaliumchlorat versetzt. Dann faßt man das Reagensglas oben mit einer Reagensglasklemme und hängt es in ein siedend heißes Wasserbad ( n i c h t über freier Flamme erhitzen, weil dann Explosionsgefahr besteht!). Es scheidet sich nach einiger Zeit ein schwarzbrauner Niederschlag von wasserhaltigem B r a u n s t e i n MnO2 ab. 8. In einem trocknen Reagensglas werde etwas Kaliumchlorat, dem etwas Braunstein zugesetzt ist, vorsichtig erhitzt. Es entweicht S a u e r s t o f f , der mit einem glühenden Holzspan nachgewiesen werde. ///. Perchlorsäure. 9. Erhitzt man 1—2 g Kaliumchlorat ohne Braunsteinzusatz, so schmilzt es und entwickelt viel weniger Sauerstoff. Nachdem man die Gasentwicklung einige Minuten in Gang gehalten hat, lasse man die Schmelze erstarren und abkühlen. Beim Ausziehen mit heißem Wasser löst sich nur ein Teil. In der Lösung lassen sich mit Silbernitrat C h l o r i d - I o n e n nachweisen. Das Ungelöste besteht im wesentlichen aus K a l i u m p e r c h l o r a t . Man bringe auf dem Objektträger ein kleines Körnchen davon in einem Tropfen Wasser durch Erhitzen in Lösung und vergleiche die beim Erkalten entstehenden Kristalle mit Kaliumperchloratkristallen, die man aus Kaliumchlorid-Lösung mit Perchlorsäure gefällt hat. 10. Man überzeuge sich, daß verd. Perchlorsäure-Lösung durch Zink und verdünnte Schwefelsäure sowie mit schwefliger Säure n i c h t zum Chlorid reduziert wird. Perchlorsäure wird am besten mikrochemisch über das K a l i u m s a l z nachgewiesen (vgl. S. 91 , Nr. 4). IV. Sauerstoff säuren des Broms und lods. 1 1 . Man versetze etwas Natronlauge mit Brom-Lösung; die braune Farbe verschwindet. bzw. Br 2 + 2OH- -> Br + BrCT + H2O. Beim Ansäuern wird wieder B r o m frei: BrO" + Br + 2H3O+ -» Br2 + 3H2O. 12. Die gleichen Versuche führe man mit lod-Lösung durch. 13. Ein Tropfen Natriumiodid-Lösung werde mit so viel C/z/or-Lösung tropfenweise versetzt, bis eben die braune Farbe des zuerst ausgeschiedenen lods verschwindet. + 3C12 + 9H2O -> IO3- + 6C1- + 6H3O+.

6. Gruppe — Hydrogenperoxid

233

Die so erhaltene l o d s ä u r e - L ö s u n g werde zur Entfernung des überschüssigen Chlors einen Augenblick aufgekocht und dann mit Natronlauge neutralisiert, wobei der Endpunkt an einem in der Lösung schwimmenden Stück Lackmuspapier erkannt wird. Jetzt gebe man zu der Lösung etwas Natriumiodid-Lösung: die Lösung bleibt farblos. Säuert man sie jedoch mit verdünnter Salzsäure an, so färbt sie sich braun, und es scheidet sich reichlich I o d aus. 14. Da sich Brom mit Chlorlösung nicht zur Bromsäure oxidieren läßt, kann man B r o m i d e und I o d i d e in folgender Weise n e b e n e i n a n d e r n a c h w e i s e n . Man versetze eine verdünnte Lösung, die wenig Alkalimetalliodid und -bromid enthält, zunächst mit einem Tropfen Chlor-Lösung und etwas Chloroform. Beim Umschütteln nimmt die Chloroformschicht die violette I o d färbe an, während sich elementares Brom noch nicht bildet, da das Bromid-Ion schwerer als das lodidlon oxidiert wird. Dann gebe man mehr Chlor-Lösung hinzu, bis beim Umschütteln die violette lodfarbe verschwunden ist (lodsäurebildung). Bei weiterem Zusatz von Chlor-Lösung wird dann freies B r o m gebildet, das die Chloroformschicht braun färbt (vgl. auch S. 28 f.).

6. Gruppe Die Elemente Sauerstoff, Schwefel, Selen und Tellur, die nach ihren Eigenschaften und nach ihrer Stellung'im Periodensystem eine zusammenhängende G r u p p e , ähnlich wie die Halogene, bilden, nennt man C h a l k o g e n e (Erzbildner). Wir besprechen im folgenden außer den bisher noch nicht behandelten Elementen Selen und Tellur einige Säuren des Schwefels und das Hydrogenperoxid.

Hydrogenperoxid Das Hydrogenperoxid1) (früher: Wasserstoffperoxid) abgabe zerfallen nach

kann unter erheblicher Energie-

2H 2 O 2 ->-2H 2 O + O 2 . In hochkonzentriertem Zustand neigt es deshalb zur Explosion. Reine, verdünnte wäßrige Lösungen zerfallen bei Zimmertemperatur nur äußerst langsam. Durch manche Stoffe wird die Zersetzung katalytisch (s. Lehrbuch) beschleunigt.

1. Man versetze etwas verdünnte Hydrogenperoxid-Lösung mit einigen Tropfen kolloider Platin-Lösung (Assistent): es tritt lebhafte S a u e r s t o f f entwicklung ein. S. 79, Anm. 1.

234

Hydrogenperoxid

Geringe Alkalimengen, wie sie vom Glas an Wasser abgegeben werden, beschleunigen die Zersetzung ebenfalls. Das „Perhydrol"® der Firma Merck, eine wäßrige Lösung mit WH^QJ = 30%, wird deshalb in Polyethylen-Flaschen aufbewahrt. Verdünnte Hydrogenperoxid-Lösung hat einen Massenanteil von etwa 3%, also eine H 2 O 2 -Konzentration von annähernd l mol/1. Im Hydrogenperoxid H 2 O 2 hat die O2-Gruppe als Ganzes die Oxidationszahl 2-, jedes O-Teilchen also die Oxidationszahl 1-. Die O2-Gruppe ist für alle „Peroxide" charakteristisch. Diese verwechsle man nicht mit den P e r v e r b i n d u n g e n , z. B. mit Kaliumperchlorat (S. 230, 232) oder den Permanganaten (S. 194), die keine O2-Gruppen enthalten, sondern durch die höchste Oxidatipnsstufe des an Sauerstoff gebundenen Elements gekennzeichnet sind. Von den Peroxiden lernten wir das N a t r i u m p e r o x i d (S. 88f.)und das C h r o m p e r o x i d (S. 187 u. 192, Nr. 14) schon kennen; weiteren Peroxiden werden wir bei der Peroxodischwefelsäure (S. 235), beim Titan (S. 254, 255), beim Vanadium (S. 257„Nr. 2) und Uran (S. 262) begegnen. — Die O2-Gruppe der Peroxide steht in bezug auf die Oxidationsstufe des Sauerstoffs zwischen dem ungeladenen Sauerstoff des O2-Moleküls und dem O-Teilchen der Oxidationszahl 2-, das im Wasser und den Oxiden vorliegt. Damit ist verständlich, daß Hydrogenperoxid s o w o h l als R e d u k t i o n s ais a u c h als O x i d a t i o n s m i t t e l wirken kann. Durch i d i er e n d e Stoffe wird die doppelt negativ geladene O2-Gruppe unter Abgabe von zwei Elektronen zu elementarem Sauerstoff oxidiert. Dies erfolgt bevorzugt in saurer Lösung. R e d u k t i o n s m i t t e l führen Hydrogenperoxid in Wasser über. 2X1-

Dabei nimmt es zwei Elektronen auf, weil aus einer doppelt negativen O2-Gruppe 2-

zwei O-Teilchen gebildet werden. Dieser Reaktionsverlauf wird im alkalischen Medium bevorzugt. Weil Hydrogenperoxid energiereicher ist als seine Oxidations- und Reduktionsprodukte Sauerstoff und Wasser, sind sowohl seine Oxidations- als auch seine Reduktionswirkungen kräftig (vgl. S. 229). - Als Ligand in Komplexen erhält die zweifach negative O2-Gruppe den Namen „peroxo".

2. Zu einer mit Schwefelsäure angesäuerten Hydrogenperoxid-Lösung setze man tropfenweise verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung. Unter S a u e r s t o f f e n t w i c k l u n g verschwindet die Farbe des Permanganats, weil es in M a n g a n (II)-s a l z übergeht ( R e d u k t i o n s w i r k u n g d e s Hydrogenperoxids). 2[MnO4]- + 5H2O2 + 6H 3 O + ^2Mn 2+ + 5O2 + 14H2O. 3. Man versetze etwas Chromf 'f)-salz-Lösung mit Natronlauge, bis der Niederschlag wieder gelöst ist. Auf Zugabe von Hydrogenperoxid-Lösung geht beim Erwärmen das grüne Chromat(III) in das gelbe C h r o m a t(VI) über ( O x i d a t i o n s w i r k u n g des Hydrogenperoxids). 2[Cr(OH)6]3- + 3H2O2^2[CrO4]2- -l- 8H2O + 2OH'.

Säuren des Schwefels

235

Nebenher wird ein Teil des Peroxids katalytisch unter Sauerstoffentwicklung zersetzt. Säuren des Schwefels Außer den bereits besprochenen Verbindungen: Hydrogensulfid H 2 S, schweflige Säure H 2 SO 3 , Schwefelsäure H 2 SO 4 und Dischwefelsäure H 2 S 2 O 7 bildet der Schwefel noch eine Reihe weiterer Säuren, von denen die wichtigsten nachstehend besprochen werden. /. Peroxodischwefelsäure 82 8 (früher als Perschwefelsäure bezeichnet). Im PerO O l 2oxodisulfat-Ion OSOOSO sind die beiden Schwefelatome der Oxidationszahl 6+

Lo

oJ

durch eine doppelt negative O2-Gruppe verbunden. Peroxodisulfate wirken daher o x i d i e r e n d , sogar in saurem Medium.

1. Man setze zu ziemlich stark v e r d ü n n t e r Chromalaun-Lösung eine SpatelspitzeAmmonium-peroxodisulfat (NH4)2S2O8 und koche wenige Minuten. Das dreiwertige Chrom wird zu gelbroter D i c h r om a t-Lösung mit sechswertigem Chrom oxidiert. 2. 2-3 Tropfen Mangan(II)-sulfat-Lösung werden mit l ml verd. Schwefelsäure angesäuert, auf wenige ml verdünnt und mit einer Spatelspitze Ammonium-peroxodisulfat versetzt. Beim Erwärmen trübt sich die Lösung, und allmählich fällt ein schwarzbrauner Niederschlag ungefähr von der Zusammensetzung des M a n g a n d i o x i d s . Man wiederhole den Versuch mit Zusatz von 1-2 Tropfen Silbernitrat-Lösung; dann schreitet die Oxidation des Mangans unter der katalytischen Wirkung der AgMonen bis zum P e r m a n g a n a t fort: die Lösung färbt sich rotviolett (evtl. nach Absitzen oder Zentrifugieren des Niederschlages zu beobachten). Erhitzt man zu lange, so wird das Peroxodisulfatlon hydrolysiert: O3SOOSO32- + 2HOH ->2O3SOH- + H2O2; dabei bildet sich Hydrogenperoxid, das dann nach der auf S. 234 unter 2. beschriebenen Umsetzung das gebildete Permanganat wieder zum Mangan(H)-Ion reduziert. //. Dithionsäure H2S2O6. 3. Man versetze QtwasMangan(II)-salz-Lösung mit wenig Hydrogenperoxid- und so \\e\Ammoniak-Lösung, daß die Fällung, im wesentlichen wasserhaltiges „ M a n g a n(III)-h y d r i d", gerade vollständig ist. Auf Zusatz von Schwefligsäure-Lösung geht der Niederschlag beim Erwärmen wieder in Lösung. Aus dieser fällt

236

Säuren des Schwefels

nach Zugabe von Ammoniak- und Ammoniumsulfid-Lösung M a ng a n(II)-s u l f i d. Die schweflige Säure hat also das „Mangan(III)hydroxid" reduziert; dabei ist sie selbst zum Anion der D i t hi o n s ä u r e oxidiert worden: 2H2SO3 + 2„Mn(OH) 3 " + 2H3O+ ^8H2O + 2Mn 2+ + [S2O6]2-. O O l2-

Im D i t h i o n a t-I o n OS-SO sind die beiden SO^-Gruppen durch eine L O O J 3 FF Atombindung zwischen den beiden Schwefelatomen miteinander verknüpft; diese haben eine formale Oxidationszahl 5+. — MnO 2 wirkt ebenso wie ,,Mn(OH)3".

