Die Polykletnachfolge: Untersuchungen zur Kunst von Argos und Sikyon zwischen Polyklet und Lysipp [Reprint 2019 ed.] 9783110832372, 9783110025743


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German Pages 305 [356] Year 1969

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VORWORT
INHALT
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
I. DIE SCHRIFTLICHE ÜBERLIEFERUNG
II. DIE STANDMOTIVE
III. VON DER SPÄTZEIT POLYKLETS BIS ZUR JAHRHUNDERTWENDE
IV. DAS LYSANDERWEIHGESCHENK
V. VOM LYSANDERWEIHGESCHENK BIS ZUM DISKOBOL DES NAUKYDES
VI. DIE BLÜTEZEIT DER POLYKLETSCHULE
VII. AUFLÖSUNG UND ENDE DER POLYKLETSCHULE
VIII. POLYKLET UND DIE POLYKLETNACHFOLGE
IX. LYSIPP UND DIE POLYKLETNACHFOLGE
REPLIKENLISTEN
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Die Polykletnachfolge: Untersuchungen zur Kunst von Argos und Sikyon zwischen Polyklet und Lysipp [Reprint 2019 ed.]
 9783110832372, 9783110025743

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JAHRBUCH DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS

FÜNFUNDZWANZIGSTES ERGÄNZUNGSHEFT

WALTER DE GRUYTER & CO • BERLIN 1969

DIE POLYKLETNACHFOLGE UNTERSUCHUNGEN ZUR KUNST VON ARGOS U N D SIKYON ZWISCHEN POLYKLET U N D LYSIPP

VON

DOROTHEA ARNOLD

MIT 40 A B B I L D U N G E N U N D 33 TAFELN

WALTER DE GRUYTER & CO • BERLIN 30 1969

© 1969 by Writer de Gruyter & Co., Tormals G. J . Gdachen'ache Verlagthandlmig — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — K o l J . Trüboer — Veit & Comp., Berlin 30 (Printed in Germany) Ohne ausdrOckliche Genehmigung des Verlages 1st es auch nicht gestattet, dieses Bach oder Teile daran* auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokople) zu verrieliftltigcn Archiy-Nr. 3804692 Sau und Druck: Walter de Groyter 4c Co., Berlin 30

M E I N E M VATER

VORWORT Die hier veröffentliche Arbeit lag in etwas veränderter Form im Februar 1963 der Philosophischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen als Dissertation vor. Sie verdankt mehr, als im einzelnen angegeben werden kann, meinem verehrten Lehrer Bernhard Schweitzer, der mich auf die Untersuchung der Fortwirkung der polykletischen Kunst verwies und die Entstehung der Arbeit mit seiner erhellenden Kritik verfolgte. Nach seiner Emeritierung betreute Professor U. Hausmann den Abschluß der Arbeit. Auch ihm bin ich für vielfache Anregung und Förderung zu Dank verpflichtet. Für die Aufnahme der Untersuchung in die Ergänzungshefte zum Jahrbuch danke ich dem Deutschen Archäologischen Institut, Herrn Professor W. Grünhagen für manche Förderung. Nachhaltige Hilfe während der durch meinen Aufenthalt in Ägypten erschwerten Drucklegung wurden mir von E. Amburger und G. KrienKummrow zuteil, denen dafür auch an dieser Stelle mein wärmster Dank ausgesprochen sei. Für die Beschaffung von Abbildungsvorlagen habe ich vor allem H. Sichtermann, Rom, G. Neumann, Athen, R. A. Higgins, Britisches Museum, London, und H.-V. Herrmann, Tübingen, zu danken. Die seit 1965 erschienene Literatur zum Thema konnte nicht mehr berücksichtigt werden.

INHALT Vorwort

vn

Abkürzungsverzeichnis

xi

Einleitung I. Die schriftliche Überlieferung 1. Stammtafel 2. Die Generationen 3. Aufgaben und Arbeitsbereich der Polykletschule

II. Die Standmotive 1. Das polykletische "Schreitmotiv' 2. Standmotive mit weggehobener Spielbeinferse, aber beiden Füßen auf gleicher Höhe . . 3. Das Standmotiv der Lysanderbasis 4. Standmotive, bei denen beide Füße mit voller Sohle am Boden stehen a. Das Aristionmotiv b. Das Motiv des Vortretens

III. Von der Spätzeit Polyklets bis zur Jahrhundertwende 1 Fan und angelehnter Knabe 2. Werke aus der Zeit des Pan 3. Werke aus der Zeit des 'Narziß* 4. Die Louvrestatuette und das Ende der ersten Epoche der Polykletschule 5. Künstlerpersönlichkeiten a. Der 'Narziß'-Meister b. Der Meister der Aphrodite Neapel-Paris (Periklytos oder Antiphanes ?) c. Der Meister des Leningrader Knaben (Alypos ?) d. Der Meister des Pan e. Die Sikyonier (Kanachos — Patrokles II) 6. Das Verhältnis zur attischen Kunst 7. Zum Menschenbild der ersten Polykletschüler 8. Zur Fortwirkung der nachpolykletischen Knaben

IV. Das Lysanderweihgeschenk V. Vom Lysanderweihgeschenk bis zum Diskobol des Naukydes 1. Naukydes 2. Die Entwicklung der ruhigstehenden Figur bis zum Diskobol 3. Die Entwicklung der bewegten Figur bis zum Diskobol 4. Die Kunst der Polykletschule in der zweiten Epoche nach Polyklet

l 6 6 13 17

20 24 27 33 36 39 44

48 49 64 70 80 82 82 84 84 85 85 86 90 93

97 lio 110 131 140 149

X VI. Die Blütezeit der Polykletschule

151

1. Die Aphrodite von Epidauros und die Gruppe von Werken um den Strigilisreiniger von Ephesos 151 2. Daidalos von Sikyon und Polyklet I I 168 3. Hermes Richelieu 183 4. Die Komposition der Statuenreihe und die Werke des Antiphanes von Argos 189 5. Kleon von Sikyon 204

VII. Auflösung und Ende der Polykletschule

. . 207

1. Der Perseus von Antikythera 2. Das Daochosweihgeschenk 3. Die letzte Epoche der Schule im Spiegel von Relief und Kleinkunst

VIII. Polyklet und die Polykletnachfolge 1. 2. 3. 4.

Proportionen Körperformen und Gestaltaufbau Polykletische Statuenmotive bei den Künstlern der Schule . . Die traditionell-polykletische Form und die Frage nach dem 'Kanon' in der Polykletschule

IX. Lysipp und die Polykletnachfolge 1. Einflüsse der Polykletnachfolge auf das Werk Lysipps 2. Der Münchner Ölausgießer

207 210 213

217 217 220 222 224

234 234 240

Replikenlisten

246

Abbildungsverzeichnis

282

Tafelverzeichnis

284

Register

288

Abbildungen und Tafeln

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Außer den in der Archäologischen Bibliographie aufgeführten Abkürzungen und Sigeln werden hier folgende verwendet: Amandry

= P. Amandry in Charites. Studien zur Altertumswissenschaft (hrsg. von K. Schauenburg) 73ff.

Arias

= P. E. Arias, Policleto (Collana d'Arte VII).

Bianchi-Bandinelli

= B. B. Bianchi-Bandinelli, Policleto (Quaderni per lo Studio dell'Archeologia I).

Binneboeßel

= R. Binneboeßel, Studien zu den attischen Urkundenreliefs des 5. und 4. Jahrhunderts (Diss. Leipzig 1930).

Blümel, Kat. Berlin III

= C. Blümel, Die griechischen Skulpturen des V. und IV. Jahrhunderts v. Chr. Staatl. Museen zu Berlin, Kat. der Sammlung antiker Skulpturen III.

Blümel, Kat. Berlin IV

= C. Blümel, Römische Kopien griechischer Skulpturen des V. Jahrhunderts v. Chr. Staatl. Museen zu Berlin, Kat. der Sammlung antiker Skulpturen IV.

Blümel, Kat. Berlin V

= C. Blümel, Römische Kopien giechischer Skulpturen des IV. Jahrhunderts v. Chr. Staatl. Museen zu Berlin, Kat. der Sammlung antiker Skulpturen V.

Bulle, SchM.

= H. Bulle, Der schöne Mensch im Altertum.

Bulle, Statuenbasen

= H. Bulle, Griechische Statuenbasen. Skizze zu einer Entwicklungsgeschichte der antiken Postamentformen.

Curtius, AK.

= L. Curtius, Die klassische Kunst Griechenlands. Handbuch der Kunstwissenschaft. Die antike Kunst II 1.

Diepolder

= H. Diepolder, Die attischen Grabreliefs des 5. und 4. Jahrhunderts.

Furtwängler, MW.

= A. Furtwängler, Meisterwerke der griechischen Plastik.

Hyde

= W. Hyde, De Olympionicarum Statuis a Pausania commemoratis.

Lippold, Plastik

= G. Lippold, Die griechische Plastik. HdArch. III 1.

Löwy

= E. Löwy, Inschriften griechischer Bildhauer.

XII Mahler, Polyklet

A. Mahler, Polyklet und seine Schule.

Marcad6

J. M. Marcad£, Recueil des Signatures de Sculpteurs Grecs.

NCP.

F. Imhoof-Blumner — P. Gardner, JHS. 6, 1885, 50 ff. (A Numismatic Commentary on Pausanias).

Neue Beiträge

Neue Beiträge zur klassischen Altertumswissenschaft. Festschrift zum 60. Geburtstag von B. Schweitzer (Hrsg. R. Lullies).

Overbeck

J. Overbeck, Die antiken Schriftquellen zur Geschichte der bildenden Künste bei den Griechen.

Paribeni

E. Paribeni, Sculture Greche del V Secolo (Museo Nazionale Romano).

Rizzo

G. E. Rizzo, Prassitele.

Schlörb, Untersuchungen

B. Schlörb, Untersuchungen zur Bildhauergeneration nach Phidias.

Schuchhardt, Epochen

W. H. Schuchhardt, Die Epochen der griechischen Plastik.

Süsserott

H. K. Süsserott, Griechische Plastik des 4. Jahrhunderts v. Chr.

Waldstein

Ch. Waldstein, The Argive Heraeum.

EINLEITUNG Dank recht ausführlicher Angaben der antiken Kunstschriftsteller ist die archäologische Forschung mit dem Vorhandensein einer Schule Polyklets immer vertraut gewesen. Aus ihren vor allem durch Plinius und Pausanias überlieferten Berichten ließen sich die Namen der Schüler Polyklets der Kunstgeschichte einordnen, lange bevor man imstande war, mit diesen Namen auch Typen antiker Statuen zu verbinden. Bereits J . J . Winckelmann hat in der »Geschichte der Kunst des Altertums«1 die bei Plinius überlieferten Polykletschüler aufgezählt, und H. Brunn konnte in seiner grundlegenden Zusammenfassung aller über die griechischen Künstler aus antiken Quellen bekannten Tatsachen dem Bericht über die Nachfolger Polyklets einen Raum von acht Seiten widmen2. Ja, das Traditionsbildende der polykletischen Kunst erschien Brunn als diejenige Eigenschaft des Künstlers, die ihm seine dem Phidias ebenbürtige Stellung in der Kunstgeschichte sichere3. Dieser Auffassung liegt selbstverständlich mehr zugrunde als die bloße Kenntnis von Schülernamen. Vielmehr gründet sie sich auf die Überlieferung von jener von Polyklet verfaßten Schrift mit dem Titel »Kanon« und die Angaben der Schriftsteller, die polykletische Form hätte für die folgenden Künstler die Bedeutung einer künstlerischen Grundregel, eines Gesetzes gehabt4, wobei der Doryphoros — vielleicht mit einer wie die Schrift »Kanon« genannten Statue identisch — eine besonders wichtige Stellung einnahm5. So schrieb schon Winckelmann6: ». . . die eine (jugendlich männliche Statue Polyklets) bekam den Namen Doryphoros, vermutlich nach dem Spieße, welchen sie führte, und sie war allen folgenden Künstlern eine Regel der Proportion, und nach derselben übte sich Lysipp.« Als dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Identifizierung der in römischen Kopien überlieferten Statuentypen mit den von den Kunstschriftstellern genannten Werken von Anfang an vor allem Werke Polyklets wiedererschloß7, da schienen diese Werke zunächst zu dem aus den Schriftquellen entnommenen Bild von der polykletischen Kunst als einem prägenden Vorbild für die 1

Hrsg. von V. Fleischer (1913) 335.

2

H. Brunn, Geschichte der griech. Künstler I 2 193ff.

3

Ebenda 163.

4

Plinius, Nat. Hist. X X X I V 19, 5 5 : Fecit

petentes veluti a lege quadam, solusque hominum

et quem canona artifices

vocant liniamenta

artem ipsam fecisse artis opere

artis ex eo

iudicatur.

Vor allem auf Grund der Stelle bei Cicero, Brutus 86, 296.

5

• a. O. 329. 1863 erkannte K. Friederichs den Doryphoros (Der Doryphoros des Polyklet, 23. B W P r . 1863)

7

und 1871 W . Heibig den Diadumenos (Kunst-Chronik [Hrsg. C. v. Lützow] 7, 1872, 212). 1

Jdl. 25. Erg.-Heft

2 spätere Zeit aufs beste zu passen. A. Furtwängler 8 faßte diese Erkenntnis in den Satz: »Die Denkmäler . . . lehren uns den Doryphoros als eine vielfältig benutzte Musterfigur kennen.« Es ist klar, wie bei diesem Bild von Polyklet als dem Schöpfer einer 'Musterfigur' die Vorstellung von der Kunst seiner Schüler ausfallen mußte. Furtwängler selbst9 hat zwar noch an die Möglichkeit einer eigenen, nicht von Polyklet beeinflußten argivischen Richtung unter den Schülern gedacht, ist aber damit — wohl weil er seine Ansicht noch nicht mit genügend Beispielen belegen konnte — vorerst allein geblieben. Die auf seine »Meisterwerke« folgende Forschung hat vielmehr immer stärker die Wirkung der polykletischen Kunst als Muster und Regel, als gesetzgebenden Kanon bei den Schülern betont und ihnen alle eigene Form und Erfindungsgabe immer entschiedener abgesprochen. So heißt es in der Kunstgeschichte von F. Collignon10: ». . . bis auf Lysipp verrät nichts eine Weiterentwicklung, die im Stande gewesen wäre, den Geist der argivischen Bildhauerei von Grund aus zu ändern.« Oder man liest bei A. Michaelis11: »Wohl versammelt die Lehrbarkeit der polykletischen Proportion, Formgebung und Technik eine zahlreiche Schule um den Meister . . ., aber ohne viel neue Gedanken oder Fortschritte zutage zu fördern.« Besonders extrem trat die Vorstellung von der alle eigene Erfindungskraft erdrückenden Wirkung des polykletischen Kanon in der Schule von Argos und Sikyon bei A. Mahler12 hervor, und in W. Kleins Kunstgeschichte findet das schließlich seinen Höhepunkt: Kein Künstler der Schule Polyklets sei über dem Mittelmaß gewesen, »zähes Festhalten an den kanonischen Prinzipien Polyklets, das doch nur um den Preis des Verzichts auf eigenes Gestalten zu erreichen war«13, hätte die ganze Schule gekennzeichnet. Wie man sieht, sind die argivisch-sikyonischen Künstler des 4. Jahrhunderts v. Chr. damit zu reinen Klassizisten geworden. Das sagt ein Satz von Klein schließlich ausdrücklich: »Ein Gang durch das Thorwaldsenmuseum offenbart uns das Wesen der Spätpolykletiker«. Die Werke, die alle diese Forscher den Polykletschülern zuschrieben, waren denn auch, wie es dieser Auffassung entspricht, zum größten Teil solche, die man heute als klassizistisch oder doch mindestens als von klassizistischen Künstlern umgestaltet bezeichnen muß. Neben dem 'Jüngling vom Helenenberg' 14 wurden vor allem der Idolino15, der bronzene Knabenkopf in München16 und der 'Dionysos 8

9 MW. 422. MW. 504. Geschichte der griech. Plastik (deutsch 1898) II 175. 11 In A. Springer, Handbuch der Kunstgeschichte V (1904) 245ff. In der 9. Aufl. (1911) 295 mit dem Einschub: »wie es scheint«, seit der von P. Wolters durchgesehenen 10. Aufl. (1915) 317 gestrichen. 12 Polyklet und seine Schule (1902). Seine Auffassung vom Fortleben des 'Kanon' zeigt sich in Sätzen wie ebenda 103: » . . . war in Argos das künstlerische Können in den Fesseln des Kanon erstarrt« oder ebenda 109 f.: ». . . das nur mehr förmlich atavistisch vorhandene innerlich nicht begründete polykletische Wesen«. 13 W. Klein, Geschichte der griech. Kunst II (1905) 331 f. s. auch ebenda 327 f. und 343 f. Das unten folgende Zitat ebenda 341. 14 15 s. hier S. 70 ff. s. hier S. 135 f. 16 s. hier Anm. 321. 10

3 von Tivoli' 17 immer wieder genannt, Werke, die für sich genommen den Ausspruch, die Polykletschüler hätten auf alles eigene Formen und Erfinden verzichtet, vollkommen rechtfertigen konnten, wobei man allerdings übersah, daß die Zuschreibung dieser Werke an die Schule Polyklets erst auf Grund der vorgefaßten Meinung vom klassizistischen Charakter ihrer Kunst vorgenommen war. Bei anderen Statuen wiederum, so vor allem bei den Knabenstatuen von der Art des 'Leidener Pan' oder des 'Narziß' 18 , verkannte man über der Betonung, wie sehr sie vom polykletischen Vorbild geprägt seien, den eigenartigen Charakter und die in die Zukunft weisenden Züge vollständig. Eine Korrektur des beschriebenen Bildes von der ganz vom 'Kanon' geprägten Kunst der Polykletschule mußte in der Folgezeit einsetzen, als sich die Anzahl derjenigen in römischen Kopien überlieferten Werke ständig vergrößerte, die man gleichsam nebenher, ohne von dem Bild der gesetzmäßigen Prägung der Nachfolge Polyklets auszugehen, nur auf Grund der Übereinstimmungen der Statuentypen mit antiken Angaben und allgemein peloponnesischen Stilmerkmalen Angehörigen der Schule zuschrieb. Schon E. Q. Visconti19 hatte so den 'antretenden' Diskobol als den bei Plinius genannten Diskobol des Naukydes erkannt, F. Hauser20 in dem in Ephesos gefundenen Athleten den Schaber des Daidalos vermutet, und weitere Statuentypen kamen hinzu. Ja, es bildete sich mit der Zeit eine ganze Gruppe von Werken, die man Polykletschülern zuschrieb, die aber sehr wenig mit dem Bild von der Befolgung einer polykletischen Musterfigur übereinstimmen. Und noch eine zweite Indizienreihe hatte sich eröffnet: Bei den Ausgrabungen vor allem in Delphi und Olympia fand man Statuenbasen, deren Signaturen zeigen, daß auf ihnen Werke der Polykletnachfolger gestanden haben21. Diese Signaturen bestätigen aufs beste die Angaben der Schriftsteller über Namen und Schaffenszeit der Künstler, aber die Befestigungsspuren der Bronzestatuen auf den obersten Platten weisen keineswegs nur das kanonische polykletische 'Schreitmotiv' auf, sondern zeigen sogar in überwiegendem Maß unpolykletische oder doch ganz abgewandelte Motive. Nur schwer konnten diese neuen Zeugnisse das eingewurzelte Bild von der Übermacht des 'Kanon' über die eigene Formkraft der Schüler erschüttern. Zunächst versuchte man wiederholt die Zuschreibungen jener Werke an die Schule abzustreiten und sie für attisch zu erklären22. Da sich das mit der Zeit dann doch nicht aufrechterhalten ließ und das Gewicht der eigentümlichen und unpolykletischen Züge dieser Kunst mit dem allmählichen Ausscheiden jener klassizistischen Werke Rom, Thermenmuseum. Heibig3 Nr. 1342. Eine Schöpfung der hadrianischen Zeit. 19 II Museo Pio Clementino III zu Tai. 26. s. hier S. 48 ff. 20 ÖJh. 5, 1902, 214ff. 21 s. hier S. 20fl. 22 Kekule von Stradonitz (AZ. 24, 1866, 173 ff.) nennt den antretenden Diskobol attisch, Furtwängler (MW. 468) den Dresdner Ölausgießer, W. Klein (Geschichte der griech. Kunst II 393) und O. Benndorf (Forschungen in Ephesos I 191 f.) den Athleten mit der Strigilis. Hierher gehören dann auch die Zuschreibungen des Idolino (s. Literatur bei Rumpf, Crd'A. 4, 1939, 18) und des Koblanosathleten (P. Arndt, Text zu BrBr. 614 f. Lippold, Plastik 184) an attische Künstler. 17

18

l*

4 aus der Kunstgeschichte des 5. und 4. Jahrhunderts immer größer wurde, ersetzte man schließlich die Vorstellung von der unproduktiven Abhängigkeit von Polyklet durch eine solche von der attischen Kunst, die ihrerseits nun wieder so stark gewesen sein sollte, daß vom Argivischen nichts mehr übrigblieb23. Aus den Epigonen Polyklets wurden Epigonen der attischen Kunst. Die Eigenarten jener Schülerwerke zu erklären, ist sicher ein anderer Versuch fruchtbarer gewesen, der besonders von den Standspuren der Basen ausgeht. In der im Sinn des klassizistischen Bildes nicht vorhandenen Beziehung zu Polyklet sehen die Vertreter dieser Theorie einen bewußten Akt der jüngeren Künstler selbst, eine Reaktion der Schüler gegen den Meister. Sie hätten, so meint man, »zurück zu den Vätern« gegriffen, das heißt, Formen der argivisch-sikyonischen Kunst vor Polyklet wiederaufgenommen, um eine bewußt andersartige Kunst, als es die klassischpolykletische war, zu schaffen24. Diese Auffassung, die jene obengenannten Erwägungen Furtwänglers weiterführt und selbst eine Reaktion auf das klassizistische Bild der Jahrhundertwende darstellt, hat von vornherein einen großen Vorteil. Sie billigt den Schöpfern des Diskobol und Ephesosathleten eigene künstlerische Formkraft zu und schafft damit erst den Standpunkt, von dem aus ein Fragen nach der künstlerischen Bedeutung und Aussage dieser Werke möglich wird. Andererseits läßt sie völlig außer acht, daß die drei Generationen von Künstlern in Argos und Sikyon nach Polyklet der späteren Antike so deutlich als Schule dieses Meisters vor Augen standen. Außerdem ergibt sich, wenn man Reaktion zum auslösenden Impetus der Kunst dieser Schule werden läßt, eine Lücke von fast zwanzig Jahren zwischen dem Tod Polyklets und den ersten Werken, die nach dieser Auffassung als Schülerwerke gelten können. Hinzu kommt schließlich, daß Reaktion zwar ein auslösender Faktor beim Entstehen einer neuen Form sein kann, nicht aber das leitende Prinzip einer Kunstentwicklung von über siebzig Jahren. Daher blieben auch bei dieser Deutung die Werke der argivisch-sikyonischen Schule des 4. Jahrhunderts weitgehend unverstanden. Nach allem ist es kaum verwunderlich, wenn trotz dieser verschiedenen Deutungsversuche, die recht unbefriedigende Aneinanderreihung heterogener Schöpfungen, die das Kapitel »The Successors of Polykleitos« in dem Lysippbuch von F. P. Johnson darstellte, bis heute die letzte ausführliche Behandlung der Polykletnachfolge geblieben ist; und es ist auch verständlich, warum in den Kunstgeschichten die Werke der Polykletschüler mit einer auch für das 4. Jahrhundert ungewöhnlichen Willkür zwischen 410 und 330 v. Chr. hin- und hergeschoben werden, je 23

Das Betonen des attischen Einflusses geht bereits in die Zeit der klassizistischen Auffassung der Schule zurück: F. Collignon, Geschichte der griech. Plastik II 183; A. Michaelis in A. Springer, Handbuch der Kunstgeschichte I 7 246 und Mahler, Polyklet 134 ff. s. auch W. Amelung, Text zu EA. 1139 und ders., Vat. Kat. I zu Chiar. Nr. 536; Pfuhl, Jdl. 41, 1926, 37 Anm. 2, und vor allem die Beurteilungen der Skulpturen des Heraions von Argos, vgl. hier Anm. 239. 24 A. Rumpf, Archäologie II 86. G. Lippold, Text zu BrBr. 690. T. Dohm, Attische Plastik 60. Diese Auffassung bezieht sich natürlich nicht nur auf die Schule Polyklets, sondern auf die ganze NachHochklassik, läßt sich aber auch auf das Attische nicht wirklich anwenden.

5 nachdem, wie sie sich gerade zur attischen Entwicklung zu stellen scheinen. Der attischen Kunst gilt tatsächlich zur Zeit die fast ausschließliche Beachtung bei der Untersuchung der Epoche zwischen der Hochklassik und dem Wirken der großen Meister der Spätklassik 26 . Die Rechtfertigung einer neuerlichen Behandlung der Kunst der Polykletnachfolge dürfte mit dieser Lage der Forschung gegeben sein26. Die vorliegende Arbeit macht den Versuch, den uns überlieferten Werken dieser Schule eine sinnvolle Entwicklungsgeschichte abzulesen und die in ihnen sich darstellende künstlerische Leistung in ihrer Eigenständigkeit zu erkennen. Die erste Grundlage für ein solches Bild der Schule schienen auch uns die Statuenbasen zu bieten, und das nicht nur als Beleg und Ergänzung der Schriftquellen, sondern es lassen sich den Spuren der Befestigung der Bronzestatuen bereits einige Grundzüge von Entwicklung und Eigenart der Schule entnehmen. Von dieser durch die Betrachtung der Basen gewonnenen Kenntnis von Eigenart und ungefährem Entwicklungsgang der Schule ausgehend, mußte die Untersuchung nochmals alle mit der Zeit als argivischsikyonisch bezeichneten Werke ebenso wie weitere überlieferte Statuentypen des 4. Jahrhunderts auf ihre Zugehörigkeit zur Kunst der Polykletnachfolge hin prüfen. Dabei ergaben sich Übereinstimmungen mit den Standspuren sowohl in der besonderen Form der Standmotive als auch in der allgemeinen künstlerischen Tendenz, wodurch das Bild an Zuverlässigkeit nur gewinnen konnte. Das nächste Anliegen mußte sein, die Werke im Ablauf der Entwicklung zu fixieren. Auch hier konnten die Basen insofern helfen, als sich die aus ihnen entnommene Periodenabfolge auch in den Werken selbst abzeichnen mußte. Schließlich war der Versuch zu machen, die Statuen auf einzelne Künstlerpersönlichkeiten festzulegen und diese mit den überlieferten Namen der Schüler Polyklets zu identifizieren. Dabei ließen sich, wie man sehen wird, vor allem einige charakteristische Richtungen innerhalb der Schule scheiden, deren Eigenart nicht schlecht zu ihrem überlieferten Verhältnis zu Polyklet paßt. Das Verhältnis der Schule zu Polyklet bleibt selbstverständlich weiterhin ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Problem. Die Definition von Grad und Art der polykletischen Wirkung in seiner Schule ist tatsächlich die nächste, in ihrem vollen Umfang über diese Arbeit hinausführende Aufgabe, wenn die Eigenart der Schule erst gebührend erkannt und beschrieben ist. Dieses Verhältnis gibt nämlich nicht nur wichtige Aufschlüsse über das Fortleben des hochklassischen Erbes im 4. Jahrhundert, es bildet auch das erste Kapitel einer Untersuchung über die Wirkung Polyklets auf die spätere Kunst. Und eine solche Wirkungsgeschichte zu schreiben, wäre nicht nur kunst- und geistesgeschichtlich höchst aufschlußreich, sie würde auch neue Wege zu dem zweiten großen Meister der griechischen Klassik eröffnen. So vor allem die Arbeiten von T. Dohm, Attische Plastik vom Tode des Phidias bis zum Wirken der großen Meister des 4. Jhs. und Schlörb, Untersuchungen. 26 Übrigens kann man in allerneuester Zeit wiederum eine Hinwendung zu dem klassizistischen Bild der Polykletnachfolge feststellen; vgl. G. Hafner, Geschichte der griech. Kunst 281. 25

I. DIE SCHRIFTLICHE ÜBERLIEFERUNG 1. STAMMTAFEL

r

ATHENODOROS, DAMEAS von Kleitor

T

ASOPODOROS, ALEXIS, ARISTEIDES u. a. von Argos

NAUKYDES von Argos

I POLYKLETII von Argos

ALYPOS Sikyon

V on

PERIKLYTOS von Argos(?)

ANTIPHANES von Argos

KANACHOS II von Sikyon

PATROKLES II von Sikyon (?)

DAIDALOS von Sikyon

KLEON von Sikyon

Die Zeugnisse der antiken Kunstschriftsteller sind bei aller Ausführlichkeit, mit der sie gerade für die Polykletnachfolge vorliegen, keineswegs eindeutig. Tatsächlich hat fast jeder Forscher seine eigene Interpretation der Schriftquellen vorgetragen27. Die an den Anfang dieses Abschnitts gestellte Stammtafel gründet sich auf folgende Überlegungen: i7

Der Verlauf der Diskussion ist den folgenden wichtigsten Behandlungen zu entnehmen: H. Brunn, Geschichte der griech. Künstler 2 193 ff. Furtwängler, MW. 417. Löwy zu Nr. 86 ff. C. Robert, Archaeologische Maerchen aus alter und neuer Zeit 99 ff. Ders., Hermes 35, 1900, 185ff. Mahler, Polyklet 8ff. F. P. Johnson, Lysippos 4ff. W. Amelung und M. Bieber in Thieme—Becker zu Daidalos, Naukydes, Patrokles und Polykleitos. C. Robert undG. Lippold in RE. zu den einzelnen Künstlern. Amandry 73 ff. Und neuerdings auch die Artikel in der Enciclopedia dell'Arte Antica zu den betreffenden Namen. — Die Quellen selbst sind zusammengestellt bei Overbeck Nr. 978 ff. Und neuerdings Anas 57 ff.

7 In seiner chronologischen Liste der griechischen Künstler nennt Plinius28 bei den berühmtesten Meistern auch deren Schüler; bei Polyklet zählt er sieben Namen von Künstlern auf, die seine Schüler gewesen sein sollen: . . . ex iis Polyclitus discípulos habuit Argium Asopodorum29, Alexim, Aristidem, Phrynonem, Dinonem30, Athenodorum, Demean Clitorium. Von diesen sieben Schülern sind nur Athenodoros und Dameas von Kleitor31, allenfalls auch noch Aristeides32 näher faßbar; im übrigen kann die Pliniusliste nur allgemein die Tatsache einer ausgedehnten Schülerschaft Polyklets bezeugen33. Enkelschüler sind bei Plinius nicht genannt. Die längste und mit Polyklet am direktesten verbundene Folge von Schülern und Enkelschülern überliefert Pausanias34. Es ist die Abfolge Periklytos, Antiphanes, Kleon: . . . Kai 'AcppoShri

Die hier gegebene Stammtafel geht von der von B . Schweitzer in einer Vorlesung über die Kunst des 4. Jhs. aufgestellten Stammtafel der argivisch-sikyonischen Schule aus. Sie unterscheidet sich von jener vor allem durch die verschiedene Einordnung des Naukydes, den Schweitzer neben Daidalos stellte (dazu s. hier S. 10). Eine weitere Stammtafel wurde neuerdings von Amandry 63 ff. erschlossen. Auch Amandry 85 hält Daidalos und Naukydes für Söhne e i n e s Vaters. Naukydes steht also auch bei ihm in der zweiten Generation nach Polyklet. Aus der Schwierigkeit, daß er dann gleich alt wie sein Schüler Polyklet I I wäre, hilft sich Amandry, indem er den dritten Polyklet zum Schüler des Naukydes macht. Dagegen spricht eindeutig, daß Naukydes nach allen von ihm bekannten Daten, vor allem aber auch seiner ganzen Kunstart nach, wie sich zeigen wird, weitgehend noch ins 5. J h . gehört. E r kann auf keinen Fall mit Daidalos, Polyklet I I und Antiphanes zusammengestellt werden, die, abgesehen von ihren allerfrühesten Werken, dem 4. J h . angehören. So kann denn auch nicht der dritte Polyklet Schüler des Naukydes gewesen sein; er gehört als Verfertiger einer Statue des Hephaistion in die Generation des Kleon oder gar erst Lysipp (s. hier S. 16f. und 44). Nat. Hist. X X X I V 19, 50. Overbeck Nr. 978. Daß dies ein Asopodoros — der zweite dieses Namens — von Argos gewesen sein muß, wird seit F . Thiersch, Über die Epochen der bildenden Kunst unter den Griechen (1829) 275 allgemein angenommen. 30 Trotz des Widerspruchs von Lippold, Plastik 217 liegt hier wohl eine Verkürzung des Namens Deinomenes vor, der von Plinius im gleichen Absatz (Nat. Hist. X X X I V 19, 50) zusammen mit Naukydes, Kanachos und Patrokles — alles Polykletschüler — genannt wird. Die überlieferten Werke dieses Deinomenes (Lippold, Plastik 203) würden zu einem Argiver und Polykletnachfolger gut passen. Der sog. Protesilaos in New York und London (vgl. Richter, MetrMusSt. 1, 1928/29, 187) kann dann allerdings nicht von ihm sein. 3 1 Dameas und Athenodoros von Kleitor haben an wichtiger Stelle, bei den Götterstatuen des Lysanderweihgeschenks mitgearbeitet (Pausanias X 9, 8. Overbeck Nr. 979). Athenodoros war außerdem, wenn es derselbe Künstler ist, nach Plinius (Nat. Hist. X X X I V 19, 86) ein Bildner von Frauenstatuen, vgl. Robert in R E . I I 2046 s. v. Athenodoros (25). 32 Aristeides hat nach Plinius (Nat. Hist. X X X I V 19, 72. Overbeck Nr. 981) Zwei- und Viergespanne gearbeitet. Ebenfalls mit Pferden hat es zu tun, wenn er bei Pausanias (VI 20, 14) als Verbesserer der Startvorrichtung im Hippodrom von Olympia erscheint. 28 29

33 Die Quelle dieser Liste muß eine andere sein als Pausanias vorgelegen hat. Vor allem fällt auf, daß Plinius keinen einzigen Sikyonier nennt, obgleich doch Kanochos I I und Patrokles in seiner chronologischen Aufzählung erscheinen. Vgl. A. Kalkmann, Die Quellen der Kunstgeschichte des Plinius 230 und R E . X X I 1, 396 ff. (W. Kroll). 34 V 17, 3. 4. Overbeck Nr. 985.

8 XocAKfj, KAEGOVOS

'AvTicpävris,

EK

Epyov

ZiKucoviou.

55o b e i g a n z anderer stilistischer Gestaltung sich gut in Räumlichkeit und Verhältnis von Körper und Gewand neben die Aphrodite stellen läßt, grenzt die Entstehungszeit näher ein. Das Urkundenrelief von 375/74 v. Chr.651, dessen Athena der argivischen Göttin in Haltung und Aufbau sehr ähnelt, bietet ein festes Datum. Über die siebziger Jahre des 4. Jahrhunderts mit dem Werk des jüngeren Polyklet weiter hinunterzugehen 662 , verhindert schon die Verwandtschaft mit dem Diskobol von gegen 380 v. Chr. In der Tat paßt die Aphrodite gut neben die Eirene des Kephissodot, die aber vielleicht doch noch etwas später entstanden ist663, neben die 648

s. hier S. 74 ff. Athen, Nat. Mus. 155. J. F. Crome, Die Skulpturen des Asklepiostempels von Epidauros Taf. 1 — 3. Zur Datierung B. Schlörbs und ihrer Aussonderung der 'Epione' aus den Tempelskulpturen s. hier Anm. 446. 551 Athen, Nat. Mus. 1467. Binneboeßel Nr. 34. Süsserott 47 Taf. 3, 2. Lippold, Plastik Taf. 88, 2. 552 Th. Dohm, Attische Plastik 207 ist für eine Datierung 375—365 v. Chr. eingetreten. Sonst wird das Werk meist ins ausgehende 5. Jh. gesetzt, was dem Anlaß der Weihung entsprechen würde, kunstgeschichtlich aber unmöglich ist. Am nächsten kam der hier vertretenen Datierung L. Alscher, Griech. Plastik III 653 31 mit um 380 v. Chr.; s. auch Süsserott 141. s. Lippold, Plastik 224. 650

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Frau auf der Münchener Grablekythos 584 und besonders neben den Bärtigen auf dem gleichzeitigen Moskauer Grabrelief 666 , während die in der Gesamterscheinung der amykläischen Statue nicht unähnliche Ameinodora von 370 566 in ihrer gelösteren Bewegung im Raum schon deutlich über das Entstehungsdatum der Aphrodite hinausgeht. Die gegenüber dem Diskobol neu errungene Ausgewogenheit in der Figur der Aphrodite des jüngeren Polyklet kann also mit dem Beginn des 'schlichten Stils' in der attischen Kunst gleichgesetzt werden. Diese von dem Werk selbst geforderte Datierung verbietet es allerdings, die Aufstellung des Denkmals direkt mit dem spartanischen Sieg von 405 v. Chr. zu verbinden, wie Pausanias es getan hat. Wir haben entweder einen Fehler des Periegeten anzunehmen oder mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Spartaner noch in den siebziger Jahren ein solches sich auf 405 beziehendes Denkmal aufstellen konnten 667 . Eine dritte Möglichkeit wäre, daß Polyklet I I später eine zweite bewaffnete Göttin für Epidauros hergestellt hat, nach der die Kopien gemacht wären. Die Auffindung der qualitätvollsten Wiedergabe in diesem Heiligtum wäre damit ebenfalls erklärt. Nach all dem ist in der Aphrodite von Epidauros ein wertvolles erstes Zeugnis einer neuen, ausgeglicheneren Gestaltung der Polykletnachfolge erhalten und zugleich ein wichtiges Beispiel für die Schöpfung von Götterbildern durch den jüngeren Polyklet. Der Künstler hat den Typus der Aphrodite im dünnen Chiton, dessen einer Schulterteil über die Brust herabgeglitten ist, in der Aphrodite NeapelParis vorgebildet gefunden. Für den äußeren Aufbau ist aber mindestens ebenso der attische Aphroditetypus der 'Hera Borghese' das Vorbild gewesen668. In der Weise, wie der Mantel um die Hüfte liegt, gleicht die Göttin des jüngeren Polyklet jener 'Hera' ganz auffallend. Und doch hat Polyklet I I mit Hilfe der Möglichkeiten der argivischen Kunst in ihrer Blütezeit etwas ganz Neues aus diesem Typus gemacht. Durch das bedeutungsvolle, wie abwehrende Verhältnis der Göttin zu den von ihr gehaltenen Waffen und das Einmalig-Persönliche, das sich darin ausdrückt, ist aus der mächtigen Göttererscheinung des nachphidiasischen Künstlers ein intim individuelles Bild geworden, das seine Eigenart im Vergleich mit den eigentlichen Fortsetzern der phidiasischen Schöpfungen im 4. Jahrhundert, der Eirene oder der 'Hera aus Ephesos', nur noch deutlicher hervorkehrt. Dagegen bildet die Statue München, Glyptothek. Diepolder Taf. 34. Zur Datierung ebenda 39. 555 Moskau, Mus. d. Schönen Künste. Diepolder Taf. 32. Zur Datierung ebenda 37 f. 559 Athen, Nat. Mus. Diepolder 38 Taf. 33, 1. 667 Zur Geschichte der 70er Jahre vgl. H. Bengtson, Griech. Geschichte (HAW. III 4) 264 ff. 558 Zur "Hera Borghese' s. Lippold, Plastik 188. Th. Dohm, Attische Plastik 212ff. betonte bereits die Verwandtschaft der argivischen Aphrodite zu der 'Hera'. Zu dem unten zitierten Torso aus Ephesos, der die eigentliche Fortsetzung der Hera Borghese im 4. Jh. darstellt, s. Dohm, ebenda 212 S. und Taf. 28c sowie Lippold, Plastik 207 Anm. 6. — Die Artemis des Reliefs in Sparta, M. N. Tod—A. J . B. Wace, Cat. of the Sparta Mus. Nr. 468; AM. 12, 1887, Taf. 12 folgt deutlich mehr der attischen Kunst als der Aphrodite von Epidauros, wie R. Kabus-Jahn, Stud. zu Frauenfiguren des 4. Jhs. v. Chr. 82 richtig gesehen hat. Allerdings sieht sie in der 'Hera Borghese' ebenfalls ein peloponnesisches Werk, vielleicht sogar von Polyklet II. Das ist völlig unmöglich, da das Bild der Göttin unmittelbar aus der Parthenonkunst herausgewachsen ist. 554

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des Polykletnachfolgers in der inneren Auffassung des Bildes der Göttin die klare Fortsetzung dessen, was in der Neapler Aphrodite angelegt war, und ist damit zugleich die direkte Vorläuferin zu den Aphroditen des Praxiteles669. Für weniger sicher als die Identifizierung der Aphrodite von Epidauros mit der amykläischen Statue des Polyklet II hält man im allgemeinen die Verbindung des Athleten mit der Strigilis, von dem eine Bronzekopie aus Ephesos (K 1; Taf. 20c) und mehrere weitere römische Kopien und Umbildungen bekannt sind, mit einem Werk der Polykletnachfolge560. Die Vermutung Hausers661, es handle sich um einen der zwei destringentes se, die Plinius662 als Werke des Daidalos von Sikyon nennt, ging von einer verschollenen Basis von Ephesos aus, auf der Daidalos, der Sohn des Patrokles, signiert hatte 663 . Mit dieser Basis verband F. Hauser die am gleichen Ort gefundene Bronzestatue (K l) 664 . Gegen seine Identifizierung hat die Forschung eingewandt665, daß die Statue nicht im eigentlichen Sinn ein destringens se sei, sondern, wie aus der verkleinerten Kopie in Boston (K 5) hervorgeht, einen Jüngling darstelle, der seine Strigilis reinigt666. Andererseits ist nach der Erkenntnis, daß es sich bei der ephesischen Bronze nicht um ein griechisches Original, sondern um eine Bronzekopie römischer, wahrscheinlich flavischer Zeit handelt, die direkte Zusammenstellung der Statue mit der Basis des 4. Jahrhunderts v. Chr. unmöglich geworden567. Bei diesem Stand der Frage muß man sich zunächst der Statue selbst zuwenden. Für die Vorstellung von dem Original ist zweifellos die Kopie aus Ephesos in Wien (K 1; Taf. 20c) die beste und zuverlässigste Grundlage. Allerdings war ihr Körper bei der Auffindung nur noch in Fragmenten erhalten, die Mittelpartie des Rumpfes, die ganze untere Hälfte des Rückens und große Stücke an den Oberarmen und Oberschenkeln wurden zur Wiederaufstellung ergänzt668. Für diese Teile ist die Replik in Florenz (K 3) heranzuziehen, die einzige weitere voll erhaltene Kopie in der ursprünglichen Größe. Diese Wiedergabe ist allerdings — sie mag in trajanischer Zeit gefertigt sein — im ganzen zu glatt klassizistisch, was sich besonders zeigt, wenn man ihren Kopf mit dem der Bronze vergleicht. Das Gesicht der Uffizienreplik ist schmaler und hat bei dem Versuch des Kopisten, die Bronzeform scharf Zu den Aphroditen des Praxiteles vgl. Rodenwaldt, 0eol pela JWOVTES, AbhBerlin 1943 Nr. 13. s. hier S. 269 ff. 5(11 ÖJh. 5, 1902, 214ff. 6 8 2 Nat. Hist. X X X I V 19, 76. 5 8 3 s. hier S. 11. 5 8 1 Zum Fundort s. hier S. 269, K 1. 565 Vgl. Lippold, Plastik 218. Für wahrscheinlich hielten die Zuschreibung trotzdem F. P. Johnson, Lysippos 88f. und neuerdings G. Hafner, Geschichte der griech. Kunst 283. 5 8 8 Rekonstruktion zunächst als 'destringens': O. Benndorf, Forschungen in Ephesos I 181 ff. Richtigstellung nach der Bostoner Statuette: Hauser, ÖJh. 6, 1903, 19. Die Ansichtseite ist die frontal zum Oberkörper gesehene Seite. Das Werk wird meist zu sehr von schräg links aufgenommen und abgebildet (vgl. Süsserott 160 Anm. 116f.). 5 8 7 Zur Beurteilung als Kopie s. hier S. 269. 5 8 8 Zum Erhaltungszustand s. Forschungen in Ephesos I 181 Abb. 127. S. 182 Abb. 128. 129. 6511 680

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umrissen wiederzugeben, die dem Original eigene individuelle Frische völlig verloren. Die Ephesoskopie dagegen mit der breiteren Gesichtsform, den weicheren Übergängen zwischen den Teilen und der besonders charakteristischen Versammlung der Organe in die Front des Kopfes wird von einem Kopf der Ermitage (K 2; Taf. 32a) unterstützt. Dementsprechend hat man sich wohl auch für die Vorstellung von den Körperformen des Originals nicht an die ausgeglicheneren, bestimmter voneinander geschiedenen Formen der Florentiner Kopie, sondern — soweit sie erhalten sind — an die bewegteren, je für sich kompakt-lebendigen Muskeln und ihr kräftiges Gegeneinanderspiel bei der ephesischen Statue zu halten. Dabei muß allerdings aus der Ähnlichkeit mit der Museo Nuovo-Kopie des Naukydes-Diskobols (Dl), mit der die Bronze in der zeitlichen Stellung etwa übereinstimmen wird, geschlossen werden, daß auch bei der Bronze die körperliche Fülle übertrieben ist. Doch da die Bronze in der Bildung der Muskulatur, wie etwa den runden Brustmuskeln, von den Statuettenwiedergaben, soweit das bei deren kleinem Format möglich ist, unterstützt wird, bleibt sie als Wiedergabe des Originals immer noch zuverlässiger als die klassizistische, an polykletischen Werken orientierte Florentiner Fassung. Für den Gesamteindruck muß aber auch an der ephesischen Statue die gewisse leere Gedunsenheit der Ausführung und der damit zusammenhängende fast brutale Ausdruck des Gesichts (Taf. 24b) korrigiert werden. Der Kopf der Ermitage (K 2; Taf. 32a) mit seiner größeren Lebendigkeit bei gleichzeitig größerer Präzision und die Bostoner Statuette (K 5) mit ihrer liebenswürdigen Frische können hierzu gute Dienste leisten. Die Zugehörigkeit des durch diese Kopien vertretenen Werks zur Kunst der Polykletnachfolge ist bei einem Vergleich mit Statuen, die sicher als zur Kunst der Schule gehörig erkannt sind, völlig eindeutig589. Die brüderliche Ähnlichkeit des Kopfes mit dem des Naukydes-Diskobols ( K l ; Taf. 24b und D 1 ; Taf. 22a) spricht allein schon dafür. Hinzu kommt der mit dieser Statue weitgehend übereinstimmende Aufbau des Körpers. Der Strigilisreiniger hat den gleichen schweren Oberkörper mit den starken, runden Schultern und den fülligen Brustmuskeln, es zeichnet ihn das gleiche Einknicken in der Mitte des Rumpfes aus, und sogar in der Wendung des Kopfes gleichen sich die beiden Werke. Die Gestaltung der Muskulatur des Strigilisreinigers steht im einzelnen der des Läufers (G. 1; Taf. 3d) oder Athleten Capelli (FIV1; Taf. 15c) noch näher als der, wie gezeigt werden konnte, recht eigenartigen Sonderform des Naukydes. Der weitgeschwungene Rippenbogen und die großflächige Einteilung der Bauchmuskulatur, die alle Kopien des Ephesosathleten zeigen, entsprechen ganz der direkt aus polykletischen Formen abgeleiteten Art der zuerst genannten Werke. Im Aufbau der Figur ist der Athlet wiederum der Aphrodite des zweiten Polyklet überaus ähnlich. Das gleiche Standmotiv mit dem seitlich vom Standbeinfuß nur mit dem Ballen den Boden berührenden Spielbeinfuß, die gleiche labil-bewegliche Stellung des Spielbeins selbst, die gleiche Drehung des ganzen Körpers im 689

Vgl. Sieveking, Text zu BrBr. 6 8 2 - 6 8 5 .

157 Raum finden sich bei beiden. Schließlich verbindet die Weise, wie der Jüngling auf sein Tun und auf sich selbst konzentriert ist, das Werk über die Aphrodite hinaus mit der ganzen Kunst der Polykletnachfolge, soweit wir sie bisher kennengelernt haben. Es kann nach allem kein Zweifel mehr daran bestehen, daß das Original des Ephesosathleten aus der Polykletschule stammte670. Nun kann aber auch die Richtung näher angegeben werden, der der Strigilisreiniger innerhalb der Schule angehört. Nach einer Kopie im Vatikan hatte sich die Statue eines ölausgießers wiederherstellen lassen, der im zweiten Jahrzehnt des 4. Jahrhunderts von einem sikyonischen Künstler geschaffen worden ist (Abb. I)671. Mit geknickten Knien wie geduckt stehend, den Oberkörper nach vorn gebeugt, mit den Armen in einer Art ringförmigen Umgreifens agierend, den Blick ganz auf seine Tätigkeit konzentriert, bildet dieser Athlet den direkten Vorläufer zum Ephesosjüngling (Taf. 20c). Dabei ist deutlich zu erkennen, daß die Tendenzen, die bei dem vatikanischen Athleten in noch nicht befriedigender Weise zum Ausdruck gebracht waren, bei dem Strigilisreiniger ihre endgültige Gestalt gefunden haben. Das Stehen — bei dem ölausgießer aus einem alten Bewegungsschema mit ganz anderer Bedeutung zu einer Stellung des Übergangs und der vielfältigen Möglichkeiten folgender Bewegung, zugleich aber als ein augenblickliches Innehalten in der Konzentration des Moments gestaltet — ist bei dem Athleten aus Ephesos durch ein echtes Standmotiv ersetzt, das aber weiterhin die labile Beweglichkeit und den momentanen Charakter in sich trägt. Das etwas krampfhafte Vorbeugen des ölausgießers ist in die rhythmische Bewegung und Drehung des Oberkörpers beim ephesischen Athleten umgewandelt. Auch das enge Übereinander der Hände und des Kopfes des vatikanischen Werks ist bei dem Original der Bronzekopie verschwunden, die Bewegung der Hände wurde an einem Punkt konzentriert und von dem gesenkten Kopf entfernt ; so bleibt Raum für die freie Entfaltung des Körpers zwischen den einzelnen den Aufbau bestimmenden Schwerpunkten der Komposition der Gestalt. Ist so der Ephesosathlet als die Fortsetzung und Ausgestaltung eines, wie gezeigt werden konnte, sikyonischen Werks872 der Polykletnachfolge zu verstehen, so sind wir auf einem Umweg wieder ganz in der Nähe des Hauserschen Ergebnisses angelangt; denn für einen sikyonischen Enkelschüler Polyklets — daß der Ephesosathlet von einem Künstler der zweiten Generation geschaffen sein muß, wird niemand bezweifeln — steht nur der Name des Daidalos von Sikyon zur Verfügung573. 670

Die Zuschreibung an Lysipp von Morgan, Hesperia Suppl. 8, 1949, 228ff., die vorher schon einmal von A. Maviglia, L'Attività Artistica di Lisippo 15f. ausgesprochen wurde (vgl. F. P. Johnson, Lysippos 85ff.), muß schon deswegen wegfallen, weil es dann auf die Frage, welcher geniale Künstler den vatikanischen Apoxyomenos geschaffen hat, keine Antwort gibt. Auf die vielen unlysippischen Züge des Werks braucht gar nicht näher eingegangen zu werden, eine Gegenüberstellung mit dem Kopenhagener Herakles genügt. Dem Ephesosathleten fehlt die lysippische drängende Energie vollständig. Vgl. hier Anm. 811. 571 s. hier S. 146ff. 572 s. hier S. 146. 673 s. hier S. 6 mit Stammtafel.

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Rückblickend wäre dann der vatikanische Ölausgießer als ein Frühwerk des gleichen Meisters zu betrachten, und der Läufer des Konservatorenpalastes könnte mit dem Namen des Vaters und Lehrers des Daidalos, Patrokles II, verbunden werden674. Gegen diese stilistische Einordnung ist dann auch der Einwand, die Statue stelle gar keinen destringens se dar, hinfällig. Auch wenn die Kunstschriftsteller eine andere Statue meinen, bleibt die Zuschreibung bestehen. Folgende Überlegung scheint dann allerdings doch für eine Verbindung mit jener Pliniusstelle676 zu sprechen. Einmal sind ja die antiken Bezeichnungen keine Beschreibungen, sondern Gattungsnamen, und so würde man wohl jeden Athleten mit einer Strigilis als einen destringens bezeichnet haben. Ferner aber schreibt Plinius von Knaben, und zwar von zweien. Diese Angabe legt nahe, daß er gar nicht das Original des 4. Jahrhunderts kannte, sondern eine jener typischen Verwendungen dieses Originals in römischer Zeit. Da pflegte man zu dekorativen Zwecken ein griechisches Vorbild zu verdoppeln und gerne auch gleichzeitig zu verjüngen. Gerade von der Statue des Daidalos ist uns eine solche ins Knabenhafte gewendete Doppelgruppe unter den Statuen des Braccio Nuovo erhalten876. So scheinen auch die pueri destringentes se des Plinius die Zuschreibung des zugrunde liegenden Originals an Daidalos von Sikyon zu bekräftigen. Die Ähnlichkeit des Athletenbildes des Daidalos mit der Aphrodite des zweiten Polyklet zeigt, daß er in die Gruppe von Werken gehören muß, die auf den Diskobol des Naukydes folgen. Die Spannungen im Aufbau der Werke der ersten beiden Jahrzehnte des Jahrhunderts sind auch in ihm noch spürbar. Sie machen sich besonders in der energischen Dehnung seines Körpers im Raum auf den ersten Blick bemerkbar. Nach der bekannten Weise der Polykletschüler677 ist der aktive Arm, dessen Hand, mit dem Daumen an der Fläche der Strigilis entlangfahrend, diese von Schmutz reinigt, über dem linken Spielbein, der passive Arm, dessen Hand die Strigilis hält, über dem Standbein angeordnet. Zugleich aber ist, nach der ebenfalls von den schon besprochenen Werken her bekannten Art, das Spielbein nicht mehr ruhig entlastet, sondern in seinem beweglichen Ansetzen mit weggehobener Ferse gleichfalls aktiv. Damit sind die wegschnellende Bewegung des linken Armes und die anwippende des linken Beines auf derselben Körperseite miteinander verbunden, ganz wie beim Diskobol das vorgesetzte Bein mit dem vorgreifenden Arm zusammengeht. Hatte die Aphrodite diese einseitige Aktivität der Figur durch ein Gerüst von Vertikalen eingefaßt und ausgeglichen, so sind bei dem Strigilisreiniger die energisch nach außen drängenden Kräfte durch die Bewegung der Figur selbst wieder in diese zurückgenommen. Der aktive linke Arm ist so gebogen, daß diese Biegung der des Spielbeins entgegengesetzt entspricht. Und zwar nimmt er den Schwung des Spielbeins genau an der Stelle auf, wo jener gegen die Hüfte ausläuft, und leitet beides, die hochwippende Bewegung des Spielbeins und die eigene vom Körper wegführende s. hier S. 11. Nat. Hist. X X X I V 19, 76. 678 Amelung, Vat. Kat. I, Braccio Nuovo Nr. 105 Taf. 17. Zur Verdoppelung von Statuen bei den Römern s. hier Anm. 506. 531. 677 Vgl. hier S. 118. 138. 574 576

159 Aktion, zur Schulter hin und so in den Körper zurück. Gleichzeitig bildet der Bogen des linken Armes mit den Schultern und dem anderen Arm zusammen einen Kreis, der jede Bewegung an den von ihm umschlossenen Körper bindet. Innerhalb des Kreises der Arme und Schultern besitzt auch der rechte, an sich passive Arm eine besondere Akzentuierung dadurch, daß er stärker angewinkelt und damit angespannter ist als der linke. So hat auch dieser Arm, dessen Hand die Strigilis hält, eine gewisse, ihm innewohnende Bewegungsenergie und bildet zu dem Standbein, das im neuen Gefüge des Körpers als passiv gelten muß, einen kontrapostischen Gegensatz. Diesem Kontrapost gemäß — der allerdings nur von sekundärer Bedeutung ist — gehört der rechte Arm mit dem linken, von Spannung beherrschten Spielbein zusammen. Mit seiner Richtung führt er die Bewegungsrichtung dieses Beines weiter, so daß durch ihn auch die Bewegung des Spielbeins in den Kräftekreis der Arme eingebunden wird. Schließlich ist auch die räumliche Ausdehnung der Gestalt in der Ebene vor ihr nicht wie beim Diskobol ein geballter Vorstoß an einer Stelle, sondern die vorgestreckten Arme werden durch den vorgebeugten Oberkörper, den nach vorn geneigten Kopf und das vorgeschobene linke Knie ergänzt. Die Bewegung, die vom Fuß des elastisch anwippenden Spielbeins über das Knie zur rechten Hand verläuft und von da in den rechten Arm weitergeleitet wird, erscheint als eine räumliche Drehbewegung, zu der das Standbein die Achse bildet. Auf diese Weise wird das Raumgreifen mit der Figur und ihrer Bewegung selbst verbunden. Damit herrscht auch in der Gestalt dieses Athleten eine neue, ausgeglichene Harmonie der Kräfte, die in allen ihren Spannungen erhalten geblieben sind, eine Harmonie, die sich trotz aller Verschiedenheit der Aufbauelemente neben Polykletisches stellen läßt. Und es mag zu dieser neuerrungenen 'Klassik' gehören, daß ein wichtiges Mittel in dem eben beschriebenen Zusammenschluß der Teile der Umriß bildet, der Umriß, der in der ersten Zeit nach Polyklet allmählich aufgelöst worden war und bei den Werken bis zum Diskobol und auch bei ihm noch völlig mißachtet wurde. Nach allem ist es deutlich, daß der Athlet der Bronzekopie aus Ephesos einen Höhepunkt in der neuen, ausgewogenen Gestaltung der Polykletnachfolge bedeutet. Dabei berechtigt der Fortschritt, den er auch der Aphrodite von Epidauros gegenüber darstellt, nicht dazu, ihn in der Datierung sehr weit von der Aphrodite wegzurücken, wie das mehrfach in der sich gerade über dieses Werk recht uneinigen Forschung geschehen ist 578 . Die Ähnlichkeit zu Diskobol und Aphrodite ist zu groß, als daß eine Entstehung des Strigilisreinigers in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch möglich wäre. Vor allem aber ist das Werk des Daidalos mit dem Diskobol und den Schöpfungen vor ihm in der Auffassung des Athletenbildes so eng verwandt, daß er auch zeitlich mit ihnen zusammengehören muß. Jene Athletenauffassung war 6 7 8 Nach der früheren Forschung (A. Furtwängler, Masterpieces of Greek Sculpture 260. Kalkmann, AA. 1891, 140) gehörte das Werk an den Anfang des 4. Jhs. Dagegen neigt man in neuerer Zeit dazu, die Statue sehr tief ins 4. Jh. herunterzurücken (Lippold, Plastik 218: ». . .wohl schon nach 350«. Süsserott 161: »Beginn des Jahrzehntes 350/40«). Dazwischen liegen Curtius, AK. 376: »Um 360 v. Chr.« und vorher schon O. Benndorf, Forschungen in Ephesos I 192.

