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German Pages 223 [236] Year 1958
Biltz — Klemm — Fischer Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie
Heinrich
Biltz
Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie Neu herausgegeben von
Wilhelm Klemm und Werner Fischer
SO., neubearbeitete Auflage Mit 26 Abbildungen und 1 Tafel
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp.
BERLIN
1958
© Copyright 1955, 1958 by W a l t e r d e G r u y t e r & C o . , vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp. Berlin W 35, Genthiner Str. 13 — Alle Rechte, auch die des auszugsweisen'N achdrucks, der photomechanischenWiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung vorbehalten. — ArchivNr. 520758 - Printed in Germany - Satz: Walter de Gruyter & Co., Druck : Buchdruckerei Franz Spiller, Berlin SO 36
Vorwort zur 50. Auflage Die erste Auflage dieser Einführung wurde von Heinrich B i l t z im Jahre 1898 für den Gebrauch im Kieler chemischen Universitätslaboratorium verfaßt. Sie erwarb sich bald zahlreiche Freunde auch an anderen Orten und diente in 20 Auflagen einer großen Zahl von Chemikern bei der Einarbeitung in die Anfangsgründe der Chemie. So hatten auch die Unterzeichneten das Buch als Lernende (W. Klemm als Schüler von H. B i l t z , W. Fischer als Schüler von W. Biltz) wie als Lehrende gründlich kennen und schätzen gelernt. Nach der Emeritierung von H. Biltz übernahmen sie es im Jahre 1937 auf seinen Wunsch im Einvernehmen mit dem Verlag deshalb gern, eine gründliche Modernisierung des Werkes vorzunehmen. Seitdem sind über 30 weitere Auflagen erschienen, und Bearbeiter und Verlag können der Fachwelt heute die 50. Auflage vorlegen. Bei der Umgestaltung des Werkes vor 20 Jahren und bei der Bearbeitung der folgenden Auflagen lag kein Anlaß vor, den Grundcharakter des Buches zu ändern. Die chemische Wissenschaft verdankt ihre großen Erkenntnisse der induktiven Methode; sie arbeitet auch heute noch im wesentlichen so und wird das noch lange Zeit tun. Obwohl die theoretische Chemie in den letzten Jahrzehnten grundlegende Fortschritte gemacht hat, halten wir es für verfehlt, den Anfänger vornehmlich auf deduktivem Wege in die Chemie einzuführen. Am Beginn gilt es vielmehr, die Freude an den Erscheinungen zu fördern und die Beobachtungsgabe zu schulen. Die Theorien sollten nicht als das Primäre eingeführt werden, sie sollen vielmehr die Ordnung der Erscheinungen erleichtern und das Gedächtnis entlasten. Diesen Forderangen entsprach die Konzeption der „Experimentellen Einführung" durch H. B i l t z , und wir haben uns bemüht, daran nichts zu ändern, wenn auch im Laufe der Jahre im einzelnen umfangreiche Korrekturen erforderlich wurden. Andererseits hüte sich der Anfänger davor, das Buch nur als eine Sammlung von zusammenhanglosen Rezepten anzusehen. Die Versuche sind derart ausgewählt, daß sie das Wesentliche hervortreten und Beziehungen allgemeiner Art erkennen lassen, worauf durch zahlreiche Seitenverweise immer wieder aufmerksam gemacht wird. So lernt der Benutzer z. B. als wichtigstes Ordnungsprinzip bald das PeriodenSystem der Elemente kennen. Im Vordergrund stehen ferner die Gesetzmäßigkeiten, die sich aus dem Verhalten wäßriger Lösungen ableiten
lassen. Viele Umsetzungen, und Erscheinungen, die für die analytische Chemie grundlegend sind, werden besprochen; dabei war man allerdings bemüht, diese Seite nicht übermäßig zu betonen. Aber bei weitem nicht alles, was der Anfanger kennenlernen muß, wird abgehandelt.¿Die „Experimentelle Einführung" kann nur eine Ergänzung der Vorlesung und des Lehrbuchstudiums darstellen. So haben wir davon abgesehen, Versuche und theoretische Abschnitte aufzunehmen, durch die sich der Student den Molekularbegriff und'das Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen selbst erarbeitet. Denn wir halten nicht viel davon, wenn der Anfanger sich mit halbquantitativen Versuchen herumquält, bei denen er einerseits die Waagen mißhandelt und zum anderen einen ganz falschen Begriff von der Leistungsfähigkeit quantitativer Messungen und seiner eigenen Meßkunst erhält. Es erscheint besser, vom einfachen zum schwierigeren fortzuschreiten. Unter diesem Gesichtspunkt hat es sich auch als zweckmäßig erwiesen, die qualitativ-analytische Ausbildung mit der Durcharbeitung der „Experimentellen Einführung" etwa in folgender Reihenfolge zu verbinden: 1. Experimentelle Einführung:
Nichtmetallverbindungen I. Teil. Metallverbindungen I. Teil. 2. Qualitativ-analytische Ausbildung: Einfacher Kationengang; „Schulanalyse". 3. Experimentelle Einführung: Nichtmetallverbindungen II. Teil. 4. Qualitativ-analytische Ausbildung: Säuren; Säuren kombiniert mit den Kationen der Schulanalyse. 5. Experimentelle Einführung: Metallverbindungen II. Teil. 6. Qualitativ-analytische Ausbildung: Analysen über alle Elemente; insbesondere Mineralien, technische Produkte usw.
Man kann auch schon nach S. 73 Beispiele aus der Ammoniumcarbonatund der Magnesium-Alkalimetall-Gruppe, nach S. 144 die Ammoniakund Ammoniumsulfid-Gruppe und nach S. 168 die Salzsäure- und Schwefelwasserstoff-Gruppe bearbeiten lassen. Nach Punkt 1 und 6 wird zweckmäßigerweise ein kurzes Kolloquium mit dem Institutsleiter eingeschaltet. In Erwägung zu ziehen ist weiterhin, ob nicht nach 2. bereits einige einfache quantitative Bestimmungen ausgeführt werden, deren erzieherischer Wert sowohl für das chemische Denken als auch für das experimentelle Arbeiten an dieser Stelle besonders groß ist. Für die vorliegende Jubiläumsauflage sind einige Kapitel weitgehend umgearbeitet worden; das trifft z. B. zu für die Abschnitte: Phosphorsäuren, Konzentrationsbegriff, Elektroaffinität und für Teile des Kapitels: „Massenwirkungsgesetz". Ferner ist der gesamte Text sachlich und sprachlich überarbeitet worden. Es war unser besonderes Anliegen, für begriffliche Klarheit zu sorgen. Erfahrungsgemäß wird der Anfänger durch nichts so sehr verwirrt und gehemmt wie durch falsch verstandene und unklare Begriffe. Wir haben deshalb u. a. weitere Definitionen eingefügt, die über das Register leicht aufzufinden sind und so hoffentlich eine willkommene Hilfe darstellen.
Neu eingefügt wurde ein kurzer Absatz über das Zentrifugieren. Obwohl bei den Experimenten des vorliegenden Buches nur ganz selten eine Trennung von Niederschlag und Mutterlauge erforderlich ist, scheint es nützlich, den Anfänger schon frühzeitig mit jener Arbeitsweise vertraut zu machen. Es wird heute immer mehr propagiert, den Anfängerunterricht und die qualitative Analyse im sogenannten Halbmikromaßstab durchzuführen. Auf das Arbeiten in dieser Größenordnung ist die „Experimentelle Einführung" seit jeher abgestimmt gewesen, so daß sich Änderungen erübrigen. Über das dafür zweckmäßige Arbeitsgerät gehen die Meinungen anscheinend etwas auseinander. Die oft nützliche Tropfpipette haben wir neu aufgenommen; die ausschließliche Verwendung enger Reagensgläser, deren Erhitzung nur in einem besonderen Wasserbad möglich ist, scheint uns dagegen keine Vorteile zu bieten. Die — nur scheinbare — Umfangsvermehrung der vorliegenden Auflage gegenüber der vorhergehenden ist darauf zurückzuführen, daß der Zeilenabstand der Abschnitte im Petit-Satz im Interesse besserer Lesbarkeit etwas vergrößert worden ist. Der wahre Umfang des Textes ,st aber seit 1937 nur um wenige Seiten angewachsen. — Der seit der 45. Auflage angefügte Anhang, in dem die erforderlichen Reagentien und die Konzentrationen der benötigten Lösunge «. zusammengestellt sind, dürfte dem Unterrichtsassistenten und dem Laboranten die Arbeit erleichtern. Eine Neufassung der internationalen Nomenklaturregeln wird in Kürze veröffentlicht; sie konnte für die vorliegende Auflage nicht mehr berücksichtigt werden. Das Erscheinen der 50. Auflage ist uns ein willkommener Anlaß, um allen Kollegen und Mitarbeitern, die uns im Laufe der Jahre durch Hinweise und Vorschläge unterstützt haben, unseren Dank auszusprechen. Bei der Vorbereitung der vorliegenden Auflage stellten uns die Herren E. Thilo, Berlin, und A.Simon, Dresden, wertvolle Ratschläge zur Verfügung, und die Herren H. Schäfer, Münster, H. Bode, Hannover, und F. Umland, Hannover, berieten uns in vielen Einzelheiten. Ihnen allen gilt unser herzlicher Dank. Besonderen Dank schließlich möchten wir aber vor allem dem Verlag aussprechen, sowohl für die langjährige, fruchtbare Zusammenarbeit als auch für das verständnisvolle Eingehen auf unsere Wünsche bezüglich der Ausgestaltung des Werkes. Dezember 1957 W. Klemm Münster i. W. Universität
W. Fischer Hannover Technische Hochschule
Inhalt Theoretische Abschnitte sind kursiv gedruckt
Seite 1 4 5 7 9 10 12 15
Einleitung Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium. . . . Das Umfüllen von ßeagentien Filter und Filtrieren Zentrifugieren Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Die Bearbeitung des Glases Kork bohren Nichtmetallverbindungen, erster Teil Säuren, Basen, Sähe Salzsäure und Chlor Chemische Umsetzungen Konzentration der Lösungen; Normallösungen Schwefelsäure Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre Chemische Bindungskräfte Oxydation und Reduktion Schweflige Säure Salpetersäure und Stickstoffoxyde Kohlendioxyd und Kohlensäure Schwefelwasserstoff Phosphorsäure, saure Salze Namen anorganischer Stoffe
, .
. . .
Metallverbindungen, erster Teil Alkalimetalle und Ammonium Natrium Kalium Ammonium Erdalkalimetalle und Magnesium Erdalkalimetalle . Calcium Strontium und Barium Magnesium Chemisches Oleichgewicht A. Das Wesen der chemischen Oleichgewichte B. Das Massentvirbingsgesetz . C. Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Lösung D. Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen E. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen . . . . . . . . . Aluminium . < . . -. . Säuren- und basenbildende Oxyde Elemente der Gruppe I b . . . . . . . . . Silber . . Komplexverbindungen und Doppelsalze Kupfer Elektroaffinität
17 17 18 22 23 26 28 33 36 39 40 45 47 50 53 56 56 57 61 63 66 66 67 70 72 73 73 79 82 88 91 93 97 -102 102 104 110 114
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Inhalt
¿elte 116 117 119 119 124 125 125 131 134 135 141 144 146 147 147 150 153 155 156 157 164 167
Elemente der Gruppe I I b Zink Cadmium Quecksilber Übergangselemente Eisengruppe Eisen Kobalt Nickel Chrom Mangan Aufschließen Weitere Elemente der b-Gruppen Zinngruppe Zinn Kolloide Lösungen Blei Sid/ide Arsengruppe Arsen Antimon Wismut N i c h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , zweiter Teil VII. Gruppe Halogene Halogenwasserstoffe, Pseudohalogene Halogensauerstoffverbindungen VI. Gruppe Wasserstoffperoxyd Säuren des Schwefels Selen und Tellur V. Gruppe Hydrazin, Hydroxylamin Salpetrige Säure und Nitrite Kondensierte Phosphorsäuren Phosphorige Säure IV. Gruppe Silicium III. Gruppe Borsäuren M e t a l l v e r b i n d u n g e n , zweiter Teil Lithium, Beryllium Seltene Erden Titan, Zirkonium, Thorium Vanadin, Niob, Tantal Molybdän, Wolfram, Uran Thallium Verzeichnis der Reagentien Namen- und Sachregister Perioden-System der Elemente Erste Hilfe bei Unfällen
. . . .
.
169 169 169 169 172 176 176 178 180 181 181 182 184 186 186 186 189 189
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191 191 192 193 195 196 199
. .
200 205 "I Ausschlagtafel J am Ende des Buohes
1
Einleitung Zum Arbeiten im chemischen Laboratorium sind einige Hilfsmittel nötig, die der Praktikant sich auf seinem Arbeitsplatz zu halten hat, nämlich: eine Schere, ein Glasmesser zum Glasschneiden, eine an ihrer stärksten Stelle noch nicht ganz bleistiftdicke Rundfeile zum Glätten und Erweitern von Löchern in Korken, ferner Pinzette, Lötrohr und einige einseitig geschlossene Glasröhrchen, deren Anfertigung auf S. 13 beschrieben ist. Dazu kommen: eine ausreichende Anzahl von Reagensgläsern verschiedener Größe1) mit Gestell, Trichter, Kölbchen, einige dünne Glasstäbe mit rund geschmolzenen Enden, kleine Bechergläschen, eine Spritzflasche aus Glas oder Polyäthylen, Porzellantiegel und Abdampfschalen, schließlich ein Filtriergestell, ein eiserner Dreifuß oder besser ein Stativ mit verschiebbarem Ring nebst Drahtnetz 2 ) als Kochgestell und ein Gasbrenner 3 ). Für mancheZwecke benötigt man Spatel av.s Glas, Porzellan, Horn,V2A-Stahl oder Reinnickel ¡ v e r n i c k e l t e oder v e r c h r o m t e Instrumente sind im chemischen Laboratorium n i c h t b r a u c h b a r . Erforderlich ist ferner ein Platindraht von etwa 5 cm Länge und etwa 0,4 mm Durchmesser, der an einem Ende in einen dünnen Glasstab eingeschmolzen ist; er wird — mit dem Glasstab in einem Kork befestigt — in einem mit Salzsäure halbgefüllten Reagensglas aufbewahrt. Als Ersatz können in manchen Fällen — z.B. zur Herstellung von Phosphorsalz- oder Boraxperlen — Magnesiastäbchen und -rinnen verwendet werden. Für die seltenen Fälle, in denen ein Platintiegelchen (es empfehlen sich die in der Lötrohranalyse gebräuchlichen „PlattnerSchälchen") unentbehrlich ist, leiht man ein solches vom Assistenten. Ferner muß jeder im Besitz einer einfachen Schutzbrille mit splittersicherem Glas sein. Schließlich sind ein Wischtuch und ein Handtuch unentbehrlich; empfehlenswert ist eine Hasenpfote zum Reinigen des Arbeitsplatzes. x) Für die meisten Versuche sind Reagensgläser der normalen Größe von etwa 16 mm Durchmesser und 160 mm Länge zweckmäßig; daneben benötigt man einige größere (etwa 20x200 mm), vor allem aber auch kleinere von verschiedenen Abmessungen. 2) Drahtnetze aus V4A-Stahl ohne Asbesteinlage sind haltbarer als solche aus verzinktem Eisendraht mit Asbesteinlage. Lieferant für die erstgenannten: Dürener Metalltuchfabrik, Kufferath u. Co., Düren. ') Zum Halten heißer Reagensgläser benutzt man Reagensglasklemmen. Man kann auch ein Stück Papier von etwa Oktavgröße verwenden, das duroh einige Längskniffe zu einem Streifen zusammengefaltet ist.
B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 50. Aufl.
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Einleitung
Alle G l a s s a c h e n müssen s t e t s sauber g e h a l t e n werden. Bechergläser werden gereinigt, mit destilliertem Wasser ausgespült und nach dem Abtropfen mit nach unten gestellter Öffnung auf Filtrierpapier, mit dem der Schrank zum Teil ausgelegt ist, aufbewahrt. Die gereinigten und getrockneten Kölbchen bewahrt man nach Verschluß mit etwas Filtrierpapier, das über den Rand geknifft wird, gegen Staub gesichert auf. Die R e a g e n s g l ä s e r werden s t e t s bald nach den Versuchen gereinigt. Dazu reicht meist Wasser und eine Gänsefeder oder eine Reagensglasbürste aus; zur Entfernung festanhaftender Niederschläge nimmt man eventuell einige Tropfen roher, konzentrierter Salzsäure zu Hilfe1). Diese Reinigung gelingt fast immer leicht und schnell, wenn sie bald vorgenommen wird, ist aber oft recht mühsam und zeitraubend, wenn sie bis zum nächsten Tage verschoben wird. Man spült auch hier stets mit destilliertem Wasser nach. Zum Abtropfen stellt man die Reagensgläser mit der Mündung nach unten auf die Zapfen, die zu diesem Zweck an der Hinterseite des Gestells angebracht sind, oder auch in die Öffnungen des Reagensglasgestells. Man halte stets einige trockene Reagensgläser vorrätig, weil solche zu manchen Versuchen nötig sind. Durch Befolgen dieser Vorschriften kann man sich Zeitverlust und Mißerfolge ersparen. Überhaupt muß mit größtem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß man sich bei chemischen Arbeiten von vornherein an die größte S a u b e r k e i t gewöhnen muß. Auch das Innere der Schubladen und Schränke soll stets vorbildlich sauber und ordentlich gehalten sowie mit Verständnis geordnet sein. Eisensachen, Filter, Glas- und Porzellansachen dürfen nicht durcheinander geworfen werden, sondern müssen zur Vermeidung von Bruch und Verschmutzung getrennt aufbewahrt werden. Es ist ferner immer zu beachten, daß alle Chemikalien mehr oder weniger stark g e s u n d h e i t s s c h ä d l i c h sein können. Als G i f t e bezeichnet man solche Stoffe, die schon in sehr kleinen Mengen schwere Schäden hervorrufen; aber auch andere Stoffe, wie Säuren, Laugen, Salze, besonders solche der Schwermetalle, und auch viele Gase, wirken in größeren, von Fall zu Fall verschiedenen Mengen gefährlich. Auch aus diesem Grunde ist peinliche Sauberkeit vonnöten; man hüte sich, Chemikalien in den Mund oder gar mit Wunden in Berührung zu bringen. Jeder Chemiker muß die Grundregeln der ersten Hilfe kennen (s. letzte Seite des Buches) und muß wissen, wo sich im Laboratorium der Apothekenschrank, die Notbrause und der nächste Telefonapparat befinden. Die meisten Versuche dieses Leitfadens werden in Reagensgläsern ausgeführt. Es ist zweckmäßig, zu jeder Umsetzung nur wenig S u b s t a n z zu nehmen und mit stark verdünnten Lösungen zu arbeiten; denn die Zum Beinigen von Glasoberflächen, die mit Fett oder ähnlichen Stoffen verschmutzt sind, benutzt man eine warme Lösung von Alkalidichromat (vgl. S. 140) in konzentrierter Schwefelsäure („Chrom-Schwefelsäure") oder eine alkalische Lösung von Kaliumpermanganat (vgl. S. 143).
Einleitung
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meisten Erscheinungen sind bei verdünnten Lösungen viel klarer zu erkennen als bei konzentrierten. Ferner beachte man, daß man, von einigen Ausnahmen abgesehen, mit 1 / 8 — 1 ml der Lösungen vollständig auskommt. Man halte sich an diese Vorschrift nicht nur, um Chemikalien, sondern vor allem, um Zeit zu sparen. Wichtig ist es auch, daß man sich von vornherein darin übt, Gewichte und R a u m m a ß e a b z u s c h ä t z e n . Es empfiehlt sich, ein Reagensglas zunächst leer, dann zum Fünftel, zur Hälfte, schließlich ganz mit Wasser gefüllt zu wägen, um dadurch eine Vorstellung vom Inhalt eines Reagensglases und seiner Teile zu erhalten. Auch ist anzuraten, ein Reagensglas durch Einwägen von 1, 2, 3 g usw. Wasser zu kalibrieren und die betreffenden Höhen an einem aufgeklebten Papierstreifen zu verzeichnen. Ein solcher einfacher Meßzylinder (Mensur) ist oft nützlich. Es ist unbedingt erforderlich, daß über die Arbeiten im Laboratorium sorgfältig und ausführlich Protokoll geführt wird, und zwar nicht auf losen Zetteln, Zigarettenschachteln und ähnlichem, sondern in einem Heft. Der Studierende gewöhne sich vom ersten Tage daran, j e d e Beobachtung, und sei sie noch so geringfügig, so aufzuschreiben, als ob sie von ihm erstmalig gemacht sei. Man verlasse sich nicht darauf, daß ja alles „im Buche" stehe, sondern protokolliere sofort nach Ausführung des Versuchs die Beobachtungen, ohne das Buch zu Hilfe zu nehmen, weil man sonst leicht in den Fehler verfällt, das Buch abzuschreiben. Durch diese Art der Niederschrift lernt der Anfänger, die chemischen Ausdrücke zu verwenden. Wenn er sich ferner zum Grundsatz macht, jede im Reagensglas beobachtete Umsetzung auch formelmäßig auszudrücken, übt er sich, chemische Gleichungen aufzustellen. Schließlich ist diese Erziehung zum sorgfältigen Protokollieren auch als Vorbereitung für das spätere selbständige Arbeiten unentbehrlich, bei dem mangelhafte Protokollführung zu schweren Irrtümern und erheblichem Zeitverlust führen kann. Das Laboratoriumstagebuch braucht keine schön geschriebene Reinschrift zu sein, aber es soll übersichtlich und auch für einen anderen lesbar sein. Das aUerwichtigste Erfordernis für ein erfolgreiches Durcharbeiten dieses Leitfadens ist das häusliche Studium. Kein Abschnitt soll im Laboratorium vorgenommen werden, bevor er sorgfältig unter Hinzuziehung eines L e h r b u c h s der Chemie zu Hause theoretisch durchgearbeitet und aufgeklärt ist. Unklarheiten und Zweifel lasse man nicht auf sich beruhen, sondern frage den Assistenten um Rat. Zwar sind in den experimentellen Teil zahlreiche theoretische Abschnitte eingestreut, deren Studium vielfach Aufklärung geben wird; aber selbstverständlich sind diese theoretischen Abschnitte nicht imstande, das Hören einer Vorlesung über die Grundlagen der analytischen Chemie zu ersetzen.
1*
Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium Schon an dieser Stelle sei auf einige Vorsichtsmaßregeln hingewiesen, die beim Arbeiten im Laboratorium unbedingt beachtet werden müssen: 1. B e i m Erhitzen
von Flüssigkeiten
im Reagensglas,
besonders von
solchen, in denen feste Teilchen ausgeschieden sind, ist das Reagensglas leicht und andauernd zu bewegen. Durch diese leichten Schüttelbewegungen wird einem Siedeverzug und dem damit verbundenen Herauskochen der Flüssigkeit aus dem Rohr vorgebeugt. Außerdem werden dadurch die Wände des Rohrs innen, soweit sie erhitzt werden, andauernd mit Flüssigkeit befeuchtet, wodurch eine Überhitzung der Glaswände vermieden wird. Wenn man den Inhalt zum Sieden erhitzen will, soll das Reagensglas keinesfalls zu mehr als 1 / i von Flüssigkeit erfüllt sein; nötigenfalls gießt man in ein weiteres Glas um. Will man die Flüssigkeit längere Zeit im Sieden erhalten, z. B. einengen, so soll man Reagensgläser von mindestens etwa 16 mm Durchmesser verwenden. B e i m K o c h e n h a l t e m a n die M ü n d u n g des Glases n i e m a l s auf sich u n d a n d e r e P e r s o n e n g e r i c h t e t , damit niemand verbrüht werde, falls doch einmal ein Herauskochen stattfinden sollte. 2. Versuche, bei d e n e n übelriechende
oder giftige
Gase
entstehen,
müssen unter allen Umständen unter dem Abzug ausgeführt werden. Der Chemiker ist sowieso genötigt, bei seinen Arbeiten oft genug schlechte Luft in Kauf zu nehmen. Es ist eine selbstverständliche Pflicht gegenüber den Arbeitskameraden, alles zu vermeiden, was die Laboratoriumsluft in unnötiger Weise verschlechtert. Die Fenster unbenutzter Abzüge sind geschlossen zu halten, weil die Entlüftungswirkung in den anderen sonst geschwächt wird. 3. Bei manchen Versuchen muß man mit giftigen Substanzen (z. B. Natriumcyanid) arbeiten. In diesen Fällen ist besonders auf peinlichste Sauberkeit zu achten (nichts verschütten, sofortiges Säubern der Geräte und der Hände). Man bringt sonst sich selbst in Lebensgefahr und gefährdet unter Umständen andere. Überhaupt ist es selbstverständlich, daß man sich nach jedem^Arbeiten sorgfältig die Hände wäscht. Man weiß nie, ob nicht Spuren schädlicher Stoffe an ihnen haften. 4. Gelegentlich hat man es mit Umsetzungen zu tun, die zu Explosionen führen können. Kennt man die Gefahr, so kann man durchaus solche Versuche ausführen; denn durch zweckmäßige Anordnung des
Das Umfüllen von Reagentien
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Versuchs kann man sich schützen. Auf keinen Fall versäume man in den Fällen, in denen auch nur die entfernte Möglichkeit einer Explosion oder des Verspritzens von Alkalien und Säuren besteht, die Augen durch eine Schutzbrille zu schützen (vgl. S. 1). Das Umfüllen von Reagentien Das Eingießen von flüssigen Reagentien aus einer Flasche in ein Probierglas ist eine der kleinen Handhabungen, die der Chemiker besonders häufig auszuführen hat. Da bei unsachgemäßer Durchführung mancherlei Übelstände auftreten,rgewöhne man sich von vornherein an folgende Art der Ausführung:
c Figur 1. Ausgießen von Flüssigkeiten
Die Flasche ist mit vollem Griff zu fassen, und zwar so, daß die Beschriftung bei waagerechter Lage der Flasche nach oben kommt. Macht man es anders, so könnte ein herunterlaufender Tropfen die Beschriftung beschädigen. Das Reagensglas wird mit dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger der linken Hand gehalten. Mit den beiden noch freien Fingern und dem Handballen nimmt man den Stopfen von der Flasche (Fig. la) und gießt die Flüssigkeit ein, ohne dabei den Rand der Flasche auf den des Reagensglases aufzusetzen (Fig. lb). Berührt man das Reagensglas, so kann der Rand und damit der Inhalt der Flasche verunreinigt werden — besonders, wenn man es gewohnheitsmäßig macht! —, was bei späterem Gebrauch der Reagensflüssigkeit Anlaß zu Irrtümern gibt. Nach dem Ausgießen der Flüssigkeit hängt am Rande der Flasche in der Regel ein dicker Tropfen. Diesen streicht man nicht am Reagensglas ab noch läßt man ihn außen an der Flasche herunterlaufen, sondern man führt den Flaschenrand, ohne dabei die Flasche aus ihrer schrägen Lage wesentlich aufzurichten, an den Hals des Stopfens, streicht hier den Tropfen ab (Fig. 1 c), setzt den Stopfen auf und stellt die Flasche an ihren Platz. Gewöhnt man sich an diese Art der Ausführung, so bleiben die Reagentien stets sauber, die Flaschen und ihre Beschriftung sowie die Rea-
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Das Umfüllen von Reagentien
gentienregale werden nicht beschmutzt, und es bann niemals vorkommen, daß man einen Stopfen auf eine falsche Flasche setzt. Bei Versuchen im Reagensglas ist es meist erforderlich, die Reagenslösungen t r o p f e n w e i s e zuzusetzen. Mit einiger Übung gelingt dies leicht durch vorsichtiges Neigen der Flasche; zweckmäßig ist es, die verschlossene Flasche vorher einmal umzuschüttein und mit dem dadurch befeuchteten Stopfen nach dem öffnen die Stelle des Halses zu benetzen, an der der Tropfen ausfließen soll. I n gewissen Fällen sind Tropfpipetten _ nützlich. Sie bestehen (s. Fig. 2) aus ' ' einem Glasrohr von 4 — 6 mm lichter Figur 2. Trofpipette Weite und etwa 6—10 cm Länge, das V, natürliche Größe a n e i n e m E n d e z u eineJ. y e r j ü n g u n g aus_ gezogen, abgeschnitten und dann rundgeschmolzen wird, während über das andere Ende eine Gummikappe gezogen wird. Sie müssen nach Gebrauch stets sorgsam gesäubert werden, was etwas umständlich ist, da dies nur nach Abnahme der Gummikappe und Ausspülen beider Teile mit destilliertem Wasser sicher gelingt. Es wird auch empfohlen, jede Reagensflasche für die Dauer mit einer zugehörigen Tropfpipette zu versehen, die mittels eines durchbohrten Stopfens auf die Flasche aufgesetzt wird. Das erfordert peinlich sauberes Arbeiten, weil jede Verunreinigung der Pipette den ganzen Flascheninhalt unbrauchbar macht. Besser sind Tropfflaschen aus Polyäthylen, deren Schraubverschluß eine Tropfkapillare trägt. Bei diesen Flaschen ist die Gefahr einer Verunreinigung geringer. Eine Verwechslung der Verschlußkappen für die Kapillaren wird vermieden, wenn die Kappen mit einer Kunststoffschnur an dem Schraubverschluß befestigt sind. Zur Bestimmung der ungefähren Tropfengröße lasse man je etwa ein Milliliter aus einer Flasche bzw. einer Tropfpipette in einen Meßzylinder ausfließen und zähle dabei die Tropfen. Führt man Reaktionen durch, bei denen sich beim Zugeben einer Reagensflüssigkeit Gase entvncheln (vgl. z. B. S. 19), so gießt man die Lösung nicht aus der Reagentienflasche zu; denn in diesem Fall besteht die Gefahr, daß die sich entwickelnden Gase den ganzen Inhalt der Flasche verunreinigen. Vielmehr füllt man in diesem Fall erst die erforderliche Menge der Flüssigkeit in ein sauberes Reagensglas und gießt sie von dort in das Reagensglas mit der zu untersuchenden Substanz, oder man verwendet eine Tropfpipette, die nach Gebrauch zu säubern ist. Das Ausschütten von festen Reagentien aus Flaschen ist nach Möglichkeit zu vermeiden, da man dabei schlecht dosieren kann. Man entnimmt die benötigte Menge vielmehr mit einem s a u b e r e n Spatel oder Löffel. H a t man dabei einmal etwas mehr genommen, als benötigt wird, so gibt man den Rest — wenn es sich nicht um besonders kostbare Substanzen handelt — nicht in die Flasche zurück, sondern in den Schmutzbehälter. Dies gilt unter allen Umständen von Anteilen, die auf den Arbeitstisch gefallen sind.
Filter und Filtrieren
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Filter und Filtrieren Zur Herstellung von „ g l a t t e n Filtern"
benutzt m a n in der Regel
fertig geschnittene runde Scheiben aus Filtrierpapier. Für die vorliegenden Versuche genügen die billigen „qualitativen" Filter; die besonders aschearmen, teureren „quantitativen" Filter sind nicht erforderlich. Man halte sich eine größere Menge Filter verschiedenen Durchmessers (etwa 7 und 9 cm) stets vorrätig, und zwar nicht lose im Schubfach herumliegend, sondern in einer geeigneten Pappschachtel. Zum Gebrauch faltet man das Filter zweimal im rechten Winkel (vgl. Fig. 3a), so daß es das Aussehen von Fig. 3b erhält. Diese Papiertüte wird geöffnet (Fig. 3 c) und in einen Trichter gesteckt, dessen konischer Teil wenigstens um 1 cm höher ist als das Filter; auf keinen F a l l darf das F i l t e r über den R a n d des T r i c h t e r s hinaus-
Figur 3. Filter einlegen
ragen. Jetzt gießt man mit der Spritzflasche Wasser in das Filter und drückt es mit einem Finger an die Trichterwand fest an (Fig. 3d). Das Filtrat läuft nur dann gut ab, wenn das Papier oben überall gut an der Glaswand anliegt, so daß keine Luftblasen auftreten 1 ); denn nur dann wirkt die Flüssigkeitssäule im Trichterrohr saugend auf die Flüssigkeit im Filter. Hat der Trichter nicht genau den Winkel von 60°, so muß man das beim Kniffen des Filters berücksichtigen. Man lernt dies wie überhaupt die Anfertigung eines gut arbeitenden Filters am besten von Geübteren. Für präparative Arbeiten sind oft die „ Faltenfilter " vorzuziehen, da sie ein schnelleres Filtrieren ermöglichen. Man verwendet sie aber nur dann, wenn es nicht darauf ankommt, den auf dem Filter gesammelten 1 ) Es ist praktisch, die in Fig. 3o gestrichelt gezeichnete Ecke abzureißen oder auch nur einzureißen und um die Knickstelle nach rechts umzuschlagen; denn das Filter liegt dann meist noch besser an. Man kann außerdem beim zweiten Falten des Filters etwas vom rechten Winkel abweichen; öffnet man dann die Papierlage mit dem größeren Winkel, so erhält man eine kegelförmige Tüte mit einem Winkel erößer als 60°. Setzt man diese in einen Trichter mit einem Konuswinkel von 60° ein, so liegt das Filter nur oben dicht an der Glaswand an; ein derartiges „hängendes Filter" filtriert rascher als ein überall gleichmäßig anliegendes.
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Filter und Filtrieren
Niederschlag gut auszuwaschen. Faltenfilter kann man bereits fertig geknifft beziehen. Will man selbst eines herstellen, so geht man am besten von einem kreisförmigen Stück Filtrierpapier aus und beginnt dann in genau der gleichen Weise wie in den Fig. 3 a und 3 b, nur wird der Viertelkreis (Fig. 3 b) noch zweimal im Winkel gefaltet bis zum SechzehntelKreisausschnitt. Dann öffnet man zum'Halbkreis (Fig. 4 a) und knifft, von einer Seite beginnend, jedes Achtel des Halbkreises aus freier Hand nochmals mit den Daumen, Zeige- und Mittelfingern beider Hände; dabei dienen die mit den Spitzen aneinander gelegten Mittelfinger als Unterlage. In Fig. 4 b ist die linke Hälfte des Filters so behandelt, die rechte noch nicht. Nun wird das Filter zur Tüte geöffnet und in den Trichter eingesetzt (Fig. 4 c).
Figur 4. Faltenfilter
Beim Filtrieren gießt man das Filter nie ganz voll, damit nichts über den Rand des Filters steigt. Mit dem Auswaschen, zu dem die Spritzflasche verwendet wird, beginnt man erst, wenn alle Flüssigkeit aus dem Filter abgelaufen ist und nachdem man sich durch Zugabe eines Tropfens des Fällungsmittels zum Filtrat davon überzeugt hat, daß die Fällung vollständig war. Beim Auswaschen läßt man das Filter jedesmal erst ganz abtropfen, ehe man weiteres Waschwasser aufspritzt1). Die Hauptregel für das Auswaschen ist: o f t m a l s mit wenigWasser auswaschen und j e d e s m a l möglichst v o l l s t ä n d i g a b l a u f e n lassen! Da der Filtrationsprozeß bei feinflockigen Niederschlägen sehr langsam verläuft, ist es zuweilen empfehlenswert, die Fällung im Glas absitzen zu lassen, darauf zunächst die über dem Niederschlag stehende klare Flüssigkeit,rohne diesen aufzuwirbeln, durch das Filter abzugießen und erst dann den Niederschlag mit etwas Wasser aufs Filter zu spülen. Man bezeichnet dieses Abgießen einer Flüssigkeit von einem Niederschlag als „Dekantieren"; es gelingt bei schweren Niederschlägen leicht. Bei s c h l e i m i g e n Niederschlägen, wie z. B. Aluminiumhydroxyd (vgl. S. 95), darf man das Ablaufen der Flüssigkeit nur so weit fortschreiten lassen, daß der Niederschlag noch feucht bleibt. Denn beim Trockenwerden springt die Masse in kleine Schollen entzwei, zwischen denen das Waschwasser wirkungslos vorbeilaufen würde.
Zentrifugieren
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Zentrifugieren Zur Trennung fester Stoffe von flüssigen verwendet m a n anstelle des Filtrierens oft mit Vorteil das Zentrifugieren. Es gelingt schon mit einer einfachen, von H a n d betriebenen Zentrifuge, Z e n t r i f u g a l b e s c h l e u n i g u n g e n zu erzielen, die ein Vielfaches der normalen Schwerebeschleunigung betragen. Dadurch wird ein rasches Sedimentieren (Absetzen) der festen Partikeln bewirkt, die — wie es meist der Fall ist — dichter als die umgebende Flüssigkeit sind. Bevor man die Zentrifuge in Betrieb setzt, ist sie a u s z u w u c h t e n . Bei der Handzentrifuge genügt es, der zu sedimentierenden Probe gegenüber ein Glasrohr mit einer annähernd gleich schweren Wasserfüllung einzusetzen; bei elektrisch angetriebenen Zentrifugen, die erheblich größere K r ä f t e erzeugen können, müssen Probe und Gegengewicht auf der Waage genau austariert werden, weil die Zentrifuge sonst auseinanderfliegen und erhebliche Zerstörungen anrichten kann. Zum Zentrifugieren kleiner Mengen, wie sie bei denhier beschriebenen Versuchen und bei der qualitativen Analyse verwendet werden, benutzt m a n im unteren Teil schwach konische Z e n t r i f u g e n r ö h r c h e n (Fig. 5), mit deren Hilfe m a n auch sehr kleine Niederschlagsmengen am verjüngten Ende des Rohres gut sammeln kann. Die Röhrchen müssen eine etwas stärkere Wand als die gewöhnlichen Reagensgläser besitzen, damit sie den Kräften standhalten, die beim Zentrifugieren auf\J treten. Man darf die Zentrifugengläser n i c h t ü b e r Figur 5. f r e i e r F l a m m e erhitzen, weil wegen ihrer Form auch Zentrifugenglas bei geringer Füllhöhe die Gefahr des Herausspritzens Etwa y3 natürl. Größe infolge Siedeverzugs sehr groß ist; bei Rohren aus gewöhnlichem Glas (nicht sog. Geräteglas) verbietet sich die unmittelbare Erhitzung mit dem Brenner auch deshalb, weil sie dabei infolge ihrer größeren Wandstärke leicht springen. Ist eine E r h i t z u n g der zu zentrifugierenden Mischung erforderlich, so m u ß dies vorher in einem Reagensglas erfolgen oder m a n hängt das Zentrifugenglas in ein Wasserbad; wenn für diesen Zweck kein Wasserbaddeckel mit passenden Öffnungen, die die Zentrifugengläser halten, zur Verfügung steht, so kann m a n das Hineinfallen des Zentrifugenglases dadurch verhindern, daß man es am oberen Ende in einer Reagensglaskammer befestigt. Die A b t r e n n u n g d e r ü b e r s t e h e n d e n , durch das Zentrifugieren geklärten F l ü s s i g k e i t erfolgt am besten mit einer Tropfpipette, die man langsam nach unten senkt, während mittels der Gummikappe angesaugt wird. Zum A u s w a s c h e n gibt m a n wenig einer geeigneten Flüssigkeit zu und wirbelt mit einem dünnen, unten rund geschmolzenen Glasstab den oft sehr fest am Boden haftenden Niederschlag gut auf. Anschließend wird erneut zentrifugiert und dieWaschflüssigkeit abpipettiert. Das Auswaschen erfordert im Zentrifugenglas weniger Waschflüssigkeit als auf dem Filter.
Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr
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Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Der Bunsenbrenner. Zur Erzeugung höherer Temperaturen benutzt man im chemischen Laboratorium sehr oft den von R o b e r t Bunsen erfundenen und nach ihm benannten Gasbrenner. Dieser besitzt an dem unteren Teil des eigentlichen Brennerrohres ein mit Öffnungen versehenes Rohrstück, das so verstellt werden kann, daß der Gasstrom mehr oder weniger große Mengen Luft ansaugt. Stellt man es so ein, daß keine Luft eintritt, so erhält man eine gelbe, „leuchtende" Flamme. Dieses Leuchten rührt daher, daß infolge der ungenügenden Luftzufuhr im Inneren der Flamme eine unvollständige Verbrennung stattfindet. Von den Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, aus denen das Leuchtgas besteht, vereinigt sich dabei der Wasserstoff leichter mit dem Luftsauerstoff, während der Kohlenstoff im wesentlichen nur am Flammenrand verbrennt. Bei der Flammentemperatur leuchten die vorübergehend gebildeten festen Kohlenstoff-(Ruß-)Teilchen. Infolge dieses Gehalts an unverbrannten brennbaren Stoffen kann diese Flamme Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben, den Sauerstoff entziehen: sie wirkt schwach „reduzierend" 1 ). Stärkere Reduktionswirkungen erzielt man mit dem Lötrohr (s. S. 11). Läßt man dagegen durch die Öffnung Luft zutreten, so verbrennt auch der Kohlenstoff rascher. Da die Flamme infolgedessen glühende feste Teilchen nicht enthält, leuchtet sie nicht („entleuchtete" Flamme). In diesem Falle unterscheidet man einen inneren, blauen Kegel und einen äußeren, bei reinem Brenner und staubfreier Luft nahezu farblosen Mantel. Der innere Kegel ist verhältnismäßig kalt. Hält man ein Stückchen Holz (Streichholz ohne Kuppe) einen Augenblick quer in die Flamme, so verkohlt es nur an den Stellen, mit denen es sich in dem äußeren Mantel befindet. Da der innere Kegel unverbranntes Gas im Überschuß enthält, wirkt er reduzierend. Besonders geeignet für Reduktionswirkungen ist seine oberste Spitze, weil er an dieser am heißesten ist. Am äußeren Rande des äußeren Kegels findet sich ein geringer Sauerstoffüberschuß; dieser Teil wirkt daher schwach o x y d i e r e n d , er kann hineingebrachten Substanzen Sauerstoff zuführen. Bessere Oxydationswirkungen erzielt man jedoch mit dem Gebläse (s. unten) oder dem Lötrohr (s. S. 11). Ist die Luftzufuhr zu groß oder der Gasdruck zu klein, so „schlägt" der Brenner „zurück", d. h. die Verbrennung erfolgt im Inneren des Brennerrohrs an der Gaseintrittsdüse. In solchen Fällen muß die Gaszufuhr sofort abgestellt werden2), da sonst der Brenner beschädigt wird. Nach dem Erkalten des Brenners stellt man dann die Luftzufuhr etwas kleiner oder die Gaszufuhr größer. Den I n s t i t u t e n erwachsen durch den G a s v e r b r a u c h große Unkosten. E s i s t deshalb eine s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e P f l i c h t 2
Näheres über die Begriffe „Reduktion" und „Oxydation" siehe S. 19 u. S. 36 ff. ) In leichteren Fällen hilft oft ein kurzer Schlag auf den Gasschlauch!
Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr
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e i n e s j e d e n S t u d i e r e n d e n , G a s v e r s c h w e n d u n g zu v e r m e i d e n . Bei Nichtbenutzung des Brenners lasse man daher nur die Sparflamme brennen. Ist eine entsprechende Einrichtung am Brenner nicht vorhanden, so stellt man die Luftzufuhr ab und drosselt dann die Gaszuführung so stark, daß nur noch eine kleine Flamme brennt. Zur Erhitzung kleiner Reagensgläser, die zur Vermeidung von Siedeverzug um so weniger hoch gefüllt sein dürfen, je enger sie sind, und zur Erwärmung von Objektträgern hält man diese ü b e r , nicht in die S p a r flamme des Brenners; man kann auch nach Abschrauben des Brennerrohres eine kleine Flamme aus der Gaszuführungsdüse brennen lassen und diese benutzen. Gebläse. Braucht man h ö h e r e T e m p e r a t u r e n , so benutzt man einen G e b l ä s e b r e n n e r , bei dem dem Gas vor der Verbrennung komprimierte Luft zugeführt wird. Das Einblasen der Luft erfolgt meist durch ein maschinell betriebenes Gebläse oder ein Wasserstrahlgebläse. Benutzt man ein Tretgebläse, so trete man nur so schnell, als es zur Erreichung des Zweckes unbedingt erforderlich ist. Ein Überschuß ist Kraftvergeudung und schädigt die Einrichtung. Noch höhere Temperaturen erzielt man durch ein S a u e r s t o f f - L e u c h t g a s g e b l ä s e , bei dem an Stelle von Luft komprimierter Sauerstoff zugeführt wird, den man einer Stahlflasche entnimmt. Die Hamme wirkt in diesem Falle s t a r k o x y d i e r e n d . Für die üblichen Laboratoriumsarbeiten des Studierenden ist jedoch dieses Gebläse ebensowenig erforderlich wie das noch heißere WasserstoffSauerstoff-(„Knallgas")-Gebläse.
Gebrauch des Lötrohrs. Durch den Bunsenbrenner ist das sehr viel ältere Lötrohr nicht überflüssig geworden, weil es anderen Zwecken dient. Man benutzt es dazu, eine kräftige, kleine Stichflamme horizontal zu treiben und damit Stoffe hoch zu erhitzen, die auf einer die Wärme schlecht leitenden Unterlage, gewöhnlich einem Stück Holzkohle, liegen. Durch Regelung der Luftzufuhr kann, man in der Flamme einen Überschuß an unverbranntem Gas oder an sauerstoffhaltiger Luft vorherrschen lassen und erhält so eine „Reduktionsflamme" oder eine „Oxydationsflamme". Deren reduzierende bzw. oxydierende Wirkung ist bedeutend kräftiger als die des Bunsenbrenners. Die Handhabung des Lötrohres erfordert etwas Übung. Man bläst nicht mit der Lunge, sondern mit den aufgeblasenen Backenmuskeln, während man durch die Nase weiteratmet. Die verbrauchte Luft wird aus dem Rachenraum durch geeignete Bewegungen von Zungenwurzel und Gaumensegel ergänzt. Als F l a m m e benutzt man am besten eine Paraffinlampe mit flachem Docht; für viele Zwecke genügt eine kleine l e u c h t e n d e Flamme des Bunsenbrenners 1 ), dessen Rohr einen Aufsatz aus Blech mit einer schwach schräg nach oben gerichteten, rechteckigen Öffnung von etwa 3 x 3 0 mm trägt (Breitbrenneraufsatz). Um eine O x y d a t i o n s f l a m m e zu erhalten, führt man die Spitze des Lötrohrs 1—2 cm über der MünLeuchtgas ist aber nicht immer ganz frei von Schwefelverbindungen!
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Die Bearbeitung dea Glases
dung des Brenners mitten in die Flamme ein und bläst kräftig, so daß aus der Brennerflamme ein Flammenspitz ehen seitlich her ausgeblasen wird; in ihm erkennt man deutlich einen kurzen, inneren Kegel und den ihn zum Teil umhüllenden, zum Teil fortsetzenden Flammenmantel, den eigentlichen Oxydationsraum. Zur Erzeugung einer Reduktionsflamme taucht man die Spitze des Lötrohrs nicht in die Flamme des Bunsenbrenners ein, sondern führt sie nur an die — natürlich nicht entleuchtete — Flamme heran und bläst nur schwach, so daß ein großer Teil der Flamme, in dem sich weder ein innerer Kern noch ein äußerer Mantel erkennen lassen, zur Seite schlägt.
Die Bearbeitung des Glases Der Chemiker kommt beim Zusammenstellen von Apparaten und bei anderen Gelegenheiten oft in die Lage, Glasröhren biegen zu müssen, sie abzuschmelzen, Bruchstellen abzurunden usw. Es ist sehr erwünscht, wenn er sich darin bald eine gewisse Fertigkeit aneignet. Im folgenden seien einige Fingerzeige über die allereinfachsten Glasarbeiten gegeben; besser als aus ihnen wird man die Sache durch Zusehen bei einem Geübten lernen. Sehr empfehlenswert ist es, während des Studiums möglichst frühzeitig an einem Glasb l a s e k u r s u s teilzunehmen. Glasrohr schneiden. Glasröhren bis
zu 1 cm Durchmesser zerschneidet man in folgender Weise. Mit einem scharfen Glasmesser wird das GlasFigur 6. Glasrohr brechen rohr zum Fünftel bis Viertel seines Umfanges eingeritzt. Dann faßt Die im Text beschriebene Ritzstelle man das Rohr gemäß Fig. 6 voll befindet sich zwischen den Daumen auf der vom Beschauer abgewendeten mit beiden Händen und bricht es Seite des Glasrohres unter schwachem Ziehen auseinander. Bricht das Rohr nicht bei leisem Druck, so muß man die Ritzstelle vertiefen. Handelt es sich darum, weitere Glasröhren zu zerlegen oder engere dicht an einem Ende anzuschneiden, so empfiehlt es sich, die Röhren abzusprengen. Zu diesem Zwecke ritzt man ebenfalls und berührt dann das Ende des Ritzes mit der auf Rotglut erhitzten Spitze eines dünnen Glasstabes. Enden abrunden. Bei jedem Glasrohr, das verwendet werden soll, müssen die scharfkantigen Bruchstellen des Glases abgerundet werden. Dies macht man einfach dadurch, daß man das Ende des Rohres in der leuchtenden Flamme des Gebläses (d. h. ohne Luftzufuhr) 2—3 cm weit unter Drehen anwärmt und dann das äußerste Ende des Rohres in der
Die Bearbeitung des Glases
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entleuchteten Gebläseflamme (d. h. mit Luftzufuhr) unter beständigem Drehen erweicht; dabei schmilzt der Rand glatt. Man hüte sich, ein zu großes Stück des Glasrohres zu erweichen, weil sonst leicht der Durchmesser des Rohres durch Einfallen des erhitzten Teiles am Ende enger wird. Bei sehr weiten Röhren muß sehr sorgfältig angewärmt werden, da sonst leicht Sprünge entstehen. Herstellung ^einseitig
geschlossener
Glasröhrchen
(„Glühröhrchen").
Zu Glüh- und Sublimationsversuchen verwendet man vielfach einseitig geschlossene Röhrchen. Zu ihrer Herstellung schneidet man ein Glasrohr von etwa 0,6 cm äußerem Durchmesser in etwa 12 cm lange Stücke. Ein solches Stück erweicht man in der Mitte unter fortwährendem Drehen in der Gebläseflamme; wenn das Glas ganz weich geworden ist, nimmt man es aus der Flamme und zieht es sofort so aus, daß ein etwa 10—15 cm langes, enges Glasröhrchen die beiden weiteren Stücke verbindet. Die Mitte dieses engen Teiles hält man nun noch einen Augenblick in die Flamme, bis das Glas weich wird (Fig. 7 a), und zieht dann auseinander.
fr — a > b D c Figur 7. Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrohen
Figur 8. Glasrohr biegen
Nun nimmt man die eine Hälfte, erweicht unter beständigem Drehen die Verjüngungsstelle und zieht den Glasfaden ab, so daß das etwa 6 cm lange Röhrchen jetzt vollkommen geschlossen ist (Fig. 7 b). Um den zunächst zugespitzten und ungleichmäßigen Verschluß abzurunden, erhitzt man das Ende nochmals unter beständigem Drehen und bläst nach dem Herausnehmen aus der Flamme mit dem Mund vorsichtig auf; dies wird, wenn nötig, wiederholt, bis das Glasröhrchen durch eine Rundung von gleichmäßiger W a n d s t ä r k e geschlossen ist (Fig. 7c). Bleibt an einer Stelle eine Verdickung, so springt das Glas beim Erhitzen leicht. In gleicherweise können R e a g e n s g l ä s e r , deren Boden zerbrochen ist, wiederhergestellt werden.
Glasrohr biegen. Zum Biegen enger Glasröhrchen kann man zur Not die leuchtende Flamme eines sogenannten Schnittbrenners verwenden, die es gestattet, eine längere Strecke gleichmäßig zu erhitzen. Besser ist es, wenn sich schon der Anfanger daran gewöhnt, das Biegen von Glasröhren unter Benutzung der Gebläseflamme vorzunehmen, da man so auch weitere Röhren verarbeiten kann. Ein richtig gebogenes Rohr soll überall gleichen Durchmesser und annähernd gleiche Wand-
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Die Bearbeitung des Glases
stärke besitzen (Fig. 8 a), nicht einen Knick, wie in Fig. 8 b. Das Schwierigste beim Biegen ist das gleichmäßige Erhitzen des Glasrohres auf eine genügende Länge. Da die Gebläseflamme nur eine geringe Breite hat, muß man so vorgehen, daß man das zu biegende Glasrohr unter fortwährendem Drehen so lange in der Gebläseflamme erhitzt, bis es an der erhitzten Stelle dickwandig geworden ist (Fig. 9a). Dabei faßt die linke Hand von oben (Fig. 10); sie trägt und führt die linke Hälfte des Rohres, vornehmlich mit den drei letzten Fingern, während Zeigefinger und Daumen die Geschwindigkeit des Drehens bestimmen. Die rechte Hand unterstützt die andere Hälfte des Glasrohres an ihrem Schwerpunkt mittels Ring- und Mittelfinger und dem oberen Teil des Zeigefingers; Zeigefinger und Daumen sorgen dafür, daß der rechte Glasrohrteil mit gleicher Geschwindigkeit gedreht wird wie der linke. Dieses Drehen einer weichgewordenen Glasmasse ist nicht ganz einfach; da es aber die Grundlage aller Glasarbeiten ist, muß man es unbedingt beherrschen. Sobald der in Fig. 9 a dargestellte Zustand erreicht ist, nimmt man das Rohr aus der Flamme, stellt es senkrecht und biegt es unter gleichzeitigem Ziehen. Dabei nimmt der Durchmesser an der Biegungs-
Figur 9. Spitze ausziehen
Figur 10. Glasrohr drehen
stelle etwas ab. Durch vorsichtiges A u f b l a s e n wird dies ausgeglichen. Hierzu wird das Rohr an einer Seite (etwa durch einen Korkstopfen) vorher verschlossen. Nach dieser Vorschrift stelle man sich ein rechtwinklig gebogenes Glasrohr her, von dem der eine Schenkel etwa 4 cm, der andere etwa 12 cm lang ist; dies Rohr wird zum Einleiten von Gasen in Flüssigkeiten benutzt.
Spitze ausziehen. Um eine Spitze, etwa für eine Spritzflasche, zu machen, darf man nicht so verfahren, wie es bei der Herstellung der einseitig geschlossenen Röhrchen beschrieben wurde, weil der zugespitzte Teil des Rohres dabei zu dünnwandig wird. Man muß vielmehr in diesem Falle ganz ähnlich vorgehen, wie es soeben für das Biegen von Glasröhren beschrieben wurde. Nachdem man den in Fig. 9 a dargestellten Zustand hergestellt hat, nimmt man das Glasrohr aus der Flamme und zieht langsam aus, bis die gewünschte Verjüngung erreicht ist. Nach dem Erkalten schneidet man an geeigneter Stelle ab und schmilzt die Ränder rund (vgl. Fig. 9 b).
Kork bohren
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Kork bohren Um in einen Kork ein Loch zu bohren, wählt man einen Korkbohrer, der eine Kleinigkeit enger ist, als es das gewünschte Loch sein soll, wärmt seine Schneide in der Flamme eines Bunsenbrenners e t w a s an (auf keinen Fall bis zum Glühen!) und setzt ihn auf die zu bohrende Stelle auf. Dabei hält man den Korkbohrer in der vollen rechten Hand, ihn gegen die Handfläche stemmend, und den Kork mit der linken Hand so, wie es die Fig. 11 zeigt. Nun wird gebohrt, indem der Korkbohrer stets nach derselben Richtung gedreht und dabei leicht gegen den Kork gedrückt wird. Macht es Schwierigkeiten, das Loch auf einmal durchzubohren, so zieht man den Bohrer heraus, entfernt aus ihm das etwa mitgenommene Korkstöpselchen, erwärmt ihn nochmals und bohrt jetzt völlig durch. Auf jeden Fall muß das Bohren aus freier Hand Figur 11 geschehen; es darf nicht etwa der Tisch als UnterKorke bohren lage benutzt werden, weil dabei sowohl der Tisch als auch der Korkbohrer leiden würde. Etwaige Beschädigungen des Korkbohrers, die kaum vorkommen, wenn in der angegebenen Weise verfahren wird, bessert man mit einem Korkbohrer-Schärfer oder von innen mit der Rund- und von außen mit einer dreikantigen Feile aus. Korke, die ein Kölbchen verschließen sollen, wählt man stets etwas größer, als zunächst nötig erscheint. Durch vorsichtiges, allmählich verstärktes Pressen in einer K o r k p r e s s e unter öfterem Drehen des Korkens macht man den Kork weich, so daß er sich jetzt in den Hals des Kölbchens eindrehen läßt und einen festen Verschluß abgibt. Soll durch einen solchen Kork ein Loch gebohrt sein, so drückt man zunächst den Kork weich, bohrt dann das Loch und drückt schließlich den durch das Bohren erweiterten Kork nochmals leicht in der Korkpresse, wobei das Loch entweder durch die Rundfeile oder den entsprechenden Korkbohrer ausgefüllt ist. In Gummistopfen können Löcher in der gleichen Weise gebohrt werden, wenn der Korkbohrer gut geschärft und mit etwas Natronlauge oder Glycerin befeuchtet, aber nicht erwärmt ist. Besser benutzt man in diesem Fall allerdings eine kleine Bohrmaschine.
Größte Vorsicht ist beim Einführen von Glasröhren in durchbohrte Stopfen erforderlich, da bei falscher Ausführung schwere Verletzungen eintreten können. Man faßt den Stopfen mit der linken Hand so, daß die Bohrung nicht auf die Innenfläche der Hand zeigt, sondern nach beiden Seiten frei ist, ähnlich wie dies für die linke Hand in der Fig. 11 dargestellt ist. Die rechte Hand faßt das einzusetzende Glasrohr, das vorher
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Kork bohren
rund zu schmelzen und gegebenenfalls anzufeuchten ist, g a n z k u r z vor dem einzuführenden Ende. Nun schiebt man das Rohr u n t e r d a u e r n d e m D r e h e n mit s c h w a c h e m Druck in die Öffnung. Faßt man das Rohr weit vom Korken entfernt und drückt stark, so bricht es leicht ab, und die scharfen Bruchstellen führen zu schweren Verletzungen (schmerzhafte, langsam heilende Fleischwunden, Sehnendurchschneidungen u. ä.). Ausführliche Beschreibungen der üblichen Laboratoriumsarbeiten und viele nützliche Batschläge findet man bei H. Kruhme, Mit Becherglas und Bunsenbrenner. Bd. 1 u. 2. Westermann, Braunschweig 1950, und W. Wittenberger, Chemisohe Laboratoriumstechnik. Springer, Wien 1945.
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Nichtmetallverbindungen, erster Teil Säuren, Basen und Salze Säurensindwasserstoffhaltige Verbindungen, deren Wasserstoff ganz oder teilweise durch Metall ersetzt werden kann. Man erkennt das Vorliegen einer Säure an dem Verhalten ihrer wäßrigen Lösung gegen sogenannte „ I n d i k a t o r e n " ; so wird z. B. blaue Lackmuslösung rot gefärbt.
1. Man stelle das Verhalten verschiedener Indikatoren selbst fest, indem man in Reagensgläser etwas verdünnte Salz-, Schwefel- oder Salpetersäure gibt und sie mit wenigen Tropfen der Lösungen folgender Indikatoren versetzt: Lackmus, Phenolphthalein, Methylorange, Methylrot, Kongorot. Man notiere, welche Farben die Lösungen annehmen. E i n w e r t i g e Säuren enthalten nur e i n durch Metall ersetzbares Wasserstoffatom (Salzsäure HCl; Salpetersäure H N 0 3 ; Perchlorsäure HC104). In zwei-, d r e i - , v i e r w e r t i g e n Säuren sind zwei, drei, vier solcher Wasseretoffatome vorhanden (Schwefelsäure H 2 S 0 4 ; Orthophosphorsäure H 3 P 0 4 ; Diphosphorsäure H 4 P 2 0 7 ). Statt von einwertigen, zweiwertigen usw. Säuren spricht man auch von ein- bzw. zweibasischen usw. Säuren, weil sie eine bzw. zwei OH-Gruppen einer Base zu neutralisieren vermögen; s. S. 18. Entzieht man einer sauerstoffhaltigen Säure Wasser, so erhält man die SäureAnhyaride: H 2 S0 4 - H 2 0 = S0 3 ; 2 HC104 - H 2 0 = C1207 ; 2 H N 0 „ - H 2 0 = N206 . Wie die Beispiele zeigen, sind die Säure-Anhydride O x y d e v o n N i c h t m e t a l l e n . Durch Wasseranlagerung an die Anhydride entstehen wieder die Säuren. Beim Ersatz der Säurewasserstoffatome durch Metallatome entstehen aus den Säuren die Salze. N e u t r a l e Salze entstehen aus den Säuren dadurch, daß der gesamte überhaupt durch Metall vertretbare Wasserstoff durch Metall ersetzt wird (z. B. Kaliumchlorid KCl; Natriumsulfat Na 2 S0 4 ; Natriumphosphat Na 3 P0 4 ). In s a u r e n Salzen ist nicht aller ersetzbare Wasserstoff durch Metall ersetzt (z. B. N a H S 0 4 ; Na 2 HP0 4 . Über die nähere Benennung solcher saurer Salze vgl. S. 51). Den Gegensatz zu den Säuren bilden die Basen, das sind Verbindungen von Metallen mit einer oder mehreren OH-(Hydroxyl)-Gruppen. Wir nennen: NaOH Natriumhydroxyd, seine Lösung: Natronlauge; KOH Kaliumhydroxyd, seine Lösung: Kalilauge; Ca(0H) 2 Calciumhydroxyd, seine Lösung: Kalkwasser. J e nach der Zahl der Hydroxylgruppen spricht man von ein-, zwei-, dreiwertigen bzw. -säurigen Basen. Auch die Basen bilden A n h y d r i d e , z. B. Ca(0H) 2 —H 2 0 = CaO . Diese Basen-Anhydride sind M e t a l l o x y d e . Man kann B l i t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 60. Aufl.
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Salzsäure und Chlor
daher auch definieren: Basen sind Stoffe, die durch Wasseranlagerung an Metalloxyde entstehen. Entsprechend den sauren gibt es auch b a s i s c h e Salze, in denen nur ein Teil der OH-Gruppen durch den Säurerest ersetzt ist. Genannt seien: Mg(OH)Cl und SbOCl; das letztere kann man als Anhydrid des eigentlichen basischen Salzes Sb(0H) 2 Cl auffassen. 2. Man stelle das Verhalten v o n Lackmuslösung Indikatoren gegen Basen durch d e n Versuch fest.
und den übrigen
Läßt man die Lösung einer Säure mit der einer Base reagieren, so bildet sich Wasser und ein Salz. Diesen Neutralisationsvorgang erläutert der folgende Versuch: 3. Zu einer mit Lackmuslösung versetzten, also rot gefärbten Salzsäurelösung gebe m a n tropfenweise verdünnte Natronlauge. Dabei bleibt die Farbe zunächst unverändert; bei weiterer Zugabe v o n Lauge schlägt sie p l ö t z l i c h in Blau um. I m Augenblick der Farbänderung ist gerade alle vorhandene Salzsäure gemäß der Gleichung HCl + NaOH = NaCl + H 2 0 umgesetzt. E s ist das n e u t r a l reagierende S a l z (NaCl) u n d W a s s e r entstanden. Bei weiterer Zugabe v o n Natronlauge erfolgt keine weitere U m s e t z u n g mehr, und der Lackmusfarbstoff wird blau, weil nunmehr überschüssige Natronlauge vorhanden ist. Entsprechend können sich S a l z e auch aus Säure- bzw. B a s e n - A n h y d r i d e n bilden: CaO + 2 HCl = CaCl2 + H 2 0 2 NaOH + C0 2 = Na 2 CO s + H 2 0 CaO + S 0 3 = CaS0 4 .
Salzsäure und Chlor Chlorwasserstoff HCl ist ein farbloses, stechend riechendes, an der Luft unter Wasseranziehung nebelbildendes Gas, das sich in Wasser sehr reichlich löst; die Lösung ist die Chlorwasserstoffsäure oder „Salzsäure". Die „konzentrierte" Salzsäure des Laboratoriums ist eine 35- bis 40-gewichtsproz., die „verdünnte" ist eine ungefähr 7-proz., d. h. etwa „2normale" 1 ) ( = 7,05-proz.) wäßrige Lösung des Gases. Rohe Salzsäure enthält oft etwas Eisenchlorid und ist dadurch gelb gefärbt. I n warmem Wasser, ferner in Lösungen seiner Salze und in anderen Säuren ist Chlorwasserstoff weniger löslich als in reinem, kaltem Wasser. Kleinere Mengen Chlorwasserstoffgas kann man deshalb durch Zutropfen von konzentrierter Schwefelsäure zu starker Salzsäure herstellen. Größere Mengen stellt man durch Erhitzen von Natriumchlorid mit Schwefelsäure her; dieses Verfahren wird auch in der Teohnik verwendet neben der heute wichtigeren direkten Synthese H 2 + C1 2 =2HC1. — Salzsäure löst viele M e t a l l e unter Abgabe von Wasserstoff auf, z. B. Eisen, Über den Begriff „normal" vgl. S. 24/25.
Salzsäure und Chlor
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Zink, Aluminium. Ein Anhydrid kann die Salzsäure nicht bilden, weil sie keinen Sauerstoff enthält. Das in der Salzsäure enthaltene Chlor kann man durch Erwärmen mit Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben (z. B. Bleidioxyd Pb0 2 f Mangandioxyd, „Braunstein" Mn0 2 ), frei machen. Diesen Vorgang kann man sich s c h e m a t i s c h in verschiedener Weise in Einzelstufen zerlegt denken, so z. B. in die folgenden 1 ): 2HC1 + 0 = E^O + C1 } Oxydations-Reduktions-Vorgang MnO + 2 HCl = MnCl2 + H 2 0 Neutralisation Mn0 2 + 4 HCl = MnCl2 + 2 H 2 0 -f- Cl2 Gleichung $er Gesamtumsetzung. Stoffe wie Bleidioxyd und Mangandioxyd bezeichnet man als Oxydationsmittel. Man versteht darunter Stoffe, die an andere Stoffe Sauerstoff abgeben (1. Definition) oder — wie in unserem Falle — ihnen Wasserstoff entziehen können (2. Definition). Das Gegenteil von Oxydation, also die Wegnahme von Sauerstoff oder die Zuführung von Wisserstoff, nennen wir Reduktion. Aus der Definition geht hervor, daß Oxydation und Reduktion stets miteinander gekoppelt auftreten müssen: der Stoff, der oxydierend wirkt (z.B. Sauerstoff abgibt), wird selber reduziert (ihm wird Sauerstoff weggenommen). Eine umfassendere Definition werden wir S. 37 kennenlernen. C h l o r zersetzt viele Farbstoffe und wird daher zum Bleichen benutzt. Aus Jodiden und Bromiden verdrängt es die Halogene und setzt sie in Freiheit. Zum Nachweis von Salzsäure und ihren Salzen dient der weiße Niederschlag von S i l b e r c h l o r i d , den man in wäßriger Lösung mit Silbernitrat erhält. Silberchlorid löst sich in Ammoniaklösung, nicht aber in Salpetersäure.