///. Polythionsäuren H2S3O6, H2S406 . . . H2SnO6. 4. Man versetze etwas Schwefligsäure-Lösung mit Hydrogensulfid-Lösung. Als Hauptumsetzungsprodukt fällt S c h w e f e l aus: 4+

2-

±0

H2SO3 + 2H2S ->3S + 3H2O. Als N e b e n p r o d u k t e enthält die entstandene Suspension, die man als W a c k e n r o d e r sehe Flüssigkeit bezeichnet, die sogenannten P o l y t h i o n s ä u r e n : Trithionsäure H2S3O6, Tetrathionsäure H2S4O6 usw., die sich durch verwickelte Umsetzungen gebildet haben. Von diesen Säuren werden wir die Tetrathionsäure (vgl. Nr. 8) kennenlernen. IV. Dithionite (früher Hyposulfite). 5. Man versetze etwas Schwefligsäure-Lösung mit einem Tropfen Indigo-Lösung: Der Farbstoff wird nicht verändert. Nun gebe man in eine andere Probe von SchwefligsäureLösung von hohem SO2-Gehalt einige Stückchen Zink. Es erfolgt fast keine Wasserstoffentwicklung, sondern es bildet sich eine Lösung von Zinkd i t h i o n i t unter Reduktion der schwefligen Säure durch das Zink: 2H2SO3 + Zn ->Zn2+ + [S2O4]2- + 2H2O. Die Gegenwart der [S2O4]2'-Ionen läßt sich dadurch nachweisen, daß die Lösung nunmehr Indigo-Lösung entfärbt. Im Dithionit-Ion ist die formale Oxidationszahl der Schwefelpartikel 3 +. 6. Die f r e i e d i t h i o n i g e (früher unterschweflige) S ä u r e zersetzt sich sehr rasch; in Gegenwart starker Säuren verläuft die Reduktion von schwefliger Säure mit Zink deshalb anders. Eine kleine Probe Natriumsulfit-Lösung werde mit einem Stückchen Zink und einigen Tropfen

Säuren des Schwefels

237

konzentrierter Salzsäure versetzt. Unter reichlicher H y d r o g e n s u l f i d-Entwicklung scheidet sich S c h w e f e l ab. V. Thiosulfate. Wie die Thioarsenate, Thiostannate usw. durch Ersatz des Sauerstoffs der Arsenate, Stannate usw. durch Schwefel entstanden gedacht werden können, 2-

gibt es auch Anionen einer „ T h i o s c h w e f e l s ä u r e "

o 2-6+2o ss o2- J

2-

; diese

leiten sich unter Ersatz eines Sauerstoffteilchens durch ein Schwefelteilchen von dem Sulfat-Ion ab. Die freie Säure ist unbeständig.

7. Man versetze etwas stark verdünnte Natriumthiosulfat-Lösung mit etwas verdünnter Schwefelsäure. Die zuerst klare Mischung riecht bald nach S c h w e f e l d i o x i d , während sich die Flüssigkeit unter Abscheidung von feinstverteiltem S c h w e f e l trübt. H2S2O3-»H2O + SO2 + S. Verwendet man zu diesem Versuch eine konzentrierte Natriumthiosulfat-Lösung, so tritt die Zersetzung der Thioschwefelsäure sofort ein. 8. Natriumthiosulfat ist ein gelindes R e d u k t i o n s m i t t e l . Man versetze eine Probe Natriumthiosulfat-Lösung mit lod- Lösung; die lodfarbe verschwindet sofort, weil sich I o d i d- und T e t r a t h i o n a t lonen (vgl. oben, Nr. 4) bilden.

9. Durch die stärkeren Oxidationsmittel Brom oder Chlor wird Thiosulfat unter Abscheidung von S c h w e f e l zu S u l f a t oxidiert. Durch einen Überschuß an Halogen kann der Schwefel ebenfalls zu Schwefelsäure oxidiert werden. S2O32- + C12 + 3H20 -»2C1- + 2H3O+ + SO42- + S S + 3C12 + 12H2O -»6C1- + SO42- + 8H3O+. Hierauf beruht die Verwendung von Natriumthiosulfat zum Entfernen freien Chlors („Antichlor"). Über seine Verwendung als „Fixiersalz" vgl. S. 147 Nr. 16. Zum Nachweis von Thiosulfat benutzt man entweder das gleichzeitige Auftreten von Schwefel und Schwefeldioxid beim Ansäuern der Lösung oder die S. 147, Nr. 15 beschriebenen Farbänderungen, die das Silbersalz beim Stehenlassen erfährt.

238

Selen und Tellur

Selen und Tellur Selen kommt in mehreren Modifikationen vor, von denen die „metallische" die stabile und mit dem Tellur isotyp ist (Zickzack-Ketten). Beide Elemente verhalten sich dem Schwefel weitgehend ähnlich, doch tritt beim Selen die sechswertig positive Stufe zugunsten der vierwertigen zurück. So hat man z. B. das Selentrioxid in reiner Form erst 1952 dargestellt. Schon lange bekannt sind die (bei Raumtemperatur kristallisierte) Selensäure H 2 SeO 4 und die davon abgeleiteten Selenate wie Na 2 SeO 4 . Orthotellursäure (Kristalle der Formel H 6 TeO 6 ) ist v i e l s c h w ä c h e r als Schwefel- und Selensäure. Beim Rösten der Elemente oder von Seleniden bzw. Telluriden entstehen die Dioxide, die bei Zimmertemperatur fest sind, als weißer Rauch. Selendioxid löst sich in Wasser, Tellurdioxid nur in Laugen reichlich. Mit Reduktionsmitteln (Schwefeldioxid, Zinn(II)-chlorid, Hydrazin) fallen aus den sauren Lösungen der Dioxide die E l e m e n t e; auch Hydrogensulfid wirkt in diesem Sinne. S e l e n a t e lassen sich merkwürdigerweise mit schwefliger Säure oder Hydrogensulfid nur äußerst langsam reduzieren, gehen aber beim Kochen mit konz. Salzsäure in Selen(IV) über, das dann leicht mit den genannten Stoffen reagiert. T e 1 1 u r a t e(VI) dagegen reagieren mit Reduktionsmitteln unmittelbar wie Tellur(IV). In k o n z e n t r i e r t e r S c h w e f e l s ä u r e löst sich rotes Selen mit grüner, Tellur mit roter Farbe. Beim Verdünnen fallen die Elemente wieder aus. Bei der H e p a rreaktion (vgl. S. 71 u. 73 Nr. 8) geben Selenund Tellurverbindungen die gleichen Erscheinungen wie Schwefel, sie reagieren aber nicht mit Nitroprussid.

1. Man erhitze etwas Selen in einem einseitig zugeschmolzenen Glasröhrchen. Das Selen bildet ein schwarzes, am oberen Rande rotes S u b l i m a t ; die rote Farbe rührt von einer instabilen Modifikation des Elements her. Über dem Selenspiegel setzt sich etwas weißes S e l e n d i d ab. Dabei tritt ein eigenartiger Geruch auf, der an faulen Rettich erinnert. 2. Man schmelze in einem Glühröhrchen etwas Selen mit Soda und Salpeter. Es bildet sich S e l e n a t Na2SeO4, das nach dem Zerschlagen des Glühröhrchens gepulvert und in Wasser gelöst werde. 3. Versetzt man einen Teil der so erhaltenen Lösung mit verdünnter Salzsäure und Schwefligsäure-Lösung, so fällt n i c h t s . Ein weiterer Teil der Lösung gibt auf Zusatz von verdünnter Salzsäure und HydrogensulfidLösung ebenfalls k e i n e n Niederschlag. 4. Der Rest der Selenat- Lösung werde mit konzentrierter Salzsäure stark angesäuert und einige Zeit gekocht, wobei R e d u k t i o n zu S e1 e n (IV) erfolgt. Eine Hälfte der Lösung werde mit schwefliger Säure erhitzt: Fällung von rotem, elementarem S e l e n . SeO, + 2H9SO„ + 4HoO -» Se + 4H,O+ + 2SO 2'

5. Gruppe - Hydrazin, Hydroxylamin

239

Die andere Hälfte werde mit Hydrogensulfid-Lösung versetzt: gelbe Fällung eines Gemisches von S e l e n und S c h w e f e l . SeO2 + 2H2S ^2H 2 O + Se + 2S. Der abfiltrierte oder zentrifugierte Niederschlag werde mit farbloser Ammoniumsulfid-Lösung behandelt: Er l ö s t s i c h unter Bildung von Verbindungen, die den Ammoniumpolysulfiden analog sind. Beim Ansäuern der Lösung fällt die Mischung der beiden Elemente wieder aus. Diese Erscheinungen können zu einer Verwechslung mit Arsensulfid führen.

5. Ein wenig Tellur werde mit l ml konzentrierter Schwefelsäure erwärmt: R o t f ä r b u n g . N a c h d e m A b k ü h l e n(!) gieße m a n die Schwefelsäure in einige Milliliter Wasser ein: die Rotfärbung verschwindet, und es fällt wieder schwarzes T e l l u r aus. 6. Man löse eine k l e i n e Spatelspitze Natriumtellurit Na2TeO3 in etwas Wasser, füge ein wenig Weinsäure hinzu und säuere mit verdünnter Salzsäure schwach an. Der Zusatz von Weinsäure dient dazu, beim Ansäuern ein Ausfallen von Tellurdioxid zu verhindern. Auf Zugabe von Schwefligsäure-Lösung fällt, durch Erwärmen beschleunigt, dunkelgraues T e l l u r aus. Aus Salzsäure, deren HCl-Massenanteil mindestens 30% beträgt, wird Tellur von schwefliger Säure nicht mehr gefällt, während Selen(IV) auch unter diesen Bedingungen reduziert wird. Darauf beruht eine Trennung der beiden Elemente voneinander.

5. Gruppe Hydrazin, Hydroxylamin Denkt man sich in dem Ammoniak-Molekül ein -Atom durch die OH-Gruppe ersetzt, so kommt man zum Hydroxylamin NH 2 OH. Durch Vereinigung von zwei Amidogruppen (-NH 2 ) entsteht das Diamid oder Hydrazin H 2 N - N H 2 . Beide Stoffe verhalten sich in wäßriger Lösung - ähnlich dem Ammoniak - wie s c h w a c h e B a s e n und bilden mit Säuren Salze, z. B.: H 2 NOH + HCl-KHgNOHjCl Hydroxylammonium-chlorid H 2 N-NH 2 + H 2 SO 4 -*[H 2 N-NH 3 ]HSO4 Hydrazinium-sulfat. Die freien Basen und die meisten ihrer Salze sind in Wasser reichlich löslich und wirken sehr stark reduzierend.

1. Man versetze ammoniakalische Silbersalz-Lösung mitHydraziniumsulfat-Lösung und einem Tropfen Natronlauge und erwärme. Es scheidet

240

Salpetrige Säure und Nitrite

sich metallisches S i l b e r ab, das als Spiegel fest an der Glaswand haftet, falls das verwendete Reagensglas fettfrei war1). Das Hydrazin wird dabei im wesentlichen zu elementarem S t i c k s t o f f oxidiert.

Salpetrige Säure und Nitrite Wie S. 64 besprochen, disproportioniert Stickstoffdioxid beim Einleiten in OH~haltige Lösungen in Nitrat und Nitrit Ferner zersetzen sich Alkalimetallnitrate oberhalb der Schmelztemperatur allmählich in Nitrit und Sauerstoff2): 2KNO 3 ^2KNO 2 + O 2 . Zusatz geeigneter Reduktionsmittel, etwa von metallischem Blei, befördert diese Zersetzung. Die freie salpetrige Säure ist im Gegensatz zum Nitrit-Ion unbeständig und zerfällt unter Disproportionierung in Salpetersäure, Stickstoffoxid, Stickstoffdioxid und Wasser.