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durch vier einander gegenseitig bedingende Hauptzüge gekennzeichnet: 1. Die Erfassung eines einmaligen, zufälligen Moments im Tun des Athleten. — 2. Seine Konzentration, seine innere Anteilnahme an diesem Tun. — 3. Das IndividuellPersönliche, das in dem völligen Aufgehen im nebensächlichen Augenblick zum Ausdruck kommt. — 4. Die den Athleten umgebende reich differenzierte Atmosphäre der Palästra und des agonistischen Kampfes 679 . Es ist sogleich deutlich, daß der Athlet des Daidalos ein vollkommenes Beispiel desselben Bildes vom Athleten und Menschen darstellt. Sein Tun ist ganz dem flüchtigen Augenblick abgelauscht im vollen Gegensatz zu einem Apoxyomenos, wie Polyklet ihn gestaltet hätte 880 . Die Versunkenheit des Jünglings in seine Tätigkeit ist vollständig: Den Oberkörper nach vorn geneigt, den Kopf tief heruntergebeugt und den Blick auf die Hände gerichtet, hat er nur Aufmerksamkeit für das Säubern der Strigilis, und dabei liegt in dieser Konzentration zugleich eine nachdenkliche Versonnenheit, die auch diesen Jüngling noch als einen Erben der Knabengestalten der ersten Epoche nach Polyklet ausweist. Auf das schönste kommt sodann bei ihm in der Versunkenheit in sein Tun das Individuell-Persönliche zum Ausdruck, seine einmalig besondere Beziehung zum Athletendasein. Dabei ist auch hier nicht ein abstrakter 'Raum', sondern die ganze Welt, Leben und Luft der Palästra mit der nach dem Charakter der Handlung als Rand- und Umgebungsfigur gekennzeichneten Gestalt verschmolzen. Wie beim Diskobol des Naukydes und den bewegten Figuren aus der Zeit vor ihm schwingt in der Darstellung des Strigilisreinigers Aufregung, Lärm und Getümmel des sportlichen Wettkampfs mit. Wieder verbindet sich die reicher differenzierte Umwelt dabei mit den persönlichen Zügen. Das zeigt die Haltung des Athleten, die wippende Bewegung des Spielbeins, vor allem aber das Gesicht, die zusammengekniffenen Augen, die aufgequollenen Wangen, die leicht hochgezogene Oberlippe und das von Öl verklebte, in der Aufregung von der Stirn zurückgestrichene Haar mit den vom Wind zerwühlten Locken am Hinterkopf. Die genauere Datierung für das aus all den genannten Gründen in die Blütezeit der Polykletschule gehörige Werk des Daidalos ergibt sich zunächst aus einem Vergleich mit den Frühwerken des Praxiteles, deren Chronologie durch den Anschluß an die Eirene des Kephissodot und durch die an ihnen ablesbare, sinnvolle Entwicklung einigermaßen festzulegen ist581. 679

s. hier S. 146 f. 5so Polyklets Apoxyomenos ist entweder nach der Bronze J. Sieveking, Die Bronzen der Sammlung Loeb Tai. 11, nach dem Grabrelief Diepolder Taf. 35, 2 und der Bronze in Berlin, A. Brueckner, Polyklets Knöchelwerfer, 77. BWPr. (1920) Abb. auf S. 21 vorzustellen, oder er hielt die Strigilis wie der Diskophoros den Diskus einfach in der Hand (vgl. etwa das Schalenbild in Oxford, P. Gardiner, Cat. of the Greek Vases in the Ashmolean Mus. Nr. 304 Taf. 22). 581 Abzulehnen sind die Datierungen der Werke des Praxiteles durch Süsserott (dazu Lippold, Gnomon 16, 1940, 316ff.) und Byvanck, BAntBeschav. 30, 1955, 30ff., der sich hauptsächlich auf die Vasenmalerei stützt. Es ist aber sicher unmöglich, den Satyr um 15 bis 20 Jahre von der Eirene zu trennen, auch kann er nicht gleichzeitig mit dem soviel räumlicheren Pothos des Skopas sein. Ebenso darf die

161 Da schließt sich an die Eirene von 375—370 v. Chr. 582 der einschenkende Satyr 683 ziemlich eng an, diesem folgt um 370 die Aphrodite von Arles684, auf sie wiederum der Sauroktonos685, der in den sechziger Jahren entstanden sein wird, und schließlich die Knidierin im Jahrzehnt vor der Mitte des Jahrhunderts 686 . Der Sauroktonos kann — um hier noch einige andere Meisterwerke anzuschließen — nur wenig früher sein als die Leda des Timotheos687, und in die Jahre um 360, vielleicht aber auch schon in die frühen fünfziger Jahre gehört dann auch der Herakles Lansdowne des Skopas688, der von den Tegeaskulpturen von 345 v. Chr. um nicht viel mehr als zehn Jahre getrennt werden darf 689 . Sucht man den Platz zu bestimmen, den der Ephesosathlet in dieser Reihe von Werken einnimmt, so ist es deutlich, daß er mit seiner geschlossenen Form nicht ganz an ihr Ende gehören darf, er kann nicht neben der oder gar später als die Aphrodite von Knidos entstanden sein; auch der Herakles Lansdowne und die Leda führen eindeutig über ihn hinaus. Bei allen diesen Werken wird durch die Richtung des Blicks und die Wendung des Kopfes aus dem Kosmos der Figur hinaus für diese eine neue Dimension des Räumlichen und auch der inneren Möglichkeit der Gestalt eröffnet. Von diesen Möglichkeiten ist bei dem Athleten noch nichts zu spüren. Am treffendsten wird man die Entstehung des Werks des Daidalos in die Zeit zwischen Verbindung des Satyrn mit der Aphrodite von Arles nicht gesprengt werden, die Byvanck in die 40er Jahre setzt. Dieses eindeutig frühe Aphroditebild des Praxiteles kann nicht nur 5 Jahre vor dem von einem souverän gestaltenden und reifen Künstler geschaffenen Hermes in Olympia entstanden sein. 682 Zur Identifizierung und Datierung vgl. die bei Lippold, Plastik 224 Anm. 1 angegebene Literatur. G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike1 380 f. 685 Lippold, Plastik 237 Anm. 4. Rizzo Tai. 19 ff. Zur Datierung vgl. die Eirene und das Urkundenrelief von 375/74 v. Chr. 684 Lippold, Plastik 237 Anm. 2. Rizzo Taf. 34 ff. Zur Datierung vgl. die Ähnlichkeit zum Satyr und zur Eirene. Die Aphrodite besitzt noch den gleichen etwas unbeholfenen und stockenden Aufbau wie der Satyr. Die mittlere Gestalt des Urkundenreliefs von 362/61 v. Chr. geht deutlich über sie hinaus, ebenso auch schon die Gestalt auf der Panathenäischen Amphora von 367/66 (vgl. hier Anm. 590). 585 Lippold, Plastik 240 Anm. 6. Rizzo Taf. 59ff. Zur Datierung: Die Gestalt entwickelt sich räumlicher als die Aphrodite von Arles. Die Athena des Urkundenreliefs von 362/61 ist zu vergleichen. 686 Lippold, Plastik 339 Anm. 3. Rizzo Taf. 70 ff. Zur Datierung beachte man die wiederum freiere Räumlichkeit als bei dem Sauroktonos. Die Figur zeigt die für das Jahrzehnt vor der Mitte des Jhs. typische Öffnung nach außen (vgl. das Urkundenrelief von 355/54 v. Chr.), und für die neue gegen den Raum drängende Massigkeit der Figur die Grabreliefs von der Mitte des Jhs. vgl. Diepolder Taf. 40ff.; zu deren Datierung ebenda 43 ff. 687 Lippold, Plastik 221 Anm. 8. G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike 1 379. B. Schlörb, Timotheos, 22. Erg.-H. zum J d l . 56 datiert meiner Ansicht nach die Leda zu früh, was natürlich wiederum mit ihrer Frühdatierung der Asklepieionskulpturen zusammenhängt. Hat man aber die Reihe der Werke des Praxiteles vor Augen, so ist das Werk vor dem Sauroktonos kaum denkbar, ja, es geht über diesen sowohl in der Öffnung in den Raum wie auch in der Freiheit, mit der die komplizierte Drehung der Figur gestaltet ist, hinaus. 688 Lippold, Plastik 251 Anm. 6. G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike 1 408. Zum Kopf vergleiche man die Köpfe des Tegeatempels von deutlich fortgeschrittenerem Stilcharakter (s. hier Anm. 589). Im übrigen steht das Werk zeitlich zwischen der Aphrodite von Arles und der Knidierin. 6 8 9 Zu den Tegeaskulpturen s. Lippold, Plastik 250. Ch. Dugas, Le Sanctuaire d'Aléa Athéna à Tégée. Datierung nach den Bauornamenten und einem Vergleich mit Epidauros in die 40er Jahre. 11

Jdl. 25. Erg.-Heft

162 den beiden Aphroditen des Praxiteles, etwa gleichzeitig mit dem des Sauroktonos ansetzen. Zu der auf diese Weise gefundenen Datierung des Strigilisreinigers in die frühen sechziger Jahre stimmen noch weitere Vergleiche aus der attischen Kunst. Die Panathenäische Amphora im Britischen Museum vom Jahre 367/66 v. Chr.890 zeigt eine Ringergruppe, die im Vergleich mit den Ringern auf der Kittosamphora von 380 v. Chr.691 eine ganz neue Räumlichkeit in der Wiedergabe der Figuren und des Kampfes aufweist. Stand neben der Kittosamphora der Diskobol des Naukydes, so ist neben die Amphora von 367/66 der Ephesosathlet zu stellen; seine Räumlichkeit entspricht derjenigen der dort dargestellten Ringer aufs beste. Unter den Grabreliefs bleibt das um 370 zu datierende der Ameinodora592 hinter dem Athleten noch etwas zurück, während das Grabmal eines Jünglings in Leiden693, das ebenfalls in die frühen sechziger Jahre gesetzt werden muß, die beste Parallele bildet. Mit dem Ephesosathleten verblüffend verwandt ist ein Werk, das uns in einer römischen Kleinbronze von bester Qualität überliefert ist. Die Statuette in Berlin (Taf. 20 b)694 gibt einen Athleten wieder, der sich die Riemen zum Faustkampf um die Hände legt698. Wieder also ist ein nebensächlich momentanes Tun gewählt, dem die ganze Aufmerksamkeit des Athleten gilt. Er hält die Arme in ganz ähnlicher Weise wie der Strigilisreiniger zu einem ringförmigen Umgreifen des Körpers angewinkelt, neigt wie dieser seinen Kopf und zeigt dabei das gleiche labil-elastische Standmotiv, bei dem der Spielbeinfuß mit weggehobener Ferse neben dem Standbeinfuß steht und das Knie des Spielbeins beweglich nach vorn geschoben wird. Allerdings ist bei dem Faustkämpfer die umgreifende Aktion der Arme nicht in der rund ausgeglichenen Form gestaltet, die sie beim Ephesosathleten zeigt, sondern die Arme sind eckig angespannt und mehr seitlich vom Körper abgespreizt als vor ihn geführt. Dementsprechend ist auch im Stand, in der Haltung des Oberkörpers, der sich nicht durch Vorbeugen in die Drehung der ganzen Figur einordnet wie beim Strigilisreiniger, und in der Neigung des Kopfes mehr stockende Anspannung enthalten als bei jenem. Auch der gleitende Umriß des Ephesosathleten ist bei dem Faustkämpfer nicht zu finden. Aus diesen Unterschieden folgt zunächst einmal, daß der Faustkämpfer früher entstanden sein muß als der Athlet mit der Strigilis. Die stockende Anspannung der Glieder ist ein Erbe aus den ersten zwei Jahrzehnten des Jahrhunderts. Daher darf der Faustkämpfer zeitlich nicht weit von dem Naukydesdiskobol abgerückt 690

CVA. Brit. Mus. (1) III H f Taf. 2, 5. Ebenda III H f Taf. 2, 4. 592 Athen, Nat. Mus. Diepolder Taf. 33, 1. Zur Datierung ebenda 38. 593 Leiden, Archäol. Mus. Diepolder Taf. 33, 2. Datierung wegen deutlicher Einflüsse aus der Kunst des Praxiteles wohl später als bei Diepolder 38. BM Berlin, Antiquarium 1852. K. A. Neugebauer in Antike Plastik, W. Amelung zum 60. Geb. 156ff. Taf. 10. H 13,2 cm. 595 Vgl. A. Furtwängler, Die antiken Gemmen Taf. 12, 18. Die Deutung der Handlung nach B. Schweitzer, in einer Vorlesung über das 4. Jh. 691

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werden. Es wäre sogar zu erwägen, ob er nicht auch noch früher als die Aphrodite des zweiten Polyklet entstanden ist. In der Tat läßt er sich gut neben die Gestalten des Londoner Grabreliefs stellen, das in die frühen siebziger Jahre des 4. Jahrhunderts gehört596. Die Unterschiede zwischen dem Faustriemenanleger und dem Ephesosathleten erschöpfen sich aber nicht in der früheren Zeitstellung, es steht auch deutlich bei aller Verwandtschaft ein anderes Künstlertemperament hinter dem Werk. Man hat bei der ersten Besprechung des Athleten sogleich auf die große Ähnlichkeit mit dem Diskobol des Naukydes hingewiesen597. In der Tat stimmt mit seiner Kunst vor allem die Formung des Rumpfes, die bei der guten Qualität des Werkes mit Zuversicht herangezogen werden kann, überein. Die eckige Art der Angabe des Rippenkorbes ist mit den entsprechenden Zügen am Diskobol fast identisch. Nun ist es kaum möglich, das Original der Statuette noch dem Naukydes selbst zuzuschreiben. Dieser Künstler kann an der Entwicklung der neuen Epoche der Polykletschule nicht mehr teilgenommen haben598, und der Diskobol, sein Alterswerk, ist zu deutlich der äußerste Endpunkt einer bestimmten Gestaltungsweise, als daß der Künstler nach ihm noch einmal eine ganz neue Wendung mitgemacht haben könnte. Die Zuschreibung des Faustkämpfers an einen Schüler des Naukydes ist daher viel wahrscheinlicher. Nimmt man hinzu, daß die Ähnlichkeit des Athleten mit der Aphrodite von Epidauros in Standmotiv, Kopfneigung und Haltung der Arme sehr groß ist, so mag es nicht abwegig sein, in dem Original des Berliner Faustkämpfers ein Werk des jüngeren Polyklet zu sehen. Dieses Ergebnis bestärkt eine für das Bild der Polykletschule bemerkenswerte Tatsache, die schon durch die Ähnlichkeit von Aphrodite und Ephesosathlet nahegelegt wurde, daß nämlich die Formung des Ephesosathleten nicht ausschließlich Eigentum seines Schöpfers, des Daidalos von Sikyon war, sondern offenbar auch von anderen Künstlern der Polykletnachfolge — in diesem Fall einem Angehörigen der argivischen Richtung der Naukydesnachfolge — in ganz ähnlicher Weise verarbeitet worden ist. Der Jüngling mit der Strigilis ist also nicht nur eine Ausgestaltung der im sikyonischen ölausgießer angelegten künstlerischen Tendenzen einer bestimmten Richtung der Polykletnachfolge, er gehört gleichzeitig einer Formenwelt an, die Eigentum der ganzen Schule Polyklets ist. Offenbar sind sich die Enkelschüler trotz aller Verschiedenartigkeit der Ansatzpunkte und Temperamente immer noch ihrer Zusammengehörigkeit als Fortsetzer des polykletischen Formenerbes bewußt gewesen. Und weil sie im Grunde dasselbe wollten, bedeutete jeder Schritt des einzelnen auch für den anderen einen neuen Ausgangspunkt, auf dem er wieder weiterbauen konnte. Jedenfalls gilt das für Daidalos und Polyklet II. Die Blütezeit der Polykletschule — so können wir danach zusammenfassen —• wird durch eine Gruppe von Werken charakterisiert, deren Hauptvertreter Aphro596

London, Brit. Mus. Diepolder Taf. 31. Zur Datierung ebenda 37. 40. K. A. Neugebauer in Antike Plastik, W. Amelung zum 60. Geb. 161. Datierung des Originals bei Neugebauer ans Ende des 5. Jhs. 598 s. hier S. 14 f. 597

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dite, und Faustkämpfer des jüngeren Polyklet sowie Strigilisreiniger des Daidalos sind. Von verschiedenen Künstlern geschaffen, weist diese Gruppe doch eine erstaunliche Einheitlichkeit besonders im Aufbau der Gestalten auf. Alle haben das gleiche Standmotiv, aus dem ihr Körper in einer bei allen sehr ähnlich wiederkehrenden Drehbewegung aufwächst. Das Standmotiv konnte bei der vergleichenden Betrachtung der Motive bereits als eine besonders charakteristische Schöpfung der argivisch-sikyonischen Schule bezeichnet werden. Es ist entstanden aus einer Umbildung des Motivs polykletischer Werke unter dem Einfluß der inzwischen aufgenommenen Standmotive mit den beiden Sohlen am Boden. Von diesen ging die größere Gleichberechtigung von Stand- und Spielbein auf das neue Motiv über, während ihm die Beweglichkeit des polykletischen Stehens erhalten geblieben ist. Kein Wunder also, daß dieses Motiv in mehreren bedeutenden Schöpfungen der Polykletschüler verwendet worden ist, wobei es seine Gleichberechtigung mit der geprägten Form des polykletischen Stehens und seine Bedeutung als wirkliches 'Motiv* dadurch beweist, daß es bei Statuen mit allen möglichen Handlungsmotiven vorkommt. Bei der Beschreibung der Standmotive konnte ferner festgestellt werden, daß dieses Stehen eine für das Schaffen der Polykletnachfolger typische Räumlichkeit aufweist. Sie ist dadurch gekennzeichnet, daß in einem System von Verhältnissen der in der Figur lebendigen Bewegungskräfte der Raum, den die polykletischen Gestalten einfach besitzen als etwas, worauf die Gestalt gerichtet ist, in Erscheinung tritt. Oder anders gesagt: die Figur ist durch den in ihrem Stehen enthaltenen Bewegungsimpetus auf einen umgebenden Raum bezogen, den sie in der materiellen Wirklichkeit gar nicht einnimmt. Vergleicht man diese Charakterisierung des Standmotivs der Werke um den Jüngling aus Ephesos mit der Erscheinung der Statuen selbst, so sieht man, daß dieselbe Beziehung aus einem Kleinen auf ein umfassendes Größeres, das eben, weil es in der Bezogenheit vorhanden ist, besonders bewußt wird, auch Räumlichkeit und Bewegung, ja die inhaltliche Aussage der Gestalten begründet. Beginnen wir mit dem Allgemeinen, so ist an die nun bereits mehrfach beschriebene Bedeutung des in diesen Werken erscheinenden Athletenbildes zu erinnern. Mit kleinen, nebensächlichzufälligen Tätigkeiten beschäftigt, führen die Athleten gerade in dieser nebensächlichen Tätigkeit, die die Figur zu einer begleitenden Umweltgestalt macht, die gesamte Welt des athletischen Tuns und sportlichen Agons vor Augen. Das gleiche ist auch in dem tatsächlichen künstlerischen Verhältnis der Statuen zum Raum zu beobachten. Die bereits in der ersten nachpolykletischen Epoche erkennbaren, neuerwachten motorischen Kräfte des Körpers wirken beim Hyakinthos noch fast ganz in der Ebene der Gestalt. Deshalb hatte sich die gleichzeitig aufkommende neue Räumlichkeit der Figur von einer 'Folie', einem Hintergrund her aufgebaut. Beim Diskobol begann der Bewegungsimpetus von einem festgelegten Kraftzentrum her in verschiedenen, divergierenden Achsen in den Raum hinauszustreben und ebenso wieder zurückgestaut zu werden. Das ergab eine Räumlichkeit in hintereinandergestaffelten Schichten. Der Ausgleich zwischen den in den Raum drängenden Bewegungskräften und ihrer Rückversammlung in die Gestalt gelang dann der Epoche

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des Ephesosathleten. Das Mittel, mit dem dieser Ausgleich erreicht wurde, ist die Kreis- und Drehbewegung. Sie tritt beim Ephesosathleten in der Bewegung der Arme als wirklich vorhandener, in den Raum vorgreifender Kreis in Erscheinung. Vor allem scheint aber das Stehen und die ganze Bewegung des Körpers anzudeuten, daß eine Drehung im Raum von der Figur im nächsten Augenblick vollzogen werden wird. Die räumliche Drehung der Figur ist als Intension in der Gestalt enthalten. So wird wie im Inhaltlichen auch im Formalen der Raum durch die Beziehung der Gestalt des Athleten auf ihn erst wirklich bewußt gemacht. Die intendierte Drehbewegung mit der in ihr enthaltenen Rückführung der nach außen gerichteten Kräfte in die Figur selbst ist zugleich aber auch die reinste Lösung des anderen, zu der neuen Räumlichkeit immer dazugehörenden künstlerischen Strebens der Polykletnachfolger. Mit der Gestalt des Athleten sollte zugleich auch seine Umwelt dargestellt werden. Dies geschieht nun, auf dem Höhepunkt des Schaffens der Schule, nicht mehr durch eine komplizierte Einfügung verschiedenster Elemente aus anderen Darstellungsformen in die Figur, sondern folgt wie selbstverständlich aus der Handlung und den individuellen Einzelzügen der Gestalten. In dem Wechselverhältnis von Beziehung der Kräfte nach außen und Rückwirkung dieses Außen auf die Gestalt begründet sich das Menschenbild der Polykletnachfolge. Naukydes vereinigte im Diskobol Elemente der ruhigstehenden mit solchen der bewegten Figur und schuf durch diese Vereinigung das einheitliche Athletenbild der Schule. Danach müßte man schließen, daß die Statuen der Blütezeit diese Vereinigung von ruhigstehender Figur mit bestimmten Elementen der bewegten fortsetzten. Das ist für die Gruppe von Werken um den Strigilisreiniger des Daidalos wirklich der Fall. Besonders im Vergleich mit einer Statue wie dem Koblanosathleten zeigen der Ephesosathlet, der Faustriemenanleger und in gewissem Sinn auch die Aphrodite mit ihrem vorgebeugten Oberkörper und dem beweglich-labilen Stand deutlich Eigenschaften von bewegten Figuren. Das wird bekräftigt durch den als Vorstufe des Ephesosathleten erkannten vatikanischen Ölausgießer, der unter weitgehender Verwendung eines alten Schemas der bewegten Figur geschaffen war und von dem wichtige Elemente noch in die Gestalt des Strigilisreinigers übergegangen sind. Gerade die in den Athletengestalten der Blütezeit enthaltenen Bewegungselemente sind es ja dann auch, die ihnen den typischen, augenblickshaften und einmalig zufälligen Charakter verleihen. Allerdings sind diese Bewegungselemente einer bestimmten Gesamtkomposition untergeordnet und viel organischer mit der Gestalt verschmolzen als beim Diskobol. Die Bewegung hat deshalb fast den Charakter einer Haltung bekommen, die den Haltungen polykletischer Gestalten ähnlich ist, wo die Handlung, das Berühren des Kranzes, das Umlegen der Binde, jeweils in der Form eines festgeprägten Haltungsmotivs dargestellt ist. Die gewisse Gewaltsamkeit, mit der beim Diskobol des Naukydes die aus Bewegungsdarstellungen stammenden Elemente in die ruhigstehende Figur eingeführt sind, ist also bei dem Werk der Blütezeit überwunden. Dabei ist allerdings auch eine bedeutende Eigenschaft des Werks mit verlorengegangen, der eigenartige Reflex-

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Charakter, den die Bewegungen bei ihm hatten. An seine Stelle ist bei den Athleten der Blütezeit ein schwebendes Verhältnis des Voraus- und Zurückweisens von der dargestellten nebensächlichen Tätigkeit auf die eigentliche athletische Übung getreten. Dieses hinweisende Verhältnis ist dann allerdings nicht nur in der Bewegung der vorbereitenden oder nach der Übung mit allen Zeichen des vorangegangenen Kampfes vorgenommenen Tätigkeit zu finden, sondern — und das mag nun doch eine Erbschaft des Diskobol sein — bis hinein in die aufgeregt abwippende Bewegung des Spielbeins und die agile Leichtigkeit der ganzen Gestalt, bis hinein in die Züge des Gesichts und die Gestaltung der Haare. Hat man diese geschlossene Gruppe von Werken der Schule in ihrer Blütezeit vor Augen, so ist es um so interessanter zu beobachten, wie anders ein zeitlich nur wenig über sie hinausgehendes, sonst aber eng mit ihnen verbundenes Werk das Athletentum auffaßt. Gemeint ist die originale Statuette, die aus dem nächsten Umkreis, bei ihrer erstklassigen Qualität vielleicht sogar von der Hand des Daidalos stammen muß (Taf. 21 b). Der Bronze, die sich im Louvre befindet599, fehlt der rechte Arm. Er war, wie aus der erhaltenen Schulter zu schließen ist, nach vorn gestreckt und mehr angehoben als der mit der Hand fast auf dem Oberschenkel aufliegende Linke. Nach der Haltung dieses linken Armes und seiner wie zupackend geöffneten Hand möchte man annehmen, daß auch die Rechte kein Gerät hielt. Wahrscheinlich hat J . Charbonneaux recht, wenn er einen Ringer oder Faustkämpfer in dem Athleten sieht, der geduckt auf das Zugreifen wartet800. Möglich wäre auch, nach dem Vorbild des Münchener Basisreliefs601 einen Speerwerfer in ihm zu sehen, der eben seinen Speer abgeschleudert hat. Die geduckte Haltung wäre dann ein Nachwippen des Körpers nach dem Wurf, der rechte Arm wäre noch ausgestreckt, und der Blick ginge dem Speer nach. Wie man ihn aber auch deuten mag, dieser Athlet ist — das sieht man sofort — unmittelbarer mit der eigentlichen athletischen Übung verbunden als die beruhigteren Figuren der oben besprochenen Gruppe. Er ist auch sonst von ihnen unterschieden. Zwar steht er im gleichen Standmotiv, der Oberkörper ist wie der des Ephesosathleten vorgebeugt, und die Arme agieren wie dort in der in die Figur einbezogenen Ebene vor ihr. Was aber die Statuette klar von jenen Werken abrückt, ist die Öffnung der Figur nach außen. Kopf und Blick sind nicht mehr auf die Tätigkeit der Hände oder doch nach unten gerichtet, sondern wenden sich nach außen, die Arme sind auseinander und vom Körper weg bewegt, und die Haltung des Spielbeinknies führt ebenfalls mehr nach außen als auf die Körpermitte zurück. Die Statuette hat damit ihren Platz ganz am Ende der 699 Inv. MND 1895. Charbonneaux, MonPiot 38, 1941, 40ff. Taf. 4. Ders., Les Bronzes Grecques Taf. 60. 61. H 20 cm. — Übrigens kommt Charbonneaux bei seiner eingehenden Interpretation zu einer der unsrigen ganz ähnlichen Beschreibung des Athletenbilds der Schule (vgl. MonPiot 38, 1941, 49). Allerdings beachtet er zuwenig die neuen Züge, die die Statuette diesem Bild gegenüber bereits aufweist. Die ebenda Taf. 4 wiedergegebenen Fotos sind zu sehr von unten aufgenommen. 6 0 0 Ebenda 47 f. 601 Glyptothek 473. Fünfzig Meisterwerke der Glypt. König Ludwigs I. (Hrsg. J . Sieveking — C. Weickert) Taf. 37.

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Entwicklung, die von der Aphrodite zum Ephesosathleten führt. Die für diese Schöpfungen charakteristische Geschlossenheit ist durchbrochen, die Gesalt ist mit der außer ihr liegenden Welt, die sich bisher in den 'Umweltfiguren' lediglich spiegelte, nun von sich aus und mit Bewußtsein in Verbindung getreten. Als zeitliche Parallelen bieten sich sofort die knidische Aphrodite und die Leda des Timotheos an. In deren Zeit muß auch die Bronze gehören; und ihre Datierung in die fünfziger Jahre — am ehesten 360—355 v. Chr. — wird durch weitere Vergleiche, etwa mit dem Urkundenrelief von 355/54602 v. Chr. oder dem gleichzeitigen Grabrelief des Aristion, unterstützt803. Das Aufbrechen der geschlossenen Figur von der Art des Ephesosathleten zeigt, daß auch in der Polykletschule in diesem Jahrzehnt eine neue Epoche beginnt. Und wenn wir mit Recht die Kleinbronze der Kunst des Daidalos zugeschrieben haben, wofür nicht nur der ja ebenfalls von Polyklet II benutzte Aufbau, sondern auch das ganz wie beim Strigilisreiniger gestaltete ringförmige Nach-vorn-Greifen der Arme, die Aufgliederung der Rumpfmuskulatur wie auch die Gesichtszüge mit der breiten Gesichtsfront und den hohen Backenknochen sprechen, wenn also hier in der Tat ein Werk des Daidolos oder doch seiner Werkstatt vorliegt, so ist dies ein weiterer Beweis, daß dieser Künstler noch die neue, auf die Polykletschule folgende Epoche eingeleitet hat. Hinweise dafür boten ja bereits die Basen des Arkas und in Olympia. Auch dort war eine großzügigere Öffnung in den Raum für die neue Stufe charakteristisch. Besonders bemerkenswert ist aber an der Statuette, daß mit dieser Öffnung in den Raum eine neue Wendung in der Auffassung des Athletenbildes stattgefunden hat. Denn das Augenblicksbild dieses Athleten — das sei abschließend nochmals betont — ist von anderer Art, als es der Diskobol, Faustkämpfer und Strigilisreiniger vertraten. Dieser Athlet ist keine 'Randfigur' mehr. Die Weise, wie er das Athletentum zur Erscheinung bringt, kann nicht als Repräsentation einer umfassenden Umwelt gedeutet werden. Hier wird vielmehr ein flüchtiger Moment erfaßt, der im Vorübergehen Konzentration und sprungbereite Agilität, einen lang trainierten Körper im plötzlichen Einsatz als Bedingungen der athletischen Leistung aufleuchten läßt. Das Individuum, das im Ephesosathleten bei allen einmalig-persönlichen Zügen doch in eine geschlossene Welt gehörte, die es als Hintergrund überhaupt erst bedingte, dieses Individuum ist jetzt aus dieser Umwelt herausgetreten und steht ihr als einzelnes gegenüber. Es ist klar, wir befinden uns damit an der Schwelle zu Lysipps Athletenbildern. Im Rückblick wird damit nochmals der Charakter des Athletenbilds der Schule in ihrer Blütezeit deutlich. Bei aller Anspannung und allen divergierenden Bewegungselementen sind ihre Werke von geschlossener Einheit, bei allem Impetus und aller Energie des körperlichen Einsatzes ruhen sie doch in sich. Bei aller Ein-

Palermo, Mus. Naz. Binneboeßel Nr. 41. Süsserott Taf. 4, 2. Athen, Kerameikos. Diepolder Taf. 36, 2. Zur Datierung ebenda 42 f. Die Ähnlichkeit der Statuette mit der Figur des Reliefs ist besonders in der Seitenansicht erstaunlich groß. Vgl. Charbonneaux, MonPiot 38, 1941, Taf. 4. 602

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maligkeit der dargestellten Haltung ist der gefaßte Moment nicht als flüchtig charakterisiert. Das Momentane bleibt umschlossen von der Atmosphäre, deren Ausdruck es ist. 2. DAIDALOS VON SIKYON UND POLYKLET II Über der im vorigen Abschnitt beschriebenen erstaunlichen Verwandtschaft einiger Werke der wohl bedeutendsten Enkelschüler Polyklets, Daidalos und Polyklet II, darf doch die besondere Art eines jeden von ihnen nicht vergessen werden. Denn war auch das Bild der Figur mit jener intendierten Drehbewegung beiden gemeinsam als offenbar besonders glücklicher Fassung dessen, was die zweite nachpolykletische Generation künstlerisch ausdrücken wollte, so hat doch jeder von ihnen dieses Grundbild im einzelnen ganz anders und eigenartig verwendet. Beginnen wir eine Untersuchung der beiden Künstler, die auch die anderen von ihnen überlieferten Werke einbeziehen muß, mit Daidalos von Sikyon, so sei daran erinnert, daß wir sein Frühwerk, den vatikanischen Ölausgießer (Abb. 1 und Taf. 19 a. b), bereits kennengelernt haben 604 . Er konnte als eine Vorstufe zum Ephesosathleten verstanden werden, herausgewachsen aus einer Gestaltung bewegter Figuren, die den sikyonischen Beitrag zum Repertoire der Polykletnachfolge darstellte. Ihm und dem Ephesosathleten ist vor allem jenes ringförmige Nach-vorn-Greifen der Arme gemeinsam, mit dem die Figur den Raum vor sich in ihren Kosmos einbezieht. Auf dieselbe charakteristische Weise ist die Haltung einer weiteren Athletenfigur geformt, die schon Furtwängler 605 dem Daidalos zugeschrieben hat. Der Öleingießer — oder richtiger Ölausgießer, wenn man überhaupt bei dieser wenig schönen Bezeichnung, die sich aber in der Forschung eingebürgert hat, bleiben will —, der ölausgießer der Polykletschule trägt im allgemeinen den Namen Dresdner Ölausgießer606. Aber gerade die Dresdner Statue muß aus der Reihe der Wiedergaben des Werks ausscheiden. Wie schon die Flügelsandalen zeigen, die diese Statue trägt, haben wir es hier mit einer Umbildung römischer Zeit zu einem Hermes zu tun; und diese Umbildung ging nicht von dem Typus der Polykletnachfolge aus, sondern, wie der weit mehr nach oben erhobene rechte Arm, der nach hinten gelehnte, nicht nach vorn gebeugte Oberkörper, der weniger weit nach vorn genommene linke Arm und das Standmotiv erkennen lassen, ist der ölausgießertypus München zur Grundlage gewählt, ein Typus, von dem später noch zu sprechen sein wird. Dieses Vorbild des Münchener Athleten ist dann im Sinn des Klassizismus der Kopistenzeit mit allgemeinpolykletischen Zügen in der Rumpfmuskulatur versehen worden, Eigenschaften, die mit den Formungen der Schule Polyklets nichts zu tun haben 607 . Es 804

605 s. hier S. 146f. MW. 467ff. «os Ygj Lippold, Plastik 218. Zu den einzelnen Typen und ihrer Überlieferung s. Liste hier S. 271 ff. 607 Die Einordnung der Dresdner Statue in die hadrianische Zeit hat bereits auch Greifenhagen im Text zu EA. 4233 vorgenommen. Er ging allerdings dabei so weit, überhaupt nur noch dem Münchner Typus ein griech. Original zuzugestehen. Zur Rekonstruktion der Dresdner Statue ist zu sagen, daß das rechte Bein zwar ergänzt ist, doch die Ergänzung offensichtlich die ursprüngliche Stellung trifft. Wichtig

169 bleiben danach für den Ölausgießer der argivisch-sikyonischen Schule nur noch die Kopien im Palazzo Pitti (L I 3), im Museo Torlonia (L I 1) und im Museo Nuovo (L I 2) übrig. Von diesen scheint der Torso Torlonia (L I 1) das Original am besten wiederzugeben, obgleich seine Beurteilung durch die allein zugänglichen schlechten Aufnahmen sehr erschwert wird. Die Statue im Museo Nuovo (2) besitzt eine größere Beweglichkeit in der Muskulatur, und obgleich diese Eigenschaft in der bekannten Weise flavischer Kopien übertrieben worden ist, kann sie doch den allzu kühlen Eindruck der Torloniareplik hierdurch etwas korrigieren. Im ganzen ist aber die Museo-Nuovo-Statue besonders in der Oberfläche zu schlecht erhalten, als daß sie ein vollständiges Bild des Werks vermitteln könnte. Die am besten erhaltene Statue in Florenz (L I 3) stellt dagegen eine sehr grobe Wiedergabe der antoninischen Zeit dar. Die Körperformen haben den bei Kopien dieser Zeit üblichen verschwommenaufgedunsenen Charakter, und der Kopf, der außerdem noch modern geputzt zu sein scheint, geht in der Betonung der scharfen Umrisse des Bronzeoriginals noch weiter als die Uffizienreplik des Ephesosathleten; jedes Leben und jede feinere Nuance sind damit verschwunden. Auch dem Haar fehlt ein Eingehen auf feinere Einzelheiten vollständig. Das Kopffragment der Kopie im Museo Nuovo, das jedenfalls die Augenpartie überliefert, gibt dagegen Züge wieder, die weit mehr Eigentümlichkeit besitzen. Aber auch hier geht die übertrieben fleischige Formung sicher über das Original hinaus. Nach dieser Lage der Überlieferung müssen wir auf eine Beurteilung der Einzelzüge vor allem des ursprünglichen Kopfes weitgehend verzichten. Für die Gesamterscheinung mag die Florentiner Statue vorerst genügen. Der Athlet steht breitbeinig mit beiden Sohlen am Boden in einem Standmotiv, das dem der Aristionbasis (Abb. 3) etwa entspricht. Den linken Arm, dessen Hand das Öl auffängt, hält er vor den Unterleib, der rechte ist erhoben und im Ellbogen so stark angewinkelt, daß die Hand mit dem Ölfläschchen neben der Schläfe gehalten wird. Die schweren, massigen Schultern sind gegeneinander stark verschoben, der ganze Oberkörper ist nach vorn geneigt. Der Kopf wendet sich leicht nach links und stark nach unten, so daß der Blick das Auftreffen des öltropfens auf die linke Hand beobachten kann. Die linke Seite ist auch die Standbeinseite. Es ist auf den ersten Blick deutlich, daß dieses Werk ein Nachfolger des knabenhaften Jünglings mit dem Ölfläschchen ist, den Polyklet — soweit man nach der einen nicht sehr qualitätsvollen Kopie schließen kann — in der Zeit zwischen Hermes und Amazone geschaffen hat608. Es ist wohl unnötig, im einzelnen zu beschreiben, wie das im allgemeinen gleiche Motiv bei der Statue Petworth ganz im polykletischen Sinn gestaltet erscheint, wie Arme und Kopf eine vor allem durch den Umist die Schlankheit des erhaltenen linken Beines und die Art, wie die Sehnen unter der Haut heraustreten, beides kommt genau in der gleichen Weise beim Münchner Ölausgießer vor (vgl. hier S. 240ff.). 808 Kopie Petworth. M. Wyndham, Cat. of the Coli, of Greek and Roman Antiquities in the Poss. of Lord Leconfield Nr. 9 Tai. 9. Furtwängler, MW. 464 ff. Abb. 77. Lippold, Plastik 165 mit Anm. 9. Vermeule-Bothmer, AJA. 59, 1955, 145.

170

riß zusammengehaltene Einheit bilden gegenüber Rumpf und Beinen, mit denen sie aber durch die kontrapostische Verschränkung des Belastungsgefüges verbunden sind, einem Gefüge, nach dem der angespannt erhobene Arm den Gegenstand hält und daher über dem Spielbein angeordnet ist609. Diese Haltung der Figur hat der Nachfolger ganz in der ursprünglichen Form beibehalten: Wieder ist der rechte Arm mit der Salbflasche erhoben, der linke vor den Körper gehalten, Stand- und Spielbeinseiten sind die gleichen. Alles aber ist in der neuen Sprache der Polykletschule ausgedrückt. Das Standmotiv ist das spannungsreiche Stehen, das zuerst beim Koblanosathleten und bei seinen Verwandten zu beobachten war. Aus diesem Stand aufsteigend, dehnt der Körper sich mit Bewußtsein und in vielfacher Bezogenheit im Raum. Der rechte Arm ist voller Energie erhoben, und im Anwinkeln mit dem schräg nach hinten gedrückten Ellbogen zeigt sich die innere Anspannung der Handlung. Die Bewegung der Arme bildet auch hier mit dem Kopf zusammen eine Einheit, aber sie ist nicht durch den Umriß zusammengefaßt, sondern die Diagonale von erhobenem Arm und schräger Schulterpartie stellt mit dem nach vorn geneigten Kopf zusammen eine plastisch-räumliche Einheit dar, die den Raum vor der Figur miteinbezieht. Und diese Einheit umfaßt, so kraftvoll die Spannung hier auch gesammelt ist, nicht nur die Schulterpartie, den Kopf und die Arme wie bei der Statue Polyklets, sondern durch das tiefe Heruntergreifen des linken Armes ist auch eine Verbindung zum Rumpf hergestellt. Kurz, man sieht: was bei dem Athleten Polyklets ein mehr angedeuteter, sacht vollzogener Vorgang war, der durch die Zugehörigkeit zu einem umfassenderen Bewegungsschema auch innerhalb der besonderen Gestalt eine allgemeinere Bedeutung behielt, ist hier eine Handlung geworden, die energisch vom Willen der Gestalt selbst gesteuert und mit ihrer vollständigen Beteiligung vorgenommen wird. Es ist dieselbe Umwandlung eines polykletischen Haltungsmotivs von allgemeinerer Bedeutung zu einer vom Willen der 609 poulsen (ActaArch. 11, 1940, 36f.) hat an der Autorschaft Polyklets gezweifelt (vgl. auch W. Fuchs in Neue Beiträge 208 Anm. 14), doch ordnet sich das Werk lückenlos in die Entwicklung der polykletischen Kunst ein, ja, es schließt geradezu eine Lücke. Es gibt nämlich nicht nur ein festes polykletisches Standmotiv, es gibt ebenso bestimmte polykletische Haltungsmotive. Das Haltungsmotiv des Ölausgießers läßt sich in seiner Erfindung und Entwicklung genau verfolgen. Den Anfang stellt der Westmacottsche Ephebe dar, an dessen Frühdatierung und Zuschreibung an Polyklet gegen L. Alscher (Griech. Plastik III 15f.) auch wegen dieser Stellung in der Entwicklung des Haltungsmotivs festgehalten werden sollte. Bei ihm hängt der linke Arm noch wie bei dem nicht viel früher geschaffenen Doryphoros frei herab, der rechte ist aber so erhoben, daß Oberarm und Schultern nahezu eine Linie bilden, während der Unterarm und die Hand zum Kopf hinführen. Den Endpunkt in der Ausgestaltung des Motivs bildet die Amazone, bei der der rechte Arm bis über den Kopf hinausgehoben ist, während der linke, vor den Körper genommen, dort einen eigenen Raum schafft. Zwischen Ephebe und Amazone steht vermittelnd der Ölausgießer. Er führt von jenem zu dieser hin. Sein linker Arm ist ebenfalls bereits vor dem Körper abgewinkelt, doch räumlich noch kaum von Bedeutung. Auch die enge Verbindung von Kopf und Hand gleicht der des Knaben Westmacott. Zugleich stellt er die geschlossenste Fassung des Motivs dar. Der erhobene und der vor den Körper gehaltene Arm sind durch dieselbe Handlung miteinander verbunden. Diese Geschlossenheit ist bei der Amazone wieder gelöst. Das Motiv tritt bei ihr in einer gebrochenen, ausgereiften Form auf, die deutlich das Werk als eine Schöpfung der Spätzeit des Meisters ausweist.

171 Gestalt selbst gesteuerten und damit dem Augenblick angehörenden Handlung, wie sie beim Diskobol des Naukydes zu beobachten war. Im einzelnen kann mit diesem auch die Art verglichen werden, wie bei dem Ölausgießer der linke angewinkelte Arm über dem Standbein fest an den Körper anliegt, während der seitlich vom Körper wegstoßende Arm rechts über dem ebenfalls raumgreifenden Spielbein angeordnet ist. Wie Aphrodite und Strigilisreiniger ist aber auch der Ölausgießer eine in sich ausgeglichenere Gestalt als der Diskobol, und in bezeichnender Weise verbindet ihn gerade mit dem Strigilisjüngling eine ganze Reihe weiterer Eigenschaften. Wie bei jenem ist auch hier die Schulterpartie besonders betont, sind in ihr die Energien versammelt. Wie beim Strigilisreiniger die beiden Arme, so greift beim Ölausgießer der linke von der Schulter aus vor den Unterleib und verbindet so Schulter- und Hüftpartie, von der aus die Bewegung der Beine geregelt wird. Wie beim Ephesosathleten so ist auch hier der Kopf in eine der Schulterstellung entgegengesetzte Richtung gewendet. Wie dort stößt der Kopf zugleich auch in den Raum nach vorn vor. Im einzelnen gleichen sich schließlich auch die Formungen der Muskulatur weitgehend. Der Rippenbogen hat die gleiche hochgewölbte Form, die beweglichen Schultern die gleiche runde Fülle, die Gestalt zeigt die gleiche breite, untersetzte Statur. Sogar das wenige, was uns von dem Kopf überliefert ist, besitzt nächste Verwandtschaft zum Kopf des Wiener Athleten: die gleichen kleinen, tiefliegenden Augen, hohen Backenknochen und nach oben gestrichenen Haare. Kein Zweifel also, daß wir ein weiteres Werk des Daidalos vor uns haben. Die genauere zeitliche Einordnung des Ölausgießers ergibt sich durch den Vergleich mit bereits fest datierten Werken der Schule. In Räumlichkeit und ausgeglichenem Fluß der Bewegung geht der Athlet über den Faustkämpfer, der sich die Riemen anlegt (Taf. 20 b), aus der ersten Hälfte der siebziger Jahre hinaus, während er dem Ephesosathleten gegenüber (Taf. 20 c) doch noch einiges von der Gewaltsamkeit der Zeit des Diskobols spüren läßt. Er muß also in der Zeit zwischen diesen beiden Werken entstanden sein. Aus der attischen Kunst bietet die Eirene des Kephissodot die beste Parallele610. Die Jahre zwischen 375 und 370 v. Chr. werden als Entstehungszeit des Ölausgießers anzusehen sein. Dazu paßt auch, daß die Aphrodite des jüngeren Polyklet in ihrer Räumlichkeit dem Athleten Pitti sehr ähnlich, aber in ihrer Bewegung doch noch befangener erscheint als er; sie mag einige Jahre früher als der Ölausgießer entstanden sein. Von einem vierten, fünften und sechsten Werk des Daidalos, der Nike, dem Arkas und dem Athleten in Olympia, besitzen wir nur die Standspuren. Für die Rekonstruktion der Nike611 bieten sich zwei Möglichkeiten: Nimmt man die einzig erhals. hier Anm. 582. Man hat die Nike des Daidalos in einer Statuette in Lyon wiedererkennen wollen (Amelung, GazArch. 2, 1876, 15ff. Taf. 29. Pfuhl, J d l . 43, 1928, 10. Langlotz, J d l . 61/62, 1946/47, 102. 104. Picard, Manuel I I I 1, 280f. Abb. 95). Doch schon die Statuette selbst mit ihrem in keiner Weise 'gebauten' Rhythmus und dem völligen Fehlen jenes für Daidalos typischen Drängens der Figur gegen den Raum, mit ihrer in keine feste Ordnung gebrachten Haltung der Arme macht eine Einordnung in die Kunst 810

611

172 tene Standspur des linken Fußes (Abb. 40b) wirklich für eine Fußspur, so kann der andere Fuß kaum in einer sehr bewegten Haltung ergänzt werden; denn der linke Fuß steht tatsächlich unnatürlich gerade. Danach müßte man sich die Nike sehr altertümlich streng, vielleicht gar archaistisch denken. Möglich wäre allerdings auch, daß in der erhaltenen Spur gar nicht der Fuß, sondern ein Untersatz eingezapft war, mit dem die schwebend dargestellte Nike am Boden befestigt wurde. Eine solche Rekonstruktion würde die Göttin des Daidalos den anderen Niken und schwebenden Figuren der Zeit seit dem Werk des Paionios anreihen. Auf jeden Fall muß man sich den Aufbau des Werks in einer steilen Vertikalen denken, soviel kann der Komposition des ganzen Anathems entnommen werden. Von den beiden männlichen Figuren kann man sich insofern eine gewisse Vorstellung machen, als der Kopenhagener Herakles des Lysipp (Taf. 29 a) das gleiche Standmotiv wie der Arkas aufweist. Sein direkter Vorläufer muß der Arkas gewesen sein, ein offensichtlich bedeutendes Heroenbild, dessen feinfühlige Erfindung und transitorisch im Moment erfaßte Erscheinung wir uns sowohl aus dem Herakles wie aus der Pariser Statuette (Taf. 21 b) jedenfalls in Umrissen rekonstruieren können. Hinzufügen ließe sich dieser Spätstufe der Kunst des Daidalos noch ein Torso in Dresden612, der dem Ephesosathleten überaus verwandt ist und zugleich ebenfalls auf den Herakles Kopenhagen hinführt, sowie ein Bronzekopf in Neapel (Taf. 24d)613, der dem Kopf der Pariser Statuette (Taf. 21 b) so sehr gleicht, daß er ebenfalls ein Werk des Daidalos wiedergeben muß. Die kurzen Haare weisen auch hier auf ein neues Bild vom Athleten. Das durch den momentanen Charakter bedingte Zurückstreichen der Stirnhaare ist verschwunden, das typusbedingte Kurzhaar an die Stelle getreten. der Polykletnachfolge unmöglich. Näher betrachtet, scheint hinter ihr aber auch gar kein eigenes griechisches Original zu stehen. Ein genauerer Vergleich mit der Hygieia im Museo Chiaramonti des Vatikan (Amelung, Vat. Hat. I Nr. 683 Taf. 83 und Pfuhl, J d l . 43, 1928, 9 Abb. 2) lehrt, daß die Lyoneser Statuette eine vereinfachte Wiedergabe desselben Vorbilds sein muß. Dieses selbst wurde neuerdings von W. Fuchs (in Heibig 4 zu Nr. 333) mit Recht aus dem 4. Jh. in das beginnende 3. J h . versetzt. Standmotiv, Räumlichkeit und Gewandauffassung haben hier ihren Platz. Man vergleiche nur den Demosthenes. In dieselbe Stilrichtung weist aber auch der Kopf, den die Lyoneser Statuette überliefert. Seine Gesichtszüge, das schmale Untergesicht, der kleine Mund, die etwas spitze, feinrückige Nase und die dreieckig begrenzte Stirn, stellen ihn neben den Kopf der Artemis Colonna, eine Verbindung, die man aus Gründen der Peplostracht bereits vorgenommen h a t (vgl. die oben zitierten Aufsätze von Pfuhl und Langlotz). Unrichtig war aber aus der Verbindung Hygieia-Nike von LyonArtemis Colonna eine in die erste Hälfte des 4. Jhs. gehörige Reihe von Werken zu machen. Auch die Artemis gehört, daran sollte niemand mehr zweifeln, in das späte 4. J h . (vgl. dazu neuerdings Th. Dohm, Attische Plastik 214 ff. mit W. Fuchs in Heibig 4 zu Nr. 438); viel früher als der Apoxyomenos Lysipps kann sie kaum geschaffen sein. Mit der zeitlichen Herabsetzung der beiden Göttinnen im ungegürteten Peplos wird aber jede erwogene Verbindung mit der Kunst der Schule Polyklets hinfällig. Zur Zuschreibung der Hygieia an Sikyon s. Langlotz, J d l . 61/62, 1946/47, 101. Zur argivisch-sikyonischen Herkunft der Gruppe s. Pfuhl, J d l . 43, 1928, 10 f. Die Artemis argivisch: nach Th. D o h m , Attische Plastik 215; W. Fuchs in Heibig 4 Nr. 438; Picard, Manuel I I I 1, 310ff.; vgl. die beiden Reliefs Berlin (Blümel, Kat. Berlin I I I K 78) und Ars Antiqua (Auktion Luzern, Mai 1960, Nr. 51 Taf. 24). ,12 613

P. Herrmann, Verzeichnis der antiken Originalwerke Nr. 81. Neapel, Mus. Naz. Guida Ruesch Nr. 853. BrBr. 364. Wohl claudisch.

173 Die in den Werken der späteren Periode des Künstlers zutage tretende Nähe zu Lysipp gibt Anlaß, unter den bisher diesem Meister zugeschriebenen Werken nach solchen zu suchen, die vielleicht doch noch von Daidalos stammen. Tatsächlich scheint sich dabei ein bedeutendes Werk, gegen dessen Zuschreibung an Lysipp auch bereits von gewichtiger Seite Einspruch erhoben worden ist, als viel eher dem Polykletnachfolger gehörig herauszustellen: der wohl mit Recht Herakles genannte Vorstürmende des Konservatorenpalastes (Taf. 21a.c; 24 c)614. Dieses machtvolle Bild des Heros ist unzweifelhaft eng mit lysippischen Schöpfungen verwandt. Vor allem den Heraklesgruppen von Alyzia (Taf. 31 a)616 steht der Vorstürmende so nahe, daß man zunächst erwägen könnte, ob er nicht überhaupt einer dieser Gruppen, etwa dem Kampf mit der Hydra, entstammt. Bei näherem Zusehen zeigen sich dann allerdings verschiedene Züge, die zu dem Bild, das wir von der lysippischen Kunst haben, schwer passen wollen. Da sind einmal die Körperformen zwar von großer Beweglichkeit und Kraft, doch weit mehr zergliedert und aus Einzelteilen zusammengesetzt als die prallen, kompakten Formen Lysipps (Taf. 21c; 29; 31). Da ist die Bewegung des Herakles zwar von äußerster Vehemenz, doch fehlt ihr das Leichtfüßig-Agile lysippischer Gestalten ebenso wie die dreidimensionale Räumlichkeit seiner Kampfgruppen. Da ist schließlich zwar auch dieser Herakles bärtig (Taf. 24 c), doch ist der Ausdruck seines Kopfes von einer Freudigkeit und ungespalten-positiven Lebenskraft, die zu dem Bild, das Lysipp seit seinem frühesten überlieferten Werk, dem Kopenhagener Herakles (Taf. 29 a), von diesem Helden zeichnete, nicht paßt. Der lysippische Herakles ist mit einem fast philosophischen Tiefblick begabt und trägt immer das Bewußtsein von der Schwere seiner Aufgabe und dem zwiespältigen Wert menschlicher Leistung in sich. Kurz gesagt, der vorstürmende Herakles des Konservatorenpalastes gehört noch vor die Schwelle zur lysippischen Kunst, er ist ein Werk der Polykletschule. Diese Deutung sowie die engere Zuschreibung an Daidalos wird endgültig bewiesen durch einen Vergleich der Körperformen des Vorstürmenden mit denen des Ephesosathleten (Taf. 20 c) und der Pariser Athletenstatuette (Taf. 21b). Die Ähnlichkeit zwischen diesen Werken in der Form ihrer Muskulatur ist tatsächlich frappant. Die gleichen etwas fleischigen Brustmuskeln, die gleiche flache und in die Breite gezogene Lyraform des Rippenkorbrandes und die gleichen locker bewegten Bauchmuskeln finden sich bei allen drei Werken. Auch der Kopf des Herakles (Taf. 24c) reiht sich 814

Rom, Konservatorenpalast. Stuart-Jones, Pal. Cons. Horti Maecen. Nr. 7 Taf. 58. Curtius, AK. 375 Abb. 564f. Heibig 3 Nr. 948. BrBr. 352. H 1,74 m. Pentelischer Marmor. Aus Frgten. zusammengesetzt. Ergänzt: Nase, Zehen; einige Flicken. Verkleinerte Replik vielleicht: Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek. Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 263a. EA. 4802. H des Torsos: 0,37 m. Puntello am rechten Bein saß weiter oben und mehr vorn auf der Leiste. Enden von Bändern auf dem Rücken zeigen, daß Kopf hier bekränzt war. — Zur Zuschreibung an Lysipp s. W. H. Schuchhardt in Neue Beiträge 225. Dagegen haben sich E. Buschor, Maussollos und Alexander 49 und Curtius, AK. 376 ausgesprochen. — Deutung: Schuchhardt in Neue Beiträge 225: »Angreifer«; Curtius, AK. 376: Rosse des Diomedes, so auch Poulsen im Text zu EA. 4802. — Datierung: Curtius, AK. 376: 330 v. Chr.; Schuchhardt in Neue Beiträge 225: dreißiger Jahre. 815 s. hier Anm. 812.

174 mit seiner Form, seiner Haarbehandlung, den zur Seite strebenden Stirnhaaren, der Führung der scharfkantigen Brauen sowie dem verhältnismäßig kleinen Mund mit der vorgestülpten Unterlippe unter die Köpfe des Daidalos ein (Taf. 24). Der Figurenaufbau stammt von dem sikyonischen Läufer her (Taf. 18) und zeigt im übrigen die typisch daidalische Partie von Armen, Schultern und in den Raum vorstoßendem Kopf, die wir bereits von dem Ölausgießer Pitti kennen. Mit diesem zuletzt genannten Werk verbinden den Herakles auch sonst manche Verwandtschaften, vor allem aber die Energie, mit der die Bewegung ausgeführt wird. Einordnen werden wir dieses Werk in den Beginn der späteren Schaffensperiode des Künstlers. Trotz seiner Anklänge an Lysippisches und die Heraklesgruppen der dreißiger Jahre wird er doch noch vor der Statuette im Louvre (Taf. 21 b) geschaffen sein. Das beweist nicht nur der dem Ephesosathleten so überaus verwandte Kopf, sondern auch die räumliche Geschlossenheit der Komposition. Das Werk wird kurz vor oder um 360 v. Chr. entstanden sein. Vergleicht man diese Schöpfung der Reifezeit des Daidalos nochmals mit seinem Vorgänger, dem Läuferbild, das wir dem Vater des Künstlers, Patrokles II, zugeschrieben haben (Taf. 18), so ist der Aufbau der ausschreitenden Figur mit den unchiastisch zu den Beinen bewegten Armen im Grunde immer noch der gleiche. Sicher ist die Bewegungsführung hier ganz neu von einer Mitte her regiert; die Umsetzung des ruhenden Körpers in einen bewegten ist ganz mühelos vollzogen und organisch motiviert, während man dem Werk des Vaters die Probleme, die diese Umsetzung in sich barg, noch deutlich ansieht (Taf. 3d). Erst die von Daidalos geschaffene Gestalt ist wirklich aus einem Guß. Trotzdem vollzieht sich die Bewegung auch dieser Figur noch weitgehend in einer Reliefebene, was vor allem deutlich wird, wenn wir uns den Gegner des Herakles hinzudenken. Über diese Stufe der Gruppenbildung wird eben doch erst Lysipp hinauslinden. Dabei ist es aber wichtig, daß wir nun erkennen, auf welchem Weg die Erfahrungen der sikyonischen Polykletschüler in der zweiten Epoche nach Polyklet zu Lysipp gelangt sind. Offensichtlich war es die Leistung des Daidalos, die Gestaltung der bewegten Figur über jene frühen und zwiespältigen Versuche hinaus in die Blütezeit der Schule zu retten und damit bis an die Schwelle zur lysippischen Kunst voranzutreiben. Bezeichnend ist denn ja auch, daß dieser bewegten Figur die typische gebrochene Auffassung von Augenblickscharakter und Umgebungsbeziehung der zweiten nachpolykletischen Epoche ganz fehlt. Über diese Probleme ist die Schule im Jahrzehnt vor der Mitte des Jahrhunderts hinaus. Kehren wir nochmals an den Beginn des Schaffens des Daidalos zurück, so wird man dem Meister des obengenannten Läufers noch das Original des Kopfes mit dem Kranz zuschreiben dürfen, der in einer Kopie im Konservatorenpalast (Taf. 25 a. b) — entstellt durch eine häßlich ergänzte Nase — und in einer zweiten in Kopenhagen vorliegt 616 . Die hohe Kopfform, die Haarstruktur mit den zur Seite gestrichenen 618 Rom, Konservatorenpalast, Stuart Jones, Pal. Cons. Scala VI 5a Taf. 103. EA. 474. 475. Claudischer Entstehung, Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek, Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 120. EA. 3872f. Wirkt recht früh (frühaugusteisch ?). Ob auch das Original einen Kranz getragen hat ? Er ist jedenfalls

175 Stirnhaaren und der Schnitt des Gesichts verbinden ihn eng mit dem Kopf des Läufers. Und die Ähnlichkeit wird besonders deutlich, wenn man die Kopie in Kopenhagen mit dem Kopf des Läufers vergleicht (Taf. 24 a). Sie weist die gleiche Schlankheit des Gesichts auf wie jener, während sich die römische Replik eher zum Kopf des Ephesosathleten (Taf. 24b) stellt. Das Original gehörte sicher bereits ins 4. Jahrhundert. Von diesem Kopf läßt sich dann ebenso wie von dem Läuferkopf (Taf. 24a) die Brücke zu dem Pan Borghese-Kopenhagen schlagen, den wir wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Kopf der Statuette aus Sikyon in die dieser Stadt entstammende Schulrichtung einordnen konnten. Die beiden zuletzt genannten, dem 5. Jahrhundert angehörigen Werke können allerdings bei aller Verwandtschaft in der kantigen Kopfform, der geradlinigen Stellung der Teile des Gesichts zueinander und dem langsträhnigen Haar nicht vom selben Meister sein wie der Läufer und der Kopf Konservatorenpalast-Kopenhagen. Vielleicht gehen wir nicht allzusehr in die Irre, wenn wir die Statuette und den Pan der Kunst des jüngeren Kanachos, den Läufer und den bekränzten Kopf dagegen dem Patrokles II, Vater des Daidalos, zuschreiben. Dazu würde passen, daß von Kanachos die Schülerschaft bei Polyklet ausdrücklich überliefert ist, und den beiden Werken sieht man ja tatsächlich den direkten Einfluß Polyklets an; dagegen ist bei dem Schöpfer des Läufers von einer Schülerbeziehung nicht die Rede. Wo neben den selbstverständlich auch bei ihm vorhandenen polykletischen Traditionen die Quellen der Kunst dieses Meisters liegen, wurde bereits vermutet. Durch ihn muß also auch auf Daidalos neben dem polykletischen Erbe jene Überlieferung von Handlungsfiguren und malerischen Elementen überkommen sein. Ja, er hat mit seinem Frühwerk, dem vatikanischen Ölausgießer (Abb. 1), wie mit dem reifen vorstürmenden Herakles (Taf. 21a) an der Aneignung dieser Überlieferung mitgearbeitet. Bezeichnend für die Entwicklung der Polykletschule ist es allerdings, daß er mit seinem Ölausgießer Pitti für das gleiche Thema wieder auf der polykletischen Grundform aufbaute. Aus der Souveränität der errungenen eigenen Form ist eine — sicherlich nicht mehr unbewußte — neue Beziehung zum klassischen Schulhaupt möglich geworden. In der nun folgenden Blütezeit des Künstlers, die zugleich die Blütezeit der ganzen Schule ist, kann Daidalos als der charakteristische Repräsentant dessen gelten, was die Schule künstlerisch gewollt hat. Die von allen möglichen Handlungs- und Bewegungselementen bestimmte Gestalt mit ihren vielfachen Umwelts- und Raumbezügen, die trotzdem ein einheitliches, gültiges und in sich ruhendes Menschenbild repräsentiert, war das Ziel aller Nachfolger Polyklets in dieser Epoche. Die besondere Lösung des Daidalos war die Schöpfung der mit den Armen ringförmig vor dem Körper agierenden Figur. Diese Erfindung, die er, wie die Louvrestatuette zeigt, der Komposition von Kopf und Haar gut eingepaßt. Im übrigen wird man bei einem Vergleich bemerken, daß das flammenartige Wegstreben der Locken über dem linken Auge offenbar vom Kopisten in die Replik in Rom eingeführt ist unter Anregung vielleicht des Kopfes des Hermes des Naukydes (s. hier Taf. 9 a). Die Schichtung der Locken an dieser Stelle bei dem Kopenhagener Kopf ist überzeugender und organischer. Die schmale Gesichtsform dieser Wiedergabe ist aber ihrerseits bei dem Kopenhagener Kopf übertrieben, während der römische Kopf vielleicht wieder zu sehr in die; Breite geht.

176 auch noch in die wiederum anders geartete Gestaltung seiner Altersperiode hinübergerettet hat, vereinigt genau in der angestrebten Weise das Ausgreifen in den Raum mit einer Rückführung der Bewegung in die Figur selbst. Die so geschaffene Grundfigur steht ebenbürtig neben der für den strengen Stil charakteristischen Haltung mit einem gesenkten, einem angewinkelten Arm wie auch dem polykletischen Grundmotiv des einen angewinkelt erhobenen und des andern gesenkten oder weniger hoch erhobenen Armes. Wenn dann Daidalos in seinen späteren Alterswerken noch die neue räumliche Öffnung der Figur mitbestimmt hat, so kommt bei dieser in die Zukunft weisenden Neuorientierung vor allem eine grundlegende Eigenschaft des Künstlers zum endgültigen Durchbruch: der energische Impetus. Diese Eigenschaft ließ ihn bereits bei dem frühen vatikanischen ölausgießer (H 1; Taf. 19a.b) eine ungemein dichte und aktive Figur schaffen, aktiver als es der dem Thema nach eigentlich aktionsnähere Läufer des Patrokles II (G 1. 2; Taf. 18)war. Der gleiche Impetus Heß ihn dann den ölausgießer Pitti (L I 1—3) zu einer so mächtigen, kraftstrotzenden Gestalt steigern und ließ ihn schließlich in seiner Reifezeit das Bewegungsproblem seiner Frühzeit wiederaufnehmen und mit neuer Freiheit in der so energischen Figur des vorstürmenden Herakles (Taf. 21a.c) gestalten; ja, dieser Grundzug bestimmte auch bei dem klassisch-beruhigteren Ephesosathleten (K 1; Taf. 20 c) die besondere Auffassung des Themas, daß der Athlet nicht in einem routinemäßigen und damit passiven Abschaben, sondern mit dem Konzentration fordernden Wegschnalzen des Schmutzes von der Strigilis beschäftigt ist. Wenden wir uns nun dem jüngeren Polyklet zu, den wir in nächster Nähe des Daidalos arbeiten sahen, so stehen wir damit einer ganz anderen Persönlichkeit gegenüber. Den Unterschied vermag am besten ein Vergleich zu zeigen, der nochmals zwischen dem Faustriemenanleger (Taf. 20 b) und dem Strigilisreiniger (Taf. 20 c) vorgenommen sei. Wir haben gesagt, daß hier ein ähnliches Nachvorngreifen der Arme gestaltet war, und die Unterschiede zunächst zur zeitlichen Einordnung beider Werke ausgewertet. Wir müssen jetzt unser Augenmerk auf eine noch tief er gehende Verschiedenheit richten. Bei dem Faustkämpfer (Taf. 20 b) ist nämlich nicht wie bei allen bisher betrachteten Werken der Schule der Arm über dem Spielbein der aktive, sondern der über dem Standbein. Denn wenn man die Rückenmuskeln der Figur betrachtet, so ergibt sich, daß der linke Arm des Athleten zwar angewinkelt, aber ohne Bewegungsimpetus gehalten wird: Seine Schulter hängt herunter. Dagegen ist der rechte Arm angespannt und abgespreizt: Offenbar ist er es, der den Riemen um die linke Hand festzieht. Mit der Anordnung dieses aktiven rechten Arms über dem Standbein hat aber der jüngere Polyklet etwas versucht, was die anderen Polykletschüler nicht für nötig hielten, nämlich die Prinzipien des polykletischen Kontraposts nun auch auf die veränderten Bewertungen der den Körper regierenden Kräfte anzuwenden. Blickt man nochmals zur Aphrodite (J 1; Taf. 20 a), so zeigt sich hier etwas ganz Ähnliches. Einmal hält auch sie mit der Rechten einen Gegenstand und ist das rechte Bein das Standbein ; die aktivere Tätigkeit des Armes ist also auch hier der

177 Standbeinseite zugeordnet. Zum anderen baute der Künstler deutlich die Teile von Körper und Gewand kontrapostisch gegeneinander: Dem Standbein entspricht der herabhängende Mantelteil auf der Spielbeinseite und dem Schwung des Spielbeins der geschwungene Mantelteil auf der Seite des Standbeins. Ein in neuer Weise kontrapostisches Gefüge der Gestalt aufzubauen, war also die Leistung des zweiten Polyklet. Nicht energischer Bewegungsimpetus, sondern harmonische Ausgeglichenheit der Bewegung strebt dieser Schüler des Naukydes an und vollzieht so eine jener charakteristischen Übergriffe über den Lehrer hinweg auf die Generation vor diesem ; denn bei Naukydes war gerade die einseitige Betonung einer Körperseite ein Charakteristikum seiner Kunst. Daß der Enkelschüler mit seinem Versuch, die Harmonie des hochklassischen Urbildes wiederzugewinnen, nicht den ganzen Polyklet erfassen konnte, ist nur natürlich. Er hat sich aber durch die Art, wie er die Einheit der Figur verstand, zum Gestalter der intimen Götterfiguren der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts qualifiziert, als den ihn die antike Kunstgeschichte kannte. In Kopien überliefert scheinen wir allerdings außer der Aphrodite nur noch einen Asklepiostypus zu besitzen. Der Typus Girgenti (M 1—3)817 ist nämlich tatsächlich der Aphrodite so ähnlich, daß eine Zuschreibung an Polyklet II nahegelegt wird. Besonders bei dem Torso in Palermo (M 1), der an Qualität die beiden anderen Kopien bei weitem übertrifft, erinnert die Drapierung des Mantels erstaunlich an die Statue der Göttin. Und vergleicht man dann die anderen Wiedergaben, so bestätigen sie, selbst in ihrer verwascheneren Formung, die einzelnen Merkmale. Da ist einmal die Führung des Mantels von der rechten Seite hinauf zur linken Schulter beziehungsweise zur Achsel zu vergleichen. Wie dabei das Knie eng vom Mantel umspannt wird und dadurch in seiner Bewegungsfreiheit behindert ist, das entspricht der gleichen Stelle bei der Aphrodite genau. Und die gleiche auch der Aphrodite bereits eigene Fesselung der Glieder durch das Gewand findet sich in der komplizierten Umwickelung des Unken Oberarms des Gottes. Das Hängen des Arms in dem Mantelbausch — ein besonders charakteristischer Zug dieser Asklepiosdarstellung — hat seine Parallele in dem Chitonrand, der über den rechten Oberarm der Aphrodite fällt; es ist nicht genau das gleiche Motiv, wohl aber das gleiche Verhältnis von Körperteil und Gewand. Hinzu kommt das Standmotiv des Gottes, das das gleiche ist wie das der Aphrodite, hinzu kommt ferner das Einknicken des Körpers in der Taille, hinzu kommt schließlich die ganz polykletische Proportion und Formung der Muskulatur. Wir kennen die Körperformung des jüngeren Polyklet bisher nur aus der Kleinbronze, und die Kopien des Asklepios sind gerade hierin sehr verschieden. Der Torso aus Girgenti (M 1) ist vielleicht etwas zu traditionell polykletisch in der Behandlung der Muskulatur; die beiden Wiedergaben des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts (M 2. 3) zeigen bewegtere Formen. Allerdings ist bei ihnen die Bewegung zu stark betont und wirkt damit geradezu hellenistisch. Was aber schließlich mit Sicherheit für eine Zuschreibung an den zweiten Polyklet spricht, das ist der kontrapostische 417

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s. Liste im Anhang hier S. 274. Jdl. 25. Erg.-Heft

178 Aufbau der Figur an einem Gerüst von Vertikalen. Im neuen Sinn kontrapostisch ist etwa die Anordnung des festgelegt-passiven Arms über dem Spielbein und des freier agierenden Arms über dem Standbein. Die Vertikalen werden von Stab und herabfallendem Mantelteil links und vom Standbein rechts gebildet. Wie bei der Aphrodite und dem Faustriemenanleger agieren dabei die Arme in spannungsreich vom Körper abgespreizten Bögen. Das Bild des Gottes wird auch hier durch eine zarte Zurückhaltung, ein Aufsuchen der leisen Töne charakterisiert, wie wir es von der Aphrodite und dem Athleten als typisch für den Künstler kennengelernt haben. Dies ist nicht die mächtige, prunkvoll drapierte Gestalt des großen Heilgottes, wie das 5. Jahrhundert sie gestaltet hatte 618 , so sehr auch das Werk des zweiten Polyklet im Typus an jene Gestaltung anknüpft. Dieser Asklepios ist menschlicher, stiller und mehr persönlich ansprechbar. Er entspricht damit einem intimen Frömmigkeitsverhältnis, wie es für das 4. Jahrhundert und nicht zuletzt die Asklepiosreligion charakteristisch ist. Schwierig bleibt die Rekonstruktion der Kopfhaltung des Gottes. Die Kopfrichtung nach oben scheint nur bei der einzigen vollständig erhaltenen Statue in Rom (M 2) vorzukommen. Der Halsrest der Kopie in Palermo (M 1) spricht eher für einen zur Standbeinseite geneigten Kopf. Die Einzelzüge des römischen Kopfes, besonders seine schmale Form, wirken nicht unbedingt argivisch, sie scheinen eher von dem berühmteren Asklepiosbild des 4. Jahrhunderts, das vielleicht Bryaxis geschaffen hat, beeinflußt619. Doch haben wir ohnehin keinen Anhaltspunkt, wie ein bärtiger Kopf der Naukydesrichtung der Polykletschule aussehen konnte. Sollte die Kopfwendung nach oben auch für das Original zutreffen, so müßte es aus der Alterszeit des Künstlers, dem Jahrzehnt vor der Jahrhundertmitte, stammen. Ohnehin wird man mit der Datierung dieses ausgeglichenen, wie in einem Guß entstandenen Werks auf jeden Fall bis in die sechziger Jahre gehen. Gibt schließlich die Münze von Argos620 wirklich den Zeus Meilichios wieder, so können wir uns auch von diesem Werk des zweiten Polyklet wenigstens eine allgemeine Vorstellung machen. Der Einfluß des olympischen Zeus war selbstverständlich wie bei allen thronenden Göttern nach Phidias spürbar. Noch mehr aber fällt die Ähnlichkeit zur argivischen Hera des älteren Polyklet auf. Nicht nur, daß bei dem Zeus in der gleichen Weise der Mantel bogenförmig vom Schoß zur linken Schulter verläuft, es ist auch der Rhythmus des Sitzens überaus verwandt. Der Zeus, ein Frühwerk des Naukydesschülers, ist also bereits ein Zeugnis von dem tiefen Eindruck, den die polykletische Kunst auf den Enkelschüler ausgeübt hat. Daß darüber hinaus der Zeus Meilichios ebenso wie die beiden anderen überlieferten Götterbilder des eis Vgl. Lippold, Plastik 191. Auf die vielfältigen Probleme, die der Asklepios Giustini aufwirft, kann hier nicht eingegangen werden. 619

Vgl. den Kopf von Melos, Brit. Mus. Cat., Smith, Sculpture Nr. 550. Literatur bei Lippold, Plastik 259 Anm. 3. 620 Vgl. hier Anm. 77. Münze: NCP. Taf. 54, 25. Picard, Manuel III 1, 316 Abb. 113. A. B. Cook, Zeus II 2, 1143 Abb. 962. Zum Vorkommen auf Reliefs (auch attischen ?) s. ebenda 942. 947. Picard, RHRel. 126, 1942/43, 97ff. und Manuel III 1, 316f. mit Abb. 114.

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Meisters betont einfach und schlicht war — statt herrscherlich zu thronen, scheint dieser Gott eher lässig ruhend dargestellt — und sich damit von den großen Goldelfenbeinbildern der Hochklassik unterscheidet, liegt ganz auf der Linie dessen, was wir vom jüngeren Polyklet nun schon wissen. Als ein Frühwerk mag außerdem dem Künstler noch eine Jünglingsstatue zugeschrieben werden. Ein Basalttorso aus Castel Gandolfo621 zeigt Körperformen, die ihn mit Sicherheit in die Polykletschule, und zwar in die Naukydesrichtung einordnen. Die Ähnlichkeit mit dem Diskobol beweist das eindeutig, und die Verwandtschaft zum Körper der Statuettennachbildung des Faustriemenanlegers (Taf. 20 b) legt eine Zuschreibung an Polyklet II sehr nahe. Der Basalttorso wurde zunächst nach einer Statue im Thermenmuseum rekonstruiert, die man als 'sich bekränzenden Athleten 1 gedeutet hat 622 . Eine noch treffendere Wiederherstellung scheint uns aber die nach einer Statuette im Louvre 623 zu sein, die man meist als Einschenkenden mit einer Kanne in der Rechten und einer Schale oder einem Becher in der Linken zu erklären pflegt. Allerdings handelt es sich bei der Statuette nicht, wie oft behauptet wurde, um ein griechisches Original der klassischen Zeit. Eine einfache Gegenüberstellung mit der wirklich originalen Statuette der Polykletnachfolge im Louvre (Taf. 15 a) zeigt das sofort. Wir haben vielmehr ein Erzeugnis der klassizistischen Zeit, frühestens des 1. Jahrhunderts v. Chr., vor uns. Das beweist die kühle Schlankheit der Figur ebenso wie die Formung der Muskulatur, die vorangegangene hellenistische Bildung noch deutlich spüren läßt. Vor allem beweisen es die scharfen, rein linearen Gesichtszüge und die ganz schematische Bildung des Haares. Wenn aber das kleine Werk keine zeitgenössische Schöpfung der Schule selbst ist, kann es um so zuversichtlicher als echte Wiedergabe eines Werkes jener Epoche und Schule gelten. Die Haltung der Arme der Statuette stimmt mit der aus dem Basalttorso zu erschließenden genau überein; auch hier ist der linke Arm gesenkt und nach vorn angewinkelt, der rechte nicht wie beim Westmacottschen Knaben oder gar dem einschenkenden Satyr hochgereckt, sondern nur so hoch erhoben, daß der Oberarm in Schulterhöhe bleibt oder sogar noch darunter. Wie ist nun aber diese Armhaltung zu erklären ? Das Bekränzen fällt weg, weil dann das Anwinkeln des anderen Armes keinen Sinn hätte. Das Einschenken aber ist auch nicht überzeugend, da die Kanne bei dieser Armhaltung gar nicht über dem Becher steht, außerdem ist zwar ein ein621

AA. 1933, 594 Abb. 6. Paribeni Nr. 56. Diese Statue wurde von Anti (MonAnt. 26, 1920, 623 Abb. 48. 49) neben die "Hera" von Pergamon gestellt und von Paribeni (Text zu Nr. 56) als römisch verstanden. Doch ist sie kaum eine ganz neue Erfindung der Kopisten. 823 A. de Ridder, Les Bronzes Antiques du Louvre I Nr. 184. Boulanger, RA. 4. Ser. 21 I 1913, 214ff. H. Lamb, Greek and Roman Bronzes 169 Taf. 61a. J. Charbonneaux, L'Art Classique II 29. Datierung von Furtwängler, MW. 278 ins 4. Jh. Auch Lamb, Greek and Roman Bronzes 169 spricht von 'späterer Periode'. Aber auch die Ansetzung ins 4. Jh. ist noch zu früh. Zu den Körperformen vgl. z. B. den Augustus von Herculaneum, K. Kluge —K. Lehmann-Hartleben, Die antiken Großbronzen III Taf. 27. Zu den scharfen Gesichtszügen etwa die Bronze J. Charbonneaux, Les Bronzes Grecques Taf. 31, 1. 822

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180 schenkender Satyr, allenfalls noch ein einschenkender Knabe möglich, ein erwachsener einschenkender Jüngling aber — und um einen solchen handelt es sich sowohl bei dem Torso wie bei der Statuette — wäre weder als Weih- noch als Ehrenbild sinnvoll. Einen Ausweg könnte eine etruskische Statuette weisen, die sich ebenfalls im Louvre befindet624. Hier ist ein kräftig gebauter Jüngling dargestellt, der sich das Schwert umhängt. Die in Schulterhöhe erhobene Rechte faßt noch das Band auf der Schulter, die Linke umschließt noch das Schwert auf der Hüfte. Die Figur besitzt einen auffallend kantigen Umriß und ist in einem sehr schwerfälligen Rhythmus aufgebaut. Sowohl die Bewegung des rechten Armes als auch die des Spielbeins ist mit deutlich spürbarer Gewaltsamkeit in die Fläche gekippt und jeder Tiefenräumlichkeit beraubt. Stellen wir uns in Gedanken die Räumlichkeit wieder her, die dem Stand jedenfalls sicher zukommt, so ist die Bewegung der Figur der des bisher einschenkend genannten Jünglings nicht unähnlich. Will man dabei so weit gehen, auch die Handlung der etruskischen Statuette aus ihrer stationären, rein repräsentativ gewordenen Erstarrung in eine einem griechischen Vorbild zukommende lebendige Handlung zurückzuverwandeln, so könnte man der unerklärten Statuette ebenso wie dem Torso in die nach oben gekehrte Linke das Schwert, in die Rechte das Schwertband geben, das sich der Jüngling im nächsten Augenblick über den Kopf streifen wird. Kurz, wir haben einen sich bewaffnenden Krieger vor uns. Nun überliefert Plinius626 einen hagetera arma sumentem, den Polyklet geschaffen habe. Ist es zu kühn, unseren schwertanlegenden Jüngling mit diesem Werk zu identifizieren und dem jüngeren Polyklet zuzuschreiben? Eine gewisse Rechtfertigung ergibt sich durch eine unveröffentlichte Statue ohne Kopf im Museum von Theben, die sich als weitere Umformung neben die bereits genannte Statue im Thermenmuseum (s. Anm. 622) stellt. Hier ist zwar das Standmotiv im Gegensatz zur Statue im Thermenmuseum, deren Füße wie die der etruskischen Statuette im Aristionmotiv stehen, das der nachpolykletischen Knaben, die Bewegung der Arme ist aber der des beschriebenen Jünglings ganz ähnlich. Der linke ist noch angewinkelt erhalten, der rechte allerdings weniger stark erhoben und mehr nach vorn angewinkelt zu ergänzen; Puntelli sichern diese Stellung. Wichtig ist, daß hier über der Brust das bereits angelegte Schwertband liegt, aber ohne das Schwert. Ob wir dieses in der zur Schulter geführten rechten Hand oder — der etruskischen Figur ähnlicher — in der linken ergänzen dürfen, während die rechte entweder auch hier zum Schwertband geführt ist oder eine Lanze bzw. einen Helm trägt, ist nicht mehr zu sagen. 821

A. de Ridder, Les Bronzes Antiques du Louvre I 292. Zu vergleichen wäre außerdem die nach einem Torso in Patras und einer Statue in Florenz rekonstruierte Statue einer Aphrodite, die sich das Schwert umhängt (vgl. W. Amelung, Text zu EA. 1307). Sie wäre, wenn wirklich in dieser Form antik (G. A. Mansuelli, Galleria degli Uffizi, Le Sculture I Nr. 28 erklärte das Schwert der Statue für moderne Ergänzung), als eine spätere Schöpfung (kaum vor dem 1. Jh. v. Chr.) nach dem waffenanlegenden Jüngling aufzufassen. 625 Nat. Hist. X X X I V 19, 56. Zur Zurückweisung von unnötigen Textänderungen s. Lippold in RE. X X I 1711 Nr. 18 s. v. Polykleitos.