1. Man erhitze 1—2 ml (10—20 Tropfen) konzentrierte Salzsäure in einem Reagensglas unter dem Abzug; es entweicht feuchtes C h l o r w a s s e r s t o f f g a s . 2. Zu 1—2 ml konzentrierter Salzsäure, die sich in einem Reagensglas befinden, gieße man, ebenfalls unter dem Abzug, aus einem zweiten Reagensglas (vgl. S. 6) t r o p f e n w e i s e vorsichtig etwa die doppelte Raummenge konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich unter starkem Aufschäumen ein kräftiger Strom von C h l o r w a s s e r s t o f f g a s . B. Eine Spatelspitze Natriumchlorid übergieße man im Reagensglas unter dem Abzug mit etwa 1 ml konzentrierter Schwefelsäure. Es entweicht C h l o r w a s s e r s t o f f g a s , das man bei dieser Darstellungsmethode w a s s e r f r e i erhält. NaCl + H2S0« = HCl + NaHSO« . 4. In ein etwa 50 ml fassendes Kölbchen bringe man etwa 4 g granuliertes Zink, befeuchte es mit einigen Tropfen Wasser und übergieße es mit so viel konzentrierter Salzsäure, daß die Metallstücke eben bedeckt sind. Sofort decke man auf den Hals des Kölbchens einen Trichter — die
Figur 12. et^ff Ent wicklung
*) Eine bessere, an dieser Stelle aber nooh nicht verständliche Zerlegung lernen wir S. 38 kennen. 2*
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Salzsäure und Chlor
Öffnung nach unten — und halte über das nach oben gerichtete Abflußrohr des Trichters ein Reagensglas, ohne es auf den Trichter selbst aufzusetzen. Nach 1 / a —1 Minute hebe man das Reagensglas hoch, schließe die Mündung sofort mit dem Daumen, drehe es verschlossen um und öffne es dicht an einer Flamme. Das aus dem Metall und der Säure nach der Gleichung Zn + 2 HQ = ZnCLj + H a entwickelte W a s s e r s t o f f g a s entzündet sich und brennt mit farbloser, kaum sichtbarer Flamme im Reagensglas herab. 2 H2 + 0 2 = 2 H 2 0 . Nachdem die Flamme v o l l k o m m e n erloschen ist, halte m a n das Reagensglas noch einmal, aber kürzere Zeit über den Trichter, so daß die Luft aus ihm nur zum Teil verdrängt wird. Beim Entzünden verpufft nun der Inhalt des Reagensglases — je nach dem Mengenverhältnis der Mischung — mehr oder weniger lebhaft ( „ K n a l l g a s " ) . 5. Man erwärme eine Spatelspitze Bleidioxyd mit etwa 1 ml konzentrierter Salzsäure im Reagensglas unter dem Abzug. Es entweicht C h l o r , ein gelblichgrünes Gas von charakteristischem, unangenehmem Geruch. Chlor greift die Schleimhäute stark an; man hüte sich also davor, viel davon einzuatmen. I m Reagensglas bleiben neben überschüssiger Salzsäure weiße Kristalle von B l e i c h l o r i d zurück. Pb0 2 + 4 HCl = PbCl2 + Cl2 + 2H 2 0 . 6. Zur Darstellung von Chlor kann man statt des teuren Bleidioxyds auch das billige rohe Mangandioxyd („Braunstein") verwenden. Man stelle sich einen kleinen Gasentwicklungsapparat nach Fig. 13 her. Das Kölbchen fasse 50 ccm; das Glasrohr sei so zum Winkel von 65—75° gebogen, daß Figur 13. Chlor-Entwicklung der eine Schenkel etwa 6 cm, der andere etwa 16 cm lang ist; die Glasrohrenden seien rund geschmolzen. Wenn der Apparat zusammengestellt, aber noch nicht gefüllt ist, prüfe man, ob er dicht schließt, indem man am Glasrohr saugt und feststellt, ob die Zunge einige Zeit haften bleibt. I n den Kolben bringe man dann etwa 2 g Braunstein und 5—7 ml konzentrierte Salzsäure, verschließe ihn und befestige unter dem A b z u g den Kolbenhals mit einer Klammer an einem Stativ in solcher Höhe, daß der Kolbenboden etwa 5 cm über einen darunter gestellten, noch nicht angezündeten Bunsenbrenner zu stehen kommt. Dann schiebe man ein zum Drittel mit Wasser gefülltes Reagensglas,
Salzsäure und Chlor
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das man mit der Hand hält, über das Gasableitungsrohr und erwärme den Kolben gelinde mit kleiner, fächelnder Flamme. Zuerst entweicht durch das vorgelegte Wasser Luft; dann kommt Chlorgas, das zum Teil vom Wasser gelöst wird und dieses gelblich färbt. Es bildet sich „Chlorwasser", das bis zu 0,8 Gewichtsprozent elementares Chlor enthalten kann. Nach einigen Minuten nimmt man das vorgelegte Reagensglas fort und entfernt erst dann die Flamme. Würde man die Flamme zuerst entfernen, so würde das Chlorwasser in den schnell erkaltenden Apparat zurücksteigen. 7. In das den oberenTeil des Reagensglases erfüllende Chlorgas halte man etwas rotes und etwas blaues angefeuchtetes £ac&wiMspapier; es tritt Entfärbung des Lackmusfarbstoffes ein. Zu 1 ml Indigo-Lösung gebe man etwas Chlorwasser; sofort verschwindet die tief blaue Farbe des Indigos und eine schmutzig gelbe von[Oxydationsprodukten des Indigos tritt auf. 8. Man gebe zu einigen Tropfen Natriumjodid-Jjösaag und zu einigen Tropfen Kaliumbromid-Lösung je einen Tropfen Chlorwasser; es tritt Braun- bzw. Gelbfärbung von frei gewordenem J o d bzw. B r o m auf. 2 K J + Cl2 = 2 KCl + J 2 2KBr + Cl2 = 2 KCl + Br 2 .
Man verteile die so erhaltenen brom- bzw. jodhaltigen Lösungen auf je zwei Reagensgläser und schüttele das eine mit 1 ml Schwefelkohlenstoff, das andere mit 1 ml Chloroform kräftig durch. Nachdem sich die Flüssigkeit wieder in zwei Schichten getrennt hat, erkennt man, daß das Brom und das Jod in die nichtwäßrige Schicht übergegangen sind („Auss c h ü t t e l n " ) . Man notiere die Farben, die dabei auftreten. 9. Man vermische einen Tropfen verdünnter Salzsäure mit einigen Millilitern destillierten Wassers und füge etwas verdünnte Silberwiirai-Lösung hinzu; es entsteht ein weißer Niederschlag von Silberchlorid, der sich beim Umschütteln oder Erwärmen flockig zusammenballt. HCl + AgNOa = AgCl + HNOs.
Auf Zusatz einer ausreichenden Menge Ammoniak-Lösung löst sich der Niederschlag wieder auf. 10. Löst man ein Körnchen Natriumchlorid in destilliertem Wasser auf und fügt einige Tropfen Salpetersäure und dann etwas SilbemitratLösung hinzu, so fällt ebenfalls Silberchlorid aus. NaCl + AgNOj = A g a + NaN0 3 . Auch andere Salze der Salzsäure geben die gleiche Reaktion. Diese Tatsache ist nicht selbstverständlich; denn andere Chlorverbindungen, wie z. B. Ferchlorsäure HC104 oder Chloroform CHC13, geben keine Fällung mit SilbernitratLösung. Eine Erklärung für dieses verschiedenartige Verhalten werden wir S. 31/32 kennenlernen. Silberchlorid ist in Salpetersäure sehr schwer löslich, wird aber, wiesoeben gezeigt wurde, durch Zusatz von Ammoniak-Lösung gelöst. Die Löslichkeit in Ammoniak unterscheidet das Silberchloridvom Silberjodid,das sich nioht
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Chemisohe Umsetzungen
in Ammoniak-Lösung auflöst. Näheres vgl. S. 104 u. 106/7. Die Schwerlöslichkeit des Silberchlorids in S a l p e t e r s ä u r e zu kennen, ist deshalb wichtig, weil das Auftreten eines schwer löslichen Niederschlages allein die Anwesenheit von Salzsäure oder Chloriden nicht mit Sicherheit verbürgt. Aus neutralen, d. h. nicht salpetersauren Lösungen fallen auch schwer lösliche Silbersalze anderer Säuren aus.
11. Man stelle dies mit einem Tropfen Natriumcarbonat-Lösung fest, den man mit etwas Wasser und einigen Tropfen Silbernitrat-Lösung versetzt. Es entsteht ein dicker Niederschlag von S i l b e r c a r b o n a t ; dieser löst sich aber auf Zusatz von Salpetersäure auf. Ist diese Lösung jetzt völlig klar, so war das Natriumcarbonat völlig frei von Chloriden; bleibt eine Trübung, so enthielt es (oder die Salpetersäure) Chloride bzw. Salzsäure. Ahnliches Verhalten beobachtet man z.B. mit Kaliumnitrit- undNatriumphosphat-Lösung. Infolgedessen gibt man zur Prüfung auf Chloride stets so viel Salpetersäure hinzu, daß die Lösung deutlich sauer reagiert. 12. Von Salpetersäure nur wenig gelöst wird auch das S i l b e r s u l f a t . Versetzt man ziemlich konzentrierte Silbernitrat-Lösung mit Schwefelsäure, so fällt ein weißer Niederschlag, der bei Zugabe von SalpetersäureLösung nicht verschwindet. Verdünnt man jedoch mit destilliertem Wasser stärker, so geht er — im Gegensatz zum Silberchlorid — in Lösung. Unter den Bedingungen des analytischen Arbeitens ist daher eine Verwechslung nicht zu befürchten. 13. Zum Nachweis von Chloriden im Leitungswasser fülle man dieses in ein Reagensglas und gebe einige Tropfen Salpetersäure und etwas Silbernitrat-Lösung hinzu. Eine Trübung zeigt einen geringen, ein Niederschlag einen größeren Gehalt an Chloriden an. Durch Zugabe von Ammoniak überzeuge man sich, daß wirklich Chloride vorliegen. Zur Anstellung aller dieser Versuche sind natürlich — wie stets! — Reagensgläser zu verwenden, die sorgfältig mit destilliertem Wasser ausgespült sind. Der Salzsäure stehen die Bromwasserstoffsäure HBr und die Jodwasserstoffsäure HJ sehr nahe; auch die Cyanwasserstoffsäure HCN, die Cyansäure HOCN, die Thiocyansäure HSCN und die Stickstoffwasserstoffsäure HNS verhalten sich in den meisten Umsetzungen ganz ähnlich. Diese Säuren werden zum Teil später besprochen werden.
Chemische Umsetzungen Unter einer chemischen Umsetzung oder Reaktion versteht man einen Vorgang, bei dem sich aus vorhandenen Stoffen neue Stoffe bilden. Bei der Umsetzung zwischen Salzsäure und Silbernitrat z. B. bilden sich Silberchlorid und Salpetersäure. Die meisten der in dieser Anleitung beschriebenen Umsetzungen werden in wäßriger L ö s u n g durchgeführt, weil man für die Reaktionen der analytischen Chemie meist dieses Lösungsmittel benutzt. Es sei jedoch schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Anwesenheit von Wasser keineswegs Voraussetzung
Konzentration der Lösungen; Normallösungen
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f ü r chemische Umsetzungen ist. Es gibt auch Reaktionen in anderen Lösungsmitteln, in Gasen, Schmelzen, ja bei höheren Temperaturen auch zwischen festen Stoffen. Schließlich können auch Gase mit flüssigen und festen Stoffen reagieren usw. Beispiele f ü r Umsetzungen bei Abwesenheit von Wasser, die in der präparativen Chemie heute sehr häufig durchgeführt werden, werden wir auch in dieser Einführung gelegentlich kennenlernen. Zum E r k e n n e n von Stoffen durch chemische Umsetzungen (Nachweis- oder Erkennungs-Reaktionen) benutzt man solche Umsetzungen, bei denen Stoffe von recht augenfälligen Eigenschaften — insbesondere farbige oder unlösliche Stoffe — entstehen. Eine Reaktion ist „ s p e z i f i s c h " oder „ e i n d e u t i g " , wenn sie nur bei Gegenwart e i n e s bestimmten Stoffes eintritt. Allerdings wird dieser Idealfall nur selten erreicht; die meisten Umsetzungen sind nicht f ü r einen Stoff, sondern jeweils f ü r eine ganze G r u p p e von Stoffen charakteristisch; solche Reaktionen nennt man „ s e l e k t i v " . Wenn man z. B. eine zu untersuchende Lösung mit Silbernitrat-Lösung versetzt, so beweist das Auftreten eines weißen, flockigen Niederschlages, der in Salpetersäure fast unlöslich, in Ammoniak-Lösung leicht löslich ist, die Gegenwart von Salzsäure, Cyanwasserstoff- oder Thiocyansäure bzw. von einem ihrer Salze. Diese Reaktion ist also nicht spezifisch, sondern selektiv für die genannte Stoffgruppe. — Eine Reaktion ist „ e m p f i n d l i c h " , wenn sie schon unter Anwendung einer sehr geringen Stoffmenge ausführbar ist. So ist Silbernitrat ein empfindliches Reagens auf Salzsäure oder Chloride, weil schon äußerst kleine Mengen dieser Stoffe auf Zugabe von Silbernitrat einen Niederschlag liefern oder eine Trübung verursachen. F ü r d e n a n a l y t i s c h e n C h e m i k e r i s t es w i c h t i g , d i e c h e m i s c h e n U m s e t z u n g e n , d i e z u m N a c h w e i s e i n e s S t o f f e s b r a u c h b a r s i n d , zu k e n n e n . E r m u ß d a b e i die B e d i n g u n g e n , u n t e r d e n e n diese R e a k t i o n e n eint r e t e n , u n d i h r e Z u v e r l ä s s i g k e i t , d. h. i h r e S p e z i f i t ä t , i h r e E m p f i n d lichkeit und Störungen durch andere Stoffe, sorgfältig beachten.
Konzentration der Lösungen; Normallösungen Es ist zweckmäßig, bei Umsetzungen die richtigen Mengen der sich umsetzenden Stoffe zu verwenden; ein großer Überschuß eines der Stoffe würde — von besonderen Ausnahmefällen abgesehen — zweckloser Ballast, d. h. also Materialverschwendung sein und oft Veranlassung zu Störungen geben. Deshalb verwendet man in den Laboratorien Lösungen von bestimmtem Gehalt. Den Gehalt einer Lösung an gelöstem Stoff, seine Konzentration, kann man in zweierlei Weise bezeichnen, indem man sioh entweder auf das Gewicht oder auf das Volumen der Lösung bezieht. Unter Prozentgehalt1) versteht man die l ) Genauer: Gewichtsprozent. Bei Gasmischungen gibt man den Gehalt an den Komponenten oft in Volumenprozenten an ( = Volumenteile der Komponenten in 100 Volumenteilen der Mischimg bei gleichem Druck und gleicher Temperatur). Das ist bei Lösungen nicht eindeutig, weil sich die Volumina ihrer Komponenten — wie im Text erwähnt — nicht additiv verhalten. Deshalb sollten Angaben über Prozentgehalte von Lösungen stets Gewichtsprozente bedeuten. Das wird leider in der Literatur, insbesondere bei Mischungen aus zwei Flüssigkeiten oder aus einer Flüssigkeit und einem Gas, nicht immer beachtet. In Zweifelsfällen schreibt man deshalb zur Vermeidung von Mißverständnissen Gew.% oder Vol.%.
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Konzentration der Lösungen; Normallösungen
Angabe der Gramme gelösten Stoffes, die in 100 Gramm (also einer bestimmten G e w i c h t s m e n g e ) der Lösung enthalten sind 1); andererseits ist es oft zweckmäßiger, die Gewichtsmenge des gelösten Stoffes anzugeben, die in einem bestimmten Volumen der fertigen Lösung enthalten ist. Da das Volumen der Lösung sieh — im Gegensatz zum Gewicht! — in der Regel nicht genau additiv aus dem der Bestandteile zusammensetzt, ist stets eine Dichtebestimmung der Lösung erforderlich, wenn man beide Größen miteinander in Beziehung setzen will. Bezeichnet man die Konzentration inProzenten mit P, die in Gramm je Liter mit C, die Dichte mit d, so gilt: 10-d-P = C. Man leite diese Beziehung ab. Früher — und gelegentlich auch jetzt noch — verwendete man Lösungen von festgesetztem P r o z e n t g e h a l t , meist 10-proz. Lösungen. Das ließ sich leicht merken, und man konnte beim Gebrauch sich durch eine Überschlagsrechnung schnell ausrechnen, wieviel man von jeder Lösung brauchte, um eine vollständige Umsetzung zu erzielen. Auch entsprechen einige der wichtigsten gleichprozentigen Reagens-Lösungen einander annähernd: so die Salzsäure- und die Natriumhydroxyd-Lösung und, wenn auch weniger gut, Schwefelsäure- und Salpetersäure-Lösungen. In einer Ammoniak-Lösung ist aber zwei- bis dreimal so viel Ammoniak enthalten, als zur Neutralisation des gleichen Raumteiles gleichprozentiger Lösungen der genannten Säuren erforderlich ist. Heute stellt man deshalb — viel sachgemäßer — die Lösungen meist nach einem anderen Gesichtspunkt her. Wie aus der Vorlesung bzw. dem Lehrbuch bekannt ist, bezeichnet man die Größe: „Atomgewicht dividiert durch Wertigkeit" bzw. bei Verbindungen (in einfachen Fällen): „Molekelgewicht durch Wertigkeit" als Ä q u i v a l e n t g e w i c h t , weil sich Stoffmengen im Verhältnis dieser Gewichte miteinander umsetzen, also einander g l e i c h w e r t i g , „äquivalent", sind. Die Äquivalentgewichte sind ebenso wie Atom- und Molekelgewichte keine absoluten Gewichte, sondern reine V e r h ä l t n i s z a h l e n , besitzen also auch keine Benennung. Für praktische Zwecke ist es aber notwendig, mit bestimmten A b s o l u t m e n g e n der Stoffe zu operieren, und es ist nützlich, wenn diese im Verhältnis der Atom-, Molekel- bzw. Äquivalentgewichte zueinander stehen. Man definiert deshalb folgende absoluten Stoffmengen: i g-A tom — soviel Gramm, wie das Atomgewicht des betrachteten Stoffes angibt, und entsprechend: i Mol = 1 Gramm-Mo ekelgewicht / Val — 1 Gramm-Äquivalentgewicht i g-ion = 1 Gramm-Ionengewicht. Vgl. dazu S. 29 ff. Vielfach braucht man die Bezeichnung „Mol" auch für das g-A'om und das g-Ion Wenn man L ö s u n g e n herstellen will, die bei chemischen Umsetzungen einander g l e i c h w e r t i g sein sollen, so wird man die in gleichen Raumteilen dieser Lösungen aufgelösten Stoffmengen so wählen, daß sie im Verhältnis ihrer Äquivalentgewichte zueinander stehen. Im einfachsten Falle löst man also je Liter Lösung von jedem J ) Daneben gibt es in der Literatur noch andere Arten der Gehaltsangabe, z. B. Gramm gelöster Stoff je 100 Gramm Lösungsmittel (während Prozentgehalt auf 100 Gramm L ö s u n g bezogen ist). Außerdem gibt man die Zusammensetzung auch oft in Atom- bzw. Molprozenten an. Näheres siehe Lehrbuch.
Schwefelsäure
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Stoff gerade i Gramm-Äquivalentgewicht auf; solche Lösungen nennt man Normallösungen. Zu ihrer Herstellung muß man also von einwertigen Säuren und Basen je 1 Mol mit Wasser zu einem Liter auflösen, z. B.: 36,46 g Chlorwasserstoff HCl, 63.02 g Salpetersäure HN0 S , 40,00 g Natriumhydroxyd NaOH, 56,10 g Kaliumhydroxyd KOH, 17.03 g Ammoniak NH 3 bzw. von zweiwertigen Säuren und Basen je y 2 Mol: y 2 X 98,08 = 49,04 g Schwefelsäure H 2 S0 4 , i/2 x 171,38 = 85,69 g Bariumhydroxyd Ba(OH) a usw. J e 1 ml einer beliebigen dieser Säurelösungen wird von 1 ml jeder der angeführten Basenlösungen genau neutralisiert. Außer diesen Normallösungen, wie z. B. „normale Natriumhydroxyd-Lösung" oder abgekürzt „n NaOH-Lösung" verwendet man auch manchmal Lösungen von doppelter und oft solche von 10-fach kleinerer Konzentration usw. Diese bezeichnet man dann z. B. als „2n Salzsäure" = „doppeltnormale Salzsäure" oder „n/10 Schwefelsäure-Lösung" = „Zehntelnormale Schwefelsäure-Lösung". Von DoppeltnormalLösungen braucht man selbstverständlich das halbe Baummaß, von Zehntelnormal-Lösungen das Zehnfache, um gleichviel des gelösten Stoffes zu haben wie von Normal-Lösungen. Von den Normal-Lösungen sind die molaren Lösungen zu unterscheiden. Sie sind dadurch definiert, daß ein Liter von ihnen ein Gramm-Molekelgevoicht des gelösten Stoffes enthält (Abkürzung m). Manchmal sind normale und molare Lösungen gleich, so bei Salzsäure und Natronlauge. Bei Schwefelsäure enthält jedoch die molare Lösung doppelt soviel wie die normale. Die v e r d ü n n t e n etwa 5—10%igen S ä u r e - u n d B a s e n l ö s u n g e n des Laboratoriums sind im allgemeinen d o p p e l t n o r m a l , die v e r d ü n n t e n S a l z l ö s u n g e n sind meist etwas w e n i g e r konzentriert, oft m/2 oder m/4; vgl. Anhang S. 200ff.
Schwefelsäure Die Schwefelsäure ist eine farblose, geruchlose Flüssigkeit. Die dickölige „konzentrierte" Sohwefelsäure des Laboratoriums enthält etwa 95 bis 96 Gew. % H 2 S0 4 , die „verdünnte" ungefähr 9 % ; sie ist etwa 2normal ( = 9,25%). Konzentrierte Schwefelsäure vereinigt sich begierig mit Wasser; beim Mischen mit Wasser erwärmt sie sich stark. Infolge dieser wasserentziehenden Wirkung zerstört sie viele organische Stoffe, oftmals unter Verkohlung. B e i m A r b e i t e n m i t S o h w e f e l s ä u r e ist also besonders große Vorsicht und S a u b e r k e i t nötig1). Andererseits kann man diese wasserentziehende Wirkung benutzen, um chemische Reaktionen zu erzwingen. So entsteht z. B. aus Ameisensäure (HC0 2 H) und konzentrierter Schwefelsäure Kohlenmonoxyd CO (auch kurz „Kohlenoxyd" genannt), ein brennbares, giftiges Gas. *) In Kleider frißt konzentrierte Schwefelsäure gewöhnlich Löcher; verdünnte erzeugt rote Flecke, die durch Betupfen mit Ammoniak-Lösung — auch nach einiger Zeit noch — zu entfernen sind.
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Schwefelsäure
Das Anhydrid der Schwefelsäure, S0 3 , „Schwefelsäureanhydrid" oder „Schwefeltrioxyd", kommt in zwei Formen vor, als farbloses, bei 17° C eisartig erstarrendes ö l oder als farbloser, in langen Nadeln („asbestartig") kristallisierender fester Stoff. Beide geben an der Luft unter Wasseranziehung starke Nebelbildung (fälschlich „rauchen" genannt). Durch Auflösen von Schwefeltrioxyd in konzentrierter Schwefelsäure erhält man die „ r a u c h e n d e " 1 ) S c h w e f e l s ä u r e („Oleum"). I n ihr ist eine neue Verbindung ,,Dischwefelsaure" H 2 S 2 0 7 (früher Pyroschwefelsäure genannt) vorhanden, die durch Vereinigung einer Molekel Schwefelsäure und einer Molekel Schwefeltrioxyd entsteht: H2S04 + S03 = H2S20,. Die „rauchende Schwefelsäure" des Handels ist ein Gemisch dieser Dischwefelsäure mit konzentrierter Schwefelsäure oder mit Schwefeltrioxyd. Sie gibt beim Erwärmen Dämpfe von Schwefeltrioxyd ab.
1. Man übergieße ein Stück Filtrierpapier, das in einer Abdampfschale liegt, mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure; es löst sich langsam unter Bildung einer hellgelben Lösung auf. Man werfe ein Stückchen Streichholz (ohne Kuppe) in ein Reagensglas zu ein wenig konzentrierter Schwefelsäure; unter Schwarzfärbung tritt Zerstörung der organischen Substanz ein. 2. Zu 3 ml Wasser gieße man aus einem zweiten Reagensglas etwa den gleichen Raumteil konzentrierter Schwefelsäure. Die Mischung erwärmt sich stark. Man merke sich, daß bei Herstellung größerer Mengen verdünnter Schwefelsäure stets die konzentrierte Säure langsam und unter guter Durchmischung z u m W a s s e r gegossen werden muß, nicht umgekehrt das Wasser zur Säure. H e i ß e k o n z e n t r i e r t e S c h w e f e l s ä u r e darf keinesfalls v e r d ü n n t oder in den A u s g u ß gegossen werden! 8. Man versetze unter dem Abzug 2—3 ml konzentrierte Ameisensäure mit etwa 1 ml konzentrierter Schwefelsäure. Das sich entweder sofort oder bei geringem Erwärmen bildende K o h l e n o x y d g a s (Kohlenoxyd ist g i f t i g l ) brennt, wenn man die Mündung des Reagensglases an die Flamme bringt, mit intensiv blauer Flamme. HC0 2 H - H 2 0 = CO 2 CO + 0 2 = 2 C 0 2 .
4. Man erhitze unter dem Abzug etwa 1 ml rauchende Schwefelsäure in einem trockenen Reagensglas; es entweicht S c h w e f e l t r i o x y d SO s , das mit der Feuchtigkeit der Luft schwere dichte, weiße Nebel bildet. Verdünnte Schwefelsäure löst viele M e t a l l e (z. B. Eisen, Aluminium, Zink) unter W a s s e r s t o f f - E n t w i c k l u n g zu ihren schwefelsauren Salzen (Sulfaten) auf; sie reagiert also entsprechend wie Salzsäure. Fe + H 2 S 0 4 = FeS0 4 + H 2 . x ) Diese Bezeichnimg ist üblich, aber falsch; denn unter einem Bauch versteht man eine Suspension (feine Zerteilung) von festen Teilchen in einem Gas, während eine Suspension von Tröpfchen einer Flüssigkeit in einem Gas als Nebel bezeichnet wird.
Schwefelsäure
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Konzentrierte Sohwefelsäure dagegen verhält sich ganz anders; sie löst die genannten M e t a l l e bei Zimmertemperatur nicht auf. Bei höherer Temperatur bilden sich zwar ebenfalls Sulfate, aber es wird kein Wasserstoff frei, sondern es entwickelt sioh S c h w e f e l d i o x y d S0 2 . Für E i s e n z. B. kann man diesen Vorgang folgendermaßen formulieren: Fe + 2 H 2 S 0 4 = F e S 0 4 + 2 H 2 0 + S0 2 . Zum Verständnis dieser Umsetzung ist es wesentlich, daß die S c h w e f e l s ä u r e dabei als O x y d a t i o n s m i t t e l wirkt, wobei sie selbst zu Schwefeldioxyd reduziert wird. Das Eisen wird dabei oxydiert und bildet sofort mit weiterer Schwefelsäure Eisen(II)-sulfat. Die voranstehende Gleichung kann somit schematisch zerlegt werden in zwei Gleichungen: Fe + H 2 S 0 4 = „FeO" + S0 2 + H 2 0 Oxydation-Reduktion „FeO" + H 2 S 0 4 = FeS0 4 + H 2 0 Neutralisation. Tatsächlich entsteht kein FeO; es ist hier nur wegen des leichteren Verständnisses als Hilfegröße eingeführt und deshalb in Anführungszeichen gesetzt. Besser werden diese Vorgänge auf S. 38 klar werden. S c h w e f e l s ä u r e ist also in v e r d ü n n t e m Z u s t a n d e n u r eine S ä u r e , in k o n z e n t r i e r t e m Z u s t a n d e i n d e r W ä r m e a b e r a u c h e i n O x y d a t i o n s m i t t e l ; als solches hat sie große Bedeutung. Bei Umsetzung mit Z i n k erleidet heiße konzentrierte Schwefelsäure weitergehende Beduktion zu elementarem S c h w e f e l und in geringem Umfange sogar zu S c h w e f e l w a s s e r s t o f f H 2 S; Zink ist also ein stärkeres Reduktionsmittel als Eisen. Man entwickele die Umsetzungs-Gleichungen in entsprechender Weise. 5. Man übergieße in einem Reagensglas Granalien v o n t e c h n i s c h e m (d. h. verunreinigtem, vgl. S. 117) Zink mit verdünnter Schwefelsäure, der man zweckmäßig einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure beimischt. D a s Zink löst sich lebhaft zu Z i n k s u l f a t , und W a s s e r s t o f f entweicht reichlich. 6. I n einem trockenen Reagensglas erhitze m a n u n t e r d e m A b z u g ein Stückchen Stangenzink v o n etwa 1 cm Länge mit wenig honzentrierter Schwefelsäure so stark, daß eine Umsetzung unter schwachem Aufschäumen beginnt. Die Umsetzung geht dann meist ohne weitere Wärmezufuhr fort; sollte sie nachlassen, so werde sie durch erneutes Erwärmen wieder in Gang gebracht. I m oberen Teil des Reagensglases bildet sich ein gelber Beschlag v o n festem S c h w e f e l , und gelbe Schwefeltröpfchen scheiden sich ab — ein eleganter Beweis für das Vorhandensein v o n Schwefel in der Schwefelsäure. Entweichendes S c h w e f e l d i o x y d — und manchmal auch S c h w e f e l w a s s e r s t o f f g a s — sind am Geruch zu erkennen. Granuliertes Zink oder Zinkspäne dürfen bei diesem Versuch nicht verwendet werden, da sie zu heftig einwirken. Zum Nachweis von Schwefelsäure und ihren Salzen werden lösliche Bariumsalze benutzt, mit denen sich das auch in Salz- und Salpetersäure sehr schwer lösliche B a r i u m s u l f a t bildet: BaCla + H S0 4 = BaS0 4 + 2 HCl Ba(N0 3 ) 2 + Na 2 S0 4 = BaS0 4 + 2 N a N 0 3 .
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Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre
7. Man verdünne einen Tropfen verdünnter Schwefelsäure mit einigen Millilitern Wasser und setze einige Tropfen Bariumchlorid - Lösung hinzu: es fällt weißes B a r i u m s u l f a t aus. Der Niederschlag ist fein kristallin und seinem ganzen Aussehen nach von dem S. 21 besprochenen Silberchlorid deutlich verschieden. Beim Zusatz von Salz- oder Salpetersäure löst sich der Niederschlag nicht auf. (Wichtige Erkennungsprobe.) Auch alle wasserlöslichen Sulfate geben diese Reaktion. Zweckmäßig fügt man stets wenig Salz- oder Salpetersäure hinzu, weil auch Salze anderer Säuren (Carbonate, Phosphate) mit Bariumchlorid Niederschläge geben, die aber nur aus neutralen oder alkalischen Lösungen ausfallen. Bariumsulfat ist neben dem S. 187/8 zu besprechenden Bariumfluorosilicat und den S. 185 beschriebenen Polyphosphaten der einzige Bariumsalz-Niederschlag, der auch aus saurer Lösung ausfällt.
8. Man weise Schwefelsäure im Kupfersulfat und im Natriumsulfat nach, verwende von beiden Salzen aber nur sehr kleine Proben. 9. Wird zu Bariumchlorid-Lösung konzentrierte Salzsäure oder konzentrierte Salpetersäure gegeben, so fällt nach kurzer Zeit in diesen starken Säuren ziemlich schwer lösliches B a r i u m c h l o r i d bzw. B a r i u m n i t r a t in derben Kristallen aus; beim Versetzen der Mischungen mit Wasser lösen sich diese Niederschläge aber wieder auf. Man hüte sich bei der Prüfung auf Schwefelsäure vor einem aus diesem Verhalten entspringenden Irrtum.
Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre Elektrolyte; Leiter 2. Klasse. In den beiden Klemmen eines Elektrolysenstativs (vgl. Fig. 14) befestige man zwei dünne Bogenlampenkohlen
Figur 14. Leitfähigkeits-Versuch
Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre
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in etwa 1—2 cm Abstand in solcher Höhe, daß sie fast bis auf den Boden eines 100 ml fassenden Becherglases reichen, das auf einem Dreifuß oder Holzklotz steht. Die beiden Kohlen verbinde man mittels isolierter Zuleitungen (Klingeldraht) mit den Klemmen von 3 hintereinandergeschalteten Akkumulatoren (d. h. einer Spannungsquelle von 3 X 2,1 = 6,3 Volt) und schalte ein Amperemeter in den Stromkreis, das bis zu 5 Amp. abzulesen gestattet. 1. Nun gieße man so viel Chloroform in das Becherglas, daß die Kohlen eben hineintauchen; das Amperemeter zeigt keinen Ausschlag. Chloroform ist also ein I s o l a t o r . Destilliertes Wasser und Alkohol, die man in gleicher Weise prüfe, sind ebenfalls Nichtleiter. Ebenso zeigen Lösungen von Zucker oder Alkohol in destilliertem Wasser mit unserer Anordnung keine meßbare Leitfähigkeit. 2. Anders ist es, wenn man Lösungen folgender Stoffe prüft: Schwefel-, Salz- und Salpetersäure, Natriumhydroxyd, Kochsalz, Natriumcarbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat. (Man benutze verdünnte, etwa 1—2 n Lösungen.) Bringt man diese Stoffe nacheinander in das Becherglas (das selbstverständlich jedesmal gut mit destilliertem Wasser auszuspülen ist!), so zeigt das Amperemeter einen erheblichen Ausschlag, dessen Größe man in das Arbeitsheft eintrage. Man überzeuge sich ferner, daß auch das Leitungswasser infolge der in ihm gelösten Salze im Gegensatz zum destilliertenWasser eine deutlich nachweisbare Leitfähigkeit zeigt. Die eben genannten Lösungen leiten also den elektrischen Strom. Man bezeichnet daher Stoffe wie Salz-, Salpeter- und Schwefelsäure, Natriumhydroxyd, Natriumchlorid und -carbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat — oder allgemeiner gesagt, Säuren, Basen und Salze — als Elehtrolyte. Die Leitfähigkeit der Elektroytlösungen ist allerdings längst nicht so groß wie die von Metallen. Außerdem unterscheiden sich diese Stoffe von den Metallen auch dadurch, daß bei ihnen mit dem Stromdurchgang stets eine c h e m i s c h e U m s e t z u n g verbunden ist. Während ein Metalldraht bekanntlich durch den Stromdurchgang stofflich in keiner Weise verändert wird, beobachtet man bei den wäßrigen Lösungen bei unseren Versuchen an den Kohlestäben, den „Elektroden", entweder Gasentwicklung (Wasserstoff, Chlor, Sauerstoff) oder Metallabscheidung (Kupfer beim Kupfersulfat). Daher unterscheidet man diese Lösungen als L e i t e r 2. K l a s s e von den Metallen, den Leitern 1. Klasse. Den durch das Anlegen einer Spannung erzwungenen Stromdurchgang unter Stoffabscheidung an den Elektroden bezeichnet man als „ E l e k t r o l y s e " . Die Erscheinung der Elektrolyse zeigen nicht nur wäßrige Lösungen der oben genannten Stoffe, sondern z. B. auch geschmolzene Salze. Molekelgewichte in Lösungen. I n der Experimental-Vorlesung werden die Methoden besprochen, mit denen man die Molekelgewichte gelöster Stoffe bestimmen kann (z. B. durch Messung der Gefrierpunkts-Erniedrigung bzw. der Siedepunkts-Erhöhung). Untersucht man nach diesen Methoden die Molekelgewichte von solchen Lösungen, die den elektrischen Strom nicht leiten, so findet man die erwarteten Werte. Prüft man dagegen gut leitende Lösungen, so findet man z. B. f ü r Natriumchlorid statt 58,5 (23 -f- 35,5) nur wenig mehr als 29
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Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre
(Vs X 68,6), f ü r Magnesiumchlorid nur wenig mehr als 31 (Vg X 94,3), oder ganz allgemein Werte, die nur 1 / 2 , 1 / 3 usw. so groß sind, wie man es nach der formelmäßigen Zusammensetzung der Molekeln erwarten würde. Dies ist ein zweites Kennzeichen der „Elektrolyte". Ionenlehre. Die geschilderten Erscheinungen bei den Elektrolytlösungen führten den Schweden S v a n t e A r r h e n i u s 1887 zu der Erkenntnis, daß die in ihnen gelösten Molekeln in kleinere Spaltstüoke zerfallen sind, die elektrisch geladen sind. Für diese geladenen Spaltstücke benutzte er die schon von F a r a d a y stammende Bezeichnung Ionen ( = Wanderer). So bildet z. B. Chlorwasserstoffgas beim Auflösen in Wasser positiv geladene Wasserstoffionen und negativ geladene Chlorionen. Natriumchlorid bildet neben positiv geladenen Natriumionen ebenfalls Chlorionen. Aus Natriumsulfat Na 2 S0 4 entstehen positiv geladene Natriumionen und negativ geladene Sulfationen, von den ersten doppelt soviel wie von den zweiten usw. Diese Ionen sind wegen ihrer Ladung grundsätzlich verschieden von den elektrisch ungeladenen freien Elementen. So zeigt eine Kochsalz-Lösung, die ja positiv geladene Natrium- und negativ geladene Chlor-Ionen enthält, nichts von den Eigenschaften des Natriummetalls oder des freien Chlors. Letzteres löst sich zwar auch in Wasser, aber Chlorwasser sieht gelbgrün aus, ätzt und riecht nach freiem Chlor, während eine Kochsalz-Lösung färb- und geruchlos ist. Betrachten wir nun die Eigenschaften der Ionen im einzelnen. Man erkennt das V o r z e i c h e n d e r L a d u n g eines Ions daran, daß das Ion bei der Elektrolyse an die Elektrode entgegengesetzten Vorzeichens wandert, dort seine Ladung ausgleicht und in elektrisch nicht geladener Form in Erscheinung tritt oder Folgereaktionen verursacht. So wandern alle p o s i t i v geladenen Ionen (die Kationen) zur n e g a t i v e n Elektrode (der Kathode), die n e g a t i v geladenen Anionen dementsprechend zur p o s i t i v e n E l e k t r o d e (der Anode). An der Kathode werden z. B. die positiv geladenen Wasserstoffionen unter Aufnahme negativer Ladung zu ungeladenen Wasserstoffatomen entladen, die sich paarweise zu ebenfalls ungeladenen Wasserstoffmolekeln vereinigen. Entsprechend werden die negativ geladenen Chlorionen an der Anode entladen; es entstehen ungeladene Chlormolekeln. Aus diesen und anderen Versuchen ergibt sich, daß die Metallatome und der Wasserstoff positiv geladene Ionen bilden; einige Nichtmetallatome, die Hydroxyl-Gruppe und die Säurereste treten als negative Ionen auf. Über die G r ö ß e d e r L a d u n g e n haben Versuche, die hier nicht im einzelnen besprochen werden können, folgendes ergeben: Mißt man die Ladung der einzelnen Ionen in der Einheit der sogenannten Elementarladung, so findet man, daß nur ganzzahlige Vielfache dieser Elementarladung vorkommen. Die Zahl dieser Ladungen bezeichnet man als Ionenwertigkeit, die also positives oder negatives Vorzeichen besitzen kann. Bezeichnet man eine positive Elementar-Ladung mit einem hochgestellten Plus-, eine negative mit einem Minus-Zeichen, so kommen z. B. folgende Ionen vor: H+, Na+, Mg2+, (bzw. M g ^ ) , Al*+;Cr, O H - , N O s - , S a _ , SO^ 2- , P 0 4 3 - 1 ). Dabei ist natürlich insgesamt der Absolutwert aller posi1 ) Für gelöste, hydratisierte (vgl. S. 34) Ionen, um die es sioh oben handelt, ist noch eine andere Bezeichnungsweise in Gebrauch, bei der eine positive Ladung duroh einen Punkt, eine negative durch einen Strich bezeichnet wird; also: H ' , Na", Mg", AI " ; Cl', OH', NO,', S", SO«", P O / " .
Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre
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tiven Elementarladungen gleich dem aller negativen, denn die Ladungen der entgegengesetzt geladenen Ionen einer Elektrolytlösung heben sich ja gegenseitig auf, die Lösung erscheint nach außen „elektroneutral". Manche Elemente können Ionen verschiedener Ladung bilden. So gibt es z. B. Cu a + - und Cu+-Ionen sowie Fe8"1"- und Fe 2 +-Ionen. Säuren, Basen, Salze. Die Ionenlehre gestattet, eine neue D e f i n i t i o n v o n S & u r e n , B a s e n u n d S a l z e n zu geben. Säuren bilden in wäßriger Lösung Wasserstoffionen und negativ geladene Säurerestionen. Z. B.: H Q = H+
+ cr
H s S O t = H+ + H S 0 4 bzw. HS0 4 ~ = H+ + S ( V ~ oder H 2 S 0 4 = 2H+ + S 0 4 a _ . Basen zerfallen in negativ geladene Hydroxylionen und positiv geladene Baserestionen; bei den letzteren handelt es sich vorwiegend um Metallionen. Beispiele: NaOH = Na+ + O H Ca(OH) 2 = Ca4+ + 2 OH~ . Salze schließlich bilden positiv geladene Baserestionen (meist Metallionen) und negativ geladene Säurerestionen: NaCl = Na+ + C r CaS0 4 = C a i + + S 0 4 2 (NH 4 ) 2 CO 3 = 2NH 4 + + c ( y - . Farbe der Elektrolyt-Lösungen. Weiterhin erklärt die Ionenlehre ohne weiteres die auffällige Tatsache, daß die Farbe der wäßrigen E l e k t r o l y t - L ö s u n g e n meist in einem sehr leicht zu übersehenden Zusammenhange mit der Art des gelösten Stoffes steht. So sind — vorausgesetzt, daß man genügend verdünnte Lösungen betrachtet — alle Lösungen von Salzen des zweiwertigen Kupfers deswegen blau, weil der färbende Bestandteil das in allen Lösungen zweiwertiger Kupfersalze vorhandene g e l ö s t e (vgl. dazu auch S. 34) Cu 2 + -Ion ist. In ähnlicher Weise sind alle gelösten Nickelsalze grün gefärbt, alle Chromate geben gelbe, alle Permanganate dunkelviolette Lösungen. Ionenreaktionen. Soeben wurde gezeigt, daß Säuren Stoffe sind, die in wäßriger Lösung H+-Ionen abspalten. Damit wird sofort verständlich, warum gewisse Umsetzungen von a l l e n Säuren in gleicher Weise gegeben werden, so z. B. die Farbreaktionen mit Indikatoren und die Auflösung unedler Metalle unter Wasserstoff-Entwicklung. Ebenso versteht man, warum bestimmte Umsetzungen aller Basen untereinander gleich sind; es handelt sich um Wirkungen der OH~-Ionen. Der Vorgang der N e u t r a l i s a t i o n einer Säure mit einer Base in wäßriger Lösung besteht also nach der Ionenlehre in folgendem: Wenn die Säure (z. B. H+, Cl - ) zur Base (z. B. Na+, O H - ) gegeben wird, so vereinigen sich die Wasserstoffionen mit den Hydroxylionen zu dem elektrolytisch fast gar nicht dissoziierten Wasser; die Säurerest- und Baserestionen bleiben dagegen unverändert in Lösung: H+ + Cl" + Na+ + O H " = H 2 0 + Cl~ + Na+. Der einzige Stoff, der sich bei dem Neutralisations-Vorgang wirklich bildet, ist das W a s s e r , wie man besonders deutlich sieht, wenn man auf beiden Seiten
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Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre
der Gleichung die gleichen Summanden streicht; es bleibt dann als Neutralisationsgleichung: H+ + OH" = H 2 0 .
allgemeine
Auch die Erscheinung, daB S a l z s ä u r e und alle ihre Salze mit S i l b e r n i t r a t Lösungen die g l e i c h e Umsetzung, nämlich eine Fällung von S i l b e r c h l o r i d geben, wird nun verständlich. Diese Umsetzung ist nämlich charakteristisch für das Cl - -Ion. Statt die ausführlichen Gleichungen zu schreiben, wie: HCl + AgNO s = AgCl + HNO s NaCl + AgNO s = AgCl + NaNO s CaCl2 + 2 AgN0 3 = 2 AgCl + Ca(NO s ) 2 , genügt es daher zur Beschreibung aller drei Beispiele vollständig, wenn man, ähnlich wie es soeben f ü r die Neutralisation abgeleitet wurde, nur die wirklich unter den Ionen vorgehenden Veränderungen schreibt: C r + Ag^ = AgCl. Daß es sich dabei tatsächlich um eine Ionenreaktion handelt, erkennt man daran, daß Chloroform (CHC13) diese Umsetzung nicht gibt. Chloroform ist ja nach S. 29 ein Isolator, liefert also keine Cl - -Ionen. In ganz entsprechender Weise läßt sich der Nachweis von S c h w e f e l s ä u r e bzw. Sulfaten durch Fällung mit B a r i u m c h l o r i d - L ö s u n g durch folgende Gleichung beschreiben: Ba 2 + + S0 4 2 ~ = BaS0 4 . Gleichungen, wie die eben genannten, bezeichnet man als Ionengleichungen. Sie haben vor den bisher verwendeten Summen- oder Brutto-Gleichungen den Vorteil, daß sie erkennen lassen, was wirklich in der Lösung vorgeht. So ersieht man z. B. aus der allgemeinen Neutralisationsgleichung: H+ + O H - = H 2 0 , daß bei der Neutralisation von Natronlauge mit Salzsäure der Zustand der Na+und Cl _ -Ionen nicht verändert wird. Dagegen läßt die Ionengleichung z. B. nicht ersehen, was vorgeht, wenn man die Lösung eindampft; dann vereinigen sich die Na+- und Cl _ -Ionen natürlich zu festem Natriumchlorid. Dies ersieht man erst aus der Bruttogleichung. Wir werden im folgenden in der Hauptsache die bisher benutzten Bruttogleichungen weiter verwenden und nur in einzelnen Fällen auch die Ionengleichung angeben. M a n ü b e s i c h a b e r m ö g l i c h s t o f t , d i e B r u t t o g l e i c h u n g e n in I o n e n g l e i c h u n g e n u m z u s c h r e i b e n u n d u m g e k e h r t . Dissoziationsgrad; starke und schwache Elektrolyte. Viele Elektrolyte sind in wäßriger Lösung praktisch vollständig in Ionen zerfallen; bei anderen ist dies nicht der Fall. Man überzeuge sich davon durch folgende Versuche:
3. Mit der S. 28 29 beschriebenen Einrichtung prüfe man bei gleichem Abstand der Kohle-Elektroden wie früher die elektrische Leitfähigkeit verdünnter, etwa 2 n wäßriger Lösungen von Essigsäure und von Ammoniak (Näheres vgl. S. 64). Die Ausschläge des Amperemeters sind jetzt erheblich kleiner als die früher bei Natriumchlorid-, Schwefelsäureusw. -Lösungen beobachteten. Dann vereinige man die Essigsäure- mit der Ammoniaklösung und beobachte erneut den Ausschlag.
Chemische Bindungskräfte
33
Elektrolyte, die in wäßriger Lösung nur teilweise in Ionen zerfallen, bezeichnet man als „schwach" im Gegensatz zu den praktisch vollständig dissoziierten starken" Elektrolyten, wie Natriumchlorid, Salzsäure, Ammoniumacetat, Natronlauge usw. Schwache Elektrolyte findet man insbesondere bei Säuren (z. B. Essigsäure, Blausäure, Schwefelwasserstoff) und Basen (z. B. Ammoniaklösung). Bei den Salzen sind schwache Elektrolyte sehr selten (vgl. z. B. S. 120/123 über HgC^ und Hg(CN),). Bei Elektrolytlösungen nennt man denjenigen Bruohteil aller gelösten Molekeln, der in Ionen zerfallen ist, den „DissoziationsgradVollständiger Dissoziation entspricht also der Dissoziationsgrad 1. Man kann den Dissoziationsgrad auch in Prozenten ausdrücken. Bei den starken Elektrolyten liegt er nahe bei 100%, bei den schwachen ist er kleiner, oft sogar sehr klein. So sind z. B. in 1 molarer Lösung in Ionen zerfallen: Salzsäure zu fast 100%, Phosphorsäure zu 7 % (in H+ und H 2 P0 4 ~), Essigsäure zu etwa 0,4%. — Die starken anorganischen Säuren (Salz-, Schwefel-, Salpetersäure) bezeichnet man auch als Mineralsäuren. Eine Angabe über den Dissoziationsgrad irgendeines gelösten Stoffes h a t nur Sinn, wenn, wie es eben geschehen ist, gleichzeitig die Konzentration angegeben ist; denn mit steigender V e r d ü n n u n g steigt, wie wir S. 82 noch a n einem Versuch sehen werden, der Dissoziationsgrad an. So erklärt sich z. B. der S. 27 besprochene Unterschied zwischen verdünnter und konzentrierter Schwefelsäure aus der Tatsache, daß in der verdünnten Säure vorwiegend Ionen, in der konzentrierten vorwiegend undissoziierte Molekeln vorliegen. Die Kenntnis der Stärke der Säuren und Basen ist von großer Bedeutung f ü r das Verständnis des chemischen Verhaltens. So werden, um a n dieser Stelle nur ein Beispiel zu nennen, schwache Säuren die typischen Säurereaktionen nicht so ausgeprägt zeigen wie die starken; denn diese Reaktionen beruhen ja auf der Anwesenheit von H+-Ionen. Z. B. lösen sich Metalle, wie Zink, in starken Säuren viel schneller auf als in schwachen. Weitere zahlreiche Beispiele werden wir bei der Besprechung des Massenwirkungsgesetzes kennenlernen.
4. Man gebe zwei gleich große Stücke von granuliertem technischem, d. h. verunreinigtem Zink (reines Zink löst sich zu langsam, vgl. auch S. 117) in 2 n Salzsäure und 2 n Essigsäure und vergleiche die Lösungsgeschwindigkeiten.
Chemische Bindungskräfte Ionenbindung, Auch im k r i s t a l l i s i e r t e n Z u s t a n d e sind die S a l z e angenähert aus positiv und negativ elektrisch geladenen Atomen aufgebaut, über deren räumliche Anordnung wir durch Beugungsversuche mit Röntgenstrahlen ( v . L a u e ) in der Mehrzahl der Fälle gut unterrichtet sind (vgl. das „Kristallgitter" von Kochsalz in Eig. 15). Allerdings leiten die festen Salze in der überwiegenden Mehrzahl den elektrischen Strom nicht, da die geladenen Atome im „Kristallgitter" ihre Plätze wegen der elektrostatischen Anziehung duroh die entgegenB i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 50. Aufl.
3
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Chemische Bindungskräfte
gesetzt geladenen Nachbaratome nicht ohne weiteres wechseln können 1 ). Diese elektrostatischen K r ä f t e erklären u. a. auch die H ä r t e und die hohen Schmelzund Siedepunkte 2 ) der meisten Salze. Beim Auflösen in Wasser dagegen sohiebt sich Wasser zwischen die Ionen (Näheres siehe S. 106) und drängt sie gegen die elektrostatische Anziehung auseinander. Die gelösten Ionen lassen sioh nun leicht von einer Stelle an die andere bewegen; daher leiten Elektrolyt-Lösungen den Strom.
Gelöste Ionen sind mit einer Hülle fest gebundener Wassermolekeln umgeben („hydratisiert"); dies erkennt man in einigen Fällen an ihrer F a r b e . So ist z . B . wasserfreies Kupfersulfat farblos; Cu 2 + -Ionen sind demnach farblos. Bindet Kupfersulfat dagegen Wasser, so daß das feste H y d r a t CuS0 4 • 5 H 2 0 („Kupfervitriol") entsteht, so beobachtet man bereits die blaue Farbe, die f ü r die wäßrigen Kupfersalz-Lösungen kennzeichnend ist. Die blaue Farbe muß also durch eine Wechselwirkung zwischen den Cu 2 +-Ionen und den a n diese gebundenen Wassermolekeln zustande kommen.
1. Man erhitze ein Kupfersulfat-Kriställchen im Reagensglas; es verdampft Wasser und die blaue Farbe verschwindet. Befeuchtet man das entstandene farblose Kristallpulver mit Wasser, so färbt es sich wieder blau. Allerdings muß man mit der eben benutzten Schlußweise vorsichtig sein; es ist keineswegs immer zulässig, aus der Farbe der f e s t e n Salze auf die F a r b e der Ionen zu schließen. Denn ebensogut, wie die Wechselwirkung von Cu2+Ionen und Wasser zur blauen Farbe f ü h r t , kann auch die Wechselwirkung zwischen den Cu 2+ -Teilchen und den negativ geladenen Gitternachbarn zu Änderungen der Farbe führen. So ist z. B. festes Kupferchlorid CuCl 2 braun, Kupferbromid CuBr 2 schwarzbraun, Kupferoxyd CuO schwarz. *) Trotz des Fehlens einer merklichen Wanderungsfähigkeit der Teilchen spricht man auch bei derartigen Kristallgittern oft von „ I o n e n " , u m den elektrisch geladenen Zustand zu bezeichnen. 2 ) Die leicht flüchtigen Verbindungen (z. B. HCl, S0 2 ) besitzen einen grundsätzlich anderen Gitterbau mit abgegrenzten Einzelmolekeln, wobei die Bindungen innerhalb der Molekeln überwiegend den Charakter von Atombindungen (vgl. S. 36) haben.
Chemische Bindungskräfte
35
Auch zusammengesetzte, „komplexe"Ionen (Näheres vgl. S. 104 ff.), wiez.B.das [S0 4 ] 2 _ -Ion, können wir uns nach W . K o s s e l im Grenzfall1) aus geladenen Teilchen 2 -
aufgebaut denken:
0 2 -
0
2 . + S
0
-
2
Wegen der hohen Ladung des S 6+ -Teilchens ist
0
hier nun aber die elektrostatische Anziehung so stark, daß die einzelnen Teilchen beim Auflösen in Wasser nicht mehr voneinander getrennt werden; daher liegt die ganze Gruppe in der Lösung als eine Einheit vor. Obwohl also in diesem Falle einzelne S 6 +-Ionen nicht auftreten, ist es doch zweckmäßig, gemäß der oben angegebenen Ladungsverteilung innerhalb des Komplexes eine Elekrovalenzzahl= Oxydationszahl (s. S. 37) 6 + des Schwefels anzunehmen. In gleicher Weise kann man p.uch den Ladungszustand in vielen ungeladenen Molekeln schematisieren, z. B. S + 0 3 bezeichnen den Ladungszustand derartig geladener Atome, die in Lösung nicht als selbständige Ionen auftreten, durch über das Atomsymbol gesetzte Plus- oder Minuszeichen, während wir die Ladung der in wäßriger Lösung auftretenden Ionen rechts oben neben das Formelsymbol des Ions schreiben. Auch bei den komplexen Ionen sind wir durch verschiedene physikalische Methoden über die räumliche Lagerung der Atome innerhalb der Komplexe genau unterrichtet. So liegen z. B. beim [S0 4 ] 2 - -Ion die Sauerstoffteilchen symmetrisch an den Ecken eines Tetraeders (Fig. 16, S. 34) 2 ), in dessen Mitte 220 5+ 0 sich das Schwefelteilchen befindet. Auch das Phosphation und das 2- P 2220 0 0 sind tetraedrisch gebaut. Dagegen bilden die SauerPerchloration o 7 + 2-C1 20 0 ein gleichseitiges Dreieck, in dessen stoffteilchen des Carbonations 0 4+ 2-C O ,0 Mittelpunkt der Kohlenstoff liegt. Elektrovalenzzahl und Perioden-System der Elemente. Es bestehen einfache Beziehungen zwischen den Elektrovalenzzahlen der einzelnen Elemente und ihrer Stellung im Perioden-System (vgl. die Tafel am Ende des Buches). So ist die höchste p o s i t i v e Elektrovalenzzahl in der Regel gleich der Nummer der 4+ 5+
6+
Gruppe, zu der das Element gehört (z. B. Na+, Ca 2 + , Al3+, Si, P, S). Daneben treten oft kleinere Werte auf, bevorzugt solche, die um 2 Einheiten kleiner sind «+ 4+ (so neben S auch S, z.B. im S0 2 ). N e g a t i v e Elektrovalenzzahlen kommen fast nur bei den Elementen vor, die im Perioden-System 1—4 Stellen vor einem Edelgas stehen. Ihre Größe ist gleich der Anzahl Stellen, um die das betreffende _ 2- 3Element von dem Edelgas entfernt ist, z. B. C1 , 0 , N. x ) Tatsächlich liegen in solchen Komplexen Übergänge zwischen einem Aufbau aus Ionen und einer Verknüpfung der Atome durch Atombindungen vor. Vgl. den letzten Absatz dieses Kapitels auf Seite 36. a ) In der Zeichnung sind nur die Atomschwerpunkte angegeben. In Wirklichkeit ist die Ausdehnung der Atome so groß, daß sie sich berühren.
3*
36
Oxydation und Reduktion
Andere Bindungsarten. Durchaus nicht in allen Verbindungen wird der Zusammenhalt der Atome durch die elektrostatische Anziehung zwischen Ionen hervorgerufen. Ganz anderer Art sind z. £ . die sogenannten Atombindungen, die die Atome in den Molekeln der Gase: Cl2, N 2 , 0 2 und in der Mehrzahl der organischen Molekeln binden. Da diese im Gegensatz zu den elektrostatischen Kräften nach Bindung einer bestimmten Anzahl von Partnern abgesättigt sind, lassen sie sich treffend durch B i n d e s t r i c h e zwischen den Atomen, „Valenzstriche", darH I H H stellen, z. B. C l - C l , H - C - O - H , N c = C < ' , H—C = 0—H usw. Die Zahl | W \H H der von einem Atom ausgehenden Bindungen nennt man seine Bindigkeit. Eine dritte Bindungsart (metallische Bindung) haben wir zwischen den Atomen der Metalle und der aus mehreren Metallen bestehenden Legierungen anzunehmen. Die Natur bietet uns nur selten Fälle, in denen eine dieser drei Bindungsarten allein in Erscheinung tritt. I m allgemeinen haben wir es mit Ü b e r g ä n g e n zwischen jenen Extremen zu tun. Dabei ist es dann oft mit gleicher Berechtigung möglich, eine Verbindung entweder mit geladenen Atomen oder mit Valenzstrichen zu formulieren. Wenn wir in dieser Einführung vielfach den ersten Weg vorziehen, so muß man sich darüber klar sein, daß dies eine gewisse Schematisierung bedeutet. Es ist dies aber bequem zum Verständnis der OxydationsReduktionsprozesse.
Oxydation und Reduktion Unter Oxydation hatten wir bisher die Zuführung von Sauerstoff oder die Wegnahme von Wasserstoff, unter Reduktion die entgegengesetzten Vorgänge verstanden. Die Ionenlehre gestattet uns, eine vertiefte und verallgemeinerte Auffassung dieser Vorgänge zu geben. 1. I n das Kölbchen der in Fig. 17 gezeichneten Apparatur bringe man Wasser und füge zur Verhinderung v o n Überhitzung einige kleine Tonscherben („Siedesteinchen") zu. I n die Kugel des Kugelrohres aus schwer schmelzendem Glas gebe man etwas Magnesiumpulver. Man erhitze das Wasser z u m Sieden, so daß bei A ein gleichmäßiger, nicht z u lebhafter Wasserdampfstrom entströmt, u n d erhitze darauf mit einem zweiten Brenner die Kugel zunächst vorsichtig, bis etwa kondensiertes Wasser vertrieben ist, u n d dann mit der entleuchteten Flamme stark. B e i der nach einiger Zeit unter Feuererscheinung plötzlich einsetzenden Reaktion geht das Metall in weißes M a g n e s i u m o x y d über, während bei A W a s s e r s t o f f entweicht, der sich entzündet: Mg + H a 0 = MgO + H 2 . Bei dieser Reaktion ist also das Magnesium oxydiert, der Wasserstoff des Wassers reduziert worden. Der Versuch läßt den bereits S. 19 betonten Satz, daß O x y d a t i o n u n d R e d u k t i o n u n t r e n n b a r m i t e i n a n d e r v e r k o p p e l t
Oxydation und Reduktion
3?
sind, nooh einmal besonders deutlich erkennen. Das ist allerdings nicht immer ohne weiteres zu übersehen, so z. B. bei dem folgenden Versuch:
2. In einem Reagensglas aus schwer schmelzbarem Glas (Assistent), das schräg in einem Stativ befestigt wird, wird rotes Quecksilberoxyd k r ä f t i g erhitzt. Es bildet sich ein Beschlag von metallischem Q u e c k s i l b e r ; ein in das Glas eingeführter glühender Holzspan glüht hell auf, also hat sich S a u e r s t o f f gebildet:
Figur 17. Umsetzung zwischen Magnesium und Wasserdampf
2HgO = 2Hg + O t .
Hier ist kein Zweifel, daß das Ouecksilber des Quecksilberoxyds reduziert worden ist, während man nicht ohne weiteres einsehen kann, was oxydiert wurde. Umgekehrt ist bei der S. 26 besprochenen Oxydation von Kohlenoxyd durch Sauerstoff nicht sofort zu sehen, was eigentlich reduziert wird. Diese Schwierigkeit verschwindet aber sofort, wenn wir folgende umfassendere Definition benutzen: Oxydation ist die Zunahme an positiver oder die Abnahme an negativer Ladung, Reduktion die Zunahme an negativer oder die Abnahme an positiver Ladung1). Bei diesem Ladungszustand (Elektrovalenzzahl = Oxydationszahl) kann es sich entweder um die experimentell bestimmbare Ladung eines Ions (Ionenwertigkeit nach S. 30) oder um die gemäß S. 35 schematisch angenommene Ladung eines Teilchens in einem nicht dissoziierten Atomverband (Molekel oder Komplexion) handeln. Freie Elemente sind dabei natürlich als ungeladen anzusehen. Demnach ergibt sich für die Reaktion zwischen M a g n e s i u m u n d W a s s e r dampf: ±0
2X1+2-
2+2-
±o
Mg + H j 0 = MgO + H 2 . An das Magnesiumatom sind also zwei positive Ladungen von zwei H-Teilchen abgegeben worden, die dadurch zur ungeladenen H2-Molekel geworden sind: Das Magnesium ist oxydiert, das Wasserstoffion reduziert worden. Durch diese Auffassung lassen sich nun auch für die Z e r s e t z u n g d e s Queoks i l b e r o x y d s und ähnliche Reaktionen die Schwierigkeiten beseitigen. Wir erhalten: 2+ 2-
±0
±0
2HgO = 2Hg + 0 2 und sehen also, daß das Quecksilberkation reduziert, das Sauerstoffanion oxydiert worden ist. Die neue umfassendere Definition hat ferner den Vorteil, daß sie auch solche analogen Reaktionen einschließt, bei denen Sauerstoff oder Wasserstoff gar nicht 1 ) Da in Wirklichkeit nur negative Ladungen (Elektronen) ausgetauscht werden (Näheres in der Vorlesung!), definiert man oft auch: Oxydation ist die Abgabe, Reduktion die Aufnahme von Elektronen.
38
Oxydation und Reduktion
mitwirken, so z. B. die S. 21 beschriebene Einwirkung von C h l o r g a s a u f K a l i u m b r o m i d u n d - j o d i d . Die Gleichung: 2 K B r + Cl2 = 2 KCl + Br 2 wird zur Ionengleichung: ±o ±o 2Br~ + Cl2 = 2 C r + Br 2 . Hier ist also das Bromion oxydiert, das Chlor reduziert worden. Eine andere Oxydationsreaktion lernten wir bei der D a r s t e l l u n g d e s C h l o r s kennen. Wir haben dort auf S. 19 die Einwirkung von Braunstein auf Salzsäure bereits in Teilreaktionen zerlegt. Besser als die dort gegebene Aufteilung ist die nachstehende: 1. Mn0 2 + 4 HCl = MnCl4 + 2H a O 2. Mn4+ + 4 C r = Mn2+ + 2 Cl" + Cl° . Reaktion 1. ist eine reine Neutralisation; die Oxydation-Reduktion wird durch 2. dargestellt: das Mn 4 * geht in Mn 2 + über, es wird also reduziert; dafür werden zwei von den vier Cr-Ionen in eine neutrale Chlor-Molekel übergeführt, also oxydiert. Die E i n w i r k u n g e i n e s M e t a l l s wie Zink auf irgendeine v e r d ü n n t e S ä u r e — gleichgültig ob Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure oder ähnliche — wird durch die Gleichung: ±o ±0 Z n + 2H+ = Zn2+ + H 2 dargestellt. Auch hier liegt also eine Oxydations-Reduktionswirkung vor: Das Zink ist oxydiert, die H+-Ionen sind reduziert worden. Liegt dagegen k o n z e n t r i e r t e , d.h. nahezu wasserfreie Schwefelsäure vor, in der eine große Konzentration an undissoziierten H 2 S0 4 -Molekeln vorliegt, so kommt zur Geltung, daß die u n d i s s o z i i e r t e H 2 S 0 4 - M o l e k e l im Gegensatz zum [S0 4 ] 2 _ -Ion ein recht starkes O x y d a t i o n s m i t t e l ist; es reagiert daher das Zink-Metall mit der H 2 S0 4 -Molekel nach der Gleichung: Zn + 2 H 2 S 0 4 = ZnS0 4 + 2 H 2 0 + S0 2 . Diese können wir uns wieder formal in 2 Teilgleichungen zerlegt denken 1 ): 1. Zn + H 2 S 0 4 = „ZnO" + S0 2 + H a O (Oxydation-Reduktion) 2. „ZnO" + H 2 S 0 4 = ZnS0 4 + H a O (Neutralisation), aus deren Addition — wobei sich das tatsächlich auch gar nicht gebildete ZnO heraushebt! — sich die obige Gleichung ergibt. Gleichung 1. zeigt, daß hier an ±°
6+
1+
das Zn zwei positive Ladungen vom S abgegeben werden, das dadurch in S übergeht. Wollen wir die Bildung von neutralem S c h w e f e l bzw. S c h w e f e l w a s s e r s t o f f bei dieser Reaktion formulieren, so müssen wir bedenken, daß dazu pro Schwefel-Atom 6 bzw. 8 positive Ladungen abgegeben werden müssen, um vom «+ ±o 2S zum S bzw. S zu kommen; wir müssen daher 3 bzw. 4 Zn mit 1 H 2 S 0 4 l ) Man beachte, daß hier wie in vielen späteren Beispielen in den Gleichungen die Oxydationszahlen nur bei den Atomen angegeben sind, bei denen sie für die Umsetzung von Bedeutung sind!
Schweflige Säure
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reagieren lassen, denn jedes Zink-Atom nimmt ja 2 positive Ladungen auf. Man erhält so: ±0
«+
2+
±0
6+
2+
±0
3Zn + H 2 S 0 4 = 3„ZnO" + S + H 2 0 2-
4Zn + H 2 S0 4 = 4„ZnO" + H 2 S . Zusätzlich ist dann jedesmal die Neutralisation des Zinkoxyds zu formulieren. Um die O x y d a t i o n s - R e d u k t i o n s - G l e i c h u n g e n s o f o r t ohne langes P r o b i e r e n richtig anzusetzen, b e a c h t e man, daß s t e t s soviel posit i v e L a d u n g e n , wie v o m O x y d a t i o n s m i t t e l a b g e g e b e n werden, v o m R e d u k t i o n s m i t t e l a u f g e n o m m e n w e r d e n . Wenn also z. B. ein 5+
2+
Oxydationsmittel von A in A übergeht, also 3 positive Ladungen abgibt, ein 2-
±o
Reduktionsmittel dagegen von B zu B oxydiert wird, also 2 positive Ladungen aufnimmt, so müssen 2A mit 3 B reagieren usw.
Schweflige Säure Schwefeldioxyd S0 2 entsteht u. a. beim Verbrennen von Schwefel. Beim Auflösen des Gases in Wasser entsteht die schweflige Säure H 2 S0 3 . In dieser sind die beiden Bestandteile S0 2 und H 2 0 nicht sehr fest aneinander gebunden, beim Erhitzen verflüchtigt sich das Anhydrid S0 2 allmählich wieder vollständig. Schweflige Säure ist ein kräftiges Reduktionsmittel, da sie das Bestreben hat» unter Sauerstoffaufnahme in Schwefelsäure überzugehen. Schwefligsäure-Lösung, die lange gestanden hat, zeigt die H 2 S0 3 -Reaktionen nur noch schwach, weil sie, soweit sich nicht das Schwefeldioxyd verflüchtigt hat, durch den Luftsauerstoff zu Schwefelsäure oxydiert worden ist. 1. Unter dem Abzug entzünde man auf einem Porzellan-Tiegeldeckel ein Stückchen Schwefel. Der Schwefel verbrennt mit blauer Flamme. D a s gebildete S c h w e f e l d i o x y d entweicht als farbloses Gas v o n charakteristischem, stechendem Geruch. 2. U m Schwefeldioxyd im Laboratorium im größeren Maßstab herzustellen, kann man Kupfer auf heiße konzentrierte Schwefelsäure einwirken lassen. Man bringe in den zur Darstellung v o n Chlorwasser schon benutzten kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 13, S. 20) einige Stückchen Kupferblech zu 5—10 ml konzentrierter Schwefelsäure und erhitze in der beschriebenen Weise, vermeide aber sorgfaltig ein Zurücksteigen des vorgelegten Wassers, da es auf die heiße Schwefelsäure explosionsartig einwirken würde 1 ). Man erhält im vorgelegten Reagensglas eine wäßrige Lösung v o n s c h w e f l i g e r S ä u r e H 2 S O s . 3. Man erhitze einen Teil dieser Lösung; es entweicht SchwefeldioxydGas, das am Geruch leicht zu erkennen ist. 1 ) Es ist gut, zur Sicherheit eine kleine, leere sogenannte „Waschflasche" (Assistent!) so zwischen zu schalten, daß das Gas — umgekehrt wie bei der üblichen Verwendung — in das kurze Rohr ein-, aus dem langen austritt.
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Salpetersäure und Stickstoffoxyde
4. Vielfach stellt man Schwefeldioxyd auch durch Einwirkung von Salzsäure auf eine starke Lösung von saurem Natriumsulfit NaHSOg (bzw. auf die handelsübliche, 40°/„ige Lösung, die sog. „Bisulfitlauge") her: NaHSOg + HG = NaCl + H 2 0 + S0 2 . Man führe den Versuch im Reagensglas aus, gebe aber die verdünnte Salzsäure nur tropfenweise aus einem zweiten Reagensglas (vgl. S. 6) zu. 5. Um die Reduktionswirkung der schwefligen Säure zu erproben, mache man mit der soeben hergestellten Schwefligsäure-Lösung folgende Versuche: Jod- sowie Zirora-Lösung werden entfärbt. J , + HjSO, + H„0 = 2 H J + H,SO« bzw. ±04+ «+ J 8 + [SO,]«" + HjO = 2 J~ + [SO,]*" + 2H+. 6. Man gieße zu etwas Quecksilber (II)-chlorid-~Lösxmg drei bis vier Raumteile Schwefligsäure-Lösung. Beim Erwärmen fällt aus der zunächst klaren Mischung langsam weißes Q u e c k s i l b e r ( I ) - c h l o r i d aus, das sich infolge weiterer Reduktion zu Q u e c k s i l b e r später meist grau färbt. 2HgCla + HjSOa + HaO = HggClg + HjSO, + 2 HCl Hg2CLj + HjSOg + H 2 0 = 2 Hg + H2SO, + 2 H a bzw. «+ ±o «+ [Hg2]*+ + [SO3]2- + HjO = 2 Hg + [SO,]2" + 2H+.