1. Man säuere eine ziemlich konzentrierte Kaliumnitrit-Lösung mit Schwefelsäure an. Die Lösung färbt sich schwach blau (N2O3), und es entweicht ein Gemisch von farblosem S t i c k s t o f f o x i d und braunem S t i c k s t o f f d i o x i d ; bei der Zersetzung laufen folgende beide Reaktionen nebeneinander ab: 3HNO2 ->2NO + [NO3]- + H3O+ 2HNO 2 ^H2O + NO + NO 2 . In verdünnter Lösung überwiegt die erste Umsetzung. Das entstehende NO reagiert mit dem Luftsauerstoff sogleich zu NO 2 Im Gaszustand ist das Entwässerungsprodukt der salpetrigen Säure N 2 O 3 im Gleichgewicht mit NO + NO2 nur in untergeordneter Menge vorhanden. Beim A b k ü h l e n auf Temperaturen unter 0° kondensiert sich aber ein äquimolekulares Gemisch aus NO und NO2 zu einer t i e f b l a u e n Flüssigkeit, die im wesentlichen die Verbindung D i s t i c k s t o f f t r i o x i d N 2 O 3 enthält. Die salpetrige Säure kann, da sie den Stickstoff in einer mittleren Oxidationsstufe (3+) enthält, gegenüber oxidierenden Stoffen als Reduktionsmittel und gegenüber reduzierenden Stoffen als Oxidationsmittel auftreten. Sie ist ein stärkeres Oxidationsmittel als Salpetersäure mit Stickstoff der Oxidationsstufe 5 + und ein stärkeres Reduktionsmittel als Stickstoffoxid mit Stickstoff der Oxidationsstufe 2+. Dies ist darin begründet, daß die salpetrige Säure i n s t a b i l ist und unter Energieabgabe in die Nachbarstufen zerfällt (vgl. S. 229). 1

) Eine gegebenenfalls vorhandene Fettschicht beseitige man vorher dadurch, daß man das Reagensglas eine Zeitlang mit Alkalilauge gefüllt stehenläßt. 2 ) Über das Verhalten anderer Nitrate sowie von Ammoniumnitrat und -nitrit beim Erhitzen vgl. S. 64 und 93-95.

Salpetrige Säure und Nitrite

24 1

2. Man verdünne einen Tropfen Natriumnitrit-Lösung mit einigen Millilitern Wasser, füge zwei Tropfen Natriumiodid- Lösung und einige Tropfen Salz- oder Essigsäure hinzu. Es scheidet sich I o d aus, das die Lösung braun färbt. Empfindlicher wird die Probe durch Zusatz von Stärke-Lösung (vgl. S. 225). O x i d a t i o n s w i r k u n g der salpetrigen Säure! 2HNO2 + 2 H O + + 21- ^ 4 H O + 2NO + 1°. Man verwendet die lod-Stärke-Reaktion, die in sehr großen Verdünnungen am besten gelingt, unter anderem zur Prüfung von Brunnenwasser auf einen Gehalt an Nitriten, deren Anwesenheit auf das Vorhandensein von Fäulnisprodukten organischer Verunreinigungen hinweist.

3. Einige Tropfen Natriumnitrit-Lösung werden mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und tropfenweise mit verdünnter Kaliumpermanganat-Lösung versetzt. Es tritt Entfärbung ein. R e d u k t i o n swirkung der salpetrigen Säure! 2[MnO4]- + 5HNO2 + H 3 O + ^2Mn 2+ + 5NO3- + 4H2O. 4. Auch die Reduktion von C h l o r s ä u r e kann man mit salpetriger Säure erreichen. Man säuere eine stark verdünnte chloridfreie Kaliumchlorat-Lösung mit Salpetersäure an und gebe ein wenig einer Lösung von reinem Natriumnitrit hinzu. Nach etwa 5 Minuten wird mit Silbernitrat-Lösung versetzt und aufgekocht: es scheidet sich' S i l b e r c h l or i d ab. Für die Analyse ist folgendes wichtig: Außer der Einwirkung auf lodid-Ionen (s. o.) gibt es noch eine Reihe von verwickelten Umsetzungen mit organischen Verbindungen, die auch für die Farbstoffchemie von Bedeutung sind (so z. B. die unten angegebene mit Sulfanilsäure und Salzen des Naphthylamins), durch die man die s a l p e t r i g e Säure neben der Salpetersäure nachweisen kann. Dagegen erhält man s ä m t l i c h e U m s e t z u n g e n d e r S a l p e t e r s ä u r e , d i e f ü r ihren Nachweis g e eignet sind, a u c h mit s a l p e t r i g e r S ä u r e . Will man also Salpetersäure bei Anwesenheit von salpetriger Säure nachweisen, so muß man die s a l p e t r i g e S ä u r e vorher entfernen. Dies gelingt durch Umsetzung mit H a r n s t o f f .

5. In ein Becherglas mit etwa 100 ml Wasser gebe man 2 Tropfen Natriumnitrit-Lösung und je l ml einer sehr verdünnten Lösung vom Natriumsalz der Sulfanilsäure (H2N-C6H4-SO3H), verdünnter Schwefelsäure und verdünnter a-Naphthylammoniumsalz- Lösung (z. B. [C10H7-NH3]C1). Es tritt nach kurzer Zeit eine R o t f ä r b u n g ein, die durch einen sogenannten „Azofarb stoff" bedingt ist. Salpetersäure gibt, falls sie ganz

242

Kondensierte Phosphorsäuren

frei von salpetriger Säure ist, diese Umsetzung nicht. Man überzeuge sich davon durch einen entsprechenden Versuch mit Natriumnitrat. 6. Eine Prob t Natriumnitrit- Lösung versetze man reichlich mit konzentrierter Harnstoff-Lösung, säuere dann mit verdünnter Schwefelsäure an und lasse einige Minuten stehen. Dabei setzt sich die salpetrige Säure mit Harnstoff z u W a s s e r , K o h l e n d i o x i d u n d S t i c k s t o f f um. OC(NH2)2 + 2HNO2 +2N 2 + 3H2O + CO2. Die Lösung gibt nun k e i n e Reaktion mit Natriumiodid-Lösung bzw. den soeben angegebenen organischen Reagentien mehr. A m i d o s c h w e f e l s ä u r e oder N a t r i u m a z i d reagieren m i t salpetriger Säure in ähnlicher Weise wie Harnstoff.

Kondensierte Phosphorsäuren Auf S. 74 wurde darauf hingewiesen, daß es neben der Mono- oder Orthophosphorsäure noch wasserärmere, durch K o n d e n s a t i o n (= Verknüpfung von 2 kleineren Bausteinen unter Wasseraustritt, vgl. S. 133) gebildete Säuren gibt; dabei bleibt das P-Atom stets von 4 Sauerstoff-Atomen umgeben. Diese Kondensationsprodukte besitzen entweder ketten- oder ringförmige Strukturen, wie sie unten schematisch angegeben sind. Die Salze der ersteren bezeichnet man als catena-Polyphosphate, die der letzteren als cyclo-Polyphosphate. Als Beispiele für c a t e n a-S ä u r e n seien genannt: H 4 P 2 O 7 Diphosphorsäure, H 5 P 3 O 10 caiemz-Triphosphorsäure H 8 PgO 19 cafena-Hexaphosphorsäure usw. Ganz allgemein entsprechen diese catena-Säurtn der Formel H n+2 P n O 3n +i oder OH OH " OH HO-P-O- P-O P-OH ; O O O n-2

dabei kann n zwischen 2 und etwa 2000 liegen. Von den c y c l o -Phosphorsäuren sind die wichtigsten die cyclo- - und die cycloTetraphosphorsäure; die erstere hat die durch die unten stehende Formel wiedergegebene Konstitution; die letztere besitzt einen entsprechenden Ring mit 4P- und 4 O-Atomen. Q OH /P\ O O

ol

>o

HO \ / O H

Kondensierte Phosphorsäuren

243

Die cyc/o-Polyphosphate bezeichnet man auch mit dem Trivialnamen M e t a p h o s p h a t e, bei den caferca-Polyphosphaten läßt man oft den Vorsatz catena fort. D i p h o s p h a t e erhält man nach S. 75 durch Erhitzen von Monohydrogenphosphaten. Beim Erhitzen von Dihydrogenphosphaten erhält man je nach dem verwendeten Kation und den Erhitzungsbedingungen catena- oder cyc/o-Polyphosphate. Alle kondensierten Phosphorsäuren sind in wäßriger Lösung gegenüber der Monophosphorsäure instabil.

Diphosphorsäure (früher Pyrophosphorsäure). 1. Man erhitze etwa 1—2 g Dinatrium-monohydrogenphosphat Na2HPO4 in einem kleinen unglasierten Porzellantiegel 2 Stunden lang in der entleuchteten Flamme eines Bunsenbrenners; Phosphatschmelzen lösen SiO2 und greifen kieselsäurereiche Silicate wie die Porzellanglasur an. Das entstandene N a t r i u m d i p h o s p h a t Na4P2O7 wird in etwa 15 bis 25 ml heißem Wasser gelöst. Diese Lösung diene zu den folgenden Versuchen. (Erhält man dabei Reaktionen, die z. T. denen der catewa-Polyphosphorsäuren gleichen, so enthielt das Ausgangsmaterial auch Mononatrium-dihydrogenphosphat. Man wiederhole dann den Schmelzvorgang mit einem anderen Präparat von Dinatrium-monohydrogenphosphat oder stelle die folgenden Versuche mit einer Lösung von käuflichem Tetranatrium-diphosphat an). 2. Ein Teil der Lösung wird mit Silbernitrat-Lösung versetzt. Es bildet sich sofort ein w e i ß e r N i e d e r s c h l a g , der in Salpetersäure und in Ammoniak-Lösung löslich ist. 3. Man versetze einen weiteren Teil der Lösung mit einigen Tropfen konzentrierter Salpetersäure und erhitze 10—20 Minuten annähernd zum Sieden (bedecktes kleines Becherglas auf das Sandbad stellen oder Reagensglas in siedendes Wasserbad hängen). Dabei wird das Diphosphat unter Aufnahme von-Wasser wieder in M o n o p h o s p h a t aufgespalten; die (—P—O—P-)-Bindung wird hydrolysiert. Das dabei gebildete Monophosphat wird nach vorsichtiger Neutralisation mit verd. Ammoniak-Lösung gegen Methylorange durch Zusatz von Silbernitrat-Lösung nachgewiesen. Gelber Niederschlag von Ag3PO4 (vgl. S. 77, Nr. 4). 4. Ein Teil der Diphosphat-Lösung gibt auf Zusatz von einigen Tropfen Bariumnitrat-Lösung sogleich einen w e i ß e n N i e d e r s c h l a g , der in Säuren löslich ist. 5. Ein weiterer Teil der Diphosphat-Lösung gibt nach schwachem Ansäuern mit Essigsäure auf Zusatz von Eiweißlösung k e i n e Fällung. Mit Zephirol (einem mit langkettigen organischen Resten substituierten Ammoniumsalz, das auch als Desinfektionsmittel verwendet wird) gibt

244

Kondensierte Phosphorsäuren

die Diphosphatlösung weder unmittelbar noch nach Ansäuern mit Essigsäure einen Niederschlag. Monophosphatlösungen verhalten sich ebenso. catena-Polyphosphorsäuren. 6. Etwa 2-3 gMononatrium-dihydrogenphosphat NaH 2 PO 4 werden in einem unglasierten Porzellantiegel nach vorsichtigem Anheizen 2 Stunden lang zur Schmelze erhitzt. Anschliessend wird die Schmelze auf ein Kupfer- oder Eisenblech gegossen. Bei diesem Abschrecken erstarrt sie zu einem glasigen Produkt der Zusammensetzung NaxH2PxO3x+i, welches als G r a h a m s c h e s S a l z bezeichnet wird und aus einer Mischung von c a t e n a-P oly ph o sp h a t e n verschiedenen Kondensationsgrades besteht. Die glasige Substanz wird in etwa 50 ml Wasser unter Erwärmen gelöst, was einige Minuten erfordert. 7. Ein Teil dieser Lösung wird mit verdünnter Salpeter- oder Essigsäure angesäuert. Nach Zugabe von einer ausreichenden Menge BariumnitratLösung bildet sich ein flockiger Niederschlag von B a r i u m p o l y p h o s p h a t , der erst in viel Säure wieder löslich ist. 8. Zu einigen Millilitern einer Seifenlösung (s. S. 269), die man durch Schütteln zum Schäumen gebracht hat, gebe man tropfenweise Calciumsulfat-Lösung, bis sich ein weißer, flockiger Niederschlag von K a l k s e i f e bildet. Gleichzeitig mit der Niederschlagsbildung verschwindet die Schaumfähigkeit der Seifenlösung. Zu dieser den Niederschlag enthaltenden Lösung wird die Lösung des Grahamschen Salzes hinzugegeben. Der Niederschlag v e r s c h w i n d e t , und die Seifenlösung wird w i e der schaumfähig. Diese Fähigkeit der caie^a-Polyphosphate, Calcium- und andere mehrwertige Ionen zu binden, wird als „ K a l k b i n d ü n g s v e r m ö g e n " bezeichnet. Diese Phosphate, insbesondere Na s P 3 O 1 0 , finden daher Verwendung zur Wasserenthärtung und als Zusatz zu Waschmitteln.