181 Als Stütze jedenfalls dient ein Panzer, durch den die Statue eindeutig als Krieger gekennzeichnet ist. Es wird sich um eine dem Vorbild des Basalttorsos nachgebildete Porträtstatue handeln. Immerhin aber können Schwertband und Panzer die Rekonstruktion jenes Vorbilds mit Waffen noch weiter stützen. Für die Überlieferung jenes Werkes ergäbe sich danach folgende Reihe: 1. Statuette des 1. Jahrhunderts v. Chr. (s. Anm. 623). 2. Basaltkopie (s. Anm. 621), wie Nr. 1 eine einigermaßen getreue Wiedergabe des Originals. 3. Etruskische Statuette (s. Anm. 624) mit Erstarrung von Motiv und Aufbau der Figur. 4. Recht ähnliche Umbildung von Nr. 3 im Thermenmuseum (s. Anm. 622), wohl noch nicht Porträt. 5. Verwendung als Porträt mit Abwandlung des Waffenanlegers zu attributiv beigegebenen Waffen. Dabei ist zu beachten, daß die Umbildungen Nr. 3—5 Standbein und Spielbein vertauschen und das Standmotiv variieren. Das von Torso (Nr. 2) und Statuette (Nr. 1) überlieferte rechte Standbein mit dem im Lysandermotiv zurückgezogenen Spielbeinfuß wird dem Original entsprechen. Ursprünglich ist das Werk wohl eher eine Grabstatue als ein Porträt gewesen. Als Handlung würde sich das Waffenanlegen des Hageter, wie wir es für das Original erschlossen haben, sehr schön neben dem Athleten mit dem Faustriemen (Taf. 20b) denken lassen. Aber auch die Formung der Figur im einzelnen, das spannungsreiche Abspreizen der Glieder, die deutlich herausgearbeiteten Vertikalen des Aufbaus entsprechen ganz der Art des jüngeren Polyklet, wie wir sie bereits kennengelernt haben. Auch hier ist der Vergleich mit einem Werk des Daidalos, dem Ölausgießer Pitti ( L I 1—3), höchst aufschlußreich; er macht die für den Naukydesschüler charakteristischen Züge, die Mischung von spannungsreichen Einzelelementen und einer die ganze Figur bestimmenden in sich gekehrten Stille, nur noch deutlicher. Die Erfindung der Figur ging auch diesmal von einer polykletischen Grundlage — etwa Amazone oder Diadumenos — aus. Polyklet II hat diese Vorbilder aber nicht nur in ein momentanes, gegen den Raum drängendes, gleichsam diesseitigeres Bild verwandelt — man beachte, wie spannungsreich die Bewegung der Arme im Raum vor dem Körper gestaltet ist —, er war auch hier wiederum bestrebt, aus den neuartigen Elementen ein im neuen Sinn kontrapostisches Gebilde zu schaffen: Der aktive rechte Arm ist, wie Statuette und Torso zeigen, über dem Standbein, der passivere linke über dem Spielbein angeordnet. Daß wir ein Werk der früheren Zeit des Künstlers vor uns haben, geht bereits daraus hervor, daß die Statuette dem Hermes des Naukydes (E 1; Taf. 10 a) besonders nahesteht. Gleichzeitig zeigt aber gerade der Vergleich mit diesem Werk der ersten Epoche nach Polyklet den großen inneren Abstand, der die Schöpfung bereits von den Knaben der ersten Epoche trennt. Spannungsreichtum, freie Bewegung im Raum und die ganz einzigartige Gestaltung eines an sich polykletischen Grundmotivs

182 zeigen, daß hier nicht mehr ein unter direktem Einfluß Polyklets stehender Künstler der ersten Generation, sondern ein selbständig gestaltender Enkel am Werk ist. Mit der zeitlichen Ansetzung des Originals wird man trotzdem nur wenig unter die Jahrhundertwende heruntergehen. Räumlichkeit und Beweglichkeit der Muskulatur stellen den Basalttorso neben den Krieger vom Heraion (Tai. 3 c) und die Läufer im Konservatorenpalast (G 1.2; Taf. 3d; 18). Im Jahrzehnt 400—390 v. Chr. wird Polyklet II den arma sumentem geschaffen haben. Wichtig ist, daß sich von dem Basalttorso nun auch eine Brücke nach Epidauros schlagen läßt. Seine Verwandtschaft mit einigen Torsen der Skulpturen des Asklepieions626 könnte tatsächlich einen von Polyklet II ausgegangenen Einfluß auf gewisse Meister der Tempelskulpturen nahelegen. Eine nähere Verbindung und vielleicht zeitweilige Arbeit des Künstlers in Epidauros wird damit noch wahrscheinlicher. Seine frühen beziehungsweise mit dem Waffenanleger etwa gleichzeitigen Athletenstatuen des Pythokles (Abb. 38) und des Xenokles (Abb. 26) kennen wir nur von ihren Standspuren 627 . Sie zeigen wie alle Werke des Künstlers den Einfluß des Naukydes, der den immer vorhandenen Untergrund bildet, auf dem sich das Schaffen dieses Polykletnachfolgers erhebt. Daß Polyklet II daneben außer einem besonderen Verhältnis zum älteren Meister des Namens auch Einflüsse aus der sikyonischen Schulrichtung erfahren hat, mag der Pythokles mit seinem bewegten Stand, der fast auf eine bewegte Handlungsfigur schließen läßt, beweisen. Eine weitere solche Figur ist uns vielleicht in einer Widerspiegelung durch ein attisches Grabrelief erhalten. A. Brueckner hat bereits das Grabrelief des vorstürmenden Jünglings mit den Knöcheln in Bukarest mit dem von Plinius als Schöpfung Polyklets genannten nudus talo incessens in Verbindung gebracht 628 . Nun ist der Jüngling dieses Reliefs tatsächlich als Relieferfindung sehr merkwürdig. Die in ihrer Bewegung einen beträchtlichen Tiefenraum erfordernde Figur ist in den Rahmen des Reliefs und seine noch verhältnismäßig wenig tiefenräumliche Ausdehnung hineingepreßt und dadurch verunklärt. Da wir nun bereits vom Grabrelief des Telesias629 die Übertragung einer Statue der Polykletschule in ein Relief kennen, so liegt eine gleichartige Erklärung für den Knöchelwerfer des Bukarester Reliefs tatsächlich nahe. 828 J. F. Crome, Die Skulpt. des Asklepiostempels von Epidauros Taf. 24 und 29. B. Schlörb, Timotheos, 22. Erg.-H. zum Jdl. (1965) 28 sah hier sikyonischen Einfluß. 827 Vgl. hier S. 41 und 45. 628 A. Brueckner, Polyklets Knöchelwerfer, 77. BWPr. (1920). Die Nennung bei Plinius wiederum Nat. Hist. X X X I V 19, 56. Grabrelief, Bukarest, Nat. Mus., Conze II Nr. 1152 Taf. 246. - Man könnte sich an dieser Stelle fragen, ob nicht die von Plinius (Nat. Hist. X X X I V 19, 56) gerühmten knöchelspielenden Knaben Polyklets wiederum nur eine römische Verdoppelung des nudus talo incessens des jüngeren Polyklet waren. Allerdings spricht diesmal die im letzten Viertel des 5. Jhs. in der Malerei häufiger auftretende Gruppe hockender Knaben und knöchelspielender Mädchen wohl für das Vorhandensein einer solchen Gruppe, die wir denn doch dem hochklassischen Künstler zuschreiben möchten. Zu deutlich meint man im Einzelaufbau mit dem durchdachten Gegeneinander von hochgestellten und liegenden Knien polykletischen Geist zu spüren. Auch ist es bezeichnend, daß diese Spieler als ruhige, nicht bewegte Gestalten konzipiert waren. 829 s. hier Anm. 318.

183 Hinzu kommt, daß die Beschreibung talo incessens genau auf den nach vorn tretenden und mit dem erhobenen Arm ausholenden Jüngling paßt. Stellt man sich die Relieffigur aber als selbständige Statue vor, so ist sie sowohl dem Hermes als auch dem Diskobol des Naukydes so verwandt, daß sie tatsächlich als Werk des zweiten Polyklet durchaus denkbar wäre. J a , man muß nach jenen Ähnlichkeiten ein Vorbild aus der Naukydesrichtung für das Relief geradezu fordern. Auch dieses würde ein Frühwerk des jüngeren Polyklet sein, vielleicht gerade aus der Zeit des Pythokles, und für uns am reinsten sowohl die Herkunft Polyklets I I aus der naukydeischen Schule als auch den Einfluß der frühen sikyonischen Bewegungsfiguren auf ihn repräsentieren. Es mag im Original am ehesten Hermes, den Gott des glücklichen Wurfs, dargestellt haben und würde damit als vierte erschließbare Götterfigur nochmals von den sehr persönlich gefaßten Götterbildern des zweiten Polyklet Zeugnis geben. 3. H E R M E S R I C H E L I E U Daß der jüngere Polyklet auch ruhigstehende Statuen von der Art des Koblanosathleten geschaffen hat, beweisen die von ihm signierten Basen des Xenokles (Abb. 26) und des Aristion (Abb. 3) 630 . Bereits bei der Besprechung der Basen konnte gerade das Stehen des Aristion als eine besonders reife und ausgewogene Ausprägung des Standmotivs gelten. So wird man sich denn auch die Statuen selbst als Höhepunkt der Entwicklung dieses für die Polykletschule typischen Figurenschemas zu denken haben. Die Statue des Aristion ist uns nicht erhalten, eine Hermesgestalt der Polykletnachfolge, die, wenn nicht dem jüngeren Polyklet, doch einem Naukydesschüler zugeschrieben werden kann, tritt in die Lücke. Diese Hermesgestalt 631 — wohl eine der bedeutendsten Darstellungen des Gottes im 4. Jahrhundert — ist wie kein anderes Werk der Antike nachgestaltet, abgewandelt und vor allem zu Porträtstatuen verwendet worden. Verhältnismäßig wenige unter diesen vielfachen Abwandlungen geben dagegen das Original in seinen Einzelzügen wirklich verläßlich wieder. Für eine echte Vorstellung von der Hermesgestalt müssen neben den vollständigen Umwandlungen, sei es der hellenistischen, sei es der Kaiserzeit, auch fast alle Verwendungen als Porträt ausscheiden: Die früheren tragen noch zu stark die Züge der späthellenistisch-republikanischen Kunst, die späteren geben den Formen nur einen allgemein klassizistisch-polykletischen Charakter. Von den hellenistischen Nachbildungen ist diejenige aus dem Antikytherafund ( N i l ) wegen ihres noch aufsitzenden und verhältnismäßig gut erhaltenen Kopfes wichtig, sonst aber zu zerstört, und die Wiedergabe des Antiphanes aus Melos (N I 2) besitzt in ihrem schlanken Wuchs und der allzu kleinlichen Aufgliederung der Muskulatur mehr Züge ihrer eigenen Zeit, der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr., als des 4. Jahrhunderts. Es bleiben also nur einige Torsen der römischen Kaiserzeit als hinreichend zuverlässige s. hier S. 41. 43. s. Liste im Anhangs. 274ff., N 1—31. Dafür, daß ursprünglich wirklich Hermes dargestellt war, spricht neben der Chlamvs die Ähnlichkeit zum Hermes des Naukydes. 630

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184 Wiedergaben des Werks übrig. Unter diesen ist die Statue im Louvre (N V 15; Tai. 13c), die dem Typus ihren Namen gegeben hat, tatsächlich an erster Stelle zu nennen, weil sie, auch wenn der vielleicht nicht zugehörige, auf jeden Fall sehr flaue Kopf wegzudenken ist, das vollständigste Bild des Werks darstellt. Der hadrianischantoninischen Zeit entsprechend, in der die Kopie entstanden sein muß, sind die Körperformen zu aufgedunsen und weichlich, die Proportionen des Körpers aber sowie die Struktur der Muskulatur werden von den anderen zuverlässigen Wiedergaben bis ins einzelne bestätigt. Ein Torso in der Villa Albani (N V 17) steht der Louvrestatue besonders nahe, während der sehr zerstörte Torso in Olympia (N V18) und ein weiterer im Louvre befindlicher (N V 16) die Formen des Körpers fester zusammenfassen — bei dem Pariser wohl etwas übertrieben kompakt — und damit am ehesten dem Original entsprechen. Die besten unter den Porträtverwendungen, wie etwa der Torso Somzöe (N IV 11), zeigen ebenfalls die gleichen Proportionen wie die echten Kopien, wenn auch gerade der zuletzt genannte Torso im einzelnen zu sehr die polykletischen Eigenschaften des Werks betont. Er bestätigt aber aufs beste die stark plastisch-räumliche Bedeutung der Chlamys, die bereits eine Seitenansicht der Statue Richelieu kennen lehrt. Für die Vorstellung vom Kopf des Originals muß man, wie G. Lippold632 gesehen hat, von dem Kopf der Antikytherareplik ausgehen. Doch können wir Lippold nicht folgen, wenn er die am besten erhaltene Replik dieses Kopfes im Museo Barracco in Rom (N VI 22; Taf. 22 b; 23 b) als Porträt bezeichnet. Die Porträtumbildungen pflegen, wie der Kopf der Eretriastatue (N I 3) zeigt, die Haare über der Stirn zu verändern. Und gerade diese gibt der Barraccokopf zuverlässig wieder. Außerdem entsprechen die persönlich-individuellen Züge des Kopfes keineswegs solchen römischer Idealporträts, sondern gleichen in ihrer naiven Jugendlichkeit genau denen des Diskobols des Naukydes (D 1; Taf. 22 a; 23 a). Dabei hält der Barraccokopf gerade die Mitte zwischen den zu stark polykletisierenden Wiedergaben des Hermeskopfes (N VI 24), den leeren antoninischen Repliken (z. B. N VII 29) und den pathetisch aufgeregten Köpfen der hellenistischen Umbildungen (N VI). Alle diese Eigenschaften sowie die ausgezeichnete Qualität der Ausführung machen den Barraccokopf zum besten Zeugnis des Originals des 4. Jahrhunderts. Die Zugehörigkeit des Hermes Richelieu zur Kunst der Polykletnachfolge ist der Forschung bisher noch nicht genügend deutlich geworden633, und doch ist sie sofort einleuchtend. Schon die immer erkannte nahe Verwandtschaft des Werks zum Hermes des Naukydes (E 1; Taf. 10 a)634 spricht dafür. Wie dieser steht der Hermes Richelieu (N V 15; Taf. 13 c) auf dem linken Standbein, während das rechte gelockert 632

Jdl. 26, 1911, 271 ff. Andeutungsweise wurde der Hermes von Poulsen (Text zu EA. 4575) zur Kunst der Polykletschule gestellt. Vorher A. Furtwängler, Collection Somzie zu Nr. 9 (Kleon). Mariani, Ausonia 2, 1907, 207ÜE. hat ihn als Werk des Lysipp unter Einfluß des Skopas (sog. Hermes vom Palatin, sicher ein eklektisches Werk) aufgefaßt. Dem Silanion wollte ihn dagegen Lippold, Jdl. 26, 1911, 278 zuschreiben, doch hat er mit der Sappho gar nichts gemeinsam. 834 Vgl. Mariani a. O. 207 ff. 633

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zur Seite gesetzt ist, wobei der Fuß mit voller Sohle den Boden berührt. Über der linken Schulter und dem linken Arm liegt wie bei jenem die Chlamys und in der Beuge desselben Armes auch das Kerykeion. Wie beim Hermes des Naukydes hängt ferner der rechte Arm lose herab und ist der Kopf zur Standbeinseite geneigt636. Ja, die Abhängigkeit des Hermes Richelieu vom Werk des Naukydes geht bis in die Anordnung der Haare. Wäre es nun auch denkbar, daß ein anderer, nicht der argivisch-sikyonischen Schule angehörender Künstler sich die Statue des Naukydes zum Vorbild genommen hätte, so muß es doch jeden Zweifel an dem argivischen Charakter des Werks zerstören, wenn man betrachtet, wie sehr die Mittel, die hier aus dem Hermes des Naukydes ein Werk des 4. Jahrhunderts machen, die der Polykletschüler sind. Das Standmotiv ist fast genau das der Aristionbasis (Abb. 3), eine klare Weiterentwicklung des Stehens des Koblanosathleten und mit dem Stand des Ölausgießers Pitti (L I) aufs engste verwandt. Der Aufbau der Figur entspricht dem des Koblanosathleten (F II 1; Tai. 15b), des Athleten Capelli (F IV 1; Tai. 15c) und des Vorbildes des Idolino (F III 1; Taf. 15 d) mit umgekehrten Seiten. Die Proportionen und die Körperformen im einzelnen, die breiten, runden Schultern, die weiträumige Brust mit den gerundeten Brustmuskeln, die kräftige Fülle der ganzen Muskulatur, die dem Werk auch nach der Korrektur der Übertreibungen der Pariser Kopie erhalten bleiben muß, die Art ferner, wie der schwere Rumpf doch in den Hüften beweglich bleibt, weshalb die Einsenkungen in der Taille besonders betont sind: alle diese Eigenschaften stellen den Hermes in die unmittelbare Nähe des Diskobols des Naukydes, des Ephesosathleten und des Ölausgießers Pitti. Besonders die Verbindung zum Diskobol ist überaus eng (Taf. 13b). Wie bei ihm ist auch die Rumpfmuskulatur des Hermes Richelieu (Taf. 13 c) in der Form eines hochstehenden Rechtecks gestaltet mit einem eckigen Verlauf des Rippenkorbrandes, und die besondere Betonung des kräftigen Hüftmuskels über dem Standbein findet sich bei ihm wie beim Diskobol und dem Faustriemenanleger des jüngeren Polyklet (Taf. 20b). Betrachtet man schließlich den Kopf, so zeigt sich auch bei ihm eine nahe Verwandtschaft zu den Köpfen der argivisch-sikyonischen Schule. Besonders die Ähnlichkeit der Barraccoreplik zum Kopf des Diskobols ist, wie schon erwähnt, auffallend groß (Taf. 22. 23). An der Zugehörigkeit des Hermes Richelieu zu den Werken der Polykletschule ist also nicht zu zweifeln. Näher betrachtet, stellt er sich nicht nur in der Fassung der Göttergestalt, sondern auch in der Formung des Körpers im einzelnen eindeutig in die Kunstrichtung des Naukydes. Allerdings gehört der Hermes zeitlich nicht neben den Diskobol, sondern an das Ende der Blütezeit der Polykletschule. Das beweist die Ausgewogenheit der Gestalt, die er mit der epidaurischen Aphrodite und dem Ephesosathleten gemeinsam hat. Sein Stehen zeigt nicht den stockenden aufgestauten Rhythmus des Koblanosathleten und des Diskobols, sondern die Bewegung des Spielbeins verläuft gelockert und flüssig in einer einheitlichen rhythmischen 635

Hier wird die hellenistische Nachbildung von Antikythera ( N i l ) wohl das Richtige überliefern, auch wenn wir uns die Kopfhaltung im einzelnen nicht so ruckartig vorstellen dürfen.

186 Kurve. Aus diesem Stand wächst die Figur ebenfalls in einer einheitlich flüssigen Bewegung auf. Das Raumgreifen des Spielbeins findet eine Art kontrapostisches Gegengewicht in dem ebenfalls raumgreifenden linken Arm über dem Standbein, dessen einfache Senkrechte wiederum dem herabhängenden Arm über dem Spielbein entspricht. Und wie bei den anderen Werken der Blütezeit der Schule sind in diesem kontrapostischen Gefüge, in der gelösten Frontalität der Figur und in manchen Einzelheiten, wie zum Beispiel der einheitlichen Kurve der Mittellinie des Rumpfes, wieder Eigenschaften der polykletischen Gestaltung spürbar geworden. Mit der Aphrodite des jüngeren Polyklet verglichen, ist die Ausgewogenheit der Hermesfigur tatsächlich noch weit souveräner gehandhabt, und auch der Strigilissäuberer, mit dem der Hermes in der raumgreifenden Drehbewegung des ganzen Körpers und in dem runden Ausgreifen des linken Armes verwandt ist, wird hierin noch übertroffen. Besonders zeigt sich in der Haltung des Kopfes, die sich aus der Statue aus Antikythera ergibt, daß das Bild des Gottes nach dem Ephesosjüngling entstanden sein muß. Denn der Blick der Augen ist zwar immer noch nach innen gerichtet636, aber im ganzen hält der Hermes den Kopf aufrechter, die Gestalt beginnt, sich der Außenwelt zu öffnen. Diese Öffnung der Figur nach außen ist noch nicht so ausgeprägt wie bei der Kleinbronze im Louvre (Taf. 21 b) 637 , dem Herakles Lansdowne oder gar der Knidischen Aphrodite. Später als diese Werke aus den fünfziger Jahren des Jahrhunderts kann der Hermes also nicht entstanden sein638, er muß zwischen den noch ganz auf sich konzentrierten Strigilissäuberer (Taf. 20 c) der beginnenden sechsziger Jahre und die Louvrebronze (Taf. 21 b) beziehungsweise den Herakles des Skopas der beginnenden fünfziger Jahre gehören. Zu einer Datierung gegen oder um 360 v. Chr., die sich damit ergeben würde, stimmen auch Vergleiche aus der attischen Kunst: Das Urkundenrelief von 362/61 v. Chr.639 mag mit seiner mittleren, frontalen Gestalt etwa auf derselben Stufe stehen. Das Grabrelief der Melitte640 und das in Leiden641 werden etwas früher als er, das des Aristion642 sicher etwas später geschaffen sein. Mit den beiden letzteren Reliefs hat der Hermes auch die Anordnung seiner Chlamys gemeinsam. Der Sauroktonos des Praxiteles ist noch etwas früher, die Leda des Timotheos mag als mit dem Hermes etwa gleichzeitiges Meisterwerk gelten643. Sie besonders zeigt denselben Grad von beginnendem Sich-Öffnen der Figur.

6 3 6 Besonders aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang der Vergleich mit dem Kopf des Perseus von Antikythera (s. hier Anm. 708). 6 3 7 s. hier S. 166 f. 6 3 8 Die Ansetzung des Hermes von Lippold, J d l . 26, 1911, 278f. in die zweite Hälfte des 4. Jhs. ist leicht zu widerlegen, wenn das Werk neben den Hermes des Praxiteles und den Typus Belvedere gestellt wird. Lippold weist übrigens bereits kurz auf den 'altargivischen' Aufbau der Statue hin. 6 3 9 Athen, Nat. Mus. 1481. Binneboeßel Nr. 37. Süsserott Taf. 4, 1. 6 4 0 Athen, Nat. Mus. 720. Diepolder Taf. 35, 1. Zur Datierung ebenda 40. 6 4 1 Leiden, Archäol. Mus. Diepolder Taf. 33, 2. Zur Datierung ebenda 38. 6 4 2 Athen, Kerameikos. Diepolder Taf. 36, 2. Zur Datierung ebenda 42 f. 6 4 3 s. hier Anm. 587 zur Leda, Anm. 585 zum Sauroktonos.

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Wichtig ist für die zeitliche Einordnung des Hermes Richelieu auch die stark räumliche Bedeutung seiner Chlamys. Sie geht über die plastisch-körperliche Funktion des Mantels der Aphrodite von Epidauros noch um ein gutes Stück hinaus. Die Chlamys des Hermes ist nämlich nicht nur ein eigener plastischer Körper, sondern besitzt auch eine Art eigenen energischen Lebens. Wenn man beobachtet, wie sich die zusammengerollte Masse des schweren Wollstoffs über die Schulter schiebt und nach hinten wölbt, was besonders in der Seitenansicht sichtbar wird, so wird einem dieses energische Eigenleben deutlich. Ein ähnliches eigenes Leben besitzt das Fell des Herakles Lansdowne und der Mantel in der Hand der Knidischen Aphrodite 644 . Es ist klar, daß bei der zeitlichen Stellung des Hermes fast am Ende der Blütezeit der Schule eine Zuschreibung an Naukydes selbst nicht mehr möglich ist. Es wäre im übrigen auch nicht gut denkbar, daß der Künstler seinen eigenen Hermes nochmals wiederholt hätte. Die vielfachen Verwandtschaften, die den Hermes Richelieu mit der Kunst des Naukydes verbinden, machen es aber sehr wahrscheinlich, daß hier das Werk eines Schülers erhalten ist. Sofort stellt sich die Frage, ob man den Hermes dann den Werken des jüngeren Polyklet zuordnen kann. Unbezweifelbar bestehen ja auch Verwandtschaften besonders zum Faustkämpfer (Taf. 20 b) im Aufbau der Figur, in der Bewegung der Arme neben dem Körper und der Haltung des Kopfes, ja, wenn nicht alles täuscht, sogar in den Zügen des Gesichts. Eine Zuschreibung der bedeutendsten Fassung der Hermesgestalt in der Polykletnachfolge an den Götterbildner Polyklet wäre danach sehr verführerisch. Trotzdem spricht manches an der Statue doch wieder gegen eine solche Zuschreibung. Vor allem entspricht die von Naukydes her beibehaltene einseitige Betonung der linken Körperseite, so sehr sie auch im ausgeglichenen Rhythmus der Gestalt gemildert wird, nicht dem für den jüngeren Polyklet charakteristischen neuen Kontrapost. Es wäre sehr merkwürdig, wenn der Künstler diese seine Grundtendenz hier aufgegeben hätte, nur um eine Gestaltung seines Lehrers beizubehalten. Doch auch der ganze festlich-stolze Charakter der Gestalt gleicht nicht den stilleren, zurückhaltenderen Gestalten Polyklets II. Als weitere Möglichkeit bietet sich dann der Name des Alypos von Sikyon an645. Wir haben diesem Künstler bereits versuchsweise das Original des Knaben vom Helenenberg, den Leningrader Knaben und den Koblanosathleten zugeschrieben646. Diesen Werken nach schien er sich als selbst nicht sehr einfallsreich und ziemlich weitgehend von Naukydes abhängig zu erweisen. Unmöglich wäre eine Zuschreibung des Hermes Richelieu an denselben Meister nicht. Neben der Abhängigkeit von Naukydes verbinden tatsächlich noch andere Züge die genannten Werke mit dem Hermes. So könnte der Kopf des Gottes sehr wohl aus den Köpfen der Knaben und des Koblanosathleten entwickelt sein. Die Haare sind ganz ähnlich gegliedert; so zeigt sich zum Beispiel an allen drei Köpfen der charakteristische, besonders heraus811

Vgl. hier Anm. 586. «45 s. hier S. 10. M « s. hier S. 84. 137.

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gehobene Schopf über der Stirn. Auch in dem Verhältnis der Teile des Gesichts gleichen sich die Köpfe (Tai. 9b; 23b), und die charakteristische Betonung der Quereinteilungen in der Bauchmuskulatur findet sich beim Hermes Richelieu — besonders deutlich etwa am Louvretorso (N V 16) zu erkennen — wie bei den Knaben (Taf. 15b; 16). Bei der Zusammenstellung dieser Schöpfungen zu einem Lebenswerk haben wir dann allerdings eine Lücke von fast dreißig Jahren — zwischen 390 und 360 v. Chr.—, aus der keine Werke des Künstlers überliefert wären. So ist zu erwägen, ob der Hermes vielleicht von einem Schüler des Alypos geschaffen worden ist. Doch mit dieser durch keine außerstilistischen Gründe zu stützenden Annahme gerät man in das Feld reiner Hypothese. Sicher kann nur festgestellt werden, daß der Hermes Richelieu der Naukydesrichtung angehört und in näherer Verbindung nicht so sehr zu den Werken des zweiten Polyklet als zu denen jenes Künstlers steht, der in der Zeit vor und um die Jahrhundertwende den Leningrader Knaben, das Original des Epheben vom Helenenberg und schließlich das Vorbild des Koblanosathleten geschaffen hat. Der Hermes Richelieu beweist nochmals die Eigenständigkeit der Naukydesrichtung innerhalb der polykletischen Schule. Wie die Motive Polyklets von seinen Schülern wiederaufgenommen wurden, so hier ein Werk des Naukydes von einem seiner Schüler. Und dieses Werk des Naukydes war noch direkt mit der argivischen Kunst vor und neben Polyklet verbunden. Denn wie gezeigt werden konnte 647 , folgte Naukydes bei der Gestaltung seines Hermes dem sogenannten altargivischen Aufbauschema. Demzufolge ist der Arm über dem Standbein bei den Hermesstatuen angewinkelt und belastet, während der bei Polyklet belastete Arm über dem Spielbein entlastet herabhängt. Wichtiger als die Meisterfrage ist die Betrachtung der inhaltlichen Bedeutung des Hermesbildes, das hier gestaltet wurde. Der Hermes Berlin-Pitti des Naukydes (E 1; Taf. 10a), der seine Grundlage bildet, gehörte selbst bereits der nachhochklassischen Zeit an; er ist kein hohes, exemplarisches Götterbild mehr, wie es für die Gestalt des Hermes die attische Hochklassik und Polyklet in dem Aufmerksamkeit fordernden Sprecher göttlicher Machtworte formten 648 , sondern er ist nach der neuen Sicht der Schule Polyklets als ein lieblicher, kindlich-knabenhafter Jüngling dargestellt, den man sich verträumt inmitten einer Herde oder als jugendlichen Geleiter und Diener der Götter denken könnte; nicht so sehr ein mächtiger Gott als selbst in der Welt befangen, die er beherrscht. Dieses Vorbild aus dem letzten Viertel des 5. Jahrhunderts hat der Schöpfer des Hermes Richelieu in der Blütezeit der Schule wieder zu einer großen Göttererscheinung gesteigert. Dem Geist der Zeit gemäß ist aber auch diese Gestalt in einer bestimmten Umwelt gesehen, und der ganzen Erscheinung des " " s. hier S. 124 ff. 848 Zum polykletischen Hermes vgl. Lippold, Plastik 165 Anm. 2. Anti, MonAnt. 26, 1920, 567ff. Die beste Vorstellung von dem Werk vermittelt vielleicht eine Statuette in Wien (F. Eichler, Führer durch die Antikensammlung [1926] 45. Mahler, Polyklet 86), die lebendiger ist als die Bronze von Annecy in Paris (Lippold, Plastik Taf. 59, 4). Zum attischen Hermes Ludovisi vgl. neuerdings S. Karusu, AM. 76, 1961, 91 ff.

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Gottes, der muskulösen und zugleich agilen Jünglingsgestalt nach kann kein Zweifel sein, daß es die Welt der Palästra ist, daß hier also Hermes als der Gott des Gymnasions, des sportlichen Kunstgriffs und Könnens dargestellt war. Wie es dem Gott zukommt, ist der Hermes als Palästrit nicht in eine Handlung vertieft gefaßt. Das Persönlich-Besondere, das auch dieses Werk auszeichnet, liegt vor allem in der Art, wie er seine Chlamys trägt. Der zusammengelegte und nur mit einem kurzen Ende über die linke Schulter geschobene Mantel ist ein bereits älteres Motiv, das naturgemäß vor allem bei ruhenden Gestalten vorkommt 649 , doch wenn nicht alles täuscht, dann vorwiegend bei Gestalten, denen auch in der Ruhe eine innere, geradezu unruhige Energie innewohnt. So steht denn das Motiv auch einem Athleten gut an, und es kommt tatsächlich gerade im 4. Jahrhundert einige Male bei Athleten vor660. Näher betrachtet zeigt der Hermes Richelieu in der Art, wie er die Chlamys aus schwerem Wollstoff über die Schulter geworfen und um den Arm gewickelt trägt, was dieses Mantelmotiv gerade für eine athletische Gestalt so passend macht. Es läßt den wendigen, durchtrainierten Körper unbedeckt, ja, die gleichsam widerwillig übernommene Last der schweren Chlamys bringt die nervöse, auf dem Sprung stehende Handlungsbereitschaft der Gestalt besonders zum Vorschein. Dabei kennzeichnet die freie Überlegenheit, mit der sich der Hermes aufrichtet und den Kopf wendet, ebenso wie das reiche, nicht vom ö l verklebte Haar dann doch wieder den Gott, der einer anderen Sphäre angehört als die befangeneren menschlichen Athleten. Schließlich ist es aber nicht nur der Palästra-Aspekt des Hermes, der in dem Werk gefaßt wurde. Vielmehr läßt die Beziehung der Gestalt zu körperlicher Leistung, das widerwillige Zurückschieben der Chlamys, die wie vom Wind verwehten Haare und der leicht geöffnete, wie zum Sprechen ansetzende Mund an eine berühmte Homerstelle denken, wo Hermes (Odyssee E 99ff.) sagt: Zeus y ' r)vcoyei Seüp' 4A0£nev OOK l0£AovTor Tis 8 'otv ¿Kcbv TOCTCTÖVSE SiccSpanoi aApupöv uScop CXCTTTETOV; . . .

So ist denn hier von dem athletischen Aspekt her doch der ganze Hermes gefaßt, der wendig agil, immer auf dem Sprung, zugleich aber auch ein Schicksalsbringer — der Totengott ist. 4. DIE KOMPOSITION DER STATUENREIHE UND DIE WERKE DES ANTIPHANES VON ARGOS Neben der Kunst des Sikyoniers Daidalos und der weiterhin ihre Sonderstellung bewahrenden Schulrichtung des Naukydes steht jener Zweig der Polykletnachfolge, 849

Vgl. H. G. Oehler, Untersuchungen zu den männlichen römischen Mantelstatuen. Der Schulterbauschtypus 30 ff. 650 Grabrelief des Aristion, Diepolder Taf. 36, 2, und das Leidener Relief, ebenda Tai. 33, 2. Später: Athen, Nat. Mus., EA. 1258, wo eine deutliche Erinnerung an den Hermes Richelieu in der Gestalt des

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der sich in direkter Lehrer-Schülerfolge von Polyklet herleitet. Welchem Künstler der ersten Generation wir vielleicht den Namen des Periklytos geben dürfen, wird später noch zu besprechen sein. Auf gesichertem Boden befinden wir uns zunächst mit der Zuschreibung einiger Werke an Antiphanes, den Repräsentanten der Enkelgeneration. Dieser Meister war den Aussagen der Basen nach vor allem mit der Herstellung von Statuen für die großen politischen Weihgeschenke in Delphi beschäftigt 651 . Gerade in die Blütezeit der Schule ist seine Arbeit und die einiger anderer Polykletnachfolger, wie etwa des Daidalos, für die beiden Weihgeschenke der Arkader und der Argiver zu setzen. Der mit Hilfe der Thebaner erstrittene Sieg über Sparta, für den die Arkader 662 ihr dem Apollon geweihtes Anathem vor der Halle des Lysander errichteten, wurde im Jahre 370/69 v. Chr. errungen. Und da die Arkader bei den veränderten Machtverhältnissen in den späteren sechziger Jahren keinen Grund mehr hatten, sich des mit Epameinondas gemeinsam erkämpften Sieges zu rühmen, muß das Weihgeschenk und seine Statuen in den früheren sechziger Jahren, auf jeden Fall aber wohl vor 362 v. Chr. geschaffen worden sein663. Ebenso muß auch das neben dem Lysanderanathem und gegenüber den älteren argivischen Weihgeschenken aufgestellte Anathem der Argiver664, das diese ebenfalls aus spartanischer, bei der kriegerischen Gründung Messeniens im Jahre 369 gewonnener Beute dem Gott des Heiligtums stifteten, vor 362 v. Chr. in Angriff genommen worden sein. So gehören denn die beiden Weihgeschenke, die nach der Mitarbeit von mindestens zwei Polykletnachfolgern an dem einen sowie der ausschließlichen Übertragung des anderen an Antiphanes als Werke der Polykletschule angesprochen werden können, zeitlich in die Akme der Schule. Wenden wir uns zunächst der Komposition dieser Weihgeschenke zu, so müssen wir uns nun an die Besprechung des Lysanderweihgeschenks zurückerinnern. Da fällt sofort die bemerkenswerte Tatsache auf, daß beide Reihen, sowohl die der Arkader mit Apollon, Kallisto, Nike und den arkadischen Urheroen (Abb. 40 b) als auch die der argivischen Heroen von Danaos bis Herakles (Abb. 40 c), der hier für Argos in Anspruch genommen wird, in ihrer Komposition eher die Form der vorderen

einen Athleten vorliegt. Zu Hermes als Gott der Palästra s. M. P. Nilsson, Geschichte der griech. Religion (HAW. V 2, 1) 510. W. F. Otto, Die Götter Griechenlands 125. Man vergleiche auch die Zusammenstellung einer Kopie des Hermes mit einer des Doryphoros in Olympia III Taf. 62, 1. 2; Text S. 251. Anders Oehler a. O. 75 ( = Porträt), doch schließen m. E. für das 4. Jh. die rein 'idealen' Züge des Kopfes diese Deutung aus. 651

Vgl. hier S. 7 f. Von Pausanias X 9, 5 als Weihgeschenk der Tegeaten bezeichnet. Die Bestimmung als Arkader nach den Inschriften auf den Basen. Vgl. Bulle—Pomtow, AM. 31, 1906, 461ff. Bourguet, FdD. III 1, 4ff. MarcadiS I 5 verso, 86. RE. Suppl. IV 1206ff. Nr. 4 s. v. Delphoi (Pomtow). 653 Zur Geschichte der 60er Jahre s. H. Bengtson, Griech. Geschichte2 (HAW. III 4) 273 ff. Seit dem Jahr 364 v. Chr. löste sich der arkadische Bund auf (s. ebenda 276). Vgl. dazu die Inschrift des Apollonsteins. 654 Bulle-Pomtow, Klio 7, 1907, 395ff. Bourguet, FdD. III 1, 43ff. Marcadd I 5. 652

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Götter- und Lysanderreihe als die der Nauarchen mit ihren bildhaften, malerischen Eigenschaften fortsetzen. Das neue auszeichnende Merkmal der Lysanderreihe war die Verbindung von Lysander und Poseidon zu einer echten Handlungsgruppe 666 . Blieb dieser Zusammenschluß dort auch noch weitgehend in der Andeutung stecken, so leistete er doch auf seine Weise das gleiche, was der Bildcharakter der Nauarchoireihe für diese bedeutete; die Zusammenschau aller aufgereihten Einzelstatuen zu einer Einheit lag auch ihm zugrunde. Denn es ist ja nicht nur so, daß durch die Verbindung der letzten Figur der Götterreihe mit der ersten der Menschen inhaltlich Götter und Menschen verbunden sind, die Einfügung einer echten Gruppe in die Statuenreihe erzeugt vielmehr auch künstlerisch eine neue Einheit. Durch die akzentuierte Hervorhebung der einen wichtigen Stelle werden auch die anderen aufgereihten Figuren auf diesen Schwerpunkt bezogen und damit untereinander verbunden. Was beim Lysanderanathem noch weitgehend Andeutung war, tritt uns nun völlig ausgestaltet beim Arkaderanathem (Abb. 40b) entgegen. Wie das Lysandermonument ist auch dieses Anathem, dessen Stufenaufbau aus weißem Kalkstein und den dunklen eigentlichen Basissteinen H. Pomtow und H. Bulle rekonstruiert haben, als eine Statuenreihe geformt. Diese Reihe wird hier von dem größer gebildeten Gott Apollon angeführt 666 . Aber nicht nur durch seine Größe bildet diese erste Figur einen Schwerpunkt am Anfang des Anathems, vielmehr ist auch sie mit der ersten folgenden Figur zu einer Gruppe im echten Sinn zusammengeschlossen. Auf den Apollon folgt die Statue der Kallisto, die als Zeusgeliebte und Mutter des Arkas die Reihe der Gründerheroen eröffnet. Auf sie folgt nun aber nicht sogleich ihr Sohn Arkas, sondern, wie wir gesehen haben, die in einer steilen Vertikalen aufgebaute Nike. Schon die Zäsur, die diese Nikefigur bildete, schloß den Apollon mit der Nymphe zu einer Einheit zusammen; aber der Zusammenschluß der beiden ersten Figuren geht noch weiter. Die Spuren, die sich auf der Basis der Kallisto finden657, sind nämlich zu ausgedehnt und die einzelnen Löcher auch wieder zu weit voneinander entfernt, als daß man hier eine ruhigstehende Frau angebracht haben könnte. Nun wird gerade Kallisto auf einer Münze des 4. Jahrhunderts dargestellt668, wie sie, von der Göttin Artemis bestraft, durch einen Pfeil getroffen, zusammensinkt. Eine zusammenbrechende Frau könnte aber sehr gut in den vorhandenen Löchern auf der Basis befestigt gewesen sein. Zum Beispiel würde man sich Knie und Fußspitze des einen Beines in den beiden kleineren Löchern links hinten eingezapft denken, während das Loch in der Mitte so groß ist, daß hier außer dem anderen Bein auch noch ein herabgleitendes Gewandstück befestigt gewesen sein könnte 669 . Mit 655

s. hier S. 98 ff. Zu den Größenverhältnissen s. AM. 31, 1906, 486f. Abb. 15. 957 Bulles Zeichnung (ebenda Tai. 24) ist nicht zuverlässig. Vgl. dagegen das Foto bei Marcade I 86. 658 Roscher, ML. II 1, 933 s. v. Kallisto. 659 Ein Problem ist allerdings das Größenverhältnis von Gott und zusammenbrechender Frau, die Figur wird die Arme nach oben gestreckt und so vielleicht mit den vorgestreckten Armen des Apoll zusammen den entstehenden leeren Raum vor diesem ausgefüllt haben. 656

192 dieser Wiederherstellung der Kallisto als einer nach rechts oder wohl eher schräg von links nach vorn gerichteten Zusammenbrechenden würde die Gestalt des Apollon, wie sie aus den Fußspuren zu ergänzen ist, sehr gut zusammenpassen660. Der Gott schreitet mit weit auseinandergesetzten Beinen nach links auf die Kallisto zu: Aus Zusammensinken und Herzueilen ergibt sich eine einheitliche Szene, Kallisto sucht gleichsam Schutz bei dem Gott, und dieser gewährt ihn mit herrscherlicher Gebärde661. Damit sind die ersten beiden Gestalten der Reihengruppe durch eine Handlung miteinander verbunden: Die Bewegung der einen Figur ist nur durch die andere erklärbar, das heißt, wir haben eine echte statuarische Gruppe 662 vor uns. Diese Gruppe ist handlungsmäßig weit geschlossener als die des Poseidon und Lysander. Der Zusammenschluß der beiden Figuren ist enger, die Gestalten sind in ihrer Bewegung ohne einander nicht erklärbar, und so ist auch der Akzent, den die Gruppe am Anfang der Reihe bildet, stärker als beim Lysanderdenkmal. Schließlich wird durch die Anfangsstellung des betonten Zusammenschlusses das hier gefundene Kompositionsprinzip erst deutlich herausgestellt. Auch bei diesem Anathem ist in der Anfangsgruppe die inhaltliche Bedeutung des ganzen Weihgeschenks als Vorausnahme enthalten: der Dank an die Gottheit für Schutz und Sieg. Nicht umsonst leitet daher auch die Figur der Nike die folgende Reihe der Heroen ein. Dabei ist die Aufeinanderfolge so komponiert, daß die Nike mit ihrer betonten Vertikalen die aufgeregte Bewegung der Anfangsgruppe zur Ruhe bringt und gleichzeitig die folgende Aufreihung von Figuren einleitet. Wie beim vielfigurigen Lysanderanathem ist es auch bei diesem Weihgeschenk unmöglich, sicher zu bestimmen, welcher Künstler die bewußt durchkomponierte Ordnung der Statuenreihe entworfen hat. Wegen der Ähnlichkeit mit der Komposition des Lysanderweihgeschenks muß der Grundgedanke den Polykletschülern zugeschrieben werden, wobei es ja immer noch möglich ist, daß einer der anderen Künstler oder gar beide, Samolas und Pausanias, auch der Polykletnachfolge angehörten 663 . Am wahrscheinlichsten ist die Komposition wie ja sicher auch die Bestimmung der darzustellenden Gestalten in der Zusammenarbeit aller beteiligten Künstler mit dem Auftraggeber entstanden. In dieser Zusammenarbeit mußten aber die 860

Bulle, AM. 31, 1906, Tai. 24 und Marcadi I 86. Schreitende Apollongestalten pflegen sonst meist den Bogen zu spannen. Vgl. den Apollon Sosianus, Rom, Museo Nuovo Cap. (Stucchi, BullCom. 75, 1953 — 55, lff. Tai. 1—6. K. Schefold, Meisterwerke griech. Kunst (Basel) 240f. Nr. VIII 294). Doch wendet sich unser Apollon ja nach links. Bei einer Rekonstruktion mit dem Bogen in der Linken würde der linke Arm die ganze übrige Gestalt verdeckt haben. Damit fällt die an sich auch denkbare Deutung, daß Apoll hier anstatt Artemis die Kallisto bestraft (auf der Rückseite der obengenannten Münze [s. Anm. 658] ist die bogenschießende Artemis zu sehen), aller Wahrscheinlichkeit nach aus. Der Apoll des Weihgeschenks wird die Rechte vorgestreckt und die Linke (mit Bogen ?) gesenkt gehalten haben. «62 y g ] a u c h hierzu wieder B. Sauer, Die Anfänge der statuarischen Gruppe und Technau, Antike 15, 1939, 285 ff. M3 Daß die Komposition der ganzen Statuenreihe von Pausanias stammte, ist schon deswegen unwahrscheinlich, weil die Nike zu dieser Komposition fest dazugehört; und diese war das Werk des Daidalos. 61,1

193 Polykletschüler wegen ihrer Erfahrung an dem großen Anathem der Spartaner zu einer Hauptstimme berechtigt gewesen sein. Eindeutig von einem Angehörigen der Polykletnachfolge stammt die Komposition des dritten delphischen Weihgeschenks der Schule (Abb. 40c). Es wurde schon darauf hingewiesen, daß Antiphanes mit dem Halbrund der Heraklesahnen und mythischen Könige von Argos eine Arbeit übertragen wurde, die die Krönung seines Schaffens für Delphi bedeutete. Deutlich zeigt sich von seiner Mitarbeit am Lysanderweihgeschenk über die an den Arkadern bis zu diesem ihm allein überlassenen Auftrag ein Aufstieg sowohl in der Achtung seiner Auftraggeber als auch in der Erfüllung der Aufgabe selbst. Das beweist vor allem eine Betrachtung der Komposition des Denkmals. Auch bei diesem Anathem (Abb. 40 c) kann die Rekonstruktion des Basisunterbaus als gesichert gelten. Nur wenig mehr als die westliche Hälfte des Halbrunds war mit Statuen besetzt 664 ; offenbar hat man aus unbekanntem Grund nicht mehr als zehn Statuen aufstellen wollen, und diese sollten bei nicht allzu lockerer Folge dem die heilige Straße Heraufkommenden sogleich sichtbar sein, während gleichzeitig doch das volle Halbrund dem gegenüberliegenden früheren argivischen Denkmal der Epigonen entsprechen sollte. Die zehn Statuen stellen die mythischen Herrscher von Argos und Ahnen des Herakles dar, wobei immer die bedeutendsten Frauen, seien es Zeusgattinnen oder eine so berühmte Gestalt wie die der Hypermnestra, mit eingeschlossen sind666. Herakles ist deutlich die Hauptperson der ganzen Reihe. Er steht, als erster sichtbar, am äußersten linken Ende, und auf ihn zu ist die Reihe der Ahnen — wie die der Arkader von rechts nach links —, dem Weg gemäß, abzulesen, was noch dadurch betont wird, daß man in etwas manierierter Weise auch die Inschriften von rechts nach links, also spiegelverkehrt, geschrieben hat 666 . Wieder ist die Betonung der wichtigsten Figur der Reihe durch eine Art Gruppenbildung herbeigeführt 867 ; denn dem Herakles ist zur Rechten ein Tier beigegeben, das hier fast die Hälfte der Basis einnimmt und damit wie auch durch seine Bedeutung als Gegner des Herakles mehr ist als ein bloßes Attribut. Und auch die Abgrenzung dieser Hauptgruppe von der übrigen Statuenreihe durch eine Vertikale findet sich bei den Argivern; denn der ganz außen auf der Basis der Alkmene in zwei Löchern befestigte Gegenstand wird kaum, wie H. Bulle vermutete, ein Blitzstrahl «M Bulle—Pomtow, Klio 7, 1907, 395ff. Plan S. 397, wo die Basen mit den Standspuren noch falsch verteilt sind. Die richtige Anordnung bei Bourguet, BCH. 34, 1910, 222ff. und FdD. III 1, 41 fl. RE. Suppl. IV 1229ff. Nr. 13 s.v. Delphoi (Pomtow). Marcade I 5. Ein weiteres Fragment mit dem einen Fuß des Danaos hat G. Roux, Enigmes ä Delphes 46 ff. gefunden und angefügt (in unserer Abb. 40 c danach ergänzt). Merkwürdig ist die kleine Befestigungsspur für die Hypermnestra. 685 Pausanias X 10, 5. Zur Genealogie s. Roscher, ML. I 1, 952ff. s. v. Danaos (Bernhard). Bulle — Pomptow, Klio 7, 1907, 409. 866 s. FdD. III 1, 41 ff. 667 Noch der Text bei Pausanias läßt erkennen, daß der Betrachter die Reihe zwar zunächst von rechts nach links ablas (Inschriften), dann aber nochmals vom Hauptakzent her von links nach rechts betrachtete. 13 Jdl. 25. Erg.-Heft

194 gewesen sein. Dieser hätte eine ganz unverhältnismäßige Größe gehabt und würde außerdem zwar zu Semele, nicht aber zu Alkmene passen668. Viel wahrscheinlicher ist es, daß dieser Gegenstand noch zum Herakles zu rechnen ist. Und diese Auffassung scheint durch ein Gemmenbild (Taf. 26b)669 bestätigt zu werden, das sich, wenn nicht alles täuscht, sogar direkt auf die Heraklesgruppe des Antiphanes beziehen könnte, ja, das Standmotiv des Heros wie die Stellung des zu seiner Rechten beigegebenen Löwen auf der Gemme passen so auffallend zu den Spuren der delphischen Basen, daß kaum ein anderer Schluß möglich ist. Zu seiner Linken aber hat der Herakles der Gemme eine Säule stehen genau da, wo auf den Basen die beiden weiteren Befestigungslöcher zu finden sind. Nun ist zwar eine Säule zwischen Herakles und Alkmene nicht sehr sinnvoll, sie mag aber bis auf weiteres den bisher nicht identifizierbaren Gegenstand, der an dieser Stelle auch bei dem originalen Weihgeschenk gestanden haben muß, vertreten. Vertikal ausgerichtet müssen wir uns diesen Gegenstand ja unter allen Umständen vorstellen, das läßt der nicht sehr ausgedehnte freie Raum auf den Basen gar nicht anders zu. Die kompositionelle Funktion dieses Beiwerks zur Isolierung der akzentuierten Hauptfigur der Statuenreihe ist deutlich. Nach den drei Beispielen bei Lysander-, Arkader- und Argiveranathem können wir den Anfangs-, beziehungsweise Endakzent durch echte Gruppenbildung als eine typische Eigenschaft der Reihenmonomente der Polykletnachfolge festhalten. Zu behaupten, in diesem Mittel zur Gestaltung der Statuenreihe würde das für die Nauarchoi so wichtige malerische Element ganz fehlen, ginge zu weit. Es ist vielmehr gerade bei den geschilderten Anfangs- beziehungsweise Endgruppen der sechziger Jahre nicht zu übersehen, daß der Figurenzusammenschluß im Grunde stärker von erzählerisch-bildhaften als von statuarisch-plastischen Grundlagen her vorgenommen ist, obgleich wir nicht wissen, wie die Künstler im einzelnen besonders bei Apollon und Kallisto das Gruppenproblem auch rundplastisch gelöst haben. Der Herakles des Daidalos (Taf. 21 a) gibt immerhin einen Hinweis darauf, daß sich die Polykletnachfolger auch mit dieser Aufgabe beschäftigt haben. Muß man aber Malerisches in den Gruppen selbst auch anerkennen, die Funktion der Gruppenbildung als Akzent in einer Reihe ist nicht malerisch, sondern rein plastisch gedacht. Das wird noch deutlicher, wenn wir nun auch die übrige Gestaltung der beiden Reihen der Blütezeit der Schule näher betrachten. Da könnte man sich zwar durch die vielfachen beigegebenen Gegenstände im Arkaderanathem (Abb. 40 b) noch an die Nauarchenreihe erinnert fühlen. Doch bei näherem Zusehen zeigt sich dann, daß hier nicht aus Gegenständen und um sie gruppierten Figuren 'Bilder' gestaltet sind, sondern daß vielmehr die Gegenstände nur den Hintergrund für die Figuren abgeben. Dieses Hintergrundhafte wird dadurch noch verstärkt, daß das Beiwerk, soweit erkennbar, in einem Wechsel zwischen je 688

Einen Blitz rekonstruiert Bulle, Klio 7, 1907, 395 ff. A. Furtwängler, Die antiken Gemmen Taf. 10, 8. Ders. MW. 450 Abb. 70. G. Lippold, Gemmen und Kameen des Altertums und der Neuzeit Taf. 37, 10. Etruskisch. 669

195 einem hohen und einem breiten Gegenstand angeordnet ist. So dehnt sich der dem Arkas beigegebene Pflug 670 in die Breite, scheint das Loch vorn neben dem Apheidas eher auf einen in die Höhe sich erstreckenden Gegenstand hinzudeuten — hinter dem linken Fuß desselben arkadischen Heros war wohl noch ein zweiter, kaum derselbe Gegenstand angebracht. Die als Begleiter des Elatos am ehesten zu erschließenden beiden Hunde waren wieder niedriger und breiter, das Beiwerk des Azan höher; und so wird es wohl fortgegangen sein. In einem wellenförmigen Wechsel schlang sich also das Beiwerk durch die Figurenreihe und fand durch den Greif neben dem Apoll auch noch Anknüpfung an die eröffnende Hauptgruppe. Da die Gegenstände sicher alle der ländlichen Jäger- und Bauernwelt der Arkader angehörten, riefen sie eben diese Welt nach Art der Polykletnachfolge herauf und sicherten damit den Einzelfiguren, die schon durch die Aufstellung vor der Stützmauer des Lysanderweihgeschenks ihren Reliefraum erhielten, endgültig den einheitlichen Zusammenhang. Die Komposition der Statuenreihe ist dadurch aber nicht beeinflußt. Vielmehr bleibt es dabei, daß nach der Nike mit: Gerät — Heros — Gerät — Heros — Tiere — Heros usw. die Reihe mehr oder weniger gleichförmig ausklingt. Man könnte die Gruppe schematisch folgendermaßen darstellen: I| — l — \ j Wenden wir uns nun den Argivern zu, so könnte auch hier die Gruppierung einzelner Gestalten zu 'Figurenhaufen', die man den Spuren noch deutlich entnehmen kann (Abb. 40c), an die Nauarchoi erinnern. Es ergeben sich folgende Gruppen: 1. Herakles, Alkmene und Alektryon. 2. Nach einem größeren Abstand: Perseus, der offenbar eng neben seiner Mutter Danae stand. 3. Akrisios, Abas und Lynkeus in gleichmäßigen Abständen nebeneinander. 4. Hypermnestra und Danaos. Für die ganze Reihe ergibt sich damit eine Gliederung in Gruppen zu je drei und zwei, die abwechselnd aufeinander folgen: I —I —I

I - I

I —I —I

I - I

Unter sich sind diese Gruppen aber nicht nur zahlenmäßig verschieden, sondern auch unterschiedlich in Umriß, Form und Volumen. In der offenbar eng zusammenstehenden Gruppe von Herakles, Alkmene und Alektryon steht die Frauengestalt, die mit ihrem Gewand einen breiten, flächenhaft geschlossenen Raum einnimmt, in der Mitte. Die Gruppe war reich an verschiedenstem Detail, beginnend mit Herakles zwischen dem Löwen und dem vertikalen Gegenstand über die Frau zu dem König, der sich auf ein Szepter stützte und mit einem Mantel bekleidet gewesen sein wird. Dagegen ist die andere Dreifigurengruppe, 870 Zu Arkas als Bringer des Ackerbaues, der Weberei und des Brotes s. Roscher, ML. I 1, 552 s. v. Arkas (Schirmer). In die Befestigungslöcher würde ein Pflug am besten passen. Vgl. Bilder des Triptolemos mit Pflug z. B. Krater in Berlin, AM. 24, 1899, Taf. 7. 13»

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die des Akrisios, Abas und Lynkeus, einförmiger in ihrem Gleichschritt. Die Helden waren wahrscheinlich bewaffnet dargestellt; denn Abas besaß einen im Mythos berühmten Schild671. Auch die beiden Zweifigurengruppen sind je für sich charakterisiert. Die der Hypermnestra und des Danaos mag der des Alektryon und der Alkmene am ähnlichsten gewesen sein; auch Danaos wird mit einem Mantel bekleidet als eine herrscherliche Erscheinung dargestellt gewesen sein, während auf der anderen Seite das Verhältnis der mütterlichen Frau zu dem Helden die Danae-Perseus-Gruppe mit der der Alkmene und des Herakles klammerartig verband. So beginnt die Reihe der argivischen Heroen, wenn wir sie von ihrem Hauptakzent her betrachten, mit dem geballten Schwerpunkt der Heraklesgruppe, Perseus und Danae nehmen die angeschlagenen Töne dieser ersten Gruppe nochmals auf, es folgt der langgezogene einförmige Gleichschritt der drei vermutlich Bewaffneten, wonach das Ganze mit einer leichten Wiederaufnahme des Anfangs schließt. Wären die Statuen erhalten, so könnte man sicher noch mehr solcher Querverbindungen finden, die aus der Statuenreihe ein zusammengehöriges Ganzes schufen. Was wir aber deutlich sehen, ist die Tatsache, daß diese Gruppierungen nicht nach bildhaften, sondern nach plastisch-statuarischen Gesichtspunkten vorgenommen sind. Zeichnet man sich auch diese Statuenreihe danach schematisch auf, so wird nun auch das Grundprinzip klar, nach dem die plastisch-'bauende' Ordnung vorgenommen wurde. H| — —

-

W —

^

W W

— w-

Es ist ein rhythmisches Prinzip von Akzent und Unterordnung, von schweren und losen Gliedern, kurz, es ist das Prinzip, nach dem Polyklet die Einzelfigur aufzubauen pflegte. Wie bei ihm vom Belastungsakzent durch das jeweilige Attribut her sich das Zueinander von belasteten und entlasteten Teilen aufbaut, so ordnen jetzt die Schüler die Statuenreihen von dem Akzent der Anfangsgruppe her. Auf diesen Akzent folgt der Ausklang in die lose Reihe, in der sich neue, untergeordnete Akzente melden. So umgreift eins das andere, steht ein plastischer Teil über dem anderen, rundet sich das Ganze zum Gebäude. Durch nichts wird wohl deutlicher, wie schöpferisch und nur das Wesentliche beachtend selbst ein aus der direkten Polykletnachfolge stammender Künstler wie Antiphanes die polykletische Form verstand und wie sehr sich damit die Schule von allen späteren Klassizisten unterscheidet. Die zunehmend wichtigere Stellung des Antiphanes von Argos bei der Gestaltung der Statuenreihenmonumente mag mit ein Grund sein, warum die großenteils sikyonischen Tendenzen der Nauarchenreihe sich nicht unbedingt in den späteren Weihgeschenken fortsetzen. Die Entwicklungsreihe (Götter des Lysanderanathems — Arkader — Argiver) beruht sicher darauf, daß in den beiden späteren Weihgeschenken wie bei der vorderen Reihe des früheren der argivische Zweig der Schule überwiegt. Allerdings zeigt andererseits die Teilnahme des Daidalos am Arkaderweihgeschenk, daß dies Hervortreten der argivischen Polykletnachfolger nicht allein die 671

Vgl. Roscher, ML. I 1, l f . s. v. Abas.

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Rückkehr der Statuenreihengestaltung zu plastisch-statuarischen Prinzipien begründen kann; offensichtlich war für die Schule überhaupt in den sechziger Jahren jene Durchbruchsepoche der Jahrhundertwende und damit auch mancher damals lebendige Einfluß von außen überholt. Andererseits paßt es alles in allem nicht schlecht zu dem überlieferten direkten Enkelschülerverhältnis des Antiphanes zu Polyklet, wenn gerade er auch in der Reihenkomposition so betont polykletisch gedacht hat. Was nun die von Antiphanes noch rekonstruierbaren Werke betrifft, so wurde bereits bei der Besprechung der Standspuren erwähnt, daß er, soweit wir nach dem Erhaltenen urteilen können, der einzige Nachfolger ist, der das polykletische 'Schreitmotiv' in seiner ursprünglichen Form noch in den sechziger Jahren des 4. Jahrhunderts angewendet hat 672 . Eine Statue mit diesem Motiv scheint uns von ihm allerdings nicht erhalten zu sein. Mehr können wir vielleicht von seinem Herakles sagen. Auch das ruhigstehende Bild dieses athletischen Helden — das bewegte (Taf. 21 a) haben wir bereits kennengelernt — muß von der Polykletschule besonders gepflegt worden sein, doch haben die späteren Nachbildner die bedeutenden Heraklesgestalten des Skopas und Lysipp so beeinflußt, daß von dem argivischen Heraklesbild nicht mehr viel übriggeblieben zu sein scheint673. Ein Typus, der ein dem Werk des Antiphanes sehr ähnliches Standmotiv besitzt, ist in einer Statue im Palazzo Pitti in Florenz und einer zweiten im Museo Torlonia in Rom überliefert 674 , aber dieser Typus scheint eher auf ein Werk der Lysippnachfolge vom Anfang des 3. Jahrhunderts zurückzugehen als auf die Polykletschule676. Ein weiterer Heraklestypus 676 , der den Helden mit dem Löwenfell über dem Kopf darstellt und das gleiche Standmotiv zeigt, besitzt eher Formen,'die der^Kunst der Polykletnachfolge entnommen 672

s. hier S. 25. Unter den Einfluß des Herakles Lansdowne z. B. gehören die Statuen in Florenz, Palazzo Pitti, EA. 231; Madrid, Prado, EA. 1545; Rom, Palazzo Doria, EA. 2266; ebenso wohl auch (vielleicht mit hellenistischen Zwischengliedern) die im Vatikan, BrBr. 609 und in Rom, Villa Albani, EA. 4355; dazu die Bronzen in Wien, R. v. Schneider, Album auserlesener Gegenstände der Antiken-Slg. des allerhöchsten Kaiserhauses Taf. 29; Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek 261, P. Arndt, La Glyptothèque Ny Carlsberg Taf. 8 9 - 9 2 , und Rom, Vatikan, Sala Rotonda, Lippold, Vat. Kat. III 1 Nr. 544. Die Züge der Kunst der Polykletschule, die diese Werke mehr oder weniger aufweisen, stammen danach einmal aus den schon dem skopasischen Herakles eigenen Zügen dieser Art (vgl. hier S.230), sie sind dann aber sicher von den späteren Nachbildnern noch verstärkt worden. 674 Palazzo Pitti, EA. 228—230, und Museo Torlonia, C. L.Visconti, Les Monuments de Sculpture Antique du Musée Torlonia Nr. 25 Taf. 7. 675 Dafür spricht vor allem der Kopf der Florentiner Statue. Aber auch für den Aufbau der ganzen Figur lassen sich Vergleiche aus dem 3. Jh. nennen, angefangen vom Demosthenes über den Münchner Silen mit dem Schlauch (Glyptothek 221) bis zu dem Dionysos in Neapel (Guida Ruesch Nr. 817). 876 Vor allem Rom, Palazzo Borghese, EA. 485, und Leningrad, Ermitage, O. Waldhauer, Die antiken Skulpturen der Ermitage I 37 Abb. 9. Doch überwiegen auch bei diesem Typus die Exemplare mit hellenistischen Formen. Vgl. Ermitage, Waldhauer, ebenda I Nr. 17 Taf. 14. Vatikan, Belvedere, Amelung, Vat. Kat. II Nr. 57 und andere. Eine Umkehrung des Typus, bei der ebenfalls die hellenistischen Züge überwiegen, ist die Statue in New York, EA. 4834ff., zu der Tunis, Musée Alaoui Suppl. I Taf. 28, 2 hinzukommt. 673

198 sein könnten, doch werden auch sie wohl den klassizistischen Tendenzen der Verfertiger der meist zweit- und drittrangigen Statuen und Statuetten zu verdanken sein. Die beste Vorstellung von der Statue des Antiphanes vermag tatsächlich jene bereits genannte Gemme zu geben (Taf. 26b) 677 : Da steht der Herakles zwischen Löwe und Säule, die Keule in der Rechten geschultert und das Spielbein mit einer sehr aktiven Bewegung nach vorn setzend. Vom rundplastischen Aussehen der Statue mögen vielleicht zwei Bilder zeugen, von denen das eine unter dem Einfluß der delphischen Statue entstanden sein mag, das zweite eher auf ein anderes Original zurückgeht, das wir nach der Ähnlichkeit mit dem Herakles der Gemme wohl auch dem Antiphanes zuweisen und als eine Art Vorläufer des Herakles auffassen dürfen. Dies letztere ist eine mit umgekehrtem Stand- und Spielbein stehende, sonst aber dem Herakles sehr ähnliche Hermesfigur in der Villa Borghese in Rom678. Nach ihren Körperformen und dem Rest des Kopfes, der von den Haaren an den Schläfen jedenfalls eine allgemeine Vorstellung gibt, ist sie nach einem Original der Polykletschule geschaffen, das etwas früher als der Herakles entstanden sein mag. Der umgelegte Mantel ist Zutat des Kopisten; ob dies auch für den kleinen zur Rechten der Gestalt stehenden Widder völlig zutrifft, ist zu bezweifeln, denn dieses Tier erinnert in bemerkenswerter Weise an den rechts neben dem Herakles stehenden Löwen. Es könnte also immerhin sein, daß entweder Antiphanes noch vor dem Herakles einen diesem sehr ähnlichen Hermes in umgekehrtem Standmotiv und auch mit einem Tier neben sich geschaffen hat oder der Widder die Erinnerung des Kopisten an den ihm bekannten Herakles in Delphi mit seinem Tier ist. Auf jeden Fall führt die Statue Borghese ganz in die Nähe dieses Herakles und mag, wie gesagt, im Lebenswerk des Antiphanes dessen Vorstufe dargestellt haben. Über die Stufe des Herakles der sechziger Jahre um ein gutes Stück hinaus geht eine Statuette in Athen, die aus dem Antikytherafund stammt, aus dem außerdem das einzige original erhaltene Werk der Polykletschule, eine hellenistische Nachbildung des Hermes Richelieu, sowie mehrere Kopien lysippischer Werke geborgen wurden679. Die Statuette scheint einen Athleten, vielleicht einen Diskuswerfer darzustellen, und ihr Stand und Rhythmus wie auch ihr Kopf mit dem etwas klassizistisch anmutenden Haar gleicht auffallend der Hermesstatue Borghese. Allerdings kann das kleine Werk, wie seine Proportionen zeigen, die mit verhältnismäßig kurzem Rumpf und kleinem Kopf bereits die des reifen Lysipp sind, kaum vor 340 v. Chr. entstanden sein. Es muß als eines der letzten zwar lysippisch beeinflußten, aber die eigenen Züge noch nicht verleugnenden Zeugnisse der Kunst der Polykletschule betrachtet werden. Was aber an Zügen der argivisch-sikyonischen Kunst in der 677

s. hier Anm. 669. EA. 2855. 2856. 679 Athen, Nat. Mus. 13397. Svoronos, Nat. Mus. I Taf. 8.1 Zum ganzen Fund s. ebenda lff. mit der immer noch nicht ganz von der Hand zu weisenden Vermutung, die Schiffsladung stamme aus Argos. — An die Statue Borghese und die Statuette aus dem Kreise des Antiphanes könnte auch noch die Bronze eines Diadumenos, New York, Metr. Mus. 17.2304 (G. M. A. Richter, Handbook of the Greek Collection [1953] Taf. 88d), anzuschließen sein. 678

199 Statuette lebt, gehört in den Kreis des Antiphanes, wenn wir das Gemmenbild und den Hermes mit Recht diesem Meister zugeschrieben haben. Charakteristisch ist auch hier wieder der energisch-aktive Stand und die freie Festlichkeit der Erscheinung des Athleten. Das Bild des Herakles des Antiphanes, das sich so aus verwandten Werken und dem Gemmenbild im allgemeinen wiederherstellen läßt, folgt in Standmotiv und Haltung nicht direkt dem Herakles Polyklets680. Aber wie der polykletische ist auch der Herakles des Antiphanes nicht der ermüdete Held, wie ihn Lysipp darstellen wird und im 5. Jahrhundert Myron schon faßte, er ist ein jugendlich-tatkräftiger Heros, der sicher auch bartlos war 881 wie der polykletische und der — so können wir nach der Gemme wohl sagen — dem Herakles des Antiphanes in vielem verpflichtete Herakles Lansdowne des Skopas682. Besonders der Vergleich mit diesem Heraklesbild des Skopas zeigt nochmals die auch von jenem grundlegend unterschiedene Eigenart des argivisch-sikyonischen Herakles vor Lysipp. Seine Tatkraft hat nicht die flammende Gewalt, wie sie aus der Gestalt des skopasischen Heros hervorbricht, der mit einer ins Unbegrenzte strebenden Seelenkraft über seine Taten schon hinausgewachsen zu sein scheint, weshalb man ihn sich auch am ehesten als den unter die Unsterblichen Aufgenommenen vorstellen kann 683 . Ihm gegenüber wirkt der Herakles des Antiphanes diesseitiger. Stolz und kräftig zupackend steht er mitten in der bunten Welt seiner Taten, mitten unter den Unholden, von denen er die Menschen befreit. Wenn in seiner Gestalt etwas von den Anstrengungen angedeutet wird, die ihm seine Aufgabe verursacht, dann wie beim Hermes Richelieu nur, um ihn zu dieser Aufgabe in Beziehung zu setzen und um die athletische Gewandtheit seines Körpers hervorzukehren. Nichts Leidendes kann in diesem Heraklesbild gelegen haben, vielmehr muß es wie die argivisch-sikyonischen Athleten etwas Freudiges gehabt haben, das mit seiner bunten Umwelt in Einklang stand, die es umgibt, wie die Athleten ihre Palästra umgibt und die arkadischen Heroen ihre Landschaft. Zu den übrigen Statuen des Weihgeschenks läßt sich im einzelnen nicht mehr viel beitragen 684 . Nur die Statue des Perseus könnte noch einen entfernten Nachklang in einem römischen Werk gefunden haben. In Ostia wurde eine Perseusstatue gefunden 686 , die vom Ausgräber und den meisten übrigen Forschern als klassizistischrömische Eigenschöpfung aufgefaßt wird. So, wie das Werk vor uns steht, mit seiner Chlamys und den glatten Formen von Gesicht und Muskulatur, gehört es wohl auch sicher der Kaiserzeit an, aber es wäre doch zu fragen, ob der Schöpfer der Statue nicht den Perseus des Antiphanes in Delphi gekannt hat. Die Ähnlichkeit des 880

Zum Herakles Polyklets s. Lippold, Plastik 166. 681 vgl. Furtwängler in Roscher, ML. I 2, 2164ff. s. v. Herakles. 882 s. hier S. 230. «83 vgl. dazu Vasenbilder mit Herakles' Einführung in den Olymp, wie etwa den Krater FR. Taf. 20. 881 Zu den Dioskuren des Lysanderanathems s. S. 100f. 685 Lippold, Plastik 289. AA. 1949, 437. G. Calza, Ostia (Itinerari Nr. 79) 41 Nr. 9 Abb. 23. K. Schauenburg, Perseus in der Kunst des Altertums (Antiquitas, Hrsg. A. Alföldi —K. Tackenberg, Reihe 3 Bd. I) 103 schreibt das Werk dem Skopas zu.