Salpetersäure und Stickstoffoxyde Salpetersäure HNO, ist eine farblose Flüssigkeit, die sich am Licht unter geringer Zersetzung gelb färbt. Die konzentrierte Salpetersäure des Laboratoriums ist etwa 65-proz., die „verdünnte" ungefähr 12-proz., d. h. etwa 2 normal ( = 11,8-proz.). Die „rauchende Salpetersäure" enthält über 95% HNO,; sie ist durch einen ßehalt an Stickstoffdioxyd N0 2 gelbbraun gefärbt. Wasserfreie Salpetersäure siedet bei etwa 86° unter schwacher Zersetzung. Sie wird durch Erhitzen von Nitraten (z. B. Natriumnitrat NaNO,) bzw. von halbkonzentrierter Salpetersäure mit konzentrierter Schwefelsäure dargestellt, wobei sie überdestilliert. Konzentrierte Salpetersäure ist ein sehr aggressiver Stoff. Viele Farbstoffe werden durch sie entfärbt. Papier wird unter Gelbfärbung gelöst, Holz und Kork werden sofort intensiv gelb gefärbt und bald zerstört, ebenso die Haut. Auf Kleidern erzeugt Salpetersäure gewöhnlich dunkelgelbe Flecke, die nicht mehr zu entfernen sind und später meist Löcher geben. Beim A r b e i t e n m i t Salp e t e r s ä u r e ist also große Vorsicht nötig. Das Verhalten von Salpetersäure gegenüber Metallen ist je nach den Versuchsbedingungen verschieden. I. Bei konzentrierter Säure (•—'65%) und höheren Temperaturen reagieren ähnlich wie bei konzentrierter Schwefelsäure nur die undissoziierten HNO,-Molekeln; diese werden dabei zu dem braunen Stickstoffdioxyd reduziert. Da sich
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in diesem Falle die Elektrovalenzzahl des Stickstoffs von fünf auf vier erniedrigt, ist dieser Vorgang folgendermaßen zu formulieren: Zn + 2 HNO, = „ZnO" + 2N0 S + HaO Oxydation-Reduktion „ZnO" + 2 HNO, - Zn(NO,)2 + HgO Neutralisation Zn + 4 HNO, = Zn(NO,)2 + 2 N0 2 + 2 H 2 0 . II. Auch bei halbkonzentrierter Säure 30%) und niedrigeren Temperaturen sind im wesentlichen die HN03-Molekeln wirksam; in diesem Falle entsteht aber in der Hauptsache das farblose Stickstoffoxyd NO. Die Elektrovalenzzahl des Stickstoffs ändert sich hier von 5 + auf 2 + : 3Zn + 2 HNO, = 3 „ZnO" + 2 NO + H 2 0 Oxydation-Reduktion 3 „ZnO" + 6 HNO, = 3Zn(NO,)2 + 3H a O Neutralisation 3Zn + 8 HNO, = 3 Zn(NO,)a + 2 NO + 4H 2 0 . Unter den unter I. und II. beschriebenen Bedingungen, bei denen die HNO,Molekeln wirksam sind, ist Salpetersäure ein sehr starkes Oxydationsmittel; sie löst dann auch Metalle wie Kupfer oder Silber, die von Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure nicht gelöst werden. III. Verdünnt man Salpetersäure auf einen Gehalt kleiner als etwa 4%, so sind praktisch keine HN03-Molekeln mehr vorhanden, sondern nur H+- und NO, _ Ionen. In diesem Falle reagiert Salpetersäure genau so wie verdünnte Salz- oder Schwefelsäure; es wird Wasserstoff frei: Zn + 2H+ = Zns+ + H 2 . Diese Umsetzung ist, ebenso wie die folgende, nur mit verhältnismäßig unedlen Metallen möglich. IV. In alkalischer Lösung kann die reduzierende Wirkung von Metallen nur am NO, _ -Ion angreifen; es kann sich dann Ammoniak NH, bilden, wobei die Oxydationszahl des Stickstoffs von 5 + auf 3— sinkt: 4Zn + [NO,]" + 6H 2 0 = 4 Zn(OH)2 + NH, + O H " . T
Dabei löst sich schon bei Raumtemperatur sofort das Zinkhydroxyd nach einer Umsetzung, die wir S. 98/99 und 117 kennenlernen werden. Eine Reihe von Metallen (z. B. Gold, Platin), die sich in Salpetersäure allein nicht lösen, können durch ein Gemisch von Salpetersäure und Salzsäure, das sogenannte „Königswasser", in Lösung gebraoht werden; meist benutzt man ein Gemisch von 1 Teil konzentrierter Salpetersäure mit etwa 3 Teilen konzentrierter Salzsäure1). In diesem Falle kommt zu der oxydierenden Wirkung der Salpetersäure noch die Fähigkeit der Salzsäure, mit den entstandenen Metallionen besonders stabile Verbindungen wie H[AUC14] und HjtPtClj], sogenannte „Komplexverbindungen" (vgl. dazu S. 104ff.), zu bilden. x ) Erhitzt man ein solches Gemisch vorsichtig, so bilden sich stets etwas N i t r o s y l c h l o r i d (NOC1), das an der Braunfärbung der Flüssigkeit zu erkennen ist, sowie etwas freies Chlor (Geruch!): HNO, + 3HC1 = NOC1 + Cl2 + 2HjO.
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Salpetersäure und Stickstoffoxyde
Stickstoffoxyde. Das A n h y d r i d der Salpetersäure N 2 0 6 ist ein unbeständiger Stoff, der sich nur schwierig rein darstellen läßt. Wichtiger ist das Stickstoffdioxyd N02. Dieses ist ein Gas, das bei nicht zu hohen Temperaturen neben den braunen N 0 2 - Molekeln auch farblose N 2 0 4 - Molekeln enthält (vgl. dazu S. 77/78). Man erhält es in reiner Form am einfachsten durch Erhitzen von Bleinitrat, das dabei nach der Gleichung 2Pb(N0 3 ) 2 = 2PbO + 4 N 0 2 + 0 2 zerfällt. I n ähnlicher Weise zersetzen sich alle Nitrate von zwei- und dreiwertigen Elementen. Die A l k a l i m e t a l l n i t r a t e dagegen bilden bei starkem Erhitzen N i t r i t e , z. B. K N 0 2 (vgl. S. 138 und 182); A m m o n i u m n i t r a t gibt Distickstoffoxyd N 2 0 (vgl. S. 65/66). Die U m s e t z u n g v o n S t i c k s t o f f d i o x y d m i t W a s s e r f ü h r t nicht unter einfacher Wasseranlagerung zu einer Säure des vierwertigen Stickstoffs, sondern unter Wertigkeitsänderung zu zwei Spaltstücken, von denen das eine h ö h e r - , das andere n i e d r i g e r wertigen Stickstoff enthält: 3 N 0 2 + H a O = 2 H N 0 3 + NO . Das entstehende farblose Stickstoffoxyd NO (abgekürzt auch Stickoxyd genannt) löst sich nicht in Wasser. Ist aber Sauerstoff zugegen, so oxydiert dieser das Stickstoffoxyd zu Stickstoffdioxyd, das dann in gleicher Weise weiterreagiert. Eine Reaktion, wie die eben beschriebene, bei der eine Verbindung eines Elementes mit mittlerer Oxydationszahl zum Teil in eine höhere, zum Teil in eine niedrigere Stufe übergeht, nennen wir Disproportionierung. Auch mit L a u g e n erleidet das Stickstoffdioxyd eine Disproportionierung, die aber neben Nitrat zu N i t r i t f ü h r t : 2 N 0 2 + 2NaOH = N a N 0 3 + N a N 0 2 + H 2 0 . Da alle S t i c k s t o f f o x y d e g i f t i g sind, f ü h r e m a n die V e r s u c h e u n t e r dem Abzug aus! 1. I n einem Reagensglas übergieße man etwas Kaliumnitrat („Salpeter") eben mit konzentrierter Schwefelsäure und erwärme. S a l p e t e r s ä u r e destilliert in den oberen Teil des Reagensglases, verdichtet sich, an den Wänden und rinnt an ihnen herab. 2. E t w a 1 ml Wasser werde mit einigen Tropfen Indigo-Lösung dunkelblau gefärbt. Die Mischung werde mit einem Tropfen verdünnter Salpetersäure versetzt. Gibt man jetzt 1 / 2 —1 ml konzentrierte Schwefelsäure zu, so erwärmt sich die Mischung etwas, und es bilden sich unter der wasserentziehenden Wirkung der Schwefelsäure undissoziierte HN0 3 -Molekeln, die den Indigofarbstoff unter Gelbfärbung oxydieren. I m folgenden werden einige Versuche beschrieben, die den Unterschied der Wirkungsweise der Salpetersäure (bzw. des Nitrations) mit wechselnder Konzentration bzw. im sauren und alkalischen Medium erkennen lassen. Die römischen Ziffern beziehen sich auf die vier Fälle, die in den klein gedruckten Vorbemerkungen besprochen wurden.
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3. (Fall I.) I n ein Reagensglas gebe man zu 1—2 ml konzentrierter Salpetersäure 1—2 Zinkgranalien. E s t r i t t heftige Entwicklung von rotbraunen S t i c k s t o f f d i o x y d - Dämpfen ein. Nachdem man dies beobachtet hat, bremse man die Reaktion durch Verdünnen mit viel Wasser. 4. (Fall I.) I n einem Reagensglas werde etwas Zinnfolie ebenfalls mit konzentrierter Salpetersäure unter Bewegen des Glases Figur 18. Pneumatische Wanne mäßig erwärmt. Das Zinn wird dabei zu weißem Z i n n d i o x y d S n 0 2 oxydiert, das ungelöst bleibt. Dabei entstehen ebenfalls rotbraune Dämpfe von S t i c k s t o f f d i o x y d . 5. (Fall II.) Man bereite in einem Reagensglas durch Versetzen von etwas konzentrierter Salpetersäure mit etwas mehr als dem gleichen Volumen Wasser halbkonzentrierte Sälpetersäure, gebe einige Zinkgranalien zu und erwärme. Die sich entwickelnden Gase sind im Gegensatz zu dem Versuch 3 nur schwach braun gefärbt; es entsteht ein G e m i s c h von viel S t i c k s t o f f o x y d mit etwas S t i c k s t o f f d i o x y d . 6. (Fall II.) Zur Reindarstellung von Stickstoffoxyd führe man folgenden Versuch aus: Man entwickle in der in Fig. 18 abgebildeten Apparatur aus Kupfer und konzentrierter Salpetersäure, die mit 2 Teilen Wasser versetzt ist. Stickstoffoxyde. Nachdem die L u f t verdrängt ist, stülpe man über die Öffnung des Gasentbindungsrohres ein mit Wasser gefülltes Reagensglas. Dabei beobachtet man im Kolben mehr oder weniger rotbraune Dämpfe, die ein G e m i s c h v o n S t i c k s t o f f o x y d u n d S t i c k s t o f f d i o x y d darstellen. Beim Durchgang durch das Wasser reagiert n u n das letztere unter Bildung von Salpetersäure und Stickstoffoxyd, so daß das im Reagensglas aufgefangene Gas nur aus farblosem S t i c k s t o f f o x y d besteht. Hebt man nun das Reagensglas aus dem Wasser heraus, so f ä r b t sich der Inhalt von der Mündung her schnell braun, weil sich das Stick stoffoxyd mit dem Luftsauerstoff zu S t i c k s t o f f d i o x y d (bzw. z. T. zu Stickstofftetroxyd) umsetzt. 2 NO + 0 S = 2N0 2 2N0 a = N 2 0 4 . 7. (Fall III.) I n einem Reagensglas verdünne man etwas verdünnte Salpetersäure auf das Doppelte, setze einige Zinkgranalien zu und erwärme. E s entwickelt sich ein farbloses Gas, das sich auch bei Luftzutritt an der Mündung des Reagensglases nicht braun f ä r b t ; es besteht aus Wasserstoff.
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8. (Fall IV.) In einem Reagensglas wird eine Messerspitze Zinkstaub mit etwa 6 Tropfen verdünnter Salpetersäure übergössen. Sogleich fügt man dazu 2 ml Natronlauge und erhitzt zum Kochen. In die Dämpfe werde ein Streifen feuchtes rotes Lackmuspapier so gehalten, daß er die Wände nicht berührt; er bläut sich bald durch Einwirkung des entwickelten Ammoniak-Gases. Oft ist auch der Ammoniakgeruch deutlich wahrzunehmen. 9. Man erhitze etwas festes Bleinitrat im Glühröhrchen. Es entweichen braune Dämpfe von Stickstoffdioxyd. 10. Man erhitze etwas Kaliumnitrat im Reagensglas. Es schmilzt zunächst und gibt bei weiterer Steigerung der Temperatur langsam ein farbloses Gas ab, das durch einen glühenden Holzspan als Sauerstoff erkannt werden kann. Der Rückstand enthält neben unverändertem Nitrat Kaliumnitrit. Farbreaktionen: 11. Ein Tropfen verdünnter Salpetersäure werde mit 2 ml Wasser in einem Reagensglas verdünnt und mit etwa 2 ml einer frisch bereiteten, starken Lösung von Eisen(II)-sulfat versetzt. Dann lasse man bei schräg gehaltenem Glas vorsichtig an der Glaswand entlang etwa 1 ml konzentrierte Schwefelsäure zufließen. Man erhält an der Grenze der beiden Flüssigkeitsschichten eine braune Zone. Die Erscheinung beruht auf folgenden Vorgängen: Die Salpetersäure wird durch das Eisen(II)-sulfat zu S t i c k s t o f f o x y d reduziert, wobei sich Eisen(III)sulfat bildet. Das Stickstoffoxyd liefert mit überschüssigem Eisen(II)-sulfat ein tief dunkelbraun gefärbtes, wasserlösliches Anlagerungsprodukt: 2+
6+
2*3+
2+
6 F e S 0 4 + 2 H N 0 3 + 3 H 2 S 0 4 = 3Fe 2 (S0 4 ) s + 2NO + 4H s O NO + F e S 0 4 = [Fe(NO)]SO t . Die erste dieser Umsetzungen ist leichter als Ionengleichung zu übersehen: 3 F e 2 + + [NO.r + 4 H + = 3Fe 3 + + NO + 2 ^ 0 .
12. Unterschichtet man eine Nitrat-haltige Lösimg mit einer Lösung von Diphenylamin in konz. Schwefelsäure genauso wie oben, so erhält man an der Trennungsfläche eine tiefblaue Färbung. Diese beiden Reaktionen, sind nicht nur für Salpetersäure charakteristisch, sie werden vielmehr auch von s a l p e t r i g e r S ä u r e (vgl. S. 183) gegeben. Die Diphenylamin-Reaktion ist so empfindlich, daß schon die geringen Spuren von Salpetersäure und salpetriger Säure, die manchmal in konzentrierter Schwefelsäure enthalten sind, ihr Eintreten veranlassen können.
13. Man überzeuge sich durch einen Blindversuch", d. h. einen in gleicher Weise, aber ohne Zusatz von Salpetersäure angestellten Versuch von der Brauchbarkeit der Schwefelsäure. Für den Nachweis von Salpetersäure in der qualitativen Analyse eignet sich besonders die Probe mit Eisen(II)-sulfat.
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Kohlendioxyd und Kohlensäure Kohlendioxyd C0 2 ist ein farbloses Gas. Es entsteht beim Verbrennen von Kohlenstoff, bei der Zersetzung organischer Stoffe, im lebenden Organismus (die ausgeatmete Luft enthält Kohlendioxyd), ferner bei der Einwirkung von Säuren auf Carbonate. 1 Baumteil Wasser löst bei Zimmertemperatur etwa 1 Baumteil Kohlendioxyd von Atmosphärendruck. In dieser Lösung liegt der größte Teil des Kohlendioxyds im wesentlichen unverändert, „physikalisch" gelöst, vor; nur ein kleiner Teil reagiert mit Wasser gemäß C0 2 + H 2 0 = H C 0 3 - + H+. Wegen dieser Umsetzung reagiert die Lösung wie die einer schwachen Säure. Man stellt das oft so dar, als ob in den Lösungen eine schwache Säure, die Kohlensäure H 2 C0 3 , vorliege. Eine solche ist jedoch nicht darstellbar; bei dem Versuch, sie in konzentrierter Form zu erhalten, zerfällt sie wieder: H 2 C0 3 = C0 2 + H 2 0 . Während also Kohlensäure im freien Zustand nicht existiert, leiten sich doch zahlreiche Salze (Carbonate) vor ihr ab. Genannt seien z. B.: Natriumcarbonat (Soda) Na2COa, Kaliumcarbonat (Pottasche) K 2 C0 3 ; Calciumcarbonat (Kalkstein, Kreide, Marmor) CaC0 8 ; Zinkcarbonat (Zinkspat, Galmei) ZnC0 3 . Von den neutralen Carbonaten sind nur die der Alkalimetalle und des Ammoniums in Wasser leicht löslich. Mit schwach basischen Metallen entstehen in Gegenwart von Wasser nur b a s i s c h e Salze, während die am schwächsten basischen Metalle, so die meisten drei- und höherwertigen Metalle, überhaupt keine Carbonate bilden. Fast alle Carbonate zerfallen bei starkem Erhitzen in Oxyd und Kohlendioxyd, z. B.: CaC0 3 = CaO + C0 2 (vgl. dazu auch S.67); Ausnahmen: Natrium- und Kaliumcarbonat. Wichtig sind die s a u r e n S a l z e der Kohlensäure; man bezeichnet sie nach der offiziellen Nomenklatur (vgl. S. 51 u. 54ff.) als Hydrogencarbonate, weil sie noch Wasserstoff enthalten. Viel in Gebrauch ist die Bezeichnung „ B i c a r b o n a t o " , die zum Ausdruck bringen soll, daß in ihnen pro Äquivalent Basenrest die doppelte Menge Säurerest enthalten ist wie in den neutralen Salzen: z. B. NaHCOg, Ca(HC0 3 ) 2 . Das letztgenannte Salz ist im Gegensatz zum neutralen Carbonat CaC0 3 in Wasser verhältnismäßig leicht löslich, aber nur bei einem gewissen Kohlensäureüberschuß in der Lösung beständig. Kocht man die Lösung, so entweicht Kohlendioxyd, und das neutrale Carbonat fällt aus: Ca(HCO s )j = CaC0 3 + H 2 0 + C0 2 . Entsprechend verhält sich die Magnesiumverbindung. ImFluß- und Quellwasser sind Calcium und Magnesium zum Teil als Hydrogencarbonate gelöst enthalten (neben anderen Salzen des Calciums und Magnesiums bedingen sie die „ H ä r t e " des Wassers) und fallen beim Stehenlassen oder Aufkochen des Wassers aus (Kesselschlamm). Auch f e s t e s Natriumhydrogencarbonat gibt schon beim gelinden Erhitzen Kohlendioxyd und Wasser ab: 2 NaHCOg = Na 2 C0 3 + H a O + CO a .
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Kohlendioxyd und Kohlensäure
1. Eine Spatelspitze Calciumcarbonat werde im Reagensglas mit verdünnter Salzsäure Übergossen. Unter starkem Aufschäumen entweicht K o h l e n d i o x y d . Ein in das Glas hineingehaltenes Stück feuchtes Lackmuspapier wird rot. Ein brennender Holzspan erlischt. 2. I n dem kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 13, S. 20) werde ein Stückchen Marmor mit Salzsäure Übergossen; der Kork werde schnell aufgesetzt und das entweichende Gas in ein Reagensrohr geleitet, auf dessen Boden sich etwa 1 ml Natronlauge befindet; das Glasrohr soll in diese nicht eintauchen. Nach einer Minute etwa werde das Reagensglas von dem Gasentwicklungsapparat entfernt, schnell mit dem Daumen verschlossen und tüchtig geschüttelt. Beim Wegnehmen des Daumens merkt man einen Widerstand und hört Luft in das Glas treten; das Kohlendioxyd ist beim Schütteln von der Natronlauge absorbiert worden, wobei sich Natriumcarbonat gebildet hat. 2NaOH + C0 2 = Na2C03 + H 2 0 . 3. J e t z t werde das Gasableitungsrohr des Apparates abgespült, die Kohlendioxydentwicklung im Kölbchen durch Zugabe von etwas Salzsäure wieder in Gang gebracht und das Ableitungsrohr in ein neues Reagensglas getaucht, das zum Drittel mit stark verdünntem Kalkwasser gefüllt ist. Es entsteht ein flockiger Niederschlag von C a l c i u m c a r b o n a t , der sich bei längerem Einleiten als H y d r o g e n c a r b o n a t Ca (HCO3 ) 2 löst. Ca(OH)2 + C0 2 = CaC03 + H 2 0 CaC03 + H 2 0 + C0 2 = Ca(HC0 3 ) 2 . 4. Kocht man diese Lösung einige Zeit, so t r ü b t sie sich wieder unter Ausscheidung von Calciumcarbonat CaCOg. 5. Man erhitze in einem mit Gasentbindungsrohr versehenen Glasrohr etwas Natriumhydrogencarbonat ganz gelinde und weise das gebildete Kohlendioxyd durch die Einwirkung auf Kalkwasser nach. 6. Zum Nachweis kleiner Mengen Kohlendioxyd kann m a n verschiedene Versuchsanordnungen benutzen. Z. B. kann man so vorgehen, daß man die zu prüfende Substanz (eine stecknadelkopfgroße Menge Natriumcarbonat oder Kreide) in ein Reagensglas bringt und einen Tropfen verdünnter Salzsäure zugibt, worauf Kohlendioxyd unter schwachem Aufbrausen entweicht. N u n wird ein Glasstab, an dessen Ende ein Tropfen Kalkwasser oder besser Barytwasser (Ba(OH) 2 ) hängt, senkrecht vorsichtig in das Reagensglas so eingeführt, daß er die Wände nicht berührt. Zweckmäßig läßt man ihn, wie die Figur 19 a zeigt, an dem Zeigefinger der linken H a n d hinabgleiten, wodurch eine ruhige Führung des Glasstabes erreicht wird. Wenn der Stab tief genug eingetaucht ist, kommt der Tropfen in die kohlendioxydhaltige Luftschicht und t r ü b t sich. Dies ist eine empfindliche Probe auf Kohlendioxyd. 7. Sehr empfindlich ist auch die folgende P r ü f u n g auf t r o c k n e m W e g e : Man bringt die zu prüfende Probe in ein nach S. 13 hergestelltes Röhrchen (A) von etwa 5 mm Durchmesser und zieht dieses zu
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einer Spitze aus, die etwas seitlich abgebogen ist (vgl. Fig. 19b). Dann füllt man ein zweites Röhrchen (B) mit einem Tropfen Barytwasser, steckt die Spitze von A in B und erhitzt die Probe einige Zeit, wobei man sie mittels B hält. Dann schüttelt man sofort das Röhrchen B für sich allein kräftig durch. Um sicher zu sein, daß die beobachtete Trübung nicht von etwaigem S 0 3 aus Sulfaten herrührt, prüfe man, ob sich der Niederschlag mit Salzsäure löst. 8. U m das in der ausgeatmeten Luft enthaltene Kohlendioxyd nachzuweisen, blase man dieAusatmungsluft zwei- bis dreimal langsam mit einem Glasrohr durch ein zu zwei Dritteln mit Barytwasser gefülltes Reagensglas. Figur 19. Ausführungsformen des COo-Nachweises
9. Kohlendioxyd ist schwerer als atmosphärische Luft. Man entwickele in einem Reagensglas aus Natriumcarbonat und ganz wenig Salzsäure etwas Kohlendioxyd und gieße dieses Gas, als ob es eine Flüssigkeit sei, langsam in ein zweites Reagensglas. Dann weise man in letzterem das Kohlendioxyd mit dem Barytwassertropfen nach. Sch wefelwasserstoff Schwefelwasserstoff H 2 S ist ein farbloses, unangenehm riechendes Gas, das mit blauer Flamme zu Schwefeldioxyd verbrennt: 2H 2 S + 3 0 2 = 2 H 2 0 + 2 S 0 2 . Schwefelwasserstoff ist ein s e h r s t a r k e s G i f t , das besonders gefährlich ist, weil es in höherer Konzentration die Geruchsnerven betäubt. Man arbeite mit dem Gas nur unter einem g u t z i e h e n d e n A b z u g im Stinkraum. In W a s s e r ist Schwefelwasserstoff etwas löslich; die unter 1 Atm. gesättigte Lösung, „Schwefelwasserstoffwasser", enthält nur etwa 0,5% Schwefelwasserstoff, ist also etwas stärker als 0,1 molar. Die Lösung reagiert schwach s a u e r , weil ein geringer Teil des gelösten Schwefelwasserstoffs in die Ionen: H+, H S - und in ganz untergeordnetem Maße in S 2 - zerfällt. Schwefelwasserstoffsäure ist also eine schwache Säure. Als sauerstofffreie Säure kann sie — ebenso wie die Salzsäure — kein Anhydrid bilden. Schwefelwasserstoff ist ein R e d u k t i o n s m i t t e l . Bei seiner Oxydation geht der zweifach negative Schwefel in den elementaren, ungeladenen Zustand über.
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Sämtliche Metalle lassen sich mit Schwefel zu den Sulfiden verbinden. Diese können als Salze der Schwefelwasserstoffsäure aufgefaßt werden; andererseits zeigen sie manche Beziehung zu den Oxyden (Schwefel steht im Perioden-System unter dem Sauerstoff!); manche haben metallähnliche Eigenschaften, Metallglanz und elektrische Leitfähigkeit (z. B. Pyrit FeS2, Bleiglanz PbS). Die Sulfide einiger S c h w e r m e t a l l e , z. B. von Kupfer, Blei, Quecksilber, Zinn, können durch Einwirkung von Schwefelwasserstoffwasser auf die Lösungen von Salzen dieser Metalle hergestellt werden; dabei scheiden sich die in Wasser schwer löslichen Sulfide in fester Form aus, während die Säure des angewandten Salzes in Freiheit gesetzt wird, z.B.: CuS0 4 + H 2 S = CuS + H 2 S0 4 Auf Grund der verschiedenen Löslichkeit ihrer Sulfide lassen sich die Metalle in einzelne Gruppen scheiden; hiervon macht man in der analytischen Chemie Gebrauch (vgl. dazu S. 155/166). Leitet man Schwefelwasserstoffgas in A m m o n i a k - L ö s u n g bis zur Sättigung ein, so bildet sich Ammoniumhydrogensulfid (oder Ammoniumbisulfid), das saure Ammoniumsalz der Schwefelwasserstoffsäure. Wird zu der Ammoniumhydrogensulfid-Lösung noch einmal eine gleiche Menge Ammoniak-Lösung gesetzt, wie sie vorher mit dem Schwefelwasserstoff gesättigt wurde, so kann man denVorgang vereinfachend als Bildung neutralen Ammoniumsulfids formulieren. NH 3 + H 2 S = NH 4 SH NH 4 SH + NH S = (NH 4 ) 2 S . Die zunächst farblose Ammoniumsulfid-Lösung wird an der Luft durch Oxydation bald gelb, indem sich „ P o l y s u l f i d e " des Ammoniums bilden, d.h. Salze der Säuren H,S 2» H j S j usw. 2(NH 4 ) 2 S~+ 0° = 4NH 3 + 2 H 2 0 + 2S° (NH 4 ) 2 S + S = (NH 4 ) 2 S 2 bzw. (NH 4 ) 2 S + 2 S = (NH 4 ) 2 S 3 usw. Ammoniumsulfid- und -polysulfid-Lösungen, früher oft als „ f a r b l o s e s " bzw. „ g e l b e s S c h w e f e l a m m o n i u m " bezeichnet, sind wichtige Reagentien. Ammoniumsulfid fällt außer den meisten auch durch Schwefelwasserstoff ausfällbaren Metallen noch manche andere Schwermetalle als Sulfide, so z. B. Eisen (vgl. S. 141/142). FeS0 4 + (NH 4 ) 2 S - FeS + (NH 4 ) 2 S0 4 . Beim S c h m e l z e n eines beliebigen schwefelhaltigen Stoffes m i t N a t r i u m c a r b o n a t u n d K o h l e entsteht — wenn nötig, unter dem reduzierenden Einfluße der Kohle — N a t r i u m s u l f i d , z. B.: CuS0 4 + Na 2 C0 3 = CuO + C0 2 + Na 2 S0 4 «+ ±o 2a+ Na 2 S0 4 + 4 0 = Na 2 S + 4 C 0 . Auf dieser Umsetzung beruht die wichtige „ Jfepar"-Reaktion für den Nachweis von Schwefel in beliebigen Verbindungen. Alle Arbeiten mit Schwefelwasserstoff und Ammoniumsulfid sind u n t e r d e m A b z u g o d e r im S c h w e f e l w a s s e r s t o f f r a u m v o r z u n e h m e n !
1. In den kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 13, S. 20) werden etwa fünf erbsengroße Stücke Eisensulfid gegeben und mit etwas verdünnter Salzsäure eben Übergossen; zweckmäßig gibt man ein wenig
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konzentrierte Salzsäure hinzu und erwärmt, wenn nötig, so lange, bis die Gasentwicklung in Gang kommt. FeS + 2 HCl = FeCl2 + H 2 S .
Das entweichende Gas werde zuerst in etwas Wasser ( 1 / 3 Reagensglas voll) geleitet. Nach einiger Zeit werde ein zweites Reagensglas, das zu einem Fünftel mit Ammoniak-Lösung gefüllt ist, vorgelegt. Zuletzt werde das Gas, nachdem das Ableitungsrohr abgetrocknet ist, in ein drittes Reagensglas geleitet, in dem einige Milliliter konzentrierter Schwefelsäure enthalten sind. Im ersten Glas bildet sich S c h w e f e l w a s s e r s t o f f W a s s e r , im zweiten A m m o n i u m s u l f i d - (bzw. Ammoniumhydrogensulfid-)Lösung. Im dritten scheidet sich ein feiner weißlicher Niederschlag von S c h w e f e l ab, dessen Entstehen sich dadurch erklärt, daß der sechsfach positiv geladene Schwefel der Schwefelsäure durch den doppelt negativ geladenen Schwefel des Schwefelwasserstoffs reduziert wird, wobei beide in elementaren, d. h. ungeladenen Schwefel übergehen: H 2 S0 4 + 3H 2 S = 4 H 2 0 + 4S° .
Schwefelwasserstoff kann also nicht mit Schwefelsäure getrocknet werden! 2. Man versetze einige Tropfen alkoholischer Jod-Lösung mit Schwefelwasserstoff-Wasser. Unter R e d u k t i o n des Jods zu Jodwasserstoff tritt Entfärbung und eine milchige Trübung durch abgeschiedenen Schwefel ein. «- ±0 1 - ±o H 2 S + J 2 = 2HJ + S .
3. Zu Kupfersulfat-, Bleiacetat-1) und Zinn(II)-cMorid-Lös\mg gebe man Schwefelwasserstoff-Wasser. Es fallen die entsprechenden S u l f i d e aus, die alle dunkel gefärbt sind. CuS0 4 + H 2 S = CuS + H 2 S0 4 Pb(CHaCOa)2 + H a S = PbS + 2CH S C0 2 H SnCla + H 2 S = SnS + 2 HCl .
4. Dieselben Niederschläge entstehen auch, wenn die MetallsalzLösungen schwach angesäuert sind. Dagegen wird aus einer schwach mit Salz- oder Schwefelsäure angesäuerten Probe Kobalt- oder ZinksalzLösung durch Schwefelwasserstoff n i c h t s gefällt. 5. Von dem bereiteten Ammoniumsulfid setze man je ein paar Tropfen zu etwas Kupfer-, Kobalt- und Zinksalz-Lösimg. Aus allen drei Lösungen fallen die S u l f i d e aus. CuS0 4 + (NH 4 ) 2 S = CuS + (NH 4 ) 2 S0 4 CoCL, + (NH 4 ) 2 S = CoS + 2NH 4 C1 ZnS0 4 + (NH 4 ) 2 S = ZnS + (NH 4 ) 2 S0 4 .
Man notiere und merke sich die Farben dieser und der oben hergestellten Sulfide. J ) Acetate sind Salze der Essigsäure CH 3 C0 2 H; von den vier Wasserstoffatomen besitzt nur das an letzter Stelle geschriebene sauren Charakter.
B i l t i , K l e m m , F i s c h e r , Einführung, 60. Aufl.
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Phosphorsäure. Saure Salze
6. Ein Tropfen AmmoniuTnsulfid-Löaxmg werde auf eine Silbermimze gebracht; es entsteht nach kurzer Zeit ein braunschwarzer Fleck von S i l b e r s u l f i d Ag 2 S. Dabei wirkt der Sauerstoff aus der Luft mit: 2 (NH4)2S + 4 Ag + 0° = 2 Ag2S + 4 NH 3 + 2 H 2 0 . 7. Man gebe ein Tröpfchen Ammoniumsulfid-Lö$,\mg zu einigen Millilitern einer frisch bereiteten, äußerst verdünnten Lösung des kompliziert zusammengesetzten Natriumnitroprussids (vgl. dazu Seite 131); die Lösung nimmt bald eine prächtige R o t v i o l e t t - F ä r b u n g an, die später verblaßt. Diese Umsetzung, der Geruoh und die Fähigkeit, „Bleipapier", d. h. ein mit Bleisalz-Lösung befeuchtetes Papier, zu schwärzen, dienen zum Nachweis von Schwefelwasserstoff. 8. Zum Nachweis von Schwefel in einer beliebigen Verbindung, etwa Kupfersulfat, mittels der ,,Hepar''-Reaktion verfährt man folgendermaßen: Ein Körnchen des Salzes werde mit einer Spatelspitze wasserfreien Natriumcarbonats gemischt; die Mischung werde auf einem Stück Holzkohle in der reduzierenden Lötrohrflamme geschmolzen. Um ein Fortblasen des Pulvers zu verhindern, kann man die Mischung vor dem Glühen mit einem Tröpfchen Wasser befeuchten. Nach dem Erkalten werde der Schmelzkuchen auf eine Silbermünze gelegt, mit Wasser befeuchtet und mit einem Spatel oder Glasstab zerdrückt. In kurzer Zeit bildet sich ein am Silber fest haftender braunschwarzer Fleck von Silbersulfid. Man kann auch den wäßrigen Auszug der Schmelze mit Natriumnitroprussid prüfen.
Phosphorsäure. Saure Salze Phosphorsäure. Beim Verbrennen von Phosphor entsteht Phosphor(V)-oxyd P 2 0 5 (oder Diphosphorpentoxyd, abgekürzt Phosphorpentoxyd genannt), das durch geringe Mengen Phosphor(III)-oxyd P 2 0 3 (oder Diphosphortrioxyd, abgekürzt Phosphortrioxyd) verunreinigt ist. Phosphor(V)-oxyd ist das Anhydrid einer ganzen Reihe von Phosphorsäuren. Phosphorsäure schlechthin ist die Ortho-1) oder Monophosphorsäure H s P0 4 , die mit P 2 0 6 durch die Gleichung P2Oä + 3H 2 0 = 2H S P0 4 verbunden ist. Diese Orthophosphorsäure stellt in reiner Form einen farblosen, kristallinen Stoff dar, der bei 42° zu einem zähen öl schmilzt. Beim stärkeren Erhitzen geht sie zunächst unter HaO-Abgabe (Kondensation) in die Diphosphorsäure (früher als Pyrophosphorsäure1) bezeichnet) über: 2H 3 P0 4 — H 2 0 = H 4 P 2 0 7 ; bei noch höherem Erhitzen bilden sich noch wasserärmere Polyphosphorsäuren. Über diese sowie über die sogenannten Metaphosphorsäuren1) vgl. S. 184 ff. Phosphor-(V)-oxyd läßt sich durch Erhitzen von Phosphorsäuren nicht gewinnen. *) Das Präfix „ortho" wird auch sonst in der anorganischen Chemie gelegentlich zur Bezeichnung der Säure, die am meisten Wasser aufgenommen hat, und für
Phosphorsäure. Satire Salze
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In w ä ß r i g e r L ö s u n g spaltet die Orthophosphorsäure nur ein Wasserstoffion in erheblichem Umfange ab; in bezug auf die Reaktion H 3 P0 4 = H+ + [H 2 P0 4 ]ist sie als eine m ä ß i g s t a r k e Säure anzusehen. Dagegen erfolgt die Abspaltung des zweiten und namentlich die des dritten H+-Ions nur in sehr geringem Umfang. (H 2 P0 4 ) _ ist eine s c h w a c h e , ( H P 0 4 ) 2 - eine ä u ß e r s t s c h w a c h e Säure. Eine derartige y^tufenweise Dissoziation" findet man bei allen mehrwertigen Säuren und Basen (vgl. auch S. 87). So ist z. B. Schwefelsäure in bezug auf die Dissoziation H 2 S0 4 = H+ + HS04~~ eine sehr starke, in bezug auf die Dissoziation H S 0 4 - = H+ + S 0 4 a _ dagegen nur eine mittelstarke Säure. Salze der Phosphorsäure; allgemeines über saure Salze. Im Gegensatz zur Salzsäure haben Säuren wie H 2 S0 4 , H 3 P0 4 , H 4 P 2 0 7 u. a. mehrere durch Metall ersetzbare Wasserstoffatome. Sie bilden daher neben den neutralen Salzen, wie K 2 S0 4 , Na 3 P0 4 , bei denen alle Wasserstoffatome durch Metall ersetzt sind, auch die S. 17 bereits erwähnten sauren Salze. Wir nannten: NaHS0 4 , Na 2 HP0 4 , Ca(HC0 3 ) 2 . Handelt es sich um eine zweiwertige Säure 1 ), so gibt es nur eine Art von sauren Salzen, die man am korrektesten als „Hydrogen"-Sulfate, -Carbonate usw. bezeichnet (vgl. dazu S. 45). Oft wird, wie bereits erwähnt, auch die Bezeichnung „Bi"-Sulfate, -Carbonate usw. benutzt. Bei den dreiwertigen Säuren, wie H 3 P0 4 , gibt es zwei Reihen von sauren Salzen, zu deren Unterscheidung man vielfach die Worte „primär" und „sekundär" verwendet; die entsprechenden neutralen Salze bezeichnet man als „tertiär". NaH 2 P0 4 primäres Natriumphosphat (Mononatriumdihydrogenphosphat 2 ) Saure Salze Ca(H 2 P0 4 ) 2 primäres Calciumphosphat Na 2 HP0 4 sekundäres Natriumphosphat (Dinatriummonohydrogenphosphat 2 ) CaHP0 4 sekundäres Calciumphosphat Neutrale i Na 3 P0 4 tertiäres Natriumphosphat (Trinatriumphosphat) 8 Salze ) \ Ca 3 (P0 4 ) 2 tertiäres Calciumphosphat Sekundäre Phosphate enthalten also immer die Gruppe (HP0 4 ) 2 - , primäre die Gruppe (H 2 P0 4 )~. Durch Erhitzen der sauren Salze erhält man unter Wasseraustritt Salze der wasserärnteren Säuren. So gehen H y d r o g e n s u l f a t e in Disulfate über, z. B.: Erhitzen
„
„
„
„
Ä
2KHS04 >- H 2 0 + K 2 S 2 0 7 . Bei der P h o s p h o r s ä u r e liefern die sekundären Salze beim Erhitzen Diphosphate: 2 Na 2 HP0 4 ->- H 2 0 + Na 4 P 2 0 7 . deren Derivate verwendet; die Präfixe „ p y r o " und „ m e t a " dienen in einigen Fällen zur Kennzeichnung von wasserärmeren Säuren, vgl. z. B. S. 26 „Pyroschwefelsäure". Die Bezeichnung „pyro" rührt daher, daß man z. B. „Pyrosulfate" durch Erhitzen von sauren Sulfaten erhält, siehe S. 51; sie wird aber jetzt nur noch vereinzelt benutzt. 1 ) Einwertige Säuren, wie HCl usw., bilden überhaupt keine sauren Salze. Allerdings kennt man Verbindungen, wie z. B. KHF 2 ; dieses muß man aber als ein Anlagerungsprodukt von HF an K F ansehen. 2 ) Das „Mono" kann in derartigen Namen wegbleiben; es genügt „Natriumdihydrogenphosphat" bzw. „Dinatriumhydrogenphosphat". 8 ) Vgl. aber S. S5ff. über Hvdrolvse! 4*
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Phosphorsäure. Saure Salze
Das Verhalten der primären Salze ist verwickelter; Näheres s. S. 184ff. Tertiäre Phosphate verändern sich beim Erhitzen nicht. — Die A m m o n i u m salze der Phosphorsäure verhalten sich anders als die Salze von nicht flüchtigen Basen, weil sie beim Erhitzen NH 3 abgeben; vgl. z. B. unten bei Phosphorsalz. Außer den Phosphaten der Alkalimetalle sind fast alle neutralen Phosphate in Wasser unlöslich; in starken Säuren hingegen lösen sie sich fast ausnahmslos. Unter „ N a t r i u m p h o s p h a t " schlechthin versteht man das sekundäre Salz Na 2 HP0 4 . „ P h o s p h o r s a l z " ist Na(NH 4 )HP0 4 ; es gibt beim Erhitzen außer Wasser auch Ammoniak ab; die dabei entstehende Schmelze („PhosphorsalzPerle") hat die Fähigkeit, M e t a l l o x y d e aufzulösen, wobei in vielen Fällen charakteristisch g e f ä r b t e G l a s f l ü s s e entstehen, die beim Abkühlen nicht kristallisiert, sondern glasig erstarren.
1. Unter dem Abzug werde gemäß Fig. 20 ein Porzellantiegeldeckel — mit dem Griff nach unten — in eine Abdampfschale gelegt und auf ihn so viel roter Phosphor gebracht, wie eine Erbse ausmacht. Durch Berühren mit einer Flamme werde der Phosphor entzündet, worauf man sofort einen trockenen Trichter über die Flamme in die Abdampfschale stellt; an der einen Seite schiebe man zwischen Trichter und Schale ein Streichholzstückchen, damit ein Spalt bleibt, durch jden die zur Verbrennung nötige Luft eintreten kann. Der Phosphor verbrennt langsam, und weißes P h o s p h o r (V)-oxyd setzt sich im Konus und im Rohr des Trichters ab, während auf dem Tiegeldeckel eine rote Masse, die niedere Oxyde des Phosphors enthält, zuFigur 20. rückbleibt. Das Phosphor (V)-oxyd werde mit Phosphor - Verbrennung etwas Wasser vom Trichter in die Schale gespült; es löst sich sofort unter Zischen auf, weil es sich mit Wasser sehr energisch verbindet 1 ). Monophosphorsäure. 2. Wenige Tropfen einer Natriumphosphat-Lösung werden mit einigen Tropfen verd. Salpetersäure angesäuert und dann mit etwa 2—3 ml, also relativ viel einer speziell zusammengesetzten Ammonium,molybdat-Liös\m.g (vgl. Anhang S. 201) versetzt. Die Lösung färbt sich gelb; bei schwachem Erwärmen entsteht allmählich als feinkörniger, gelber, schwerer Niederschlag das A m m o n i u m s a l z d e r M o l y b d a t o p h o s p h o r s ä u r e (NH 4 ) 3 [P(Mo 3 O, 0 ) 4 ] 2 ). Bei Gegenwart größerer Phosphorsäuremengen erscheint der Niederschlag auch schon bei Raumtemperatur. Bei der Ausführung der Umsetzung ist wichtig, daß eine reichliche Menge der Ammoniummolybdat-Lösung, die viel 1 ) Mit dem in der Luft enthaltenen Wasserdampf verbindet sich Phosphor(V)oxyd ebenfalls. Solche Stoffe bezeichnet man als h y g r o s k o p i s c h , vgl. dazu S. 76. 2 ) In der Molybdatophosphorsäure, die zu den sogenannten „ H e t e r o p o l y s ä u r e n " (vgl. S. 197) gehört, ist jedes 0 2 ~-Teilchen der Phosphorsäure durch eine (Mo s 0 10 ) 2_ -Gruppe ersetzt.
Namen anorganischer Stoffe
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Salpetersäure und Ammoniumnitrat enthält, zugesetzt wird; ferner darf nicht zu stark erhitzt werden, weil sonst Molybdänsäure ausfallen kann. Der Molybdatophosphat-Niederschlag löst sich leicht in Ammoniak-Lösung zu einer farblosen Lösung. Wichtige und quantitative Fällung der Phosphorsäure aus s a u r e r Lösung! 3. Wenige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit ebensoviel konzentrierter Salzsäure vermischt; dazu werde die gleiche Menge Magnesiumchlorid-~Löaung gesetzt. Dann gebe man Ammoniak-Lösung hinzu, bis die Lösung auch nach dem Umschütteln noch deutlich danach riecht. Es fällt — aus stark verdünnter Lösung erst nach einiger Zeit — A m m o n i u m m a g n e s i u m p h o s p h a t 1 ) aus. Der Zusatz von Salzsäure dient zur Bildung von etwas Ammoniumchlorid, das ein Ausfallen von Magnesiumhydroxyd aus der ammoniakalischen Lösung verhindert (Näheres vgl. S. 90/91). Wichtige und quantitative Fällung der Phosphorsäure aus a m m o n i a k a l i s c h e r Lösung! Na 2 HP0 4 + MgCL, + NH» = NH 4 MgP0 4 + 2NaCl .
Ammoniummagnesiumphosphat geht beim Glühen in Magnesiumdiphosphat über. 2NH1MgP01 = Mg2P207 + 2NHa + H 2 0 . 4. Wenige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit etwas Silbernitrat-Lösung versetzt. Es fällt gelbes S i l b e r m o n o p h o s p h a t Ag 3 P0 4 aus. Der Niederschlag ist sowohl in Salpetersäure als auch in Ammoniak-Lösung löslich. 5. Phosphorsalz-Perle. Man tauche das heiße Ende eines Magnesiastäbchens in etwas Phosphorsalz und schmelze das haften gebliebene Salz in dem heißesten Teile der Bunsenbrennerflamme, bis eine klare Schmelze entstanden ist, aus der sich keine Blasen mehr entwickeln. An diese Perle bringe man sehr wenig von dem Oxyd oder einem Salz eines der Metalle Kupfer, Kobalt, Nickel, Eisen und erhitze die Perle nochmals einige Zeit zum Schmelzen. Man beachte die Farbe der Perle in der Hitze und während des Abkühlens und wiederhole den Versuch mit neuen Perlen und den Salzen der anderen Metalle.
Namen anorganischer Stoffe In der anorganischen Chemie lag bisher für den Lernenden eine besondere Schwierigkeit darin, daß für ein und denselben Stoff verschiedene Namen verwendet wurden. Dies ist aus der historischen Entwicklung zu erklären. Da dieser Zustand jedoch zu Schwierigkeiten und Mißverständnissen führte, sind 1940 von der I n t e r n a t i o n a l e n U n i o n für Chemie R i c h t s ä t z e für die B e n e n n u n g anorganischer V e r b i n d u n g e n aufgestellt worden. Die Anwendung dieser l ) Dieses Salz kristallisiert mit 6 Molekeln Kristallwasser; hier und in anderen Fällen ist dies in den Formeln nicht zum Ausdruck gebracht, um den Anfänger nicht unnötig zu belasten.
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Namen anorganischer Stoffe
internationalen Nomenklaturregeln wird u. a. auch das Studium fremdsprachiger Literatur sehr erleichtern. Es ist mit Nachdruck anzustreben, daß sich diese Bezeichnungen allgemein durchsetzen. Sie sind daher auch dieser Einführung zugrunde gelegt worden. Damit sich der Studierende aber auch in solchen Büchern und Arbeiten zurechtfindet, in denen noch andere Nomenklaturen verwendet werden, sind auch diese kurz berücksichtigt. A. Wir beginnen mit den einfachsten Verbindungen aus je zwei die sich in verschiedenem Mengenverhältnis verbinden. 1. Veraltet sollten:
Atomarten,
sind folgende Bezeichnungen, die nicht mehr verwendet werden
a) Man bezeichnet die h ö h e r w e r t i g e Verbindung als O x y d bzw. C h l o r i d (Bromid usw.), die n i e d e r w e r t i g e als O x y d u l , C h l o r ü r (Bromür usw.): Fe 2 0 3 FeCl 3 CuO CuBr 2
Eisenoxyd Eisenchlorid Kupferoxyd Kupferbromid
FeO FeCl2 Cu 2 0 CuBr
Eisenoxydul Eisenchlorür Kupferoxydul Kupferbromür
b) Man hängt an den abgekürzten l a t e i n i s c h e n Namen des 'Totalis bei der höherwertigen Form ein i, bei der niederwertigen ein o: FeClj CuO
Ferri chlorid Cuprioxyd
2. Nach den Internationalen gewendet werden:
FeCl2 Cu 2 0
Richtsätzen
Ferrochlorid Cuprooxyd
sollen folgende Bezeichnungen an-
a) Insbesondere f ü r Verbindungen aus Metall- und Nichtmetallatomen, ist folgende Bezeichnungsart geeignet, die auf einen Vorschlag von A. S t o o k zurückgeht: Die E l e k t r o v a l e n z z a h l (Oxydationszahl) des betreffenden Elements wird durch eine an seinen Namen unmittelbar angehängte römische Ziffer bezeichnet, z. B. FeCl 2 Eisen(II)-chlorid (sprich: Eisen-zwei-chlorid); FeCl s Eisen(III)-chlorid; Cr a O, Chrom(III)-oxyd. b) A l l g e m e i n a n w e n d b a r , d. h. sowohl f ü r Salze als auch f ü r Verbindungen, die nur aus Nichtmetallatomen bestehen, ist die Bezeichnung der Zahl der Atome in der Molekel durch vorgesetzte griechische Z a h l w ö r t e r ; das Vorwort „Mono" wird dabei in der Regel weggelassen: N20 NO N203 N02 N204 N205
Distickstoff(mon)oxyd Stickstoffoxyd Distickstofftrioxyd Stickstoffdioxyd Distickstofftetroxyd Distickstoffpentoxyd
PC16 PC1S Ag 2 F Fe(CO)6
Phosphorpentachlorid Phosphortrichlorid Disilberfluorid Eisenpentacarbonyl
Neben diesen „ s t ö c h i o m e t r i s c h e n " können auch „ f u n k t i o n a l e " Benennungen angewandt werden, z. B.: N 2 0 8 Salpetrigsäureanhydrid N 2 0 5 Salpetersäureanhydrid
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Namen anorganisoher Stoffe
B. Bei Salzen von Sauerstoffsäuren pflegt man den meist lateinisch gewählten Namen der Säure mit der Endung „ a t " an das Metall anzuhängen. Natriumsulfat Na 2 S0 4 Ammonium magnesium phosphat (NH 4 )MgP0 4 Kaliumdisulfat K 2 S 2 0 7 Calciumnitrat Ca(N0 3 ) 2 Ammoniumcarbonat (NH 4 ) 2 C0 3 Kaliumjodat K J O s Leiten sich von einem Nichtmetall mehrere sauerstoffhaltige Säuren mit v e r s c h i e d e n e m L a d u n g s z u s t a n d des betreffenden säurebildenden Elements ab, so werden die Salze der praktisch wichtigsten Säure, die meist, aber nicht immer, die sauerstoffreichste ist, durch die Endung „ a t " gekennzeichnet. Für sauerstoffarmere wird die Endung „ i t " benutzt, die außerordentlich unglücklich gewählt ist, da sie Verwechslungen mit der Endung „ i d " f ü r die Salze der sauerstofffreien Säuren zuläßt:
e+ H 2 so 4
Schwefelsäure
Na 2 S0 4
Natriumsulfat
h24so3
Schweflige Säure
Na 2 S0 3
Natriumsulfit
Schwefelwasserstoff
Na 2 S
Natriumsulfid
Salpetersäure
Mg(N0 3 ) 2 Magnesiumnitrat
Salpetrige Säum
Mg(N0 2 ) 2 Magnesiumnitrit
Ammoniak
Mg3N2
2aber H 2 S 6+
HNOj »+ 2 hno
aber NH 3
Magnesiumnitrid
Manchmal ist noch eine weitere Unterteilung notwendig: Perchlorsäure
KC10 4
Kaliumperohiorat
Chlorsäure
KC10 a
Kaliumohlorat
HC10 2
Chlorige Säure
KC10 a
Kaliumchlorit
HCIO
Hypochlorige Säure
KCIO
Kaliumhypochlorit
Chlorwasserstoff
KCl
Kaliumchlorid.
HCÌ0 4 G+
HCIO3 3+
aber HCl
Nicht zu verwechseln mit diesen Säurereihen, die sich in der Elektrovalenzzahl des betreffenden säurebildenden Elementes unterscheiden, sind solche, die sich bei g l e i c h e r Elektrovalenzzahl nur im W a s s e r g e h a l t unterscheiden, wie z. BOrtho-, Di-, Poly-, Meta-Phosphorsäure; vgl. dazu S. 50 u. 184ff. Über die Benennung s a u r e r S a l z e vgl. S. 61. Bedauerlich ist, daß die in Apotheken noch gebrauchten lateinischen Namen Verwechslungen begünstigen; so heißt z. B. Kaliumchlorid KCl dort „Kalium ohloratum", Kaliumohiorat KC10 3 dagegen „Kalium chloricum".
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Metallyerbindungen, erster Teil Für die Anordnung des Folgenden ist im wesentlichen das Perioden-System zugrunde gelegt (vgl. am Ende des Buches). Auf das Perioden-System können wir zwar im einzelnen nicht eingehen; es sei aber mit größtem Nachdruck darauf hingewiesen, daß der Studierende schon in den ersten Wochen seines Studiums dieses System unbedingt in sich aufnehmen muß, da es die Grundlage sowohl des Lernens als auch der Forschung in der anorganischen Chemie ist. I n den folgenden Abschnitten werden zunächst die wichtigeren Metalle und ihre Verbindungen besprochen, während am Schluß des Buches einige kurze Angaben über die weniger wichtigen und zum Teil selteneren Metalle folgen.
Alkalimetalle und Ammonium Die Alkalimetalle, L i t h i u m Li, N a t r i u m Na, K a l i u m K, R u b i d i u m R b und C a e s i u m Cs, sind weiche Stoffe von silberweißer Farbe und metallischem Aussehen. Sie besitzen eine außerordentlich große Neigung, sich zu oxydieren. Infolgedessen überziehen sie sich an der Luft sofort mit einer Kruste von Hydroxyd und Carbonat. Man hebt sie deshalb meist in sauerstofffreien Flüssigkeiten, am besten in Petroleum, auf. Lithiummetall ist der leichteste aller bei Zimmertemperatur festen Stoffe (Dichte 0,53). Rubidium und Caesium sind schwerer als Wasser. Die Alkalimetalle bilden nur einfach positiv geladene Ionen. Sie zerlegen Wasser unter Wasserstoffentwicklung und Bildung der Hydroxyde. Diese Hydroxyde sind die stärksten Basen, die wir kennen; sie setzen sich mit gasförmigem Kohlendioxyd zu den Carbonaten um. Die Mehrzahl der Salze der Alkalimetalle, so z. B. die C h l o r i d e , N i t r a t e , S u l f a t e , sind in Wasser sehr leicht löslich; auch die C a r b o n a t e und P h o s p h a t e , mit Ausnahme derer des Lithiums, lösen sich leicht in Wasser. Salze von so geringer Löslichkeit wie etwa das Bariumsulfat oder die Schwermetallsulfide bilden die Alkalimetalle überhaupt nicht. Wegen dieses Mangels an schwer löslichen Verbindungen bereitet in der Analyse die Abscheidung der Alkalimetalle gewisse Schwierigkeiten. Alle Alkalimetalle und ihre Verbindungen färben ristischer Weise.
die Flamme
in charakte-
Von den Alkalimetallen besprechen wir an dieser Stelle nur die beiden häufigsten, Natrium und Kalium. Rubidium und Caesium sind nach ihren chemischen Umsetzungen kaum von Kalium zu unterscheiden. Über Lithium finden sich einige Angaben auf S. 191. Außerdem behandeln wir im Anschluß an Kalium noch die Ammonium-Verbindungen, da diese den entsprechenden Kalium- und Rubidiumverbindungen in vielen Eigenschaften sehr ähnlich sind.
Natrium
5?
Natrium Das Natrium ist das häufigste der Alkalimetalle. Seine Verbindungen gehören zu den wichtigsten Stoffen; sie finden in der Technik und im Laboratorium ausgedehnte Anwendung und spielen unter den anorganischen Bestandteilen der belebten Natur eine wesentliche Bolle. Das Natrium ist das Alkalimetall, das die wenigsten schwer löslichen Salze bildet; bemerkenswert schwer löslich ist das Antimonat, s. S. 165/6, Nr. 9. Viele Natriumsalze kristallisieren mit Kristallwasser. Das Natriumoxyd N a 2 0 ist schwer erhältlich und spielt praktisch keine Bolle. Wichtiger ist das N a t r i u m p e r o x y d N a 2 0 2 , das man beim Verbrennen von Natriummetall erhält. — Leioht zugänglich ist das H y d r o x y d NaOH, „Ätznatron". Seine wäßrige Lösung heißt N a t r o n l a u g e . Zur E r k e n n u n g des Natriums dienen: die gelbe F l a m m e n f ä r b u n g und die Kristallform des N a t r i u m u r a n y l a c e t a t e s . Bei allen Versuchen mit N a t r i u m m e t a l l komme man mit Gesicht und Händen nicht zu nahe, fasse das Metall stets nur mit der Pinzette und s c h ü t z e d i e A u g e n d u r c h e i n e S c h u t z b r i l l e , da einzelne Partikelchen Natrium leicht verspritzen und schwere Verletzungen verursachen können. Natriumhydroxyd. 1. E i n Stück Natrium, so groß wie eine Erbse, werde abgeschnitten, mit etwas Filtrierpapier abgetrocknet und in ein kleines, hinter der Glasscheibe des Abzugs stehendes Becherglas auf etwa 10 ml Wasser geworfen. Mit großer Heftigkeit wirkt das Natrium darauf ein; es schmilzt zu einer Kugel, die auf der Wasseroberfläche schwimmt oder vielmehr schwebt, bald kleiner wird und schließlich ganz verschwindet. Der gebildete W a s s e r s t o f f entweicht währenddessen, u n d das N a t r i u m h y d r o x y d löst sich i m Wasser. 2 N a + 2 H 2 0 = 2NaOH + H„ . Man wiederhole den Versuch in der Weise, daß m a n das Natriumstückchen mit der Pinzette auf ein auf dem Wasser schwimmendes Stück Filtrierpapier bringt, wodurch es an seiner Fortbewegung gehindert wird; dabei erwärmt es sich stärker als beim ersten Versuch, so daß der gebildete Wasserstoff sich entzündet und mit einer durch Natriumdämpfe gelb gefärbten F l a m m e verbrennt. Oft verspritzt dabei das Metall z u m Schluß, nachdem die Flamme schon erloschen zu sein scheint. Vorsicht! Wegen dieser Eigenschaften des Natriums h ü t e m a n sich, auch die kleinsten Natriumreste in die Ausgüsse der Wasserleitung zu werfen, da sie sich in den Bohren festsetzen und zu heftigen Explosionen des gebildeten Knallgases Anlaß geben können. Größere Mengen von Natriumresten zerstört man durch Aufgießen von Alkohol, mit dem sie sich gefahrlos umsetzen, oder man gibt sie im Freien nach und nach in eine offene, mit Wasser gefüllte Schale. Die bei den obigen Versuchen entstandene Flüssigkeit ist eine verdünnte N a t r i u m h y d r o x y d - L ö s u n g ( „ N a t r o n l a u g e " ) ; sie färbt rotes Lackmuspapier blau.
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Natrium
2. Natronlauge kann m a n auch durch U m s e t z u n g v o n (wenig!) SodaLösung mit Kalkwasser herstellen. Ca(OH) 2 + Na 2 C0 3 = 2NaOH + CaC0 3 . D a s Calciumcarbonat fallt aus; durch Filtrieren kann m a n die gebildete Natronlauge abtrennen. Man führe den Versuch aus. I n Anlehnung an eines der technischen Verfahren zur Darstellung von Natronlauge kann man den Versuch auch folgendermaßen durchführen: 3. Man koche 2—3 Spatelspitzen v o n gelöschtem Kalk mit etwa 5 ml Sodalösung einige Minuten lang und filtriere. D a s F i l t r a t gibt beim Versetzen mit verdünnter Salzsäure keine oder höchstens eine ganz schwache Entwicklung v o n Kohlendioxyd, weil es im wesentlichen aus Natronlauge besteht. Hier ist zunächst die geringe Menge des gelösten Calciumhydroxyds in Carbonat übergeführt worden, weil dieses wesentlich schwerer löslich ist als das Hydroxyd. Dann löst sich weiteres Hydroxyd, das wieder als Carbonat gefällt wird, usw. Da infolge der nur geringen Löslichkeit des Calciumhydroxyds jeweils nur geringe Mengen in Umsetzung treten, dauert diese einige Zeit. Bei höherer Temperatur erfolgt die Umsetzung schneller, weil einerseits die Löslichkeit und andererseits die Lösegeschwindigkeit mit steigender Temperatur zunehmen. 4. Man neutralisiere Natronlauge mit Schwefelsäure, indem m a n aus einem Reagenslas 1ml verdünnte Schwefelsäure in ein zweites Reagensglas zu 1 ml verdünnter Natronlauge gießt. Die Mischung erwärmt sich stark: N e u t r a l i s a t i o n s w ä r m e . Bei allen chemischen Umsetzungen wird Wärmeenergie abgegeben oder aufgenommen; die Größe dieser „Wärmetönung" variiert von Reaktion zu Reaktion stark. Umsetzungen, bei denen Wärme abgegeben wird, nennt man „exotherm"; bei ihnen tritt eine Temperaturerhöhung auf, die u. U. bis zur Glühhitze gehen kann. Entsprechend führen „endotherme" Umsetzungen, die unter Wärmeaufnahme verlaufen, zu einer Abkühlung. Man h ü t e sich, k o n z e n t r i e r t e Säuren und k o n z e n t r i e r t e L a u g e n z u s a m m e n z u g e b e n ; auch beim Mischen kleiner Mengen t r e t e n explosionsartige Erscheinungen auf! Beim Eindampfen der Natronlauge würde das Natriumhydroxyd als kristalline weiße, feste Masse zurückbleiben, die jedoch an der Luft schnell wieder Feuchtigkeit anziehen und zerfließen würde; Natriumhydroxyd ist hygroskopisch. Ferner zieht es Kohlendioxyd aus der Luft an: 2NaOH + C0 2 = H a O + Na 2 C0 3 . 5. U m dies festzustellen, lasse man ein kleines Stück festes Natriumhydroxyd über N a c h t in einer Abdampfschale offen stehen. Man übergieße die zerflossene Masse in einem Reagensglas mit verdünnter Salzsäure: es entweicht K o h l e n d i o x y d , das mit dem Kalkwassertropfen (vgl. S. 46/47) nachgewiesen werden kann.
Natrium
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Natriumhydroxyd-Lösung vermag fein verteilte K i e s e l s ä u r e zu lösen und greift auch Glas mit der Zeit merklich an; solche Lösungen sind für analytische und andere feinere Arbeiten unbrauchbar. Man benutzt daher für solche Lösungen Flaschen aus Polyäthylen. Man kann auch bequem Natriumhydroxyd-Lösungen jeweils frisch herstellen mittels der heute im Handel befindlichen Plätzchen-Form des Ätznatrons. Man stelle das Durchschnittsgewicht eines Plätzchens fest, indem man 10 oder 20 Stüok abwägt. Für die meisten Zwecke genügt es dann, wenn man zur Herstellung kleiner Lösungsmengen die Ätznatronmenge durch Abzählen der Plätzchen abmißt. Die „2n Natronlauge" ist 7,4-proz., unter „konzentrierter Natronlauge" versteht man eine etwa 33-proz. Lösung von Natriumhydroxyd. Organische Stoffe, namentlich tierisohe Fasern, wie Wolle und Haut, werden von Natronlauge angegriffen. Die Finger fühlen sich nach dem Benetzen mit Natronlauge schlüpfrig an.
- CaO + C0 2 . Andererseits kann sich Calciumoxyd mit Kohlendioxyd wieder zu Calciumcarbonat vereinen: CaCO, CaO + C0 2
l
) Direkt über einer Wasseroberfläche enthält demnach die Luft so viel Wasserdampf, wie dem Dampfdruck bei der betreffenden Temperatur entspricht. I m allgemeinen ist jedoch der Wassergehalt der Luft geringer; die Luftfeuchtigkeit hängt von der jeweiligen Wetterlage ab.
Das Wesen der chemischen Gleichgewichte
75
Beide Gleiohungen kann man unter Verwendung eines Doppelpfeiles zu der Gleichung:
CaC0 3 ^
CaO + CO a
vereinen, die ausdrücken soll, daß die Umsetzung, je nach den herrschenden Bedingungen, entweder von links nach rechts oder von rechts nach links verläuft. Man spricht deshalb auch von einer „ u m k e h r b a r e n ReaktionErhitzt man Kalkstein in einem abgeschlossenen Raum, so stellt sich ein ganz bestimmter Kohlendioxyd-Druck, ein „Gleichgewichtsdruck", ein, der mit steigender Temperatur in ganz entsprechender Weise ansteigt, wie es Fig. 21 f ü r den Sättigungsdruck des Wassers gezeigt hat (Voraussetzung ist natürlich wieder, daß so reichlich Kalkstein verwendet wurde, daß er noch nicht vollständig zersetzt ist). Stört man auch hier dieses Gleichgewicht, indem man z. B. in einem offenen Gefäß erhitzt und durch Überleiten von Luft das Kohlendioxyd dauernd entfernt, so wird laufend weiter Kohlendioxyd abgespalten, bis das Calciumcarbonat vollständig zersetzt ist. HI. Löslichkeit (z.B. flüssige und feste Phase). Weitere Beispiele f ü r physikalisch-chemische Gleichgewichte bietet uns die Ersoheinung der L ö s l i c h k e i t . Die meisten Stoffe, wie z. B. Kochsalz, Kaliumnitrat usw., lösen sich in Wasser bis zu einer bestimmten Sättigungskonzentration 1 ). Überschüssig zugesetzter fester Stoff löst sich nicht mehr, sondern bleibt unverändert am Boden des Gefäßes zurück („Bodenkörper"). Die überstehende Lösung bezeichnet man dann als „gesättigt". Die Sättigungskonzentration ist unabhängig von der anwesenden Menge des festen Bodenkörpers. Eindunsten der Lösung stört das Löslichkeitsgleichgewicht ebenso, wie eine Verminderung des Volumens das Verdampfungsgleichgewicht beeinflußt. Die dadurch willkürlich erzeugte Erhöhung der Konzentration wird durch Auskristallisieren einer entsprechenden Menge des gelösten Stoffes rückgängig gemacht. Die G r ö ß e d e r L ö s l i c h k e i t bewegt sich bei verschiedenen Stoffen innerhalb sehr weiter Grenzen. So lösen 100 g Wasser bei Zimmertemperatur fast 100 g Natriumnitrat, aber nur Viooom§ so T r v i i i i j i Quecksilbersulfid. Vollkommen 70 unlösliohe Stoffe gibt es nioht; SO auch von den schwer löslichen Stoffen (zu denen das Quecksilbersulfid gehört) gehen geringe Beträge in Lösung, wie das z. B. der NapSO^ // Versuch 2 auf S. 71 f ü r ErdalNaÜ kalimetall-Sulfate gezeigt hatte. AZJ0 Infolgedessen kann man durch Fäl10 lung einen Stoff auch nie restlos aus ^fjat i i i t i , i i i der Lösung entfernen. Allerdings ° 10° 20a 30° W SO"60" 70°80° S0°100oC —Temperatur ist die Löslichkeit vieler Niederschläge f ü r die meisten prakFigur 22. Löslichkeiten tischenZ wecke zu vernachlässigen. *) Manche Stoffe lösen sich allerdings in bestimmten anderen Stoffen in unbegrenzter Menge auf, z. B. Alkohol in Wasser („völlige Mischbarkeit").