9. Ein Teil der Lösung des Grahamschen Salzes wird mit einigen Tropfen Silbernitrat-Lösung versetzt; es bildet sich ein zunächst beim Umschütteln wieder verschwindender, nach größerem Reagenszusatz aber bleibend e r w e i ß e r , f l o c k i g e r N i e d e r s c h l a g , d e r i n Salpetersäure und in Ammoniak-Lösung löslich ist. 10. Man erhitze ein wenig der Lösung des Grahamschen Salzes mit einigen Tropfen Salpetersäure eine Stunde zum Sieden. Das durch Hydrolyse unter diesen Umständen gebildete M o n o p h o s p h a t weise man wie bei Versuch 3 nach.

Phosphonsäure

245

11. Die cafemz-Polyphosphatlösung gibt unmittelbar mit Zephirol oder nach schwachem Ansäuern mit Essigsäure auf Zusatz von Eiweißlösung oder Zephirol eine gelatinöse weiße Fällung. cyclo-Polyphosphorsäuren (Metaphosphorsäuren). 12. 2—3 gMononatrium-dihydrogenphosphat NaH2PO4 werden in einem unglasierten Porzellantiegel in der entleuchteten Bunsenflamme entwässert, geschmolzen und noch kurze Zeit im Schmelzfluß gehalten. Sodann tempert man mehrere Stunden lang über einer kleinen leuchtenden Flamme. Dabei erstarrt die Schmelze im Gegensatz zu Versuch 6 zu einer k r i s t a l l i n e n Masse, die in der Hauptsache aus N a t r i u m-cyclot r i p h o s p h a t Na3[P3O9] besteht. Nach dem Abkühlen wird das Produkt mit 20—30 ml kaltem Wasser längere Zeit behandelt; von eventuell unlöslichen Anteilen filtriere man ab. Die Lösung gibt sowohl mit Bariumnitrat- als auch mit Silbernitrat-Lösung k e i n e n Niederschlag, höchstens eine schwache Trübung. Das cyc/o-Triphosphat läßt sich durch Kochen mit Salpetersäure ebenfalls wieder in das Monophosphat überführen, welches nach Neutralisation wie in Versuch 3 mit Silbernitrat nachgewiesen werden kann. 13. Die cyc/o-Triphosphat-Lösung verhält sich gegen Eiweißlösung oder Zephirol wie die ca/ena-Polyphosphatlösung (vgl. Nr. 11). Man führe die Versuche aus. Phosphonsäure Neben den Säuren, die Phosphor in der f ü n f wertigen Stufe enthalten, kennt man noch Säuren n i e d e r e r Oxidationsstufen. Von diesen behandeln wir hier nur die P h o s p h o n s ä u r e , früher als phosphorige Säure bezeichnet. Sie bildet sich nach der Umsetzung PC13 + 6H 2 O-+H 3 P0 3 + 3H 3 O + + 3C1bei der Hydrolyse von P h o s p h o r t r i c h l o r i d PC13, einer an der Luft Nebel bildenden, bei 76 °C siedenden Flüssigkeit, die man leicht durch Einwirkung von Chlorgas auf überschüssigen Phosphor erhält. Bei der Phosphonsäure ist ein WasserstoffAtom direkt an das Phosphor-Atom gebunden und nicht durch Metall ersetzbar. Die Phosphonsäure ist ein R e d u k t i o n s m i t t e l , das z. B. Quecksilber(II)- in Quecksilber(I)-salz überführt. Beim Erhitzen d i s p r o p o r t i o n i e r t sie in Phosphan PH 3 und Phosphorsäure: 4H3P+03-*P~H3 + 3H3P+04.

246

4. Gruppe — Silicium

1. Man gebe in ein trockenes Reagensglas einen halben Milliliter Phosphortrichlorid und füge einige Milliliter Wasser hinzu. Die Umsetzung zur P h o s p h o n s ä u r e ist nach einigen Minuten beendet. 2. Zu der entstandenen Lösung von Phosphonsäure gebe man einige Tropfen Quecksilber(II)-chlorid-Lösung. Es bildet sich in der Kälte langsam, schneller beim Erhitzen unlösliches Q u e c k s i l b e r(I)-chlorid und später auch graues metallisches Q u e c k s i l b e r : 2+

3+

2x1+

2x1+

3+

±0

5+

2HgCl2 + H3PO3 + 4H2O ^Hg2Cl2 + H2PO4- + 3H3O+ + 2Cr 5+

Hg2Cl2 + H3PO3 + 4H2O -+2Hg + H2PO4- + 3H3O+ + 2Q- .

4. Gruppe Silicium Das elementare Silicium hat zwar das gleiche Kristallgitter wie der Diamant, es besitzt jedoch im Gegensatz zu diesem m e t a l l i s c h e s Aussehen. Es ist in fast allen Säuren unlöslich, setzt sich aber mit Alkalilaugen leicht zu gelöstem Alkalimetallsilicat („W a s s e r g l a s " ) und Wasserstoff um, etwa gemäß: Si + 2NaOH + H 2 O = Na 2 SiO 3 + 2H 2 . Aus A l k a l i m e t a l l s i l i c a t-Lösungen wird durch Ansäuern die Hauptmenge der mit zunehmendem Alter weniger löslich werdenden Kieselsäure abgeschieden. Ein Teil bleibt allerdings k o l l o i d g e l ö s t ; beim Ansäuern stark verdünnter Alkalimetallsilicat-Lösungen tritt sogar eine Fällung überhaupt nicht ein. Die gelöste Kieselsäure wird erst durch mehrfaches Abdampfen der mit Salzsäure versetzten Lösung in die weniger lösliche Form übergeführt. Mit Ausnahme der Alkalimetallsilicate („Wasserglas") sind alle Silicate und das Anhydrid der Kieselsäure SiO2 (Quarz u. a. Modifikationen) bei Temperaturen bis etwa 100 °C in Wasser sehr wenig und nur sehr langsam löslich. Die Silicate bilden den Hauptbestandteil der Erdrinde und zeigen eine außerordentliche Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung und Kristallstruktur (vgl. Lehrbücher). Schmelzen von Siliciumdioxid und von Silicaten neigen zur „Unterkühlung" und erstarren bei weiterer Abkühlung glasig, d.h. ohne Kristallisation. Die üblichen Gläser bestehen aus Alkalimetall- und Erdalkalimetallsilicaten; Spezialgläser enthalten noch sehr viele andere Bestandteile. Durch Schmelzen mit Soda lassen sich die Silicate aufschließen. Dabei entsteht z. B. aus einem Alkalimetall-calcium-aluminium-silicat unter Kohlendioxidentwicklung N atrium silicat und -aluminat sowie Calciumcarbonat. Zersetzt man den erkalteten Schmelzkuchen mit Salzsäure, so geht alles als Chlorid in Lösung mit Ausnahme der Kieselsäure, die abgeschieden wird. Ein anderer Weg zum Aufschluß der Silicate, den man auch zum Ätzen des Glases benutzt, beruht auf der Einwirkung eines Gemisches von H y d r o g e n f l u o r i d und kon-

Silicium

247

zentrierter S c h w e f e l s ä u r e . Hierbei wird das Siliciumdioxid in gasförmiges Siliciumtetrafluorid SiF4 übergeführt, das entweicht: Das gleichzeitig entstehende Wasser würde die Reaktion bald zum Stillstand bringen ( M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z ! ) ; man macht es deshalb durch den Zusatz der wasserbindenden Schwefelsäure unwirksam. Mit Wasser allein gibt Siliciumtetrafluorid wieder wasserhaltiges Siliciumdioxid (Umkehrung der obigen Reaktion; Massenwirkungsgesetz!) und außerdem Hexafluorokieselsäure H2SiF6, meist abgekürzt als Fluorokieseisäure bezeichnet: SiF4 + 2H 2 O-+SiO 2 + 4HF 2SiF4->*2H2SiF6 3SiF4 + 2H 2 O^SiO 2 + 2H 2 SiF 6 . Auf dieser Umsetzung läßt sich ein Nachweis von Siliciumdioxid begründen, indem man die zu untersuchende Probe im Bleitiegel mit Flußspat und konzentrierter Schwefelsäure behandelt, die aufsteigenden Gase mit Wasser zersetzt und nun entweder prüft, ob sich Kieselsäure ausscheidet oder ob sich Fluorokieselsäure gebildet hat, die an der Schwerlöslichkeit ihres B a r i u m salzes und dessen Kristallform leicht zu erkennen ist. — G e l ö s t e Kieselsäure erkennt man daran, daß sie mit einer salpetersauren Ammoniummolybdat-Lösung g e l b e Molybdokieselsäure H 4 [Si(Mo 3 O 10 ) 4 ] bildet, die ebenso wie ihr Ammoniumsalz im Gegensatz zu den Ammoniumsalzen der Molybdophosphor- und -arsen-säure l ö s l i c h ist. Wasserstoffverbindungen des Siliciums („S i l a n e") entstehen z. B. durch Einwirkung von Säuren auf M a g n e s i u m s i l i c i d . Sie entzünden sich an der Luft von selbst und verbrennen zu Siliciumdioxid und Wasser. Für Monosilan lauten die Formulierungen dieser Vorgänge: Mg2Si + 4H3O+->-SiH4 + 2Mg 2 + + 4H 2 O SiH4 + 2O2-»-SiO2 + 2H 2 O.