200 Kopfes mit dem Kopf des Hermes Richelieu (Taf. 22 b; 23 b) und die Ähnlichkeit der ganzen Statue mit dem Bronzeläufer im Louvre (Taf. 21 b), die sowohl in Aufbau und Kopfwendung als auch im gewissen Sinne in der Bildung der Rumpfmuskulatur festzustellen ist, scheint jedenfalls auf ein Vorbild der Polykletschule hinzudeuten. Über die mit den delphischen Weihgeschenken zusammenhängenden Werke hinaus läßt sich mit Antiphanes vor allem ein gut überlieferter berühmter Apollontypus in Verbindung bringen. Dieser Apollon, den man früher nach dem Fundort der vatikanischen Kopie \Adonis von Centocelle' zu nennen pflegte, ist immer als besonders 'reaktionär' aufgefaßt worden686, und tatsächlich gleicht er Werken des strengen Stils und der früheren Hochklassik wie kaum eine andere Schöpfung des 4. Jahrhunderts; eine Gegenüberstellung seiner Gestalt mit der des ebenfalls jugendlichen Apolls vom Tiber687, des Omphalosapolls688 oder des Kasseler Apolls689 macht das sofort deutlich. Allerdings ist die Ähnlichkeit mit dem strengen Stil besonders groß, wenn man, wie es meist geschieht, von der vatikanischen Kopie (08; Taf. 10 c) des Centocelle-Apollon ausgeht690. Diese Wiedergabe ist aber von dem Kopisten des 2. nachchristlichen Jahrhunderts absichtlich im Sinne des strengen Stils abgewandelt worden. Die steil aufgerichtete Haltung mit der wie mit dem Lineal gezogenen Mittellinie, die extrem schmalen Schultern und Hüften, die hochsitzende Brust: alles das sind Züge, die nach dem Ausweis aller anderen Kopien nicht dem Original entstammen, sondern durch einen auf den strengen Stil ausgerichteten Kopisten neu hinzukamen 691 . Das andere Extrem in der Wiedergabe des Originals scheint die Statue Chigi (0 6) zu sein; sie teilt mit der vatikanischen Kopie, der sie in der Entstehungszeit gar nicht so fern stehen mag, die glatte Leere des Ausdrucks, der sie noch verniedlichende Züge, besonders im Gesicht, hinzufügt; aber in den Körperformen gibt sie mit dem breiteren Rumpf, der tiefer gelegenen Körpermitte und dem weitgeschwungenen Bogen des Rippenkorbs viele Merkmale polykletischer Formung; offenbar sollte der Apoll den im Anschluß an ein polykletisches oder nachpolykletisches Vorbild gestalteten Knabenstatuen ähnlich werden, wie sie in der Statue im Kapitolinischen Museum oder im Antinoos in Neapel692 erhalten sind. Die einigermaßen zuverlässig erscheinende Mitte dieser beiden Extreme in der Wiedergabe des jugendlichen Apoll findet sich bei der Statue aus ehemaligem englischen Privatbesitz, jetzt in Oxford (Ol), die etwas grob gearbeitet und im jetzigen Zustand außerdem aus vielen Stücken zusammengesetzt ist, im ganzen das Original aber am besten zu vertreten scheint, während sich die Einzelformen des Körpers an zwei 686 Furtwängler, MW. 587f. Lippold, Text zu BrBr. 690. Schuchhardt, Epochen lOOff. Zur Überlieferung s. hier S. 279 f. 887 Lippold, Plastik 111. 888 Ebenda 102. 889 Ebenda 142. 690 Vgl. die hier Anm. 686 zitierten Arbeiten. 891 Man vergleiche nur den Stephanosathleten, um die altertümelnden Züge der Kopie sofort zu erkennen. 692 s. hier Anm. 360.

201 Torsen, von denen der eine — in Berlin (0 3) — der vatikanischen Kopie, der andere — früher in der Sammlung Ustinow (O 2; Taf. 26 c), der vielleicht die beste Wiedergabe überhaupt darstellt — der englischen Kopie besonders nahesteht, am besten beurteilen lassen. Ein weiterer Torso von ebenfalls recht guter Qualität in Kopenhagen (0 9; Taf. 26 d) betont wohl die polykletischen Züge in der Form der Muskulatur und der Verschiebung der Teile zueinander etwas zu sehr, beweist aber damit nochmals, daß auch im Original einige solcher Züge vorhanden waren, die der Verfertiger der vatikanischen Replik unterdrückt hat. Eine weitere Statuenreplik in Leningrad (O 4) ist zu weichlich und uneinheitlich bewegt, bestätigt aber auch den Eindruck der Kopie Richmond ( O l ) , ein Kopf im Münchner Privatbesitz (O 7) ist wie der Kopf der Statue Chigi (O 6) im Ausdruck versüßlicht, originalgetreuer, wenn auch nicht sehr qualitätvoll scheint ein weiterer Kopf in Fiesole (O 5), dessen Formen allerdings zu sehr an der Oberfläche bleiben. Wie schon gesagt, tritt nach den zuverlässigeren Wiedergaben, als es die im Vatikan (O 8; Taf. 10 c) ist, die Ähnlichkeit der Statue zu Werken des früheren 5. Jahrhunderts stärker zurück. Das Standmotiv des Apollon hat, so erkennt man deutlich, ganz die Form des 4. Jahrhunderts, und zwar vor allem darin, daß der Spielbeinfuß freier und beweglicher vom Standbeinfuß weggesetzt ist, als es im strengen Stil je möglich gewesen wäre, und daß das Spielbein im Knie gelockert eine ausschwingende, raumgreifende Bewegung ausführt. In dieser Form gehört das Stehen des Apollon entwicklungsgeschichtlich zwischen den Athleten Capelli (F IV 2. 1; Taf. 13 a; 15 c) und den Hermes Richelieu (N V 15; Taf. 13c). Ferner entsprechen die Proportionen des Körpers, wie vor allem der Torso aus Palästina (O 2; Taf. 26c) zeigt, bei jugendlicher Schlankheit doch der polykletischen Grundstruktur des 'quadratus' mit weiträumiger Brust und betonten Hüftmuskeln. Im einzelnen gleichen die Körperformen überraschend genau denen des Athleten Capelli (Taf. 13 a; 15 c). Bei der freien Bewegung seines Körpers im Raum und dem gelockerten Aufbau der Gestalt von dem zur Seite gesetzten Spielbein über die Drehung in der Hüfte bis zur Wendung des Kopfes muß man gar nicht erst das reiche Spiel der Haare betrachten, um zu sehen, daß der Apoll eindeutig ein Werk des 4. Jahrhunderts ist. Näher betrachtet, wird er nicht allzuweit vom Diskobol des Naukydes entfernt, aber doch später als dieser anzusetzen sein. Das Standmotiv ist freier als das des Athleten Capelli, und seine Räumlichkeit hat zwar noch Reste der hintereinandergestaffelten Raumschichten des Diskobols aufzuweisen, ist aber doch ausgeglichener, selbstverständlicher und zeigt Ansätze zu jener typischen intendierten Drehbewegung der Werke der Blütezeit der Schule. Da der Apoll in der Räumlichkeit aber doch an den Ölausgießer noch nicht heranreicht und auch sicher früher sein wird als der Satyr des Praxiteles, bei dem das Spiel der Locken noch differenzierter ist, wird er in der Zeit des Londoner Grabreliefs893 und der Epidaurosskulpturen 694 , auf der Stufe des Faustriemenanlegers entstanden sein, in den früheren siebziger Jahren also, noch vor •9S Brit. Mus. Diepolder Taf. 31. Zur Datierung ebenda 40. 8,4 s. hier Anm. 446.

202 der Zeit der Aphrodite und des attischen Urkundenreliefs von 375/74 v. Chr.696. In dieser Zeit, in der sich die neue Ausgeglichenheit der Figur der Blütezeit erst durchzusetzen beginnt, ist auch die stockende Bewegung, in der die Arme des Gottes ergänzt werden müssen, gut zu verstehen. Nach dem Ausweis der Kopie Richmond (Ol), bei der der rechte Arm ganz, vom linken fast der ganze Oberarm erhalten ist, war der linke Arm über dem Standbein ziemlich stark angewinkelt; mit Recht hat man in der Hand den Bogen ergänzt, während die herabhängende Rechte vielleicht einen Zweig getragen hat 696 . Hat man jene Bezeichnung des Apollon als reaktionär, als vorwiegend am strengen Stil orientiert im Kopf, so bemerkt man mit besonderer Verwunderung den polykletischen Charakter, den die Einzelformen des Werks aufweisen. Der hochgeschwungene, runde Rippenkorbrand (Taf. 26 c. d), die nur zart angedeuteten waagerechten Einteilungen der Bauchmuskulatur und die stark betonten Hüfteinschnitte lassen sich tatsächlich über den schon als traditionell erkannten Athleten Capelli bis zu den Werken des Panmeisters und schließlich zu Polyklet selbst hinauf verfolgen. Das gleiche beweist auch eine Betrachtung des Kopfes, der — in welcher Replik auch immer —, neben einen Kopf Polyklets gestellt, seine Orientierung an den Werken des Schulhaupts sofort verrät. Im Unterschied zu den Köpfen der Naukydesrichtung und des Daidalos ist hier eine Versammlung der Organe in der Front des Gesichts möglichst vermieden. Die Augen sind tief eingesenkt unter scharf betonten Brauen, das Untergesicht ist nicht rund, sondern schwer und länglich, der Mund hat genau die polykletische Form; er war nach Ausweis fast aller Kopien breit und nicht von jener augenblickhaften Bewegtheit, die die naukydeischen und sikyonischen Köpfe auszeichnet. Auch die Bewegung der Wangenpartie ist zurückhaltender als bei jenen Werken. Die Haare schließlich sind zwar locker und von reicher Fülle, aber bei näherer Betrachtung sogar noch strenger gegliedert als die des Pan mit dem in Schichten aufgebauten Lockenkranz um den Kopf und den klar geschiedenen anliegenden Haarsträhnen am Hinterkopf. Kurz gesagt: gerade das Werk, das die Reaktion der Schüler gegen den Meister in einer Hinwendung zum strengen Stil zu beweisen schien, ist besonders stark vom polykletischen Vorbild geprägt. Gleichzeitig läßt sich das Bild des Apollon aber ohne weiteres der Reihe ruhigstehender Gestalten der Polykletnachfolge seit dem Louvrespender (Taf. 15. 16)697 angliedern, ja, das Werk tritt als fehlendes Glied in die Lücke zwischen Idolinovorbild und Hermes Richelieu (Taf. 15 c; 13c). Sieht man näher zu, so bemerkt man, daß die in jener Reihe ruhigstehender Figuren von vornherein vorhandene Nähe zu Naukydes an dem Apoll sogar noch deutlicher in Erscheinung tritt. Die Ähnlichkeit des jugendlichen Gottes zum Hermes des Naukydes (Taf. 10a)698 ist nicht nur in 895 608 697 698

Athen, Nat. Mus. 1467. Binneboeßel Nr. 34. Süsserott Taf. 3, 2. s. Text zu BrBr. 690. In den weiteren Umkreis des Apoll mag auch EA. 3430. 2065. 2966 gehören. s. hier S. 131 ff. s. hier S. 124ff.

203 der ganzen Auffassung des Gottesbildes, sondern auch im Aufbau der Figur zu greifen. Die Mischung von traditionell-polykletischen Einzelformen und einem Aufbauschema, wie wir es ursprünglich vor allem aus dem Umkreis des Naukydes kennen, weist wiederum auf Antiphanes als Künstler des Werkes hin. In der Tat gleicht der Apollon in seinem Aufbau weitgehend den Statuen, die wir dem Umkreis der Heraklesstatue des Antiphanes zuordnen konnten. Sowohl der Hermes Borghese (s. oben S. 298 mit Anm. 678) als auch die Statuette in Athen (s. oben S. 198f. mit Anm. 679) sind ihm so verwandt, daß wir hier ein weiteres Werk des Künstlers sehen dürfen, vor allem da auch die Körperformen sich in ihrem traditionellen Aufbau neben jene Werke stellen und zu einer Zuschreibung an den in direkter Linie mit Polyklet verbundenen Künstler passen. Auch der naukydeische Einfluß war jenen Werken nicht fremd, vielmehr sowohl dem Hermes als auch der Athener Statuette mit ihren Erinnerungen an den Diskobol des Naukydes deutlich anzusehen. Nach allem kommt man zu dem Schluß, daß viel von dem 'altertümlichen' Eindruck des Apollon Centocelle eher durch die eigenartige Persönlichkeit seines Schöpfers als durch einen einmaligen Rückgriff auf den strengen Stil zu erklären sein mag. Es ist kein Zweifel — und gerade der Apollon beweist das ebenso wie die polykletischen Prinzipien der Statuenreihengestaltung —, daß Antiphanes von dem bestimmenden Einfluß der polykletischen Kunst durchdrungen war. Gleichzeitig war in ihm aber, wie seine Nähe zu Naukydes zeigt, auch altes argivisches Erbe lebendig. Und diese Quellen vereinigten sich in einer ernsten, repräsentativ-hieratischen Grundhaltung, die wir angesichts des Apollon als eine besondere Art von Frömmigkeit werten müssen. Bei diesem Bild von der Eigenart des Künstlers Antiphanes mag man sich an ein ganz ähnlich charakterisiertes Götterbild der ersten nachpolykletischen Epoche erinnern, die Aphrodite Neapel-Paris (Taf. 10b). Tatsächlich verbindet eine auffallende Verwandtschaft die über dreißig Jahre ältere Aphrodite mit dem Apoll sowohl im Aufbau der ganzen Figur, dem Verhältnis der Neigung des Kopfes zum Rhythmus des Körpers und der hieratischen Grundhaltung als auch in den Einzelzügen, zumal des Kopfes und der Gesichtsstruktur. Dürfen wir danach auch dieses Werk dem Antiphanes zuschreiben, oder ist hier die Kunst seines Lehrers Periklytos noch faßbar ? Die Zuschreibung an den Enkelschüler, für die vor allem die auffallende Ähnlichkeit des Kopfes des Apollon zu dem der Göttin sprechen würde, könnte begründen, warum die Aphrodite inmitten der gleichzeitigen oder kaum früheren attischen Göttinnen so fortschrittlich und bereits wie ein Werk des 'schlichten Stils' wirkt. Antiphanes, den man den typischen Vertreter des 'schlichten Stils' in der Polykletnachfolge nennen kann, hätte damit bereits in diesem frühen Werk seine besondere Eigenart zum Ausdruck gebracht. Zu fragen wäre schließlich noch, ob wir nicht auch den Jüngling Capelli und das Idolinovorbild (Taf. 13 a; 15 c) dem Antiphanes oder seinem Lehrer Periklytos zuschreiben dürfen.

204 5. KLEON VON SIKYON Konnte Antiphanes bereits als ein der polykletischen Form besonders verpflichteter Künstler beschrieben werden, so ist das Verhältnis seines Schülers Kleon zu Polyklet wiederum von eigener Art und Bedeutung. In den achtziger Jahren des 4. Jahrhunderts hat Kleon von Sikyon für Olympia zwei Zeusbilder geschaffen. Es waren die ersten sogenannten Zanesstatuen, die von den Bußgeldern der Olympiade 388 v. Chr. gestiftet und an der bedeutungsvollen Stelle neben dem Eingang zum Stadion aufgestellt wurden699. Von einer der Statuen des Kleon ist die Standspur erhalten. Danach stand der Gott auf dem rechten Bein und setzte den Fuß des linken Spielbeins, der nur mit dem Ballen den Boden berührte, bis zur Höhe der Ferse des Standbeinfußes nach hinten (Abb. 14). Diesem Motiv entspricht nun fast genau ein Statuettentorso in Berlin (Taf. 27 a)700, der nach seinen Einzelformen sicher in der Polykletschule, wahrscheinlich — wie sich aus einem Vergleich mit dem Diskobol ergibt — um 380 oder spätestens in den siebziger Jahren des 4. Jahrhunderts entstanden sein muß. Da die Statuette mit dem hochaufgestützten linken Arm einem im späteren 4. Jahrhundert vielfach belegten Zeustypus 701 entspricht, liegt die Vermutung sehr nahe, daß sie eine direkte Widerspiegelung des Zeusbildes des Kleon darstellt. Dieses zeigte danach den Gott, wie er den linken Arm über dem Spielbein auf sein Szepter stützt, den rechten Arm gesenkt hält, in der Hand vielleicht den Blitz führend, während der Kopf nach der Standbeinseite gewendet und geneigt war. Die Statuette — und das bestätigt ihren Zusammenhang mit dem Zeusbild der achtziger Jahre — erweist sich in der kräftigen Fülle der Muskulatur und der Räumlichkeit des Körpers durchaus als der beginnenden Blütezeit der Polykletschule zugehörig. Diese Zeit verleugnet sich auch nicht in der Formung des an sich traditionellen Standmotivs im einzelnen; denn Stand- und Spielbein sind nicht — wie bei den nachpolykletischen Knaben noch vorwiegend — von Umrißlinien bestimmt und unterschieden, sondern sie sind als plastische und in einem SpannungsVerhältnis zueinander stehende Körperteile aufgefaßt. Man beachte nur, wie das Knie des Spielbeins nach außen gedreht ist und doch eng am Standbein bleibt, um zu erkennen, daß in dem äußerlich rein polykletisch wirkenden Stand der Figur ebensoviel Spannung enthalten ist wie im Stehen des Diskobols oder der anderen Athleten. Trotz dieser deutlich erkennbaren Merkmale ihrer Entstehungszeit ist der beherrschende Eindruck, den diese Zeusgestalt ausstrahlt, der einer polykletischen Figur. Außer dem Standmotiv besitzt die Statuette — und danach sicher ebenso die ursprüngliche Statue — auch die einfache Frontalität polykletischer Werke. Der Rumpf ist nur soweit bewegt, als es sich aus der Gewichtsverteilung ergibt, und nicht außerdem noch nach vorn gebeugt und in den Hüften gedreht, wie es bei den 898 700 701

s. hier S. 19. 28 f. K. A. Neugebauer, Die griech. Bronzen der klass. Zeit und des Hellenismus Nr. 10 Taf. 12. s. hier S. 231.

205 Athleten des Daidalos und Polyklet II der Fall ist. Die Bewegung der Arme schließlich und die Kopfneigung folgen ganz dem polykletischen Kontrapost: Der Arm über dem Spielbein ist erhoben und belastet, der über dem Standbein gesenkt und, wenn überhaupt, dann mit weniger Anspannung belastet. Das Zeusbild steht mit diesem betont polykletischen Charakter nicht allein; zwei mehr oder weniger vollständig erhaltene verwandte Werke lassen sich anschließen. Das eine ist ein offensichtlich originaler Torso in Delphi, das zweite ein Typus des jugendlichen Hermes. Der Torso in Delphi (Taf. 27b) 702 muß bei vertauschten Seiten ebenso ergänzt werden wie die Zeusstatue'03. Das Werk, das, wenn nicht Zeus, so doch eine Herrschergestalt darstellte, wird nach der Übereinstimmung der Körperformen mit dem Statuettentorso in Berlin (Taf. 27 a) entweder von Kleon selbst oder von einem ihm nahestehenden Marmorkünstler für Delphi geschaffen worden sein. Und derselbe Vergleich mit der Statuette setzt die Entstehung des Werks ebenfalls in die Zeit zwischen 380 und 370, also kurz nach den olympischen Zanesgestalten. Charakteristisch ist auch bei diesem Werk wie bei der Zeusstatuette die kräftige, bewegliche Muskulosität des Körpers, die das polykletische Grundgerüst zu ausdrucksvoller Eigenart steigert. Eine mehr auf der ganzen Auffassung des Körperlichen überhaupt als auf übereinstimmenden Einzelformen beruhende Verwandtschaft zu Daidalos, ja Erinnerungen an Lysippisches lassen dabei auf gewisse sikyonische Sondertraditionen schließen, die für Kleon neben seiner Schülerschaft bei Antiphanes wichtig gewesen sein müssen. Ganz besonders stark polykletische Züge zeichnen das Hermesbild aus, das wir ebenfalls dem Kleon zuschreiben dürfen: Zwei Kopien (P 1. 2), beides Torsen, und eine Umbildung (P 3) 704 überliefern einen knabenhaften Jüngling, den man wegen der beigegebenen Chlamys mit ziemlicher Sicherheit als Hermes bezeichnen kann (P 1; Taf. 28 a). Sein rechtes Bein ist das Standbein, das Spielbein ist im Motiv der nachpolykletischen Knaben zurückgesetzt, den linken Arm, um den sich in ähnlicher Art wie beim Hermes Richelieu (Taf. 13 c) die Chlamys schlingt, hat er von hinten in die Seite gestemmt. Die Chlamys ist dabei von der Schulter auf den Oberarm heruntergerutscht, bedeckt den Ellbogen und den ganzen Unterarm und fällt von der eingestemmten Hand in parallelen Falten entlang dem linken Oberschenkel bis in Höhe des Knies, die rechte Hand hielt herabhängend das Kerykeion. Die Körperformen dieses Hermes, dessen Original natürlich aus Bronze war, zeigen, daß das Werk von einem Polykletschüler geschaffen sein muß. In die traditionelle Richtung Gardiner-Smith, AJA. 13, 1909, 451 Abb. 4. Daß der Torso nicht zum Daochosweihgeschenk gehören kann, wurde bereits von Gardiner und Smith, ebenda 459 f. gesehen. 7 0 1 s. Liste im Anhang S. 281. Auf Reliefs des 4. Jhs. und später erscheint ein ähnlicher Hermes in meist nicht so stark polykletisierenden Formen — vgl. Athen, Nat. Mus. 2935, Svoronos, Nat. Mus. Taf. 188; Athen, Nat. Mus. 1370, ebenda Taf. 47; Athen, Nat. Mus. 2010, ebenda Taf. 100; Palermo, Mus. Civ., EA. 565 (dem Hermes Barberini besonders ähnlich) — und schließlich auch auf neuattischen Reliefs wie der Basis in Boston, L. D. Caskey, Cat. of Greek and Roman Sculpt. Nr. 101, vgl. W. Fuchs, Die Vorbilder der neuattischen Reliefs, 20. Erg.-H. zum J d l . (1959) 178. 702

703

206 reiht es sich durch seinen auffallend starken polykletischen Charakter mit ebensoviel Sicherheit ein. Die Zuschreibung an Kleon schließlich wird schon durch die verhältnismäßig späte Entstehungszeit des Originals nahegelegt. Die Öffnung der Figur im Raum, besonders aber ein deutlich spürbarer praxitelischer Einfluß lassen eine Datierung frühestens ein Jahrzehnt vor der Mitte des Jahrhunderts, vielleicht erst gegen 350 v. Chr. zu706. Unter den dem Antiphanes zugeschriebenen Werken steht dieser Hermes dem Perseus aus Ostia706 am nächsten. Doch wurde bereits darauf hingewiesen, mit wieviel Vorsicht wir diese im besten Fall als Nachbildung ansprechbare Schöpfung verwenden müssen. Immerhin würde sich hier zeigen, bei welchen Werken seines Lehrers Kleon angeknüpft hat, nämlich nicht bei den 'altargivischer Art' folgenden, sondern dort, wo auch Antiphanes das Polykletische am stärksten betonte. Daß gleichzeitig in der freien Bewegung des Hermes im Raum wie in der elastischen Beugung und Wendung seiner Gestalt in der Körpermitte Errungenschaften des Daidalos weiterwirken, dürfte deutlich sein. Der Hermes Barberini (Taf. 28 a), der neben dem zeitlich nur wenig entfernten Hermes Richelieu (Taf. 13c) ein weiteres, jugendlicheres Hermesbild vertritt — man möchte ihn sich am liebsten als Psychopompos denken —, folgt erstaunlich genau einem Vorbild Polyklets, dem Herakles707. Auch bei ihm ist im Gegensatz zu allen sonstigen Nachwirkungen jener polykletischen Statue der Arm über dem Spielbein eingestützt. Allerdings geschieht dies nicht mit dem extremen Zurückdrücken des Ellbogens der polykletischen Figur, wie überhaupt in dem Schulwerk die Energie des polykletischen Heros in eine unbekümmertere, eben praxitelischen Einfluß verratende Lässigkeit umgewandelt ist. Trotzdem bleibt das genaue Befolgen des polykletischen Vorbilds bemerkenswert. Es paßt zu dem bei den übrigen Werken des Kleon beobachteten besonders engen Verhältnis des Künstlers zu Polyklet, ein Verhältnis, das rückgreifend zwei dazwischen liegende, zum Teil anders gerichtete Generationen überspringt. Kleon ist der extremste Vertreter eines weitgehenden Traditionalismus, den die Schule Polyklets gekannt hat. Da er zugleich der jüngste und letzte Polykletnachfolger im Sinne direkter Schulbildung ist, bezeugt er ebenso deutlich die Stärke dieser Tradition wie das nunmehr einsetzende Versiegen der eigenen künstlerischen Gestaltungskraft der Schule in der dritten Generation nach Polyklet. 705 Ygi (j e n Kopenhagener Herakles (s. hier S. 34) und den Lykeios des Praxiteles (s. hier Anm. 719). 708 707

s. hier S. 199 f. Lippold, Plastik 166.

VII. AUFLÖSUNG UND ENDE DER POLYKLETSCHULE 1. DER PERSEUS VON ANTIKYTHERA Das einzige Werk, das uns von einem Polykletschüler im Original erhalten ist, gehört ganz dem Ende der Schaffenszeit der Schule an: der Jüngling von Antikythera (Taf. 27 c)708, dessen Deutung auf Perseus709, der das Gorgonenhaupt vorzeigend in die Höhe hebt, während die Linke die Harpe hält, trotz mancher Einsprüche immer noch am meisten überzeugt. Daß das Werk aus der argivisch-sikyonischen Schule stammt, ist sofort einzusehen710. Der 'quadratische' Rumpf, die breiten Schultern, 708 Athen, Nat.Mus. 13396. Svoronos, Nat.Mus. 18ii. Taf. l f . Lippold, Plastik 264. Abbildung nach der neuen Zusammensetzung R. Lullies—M. Hirmer, Griech. Plastik Taf. 208. 209. 213. 709 Die Deutung als Perseus wurde zuerst von Svoronos, Nat. Mus. 18 ff. geäußert. Picard, Manuel I I I 268 ff. wollte sogar den Perseus des Argiverweihgeschenks in ihm sehen, was rein zeitlich nicht möglich ist, aber unserer Einordnung des Werks in die traditionelle Richtung der Schule entspricht. Zuletzt h a t sich auch K. Schauenburg, Perseus in der Kunst des Altertums 105 f. für die Deutung ausgesprochen. Schauenburg nennt auch Beispiele, wo Perseus sein Gesicht nicht von dem Medusenhaupt abwendet. Er blickt ja hier auch nur auf den Hinterkopf des Schreckensbilds. Daß die Haltung der Finger der rechten Hand gerade für das Hochheben des Medusenhauptes paßt, beweist die Perseusstatue von Ostia (vgl. hier Anm. 685), deren Finger ganz ebenso in das Haar des Kopfes greifen. Befestigungsreste in der Höhlung der linken Hand der Antikytherastatue deuten darauf hin, daß der Perseus hier die Harpe hielt. — Andere Deutungen des Werks waren die als Paris (V. Stai's, et 'AvTiKuQi'ipa süpi'inaTCC 51. Bieber, J d l . 25, 1910, 163ff.), doch wäre Paris im 4. Jh. kaum ohne Mütze dargestellt worden (zur Zuschreibung des Werks an Euphranor s. außerdem hier Anm. 710), und als Athlet, der einen Ball geworfen h a t (Lippold, Plastik 264. W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 336. Lullies in R. Lullies —M. Hirmer, Griech. Plastik zu Taf. 208. 209). Die letztere Deutung ist völlig unmöglich, da ein Athlet nach dem Wurf niemals so aufrecht und ruhig dastehen würde. Beim Werfen geht der Körper nach vorn mit. Vgl. die Münchner Basis mit dem Speerwerfer, hier Anm. 601. 710 Die Zuschreibung an Euphranor (vor allem Bieber, J d l . 25, 1910, 163 ff.) kann schon deswegen nicht aufrecht erhalten werden, weil das einzige, was wir von Euphranor sicher wissen, seine eigenartigen Proportionen (vgl. Overbeck Nr. 1802. Furtwängler, MW. 579), sich gerade nicht bei dem Perseus finden. Sein Rumpf ist im Verhältnis zu den Beinen keineswegs kürzer als bei den Werken der Polykletnachfolge. Auch die vielleicht von Euphranor stammende Apollonstatue der Agora (Lippold, Plastik 261) h a t mit dem Perseus nichts gemeinsam, ist allerdings auch schwer mit einer nackten Figur zu vergleichen. Dagegen könnte man vielleicht erwägen, dem Euphranor ein anderes neuerdings peloponnesisch genanntes Werk zuzuschreiben, den Eros von Centocelle (Schuchhardt, Epochen 102 und v. Steuben in Heibig 4 116; zu den Kopien s. Lippold, Plastik 264). Bei diesem sicher nicht praxitelischen Werk ist der f ü r seine Zeit kurze Rumpf ebenso zu finden wie die dem Apollon der Agora eigene prächtige Feierlichkeit der Erscheinung. Eine auffallende Ähnlichkeit verbindet den Eros auch mit dem Alexander Rondanini, in dem man den wagenbesteigenden Alexander des Euphranor erkannt h a t (vgl. Gebauer, AM. 63/64, 1938/39, 72f.). — Dem Meister des Perseus von Antikythera, also Kleon, h a t wohl mit Recht M. Bieber, Die antiken Skulpturen und Bronzen des Museum Fridericianum in Cassel zu Nr. 27 und J d l . 25, 1910, 162f. den Kopf in Kassel Nr. 27 zugeschrieben. Hinzu kommen vielleicht noch die Köpfe in Leningrad,

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die großflächige Brust und die Struktur der Muskulatur entsprechen vollkommen der Art der Polykletnachfolger, wie wir sie aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts kennen. Man vergleiche den Meleager des Skopas oder den Hermes des Praxiteles, um zu sehen, wie ganz anders andere Künstler in der Zeit des Perseus die Körperformen wiedergeben und wie stark die polykletische Tradition in der Bronze lebt. Auch läßt sich zeigen, daß der Kopf der Antikytherastatue die Reihe der Köpfe der bisher bekannten Werke der Polykletschule direkt fortsetzt. Er hat dieselbe, im Grunde immer noch polykletische Kopfform mit dem betonten Hinterkopf. Wie bei den Köpfen der Schule sind auch bei ihm die Organe des Gesichts in der Front versammelt. Die Stirn wird auch hier von dem Haar eckig umgrenzt, und das drahtartige Aufstreben des Haares setzt genau jene Entwicklung fort, die von dem kurzen, zur Seite fallenden Stirnhaar des Läufers im Konservatorenpalast (Taf. 24 a) über das nach oben gestrichene Haar des Ephesosathleten (Taf. 24 b) bis zu den kurzen Locken der Läuferbronze und des verwandten Kopfes in Neapel (Taf. 24 d) führt. Im einzelnen finden sich die nächsten Parallelen zu den Formen des Perseus in der traditionellen Richtung der Schule. Der Kopf mit dem länglicheren Gesicht, dem schwereren Kinn, den tiefliegenden Augen und den ruhigeren polykletischen Zügen stellt sich zum Kopf des Apollon des Antiphanes, und die ganze Figur ist ebenfalls bei all ihren neuartigen Zügen auffallend stark vom polykletischen Vorbild geprägt. Das Standmotiv zeigt die zwar entwickelte, aber nicht abgewandelte Form des polykletischen Schreitens, der Aufbau der Figur ist gut kontrapostisch im Sinne Polyklets, also nicht die neuen Kräfte einbeziehend, sondern ganz in polykletischer Weise dem Spielbein den agierenden und raumgreifenden, dem Standbein den herabhängenden Arm zuordnend, wobei die Bewertungen in auffallender Weise wiederum die polykletischen des Lastens und Entlastetseins sind. Danach ist an einer Einordnung des Werks in die traditionelle Richtung der Polykletschule nicht mehr zu zweifeln, und der so betont polykletische Charakter sowie die Verwandtschaft der Formen des Perseus zu den bereits dem Kleon zugeschriebenen Werken sprechen eindeutig für eine Zuschreibung an diesen Künstler. Dazu paßt aber auch die zeitliche Stellung des Werks. Daß der Perseus nicht mehr der Blütezeit der Polykletschule angehört, geht sowohl aus dem Kopf als auch aus dem ganzen Aufbau und der Räumlichkeit der Statue hervor. Zu einer Ansetzung nach der Mitte des Jahrhunderts führt die Betrachtung des Standmotivs, das bereits das weit ausholende Stehen ist, wie es sich auf der Basis der Ada und des Idrieus (Abb. 9)711 findet, und auf den weiträumigen Stand späterer lysippischer Gestalten hinführt. Das Sich-Öffnen der Figur nach außen, das weit über das des Hermes Richelieu (Taf. 13 c) oder auch der Louvrebronze (Taf. 21b) hinausgeht, spricht außerdem für einen Abstand von mindestens zehn Jahren von diesen Werken; ist Ermitage, (O. Waldhauer, Die antiken Skulpturen der Ermitage II Nr. 143 Taf. 35), in Sevilla (EA.1834) und in Lillebonne (Esperandieu, Recueil IV 194, 3106). Im weitesten Sinn vielleicht auch noch Clara Rhodos II Nr. 10 Taf. 1. 711 s. hier S. 26.

209 doch die Gestalt mit ihrer ausholenden Armbewegung fast schon eine Vorstufe zum Apoxyomenos des Lysipp. Die Jahre gegen 340 v. Chr. werden die Entstehungszeit des Perseus einigermaßen richtig bezeichnen; denn die Statue zeigt noch nicht die neuen Proportionen des Daochosweihgeschenks; die Tegeaskulpturen scheinen, wenn man die Köpfe vergleicht712, nur wenig früher, und die Gestalten der Panathenäischen Amphora von 340/39 v.Chr. 713 entsprechen in ihrer Tiefenräumlichkeit und ihrem Aufbau dem Perseus recht gut. Der Meleager des Skopas714 wird etwa gleichzeitig mit der Bronze sein, ebenso der Lykeios des Praxiteles, während der Hermes des attischen Meisters wohl nochmals um zehn Jahre jünger anzusetzen ist. Schließlich reiht eine Betrachtung der Rückenbildung, die besonders gut zeigt, wie mit fortschreitendem Jahrhundert der Körper immer mehr in gegeneinanderwirkende Einzelteile zerlegt wird, den Jüngling von Antikythera nach dem Herakles Lansdowne, nach den Kämpfern des Mausoleums715 und auch noch nach den Tegeaskulpturen716 ein, während auf der anderen Seite der Rücken des Apoxyomenos (Taf. 30 d) deutlich einer noch fortgeschritteneren Stufe der Entwicklung angehört. Doch nicht nur ein zeitlicher Abstand von fünfzehn bis zwanzig Jahren trennt den Perseus vom Ephesosathleten und dem Hermes Richelieu, das Werk ist auch bei all seinen polykletischen Eigenschaften nicht mehr rein aus der Formentradition der Polykletnachfolge erklärbar, es zeigt vielmehr Züge, die nur unter dem Einfluß der Kunst anderer Meister des 4. Jahrhunderts entstanden sein können. Bei der Betrachtung des Kopfes muß das bereits auffallen : Die eng zusammenstehenden Augen, die Richtung des Blicks nach oben und die das Gesicht bis in die aufgesträubten Haarspitzen hinein beherrschende brennende Energie sind nur aus dem Einfluß der skopasischen Kunst erklärbar. In dem weit ausholenden Stand könnte man noch Einflüsse des Daidalos sehen, es ist aber ebenso wahrscheinlich, daß hier bereits Lysippisches hereinspielt, und ein Einfluß Lysipps wird auch für die überraschend neue, ausgreifende Räumlichkeit der Figur zu erwägen sein. In der überlieferten Liste der Namen und Lebensdaten der Polykletschüler ist Kleon von Sikyon, der seine Jugendwerke um 380 v. Chr. schuf, der jüngste und außerdem der einzige Künstler, der in der dritten Künstlergeneration nach Polyklet mit Namen genannt wird. Das heißt aber, daß die Überlieferung die Kunst der Polykletnachfolge im Jahrzehnt nach der Mitte des Jahrhunderts zu Ende gehen läßt. Dazu stimmt nun der Befund eines Werkes, wie es der Perseus ist, erstaunlich gut ; denn einmal ist der Jüngling tatsächlich das letzte Werk, das der Polykletschule zugeschrieben werden kann, und ferner zeigt er durch die sich an ihm deutlich ab712 Lippold, Plastik 250. Ch. Dugas, Le Sanctuaire d'Aléa Athéna à Tégée. Nach den Bauornamenten gehören die Skulpturen in die 40er Jahre des 4. Jhs. 718 Cambridge, Mass. Fogg Museum. Süsserott Taf. 4, 4. 711 Zu diesem und den folgenden Werken s. hier Anm. 719. 715 Zur Behandlung des Rückens nackter Figuren am Mausoleum s. die Platten Brit. Mus. 1030. 1021; Abbildungen etwa R. Lullies—M. Hirmer, Griech. Plastik Taf. 204. E. Buschor, Maussollos und Alexander Taf. 60. 65. 718 Ch. Dugas, Le Sanctuaire d'Aléa Athéna à Tégée Taf. 103 und vor allem Abb. auf S. 136.

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210 zeichnenden fremden Einflüsse, daß die Polykletschule bereits in dieser Zeit nicht mehr aus sich heraus lebenskräftig genug war, um ihre Kunst den großen Meistern der Spätklassik gegenüber eigenständig zu erhalten. Überblickt man das ganze 4. Jahrhundert bis zum dritten Viertel, so ist zu sehen, wie die großen Meister, die in der Zeit vor 360 erst vereinzelt hervortraten717, sich gegen die Mitte des Jahrhunderts kräftiger und bestimmter melden718, um nach der Mitte, eben zur Zeit der Auflösung der Polykletschule, ihre eigentlichen Meisterwerke zu schaffen719. Dieser fruchtbaren Tätigkeit hatten die Polykletschüler nichts mehr entgegenzustellen. Wieweit die Kunst Lysipps als die eigentliche Fortsetzung der Kunst der Polykletnachfolge anzusehen ist, wird noch zu besprechen sein720.

2. DAS DAOCHOSWEIHGESCHENK Die Ausstrahlungen der Kunst der Polykletnachfolge auf Lysipp und andere Meister der Spätklassik sind von dem starken Eindruck der geschlossenen Form ihrer Reifezeit ausgegangen. Doch läßt sich außerdem beobachten, wie die Kunst der Polykletnachfolge in ihrer letzten Epoche auf eine ganze Reihe von mehr oder weni717

Vor allem Praxiteles mit seinem einschenkenden Satyr (375—370 v. Chr.), seiner Aphrodite von Arles (um 370) und dem Sauroktonos (60er Jahre); vgl. hier Anm. 583 — 585. 718 Skopas: Herakles Lansdowne (360 — 355); Praxiteles: Aphrodite von Knidos (um 355); Lysipp: Herakles Kopenhagen (355—350); vgl. hier Anm. 586. 588 und S. 34. 719 P r a x i t e l e s : Lykeios (frühe 40er Jahre), vgl. Lippold, Plastik 238. Rizzo Taf. 119 — 123. Datierung nach der Stellung der Statue zwischen Knidierin und Hermes, und zwar näher zu ersterer. Hermes (um 330), vgl. Lippold, Plastik 241. Rizzo Taf. 99 — 104. Die Datierung ergibt sich aus dem Vergleich mit dem Daochosweihgeschenk. Der Hermes ist dem Telemach und Sisyphos gegenüber in Räumlichkeit und Verschmelzen der Einzelformen fortgeschrittener. Vgl. auch das Urkundenrelief von 329/28. — S k o p a s : Tegeaskulpturen (40er Jahre), vgl. hier Anm. 712. Meleager (um 340), vgl. Lippold, Plastik 289. Das Werk muß früher als der Hermes des Praxiteles sein, der viel freier im Raum steht; auch der Agias ist später. Pothos (um 330), vgl. Lippold, Plastik 252. Datierung nach Vergleich mit dem Dionysoskind des praxitelischen Hermes. — L y s i p p : Bogenspannender Eros (um 340 oder doch nicht viel danach), vgl. Lippold, Plastik 281. F. P. Johnson, Lysippos 105 ff. Datierung in die angegebene Zeit wegen der noch weniger freien Räumlichkeit als bei den Alyziagruppen der 30er Jahre (vgl. hier S.242), der Ähnlichkeit mit dem Meleager und der sicher früheren Entstehung als der des Pothos des Skopas. Sandalenlöser (330 — 325), vgl. Lippold, Plastik 280. F. P . Johnson, Lysippos 170ff. Zur Datierung beachte man die Schraubenbewegung der ganzen Figur, die hier stärker entwickelt ist als beim Pothos und auf den Aufbau des Apoxyomenos hinführt. Der Apoxyomenos selbst muß etwa gleichzeitig mit dem Grabrelief aus Rhamnus (R. Lullies—M. Hirmer, Griech. Plastik Taf. 219), also bereits im J a h r f ü n f t 320 — 315 entstanden sein (vgl. Lippold, Plastik 279). — L e o c h a r e s : Apollon (340 — 330), vgl. Lippold, Plastik 269. Datierung in die angegebene Zeit wegen der Nähe zum Perseus des Kleon, der aber früher ist, der Hermes des Praxiteles dagegen später; vgl. auch den Alexander mit der Lanze und das Urkundenrelief von 334/33, Süsserott Taf. 5, 3. Die Artemis mit ihrer Schraubenbewegung gehört dann wieder in die Epoche des Sandalenlösers. In die Zeit von 335 — 330 wären dann noch der Ares Ludovisi (Lippold, Plastik 289) sowie die Tragikerstatuen einzuordnen (Lippold, Plastik 201). 720 Eine weitere Statue der traditionellen Richtung der Polykletnachfolge (vielleicht eher des Antiphanes als des Kleon) könnte der Herakles in der Villa Borghese (EA. 2847—2851) überliefern, den Schuchhardt in Neue Beiträge 225 dem jungen Lysipp zugeschrieben hat. Dem zustimmend K. Schau-

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ger handwerklichen Schöpfungen von peloponnesischen und außerpeloponnesischen Künstlern gewirkt hat. Diese Wirkung ist einmal interessant, weil sie zeigt, wie das Leben dieser Kunstschule, nachdem ihre eigentliche Aufgabe geleistet und ihr Erbe in andere Kanäle geleitet ist, zum Schluß gleichsam auseinanderfließt, ferner aber, weil diese Spiegelungen nochmals eine bezeichnende Eigenschaft dieser letzten Epoche deutlich machen. Ein Dokument der Vermischung des Formguts der Schule mit Einflüssen aus der Kunst der großen Meister der Spätklassik ist das Daochosweihgeschenk in Delphi721. Dieses Anathem wurde nicht bei den anderen großen politischen Anathemen am Anfang des heiligen Weges, sondern oberhalb und nordöstlich des Tempels, umschlossen von einem eigenen kleinen Temenos, mit einer Stützmauer im Rücken, enburg in Antike Plastik, hrsg. W. H. Schucbhardt, 2. Lief. 77. Der Kopf dieser Statue wäre zwischen den Kopf Neapel-New York (Taf. 24 d und S. 172) und den Perseuskopf des Kleon einzuordnen und in seiner Haltung mit der Athena Rospigliosi einerseits, den beiden polykletischen Gestalten auf dem Relief von Argos und der Säulentrommel des Artemision andererseits zu vergleichen. — Ob auch andere Heraklesbilder im polykletischen Schreitmotiv ursprünglich auf die Polykletschule zurückgehen, muß zweifelhaft bleiben. Am ehesten könnte noch das Original der Statue in der Villa Borghese die Anregung gegeben haben; vgl. z. B. Rom, Vatikan, Chiaramonti, Amelung, Vat. Kat. I Nr. 294. Rom, Villa Albani EA. 3588. 3593. 3687. 5389. München, Glyptothek, A. Furtwängler, Einhundert Tafeln nach den Bildwerken der Kgl. Glypt. zu München Taf. 62. Außerdem die Bronzestatuetten : Coli. Sarti, Cat. délia Coll. P. Sarti Taf. 7, 42. Mus. Mariemont, Les Antiquités du Musée de Mariemont Taf. 33, G. 67. Louvre, A. de Ridder, Bronzes Ant. Louvre I Nr. 487 Taf. 36. Florenz, Villa Antinori, EA. 1168. Rom, Villa Albani, Mahler, Polyklet 38. Nachlaß Hirsch, Ars Antiqua I (1959) Nr. 48. Darstellungen eines solchen Herakles z. B. Campanarelief, Kopenhagen, V. Poulsen, Cat. de Terres Cuites Grecques et Romaines Nr. 105 Taf. 61. Boston, Mus. of Fine Arts, L. D. Caskey, Cat. Sculpt. Boston Nr. 101. Vgl. W. Fuchs, Die Vorbilder der neuattischen Reliefs, 20. Erg.-H. zum J d l . (1959) 178 Nr. 19 und S. 136 Anm. 79 — 81. — E i n Hermestypus dagegen, der vor allem bei den Kleinbronzenwerkstätten römischer Zeit bis nach Gallien und Germanien beliebt war, wird eher eine Erfindung des späten Hellenismus sein. Furtwängler (MW. 427) hat eine Bronze dieses Typus unter den Nachwirkungen des Doryphoros aufgezählt. Es war dies die Statuette in Paris, Bibl. Nat., E . Babelon — J.-A. Blanchet, Cat. des Bronzes Ant. de la Bibl. Nat. Nr. 838 und Furtwängler, MW. 428 Abb. 64. Hieran schließen sich z. B. an: Wien, E. v. Sacken, Die antiken Bronzen des K. K. Münz- und Antiken-Cabinetts in Wien Taf. 19, 8. Baltimore, Walters Art Gall., D. K. Hill, Cat. of Class. Bronze Sculpt. in the Walt. Art Gall. Nr. 32 Taf. 6 und Nr. 33 Taf. 8 und viele andere. Das griechische Vorbild lehrt die neuerdings im Spercheios-Tal gefundene äußerst qualitätvolle Statuette Daux, BCH. 83, 1959, 691 Abb. 31 kennen. An ihrer Entstehung im späteren Hellenismus, wenn auch vielleicht noch im 2. J h . v. Chr., wird niemand zweifeln. — In Großplastik besitzen wir eine Statue im Braccio Nuovo des Vatikan, Amelung, Vat. Kat. I Nr. 132 Taf. 21, die zuletzt W. Fuchs in Heibig 1 zu Nr. 460 für eine Kopie nach einem Werk der Polykletschule erklärt hat, doch ist dies eine römische Schöpfung, die den Hermes Andros-Belvedere mit einer Chlamys versehen hat, wie das unangenehm realräumliche Verhältnis von Körper und Gewand zeigt. Von dem Vorhandensein einer späthellenistischen Schöpfung eines solchen Hermes, der natürlich ursprünglich auf die Statue des Onatas zurückgeht, könnte eine Statue im Thermenmuseum (Foto Alinari 20176) zeugen. Am ehesten für das Vorhandensein eines derartigen Originals auch in der Schule Polyklets würden noch die Hermen im Braccio Nuovo des Vatikan, Amelung, Vat. Kat. I Nr. 65 und 67 A sprechen, doch sind wohl auch sie spätere Verbindungen von Köpfen der Schule mit Mantelgestalten von der Art des Onatastypus. 721 J. Pouilloux, FdD. II, La Région Nord du Sanctuaire 67ff. Über die Statuen s. Homolle, BCH. 23, 1899, 421 ff. G a r d i n e r - S m i t h , AJA. 13, 1909, 447ff. Will, BCH. 62, 1938, 285ff. P. de la Coste-Messelière, Delphes Taf. 182ff. FdD. Album IV Taf. 63ff. Lippold, Plastik 286f.

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212 an dem steilen Hang aufgestellt722. Es bestand aus neun Statuen, die die Vorfahren des Daochos, ihn selbst, den Tetrarchen von Thessalien und Hieromnemen der delphischen Amphiktyonie 723 , und seinen Sohn Sisyphos darstellten. Angeführt wurde auch diese Heroenreihe von einem Gott724, der allerdings nicht größer als die anderen Statuen gewesen zu sein scheint. Entsprechend der Amtszeit des Daochos muß die Statuenreihe zwischen 338 und 334 v. Chr. gestiftet und wohl in den dreißiger Jahren auch fertiggestellt worden sein728. Die Statuen waren aus Marmor, und so sind von ihnen eine, der Agias, ganz und fünf als Torsen erhalten geblieben726. Obgleich keine Künstlersignatur das Werk bezeichnet, läßt es sich doch mit ziemlicher Sicherheit peloponnesischen Künstlern aus dem Umkreis der argivisch-sikyonischen Schule zuschreiben. Einmal ist es immer in die Nähe der Kunst Lysipps gestellt worden, und man hat eine Zeitlang sogar geglaubt, der Agias sei die Kopie einer Bronzestatue Lysipps in Pharsalos, da deren Basis die gleiche Inschrift trägt wie die des Agias727. Stimmt dies auch sicher nicht in dem Sinn, wie römische Kopien griechische Werke wiedergeben728, so macht doch schon der Auftrag der Statue eines Vorfahrens des Daochos an Lysipp es sehr wahrscheinlich, daß derselbe Daochos für sein delphisches Weihgeschenk, dessen eine Statue die gleiche Inschrift erhielt wie die des Lysipp, Künstler aus demselben Kunstkreis beschäftigte, dem auch Lysipp angehörte. Die Statuen selbst bestätigen diese Auffassung; sie sind im einzelnen zu eckig und zu wenig frei, um von Lysipp geschaffen zu sein, sind aber seinen Werken deutlich verwandt. Liegt es daher schon von vornherein nahe, daß die Schöpfer der Daochosgruppe Künstler aus Argos und Sikyon729 waren, so wird dies durch die verschiedenen Beziehungen zu den Werken der Polykletschule völlig erwiesen. Struktur und Behandlung der Muskulatur entsprechen ganz der Kunst der Polykletschule. Man vergleiche etwa den Agias mit dem Hermes Richelieu (Taf. 13 c) oder den Aknonios mit dem Ephesosathleten (Taf. 20 c). Auch die Köpfe des Agias und besonders des Aknonios sind nach ihrer Form, der Behandlung der Haare und der Struktur der Gesichtszüge mit Köpfen der Polykletschule eng verwandt. Die Standspuren haben sich auf das beste den Standmotiven der Polykletnachfolge anreihen lassen730, und die Haltung der Gestalten des Daochosanathems ordnet sich ganz in polykletische Tradition. Zum Schaffen der Polykletschule paßt vor allem das Material Marmor nicht. Hier zeigt sich nun aber bei näherer Betrachtung ein bemerkenswerter Umstand: Die722

P. de la Coste-Messeltere, Delphes Taf. 182. Zu Daochos: Pouilloux, FdD. II (s. hier Anm. 721) 58f. Inschriften: Homolle, BCH. 21, 1897, 592. 721 Entweder weibliche Gottheit oder weitausschreitender Apollon. 725 Datierung: Homolle, BCH. 21, 1897, 592ft. Pouilloux, FdD. II (s. hier Anm. 721) 77. 728 s. hier Anm. 721. 727 E. Preuner, Ein delphisches Weihgeschenk. Homolle, BCH. 23, 1899, 421 ff. Lippold, Plastik 287. Zuletzt G. Kleiner in Neue Beiträge 231 ff. 728 Ygj Q Lippold, Kopien und Umbildungen griech. Statuen 6 ff. 729 Zu Lysipp und seinem Verhältnis zur argivisch-sikyonischen Schule s. hier S. 234ff. 730 s. hier S. 29. 32. 43. 723

213 jenigen Gestalten des Weihgeschenks nämlich, die sich nicht von der Erfindung her bereits auf eine Stütze auflehnen, sind mit Statuenstützen von einer urtümlich anmutenden, flachen Pfeilerform versehen. Diese Stützen zeigen, daß die Künstler ihre Vorbilder aus der Bronzekunst bezogen haben. Und das wird durch die ohne viel Gefühl für den Marmor als Material in einer charakteristischen Weise verflachten und vertrockneten Einzelformen der Muskulatur nur bestätigt. So läßt sich mit einiger Sicherheit annehmen, daß peloponnesische Handwerker731 aus dem Umkreis der Erzgießer von Argos und Sikyon das Anathem ausgeführt haben. Hat man die Statuen des Weihgeschenks aber als Werke aus dem Umkreis der Kunst von Argos und Sikyon erkannt, so ist es wiederum erstaunlich, wieviel neuartige Züge sie gegenüber den Werken der Blütezeit dieser Kunstschule im einzelnen aufweisen. Vor allem sind die Proportionen der Gestalten von denen der Polykletschule vollkommen verschieden: ihr Kopf ist kleiner, der Rumpf schmaler und kürzer, und die Beine sind im Verhältnis zu ihm länger und sehnig-schlanker. Es sind die Proportionen Lysipps, wie sie sich am extremsten im Apoxyomenos zehn bis fünfzehn Jahre 732 nach den Daochosstatuen zeigen werden. Tatsächlich hat also der Einfluß Lysipps im dritten Viertel des Jahrhunderts die Formen der Polykletnachfolge abgelöst. Doch nicht nur der die eigene Formkraft überragende Einfluß Lysipps ist in den Statuen des Daochosanathems zu erkennen, auch praxitelische Züge finden sich, zum Beispiel in der Gestalt des sich auf eine Herme lehnenden Telemachos, der an den Sauroktonos oder den Lykeios erinnern mag733, und bei den Köpfen ist deutlich auch als Vorbild die Kunst des Skopas von Bedeutung gewesen734. So bestätigt das Daochosweihgeschenk nochmals die oben gegebene Charakteristik der letzten Epoche der Schule von Argos und Sikyon: Das Schwinden eigener Kraft unter dem übermächtigen Eindruck der Kunst der großen Meister.

3. D I E LETZTE EPOCHE D E R SCHULE IM SPIEGEL VON R E L I E F UND KLEINKUNST Kehren wir nun zu dem zurück, was die Polykletschule in dieser Zeit der Kunst der großen Meister noch entgegenzusetzen hatte, so gab auch darüber der Perseus des Kleon Auskunft. Es war die Betonung des polykletischen Erbes, die dieses Werk immer noch unverwechselbar als Schöpfung der Schule kennzeichnete. Nun ist es 7 3 1 Übrigens erkennt man deutlich, daß verschiedene Meister tätig waren. Mindestens drei lassen sich unterscheiden: 1. Meister der Chitongestalten und des Agasias. 2. Meister der Chlamysgestalt und des Agias. 3. Meister des Telemachos. Zu peloponnesischen Meistern der Alexanderzeit vgl. auch E. Buschor, Maussollos und Alexander 30. 7 3 2 Zum neuen Proportionskanon s. Curtius, AK. 409 f. 7 3 3 vgl. hier Anm. 719. 7 3 1 Man vergleiche den Kopf des Agias mit den Tegeaköpfen oder dem Kopf des Meleager (s. oben Anm. 719). In die Nähe des Daochosweihgeschenks scheint die Statue Nr. 9 in Kassel zu gehören (M. Bieber, Die antiken Skulpturen und Bronzen in Cassel 12 Nr. 9 Tai. 16).

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aber nicht nur so, daß in der versinkenden Kunst der Schule die traditionell-polykletische Richtung schließlich am längsten übrigblieb, während die Meister der Schule, die Werke von eigentümlicher Formung schufen, vor der Mitte des Jahrhunderts gestorben sind. Vielmehr scheint das Hervortreten der traditionell-polykletischen Richtung, von der ja in der Blütezeit der Schule auch nicht alle Werke des Antiphanes und Kleon bestimmt waren, noch eine innere Bedeutung zu haben. Bezeichnenderweise zeugen nämlich eine ganze Reihe von Werken aus dem Umkreis der Schule in dieser Zeit ebenfalls von einem betonteren Rückbezug dieser Epoche auf polykletische Urbilder. Als erstes sei hier das Relief aus Argos735 angeführt, das neben einem Pferd den Doryphoros unverwechselbar abbildet. Schon Furtwängler736 hat gesehen, daß dieses Relief nicht, wie es sonst meist geschieht, Ende des 5., sondern Mitte des 4. Jahrhunderts datiert werden muß; vielleicht ist es sogar noch etwas nach 350 v. Chr. entstanden; denn schon die Struktur des Reliefs macht eine frühere Datierung unmöglich737, und der Kopf des Heros entspricht in Wendung und Blickrichtung, die trotz der Zerstörung gut zu sehen ist, am ehesten den Tegeaköpfen. Die Wiedergabe einer Statue auf einem Weihrelief ist an sich in der griechischen Kunst nichts Ungewöhnliches, und es geht dabei sowohl dem Verfertiger wie auch dem Weihenden eher darum, eine bestimmte Erscheinungsform der Gottheit, in diesem Fall des Heros, an die er sich wendet, festzuhalten als ein Meisterwerk der Kunst wiederzugeben738. Zum Beweis einer 'kanonischen' Bedeutung des Doryphoros im 4. Jahrhundert kann das Relief also nicht unbedingt herangezogen werden739. Es zeigt aber doch, daß die bedeutendste Statue Polyklets, die am klarsten die polykletische 'Grundgestalt' ausdrückt, gerade um die Mitte des 4. Jahrhunderts nochmals besonders 'im Gespräch' war. Ein weiteres in den nächsten Umkreis der Polykletschule gehöriges Werk dieser Art ist die schöne, originale Kleinbronze in Paris 740 , die in der Gestalt des Doryphoros 735 Athen, Nat. Mus. 3153. BrBr. 279 a. Lippold, Plastik 164. Furtwängler, AM. 3, 1878, 287ff. Bianchi-Bandinelli Abb. 31. Arias Tai. 48. — Weihreliefs mit Heroen neben Pferd sind, wie bekannt, sehr häufig (vgl. z. B. Athen, Nat. Mus. 1385. 1392. 1393. 1412. 2125). Das Pferd unterstreicht den Heroencharakter und hat natürlich nicht neben dem Doryphoros gestanden (Hauser, ÖJh. 12, 1909, 109). Das wird schon deswegen unmöglich, weil Polyklet einer Gestalt nicht zwei Dinge, Zügel und Lanze, in eine Hand gelegt hätte. 736 M W . 423.

Man vergleiche die Bryaxisbasis, Athen, Nat. Mus. 1733. Lippold, Plastik Tai. 94, 1. Statuen auf Weihreliefs müssen kaum eigens aufgeführt werden. Es sei nur an die Kore des Praxiteles auf dem Relief aus Eleusis (Süsserott Taf. 25, 1. Rizzo Taf. 151), die Athena Soteira auf dem Urkundenrelief von 318/17 (Süsserott Taf. 9, 4) und die Artemis Bendis auf dem von 329/28 (Süsserott Taf. 9, 2) erinnert. 739 So Furtwängler, AM. 3, 1878, 287 S. 740 Paris, Bibl. Nat. E. B a b e l o n - J . A. Blanchet, Cat. des Bronzes Ant. de la Bibl. Nat. Nr. 428. Bulle, SchM. Taf. 48 (vgl. hier S. 247, A 1). — Zu fragen wäre, ob neben diesen Pan auch die Diadumenosstatuette in Paris, ebenfalls Paris, Bibl. Nat. (Babelon—Blanchet a. O. Nr. 927. W. Lamb, Greek and Roman Bronzes Taf. 61c), gehört. Doch ist sie nach ihren etwas erstarrten Formen wohl eher ins 1. Jh. v. Chr. zu setzen. 737

738

215 einen Pan darstellt. Daß diese Statuette ins 4. Jahrhundert gehört, ist bereits gesehen worden 741 ; daß sie tatsächlich am besten in der Mitte des Jahrhunderts denkbar ist, geht aus einem Vergleich mit dem Berliner Statuettentorso hervor (Taf. 27 a) 742 , dem gegenüber der Körper des Pan sich stärker im Raum dehnt und die ganze Gestalt sich lässiger bewegt, was an den Einfluß praxitelischer Figuren denken läßt. Ebenso setzt auch der Kopf des Pan mit dem kleinen Gesicht nicht nur den einschenkenden Satyr, sondern auch den praxitelischen Dionysos voraus 743 . Der Künstler, der diese Kleinbronze verfertigt hat, kannte sicher den großplastischen Pan aus der ersten nachpolykletischen Epoche (Taf. l b ) , ja, man kann sagen, er hat diesen Pan nachgebildet. Um so bemerkenswerter ist aber, daß er dabei das Vorbild der Schule auf das polykletische Urbild zurückgeführt hat: Die Statuette schultert die Keule wie der Doryphoros den Speer und wendet den Kopf zur Spielbeinseite. Das dritte Beispiel stammt nicht aus dem direkten Umkreis der Polykletnachfolge, zeigt aber darum nur um so klarer, wie bedeutungsvoll es auch für andere Kunstkreise gewesen ist, daß die Schule um die Mitte des 4. Jahrhunderts ihre Herkunft von Polyklet nochmals bewußt betont hat. Auf dem Relief der Säulentrommel des Artemision von Ephesos (Taf. 28 b) 744 scheint der Herakles Polyklets als Hermes fast ebenso genau wiedergegeben zu sein wie der Doryphoros auf dem argivischen Relief. Beide Relieffiguren heben übrigens in ganz ähnlicher Weise und im Gegensatz zum Vorbild den Kopf nach oben. Dabei hat allerdings der ephesische Meister nicht direkt auf Polyklet zurückgegriffen, sondern, wie man an der in gleicher Weise um den Arm gelegten Chlamys sieht, den Hermes Barberini des Kleon (Taf. 28 a) vor sich gehabt, dessen Deutung auf einen Psychopompos bereits erwogen wurde (s. oben S. 206). Der Bildhauer der Säulentrommel hat aber den Hermes des Polykletschülers, der ihm vorlag, in derselben Weise wie der Verfertiger des Pariser Pan auf das polykletische Vorbild hin zurückgebogen. Die Körperformen und die Form des Kopfes sowie vor allem die Haare folgen auch diesmal mehr dem polykletischen Urbild als dem Werk des Kleon. So stehen wir hier vor dem bemerkenswerten Vorgang, daß Werke der Polykletschüler für Künstler der Mitte des 4. Jahrhunderts die Mittler darstellen zu einem neuen Verhältnis zum hochklassischen Polyklet, einem Verhältnis, das sogar enger ist, als es die Schüler selbst besaßen, auch wenn dabei sicher nicht umsonst die traditionelle Richtung und ein Werk der ersten Generation nach Polyklet hervor741 Furtwängler, MW. 423: 5. Jahrhundert. Ebenso Bulle, SchM. 102 zu Taf. 48. J . Charbonneaux, La Sculpture Grecque Classique 129 zu Abb. 21 bezeichnet sie dagegen als hellenistisch. Doch geht das sicher zu weit. Für den frühen bis hohen Hellenismus kommt sie wegen ihres klassischen Aufbaus, für den späten Hellenismus wegen ihrer großen Lebendigkeit nicht in Frage; man vergleiche nur die Statuette hier S. 179. 742 s. hier S. 204. 743 Rizzo Taf. 57 f. 744 London, Brit. Mus. Cat., Smith, Sculpture II Nr. 1206. Lippold, Plastik 254f. R. Lullies—M. Hirmer, Griech. Plastik Taf. 214. 215. Eine ähnliche polykletische Wirkung geht von dem Relief New York, Metr. Mus., G. M. A. Richter, Cat. of Greek Sculpt. in the Metr. Mus. Nr. 119 aus,

216 treten. Was also für die Schule selbst eine Art letzten Rückzugs auf die Grundlagen ihrer Kunst bedeuten mochte, hat in ihrem Ausstrahlungsbereich zu künstlerischen Erscheinungen geführt, die vorspielartig manches später im Klassizismus Auftretende vorausnehmen. Eine Figur wie der kleine Pan (s. Anm. 740) ist den klassizistischen 'Anwendungen' des polykletischen 'Kanons' in seiner nur mit geringen Abänderungen von einem polykletischen Vorbild erreichten Fassung sehr ähnlich; ebenso entspricht die Art, wie der Bildhauer der Säulentrommel des Artemision (Taf. 28 b) eine ihm vorliegende Statue seiner Zeit ins Polykletische zurückgebogen hat, weitgehend klassizistischer Arbeitsweise. Einzig der noch vorwiegend inhaltsbezogene Charakter dieser Übernahmen unterscheidet sie von Schöpfungen des Klassizismus. Offensichtlich muß man also für die Zeit um die Jahrhundertwende ein Wissen von der exemplarischen Bedeutung der polykletischen Form voraussetzen. Wurzel und Umfang dieses Wissens werden im Lauf des folgenden Kapitels noch deutlicher werden748. 745 Das gleiche charakteristische Nebeneinander von Formen der Schule, Formen des späteren 4. Jhs. und rein polykletischen Zügen weisen die Standspuren der Zanes von 332 v. Chr. in Olympia auf. Vgl. Olympia II Taf. 92,8.