76
Das Wesen der ohemischen Gleichgewichte
Wie alle Gleichgewichte hängt auch das Löslichkeitsgleichgewioht von der T e m p e r a t u r ab, aber bei den einzelnen Stoffen in verschiedener Weise. Die Sättigungskonzentration einiger Stoffe fällt mit steigenderTemperatur (z. B. Natriumsulfat oberhalb 32°). I n der Regel steigt sie mit der Temperatur an, bei manchen Stoffen (z. B. Natriumchlorid) schwach, bei anderen (Kaliumnitrat) stark (vgl. Fig. 22). Kühlt man eine heiß gesättigte Lösung eines Stoffes der letzten Art ab, so sollte entsprechend der Abnahme der Löslichkeit mit fallender Temperatur ein Teil des gelösten Stoffes auskristallisieren. Oft unterbleibt aber diese Ausscheidung, man erhält sogenannte „ ü b e r s ä t t i g t e " L ö s u n g e n . Diese stellen natürlich k e i n e n Gleichgewichtszustand dar. Die ausgebliebene Kristallisation kann meist durch Hinzufügen eines winzigen Kriställchens („Keims") des betreffenden Stoffes oder aber duroh Reiben der Gefäßwand mit einem Glasstab momentan ausgelöst werden: der „labile" Zustand geht damit in das „stabile" Gleichgewicht über. Manchmal gelingt die Aufhebung des übersättigten Zustandes aber nur schwierig (z. B. bei Kaliumhydrogentartrat- oder Calciumoxalat-Lösungen; vgl. S. 63 u. 70). Beim Auflösungsvorgang wird wie bei chemischen Reaktionen (s. S. 58) Wärme abgegeben oder aufgenommen; diese „Lösungswärme" ist aber meist nicht sehr groß. Verhältnismäßig stark exotherm erfolgt z. B. die Auflösung von wasserfreiem Calciumchlorid in Wasser, ziemlich stark endotherm lösen sich Kaliumnitrat und Ammoniumthiocyanat. Der D a m p f d r u c k e i n e r L ö s u n g ist stets geringer als der des reinen Lösungsmittels bei der gleichen Temperatur. Die Dampfdruckerniedrigung ist um so größer, je höher die Konzentration der Lösung ist. Infolgedessen haben gesättigte Lösungen sehr leicht löslicher Stoffe einen kleineren Dampfdruck als der mittleren Luftfeuchtigkeit entspricht. Daher ziehen solche Stoffe, z. B. Calciumchlorid, im festen Zustand Wasserdampf aus der Luft an und bilden damit zunäohst gesättigte Lösungen; sie sind „ h y g r o s k o p i s o h " und zerfließlich 1 ). Auch bei der Auflösung von G a s e n in Flüssigkeiten handelt es sich um Gleichgewichte. I n diesem Falle ist die Sättigungskonzentration des gelösten Stoffes erheblich verschieden je nach dem D r u o k (Partialdruck), unter dem das zu lösende Gas mit der Lösung in Berührung steht. Im einfachsten Fall steigt die Löslichkeit p r o p o r t i o n a l mit der Erhöhung des Druckes (Henrysches Gesetz). Mit steigender T e m p e r a t u r nimmt in allen praktisch bedeutsamen Fällen die Löslichkeit von Gasen in Flüssigkeiten ab. IV. Homogene Gleichgewichte. Bei den bisher besprochenen Beispielen handelte es siob stets um Gleichgewichte zwischen mehreren Phasen 9 ), z. B. zwischen x ) In manchen Fällen besitzt aber nur das feste H y d r a t eines Stoffes einen geringeren Wasserdampfdruck als der Luftfeuchtigkeit entspricht, nicht aber die gesättigte Lösung dieses Hydrats. Solche Stoffe, z. B. wasserfreies Kupfersulfat, sind hygroskopisch — sie nehmen Wasserdampf aus der Luft zur Bildung des festen Hydrats auf —, sie sind aber nicht zerfließlich. *) Der Begriff: P h a s e ist praktisch gleichbedeutend mit dem Begriff: homogener Stoff; bei dem Phasenbegriff wird aber ausdrücklich von dem Zerteilungsgrad abgesehen. So besteht z. B. der bei feuchter Witterung in der Natur auftretende Nebel nur aus zwei Phasen: 1. der überall gleichförmigen Luft und 2. den Wassertröpf-
Das Wesen der ehemischen Gleichgewichte
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flüssiger und gasförmiger, zwischen fester und flüssiger Phase usw. Nioht weniger wichtig als diese „heterogenen" Gleichgewichte sind die „ h o m o g e n e n " . Unter homogenen Reaktionen versteht man solche ehemischen Umsetzungen, die sich nur in einer Phase abspielen. Hierher gehören z. B. alle Umsetzungen, die in einer Lösung ohne Niederschlagsbildung oder Gasentwicklung verlaufen, oder solche, die ausschließlich im Gaszustand vor sich gehen. Bei derartigen Fällen sind wir bisher auf die Erscheinung des Gleichgewichts deswegen noch nicht aufmerksam geworden, weil bei ihnen die Umsetzungen meist weniger augenfällig sind und oft nur indirekt erkannt werden können. Erhitzt man z. B. reines B r o m w a s s e r s t o f f g a s auf Botglut, so zersetzt es sich nach „„ „ „ „ 2HBr = H 2 + Bra . Das entstandene freie Brom färbt das vorher farblose Gas braun und läßt sich, ebenso wie der entstandene elementare Wasserstoff, auf chemischem Wege nach weisen. Die Zersetzung verläuft aber n i c h t v o l l s t ä n d i g , denn man kann in dem Gasgemisch auch noch unveränderten Bromwasserstoff nachweisen. Erhitzt man andererseits ein HBr-freies Gemisch von Wasserstoff und Brom auf Botglut, so zeigt sich, daß sich ein Teil dieser Gase nach der Umkehrung der obigen Gleichung: H 2 + Brs = 2 HBr zu Bromwasserstoff vereinigt. Wir haben es also mit einer u m k e h r b a r e n B e a k t i o n H a + Br s
2 HBr
zu tun, die zu einem Gleichgewicht führt: Brom und Wasserstoff vereinigen sioh zwar miteinander, aber nicht vollständig, sondern nur so lange, bis die entstandene Bromwasserstoffmenge einen bestimmten Wert besitzt; diesen Endzustand bezeichnen wir als das Gleichgewicht. Umgekehrt zerfällt Bromwasserstoff beim Erhitzen, aber ebenfalls nicht vollständig, sondern nur bis zur Erreichung des Gleichgewichtsgemisches von H 2 , Br2 und HBr. Die Lage eines Oleichgewichts, d. h. die Zusammensetzung des Oleichgewichts gemisches, ändert sich im allgemeinen bei Änderungen der äußeren Bedingungen (Temperatur, Druck)'). So stehen z. B. die dunkelbraunen Molekeln des Stickstoffdioxyds N0 2 mit den farblosen, doppelt so großen Molekeln des Distickstofftetroxyds N 2 0 4 (vgl. S. 43) in einem Gleichgewicht: 2N02^N204 , das sich mit steigender Temperatur zugunsten der NOa-Molekeln verschiebt; bei tiefer Temperatur sind im Gleichgewicht neben viel N204-Molekeln nur wenige N02-Molekeln vorhanden, bei höheren Temperaturen ist es umgekehrt. Diese Erscheinung läßt sich wegen der verschiedenen Farbe der beiden Beaktionsteilnehmer leicht bei folgendem Versuch erkennen: chen, die alle gleiche Zusammensetzung, gleiche Dichte usw. besitzen, also ebenfalls „homogen" sind. Näheres ersieht man aus den Lehrbüchern ( B r a u n - L e Chateliersohes Prinzip).
78
Das Wesen der chemischen Gleichgewichte
1. V o n zwei gleichen Glasröhren, die m i t gasförmigem Stickstoffdioxyd gefüllt und dann abgeschmolzen sind (Assistent) 1 ), kühle man das eine mit einem Gemisch v o n klein gestoßenem Eis und Wasser: die Farbe wird heller (Zunahme v o n N 2 0 4 auf K o s t e n v o n N 0 2 ) , was besonders beim Vergleich mit dem anderen, nicht gekühlten Rohr deutlich wird. N u n hänge m a n das erste Rohr in einen weiten Glaszylinder mit unten angeschmolzener Erweiterung (Assistent) mit Hilfe einer mehrfachen Drahtschlinge ein (Fig. 23). Die Erweiterung des großen Zylinders sei zur Hälfte mit Wasser beschickt; ferner enthalte sie einige Stückchen imglasierten Tons (Siedesteinchen), damit kein Siedeverzug auftritt. Bringt man jetzt das Wasser z u m Sieden, so vertieft sich die Farbe des Gases nach dunkelbraun in dem Maße, wie es durch die aufsteigenden Wasserdämpfe erwärmt wird (Zunahme v o n N 0 2 auf K o s t e n v o n N 2 0 4 ) . Ebenso wie es völlig unlösliche Stoffe nicht gibt, so führen auch fast alle chemischen Beaktionen zu Gleichgewichten, bei denen Ausgangsstoffe und entstehende Stoffe n e b e n e i n a n d e r vorliegen. Allerdings liegt das Gleichgewicht vielfach sehr weit zugunsten der einen Seite der Umsetzungsgleichung, so daß entweder die Ausgangsstoffe oder die entstehenden Stoffe nur in verschwindend kleiner Menge zugegen sind. Auch bei chemischen Umsetzungen gibt es V e r z ö g e r u n g e n der Gleichgewichtseinstellung, ähnlich wie wir es S. 76 bei den übersättigten Lösungen Figur 23 kennengelernt haben. So sollte das „Knallgas", d. h. Erhitzung des mit ein Gemisch von Wasserstoff und Sauerstoff, bei ZimStickstoffdioxyd mertemperatur eigentlich zu einem Gleichgewicht gefüllten Bohres 2 H2 + 0 2 ^ 2HaO führen, das vollständig zugunsten des Wassers liegt. Tatsächlich bleibt aber „Knallgas" bei Zimmertemperatur praktisch unverändert. Der Grund f ü r diese Erscheinung ist der, daß die G e s c h w i n d i g k e i t , mit der sich Wasserstoff und Sauerstoff vereinigen, bei Zimmertemperatur so gering ist, daß das Gleichgewicht erst naoh Millionen von Jahren erreicht werden würde („gehemmte Reaktion"). Durch Temperaturerhöhung werden die Geschwindigkeiten aller chemischen Beaktionen stark vergrößert. Erhitzt man das Knallgasgemisch an einer Stelle, so setzt hier die Beaktion ein; die dabei frei werdende Wärme bringt die benachbarten Teile auf eine Temperatur großer Reaktionsgeschwindigkeit, und nun schreitet die Umsetzung rasch durch die ganze Mischung fort: V e r p u f f u n g oder J ) Bei der Füllung, die etwa ein älterer Student als präparative Arbeit durchfühlen kann, ist darauf zu achten, daß die Bohre gleiche Durchmesser (etwa 20—30 mm) haben und bis zu gleicher Färb tiefe mit gasförmigem Stiokstoffdioxyd gefüllt werden.
Das Massenwirkungsgesetz
79
E x p l o s i o n . Erfolgt die Energieübertragung nicht durch Wärmeleitung, sondern durch die fast lOOOmal raschere Fortpflanzung einer Druckwelle, wie das beim Knallgas meist der Fall ist, so spricht man von D e t o n a t i o n .
B. Das Massenwirkungsgesetz Bringt man die Gase S c h w e f e l d i o x y d S0 2 und C h l o r Cl2 bei erhöhter Temperatur zusammen, so bildet sich teilweise S u l f u r y l c h l o r i d S0 2 C1 2 ; es stellt sich dabei folgendes Gleichgewicht ein: S0 2 + Cl2 S02C12 . Die nähere Untersuchung ergibt f ü r das Verhältnis, in dem die drei Stoffe im Gleichgewicht nebeneinander vorhanden sind, eine sehr einfache, zahlenmäßige Beziehung. Bezeichnen wir die K o n z e n t r a t i o n e n 1 ) der drei Stoffe im Gleichgewichtszustand mit c g 0 , c c l und c g 0 C1 , so gilt bei gegebener Temperatur: C
SOs Cl, : const. c s o , ' ci, Die Konzentration des entstehenden Stoffes, dividiert durch das Produkt aus den Konzentrationen der Ausgangsstoffe, ist gleich einem konstanten Zahlenwert, der ,,Gleichgewichtskonstanten c
Es ist dabei keineswegs notwendig, daß man von „stöchiometrischen" Mengen Schwefeldioxyd und Chlor ausgeht; es ist vielmehr unerheblich, ob man viel Schwefeldioxyd und wenig Chlor zusammengibt oder umgekehrt: Für den sich einstellenden Gleichgewichtszustand erweist sich die obige Gleichung unter allen Umständen als gültig. Gibt man z. B. zu einem im Gleichgewicht befindlichen x ) Die K o n z e n t r a t i o n eines Stoffes in einem G a s g e m i s c h kennzeichnet man wie in einer L ö s u n g (vgl. S. 24/25) meist durch die Angabe der Menge des Stoffs in der Volumeneinheit, in der Regel in Mol/1. — Nach dem G a s g e s e t z : p — BT • x¡v (R — Gaskonstante, T = absol. Temperatur, x = Anzahl Mole, v = Volumen; also x/v = Anzahl Mole in der Volumeneinheit, d. h. xjv = c.ist die Konzentration) ist bei gegebener Temperatur der D r u c k eines gasförmigen Stoffes seiner K o n z e n t r a t i o n p r o p o r t i o n a l . Liegt ein Gemisch mehrerer gasförmiger Stoffe vor, so entspricht der Konzentration j e d e n Stoffes ein b e s o n d e r e r Druckwert, den wir dann als Teildruck oder P a r t i a l d r u c k dieses Stoffes bezeichnen. Der Partialdruck eines Stoffes ist der Druck, den man messen würde, wenn man alle anderen gasförmigen Stoffe entfernen würde, ohne das Volumen zu ändern. Liegt ein Gemisch mehrerer gasförmiger Stoffe vor, so ist die Summe ihrer Partial drucke gleich dem auf die Gefäßwände wirkenden Gesamtdruck. — Ersetzt man nun in den Gleichungen im Text, die f ü r gasförmige Partner gelten, die Konzentrationen nach dem Gasgesetz durch die Partialdrucke c = p / R T , so erhält man die Formulierung des Massenwirkungsgesetzes mit Partialdrucken, die der obigen Formulierung mit Konzentrationen formal und inhaltlich gleicht. Für das Ammoniak-Gleichgewicht (S. 80) ergibt sich z. B.
= const. Pn/PH, Dabei wird, wie man leicht einsieht, der Zahlenwert von const. dann ein anderer als bei der Formulierung mit Konzentrationen, wenn die Zahl der Molekeln auf beiden Seiten der Reaktionsgleichung verschieden ist, wie es hier, nicht aber z. B. bei dem Bromwasserstoffgleichgewicht der Fall ist.
80
Das Maasenwirkungsgeaetz
System neues Schwefeldioxyd, so daß c s o vergrößert wird, so bildet sioh mehr Sulfurylchlorid; es werden also c c l kleiner und c g 0 C | größer, und zwar in solchem Umfang, daß der Quotient c g o C1 / c g 0 • c C | wieder den gleichen Zahlenwert erreicht wie vorher. Voraussetzung ist dabei nur, daß die T e m p e r a t u r die gleiche bleibt. Untersucht man das Gleichgewicht bei verschiedenen Temperaturen, so erhält man auch verschiedene Zahlenwerte f ü r die Gleichgewichtskonstante. — Außerdem ist selbstverständlich die Gleichgewichtskonstante von Reaktion zu Reaktion verschieden. Es handelt sich also nicht um eine generelle Konstante, wie es etwa bei der Gaskonstanten R der Fall ist. Liegt ein Gleichgewicht vor, bei dem ein Reaktionspartner mit mehreren Molekeln an der Umsetzung beteiligt ist, wie z. B. bei dem S. 77 besprochenen Gleichgewicht der Bromwasserstoffbildung: H 2 + Br 2
2HBr ,
so können wir dafür auch schreiben: H 2 + Br a HBr + HBr . Die Konzentrationen im Gleichgewichtszustand sind dementsprechend durch folgende Beziehung: c
HBr' cHBr c
. = const.
, oder
c
HBr . = const. H, ' Br, H,' c Br, miteinander verknüpft: Nimmt ein Partner mit mehreren Molekeln an der Umsetzung teil, so ist demnach seine Konzentration in die Gleichgewichtsbedingung mit der entsprechenden P o t e n z einzusetzen. Weitere wichtige B e i s p i e l e f ü r die Anwendung dieses Gesetzes auf Gasreaktionen sind: C
C
1. Die Darstellung von S o h w e f e l t r i o x y d :
es2 0 2SO a + 0 ^ = ± 2 S 0 3 , ' — = oonst. c 2 so,'co, 2. Die Gewinnung von A m m o n i a k aus Stickstoff und Wasserstoff: c2 — = C onst. C N, ' CH, I n der gleichen Form hat das Gesetz auch Gültigkeit f ü r die Reaktionen in Lösungen. Beispiele hierfür werden in den nächsten Abschnitten behandelt. Das soeben besprochene Gesetz wurde 1867 von den beiden Norwegern G u l d b e r g und W a a g e entdeckt. Da diese das, was wir heute „Konzentration" nennen, als „aktive Masse" bezeichneten, sprachen sie es in folgender Form aus: Die Wirkung eines Stoffes ist seiner aktiven Masse proportional. Daher heißt das Gesetz heute noch das Massenviirkungsgesetz. Man lasse sich aber nicht zu der Ansicht verleiten, als ob die a b s o l u t e Masse eines Reaktionsteilnehmers f ü r das Gleichgewicht von Bedeutung sei. Das Entscheidende ist vielmehr immer die in der V o l u m e n e i n h e i t vorhandene Masse, d . h . die „Konzentration". Es ist heute meist üblich, die Konzentration eines Stoffes, gemessen in Mol/1, g-Atom/1 oder g-Ion/1, dadurch zu bezeichnen daß man das chemische Symbol eines N2 + 3 H 2
2NH,
81
Das Massenwirkungsgesetz
Stoffes in eckige K l a m m e r n schließt. So ist z. B . zu lesen: [ H B r ] = Konzentration des Bromwasserstoffes; [Cl 2 ] = Konzentration des molekularen Chlors; [Cl - ] = Konzentration der Chlorionen usw. F ü r die allgemeine Umsetzungsgleichung: mA + nB + oC + = uP + vQ + wB + lautet d a n n das Massenwirkungsgesetz:
[P]»-wr • [ « ] » . . . . _ [Ar
• [ £ ] » • [C]
const
••• ~
Der eingangs dieses Kapitels (S. 74) benutzte Vergleich des chemischen mit dem mechanischen Gleichgewicht hinkt wie alle Vergleiche, besonders insofern, als das mechanische Gleichgewicht ein statisches, das chemische ein dynamisches Gleichgewicht ist. Das chemische Gleichgewicht k o m m t nicht dadurch zustande d a ß bei den Bedingungen des Gleichgewichts die Molekeln der vorhandenen Stoffe ü b e r h a u p t nicht mehr miteinander reagieren. Vielmehr erfolgen auch im Gleichgewichtszustand dauernd Reaktionen im Sinne der Umsetzungsgleichung, und zwar sowohl von links nach rechts als auch von rechts nach links. Jedoch ist unter den Gleichgewichtsbedingungen der Umsatz in beiden Richtungen gleich groß. Infolgedessen verändern sich die Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer nicht, so daß der Beobachter fälschlicherweise den Eindruck gewinnt, als ob alles in R u h e sei. Auf Grund der Vorstellung, daß ein dynamisches Gleichgewicht vorliegt, läßt sich das Massenwirkungsgesetz leicht ableiten. Geht m a n von einer Reaktion der allgemeinen F o r m : A + B^±C + D aus, so wird die Geschwindigkeit, mit der die Stoffe A und B miteinander reagieren, von der Wahrscheinlichkeit abhängen, mit der ihre Molekeln zusammenstoßen. Diese ist proportional dem P r o d u k t der in jedem Augenblick vorhandenen Konzentrationen. N u n b r a u c h t jedoch nicht jeder Zusammenstoß zur Reaktion zu f ü h r e n ; ob eine solche eintritt oder nicht, h ä n g t noch von anderen F a k t o r e n ab. Dementsprechend gilt f ü r die Geschwindigkeit vB der Umsetzung zwischen A und B, der „ H i n " - r e a k t i o n : wobei also
[A] • [B]
ein Maß f ü r die Wahrscheinlichkeit der Zusammenstöße darstellt, während k H zum Ausdruck bringt, welcher Prozentsatz der Zusammenstöße zur Umsetzung f ü h r t . Sobald n u n aber etwas C u n d D gebildet sind, werden sich diese Stoffe wieder mehr oder weniger s t a r k unter Rückbildung von A und B umsetzen. F ü r die Geschwindigkeit vR dieser „Rück"-reaktion gilt nach dem vorhergehenden: M = kB' CT • > wobei kR in der Regel von ks verschieden sein wird. Gleichgewicht ist erreicht, wenn v n gleich v R geworden ist. E s gilt d a n n also: k [C] • [D] B W V * = V M • [4] - [B]=kR = v
Die Gleichgewichtskonstante K ist somit der Quotient aus den Proportionalit ä t s k o n s t a n t e n der Geschwindigkeiten der Hin- und Rückreaktion. B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 50. Aufl.
Q
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Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw. C. Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Lösung
1. Alle Dissoziationsreaktionen von in Wasser gelösten Elektrolyten führen zu Gleichgewichten, die allerdings bei den meisten Salzen und den starken Säuren und Basen weitgehend zugunsten der Dissoziationsprodukte liegen. Bei diesen „ s t a r k e n " Elektrolyten ist das MassenWirkungsgesetz nur in äußerst verdünnten Lösungen streng gültig, weil in konzentrierteren die Ladungen der Ionen Störungen verursachen. Für die nicht so weitgehend dissoziierenden „ s c h w a c h e n " Elektrolyte gilt dagegen das Massenwirkungsgesetz auch noch f ü r Lösungen mittlerer Konzentration. II. Einfluß der Verdünnung auf den Dissoziationsgrad. Bezeichnet man nach S. 33 mit « den Dissoziationsgrad (a = 1 entsprechend vollständiger, oc = 0 keiner Dissoziation), so ist z. B. für eine schwache Säure HX in der Massenwirkungsgleichung [# + ] • ix-] _ K Kb IHX] * = (xjv, wobei v das Volumen in Litern ist, in der ein Mol HX aufgelöst worden ist („Verdünnung"); ebenso wird [ X - ] = 1000°) bildet sich die S. 93, Anm. 1 schon erwähnte stabile a-Form des A1203> der Korund, der weder in Säuren noch in Basen löslich ist; er muß vielmehr durch Schmelzen mit Kaliumdisulfat oder alkalischen Stoffen a u f g e s c h l o s s e n werden (vgl. dazu S. 144).
1. Ein Stückchen Aluminiummetall werde mit Natronlauge erwärmt; es löst sich unter Wasserstoffentwicklung, wobei sich A l u m i n a t bildet. 2 AI + 2NaOH + 6 H 2 0 = 2Na[Al(OH) 4 ] + 3 H 2 .
Ganz ähnlich verhält sich Aluminium gegen Äoda-Lösung. 2. Durch Auflösen von Aluminium in verdünnter Salzsäure stelle man sich eine Aluminiumchlorid-Lösung her: 2AI + 6HCl = 2A1C1S + 3 H , .
Aluminium
95
Durch Eindampfen dieser Lösung läßt sich wasserfreies Aluminiumchlorid nicht darstellen, da das Chlorid dabei unter Hydrolyse in basisches Aluminiumchlorid übergeht. Einen solchen Prozeß haben wir schon beim Calciumchlorid kennengelernt; beim Aluminiumchlorid tritt er aber wesentlich eher ein und geht viel weiter. Wasserfreies Aluminiumchlorid wird im Laboratorium durch Überleiten von trocknem Chlor- oder Chlorwasserstoffgas über erhitztes Aluminium dargestellt.
Die salzsaure Aluminiumchlorid-Lösung werde filtriert und zu folgenden Umsetzungen der Aluminiumsalze benutzt: 3. Natriumhydroxyd: Man gebe zu der Lösung einige Tropfen Natronlauge; es fällt A l u m i n i u m h y d r o x y d als gelatinös flockige Masse aus. Durch Zusatz von Salzsäure kann es wieder gelöst werden. A1C1S + 3NaOH = Al(OH)3 + 3NaCl . Die Auffassung der Niederschläge, die man aus den Lösungen dreiwertiger Ionen mit OH - -Ionen erhält, als H y d r o x y d e ist eine Zeitlang angezweifelt worden. Man hat vielmehr angenommen, daß es sich bei diesen sehr voluminösen Niederschlägen mit hohem, variablem Wassergehalt um die Anlagerungsprodukte von Wasser an die Oxyde — „ O x y d h y d r a t e " — handelt. Die neuere Forschung hat gezeigt, daß diese Produkte sehr verschiedenartig sein können und in ihrer Zusammensetzung von Fall zu Fall wechseln. Es ist daher überhaupt nicht möglich, eine allgemein gültige Formel anzugeben. Es liegt aber andererseits heute kein Grund mehr gegen die Annahme vor, daß es sich in der Mehrzahl der Fälle um stark wasserhaltige H y d r o x y d e handelt. Man darf daher Formeln wie Al(OH)g durchaus benutzen, muß sich aber darüber klar sein, daß sie eine schematisierende Vereinfachung bedeuten.
4. Zu einer zweiten Probe der Aluminiumchlorid-Lösung gebe man viel Natronlauge; der zuerst ausfallende Niederschlag geht in diesem Falle als A l u m i n a t wieder in Lösung. 5. Zu einem Teil der so erhaltenen Aluminat-Lösung gebe man reichlich festes Ammoniumchlorid; A l u m i n i u m h y d r o x y d fällt wieder ausDas gleiche erreicht man, wenn man die Lösung erst mit Salzsäure ansäuert und dann mit Ammoniak-Lösung versetzt. 6. In eine andere Probe der Aluminat-Lösung leitet man Kohlendioxyd ein; es scheidet sich ebenfalls A l u m i n i u m h y d r o x y d ab. 7. Ammoniak: Daß aus Aluminiumsalz-Lösungen durch AmmoniakLösimg das H y d r o x y d gefällt wird, ergibt sich bereits aus dem Vorhergehenden. Ebenso wurde S. 90/91 gezeigt, daß die Fällung des Aluminiumhydroxyds — im Gegensatz zu der der Hydroxyde des Magnesiums und der meisten zweiwertigen Metalle—durch Ammoniumsalze starker Säuren n i c h t verhindert wird. 8. Dagegen ist darauf hinzuweisen, daß sowohl mit Ammoniak als auch mit Natronlauge ein Niederschlag a u s b l e i b t , w e n n g e w i s s e h y d r -
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Aluminium
o x y l h a l t i g e o r g a n i s c h e V e r b i n d u n g e n , wie z . B . Weinsäure, in der Lösung vorhanden sind (vgl. S. 109). Man überzeuge sich hiervon. 9. Natriurncarbonat: Eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung werde mit s e h r wenig 1 ) Soda-Lösung versetzt; unter Kohlendioxydentwicklung fällt A l u m i n i u m h y d r o x y d aus (Hydrolyse!). 2A1C13 + 3 Na 2 C0 3 + 3 H 2 0 = 2A1(0H) 3 + 3COa + 6NaCl .
10. Bariumcarbonat: Eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung werde mit überschüssigem Bariumcarbonatbrei geschüttelt. Dabei fällt alles Aluminium als H y d r o x y d aus (Hydrolyse durch Pufferung; vgl. S. 90). Man filtriere oder zentrifugiere; aus dem Filtrat darf, nach vorhergehendem Ansäuern mit einigen Tropfen Salzsäure (Prüfen mit Lackmuspapier!) und Aufkochen, auf Zugabe von Ammoniak kein Aluminiumhydroxyd mehr fallen. 11. Natriumacetat: Man neutralisiere in einem Becherglas eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung annähernd mit Natriurncarbonat. Sollte dabei etwas Hydroxyd ausfallen, so bringe man es durch Zusatz von einigen Tropfen verdünnter Salzsäure wieder in Lösung. Man füge etwa den gleichen Raumteil Natriumacetat-Lösung hinzu, verdünne stark mit Wasser und erhitze die Mischung zum Kochen. Es fällt Aluminiumhydroxyd bzw. b a s i s c h e s A c e t a t aus. Wenn der Niederschlag h e i ß abfiltriert wird, ist die Fällung quantitativ. 12. Ammoniumsulfid: Eine Probe der sauren AluminiumchloridLösung werde mit Ammoniak annähernd neutralisiert und mit Ammoniumsulfid versetzt; es fällt quantitativ A l u m i n i u m h y d r o x y d aus. A1C1S + 3 (NH 4 ) 2 S + 3 H 2 0 = Al(OH)s + 3(NH 4 )HS + 3NH4C1 .
IB. Natriumphosphat: Zu ebenfalls fast neutralisierter Aluminiumchlorid-Lösung gebe man Natriumphosphat-Lösung. Es fällt ein voluminöser Niederschlag von A l u m i n i u m p h o s p h a t . A1C1S + 2 Na 2 HP0 4 = A1P0 4 + 3NaCl + N a H 2 P 0 4 .
Durch starke Säuren und Laugen wird der Niederschlag wieder gelöst. 14. T h ä n a r d s B l a u : Man stelle sich durch Fällung aus heißer Lösung Aluminiumhydroxyd her, filtriere, wasche mit Wasser aus und trockne einigermaßen durch Aufstreichen auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier. Dann glühe man das Präparat auf der Magnesiarinne oder einem Stück Holzkohle. Der weiße Glührückstand werde mit e i n e m T r o p f e n sehr verdünnter Kobaltnitrat-Lösung befeuchtet und nochmals geglüht. Er ist dann blau gefärbt. Es bildet sich Co-AI-Spinell; vgl. dazu S. 101. Aluminiumhydroxyd und ähnliche Hydroxyde (z. B. von Zinn, Chrom) bilden mit gewissen organischen Farbstoffen Adsorptionsverbindungen („Farblacke"), Benutzt man viel Sodalösung, so entwickelt sich natürlich kein Kohlendioxyd, weil sich dann Natriumhydrogencarbonat bildet!
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Säuren- und basenbildende Oxyde
die man u. a. technisch benutzt, um diese Farbstoffe an die Faser zu binden. Auf der Bildung eines solchen Farblackes beruht auoh eine sehr empfindliche Nachweisreaktion f ü r Aluminium:
15. Man gebe zu sehr verdünnter, nur ganz schwach saurer Aluminiumsalz-Lösang etwa 1 ml einer 0,1-proz. Lösung von alizarinsulfcmsaurem Natrium (Formel nebenstehend) und dann so viel
Ammoniak-Lösung, daß die Mischung dunkelrot wird. Säuert man jetzt mit verdünnter Essigsäure an (Prüfung mit Lackmus-Papier!), so scheidet sich der rote Farblack flockig aus. Säuren- und basenbildende Oxyde Löst man das Oxyd eines M e t a l l s in Wasser, so erhält man eine B a s e , z. B. Na 2 0 + H 2 0 = 2NaOH = 2Na+ + 2 0 H ~ . Löst man das Oxyd eines N i c h t m e t a l l s in Wasser, so erhält man eine S ä u r e , z. B.: SO» + H 2 0 = H 2 S0 4 = 2H+ + S 0 4 a - . Diese eben genannten Sätze geben aber nur die groben Unterschiede wieder. Um die feineren Abstufungen zwischen jenen Extremen genauer zu betrachten, wollen wir an Hand des Perioden-Systems vorgehen. I, Die Horizontalreihen. Wir behandeln die Elemente Natrium bis Chlor. Sie Verbindungen, die man durch Wasseranlagerung an die Oxyde dieser Elemente in ihrer höchsten positiven Wertigkeitsstufe erhält, sind: NaOH , Mg(OH)ü, Al(OH)», Si(OH) 4 , OP(OH) s , 0 2 S(0H) 2 , OsCl(OH) . In dieser Formelreihe haben wir die letzten drei Verbindungen nicht durch die üblichen Formeln H 2 S0 4 usw. gekennzeichnet; denn diese geben nur die Bruttozusammensetzung der Verbindung an. Durch die oben gewählte Schreibweise soll aber außerdem die räumliche Lagerung der Atome in der Molekel ausgedrückt werden. Wir wissen nämlich, daß z. B. in der Schwefelsäuremolekel die 4 Sauerstoffteilchen tetraedrisoh dicht um das Schwefelteilchen gepackt sind, während die 2 Wasserstoffteilchen außen an je ein Sauerstoffteilchen gebunden sind, also das Schwefelteilchen n i c h t berühren. In der obigen Reihe steht nun l i n k s die s t ä r k s t e B a s e der Reihe, Natriumhydroxyd, r e c h t s d i e s t ä r k s t e S ä u r e , Perchlorsäure. Der Basencharakter nimmt nach rechts ab (Mg(OH)2 ist eine schwächere Base als NaOH), der Säurecharakter nach links (H s S0 4 ist schwächer als HC104, H 3 P 0 4 schwächer als H 2 S0 4 usw.). So nimmt es nicht wunder, daß wir in der Mitte auf Glieder stoßen, die zugleich Basen- und Säurenatur besitzen, „ a m p h o t e r " sind, wie wir es beim Aluminiumhydroxyd soeben kennengelernt haben. Das Verhalten der obigen Verbindungsreihe von NaOH bis OsCl(OH) ist leicht zu verstehen auf Grund der S. 35 geschilderten Vorstellungen von K o s s e i . Danach darf man sioh einen großen Teil der anorganischen Verbindungen in B l i t z , K l e m m , P t B c h e r , Einführung. SO. Aufl.
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Säuren- und basenbildende Oxyde
erster Annäherung aus kugelförmigen, elektrisch geladenen Atomen aufgebaut denken. Die „Bindung" wird durch die anziehenden Kräfte zwischen den verschieden geladenen Atomen bewirkt. Offenbar wird dabei nach den aus der Physik bekannten tiesetzen der Elektrostatik die Anziehung zwischen zwei Teilchen um so größer sein, je größer ihre Ladung und je kleiner ihre Entfernung voneinander, d. h. bei Berührung der Teilchen: je kleiner ihr Radius ist. Nun steigt in unserer + 7+ Reihe die Ladung vom Na zum Cl, während gleichzeitig die Radien dieser geladenen Teilchen 1 ) in derselben Richtung abnehmen. Beides bewirkt eine Festigung der Bindung zwischen der negativ geladenen Hydroxylgruppe und dem positiv geladenen Metall- bzw. Nichtmetallteilchen. Die Trennung von NaOH in Na+ und O H - erfolgt beim Auflösen in Wasser verhältnismäßig leicht; die Abspaltung der OH~-Ionen wird aber von tilied zu Glied der Reihe schwieriger. Die letzten Glieder können in wäßriger Lösung praktisch keine OH~-Ionen mehr abspalten. Damit ist erklärt, daß der Basencharakter vom Natriumhydroxyd zur Perchlorsäure hin abnimmt. Wollen wir andererseits die Zunahme des Säurecharakters zur Perchlorsäure hin verstehen, so müssen wir in ähnlicher Weise, wie es soeben f ü r die OH - -Gruppe geschehen ist, die Festigkeit der Bindung zwischen Sauerstoff und Wasserstoff erörtern; je lockerer diese ist, desto stärker wird der Säurecharakter sein. Nun ist der Wasserstoff in allen Fällen direkt an Sauerstoff gebunden; der Einfluß des Sauerstoffteilchens wird in erster Näherung immer der gleiche sein. Um also die Unterschiede in der Festigkeit der O—H-Bindung zu verstehen, müssen wir auch noch den Einfluß der Teilchen untersuchen, an die der Sauerstoff + 5+ 7+ gebunden ist. Diese Teilchen (z. B. Na, P , Cl) sind alle positiv geladen; sie stoßen daher das ¿-Teilchen ab und erleichtern seine Abspaltung. Bei den Endgliedern mit7+ sehr hoher Ladung und sehr geringer Größe des Zentralteilchens, z. B. OgClOH, wird daher das Wasserstoffteilchen nur locker gebunden sein; hier erfolgt die Abspaltung eines H+-Ions sehr viel leichter als die eines OH~-Ions. Verglichen damit wird beim NaOH die Bindung des H-Teilchens an den Sauerstoff durch das nur einfach geladene und wesentlich größere Na-Teilchen so wenig gestört, daß eine Abspaltung von H+-Ionen eine sehr große Arbeit erfordern würde. Da andererseits nach dem oben Dargelegten die Abspaltung der OH - -Gruppe verhältnismäßig leicht erfolgt, so dissoziiert NaOH in Na+- und OH~-Ionen. Eine besondere Betrachtung erfordern die amphoteren Hydroxyde, z. B. A1(0H) S . Hier ist die Hydroxylgruppe bereits recht fest gebunden, andererseits ist das Wasserstoffteilchen noch nicht genügend gelockert. Es besteht daher überhaupt wenig Neigung, irgendwelche Ionen abzuspalten. Al(OH) 3 ist an sich weder eine Base noch eine Säure, sondern ein indifferenter Stoff. Der geringen Neigung, H+- oder OH _ -Ionen abzuspalten, entspricht es auch, daß amphotere Hydroxyde — im Gegensatz zu den typischen Säuren OP(OH) a , 0 2 S ( 0 H ) 2 , 0 3 C1(0H) und den typischen Basen NaOH, Ba(OH) a — in Wasser schwer löslich *) Man beachte, daß diese „Ionenradien" verschieden sind von den „Atomradien". Positiv geladene Ionen sind kleiner, negativ geladene größer als die neutralen Atome.
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Säuren- und basenbildende Oxyde
sind 1 ). In dieser Beziehung schließen sich auch die Nachbarglieder — die schwache Base Mg(OH)a und die schwache Säure Si(OH)4 — dem Al(OH) s an. Trifft Al(OH)a nun aber mit einer s t a r k e n Säure zusammen, die H + - I o n e n in g r o ß e r K o n z e n t r a t i o n enthält, dann erzwingen diese H+-Ionen in ihrem Bestreben, mit OH - -Ionen undissoziiertes H 2 0 zu bilden, die Abspaltung von OH~-Ionen, so daß unter diesen Bedingungen Al(OH)3 wie eine sehr schwache Base reagiert: ^ ^ . + 3 H + = A p f + 3 ^ Wirken andererseits O H _ - I o n e n i n h o h e r K o n z e n t r a t i o n auf Al(OH), ein (also bei Zugabe der Lösung einer s t a r k e n Base), so können sich OH~-Ionen an das AI(OH)3 anlagern, z. B. gemäß Al(OH) s + OH" = [Al(OH) 4 r • Auch hierbei entstehen Ionen, man beobachtet Auflösung. Der dabei stattfindende Vorgang, die Bildung von Hydroxo-Verbindungen 2 ), ist eine sog. K o m p l e x bildung (vgl. dazu S. 106). Man kann ihn aber auch als Salzbildung auffassen: Aus der gelösten B a s e , z. B. Na+ + OH - , und der — sehr schwachen und deshalb praktisch undissoziierten — „ S ä u r e " Al(OH)a entsteht die Lösung des S a l z e s Na+ + [Al(OH)4J~. Während bei der normalen Salzbildung aus Base und Säure die Säure H + - I o n e n a b s p a l t e t , l a g e r t sie hier O H ' - I o n e n an; zwischen diesen beiden Vorgängen besteht aber kein prinzipieller Unterschied, es entsteht nur bei dem letzteren, wie man sich leicht überzeugt, ein um 1 Molekel H 2 0 reicheres, also stärker hydratisiertes Anion als bei dem ersteren. Ionen entsprechender Hydroxo-Verbindungen bilden sich bei der Schwefelsäure nicht (sie müßten etwa die Formel [02S(0H)3]~~ oder [0 2 S(0H) 4 ] a _ haben), hier gibt es außer dem Ion 0 3 S0H~ nur Oxo-Verbindungen bzw. deren Ionen S0 4 a _ . Es liegt dies daran, daß der Raum um das kleine Schwefelteilchen f ü r die Anlagerung von mehr als 4 Sauerstoffteilchen nicht ausreicht. Das A l ^ hingegen kann von 4 und sogar 6 Sauerstoffteilchen umgeben werden, weil es 6+
0+
wesentlich größer ist als S. Auch Te ist erheblich größer als S; dementsprechend ist die Formel der Tellursäure Te(OH),. II. Die Vertikalreihen. Wir betrachten die Hydroxyde der zweiten Hauptgruppe: Be(OH) 2 , Mg(OH) 2 , Ca(OH)2, Sr(OH) 2 , Ba(OH) a . Bei diesen nimmt der basische Charakter vom Barium- bis zum Magnesiumhydroxyd ab. Dieser Reihenfolge schließt sich das Berylliumhydroxyd an; denn es ist noch schwächer basisch als Mg(OH)2 und zeigt sogar schon sehr schwach saure Eigenschaften, ist also amphoter. Ganz ähnlich ist in der dritten Gruppe die Reihe B(OH) s , Al(OH),, Sc(OH) s , Y(OH)„, La(OH) 3 abgestuft. Von diesen Verbindungen haben wir in diesem Buch allerdings erst das amphotere Aluminiumhydroxyd *) Freilich gibt es noch andere Faktoren, die die Löslichkeit beeinflussen; denn man kennt andere OH-haltige Stoffe, z. B. B(OH) 3 , Essigsäure, Zucker, die ebenfalls wenig oder gar nicht dissoziieren und doch in Wasser leicht löslich sind. 2 ) Aluminium bildet außer den oben als Beispielen genannten noch anders zusammengesetzte Hydroxo-Komplexe; auch andere amphotere Hydroxyde (Cr(OH) 3 , Zn(OH) 2 u. a.) bilden vor allem im kristallierten Zustand viele verschieden zusammengesetzte, zum Teil komplizierte Verbindungen. 7*
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Säuren- und basenbildende Oxyde
kennengelernt. Analog dem Verhalten der zweiten Gruppe nimmt der basische Charakter allmählich über Sc(OH) 3 , Y(OH) 3 zum La(OH) 3 zu; Lanthanhydroxyd ist bereits eine ziemlich starke Base. Andererseits ist die Borsäure B(OH) g wesentlich stärker sauer als die „Aluminiumsäure". Auch das Verhalten dieser Reihen verstehen wir mittels der Kosselschen Vorstellungen. Die Ladungen der Partner sind in jeder Vertikalreihe gleich, aber 2+
2+
3+
3+
der Radius nimmt vom Be zum Ba und vom B zum La zu. Daher nimmt in dieser Richtung auch die Festigkeit, mit der die Hydroxylgruppen gebunden werden, ab und damit der basische Charakter zu. Andererseits wächst der saure Charakter mit abnehmendem Atomgewicht, weil natürlich die abstoßende Wirkung der positiv geladenen Metallatome auf die ¿-Teilchen beim Borhydroxyd infolge des kurzen Abstandes B - - 3-+Ä wesentlich stärker ist als beim Lanthanhydroxyd, bei dem + die Entfernung La - - - H bedeutend größer ist. IQ. Wechsel des basischen bzw. sauren Charakters bei ein und demselben Element. Tritt ein Element in v e r s c h i e d e n e n W e r t i g k e i t s s t u f e n auf, so gilt die Regel, daß mit dem S t e i g e n d e r p o s i t i v e n W e r t i g k e i t d i e B a s e n s t ä r k e a b - u n d d i e S ä u r e n a t u r z u n i m m t . So ist z . B . das Cr(OH) 2 eine Base; Cr(OH) 3 ist amphoter, während das Oxyd des 6wertigen Chroms saure Eigenschaften besitzt und Salze wie z. B. Na a [dr0 4 ] bildet. Ähnlich liegen die Verhältnisse beim Mangan und anderen Metallen. Auch hier ergibt sich die Erklärung zwanglos aus den Kosselschen Anschauungen. Vergleichen wir z. B. die Hydroxyde Fe(OH) 2 und Fe(OH) 3 , die sich vom 2- bzw. 3wertigen Eisen ableiten. Wir erwarten, daß das höher geladene 3 +
und außerdem kleinere Fe-Teilchen die Hydroxylgruppen fester binden wird als 2+
das Fe-Teilchen. Beide Verbindungen erweisen sich als basisch, Eisen(III)hydroxyd aber in der Tat in schwächerem Maße; denn die Salze des 3wertigen Eisens neigen wesentlich stärker zur Hydrolyse als die des zweiwertigen. Außerdem ist Eisen(III)-hydroxyd schwerer löslich als Eisen(II)-hydroxyd. Auch bei den S a u e r s t o f f s ä u r e n d e r H a l o g e n e , z. B. des Chlors, nimmt entsprechend der obigen Regel die Stärke der Säuren von der sehr starken 7+
+
Perchlorsäure 0 3 C i 0 H bis zur äußerst schwachen hypochlorigen Säure ClOH ab. Aber die sauerstofffreie Chlorwasserstoffsäure ist wieder eine sehr starke Säure. Das widerspricht unserer Anschauung nicht; denn die obigen Überlegungen gelten ja nur, wenn der Wasserstoff an Sauerstoff und nicht, wie im Chlorwasserstoff, an das säurebildende Element selbst gebunden ist. Vergleicht man v e r s c h i e d e n e E l e m e n t e miteinander, so erweist sich — sofern sich nur ihre Atomgewichte nicht zu stark unterscheiden — ganz allgemein die Elektrovalenzzahl als die Eigenschaft, die am stärksten den basischen bzw. sauren Charakter bestimmt. So ist der basische Charakter der 2wertigen Hydroxyde von Magnesium, Mangan, Eisen, Kobalt, Nickel und Kupfer nicht stark voneinander verschieden, während die 3wertigen Hydroxyde von Aluminium, Chrom und Eisen deutlich schwächer basisch und außerdem schwerer löslich sind als jene.
Säuren- und basenbildende Oxyde
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IV. Oxyde von basischem und saurem Charakter, Doppeloxyde. Die Salze von Sauerstoffsäuren (Oxosäuren, vgl. S. 99) kann man meist außer aus Säure und Base, z. B. Ca(OH)2 + H 2 S0 4 = CaS0 4 + 2 H 2 0 , nach S. 18 auch aus den entsprechenden A n h y d r i d e n darstellen: CaO + S0 3 = CaS0 4 . In diesem Zusammenhang spricht man auch von O x y d e n m i t b a s i s o h e m o d e r s a u r e m C h a r a k t e r , obwohl man, wenn man sich streng an die Definition hält, von sauren und basischen Eigenschaften nur bei wäßrigen Lösungen sprechen darf, wenn H+- oder OH~-Ionen vorhanden sind. In diesem übertragenen Sinn unterscheidet man auch in manchen Verbindungen, die man z. T. nur in Abwesenheit von Wasser, etwa durch gemeinsames Erhitzen zweier Oxyde darstellen kann, wie z. B.: MgO + A1203 = MgAl204 den basischeren (MgO) von dem saureren Partner (A1203) und gibt der entstandenen Verbindung einen Namen, als sei sie ein Salz. So spricht man in unserem Beispiel von „Magnesium-Aluminat" und deutet diese Auffassung durch Formeln wie Mg[Al 2 0 4 ] oder Mg[A102]2 an- Da die Unterschiede im sauren bzw. basischen Charakter zwischen den beiden Partnern derartiger Verbindungen o f t g e r i n g f ü g i g sind, bezeichnet man sie aber auch ebenso gut als D o p p e l o x y d e und schreibt die Formel etwa: MgO • A1 2 0 3 . Dieser — als Mineral auch S p i n e l l genannten — Verbindung ist eine Reihe von Verbindungen analog, in denen das Magnesium durch andere 2wertige, das Aluminium durch andere 3wertige Metalle ersetzt ist; dazu gehört z. B. das S. 96 besprochene T h ö n a r d s B l a u . Es können auch, wie z. B. in dem Mineral M a g n e t i t Fe 3 04, der 2- und der 3wertige Partner das gleiche Element sein. In ähnlicher Weise kann die M e n n i g e Pb 3 0 4 als das Blei(II)-salz der Bleisäure mit 4wertigem Blei aufgefaßt werden. Chromeisenstein
Spinell
Kobalt(II)-kobalt(III)-oxyd
MgO • A1203 = Mg[Al 2 0 4 ] FeO • Cr 2 0 3 = Fe[Cr 2 0 4 ] CoO • Co 2 0 3 = Co[Co 2 0 4 ] Magnesiumaluminat Kobalt(II)-kobaltat(III) Eisen(II)-chromit Magnetit FeO • Fe 2 0 3 = Fe[Feü0 4 ] Eisen(II)-ferrit
Mennige 2PbO • P b 0 2 = Pb 2 [Pb0 4 ] Blei(II)-plumbat
Zu dieser Gruppe von Verbindungen gehören unter anderem auch die S i l i c a t e . Die eben genannten Verbindungen (Spinelle, Silicate usw.) sind dadurch ausgezeichnet, daß man sie nur in f e s t e m (und z. T. in geschmolzenem) Zustand kennt und daß sie in Wasser praktisch unlöslich sind. Die obigen Formeln sind nur als schematische Bilder ihres Aufbaus aufzufassen. Ein volles Verständnis für ihren Bau gewinnt man erst bei der Betrachtung ihrer Kristallgitter.
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Elemente der Gruppe I b — Silber
Elemente der Gruppe Ib Silber Während bisher nur solche Metalle besprochen wurden, die den kleinen Perioden bzw. den a-Gruppen der großen Perioden angehören, lernen -wir im Silber den ersten Vertreter der b-Gruppen kennen. Auf den ersten Blick erkennt man wesentliche Unterschiede. Während die Alkalimetalle ebenso wie die Erdalkali- und Erdmetalle sehr unedle Leichtmetalle sind, ist Silber ein Schvoermetall von ausgesprochen edlem Charakter. Es setzt sich nicht mit Wasser um und löst sich auch nicht in Salz- oder verdünnter Schwefelsäure. Erst durch die Oxydationswirkung von starker Salpetersäure bzw. von heißer konzentrierter Schwefelsäure kann man das Metall in Silberionen überführen. Den niedrigen Schmelzund Siedepunkten der Alkalimetalle (Natrium schmilzt z. B. bei 98° und siedet bei Atmosphärendruck bei 883° C) stehen hohe Werte beim Silber (Schmelzpunkt 960°, Siedepunkt ~ 2000° C) gegenüber. In Verbindungen kommt Silber fast nur e i n w e r t i g vor. Obwohl demnach die Verbindungen in ihrer formelmäßigen Zusammensetzung denen der Alkalimetalle weitgehend entsprechen, sind ihre Eigenschaften ganz andere: Von den Halogeniden ist nur das Fluorid leicht in Wasser löslich; Silberchlorid, -bromid und -jodid sind schwer löslich. Im Gegensatz zu den farblosen und leicht löslichen Sulfiden des Natriums und Kaliums ist das Silbersulfid Ag2S schwarz und äußerst schwer in Wasser löslich. Silberhydroxyd ist überhaupt noch nioht dargestellt; statt seiner bildet sich aus Ag+- und OH--Ionen unter Wasserabspaltung Silberoxyd AgaO. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß das Silber eine sehr große Neigung hat, sogenannte komplexe Verbindungen zu bilden, mit deren Wesen wir uns im nächsten Kapitel beschäftigen werden. Da der S i l b e r p r e i s r e c h t hoch i s t , gieße man s i l b e r h a l t i g e Lösungen nioht g e d a n k e n l o s weg. Sie sind vielmehr in einem im L a b o r a t o r i u m a u s s t e h e n d e n Gefäß zu sammeln! 1. Ein Weg zur Darstellung von reinem Silber beruht auf der Schwerlöslichkeit seines Chlorids. Man löse etwas silberhaltige Legierung (Assistent!) in wenig kalbkonzentrierter Salpetersäure auf, verdünne die Lösung mit Wasser und füge unter Umrühren so viel Salzsäure hinzu, bis eine neu hinzugesetzte Probe Salzsäure keinen weiteren Niederschlag erzeugt. Der dichte käsigflockige Niederschlag werde auf einem glatten Filter gesammelt und das Filtrat mit einem Tropfen Salzsäure auf Vollständigkeit der Fällung geprüft. Dann wasche man den Niederschlag auf dem Filter g r ü n d l i c h mit destilliertem Wasser aus; das durchfließende Waschwasser darf schließlich nicht mehr sauer reagieren. D a b e i v e r g e s s e m a n n i c h t , a u c h d a s F i l t e r s o r g f ä l t i g a u s z u w a s c h e n : man spritze mit der Spritzflasche einige Male auf den oberen Rand des Filters rund herum; das von dort herabfließende Waschwasser durchzieht dann die gesamte Papiermasse des Filters und entfernt die fremden Stoffe — in unserem Fall Kupfersalze und überschüssige Säure — auch aus seinem oberen Rand.
Silber
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2. Einen Teil des Silberchlorids bringe man in eine Abdampfsehale, übergieße es mit etwas verdünnter Salzsäure und lege ein Stückchen reines Zink in den Brei. Sofort beginnt das Silberchlorid sich in der Nähe des Zinks zu bräunen und geht in 5 bis 10 Minuten in eine graubraune schwammige Masse von metallischem S i l b e r über. 2 AgCl + Zn = 2Ag + ZnCl2 . Man entferne nun das Zinkstückchen und wasche das entstandene Zinkchlorid und die Salzsäure sorgfaltig mit heißem, destilliertem Wasser fort. Am besten kocht man das Silber in der Abdampfschale mehrfach mit destilliertem Wasser auf und gießt jedesmal vorsichtig ab, ehe man die Masse aufs Filter bringt. Gibt man schließlich den so erhaltenen Silberschwamm in eine kleine Vertiefung eines Stücks Lötrohrkohle und erhitzt mit dem Lötrohr oder der Gebläseflamme, so schmilzt er zu einer Kugel von Silbermetall zusammen. 3. Man kann die Reduktion des Silberchlorids statt mit Zink auf nassem Wege auch auf trocknen Wege durchführen. Man mischt dazu etwas im Trockenschrank getrocknetes Silberchlorid mit der doppelten Gewichtsmenge Soda und erhitzt das Gemisch auf Kohle mit der Lötrohroder Gebläseflamme. Es bildet sich Silbercarbonat, das in M e t a l l , Kohlendioxyd und Sauerstoff zerfällt: 2AgCl + Na2C03 = Ag2C03 + 2NaCl Ag2CO, = Ag20 + C02 2Ag 2 0 = 4Ag + 0 2 . Den erhaltenen Regulus koche man mit verdünnter Salzsäure, um so die nahaftenden Salzreste aufzulösen. 4. Die so erhaltenen Silberkugeln werden mit m ö g l i c h s t w e n i g Salpetersäure gelöst. Die Lösung benutze man zu den folgenden Umsetzungen der Silbersalze: 5. Natriumhydroxyd fallt braunes S i l b e r o x y d (kein Silberhydroxyd!) 2AgN0 3 + 2NaOH = Ag20 + H 2 0 + 2NaNOs . 6. Natriumcarbonat fällt hellgelbes S i l b e r c a r b o n a t , das beim Erhitzen der Mischung Kohlendioxyd abspaltet und in Silberoxyd übergeht. 2AgN0 3 + Na2CO, = Ag2C03 + 2NaNO» . 7. AmmoniaTc-Uiswig fallt, wenn sie in sehr kleiner Menge zugesetzt wird, aus neutraler Lösung ebenfalls S i l b e r o x y d ; der geringste Überschuß löst das ausgefällte Silberoxyd wieder auf. Aus salpetersaurer Lösung bildet sich überhaupt kein Niederschlag. Man benutze daher zu diesem Versuch nicht die selbst hergestellte Silbernitratlösung, die überschüssige Salpetersäure enthält, sondern eine Lösung von festem Silbernitrat in Wasser. — Ammoniakalische Silbersalzlösungen können beim Stehenlassen e x p l o d i e r e n ; sie dürfen deshalb nicht aufbewahrt werden. 8. Schwefelwasserstoffwasser oder Ammoniumsulfid Silbersulfid. 2AgN0 3 + H2S = Ag2S + 2 HNO, .
fällen schwarzes
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Komplexverbindungen und Doppelßalze
9. Salzsäure, und Chloride fällen, wie S. 21/22 bereits gezeigt wurde, S i l b e r c h l o r i d , das sich in Ammoniak-Lösung leicht und vollständig löst. Die Erklärung wird S. 106/7 gegeben werden. 10. Während sich Silberchlorid in schwach salzsäurehaltigem Wasser weniger löst als in reinem Wasser (Wirkung eines gleichionigen Zusatzes), löst es sich, wie man sich durch den Versuch leicht überzeugt, in starker Salzsäure merklich, wenn auch nicht reichlich. Dabei bilden sich Chlorosilbersäuren, u. a. wahrscheinlich H 8 [AgCl 4 ]. 11. Kaliumbromid fallt hellgelbes S i l b e r b r o m i d , das in Lösung w e n i g e r l e i c h t löslich ist als das Chlorid.
Ammoniak-
12. Natriumjodid fällt gelbes S i l b e r j o d i d , das sich in Lösung praktisch n i c h t löst.
Ammoniak-
13. Natriumcyanid: Wird eine frisch bereitete Natriumcyanid-Lösung ( V o r s i c h t , n a c h d e m V e r s u c h s o f o r t d i e H ä n d e a b s p ü l e n ! ) in geringer Menge zugesetzt, so fällt weißes S i l b e r c y a n i d . AgN0 3 + NaCN = AgCN + NaNO. . 14. In überschüssiger Natriumcyanid-hösnng löst sich Silbercyanid leicht zum Natriumsalz der C y a n o s i l b e r s ä u r e : AgCN + NaCN = Na[Ag(CN)2] . 15. Natriumthiosulfat1)-Lösung fällt, wenn in geringer Menge zugesetzt, weißes S i l b e r t h i o s u l f a t . 2 AgNOs + Na 2 S 2 0 3 = Ag2S203 + 2;NaNOs . Der weiße Niederschlag wird beim Stehenlassen erst gelb, dann braun und schließlich schwarz, weil er sich unter Bildung von S i l b e r s u l f i d zersetzt: Ag2S203 + H 2 0 = Ag2S + H 2 S0 4 . 16. Ein Überschuß von Natriumthiosulfat-Lösung löst das Silberthiosulfat unter Bildung des T h i o s u l f a t o a r g e n t a t - K o m p l e x e s [Ag(S 2 0 3 ) s ] 6 -. Auch Silberchlorid und -bromid lösen sich in Thiosulfat-Lösung; davon macht man in der Photographie Gebrauch („Fixieren"). AgBr + 3Na2S2Os = Na6[Ag(S203)3] + NaBr . Komplexverbindungen and Doppelsalze Bei der Besprechung der Silberverbindungen haben wir eine Reihe eigenartiger Umsetzungen kennengelernt: Das schwer lösliche Silberchlorid ging bei der Zux ) Im Natriumthiosulfat Na 2 S 2 0 3 (vgl. auch S. 179) ist an Stelle eines Sauerstoffatoms des Natriumsulfats Na 2 S0 4 ein Schwefelatom getreten. Die Vorsilbe „Thio" wird allgemein benutzt, um den Ersatz von Sauerstoff durch Schwefel zum Ausdruck zu bringen; KOCN = Kaliumcyanat; KSCN = Kaliumthiocyanat (vgl. S. 1 2 9 und 170/71). Na3As04 = Natriumarsenat; Na , A S S 4 J = Natriumthioarsenat (vgl. S. 147).
Komplexverbindungen und Doppelsalze
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gäbe von Ammoniak-Lösung wieder in Lösung; Silbercyanid, das aus Silbernitrat-Lösungen bei Zugabe von wenig Natriumcyanid-Lösung ausfiel, löste sich beim Zusatz von mehr Cyanid-Lösung wieder auf. Diese Versuche zeigen, daß tiefgreifende Veränderungen erfolgt sein müssen. I. Komplexbildung durch Anlagerung von Ionen an eine neutrale Molekel. Schon S. 97 haben wir besprochen, daß sich aus S c h w e f e l t r i o x y d und W a s s e r Schwefelsäure bildet. Berücksichtigen wir die Dissoziation der Schwefelsäure, so ergibt sich folgende Gleichung: H 2 0 + S 0 3 = 2H+ + [S0 4 ] 2 2_ Dieses [S0 4 ] -Ion tritt in wäßriger Lösung stets als Einheit auf; es bildet weder freie S^"- noch 0 2 - - I o n e n . Solche zusammengesetzte Ionen, die nicht in die Einzelbestandteile dissoziieren, bezeichnet man als komplexe Ionen (vgl. auch S. 35). Komplexbildung liegt auch bei der soeben besprochenen Umsetzung von S i l b e r c y a n i d mit N a t r i u m c y a n i d vor. Diese ist durch die Gleichung Na+ + CN" + AgCN = Na+ + [Ag(CN) 2 r zu beschreiben. Die eckige Klammer (die man nicht mit dem S. 80/81 angeführten Zeichen f ü r „Konzentration" verwechsle!) soll andeuten, daß sich ein komplexes Ion gebildet hat, das aus einem Silberteilchen und zwei Cyangruppen besteht. Daß f r e i e Silberionen tatsächlich in nennenswerter Konzentration nicht vorhanden sind, erkennt man durch folgende Versuche: 1. Zu einer nach S. 104, Nr. 14 hergestellten NatriumcyanoargentatLösung gebe m a n a) Natriumchlorid-Lösung, b) Natronlauge. E s fällt weder Silberchlorid noch - o x y d aus. 2. Ganz ähnlich verhält sich das entsprechend aufgebaute Kaliumcyanojerrat ( I I ) K 4 [Fe(CN) 6 ], das wir S. 129f. noch näher besprechen werden. I n einer wäßrigen Lösung dieses Salzes sind nur K + - und [ F e i C N J g ^ - I o n e n vorhanden. Dementsprechend gibt sie mit Perchlorsäure einen Niederschlag v o n Kaliumperchlorat; mit Natronlauge fällt jedoch kein Eisen(II)-hydroxyd Fe(OH) 2 — wie z . B . aus einer Eisen(II)suIfat-Lösung — aus, weil die Fe 2 + -Ionen komplex gebunden sind. Man führe die beiden Versuche aus. Bei den Komplexen von der Art des [S0 4 ] 2 - -, des [Ag(CN)2]~- und des [Fe(CN,)] 4- -Ions ist die G e s a m t l a d u n g ( = Ionenwertigkeit, vgl. S. 30) v o n d e r t , L a d u n g " d e s Z e n t r a l t e i l c h e n s ( = Oxydationszahl, vgl. S.^35) s t e t s v e r s c h i e d e n . So kann man z. B. im [SO t ] 2_ -Komplex unter den" S. 36 gemachten Vorbehalten dem Schwefelteilchen (dem „Zentralatom") eine „Ladung" von + 6 zuschreiben; die vier Sauerstoffteilchen (die „Liganden") tragen jedoch insgesamt 4 - 2 = 8 negative Ladungen. Die Gesamtladung des Komplexes ist also +6-8 -- -2. Es bereitet dem Anfänger in der Regel Schwierigkeiten, zu verstehen, wieso z. B. eine AgCN-Molekel, in der doch scheinbar die positive Ladung des Silberions und die negative des Cyanions sich gegenseitig vollständig abgesättigt haben, noch ein weiteres CN~-Ion zu binden vermag. Betrachtet man jedoch die Gruppierung: l q n
) ( Ag ) ( CN ) > wi® 8i® i11 dem Komplex vorliegt, so
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Komplexverbindungen und Doppelsalze
sieht man, daß die linke CN- Gruppe von dem Ag-Teilchen stärker angezogen als von der weiter entfernten reohten CN-Gruppe abgestoßen wird; für die rechte CNGruppe gilt das entsprechende. Insgesamt resultiert also für jede der beiden CN-Gruppen tatsächlich eine Anziehungskraft. Freilich können nun nicht beliebig viel CN-Gruppen angelagert werden; denn mit steigender Zahl der CN-Gruppen nimmt die Abstoßung zu, die die negativen Ladungen aufeinander ausüben. Zu diesem Einfluß der Ladung kann nun noch ein r ä u m l i c h e r kommen. Um das Zentralteilchen herum kann ja nur eine bestimmte Anzahl von Ionen oder Molekeln untergebracht werden. Die Zahl der m Einzelfall vorhandenen „Liganden" bezeichnet man als die „Koordinationszahl". Sie beträgt in sehr vielen Fällen 6, oft auch 4; andere Zahlen — wie hier 2 — kommen seltener vor. Die eben geschilderte Art von Komplexen wird besonders leicht von Cyangruppen gebildet, jedoch kommt sie auch bei anderen Anionen vor. So gehören hierher das [PtClJ^-Ion (vgl. auch S. 61/63) und die Hydroxoverbindungen, wie Na[Zn(OH),] (vgl. S. 99 u. 117). II. Komplexbildung durch Anlagerung von Dipolmolekeln an ein Ion. S. 34 haben wir besprochen, daß die Ionen in wäßriger Lösung „ h y d r a t i s i e r t " sind, d. h. daß sie die Wassermolekeln in ihrer nächsten Umgebung besonders fest binden. Diese Bindung der Wassermolekeln ist dadurch bewirkt, daß die Wassermolekeln nicht linear gebaut sind (entsprechend HÖH), sondern gewinkelt (entsprechend H®H). Dies bedingt eine elektrische Unsymmetrie, ein sogenanntes „Dipolmoment". Kommt nun eine solche Dipolmolekel sehr nahe an ein positives Ion, so wird dieses die Dipolmolekel so zu drehen versuchen, daß ihre negative Seite, d. h. das Sauerstoffteilchen, sich zu ihm hin, die positive Seite, d. h. die 2+2- + Wasserstoffteilchen, sioh von ihm weg richten: H 2 0 • Ag. Bei negativen Ionen erfolgt das entsprechende. Bei dieser gegenseitigen Stellung der beiden Partner zueinander tritt natürlich eine elektrostatische Anziehung auf, obwohl die Wassermolekel als Ganzes keine überschüssige freie Ladung besitzt. Ein solohes hydratisiertes Ion stellt demnach ebenfalls einen K o m p l e x dar; er ist duroh Anlagerung von Wassermolekeln als Liganden an das Ion als Zentralteilohen entstanden. Die L a d u n g eines d e r a r t i g e n K o m p l e x e s ist gleich der des Zentralteilchens. Der Einfachheit halber pflegt man in den Reaktionsgleichungen, die sich auf Vorgänge in wäßriger Lösung beziehen, diese Wasserhülle nicht besonders anzugeben. Alle „Ionenreaktionen", die wir kennengelernt haben bzw. noch kennenlernen werden, beziehen sich aber in Wirklichkeit auf solche hydrätisierte Ionen. Dipolmolekeln wie das Wasser gibt es in großer Zahl. Wichtig ist auch die Ammoniakmolekel. Sie stellt eine dreiseitige Pyramide dar, an deren Spitze sich der negativ geladene Stickstoff, an deren Grundfläche sich die drei positiv geladenen Wasserstoffteilchen befinden. Das Silberion z. B. bindet Ammoniakmolekeln fester als Wassermolekeln. Gibt man daher zu einer Lösung, die Ag+Ionen enthält, Ammoniak-Lösung, so verdrängen die NH3-Molekeln trotz ihrer wesentlich geringeren Konzentration die Wassermolekeln, und es bildet sich der K o m p l e x [Ag(NH3)2]+. Dieser g i b t ganz andere U m s e t z u n g e n als das gewöhnliche h y d r a t i s i e r t e Silberion. Während z. B. Chlorionen die Hydrat-
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+
hülle des Ag -Ions beiseite scMeben, so daß sieh schwer lösliches Silberchlorid bildet, lassen sich die Ammoniakmolekeln durch Chlorionen nicht verdrängen; Natriumchlorid-Lösimg fällt deshalb aus ammoniakalischer Lösung kein Silberchlorid. Umgekehrt wird bei der Umhüllung des Silberteilchens mit Ammoniakmolekeln die Anziehung der Ag+- und Cl--Teilchen überwunden; das in Wasser nahezu unlösliche Silberchlorid löst sich, wie wir S. 21/22 und 104 gesehen haben, in Ammoniak-Lösung glatt auf. Sorgt man dafür, daß der [Ag(NH3)2]+-Komplex z e r s t ö r t wird, so findet man wieder die Umsetzungen der normalen hydrati* sierten Silberionen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn man ansäuert und so die NHs-Molekeln durch Zugabe von H + -Ionen in NH 4 + -Ionen überführt. Diese NH 4 + -Ionen werden natürlich nicht von den Ag+-Ionen gebunden; denn einma besitzen sie, weil die vier Wasserstoffteilchen tetraestrisch um das Stickstoffteilchen angeordnet sind, kein Dipolmoment mehr, lind außerdem werden sie wegen ihrer positiven Ladung von dem AgJ-Teilchen abgestoßen.
3. Man falle aus Silbernitrat-Lösung mit Natriumchlorid-Lösung Silberchlorid und löse dies durch Zugabe von Ammoniak-Lösung wieder auf. Zu dieser Lösung gebe man eine beliebige starke Säure (z. B. Salpeter- oder Schwefelsäure). Es fällt wieder Silberchlorid aus: [Ag(NH3)2]+ + 2H+ = Ag+ + 2NH 4 +. K o m p l e x s a l z e kennt man auch im festen Zustand, und zwar sowohl Ionenais auch Dipolkomplexe. Zu den ersteren gehört z. B. das feste Kaliumcyanoferrat(II), zu den letzteren zählen die H y d r a t e und Ammine, z. B. CaS0 4 • 2Ü20 1 ) Calciumsulfatdihydrat („Gips"), CuS0 4 • 5H 2 0 Kupfersulfatpentahydrat („Kupfervitriol"), [Cu(NHS)4] S 0 4 - H 2 0 Tetramminkupfer(II)-sulfatmonohydrat, [CO(NHS)6](N03)3 Hexamminkobalt(III)-nitrat usw. Bezüglich der Namen vgl. S. 110. Til. Doppelsalze. Es gibt Stoffe, die im k r i s t a l l i s i e r t e n Zustand, ebenso wie die Ionenkomplexe, aus zwei oder mehreren einfachen Salzen zusammengesetzt sind und sich in ihren kristallographischen usw. Eigenschaften durchaus von einem Gemenge ihrer Bestandteile unterscheiden. Im Gegensatz zu den Komplexverbindungen zeigen sie jedoch in wäßriger L ö s u n g die Reaktionen sämtlicher Einzelionen; sie verhalten sich also wie ein Gemisch der Lösungen der Einzelsalze. Solche „ D o p p e l s a l z e " erhält man in der Regel dadurch, daß man eine Lösung, die die Einzelsalze enthält, zur Kristallisation bringt. So entsteht z. B. aus Kalium- und Aluminiumsulfat der K a l i u m a l a u n K A l f S O ^ • 1 2 H 2 0 . Hierher gehören ferner die anderen Alaune, wie NH4A1(S04)2 • 1 2 H 2 0 , KCr(S0 4 ) ä • 12H a O, das Mohrsche Salz (NH 4 ) 2 Fe(S0 4 ) 2 • 6 H 2 0 (das übrigens nicht zu den Alaunen gehört I), der Carnallit KMgCls • 6H a O u. a.