1. Man erwärme etwas metallisches Silicium mit Natronlauge. Es e n t w i c k e l t sich Wasserstoff". 2. Man verdünne ,, Wasserglas"- Lösung des Handels und gebe konzentrierte Salzsäure hinzu. Fs fällt w a s s e r r e i c h e K i e s e l s ä u r e gallertartig aus. Diese frisch ausgefällte Kieselsäure löst sich in Natronlauge leicht auf, namentlich beim Erwärmen. 3. Wiederholt man den Versuch mit einer stark verdünnten Wasserglaslösung, so fällt nichts aus. Nachweis. 4. In einBleitiegelchen bringe man etwas gefälltes Siliciumdioxid oder Glaspulver, Flußspatpulver und 1/2 ml konzentrierte Schwefelsäure. Dann bedecke man das Tiegelchen mit einem durchlochten Bleideckel und lege auf das Loch ein Stückchen feuchtes schwarzes Filtrier-

248

Süicium

papier. Nach kurzem, ganz schwachem Erwärmen entferne man das Papier; es findet sich auf ihm ein weißer Fleck von K i e s e l s ä u r e . 5. Eine wäßrige Lösung von Fluorokieseisäure fällt aus BariumchloridLösung weißes B a r i u m-f l u o r o s i l i c a t BaSiF6 aus, das sich durch seine grobkörnige Form schon makroskopisch vom Bariumsulfat unterscheidet und, auf einem Objektträger hergestellt, unter dem Mikroskop charakteristische weidenblattähnliche Kristalle erkennen läßt. 6. Man säuere eine sehr verdünnte Wasserglaslösung mit Salpetersäure an und versetze die klare Lösung mit etwa dem 2—3 fachen Volumen einer A m moniummolybdat- Lösung, die viel HNO3 und NH 4 NO 3 enthält (vgl. S. 268). Die Lösung färbt sich unter Bildung von komplexer M ol y b d o k i e s e l s ä u r e (vgl. S. 247) gelb, es erfolgt aber k e i n e Fällung. Man prüfe auf diese Weise das Leitungswasser und das destillierte Wasser des Laboratoriums auf Kieselsäure. 7. Zum Aufschluß schmelze man eine Spatelspitze sehr fein gepulverten Feldspats (z. B. KAlSi3O8) mit der fünffachen Menge wasserfreier Soda im Platinschälchen, bis die Kohlendioxidentwicklung beendet und eine klare Schmelze entstanden ist, und schrecke ab (vgl. S. 199, Nr. 2). Den Schmelzkuchen zersetze man mit konzentrierter Salzsäure. Es entwickelt sich reichlich Kohlendioxid, und wasserhaltiges Siliciumdioxid fällt gallertartig aus. Man filtriere und weise im Filtrat das Aluminium mit Ammoniak-Lösung nach. 8. Glas ätzen: Man bringe in einem trocknen Reagensglas ein erbsengroßes Stück Paraffin zum Schmelzen und verteile es über die ganze Innenseite, indem man das erwärmte Glas in horizontaler Lage um seine Achse dreht. Nach dem Erkalten des Paraffins kratze man mit einem Draht einige Stellen der Glaswandung blank. Nun gebe man eine Messerspitze Calciumfluorid-Pulver und einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure in das Glas und erwärme den Boden ganz schwach, bis beginnendes Aufschäumen anzeigt, daß sich nach der Umsetzung: CaF2 + H2SO4 -> CaS04 + 2HF H y d r o g e n f l u o r i d entwickelt. Nach 10 Minuten spüle man den Inhalt des Rohres mit Wasser aus, koche das Rohr zweimal mit je 2—3 ml Alkohol aus und spüle es dann zweimal unter kräftigem Umschütteln mit je 2—3 ml Ether (Vorsicht! vorher Brenner in der Nähe löschen!). Nun blase man mit dem Gebläseschlauch, an den man ein Stück Glasrohr ansetzt, etwas Luft durch das Reagensglas, wodurch es völlig getrocknet wird. Man erkennt jetzt an den angekratzten Stellen

3. Gruppe — Borsäuren

249

die Ätzfiguren und fühlt sie mit einem zugespitzten Draht deutlich als Vertiefungen. Silane. 9. Man erhitze in einem trocknen Reagensglas ein Gemisch von 2 g Magnesium-Pulver mit l g gefällter Kieselsäure. Die Umsetzung setzt plötzlich unter Erglühen ein und pflanzt sich durch die ganze Masse fort. 4Mg + SiO2^Mg2Si + 2MgO. Nach dem Erkalten zerschlage man das Glas mit Inhalt und werfe Stücke des gebildeten M a g n e s i u m s i l i c i d e s in ein unter dem Abzug stehendes Schälchen mit konzentrierter Salzsäure. Die sich bildenden S i l a n e entzünden sich mit leichtem Knall.

3. Gruppe Borsäuren Die Orthoborsäure H 3 BO 3 bzw. B(OH)3 besteht aus farblosen Kristallblättchen, die in kaltem Wasser wenig löslich sind. Beim Erhitzen geht sie unter Wasserabspaltung in das Oxid B 2 O 3 über 2H 3 BO 3 ->B 2 O 3 + 3H 2 O. Salze entsprechen in ihrer Zusammensetzung wasserärmeren Borsäuren verschiedener Zusammensetzung, die im freien Zustand nicht bekannt sind; der Aufbau der Borate ist, wie die Bestimmung der Kristallstrukturen zeigt, verwickelt (Näheres siehe Lehrbücher). Das Natrium-tetraborat1) („Borax") Na 2 B 4 O 7 · 10H2O bildet beim Schmelzen unter Wasserabspaltung ein Glas, das ähnlich wie Natriumphosphat (s. S. 75 u. 77) Metalloxide auflöst, z. T. mit charakteristischer Farbe (Borax-Perlen). Beim Erwärmen von Boraten mit Methylalkohol und konzentrierter Schwefelsäure entsteht Borsäuremethylester2): 3CH3OH + (HO) 3 B^3H 2 O + (CH 3 O) 3 B. Da dieser leicht flüchtig ist, verdampft er. Beim Anzünden verbrennt er mit grüner Flamme, deren Auftreten den N a c h w e i s von Borverbindungen ermöglicht. ') Um einen Eindruck von den verwickelten Verhältnissen zu geben, sei erwähnt, daß die Formel des Borax, wenn sie die Zuordnung der einzelnen Atome andeuten soll, Na 2 [B 4 O s (OH) 4 ] · 8H 2 O lautet. 2 ) Ester sind Verbindungen, die aus A l k o h o l und S ä u r e unter Wasserabspaltung entstehen, z. B. CH 3 OH + HCl->-CH3Cl + H 2 O. Die Reaktion wird durch die katalytische Wirkung von H 3 0 + -Ionen beschleunigt, die Wasserabspaltung wird meist durch konzentrierte Schwefelsäure vervollständigt. Die Esterbildung gleicht formal der Umsetzung bei der Salzbildung; aber die gebildeten Ester sind N i c h t e l e k t r o l y t e, die meist leicht flüchtig sind.

250

Borsäuren

1. Man löse Borax in möglichst wenig heißem Wasser auf und säure die filtrierte Lösung mit verdünnter Schwefelsäure an. Beim Abkühlen kristallisiert O r t h o b o r s ä u r e in kleinen Blättchen aus. Man filtriere sie ab und wasche sie mit kaltem Wasser aus. [B4O7]2- + 2H3O+ + 3H2O ->4H3BO3. 2. Eine kleine Probe dieser Borsäure werde in warmem Wasser aufgelöst; mit der Lösung — oder auch mit einer durch etwas Salzsäure angesäuerten Borax-Lösung — werde ein Stückchen Curcuma-papier1) befeuchtet; es verändert sich dabei wenig. Läßt man es jedoch an einem warmen Ort trocknen, so zeigt die mit der Borsäurelösung befeuchtete Stelle eine r o t b r a u n e Farbe. Betupft man sie jetzt mit Ammoniak-Lösung oder Natronlauge, so wird sie je nach der Borsäurekonzentration b l a u g r a u bis s c h w a r z , während das unbehandelte Papier eine braune Farbe annimmt. 3. Ein Körnchen Borax werde im Reagensglas mit etwas Methylalkohol und etwa doppelt soviel konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Die beim Aufkochen der Mischung entweichenden Dämpfe von B o r s ä u r e m e t h y l e s t e r brennen mit grüner Flamme. 4. Man fertige einige Boraxperlen mit Kupferoxid, Cobaltoxid usw. an.

J

) Die Curcuma-Wurzel enthält den kompliziert aufgebauten organischen Farbstoff „Curcumin"; bei der Umsetzung mit Borsäure spielt Chelatbildung (S. 152) eine Rolle.

Metallverbindungen - Zweiter Teil

Lithium, Beryllium Wie wir S. 139ff. auseinandersetzten, nimmt der basische Charakter der Hydroxide bzw. Oxide der Elemente ab, sowohl wenn wir im Perioden-System in den Horizontalen nach rechts als auch wenn wir in den senkrechten Gruppen von den schwereren zu den leichteren Elementen fortschreiten. Damit hängt es zusammen, daß oft die Verbindungen eines E l e m e n t e s Ä h n l i c h k e i t e n m i t d e n e n e i n e s anderen aufweisen, das in der rechts benachbarten Gruppe eine Horizontalreihe (eventuell auch mehrere) t i e f e r s t e h t ( , , S c h r ä g b e z i e h u n g e n " ) . Während sonst ähnliche Elemente meist gleiche Wertigkeit besitzen, sind die hier erwähnten Fälle gerade durch Ähnlichkeit trotz verschiedener Wertigkeit gekennzeichnet. B e s o n d e r s a u s g e p r ä g t i s t diese Erscheinung b e i d e n E l e m e n t p a a r e n : L i t h i u m — M a g n e s i u m , B e r y l l i u m — A l u m i n i u m , Bor — S i l i c i u m. Lithium tritt stets einwertig, Beryllium stets zweiwertig auf. Beim Verbrennen von Li-Metall entsteht nicht, wie bei Na und K, ein Per- bzw. Hyperoxid (Na 2 O 2 bzw. KÜ2), sondern Li2O.

1. Man prüfe Lithium-Chlorid auf seine Flammenfärbung sowohl bei direkter Beobachtung als auch mit Hilfe des Handspektroskops. 2. Versetzt man zwei Proben nicht zu verdünnter Lithiumsalz-Lösung mit Natriumcarbonat- bzw. Natriumphosphat-Lösung, so fällt in beiden Fällen ein weißer Niederschlag von L i t h i u m c a r b o n a t bzw. - p h o s p h a t aus (Analogie mit Magnesium). Beide Fällungen sind in der Wärme weniger löslich als bei Zimmertemperatur. 3. Lithiumchlorid ist im Gegensatz zu den anderen Alkalimetallchloriden in absolutem Alkohol ziemlich reichlich löslich. Man überzeuge sich hiervon. Der Versuch ist nur dann beweisend, wenn man eine t r o kk e n e Probe von Lithiumchlorid benutzt; da das Salz sehr hygroskopisch ist, trockne man die Probe vor der Verwendung im Trockenschrank bei etwa 100 °C. 4. Eine Beryllium-Salz-Lösung gibt auf Zusatz von Ammoniak-Lösung eine weiße gelatinöse Fällung von B e r y l l i u m h y d r o x i d , die im Gegensatz zum Hydroxid des Magnesiums, aber in Übereinstimmung

252

Seltene Erden

mit dem des Aluminiums, auch in Gegenwart von Ammonium-Ionen vollständig ist. 5. Auf Zusatz von Natronlauge fällt aus einer Berylliumsalz-Lösung zunächst ebenfalls H y d r o x i d . Im Überschuß des Fällungsmittels löst sich jedoch dieses ebenso wie Aluminiumhydroxid. Man stelle eine solche Natriumberyllat-Lösung unter Verwendung eines möglichst geringen Überschusses an Natronlauge her und koche sie einige Zeit. Das B e r y l l i u m h y d r o x i d fällt wieder aus, und zwar in einer „gealterten" kompakten Form, die sich kaum wieder in Natronlauge löst. Berylliumhydroxid besitzt also etwas s c h w ä c h e r s a u r e Eigenschaften als Aluminiumhydroxid! 6. Eine nach 5. dargestellte Natriumberyllat-Lösung versetze man mit einigen Tropfen einer verdünnten alkoholischen Lösung von Chinalizarin (Tetrahydroxyanthrachinon, siehe Formel): Die Lösung wird rein k o r n b l u m e n b l a u , während die gleiche Menge der Farbstofflösung Beryllium-freie verdünnte Natronlauge rotviolett färbt; man stelle auch diesen Vergleichsversuch an. Unterscheidungsreaktion von Aluminium! HO

O

QH

,OH

-v HO

Strukturformel von Tetrahydroxyanthrachinon

O

Seltene Erden Der chemische Begriff „Erden" stammt aus der Zeit der Alchemisten, die damit gewisse Metalloxide bezeichneten, z. B. A12O3 = Tonerde. Ureter den S e l t e n e n E r d e n verstand man ursprünglich die Oxide der Elemente S c a n d i u m , Y t t r i u m und der 15 L a n t h a n o i d e ( = L a n t h a n b i s L u t e t i u m ) , heute aber allgemein diese Elemente selbst. Man nennt sie auch „Seltenerden". Bei den Elementen Cer bis L u t e t i u m wird die Gruppe der 14 4f-Elektronen eingebaut (s. Tab. im Anhang) und relativ fest gebunden. Dies ist die Ursache dafür, daß die Lanthanoide ebenso wie Scandium und Yttrium fast ausschließlich dreiwertig auftreten und einander im chemischen Verhalten so ähnlich sind, daß sie mit Hilfe einfacher Reaktionen nicht unterschieden oder getrennt werden können. Ausnahmen machen im wesentlichen nur das C e r , das leicht, und Praseodym und Terbium, die beschränkt in den v i e rwertigen, sowie E u r o p i u m , Y t t e r b i u m und S a m a r i u m , die noch einigermaßen leicht in den z w e i wertigen Zustand übergeführt und dann durch geeignete Reagentien abgetrennt werden können. Schließlich weicht auch das S c a n d i u m in seinen Umsetzungen merklich

Seltene Erden

253

von den anderen Erden ab; so hat sein Hydroxid, der Stellung im Perioden-System entsprechend, deutlich den schwächsten basischen Charakter von allen Gliedern der Gruppe. Die Radien der dreiwertigen Ionen nehmen vom Lanthan zum Lutetium ab („L a nt h a n o i d e n-K o n t r a k t i o n"). Daher rührt es, daß die Verbindungen des Yttriums ähnliche Eigenschaften wie die des Holmiums und seiner Nachbarn haben; dementsprechend kommen sie auch in der Natur gemeinsam vor. Da La3+ den größten Radius der ganzen Gruppe hat, zeigt Lanthanhydroxid von allen Seltenen Erden am stärksten basischen Charakter. Das Oxid La 2 O 3 erinnert, der auf S. 251 besprochenen Schrägbeziehung entsprechend, an das Calciumoxid, so z. B. mit seiner Fähigkeit, Kohlendioxid aus der Luft anzuziehen und frisch geglüht sich mit Wasser „löschen" zu lassen.