VIII. POLYKLET UND DIE POLYKLETNACHFOLGE Nachdem nun das Bild der Polykletnachfolge im Zusammenhang vor uns steht, kann erneut die Grundfrage nach der Fortwirkung des polykletischen Erbes in der Schule von Argos und Sikyon im 4. Jahrhundert gestellt werden. Aus der Darstellung ist wohl bereits zur Genüge klar geworden, daß es falsch wäre, von einem sklavischen Nachvollziehen des polykletischen Vorbilds durch die Schüler zu sprechen, wie es die ältere Forschung mehr fordernd als aus einer Kenntnis der Kunst der Polykletnachfolge heraus getan hat. Aber es ist nach der geschilderten Entwicklung von einer zunächst sehr stark unter Polyklets Einfluß stehenden Epoche zu einer eigenen, selbständigen Form der Schule auch unrichtig, das Verhältnis der Schule zu Polyklet als ein rein widersprüchliches, als eine Art antiklassischer Reaktion zu deuten 746 .

1. PROPORTIONEN Nach der üblichen Meinung hat Polyklet seinen Schülern einen Proportionskanon, ein festgelegtes System von Körpermaßen, hinterlassen 747 . Stellt man den Strigilisreiniger des Daidalos oder den Hermes Richelieu oder irgendeine andere Statue der Schule neben den Doryphoros (Taf. 1 a), so fällt tatsächlich auf den ersten Blick auf, daß diesen Werken der gleiche schwere, gedrungene, 'vierschrötige' Menschentypus zugrunde liegt. Diesen Menschentyp hat die antike Kunstbetrachtung als TETpdycovos, quadratus bezeichnet 748 . Und das ist bei Polyklet und seinen Schülern zunächst fast wörtlich zu verstehen: Die Schulterbreite ist bei ihren Werken im allgemeinen gleich dem Abstand Schulter — Hüfte 749 . Dabei muß man sich vorerst hüten, hier sogleich eine von Polyklet erfundene Regel erkennen zu wollen. Es ergibt sich aus dieser Über71« Ygj (ji e 747

zur

Einleitung zitierte Literatur (hier S. 4).

Auf alle Probleme, zumal die philologischer Art, die mit dem Kanon zusammenhängen, kann hier nicht eingegangen werden. Man findet die neueste Bearbeitung mit der wichtigsten Literatur in der ungedruckten Dissertation von D. Schulz, Der Kanon Polyklets, Diss. Kiel 1955. Literatur vor allem ebenda 7 Anm. 5. Ferner ders., Hermes 83, 1955, 200ff., wo vor allem ein neues Fragment sehr überzeugend erschlossen wird. Die Vorstellung vom Kanon als einem Proportionssystem kommt am klarsten bei W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 253 ff. zum Ausdruck. Zur Rezeptionsgeschichte Polyklets hat neuerdings auch Arias Iii. Zitate moderner Forscher zusammengestellt. 748 An die Bedeutung des Begriffes quadratus schließt sich, wie bekannt, eine ganze Reihe von Interpretationsversuchen an, die z. T. vielleicht etwas zu viel in diesen Begriff hineinlesen wollen. Zur übertragenen Bedeutung s. hier Anm. 751. Bei dem Varro-Ausspruch, den Plinius, Nat. Hist. X X X I V 1 9 , 56 überliefert, sollte man doch beachten, daß hier das quadrata mit einem tarnen eingeleitet wird und etwas Abschwächendes, Negatives gegenüber dem im Vorsatz als Leistung Polyklets gewürdigten Kontrapost ausdrücken soll. Obwohl Polyklet besonders den Kontrapost durchgeführt hat, sind seine Statuen quadrata und scheinen alle wie nach einem Muster ausgeführt. Das wird erst Lysipp überwinden. 719 Zu den Proportionen Polyklets am ausführlichsten Anti, MonAnt. 26, 1920, 700 ff. Anti hat — geleitet von der bekannten Proportionslehre Vitruvs (65,2) — versucht, die Maße des polykletischen Men-

218 einstimmung zunächst nicht mehr als die Feststellung einer Kontinuität der Kunst von Argos und später Sikyon. Und dabei setzt die Tradition in diesem Fall gar nicht bei Polyklet ein, vielmehr hat auch er den schweren, breitgebauten Menschentypus bereits von seinen Vorgängern übernommen. Stellt man nämlich neben den Ephesosathleten (Taf. 20 c) und den Doryphoros (Tai. la) die Athletenbronze von Ligurio (Taf. IIa) und verlängert die Reihe nach oben durch die Kuroi des Kleobis und Biton, so zeigt sich, daß hier ein argivisches Menschenbild durch die Jahrhunderte tradiert worden ist, ein Menschenbild, dem das Schaffen Polyklets ebenso galt wie das seiner Vorfahren vor ihm und das seiner Schüler nach ihm. Das TSTpotycovov ist also nicht ursprüngliche Erfindung Polyklets, sondern beruht auf einer alten Stileigenschaft argivischer Kunst, die — ob durch Polyklet oder schon früher, ist schwer zu sagen — auch an Sikyon übergegangen ist750. Allerdings hat erst Polyklet den allgemein als Stilcharakter vorhandenen Typus zu einem festumrissenen und auch theoretisch begründeten, nicht nur traditionsgemäß beibehaltenen Schönheitsideal erhoben. Die theoretische Begründung können wir noch der übertragenen Bedeutung des Begriffes TeTpöcyoovos, quadratus entnehmen. Sicher nicht ohne Zutun Polyklets hat man in dem 'quadratischen' Körperbau später einen Idealtyp, den abgemessenen Körper an sich erkannt, der den Menschen so darstelle, »wie er ist«761. Ob dabei Polyklets theoretische Begründung davon ausging, daß er den Typ für einen mittleren zwischen den Extremen des allzu schenbilds in Kopfhöhen anzugeben. Ebenso wichtig ist aber der Vergleich bestimmter wiederkehrender Abstände am Körper selbst. Da ergibt sich vor allem die annähernde Gleichung von Schulterbreite und Abstand Schulter—Hüfte auf der nicht kontrahierten Spielbeinseite. Weiterhin erscheint sowohl bei den Werken Polyklets wie bei den meisten seiner Schüler die Länge des ganzen Rumpfes in der Körpermitte (Halsgrube — Scham oft gleich doppelter Kopf höhe) nochmals als Länge der Unterschenkel. Alle diese Messungen sind weder auf den halben Zentimeter genau durchführbar noch auch immer genau wiederkehrend. Einmal haben wir es ja mit Kopien zu tun, die unter sich abweichen, vor allem handelt es sich ja überhaupt um Richtwerte, die der Künstler des 5. und 4. Jhs. sicher nur mit der Hand abgegriffen, nicht mit einem Maßstab gemessen hat. — Beispiele: Doryphoros, Neapel: Schulterbreite 51 cm, Schulter-Hüfte Spielbeinseite 51 cm, Rumpflänge 61 cm, Länge des Unterschenkels des Spielbeins 62 cm. Ephesosathlet (nach freundlicher Mitteilung H. Oberleitners): Kopfhöhe 27,5 cm, Schulterbreite 55,7 cm, Schulter-Hüfte 56,5 cm, Rumpflänge 54 cm, Unterschenkel des Standbeins 54 cm, des Spielbeins 54 cm. Beim Hermes Richelieu entspricht einer Schulterbreite von 50 cm ein Abstand Schulter-Hüfte auf der Spielbeinseite von ebenfalls 50 cm (die Messungen verdanke ich C. Deves), beim Koblanosathleten, Neapel, ist die Schulterbreite 44 cm, der Abstand Schulter-Hüfte 43 cm (Mitteilung des Museums). 750

Zur argivischen Herkunft des polykletischen Menschentyps vgl. bereits Winter in A. Gercke — E. Norden, Einleitung in die Altertumswissenschaft II 2 120. 751 Zur übertragenen Bedeutung von quadratus, TSTpdyoovoj vgl. J . C. G. Ernesti, Lexicon Technologiae Latinorum Rhetoricae 318f. Ferri, RIA. 7, 1938, 117ff. Ders., Plinio il Vecchio zu Nat. Hist. X X X I V 19, 56. H. Jucker, Vom Verhältnis der Römer zur bildenden Kunst der Griechen 120 Anm. 2 mit weiterer Lit. Lippold in R E . X X I 2, 1715 s. v. Polykleitos und schließlich D. Schulz in der hier Anm. 747 zitierten Dissertation. Dort noch weitere Literatur. Danach scheint TETpicycovos, quadratus in übertragener Bedeutung so etwas wie ein Normalmaß, Durchschnittsmaß zu bedeuten. Schulz, ebenda 27 mit Anm. 38 kommt zu dem Schluß, quadratus sei »überhaupt ein wohldurchdachtes, gut und einfacheindeutig berechnetes Verhältnis von Teilen eines Ganzen, meint ein wohlproportioniertes Ganzes«. Ob das in dieser Form für den Varro-Satz bei Plinius (Nat. Hist. X X X I V 19, 56) zutrifft, ist mir, wie

219 schlanken und des schwerfälligen Typs erklärte, oder ob er die Maßverhältnisse mit pythagoräischem Gedankengut belegte, können wir nicht mehr mit Sicherheit ermitteln752. Die wenigen erhaltenen Sätze des 'Kanon' selbst geben hierzu nichts aus, und bei den späteren Erwähnungen der polykletischen Schönheitstheorie sind zweifellos viele philosophische Gedanken späterer Zeit miteingedrungen. Das Festumrissene des Ideals aber ist eben daraus zu entnehmen, daß die Nachfolger Polyklets nicht nur den schwergebauten Typus allgemein weitergestalteten, sondern sich bis zu Kleon an die Gleichung von Schulterbreite und Abstand Schulter-Hüfte hielten. Wenn wir dann ferner beobachten können, daß Naukydes auch hierin mit den gestreckteren Körpern seiner Statuen eine Sonderstellung einnimmt, während seine Schüler sich ebenfalls der polykletischen Grundform anschließen753, so wird damit die bestimmende Wirkung des polykletischen Gerüsts nur noch deutlicher. Es kann nicht geleugnet werden, daß das polykletische Schönheitsideal die Möglichkeiten der Nachfolger Polyklets bis zum gewissen Grade eingeengt hat. So konnten wir beobachten, daß der quadratische Menschentyp auch auf die Knabenbilder der Schule übertragen wurde, obgleich Polyklet selbst seine Knaben noch schlanker bildete als die Jünglinge764. Trotzdem darf man aus der bestimmenden Stellung des Schönheitsideals Polyklets nicht schließen, seine Kunst sei damit 'lehrbar' geworden. Es handelt sich ja immer um ein zwar festes, aber ungemein ausbaufähiges Gerüst 786 . gesagt, zweifelhaft (vgl. hier Anm. 748). »Polyklet hat den Kontrapost erfunden, trotzdem sind seine Statuen wohlproportioniert«, hat Varro kaum gesagt. Vielleicht bleibt man am besten bei dem Begriff Normalmaß oder besser Normmaß, Durchschnittsmaß. Offenbar haben bereits die antiken Kunstbetrachter den gedanklichen, den Modellcharakter des polykletischen Schönheitsideals empfunden, der, allem Einmalig-Individuellen und für diese Sicht also Unwesentlichen enthoben, nur die Grundform des menschlichen Körpers in einem mathematischen Figuren angenäherten Gerüst sucht. Weit entfernt ist aber — das muß doch den Interpretationen sowohl von Ferri wie Schulz entgegengehalten werden — dieses Durchschnittsmaß von der klassizistischen Elektionsmethode, die ihre Abmessungen durch Messungen in der Natur zu erhalten sucht, aus denen man dann wirklich den Durchschnitt nimmt. Diese Methode und Denkform, von A. Dürer auf der zweiten Stufe seiner Studien zur Darstellung des Menschen bereits angewandt (vgl. Panofsky, Monatshefte für Kunstwiss. 1921, 188ff. und ders., Dürers Kunsttheorie [1915]), ist seit G. Schadow (Polyclet oder von den Maassen des Menschen) m i t dem Namen Polyklet verbunden. Sie hat aber ursprünglich nichts mit ihm zu tun. — Zu TETpAycovos im 5. J h . vgl. auch B . Schweitzer, Xenokrates von Athen (Schriften der Königsberger gelehrten Ges. 9, 1932, H. 1) 14. 7 5 2 Zur 'mittleren' Bedeutung des quadratischen Schönheitsideals vgl. vor allem Cels. I I 1: corpus autem habilissimum quadratum est, neque gracile neque obesum (Overbeck Nr. 967). 7 5 3 Man vergleiche die hier Anm. 749 genannten Maße mit den folgenden des vatikanischen Diskobols (hier habe ich H. Sichtermann für die Maße zu danken): E i n e r Schulterbreite von 37 cm steht hier ein Abstand Schulter-Hüfte von 45 cm gegenüber. Die Rumpflänge beträgt 52 cm, die Unterschenkel sind 46 bzw. 45 cm lang.

s. hier S. 52 f. und vgl. Anm. 749 mit den in Anm. 234 genannten Proportionen. I m übrigen sollte man sich immer vor Augen halten, daß ein die Hauptmaße des menschlichen Körpers in ihren Verhältnissen zueinander festlegendes System nichts Neues noch Einmaliges ist. Bereits die Ägypter haben solche Systeme zur Einhaltung einer bestimmten künstlerischen Grundform verwendet (vgl. E . Iverson, Canon and Proportion in E g y p t i a n Art mit früherer Literatur). Von ihnen ist diese Methode dann auch zu den archaischen Griechen gekommen, wie die bekannte Geschichte bei Diod. Sicul. I 98. Overbeck Nr. 279 beweist. 754

755

220 Man muß nur nochmals den Ephesosathleten (Taf. 20 c) mit dem Doryphoros (Taf. 1 a) vergleichen, um zu sehen, wie anders und neu dieses Gerüst von einem Nachfolger verwendet werden konnte. Ganz falsch aber wäre es, wollte man in der Erhebung des quadratischen Typs zum bestimmenden Ideal die Leistung des Theoretikers Polyklet oder seine Wirkung auf die Schule erschöpft sehen. 2. KÖRPERFORMEN UND GESTALTAUFBAU Nicht nur ihre Proportionen weisen die Werke der argivisch-sikyonischen Künstler als solche von Schülern Polyklets aus, auch die Körperformen, die Wiedergabe der Muskulatur sind bei ihnen von unverwechselbar polykletischem Charakter. Alle haben das gleiche weitausladende Dach der breiten Brust, alle die gleichen kräftigen, fülligen, sich über die Hüften schiebenden Hüftmuskeln, den typischen weitgespannten und betont abgesetzten Bogen des Rippenkorbrandes und alle auch im Grunde noch die gleichen leicht bogenförmigen Einzelinskriptionen der Bauchmuskulatur. Eine Ausnahme schien einzig die Naukydesrichtung zu machen, in der mit einer höher gelegenen Körpermitte, einer vertikalen Zusammenfassung der Bauchmuskulatur, einer stärkeren Betonung der waagerechten Einsenkungen und Unterteilungen und einer damit zusammengehenden eckigeren Form des Rippenkorbrandes ältere argivische Formen weiterlebten. Doch gerade hier ist es interessant, bei einem Vergleich etwa des Diskobols mit einem vorpolykletischen Werk (Taf. I I a . b) zu beobachten, wie polykletisch die an sich anders geformten Einzelteile der Muskulatur in ihrem Verhältnis zueinander erscheinen. Und dieser polykletische Charakter wird bei den Werken des Schüles des Naukydes, Polyklet II, nur noch deutlicher, um schließlich beim Hermes Richelieu (Taf. 13 c) fast über die altargivische Grundform zu siegen766. Überhaupt ist es ja keineswegs so, daß alle Werke auch der direkt mit Polyklet verbundenen Nachfolge in der Form der Muskulatur nun wirklich Linie für Linie Polykletisches wiederholen; vielmehr hat jeder Künstler der Nachfolge seine unverwechselbar eigene Gestaltungsweise. Wo Naukydes die kantig-spannungsreichen Formen bevorzugt, sucht Daidalos mit seinem charakteristischen engen Zusammenschluß der Bauchmuskulatur zu einer Art Energiemittelpunkt die elastische Beweglichkeit in der Körpermitte zu sichern, strebt Polyklet II nach übersichtlicher Klarheit der Verhältnisse, läßt Antiphanes die Bedeutung der Rumpfmuskulatur gegenüber den aktiv agierenden Gliedern zurücktreten und baut Kleon die Teile seiner schweren Körper zu mächtigen, kraftausstrahlenden Gebäuden. Im einzelnen gleicht kein Teil genau dem entsprechenden beim Werk eines anderen Künstlers oder beim polykletischen Vorbild. Worin alle übereinstimmen, ist dagegen die Art, wie sie ihre Gestaltung handhaben, wie sie die Akzente setzen. Denn wenn man die Werke der Nachfolge genauer betrachtet, erkennt man, nicht die Formen der Brustmuskeln sind wirklich polykletisch, polykletisch ist vielmehr die Funktion der in sich weniger s. hier S. 185 ff.

221 gegliederten Fläche dieser Muskeln als einem breiten, ruhenden Teil zwischen den Schultern und dem Spannungszentrum in der Mitte des Leibes. Polykletisch ist bei den Werken der Schüler auch nicht unbedingt die Form der Hüftmuskeln, sondern die Art, wie in ihnen das Tragen und die Aktion der Beine auf das Lasten und die Bewegung des Rumpfes trifft und an diesen Stellen eben Akzente der Gliederungen sitzen. So könnte man fortfahren. Der Rippenkorbrand zum Beispiel mag in seiner Form nicht unbedingt Polykletischem entsprechen, aber seine übergreifende Funktion als Zusammenschluß der Bauchmuskulatur und gleichzeitige Verbindung von Hüfte zu Hüfte stammt in dieser klaren Ausprägung immer eindeutig von Polyklet. Damit sind wir nun aber bei dem entscheidenden Merkmal der Wirkung der polykletischen Körperformen auf die Schüler angekommen. Es sind nicht so sehr die Einzelbildungen, die von einem eingehenden Studium der Schüler an den Werken Polyklets zeugen, als das Prinzip, das diesen zugrunde liegt, das Über- und Untereinanderordnen der Teile und ihre dadurch gewonnene durchgehende Beziehung auf die entscheidenden Schwerpunkte im Kosmos der Gestalt. Diese jeden kleinsten Teil erfassende Ordnung der Körperformen auf die durch Tragen und Lasten bedingten Akzente hin ist es ja, die der polykletischen Körperstruktur ihre durchgeformte Klarheit und die Eigenschaften eines gesetzmäßig wirkenden Organismus verleiht. Und das können wir nicht nur den Werken selbst entnehmen, Polyklet scheint es auch in seiner theoretischen Lehre dargelegt zu haben. Soviel läßt die wichtige Erklärung der polykletischen k ó A A o s bei Galen noch deutlich erkennen 767 : HOpíCOVCTUWJETpiaiCTUVÍCTTCCoOai[vo|ií£ei] S c c k t ú á o u Sé laeTotKapuiov Kai K a p i r ö v irrix^cos -rrpös ßpaxiova Kai ttccvtcov Trpös t r a v T a . . .

TO 8É KOCÄÄOS . . . ÉV TT) TOV

SátcruAov 5t)Aovóti t o O t c o v upös nrjxv/v

Kai ctuhttccvtcov o ú t c o v u p ö s Kai

Ttpös Kai

Soweit sich dieses Prinzip in den Körperformen und ihren Teilen zeigt, ist es natürlich nur die Fortsetzung des umfassenderen Prinzips, das den Gestaltaufbau bei Polyklet überhaupt regelt. Dieses Prinzip aber bleibt eben nach polykletischer Art nicht bei der Bestimmung von Motiv, Haltung und Rhythmus stehen, sondern setzt sich fort bis in das letzte Detail hinein. Wir haben gesehen, wie die Nachfolger im Aufbau der Gestalt von Anfang an neu gewertet haben: Statt Belastung und Entlastung haben sie Aktion und Gebundenheit, statt statischen Werten motorische verwendet. So war denn Bewegungsauffassung, Rhythmus und Raumbezug ihrer Werke von vornherein anders und Polykletischem geradezu entgegengesetzt. Was den Gestaltaufbau der Polykletnachfolger aber bis zum Schluß auszeichnete, war das Ordnungsprinzip, das diesen Aufbau, ja die ganze künstlerische Erfindung regelte. Welche neuen Werte die Elemente der Gestalt auch erhalten hatten, daß sie nach dem Prinzip von Schwerpunkt und Antwort darauf, von Kraft und Gegenkraft zu 757

Galen, De Plac. Hipp, et Plat. 425, 14 (ed. Müller). Overbeck Nr. 959. H. Diels—W. Kranz, Die Fragmente der Vorsokratiker 40 A 3. Zum Symmetriebegrifl, auf dessen einzelne Probleme hier ebenfalls nicht eingegangen werden kann, vgl. B. Schweitzer, Xenokrates von Athen 12 f. Ders., Zur Kunst der Antike, Ausgew. Sehr. I 118 und D. Schulz, Der Kanon Polyklets, Diss. Kiel 1955, 11 ff.

222

einem gebauten Kosmos geformt wurden, weist ihre Meister unverwechselbar als Erben der polykletischen Kunst aus. Man stelle nur einmal den Sauroktonos des Praxiteles neben den Ephesosathleten ( K l ; Taf. 20 c) oder den einschenkenden Satyr neben den Ölausgießer Pitti (L I 1—3) ,und das ganz andere künstlerische Vorgehen des attischen Meisters wird sofort deutlich. Auch seine Gestalten haben selbstverständlich einen geformten Aufbau, auch hier gibt es kein Teil, das nicht so, wie es ist, unlösbar zum Kosmos des Werkes gehört, aber die Formung wächst bei den attischen Werken gleichsam in einem Guß aus der künstlerischen Erfindung, während bei dem Polykletnachfolger bereits die Erfindung selbst von bestimmten Prinzipien des Aufbaus abhängt. Wie sehr für die Polykletnachfolge das Aufbauprinzip von Akzent und Unterordnung lebendiges Eigentum war, zeigte schließlich seine Übertragung auf die Komposition der Statuenreihe 758 . Der einheitliche Kosmos aus vielen Teilen konnte für sie offenbar nur nach diesem Grundsatz künstlerisch verwirklicht werden.

3. POLYKLETISCHE STATUENMOTIVE BEI DEN KÜNSTLERN DER SCHULE Neben der allgemeinen Grundlage des von der argivischen Kunst gefaßten Menschentyps und den polykletischen Prinzipien des Körper- und Gestaltenaufbaus hat die Polykletschule aber auch besondere, von Polyklet geprägte statuarische Motive übernommen. Da kommt einmal, wie (oben S. 138f.) gezeigt worden ist, das Haltungsmotiv des Doryphoros nicht nur in der ersten nachpolykletischen Epoche der Schule, sondern noch tief ins 4. Jahrhundert hinein vor. Koblanosathlet (Taf. 15 b) und Athlet Capelli (Taf. 15c), ja, wenn man der römischen Überlieferung trauen darf, noch der Perseus des Antiphanes (s. oben S. 199f.) haben den Arm über dem linken Spielbein angewinkelt, während der rechte über dem Standbein herabhängt, wobei an einigen Werken sogar die KopfWendung zur Standbeinseite noch dem Vorbild entspricht, die bei anderen allerdings auch in eine Neigung zur Spielbeinseite umgewandelt ist. Nun konnte aber auch gezeigt werden, daß dieses wiederholte Vorkommen der Haltung des polykletischen Heros mit völlig anderen Standmotiven und ganz anderem Aufbau der Figur verbunden ist als beim polykletischen Vorbild. Der polykletische Kontrapost ist im ursprünglichen Sinn bei keinem der Beispiele, auch nicht bei denen des endenden 5. Jahrhunderts, mehr zu finden, sondern es steht immer eine aktive Spielbeinseite einer festgelegten, passiven Standbeinseite gegenüber. Auch ist die Haltung der Arme bei den Werken des 4. Jahrhunderts nicht mehr so ausgeprägt wie im Urbild, sondern der Arm über dem Spielbein ist schließlich nur wenig mehr als der über dem Standbein angewinkelt und angehoben. So ergibt sich, daß hier nicht ein ständiges bewußtes Sich-Rückorientieren am Doryphoros, als 'Muster758

s. hier S. 196.

223

figur' vorliegt, sondern eine sich fortgesetzt weiterentwickelnde Tradition. Diese Tradition geht ursprünglich zweifellos auf den tiefen Eindruck zurück, den der Doryphoros auf die Schüler ausgeübt haben muß. Doch die späteren Werke dieser Art haben ihren Anstoß eher ihren jeweiligen direkten Vorgängern als dem polykletischen Urbild zu verdanken. Aus dieser Fortwirkung des Doryphorosmotivs bei den Nachfolgern Polyklets läßt sich also, so wichtig sie für die Feststellung der Kontinuität der Schule auch ist, keine von Anfang an gegebene Bedeutung des Doryphoros als kanonischer Musterfigur für die gesamte Polykletschule erschließen. Vielmehr gehört seine Weiterführung letztlich in eine Reihe mit den vielen Beziehungen zu Erfindungen Polyklets, die die Werke der Schüler aufweisen. Da wurde das Motiv des Westmacottschen Knaben geradezu wörtlich im Barraccoknaben wiederholt. Da bezog die Aphrodite Neapel-Paris die Anregungen für ihre Motivgestaltung aus der Amazone Polyklets. Da wirkte das Motiv des eingestützten Arms des Herakles auf den Hyakinthos. Und selbst Naukydes nahm zur Gestaltung seines Diskobols den polykletischen Diskophoros als Ausgangspunkt 759 . Es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, daß das Lebenswerk Polyklets allen Nachfolgern in gleicher Weise fester Besitz war, aus dem sie ständig Anregungen schöpfen konnten, ein Umstand, der neben der oben beschriebenen Tradition des Menschentyps und des Aufbauprinzips die Einheit der Schule in ihren so verschiedenen Gliedern gewährleistete. Daß die direkten und zum Teil wörtlichen Wiederholungen polykletischer Motive in der ersten Epoche der Schule besonders häufig waren, ist nur natürlich. Doch war der Einfluß polykletischer Motive keineswegs auf diese erste Zeit der Suche nach einer eigenen Form der Schule beschränkt. Vielmehr ließ sich beobachten, daß nach einem weniger häufigen Vorkommen solcher Motive in der zweiten Epoche der polykletische Einfluß in der Blütezeit der Schule wieder stieg. Der Diskobol des Naukydes, der arma sumens des Polyklet I I und der Ölausgießer Pitti des Daidalos beweisen es760. Schließlich kehrte die letzte Epoche mit dem Hermes Barberini und dem Perseus des Kleon wieder zu einem Verhältnis zu Polyklet zurück, das dem der ersten Epoche auffallend ähnlich ist761. Noch nicht errungene und bereits erlahmte eigene Kraft der Nachfolge legen jeweils den polykletischen Untergrund frei. Jenes in der Blütezeit der Schule aufzeigbare Verhältnis der Enkelschüler Polyklets zu seinen Erfindungen ist besonders interessant und bedeutungsvoll. Denn die polykletische Wirkung in der ersten Schulepoche läßt sich ebenso wie das Fortleben des Doryphorosmotivs als ein gar nicht unbedingt bewußtes, natürliches Weiterführen des überkommenen großen Vorbilds deuten. Die Beziehung der Blütezeit der Schule dagegen zu den Motiven Polyklets hat den Charakter eines echten Rückbezugs. Daidalos etwa konnte zunächst im vatikanischen Ölausgießer (Taf. 19a.b; Abb. 1) die polykletischen Bahnen ganz verlassen, im Typus Pitti (L I 1—3) ist er 759 780 761

s. hier S . 7 2 f f . 74ff. 61. 115ff. s. hier S. llOff. 179ff. 168ff. Vgl. hier S. 206 ff.

224 zu der polykletischen Schöpfung zurückgekehrt. Ganz bewußt scheinen sich also damals die Nachfolger mit Polyklet beschäftigt zu haben. Und wenn jenes natürliche Weiterleben polykletischer Motive in den direkt auf ihn folgenden Werken noch mit der Wirkung des polykletischen Schönheitsideals und des polykletischen Aufbauprinzips verglichen werden kann — in allen drei Fällen ist ein ununterbrochener Wirkungsstrom vom Ursprung zu den Schülern zu beobachten —, so ist die Beziehung der Blütezeit zu den polykletischen Motiven von anderer Art. Hier findet aus der Souveränität der eigenen Form heraus eine mit Bewußtsein betriebene Auseinandersetzung statt, eine Auseinandersetzung, die schließlich zu Erscheinungen geführt hat, die man als die Entdeckung des 'Kanon' durch die Schüler bezeichnen könnte. 4. D I E T R A D I T I O N E L L - P O L Y K L E T I S C H E FORM UND D I E F R A G E NACH DEM 'KANON* IN D E R P O L Y K L E T S C H U L E Bei keiner der bisher besprochenen Formen der Wirkung polykletischer Kunst in der argivisch-sikyonischen Schule des 4. Jahrhunderts kann man wirklich von einer kanonischen Bedeutung Polyklets in der Weise sprechen, wie dies die in der Einleitung geschilderte Forschung getan hat. Nun muß allerdings zu dem Begriff 'Kanon' zunächst folgendes unterschieden werden: Von der Forschung wird 'Kanon' meist nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung als 'Maßstab', 'Richtschnur' oder, wie man heute sagen würde, 'Leitfaden' verwendet, eine Bedeutung, wie sie zweifellos auch für den Titel der polykletischen Schrift zutraf 762 , sondern man nennt 'Kanon' im Anschluß an die Stelle beiPlinius 763 : fecit et quem canona artiftces vocant liniamenta artis ex eo petentes veluti a lege quadam... jene gesetzmäßige Wirkung der polykletischen Form als 'Musterfigur', von der spätere Künstler zwar in Einzelheiten, nicht aber in Grundaufbau und Rhythmus abweichen können. Dies ist die Bedeutung, die die polykletische Gestaltung sicherlich in klassizistischer Zeit, der ja auch die Formulierung des Plinius entstammt 764 , gehabt hat, wofür man mit Recht immer wieder den Augustus von Primaporta als wichtiges Beispiel heranzuziehen pflegt. Die Bedeutung der polykletischen Gestaltung als 'Kanon' erschöpft sich aber auch in solchen klassizistischen Werken nicht in der Übernahme der polykletischen Proportionen des Körpers, wie im allgemeinen zu einseitig betont wird. Auch die Schüler haben sich an diese Proportionen weitgehend gehalten, und trotzdem kann niemand den Diskobol oder den Strigilissäuberer als in diesem Sinn dem 'Kanon' folgende Werke bezeichnen. Die Bedeutung der polykletischen Gestaltung erschöpft sich auch nicht in der Anwendung der polykletischen 'Symmetria' als dem Strukturgesetz 762

Vor allem wichtig für die Bedeutung des W o r t s bei Polyklet ist wohl Euripides, Hec. 602. — Zum

Titel bei Prosaschriften des 5. Jhs. vgl. C. Wendel, Die griech.-röm. Buchbeschreibung (Hallische Monographien 3, 1949) 29 ff. 763

Nat. Hist. X X X I V 19, 55.

764

E s heißt ausdrücklich vocant im Präsens.

225 der 'bauenden' Unterordnung der unbetonten Teile unter solche, die den Schwerpunkt tragen, die ebenfalls in der Schule zu ganz neuen, völlig unkanonischen Formungen der Gestalt führen konnte. Vielmehr besteht für die Klassizisten das, was von polykletischer Kunst übernommen werden muß, der 'Kanon' in dem besprochenen Sinn also, offensichtlich in der Verbindung einer repräsentativ frontalen, nach den Gesetzen des Kontraposts aufgebauten Figur mit dem polykletischen beziehungsweise vom polykletischen abgeleiteten Schreitmotiv. Und diese Merkmale sind es auch, die dem Betrachter sofort den Eindruck einer vom polykletischen 'Kanon' geprägten Figur zu vermitteln pflegen. Die Einzelformen können dann dem Vorbild mehr oder weniger nachgebildet sein; oft gehören allerdings der 'quadratische' polykletische Körperbau und ein dem polykletischen ähnliches Verhältnis von breiter Brust, kräftigen Hüftmuskeln und weitgeschwungenem Bogen der Rippen zu einer solchen Figur. Die Haltungen der Arme pflegen sich zwar auch, zumindest im Umriß, dem Kontrapost unterzuordnen, sind aber kaum je im einzelnen einem polykletischen Vorbild nachgeahmt 785 . Der 'Kanon' im klassizistischen Sinn verlangt also vor allem, daß sich der spätere Künstler dem unterordnet, was Polyklet selbst seit dem Doryphoros als Grundform in allen seinen Gestalten angestrebt hat. Denn jedes seiner Werke geht zwar von verschiedenen Aufgaben der jeweiligen besonderen Statue aus, wird aber schließlich immer wieder in demselben System der Gestalt aufgefangen. Bei jedem Werk wird von der Handlung, das heißt meist von der Belastung des einen Armes her, die Gestalt so angelegt, daß dieser Arm — bei Jünglingen ist es immer der linke, bei Knaben und der Amazone der rechte — einem den Fuß in dem bestimmten, 'gesättigten' Abstandsverhältnis zurücksetzenden Spielbein zugeordnet wird, worauf dann vom Standbein, zu dem der weniger belastete Arm gehört, über die rhythmischen Verschiebungen im Körper bis zur Kopfneigung, die immer nach rechts geht, die ganze Gestalt sich aufbaut. Man könnte von einer polykletischen Ur- oder Grundgestalt sprechen, auf die hin jede einzelne Figur entworfen wird766. Daß die Wiederkehr dieser Grundgestalt in allen Werken Polyklets nicht mit dem oben besprochenen Prinzip der Unterordnung der Teile unter jeweils umfassende Einheiten zusammengeworfen werden darf, ist wohl klar. Bei jenem handelte es sich wirklich nur um ein Prinzip, hier geht es um eine feste Figuration der Gestalt, die zwar jenem Prinzip folgt, aber nicht mit ihm identisch ist. Jenes Prinzip ist eine Verfahrensweise, sozusagen eine künstlerische Methode, die Grundgestalt ist ein Modell, ist das unum exemplum, von dem Varro sprach767. 766

Charakteristische Beispiele bieten vor allem die Porträtstatuen von Delos; vgl. hier Anm. 790 und die Anm. 720 genannten Statuetten. 766 Die Zuriickführung der verschiedensten Gestalten und Haltungen auf eine Grundfigur paßt auffallend zu dem durchgehenden Grundgedanken der Zitate aus der Kanonschrift Polyklets: Das Viele, das zu Einem zusammenkommt, in einem KOtipös oder Trapoc niKpöv und auf 'Nageldicke'. Die Vielheit in Eins, das war offenbar der Kern des polykletischen Denkens (vgl. die in aller Kürze überaus treffende Charakterisierung von Lippold in RE. X X I 2, 1717 s v. Polykleitos). 767 Plinius, Nat. Hist. X X X I V 19, 56. 15 Jdl. 25. Erg.-Heft

226

Dabei ist festzuhalten, daß der Doryphoros zunächst nur die Stellung eines Werks innehat, das — vielleicht weil es biographisch die erste Statue mit wirklich eigener polykletischer Form im Schaffen des Künstlers war — die Grundgestalt am klarsten und am wenigsten mit anderen Zügen vermischt ausgedrückt. In Wahrheit erscheint diese Grundgestalt aber in allen Werken Polyklets seit dem Doryphoros und beweist damit ihre allgemeine, gültige Bedeutung. Auf der anderen Seite unterscheiden sich die Werke Polyklets von allen klassizistischen Anwendungen der polykletischen Grundgestalt gerade dadurch, daß die Grundform jedesmal aus dem Zusammenspiel der besonderen Erfindung und der festgeprägten Motive schöpferisch neu entsteht und niemals, als die eigentliche Bedeutung der Statue begründend, dieser auferlegt wird, wie es im Klassizismus geschieht. Es kann aber kein Zweifel sein, daß die allgemeingültige Bedeutung, die die 'Grundgestalt' durch ihr immer neues Erscheinen in allen möglichen Figuren im polykletischen Lebenswerk bewiesen hat, ihr die 'kanonisch' genannte Stellung für die klassizistischen, nach einer allgemeingültigen Gestalt suchenden Zeiten verschafft hat. Es ist die Eigenschaft dieser 'Grundgestalt', die die klassizistische Quelle des Plinius768 mit der Bemerkung bezeichnete, Polyklet hätte als einziger Mensch in einem Kunstwerk die Kunst selbst dargestellt: solusque hominum artem ipsam fecisse artis opere indicatur; das heißt — so kann man nach den obigen Erklärungen vielleicht umschreibend sagen —, er hätte in seiner Grundgestalt, die sich am reinsten im Doryphoros ausdrückt, den allgemeinsten und daher gültigsten künstlerischen Ausdruck für Mensch, Heros und Gott, sozusagen eine 'Statue an sich', gefunden. Dieser Bedeutung der polykletischen Grundgestalt als Statue überhaupt, die nur von einem klassizistischen Betrachter in dieser Weise ausgesprochen werden konnte, entspricht es auch, wenn die Grundgestalt von den klassizistischen Künstlern bei Statuen mit allen möglichen Bedeutungen, Götterfiguren, Porträts, Herrscherbildern, angewendet wird, immer die allgemeine Bedeutung einer gültigen Gestalt mit sich bringend. Die ältere Forschung hat, wie gesagt, noch geglaubt, daß von dieser kanonischen Bedeutung der polykletischen Grundgestalt auch die Schule Polyklets geprägt gewesen sein müsse. Daß dies in dem damals gemeinten umfassenden Sinn nicht stimmt, ist nach der geschilderten Geschichte der Kunst der Schule wohl genügend deutlich geworden. Die prägende Kraft der polykletischen Kunst wirkt zwar in den ersten Werken der Schüler zunächst auch noch in der Form der weitergeführten polykletischen Grundgestalt nach, wird aber auch hier schon, im Pan und seinen Verwandten, dem Knaben Barracco und schließlich beim angelehnten Knaben (Taf. Ib. c; 2a—c; 3a. b), mit neuen Kräften und Betonungen hervorgebracht und außerdem nicht mit dem später immer angestrebten Ernst einer hohen Gestalt, sondern spielerisch und ins Kleine gewendet dargestellt. Tatsächlich möchte man bei den Schöpfern dieser ersten Werke weniger das Bewußtsein von der gesetz788

Nat. Hist. X X X I V 19, 55. Zur Quelle s. B. Schweitzer, Xenokrates von Athen 32ff.

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mäßigen Notwendigkeit der Anwendung des polykletischen 'Modells' als vielmehr eine von dem großen Vorbild eingeprägte 'Gewohnheit' der Gestaltung vermuten, die dann auch bald von der eigenen künstlerischen Form mit ihren neuerwachten Kräften durchbrochen wird. Daher ist in der zweiten Kunstepoche nach Polyklet die Wirkung der polykletischen Grundgestalt zwar hier und da noch zu spüren, aber sogar das Haltungsmotiv des Doryphoros wurde in seiner Weiterführung ganz von den inneren Kräften und neuen Spannungen der Form der Nachfolger Polyklets verändert und von der Grundgestalt losgelöst. Im ganzen kann nach allem, was wir gesehen haben, der Aufstieg der Kunst der Polykletschule zu ihrer eigentlichen Blüte als eine fortschreitende Befreiung von der direkten Prägung durch die polykletische Grundform angesehen werden. Dieses Bild, das, soweit es die eigene Form der Polykletschule und ihre Geschichte angeht, vollkommen zutrifft, ist doch nicht vollständig. Es gibt nämlich in der Schule neben den Schöpfungen eigener Form auch ein Weiterleben der polykletischen Grundgestalt im 4. Jahrhundert. Unter den Standspuren auf den Basen der Polykletschüler vertraten die Motive, die vollkommen dem Schreitmotiv polykletischer Werke entsprechen (Abb. 6 . 7)769, diese Richtung, und die ebenfalls auf den Basen noch des 4. Jahrhunderts vorkommenden Motive der nachpolykletischen Knabenstatuen, bei denen der Spielbeinfuß nur bis zur Höhe der Ferse des Standbeinfußes zurückgesetzt ist (Abb. 13. 14)770, können nach allem, was man von den Knabenstatuen und ihrem Festhalten an der polykletischen Grundgestalt weiß, zu ihnen gerechnet werden. Auch in klassizistischen Werken ist oft das Knabenmotiv mit der kanonisch verwendeten Grundgestalt verbunden. In Nachbildung überliefert haben wir den Zeus des Kleon von Sikyon kennengelernt (Taf. 27 a). Er zeigt das zur Grundgestalt gehörige Standmotiv und bietet auch sonst den Anblick einer frontalen polykletischen Figur. Wir haben diesen Charakter des Werks zunächst mit der Zugehörigkeit des Kleon zu dem am direktesten mit Polyklet verbundenen Zweig der Polykletnachfolge erklärt. Doch damit ist der erstaunlichen Tatsache noch nicht Rechnung getragen, daß in der Schule des 4. Jahrhunderts neben den ganz eigenständigen Schöpfungen der Künstler auch ein von der polykletischen Grundgestalt geprägtes Werk geschaffen worden ist. Wenn nicht alles täuscht, kann man sogar den Zeus als das erste bedeutende Werk bezeichnen, das in einer nicht mehr direkt unter dem Einfluß Polyklets stehenden Zeit nach jener Grundgestalt der Hochklassik geschaffen worden ist. Stellt man nun neben die Zeusstatue noch ihren Vorgänger aus dem 5. Jahrhundert, die Statuette aus Sikyon771, sowie ihren Nachfolger, den Torso in Delphi (Taf. 27 b)772, der zu einer ganz ähnlichen Figur ergänzt werden muß, so fällt auf, wie oft die Grundgestalt mit demselben Motiv des sich auf ein Szepter oder eine Lanze stützenden 769 770 771 772

s. s. s. s.

15*

hier hier hier hier

S. S. S. S.

24ff. 27 ff. 85 f. 205.

228

Armes verbunden ist. Bedenkt man ferner, daß bei Antiphanes gerade die urzeitlichen Könige Abas und Akrisios (Abb. 6 . 7)773 in ähnlicher Weise dargestellt gewesen sein müssen, so zeigt sich, daß die Statuen mit der weitergeführten polykletischen Grundgestalt offenbar alle eine ähnliche inhaltliche Bedeutung haben: Sie alle sind repräsentativ-königliche, machtvoll-herrscherliche Gestalten. Machtvoll repräsentativ erscheint auch der weitgehend von der Grundgestalt geprägte Perseus von Antikythera (Taf. 27 c), und eine ähnliche Bedeutung kommt auch dem Hermes Barberini des Kleon (Taf. 28 a) zu774. Bei diesem letzten Beispiel ist es nicht so sehr die Bedeutung des Herrscherlichen, als die des Fernen, Enthobenen, womit die Grundgestalt verbunden ist. In jedem Fall aber setzt das polykletische 'Modell' die Figur, die sich ihm anpaßt, in Beziehung zu einem höheren, übergeordneten Sein. Stellt man die Werke dieser Art neben die Schöpfungen der Blütezeit der Schule, so zeigt sich sofort, was die besondere Bewertung der im 4. Jahrhundert weiterverwendeten polykletischen Grundform bewirkt hat: Es ist die Antwort der späteren Generation, die nicht mehr ein allgemeingültiges Menschenbild anstrebt, sondern individuelle, augenblicksgebundene Gestalten, die nur im Persönlichen und Augenblicklichen mit einem Umfassenden, Allgemeinen in Beziehung treten können, auf das exemplarische, allgemeine Menschenbild Polyklets. Dahinter steht die gleiche Auseinandersetzung der Schüler mit dem polykletischen Urbild, die sich bereits bei der Rückbeziehung der Nachfolger auf besondere polykletische Statuenmotive feststellen ließ; nur waren jene Motive bei der Übernahme ins 4 Jahrhundert selbst ins Augenblickshafte, Einmalig-Persönliche übersetzt worden. Bei der Zeusstatue des Kleon und den verwandten herrscherlichen und dem individuellen Dasein enthobenen Götter- und Heroenbildern wird dagegen die polykletische Gestalt, wie sie ist, in den Kreis der augenblickshaften, durch ihre einmalige Situation bedingten Athleten und Götter eingeführt. Dabei kann sie aber jetzt nicht mehr in ihrem einfachen Dasein erscheinen, sie wird vielmehr in der Sicht der Nachfolger Polyklets — die nur die B e z i e h u n g zum Allgemeingültigen, Umfassenden, nicht dessen Darstellung selbst kennen — zur Repräsentation des Allgemeingültigen und so besonders geeignet, herrscherliche Götter- und Heroengestalten zu verkörpern. Es ist deutlich, daß wir hiermit der Wirkung des polykletischen 'Modells' als kanonischer Musterfigur ganz nahegekommen sind. Für die Bedeutung der polykletischen Urgestalt als 'Statue an sich' ist diese Wertung der Grundgestalt tatsächlich die notwendige Grundlage. Das Lebenswerk des Kleon entspricht denn auch jenem alten Bild von den den Kanon befolgenden Schülern Polyklets am ehesten. Für die Beurteilung der Schule ist es dabei aber wichtig, nochmals festzustellen, daß diese Erscheinung erst in der dritten Generation nach Polyklet aufgetreten ist, als die Kraft der eigenen Kunstleistung der Schule bereits erlahmte. Ferner aber wäre, wie wir soeben gesehen haben, die Ausbildung der besonderen Bedeutung, die die polykletische Grundform von jetzt an immer mitbringt, nicht möglich 773 774

s. hier S. 25. s. hier S. 205 ff.

229 gewesen, wenn nicht die Schüler in ihrem eigentlichen Kunstschaffen das Bild jener situationsbedingten, augenblickshaften Figur entwickelt hätten. So ist es denn nur folgerichtig, wenn die kanonische Wirkung Polyklets nicht in einem ununterbrochenen Strom von ihm zu den Schülern gekommen ist und diese von Anfang an bestimmt hat, sondern daß nach den andersgearteten Nachwirkungen der Grundgestalt in der allerersten Zeit diese Wirkung zunächst abbricht, oder — besser gesagt — im kanonischen Sinn gar nicht vorhanden ist, um erst während der Blütezeit der Schule einzusetzen. Im Zuge der damals vor sich gehenden Auseinandersetzung mit Polyklet, von der die Übernahme der Statuenmotive zeugt, scheinen die Nachfolger auch die Möglichkeit entdeckt zu haben, durch Überführung der polykletischen Grundgestalt in ihre bedingte Welt ein höheres Sein zu repräsentieren. Der eigentliche Ansatz für die kanonische Bedeutung Polyklets entspringt also den Erfahrungen, die die Schüler bei ihrer Verarbeitung des polykletischen Erbes mit der Form des Schulhaupts gemacht haben. Zunächst war diese Entwicklung zweifellos eine Leistung der direkt von Polyklet abhängigen Schulrichtung des Antiphanes und des Kleon. Doch haben offenbar auch andere Enkelschüler daran teilgenommen. Von Daidalos besitzen wir noch die Standspuren des Arkas und der olympischen Basis (Abb. 8. 23)776. Beide zeigen sehr entwickelte polykletische Motive, und die Statuen werden, wenn wir dem Zeugnis des von ihnen so deutlich beeinflußten Herakles Kopenhagen des Lysipp (Taf. 29 a)776 glauben wollen, kaum in eine Reihe mit dem Zeus des Kleon gestellt werden können. Trotzdem besitzt auch jener Herakles noch Elemente, die aus der wiederaufgenommenen polykletischen Grundgestalt stammen; und auch bei ihm machen sie die herrscherlich-repräsentativen Züge des Werks aus. Den letzten Beweis dafür, daß der Kanon im Sinn einer höheren Bedeutung verleihenden Grundform eine Art Entdeckung der Polykletschule ist, erbringt die Wirkung, die von dieser Entdeckung auf außerargivisch-sikyonische Künstler ausgegangen ist. Da sind einmal die bereits besprochenen vielfältigen Beweise einer neuen Wirkung Polyklets in der Mitte des 4. Jahrhunderts, die, wie wir zum Beispiel an dem Hermes der ephesischen Säulentrommel (Taf. 28 b)777 sahen, nicht zuletzt durch Kleon vermittelt worden sind. Da finden sich ferner Werke der Großplastik, die nun auch außerhalb der Schule die polykletische Grundgestalt in ihrer inhaltlichen Bedeutung verwenden. Als Hauptbeispiel dafür kann der Hermes BelvedereAndros778 gelten. Dieses attische Werk aus dem Umkreis des Praxiteles, das im Jahrzehnt 350—340 v. Chr. entstanden ist, spiegelt direkt den Einfluß des Hermes Richelieu (Taf. 13c), greift aber gleichzeitig — wie der ephesische Hermes — über diesen hinweg auf Polyklet selbst zurück. Und zwar ist es hier ganz deutlich die Grundgestalt, auf die hin das Vorbild des Naukydesschülers umgestaltet wird. Auch 775

s. hier S. 25. 33 ff. "« s. hier S. 34f. 777 s. hier S. 215. 778 Zur Überlieferung s. Lippold, Plastik 275 und zuletzt E. Boehringer, Greifswalder Antiken 117 ff.

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diesmal wieder steigert diese Grundform die Gestalt des 4. Jahrhunderts zu einem besonders repräsentativen, herrscherlichen Götterbild. Die große Wirkung der Schöpfung auf die Römer mag nicht zuletzt damit zusammenhängen. Schließlich wäre hier nun von der neuen Bedeutung zu sprechen, die der Doryphoros im Zuge dieser Auseinandersetzungen mit der polykletischen Grundgestalt erhalten hat. Erstes bedeutendes Zeugnis davon ist der Herakles Lansdowne des Skopas779 aus den Jahren kurz nach 360 v. Chr. Wie hier vom Hintergrund der polykletischen Schöpfung her das Heraklesbild zu einer im neuen Sinn des 4. Jahrhunderts exemplarischen Heroengestalt gesteigert ist, das hat nichts mehr zu tun mit jenen zur Gewohnheit gewordenen Doryphorosanklängen in den ruhigstehenden Athleten der Polykletschule. Hinter dem skopasischen Werk steht ein ganz neues Verständnis des polykletischen Meisterwerks. Natürlich ist die bedeutende Fassung, mit der das Neuverstandene in gleichsam visionärer Schau in dem Herakles geformt ist, Eigentum des Skopas. Aber wenn wir betrachten, wieviel Einflüsse sein Werk auch sonst aus der Schule Polyklets erhalten hat, so kann wohl kein Zweifel sein, daß der Meister die Vermittlung jenes neuen Verständnisses den Polykletnachfolgern verdankt. Offensichtlich ist bereits die Schule in ihrer Blütezeit, lange vor den Klassizisten zu der Erkenntnis gekommen, daß der Doryphoros die polykletische Grundgestalt am reinsten spiegelt und daß ihm damit in der Auseinandersetzung mit jener Grundgestalt ein besonders wichtiger Platz zukommt. Daß andererseits gerade nicht ein Polykletnachfolger, sondern ein außenstehender, ursprünglich ionischer Künstler wie Skopas780 die direkte Übernahme des Doryphoros, und zwar seines Statuenmotivs, nicht der Grundgestalt, geleistet hat, ist bezeichnend und beweist letztlich, daß er in der 'Lehre' Polyklets kaum jene kanonische Bedeutung gehabt haben kann. Den Schülern war das Motiv offensichtlich allzu vertraut, und bei ihrer Auseinandersetzung mit der Modellgestalt ging es zunächst um das ganz Grundsätzliche. Erst nach ihrer Entdeckung der besonderen Bedeutung der polykletischen Form konnte nun auch der Doryphoros beginnen, jene Sonderstellung einzunehmen, von der der Herakles Lansdowne noch eindrücklicher und stärker zeugt als das Relief von Argos781. 779 Lippold, Plastik 251. 230. Das Werk befindet sich jetzt in einer Privatsammlung in USA (vgl. AJA. 63, 1959, 330 Taf. 77). Zur möglichen Übertreibung polykletischer Züge durch den Kopisten vgl. Schweitzer, ÖJh. 39, 1952, 107fl. 780 Zur ionischen Grundlage der Kunst des Skopas vgl. bereits Neugebauer, Text zu BrBr. Taf. 717. 718. — Es wird kaum nötig sein, die Zuschreibung des Herakles Lansdowne an Skopas neu zu begründen oder die Unterschiede zu den Werken der Polykletnachfolger im einzelnen herauszustellen. Die Auffassung des Körperlichen ist ja bei dem Herakles von der der Schule Polyklets gänzlich verschieden. Der Körper ist nicht aus organisch zueinandergeordneten und miteinander in Beziehung stehenden Einzelteilen aufgebaut, sondern als eine erdhaft lastende Masse erfaßt. Tatsächlich könnte man kein besseres Beispiel finden, um zu zeigen, wie ein Werk aussieht, das zwar tief von Polyklet und seinen Nachfolgern beeinflußt, aber nicht nach dem für sie immer verbindlichen Grundprinzip der polykletischen Unter- und Zueinanderordnung der Teile gestaltet ist. 781 s. hier S. 214. — In diesen Zusammenhang gehört dann auch der Ausspruch Lysipps, Cicero, Brutus 86, 296.

231 Die eigentlich zukunftweisenden Wirkungen der Entwicklung einer besonderen Bedeutung der Grundgestalt sind allerdings — und das ist der beste Beleg für unsere Auffassung von der Entstehung des 'Kanon* — zunächst nicht vom Doryphoros ausgegangen, sondern von jenem Zeusbild des Kleon (s. oben S. 227). Wir konnten bereits bei den Standmotiven beobachten, daß das polykletische Schreitmotiv offenbar über Lysipp zu seiner späteren Wirkung gelangt ist. Der erste weitgehend abhängige Nachfahr der Statue des Kleon ist das Original des Zeustypus Ince782 gewesen. Auf diesen folgt aber als neue, große, in deutlicher Abhängigkeit von dem Zeus der Polykletschule geschaffene Gestalt das Zeusbild des Lysipp, das, angefangen bei der in der Berliner Statuette (Taf. 29 c) wiedergegebenen frühen Statue von Argos, noch mehrmals im lysippischen Lebenswerk erscheint783. Dieser Zeus des Lysipp hat eine lange Reihe von Zeus-, Poseidon- und schließlich Jupitergestalten eröffnet, unter denen aus hellenistischer Zeit nur an den Münchner Poseidon784 und den Zeus von Pergamon785 erinnert sei. Bereits dieser Zeus und — bis zum Überdruß deutlich — die Jupiterstatue des Claudius786 weisen außer der hellenistisch-lysippischen Tradition den charakteristischen neuen Rückgriff auf Polyklet, die 'kanonische' Wirkung Polyklets auf. Eine zweite Wirkungsreihe setzt bei dem zweifellos ebenfalls von dem herrscherlichen Götterbild der Polykletnachfolge beeinflußten 'Alexander mit der Lanze' des Lysipp ein, den die Statuette Nelidow am besten wiedergibt787. Dieser hat wiederum 782

B. Ashmole, A Cat. of the Ancient Marbles a t Ince Blundell Hall Taf. 12, 2. Zu diesem Werk h a t bereits Furtwängler, AbhMünchen 20, 1897, 551 Nr. 3 Polykletisches verglichen. Den Kopftypus h a t Matz, J d l . 46, 1931, 29 als Nachfahr eines phidiasischen Typus verstanden. Ob das Werk aber wirklich attisch ist, muß fraglich bleiben. Verwandte Zeusbilder oder Umbildungen des gleichen Typus mögen die Statuen in Madrid, Prado, EA. 1501 und 1517 sein. Vgl. außerdem die Bronze im Brit. Mus. H. B. Walters, Select Bronzes Taf. 9, die spiegelverkehrt das gleiche Bild wiedergibt. — Die Ursprünge dieser herrscherlichen Gestalt reichen natürlich zeitlich noch weiter hinauf, bis zum Oinomaos des Olympiagiebels, doch sind alle Beispiele des 4. Jhs. unübersehbar von der polykletischen Form geprägt. 783 Zum argivischen Zeus des Lysipp vgl. Anm. 149. Vom sikyonischen besitzen wir vorerst nur das Münzbild NCP. Taf. H, X, wo das Werk gemeint sein könnte (Pausanias II 20, 3. Overbeck Nr. 1455). Zum Zeus von Tarent s. Dörig, J d l . 79, 1964, 257 ff. Im einzelnen ist es gerade nach der zuletzt genannten, recht überzeugenden Wiederherstellung des tarentinischen Werkes interessant zu beobachten, worin sich der späte Zeus des Lysipp (zur Datierung des Werks in Tarent s. Dörig, ebenda 266f.) von dem frühen unterscheidet: Stand- und Spielbeinwechsel, Auflösung des geschlossenen, ruhenden Kosmos in Achsenreichtum und spannungsvolle Räumlichkeit, ein kämpfender Zeus statt des machtvollen, aber gütigen Herrschers. Nichts zeigt einleuchtender den Weg Lysipps von seinen Anfängen in der Schule Polyklets zu seiner eigenen Form in ihrer reifsten Ausprägung. 784 J. Sieveking, Die Bronzen der Sammlung Loeb Taf. 17. Vgl. auch EA. 2448. 785 Istanbul 2767. M. Schede, Meisterwerke der türkischen Museen zu Konstantinopel I Taf. 20. 786 Rodenwaldt, Die Kunst der Antike 4 569. Replik Olympia I I I Taf. 60, 2. 787 Zum Alexander mit der Lanze s. zuletzt G. Kleiner in Neue Beiträge 229 ff. Die Zuschreibung des Vorbilds der Louvrestatuette an Lysipp (Gebauer, AM. 63/64, 1938/39, 99, K 61. Winter, KiB. 334, 3), die sich in neuerer Zeit entgegen dem Einspruch von Curtius (AK. 363), Lippold (Plastik 268; R E . X I V 1, 61 s. v. Lysippos; Gnomon 4, 1928, 526) und E. Buschor (Das hellenistische Bildnis 9) wieder durchzusetzen beginnt, muß abgelehnt werden. Die Ähnlichkeit zum Apoll vom Belvedere spricht eindeutig für Leochares, und der leocharische Charakter der Figur geht so tief, daß er nicht erst von dem Verfer-

232 eine lange Reihe von Herrscher- und Porträtstatuen des Hellenismus und schließlich der römischen Zeit eröffnet788. Ein Werk wie der 'Thermenherrscher'789 zeigt dabei, daß auch hier eine neuerliche klassizistische Wirkung der polykletischen Grundgestalt, des 'Kanon' im Sinn des Plinius, besonders einzugreifen geneigt ist. Der Weg zu Porträtstatuen wie denen von Delos790 und schließlich zum Augustus von Primaporta791 ist von hier aus nicht mehr weit; auch bei ihnen bewies außerdem bereits das Standmotiv den Durchgang der weitergeführten polykletischen Grundgestalt durch die Formen der Polykletschule und des Lysipp. Diese kurze Skizze einer Geschichte der Wirkung der polykletischen Grundgestalt von der Polykletschule über Lysipp und den Hellenismus bis zum Klassizismus, in der nicht von ungefähr das Herrscherbild eine so große Rolle spielen mag, müßte in einer besonderen Untersuchung im einzelnen weiter ausgearbeitet werden. Hier sei nur zusammenfassend nochmals festgestellt: Es gibt den 'Kanon' als verbindliches Gesetz, die Bedeutung der polykletischen Grundgestalt als 'Statue an sich' für die Schule Polyklets in ihrer Gesamtheit nicht, aber es scheint, als sei für diese Bedeutung der polykletischen Form in späterer Zeit die Auseinandersetzung der Polykletschüler mit der Grundform Polyklets und ihre Deutung dieser Grundform als einer allgemeingültigen, exemplarischen Gestalt, die in der individuellen, bedingten Formwelt der neuen Zeit jedenfalls repräsentiert werden kann, eine notwendige Voraussetzung gewesen. Stellen wir zum Schluß nochmals zusammen, was über das Verhältnis der Polykletschüler zu Polyklet gesagt werden konnte, so ergeben sich folgende fünf Punkte: 1. Die Polykletschüler setzen die allgemein argivisch-peloponnesischen Züge der Kunst Polyklets fort und spiegeln den von Polyklet zum Schönheitsideal erhobenen Menschentyp weiter in ihren Werken. 2. Die Polykletschüler haben von Polyklet die Grundprinzipien des Figurenaufbaus gelernt; diese liegen auch dem Aufbau ihres ganz andersartigen Menschen- und Athletenbildes zugrunde; sie werden sogar im weiteren Sinn auf die Komposition der Statuenreihen übertragen. tiger der Kleinkunstwiedergabe in das Werk gebracht sein kann (so Kleiner, J d l . 65/66, 1950/51, 218f.; in Neue Beiträge 230 und Dörig, J d l . 79, 1964, 267). Lysipps Alexander ist immer noch am besten in der Statuette Nelidow vertreten (B. Pollak, Klass.-ant. Goldschmiedearbeiten im Besitze Sr. E x c . des Herrn Nelidow in Rom 139. Coli. Nelidow Vente 1911 Nr. 43 Tai. 7. Gebauer, AM. 63/64, 1938/39, 93, K 46. Heibig3 II 134 Abb. 35. Kleiner, J d l . 65/66, 1950/51, 219), deren lysippischer Charakter überzeugend für sich spricht. Dieser Alexander war eine Mischung aus Herrscher (Zeus), Achill (mit Lanze) und Herakles (eingestützter Arm). Kein Wunder, daß Alexander selbst dieses Bildnis so sehr schätzte. — Der Alexander des Leochares ist übrigens nach dem Zeugnis der Statuette im Louvre ebenfalls ohne Einfluß des Zeusbilds des Kleon nicht denkbar. Der Berliner Torso (M. Bieber, The Sculpture of the Hellenistic Age2 Abb. 429) wie auch Poseidon von Melos (ebenda Abb. 684) mit umgekehrter Anordnung von Stand- und Spielbein. 789 Rom, Thermenmuseum. S. Aurigemma, Le Terme di Diocleziano e il Museo Naz. Rom. (Itinerari Nr. 78) Nr. 210 Tai. 40. Heibig3 II Nr. 1347. Lippold, Plastik 298. 780 Délos X I I I Taf. 14 und Abb. 13 auf S. 21. 7 , 1 Zuletzt H. Kähler, Die Augustusstatue von Primaporta (Monumenta Artis Romanae I) 2 und dazu Gross, NGG. 1959, 144ff. 788

233 3. Die Polykletschüler setzen in vielen ihrer ruhigstehenden Figuren das Haltungsmotiv des Doryphoros fort, und sie beziehen sich auch sonst immer wieder — mit besonderem Bewußtsein aber seit der Blütezeit — auf kompliziertere Motivgestaltungen Polyklets. Die Rückbeziehungen der Blütezeit führten dabei zu einer echten Auseinandersetzung mit der zugrunde liegenden Form. Diese Auseinandersetzung kehrte die exemplarische, allgemeingültige Bedeutung der polykletischen Gestalt im Gegensatz zu der bedingten, individuellen und augenblicksbezogenen derjenigen der jüngeren Zeit hervor. 4. Dieselbe Auseinandersetzung führte einige Polykletschüler dazu, die polykletische 'Grundgestalt' als Repräsentation ihrer ursprünglichen Bedeutung in ihre eigene bedingte Formenwelt zu übernehmen und damit das Enthobene, Herrscherliche darzustellen. 5. Mit dieser Sinngebung der weitergeführten polykletischen Grundgestalt und ihrer zukunftsreichen Verbindung mit dem Gott-Herrscherbild ist ein wichtiger Ansatz zu der späteren Ausbildung der polykletischen Grundgestalt als 'Musterfigur' und 'Statue an sich' gegeben. Weder sklavisches Befolgen einer 'Musterfigur' noch völlige Abkehr, sondern schöpferische Beziehung kennzeichnet also das Verhältnis der Schule zu Polyklet. Diese schöpferische Beziehung war aber so fruchtbar, daß sie einen bedeutenden Anfang für das Verständnis Polyklets und die Wirkung polykletischer Kunst in allen späteren Epochen setzte.

IX. LYSIPP UND DIE POLYKLETNACHFOLGE Im vorigen Abschnitt wurde die Bedeutung der Polykletnachfolge als Übermittlerin des polykletischen Erbes an die Künstler der Spätklassik kurz angedeutet. Es würde über den Rahmen dieser Arbeit weit hinausgehen, wollten wir hier eingehend untersuchen, was die Kunst der Schule mit ihrer neuen eigenen Form für die Meister der Spätklassik bedeutet hat. Diese Untersuchung muß der Behandlung dieser Künstler im einzelnen vorbehalten bleiben. Hingewiesen sei hier nur auf den unzweifelhaft wichtigen Einfluß, den die Schule auf Praxiteles ausgeübt haben muß 792 . Vor allem die Kunst der ersten Epoche scheint für ihn von entscheidender Bedeutung gewesen zu sein. Werke wie der einschenkende Satyr oder der Sauroktonos sind ohne das Vorbild der nachpolykletischen Knaben kaum denkbar. Und daß der attische Meister auch von der Kunst der Blütezeit der Schule eingehend Kenntnis genommen hat, zeigt sofort der Vergleich des Sauroktonos und der knidischen Aphrodite mit dem Ephesosathleten. Doch wie gesagt, hierauf näher einzugehen, müssen wir uns versagen. Etwas ausführlicher sollte aber abschließend von Lysipp und seinem Verhältnis zur Schule Polyklets die Rede sein. 1. EINFLÜSSE DER POLYKLETNACHFOLGE AUF DAS WERK LYSIPPS Schon der Heimatort Lysipps, Sikyon, wo er um 390 v. Chr. geboren ist793, verbindet den großen Erzgießer mit der argivisch-sikyonischen Schule, deren zweiter und mit fortschreitendem Jahrhundert immer wichtigerer Hauptort diese Stadt gewesen ist. Dazu kommt die Uberlieferung von Aussprüchen des Künstlers, die ihn sich an Polyklet messen lassen oder zeigen, wie er sich ihm in seiner Andersartigkeit gegenüberstellt794. Auch wenn also Lysipp wirklich, wie es die Kunstgeschichte des 792 vgl bereits Furtwängler, MW. 537 ff. Bezeichnend ist, daß gerade in der Zeit, als Praxiteles mit der Reihe seiner jugendlichen Situationsfiguren von der Art des einschenkenden Satyrs begann, in seinem Umkreis ein attischer Künstler den Westmacottschen Epheben bzw. Barraccoknaben wiederaufnahm in der Statue, die uns aus Eleusis erhalten ist (Athen, Nat. Mus. s. W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 300 Abb. 277). — Hier müßte sich nun vor allem eine Untersuchung der Wirkung der Hyakinthosgestalt auf das 4. Jh. anschließen. Angelehnter Satyr (vgl. Lippold, Plastik 240, wohl kaum von Praxiteles) und der Apollon vom Palazzo Vecchio (Lippold, Plastik 264) sind die wichtigsten Beispiele. 793 vgl. Plinius, Nat. Hist. X X X I V 19, 61. Overbeck Nr. 1444. In Inschriften ist keine Herkunftsangabe erhalten. Zur Geburt etwa um 390 vgl. Schuchhardt in Neue Beiträge 222 ff. und Kleiner, ebenda 229. 794

Vor allem Cicero, Brutus 86, 296. Overbeck Nr. 954 und Plinius, Nat. Hist. X X X I V 19, 65. Zu dem Ausspruch über seinen Unterschied zur hochklassischen Kunst, wobei deutlich vor allem Polyklet gemeint ist, vgl. auch B. Schweitzer, Xenokrates von Athen 14 Anm. 3.

235 Duris796 berichtete, Autodidakt war, so ist er doch in einer Stadt der Polykletschule aufgewachsen und wird dort nicht nur die Werke des hochklassischen Vorgängers, sondern auch die der Nachfolger Polyklets mit lernendem Auge betrachtet haben. Mit der Art seines Arbeitsgebietes setzt er außerdem deren Tradition schon äußerlich fort. Auch sein Material ist fast ausschließlich Bronze, und wie sie arbeitete er vorwiegend Athletenbilder, Statuen des Herakles und unter den Göttern vor allem Bilder des Zeus und Hermes, dazu Porträts, die für den jüngsten Polykletschüler, Kleon, ebenfalls überliefert sind796. Trotz dieser vielfachen Verbindungen Lysipps zur argivisch-sikyonischen Kunst vor seiner Zeit hat die Forschung eine Einwirkung der Schule auf sein Schaffen meist abgelehnt797, indem sie vor allem zuviel Gewicht auf den Ausspruch Lysipps legte, der Doryphoros sei sein eigentlicher Lehrmeister gewesen798, und dementsprechend die lysippischen Werke meist sofort mit Polykletischem verglich. Dabei zeigten sich dann, wie bei so großem zeitlichen Abstand und dem ganz anderen Temperament des Sikyoniers gar nicht anders möglich, hauptsächlich Unterschiede799. Eine Verbindung von Polyklet zu Lysipp kann aber nur über die Polykletnachfolge gegangen sein; das Verhältnis Lysipps zu deren Kunst muß also kurz untersucht werden. Zu Beginn unserer Betrachtung hatte sich bereits gezeigt, daß die Standmotive der lysippischen Statuen direkt aus denen der Polykletschule entwickelt sind. Lysipp verwendete das eigentlich polykletische Schreitmotiv bei seinem Zeus (Taf. 29 c) 800 und wohl auch bei der Statue des Alexander mit der Lanze 801 in einer Form, zu der sich Ansätze bereits bei Daidalos und Kleon von Sikyon erkennen ließen802. E r verwendete ferner das Lysandermotiv — die besondere von den Polykletschülern der ersten Generation gefundene Umformung des polykletischen Standmotivs 803 — bei seinem frühen Kopenhagener Herakles (Taf. 29 a) 804 , und dieses Werk stimmt außerdem auch in dem Aufstützen der Figur auf einen Gegenstand mit dem Arkas des Daidalos (Abb. 23) überein, der vor ihm den gleichen Stand bereits in einer sehr 'lysippischen' Formulierung aufwies806. Der späte, sich ebenfalls auf seine Keule

Plinius, Nat. Hist. X X X I V 19, 61. Kleiner in Neue Beiträge 228. s. hier S. 17. 707 s. F . P. Johnson, Lysippos 256; an anderer Stelle (ebenda 87) gibt Johnson eine Verbindung zum Ephesosathleten zu. 788 Cicero, Brutus 86, 296. 799 So in den meisten Behandlungen Lysipps in den Kunstgeschichten vgl. etwa Curtius, AK. 411. W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 349 und in Neue Beiträge 224, Lippold, Plastik 276 ff. Ganz allgemein blieb Mahler, Polyklet 150 ff. Einzig T. Dohm, Attische Plastik 212 hat ein Schülerverhältnis Lysipps zu Naukydes erwogen, was allerdings zeitlich wenig wahrscheinlich und stilistisch kaum begründet ist. Vgl. außerdem Sjöquist, Opuscula Atheniensia 1, 1953, 87ff. Weinberg, AJA. 58, 1954, 344. 795 786

800 801 802 803 801 805

Vgl. hier Anm. 149. 157. 783. s. hier Anm. 787. s. hier S. 26 f. s. hier S. 33 if. Vgl. hier S. 34. s. hier S. 35.