4. Man versetze drei Proben von Kaliumalaun-Lösung gesondert mit verdünnter Perchlorsäure, Ammoniak- und Bariumchlorid-hösung. Es treten die normalen Niederschläge von Kaliumperchlorat, Aluminiumhydroxyd und Bariumsulfat auf. ') In vielen Fällen weiß man noch nicht, ob die Wassermolekeln nur an das Metallteilchen gebunden sind oder ob ein Teil von ihnen dem Säurerest zuzuordnen ist. Daher gibt man dann nur die oben angeführten Bruttoformeln, nicht Komplexformeln mit eckigen Klammern an
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Komplexverbindungen und Doppelsalze
IV. Starke und schwache Komplexe. Doppel- und Komplexsalze sind idealisierte Grenzfälle, zwischen denen es in Wirklichkeit die mannigfachsten Übergänge gibt. Völlig undissoziierte Komplexe kennt man ebensowenig wie vollkommen unlösliche Stoffe. So ist z. B. der [Fe(CN)6]1--Komplex doch in ganz geringem Umfang in Fe 2+ und CN~-Ionen dissoziiert. Freilich ist bei diesem „starken" Komplex der Grad dieser Dissoziation so schwach, daß er nur durch physikalische Methoden ermittelt werden kann. Dagegen gibt es keine chemische Methode, um die Fe2+-Ionen nachzuweisen. Auch die CN~-Ionen lassen sich bei Zimmertemperatur1) nicht chemisch erfassen. Selbst in salzsaurer Lösung genügt das Bestreben der H + -Ionen, undissoziierte Blausäure zu bilden, nicht, um CN~-Ionen aus dem Komplex herauszuziehen. 5. Man versetze Kaliumcyanojerrat(II)-Lösung reichlich mit verdünnter Salzsäure. Es tritt kein Geruch nach Blausäure auf, der schon bei der Gegenwart sehr geringer Mengen dieser Säure merklich wäre. Dagegen sind z. B. die Silberionenkomplexe [Ag(CN)2]~ und [Ag(NHa)2]+ nur mäßig stark; sie sind doch so weit in Ag+- und CN - -Ionen bzw. Ag+-Ionen und NH3-Molekeln dissoziiert, daß man die einzelnen Bestandteile durch genügend empfindliche Reaktionen nachweisen kann. Die Dissoziation der Komplexe wird durch die Gleichgewichtskonstante gemessen, die bei dem zweiten Komplex durch den Ausdruck [[Ag(NH3)2]+] _ [Ag+] • [NH 3 ] a ~~ Ä[Ag(NH,ein-
gegeben ist. Man nennt sie deshalb auch die Beständigkeitskonstante des Komplexes. Sie ist in diesem Falle zu groß, als daß die Konzentration an Ag+-Ionen ausreichte, um mit der in Lösungen erreichbaren Konzentration an Cl_-Ionen das verhältnismäßig große Löslichkeitsprodukt des Silberchlorids zu erreichen. Die Silberionenkonzentration ist aber groß genug, daß auf Zugabe von Jodbzw. Sulfidionen die Löslichkeitsprodukte vom Silberjodid bzw. Silbersulfid überschritten werden. 6. Man versetze eine Lösung von Silberchlorid in mit Lösungen von: Natriumchlorid: Es fällt kein Silberchlorid. Kaliumjodid: Es fällt Silberjodid. Ammoniumsulfid: Es fällt Silbersulfid.
Ammoniak-Lösung
7. Entsprechendes gilt für den Komplex [Ag(CN) 2 ]~. Man versetze etwas Silbernitrat-hösung mit so viel Natriumcyanid-Lösxmg, daß der Niederschlag von Silbercyanid eben wieder in Lösung geht, und prüfe mit folgenden Lösungen: NatriumcMorid: Es fallt kein Silberchlorid. Natronlauge: Es fällt kein Silberoxyd. Ammoniumsulfid: Es fällt Silbersulfid. Verdünnte Salpetersäure: Die Lösung riecht nach Blausäure; außerdem fällt Silbercyanid wieder aus. i) Wohl aber bei höheren Temperaturen; vgl. S. 131, Nr. 26.
Komplex Verbindungen und Doppelsalze
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Durch die H + -Ionen der starken Salpetersäure wird gemäß [H+].[CN-]/[HCN] = Z H O j r unter Bildung freier Blausäure die CN~-Ionenkonzentration in der Lösung so weit herabgesetzt, daß das Gleichgewicht [[Ag(CNy-] [Ag + ] • [CN - ] 2
—
„ [Ag(CN)i]-
gestört wird und der Komplex zerfallt, wobei die gebildeten CN~-Ionen immer wieder von den H + -Ionen abgefangen werden. Andererseits ist die CN _ -Ionenkonzentration trotz der Anwesenheit der H + -Ionen der Salpetersäure noch so groß, daß das Löslichkeitsprodukt des SilbercyanJds überschritten wird. Als verhältnismäßig schwache Komplexe werden wir S. 118/19 die Ionen der Cyanozink- und der Cyanocadmiumsäure kennenlernen. V. Innere Komplexsalze. Mehrwertige Metallionen bilden in wäßriger Lösung sehr beständige Komplexe mit gewissen organischen Verbindungen, die gleichzeitig durch Metalle salzartig ersetzbaren Wasserstoff und Dipolgruppen (wie die Hydroxylgruppe — OH, die Aminogruppe —NH 2 ) enthalten. Das gilt z. B. für die Verbindung von zweiwertigem Kupfer mit der Aminoessigsäure H 2 N • CH 2 • COOH: h2 H2C—N a + O—C=0
o=i-o
0,1
n—¿:
Jeder der beiden Aminoacetatreste ist auf zwei v e r s c h i e d e n e W e i s e n mit dem Kupfer verbunden: Einerseits besteht eine salzartige Beziehung zwischen dem positiven Kupferion und der negativen Carboxylgruppe, andererseits übt das Kupferion auch eine Anziehungskraft auf die einen elektrischen Dipol tragende NH 2 -Gruppe aus. Solche komplexen Salze bezeichnet man als i n n e r e K o m p l e x s a l z e oder auch als C h e l a t e , abgeleitet von dem griechischen Wort für Krebsschere, weil der Säurerest wie eine Schere mit zwei Schenkeln am Kupferion angreift. Bei diesen Verbindungen bilden einige Atome miteinander stets einen King; im obigen Beispiel bestehen zwei Ringe aus je fünf Atomen (—Cu—0—C—C—N—; die Wasserstoffatome sind seitwärts an die den Ring bildenden Atome angefügt). Es treten bevorzugt Ringe aus 5 und 6 Atomen auf. Innere Komplexsalze bilden viele mehrwertige Metallionen, wie z. B. Cu2+, Al3+, Fe 3 +, auch mit Hydroxyl-haltigen organischen Verbindungen von der Art der Weinsäure, der Zucker usw. So kann z. B. im Anion der Weinsäure O H H O H i l l ! -[O-C-C-C-C-O]I I OH OH der Wasserstoff einer OH-Gruppe durch % C u 2 + ersetzt werden, während die andere als Dipol an das Kupferion gebunden wird. Derartige Verbindungen sind sehr stabil; aus ihren wäßrigen Lösungen werden, wie wir auf S. 95, Nr. 8, an einem Beispiel gesehen haben, durch Laugen z. B. die Hydroxyde Al(OH)3, Cu(OH)j usw. nicht gefällt. Das ist von großer Bedeutung, weil die Verhinderung
110
Kupfer
dieser Fällungen sowohl erwünscht als auch unerwünscht sein kann. In letzterem Falle, z. B. beim Nachweis jener Metalle in Speisen, muß man deshalb die organischen Verbindungen zuvor zerstören. — Zu der Klasse der inneren Komplexsalze gehören die meisten analytisch wichtigen organischen Metallverbindungen; vgl. die im Register unter dem Stichwort „Reagentien, organische" aufgeführten SeitenVI. DieNamengebung für die Komplexverbindungen erfolgt nach deninternationalen Richtsätzen auf Grundlage der Regeln, die wir S. 53/55 besprachen. Der Name des Kations steht an erster Stelle, der des Anions, das im allgemeinen durch die Endung -at gekennzeichnet wird, an zweiter. Säuren werden mit dem Namen des Anions, dem das Wort -säure angehängt wird, bezeichnet. Beim Kation wie beim Anion gehen dem Namen des Zentralteilchens die Namen der Liganden (vgl. S. 105) voraus, letztere mit der Endung -o, wenn es sich um negativ geladene Teilchen handelt (C1 = chloro, CN = cyano); sonst wird nur der unveränderte Name gegeben (z. B. CO = Carbonyl, NO = Nitrosyl, CH3 • NH 2 = Methylamin) Ausnahmen: H 2 0 = aquo, nicht aqua, NH S = ammin; die Wertigkeit wird durch eine angehängte römische Ziffer angegeben, also z. B. [Co(NH3),]Cl2 Hexamminkobalt(II) - chlorid, K4[Fe(CN)„] Kaliumhexacyanoferrat(II), H 2 [PtCl 4 ] Hexachloroplatin(IV)-säure. Diese Art der Bennenung geht im wesentlichen zurück auf Alfred W e r n e r , den erfolgreichen Forscher auf dem Gebiet der Komplexverbindungen. Kupfer Kupfer tritt hauptsächlich ein- und zweiwertig auf. Die Kupfer(II)-Verbindungen stellen eine der seltenen1) Ausnahmen von der Regel dar, daß die höchste positive Elektrovalenzzahl eines Elementes gleich seiner Gruppennummer im PeriodenSystem ist (vgl. S. 35). Die Verbindungen des einwertigen Kupfers (früher als Cuproverbindungen bezeichnet) entsprechen in ihren Eigenschaften weitgehend den Silberverbindungen. Sie sind jedoch in der Regel wenig beständig und werden leicht zu den Verbindungen der zweiwertigen Stufe oxydiert. Am beständigsten sind unter den Kupfer(I)-verbindungen das Jodid CuJ (Kupfer(II)-jodid zerfällt schon bei Raumtemperatur freiwillig in Kupfer(I)-jodid und Jod!), das Cyanid CuCN, das Thiocyanat CuSCN und das Oxyd Cu 2 0. Die Verbindungen des zweiwertigen Kupfers (früher Cupriverbindungen) sind denen des zweiwertigen Nickels und Eisens (vgl. S. 134 u. 125) ähnlich. Sie sind in kristallwasserhaltiger Form blau oder grün. Die Neigung zur Komplexbildung ist bei beiden Wertigkeitastufen ausgeprägt. Das Metall ist in reinem Zustand hellrot; meist ist es durch oberflächliche Oxydation dunkler gefärbt. Es schmilzt bei 1083°; ein nicht zu dicker Kupferdraht kann in der Flamme des Bunsenbrenners zum Schmelzen gebracht werden. Kupfer ist wesentlich unedler als Silber; das Oxyd zersetzt sich beim Erhitzen auf Rotglut nicht.
1. Kupferhalogenide färben die Flamme b l a u mit grünem Saum. Das Nitrat und andere Verbindungen färben die Flamme gleichmäßig g r ü n . *) Als weitere Ausnahmen sind dreiwertiges Gold, die wenig beständigen Verbindungen von zweiwertigem Silber und dreiwertigem Kupfer sowie einige seltene Erden (vgl. S. 192) zu nennen.
Kupfer
Ul
Man bringe mit dem Platindraht einmal etwas Kupferchlorid, ein anderes Mal etwas Kupfernitrat in die entleuchtete Bunsenflamme. Nach dem Erkalten sieht der Draht schwarz aus, weil sich oberflächlich eine Schicht von Kupferoxyd gebildet hat. Mit verdünnter Salpetersäure läßt sich diese leicht wieder ablösen. 2. Die Phosphorsalzperle wird durch Kupferverbindungen in der Oxydationsflamme grün gefärbt. Bringt man zu der Perle ein Stückchen Zinn und glüht nochmals, aber jetzt in der Reduktionsflamme, so wird die Perle infolge der Reduktion des zweiwertigen Kupfers undurchsichtig und dunkelrot, etwa von der Farbe des Packsiegellacks. Man führe diesen Versuch an einem Magnesiastäbchen, nicht am Platindraht durch, da sich das Platin mit dem Zinn legieren würde. Beim Auflösen von Kupfermetall in warmer Salpetersäure oder heißer konzentrierter Schwefelsäure entstehen Verbindungen des z w e i w e r t i gen K u p f e r s (Kupfer(II)-nitrat bzw. -sulfat). Über die Reaktionen der Kupfer(II)-salse unterrichten folgende Versuche: 3. Natriumhydroxyd: Es fällt matt-grünlichblaues K u p f e r (II)h y d r o x y d aus, das beim Aufkochen der Masse zuerst braun und weiterhin schwarz wird, weil es unter Wasserabspaltung über Zwischenstufen in wasserfreies K u p f e r ( I I ) - o x y d übergeht. CuSOt + 2NaOH = Cu(OH)a + Na2SO« CU(OH) 2 = H 2 0 +
CuO.
4. Ammoniak fällt, wenn es in geringer Menge zugesetzt wird, ebenfalls Kupfer(II)-hydroxydaus. Ein Überschuß von Ammoniak löst die Fällung, wobei sich tiefblau gefärbte T e t r a m m i n k o m p l e x i o n e n bilden: CuSO, -(- 2NHj + 2H20 = Cu(OH)a + (NHJjSO. Cu(OH)a + 4NH3 = [CU(NH 3 ) 4 ] 2 + + 20H~. 5. Schwefelwasserstoff fällt schwarzbraunes K u p f e r (II)-sulfid. Die Fällung werde heiß und in saurer Lösung durchgeführt, da sich dann der Niederschlag leichter in gut filtrierbarer Form absetzt (vgl. auch S. 151 f.). Feuchtes Kupfersulfid oxydiert sich ander Luft leicht zum Sulfat. Läßt man z. B. ein feuchtes Kupfersulfid enthaltendes Filter eine Stunde lang stehen und wäscht dann mit Wasser aus, so geht das gebildete Kupfersulfat in Lösung, und das Filtrat ergibt mit Schwefelwasserstoffwasser eine durch das Ausfallen von etwas Kupfersulfid bewirkte leichte Braunfarbung. 6. Ammoniumsulfid fällt ebenfalls Kupfer(II)-sulfid. Mit (gelbem) Ammoniumpolysulfid ist die Fällung nicht ganz vollständig; es bleibt etwas Kupfer gelöst. 7. Natriumcarbonat fällt basisches K u p f e r ( I I ) - c a r b o n a t wechselnder Zusammensetzung.
von
112
Kupfer
8. Kaliumcyanoferrat(II) fällt aus neutraler oder schwach saurer Lösung braunes K u p f e r ( I I ) - c y a n o f e r r a t ( I I ) , in dem meist ein Teil des Kupfers durch Kalium ersetzt ist. 2 CuS04 + K4[Fe(CN),] = Cua[Fe(CN),] + 2K 2 S0 4 . Zur Herstellung v o n Verbindungen
der einwertigen
Stufe g e h t m a n in
der Regel ebenfalls von Kupfer(II)-salz-Lösungen aus. 9. Am leichtesten ist das Kupfer(I)-jodid herzustellen. Gibt man zu einer Kupfer(II)-salz-Lösung Kaliumjodid, so fällt unter Abscheidung von Jod K u p f e r ( I ) - j o d i d . 2CuS04 + 4 K J = 2CuJ + J 2 + 2K 2 S0 4 . Durch Zugabe von Schwefligsäure-Lösxmg wird das braune Jod zu Jodwasserstoff reduziert, und die weiße. Farbe des Kupfer(I)-jodidniederschlages wird deutlich erkennbar. 10. Kupfer(II)-cMorid und -bromid zerfallen in Lösung nicht von selbst in die Kupfer(I)-verbindung und freies Halogen. Hier ist die Anwendung von Reduktionsmitteln erforderlich. Zur Reduktion sind schweflige Säure oder auch Kupfermetall brauchbar. Man gebe in ein Reagensglas eine stark salzsaure Lösung von Kupfer(II)-chlorid oder -sulfat, füge etwas Kupferpulver zu und koche auf. Das dabei gebildete Kupfer(I)chlorid bleibt, ähnlich wie Silberchlorid in konzentrierter Salzsäure, gelöst als Dichlorokupfer(I)-säure: CuCl2 + Cu = 2CuCl CuCl + HCl = HtCuClj]. Die zunächst grüne Lösung färbt sich erst dunkel1) und wird dann fast farblos. Man gieße die Lösung von dem Kupferpulver ab in viel Wasser. Der Komplex zerfällt, und das [schwer ^lösliche farblose K u p f e r (I)chlorid fällt aus. Filtriert man den Niederschlag ab, so färbt er sich schon nach kurzer Zeit grün, weil feuchtes Kupfer(I)-chlorid an der Luft sehr leicht zu basischem Kupfer(II)-chlorid oxydiert wird. 11. Hinsichtlich der Beständigkeit stehen zwischen dem Kupfer(I)jodid und dem Kupfer(I)-chlorid die Thiocyan- und die Cyanverbindung. Kupfer(II)-sulfatlösung gibt auf Zusatz einer Lösung von Kaliumthiocyanat einen schwarzen unbeständigen Niederschlag von Kupfer(Il)-thiocyanat. CuSO« + 2KSCN = CU(SCN)2 + K 2 S0 4 . Setzt man reichlich Schwefeldioxyd-'Lösxmg hinzu, so wird der schwarze Niederschlag heller und nach einiger Zeit weiß; er wird zu Kupfer(I)t h i o c y a n a t reduziert. 2CU(SCN)2 + S0 2 + 2H 2 0 = 2CuSCN + 2HSCN + H 2 S0 4 . Kupfer(I)-thiocyanat ist in Wasser sehr wenig löslich und kann deshalb zur quantitativen Fällung von Kupfer verwendet werden. l ) Diese dunkle Farbe rührt wahrscheinlich von Kupfer(I, II) -Verbindungen her.
113
Kupfer
12. Etwas verwickelt ist die Einwirkung von Cyantonen auf Kupfer(II)salzlösungen. Wird frisch bereitete Natriumcyanid-Lösung t r o p f e n weise zu Kupfer(II)-sulfat-L,ösxmg gesetzt, so fällt unbeständiges hellbraunes K u p f e r ( I I ) - c y a n i d aus; es wird bald heller und zuletzt — schneller beim Erwärmen — weiß, indem es unter Cyanbildung in K u p f e r ( I ) - c y a n i d übergeht. CuS0 4 + 2NaCN = Cu(CN)2 + Na 2 S0 4 2Cu(CN) a = 2CuCN + (CN) 2 .
Der Übergang in Kupfer(I)-cyanid erfolgt auf Zusatz von Schwefeldioxyd-Lösung rascher. 13. Gibt m a n viel Cyanid-Lösung
zu einer Kupfer(II)-salz-Lösung, so
löst sich alles zu einer farblosen Lösung, in der das Kupfer in Form eines sehr beständigen K o m p l e x e s [Cu(CN) 4 ] 3_ mit e i n w e r t i g e m Kupfer vorhanden ist, der nach der Gleichung Cu(CN) + 3NaCN = Na3[Cu(CN)4J
entsteht. In diesem Falle bildet sich kein Cyan 1 ). 14. Das Anion [Cu(CN) 4 ] s_ ist außerordentlich wenig dissoziiert und gibt keine Kupferreaktionen mehr. Man setze zu einer Probe der Lösung etwas Natronlauge: es fällt nichts aus. Dann füge man etwas AmmoniumsuZ/id-Lösung hinzu: es erfolgt ebenfalls keine Fällung 2 ). Von H + -Ionen wird der Komplex jedoch zerstört. Man gebe zu einer Probe der farblosen Flüssigkeit etwas Salzsäure. Es entsteht B l a u s ä u r e , die am Geruch zu erkennen ist (Vorsicht!), und K u p f e r (I) - c y a n i d scheidet sich in weißen Flocken aus. Schließlich ist als beständige Verbindung des einwertigen Kupfers nooh das Kupfer(I)-oxyd zu nennen. Um dieses herzustellen, reduziert man am besten eine alkalische Lösung eines Kupfer(II)-salzes. Um zu verhindern, daß duroh den Alkalizusatz Kupfer(II)-hydroxyd ausfällt, muß man — wie es S. 109/10 besprochen ist — geeignete hydroxylhaltige organische Stoffe zugeben. Viel verwendet wird zu diesem Zweck Weinsäure.
15. Man gebe zu einigen Tropfen KupferfII)-swZ/oi-Lösung etwa den doppelten Raumteil einer starken Weinsäure-häsxmg und dann konzentrierte Natronlauge, bis eine tiefblaue Lösung entsteht, die das Natriumsalz einer innerkomplexen K u p f e r w e i n s ä u r e enthält. Diese Lösung führt den Namen „ F e h l i n g s e h e Lösung". Man setze zu einer Probe F e h l i n g scher Lösung als Reduktionsmittel ein wenig TrauhenzuckerLösung und erwärme die Mischung. Es scheidet sich zuerst gelbes, bald dichter und dabei rot werdendes K u p f e r (I)-oxyd ab. Diese Probe wird in der physiologischen Chemie zum Nachweis von Zucker im Harn usw. benutzt. *) Die (CN)2-MolekeIn setzen sich nämlich mit den durch Hydrolyse in der NaCN-Lösung gebildeten OH - -Ionen nach der Gleichung (CN)2 + 2 O H - = OCN - + CN~ + H 2 0 ZU Cyanat- und Cyanidionen um. Dies entspricht völlig der S. 172 ff. zu behandelnden Umsetzung der Halogene mit OH~-Ionen. 2 ) Man beachte das abweichende Verhalten des Natriumcyanozinkats und -cadmats (vgl. S. 118, Nr. 12 und S. 119, Nr. 6). Bilt», Klemm, Fisoher, Einführung. 60. Anfl.
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Elektroaffinität
Elektroaffinität 1. Etwas blankes Eisenblech werde im Reagensglas in ein wenig KupferfII)-sulfat-~Lösmig getaucht. Das Blech färbt sich rot, weil sich Kupfer abscheidet, während eine äquivalente Menge Eisen sich auflöst: ±o ±o Fe + Cu»+ = F e i + + C u .
2. Ein Streifen Zinkblech von etwa 10 X 40 mm Größe werde in einem Reagensglas mit wenigen Millilitern der im Laboratorium ausstehenden Zinn( II)-chlorid-hösung versetzt. Es scheiden sich auf dem Zinkblech allmählich silberweiß glänzende Kristalle von Zinn ab, die nadeiförmig, unter Verästelung wachsen („Zinnbaum"), während Zink in Lösung gßht:
±o ±o Zn + Sn*+ = Zn 2 + + Sn .
Diese Versuche zeigen, daß die Metalle verschieden große Neigung haben, positiv geladene Ionen zu bilden. Das Kupferion z. B. hält die positive Ladung nicht sehr fest und wird durch das Eisen entladen. Das unedlere Eisen hat eine größere positive „Elektroaffinität" als das edlere Kupfer, oder genauer ausgedrückt: Von den beiden Übergängen ±o Fe Fe s + + 2e~ ±o Cu ^ Cu2+ + 2e~ hat der erste die stärkere Tendenz, nach rechts abzulaufen, also reduzierend zu wirken (siehe S. 37), während der zweite bei dem obigen Versuch in umgekehrter Richtung verläuft, weil er die stärkere Oxydationskraft besitzt; dabei bedeutet e~ die negative Elementarladung, das Elektron. Entsprechendes gilt für die Metalle Zink und Zinn. Diese Abscheidung eines edleren Metalles in elementarer Form aus der Lösung eines seiner Salze mit Hilfe eines anderen, unedleren Metalles nennt man Z e m e n t a t i o n . Durch weitere Versuche kann man eine Reihenfolge für die Elektroaffinitäten aller Metalle festlegen. Die so erhaltene Reihe bezeichnet man auch als „Spannungsreihe", weil man sie, wie im einzelnen in der Vorlesimg gezeigt wird, durch die Messung elektrischer Spannungen zahlenmäßig genau festlegen kann. Da bei Metallen mit mehreren Wertigkeitsstufen die Elektroaffinität natürlich davon abhängt, mit welcher Wertigkeitsstufe kombiniert das Metall auftritt, bezieht man sich in diesen Fällen, wenn nichts anderes angegeben wird, auf die niedrigste Wertigkeitsstufe: ^ — (Unedel) Na, Mg, Zn, Fe, Ni, Sn, Pb, H a , Cu, Ag, Hg, Au (Edel) zunehmende positive Elektroaffinität Weil bei den erwähnten Spannungsmessungen die unedleren Elemente den negativen, die edleren den positiven Fol liefern, kennzeichnet man in der Spannimgsreihe „unedel" auch durch ein Minus, „edel" durch ein Plus-Zeichen und spricht demgemäß auch von negativeren und positiveren Metallen; diese Bezeichnungsweise verwendet die Vorzeichen also in u m g e k e h r t e m Sinne, wie die positive Elektroaffinität ansteigt. Die Beobachtung, daß Zinkmetall Zinnionen entladen kann, kommt in der Spannungsreihe dadurch zum Ausdruck, daß Zink auf der unedlen (negativen) Seite von Zinn steht. Entsprechend steht Eisen auf der
115
Elektroaffinität
unedlen Seite vom Kupfer, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Kombinationen Cu/Cu+ und Cu/Cu a + zufällig nahe benachbart in der Spannungsreihe stehen. I n die Spannungsreihe wird auch der Wasserstoff aufgenommen, weil er ebenso wie die Metalle positive Ionen zu bilden vermag. Seine Stellung in der Spannungsreihe besagt, daß alle Metalle, die auf der unedlen Seite von ihm aufgeführt werden, in der Lage sind, H+-Ionen zu entladen; sie lösen sich also in verdünnten Säuren. Metalle, die edler als Wasserstoff sind, wie z. B. Kupfer und Silber, t u n dies nicht. U m diese zu lösen, muß man konzentrierte Lösungen von Sauerstoff-Säuren, wie etwa Salpetersäure, verwenden, deren undissoziierte Molekeln stärker oxydierend wirken als die H+-Ionen. Eigentlich sollten die Ionen der edleren Metalle durch elementaren Wasserstoff entladen, reduziert werden, z. B.: ±0
±0
2 Ag+ + H a 2Ag + 2 H + , jedoch sind diese Umsetzungen im Gegensatz zu den anderen oben besprochenen so stark gehemmt, daß sie unter normalen Bedingungen nicht ablaufen. Man kann auch die N i c h t m e t a l l e auf Grund ihrer verschiedenen n e g a t i v e n E l e k t r o a f f i n i t ä t in die Spannungsreihe einordnen. Für einige Nichtmetalle gilt z. B. folgende Reihenfolge: — Schwefel, Jod, Brom, Chlor zunehmende negative Elektroaffinität Versuche, die diese Reihe beweisen, haben wir schon kennengelernt: Auf S. 21 wurde gezeigt, daß C h l o r g a s Br~- und J~-Ion zu den e l e m e n t a r e n H a l o g e n e n entlädt, z. B. ± 0 ± 0 Cl, + 2Br~ = Br 2 + 2C1" . t
Auf S. 49 lernten wir die Umsetzung H j S + J 2 = S + 2 H J bzw. ±o
±o
Sa" + J2 = S + 2 J kennen, die zeigt, daß J o d die größere negative Elektroaffinität als Schwefel besitzt bzw. positiver als dieser ist. Bei diesen Umsetzungen handelt es sich ebenso um einen Ladungsaustausch wie bei denen, die zur Festlegung der positiven Elektroaffinität dienten; in jedem Falle wird ein Partner oxydiert, der andere reduziert. Das gleiche gilt auch f ü r Umsetzungen, bei denen ein Partner die Größe seiner Ionenladung wechselt, wie etwa Fe 2 + ^ F e ' + oder Sn 2 + Sn 4 +. Alle diese „Redox"-Übergänge kann man deshalb in eine gemeinsame Reihe einordnen, wobei man der Eindeutigkeit halber f ü r jeden Übergang die reduzierte und die oxydierte Stufe angeben muß, die erste etwa oben, die zweite unten: Na_ _Mg_ Za_ J e _ _Sn H , Sn 2 ^ J2u_ _Cu J^ Na+' Mg a +' Z n 2 + ' Fe 2 +' Sn 2 +' H + ' Sn*+' Cu 2 +' Cu+' J 2 ' Fe2+ Hg Br~ Cl~ Fe 3 +' Hg a 2 +' B r a ' Cl,, Daß hier z. B. Sn 2 + /Sn 4 + auf der negativen Seite von F e 2 + / F e s + , aber auf der positiven von Fe/Fe 2 + steht, bedeutet, daß Fe 3 + durch Sn 2 +-Ionen wohl zu F e 2 + , nicht aber bis zum Fe-Metall reduziert werden kann. Man entnimmt der Reihe ferner, daß elementares Brom und nooh leichter elementares Chlor F e 2 + zu F e a + zu oxy_
8*
116
Elemente der Gruppe I I b
dieren vermögen; das Paar J - / J 2 hingegen unterscheidet sich nur so wenig im „Redox-Potential" von Fe 2 +/Fe 3 +, daß sowohl J 2 das Fe a + als auch Fe 3 + das J " oxydieren kann, aber beide Umsetzungen bleiben unvollständig und führen zu einem Gleichgewicht: 2Fe 3 + + 2 J - ^ 2Fe 2 + + J 2 . Der letzte Fall weist schon darauf hin, daß die durch die Spannungsreihe zum Ausdruck gebrachte, relative Reduktions- bzw. Oxydationstendenz nur so lange mit den experimentellen Ergebnissen übereinstimmt, als die Konzentrationen der Partner etwa von gleicher Größe sind. Große Konzentrationsunterschiede können zu abweichenden Reaktionen führen. So löst sich z. B. S i l b e r m e t a l l i n s t a r k e r J o d w a s s e r s t o f f s ä u r e unter Wasserstoffentwicklung, obwohl Silber in der Spannungsreihe auf der edlen Seite vom Wasserstoff steht; denn die sich bildende Dijodosilbersäure HAgJ 2 dissoziiert nur äußerst wenig unter Bildung von Ag + -Ionen, es stehen somit in Konkurrenz eine große H + -Ionen- und eine äußerst geringe Ag+- Ionen- Konzentration. Über diese und andere Einflüsse lese man Näheres in den Lehrbüchern nach.
Elemente der Gruppe ü b Während die Verbindungen des Kupfers und Silbers charakteristische Unterschiede gegenüber denen der Alkalimetalle zeigen, ist die Ähnlichkeit zwisohen den Verbindungen des Zinks, Cadmiums und zweiwertigen Quecksilbers mit denen der Erdalkalimetalle und besonders denen des Magnesiums wesentlich größer. Wie das Magnesium bilden sie l e i c h t l ö s l i c h e H a l o g e n v e r b i n d u n g e n (Ausnahme H g J J , N i t r a t e und S u l f a t e , dagegen s c h w e r l ö s l i c h e H y d r o x y d e (bzw. beim Quecksilber ein schwer lösliches Oxyd), C a r b o n a t e und P h o s p h a t e . Charakteristische U n t e r s c h i e d e liegen in folgendem: Einmal bilden sie, wie alle Metalle der b-Gruppen, schwer lösliche Sulfide; Zinksulfid ist farblos, Cadmiumsulfid gelb, Quecksilbersulfid rot (Zinnober) bzw. schwarz. Die Löslichkeit nimmt vom Zink- zum Quecksilbersulfid ab; HgS ist das am schwersten lösliche aller Sulfide. Zweitens ist die Neigung zur Komplexbildung, die auch für das Verhalten der Elemente der Ib-Gruppe charakteristisch ist, hier ebenfalls groß. Schließlich ist der Basencharakter w e n i g e r a u s g e p r ä g t als in der IIa-Gruppe. Zinkhydroxyd ist, wie Berylliumhydroxyd, amphoter, löst sich also nicht nur in Säuren, sondern auch in Laugen. Erst Cadmiumhydroxyd entspricht in seiner Basenstärke angenähert dem Magnesiumhydroxyd. Während Zink und Cadmium in Verbindungen nur z w e i w e r t i g vorkommen, bildet das Quecksilber auch einige, allerdings nicht sehr beständige Verbindungen der e i n w e r t i g e n Stufe. Die Metalle sind durch niedrige Schmelz- und Siedepunkte ausgezeichnet. Zink schmilzt bei 419° und siedet bei 906°. Die Daten f ü r Cadmium sind 321° und 764°, f ü r Quecksilber —39° und 357°. Der Unterschied in der Edelkeit gegenüber den Erdalkalimetallen ist nicht so groß wie zwischen den Gruppen I a und I b . Wie in der Gruppe I b nimmt der edle Charakter mit steigendem Atomgewicht zu. Während Quecksilber schon zu den Edelmetallen gehört, verdanken Zink und Cadmium ihre Beständigkeit gegenüber Luft gerade der Bildung einer dünnen, festhaftenden Oxydschicht, ähnlich wie es beim Aluminium der Fall ist.
Zink
117
Zink 1. Ein Stückchen Zink werde auf Kohleunterlage mit der oxydierenden Stichflamme des Lötrohrs oder der Gebläseflamme stark erhitzt. Es schmilzt und verbrennt mit bläulichweißer fahler Flamme. Dabei steigt ein weißer Rauch von Z i n k o x y d auf, der sich zum Teil auf der Kohle in der Nähe des Metalls als weißer „ B e s c h l a g " niedersetzt. Der Beschlag zeigt, solange er heiß ist, eine gelbe Farbe. Die hier beobaohtete Erscheinung, daß sich die Farbe eines Stoffes mit steigender Temperatur vertieft, findet sich oft.
2. Man übergieße ein Stückchen reines Stangenzink mit einigen Millilitern reiner verdünnter Schwefelsäure und setze einige Tropfen reiner konzentrierter Schwefelsäure zu. Es tritt nur eine minimale Wasserstoffentwicklung auf, selbst wenn man die Mischung erwärmt. Die Umsetzung wird aber lebhaft, sobald man das Zinkstück mit einem Platindraht berührt. Man achte darauf, daß die Wasserstoffentwicklung nicht vom Zink, sondern vom Platindraht ausgeht. Sobald sich Zink und Platin nicht mehr berühren, hört die Gasentwicklung auf. Die gleichen Erscheinungen beobachtet man beim Auflösen von reinem Cadmium in reiner, verdünnter Schwefelsäure. Verwendet man unreine Materialien, so enthält das Metall fremde Metallpartikelchen — oder es schlagen sioh aus der unreinen Säure solche auf ihm nieder —, die die Stelle des Platindrahtes ausfüllen. Solche inhomogene Stellen schafft man künstlich durch Zusatz eines Tropfens Kupfersulfat- oder Silbernitrat-Lösung zu dem Metall-SäureGemisch: Kupfer- oder Silberteilchen schlagen sich sofort auf dem Zink nieder und ermöglichen eine lebhafte Auflösung des Zinks. Wegen der Theorie dieser Erscheinungen (Überspannung, Lokalelemente) muß auf Lehrbuch und Vorlesung verwiesen werden.
Man führe mit etwas Zinksalz-Lösung die folgenden Umsetzungen der Zinksalze aus:
3. Natronlauge: Bei tropfenweisem Zusatz fallt weißes flockig-gelatinöses Z i n k h y d r o x y d aus. ZnCl2 + 2NaOH = Zn(OH)2 + 2NaCl.
4. Ein Überschuß an Natronlauge löst das Zinkhydroxyd z u N a t r i u m zinkat: Zn(OH)a + NaOH = Na[Zn(OH)s] .
5. Wird in Natronlauge so viel Zinkhydroxyd eingetragen, daß etwas ungelöst bleibt, und wird die Natriumzinkat-Lösung dann abfiltriert, mit Wasser verdünnt und zum Kochen erhitzt, so fällt Z i n k h y d r o x y d daraus zum Teil wieder aus. Wird die Natriumzinkat-Lösung mit Natriumchlorid-hÖBung verdünnt, so fällt Zinkhydroxyd sofort aus; nach einiger Zeit ist die Abscheidung fast quantitativ. Die Erklärung für dieses Verhalten liegt darin, daß Natriumzinkat als Salz der sehr schwachen Zinksäure in wäßriger Lösung hydrolytisoh gespalten ist. Beim Verdünnen sowie beim Erhitzen nimmt, wie stets, der Hydrolysengrad
118
Zink
zu. Das gebildete Zinkhydroxyd kann unter Umständen kolloid gelöst bleiben (vgl. dazu S. 150f.). Durch Erwärmen oder Elektrolytzusatz werden aber Kolloide „ausgeflookt".
6. Eine Probe des erhaltenen Zinkhydroxyds werde auf der Magnesiarinne geglüht; der weiße Glührückstand (Zinkoxyd) werde mit einem Tröpfchen sehr verdünnter KobaUnitrat-Lösimg befeuchtet und nochmals geglüht. Er erscheint jetzt grün gefärbt („Rinmans Grün"); eshatsich, je nach den Bedingungen, ein Mischkristall von wenig Kobalt(II)-oxyd in viel Zinkoxyd oder ein Spinell ZnO • Co208 gebildet. 7. Ammoniak: Durch wenig Ammoniak-Lösung wird Zinkhydroxyd ausgefällt. Ein Überschuß von Ammoniak-Lösung löst den Niederschlag leicht auf unter Bildung von komplexen Hexamminzinkionen [Zn(NH3)6]a+. Das Verhalten entspricht, abgesehen von der Zahl der gebundenen NH3-Molekeln, vollkommen der S. 111 behandelten Umsetzung von Kupferhydroxyd. Enthält die Lösung Ammoniumsalze starker Säuren oder ist sie sauer, so daß sich beim Ammoniakzusatz solche bilden, so fällt überhaupt kein Zinkhydroxyd aus. Dieses Verhalten entspricht vollkommen dem des Magnesiumhydroxyds. 8. Natriumcarbonat fallt basisches Zinkcarbonat wechselnder Zusammensetzung. 9. Schwefelwasserstoff: Wenn man zu einer schwach mit Salzsäure angesäuerten Zinksalz-Lösung Schwefelwasserstoffwasser gibt, so fällt nichts aus. Aus neutraler Lösung fällt weißes Zinksulfid, jedoch ist die Fällung unvollständig, da bei der Umsetzung Mineralsäure frei wird. ZnS04 + H2S = ZnS + H 2 S0 4 . Gibt man jedoch reichlich Natriumacetat zu, so daß die entstehende starke freie Säure abgestumpft wird, so wird die Fällung quantitativ. 10. Ammoniumsulfid fällt ebenfalls weißes Sulfid; ein Zusatz von Ammoniumchlorid befördert die Abscheidung (kolloid-chemische Erscheinung; vgl. S. 150ff.). 11. Natriumphosphat: Nach der S. 73 beim Magnesium gegebenen Vorschrift, jedoch mit sehr geringem Ammoniaküberschuß (sonst Bildung eines löslichen Ammins), fälle man Zinkammoniumphosphat ZnNH4P04. Beim Glühen geht diese wie'die MagnesiumVerbindung in das Diphosphat Zn2P207 über. 12. Natriumcyanid: Gibt man zu einer Zinksalz-Lösung tropfenweise Alkalimetallcyanid-Lösung, so fällt weißes Zinkcyanid: ZnSO« + 2 NaCN = Zn(CN)2 + Na 2 S0 4 .
Ein Überschuß löst den Niederschlag zum komplexen Natriumcyanozinkat: t ai
Zn(CN)2 + 2 NaCN;=4Na2[Zn(CN)4].
Aus dieser Lösung wird — falls nicht ein zu großer Cyanidüberschuß
Cadmium — Quecksilber
119
verwendet worden ist — mit Ammoniumsulfid- Lösung Z i n k s u l f i d gefallt 1 ); der Komplex ist also verhältnismäßig schwach. 13. Man versetze eine sehr stark verdünnteZinksalz-Lösung mit etwa dem gleichen Volumen verdünnter Natronlauge. Schüttelt m a n diese Lösung mit wenigen Millilitern einer Lösung von 10 mg Dithizon ( = Diphenylthiocarbazon C 6 H B • N : N • CS • N H • N H • C 6 H 6 ) in 100 ml Tetrachlorkohlenstoff, so schlägt die grüne Farbe der Tetrachlorkohlenstofflösung in r o t um, und auch die w ä ß r i g e S c h i c h t f ä r b t sich r o t . Sehr empfindliche Reaktion. —Ähnliche Reaktionen mit Dithizon geben einige andere Schwermetalle. Cadmium 1. Man erhitze ein auf Kohle liegendes Stückchen Cadmium mit der Lötrohrflamme; es schmilzt und verbrennt zu gelbbraunem C a d m i u m o x y d , das sich zum Teil auf der Kohle als Beschlag niederschlägt, zum Teil als Rauch entweicht. Cadmiumsalz-Lösungen ¿verhalten sich den entsprechenden Z i n k s a l z Lösungen so ä h n l i c h , daß es genügt auf folgende U n t e r s c h i e d e hinzuweisen: 2. Der mit Natronlauge oder Ammoniak fallende Niederschlag von C a d m i u m h y d r o x y d ist zwar ebenso wie Zinkhydroxyd in überschüssiger Ammoniaklösung löslich (Amminbildung), jedoch nicht in überschüssiger verd. Natronlauge. 3. Das gelbe C a d m i u m s u l f i d i s t bei Zimmertemperatur in verdünnten Mineralsäuren u n l ö s l i c h . I n konzentrierten Mineralsäuren löst es sich jedoch auf. 4. Mit Sodalösung fällt basisches oder neutrales C a r b o n a t . 5. Man führe ferner die beim Zink unter Nr. 11 u n d 12 beschriebenen Umsetzungen mit Cadmiumsalz-Lösungen aus. Quecksilber W&hrend Zink und Cadmium sowie ihre Verbindungen einander sehr äknlioh sind, finden sich beim Quecksilber trotz mancher Analogien zu jenen Elementen auch wesentliche Verschiedenheiten. Schon beim Metall selbst fallen der besonders tiefe Schmelzpunkt und die niedrige Siedetemperatur auf. Ferner ist Quecksilber wesentlich edler als Zink und Cadmium. Beim Erhitzen auf etwa 350° verbindet es sioh zwar mit dem Luftsauerstoff zum Oxyd; beim Erhitzen auf höhere Temperaturen zerfällt dieses jedooh, wie wir S. 37 bereits gesehen haben, wieder in Metall und Sauerstoff. Die wenig beständigen Verbindungen des einwertigen Quecksilbers (früher als Mercuroverbindungen bezeichnet) enthalten keine Hg + -, sondern [Hg2]2+Ionen. In den Löslichkeitsverhältnissen zeigen sie eine gewisse Ähnlichkeit mit Man beachte den Unterschied im Verhalten des Cyanozink- und des sioh entsprechend verhaltenden Cyanocadmiumkomplexes gegenüber der Kupferverbindung 1
120
Qneoksilber
den entsprechenden Silberverbindungen. Bei vielen Umsetzungen disproportionieren sie in Queoksilber(II)-salze und metallisches Queoksilber. [Hga]*+ = H g « + Hg . Die Halogenide des zweiwertigen Quecksilbers (früher Mercuriverbindungen genannt) sind ziemlich wenig löslich, das Jodid sogar sehr wenig. Das Quecksilber(II)-ion neigt stark zur Komplexbildung; damit steht im Zusammenhang, daß auch einige Quecksilber(II)-salze, die Halogenide und das Cyanid, in wäßriger Lösung nur in sehr geringem Umfang in Ionen zerfallen. Hier liegen einige der seltenen Beispiele dafür vor, daß nicht nur Säuren und Basen, sondern auch Salze schwach dissoziierte E l e k t r o l y t e sein können. In geringerem Maße findet man diese Erscheinung noch bei Cadmium- und Zinkhalogeniden, insbesondere Jodiden. Deshalb wird z. B. Cadmiumsulfid aus Lösungen, die viel Jodionen enthalten, mit Schwefelwasserstoff nur langsam und unvollständig gefallt. Belm Arbeiten mit Qnecksilberverbindnngen beachte man folgendes: I. Lösliche Q u e c k s i l b e r v e r b i n d u n g e n sind starke Gifte. Man arbeite also mit größter Vorsicht und reinige Geräte und Hände sorgfältig. Auch der Dampf des Q u e c k s i l b e r m e t a l l s f ü h r t zu schweren g e s u n d h e i t lichen Schädigungen, namentlich dann, wenn man ihn längere Zeit einatmet. Es ist deshalb unbedingt zu vermeiden, daß Quecksilbertropfen verstreut werden, in Bitzen kommen usw. Auch wenn man nichts Derartiges beobachtet, sind Bäume, in denen mit QueckFigur 24 silber gearbeitet wird — und das sind praktisch alle Quecksilber Pipette physikalischen und chemischen Laboratorien — reichlich zu lüften. II. Quecksilbermetall legiert sich mit vielen Metallen (z.B. den Alkali- und Erdalkalimetallen, Kupfer, Silber, Blei, Zink) leicht zu A m a l g a m e n . Bringt man also Quecksilbermetall oder -salze in die Abgüsse, so werden die Bleileitungen beschädigt und undicht. Alle Q u e c k s i l b e r r e s t e gehören in ein im L a b o r a t o r i u m a u f g e s t e l l t e s S a m m e l g e f ä ß 1. Man bringe mit Hilfe eines Glasröhrchens von der Form der Fig. 24 einen kleinen Quecksilbertropfen von der Größe eines Stecknadelkopfes auf eine blanke Kupfermünze zu einem Tropfen verdünnter Salpetersäure und reibe mit einem Bäuschchen Filtrierpapier: das Kupfer überzieht sich mit einer Schicht Kupferamalgam und Quecksilber; es wird „verquickt". Beim Erwärmen (Abzug!) geht der Quecksilberüberzug wieder fort. Quecksilber löst sich in heißer, konzentrierter Schwefelsäure zu Queoksilber (II)-sulfat. Salpetersäure wirkt je nach den Versuchsbedingungen verschieden. Mäßig konzentrierte Salpetersäure bildet mit überschüssigem Metall Queck silber(I)-nitrat; heiße, konzentrierte Salpetersäure im Überschuß oxydiert zum Quecksilber(II)-nitrat. Verhalten der Quechsilber(II)-salze. 2. Eine für die folgenden Versuche geeignete Q u e c k s i l b e r ( I I ) - n i t r a t - L ö s u n g , die frei von überschüssiger
Quecksilber
121
Säure ist, erhält man durch kurzes Aufkochen von etwas Quecksilber(II)oxyd mit wenig verdünnter Salpetersäure und Abfiltrieren der Lösung von überschüssigem Oxyd. Die so bereitete Lösung, die gewöhnlich etwas basisches Salz enthält, werde zu den folgenden Umsetzungen der Quecksilber(II)-salze benutzt. B. Natronlauge: Zu einer Probe Quecksilber(II)-nitrat-Lösung werde sehr wenig Natronlauge gesetzt: es fällt weißes, basisches Quecks i l b e r ( I I ) - n i t r a t . Setzt man mehr Natronlauge hinzu, so wird die Farbe des Niederschlags gelb, weil er in Quecksilber (II)-oxyd überHg(N0 3 ) 2 + NaOH = Hg(OH)NOa + NaN0 3 Hg(OH)NOa + NaOH = HgO + H 2 0 + NaN0 3 . Es bildet sich also wie beim Silber an Stelle des erwarteten Hydroxyds unter H20-Abspaltung das Oxyd. Dieses durch Fällung bereitete Quecksilber(II)-oxyd sieht gelb, das durch Erhitzen von Quecksilber(II)-nitrat erhaltene rot aus. Ersteres ist feiner verteilt und deshalb umsetzungsfähiger als letzteres; deswegen wird es in den chemischen Laboratorien vorzugsweise benutzt. geht
'
4. Natriumcarbonat fällt braunrotes basisches Quecksilber(H)c a r b o n a t von wechselnder Zusammensetzung. 5. Natriumhydrogenkarbonat wirkt ebenso. Die Natriumhydrogencarbonat-Lösung werde so hergestellt, daß man festes Natriumhydrogencarbonat mit Wasser bei Zimmertemperatur etwa 5 Minuten lang schüttelt und dann filtriert. 6. Ammoniak-Lösung gibt einen weißen Niederschlag, der neben basischen Verbindungen wechselnder Zusammensetzung Amidoquecks i l b e r ( I I ) - n i t r a t Hg(NH2)NOs enthält: Hg(NOs)2 + 2NH 3 = Hg(NH2)N03 + NHtNO„.
Ein entsprechender, besonders schwer löslicher Niederschlag („Präzip i t a t " ) bildet sich mit Quecksilber(II)-chlorid. 7. Natriumjodid erzeugt, wenn man es in geringer Menge zusetzt, einen hellroten Niederschlag von Quecksilber(II)-jodid. Hg(NO,)2 + 2NaJ = HgJ 2 + 2NaNO s .
Ein Überschuß von Natriumjodid-Lösung löst das Quecksilber (II)jodid zu einer blaßgelben Lösung von N a t r i u m j o d o m e r curat. HgJ 2 + 2NaJ = Na 2 [HgJ 4 ].
8. Aus dieser Lösung kann durch Natronlauge keine Quecksilberverbindung gefallt werden, weil das [HgJ 4 ] 2 _ -Ion kaum dissoziiert ist. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid fallt jedoch Quecksilber(II)-sulfid aus.
Eine stark alkalisohe Lösung von Natriumjodomercurat wird, wie bereits S. 65 erwähnt wurde, als Reagens auf Ammoniak benutzt. Dabei bildet sich das Jodid der Millonschen Base HgNHgOH.
9. Schwefelwasserstoff gibt zunächst einen hellgefärbten Niederschlag, der im wesentlichen aus sulfobasischem Salz besteht. 2Hg(N0 8 ) a + H 2 S = Hg 2 S(N0 3 ) 2 + 2 HNO,.
122
Queoksilber
Beim weiteren Einleiten bildet sich das außerordentlich schwer lösliche schwarze Quecksilber (II)-sulfid: Hg2S(NOs)2 + H 2 S = 2HgS + 2 H N O s .
Nachdem sich der Niederschlag abgesetzt hat, gieße man die Lösung ab, wasche einmal durch Dekantieren mit Wasser nach und erwärme den Rückstand mit etwas halbkonzentrierter Salpetersäure; er löst sich nicht, wird aber oft wieder hell, weil sich erneut das bereits erwähnte sulfobasische Salz bildet. Mit einem Gemisch von Salz- und Salpetersäure löst sich Quecksilber(II)-sulfid jedoch leicht auf. Die lösende Wirkung des Königswassers (vgl. S. 41) beruht auch hier auf der Vereinigung der Oxydation mit der Bildung einer äußerst wenig dissoziierten Verbindung (über die geringe Dissoziation von HgCl2bzw. Hgd 8 - vgl. unten). 10. Ammoniumsulfid- und Natriumsulfid-hösungexi fallen ebenfalls HgS, das vom Überschuß des ersteren nicht gelöst wird. Merkwürdigerweise löst es sich aber ziemlich leicht in überschüssiger NagS-Lösung. 11. Harnstoff gibt, in nicht zu verdünnter Lösung zugesetzt, einen weißen, kompliziert zusammengesetzten Niederschlag, den man früher zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs benutzte. Die geringe
Dissoziation
der Q uechsilber(II)- halogetiide erkennt man
durch folgende Versuche: 12. Natriumhydrogencarbonat- und Harnstoff-Lösung ergeben mit Quecksilber (II)-Chlorid-Lösung keine Niederschläge; es sind nicht genügend Hg2+-Ionen vorhanden, um die in Frage kommenden Löslichkeitsprodükte zu überschreiten. Die gleichen Ergebnisse erhält man, wenn man die Versuche mit einer Quecksilber(II)-nitrat-Lösung anstellt, die mit Natriumchlorid-Lösung versetzt worden ist. 13. Eine Probe festes Quecksilber ( I I ) -chlorid werde mit etwas konzentrierter Schwefelsäure in einem Reagensglas erhitzt (Abzug!): es entweicht kein Chlorwasserstoff. Beim Sieden der Schwefelsäure destilliert mit ihren Dämpfen unzersetztes Quecksilber(II)-chlorid hoch und verdichtet sich in den kälteren Teilen des Reagensglases zu Kristallnadeln. Dieser Versuch zeigt gleichzeitig, daß Quecksilber(II)-chlorid — im Gegensatz zu den echten Salzen — leicht flüchtig ist. Daher rührt auch die Bezeichnung „Sublimat" für das Quecksilber(II)-chlorid. Allerdings ist dieser Ausdruck irreführend; denn unter S u b l i m i e r e n versteht man nach S. 66, Nr. 6 den direkten Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand. Quecksilber(II)-chlorid dagegen d e s t i l l i e r t bei Atmosphärendruok, d. h. beim Erhitzen schmilzt es zunfiohst und siedet erst bei höherer Temperatur.
14. Man erhitze etwas festes Quecksilber (II)-chlorid im Reagensglas (Abzug!) und beobachte den Schmelz- und Verdampfungsvorgang. D a ß Quecksilber(II)-cyanid noch weniger d i s s o z i i e r t ist als Queok8ilber(II)-chlorid, erkennt man aus folgenden Versuchen:
Quecksilber
123
15. Zu einer Probe Quecksilber(II)-cyanid-Lösung gebe man etwas Natronlauge; es fällt nichts aus. Auch mit Kaliumjodid-Löaung bildet sich kein Niederschlag. Erst auf Zusatz von Ammoniumsulfid tritt Fällung von Quecksilber(II)-sulfid ein. 16. Eine Probe Quecksilber (II)-oxyd werde mit etwas frisch bereiteter Natriumcyanid-Lösung übergössen; sie löst sich zu Quecksilber(II)cyanid auf:
HgO + 2NaCN + H 2 0 = Hg(CN)2 + 2NaOH. Das Queoksilber(II)-cyanid ist so wenig dissoziiert, daß sogar die wenigen Hga+-Ionen, die gemäß dem kleinen Löslichkeitsprodukt des HgO in Lösung gehen, sich noch mit CN--Ionen vereinigen; dadurch wird das Löslichkeitsprodukt des HgO unterschritten, und der Prozeß geht weiter, bis entweder das gesamte HgO aufgelöst oder bis Oleichgewicht erreicht ¡Rt.. Diese Umsetzung ist eine der wenigen, bei denen ein Natriumsalz in wäßriger Lösung in Natriumhydroxyd umgewandelt wird, ohne daß gleichzeitig ein anderer Stoff ausgefällt wird. Die geringe Dissoziation des gelösten Quecksilber(II)-cyanids macht sich auoh daduroh bemerkbar, daß es keine Hydrolyse erleidet, obwohl das Salz aus einer schwachen Säure und einer schwachen Base aufgebaut ist; vgl. S. 88.
Quecksilber(I)-sälze. Zu den folgenden Versuchen benutze man etwas Quecksilber(I)-nitrat-Lösung des Laboratoriums. 17. Salzsäure und Chloride fällen weißes schweres Quecksilber(I)chlorid aus. Hg 2 (N0 8 ), + 2 N a d = Hg2Cl2 + 2 N a N 0 3 .
18. Quecksilber(I)-chlorid kann man auch durch Reduktion von Quecksilber (II)-chlorid- Lösungen erhalten. Als Reduktionsmittel für diesen Versuch kann man, wie wir bereits S. 40 gesehen haben, schweflige Säure benutzen. Noch besser eignet sich Zinn(II)-chlorid SnCl2, das dabei in Zinn(IV)-chlorid SnCl4 übergeht. Setzt man Zinn(II)-chlorid in geringer Menge zu, so fallt weißes Quecksilber(I)-chlorid. 2Hg(N0j) a + SnCla + 4 HCl = Hg2Cl2 + SnCl4 + 4 H N 0 , .
Wird ein Überschuß von Zinn(II)-chlorid-Lösung angewendet, so wird das Quecksilber(I)-chlorid weiter zu metallischem Quecksilber reduziert, das in der Flüssigkeit teils kolloid gelöst (vgl. S. 150f.), teils in feinster Verteilung aufgeschwemmt bleibt und sich erst langsam zu Boden setzt. Nach dem Abgießen der Lösung vereinigt es sich beim Aufkochen mit verdünnter Salzsäure zu einem Quecksilbertröpfchen. Hg2CI2 + SnCl2 = 2 Hg + SnCl4.
19. Schließlich kann man zur Reduktion des Quecksilber(II)-chlorids auch metallisches Quecksilber benutzen. Schüttelt man eine Quecksilber(II)chlorid-Lösung mit einem Tröpfchen Quecksilber, so scheidet sich Quecksilber(I)-chlorid ab: HgClj + Hg = Hg2Cl2.
20. Andererseits können Quecksilber(I)-salze in Quecksilber und Quecksilber(II)-salze zerfallen (Disproportionierung: [Hg2]2x 1+ ->-Hg ±0 + Hg 2+ ,
124 vgl. S. 42), z. B. unter der Einwirkung von Ammoniak. Dieses bildet z . B . mit QuecksilberflJ-chlorid zunächst Q u e c k s i l b e r ( I ) - a m i d o c h l o r i d (etwa HgüNH2Cl), das dann bei längerer Einwirkung von Ammoniak in Q u e c k s i l b e r und Q u e c k s i l b e r ( I I ) - a m i d o c h l o r i d zerfällt. Die Gesamtgleichung lautet demnach Hg2Cl2 + 2NH 3 = Hg + Hg(NHs)Cl + NH4C1. Man führe den Versuch aus. Der Niederschlag sieht schwarz aus, da das fein verteilte Quecksilber den Präzipitatniederschlag dunkel färbt. Nach dieser Reaktion bezeichnet man das Quecksilber(I)-chlorid auch als „ K a l o m e l " ( = schön schwarz). 21. Natriumjodid: Wird wenig Natriumjodid-Lösung zu Quecksilber(I)nitrat-Lösung gesetzt, so fällt ein dunkelgrüngelber Niederschlag von Q u e c k s i l b e r ( I ) - j o d i d . Beim Erwärmen der Mischung geht das Quecksilber(I)-jodid in ein Gemisch von rotem Quecksilber(II)-jodid und feinst verteiltem grauem Quecksilber über. Auf Zusatz eines Natriumjodidüberschusses löst sich das Quecksilber(II)-jodid, so daß die Fällung rein grau erscheint. Hg2(NO,)2 + 2NaJ = Hg 2 J 2 + 2NaNO,'3 Hg 2 J 2 = HgJ 2 + H g . 22. Natronlauge und Schwefelwasserstoff geben dunkel gefärbte Niederschläge, die aus Quecksilbermetall und Quecksilber(II)-oxyd bzw. -sulfid bestehen.
Von den Elementen der großen Perioden des Perioden-Systems (vgl. die Tafel am Ende des Buches) schließen sich sowohl die ersten (d. h. die Gruppen Ia, I I a usw.) als auch die letzten (d. h. die Gruppen V J U b , VIb usw.) in ihrem chemischen Verhalten eng an die Elemente der entsprechenden Gruppen in den beiden ersten kleinen Perioden an. Die mittleren Elemente der großen Perioden hingegen nehmen eine gewisse Sonderstellung ein; man nennt sie Übergangselemente. Von diesen behandeln wir an dieser Stelle ausführlicher von der ersten jener Reihen die Eisengruppe (Eisen, Kobalt, Nickel) sowie Chrom und Mangan. Die Gruppen I b und I I b haben wir bereits besprochen. Über weitere wiohtige Übergangselemente findet man einige Angaben auf S. 193 ff. Die Elemente dieser Reihen sind dadurch ausgezeichnet, daß sie fast durchweg Verbindungen mehrerer Wertigkeitsstufen bilden; in vielen Fällen ist dabei die Maximalwertigkeit kleiner, als es der Gruppenzahl entspricht. Infolge dieses Auftretens mehrerer Wertigkeitsstufen ist die Chemie dieser Elemente oft verwickelt. Für eine erste Übersicht ist die Regel nützlich, daß das chemische Verhalten (Basen- bzw. Säurecharakter, Löslichkeit usw.; vgl. auch S. 90/91 u. 100) in erster Linie von der Wertigkeit bestimmt wird. So zeigen alle z wei wertigen Verbindungen dieser Elemente Ähnlichkeit mit den Verbindungen des Magnesiums und noch mehr mit denen des zweiwertigen Kupfers. Die dreiwertigen ähneln vielfach den Aluminiumverbindungen. Die Chromate mit sechs wertigem Chrom sind den Sulfaten ähnlich usw. Da-
Eisengruppe — Eisen
125
durch ist es verhältnismäßig leicht, ein übersichtliches Bild über die Eigenschaften der verschiedenen Verbindungen zu erhalten. Für das chemische Verhalten dieser Elemente ist ferner charakteristisch, daß der Übergang von einer Wertigkeitsstufe in eine andere oft sehr leicht erfolgt; infolgedessen ist mit der Möglichkeit von Disproportionierungen (vgl. S. 42) bzw. Oxydations-Reduktions-Reaktionen zu rechnen. Einzelne Verbindungen, z. B. die Chromate und Permanganate, sind starke, viel benutzte Oxydationsmittel. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Mehrzahl der in diesem Abschnitt zu behandelnden Verbindungen im Gegensatz zu den meisten der bisher besprochenenfarbig ist. Dabei tritt die schon S. 34 hervorgehobene Erscheinung sehr deutlioh auf, daß die wasserfreien Salze oft eine andere Farbe besitzen als die Hydrate bzw. die wäßrigen Lösungen: | FeCl2 FeBr2 wasserfrei Hydrat bzw. wäßrige Lösung
farblos
FeJa
CoCl2 CoBra
gelb- schwarz blau lich
CoJ2
NiCl2 NiBr2
grün schwarz gelb
bläulich bis grünlich
rosa
NiJ 2
gelb schwarz
apfelgrün
Eisengruppe Hierunter faßt man die Elemente Eisen, Kobalt und Nickel zusammen. Die Stellung der beiden letzteren im Perioden-System (vgl. die Tafel am Ende des Buches) stellt insofern eine Ausnahme dar, als das Atomgewicht des Kobalts größer ist als das des Nickels. Über die Wertigkeitsverhältnisse unterrichtet die nachstehende Tabelle, in der die unbeständigenVerbindungen des sechswertigen Eisens, wie z. B. BaFe0 4 , sowie einige andere Wertigkeitsstufen, die in Komplexverbindungen bzw. in festen wasserfreien Verbindungen gelegentlich auftreten, nicht berücksichtigt sind:
Eisen Kobalt Nickel
Wichtigste Wertigkeitsstufen
Beständigste Stufe in einfachen Verbindungen
Beständigste Stufe in Komplexverbindungen
zwei und drei zwei und drei zwei1)
drei zwei zwei
zwei drei zwei
Eisen Das Eisen ist ein grauweißes Metall. Technisch unterscheidet man einerseits kohlenstoffreiches Eisen (mehr als 1,7% Kohlenstoff): „ R o h e i s e n " , „ G u ß eisen" und andererseits kohlenstoffarmes Eisen (weniger als 1,7% Kohlenstoff): ,, Stahl", bei ganz geringen Kohlenstoffgehalten „Schmiedeeisen". Außerdem enthält das Roheisen nicht unerhebliche Mengen von Si und Mn sowie meist von *) Dazu noch höhere Wertigkeitsstufen in wasserhaltigen Oxyden und in einigen Komplexverbindungen.
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S und P ; beim Stahl sind Si, S und P nur in Spuren vorhanden. Roheisen schmilzt bei 1100 bis 1200°, Stahl und Schmiedeeisen — je nach Kohlenstoffgehalt — höher. Der Schmelzpunkt des reinen Eisens liegt bei 1530°. An trockner Luft hält sich das Eisen bei Baumtemperatur beliebig lange; in Gegenwart von Feuchtigkeit wird es durch Luft allmählich zu wasserhaltigem Eisen(HI)-oxyd Fe a O s („Rost") oxydiert. Da diese Rostschichten porös sind, können sie — im Gegensatz zu der Oxydschicht beim Aluminium — das Eisen vor weiteren Angriffen nicht schützen. Man muß daher das Metall mit Anstriohen von Ölfarben usw. versehen. Auch kann man es durch Glühen und geeignete Behandlung („Brünieren", z. B. bei Gewehrläufen) mit einer dichten glatten schwarzen Schicht von Oxyden überziehen, die es vor weiterer Oxydation schützt. Mit reinem Sauerstoff setzt sich Eisen nach Einleitung der Reaktion durch Erhitzen energisch um („autogenes Schneiden"); desgl. mit Schwefel. Die Verbindungen der zweiwertigen Stufe (früher als Ferroverbindungen bezeichnet) sind in wäßriger Lösung bläulich-grünlich, die der dreiwertigen Stufe (Fernverbindungen) infolge teilweiser Hydrolyse (vgl. S. 87, 152) meist gelbbraun. Das Verhalten der letzteren unterscheidet sich von dem der Aluminiumverbindungen vor allem dadurch, daß Eisen(III)-hydroxyd sioh nicht in Natronlauge löst. Verbindungen, die zwei- u n d d r e i w e r t i g e s E i s e n , d. h. also zwei verschiedene Wertigkeitsstufen, g l e i c h z e i t i g enthalten (Magnetit FeO • Fe 2 0 3 und das S. 130 zu besprechende Berliner Blau), zeichnen sich duroh i n t e n s i v e F a r b e n aus; dies entspricht einer verbreiteten Gesetzmäßigkeit. 1. Etwas Eisensalz färbt die Phosphorsalzperle in der Oxydationsflamme gelb. Beim Abkühlen blaßt die Farbe ab; falls nur wenig Eisensalz genommen wurde, verschwindet sie ganz. 2. Etwa 1 g Eisenspäne werde in nicht zuviel verdünnter Salzsäure, der etwas konzentrierte Salzsäure zugesetzt ist, gelöst (Abzug). Es entweicht Wasserstoffgas, das durch eine kleine Beimengung übelriechender anderer Gase verunreinigt ist. Im Kölbchen bleibt eine grüne Lösung von E i s e n ( I I ) - c h l o r i d FeCl 2 , die vom Ungelösten abfiltriert werde. Fe + 2 HCl = H j + FeCl 2 . Eisen(II)-salze. Ein Teil dieser Lösung werde zu den folgenden Umsetzungen der Eisen(II)-verbindungen benutzt, die sofort auszuführen sind, da die Eisen(II)-chlorid-Lösung an der Luft schnell oxydiert wird. Der Rest der Lösung werde für spätere Versuche zurückgestellt. 3. Natronlauge fällt grünlich-weißes flockiges E i s e n ( I I ) - h y d r o x y d . FeCl, + 2NaOH = Fe(OH), + 2NaCl. Der Niederschlag wird beim Umschütteln dunkelgrün, dann duukelgrau und schließlich von oben her rotbraun: er wird durch den Luftsauerstoff zu E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d oxydiert. Ganz reines Eisen(II)-hydroxyd sieht weiß aus. 4Fe(OH), + O, + 2 H , 0 = 4Fe(OH),.
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4. Ammoniak-'Lösxmg fällt ebenfalls E i s e n ( I I ) - h y d r o x y d . Die Fällung ist unvollständig. Sind in der Lösung reichlich Ammoniumsalze vorhanden, so unterbleibt die Fällung (vgl. S. 90/91). 5. Natriumperoxyd: Setzt man zu einer Eisen(II)-salz-Lösung eine frisch und ohne Erwärmung bereitete Lösung von Natriumperoxyd, so fällt sofort ein dichter flockiger Niederschlag von rotbraunem E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d aus. 6. Natriumkarbonat fällt weißes E i s e n ( I I ) - c a r b o n a t . FeCl2 + Na2C03 = FeCO„ + 2NaCl. Unter dem Einfluß .des Luftsauerstoffs wird der Niederschlag bald oxydiert, er geht schließlich in Eisen(III)-hydroxyd über, weil Eisen(III)carbonat als Salz einer schwachen Base und einer schwachen Säure hydrolytisch vollständig gespalten wird. 7. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung nichts. Auch aus neutraler Lösung scheidet sich nur ein sehr geringer Niederschlag des s c h w a r z e n E i s e n ( I I ) - s u l f i d s FeS ab, da die bei der Ausfällung des Sulfids frei werdende Säure die weitere Ausfällung hindert. FeCla + H2S = FeS + 2 HCl. Wesentlich weiter geht die Abscheidung des Sulfids bei Anwesenheit von viel Natriumacetat. Vollständig ist die Fällung jedoch nur in alkalischer Lösung. 8. Ammoniumsulfid fällt schwarzes E i s e n ( H ) - s u l f i d . Hat man g e l b e s Ammoniumpolysulfid im Überschuß zugesetzt, so nimmt die Lösung meist eine grüne Farbe an. Diese rührt davon her, daß ein Teil des Eisen(II)-sulfids zunächst in kolloider Form (vgl. S. 150 f.) gelöst bleibt. Beim Filtrieren erhält man ein klares grünes Filtrat; läßt man es stehen, so fällt nach einiger Zeit weiteres Eisen(II)-sulfid in schwarzen Flocken aus. Feuchtes Eisen(II)-sulfid oxydiert sich an der Luft leicht zu basischem Eisen(III)-sulfat und verhält sich dann beim Auswaschen entsprechend, wie es beim Kupfersulfid beschrieben ist (vgl. S. 111, Nr. 5). 9. Natriumphosphat: Zu einer Probe Eisen(II)-chlorid-Lösung setze man reichlich Ammoniumchlor id-hösung, mache ammoniakalisch und füge Natriumphosphat-Löaung hinzu; es fällt E i s e n ( I I ) - a m m o n i u m p h o s p h a t aus. FeCl2 + Na2HP04 +NH, = Fe(NH4)PO« + 2NaCl. Eisen(III)-saJze. 10. Um zum Eisen(lll)-salz zu oxydieren, setze man zu der Eisen (II)-chlorid-Lösung etwas "konzentrierte Salpetersäure und erwärme. Die Lösung wird erst dunkel und hellt sich dann plötzlich zu einer gelben Flüssigkeit auf. Dies ist so zu erklären, daß die Salpetersäure durch das Eisen(II)-Salz zu Stiokstoffoxyd reduziert wird: 3FeCla + HNO, + 3 HCl = 3FeCl, + NO + 2H a O.