1. Lösungen der Salze der Seltenen Erden (man verwende etwa Chloride eines beliebigen Seltenen Erdgemisches) sind durch Ammoniak-Lösung oder Natronlauge vollständig fällbar. Die Niederschläge sind im Überschuß dieser Fällungsmittel praktisch unlöslich. Die geringe Löslichkeit der Hydroxide erinnert an das Aluminium, das Fehlen des amphoteren Charakters an das Calcium. 2. Aus schwach mineralsaurer Lösung fällt auf Zusatz von Oxalsäure voluminöses a l a t der Seltenen Erden aus, das in der Wärme bald grobkristallin wird und sich gut absetzt. Diese Analogie mit Calcium kommt auch in der durch Natriumcarbonat erzeugten Fällung der C a r b o n a t e und in der selbst in saurer Lösung geringen Löslichkeit der F l u o r i d e zum Ausdruck. 3. Absorptionsspektren. Man betrachte mit dem Handspektroskop das Licht einer Glühlampe und halte eine Flasche mit Kupfersulfat- bzw. Kaliumchromat-Lösung vor den Spalt. In beiden Fällen sind größere Teile des Spektrums ganz oder fast ganz ausgelöscht; die dunklen Zonen gehen a l l m ä h l i c h in die nicht ausgelöschten über. Hält man dagegen eine Flasche mit einer Lösung von Verbindungen farbiger Seltener Erden (etwa Praseodym- oder Neodymsalze) vor den Spalt oder richtet das Spektroskop auf Monazitstand (ein natürlich vorkommendes Erdphosphat), der auf weißem Papier ausgebreitet ist, so zeigt das Spektrum mehrere schmale s c h a r f a b g e g r e n z t e dunkle Zonen, „Banden". Diese Art des Absorptionsspektrums trifft man im festen oder gelösten Zustand fast nur bei den Lanthanoiden und den verwandten Actinoiden an.

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Titan, Zirconium, Thorium

Titan, Zirconium, Thorium Diese Elemente treten fast ausschließlich vierwertig auf; ziemlich leicht läßt sich nur das Titan zur Oxidationsstufe 3+ reduzieren, z. B. mit Zink und Säure 1 )· Das Thorium gehört zwar formal zu den Actinoiden, sein vierwertiges Ion hat aber die analoge Elektronenkonfiguration wie Ti4+, Zr4"*" und Ce4+ (vgl. Tab. im Anhang), was in der Ähnlichkeit ihrer Verbindungen zum Ausdruck kommt. Ammoniak-Lösung fällt aus den Lösungen der Salze, auch bei reichlicher Gegenwart von AmmoniumIonen, die „H y d r i d e" dieser Elemente bzw. ihre sich hier besonders schnell bildenden Kondensationsprodukte (vgl. S. 133) vollständig aus; Natronlauge " ' erzeugt die gleichen Fällungen und löst, im Überschuß angewendet, diese nicht wieder auf (Ausnahme: s. Nr. 4). Die geglühten Oxide sind in Säuren fast unlöslich. Vom Silicium, dessen Oxid saure Eigenschaften zeigt, über das Titan und Zirconium zum Thorium, dessen Oxid basischen Charakter besitzt, besteht ein ganz allmählicher Übergang. Zirconium und Hafnium sind mit einfachen Hilfsmitteln n i c h t u n t e r s c h e i d b a r . Thorium verhält sich bei sehr vielen Reaktionen wie die dreiwertigen Seltenen Erden und ähnelt am meisten dem Scandium ( S c h r ä g beziehung!).

1. Man schmelze eine kleine Spatelspitze Titan-dioxid mit etwa der fünffachen Menge Alkalimetall-disulfat in einem kleinen Porzellantiegel 5—10 Minuten lang bei einer solchen Temperatur, daß nur wenig Schwefeltrioxid-Nebel entweichen. Den so erhaltenen Schmelzkuchen löse man in der Kälte mit wenig Wasser und einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und verwende die Lösung zu den folgenden Versuchen: 2. Ein Teil der Lösung werde mit Wasser auf das fünf- bis zehnfache verdünnt und einige Zeit zum Sieden erhitzt; es fällt weißes wasserhaltiges Titandioxid. Das hydratisierte Ti 4+ -Ion ist eine Säure; es gibt leicht Protonen ab. In wäßriger Lösung liegen wahrscheinlich schon bei Zimmertemperatur nur Protolyseprodukte vor wie [(H 2 O) n TiOH] 3+ usw.; in der Hitze führt die Deprotonierung leicht bis zum wasserhaltigen Titandioxid. Das hydratisierte Ti4+-Ion ist also stärker sauer als das hydratisierte Fe 3+ -Ion, bei dem nur in Anwesenheit der basischen Acetationen, nicht aber schon durch die schwächer basischen SO42"-Ionen vollständige Fällung durch Deprotonierung eintreten kann. Für die Trennung des Titans vom Eisen ist es aber doch zweckmäßig, das Eisen vorher durch Zusatz von Schwefligsäure-Lösung oder — wie es in der Technik geschieht — durch metallisches Eisen in die noch schwächer sauren Aquaeisen(II)-Ionen überzuführen.

3. Man versetze einen kleinen Teil der stark verdünnten TitansulfatLösung mit 3proz. Hydrogenperoxid. Trotz der großen Verdünnung tritt durch Bildung des P e r o x o t i t a n-Ions [Ti(O2)]2+ eine deutl

) In wasserfreien Verbindungen kennt man auch die Oxidationsstufe 2+.

Titan, Zirconium, Thorium

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liehe G e l b f ä r b u n g auf (Verwechslungsmöglichkeit mit Vanadium, vgl. S. 257, Nr. 2). 4. Ammoniak-Lösung oder Natronlauge fällen aus Titansalz-Lösungen weißes, wasserhaltiges T i t a n d i o x i d . Mit überschüssiger Natronlauge ist die Fällung nur bei Gegenwart anderer fällbarer Elemente, insbesondere Eisen, vollständig. Bei Gegenwart von Hydrogenperoxid bilden sich mit Ammoniak-Lösung oder Natronlauge zunächst lösliche, schwach gelblich gefärbte P e r o x o t i t a n a t e , die beim Kochen allmählich zersetzt werden. 5. Ein Tropfen der stark verdünnten Titansulfat-Lösung werde mit 1-2 ml konzentrierter Schwefelsäure im Reagensglas zur Entfernung des Wassers bis zur starken Entwicklung weißer Nebel gekocht (Abzug! Vorsicht vor Siedeverzug! Weites Reagensglas, kräftig schütteln!). Nach dem Abkühlen setze man etwa l ml einer frischen Lösung von etwa 5 g Hydrochinon (HO-C6H4-OH) in 100 g konzentrierter Schwefelsäure zu: Insensive r o t e b i s b r a u n e Färbung. Unterscheidungsreaktion von Vanadium. 6. Einige Milliliter der Titansulfat-Lösung werden mit einigen Stückchen Zink versetzt: Langsame V i o l e t t f ä r b u n g . Falls die Reaktion nach einer Stunde noch nicht eingetreten ist, setze man einige Tropfen konzentrierte Schwefelsäure hinzu oder verwende eine konzentriertem Titansulfat-Lösung. Die Reaktion ist als Nachweis wenig empfindlich. Die entstandene Lösung von d r e i w e r t i g e m T i t a n ist ein starkes, für viele Zwecke brauchbares Reduktionsmittel. 7. Man schließe etwas Zirconium-dioxid auf die beim Titan beschriebene Weise mitAlkalimetall-disulfat auf. Das [Zr(H2O) n ] 4+ -Ion ist etwas schwächer sauer als das entsprechende Titan-Ion, so daß die Fällung von „Hydroxid" etwas schwieriger eintritt. In wäßriger Lösung liegen aber doch neben wenig [Zr(H 2 O) n ] 4+ -Ionen vornehmlich Protolyseprodukte vor, von denen sich auch viele feste Salze ableiten, z. B. ZrOCl2 · 8H 2 O.

8. Ein Teil der so erhaltenen Zirconiumsulfat-Lösung werde mit dem gleichen Volumen konzentrierter Salzsäure und dann mit Phosphorsäure-Lösung versetzt. Es fällt ein weißer schleimiger, schlecht filtrierbarer Niederschlag von Z i r c o n i u m p h o s p h a t . Außer Zirconium (und Hafnium) bildet kein anderes Element in stark mineralsaurer Lösung auf Zusatz von Phosphat-Ionen eine Fällung.

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Vanadium, Niob, Tantal

Auch die Zirconiumsalze der Arsensäure und organisch substituierter Arsensäuren sind in Mineralsäuren sehr wenig löslich. — Zirconium-Ionen bilden mit Schwefelsäure Komplexe; dadurch können Störungen auftreten, z.B. fällt Zirconiumphosphat aus schwefelsaurer Lösung viel langsamer als aus salzsaurer.

9. Man säuere etwas Thorium-salz-Lösung ganz schwach mit Salpetersäure an und gebe Oxalsäure zu; es fällt T h o r i u m o x a l a t aus. 10. Man versetze ein wenig verd. Thoriumsalz-Lösung mit AmmoniakLösung: es fällt weißes wasserhaltiges T h o r i u m o x i d , das in Alkalimetallcarbonat- und besonders in Ammoniumcarbonat-Lösung löslich ist. Dabei bilden sich komplexe Anionen der allgemeinen Form [Th(CO 3 ) x ]( 2x ~ 4 )~. Unter analoger Komplexbildung lösen sich in überschüssiger Alkalimetallcarbonatlösung auch die „Hydroxide" von Zirconium, Yttrium und den schweren Lanthanoiden sowie besonders leicht Uran(VI)-verbindungen (s. S. 261), während „Fe(OH)3" ungelöst bleibt.

Vanadium, Niob, Tantal Die meist wasserhaltig erhaltenen Oxide der drei Elemente in der Oxidationsstufe 5+ haben sauren Charakter. Da Niob und Tantal andererseits auch gewisse Ähnlichkeiten mit den Erden aufweisen, nennt man ihre wasserhaltigen Oxide „ E r d s ä u r e n " . N i o b u n d T a n t a l ä h n e l n e i n a n d e r i m chemischen Verhalten ihrer Verbindungen f a s t so s e h r wie die beiden im Perioden-System vorhergehenden Elemente Z i r c o n i u m u n d H a f n i u m . V a n a d i u m kommt i n wäßriger Lösung auch in den Oxidationsstufen 4+, 3+ und 2+ vor. Die fünfwertige Stufe läßt sich beim V a n a d i u m verhältnismäßig leicht reduzieren, während dies beim N i o b in wäßriger Lösung schwerer, bei T a n t a l kaum noch möglich ist. Durch alkalische, oxidierende Schmelzen (z. B. mit Soda und Salpeter) lassen sich die niederwertigen Stufen leicht in Verbindungen der Oxidationsstufe 5+ überführen. Oxide. V a n a d i u m(V)-o i d ist in Wasser wenig, in Säuren und vor allem Laugen stärker löslich. Bei N i o b(V)- und T a n t a l(V)-o i d hängt das Verhalten ähnlich wie beim Titandioxid (Schrägbeziehung!) von der Vorgeschichte ab. Beide Oxide kommen in mehreren Kristall-Modifikationen vor. In Wasser sind die beiden Oxide praktisch unlöslich; am besten schließt man sie durch Schmelzen mit Kaliumhydroxid auf und löst die Schmelze in Wasser. Ein einmaliger Aufschluß ist meistens unvollständig. Natriumhydroxid ist zum Aufschluß ungeeignet, da N atrium niobate und -tantalate in Wasser wenig löslich sind. Mit verdünnten Säuren werden aus den Niobat- und Tantalat-Lösungen wasserhaltige Oxide ausgefällt; in starken Säuren sind diese löslich. Aus wäßrigen Lösungen von Niob- oder Tantalverbindungen fallen keine Sulfide aus. Auch das (instabile!) Vanadium(V>sulfid ist nur auf einem Umwege (durch Ansäuern von Thiovanadat-Lösung) zu erhalten; in saurer Lösung reduziert Hydrogensulfid das Vanadium zur vierwertigen Stufe; es fällt nur Schwefel aus, aber keine Vanadium-Verbindung.