236 stützende Herakles Farnese des Lysipp806 zeigt dann ein anderes, noch labileres Motiv, bei dem das Spielbein vor das Standbein tritt; dies aber ist seinerseits wieder eine eindeutige Weiterentwicklung des Standmotivs des Herakles des Antiphanes (Abb. 36) 807 . Schließlich konnte bei dem die lysippische Kunst besonders kennzeichnenden Stand des Apoxyomenos (Abb. 18)808 die Entwicklung aus einem Standmotiv der Polykletschule bis ins einzelne verfolgt werden, und zwar handelt es sich dabei um das Motiv der Hauptwerke der Schule. Wie der Ephesosathlet (Taf. 20 c), die Aphrodite (Taf. 20a) und der Faustkämpfer (Taf. 20b) des jüngeren Polyklet setzt der Apoxyomenos das Spielbein seitlich in der Höhe der Mitte des Standbeinfußes nur mit dem Ballen auf den Boden; wie bei den Werken um den Ephesosathleten ist dabei das Standbein die Achse für die in dem beweglichen Stehen enthaltene Drehbewegung. Selbstverständlich ist die Räumlichkeit bei dem späten Werk des Lysipp viel größer als bei Daidalos und Polyklet II, und tatsächlich scheint bei diesem Motiv erst Lysipp die neue in den Raum ausgreifende Form ausgebildet zu haben, zu der die Polykletnachfolger bei anderen Standmotiven bereits Ansätze gefunden hatten. Bogenspannender Eros und Aphrodite von Capua809 sind die Vorstufen auf dem Weg von dem Stehen des Ephesosathleten zu dem des Apoxyomenos. Ohne die Polykletschüler wäre aber weder das Stehen dieser Gestalten noch ihr aus diesem Stehen entwickelter Rhythmus in dieser Weise möglich gewesen. Kann die Abhängigkeit Lysipps von der Kunst der Polykletschule schon nach diesem Weiterleben der Standmotive der Schule in seinen Werken kaum mehr geleugnet werden, so wird sie noch deutlicher, wenn man die 'Haltungsmotive' seiner Gestalten mit denen der Polykletnachfolger vergleicht. Auch andere Künstler haben das Einstützen des einen Armes von hinten in die Hüfte von Polyklet und dem Meister des Hyakinthos übernommen. Bei Lysipp aber kommt es ganz besonders häufig vor: bei seinem frühen Herakles Kopenhagen (Taf. 29a), dem Herakles Farnese (s. Anm. 806), dem Zeus (Taf. 29 c) und, nach allem was wir wissen, auch beim Alexander mit der Lanze810. Vor allem hat aber kein anderer spätklassischer Künstler so wie er sein eigenstes Grundmotiv aus einer Schöpfung der Polykletschule entwickelt und es damit erst wirklich bis zu seinem Ende ausgestaltet. Ein 'Haltungsmotiv' nämlich, das für Lysipp so charakteristisch ist wie kein anderes, ist der verbundene Kreis der Arme oder der Kreis der Arme und eines von der Figur gehandhabten Gegenstandes. Dieses kreisförmige Agieren findet sich beim Apoxyomenos811, Lippold, Plastik 281. Datierung wohl nach dem Apoxyomenos, vgl. das Rhamnusrelief, R. Lullies — M. Hirmer, Griech. Plastik Taf. 219. 8 0 7 s. hier S. 198 f. 8 0 8 s. hier S. 32. 8 0 9 Zum Eros s. hier Anm. 719. Zur Aphrodite Lippold, Plastik 284. 8 1 0 s. hier Anm. 787. — Eingestützter Arm außer bei Statuen des Lysipp beim angelehnten Satyr, Meleager und Hermes von Andros-Belvedere. 8 1 1 Lippold, Plastik 279. Zuletzt mit Replik Fiesole s. K. Schauenburg, Antike Plastik (Hrsg. W. H. Schuchhardt) 2. Lieferung 78 mit Anm. 24f. Zur Zuschreibung an Lysipp gegen Morgan, Hesperia Suppl. 8, 1949, 228ff., ebenda 78 Anm. 21. S. 79. Datierung 3 2 0 - 1 5 ; vgl. das Urkundenrelief von 318/17 (Süs808

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bei den Heraklesgruppen von Alyzia (Taf. 31a)812, beim bogenspannenden Eros813, bei der Aphrodite von Capua814, dem Kairos818, dem Sandalenlöser816 und der aufgestützten Nymphe 817 — kurz, bei fast allen Werken der Blütezeit Lysipps. Dieses wichtigste 'Haltungsmotiv' der lysippischen Kunst ist nun aber ohne weiteres aus dem Motiv des Ephesosathleten (Taf. 20c) abzuleiten. Auch dieser führt ja seine Arme ringförmig vor dem Körper zusammen, auch bei ihm bildet der Gegenstand, die Strigilis, das Verbindungsglied, das das Ganze zum Kreis schließt. Dabei ist diese Armhaltung nicht eine zufällige Formung des Daidalos für seinen Schaber, sondern während der ganzen Hauptepoche der Polykletschule von den Künstlern bewußt gesucht und Stufe für Stufe ausgestaltet worden. Vor dem Ephesosathleten verwendete der Faustkämpfer (Taf. 20 b) des zweiten Polyklet das Motiv, hielt aber die Arme mehr seitlich neben als vor dem Körper, während vor ihm beim ölausgießer im Vatikan (Taf. 19a. b; Abb. 1) der klare Zusammenklang von Schulterpartie, Kopf und Armen noch fehlt 818 . Unter den erhaltenen Werken Lysipps ist der bogenspannende Eros819 das früheste Beispiel des Kreismotivs, und bei ihm ist denn auch die Übernahme des Gedankens aus der Polykletschule besonders greifbar. Wie beim Ephesosathleten und beim Faustkämpfer ist das Motiv hier mit dem Gleichgewicht suchenden Stehen verbunden, auch hier ist der Oberkörper nach vorn gebeugt, die ganze Figur wie im Ansprung geduckt und zugleich von einer Drehbewegung um die Achse des Standbeins erfaßt 820 . Neu gegenüber der Gestaltung der Polykletschule ist an dem lysippischen Haltungsmotiv der im Kreis agierenden Arme zweierlei: Einmal geschieht das Agieren — schon beim Eros und später immer ausgeprägter — nicht in der Ebene unmittelbar vor dem Körper, sondern räumlich von ihm getrennt, und zwar zunächst seitlich neben der Gestalt und dann — die lysippische Revolution der Kunst! — vor ihr. serott Taf. 9, 4; zur Datierung vgl. auch Dörig, Jdl. 79, 1964, 266f.). Dies ist die entwickeltste Athletenfigur des Lysipp; nach ihm sind nur noch der Herakles Farnese und der sitzende Herakles (vgl. Dörig, Jdl. 72, 1957, 19ff.) anzusetzen. Der Sandalenlöser (vgl. hier Anm. 719) von 325 führt auf ihn hin. Ebenso mögen die Mänade des Skopas, die Artemis des Leochares und die Artemis von Gabii nur wenig früher entstanden sein. 812 Zu den Heraklesgruppen s. A. v. Salis, Löwenkampfbilder des Lysipp, 112. BWPr. (1956) und Kleiner in Neue Beiträge 234. Datierung der Alyziagruppen in die 30er Jahre nach dem Datum der Entlassung der akarnanischen Söldner 332/31. 813 s. hier Anm. 719. 814 Lippold, Plastik 284 Anm. 1. Datierung wohl schon kurz nach dem Eros wegen der Ähnlichkeit des Motivs und der Ausbreitung der Gestalt in einer Art Reliefebene. 815 Lippold, Plastik 281 Anm. 4. Datierung bereits in die Nähe des Läufers, d. h. in die 30er Jahre des Jhs. 816 s. hier Anm. 719. 817 Lippold, Plastik 283 Anm. 7. Datierung etwa in die Zeit des Sandalenlösers, vielleicht wenig davor (vgl. hier Anm. 719). 818 s. hier S. 146 ff. 819 Vgl. hier Anm. 719. 820 Zum Bogenspannen s. F. Bulanda, Bogen und Pfeil bei den Völkern des Altertums Abb. 57. 58. Vgl. auch RE. VI A 2, 1847ff. s. v. T6?OV (Miltner).

238 Zum anderen lebt zwar auch in der kreisförmigen Aktion des Ephesosathleten und seiner Vorgänger eine zur Entladung drängende Spannung, aber erst bei Lysipp durchströmen den Kreis der Arme geballte Energie und Kraft. Der situationshaftnebensächliche Charakter, der das Tun der Athleten der Polykletschule auszeichnete und den Gestalten den individuell-persönlichen Ausdruck verlieh, ist bei Lysipp einer neuen Bedeutungsschwere gewichen, die das Motiv auch für die Darstellung der Heraklestaten geeignet macht und die Ausdruckskraft der Handlungen von Athleten und Göttern in neuer Weise prägt. Sich all dies Neue klarmachen, das den innersten Kern des lysippischen Schaffens betrifft, heißt aber nur, sich noch klarer darüber werden, wie sehr die Polykletschule gerade zu dem eigentlichen Schaffen Lysipps den Grund gelegt hat. Dabei ist es übrigens bemerkenswert, daß wir dreimal, bei der Umformung des polykletischen 'Schreitmotivs', bei dem Vorbild des Lysandermotivs des lysippischen Herakles und bei der Ausbildung des Kreismotivs der Arme, den Sikyonier Daidalos als direkten Vorgänger Lysipps gefunden haben. Wenn Lysipp bei einem Künstler gelernt hat, so wird es am ehesten dieser Enkelschüler Polyklets gewesen sein821. Wir sahen bereits, wie sowohl der vorstürmende Herakles (Taf. 21 a) als auch die Statuette im Louvre (Taf. 21 b) direkt zu Lysipp überleiteten. Der Herakles bezeugte außerdem, daß auch die Kampfgruppen von Alyzia bereits Vorläufer in der Polykletschule gehabt haben. Fortgesetzt hat Lysipp den Herakles aber später auch in seinem Neapler Läufer 822 ; denn die Deutung auf einen Läufer ist bei der jugendlich beweglichen Gestalt der beiden Bronzen, ihrer Kopfhaltung und besonders dem nach vorn gerichteten Blick viel wahrscheinlicher als die auf einen Ringer, die dem Werk meist beigelegt wird823. Dabei reicht, was den Aufbau der Figur im einzelnen betrifft, die sikyonische Tradition bis zu dem Läufer des Patrokles hinauf. Neu ist an dem lysippischen Werk nur der chiastische Aufbau mit den im Gegensinn zu den Beinen bewegten Armen. Eine Zwischenstufe bedeutete der Kairos824, der bereits viel von der Leichtfüßigkeit des Neapler Athleten besitzt. Auch bei diesem Werk ist wiederum die Nähe zu dem Strigilisreiniger des Daidalos greifbar. Doch auch argivische Schöpfungen hat Lysipp weitergeführt: Die Aphrodite von Capua826 ist deutlich eine Nachfahrin der Göttin des jüngeren Polyklet, und der Sandalenlöser826 setzt den Phrixos des Naukydes (Taf. 14a) fort827. Schließlich kann der Agias zeigen, daß auch die ruhigstehende Figur des lysippischen Kreises die Gestaltungen der Polykletschule voraussetzt. Der Künstler selbst hat diese Figur, nach der Überlieferung zu urteilen, nicht oft gewählt, und so können wir sie nur aus der Widerspiegelung im Agias und der Statue eines Lysippschülers, dem Berliner 821 822 823 821 825 826 827

Zur Lebenszeit des Daidalos s. hier S. 15 f. Lippold, Plastik 281. Datierung zwischen Eros und Sandalenlöser um 330 v. Chr. Wohl wegen der Verdoppelung, die natürlich vom Kopisten stammt. Vgl. hier S. 158. s. hier Anm. 815. s. hier Anm. 814. s. hier Anm. 719. Vgl. hier S. 126 ff.

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Jüngling828, einigermaßen rekonstruieren. Diese ruhigstehende Figur ist das letzte Glied in der Reihe, die mit dem Koblanosathleten beginnt und über den Athleten Capelli, den jugendlichen Apoll des Antiphanes bis zum Hermes Richelieu und von diesem eben zu Lysipp führt (Taf. 13a.c; 15 a—d; 26c.d). Es ist ein Bild, das in dieser Form nicht direkt von Polyklet stammt, sondern von seiner Schule neu gestaltet wurde. Wie das Standmotiv des Ephesosathleten, das Lysandermotiv und das Motiv der kreisförmig agierenden Arme sowie das Bild des Läufers ist also auch dies eine Formung, zu der Lysipp nicht allein durch das Studium des Doryphoros gelangt sein kann. Über Stand und Haltung hinaus sind die Werke Lysipps aber auch in ihren Einzelformen Fortsetzung der Kunst der Polykletschule. Daß Lysipp in gewissen Bildungen, wie etwa der Form der Leistenabsätze, polykletische Traditionen aufnahm, hat man immer gesehen829, doch können auch die Formen des Körpers nicht unmittelbar aus einem Verhältnis zu Polyklet selbst erklärt werden. Vielmehr lassen sie sich eindeutig an die Bildungen der Schule und hier wiederum besonders an die Gestaltungen des Daidalos anschließen. Man vergleiche nur den Herakles KopenhagenDresden (Taf. 29 a) mit dem Ephesosathleten (Taf. 20 c), so wird die Ähnlichkeit der Körperauffassung, ja die Verwandtschaft in der Bildung der Muskulatur bis hinein in den engen Zusammenschluß der Bauchmuskulatur deutlich. Ebensosehr Lysippischem verwandt sind die Formen des vorstürmenden Herakles (Taf. 21c), den man daher auch Lysipp zuschreiben konnte. Ferner vergleiche man die Statuette im Louvre (Taf. 21b), deren inhaltliche Verwandtschaft zu Lysipp wir bereits (oben S. 167) geschildert haben, mit dem bogenspannenden Eros und dem Sandalenlöser. Nicht weniger überzeugend ist der Anschluß der Köpfe Lysipps an solche der Schule. Zwar werden die Köpfe im lysippischen Werk fortschreitend kleiner und kugeliger, doch verrät auch in späterer Zeit ihre Form noch, daß ihnen die Köpfe der Nachfolger Polyklets mit ihrem oft recht flachen Hinterkopf und der breiten Front des Gesichts als Vorbild dienten. Noch bei dem über der Stirn aufstrebenden und am Oberkopf gestauten Haar des Apoxyomenos fühlt man sich an den Ephesosathleten erinnert (Taf. 32 a. d). Und aus der früheren Zeit Lysipps gibt es Köpfe, bei denen man zunächst auch an eine Zuschreibung an die Schule denken könnte. Dies letztere ist etwa bei dem in neuerer Zeit veröffentlichten Kopf in Magdeburg830 der Fall, der dem Kopf des Ephesosathleten (Taf. 24b), dem Neapler Bronzekopf (Taf. 24d) und dem Kopf des Hermes Richelieu (Taf. 22b; 23 b) in der Form, in der Versammlung der Organe in der Front, in der Haarbehandlung und der beweglichen Mundund Wangenpartie aufs nächste verwandt ist, zugleich aber eine nervöse Energie in Augen und Gesichtsausdruck zeigt, die ihn eindeutig als Werk Lysipps ausweisen831. 828 ZumAgiass. hier S. 210ff., zum Berliner Jüngling Blürael, Kat. Berlin V K 233. Replik in Florenz, EA. 3209. Vgl. hier Anm. 501. 829 z. B. Curtius, AK. 411. 830 Bielefeld, J d l . 74, 1959, 158fl. 831 Vgl. vor allem den Aristoteles (Lippold, Plastik 292; zur Zuschreibung an Lysipp vgl. Kleiner in Neue Beiträge 236) und den Kopf im Museo Barracco, den Poulsen, ActaArch. 15, 1944, 63 ff. Lysipp

240 Es ist wohl kaum notwendig und hier nichit unsere Aufgabe, herauszustellen, wie umwälzend neu die Welt Lysipps gegenüber der der Polykletnachfolge war. Von Anfang an sind seine Gestalten düsterer, schicksalsbewußter und mit einem neuen Blick für Zwiespältigkeiten in Mensch und Welt aufgefaßt. Die neuen Dimensionen künstlerischer Aussage, die er mit mächtigem Griff erobert hat, ließen schließlich die Kunst der Polykletnachfolger hinter der seinigen weit zurück. Doch sogar den eigenst lysippischen Schöpfungen, wie dem bogenspannenden Eros, dem wägenden Kairos, dem Sandalenlöser oder dem Apoxyomenos, kann man letztlich noch die Herkunft aus den im Augenblick und der jeweiligen Situation und Umwelt erfaßten Gestalten der Polykletschule ansehen.

2. DER MÜNCHNER ÖLAUSGIESSER Vermutungsweise sei mit der Kunst Lysipps in seiner Blütezeit noch ein Werk verbunden, das von der Forschung im allgemeinen einem unter dem Einfluß der Polykletschule arbeitenden attischen Künstler zugeschrieben wird: der Münchner ölausgießer832. Die Zuschreibung dieses Athleten (Taf. 29b; 30c; 31b; 32b), von dem außer der Münchner Kopie noch zwei als Torsen erhaltene Kopien, ein Kopf (Taf. 32 c) und die Umbildung in Dresden833 vorhanden sind, an die attische Kunst geht auf die Behandlung des Werks durch H. Brunn834 zurück, der myronische Kunstart in ihm zu erkennen glaubte, und beruht ferner vor allem auf dem Vergleich des Kopfes mit dem des praxitelischen Hermes, den R. Kekul6 von Stradonitz835 in einem berühmt gewordenen Aufsatz vornahm. Diese Nebeneinanderstellung hat sich so weit durchgesetzt, daß noch in der neuesten Untersuchung der Kunst der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts der Meister des Münchner Athleten als 'älterer Freund oder Lehrer' des Praxiteles bezeichnet worden ist836. Nun ist zunächst einmal die Datierung des Werks ans Ende des 5. oder allenfalls Anfang des 4. Jahrhunderts beziehungsweise um 370 v. Chr.837 viel zu hoch angenommen worden. Ein Vergleich mit dem ölausgießer Pitti und dem einschenkenden Satyr des Praxiteles zeigt, daß die Fassung des Motivs des Münchner Athleten unbedingt später als diese beiden Werke sein muß. Das beweist die extreme Steigerung der Aktion, die das Motiv hier gefunden hat, die schräge Haltung der Schulterpartie, die fast rechtwinkelige Stellung des Kopfes zu den Schultern und schließlich das andere Verhältnis zum Raum, zugeschrieben hat. Die Ähnlichkeit des Letzteren zum Münchner Ölausgießer (s. hier S. 240 ff.) ist übrigens sehr groß. Ebenso würde auch der neuerdings von Schauenburg in Antike Plastik, 2. Lief. 75 ff. zugeschriebene Kopftypus die Zuschreibung des Magdeburger Kopfes erhärten. 832

Vgl. die Rekonstruktion bei Bulle, SchM. 112 Abb. 20. s. hier S. 272. 8M Kleine Schriften II 314ff. 886 Über den Kopf des Praxitelischen Herraes. 888 T. Dohrn, Attische Plastik 208ff.; ebenso Lippold, Plastik 227. 887 Ende des 5. Jhs. in der früheren Forschung ziemlich allgemein. 375—365 bei T. Dohm, Attische Plastik 208. 833

241 das mit dem Vorstoßen des Kopfes nach vorn, der Biegung und Wendung des ganzen Körpers, dem gleichsam schiebenden Stand und der sich in den Raum hinausspreizenden energischen Armbewegung von einem ganz neuen Bewußtsein vom Volumen des Körpers zeugt. Daß aber die Entstehung des Werks nicht nur wenig, sondern ein gutes Stück nach 370 v. Chr. angesetzt werden muß, das zeigen eindeutig die Proportionen des Athleten: der schlanke, verhältnismäßig kurze Rumpf auf den langen, sehnigen Beinen, dazu der relativ kleine Kopf. Diese Maßverhältnisse stellen das Werk in die Zeit nach der Mitte des Jahrhunderts, ja in die Nähe des Agias des Daochosweihgeschenks838. Ein Vergleich mit dem Hermes Richelieu (Taf. 13 c) und der Bronze von Antikythera (s. hier S. 198) bestätigt diesen Ansatz vollkommen, und die gleiche Datierung ergibt sich, wenn man den Kopf, für den vor allem die Bostoner Kopie (Taf. 32 c) herangezogen werden muß, mit den Köpfen der Athleten der Polykletschule vergleicht. Ein ganz neues Verhältnis der Teile des Gesichts zueinander ist hier festzustellen; manche sind übertrieben herausgearbeitet, wie etwa der Knochen über der Nasenwurzel, andere, wie etwa die Augen, liegen sehr tief. Auch haben die Augen durch ihre starke Wölbung und schräge Stellung zueinander einen auffallend unruhigen Blick erhalten, wie ihn kein Kopf der ersten Hälfte des Jahrhunderts zeigen würde. In der Weise, wie dabei die Teile des Gesichts zu einem Licht-Schattenspiel zusammenfließen, ist tatsächlich der Kopf des Hermes des Praxiteles vergleichbar839. Zur näheren zeitlichen Ansetzung kann helfen, daß die kurzen Haare des Münchner Athleten (Taf. 32 b) sich ebenso drahtig über der Stirn sträuben wie beim Perseus von Antikythera, der, wie wir (oben S. 209) sahen, gegen 340 v. Chr. entstanden sein muß. Vergleicht man aber die beiden Statuen (Taf. 27 c und 31 b) miteinander, so ergibt sich allerdings, daß der Athlet doch auch über den Perseus noch hinausgeht. Die fortschrittlicheren Proportionen und die energischer erstrebte Räumlichkeit des Werks führen ebenso über den mit dem Perseus etwa gleichzeitigen Meleager des Skopas840 hinaus. Am ehesten wird der ölausgießer zwischen das attische Grabrelief des Aristonautes841 und den bogenspannenden Eros des Lysipp zu setzen sein842. Eine Datierung in die frühen dreißiger Jahre wird außerdem durch den bereits angestellten Vergleich mit dem Agias bestätigt. Nun zur Frage der Zuschreibung des Werks. Sicher attische Lösungen des Motivs des einen über den Kopf gehobenen und des anderen gesenkt angewinkelten Armes sind bekannt: der einschenkende Satyr, der Sauroktonos und der Knabe aus Eleusis gehören der ersten Hälfte des Jahrhunderts, der Lykeios, der olympische Hermes und der Knabe von Marathon843 der zweiten Hälfte an, wobei sowohl der Lykeios als auch s. hier S. 210 ff. R. Lullies-M. Hirmer, Griech. Plastik Taf. 223. Die Aufnahmen bei Kekule (s. hier Anm. 835) sind viel zu gestellt. So gleichen sich fast alle Köpfe. 840 s. hier Anm. 719. 811 Diepolder Taf. 50. 842 Vgl. hier Anm. 719. 843 Zu den Werken des Praxiteles vgl. hier Anm. 583 ff. — Knabe von Marathon, Athen, Nat. Mus. 15118. Lippold, Plastik 274. R. Lullies-M. Hirmer, Griech. Plastik Taf. 210ff. Von demselben Meister könnte das Original der Statue in Boston, Mus. of Fine Arts (Caskey, Cat. Sculpt. Boston Nr. 70), geschaffen worden sein. Auch den Hermes Andros-Belvedere (s. hier S. 229 f.) hat man ihm zugeschrieben. 838 838

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Jdl. 25. Erg.-Heft

242 der Knabe von Marathon zeitlich von dem Athleten nur wenig entfernt sind. Alle diese attischen Lösungen unterscheiden sich aber grundlegend von dem Ölausgießer. Keine zeigt auch nur Ansätze zu der extremen, fast gewaltsamen Art, mit der er seine Bewegung aus sich heraus neu vollzieht. Für alle attischen Beispiele ist das Motiv eine mühelose, lässige Pose zur Darstellung des schönen Körpers. Und nicht nur der praxitelische Kreis attischer Kunst, auch der des Leochares faßt ein ähnliches Motiv in der allerdings späteren Artemis844 keineswegs mit der dem Athleten eigenen nachdrücklichen Intensität. Kann man aber für ihn eine neben diesen großen Vertretern der attischen Kunst des 4. Jahrhunderts wirkende, ganz andersartige attische Kunstrichtung konstruieren, von der uns nur dieses eine Werk erhalten wäre ? Dabei gibt es gerade für die bemerkenswertesten Eigenschaften des Münchner Athleten, die energische Geballtheit der Aktion und die extreme und doch federnd elastische Spannung in allen Teilen des Körpers, eine Parallele, die außerdem etwa der gleichen Zeitstufe angehört, die Gruppen von Alyzia und unter ihnen besonders den Herakles mit der Hirschkuh (Taf. 31 a) 845 . Hier findet sich die gleiche den Körper prall füllende Energie, die gleiche Weise, wie die sehnigen Beine mit einem nach vorn schiebenden und stoßenden Druck auseinander gestellt sind, die gleiche Art, wie der Oberkörper sich gegen den Raum stemmt und dabei doch elastisch nachfedert, wie der Kopf in fast rechtem Winkel zu den stark schräggestellten Schultern ruckartig vorstößt, wie schließlich ein Vorbild der Polykletschule — und beidesmal eines des Daidalos — dadurch neu gestaltet wird, daß der Körper die Bewegung wenn nicht mit mehr Energieaufwand, so doch mit einer neuartigen schwingenden und vibrierenden Spannung vollzieht. Im Werk Lysipps nehmen die Herakles-Gruppen eine wichtige Stellung ein. Bevor der Künstler die agile Leichtfüßigkeit seiner späteren Gestalten erreichte, durchlief er offenbar eine Epoche, in der eine explosiv gegen den Raum andrängende Bewegung Hauptmerkmal seiner Werke ist. Es ist eine Stufe, die der schwer auf seine Keule lehnende Herakles Kopenhagen (Taf. 29 a) noch nicht erreicht hat, die aber ihren Höhepunkt in den Gruppen von Alyzia (Taf. 31 a) findet. Außer ihnen gehört in diese Epoche noch ein Werk Lysipps, das uns ein Torso in Lecce (Taf. 29d; 30b) 840 überliefert. Der lysippische Charakter dieses Torsos zeigt sich beim Vergleich mit dem Kopenhagener Herakles (Taf. 29 a) sofort; die gleiche eng zusammengezogene Bauchmuskulatur unter den breiten Brustmuskeln, die gleichen kräftigen, sehnigen Schultern und die gleiche 'Muskellandschaft' des Rückens — man könnte geradezu versucht sein, den Leccetorso eine Replik des Kopenhagener Werks zu nennen, 8 4 4 Lippold, Plastik 270. Datierung kaum, wie Kleiner in Neue Beiträge 233 will, vor dem Apoll. Die Artemis hat die typische hochgewachsene Gestalt mit der Schraubendrehung des Körpers, wie sie in den 20er Jahren des 4. Jhs. mehrfach zu finden ist. Vgl. Sandalenlöser, Mänade des Skopas und noch den Apoxyomenos. 8 4 5 s. hier Anm. 812. 8 1 6 Von Homann-Wedeking, AA. 1942, 348 mit Abb. 35 au£ S. 369 für strengen Stil erklärt. Daß dies nicht möglich ist, hat bereits U. Knigge erkannt, die mir auch die Fotos vermittelte und der ich überhaupt die Kenntnis des Torsos verdanke.

243 wenn nicht der Torso deutlich von einer bewegten Figur stammte. Der linke Arm war bis zur Schulterhöhe erhoben und vorgestreckt, das linke Bein wohl auch vorgestellt, während der rechte Arm über dem Standbein angewinkelt und vom Körper abgespreizt gewesen sein muß. Im ganzen ergibt sich eine Bewegung, die der des Herakles mit der Hirschkuh aus den Alyziagruppen (Taf. 31a) nicht unähnlich scheint. Dabei ist aber das Original des Torsos deutlich früher entstanden als die Heraklesgruppen der späteren dreißiger Jahre. Der Aufbau der Muskulatur ist dem Kopenhagener Werk zu ähnlich, als daß eine Datierung sehr viel später als die Jahrhundertmitte noch möglich wäre. Nicht sehr viel jünger wieder als dieser bewegte Heros oder Athlet wird der bogenspannende Eros (s. Anm. 719) geschaffen sein, dessen kindlicher Körper naturgemäß nicht die Wucht der männlichen Figuren besitzt, der aber in der Erfassung der Bewegung als einer Explosion der Kraft ebenfalls als eine Vorstufe zu Gestalten wie dem Herakles mit der Hirschkuh (Taf. 31 a) aufgefaßt werden kann. Dagegen gehören die Gruppen von Alyzia in den Höhepunkt dieser Entwicklung. Die explosiv von innen herausbrechende Energie hat hier alle Teile des Körpers in vibrierende Spannung versetzt, die Muskeln sind bis zum Bersten mit Kraft gefüllt und alle Bewegung ist zu einem federnden Anprallen gegen den Raum geworden. Dabei steht der Menschentyp dieser lysippischen Epoche genau auf der Mitte zwischen den schweren, 'quadratischen' Körpern der Polykletschule und den schlankeren, sehnigen der spätlysippischen Werke. In diese Stufe lysippischer Kunst ordnet sich nun der Münchner Ölausgießer (Taf. 29 b; 30 c; 31b) aufs beste ein. Hier finden seine energisch gegen den Raum drängende Gestalt, das anwippende Abspreizen seiner Glieder und das typisch lysippische nach vorn geschobene Spielbeinknie ihre Parallelen. Die Weise, in der die Arme, die schräggestellten Schultern und der in den Raum vorstoßende Kopf zusammen agieren, erinnert zwar noch an Daidalos, dagegen weist die Art, in der die daidalische Massigkeit durch schnellende Anspannung ersetzt ist — die Schultern-Arme-KopfPartie ist krafterfüllt und doch beweglich wie ein gespannter Bogen —, auf den Herakles der Alyziagruppen und den bogenspannenden Eros hin. Zur endgültigen Zuschreibung an Lysipp ist natürlich noch mehr nötig als Übereinstimmung in der Auffassung der Bewegung. Aber ist man auf die Verbindung erst einmal aufmerksam geworden, so ergeben sich viele Einzelzüge, die in dieselbe Richtung weisen. Da ist einmal das Standmotiv von lysippischer Art. Wie das Spielbein, elastisch im Knie gebogen, weit zur Seite gesetzt ist und das Standbein eine Art Drehachse für die ganze Figur bildet, das hat sehr viel Ähnlichkeit mit dem Stehen des Apoxyomenos (Abb. 18); besonders die von Lysipp signierte Basis (Abb. 31) kann verglichen werden. Weiter hat der Ölausgießer bereits die gleichen schlanken, sehnigen, wie gedrechselt wirkenden Beine, die alle lysippischen Athleten besitzen. Dabei ist die Übereinstimmung einer Einzelheit besonders auffallend. Das Dreieck der beiden auseinanderlaufenden Muskelstränge am Oberschenkel des Standbeins findet sich in dieser Form nur beim Münchner Athleten und den Athleten Lysipps. Ein ähnliches straffes Herausarbeiten von unter der Haut sich durchdrückenden Sehnen und Knochen kann man außerdem am Hals, über dem Schlüsselbein und am 16»

244 Rippenkorb sowohl des ölausgießers, wie des Herakles mit der Hirschkuh oder auch des Sandalenlösers wie des Apoxyomenos beobachten. Mit Apoxyomenos und Sandalenlöser verbindet den ölausgießer ferner die kompakte, pralle Zusammenfassung des Rumpfes. Die Art, wie die Bauchmuskulatur gegliedert ist, gleicht am Münchner Athleten am meisten dem Lecce-Torso, aber sowohl der Kopenhagener Herakles als auch der Apoxyomenos haben die gleiche hohe Rechteckform der Muskulatur zwischen Hüften und Brust und die charakteristische flache Dachform des oberen Rippenkorbrandes (Taf. 29 a. b. d); auch die Art, wie der Deltamuskel mit einer besonders betonten Kerbe gegen den Brustmuskel abgesetzt ist, findet sich bei den lysippischen Werken ebenso wie beim ölausgießer. Besonders lysippisch ist an dem Münchner Athleten schließlich die Bildung des Rückens (Taf. 30c)847. Das tiefe Einschneiden der Rückgratlinie und wie sie mit ihrer Schwingung der Drehung des Körpers folgt, die langgezogene Form der Muskelstränge, die wulstartig zu beiden Seiten neben dem Rückgrat verlaufen, und schließlich das vielseitige Spiel der Muskulatur über den Schulterblättern: alles findet sich beim Münchner Athleten wie beim Kopenhagener Herakles, dem Lecce-Torso und beim Apoxyomenos (Taf. 30a—d), bei letzterem, der fortgeschrittenen Zeit entsprechend, in noch zergliederterer Form. Dabei zeigt ein Vergleich mit dem Rücken des Perseus von Antikythera848, daß die Formung bei ölausgießer und Apoxyomenos im einzelnen nicht Zeitstil, sondern persönliche Form des Künstlers ist. Zum Schluß kann auch noch der Kopf, vor allem nach der Kopie in Boston (Taf. 32c), der jene praxitelischen Züge des Münchner Kopfes ganz fehlen, mit dem Kopf des Apoxyomenos (Taf. 32 d), des Sandalenlösers und des bogenspannenden Eros zusammengestellt werden. Vor allem die tiefliegenden, überschatteten Augen mit ihrem unruhigen Blick — ein Eindruck, der vor allem auf der starken Wölbung der Augäpfel beruht — finden bei den Athleten Lysipps die besten Parallelen: Die Augen des praxitelischen Hermes haben bei aller flimmernden Verschwommenheit, die der Marmorbehandlung zuzuschreiben ist, einen charakteristischen offenen, ja freudigen Blick. Die bewegliche Mundpartie des Bostoner Kopfes ist ein deutliches Erbe der Polykletschule, das sich sonst nur bei Lysipp findet. Die Haare schließlich sind in der Seitenansicht, wo sie auf charakteristische Weise alle von hinten nach vorn streben, ganz ähnlich denen am Bart des Herakles des Daidalos (Taf. 24 c) und beim Herakles Kopenhagen (Taf. 29 a), und das Aufstreben der Haare über der Stirn setzt nicht nur die Formungen der Polykletnachfolge fort, der sich der Haar817 Die Muskulatur des Apoxyomenos im Vatikan ist vom Kopisten (spätclaudischer Zeit ?) zu füllig wiedergegeben. Das stellt der neuerdings veröffentlichte Torso in Fiesole (Antike Plastik [Hrsg. W. H. Schuchhardt] 2. Lieferung Taf. 60 — 62) richtig. Seine Ähnlichkeit zum Münchner Athleten ist frappant. Wichtig ist auch die grundsätzliche Verwandtschaft des Münchner Athleten und des Lecce-Torsos mit dem von J. Dörig überzeugend Lysipp zugeschriebenen Torso Lansdowne in St. Louis, City Art Museum (Jdl. 79, 1964, 274ff. Abb. 26f.). Er führt von den frühen Körperbildungen zum Apoxyomenos. 848 Allerdings ist der Rücken der Münchner Statue stark geflickt, doch sind die besonders charakteristischen Wülste entlang dem Rückgrat antik. Man vergleiche außerdem den Rücken der Dresdner Umbildung.

245 aufbau des Kopenhagener Herakles noch weitgehend anschloß, sondern bildet zugleich auch die Vorstufe zum Haar des Apoxyomenos (Taf. 32d). Wie bei jenem das von hinten nach vorn wachsende längere Haar auf die aufstrebenden Strähnen vorn trifft, das ist beim Ölausgießer (Taf. 32b. c), wenn auch in noch nicht derart ausgebildeter Form, bereits deutlich angelegt. Nach allen diesen Übereinstimmungen ist die Annahme vielleicht doch erwägenswert, ob uns nicht im Ölausgießer des Typus München ein Werk der Blütezeit des Lysipp überliefert ist. Der Athlet wäre ein Beispiel mehr für die enge Verbundenheit Lysipps mit der Polykletschule, deren fruchtbarste Fortsetzung seine Kunst darstellt.

REPLIKENLISTEN W i c h t i g s t e Werke in der R e i h e n f o l g e ihrer B e h a n d l u n g im Text

A 1 - 1 6 . Pan

(S. 247ff.

B 1 - 3 7 . Hyakinthos

Taf. 1b; 2a. b)

(S. 252ff. Taf. 3a; 4a; 7b; 8b)

C 1 — 20. Dresdner K n a b e

(S. 259ff.

Diskobol

E 1-7.

H e r m e s Berlin-Pitti

F

R u h i g s t e h e n d e K n a b e n u n d J ü n g l i n g e (S. 265ff.) 11-4. K n a b e Berlin-Louvre (S. 265 f . Taf. 16a. b) II 1 - 3 . F a u s t k ä m p f e r (S.266f. Taf. 15b; 16c) IUI. Idolino (S.267 Taf. 15d) I V 1 u. 2. J ü n g l i n g Capelli (S. 267 Taf. 13 a; 15c) (S. 267f.

Taf. 8c; IIb;

(S. 263ff. Taf. 9a;

J 1—4.

Bewaffnete Aphrodite Strigilisreiniger

L

Ölausgießer

(S. 268f.

(S. 269ff.

19c;

24a)

Taf.

20a)

Taf. 20c; 24b;

32a)

(S. 271 ff.)

11-3. II 1 - 6 . IUI. I V 1—6.

T y p u s P i t t i (S. 271) T y p u s M ü n c h e n (S. 272 Taf. 30c; 31b; 32b. c, U m b i l d u n g Dresden (S.272f.) T y p u s Turin-Braccio N u o v o (S. 273)

Asklepios

(S. 274)

H e r m e s Richelieu (S. 274 ff.) 11—3. Späthellenistische Kopien u n d N a c h b i l d u n g e n (S.274f.) I I 4 u. 5. V e r w e n d u n g e n zu P o r t r ä t s t a t u e n der spätrepublikanischen bis f r ü h a u g u s t e i s c h e n Zeit (S. 275) I I I 6 —8. V e r w e n d u n g e n zu P o r t r ä t s t a t u e n der Kaiserzeit (S.275f.) I V 9 — 14. Torsen, die wahrscheinlich ebenfalls P o r t r ä t k ö p f e der Kaiserzeit trugen (S. 276) V 15 —19. Torsen v o n S t a t u e n als Hermes, also echte Kopien (S.276f. Taf. 13c) V I 20—27. Köpfe, n a c h A n t i k y t h e r a von Lippold identifiziert (S. 277f. Taf. 22b; 23b) V I I 28 — 31. P o r t r ä t s t a t u e n oder auch H e r m e s s t a t u e n , deren Chlamys ähnlich, aber nicht gen a u wie b e i m H e r m e s Richelieu a n g e o r d n e t ist (S. 278f.)

O 1 — 11. Apollon Centocelle P 1-3.

23a)

(S. 268 Taf. 19a. b)

K 1-8.

N

13b; 22a; 10a)

Taf. 3d; 17a. b; 18a—c;

H 1 u. 2. Ölausgießer V a t i k a n

M 1-3.

12a—c;

8a)

D 1-8.

G 1 u. 2. L ä u f e r

(S. 262f.

Taf. 1c; 6a; 7a;

H e r m e s Barberini

(S. 279ff. (S. 281 Taf.

Taf. 10c; 26c. d) 28a)

Abkürzungen erg. = ergänzt

erh. = erhalten

s. o. = siehe oben

A. PAN

247

A. PAN ZUR KOPIENKRITIK: Furtwängler, MW. 480 Anm. 1. Pfuhl, Jdl. 41, 1926, 37 Anm. 2. R. Herbig, Pan 91 Anm. 159a. Lippold, Plastik 166 Anm. 8.

1. P a r i s , B i b l i o t h è q u e N a t i o n a l e E. Babelon—J. A. Blanchet, Cat. des Bronzes Antiques de la Bibl. Nat. Nr. 428. Bulle, SchM. Taf. 48. Bronzestatuette. H 31 cm. Nachbildung des 4. Jhs. unter neuer Betonung des polykletischen Vorbilds mit veränderter Kopfneigung und Vertauschung der Attribute (s. hier S. 50. 214f.).

2. L o n d o n , B r i t i s c h e s Museum Taf. 2 b Brit. Mus. Cat., Smith, Sculpture I I I Nr. 1667. BrBr. 47. Statue. Aus 'Villa des Antoninus Pius', Civita Lavinia. H 1,09 m. Parischer Marmor. Erg.: Nasenspitze, Arme, linker Fuß, Teil des rechten Fußes und Plinthe. Künstlersignatur des Marcus Cossutius Cerdo (Löwy Nr. 376) auf dem Baumstamm. Von G. Lippold (Kopien und Umbildungen griech. Statuen 36) mit der Pasitelesschule in Verbindung gebracht. Dagegen von Rubensohn (Jdl. 50, 1935, 56ff.) der parischen Künstlerschule zugewiesen, aus der auch Antiphanes, der Künstler der Berliner Statue Blümel, Kat. Berlin V K 237, stammt, wodurch Datierung nicht unter Mitte des 1. Jhs. möglich. Tatsächlich möchte man mit der Datierung von Brit. Mus. 1667 noch beträchtlich vor den Stephanosathleten und die Gruppe von Ildefonso gehen. Vor allem der Kopf der Statue erinnert mit seinem runden Gesicht, in der Art, wie die Mundspalte gebohrt ist, und besonders in der Haarbehandlung an den Diadumenos von Delos (zu dessen Datierung immer noch am überzeugendsten F. Muthmann, Statuenstützen und dekoratives Beiwerk an griech. und röm. Bildwerken 24f. und G. Kleiner, Tanagrafiguren, 15. Erg.-H. zum J d l . [1942] 232f.: Ende des 2. Jahrhunderts). Die Statue des Antiphanes von Paros ist in ihrer gefrorenen Starrheit sicher später als der Pan. Am nächsten zu vergleichen — außer dem Diadumenos — der Satyr, München (E. Buschor, Die Plastik der Griechen2 116). Danach dürfen wir mit der Entstehung kaum viel über 100 v. Chr. heruntergehen.

3. L o n d o n , B r i t i s c h e s Museum Taf. 2 a Brit. Mus. Cat., Smith, Sculpture I I I Nr. 1666 Taf. 7. Statue. Gleiche Höhe wie (A 2). Anderer Marmor als das Gegenstück (pentelisch, italisch?). Erg.: Nasenspitze, Arme Beine unterhalb der Knie, Plinthe und unterer Teil des Stammes. Inschrift gibt nur Namen des Künstlers. Die beiden Statuen (A 2 und 3) werden im allgemeinen für identisch erklärt. Aber nicht nur der Marmor unterscheidet sie (dazu Rubensohn, J d l . 50,1935, 56ff., der die Verfertigung von [A 3] nach Rom verlegt, während nach Dohrn in Festschrift A. Rumpf 74 beide Statuen dort geschaffen wurden), sondern edle Einzelformen von (A3) erweisen sich bei näherer Betrachtung als von (A 2) ganz verschieden. Wir versparen uns die Darlegung auf eine besondere Untersuchung. Der einzig mögliche Schluß wäre, daß die beiden Statuen nicht gleichzeitig

248

A. PAN

sind, daß vielmehr Brit. Mus. 1666 erst in augusteischer Zeit nach dem Vorbild der Statue aus dem Beginn des 1. Jhs. hergestellt worden ist. Die Signatur wäre dann hier eine Kopie der ursprünglichen, die der zweite Kopist für die Meistersignatur hielt. Zur augusteischen Datierung vgl. einstweilen die Gruppe von Ildefonso (BrBr. 308); zum Kopf s. (A 4).

4. F r ü h e r R o m , K o n s e r v a t o r e n p a l a s t Text zu BrBr. 647 Abb. 2. 3. Kopf. Erg.: Nasenspitze. Augusteisch. Vgl. Amazonenkopf nach Polyklet, Rom, Konservatorenpalast (Stuart Jones, Pal. Cons., Horti Maec. 8), oder zum Haar das Berliner Augustusmedaillon (G. Rodenwaldt, Kunst um Augustus Abb. 14).

5. R o m , L a t e r a n Benndorf—Schöne Nr. 277. EA. 2154. 2155. Kopf. H 30 cm. Italischer Marmor. Erg.: Nase und Oberlippe. Trotz der Bohrungen wohl in claudische Zeit zu setzen (vgl. G. Lippold, Kopien und Umbildungen 94f.). Die Art, wie die Haare am Hinterkopf gestaltet sind, ist im 2. Jh. n. Chr. kaum denkbar. Vgl. dagegen den Kopf des mittleren jüngeren Mannes auf dem Ravennarelief (H. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 128).

6. R o m , L a t e r a n Benndorf—Schöne Nr. 101. EA 2121. 2122. Kopf. H 29 cm. Italischer Marmor. Erg.: Nasenspitze. In der Mitte des Halses gebrochen. Spätflavisch. Vgl. zur Härte der Züge und zu der zusammenhängend gespannten Oberfläche Porträts des Domitian (etwa Mus. Nuovo Cap., D. Mustilli, II Museo Mussolini, Sala VII Nr. 4 Taf. 65, 255) und Nerva (etwa Thermenmuseum, H.Kähler, Rom und seine Welt Taf. 123,3) oder Köpfe der Cancelleriareliefs (F. Magi, I Relievi Flavi del Palazzo della Cancelleria Taf. 9ff.). Sehr nahe steht die Kopie der Läuferin im Vatikan (Lippold, Vat. Kat. III 2, Candelabri V 5). Zu den tierischen Zügen des Gesichts vgl. den Pantypus des 4. Jhs. (Athen, Nat. Mus. 251—52 und 1932, Brommer, Marb. Jb. f. Kunstwiss. 15, 1949/50, 39f.).

7. R o m , V a t i k a n Lippold, Vat. Kat. III 2, Candelabri V Nr. 42 Taf. 168. 169. Statue als Brunnenfigur. H 1,09 m. Weißer Marmor. Erg.: rechtes Horn, Nase, linker Arm von der Mitte des Oberarms an, Unterteil des Gefäßes, zwei Flicken unter dem linken Knie, linker Fuß, Plinthe, rechter Fuß mit Unterschenkel bis unterhalb des Knies, größter Teil des Pfeilers von etwa Kniehöhe an. Kopf war gebrochen, ist aber zugehörig, z. T. bestoßen, zerstörte Oberfläche, Gesicht geputzt. Puntelloreste links am Bauch und an linker Hüfte. — Steht (A 6) recht nahe; vgl. Zottelhaar; sonst menschlicher. Wohl schon in trajanischer Zeit entstanden. Zum Körper mit den stereometrisch scharf umrissenen Formen vgl. Trajan, Kopenhagen, Ny Carlsb. Glypt. 543 a (W. H. Gross, Bildnisse Trajans Taf. 1). Zum Pfeiler mit Vase s. F. Muthmann, Statuenstützen und dekoratives Beiwerk an griech. und röm. Bildwerken 15 Anm. 16 und die dort genannten weiblichen Figuren.

A. PAN

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8. L e i d e n , R i j k s m u s e u m v a n O u d h e d e n Taf. 1 b J. P. J. Brants, Description of the Classical Collection of the Mus. of Archaeology of Leiden I Nr. 1 Taf. 1. Statue. H 1,10 m. Feiner gelblicher Marmor. Erg.: Nasenspitze, Hörnerspitzen, großer Teil der linken Hand und der Syrinx, Teil der rechten und des Pedums. Mehrfach gebrochen. Trajanisch-hadrianisch. — Das Haar erinnert bereits an die Haarbehandlung der Hadriansporträts, wie etwa im Konservatorenpalast, Stuart Jones, Pal. Cons., Scala II Nr. 9 (M. Wegner, Hadrian Taf. 3). Doch ist auch noch Ähnlichkeit mit dem Lockenhaar trajanischer Frauen zu erkennen (vgl. die von Hausmann, Jdl. 74, 1959, 164ff. behandelten); der Körper gibt auch deutlich noch eine geschlossenere Formung zu erkennen, als wir sie von Antinoosstatuen kennen. Die Kopie wird daher spätestens in frühhadrianischer Zeit entstanden sein. Zur Plinthenform vgl. G. Lippold, Kopien und Umbildungen 102. Man beachte, daß der Kopist die Statue etwas schräg zur Plinthenvorderkante gestellt hat (vgl. Dohm in Festschrift A. Rumpf 59 ff.). 9. R o m , T h e r m e n m u s e u m Paribeni Nr. 55 Abb. 55. Heibig3 II Nr. 1376. Arias Taf. 99. Statue. Erh. H 75 cm. Parischer Marmor. Fehlt: Kopfkalotte (Ansätze zu Hörnern?), ebenso Unterarme, Unterschenkel, Füße und rechtes Knie mit einem Teil des Oberschenkels. Reste von vier Puntelli. — Veränderungen gegenüber Leiden: beide Unterarme waren angehoben, tierische Züge im Gesicht stärker betont, dicke Lippen, breite Nase, Haar über Stirn zu einheitlicher 'Tolle' zusammengefaßt. Die Körperformen lassen das ursprünglich Gerüsthafte ganz verschwinden und sind zu einer weichen Rundheit aufgedunsen (dazu vgl. Antinoos, Neapel, Guida Ruesch Nr. 983. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike4 636ff. und andere). Die Ähnlichkeit des folgenden Kopfes mit dem Kopf dieser Statue widerlegt die Behauptung Pfuhls (Jdl. 41,1926, 37 Anm. 2), es handle sich hier um eine eigene Schöpfung, denn (A 10) ist eine klare Kopie des Leidener Pantypus. 10. R o m , T h e r m e n m u s e u m Paribeni Nr. 54 Abb. 54. Arias Taf. 100. Kopf. H 28 cm. Griechischer feinkörniger Marmor. Im Gesicht (A 9) sehr ähnlich. Haare lockerer wiedergegeben. Das Übereinanderlagern der einzelnen Strähnen herausgearbeitet, hierin neben (A 5). Wohl auch hadrianisch, obgleich die Licht-Schattenwirkung des Haares und der elegische Ausdruck auch für spätclaudische bis flavische Entstehungszeit sprechen könnten. 11. H a n n o v e r , K e s t n e r - M u s e u m Inv. 1562. Kopf. Erg.: Nase. Oberfläche, besonders die des Haares, weitgehend zerstört. Zwischen (A 10), dem er recht ähnlich ist, und (A 8). Gewisse Verwandtschaft besteht aber auch mit (Ä 4), mit dem er vor allem die schmale Form des Gesichts gemeinsam hat. Haar zu ganz dünnen Strähnen geworden; vgl. Dresdner Knabe (C 4). 12. B r o c k l e s b y P a r k A. Michaelis, Ancient Marbles in Great Britain 238 Nr. 98. EA. 4861 a. A. H. Smith, Cat. of Antiquities in the Collection of the Earl of Yarborough at Brocklesby Park 98. Vermeule—v. Bothmer, A JA. 60, 1956, 322.

250

A. P A N

Kopf. Erg.: Büste von Mitte des Halses an abwärts, Nasenspitze, Kinn. Soweit man nach der Aufnahme beurteilen kann, Ähnlichkeiten mit dem Kopf der Leidener Statue (A8), im Haar allerdings auch zum Kopf im Konservatorenpalast (A 4). Betonung des Polykletisch-Männlichen; vgl. Dresdner Knabe (C 11). 13. W i e n , K u n s t h i s t o r i s c h e s Museum R. v. Schneider, Album auserlesener Gegenstände der Antikenslg. des Allerhöchsten Kaiserhauses 4 Taf. 8,3. Kopf. H 22 cm. Erg.: Nasenspitze, Büste von der Mitte des Halses an abwärts, Kinn. Nach der Haarbehandlung und der Ausgezehrtheit des Gesichts vielleicht erst Mitte bis zweite Hälfte des 3. Jhs; vgl. Gallien, Berlin R 114. 14. W i l t o n H o u s e A. Michaelis, Ancient Marbles in Great Britain 710 Nr. 180. Vermeule—v. Bothmer, AJA. 60, 1956, 322 Taf. 104,1. Kopf. Wie (A 12) neben die Leidener Statue gehörig, aber offenbar treuer in der Haarwiedergabe: vorgeschobener Stirnschopf und dicker Lockenkranz. Hadrianisch? 15. A l t h o r p H o u s e Erwähnt Vermeule—v. Bothmer, AJA. 60, 1956, 322. Kopf. Erg.: rechtes Horn, Hinterkopf mit Ohren, Büste. 16. R o m , V a t i k a n , Magazin G. v. Kaschnitz-Weinberg, Sculture del Mag. del Mus. Vat. Nr. 66 Taf. 21. Kopf. H 16,4 cm. Nase, Kinn und Hörner beschädigt. Hals modern zugeschnitten. Grobe, vereinfachende Wiedergabe. Außerdem nennt Furtwängler (MW. 480 Anm. 1) noch eine Replik in Palermo und Paribeni (38 Nr. 55, 15) in Subiaco, Santa Scolastica, mir beide nicht zugänglich. Die von Paribeni (ebenda 38 Nr. 55, 16) außerdem genannte Replik in Kopenhagen ( = Ny Carlsberg Glypt. 403?) ist jedoch ein anderer Typus. Oder er meint Ny Carlsberg Glypt. 274a. EA. 4299. Kopf; H 18 cm. Nase und Kinn beschädigt ? Von Poulsen (Cat. Sculpt. zu 274a) und Brendel (Text zu EA. 4299) als römisch-klassizistisch bezeichnet; doch scheint es sich hier tatsächlich um eine Gestaltung nach dem Leidener Pan zu handeln. Dabei ist die Mischung von Tierischem und Menschlichem so gut gelungen, daß der Gesamteindruck der Statue des Polykletschülers gerade von dieser an sich ganz freien Umbildung aus recht gut vorstellbar wird. Wohl in antoninischer Zeit entstanden. Eine weitere Umbildung befindet sich nach G. Lippold (Text zu EA. 4985 Nr. 81) im Nationalmuseum von Stockholm. Z U R R E K O N S T R U K T I O N D E S K O P F E S : Oben S. 50 f. ist bereits von den beiden extremen Fassungen der Überlieferung die Rede gewesen, dem fast ganz tierischen Pansgesicht (A 6) und dem edelgeschnittenen Kopf (A 4). Das Richtige schien auch hier in der Mitte zu liegen. Die rein tierischen Züge des lateranischen Kopfes (A 6) sind, obgleich der Kopf selbst am Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. entstanden zu sein scheint, dem Pansbild des 4. vorchristlichen Jahrhunderts und des Hellenismus entnommen, und die Kopie steht mit dieser Formung, die nur mit dem Kopf der Statue (A 9) gewisse Ähnlichkeiten hat, ganz allein und beweist damit deutlich,

A. PAN

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daß sie als Umbildung gelten muß. Aber auch der rein menschliche Kopf des Konservatorenpalastes (A 4) ist in gewissem Sinn als eine Neuformung des in augusteischer Zeit arbeitenden Kopisten zu betrachten. In typisch klassizistischem Geist ist hier das Original auf das nur Ebenmäßige reduziert. So läßt dieser Künstler beispielsweise die Abschlußlinie des Haares über der Stirn in einer in der Mitte nur leicht ausbuchtenden Rundung verlaufen, während doch das Original nach Ausweis fast aller anderen Wiedergaben über der Stirn einen vorgeschobenen Wirbel zeigte, neben dem zu beiden Seiten die länglichen Locken nicht, wie bei dem augusteischen Kopf, in parallel geordneten Schwüngen, sondern zu einem dicken Wulst ineinander verschlungen und verwickelt das Gesicht einrahmen. Da dieser Haaraufbau, wie man noch deutlich erkennt, letztlich auch der Reduzierung des Kopfes im Konservatorenpalast (A 4) zugrunde gelegen hat, so ist der naturhaft wilde und widerspenstige Haarwuchs als eine Eigenschaft des Originals anzusehen, ohne daß nun gleich der tierische Zottelpelz des Laterankopfes (A 6) dafür eintreten müßte. Ein zweiter allerdings in der Front recht zerstörter Kopf des Lateran (A 5) nimmt in der Wiedergabe des Haares eine überzeugende Mittelstellung zwischen den Extremen ein. Neben ihm steht die Kopfreplik des Thermenmuseums (A 10), die grober gearbeitet und mit besonderer Betonung des Übereinanderlagerns der hier wohl etwas zu strickartig wiedergegebenen Strähnen in der gleichen Weise das Naturhaft-Wilde zum Ausdruck bringt, ohne zu sehr ins wirklich Tierische zu verfallen. Dagegen scheint der Kopf der Leidener Statue (A 8) trotz des formal klar herausgearbeiteten Stirnwirbels und des äußerlich reichen Auf und Ab der Lockenbuckel verarmt: Die Fülle der länglichen Strähnen des Schläfenhaares ist weitgehend beschnitten, und die Bewegung des Lockenspiels in einer kühlen Marmorglätte erstarrt. Dieser Auffassung des hadrianischen Kopisten gegenüber erweist sich der augusteische Kopf bei aller übertriebenen Ebenmäßigkeit als substanzhaltiger, näher jener naiv zupackenden Neufassung des ursprünglichen Werks, als die sich die späthellenistische Statue London Nr. 1667 (A 2) aus dem Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. darstellt. Hier ist das Haar als eine einheitliche Kappe aufgefaßt, deren reichbewegte Oberfläche in Licht und Schatten wechselt und die damit zugleich einen lebendigen Hintergrund für das kindlich volle Gesicht abgibt. In dieser malerischen Funktion ist der im Original bei aller Wildheit doch klar gegliederte Aufbau des Haares vereinheitlicht; so sind Stirnwirbel und Schläfenwülste hier vollkommen in die Gesamtmasse einbezogen. Durch die als Pendant zu dieser hellenistischen Fassung, aber erheblich später geschaffene Statue London Nr. 1666 (A 3) sind wir dann in der Lage zu sehen, wie ein Künstler der früheren augusteischen Zeit im engen Anschluß an die hellenistische Formung wieder die ursprünglichen Aufbauelemente zu trennen versucht: eine deutliche Vorstufe zu dem sicher unter neuer Bezugnahme auf das Original geschaffenen rein klassizistischen Kopf des Konservatorenpalastes. Blicken wir von hier aus nochmals auf den zweiten Laterankopf (A 5), so bestätigt sich dessen Mittelstellung. Besitzt er doch den klaren Grundaufbau, der in der hellenistischen vereinheitlichenden Wiedergabe verlorenging, zugleich aber auch die

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freie Naturhaftigkeit des Wuchses und eine zarte Oberflächenbehandlung, die wiederum den klassizistischen Formungen sowohl der augusteischen wie auch der hadrianischen Zeit abging. Im einzelnen hat allerdings der Verfertiger des Laterankopfes (A 5) in dem Bestreben, die materielle Struktur der Oberfläche herauszuarbeiten, das Haar zu seidig-dünn gestaltet; und überhaupt ist diese in claudischer Zeit entstandene Kopie, wie besonders der Vergleich mit der hellenistischen Fassung zeigt, durch eine gewisse zimperliche Verdünnung der Form gekennzeichnet. Läßt sich für die Haarbehandlung noch einigermaßen feststellen, in welcher Weise sich im Original naturhafte Ungezähmtheit und vermenschlichende Ordnung die Waage hielten, so ist das für die feinste Nuancierung der Mischung von Tierischem und Menschlichem im Gesicht fast unmöglich. Sicher ist, wie wir gesehen haben, daß die menschlich edlen Züge des Kopfes aus dem Konservatorenpalast (A 4) nicht dem Original entsprechen. Versuchen doch fast alle anderen Wiedergaben, irgend etwas Ungewöhnliches im Gesicht anzudeuten. In grober Weise geschieht das bei dem Kopf der Statue im Thermenmuseum (A 9) mit seiner breiten Form und den dicken Lippen. Dicke Lippen hat auch der Kopf in Hannover (A 11), der im übrigen in der länglichen Gesichtsform der Replik im Konservatorenpalast (A 4) verwandt ist. Besonders schmale Lippen, die wohl der spitzen Form des Mundes in dem Pansgesicht Lateran Nr. 101 (A 6) ähneln sollen, besitzt dagegen wiederum der Kopf der Brunnenstatue im Vatikan (A7). Dem Original am nächsten kommt man vielleicht, wenn man beachtet, wie der Mund bei der Londoner Statue Nr. 1667 (A 2) und bei dem Kopf des Thermenmuseums (A 9) mit leichter Zuspitzung und Übertreibung menschlicher Form geschwungen ist. Die Augen des Originals waren nach Ausweis der meisten Kopien etwas kleiner als gewöhnlich bei einem menschlichen Gesicht und standen vielleicht auch etwas ungewohnt weit auseinander. In der Gesichtsform wird die rundere, vollere Form bevorzugt, die aber von London Nr. 1667 (A 2) wiederum übertrieben worden ist, während im gesamten Ausdruck sicher die fast kindliche Frische der Statue London Nr. 1667 dem Original besser entspricht als der elegische Ausdruck des claudischen Kopfes im Lateran (A. 5). B. HYAKINTHOS ZUR KOPIENKRITIK: Furtwängler, MW. 483 Anm. 3. Mahler, Polyklet 135 Anm. 1. M. Bieber, Die antiken Skulpturen und Bronzen des Kgl. Museum Fridericianum in Cassel zu Nr. 11. Bulle zu EA. 1442. Pfuhl, Jdl. 41, 1926, 37 Anm. 2. Blümel, Kat. Berlin IV zu K 157. Lippold, Plastik 165 Anm. 8. Rekonstruktion (fälschlich mit Marmorpfeiler, dieser im Original sicher aus Bronze) s. Schuchhardt, Epochen 7 5 Abb. 62. 1. Paris, Louvre ' Taf. 4 a Cat. Sommaire 457. MonPiot 1, 1894, Taf. 17. J. Charbonneaux, La Sculpture Grecque Classique II Abb. 67.

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Statue. Aus Ägypten. H 1,07 m. Pfeiler erh. Nur Kleinigkeiten erg. Datierung: entweder claudisch — vgl. den Claudius in Olympia (H. Kahler, Rom und seine Welt Taf. 126) und das Ravennarelief (ebenda Taf. 128) — oder Zeit des Londoner Pan (A 2). Dafür spräche vor allem der Kopf mit den gleichsam nur oberflächenhaft angelegten Gesichtszügen und dem zottig-bewegten Haar. Interessant ist der Vergleich des Pfeilers mit dem Pfeiler des Pan (A 7). Der mehr grobgliedrige Aufbau des Pfeilers des Hyakinthos findet sich auch bei der Statue Campana (B 15). Vgl. außerdem die bei F. Muthmann, Statuenstützen und dekoratives Beiwerk an griech. und röm. Bildwerken 15 genannten Statuen. 2. F r a n k f u r t , L i e b i e g h a u s (früher Sammlung Pollak) Taf. 7 b; 8 b Städtische Galerie zu Frankfurt a. M. Skulpturensammlung, Kurzes Verzeichnis der Bildwerke3 Nr. 156; 4 Nr. 12. Mahler, Polyklet 137 Abb. 43. Inst. Neg. Rom 2803. Foto Marburg 82860. Kopf. H 18,5 cm. Nach Mahler noch Farbspuren. Spätaugusteisch bis frühclaudisch. Vgl. Kopf des Augustus von Primaporta (H. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 85 rechts) oder der Statue von der Via Labicana (W. Lübke—E. Pernice—B. Sarne, Die Kunst der Römer Abb. 179). Besonders die Haare ebenso wie beim Augustus an den Rändern mit dem Grund verschmelzend, auch ähnliche Einkerbungen in den einzelnen Locken. 3. R o m , P a l a z z o B a r b e r i n i Matz—Duhn I Nr. 975. EA. 2890. Torso. H des Antiken 66cm. Erg.: Kopf (mit nicht zugehörigem antiken Frgt.), der ganze rechte Arm, also auch der von Furtwängler, MW. 483 Anm. 3, für antik gehaltene Apfel, linker Unterarm, beide Unterschenkel, Plinthe, Stamm. Augusteisch. Bei den stereometrischen und doch gegenüber den trajanischen Kopien lebendigen Formen ist keine andere Datierung möglich. Vgl. die Ildefonsoknaben, A. Blanco, Cat. de la Escultura, Mus. del Prado Taf. 10. 4. B e r l i n , S t a a t l i c h e Museen (Pergamonmuseum) Taf. 3 a Blümel, Kat. Berlin IV K 157 Taf. 42. 44. Statue. Aus Gaeta. H des Erh. 83,5 cm. Weißer, großkörniger Marmor. Fehlt: Nasenspitze, rechter Arm (erh. Mittelstück der Hand), linker Unterarm mit Ellbogen, Glied, Unterschenkel von Knien an abwärts. Datierung in flavische Zeit. Vgl. die charakteristische Haarbehandlung etwa mit der Julia Titi, Kopenhagen (R. West, Römische Porträtplastik II Taf. 7 Abb. 23). Zur fast übermäßig herausgearbeiteten Beweglichkeit der Muskeln vgl. etwa die Panzerstatue des Domitian, Vatikan (ebenda Taf. 4 Abb. 18), und auch den immer mit Recht für flavisch gehaltenen Herakles Farnese. 5. R o m , Villa B o r g h e s e EA. 2709. Oberkörper, modern unten abgesägt. H 38 cm. Erg.: Stück an linker Brust. In der Haarbehandlung Berlin K 157 auffallend ähnlich, doch weniger lebendige Arbeit. 6. D r e s d e n , S k u l p t u r e n s a m m l u n g P. Herrmann, Verzeichnis der ant. Originalbildwerke der Staatl. Skulpturenslg. Nr. 82. Erworben aus Rom (AA. 1895, 219).

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Torso. H 68 cm. Rechter Oberschenkel bis zum Knie, links zur Hälfte erh. In der Wiedergabe deutlich Nähe zu Berlin K 157 (B 4), aber verhärtet. Spätflavisch. Vgl. Cancelleriareliefs, H. Kahler, Rom und seine Welt Taf. 163. 7. K o p e n h a g e n , N y C a r l s b e r g G l y p t o t h e k Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 351. Billedtavler antike Kunstvierker (1907) Taf. 24, 351. Kopf. H 19 cm. Erg.: Nase, Oberkopf. Spätflavisch nach den harten Zügen. 7a. R o m , V a t i k a n , M a g a z i n G. v. Kaschnitz-Weinberg, Sculture del Mag. del Mus. Vat. Nr. 64 Taf. 21. Kopf. H 16,5cm ohne Ergänzungen. Großkristallinischer griechischer Marmor. Erg.: Hals. Überarbeitet. 8. B e r l i n , S t a a t l i c h e M u s e e n (Pergamonmuseum) Blümel, Kat. Berlin IV K 158. Torso. H 68 cm. Weißer Marmor. Mit aufgesetztem, nicht zugehörigem Kopf K 159 (B 11). Fehlt: linker Arm von Mitte des Oberarms an, beide Unterschenkel und Füße. Trajanisch. Man beachte die typische durchsichtige Klarheit der Formgebung, die die Kopie bei aller Treue etwas blutleer werden läßt, und vgl. vor allem die Doryphoroskopie in Berlin K 151, die mit Sicherheit in trajanische Zeit gehört (dazu etwa die nackten Gestalten des Beneventbogens, den Jupiter in der südlichen Attika und die drei Gottheiten hinten auf der oberen nördlichen Platte, H. Kahler, Rom und seine Welt Taf. 168 und E. Strong, Roman Imperial Sculpture Abb. 76). 9. M ü n c h e n , G l y p t o t h e k A. Furtwängler, Beschreibung der Glypt. Nr. 484. Bulle, SchM. Taf. 65. Bianchi Bandinelli Abb. 84. Statue. H 1,16m. Weißer italischer (?) Marmor. Erg.: Nase, linker Unterarm, Unterschenkel und Füße, Plinthe und Baumstamm. Nach J. Sieveking — C. Weickert, (Fünfzig Meisterwerke der Glypt. König Ludwigs I. zu Taf. 16, 1) Hand mit Teil des Stammes antik. Doch scheint dies ein Irrtum, man darf sich nicht durch die Brüche, die die Figur offenbar nach der Ergänzung nochmals erfahren hat, irreleiten lassen. Den trajanischen Kopien eng verwandt, doch sprechen der etwas süßliche Ausdruck des Gesichts und die überfeinerte Wiedergabe der Oberfläche bei schwindender Gerüsthaftigkeit für hadrianische Entstehung. Vgl. den Perseus des Reliefs im Kapitolinischen Museum (Stuart-Jones, Mus. Cap., Stanze degli Imp. Nr. 89) oder den Ikarus des Villa-Albani-Reliefs (EA. 3576). 10. I n c e B l u n d e l l H a l l B. Ashmole, Ancient Marbles at Ince Blundell Hall Nr. 217. Kopf. H 18 cm. Parischer Marmor. Stark bestoßen. Qualitätsmäßig die beste Wiedergabe des Kopfes. Hadrianisch. Vgl. Kopf des Diskophoros, Berlin (Blümel, Kat. Berlin IV K 146), und Kopf der Münchner Statue (B 9). 11. B e r l i n , S t a a t l i c h e M u s e e n (Pergamonmuseum) Blümel, Kat. Berlin IV K 159 Taf. 44. Kopf. H 17,5 cm. Weißer Marmor. Wohl auch schon 2. Jh. n. Chr.