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Dieses Stickstoffoxyd gibt zunächst mit noch vorhandenem Eisen(II)-chlorid eine der schon S. 44 besprochenen analoge dunkle Anlagerungsverbindung. Sobald alles Eisen(II)-chlorid zum Eisen(III)-chlorid oxydiert ist, verschwindet auch die dunkle Farbe. Die Oxydation einer Eisen(II)-salz- zur Eisen(III)-salz-Lösang kann man auch mit anderen Oxydationsmitteln durchführen, so z. B. mit Chlor- oder Bromwasser oder auch mit Wasserstoffperoxyd.
Mit der erhaltenen Eisen(III)-salz-Lösung führe man die nachstehenden Umsetzungen aus: 11. Natronlauge oder Ammoniak-Lösung fällen flockiges braunrotes Eisen(III)-hydroxyd. FeClj + 3NaOH = Fe(OH)3 + 3NaCl.
Die Fällung ist in beiden Fällen q u a n t i t a t i v und c h a r a k t e r i s t i s c h . Durch Ammoniumsalze starker Säuren wird sie n i c h t verhindert. 12. Natriumcarbonat: Es entsteht ein Niederschlag von E i s e n (III)hydroxyd. 2FeCl, + 3Na a C0 3 + 3H 2 0 = 2Fe(OH)3 + 3C0 2 + 6NaCl.
13. Eine Bariumcarbonat-Au£8cblä,mm\xng fällt, wie S. 90 besprochen, aus Eisen(IÜ)-salz-Lösungen das Eisen als E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d . 14. Natriumacetot: Schon S. 94 wurde erwähnt, daß man — ebenso wie bei Aluminium — auch das Eisen durch Kochen einer reichlich mit Natriumacetat versetzten Eisen(III)-salz-Lösung quantitativ als Eisen(III)-hydroxyd bzw. basisches Eisenacetat abscheiden kann. Man führe den Versuch durch, indem man die Eisen(III)-chlorid-Lösung zunächst mit (Soda-Lösung annähernd neutralisiert, reichlich Natriumacetat zugibt (die dabei auftretende Rotfärbung rührt von kompliziert zusammengesetzten Komplexen her), stark verdünnt und kocht. 16. Natriumphosphat gibt einen gelblich-weißen Niederschlag von E i s e n ( I I I ) - p h o s p h a t FeP0 4 , der in Mineralsäuren löslich (vgl. dazu aber S. 131), in Essigsäure sehr schwer löslich ist. Man gebe daher vor der Fällung etwas Natriumacetat zur Lösung, um die Mineralsäure abzustumpfen. Sind bei der vorher beschriebenen Natriumacetatfällung Phosphat-Ionen in der Lösung vorhanden, so gehen sie als Eisen(III)phosphat in den Niederschlag, und zwar vollständig, wenn die Menge der Eisen-Ionen die der Phosphat-Ionen überwiegt. Entsprechendes gilt für die Ammoniakfallung, weil Eisen(III)-phosphat auch in schwach alkalischer Lösung fast unlöslich ist. 16. Schwefelwasserstoff macht unter Reduktion des Eisen(III)-salzes zum Eisen(II)-salz S c h w e f e l frei, der in der Lösung zunächst als weiße Trübung schweben bleibt, ohne sich abzusetzen. 2FeCls + H2S = 2FeCla + S + 2 HCl. (Man formuliere die entsprechende Ionengleichung!)
17. Ammoniumsulfid erzeugt einen schwarzen Niederschlag von E i s e n ( I I ) - s u l f i d und Schwefel, der je nach den Fällungsbedingungen
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mehr oder •weniger große Mengen des instabilen Eisen(III)-sulfids Fe 2 S 2 enthält. 2FeCl» + 3 (NH4)aS = 2FeS + S + 6NH4C1. 18. Kalium- oder Ammoniumthiocyanat färbt die saure Eisen(III)-salzLösung unter Bildung von wenig dissoziiertem, wahrscheinlich dimolekularem E i s e n ( I I I ) - t h i o c y a n a t intensiv rot. 2FeCl3 + 6KSCN = [Fe(SCN)s]2 + 6 KCl. Beim Schütteln mit Äther geht das Eisenthiocyanat mit roter Farbe in den Äther über. 19. Dies ist eine sehr empfindliche Probe auf Eisen(III)-verbindungen. Man gebe einen Tropfen Eisen(III)-salz-Lösung in ein Becherglas voll angesäuerten Wassers, gieße den Inhalt fast ganz aus, fülle wieder mit Wasser auf und setze Kalium- oder AmmoniumthiocyanatLösung hinzu. Es tritt in dieser enormen Verdünnung noch deutlich Rotfärbung auf. 20. Eisen(II)-salz-Lösungen zeigen diese Reaktion gewöhnlich auch> weil sie Spuren Eisen(III)-salz enthalten. Man löse etwas „Eisen' vitriol" (kristallwasserhaltiges Eisen(II)-sulfat FeS0 4 • 7 H 2 0) in viel Wasser auf und prüfe einige Tropfen der Lösung mit Kaliumthiocyanat. Dabei wird eine deutliche Rotfärbung auftreten. Den Rest säure man mit Schwefelsäure schwach an und gebe etwas Eisenpulver hinzu, wodurch die wenigen vorhandenen Eisen(III)- zu Eisen(II)-Ionen reduziert werden. Nach einigen Minuten gieße man einige Tropfen der Lösung ab und prüfe mit Kaliumthiocyanat. Die Lösung wird jetzt farblos bleiben oder sich nur noch ganz schwach färben. Nach weiterem Stehen über Eisenpulver oder Erwärmen der Mischung wird eine dritte Probe keine Färbung mehr zeigen. Zur Feststellung, ob ein Eisensalz der Eisen(II)oder der Eisen(III)-reihe angehört, ist die Thiocyanatprobe nicht empfehlenswert, da sie zu empfindlich ist. Geeigneter sind hierzu die Versuche 22 und 23! Eisencyanverbindungen. 21. Etwas Eisen (II^-saZz-Lösung versetze man tropfenweise mit Natronlauge, bis eben eine Trübung von Eisen(II)hydroxyd auftritt. Dann gebe man ein wenig Natriumcyanid-Lö&ang hinzu: es fällt ein rotbrauner Niederschlag flockig aus, der verwickelt zusammengesetzt ist und nur in erster Näherung als E i s e n ( I I ) - c y a n i d Fe(CN)2 beschrieben werden kann. Ein nicht zu geringer Überschuß von Natriumcyanid löst bei schwachem Erwärmen den Niederschlag zu einer hellgelben Lösung, die filtriert werde. FeCl2 + 2NaCN = Fe(CN)2 + 2NaCl Fe(CN)2 + 4NaCN = Na4[Fe(CN)6]. Die Lösung enthält das N a t r i u m s a l z der H e x a c y a n o e i s e n ( I I ) Säure H 4 [Fe(CN) e ] (abgekürzt Cyanoeisen(II)-säure, früher Ferrocyanwasserstoffsäure). Das entsprechende Kaliumsalz ist das „gelbe Blutlaugensalz". Der [Fe(CN) 6 ] 4 --Komplex ist, wie bereits S. 105 besprochen wurde, einer der festesten Komplexe, die wir kennen. B l i t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. SO. Aufl.
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22. Eine Probe der Natriurncyanoferrat(//^-Lösung säure man mit verdünnter Salzsäure an (Abzug! Aus dem überschüssigen Natriumcyanid entwickelt sich Blausäure!) und gebe einen Tropfen f r i s c h bereiteter Eisen(II )-sulfat-Läs\ing hinzu. Es entsteht ein hellbläulichweißer Niederschlag, vielleicht — aber nicht sicher — das Eisen(II)-salz der Cyanoeisen(II)-säure. Na 4 [Fe(CN)„] + 2 F e S 0 4 = Fe 2 [Fe(CN) 6 ] + 2 N a a S 0 4
Beim Stehenlassen, schneller beim Durchschütteln der Masse mit Luft, wird der Niederschlag tiefblau: er oxydiert sich dabei zum Eisen(III)salz der Cyanoeisen(II)-säure (vgl. unten). säure 23. Eine zweite Probe der Natriumcyanoferrat(II)-Lös\mg man ebenfalls an (Abzug!) und setze einen Tropfen Eisen(III)-chloridLösung hinzu; es entsteht ein tiefblauer Niederschlag von komplizierter Zusammensetzung, den man in grober Näherung als Eisen(III)-salz der Cyanoeisen(II)-säure auffassen kann. 3Na 4 [Fe(CN) 6 ] + 4FeCl 3 = Fe 4 [Fe(CN) e ] 3 + 12NaCl .
Der Niederschlag findet unter dem Namen „Berliner B l a u " Verwendung als Anstrichfarbe (Pigment). Wichtige Erkennungsprobe zum Nachweis von Eisen! Wie diese letzten beiden Versuche zeigen, kann Alkalimetallcyanoferrat(II) außerdem zur Entscheidung der Frage benutzt werden, ob ein gegebenes Eisensalz der E i s e n ( I I ) - o d e r d e r E i s e n ( I II)-reihe angehört. Handelt es sich um den Nachweis sehr geringer Mengen von Eisen(IlI)-ionen, so ist die Cyanoferrat(II)-Lösung unmittelbar vor der Verwendung herzustellen, da eine ältere Lösung stets, wenn auch nur spurenweise, zersetzt ist und sich daher beim Ansäuern durch Bildung sehr geringer Mengen Berliner Blau grünlich färbt und bei längerem Stehen einige Flöckchen Berliner Blau absetzt. Man überzeuge sich davon durch einen Versuch mit der stark zu verdünnenden Kaliumcyanoferrat(II)-Lösung des Laboratoriums.
24. Etwas Kaliumcyanoferrai(II)-Lösung aus der Standflasche des Laboratoriums werde mit etwa dem doppelten Raumteil Bromwasser versetzt und aufgekocht, bis der Überschuß des Broms weggekocht ist und nur farblose Wasserdämpfe aus dem Reagensglas aufsteigen. Die bräunliche Lösung enthält jetzt K a l i u m h e x a c y a n o f e r r a t ( I I I ) Kg[Fe(CN)6] (abgekürzt Kaliumcyanoferrat(III), früher Kaliumferricyanid, Trivialname: „rotes Blutlaugensalz"). 2K 4 [Fe(CN) a ] + Br 2 = 2K 3 [Fe(CN)„] + 2 K B r .
26. Mit dieser Lösung werden dieselben Versuche wie mit der Natriumcyanoferrat(II)-Lösung angestellt. Man erhält mit Natronlauge keinen Niederschlag und mit Ammoniumsulfid nur eine Abscheidung von Schwefel. EisenfIII)-chlorid gibt keine Fällung, sondern nur Dunkelfärbung der Lösung. Dagegen erhält man mit einem Eisen(II)-salz einen tiefblauen Niederschlag von Berliner Blau.
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Die auffällige Tatsaohe, daß sich Berliner Blau sowohl aus Fe8"1"- und [Fe(CN),] 4- Ionen als auch aus Fe a + - und [Fe(CN) e ] 8- -Ionen bildet, beruht u. a. auf der Ein. Stellung des Redox-Gleichgewichts (vgl. S. 115) Fe3+ + [Fe(CN)4]4~ Fe 2+ + [Fe(CN),] 3 " , ist aber vollständig nur auf Grund des Kristallbaus zu deuten, dessen Besprechung an dieser Stelle zu weit fuhren würde. 26. Während der Cyanoferrat(II)-komplex, wie S. 108, Nr. 5 gezeigt wurde, gegen k a l t e Säuren beständig ist, wird er durch h e i ß e v e r d ü n n t e S ä u r e n zersetzt. Ein erbsengroßes Stück Kaliumcyanoferrat(II) werde unter dem Abzug im Reagensglas mit 1—2 ml verdünnter Schwefelsäure bis zum Kochen der Lösung erhitzt. E s entweicht B l a u s ä u r e , die an ihrem Geruch ( V o r s i c h t ! ) leicht zu erkennen ist. 27. Durch h e i ß e k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure wird auch die Blausäure zerlegt, und zwar in Kohlenoxyd und Ammoniak: HCN + H s O = CO + NH 3 . Ein bohnengroßes Stück Kaliumcyanoferrat(II) werde im Reagensglas mit 2 ml konzentrierter Schwefelsäure erhitzt, bis Aufschäumen auftritt. Die von der Flamme entfernte Masse kocht lebhaft weiter, wobei farbloses K o h l e n o x y d entweicht, das mit blauer Flamme brennt. Der Umsetzungsverlauf entspricht etwa folgender Gleichung: K,[Fe(CN),] + 6 H 2 0 + 6H 2 SO, = 6 CO + FeS0 4 + 2K 2 S0 4 + 3(NH 1 ) 2 S0 4 . Zu den komplexen Eisenoyaniden gehört auch das S. 50 erwähnte N a t r i u m n i t r o p r u s s i d ; es besitzt die Formel Na 2 [Fe(CN) 6 NO] • 2 H 2 0 . Ferner bilden die Fe i + -Ionen mit vielen anderen Anionen mehr oder weniger feste Komplexe, so z. B. auch mit d ~ - I o n e n [FeCl4]~-Komplexe. Daher ist die Farbe salzsaurer Eisen(III)-salz-Lösungen tiefer gelb als die von schwefelsauren. Besonders fest sind die Komplexe mit P h o s p h a t - I o n e n , die farblos sind. Man erkennt dieses Verhalten an folgendem Versuch: 28. Man oxydiere nach S. 127 Nr. 10 Eisen(II)-sulfat mit Salpetersäure zur Eisen(///j-saZz-Löaung. Die fast farblose Lösung versetze man mit etwas konzentrierter Salzsäure: die Lösung wird gelb. Dann gebe man reichlich Phosphorsäure-Lösxmg hinzu: die Lösung wird fast vollständig entfärbt. Kobalt Das grausilberweiße, bei 1490° schmelzende Metall löst sich in verdünnten starken Säuren. Dabei entstehen Salze des zweiwertigen Kobalts. Von einfachen Salzen des dreiwertigen Kobalts kennt man nur das Fluorid CoF s sowie das außerdem zweiwertiges Kobalt enthaltende Oxyd (Co 3 0 4 vgl. S. 101). Dagegen leiten sich vom dreiwertigen Kobalt zahlreiche beständige Komplexverbindungen ab, z. B. mit Cyanidionen, Ammoniak, Nitritionen usw. 1. Eine Probe einer Kobalt-Verbindung färbt die Phosphorsalzperle t i e f b l a u . Die gleiche Farbe zeigt kobalthaltiges Glas, was man in der Glasindustrie und in der Keramik verwendet. 9*
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Kobalt
Einfache Kobaltsalze. 2. Natronlauge: Etwas Kobaltsalz-Tiösung werde mit etwas Natronlauge versetzt; es fällt zunächst ein blauer Niederschlag aus, der beim Erwärmen der Mischung mit mehr Natronlauge in schön rosenrotes K o b a l t ( I I ) - h y d r o x y d übergeht. CoCl2 + 2NaOH = Co(OH)2 + 2NaCl .
3. Bei Zusatz von Bromwasser erhält man schwarzes wasserhaltiges Kobalt (III)-hydroxyd. 2Co(OH)2 + Bra + 2NaOH = 2Co(OH)3 + 2NaBr .
Über das Verhalten gegen Ammoniak vgl. unten, Nr. 7. 4. Schwefelwasserstoff verhält sich ganz ähnlich wie gegen Eisen(II)salz-Lösungen. 5. Ammoniumsulfid fällt das schwarze K o b a l t ( I I ) - s u l f i d quantitativ aus. Sehr merkwürdig ist es, daß sich der einmal gebildete Niederschlag nicht nennenswert in 1 normaler Salzsäure wieder auflöst, obwohl er aus einer Lösung dieses Säuregrades nicht ausfällt. Man überzeuge sich davon, indem man den Niederschlag abfiltriert, mit Wasser auswäscht, etwas davon in ein Reagensglas bringt, mit 5-proz. Salzsäure versetzt und durchschüttelt. Dabei löst sich nur wenig auf. Diese verminderte Lösbarkeit ist darauf zurückzuführen, daß sich unter Einwirkung der L u f t rasch schwerer lösliche, schwefelreichere Kobaltsulfide bilden. Der dazu erforderliche Schwefel entsteht aus (NH 4 ) 2 S und Luftsauerstoff (vgl. S. 48) bzw. er e n t s t a m m t dem Polysulfidgehalt des Ammoniumsulfids. 6. Ammoniumthiocyanat: Eine kleine Probe äußerst verdünnter Kobaltsalz-Lösung werde b i s z u r S ä t t i g u n g mit festem Ammonium(nicht Kalium-)-thiocyanat versetzt und dann etwa mit dem halben oder viertel Raumteil Äther, dem einige Tropfen Amylalkohol zugesetzt sind, durchgeschüttelt. Es bildet sich A m m o n i u m - t h i o c y a n a t o c o b a l t a t , das sich in der Äther-Amylalkohol-Schicht mit tiefblauer Farbe löst. CO(N03)2 + 4NH4SCN = 2NH 4 NO s + (NH4)aCo(SCN)4 . Dies ist eine der empfindlichsten Prüfungsmethoden auf Kobalt, mit deren Hilfe sehr kleine Mengen Kobalt auch neben viel Nickel nachgewiesen werden können. Ist gleichzeitig Eisen zugegen, so verhindert man die Bildung des Eisen(III)-thiocyanats — das durch seine tiefrote Farbe die Blaufärbung auch größerer Kobaltmengen verdecken könnte, da es sich ebenfalls im Äther löst und diesen intensiver färbt — durch Zusatz von etwas festem Natriumfluorid, das die Eisen(III)-ionen in farblose, in Äther nicht lösliche fluorhaltige Komplexe, z.B. [FeF 6 ] 3- , überführt. — Freie Salpetersäure in erheblicher Konzentration stört die Reaktion, weil sie das Thiocyanat durch Oxydation unter Bildung roter Zersetzungsprodukte zerstört.
Komplexverbindungen. Die Komplexverbindungen des zweiwertigen Kobalts sind unbeständig und werden leicht zu solchen der d r e i w e r tigen Stufe oxydiert.
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Kobalt
7. Gibt man z. B. zu einer Kobalt(II)-salz-Lösung r e i c h l i c h Ammoniak-Lösung, so löst sich der zunächst gebildete blaue Niederschlag zu einer gelblich-braunen Lösung auf, die komplexe Ammine der zweiwertigen Stufe enthält. Bald aber ändert sich die Farbe der Lösung; sie wird rötlich, weil unter der Einwirkung des Luftsauerstoffs ein Übergang in die dreiwertige Stufe erfolgt. 8. Versetzt man Kobaltsalz-Lösung mit sehr wenig frisch bereiteter Natriumcyanid-Lösung, so fällt schmutzigbraunes K o b a l t (II)-cyanid aus. Ein Überschuß von Natriumcyanid löst den Niederschlag zu einer hellbraunen Lösung des sehr unbeständigen komplexen N a t r i u m (penta)cyanocobaltats(II). CO(N0 3 ) 2 + CO(CN) 2 +
2 N a C N = Co(CN) 2 +
2NaNOs
3 NaCN = Na3[Co(CN)5] .
Ein kleiner Teil der Lösung werde sofort angesäuert (Abzug! aus dem überschüssigen NaCN bildet sich Blausäure!): es fallt wieder K o b a l t (II)cyanid aus. Der Versuch gelingt am besten, wenn die Kobaltsalz- und die Natriumcyanid-Lösung jede für sich aufgekocht und dadurch von gelöster Luft befreit, vor dem Mischen aber wieder abgekühlt worden waren. 9. Die übrige Lösung schüttle man im Reagensglas tüchtig mit Luft durch oder koche sie besser einige Minuten lang; sie wird zu N a t r i u m ( h e x a ) c y a n o c o b a l t a t (III) -Lösung oxydiert; während dieser Oxydation färbt sie sich vorübergehend dunkelbraun. 4Na8[Co(CN)6] + 2 H a 0 + 0 2 + 4NaCN = 4Na3[Co(CN)6] + 4NaOH .
Der [ Co(CN)6]3--Komplex ist äußerst wenig dissoziiert. Weder Ammoniumsulfid noch Natronlauge noch Bromwasser und Natronlauge (Unterschied von Nickel, vgl. S. 134, Nr. 5) geben einen Niederschlag. Durch Salzsäure (Abzug!) wird er ebensowenig angegriffen wie der [Fe(CN)e]4_-Komplex. 10. Schließlich sei noch ein Komplex beschrieben, der sich überhaupt nur mit dreiwertigem Kobalt bildet. Gibt man zu einer neutralen Kobalt(H)-salz-Lösung einen reichlichen Überschuß einer konzentrierten Lösung von Kaliumnitrit (KNOa), so bildet sich kein Niederschlag. Setzt man jedoch jetzt Essigsäure zu, so oxydiert die dadurch in Freiheit gesetzte salpetrige Säure (vgl. S. 182) — von der die Hauptmenge unter Bildving von Stickstoffoxyden zerfällt, die entweichen — das Kobalt zur dreiwertigen Form, und es bildet sich ein gelber Niederschlag von K a l i u m h e x a n i t r o c o b a l t a t ( I I I ) (Ks[Co(N02)6]). Da das entsprechende Natriumsalz leicht löslich ist, kann man diese Reaktion bei entsprechender Umänderung zu einem empfindlichen Nachweis für Kalium benutzen.
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Niokel
Nickel Nickel (Schmelzpunkt 1453°) ist als Metall dem Kobalt sehr ähnlich. Es bildet — wenn man von den wasserhaltigen höheren Oxyden und einigen hier nicht zu behandelnden Komplexsalzen mit 4-, 3- und 1 wertigem Nickel absieht — im wesentlichen nur Verbindungen der zweiwertigen Stufe. Auch die KomplexVerbindungen leiten sich im Gegensatz zum Kobalt ganz überwiegend von der zweiwertigen Stufe ab. Die Umsetzungen der Nickelsalze sind sonst denen der Kobaltsalze sehr ähnlich.
1. Die Phosphorsalzperle der NickelVerbindungen ist in der Hitze b r ä u n l i c h g e l b , nach dem Erkalten heller. Einfache Nickelsalze. 2. Natronlauge fällt hellgrünes N i c k e l h y d r o x y d . Auf Zusatz von Bromwasser entsteht ein schwarzes, wasserhaltiges h ö h e r e s O x y d . 3. Schwefelwasserstoff und Ammoniumsulfid geben dieselben Erscheinungen wie beim Kobalt. Führt man die Fällung mit gelbem Ammoniumsulfid aus, so erhält man Nickelsulfid zum Teü in kolloidem Zustand (vgl. S. 150f.), das beim Filtrieren als braune Lösung durch das Filter läuft. Aus dieser Lösung läßt sich das Nickelsulfid nur schwierig abscheiden. Beim analytischen Arbeiten verwende man deshalb zur Fällung von Nickelsulfid nur f r i s c h e , f a r b l o s e AmmoniumsulfidLösung, die jene Erscheinung nicht zeigt. Nickelsulfid verhält sich hinsichtlich seiner Lösbarkeit ähnlich wie Kobaltsulfid. Komplexsalze. 4. Ammoniak fällt, wenn es tropfenweise zugesetzt wird, zunächst hellgrünes N i c k e l h y d r o x y d . Der geringste Uberschuß an Ammoniak löst den Niederschlag wieder, weil sich die komplexen H e x a m m i n n i c k e l i o n e n [Ni(NH 8 ) 6 ] 2+ bilden; ihre Lösung sieht tiefblau aus mit schwachem Stich ins Rötliche. 5. Natriumcyanid fällt, wenn in geringer Menge zugesetzt, weißgrünliches N i c k e l c y a n i d . Ni(N0 3 ) 2 + 2NaCN = Ni(CN) a + 2 N a N O s .
Ein Überschuß an Natriumcyanid löst zu einer gelben Lösung des komplexen N a t r i u m ( t e t r a ) c y a n o n i c k e l a t s Na 2 [Ni(CN] 4 ). Dieser Komplex ist nur mittelstark. Zwar fallen mit Natronlauge und Ammoniumsulfid keine Niederschläge. Säuert man jedoch an (Abzug!), so fällt Nickelcyanid wieder aus und Blausäure entweicht. Gibt man schließlich reichlich Bromwasser und Natronlauge zu, so wird der Komplex ebenfalls zerstört (Unterschied von Kobalt!) und schwarzes höheres Nickeloxyd fallt aus. ZumNachweis der Elemente Kobalt undNichel nebeneinander und zu ihrer Trennung sind bei der Ähnlichkeit ihrer Reaktionen nur wenige Umsetzungen geeignet. Z u m N a c h w e i s von K o b a l t neben Nickel und zur T r e n n u n g kann die Ammoniumthiocyanatreaktion oder der K 3 [Co(N0 2 ) 6 ]-Komplex dienen. Zur Trennung kann man auch die verschiedene Beständigkeit der Cyanokomplexe (Verhalten
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Chrom
gegen Brom und Natronlauge) heranziehen. Die beste Nachweisreaktion für N i c k e l und gleichzeitig die beste Trennungsmethode ist die nachstehend beschriebene Diacetyldioximreaktion. Diacetyldioxim1) bildet nämlich in essigsaurer oder ammoniakalischer Lösung mit Nickel ein sehr schwer lösliches Salz, das zur Klasse der innerkomplexen Salze (vgl. S. 109) gehört.
6. Ein Tropfen Nickelsalz-Lösung werde mit Wasser auf etwa 1 ml verdünnt. Nach Zugabe von etwa y 2 ml einer 1-proz. alkoholischen Lösung von Diacetyldioxim färbt sich die Lösung rot, und alsbald scheidet sich ein voluminöser hochroter Niederschlag ab, der aus feinen Nädelchen (Mikroskop!) besteht. Aus mineralsaurer Lösung fällt der Niederschlag erst beim Neutralisieren mit Ammoniak oder nach dem Abstumpfen mit Natriumacetat aus. Chrom Während beim Eisen die der Gruppenzahl entsprechende (vgl. S. 35) positive Höchstwertigkeit 8 bei keiner Verbindung erreicht wird, kennt man bei dem in der 7. Gruppe stehenden Element Mangan Salze der Permangansäure mit siebenwertigem Mangan und bei dem in der 6. Gruppe stehenden Chrom eine Reihe von Verbindungen mit sechswertigern Chrom. Diese Verbindungen gehen leicht in niederwertige Verbindungen über und stellen daher besonders starke O x y d a t i o n s m i t t e l dar, die viel verwendet werden. Die meist gelb gefärbten C h r o m a t e , Salze der im freien Zustand nicht darstellbaren Chromsäure H 2 Cr0 4 , stehen in ihren Löslichkeitsverhältnissen den entsprechenden Sulfaten nahe. Die gelben [Cr0 4 ] 2 ~-Ionen sind nur in alkalischen oder neutralen Lösungen vorhanden; bei Zuführung von H+-Ionen bilden sich neben wenig [HCr0 4 ]~Ionen unter Wasserabspaltung vornehmlich rote [Cr 2 0 7 ] 2_ -Ionen: «[CM)«]»- + 2H+ = [Cr 2 0 7 ] 2 - + H 2 0 . Die ebenfalls roten Salze, z. B. K 2 Cr 2 0 7 , bezeichnet man als „ D i o h r o m a t e " (gelegentlich auch als Pyrochromate; die früher benutzte Bezeichnung „Bichromate" sollte vermieden werden). Beim stärkeren Ansäuern bilden sich T r i und T e t r a c h r o m a t i o n e n ([Cr 3 O 10 ] 2- bzw. [C^O^] 2 - ). Versetzt man schließ, lieh eine konzentrierte Dichromatlösung mit konzentrierter Schwefelsäure, so scheidet sich nicht die Chrom- oder die Dichromsäure, sondern das Anhydrid Cr0 3 , C h r o m t r i o x y d , in tiefroten Nadeln ab. Ferner kennt man noch ein 2—
„ P e r o x y d " Cr0 5 . In diesem sind zwei O-Teilchen des Cr0 3 durch je eine doppelt negative 0 2 -Gruppe ersetzt, wie sie auch im Na 2 0 2 und H 2 0 2 vorhanden ist (vgl. S. 61 u. 177). CrOs enthält also ebenfalls nur sechswertiges Chrom: OCr(Oa)a. Dreiwertiges Chrom. Die Chrom(III)-verbindungen (früher alsChromiverbindungen bezeichnet) sind den Aluminium- und Eisen(III)-verbindungen ähnlioh. Chrom(III)-hydroxyd Cr(OH)3 ist im Gegensatz zu Fe(OH) 3 amphoter wie *) H 3 C - C - C - C H , || || , auch als Dimethylglyoxim bezeichnet. HON NOH
Chrom
136
Aluminiumhydroxyd. Die K o m p l e x v e r b i n d u n g e n des dreiwertigen Chroms schließen sich mehr denen des dreiwertigen Kobalts als denen des dreiwertigen Eisens an. Die große Beständigkeit und Vielgestaltigkeit der komplexen Chrom(III)-verbindungen (einschließlich der Hydrate) bedingen ihr verwickeltes Verhalten. So sehen w a s s e r h a l t i g e Chrom(III)-salze in manchen Fällen violett, in anderen grün aus. Das ist auf Unterschiede im Bau ihrer Komplexe zurückzuführen; so entspricht z. B. das kristallisierte b l a u v i o l e t t e Chrom(III)-chloridhydrat der Formel [Cr(H20)6]CI3, das g r ü n e der Formel [Cr(H20)4Cl2]Cl • 2 H 2 0 . Schließlich ist noch zu erwähnen, daß man auch Salze der zweiwertigen Stufe (früher als Chromosalze bezeichnet) kennt; diese sind jedoch wenig beständig. Die Verbindungen des 5- und 4 wertigen Chroms brauchen hier ebenfalls nicht besprochen zu werden. Oxydationswirkungen
des sechswertigen
Chroms.
Bringt man Chromate
oder Dichromate mit oxydierbaren Substanzen zusammen, sogehen sie in die dreiwertige Stufe über; je Chromatom werden also 3 positive Ladungen abgegeben. So verläuft z. B. die Einwirkung zwischen Kaliumdichromat und konzent r i e r t e r S a l z s ä u r e (verdünnte Salzsäure wird nicht nennenswert oxydiert!) nach der Gleichung1) K 2 Cr 2 0 7 + 14 HCl = 3C12 + 2CrCl s + 2 KCl + 7 H 2 0 . Besser noch ersieht man aus der Ionengleichung: 2*6+ ±0 [Cr 2 0 7 ] 2 - + 6 Ol - + 14 H+ = 3C12 + 2Cr»+ + 7 H 2 0 , daß je 3 positive Ladungen von den beiden sechsfach positiv geladenen Chromatomen abgegeben und zur Oxydation von 6 Cl~-Ionen benutzt worden sind. Gleichzeitig werden aber dabei sehr viel H + -Ionen verbraucht. So kann z. B. bei der Einwirkung von Dichromat auf S c h w e f e l w a s s e r s t o f f bei u n g e n ü g e n d e r S ä u r e m e n g e die Reaktion der Lösung a l k a l i s o h werden, so daß am Anfang die Umsetzung nach der Gleichung 2Xg+
2-
±0
[ C r ^ ] 2 - + 3 H j S + 8H+ = 3 S + 2Cr 8 + + 7 H 2 0 erfolgt, am Ende jedoch nach der Gleichung 2 [CrO,] 2- + 3 S 2 " + 8 H 2 0 = 3 S ° + 2Cr(0H) 3 + lOOH". Führt man die eben besprochene Einwirkung von Dichromat auf Chlorwasserstoff bei Abwesenheit von Wasser in Anwesenheit eines wasserbindenden Mittels durch, z. B. durch Erhitzen eines Gemisches von Kaliumdichromat, Kochsalz und konzentrierter Schwefelsäure, so bildet sich neben etwas Chlor eine leicht flüchtige Verbindung der Zusammensetzung Cr0 2 Cl 2 . Dieses „Chromylchlorid"2) ist das „Säurechlorid" der hypothetischen Chromsäure, in der die beiden Hydroxylgruppen durch Chlor ersetzt sind: *) Geht man von C h r o m a t aus, so gilt die gleiche Umsetzungsgleichung, da ja Cr0 4 2_ -Ionen in saurer Lösung in Cr 2 0 7 2_ -Ionen übergehen. 2) Die Endung „ y l " bezeichnet ganz allgemein geladene Gruppen aus einem Metall oder Nichtmetall und Sauerstoff, die gleichsam als einheitlicher Bestand-
Chrom o O
Cr
ob: OH
+
ißt c i H: Cl
137
= 2 H a O + OjCrCIj .
Die Chromsäure wirkt hier gleichsam als Base. Da sie natürlich eine äußerst schwache Base ist, entstellt Chromylchlorid nur unter der wasserbindenden Wirkung von Schwefelsäure. Kommt Chromylchlorid mit Wasser zusammen, so tritt H y d r o l y s e ein, es bilden sich die freie „Base" (Chromsäure, die sofort in Dichromsäure übergeht) und die freie Säure (Salzsäure). Mit Lauge erfolgt die entsprechende Umsetzung: Cr0 2 Cl 2 + 4NaOH = Na2CrO« + 2NaCl + 2 H 2 0 . Chrommetall ist dem Eisen ähnlich; es besitzt eine hellgraue Farbe mit einem Stich ins Blaue und schmilzt oberhalb 1700°. I n verdünnter Salz- oder Sohwefelsäure löst es sich unter Wasserstoffentwicklung. I n Salpetersäure dagegen löst es sich kaum ( „ P a s s i v i e r u n g " ) . Da sioh Chrom — wie Aluminium — an der Luft mit einer f e s t h a f t e n d e n Oxydschicht bedeckt, halten sich verchromte Gegenstände sehr gut, vorausgesetzt, daß sie nicht Sauredämpfen ausgesetzt werden. I m L a b o r a t o r i u m s i n d sie e b e n s o u n b r a u c h b a r w i e v e r n i c k e l t e (vgl. S. 1).
1. ChromVerbindungen färben die Phosphorsalzperle sowohl in der Oxydations- als auch in der Reduktionsflamme grün. 2. Man löse etwas fein gepulvertes violettes Chrom(III)-sulfat oder „Chromalaun" (vgl. S. 107, III) in kaltem Wasser, wobei eine violette, bald mehr ins Blaue, bald mehr ins Rote schillernde Lösung entsteht. Man koche eine Probe dieser Lösung auf; sie färbt sich tief grün. Bei längerem Stehenlassen bei Zimmertemperatur wird die grüne Lösimg langsam wieder violett. Reaktionen der Chrotn(III)-saIze.
Zu den folgenden Umsetzungen werde
die violette Lösung benutzt. 3. Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, Chrom(III)-hydroxyd.
fällt
graugrünes
Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6NaOH = 2Cr(OH) 3 + 3 N a 2 S 0 , .
Ein Uberschuß von Natronlauge löst das Chrom(III)-hydroxyd zu einer prächtig smaragdgrünen Lösung von N a t r i u m - ( h y d r o x o ) - c h r o m i t . 3NaOH + Cr(OH) a = Na 3 [Cr(0H) 4 ] .
Verdünnt man diese Lösung und kocht einige Minuten, so fällt das Chromhydroxyd wieder aus, weil der [Cr(OH)6]3--Komplex nur bei großer [OH - ] beständig ist. 4. Ammoniak fällt graugrünes Chrom (III)-hydroxyd, von dem meist ein wenig in der ammoniakalischen Lösung komplex gelöst bleibt 3+
teil in Verbindungen eintreten. Z. B.: [SbO]+ Antimonylion, SbOCl Antimonylchlorid; [U0 2 ] 8 + Uranylion, U0 2 (N0 3 ) 2 Uranylnitrat. Man kann diese Verbindungen auch als Anhydride von — z. T. hypothetischen — basischen Salzen auffassen: Sb(OH) 2 Cl - H 2 0 = SbOCl .
138
Chrom
und sie rötlich färbt. Man filtriere und koche das rosafarbige Filtrat einige Minuten: es entfärbt sich, und der Rest Chrom(III)-hydroxyd fällt aus. 5. Natriumcarbonat fallt unter Kohlendioxydentwicklung graugrünes Chrom ( I I I ) - h y d r o x y d . Ct2(S04)3 + 3Na2CO„ + 3H 2 0 = 2Cr(OH)a + 3C0 2 + 3Na 2 S0 4 . 6. Schwefelwasserstoff fällt nichts. 7. Ammoniumsulfid, fällt C h r o m ( I I I ) - h y d r o x y d . Cr2(S04)3 + 6 (NH4)2S + 6HaO = 2Cr(OH)3 + 6(NH4)HS + 3(NH4)2S04 . C h r o m ( I I I ) - 8 u l f i d Cr2Ss ist nur auf trockenem Wege darstellbar; mit Wasser erleidet es Hydrolyse. Den Übergang von der dreiwertigen in die sechsvoertige Stufe kann man sowohl auf nassem als auch auf trockenem Wege bewirken; er erfolgt am leichtesten im alkalischen Medium.
8. Man erwärme eine Alkalichromit-ljösaag mit einem Oxydationsmittel, z. B. Bromwasser oder Wasserstoffperoxyd; sie färbt sich gelb. 2Na3[Cr(OH)6] + 3Br2 + 4NaOH = 2Na2Cr04 + 6NaBr + 8H 2 0 . In s a u r e r Lösung" können umgekehrt'Halogenwasserstoffe durch Ghromat zu Halogen oxydiert werden, vgl. dazu unten, Nr. 17. Die O x y d a t i o n a u f t r o c k e n e m W e g e erfolgt im Laboratorium durch die Soda-Salpeter-Schmelze. Das Alkalimetallnitrat dient dabei als Oxydationsmittel, weil es sich bei höheren Temperaturen in Nitrit und Sauerstoff zersetzt (vgl. S. 42)/Die Soda liefert das erforderliche Alkali. Die Oxydation von Chrom(III)oxyd zum Chromat kann man demnach folgendermaßen formulieren:
2KNOs = 2KN0 2 + 0 2 2 Cr203 + 3 0 2 = 4CrO„ Cr03 + Na2C03 = Na2Cr04 + C02 . 9. Etwas Chrom(III)-hydroxyd werde auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier gestrichen, die das Wasser aufsaugt und den Niederschlag somit einigermaßen trocknet. Der nur noch schwach feuchte Rückstand werde mit etwa der doppelten bis dreifachen Menge eines Gemisches von etwa gleich viel Kaliumnitrat und wasserfreiem Natriumcarbonat auf einer Magnesiarinne geschmolzen. Die entstehende gelbe Schmelze liefert mit Wasser gelbe Chromat-Lösung.
Sechswertiges Chrom. Zu den folgenden Umsetzungen werde etwas K a l i u m c h r o m a t - L ö s u n g des Laboratoriums verwendet. 10. Gibt man zu der gelben Lösung verdünnte Schwefel- oder Salzsäure, so wird sie rot, weil Dichromationen entstehen. 2[Cr0 4 ;r + 2H+ = [Cr207]2- + H 2 0 . Gibt man zu der roten Dichromat-Lösung Natronlauge oder Ammoniak-Lösung, so wird sie wieder gelb. [Cr20,]*~ + 2 OH" = 2 [CrO«]2" + H 2 0 .
Chrom
139
Diese Überführung von [Cr0 4 ] 2- -Ionen in [Cr a 0 7 ] 2- -Ionen und umgekehrt kann man mit der gleichen Probe beliebig oft durchführen. Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt: [[Cr0 4 ?- ]» • [H + ] a [[Cr 2 0 7 ] 2- ] Diese Gleichung erklärt, warum nach S. 71 Bariumchromat nur aus essigsaurer, nicht aber aus mineralsaurer Lösung ausfällt. Im letzten Falle ist nämlich infolge der großen H+-Ionenkonzentration die Konzentration an [CrOJ 2- Ionen so klein, daß das an sich ziemlich kleine Löslichkeitsprodukt des Bariumchromats nicht überschritten wird. In essigsaurer Lösung ist [H + ] wesentlich kleiner; die Konzentration an [Cr04]a_-Ionen ist zwar gegenüber der der [CrjO,]*-Ionen immer nooh nicht groß, sie reicht aber jetzt zur Fällung von Bariumchromat aus.
11. Bleiacetat fällt einen sattgelben Niederschlag von B l e i c h r o m a t („Chromgelb"), der in Essigsäure fast unlöslich, in Salpetersäure oder Natronlauge löslich ist. K 2 Cr0 4 + Pb(CHsC02)2 = PbCr0 4 + 2K(CH 3 C0 2 ) PbCr0 4 + 4NaOH = Na2[Pb(OH)4] + Na2Cr04 .
Beim Übergießen mit Ammoniak-höaxmg geht der Bleichromatniederschlag in bräunlich-rotes basisches Bleichromat über. 12. Silbemitrat erzeugt einen dunkelbraunroten Niederschlag von S i l b e r c h r o m a t . Auf Zusatz von Salzsäure oder Chloriden wird der Niederschlag weiß, weil er sich zu Silberchlorid umsetzt. K 2 Cr0 4 + 2AgN03 = Ag2Cr04 -f 2KNO„ 2 Ag2Cr04 + 4 HCl = 4AgCl + H 2 0 + H 2 Cr 2 0 7 .
Silberchlorid hat also ein geringeres Löslichkeitsprodukt als Silberchromat. 13. Quecksilber(I)-nitrat gibt einen tief orangeroten Niederschlag von amorphem Quecksilber(I)-chromat Hg 2 Cr0 4 . Beim Aufkochen der mit etwas Salpetersäure versetzten Masse entstehen daraus Kristalle von prachtvoll roter Farbe. 14. Wasserstoffperoxyd: Ein Tropfen Kaliumchromat-Lösung werde mit wenigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und wenig Wasserstoffperoxyd-Lösung versetzt. Es entsteht eine tiefblaue Lösung von Chromperoxyd CrOs. Schüttelt man diese sofort mit 1—2 ml Äther, so geht das blaue Oxyd in den Äther über. Später verblaßt die Farbe, weil nach folgender Gleichung Zersetzung erfolgt: 4Cr0 5 + 6H 2 S0 4 = 2Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6 H 2 0 + 7 0 2 .
15. Man verdünne einen Tropfen verdünnter Alkalimetallchromat-~Lös)ing im Reagensglas mit etwa 20—30 ml Wasser, mische gut durch, gieße die gesamte Lösung bis auf den am Glas haftenden Rest aus und gebe zu diesem einige Milliliter verdünnter Schwefelsäure und ganz wenig festes Diphenylcarbazid (C6H6 • NH • NH)2CO ; beim Umschütteln färbt sich die Lösung r o t v i o l e t t . Sehr empfindlicher Nachweis.
Chrom
140
16. C h r o m y l c h l o r i d : Man pulvere und mische so viel Kaliumdichromat, wie eine Erbse ausmacht, mit ebensoviel Kaliumchlorid und erwärme die Mischung in einem Reagensglas mit Gasableitungsrohr (vgl. auch Fig. 13, S. 20) mit 1—2 ml konzentrierter Schwefelsäure. Den — neben HCl und etwas Cl2 — entstehenden braunen Dampf von Cr0 2 Cl 2 leite man so in ein vorgelegtes ßeagensglas über 2—3 ml verdünnte Natronlauge, daß das Ableitungsrohr nicht in die Natronlauge eintaucht. I n der Natronlauge läßt sich dann das durch Hydrolyse gebildete Chromat mit Schwefelsäure und Wasserstoffperoxyd leicht nachweisen. Als Chromsäurechlorid kann also das Chrom leicht destilliert werden. Ein entsprechendes Chromyl-Bromid oder - Jodid existiert nicht. Infolgedessen kann das Auftreten einer flüchtigen Chromverbindung, das an dem Chromgehalt der vorgelegten Natronlauge zu erkennen ist, zum N a c h w e i s v o n C h l o r i d e n neben Bromiden und Jodiden dienen. Überdestillierendes Brom sieht zwar ganz ähnlich aus wie Chromylchlorid; es würde jedoch mit der Natronlauge eine fast farblose, chromfreie Lösung geben. Die Bildung von Cr02Cl2 kann durch Nitrate, ßilbersalze u. a. verhindert werden. Andererseits ist auch Cr02lT2 flüchtig. Der analytische Wert der Reaktion ist also beschränkt. Oxydationen
mit
Chromat
und
Dichromat.
17. M a n k o c h e
etwas
Kaliumdichromat mit starker Salzsäure. Es entweicht C h l o r , während sich die Lösung unter Reduktion des Chromats zu Chrom(III)-salz grün färbt (vgl. S. 136). 18. Zu einer mit verdünnter Schwefelsäure angesäuerten DichromatLösung gebe man Schwefelwasserstoffwasser. Die Lösung färbt sich grün, und es scheidet sich S c h w e f e l aus. 19. Man wiederhole den Versuch mit einer Chromat-Lösung ohne Säurezusatz. Es fällt ein Gemisch von S c h w e f e l und graugrünem C h r o m ( I I I ) - h y d r o x y d . Lackmuspapier zeigt alkalische Reaktion der Lösung an. Über die Umsetzungsgleichungen vgl. S. 136. 20. Man versetze ein wenig Kaliumdichromat-Lösung reichlich mit Schwefligsäure-Löaung; das Chromat wird zu Chrom (III)-sulfat reduziert, wobei eine entsprechende Menge Schwefel aus der vierfach in die sechsfach positive Stufe übergeht. Cr207s~ + 8H+ + 3S |
C102 Chlordioxyd
CljO, Dichlorhexoxyd CljO 7 Dichlorheptoxyd
Name der Salze
Säure
| f
* |
\
HCl Salzsäure HCIO Hypochlorige Säure HC102 Chlorige Säure HCIO, Chlorsäure —
HC104 Perchlorsäure
Chloride Hypochlorite Chlorite | |
Chlorate
|
—
Perchlorate
Dabei deuten die Pfeile an, wie sich die Oxyde mit Wasser bzw. Lauge umsetzen. Von diesen Verbindungen behandeln wir hier nur die umrahmten. I. Hypochlorige Säure. C h l o r g a s setzt sieb mit W a s s e r in ganz geringem Umfang nach der Gleichung S + HjO ^ H+ + CT + HCIO um, nach der unter Disproportionierung der Chlormolekel neben Cl~-Ionen freie hypocMorige Säure entsteht (früher unterchlorige Säure genannt). Einem Fortschreiten der Reaktion nach rechts wirken die entstehenden H + -Ionen entgegen. Fängt man diese jedoch mit OH _ -Ionen weg, leitet man also Chlorgas in N a t r o n l a u g e ein, so setzt es sich nach der Gleichung Cla + 2NaOH = NaCl + NaCIO + H a O vollständig um. Beim A n s ä u e r n hingegen verschiebt sich das Gleichgewicht wieder entsprechend dem unteren Pfeil der vorletzten Gleichung, und es bildet sich Chlor zurück. Ähnlich wie gegen Natronlauge verhält sich Chlorgas gegen Calciumhydroxyd, wobei der hypochlorithaltige, im übrigen verwickelt zusammengesetzte „ C h l o r k a l k " entsteht. Die Hypochlorite sind instabile Verbindungen. Noch sehr viel unbeständiger ist die h y p o c h l o r i g e S ä u r e . Das Entstehen dieser energiereichen Stoffe wird nur dadurch ermöglicht, daß bei dem Übergang eines Chloratoms in ein Chloridion so viel Energie frei wird, daß dem zweiten Chloratom der Chlormolekel Energie zur Bildung einer instabilen Verbindung zur Verfügung steht, die sich ohne diese Energiezufuhr nicht bilden könnte („Gekoppelte Reaktion"). Derartige instabile Stoffe versuchen, in einen stabileren Zustand überzugehen. Hypochlorige Säure wirkt deshalb gegenüber oxydierbaren Stoffen als starkes Oxydationsmittel. Da es aber auch noch höhere Oxydationsstufen des Chlors gibt, die ebenfalls stabiler als die hypochlorige Säure sind, können Hypochlorite gegenüber stark oxydierenden Stoffen auch als Reduktionsmittel wirken. Ganz entsprechend liegen die Verhältnisse bei einigen anderen instabilen Stoffen mittlerer Oxydationsstufe, z. B. bei Chlorsäure (siehe weiter unten), salpetriger Säure (S. 182f.),
Halogensauerstoffverbindungen
173
Wasserstoffperoxyd (S. 176f.). Besonders häufig macht man von der O x y d a t i o n » Wirkung der hypochlorigen Säure Gebrauch. Diese Fähigkeit kommt — ähnlich wie wir es z. B. bei der Salpetersäure kennengelernt haben — in erster Linie der undissoziierten Säure zu, weniger den C10~-Ionen. Die freie Säure ist auch in schwach alkalischer Lösung in geringem Umfange vorhanden; denn die hypochlorige Säure ist sehr schwach, so daß ihre Salze stark hydrolysiert werden. II. Chlorsäure und Chlordioxyd. Beim Erwärmen oxydieren HClO-Molekeln C10~-Ionen unter Disproportionierung nach der Gleichung 2HC10 + [CIO] - + 2 OH" =
[C103r +
2 Cl~ + 2 H 2 0 ,
wobei sich Chlor at-Ionen bilden. In der W ä r m e reagiert daherChlorgas mit Laugen nach der Gleichung 3CLi + 6 0 H " = C108" + 501" + 3 H 2 0 direkt zu Chlorat und Chlorid. Hier liegt ebenfalls eine gekoppelte Reaktion vor. Auch Chlorate sind instabile Stoffe, die ihre Bildung dem gleichzeitigen Entstehen von Chloridionen verdanken; sie sind jedoch weniger energiereich als die Hypochlorite. — Ähnlich wie die CIO -Ionen sind auch die C10 3 _ -Ionen neben Cl _ -Ionen nur in alkalischer Lösung beständig. In saurer setzen sie sich um gemäß: HC103 + 5HC1 = 3C12 + 3H a O . Beim Behandeln von Chloraten mit k a l t e r konzentrierter Schwefelsäure bildet sich (neben Perchlorsäure, vgl. III) das e x p l o s i b l e Chlordioxyd, da das Anhydrid Cl2Oj der Chlorsäure nicht existiert. 3HC10S — HjO = 2C10a + HclOj . Ein Gemisch von Chlorat mit 65 %iger Salpetersäure besitzt bei Wasserbadtemperatur eine sehr starke Oxydationswirkimg, die — bei Abwesenheit von Reduktionsmitteln, insbesondere Chloriden — sogar ausreicht, in saurer Lösung das Mangan zum Oxyd der sonst nur in alkalischem Medium erhältlichen vierwertigen Stufe zu oxydieren, wobei gleichzeitig Chlordioxyd entsteht. Da Mn0 2 in Wasser und auch in Salpetersäure sehr wenig löslich ist, beruht auf dieser Reaktion eine Möglichkeit, das Mangan von anderen zwei- und auch einigen dreiwertigen Metallen zu trennen. III. Perchlorsäure (früher: Überchlorsäure). Noch beständiger als die Chlorate sind schließlich die Perchlorate, die z. B. beim Erhitzen von Chloraten — wiederum in gekoppelter Reaktion und unter Disproportionierung — nach der Gleichung 5+ 4KC10 a = KCl + 3KC104 entstehen. Daneben erfolgt allerdings auch eine Zersetzung gemäß 2KC10 S = 2KC1 + 3 0 s . Bei Anwesenheit von Katalysatoren, wie Braunstein, erfolgt die Umsetzung sogar ausschließlich nach der letzten Gleichung. — Die P e r c h l o r s ä u r e ist, den S. 97 ff. besprochenen Regeln entsprechend, eine sehr starke Säure. Das schwer lösliche Kaliumsalz ist schon S. 63, Nr. 4 besprochen worden. P e r c h l o r a t e lassen sich — im Gegensatz zu den Chloraten — mit schwefliger Säure oder mit Zink und verdünnter Schwefelsäure n i c h t zu den Chloriden reduzieren, sondern
174
Halogensauerstoffverbindungen
nur mit anderen Reduktionsmitteln, z. B. Titan(III)-Salzen in saurer Lösung (vgl. dazu S. 194, Nr. 6). Mischungen von Chloraten bzw. Perchloraten mit leicht oxydablen Stoffen (S, P, organischen Verbindungen) sind Sprengstoffe. Konzentrierte HC103- und HC104Lösungen (letztere über 70%), insbesondere Mischungen der Salze mit konz. H 2 S0 4 , sind bereits an sich explosiv. Besonders gefährlich sind Gemische von Perchlorsäure und Alkoholen (Vgl. Lehrbücher). Der Anfänger halte sich im folgenden genau an die Vorschriften, verwende stets kleine Mengen und führe keine anderen Versuche als die beschriebenen aus. Schutzbrille tragen! IV. Sauerstoff säuren von Brom und Jod. Auch Brom und Jod lösen sich in Lösungen, die OH~-Ionen enthalten, zu Salzen der h y p o b r o m i g e n bzw. h y p o j o d i g e n S ä u r e , die in ihren Umsetzungen der hypochlorigen Säure weitgehend entsprechen. J o d s ä u r e erhält man leicht durch Oxydation von Jodiden oder Jod mit Chlor in wäßriger Lösung: J " + 3C1° + 3 H 2 0 = [J0 3 ]~ + 6H+ + 6C1" . Brom dagegen läßt sich mit Chlor n i c h t zur Bromsäure oxydieren. Bromate bzw. Jodate setzen sich in saurer Lösung mit Brom- bzw. Jodionen ebenso zu freiem Halogen um, wie es oben für die Einwirkung von Chloraten auf Chlorionen beschrieben ist, z. B.: HJO, + 5 H J = 3H a O + 3 J 2 . Die Perjodsäure, die sich vom Jod mit der Oxydationszahl 7 + ableitet, hat die Formel H,JO g , weil um die große Jodpartikel 6 Sauerstoffpartikel Platz haben. Eine Perbroms&ure ist auffälligerweise n i c h t bekannt. 1. Hypochlorige Säure. 1. E i n halbes Reagensglas Chlorwasser werde n a c h Zugabe einiger T r o p f e n Natronlauge geschüttelt, wobei der Geruch n a c h Chlor verschwindet. E i n Teil dieser Lösung e n t f ä r b t einen T r o p f e n /radigo-Lösung ( O x y d a t i o n s w i r k u n g d e r u n t e r c h l o r i g e n S ä u r e I). Der R e s t werde m i t Schwefelsäure angesäuert, worauf der G e r u c h n a c h C h l o r wieder zu erkennen ist. HCl + HCIO = H 2 0 + Cl2. 2. Man schüttle Chlorkalk m i t Wasser u n d stelle m i t d e m F i l t r a t die gleichen Versuche a n . II. Chlorsäure. 3. E i n e kleine Spatelspitze (nicht mehr!) Kaliumchlorat werde auf Holzkohle m i t der L ö t r o h r f l a m m e u n t e r d e m Abzug erhitzt (Schutzbrille l). E s erfolgt l e b h a f t e V e r p u f f u n g u n t e r Feuererscheinung. 4. E i n e kleine P r o b e Kaliumchlorat werde m i t konzentrierter Salzsäure in einem Reagensglas schwach e r w ä r m t . E s entweicht C h l o r g a s ; d a n e b e n bildet sich a u c h C h l o r d i o x y d . W e n n es sich in der G i f t a n a l y s e u m den Nachweis von Metallen in organischen S t o f f e n (Speisen usw.) h a n d e l t , werden die organischen S t o f f e o f t d u r c h diese Mischung o x y d i e r t und entfernt. 5. Kaliumchlorat-hösang gibt — vorausgesetzt, d a ß sie f r e i von K a l i u m c h l o r i d ist — m i t SUbernürat-Lösxmg k e i n e n Niederschlag.
Halogensauerstoffverbindungen
175
Nach Zusatz von einigen Stücken Zink und etwas verdünnter Schwefelsäure fällt S i l b e r c h l o r i d aus, weil jetzt die Chlorsäure zur Salzsäure reduziert wird. Bei dem Versuch verdünne man mit Wasser, da auch Silbersulfat wenig löslich ist (vgl. S. 22). Auch durch Kochen m i t schwefliger Säure wird die Chlorsäure reduziert. Die Reduktion von Chlorsäure kann man schließlich auch mit salpetriger Säure erreichen; vgl. dazu S. 183, Nr. 4.
6. I n einem trockenen Reagensglas, das in schräger Lage in ein Stativ geklammert ist, befeuchte man eine Spatelspitze Kaliumchlorat (nicht mehr!) mit 2—3 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure (Schutzbrille!). Es entwickelt sich langsam gelbgrünes C h l o r d i o x y d , das beim Erwärmen des o b e r e n Teils des Reagensglases mit schwacher Detonation verpufft. Man hüte sich, das Gemisch von Kaliumchlorat und Schwefelsäure selbst zu erwärmen, weil dabei heftige Explosionen eintreten können. (Der Versuch ist h i n t e r d e r G l a s s c h e i b e d e s A b z u g s auszuführen!) 7. 2—3 Tropfen Mangansulfai-Lösung (nicht Chlorid!) werden im Reagensglas mit 2—3 ml Salpetersäure (d = 1,4) und mit einer kleinen Spatelspitze Kaliumchlorat versetzt. Dann f a ß t man das Reagensglas oben mit einer Reagensglasklemme und hängt es in ein siedend heißes Wasserbad ( n i c h t über freier Flamme erhitzen! Explosionsgefahr!). Es scheidet sich nach einiger Zeit ein schwarzbrauner Niederschlag von wasserhaltigem B r a u n s t e i n MnO a ab. 8. I n einem trocknen Reagensglas werde etwas Kaliumchlorat, dem etwas Braunstein zugesetzt ist, vorsichtig erhitzt. E s entweicht S a u e r s t o f f , der mit einem glühenden Holzspan nachgewiesen werde. III. Perchlorsäure. 9. Erhitzt man 1—2 g Kaliumchlorat ohne Braunsteinzusatz, so schmilzt es und entwickelt viel weniger Sauerstoff. Nachdem man die Gasentwicklung einige Minuten in Gang gehalten hat, lasse man die Schmelze erstarren und abkühlen. Beim Ausziehen mit heißem Wasser löst sich nur ein Teil. In der Lösung lassen sich mit Silbernitrat C h l o r i o n e n nachweisen. Das Ungelöste besteht im wesentlichen aus K a l i u m p e r c h l o r a t . Man bringe auf dem Objektträger ein kleines Körnchen davon in einem Tropfen Wasser durch Erhitzen in Lösung und vergleiche die beim Erkalten entstehenden Kristalle mit Kaliumperchloratkristallen, die man aus Kaliumchlorid-Lösung mit Perchlorsäure gefällt hat. 10. Man überzeuge sich, daß eine Perchlorat-Lösung durch Zink und verdünnte Schwefelsäure sowie mit schwefliger Säure n i c h t zum Chlorid reduziert wird. Perchlorsäure wird am besten mikrochemisch über das K a l i u m s a l z nachgewiesen (vgl. S. 63, Nr. 4). IV. Sauerstoffsäuren des Broms und Jods. 11. Man versetze etwas Natronlauge mit Bromwasser; die braune Farbe verschwindet. Br2 + 2NaOH = NaBr + NaBrO + H , 0 .
176
VI. Gruppe — Wasserstoffperoxyd
Beim Ansäuern wird wieder B r o m frei: HBrO + HBr = Bra + H a O .
12. Die gleichen Versuche führe man mit Jod-Lösung durch. 13. Ein Tropfen Natriumjodid-Lösung werde mit so viel Chlorwasser tropfenweise versetzt, bis eben die braune Farbe des zuerst ausgeschiedenen Jods verschwindet. HJ + 3CL¡ + 3H a O = HJO s + H C l .
Die so erhaltene J o d s ä u r e - L ö s u n g werde zur Entfernung des überschüssigen Chlors einen Augenblick aufgekocht und dann mit Natronlauge neutralisiert, wobei der Endpunkt durch ein in der Lösung schwimmendes Stück Lackmuspapier erkannt wird. Jetzt gebe man zu der Lösung etwas Natriumjodid-Lösung: die Lösung bleibt farblos. Säuert man sie jedoch mit verdünnter Salzsäure an, so färbt sie sich braun, und es scheidet sich reichlich Jod aus. 14. Da sich Brom mit Chlorwasser nicht zur Bromsäure oxydieren läßt, kann man B r o m i d e und J o d i d e in folgender Weise nebeneinander nachweisen. Man versetze eine verdünnte Lösung, die wenig AlkalimetaUjodid und -bromid enthält, zunächst mit einem Tropfen Chlorwasser und etwas Chloroform. Beim Umschütteln nimmt die Chloroformschicht die violette Jodfarbe an, während sich elementares Brom noch nicht bildet, da das Bromidion schwerer als das Jodidion oxydiert wird. Dann gebe man mehr Chlorwasser hinzu, bis beim Umschütteln die violette Jodfarbe verschwunden ist (Jodsäurebildung). Bei weiterem CMorwasserzusatz wird dann freies B r o m gebildet, das die Chloroformschicht braun färbt (vgl. auch Elektroaffinität S. 115).
VI. Gruppe Die Elemente Sauerstoff, Schwefel, Selen und Tellur, die nach ihren Eigenschaften und nach ihrer Stellung im Periodensystem eine zusammenhängende Gruppe, ähnlich wie die Halogene, bilden, nennt man Chalkogene (Erzbildner). Wir besprechen im folgenden außer den bisher noch nicht behandelten Elementen Selen und Tellur einige Säuren des Schwefels und das Wasserstoffperoxyd.
Wasserstoffperoxyd Das Wasserstoffperoxyd kann unter erheblicher Energieabgabe zerfallen nach
2HaOa = 2HaO + O a . In hochkonzentriertem Zustand neigt es deshalb zur Erplosion. Beine, verdünnte wäßrige Lösungen zerfallen bei Zimmertemperatur nur äußerst langsam. Duroh manche Stoffe wird die Zersetzung katalytisch (s. Lehrbuch) beschleunigt.
1. Man versetze etwas verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösung mit einigen Tropfen koUoider Platin-Lösung (Assistent): es tritt lebhafte Sauerstoffentwicklung ein.
Wasserstoffperoxyd
177
Geringe Alkalimengen, wie sie vom Glas an Wasser abgegeben werden, beschleunigen die Zersetzung ebenfalls. Das „Perhydrol" ® der Firma Merck, eine 30-proz. wäßrige Wasserstoffperoxyd-Lösung, wird deshalb in paraffinierten Flaschen aufbewahrt. Verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösung ist etwa 3-proz., d. h. annähernd einfach-molar. Im Wasserstoffperoxyd H 2 0 2 hat die 0 2 -Gruppe als Ganzes die Oxydationszahl 2—, jedes O-Teilchen also die Oxydationszahl 1—. Die 0 2 -Gruppe ist für alle „P er oxy Verbindungen" charakteristisch. Diese verwechsle man nicht mit den P e r v e r b i n d u n g e n , z. B. mit Kaliumperchlorat (S. 173) oder den Permanganaten (S. 141), die keine 0 2 -Gruppen enthalten, sondern durch die höchste Oxydationsstufe des an Sauerstoff gebundenen Elements gekennzeichnet sind. Von den Peroxyverbindungen lernten wir das N a t r i u m p e r o x y d (S. 61) und das C h r o m p e r o x y d (S. 135 u. 139, Nr. 14) schon kennen; weiteren Peroxyverbindungen werden wir bei der Peroxydischwefelsäure (S. 178) sowie beim Titan (S. 193) und beim Vanadin (S. 195) begegnen. — Die 0 2 -Gruppe der Peroxyde steht in bezug auf die Oxydationsstufe des Sauerstoffs zwischen dem ungeladenen Sauerstoff der Oa-Molekel und dem O-Teilchen der Oxydationszahl 2—•, das im Wasser und den Oxyden vorliegt. Damit ist verständlich, daß Wasserstoffperoxyd s o w o h l a l s R e d u k t i o n s - a l s a u c h a l s O x y d a t i o n s m i t t e l wirken kann. Durch o x y d i e r e n d e Stoffe wird die doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppe unter Aufnahme von zwei positiven Ladungen zu elementarem Sauerstoff oxydiert. Dies erfolgt bevorzugt in saurer Lösung. R e d u k t i o n s m i t t e l führen Wasserstoffperoxyd in Wasser über. Dabei gibt es zwei positive Ladungen ab, 2— weil aus einer doppelt negativen 0 2 -Gruppe zwei O-Teilchen gebildet werden. Dieser Reaktionsverlauf wird im alkalischen Medium bevorzugt. Weil Wasserstoffperoxyd energiereicher ist als seine Oxydations- und Reduktionsprodukte Sauerstoff und Wasser, sind sowohl seine Oxydations- als auch seine Reduktionswirkungen kräftig (vgl. S. 172). 2. Zu einer m i t Schwefelsäure angesäuerten WasserstoffperoxydLösung setze m a n tropfenweise verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung. U n t e r S a u e r s t o f f e n t w i c k l u n g verschwindet die F a r b e des Permanganats, weil es in M a n g a n ( I I ) - s a l z übergeht. ( R e d u k t i o n s w i r k u n g des Wasserstoffperoxyds.) 2 [ M n 0 4 ] _ + 5 H 2 0 j + 6H+ = 2Mn 2 + + 5 0 2 + 8 H 2 0 . 3. Man versetze e t w a s Chrom(III)-salz-Lösung m i t Natronlauge, bis der Niederschlag wieder gelöst ist. A u f Zugabe v o n W a s s e r s t o f f p e r o x y d g e h t beim E r w ä r m e n das grüne Chromit in d a s gelbe C h r o m a t über ( O x y d a t i o n s w i r k u n g des Wasserstoffperoxyds). 2 [Cr(OH)„] s - + 3 H 2 0 2 = 2 [ C r 0 4 ] 2 - + 8 H 2 0 + 2 0 H ~ . N e b e n h e r wird ein Teil des P e r o x y d s k a t a l y t i s c h unter Sauerstoffentwicklung zersetzt.
B i l t z . K l e m m . F i s c h e r , Einführung. 50. Aufl.
12
Säuren des Schwefels
178
Säuren des Schwefels Außer den bereits besprochenen Verbindungen: Schwefelwasserstoff H 2 S, schweflige Säure H2SOs, Schwefelsäure H 2 S0 4 und Dischwefelsäure H 2 S s 0 7 bildet der Schwefel noch eine Reihe weiterer Säuren. I. Peroxydischwefelsäure
H 2 S 2 0 8 (früher als Perschwefelsäure bezeichnet). Im
0 0 Peroxydisulfation OSOOSO O O
sind die beiden positiv sechswertigen Schwefel-
atome durch eine doppelt negative Oa-Gruppe verbunden. Peroxydisulfate wirken daher oxydierend, sogar auch in saurem Medium.
1. Man setze zu eine Spatelspitze wenige Minuten. chromat-Lösung
etwas ziemlich stark verdünnter Chromalaun-höaung Ammoniumperoxydisulfat (NH 4 ) 2 S 2 0 8 und koche Das dreiwertige Chrom wird zu gelbroter Dimit sechswertigem Chrom oxydiert.
2. 2—3 Tropfen Mangan(II)-sulfat-'Lösxmg werden mit 1 Tropfen verd. Schwefelsäure angesäuert und mit einer Spatelspitze Ammoniumperoxydisulfat versetzt. Beim Erwärmen trübt sich die Lösimg und allmählich fällt ein schwarzbrauner Niederschlag ungefähr von der Zusammensetzung des M a n g a n d i o x y d s . Setzt man 1—2 Tropfen SilbernitratLösung zu, so schreitet die Oxydation des Mangans unter der katalytischeri. Wirkung der Ag+-Ionen bis zum P e r m a n g a n a t fort: die Lösung färbt sich rotviolett (evtl. nach Absitzen oder Zentrifugieren des Niederschlages zu beobachten). Erhitzt man zu lange, so „hydxolysiert" das Peroxydisulfation: OjSOOSOg + 2 HÖH = 20sS0H~ + H 2 0 a unter Bildung von Wasserstoffperoxyd, das dann nach der auf Seite 177 unter 2. beschriebenen Umsetzung das gebildete Permanganat wieder zum Mangan(II)-Ion reduziert. II. DithUmsäure . 3. Man versetze etwas Mangan(II)-salzLösung mit wenig Wasserstoffperoxyd und so viel Ammoniak-Lösung, daß die Fällung, im wesentlichen wasserhaltiges M a n g a n ( I I I ) - h y d r o x y d , gerade vollständig ist. Auf Zusatz von Schwefligsäure-Lösung geht der Niederschlag beim Erwärmen wieder in Lösung. Aus dieser fällt nach Zugabe von Ammoniak- und Ammoniumsulfid-Lösung Mang a n ( I I ) - s u l f i d . Die schweflige Säure hat also das Mangan(III)-oxyd reduziert; dabei ist sie selbst zum Anion der D i t h i o n s ä u r e oxydiert worden: 2H s S0, + 2Mn(0H)a + 2H+ = 6H a 0 + 2Mn2+ + [S 2 0,] 2 -.