Vanadium, Niob, Tantal

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Ein gewisser Unterschied zwischen den sonst einander so ähnlichen Verbindungen von Niob und Tantal besteht bei den F l u o r o- bzw. F l u o r o o x o k o m p l e e n ; bei diesen sind die Niob-Komplexe etwas beständiger als die TantalKomplexe. Es gibt wenig Farbreaktionen, durch die man Niob- und Tantalverbindungen unterscheiden kann; geeignet ist die Reaktion mit [Fe(CN)6]4~-Ionen. Metalle. V a n a d i u m m e t a l l ist ein wichtiges Stahllegierungselement. T a n t a l - und N i o b m e t al l spielen als Werkstoffe, z. B. in der chemischen Industrie, eine gewisse Rolle, weil sie wegen einer sich an der Luft bildenden Oxidhaut gegenüber vielen Stoffen, z. B. konzentrierten Säuren, Tantal auch gegen Laugen, beständig sind, obwohl sie an sich nicht besonders edel sind.

Für die folgenden Versuche kann man irgend ein Alkalimetallvanadat oder auch Ammoniummetavanadat NH4VO3 (das in Lösung Isopolyanionen, vgl. S. 259, bildet) verwenden. 1. Man löse etwas Alkalimetallvanadat unter schwachem Erwärmen in Wasser und säure die farblose Lösung mit verdünnter Schwefelsäure an: Schwache Gelbfärbung infolge der Bildung von P o l y v a n a d i u m s ä u r e n (vgl. S. 259) wechselnden Aggregationsgrades. In festem Zustand lassen sich diese nicht darstellen, sondern nur das wasserfreie Oxid V 2 0 5 . 2. Ein Teil der angesäuerten Vanadat-Lösung werde mit etwas Hydrogenperoxid versetzt: Rotbraunfärbung infolge der Bildung einer P e ro x o v a n a d i u m-v e r b i n d u n g; die Färbung ist intensiver als beim Titan (vgl. Versuch 3, S. 254f.). 3. Einen anderen Teil der Lösung versetze man mit etwas Schwefligsäure-Lösung. Die Lösung färbt sich hellblau: das Vanadium wird zu 4+

dem V a n a d y 1(IV)-I o n (Oxovanadium(IV)-Ion) (VO)2+ reduziert. Auf Zusatz von Lauge erhält man eine Lösung der V a n a d a t e(IV), die man früher als Hypovanadate oder Vanadite bezeichnete. 4. Etwas angesäuerte Alkalimetallvanadat-Lösung werde mitHydrogensulfid versetzt. Es fällt S c h w e f e l aus, und das Vanadium wird z u m b l a u e n V a n a d y l(IV)-s a l z r e d u z i e r t . Eine weitere Probe der Alkalimetallvanadat-Lösung werde mit konzentrierter Salzsäure erwärmt. E s erfolgt R e d u k t i o n z u m V a n a d y l (IV)s a l z, die außer durch die Farbänderung durch den Geruch des gebildeten freien C h l o r s zu erkennen ist. Eine dritte Probe schließlich werde mit Zink und Säure versetzt. Über die hellblaue vierwertige und die grüne dreiwertige Stufe erfolgt schließlich langsam R e d u k t i o n b i s z u r v i o l e t t e n z w e i w e r t i g e n , sehr leicht wieder oxidierbaren Stufe.

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Vanadium, Niob, Tantal

5. Et was A Ikalimetallvanadat- Lösung versetze man mil AmmoniakLösung (keine Fällung!) und Ammonium-poly sulfid-Lösung: Die Lösung färbt sich rotbraun, weil sich T h i o v a n a d a t(V)-Ionen, z. B. [VSa]1" bilden. Auf Zusatz von Säure fällt braunes V a n a d i u m(V> s u l f i d V2S5 aus. Ist die Vanadatlösung sehr verdünnt, so tritt mit Ammoniumsulfid keine Farbänderung auf. In diesem Falle führt folgende Form der Ausführung der Reaktion zu einem empfindlichen und charakteristischen Nachweis:

6. Einen Tropfen verdünnter Alkalimetallvanadat-Lösang versetze man mit etwas konzentrierter A mmoniak-Lösung und \eiteHydrogensulfidgas bis zur Sättigung ein. Die Lösung färbt sich intensiv r o t v i o l e t t Unterscheidungsreaktion von Titan! 7. Man erhitze in zwei getrennten Versuchen etwas Niob- bzw. Tantaloxid im unglasierten Porzellantiegel mit etwa der zehnfachen Menge Kaliumhydroxid zum Schmelzen, bis sich nahezu alles gelöst hat. Durch Ausgießen auf eine Kachel wird die Schmelze schnell zum Erstarren gebracht und in kaltem Wasser gelöst. Einen Teil dieser alkalischen Lösungen versetze man mit verdünnter Schwefelsäure; es fallen, meist schon in der Kälte, sonst bei schwachem Erhitzen, f a r b l o s e w a s s e r h a l t i g e O x i d e aus. 8. Die so erhaltenen Suspensionen der Oxide versetze man mit etwas Hydrogenperoxid-Lösung, w(H 2 O 2 ) = 30%. Die Niederschläge lösen sich unter Bildung von M o n o p e r o x o s ä u r e n . Die Lösung von H[NbO2(O2)] ist rötlich gelb, die von H[TaO2(O2)] hellgelb. 9. Einen weiteren Teil der alkalischen Niobat- bzw. Tantalat-Lösung versetze man mit einer Spatelspitze von festem Kaliumfluorid. Die sich dabei in der Lösung bildenden Komplexe [NbF7]2' bzw. [TaF7]2" verhalten sich beim Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure verschieden: Die Niobat-Lösung bleibt klar, während beim Tantal ein farbloser Niederschlag von Fluorid-Oxiden wechselnder Zusammensetzung entsteht. 10. Zu einem dritten Teil der alkalischen Niobat- bzw. Tantalat-Lösung gebe man etwas Kalium-hexacyanoferrat(II) -Lösung und säure vorsichtig mit verdünnter Schwefelsäure an. Die Niobatlösung färbt sich zunächst graugrün, dann fällt ein dunkelbrauner Niederschlag. Aus der Tantallösung fällt ein gelber Niederschlag.

Molybdän, Wolfram, Uran

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Molybdän, Wolfram, Uran Die drei Metalle sind ziemlich unedel. Molybdän- und Wolframmetall lassen sich aber noch durch Reduktion der Oxide mit W a s s e r s t o f f in der Hitze darstellen. Sie schmelzen erst bei 2617 bzw. 3380 °C (Wolframdraht-Glühlampen). Das schwieriger in elementarer Form zu gewinnende Uran schmilzt schon bei 1132 °C. So wie hinsichtlich dieses unerwartet niedrigen Schmelzpunktes weicht das Uran auch in den Eigenschaften seiner Verbindungen von einer regelmäßigen Fortsetzung der Reihe Cr—Mo—W ab. Das hängt damit zusammen, daß das Uran zu den Actinoiden gehört (vgl. Tab. im Anhang) und im elementaren Zustand und in niederen Wertigkeitsstufen 5f-Elektronen besitzt. Trotzdem behandeln wir die drei Elemente Mo, W, U hier gemeinsam, weil bei ihren Verbindungen die Oxidationsstufe 6+, in der das Uran keine 5f-Elektronen mehr besitzt, überwiegt. Diese Verbindungen sind denen des Chrom(VI) ähnlich; die niederen Wertigkeitsstufen der drei Elemente spielen im Gegensatz zum Chrom nur eine geringe Rolle. Säuren fällen aus den löslichen Wolframaten die wenig lösliche „ Wolframsäure". In dieser sind die WolframAtome mit den Sauerstoff-Atomen zu einer komplizierten Struktur vernetzt; an jedes Wolfram-Atom ist ein Wasser-Molekül gebunden. Ganz grob kann man dies durch die Formel H 2 O · WO3 zum Ausdruck bringen. Auch die entsprechend gebaute „Molybdänsäure" ist in Wasser wenig löslich; in Säuren löst sich jedoch etwas mehr von ihr. Beim Uran kennt man Salze mit den Anionen der D i u r a ns ä u r e ; die Alkalimetallsalze, z. B. Natriumdiuranat Na 2 U 2 O 7 , fallen beim Versetzen sechswertiger Uransalzlösungen mit Alkalilaugen praktisch vollständig aus; entsprechendes gilt für das Ammoniumsalz. In Lösungen von Alkalimetallcarbonaten sind diese Diuranate unter Komplexbildung löslich. — In saurer Lösung bildet sechswertiges Uran Uranylionen: UO3 + 2H 3 O + = 3H 2 0 + [U0 2 ] 2+ . Uranylverbindungen werden im Gegensatz zum Chromylchlorid nicht von Wasser hydrolysiert. Schwefelverbindungen. H y d r o g e n s u l f i d fällt von diesen Elementen aus saurer Lösung nur das Molybdän als dunkelbraunes M o l y b d ä n t r i s u l f i d MoS3. Mit Ammoniumsulfid-Lösung bilden M o l y b d a t e und W o l f r a m a t e leicht lösliche T h i o s a l z e, aus denen (in Analogie zum Vanadium) beim Ansäuern die braunen Trisulfide ausfallen — beim Molybdän quantitativ. Aus Uranylsalz-Lösungen fällt Ammoniumsulfid graubraunes Uranylsulfid UO 2 S. Polysäuren. Die (zum Teil nicht isolierbaren) Säuren, die dem Dichromat K 2 Cr 2 O 7 , dem Trichromat K 2 Cr 3 O 1 0 , dem Tetraborat Na 2 B4O s (OH) 4 , dem Heptamolybdat (NH 4 ) 6 [Mo 7 O 2 4 ] - 4H 2 O, dem Dodekawolframat Na 1 0 [H 2 W 1 2 O 4 2 ] · 27H 2 O usw. entsprechen und die sich bei Zugabe von H 3 O + -Ionen durch Kondensation der einfachen Anionen, z.B. CrO 4 2 ~, unter Wasserabspaltung bilden, nennt man „Isopolysäuren". Dazu gehören im weiteren Sinne auch die S. 242ff. besprochenen kondensierten Phosphorsäuren, bei denen sich allerdings die Gleichgewichte nur sehr langsam einstellen und wo außerdem H 3 O + -Ionen keine Kondensation von PO43"-Ionen bewirken. Besonders Molybdän und Wolfram neigen dazu, auch mit a n d e r e n Säuren (z.B. Phosphor-, Arsen-, Kieselsäure) ähnliche, sogenannte „Heteropolysäuren" zu bilden. Da diese Säuren wasserlöslich sind, erhält man beim Versetzen von Molybdaten und Wolframaten mit Phosphorsäure keine Fällungen wie auf Zusatz von anderen Säuren (s. oben). Wenig löslich sind aber die früher besprochenen Salze:

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Molybdän, Wolfram, Uran

Ammonium-molybdophosphat (NH4)3[P(Mo 3 Oi 0 ) 4 ]. xH 2 O und die entsprechende Arsenverbindung (vgl. S. 76, Nr. 2, 216, Nr. 16); reichlich löslich ist die analoge Siliciumverbindung (S. 248, Nr. 6). Die Iso- und Heteropolysäuren bilden sich nur in s a u r e r Lösung; bei Zugabe von A l k a l i spalten sie in die Anionen der einfachen Säuren auf.