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12. K o p e n h a g e n , N y C a r l s b e r g G l y p t o t h e k Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 350. Billedtavler antike Kunstvaerker (1907) Taf. 24, 350. P. Arndt, La Glypt. Ny Carlsb. Taf. 54. Kopf. H 19 cm. Erg.: Nase und Oberlippe. Zwischen dem Kopf (B 11) und dem der Statue (B 16) anzusetzen.

13. V i e n n e , M u s é e L a p i d a i r e E. Will, La Sculpture Romaine au Mus. Lapidaire Nr. 5. Foto Marburg 44959. Torso. H 58 cm. Weißer Marmor. Fehlt: Kopf, rechter Arm und Schulter, linker Arm, linkes Bein von Hüfte an, rechter Unterschenkel. Sägespur über Leiste. Oberfläche der Vorderseite beschädigt. Der Münchner Statue sehr ähnlich, vielleicht etwas früher.

14. N e w Y o r k , M e t r o p o l i t a n M u s e u m (früher Sammlung Howard C. Sherwood) MetrMusBull. 16, 1958, 190 links. Torso. H 53,5 cm. Gehört wohl ebenfalls in die Nähe der Münchner Statue.

15. P a r i s , L o u v r e (früher Sammlung Campana) Cat. Sommaire Nr. 456. Picard, Manuel II 2, 703 Abb. 284. Statue. H 1,07 m. Erg. (nach Furtwängler, MW. 483 Anm. 2 f.): oberer Teil des Kopfes. Pfeiler antik. Rechter Arm fehlt. Der Münchner Wiedergabe verwandt. Etwas fülliger und dicklicher. Darin ist ihm (B 16) ähnlich.

16. C a m b r i d g e (Mass.), F o g g M u s e u m A. Furtwängler, Antiken in den Museen von Amerika, SBMünchen 1905, 280. Inst. Neg. Rom 2755. Statue. Fehlt: rechter Arm (Schulter erh.), linker Unterarm, beide Unterschenkel. Kopf war gebrochen, Hals ist neu. Zur Datierung in fortgeschrittene hadrianische Zeit vgl. Antinoos, Delphi (P. de la Coste-Messelière, Delphes Taf. 204. 205).

17. M a d r i d , P r a d o A. Blanco, Cat. de la Escultura Nr. 124 E Taf. 74. EA. 1602. Statue. H 1,16m. Weißer Marmor. Erg.: Oberteil des Kopfes, Nase, Mittelstück des Halses, linker Arm von da an, wo er nicht mehr am Körper anliegt, rechter Arm außer Hand, Unterschenkel mit Knie, Stamm, Plinthe. Neben Statue Cambridge (B 16).

18. M a n t u a , P a l a z z o D u c a l e Dütschke Nr. 687. EA. 15. A. Levi, Sculture Greche e Romane del Pal. Duc. di Mantova Nr. 15 Taf. 28. Torso. H 70cm. Fehlt: rechter Arm, linker Unterarm, beide Unterschenkel, rechts außerdem noch Knie und ein Stück vom Oberschenkel. Ebenfalls der Statue Cambridge (B 16) verwandt.

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19. E h e m a l s Rossie P r i o r y , S c h o t t l a n d A. Michaelis, Ancient Marbles in Great Britain 648 Nr. 1. F. Poulsen, Greek and Roman Portraits in English Country Houses 25 Abb. 30. Jetziger Verbleib unbekannt (s. Vermeule, AJA. 59, 1955, 146. Sotheby 20.—21. Dez. 1948 Nr. 203). Statue. H 1,07 m. Parischer Marmor. Spiegelverkehrt. Erg. von Canova: rechter Unterarm, beide Beine, Stamm. Kopf in zwei Teilen und vom Rumpf abgebrochen, doch nach Poulsen (s. o.) zugehörig, nach dem Foto würde man an seiner antiken Entstehung zweifeln. Gehört wohl auch zur Gruppe um Cambridge (B 16). 20. München, Residenz Genannt bei Arndt—Amelung, Text zu EA. IV 18 Nr. 2. H 1,15 m. Offenbar sehr schlecht erhalten, aber ebenfalls spiegelverkehrte Version. 21. New Y o r k , Metropolitan Museum G. M. A. Richter, Cat. of Greek Sculptures Nr. 52 Taf. 45. Dies., Handbook of the Greek Collection (1953) Taf. 70 c. Torso. Vielleicht aus Athen. H 57,1 cm. Pentelischer Marmor. Fehlt: Kopf, rechter Unterarm, linker Arm, beide Unterschenkel und Füße. Linke Hand erhalten, sie hält eine Tänie. Spuren antiker und moderner Restaurierung. Ebenfalls Umkehrung. Nach der Tänie würde man auf Grabstatue schließen. Säumten zwei gegenständige Knaben ein Grabmal? In hadrianischer Zeit gearbeitet. Vgl. etwa den Perseus des Reliefs im Kapitolinischen Museum, Stuart-Jones, Mus. Cap., Stanza degli Imp. Nr. 89 oder S. Aurigemma, Villa Adriana 124. 125. Interessant ist der Vergleich mit der Statue Berlin K 157 (B 4), die äußerlich ähnlich bei der Darstellung der Muskulatur verfährt. Bei genauerem Vergleich zeigt sich aber die gesundere Naivität der Arbeit des 1. Jhs. deutlich gegenüber der raffinierten Pseudolebendigkeit der Umkehrung. 22. Rom, B a n c a Nazionale EA. 1175b. Torso. H 73 cm. Großkristallinischer weißer Marmor; italisch? Verwandt (B 21). 23. Genua, Palazzo R e a l e EA. 1360. Torso. Erg.: Kopf, Unterarme (rechte Hand und Apfel z. T. antik), Stamm, Plinthe. Scheint auch ähnlich (B 21). 24. P a r i s , Pozzi Burlington Fine Arts Club, Exhibition of Ancient Greek Art (1904) Nr. 13 Taf. 13. Statuette. H 53,5cm (also dem Original gegenüber etwa auf a/3 verkleinert). Erg.: linke Hälfte des Gesichts mit Kinn, Nase und Teil der Haare. Fehlt: linker Unterarm, beide Unterschenkel und Füße. Wohl auch hadrianisch. Vgl. Antinoos, Neapel, und Pan, Thermenmuseum (A 9). 25. Mantua, Palazzo Ducale Dütschke Nr. 650. A. Levi, Sculture Greche e Romane del Palazzo Ducale di Mantova Nr. 12 Taf. 27 links.

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Statue. H 74 cm. Griechischer Marmor. Fehlt: Nase, linker Unterarm, rechter Arm (rechte Hand mit Apfel erh.), linkes Bein, rechtes Bein von Mitte des Oberschenkels an. Im Rücken Stück links zerstört, Oberfläche abgerieben. In ähnlicher Weise wie die Statuette Pozzi mit verdicklichten Formen, wenn auch nicht ganz so verschwommen wie (B 24). Zur Datierung vgl. Hadrian aus dem Asklepieion von Pergamon (M. Wegner, Hadrian Tai. 14 b). 26. K a r l s r u h e , Landesmuseum EA. 1442. 1443. Statue mit Kopfflügeln (früher Hypnos genannt, wohl Hermes). Aus Tusculum. H 1,20 m. Weißer Marmor. Kopf war gebrochen. Erg. waren: Nasenspitze, rechter Arm von unterhalb der Schulter an, rechte Hand außer dem am Rücken anliegenden Teil, linker Arm vom Ellbogen an, ferner die zugehörige Hand, rechtes Bein von Mitte des Knies an, linkes Knie von Mitte des Oberschenkels an, Stamm, Plinthe. Im letzten Krieg noch zusätzlich schwer zerstört (freundliche Mitteilung von J . Thimme). Antoninisch. Vgl. etwa den Marc Aurel Lansdowne (M. Wegner, Die Herrscherbildnisse in antoninischer Zeit Taf. 17 a) oder den Knaben im Kapitolinischen Museum (Stuart-Jones, Mus. Cap., Stanza d. Glad. Nr. 12. Bulle, SchM. Taf. 82). 27. R o m , Palazzo Colonna Matz—Duhn I Nr. 222. EA. 1139. Torso. H der erg. Statue 1,13m. Gelblicher, feinkörniger Marmor. Erg.: rechter Arm von Mitte des Oberarms an, linker Unterarm, beide Beine von Mitte der Oberschenkel an, Stamm, Plinthe. Kopf nicht zugehörig. Der linke Oberarm geht weiter als sonst vom Körper weg. Die Kopie könnte früher sein als die in Karlsruhe (B 26), vielleicht ist sie sogar noch trajanisch. Die Auffassung ist eine ganz andere, der Knabe wirkt muskulöser, die Formen sind geradezu metallisch. In der geringen Verschiebung der Schulter, wobei allerdings die moderne Ergänzung mitspielen mag, gehört die Wiedergabe neben die Karlsruher Statue (vgl. hier S. 258f.). 28. K a s s e l , Landesmuseum M. Bieber, Die antiken Skulpturen und Bronzen des Kgl. Museum Fridericianum in Cassel Nr. 11. Kopf. H 18,5 cm. Großkristallinischer Marmor. Antoninisch? 29. R o m , V a t i k a n Amelung, Vat. Kat. I, Chiaramonti Nr. 536 Taf. 70. Oberteil, zu Büste zugeschnitten. H 37 cm. Grobkörniger hellgrauer Marmor. Erg.: Nüstern und Lippen, halbes Kinn, Unterteil des Halses, ein Stück der linken Schulter, ein Stück am Arm rechts außen, Büstenfuß und Täfelchen. 30. Ascona, Sammlung von der Heydt K. A. Neugebauer, Antiken in deutschem Privatbesitz Nr. 8 Taf. 5. Torso. H 67 cm. Glimmerhaitiger Marmor. Der Kopie fehlt das innere Gerüst. Wohl frühestens antoninisch, obgleich gewisse Ähnlichkeit mit (B 25). 31. Rom, Museo B a r r a c c o P. Arndt, Cat. del Museo di Scultura Antica Nr. 105. Torso. H 66 cm. Parischer Marmor. 17 Jdl. 25. Erg.-Htft

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32. O s t e r l y P a r k Erwähnt Vermeule, AJA. 59, 1955, 144. Torso als Apoll mit Lyra ergänzt. Umkehrung. 33. E h e m a l s S a m m l u n g S a m b o n Exposition de Sculpture 12 Nr. 43 Taf. 11. — Torso. 34. N e a p e l , N a t i o n a l m u s e u m Nur bekannt nach einer Beschreibung von Friederichs, AZ. 20, 1862, 309. Furtwängler, MW. 483 Anm. 3, o. Vgl. F. Muthmann, Statuenstützen und dekoratives Beiwerk an griech. und röm. Bildwerken 16 ff. Torso. Offenbar verkleinerte Wiedergabe: H 61 cm. Erg.: Unterschenkel. Rechte Hand hält einen Apfel, auf dem Pfeiler liegt ein Gewand, davor steht eine Herme. Wenn diese Anordnung antik ist, so würde das Gewand auf dem Pfeiler ebenso wie die Herme den Palästracharakter nochmals betonen, der Apfel das Aphrodisische. 35. H o l k h a m H a l l A. Michaelis, Ancient Marbles in Great Britain 306 Nr. 20. EA. 4872. Torso. H des Ganzen 1,72 m. Als Meleager, der sich auf einen Eberkopf stützt, von Cavaceppi ergänzt. Modern: linker Arm von Mitte des Oberarmes an, Eberkopf, Stamm, Unterschenkel mit Knien, Plinthe, Teil des rechten Oberschenkels, Nasenspitze. Das Oberteil des Kopfes war weggebrochen, gehört aber nach Michaelis (s. o.) zum antiken Bestand. Umbildung. Die Statue ist größer, muskulöser und männlicher — hierzu vgl. (B 27) — als die anderen Wiedergaben. Wohl antoninisch. Vgl. (B 26) und die dort erwähnten römischen Werke. 36. Aix en P r o v e n c e H. Gibert, Le Musée d'Aix Nr. 266. EA. 1389. Torso einer Brunnenfigur. H 0,82 m. Weißer Marmor. Neben dem rechten Bein Rest von Sockel, darauf durchbohrter Krug, auf ihm kleiner Rest von weiterem Gegenstand (?) oder Henkel. Verwandt mit (B 26). 37. L e n i n g r a d , E r m i t a g e O. Waldhauer, Die antiken Skulpt. der Ermitage II Nr. 92 Taf. 8. Torso. H 0,84 m. Erg.: Kopf, Hals, linker Unterarm mit Ellbogen, rechter Ellbogen, Füße mit Basis, Baumstamm, Leier, großer Teil der Stützen.

Hinzu kommen wohl noch die bei Matz—Duhn I Nr. 221. 223. 224 genannten Statuen in der Villa Pamfili, im Palazzo Doria und Palazzo Rospogliosi, wohl auch die bei Matz— Duhn I Nr. 969 genannte Statue, ebenfalls in Palazzo Rospogliosi. Zu untersuchen wären auch die Matz—Duhn I Nr. 970—977 auf eventuelle Hyakinthoswiedergaben. O. Waldhauer (Die antiken Skulpt. der Ermitage II zu Nr. 92) scheidet nicht nur Kopien, sondern Varianten, die als Originale den vorhandenen Statuen zugrunde liegen sollen. Die Berliner Statue K 157 (B 4) sei die Hauptvertreterin eines älteren, stärker polykletischen Typus mit höher hinaufgezogener Schulter, die Louvrestatue (B 1) vertrete dagegen einen

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jüngeren Typus, der besonders großen Einfluß auf die Folgezeit hatte. Gegen diese Auffassung spricht aber allein schon der Umstand, daß Waldhauer selbst Übergangstypen nennt, nämlich Mantua (B 18 oder 25?) und Colonna (B 27). Die Verschiedenheit in der Schulterverschiebung läßt sich außerdem zum großen Teil dadurch erklären, daß bei den meisten Kopien die Pfeiler und Unterschenkel ergänzt sind. Nur die Karlsruher Kopie ist tatsächlich verschieden von den andern. Hier beweist nun aber sowohl die Bildung des Haares als auch des weichlichen Körpers, daß wir eine Gestaltung der hadrianisch-antoninischen Zeit vor uns haben, die stärker vom eigenen Knabenideal der Zeit als vom Vorbild geprägt ist. Einen besonderen originalen Typus zu vermuten, wäre also gerade von diesem Werk her unsinnig. C. DRESDNER KNABE ZUR KOPIENKRITIK: Furtwängler, MW. 475 Anm. 5 und S. 476 Anm. 1. Anti, MonAnt. 26, 1920, 584 Anm. 6. Paribeni zu Nr. 43.

1. Rom, K o n s e r v a t o r e n p a l a s t Stuart-Jones, Pal. Cons., Galleria Nr. 18 Taf. 30. BullCom. 14, 1886, Taf. 1. 2. Statue. Gefunden auf dem Quirinal. H 1,08 m. Nach Stuart-Jones (s. o.) pentelischer Marmor. Fehlt: Kopfkalotte, linker Arm von Mitte des Oberarms an, rechter Unterarm, rechtes Bein, linker Unterschenkel. Die Kalotte war ebenso wie der größte Teil des Rückens angesetzt, Löcher für Dübel sind vorhanden. Zur Deutung der Umbildung mit Schwertband und Flügeln: Benndorf, Bull-Com. 14, 1886, 54f. gelangte durch Vergleiche mit dem Geflügelten auf der Säulentrommel des ephesischen Artemision (Brit. Mus. Cat., Smith, Cat. Sculpture II Nr. 1206) und den Wiedergaben des Eros von Thespiai des Praxiteles zur Deutung als Eros. Furtwängler, MW. 482 war dagegen wegen der Bewaffnung für Ares. Die Figur an der Säulentrommel wurde als Thanatos gedeutet von C. Robert, Thanatos 36 ff. und Archäologische Märchen 160 ff. Daraus ergab sich auch für die Statue die immer noch überzeugendste Deutung auf Thanatos. Zur Datierung vgl. den Diadumenos von Delos (hier S. 247). 2. D r e s d e n , S k u l p t u r e n s a m m l u n g Taf. 1 c; 6 a; 8 a P. Herrmann, Verzeichnis der ant. Originalbildwerke der Staatl. Skulpturenslg. zu Dresden Nr. 88. Arias Taf. 86. 87. Anti, MonAnt. 26, 1920 585 Abb. 30. Bianchi Bandinelli Abb. 81. Statue. Erh. bis auf fehlende Nase, Oberlippe, Unterarme und Glied. Rest von Puntello rechts am Oberschenkel außen. Augusteisch. Vgl. zu der Haarbehandlung das Augustusmedaillon, Berlin (G. Rodenwaldt, Kunst um Augustus Abb. 14). 3. Rom, V a t i k a n , Magazin G. v. Kaschnitz-Weinberg, Sculture del Mag. del Mus. Vat. Nr. 61 Taf. 21. Kopffragment. H 19 cm. Pentelischer Marmor. Fehlt: Partie unterhalb des Mundes, außerdem die rechte Wange. Datierung: spätaugusteisch-claudisch. Vgl. Augustus von der Via Labicana (G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike4 Taf. 526 f.) oder die Livia, Kopenhagen (A. Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und Römer Taf. 209), für die scharf umrissenen Züge und die duftig zarte Haarwiedergabe. 17'

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4. R o m , V a t i k a n , Magazin G. v. Kaschnitz-Weinberg, Sculture del Mag. del Mus. Vat. Nr. 62 Taf. 21. Kopffragment. H 21 cm. Fehlt: die ganze linke Seite fast bis zum inneren Augenwinkel, ebenso das Kinn. Verdünnung der Formen und impressionistische Auffassung. Vgl. etwa den Neapler 'Drusus' oder die 'Minatia Polla' (A. Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und Römer Taf. 187.211) gegenüber der Kopenhagener Livia (ebenda Taf. 209). 5. K o p e n h a g e n , Ny C a r l s b e r g G l y p t o t h e k Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 360. EA. 4482. 4483. Kopf. Aus Tusculum. H 28 cm. Erg.: Nase, Lippen, teils auch das Kinn; überarbeitet. 6. R o m , P a l a t i n EA. 2072. 2073. Kopf. Pentelischer Marmor. Sehr zerstört. Gehört ebenso wie das vorige Stück wohl auch in die Nähe oder mindestens in dieselbe Uberlieferungsrichtung wie (C 4). 7. R o m , Museo B a r r a c c o Taf. 7 a G. Barracco — W. Heibig, La Collection Barracco 39 Taf. 46. Heibig3 1112. (Arias Taf. 89 ist nicht dieser Kopf.) Kopf. H 35 cm. Inselmarmor. Flavisch. Vgl. zur Bildung der Augen mit den betonten Unterlidern, des scharfumrissenen Mundes usw. die Büste des Hateriergrabes, A. Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und Römer Taf. 225 a. 8. R o m , T h e r m e n m u s e u m Paribeni Nr. 44. Arias Taf. 88. Torso. H 57 cm. Italischer Marmor. Ins Männliche und Muskulöse gesteigert (Porträt ?). Könnte auch Kopie des Knaben New York (s. hier S. 89) sein. Trajanisch. Vgl. Doryphoros, Berlin (Blümel, Kat. Berlin IV K 151), und etwa den Trajan, Sevilla (W. H. Gross, Die Bildnisse Trajans Taf. 2 a). Gerüsthafter und abstrakter als der ähnlich gerichtete 'Narziß' Holkham Hall (B 35). 9. Rom, V a t i k a n Amelung, Vat. Kat. I, Museo Lapidario Nr. 124 Taf. 27. Torso. H 73 cm. Feinkörniger weißer Marmor. Zur Datierung vgl. den Münchner Hyakinthos (B 9). 10. L i m n i ASAtene 3, 1916—20 (1921), 283f. Abb. 140. 141. Statuettentorso. H 75 cm. Ebenfalls neben den Münchner (B 9), vielleicht auch schon neben den Hyakinthos im Fogg Museum (B 16) zu stellen. Trajanisch-hadrianisch. 11. I n c e B l u n d e l l H a l l B. Ashmole, Ancient Marbles at Ince Blundell Hall Nr. 192. Kopf mit noch erhaltenen Schultern, modern zur Büste zugeschnitten. H 40 cm. Pentelischer Marmor. Erg.: Nase und Basis. Besondere Verstärkung der polykletischen

C. DRESDNER KNABE

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Züge. Zur Datierung vgl. Krieger aus der Villa Adriana (S. Aurigemma, Villa Adriana 124 Abb. 123) oder den Kopf des Kasseler Apoll (G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike4 Tai. 19). 12. B e r l i n , S t a a t l i c h e Museen (Pergamonmuseum) Blümel, Kat. Berlin IV K 155. Kopf. H 22 cm. Weißgrauer, großkörniger Marmor. Erg. : Oberteil des Kopfes, Nasenspitze, Bruststück. Zur Datierung vgl. Antinoos, Neapel (A. Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und Römer Taf. 251). Hadrianisch. 13. R o m , V a t i k a n Amelung, Vat. Kat. I, Chiaramonti Nr. 507. Kopf. H 23,5 cm. Großkörniger gelblicher Marmor. Erg. : Nase, Oberlippe fast ganz, Unterlippe, Bruststück, Fuß. Flicken über dem rechten Auge. 14. Rom, Museo T o r l o n i a C. L. Visconti, Les Monuments de Sculpture Antique du Musée Torlonia Taf. 122 Nr. 474. Kopf mit Wendung zur Standbeinseite. H 0,46 m. 15. Rom, T h e r m e n m u s e u m Paribeni Nr. 43. Torso mit bis zum Ellbogen erhaltenem rechten Arm. H 78 cm. Parischer Marmor. Zusammen mit dem Pan Paribeni Nr. 55 (A 9) gefunden. Wie dieser hadrianisch-antoninisch. Vgl. Knaben im Kapitolinischen Museum (Stuart-Jones, Mus. Cap., Stanza del Gladiatore Nr. 12). 16. O r o p o s , A m p h i a r e i o n Inst. Neg. Athen. 26/27. — Torso. 17. R o m , Museo T o r l o n i a C. L. Visconti, Les Mon. de Sculpt. Ant. du Mus. Torlonia Nr. 18 Taf. 5. Torso mit ergänztem Kopf, Armen, Beinen. Wirkt ebenfalls hadrianisch. Nach Furtwängler (MW. 475) gute Kopie, in der Wiedergabe der Statue in Dresden (C 2) nicht unähnlich. 18. B e r l i n , S t a a t l i c h e Museen (Pergamonmuseum) Blümel, Kat. Berlin IV K 156. Torso. H 58 cm. Weißer Marmor. Diese Wiedergabe mit vertauschter Kopfwendung könnte allerdings auch eine Kopie des New Yorker Knaben (s. hier S. 89 Anm. 326) sein, jedenfalls besitzt er die gleiche etwas morbide Körperlichkeit. 19. B r u n s w i c k (Maine), Bowdoin College K. Herbert, Ancient Art in Bowdoin College Nr. 87 Taf. 13. Torso. H 48,5 cm. Verkleinerte Wiedergabe. Vgl. (C 15).

262

D. DISKOBOL

20. E h e m a l s Nolleens Erwähnt von Furtwängler, MW. 475 und Paribeni zu Nr. 43. B. Q. Cavaceppi, Racolta di Statue, Busti III Taf. 5. Mir nicht zugänglich. D. DISKOBOL ZUR KOPIENKRITIK: Lippold, Plastik 199 Anm. 10 und ders., Vat. Kat. III Text zu Sala della Biga Nr. 615. EAA. V 365 (Conticello).

2,

1. Rom, Museo N u o v o C a p i t o l i n o Taf. 8c; I I b ; 22a; 23a D. Mustilli, Il Museo Mussolini, Sala VIII Nr. 4. Heibig® I Nr. 1030. BrBr. 682—685. Seitenansicht von links bei Arias Taf. 95. Statue. Aus Rom, Via Bocca della Verità. H 1,18 m. Italischer Marmor. Aus fünf Stükken zusammengesetzt (Fundzustand s. BullCom. 39, 1911, 99 Abb. 1). Erg.: größter Teil der Brust und, seitlich davon, großer Teil des Rückens, rechte Schulter, linker Glutäus. Kopf sitzt an keiner Stelle direkt auf, ist aber sicher zugehörig und nach allem, was vom Hals erhalten ist, auch richtig aufgesetzt; die Haltung des vatikanischen Kopfes wäre jedenfalls nicht möglich. Spätclaudisch-flavisch. Vgl. den Nero vom Palatin (H. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 122 unten rechts) und den Vespasian im Thermenmuseum (ebenda Taf. 123 oben links) zu den beweglichen Gesichtszügen. Die Haarbehandlung ist fast schon mit der der Frau im Kapitolinischen Museum zu vergleichen (s. zuletzt Hausmann, Jdl. 74, 1959, 197 Abb. 23). Zum Körper vgl. auch den Herakles Farnese in Neapel (BrBr. 285). 2. P a r i s , L o u v r e Taf. 12 a Cat. Sommaire Nr. 89. E. Coche de la Ferté, La Sculpture Grecque et Romaine au Musée du Louvre 27 Abb. 28. Mit Gipsabguß des Kopfes der Kopie (D1) abgebildet bei G. Hafner, Geschichte der griech. Kunst Abb. 250. 251. Torso. Datierung in spätflavische bis trajanische Zeit nach den verhärteten Formen. Vgl. Cancelleriareliefs (H. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 163) und den Dresdner Torso des Hyakinthos (B 6). 3. Tripolis, A n t i k e n m u s e u m Bartoccini, Quad. di Archeol. della Libia4, 1961, 111 Abb. 13. 14. Sichtermann, AA. 1962, 498 Abb. 61 (diese Abbildung übertreibt die abstrakte Kühle der Wiedergabe). E. V. Caffarelli—G. Caputo, Leptis Magna Abb. 195. Torso. Erh. bis einschließlich zum Knie. Puntello über rechter Hüfte. Vom Anliegen des Diskus am Oberschenkel nur kleine Spur (s. Quad. di Archeol. della Libia 4, 1961, 111 Abb. 13). Datierung in trajanische Zeit. Vgl. Berliner Doryphoros (Blümel, Kat. Berlin IV K 151), Münchner Hyakinthos (B 9) und vor allem die sehr verwandten Läufer im Konservatorenpalast Nr. 49 und 52 (s. S. 267 f. [G 1 und 2]). 4. D u n c o m b e P a r k ( E n g l a n d ) Taf. 12b; 13 b Text zu BrBr. 682 Abb. 1—4. Vermeule, AJA. 59, 1955, 135 Taf. 43 Abb. 13. Torso mit erh. Beinen und Füßen. H mit Kopf 1,68 m. Parischer Marmor. Erg.: Kopf, rechte Hand. Datierung nach dem Palmstamm in die Zeit des Läufers Nr. 49 im

E. HERMES BERLIN-PITTI

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Konservatorenpalast (s.S.267f. [Gl]). Auch bei demDiskobolDuncombe Park ist eine Datierung noch in flavische Zeit wahrscheinlicher als die von F. Muthmann (Statuenstützen und dekoratives Beiwerk an griech. und röm. Bildwerken 118) angenommene trajanische Ansetzung, ja, das Verhältnis der drei Kopien ist nach ihren Formen nur folgendermaßen vorstellbar: Diskobol Duncombe in hochflavische Zeit, kaum später als der Diskobol im Museo Nuovo Cap., Läufer Konservatorenpalast Nr. 49 auf der Schwelle zum Spätflavischen und anschließend Läufer Konservatorenpalast Nr. 52: traj anisch-hadrianisch. 5. R o m , V a t i k a n Taf. 12 c Lippold, Vat. Kat. III 2, Sala deila Biga Nr. 615 Taf. 41. 42. Heibig4 Nr. 501. Statue. H 1,665 m. Pentelischer Marmor. Kopf nicht zugehörig, vgl. S. 136 Anm. 496. Erg.: rechter Ellbogen, ein Stück des Oberarms, Mitte der Stütze oben zwischen Körper und rechtem Unterarm, Daumen, zweiter und dritter Finger der rechten Hand, vierter und fünfter außer Ansätzen, Stütze zwischen Hand und Körper, ein Stück des Diskus oben links, Vorderteil des zweiten und dritten Fingers der linken Hand, Stütze zwischen drittem Finger und Diskus zum großen Teil, linker Knöchel, Stücke am Stamm und äußere Plinthe. Datierung: Lippold und Fuchs (in Heibig4 Nr. 501) »frühe Kaiserzeit«, aber hadrianische Zeit wahrscheinlicher. Vgl. den Hadrian als Ares im Kapitolinischen Museum (M. Wegner, Hadrian Taf. 14c). 6. L o n d o n , B r i t i s c h e s Museum Brit. Mus. Cat., Smith, Sculpture III Nr. 1753. Torso, zu Statue ergänzt nach der Statue im Vatikan (D 5). H 1,68 m. Geäderter Marmor. Linker Oberarm erh. Sehr flaues Werk. Hadrianisch-antoninisch. 7. F r a n k f u r t , L i e b i e g h a u s Text zu BrBr. 682 Abb. 5. 6. Kopf von reichlich schlechter Qualität, weit hinter dem Kopf von (Dl) zurückstehend. 8. K o p e n h a g e n , Ny C a r l s b e r g G l y p t o t h e k EA. 4581. 4582. Kopf von noch schlechterer Qualität als (D 7).

Ein weiterer Kopf hat sich 1928 im Pariser Kunsthandel befunden. Verbleib offenbar unbekannt.

E. H E R M E S B E R L I N - P I T T I Z U R K O P I E N K R I T I K : Arndt, Text zu EA. 213—215. Furtwängler, MW. 502ff. Adriani, BullCom. 61, 1933, 59 ff. C. Blümel, Der Diskusträger Polyklets, 90. BWPr. (1930) 15. Lippold, Plastik 178. Willemsen, AA. 1957, 25 ff.

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E. HERMES BERLIN-PITTI

1. B e r l i n , S t a a t l i c h e Museen (Pergamonmuseum) Tai. 10 a Blümel, Kat. Berlin IV K 161. Statue. Aus Rom. H 1,84 m. Erg.: Nasenspitze, Hinterkopf, rechter Arm, linker Unterarm und dort ein Stück des Gewandes, Stück am rechten Knie, Glied, vordere Hälfte beider Füße, Stücke an den Flügeln (nur der am linken Fuß außen ist ganz antik), ein Stück am Stamm hinten ebenso wie das meiste von der Plinthe. Kopf war gebrochen, Gewand ist teilweise geflickt. Kopie claudischer Zeit. Vgl. den mittleren jüngeren Mann auf dem Ravennarelief (H. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 128) oder das Porträt A. Hekler, Die Bildkunst der Griechen und Römer Taf. 186. 187. 2. F l o r e n z , P a l a z z o P i t t i Dütschke II 16. EA. 213—215. W. Amelung, Führer durch die Antiken in Florenz Nr. 193. Statue. Erg.: beide Flügel (Ansätze erh.), untere Hälfte der Nase, Hals, linke Hand mit fast dem ganzen Kerykeion, rechter Unterschenkel, Basis, Stamm, Stücke des Gewandes. Zur Datierung vgl. den Diskobol im Museo Nuovo Cap. (D 1): flavisch; doch wäre auch eine Entstehung in hadrianischer Zeit zu erwägen. Vgl. den Hyakinthos im Fogg Museum s. hier S. 255 [B 16]). 3. R o m , P a l a t i n Taf. 9 a Bd'A. 33, 1948, 290f. Abb. 1—4. AA. 1957, 27 Abb. 1. Arias Taf. 93. Inst.Neg. Rom 2617—20. Kopf. Bei Auffindung in drei Teile zerspalten. Auch der Hals erhalten, der die Wendung nach links beweist. Ausgezeichnete Qualität. Datierung in trajanische Zeit. Vgl. den Trajan von Ostia (W. H. Gross, Bildnisse Traians Taf. 33—35). 4. B e r l i n , S t a a t l i c h e Museen (Pergamonmuseum) Blümel, Kat. Berlin V K 213. Torso. H 1,80 m. Erg.: Kopf, Hals, rechter Arm von Mitte des Oberarms an (Beutel mit Fingerspitzen antik), linke Hand mit dem Ende des Kerykeions, Glied, rechtes Bein außer Fuß, Zehen des rechten, vordere Hälfte des linken Fußes, Spitzen der Flügel, großer Teil der Basis, Gewand hinten und vorn, großes Stück des herabhängenden Teils; linker Oberschenkel gebrochen. Wohl hadrianisch. 5. New Y o r k , M e t r o p o l i t a n Museum (früher Slg. Lansdowne) A. Michaelis, Ancient Marbles in Great Britain 446 Nr. 35. Versteigerungskatalog Lansdowne Nr. 104. Metr.Mus.Bull. 16, 1958, 189. Vermeule—v. Bothmer, AJA. 63, 1959, 330 Taf. 77, 3—5. Statue. H 1,75 m. Erg.: Nasenspitze, linke Hand, Fingerspitzen der rechten Hand. Von Furtwängler als beste Kopie bezeichnet, doch zeigen sich bei genauerem Vergleich immer größere Verschiedenheiten von den andern Kopien. Während bei den Wiedergaben (E 1. 2) die Chlamys zwischen dem angewinkelten, an den Körper gedrückten linken Arm und der Hüfte aufgestaut wird, hängen die Falten des Mantels bei der New Yorker Statue zwischen dem in weiterem Abstand vom Körper weggehaltenen Arm und der Hüfte frei herunter. Statt der sehr charakteristischen Formulierung der anderen Wiedergaben zeigt also die in New York eine verflacht-repräsentative Normalform. Ferner sind die Körperformen der New Yorker Statue zwar auf den ersten Blick besonders polykletisch, erweisen sich aber bei näherem Zusehen als klassizistisch. Vgl.

F I . RUHIGSTEHENDE KNABEN UND JÜNGLINGE

265

Porträtstatuen der augusteischen Zeit, etwa A. Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und Römer Taf. 185 rechts; 187 und andere. Der Kopf schließlich erweist sich, wie bereits hier S. 124 ausgeführt, durch seine Ähnlichkeit mit dem Kopf der Kleomenesstatue im Louvre als 'ideal gefaßtes' Porträt. 6. Frankfurt, Liebieghaus Städtische Galerie zu Frankfurt a. M. Skulpturensammlung, Kurzes Verzeichnis der Bildwerke4 Nr. 77. Torso. H 0,84 m. 7. Rom, Vatikan, Magazin G. v. Kaschnitz-Weinberg, Sculture del Mag. del Mus. Vat. Nr. 159 Taf. 39. Frgt. Linke Leisten und Oberschenkel. Das Kopffrgt. ebenda Nr. 69 muß wohl ausscheiden. Bemerkenswert ist die Stellung des Berliner Torsos (E 4). Er bildet in der Auffassung des Gewandes im gewissen Sinn ein Verbindungsglied zwischen der New Yorker Statue (E 5) und Berlin-Pitti ( E l . 2). Auch er weicht in einigen Zügen der Gewandanlage von den beiden Kopien (E 1. 2) ab. So verläuft etwa die senkrecht herabfallende innere Bahn der Chlamysfalten auch bei ihm nicht direkt am Körper entlang. Doch stimmt das Gewand ebensowenig mit (E 5) genau überein. Die Form jener inneren Faltenbahn ist nämlich die gleiche wie bei (E 1.2); sie folgt dem Umriß des Körpers wie dort. Auch die einfache Folge von Dreiecksfalten zwischen Körper und Unterarm ist bei dem Berliner Torso (E 4) wie bei der Statue Pitti (E 2) zu finden (die Berliner Statue [ E l ] ist hier zerstört). Ob der Berliner Torso (E 4) ebenfalls einen Porträtkopf besaß, ist nicht mehr zu sagen. Möglich wäre auch, daß hier ein Kopist des hadrianischen Klassizismus bei seiner Wiedergabe der Hermesgestalt ähnliche Wege gegangen ist wie vor ihm der noch stärker vom Original abweichende Künstler des 1. Jhs. v. Chr. Auch bei dem Torso E 4) sind ja die Körperformen stärker polykletisch als bei den Statuen (E 1. 2).

F. RUHIGSTEHENDE KNABEN UND JÜNGLINGE ZUM KOPIENWERT der in dieser Gruppe zweimal auftretenden Bronzen des Lychnouchoskreises s. hier S. 96 Anm. 360. I. KNABE BERLIN-LOUVRE

1. Berlin-Charlottenburg, Staatliche Museen (früher Slg. Sabouroff) Taf. 16b A. Furtwängler, Sammlung Sabouroff 8 Taf. 8—11. K. A. Neugebauer, Bronzen, Führer durch das Antiquarium 18 Taf. 39. BrBr. 278. Bronzetorso mit Spuren langer Locken auf den Schultern. War daher wohl eine Dionysosstatue wie die in Kairo aus Sakha (s. hier Anm. 345), in Paris, Bibl. Nat. (E. Babelon—J. A. Blanchet, Cat. des Bronzes Antiques de la Bibl. Nat. Nr. 367), in Wien (R. v. Schneider, Album auserlesener Gegenstände der Antiken-Slg. des Aller-

266

F II. - IV. RUHIGSTEHENDE KNABEN UND JÜNGLINGE

höchsten Kaiserhauses Taf. 27) und andere (alle von schlechterer Qualität als das vorliegende Stück). Annhaltung gegenüber dem Original verändert. Zur Datierung vgl. Rumpf, Crd'A. 4, 1939, 26 ff. 2. P a r i s , L o u v r e Taf. 16 a Furtwängler, MW. 435 f. Abb. 67. Statue mit aufgesetztem Kopf des polykletischen Diskophoros (?). Außerdem erg.: linker Arm, rechter Unterarm, beide Unterschenkel, Stamm, Palme; auch der Hals ist modern. Datierung wohl noch in die frühere Kaiserzeit. Weitere Kopien vielleicht: 3. E h e m a l s F l o r e n z , K u n s t h a n d e l EA. 380. 4. Wien (früher Catajo) EA. 59. II. FAUSTKÄMPFER

1. N e a p e l , N a t i o n a l m u s e u m Taf. 15b Guida Ruesch Nr. 212. BrBr. 614. 615. Statue. Aus Sorrent, nahe der Palästra. H 1,68 m. Oberfläche sehr zerstört. Gesicht modern überarbeitet (?). Es fehlt der linke Unterarm. Auf der Basis unter dem rechten Fuß Inschrift: 'AcppoSiCTieüs KcoßAavös Etpydaorro. Dazu s. RE. XI 1, 932 s. v. Koblanos (Lippold). M. Squarciapino, La Scuola di Aphrodisia 16. Datierung der Kopie nach F. Muthmann (Statuenstützen und dekoratives Beiwerk an griech. und röm. Bildwerken 17): 1. Jh. v. Chr.; Squarciapino (a. O. 16): 1. Jh. n. Chr.; G. Lippold (Kopien und Umbildungen griech. Statuen 103f.): nicht später als flavisch. Vgl. hier S. 132ff.: Keine reine Kopie, sondern Nachschöpfung wohl des ersten Viertels des 1. Jhs. v. Chr. Zwischen Eretria-Jüngling und der Statue des Antiphanes von Paros, Berlin (Blümel, Kat. Berlin IV K 237), neben dem Hermes von Atalanti (vgl. hier S. 275) anzusetzen. 2. P a r i s , L o u v r e Taf. 16 c Inv. 1368. Foto Giraudon 1210. Torso. Erg.: Hals, beide Arme — erg. nach (F II 3) —, linkes Bein, rechtes Bein von Mitte des Oberschenkels an. Der Kopf ist vielleicht zugehörig; allerdings ist der ganze obere Teil modern. 3. R o m , Villa A l b a n i (früher Palazzo del Drago) Matz—Duhn I Nr. 1096. Torso. Erg.: Hals, rechter Oberarm, beide Hände, beide Unterschenkel. Von dem Riemenwerk der 'Boxhandschuhe' ist jeweils das oberste Stück antik. Der aufgesetzte Kopf stammt von der Kopie eines Werks der Polykletschule aus dem Ende des 5. Jhs., s. hier S. 85 (F II 2) und (F II 3) sind nach Matz—Duhn (s. o.) zusammen gefunden: Aufstellung zweier Gegner im Faustkampf? Vgl. die Läufer S. 141. — Datierung in

G. LÄUFER

267

hadrianische, vielleicht sogar schon antoninische Zeit. Vgl. den Knaben im Kapitolinischen Museum (Stuart-Jones, Mus. Cap., Stanza del Gladiatore Nr. 12).

III. IDOLINO

1. Florenz, Archäologisches Museum Taf. 15 d L. A. Milani, Il R. Museo Archeologico di Firenze 1173 f. W. Amelung, Führer durch die Antiken in Florenz Nr. 268. BrBr. 274ff. Bulle, SchM. Taf. 52. Lippold, Plastik 165. Eine gute neuere Abbildung des schwer aufzunehmenden Werks findet sich bei G. M. A. Richter, Classical Greek Art Abb. 207. Zur Datierung in die zweite Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. s. Rumpf, Crd'A. 4, 1939, 17ff. Zum Kopf s. hier Anm. 492.

IV. JÜNGLING CAPELLI

Die beiden Statuen von Berger (RM. 65, 1958, 14 Anm. 30) als Repliken erkannt. Zum Kopf vgl. Anm. 496. 1. F l o r e n z , S a m m l u n g Capelli Taf. 15 c Erwähnt von Berger, RM. 65, 1958, 14. Inst. Neg. Rom 581077. Soweit man nach dem Foto erkennen kann, sind erg.: rechter Unterarm mit Kerykeion, linke Hand. Beine an beiden Oberschenkeln gebrochen, scheinen aber antik zu sein. Dafür spricht auch, daß an der Basis rechts vom Stamm Flickungen zu sehen sind und der linke Fuß ebenfalls gebrochen ist, woraus man schließen kann, daß Basis und Füße antik sind. Auf jeden Fall ist die Stellung der Beine und Füße durch die Oberschenkel gesichert. Der Kopf gehört nicht zur Statue, er scheint eine Replik des Ares Ludovisi zu sein. Ursprüngliche Kopfwendung auf Grund der Halsmuskeln ebenfalls nach rechts. Die Kopie wird in trajanische, wenn nicht schon hadrianische Zeit gehören. Vgl. den Doryphoros, Berlin (Blümel, Kat. Berlin IV K 151) und den Hadrian als Ares bzw. den Diskobol in der Sala della Biga (D 5). 2. K y r e n e , Museum Taf. 13 a E. Paribeni, Cat. delle Sculture di Cirene Nr. 358 Taf. 162. Nach Paribeni ist in der rechten Hand noch ein Rest des Beutels erhalten. Es fehlt die linke Hand. Von Ferri (Bd'A. 12, 1924, 36) als römisches Pasticcio erklärt, doch ist das durch die Auffindung der Replik in Florenz widerlegt. Die recht grobe Wiedergabe in Kyrene gehört wohl frühestens in antoninische Zeit. Übertreibung des Vorbilds ins allzu Muskulöse. G. LÄUFER 1. Rom, K o n s e r v a t o r e n p a l a s t Taf. 3 d; 17 a; 18 b. c; 24 a Stuart-Jones, Pal. Cons., Galleria Nr. 49. Ashmole, JHS. 42, 1922, 238 ff. Statue. H 1,84 m. Erg.: linker Knöchel, linker Fuß. Kopf war gebrochen. Rechts Spur von ausgehacktem Gegenstand auf der Plinthe. Kopie nach F. Muthmann (Statuenstützen und dekoratives Beiwerk an griech. und röm. Bildwerken 118) trajanisch ( = Datum des Hauses, in dem sowohl diese als auch die Statue [G 2] gefunden wurden).

268

H. ÖLAUSGIESSER VATIKAN - J. BEWAFFNETE APHRODITE

Die Kopie muß aber ihren Formen nach bereits der flavischen Zeit entstammen. Vgl. Diskobol im Museo Nuovo Capitolino (Dl), dessen charakteristische Beweglichkeit der Formen des Gesichts in Verbindung mit der präzisen Umrandung der Kanten von Augen, Mund und Locken hier noch nachklingt, deutlich aber in seiner ursprünglichen naiven Lebendigkeit erstarrt ist. Das gleiche ergibt auch ein Vergleich der Rumpfformen mit denen des Berliner Hyakinthos (B 4) hier Taf. 3 a. Vgl. das zum Diskobol Düncombe Park (D 4) Gesagte S. 262 f. Zu spätflavischer Entstehung des Läufers im Konservatorenpalast, Galleria Nr. 49 würden auch Vergleiche mit den nackten Figuren der Cancelleriareliefs passen (F. Magi, I Rilievi Flavi del Pal.dellaCancelleriaTaf.1.3.5.8). 2. R o m , K o n s e r v a t o r e n p a l a s t Taf. 17 b; 18 a; 19 c Stuart-Jones, Pal. Cons., Galleria Nr. 52. Statue. H 1,80 m. Erg.: Stück am rechten Oberarm, Zehen des rechten Fußes, Plinthe, Keil unter linkem Fuß; die Hände fehlen wie bei (G 1). Muthmann a. 0 . 1 1 8 vermutet hier mit Recht aus der verschiedenen Form des Palmstamms eine andere, spätere Entstehungszeit. Seine Einordnung als hadrianisch werden wir nach einem Vergleich mit der Münchner Statue des Hyakinthos (B 9) in frühhadrianisch einengen können. Die abstrakte Gerüsthaftigkeit der trajanischen Zeit lebt noch nach. Zur Doppelaufstellung der beiden Statuen s. S. 141.

H. ÖLAUSGIESSER V A T I K A N 1. R o m , V a t i k a n Taf. 19 a. b Lippold, Vat. Kat. III 2, Scala Nr. 598 Taf. 20f. Schuchhardt, GGA. 213, 1960, H. 3/4, 175. Fuchs zu Heibig4 Nr. 13. Torso. Der aufgesetzte Kopf ist eine Wiedergabe des polykletischen Diskusträgers. H 1,82 m, davon der nicht zugehörige Kopf 26 cm. Weißer griechischer Marmor. Erg.: beide Arme vom obersten Teil des Oberarms an bis zur Handwurzel; Hände antik und offenbar zugehörig, erster und zweiter Finger der linken, zweites und drittes Glied der rechten Hand erg., ferner Stamm, Stück im Rücken, einige Flicken in der Plinthe, linkes Bein von Mitte Oberschenkel bis Knöchel. An der rechten Brust Stütze abgearbeitet. Weitere Stützenreste an rechter Hüfte und am linken Oberschenkel. Entstehungszeit der Kopie: vermutlich spätflavisch. Vgl. zu den wie geschnitten wirkenden Formen den Panskopf im Lateran (A 6) und die dort genannten Werke. 2. Rom, Museo T o r l o n i a C. L. Visconti, Les Monuments de Sculpture Antique du Musée Torlonia Nr. 480 Taf. 170. Torso. Offenbar Kopf und Arme sowie die Beine erg. Sieht von allen vorgebeugten Athleten, die im übrigen wohl nach dem frühklassischen Vorbild gearbeitet sind, dem vatikanischen Werk am ähnlichsten. Sicheres ist nach der schlechten Abbildung nicht zu sagen. J . B E W A F F N E T E APHRODITE ZUR KOPIENKRITIK: Hauser, RM. 17, 1902, 232ff. Lippold, Plastik 200 A n m . 1 2 . 1. A t h e n , N a t i o n a l m u s e u m S. Papaspiridi, Guide du Musée Nationale Nr. 262. BrBr. 14. EA. 629. 630.

Taf.20a

K. S T R I G I L I S R E I N I G E R

269

Statue. Aus Epidauros; in einem Bau römischer Zeit zusammen mit minderwertigen Statuetten gefunden. Fehlt: Nase, Mund und Kinn, rechter Arm, einzelne Stücke des Mantels, beide Füße. Kopie claudischer Zeit (Muthmann a. O. 30) und zu den Formen vgl. etwa den Claudius in Olympia (Olympia III Taf. 60, 1). 2. M ü n c h e n , G l y p t o t h e k A. Furtwängler, Beschreibung der Glypt. Nr. 236. RM. 17, 1902, 234 Abb. 1. Statue. H 1,63m. Feinkörniger italischer Marmor. Erg.: Kopf und Unterarme. Fell statt des Schwertgurtes. 3. G e n u a , P a l a z z o R e a l e RM. 17, 1902, 235. EA. 1361. Torso. Kopf nicht zugehörig. Erg.: rechter Unterarm. Auch hier Fell statt Schwertgurt. Abweichungen von (J 1) auch im Mantel oben. 4. F l o r e n z , P a l a z z o P i t t i Dütschke II Nr. 5. EA. 822. Torso. Erg.: Kopf und beide Unterarme. Ganz ohne Attribute.

K. S T R I G I L I S R E I N I G E R ZUR KOPIENKRITIK: Hartwig, ÖJh. 4, 1901, 151 f. J. Sieveking, Text zu BrBr. 682-685.

1. Wien, K u n s t h i s t o r i s c h e s Museum Taf. 20c; 24b Inv. 3168. F. Eichler, Führer durch die Antikensammlung (1926) 25 Abb. 13. BrBr. 682—685 und Lippold, Plastik 218 Anm. 13 mit weiterer Lit. Neuerdings auch F. Eichler in Mitteilungen des Vereins der Freunde des humanist. Gymnasiums, Wien 2, 1957, H. 2, 3 ff. Bronzestatue. Aus Ephesos. H 1,92 m. Gefunden im Gymnasion bei den Hafenthermen (vgl. O.Benndorf, Forschungen in Ephesos I 181 ff. Heberdey, ÖJh. 19/20, 1919, 247. F. Miltner, Ephesos 43). Unzerstört erhalten war nur der Kopf, die Glieder einigermaßen, der Rumpf dagegen war in viele Einzelstücke zerfallen. Die Lücken sind bei der modernen Rekonstruktion ausgefüllt, das Motiv wurde zunächst verkannt, dann verbessert durch Hartwig (s. bei [K 5]). Die Statue wurde mehrfach für ein griechisches Original gehalten (Heberdey a. O. 247ff. Sieveking, Text zu BrBr. 682ff.). Für Kopie spricht aber: Aufstellung in römischem Gebäude, Befestigung der Füße mit je einem quadratischen Zapfen (Anm. 134), schließlich die in den kleinsten Einzelheiten unpräzise und unlebendige Formung (für Kopie: z. B. O. Benndorf, Forschungen in Ephesos 202ff. Lippold, Plastik 218). Kopie flavischer Zeit. Paßt außerdem gut neben den Diskobol im Museo Nuovo Capitolino (Dl). 2. L e n i n g r a d , E r m i t a g e O. Waldhauer, Die antiken Skulpturen der Ermitage II Nr. 140.

Taf. 32 a

270

K. STRIGILISREINIGER

Kopf. H 0,30 m. Pentelischer Marmor. Erg. : Nasenspitze, unterer Teil des Halses und Büste. Ebenfalls flavisch. Vgl. den Diskobol (D 1) und den Läufer im Konservatorenpalast, Galleria Nr. 49 (G 1). 3. Florenz, U f f i z i e n W. Amelung, Führer durch die Antiken in Florenz Nr. 25. G. A. Mansuelli, Gall. degli Uffizi, Le Sculture I Nr. 36. BrBr. 523. 524. Statue. Aus Rom. H 1,93 m. Griechischer Marmor. Erg.: beide Unterarme mit Händen, Vase und deren Stütze. An der linken Hüfte Abarbeitung, Flickungen, Gesicht und wohl die ganze Statue modern geputzt. Kopie trajanischer Zeit. Vgl. die nackten Gestalten des Trajansbogens von Benevent, vor allem den Jupiter auf der südlichen Attikaplatte (G. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 168). 4. Rom, Museo Torlonia C. L. Visconti, Les Monuments de Sculpture Antique du Musée Torlonia Nr. 86 Taf. 22. Kopf. Stark modern überarbeitet? 5. Boston, Museum of Fine Arts L. D. Caskey, Cat. of Greek and Roman Sculpture Nr. 76. Hartwig, ÖJh. 4, 1901,151 ff. Statuette. Aus Frascati. H mit Plinthe 71,5 cm; ohne Plinthe 67,8 cm. Wichtig, weil hier das Motiv erhalten. Sonst bei kleinem Format Abkürzung und Vereinfachung der Formen. Wohl hadrianisch. Die folgenden Wiedergaben sind Umbildungen ins Knabenhafte in den Formen des Körpers und auch in der Größe (nicht eigentlich als Statuetten ansprechbar, da eben Knabengröße; vgl. ölausgießer Turin-Braccio Nuovo hier S. 273). 6. Rom, Vatikan Amelung, Vat. Kat. I, Braccio Nuovo Nr. 105. O. Benndorf, Forsch, in Ephesos I 200. Statue. In derselben Villa, in der auch zwei 'verjüngte' Wiedergaben des ölausgießers Pitti (s. hier S. 273) standen, zusammen mit (K 7) gefunden. H 1,44 m. Feinkörniger weißer Marmor. Erh.: Rumpf und Kopf, alles andere ergänzt. Abarbeitungen der antiken Stützen am Unterleib rechts und am linken Oberschenkel modern. Wohl antoninisch. 7. Rom, Vatikan Amelung, Vat. Kat. I, Braccio Nuovo Nr. 99. Kopf. Gehörte zu Pendant von (K 6). Mit jener Statue zusammen gefunden. 8. Paris, Louvre Cat. Sommaire Nr. 387. O. Benndorf, Forsch, in Ephesos I 200 Abb. 153. Torso von einer Statue wie (K 6) und (K 7). H 1,43 m. Kopf nach Benndorf nicht zugehörig. Erg.: rechter Arm, der linke war gebrochen, linker Fuß. Wohl auch zeitlich mit (K 6) und (K 7) zusammengehörig.

L I . ÖLAUSGIESSER

271

Der Kopf in Kopenhagen (EA. 4581. 4582) gehört entweder gar nicht hierher oder ist doch völlig entstellend und unbrauchbar. Der bei Hartwig, ÖJh. 4, 1901, 158 Anm. 5 genannte Kopf ist nach Sieveking (Text zu BrBr. 682) eine Fälschung. Von den zahlreichen Nachbildungen des Typus in der Kleinkunst sei hier nur eine Bronze in Trier (Furtwängler, BJb. 3, 1889, 9ff. O. Benndorf, Forsch, in Ephesos I Abb. 152) genannt, außerdem die von Benndorf, ebenda 198 und Furtwängler, MW. 470f. sowie Hartwig, ÖJh. 4,1901, 155 genannten Gemmen und das Campanarelief in Wien, Benndorf a. O. I 198 Abb. 147 und Hauser, ÖJh. 6, 1903, 16ff.

L. ÖLAUSGIESSER ZUR K O P I E N K R I T I K :

Furtwängler,

MW.

466ff. A. Greifenhagen, Text zu EA.4233.

Folgende Typen sind zu scheiden : I. Typus Pitti, Kopien nach einem Vorbild des früheren 4. Jhs. II. Typus München, Kopien nach einem Vorbild des späteren 4. Jhs. III. Typus Dresden, römische Umbildung nach (L II). IV. Typus Turin-Braccio Nuovo, nach (LI), aber mit Kenntnis von (LII) ebenfalls in römischer Zeit neu gefaßt. Änderung ins Knabenhafte, Verdoppelung. Bei den Darstellungen auf Gemmen, Campanareliefs usw. schwer zu entscheiden, ob Typus (L I) oder (L II). I. TYPUS P I T T I

1. Rom, Museo T o r l o n i a C. L. Visconti, Les Monuments de Sculpture Antique du Musée Torlonia Nr. 476 Taf. 122. Torso. Erg. (soweit nach Abbildung zu beurteilen): Kopf, beide Arme, beide Beine. Der Torso scheint eine gute Kopie zu sein, vielleicht sogar augusteisch (anders F. Muthmann, Statuenstützen und dekoratives Beiwerk 114: hadrianisch). 2. Rom, Museo Nuovo Capitolino (früher Villa Borghese) D. Mustilli, II Museo Mussolini, Sala VIII/IX Nr. 2 Taf. 82, 308. EA. 2881. Statue. H 1,74m. Erg. (EA. gibt Zustand vor heutiger Ergänzung): Oberkopf (war separat gearbeitet), Untergesicht links, Nase, linke Schulter und viele einzelne Flicken am ganzen Körper. Vielleicht Flavisch. Vgl. den Herakles Farnese und den Diskobol im selben Museum (Dl). 3. F l o r e n z , P a l a z z o P i t t i W. Amelung, Führer durch die Antiken in Florenz Nr. 190. EA. 222 ff. Statue. H 1,92m. Erg.: oberer Teil des Schädels, Nasenspitze, rechte Hand mit Salbgefäß, Zehen des linken Fußes, rechter Fuß. Rechter Arm war gebrochen, ebenso die Beine mehrfach. Am Baumstamm Athletengerät. Kopie antoninischer Zeit. Vgl. zu den Körperformen den Genius des Apotheosereliefs, H. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 196.

272

L H . III. ÖLAUSGIESSER II. TYPUS MÜNCHEN

Taf. 30 c; 31b; 32 b 1. M ü n c h e n , G l y p t o t h e k A. Furtwängler, Beschreibung der Glypt. Nr. 302. BrBr. 132. 134. 135. Rekonstruktion s. Bulle, SchM. 112 Abb. 20. Statue. H 1,80 m. Pentelischer Marmor. Erg.: großer Teil des linken, kleinerer des rechten Knies, Glied und große Stücke im Rücken rechts und am linken Schulterblatt (die länglichen, wulstartigen Muskelstränge entlang dem Rückgrat sind antik). Kopie der augusteischen Zeit. Vgl. den Kopf der Augustusstatue von der Via Labicana (W.Lübke —E. Pernice—B. Sarne, Die Kunst der Römer Abb. 179) oder die 'Minatia Polla' (A. Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und Römer Taf. 211). In der Darstellung des Körpers lebt sogar noch die zergliedernde Art des mittleren 1. Jhs. v. Chr. weiter. 2. D r e s d e n , S k u l p t u r e n s a m m l u n g P. Herrmann, Verzeichnis der ant. Originalbildwerke der Staatl. Skulpturenslg. Nr. 66. AA. 1894, 26. Torso. Fehlt: rechter Arm, linker Arm, rechtes Bein, linker Unterschenkel. 3. B o s t o n , Museum of F i n e A r t s Taf. 32 c Caskey, Cat. of Greek and Roman Sculpture Nr. 73. BrBr. 557. Kopf ohne Untergesicht und Hals. Kopie hadrianischer Zeit. Vgl. Antinoos, Delphi (P. de la Coste-Messeli6re, Delphes Taf. 204. 205). Interessant auch hier wieder der Vergleich mit dem augusteischen Kopf der Münchner Statue ( L H 1). Hier trifft aber die mit wenigen Strichen angelegte Darstellung des hadrianischen Künstlers mit den fleischigen Formen des Gesichts und den knapp umschließenden Haaren das originale Bild sicher besser als die durchziselierte Formung des Münchner Kopfes, die die 'unschönen' Züge idealisiert hat, wodurch der irreleitende praxitelische Charakter des Kopfes zustande kam. 4. R o m , P a l a z z o M a t t e i EA. 2068. — Torso. 5. F l o r e n z , P a l a z z o P i t t i W. Amelung, Führer durch die Antiken in Florenz Nr. 191. EA. 225. Torso. Linker Arm und Beine erhalten, aber mehrfach gebrochen. Hier ist das Standmotiv nach dem Vorbild des Ephesosathleten ergänzt, doch erkennt man an den erhaltenen Ansätzen der Oberschenkel deutlich, daß das Motiv ursprünglich das des Münchner ölausgießers war. 6. R o m , P a l a z z o G i u s t i n i a n i Matz—Duhn Nr. 1076. Nur aus Beschreibung bekannt.

III. UMBILDUNG DRESDEN

1. D r e s d e n , S k u l p t u r e n s a m m l u n g P. Herrmann, Verzeichnis der ant. Originalbildwerke der Staatl. Skulpturenslg. Nr. 67. BrBr. 133.

L IV. ÖLAUSGIESSER

273

Torso. Beine ergänzt, doch war ein Fragment des linken Fußes erhalten, das die Sandalen mit den Flügeln sichert (AA. 1899, 22. Hauser, ÖJh. 9, 1906, 279 Anm. 1). Wohl hadrianisch (s. auch Greifenhagen, Text zu EA. 4233). Vgl. den Jüngling Capelli (FIV1) und den Herakles Lansdowne (s. Schweitzer, ÖJh. 39, 1952, 107 ff. zu der Verstärkung polykletischer Züge durch den Kopisten). Offenbar war mit dieser Umbildung Hermes dargestellt. IV. TYPUS TURIN-BRACCIO NUOVO

1. T u r i n , Museo A r c h e o l o g i c o Dütschke 82. Foto Inst. Neg. Rom 7736. Torso. Frühere Ergänzungen jetzt entfernt. Kopf war gebrochen, gehört aber dazu, Hals modern. H des Torso bis Anfang Oberschenkel: 1,50 m. Die Statue war also etwas größer als die folgenden. In der knabenhaften Bildung gehört sie aber zu ihnen. Vermutlich frühere Kaiserzeit. 2. R o m , V a t i k a n Amelung, Vat. Kat. I, Braccio Nuovo Nr. 103. Torso. H mit Ergänzungen 1,59 m. Feinkörniger weißer Marmor. Erg.: Kopf, Hals, linker Unterarm, rechter Unterarm mit Hand, Teil des rechten Oberarms, beide Beine bis auf Ansätze, Stamm und Basis. Pendant zu (L IV 3), am gleichen Ort gefunden. Wohl antoninisch. 3. R o m , V a t i k a n Amelung, Vat. Kat. I, Braccio Nuovo Nr. 99. Torso mit nicht zugehörigem Kopf. H 1,50 m. Datierung wie (L IV 2). 4. K a s s e l , L a n d e s m u s e u m M. Bieber, Die antiken Skulpturen und Bronzen des Kgl. Museum Fridericianum in Cassel Nr. 10 Taf. 16. Torso mit erhaltenem linken Arm. H 0,82 m. Wohl pentelischer Marmor. Nach Größe und Formen zum vorliegenden Typus gehörig. 5. B o n n , A k a d e m i s c h e s K u n s t m u s e u m EA. 4233. — Torso. H 15 cm. Kleinasiatischer Marmor. 6. K o p e n h a g e n , Ny C a r l s b e r g G l y p t o t h e k Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 179. Billedtavler Taf. 14. Torso. H mit z. T. erg. Beinen: 0,65 m. Gehört vielleicht ebenfalls zu diesem Typus.

Von den Wiedergaben in Kleinkunst seien nur die Terrakottastatuette aus Myrina (E. Pottier—S. Reinach, La Nécropole de Myrina Taf. 41, 3) und die Gemme des Gnaios (A. Furtwängler, Die antiken Gemmen Taf. 50, 9) genannt. Eine unpublizierte Statuette aus Ton im Museum für Antike Kleinkunst, München, stellt wohl eher den polykletischen ölausgießer dar. 18 Jdl. 25. Erg.-Heft

274

M. ASKLEPIOS - N I . HERMES RICHELIEU

M. A S K L E P I O S ZUR KOPIENKRITIK: Lippold, Plastik 263 Anm. 13. 1. P a l e r m o , Nationalmuseum EA. 553. Torso. Aus Girgenti. Fehlt: Kopf, rechter Arm von Mitte des Oberarmes an, linke Hand. Datierung: claudisch-flavisch. Vgl. den Claudius in Olympia (Olympia I I I Taf. 60, 1). 2. R o m , Villa P a m f i l i Matz—Duhn Nr. 55. EA. 2333—2335. Statue. Erg.: Teile des Gewandes, linke Hand, rechte Hand mit Unterarm. Kopie hadrianisch-antoninischer Zeit. Vgl. das Relief H. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 190 oben. 3. F l o r e n z , Giardino B o b o l i EA. 285. Torso. H etwa 1,80 m. Erg.: Kopf, rechter Arm von der Achsel an, linke Hand mit Stück des Unterarms, ganzer Unterteil der Statue von unterhalb der Knie an außer Stück am linken Schienbein und Stück des Himation. Antoninisch.

N. H E R M E S R I C H E L I E U ZUR KOPIENKRITIK: Mariani, Ausonia 2,1907, 207ff. Lippold, J d l . 26,1911, 279ff. Adriani, BullCom. 61, 1933, 59 fï. H. Oehler, Untersuchungen zu den männlichen röm. Mantelstatuen, Der Schulterbauschtypus 74 f. de Azevedo, BullCom. 68, 1940, 47. — Die Überlieferung dieses Werks erfordert trotz der Vorarbeiten immer noch eigene eingehende Untersuchung ; hier sei vorläufig folgende Aufteilung vorgenommen :

I. SPÄTHELLENISTISCHE KOPIEN UND NACHBILDUNGEN

1. A t h e n , Nationalmuseum S. Papaspiridi, Guide du Musée Nationale Nr. 3617. Jdl. 26, 1911, 271 Abb. 1. J . N. Svoronos, Das Athener Nationalmuseum 73 ff. Taf. 15, 1. Statue. Aus dem Schiffsfund von Antikythera. H 1,85 m. Sehr zerstört. Füße fehlen, Körper fast bis zur Unkenntlichkeit zerfressen, Kopf einigermaßen erhalten. Wichtig wegen originaler Kopfhaltung, die allerdings hier nicht unbedingt dem Original des 4. Jhs entsprechen muß. Hellenistische Formung in Schlankheit der Figur ( ?) und geschwungener Kurve des Körpers. Arbeit aus dem Anfang des 1. Jhs. Zur Datierung des Unterganges des Schiffes : G. Lippold, Kopien und Umbildungen 71 : »um 50 v. Chr.«. Neuerdings frühere Datierung : vgl. W. Fuchs, Der Schiffsfund von Mahdia (Bilderhefte des DAI. Rom H. 2) 11 f. 2. B e r l i n , S t a a t l i c h e Museen (Pergamonmuseum) Blümel, Kat. Berlin V K 237.

N II. III.

HERMES RICHELIEU

275

Torso. Aus Melos. H 1,51 m. Parischer Marmor. Kopf und beide Arme fehlen. Signiert von einem Antiphanes von Paros (vgl. RE. I 2522 s. v. Antiphanes Nr. 23 [Reitzenstein]). Um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. Die hellenistischen Züge in der schlank aufwachsenden Gestalt erstarrt. Wohl Porträt (?). 3. Der Kopf verwendet beim J ü n g l i n g von E r e t r i a (vgl. hier Anm. 485). Die Locken um Stirn und Schläfen etwas verändert, der Backenbart verkürzt. Verwandt mit diesen späthellenistischen Nachbildungen des Hermes Richelieu und wohl letztlich auch diesem als Vorbild verpflichtet ist der H e r m e s v o n A t a l a n t i (Athen, Nationalmuseum 240. Mariani, Ausonia 2, 1907, 215ff. Abb. 4. Lippold, Jdl. 26, 1911, 276f. Vgl. hier Anm. 485); doch verwendet er auch andere Vorbilder der Klassik, so den Ares Ludovisi für den Kopf. Vgl. neuerdings Fink, RM. 71, 1964, 152ff.

II. VERWENDUNGEN ZU PORTRÄTSTATUEN D E R SPÄTREPUBLIKANISCHEN BIS FRÜHAUGUSTEISCHEN ZEIT

4. Neapel, N a t i o n a l m u s e u m BullCom. 61, 1933, 60 Abb. 3. Statue mit Porträtkopf. H 1,41 m. Fehlt: beide Unterschenkel, beide Arme außer dem Ansatz an den Schultern. 5. München, G l y p t o t h e k A. Furtwängler, Beschreibung der Glypt. Nr. 290. Ders., Ein Hundert Tafeln Taf. 64. Torso mit ergänztem Kopf und Hals, rechten Arm, Mittelteil des linken Oberarms, linker Hand mit Stück des Unterarms, linken Unterschenkel, Glied, Stück im Rücken, herabhängenden Stück der Chlamys. H 1,93 m. Pentelischer Marmor. Kopf allerdings viel zu groß. Als Jäger mit einem Hasen am Stamm, daher wohl Porträtstatue. Ähnlichkeit der Formen zu (N II 4). III. VERWENDUNGEN ZU PORTRÄTSTATUEN D E R KAISERZEIT

6. Neapel, N a t i o n a l m u s e u m Bd'A. 7, 1921/22, 315. BullCom. 61, 1933, 65ff. Taf. 2. Statue mit Porträtkopf der claudischen Zeit. Aus Formia. H 1,95 m. 7. N e a p e l , N a t i o n a l m u s e u m (früher Sammlung Farnese) Guida Ruesch Nr. 246. BullCom. 61, 1933, 59 ff. Statue. H 1,89 m. Kopf zwar gebrochen, aber zugehörig: Porträt flavischer Zeit. Erg.: Unker Unterarm, rechter Arm; wohl moderne Überarbeitung des Chlamysbausches auf der Schulter. 8. Rom, Lecca Ducagini Ausonia 2, 1907, 207 ff. Abb. 1—3. 18*

276

N I V . V. HERMES RICHELIEU

Statue. H 1,35 m. Pentelischer Marmor. Unterschenkel und rechter Arm fehlen. Der Kopf ist ein Porträt, nach Lippold (Jdl. 26, 1911, 274) der augusteischen Zeit, doch weisen sowohl das Porträt wie auch die Haarbehandlung und die Auffassung des Körpers in hadrianische Zeit.

IV. TORSEN, DIE WAHRSCHEINLICH EBENFALLS PORTRÄTKÖPFE DER KAISERZEIT TRUGEN

9. R o m , Museo N u o v o C a p i t o l i n o D. Mustilli, Il Museo Mussolini, Sala IX Nr. 2 Taf. 86. Ausonia 2, 1907, 233. Heibig3 Nr. 1071. Torso. H 1,05 m. Parischer Marmor. Kopf war eingesetzt. Ursprünglich mit Schwert( ?). 10. P a r i s , L o u v r e Cat. Sommaire Nr. 177. Foto Giraudon 1292. Torso. Auch hier war der Kopf eingesetzt und wohl ein Porträt. 11. F r ü h e r S a m m l u n g Somz^e A. Furtwängler, Sammlung Somzie Nr. 9 Taf. 7. Torso. H 0,58 m. Parischer Marmor. Rest eines Schwertes in der Rechten. Trug daher wohl Porträtkopf. Nach den Formen in trajanisch-frühhadrianische Zeit gehörig. 12. R o m , T h e r m e n m u s e u m Ebenfalls Torso mit Schwertband. 13. K o p e n h a g e n , Ny C a r l s b e r g G l y p t o t h e k Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 272. EA. 4292ff. Statue. H 1,95 m. Nach Poulsen Kopf nicht zugehörig, auf jeden Fall ist er falsch aufgesetzt. Erg.: rechter Unterschenkel. Panzer als Stütze weist auch hier auf Porträtverwendung hin. 14. D e l p h i , Museum Inv. 1793. FdD. IV Taf. 68. Statue ohne Kopf. H 1,91 m. Gefunden auf der Terrasse südlich unterm Daochosweihgeschenk. Von Homolle (BCH. 23, 1899, 426f.) als Sisyphos II. und spätere Zutat zum Daochosweihgeschenk eingeordnet. Von Gardiner und Smith (AJA. 13, 1909, 457ff.) als römische Arbeit erkannt. Der Auffindungsort macht eine Verwendung als Porträt auch hier wahrscheinlich. Vermutlich spätflavisch. Ähnlichkeit zum Läufer im Konservatorenpalast, Galleria Nr. 49 (Gl) und Diskobol in Tripolis (D 3).

V. TORSEN VON STATUEN ALS HERMES, ALSO ECHTE KOPIEN

15. P a r i s , L o u v r e Taf. 13 c Cat. Sommaire Nr. 573. A. Furtwängler, Sammlung Somzöe Abb. auf S. 10.

N VI. HERMES RICHELIEU

277

Sogenannter Hermes Richelieu. H mit Kopf 1,90 m. Kopf wahrscheinlich nicht zugehörig, fällt nach der Qualität der Arbeit zu sehr gegenüber der Statue ab, könnte aber ursprünglich auf dasselbe Original zurückgehen. Erg.: linker Fuß, herabhängendes Stück der Chlamys. Kerykeion zum Teil antik. Kopie hadrianischer Zeit. Vgl. Diskobol im Vatikan (D 5). 16. P a r i s , L o u v r e Cat. Sommaire Nr. 93. Foto Giraudon 1291. Torso. Fehlt: Kopf, beide Arme von Mitte des Oberarms an, vorderstes Stück der Chlamys auf der Brust, linkes Bein, rechter Unterschenkel. Trotz der anderen Auffassung der Körperformen als kompakter und schärfer umrissen wohl auch aus hadrianischer Zeit wie der folgende Torso. 17. R o m , V i l l a A l b a n i EA. 3680. Torso. H 0,80 m. Stück des Halses erhalten. Hadrianisch. 18. O l y m p i a , M u s e u m Olympia I I I Taf. 62, 2. Torso mit einem Stück des Halses. Mit Doryphoroskopie zusammen gefunden. Oberfläche sehr stark zerstört. 19. L e p t i s M a g n a R. Bartoccini, Le Terme di Lepcis 130 Abb. 130. Torso mit erhaltenen Oberschenkeln. Antoninisch. 19a. F l o r i n a , A r c h ä o l o g i s c h e s M u s e u m Daux, BCH. 84, 1960, 766 Abb. 4 auf S. 765. Torso. Recht gute Arbeit mit knapperer Zusammenfassung der Muskulatur.

Den Repliken G i u s t i n i a n i (S. Reinach, R6p. de la Stat. Grecque et Rom. I 595, 3), L a n s d o w n e (ebenda 1581, 6) und M a t t e i (ebenda I 594,5) wäre noch nachzugehen. C h a l k i s , M u s e u m (s. Lippold, Plastik 280 Nr. 12) mir nicht zugänglich.

VI. KÖPFE, NACH ANTIKYTHERA VON LIPPOLD IDENTIFIZIERT

20. M ü n c h e n , G l y p t o t h e k A. Furtwängler, Beschreibung der Glypt. Nr. 289. EA. 857. 858. J d l . 26, 1911, 273 Abb. 4 a. b. H 0,52 m. Parischer Marmor. Erg.: Nase, hinterer Rand des rechten Ohres, Hals zum großen Teil, Hermenschaft. 21. R o m , V i l l a A l b a n i EA. 1119. 1120.

278

N VII. HERMES RICHELIEU

H 0,49 m. Griechischer Marmor. Erg.: Nase, Ohrränder, hinterer Teil der rechten Schulter. 22. Rom, Museo Barracco Taf. 22 b; 23 b G. Baracco—W. Heibig, La Collection Barracco 43 Taf. 56. Heibig3 Nr. 1129. Büste. Nach Lippold (Jdl. 26, 1911, 275) ein flavisches Porträt. Da aber das Haar über der Stirn nicht wie bei den Porträts sonst verändert ist, außerdem die Züge des Gesichts denen der anderen echten Kopien völlig gleichen, kann es sich nicht um ein Porträt handeln. Flavisch wird die Wiedergabe allerdings sein. 23. Kopenhagen, N y Carlsberg Glyptothek Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 363. EA. 4575. 4576. H 0,27 m. Nase und Teil des Stirnhaars erg. Fraglich, ob es sich wirklich um eine Kopie nach dem Hermes Richelieu handelt.

24. Frankfurt, Liebieghaus Kurzes Verzeichnis der Bildwerke4 Nr. 96 oder 97(?). 25. Rom, Museo Torlonia C. L.Visconti, Les Monuments de Sculpture Antique du Musée Torlonia Nr. 477 Taf. 123. 26. Neapel, Nationalmuseum Guida Ruesch Nr. 276. EA. 520. 521. H 0,49 m. Lunensischer Marmor.

27. Leningrad, Ermitage O. Waldhauer, Die antiken Skulpturen der Ermitage II Nr. 144. H 0,22 m. Griechischer Marmor. Erg.: Nase, großer Teil des Halses.

VII. PORTRÄTSTATUEN ODER AUCH HERMESSTATUEN, D E R E N CHLAMYS ÄHNLICH, ABER NICHT GENAU WIE BEIM HERMES RICHELIEU ANGEORDNET IST

28. Rom, Palazzo Colonna Matz—Duhn Nr. 1064. EA. 1138. Ohne Kopf. H 1,80 m. Dem Münchner Torso (N II 5) verwandt. 29. Leningrad, Ermitage Waldhauer a. O. II Nr. 97. H 0,58 m. Parischer Marmor. Erg.: Hände, Kerykeion, Flügel, Nasenspitze, Plinthe und Füße. In Standmotiv und Armhaltung dem kanonisch-polykletischen Schema angeglichen.

O. APOLLON CENTOCELLE

279

30. Wien (früher Catajo) Dütschke Nr. 815. EA. 67. — Gleicht (N VII 29).

In die Nähe der Hermes Richelieu gehört auch der Torso im Lateran EA. 2118 (spiegelverkehrt).

O. APOLLON CENTOCELLE ZUR KOPIENKRITIK: Lippold, Text zu BrBr. 690. O. Waldhauer, Die antiken Skulpturen der Ermitage I I Text zu Nr. 115. H. v. Steuben zu Heibig 4 Nr. 142.

1. O x f o r d , Ashmolean Museum (früher Cook, Richmond) EA. 4946. BrBr. Text zu 690 Abb. 3. Strang, JHS. 28,1908, 8 Tai. 3. 4. J. Chittenden— C. Seitmann, Greek Art, Exhibition London 1946 Nr. 155 mit entfernten früheren Ergänzungen. Zuletzt s. Vermeule, AJA. 59, 1955, 134. Statue. H 1,74m. Parischer Marmor. Fehlt: linker Unterarm, rechte Hand; außerdem vielfache Brüche. Kopie augusteischer Zeit. Zum Kopf vgl. den Kopf des Pan im Konservatorenpalast (A4). Zum Körper die Gruppe von Ildefonso (BrBr. 308). Anders G. Lippold, Kopien und Umbildungen 89. 2. E h e m a l s S a m m l u n g y s t i n o w , J a f f a Taf. 26 c E. Poulsen, Versteigerungskatalog Ustinow Nr. 2. Torso. Ansatz von Stütze am linken Oberschenkel. Ausgezeichnete Kopie der spätaugusteischen bis claudischen Zeit. Vgl. den Dresdner Knaben, Dresden (C 1), und den nackten Oberkörper des jüngeren Mannes auf dem Ravennarelief (H. Kähler, Rom und seine Welt Taf. 128). 3. Berlin, S t a a t l i c h e Museen (Pergamonmuseum) Blümel, Kat. Berlin V K 214. Torso, dem vorigen (0 2) nicht unähnlich, aber geringere Arbeit. H 1,11 m. Weißer Marmor. Man könnte auch hadrianische Datierung erwägen, doch ist die Formung wohl noch frisch und naiv genug, um in die Nähe der augusteischen Repliken gestellt zu werden. 4. L e n i n g r a d , E r m i t a g e (früher Sammlung Campana) Waldhauer a. O. II Nr. 115 Taf. 20. Statue. H 1,34m. Parischer Marmor. Erg.: Nasenspitze, Teil der Unterlippe, linke Hand mit Diskus, beide Unterschenkel, dazu das linke Knie, Zeigefinger der rechten Hand, großer Teil des Riemens, Teile der Stützen, Basis und Stamm. Kopie spätflavischer bis trajanischer Zeit. Vgl. die nackten Gestalten der Cancelleriareliefs (F. Magi, I Relievi Flavi del Palazzo della Cancelleria Taf. 1 ff.) und den Pan im Vatikan (A 7).

280

O. APOLLON CENTOCELLE

5. F i e s o l e , M u s e u m A. de Agostino, Fiesole (Itinerari dei Musei e Monumenti d'Italia Nr. 83) Nr. 2555 Abb. 52. Die Kenntnis eines weiteren Fotos verdanke ich U. Hausmann. Kopf. Formung bleibt ganz an der Oberfläche. Wohl schon hadrianisch.

6. R o m , T h e r m e n m u s e u m (früher Sammlung Chigi) Matz—Duhn Nr. 184. S. Aurigemma, Le Terme die Diocleziano e il Mus. Naz. Romano Nr. 186. Statue. H 1,75 m. Erg.: linke Hand, rechter Unterarm mit Hand. Aus vielen Stücken zusammengesetzt. Mit Köcherband. Am Stamm Schlange und Lorbeer. Kopie hadrianischer Zeit. Vgl. Antinoos, Neapel (G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike 4 636f.).

7. M ü n c h e n , P r i v a t b e s i t z K. A. Neugebauer, Antiken in deutschem Privatbesitz Nr. 13. Kopf. H 0,28 m. Stark kristallinischer Marmor. Hadrianisch. Dem vorigen (O 6) eng verwandt und Antinoosköpfen noch ähnlicher. 8. R o m , V a t i k a n Taf. 10c Amelung, Vat. Kat. II, Galleria delle Statue Nr. 443. BrBr. 690. Heibig 4 Nr. 142. Statue. Gefunden in den Ruinen von Centocelle an der Via Labicana, zusammen mit dem bekannten Eros. H 1,82 m. Feinkristallinischer weißer Marmor. Erg.: linke Schädelhälfte mit Teil des Hinterkopfes, Ohr und Teil des Halses. Stücke in den Locken vorn, linker Arm bis auf den Ansatz, rechter Unterarm mit Ellbogen, rechtes Bein mit Fuß, linker Fuß, Basis, Stamm. Geputzt. Kopie antoninischer Zeit, wie man an den so reich unterschnittenen Locken erkennt. Neue repräsentative Strenge gegenüber den zierlich-süßlichen Gestalten (O 6) und (0 7).

9. K o p e n h a g e n , N y C a r l s b e r g G l y p t o t h e k Taf. 26 d Poulsen, Cat. Sculpt. Nr. 68. P. Arndt, La Glyptotheque Ny Carlsberg Taf. 74. Billedtavler Taf. 6. Torso mit falsch (im Motiv der nachpolykletischen Knaben) erg. Beinen und modernem Kopf; ferner erg.: linker Unterarm, linke Hand, rechter Arm von Mitte des Oberarms an, Baumstamm und Plinthe. Erg. H 1,86 m. Datierung trotz der von (O 6) und (O 8) verschiedenen Auffassung wohl frühestens hadrianisch, wenn nicht später. Vgl. etwa den Karlsruher Hyakinthos (B 26) oder den dort zitierten Knaben im Konservatorenpalast. 10. F r ü h e r L o n d o n , L a n s d o w n e H o u s e A. Michaelis, Ancient Marbles in Great Britain 445 Nr. 32.

11. M ü n c h e n , G l y p t o t h e k A. Furtwängler, Beschreibung der Glypt. Nr. 287. EA. 851. 852. Sehr zerstörter Kopf; Kopie des 'Jason' aufgesetzt. Erg.: Kinn, Unterlippe und rechte und linke Wange sowie linke Braue, Hälfte des Auges und Teil der Stirn.

P. HERMES BARBERINI

281

P. H E R M E S B A R B E R I N I 1. P a l e s t r i n a , P a l a z z o B a r b e r i n i Taf. 28 a Foto Inst. Neg. Rom 6480. Torso. Fehlt: rechter Arm von Mitte des Oberarms an, linker Unterschenkel, rechtes Bein von oberhalb des Knies an. Kopfwendung nach der Standbeinseite noch deutlich an Halsmuskeln sichtbar. Kopie trajanisch-frühhadrianischer Zeit. Vgl. den Hyakinthos in München (B 9). 2. R o m , V a t i k a n Amelung, Vat. Kat. II, Galleria delle Statue, Nr. 407. Statue. Kopf gehört nicht dazu. H mit Kopf 1,65 m. Feinkörniger gelblicher Marmor. Erg.: Teil der rechten Schulter, linke Schulter vorn, Teile der Brustmuskeln, rechter Arm mit Stütze und Hand, große Teile des Gewandes vorn, der ganze herabhängende Teil, Flicken im Rücken und an den Oberschenkeln, beide Unterschenkel, Füße, Stamm, Plinthe. Im ganzen überarbeitet. 3. T u n i s , Musée Alaoui M. P. Gauckler u. a.. Le Musée d'Alaoui Suppl. I Taf. 28, 3 Text § 47, 944. Statue ohne Unterschenkel und Füße. H 1,15 m. Weißer Marmor. Umbildung mit Änderung der Formen im Sinn des strengen Stils, Kopf mit langen Locken (vgl. den Knaben im Prado, EA. 1593 bis 1598). Die Art, wie die Chlamys um den Arm geschlungen ist, zeigt aber, daß ursprünglich der Hermes Barberini das Vorbild war. Datierung wie der Knabe im Prado hadrianisch, wenn nicht später.

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1. Abb. 2. Abb. 3. Abb. 4. Abb. 5. Abb. 6. Abb. 7. Abb. 8. Abb. 9. Abb. 10. Abb. 11. Abb. 12. Abb. 13. Abb. 14. Abb. 15. Abb. 16. Abb. 17. Abb. 18. Abb. 19. Abb. 20. Abb. 21. Abb. 22. Abb. 23. Abb. 24. Abb. 25.

Rekonstruktionsskizze des Ölausgießers Vatikan. — S . 146f. 157. 168. 175. 223. 237. Basis der Statue des Kyniskos von Polyklet in Olympia. Olympia V 149. — S . 20. 22. 36ff. Anm. 121, 138. Basis der Statue des Aristion von Polyklet I I in Olympia. Olympia V 162. — S . 20. 38f. 43. 169. 183. 185 Anm. 121. 138. 191. 206. Basis einer Statue des Mikythosweihgeschenks in Olympia. Eigene Zeichnung. — S . 22. 24f. Anm. 132. 139. Fußspuren des Doryphoros. Neapel, Nationalmuseum. Anti, MonAnt. 26, 1920, 653. — S. 25. Basis der Statue des Abas in Delphi. Klio 7, 1907, Taf. 3. — S . 25. 227f. Anm. 140. Basis der Statue des Akrisios in Delphi. Klio 7, 1907, Taf. 3. — S. 25. 227f. Anm. 140. Basis einer Athletenstatue des Daidalos in Olympia. Eigene Zeichnung. — S . 25f. 229 Anm. 142. 173. Basis der Statuen des Idrieus und der Ada von Satyros in Delphi. Marcadä I 93. — S . 26. 208 Anm. 143. Fußspuren des Augustus von Primaporta. H. Kahler, Die Augustusstatue von Primaporta 12 Abb. 4. - S . 26 Anm. 147. Fußspuren der Amazone von Polyklet. Rom, Kapitolinisches Museum. Eigene Zeichnung. - S. 28 Anm. 155. Fußspuren des Dresdner Knaben. Dresden, Skulpturensammlung. — S. 28. Basis des Lysanderweihgeschenks Inv. Nr. 2724 in Delphi. F d D . I I I 1, 39. - S . 27f. 227 Anm. 153. Basis einer Zanstatue des Kleon in Olympia. Eigene Zeichnung. — S . 28f. 204. 227 Anm. 138. 156. Basis der Statue des Meliers in Delphi. F d D . I I I 1, 39. — S . 30f. Anm. 161. 383. Basis der Statue des Perseus in Delphi. Klio 7, 1907, Taf. 3. — S. 30f. Anm. 162. Unteransicht des Ephesosathleten. Wien, Kunsthistorisches Museum. O. Benndorf, Forschungen in Ephesos I 187 Abb. 133 (hier umgekehrt). — S . 30 Anm. 134. 163. Fußspuren des Apoxyomenos von Lysipp. Rom, Vatikan. Eigene Zeichnung. — S . 32. 236. 243. Fußspuren der Amazone des Kresilas. Berlin, Staatliche Museen. Eigene Zeichnung. — S . 36 Anm. 180. Basis der Statue des Lysander von Dameas in Delphi. F d D . I I I 1, 28. — S. 33 Anm. 168. 383. Basis der Statue des Ephesiers von Teisandros in Delphi. F d D . I I I 1, 31. — S . 33 Anm. 169. Basis der Statue des Lynkeus von Antiphanes in Delphi. Klio 7, 1907, Taf. 3. — S . 33 Anm. 170. Basis der Statue des Arkas von Daidalos in Delphi. AM. 31, 1906, Taf. 24. — S. 33. 35. 229. 235 Anm. 171. Fußspuren des Diskophoros von Polyklet. Rom, Vatikan. Anti, MonAnt. 26, 1920, 653. — S . 37. 40 Anm. 187. Basis der Statue des K a r y x von Alypos ( ? ) in Delphi. F d D . I I I 1, 38. — S . 36. 40 Anm. 196. 383.

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 26. Abb. 27. Abb. 28. Abb. 29. Abb. 30. Abb. 31. Abb. 32. Abb. 33. Abb. 34. Abb. 35. Abb. 36. Abb. 37. Abb. 38. Abb. 39. Abb. 40.

283

Basis der Statue des Xenokles von Polyklet II in Olympia. Olympia V 164, mit eigenen Verbesserungen nach dem Original. — S. 22f. 36. 41. SOf. 182f. Anm. 133. 198. 199. 302. Basis der Statue des Alektryon von Antiphanes in Delphi. Klio 7, 1907, Taf. 3. — 5. 36. 40. 43 Anm. 197. Fußspuren des Hermes von Naukydes. Berlin, Staatliche Museen. Eigene Zeichnung. — S. 36. 40 Anm. 201. Basis der Statue eines Korinthers und anderer von Alypos (?) in Delphi. FdD. I I I 1, 36, mit eigenen Verbesserungen nach dem Original. — S. 36. 42. 101 ff. Anm. 202. 217. 384. s. Abb. 3. - S. 36. 43 Anm. 206. Basis einer Statue von Lysipp in Korinth. Marcadi I 69. — 5. 36. 43f. 243 Anm. 209. Basis von Statuen des Polyklet I I I und des Lysipp in Theben. F. P. Johnson, Lysippos Taf. 4 B . - S. 16. 36. 44 Anm. 100. Basis der Statue des Troizeniers von Alypos in Delphi. FdD. I I I 1, 37. — S. 36. 45 Anm. 217. Basis der Statue des Eukles von Naukydes in Olympia. Olympia V 151. — 5. 22f. 36. 42. 46. 110. 131 Anm. 133. 219. Fußspuren des Diskobols von Naukydes. Rom, Vatikan. Eigene Zeichnung. — S. 36. 44f. Basis der Statue des Herakles von Antiphanes in Delphi. Klio 7, 1907, Taf. 3. — S. 36. 44. 46. 236 Anm. 215. Basis der Statue des Milesiers von Teisandros in Delphi. FdD. I I I 1, 33. — S. 23f. 45 Anm. 136. 137. 217. Basis der Statue des Pythokles von Polyklet II in Olympia. Olympia V 162. — S. 23f. 45. 182 Anm. 135. 137. Basis der Statue des Apheidas von Antiphanes in Delphi. AM. 31, 1906, Taf. 24. — S. 23f. Anm. 136. Basen der Statuenreihenanatheme in Delphi: a. Lysanderweihgeschenk. Zusammengestellt nach FdD. I I I 1, 28fl. (hypothetische Anordnung). - S. 22. 40. 42. 101f. 104 Anm. 133. 169. 196. 383. b. Arkaderweihgeschenk. Zusammengestellt nach AM. 31, 1906, Taf. 24 und Marcade I 86. — S. 44. 46. 172. 190f. 194f. Anm. 656. 670. c. Argiverweihgeschenk. Zusammengestellt nach Klio 7, 1907, Taf. 3 und G. Roux, Enigmes h Delphes. - S. 190. 193. 195f. Anm. 664.

TAFELVERZEICHNIS Taf. 1 a. b. c.

Rekonstruktion des Doryphoros. München, Universität. Foto Kaufmann. — S. 52. 217f. 220. Pan. Leiden, Rijksmuseum. Foto des Museums. — S. 49. 51. 59. 63 f . 85. 215. 226. 249. 251. Knabe. Dresden, Skulpturensammlung. Foto des Museums. — S. 6 4 f f . 226. 259.

Taf. 2 a. b. c.

Pan. London, Britisches Museum 1666. Foto des Museums. — S. 51. 226. 247f. 251. Pan. London, Britisches Museum 1667. Foto des Museums. — S. 50j. 226. 247. 251f. Knabe. Rom, Museo Barracco. Inst. Neg. Rom 64.830. — S. 72. 85. 226 Anm. 282.

Taf. 3 a.

'Narziß'. Berlin, Staatliche Museen (Pergamonmuseum). Foto des Museums Neg.Nr. - S. 54. 121. 226. 253. 258f. 268 Anm. 244. Detail der Bronzestatuette eines spendenden Jünglings Taf. 15a. Paris, Louvre. Hirmer Fotoarchiv München GP. 183/2. — S. 80. 108. 226 Anm. 300. Kriegertorso von einer Metope des argivischen Heraions. Athen, Nationalmuseum. Marburg 134326. - 5. 57. 67. 108. 141. 182 Anm. 244. Detail des Läufers Taf. 18 b. c. Rom, Konservatorenpalast, Gali. 49. Inst. Neg. 63.1840. - S. 108. 141. 156. 174. 182. 267f. Anm. 244.

b. c. d.

Taf. 4 a. b. c.

Taf. 5 a. b. Taf. 6 a. b.

Taf. 7 a. b. c.

Taf. 8

a. b. c.

3380. Foto Foto Rom

'Narziß'. Paris, Louvre. Foto Archives Photographiques MMLA 595. — S. 54. 59f. 117. 252f. 258f. Anm. 253. Oinochoe. London, Britisches Museum E 524. Foto des Museums. — S. 63. Itys der Prokne-Itys-Gruppe. Athen, Akropolismuseum. Foto DAI. Athen A K R . 1292. — S. 60 Anm. 250. 251. Kopf der Doryphorosherme. Neapel, Nationalmuseum. Inst. Neg. Rom 64.1805. — S. 68. 79. Kopf der Aphrodite Taf. 10b. Neapel, Nationalmuseum. Inst. Neg. Rom 118 A. — S. 79. 108 Anm. 292. Kopf des Knaben Taf. 1c. Dresden, Skulpturensammlung. Foto des Museums. — S. 66. 79. 259. Mädchenkopf aus dem argivischen Heraion. Athen, Nationalmuseum. Foto Marburg 134787. - S. 82 Anm. 307. Kopf des 'Dresdner Knaben*. Rom, Museo Barracco. Foto Alinari 34912. — S. 66f. 121.260. Kopf des 'Narziß'. Frankfurt, Liebieghaus. Foto Marburg 8286. — S. 54f. 58. 67. 121. 141. 253. Kriegerkopf vom argivischen Heraion. Athen, Nationalmuseum. Foto Hege 1311. — S. 58. 67. 121 Anm. 245. Kopf des Knaben Taf. 1c. Dresden, Skulpturensammlung. Foto des Museums. — S. 66. 68. 259. Kopf des 'Narziß* Taf. 7b. Frankfurt, Liebieghaus. Inst. Neg. Rom 2803. — S. 54f. 85. 121. 253. Kopf des Diskobols Taf. IIb. Rom, Museo Nuovo Capitolino. Inst. Neg. Rom 63.1824. — S. 110f. 121. 262.

TAFELVERZEICHNIS Taf. 9 a. b. c.

Taf. 10 a. b. c. Taf. 11 a. b. c. d.

Taf. 12 a. b. c.

285

Kopf des Hermes des Naukydes. Rom, Palatin. Foto des Antiquario Palatino Neg.Nr. F 2620. - S. 69f. 123. 141. 264 Anm. 76. 457. 616. Kopf des Knaben vom Helenenberg Taf. 11d. Wien, Kunsthistorisches Museum. Foto des Museums. — S. 70f. 188 Anm. 278. Kopf des 'Heros mit Chlamys' Taf.33. London, Britisches Museum. Foto des Museums. — Anm. 501. Hermes des Naukydes. Berlin, Staatliche Museen (Pergamonmuseum). Foto des Museums Neg.Nr. Bard 117. - S. 69. 78. 123f. 130. 181. 184. 188. 2Q2. 264f. Anm. 634. Aphrodite. Neapel, Nationalmuseum. Foto Alinari 11155. — S. 74ff. 84. 153. 203 Anm. 286. 292. Apollon von Centocelle. Rom, Vatikan. Foto Alinari 6504. - S. 200f. 280 Anm. 686. Bronzestatuette von Ligurio. Berlin, Staatliche Museen (Charlottenburg). Foto des Museums (J. Tietz-Glagow). - S. 116. 125. 218. 220 Anm. 461. Diskobol. Rom, Museo Nuovo Capitolino. Foto Anderson 17875. - S. 110. 220. 262. Torso des Omphalosapollon. Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek. Foto des Museums. — S. 125. Knabe vom Helenenberg. Wien, Kunsthistorisches Museum. Foto des Museums. — S. 70f. 95. 125 Anm. 278. Diskobol. Paris, Louvre. Foto Giraudon 1209. - S. 111. 118. 121. 124f. 131. 262. Diskobol Taf. 13b. Duncombe Park. Foto Massers' Malton. — S. 111f. 118. 121. 124f. 131. 262f. Diskobol. Rom, Vatikan. Foto Anderson 1365. - S. 110ff. 118, 121. 124f. 131.263 Anm. 411.

Taf. 13 a. b. c.

Jüngling. Kyrene. Inst. Neg. Rom 58.2294. - S. 136ff. 201. 203. 239. 267. Diskobol. Duncombe Park. Foto Massers' Malton. — S. 111. 185. 262f. Hermes Richelieu. Paris, Louvre. Foto Giraudon 1195. - S. 184f. 201f. 205f. 208. 212. 220. 229. 239. 241. 276f.

Taf. 14 a.

Hermes aus Leptis Magna. Tripolis. Inst. Neg. Rom 61.1776. — S. 126f. 131. 145. 238 Anm. 466. Wandbild. Pompeji, Haus des Spurius Maesor. Nach HBr. Taf. 175. — S. 127f. Anm. 472. 473.

b.

Taf. 15 a. bc. d.

Taf. 16 a. b. c.

Bronzestatuette eines spendenden Jünglings. Paris, Louvre. Foto Hirmer Fotoarchiv München GP 183/2. - S. 42. 80f. 135f. 138. 179. 202. 239 Anm. 300. Athlet des Koblanos. Neapel, Nationalmuseum. Foto Alinari 34220. — S. 42. 81. 133. 138. 165. 185. 188. 202. 222. 239. 266 Anm. 302. 478. Replik des Jünglings Taf. 13a. Florenz, Slg. Capelli. Inst. Neg. Rom 39.1419. — S. 42. 136ff. 156. 185. 201 ff. 222. 239. 267 Anm. 489. Idolino. Florenz, Archäologisches Museum. Foto des Museums. — S. 42. 135. 185. 202. 239. 267 Anm. 489. Knabe. Paris, Louvre. Foto Archives Photographiques MMLA 220 B. — S. 43. 134ff. 188. 202. 266. Torso eines Lychnouchos, Berlin, Staatliche Museen (Charlottenburg). Foto des Museums (J. Tietz-Glagow). - S. 43. 95f. 134ff. 188. 202. 265f. Replik des Koblanosathleten. Paris, Louvre. Foto Giraudon 121.0. - S. 43. 134. 188. 202. 266.

286

TAFELVERZEICHNIS

Tai. 17 a. b.

Kopf des Läufers Taf. 18b.c. Rom, Konservatorenpalast, Gall. 49. Inst. Neg. Rom 63.1842. - S. 141 f . 267f. Kopf des Läufers Taf. 18a. Rom, Konservatorenpalast, Gall. 52. Inst. Neg. Rom 63.1847. — S. 141 f . 268.

Taf. 18 a.

Läufer. Rom, Konservatorenpalast, Gall. 52. Inst. Neg. Rom 63.1844. - S. 141 f . 174. 176. 182. 268. b. c. Läufer. Rom, Konservatorenpalast, Gall. 49. Inst. Neg. Rom 63.1838; 63.1839. — S. 141. 144. 174. 176. 182. 2671. Anm. 504.

Taf. 19 a . b . Athlet. Rom,Vatikan. Inst. Neg. Rom 64.761; 34.10. - S. 146. 168. 176. 223. 237. 268 Anm. 533. c. Läufer Taf. 18a. Rom, Konservatorenpalast, Gall. 52. Inst. Neg. Rom 63.1843. - S. 141 f . 146. 268. Taf. 20 a. b. c.

Taf. 21 a. b. c. Taf. 22 a. b.

Taf. 23 a. b.

Taf. 24 a. b. c. d.

Aphrodite aus Epidauros. Athen, Nationalmuseum. Foto Hege 1110. — S. 151 ff. 176f. 236. 268f. Anm. 548. Bronzestatuette eines Athleten. Berlin, Staatliche Museen (Pergamonmuseum). Foto des Museums Neg.Nr. 3498. - S. 162. 171. 176. 179. 181. 185. 187. 236f. Anm. 592. Athlet aus Ephesos. Wien, Kunsthistorisches Museum. Foto des Museums. — S. 155ff. 171. 173. 176. 186. 212. 218. 220. 222. 236f. 239. 269 Anm. 568. Vorstürmender Herakles. Rom, Konservatorenpalast. Inst. Neg. Rom 63.1848. — S. 142173. 175f. 194. 197. 238 Anm. 509. 614. Bronzestatuette eines Athleten. Paris, Louvre. Foto Chuzeville. — S. 166f. 172ff. 186. 200. 208. 238f. Anm. 175. 599. Torso des Herakles Taf. 21a. Inst. Neg. Rom 63.1849. - S. 173. 176. 239 Anm. 614. Kopf des Diskobols Taf. IIb. Rom, Museo Nuovo Capitolino. Inst. Neg. Rom 63.1822. — S. 110f. 121. 126. 156. 184f. 262. Kopfreplik des Hermes Richelieu. Rom, Museo Barracco. Inst. Neg. Rom 64.832. — S. 184f. 200. 239. 278. Kopf des Diskobols Taf. 11b. Rom, Museo Nuovo Capitolino. Inst. Neg. Rom 63.1823. — S. 111. 121. 141. 184f. 262. Kopfreplik des Hermes Richelieu Taf. 22b. Rom, Museo Barracco. Inst. Neg. Rom 64.833. - S. 184f. 188. 200. 239. 278. Kopf des Läufers Taf. 18b.c. Rom, Konservatorenpalast, Gall. 49. Inst. Neg. Rom 63.1841. - S. 141 f . 174f. 208. 267f. Kopf des Athleten aus Ephesos Taf. 20c. Wien, Kunsthistorisches Museum. Foto des Museums. - S. 156. 174f. 208. 239. 269. Kopf des vorstürmenden Herakles Taf. 21 a. Rom, Konservatorenpalast. Inst. Neg. Rom 63.1850. - S. 173f. 244 Anm. 614. Bronzekopf. Neapel, Nationalmuseum. Nach BrBr. Taf. 369. - S. 172. 174. 208. 239 Anm. 613. 720.

Taf. 25 a. b. Kopf. Rom, Konservatorenpalast. Inst. Neg. Rom 63.1835; 63.1836. — S. 174 Anm. Taf. 26 a.

616.

Platte eines Grabmals aus Xanthos. London, Britisches Museum. Foto des Museums. — S. 99f. Anm. 377.

TAFELVERZEICHNIS b. c. d.

Taf. 27 a. b. c.

Taf. 28 a. b.

Taf. 29 a. b. c. d. Taf. 30 a. b. c. d. Taf. 31 a. b. Taf. 32 a. b. c. d. Taf. 33.

287

Gemme mit Herakles. Ehemals Slg. General Ramsay. Nach A. Furtwängler, Die antiken Gemmen Taf. 10 Nr. 8. - S. 194. 198f. Anm. 669. Torsoreplik des Apollon von Centocelle. Früher Jaffa, Slg. Ustinow. Foto aus dem Nachlaß Watzinger. - S. 201 f. 239. 279. Torsoreplik des Apollon von Centocelle. Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek. Foto des Museums. - S. 201 f. 239. 280. Statuettentorso. Berlin, Staatliche Museen (Charlottenburg). Foto des Museums (J. Tietz-Glagow). - S. 204f. 215. 227 Anm. 700. Torso. Delphi, Museum. Foto Tübingen, Archäologisches Institut der Universität. — S. 205. 227 Anm. 702. Perseus. Athen, Nationalmuseum. Foto DAI. Athen NM. 5357. — S. 27. 207j. 228. 241 Anm. 708-710. Torso des Hermes. Palestrina, Palazzo Barberini. Inst. Neg. Rom 6480. — S. 205f. 215.228. 281. Säulentrommel vom Artemision von Ephesos. London, Britisches Museum. Foto Hirmer Fotoarchiv München GP. 223/2. - S. 215f. 229 Anm. 744. Herakles. Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek. Foto des Museums. — S. 27. 34f. 172f. 229. 235f. 239. 242. 244f. Anm. 175. ölausgießer Taf. 31b. München, Glyptothek. Foto Kaufmann Nr. 490. — S. 173. 240. 243f. Bronzestatuette des Zeus. Früher Berlin, Staatliche Museen. Foto des Museums. — S. 26. 173. 231. 235f. Anm. 149. Torso. Lecce, Museo Provinciale. Foto G. Guido. — S. 173. 242. 244. Herakles Taf. 29a. Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek. Foto des Museums. — S. 27. 244. Torso Taf. 29d. Lecce, Museo Provinciale. Foto G. Guido. — S. 242. 244 Anm. 847. ölausgießer Taf. 31b. München, Glyptothek. Foto des Museums. — S. 240. 243f. 272 Anm. 847. Apoxyomenos. Rom, Vatikan. Inst. Neg. Rom 35.662. — S. 209. 244. Herakles-Hirschkuh-Gruppe. Palermo, Museo Civico. Foto Alinari 19586. — S. 173. 237. 242f. Anm. 812. ölausgießer. München, Glyptothek. Foto Kaufmann 489. — S. 173. 240f. 243. 272. Kopfreplik des Athleten aus Ephesos. Leningrad, Ermitage. Foto des Museums. — S. 156. 239. 269f. Kopf des ölausgießers Taf. 31b. München, Glyptothek. Foto Kaufmann 481. — S. 240f. 245. 272. Kopfreplik des Münchner ölausgießers. Boston, Museum of Fine Arts. Foto des Museums. - S. 240f. 244f. 272. Kopf des Apoxyomenos Taf. 30d. Rom, Vatikan. Inst. Neg. Rom 3329. — S. 239. 244f. 'Heros mit Chlamys'. London, Britisches Museum. Foto des Museums. — Anm. 501.

REGISTER Für die einzelnen Kopien nach Werken der Polykletnachfolge s. Replikenlisten S. 246 ff. I. NAMEN UND SACHEN A b a s 's. Argiverweihgeschenk A g i a s s. Daochosweihgeschenk A i a n t i d e s s . Lysanderweihgeschenk A k n o n i o s s. Daochosweihgeschenk A k r i s i o s s. Argiverweihgeschenk A l e k t r y o n s. Argiverweihgeschenk A l e x a n d e r s. Lysipp A l e x i s 6f. A l k a m e n e s Iii., 89f., 126; Ares Borghese 45f„ 126 'Alkibiades* 144 A l y p o s 6, 10, 12f„ 15, 38, 45, 84f., 137, 187f. Aly z i a g r u p p e n s. Lysipp A m a z o n e s. Polyklet A n a d u m e n o s s. Myron A n t i k y t h é r a s. Kleon, Statuette A n t i p h a n e s 6f., 12f., 15, 18, 25, 33, 40f„ 46. 84, 189ff„ 197ff. Anm. 355) Apollon Centocelle 200ff., 239, 279f. Anm. 355-, Dioskuren 100f., 108; Herakles 193, 197ff.; 'hölzernes Pferd' 13, 15; Perseus 30f., 199f„ 206; s. auch Argiverweihgeschenk A p h r o d i t e Neapel-Paris 74ff„ 84, 87, 90, 93, 108, 153, 203; s. auch Lysipp, Polyklet II A p o l l o d o r o s s. Lysanderweihgeschenk A p o l l o n s. Antiphanes, Arkaderweihgeschenk, Skopas A p o x y o m e n o s s. Lysipp, Polyklet A r e s Borghese-Lecce 108f.; s. auch Alkamenes A r g i v e r w e i h g e s c h e n k , Delphi 13, 15, 190, 193 ff. ; Abas 25, 228; Akrisios 25, 228; Alektryon 40, 43; Herakles 43, 46, 197ff.; Lynkeus 33; Perseus 30 f. a r g i v i s c h e Kunst neben Polyklet 38; —s Menschenbild 218; 'alt—r Kanon' 124, 130, 188; s. auch Naukydes, Statuenreihe Argos 12; Heraion 55ff., 67, 79, 83, 108, 121, 141, 182; s. auch Mädchenkopf, Polyklet, Relief A r i s t e i d e s 6f. A r i s t i o n s. Olympia, Standmotiv

A r i s t o k l e s s . Lysanderweihgeschenk A r k a d e r w e i h g e s c h e n k , Delphi 13, 15, 23f., 190ff.; Apollon 44, 46, 192; Kallisto 191 f.; s. auch Daidalos (Arkas, Nike) a r k a d i s c h e Polykletschüler 12 A r k a s s. Daidalos a r m a s u m e n s s. Polyklet II A r t e m i s i o n s. Ephesos A s k l e p i o s s. Polyklet II Asopodoros 6 A t a l a n t i s. Hermes A t h e n o d o r o s 6f., 13 A t h l e t und Kampfrichter, Statuettengruppe 99; —enbild 91, 121, 139, 146f., 149, 159f„ 164, 167f.; Koblanos— 42f., 81, 132ff., 139, 239, 266f.; - e n s t a t u e t t e 166f., 172, 186, 200, 208, 238f.; s. auch Daidalos, Kopf, Standmotiv a t t i s c h e Knabenbilder 88; Verhältnis der —n Kunst zur Polykletschule 4, 5, 38, 46, 59f., 86ff„ 106, 125f„ 150, 242 Anm. 239 A u g e n b l i c k s e r f a s s u n g 119, 145, 147, 160, 167 A u g u s t u s von Primaporta 26, 232 A u t o n o m o s s . Lysanderweihgeschenk B a i a e s. Dioskur B a s a l t s. Torso B a s i s s. Delphi, Ephesos, Korinth, Lysanderweihgeschenk, Olympia, Polyklet, Statuenbasis, Theben B e f e s t i g u n g s t e c h n i k 22f. B e i w e r k 20, 102, 104f., 144f., 152ff„ 194f. B e t e r s. Statuette b e w e g t e Figur 45, 47, 112ff., 140fl., 165f. B e w e g u n g s a u f f a s s u n g 118f., 146f., 174 B i l d s. argivische, Athletenbild, attische, Herakles, Hermes, Heroenbilder, Menschenbild, Siegerbild B r o n z e als Material des Lysipp 235, der Polykletnachfolger 19; s. auch Diadumenos, Kopf, Statuette, Torso

289 C a p e l l i s. Jüngling C a s t e l G a n d o l f o s. Torso C e n t o c e l l e s. Antiphanes C h e i m o n s. Naukydes C h l a m y s s . Hermes, Heros D a i d a l o s 6, 10ff., 15, 25ff.. 33, 35, 168ff., 235ff„ 243; Arkas 33, 35, 167, 172, 195, 235; Athletenstatuette 166f„ 172, 186, 200, 208, 238f.; Ephesosathlet 3, 30, 155fi„ 163, 167, 171, 173fi„ 176, 186, 212, 218, 220, 222, 236f„ 239, 269ff. Anm. 17; Glaukon 15; Lehrer des Lysipp (?) 27, 35, 174, 238; Nike 171f., 191; ölausgießer Dresden-Pitti 168ff., 176, 181, 223f„ 271 ff., Vatikan 146£f., 157, 168, 176, 223f., 237, 268; vorstürmender Herakles 142, 173ff., 194, 197, 238, 244; s. auch Arkaderweihgeschenk, Delphi, Ephesos, Olympia, Standmotrv; (Ephesosathlet) D a m e a s 6f., 13, 33 D a o c h o s w e i h g e s c h e n k , Delphi 210ff.; Agias 43, 212, 238, 241; Aknonios 43; Daochos II 32; Sisyphos 29 D e l o s s. Porträt D e l p h i , Basis des Daidalos 11; s. auch Argiverweihgeschenk, Arkaderweihgeschenk, Daochosweihgeschenk, Lysanderweihgeschenk, Torso D i a d u m e n o s , Bronze Anm. 679; s. auch Polyklet D i o n y s o s von Tivoli 2f. D i o s k u r von Baiae 101; s. auch Antiphanes D i s k o b o l s . Diskuswerfer, Myron, Naukydes D i s k o p h o r o s s. Polyklet D i s k u s w e r f e r des 'strengen Stils' 114, 119 D o d o n a s. Zeus D o r y p h o r o s s. Polyklet E l e u s i s s. Jüngling E p h e s o s , Basis des Daidalos 11; Säulentrommel von Artemision 215 f., 229; s. auch Daidalos E p i d a u r o s , Asklepieionskulpturen 122, 182; Theater 16 Anm. 102; Tholos 16 Anm. 102; s. auch Polyklet II E r e t r i a s. Jüngling E r o s s. Lysipp E u k l e s s. Naukydes, Olympia F a u s t k ä m p f e r s. Polyklet II G i r g e n t i s. Polyklet II G l a u k o n s. Daidalos G ö t t e r s t a t u e n 19, 154f„ 177, 189, 203 19

Jdl. 25. Erg.-Heft

G r a b : —mal des Payava 100; s. auch Relief ' G r u n d g e s t a l t ' , polykletisch 225ff„ 232f. G r u p p e n b i l d u n g 98ff„ 174, 191fi. H a g e l a d a s 104, 106 H a l t u n g s m o t i v 138f„ 165, 170f., 222ff„ 236ff„ 241 f. Anm. 609 H e b e s. Naukydes H e l l a n i k o s s. Olympia H e r a Borghese 78f., 154; s. auch Polyklet H e r a i o n s. Argos, Mädchenkopf H e r a k l e s Anm. 720; Bild des — 199; mit dem Fell über dem Kopf 197f.; Pitti-Torlonia 197; s. auch Antiphanes, Argiverweihgeschenk, Daidalos, Lysipp, Polyklet, Skopas H e r m e s 198; von Andros-Belvedere 229f.; von Atalanti 133f.; Bild des — 188f.; in Chlamys, Statue und Statuetten Anm. 720; aus Leptis Magna 126f., 131, 145, 238; Richelieu 183ff„ 200ff., 205f., 220, 229, 239, 241, 274ff.; s. auch Kleon, Naukydes, Polyklet H e r o e n b i l d e r 18 H e r o s : sog. — mit Chlamys London-LouvreLateran Anm. 501 H y a k i n t h o s 92f.; s. auch Narziß I d o l i n o s. Polyklet i o n i s c h : Verhältnis der —en Kunst zur Polykletnachfolge 88 f. J ü n g l i n g Capelli 136f„ 201, 203, 239, 267; 'einschenkender —' 179ff.; aus Eleusis 73, 88 Anm. 792; aus Eretria 133f.; Statue 238f. Anm. 501 K a i r o s s. Lysipp K a l l i m a c h o s 74, 77 K a l l i s t o s . Arkaderweihgeschenk K a m p f r i c h t e r s. Athlet K a n a c h o s II 6, 11, 13f., 85f„ 142, 175 K a n o n des Polyklet lff., 49, 224ff.; 'altargivischer 124, 130, 188 K a r y x s. Lysanderweihgeschenk K i m m e r i o s s. Lysanderweihgeschenk K l a s s i z i s m u s 224ff. K l e o n 6f., 12f., 16, 107, 204ff., 209f., 228f., 235; Hermes Barberini, Torso 205f., 215, 223, 228, 281; Perseus von Antikythera 27, 207ff., 213f., 223, 228, 241; Zeus-Zanes 204f., 227, 231; s. auch Olympia K n a b e 72ff„ 85, 226; Baracco 72ff., 85, 226;

290 Dresden 64ff., 72, 79, 83, 226, 259ff.; Leningrad 69f.; von Marathon 241 Anm. 843; spendend 34, 42, 80ff., 84, 135, 202; attische - n b i l d e r 88; —nkopf 2, 88; - n s t a t u e 89, 134f., 265f., nachpolykletisch 28, 48ff„ 90ff„ 226f. Anm. 234; s. auch Leuchterknaben, Polyklet, Standmotiv K n ö c h e l s p i e l e r auf Grabrelief 182; s. auch Polyklet K o b l a n o s a t h l e t 42f„ 81, 132ff„ 139, 239, 266f.; s. auch Kopf K ö n i g , sog. Anm. 139 K o n t r a p o s t 29f., 62, 117, 138, 159, 176f., 222, 225 K o p f , bekränzt 174f.; von Benevent 95; Bronze 172, 174, 208, 239 Anm. 720; auf Kopie des Koblanosathleten 85; s. auch Knabe, Mädchenkopf, Lysipp, Polyklet K o p i e n p a a r e 141, 158, 238, 247f. (Nr. 2. 3) K o r i n t h , Basis des Lysipp 43f. K ö r p e r f o r m e n 53ff., 173, 220ff„ 225; bei Lysipp 239, 243f.; der Naukydesschule 71, 121 f., 1241, 185, 188 K r e s i l a s 53f., 68, 108 K r i e g e r , Statuette 108 K y n i s k o s s. Olympia L a d a s s. Myron L ä u f e r , Typus Konservatorenpalast 108, 141ff., 156, 174ff., 182, 267f.; s. auch Lysipp L e o c h a r e s Anm. 719 L e p t i s M a g n a s. Hermes L e u c h t e r k n a b e n 94ff. L i g u r i o s. Statuette L y n k e u s s. Argiverweihgeschenk L y o n s. Nike L y s a n d e r w e i h g e s c h e n k , Delphi 9, 11, 13ff., 17f., 22, 82, 97ff., 130f„ 190f.; Aiantides 45; Apollbdoros 45; Aristokles 42; Autonomos 40; Basis von Reihe der Nauarchoi 27f.; Karyx 40f.; Kimmerios 33; Lysander 33; LysanderPoseidon-Gruppe 98f.; Theopomp 30f.; s. auch Antiphanes (Dioskuren), Standmotiv L y s i p p 12f„ 16, 26f., 167, 173, 209, 231f., 234ff. Anm. 719; Alexander mit der Lanze 231 f., 235f.; Alyziagruppen 173, 237f., 242f.; Aphrodite 32, 236ff.; Apoxyomenos 32, 209, 236ff., 244f. , 4 » » . 719; Eros 32, 236ff., 243; Haltungsmotive 236 ff.; Herakles Farnese 46, 236, Kopenhagen 26f., 34f., 172f„ 229, 235f„ 239, 242, 244f.; Kairos 237f.; Kopf Magdeburg 239;

Läufer 238; Nymphe 237; Sandalenlöser 237 ff., 244; Schüler des Daidalos (?) 27, 35, 174, 238; Standmotive 235, 243; Torso Lecce 242, 244; Zeus 26f., 231, 236 Anm. 783; s. auch Korinth, Theben M ä d c h e n k o p f vom argivischen Heraion 82 M a l e r e i , ihre Bedeutung für Kunst der Polykletnachfolge 105f.; sikyonische — 106 M a n t i n e a s. Relief M a r a t h o n s. Knabe M a r m o r , Verwendung bei Polyklet I I 19 M e g a l o p o l i s s. Polyklet II M e n s c h e n b i l d 90ff., 109, 119ff., 131, 139, 165. 228, 238; s. auch argivische, Athletenbild Museen: A t h e n , Nationalmuseum, Hermes von Atalanti Nr. 240: 133f.; Jüngling aus Eleusis Nr. 254: 73, 88 Anm. 792, von Eretria 133f.; Knabe von Marathon Nr. 15118: 241 Anm. 843; Mädchenkopf vom argivischen Heraion Nr. 1571: 82; Perseus von Antikythera Nr. 13396: 27, 207ff., 213f., 223, 228, 241; Relief aus Mantinea Nr. 226: 89f.; Statuette von Antikythera Nr. 13397: 198f., 241, aus Sikyon Nr. 7474: 85f„ 135, 227; Weihrelief aus Argos Nr. 3153 : 214, 230. B e r l i n , Staatliche Museen, Bronzestatuette eines Beters 71, eines Faustkämpfers 162f., 171, 176, 179, 181, 185, 187, 236f„ aus Ligurio 116, 125, 218, des Zeus aus Dodona 26, 173, 231, 235; Bronzestatuettentorso 204 f., 215, 227; Bronzetorso Sabouroff 95 f., 134f., 265; Hermes 41ff., 69f„ 78f., 123ff., 130, 141, 181, 184f„ 188, 202, 263ff. Anm. 616; Jünglingsstatue 238f. Anm. 501 B u k a r e s t , Nationalmuseum, Grabrelief mit Knöchelwerfer 182 D e l p h i , Museum, Statuettengruppe Athlet und Kampfrichter 99; Torso (früher zum Daochosweihgeschenk gerechnet) 205, 227 D r e s d e n , Skulpturensammlung, ölausgießer 168, 272f.; Torso 172 E r l a n g e n , Archäol. Institut der Universität, Panstatuette 71 F l o r e n z , Archäol. Museum, Idolino 2, 135ff., 185, 202f„ 267 Palazzo Pitti, Hermes 41 ff., 69f., 78f., 123ff., 130, 141, 181, 184f., 188, 202, 263ff. Anm. 616; ölausgießer 168ff., 176, 181, 223 f., 271 ff.

291 K o p e n h a g e n , Ny Carlsberg Glyptothek, Herakles 26f., 34f., 172f„ 229, 235f., 239, 242, 244f.; Jüngling Odescalchi Nr. 271: Anm. 174; P a n 86, 175; s. auch Museen (Rom, Konservatorenpalast) L e c c e , Museo Provinciale, Ares 108f.; Torso 242, 244 L e i d e n , Rijksmuseum van Oudheden, P a n 3, 49ff„ 63f., 96, 215, 226, 246ff. L e n i n g r a d , Ermitage, Knabe 69f. L o n d o n , Britisches Museum, Grabmal des Payava 100; Säulentrommel vom ephesischen Artemision 215f„ 229 M a g d e b u r g , Kulturhistorisches Museum, Kopf eines Athleten 239 M ü n c h e n , Glyptothek, Knabenkopf Nr. 457: 2, 88; sog. König Anm. 139; ölausgießer 168, 173, 240ff., 272 Museum für antike Kleinkunst (Slg. Loeb), Statuette eines Kriegers 108 N e a p e l , Nationalmuseum, Aphrodite 74ff., 84, 87, 90, 93, 108, 153, 203; Bronzekopf (mit Replik in New York) 172, 174, 208, 239 Anm. 720; Dioskur von Baiae 101; Herakles Farnese Nr. 280: 46, 236; Läufer Nr. 861. 862: 238; Leuchterknaben 94ff. N e w Y o r k , Metropolitan Museum, Diadumenos, Bronze Nr. 17. 2304: Anm. 679; Knabenstatue 89; s. auch Museen (Neapel) O s t i a , Museum, Perseus 199f., 206 P a l e s t r i n a , Palazzo Barberini, Torso des Hermes 205f„ 215, 223, 228, 281 P a r i s , Bibliothèque Nationale, Panstatuette 50, 2141, 247 Louvre, Aphrodite Nr. 525: 74ff., 84, 87, 90, 93, 108, 153, 203; Bronzekopf von Benevent 95; Bronzestatuette eines Athleten 166f., 172, 186, 200, 208, 238f., eines 'einschenkenden Jünglings' 179ff., eines Kriegers 108, eines spendenden Knaben 34, 42, 80ff., 84, 135, 202, eines Waffenanlegenden 180f.; Knabenstatue 134ff., 266 R o m , Konservatorenpalast, Galleria, Läufer Nr.49. 52: 108, 141 ff., 156, 174ff. 182, 267 f. — Horti Maecen., vorstürmender Herakles Nr. 7: 142, 173 ff., 194. 197, 238, 244. — Scala VI, bekränzter Kopf Nr. 5a (Replik in Kopenhagen) 174 f. Museo Barracco, Knabe 72ff., 85, 226 Thermenmuseum, Dionysos von Tivoli 2f.; Thermenherrscher 232

19*

Vatikan, Braccio Nuovo, Augustus von Primaporta Nr. 14: 26, 232; Hermes in Chlamys Nr. 460: Anm. 720; ölausgießer Nr. 103: 273. — Sala della Biga, "Alkibiades" Nr. 611: 144. - Scala, Athlet (ölausgießer) Nr. 598: 146ff., 157, 168, 176, 223f., 237, 268 Villa Albani, Kopf auf Kopie des Koblanosathleten 85 Villa Borghese, Ares 45 f., 108 f., 126; Hera 78f., 154; Herakles Anm. 720; Hermes 198; P a n 86, 175 T r i p o l i s , Antikenmuseum, Hermes aus Leptis Magna 126f., 131, 145, 238 T u r i n , Museo Archeologico, ölausgießer 273 W i e n , Kunsthistorisches Museum, Jüngling vom Helenenberg Nr. 1: 2, 70ff., 94f., 125, 188; Kriegerstatuette 108 M y r o n , Anadumenos40; Diskobol 114f. ; Ladas 143 N a r z i ß (Hyakinthos) 3, 54ff., 67, 107, 117, 121, 130, 141, 226, 252ff.; Deutung 91ff.; Meister des - 67f., 82ff„ 236 N a u k y d e s 6, 8ff„ 13f., 38, 84, llOff., 219, 223; sog. antretender Diskobol 3, 44ff., llOff., 131, 138, 149f„ 152, 159, 185, 220, 262f.; Cheimon 15; Eigenständigkeit der Schule des — 10, 38, 124f., 188; Eukles 9f., 13, 15, 131; Hebe 9, 13ff„ 93, 124, 130; Hermes Berlin-Pitti 41ff., 69f., 78f„ 123ff., 130, 141, 181, 184f., 188, 202, 263ff. Anm. 616; Phrixos 88, 126ff„ 131, 145, 238; s. auch Olympia (Eukles) N i k e von Lyon Anm. 611; s. auch Daidalos N y m p h e s. Lysipp Ö l a u s g i e ß e r 271; Braccio Nuovo-Turin 273; Dresden 168, 272f.; München 168, 173, 240ff„ 272; s. auch Daidalos, Polyklet O l y m p i a , Statuenbasis des Aristion 20f., 39ff., 43, 183, 185, Daidalos 11, 25f., 167, Eukles 10, 23, 41 f., 46, 131, Hellanikos 22, 35, Kyniskos 20f., 37f., Pythokles 23f., 45, 183 Anm. 125, 135, Xenokles 15, 38, 41. 81, 182 Anm. 125, Zanes 28f., 204; s. auch Kleon (Zeus-Zanes) O n a t a s 105 O s t i a s. Perseus P a l ä s t r a : —pfähle 144f.; - p f e i l e r 63, 91 P a n Kopenhagen-Borghese 86, 175; Leiden 3, 49ff., 63f., 96, 215, 226, 246ff.; Meister des Leidener - 73f„ 85; Statuette 50, 71, 214f., 247

292 P a t r o k l e s I lOf. P a t r i k l e s I I 6, 10ff., 13f., 85f., 142, 158, 175; s. auch Läufer P a u s a n i a s (Künstler) 44 P a y a v a s. Grab P e r i k l y t o s 6f., 12ff„ 203 P e r s e u s von Ostia 199f., 206; s. auch Antiphanes, Argiverweihgeschenk, Kleon P f e i l e r s. Palästra P f e r d s. Antiphanes P h r i x o s s. Naukydes P o l y k l e t , Amazone 28; Apoxyomenos 160; arkadische Schüler 12; Basenformen 21; Chronologie der Werke Anm. 230; Diadumenos 51; Diskophoros 40, 80, 115f.; Doryphoros 1, 24, 52, 68, 83, 79, 100, 109, 138f., 214f„ 217ff„ 222f., 226f., 230; 'Grundgestalt' 225ff„ 232f.; Hera Anm. 36; Herakles 61, 199, 206; Herkunft aus Argos 12 Anm. 46; Hermes 188; Knabe Westmacott 52f., 72; Knöchelspieler Anm. 628; Kopf des Idolino 135; ölausgießer Petworth 53, 169f.; Schrift (Kanon) 1, 218f., 221, 224 Anm. 766; später — 85; Standmotiv 24f.; Wirkung des — auf die Schüler 217ff.; s. auch Kanon, Olympia (Aristion, Kyniskos, Pythokles, Xenokles), Polyklet II (arma sumens, talo incessens). P o l y k l e t II 6, 8f., 13, 15, 38, 151 ff., 163, 176ff„ 236; Aphrodite von Epidauros 13, 151 ff., 176ff., 236, 268f.; arma sumens 179ff., 223; Asklepios Girgenti 177f„ 274; Faustkämpfer 162f., 171, 176, 179, 181, 185, 187, 236f.; talo incessens 182f.; Zeus von Megalopolis 13, 19; Zeus Meilichios 13, 19, 178f.; s. auch Olympia (Aristion, Pythokles, Xenokles) P o l y k l e t III 13; Basis in Theben 16f., 44 P o m p e j i , Haus des Spurius Maesor, Wandbild mit Opferszene 127 f. P o r t r ä t 17, 107; —statuen von Delos 232 P o s e i d o n s. Lysanderweihgeschenk P r a x i t e l e s 29, 155, 160f., 206, 226, 234, 240f. Anm. 719 P r i m a p o r t a s. Augustus P r o p o r t i o n e n 90, 94, 217ff., 241 Anm. 234 P y t h o k l e s s. Olympia R ä u m l i c h k e i t 76, 105, 112, 119, 122, 141, 164 R e a k t i o n 4, 37, 49, 139, 200, 202f. ' r e i c h e r S t i l ' 55ff. Relief aus Mantinea 89f.; Grab— mit Knöchelwerfer 182; W e i h - aus Argos 214, 230

S a b o u r o f f s. Torso S a n d a l e n l ö s e r s. Lysipp S ä u l e n t r o m m e l vom ephesischen Artemision 215f., 229 • s c h l i c h t e r Stil' 90, 154, 203 S c h r e i t m o t i v 2 4 f f . , 89f„ 235; s.auch Standmotiv S i e g e r b i l d 18f. S i k y o n 12, 85f„ 106, 157, 175, 234f.; s. auch Statuette s i k y o n i s c h e Haierei 106 S i s y p h o s s . Daochosweihgeschenk S k o p a s , Apollon Smintheus 129, 161; Herakles Lansdowne 39, 199, 230 Anm. 673 S t a n d m o t i v des Aristion 39ff., 135; des Ephesosathleten 30ff„ 35, 42f„ 134f„ 156f., 164, 236; der Knaben 27 ff., 75, 227; der Lysanderbasis 33ff., 235; des Vortretens 44ff., 236; s. auch Lysipp, Polyklet, Schreitmotiv S t a t u e n b a s i s 3f., 20ff.; s. auch Olympia S t a t u e n r e i h e , allgemeine Bedeutung 101; argivische — des 'strengen Stils' 97, 103, 105f.; Komposition 190ff., 222; s. auch Argiverweihgeschenk, Arkaderweihgeschenk, Daochosweihgeschenk, Lysanderweihgeschenk S t a t u e t t e von Antikythera 198f., 241; aus Sikyon 85f., 135, 227; Bronze— eines Athleten 166f., 172, 186, 200, 208, 238f., eines Beters 71, eines 'einschenkenden Jünglings' 179ff., eines Kriegers 108, aus Ligurio 116, 125, 218, eines spendenden Knaben 34, 42, 80ff., 84, 135, 202, eines Waffenanlegenden 180f.; — ngruppe Athlet und Kampfrichter 99; — ntorso 204f., 215, 227; s. auch Hermes, Pan, Zeus •strenger S t i l ' 37, 42, 124f., 200, 202f. t a l o i n c e s s e n s s. Polyklet II T e i s a n d r o s 33, 45 T h e a t e r von Epidauros 16 Anm. 102 T h e b e n , Basis des Lysipp und Polyklet III 16, 44 T h e o p o m p s. Lysanderweihgeschenk T h e r m e n h e r r s c h e r 232 T h o l o s von Epidauros 16 Anm. 102 T i m o t h e o s 161 T i v o l i s. Dionysos T o r s o in Delphi 205, 227; Dresden 172; Lecce 242, 244; Basalt— aus Castel Gandolfo 179ff.; Bronze— Sabouroff 95f., 134f., 265; Statuetten— 204; s. auch Kleon, Lysipp U m g e b u n g s f i g u r e n oder 120f., 160, 164 f., 167

Randfiguren

92f.,

293 U m r i ß 29, 159 U m w e i t s b e z i e h u n g 63, 91fi„ 106f., 120, 146, 164f., 167 W a f f e n a n l e g e n d e r 180f. W e i h g e s c h e n k s. Argiverweihgeschenk, Arkaderweihgeschenk, Daochosweihgeschenk, Lysanderweihgeschenk

II. ANTIKE

35,

38;

X e n o k l e s s. Olympia Z a n e s s. Kleon, Olympia Z e u s Ince 231; —Statuette aus Dodona 26; s. auch Kleon, Lysipp, Polyklet I I

SCHRIFTQUELLEN

G a l e n , De Plac. Hipp, et Plat. 425, 14 ed. Müller (Erklärung des polykletischen K O A A O S ) 221 P a u s a n i a s I 24, 2 (Phrixos des Naukydes) 127 Anm. 108\ I I 17, 5 (Hebe des Naukydes) 9; I I 20, 1 (Zeus Meilichios des Polyklet II) 13f„ 19; I I 22, 7 (Naukydes Bruder eines Polyklet, S o h n d e s M66CÜV) 8 Anm.

W e i h r e l i e f s. Relief

I I 24, 5 (Del-

phische Trias des Polyklet II) Anm. 117; I I 27, 5 (Polyklet als Baumeister von Tholos und Theater in Epidauros) Anm. 102; I I I 18, 7f. (Aphrodite von Amyklai des Polyklet II) 13 f., 151 Anm. 117; V 17, 3f. (Aphrodite des Kleon; Schüler und Enkelschüler des Polyklet) 7, 19; V 21, 2 (Zeus-Zanes des Kleon) 13f., 19; V 21, 3 (Kleon aus Sikyon Schüler des Antiphanes) 12; V I 1, 3 (Alypos aus Sikyon Schüler des Naukydes; Archidamos, Neolaidas und Symmachos des Alypos; argivische Herkunft des Naukydes) 9f., 12 Anm. S, 110; V I 1, 4f. (Deinolochos des Kleon) Anm. 110; V I 1, 5 (Kleon aus Sikyon Schüler des Antiphanes) 12; V I 3, 6 (Antipatros des Polyklet II) 13f. Anm. 110; V I 2, 8 (Tropaion für Olympia und Timon des Daidalos) 13f., 17 Anm. 110; V I 3, 4 (Aristodemos des Daidalos; Daidalos Sohn und Schüler von Patrokles I I ) 11, 13f. Anm. 110; V I 3, 7 (Eupolomos des Daidalos) 13f. Anm. 110; V I 3, 9 (Hysmon des Kleon) Anm. 110; V I 6, 1 (Daidalos aus Sikyon; Th[N]arykides des Daidalos) 12 Anm. 64, 110; V I 6, 2 (Agenor des Polyklet I I ; Eukles des Naukydes; Polyklet I I Schüler des Naukydes) 8 f „ 13f. Anm. 110; V I 7, 10 (Pythokles des Polyklet II) Anm. 110; V I 8, 4 (Baukis des Naukydes) Anm. 110; V I 8, 5 (Euthymenes aus Mainalos von Alypos; Kritodamos aus Kleitor von Kleon) Anm. 68, 110; V I 9, 2 (Alketos aus Kleitor von Kleon; Xenokles aus Mainalos von Polyklet II) 15 Anm. 68, 110;

V I 9, 3 (Sieg des Ringers Cheimon und Cheimonstatuen des Naukydes in Olympia und Argos 15, 18 Anm. / / 0 ; V I 9, 6 (Samolos aus Arkadien) 12; V I 10, 9 (Lykinos des Kleon) Anm. 110; V I 13, 6 (Aristion und Thersilochos des Polyklet II) Anm. 110; V I 13, 7 (Bykelos des Kanachos; Kanachos I I aus Sikyon Schüler des Polyklet) 11 Anm. 64, 110, 112; V I 20, 14 (Aristeides als Verbesserer der Startvorrichtungen im Hippodrom von Olympia) 17 Anm. 32; V I I I 31, 4 (Tätigkeit von Polyklet I I für Megalopolis; Zeus Philios von Polyklet I I ) 9, 1 3 1 , 19; X 9, 5 (Mitarbeit des Daidalos am Arkaderweihgeschenk) 11 f. Anm. 68; X 9, 7ff. (Mitarbeit des Athenodoros, Dameas und Patrokles I I am Lysanderweihgeschenk) 7, 11; X 9, 10 (Zusammenarbeit von Patrokles I I und Kanachos II) 11; X 9, 12 (argivische Herkunft des Antiphanes; sein 'hölzernes Pferd' für Delphi) 12, 15 P l i n i u s , Nat. Hist. X X X I V 19, 50 (chronolog. Liste griech. Künstler) 7ff.; X X X I V 19, 55 (Erklärung des Kanon; Polyklet ohne Angabe der Herkunft aus Argos) 224 Anm. 46; X X X I V 19, 56 (arma sumentum; über die Grundgestalt bei Polyklet - Varrozitat) 180, 225; X X X I V 19, 64 (Statuen des Lysipp und Polyklet I I I in Theben) 16; X X X I V 19, 72 (Aristeides als Bildner von Zwei- und Viergespannen) 17 Anm. 32; X X X I V 19, 76 ('pueri destringentes se' des Daidalos) 155, 158; X X X I V 19, 80 (Phrixos von Naukydes) 127; X X X I V 19, 86 (Athenodoros als Bildner von Frauenstatuen) Anm. 31, 105; X X X I V 19, 87 (Philosophenporträts des Kleon) 17; X X X I V 19, 91 (Patrocles als Verfertiger von Athleten, Bewaffneten, Jägern und Opfernden) Anm. 54 Tatian. c. Graec. 52, p. 113 ed. Worth (Erinna des Naukydes) Anm. 105

ABBILDUNGEN UND TAFELN

Abbildungs- und Tafelverzeichnis s. S. 282 ff. Abb. 1 befindet sich im T e x t t e i l S. 147.

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