0
0
Im Dithionat-ion OS-SO
O O
2 -
sind die beiden SOs-Gruppen duroh eine
Atombindung zwischen den beiden Schwefelatomen miteinander verknüpft.
Säuren des Schwefels
179
Man verwendet die eben beschriebene Umsetzung, um die Haut, die beim Berühren von Kaliumpermanganat unter Abscheidung von Mangandioxyd Mn0 2 braun gefärbt wird, zu reinigen: man spült die Hände einfach mit etwas Schwefligsäure-Lösung und dann mit Wasser ab. Mn0 2 wirkt ebenso wieMn(OH)s.
HI. Polythionsäuren H2SaOe, H2Si06 . . . Z72£606. 4. Man versetze etwas Schwefligsäure-Lösung mit Schwefelwasserstoffwasser. Als Hauptumsetzungsprodukt fällt Schwefel aus: H/SO, + 2H 2 S = 3 S ° + 3 H 2 0 .
Als Nebenprodukte enthält die entstandene Suspension, die man als Wackenrodersche Flüssigkeit bezeichnet, die sogenannten P o l y t h i o n s ä u r e n : Trithionsäure H 2 S 8 0 6 , Tetrathionsäure H 2 S 4 0 6 usw., die sich durch verwickelte Umsetzungen gebildet haben. Von diesen Säuren werden wir die Tetrathionsäure (vgl. Nr. 8) kennenlernen. IV. Dtthionite (Hyposulfite). 5. Man versetze etwas SchwefligsäureLösung mit einem Tropfen Indigo-Lösung: Der Farbstoff wird nicht verändert. Nun gebe man in eine andere Probe starker SchwefligsäureLösung einige Stückchen Zink. Es erfolgt fast keine Wasserstoffentwicklung, sondern es bildet sich Zinkdithionit unter Reduktion der schwefligen Säure durch das Zink: 2 H 2 S0 3 + Zn = ZnS 2 0 4 + 2 H a 0 .
Die Gegenwart der (S 2 0 4 ) 2 ~-Ionen läßt sich dadurch nachweisen, daß die Lösung nunmehr Indigo-Lösung entfärbt. 6. Die freie dithionige (unterschweflige) Säure zersetzt sich sehr rasch; in Gegenwart starker Säuren verläuft die Reduktion von schwefliger Säure mit Zink deshalb anders. Eine kleine Probe Natriumsvlfit-Lösung werde mit einem Stückchen Zink und einigen Tropfen konzentrierter Salzsäure versetzt. Unter reichlicher Schwefelwasserst offentwicklung scheidet sich Schwefel ab. V. Thiosulfate. Wie die Thioarsenate, Thiostannate usw. durch Ersatz des Sauerstoffs der Arsenate, Stannate usw. durch Schwefel entstanden gedacht werden können, gibt es auch Salze einer „Thiosohwefelsäure", deren Anion s—
O
2 - 6 + 2 -
O S S
o
sich unter Ersatz eines Sauerstoffteilchens durch ein Schwefel-
teilohen von dem Sulfation ableitet. Die freie Säure ist unbeständig.
7. Man versetze etwas stark verdünnte Natriumthiosulfat-Lösxmg mit etwas verdünnter Schwefelsäure. Die zuerst klare Mischung riecht bald nach Schwefeldioxyd, während sich die Flüssigkeit unter Abscheidung von feinstverteiltem Schwefel trübt. H 2 S 2 0, = H 2 0 + S0 2 + S.
Verwendet man zu diesem Versuch eine konzentrierte Natriumthiosulfat-Lösung, so tritt die Zersetzung der Thiosohwefelsäure sofort ein. 12*
180
Selen und Tellur
8. Natriumthiosulfat ist ein gelindes R e d u k t i o n s m i t t e l . Man versetze eine Probe Natriumthiosvlfat-Löaung mit Jod-Lösung; die Jodfarbe verschwindet sofort, weil sich J o d i d - und T e t r a t h i o n a t ionen (vgl. S. 179, Nr. 4j bilden. 2 [ S A ] 2 - + J 2 = 2 J - + [S 4 O s ] a ~ bzw. 2Na 2 S 2 0 3 + J 2 = 2 N a J + Na 2 S 4 O s . 9. Durch die stärkeren Oxydationsmittel Brom oder Chlor wird Natriumthiosulfat unter Abscheidung v o n Schwefel zu Sulfat oxydiert. Durch einen Überschuß an Halogen kann der Schwefel ebenfalls zu Schwefelsäure oxydiert werden. Na 2 S 2 0 3 + Cl2 + H 2 0 = 2NaCl + H 2 S0 4 + S S + 3C12 + 4 H 2 0 = 6 HCl + H 2 S 0 4 . Hierauf beruht die Verwendung von Natriumthiosulfat zum Entfernen freien Chlors („Antichlor"). Über seine Verwendung als „Fixiersalz" vgl. S. 104, Nr. 16. 10. Zum N a c h w e i s v o n Thiosulfat benutzt m a n entweder das gleichzeitige Auftreten v o n S c h w e f e l u n d S c h w e f e l d i o x y d beim Ansäuern der Lösung oder die S. 104 beschriebenen Farbänderungen, die das S i l b e r s a l z beim Stehenlassen erfährt. Selen und Tellur Selen und Tellur verhalten sich dem Schwefel weitgehend ähnlich, dooh tritt beim Selen die sechswertig positive Stufe zugunsten der vierwertigen zurück. So hat man z. B. das Selentrioxyd erst vor kurzem dargestellt. Schon lange bekannt sind die (bei Baumtemperatur kristallisierte) Selensäure H 2 Se0 4 und die davon abgeleiteten Selenate wie Na 2 Se0 4 . Tellursäure (Kristalle der Formel H,TeO,) ist v i e l s c h w ä c h e r als Schwefel- und Selensäure. Beim Rösten der Elemente oder von Seleniden bzw. Telluriden entstehen die Dioxyde, die bei Zimmertemperatur fest sind, als weißer Rauch. Selendioxyd löst sich in Wasser, Tellurdioxyd nur in Laugen leicht. Mit Reduktionsmitteln (Schwefeldioxyd, Zinn(II)-chlorid, Hydrazin) fallen aus den sauren Lösungen der Dioxyde die E l e m e n t e ; auch Schwefelwasserstoff wirkt in diesem Sinne. S e l e n a t e lassen sich merkwürdigerweise mit schwefliger Säure oder Schwefelwasserstoff nur äußerst langsam reduzieren, gehen aber beim Kochen mit starker Salzsäure in selenige Säure über, die dann leicht mit den genannten Stoffen reagiert. T e l l u r a t e dagegen reagieren mit Reduktionsmitteln wie die Tellurite. In k o n z e n t r i e r t e r S c h w e f e l s ä u r e löst sich rotes Selen mit grüner, Tellur mit roter Farbe. Beim Verdünnen fallen die Elemente wieder aus. Bei der H e p a r r e a k t i o n (vgl. S. 48 u. 50, Nr. 8) geben Selen- und Tellurverbindungen die gleichen Erscheinungen wie Schwefel. 1. Mim erhitze etwas Selen in einem einseitig zugeschmolzenen Glasröhrchen. D a s Selen bildet ein schwarzes, am oberen Rande rot gefärbtes S u b l i m a t ; die rote Farbe rührt von einer instabilen Modifikation des Elements her. Über dem Selenspiegel setzt sich etwas weißes S e l e n d i o x y d ab. Dabei t r i t t e i n eigenartiger Geruch auf, der an faulen R e t t i c h erinnert.
V. Gruppe — Hydrazin; Hydroxylamin
181
2. Man schmelze in einem Glühröhrchen etwas Selen mit Soda und Salpeter. Es bildet sich S e l e n a t Na 2 Se0 4 , das nach dem Zerschlagen des Glühröhrchens gepulvert und in Wasser gelöst werde. 3. Versetzt man einen Teil der so erhaltenen Lösung mit verdünnter Salzsäure und Schwefligsäure-Lösung, so fällt n i c h t s . Ein weiterer Teil der Lösung gibt auf Zusatz von verdünnter Salzsäure und Schwefelwasserstoffwasser ebenfalls k e i n e n Niederschlag. 4. Der Rest der Selenat-Lösung werde mit konzentrierter Salzsäure stark angesäuert und einige Zeit gekocht, wobei R e d u k t i o n zu selen i g e r S ä u r e erfolgt. Eine Hälfte der Lösung werde mit schwefliger Säure erhitzt: Fällung von rotem elementarem Selen. Se0 2 + 2H a SO, = Se + 2H 2 S0 4 .
Die andere Hälfte werde mit Schwefelwasserstoffwasser versetzt: gelbe Fällung eines Gemisches von Selen und S c h w e f e l . Se0 2 + 2H 2 S = 2 H 2 0 + Se + 2S .
Der abfiltrierte oder zentrifugierte Niederschlag werde mit farbloser Ammoniumsulfid-ljösuTig behandelt: Er l ö s t s i c h unter Bildung von Verbindungen, die den Ammoniumpolysulfiden analog sind. Beim Ansäuern der Lösung fällt die Mischung der beiden Elemente wieder aus. Diese Erscheinungen können zu einer Verwechslung mit Arsensulfid führen.
6. Ein wenig Tellur werde mit 1ml konzentrierter Schwefelsäure erwärmt: R o t f ä r b u n g . N a c h d e m A b k ü h l e n ( ! ) gieße man die Schwefelsäure in einige Milliliter Wasser ein: die Rotförbung verschwindet, und es fällt wieder schwarzes T e l l u r aus. 6. Man löse eine k l e i n e Spatelspitze Natriumtellurit Na 2 Te0 3 in etwas Wasser, füge ein wenig Weinsäure hinzu und säuere mit verdünnter Salzsäure schwach an. Der Zusatz von Weinsäure dient dazu, beim Ansäuern ein Ausfallen von Tellurdioxyd zu verhindern. Auf Zugabe von Schwefligsäure-JjösvLng fällt, durch Erwärmen beschleunigt, dunkelgraues T e l l u r aus. Aus starker, über 30 %iger Salzsäure wird Tellur von schwefliger Säure nicht mehr gefällt, während Selen(IV) auch unter diesen Bedingungen reduziert wird. Darauf beruht eine Trennung der beiden Elemente voneinander.
V. G r u p p e Hydrazin; Hydroxylamin Denkt man sich in der Ammoniak-Molekel ein H-Atom durch die OH-Gruppe ersetzt, so kommt man zum Hydroxylamin NH 2 OH. Durch Vereinigung von zwei Amidogruppen (—NH2) entsteht das Diamid oder Hydrazin H 2 N—NH 2 . Beide Stoffe verhalten sich in wäßriger Lösung — ähnlieh dem Ammoniak — wie s c h w a c h e B a s e n und bilden mit Säuren Salze, z. B.: H 2 NOH + HCl = [H 3 NOH]Cl Hydroxylammoniumchlorid H a N — NH 2 + H 2 S0 4 = [HjN — NH 3 ]HS0 4 Hydraziniumsulfat .
182
Salpetrige Säure und Nitrite
Die freien Basen und die meisten ihrer Salze sind in Wasser leicht löslich und wirken sehr stark reduzierend. 1. Man versetze etwas ammoniakalische Silbersalz-Lösung m i t Hydraziniumsulfat-hösung u n d einem Tropfen Natronlauge u n d erwärme. E s scheidet sieh metallisches S i l b e r ab, das als Spiegel fest an der Glaswand haftet, falls das verwendete Reagensglas fettfrei war 1 ). D a s Hydxazin wird dabei im wesentlichen zu elementarem S t i c k s t o f f oxydiert. Salpetrige Säure und Nitrite Wie S. 42 besprochen, disproportioniert Stickstoffdioxyd beim Einleiten in Lauge in Nitrat MaANitrit. Ferner zersetzen sich Alkalimetallnitrate oberhalb der Schmelztemperatur allmählich in Nitrit und Sauerstoff 2 ): 2KN0S ^ 2KN0a + 02 . Zusatz geeigneter Reduktionsmittel, etwa von metallischem Blei, befördert diese Zersetzimg. Die freie salpetrige Säure ist im Gegensatz zum Nitrition unbeständig und zerfällt unter Disproportionierung in Salpetersäure, Stickstoffoxyd, Stickstoffdioxyd und Wasser. 1. Man säure eine ziemlich starke Kaliumnitrit-Lösung mit Schwefelsäure an. Die Lösung färbt sich schwach blau ( N 2 0 s ) , und es entweicht ein Gemisch v o n farblosem S t i c k s t o f f o x y d u n d braunem S t i c k s t o f f d i o x y d ; bei der Zersetzung laufen folgende beiden Reaktionen nebeneinander a b : 3+ a+ 5+ 3 H N 0 a = H 2 0 + 2 NO + HNO, 2 H N 0 2 = H 2 0 + NO + N 0 2 . I n verdünnter Lösung überwiegt die erste Umsetzung. Das entstehende NO reagiert mit dem Luftsauerstoff sogleich zu N 0 a . Im Gaszustand ist das Anhydrid der salpetrigen Säure N 2 O s nicht (bzw. nur in untergeordneter Menge) existenzfähig. Beim A b k ü h l e n auf Temperaturen unter 0° kondensiert sich aber ein äquimolekulares Gemisch aus NO und N 0 a zu einer t i e f b l a u e n Flüssigkeit, die als die Verbindung D i s t i c k s t o f f t r i o x y d N 2 0 s anzusprechen ist. Die salpetrige Säure kann, da sie den Stickstoff in einer mittleren Oxydationsstufe (3+) enthält, gegenüber oxydierenden Stoffen als Reduktionsmittel und gegenüber reduzierenden Stoffen als Oxydationsmittel auftreten. Sie ist ein stärkeres Oxydationsmittel als Salpetersäure mit fünfwertigem Stickstoff und ein stärkeres Reduktionsmittel als Stickstoffoxyd mit zweiwertigem Stickstoff. Dies ist darin begründet, daß die salpetrige Säure i n s t a b i l ist und freiwillig in die Nachbarstufen zerfällt (vgl. S. 172). 2. Man verdünne einen Tropfen Natriumnitrit-Lösung mit einigen Millilitern Wasser, füge zwei Tropfen Natriumjodid-hösung u n d einige Tropfen Salz- oder Essigsäure hinzu. E s scheidet sich J o d aus, das die *) Eine gegebenenfalls vorhandene Fettschicht beseitige man vorher dadurch, daß man das Reagensglas eine Zeitlang mit Alkalilauge gefüllt stehenläßt. 2 ) Über das Verhalten anderer Nitrate sowie von Ammoniumnitrat und -nitrit beim Erhitzen vgl. S. 42 und 65f.
Salpetrige Säure und Nitrite
183
Lösung braun färbt. Empfindlicher wird die Probe durch Zusatz von Stärke-Lösung (vgl. S. 169). Oxydationswirkimg der salpetrigen Säure! 8+
1-
2+
±0
2HN0 2 + 2HJ = 2 H 2 0 + 2NO + J 2 . Man verwendet diese Umsetzung, die in sehr großen Verdünnungen am besten gelingt, unter anderem zur Prüfung von Brunnenwasser auf einen Gehalt an Nitriten.
3. Einige Tropfen Natriumnitrit-liösvmg werden mit etwas verdünnter Kaliumpermanganat-Lösung versetzt und mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Es tritt Entfärbung ein. ReduktionsWirkung der salpetrigen Säure! 2 [ & 0 4 r + 5 H N 0 2 + 6H+ = 2Mn2+ + 5 H N 0 3 + 3 H 2 0
4. Auch die Reduktion von Chlorsäure kann man mit salpetriger Säure erreichen. Man säure eine stark verdünnte chloridfreie KaliumcAZoroi-Lösung mit Salpetersäure an und gebe ein wenig einer Lösung von reinem Natriumnitrit hinzu. Nach etwa 5 Minuten wird mit SilbernitratLösung versetzt und aufgekocht: es scheidet sich Silberchlorid ab. Für die Analyse ist es wichtig zu wissen, daß es — außer der Einwirkung auf Jodionen (s. o.) — noch eine Reihe von verwickelten Umsetzungen mit organischen Verbindungen (so z. B. die unten angegebene mit Sulfanilsäure und Salzen des Naphthylamins) gibt, durch die man die s a l p e t r i g e Säure neben der Salpetersäure nachweisen kann, daß dagegen s ä m t l i c h e U m s e t z u n g e n der S a l p e t e r s ä u r e auch m i t s a l p e t r i g e r Säure erhalten werden. Will man also Salpetersäure bei Anwesenheit von salpetriger Säure nachweisen, so muß man die s a l p e t r i g e Säure vorher entfernen. Dies gelingt durch Umsetzung mit Harnstoff.
6. In ein Becherglas mit etwa 100 ml Wasser gebe man 2 Tropfen Natriumnitrit-Tiösung und je 1 ml einer sehr verdünnten Lösung vom Natriumsalz der Sulfanilsäure (H2N • C6H4 • S0 8 H), verdünnter Schwefelsäure und verdünnter oc-Naphthylammoniumsalz-Lösung (z. B. C10H7 • NHjCl). Es tritt nach kurzer Zeit eine R o t f ä r b u n g ein, die durch einen sogenannten „Azofarbstoff" bedingt ist. Salpetersäure gibt, falls sie ganz frei von salpetriger Säure ist, diese Umsetzung nicht. Man überzeuge sich davon durch einen entsprechenden Versuch mit Natriumnitrat. 6. Eine Probe Natriumnitrit-Lösxmg versetze man reichlich mit konzentrierter Harnstoff-ljöaxmg, säuere dann mit verdünnter Schwefelsäure an und lasse einige Minuten stehen. Dabei setzt sich die salpetrige Säure mit Harnstoff zu Wasser, K o h l e n d i o x y d und S t i c k s t o f f um. OC(NH2)2 + 2 H N 0 2 = 2N 2 + 3 H 2 0 + C 0 2 .
Die Lösung gibt nun keine Reaktion mit Natriumjodid-Lösung bzw. den soeben angegebenen organischen Reagentien mehr. Amidosulfonsäure oder Natriumazid reagieren mit salpetriger Säure in ähnlicher Weise wie Harnstoff.
184
Kondensierte Phosphorsäuren
Kondensierte Phosphorsäuren Auf S. 50 wurde daraufhingewiesen, daß es neben der Ortho- oder Monophosphorsäure noch wasserärmere Säuren gibt. Dabei kann es sich um ketten- oder ringförmige Verbindungen handeln. Die Salze der ersteren bezeichnet man als Polyphosphate, die der letzteren als Metaphosphate. Als Beispiele für Polyphosphorsäuren seien genannt: H4P207 Diphosphorsäure, HSP3O10 Triphosphorsäure H8P,019 Hexaphosphorsäure usw. Ganz allgemein entsprechen diese Säuren der Formel H n+2 P n O an+1 oder OH rOH n -l OH HO — P — O — P — 0 — P —OH ;
O
Lo
Jn_20
dabei kann n zwischen 2 und etwa 20 liegen. Q QJJ Von den Metaphosphorsäuren kennt man nur die Trip und die Tetrametaphosphorsäure; die erstere hat die durch die ^ nebenstehende Formel wiedergegebene Konstitution; die letz| | tere besitzt einen entsprechenden Ring mit 4 P- und 4 O°P P° Atomen. HO\ /OH \q/ Diphosphate erhält man nach S. 51 durch Erhitzen von sekundären Phosphaten. Beim Erhitzen von primären Phosphaten erhält man je nach dem verwendeten Kation und den Erhitzungsbedingungen Poly- oder Metaphosphate. Diphosphorsäure (Pyrophosphorsäure). 1. Man erhitze etwa 1—2 g sekundäres Natriumphosphat Na 2 HP0 4 in einem unglasierten Porzellantiegel 2 Stunden lang in der entleuchteten Flamme eines Bunsenbrenners. Das entstandene N a t r i u m d i p h o s p h a t Na 4 P 2 0 7 wird in etwa 15 bis 20 ml Wasser gelöst. Die Lösung wird in 3 etwa gleich große Anteile aufgeteilt. Diese dienen zu folgenden Versuchen: 2. Ein Teil der Lösung wird mit Silbernitrat-lLösmig versetzt. Es bildet sich ein weißer N i e d e r s c h l a g , der in Salpetersäure und in AmmoniakLösung löslich ist. 3. Man versetze einen weiteren Teil der Lösung mit einigen Tropfen konzentrierter Salpetersäure und erhitze etwa 20 Minuten annähernd zum Sieden (bedecktes kleines Becherglas auf das Sandbad stellen oder Reagensglas in siedendes Wasserbad hängen). Dabei wird das Diphosphat unter Aufnahme von Wasser wieder in M o n o p h o s p h a t aufgespalten; die (—P—0—P—)-Bindung wird „hydrolysiert". Das dabei gebildete Monophosphat wird nach Neutralisation gegen Methylorange durch Zusatz von Silbernitrat-'hösymg nachgewiesen. Gelber Niederschlag von Ag 3 P0 4 (vgl. S. 53, Nr. 4). 4. Der dritte Teil der Lösung gibt auf Zusatz von einigen Tropfen Bariumnitrat-Löäung einen w e i ß e n N i e d e r s c h l a g , der in Säuren löslich ist.
Kondensierte Phosphorsäuren
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Polyphosphorsäuren. 5. Etwa 2 — 3 g primäres Natriumphosphat NaH 2 P0 4 werden in einem unglasierten Porzellantiegel nach vorsichtigem Anheizen 2 Stunden lang zur Schmelze erhitzt. Anschließend wird die Schmelze auf ein Kupfer- oder Eisenblech gegossen. Bei diesem Abschrecken erstarrt sie zu einem glasigen Produkt der Zusammensetzung N a x H 2 P x 0 3 x + i , welches als G r a h a m s c h e s S a l z bezeichnet wird und aus einer Mischung von P o l y p h o s p h a t e n verschiedenen Kondensationsgrades besteht. Die glasige Substanz wird in etwa 50 ml Wasser gelöst. 6. Ein Teil dieser Lösung wird mit verdünnter Salpeter- oder Essigsäure angesäuert. Nach Zugabe von Bariumnitrat-Lösung bildet sich ein flockiger Niederschlag von B a r i u m p o l y p h o s p h a t , der erst in viel Säure wieder löslich ist. 7. Zu einigen Millilitern einer Seifenlösung (s. S. 202), die man durch Schütteln zum Schäumen gebracht hat, gebe man tropfenweise Gipswasser, bis sich ein weißer, flockiger Niederschlag aus Kalkseife bildet. Gleichzeitig mit der Niederschlagsbildung verschwindet die Schaumfahigkeit der Seifenlösung. Zu dieser den Niederschlag enthaltenden Lösung wird die Lösung des Grahamschen Salzes hinzugegeben. Der Niederschlag v e r s c h w i n d e t und die Seifenlösung wird w i e d e r schaumfähig. Diese Fähigkeit der Polyphosphate, Calcium- und andere mehrwertige Ionen zu binden, wird als „ K a l k b i n d u n g s v e r m ö g e n " bezeichnet. Die Polyphosphate finden daher Verwendung zur Waaserenthärtung und als Zusatz zu Waschmitteln.
8. Ein Teil der Lösung des Graham'sehen Salzes wird mit einigen Tropfen Silbernitrat-Lösung versetzt; es bildet sich ein w e i ß e r , f l o c k i g e r N i e d e r s c h l a g , der in Salpetersäure und in Ammoniak-Lösung löslich ist. 9. Man erhitze ein wenig der Lösung des Grahamschen Salzes mit einigen Tropfen Salpetersäure eine Stunde zum Sieden. Das durch Hydrolyse unter diesen Umständen gebildete M o n o p h o s p h a t weise man wie bei Versuch 3 nach. Metaphosphorsäure. 10. 2—3 g primäres Natriumphosphat N a H 2 P 0 4 werden in einem unglasierten Porzellantiegel in der entleuchteten Bunsenflamme bis zum Schmelzen eine Stunde lang erhitzt. Sodann tempert man etwa 3 Stunden lang in der leuchtenden Flamme. Dabei erstarrt die Schmelze im Gegensatz zu Versuch 5 zu einer k r i s t a l l i n e n Masse, die in der Hauptsache aus N a t r i u m t r i m e t a p h o s p h a t Na 3 [P 3 0 9 ] besteht. Nach dem Abkühlen wird das Produkt in Wasser gelöst. Von eventuell unlöslichen Anteilen filtriere man ab. Die Lösung gibt sowohl mit Bariumnitrat- als auch mit Silbernitrat-Lösung k e i n e n Niederschlag, höchstens eine schwache Trübung. Die Trimetaphosphat-Lösung läßt sich durch Kochen mit Salpetersäure ebenfalls wieder in das Monophosphat überführen, welches nach Neutralisation wie in Versuch 3 mit Silbernitrat nachgewiesen werden kann.
Phosphorige Säure — IV. Gruppe; Silicium
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Phosphorige Säure Neben den Säuren, die Phosphor in der f ü n f wertigen Stufe enthalten, kennt man noch Säuren n i e d e r e r Wertigkeitsstufen. Von diesen behandeln wir hier nur die p h o s p h o r i g e Säure. Sie bildet sich nach der Gleichung PC13 + 3 H 2 0 = H 3 P 0 3 + 3 HCl bei der Hydrolyse von P h o s p h o r t r i c h l o r i d PC13, einer an der Luft rauchenden, bei 76° siedenden Flüssigkeit, die man leicht durch Einwirkung von Chlorgas auf überschüssigen Phosphor erhält. Phosphorige Säure ist ein R e d u k t i o n s m i t t e l , das z . B . Quecksilber(II)- in Quecksilber(I)-salz überführt. Beim Erhitzen disp r o p o r t i o n i e r t sie in Phosphorwasserstoff PH 3 und Phosphorsäure: 4 H 3 P 0 3 = PH 3 + 3 H 3 P 0 4 . 1. Man gebe in ein trockenes Reagensglas einen halben Milliliter Phosphortrichlorid und füge einige Milliliter Wasser hinzu. Die U m setzung zur p h o s p h o r i g e n S ä u r e ist nach einigen Minuten beendet. 2. Zu der entstandenen Lösung v o n phosphoriger Säure gebe m a n einige Tropfen Quecksilber(II)-chlorid-U5s\mg. E s bildet sich in der Kälte langsam, schneller beim Erhitzen unlösliches Q u e c k s i l b e r ( I ) chlorid und später auch graues metallisches Q u e c k s i l b e r : 2+
3+
2X1+
2x1+
3+
±0
5+
2HgCl a + H 3 P 0 3 + H 2 0 = HgaCl2 + H 3 P 0 4 + 2HC1 5+
Hg2Cla + H 3 P 0 3 + H 2 0 = 2 Hg + H 3 P 0 4 + 2 HCl .
IV. Gruppe Silicium Das elementare Silicium besitzt im Gegensatz zum Diamanten m e t a l l i s c h e s Aussehen. Es ist in fast allen Säuren unlöslich, setzt sich aber mit Laugen leicht zu löslichem Alkalimetallsilicat ( „ W a s s e r g l a s " ) und Wasserstoff um: Si + 2NaOH + H 2 0 = Na 2 Si0 3 + 2H 2 . Aus A l k a l i m e t a l l s i l i c a t - L ö s u n g e n wird die Hauptmenge der Kieselsäure durch Ansäuern abgeschieden. Ein Teil bleibt allerdings k o l l o i d g e l ö s t ; beim Ansäuern stark verdünnter Alkalimetallsilicat-Lösungen tritt sogar eine Fällung überhaupt nicht ein. Die gelöste Kieselsäure wird erst durch mehrfaches Abdampfen der mit Salzsäure versetzten Lösung in die schwer lösliche Form übergeführt. Im Gegensatz zu den Alkalimetallsilicaten sind alle übrigen Silicate ebenso wie das Anhydrid der Kieselsäure Si0 2 (Quarz u. a. Modifikationen) in Wasser praktisch unlöslich. Die Silicate bilden den Hauptbestandteil der Erdrinde und zeigen eine außerordentliche Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung und Kristallform. Unterkühlte Schmelzen wechselnder Zusammensetzung aus Alkalimetall- und Erd-
Öilicium
187
alkalimetallsilicaten verwendet man als Gläser; Spezialgläser enthalten noch sehr viele andere Bestandteile. Durch Schmelzen mit Soda lassen sich die Silicate aufschließen. Dabei entsteht z. B. aus einem Alka.limfitflU-rfl.lniiTm-Aliimininmmlirat, unter Kohlendioxydentwicklung Natriumsilicat und -aluminat sowie Calciumcarbonat. Zersetzt man den erkalteten Schmelzkuchen mit Salzsäure, so geht alles als Chlorid in Lösung mit Ausnahme der Kieselsäure, die abgeschieden wird. Ein anderer Weg zum Aufschluß der Silicate, den man auch zum Ätzen des Glases benutzt, beruht auf der Einwirkung eines Gemisches von F l u ß s ä u r e und konzentrierter Schwefelsäure. Hierbei wird das Siliciumdioxyd in gasförmiges SiliciumtetrafluoridSLF4 übergeführt, das entweicht: Si02 + 4HF = SiF4 + 2H 2 0 . Das gleichzeitig entstehende Wasser würde die Reaktion bald zum Stillstand bringen (Massenwirkungsgesetz!); man macht es deshalb durch den Zusatz der wasserentziehenden Schwefelsäure unwirksam. Mit Wasser allein gibt Siliciumtetrafluorid wieder wasserhaltiges Siliciumdioxyd (Umkehrung der obigen Reaktion; Massenwirkungsgesetz!) und außerdem Fluorokieselsäure (Kieselfluorwasserstoffsäure) H 2 SiF,: SiF4 + 2H 2 0 = Si02 + 4 HF 4 HE + 2 SlF4 - 2H 2 SiF, 3 SiE4 + 2H a 0 = SiOjä + 2H 2 SiF, . Auf dieser Umsetzung läßt sich ein Nachweis der Kieselsäure begründen, indem man die zu untersuchende Probe im Bleitiegel mit Flußspat und konzentrierter Schwefelsäure behandelt, die aufsteigenden Gase mit Wasser zersetzt und nun entweder prüft, ob sich Kieselsäure ausscheidet oder ob sich Fluorokieselsäure gebildet hat, die an der Schwerlöslichkeit ihres Bariumsalzes leicht zu erkennen ist. — Gelöste Kieselsäure erkennt man daran, daß sie mit einer salpetersauren Ammoniummolybdat-Lösung gelbe Molybdatokieselsäure H4[Si(Mo3O10)4] bildet, die ebenso wie ihr Ammoniumsalz im Gegensatz zu den Ammoniumsalzen der Molybdatophosphor- und -arsen-säure löslich ist. Siliciumwasserstoffe („Silane") entstehen z.B. durch Einwirkung von Säuren auf Magnesiumsilioid. Sie entzünden sich an der Luft von selbst und verbrennen zu Silioiumdioxyd und Wasser. Mg2Si + 4 HCl = SiH4 + 2 MgCl2 SiH4 + 2 0 2 = Si02 + 2 H 2 0 . 1. Man erwärme etwas metallisches Silicium mit Natronlauge. Es entwickelt sich W a s s e r s t o f f . 2. Man verdünne „ Wasserglas"-Lösung des Handels und gebe konzentrierte Salzsäure hinzu. Es fällt w a s s e r h a l t i g e K i e s e l s ä u r e gallertartig aus. Diese frisch ausgefällte Kieselsäure löst sich in Natronlauge leicht auf, namentlich beim Erwärmen. 3. Wiederholt man den Versuch mit einer äußerst verdünnten Wasser glaslösung, so fällt nichts aus.
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Silicium
4. Man säure eine sehr verdünnte Wasserglaslösung mit Salpetersäure an und versetze die klare Lösung mit etwa dem 2—3 fachen Volumen einer Ammoniummolybdat-'Lösimg, die viel H N O a und N H 4 N 0 3 enthält (vgl. S. 201). Die Lösung f ä r b t sich unter Bildung von komplexer M o l y b d a t o k i e s e l s ä u r e gelb, es erfolgt aber k e i n e Fällung. Man prüfe auf diese Weise das Leitungswasser und das destillierte Wasser des Laboratoriums auf Kieselsäure. 5. Zum Aufschluß schmelze man eine Spatelspitze sehr fein gepulverten Feldspats (z. B. KAlSi 3 0 8 ) mit der fünffachen Menge wasserfreier Soda im Platinschälchen, bis die Kohlendioxydentwicklung beendet und eine klare Schmelze entstanden ist, und schrecke ab (vgl. S. 145, Nr. 2). Den Schmelzkuchen zersetze man mit konzentrierter Salzsäure. Es entwickelt sich reichlich Kohlendioxyd, und wasserhaltige Kieselsäure fällt gallertartig aus. Man filtriere und weise im Filtrat das Aluminium mit Ammoniak-höswig nach. 6. Glas ätzen: Man bringe in einem trocknen Reagensglas ein erbsengroßes Stück Paraffin zum Schmelzen und verteile es über die ganze Innenseite, indem man das erwärmte Glas in horizontaler Lage um seine Achse dreht. Nach dem Erkalten des Paraffins kratze man mit einem Draht einige Stellen der Glaswandung blank. N u n gebe man eine Messerspitze Calciumfluorid-Vulver und einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure in das Glas und erwärme den Boden ganz schwach, bis beginnendes Aufschäumen anzeigt, daß sich nach der Gleichung: CaF 2 -f H 2 S 0 4 = CaS0 4 + 2 H F F l u o r w a s s e r s t o f f entwickelt. Nach 10 Minuten spüle man den Inhalt des Rohres mit Wasser aus, koche das Rohr zweimal mit je 2—3 ml Alkohol aus und spüle es dann zweimal mit je 2—3 ml Äther (Vorsicht! vorher Brenner in der Nähe löschen!). Nun blase man mit dem Gebläseschlauch, an den man zweckmäßig ein Stück Glasrohr ansetzt, etwas L u f t durch das warme Reagensglas, wodurch es völlig getrocknet wird. Man erkennt jetzt an den angekratzten Stellen die Ätzfiguren und fühlt sie mit einem zugespitzen Draht deutlich als Vertiefungen. Nachweis. 7. In ein Bleitiegelchen bringe man etwas gefälltes Siliciumdioxyd oder Glaspulver, Flußspatpulver und y 2 ml konzentrierte Schwefelsäure. Dann bedecke man das Tiegelchen mit einem durchlochten Bleideckel und lege auf das Loch ein Stückchen feuchtes schwarzes Filtrierpapier. Nach kurzem, ganz schwachem Erwärmen entferne man das Papier; es findet sich auf ihm ein weißer Fleck von K i e s e l s ä u r e . 8. Eine wäßrige Lösung von Fluorokieselsäure fallt aus BariumcAiond-Lösung weißes B a r i u m f l u o r o s i l i c a t aus, das sich durch seine grobkörnige Form schon makroskopisch vom Bariumsulfat unterscheidet und, auf einem Objektträger hergestellt, unter dem Mikroskop charakteristische weidenblattähnliche Kristalle erkennen läßt. H2SiF6 + BaCl2 = BaSiPg + 2 HCl.
III. Gruppe — Borsäuren
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Silan. 9. Man erhitze in einem trocknen Reagensglas ein Gemisch von 2 gMagnesium,-Pulver mit 1 g gefällter Kieselsäure. Die Umsetzung setzt plötzlich unter Erglühen ein und pflanzt sich durch die ganze Masse fort. 4 Mg + Si0 2 = Mg2Si + 2MgO . Nach dem Erkalten zerschlage man das Glas mit Inhalt und werfe Stücke des gebildeten M a g n e s i u m s i l i c i d e s in ein unter dem Abzug stehendes Schälchen mit konzentrierter Salzsäure. Die sich bildenden S i l i c i u m w a s s e r s t o f f e entzünden sich mit leichtem Knall.
III. Gruppe Borsäuren Die Orthoborsäure H 3 B0 3 kann man sich durch Anlagerung von drei Molekeln Wasser an das B o r o x y d B 2 0 3 entstanden denken: B203 + 3H20 = 2HsB08 . Sie besteht aus farblosen Kristallblättchen, die in kaltem Wassel wenig löslich sind. Salze leiten sich nur von den im freien Zustand nicht darstellbaren wasserärmeren Borsäuren ab. B 2 0 3 + H 2 0 = 2HB0 2 Metaborsäure 2BjO a + H a 0 = H a B 4 0 7 Tetraborsäure. Das Natriumtetraborat („Borax") bildet beim Schmelzen ein Glas, das ähnlich wie Natriumphosphat (s. S. 53) Metalloxyde unter Bildung gefärbter Perlen auflöst. Beim Erwärmen von Boraten mit Methylalkohol und konzentrierter Schwefelsäure entsteht Borsäuremethylester1): 3CH 3 OH + (HO)3B = 3H 2 0 + (CH 3 0) 3 B . Da dieser leicht flüchtig ist, verdampft er. Beim Anzünden verbrennt er mit grüner Flamme, deren Auftreten den N a c h w e i s von Borverbindungen ermöglicht. 1. Man löse Borax in möglichst wenig heißem Wasser auf und säure die filtrierte Lösung mit verdünnter Schwefelsäure an. Beim Abkühlen kristallisiert O r t h o b o r s ä u r e in kleinen Blättchen aus. Man filtriere sie ab und wasche sie mit kaltem Wasser aus. Na 2 B 4 0, + H 2 S0 4 + 5H 2 0 = 4H 3 B0 3 + Na a S0 4 . 2. Eine kleine Probe dieser Borsäure werde in warmem Wasser aufgelöst; mit der Lösung — oder auch mit einer durch etwas Salzsäure x ) Ester sind Verbindungen, die aus A l k o h o l und S ä u r e unter Wasserabspaltung entstehen, z. B. CH s OH + HCl = CH3C1 + H 2 0 . Die Wasserabspaltung wird dabei meist durch konzentrierte Schwefelsäure erzwungen. Obwohl die Esterbildung formal der Salzbildung gleicht, sind die Ester Niohte l e k t r o l y t e , die meist leicht flüchtig sind.
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Borsäuren
angesäuerten Borax-Lösung — werde ein Stückchen CWcwma-papier befeuchtet; es verändert sich dabei wenig. Läßt man es jedoch im Wasserdampftrockenschrank trocknen, so zeigt die mit der Borsäurelösung befeuchtete Stelle eine rotbraune Farbe. Betupft man sie jetzt mit Ammoniaklösung oder Natronlauge, so wird sie je nach der Borsäurekonzentration blaugrau bis schwarz, während das unbehandelte Papier eine braune Farbe annimmt. 3. Ein Körnchen Borax werde im Reagensglas mit etwas Methylalkohol und etwa doppelt soviel konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Die beim Aufkochen der Mischung entweichenden Dämpfe von Borsäuremethylester brennen mit grüner Flamme. 4. Man fertige einige Boraxperlen mit Kwpferoxyd, Kobaltoxyd usw. an.
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Metallverbindungen, zweiter Teil Lithium und Beryllium Wie wir S. 97 ff. auseinandersetzten, nimmt der basische Charakter der Elemente ab, sowohl wenn wir im Perioden-System in den Horizontalen nach rechts als auch wenn wir in den senkrechten Gruppen von den schwereren zu den leichteren Elementen fortschreiten. Damit hängt es zusammen, daß oft ein E l e m e n t Ähnlichkeiten mit einem anderen a u f w e i s t , d a s in der r e c h t s benachb a r t e n G r u p p e eine H o r i z o n t a l r e i h e (eventuell a u c h mehrere) t i e f e r s t e h t („Schrägbeziehungen"). Während sonst ähnliche Elemente meist gleiche Wertigkeit besitzen, sind die hier erwähnten Fälle gerade durch Ähnlichkeit trotz verschiedener Wertigkeit gekennzeichnet. B e s o n d e r s a u s g e p r ä g t ist diese Erscheinimg bei den E l e m e n t p a a r e n : Lithium—Magnesium, B e r y l l i u m — A l u m i n i u m , Bor— Silicium. Lithium tritt stets einwertig, Beryllium stets zweiwertig auf. Beim Verbrennen von Li-Metall entsteht nicht, wie bei Na und K , ein Peroxyd (Na 2 0 2 bzw. K 0 a ) , sondern Li 2 0. 1. Man prüfe Lithium-Chlorid auf seine Flammenfärbung sowohl bei
direkter Beobachtung als auch mit Hilfe des Handspektroskops. 2. Versetzt man zwei Proben nicht zu verdünnter LithiumsalzLösung mit Natriumcarbonat- bzw. Natriumphosphat-Lösung, so fällt in beiden Fällen ein weißer Niederschlag von L i t h i u m c a r b o n a t bzw. - p h o s p h a t aus (Analogie mit Magnesium). Erwärmen begünstigt beide Fällungen. 3. Lithiumchlorid ist im Gegensatz zu den anderen Alkalimetallchloriden in absolutem Alkohol ziemlich leicht l ö s l i c h . Man überzeuge sich hiervon. Der Versuch ist nur dann beweisend, wenn man eine t r o c k e n e Probe von Lithiumchlorid benutzt; da das Salz sehr hygroskopisch ist, trockne man die Probe vor der Verwendung im Trockenschrank bei etwa 100°. 4. Eine Beryllium-Salz-Lösung gibt auf Zusatz von AmmoniakLösung eine weiße gelatinöse Fällung von B e r y l l i u m h y d r o x y d , die im Gegensatz zu Magnesium, aber in Übereinstimmung mit Aluminium, auch in Gegenwart von Ammoniumsalzen vollständig ist. 5. Auf Zusatz von Natronlauge fallt aus einer Berylliumsalz-Lösung zunächst ebenfalls H y d r o x y d . Im Überschuß des Fällungsmittels löst
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Seltene Erden
sich jedoch dieses ebenso wie Aluminiumhydroxyd. Man stelle eine solche Natriumberyllat-Löaxmg unter Verwendung eines möglichst geringen Überschusses an Natronlauge her und koche sie einige Zeit. Das B e r y l l i u m h y d r o x y d fällt wieder aus, und zwar in einer „gealterten" kompakten Form, die sich kaum wieder in Natronlauge löst. Berylliumhydroxyd besitzt also etwas s c h w ä c h e r s a u r e Eigenschaften als Aluminiumhydroxyd! OH O LOH 6. Eine nach 5. dargestellte Natriumberyllat-höOH sung versetze man mit einigen Tropfen einer verdünnten alkoholischen Lösung von Chinalizarin (Tetraoxyanthrachinon, Formel nebenstehend): Die Lösung wird rein k o r n b l u m e n b l a u , während die gleiche Menge der Farbstofflösung Beryllium - freie verdünnte Natronlauge rotviolett färbt; man stelle auch diesen Vergleichsversuch an. Unterscheidungsreaktion von Aluminium! Seltene Erden Unter den Seltenen Erden im engeren Sinne versteht man die Elemente: S c a n d i u m , Y t t r i u m , L a n t h a n und die im Perioden-System auf das Lanthan folgenden vierzehn „ L a n t h a n i d e n " , die fast ausschließlich dreiwertig auftreten. Im weiteren Sinne zählte man früher auch die vierwertigen Elemente: Z i r k o n i u m , H a f n i u m und besonders T h o r i u m hinzu, die unten gesondert behandelt werden. Die Seltenen Erden im engeren Sinne sind einander im chemischen Verhalten so ähnlich, daß sie mit Hilfe einfacher Reaktionen nicht unterschieden oder getrennt werden können. Ausnahmen machen nur das Cer 1 ), das leicht in den vierwertigen, und E u r o p i u m , Y t t e r b i u m und S a m a r i u m , die noch einigermaßen leicht in den zweiwertigen Zustand übergeführt und dann durch geeignete Reagentien abgetrennt werden können. Schließlich weicht auch das S c a n d i u m in seinen Umsetzungen etwas von den anderen Erden ab, weil es, seiner Stellung im PeriodenSystem entsprechend, das am s c h w ä c h s t e n b a s i s c h e Glied der Gruppe darstellt. Lanthanhydroxyd ist die stärkste Base unter den Seltenen Erden. Das Oxyd La 2 O s erinnert, der auf S. 191 besprochenen Schrägbeziehung entsprechend, an das C a l c i u m o x y d , so z. B. mit seiner Fähigkeit, Kohlendioxyd aus der Luft anzuziehen und frisch geglüht sich mit Wasser „löschen" zu lassen.
1. Lösungen der Seltenen Erdsalze (man verwende etwa die ChloridLösung eines beliebigen Seltenen Erdgemisches) sind durch AmmoniakLösung oder Natronlauge vollständig fällbar. Im Überschuß von Natronlauge sind sie unlöslich. Die geringe Löslichkeit des Hydroxyds erinnert an das Aluminium, das Fehlen des amphoteren Charakters aber an das Calcium. 2. Aus sehr schwach mineralsaurer Lösung fällt auf Zusatz von Oxalsäure voluminöses O x a l a t der Seltenen Erden aus (Analogie mit Calcium), das in der Wärme bald grobkristallin wird und sich gut absetzt. Auch Praseodym und Terbium treten — allerdings nur in den Oxyden — in höherwertiger Form auf.
Titan, Zirkonium, Thorium
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3. Absorptionsspektren. Man betrachte mit dem Handspektroskop Tages- oder Lampenlicht und halte eine Flasche mit Kupfersulfat- bzw. Kaliumchromat-Lösung vor den Spalt. In beiden Fällen sind größere Teile des Spektrums ganz oder fast ganz ausgelöscht; die dunklen Zonen gehen a l l m ä h l i c h in die nicht ausgelöschten über. Hält man dagegen eine Flasche mit einer Lösung von Verbindungen farbiger Seltener Erden (etwa Praseodym- oder Neodymsalze) vor den Spalt oder richtet das Spektroskop auf Monazitsand (ein natürlich vorkommendes Erdphosphat), der auf weißem Papier ausgebreitet ist, so zeigt das Spektrum mehrere schmale s c h a r f a b g e g r e n z t e dunkle Zonen, „Banden". Diese Art des Absorptionsspektrums trifft man im festen oder gelösten Zustand fast nur bei den Seltenen Erden an. Titan, Zirkonium, Thorium Diese Elemente treten fast ausschließlich vierwertig auf; ziemlich leicht läßt sich nur das Titan zur dreiwertigen Stufe reduzieren, z. B. mit Zink und Säure. Ammoniak-Lösung fällt aus den Lösungen der Salze, auch bei Gegenwart von Ammoniumsalzen, die H y d r o x y d e dieser Elemente vollständig aus; Natronlauge erzeugt die gleichen Fällungen und löst, im Überschuß angewendet, diese nicht wieder auf (Ausnahme: s. Nr. 4). Die geglühten Oxyde sind in Säuren fast unlöslich. Vom Silicium, dessen Oxyd saure Eigenschaften zeigt, über das Titan und Zirkonium zum Thorium, dessen Oxyd basisch ist, besteht ein ganz allmählicher Übergang. Zirkonium und Hafnium sind mit einfachen Hilfsmitteln nicht unterscheidbar. Thorium verhält sich bei sehr vielen Reaktionen wie die dreiwertigen Seltenen Erden und ähnelt am meisten dem Scandium (Schrägbeziehung!).
1. Man schmelze eine kleine Spatelspitze Titan-dioxyd mit etwa der fünffachen Menge Alkalimetalldisulfat in einem kleinen Porzellantiegel 5—10 Minuten lang bei einer solchen Temperatur, daß nur wenig Schwefeltrioxydnebel entweichen. Den so erhaltenen Schmelzkuchen löse man in der Kälte mit wenig Wasser und einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und verwende die Lösung zu den folgenden Versuchen: 2. Ein Teil der Lösung werde mit Wasser auf das fünf- bis zehnfache verdünnt und einige Zeit zum Sieden erhitzt; infolge Hydrolyse fällt weißes wasserhaltiges T i t a n d i o x y d . Das vierwertige Titan ist also schwächer basisch als das dreiwertige Eisen, das nur in essigsaurer, nicht dagegen in schwefelsaurer Lösung vollständig hydrolysiert wird. Für die Trennung des Titans vom Eisen ist es aber doch zweckmäßig, das Eisen vorher durch Zusatz von Schwefligsäure-Lösung in die noch stärker basische Eisen(II)-form überzuführen.
3. Man versetze einen kleinen Teil der stark verdünnten TitansulfatLösung mit 3-proz. Wasserstoffperoxyd. Trotz der großen Verdünnung tritt durch Bildung des „ P e r o x y " t i t a n y l - i o n s [Ti(0 2 )] 2 + eine deutliche G e l b f ä r b u n g auf (Verwechslungsmöglichkeit mit Vanadin, vgl. S. 195, Nr. 2). B l i t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 50. Aull.
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Titan, Zirkonium, Thorium
4. Ammoniak-Lösung oder Natronlauge fällen aus Tifansofe-Lösungen weißes, wasserhaltiges Titandioxyd. Mit überschüssiger Natronlauge ist die Fällung nur bei Gegenwart anderer fällbarer Elemente, insbesondere Eisen, vollständig. Bei Gegenwart von Wasserstoffperoxyd bilden sich mit Ammoniak-Lösung oder Natronlauge zunächst lösliche, schwach gelblich gefärbte P e r o x y t i t a n a t e , die beim Kochen allmählich zersetzt werden. 5. Ein Tropfen der stark verdünnten Titansulfat-hösxmg werde mit 1—2 ml konzentrierter Schwefelsäure im Reagensglas zur Entfernung des Wassers bis zur starken Entwicklung weißer Nebel gekocht (Abzug! Vorsicht vor Siedeverzug! Weites Reagensglas, kräftig schütteln!). Nach dem Abkühlen setze man etwa 1 ml einer irischen, etwa ö-proz. Lösung von Hydrochincm (HO • C6H4 • OH) in konzentrierter Schwefelsäure zu: Intensive rote bis braune Färbung. Unterscheidungsreaktion von Vanadin. 6. Einige Milliliter der Titansrdfat-Lösung werden mit einigen Stückchen Zink versetzt; Langsame V i o l e t t f ä r b u n g . Falls die Reaktion nach einer Stunde noch nicht eingetreten ist, setze man einige Tropfen konzentrierte Schwefelsäure hinzu oder verwende eine konzentrierten Titansulfat-Lösung. Die Reaktion ist als Nachweis wenig empfindlich. Die entstandene Lösung von d r e i w e r t i g e m T i t a n ist ein starkes, für viele Zwecke brauchbares Reduktionsmittel. 7. Man schließe etwas Zirkonium-dioxyd auf die beim Titan beschriebene Weise mit Alkalimetalldisulfat auf. Die Lösung hydrolysiert etwas schwieriger als die von Titansulfat. 8. Ein Teil der so erhaltenen Zirkoniumsulfat-Juösung werde mit dem gleichen Volumen konzentrierter Salzsäure und dann mit PhosphorsäureLösung versetzt. Es fällt ein weißer schleimiger, schlecht filtrierbarer Niederschlag von Zirkoniumphosphat. Außer Zirkonium (und Hafnium) bildet kein anderes Element ein in stark mineralsaurer Losung unlösliches Phosphat. Auch die Zirkoniumsalze der Arsensäure'und organisch substituierter Arsensäuren sind in Mineralsäuren sehr schwer löslich. — Zirkonium bildet mit Schwefelsäure Komplexe; dadurch können Störungen auftreten, z. B. fällt Zirkoniumphosphat aus schwefelsaurer Lösung viel langsamer als aus salzsaurer.
9. Man säuere etwas Thorium-salz-Lösimg ganz schwach mit Salpetersäure an und gebe Oxalsäure zu; es fällt Thoriumoxalat aus. 10. Man versetze ein wenig verd. Thoriumsalz-Lösung mit AmmoniakLösung: es fällt weißes Thoriumhydroxyd, das in AlkalimetaMcarbonat- und besonders in Ammoniumcarbonat-iiös\mg löslich ist. Dabei bilden sich komplexe Anionen der allgemeinen Form [Th(CO„)x]- . Unter analoger Komplexbildung lösen sich in überschüssiger Alkalimetallcarbonatlösung auch Zirkonium, Yttrium und die schweren Lanthaniden sowie besonders leicht Uran(VT) (s. S. 198), während Fe(OH), ungelöst bleibt.
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Vanadin, Niob, Tantal
Vanadin, Mob, Tantal Die drei Elemente haben in fünfvoertiger Form saure Eigenschaften. Da Niob und Tantal andererseits auch gewisse Ähnlichkeiten mit den Erden aufweisen, nennt man sie „ E r d s ä u r e n " . N i o b u n d T a n t a l ä h n e l n e i n a n d e r f a s t so s e h r w i e die beiden im Perioden-System vorhergehenden Elemente Z i r k o n i u m und H a f n i u m . V a n a d i n kommt auch v i e r - , d r e i - und z w e i w e r t i g vor. Die fünfwertige Stufe läßt sich beim V a n a d i n verhältnismäßig leicht reduzieren, während dies beim N i o b in wäßriger Lösung schwerer, bei T a n t a l kaum noch möglich ist. Durch alkalische, oxydierende Schmelzen (z.B. mit Soda und Salpeter) lassen sich die niederwertigen Stufen leicht in die fünfwertige überführen. Oxyde. V a n a d i n (V)-oxyd ist in Wasser schwer, in Säuren und besonders Laugen leichter löslich. N i o b - u n d T a n t a l ( V ) - o x y d ähneln dem Titandioxyd (Schrägbeziehung); sie sind ebenso wie ihre wasserhaltigen Formen, die „Säuren", in Wasser praktisoh unlöslich. Ihr Verhalten gegen Säuren und Laugen hängt von der Vorgeschichte der Oxyde ab. Schwefelsaure Lösungen werden beim Kochen unter Abscheidung der wasserhaltigen Oxyde vollständig hydrolysiert. — Niob und Tantal vermögen in wäßriger Lösung keine Sulfide zu bilden. Auch das (instabile I) Vanadin(V)-sulfid ist nur auf einem Umwege (durch Ansäuern von Alkalimetallthiovanadat-Lösung) zu erhalten; in saurer Lösung reduziert Schwefelwasserstoff das Vanadin zur vierwertigen Stufe, eine Fällung des Vanadins tritt jedoch nicht ein. Metalle. V a n a d i n m e t a l l ist ein wichtiges Stahllegierungselement. T a n t a l und N i o b m e t a l l spielen als Werkstoffe in der ohemischen Industrie eine gewisse Bolle, weil sie infolge ihrer Reaktionsträgheit gegenüber vielen Stoffen, z. B. konzentrierten Säuren und Laugen, beständig sind, obwohl sie an sioh nioht besonders edel sind.
1. Man löse etwas Alkalimetallvanadat, etwa Ammoniummetavanadat NH 4 V0 8 , unter schwachem Erwärmen in Wasser und säure die farblose Lösung mit verdünnter Schwefelsäure an: Schwache Gelbfärbimg infolge der Bildung von Polyvanadinsäuren (die den Polyphosphorsäuren entsprechen) wechselnden Aggregationsgrades. In festem Zustand lassen sich diese nicht darstellen, sondern nur das Anhydrid V 2 0 6 . 2. Ein Teil der angesäuerten Vanadat-Lösung werde mit etwas Wasserstoffperoxyd versetzt: Rotbraunfärbung infolge der Bildung einer Pero x y vanadinverbindung; die Färbung ist intensiver als beim Titan (vgl. Versuch 3, S. 193). 3. Einen anderen Teil der Lösung versetze man mit etwas Schwefligsäwre-Lösung. Die Lösung färbt sich hellblau: das Vanadin wird zu 4+
dem Vanadylion (VO)2+ reduziert. Auf Zusatz von Lauge erhält man eine Lösung der sogenannten H y p o v a n a d a t e oder Vanadite, die sich ebenfalls vom vierwertigen Vanadin ableiten. 4. Etwas angesäuerte Alkalimetallvanadat- Lösung werde mit Schwefelwasserstoffwasser versetzt. Es fällt Schwefel aus, und das Vanadin 13*
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Molybdän, Wolfram, Uran
wird z u m b l a u e n V a n a d y l s a l z r e d u z i e r t . Eine weitere Probe der Alkalimetall vanadat-Lösung werde mit konzentrierter Salzsäure erwärmt. E s erfolgt R e d u k t i o n z u m V a n a d y l s a l z , die außer durch die Farbänderung durch den Geruch des gebildeten freien C h l o r s leicht zu erkennen ist. Eine dritte Probe schließlich werde mit Zink u n d Säure versetzt. Über die hellblaue vierwertige und die grüne dreiwertige Stufe erfolgt schließlich langsam R e d u k t i o n b i s z u r v i o l e t t e n z w e i w e r t i g e n , sehr wenig beständigen Stufe. 5. E t w a s Alkalimetallvanadat-Lösung versetze man mit AmmoniakLösung (keine Fällung!) und Ammoniumpolysulfid-Lösung: Die Lösung färbt sich rotbraun, weil sich T h i o v a n a d a t i o n e n [ V S 3 ] 1 - bilden. Auf Zusatz v o n Säure fallt braunes V a n a d i n ( V ) - s u l f i d V 2 S 5 aus. Ist die Vanadatlösung sehr verdünnt, so tritt mit Ammoniumsulfid keine Farbänderung auf. I n diesem Falle führt folgende Form der Ausführung der Reaktion zu einem empfindlichen und charakteristischen Nachweis: 6. Einen Tropfen verdünnter Alkalimetallvanadat-Lösung versetze man mit etwas konzentrierter Ammoniak-Lösung und leite Schwefelwasserstoffgas bis zur Sättigung ein. Die Lösung färbt sich intensiv r o t v i o l e t t . Unterscheidungsreaktion v o n Titan! Molybdän, Wolfram, Uran Die drei Metalle sind wenig edel. Molybdän- und Wolframmetall lassen sich aber nooh durch Reduktion der Oxyde mit W a s s e r s t o f f in der Hitze darstellen. Sie sohmelzen erst bei 2600 bzw. 3400° (Wolframdraht-Glühlampen). Das schwierig in elementarer Form zu gewinnende Uran schmilzt tiefer. Die Verbindungen der drei Elemente ähneln denen des Chroms, doch dominiert bei ihnen die S e c h s Wertigkeit; die niederen Wertigkeitsstufen sind (im Gegensatz zum C h r o m ! ) von geringerer Bedeutung. Säuren fällen aus den löslichen Wolframaten die schwer lösliche Wolframsäure H 2 W 0 4 . Auch die Molybdänsäure ist in Wasser schwer löslich; sie löst sich jedoch etwas stärker in Säuren. Beim Uran kennt man Salze der D i u r a n s ä u r e . Die Alkalimetallsalze dieser Säure, z. B. Natriumdiuranat Na 2 U 2 0 7 , fallen beim Versetzen sechswertiger Uransalzlösungen mit Alkalilaugen praktisch vollständig aus. I n Lösungen von Alkalimetallcarbonaten sind sie unter Komplexbildung löslich. — I n saurer Lösung bildet sechswertiges Uran Uranylionen: UO s + 2H+ = H a O + [UO s P+. Uranylsalze werden im Gegensatz zum Chromylchlorid von Wasser nicht hydrolysiert. Schwefelverbindungen. S c h w e f e l w a s s e r s t o f f fällt von diesen Elementen aus saurer Lösung nur das Molybdän als dunkelbraunes M o l y b d ä n t r i s u l f i d MoS3. Mit Ammoniumsulfid-Lösung bilden M o l y b d a t e und W o l f r a m a t e leicht lösliche T h i o s a l z e , aus denen (in Analogie zum Vanadin) beim Ansäuern die braunen Trisulfide ausfallen — beim Molybdän quantitativ. Aus UranylsalzLösungen fällt Ammoniumsulfid graubraunes Uranylsulfid U 0 2 S .
Molybdän, Wolfram, Uran
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Polysäuren. Die (zum Teil hypothetischen) Säuren, die dem Dichromat K 2 Cr 2 0,, dem Trichromat KaCr3O10, dem Tetraborat Na 2 B 4 0 7 , dem Tetrawolframat Na 2 W 4 0 13 , dem Hexawolframat Na 5 HW 6 0 2 1 -xH 2 0 usw. entsprechen, nennt man ,Jsopolysäuren". Dazu gehören auch die S. 184 f. besprochenen kondensierten Phosphorsäuren. Besonders Molybdän und Wolfram neigen dazu, auch m i t a n d e r e n Säuren (z. B. Phosphor-, Arsen-, Kieselsäure) ähnliche, sogenannte „ H e t e r o polysäuren" zu bilden. Da diese Säuren wasserlöslich sind, erhält man beim Versetzen von Molybdaten und Wolframaten mit Phosphorsäure keine Fällungen wie auf Zusatz von anderen Säuren (s. oben). Schwer löslich sind aber die früher besprochenen Salze: Ammoniummolybdatophosphat (NH4)3[P(Mo3O10)4]• x H 2 0 und die entsprechende Arsenverbindung (vgl. S. 52, Nr. 2, 161, Nr. 16 und 188, Nr. 4). Alle diese Polysäuren bilden sich nur in saurer Lösung; bei Zugabe von Alkali spalten sie in die Anionen der einfachen Säuren auf.
1. Man löse ein wenig kristallisiertes Ammoniummolybdat in Wasser und gebe tropfenweise verdünnte Salz- oder Salpetersäure hinzu; es fallt weiße M o l y b d ä n s ä u r e HjMoO,, aus, die sich auf weiteren Säurezusatz wieder auflöst. 2. Eine zweite Probe Ammoniummolybdat-Lösung säure man schwach an und leite Schwefelwasserstoff ein. Vorübergehend tritt Blaufärbung (beginnende Reduktion; vgl. folgenden Absatz) auf; dann fallt schmutzig-braunes M o l y b d ä n t r i s u l f i d MoS8 aus; die Fällung ist meist unvollständig, weil der geringe reduzierte Anteil durch H 2 S nicht gefällt wird. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid und etwas Natronlauge löst sich das Molybdäntrisulfid zur tiefbraunen Lösung von Amm o n i u m t h i o m o l y b d a t (NH4)2MoS4 auf. Beim Ansäuern dieser Lösung fällt wieder Molybdäntrisulfid aus, und zwar nunmehr vollständig. 3. Eine etwa 3-proz. Ammoniummolybdat-Lösxmg werde mit verdünnter Salzsäure angesäuert und mit einigen Stückchen Zink versetzt. Die Lösung wird durch Reduktion tiefblau, weil sich eine kolloide Lösung von „ M o l y b d ä n b l a u " bildet, das aus niederen wasserhaltigen Oxyden des Molybdäns, z.B. Mo4O10(OH)2, besteht. Wird mit konzentrierter Salzsäure stärker angesäuert und erwärmt, so geht die Reduktion weiter; es entstehen braune Lösungen des dreiwertigen Molybdäns, aus denen Ammoniak braunes M o l y b d ä n ( I I I ) - h y d r o x y d Mo(OH)3 ausfällt. 4. Man erhitze ein wenig einer Molybdänverbindung in einer kleinen Vertiefung eines Stückes Holzkohle mit dem Lötrohr: weißer, in der H i t z e g e l b l i c h e r B e s c h l a g . Streicht man mit der Reduktionsflamme des Lötrohrs schnell über den Beschlag quer zur Längsrichtung der Kohle, so bildet sich ein Streifen von M o l y b d ä n b l a u . 5. Wenige Tropfen einer Ammoniummolybdat-hösxmg versetze man mit einigen Millilitern verdünnter Schwefelsäure und etwas konzentrierter AlkalimetaUthiocyanat-höswxg: Gelb- bis O r a n g e f ä r b u n g , die sich auf Zusatz von wenig Zinn(II)-chlorid-Lösung nach r o t vertieft. Beim kräftigen Schütteln der Lösung mit Äther geht die farbige Verbindung mit orangebrauner Farbe in den Äther über. Dieser Molyb-
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Molybd&n, Wolfram, Uran
dän-Nachweis ist auch bei Gegenwart von Eisen durchführbar, weil dieses durch das Zinn(II)-ehlorid zur zweiwertigen Stufe reduziert wird, die mit Thiocyanat keine Farbreaktion gibt. W, U, Ti, Nb, V u. a. können stören. 6. Man löse ein Plätzchen Kaliumhydroxyd in wenigen M i l l i l i t e r n Alkohol und füge einige Tropfen Schwefelkohlenstoff hinzu. [Gibt man von dieser Kaliumxanthogenat-Lösung (C 2 H 5 0 • CS • SK) einige Tropfen zu einer angesäuerten Ammoniummolybdat-'Lösymg, so wird die Lösung allmählich r o t bis v i o l e t t , bei viel Molybdän tritt eine Abscheidung s c h w a r z e r , öliger T r ö p f c h e n ein. Die farbige Verbindung läßt sich z. B. mit Äther oder Chloroform, ausschütteln. Bei viel V wird die Lösung braun, W stört nicht. 7. Man versetze etwas Natriumwotframat-hösung mit Salz- oder Salpetersäure. Es fällt — auch in überschüssiger Säure — s e h r s c h w e r lösliche W o l f r a m s ä u r e aus, die zunächst fast weiß aussieht, beim Kochen der Lösung aber unter Vergröberung der Teilchen g e l b wird. Man filtriere und löse den Niederschlag vom Filter durch mehrfaches Durchgießen von warmer Ammoniak-l^ösxmg. Versetzt man die entstandene Lösung von Ammoniumwolframat mit Zinn(II)-chlorid-Lösung, so fällt g e l b e s Z i n n ( I I ) - w o l f r a m a t aus, das beim Ansäuern b l a u wird. 8. Zu etwas Natriumwolframat-Lösung gebe man Schwefelwasserstoffwasser; es wird nichts gefallt. Setzt man Ammoniumsulfid-"Lösvmg ZVL, so bleibt die Lösung klar, weil das gebildete T h i o w o l f r a m a t löslich ist. Beim Ansäuern wird die Lösung erst grün, dann fällt braunes W o l f r a m - t r i s u l f i d aus. 9. Man säure etwas Uranylnitrat-Lösung mit Salzsäure an und füge Schwefelwasserstoffwasser hinzu. Es bildet sich kein Niederschlag. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid - Lösung fallt dagegen graubraunes U r a n y l s u l f i d U0 2 S, das sich in Ammoniumcarbonat- sowie in Sodalösung unter Komplexbildung löst. 10. Gibt man zu einer Uranylsalz-Lösxmg Ammoniak, so fällt Am-' m o n i u m d i u r a n a t , das sich in Soda- und in AmmoniumcarbonatLösung ebenfalls löst. Natronlauge gibt mit Uranylsalz-Lösungen einen Niederschlag von N a t r i u m d i u r a n a t ; dieser löst sich mit Sodalösung nur teilweise, mit Ammoniumcarbonat-JJ5s\mg vollständig. Aus dieser Lösung läßt sich das Natriumdiuranat durch Zugabe von mehr Natronlauge zum größten Teil wieder ausfällen. 11. Versetzt man eine Uranylsalz-Lösung mit Wasserstoffperoxyd und Ammoniak oder Natronlauge, so bildet sich orangegelbes, lösliches Peroxyuranat. 12. Man versetze eine Probe Uranylnitrat-Lösung mit Natriumphospftai-Lösung; es fällt gelbgrünes U r a n y l p h o s p h a t (U0 2 )HP0 4 ^aus, das von Mineralsäuren wieder gelöst wird. 13. Man versetze eine Probe schwach salzsaurer Uranylnitrat-Lösimg mit Kaliumcyanoferrat(II)-hösvaig; es entsteht ein flockiger rotbrauner Niederschlag von U r a n y l c y a n o f e r r a t ( I I ) (U02)2(Fe(CN)6).
Thallium
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14. Man stelle Borax- und Phosphorsalzperlen von Titan, Vanadin, Molybdän, [Wolfram und Uran in der Oxydations- und in 'der Beduktionsflamme des Lötrohrs her und notiere die beobachteten Färbungen. Thallium Bei der Besprechung der b-Gruppen des Perioden-Systems haben wir die •weniger wichtigen und selteneren Elemente Gallium, I n d i u m und T h a l l i u m der Gruppe Hüb übergangen. Von ihnen hat nur das Thallium eine gewisse praktische Bedeutung. Gallium und Indium sind bevorzugt dreiwertig, in einigen instabilen Verbindungen auch ein- und zweiwertig. Beim Thallium tritt die dreiwertige Stufe zugunsten der einwertigen zurück. Wie in den Gruppen IVb und Vb (vgl. S. 146) nimmt also die Beständigkeit der höchsten Wertigkeitsstufe mit steigendem Atomgewicht ab; beim Thallium, Blei und W i s m u t ist jeweils die niedrigere Wertigkeit bevorzugt. Wie die unten beschriebenen Versuche zeigen, ähneln die farblosen Verbindungen des einwertigen Thalliums einerseits denen der Alkalimetalle und andererseits denen des Silbers und des Bleis. Die dreiwertigen Verbindungen erinnern an das dreiwertige Eisen. Thalliumverbindungen sind giftig und werden daher zur Bekämpfung von Ungeziefer benutzt.