1. Man löse etwas kristallisiertes Ammoniummolybdat in Wasser und gebe tropfenweise verdünnte Salz- oder Salpetersäure hinzu; es fällt weiße „ M o l y b d ä n s ä u r e " MoO3 · H2O aus, die sich auf weiteren Säurezusatz wieder auflöst. 2. Eine zweite Probe Ammoniummolybdat-Lösung säure man schwach an und leite Hydrogensulfid ein. Vorübergehend tritt Blaufärbung (beginnende Reduktion; vgl. folgenden Absatz) auf; dann fällt schmutzigbraunes M o l y b d ä n t r i s u l f i d MoS3 aus; die Fällung ist meist unvollständig, weil der geringe reduzierte Anteil durch H2S nicht gefällt wird. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid und etwas Natronlauge löst sich das Molybdäntrisulfid zu einer tiefbraunen Lösung auf, die T h i om o l y b d a t-Ionen [MoS 4 ] 2 ~ enthält. Beim Ansäuern dieser Lösung fällt wieder Molybdäntrisulfid aus, und zwar nunmehr vollständig. 3. Eine Lösung von etwa 3 g Ammoniummolybdat in 100 g H 2 O werde mit verdünnter Salzsäure angesäuert und mit einigen Stückchen Zink versetzt. Die Lösung wird durch Reduktion tiefblau, weil sich eine kolloide Lösung von ,,M o l y b d ä n b l a u " bildet, das aus niederen wasserhaltigen Oxiden des Molybdäns besteht. Wird mit konzentrierter Salzsäure stärker angesäuert und erwärmt, so geht die Reduktion weiter; es entstehen braune Lösungen des dreiwertigen Molybdäns, aus denen Ammoniak braunes ,,M o l y b d ä n(lll)-h y d r i d Mo(OH) 3 " ausfällt. 4. Man erhitze ein wenig einer Molybdänverbindung in einer kleinen Vertiefung eines Stückes Holzkohle mit dem Lötrohr: w e i ß e r , i n d e r H i t z e g e l b l i c h e r B e s c h l a g . Streicht m a n m i t d e r Reduktionsflamme des Lötrohrs schnell über den Beschlag quer zur Längsrichtung der Kohle, so bildet sich ein Streifen von M o l y b d ä n blau. 5. Wenige Tropfen einer Ammoniummolybdat-Lösung versetze man mit einigen Millilitern verdünnter Schwefelsäure und etwas konzentrierter Alkalimetall-thiocyanat-Lösung: G e l b - b i s O r a n g e f ä r b u n g , die sich auf Zusatz von w e n i g Zinn(II)-chlorid-Lösung nach r o t vertieft. Beim kräftigen Schütteln der Lösung mit Ether geht die farbige Verbindung mit orangebrauner Farbe in den Ether über. Dieser Molybdän-Nachweis ist auch bei Gegenwart von Eisen durchführbar, weil die-

Molybdän, Wolfram, Uran

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ses durch das Zinn(II)-chlorid zur zweiwertigen Stufe reduziert wird, die mit Thiocyanat keine Farbreaktion gibt. W, U, Ti, Nb, V und Überschuß von SnCl2 stören. 6. Man löse ein Plätzchen Kaliumhydroxid in wenigen Millilitern Alkohol und füge einige Tropfen Kohlenstoffdisulf id hinzu. Gibt man von dieser Kaliumxanthogenat-Lösung (C2H5O-CS-SK) einige Tropfen zu einer angesäuerten Ammoniummolybdat-Lösung, so wird die Lösung allmählich rot bis v i o l e t t ; bei viel Molybdän tritt eine Abscheidung s c h w a r z e r , ö l i g e r T r ö p f c h e n ein. D i e farbige Verbindung läßt sich z. B. mit Ether oder Chloroform ausschütteln. Bei viel Vanadium wird die Lösung braun, Wolfram stört nicht. 7. Man versetze etwas Natriumwolframat-Lösung mit Salz- oder Salpetersäure. Es fällt die s e h r w e n i g lösliche W o l f r a m s ä u r e aus, die zunächst fast w e i ß aussieht, beim Kochen der Lösung aber unter Vergröberung der Teilchen g e l b wird; in überschüssiger Säure ist Wolframsäure kaum löslich (Gegensatz zur Molybdänsäure). Man filtriere und löse den Niederschlag vom Filter durch mehrfaches Durchgießen von warmer Ammoniak-Lösung. Versetzt man die entstandene Lösung von Ammonium wolframat mit ZinnflD-chlorid-Lösung, so fällt g e l b e s Z i n n(II)-w o l f r a m a t aus, das beim Ansäuern b l a u wird. 8. Zu etwas Natriumwolframat-Lösung gebe man HydrogensulfidLösung; es wird nichts gefällt. Setzt man Ammoniumsulfid-Lösung zu, so bleibt die Lösung klar, weil das gebildete T h i o w o l f r a m a t löslich ist. Beim Ansäuern wird die Lösung erst grün, dann fällt braunes W o l f r a m t r i s u l f i d aus. 9. Man säuere etwas Uranylnitrat-Lösung mit Salzsäure an und füge Hydrogensulfid-Lösung hinzu. Es bildet sich kein Niederschlag. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid-Lösung fällt dagegen graubraunes U r a n y l s u l f i d UO2S, das sich in Ammoniumcarbonat- sowie in Soda-Lösung unter Komplexbildung löst. 10. Gibt man zu einer Uranylsalz-Lösung Ammoniak, so fällt A m m on i u m-d i u r a n a t, das sich in Soda- und in AmmoniumcarbonatLösung ebenfalls löst. Natronlauge gibt mit Uranylsalz-Lösungen einen Niederschlag von N a t r i u m - d i u r a n a t ; dieser löst sich mit SodaLösung nur teilweise, mit Arnmoniumcarbonat-Lösung vollständig. Aus dieser Lösung läßt sich das Natrium-diuranat durch Zugabe von mehr Natronlauge zum größten Teil wieder ausfällen.

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Thallium

11. Versetzt man eine Uranylsalz-Lösung mit Hydrogenperoxid und Ammoniak oder Natronlauge, so bildet sich orangegelbes, lösliches P e r o x o u r a n a t . Thorium gibt unter den gleichen Bedingungen eine sehr wenig lösliche Verbindung. 12. Man versetze eine Probe Uranylnitrat-Lösung mit NatriumphosphatLösung; es fällt gelbgrünes U r a n y l p h o s p h a t (UO2)HPO4 aus, das von Mineralsäuren wieder gelöst wird. 13. Man versetze eine Probe schwach salzsaurer Uranylnitrat-Lösung mit Kalium-cyanoferrat(II)-Lösüng; es entsteht ein flockiger rotbrauner Niederschlag von U r a n y l - c y a n o f e r r a t (II) (UO2)2[Fe(CN)6]. 14. Man stelle Borax- und Phosphorsalzperlen je einer beliebigen Verbindung, etwa der Oxide von Titan, Vanadin, Molybdän, Wolfram und Uran in der Oxidations- und in der Reduktionsflamme des Lötrohrs her und notiere die beobachteten Färbungen. Thallium Bei der Besprechung der B-Gruppen des Perioden-Systems haben wir die weniger wichtigen u n d selteneren Elemente G a l l i u m , I n d i u m u n d T h a l l i u m der Gruppe 3B übergangen; vgl. S. 199f. Gallium und Indium bilden bevorzugt Verbindungen der Oxidationsstufe 3+, in einigen Verbindungen sind sie auch ein- oder zweiwertig. Beim Thallium tritt die dreiwertige Stufe zugunsten der einwertigen zurück. Wie in den Gruppen 4B und 5B (vgl. S. 199f. u. 53) nimmt also die Bestän- digkeit der höchsten Oxidationsstufe mit steigendem Atomgewicht ab; beim T h a l l i u m , B l e i und B i s m u t ist jeweils die niedrigere Oxidationsstufe bevorzugt. Als Beispiel für das chemische Verhalten der Elemente der Gruppe 3B führen wir einige Versuche mit Thallium durch. Wie die unten beschriebenen Versuche zeigen, ähneln die farblosen Thallium(I)-verbindungen einerseits denen der Alkalimetalle und andererseits denen des Silbers und des Bleis. Die Thallium(III)-verbindungen erinnern an das dreiwertige Eisen. Thalliumverbindungen sind giftig und werden daher zur Bekämpfung von Ungeziefer benutzt.

1. Man prüfe eine beliebige Thalliumverbindung auf ihre Flammenfärbung. Mit etwas ThalliumfD-nitrat-Lösung führe man folgende Umsetzungen aus: 2. Mit verdünnter Salzsäure entsteht ein weißer Niederschlag von T h a 11 i u m(I)-c h l o r i d T1C1, der ähnlich aussieht wie Silberchlorid, aber in heißem Wasser löslich ist wie Bleichlorid (Niederschlag aufheben für Nr. 6).

Thallium

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3. Hydrogensulfid fällt das braunschwarze T h a l l i u m ( I ) - s u l f i d T12S nur unvollkommen aus; nach Abstumpfen der freiwerdenden Säure mitAcetat-Ionen wird die Fällung vollständig. T12S wird von Ammoniumsulfid-Lösung nicht gelöst. 4. Mit Kaliumchromat-Lösung entsteht ein gelber Niederschlag von T h a 1 1 i u m(I)-c h r o m a t Tl2CrO4. 5. Mit Natronlauge sowie mit Natriumphosphat entstehen k e i n e Fällungen. Auch das T h a l l i u m ( I ) - c a r b o n a t fällt nur aus konzentrierten Lösungen aus. 6. Man erwärme etwas gefälltes Thallium(I)-chlorid mit Bromwasser und koche das überschüssige Brom fort. Das Thallium(I)-chlorid löst sich als T h a l l i u m (III) - 1 o n auf. T1C1 + Br2 ->T13+ + Cl- + 2Br. 7. Versetzt man die entstandene Thallium(III)-salz -Lösung mit Natronlauge oder Ammoniak-Lösung, so fällt braunes ,,T h a 1 1 i u m (III)h y d r o x i d " aus, das von einem Überschuß der Fällungsmittel nicht gelöst wird.

Anhang Tabelle 8

Löslichkeit einiger Substanzen in Wasser In der Tabelle ist das Massenverhältnis der gesättigten Lösungen angegeben, die bei etwa 20 C im Gleichgewicht mit dem angeführten Bodenkörper stehen. Dabei ist hier das Massenverhältnis definiert als Quotient der Masse der gelösten wasserfreien Substanz zur Masse des Lösungsmittels (Vgl. S. 35 ff). Da in der Einheit g tabelliert ist. bedeuten die Zahlen, wieviel Gramm der wasserfreien Substanz 100g auf 100 g Wasser in der gesättigten Lösung entfallen.

,.

g

Bodenkörper

rm

NaCl KC1 MgCl2 · 6H 2 O CaCl2 · 6H 2 O SrCl2 6H 7 O BaCl2 · 2H 2 0 A1C13 · 6H 2 O FeCl3 6H 2 O AgCl ZnCl 2 · 1,5H 2 O PbCl2

36 34 54 74 54 36 46 92 0,00015 367 1,0

Na 2 SO 4 · 10 H 2 0 MgSO4 · 7H 2 0 CaSO4 · 2H 2 O SrSO4 BaSO4 PbSO4

ioog

19 36 0,20 0,011 0,00023 0,004

g

Bodenkörper

fj- i ·n

NaNO 3 KN0 3 Ca(N0 3 ) 2 · 4H 2 0 Sr(NO 3 ) 2 · 4H 2 O Ba(NO 3 ) 2 AgN03

88 31 127 71 9,0 215

NaOH · H 2 O KOH · 2H 2 O Mg(OH) 2 Ca(OH) 2 Sr(OH)2 8H2O Ba(OH) 2 · 8H2O A1(OH)3 Fe(OH)3 Ag 2 0

107 111

Na 2 S · 9H 2 O

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0,0008 0,12 0,70 3,5

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