1. Man prüfe eine beliebige Thalliumverbindung auf ihre Flammenfärbung. Mit etwas Thallivm{ I)-m'irai-Lösung führe man folgende Umsetzungen aus: 2. Mit verdünnter Salzsäure entsteht ein weißer Niederschlag von T h a l l i u m ( I ) - c h l o r i d HCl, der ähnlich aussieht wie Silberchlorid, aber in heißem Wasser löslich ist wie Bleichlorid (Niederschlag aufheben für Nr. 6). 3. Schwefelwasserstoffwasser fallt das braunschwarze T h a l l i u m (I)s u l f i d TlaS nur unvollkommen aus; nach Abstumpfen der freiwerdenden Säure mit Natriumacetat wird die Fällung vollständig. T12S wird von Ammoniumsulfid-Lösung nicht gelöst. 4. Mit Kaliumchromat-Lösung entsteht ein gelber Niederschlag von T h a l l i u m ( I ) - C h r o m a t Tl 2 Cr0 4 . 5. Mit Natronlauge sowie mit Natriumphosphat entstehen k e i n e Fällungen. Auch das T h a l l i u m ( I ) - c a r b o n a t fallt nur aus konzentrierten Lösungen aus. 6. Man erwärme etwas gefälltes Thallium{I)-chlorid mit Bromwasser und koche das überschüssige Brom fort. Das Thallium(I)-chlorid löst sich zu T h a l l i u m ( I I I ) - s a l z . T1C1 + Bra = Tl3+ + CF + 2Br" . 7. Versetzt man die entstandene ThaHium(III)-salz-hösiwg mit Natronlauge oder Ammoniak-'Löswxg, so fällt braunes T h a l l i u m (III)h y d r o x y d , das von einem Überschuß der Fällungsmittel nicht gelöst wird.
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Verzeichnis der Reagentien
Anhang Verzeichnis der Reagentien, die bei der Durcharbeitung des vorliegenden Buches und zur qualitativen Analyse1) benötigt werden. Die Stoffe sind unter B und C nach dem Perioden-System geordnet; die organischen Verbindungen sind am Ende angefügt. Salze, die man nicht unter dem Kation findet, suche man unter dem Hauptelement des Anions; Ammonium salze stehen hinter den Kaliumsalzen. Bei der Mehrzahl der Stoffe ist die Formel (auch der Kristallwassergehalt) der handelsüblichen Verbindung, bei den Lösungen außerdem die zweckmäßigerweise anzusetzende Konzentration angegeben, damit der Anfänger darauf zu achten lernt; auch dem mit der Auffüllung der Vorräte Betreuten werden die Angaben nützlich sein. Ein Teil der Präparate wird zweckmäßig nicht im Laboratorium ausgestellt, sondern befindet sich unter der Aufsicht eines Assistenten; diese Stoffe sind unten mit einem * versehen. Bezüglich der Konzentrationsmaße vgl. S. 23 ff. Die angegebenen Zahlenwerte für die Konzentrationen gelten nicht exakt, sondern sind Näherungswerte, d = Dichte bei Raumtemperatur; g/ml n = Normalität; Grammäquivalente/1 m = Molarität; Mole/1, bezogen auf die angegebene Formel x % = x g der wasserfreien Verbindung in 100 g Lösung gesätt. = gesättigte Lösung. A. Säuren und Basen Salzsäure, konz. d = 1,19; 38%; 12 n Salzsäure, verd. 7%; 2 n Schwefelsäure, rauchend ( = Lösung von S0 3 in konz. Schwefelsäure) Schwefelsäure, konz. d = 1,84; 9 5 - 9 6 % ; 36 n Schwefelsäure, verd. 9%; 2 n Salpetersäure, konz. d = 1,4; 65%; 15 n Salpetersäure, halbkonz. d = 1,2; 32%; 6 n Salpetersäure, verd. 12%; 2 n Phosphorsäure, konz. d = 1,7; 85%; 15 m
Perchlorsäure, verd. d = 1,12; 19%; 2n Fluorwasserstoffsäure, Flußsäure, konz. d = 1,13; 40%; 23 n Bromwasserstoffsäure, d = 1,38; 40%; 7 n •Jodwasserstoffsäure, d = 1,70; 57%; 7,5 n Essigsäure (Eisessig) d = 1,05; 9 9 - 1 0 0 % ; 17,5 n Essigsäure, d = 1,04; 30% 5 n Essigsäure, verd. 12%; 2 n Ameisensäure, konz.>—195%
J ) Nach den Arbeitsvorschriften von W. B i l t z , W. Fischer, Ausführung qualitativer Analysen anorg. Stoffe. 13. Aufl. Leipzig 1957.
Verzeichnis der Reagentien Natronlauge, konz. d = 1,36; 33% 11 n Natronlauge, verd. 8%; 2 n Ammoniak-Lösung, konz. z.B. d = 0,91; 25%; 13,5 n oder d = 0,88; 35%; 18 n Ammoniak-Lösung, verd. 3,5%; 2 n
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Calciumhydroxyd, gesätt., „Kalkwasser", 0,15% Bariumhydroxyd, ,, Barytwasser'', Ba(OH)2 • 8H 2 0; 2%; ~ Vio m Die Lösungen der Basen werden am besten in Flaschen aus Polyäthylen aufbewahrt.
B. Lösungen und flüssige Reagentien (außer Säuren und Basen) Natriumcarbonat, Na 2 C0 3 oder Na 2 C0,-12H 2 0; I m Dinatriumhydrogenphosphat, Na 2 HP0 4 • 12 H 2 0 ; Va m Natriumacetat, Na(CH 3 C00) • 3H„0; 1 m Kaliumthiocyanat, KSCN; 1 m Ammoniumchlorid, NH4C1; 2 m Ammoniumsulfid (farbloses), Bereitung aus 2 n NH a -Lösung, s. S. 48 Ammoniumpolysulfid (gelbes), Bereitung aus 2 n NH S -Lösung, s. S. 48 Diammoniumhydrogenphosphat, (NH 4 ) 2 HP0 4 ; Vs m Ammoniumcarbonat, (NH 4 ) 2 C0 3 , enthält etwas Carbamat NH 4 [C0 2 • NH 2 ]; 1 m Ammoniumoxalat, (NH 4 ) 2 C 2 0 4 -H 2 0; V, m Ammoniumthiocyanat, NH 4 SCN; 1 m Kupfersulfat, CuS0 4 -5H 2 0; y2m Silbernitrat, AgNO a ; Vs m Silbersulfat, Ag 2 S0 4 ; Vio m Berylliumsulfat oder -chlorid; ~ 1 / 2 m Magnesiumchlorid, MgCl2 • 6 H 2 0 ; 1 / 2 m Calciumchlorid, CaCl 2 *6H 2 0; V2 m Calciumsulfat, gesätt., „Gipswasser", C a S 0 4 - 2 H 2 0 ; 0,2% Bariumchlorid, BaCl 2 -2H 2 0; V2 m Bariumnitrat, Ba(N0 3 ) 2 ; Ys m Zinkchlorid, ZnCl2; V2 m Cadmiumsulfat, CdS0 4 - 8 / 3 H 2 0; V2 m Quecksilber(I)-nitrat,Hg 2 (N0 3 ) 2 -2 H 2 0 ; Vs m. Unter Verreiben in einer Schale in V2 n H N 0 3 lösen, über 1 Tropfen Hg aufbewahren Quecksilber(II)-chlorid, HgCl2; Vi m Aluminiumchlorid, A1C13-6H2Ö; V3111 Thallium(I)-nitrat, T1N0 S ; 1% Chlorid oder Nitrat eines Pr- oder Ndreichen seltenen Erdgemisches; 5°/0 Natriumsilicat, Wasserglaslösung (Zusammensetzung schwankend) Fluorokieselsäure, H 2 SiF 6 ; V2 m Titansulfat, 1 %
Zinn(II)-chlorid, Vi m ; 56 g SnCI 2 -2H 2 0 in 100 ml konz. Salzsäure erwärmen, anteilweise 900mlH 2 0 zugeben unter Erwärmen und Rühren. Zur Aufbewahrung einige Zinngranalien zugeben Bleiacetat, Pb(CH 3 C00) 2 -3H 2 0; V a m Thoriumchlorid, ThCl 4 -8H 2 0; 1 % = V.o m Hydraziniumsulfat, [N 2 H 6 ]HS0 4 ;Vio m Amidosulfonsäure, 0,5% •Phosphortrichlorid, PC13 Kaliumantimonat, 5 °/ 0 ; 5 g K[Sb(OH)„] in 90 ml 6proz. Kalilauge + 10 ml 3 proz. Wasserstoffperoxyd heiß lösen, abkühlen, am nächsten Tag filtrieren Wasserstoffperoxyd, H 2 0 2 ; 3°/0 Schwefelwasserstoffwasser, gesätt., H 2 S; V10 m Schwefeldioxyd-Lösung, S0 2 (eine bei 20° und 1 Atm. gesätt. Lösung ist etwa 1,5 m) Kaliumchromat, I^CrC^; V2 m Ammoniummolybdat, (NH 4 ) 5 H[Mo 6 0 2 1 ]-3H 2 0; ~ 6%. 30 g Ammoniummolybdat in 80 ml heißem Wasser lösen. 80 g NH 4 NO s in wenig Wasser lösen und zur ersten Lösung geben. Mischimg auf 200 ml mit Wasser verdünnen und in dünnem Strahl unter Umschwenken in 200 ml halbkonz. Salpetersäure gießen. Am nächsten Tage filtrieren. •Uranylacetat, U0 2 (CH 3 C00) 2 • 2 H 2 0 gesätt. Lösung in 10 proz. Essigsäure; V s m - In Polyäthylenflasche aufbewahren »Zink-Uranylacetat. 9,5 g ZnO in 15 ml Eisessig + 44 ml H 2 0 lösen, dazu Lösung von 7 g U0 2 (CH 3 C00) 2 -2H 2 0 in 4 ml Eisessig + 43 ml H 2 0 . Am nächsten Tag filtrieren, in Polyäthylenflasche aufbewahren
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Verzeichnis der Reagentien
Chlorwasser, gesätt., C12; Vio m Bromwasser, gesätt., Br 2 ; l / 5 m Jodlösung in 96 proz. Äthanol oder in 2 proz. wäßr. Natriumjodidlösung; 0,6% = ~ Vio m a n J2 Natriumjodid, N a J ; 1,5% = 1 m Mangan(II)-sulfat, M n S 0 4 - 4 H 2 0 ; V.m Eisen(III)-chlorid, FeCI 3 -6H 2 0; V3 m Kobalt(II)-chlorid, CoCl2- 6 H 2 0 ; V 2 m Nickel(II)-chlorid, NiCl2- 6 H 2 0 ; Vs m •Hexachloroplatin(IV)-säure •Kolloide Platinlösung Methanol, CH 3 OH Äthanol, C 2 H 5 OH, 96% •Äthanol, wasserfrei ( = „absolut") Amylalkohol, C 5 H n OH Äther, Diäthyläther, (C 2 H 5 ) 2 0. Über Natriumdraht in brauner Flasche aufbewahren Seifenlösung; 1 g Kernseife auf 11 H 2 0 Chloroform, CHC13 Tetrachlorkohlenstoff, CC14
Schwefelkohlenstoff, CS2 Diphenylammoniumsulfat. 0,1 g Diphenylamin (C6H5)2NH in 100 ml konz. Schwefelsäure Natriumalizarinsulfonat; 0,1 g in 100ml Wasser Dithizon, Diphenylthiocarbazon; 0,01 g in 100 ml CC^. In brauner Flasche aufbewahren Dimethylglyoxim, 1 g in 100 ml Methanol Chinalizarin, 0,01 g in 100 ml Äthanol Diphenylcarbazid, 1 g in 100 ml Äthanol Indigo, 0,1 g in 100 ml Eisessig Fuchsin, 0,1 g in 100 ml Wasser Sulfanilsaures Natrium, 1 g Sulfanilsäure H 2 N-C,H 4 -S0 3 H + 1 g NaOH in 100 ml H 2 0 Titangelb, 0,1 g in 100 ml Wasser Zephirol (Reagens auf kond. P-Säuren) Säure-Basen-lndikatoren (Bereitung der Lösungen s. B i l t z , Ausf. quant. Anal. 7. Aufl. S. 122. Hirzel, Stuttgart (1955): Lackmus, Phenolphthalein, Methylorange, Methylrot, Kongorot
C. Feste Reagentlen Lithiumchlorid, LiCl Natrium, Na (unter Petroleum aufbewahren) Natriumhydroxyd, NaOH (am besten in Plätzchenform) Natriumperoxyd, Na 2 0 2 Natriumchlorid, NaCl Natriumsulfid krist., Na 2 S-9 H 2 0 Natriumsulfit krist., Na 2 S0 3 -7H 2 0, oder: wasserfrei, Na 2 S0 3 Natriumhydrogensulfit, NaHS0 3 , oder: Natriumdisulfit, Na 2 S 2 0 6 (früher: Natriummetabisulfit) Natriumsulfat; Glaubersalz = Na 2 S0 4 -10H 2 0, oder: wasserfrei Na 2 S0 4 Natriumhydrogensulfat, NaHSO t -H a O Natriumdisulfat, Na 2 S 2 0 7 Natriumthiosulfat, Na 2 S 2 0 3 • 5 H 2 0 Natriumdithionit, (früher auch: -hyposulfit, -hydrosulfit), Na 2 S 2 0 4 Natriumnitrit, NaN0 2 Natriumphosphat, primäres, NaHjPO • H 2 0 Natriumphosphat, sekundäres, Na 2 HP0 4 -12 H 2 0 Natriumnitrat, Natronsalpeter, NaN0 3 Natriumammoniumhydrogenphosphat, Phosphorsalz, NaNH 4 HP0 4 - 4 H 2 0
Natriumhypophosphit, NaH 2 P0 2 -H 2 0 Natriumcarbonat, wasserfrei, Na 2 C0 3 Natriumcarbonat, KristaUsoda, Na 2 C0 3 -10 H 2 0 Natriumhydrogencarbonat, NaHC0 3 Natriumcyanid, NaCN Natriumacetat, Na(CHaCOO) • 3 H 2 0 Natriumhydrogentartrat, NaHC 4 H 4 0, • H a O Natronkalk, Gemisch von NaOH und CaO Kaliumhydroxyd, KOH (am besten in Plätzchenform) Kaliumchlorid, KCl Kaliumsulfat, K 2 S0 4 Kaliumhydrogensulfat, KHSO t Kaliumdisulfat, K 2 S 2 0 7 Kaliumnitrit, K N 0 2 Kaliumnitrat, Kalisalpeter, K N 0 3 Kaliumcarbonat, wasserfrei, K2CÖ3 Ammoniumchlorid, NH4C1 Ammoniumsulfat, (NH 4 ) 2 S0 4 Ammoniumperoxydisulfat, (NH 4 ) 2 S 2 0 8 Ammoniumnitrat, NH 4 N0 3 Ammoniumthiocyanat, NH 4 SCN Ammoniumacetat, NH 4 (CH 3 C00) •Rubidiumchlorid, RbCl •Cäsiumchlorid, CsCl Kupferblech, Cu
Verzeichnis der Reagentien Kupferpulver, Cu Kupfer(II)-oxyd, CuO Kupfer(II)-chlorid, CuCl 2 -2H 2 0 Kupfer(II)-nitrat, Cu(N0 3 ) 2 -3 H 2 0 Kupfer(II)-sulfat, Kupfervitriol, CuS04-5H20 •Silberblech, Ag •Silberhaltige Legierung Magnesiumband, Mg Magnesiumpulver, Mg Magnesiumoxyd, MgO Calciumoxyd, CaO Calciumhydroxyd, Ca(OH)2 Calciumchlorid krist., CaCl2 • 6 H 2 0] Calciumsulfatdihydrat, Gips, CaSOj-2 H a O Calciumcarbid, CaC2 Calciumcarbonat, gefällt, CaC0 3 Marmor, CaCOs Strontiumchlorid, SrCl 2 -6H 2 0 Bariumhydroxyd, Ba(OH) 2 -8 H 2 0 Bariumchlorid, BaCl 2 -2H 2 0 Bariumcarbonat, gefällt, BaCOa Zink, Granalien, Zn Zink, Stangen, reinst, Zn Zinkblech Zinkstaub, Zn Zinkoxyd, ZnO Zinksulfat, ZnS0 4 • 7 H 2 0 Cadmium, Cd Quecksilber, Hg Quecksilber(II)-oxyd, gelb, HgO Quecksilber(II)-chlorid, HgCl2 Quecksilber(II)-chlorid, HgCl2 Quecksilber(II)-cyanid, Hg(CN)2 Natriumtetraborat, Borax, N a 2 B 4 0 7 - 1 0 H 2 0 (oder das entwässerte Präparat) Aluminiumblech, AI Kaliumaluminiumsulfat, Aluminiumalaun, KA1(S04)2- 12 H 2 0 Monazitsand Holzkohlepulver, C Silicium, Si Siliciumdioxyd, gefällt, Si0 2 Zinnfolie, Stanniol, Sn Zinn, Granalien, Sn Zinnstein, Sn0 2 Zinn(II)-chlorid, SnCl 2 -2H 2 0 Ammoniumhexachlorostannat(IV), Pinksalz, (NH^SnCl^ Blei(II)-oxyd, Bleiglätte, PbO Blei(II, IV)-oxyd, Mennige, Pb 3 0 4 Blei(IV)-oxyd, PbO ä Blei(II)-nitrat, Pb(N0 3 ) 2 Titandioxyd Ti0 2 Zirkonoxyd, Zr0 2
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Hydraziniumsulfat, [N 2 H 5 ]HS0 4 Phosphor, rot, P Arsen, As Arsen(III)-oxyd, Arsenik, As 2 0 3 Natriumarsenat, Na 2 HAs0 4 -7 H 2 0 Antimon, Pulver, Sb Antimon(III)-oxyd, Sb 2 0 3 Antimon(III)-sulfid, Grauspießglanz, Sb2S3 Kaliumantimonyltartrat, Brechweinstein, K(Sb0)C 4 H 4 0 8 - y 2 H 2 0 Wismut, Bi Wismut(III)-nitrat, Bi(N0 3 ) 3 -5 H 2 0 Natriumbismutat, NaBiO s Ammoniummetavanadat, NH 4 V0 3 Schwefelblume, S Eisensulfid (Schwefeleisen), FeS Pyrit, FeS 2 Selen, Se Tellur, Te Natriumtellurit, Na 2 TeO a Chrom(III)-oxyd, Cr 2 0 3 Chrom( VI) -oxyd, Cr0 3 Chrom(III)-sulfat, Cr 2 (S0 4 ) 3 -18 H 2 0 Kaliumchrom(III)-sulfat, Chromalaun, KCr(S0 4 ) 2 -12 H 2 0 Kaliumchromat, K 2 Cr0 4 Kaliumdichromat, K 2 Cr 2 0 7 Bleichromat, PbCr0 4 Ammoniummolybdat, (NH 4 ) 6 H[Mo 6 0 2 1 ]-3H 2 0 Natriumwolframat, N a 2 W 0 4 - 2 H 2 0 •Uranylacetat, U0 2 (CH 3 C00) 2 • 2 H 2 0 Natriumfluorid, NaF Ammoniumfluorid, NH 4 F Calciumfluorid, CaF 2 Chlorkalk, etwa CaCl(ClO) Natriumchlorat, NaC10a Kaliumchlorat, KC10a Kaliumbromid, KBr •Natriumjodid, N a J •Kaliumjodid, K J Kaliumjodat, K J 0 3 Mangan(II)-sulfat, MnS0 4 • 4 H 2 0 Braunstein, etwa Mn0 2 Kaliumpermanganat, KMn0 4 Eisen, Blech Eisen, Blumendraht, Fe Eisenpulver, Ferrum reductum, Fe Eisenspäne, Fe Eisen(III)-oxyd, Fe 2 0 3 Eisen(II)-sulfat, Eisenvitriol, FeS04-7H20 Ammonium-eisen(III)sulfat, Ammoniumeisenalaun, NH 4 Fe(S0 4 ) 2 -12 H 2 0
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Verzeichnis
Kaliumhexacyanoferrat(II), gelbes Blutlaugensalz, K 4 [Fe(CN) 6 ] Kaliumhexaxyanoferrat(III), rotes Blutlaugensalz, K 3 [Fe(CN) 6 ] Natriumnitroprussid, Na 2 [Fe(CN) 6 N0]-2H 2 0 Kobalt(II)-nitrat, Co(N0 3 ) 2 - 6 H 2 0 Nickel(II)-nitrat, Ni(N0„) 2 -6H 2 0 Knochenasche Seesand Feldspat, gepulvert Glaspulver Paraffin, fest Oxylsäure, (COOH)2 Harnstoff, CO(NH2)2
• Reagentien Weinsäure, COOH • CHOH • CHOH • COOH Citronensäure oder Natriumeitrat Urotropin, Hexamethylentetramin, (CH2)„N4 Traubenzucker, C 6 H 12 0„ Stärke, löslich Eiweiß, löslich, getrocknet m-Phenylendiamin, C„H4(NH2)2 Hydrochinon, p-C„H4(OH)2 Benzidin a-Naphthylammoniumchlorid Chromotropsäure Phenylfluoron (Reagens auf Ge) Curcuma-Reagenspapier
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Namen- und Sachregister Ä ist als Ae vor Af eingeordnet usw. — Die Verbindungen eines Elementes oder Säurerestes sind im allgemeinen nicht einzeln im Register aufgeführt, sondern unter dem Stichwort des betreffenden Elementes oder Säurerestes zu suchen, also z. B. Calciumchlorid unter „Calcium", Kaliumchromat unter „Chrom", Natriumcarbonat unter „Carbonate" und „Natrium" usw. Abbinden 67 Abschrecken 145 Absorptionsspektren 193 Abstumpfen 84, 90 Acceptor 88 Acetat 49, Anm. 1 Acetat-Methode 94, 96 Acetylen 67, 70 Adsorption 152 Adsorptionsverbindung 151 Äquivalent s. Gramm-Äquivalent Ätzen des Glases 188 Ätzkali 62 Ätznatron 67, 144 Affinität 91 Alaun 107 Aldehyd 140 Alizarinsulfosäure 97 Alkalien 64, Anm. 2 Alkalimetelle 56ff. Alkalimetallsulfide 155 Alkalimetallsilicat 186 Alkalimetallthiovanadat 195f. Alkalimetallvanadat 195 alkalisch 64, Anm. 2 Alkohol 71, 140 Altern von Niederschlägen 152, 192 Aluminat 93, 95, 99 Aluminium 93 ff. Aluminiumchlorid 87 Aluminiumsulfid 87 f. Amalgame 120 Ameisensäure 25 f. Amidoquecksilber(II)-nitrat 121 Ammine 106 ff. Ammoniak 41, 63ff., 170 — als Dipolmolekel 106 —, Dissoziationsgleichgewicht 79 f. Ammoniakate s. Ammine 106ff.
Ammoniaklösung, Abstumpfen durch Ammoniumsalze 83f., 90f. Ammonium 63 ff. Ammoniumdiuranat 196, 198 Ammoniumhydrogensulfid 48 Ammoniummagnesiumarsenat 161 Ammoniummagnesiumphosphat 53, 73 Ammoniummetavanadat 195 Ammoniummolybdat 196 f., 201 Ammoniummolybdatophosphat 52, 197 Ammoniumoxalat 70 Ammoniumperoxydisulfat 178 Ammoniumsulfid 48 Ammoniumthioantimonat 147 Ammoniumthioantimonit 165 Ammoniumthioarsenat 159f., 165f. Ammoniumthioarsenit 147, 159 Ammoniumthiomolybdat 197 Ammoniumthiostannat 147, 148 Amorph 69 Amphoter 93, 97 Analyse, Gruppentrennung 156 Anhydride 17 f., 54, 101 Anionen 30 Anode 30 Antichlor 180 Antimon 164ff. Antimonfleck 166 Antimonsäure 165f. Antimonsulfidlösung, kolloide 151 Antimonylgruppe 164 Arrhenius 30 Arsen 157 ff. Arsenfleck 162 f. Arsengruppe 156 ff. Arsenspiegel 158, 162 f. Atemluft 47 Atombindung 36 Aufschließen 144f., 187f.
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Namen- und Sachregister
Ausflocken 151 Ausrüstung des Arbeitsplatzes 1 f. Ausschütteln 21 Auswaschen 8, 102,, 153, 161 Autogenes Schneiden 126 Azofarbstoff 183 Banden 193 Barium 70 f. Bariumcarbonatmethode 90, 96 Bariumchlorid 28 Bariumchromat 71, 84f., 139 Bariumfluorosilicat 188 Bariumnitrat 27 f. Bariumsulfat 27 f., 145 Base 17, 31, 88 Anm. 1 Basen, einsäurige usw. 17 —, Stärke von 32 f., 91 f., 97 ff. Basenanhydride 17 Baserestionen 31 Bayerit 93 Benennung anorganischer Verbindungen 51, 53 ff., 110 Berliner Blau 130 Beryllium 191 f. Beschlag 117 Beständigkeitskonstante 108 B e t t e n d o r f s Arsenprobe 159 Bi- 45, 51 Bicarbonate 45 Biohromate s. Diohromate Bindigkeit 36 Bindung, chemische 33 ff. Atombindung 36 Ionenbindung 33 ff. Metallische Bindung 36 Bindungskräfte, chemische 33 ff. Bismutylchlorid 167 Bisulfitlauge 40 Blausäure 22, 86, 170f. Blei 153 ff. Bleibaum 155 Bleichen 19 Bleidioxyd 19 f., 61, 143 Bleipapier 50 Bleisulfid 156 Bleitiegel 187 f. Blindversuch 44 Blutlaugensalz, gelbes 129 —, rotes 130 Bodenkörper 75 Böhmit 93 Bor 189f., 191 Borax 144, 189f. Boraxperlen 189f., 199 Borsäure 189 f. B r a u n - L e Chateliersohea Prinzip 77
Braunstein 19ff., 141 ff. Brechweinstein 165 Brennen des Kalksteins 67 Brenner 10 f. Brönsted 88 Brom 21, 169 ff., 175 f. Bromür 54 Bromwasserstoff, therm. Dissoziation 77 Bromwasserstoffsäure 21 f., 170f. Brünieren 126 Cadmium 119 Cadmiumsulfid 155 f. Caesium 56 Calcium 67 ff. Calciumcarbonat 67 f., 90 —, Dissoziation 74f. Calciumchloridrohr 162 Calciumfluorid 170f., 187f. Calciumhydroxyd 17 Calciumsulfid 67 Carbid 67, 70 Carbonate 45 Carnallit 107 Cer 192 Chalkogene 176 Chilesalpeter 60 Chinalizarin 192 Chlor 18 ff., 169ff. Chlorate 172ff. Chlordioxyd 172ff. Chlorid 55 Chloride, Nachweis 19, 21 f. Chlorite 172 Chlorkalk 172 Chloroform 21, 29, 32 Chloroplatinsäure 61 f. Chlorsäure 172ff., 183 Chlorür 54 Chlorwasser 21 Chlorwasserstoff 18ff, 169ff. Chlorwasserstoffsäure 18 ff. Chrom 135 ff. Chromalaun 137 Chromat 70f., 136f., 177 Chrom(III)-Verbindungen, Oxydation 1 zu Chrom(VI)-Verbindungen 138, 177 Chromeisenstein 101 Chromgelb 139 Chromschwefelsäure 2, Anm. 1 Chromylchlorid 136 f., 140 Cobalt s. Kobalt Cupri- 54, s. auch unter Kupfer (II) Cupro- 54 Curcumapapier 189 Cyan 113, 171 Cyanat 113, 148
Namen- und Sachregister Cyanide 86, 104ff., 118f., 129ff., 148f., 170f. Cyansäure 22, 170f. Cyanwasserstoff 170f. Cyanwasserstoffsäure s. Blausäure Dampfdruck 73 ff. — von Lösungen 76 Dampfdruckemiedrigung 76 Dampfdruckkurve 74 Dekantieren 8 Dekrepitieren 60 Destillieren 122 Detonation 79 Di-54 Diacetyldioxim 135 Diaspor 93 Dichromat» 135 ff. Dichromsäure 135 Dijodosilbersäure 116 Diphenylamin 44 Diphenylcarbazid 139 Diphosphorsäure 50 f., 184 Dipolmolekel 106f. Dipolmoment 106 f. Dischwefelsäure 26 Disproportionierung 42 Dissoziation, elektrolytische 28 ff. —, stufenweise 51 —, thermische 64 — von Bromwasserstoff 77 — von Sulfurylchlorid 79 Dissoziationsgrad 32, 82 Dissoziationsreaktion von Elektrolyten 82 ff. Distickstoffoxyd 42, 65f. Distickstofftrioxyd 182 Disulfat 51, 144 f. Dithionige Säure 179 Dithionite 179 Dithionsäure 178 f. Dithizon 119 Diuranate 196, 198 Donator 88 Doppeloxyde 101 Doppelsabte 107 Durchlaufen von Niederschlägen durch das Filter 71, 153 Edel 102, 114 Edelstahle 144 Eisen 125 ff. Eisen(III)-chloridlösung 87 Eisen(IH)-hydroxydlösung, kolloide 151 f. Eisensulfid 48f., 155 Eisenvitriol 129
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Elektroaffinität 114ff., 169 Elektroden 29 Elektrolyse 29 Elektrolyt» 28ff., 82ff. —, starke und schwache 32 f., 82 ff. Elektronen 37, Anm. 1, 114 Elektronmetall 72 Elektrovalenzzahl 35, 37, 100 — und Perioden-Sytem (Regel) 35, 110, 192 Elementarladung 30 Empfindliche Reaktion 23 Endotherm 58 Erdalkalimetalle 66ff. Erdalkalimetallsulfide 67, 155 Erden, Seltene 192 f. Erdsäuren 195 Erkennungsreaktion 23 Essigsäure 33, 49 Anm. 1 Ester 189 Europium 192 Exotherm 58 Explosion 79 Faltenfilter 7 f. F a r a d a y 30 Farbe von Elektrolytlösungen 31, 34 Farben von wasserfreien Salzen 34,125 Farbvertiefung bei höherer Temperatur 117 Fehlingsche Lösung 113 Feldspat 188 Ferri-, Ferro- 54, s. auch unter Eisen Filter 7 f. —, Durchlaufen von Niederschlägen 71, 153 — einlegen 7 Filtrieren 7 f. Fixieren 104 Fixiersalz 180 Flamme, entleuchtete 10 —, leuchtende 10 Flammenfärbung 56, 59, 62, 67, 71, 110f., 189f., 199 Fluor 169 Fluorokieselsäure 170, 187f. Fluoroxyd 169, Anm. 1 Fluorwasserstoff 169ff., 187 ff. Flußspat 170f., 187 f. Freiberger Aufschluß 144 Gallium 199 Gase, Löslichkeit 76, 89 ff. Gasentwicklungsapparat 19, 163 Gasgesetz 79, Anm. 1 Gebläse 11 G e i l m a n n 60
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Namen- und Sachregister
Gele 152 Gifte 2, 4 Gips 69 Gipswasser 69 ff. Gläser 187 Glasätzen 187 f. Glasbearbeitung 12 ff. Gleichgewicht, chemisches 73 ff. —, dynamisches 81 —, heterogenes 77 —, homogenes 77 —, labiles 76 —, stabiles 76 —, statisches 81 Gleichgewichtsdruck 75 Gleichgewichtskonstante 79, 108 Glühröhrchen 13 G r a h a m 150 Gramm-Äquivalentgewicht 24 Gramm-Molekelgewicht 24 Grauspießglanz 164 Gruppen, analytische 156 G u l d b e r g 80 Gummistopfen bohren 15 Gußeisen 125 Härte des Wassers 45 Häufungsgeschwindigkeit 69 Hafnium 193 Halogene 18ff., 22, 169ff. —, Sauerstoffsäuren der 100, 172 ff. Halogensauerstoffverbindungen 172 ff. Halogenwasserstoffe 169 ff. Harn 113 Harnstoff 122, 183 Henrysches Gesetz 76 Heparreaktion 48, 50, 180 Heterogen 77 Heteropolysäuren 52, 197 Hexachloroplatin(IV)-säure 61 f. Hexacyanoeisen(II)-säure 129f. Hexanitrocobalt(III)-säure 61, 133 H+-Ionen 31, 64 Anm. 1 Homogen 77 Hydrargillit 93 Hydrate 106 f. Hydratation 34, 106f. Hydrazin 181 f. Hydrogen- 45, 51 Hydrochinon 194 Hydrogele 152 Hydrolyse 85ff., 93f. —, stufenweise 87 Hydronium-Ionen 64 Anm. 1 Hydrosole 152 Hydroxoverbindungen 93, 99 Hydroxyde, Löslichkeit 91
Hydroxydniederschläge 95, 152 Hydroxylamin 181 Hydroxylammoniumchlorid 181 Hydroxylgruppe 17 Hydroxylhaltige organische Verbindungen 95 f., 109 f. Hydroxylionen 31 Hygroskopisch 52 .Anm. 1, 76 Hypobromite 175 f. Hypochlorite 164, 167, 172ff. Hypojodite 175f. Hyposulfite s. Dithionite Hypovanadate 195 Indigo 21, 42, 62, 174, 179 Indikatoren 17, 85 Indium 199 Ionen 30, 34 Anm. 1 Ionenbindung 33 f. Ionenlehre 28 ff. Ionenprodukt des Wassers 85 Ionenreaktionen 31 f. Ionenwertigkeit 30, 37 Irreversible Kolloide 152 Isolator 29 Isomorphie 157 Isopolysäuren 197 Jod 21, 169ff., 175f. Jodwasserstoffsäure 22, 169 ff. Kakodyloxyd 159 Kali 62 Kalilauge 17, 62 Kalium 61 ff. Kalium-Alaun 107 Kaliumbromid 21, 171, 176 Kaliumchlorat 89, 172ff., 183 Kaliumehromat 71, 135 ff. Kaliumcyanoferrat(II) 105, 130 Kaliumcyanoferrat(III) 130 Kaliumhexanitrocobaltat(III) 61, 133 Kaliumhydroxyd 17 Kaliumnitrat 42 Kaliumpermanganat 141 ff. Kaliumdisulfat 144 Kaliumxanthogenat 198 Kalk-, s. auch Calcium Kalk, gebrannter 67 f. —, gelöschter 58, 68 Kalkmilch 68 Kalkstein 45 Kalkwasser 17, 46, 58, 68 Kalomel 124 Kathode 30 Keim, Kristall- 76 Kesselschlamm 45
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Namen- und Sachregister Kieselfluorwasserstoffsäure s. Fluorokieselsäure Kieselsäure 186 ff. —, kolloide Lösung 186 Klammern, eckige 80f., 105 Knallgas 20, 78 Kobalt 131 ff. Kobaltglas 62 Kobalt(II)-kobalt(III)-oxyd 101 Kobaltsulfid 132, 155f. Kochen 74 —, im Reagensglas 4 Kochsalz 60 Kochsalzgitter 34 Königswasser 41, 122 Kohlendioxyd 45ff., 90 Kohlenmonoxyd 25f., 131 Kohlensäure 45ff., 90 Kolloide 150 ff. Komplexe 35, 104ff. —, starke und schwache 108 Komplexbildung 89, 99, 104ff. Komplexsalze, innere 109 Komplexverbindungen 104 ff. Kondensation 50 Kondensierte Phosphorsäuren 50, 184f. Konzentration 23ff., 79ff. Koordinationszahl 106 Korkbearbeitung 15 Kornvergröberung von Niederschlägen 69 K o s s e i 35, 97 Kreide 45 Kristallformen, analytisch wichtige 60, Anm. 1 Kristallgitter 33 f. Kristallkeim 76 K r u h m e 16 Kupfer llOff. Kupfer(II)-chlorid 82 f. Kupfersulfid 155 Kupfersulfidlösung, kolloide 151 f.
Löslichkeit von Gasen 76, 89 ff. Löslichkeitskurven 75 Löslichkeitsprodukt 88 ff. Löslichkeitsverminderung durch gleichionige Zusätze 89 ff. Lösungen, feste 157 —, gesättigte 75, 88ff. —, kolloide 150 ff. —, molare 25 —, normale 25 —, übersättigte 76 •—, ungesättigte 88 Lötrohr 11 f. Lokalelemente 117 Luftfeuchtigkeit 74, 76 m ( = molar) 25 Magnesia 73 Magnesiarinnen 1 Magnesiastäbchen 1 Magnesit 72 Magnesium 36, 72 f. Magnesiumaluminat 101 Magnesiumhydroxyd 90 f. Magnesiumdiphosphat 53 Magnesiumsilicid 189 Magnetit 101, 126 Mangan 141 ff. Mangandioxyd 19f., 61, 178 Mangan(II)-sulfid 155 Marmor 45 f., 67 Marshsche Arsenprobe 162ff., 167 Masse, aktive 80 Massenwirkungsgesetz 79 ff. Mennige 101, 153f. Mercuri-, Mercuro- s. unter Quecksilber Meta- 50 Anm. 1 Metaantimonsäure 165 Metaarsensäure 157 Metaborsäure 189 Metaphosphorsäure 184 f. Methylalkohol 189f. Methylester der Borsäure 189 f. Millonsche Base 121 Mineralsäuren 33 Mischbarkeit, völlige 75 Anm. 1 Mischkristalle 157 M i t s c h e r l i c h 157 Mörtel 67 f. Mohrsches Salz 107 Mol 24 Molare Lösungen 25 Molekelgewichte in Lösungen 29 f. Molybdän 196ff. Molybdänblau 197 Molybdatoarsensäure 161, 197 Molybdatokieselsäure 188,197
Lackmus 17, 21 Ladung, elektrische von Ionen 30 f. —, Kolloidteilchen 151 Lanthan 192 Lanthaniden 192 L a u e , v. 33 Leichtmetall 102 Leiter 1. Klasse 29 — 2. Klasse 29 Leitfähigkeit, elektrische 28ff., 32 Liganden 106 Lithium 56, 191 Löschen des Kalks 68 Löslichkeit f. , F i s c h e r , Kinfiihrung. 60.Aufl. B i l t z , K l e75 mm
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Namen- und Sachregister
Molybdatophosphorsäure 52, 197 Monazitsand 193 Mono- 54 Monophosphorsäure 50 ff. n (== normal) 25 Nachweisreagentien, organische s. Reagentien, organische Nachweisreaktion 23 Namen anorg. Verbindungen 51, 53ff., 110 Naphthylammoniumsalz 183 Natrium 67 ff. Natriumacetat-Methode s. AcetatMethode Natriumantimonat 165 f. Natriumantimonit 165 Natriumberyllat 192 Natriumchlorid 18, 60, 85 Natriumcyanid 85 ff., 104ff., 113, 118f., 123, 129f., 133, 134 Natriumcyanoargentat 104f. Natriumcyanoferrat(II) 129f. Natriumdiuranat 196, 198 Natriumfluorid 171 Natriumhydroxyd 17, 57 ff. Natriumjodid 21, 154, 171, 176 Natriumnitroprussid 50, 131 Natriumperoxyd 57, 61, 145, 177 Natriumphosphat 5Iff. Natriumplumbit 153 Natriumpolysulfid 144 Natriumsulfit 40, 179 Natriumthiosulfat 104, 179f. Natriumwolframat 198 Natronlauge 17, 57 ff. Nebel 26, Anm. 1 Neodym 193 Nesslersches Reagens 65, vgl. 121 Neutralisation 18, 31 f., 85f. Neutralisationswärme 58 Nichtleiter s. Isolator Nickel 134f. Nickelsulfid 155 Niob 195 f. Nitrate 40ff. Nitrite 42, 44, 182f. Nomenklatur 51, 53 ff., 110 Normallösungen 25 Oleum 26 Ordnungsgeschwindigkeit 69 organische Reagentien s. Reagentien, organische Ortho- 50 Anm. 1 Orthoarsensäure 157 Orthoborsäuie 189
Orthophosphorsäure 50 ff. O s t w a l d 82 Oxalat 70 Oxalsäure 144, 192, 194 Oxo-Verbindungen 99 Oxyd 54 Oxydation 19, 36ff., 144f. Oxydationsflamme 10 f. Oxydationsmittel 19, 27, 125, 140, 143 Oxydationszahl 35, 37 Oxyde, amphotere 101, 144 — basischen Charakters 101, 144 —, hochgeglühte 144 — sauren Charakters 101, 144 —, säuren- und basenbildende 97 Oxydhaut, Schutz von Metallen durch 72, 93, 126, 137 Oxydhydrate 95 Oxydul 54 Ozon 169, Anm. 1 PH 85 Partialdruck 76, 79, Anm. 1 Passivierung 137 Perchlorate 63, 172ff. Perchlorsäure 21, 63, 97f., 100, 172ff. Perhydrol 177 Perioden-System, im Anhang, 56, 97, 124 Permanganat 141 ff., 177, 183 Peroxydischwefelsäure 178 Peroxytitanate 194 Peroxytitanylion 193 Peroxyuranat 198 Peroxyvanadinverbindung 195 Peroxyverbindungen 177 Perverbindungen 177 Phase 76, Anm. 2 Phosphor, roter 52 Phosphorige Säure 186f. Phosphor(III)-oxyd 50 Phosphor(V)-oxyd 50ff. Phosphorsäuren 50ff., 184f. Phosphorsalz 52 f. Phosphorsalzperle 53, 111, 199 Phosphortrichlorid 186 Phosphorwasserstoff 170, 186 Pinksalz 149 Platinchlorid 61 f., 65 Platinchlorwasserstoffsäure 62, Anm. 2 Platindraht 1, 59, 117 Platingeräte, Behandlung 145, Anm. 1 Platinlösung, kolloide 176 Plattner-Schälchen 1 Polyphosphorsäuren 184f. Polysäuren 197 Polysulfide 48
211
Namen- und Sachregister Polythionsäuren 179 Pottasche 45 Präzipitat 121 Praseodym 192 f. Primäre Salze 51 Probiergläser (Größe) 1, Anm. 1 — reparieren 13 Protokoll 3 Protonen-Acceptor u. Donator 88 Prozentgehalt 23 f. Pufferlösungen 84 Pufferung mit BaCO, 90 Pyro- 50, Anm. 1 Pyro-Verbindungen s. unter DiQarz 186 Quecksilber 119ff. Quecksilber(I)-chlorid 40, 123 Quecksilber(II)-chlorid 40, 122 Quecksilber(II)-cyanid 123 Quecksilberoxyd 37, 119ff. Quecksilberpipette 120 Quecksilbersulfid 116, 121 f., 155 Bauch 26, Anm. 1 Rauchende Schwefelsäure 26 Reagensglas (Größe) 1, Anm. 1 —, reparieren 13 Reagentien, organische 97, 109, 119, 135, 139, 183, 189, 192, 194, 198 Reaktion, chemische 22 f. —, empfindliche 23 —, gekoppelte 172 —, heterogene 77 —, homogene 77 —, selektive 23 —, spezifische 23 —, umkehrbare 75, 77 ff. Reaktionen, Ursachen für den Eintritt von 91 f. Reaktionsgeschwindigkeit 78f., 81, 117 Reaktionswärme s. Umsetzungswärme Redox 115 Reduktion 19, 36 ff. Reduktionsflamme 10—12 Reinigen von Glasgeräten 2, 182 Anm.l Reversible Kolloide 152 Rhodanide siehe Thiocyanate Rhodanwasserstoff s. Thioeyansäure R i n m a n s Grün 118 Roheisen 125 Rost 126 Rubidium 56 Sättigung 75 Sättigungsdruck 73f. Säure 17, 31, 88, Anm. 1 Säuren, einbasisch» usw. 17
Säuren des Schwefels 178 ff. —, Stärke von 32 f., 91 f., 97 ff. Säureanhydride 17 Säurechlorid 136 f. Säurerestionen 31 Salmiak 63 f. Salmiakgeist 64 Salpeter 42, 60 Salpetersäure 40ff. Salpetrige Säure 182 f. Salze 17f., 29, 31f. —, basische 17, 85 f. —, neutrale 17, 51, 85f. —, primäre 51 —, saure 17, 50f., 85f. —, schwach dissoziierte 33, 88, 120, 122 f. —, sekundäre 51 —, sulfobasische 121 —, tertiäre 51 Salzsäure 18ff. Nachweis 19, 21 f. Samarium 192 Sauerstoff 37, 128 Scandium 192 Schmiedeeisen 125 Schneiden, autogenes 126 Schrägbeziehungen im Perioden-System 191 f. Schutzbrille 1 Schwefel 27, 39, 48, 50, 179f. —, Nachweis 48, 50 —, Säuren des 178ff. Schwefelammonium 48 Schwefeldioxyd 27, 39f., 47, 178f. Schwefeleisen s. Eisensulfid Schwefelkohlenstoff 21, 198 Schwefelsäure 25ff., 32 —, Nachweis 27 f. —, rauchende 26 —, verdünnte und konzentrierte 25 ff., 33, 38f., 82 Schwefelsäureanhydrid 26 Schwefeltrioxyd 26 —, Dissoziationsgleichgewicht 80 Schwefelwasserstoff 27, 47 ff. Schwefelwasserstoffwasser 47 ff. Schweflige Säure 39f., 178f. Schwermetall 102 Sekundäre Salze 51 Selektive Reaktion 23 Selen 180f. Seltene Erden 192 f. Sicherheitssprengstoff 65 Sieden 74 Sieden im Reagensglas 4 Siedesteinchen 78
14*
212
Namen- und Sachregister
Siedeverzug 4, 78 Tellur 180 f. Terbium 192 Silber 102 ff. Tertiäre Salze 51 Silberarsenat 161 Tetraborsäure 189 Silbercarbonat 22, 103 Tetraeder 34 f. Silberchlorid 21, 102ff., 107 Silberdiphosphat 184 Tetrametaphosphorsäure 184 Tetrathionsäure 179 f. Silberfluorid 170f. Thallium 199 Silberjodid 104, 108, 151 T h 6 n a r d s Blau 96, 101 Silberjodwasserstoffsäure s. DijodoThio- 104 Anm. 1 silbersäure Thioantimonat 147, 165 f. Silbermetaphosphat 185 Thioantimonit 165 Silbermonophosphat 53 Thioarsenat 159, 160 Silbernitrat 21 f., 102ff. Thioarsenit 147, 159 Silberpolyphosphat 185 Thiocyanate 104, Anm. 1, 129, 132, Silbersulfat 22 Silicium 186 ff., 191 170 f., 197 Silicomolybdänsäure s. MolybdatoThiocyansäure 22, 170f. Thiomolybdat 196 f. kieselsäure Thiosäuren 147 Silicate 101, 144f„ 186ff. Thioschwefelsäure 179f. Soda 45, 58, 60, 144f. Thiostannat 147 ff. — -Salpeter-Schmelze 138, 142, 145 Thiosulfate 179 f. Sole 152 Thiovanadat 195 f. Spannungsreihe 114ff. Thiowolframat 196, 198 Spatel 1 Thorium 193 f. Spektroskop 59, 62, 67, 71, 191 Titan 193 f. Spezifische Reaktion 23 Traubenzucker 113 Spiegel 159, 163, 182 Trimetaphosphorsäure 184 Spinell 101 179 Stärke vonSäuren, Basen32f., 91 f., 97 ff. Trithionsäure Tropfpipette 6 Stärkelösung 169 Tyndall-Effekt ISO Stahl 125 Stannat 149 Stanni-, Stanno- s. Zinn Überchlorsäure siehe Perchlorsäure Übergangselemente 124 ff. Stannit 148 Übergangsglieder von Metallen zu Nichtstatus nascendi 162, Anm. 1 metallen 146 Stickoxydul s. Distickstoffoxyd Übersättigung 63, 76 Stickstoff 65f„ 182 Überspannung 117 Stickstoffdioxyd 40 ff. Überwachaungskristalle 157 —, Gleichgewicht von NOa und N,0 4 Ultramikroskop 150 77f. Umfüllen von Reagentien 5 f. Stickstoffoxyd 40ff., 127f., 182 Umsetzung, chemische 22 f. Stickstoffoxyde 40ff. Stickstofftrioxyd s. Distickstofftrioxyd Umsetzungswärme 58 Unedel 102, 114f. Stickstoffwasserstoffsäure 22 Universal-Indikator-Papier 85 Strontium 70 f. Unter- siehe HypoSublimat 122 Uran 196ff. Sublimieren 66 Uranylacetat 59, 63 Sulfanilsäure 183 Uranylverbindungen 196 ff. Sulfate 26 f. Ursachen für den Eintritt von Re—, Aufschluß von unlöslichen 145 aktionen 91 f. —, Nachweis 28 Sulfide 48ff., 155f. Valenzstrich 36 Sulfurylchlorid, Dissoziation 79 Valenzzahl 35, 37, 100 Suspension 26 Anm. 1, 150 Vanadin 195 f. Vanadite 195 Tantal 195 f. Vanadylion 195 Tartrate s. Weinsäure
Namen- und Sachregister
213
Verdampfungsgleichgewicht 73 f. Verdünnung und Dissoziationsgrad 82 Verdunsten 74 Verpuffung 78 Verquicken 120 Verwandschaft 91 Vorsichtsmaßregeln 4
Wertigkeit 30, 37 —, verschiedene — eines Elementes 31, 54, 100, 124f. Wismut 167 f. W i t t e n b e r g e r 16 Wolfram 196f.
W a a g e (Guldberg und —) 80 W a c k e n r o d e r s c h e Flüssigkeit 179 Wärmetönung 58 Wanne, pneumatische 43 Wasser, Dissoziation von 85 Wasserglas 186 f. Wasserhärte 45 Wasserstoff 19f., 26f. Wasserstoffentwicklungsapparate 19, 163 Anm. 1 Wasserstoff „in statu nascendi" 162 Anm. 1 Wasserstoffionen 31, 64 Anm. 1, 88, Anm. 1 Wasserstoffionenexponent 85 Wasserstoffperoxyd 176 f. Weinsäure 63, 96, 109, 165
-yl-Verbindungen 136 Anm. 2 Ytterbium 192 Yttrium 192
Xanthogenat 198
Zentralatom, -teilchen 106 Zementation 114 Zentrifuge 9 Zerfließlich 76 Zink 117 ff. Zinksulfid 118, 155f. Zinn 147 ff. Zinndioxyd 43, 147 ff. Zinnober 116 Zirkonium 193f. Zucker 109, 113 Zurückschlagen des Brenners 10 Zusatz, gleichioniger 83 f., 89 ff.
aus dem Verlag WALTER DE
GRUYTER
& CO. / B E R L I N W 35
vormals G. J . Göschen*sehe Verlagahandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — K a r l J . T r ü b n e r — Veit & Comp.
H OL LE MA N-RICHTER
Lehrbuch der organischen Chemie 33.-34.,
durchgesehene und verbesserte Auflag»
von F. Richter.
Oktav. X I I , 568 Seiten mit 107 Abbildungen. 1957. Ganzleinen DM
H OLLEM
Groß28,-
AN-WIBERG
Lehrbuch der anorganischen Chemie 40. —46., sorgfältig durchgesehene und verbesserte Auflage von E. Groß-Oktav. XXVIII,
Wiberg.
663 Seiten mü 166 Figuren und 1 Tafel. 1958. Ganzleinen DM 28, —
Aus Beurteilungen der letzten
Auflagen:
„Das erste wissenschaftliche Werk, mit dem der junge Chemiestudent auf der Hochschule in Berührung kommt, ist ein Lehrbuch der anorganischen Chemie . . . Der Holleman vermittelt in seinen beiden Bänden der anorganischen und organischen Chemie f ü r Generationen von Studenten die erste Begegnung mit ihrer erwählten Wissenschaft. E s unterliegt keinem Zweifel, daß die Erfolge unserer Chemiker zu einem guten Teil diesen einführenden Lehrbüchern zu verdanken sind . . . " Österr. Chemiker-Zeitung „Ein großer Vorzug des Holleman-Wiberg ist, daß er nicht allein eine Aufzählung der Tatsachen der anorganischen Chemie bringt, sondern versucht, beim Leser das tiefere Verständnis f ü r die großen Zusammenhänge dieses Teiles der Chemie zu wecken. Die Abschnitte über Atombau und chemische Bindung wurden auf den derzeitigen Wissensstand gebracht. F e m e r wurde das Kapitel über die natürlichen und künstlichen Kernumwandlungen beträchtlich ergänzt. Schon früher h a t der Holleman-Wiberg zu den besten Lehrbüchern der anorganischen Chemie gezählt. In der jetzigen Form wird es zweifellos nicht nur seine Stellung behaupten, sondern ein beträchtliches Stück an die Spitze weiterrücken." Chemiker-Zeitung
GATTERMAN N-W
IELAND
Die Praxis des organischen Chemikers 38. Auflage, bearbeitet von Th. Wieland. Mit einem Kapitel über Elektronentheorie und Mesomerielehre von R. Huisgen. Groß-Oktav. XV, 411 Seiten mit 58 Abbildungen. 1958. Ganzleinen DM 26,— „Unzählige Chemikergenerationen haben aus dem Buch die Laborationstechnik erlernt und manchen Kunstgriff daraus entnommen . . . Die Neuauflage des Gattermann-Wieland sollte jedem organischen Chemiker als unentbehrliches Rüstzeug zur Verfügung stehen." Deutsche
Farbemeilschrift
HOLLEMAN-SCHULER
Einfache Versuche auf dem Gebiete der organischen Chemie 7., vermehrte und verbesserte Auflage von L. Schuler. Groß-Oktav. X I X , 171 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. 1954. Halbleinen flexibel DM 7,20 „Eine v o r t e i l h a f t e E r g ä n z u n g z u m G a t t e r m a n n - W i e l a n d ist der Holleman-Schulersche Band, der in erster Linie die im erstgenannten Werk geschilderten Methoden auch praktisch erläutert. . . . Man muß schon sagen, in kürzeren Zügen lassen sich wohl kaum Versuche schildern, wie es hier geschehen ist. Das ist der besondere Vorzug des Buches, das jedem Chemie-Laboranten empfohlen werden kann." Ätherische öle, Riechstoffe,
Parfümerie
EGONWIBERG
Die chemische Affinität Eine Einführung in die Lehre von der Triebkraft chemischer Reaktionen. Groß-Oktav. X I I , 254 Seiten mit 36 Abbildungen. 1951. Ganzleinen DM 2 4 , „Ausführliche Zahlen- und Rechenbeispiele sowie übersichtliche Diagramme und schematische Zeichnungen veranschaulichen zahlreiche Anwendungen in der anorganischen und der Elektrochemie. Die Anwendungsbeispiele machen den besonderen Wert des Buches aus, der es vor anderen Darstellungen ähnlicher Themenstellung auszeichnet." Chemie- Ingenieur• Technik
Im Frühjahr 1958 erscheint F. T Ö D T
Die elektrochemische Sauerstoffmessung und Konzentrationsmessung anderer oxydierender und reduzierter Stoffe durch galvanische Modellelemente Oktav. Etwa 160 Seiten mit 144 Abbildungen. 1958. Die elektrochemische Sauerstoffmessung hat im Laufe der letzten Jahre in einer Reihe von technischen sowie biologisch-medizinischen Grenzgebieten eine ständig anwachsende Anwendung gefunden. Dies beruht auf dem einfachen Meßprinzip (Stromstärkemessung galvanischer Elemente). Bisherige Anwendungsgebiete sind: Sauerstoffregistrierung im K e s s e l s p e i s e w a s s e r zur Korrosionsverhütung, Sauerstoffmessung in verunreinigten Gewässern (Abwasserkontrolle), Sauerstoffspurenregistrierung in Gasen (Schutzgase bei der Kunststoffherstellung, Synthesegase für die Stickstoffgewinnung aus der Luft), Messung der Atmungsgeschwindigkeit von Mikroorganismen. Vom gleichen Verfasser ist in Vorbereitung:
Metallkorrosion. Allgemeines, Messung und Verhütung 2., völlig neubearbeitete Auflage. 1958. Im Druck (Arbeitsmethoden der modernen Naturwissenschaften) Das Buch wendet sich an alle, die sich durch eine kurzgefaßte Darstellung über die Arbeitsmethoden und Richtlinien, wie sie auf dem Korrosionsgebiet angewandt werden, unterrichten wollen, ohne hierbei ein ausführliches Werk oder ein größeres Schrifttum durchzuarbeiten. Vom gleichen Verfasser liegt bereits vor:
Korrosion und Korrosionsschutz Unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter. Mit 515 Abbildungen und zahlreichen Tabellen. Groß-Oktav. X X X I I , 1102 Seiten. 1955. Kunsthalbleder DM 1 6 8 , „Das Werk ist für alle, die sich mit Korrosionsproblemen beschäftigen, von außerordentlichem Wert und kann jedem Interessenten zur Anschaffung empfohlen werden." Glasers Annalen
FRIEDRICH
KLAGES
Lehrbuch der organischen Chemie in drei Bänden
Groß-Oktav. Ganzleinen.
BAND I :
Systematische organische Chemie 1. H ä l f t e : Kohlenwasserstoffe, Halogenverbindungen, Sauerstoffverbindungen
XVI, 531 Seiten mit 12 Abbildungen und 25 Tabellen. 1952. DM 6 8 , 2. H ä l f t e : Stickstoff- und andere Nichtmetallverbindungen, metallorganische Verbindungen,
cyclische Verbindungen u. a.
XV, 453 Seiten mit 6 Abbildungen und 16 Tabellen. 1953. DM 6 2 , -
BAND I I :
Theoretische und allgemeine organische Chemie 2., durchgesehene und verbesserte Auflage. Mit 126 Abbildungen und 40 Tabellen. XV, 603 Seiten. 1957. Ganzleinen DM 48,—; einzeln bezogen Ganzleinen DM 52,—
BAND I I I :
Sondergebiete
erscheint Anfang 1958
„Das ganze Werk ist flüssig und verständlich geschrieben, so daß das Lesen des zum Teil schwierigen Inhaltes das Interesse weckt und zu weiterem Studium anregt. So ist das Werk sehr gut geeignet, dem Studierenden, aber auch den älteren Chemikern, die noch auf die mehr praktisch orientierte Forschungseinrichtung eingestellt sind, die neuen Theorien der organischen Chemie bekannt zu machen, und es ist dem Verfasser zu danken, daß er hierfür eine leicht verständliche Form gefunden hat." Chemische Rundschau
FRANZ
LEUTHARDT
Lehrbuch der physiologischen Chemie Begründet von S. Edlbacher 13., neubearbeitete und erweiterte Auflage Groß-Oktav. XVI, 908 Seiten mit 72 Abbildungen. 1957. Ganzleinen DM 4 2 , „Dieses Standard-Lehrbuch der Chemie der Lebensvorgänge zeigt sich auch in seiner 13. Auflage in seiner rühmlichst bekannten Bearbeitung und Ausstattung. Auch die neuesten biochemischen Forschungsergebnisse sind bereits berücksichtigt und die Literaturhinweise vervollständigt. Hervorzuheben ist auch noch das sehr ausführliche Sachregister, welches dem Studenten seine Arbeit erleichtert und das Buch außerdem für Nachschlagezwecke besonders für die Grenzberufe sehr geeignet macht." österr.
SIEGFRIED
Apotheker-Zeitung
EDLBACHER
Praktikum der physiologischen Chemie 3., durchgesehene Auflage Oktav. VI, 108 Seiten. 1948. DM 5,50
J.-E. H I L L E R
Grundriß der Kristallchemie Groß-Oktav. Mit 209 Figuren und 72 Tabellen. VII, 307 Seiten. 1952. Ganzleinen DM 36,—
H. H A E H N
Biochemie der Gärungen unter besonderer Berücksichtigung der Hefe Für Studierende der Naturwissenschaften und der Gärungsgewerbe, Techniker, Gärungsbiologen und Chemiker Groß-Oktav. Mit 44 Abbildungen, 4 Kurventafeln, sowie 2 Absorptionsspektren. XII, 499 Seiten. 1952. Ganzleinen DM 6 4 , -
ARBEITSMETHODEN DER MODERNEN NATURWISSENSCHAFTEN KÜSTER-THIEL-FISCHBECK
Logarithmische Rechentafeln für Chemiker, Pharmazeuten, Mediziner und Physiker 74.-83., verbesserte und vermehrte Auflage Oktav. XV, 302 Seiten. 1958. Kunststoff DM 16,80 „Der .Küster-Thiel' darf mit vollstem Recht Anspruch darauf erheben, im Laboratorium technischer oder rein wissenschaftlicher Richtung das notwendigste und meistgebrauchte Hilfsbuch zu sein." Praktische Chemie C H A R L O T u. a.
Qualitative Schnellanalyse Zusammengestellt nach den Arbeiten von G. Charlot, D. Bezier, R. Gauguin und J . M. Odekerken von A. S c h l e i c h e r 2., verbesserte und erweiterte Auflage Oktav. 92 Seiten. 1956. DM 7,80 „Die einfache und klare Darstellung und besondere Hinweise auf mögliche Störungen machen das Buch zu einem unentbehrlichen Handbuch des Analytikers, der es stets in seinem Tisch im Labor aufbewahren wird. Die Leichtverständlichkeit, auf die besonders verwiesen sei, ermöglicht auch dem Laboranten und Chemotechniker die Benutzung." Seifen, öle, Fette, Wachse E. A S M U S
Einführung in die höhere Mathematik und ihre Anwendungen Ein Hilfsbuch für Chemiker, Physiker und andere Naturwissenschaftler 2., verbesserte Auflage. Oktav. Mit 178 Abbildungen. XV, 400 Seiten. 1952. Ganzleinen DM 2 2 , „ . . . da das Buch bereits für den Chemiker recht viel bringt, so kann es auch für den Physiker und Physikochemiker mit Nutzen empfohlen werden, wenn ihm die Überbrückung der Kluft zwischen der herkömmlichen Schulmathematik und der Mathematik des Hochschulmathematikers Schwierigkeiten v e r u r s a c h t . . . " Angewandte Chemie
CHEMIE in der Sammlung Goschen jeder Band DM 2,40; Doppelbände DM 4,80 GEORG LOCKEMANN Geschichte der Chemie Bd. I : Vom Altertum bis zur Entdeckung des Sauerstoffs. Mit 8 Bildnissen. 142 Seiten. 1950. Bd. I I : Von der Entdeckung des Sauerstoffs bis zur Gegenwart. Mit 16 Bildnissen. 151 Seiten. 1955. (Band 264, 265/265a) WILHELM KLEMM Anorganische Chemie 10. Aufl. Mit 18 Abbildungen. 185 Seiten. 1958. (Band 37) WILHELM SCHLENK Organische Chemie 7., erweiterte Aufl. Mit 16 Abb. 269 Seiten. 1957. (Band 38/38a) W E R N E R SCHULZE Allgemeine und physikalische Chemie 2 Bände. 4., neubearbeitete Auflage. I. Mit 10 Figuren. 139 Seiten. 1955. II. Mit 37 Figuren. 176 Seiten. 1956. (Band 71, 698/698a) JOHANNES H O P P E Analytische Chemie 5., verbesserte Auflage. Bd. I : Reaktionen. 135 Seiten. 1950. Bd. I I : Gang der qualitativen Analyse 166 Seiten. 1950. (Band 247, 248)
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Erste Hilfe bei Unfällen ••••••••••••••••••••••• Bei ernsteren Unfällen: Arzt rufen oder Unfallwagen oder Taxe bestellen und evtl. telefonische Voranmeldung in der Klinik.
1. Hautverätzungen Sofort ausgiebig unter der Wasserleitung abspülen. Dann bei] L a u g e n verätzung mit l%iger Essigsäure, bei S ä u r e n mit 1% NaHC0 3 -Lösung benetzen. Mit weißem P h o s p h o r in Berührung gekommene Hautstellen und Phosphorbrandwunden mehrfach in l%ige CuS0 4 -Lösung tauchen oder sauberes Tuch damit tränken und auflegen. B r o m mit Benzol abwaschen. Bei F l u ß s ä u r e : Viel Wasser, k e i n Ammoniak. Calcium-Sandoz-Lösung vom Arzt subcutan nahe der verätzten Stelle spritzen lassen. Dauerverband mit Magnesiumoxyd-Glyzerin-Paste.
2. Augenverätzungen S o f o r t ausgiebig mit Wasser spülen, Lider notfalls mit der Hand öffnen. Dann evtl. mittels Spritzflasche mit l%iger Essigsäure (bei Basen), l%iger NaHC0 3 -Lösung (bei Säuren) bzw. 3,5%iger MgS0 4 -Lösung (bei Flußsäure) spülen. Anschließend b e i d e Augen lose verbinden und zum Arzt.
3. Brandwunden Kein Wasser, keine Watte, Brandblasen nicht verletzen! Mit Brandbinde abdecken. Notfalls mit Öl bestreichen. Bezgl. Phosphor s. oben: 1.
4. Schnittwunden Kein Wasser, keine Watte! Mit sauberer Mullbinde verbinden. Spritzende Blutgefäße zwischen Wunde und Herz abbinden (Gummischlauch) und sofort zum Arzt.
5. Ätzende Gase (Cl2, Br 2 , HCl, N 0 2
USW.)
Frische Luft! Beengende und Giftstoff-getränkte' Kleidung entfernen. Völlige Körperruhe. I n warme Decken hüllen. Evtl. Sauerstoff-Atmung (Glastrichter über das Gesicht, an Stahlflasche anschließen); künstliche Atmung nur bei Gefahr des Atemstillstandes! Nach Einatmung von Stickoxyden oder Phosgen — auch beim Fehlen erheblicher Beschwerden —• in jedem Falle Auto-Transport in die Klinik (Gefahr späterer Lungenödeme).
6. Nichtreizende, giftige Gase (H2S, H C N , ASH3, CO usw.)
Ruhe, frische Luft, evtl. künstliche Atmung und/oder Sauerstoff. Bei HCN sofort 50—100 ml 2%ige Natriumthiosulfatlösung trinken.
7. Verätzungen von Mund und Magen Erbrechen ist günstig, darf aber bei Verätzung des Magens durch Alkalien oder Flußsäure nur s o f o r t darnach hervorgerufen werden; sonst Gefahr des Reißens der Magenwand. Bei Säuren und Schwermetallsalzen Aufschlämmung von bis zu 200 g MgO in Milch oder Wasser, bei Alkalien verdünnte Essigsäure oder Citronensäure trinken bzw. damit den Mund spülen.
8. Gifte im Magen Möglichst bald erbrechen, evtl. durch Trinken von 1 g CuSOa in 25 bis 50 ml Wasser.
Literatur J. D'Ans u. E. L a x , Taschenbuch für Chemiker und Physiker. Berlin, 1943 S. 1807ff." E. R ü s t u. A. E b e r t , Unfälle beim chemischen Arbeiten. Zürich. 1948. H. Grubitsch, Anorganisch-präparative Chemie. Wien, 1950. S. 217—230. H. L u x , Anorganisch-chemische Experimentierkunst. Leipzig, 1954. S. 617—622: „Die Verhütung von Unfällen".
Perioden-System c Grappe
0
I a
Vorperiodo
Kleine Perioden
1
b
II a
b
III a
b
IV a
b
1H 1,0080 2 He 4,003
10 Ne 2 20,183
8 Li 6,940
4 Be 9,013
5 B 10,82
6C 12,011
11 Na 22,991
12 Mg 24,32
13 AI 28,98
14 Si 28,09
3
18 Ar 39,944
19 K 20 Ca 21 So n 22 Ti 39,100 40,08 44,96 47,90 50 29 Cu 30 Zn 31 Ga 32 Ge 63,54 65,38 69,72 72,60
4
3« Kr 83,80
37 Rb 38 Sr 89 Y 40 Zr 41 87,63 85,48 88,92 91,22 92 48 Cd 47 Ag 49 In 50 Sn 112,41 107,880 114,82 118,70
5
54 Xe 55 Cs 131,30 132,91
Große Perioden
6
86 Rn 222
79 Au 197,0
87 Fr
56 Ba 57-71* 72 Hf 7ä 137,36 178,50 Ii 80 Hg 81 T1 82 Pb 200,61 204,39 207,21 88 Ra 226,05
89 Ac 227*»
90 Th 232,05
* Seltene Erden: 58 Ce 140,13
59 Pr 140,92
60 Nd 144,27
61 Pm
62 Sm 150,35
63 Eu 152,0
65 Tb 158,93
66 Dy 162,51
67 Ho 164,94
68 Er 167,27
69 Tm 168,94
70 Yb 173,04
Biltz-Klemm-Fischer, Einführung. 50. Auflage 1958
57 La 138,92 64 Gd 157,26 71 Lu 174,99
91 2
item der Elemente V a
VI b
VII b
a
a
Vili b 2 He 4,003
7N 14,008 15 P 30,975
! Ge 2,60
JSn 8,70
I Pb 7,21
23 V 50,95
33 As 74,91
41 Nb 92,91
51 Sb 121,76
6 9
9 F 19,00
10 Ne 20,183
16 S 32,066
17 CI 35,457
18 Ar 39,944
24 Cr 52,01
34 Se 78,96
42 Mo 95,95
25 Mn 54,94
26 Fe 27 Co 28 Ni 55,85 58,94 58,71
43 Te
44 Ru 45 Rh 46 Pd 101,1 102,91 106,4
35 Br 79,916
52 Te 127,61
73 Ta 180,95
74 W 183,86 83 Bi 84 Po 209,00 210
91 Pa 231
2
80 16,0000
53 J 126,91 75 Re 186,22
76 0 s 77 Ir 78 Pt 190,2 192,2 195,09
85 At
36 Kr 83,80
54 Xe 131,30
86 Rn 222
92 U 238,07
* * Actiniden:
89 Ao 227
90 Th 232,05
91 Pa 231
92 U 238,07
93 Np
94 Pu
97 Bk
98 Cf
99 Es
100 Fm
101 Md
95 Am
96 Cm
102 No
Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin