Tanagrafiguren: Untersuchungen zur hellenistischen Kunst und Geschichte [Reprint 2010 ed.] 9783110855753, 9783110089820


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German Pages 382 [448] Year 1984

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Tanagrafiguren: Untersuchungen zur hellenistischen Kunst und Geschichte [Reprint 2010 ed.]
 9783110855753, 9783110089820

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KLEINER, TANAGRAFIGUREN

7. Februar 1908 — 2,6. April 1978

GERHARD KLEINER

TANAGRAFIGUREN UNTERSUCHUNGEN ZUR HELLENISTISCHEN KUNST UND GESCHICHTE Neu herausgegeben von Klaus Parlasca unter Mitwirkung von Andreas Linfert

W DE

G WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK

1984

Die i. Auflage erschien 1942. als 15. Ergänzungs-Heft zum Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Kleiner, Gerhard: Tanagrafiguren : Unters, zur Hellenist. Kunst u. Geschichte / Gerhard Kleiner. Neu hrsg. von Klaus Parlasca (unter Mirw. von Andreas Liniert). — Berlin ; New York : de Gruyter, 1984. ISBN 3-11-008982-3

© Copyright 1984 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. Printed in Germany Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Photokopien - auch auszugsweise — vorbehalten. Satzergänzungen und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Herstellung der Lithos: Industrie- und Presseklischee, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz 8c Bauer, Berlin

INHALTSVERZEICHNIS Seite

Vorwort Vorwort zur N e u a u f l a g e

IX XIII

I. E i n l e i t u n g A. Aufgabe und Voraussetzungen B. Besondere Funde und Fragen i. Die Terrakotten von Olynth und die Entwicklung zur Tanagrafigur z. Die »Melonenfrisur« 3. Die »Leukon-Terrakotten« 4. Die Terrakotten aus dem Kammergrab von Eretria 5. Zu den »Ptolemäerkannen« 6. Zur Verbreitung der tanagräischen Typen

i 9 15 16 19 zo zz

II. Die H a u p t f u n d e A. Alexandria i. Historisches und Topographisches a) Strabos Nekropolis b) Die Überlieferung, die Stadtmauerreste und aufgedeckten Friedhöfe z. Die frühhellenistischen Nekropolen a) Sciatbi b) Hadra c) Ibrahimieh d) Moustafa-Pacha 3. Die Grabherren 4. Zu den geschichtlichen Beziehungen Alexandrias, Thebens, Tanagras und Athens 5. Die Terrakotten von Sciatbi 6. Die Terrakotten von Hadra 7. Die Terrakotten von Ibrahimieh 8. Zur alexandrinischen Kunstgeschichte

z6 z8 30 31 33 34 36 37 43 51 58 61 63

B. Myrina i. Landschaft und Geschichte z. Die Stadt und die Nekropole 3. Myrina und Tisna

71 79 8z

VI

INHALTSVERZEICHNIS Seite

4. Tanagräerinnen aus Myrina 85 5. Die Bedeutung der Tanagrafigur aus Myrina und ihre kunstgeschichtliche Stellung 91 C. Tanagra 1. Typenreihen a) Der »Sophokles«-Typ 95 b) Typen aus der Zeit zwischen 32.5 und 2.95 v. Chr. 1. Der Typ der »kleinen Herculanenserin« 105 2. Der Typ W. II, 53,1 und 5 109 3. Der Typ der »letzten Tanagräerin« nz c) Die tanagräischen Typen der (ersten) Diadochenzeit 117 d) Die Alexanderzeit 122 2. Athen und Tanagra 12.7 a) Die Musenbasis von Mantinea 127 b) »Tanagräerinnen« oder »Athenerinnen«? 131 D. Die Tanagrafiguren und die Kunstgeschichte der frühhellenistischen Zeit 1. Der Zeugniswert der Terrakotten 136 2. Die frühhellenistische Form und ihre hellenistischen Grundlagen 139 3. Die Krise von 320 v.Chr. und die neuen Formen 140 4. Die Zeit um 300 v. Chr. und die Konsolidierung des tanagräischen Stils 143 5. Die erste Hälfte des 3.Jahrhunderts v.Chr. 146 6. Die Caesur im 2. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr 149 7. Die Figuren vom neuen Tempel auf Samothrake 153 8. Die zweite Hälfte des 3.Jahrhunderts v.Chr. und die neuen Formen 157 9. a) Das »Pudicitia«-Motiv 160 b) Das »Pudicitia«-Motiv und der »zentrifugale Stil« 162 10. Die Nikokleia von Knidos 165 11. Ausgesuchte Stücke, auch aus nicht tanagräischer Überlieferung 167 12. Die tanagräischen Eroten und die Tanagräerinnen 170 13. Die neue Gewandsprache und ihre Geschichte a) »Durchscheinende Gewänder« 176 b) Die Schwere des Gewandes 187 c) Die Gewandsprache an Sitz- und Relief-Figuren 193 d) Lastende Gewänder 197 14. Das Ende der Tanagräerinnen 204

III. Die m y r i n ä i s c h e n T e r r a k o t t e n der hoch- und Zeit A. B. C. D.

späthellenistischen

Fragen Die myrinäischen Terrakotten des hochhellenistischen Stils Die Terrakotten des reifhellenistischen Stils in Myrina und Priene Die myrinäischen Terrakotten des späthellenistischen Stils 1. Die Übersteigerung der Möglichkeiten 2. Zur Geschichte der Großplastik im i. Jahrhundert v. Chr. 3. Die Entwicklung der myrinäischen Koroplastik im i. Jahrhundert v. Chr E. Die Verbreitung der myrinäischen Typen F. Das Ende der myrinäischen Werkstätten und das Nachleben tanagräischer Typen . .

207 210 217 222 231 241 251 258

INHALTSVERZEICHNIS

VII Seite

Nachtrag

2.67

Anmerkungen mit *

z69

Abkürzungen

301

Indices A. Terrakotten: i. Museen und Inventarnummern z. Typen entsprechend F. Winters Katalog 3. Abbildungen in anderen Veröffentlichungen B. Vasen C. Großplastik, nach den gebräuchlichen Bezeichnungen

304

D. Antike Autoren Nachträge Vorbemerkungen Abkürzungsverzeichnis Anhang I. Eine Kalksteinfigur im Museum von Alexandria Anhang II. Zur Rangstellung der pergamenischen Kunst Tafelverzeichnis Tafeln 1—63

304 306 308 314 314 318 3zo 320 3Zi 338 350 363

VORWORT Schwerlich wird jemand heute eine geschichtliche Darstellung der griechischen Tonfiguren geben können wie etwa im Falle der Vasen. Jene keineswegs flüchtige Begeisterung, die einst der Auffindung der Tanagräerinnen folgte, hat sich schon lange gelegt. Bedauerlich bleibt daran vielleicht nur der Umstand, daß die Fachwissenschaft von diesem Geschmackswandel sichtlich mehr erfaßt worden ist als die Allgemeinheit. So fehlt es zwar nicht an neueren Bilderbüchern, aber an kunstgeschichtlichen Untersuchungen über die figürliche Tonplastik. Das gilt besonders für die deutsche Forschung des vergangenen Zeitalters. Nur einige wenige Katalogwerke waren in ihren Beschreibungen weiter und tiefer gedrungen, und erst in den letzten Jahren vor diesem Kriege wurde wieder mehr und planmäßiger über Terrakotten geschrieben. Man hat sie neu schätzen gelernt als das, was sie sind: Kinder einer Handwerkskunst, die fest auf dem Grunde ihrer Zeit und im Boden ihres Ursprungs wurzelt. Weil sie griechisch ist und weil die Tanagräerinnen dies in besonderem Maße sind, bleiben sie auch uns verbunden. Doch ist es bezeichnend, daß noch in den kürzlich erschienenen Kunstgeschichten die Tanagrafiguren so gut wie keinen Platz gefunden haben. Die Aufgabe wie die ihrer Lösung entgegenstehenden Schwierigkeiten, soweit sie in der Sache selbst lagen, mußten mir so von vornherein ziemlich klar sein. Von diesen wie anderen Hindernissen soll hier weiter nicht viel geredet werden. Die einen wollte ich nicht, die anderen konnte ich nicht umgehen. Aus dem Gesagten folgt, daß es sich bei meiner Arbeit um einen Versuch handelt und daß er für die Fachwissenschaft berechnet ist. Trotzdem habe ich beim Zitieren noch eine Unterscheidung vorgenommen. Nur die Verweise und Belege, die für Verständnis und Beurteilung unmittelbar notwendig sind, habe ich als Fußnoten unter den Text gesetzt. Alle übrigen: weitere oder ausführlichere Nachweise, andere Abbildungen, die nichts Neues bieten, oder Auseinandersetzungen, die nichts Wesentliches berühren, weniger belangvolle oder auch einzelne unzulängliche Auskünfte und Hilfen usw. habe ich erst ganz an das Ende des Textes angeschlossen, abschnittsweise zusammengefaßt und gezählt und mit einem Sternchen gekennzeichnet. Diese Anmerkungen sind nur von dem nachzuschlagen, der im Text etwas vermißt, und von dem, der sich durch ihn zu besonderer oder abweichender Stellungnahme veranlaßt fühlt. Die Fußnoten dagegen wollen berücksichtigt werden,

X

VORWORT

selbst wenn es sich um die Angabe eines Maßes oder Hinweise auf weitere Abbildungen handelt oder darum, die Übereinstimmung in der Forschung aufzuzeigen, die für die Kunstgeschichte der in Frage stehenden Zeit keineswegs etwas Alltägliches ist. Nur in den seltenen Fällen, wo Nachträge nötig wurden, mußte von dieser Regel gelegentlich abgewichen werden. Die Tatsache, daß es sich um einen Versuch handelt und daß der Untertitel lautet: »Untersuchungen...« bedeutet nicht, daß ich auf Darstellung verzichtet habe. Im Gegenteil: ich habe sie gegeben, wo ich sie geben konnte. Aber ich habe Wert darauf gelegt, ihre Grundlagen zu entwickeln, was nach Gegenstand und Zeitabschnitt oft schwierig und umständlich genug war. So findet sie sich nur dort, wo die Natur der Sache es ergibt und wo der Stand der Forschung es ermöglicht, aber vielleicht nicht immer da, wo sie gesucht wird. Für nähere Angaben sei auf das Inhaltsverzeichnis verwiesen. Konnte ich mir vornehmen, möglichst keinem Problem aus dem Wege zu gehen, so ergibt sich doch aus dem bezeichneten Ausgangspunkt und der durch ihn bestimmten geschichtlichen Betrachtungsweise für die vorgelegten Untersuchungen, daß sie der Vorzüge eines Katalogs entbehren. Das einzelne Stück als solches kommt so leicht zu kurz, obschon ein Ausgleich in der Darstellung von Typenreihen und ausgewählten Stücken erstrebt wurde und viele eigens angefertigte Verzeichnisse die Grundlage für den gebotenen Text bildeten. In diesem Sinne muß hier auch noch etwas Allgemeines über die Herkunft der besprochenen tanagräischen Terrakotten gesagt werden. Soweit sie nicht besonders angegeben ist, handelt es sich jeweils um einen Vertreter eines Typs, der — abgesehen von Ton und Stil — mindestens durch einen Verwandten als tanagräisch erwiesen ist. Meist geben einen näheren Hinweis darauf und selbst auf die besondere Herkunft schon die angeführten Stellen des Typenkatalogs von F. Winter. Ähnlich finden sich Maßangaben, Inventar-Nummern, ältere Literatur usw. bei F. Winter a. a. O. oder in dem für die betreffende Terrakotte zitierten Abbildungswerk. Katalogmäßige Arbeit scheuen oder gar verachten zu lehren, ist die Koroplastik wenig geeignet. So habe ich auch mit wenigen Ausnahmen (vor allem die amerikanischen und russischen Sammlungen) nur solche Stücke herangezogen, die ich selbst in eigener Anschauung gesichtet hatte. Das gebot schon die Frage nach der Echtheit, die bei den Terrakotten besonders schwierig liegt. Aber es mußte mir nicht darauf ankommen, das Werk F. Winters oder eines anderen Kataloges zu ersetzen, sondern das zu bieten, was dort fehlt. Sowieso war die Belastung durch viele Einzelheiten, vierteilige Zahlen usw. kein geringer Grund für die Scheidung der Anmerkungen unter von denen hinter dem Text. Trotz vorhandener Unterlagen wurde darum aber auch auf eine Vervollständigung von F. Winters Listen verzichtet. Für die Abbildungen konnten ebenfalls nicht die Möglichkeiten eines Katalogwerkes zur Verfügung stehen. Der Zwang des Krieges kam hinzu. Er verhinderte, daß ich mehr als nur gelegentlich noch bei der Drucklegung mitwirkte. Schon der Kriegsausbruch muß als einschneidendes Datum für die Benutzung neu erschienener Literatur gelten, bei ausländischen Arbeiten oft ein noch früherer Zeitpunkt. Des

VORWORT

XI

Krieges wegen war auch manche Frage und mancher Wunsch, manche Bitte und mancher Dank nicht mehr in der gehörigen Weise zu erledigen. Um so mehr drängt es mich, alle die wenigstens mit Namen zu nennen, denen ich verpflichtet bin: P. Arndt, F. Brommer, G. Bruns, D. Burr-Thompson, 0. Deubner, K. F. Dörner, H. Drerup, F. Eichler, E. J. Forsdyke, K. Gebauer, A. K. H. Goethert, R. Hampe, A. Hermann, R. P. Hinks, H. Hoevel, R. Hörn, H. Jacobs, U. Jantzen, H. Kahler, M. Kalligas, G. Karo, Chr. Karusos, G. Klaffenbach, P. Knoblauch, H. Kortenbeutel, K. Kubier, R. Lullies, F. Matz, A. Moortgat, W. A. Müller, K. A. Neugebauer, R. Noll, G. P. Oikonomos, A. Philadelpheus, K. Schefold, W. Schlicker, J. Sieveking, B. Theophanides, H. Völker, F. Willemsen, W. Züchner, R. Zahn. Großen Dank schulde ich den Leitern und Verwaltern der Museen oder Ausgrabungen in Alexandria, Athen, Berlin, Beyrouth, Delos, Istanbul, Korinth, London, München, Nauplia, Neapel, Paris, Reggio di Calabria, Syrakus, TanagraSchimatari, Tarsus, Theben, Thessaloniki, Wien u. a., darunter vor allem A. Adriani, J. Charbonneaux, S. Karusu-Papaspyridi, N. Konstantinu, Arif Müfid Mansel, C. Weickert. In geschichtlichen Fragen sind mir wichtige Ratschläge und Auskünfte durch Herrn Geheimrat W. Otto, in epigraphischen durch Herrn Geheimrat A. Rehm zuteil geworden. Am Fortgang der Arbeit haben Herr Professor E. Buschor, Herr Direktor H. Diepolder und Herr Professor G. Rodenwaldt persönlichen und wissenschaftlichen Anteil genommen. Herr Direktor C. Weickert und Herr Generalkonsul W.-A. Holstein erwirkten mir beim Herrn Vali von Izmir die Erlaubnis, in Begleitung eines Kommissars Myrina für einen Tag zu besuchen. Herr Professor G. v. Kaschnitz-Weinberg und Herr Direktor C. Weickert, in dessen Übungen ich einmal kurz über den hier von mir behandelten Gegenstand habe referieren dürfen, haben sich der Mühe unterzogen, Manuskripte zu lesen. In einem früheren Reifezustand lagen meine Untersuchungen Herrn Professor E. Buschor als Dissertation vor. Er hat mich seinerzeit darauf hingewiesen, daß die Terrakotten für die hellenistische Kunstgeschichte genutzt werden könnten. Kollegs und Referate, die während vieler Semester in seinem Hörsaal oder Seminar in München behandelt worden sind, kamen meiner Arbeit oft schon durch die eigene Fragestellung zugute — ohne daß ich glaube, mit solchen Worten meine Schulden abtragen zu können. Für die Drucklegung unter den schwierigen Verhältnissen des Krieges habe ich dem Archäologischen Institut des Deutschen Reiches auch an dieser Stelle noch ganz besonders zu danken: Herrn Präsident M. Schede für die Annahme des Manuskriptes, Herrn Dr. M. Wegner für unermüdliche Förderung während des Druckes, trotz militärischer Verpflichtungen. H. Sichtermann hat mit möglichster Gewissenhaftigkeit die große Arbeit der Korrekturen, der Nachprüfung der Zitate und der Herstellung des Index wie der Seiten verweise geleistet, die ich als Soldat nicht tun konnte.

VORWORT ZUR NEUAUFLAGE

Kleiners >Tanagrafiguren< haben seit ihrem Erscheinen als 15. Ergänzungsheft zum Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts (Jdl [1942]) vor mehr als vierzig Jahren ihren festen Platz unter den Standardwerken der Klassischen Archäologie. Ein Teil der Auflage wurde im Kriege vernichtet; deshalb zählt das Werk zugleich zu den Seltenheiten des Antiquariatshandels. Da sich im Nachlaß des Verfassers fast alle Abbildungsvorlagen für die Tafeln erhalten haben, ergab sich die Möglichkeit, das Buch als anastatischen Neudruck im Text mit einem verbesserten Abbildungsteil neu aufzulegen. Die Benutzbarkeit dieser Neuausgabe wird darüber hinaus erhöht durch den Anhang. Er umfaßt zwei an entlegener Stelle publizierte Aufsätze, die sich thematisch eng mit den >Tanagrafiguren< berühren: >Eine Kalkstein-Figur im Museum von Alexandria< (Bulletin de la Societe Royale d'Archeologie d'Alexandrie [BArchAlex] 32,1938, 41 —59 Taf. 2. 3) und >Zur Rangstellung der pergamenischen Kunst< (Neue Jahrbücher für Antike und deutsche Bildung i, 1938, 254 — 268 Taf. i — 6). Dazu kommt ein großer Komplex bibliographischer Nachträge. Soweit diese auf leider nur vereinzelten Notizen im Handexemplar des Autors beruhen, sind sie mit seinen Initialen G. K. gekennzeichnet. Im allgemeinen konzentrieren sich die Ergänzungen auf Werke der großen Kunst, da die neuere Literatur zu Typen der Koroplastik über die Illustrationen in den entsprechenden Katalogen leichter erfaßbar ist. Die Nachträge für die Rundplastik basieren überwiegend auf der tatkräftigen Mitarbeit von A. Liniert (Köln), der mich auch bei der redaktionellen Gestaltung unterstützt hat. Außerdem haben sich an den archäologischen Nachträgen beteiligt: G. Grimm (Trier) — vor allem zu Fragen der Topographie Alexandrias — und D. Pinkwart (Bonn) mit ergänzenden Hinweisen zu Einzelfragen der hellenistischen Kunst. H. Heinen (Trier) werden alle Nachträge zu spezifisch historischen Fragen verdankt. F. Heger (Erlangen) hat mit Hinweisen und redaktioneller Arbeit geholfen. Bei dem durchweg neu hergestellten Abbildungsteil habe ich auf eine optimale Platzausnutzung Wert gelegt. Alle Abbildungen sind deshalb größer als in der Originalausgabe. In einigen Fällen konnten bessere Aufnahmen verwendet werden. Die Firma M. Hirmer (München) gestattete freundlichst die Reproduktion der Abbildung Taf. 57c (Kleopatra von Delos, zusammen mit dem zugehörigen Torso des Dioskurides). Ich habe bewußt vermieden, die Reihenfolge der Abbildungen zu ändern, um Komplikationen beim Nachschlagen von Zitaten der Originalausgabe zu verhindern. Insgesamt wurde der Bildteil um vier Tafeln vermehrt (Taf. 47 A sowie 61—63). Letztere dienen der Wiedergabe der wichtigsten Abbildungen zu den beiden im Anhang abgedruckten Aufsätzen.

XIV

VORWORT ZUR NEUAUFLAGE

Für die Beschaffung fehlender Photos möchte ich auch an dieser Stelle vielmals danken: N. Asgari (Istanbul), Chr. Boehringer (Göttingen), B. F. Cook (London), R. Hörn (Göttingen), B. Kaeser (Marburg), V. Karageorghis (Nicosia), H. Kyrieleis (Athen), H. Meyer (München) und H. Oehler (Köln). Briefliche Auskünfte haben dankenswerterweise beigesteuert: A. Bernhard-Walcher (Wien), D. von Bothmer (New York), H. E. Frenkel (Amsterdam), C. Morigi Govi (Bologna) und H. Protzmann (Dresden). Prof. H.Wenzel, K. Otterburig und Frau M. Jung haben das Buch seitens des Verlages umsichtig betreut und dabei auch manchen Sonderwunsch verständnisvoll berücksichtigt. Weitere Aufnahmen werden M. Kunze (Berlin) verdankt. Die Finanzierung des Drucks wurde durch namhafte Zuschüsse von Seiten der Geschwister Kleiner an den Universitätsbund Erlangen ermöglicht. Durch die Neuausgabe seiner >Tanagrafiguren< soll ein wesentlicher Aspekt der wissenschaftlichen Persönlichkeit ihres Vaters gewürdigt werden. Es ist hier nicht der Ort, Kleiners wissenschaftliche Laufbahn und seine Verdienste als akademischer Lehrer und Forscher in den verschiedenen Bereichen der Klassischen Archäologie, in der Kunstgeschichte in ihrer engen Verflechtung mit der Antike und der Numismatik darzustellen. Deshalb sei auf die an anderer Stelle gedruckten Würdigungen hingewiesen: W. Müller-Wiener, IstMitt 2.9, 1979, ji.; H. Keller, Sitzungsberichte der Wissenschaftl. Gesellschaft . . . Frankfurt/M. 17 Nr. 2 (1980) 39—42., sowie auf das von W. Real zusammengestellte Schriftenverzeichnis in: Festschrift für Gerhard Kleiner zu seinem fünfundsechzigsten Geburtstag am 7. Februar 1973 (1976) 9-11. Das zentrale Anliegen des Herausgebers war das Bestreben, das stimulierende, in gewissem Sinne auch schon wissenschaftsgeschichtlich bedeutende Hauptwerk des großen Gelehrten in erneuerter Form in breiteren Kreisen der Forscher und Kunstfreunde wirksam zu machen. Erlangen, den 12. März 1983

Klaus Parlasca

I. E I N L E I T U N G A. AUFGABE UND V O R A U S S E T Z U N G E N Die vorliegende Untersuchung gilt vor allem den stehenden weiblichen Gewandfiguren unter den griechischen Terrakotten der hellenistischen Zeit. Die Auswahl ist nicht willkürlich, sondern in den Denkmälern selbst gegeben. Es hat seinen Grund, daß nackte Figuren in der hellenistischen Epoche und vor allem in ihrer frühen Phase seltener sind. Ebenso hat es einen Sinn, wenn männliche Gestalten unter den Tonfiguren und vielleicht auch sonst in dieser Zeit zurücktreten. Dagegen mag der Zufall mehr bei dem Umstand mitsprechen, daß unter den Terrakotten Sitzfiguren weniger oft erhalten sind. Durch die Denkmäler selbst ist auch der Zeitabschnitt bestimmt, dessen kunstgeschichtliche Erforschung im Mittelpunkt dieser Arbeit steht: das erste Jahrhundert, das auf die klassische Kunst folgte, vor allem das 3. Jahrhundert v. Chr. Die früh-hellenistische Zeit gilt als »die dunkle Zeit« des Hellenismus. Darum wurde versucht, auf Grund der Fülle des Stoffs und der natürlichen Stetigkeit, mit der die Formen in der Koroplastik entwickelt werden, auch die Geschichte der statuarischen Kunst dieser Zeit zu klären und umstrittene Werke aus ihrem Gebiet besser verstehen zu lehren. Daß dabei vornehmlich Originale berücksichtigt wurden, ist in der Sache begründet, im Wesen des Zeitalters wie in der Lage der Forschung. Im übrigen konnte und sollte Kunstgeschichte nur insoweit gegeben werden, als der Stoff es ermöglichte oder verlangte, zumal er daneben noch rein historische Fragen aufgab. Wenn dabei z. B. die beiden großen Zeitalter zu kurz kommen, die Eingang und Ausgang des ersten hellenistischen Jahrhunderts bestimmen, so liegt das im Wesen der Kleinkunst, die die Terrakotten nun einmal nur darstellen. Diese Tatsache war nicht zu verschleiern, sondern hervorzuheben. Daß die Terrakotten auch im griechischen Sinne als Kleinkunst zu werten sind, geht wohl selbst aus dem Wort ; hervor, mit dem ihr Verfertiger bezeichnet wurde. Jedenfalls wird es im 4. Jahrhundert v. Chr. in geringschätziger Bedeutung gebraucht, so wenn Isokrates sagt1: »als ob jemand wagte, den Phidias, der das Kultbild der Athena gearbeitet hat, einen zu nennen *'«. Die Kunstgeschichte bestätigt ein dementsprechendes Versagen der Koroplastik, wie es scheint, schon für das Zeitalter des Phidias und der hochklassischen Kunst **. Sicher gilt es aber für die Zeit Alexanders des Großen, womit hier seine Lebenszeit 1

I

5, 2.

2

I.A. AUFGABE UND VORAUSSETZUNGEN

(356—323 v. Chr.) verstanden sein soll, also etwa das 3. Vieitel des 4. Jahrhunderts v. Chr. Ebenso lassen es die Terrakotten in der »hochpergamenischen« Epoche (225—175 v. Chr.) an sich fehlen, die hier als der Höhepunkt der hellenistischen Kunstgeschichte angesehen wird und darum als hoch-hellenistisch bezeichnet ist. Beide Zeitabschnitte konnten hier nur so dargestellt werden, wie sie sich in der Kunst der Terrakotten spiegeln. Das heißt: hier wird nur auf die Lücke aufmerksam gemacht, die sich in der Entwicklungsgeschichte der Koroplastik herausstellt. Die Vorgänge in der Großplastik können dabei nur angedeutet werden. An dieser Stelle ergibt sich aber wiederum auch die Notwendigkeit, die statuarische Kunst zum Vergleich heranzuziehen. Wer nur die Entwicklung der Terrakotten verfolgte, würde nämlich an diesem Punkte zu Fehlschlüssen kommen. Dies und die Gründe dafür waren darzustellen, mehr aber nicht. Dagegen war es unumgänglich, noch die Folgezeit kurz zu betrachten. Abgesehen davon, daß man eine Epoche überhaupt nur als Höhepunkt einer Entwicklung bewerten kann, wenn man deren Ablauf ganz übersieht, kamen auch äußere Gründe dazu. Der eine ist der Stand der Forschung. Der andere, wichtigere war die Tatsache, daß die Formen, die die stehende weibliche Gewandfigur, die sogen. Tanagräerin, in der früh-hellenistischen Kunst entwickelt hatte, auch später nicht ganz verschwinden. Um dieses Abschnittes der Arbeit willen wurde nicht die Überschrift »Tanagräerinnen«, sondern »Tanagra-Figuren« gewählt. Aus dem Umstand, daß entsprechende Feststellungen vom Nachleben tanagräischer Formen für Myrina, aber nicht für Alexandria gelten, erwuchs die Nötigung zu weiteren Nachforschungen, die schließlich auf dem Felde der Historie und der Topographie endeten. Ebenso wurden längere Untersuchungen, z. B. über die Eigenheiten der jonischen Gewandsprache u. a. nötig. Sie mußten in den Text mit aufgenommen werden, obwohl sie öfter nicht über Vermutungen hinausgelangten. Denn nur sie ließen bestimmte Erscheinungen der Entwicklungsgeschichte verstehen, wie sie selbst umgekehrt eine weitere Stütze dadurch erhielten. Zudem ist Kunstgeschichte nicht nur Entwicklungsgeschichte. Doch muß zugegeben werden, daß diese Untersuchungen von der Entwicklungsgeschichte ausgegangen sind. Entscheidend war die Einsicht, daß nach den Gesetzen künstlerischer Gestaltung eine solche Folge wie die: London C 264; Brit. Mus. Cat. Tf. 29 Mitte; s. uns. Tf. i. 0,215 m hoch Sciatbi Tf. 64, 161; Nr. 380; 0,145 m Athen 4472; s. uns. Tf. 2c; 0,175 m unumkehrbar ist. Die Verfolgung solcher Typen-Reihen bildet den Kern der Untersuchung. So wie das Wort Typos kaum durch ein entsprechendes deutsches zu ersetzen ist, so ist selbst sein Begriff schwer wiederzugeben. Man kann ihn umschreiben, indem man sagt, er halte sich gleich weit entfernt von Originalität und Einzigartigkeit, wie von Kopie und Erfiridungsmangel: Formgepräge nach einem Urbild. Aber Goethes Wort von der »geprägten Form, die lebend sich entwickelt« enthält mehr von dem

I . A . AUFGABE UND VORAUSSETZUNGEN

3

griechischen Geheimnis des Typos. Es'ist das Beispielhafte des Form-Charakters (ein ähnliches griechisches Wort auch seiner Grundbedeutung nach). Es entnimmt sein Gepräge der Überlieferung und erstattet es ihr zugleich wieder. Es ist das Suchen nach einem Vorbild, aber auch das Streben nach Vorbildlichkeit, das der Sucht nach Einmaligkeit entgegen ist. Es gehört zum griechischen Wesen, ist keineswegs etwa nur auf die Kunst oder gar auf die Kleinkunst beschränkt, so sehr es gerade an ihnen auffällt. Das uns so schwer verständliche »Phänomen der Kopie« in der antiken Kunst ist dem des Typs verwandt, aber nicht in einer Generation. Das zeitliche Verhältnis ihrer Verwandtschaft ist unumkehrbar. Der Typos gehörte vor allem zur Klassik, die Kopie besonders zum Klassizismus. Gerade die Geschichte der Koroplastik bestätigt dies. Wenn griechische Weihe-Figuren, zu denen doch auch die Terrakotten ihrem Ursprung nach gehören, Kultbilder wiedergeben, so beschränken sich diese »Kopien« auf die typischen Züge, z. B. die »Venediger Original-Statuen«1, oder Tirynther Terrakotten1. Dabei ist noch wichtig festzustellen, daß die Typen-Abfolge in der Großplastik zunächst gerade an Peplos-Statuen zu beobachten ist, an Figuren, deren Tracht in der klassischen Zeit schon bald als altehrwürdig galt. Nicht die äußere Beschränkung auf die Hauptmerkmale, sondern die innere Beziehung zur Idee schafft den Typus3. Darum begegnet er zuerst vor allem in der »hieratischen« Kunst. Ihr ist die Peplos-Statue besonders verbunden. — Bei der Kopie überwiegt dagegen die äußere Beziehung. Beide aber haben ihre Wurzel in der starken Tradition der Antike. Bei einer Reihe von verschiedenen Vertretern eines Typs, z. B. bei den drei angeführten Terrakotten jenes, den F. Winter in seinem Typen-Katalog im 2. Bande auf S. 48 unter Nr. 9 verzeichnet hat, läßt sich das Verhältnis von Erfindung und Ausführung ähnlich beurteilen, wie an einer Reihe von verschiedenen Kopien nach demselben Original. Die Kopie erscheint leerer, weniger erfüllt, je weiter sie sich vom ursprünglichen Formgedanken entfernt. Dementsprechend sind z. B. auch bei einem späteren Nachfahren eines Typus Konkaven, Hohlstellen, leere Stellen häufig, z. B. bei den meisten Terrakotten aus Sciatbi. Schließlich kommt es geradezu zu Widersprüchen mit dem Gedanken des Urbildes. Bei der Athener Figur ist so der Londoner gegenüber die innere Bewegung an die Oberfläche verlegt, die des Körpers ins Gewand. — Anders als bei einer Repliken-Reihe von Marmorkopien jedoch bedeutet die größere Entfremdung dem Original gegenüber bei einer Typenreihe zumeist weniger einen künstlerischen als einen zeitlichen Abstand. Aber ebenso kommt hier natürlich vor, daß eine spätere Epoche für die frühere mehr Verständnis hat als die unmittelbar folgende. Das gilt z. B. für die Zeit um die Mitte des 3. Jahrhunderts vor Christus. Hier und sonst scheint sich damit eine Stilwende bemerkbar zu machen. Aber zunächst ist es natürlich gegeben, daß an einem koroplastischen Zentrum die jeweils vorangehenden Prägungen eines Typs nachgebildet werdem. Ein sicheres Urteil ist da allerdings selten möglich, weil doch damit zu rechnen ist, daß « A. Furtwängler, Mü.Ak.Abh. 1898. Curtius. Die antike Kunst II, S. 104.

' s. E. Pfuhl, J. d. I. 1928, S. 7f. 3 Vgl. auch L. 4 hierzu u. zum Folg. vgl. uns. Nachtrag S. 267 f.

4

1. A. AUFGABE UND VORAUSSETZUNGEN

eine große Zahl von Zwischen- und Neben-Gliedern einer Reihe und von ganzen Reihen verloren ging. Von Repliken in diesem Zusammenhang zu sprechen, empfiehlt sich meist nicht. Denn dieses Wort entspricht mehr der Bedeutung: Ausdruck aus derselben Hohlform *3..Das sind aber die Fälle, die hier weniger in Betracht kommen. Sie kennzeichnen unmittelbare Nähe zueinander und ließen sich zu einer Folge zusammenstellen, die etwa der einer Stempel-Reihe von Münzen entspricht. Das Schrumpfen beim wiederholten Brennen, das Aussetzen der Modellierung an bestimmten Stellen, die in der Hohlform abgenutzt sind, usw. wird hier nicht verfolgt, zumal solche Zustände durch die aufgesetzten anderen Köpfe und durch das freihändige Nachmodellieren verschleiert sind. Ebenso geht es hier nicht so sehr um Überformungen einer vorhandenen Terrakotte, obwohl dabei gewöhnlich schon ein größerer zeitlicher Abstand gegeben ist. Vor allem handelt es sich hier vielmehr um solche Fälle, in denen offenbar nach einer vorliegenden Figur wieder eine Patrize (Positiv-Form) frei modelliert und danach eine neue Matrize (Negativ-Form) hergestellt wird. Dafür sprechen allein schon die ganz verschiedenen Maße der Vertreter eines Typs. So beträgt die durchschnittliche Größe bei Figuren aus der früheren Zeit der tanagräischen Werkstätten etwas mehr als 0,20 m; bei Vertretern desselben Typs aus der Zeit um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gegen 0,30 m. In der Zwischenzeit ist sie am geringsten. Man kann kaum erwarten, Patrizen in Gräbern zu finden, aus denen doch immer noch die meisten bekannten Terrakotten stammen. Ähnliches, obgleich nicht genau Entsprechendes, gilt von den Hohlformen. Die Zahl der Patrizen, die zu finden sind, ist von vornherein geringer zu veranschlagen als die der Hohlformen. Aber wo sie sich finden müssen, lassen sie auch nicht auf sich warten. In Athen, am Kerameikos und auf der Agora, waren denn auch unter den TerrakottenFunden, in die mir die Ausgräber freundlichst Einblick gestatteten, zwei Patrizen von tanagräischen Typen. Eine solche Positiv-Form hat, wenn sie gut erhalten ist, einen großen Reiz. Da sie vollkommen frei mit der Hand und dem Modellierholz gearbeitet ist, geht von der ursprünglichen Erfindung nur so viel verloren, als an dem Koroplasten selbst liegt. — Bei dieser Gelegenheit möge versucht werden, die technischen Vorgänge noch etwas anschaulicher zu machen *4. Bei einer der erwähnten Patrizen vom Typ des Mädchens im hochgegürteten Chiton *5 war im Innern noch deutlich der Abdruck des Daumens zu erkennen, um den verschieden dicke Schichten Ton gelegt waren. Die oberste war dann mit dem Holzgriffel modelliert worden. Beim Brennen hatten die einzelnen Schichten sich gegeneinander etwas versetzt. — Das Stück war gebrochen, ist aber wohl nur ein Bruchstück gewesen, Kopf- und Arm-Ansätze waren geglättet. Diese Glieder werden meistens gesondert geformt oder geknetet und dann erst an den aus der Form genommenen Rumpf angesetzt. Bei den tanagräischen Typen sind mehrere Hohlformen, also Stückformen, üblich. Dem entspricht vielleicht auch die Teil-Patrize. Es erhebt sich in diesem Falle allerdings die Frage, ob es nicht vor ihr noch ein Modell gegeben hat, das die volle Figur in großen Zügen oder auch vollständig durchgeformt so wiedergab, wie sie der Idee entsprach.

I. A. AUFGABE UND VORAUSSETZUNGEN

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Die Köpfe sind ebenfalls meist aus einer Hohlform gezogen. Die Verwendung eines Kopf-Typus für verschiedene Figuren-Typen erleichtert oft die Datierung und die Aufstellung von Reihen. Entscheidend bleibt gleichwohl die Frage nach der Entfremdung der Form. Innerhalb einer Werkstätte oder von Werkstatt zu Werkstatt wird ein bestimmter Typ weitergegeben — vielleicht sogar eine Positiv- oder Negativ-Form, gewöhnlich aber wohl ein fertiger Ausdruck. Er vererbt sich also, ohne daß der Erbe zu ihm wie der Erfinder zu seiner Schöpfung ein gleich starkes inneres Verhältnis hat. Diese »Inkongruenz« äußert sich zuerst da, wo auch die Form Variationen zuläßt: an dem was freihändig ausgeführt und hinzugefügt werden kann, z. B. an der Innenzeichnung. Zunächst handelt es sich hier also um den Unterschied der Persönlichkeit, wenn auch schon um eine zeitliche Abfolge. Der größere zeitliche Abstand äußert sich dann in bedeutenderen Veränderungen, z. B. in der Bewegung, in Vereinfachung oder Bereicherung, in Umwandlungen, die, wie schon angedeutet, bis zum Widerspruch mit der ursprünglichen Konzeption führen können. Nicht mehr die Form, sondern die Formen, auch nur einzelne Formen und vereinzelte Motive werden übernommen. — Jedoch treten solche willkürlichen Abänderungen und Entstellungen, wie sie J. Sieveking und P. Wolters dem Koroplasten und »Banausos« einer früheren Zeit angekreidet haben1, an der Koroplastik der hier behandelten Epoche zurück. Wenn in Sciatbi ein bekannter »Leda«-Typus zur Prägung eines Hermaphroditen verwendet ist, so steht dieser Fall für sich2. Dazu ist auch zu bemerken, daß jener Leda-Typus damals bereits veraltet war und auf der Stufe der Tanagräerinnen sonst kaum noch begegnet. So wird es nicht nur an der Einheitlichkeit liegen, mit der das Thema der Gewandfigur die früh-hellenistische Koroplastik beschäftigt, daß solche banausischen Gewaltsamkeiten jetzt aufhören. Vielmehr kennzeichnet dieser Zug wohl auch die neue höhere Stufe, die die Koroplastik mit der Tanagräerin erklimmt. Gewissen Frühzeiten und Spätzeiten in der Entwicklung eines Volkes ist oft eine Blüte im Handwerk beschert, die dann nicht selten der »großen Kunst« versagt bleibt. So wie man sagen kann, die »klassische« Zeit der Vasen-Malerei liege früher, so darf man auch behaupten, die klassische Stufe der Terrakotten falle später als die eigentliche klassische Kunst. Kunst und Handwerk gehen mit der Entwicklung zur Klassik und entschieden seit der hoch klassischen Epoche mehr und mehr getrennte Wege. In dieser Zeit bekommt das Wort ; seinen verächtlichen 3 4 Unterton , von dem vorher noch nichts zu vernehmen ist . Gerade im Schicksal der Koroplastik spiegelt sich dies wider. In der archaischen Zeit, in der Kunst und Handwerk gleich stark und ungebrochen vom Volke und vom ; getragen werden, kennt die Tonfigur noch nicht die Beschränkung auf den kleinen Maßstab. Mit dem steilen Anstieg zur Höhe der Klassik und der Vereinsamung des Künstlers, die sie bringt, werden den verschiedenen Künsten nach Format und Material bestimmte natürliche Grenzen zugewiesen. So gibt es innerhalb des eigentlich 1

Corolla Curtius, S. 89 ff. bei Sophokles, Aias v. 1121. gebraucht werden.

2 Sciatbi, Tf. 75, 239 (Nr. 490); vgl. vorl. Arb. S. 53 i. 4 Selbst noch bei Herodot II, 6$ ., , und

3 Z.B. gleich

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I. A. AUFGABE UND VORAUSSETZUNGEN

klassischen-griechischen Bereichs kaum mehr statuarische Plastik aus gebranntem Ton, jedenfalls nicht als Freiplastik monumentalen Formats, obschon auch weiter noch lebensgroße Köpfe und andere Gliedmaßen aus Terrakotta in Heiligtümer geweiht werden, wie z. B. in das des Asklepios in Korinth1. Große Tonplastik ist nur noch Behelf oder architektonisch bedingt und selbst dann selten *6. Die Koroplastik führt ein mehr zurückgezogenes Dasein. Das ändert sich erst mit der späteren hellenistischen Entwicklung. In dem weniger klassischen Bezirk Großgriechenlands oder gar in dem weniger griechischen Cyperns hat sich dagegen eine Sonderentwicklung mit ihren eigenen Lebensgesetzen herausgebildet. Der Mangel an (gutem) Marmor kann der einzige Grund dafür nicht sein. Sonst hätte entsprechend etwa auch später in Alexandria eine große Tonplastik entstehen müssen. Die tieferen Ursachen liegen vielmehr wohl darin, daß diese Länder weniger Anteil an der Klassik nahmen und sich z. T. auch darum schon außerhalb jener hellenistischen Entwicklung stellten, die hier zu betrachten ist. Der Hellenismus steht in Italien von vornherein auf anderem Boden. Einige Orte scheinen freilich stärker mit der heimatlichen Entwicklung verbunden geblieben zu sein. Darauf wird noch näher eingegangen werden. Bezeichnend aber ist, daß sich nirgends die tanagräische Stufe so als Höhepunkt heraushebt wie in der hellenistischen Entwicklung im griechischen Osten. Daß die Tanagräerinnen in der Entwicklung der Koroplastik einen Höhepunkt darstellen, ist gerade vom Laien oft empfunden worden. Er übertrug schließlich den Ausdruck Tanagrafiguren überhaupt auf Terrakotten von besonderer Feinheit und künstlerischem Wert, soweit sie ein gewisses Format nicht übersteigen *7. Immer aber übten gerade die Tanagräerinnen einen besonderen Reiz auf ihn aus, der von dem ihnen eigentümlichen Zwischenverhältnis zwischen klassischer und hellenistischer Kunst ausging. Diese Figürchen berührten ihn nicht so kalt wie die klassischen oder vielmehr klassizistischen Marmorstandbilder, aber sie erregten doch seine Bewunderung als kleine Werke klassischer Vollendung. Mit der Abgeklärtheit in den Formen und der Unmittelbarkeit im Gegenständlichen, in der ideal gehobenen Erscheinung und dem real nahbaren Wesen brachten sie ihm bei hohem Stil doch den Reiz des Gegenwärtigen. Die Forschung antwortete auf diesen Eindruck mit einer zwiespältigen Haltung. Für die einen waren die Tanagrafiguren klassisch, für die anderen hellenistisch *8. »Wie immer aber muß man fragen, ob der wissenschaftsgeschichtliche Vorgang nicht in seiner eigenen Färbung einen . .. der tatsächlichen Geschichte spiegele«2. In der Tat sind die Tanagräerinnen klassisch und hellenistisch zugleich. Sie stehen an der Schwelle zweier Zeiten. Der Vorgang, der sich im Großen abspielt, die Verlagerung der Kräfte, wiederholt sich auch im Kleinen. »Es gehört zur Kraftentfaltung eines Volkes, daß es die verschiedenartigsten Entwicklungen gleichzeitig umfasse«3. Auch im griechischen Mutterland zog sich das Leben in die Provinzen zurück. Wie es sich im großen Gang der Kunstgeschichte von hier nach lonien wandte, 1

A. J. A. 1933, S. 44off. > W Finder, Die deutsche Plastik vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende der Renaissance II, S. 243. 3 W. H. Riehl.

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so ging es auch in der Koroplastik schließlich von Tanagra nach Myrina über. Aber daß in Böotien eine sehr feine Tonbildnerkunst über ein Jahrhundert lang blühte, zu der in Attika kaum Entsprechendes nachzuweisen ist, lag auch im Zuge jener entscheidenden Verlagerung. Vor allem entsprach dem jedoch die Tatsache, daß die monumentale Plastik in eine Krise geriet, von der die Koroplastik unberührt blieb oder sogar begünstigt wurde. In dem Augenblick, in dem die klassische Großplastik stirbt, werden die meisten tanagräischen Typen geboren. So sind sie klassisch nach dem Ursprung ihrer Motive, hellenistisch nach ihrem Stil. Nach der beispiellosen »Steigerung alles Könnens und Wollens in Alexanders Zeit«, nach der »Überspannung der Ansprüche und der Leidenschaften« war es schwer, »alle wieder zum ruhigen Atmen, zum Gleichmaß, zur Alltäglichkeit zu gewöhnen«1. Auch die Kunst mühte sich heiß um die einfacheren Formen. Es könnte ebenso in der Zeit nach Lysipp jemand die Forderung Michelangelos aufgestellt haben, »eine Statue müsse so erfunden sein, daß man sie ohne Schaden einen Bergabhang hinunterrollen könne« 2 . Daß die Verwirklichung dabei eine »eigentümliche Vielfältigkeit«3 brachte, spricht nicht gegen die Bedeutung der Forderung, kennzeichnet vielmehr die neue zwiespältige Entwicklung. Ein solches Bestreben ist jedenfalls auch der Entwicklung des Kunsthandwerks der Tonbildner günstig gewesen. Gewiß wäre es oberflächlich anzunehmen, die Blüte der Koroplastik, die jetzt einsetzt, wurzele allein hier, in einer formgeschichtlichen Lage, die den technischen Bedingungen der Terra-Cotta entgegenkam. Aber es ist doch bedeutsam, daß die archaische Kunst ebenfalls durch die einfache Blockform der Figur ausgezeichnet war und ebenso schon einmal eine bedeutende Tonplastik hervorgebracht hatte. In der Tat bringt der kommende »schlichte Stil«4 nicht nur im Äußeren eine Erinnerung an die archaische Plastizität, wie z. B. bei der Nikeso von Prienei. Man besinnt sich anscheinend wirklich auf frühere Stufen der Plastik. Man sucht nicht einfach nach ganz neuen Formen, indem man alle alten verwirft. Man ist auch gar nicht ohne weiteres mehr dessen fähig. Vielmehr kann es sogar zu einer Art von Kopie kommen, wie bei der Aristonoe von Rhamnus6. Die Begriffe von Plastik, ja von Kunst, sind schwankend geworden, ihr Wesen und Bestand gefährdet. Gestalt und Erscheinung, Gehalt und Form geraten zum ersten Male in der griechischen Kunst in offenen Gegensatz. Sie bewirken jene »eigentümliche Vielfältigkeit« des »schlichten Stils«, der schlichter sein will als er kann und, was ihm an innerer Sicherheit fehlt, durch äußere Ordnung zu ersetzen bestrebt ist. — Dahinter steht aber die große Krise, die den Wandel von der klassischen zur hellenistischen Kunst bezeichnet und sich schon in den berühmten WortenLysipps ankündet7, »ab illis factos quales essent homines, a se quales viderentur esse«. Das Verständnis der hellenistischen Zeit, der Epoche nach Alexander, geht vom großen Makedonenkönig und seiner Zeit aus, auch in der Kunst. Hier steht neben 1

J. G. Droysen, Geschichte d. Hellenismus, 2. Aufl. I, 3, S. 290, 303. » M. Dvorak, Geschichte der italienischen Kunst, II, S. 201. 3 R. Hörn, Stehende weibliche Gewandstatuen in der hellenistischen Plastik, S. 94. 4 G. Krahmer, R. M. 1923/24, S. 139, 1546*. u. ö. i s. Hörn, a. a. O. 6 Tf. 8, i, S. 241. Eph. Arch. 1891 Tf. 5; vgl. vorl. Arb. S. 102, 148. 7 Plinius, n. h. 34, 65.

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I. A. AUFGABE UND VORAUSSETZUNGEN

ihm, für ihn Lysipp. Es ist schließlich gleich, ob sie beide nun klassisch oder hellenistisch waren, aber nicht, daß sie das Ende der klassischen Zeit herbeiführten. Schon die letzten attischen Grabreliefs aus der klassischen Reihe sind Zeugen für die neue hellenistische Wendung mit ihrer Zwiespältigkeit. Das gilt für äußere Einzelheiten so^gut wie für das Ganze. So bringt eines, das von Hagia Triada1, das wir das letzte nennen können, einen ausgesprochenen Bronzestil in Marmor. Das wird besonders deutlich, wenn man die Figur mit der besten Kopie der Tyche von Antiocheia vergleicht, deren Original ein Erzbild war1. Bestimmte Grenzen des Werkstoffs, deren Anerkennung zum Wesen der Klassik gehörte, sind hier überschritten. Entsprechend lassen schon die Urkunden-Reliefs von 323 und 318 v. Chr.3. Zwiespältigkeit im Verhältnis von Körper und Gewand erkennen, dem gerade im Griechischen über die Beziehungen von Leib und Hülle hinaus sinnbildliche Bedeutung zukommt. Kleid und Oberfläche, denen schon die vorangehende Zeit besonderen Wert beigemessen hatte, sind jetzt überbewertet. In der klassischen Kunst ist die Einheit von Form und Gehalt, von Äußerem und Innerem selbstverständlich, bei der Figur z. B. in der natürlichen Herrschaft der Gestalt begründet. Dies ist in der hellenistischen Kunst in Frage gestellt. Die Einheit ist nicht von vornherein mehr gegeben. Sie muß erst erzwungen werden. An der Gewandfigur z. B. muß der Gegensatz zwischen der Schwere des Kleides und der Beweglichkeit des Körpers überbrückt werden. Die Notwendigkeit dazu wird zum ersten Male um die Zeit jener Urkundenreliefs spürbar. An ihnen selbst, bescheidenen Werken, ist es vor allem da deutlich, wo das Gewand in Gegen-Bewegung zum Körper schwingt, aber auch, wo es nur lose und gleichsam leblos über den Körper gehängt erscheint. — Daß hinter dem veränderten Verhältnis von Körper und Gewand ein entscheidender Wandel in der Beziehung von Figur und Raum, von Gestalt und Umwelt wirkt, folgt aus der Geschichte der griechischen Gewandfigur wie aus dem Wesen von Leib und Hülle *9. Die Einheit der Figur ist nicht mehr allein durch den Körper gewährleistet, sondern vielmehr vom Umraum oder durch den Gegensatz zu ihm bestimmt und bedingt. So muß eine Betrachtung der hellenistischen Kunst schon mit der Alexander-Zeit einsetzen, auch wenn sich das neue Wollen erst etwa um 300 v. Chr. oder noch später seine eigenen neuen Formen geschaffen hat. — Von der Kunst Lysipps scheint bei den Terrakotten wenig zu spüren. Aber daß er es war, der für die Gestalt die Erscheinung setzte, dem verdanken die Tanagräerinnen ihr Leben. Darauf beruht jener merkwürdige Schwebezustand, der den besonderen Reiz ihrer Kunst ausmacht. — Die Eroberung der dritten Dimension als einer selbständigen künstlerischen Form bedeutete für die Terrakotten zudem erst die Mögüchkeit einer kubisch-plastischen Tiefe. Schon an der Zahl der jetzt nötigen Hohlformen wird das klar *10. Demgegenüber benötigte man in der Koroplastik vor der Stufe der Tanagräerinnen gewöhnlich nur eine Matrize, in einer Zeit, die hier darum vortanagräisch oder auch thebanisch4 genannt werden soll. 1

Hörn, Tf. 5, i, S. 22. * s. uns. Tf. 55a; vgl. Malalas, p. 200 s. 3 s. H. K. Süsserott. Gric.chische Plastik des 4. Jhts. v. Clir., Tf. 9,3 u. 4. 4 Vgl. Köster, S. 67.

B. i. OLYNTH

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Der Schritt von der Gestalt zur Erscheinung wird ähnlich an einer äußeren Einzelheit sichtbar. Es ist die flache Standplatte, auf der die Tanagräerin gewöhnlich steht. Selbst wenn es bei den Tanagräerinnen technisch nicht mehr möglich war, die zuvor so häufige hohe, meist profilierte oder sonst verzierte Basis1 zusammen mit der Figur aus einer Form zu gewinnen, hätte man eine solche Basis doch beibehalten können. Flache Standplatten hatte es schon viel früher gegeben2; daß sie jetzt fast allein zur Verwendung kamen, ist aber neu. — Vielleicht glaubt jemand, gerade die hohe profilierte Basis passe besser zu den neuen gesteigerten Ansprüchen der TänagraFigur ? Hier spricht jedoch die Entwicklung, die von der klassischen Idealität wegführte. Zu dieser gehörte jene Basis besonderer Form. Lag in ihr noch etwas von der ursprünglichen Bestimmung der Terrakotte, Weihefigur für Heiligtum oder Grab zu sein? Die flache Standplatte entspricht jedenfalls dem Schritt zur neuen Vergegenwärtigung in der hellenistischen Kunst. Terrakotten waren keineswegs nur mehr Weihegaben, bis es Tanagrafiguren gab. Bereits in Olynth haben sie offenbar auch zum Schmucke der Häuser gedient 3. Darin bahnt sich jedoch der Schritt zur Tanagrafigur an. Da deren Hauptfundort, die Gräber von Tanagra oder gar die Stadt selbst, so gut wie gar nicht wissenschaftlich ausgegraben oder untersucht sind* 11 , muß eine Betrachtung besser erforschter Fundstätten das Fehlende zu ersetzen streben. In Olynth, das 348 v. Chr. zerstört worden ist, gibt es noch keine Tanagräerin. In Alexandria, das 332 v. Chr. gegründet wurde, sind fast nurmehr tanagräische Typen unter den dort gefundenen Terrakotten vertreten. Aber hier kommen noch einige Gepräge vor, die auch in Olynth begegnen. So mag eine Durchsicht der Funde aus Olynth die Anschauung von der vortanagräischen Stufe, vor allem aber die von der Entwicklung zur tanagräischen klären.

B. BESONDERE F U N D E UND F R A G E N i. D I E T E R R A K O T T E N V O N O L Y N T H UND DIE ENTWICKLUNG ZUR TANAGRAFIGUR

Hier können längst nicht alle Fragen beantwortet oder auch nur gestellt werden, die die wichtigen Funde aus Olynth für die Koroplastik aufgeben. Vielmehr geht es allein darum, was aus diesen vor 348 v. Chr. datierten Funden für das Verständnis der Tanagrafiguren und ihre Geschichte zu gewinnen ist *I. Da wäre es von großer Bedeutung, wenn die Terrakotte in Baltimore, die als Titelbild im 4. Band der »Excavations atOlynthus« erscheint, tatsächlich bei den Ausgrabungen gefunden wäre4. Sie verträte einen bekannten tanagräischen Typ, der noch in einem südrussischen Grabfund aus der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. anzutreffen ist 5, für die Zeit vor der Zerstörung Olynths. Das in England für D. M. Robinson erworbene Stück ist von den Tanagräerinnen auch der Technik nach nicht 2 ' Vgl. z. B. Köster, Tf. 19, 40. Vgl. z. B. Köster, Tf. 25, 3 Vgl. Exe. at Olynthus IV, S. VII u. i; vgl. auch Exe. VII, S. VII u. i, ioff.; Exe. VIII, S. 348f. 4 A. a. O. Nr. 333, S. 55f. 5 W. II, 14, n; 12, 8; vgl. vorl. Arb. S. i 6 f f . ; vgl. B. S. A. d'A. 1938, 8.48! (8f.).

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. BESONDERE FUNDE UND FRAGEN

zu trennen. Es steht zudem unter den übrigen in Olynth gefundenen Terrakotten ganz für sich. So ist die angegebene Herkunft alsbald auch angezweifelt worden, und diesen Zweifeln hat sich schließlich der Ausgräber selbst angeschlossen1. Trotzdem ist es gut, sich noch zu überlegen, warum die Figur nach 348 v. Chr. entstanden sein muß. Wenn man bei der »Statuette« eine gewisse Schwerfälligkeit nicht zu verkennen meint*, so ist dagegen kaum etwas einzuwenden. Diese Beobachtung kann auch tatsächlich auf einen ortsbedingten, »provinziellen« Unterschied dem zugrunde liegenden Formgedanken gegenüber weisen. Sie braucht allerdings nur einen zeitlichen Abstand vom Urbild zu bedeuten. Für die olynthische Herkunft kann jedoch kaum der entblößte Oberkörper angeführt werdens. Nicht nur in diesem Falle liegt die Vermutung näher, das Fehlende sei im Altertum durch Bemalung ersetzt gewesen. Dies ist z. B. einer Athener Figur vom selben Typ noch anzusehend Andere Gründe, die die Angabe des Kunsthändlers unterstützen könnten, lassen sich aber schwer noch ins Feld führen. Um so mehr fällt, was dagegen spricht, ins Gewicht. Die sonst in Olynth gefundenen Stücke spiegeln verhältnismäßig getreu die Kunstgeschichte der Koroplastik in der archaischen und klassischen Zeit bis 348 v. Chr. wider. Dabei ist hier von Belang, was sie für die Beziehungen Olynths zu Attika und Böotien ergeben. Wie zu erwarten, sind attische Typen häufig, besonders in der letzten Zeit Olynths, in der auch seine politischen Beziehungen zu Athen enger waren **. Aber auch eine ganze Reihe böotischer Typen kommen vor *3. Jedoch fehlt es ganz an Tanagräerinnen. Keine der Olynther Figuren zeigt die »praxitelische Vereinheitlichung von Körper und Gewand«5, wie wir sie bei den (frühen) Tanagräerinnen und den Musen der Basis von Mantinea am stärksten ausgeprägt finden *t. Kaum eine Figur verdient eigentlich auch den Namen »Statuette«, den J. Sieveking mit Recht für die Baltimorer Terrakotte gebraucht. Dieser Umstand bedeutet nicht nur einen Hinweis auf den geringeren künstlerischen Rang, wie er für die Olynther Terrakotten freilich auch festzustellen ist6. Darüber hinaus ist er vielmehr bezeichnend für die geschichtliche Lage der Koroplastik vor der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. Vergleicht man z. B. die Figur Olynth Exe. IV, 334 Tf. 32, die mit Robinson im späten 5. Jahrhundert v. Chr. anzusetzen ist, oder die jedenfalls erheblich jüngere Olynth Exe. VII, 181 Tf. 22 7 mit der Tanagräerin in Baltimore oder auch, Robinsons Vorschlag entsprechend, mit einer ähnlichen korinthischen Terrakotte der tanagräischen Stufe8, so wird ein sehr wesentlicher Unterschied deutlich. Er betrifft den Grad der Durchdringung der Form. Bei den beiden sicher olynthischen Stücken sind die Formen wohl nach ihrer Beziehung auf den Körper klarer vorgetragen. So sind die einzelnen Glieder in 1

G. Lippold, Phil. Wo. 1932, Sp. 238!.; W. Kraiker, Gnom. 1933, p. 105; van Essen, Bull. Vereen. Gravenhage VIII, i, Juli 1933, S. 4«. u. a. vgl. D. M. Robinson, Excavations at O., Part VIII, S. 4 Anm. 12. » J. Sieveking, D. L. Z. 1931, Sp. 1659. 3 Vgl. Exe. IV, S. 55; vgl. S. 57 zu Nr. 334; vgl. auch Sieveking, a. a. O. und Lippold, a. a. O. 4 4079, s. uns. Tf. 3 a—c; W. II, 14, nb. 6 5 G. Lippold, Phil. Wo. 1932, Sp. 238f. Sieveking, a.a.O. 7 s. uns. Taf. 4 a u. b; vgl. 8 . Greifenhagen, Gnom. 1935,8 . 164. London, Brit. Mus. Cat. Terr. C 7; Hutton Tf. i.

B. i. OLYNTH

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ihrer Funktion besonders hervorgehoben. Die ganze Figur ist aber weniger einheitlich gestaltet. Ihr Standmotiv erscheint z. B. wie zerlegt. Daß bei der Figur Olynth VII, 181 auch für die Rückansicht eine besondere Hohlform verwendet wurde, ist nicht neu. Es begegnet schon verhältnismäßig früh im archaischen lonien bei figürlichen Gefäßen *5. Aber für die Figur ist es im Grunde noch ohne Bedeutung und darum bisher kaum sonderlich häufig. Auch so wirkt die Seitenansicht ja als nicht geformt. Die vortanagräische Figur hat eigentlich nur eine Ansicht, wie sie gewöhnlich auch nur eine Hohlform braucht (abgesehc ii vom Kopf und Armen). Selbst in der Folgezeit ist es offenbar wichtiger, die Seitenansichten auszubilden als die Rückansichten *7. Doch erscheint möglich, daß das neue Bestreben, die Figur durchzuformen, zunächst wieder mehr auf die nicht neue Technik geführt hat, auch für die Rückseite eine Hohlform zu verwenden. Jedenfalls spricht der Stil dafür, die Olynther Terrakotte VII, 181 zu den jüngsten Funden dorther zu rechnen. Im Motiv steht sie ja auch der angeführten Londoner und einer Heidelberger Patrize nahe1. Dagegen erscheint eine ähnliche Figur aus der »großen Blisnitza« auf Taman deutlich weniger entwickelt. Sie wurde mit zahlreichen Grotesk- und Komödienfiguren zusammen gefunden, die ihrem Typ nach wahrscheinlich attisch sind*. Leider ist jedoch über die Herkunft dieses Typs der Gewandfigur nichts Genaues zu sagen3. Gerade beim Vergleich der Olynther Figur VII, 181 mit motivisch ähnlichen der tanagräischen Stufe wird klar, was der Schritt zur Tanagrafigur bedeutet. Erst sie ist »gleichsam von einem Punkt aus regiert, um einen Kern versammelt«, wie dies E. Buschor von der klassischen Statue gesagt hat 4. Erst sie ist statuarisch selbständig gedacht und geformt. Dem entspricht, daß die Motive der Tanagräerinnen vielfach an die gleichzeitiger Statuen erinnern, wie dies schon aus den Namen hervorgeht, die sich bestimmten Typen beilegen lassen, z. B. Sophokles?. Gegenüber koroplastischen Kopien nach großplastischen Werken, wie sie in der späteren hellenistischen Kunst vorkommen6, ist zwar deutlich, daß die Tanagräerinnen ihren Werkstoff nicht verleugnen. Nur im Motiv erheben sie großplastischen Anspruch, nicht auch dem Material nach, in den Einzelformen, wie etwa die späten Myrinäerinnen. Aber die Entwicklung zur Tanagrafigur bedeutete doch schon einen Schritt darauf zu, führte über die klassischen Grenzen der Koroplastik hinaus. Man sollte meinen, zum Wesen einer solchen Kleinplastik, wie der Koroplastik, gehöre von vornherein und vor allem der Zusammenhang mit der Großplastik. Durch die Entwicklung in der klassischen Zeit waren jedoch die Beziehungen zu einem anderen Zweig der Töpferkunst, zur Vasenmalerei, viel enger geworden. Koroplast, Töpfer und Vasenmaler waren » « die »über ihre Arbeit gebückt« besonders in Athen zusammenhockten. Schon seit der archaischen Zeit arbeiteten sie denn auch häufig miteinander *8. In Olynth z. B. entstammen die Eros-Figuren VII 1

P. Knoblauch, A. A. 1939, Abb. 14Sp.441; nach K. attisch; vgl. auch die Terrakotte aus Knidos,Ch. Newton, Discoveries, Tf. 59, 3; Brit. Mus. Cat. C 483; W. II, 63, 4. ^ C. R. 1869, Tf. 3, 7; vgl. sonst Tf. 2 u. 3. 3 Vgl. dazu Anm. *6. 4 Olympia, S. 6. 5 s. uns. Taf. 5; vgl. vorl. Arb. S. 95 ff. ' Griechische Kulturgesch., Kröner-Ausg. S. 177 im 3. Bd.

' Pausanias V, 26. 7.

B. 6. VERBREITUNG DER TYPEN

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in der Tat von besonderer Bedeutung gewesen sein, selbst wenn J. Burckhardt u. a. in ihr sonst nur eine Episode zu sehen vermögen1. Das besagen schon die Zahlen, die Diodor* und Plutarch3 für die überallher aus Griechenland herbeigerufenen Kolonisten angeben. Sie gehen hoch in die Zehntausender (die Frauen und Kinder ausgenommen). Auch wenn es sich hierbei zunächst um sizilische Emigranten handelte, die vor der Mißherrschaft der Tyrannen geflüchtet waren, so steht doch fest, daß ihre Zahl nicht hinreichte, die entvölkerten Städte der Insel neu zu besiedeln, und daß daher damals wie auch noch etwas später viele Griechen aus dem Mutterland nach Sizilien strömten. So wird allein von 5000 Korinthern berichtet4. Die Eroberung Thebens fällt erst in die Zeit, in der sich Timoleon schon aus dem Staatsleben zurückgezogen hatte (nach Diodor sogar bereits gestorben war). Um so weniger verwunderlich erscheint es, wenn die Überlieferung nichts darüber berichtet, daß Timoleon gerade auch Thebaner herbeigezogen hätte. Aber soviel weiß doch noch Diodor>, daß auch Griechenstädte Siziliens und Unteritaliens zum Neubau Thebens beigesteuert haben. Wie dem nun auch sein mag! Das ist sicher, daß zwischen der Vasenmalerei Unteritaliens und Böotiens Beziehungen bestehen *6, weiter aber besonders, daß zahlreiche Typen tanagräischer Terrakotten in Unteritalien und Sizilien nachgeformt worden sind. Dabei fällt auf, daß es sich bei der großen Mehrzahl um sehr abgeleitete Formen handelt. Das gilt z. B. für die Terrakotten an den Canosiner Askoi, wie z. B. einem in London6. Gleichwohl ist auch hier noch zu sehen, welche tanagräischen Typen Vorbild waren. Ein paar frühe und sogar noch vortanagräische Formen müssen besonders nachgewirkt haben. Einige entsprechende Prägungen haben sich auch erhalten *". Offenbar ist die frühe tanagräische Epoche die Zeit der engsten und meisten Berührungen. Hernach bildet sich eine besondere z. T. provinzielle großgriechische Formenüberlieferung heraus. Dabei bleiben gewisse Zentren zu erkennen, von denen aus das Hinterland versorgt wurde. Ganz deutlich ist dies bei Tarent *8. Es gilt anscheinend aber auch für Kymai, die alte chalkidische Kolonie, die vielleicht auch von Tanagra aus besiedelt worden war *9. Ebenso war wohl auch Capua ein Sammelpunkt, der vielleicht bis in die Nähe Roms nach Norba und Conca ausgestrahlt hat. In Capua sind fast alle bekannten frühen tanagräischen Typen vertreten *10. In Sizilien haben selbst Orte an der Nordküste, wie z. B. Soloeis *" tanagräische Formen aufgenommen, vor allem aber die Ostküste mit dem syrakusanischen Bereich *12. Kentoripa, das durch Timoleon vom Tyrannen befreit wurde7, weist offenbar ein paar sehr frühe und rein geprägte tanagräische Formen auf *'3, wiewohl seine spätere Koroplastik recht barbarisch anmutet. So groß wie in Campanien oder stark hellenistisch im Sinne des griechischen Ostens wie selbst in Tarent ist die tanagräische Tradition auf der sizilischen Insel freilich nicht gewesen. Um so mehr fällt auf, daß es hier zu Beginn ihres Zeitalters sehr rein geformte Tanagräerinnen gab. 1

Vgl. auch H. Berve, Griech. Gesch. II, S. 123. > XVI, 82. a. a. O.; Flut., Timol. 23f., 35. 5 XIX, 54; vgl. vorl. Arb. S. 46. W. II, 36; 24, 5 u. 6. 7 Diodor XVI, 82, 4.

i Timoleon 23. 4 Diodor, 6 D. 184; s. uns. Tf. 7, vgl.

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H.A. HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

Da diese Fragen und da die gro griechischen Tanagrafiguren hier nicht eingehender behandelt und da italische Tanagr erinnen berhaupt nur ganz gelegentlich zum Vergleich herangezogen werden, hat seine u eren wie seine inneren Gr nde. Diese wurden schon angedeutet. Die Tonbildnerei stand in Gro -Griechenland von vornherein auf einem anderen Boden, die Koroplastik in einem anderen Verh ltnis zur Marmorplastik wie zur gro en Kunst und zu deren Format. Sehr schnell und stark macht sich meist auch in den einzelnen Formen ein besonderer italischer Zug geltend. Dies heraus- und darzustellen, w re freilich sehr verlockend, w rde aber eine eigene besonders umfangreiche Arbeit erfordern. So sollte hier nur angedeutet sein, was die gro griechische Koroplastik zur Frage nach der Verbreitung der tanagr ischen Typen und selbst zu der nach ihrer Herkunft beitragen k nnte. Um so ausf hrlicher werden entsprechend die koroplastischen Zentren des hellenistischen Ostens untersucht werden, soweit hier Tanagr erinnen geformt wurden und soweit es nach der Lage der Forschung m glich war. Dabei m ssen dort ebenfalls die historischen Verh ltnisse ber cksichtigt werden. Denn die Kunst hat wohl ihre eigene Geschichte, aber diese vollzieht sich doch im wirklichen geschichtlichen Raum. Zudem ist gerade die Koroplastik stets so bodengebunden und volksverbunden, selbst als Kunsthandwerk, da die Frage nach ihren Tr gern neben dem Handwerker auch seinem Auftraggeber gilt. — Nicht unbestimmte Angaben ber Beziehungen und Einfl sse einzelner Kunstkreise sollen daher hier gemacht, sondern vielmehr deren bestimmte v lkische und geschichtliche Voraussetzungen er rtert werden. Die Lage in der Erforschung der hellenistischen Kunst wie der Geschichte bringt es dabei freilich mit sich, da auch zu sehr viel Nebenfragen Stellung genommen werden mu , wenn eine tragf hige Grundlage geschaffen werden soll. Beschr nkung im Stoff war deshalb um so mehr geboten, je ausf hrlicher einzelne unvermeidliche Probleme zu behandeln waren. So sind die Fragen, die die gro griechische Koroplastik auf werfen l t, hier nur gestreift, um desto breiter bei Alexandria und Myrina vorgehen zu k nnen.

II. DIE H A U P T F U N D E A. A L E X A N D R I A i. H I S T O R I S C H E S UND T O P O G R A P H I S C H E S a) Strabos Nekropolis

Bei Strabo hei t es1 έξω μεν ούν τή$ διώρυχο? μικρόν έτι λείπεται τή$ ττόλεω$/ είθ' ή Νεκρόπολη το ττροάστειον, Ιν φ κήττοί τε πολλοί καί ταφαΐ καΐ Korccycoycd ττρό$ τά$ ταριχεία$ των νεκρών έττιτήδειαι. »Au erhalb des Kanals (der den Westhafen mit dem Mareotissee verbindet) liegt nur noch ein kleiner Teil der Stadt. Es folgt die Nekropole (und) das Vorstadtgel nde, in dem sich viele G rten befinden und Gr ber und St tten, die der Mumifizierung der Toten dienlich sind.«* 1 1

Strabo 17, l, 795.

. a. STRABOS NEKROPOLIS

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Von der großen Nekropolis am anderen Stadtende im Osten Alexandrias, wo in Sciatbi, Hadra und Ibrahimieh die Mehrzahl hellenistischer Gräber mitsamt den tanagräischen Terrakotten aufgefunden wurden, spricht Strabo nicht. Man hat daraus geschlossen, daß diese Grabstätten wenigstens zum Teil in jener Zeit schon aufgelassen gewesen seien * 2 . Dem weiteren Text desselben Strabo-Kapitels ist auch zu entnehmen, daß die Stadt sich damals nach Osten auf das dreißig oder zwanzig Stadien entfernte Nikopolis zu entwickelte *3. Es hatte den Namen vom Siege her, den Octavian hier über Antonius erfochten hatte (30 v. Chr.). Ob der Ort ähnlich wie kurz zuvor Nikopolis am Ambrakischen Golf neu gegründet war mit einer Bevölkerung, die weither weg- und hier zusammengesiedelt wurde, oder ob dies Nikopolis nur durch einen Synoikismos in der Nähe gelegener Vororte Alexandrias entstanden war, geht aus der Überlieferung nicht ohne weiteres hervor. Das zweite ist jedoch wahrscheinlicher. Denn Strabo, der wenig später Ägypten bereiste (25/24 —13(?) v. Chr.)1, sagt nur, daß Augustus die Stätte seines Sieges geehrt habe. Er berichtet von neu entstehenden Heiligtümern dort und einzelnen anderen Neubauten und stellt fest, daß »die Niederlassung *4 am Meer nicht kleiner als eine Stadt« sei. Dazu müßte sie in wenigen Jahren herangewachsen sein. In der Nähe lag auch das römische Lager, offenbar »an der Stelle des ehemaligen Lagers des Octavian *5«. So hat gerade diese Gegend am Meer östlich Alexandrias sicher mit der römischen Zeit einen besonderen Aufschwung genommen, zumal Nikopolis von Augustus der Stadt Alexandria selbst vorgezogen wurde2. Aber eine Entwicklung Alexandrias in dieser Richtung entsprach schon dem Zuge der ursprünglichen Anlage. Die makedonischen und griechischen (und dann auch die jüdischen) Stadtteile, sind östlich des alten Ägypterdorfes Rhakotis angelegt worden, über dem selbst die neue »Eingeborenenstadt« entstand. Entsprechend einer solchen Verteilung der Bevölkerung scheinen sich die verschiedenen Gräberstätten, wenigstens zunächst, entwickelt zu haben. Jedenfalls ergaben die Funde, daß die große hellenistische Nekropolis für die Griechen und Makedonen (und auch Gräber von Juden) in der hellenistischen Zeit am östlichen Stadtrande lagen. Da erhebt sich dann allerdings die Frage, ob in der Kaiserzeit die Nekropolis im Westen wirklich und auf die Dauer die allgemeine Gräberstadt auch für die Gegenden Alexandrias sein konnte, die gerade in der entgegengesetzten Richtung gewachsen waren oder gar noch wuchsen. — In der Tat ist in Ibrahimieh ein römischer Friedhof mit Girlandensarkophagen aufgedeckt worden, und in Hadra haben neuere Ausgrabungen verschiedentlich und zum Teil neben und unter den »Loculus«Gräbern (Schiebegräbern) der fortgeschrittenen Ptolemäerzeit römische Grabanlagen freigelegt *6. Diese Anlagen erreichen allerdings dem Umfange nach keineswegs die Totenstadt im Westen. Mindestens für einen Teil ist auch sicher, daß sie später als Strabo sind, der entsprechend zum Beispiel von der Nekropole von Köm-el-Chougafa im südwestlichen Alexandria nichts berichtet. Vielleicht erstreckte sich also Alexandria damals noch nicht allzu lange so weit und so breit nach Osten, und Strabo sah noch wenig von neuentstehenden Friedhöfen, während die > Vgl. R. E. 2. Reihe, VII, s. v. Strabon, Sp. 82 f. (E. Honigmann).

* Vgl. Dio Cassius LI, i-ji.

28

H . A . HAUPTKUNDE: ALEXANDRIA

lteren zu einem betr chtlichen Teil umbaut oder berbaut oder sonst aufgegeben gewesen sind. b) Die

berlieferung und die Stadtmauerreste und aufgedeckten Friedh fe

Das, was von der entsprechenden Stadtmauer ausfindig gemacht worden ist, f hrt nicht ber die r mische Zeit hinauf. Selbst von ihren Resten beim Kap Lochias wird berichtet, da sie M rtelverband gehabt h tten. Dagegen ist nichts von T rmen bekannt geworden, wie sie doch f r die hellenistische Mauer berliefert sind1. Im weiteren Verlauf landeinw rts tr gt die Mauer auch mehr der angedeuteten Entwicklung der Stadt Rechnung als der Natur des Gel ndes, worauf bereits A. v. Gerkan hingewiesen hat 2 . Zudem bezieht sie dabei gro e Teile von Gebieten der hellenistischen Nekropolen in die Stadt ein, wie dies auch schon von E. Breccia bemerkt worden ist 3. Katakombenartige Grabanlagen, wie K m-el-Chougafa etwa, k nnten vielleicht berbaut und in den Mauerring einbezogen werden, aber nicht Gr berfelder des hellenistischen Typus, solange sie noch in Benutzung sind. Nur von Nekropolen, die noch in Gebrauch waren, ist aber bei Strabo offenbar die Rede. Wenn nun in Hadra selbst und auch sonst in diesen Stadtteilen innerhalb des r mischen Mauerrings r mische Friedh fe gefunden wurden, so kann dies vielleicht durch die besondere Geschichte dieser Gegend der Stadt erkl rt werden. Einen Hinweis darauf bietet schon die Sieglinsche Karte 4 . Es ist wahrscheinlich, da diese damals wenigstens zum gro en Teil von Juden bewohnten Stadtviertel bei den Judenauf st nden unter Trajan und Hadrian, vielleicht auch schon bei den Unruhen unter Caligula und Nero zerst rt und zum Teil nicht wieder aufgebaut worden sind* z . Ibrahimieh aber liegt auch noch in jener Zeit zum gr ten Teil au erhalb des Mauerrings, kann also immer noch ohne weiteres als Friedhof dienen. Zudem gilt f r Ibrahimieh eine besondere Topographie, wie wir bald erkennen und auch sp ter etwas genauer kennen lernen werden. Malalas^ berliefert von Antoninus Pius »εκτισεν την Ήλιακήν ττύλην και την Σεληνιακήν και τον δρόμον«. Danach sieht es trotz aller Worte doch so aus, als habe es damals eine entsprechende Mauer schon gegeben, deren Tore und diese verbindende Stra e neugegr ndet wurden, vermutlich weil sie alt geworden waren. Jedenfalls wird der »δρόμος« der gro en L ngsstra e Strabos entsprochen haben, wie allgemein auch angenommen wird. Da aber die »πύλη Ηλιακή« selbst wohl nichts weiter als Strabos »ττύλη Κανωβική« in neuem Gew nde gewesen ist, und schon einem der bei Diodor erw hnten Tore entspricht 6 daf r lassen sich noch andere Gr nde geltend machen *3. Aus C sars Alexandrinischem Kriege" geht hervor, da durch die Besetzung jener »engsten Stelle der Stadt, die ein von S den sich einschiebender Sumpf hervorrief« 1

3 Ps.-Kallisth. II, 28; dazu Anm. »'. Griechische St dteanlagen S. j&f.. 6gi. 3 E. Breccia, Enciclop. It. II s. v. Alessandria Sp. 308, m. Karte. 4 E. Breccia, Alexandrca ad Aegyptum, franz. Ausg. 8.53 Fig. 8, engl. Ausg. S. 62 Fig. 25. 5 Chron. XI, 280 Bonn. 6 XVII, 52. 7 Bell, civil. III, 112; bell. Alex, i, 4, 5 (A. Hirtius)

A. ib. DIE ÜBERLIEFERUNG

2Q

Alexandria strategisch beherrscht würde, »weil es in zwei Teile zerfallen wäre«. Nach dem Zusammenhang des Berichts und der Beschaffenheit des Bodens kann nur die Gegend südlich von Kap Lochias jener »angustissima pars oppidi« entsprechen *-i. östlich davon muß also auch damals schon (48/47 v. Chr.) ein bedeutender Teil von Alexandria gelegen haben*5. Dagegen hätte eine Stadtmauer, die zu jener Zeit noch von Kap Lochias quer hinüber zum Mareotis-See gelaufen wäre, bei Cäsar erwähnt werden müssen. Da außerdem ihre östliche Erweiterung kaum mit der von Augustus bestimmten Entwicklung von Alexandria oder vielmehr Nikopolis übereinstimmt, müssen die erhaltenen Mauerzüge noch in der späteren Ptolemäer-Zeit gebaut und von den Kaisern dann erneuert sein. So sind auch die Worte Diodors1, der die Zustände der letzten Königszeit noch vor Cäsars Eingreifen im Auge hat, auf ein Wachsen der Stadt vor allem in östlicher Richtung und in späthellenistischer Zeit zu deuten: »Überhaupt nahm die Stadt in den späteren Zeiten einen solchen Aufschwung, daß sie bei vielen als die erste der Welt zählte«. Nach allem, was bekannt ist, fällt die größte Blüte Alexandrias in die späthellenistische und frührömische Epoche, ins i. Jahrhundert v. und n. Chr. Es muß auch die Zeit der größten Ausdehnung der Stadt sein * 6 . Über den Umfang des frühhellenistischen Alexandria läßt sich demgegenüber ebenfalls noch zu mehr Klarheit gelangen. Die Landenge, deren Bedeutung der Feldherr Cäsar so hoch einschätzte, ist anscheinend einer jener » « der großen alexandrinischen Sandbank, die Strabo erwähnt, ohne sie selbst näher zu würdigen *?. Diodor, der allenthalben weniger von eigenen Beobachtungen als von den ihm vorliegenden Quellen ausgeht, bietet hier für das Verständnis der ursprünglichen Anlage noch etwas mehr. »Mitten nun nämlich zwischen dem großen Sumpf see und dem Meere gelegen, hat Alexandria nur zwei Zugänge vom Lande her. Sie sind eng und vollkommen gut bewacht (oder bewachbar).« An der östlichen ist die Regia oder » « ursprünglich wohl als Festung angelegt worden, wie die Stadt auf der sogenannten Satrapenstele von 311 v. Chr. heißt *8. Von hier muß die Stadtmauer auch noch im 2. Jahrhundert v. Chr. in einfacher Führung nach Süden verlaufen sein. Nur in ihren Anfängen an der Halbinsel Lochias kann die erste Mauer den festgestellten Resten entsprochen haben *9. Das fordert die Natur des Geländes und die von Diodor und Strabo schon nicht mehr ganz verstandene wie die übrige Überlieferung. Nicht zuletzt verlangt es aber die Lage der frühen hellenistischen Nekropolen, in denen aus Gräbern südwestlich von Hadra noch Münzen des 6. Ptolemäers (181—146 v. Chr.) kamen *10. — Das heißt: im Grunde handelt es sich hier um eine große Nekropole, die sich nicht an einer Straße, sondern von Norden, vom Meere her längs des Ostrandes der Stadt zunächst wenigstens entwickelt hat* 11 . Denn die ältesten Stadtteile lagen auch nach Strabo* am großen Hafen. Außerdem ergaben Gräberfunde im nördlichen Hadra, darunter Münzen des ersten Ptolemäers, noch unmittelbaren Zusammenhang mit Sciatbi, das die ältesten Funde gebracht hat * '3. Die modernen Namen der Fundorte hier weiter beizubehalten hat seinen Sinn um der zeitlichen Folge willen, 1

XVII, 52.

» 17,

, 792 dazu Anm. *".

30

H.A. HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

die der räumlichen entspricht, aber auch aus anderen Gründen, die sich erst später noch herausstellen werden. 2. DIE F R Ü H H E L L E N I S T I S C H E N N E K R O P O L E N

Aus den Betrachtungen des vorigen Abschnittes ergibt sich mit Wahrscheinlichkeit folgendes: Schon um die Mitte des i. Jahrhunderts v. Chr. lagen östlich vor dem anzunehmenden ersten Mauerzuge Alexandrias Stadtviertel, die so ausgedehnt waren, daß Cäsar sie als die halbe Stadt ansehen konnte. Es scheint jedoch, daß diese Gegend in den voraufgegangenen Jahrzehnten erst zu solchem Umfange ausgebaut worden ist. Durch die Uberbauung wurden besonders die alten Friedhöfe von Sciatbi und Hadra betroffen. Sciatbi liegt am Meere, den ältesten Stadtteilen am großen Hafen benachbart. So kann es die älteste hellenistische Nekropole gewesen sein. Im i. Jahrhundert v. Chr. wird es kaum noch neue Gräber aufgenommen haben, denn hier muß zuerst die Erweiterung der Stadt eingesetzt haben. Bei Hadra kann damit vielleicht erst im Laufe des i. Jahrhunderts v. Chr. gerechnet werden. Jedenfalls gibt die Zeit von Strabos Reise auch hier eine bestimmte untere Zeitgrenze für ausgedehnte Benutzung des Friedhofs. In genügender Entfernung zur ältesten Stadt gelegen, wird er die längste Zeit in Gebrauch gewesen sein. Mit späteren römischen Bestattungen in diesen Gegenden Alexandrias ist wieder zu rechnen **. Das ist jedoch in diesem Zusammenhang nicht mehr von Belang. Für die obere Zeitgrenze wird man festere Daten verlangen. Zunächst ist das Datum der Gründung Alexandrias gegeben. In den Winter 332/31 v. Chr. fällt dieses Ereignis. Welche Bedeutung ihm, welche Größe der Stadt und welche Fläche der Siedlung nach dem ursprünglichen Plane Alexanders beizumessen wäre, darüber ist wenig sicher *a. Erst recht gilt dies von der Verwirklichung in den ersten Jahren und Jahrzehnten. Wann wurde die Alexanderstadt an Stelle von Memphis die Residenz Ptolemaios I. Soter? *3 Wann konnte sie als »caput Aegypti«1 fertig sein? In welchem Tempo ging der Bau voran, solange er noch dem Kleomenes von Naukratis unterstand ?» Wann nahm Ptolemaios I. Alexanders Plan auf, die Stadt zur Hauptstadt Ägyptens zu machen? Wieviel Einwohner hatte Alexandria unter Ptolemaios II. Philadelphos ? 321 v. Chr. wurde der Leichnam des Gründers der Stadt noch in Memphis bestattet und erst unter dem 2. Ptolemäer nach Alexandria überführt 3. Unter diesem König fanden sich angeblich aber schon Besucher ein, die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu besichtigen *4. Darüber hinaus zu klaren Vorstellungen zu gelangen, fällt schwer, zumal es nicht nur an Überlieferung, sondern auch an Vergleichsmöglichkeiten gebricht. — Diodor berichtet von über 300000 freien Einwohnern (Bürgern) 4. Aber dies gilt für seine Zeit, für die Zeit der vollen Entfaltung der Weltstadt. 1

Justin. XI, ii, 13. i, 7, i. 4 XVII, 52.

z

Justin XIII, 4, n; PS. Aristot., Oecon. II 1353.

3 Paus. I, 6, 3;

A. 2a. SCIATBI

3!

Es fehlt fast alles um die Sterblichkeitsziffer in der neuen Stadt zu berechnen. Wir müßten sie jedoch kennen, um die Behauptung vertreten zu können: DieNekropole von Sciatbi hebt etwa 320 v. Chr. an *5. Nicht alte Leute ziehen doch aus, eine neue Heimat zu gründen und sich dort alsbald ins Grab zu legen. Das mag freilich weniger für die Menschen gelten, die aus den Nachbarstädten auf Befehl hierher zusammenwanderten1. Aber dies ist in diesem Zusammenhang nicht von Belang; denn es handelte sich hierbei im wesentlichen um einheimische Bevölkerung, deren Grabstätten uns hier nichts angehen. Auch in der »Colonia Macedonum«1 kann es damals noch nicht sehr viel Veteranen gegeben haben. — Ist es da nicht richtiger erst gegen 300 v. Chr. mit zahlreichen Sterbefällen zu rechnen ? a) Sciatbi Die Stadtmauer, vor der die Friedhöfe lagen, ist allem Anschein nach erst unter Ptolemaios I. vollendet worden3. Die Satrapenstele vom Jahre 311 v. Chr. nennt Alexandria Festung. Da wird die Mauer in der Gegend der Regia fertiggewesen sein. Sciatbi liegt nahe genug, um die früheste Nekropole sein zu können. Aber die Funde dorther nötigen uns nicht, mit der Anlage dieses Friedhofs viel vor 300 v. Chr. zu rechnen. Es fanden sich wohl noch rotfigurige Vasen, wie sie auch noch in Hadra gefunden sind* 1 , aber es sind nur sehr wenige und sie zeigen deutlich einen sehr späten Stil, eine Spätstufe und entartete Formen. Die alte klassische Form der Pelike z. B. hat am Gefäßkörper schwere Einbußen erlitten4. Henkel und Mündungslippe sind übertrieben gelängt und gerade gemacht. So gelangen sie zueinander in unnatürliche Beziehung und zwängen dabei den Bauch in ein starres Formengerüst, das von Senkund Waagerechten beherrscht wird. Die gleichförmige, spannungslose Weitung und Einziehung des Halses, der tiefe Ansatz der Henkel bringen die plastische Wölbung des Gefäßleibes ganz um ihre Wirkung. Das Rechteck, das im Umriß vorherrscht und den Organismus vergewaltigt, kann an Kompositionsprinzipien erinnern, wie sie an der Plastik des frühen 3. Jahrhunderts v. Chr. von G. Krahmer und R. Hörn aufgezeigt worden sind. — Gegenüber einer anderen spätattischen (»Kertscher«) Vase aus Alexandria, der Hydria in München, ist im Figurenstil jedenfalls ein entscheidender Abstand fühlbar 5. — Der dekorative Zug dieser Spätlinge der klassischen Vasenmalerei gibt sich auf den kleineren Gefäßen noch unverhüllter. Der Name »rotfigurig« ist gar nicht mehr gerechtfertigt. Was sonst an Keramik in Sciatbi gefunden und abgebildet wurde, ist vor allem die bekannte »attische« Ware glänzend schwarz gefirnißter Gefäße, besonders Kannen von Metallformen und sogenannte Hadra-Hy.drien. Für die Hadra-Urnen haben sich seither auch spätere Ansätze ergeben als ursprünglich angenommen wurde *3. Darauf wird alsbald noch eingegangen werden. Hier genügt der Hinweis, auf den deutlich hellenistischen Charakter der Gesamtmasse. 1

Q. Curt. R. IV. 8, 5; vgl. dazu Anm. *6. » Justin a.a.O. 3 Vgl. Tac. hist. IV, 83. 4 Sciatbi, Tf. 47, 71 f.; Tf. 48, 73f. 5 F. R. Tf. 40; vgl. dazu Anm. **.

32

H.A. HAUPTKUNDE: ALEXANDRIA

Dazu stimmt, daß aus Sciatbi und überhaupt aus Alexandria keine monumentalen Reliefstelen von der Art und Größe bekannt sind, wie sie auf dem Friedhof am Eridanos vor den Mauern Athens errichtet wurden, bis das Gesetz des Demetrios von Phaleron sie verbot. Dabei sind Beziehungen Alexandrias zur Kunst Attikas (und Böotiens) doch deutlich * ·», obwohl die Überlieferung im allgemeinen nicht von attischen (und böotischen) Kolonisten berichtet. Aber der Phalereer Demetrius z. B. ging nach dem erzwungenen Ende seiner Tätigkeit in der Vaterstadt an den Ptolemäerhof nach Alexandria. Wenn nun das Verbot des Grabmälerluxus erst in seine letzte Zeit in Athen fällt *5, um so weniger Grund besteht, die Anlage der Nekropole von Sciatbi über 300 v. Chr. viel hinaufzuschieben. Ähnliches gilt von den in Sciatbi gefundenen Münzen. Selbst wenn das Datum einer Münzprägung genauer festzulegen ist, so doch viel weniger die Umlaufszeit. — Von den 22 in Sciatbi gefundenen Münzen kommen nur eine oder zwei dafür in Frage, noch zu Lebzeiten Alexanders oder unmittelbar danach entstanden zu sein. Mit der Prägung neuer Typen ist erst in der Zeit nach dem Tode des Philippus Arrhidäus (317) und dem des kleinen Alexander (311) zu rechnen. So werden für das Geld mit der Aufschrift » « neuerdings spätere Daten angenommen (317, 314 oder 311—305). Ob die ihm ähnlichen Stücke mit der Aufschrift » «, von denen drei in Sciatbi gefunden sind, vorangehen oder nebenhergehen oder folgen oder ob alles dies zugleich für sie zutrifft, ist nicht sicher *6. M. E. müßte der Aufschrift nach ein Teil wenigstens vorangegangen sein, während dem Stil nach wahrscheinlich auch später noch solche Stücke neu geprägt sind. Wenn also die in Sciatbi gefundenen Münzen aus der Zeit der Satrapie (323, d. h. eigentlich 322—305) oder des Königtums (305—283) von Ptolemaios I. Soter stammen, woran nicht zu zweifeln ist, so sind damit doch nur ungefähre Zeitgrenzen gegeben. Dabei sind die oberen Grenzen natürlich noch besser bestimmbar als die unteren, von denen jetzt zu handeln ist. Sehen wir auch ab von den kleinen (Isis-)Münzen, die angeblich nicht richtig Ptolemaios V. Ephiphanes (204—182/81) zugeschrieben sind, so bleiben doch verhältnismäßig zahlreiche Bruchstücke von sog. Ptolemäer-Kannen. Diese führen als solche zunächst schon ohne weiteres über die Regierungszeit des i. Ptolemäers hinaus. Inschriftlich datiert ist leider nur ein Fragment. Es trägt den Namen des Philopator, des 4. Ptolemäers (221—204). Leider fehlen nähere Fundangaben1. Besser ist es damit um die Hadravasen bestellt. Eine* ist in einem »loculus« der Anlage h des großen Hypogaeums mit dem Kammergrab gefunden worden. Sie ist einer Gruppe zuzuordnen, deren Inschriften nicht wie anfänglich geglaubt wurde, 284—83 und 280—79, sondern 250 und 212 v. Chr. anzusetzen sind *7. Auf eine spätere Datierung hat u. a. auch die Tatsache geführt, daß hier auf den Hydrien, die den » ?« Theodotos nennen, neben das makedonische Datum das ägyptische hinzugetreten ist. Dies weist auf jene verstärkte Rückwirkung des Ägyptertums, wie sie um die Wende vom 3. zum 2. Jahrhundert v. Chr. mehrfach 1

Breccia, La necropoli, iSoff., Nr. 581 ff. Tf. 8of.; Nr. 592 (19364 ohne weitere Fundangaben) diePhilopator-Kanne. * Sciatbi Tf. 41, 54; Nr. 67; vgl. S. XL V und dazu noch Tf. I.

A. 2b. H ADR A

33

zu beobachten und schon bei Polybios vermerkt ist1. Dabei wurden sich die Ägypter ihrer Macht gerade zu einem Zeitpunkt bewußt, in dem die ursprünglich schon begrenzten hellenistischen Kräfte aus natürlichen und anderen Ursachen offenkundig in eine Rückentwicklung gerieten *8. Auch im Bereiche unseres Gegenstandes läßt sich um 200 v. Chr. eine Krise feststellen, die überall in der griechischen Welt spürbar, in Alexandria eine besonders einschneidende Wandlung bedeutet. Auf die Entwicklung der Grabformen und erst recht der Tanagrafiguren hat sie unverkennbaren Einfluß genommen. Bestimmte Gräbertypen, die den frühhellenistischen Nekropolen gemein sind, wandeln sich und gleichen ihre Art-Verschiedenheiten aus. Darauf muß später noch näher eingegangen werden. — In der Nekropole von Sciatbi ist davon noch kaum etwas zu merken, geschweige denn von einem Vordringen ägyptischer Formen. Später noch als die Kammer h des großen Hypogäums muß zwar e sein, denn hier ist bei der Anlage der Loculi auf h Rücksicht genommen worden, außerdem sind auch zwei oder drei Perioden im Wandbewurf nachgewiesen2. Aber Kammergräber nehmen immer eine Sonderstellung ein. Für sie ist eine längere Benutzung nicht besonders auffällig. Zudem enthielt auch diese Grabanlage in Sciatbi, wie sehr viele ihrer Art auch anderswo, keine Terrakotten. Sonst ist die Nekropole damals wahrscheinlich schon aufgegeben worden, vielleicht weil sich bereits jetzt die Stadt weiter östlich entwickelte. Hier wenigstens mußte, wie wir sahen, diese Entwicklung zuerst einsetzen. Die Tatsache, daß sich gerade auch die hellenistischen Stadtteile weiter ausdehnten, braucht dabei nicht gegen einen Rückgang der eigentlich griechischen Kräfte zu sprechen. Zudem kommen seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. für die östlichen Gegenden Alexandrias auch größere jüdische Ansiedlungen in Frage, wie wir alsbald sehen werden. Danach erhalten wir als Spielraum, innerhalb dessen die in Sciatbi gefundenen Terrakotten anzusetzen sind, etwa die Zeit von 300—200 v. Chr. Wichtig ist, daß zum großen Teil ganz andere Gründe A. Adriani zu ähnlichen Ergebnissen geführt haben. b) Hadra Auch von Hadra aus gesehen kann Sciatbi kaum viel vor 300 v. Chr. angesetzt werden. Dazu sind die frühesten Bestände unter den Funden noch zu gleichartig: z. B. in der Keramik die rotfigurigen Vasen spätester Entwicklungsstufe, die oben schon erwähnt wurden, dann schwarzglänzende »attisch«-hellenistische Ware usw. Dieser Hinweis muß hier genügen, da das Material (mit Ausnahme der Terrakottafiguren) nur in Grabungsberichten vorliegt *i. Gegenüber Sciatbi umspannen die Münzfunde die Zeit vom i. bis zum 6. König: von Ptolemaios Soter (305—283) bis Philometor (181—146). Nur eine Münze gehört dabei vielleicht noch in die Zeit der Satrapie des i. Ptolemäers * 2 . Sie wie die ändern aus seiner Königszeit entstammen jener nördlichen Gegend der Nekropole von Hadra, die auch sonst mit Sciatbi zusammenhängt *3. So scheinen die Münzfunde 1

V. 107.

* E. Breccia, Sciatbi Tf. Iff., S. XXXV, XLV; R. Pagenstecher, Metropolis S. io$S., in.

34

H.A. HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

die topographischen Schl sse zu best tigen. Sie widersprechen jedenfalls nicht der vorgetragenen Annahme vom relativen Verh ltnis der beiden Nekropolen zueinander. — Danach wird es wichtig sein, festzustellen, welche Terrakottenformen und Typenpr gungen in Sciatbi und welche in Hadra h ufiger sind. Es mu dabei noch bemerkt werden, da die Nekropole von Hadra ungleich gr er ist als die von Sciatbi. Sie scheint die (haupts chliche) hellenistische Nekropole gewesen zu sein. Auch dies spricht jedenfalls nicht dagegen, da in Sciatbi einer der ltesten alexandrinischen Friedh fe gelegen hat. Die untere Grenze, die die M nzfunde f r Hadra abgeben, kann nat rlich nicht als so sicher hingenommen werden. Immerhin erscheint auch den M nzen nach m glich, da die lange und schlie lich vergebliche Belagerung Alexandrias durch Antiochos IV. Ephiphanes (169 v. Chr.) und der Versuch ihrer Wiederaufnahme im n chsten Jahre das Stadtbild im Osten st rker ver ndert hat 1 . Bis dahin hat jedenfalls der urspr ngliche Mauerzug noch bestanden. Das lehren die M nzfunde und vielleicht Livius* Angabe ber die Entfernung von Eleusis, wo »4000 Schritte von Alexandria« Popilius Laenas Antiochos zum Abzug bewog (168 v. Chr.). Da die j dischen Stadtteile sp ter jedenfalls in dieser Gegend lagen, erscheint m glich, da sie damals von den vor Antiochos gefl chteten pal stinensischen Juden besiedelt worden ist *5. Jedenfalls pa t dazu, was Apion bei Josephos3 sagt: »έλθόντες από Συρίας φκησαν προς άλίμενον θάλασσαν γειτνιάσαντε$ τοϊ$ των κυμάτων έκβολαΐ$« »Von Syrien gekommen wohnten sie am hafenlosen Meer nahe dem Auswurf der Wellen«. Hierf r ist schon von Willrich4 aus dem Zusammenhang bei Josephos und aus anderen Gr nden auf diese Zeit geschlossen worden. Ist das richtig, dann beweist der bei Josephos folgende Text 5, da diese Nekropolen in der Tat in der r mischen Zeit kaum mehr bekannt waren, »ουκ οΐδα δε τί ιτοτ' αν ελεγ£ν Αιτίων, εΐ πρό$ τη νεκροττόλει κατφκουν καΐ μη ττρόξ τοϊ$ βασιλείας ήσαν Ιδρυμένοι«. »Ich wei aber nicht, was Apion wohl sagte, wenn sie (die Juden) bei Nekropolis wohnten und nicht bei der K nigsburg angesiedelt w ren« *6. Von vornherein und nach der berlieferung ist klar, da diese Siedlung sich auch vom Meere her entwickelt hat. Im s dlichen Hadra gibt daher allenfalls der nicht genau bestimmte zweite Mauerbau eine untere Grenze f r die hellenistischen Bestattungen, vor allem aber Strabos Reise. c) Ibrahimieh ber Ibrahimieh, die dritte Nekropole, die nach dem Charakter ihrer Gr ber, Denkm ler und Beigaben wenigstens zum Teil in dieselbe Zeit wie Sciatbi und Hadra zu geh ren scheint6, l t sich nicht entsprechend sicher urteilen. Weder die aus der Topographie noch die aus den Funden zu gewinnenden Gesichtspunkte ergeben hnlich bestimmte Zeitgrenzen. Zudem befremdet dort au erhalb der sp t' Liv. XLV, nf.; XLVII, 7. dazu Anm. *4. » XLV, 12 — nach Polybios ? J Contra Apionem II, 4 vgl. 5. 4 Vgl. Anm. *?. 5 II, 4, 36. * E. Breccia, La Necropoli S. Vllf. 108; derselbe, Le Muse"e 1925—31 S. 23.

A. 2C. IBRAHIMIEH

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hellenistischen und römischen Stadtmauer der gefundene römische Friedhof1 vielleicht weniger als die gefundene frühhellenistische Nekropole. Wie erklärt sich ihr Vorhandensein so fern der vermuteten ursprünglichen östlichen Stadtgrenze? Zum besseren Verständnis mögen folgende Erwägungen dienlich sein. Schon im Laufe des 3. Jahrhunderts v. Chr. müssen weiter im Osten von Alexandria besondere stadtähnliche Siedlungen entstanden sein: entfernt und groß genug, um einen eigenen Namen zu erhalten und zu bewahren, wie z. B. Eleusis, wo Kallimachos Lehrer gewesen war 2 . Noch zu Strabos Zeiten lag es außerhalb des Kanobischen Tors und nach seiner Beschreibung auch damals offenbar noch in einiger Entfernung3. Wer zum Kanobischen Tor hinausschritt, hatte zur Rechten, also südlich, den Kanobischen Kanal, der zunächst nach Eleusis führte. An ihm lag es, »nahe Alexandria und nahe Nikopolis«, d. h. doch wohl ungefähr gleich weit von beiden. Die Entfernung von Alexandria nach Nikopolis betrug nach Strabo* 30 nach Josephoss 20 Stadien, die von Alexandria nach Eleusis, nach Livius6 4 römische Meilen, d. h. also doch etwas mehr. Nimmt man als das Wahrscheinlichste an, daß Livius Angabe aus Polybios ohne weiteres übernommen und hier die Entfernung zur Stadtmauer gemeint ist, d. h. also, daß die 4000 Schritt nach Eleusis von der frühhellenistischen Mauer aus gerechnet sind, dann lassen sich die verschiedenen Angaben in Übereinstimmung bringen * 2 . Auch die Angabe bei Athenaeus7, das Grab der Stratonike, der Hetäre des Philadelphos, liege » $ « wird dann besser verständlich. Eleusis muß sich nördlich vom Kanobischen Kanal erstreckt und mit einem Teil oder Vorort das Meer erreicht haben. Für Strabo konnte es also sehr wohl halbwegs zwischen Alexandria und Nikopolis liegen. Danach können die Gräber von Ibrahimieh, ähnlich wie das A. Adriani für die von Moustafa Pacha angenommen hat8, den Bewohnern von Eleusis zugedacht werden. Vielleicht war Eleusis nicht so sehr ein Vorort von alexandrinischen Bürgern wie von Fremden. Jedenfalls sind inlbrahimieh viele Fremde bestattet gewesen, darunter z. B. auch Juden. Das sogenannte Söldnergrab mit bekannten HadraUrnen von Söldn'ern und Festgesandten (Theoren) aus dem Ausland scheint ebenfalls hier entdeckt worden zu sein *3. Unmittelbar von Belang sind für uns zunächst nur zwei Tanagrafiguren aus dem Fundkomplex des Jahres 1907, die den Münzfunden nach bis in die Königszeit des i. Ptolemäers (305—282) hinauf datiert werden können'. Aber vielleicht ist der Umstand wichtiger, daß hier in der vermutlichen »Fremden-Kolonie« so wenig Tanagrafiguren gefunden wurden? Dies wie die Tatsache, daß in Ibrahimieh die Entwicklung von der frühhellenistischen bis weit in die römische Zeit hinein überschaut werden kann, wird denn auch für uns späterhin noch bedeutsam sein. 1

Vgl. vorl. Arb. 8.27. = Suidas s. v. Kallimachos; dazu Anm. *'. 3 XVII, 800. 4 XVII, 6 8 795. 5 Bell. IV, 11,5 (659). XLV, 12. 7 XIII, 576 F. A. Adriani, La n3. 9 Paus. IX, 6, 3; dazu Anm. *M. 1° IX, 403. 410. " Diodor XVIII, n, 4; vgl. auch Arrian, anab. I, 9, 10.

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II. A. HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

den Kampftagen neutral geblieben sein, wie es wollte und konnte. Aber neben Athen und Attika, von dem es berliefert ist1, konnte so Tanagra am ehesten Zufluchtsort f r vertriebene Thebaner werden. War auch den Mitgliedern des korinthischen Bundes verboten, die Fl chtlinge aufzunehmen, mindestens den Athenern gegenber ist doch alsbald davon Abstand genommen worden und auch ganz allgemein f r sp ter Alexanders Milde gegen nicht wenige Thebaner berliefert2. Au erdem wurden die Koroplasten, die hier ja vor allem interessieren, als Met ken usw. schwerlich von dem Verbot betroffen. Aber auch beim thebanischen Sklavenmarkt kam Tanagra als n chster Abnehmer in Frage. Schlie lich m ten, wenn nur Athen Freistadt gewesen w re, alle thebanischen Fl chtlinge dort zusammengestr mt sein. Demgegen ber hei t es jedoch bei Diodor zum Wiederaufbau Thebens (316)3: »Kassander . .. kam nach B otien und lie von berallher die davongekommenen Thebaner holen, um den Wiederaufbau Thebens in Angriff zu nehmen.« Dabei ist doch offenbar zun chst an solche Thebaner gedacht, die in B otien verstreut Unterschlupf gefunden hatten, obschon damals gerade aus Athen eine gro e Zahl zur ckgewandert sein mu *. So berichtet denn auch Pausanias von kranken und altersschwachen Thebanern, die sich nicht nach Athen, sondern nach Akraiphnion nur hatten retten k nnen 5. Zur Neugr ndung Thebens trugen nach Diodor und anderen6 viele hellenische St dte bei, vor allem Athen, auch Messene, Megalopolis, aber auch Griechenst dte in Sizilien und Unteritalien. Als Motiv gibt Diodor »Mitleid mit den Ungl cklichen und mit dem Ruhm der Stadt« an. Sollte es sich hierbei nicht vor allem um alte Verwandtschaft Thebens handeln und um gl cklichere thebanische Schicksalsgef hrten ? — Wir k nnen nicht mit Sicherheit behaupten, da in so weite Fernen Thebaner gefl chtet seien. Aber sicher ist, da Tanagrafiguren nach Sizilien und Italien gekommen sind. Eine in Theben gefundene, leider stark zerst rte Inschrift gibt eine Liste von Spendern und Spenden, die schwerlich auf etwas anderes als den Wiederaufbau der Stadt bezogen werden kann?. Zweimal erscheint hier ein Mann namens Ph okles, der ber 100 Talente stiftet8. Was das f r Geld ist, das Philokles bringt, ist wegen des schlechten Erhaltungszustandes der Inschrift schwer zu entscheiden. An der ersten Stelle, an der Philokles aufgef hrt ist, folgt in der bern chsten Zeile ein 'Αλεξανδ. Dies ist bisher immer auf ταλαντ in der vorhergehenden Zeile unmittelbar bezogen worden. Man erg nzte wie folgt: Φιλο[κλεϊ$ Άπολλοδώρω] τάλαντ[α - - άργυρίω] η Άλεξαν[δρείω]. Die Zeilentrennung l t diese Erg nzungen keineswegs als gesichert erscheinen. Selbst bei Beibehaltung des vorgeschlagenen Textes bleibt aber zu fragen, ob hier von Alexandergeld oder alexandrinischem Geld (oder auch Alexandergeld aus Alexandria) die Rede ist*'7. 1

Plut., Alex. 13; Diodor XVII, 14, 4; vgl. auch Paus. 9, 23, 5. » Diodor XVII, 14, 3; 15, 5; Plut., Alex. 13. 8£f.. 14«. 3 XIX, 53, 2. 4 Paus. IX. 7, i. 5 IX, 23, 5. « XIX, 54: 8 Paus. IX, 7, i. 7 Dittenberger, Syll. 3. Aufl., Nr. 337; dazu Anm. * l 6 . Vgl. das Facsimile Rev. Et. Gr. VIII, 1895, S. 8, Z. i8ff„ a8£f.

A. 4. GESCHICHTLICHE BEZIEHUNGEN

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Daß nach dieser Liste Städte und Könige am Wiederaufbau Thebens beteiligt erscheinen, die bei Pausanias und Diodor nicht ausdrücklich erwähnt sind, fällt kaum ins Gewicht, zumal Diodor von vielen hellenischen Städten spricht. Holleaux hat dazu erklärt, die beiden Schriftsteller hätten nur die Aktionen im Auge, die unmittelbar auf Kassanders Beschluß erfolgten1. Diese könnten den verlorenen Anfang der Inschrift ausgemacht haben. Der Wiederaufbau der Stadt und der Mauern vor allem hat sicher längere Zeit in Anspruch genommen *l8. So ist es nicht verwunderlich, daß Königstitel auftauchen, d. h. daß die Inschrift nach 306/05 v. Chr. gesetzt sein muß. Da außerdem an einer Stelle2 mit einiger Sicherheit eine Spende des Demetrios aus seiner rhodischen Kriegsbeute einzusetzen ist, so wird die Inschrift wohl nach 304 v. Chr. und wahrscheinlich bald danach gesetzt sein. Holleaux, dem das meiste für das Verständnis der Inschrift verdankt wird, hat auch schon als wahrscheinliches Prinzip der Aufzählung die zeitliche Reihenfolge angegeben. Dabei hat er noch eine Unterteilung angenommen und gemeint, erst seien die Könige, dann die von ihm abhängigen Städte usw. genannt. Jedenfalls schließen die beiden Möglichkeiten einander eher ein als aus, und auf alle Fälle sind sie die einzigen, die gegeben sein können. So hat man zum Teil gerade auf Grund dieser neu-thebanischen Stifterliste für Philokles Beziehungen entweder zu Ptolemaios I. oder zu Antigonos und Demetrios Poliorketes aufstellen wollen *:9. Dabei hat die Tatsache, daß Philokles hier neben Städten und Königen mit so bedeutenden Summen aufgeführt ist, auch in ihm einen Souverän zu sehen bewogen * 20 . »Philokles des Apollodoros Sohn, König der Sidonier« nennt eine Statuenbasis in Athens. Andere Inschriften der Zeit und literarische Überlieferungen lassen diesen als Nauarchen Ptolemaios I. und des II. erkennen *21. Zusammen mit einem Nesiarch stand der Nauarch dem griechischen Inselbunde als Vertreter des Ptolemäerkönigs vor. Dazu berichtet Polyaen*, daß Philokles Kaunos erobert habe (309)5. Er nennt ihn . Zum 6 ersten Male König heißt Philokles in Inschriften um 280 v. Chr. . Ob er es schon vorher oder gar von vornherein war, ist ganz unsicher. — Das ist im wesentlichen alles, was wir von der Person des Philokles, des Apollodoros Sohn wissen. Daß er mit dem in der thebanischen Spenderliste genannten Philokles identisch ist, ist schon eine, wenn auch sehr wahrscheinliche Hypothese. Auf sie gestützt hat, wie schon gesagt, eine zweite Hypothese Philokles zu einem Parteigänger des (Antigonos und) Demetrios gemacht. Schließlich hat man in einer dritten Hypothese die Stadtgeschichte von Sidon bis zu ihrem Übergang in ptolemäischen Besitz (nach 287/86) **3 dadurch erhellen wollen, daß man für damals schon die Person des Philokles einschaltete. Er soll nicht Grieche, sondern ein Sidonier, ein Phöniker griechischen Namens gewesen sein, durch dessen Hilfe die Stadt ptolemäisch geworden sei. Zur Belohnung dafür ist er angeblich König von Sidon geworden oder er war es auch schon vorher (seit 311 etwa). Nur unter dieser letzten Annahme ließen sich der thebanischen Spenderliste, bei dem Platz, den sie Philokles einräumt, Beziehungen zwischen Demetrios und ihm 1

Rev. Et. Gr. VIII, 1895, S. 23 f. * Zeile 30ff. 4 III, 16 5 Nach Diodor XX, 27, 2; dazu Anm. *«.

3 C. I. A. II. Nr. 1371 = ed. min. Nr. 3425. 6 Dittcnberger Syll., 3. Aufl., Nr. 3gof.

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. . HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

entnehmen. Es müßte hier aber im Gegensatz zu den beiden anderen Fällen, in denen Könige genannt sind1, der Titel nicht vorangestanden haben **4. Selbst unter diesen Voraussetzungen und etwa noch der weiteren, daß Demetrios Vater Antigonos vorher genannt gewesen sei *Z5, bliebe aber manches an Philokles Rolle befremdlich. Wie kommt es, bei einer Reihenfolge nach politischen oder zeitlichen Gesichtspunkten, daß der Sidonier Philokles vor Demetrios und gleich zweimal in einer Spendenliste für Theben erscheint ? Wie kommt überhaupt ein Sidonier dazu, soviel. Geld für Theben zu stiften und zwar viel mehr Geld offenbar als Demetrios selbst aufbringt * 26 . Aber auch die ältere einfachere Erklärung * - , daß Philokles damals als Nauarch Ptolemaios I. im Auftrage seines Souveräns Geld für Theben überbracht habe, birgt Schwierigkeiten. Ptolemaios hätte bei Anführung der Summen, die Philokles aushändigte, doch an erster Stelle statt des Nauarchen genannt werden müssen * 28 . Überhaupt sieht es doch mehr so aus, als sei Philokles nicht lediglich Überbringer, sondern selbst auch Stifter von Geldern1. Auf der anderen Seite fordert, was sonst von Philokles Leben sicher ist, eine Erklärung zunächst doch aus diesem politischen Zusammenhang, für den auch die neben Philokles genannten Spender sprechen: Eretria, Kos, Melos, Aigina. Die Zeitgeschichte scheint dem zu entsprechen. Für ein besonderes Interesse Ägyptens an Theben kommen die Jahre nach dem Frieden von 311 in Frage, nachdem unter anderem die Freiheit der Griechenstädte gewahrt werden sollte. Die Folge davon war, daß jeder der Diadochen an der Schirmherrschaft der griechischen Freiheit regen Anteil nahm. Besonders Ptolemaios bemühte sich alsbald darum. 310 v. Chr. knüpfte er mit dem Neffen des Antigonos Polemaios an, der auf Euboia als Stratege saß und jetzt die Sache des Antigonos verließ. 309/8 v. Chr. bricht Ptolemaios selbst nach den Inseln und dann nach Griechenland auf und setzt sich in der Peloponnes fest. Es ging um die Erneuerung des Inselbundes und des korinthischen Bundes durch den Soter. Von den Inseln aus hat er auch nach Lykien und Karien übergegriffen. Das zunächstliegende ist es, damals des Philokles' Zug gegen das karische Kaunos anzusetzen, das nach Diodors 309 v. Chr. von Ptolemaios erobert worden ist. Auf Kos gebiert dem Ptolemaios noch im Jahre 308 Berenike den Thronfolger. Daß Ptolemaios politische Aktionen sich in Griechenland nur auf die Peloponnes beschränkt hätten, ist seinen Absichten nach nicht wahrscheinlich, wenn es wohl auch für seine militärischen Unternehmungen gilt *3°. Damals wird er den Ammons-Altar nach Theben geweiht haben, von dem Pausanias berichtet4. Noch aus dessen Text, in dem Ptolemaios nur Sohn des Lagos und nicht König genannt wird, scheint hervorzugehen, daß die Weihung in des Ptolemaios Satrapenzeit gehört. Das bedeutet für Theben zwischen 316 und 305/4 v. Chr. Zu jener Zeit kann auch Philokles nach Theben gekommen sein und zwar sehr wohl schon zum zweiten Male. Des Lagiden Name könnte in der thebanischen Stifterliste in dem jetzt verlorenen Teil vorangestellt gewesen sein. Es folgten dann in der 1

Zeile 30 u. Zeile 37, 39.

3

Zeile 28:

«.

XX, 27 und dazu Anm. * 2 9.

4 IX, 16, i.

A. 4. GESCHICHTLICHE BEZIEHUNGEN

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ja später gesetzten Inschrift Philokles' erste Spende und die der Städte, die derzeit die ägyptische Partei teilten, in der Reihenfolge, in der die Spenden gezeichnet waren. Von Kos, Melos, Aigina ist es wohl sicher, daß sie damals ptolemäische Politik trieben. Eretria gehörte nur 308—304 v. Chr. dem böotischen Bunde an *3', könnte aber doch schon unter Polemaios, des Antigonos abtrünnigem Neffen, gestiftet haben, zumal falls hier geflüchtete Thebaner saßen. Und welche Rolle spielte hiernach Philokles? Eine Erklärung der thebanischen Inschrift allein aus der geschichtlichen Lage, wie sie eben kurz dargestellt wurde, muß mit einem oder vielmehr zwei Aufträgen des Ptolemaios rechnen, deren Vollstrecker Philokles war. Auch diese Auffassung des Textes macht also noch nicht den Platz verständlich, den die Inschrift Philokles einräumt. Die oben dazu erhobenen Einwände bleiben vielmehr bestehen, es sei denn, daß Philokles nicht für Ptolemaios, sondern für Alexandria steht und, weil die Stadt selbst nicht an erster Stelle figurierte, für eine bestimmte Gruppe von Alexandrinern, die Philokles repräsentierte. Eine entsprechende Lesung des Textes ist ebensogut wie die bisherige möglich. Zudem enthebt uns eine solche Auffassung der Verpflichtung, genau bestimmte Daten für die Möglichkeit dieser Spenden etwa in unmittelbarem Zusammenhang mit Ptolemaios eigenen Unternehmungen anzugeben. In der besonderen Gruppe alexandrinischer Bürger Thebaner zu sehen, liegt auf der Hand, ebenso daß Philokles ein Thebaner war. Von seinem Kollegen im Inselbund, dem Nesiarchen Bakchon ist z. B. bekannt, daß er Böoter war. Ebenso sind beider Nachfolger durchwegs Griechen gewesen, wenn auch wie verständlich nicht Inselgriechen *3J. Es ist nicht einzusehen, warum es »ein widersinniger Gedanke ist, daß Demetrios oder Ptolemaios einen Griechen zum König von Sidon gemacht hätten«1. Ist es nicht widersinniger zu denken, der Lagide habe einen Sidonier oder gar einen orientalischen Dynasten von schwankender politischer Vergangenheit zum ptolemäischen Nauarchen und Residenten des hellenischen Nesiotenbundes gemacht *34 ? Ein Orientale ist selbst unter Alexander als oberster Nauarch, als Chefadmiral der Flotte, unerhört *35. Die Politik Alexanders aber, nach der einst Hephaistion einen Sprossen des angestammten Herrscherhauses zum König von Sidon machte2, war längst aufgegeben. Sie verträgt sich schlecht mit den Bestrebungen der ersten Diadochen wie sie bei Ptolemaios, z. B. auch Cypern gegenüber hervortreten *36. — Man behauptet auf Grund der maritimen Bedeutung und Geschichte Sidons, Demetrios oder Ptolemaios hätten einen Sidonier zu ihrem Flottenkommandanten gemacht. Ist es nicht ebenso möglich, daß Ptolemaios II. nach der Gewinnung Sidons (281) einen Griechen zum Beherrscher von Sidon machte, gerade weil er als Nauarch bewährt war? Ähnlich war z. B. Ptolemaios Bruder Menelaos Stadtkönig von Salamis und Stratege von Cypern. Vielleicht waren diese Stadtkönigtümer sehr einträglich. Die tatsächliche Bedeutung aber entsprach doch keineswegs etwa der der Nauarchie im Ptolemaier-Reich und im Inselbund, geschweige denn den Machtvollkommenheiten, die eine Strategie oder gar ein Clientel-Königtum 1

J.Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl., IV, 2, 8.328; dazu Anm. *33. i. 17.

* Qu. Curt. R. IV.

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II. A. HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

über Cypern oder Kyrene mit sich brachten. Zudem hat man sich auf alle Fälle mit der Tatsache abzufinden, daß noch vom 2. Ptolemaier in Sidon ein König geduldet wurde, während die Stadtkönigtümer von Cypern wohl alle schon beseitigt waren *37. Wer dabei für Philokles des Apollodoros Sohn orientalische Abkunft annimmt und mit einer Tätigkeit im Dienste des Antigonos und Demetrios rechnet, dem fällt die volle Beweislast für solche Vermutungen zu. Nach dem aber, was wir mit Sicherheit wissen, können wir nur sagen: Ist der Philokles, welcher Stratege des Ptolemaios und König von Sidon war, derselbe wie der in der thebanischen Inschrift Genannte, so ist es das wahrscheinlichste, daß das Geld, das er nach Theben brachte, aus Alexandria kam. Soviel wird man jedoch dem Fehlen ausdrücklicher Nachrichten in der literarischen Überlieferung entnehmen, daß es sich um eine von Alexander anbefohlene Apoikia von Thebanern nach Alexandria kaum gehandelt haben kann. Danach bleibt die Möglichkeit ungeschmälert, auch an anderen Orten, an denen Tanagrafiguren gefunden worden sind, mit thebanischen Zuwanderern zu rechnen. Alexander wird sie nicht gehindert haben, denn bei Plutarch heißt es von ihm 1 : »Später soll ihn tatsächlich das Unglück der Thebaner noch oft gequält (nicht eigentlich gereut) und gegen nicht wenige (von ihnen) zu größerer Milde gestimmt haben . . . Es war keiner unter den überlebenden Thebanern, der später mit einer Bitte zu ihm kam, die er nicht erfüllt bekommen hätte«. Es ist m. E. kein Grund, die Richtigkeit dieser Überlieferung zu bezweifeln*38. Denn der Wiederaufbau Platääs nach der Schlacht bei Arbela (331)* und die Weigerung gegen eine Rückkehr der thebanischen Verwandten 3 — wohin"? —haben offensichtlich andere Gründe als den einer anhaltenden feindseligen Gesinnung den Thebanern gegenüber. Bei Plutarch wäre freilich bei Gelegenheit dieser Mitteilung wohl die Rede davon gewesen, wenn Alexandria in der Tat durch ein besonderes Aufgebot von Thebanern bevölkert worden wäre. Allerdings fragte es sich noch, ob dies für die Thebaner und überhaupt eine besondere Gnade gewesen wäre! Wir werden also mit einer allmählichen Zuwanderung gerade auch von unteren Schichten der Thebaner zu rechnen haben: aus Athen, Tanagravor allem. Bedeutsam ist, daß selbst in diesem Falle wieder attische Beziehungen durch die Überlieferung nahegelegt werden. Im einzelnen nun alles noch zu vergegenwärtigen, auch alle noch möglichen Gegengründe erwägen, hat m. E. keinen Zweck mehr. Wichtig ist, angesichts der bisher gewonnenen Vorstellung nur noch die Frage, ob wir nicht in den beiden Daten der Zerstörung (335) und des Wiederaufbaus Thebens (316) Anhaltspunkte für die Chronologie der in Alexandria hauptsächlich vertretenen tanagräischen Typen und ihre Entstehung erhalten. Denn nach 316 würde mit einem erheblichen Zustrom thebanischer Bevölkerung dort nicht mehr zu rechnen sein, vielmehr damit, daß der lebendige Zusammenhang zwischen der heimatlichen und der alexandrinischen Entwicklung in der Kunst der Tanagrafiguren allmählich zum Stillstand käme. Wenn es außerdem so ist, daß im Kabiren-Heiligtum, dessen Bestehen von dem Thebens wohl stark abhing4 unter den Terrakotten »die ausgeprägte tanagräische 1

A.a.O. 13. » Plutarch a.a.O. 34. Paus. IX, 25, 10; dazu Anrn. *39.

3 Plutarch, Apophth. Lacon. 221 A.

i Vgl. auch

A. 5. TERRAKOTTEN VON SCIATBI

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Sorte in einigen vereinzelten Stücken« nur vertreten ist1, erhielten wir ein weiteres besonders wichtiges Datum. Die Entwicklung der Terrakotten von jener handwerklichen Stufe, die es in erster Linie doch noch auf Ersatzvotive und geweihte Figürchen abgesehen hat, zu den gesteigerten Ansprüchen eines Kunsthandwerks, das dem allein dient, was wir Tanagrafiguren nennen, kann dann kaum lange vor der Zerstörung Thebens eingesetzt haben. Beweisen lassen sich diese Thesen nicht, es sei denn durch die kunstgeschichtliche Untersuchung, bei der wir sie denn auch nicht aus dem Auge verlieren wollen. 5. DIE T E R R A K O T T E N VON S C I A T B I

Deutlich lassen sich schon bei erster Durchsicht zwei Gruppen unterscheiden *'. Zwei verschiedene Formate, die durchzugehen scheinen, sind die Ursache. Die Tafeln 64—69 der Sciatbi-Publikation zeigen die Mehrzahl der dort gefundenen Terrakotten. Es sind meist Figuren von auffallend geringer Größe: im allgemeinen etwa 15 cm oder nur wenig mehr oder auch noch weniger. In Hadra begegnen nur noch verhältnismäßig wenige von derselben Art, im wesentlichen folgende: Mon. II, i Tf. 6, 6 Nr. 69; Tf. 9, i Nr. 25; Tafel N. 2, Nr. 26; — Tf. 15, 4 Nr. 126. Danach ist wahrscheinlich, daß sie für Sciatbi charakteristisch sind, und sie müßten also, wenn die oben gezogenen Schlüsse richtig sind, in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gehören. Zwei Stücke fallen etwas aus ihrer Reihe heraus3. Sie sind beide zusammen gefunden worden und (außerdem noch) mit ähnlichen Figuren3, die wohl aus derselben Form wie Sciatbi Tf. 64, 165 stammen. Das Besondere, das sie alle kennzeichnet, sind die starken Spannungen, die den anderen Figuren derselben Gruppe fehlen. Der Körper ist angespannt und durch seine Bewegung ist es auch das Gewand. Der Leib ist fest in den knapp anliegenden Mantel gewickelt. Die Glieder sind aber überall, wo es darauf ankommt, herausmodelliert. Offenbar äußert sich hier ein neues Gefühl für den Körper. — Sind hier vielleicht schon jene Kräfte der Bewegung rege, die wir an den Leukon-Terrakotten für die 2. Jahrhunderthälfte kennengelernt haben ? Diese sind in der Tat vergleichbar und was sie gemeinsam haben, das verbindet alle denn auch mit den Hadra-Terrakotten, wie sich nachher herausstellen wird. Trifft dies zu, so können wir mit dem Gros der Gruppe schwerlich viel über 300 v. Chr. hinaufgehen, und es bestätigt sich auch von dieser Seite her der oben gegebene Ansatz. Die Hauptmasse der kleinen Sciatbi-Terrakotten zeigen gegenüber den zuerst betrachteten ein im ganzen einheitliches Bild. Es ist beherrscht von der Tendenz, die Bewegung gerade auszuschalten, zugunsten eines vereinfachten Umrisses der Erscheinung als einer geschlossenen Masse. Die Figuren verfügen dabei kaum über raumhaltige Tiefe und erfüllen sich fast allein in einer Ansicht. Dies gilt z. B. selbst i P. Wolters, A. M. 1890, S. 355; dazu Anm. *4 » Sciatbi, Tf. 64, 163, S. 120. Nr. 379 (Mon., Tf. 6. 3, Nr. 39) und Tf. 64, 165, Nr. 378 (Mon. Tf. 9, 5. Nr. 7). 3 Wie Mon., Tf. 9, 7 Nr. 8; 9, 9 Nr. 9.

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II. A. HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

1 von Sciatbi Tf. 64, . Hierfür haben wir schon eine sichtlich frühere Fassung in einer Londoner Terrakotte kennengelernt2. Der Abstand ist gewiß nicht sehr groß. Aber deutlich ist doch, daß Formen und Format in dem Stück von Sciatbi zusammengeschrumpft sind. Die Tanagräerin in London ist 0,215 ms, die Alexandrinerin 0,15 m groß. — Wichtig für die Bewertung dessen, was wir in Sciatbi und Alexandria beobachten, ist nun, daß der gleiche Vorgang, derselbe Schrumpfungsprozeß in Tanagra selbst zu beobachten ist 4. Es handelt sich also in Alexandria keineswegs nur um provinzielle Bildungen. Das heißt, der Rückgang des inneren und äußeren Formats beansprucht vielmehr allgemeine Gültigkeit für seine Zeit, jedenfalls soweit es sich um Terrakotten handelt. Zu einem gewissen Abschluß scheint dann die Entwicklung in einem anderen Athener Exemplar gelangt zu sein 5. Die Bewegung im Körper ist fast völlig in Stillstand geraten; reicher ist dagegen das Leben an der Oberfläche. Hierauf hat der spätere Koroplast sein ganzes Augenmerk gerichtet. Das klassische Gleichgewichtsverhältnis zwischen Körper und Gewand, das noch an der Londoner Figur spürbar war, ist aufgegeben zugunsten einer einseitigen Betonung der äußeren Erscheinung und gerade auch des Kleides. Der Ausgang des Motives, der selbst bei diesem Typ ursprünglich noch in einer Schrittbewegung lag, ist so ungefähr ins Gegenteil verkehrt. — Es ist schwer zu sehen, wie die Entwicklung von hier aus weitergehen sollte. In der Tat haben sich keine späteren Bildungen dieses Typs erhalten. In Alexandria fehlt schon die letzte, vielleicht nicht zufällig. Inwieweit die einstweilen schon gewonnenen und die noch später zu gewinnenden Ergebnisse und Kriterien sich für die allgemeine Kunstgeschichte verwenden lassen, soll einem besonderen Abschnitt vorbehalten bleiben. Ebenfalls in einem eigenen Abschnitt werden auch noch andere der tanagräischen Typen, die hier in Alexandria und Sciatbi begegnen, in Zusammenhang mit ändern Orts gemachten Funden vom selben Typ und im Vergleich mit der Großplastik verfolgt werden. Hier soll uns zunächst nur die Entwicklung der Tanagrafiguren interessieren, soweit sie sich in Alexandria erkennen läßt. Wir überblicken schon in Sciatbi selbst zwei Stufen, die sich durch ihr gegensätzliches Verhalten zur Körperbewegung unterscheiden. Daher wollen wir zusehen, ob dies nicht vielleicht hier auch an zwei verschiedenen Fassungen eines und desselben Typs festzustellen ist. — So unterscheidet sich dem Typus nach6 die Figur Sgiatbi Tf. 65,168', die aus derselben Form wie Mon. Tf. II, 8 stammt und mit ihr zusammen gefunden ist, nicht wesentlich von der Sciatbi Tf. 64, 1639. Bei dieser ist nur der linke Arm halb erhoben, während er bei jener fast ganz gesenkt ist. Man könnte vielleicht eine Erklärung für die veränderte Armhaltung in dem neu sich regenden Drang nach Bewegung sehen (von dem wir oben schon gesprochen haben). Es wäre

i Nr. 380; Mon. Tf. 5, 4; Nr. 56; dazu Anm. **. » C. 264, siehe vorl. Arbeit S. ii. 3 Dabei ist allerdings der Petasos abzurechnen. 4 Athen, 4127 s. u. Tf. 2a u. b; 0,122 m groß; vgl. Dresden, Z. V. 1169; vgl. W. II, 48, 8e. 5 4472 s.u. Tf. 2C u. d; o, 0,175 m groß; W. II, 48, 90. 6 W. II, 8 22, 6; 24, 4. 5. 7 Nr. 352, 0,17 m ; Mon. Tf. 3, 5, Nr. 44. Nr. 45; Sciatbi Nr. 352a. 9 W. II, 32, 6; vgl. vorl. Arb. S. 58.

A. 5- TERRAKOTTEN VON SCIATBI

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aber auch möglich, daß aus der (ebenfalls besprochenen) entgegengesetzten Absicht, die Bewegung zu unterdrücken, bei den beiden anderen Figuren der linke Arm möglichst gesenkt ist. Wahrscheinlicher ist jedoch in diesem Falle, daß es sich um zwei schon ältere Varianten eines Typs handelt. Denn eine Athener Tanagräerin1, die offenbar noch auf der (früheren) Stufe der kleinen Sciatbi-Figuren steht, hat ebenfalls den linken Arm erhoben. Auf der anderen Seite erweist sich bei näherem Zusehen, daß das ganze Motiv im Grunde von einem noch vortanagräischen Typus abhängt, wie er in einem Berliner Stück erhalten ist1 und in einem zweiten im Museum von Tanagra-Skimatari selbst3. Hier ist der linke Arm gesenkt. Die Zusammenhänge mit der sogenannten thebanischen Tradition sind in Alexandria in der Tat noch enger als zunächst scheinen mag. So ist Sciatbi Tf. 67, 1764 eigentlich noch ein unmittelbarer Nachfahre eines vortanagräischen Typs, der auch dem betrachteten sehr nahe steht 5. Unterschiedlich ist eigentlich nur die Haltung des rechten Arms. Gegenüber einer Athener Figur dieses Typs6 sind bei der Alexandriner zwar die Tendenzen deutlich, die die Bewegung zurückbilden — den rechten Arm und das linke Bein zurücknehmen — und den Umriß der Figur vereinfachen. Aber von den neuen Ansprüchen der tanagräischen Stilstufe läßt auch die Figur aus Sciatbi so gut wie nichts erkennen. Selbst wenn man hier in Rechnung stellt, daß es sich ja ganz allgemein um Formungen eines künstlerisch offenbar wenig fruchtbaren Zeitalters handelt, so ist doch auch der ursprünglichen Prägung des Typs kaum anzusehen, daß er durch die Entwicklungsstufe zur Tanagrafigur schon hindurchgegangen ist. Man wird also den Schluß ziehen, daß diese Entwicklung nicht allzulange vor der Gründung von Alexandria vor sich gegangen sein kann. Denn obgleich die besprochene Figur offenbar zur Reihe der frühen Terrakotten Alexandrias gehört — sie ist auch noch etwas größer? — so ist sie doch nicht die einzige ihrer Art. Sogar vom selben Typ ist noch eine Figur in Hadra gefunden worden8, die allerdings schon ihrer Kleinheit wegen zu der Reihe der Sciatbi-Figuren dort zu stellen ist, d. h. zu den frühesten Terrakotten aus Hadra. Schließlich ist aus Sciatbi auch die Figur eines Hermaphroditen erhalten', die sich von einem klassischen attischen Typus herleitet, der noch an Figurenvasen begegnet, und zwar handelt es sich um nichts anderes als den bekannten Ledatypus *5. Mit den zusammen mit ihm gefundenen Figuren eines nackten JünglingsI0 und eines Pandurion-Spielers " gehört der Hermaphrodit zu den frühesten Terrakotten aus Sciatbi, auch was die Zeit der Herstellung anlangt. Bei zwei von den drei läßt sich noch feststellen, daß sie in der älteren Weise mit ihren etwas erhöhten Basen zusammengeformt sind. Der Hermaphrodit ist eines der frühesten dieser Zwitterwesen überhaupt, eine kunstgeschichtliche Parallele zu den literarischen Zeugnissen bei Philochoros und Theophrast *6. Die beiden anderen 1

4471 s. uns. Tf. 8a. i Köster Tf. 40. 3 W. 11,23, 3b; dazu Anm. *3. 4 Nr. 397; Mon. 6 Tf. 3, 3 Nr. 70. 5 W. II, 41, i—5; vgl. 32, 8; vgl. n, . 13 616, Eph. 1907, Sp. 75f., Abb. 8; 8 nv 22 dazu Anm. *4. 7 0,195 m· I · 399; vgl· Mon. unter Nr. 15; 0,145 m. 9 Tf. 75, 239, Nr. 490; Mon. Tf. 18, 4, Nr. 152. '° Sciatbi Tf. 75, 237 Nr. 491; Mon. Tf. Qu. 2, Nr. 104. " Sciatbi Tf. 69, 183, Nr. 492; Mon. Tf. 18, 6, Nr. 151.

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H - A . HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

Figuren stellen ihrerseits ebenfalls besondere Motive dar, die in der Welt der Terrakotten später verschwinden. Die zuletzt genannten Formen reichen dem Ursprung ihrer ersten Prägungen nach wohl alle noch in die vortanagräische Epoche hinauf. Scheinbar übertrifft sie darin noch Sciatbi Tf. 70,187!. Hier handelt es sich aber offenbar um ein Archaisieren. Das beweist schon ein Blick auf die Tanagrafigur daneben, auf Tf. 70,188 der Sciatbi-Publikation1. Dazu muß jedoch gesagt werden, daß solche Fälle häufiger bei den klassischen als bei den hellenistischen Terrakotten begegnen *7, daß also selbst dieser Zug noch zurückweist. Es ist möglich, daß_die zuletzt besprochenen Figuren selbst tatsächlich auch noch älter sind als 300 v. Chr. Ein Beweis dafür läßt sich einstweilen nicht erbringen. Aber das ist auch nicht besonders wichtig. Bedeutsamer ist dagegen der Hinweis, daß in Sciatbi für Alexandria noch Zusammenhänge mit der früheren mutterländischen Terrakottaplastik Athens und Thebens zu fassen sind. Es erübrigte, nun zu den Tanagrafiguren der Stufe von Hadra überzugehen; das hieße zunächst einmal entsprechend dem, was wir bisher erfahren haben, zu Figuren größeren Formats. In Sciatbi sind solche nicht zufällig seltener, so daß auch hier nur ein paar Beispiele angeführt werden können. Allerdings liegen die Dinge nicht so einfach, als es zunächst schien. Entsprechend der Entwicklung kann vielmehr auch unser Weg noch nicht gradlinig gehen. Dabei soll um so mehr bewußt werden, daß es um das hellenistische Zeitalter geht, zu dessen Wesen die Verschränktheit schließlich auch in der Problemstellung gehört. Zudem wird es so möglich, unser Bild vom frühesten Alexandria noch zu bereichern. Tanagrafiguren sind uns aus Alexandria nur aus Gräbern bekannt, aber niemand wird zweifeln, daß es sie auch in Häusern gegeben hat — vielleicht in Häusern von Böotern zunächst nur, später auch in anderen, ähnlich wie es wohl auch bei den Gräbern anzunehmen wäre. Gehen wir mit der Gruppe der kleinen Figuren aus den Gräbern von Sciatbi nicht über die Zeit von 300 v. Chr. hinauf, rechnen wir schon mit einer gewissen Entwicklung vorher, z. B. bei den für die Häuser bestimmten Terrakotten, dann brauchen wir nicht anzunehmen, man habe von vornherein in Alexandria nur kleine Tanagrafiguren gemacht. Wer sie nun seien, die Koroplasten von Alexandria, böotischer oder unbekannter Herkunft, sie hätten damit jedenfalls nicht im Einklang mit ihren Vorbildern, mit den Erzeugnissen der Konkurrenz in Tanagra gestanden. Wir haben schon einige Figuren kennengelernt, die nicht recht zu dem ersten notgedrungen vereinfachten Bilde passen wollten. Weitere sollen hier angeschlossen werden, zunächst einige Figuren des von uns schon eingehender betrachteten Typus W. II, 23, 3; 22,6; 24,4—5, derauch inHadranoch in verschiedenerlei Gestalt begegnet: zuerst Sciatbi Tf. 63, 1592. Die Figur ist größer als die Sciatbi Tf. 65, 1684, aber sonst sind beide sich sehr ähnlich und können schwerlich über einen längeren Zeitabstand getrennt sein. Mon. Tafel B. 2 und Mon. Tafel H 2 5 1

Nr. 410, Mon. Tf. 45, 6. Nr. 81; vgl. d. Bruchstück Sciatbi. Tf. 70, 189, Nr. 411, Mon. Tf. 48, 7, Nr. 82. Nr. 405. 3 Nr. 354 Mon. 4, 6, Nr. 43. 4 0,250 m zu 0,17 m. 5 Nr. 41, 0,205 m: Nr. 42, 0,19 m. 1

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können ohne weiteres angereiht werden. Das Besondere an ihnen ist nur, daß sie aus Hadra stammen. Oder noch das, daß sie uns zeigen können, wie sehr das kleine Format dieser Stilstufe angemessen war, wieviel mehr diese schon bei wenig größeren Ausmaßen ihre Schwäche zu erkennen gibt. Diese drei Figuren sind Musterbeispiele für die innere Entfremdung einer typischen Form gegenüber dem Urbild. Die vielen leeren und hohlen Stellen, der konkav geschwungene Kontur, besonders im Zusammenhang mit einer Verbreiterung nach unten, die überstehenden und überschüssigen Formen, die abfallen könnten, ohne dem Ganzen Abbruch zu tun, das sind die Kennzeichen für die Inkongruenz von Form und Gedanke. Diese Figuren werden also etwa gleichzeitig mit den kleinen Sciatbi-Figuren entstanden sein. Sie kommen aber noch aus einer älteren, einer veralteten Tradition, die wir in den Grabfunden sonstjcaum noch fassen. Neues bringt demgegenüber finden gleichen Typ Mon. Tf. 6, 5'. Auch diese Figur stammt aus Sciatbi. Hier ist das Gewand stofflicher erfaßt. Schwer fällt es zu beiden Seiten des Standbeins auf den Boden. Der untere Saumrand des Mantels, bei den anderen Figuren unverständlich aufgebogen, ist hier zum Wulst und höher aufgerollt. Dies hängt jedoch nur von einer darin abweichenden tanagräischen Wiederholung desselben Typ5 a°. Sonst erscheint das Ganze mehr aufgelockert, aber auch weniger einheitlich, zumal die Bewegung im Körper nicht entschiedener vorgetragen ist. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine auf den Stil der kleinen Sciatbifiguren unmittelbar folgende Stufe. Vor allem in der stofflichen Erfassung des Gewands sind schon Ansätze einer neuen Formung zu erkennen, das Ganze trägt aber noch das Gepräge einer Übergangszeit an sich. Im Gegensatz dazu führen zwei andere miteinander gefundene Terrakotten trotz ihres auffallend großen Maßstabes wieder in die frühe tanagräische Epoche hinauf 2 . Und zwar vertreten sie eine noch ältere Tradition als die beiden zuvor dafür angeführten Stücke. Es sind vielleicht die einzigen alexandrinischen Beispiele, die noch etwas von der reinen tanagräischen Kunst der Alexander- und (ersten) Diadochenzeit bewahrt haben, entsprechend den Tanagrafiguren, mit denen wir uns die ersten Häuser geschmückt dachten. Von den oben besprochenen attischen oder vortanagräischen thebanischen Typen ist in diesem Fall abzusehen. Aber ähnlich wie diese durchbrechen auch sie wohl die angenommenen oberen Zeitgrenzen, freilich weniger als es zunächst den Anschein haben mag. Denn die kunstgeschichtliche Lage ist dabei nicht einfach. Zum Glück begegnen dieselben Typen an anderen Figuren in Sciatbi, die den Stil der kleinen Terrakotten eindeutig vertreten und durch Gegenüberstellung zur Klärung der Lage beitragen können. Dazu sollen in diesem Falle auch noch Terrakotten aus Tanagra in weiterem Umfange als bisher herangezogen werden. Tafel 62,155 ist außergewöhnlich groß, größer auch als eine Tanagräerin von fast demselben Typ aus Paris 3. In der weniger gleichförmigen Wiedergabe der Mantelfalten, die sich bei ihr über die Arme legen, bei der anderen von Arm zu Arm ziehen, 1

Nr. 46 Sciatbi Nr. 363 0,17 m, d.h. aber ohne Kopf, also größer als die kleinen Sciatbi-Figuren. » Sciatbi Tf. 62, 155, Nr. 365; Mon. Tf. 3, i, Nr. n; 0,285 m un d Sciatbi Tf. 62, 156, Nr. 367; Mon, Tf. 7, 3 w 5 Nr. 61; 0,235 · · H. 36· 6· 7'· Tel. I, i77c; Charbonneaux, Abb. 49; 0,348 m.

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würde man meinen, bei der Pariser Figur mehr Frische zu erkennen und größere Nähe zum Original erschließen zu dürfen. Abweichend im Typus ist bei ihr der Mantel verlängert. Das ist nicht besonders bedeutsam, ermöglicht aber doch die Darstellung von mehr Spannungen wie sie bei einer anderen Pariser Figur dann zu einer neuen Fassung des Typs geführt haben1. Ein veränderter Formwille gibt sich hier gesuchter, zwiespältiger, vor allem in der Gewandauffassung. Das kommt z. B. in den Faltenspannungen über dem Leib zur Geltung. Folgenschwerer äußert er sich noch an der linken Körperseite, dort wo eine der beiden Steilfalten des Kleides in den Mantel eindringt. Vergleichbar erscheinen zunächst vielleicht die Leukon-Terrakotten, besonders die zweite. Aber genaueres Zusehen ergibt, daß bei dieser das Verhältnis vom Körper zum Gewand ganz anders zur Wirksamkeit gebracht ist. Vor allem in den verschiedenen Kopfhaltungen wird deutlich, daß bei der einen das Gewand den Körper übermächtig einzwängt, bei der anderen dieser gegen die Gewandung tätig andrängt. Die Verhältnisse sind also vertauscht, und somit gerade ein erheblicher Zeitabstand gegeben. Vermitteln kann zwischen beiden Pariser Figuren eine andere, die sich einst in der Sammlung Pourtales befand2. Dieser tanagräischen Reihe gegenüber wird deutlich, daß die Figur von Sciatbi aus noch einer früherenTradition stammt *9. Es ist möglich, daß eine solche kleine Sciatbifigur wie die Tf. 67, 1783 ursprünglich von dieser Form abgeleitet ist. Doch handelt es sich nicht um eine nur auf Alexandria beschränkte Variante, wie eine kleine Tanagräerin in New York be weist 4. Spätere alexandrinische Nachfahren einer älteren Fassung davon sind aus Madras und in Paris erhalten6. Die Abänderung im Motiv der rechten Hand kann dabei unter Einwirkung eines solchen tanagräischen Typs wie W. II 36, 4; 39, 4 erfolgt sein, der bei einer Münchner Tanagräerin vorliegt7. Ein Vertreter davon ist auch aus Sciatbi erhalten8. Die Absicht, die Figur einzuhüllen liegt aber auch im Sinne der Zeit, wie wir es oben an den Pariser Figuren lernten. Jedenfalls eignen sich die beiden Figuren Sciatbi Tf. 62,155 und Tf. 67,178 gut zu einer Gegenüberstellung. Ein drittes Glied, ebenfalls aus Sciatbi, vervollständigt die Reihe9. Bei ihm steht die Abhängigkeit vom selben Typus außer Zweifel. Es vertritt den Stil der 2. Leukon-Terrakotte auf einer Stufe, die schon eine Abschwächung von deren Spannungen bringt, und gehört so zu den späten Terrakotten aus Sciatbi. Um so deutlicher wird dabei der frühe Platz in der Entwicklung, der Sciatbi Tf. 62, 155 dem Stil nach zukommt. Die mit ihr gefundene Figur Tf. 62, 156 erscheint nicht unbedingt stilgleich. Sie steht ihr wohl dem Kopf nach, weniger jedoch in der Auffassung von Bewegung und Gewand nahe. Gegenüber Figuren, die denselben Typus in Sciatbi auf der eigentlichen Sciatbistufe10 und auf der in allem anspruchsvolleren Hadrastufe vertreten" wird zwar auch ihre ältere Zeitstellung klar. Sie hat noch nicht jene versammelte Form und summarische 1

222; W. II, 36, 6g; Photo Alin. 22600, s. uns. Tf. ga; dazu Anm. **. * Siehe uns. Tf. gb; Photo aus Winters Apparat. 3 Nr. 400, Mon. Tf. 7, 6, Nr. 71; vgl. Hörn, S. 22. 4 Vgl. G. Richter, Sculpture, Fig. 547. 5 22 398 s. uns. Tf. ge, 0,21 m. 6 Tel III, 2480. 7 Mü. Jb. 1914/15. S. 158, Fig. ii. « Mon. Tf. 5, 6, Nr. 19 Inv. 22399. » Mon. Tf. 3, 6. Nr. 12, I0 0,022 m hoch. Sciatbi, Tf. 65,169 Nr. 368, Mon. 5, i, Nr. 64, 0,15 md. Anm. *«. « Mon. Tf. 3, 2, Nr. 66; 0,26m; hier handelt es sich um eine Umkehrung d. Typs.

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Formgebung, auch noch nicht das eingeschränkte Format. Aber die Formen erscheinen schon etwas eingeschrumpft, die Bewegung unsicher, der Umriß gebrochen, das Ganze weniger selbstverständlich als die im selben Grab gefundene Figur. Mehr vom Vorbild hat wahrscheinlich noch die Figur aus Sciatbi Mon. Tf. 4, 5 1 bewahrt, abgesehen vom Größenmaßstab, der sie schon zur Reihe der kleinen Sciatbifiguren stellt. Demgegenüber wird deutlich, daß es sich bei der Figur Sciatbi Tf. 62,156 um eine ähnlich spannungsreichere Bildung für diesen Typus handelt, wie ihn die Pariser Figur für den anderen darstellt, und daß sie nicht allzuweit von der Stufe der kleinen Sciatbi-Figuren abgerückt werden darf. Für das Datum der Pariser Figur ist es vielleicht bezeichnend, daß diese Umbildung nicht mehr nach Alexandria gewirkt hat. Jedenfalls kann sie kaum viel vor 316 v. Chr. entstanden sein, wie noch gezeigt werden wird. Ob es in Tanagra eine Sciatbi Tf. 62, 156 entsprechende Fassung des Typs gab, ist nicht bekannt. Daß Sciatbi Tf. 62, 156 nicht zu früh angesetzt werden darf, legt aber auch einen Vergleich mit der ziemlich ähnlich gestalteten Figur Sciatbi Tf. 63, 1572 nahe, von der sie jedenfalls nicht allzuweit getrennt werden darf. Über beide Typen: den des hochgegürteten Mädchens und den des Sophokles wird später noch ausführlich gehandelt werden. Bei dem Sophokles aus Sciatbi fällt das Mißverhältnis von Kopf und Körper auf. Die etwas aufgetriebenen Formen in Gesicht und Melonenfrisur sind typisch für Hadra und die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr., wie wir es gleich näher kennen lernen werden. Zudem hat sich auch zum Körper ein Gegenstück in Hadra angefunden3. Es ist wahrscheinlich sogar aus derselben Form gemacht. Hinzu kommt außerdem, daß es auch zu der Figur Sciatbi'Taf. 62,155 ein ganz entsprechendes Stück aus Hadra gibt4; nur der Kopf zeigt bei dieser eigentlich die Hadrastufe an, vielleicht auch noch das Mißverhältnis von Kopf zu Körper, das man ebenfalls hier zu beobachten glaubt. Obwohl beide Figuren aus Hadra nicht als charakteristisch für ihren Fundzusammenhang gelten können, folgt doch, daß die beiden miteinander gefundenen Figuren Sciatbi Tf. 62, 156 und selbst 155 nicht allzufrüh angesetzt werden dürfen. Der tatsächliche Vorgang im einzelnen ist etwa bei Sciatbi Tf. 62, 155 und Hadra Mon. Tf. H. i. so zu erklären: Eine frühe Tanagräerin oder eine entsprechende frühe alexandrinische Nachbildung, wie sie hier kaum noch in Gräber gelangt sind, aber in den ersten Häusern gestanden haben müssen, oder eine entsprechende Hohlform ist neu abgeformt worden. Dabei sind im wesentlichen nur die Mantelfalten über den Armen (und am unteren Saumrand) neu modelliert worden, dazu natürlich die Köpfe. Aus derselben Form ist dann noch die Figur aus Hadra hervorgegangen, die dann mit einem anderen Kopf versehen wurde. Wichtig ist dabei die Feststellung, daß es in Alexandria eine Stilstufe gab, die in den Nekropolenfunden sonst nicht mehr greifbar wird. Das bestätigt von neuem deren spätere Ansetzung. Im übrigen hat es sonst wenig Zweck, gerade solche offenkundig zurückgebliebenen und sehr verwickelten Fälle bei Darlegung einer Entwicklung genauestens zu behandeln. Aber erstens muß man merken, daß es sie auch 2 » Nr. 62, 0,15 m, Sciatbi Tf. 69, 186, Nr. 388; Fragment 10258. Nr. 370; Mon. Tf. 2, Nr. 456; 0,2/5 rn3 Mon. Tf., H. i, Nr. 3, 0,022 m. 4 Mon. Tf. 1,4, Nr. 13; 0,27 in.

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gibt; dabei sollte dem Leser nichts erspart bleiben, zumal weiterhin möglichst davon abgesehen werden wird. Zweitens scheinen auch solche Stücke in gewissem Sinne für ihre Zeit wie gerade auch für Alexandria bezeichnend zu sein. Denn bei Gelegenheit wurde schon kurz festgestellt, daß bestimmte tanagräische Erneuerungen, sogenannte neue Fassungen und Umbildungen eines Typs, wie auch neue jüngere Typen nach Alexandria nicht mehr gewirkt haben. Zu den spätesten tanagräischen Typen aus Sciatbi gehört vielmehr die Figur Mon. Tf. 44, 5'. Wohlgemerkt, es ist in diesem Zusammenhang nicht von Belang, wann das Stück selbst entstanden ist — wahrscheinlich in der Zeit der 2. Leukon-Terrakotte. Wichtig ist vielmehr die Entstehungszeit des Vorbildes oder Urbildes: des Typs der kleinen Herculanenserin. Lag sie vor oder nach 316 v. Chr ? — Die Antwort kann erst später gegeben werden. Um so mehr müssen wir in folgendem bei der Behandlung der späteren alexandrinischen Figuren aus Hadra darauf achten, ob hier nicht jüngere tanagräische Typen vorkommen. 6. DIE T E R R A K O T T E N VON H A D R A

Für die kleine Welt der Terrakotten sind in Alexandria die Tanagrafiguren von Hadra Zeugen des Neuen, das sich in der griechischen Plastik um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. anbahnt *'. Wir können das an dem Typ W. II, 23, 3; 22, 6 verfolgen, für den wir schon in Sciatbi verschiedene Stufen beobachtet haben. Die beiden Figuren Mon. Tf. E i und 2* sind etwas größer als die beiden Mon. Tf. III, 5 und II, 13 aus der kleinen Gruppe von Sciatbi. Auf den ersten Blick sehen sie vielleicht nicht so verwandt aus, als sie es sind. Im Grunde handelt es sich bei den Hadra-Figuren nur um eine auch aus Tanagra bekannte Variante desselben Typs4. Allerdings sind bei diesen Fassungen hier in die dem Typus eignenden Tendenzen der frühhellenistischen Zeit neue Spannungen hineingetragen. Die Mantelfalten ziehen sich straffer, der Körper preßt sich heraus, Hüfte und Standbein sind mehr freigelegt. Die Falten des Kleides fallen weniger dicht und gleichförmig und lassen beide Beine mehr hervortreten. So deuten diese Figuren in mancher Hinsicht schon auf Sciatbi Tf. 64, 163, ohne doch deren Contrapost anzunehmen oder auch mir die starre Haltung zu lockern. Vielmehr wird zunächst allein in der Erscheinung des Ganzen durch stärkere Anspannung des Körpers eine lebhaftere Tiefengliederung angebahnt. In Fortführung dieser Tendenzen entspricht dann ein späterer Nachfahre derselben Fassung des Typs der Stufe der zweiten Leukon-Terrakotte 5. Hier wie dort finden sich u. a. auch die strähnigen Falten. — Demgegenüber nehmen Terrakotten aus der Kyrenaika6 eine Zwischenstellung ein. Eine Berliner Figur ganz gleichen Typs aber unsicherer Provenienz stellt sich im braunroten Ton und nach der Art, wie der Malgrund nur zum kleinen Teil auf die Rückseite übergreift, dazu7. 1

Nr. 16, Sciatbi Nr. 371. (hier wird noch das Bruchstück einer zweiten erwähnt) 0,155 m hoch. ' Nr. 47; 0,215; Nr. 48, 0,21 m hoch. 3 Nr. 44; Nr. 45. 4 W. II, 23, i; vgl. K6kul6, a. a. O., 6 S. 25. 5 Annuario I, 1932/33, Tf. n, 2. S. 28; aus Hadra 0,22 m. W.II, 27. Saundb. 7 6624; s. uns. Tf.Sb; 0,17 m; dazu Anm. **.

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Vielleicht entspringt die Abänderung im Motiv, die den rechten Arm freilegt, dem um die Jahrhundertmitte neu erwachenden Sinn für den Körper und seine Bewegung. Zudem erscheint möglich, daß sie nur im Kreis dieser Terrakotten aufgekommen ist und auf Alexandria und Kyrene beschränkt geblieben ist. Sciatbi 64,163 kommen nach Motiv und Tendenzen andere Prägungen dieses Typs noch näher. Sie lassen auch noch mehr von den neuen Kräften erkennen, denen offenbar diese besondere Fassung mehr entgegenkam. Und zwar handelt es sich in diesem Falle um Umbildungen, um Umkehrungen des Bein- oder Armmotivs oder beider1. Entsprechend umgeformte Stücke dieses Typs scheint es andernorts nicht zu geben. Sie sind wohl in Alexandria zu Hause *4. Allein aus der Tatsache, daß ein und dasselbe Bewegungsmotiv und ein und derselbe Typus um die gleiche Zeit ganz verschiedene Umbildungen erfahren, erhellt schon die Wendung zu größerer Tat- und Schaffenskraft, die in dieser Zeit einsetzt. Von gesteigertem Wollen und Können redet aber auch das größere Format, das äußere wie vor allem das innere. Die Formen wachsen aus einer Schwellkraft, die wieder den gesamten Organismus der Figur erfaßt. Sie drängt den Körper zu neuer Beweglichkeit und bringt auch neues Leben in das Gewand. Masse und Bewegung, Körper und Gewand werden in gleichem Maße und gegeneinander hochgetrieben. Einzelheiten und das Ganze erscheinen wie vergrößert, wie aufgetrieben. Es kommt zu fruchtbaren Spannungen und zu neuen Steigerungen aus ihnen. Zum ersten Male eigentlich glaubt man hier auch bei Tanagrafiguren wirklich hellenistischen Formwillen am Werke zu erkennen, wie dies schon vor den nur wenig jüngeren LeukonTerrakotten ausgesprochen wurde. So ist auch im Vortrag der Einzelheiten die Wandlung deutlich. Ober- und Untergewand werden stärker nach ihrer stofflichen Eigenart unterschieden. Allerdings muß hierbei bedacht werden, wieviel da früher der Malerei überlassen geblieben sein mag. So sehen wir auf Breccias Farbtafeln, daß bei der (späten) Sciatbifigur vom Sophoklestyp* und noch deutlicher bei der (frühen) Hadra-Figur desselben Typs 3 die nackten Unterarme unter dem dünnen Mantel sichtbar werden. Jetzt aber wird ähnliches auch in der plastischen Form selbst wiedergegeben. Es wird modelliert, bis es zu jenen Formen durchscheinender Gewänder kommt, die wir auch an den Leukon-Terrakotten schon bemerkt haben. Auch aus Alexandria und zwar aus Hadra gibt es Beispiele dafür, aber nur sehr wenige. Unter ihnen ist ein später Nachfahre des von uns immer wieder verfolgten Typs Sciatbi Tf. 65,168 (Nr. 352)4. Gegenüber den älteren Repliken ist zwar nicht nur der Mantel länger und durchscheinend dünn gemacht. Auch die bestimmenden Faltenzüge sind verändert. Sie entsprechen allerdings ebensowenig denen bei einer zweiten ähnlichen Figur, die mit ihr zusammen gefunden ist und angeblich aus derselben Form stammt*. Man mag also den Typenzusammenhang leugnen oder 1

J Mon. Tf. I 2,Nr. 49; 0,24 m buch, dazu Anm. *3; L z, Nr. 50; 0,22 m. Mon. Tf. M, 2. 3 Mon. Tf. A, i; 0,154111; dazu Anm. *5. 4 Siehe unsere TafelSd, Inv. 23341; Le Musoe 1931/32, S. 20, 0,135111. Le Musee 1931/32, Tf. 4,13.

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H . A . HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

nicht, wichtiger noch als eine Entscheidung darüber ist die Feststellung, daß man überhaupt daran zweifehl kann. Für den weiter reichenden Blick bedeutete schon die Wendung um die Mitte des Jahrhunderts, die weitgreifende Umbildung tanagräischer Typen bringt, ein Ungenügen der alten Formen. Deren Alter, deren Überalterung war vorher und nebenher gelegentlich fast erschreckend zutage getreten. Mit der zuletzt herangezogenen kleinen Terrakotte1 sind wir an einem noch späteren Zeitpunkt angelangt und offenbar auch am Ende. Die anderen mit ihr zusammen gefundenen Figuren aus dem Kindergrab von Hadra zeigen im Zusammenhang noch deutlicher, daß hier eine Stufe erreicht ist, die schon wieder ein Schrumpfen und Absterben der um die Mitte des Jahrhunderts erreichten Formkraft bringt. Dies, das durchscheinende Gewand, der gebrochene Rhythmus in Erscheinung und Bewegung erinnern an die Figuren von den Philopator-Kannen und rücken also die Terrakotten dieses Fundes schon in das letzte Viertel des 3. Jahrhunderts. Die willkürliche Abänderung des Typs, die ganz neue Erfassung und Darstellung des Bewegungs- wie des Gewandmotivs, vielleicht auch die den Tanagräerinnen fremde und auch bis in die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts in Alexandria ungewöhnliche hohe Basis bedeuten mehr als eine Absage an den Typenzusammenhang. Sie bedeuten ein Aufheben der tanagräischen Tradition und für Alexandria zunächst wohl auch den Verzicht auf Terrakotten überhaupt. Jedenfalls haben sich bisher keine alexandrinischen Terrakotten ausfindig machen lassen, die den hoch- und reifhellenistischen Stil vertreten, wie er von Myrina und Priene und anderswoher bekannt ist. Eine gewisse Sicherheit für den Schluß ex silentio ist nicht allein durch den Befund in der Nekropole von Moustafa-Pacha gegeben, dem vielleicht nur eine bedingte Beweiskraft zukommt-. Er liegt auch in der Nekropole von Hadra selbst, die nach Raum und Zeit viel weiter reicht, als es die Menge und die Entwicklung der hier gefundenen Tanagrafiguren ahnen lassen 3. Allerdings ist diese Tatsache in unserem Zusammenhang schwer anschaulich zu machen. Es gehörte dazu u. a. eine vergleichende Statistik von Sciatbi und Hadra. Wir können jedoch eine begrenzte Möglichkeit zu genauerer Beurteilung noch schaffen, indem wir den Kreis der betrachteten Werke erweitern und nach anderen späten Tanagrafiguren aus Alexandria suchen. Im möglichen Umfange wird dies vor allem noch bei der Aufstellung von Typenreihen geschehen und zwar im Zusammenhang mit Funden von anderen Orten. Von den Ergebnissen kann dabei hier schon vorweggenommen werden, daß die kunstgeschichtliche Lage gegen Ende des 3. Jahrhunderts in Tanagra·» Myrina und anderen Orten der in Alexandria entspricht, soweit es sich um die tanagräische Typentradition handelt. Das heißt, es hat den Anschein, als läge der Grund für diesen Ausgang in der Tanagrafigur selbst. Durch sie sind ja auch keineswegs die Möglichkeiten des gebrannten Tons nur irgendwie erschöpft. Das können uns z. B. Myrina und Priene lehren. Aber schließlich bietet auch Alexandria selbst noch eine Möglichkeit zur Kontrolle in seinen Fayüm-Terrakotten. 1

Siehe S. 59 Anm. 4. = Bei der Sonderstellung d. Anlagen und ihrem nicht mehr ganz unberührt vorgefundenen Zustand. Vgl. vorl. Arb. 8,36. 3 Vgl. die Münzfunde, siehe vorl. Arb. S. 33 f. 4 Vgl. einstweilen Hörn, S. 47.

A. 7. TERRAKOTTEN VON IBRAHIM1EH

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Unter diesem Gesichtspunkt sollen daher auch diese noch, d. h. die späten alexandrinischen Terrakotten, zu einer Gegenüberstellung herangezogen werden. Vor allem aber erscheint es uns unerläßlich, nach ihren Anfängen zu forschen. Denn es bliebe ja doch zu fragen, ob nicht hier die vermißten Terrakotten des 2. und i. Jahrhunderts v. Chr. zu finden wären. Auch davon kann das Ergebnis schon vorweg genommen werden, zumal es nicht neu ist* 6 . Die späten alexandrinischen Terrakotten, die sog. Faytim-Terrakotten setzen erst am Ende der späthellenistischen Entwicklung ein. Der gewählten Anordnung des Stoffes entsprechend können sie demnach erst später in anderem Zusammenhange untersucht werden. So bleiben jetzt nur noch die Funde von Ibrahimieh und ein paar Einzelstücke und Probleme aus Sciatbi und Hadra zu besprechen. 7. DIE T E R R A K O T T E N VON I B R A H I M I E H

Den topographischen Verhältnissen ist, wie wir sahen, für die Nekropole von Ibrahimieh weder eine obere noch eine untere Zeitgrenze zu entnehmen. Das ist aber in diesem Zusammenhang nicht besonders bedauerlich. Denn die Zahl der dort gefundenen Tanagrafiguren ist außerordentlich gering. Dabei entstammen einige jedoch einem begrenzten und datierten Fundzusammenhang mit Münzen, die in der Königszeit des ersten (seit 305) und unter der Regierung des zweiten Ptolemäers (285—246) geprägt sind1. Unter den Terrakotten, die hierzu gehören, ist eine vom Sophoklestyp, der eine der fruchtbarsten tanagräischen Erfindungen überhaupt darstellt und deswegen später noch in möglichst vollständiger Entwicklungsreihe vorgeführt werden soll1. Drei andere Beispiele dieses Typs haben wir schon früher kennengelernt, aus Sciatbi eines und zwei aus Hadra3. Alle drei sollten ungefähr der gleichen Zeit angehören: die beiden ersten, aus derselben Form geprägt, der Übergangszeit von der Sciatbizur Hadrastufe, die dritte dem frühen Hadrastil selbst schon. Den Fundumständen nach ist auch für den Sophokles aus Ibrahimieh ein ähnliches Datum möglich. Entspricht dem die Form? Im Motiv steht die Figur der aus Hadra Mon. Tf. A. i nahe, in der manirierten Bildung der aus Sciatbi Mon. Tf. M. 2. Die volle Rundung der Form im Verein mit der kräftigen Drehbewegung des Ganzen lassen die Hadra-Figur als die frischeste Prägung von allen erscheinen. Gleichwohl ist sie die jüngste, die nur schon von der neuen Formkraft der Zeit um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. erfaßt ist. Die beiden anderen Figuren, die aus Sciatbi und die aus Ibrahimieh, sind demgegenüber aus einander verwandten unfreien Stiltendenzen geformt. Aber der Umstand, daß hier zwei verschiedene Fassungen des Typs nachgebildet sind, erschwert den Vergleich. Die Figur von Ibrahimieh bringt in diesem Falle mehr Rundung nur dem Vorbild entsprechend mit. Die vom rechten Ellbogen scharf herabgezogenen Mantelfalten und die senkrechte Verlängerung der vom linken ' Vgl. vorl. Arb. S. 35.

* Mon. Tf. D. i, Nr. 5, 0,24 m; dazu Anm. *».

Nr. 4; Mon. Tf. H. i, Nr. 3 u. Tf. A. i, Nr. i.

3 Mon. Tf. M. 2.

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herabfallenden Enden und Zipfel zwängen die Figur in die Form eines Rechtecks, das auch bei der Terrakotte aus Sciatbi fühlbar ist und der Rundung gerade entgegenwirkt. Bei beiden Figuren führen die Faltenlinien nicht um die Form oder auch nur einzelne Formen herum. Sie meiden vielmehr Kurven und laufen in der Vorderansicht der Figur aus, um an einem möglichst vereinfachten geraden Umriß zu enden. Es fehlt der Bewegung, aber auch der Form insgesamt, an Leben. Nicht ein Zeitunterschied und das Walten neuer Kräfte, sondern eben nur die Nachwirkung einer anderen Fassung des Typs gibt sich hier zu erkennen. Wahrscheinlich entsprach die dabei nachgebildete (nicht erhaltene) Abwandlung des Sophoklestyps jener des Typs W. II, 36, 6, 7 wie sie die Pariser Terrakotte darstellt. Der Kopf allerdings führt wie wir sahen auf ein etwas jüngeres Datum. Gerade an seinem Mißverhältnis zum Körper wird die Caesur deutlich, die in diese Zeit fällt. Die beiden Figuren von Ibrahimieh und Sciatbi stehen am Ende einer Entwicklung, sind deutlich Spätformen. Die Hadra-Figur leitet eine neue Zeit ein. Der Jüngling, der bei derselben Grabung in Ibrahimieh1 zutage kam, läßt sich nicht in unmittelbarem Zusammenhang einer Typenreihe betrachten. Nach den Fundumständen, der Schichtlage und den mitgefundenen Figuren, erscheint seine Datierung auch nicht gesichert. Jedoch meint man zu sehen, daß in seinen Formen schon jene neue Schwellkraft der 2. Jahrhunderthälfte lebt. Selbst Einzelheiten erscheinen wie vergrößert. Die Bewegung hat wohl noch nicht die drängende Kraft wie bei den Hadra-Figuren Mon. Tf. I 2 und L 2; aber ähnlich wie bei deren älterer Verwandter aus Sciatbi1 ist in der Haltung kein Zwang mehr zu spüren. Vergleichbar ist bei dieser Figur und dem Jüngling auch die stofflichere Wiedergabe des Gewandes und der gedrehte Wulst, der bei Terrakotten wohl erst seit dieser Zeit begegnet. In der Beweglichkeit scheint der Jüngling dabei weiter entwickelt: frei, nicht nur locker, aber doch noch mehr labil wie etwa bei der Sophokles-Figur aus Hadras. Beide Figuren aus Ibrahimieh nötigen jedenfalls nicht dazu, die von den Münzen gesteckten Grenzen aufzugeben. Nicht aus diesem Fundzusammenhang, aber auch aus Ibrahimieh stammt der kleine Putto4. Er scheint keine Flügel gehabt zu haben. Trotzdem hängt er natürlich mit den tanagräischen Eroten-Putti zusammen, wie wir sie in Eretria kennen gelernt haben. Aus Alexandria sind auffallend wenig Beispiele bekannt. Der Typ scheint zu den späten Schöpfungen Tanagras zu gehören, die kaum mehr nach Alexandria gelangt sind *3. Der kleine Putto aus Hadra, der wie Harpokrates den Finger in den Mund legt, ist späthellenistischi, schon allein um des Gestus des Harpokrates willen. Denn unter den frühhellenistischen Terrakottentypen und Motiven Alexandrias begegnet sonst nichts Ägyptisches. Abgesehen vom Gestus ist die Form freilich rein hellenistisch. Sciatbi Tf. 74, 2276 könnte das Vorbild abgegeben haben. Aber auch für diesen Knirps schwer zu schätzenden Alters ist ein späthellenistisches Datum vielleicht wahrscheinlicher. Jedenfalls ist es seinen myrinäischen geflügelten Kumpanen 1

Mon. Tf. K. 2, Nr. 106, 0,23 m; dazu Anm. *». » Mon. Tf. 6,5. J Mon. . ., i. * Mon. Tf. 43, 2; Nr. 119, 0,09 m. Mon. Tafel 43, 5, Nr. 117, 0,12 m; dazu Anm. *4. 6 Nr. 465, Mon. Tf. 57, 3 Nr. 118, 0,06 m.

. . ALKXANDRINISCHR KUNSTGESCHICHTI·:

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sicher'. Unter den Funden von Sciatbi stünde das Figürchen als spätes Stück nicht ganz allein. So muß auch bei der Gruppe Sciatbi Tf. 73, 222 - mit einer späteren Entstehungszeit gerechnet werden * 6 . Aus ihrer Tradition kommt vielleicht sogar die Lampe mit Eros und Psyche Mon. Tf. 15, 23. Dagegen kann eine Figur aus Hadra 4 die Wendung zum monumentalen Stil der hochhellenistischen Zeit veranschaulichen, wie er sonst in Alexandria kaum zu fassen ist. Schon der Typ der Pudicitia ist für Alexandria ungewöhnlich. Bei einer Gegenüberstellung mit einer frühen Hadra-FigurS wird das Neue noch deutlicher. Das gleiche seltene Motiv der Mutter mit ihrem Kind auf dem Arm: hier im Sinne des stillen tanagräischen Ideals, dort mit den gesteigerten Ansprüchen eines der Tanagrafigur fremden Kunstwollens. 8. ZUR A L E X A N D R I N I S C H E N K U N S T G E S C H I C H T E

Vergleicht man die zwei zuletzt angeführten Hadra-Figuren, die beide ein ähnliches Motiv so verschieden darstellen6, so wird das Ende begreiflicher, das der Tanagrafigur im späteren 3. Jahrhundert v. Chr. gesetzt war. Ihre Sendung hat sich erfüllt. Die Kunst der Terrakotten ist in ein neues Zeichen eingetreten. Den Gang der Entwicklung der Tanagrafigur haben wir an zahlreichen alexandrinischen Beispielen verfolgt. Er führte im großen und ganzen gesehen einen Weg, der durch die beiden Gräberfundorte bezeichnet wird: von Sciatbi nach Hadra. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse der monumentalen Kunstgeschichte wenigstens Alexandriens einzuordnen ist leichter möglich als man zunächst denken sollte. Die zuletzt genannte Hadrafigur im sog. Pudicitia-Gestus läßt erkennen, daß sich ein entschiedener Wandel im Verhältnis von Groß- und Kleinplastik vollzogen hat. Der Vorgang ist im vorauf gehenden Jahrhundert durch eine entsprechende Entwicklung vorbereitet, unter der die Kunst dieses frühhellenistischen Zeitraums geradezu leidet, mindestens in Alexandria. Ein krisenhafter Ablauf war durch den Gegensatz zur klassischen Kunst heraufbeschworen. Denn bei dieser hatte die Kleinplastik der Tonfiguren immer einen selbstverständlichen Abstand der statuarischen Kunst gegenüber eingehalten. In die Sprache der Tanagrafigur übersetzt heißt dieser Abstand vortanagräisch. Wenn es aber tatsächlich so ist, daß die Zerstörung Thebens, die Blüte Tanagras und die Gründung Alexandrias in irgendwelchen geschichtlichen Beziehungen zueinander stehen, dann erscheint notwendig das Schicksal nicht nur der Kleinkunst Alexandriens besiegelt. In dem Augenblick geboren, in dem die Tanagrafigur auf ihren Höhepunkt gelangt, war auch die alexandrinische Statue zum kleinen Format verurteilt, mindestens was ihre innere Größe anlangt. Daß es in der Tat der alexandrinischen Plastik ursprünglich an monumentalem Charakter fehlt, ist schon an anderer Stelle dargelegt worden?. Das besondere Geschick, das aus 1

J Vgl. vorl. Arb. S. 175, 241 ff. Nr. 480; dazu Anm. *5. 3 Nr. 194 m. Literatur; aus den Monies Testacei v. Hadra. 4 Le Musde 1925—31, Tf. 14, Fig. 52; dazu Anm. »7. 5 Mon. Tf. L i, Nr. 76, 0,234 m; dazu Anm. *s. * Mon. Tf. L und Le Musoe, 1925—31, Tf. 14, 52. 7 B. S. A . d ' A . 32, 1938, S. 41 ff.

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Alexandrias Lage entspringt, hat diesen Grundzug noch verstärkt. Hierher gehört u. a. der Umstand, daß es an Marmor fehlt. Gegenüber der ganz anderen Entwicklung in Groß-Griechenland und Italien (und zum Teil auch Cypern) unter ähnlichen Bedingungen ist dabei bezeichnend, daß zu diesem Zeitpunkt in Alexandria fast gar nicht der Versuch gemacht wird, zu einer Großplastik aus gebranntem Ton zu gelangen *». Die Tanagrafigur war genug. Daß dies für Alexandria gerade bedeutsam sein konnte, haben wir mit der besonderen Zusammensetzung der Bevölkerung zu erklären versucht. Wahrscheinlich haben viele der aus ihrer Vaterstadt vertriebenen Thebaner im Laufe der zwei Jahrzehnte vor dem Wiederaufbau Thebens (335—316) Alexandria zu ihrer neuen Heimat gemacht und sind hier geblieben. Sicher ist jedenfalls, daß sich im dritten Jahrhundert v. Chr. mit wenigen Ausnahmen nur böotisch-tanagräische Typen unter den Terrakotten Alexandrias finden. Weiter steht fest, daß die Entwicklung zur Tanagrafigur nicht allzu lange vor der Gründung Alexandrias vor sich gegangen sein kann. Denn die Terrakotten von Sciatbi behaupten gerade auch um der (wenigen) attischen und vor allem der (zahlreichen) vortanagräisch-thebanischen Formen willen, ihre frühe Zeitstellung vor denen von Hadra. Schließlich verhält es sich auch so, daß kaum je ein tanagräischer Typus begegnet, dessen Urform notwendig nach dem Wiederaufbau Thebens geprägt sein müßte. Ein paar späte Ausnahmen fallen dabei nicht ins Gewicht, denn sie erweisen sich als Prägungen, die nicht weitergewirkt haben. Die eine stellt der sogenannte Pudicitia-Typ dar, der innerhalb der tanagräischen Typenreihen noch eingehender besprochen werden wird. Wir haben ihn oben bei der Figur aus Hadra kennengelernt1. Es wurde dabei klar, daß es sich in diesem Falle gar nicht mehr um eine tanagräische Tradition handelt. Dagegen muß hierfür eine andere Figur im Pudicitia-Motiv in Anspruch genommen werden*. Diese gehört zu den Funden aus dem Kindergrab von Hadra, aus dem wir schon die eine besonders abgebildete Figur kennengelernt haben 3. Um deren durchscheinenden Gewands willen u. a. setzten wir sie in die Zeit der Philopator-Kanne, d. h. in die Spätzeit der Tanagrafiguren, ins letzte Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. Ob bei den Formen dieser Figur wirklich an die Vermittlung einer späteren Tanagräerin gedacht werden muß, wird noch an anderer Stelle erörtert werden. Im Laufe von mehr als einem Jahrhundert mögen immerhin noch ein paar tanagräische Terrakotten einen Weg nach Alexandria gefunden haben. Die Nachbildung einer solchen haben wir hier vielleicht vor uns. Das Vorbild könnte wie Athen 43944 ausgesehen haben. Der Typ hat aber in Alexandria sonst nicht seines gleichen. Dasselbe gilt von dem Eros-Putto aus Ibrahimiehs (wenn es sich hierbei nicht etwa um das importierte Stück selbst handelt ?). Ein anderer, der flügellose kleine Knirps aus Sciatbi6 kommt, wie wir sahen, für einen unmittelbaren tanagräischen Typenzusammenhang wahrscheinlich gar nicht in Frage. Es bleibt vielmehr auf1

LeMus£ei925—31,Tf. 14,52. » LeMusöei93i—32, Tf. 4, 15; vgl. vorl. Arbeit S. 115. unsere Tafel 8d; vgl. vorl. Arbeit S. 5Qf. 4 S. uns. Tf. lob. i Mon. Tf. 43,2. 227 (Nr. 465).

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J S, Tf. 74,

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fallend, daß der so beliebte tanagräische Typus der kleinen Amoretten so wenig nach Alexandria gewirkt hat. Bei einer Figur1, die zu der späteren Reihe von Hadra gehört, ist über das tanagräische Vorbild und dessen Entstehungszeit schwer zu urteilen. Denn es sind davon nur noch späte Nachfahren aus Tanagra* und aus Myrina erhaltens u. a. Aber es ist wahrscheinlich, daß die Tanagrafigur, die hier nachgebildet worden ist, ähnlich der in Athen Nr. 4475 war4, und zu den nicht sehr zahlreichen tanagräischen Typen des frühen 3. Jahrhunderts v. Chr. gehört 5. Dies führt uns auf einen Umstand, der allerdings die Beurteilung der Sachlage in Alexandria erschwert. Denn allem Anschein nach gilt nicht nur für Alexandria, sondern für Tanagra und auch sonst, daß es dem frühen 3. Jahrhundert an neuen Formen gebricht. — Schließlich erscheint es auch möglich, daß eine solche Figur wie Sciatbi Tf. 67, 178 nach einer tanagräischen Form geprägt ist, die erst auf der Stufe von Sciatbi zustande gekommen ist. In New York ist anscheinend ein ganz entsprechendes tanagräisches Exemplar erhalten6. Die unbestreitbare Tatsache aber, daß Alexandria sehr viele und auch eigene Abwandlungen älterer tanagräischer Typen hervorgebracht hat, dagegen sehr wenige, die nach späteren Prägungen und Umbildungen Tanagras selbst geformt sind oder es auch nur sein können, spricht für die Richtigkeit unserer Anschauung vom Wesen der Beziehungen zwischen Theben und Alexandria. Es sind in der Tat fast nur frühe Tanagrafiguren herüber gekommen. — Für diesen Umstand wird man schwerlich die besondere Lage Alexandrias anführen können, um dann die alexandrinische Terrakottenkunst lediglich durch Import zu erklären. Denn diese gelangte kaum zu einer eigenen Überlieferung, die den einmal vorhandenen Typenbestand ersetzen und über die tanagräische Tradition hinaus fortsetzen konnte. Vielmehr wurden die alten Formen im Laufe eines Jahrhunderts immer wieder erneuert, aber nicht wesentlich bereichert durch eigenes Zutun etwa oder auch nur durch Zufuhr von außen. Es bliebe daher schwer verständlich, warum man zunächst Jahr für Jahr Tanagrafiguren auf dem Handelswege einführte, sich dann aber ein Jahrhundert hindurch mit dem alten Typenvorrat begnügte. —Hinzu kommt, daß ähnliche Feststellungen über die Entstehungszeit der tanagräischen Vorbilder für die myrinäischen Terrakotten gegeben zu sein scheinen?. An dem Typus der Figur, die mit der zuletzt besprochenen zusammen gefunden wurde8, haben wir u. a. die Entwicklung einer thebanisch-tanagräischen Form in Alexandria mit ihren alexandrinischen Nach- und Umbildungen verfolgt. Zu neuen Fassungen des Typs kommt es erst bei der Reihe der Hadrafiguren und zwar auch bei ihnen erst gegen die Mitte des 3. Jahrhunderts 9. Die Sciatbifiguren lassen freilich die neue Wendung bereits erkennen I0 . Desgleichen ist hier auch schon ersicht1

Annuario 1932—33, Tf. n, i; 0,226111. J Pottier, Diphilos Tf. XV, 271, S. 68. 3 Istanbul, M. Tf. , 3, Nr. 2567; 0,24111 hoch. 4 S. uns. Tf. n e ; o,28m; vgl. Martha, Tf. 4. 5 W. H, 33. S! vgl. 61, 6; dazu Anm.**. * G. Richter, Sculpture, Fig. 547; vgl. auch W. II, 37, 6; vgl. v. 8 Arb. S. 56. 7 Vgl. vorl. Arb. S. 90, 92 f. Annuario 1932/33, Tf. n, 2. 9 Mon. Tf. J 2 L 2. '° Sciatbi Tf. 64, 163 (Nr. 379).

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ALEXANDRIA

lieh, daß die Antriebe dazu aus einer Erneuerung der Körperkraft und ihrer Bewegung hervorgehen. Es fehlt aber noch an der Steigerung im Format und Volumen, wie sie gerade die eben angeführten Figuren aufweisen1. Daß in Sciatbi mit den Figuren des kleinen Formats die Entwicklung einer bestimmten Werkstatt zu Ende geht, wird deutlich gegenüber gleichzeitigen Figuren, aus Hadra*. Der Unterschied der Terrakotten von Sciatbi zu jenen, die hauptsächlich in Hadra gefunden werden, ist auch nach technischen Gesichtspunkten faßbar *3. Aber es ist natürlich nicht so, daß diese zwei Werkstätten ausschließlich für bestimmte Friedhöfe geliefert hätten, deren Grenzen mit denen der modernen Orte Sciatbi und Hadra genau zusammenfielen. Wir sahen vielmehr, daß es sich hier um Teile einer Nekropole am östlichen Stadtrande Alexandrias handelt, die sich im großen und ganzen von Norden nach Süden, von Sciatbi nach Hadra ausgedehnt und entwickelt hat. Die Terrakotten der Werkstatt, die hauptsächlich für den größeren und späteren Friedhof von Hadra geliefert hat, lassen einen frischeren Zug, einen kräftigeren Formwillen, eine größere Originalität erkennen. Es wäre aber falsch, darum diejenigen unter ihnen, die noch nicht unmittelbar den Zeitstil der Jahrhundertmitte erkennen lassen, sehr viel früher ansetzen zu wollen. Davor warnt z. B. bei Mon. L, i selbst schon der Kopf um der vergrößerten Einzelformen willen, wie seiner eigenwilligen Haltung nach, die auf die kommenden Spannungen vorbereitet. Vielleicht sind die frühen Hadrafiguren wieder mehr auf der Grundlage der Formen älterer Tanagrafiguren gewonnen, wie solche vereinzelt in Sciatbi nachleben. Selbst dies wäre um der gesteigerten Ansprüche willen an den Stücken aus der neuen Werkstatt bedeutsam. Jedenfalls haben auch sie schon etwas von jener größeren Formkraft, der dann um die Jahrhundertmitte die andere Wendung verdankt wird. Für diese mögen als Beispiele wieder die schon angeführten Hadrafiguren angesehen werden 3. Der \Vandel, von dem die alexandrinische Tanagrafigur jetzt erfaßt wird, läßt ihren Stil stärker hellenistisch und auch ein wenig mehr alexandrinisch erscheinen. Das Hellenistische spricht vor allem aus der Spannkraft, mit der das Ganze geladen ist. Zwischen Körper und Gewand, zwischen Masse und Bewegung, herrscht jener Spannungszustand, von dem die hellenistische Figur lebt: nicht aus einem Gleichgewicht der Kräfte, sondern in ihrer Steigerung. Das Alexandrinische ist weniger deutlich, wie es von vornherein schwächer ist. Denn es wächst nicht sogleich mit der Entwicklung, sondern es entsteht erst mit der Zeit und beruht auf nichts weiter als den Abwandlungen, die eine alte Form gerade in Alexandria erfährt, und auf der Zähigkeit, mit der an ihr festgehalten wird. So trägt es in Sciatbi deutlich provinzielle Züge und endet auch in Hadra noch als Kolonialstil zu einem Zeitpunkt, da die Überwindung des überkommenen tanagräischen Stils gerade gegeben wäre. Die Terrakotten aus dem Kindergrab können dafür Beispiele abgeben, vor allem auch um der Abänderung der tanagräischen Typen willen, aber ebenso wegen der offensichtlichen Überalterung der Formen 4. Auf dem ungriechischen Boden Alexandrias offenbar ohne die Fähigkeit zu neuem 1

Siehe S. 65 Anm. g. * Mon. Tf. E i und E a oder auch L i. < Le Muse"e 1931/32, Tf. 4, 13—16; 5, 18.

l Mon. Tf. J 2 u. L 2.

. 8. ALEXANDRINISCHE KUNSTGESCHICHTE

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eigenem Werden, hat die frühhellenistische Tonfigur hier kaum länger als die Tanagrafigur gelebt. Obgleich frühzeitig vom äußeren Zusammenhang mit dem Ursprung ihrer Kunst abgeschnitten, blieben die alexandrinischen Terrakotten doch innerlich von den Tanagrafiguren so abhängig, daß es über deren Möglichkeit hinaus für sie selbst keinen Fortbestand gab. Wohl finden sich in Alexandria noch ein paar sehr untanagräische Terrakotten, wie die eine Pudicitia1, aber es kommt allem Anschein nach keine Entwicklung zustande, die von da aus weiterführte, wie in Myrina u. a. Tatsächlich mag das vor allem mit dem tiefen Wandel zusammenhängen, von dem die völkischen Kräfte der Hellenen Ägyptens im späteren 3. Jahrhundert v. Chr. ergriffen werden. Denn wenn es in Alexandria zunächst auch besser um das Griechentum bestellt war als auf dem Lande, in Ägypten, wo der Zusammenhalt nicht so stark sein konnte, schon ihrer Entstehung nach kann die Stadt nicht als rein griechisch gelten. Ihre Geschichte im 2. Jahrhundert v. Chr. aber, vor allem die Mißherrschaft des 2. Euergetes, lichtete noch besonders den Bestand an hellenischen Bürgern. Polybios, der dies berichtet2, spricht denn auch von griechischen Mischlingen, die er aus eigener Anschauung kannte, und Livius läßt schon 189 v. Chr. den Cn. Manlius sagen, die Makedonen Alexandriens seien zu Ägyptern entartet3. Eine mittelbare Bestätigung dieser Anschauungen können dafür auch die alexandrinischen Fayüm-Terrakotten erbringen, — allerdings erst für eine spätere Zeit. Aus einer Gegenüberstellung ihrer »synkretistischen« Inhalte mit dem rein griechischen Gegenstand der alexandrinischen Tanagrafiguren geht eigentlich bereits hervor, daß die Mischung des griechischen und ägyptischen Elements die Voraussetzung dafür ist. Diese Terrakotten tragen auch mit mehr Recht als ihre Vorgänger in Alexandria den Namen alexandrinisch, obschon sie zum Teil gar nicht in Alexandria gemacht sind * 5. Denn gleichgültig, was die Absicht bei der Gründung Alexandrias war, seinem Schicksal nach ist alexandrinisch nicht so sehr eine Sonderform griechischen Wesens in der Zeit nach Alexander dem Großen. Es wurde vielmehr eine Abart jenes Hellenismus, der die Durchdringung von Orient und Griechentum bedeutet. Das bestätigt die große Kunst soweit sie auf dem Boden des Handwerks wächst; d. h. besonders für die damalige Zeit: soweit sie von den Kräften der Bevölkerung selber getragen wird. Dies gilt z. B. von der monumentalen Grabkunst. Mit der Wandlung der Grabform verschwinden im 2. Jahrhundert v. Chr. auch die rein griechischen Stelen und Statuen, die wie die Tanagrafiguren auf die drei frühhellenistischen Nekropolen beschränkt sind *6. Besonders deutlich wird dies Ende der griechischen Formenüberlieferung gerade da, wo um der Grabform willen keine Nötigung dazu bestanden hätte: an den figürlich gemalten Stelen. Sie sind weitaus zahlreicher als die reliefverzierten und waren viel mehr als diese zu einer Verwendung beim Schiebegrab geeignet *?a. Sie erscheinen auch als weniger vorbelastet und darum entwicklungsfähiger4. Vom selbständigen Naiskos und dem schlanken Stelenmonument *7'' zu Stelen, die nach oben nicht mehr verjüngt und deren Giebel nur noch Reliefverzierungen sind, und weiter bis zur Loculus-Verschlußplatte aus ' Le Muse"e 1925—31, Tf. 14, 52. * Bei Strabo XVII, 797. 4 Vgl. R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 83.

5 XXXVIII, 17; dazu Anm. «v

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»Kunststein« *3 sind verschiedene Etappen einer entsprechenden Entwicklung deutlich. Es besagt wenig, daß dabei die Wirklichkeit die logische Folge nicht genau einhielt. Soviel steht fest, daß auch die figürlich gemalten Stelen schließlich eine absteigende Entwicklung durchmachen und seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. in Hadra mehr und mehr von schematisch gemalten Scheintüren als Grabverschlüsse verdrängt werden *9. Vielleicht noch in ptolemäischer Zeit kommen dann schließlich auch solche ägyptisierenden Formen auf, wie sie eine Grabtür aus Hadra zeigt'. Die allgemeine kunstgeschichtliche Entwicklung verläuft dabei allerdings durchaus nicht in einer geraden und fallenden Linie. Soweit es festzustellen und in unserem Zusammenhang wichtig ist, geht sie vielmehr den Gang, den wir an den Terrakotten von Sciatbi nach Hadra verfolgt haben. Das läßt sich z. B. an den in diesen Nekropolen gefundenen Reliefstelen aufzeigen, die fast durchweg aus dem sog. Kalkstein von Mex gefertigt sind. Gegenüber Sciatbi Tf. 21, 26z oder auch der Stele der Demetria 3 ist am Grabstein der beiden Pisidierinnen aus Hadra4 das Anwachsen der Formkraft sogleich deutlich. Die Buchstabenformen der Inschriften weisen den beiden zuletzt genannten Stelen ohne weiteres ihre Plätze an: der der Demetria in der ersten, der der Isidora und Artemisia in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. * 10 . Entsprechende Daten verlangt der Stil der Reliefs. Die neuen Spannungen der 2. Jahrhunderthälfte kommen bei den Figuren in gesteigerten Volumen, aber auch in Bewegung und Handlung zum deutlichen Ausdruck. Bei der Stele der Demetria entbehrt demgegenüber die Figur, aber auch die Gruppe, des Erfülltseins. Dies gilt sogar von Bildraum und Relief. In der Anordnung der Glieder und der Falten begegnen unangebrachte Entsprechungen zum architektonischen Rahmen des Naiskos. Die Hauptfigur ist z. B. aus der Bildachse verschoben, während der rechte Arm der Nebenfigur diese Linie gerade betont. Auch die unnatürliche Haltung, in der die Dienerin den herzförmigen »tanagräischen« Fächer bewegt, das gezwungene Sitzen und die steife Kopfwendung der Herrin geben dem Ganzen etwas Starres und Unbewegtes. Wenn die Stele der Demetria tatsächlich aus Hadra stammt* 11 , gehört sie jedenfalls zu den frühesten Denkmälern dorther. Deutlich entspricht dagegen der Hadrastufe die Stele der Pisidierinnen und eine andere die eben dorther stammt?. Wie wir die Hadrafiguren als die ersten wirklich hellenistischen Terrakotten bezeichneten, so nennt der erste Herausgeber dies Relief das »in der Stimmung erste deutlich hellenistische Werk«. Vermittelnd stehen zwischen beiden Stilstufen die Stele aus Sciatbi und eine aus Hadra6 und die Kairener der Alexandrinerin Niko7. Den Buchstaben der Inschrift nach mag diese noch zur ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gerechnet werden. In der Auflockerung und in der Beweglichkeit der Figuren wie der Gruppe weist sie aber schon mehr auf die Mitte des Jahrhunderts. Zu diesem Datum paßt, daß es ' S. R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 121, Abb. 78; skeptisch dagegen E. Breccia, B. S. A. d'A., 18—20, 1921—24, S. 8 . Nr. 2, S. 3. 3 Siehe E. Breccia, Cat. ge"n., Iscrizioni Nr. 288, Tf. 40, 96; E.Pfuhl, A. M. 1901, S. 272ff. 4 Breccia a. a. O., Nr. 589, Tf. 40, 95; Pfuhl a.a.O., 8.274!, Tf. 18, 2. ·, E. Pfuhl, A. M., 1901, S. 268ff., Tf. 18, i. « E. Breccia, B. S. A. d'A., 18—20, 1921—24, Tf. 26, 2; S. 254, Nr. 2. 7 E. Pfuhl, A. M. 1901, S. 271!, Nr. 9; dazu Anm. *".

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im einzelnen und im ganzen noch an Kraft und an Fülle mangelt. Etwas mehr Masse und Rundung zeigen demgegenüber die Reliefs der beiden anderen Stelen. Aber hier fehlt es den Formen noch an Entschiedenheit, erst recht der Handlung und Bewegung. Das wird bei der Ähnlichkeit des Vorwurfs gerade auch durch einen Vergleich mit dem Grabstein der Pisidierinnen deutlich. Unter den Terrakotten würden der Stufe dieser Übergangszeit aus Sciatbi: Tf. 64, 165 u. Tf. 64, 163, aus Hadra noch etwa Tf. A. i u. Tf. J. 2 entsprechen. Angesichts der Typenverwandtschaft der genannten Beispiele kann an dieser Stelle auch gerade wieder der Einschnitt deutlich werden, den die Entwicklung zwischen die beiden Terrakottenwerkstätten gelegt hat. Daß er von allgemeinerer Gültigkeit mindestens in Alexandria war, wird nun an den Grabreliefs klar. Das Glück will es aber auch, daß zwei Statuen — wahrscheinlich Grabfiguren — erhalten sind, die ihrerseits diese Caesur um die Jahrhundertmitte, aber darüber hinaus auch noch etwas mehr vom großen Gang der Kunstgeschichte in diesem Jahrhundert ahnen lassen: eine unterlebensgroße Kalksteinfigur und eine überlebensgroße Kalksteingruppe1. Die Steigerung im Format, das Anwachsen der Masse, die Vergrößerung der Einzelformen, die Belebung des Stofflichen, die Zunahme an Bewegung, die Bereicherung durch Spannungen sind an der sog. Berenike-Gruppe deutlich. Beide Figuren müssen um die Jahrhundertmitte entstanden sein, die eine kurz vorher, die andere bald danach. Daß der Aufschwung, den die alexandrinische Kunst um die Jahrhundertmitte nahm, zu Ausgang des Jahrhunderts schon wieder eingebüßt ist, lassen entsprechend den Terrakotten und den bemalten Stelen auch die Grabreliefs erkennen. Ein Relief zweier Frauen2 vertritt etwa die Stufe der Philopator-Kanne und der Terrakotten aus dem Kindergrab von Hadra. Mögen noch einige der alexandrinischcn Reliefstelen dieser Art in weit spätere Zeit gehören, unleugbar ist nach Zahl und Güte der Rückschritt, von dem auch ihre Kunst mit dem 2. Jahrhundert v. Chr. erfaßt wird *M. Bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. hinein bleiben die Gräber der griechischen Nekropole Alexandriens im wesentlichen noch frei von ägyptischen Einflüssen. Mit der Wende zum 2. Jahrhundert wird jedoch das allgemein griechische Formgut des Hellenismus bereits aufgegeben. Vorher waren schon einzelne Motive aus dem Ägyptischen von alexandrinischen Griechen übernommen worden, z. B. der Sperber, dessen Relief im Giebel der Stele der Sosikrateia Oitaia in Dresden erscheint 3. Deutlicher wird das Fremde an dem Zinkenaltar in Sciatbi empfunden sein, aber noch mehr an den Sphingen im Hypogaeum I in Moustafa-Pacha. Diese sind als sicher spätere Zutat nicht vor dem 2. Jahrhundert v. Chr. hierher gelangt, aber auch ein Datum erst der römischen Zeit wäre möglich, da in der fraglichen Anlage noch Fayüm-Terrakotten gefunden worden sind *l6. Bei dem Hörneraltar in Sciatbi dagegen kann man kaum über die Wende vom 3. zum 2. Jahrhundert v. Chr. hinabgehen. Nach dem, was über den Wandel der Grabformen und der Bevölkerung im 2. Jahrhundert v. Chr. fest' B. S. A. d'A., 1938, 4iff. und M. Collignon, Stat. fun., 8.187, Abb. 114; dazu Anm. *'3. - E. Pfuhl, A. M. 1901, 8.278!, Nr. 15. 3 Exp. Sieglin II, , Tf. 3, 2, 8.5; dazu Anm. *'S

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H . A . HAUPTFUNDE: ALEXANDRIA

steht, ist auch mit einer -größeren Bereitschaft zur Aufnahme ägyptischer Motive durchaus schon für diese Zeit zu rechnen. Wann ägyptische Formen in die hellenistische Form eindringen, wann mit der Entstehung einer »synkretistischen« Kunst in Ägypten zu rechnen ist, ist in diesem Zusammenhang hier nur insoweit wichtig, als davon das hellenistische Handwerk Alexandrias und die Volkskunst dort betroffen wird. Aber bei der Suche nach den frühesten Fayüm-Terrakotten wäre darauf doch einzugehen. So sollen hier im Hinblick darauf ein paar allgemeine Fragen im Zusammenhang mit der Grabkunst angedeutet werden. Es kann sein, daß (tiefe) Naiskoi ägyptisierender Form gelegentlich an die Stelle griechischer Grabstelen getreten sind, wie Pagenstecher gemeint hat. Sie finden sich ebenso wie ägyptisierende Scheintüren noch in Hadra, in größerer Zahl allerdings in der westlichen »Nekropolis«1. Aber solange nähere Fundumstände nicht vorliegen, läßt sich aus der Herkunft von Hadra nichts unbedingt Sicheres entnehmen. Es ist jedoch gewiß, daß in der frühen römischen Kaiserzeit eine griechisch-ägyptische Mischkunst auch in der hellenistischen Volkskunst Alexandrias begegnet. Das lehrt z. B. der alexandrinische Grabstein( ?) eines Soldaten, der (wahrscheinlich) unter Augustus gedient hat*. Auf 4 Seiten trägt er Reliefs und griechische Hexameter mit Zitaten aus Homer. Auf 3 Seiten erhebt sich in einem wie bei Stelen eingetieften oberen Feld das griechische Relief des Schulterbildes eines Kriegers und abwechselnd eines Schilds, Adlers, Seepferds. Darunter sind in der Art des ägyptischen »versenkten« Reliefs (»en creux«) jeweils drei oder vier sog. Kanopen-Krüge mit ägyptischen Götterköpfen dargestellt. — Eine Reihe von Grabsteinen mit Reliefs von Totenmälern u. a. in entsprechender ägyptischer Technik scheint für die Kaiserzeit eine gewisse Erneuerung der Reliefsstele zu bezeugen * l8 . Diese eigenartige Mischkunst muß wohl innerhalb eines längeren Zeitraums vorbereitet sein, in dem mehr und mehr ägyptische Elemente in die griechische Kunst eindringen. Außerhalb Alexandrias finden sich denn auch schon seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. Stelen mit Reliefs im ägyptischen »Ptolemäer«-Stil und mit griechischen Inschriften, zum Teil ohne daß Hieroglyphen dazu oder ins Reliefbild geschrieben wären. Es geht hier also keineswegs um die offiziellen Dekrete, die zweisprachig veröffentlicht wurden, weil sie sich zugleich an Griechen und Ägypter wenden sollten. Vielmehr handelt es sich um Weihungen von Griechen oder doch von Menschen, die griechisch und nur griechisch sprachen, die mindestens jedoch bei der Weihung ägyptisch dachten. Aus dem späteren 3. Jahrhundert v. Chr. ist dafür schon ein Beispiel erhalten: die Stele des Heroides, die sich an Anubis wendet und einst in Bubastis im Delta aufgestellt wars. Selbst von Epheben, und zwar denen des Jahrgangs 98 v. Chr., ist eine ähnliche Stele im Fayüm irgendwo für Ptolemaios XI. Alexander I. errichtet worden, wie die griechische Inschrift besagt 4. Das ägyptische Relief zeigt das Bild des Königs vor dem krokodilgestaltigen Wassergott Suchos. 1

Nekropolis, S. 22ff., vgl. S. 121; dazu aber E. Breccia, B. S. A. d'A. 18—20, 1921—24, S. 80. » Siehe I. G. Milne, J. H. St. 21, 1901, S. 286ff.; dazu Anm. *'7. 3 E. Breccia, Cat. g6n. du Caire, Iscrizioni Tf. 33, 82, Nr. 118. 4 Milne, Cat. gon., Greek inscriptions Nr. 9201 Tf. i, S. 24.

A. 8. ALEXANDRINISCHE KUNSTGESCHICHTE

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In diesem Falle waren anscheinend Hieroglyphen ursprünglich vorgesehen, sind jedoch vom Bildhauer nicht ausgeführt worden. Daraus ergibt sich wohl, daß es sich hier nicht um eigens, sondern auf Vorrat angefertigte Votivtafeln handelt; aber das ändert nichts an dem Tatbestand *19. Die Tatsache, daß es sich hier um Epheben handelt, verbietet auch ganz entschieden, an Ägypter zu denken *», freilich nicht an Mischlinge. Hier spiegelt sich vielmehr offenbar die Wandlung wieder, von der nach eindeutigen anderen Zeugnissen das griechische Volkstum in Ägypten seit dem ausgehenden 3. Jahrhundert v. Chr. zusehends mehr und mehr erfaßt worden ist. Polybios sagt zwar, daß gerade die Mischlinge für das Griechentum eintraten, aber es war doch ein Prozeß, der schließlich nicht aufzuhalten war, und dessen schwere Bedeutung auch schon Polybios in Alexandria merklich empfand1. Allerdings konnte der zeitliche Ablauf dieses Vorgangs verlangsamt werden, wie dies tatsächlich der Fall gewesen sein muß, besonders in Alexandria und von Alexandria aus. Die beiden angeführten datierten Reliefs, denen ein drittes aus dem Jahre 24 v. Chr. hinzugefügt werden kann1, sind ja auch keinesfalls Zeugen für eine wirkliche Mischkunst. Griechisches und Ägyptisches stehen sich hier vielmehr recht unvermittelt gegenüber. Vielleicht gibt also erst der Kriegergrabstein aus Alexandria tatsächlich eine ungefähre Zeitgrenze für die Möglichkeit einer entschiedenen Durchdringung hellenistischer Kunst in Ägypten mit einheimischem Wesensgut. Auf der anderen Seite aber ist daran zu erinnern, daß es in Naukratis, das ja ähnlich wie Alexandria keineswegs reine Griechenstadt war *", schon viel länger eine griechisch-ägyptische Mischkunst gab. Als Beispiel sei hier in unserem Zusammenhang nur ein Denkmal aus dem späten 5. Jahrhundert v. Chr. angeführt 3: die Grabstele des Apollotos, mit einer ägyptischen Hohlkehle als oberem Abschluß und dem Relief einer Scheintür im gerahmten Feld. — Entsprechend trägt auch die ägyptische Kunst selbst schon länger Spuren einer Berührung mit der klassischen griechischen Kunst4. So nur war es möglich, daß Griechen schon im 3. Jahrhundert v. Chr. in ägyptischem Stil arbeiten konnten, wie die Statue des sog. Alexander IV. aus Karnak beweist 5. Ihr Gesicht ist ganz griechisch und trägt die von Münzen her bekannten Züge Ptolemaios' II. Philadelphos. Auch die Tatsache, daß diese Figur keine Hieroglyphen aufweist, führt auf einen griechischen Meister. Dasselbe gilt für die bekannte Kalksteinstatuette aus Alexandria6, der man sogar das AlexandrinischPraxitelische in der Auffassung des Frauenkörpers und in der Modellierung der Oberfläche anzusehen meint. Für Alexandria bezeugt das Eindringen ägyptischen Formguts auch schon das Prachtzelt Ptolemaios' II. * 2 4. Das ist ein sehr eigenartiger ägyptischer und selbst alexandrinischer Hintergrund für jene griechische Volkskunst Alexandrias, die wir in den Gräbern von Sciatbi und Hadra kennengelernt haben. Er lehrt uns ihre Bedeutung, aber erst recht ihre Gefährdung verstehen. Es wird begreiflicher, daß sie nach einem Jahrhundert ihre i Bei Strabo 18, 797. ' Milne, a. a. O. Nr. 9202, Tf. i, S. 27!. 3 Milne, a. a. O., Tf. 10, S. 59f., Nr. 9220. 4 A. A. 1937, Sp. 745f. > Kairo 5532; Bissing-Bruckmann, Denkmäler 6 Tf. I03f.; dazu Anm. *«. Nr. 69; G. Masporo, Histoire general de l'art Egypte, Abb. 48if., S. 261; L. Curtius, Die antike Kunst, Abb. 136, S. 211; dazu Anm. *»3.

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II. B. HAUPTFUNDE: MYRINA

alten von Anfang an schon nicht mehr starken klassischen griechischen Formen aufgab. Aber auch das wird vielleicht verständlicher, daß von dieser Kunst damals keine so starken Kräfte auf die alte ägyptische ausgegangen sind, die alsbald zu einer Durchdringung beider geführt hätten. Vielmehr ist die Verschmelzung griechischen und ägyptischen Wesensgutes in der alexandrinischen Volkskunst anscheinend erst römisch. Sie setzt offenbar eine längere Entwicklung und auch eine Wandlung der Bevölkerung voraus. In der hellenistischen Epoche geht dementsprechend mehr ein Nebeneinander von beidem vorauf, das noch keine innere Bindung bringt, wie dies auch für das ägyptische Land außerhalb Alexandrias durch die beiden datierten Stelen bezeugt wird. Jedoch gab es in der römischen Epoche keineswegs nur eine »synkretistische« alexandrinische Volkskunst, das beweist unter vielem anderem z. B. die Kalksteinstatuette einer Venus aus dem Jahre 153 n. Chr.1. Vor allem hat es auch stets eine griechische Marmorkunst in Alexandria gegeben. Aber so wie ihr Werkstoff hier nicht heimisch war, so ist sie auch selbst nicht so sehr vom Volke getragen und entwickelt worden als am Hofe und bei den oberen Schichten und Ausländern, später bei den Römern. Meist haften ihr fremde oder provinzielle Züge an, wenigstens in frühhellenistischer Zeit. Sie nahm ihren Ausgang, wie oft festgestellt worden ist, von der attischen Kunst *J5. Ganz gleich aber, ob die alexandrinische Volkskunst zu einem Teil von Thebanern getragen wurde oder nicht, die Quellen, aus denen sie gespeist war, liegen jedenfalls nicht weit von Athen. Daß sie damals schon schwächer flössen, war auch schicksalhaft für Alexandria. Um so eher mußte den Anläufen zu einer eigenen griechischen Kunst in Alexandria die Kraft ausgehen. Daß davon die Kunst am Ptolemäer-Hof weniger betroffen wurde, die damit voranging, neben der griechischen die ägyptische Kunst zu fördern und die in der Lage war, von weit her sich Meister und Hilfskräfte zu holen, ist dabei nicht sonderlich von Belang. Es gehört nur zum Bilde von Alexandria, daß Volkskunst und Hofkunst gerade hier wenig gemein hatten. Die Kunst in Alexandria blieb zwiespältig, wie es die Stadt von Anfang an war.

B. MYRINA i. L A N D S C H A F T U N D G E S C H I C H T E

Diodor erzählt2, die im Jahre 140 auf 139 v. Chr. nach Alexandria gekommene römische Gesandtschaft sei vom Ptolemäer-Könige mit besonderem Gepränge empfangen und gefeiert worden. Ptolemaios IX. Euergetes II. veranstaltete verschwenderische Festmähler, führte die Gesandten durch das Palastviertel und wollte ihnen all die königlichen Reichtümer zeigen. Die Römer, an der Spitze Scipio Aemilianus, hielten aber die Dinge, die der König bewunderte, nicht für sonderlich sehenswert. Was jedoch wahrhaft würdig war, angesehen zu werden, darum kümmerten sie sich eingehend: die Lage der Stadt und die mächtige Größe und die Besonderheiten um den Pharos. « Milne a.a.O., Tf. 4, S. 43!., Nr. 930,5.

* 33, 18. Datum?

B. i. LANDSCHAFT UND GESCHICHTE

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So wenig eindrucksvoll die Lage Alexandrias ist: auf der eintönigen Sandbank vor dem öden Strand der afrikanischen Flachküste, scheinbar ein Hafen ohne Hinterland, um so deutlicher wird doch der geniale Wille dieser Wahl des Ortes. Einzigartig ist diese Stadtanlage. Das muß Scipio besonders empfunden haben. Die Alexanderstadt ist nicht von der Geschichte gemacht, sondern sie war bestimmt Geschichte zu machen. Zugleich am Rande der Wüste und der Meeres gelegen, war sie weder eine griechische noch eine ägyptische Stadt und ist es auch nicht durch die Geschichte geworden. Aber mit dem einen Isthmos noch am unterägyptischen Delta hängend und mit dem Pharos ins griechische Meer ausgreifend, mit ihren Häfen am Nil und an der See, hatte sie doch von beiden etwas: von einer griechischen und einer ägyptischen Gründung. Dem entsprach auch die neue Rolle, in die die ägyptische Geschichte durch sie gezwungen wurde, und die kein Nachfolger des großen Makedonenkönigs aufgab, der die Lage von Alexanders Stadt zu würdigen wußte. — Bei allen Wandlungen, die die wissenschaftliche Anschauung von der Bedeutung Alexandrias erfahren hat, dies bleibt doch bestehen: Die Alexanderstadt ist nicht nur die älteste, sondern sie ist überhaupt die erste Stadt jenes Hellenismus, der mit Alexander den Orient durchdrang. In Myrina betreten wir demgegenüber alten griechischen Boden: die Aeolis. Für das hellenische Land hier an der Westküste Kleinasiens bedeutet der Hellenismus nur einen freilich entscheidenden Zeitabschnitt, besonders was die Kunst angeht. Wesentliche Voraussetzungen dafür waren schon lange in der Geschichte dieser Landschaft und ihrer griechischen Bewohner, der Aeoler und loner, gegeben, in der Kunst vor allem durch die loner. Während im bisher ungriechischen Orient durch Alexander erst der Grund gelegt wurde für jenen Hellenismus, der stets mehr ein Ziel blieb und der der ersten Verwirklichung jetzt noch harrte, war für lonien — wie wir kurz das ganze griechische Küstengebiet Kleinasiens nennen — mit dem neuen Zeitalter die Stunde der Erfüllung gekommen. Die Möglichkeit dazu verdankt es allerdings der durch Alexander den Großen herauf geführten Weltlage. Die Fähigkeit sie zu nutzen, lag aber im kleinasiatischen Griechentum selbst. Hellenistische Kunst ist hier wie im Mutterlande nichts anderes als die griechische Kunst der auf Alexander den Großen folgenden Zeit. Sie ist aber in lonien in einem viel höheren Grade als dort die hellenistische Kunst schlechthin. Auf dem Boden des bisher ungriechischen Orients entstand notwendig erst eine hellenistische Kunst, die im griechischen Sinne nur Kolonialstile brachte. Das Beispiel Alexandrias zeigte das deutlich. Demgegenüber legt die jonische Kunst jetzt gerade die letzten Zeichen einer provinziellen Haltung ab. Die Bedeutung Myrinas beruht dabei auf seiner Beziehung zu Pergamon *'. Im großen Gang der Geschichte erscheint Myrina aber bestimmt durch sein Verhältnis zu den beiden mächtigen Flußtälern des Kaikos im Norden und des Hermos im Süden. Zwischen ihnen liegt es selbst im Schwemmland des viel kleineren Pythikos, dessen Lauf das gebirgige Hinterland bis zu einem gewissen Grade für den Verkehr mit der hyrkanischen Ebene um Sardes und Magnesia a. S. erschließt *-. Bei näherer

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geschichtlicher Betrachtung dieser Lage stellt sich heraus, daß die Verhältnisse, die einst zur Bildung der beiden griechischen Stammeslandschaften in Kleinasien, Aiolis und Ionia, beigetragen hatten, bis in die hellenistische Zeit hinein nachwirken. Gerade für eine so bodenständige Kunst wie es die der Tonfiguren ist, ist dies nicht bedeutungslos geblieben. Einen Thebaner, der sich erst nach Alexandria und von da nach Myrina gewandt hätte, mußte die Landschaft am Unterlauf des Pythikos fast heimatlich anmuten. Nicht die rein geformten Linienzüge attischer Berge, nicht die straffe Gliederung des Taygetos-Gebirges von Sparta aus, aber etwas von dem weniger bestimmten schwerfälligeren Rhythmus einer mittelgriechischen Küstenlandschaft hat auch diese Gegend. Nur ist vor allem landeinwärts vieles in andere Dimensionen übertragen. Manches erscheint bis ins Ungeformte vergrößert. Aber das Uferland bewahrt gerade hier den griechischen gemessenen Zug. — Für den Böoter kam hinzu, die — wie die Alten wenigstens es verstanden — verwandte Mundart der griechischen Bewohner des Landes *3. Seine Vorfahren sollten am meisten zu jener äolischen Kolonisation beigetragen haben, die darum auch »die böotische« hieß, wie Strabo nach dem Kymäer Ephoros berichtet1. Vielleicht war es so auch nicht zufällig, daß Xerxes nach den Perserkriegen Myrina, Grynion, Gambrion und Palaiogambrion und wahrscheinlich auch Pergamon dem Ere trier Gongylos gegeben hatte*, der wegen seines perserfreundlichen Verhaltens aus Griechenland vertrieben war. Jedenfalls zeigen Inschriften aus Oropos3, Thespiä, Orchomenos und Eretria4, daß noch in hellenistischer Zeit die Beziehungen zum alten Stammlande nicht abgerissen waren. Ob Attalos I. von Pergamon in seiner Rede in Theben, in der er die Böoter zum Anschluß an seine und der Römer Sache aufforderte, auf die alte Verwandtschaft angespielt hat, hat Plutarch nicht bewahrt5. Doch ist nach Livius wenigstens sicher6, daß Attalos von seinen und seiner Vorfahren besonderen Verdiensten um den Volksstamm der Böoter gesprochen hat, wie sie auch durch Inschriften nahegelegt werden'. Auch in den ferneren jonischen Städten wußte man noch spät von kadmeischen Geschlechtern, die an der Gründung beteiligt waren8. So ist es selbst für das alte Priene überliefert. Das wird für uns noch von Bedeutung sein. Philotas soll aus Theben hierher Siedler geführt haben und die Stadt hieß bei manchen sogar Kadme9. Ähnlich gab es an der Mykale wie am Ida ein Theben. Aber der größere Teil Böoter muß an den äolischen Gründungen teilgenommen haben, wenn die Bezeichnung böotische Wanderung irgend zu Recht gebraucht wurde. Falls ursprünglich keine so scharfe Grenze zwischen Äolern und lonern bestand *6, im Land selbst und im Laufe der Geschichte haben sich vielfache Gegensätze jedenfalls herausgestellt. Das Gebiet um die Hermos-Mündung war für deren Austrag von besonderer Bedeutung *7. Wer vom Kato-Tepe, dem westlichen der beiden Hügel Myrinas nordwärts blickt, sieht über dem Meer das Kane-Vorgebirge und über der Mündung des Kaikos den ' IX, 402. s Xenoph. Hell. III, i, 5—7; Anab. VII, 8, 8. 3 I. G. VII, 289: 3. Jh. v.Chr. (allerdings nicht ganz sicher auf dies Myrina zu beziehen); a. a. O. 420, 44: i. Jh. v. Chr. « I. G. VII, 1760, 26; 3195, 19—20; XII, 9, 91; i. Jh. v. Chr. dazu Anm. ·4. 5 Flamin. 6. 6 XXXIII, i. u. 2. 7 I. G. VII, i, Nr. 1788—90; dazu Or. Gr. Nr. 7491. (Thespiä); dazu Anm. *.v 8 Hcrodot I, 146. v Strabo XIV, 633, 636.

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Pindasos aufsteigen. Der kleine Hafen, über dem er steht, erscheint nur als winzige Bucht des großen von hier nicht ganz übersehbaren Golfes von Elaia. Schaut man vom Epano-Tepe den Pythikos-Fluß aufwärts, so wird die Landschaft im Süden von der Kette des Sardene-Gebirges abgeschlossen, die im Südosten durch den Sipylos verlängert erscheint. Landeinwärts freilich verengt sich bald das Blickfeld. Da wirkt die Pythikos-Landschaft mehr für sich, aber auch formloser. Die Karte bestätigt den Eindruck, daß Myrina von Natur auf die untere KaikosLandschaft und die durch sie führende große Heerstraße orientiert ist1. Auch Strabo läßt am Kap Hydra den elaitischen Golf beginnen2. Das Aspordenos-Gebirge, das Mysien von Lydien trennt, spielt an der Küste nicht die entsprechende Rolle. Die Reihe der äolischen Städte endet erst am Sardene-Gebirge über dem Hermos, dem zentralen Flusse Lydiens. Smyrna, das einst noch dem Bunde der 12 äolischen Städte angehört hatte 3 und denselben Namen wie Myrina trug, der von einer Amazone stammen soll4, wurde schon 688 v. Chr. von lonern aus Kolophon besetzt 5. Das war möglich, weil damals Aiolis und Ionia noch nicht durch die »campi« des Hermos verbunden wurden6, die auch heute schon nach einem Herbstregen vielfach unter Wasser stehen. Smyrna war vielmehr von einer unmittelbaren Landverbindung mit den Schwesterstädten noch abgeschnitten. Selbst zu Herodots Zeit ging die Straße von Ephesos nach Phokaia, die auch nach Myrina führte, nicht über Smyrna, sondern über den Karabel-Paß um den Sipylos herum?. Der Hermos muß noch in geschichtlicher Zeit bei Temnos gemündet sein8, und so auf die Lage und Verteilung der äolischen Städte Einfluß gewonnen haben *". Das Vorgebirge Leukai war ursprünglich eine Insel und erst 383 v. Chr. wurde hier eine Stadt gegründet9. Erst um diese Zeit kann es eine Landstraße von Smyrna geraden Wegs nach Phokaia und entsprechend Abzweigungen nach Kyme und Myrina gegeben haben. Wahrscheinlich marschiert der Spartaner Thibron auf dieser Route nach Ephesos auf seinem Zuge gegen Karien (399 v. Chr.), nachdem er u. a. Myrina auf seine Seite gezogen und Larisa vergeblich berannt hatte10. Smyrnas seit langem auf Dörfer zerstreute Gemeinde kommt um diese Zeit (386—85 v. Chr.) wieder mehr hoch". Dazu sagt Strabo12, daß der Hermos durch Gebiet von Kyme, Phokaia und Smyrna fließe. Dies gilt doch wohl für die Zeit der Neugründung Smyrnas durch Lysimachos, spätestens aber für die Grenzregulierung nach der Schlacht bei Magnesia am Sipylos (190 v. Chr.)13. Das Hermosdelta ist offenbar von Norden nach Süden gewachsen. Denn der Fluß mündete zu Herodots Zeit bei Phokaia14, wohl in dem alten Bett, das bei der Umleitung 1886 wieder benutzt worden ist * "t. Phokaia, der Haupthafen dieser Gegend, abgesehen von Kyme, war die nördlichste der 12 jonischen Städte. Später als die anderen, wahrscheinlich im 8. Jahrhundert v. Chr. gegründet, ist es den Tonern wohl erst wichtig geworden, als der Hermos ' Vgl. Herodot VII, 42; d. Anm. *». a XIII. 622. 3 Herodot I. 149. 4 Synkellos 340, ii Bonn; vgl. Strabo XIII, 623 XIV, 633; Steph. Byz. s. v. Samornia; d. Anm. *9. i Paus. V, 8, 2. 6 8 Plinius V, 29, 119. 7 Herodot II, 106; dazu Anm. *10. Plinius n. h. V, 29, 119. 9 Plinius a. a. O.; dazu Anm. *«. " Xenoph., Hell. III, i, 5—7; Anab. VII. 8, 8. " I. G., 2. Aufl. II, 28, Z. 19; dazu Anm. *>?. >* XIII, 621. '3 Polyb. XXI, 46, 6; d. vgl. C. I. Caddoux, Ancient Smyrnn 1938, S. 140. '4 I, 80.

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schon für fast die ganze Aeolis die Landverbindung nach Sardes hergestellt hatte. In die Zeit der Begründung jonischer Siedlungen hier fällt spätestens der Beginn jener Entwicklung, die Aiolis stärker von Ionia trennte. Die Häfen für die beste Verbindung mit der alten Orientstraße von Sardes stellen von da an die loner. Die jonischen Handelsstädte laufen den äolischen Ackersiedlungen den Rang ab **5, der ihnen bis in die hellenistische Zeit hinein sicher bleibt. So werden auch in den Tributlisten des »attischen Seebundes« die äolischen Städte wie Myrina unter dem »jonischen« Phoros angeführt. Selbst die Kunst in der Aeolis zeugt für diese Abgeschiedenheit, die erst durch die Tat der Attaliden von Pergamon aufgehoben wird. Kyme, der Vorort der Aeolis, bei dem Myrina auch nach der Vorstellung der Alten lag1, kam seiner Lage nach allein noch als äolischer Hafen für die Straße durch den Hermosgraben in Frage. — Aber so wie sein Name »Dorf« bedeutet * l6 , so wurde es von den Alten später verspottet, weil die Bewohner erst nach 300 Jahren seine Seelage entdeckt hätten1. Der Umstand ist auch im Zusammenhang mit der Frage nach den ältesten Siedlungen wichtig. Von Myrina, das nach Eusebios im Jahre 1046 v. Chr. gegründet sein soils, sind auffallend wenig archaische Reste oder Funde bekannt. Herodot erwähnt es auch nur als eine der 12 äolischen Städte4. Sonst spielt es in der Geschichte bis in die hellenistische Zeit hinein kaum irgendeine Rolle. Gegen das nahe Kyme oder Phokaia scheint als Umschlagsplatz für das persische Hinterland eben nicht aufgekommen zu sein. So zahlt es 452/51 bis 420/17 nicht mehr als ein Talent Jahresbeitrag zum attischen Seebunde gegenüber bis zu 12, die Kyme aufbringen kann * *7. Der gerade Weg nach Magnesia am Sipylos, das Pythikostal aufwärts über die Berge, muß damals für größeren Verkehr weniger in Frage gekommen sein. Die Verbindung ins Kaikostal war dagegen für das Städtchen wohl von mehr Bedeutung, wie es denn von den Perserkriegen bis in Xenophons Zeit in den Händen derselben Griechenfamilie ist, die Pergamon, Gambrion, Palaiogambrion und Grynion besaß 5. Wahrscheinlich kam Myrina auch für die Kaikoslandschaft neben Pitane und Atarneus und später besonders Elaia als Hafen in Betracht. Zu größerer Bedeutung gelangte die Stadt in hellenistischer Zeit. Durch die Erneuerung von Smyrna und vor allem die Begründung der AttalidenHerrschaft in Pergamon kam der Küstenstraße über Myrina als Querverbindung vom Kaikos- zum Hermos-Tal besonderer Wert zu. Dabei beherrschte Myrina den südlichen Zugang zum unteren Kaikostal und nach Elaia, das der wichtigste Hafen für Pergamon wurde. Nach der Geschichte der Stadt im 4. Jahrhundert v. Chr. ist anzunehmen, daß sie zum alten Bestand auch der Attaliden-Herrschaft im KaikosTal gehörte. Jedenfalls macht ein Bürgerrechtsvertrag zwischen Pergamon und Temnos aus dem Anfang des 3. Jahrhunderts v. Chr. soviel wahrscheinlich6, daß seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. keine wesentlichen Verschiebungen mehr in den Grenzen der Aeolis eingetreten waren. Darum ist es vielleicht gar nicht nötig, zu vermuten, 1

I. G., 2. Aufl. I, 199, I, 14; W. Rüge, R.E. Suppl. VI, s.v. Myrina, Sp. 620. = Strabo XIII, 622. 3 Eusebios VII, i, 69, 12; VII, 2, 1830, Helm. t I, 149. 5 Hell. III, i, 5—7; Anab. VII, 8, 8. 6 Dittenberger, Or. Gr. Nr. 265.

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da erst 253 v. Chr. am Schlu des 2. syrischen Krieges Myrina zu Pergamon kam * l8 , selbst wenn noch um 260 v. Chr. in Myrina M nzen f r Antiochos II. geschlagen sein sollten *19 und Antiochos I. noch bei Pitane ber Land verf gte1. Viel mehr h ngt in diesem Falle wohl vom Verh ltnis Pergamons zum Seleukidenstaate ab. Auf den pergamenischenM nzen ist aber vielleicht erst unter dem i. K nige Attalosl. an die Stelle des Seleukos-Kopfes der des Philetairos getreten. Da die erhaltenen M nzen erst z. Z. dieses Herrschers gepr gt sind, ist allein um des Diadems willen anzunehmen, mit dem auf ihnen des Philetairos Kopf geziert ist * i0 . Jedenfalls ist erst mit der Annahme des K nigstitels durch Attalos I., also wahrscheinlich erst 230 v. Chr. * Z I , die Trennung Pergamons vom Seleukidenreich endg ltig. Hinzukommt, da , wie wir noch sehen werden, die aeolischen St dte und offenbar auch Myrina eine gewisse Sonderstellung Pergamon gegen ber eingenommen haben. In den Zwistigkeiten, die vorher wie nachher innerhalb des Seleukidenhauses selbst ausgetragen werden, (zwischen Seleukos II. und Antiochos Hierax und wieder zwischen Antiochos dem Gro en und Achaios) h lt Pergamon m glichst noch zur legitimen Partei der Seleukiden, die nicht Kleinasien beherrscht. Darin traf es sich mit Smyrna und wohl den meisten aeolischen St dten. So konnte noch ohne weiteres ein Seleukos II. g nstiger Vertrag, den Smyrna um 241 v. Chr. mit Magnesia a. S. schlo 2, auf einer Stele auch in Gryneion ver ffentlicht werden, obwohl dies doch zu Myrina und also Pergamon rechnete3. Smyrna und Pergamon halten dann aber auch zusammen, wenn der Kampf zwischen den Seleukiden entschieden ist: um 226 v. Chr. anscheinend zum ersten Male. Gerade die Aeolis von Myrina bis Smyrna bildete offenbar die Basis f r das jungepergamenische K nigreich, dessen Grenzen Attalosl. damals bis an den Tauros vorschob l Das wird noch deutlich bei der Darstellung, in der Polybios die Wiedergewinnung der Aeolis durch Attalos schildert (218 v. Chr.) S. Dem Vetter Antiochos des Gro en Achaios war es gelungen (223 v. Chr.), Attalos wieder auf seine ττοττρφα αρχή zu beschr nken und in Pergamon zu isolieren. Selbst Myrina war von Attalos abgefallen * 23, aber Smyrna hatte zu ihm gehalten. Da gleichwohl Myrina zum ltesten Bereich der pergamenischen Herrschaft geh rt, ergibt sich sogar noch aus dem Grenzstein, der auf der Halbinsel Hydra zwischen Myrina und Kyme die όροι Περγαμηνών (im S den) bezeichnet * 2 4. Auch den Buchstaben seiner Inschrift nach scheint er in die Fr hzeit der Attaliden-Herrschaft zu geh ren, in der, abgesehen von Myrina, die Aeolis noch nicht pergamenisch gewesen ist. Dabei hat die Aeolis offenbar immer eine gewisse Selbst ndigkeit behalten. Denn aus dem Amt des δικαστή? βασιλικών των ιτερί την Αίολίδα6 das unter Attalos I. ein Athener namens Ktesiphon versah, scheint doch hervorzugehen, da die Aeolis noch mehr als nur ein landschaftlicher Begriff war. Auch die Tatsache, da Attalos gegen die zu Achaios abgefallenen St dte so au erordentlich milde verf hrt und lediglich die alten Vertr ge erneuert und Geiseln nimmt 7 , erkl rte sich erst unter dieser Voraus1

Dittenberger a. O. Nr. 335, 133; R ge a. a. O., Sp. 6i6f. * Or. Gr. Nr. 229; vgl. hierzu und zum folgenden C. J. Caddoux, a. a. O., S. n8ff. 3 Strabo XIII.622; dazu Anm. *«. 4 Polyb. IV, 48. 6 j V, 77. Demetrios v. Skepsis bei Athen. XV, 6gjc-d. 7 Polyb. V, 77.

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II. B. HAUPTFUNDE: MYRINA

setzung. Schließlich bliebe sonst schwer verständlich, daß Myrina über eine autonome Münzprägung verfügte * *5. Deren Beginn wird gewöhnlich 196 v. Chr. angesetzt, als am Schluß des 2. makedonischen Krieges alle Griechenstädte, auch die Kleinasiens, für frei erklärt wurden1. Es ist zwar nicht sicher, daß das bei Polybios und Livius in diesem Zusammenhange genannte Myrina das pergamenische und nicht das lemnische sei * l 6 , aber auch das Gegenteil kann nicht als ausgemacht gelten. Denn im Jahre 201 v. Chr. hatte Philipp V. von Makedonien vermutlich noch Elaia belagert*. Jedenfalls hat er damals über einen Hafen an der Aeolis verfügt, von dem aus er sich nach Samos einschifft 3. Dabei gibt er die Belagerung einer Stadt (an der Küste) auf, die am ehesten doch Elaia war. Myrina in dessen Nähe kann also sehr wohl von einer makedonischen Besatzung gehalten worden sein, von der sie dann durch den Friedensschluß befreit wird4. Auf alle Fälle hat Myrina das Recht einer autonomen Münzprägung auch unter pergamenischer Herrschaft ausgeübt. Selbst zu der Zeit, als diese Münzreihe mit großen Silber-Tetradrachmen einsetzt, im frühen 2. Jahrhundert v. Chr., muß die Stadt pergamenisch gewesen seins. Denn das Reich, das Eumenes II. bei seinem Regierungsantritt übernahm, war zwar sehr zusammengeschrumpft, umfaßte aber nach Strabo den Adramyttischen und Elaitischen Golf, zu dem gleichfalls nach Strabo Myrina gehörte6. Jene Bedingungen auf Freiheit und Autonomie für die Griechenstädte, die in den Verhandlungen mit Philipp V. wie Antiochos dem Großen und zuletzt in Apamea (188 v. Chr.) eine große Rolle spielen", haben demnach sehr wahrscheinlich noch eine Vorgeschichte in der Politik der Attaliden, wie denn unter den hellenistischen Fürsten gerade die Attaliden weitgehend hellenisch gedacht haben. Dabei ist allerdings die Abgabenfreiheit nicht ohne weiteres in der Autonomie einbegriffen. Das kann allein aus den Friedensbestimmungen von Apamea hervorgehen8. Myrina braucht daher nicht steuerfrei gewesen zu sein, weil es autonome Münzen prägte. Allerdings muß es danach dies Prägerecht auch nicht unbedingt erst seit 196 v. Chr. ausgeübt haben; denn wir sahen, daß schon unter Attalos I. die aeolischen Städte über gewisse Sonderrechte verfügten, wie ja gerade auch Attalos I. von Polybios als Kämpfer für die Freiheit der Hellenen gefeiert wird 9. Doch scheint der Stil der Münzen in den Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. zu weisen, und die frühesten der zusammen mit solchen Münzen gefundenen Terrakotten. widersprechen dem nicht *3*. Zudem setzen entsprechende Münzprägungen gleichzeitig in anderen Städten ein. Daher wird man einen bestimmten, allen gemeinsamen Anlaß suchen. Statt des Friedensschlusses von 196 v. Chr. käme da auch der von 188 v. Chr. in Frage *3*. Aber das änderte nicht viel an der Sachlage. Denn Myrina muß damals ebenso pergamenisch geblieben sein, wie es dies noch kurz vorher war. So befindet sich auch unter den Theoren, die Eumenes II. um der 181 v. Chr. gefeierten Nikephoria willen nach i Polyb. XVIII. 44 (27); Liv. XXXIII, 30. » Steph. Byz. s. v. ; dazu Anm. **7. 3 Polyb. XVI, 2. 4 Polyb. XVIII, 44 (27); Liv. XXXIII, 30. 5 Zur Bedeutung des »Gross-Silbers« vgl. K. Regung bei Gercke-Norden, Einleitung, II, 2, S. 97. ' XIII, 624; 622; dazu Anm. *» 8 . 1 7 Polyb. XXI. 46. (48); dazu Anm. * 9. « Polyb. a. a. O.; dazu Anm. *i°. o XVIII, 41.

B. r. LANDSCHAFT UND GESCHICHTE

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Kos sendet, ein Myrinäer. Und zwar rangiert dieser ebenso wie andere Theoren aus Städten, die zum Reich gehören, vor dem Abgesandten der Stadt Pergamon1. Nach allem scheint Myrina nicht in einem bestimmten Untertänigkeitsverhältnis, sondern in einem freieren Vertragsverhältnis zu Pergamon gestanden zu haben, wie ja auch bei der Wiedergewinnung der Aeolis im Jahre 218 v. Chr. von Erneuerung alter Verträge die Rede ist*. Vielleicht waren es Schutzverträge, die Abgaben bedingten, aber doch eine gewisse Autonomie gewährten *34. Sie haben 188 v. Chr. in einzelnen Fällen wohl Abänderungen erfahren; doch wird Myrina nicht unter den Städten genannt, für die Sonderreglungen getroffen wurden. Es sei auch daran erinnert, daß es innerhalb der in der yfj sogar Gebiete gab, die von ganz unabhängigen fremden Städten wie Mytilene beansprucht werden konnten 3. Unter solchen Voraussetzungen wird auch besser verständlich, daß die *35 noch in späthellenistischer Zeit weit ins Land hinein reichen, obwohl jetzt doch gerade auch der Übergang vom Pythikostal in die Hyrkanische Ebene für Pergamon wichtig gewesen ist. Daß das so war, bezeugt jedenfalls der Ausbau und die Rolle von Aigai in dieser Zeit4. Die Lage Myrinas erscheint so noch bebedeutender. Es beherrschte zwei für Pergamon wichtige Straßen und ist darum immer umstritten gewesen, wenn es um die Existenz des pergamenischen Reiches ging: 223—19 zwischen Attalos I. und Antiochos des Großen Vetter AchaiosS und 190 zwischen Eumenes II. und Antiochos selbst oder seinem Sohn Seleukos6, vielleicht auch 20l durch Philipp von Makedonien. In der römischen Kaiserzeit gehört Myrina ebenso wie ein großer Teil der übrigen Aeolis nicht mehr zum »Gerichtssprengel« (conventus) von Pergamon?, sondern zu dem von Smyrna8. Diese Umkehrung der Verhältnisse hängt letztlich mit der Veränderung der Landschaft zusammen, die der »kieselreiche« Hermos bewirkt hat?. Sie besteht auch heute noch. 2. DIE STADT UND DIE N E K R O P O L E

Von Myrina ist nicht die Stadt, sondern die Nekropole ausgegraben. Die Funde aus der Nekropole gehören nach der Ansicht der Ausgräber im wesentlichen dem 2. und i. Jahrhundert v. Chr. an, entsprechend den mitgefundenen Münzen, unter denen die autonomen bei weitem überwiegen *l. Im übrigen umspannen die Münzfunde die Zeit von Alexander dem Großen, von dem sich eine Münze zusammen mit einer des Lysimachos und einer des Ptolemaios in einem sonst leeren Grabe angefunden hat, bis zur römischen Kaiserzeit. In einem Grabe einer für Myrina ungewöhnlichen Form kam die Bronzemünze eines römischen Kaisers zutage, dessen Name leider nicht entziffert werden konnte *-. Die römische Münzprägung Myrinas 1

Siehe R. Herzog, Hermes 65, 1930, S. 455f., S. 462. ' Polyb. V, 77, dazu Anm. *33. 3 Or. Gr. 335; vgl. StraboXIII, 6o5;6o7;vgl. A.v. P. VIII, i, Nr. 245; vgl. W. Dörpfeld, A. M. 1928, S. I48f. 4 Polyb. V, 77, 4; XXXIII, n (13), 8; d. Anm. *3*. 5 Polyb. V, 77. « Liv. XXXVIII, 8, 5; 15 d. 18 u. Polyb. XXI, 8. 7 Plinius n. h. V, 30 (2), 126. » A. a. O. V. 29 (31) f. I2of. l Anm. *'7. » Herod. I, 55.

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II. . HAUPTFUNDE: MYRINA

reicht vom 2. Jahrhundert n. Chr. mindestens bis Gallien *3. Dementsprechend hat D. Burr die gefundenen Terrakotten über die Erdbebenkatastrophen der Jahre 17—30 n. Chr.' und selbst des Jahres 105 n. Chr * hinaus bis ins 2. Jahrhundert n. Chr. datiert. Aus dem Jahr 129 n. Chr. ist tatsächlich noch eine Weihung an Hadrian, den Retter und Gründer, bekannt * 6 . D. Burr hat dabei von Beobachtungen A. Furtwänglers und J. Sievekings ausgehend nachgewiesen3, daß viele Terrakotten des sog. Diphilos-Ateliers in der Tat claudische und angeblich auch flavische Frisuren tragen und also erst so spät anzusetzen sind. Da den Fund- oder Typenzusammenhängen nach alle Terrakotten mit Signaturen in die späthellenistische und frührömische Zeit weisen*?, wollen wir uns hier zunächst mit diesem Ausgangspunkt begnügen. Er gibt uns die Möglichkeit bestimmte Fundgruppen auszusondern. Einzelnen Fragen für diese Epoche soll erst später nachgegangen werden. Hier in diesem Zusammenhang sind vor allem die frühhellenistischen und noch früheren Funde von Belang. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß außerordentlich wenig Archaisches von Myrina bekannt geworden ist, obwohl die Stadt eine sehr alte aeolische Gründung war. Schon den Ausgräbern ist das aufgefallen. Sie und ihnen folgend G. Mendel gingen allerdings zu weit, wenn sie Terrakotten spätarchaischen Typs, die zum Teil schon ihren Fundzusammenhängen nach nicht später als das 5. Jahrhundert v. Chr. anzusetzen sind, der Spätzeit zuschrieben«. Dazu gehören z. B. Sitzfiguren vom Typ P. R. Tf. 44, 25 und die großen Masken-Protomen in Istanbul6. Auch das Grab Nr. 96' ist so für hellenistisch gehalten worden, obwohl kein einziger Fund daraus das verlangt. Hier fanden sich um einen in den Tuffels eingebetteten steinernen Sarkophag8 u. a. eine Maske, vom Typ der P. R. Tf. 27, 2? und eine Lekythos von Alabastron-Form10. Sie können unmöglich hellenistisch sein, ebensowenig wie sonst etwas aus diesem Grabfund. So haben dieser Maskenprotome denn auch schon I. Charbonneaux und besonders P. Knoblauch ihren Platz in der Kunstgeschichte angewiesen". Das Datum der Bestattung kann sich nicht allzuweit davon entfernen. Interessant ist, daß P. Knoblauch für den Typus auf böotische Repliken hinweist. Im übrigen haben die Ausgräber mit einer Auflassung der älteren Nekropole gerechnet, die die Stelle der späteren eingenommen habe". Denn sie fanden unterhalb der Mauer am Nordhang des Epano-Tepe drei große Gruben mit Resten von etwa 60 älteren Bestattungen in einem Zustand, den sie nur durch eine öffentlich von Staats wegen durchgeführte » « erklären zu können glaubten. Unter den Funden dorther waren eine kleine Lekythos in Form einer Muschel^ und drei kleine schwarzfigurige Lekythen und andere Vasen, wie sie sonst in den jüngeren Gräbern nicht zutage gekommen sind. Da aber auch Glas »von sehr schöner Arbeit« 1

Tacitus, aim. 11,47; Euseb. VII, i, S. 172,4 A VII, 2, S. 503; dazu Anm. *4. * Euseb. VII, S. 194 14 D; VII. 2, S. 577; Oros. VII, 12. 5; dazu Anm. *5. 3 D. Burr, S. gff. * P. R., S. 461 f., S. 583ff.; G. Mendel, Catalogue des Figurines Grecques de terre-cuite, Constantinople 1908, 8.278; 6 8 d.A.* 8 . 5 Nr. 194, S. 461 . . Tf. V, 2 Nr. 2930; v. 2931 ff· 7 . R.. S. gif. Vgl. P. R., 8.69, Fig. 13. 9 Nr. 191; vgl. Nr. 192, S. 385«.; vgl. 8.462. " Nr. 576, 8.231, Fig. 35" Les Terre-cuites Grecques, Fig. 29; Studien z. archaisch-griechischen Tonbildnerei, S. 73. « P. R. S., 109«. «3 P. R., Nr. 596, S. 229, Fig. 31

B. 2. STADT UND NEKROPOLE

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dabei war, so scheint die Auflassung der Gräber doch erst spät erfolgt zu sein. Es fehlt auch nicht ganz an Gräbern mit rot- und schwarzfiguriger und noch älterer Keramik *9. Darunter ist besonders bemerkenswert die Amphora der aeolischen Gattung1. Aber der Zahl nach verschwinden die älteren Funde unter dem Inhalt der 4—5000 Gräber, die innerhalb von 3 Jahren ausgegraben worden sind *". Weniger sichere Schlüsse lassen sich natürlich aus dem Umstand ziehen, daß nur zwei späte Reliefstelen gefunden worden sind * I 2 ; doch stimmt dies damit überein, daß unter den gefundenen 63 Stelen, die Inschriften tragen, keine war, die ihren Buchstaben nach in vorhellenistische Zeit datiert werden müßte*. Die meisten gehören sogar nicht mehr dem 3. Jahrhundert v. Chr. an, und von den wenigen frühen Stelen sind dreis später als Deckplatten für Gräber wiederverwendet worden. Auch für eine spätere Stele gilt das4. Unter den frühesten ist noch eine um der Herkunft des Verstorbenen willen bemerkenswert 5. Dionysodoros war Thebaner. Der Charakter der Nekropole scheint nach allem den durch die Münzfunde angegebenen Grenzen zu entsprechen. Auf die Grabformen soll hier nicht näher eingegangen werden, da sie vom Gewohnten nicht besonders abweichen und da in unserem Zusammenhang keine neuen Ansichten darüber vorzutragen sind. Um die Vorstellung zu beleben sei nur folgendes angemerkt *13: Die Bestattung ist ungleich häufiger als die Verbrennung *J 4. Im allgemeinen ist ein rechteckiges Grab in den Tuffels eingebettet worden und nur mit Erde oder auch noch mit mehreren Steinplatten zugedeckt worden. Aber es kommen auch runde Felsgräber vor und solche, die kammerartig erweitert sind und selbst ein Kammergrab. Häufiger sind Sarkophage, die teils in den Fels eingelassen waren6, teils oberirdisch aufgestellt usw. Von 94 in einer Woche aufgedeckten Gräbern haben höchstens 15 Terrakotten gebracht7. Dies Verhältnis scheint charakteristisch zu sein, ohne daß der Grund dafür in einer bestimmten "Regel zu erkennen gewesen wäre. Deutlich ist nur, daß Terrakotten auch aus Gräbern von Männern kamen, sofern Strigiles kennzeichnend dafür sein können8. Dem Grabe eines Mannes entstiegen dabei fast nur Eroten und Niken?, darunter solche vom Typ P. R. Tf. n, 2 und Tf. 23. Danach wird man für die Beigaben von Tonfiguren schwerlich besondere Beziehungen zu den Lebenskreisen des Mannes oder der Frau annehmen wollen. Allerdings gehört das genannte Grab (ebenso wie die anderen, die angeführt wurden) nach den Typenzusammenhängen der Terrakotten in die spätere hellenistische Zeit. Alter Sinn und altes Wesen können sich da schon sehr gewandelt haben. Die Frage, ob auch nach Myrina eine Schar vertriebener Thebaner gekommen ist, die in der stammverwandten und von Alexander ja zuerst eroberten Aeolis eine neue Heimat suchte, soll nur vor den Tanagrafiguren aus Myrina gestellt werden. Für die Antwort wird viel davon abhängen, ob die tanagräischen Typen dort bis in die frühhellenistische Zeit hinauf zu verfolgen sind. Bei dieser Untersuchung kann nur die formengeschichtliche Betrachtung weiterhelfen. Denn irgend» P. R. Tf. 51, Nr. 561, S. 499ff., dazu Anm. *«°. » Vgl. E. Pettier u. S. Reinach. B. C. H. 1882, 6 S. 415; P. R. , S. 107/109. 3 Nr. 16, 20, 44. 4 Nr. 49, 5 Nr. 28. Vgl. oben Grab 96. 7 P. R. S. 104. 8 Grab Nr. 98 (B), S. 93; Nr. 99 (C), S. 94; Nr. 116, S. 100; dazu Anm. *«5. 9 Nr. 116, S. 100.

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II. B. HAUPTFUNDE: MYRINA

ein bestimmter terminus ist in Myrina nicht gegeben. Allerdings bleibt zu fragen, ob nicht aus den geschichtlichen Zusammenhängen, wie sie im i. Kapitel dieses Abschnittes dargestellt wurden, in Verbindung mit den beobachteten Zeitgrenzen, innerhalb deren sich die Hauptmasse der Funde bewegt, bestimmte Rückschlüsse gezogen werden dürfen. Das heißt, man muß erwägen, ob nicht mit dem hellenistischen Zeitalter oder vielleicht mit dem Hochkommen Pergamons auch eine neue Epoche in der Stadtgeschichte Myrinas beginnt. Da die Stadt selbst nicht ausgegraben ist, so erscheint kaum möglich, dabei über Vermutungen hinaus zu gelangen. Solche sollen deshalb hier nur in Kürze vorgetragen werden. Sie können jedoch der späteren Untersuchung über die Anfänge der myrinäischen Terrakottakunst dienlich sein. 3. M Y R I N A UND T I S N A

Wer Myrina besucht, dem kommt besonders bei Regenwetter deutlich zum Bewußtsein, daß das Land südlich vom Epano- und Kato-Tepe nur Schwemmland ist, das dem Pythikos verdankt wird. Aus einer Stelle des Agathias! haben Pottier und Reinach auch schon geschlossen, daß der Tuzla-Tepe der weiter südlich über dem sogenannten alten Arm des Flusses liegt, vielleicht erst durch dessen Anschwemmungen in einer Zeit nach dem 6. Jahrhundert n. Chr. zu einer Landerhebung geworden sei2. Die kleine Niederung zwischen Epano- und Kato-Tepe, die einst die antike Stadt Myrina trug, liegt nur 2 oder 3 m über dem Meeresspiegel, so daß es möglich ist, daß auch der Kato-Tepe einmal eine Insel war, ähnlich wie dies Plinius vom nahen Gryneion berichtet 3. Auf dem Kato-Tepe hat C. Schuchhardt zwar eine alte Herrenburg lokalisiert auf Grund zweier Terrassenringe 4. Aber da hier, wie auch C. Schuchhardt sich erinnert, keinerlei Mauerwerk hochsteht, so läßt sich über Bedeutung und Alter der künstlichen Terrassen wenig behaupten. Von der Mauer am Epano-Tepe ist heute nicht mehr viel sichtbar. Die bei C. Schuchhardt abgebildeten Reste vom nördlichen Abhang mit »ihrem schon ziemlich regelmäßigen Quaderwerk« *', werden kaum vor dem 4. Jahrhundert v. Chr. gebaut sein. Sie brauchen nicht viel älter als die Hauptmasse der Funde aus der Nekropole zu sein. Gerade wenn sich daneben auch archaische Gräber gefunden haben, ihre Zahl aber so gering ist, bleibt denn doch zu fragen, ob die Annahme der Ausgräber richtig ist, daß die Nekropole des archaischen Myrina hier gelegen habe, dann aber evakuiert sei, um hellenistischen Gräbern Platz zu machen. Zu diesem Verdacht kommt hinzu, was über die östliche Ausdehnung des myrinäischen Gebiets und auch über Ruinen 7 km Flußaufwärts bei Uzun-Hasanli bekannt ist 5. Wenn Galen sagt, daß Aigai an Myrina grenze, und wenn nach Stephanos von Byzanz Aigai in Myrina liegt, so besteht kaum Grund, die zwei späthellenistischen Grenzsteine von Myrina, die in Egriköi zusammen mit zwei von Aigai aus der gleichen Zeit gefunden sind, auf eine myrinäische »Enclave« zu beziehen. Da vom ' Ed. Bonn, Pag. g. * Vgl. hierzu u. z. folg. P. R. S. 33«. 3 n. h. V, 30 (32). 4 A. v. P. I, i, S. g6S., Nr. 3. S Dazu A.Conze, J. d. I. 1910, S. iff., m. Tf. i u. 2 u. C. Schuchhardt, A. v. P. I, i, S. 104, Nr. IT, S. 69f.

B. 3. MYRINA UND TISNA

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archaischen Myrina so wenig bekannt ist, könnte es doch sein, daß ähnlich wie manche Griechenstädte Kleinasiens auch Myrina einmal eine andere für dieses sein Gebiet zentralere Lage eingenommen hätte. Nach dem, was oben über die Straße durch das Hermostal gesagt wurde, wäre zudem eine Zeit denkbar, in der der kürzeste Weg von der hyrkanischen Ebene nach Kyme dem Pythikos-Laufe folgen mußte und Myrina eine andere Bedeutung gegeben haben könnte. Ob, wie schon Sayce gedacht hat' die Ruinen auf der Kücük- und Büyük-Canita bei Uzun-Hasanli für das älteste Myrina in Frage kommen, ist zumal ohne eigene Kenntnis des Ortes schwer zu entscheiden * 2 . Als sicher erscheint, daß auf der Kü£Ük-Canita, die eine halbe Wegstunde weiter westlich von der Büyük-Canita entfernt liegt, stetiger und mindestens bis in die klassische Zeit hinein gesiedelt worden ist. Alles weitere ist ungewiß. C. Schuchhardt hat hier Tisna angesetzt», eine Stadt, von der im wesentlichen nur Münzen aus dem 4. Jh. v. Chr. mit der Inschrift u. a. bekannt sind. Doch heißt der Fluß, an dem Aigai liegt, auf Münzen noch der Kaiserzeit Trrvoüos, und dies scheint der alte Name des Pythikos gewesen zu sein 3. Denn auch für den bei Plinius genannten Titanus*, der doch wohl dasselbe Wort wiedergibt, kommt kein anderer Fluß als der Pythikos in Frage. Nur heißt es bei Plinius: »in ora autem Titanus amnis et civitas ab eo cognominata«. Das paßt doch nicht auf die 7 km *3 landeinwärts liegenden Ruinen von Uzun-Hasanli. Außer bei Plinius ist von dieser civitas nicht einmal bei Strabo oder nur irgend sonst die Rede. Zudem folgt im Text bei Plinius unmittelbar: »fuit et Grynia nunc tantum portus, olim insula adprehensa« *4. Das fuit wird gewöhnlich auf Grynia bezogen *5 in Entsprechung zu dem, was vorher über Larisa gesagt ist, und weil Parmenion Gryneion einst (336 v. Chr.) zerstört hat 5. Aber Plinius meint doch gar nicht, daß Gryneion nicht mehr sei, sondern daß es zu seiner Zeit nur mehr aus dem Hafen bestehe, während ursprünglich noch eine Insel dazu gehört habe. So sind denn auch noch von Gryneion Bronzemünzen aus dem 3. Jh. v. Chr. bekannt * 6 und Strabo, der ganz entsprechend Plinius Larisa als verlassen bezeichnet6, hätte dasselbe doch auch von Gryneion sagen können. Statt dessen nennt er es aber , und noch im 2. Jh. n. Chr. pflegte der Rhetor Aristides auf seinen Fahrten hier regelmäßig Halt zu machen, um im ApolloHeiligtum zu opfern?. Wiewohl kleiner und unselbständig geworden muß es doch noch zu Plinius Zeit ein Gryneion um Tempel und Hafen herum gegeben haben. Da ist es doch besser, das fuit auf et civitas ab eo (Titanus) cognominata zu beziehen, zumal sonst, wie im Falle von Larisa auch hinter Grynia . . . adprehensa ein sunt zu erwarten wäre. Es gab eben einmal eine kleine Stadt, die hieß Titna oder Tisna und lag an der Küste, wahrscheinlich doch an der Mündung des Flusses, der nach ihr Titnaios oder Titanus genannt wurde. Der Fluß hieß noch zu Plinius Zeiten Titanus und wird ja auch noch auf späteren kaiserzeitlichen Münzen von Aigai Titnaios genannt. ' J. H. St. III, 1882, S. 2i8ff.; vgl. P. R. S. aoff. * C. Schuchhardt, A. v. P. I, i, S. 104, Nr. n; dazu Anm. *2a. 3 Vgl. auch noch P. R. S. 33ff. 4 n. h. V, 30 (32), 121. 5 Diodor XVII, 7, 9. * XIII, 621 f. ~. , cd. Dindorf I. P. 536.

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II. B. HAUPTFUNDE: MYRINA

Der Name Pythikos begegnet erst im 6. Jahrhundert n. Chr. bei Agathias1 für den Fluß, an dem Myrina liegt und der aus Lydien kommend in die äußerste Bucht des Elaitischen Golfes mündet. An der Gleichsetzung beider: des Titanus und des Pythikos ist danach (und nach der Hydrographie der Landschaft) kaum zu zweifeln *7. Von beiden Namen erscheint der des Pythikos als der jüngere und mehr als ein Beiname, wenn er auch schwerlich erst in der Zeit des Agathias aufgekommen sein wird. Er erinnert, wie öfter festgestellt wurde, an den gerade in dieser Gegend z. B. in Gryneion gepflegten Apollokult *8. Sein Aufkommen kann durch den Übergang Gryneions in myrinäischen Besitz begünstigt worden sein, dementsprechend wie Gryneions Apollostatue auf myrinäischen Münzen erscheint. Auch auf dem Relief der Puteolanischen Basisz, auf der die 14 durch Erdbeben zerstörten kleinasiatischen Städte ihrem Wohltäter Tiberius eine Statue errichteten, erscheint Myrina an den Dreifuß des grynischen Apollo gelehnt. Die Gleichsetzung beider Namen wird verständlich, wenn man sich die Geschichte von Gryneion, Tisna und Myrina vorstellt, wie folgt. Tisna und Myrina sind später gleichzusetzen. Strabo kennt Tisna nicht mehr. Plinius entnimmt es einer Quelle, die noch andere Verhältnisse schildert. Lag zu deren Zeit Myrina noch an der Stelle von Uzun-Hasanli und reichte das Meer damals noch mehr ins Land hinein *9, so ist die Reihenfolge verständlich, nach der Plinius seiner Quelle (vielleicht Ephoros) folgend die Städte an der Küste (bis Myrina) und die im Innern (bis Aigai) aufzählt, um dann an der Küste fortzufahren. Wurde dann Myrina wegen fortschreitender Verlandung seines Küstengebietes oder aus noch einem anderen Anlaß an die Stelle von Tisna, eines kleineren Hafenorts, vorverlegt, so ist es verständlich, daß Strabo von Tisna nichts sagt, obwohl er Larisa erwähnt. Dabei brauchte die Umsiedlung Myrinas den Münzen von Tisna entsprechend nicht vor der hellenistischen Zeit geschehen zu sein. Plinius wußte oder erfuhr aus seiner Quelle noch von Tisna, kümmerte sich aber nicht um seine genaue Lage, da es die Stadt nicht mehr gab, und gab seine Quelle schlecht und recht nach dem Stand seiner Zeit verbessert wieder. Ähnlich wie das Schicksal von Myrina scheint z. B. zu Beginn der hellenistischen Zeit auch das von Larisa am Hermos gewesen zu sein 3, ohne daß die Überlieferung davon berichtete. Dasselbe gilt von der Verlegung von Priene, obwohl die Neugründung erst ins 4. Jahrhundert v. Chr. fällt. Auch die Geschichte von Kolophon und seinem Hafen Notion—Nea-Kolophon hat vergleichbare Züge. Und Gryneion? Ob die Zerstörung von Gryneion durch Parmenion mit einem dann folgenden Synoikismus von Gryneion, Tisna und Myrina in Zusammenhang gestanden haben kann, hängt nicht unbedingt von der Datierung der Münzen ab. Wenn diese Umsiedlung langsam vor sich ging und erst durch die pergamenischen Fürsten zum Abschluß gebracht wurde, erklärte es sich gut, daß ein pergamenischer Grenzstein südlich Myrina stehen konnte. Vielleicht wanderte ein Teil der überlebenden Grynier nach Tisna, dann auch nach und nach die Myrinäer dahin ab. • Ed. Bonn, P. 9.

= B. B. 575.

3 Vgl. K. Schefold, A. A. 1934. Sp. 388f.

B. 4. TANAGKÄEKliiXEN AUS M Y R I N A

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Der vorgetragenen Annahme widerspricht kaum, daß Myrina Mitglied des Attischen Seebundes gewesen war, denn im 5. Jahrhundert v. Chr. kann auch UzunHasanli noch eine bessere Verbindung zum Meere gehabt haben *10. Auch was Herodot und Xenophon von Myrina zu berichten haben, besagt nichts dagegen. Xenophon1 könnte man sogar einen Hinweis darauf entnehmen, daß Myrina damals noch an der Stelle von Uzun-Hasanli lag. Denn es muß auffallen, daß bei Thibrons Zug von Myrina nach Larisa und weiter südwärts gerade Kyme, der Vorort der Landschaft, gar nicht erwähnt ist. Vielleicht marschierte der Spartaner damals den anderen Weg von Uzun-Hasanli nach Larisa (»zwischen Geren- und Dumanly-Dagh, im Passe von Beinamas1«). Die Vermutungen, die hier über Tisna und Myrina aufgestellt wurden, werden noch am ehesten der literarischen wie der monumentalen Überlieferung gerecht, so wenig sie sich einstweilen beweisen lassen. 4. T A N A G R Ä E R I N N E N AUS M Y R I N A

Schon ein erster Überblick über die großen Sammlungen myrinäischer Terrakotten, wie die in Paris, Athen und Istanbul, oder auch die Tafeln bei Pottier-Reinach, auf denen die wichtigsten Pariser Stücke abgebildet sind, läßt zwei sehr verschiedene Stilgruppen erkennen. Sie unterscheiden sich z. B. in ihrem Verhältnis zur Großplastik und zum Ton als Werkstoff. Photographien, die die Maßstäbe vergewaltigen, übertreiben gerade bei dementsprechenden Vergleichen. Aber auch ohne, daß wir die kolossale pergamenische Marmorstatue Nr. 533 in Photographic neben die myrinäische Tonfigur Athen Nr. 4974 stellten4, würden an dieser die neuen Ansprüche deutlich. R. Hörn hat, um zu einer Datierung zu gelangen, diese Terrakotte mit einem Grabrelief in Athen verglichen', das sich einst im Besitz des russischen Konsuls in den Dardanellen befunden hat **, wahrscheinlich also dem nördlichen Kleinasien entstammt. Den Buchstabenformen nach kann es nicht vor dem 2. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein. Im Vergleich mit ihm und der pergamenischen Statue glaubt man der Figur aus Myrina sogar etwas eigentümlich Pergamenisches anzusehen, vor allem ihrer Wucht und Mächtigkeit. Jedenfalls gibt die Marmorfigur, die einer der Meister des großen Altarfrieses von Pergamon gearbeitet hat *3, einen ungefähren terminus post quern für die Myrinäerin, der durch das Relief bestätigt wird. Sie ist ein frühes Beispiel des neuen untanagräischen Terrakottastils, der weiterhin myrinäisch genannt werden soll. Er scheint mit Tanagra nichts mehr zu tun zu haben. Trotzdem ist selbst die eben betrachtete Myrinäerin aus tanagräischem Typenzusammenhang erwachsen. Und zwar ist uns bereits ein Vorfahre in Alexandria begegnet6. Zudem ist sogar aus Myrina selbst in Istanbul eine Tanagräerin dieses Typs erhalten?. Sie kann zwischen der Figur in Alexandria und der in Atheh vermitteln. Die beiden Terrakotten tanagräischen Stils sind nicht 1

2 Hell. III, i, 5—7. W. v, Diest, Von Pergamon über den Dindymos zum Pontus, Petermanns Mitt. Erg. Bd. XX 1888/9, S. 34. 3 A. v. P. VII, Tf. XX; dazu Anm. *'. 4 Hörn, Tf. 15. 6 i N. M. 1158; Hörn, Tf. 15. Die HadrafiRiir Annuario 1932—33, Tf. n, i; vgl. vorl. Arb. 8.65. 7 M. 2567; Tf. . 3.

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II. B. HAUPTFUNDE: .MYRINA

ganz gleich groß, die Myrinäerin über 10 cm größer1. Auch darin kommen die neuen gesteigerten Ansprüche zur Geltung. Sehr verschieden ist dabei das Gewand behandelt. Das Verhältnis von Mantel und Kleid ist geradezu umgekehrt: der Mantel dünn und leicht, das Kleid schwer und dicht. Der Mantel verhüllt nicht mehr, sondern er läßt das Kleid durchscheinen. Der Gewandung werden so ganz neue Reize abgewonnen, die weniger dem Werkstoff des Tons, als dem des Marmors angemessen erscheinen. Schüchterne Ansätze dazu hatten einige wenige Tanagräerinnen aus Alexandria gezeigt und die Figuren der Philopator-Kannen. Die angeführte Hadrafigur läßt noch nichts davon erkennen, ebensowenig die Tanagräerin des gleichen Typs aus Myrina. Aber bei ihr drängt das Kleid doch etwas gegen den Mantel mit der Masse des Faltenbündels an, das zwischen Stand- und Spielbein hervorkommt. Auch die Wülste, zu denen hier vielfach die Mantelfalten gerafft sind, sind an Tanagräerinnen sonst nicht häufig. Ob darin freilich eine besondere Zeitstufe oder ein eigener myrinäischer Stil oder auch beides zu erkennen ist, soll einstweilen noch dahingestellt bleiben. Sicher aber ist, daß an dieser Figur der tanagräische Charakter noch nicht aufgegeben ist. Es ist auch ganz unmöglich sich vorzustellen, daß solche Formen etwa auf die der Myrinäerin in Athen 4974 zurückgehen sollten und diese vielleicht im Zustande der Erstarrung wiedergäben. Außerdem ist selbst dafür ein Beispiel in Istanbul erhalten2, wo eine hohe runde Basis die Mängel des Ganzen nur umso deutlicher in Erscheinung treten läßt. Auf der anderen Seite ist es schwer zu sehen, daß eine Figur wie Athen 4974 sich aus einer solchen wie Istanbul 2567 entwickelt haben soll. Sofern Entwicklung ein stetiger Fortgang ist, ist dies hier auch gar nicht zu behaupten; vielmehr ist ungefähr das Gegenteil der Fall. Zwischen beiden Figuren liegt ein entscheidender Wandel, der nur in einer für das Griechische bezeichnenden Weise das Typische der äußeren Haltung, des Motivs, nicht durch dringt. Es wird nur abgeändert z. B. was das Gewandverhältnis anlangt. — Man kann also nicht ohne weiteres sagen, daß der Unterschied zwischen den beiden Gruppen von Terrakotten aus Myrina in der Aufgabe der tanagräischen Typen beruhe. Es wird sich vielmehr herausstellen, daß noch bis in die myrinäische Spätzeit tanagräische Typen nachleben. Aber der lebendige Zusammenhang, die organische Typenentwicklung überhaupt hört jetzt auf. Stattdessen wird der Kreis der Motive viel weiter gezogen. Das aber ist vielleicht der allererste Eindruck bei einem flüchtigen Überblick über einen größeren Bestand an myrinäischen Terrakotten. Darum erscheint die Koroplastik von Myrina so untanagräisch. Der entscheidende Wandel beruht auf der Aufgabe des tanagräischen Typenzusammenhanges insofern, als bei den Tanagräerinnen die meisten Typen einander verwandt waren und gewöhnlich von dem einen Motiv der Gewandfigur ausgingen. Vor allem aber waren alle Formen lebendig und stetig entwickelt zu einer Kunst eigener Überlieferung, die aus dem Werkstoff selber geboren und an ihm weitergebildet wurde. Das wird jetzt anders. Die wesentlichen Anregungen und Ände1

0,38111.

· M. 2568; siehe unsere Tf. 12a.

13. 4 TANAGRÄER1NNEN AUS MYRINA

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rungen kommen nun von außen, zu einem Teil aus der Großplastik, zum anderen überhaupt aus einem dem Ton fremden Gestaltungswillen, ja selbst aus der gedanklichen Welt jenseits des Formbaren. Nur insofern gibt es auch weiterhin noch eine lebendige Entwicklung und Überlieferung, als dies durch diese neuen Zusammenhänge ermöglicht wird. Darauf muß später noch näher eingegangen werden. Hier ist zunächst nur wichtig, demgegenüber die Geschlossenheit der Welt der Tanagrafiguren hervorzuheben nach Typ, Motiv, Stil, Entwicklung, nach Material und Format. Daß die Tanagrangur selbst in Myrina stirbt, wo sie die Möglichkeit hatte weiter zu leben, und wo sogar ihre äußeren Formen noch weitergetragen werden, bestätigen die Fundzusammenhänge. Keine Terrakotte tanagräischen Stils ist etwa mit anderen myrinäischen Stils zusammengefunden worden. Tanagräische Terrakotten kommen auch in Myrina aus geschlossenen Fundgruppen tanagräischen Stils. Das bekannteste Beispiel dafür ist Grab A aus Myrina1. Aus der Reihe der in ihm gefundenen Tanagrafiguren sei Nr. 231 ausgewählt1, weil sie wiederum einen uns schon aus Alexandria bekannten Typ vertritt: den der Figur 23 341 aus dem Kindergrab von Hadra3. An diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Figuren größer ist, als die mit den Vorgängern ihrer Typenreihe, z.B. Sciatbi Tf. 63, 159*. Für die Figur 231 aus Myrina ist dabei sicherlich eine solche tanagräische Umbildung des Typs vorbildlich gewesen, wie sie in einem verhältnismäßig späten Beispiel in Wien erhalten ist 5. Für die Figur in Alexandria mag dies nicht nur wegen der ganz anders geordneten Mantelfalten fraglich erscheinen. Gleichwohl stehen in manchem die beiden Terrakotten aus Alexandria und Myrina einander näher als der aus Tanagra. Das gilt besonders, wenn man auf die Darstellung des durchscheinenden Gewandes achtet. Offenbar bereitet sich in Myrina in der Kunst der Terrakotten die gleiche Wandlung vor, die in Alexandria der Tonfigur zunächst überhaupt ein Ende brachte. In Myrina bedeutet diese Krise um 200 v. Chr. freilich nur das Ende der Tanagräerin. — Versuchen wir uns klar zu machen, welches die Anzeichen für diese Krise sind, so ist es bei beiden Figuren nicht das (äußere) Format, was untanagräisch anmutet. Aber es ist der Gewandstil, das durchscheinende Gewand gerade, das am tanagräischen Stil fremd erscheint und bei den Tanagräerinnen aus Tanagra selbst viel seltener und mit mehr Zurückhaltung dargestellt wird. Welche Ansprüche hinter dem neuen Gewandstil stehen, ist schon angedeutet worden. Wieso sie freilich für Alexandria eine tödliche Krise, für Myrina nur einen Wandel bedeuteten, ist hier noch nicht auseinanderzusetzen. Denn das Neue scheint in diesem Falle die Form ebensowenig zu erfüllen, wie das Alte sie zu durchdringen vermag. Es ist offensichtlich, daß hier eine späte Bildung vorliegt, eine Spätstufe erreicht ist. Die neuen Kräfte sind vorerst nur zu ahnen. Entsprechend deuten auch die anderen Figuren desselben Grabes auf das Ende ' P. R., Ti. 37/38; Nr. 230—242, 8.424«., vgl. 8.92 (Grab-Nr. 97). » Die 8. auf Tf. 37/38 bei P. R., a.a. O. 0,26 m hoch; s. uns. Tf. 6c u. d. 3 Siehe uns. Tf. 8d; vgl. vorl. Arb. S. 59f. 4 Mon. Tf. 4, 6, Nr. 43, vgl. v. Arb. S. 54. < Masner. Nr. 799, Tf. 10; vgl. W. II 23, 4. dazu Furtwängler, Sl. Sabouroff. II, Tf. 104.

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II.'B. HAUPTFUNDE:

einer Entwicklung, in gewissem Sinne sogar auf eine Rückbildung des alten tanagräischen Stiles hin. Charakteristisch dafür sind: kleinteilig gebildete Köpfe kleinsten Formates, oft mit zerlegter Melonenfrisur1, kleinliche, vielfältige Gewandanlage mit hart und scharf gebildeten kurzen Faltenzügen und ebensolchen Spannungen über knappem Volumen. Ein kurzatmiger gebrochener Rhythmus beherrscht die Bewegung, die meist in einem seltsam aufgereckten Kopf auf hohem Halse gipfelt. Dabei waltet im Formenaufbau ein eigentümlich zwiespältiges Verhältnis zwischen Kontur und Volumen vor, das ebenso wie das Mißverhältnis von Alt und Neu in der Auffassung des Gewandes eine unentschiedene krisenhafte Gestaltung verrät. — Unter den Ptolemäer-Kannen erscheint am ehesten die Londoner des Philopator vergleichbar, die eine Datierung nach 220 v. Chr. nahelegt. Daß der Fund aus Grab A von Myrina tatsächlich, wie schon oben angedeutet und auch von R. Hörn bereits festgestellt worden ist2, erst um 200 v. Chr. angesetzt werden muß, kann auf Umwegen ein anderer Grabfund bestätigen. Die der Figur 231 sehr ähnliche Terrakotte 2183 ist zusammen mit der Figur P. R. Tf. 35, 24 in einem Grabe gefunden worden. Deren Kopf gleicht wiederum dem jener schönen Nike P. R. Tf. 21, 15, die anscheinend in einem Männergrab zusammen mit einer anderen Nike vom selben Typ, drei nackten Erosgestalten und zwei autonomen Bronzemünzen Myrinas ans Tageslicht kam *6. Sie wird also wohl nach 196 oder 190 v. Chr. entstanden sein. Auch wenn sie oder doch ihr Typus zu den frühesten Schöpfungen des neuen myrinäischen Stils gehört, wie sie ja auch noch mehr vom alten, werkstoffgerechten Stil bewahrt zu haben scheint, kann die Figur gleichen Kopfes P. R. Tf. 35, 2 und die damit gefundene P. R. Tf. 36, 4, die beide noch innerhalb des tanagräischen Typenzusammenhanges stehen, kaum vor 200 v. Chr. entstanden sein *7. In ihrem Stil sind beide den Figuren aus Grab A sehr nahe. P. R. Tf. 35, 2 hat zwar ein stofflicher behandeltes Gewand und einen anderen Kopf, aber doch jenen auffälligen, vom linken Arm zur rechten Hand gezerrten Wulst, der z. B. bei der auch im Typus verwandten Figur P. R. Tf. 37/38, 6 6 die Gewandanordnung durchkreuzt. Gleichwohl mag sie sich schon etwas von der Stufe der Figuren aus Grab A entfernen, wie sie im Vortrag des Gewandes, aber auch der Gesamtform unter den echten Tanagräerinnen nicht mehr recht ihresgleichen hat. In der knapperen, härteren Formgebung und der eckigen Bewegung steht P. R. Tf. 36, 4 den Figuren aus Grab A noch näher. Vor allem läßt sie sich gut mit P. R. Tf. 37/38, 8 vergleichen, von der sie sich im Typus nur durch die andere Haltung des linken Armes unterscheidet. Auch dafür gibt es Vorfahren aus Tanagra, z. B. die Terrakotte in der Collection Barre Nr. 4117. Zu dem frühen tanagräischen Typus der Figur Sciatbi-Tf. 64,1638 verhält sie sich wie die in Wien9 zur Sciatbi-Figur Tf. 63, 159. Bemerkenswert ' 3, 4, io—13. i A. a. O.. S. 43, Anm. 4; vgl. S. 69. 3 Nr.231,s.P. R., Tf. 37/38, 8; s. uns. Tf. 6c u. d; Nr.2i8, P. R. , Tf. 36, 4; Tel. II, 2iaa; dazu Anm. *4. 4 Nr. 243, S. 55if.; vgl. Tel. II, 2iob. 5 Nr. 171; unter Grab 112, 8.98; vgl. I. Schneider-Lengyel, Abb. 70; dazu Anm. *5. 6 Nr. 232; vgl. Charbonneaux, Tf. 47, Abb. 50. 7 W. II, 23, 5; Fröhner, Tf. io; vgl. Bessert 8 Zschietzschmann, a. a. O., Tf. 179 links. W. II, 22, 6; vgl. vorliegende Arb. S. 51 f. 58. 9 Masner, Tf. 10, 799.

B. 4. TANAGRAERINNEN AUS MYRINA

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ist die Stütze, die bei den Myrinäerinnen die eigentümliche Bewegung der gewaltsam gegeneinander verschobenen Glieder neu motiviert. Darin ist vielleicht schon etwas von der ändern Statuarik zu erkennen, die einer krampfhaften Haltung, wie sie besonders deutlich an der ersten Leukon-Terrakotte hervortritt, eine mehr natürliche Begründung gibt. Bei einer anderen Pariser Terrakotte des gleichen Typs aus Myrina ist an die Stelle der flachen tanagräischen Standplatte eine höhere Basis getreten1, wie wir sie schon an der oben verglichenen Hadrafigur feststellten. Untanagräisch sind an ihr aber auch die auf dem Boden aufliegenden Gewandfalten, im Grunde ein ähnliches Anzeichen für die neue Bewertung des Gewandes wie das durchscheinende Kleid, was ebenfalls noch später genauer dazulegen sein wird. Bei näherem Vergleich erweisen sich so diese letzten Tanagräerinnen aus Myrina doch schon dem eigentlich tanagräischen Stil fremd. Das läßt sich selbst dem technischen Vorgang ansehen. Der Ton ist vielfach schärfer gebrannt. Auch die Brennlöcher haben oft nicht mehr die von Tanagra her gewohnte rechteckige, sondern die myrinäische runde Form, wenn dies auch natürlich keine letztlich gültigen Merkmale sind. So hat aus Grab A eine Figur ein rechteckiges1, eine andere aber3 ein rundes Brennloch und steht damit unter ihren Genossinnen nicht allein. Aus allem wird deutlich, daß es sich hierum eine Übergangszeit handelt. Da sie sich auch den Jahreszahlen nach verhältnismäßig gut bestimmen läßt, schien es geboten, sie als Ausgangspunkt zu wählen. Denn für Myrina fehlt es sonst an Daten. So sollen von hier aus in einer zur Geschichte rückläufigen Untersuchung die Anfänge der tanagräischen Terrakotten in Myrina und überhaupt die frühesten Stücke aus Myrina bestimmt werden. Dabei trifft es sich zunächst glücklich, daß ähnlich wie in Alexandria der Typ der Terrakotte P. R. Tf. 37/38, 8 noch in zwei Nachfahren einer älteren Fassung vertreten ist 4. Sie stehen den Figuren aus Grab A in der eigentümlich eckigen Bewegung und der knappen Formgebung ziemlich nahe, haben auch schon die untanagräische hohe, runde Basis. In manchem, in der Tiefengliederung der Masse, in dem weniger verschliffenen Umriß erinnern sie aber noch an die erste Leukon-Terrakotte. Auch der Stil um die Jahrhundertmitte ist in Myrina jedenfalls noch verhältnismäßig oft vertreten, wie Vergleiche mit der alexandrinischen Werkstatt von Hadra lehren können. Die kleinen Istanbuler Figuren Mendel 2518, 2544, 25295 und 25216 verkörpern in ihrem runden, walzenförmigen Volumen und der regeren Bewegung in Kopf, Arm und Bein die neuen Tendenzen der Hadrastufe. Dabei ragt ihre Größe noch nicht über die der kleinen Sciatbi-Figuren hinaus7. In der Frische des Vertrags wie in der Wahl des Formats entspricht der Hadrafigur Mon. Tf. I, 2 am ehesten eine Gruppe zweier stehender Mädchen in Athen 8 . Sie wirkt sehr tanagräisch. Aber seltsam ist dafür doch der sehr dünne Mantel, durch den sogar ein paar Kleidfalten hindurchzuschimmern scheinen. Ähnliches gilt von i Nr. 666; Charbonneaux, Tf. 57, Abb. 61. » P. R. Tf. 37/38, 8 Nr. 231. 3 Tf. 37/38, 6, Nr. 232. 4 Istanbul, M. Nr. 2527 u. 2528; 2527 s. uns. Tf. 8c; vgl. W. II, 23, 3; 22, 6; 24, 4—5 usw. j s Siehe 8 uns. Tf. isa-c. 6 M. Tf. n, 5; s. uns. Tf. ija.. 7 2518 = o.iöm; 2521 = 0,17 m. 4985; W. II, 5, 3; Philadelpheus, Tf. 20; s. uns. Tf. i6a—c. Die Köpfe sind nicht zugehörig; Bruchstück einer Replik in Istanbul M. 2610.

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II. B. HAUPTFUNDE: MYRINA

dem Athener Mädchen 4935'. Noch etwas älter, weniger voll und fest im Aufbau der Formen, erscheint die Gruppe zweier sitzender Mädchen in Athen 2 . Doch muß man um der Köpfe aber auch um anderer Einzelheiten willen fragen, ob es sich hier nicht um eine spätere Nachbildung handelt. Dagegen führen die beiden kleinen, nur ungefähr 13 cm hohen Figürchen P. R. Tf. 33, i und 33, 33 sicher noch ins zweite Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. hinauf. An ihnen ist die eben neu einsetzende Bewegung deutlich, die noch einen mehr labilen Charakter hat, ähnlich wie die Athener Tanagräerin vom Typ der ersten Leukon-Terrakotte4. P. R. Tf. 33, 3 und Istanbul M. 25445 lassen als zwei Vertreterinnen eines und desselben Typs den Stil um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. besonders leicht erkennen: die eine für die Zeit kurz vorher, die andere für die bald danach. Dazwischen vermitteln kann Istanbul M. 2520*, die mit ihrem größeren Format noch reiner das Neue verkörpert, das die Jahrhundertmitte bringt. Bei der Terrakotte Istanbul M. 2541? sind noch Beziehungen zur Sciatbi-Stufe greifbar8. Aber die energische Kopfbewegung verweist die Figur aus Myrina doch schon in die folgende Epoche. Vom selben Typ vertritt dann Istanbul M. 2542 die Stufe von Grab A9. In der Istanbuler Figur M. 2562™ wirkt noch eine sehr frühe Fassung des SophoklesTyps nach, etwa Berlin 8409". Diese Tatsache ist wichtiger als die genaue zeitliche Einordnung der Terrakotte selbst. Vergleicht man sie mit dem Sophokles ausHadra", so wird deutlich, daß ihr jene gespannte Rundung fehlt, jener Drang zur Wölbung, der das Zeichen der neuen Kräfte der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts ist und überhaupt ein Merkmal hellenistischer Plastizität. Gegenüber dem Sophokles von Sciatbi13 ist die starre Haltung gelockert. Vergleichbar ist bei beiden Figuren aber die flächige Anlage. So wird die Figur nur wenig älter als die Athener Fassung des Typs der ersten Leukon-Terrakotte sein, mit der sie den kurzen Rhythmus des Umrisses und die leicht wiegende Haltung besonders des Kopfes teilt. Nur fehlt ihr noch deren Tiefengliederung. Sie wird daher an den Beginn der Wende von der Sciatbizur Hadra-Stufe gehören, d. h. in die Zeit der Arsinoe-Kanne, um 270 v. Chr. Neben der Istanbuler Figur M. 254314, die den uns schon bekannten Typ einer Pariser Figur1* wohl noch auf der Stufe der kleinen Sciatbi-Figuren vertritt, ist es die früheste mir bekannte Tanagräerin aus Myrina. Aber sie läßt erkennen, daß es in Myrina noch ältere Tanagräerinnen gab. Das wird gerade bei der Gegenüberstellung mit dem Sophokles von Sciatbi deutlich, dem schon eine Umformung des Typs zugrunde liegt, die den Tendenzen des frühen 3. Jahrhunderts mehr entgegenkam. 1

l W. II, 35, 2; Philadelpheus, Tf. 20links. 4986, W. II, 106, 7; Philadelpheus Tf. 17. 3 Nr. 248; W. II 21, 4; vgl. 20, 3; Nr. 247. 4 Nr. 4079, siehe uns. Taf. 33.—c. S Siehe uns. Taf. 15b. 6 8 Siehe uns. Tf. 170, 0,25 m. 7 Siehe unsere Tf. 9f. Sciatbi, Tf. 67, 178; Nr. 400. 9 Siehe uns. Tf. gd. ™ Tf. n, 2; s. uns. Tf. i7b. " Köster, Tf. 43. " Mon. Tf. A, i; Nr. i. J3 Tf. 63, 157 (Nr. 370). M Siehe uns. Tf. gc; 0,175 m hoch. JJ Tel. I, 1770; W. II, 36, 6; s. vorl. Arb. S. 55 f.

. 5· BEDEUTUNG DER TANAGRAFIGUR

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5. DIE B E D E U T U N G DER T A N A G R A F I G U R E N AUS M Y R I N A UND IHRE KUNSTGESCHICHTLICHE STELLUNG

Weder aus der Geschichte Myrinas noch aus dem erhaltenen Vorrat an myrinäischen Tanagrafiguren ist der Zeitpunkt genau zu bestimmen, in dem die tanagräische Typentradition einsetzt. Nur das ist gewiß, daß sie bis in die frühhellenistische Zeit zurückreichen muß. Dies bedeutet immerhin so viel, daß angesichts der myrinäischen Tanagrafiguren ähnliche Fragen zu stellen sind, wie sie vor denen Alexandrias aufgeworfen wurden. Die Zahl der myrinäischen Tanagräerinnen ist im Vergleich zu den alexandrinischen klein. Es sind zwar nicht alle erhaltenen Stücke hier berücksichtigt worden. Aber es sind auch nicht sehr viel mehr erhalten. Das mag z. T. an der verschiedenen Größe der beiden Städte liegen: Myrina eine der 12 alten aeolischen Poleis, von der nicht einmal zu sagen ist, ob sie mehr Land- oder Seestadt war, — Alexandria, die Residenz der Ptolemäer und eine werdende Weltstadt, auf die der Name Polis nicht mehr paßt. Doch reicht dieser Unterschied allein zur Erklärung nicht hin. Denn die Ausgräber haben auch bemerkt, daß im Vergleich zu den von ihnen geöffneten Gräbern die Zahl derer, die Terrakotten enthielten, auffallend gering ist. Von 94 Gräbern, die in der Zeit vom 28. Oktober bis zum 3. November 1881 ausgegraben wurden, fanden sich nur bei 12 oder 15 Bestattungen Terrakotten1. Dabei gehört die Hauptmasse der Spätzeit an, obwohl auch deren Zahl im Vergleich zu den 4000—5000 aufgedeckten Gräbern nicht sonderlich groß ist*. Die Tanagräerinnen treten dabei im Gesamtbilde zurück. Aber es sind auch keine Terrakotten vorhanden, die für eine nebenherlauf ende autochthone Tradition zeugen könnten. Die Beurteilung dieser Sachlage wird freilich noch erschwert durch das Dunkel, das über dem vorhellenistischen Myrina liegt. Von einer vortanagräischen Tradition sind aus Myrina nur sehr wenige Stücke bekannt. Von dem bekannten attisch-böotischen Typ der »verhüllten Tänzerin« ist auch in Myrina ein Vertreter zutage gekommen 3. Das Wenige aber, das sonst erhalten ist, gehört einer eigenen einheimischen Überlieferung an. Nur 3 Stücke können hier vorgeführt werden, zunächst Istanbul M. 2615 und 25134. Beide haben noch die auch in Griechenland in der klassischen Zeit vielfach beliebte hohe Basis, die sie als Votivfiguren kennzeichnet. 2615 hat dabei eine unmittelbare Parallele aus Larisa?, wodurch sich von selbst ein ungefähres Datum vor 300 v. Chr. ergibt. Es ist zwar wahrscheinlich, daß die Figur aus Larisa die ältere, weil originellere ist. Aber auch die aus Myrina kann nicht nach dem 4. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein. Dasselbe gilt auch für die im Stil ähnliche Figur 2513. An ihr ist das lange, schleppende Kleid auffallend, eine Besonderheit, die wir in gewisse Beziehung zum durchscheinenden Gewand setzten. Beide Figuren vertreten deutlich eine einheimische, vortanagräische Überlieferung, nicht nur dem Typ und den formalen Ansprüchen, sondern auch dem Zeitstil nach. Ähnliches gilt für die dem Kopf nach der 1

P. R., 8.197, 104. A.a.O., 8.58, na. 3 Istanbul M. 2620 (2617?). 4 Siehe uns. Tf. 18 b. n. c. 5 S. uns. Tf. 18 a, bier mit freundlicher Erlaubnis von K. Schefold abgebildet. o,gz m hocli.

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11. B. HAUPTFUNDE:

Figur 2615 nahestehende Nike in Istanbul 2461', die das später in Myrina besonders beliebte Motiv vorwegnimmt. Danach setzt dann die tanagräische Typentradition ein, und zwar, wie die Ausgrabungen in Larisa bestätigen, noch vor 300 v. Chr. Aus Larisa sind zwei Tanagrafiguren veröffentlicht, die dem Fundzusammenhang, aber auch ihrem Stil nach kaum nach 300 v. Chr. entstanden sein können2. Beide geben aus Sciatbi wie aus Myrina bekannte Typen wieder, gehören jedoch der Sciatbi-Stufe selbst noch nicht an. Nr. 323 vertritt den aus Sciatbi gleich in drei Fassungen bekannten Typ des Mädchens im hochgegürteten Gewand 4, nur daß hier Stand- und Spielbein vertauscht sind. Abgesehen davon, könnte die Figur aus Larisa geradezu das Vorbild für die älteste der Alexandrinerinnen abgegeben haben 5. Aus Myrina ist für diesen Typus eine Fassung aus dem späten 3. Jahrhundert v. Chr. aus Grab A erhalten6. — Wahrscheinlich stammen daher, oder wenigstens aus der Aeolis *', auch noch zwei andere Pariser Figuren dieses Typs?. Dabei handelt es sich offenbar um Repliken aus derselben Form, die der Zeit um die Jahrhundertmitte angehören und etwas jünger als die jüngste ihrer Verwandten aus Sciatbi8 sind. Die andere Figur aus Larisa9 hat ebenfalls eine Typenverwandte aus Sciatbi10, nur ist ihr gegenüber der Mantel etwas länger herabgeführt. Angesichts dieses Vergleiches erweist sich wiederum die Figur aus Larisa als älter. Die Sciatbi-Stufe bringt eine Erstarrung, der gegenüber die frühere Tanagrafigur noch viel mehr bewegt erscheint. Dabei ist aber auch an ihr deutlich, daß es im ganzen um Zusammenziehen der Formen, um Minderung der Bewegung geht, um einen Rückgang der Formkraft, nicht um eine Lockerung und ein Wiederaufleben wie später um die Jahrhundertmitte. Aus Grab A von Myrina ist wieder ein später Nachfahre erhalten". Die Jahrhundertmitte kann eine Berliner Terrakotte vertreten", die wahrscheinlich aus der Aeolis kommt und in dem breiteren Vortrag der Formen gegenüber der Figur aus Larisa das Neue ihrer Zeit vertritt. So wenig Terrakotten dieser Zeit aus der Aeolis sonst bekannt sind, schon allein Larisa erweist, daß Myrina keinen Sonderfall darstellt. Zu Beginn der hellenistischen Zeit sind auch nach anderen Orten der Aeolis Tanagrafiguren gelangt * *. Daß Thebaner damals nach der Zerstörung ihrer Vaterstadt gerade auch im Lande ihrer aeolischen Verwandten eine Zuflucht gefunden haben, ist nach allem sehr möglich, was über die Beziehungen zwischen Aiolis und Boiotia und über die geschichtlichen Voraussetzungen festgestellt worden ist. So fanden wir auch die Grabstele eines Thebaners in Myrina. Ob die Stadt, für deren Geschichte die frühhellenistische Zeit jedenfalls einen Wendepunkt bedeutete, besonders viel Thebaner angezogen hat, ist mangels an Vergleichsmöglichkeiten nicht recht zu erweisen. Allzuviel 1

M. Tf. io, 6. » A.A. 1934, Sp. 409 f., Abb. 47. 48 3 A. a. O., Abb. 48. 4 Sciatbi Tf. 62, 156; Tf. 65, 169 (u. 171) u. Tf. 69, 186; Nr. 388. l Sciatbi, Tf. 62, 156; Nr. 367 * P. R., Tf. 37/38, r, Nr. 240; s. uns. Tf. 136 u. f. 7 Myrina, 649, 648; M. N. C. 543 u. 548; W. II, 72, 8, 8b; 8 I0 M. N. C. 548, s. uns. Ti. 13d. Tf. 69, 186. 9 Nr. 31, a. a. O., Abb. 47. Mon. Tf. 5, 6; Nr. 19; vgl. vorliegende Arbeit S. 56. " P. R., Tf. 37/38, 13; Nr. 242 s. uns. Tf. 14 d. " 6627; s. uns. Tf. 143, 0,175 m·' vgl· w· U, 39, 4, zur Herkunft vgl. vorl. Arb. S. 283 II A 6 Anm.**

B. 5. BEDEUTUNG DER TANAGRAFIGUR

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können es nach den Terrakottenfunden nicht gewesen sein. Aber gerade dies spricht eher für als gegen die Annahme einer Zuwanderung. Denn die Tatsache kommt hinzu, daß es sich bei den Funden frühhellenistischer Terrakotten aus Myrina nur um tanagräische Typen handelt. Dies ist schwerlich allein durch Handelsbeziehungen und durch die besondere Bedeutung der tanagräischen Terrakottenkunst zu erklären. Dabei soll gar nicht bestritten werden, daß diese Umstände sonst mitgewirkt haben können, zumal auch mit Nachbildungen späterer tanagräischer Typen gerechnet werden muß. Der geschichtliche Vorgang braucht keineswegs dem genau zu entsprechen, den wir für Alexandria annahmen. Außerdem fällt auf, daß andernorts, z. B. in Ionia, den Tanagrafiguren anscheinend kein entsprechend bedeutender Platz in den Werkstätten der Koroplasten eingeräumt wurde, wie in Aiolis. Das gilt sogar für Priene, das nicht lange vor der Zerstörung Thebens neu gegründet worden ist und selbst doch in alten verwandtschaftlichen Beziehungen zu Böotien und gerade auch zu Kadmos' Stadt gestanden hat. Hier finden sich wohl tanagräische Typen, aber sie verschwinden viel mehr in einer eigenen einheimischen Überlieferung. Großenteils führen sie allerdings nicht weit genug hinab in der Zeit, um für diesen Zusammenhang geeignete Vergleiche zu ermöglichen *3. Die Figur Berlin 8589 von dem aus Larisa und Myrina bekannten Typ gehört zu den wenigen Tanagräerinnen des späteren 3. Jahrhunderts v. Chr. in Priene. Sie hat dabei den tanagräischen Charakter noch stärker verändert, als dies für die gleichzeitigen Tanagrafiguren aus Myrina und der Aeolis gilt. Leider ist bisher zu wenig von frühhellenistischer Koroplastik in lonien und auf den Inseln veröffentlicht worden. So ist die Rolle von Rhodos, das doch zu den bedeutendsten griechischen Mächten der hellenistischen Zeit gehört, hierin noch ungeklärt *4. Mir fehlt zudem die persönliche Kenntnis. Was in Istanbul aufbewahrt wird*, stammt fast ausschließlich aus Lindos und geht nicht über 300 v. Chr. hinab, obwohl Blinkenberg eine Abraumgrube von Weihefigürchen beim Athena-Tempel dem 3. Jahrhundert v. Chr. zuschreibt (im Widerspruch mit Kinchs). Die vortanagräische Stufe ist hier nirgends überschritten. Zu den stilistisch fortgeschrittensten gehören dabei noch Figuren, die sich als Nachbildungen hochklassischer, attischer Typen erweisen *5. Ein Grabfund aus Notion, aus dem aeolisch-jonischen Grenzgebiet, gehört demgegenüber wieder einer etwas zu späten Epoche an4. Zudem sind die in einer Felsgrabhöhle zutage geförderten Beigaben auf verschiedene Bestattungen zu verteilen. Trotzdem ist er noch wichtig, weil unter den dabei gefundenen Terrakotten die zwei tanzenden Mädchen5 den nachtanagräischen Stil in einer frühen Prägung wiedergeben, die vom myrinäischen deutlich abweicht. Die Zeitstellung dieser beiden kaum durch einen großen Abstand von einander getrennten Stücke ist unschwer durch Vergleich mit Terrakotten aus Myrina zu ermitteln. Die im Motiv verwandte Pariser Figur P. R. Tf. 35, i 6 vertritt neben der oben erwähnten Nike P. R. Tf. 21, i 1

Siehe uns. Tf. 14 f; vgl. W. II, 38, 6; 39, 4. » Mendel, S. 550. 3 Lindos, Fouilles de l'Acropole, 1902—14, I, Les petits objets, Berlin 1931, S. 673; vgl. S. 56, Tf. 1330.; vgl. Hörn, S. 13, Anm. 6. 6 4 ö. Jh. 2, S. 62ff. 5 ö. Jh. a. a. O., Abb. 36 u. 37; Istanbul, M. 35023 u. b. Nr. 228; Tel. II,

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. B. HAUPTFUNDE: MYRINA

eine der frühesten Schöpfungen des neuen myrinäischen Stils. Eine Verbindung zur tanagräischen Stufe ist im Typus1, aber auch in Einzelheiten, noch zu greifen. Das wird bestätigt durch einen Blick auf die Athener Gruppe der beiden stehenden Freundinnen und die oben im Zusammenhang damit angeführte Figur eines halbgebückten Mädchens, das ihren linken Fuß auf einen Stein aufsetzt 2 . Bereits an den divergierenden Achsen, in denen bei der Pariser Figur die Bewegung gipfelt und deren Bedeutung wir später noch kennenlernen sollen, wird deutlich, daß wir es bei dieser Terrakotte mit einer späteren Stilstufe zu tun haben. Trotzdem gehört sie oder wenigstens ihr Urbild noch der Zeit vor Grab A an, zu dem wohl erst zwei Nachfahren von schon abgeschwächten Formen und etwas veränderter Haltung eine Parallele bilden3. Berlin 76314 stellt dann eine späte anspruchsvolle myrinäische Umprägung dieses Typs dar 5, der in einer Dresdener Terrakotte mit der Signatur des Nikostratos noch getreuer nachgebildet erscheint6. Die Tänzerinnen aus Notion finden ihren Platz schon mehr in der Mitte dieser Reihe, aber doch nicht zu fern von der Zeit der entscheidenden Wende. In Einzelheiten nähern sie sich noch den frühen Myrinäerinnen, in ihrer gelösten Bewegung rücken sie aber von ihnen ab. Sie ins 2. Jahrhundert v. Chr. zu setzen, empfehlen auch die anderen mitgefundenen Terrakotten, besonders der späthellenistischc große Eros, dessen myrinäische Gegenstücke wir später kennenlernen werden?. Doch glaubt man nicht nur um des Hutes willen an der einen Figur noch die tanagräische Grundlage zu erkennen. Vielleicht steht dahinter solch ein Typus, wie er in Berlin 82258 oder in Athen 4078' vertreten ist. Dagegen ist die andere Tänzerin dem Tanagräischen auch in der Auffassung des Motivs fremd. Hinter dem Typus steht wohl schon ein Vorwurf aus der Marmorplastik, wie er etwa in der Berliner Figur aus dem Notion nahen Ephesos( ?) erhalten ist I0 . Zudem scheint die Haartracht auf eine Entstehung nicht vor der Mitte der 2. Jhhs. v. Chr. zuweisen". Auch bei den Tänzerinnen aus Myrina wird man an statuarische Motive, wie das Mädchen mit dem Vogel und der Schlange im Kapitol, erinnert *6. Offenbar nehmen aber bis in das 2. Jahrhundert v. Chr. hinein die Terrakotten von Myrina keineswegs eine besonders hervorragende Stellung auch nur innerhalb ihrer Landschaft ein. Der Vorrang, der ihnen, wie wir vorwegnehmen können, später in der Aeolis gebührt und vielfach auch in weitere Fernen sich auswirkt, ist hier noch nicht gewonnen. Gegenüber Alexandria hebt sich zwar trotz der geringeren Zahl an erhaltenen Tanagrafiguren der größere Reichtum an Typen und Motiven ab. So ist es auch nicht ganz sicher, ob solche Motive, wie die der sitzenden Freundinnen oder der Tänzerinnen aus Tanagra übernommen sind und nicht in Myrina gebildet wurden. Aber es steht doch fest, daß dieselben tanagräischen und auch vortanagräischen Motive sich auch sonst in der Aeolis, z.B. inLarisa, finden. Dabei ist keinerlei Hinweis gegeben, 1 : 212 B, C. Charbonneaux, Abb. 57. W. II, 150, sb, vgl. 15,2. Philadelpheus Tf. 20 links. 3 W. II, 151, 5; Istanbul, M. 2618, Tf. 10, 2, vgl. 2619. 4 S. uns. Tf. 43 a; W. II, 152, 3; 6 Schneider-Lengyel, Abb. 69. 5 Vgl. W. II, 152, 3; vgl. 151, 5. Siehe uns. Tf. 42b; vgl. W. II, 151, 6. 7 ö. Jh. 1912,Abb. 38. » Köster, Tf. 49; W. II 33, sff. 9 Siehe uns. Tf. igb; vgl. vorl. Arb. S. n 6 f . "> Beschreibung Nr. 589; s. uns. Tf. 56a; vgl. dazu noch A. v. P. VII, 2, Nr. 146, Tf. 35. n Vgl. die Tänzerin aus Priene. Köster Tf. 92 und dazu vorl. Arb. S. 218 f.

C. i a. TYPENREIHEN. »SOPHOKLES«-TYP

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daß es sich um Ausstrahlungen Myrinas (und nicht etwa unmittelbar Tanagras) handelt. Auch was Tanagrafiguren aus Myrina von echten Tanagräerinnen unterscheidet, und zwar je länger desto mehr: die stärker stofflich-sinnliche Erfassung des Gewandes z. B., erscheint als Allgemeingut der Landschaft und Kleinasiens. Das können gerade auch die Terrakotten aus Notion, aber auch einige von den späteren tanagräischer Art aus Priene lehren, z. B. Berlin8591J, die mit ihren starken Spannungen von Körper und Gewand, dem schweren Kleid und dem drängenden Leib den neuen Stil der zweiten Jahrhunderthälfte vertritt. Anscheinend zeichnet die Terrakotten im eigentlichen lonien sogar noch ein besonders starker Reiz dieser Art aus. Jedenfalls werden für Aiolis Unterschiede zu Ionia nahegelegt, was den Grad der Abhängigkeit von Tanagra anlangt. Man glaubt eine gewisse Unselbständigkeit für die Aeolis feststellen zu können, soweit das angesichts der geringen Vergleichsmöglichkeiten erlaubt ist. Daß darin die Wandlung um 200 v. Chr. und der Durchbruch zum neuen myrinäischen Stil einen Umschwung bringt, wurde schon angedeutet — ebenso die geschichtliche Kraft, die in diesem Falle dahintersteht: Pergamon. Bevor wir uns jedoch der Betrachtung dieser neuen Epoche zuwenden, erscheint es geboten, einen Überblick über die kunstgeschichtliche Entwicklung des ersten hellenistischen, des frühhellenistischen Jahrhunderts selbst zu gewinnen. Dabei soll die Großplastik, vor allem aber auch mehr vom eigentlichen Tanagra zum Vergleich herangezogen werden. Da Tanagra oder auch nur seine Nekropole niemals systematisch ausgegraben und erforscht ist, kann hier allein eine Entwicklungsgeschichte bestimmter tanagräischer Typen und im Anschluß daran die kunstgeschichtliche Erörterung gegeben werden.

C. TANAGRA i. T Y P E N R E I H E N

a) Der » S o p h o k l e s t y p « Zu den klassischen Typen unter den Tanagrafiguren gehört der von A. Furtwängler Sophokles genannte und schön beschriebene Typ 2 . Die durch Körper und Gewand reich strömende Bewegung des Berliner Exemplars 3 ist in einem anderen in Athen 4 ins Stocken geraten. Straffere Zusammenfassung in einem runder gegebenen Volumen ist hier höher gestellt als die freie Entfaltung der Gestalt in dem von ihrer Bewegung fein belebten Umriß. Das Motiv ist im ganzen beibehalten und die Entfremdung gegenüber der ursprünglichen Idee äußerst sich mehr in Einzelheiten, aus denen nun die Erfindung zusammengesetzt erscheint, und in Unstimmigkeiten. Auf der einen Seite findet sich eine gewisse Kleinlichkeit in der Faltenführung, z. B. in den schematisch behandelten Mantelsäumen unterhalb des eingestützten linken Arms. Sie sehen wie abgestorben aus und ihre Zipfel sind nicht mehr so sorgfältig vom 1

2 Wiegand-Schrader, a. a. O., S. 159, Abb. 134. A. Furtwängler, Samml. Sabourofl II, S. 7, Text zu Tf. 109, W. II, ii, 6. u. 7 u. 10. 3 Köster, Tf. 43; dazu Anm. *'. t 4699; W. II, n, 6; siehe imsero Tafel 5h; siehe Photo Alin. 34356.

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II. G. HAUPTKUNDE: TANAGRA

Kleid abgesetzt. Auf der anderen Seite dienen Auslassungen der Hervorhebung bestimmter Linien, die das Ganze anders zusammenschließen; aber sie fördern auch die Unterscheidung von Ober- und Untergewand. Im Sinne dieser Neuerung wirkt eine Abwandlung des Typs im Louvre viel einheitlicher, wie neu, als eine ganzheitliche Erscheinung1. Aber sie ist doch mehr Erscheinung denn Gestalt, sowie wir auf die Bewegung achten. Das zugrunde liegende Bewegungsmotiv ist unterdrückt und protestiert in den Spannungen gezerrter Faltenlinien. Charakteristisch für diese Komposition sind wieder — aber ganz anders — die Mantelfalten unterhalb des eingestützten linken Arms, die hier nun, ohne dem Körper anzuliegen, den Kontur vereinheitlichen und vereinfachen. Nach dem Inneren zu entsprechen ihnen Parallelen »rahmenverwandt*'. Ebenso ist auf der rechten Seite der bei den früheren Exemplaren weiter ausladende rechte Ellenbogen nun einem möglichst geraden Umriß ein- und untergeordnet. Vor allem ist dabei bezeichnend, daß die Funktion von Stand- und Spielbein in ihrer Differenzierung, der sogenannte klassische Contrapost, vernachlässigt ist zugunsten einer scheinbaren Statik mehr tektonischen als organischen Charakters. Ihr dienen die auffälligen Entsprechungen in der Linienführung, auch die schräg, gewissermaßen diagonal wie die Streben eines Gerüsts, angeordneten Falten. Ihnen folgt selbst der Kopf mit seiner kürzeren Wendung in einem neuen mehr formal gegebenen (d. h. Schein-) Sinn, so wenig seine Bewegung äußerlich von der früheren Beweglichkeit abweichen mag. Im Gegensatz zum Berliner Exemplar meiden die entscheidenden Kompositionslinien geradezu eine Betonung der Funktionsstellen des Körpers. — In der Folgezeit tritt das noch deutlicher hervor. Stärker noch als das Pariser Exemplar scheinen seine ihm nahestehenden »Repliken« in London2 und besonders die in Berlin3 schlankere Proportionen anzustreben. Dagegen wirken sie, besonders gegenüber der Athener Terrakotte weniger rund; und die Gewanddifferenzierung ist durch das Vorherrschen von Details, z. B. vieler »Inskriptionen«, verwischt. Gewissermaßen ein »non plus ultra« der auf solch ein Formengerüst abzielenden Bestrebungen erscheint in der Figur aus Ibrahimieh erreicht4. Die rechtwinklig aufeinander treffenden Linien herrschen hier vor (der wiederaufgesetzte Kopf war auch ursprünglich schon starr gerichtet). Die Schrägen sind kurzatmiger und bedeutungsloser. Das häufige Vorkommen der Konkaven im Volumen, besonders die ihr folgende plötzliche Verbreiterung unten und die nur noch ornamental (miß-)verstandene Behandlung des Faltenmotivs unter dem linken Arm zeigen uns die Entfernung vom Original an. In vielem hier vergleichbar ist die Figur Sciatbi 1575, die aber nicht aus der bisher betrachteten Typenfolge allein erklärbar ist. Auffallend an ihr ist die differenzierte Behandlung der Stand- und Spielbeinfalten, die freilich er1

Siehe uns. Tf. sd; Tel. I, 178; Schneider-Lengyel, Abb. 57; W. II, n, 6g.; Photo Alin. 23736. Siehe uns. Tf. 50; siehe Hutton Fig. 20; Photo Manscll 1113, Cat. C 263. 3 Griech. Terrakotten aus Tanagra und Ephesos, 1878, Wasmuth, Tf. 16; W. II n, 6c. 4 Mon. Tf. D z ; B. S. A. d'A. IX, 1907, S. 62, Fig. 18 Mitte; siehe vorl. Arb. S. 61. 5 Tf. 63, Text S. 117, Nr. 370; vgl. vorl. Arb. S. 57. 3

C.ia. TYPENREIHEN. »SOPHOKLES«-TYP

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starrt erscheinen1. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen Spätling aus der Tradition einer 2. — eigentlich wenn uns erhalten i. ältesten — Abwandlung des Sophokles-Typs, wie sie uns ähnlich für den Typ W. II, 36, 6 in einer Pariser Terrakotte erhalten ist 2 . Wie eine Reaktion gegen diese manirierten, leer gewordenen Formen, die nur noch in einem übergeordneten Kontur Halt zu finden scheinen, wirkt die neue Fassung unseres Typs aus Madras. Neuer Sinn für rundes Volumen und aktive Körperlichkeit geben der ganzen Konzeption einen neuen Gehalt. Freilich auch die Spannungen sind (wieder) stärker geworden. Sie erinnern an die erste — die Pariser— Abwandlung des Sophokles-Typs, der unsere Figur ja selbst in der Behandlung einzelner Motive nahezustehen scheint. Aber der Körper verharrt nicht mehr so untätig. Er beginnt von einzelnen Gliedmaßen her sich gegen den Zwang der äußeren Hülle zu wehren. Eine besondere Rolle bei der Betonung des neuen Körpergefühls kommt hier dem Spielbein zu. Wenn es dabei auch noch mehr labil und für sich bewegt ist, so verrät es doch schon die Torsion im ganzen Aufbau, die Richtung auf den Stil des dritten Viertels des Jahrhunderts, wie wir ihn von der BerenikeKanne und den Leukon-Terrakotten kennen. Der Kopf verharrt noch in der Körperachse. Den Formen nach erinnert er an das Exemplar 157 von Sciatbi. Nur erscheint auch er voluminöser, von innen her schwellend und paßt darin — wenngleich nicht in seinem Sitz — besser als der sicher zugehörige des Stückes in Sciatbi*. Dieses trägt einen großen Kopf, wie er erst auf der Hadrastufe häufiger ist, auf einem schmächtigen Körper. In der Tat ist ein entsprechendes Exemplar (freilich ohne Kopf) aus Hadra bekannt 5. Solche Einzelheiten sind für die Beobachtung der Typenfolge sehr wichtig. Es handelt sich da um die weniger eingreifenden Veränderungen, die zeitliche Nähe bedingen, von denen schon mehrfach die Rede war. Zu einem bestimmten Ausgleich zwischen den beiden Tendenzen der Torsion, die neu ist, und der Einordnung in ein Gerüst sich entsprechender Linien scheint es bei einer Terrakotte in Berlin gekommen zu sein6. Gleichsam gefrorene Faltenbildungen sind für sie bezeichnend. Vor allem ist der Torsion zufolge hier die Entsprechung von Schrägen besonders betont. Im Vergleich zu den aus Hadra stammenden Stücken, wo sie sich ähnlich wieder findet wie bei dem Pariser, das Vorbild gewesen sein könnte, erscheint dies hier aber gesucht, maniriert. Ganz neue Akzente hat die Kopfhaltung bekommen. Die Stufe der Leukon-Terrakotten ist vielleicht noch nicht erreicht, aber die Gewaltsamkeiten und Eigenwilligkeiten, die ihre Bewegung und Faltenzüge kennzeichnen, erscheinen wie durch die Stilstufe unserer Terrakotten als die Folge gefordert 7 . Anders ist vor allem noch die Rolle des weiter ausholenden Spielbeins, worin eher ein Zusammenhang mit der vorhergehenden Stufe zu erkennen ist, als mit der folgenden8. 1

Vgl. die Abb. B. S. A. d'A. VIII, 1905, S. 90, Fig. 33 r. » Siehe uns. Tf. ga; siehe Photo Alin. 22600; s. vorl. Arb. S. 56. 3 Mon., Tf. A i, Nr. i; Th. Schreiber, Exped. E. v. Sieglin I. Beibl. IX, 3, S. 309; siehe vorl. Arb. S. 59. 4 Siehe Breccia, S. 117. 5 Mon. Tf., H. i. Nr. 3. 6 Köster, Tf. 42. 7 Vgl. besonders A. B.C. Tf. 68, 3; siehe uns. Tf. 6a u. b. 8 Zu Hörn, S. 47!.

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Die frühe Berliner Fassung dagegen scheint fortzuleben in der etwas älteren Figur in Istanbul M. 25621, die zu den frühesten der aus Myrina erhaltenen Tanagrafiguren gehört. Sie hat noch nichts vom Stil der 2. Jahrhunderthälfte mit den neuen Spannungen, die in Masse und Bewegung Gegensätze schaffen. Der Abstand vom Urbild * ist etwa so groß wie der, der bei der Terrakotte Sciatbi 157 gegeben ist. In einem zweiten Exemplar aus Myrina in Istanbul M. 25613 hat demgegenüber der Sophokles-Typ schon eine Umformung erfahren, die sich in keine unmittelbare Beziehung mehr zu einer der früheren Abwandlungen bringen läßt. Gleichsam ein neuer Typ hat sich gebildet, der den Zwang des Volumens mit einem neu gestalteten Contrapost in Ausgleich gebracht hat. Dabei erscheinen aber die wulstigen, gegen die Oberfläche kontrastierenden und doch abstrakt linear geordneten Falten ohne Not und Zusammenhang, — wie erstarrt, ebenso wie die ganze Bewegung. Der Kopf erinnert denn auch an den des Diphilos signierten Apollo in Athen4. Es handelt sich bei dieser widerspruchsvollen Form wohl um eine Kopie der Spätzeit nach einer Umbildung des Sophokles-Typs aus der Zeit um 200 v. Chr. Denn einzelnes erinnert noch an die 2. Leukon-Terrakotte, z. B. ein paar gestaute Falten über dem linken Fuß, die dort für die Spannungen in der unteren Gewandpartie charakteristisch, hier jedoch entbehrliche Zutat sind. Ähnliches gilt für den Rest von Faltenaugen auf dem rechten Oberschenkel. Dort dienen diese vor allem der Gestaltung des Volumens der Bauchpartie. Hier aber stimmen sie mit dem abstrakten Liniensystem nur schlecht überein. Die Spannungen sind vielmehr aufgehoben, das Spielbein ist z. B. ganz freigelegt, anders als bei den zunächst auch vergleichbaren Figuren von Grab A von Myrina. In Einzelheiten der Faltenbildung dieser Partie sind freilich dann wieder späte myrinäische Terrakotten wie Athen Nr. 5081 oder 5082 und spätere verwandt 5. Aus der Großplastik ist als Ersatz für das verlorene Vorbild am ehesten die eine Figur in Samos, die Hera, zu vergleichen6. In dem auffallend vorgewölbten Bauch äußert sich bei ihr noch etwas von den Spannungen der vorangehenden Zeit, so gelöst das Ganze wirkt7. Der zuletzt dramatisch zugespitzte Konflikt zwischen Körper und Gewand, Masse und Bewegung hatte zu einer Auslösung geführt, wie sie etwa eine Tanagräerin darstellt, die wir als die letzte ihrer Gattung bezeichnen können8. Jenseits dieser Lösung erscheint dann erst das Vorbild der Myrinäerin Istanbul M. 2561 möglich. Sie selbst läßt sich mit Gewinn dem Urbild der ganzen Reihe gegenüberstellen, wie es für uns in einem 3. Berliner Exemplar aus der Sammlung Lambros repräsentiert werden kann 9. Diese Terrakotte ist bis auf das Vögelchen auf dem Arm, die Kopfhaltung* 1 und die größeren Dimensionen mit dem von uns zuerst genannten Berliner Exemplar des Typs fast identisch. Aber die stärkere Durchdringung der Form spricht für noch größere Nähe zum Original. Denn dem 1

Tf. XI, 2; Photo 807; siehe uns. Tf. ijb; vgl. vorl. Arb. S. 90. > Dafür Köster, Tf. 43. 3 Siehe uns. Tf. I7d. 4 4895 s. uns. Tf. I2c; W. II, 350, 2. 5 Siehe uns. Taf. 4ib u. c; vgl. 6 vorl. Arb. S. 247!. Hom, Tf. 18, i, S. 4off. 7 Siehe uns. Tf. 55b. « In Schimatari; siehe uns. Tf. igf; vgl. vorl. Arb. S. H 2 f . 9 Siehe uns. Tf. 5a; W. II, n, 6b; 0,23 m.

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ungebrochenen Schwung der Bewegung erscheint die andere Kopfhaltung im ganzen angemessener, wie sie ja selbst in den anderen Prägungen noch nachwirkt. Die Modellierung ist in Einzelheiten auch noch sorgfältiger. Beim Vergleich mit der Myrinäerin scheint zunächst beiden Figuren gleichviel Bewegungsfreiheit zuzustehen, vor allem, wenn man sie nach den oben besprochenen Fassungen des frühhellenistischen Jahrhunderts einander gegenüberstellt. Aber diese Freiheit ist doch nicht gestaltet, genutzt bei der Myrinäerin, so sehr auch die Gewandmasse zurückgedämmt ist. Das Gleichgewicht von Körper und Gewand ist mehr um seiner selbst willen ausgewogen als gestaltlich gegeben — nicht selbstverständlich, sondern gesucht. Der klassische Contrapost hier ist nur eine klassizistische Scheinlösung, wie solche öfters bei Terrakotten der Diphilos-Zeit anzutreffen sind. Allerdings hat er auch bei der Hera von Samos keine klassische Ponderation. Vielmehr ist dieser neue Contrapost mit anderen außergestaltlichen Mitteln erreicht. Körper und Masse haben ihre ausschließliche Bedeutung für den Aufbau verloren, so daß ihre Einigung in der Komposition durch ein neugestaltetes Verhältnis zum Raum erfolgt, der als LichtSchatten-Kontrast »optisch« bewältigt wird. Nach wie vor wird seit dem Ende der klassischen Zeit die Statik mehr durch die Komposition als durch den Körper gewährleistet, hier allerdings wieder in seinem, im gestaltlichen Sinne. Dabei ist es ebenso bezeichnend, daß der Contrapost nach der Aufgabe des das 3. Jahrhundert v. Chr. kennzeichnenden Blockzwangs neu begegnet, wie daß er in der Folgezeit nur bei klassizistischen Werken wiederkehrt. Dem entspricht schließlich auch, daß im hochhellenistischen Zeitalter des 2. Jahrhunderts, soweit es nicht retrospektiv gerichtet ist, eine Idee verschwindet, die wie die des Sophokles-Typs ursprünglich noch vom klassischen Contrapost ausging. Übernommen von der myrinäischen Tradition verschwindet ein Typ, der zu den bedeutendsten und wandlungsfähigsten des 3. Jahrhunderts gehört, doch zu dem Zeitpunkt, in dem die tanagräische Fabrikation aussetzt. Dies hat offenbar seinen Grund nicht darin, daß die tanagräische Fabrik aufhört. Vielmehr hört sie jetzt wohl auf, weil ihre Erfindungen noch im Klassischen wurzeln, z. B. im klassischen Contrapost. Wir werden sehen, daß auch die letzte Tanagräerin nur die letzte Konsequenz eines klassischen Typs darstellt. Insofern erscheint das gesamte 3. Jahrhundert, wie es sich in der Welt der Tanagräerinnen und ihren Imitationen in Kleinasien, Ägypten, Italien u. a. T manifestiert, als retrospektiv. Da erhebt sich denn die Frage: Wenn der Sophokles-Typ noch im Klassischen wurzelt, wie konnte er dem hellenistischen Stilwollen entsprechen, wo erscheint er zum ersten Male verfremdet? — Das führt uns auf eine genauere zeitliche Einordnung auch im Vergleich mit der Großplastik. Die zweite Berliner Fassung2 ist von Hörn zwischen Aischines und die Tyche von Antiocheia gesetzt worden, zwischen 315 und 2963. Wir können das nur für die erste Fassung dieser (ersten) Abwandlung des Sophokles-Typs im Pariser Exemplar annehmen4. Die Tendenzen des strengen Aufbaus des ersten Viertel des 3. Jahr1

: Vgl. W. II, ii, 6. Köster, Tf. 42. 3 Siehe Hörn, S. 2 i f . ; zur Tychc vgl. die Budapester Fassung: siehe uns. Tf. 553; vgl. R. E. VI, Sp. 1532, s. v. Eutychides (C. Robert). * s. uns. Tf. 5d.

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II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

hunderts, wie sie in der Großplastik durch die Nikeso von Priene und den Demosthenes1, im Bereiche unseres Terrakottentyps in den Exemplaren von Sciatbi und Ibrahimieh feststehen, mußten erst dazu kommen, den merkwürdig gegensätzlichen Stil des 2. Berliner Exemplars zu ermöglichen. Innerhalb eines rechteckigen Liniengerüsts dominieren hier maniriert gegebene Schrägfalten. Sie dienen der Betonung des Volumens, um das sie den Blick führen sollen, entgegen den Absichten, wie sie etwa auf der Stufe des Demosthenes für die Terrakotten eine Figur aus Hermione in Nauplia vertritt 2 . In der Tat ist es ja hauptsächlich die größere Fülle, die die Berliner Terrakotte von den eben angeführten Werken des i. Viertels des 3. Jahrhunderts unterscheidet. Aber von diesem Gesichtspunkt aus erhalten nun wieder die Schrägen auch die Bedeutung, das Volumen und den drängenden Körper zusammenzuhalten (darum nicht waagerechte, sondern schräge »Klammern«). Aus der Rundplastik gibt uns sehr wahrscheinlich ein Datum dafür die Nikokleia von Knidos im British Museums. Im Vergleich mit der Nikeso von Priene ergeben sich dieselben Kriterien zur Unterscheidung. Dabei läßt sich zunächst darüber streiten, welche Erscheinung tektonischer und welche organischer wirkt: körperlicher die Nikeso, körperhafter die Nikokleia. Bei der einen wird der Blick in einem Strahlenzentrum von Linien auf der Figur gefangen, ähnlich wie beim Sophokles Ibrahimieh und auch bei der Figur der Arsinoe-Kanne. Bei der anderen wird das Auge um ihre Ganzheit wie um eine Achse herumgeführt durch Faltenzüge, wie sie auch schon beim Sophokles Hadra die Betrachtung lenken. — Plastizität ist gleichsam zerlegt, zwiespältig, nicht einem Werk einer Zeit gegeben, sondern verteilt, verzettelt, auf verschiedene Gelegenheiten. Es ist so, als ob Plastik in diesem Jahrhundert neu erobert werden solle. Da ist es wichtig, daß bei der Nikokleia das abstrakte, tektonische Liniengerüst der Nikeso gefallen ist, daß sie ganzheitlicher erfaßt, stärker nach Art eines Organismus zentralisiert erscheint. Die Linien sind wieder untereinander verbunden, von innen her regiert. Die Bewegung ist von außen wieder mehr nach innen verlegt, weniger in Spannungen zerlegt als von Spannung erfüllt (Bewegung im Kopf). Der Formwert des Blocks, der vor allem in seiner kubischen Gliederung und flächigen Begrenzung liegt, erscheint schon gemindert, beruht nurmehr auf der Wucht eines Volumens von einheitlich runder (Klotz)-Form, — eines Baumstammes mehr als eines Steinblocks4. Daß die Wandlung des Formideals wirklich einem stärker organisch empfindenden Geschmack verdankt wird, darüber belehrt uns die Zwischenzeit. Mit einer Auflockerung des Aufbaus zugunsten stärkerer Betonung des Körpergefühls ist ja schon seit der Zeit der Arsinoe-Kanne zu rechnen. Auch sie gibt uns einen Hinweis auf eine stärkere Gestaltung des Volumens, aber eben zunächst mehr des im Gewand 1

Vgl. Hörn, S. 3ff., z+l. » Siehe uns. Tf. n f ; zum Typ vgl. W.II, 8u. 9; vgl. München, Samml. Loeb, Sieveking, I, Tf. 39. Aehnlich die Figur aus Hermione: Dcltion 1920/21, S. 71 f., Nr. 22, Abb. 6 (Aetolicn). 3 Siehe uns. Tf. 523; Cat. II, 1301; s. vorl. Arb. S. 165ff. 4 Dem entspricht auch die Gegenüberstellung der Nikeso von Priene und der Hera von Samos, s uns. Tf. 550 u. b.

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andrängenden Körpers als der gesamten Erscheinung. Solche Auffassung herrscht dann auch tatsächlich an den Giebelfiguren von Samothrake und noch der Figur der Berenike-Kanne vor. Dieser führenden Tendenz der Zeit um die Mitte des 3. Jahrhunderts arbeitet eine andere jüngere entgegen, die wieder mehr im alten Sinne den Block betont und die neue Bewegung nur im Gesamtvolumen anerkennen möchte. Sie ist gesichert durch Hadra und auch schon die Sitzfigur vom Giebel in Samothrake. Aber auch von der Aristonoe aus Rhamnus 1 zur Komodia von Thasos2, die beide nach den Buchstabenfonnen ihrer Weihinschriften in die i. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gehören, scheint noch eine Entwicklung zu gehen, die auf eine Zunahme des Gefühls für den Wert der Masse deutet und zwar bei einem von Teilbewegungen stärker aufgelockerten Formenaufbau. Freilich spricht auch die verschiedene Stärke von Künstler und Landschaft in den Formen. Aber man kann über diese beiden Unterschiede hinwegsehen. Denn sie bedeuten in dieser Zeit im Grunde mehr ein Qualitätsurteil, das typische Geltung beanspruchen kann. — So lassen sich in der Tat viele gemeinsame neue Züge bei Aristonoe und Komodia feststellen, die bei der jüngeren Figur in Steigerung geformt erscheinen: Hierzu gehört ein freieres Verhalten dem Raum gegenüber, obschon die Fesseln des Liniengerüsts nicht so sehr gesprengt als abgenommen sind und die Körper zunächst mehr in labile als in aktive Bewegung geraten. Dafür ist der Mangel eines energischen statuarischen Motivs charakteristisch (sei es Contrapost, sei es Stütze), von dem die gesamte Erscheinung wirklich regiert ihrerseits einheitlich wirksam wäre. Vielmehr sind bei der Komodia schon ähnlich wie bei der Eilenden vom Giebel in Samothrake Gewand (genauer: Obergewand) und Körper wie auseinander getreten. Auch in Einzelheiten, wie in der Bildung des Mantelwulstes und in den frei herabhängenden und durchhängenden Falten, sind die beiden Statuen von Rhamnus und von Thasos dem Grade nach verschieden. Von wesentlicher Bedeutung aber für die zeitliche Anordnung der beiden Figuren ist es, daß bei der Aristonoe die Einheit der Raumschicht, die Flächigkeit noch weniger durchbrochen ist; aber auch, daß beide nach der Art, wie die meisten Falten auf einen bestimmten Punkt oberhalb der Hüftlinie zugeführt sind, noch nahe Beziehung zur Kompositionsweise der vorigen Epoche an den Tag legen. Wenn dann in der folgenden Epoche in Hadra anscheinend wieder auf Formen zurückgegriffen wird, wie auf die der ersten — Pariser — Abwandlung des SophoklesTyps, werden wir bei der erstarrten Bildung am 2. Berliner Exemplars die starken Entsprechungen ihrer schrägen »Gewandklammern« nur als die letzte Anstrengung den Körper zu bannen verstehen. Ihre Übertriebenheit ist Schwäche, nicht Stärke und das zukunftsreiche Element die Torsion, wie sie eigentlich in der Pariser Fassung schon in der Gegenbewegung immanent gegeben war. Wenn entsprechend der stärkeren Aktivität in der Bewegung auch das Volumen angewachsen ist, werden wir darin dieselbe Wechselwirkung erkennen, die sich in den beiden Leukon-Terrakotten 1

Siehe Eph. Arch. 1891, Tf. 5; vgl. Hörn, S. 20, 36, no. 24; vgl. vorl. Arb. S. 150. i Köster, Tf. 42.

i Siehe uns. Tf. 53/54; vgl. Hörn, S.

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II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

und dann noch in den beiden Philopator-Kannen (im Extrem unter sich gleichzeitiger Möglichkeiten) nur stärker dem Ende im offenen Zwiespalt nähert. Dem 2. Viertel des Jahrhunderts gegenüber beherrscht eben das 3. wieder eine Tendenz zu festeren Formen (Nikokleia), während dann das letzte die Lösung oder Auflösung bringt. Zu ihm mag die Terrakotte aus der Kyrenaika in Madrid überleiten1. Dabei ist interessant, daß in der Provinz Kyrene, deren koroplastischer Stil von griechischen, alexandrinischen und großgriechischen Einflüssen in seiner Selbständigkeit bedroht ist, eine besonders zwiespältige Bildung entsteht. Der alten, runden ersten Umgestaltung des Typs ist eine stärkere Flächenansicht auferlegt, wie in Myrina in Grab A. In Verbindung mit der Sonderbewegung des Kopfes und den eingeschrumpften Formen weist diese sie dem späten 3. Jahrhundert zu. Für die Antwort auf die Frage, warum zu bestimmten Zeiten der einen oder anderen Fassung des Sophokles-Typs der Vorzug gegeben worden ist, sind gerade solche scheinbar widersprechenden Formen wie die des Madrider Exemplars aufschlußreich. Hier könnte etwa eine Form wie die uns aus Hadra enthaltene Vorbild gewesen sein2, oder die aus Kyrene im Louvre3, die wohl noch etwas früher als die aus Hadra ist. Sehr ähnlich erscheint vor allem das Standmotiv. Die maniriert übertreibende Bildung der schrägen Faltenklammern fanden wir erst bei Stücken, wie dem späten Berliner; während wir die Schrägführung beim Sophokles-Hadra noch als neuen werdenden Zug ansprachen, zur Kennzeichnung des erstarkenden Volumens. Seine Bildung ist aber beim Madrider Exemplar schon im Schrumpfen begriffen. Dagegen erhält der Kontur eine neue Bewertung durch die gebrochene Linienführung, wie auf der Londoner Philopator-Kanne. So könnte man sagen, daß eigentlich die Wahl der ersten Fassung des Sophokles-Typs näher gelegen hätte, die in ihrem Aufbau vom Umriß der Gestalt ausgeht4. Je nachdem die Herrschaft des Konturs oder die des Volumens angestrebt ist, erscheint sonst entsprechend häufiger die Berliner oder die Pariser frühe Fassung des Sophokles-Typs. Der Erhaltungszustand, in dem er uns überliefert ist, kann demnach wohl kaum als zufällig betrachtet werden, besonders angesichts der großen Zahl, über die wir bei den Terrakotten vor allem in diesem Falle verfügen. — Von diesem Gesichtspunkt aus zeigen sich die Bildungen von Ibrahimieh 5 und von Sciatbi6 in ihrer Entwertung der frühhellenistischen Abwandlungen des Typs noch in einem besonderen Licht. Es sind Schrumpfungsformen. Die Sicherheit in der Formwahl wie in der Format wähl, die Formgesinnung ebenso wie der schöpferische Eigenwert der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts sind anscheinend gering zu achten, vor allem im Bereich der mutterländisch-griechischen Kunst, also gerade der der Terrakotten. Die Statue der Aristonoe kann ja auch fast als Kopie nach der Frau des Grabreliefs Conze Nr. 1084?, gelten zumal beide Stücke aus Rhamnus stammen8. ' Laumonier, Tf. 39, i, 8.98, Nr. 504. » Mon. Tf. A, i. 3 Tel. III, 2470. + Köster, Tf. 43 oder Berlin, Samml. Lambros; s. uns. Tf. 53.. } Mon. Tf. D z . * Mon. Tf. M 2. 7 H. 8 Diepolder, Die attischen Grabreliefs Tf. 54; Hörn, S. 20. S. Papaspyridi, Guide Nr. 833, S. 142 und Nr. 232, S. 86: vgl. vorl. Arb. S. 148.

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Die Bedeutung des Demosthenes, sein großartiger »Realismus« bleibt dadurch unangetastet. Er ist, das lehrt auch gerade sein Entstehungsdatum, das Denkmal eines rückgewendeten, entsagenden Geistes. Gerade weil er eine großartige Formgebung verleugnet, ist er bedeutend in seiner Formgesinnung. In der Welt der Terrakotten kommt es in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts zu ganz neuen Formen und auch beim Sophokles-Typ zu neuen Abwandlungen. Der Typus z. B. wird viel selbständiger verarbeitet: Sciatbi 378', wo freilich nicht mehr die Bedeutung der beiden ersten Fassungen des Typs erreicht ist. Diese gingen beide, wie wir sehen konnten, auf die Zeit vor der Jahrhundertwende zurück. Für die Pariser erschien uns eine Entstehung zwischen Aischines und Tychc von Antiocheia wahrscheinlich. Für die Berliner ergibt sich dann ein Datum der Alexanderzeit2, schon wenn wir daran denken, daß sie die erste für uns greifbare Ausprägung des Typs ist, die in Athens bereits in entfremdeter Form begegnet. Die Athener Fassung aber ist in den sich zusammenfügenden Formen und dem Einhalten in der Bewegung mit den Urkundenreliefs von 323 und 318 gut zu vergleichen«. Die obere Grenze gibt dann ohne weiteres Olynth ab (348 v. Chr.), wo sich keinerlei Hinweis auf einen ähnlichen Typ bietet. — Das soll zunächst für die Umgrenzung der Entstehungszeit des Sophokles-Typs genügen. Sein Motiv wurzelt, wie wir sahen, noch ganz im klassischen Contrapost, in der ungebrochenen Einheit von Masse und Bewegung, die auf der gegenseitigen Durchdringung beider Faktoren nach einem von der Gestalt her bestimmten Wertverhältnis beruht. Kennzeichen können dafür z. B. die voll ausgerundeten Standbeinfalten und das freibewegte Spielbein sein. Sie finden sich in der Folgezeit nie gleichzeitig zusammen, sondern verteilt auf verschiedene Gelegenheiten. Das klassische Motiv erscheint so gleichsam zerlegt. Am ähnlichsten geformt begegnet es noch bei der Figur aus Hadra, um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. Aber gerade hier erscheint das Motiv in sich zwiespältig, in Spannung und allem Anschein nach gerade nicht nach seinem Urbild geformt. Ebensowenig kann bei der Figur Sciatbi 165 5, die kaum noch abhängig vom Vorbild erscheint, von einer Einheit von Masse und Bewegung gesprochen werden. Hier, wo wir bei der geringsten Abhängigkeit vom Vorbild, bei stärkster Durchdringung der Form, die Stiltendenzen des Jahrhunderts am reinsten anzutreffen erwarten können, erhellt am besten die beispielhafte Bedeutung, die dem Gegensatzpaar von Masse und Bewegung für die Formkraft zukommt. An den beiden zitierten Urkundenreliefs des Jahres 323 und 318 v. Chr. wird für uns zum ersten Male greifbar, daß beide Faktoren zu zwei verschiedenen Tendenzen geworden sind. Daß zwischen ihnen das Verhältnis zum Raum umstritten ist, ergibt sieh aus der Geschichte ihrer Beziehung zueinander; wie es umstritten ist, aus der besonderen Stillage. Die Bewegung wird dem Raum entfremdet. Der Zwiespalt besteht noch und zwar gesteigert, zugespitzt in den beiden Figuren der Philopator-Kannen6 100 Jahre später. Auch hier erscheint beim Vergleich mit 1

Tf. 64. Nr. 165; ihre Repliken siehe Breccia, S. 120; Inventar 1553 u. 1554; siehe B. S. A. d'A. VIII, 1905, S. 89; vgl. S. 81, Fig. 31, 3. und 6. von links (i gleich 378). Vgl. vorl. Arb. S. 51. * Vgl. auch Hörn, S. 22. 3 Siehe uns. Tf. .sb. 4 Vgl. H. K. Süsserott, Tf. 9, 3 u. 4. 5 Tf. 64. 6 London, Cat. Koni. Pott. K 76, Pl, 5 u. Stuttgart, Hörn, Tf. 10, 2.

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der Folgezeit das Volumen auf Kosten der Gestaltung des Körpers überbewertet. In der Zwischenzeit ist ein Ausgleich in Spannung erreicht, bei der Figur der Berenike-Kanne1. Beide Tendenzen in ihrer Wechselwirkung haben wir an den verschiedenen Ausbildungen verfolgt, die der Sophokles-Typ im Laufe von 5 Jahrhundertvierteln erfahren hat. Dabei haben wir festgestellt, daß für das letzte Viertel des 4. Jahrhunderts eine auf Zusammenschluß der Forme.n gerichtete Tendenz führend war, die die Bewegung unterdrückte: Athen 4699; s. uns. Tf. 5 b. Paris Tel I 178; s. uns. Tf. 5 d. Sie verzichtete im folgenden ersten Viertel des 3. Jahrhunderts mehr auf eine Tiefenerstreckung des Volumens zugunsten eines linear begrenzten Aufbaus mit Rechteckformen in Auf- und Grundriß, wie an der Oberfläche: Sciatbi 157 Tf. 63 Nr. 370. Ibrahimieh Mon. Tf. D. 2. Diese werden dann im 2. Viertel aufgelockert und fallen gelassen: Myrina, Istanbul 2562; s. unsTf. 17 b. Gewand und Körper erfahren dann, jedes für sich, einen Kräftezuwachs und eine Bereicherung in Steigerung aneinander, gegeneinander: bei Hadra Mon. Tf. M. 2. durch Zunahme an Volumen. Während der Formenaufbau eine neue Festigung erhält, im Laufe des 3. Viertels des Jahrhunderts: bei Berlin Köster Tf. 42 wächst die Formkraft des bewegten Körpers: bei Sciatbi 165, Tf. 64 Nr. 378. aber nur in äußerster Anspannung, so daß im folgenden, dem letzten Viertel des 3. Jahrhunderts, beide Tendenzen übersteigert und schließlich erschöpft erscheinen: beim Vorbild von Myrina Istanbul M 2561; s. uns. Tf. 17 d. Damit sind die Möglichkeiten der tanagräischen Typenwelt erschöpft. Bei unserem Typ stellen die eine Berliner Fassung3 und die Pariser ungefähr die Extreme dar, in denen die zugrunde liegende Idee verwirklicht werden konnte: in Richtung auf die beiden führenden Tendenzen Masse und Bewegung. Die von Hadra und besonders als »Neuschöpfung« die von Sciatbi 3 bedeuten demgegenüber gewissermaßen ihre Synthese, soweit eine solche möglich war, in Spannung. Im 4. Jahrhundert wechseln beide Tendenzen miteinander ab, etwa in Jahrhundert vierteln. Im 3. Viertel des 3. Jahrhunderts werden sie dann gleichzeitig erfaßt. Dagegen wirken sie in den beiden Vierteln vorher nur nach und zwar so, daß im ersten Viertel wohl das Blockvolumen entwertet wird, daß aber die feste Form, in die es die Idee gezwungen hat, erst im 2. Viertel fällt. Demgegenüber gewinnt die Bewegung, an das feste Formengefüge gebunden, als Gegenbewegung erst mit der Zunahme an Volumen und an neuer Verfestigung gegen die Jahrhundertmitte wieder mehr Formkraft. 1

Hörn, Tf. 10, i, ca. 245 v. Chr.

:

Lambros; siehe uns. Tf. 53.

3 165, Tf. 64.

C. i b i. TYP DER »KLEINEN HERCULANENSER1N«

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Das langsame Tempo charakterisiert die unschöpferische Epoche der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts, ebenso wie die Häufigkeit von Zwischenformen in vielen widerspruchsvollen Bildungen und kleinlichen Störungszonen1. Nach unserer Darstellung sieht es nun so aus, als sei es für die Entwicklungsgeschichte des Sophokles-Typs von Vorteil gewesen, daß es zwei »Prototypen« gab: der eine noch aus der klassischen, der andere bereits aus der hellenistischen Zeit. Das heißt, es scheint, daß die durch die Urkundenreliefs von 323 und 318 bezeichnete Stilkrise, die sich zwischen die Entstehungszeiten der beiden maßgeblichen Prägungen einschob, eine fruchtbare Zwiespältigkeit bedeutete: gleichsam die Spannkraft der Polarität. Daß dem so war, läßt allein schon die große Zahl erhaltener und verschiedener Fassungen und Abwandlungen vermuten. Wir haben denn auch schon durch Parallelbeispiele den Stil des 3. Jahrhunderts als typisch zwiespältig zu charakterisieren vermeint, und fragen uns nun, ob nach der Stilkrise von 323 entstandene Typen von größerer Bedeutung für die Bildung des frühhellenistischen Stils gewesen sind. Das heißt, es ist zu untersuchen, ob uns für die Kunstgeschichte des 3. Jahrhunderts eine Typenreihe etwa mehr lehrt, die auf eine (einzige) Grundform zurückgeht, welche schon nach 320 v. Chr. entstanden ist. b) Typen aus der Zeit z w i s c h e n 325 und 295 v. Chr. i. DER TYP DER K L E I N E N H E R C U L A N E N S E R I N Der an die kleine Herculanenserin erinnernde Typ W. II, 36, i 2 ist einer der letzten, der unter den Terrakotten von Sciatbi3 vertreten ist. Auch abgesehen davon, würde man seine Entstehung, von der die Ausführung des Stückes in Sammlung Loeb I Tf. 51 nicht weitab führen kann, kaum über die Zeit des Wiederaufbaus von Theben hinabrücken 4. Die Gegenüberstellung mit der kleinen Herculanenserin 5 und dem attischen Grabrelief, das wir das letzte aus der Zeit vor dem Verbot des Demetrios nannten 6 , lehrt bei ähnlichem Motiv den Abstand vom Stil der Großplastik, der in selbstverständlicher Wahrung der Grenzen des Materials bei den Tanagrafiguren eingehalten wird. Sie ist gleichwohl geeignet, die vorgeschlagene Datierung zu erhärten. Zusammenschluß der Formen im Raum und Dichtigkeit des Volumens sind die gemeinsamen Kennzeichen, die bei der Terrakotte schon der Idee, dem Motiv nach gegeben sind. Hier ist von vornherein nicht ein Contrapost — den es zwar auch noch gibt — Ausgangspunkt für die Darstellung der Gestalt. Der Erscheinung reicher, vielfältiger (komplizierter) Gewandung gilt viel mehr das Interesse des Koroplasten. Die Funktion eines statischen Aufbaues übernehmen Falten, wie die vom Spielbeinknie fallende und die Standbeinfalten, während die Gliedmaßen selbst in ihrer Bedeutung für den Körperbau der Aufgabe untergeordnet sind, Sammelpunkte für Falten-»Strahlensysteme«7 abzugeben. Für den Eindruck des Auges z.B. erfüllen 1

London, C 263; siehe uns. Tf. 50; Hutton, Fig. 20; Sciatbi, 157, Tf. 63; auch Ibrahimieh, Mon. Tf. D2. - Siehe Anm. 4. 3 Vgl. vorl. Arb. S. 58. 4 Vgl. Hörn, S. 23f. 5 Sieveking, Sl. Loeb T, S. 34 f. 6 Conze, Tf. 153; Hörn, Tf. 5, i , S. 22)'. 7 Hörn, a. ;i. O.

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II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

beide Arme die gleiche Aufgabe als Widerstand gegen Gewandzerrungen, während für die Überlegung linker Arm und rechtes Bein statisch entlastet sind. Im Gegensatz dazu sind rechter Arm und linkes Bein hier eigentlich nur mit einer Aktion bedacht. Man kann also geradezu von einer Entwertung des klassischen Contraposts sprechen. Stattdessen interessiert in erster Linie die Dichtigkeit des Volumens, die nach außen hin vom Gewand vertreten wird, unter dem der Körper verschwindet. Seine Bewegung wird am freien Ausgreifen in den Raum gehindert. Raum wird hier vielmehr »nur in der Raum Verdrängung anerkannt«1. Zwei Exemplare desselben Typs lassen sich anschließen. London C 312 und Athen 12 647*. Die Sicherheit in der Haltung und das vorher gegebene intensive Spannungsverhältnis zum Raum sind beeinträchtigt. Hier, besonders bei der Athener Figur, treten auch wieder Konkaven im unteren Abschnitt der Erscheinung auf, die Kennzeichen des Abstandes von der Konzeption. Die ganze Figur erscheint von innen her und ihrem Wesen nach nicht erfüllt, zu dem ganz stark, wie wir sahen, ein beträchtliches Volumen gehörte, das hier verkümmert und eingeschrumpft ist. Dagegen war die durch die andere Kopfhaltung betonte Bewegung vom Spielbein her ihrem Wesen ursprünglich fremd. Die Ansichtigkeit der Figur wird durch diese leichte Veränderung über die in der ersten Fassung gegebene Rundheit hinaus aufgehoben. Gegen eine Entwertung durch solche Bewegungstendenzen scheint eine Terrakotte desselben Typs 3 die Grundformen der Erfindung in einem streng symmetrischen Gerüst bestimmender Linien zu sichern, dem sich vor allem Kopf, rechter Arm, (rechtes) Spielbein in anderer starrer Haltung einpassen mußten. Aber es wird doch auch ein Verlust an rein räumlicher Ausdehnung gegenüber Sammlung Loeb Tf. 51 sichtbar, eine Einbuße an Volumen noch neben der Erstarrung der Figur. Wichtig erscheint vor allem die Tatsache, daß ein seiner Erfindung nach bewegungsarmer Typ in der Folge gewisse Bewegungsimpulse erhält, die die Sicherheit seines Aufbaues gefährden. Diese neue Bewegung ist freilich ganz anderer Art, eine Gegenbewegung, welche den Rest klassischer Beweglichkeit, die bei Sammlung Loeb 51 unter dem Gewand zurückgedrängt erscheint, vollends aufhebt. Sie mindert aber auch die Kraft der Masse. In Sammlung Loeb 50 ist dann gewissermaßen auch die Gewandmasse zum Block erstarrt, und die Figur findet ihren Halt statt in sich in der äußeren Form eines tektonischen Gerüsts. Das heißt, die neue hellenistische formbildende Kraft des Volumens ist abhängig von einem bestimmten Spannungsverhältnis zum Körper und seiner Bewegung. Eine Überbewertung der Massenkraft ruft eine Gegenbewegung im Körper hervor, der zufolge beide Kräfte dann aufgehoben werden. Die Tyche von Antiocheia kann als Zeuge für das erste Einsetzen einer Gegenbewegung gegen die dem Körper übergeordnete Massenkomposition angeführt werden. — Schon vorher war es zu Protestformen gekommen: beim Aischines, bei der panathenäischen Amphora des Theophrast von 3I34, bei der 1

l M. Pvofak, Geschichte der italienischen Kunst II, 8.201. W. II, 36, la; siehe uns. Tf. 20a u. b. '· Slg. Loeb, TJ. 50. 4 Siehe H. Spi-icr, R. M. 1932, Tf. 25, S. 63ff.

C. i b i. TYP DER »KLEINEN HERCULANENSERIN«

;

großen Herculanenserin1. — Aus der Gegenbewegung des Gewandes gegen die klassische Körperbeweglichkeit, die selbst auf den Urkundenreliefs von 323 und 318 in gewissem Sinne gegeben war, ist dann bei der Tyche eine Umkehrung des Verhältnisses geworden. Nun erscheint die Masse und das Gewand als übergeordnet, als gegeben, der Körper in Opposition, gegenbewegt. — Die Krise ist vielleicht auf ihrem Wendepunkt angelangt in der Zeit des Aischines, des letzten Grabreliefs und der großen Herculanenserin mit ihren ganz außerordentlich gewaltsamen Spannungen. Ende der 2oer Jahre hebt anscheinend die Auseinandersetzung an, in der an die Stelle des klassischen Körpergefühls das neue hellenistische Massengefühl gesetzt werden soll. Die kleine Herculanenserin und die originale Marmorfigur in Delphi1 vertreten schon die neue Auffassung, desgleichen die Terrakotte Loeb 51. Um die Jahrhundertwende, mit der Tyche von Antiocheia, erfolgt die erste entschiedene Reaktion, die bei der Nikeso dann auch schon eine gewisse Besinnung auf körperliches Wesen bringt. Die Körperlichkeit gelangt wieder etwas stärker zur Anschauung. Die Einheit des Volumens, die Wucht des Blocks wird bei der Terrakotte Athen 12647 ähnlich wie bei der Tyche durch eine Bewegung im Körper gefährdet. Wie bei der großen Herculanenserin verläuft diese anders, als die der kubischen Form eignende Entfaltungsrichtung vorschreibt. Welchen Weg die Entwicklung weitergeht, lehrt besonders der Vergleich von Aischines und Demosthenes. Beim Aischines beruht die Komposition auf einer runden fast ansichtslosen Erscheinung in gespanntem Volumen; ihr Mangel an bildhafter statuarischer Wirkung geht aus einem Vergleich mit den Figuren auf der Amphora des Theophrast von 313 hervor, aber auch aus der Unsicherheit des römischen Kopisten *3. Beim Demosthenes ist sie entwertet, verflüchtigt. An ihre Stelle tritt ein vom Umriß bestimmtes, in Flächen festgelegtes Liniengerüst, das durch eine neu einsetzende zweite Gegenbewegung wiederum entwertet wird. Diese äußert sich hier bereits in den Spannungen über der Bauchpartie und den Abweichungen von der achsialen, symmetrischen Rechteckkomposition ·>, die z. B. die Themis von Rhamnus vertreten kann. Innerhalb etwas früherer zeitlicher Grenzen gilt dasselbe auch von einer Gegenüberstellung der kleinen Herculanenserin mit der Nikeso. Klingen bei der einen die Faltenstimmen zusammen, so wird bei der anderen ihre Einigung erst durch Parallelführungen und Zentralisation erzwungen. Scheint der Körper vorher nachzugeben und die auferlegte Form noch zu durchdringen, so sperrt er sich dann. Mitten in diese Entwicklung hinein gehört der Typ W. II, 36, i mit seinen beiden Vertretern in der Sammlung Loeb 51 und Athen 12647; dabei neigt Loeb 51 mehr zur kleinen Herculanenserin, Athen 12647 mehr zur Tyche. Die Stufe der Themis von Rhamnus, die der Nikeso von Priene im Aufbau verwandt ist« und auch nach den äußeren Anhaltspunkten eher später als früher entstanden ist, könnte dann für unsere Reihe Loeb 50 vertreten. Die Terrakotte könnte dabei nach der Maßgabe ihres 1

Vgl. Rumpf, a. a. O., S. 69; E. Pfuhl, J. d. I. 1932, S. 72f.; vgl. C. Watzinger. Gnom. 1933, S. 474!.; Süsserott, a. a. O. S. 192. » F. d. D. IV, pl. 72; vgl. Hörn, S. 20. 3 Vgl. G. Krahmor. Arch. Ert. 1927, S. 261; Hörn, S. 4. 4 Rumpf, a. a. O., S. 69.

8

II. C. HAUFfFUNDE:

noch stärker wirksamen Volumens auch noch etwas früher sein. Dafür spricht ein Vergleich mit der Athenades Urkundenreliefs von 295/4'. Von deren kerzenhafter Haltung hat sie noch mehr bewahrt. Über dieses erste Viertel des 3. Jahrhunderts hinaus ist der Typ zunächst nicht weiter zu verfolgen. Erst im 3. Viertel des Jahrhunderts begegnet er uns wieder in Sciatbi* und dann bei der zweiten Leukon-Terrakotte, die der ganzen Reihe einen besonderen chronologischen Halt gibt. Später ist er noch in Myrina in Grab A vertreten, und zwar zweimal3 und dann in Athen4. Hier kennzeichnet der Stil der Leukon-Terrakotten in einer Übersteigerung, auch in der Längung s, in der kleinteiligen Behandlung der Einzelformen und des Rhythmus, in der Schrumpfung des Volumens *4, in einer manirierten Spätform das Ende der Entwicklung. Dabei muß Athen 4938 schon um seiner hohen profilierten Basis willen der myrinäischen Spätzeit als klassizistische Nachbildung zugerechnet werden. Vom Typus W. II, 36, i ist keine Prägung erhalten, die den Stil um die Mitte des 3. Jahrhunderts vertreten könnte. Aber hier kann der uns schon aus Larisa bekannte Typ W. II, 37, 2 aushelfen6. Die Terrakotte aus Larisa selbst bestätigt dabei das für Athen 12647 vorgeschlagene Datum: noch vor 300 v. Chr. Beide Typen unterscheiden sich im wesentlichen nur in der Umkehrung des Standmotivs. Für ihren Formgedanken ist bezeichnend, daß die Körperhaltung so wenig wichtig ist, daß sie ohne weiteres solchen Veränderungen unterzogen werden konnte. Daß in der Tat vor allem das Volumen der Masse und seine Dichtigkeit beiden Schöpfungen als Motiv zugrunde liegt, erhellt dann aus solchen Prägungen, wie einer in London' aus dem 3. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. Erst jetzt scheinen die dem Formgedanken innewohnenden Tendenzen zur vollen Entfaltung gebracht zu sein. Der schon im Zusammenhang mit der Terrakotte aus Larisa betrachteten Figur in Berlin8 wird in diesem Zusammenhange ein Platz noch vor der Mitte des 3. Jahrhunderts gesichert. Der etwas kürzere Mantel könnte dabei nur als zufällige Variante erscheinen. Gleichwohl steht dahinter doch eine ganze Typenreihe. Nur wenig später, aber schon etwas runder ist eine Terrakotte aus Hermione in Nauplia'. Fast wie eine Vereinigung aller drei hier betrachteten Typen erscheint dann eine Tanagräerin aus Myrina in Istanbul10. Sie steht in jeder Hinsicht der Figur 242 aus Grab A nahe", die wir als die letzte Nachfahrin der Terrakotte aus Larisa betrachtet haben. Wie diese weist sie die Merkmale der Rückbildung auf, überschüssige Formen und hohle Stellen. Etwas weiter mag noch die Figur aus Priene in Berlin führen11. Keineswegs aber kommt dieser spätere Typus den neuen Formtendenzen mehr als etwa der Sophokles-Typ entgegen. i Vgl. Süsserott, Tf. n, i. » Mon. Tf. 44, 5, Nr. 16 s. v. Arb. S. 58. 3 Tf. 37/38, 4. u. g. 6 4 4938; s. uns. Tf. 2i a. 5 Athen 4938: 29,5 cm. A. A. 1934, SP· 4°9· Abb- 47- vg'· vor1· 8 Arb. S. 92. 7 C. 257, vgl. 0245; siehe uns. Tf. I4b; vgl. auch Hörn, S. 24, Tf. 5, 3. 6627; I0 siehe uns. Tf. i^a. 9 Siehe uns. Tf. 140. M. 2519; siehe uns. Tf. 146. " P.R., Tf, 37/38, 13; siehe uns. Tf. i4d. >» 8589; siehe uns. Tf. i 4 f ; vgl. vorl. Arb. S. 93.

G i b 2. TYP W. II, 53, i UND 5

·_>. TYP

I(X>

W. II, 53, i. u. f,

1. Berlin, Röster Tf. 45f. 2. Athen 4473; s. uns. Tf. 19 a; 0,18 m. 3. Paris Louvre, Tel III 248 a. 4. München, Sammlung Loeb I Tf. 42. Für das Berliner Exemplar läßt sich als Datum etwa das Jahrfünft 325—320 erschließen durch einen Vergleich mit den panathenäischen Amphoren im Louvre von 324—323 und von 321—320' und den Reliefs von 323 und 3182. Für diese alle kennzeichnend ist die Sonderbewegung des Gewandes, das sich vom Körper loslöst und selbständig macht und die Bewegung seiner Schwerkraft der Bewegung des Körpers entgegensetzt. Der hellenistische Zwiespalt ist hier am Werke. Die klassische Ruhe in der Bewegung ist in Unruhe gebrochen: Unentschiedenheit, Hemmung, Anhalten in der Bewegung das Thema * 5. Den frühen Terrakotten von Sciatbi gegenüber erscheint ein Zusammenschluß der Formen bei der Berliner Figur noch gar nicht angestrebt. Auch von Gegensätzlichkeit und Minderung der Bewegung wird im Vergleich zu den Reliefs hier erst wenig spürbar. Wir möchten mit dieser Terrakotte am liebsten ein schönes, wenig beachtetes Relief in Athen vergleichen 3. Dessen zweite Figur läßt sich gut dem Epistates der panathenäischen Amphora von 324 und dem Zeus Soter des Dekrets für Euphron gegenüberstellen; die erste der Frau auf der Atarbos-Basis vom Jahre 3234. Von solchen Vergleichen aus wird an der Berliner Terrakotte und den Figuren des Reliefs in Athen Nr. 3078 die noch freiere Entfaltung der Gestalt deutlich. Der Weg der Entwicklung, der von ihnen weiterführt, scheint etwa ähnlich zu sein dem vom fälschlich sogenannten Hippokrates von Kos 5 zum Asklepios von Eleusis6, der nach epigraphischen Indizien um 320 angesetzt werden kann. Um diese Zeit muß die Krise liegen, die die Entwertung des klassischen Körpergefühls und die Überbewertung der Zweiheit von Körper und Gewand heraufbeschwört. Unter der Nachwirkung dieser Krise steht schon die Terrakotte in Athen 4473, vor allem aber die aus Alexandria im Louvre *?. Diese ist etwa der Sciatbi 166 vergleichbar7. Demgegenüber wirkt die in Sammlung Loeb aber wie eine neue Schöpfung: reich bewegt, freilich nur an der Oberfläche, im Gewand. Der Körper ist einer Blockform von rechteckigem Auf- und Grundriß untergeordnet. Die Gestalt der Athener Terrakotte behauptet ihre Formen noch in möglichst geringer aber doch allseitiger Ausdehnung, verzichtet allerdings auf einheitliche Formung des Umrisses. Die Erscheinung der Figur Loeb dagegen ist neu gesichert in wieder stärker bewertetem Kontur, aber unter Verzicht auf Tiefenerstreckung, auf Raum, ähnlich wie die Nikeso von Priene. Im ganzen ergibt sich etwa eine Parallele zum Typ W. II, 48, 2. Dabei scheint die Athener Figur 44738 älter zu sein als Sciatbi i6iA London C. 264'° aber ist noch in 1

C. V. A., Louvre III, Hg., pl. 6, 6 und 6, 7; siehe H. Speier, R. M. 1932, S. g$i., S. 61. - Siehe Speier, a. a. O., Tf. 29, i u. 3, S. 94; H. K. Süsserrott, Griechische Plastik des 4. Jahrh. vor Chr., Tf. 9, 3 u. 4, S. 64! 3 Nat. Museum, Svor. 30785, Tf. 201. 4 Hörn, Tf. 4, l, S. 16; W. H. Schuchhardt, Die Antike 1936, S. looff., Abb. i6f.; Süsserott, a.a.O., S. 66 m. Anm. 124; dazu Anm. *6. fl ' Cl. Rhodos \, 2 Tf., i f f . , S. 71 ff. Deltion 1924/25, S. l o ^ f f . ; Hörn, S. oft. ^ Tafel 65. 8 Siehe uns. Tf. 193. 9 Tafel 64. «> Siehe uns. Tf. i.

I 10

II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

sich einheitlicher und darum früher — mindestens der Konzeption nach1 — als Berlin*. So läßt sich etwa folgende vergleichende Tabelle aufstellen: W II. 48, 2 W II., 53 330 — London C. 264 320 Berlin Röster Tf. 45f.. 320 — 300

Sciatbi 161 Tf. 64

300 — 280

Athen 4472.

Athen 4473 Louvre Tel III, 248 A Loeb Tf. 42

Ob von der Abwandlung in Sammlung Loeb neue Nachbildungen des Typs ausgehen konnten, erscheint ebenso fraglich wie bei Athen 4472. Jedoch ist allem Anschein nach eine erhalten 3. Sie hat denselben länger heruntergezogenen Mantel und Mantelzipfel. »Lebhaft bewegt komponiert«4, aber doch kraftlos und formlos: deutlich eine Spätstufe. Ähnlich wie bei einem anderen Typ sich die Berliner Figur 5 zu einer Londoner vom selben Typ verhält6, steht die Terrakotte der Sammlung Loeb 58 der für uns ersten Fassung dieses Typs in Berlin gegenüber. Für den Vergleich ergibt sich jedoch ein wesentlicher Unterschied. W. II, 50 hat das gelockerte Verhältnis von Körper- und Gewandbewegung nicht mehr zum ursprünglichen Gegenstand. Ihr Gegensatz ist schon von vornherein in der Form zu bannen gesucht. Die Folge dieser Verschmelzung einander jetzt entgegengerichteter Kräfte ist der eigentümlich gebrochene Rhythmus im Aufbau, der schon an die große Herculanenserin erinnert. Aber im Vergleich mit dieser fehlen noch eigentliche Protestformen. Die Faltenstimmen klingen noch mehr zusammen, die Faltenzüge werden ohne Gewaltsamkeiten von organisch körperhaft bestimmten Punkten her gesammelt. — Gegenüber dem Sophokles-Lambros in Berlin freilich ist die Minderung der Körperbewegung, die Verselbständigung der Gewandung deutlich. Ein Ansatz um 320 ist nach allem wahrscheinlich, auch bei einem Vergleich mit dem in diese Zeit gehörigen Asklepios von Eleusis7. Für die Berliner Fassung des Typs hat R. Hörn8 an die Gallier-Gruppe Ludovisi erinnert. Die ausfahrenden Linien zeugen von innewohnender Gegensätzlichkeit, aber die Formkraft, die die stilistischen Tendenzen zum Ausdruck bringt, erscheint auch im Vergleich mit der letzten Tanagräerin z. B. ungleich schwächer. Gegenüber dem Typ der kleinen Herculanenserin? bewahrt die Reihe, die sich für den zuletzt betrachteten Typ W. II, 50 aufstellen läßt, freilich eine stärkere Kontinuität, weil das Körpermotiv noch wirksamer ist: London C. 295 Tf. 27; s. uns. Tf. 22a letztes Viertel 4. Jahrhundert v. Chr. Marseille, Musee Borely 1093, s. Photo Giraudon 16340 r. i. Viertel 3. Jhh. 1

Vgl. Samml. Sabouroff II, Tf. 107. * Köster, Tf. 45! 3 Sammlung Loeb I, Tf. 58. 6 4 Sieveking, a. a. O. im Text, S. 38. S W. II, 50; Köster, Tf. 50; Hörn, S. ^i., Tf. 12, 2. C. 295; 8 siehe uns. Tf. 223. 7 Deltion 1924. 25, S. losff.; Pin. II. Eik 1.2. S. 4;f. 9 Loeb, Tf. 51.

C i b z . TYP W. II, 53,

UND 5

III

London C. 215 Tf. 28, Hörn Tf. 13, i; von Hörn S. 46 in falschen Typenzusammenhang gebracht: nur der von der rechten Hand zur linken Schulter führende Mantelsaum erscheint als Falte umgedeutet, weil der Mantel über den Kopf gezogen ist. — Beginnendes 3. Viertel. Berlin, Köster, Tf. 50, Hörn Tf. 12, 2. — Ausgehendes 3. Viertel. Palermo, aus Solunt;v.K6kule",Die antiken Terrakotten, Sizilien Tf. 32, 2 S. 70: aus einem wie es scheint ins 3. Jahrhundert datierten Grabe. Die Fassung abhängig von einer solchen wie sie für London C. 215 vorlag; s. auch Photo Palermo Nr. 174. — Letztes Viertel 3. Jahrhundert. Vgl. Anm. *8. Beim Typ W. II, 53, i und 5 scheint sich die Terrakotte Sammlung Loeb 58 entgegen der Gewohnheit noch an eine verhältnismäßig späte leere Fassung anzureihen, nämlich Loeb Tf. 42. Doch zeigt gerade die Deformation bei Sammlung Loeb 58 an, daß mit gutem Grund hier von einer Ausnahme gesprochen werden kann. Daß eine solche Form wie die Sammlung Loeb Tf. 42 wandlungsfähiger ist, als aus derselben Zeit für den Typ W. II, 48, 2 die Athener Abwandlung 4472', erklärt die geringere Bedeutung der Symmetrie für die Erfindung. Die Richtungskontraste des kommenden Stils ließen sich hier leichter zum Sprechen bringen. Bedeutender im Sinne des Stils der 2. Jahrhunderthälfte erscheint demgegenüber aber die Fassung des Typs W. II, 53, i und 5 in London C. 250*. Auch im Vergleich mit ihnen ist für die Figur Sammlung Loeb 58 eine Sonderstellung zu fordern. Allgemein scheint vielmehr zu gelten, daß aus den stark bewegten Vorbildern die neuen Spannungen geformt werden, denen der hochhellenistische Stil entwächst, daß der schon geminderten Körperbewegtheit bei Prägungen wie denen von Sammlung Loeb 42, 51 und London C. 295 nicht die Zukunft gehört. — Es wird dabei deutlich, daß in den Formen der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts Spannungen aufgesucht, vereinfachte Formen gegensatzreicher gemacht werden. So mag es zu verstehen sein, daß die meisten tanagräischen Typen auf die Zeit der Stilwende zurückgehen oder die kritische Zeit unmittelbar davor, d. h. jene Epoche, in der die Lockerung in der Beziehung von Körper und Gewand einheitliche Formung meist verhindert, eine noch reiche Bewegung aber eine Steigerung der Gegensätze ermöglicht. Die Kunst dieser Periode bot die hellenistischen Elemente gleichsam noch ungeformt im Rohstoff. Dafür ist gerade der Typ W. II, 53, 5 in der Berliner Fassung ein gutes Beispiels. Die Figur erscheint wie eine Vorahnung des Mädchens von Antium. Alles in allem genommen bleibt aber wohl der Reichtum der Form des Sophokles einzigartig in der Wandlungsfähigkeit wie in der Stetigkeit seiner Entwicklung. Er ist vielleicht der früheste und der echteste tanagräische Typ der Alexanderzeit. Nur bei wenigen der etwas späteren Typen scheint es so, als sei bei geringerer Formtreue und Wahrung des typischen noch etwas mehr Möglichkeit gegeben den neuen Stildurchbruch am Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. zu formen. Das gilt z. B. vom Typ der letzten Tanagräerin, W. II, 43. Seine Ausgangsformen erinnern ebenso wie seine Endformen an die des Typs W. II, 53, i und 5. So ergibt sich für beide Reihen eine Sicherung. : Siehe uns. Tl. -je u. il. Hörn, Tf. 14, 3, S. 45. 3 Köster, Tf. 45f., für uns die erste Fas, die in der Tat aber auch kaum eine Verfremdung der Idee verrät.

112

. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA 3. DER TYP DER „LETZTEN T A N A G R Ä E R I N "

W. II, 43.—Zum Motiv des »krampfhaften Anpressens« des rechten Arms, vgl. H. Speier R. M. 1932, S. 85. 1. Es fehlt ein der Erfindung noch näherstehendes Exemplar. 2. Athen 4700; 0,195 m; s. uns. Tf. 190. 3. Wien Museum f. Kunst u. Industrie Nr. 39; s. uns. Tf. 19 d; vgl. dazu K. Masner, Tf. X Nr. 795». 4. Odessa, E. v. Stern, Das Museum usw. Terrakotten I, Tf. 8, i aus Theodosia. 5. Istanbul M. 2521 Tf. n, 5 aus Myrina, s. uns. Tf. I7a; vgl. vorl. Arb. S. 89. 6. Istanbul M. 2522 s. uns. Tf. 15 d aus Myrina. 7. Berlin 8224 Köster Tf. 44; s. uns. Tf. 196. 8. Schimatari (Tanagra) Museum, s. uns. Tf. I9f.; vgl. vorl. Arb. S. 98. Die Athener Figur (2) muß noch den Terrakotten von Sciatbi vorangehen. Sie steht ihnen in der Erstarrung der Bewegung nahe, die Formen sind aber noch nicht derart zusammengeschrumpft. — Das Urbild wird Berlin 6692 ähnlich gewesen sein*: mit dem mehr ausgreifenden Schritt, aber doch einer Bewegung, die schon mehr zum Halten kommt. Danach ergibt sich als Datum für die Entstehung der Grundform entsprechend wie bei Berlin 6692 die Zeit gegen 320 v. Chr. Zu Anfang des 3. Jahrhunderts geht die Entwicklung ähnlich wie bei Berlin 6692 zu einer Neuprägung über, wie sie die Wiener Figur (3) ganz entsprechend der Münchner aus Sammlung Loeb3 darstellt. — Neue Bewegungsantriebe machen sich schon bei der Odessaer Figur geltend (4). Sie sind bei der Tanagräerin aus Myrina weiter entwickelt (5). Eine stärkere Rundung und Formenfülle bahnt sich hier im Sinne der 2. Jahrhunderthälfte an. Die andere Tanagräerin aus Myrina bringt dann auch die stärkeren Spannungen des 3. Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr. Dabei tritt sogar durchscheinendes Gewand auf (6). Demgegenüber lassen die beiden folgenden Tanagräerinnen auffallend wenig durchscheinendes Gewand erkennen (7 u.8) 4. Gleichwohl sind diese beiden Figuren später als die Myrinäerin (6). Die Spannungen des 3. Jahrhundertviertelshaben zu einer gewaltsamen Lösung geführt, die den Zwiespalt von Masse und Bewegung wieder unüberbrückt hervortreten lassen. Das Krisenhafte der Bildung ist deutlich; ebenso ist verständlich, daß diese Krise das Ende der Tanagrafigur bedeutet. Mehr als beim SophoklesTypus kommt hier bei einer Form, die schon aus dem Gedanken des hellenistischen Zwiespalts geboren ist, der Stil des späten 3. Jahrhunderts v. Chr. zum Durchbruch, mehr aber auch als beim Typus der kleinen Herculanenserin. Um so weniger ist eine Weiterentwicklung vorstellbar, wie es denn auch keine späten, dem Sophokles Istanbul 2561 entsprechenden Nachbildungen dieses tanagräischen Typs gibt. Schon die angeführten Beispiele von tanagräischen Typenreihen bestätigen, daß die Möglichkeiten der Tanagrafigur mit dem späten 3. Jahrhundert v. Chr. in der Tat erschöpft sind. Selbst in der Großplastik liegt am Ende dieses Jahrhunderts eine Krise, die die Bedeutung eines Abschnittes hat. Sie fällt mitten in die Zeit des großen attalischen Weihegeschenks in Pergamon, das nach den historischen Er1

Die Aufnahme wird der Freundlichkeit von H. v. Kenner verdankt. " I. Tf. 42. ^ Vgl. vorl. Arb. S. 172.

:

Köster, Tf. 45 f.

C i b 3 . TYP DER »LETZTEN TANAGRÄERIN«

113

eignissen und den sie feiernden Denkmälern nicht vor 225 v. Chr. errichtet sein kann. G. Krahmer hat zum ersten Male die Bedeutung dieser Stilkrise erkannt und am Unterschied des sterbenden Galliers und der Gruppe des Galliers und seines Weibes aufgezeigt1. Ganz gleich, ob das große Rundmonument aus dem AthenaHeiligtum von Pergamon mit diesen Gallierdarstellungen in Zusammenhang zu bringen ist oder nicht 2 , der Buchstabencharakter seiner Inschrift läßt es nicht von den Anathemen trennen, die nach 226 v. Chr. errichtet sind 3. Andere pergamenischc Denkmäler mit Inschriften früherer Zeit, die auf diese Gallier zu beziehen wären, gibt es nicht. So spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß diese Statuen in die Zeit der Wende vom dritten zum letzten Viertel des Jahrhunderts gehören. So groß der Abstand zwischen einem der bedeutendsten Denkmäler der hellenistischen Kunst und einem Dutzendwerk der Koroplastik auch sein mag, so läßt sich doch an beiden das Gemeinsame aufzeigen, das seine Wurzel im Wollen der gleichen Zeit hat. Von dem von Krahmer hervorgehobenen »pyramidenförmigen Aufbau« bis zur Wendung des Kopfes haben der Ludovisische Gallier und die Tanagräerin aus Schimatari (8) viel vergleichbares·». Vor allem für den, der die Kunstgeschichte der vorangehenden Zeit vor Augen hat und die Entwicklung bis zu beiden Werken hin verfolgt, springt der gleiche Zeitstil heraus. Die beiden die Gestaltung der 2. Jahrhunderthälfte bestimmenden gegensätzlichen Kräfte, die aus dem Drang der Bewegung und dem Zwang der Masse hervorgehen, sind am gegenseitigen Widerstande gewachsen. Der innre Zwiespalt hat jetzt einen Durchbruch mehrerer Achsen verursacht, die in der Komposition kulminieren, die Plastik des unteren Blockes aber nicht zersetzen. Im Unterschied zum »zentrifugalen Stil« 5 des 2. Jahrhunderts wird vielmehr eine bestimmte aufwärts gerichtete Bewegung im Aufbau beibehalten die kein »Zergleiten6« der Form duldet, wie es für das 2. Jahrhundert so charakteristisch ist. Von der um die Mitte des 3. Jahrhunderts einsetzenden Torsion wie von der schon in der Zeit der ArsinoeKanne wirksamen Gegenbewegung her, nehmen die jetzt hervorbrechenden Bewegungen ihren Ausgang. Sie vereinigen sich in der Gegend der Hüfte, wo selbst bei der Nikeso ein Kompositionszentrum lag, das die Gliederung des Körpers auch an der Oberfläche des Gewandes nicht verleugnen konnte. Die Gegenbewegung in der Horizontalen oberhalb der Hüftlinie und die vom Spielbein her hochdrängende Drehbewegung münden gewissermaßen in der Komponente: in einer divergierenden kürzeren Achse, die in der linken Hand endet. Zu dieser stellt dann die noch kürzere des schroff gedrehten Kopfes den Ausgleich durch Gegengewicht her. Im Gegensatz zum 2. Jahrhundert sind selbst diese Kompositionsachsen auf die eine innere Massenachse der kubisch-plastischen Form bezogen. Sie treten wie besondere Abzweigungen nur im oberen Drittel hervor, während die Hauptmasse des Ganzen in beiden Ansichten, Seiten- wie Vorderansicht, sich gleichmäßig nach unten verbreitert. In der Dichtigkeit der Masse, die selbst das Eindringen von Licht 1

Zuletzt, allerdings in Übertreibung, N. G. G., N. F. i, 1936, S. 22ji. * A. Schober, R. M. 1936, S. 104«., infi. 3 A. v. P. VIII, i, Nr. 20, Z i f f . ; siehe uns. Tf. 60. 4 G. Krahmer, Arch. 6 Ert. 1927, S. 268; vgl. R. Hörn, R. M. 1937, S. 145^. 5 G. Krahmer. E. Buschor.

114

c

HAUPTFUNDE: TANAGRA

und Schatten verhindert, werden bei der Terrakotte noch wie bisher die Tendenzen des 3. Jahrhunderts v. Chr. beibehalten. Die Auflockerung auch nur an der Oberfläche, die die Darstellung des durchscheinenden Gewandes im Licht- und Schattenwechsel brachte, ist dabei von den echten Tanagrafiguren viel mehr als von ihren myrinäischen Nachahmungen vermieden worden. Sie gehört offenbar zu den untanagräischen Neuerungen. In einer im Sinne des ausgehenden 4. Jahrhunderts v. Chr. abgeänderten Fassung begegnet derselbe Typus bei einer Terrakotte in Frankfurt a. M. im Liebighaus1. Der im Urbild der vorangehenden Reihe wirksame Zwiespalt, der die Bewegung von Körper und Gewand in Gegensätzen auseinandertreten ließ, erscheint hier in Spannung überbrückt, ähnlich wie beim Typus der kleinen Herculanenserin. Im Vergleich zu dieser ist die Form aber spannungsreicher, im Vergleich zu den Sciatbi-Figuren jedoch weniger starr. Mehr als bei der Figur Sammlung Loeb 51 sind Ober- und Unterkörper in Gegensatz gestellt, und zwar schon im Sinne einer Gegenwirkung von Breiten- und Tiefenentfaltung, wie sie das Bild der Tyche von Antiocheia beherrscht2. Wohl regt sich hier etwas von einer Gegenbewegung, aber es ist doch auch deutlich, daß sie die Geschlossenheit der äußeren Form noch nicht gefährdet. Die Beziehung auf eine Mittelachse erinnert bereits an Sammlung Loeb 50, aber die Oberfläche liegt ungleich fester angespannt über noch stärker verkörperter Bewegung. Die Art, in der das Gewand ganz unstofflich den Körper wie einen Panzer umschließt, gemahnt noch an das letzte Grabrelief. In solcher Oberflächengestaltung drücken sich entsprechend dem Mangel an ausgreifender Bewegung garadezu raumfeindliche Tendenzen aus. Daß dem so ist, wird durch den Gegensatz zur vorangehenden Epoche deutlich, für die selbst noch der Typ W. II, 43 zeugen kann. Sogar in der Abänderung des Motivs spricht sich hier bei der Frankfurter Terrakotte das einseitige Interesse aus, das in dieser Zeit der äußeren Erscheinung gilt und besonders dem Gewand als ihrer Hülle. Gegenüber Sammlung Loeb 51 erscheint das Gewand wie im Ausgleich zu der stärkeren Bewegung des Spielbeins mit schwereren Faltengehängen versehen. Im Verhältnis der Flächen, die angespannt über dem Körper liegen, zum Fall der Säume werden dabei im Mantel Kontrastwirkungen hervorgehoben, wie sie ähnlich in der Drapierung von Ober- und Unterkörper wiederkehren. In gewissem Sinne kommt also selbst hier die Gegenbewegung zum Austrag. Auch darin ist die Figur vergleichbar der Tyche, bei der über dem Oberkörper der Mantel straff angespannt ist, während das Kleid um den Unterkörper in schweren Falten schwingt. So mag sie wie diese der Zeit um die Jahrhundertwende angehören. Wie der Typus in der zweiten Jahrhunderthälfte fortgesetzt wird, dafür haben wir schon ein Beispiel aus Myrina in Istanbul kennengelernt 3. Eine Londoner Figur schließt sich an 4. Als Nebenformen mit anderem Mantel können Athen 43945 und die auch schon genannte Figur aus Myrina in Istanbul M. 25446 das Bild bereichern 1

Hörn, Tf. 24, i; S. 66. 4 €.258; s. uns. Tf. 240.

' Hörn, S. 2$i.; vgl. uns. Tf. 553. 5 S. uns. Tf. lob. * S. uns. Tf.

3 M. 2520; s. uns. Tf. 170,

G i b 3 TYP DER »LETZTEN TANAGRÄERIN«

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und erweitern, ohne daß sich mit Bestimmtheit etwas über den Typenzusammenhang sagen ließe. Das gilt grade für Athen 4394, die noch in die Zeit vor der Mitte des 3. Jahrhunderts gehört. Sie zeigt die für das 2. Jahrhundert viertel charakteristische Auflockerung der Form. So hängt z. B. der von der rechten zur linken Hand Hand sonst gespannte Mantelsaumrand hier durch. Istanbul 2544 ist aber wohl von einer solchen Prägung abgeleitet. Varianten mit umgekehrtem Standmotiv stellen eine Figur aus Pantikapaion in Odessa1 und die Pudicitia aus AlexandriaHadra* dar. Allen den angeführten Nachfahren der Frankfurter Terrakotte ist die Rundung gemeinsam, die jene Flächenansichtigkeit aufhebt, wie sie in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts das Bild beherrscht. Erst jetzt bildet sich die eigentliche hellenistische Form des Volumens heraus. Eine Abschwächung davon bringt im Sinne der Figuren aus Grab A in Myrina die Dresdner Myrinäerin, die schon R. Hörn neben die Tanagräerin aus Frankfurt gestellt hat 3. Sie hat das umgekehrte Standmotiv und einen höher erhobenen linken Arm. Wichtiger als die Entscheidung darüber, ob diese Figur von einem solchen Typus abhängt, oder nicht, ist die Tatsache, daß diese Frage überhaupt gestellt werden muß. Das Uritanagräische beherrscht den Eindruck. Unweit der Frankfurter Terrakotte muß das Urbild der Pariser Tanagräerin aus der Sammlung Rayet entstanden seint. In Entsprechung zum Typ von Loeb 51 könnte man den hier vorliegenden 5 den der großen Herculanenserin nennen. Die Pariser Form entfernt sich bereits beträchtlich vom Urbild. Sie läßt schon das Einsetzen der Torsion erkennen, deren Darstellung das Motiv der verschränkten Arme besonders entgegenkam. Auf der Höhe des 3. Viertels des 3. Jahrhunderts steht dann in dieser Reihe die Berliner Terrakotte aus Eretria(?) 83846. Ursprünglich ist bei diesem Typus der linke Arm vielleicht nur einfach gesenkt gewesen. Bei den genannten Exemplaren verstärkt er den Eindruck der Torsion dadurch, daß er parallel zum rechten Arm bewegt den Mantelsaum ergreift. Bei der Berliner Figur ist dann noch das Faltendreieck verschwunden, das sich vom linken zum rechten Unterarm spannt. Dadurch wird die Gegenbewegung von Ober- und Unterkörper aufgehoben zugunsten einer Steigerung der Torsion. Vielleicht war das Urbild einem verwandten aber älteren und weniger spannungsreichen Typus noch ähnlicher?. In einer Berliner Terrakotte wird er noch verhältnismäßig getreu verkörpert8. Daß seine Entstehungszeit nicht zu spät angesetzt werden darf, beweist eine sehr starre Nachbildung aus Sciatbi?. Der zeitliche Abstand kann nicht zu klein vorgestellt werden. Dazu sei noch bemerkt, daß es sich auch aus diesem Zusammenhang ergibt, daß die Sciatbi-Figuren kaum viel vor 300 v. Chr. angesetzt werden dürfen. Wie dieser Typus von der neuen Bewegung um die Mitte des 3. Jahrhunderts erfaßt wird, zeigt eine Figur in Athen10. In der labilen Haltung, vor allem in dem ge1

J E. v. Stern, Das Museum a. a. O. II, Tf. 7, l. Le Musee, 1931/32, Tf. 4, 15; s. vorl. Arb. S. 64. 3 Tf. 24, 2. 4 Paris, Inv. M. N. B. 586, s. uns. Tf. 25a/b; 0,27 m h. 5 W. II, 42, i u. 5. 6 S. uns. Tf. 26b; W. II, 42, i. 7 W. II, 42, 4; vgl. 4b: Berlin. » 6897; s. uns. Tf. aöa; 9 0,195 m· Mon. Tf. 2, 6, Nr. 17 «° 4711; s, uns. Tf. 260 u. d; o.i68m.

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1 1 . C. HAUPTFUNDE : TA N A GRA

lockerten Stand mit dem einwärts geschwungenen Spielbein und linken Arm, gibt sich die eben einsetzende Torsion zu erkennen. Die Figur gehört danach noch dem 2. Viertel des Jahrhunderts an. Ins 3. Jahrhundertviertel führt die Figur aus Hadra1. Die Verschränkung des Armmotivs erscheint ähnlich fruchtbar für die neuen Tendenzen der Jahrhundertmitte, wie das sogenannte Pudicitia-Motiv, von dem später zu handeln sein wird. — Sehr charakteristische Beispiele für die erste Gegenbewegung um die Zeit der Tyche sind zwei Terrakotten in Berlin2 und Bolognas. Ähnlich wie bei der Frankfurter Terrakotte ist auch hier die Entfaltungsrichtung in Ober- und Unterkörper entgegengesetzt. Mehr aber noch als bei der anderen Figur protestiert der Körper gegen die Uberbürdung mit Gewand. Die Bologneser Figur nähert sich schon der Stufe der Sciatbi-Figuren, die Berliner erscheint in allen Motiven noch origineller und also früher, dazu weniger spannungsreich und darum wohl auch noch älter selbst als die Frankfurter Terrakotte. Möglich ist, daß dieser Typus 4 von dem der Berliner Terrakotte 82255 abgeleitet ist. Diese selbst gehört noch zu den am meisten von einheitlichem Schwung bewegten Tanagrafiguren und muß mit dem »Sophokles« zu den frühesten unter ihnen gerechnet werden. Auf der Stufe von Athen 4475 und 4700 6 vertritt diesen Typus dann eine Athener Figur/. Eine Tanagräerin in Paris im Louvre8 kann beide Typen schon für die Zeit der Sciatbi-Figuren repräsentieren. Den einzelnen Motiven nach steht sie dem Typus W. II, 33, 2 näher. Nur ist die Armhaltung weniger energisch, auch der Mantel länger gemacht. Die Figur selbst hat fast alles von der ihren Vorfahren innewohnenden Beweglichkeit eingebüßt und läßt sich darin neben das Urkundenrelief von 295/4? stellen. Sie gehört zu jener Reihe von Umformungen, die wie Sammlung Loeb 42, Wien10 u.a. Neuschöpfungen in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. ersetzen müssen. Nach Motiv und Einzelheiten sind die Bologneser Terrakotte und die in München Sammlung Loeb 47 vom Typus W. II, 33, 6 sehr gut vergleichbar. Eine zweite Figur vom selben Typ in der Sammlung Loeb 49 bringt in der Kopfhaltung schon jene Starre, die für das i. Viertel des 3. Jahrhunderts charakteristisch ist. Dabei scheinen beide Körper aus derselben Form hervorgegangen zu sein11. Auch sonst würde man diesen Typus um 300 v. Chr. oder bald danach ansetzen. Gegenüber den zuvor behandelten Prägungen ist bei dieser die Tendenz zur Gegenbewegung schon gebrochen. Im Sinne einer flächeneinheitlichen Anlage werden die Formen wieder mehr zusammengeschlossen. Das bewirkt vor allem das Motiv der Arme. Jedoch auch das Gewand ist zurückgedämmt. Eine gewisse räumliche Tiefe, die dem Typus noch eignet, macht sich wohl in der Rundheit der Figur geltend, ähnlich wie noch an der Athena des Urkundenreliefs von 295/4. Aber es ist deutlich, daß der Kontur wieder stärker spricht, hier in seiner Wirksamkeit durch den Einschnitt in der Hüftlinie unterstützt. Flächenansichtigkeit wird jetzt erstrebt, ähnlich wie I

Mon. Tf. A, Nr. 10. » 8226; s. uns. Tf. 273, c, d. 3 S. uns. Tf. \). 4 W. II, 33, 2. 6 8 5 W. II, 33, 7; Köster, Tf. 49. .S uns. Tf. ige. 7 4078; s. uns. Tf. rgb; 0,18 m. Tel. I, i84b; E. Pettier, Diphilos Nr. 267, S. 71. 9 Süsserott, a. a. O. Tf. n, i. >° s. uns. Tf. igd. II J. Sieveking, Samml. Loeb, I, S. 34; Tf. 49.

C. ic. TAXAGRÄISCHE TYPEN DER DIADOCHENZEIT

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bei den Sciatbi-Figuren. Eine etwas spätere Figur dieses Typs ist die Terrakotte in Athen 4589r. Über das 2. Viertel des 3. Jahrhunderts hinaus ist die Reihe nicht weiter zu vervollständigen. Es handelt sich in diesem Falle wahrscheinlich um einen der zuletzt entstandenen frühtanagräischen Typen aufrechtstehender Gewandfiguren. Für die Folgezeit, für das i. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr., kommt allenfalls noch als Neuschöpfung W. II, 61, 6 2 in Frage. Nachdem in einer kurzen Zeitspanne Typ auf Typ gefolgt war, scheint jetzt die Produktivität zurückzugehen. Erst um die Mitte des Jahrhunderts entstehen dann wieder neue Formen, unter anderm die Pudicitien, auf die der Typus W. II, 33, 6 ja schon hinweist. Die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts bedeutet demgegenüber eine Zeit der Dürre. Das Urteil, das die kleinen Figuren von Sciatbi herausforderten, hat also allgemeinere Gültigkeit. Aber es muß auch gesagt werden, daß schon die letzten der in der vorangehenden Zeit geschaffenen Formen nicht viel mehr als spannungsreichere Umgestaltungen von früheren Typen waren. Vielleicht ist es daher nicht Zufall, daß von ihnen seltener Nachbildungen aus späterer Zeit erhalten sind. Wie diese Betrachtung und unsere Tf. 19 a, b, c zeigen kann, sind es im Grunde nur wenige einfache Grundmotive gewesen, die immer wieder um- und abgewandelt zu neuen Typen geprägt wurden. c) Die t a n a g r ä i s c h e n Typen der (ersten) D i a d o c h e n z e i t Die im vorangehenden Abschnitt behandelten Typen wurden in die Zeit von 325 bis 295 v. Chr. eingeordnet, d. h. rund in das letzte Viertel des 4. Jahrhunderts v. Chr. Die genauen Daten gaben Urkundenreliefs ab: eines von 323 und eines von 295/94, dazu die wahrscheinlich im Jahre 296 v. Chr. aufgestellte Statue der Tyche von Antiocheia. Im großen Gang der Geschichte bedeutet das letzte Viertel des 4. Jahrhunderts einen Abschnitt, der durch die Kämpfe der Diadochen um das Erbe Alexanders des Großen gekennzeichnet wird. Die Epoche hat in hohem Maße den Charakter einer Krise. Sie setzt mit dem Tode Alexanders ein (323 v. Chr.) und gelangt mit der Schlacht bei Ipsus (301 v. Chr.) zu einem gewissen Abschluß. Mit ihm treten viele der großen Mächte des Hellenimus in den Zustand der Festigung ihrer Reiche oder doch wenigstens ihrer Bereiche ein. Die Annahme der Königstitel deutete schon darauf hin (307/6—305/4)· In der Kunst wird man dem gleichen Zeitabschnitt das Ansehen einer Krise nicht absprechen wollen. Hingegen bringt die Folgezeit noch kaum die Konsolidierung eines neuen hellenistischen Stils. Die Verfestigung der Formen, durch die die Kunstgeschichte des frühen 3. Jahrhunderts v. Chr. gekennzeichnet ist, bedeutet jedenfalls innerhalb der Grenzen, die wir überschauen konnten, mehr ein Erstarren als eine Festigung. Aber es muß hinzugesetzt werden, daß wir sehr wesentliche Bezirke, vor allem die jetzt wieder neu erschlossenen Bereiche des jonischen Griechentums, noch zu wenig kennen. Weiter muß für die Terrakotten gesagt werden, daß an ihren i S uns. Ti. 20 CM. d.

J

Vgl. W.II, 33, 3; s. uns. Tf. ne; vgl. vorl. Arb. S. 65.

Il8

II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

Formen zwar das Krisenhafte des letzten Viertels des 4. Jahrhunderts auch deutlich wird, z. B. in den Gegenbewegungen, daß aber der große Reichtum an Formen dem Charakter einer Krise nicht unbedingt entspricht. Jedenfalls nach unseren Begriffen! So sagt etwa auch H. Wölfflin unter Berufung auf G. Semper: es ist »nicht meine Meinung, daß der Stil während seines Verlaufs stets der gleichmäßig reine Ausdruck seiner Zeit sei. Ich denke dabei nicht an die aufsteigende Geschichte . . . Ich habe vielmehr jene Perioden im Auge, wo ein fertig ausgebildetes Formsystem von einem Geschlecht an das andere übergeht, wo die innere Beziehung aufhört, wo der Stil erstarrt und unverstanden fortgebraucht, immer mehr zum leblosen Schema wird in den kleineren dekorativen Künsten wird man denn auch die Spuren einer Erneuerung des Stils vermutlich immer zuerst entdecken« 1 . Es ist zu fragen, wie weit diese Begriffe unmittelbar auf die griechische Kunstgeschichte anzuwenden sind! — Zunächst muß den, der die griechische Kunstgeschichte überblickt und der dabei auf die Rolle der Koroplastik achtet, die Tatsache überhaupt befremden, daß die Kleinkunst jetzt eine solche Bedeutung erhält. Vor allem gilt das für die Terrakotten, denen ja innerhalb der klassischen Kunst nicht einmal der Rang eines Kunsthandwerks zukam. Womit das zusammenhängt, darauf haben wir schon in der Einleitung hingewiesen. Auf dem Grunde der neuen Möglichkeiten, die sich der Kleinkunst jetzt eröffneten, liegt in der Tat eine Krise des im griechischen Sinne Monumentalen. Weiter ist aber auch für den, der die griechische Kunst mit ihrer Ökonomie kennt, die Fülle der verschiedenen Formen fast bedenklich, die sich nach griechischem Maß gemessen jetzt geradezu überstürzen. So gering die Zahl der Grundtypen ist, die nachzuweisen waren, so deutlich ist doch an den vielen Veränderungen und Umbildungen das Ungenügen der überkommenen Form. Für die griechische Kunst ist gerade die Abneigung gegen ein »fertig ausgebildetes Formsystem« befremdlich. So paradox es klingen mag, es handelt sich in der Tat um eine Krise des Typischen im klassischen griechischen Sinne. — Der Zusammenhang des Typischen und des Monumentalen steht dabei fest, aber beide Begriffe verhalten sich doch nicht anders zueinander als Form und Format. So handelt es sich in diesem Falle auch nicht um Formen monumentalen Formats, die von einer Krise des Typischen erfaßt sind. Wir werden uns schon deshalb nicht damit begnügen können, die Krise des ausgehenden 4. Jahrhunderts v. Chr. nur als monumentale Krise zu verstehen, und die Bezeichnung daher nur als Abkürzung vorläufig beibehalten. Darauf wird also noch später einzugehen sein. Hier geht es zunächst nur darum, das Erstarren der Koroplastik in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. besser verstehen zu lernen. Daß Plinius für dasselbe Epochenjahr angibt2 »cessavit deinde ars« berechtigt dazu, die Zeit um 296 v. Chr. auch als eine Krisenzeit von allgemeiner Bedeutung anzusehen und einen Abschnitt damit enden zu lassen. Wenn es selbstverständlich ist, daß Krisenzeiten durch den Mangel einer einheitlichen Formtendenz gekennzeichnet werden, dann darf die Verschiedenheit der Formen der Tyche von Antiocheia von 296 und des Urkundenreliefs des Herodorus 1

Renaissance und Barock, IV. Aufl., S. 79.

* n. h. 34, 52.

C-. ic. TANAGRÄ1SCHE TYPEN DER DIADOCHENZEIT

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von 295/94 nicht befremden. Hinzu kommt, daß Urkundenreliefs zu einer jetzt veralteten Kunstgattung gehören, daß sich das Formgefühl hier also, mit H. Wölfflin zu reden, kaum »ungehemmt und unmittelbar befriedigt«. Um so mehr sind wir dann allerdings berechtigt, kunstgeschichtliche Schlüsse aus der Koroplastik zu ziehen. Wenn dabei die Terrakotten von Sciatbi geradezu einen Rückschritt gegenüber den Tanagrafiguren der vorangehenden Zeit bedeuten, so läßt diese Feststellung das zeitliche Nebeneinander der Tyche und der Athena des Urkundenreliefs besser verstehen. Rein äußerlich ist der Rückgang der Formkraft bei den Terrakotten freilich schon im Abstieg des Formats und in der Rückbildung der Formen zu erkennen. Der Rückschritt wirkt sich vor allem aber darin aus, daß keine neuen Typen mehr geschaffen werden, daß allenfalls die älteren Formen wenig fruchtbar umgebildet werden. Daß die Athena des Urkundenreliefs auf ältere Schöpfungen zurückgreift *9, liegt also in diesem Falle nicht nur in der Natur der hier gegebenen Darstellung oder an der Lage der ganzen Gattung figürlicher Reliefs in dieser Zeit. Die Figur ist vielmehr in der Tat rückschrittlich wie die Terrakotten dieses und der folgenden Jahrzehnte. Parallelen aus der Großplastik vor allem der des attischen Kunstbereichs sollen dies später noch erhärten. Hier kommt es nur darauf an, die Gleichzeitigkeit der Tyche und der Athena des Reliefs zu erklären. Entsprechendes gilt für die beiden Urkundenreliefs von 323 und 318 v. Chr., denen die Atarbos-Basis von 323 hinzuzufügen ist. In den Einzelheiten und z. B. auch in den Proportionen spricht sich ihre Kunst sehr verschieden aus. Daran ist das Krisenhafte ebenso wie an den Einzelformen abzulesen. Aber die Krise beruht hier nicht auf einem Rückschritt, sondern auf einem überaus folgeschweren Schritt, der über die Grundlagen der klassischen griechischen Plastik hinausführt und überhaupt Plastik jetzt gefährdet. Die Gefahr liegt in der gestaltfeindlichen Tendenz, die bei der Gewandfigur dem Kleide jetzt eine bis dahin unbekannte Selbständigkeit zubilligt. Gewand und Körper werden nun gegeneinander ausgespielt. Dies kann man aber geradezu auch als das Thema der betrachteten tanagräischen Typen in der folgenden Zeit bezeichnen. Darüber hinaus geben die Reliefs in ihren Figurengruppen freilich etwas zu erkennen, was den Einzelfiguren nicht so leicht zu entnehmen ist. Wie eigentlich schon die Begrenztheit in der Aussagekraft der plastischen Figur andeuten kann, handelt es sich dabei um einen außerplastischen Faktor. Das Verhältnis zur Umwelt, zum Raum ist jetzt unsicher geworden, von einer Krise betroffen. Das äußert sich im Reliefstil dementsprechend, wie es zum Wesen des griechischen Reliefs gehörte, die räumliche Beziehung von Figuren darzustellen. Jetzt erscheinen die Grenzen des Reliefs geradezu gesprengt: die rückwärtigen vor allem auf dem Urkundenrelief von 323, die seitlichen auf dem von 318. Hier hat das von dem Knaben herangeführte und z. T. nur sichtbare Pferd eine für die Grenzen der Form, besonders der griechischen Form, äußerst kritische Bedeutung. Wir können also sagen, die Krise beruht im Grunde darauf, daß die Beziehungen zu Gestalt und Umwelt in Unordnung geraten sind, daß das Verhältnis von Figur und Raum von einer Wandlung erfaßt wird. In dem Maße, in dem das Gewand in

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II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

der griechischen Plastik das Verhältnis zur Umwelt und zum Raum ausdrückt, läßt sich dies demnach auch den Tanagrafiguren absehen1. Die Gegenbewegungen z. B. sind entsprechende Reaktionen, welche aus einer Haltung entstehen, die dem vorherrschenden Verhältnis zu Gestalt und Raum feindlich ist. Daß das letzte Viertel des 4. Jahrhunderts ebenso räum- wie gestaltfeindlich ist, wurde dabei schon öfter angedeutet, z. B. beim Typ der kleinen Herculanenserin, der als die ursprünglichste und vollkommenste Schöpfung unter ihres Gleichen in dieser Zeit gelten kann. Er ist sozusagen das Gegenbild zum Sophokles. Während dessen Gestalt sich offen und frei vor uns bewegt, kennzeichnet die kleine Herculanenserin eine verkrampfte Bewegung und verschlossene Haltung. Allein in der Wendung des Kopfes, in der Enge des Blickkreises ist dies spürbar. In der Rolle des Gewandes ist es entschieden. Beim Sophokles ist auch nichts von einer Krise, von einem Bruch zu erkennen. Gleich einheitlich und großartig strömt durch Körper und Gewand eine Bewegung, die sich in der Gestalt erfüllt. Das Verhältnis zur Umwelt erscheint nicht fragwürdig. An den einzelnen Typen und Motiven der anderen Tanagrafiguren ließe sich dasselbe aufzeigen, an den krampfhaft angepreßten Armen usw. Am Motiv des Typus W. II, 22, 5, dessen Reihe hier ohne eingehenden Text aufgeführt wird, soll das noch einmal klar werden. Im Anschluß daran soll vor allem die Betrachtung über das Blickfeld der Koroplastik hinaus möglichst erweitert werden. 1. Ein dem Urbild noch nahestehendes Exemplar fehlt. Vgl. aber A. Furtwängler, Samml. Sabouroff, II Tf. . 2. Berlin 7077. Vgl. Griechische Terrakotten aus Tanagra und Ephesus, Wasmuth Tf. X. 3. Alexandria-Sciatbi 170 Tf. 65 Nr. 382. 4. Alexandria-Hadra, Mon. Tf. D I Nr. 67 (0,27 m hoch!). 5. Alexandria-Hadra, Mon. Tf. 2, 5 Nr. 36. 6. Alexandria-Hadra, Mon. Tf. i, 2 Nr. 35; vgl. Tf. X, 4 und 6. 7. Odessa, E. v. Stern, Das Museum usw. I Tf. 2, i S. 16 aus Olbia. 8. Madrid, Laumonier, Tf. 35, 3 8.96; nach W. a. a. O. aus der Kyrenaika. 9. Alexandria-Hadra, Mon. Tf. 2, 3 Nr. 37. Vgl. Tf. n, 5 Nr. 38 (Hadra). 10. Alexandria-Hadra, Le Musee Greco-Romain 1925—31 Tf. 15 Nr. 57 u. 61 S. 26. 11. Alexandria-Ibrahimieh, Inv. 15670, s. uns. Tf. 240 (0,225 m hoch). Die Reihe erreicht bei 4 und 5 die Mitte, bei 10 das Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. Abwandlungen im Sinne der 2. Hälfte des Jahrhunderts sind zwei Figuren aus Myrina im Louvre, darunter die erste mit durchscheinendem Gewand: Nr. 668* und P. R. Tf. 36, 53. Der Typus ist nahe verwandt dem der Bologneser Terrakotte 4. Der Reichtum des Gewandes, der den Sophokles auszeichnete, erscheint hier in eine Last verwandelt, « Vgl. N. Jb. 1938, S. 258. » Diphilos-Nr.; s. uns. Tf. 2+d. 3 Ohne Nummer vgl. Text, S. 423 unter 4; vgl. W. II, 27, 5; vgl. 22, 8 (Tanagra, früher ?). 4 S. uns. Tf. 27 b.

G. ic. TANAGRÄISCHE TYPEN DER DIADOCHENZEIT

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deren Gewicht die Gestalt ins Schwanken gebracht und entwertet hat. Ein Ausgleich wird bei dieser oberlastigen Gewichtsverteilung erst durch eine starke Belastung des Spielbeins hergestellt. Das begegnet ähnlich bei manchen Werken derselben Zeit, und ist schon durch Lysipp vorbereitet worden, der die klassische Ruhe des Spielbeins aufhob. Aus der federnden Bewegung, die es bei ihm erfüllte, ist jetzt aber ein lästiges Vorschieben geworden, aus der Kraft ein Zwang. In dieser Ponderation erscheint der Terrakotte die originale Peplos-Statue der Hera von Samos vergleichbar, die jetzt im Berliner Museum steht1. Wichtiger jedoch als die gemeinsamen Züge, die beide Werke in dieselbe Zeit verweisen, sind die Unterschiede. Denn von allen Werken des klassischen mutterländisch-griechischen Kunstbereichs unterscheidet sich die Marmorfigur aus Samos durch ein ganz anderes Verhalten an der Oberfläche und ein freieres Schalten mit Masse und Form. Es läßt die Erscheinung dieser Figur ganz stark dem Spiel von Licht und Schatten ausgesetzt sein. Aus einem Vergleich mit den Peplos-Figuren von einem Säulenrelief des Ephesischen Artemisions2 wird noch deutlicher, daß es sich hier um Werke jonischer Kunst handelt. Sie schließen sich sogar gegenüber einem anderen Relief vom selben Bau enger zusammen. Im Vergleich mit der Peplos-Figur auf dem bekannten Säulenrelief, das die Alkestissage darstellt und aus der mutterländisch-griechischen Tradition kommt, ist das Verhalten zu Gestalt und Umwelt, zu Figur und Raum, zu Körper und Gewand schon von Grund aus anders 3. Gestalt ist hier von vornherein mehr Erscheinung. Zur Zeit von Alexanders Aufenthalt in Ephesus (334 v. Chr.) war der neue Tempel noch nicht fertig 4 . Es ist wahrscheinlich, daß das jonische Säulenrelief dorther erst in die spätere Alexanderzeit gehört und etwas jünger ist als das andere. Doch hat es noch nicht solche unordentliche Gewandanlage und derart brüchige Formen wie die Figur von Samos, deren Datierung kurz nach der Zeit der Stilkrise von 323 auch aus äußeren Gründen nahegelegt ist. Denn der Marmor ist pentelisch, die Arbeit jonisch; 322 v. Chr. verlassen aber die attischen Kleruchen Samos und hernach wird attischer Marmor kaum mehr eingeführt sein. — Zwischen beiden jonischen Werken liegt also die entscheidende Krise, in der die klassische Kunst ihr Ende erreicht. Aber darüber hinweg verbindet diese Figuren eine gemeinsame Stärke, der gegenüber der Umbruch von 323 v. Chr. fast nur mehr als ein Zeitunterschied erscheint. Im Gegensatz zum anderen ephesischen Säulenrelief ergeben sich gleiche Wesenszüge. Daß die jonischen Figuren ungefüger und formloser wirken, befähigte vielleicht gerade Werke ihrer Art, die Krise besser zu überwinden. Die Tatsache, daß bei der samischen Statue die Gestalt an Bewegung eingebüßt hat und an Kraft die Form zu durchdringen, erscheint unwesentlich neben der Fähigkeit, die Form im Spiel von Licht und Schatten zu gliedern, die Erscheinung dem Raum zu verschmelzen. 1

Kurze Beschreibung 3. Aufl., Nr. 1725; Stephanos für Th. Wiegand, S. 12, Tf. 7; dazu Anm. *«°. » Brit. Mus. Cat. II. Nr. 1213; Wood, Discoveries, S. 246 m. Tf.; s. uns. Tf. s8b. J Brit. Mus. Cat. II, Nr. 1206; M. Bieber, Entwicklungsgeschichte der griechischen Tracht, Tf. 31, 3; s. uns. Abb. 58 a. 4 Strabo XIV, 641.

122

. C, HAUPTFUNDE: TANAGRA

Daß dem die Zukunft gehört, läßt sich allein angesichts der Mächtigkeit der Formen bei diesen jonischen Werken ahnen. Wenn es aber in der Krise von 323 v. Chr. um das Verhältnis zur Umwelt ging und wenn die Aufgeschlossenheit ihr gegenüber zum jonischen Wesen gehörte, dann sind die neuen Möglichkeiten hier zu fassen, soweit Gewandfiguren dies erlauben. Im Grunde hängt auch die Darstellung durchscheinender Gewänder mit der jonischen Kunst zusammen, dementsprechend wie sie gerade bei dem von uns zuletzt betrachteten tanagräischen Typus wieder an einem myrinäisch-jonischen Stück auftritt. Sie hat jedoch ihre eigene Geschichte, die noch bei anderer Gelegenheit verfolgt werden soll. Hier kam es nur darauf an, die Krise von 323 v. Chr. zu klären und für einen Kunstbereich aufzuzeigen, für den die Terrakotten als Zeugen einstweilen wenigstens versagen. Dabei rückte gelegentlich auch schon die Alexanderzeit in das besondere Licht, das ihr gebührt. d) Die A l e x a n d e r z e i t Gerade der Gegensatz zur Diadochenzeit läßt die Kunst zur Zeit Alexanders des Großen in ihrer Bedeutung würdigen. In gewissem Sinne steht die Diadochenzeit, ja das ganze auf Alexander den Großen folgende Jahrhundert in Reaktion zum Zeitalter des Begründers des Hellenismus. Es sei dazu jedoch ausdrücklich bemerkt, daß hier nicht der Ort ist zu untersuchen, inwieweit diese Aussage über die Grenzen der Kunst hinaus allgemeine Gültigkeit beanspruchen kann. Der Umstand, daß sehr wesentliche Voraussetzungen der griechischen Kunst jetzt gewandelt werden, gebietet Vorsicht. Unordnung im Verhältnis zu Gestalt und Umwelt mußte die griechische Kunst in besonderem Maße bedrohen. In ihrem Wesen durch den plastischen Grundzug gekennzeichnet, erscheint sie durch die Fragwürdigkeit jenes Verhältnisses auch selbst in Frage gestellt. Denn für wahre Plastik kann die Beziehung zum Umraum immer nur wenig oder nichts bedeuten. Zudem wird die griechische Kunst jetzt zwiespältig nicht nur in ihrem Wesen, sondern auch in ihrer Geschichte. Das Schicksal loniens trennt sich mehr als bisher von dem des griechischen Mutterlandes. So kann die griechische Kunst nicht mehr die alte unmittelbare und eindeutige Aussagekraft für sich in Anspruch nehmen, die in der klassischen Zeit selbst das kleinste Bruchstück auszeichnet. Das alles gilt für die Alexanderzeit jedoch noch nicht, oder besser, es kennzeichnet sie noch nicht. Die Epoche vereinigt in besonderem Maße Vergangenes und Zukünftiges, und überwindet beider Widersprüche durch den eigenen großen Zug. Die einzelnen Wandlungen bahnen sich wohl an, aber sie haben der griechischen Kunst noch nichts an. Strahlender denn zuvor entfaltet sich in der Zeit Alexanders des Großen der künstlerische Genius der Griechen. Dem Geheimnis des inneren Zusammenhangs zwischen den Menschen und den Mächten nachzugehen, die Wirkung der großen Person oder auch nur des großen Zeitalters aufzuspüren, mögen die griechischen Terrakotten vielleicht am wenigsten geeignet erscheinen. Denn an innerer wie an äußerer Größe gebricht es ihnen seit Entstehen der Klassik, und daher auch an der Fähigkeit, wahrhaft großen Zeiten in ihren Formen genüge zu tun. In diesem Sinne ist schließlich aber auch ein Versagen der Kleinkunst für die Alexanderzeit

C. id. ALEXANDERZEIT

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charakteristisch, dementsprechend wie die Tanagrafiguren gerade der kommenden monumentalen Krise Besonderes zu verdanken scheinen. Denn die Hauptmasse ihrer Typen ist in der Diadochenzeit geschaffen worden. Nur wenige reichen in die vorangehende Epoche hinauf. Eine große Zeit monumentaler Kunst scheint bei den Griechen einer gleichzeitigen Blüte in der Kleinkunst, vor allem der Terrakotten, nie günstig gewesen zu sein. Das lehren die Parthenon-Zeit *" und die hochpergamenische, wie die Alexander-Zeit. Innerhalb der Alexanderzeit ist aber doch der entscheidende Schritt von der vortanagräischen Stufe der Terrakotten zur Tanagrafigur getan. Olynth bietet dafür die obere Zeitgrenze (348 v. Chr.) Alexandria die untere (332 v. Chr.). Die Tatsache daß sich in Sciatbi noch vortanagräische Typen finden, läßt darauf schließen, daß die Entwicklung zur Tanagrafigur kaum sehr lange vor der Gründung Alexandrias vollzogen sein kann. Daß dieser Vorgang aber noch in der Alexanderzeit einsetzt, gehört zum doppelten Wesen der Epoche, die Klassik und Hellenismus in gleicher unerschöpflicher Kraft umspannt und die Folgezeit schon im Keime enthält. --·Es käme jetzt darauf an, den Zeitpunkt, zu dem diese Entwicklung anhebt, noch näher festzulegen. Die früheste Tanagräerin, die wir bisher kennen lernten, war die aus Sammlung Lambros in Berlin1. Der Name, den ihr A. Furtwängler beigelegt hat, Sophokles, mag anmaßend klingen. Aber wie die berühmte Statue läßt selbst die nach ihr benannte Terrakotte noch etwas von der Größe ihrer Zeit, der Alexanderzeit, erkennen. Obschon von keinerlei äußerer Abhängigkeit die Rede sein kann, sind doch beide Figuren ihrer inneren Anlage nach verwandt. In beiden bilden Körper und Gewand eine ungebrochene Einheit, die vom Kreislauf eines einzigen Bewegungsstromes erfüllt ist. In ununterbrechlicher Linie führen die Gewandfalten um die Gestalt herum. Sie steigen zum Haupte an, und kehren zum Ausgangspunkt zurück, um dieselbe Bewegung von neuem zu wiederholen * 12 . Da die Sophokles-Statue wahrscheinlich um 330 v. Chr. zur Vollendung des Dionysos-Theaters in Athen aufgestellt worden ist*, ergibt sich auch für die Entstehung des Terrakottentyps ein gewisser Anhaltspunkt. Die großartig offene Wendung hat an der sonst so nahe verwandten anderen Berliner Figur 3 schon eine Minderung erfahren, deren Beachtung die Datierung erleichtert. In den einzelnen Zügen ist der Typus so gut wie gar nicht verändert, nur ein wenig flüchtiger nachgebildet und in ein kleineres Format abgesunken. Jedoch ist der Blick durch das »Genremotiv« des Vögelchens, das auf dem linken Arm sitzt, gefangen. So wird die Terrakotte in ihrer Haltung den Figuren des Kopenhagener Bendisreliefs von 329 v. Chr., vor allem der des Deloptes ähnlich4. Der Wandel in der Bedeutung des Attributes für die Komposition spricht noch mehr aus einem anderen, bisher wenig bekannten tanagräischen Typus: bei der Figur Sammlung Gans 5 gegenüber Athen 4476*. Im Gegensatz zu dem gesenkten 1

6312: s. uns. Tf. 53. * Vgl. zuletzt Süsserott, a. a. O., S. 20, 8 .; vgl. W. Judeich, Topographie von Athen, II. Auflage, S. 3131. 3 Köster, Tf. 43. 4 Süsserott, Tf. 9 2; H. Speier, 6 R. M. 1932, Tf. 28, i. 5 Galerie Baclistitz II, Nr. 211, Tf. 79 (R. Zahn, S. 6gf). S. uns. Tf. 40—e; 0,18 m hoch; nicht bei W.

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· HAUPTFUNDE: TANAGRA

Fächer hier, scheint der erhobene Klappspiegel dort die ganze Haltung zu bestimmen. Die Gestalt wirkt weniger selbständig, ihre Darstellung versteht sich nicht mehr von selbst. So wird sie jetzt äußerlich motiviert. Der Typus ist im Motiv der in mehreren Marmorrepliken überlieferten frühhellenistischen Statue der »Berliner Seegöttin« vergleichbar1; er ist aber keineswegs abhängig von ihr. Erst die Terrakotte in der Sammlung Gans steht ihr näher. Sie erinnert an die mittlere Gestalt des Nymphenreliefs von Vari, »das nach den Formen kaum viel älter sein kann als 300 v. Chr.«2 Die Athener Figur ist ihrer Ausführung nach dem Urbild wohl nicht mehr sonderlich nahe. Gegenüber der Figur in Sammlung Gans ist aber auch an ihr noch das großzügig einfach schwingende Gewand deutlich. In schrägen Zügen führt es um den Körper herum, während bei ihm dort die senkrechten und waagerechten Linien verstärkt sind, die waagerechte mit einem Wulst statt des Überfalls. Die einfachere Form des Typs erscheint in einer Terrakotte aus der Sammlung Falkenhausen im Archäologischen Seminar der Universität in Königsberg i. Pr.3 Aber auch sie ist von Gegensätzlichkeiten in der Bewegung erfaßt, die an die Jahrhundertwende und die Stufe von Sciatbi heranführen *M. Gegenüber dem Sophokles-Typ wirkt die ganze Erfindung einfacher, feiner. Die freie Haltung des Kopfes erinnert aber an ihn. Ähnlich wie bei ihm bildet auch das Haupt den Abschluß einer gleichmäßig Körper und Gewand durchziehenden Bewegung. So wird dieser Typus noch früher aber auch nicht viel früher entstanden sein. Wir können ihn den der »ersten Tanagräerin« nennen. — Beide Erfindungen, die des Sophokles und die der ersten Tanagräerin, erscheinen so einheitlich und neu, so wenig abgeleitet, daß man sie schwerlich noch mit der vortanagräischen Tradition wird in Verbindung bringen können. Fast ohne Einschnitt führt dagegen die Entwicklung des Typs W. II, 21, i u. 4; 20, 3, wie er von Terrakotten in Alexandria und —mit umgekehrtem Standmotiv — Athen vertreten werden kann4, aus der vortanagräischen in die tanagräische Stufe. Die vortanagräische Stufe kann allein schon um des unentwickelten Kontraposts und der hohen Basis willen die Figur in München in Sammlung Loeb vertreten 5. In der Durchdringung der Form und dem Vortrag der Bewegung führt eine andere Figur in Sammlung Loeb6 kaum über das von einer der späten Olynther Figuren Erreichte hinaus 7. Das Motiv ist hier bedeutender gefaßt als noch bei dem Typ von Sciatbi 1768. Es wird daher in der Tat zu den letzten vor der Zerstörung Olynths (348 v. Chr.) entstandenen Prägungen zu rechnen sein. Der entscheidende Schritt erscheint erst bei der Athener Figur 4575 getan'. Doch ist das Motiv hier schon über das bei der alexandrinischen Figur Gegebene hinaus bereichert (im Gewand) und verändert (in der Haltung des linken Arms). Der 1

Berlin, Kurze Beschreibung. 3. Aufl.. Nr. 276; B. B. 675; Hörn, S. 54. » F. Studniczka, Artemis u. Iphigenie, 8.96; Athen, Nat. Mus. Svor. 2012, Tf. 98; dazu Anm. *ll. 3 R. Lullies, Antike Kleinkunst, Tf. 23 Nr. 158. 4 Alexandria: Mon. Tf. B, i, Nr. 21; 0,27 m hoch, aus Hadra; dazu 5 6 vgl. Anm. *«5; Athen 4105; s. uns. Tf. nd; 0,193 m. I. Tf. 44. I, Tf. 56. 7 Exe. 8 VII, Tf. 22, 181; s. uns. Tf. 4a/b; vgl. vorl. Arb. S. 53. Tf. 67 Nr. 397; vgl. vorl. Arb. S. 133. 9 S. uns. Tf, u a.

C. id. ALEXANDEREEIT

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Mantel ist schwerer geworden und schwingt in großen Falten seitlich vor dem Körper aus, ohne um ihn herum zu leiten und seiner Darstellung zu dienen. Die Gestalt erscheint dadurch beschwert, die Bewegung schwächer. Die Krise von 323 v. Chr. wird daher wohl schon überschritten sein. Aber es muß von dieser Fassung des Typs noch eine etwas ältere gegeben haben, bei der der Körper sich in seiner Bewegung noch mehr durchsetzte. Das lehren drei Nachbildungen dieser Form, die in Alexandria-Sciatbi1, in Myrina 2 , und in Delphis erhalten sind. Die alexandrinische Figur selbst kann kaum viel vor einer anderen Figur aus Alexandria-Hadra entstanden sein4, die deutlich den starren Stil der Sciatbi-Stufe vertritt. Nach Typ wie Entstehungszeit gehört die Terrakotte Mon. Tf. B. i so immerhin zu den frühesten Hadrafiguren. Doch kümmern uns hier die einzelnen Glieder der Reihe, die sich für den Typus aufstellen läßt, weniger?. Wichtiger ist es vielmehr, sich an einem einzigen Typ den Schritt vom Vortanagräischen zum Tanagräischen zu vergegenwärtigen, den man mit dem vom Archaischen zum Klassischen vergleichen kann. Denn obwohl nicht sehr viele Typen dies erlauben, ist die Tatsache doch bedeutsam, daß sich Zusammenhänge feststellen lassen, daß die Entwicklung zwischen Theben und Tanagra nicht abreißt. Möglich war diese Feststellung, z. B. auch beim Typus W. II, 23, den wir von Theben und Tanagra6 nach Alexandria-Sciatbi und bis nach Myrina verfolgen konnten 7. Gegeben ist auch die Kontinuität für den Typus W. II, 41, i 8 oder auch für den des hochgegürteten Mädchens', der hier durch die Athener Terrakotte I249410 vertreten wird. Er soll hier noch näher betrachtet werden, da er anscheinend gewisse Möglichkeiten zur Datierung mitbringt. Die hohe Gürtung kennzeichnet die Mode der spätklassischen und frühhellenistischen Zeit mit den schlanken Proportionen und dem weniger organisch gegliederten Aufbau der Figur". Durch diese Teilungslinie wird der Einschnitt über der Hüfte für die Darstellung des Körpers und der Sinn der Gürtung stark entwertet. Das gilt vor allem für das erste Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr., zum Beispiel für die Themis von Rhamnus und die Nikeso von Priene. Als Teilungslinie erhält sie dann aber eine andere Bedeutung im zweiten Viertel desselben Jahrhunderts, z. B. bei der Figur der Arsinoe-Kanne. Dort geht von ihr die neue Gegenbewegung im Körper aus. Das gilt auch für die Figur der Berenike-Kanne und etwas davon bleibt durch die ganze hellenistische Zeit. — Die Bedeutung der Alexanderzeit erhellt selbst aus einem solchen Motiv. So soll denn auch dieser einfache Typ der Alexanderzeit, der ein Mädchen in hochgegürtetem Kleid und mit dem über Schulter und Arme gelegten Mantel darstellt, nach dieser charakteristischen Teilungslinie benannt werden. Auf den Kontrapost, auf den Wechsel von Stand- und Spielbein und von gesenktem und eingestütztem Arm soll dabei, wie gelegentlich schon in anderen Fällen, nicht besonders geachtet werden. Es kommen da alle Variationen vor. 1

Mon. Tf. 4,2 Nr. 23. * P. R. Tf. 33, i Nr. 248; v. v. A. S.go 3 F. de D. V. Tf. 24, 12. S. 205, Nr. 666; aus der Nekropole. 4 Mon. Tf. F, i, Nr. 22. 5 Vgl. W. II, 21, i u. 4; 20, 3. 6 Köster, Tf. 40. 7 Mon. Tf. 4, 6; Nr. 43; P. R., Nr. 231; s. uns. Tf. 6 c/d; vgl. v. A. S. 871.; vgl. Köster, S. 67. * Vgl.Köster, a. a. O. 9 W. II, 70, 5; 71, 2. ' S. uns. Tf. 28a. " Vgl. G. Rodemvaldt, R. M. 1919, S. 65f.

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II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

Von der Figur in Larisa' bis zu der aus Grab A in Myrina * haben wir schon eine Reihe kennengelernt, die hernach noch für die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. erweitert werden soll. Hier gilt es, die Anfänge noch höher hinaufzuverfolgen. Reicher bewegt als die Figur aus Larisa erscheint eine in Athens. Aber unverkennbar ist auch, daß in die Bewegung gewisse Spannungen hineingetragen sind. Vielleicht ist dem das andere Standmotiv zu verdanken, in dem die Terrakotte aus Larisa ihre Haltung gleichsam sichert. Beide Figuren werden jedenfalls in die Zeit nach dem Urkundenrelief von 323 v. Chr. gehören. Demgegenüber weist die Athener Figur 12494 in ihrem viel selbstverständlicheren Motiv und mit der hohen runden profilierten Basis noch auf eine frühe tanagräische Stufe. Der Zusammenhang mit solchen vortanagräischen Stücken wie einem in Sammlung Loeb4 ist noch deutlich. Eine jetzt leider unauffindbare Terrakotte aus einem Grabe, das angeblich innerhalb des Peribolos des Löwen von Chaironeia aufgedeckt wurde S, scheint dabei nach F. Winters Beschreibung noch mehr der vortanagräischen Tradition zu folgen. Dies gibt also vielleicht noch einen Anhaltspunkt (338 v. Chr.) für den Beginn der tanagräischen Stufe, der der stilgeschichtlichen Untersuchung entspricht. Vor dem Jahrzehnt 340—30 scheint es keine Terrakotten des tanagräschen Formanspruchs zu geben. Hinzu kommt folgendes: Die vortanagräische Stufe entlehnte ihre Motive vielfach der Malerei. Vasenmaler und Tonbildner machten damals, wie schon angedeutet, oft gemeinsame Sache. Auf der tanagräischen Stufe aber wurde dies anders, nicht nur weil die Figurenmalerei auf Vasen dann aufhörte. Nur wenige tanagräische Motive zeigen noch Zusammenhänge mit der Malerei. Mir sind nur zwei Beispiele bekannt, davon eines 336 v. Chr., das andere 340 v. Chr. datiert. Der Typus W. II, 48, 5 der in einer Berliner Terrakotte6 schlecht und recht vertreten ist, erinnert unmittelbar an die Nike der panathenäischen Preisamphore von 336 v. Chr. 7 Der Typus von Berlin 83988, den man nach der bekannten Musenstatue »Polyhymnia« benennen könnte, wird noch mit der Frauenfigur der panathenäischen Amphora von 340 v. Chr. zusammenhängen 9. Auch die hier gegebenen Daten scheinen das Jahrzehnt von 340—30 als die Zeit des Übergangs von der vortanagräischen zur tanagräischen Stufe zu kennzeichnen. Dementsprechend ist ebenso das Wenige zu werten, was über die Grabfunde in Tanagra von Ausgrabungen her bekannt ist. Obwohl sich rotfigurige Vasen aller Zeitstufen in Böotien und auch Tanagra selbst zahlreich gefunden haben, sind sie nicht mehr den Toten beigegeben worden, bei denen Terrakotten der tanagräischen Entwicklungsstufe gefunden wurden * l6 . Das heißt: der Aufschwung zur Tanagrafigur fällt in die Zeit nach der Zerstörung Thebens. Es erhebt sich die Frage, welchen Kräften wird er dann verdankt ? 1

A . A . 1934, Sp. 4°9 f·. Abb. 48. J P. R., Tf. 37 38,1, Nr. 240, s. Tf. uns. 136. 3 4077; s. uns. Tf. 28b. Spätform! 4 I, Tf. 6 . W. II, 70, $b. 6 6689, R. v. Kokule, Tf. 16; G. Rodenwaldt: Kunst der Antike, i. Aufl., Tf. 28; vgl. auch die Figur Sammlung Loeb I, Tf. 48. 7 R. M. 1932, Tf. 23/24; L. Curtius, Antike Kunst II, S. 337, Abb. 490. » Siehe Köster, Tf. 53; vgl. Winter , 83, 3. 9 R. M. 1932, Tf. 24; Curtius a. a. O., Abb. 489.

C. 2a. MUSENBASIS VON MANTINEA

12;

2. A T H E N UND T A N A G R A

Eine Geschichte der böotischen Kunst ist bisher nicht geschrieben worden und wird vermutlich auch sobald nicht verfaßt werden. Denn der Satz A. Furtwänglers »daß es eine selbständige böotische Kunst in höherem Sinne nie gegeben hat«, hat seine Gültigkeit bis heute erhalten, ebenso wie der andere, »daß die Kunst in Böotien immer den großen Strömungen folgte, die von außen kamen«1. Diese Strömungen gingen durchaus nicht immer und ausschließlich von der nahen größeren Schwesterlandschaft Attika aus2. Aber für die Tanagrafiguren ist wieder und wieder die attische Kunst als Quelle angesehen worden. R. Kekule von Stradonitz hat auf die thebanisch-attische Malerei hingewiesen und A. Furtwängler hat dabei vor allem an den attischen Gehalt dieser Malerei gedacht 3. Von dieser monumentalen Malerei ist so gut wie nichts bekannt. Dagegen gab es im 4. Jahrhundert v. Chr. gerade in Attika eine Zeit, in der der Vasenmaler und der Tonbildner viel zusammenarbeiteten. So wie der bekannte vortanagräische Terrakottentypus der »verhüllten Tänzerin« von der Vasenmalerei zu den attischen und böotischen Koroplasten gekommen ist *li, so lernten auch wir noch zwei Beispiele dafür kennen, daß Tanagrafiguren ihre Motive aus der Vasenmalerei übernommen haben. Doch haben wir nicht nur, weil alsdann die figürliche Vasenmalerei stirbt, für die Tanagrafiguren Werke aus der Plastik zum Vergleich herangezogen. Die Entwicklung zur Tanagrafigur bedeutet vielmehr ihrem Wesen nach einen Sprung in die Plastik hinein. Dafür sprechen doch alle technischen und formalen Merkmale. So hat man denn auch unmittelbar auf die attische Plastik, vor allem die um Praxiteles, für Vorbilder verwiesen4. Wenn sich dabei auch bisher kein tanagräischer Typus hat nachweisen lassen, der ein plastisches Vorbild genau kopierte, so führten doch auch unsere Vergleiche vor allem auf Werke der attischen Plastik und diese gaben uns gelegentlich sogar den Namen für einen bestimmten Terrakottentypus an die Hand. a) Die Musenbasis von Mantinea Als besonders dankbar für Vergleiche mit Tanagrafiguren sind vor allem die Musen von den Basisreliefs aus Mantinea erschienen?. Leider ist bis heute weder über ihre zeitliche Stellung noch über ihre Bedeutung in der Wissenschaft eine Einigung erzielt6. So können wir sie nicht als Ausgangspunkt wählen, müssen vielmehr im Zusammenhang mit einem den Musen nahestehenden tanagräischen Figurentypus eine kunstgeschichtliche Einordnung versuchen. In der Auffassung des Verhältnisses von Körper und Gewand steht ihnen eine solche Erfindung wie W. II, 25, i u. 2 nahe. Mit seinen Verwandten 7 gehört der Typ nächst dem Sophokles zu den am häufigsten abgewandelten. Das früheste Exemplar, das uns erhalten ist, Louvre Nr. 2358, hat vielleicht nicht mehr ganz die originale Frische. Am rechten Kontur 1

A. Furtwängler, Meisterwerke, S. 68l. * Vgl. R. Lullies, J. d. 1^ 1936, S. 137«. 3 R. Kelmle", S. 22; A. Furtwängler, Samml. Sabouroff II, Einl. S. ;f. 4 Vgl. zuletzt A. Köster, S. 69; vgl. noch R. Hörn, S. 23, Anm. 4. 5 Vgl. R, E. XVI, i, s. v. Musai, Sp. 750 (Max. Mayer); vgl. vorl. Arb. S. 10. * Vgl. zuletzt Süsserott, S. 124. 7 W. II, 36, 6, 7, 8; 37, 6; 38, 5—7, 39, 2f. 8 S. uns. Tf. 22b, E. Pottier, Diphilos, Tf. 12f.; Tel. I, 176; I. Schneider-Lengyel, Abb. 47.

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II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

der Figur erscheint am Mantel ein abstehender Rand als überschüssige Form, der im Widerspruch zum straff angezogenen Mantel so umgedeutet ist, als handele es sich um eine in die Faltenordnung des Mantels eindringende Falte des Kleides. Vielleicht war beim Original auch noch das Standbein deutlicher gemacht, als es hier nur durch eine Einsenkung geschehen ist.1 Der Kopf ist schon derselbe wie bei London C. 2952. An die Musen erinnert die eigentümlich enge Verbindung, in der Körper und Gewand zueinander stehen, die Art, wie die Ordnung des Gewandes benutzt ist, die Gliederung des Körpers zu klären, und wie beider verwickelte Bewegungen in engste Übereinstimmung gebracht sind. In Alexandria ist der Typus außerordentlich häufig und in den verschiedensten Prägungen vertreten: 1. Sciatbi Tf. 64, 162; Nr. unauffindbar. 2. Sciatbi Tf. 65, 167; Nr. 355; Mon. Tf. 4, 4 Nr. 30. 3. Mon. Tf. N. i u. 2; Nr. 25, 25 — aus Hadra. 4. Mon. Tf. 5, 5 Nr. 29 aus Sciatbi. 5. Sciatbi Tf. 62, 154; Nr. 350; Mon. Tf. 2, 2 Nr. 27. 6. Inv. 15663 s. uns. Tf. 24a aus Ibrahimieh 0,16 m hoch. 7. Mon. Tf. C. 2, Nr. 33 aus Hadra. 8. Inv. 15660 s. uns. Tf. 24b aus Ibrahimieh 0,255 m hoch. 9. Mon. Tf. i, 3 Nr. 32 aus Hadra. Nr. i gehört zu den frühesten Terrakotten (nicht Typen) aus Sciatbi. Nr. 2 steht ihr nicht fern, leitet aber schon mehr zu der Starrheit von Nr. 3 über, die zu der Serie der Sciatbi-Figuren aus Hadra gehört. Nr. 4 ist wahrscheinlich nicht von derselben Fassung des Typs abgeleitet, sondern von einer späteren schon von Gegenbewegungen ergriffenen, wie sie in einer Londoner Terrakotte vertreten ist3. Diese Londoner Figur mag ungefähr auf der Stufe von Nr. i stehen. Daß nicht sie das Vorbild abgegeben haben kann, sondern ein offenbar älteres Exemplar lehrt schon der Vergleich mit Nr. 4 selbst. Es ist daher nicht nötig, hier an eine nach 316/15 v. Chr. nach Alexandria gelangte Fassung dieses Typs zu denken. Die Ansicht, daß das gemeinsame Vorbild etwa der Stufe des Pariser Sophokles entsprach4, kann ein Blick auf die Athener Abwandlung des Typus 5 aber auch noch ein zweiter auf die Londoner C. 249 vom Typus von Nr. 4 selbst bestätigen6. Nr. 5 gehört zu den nicht häufigen Figuren aus Sciatbi, die schon die Hadra-Stufe, die beginnende Bewegung und Drehbewegung der 2. Jahrhunderthälfte, erkennen lassen. Für Nr. 6 gilt ähnliches, nur daß hier noch das Format der Sciatbi-Stufe beibehalten ist. Der Entwicklungsstufe nach steht auch Nr. 7 5 und 6 nicht fern. Ein ganzes Stück weiter führt 1

Vgl. etwa die Athener Terrakotte Hörn, Tf. 12, i. 3 C. 262,3. uns. Tf. 23b. 4 Vgl. vorl. Arb. S. 96, ggf. Tf. 230, d.

* Vgl. vorl. Arb. S. nof.; s. uns. Tf. 22 a. 6 5 Hörn, Tafel 12, i, S. 47. S. uns.

C. aa. MUSENBASIS VON MANTINEA

I2p

Nr. 8 an der neben dem voluminösen Aufbau die zahlreichen Inskriptionen auffallen, ein Zeichen der Entfernung vom Urbild. Nr. 9 hat den gebrochenen Rhythmus der myrinäischen Terrakotten aus Grab A und der Philopator-Kannen. In diesem Falle gerade wird besonders deutlich, daß eine Spätstufe oder ein Ende erreicht ist. Eine tanagräische Parallele dazu wäre London C. 249'. Nur ist sie von der bei London C. 262 erhaltenen Abwandlung unseres Typus abgeleitet. Eine dritte Londoner Figur1 ist hingegen nicht sehr viel später als die Pariser Terrakotte. Sie erscheint nur als stärker abgeleitete Form. Die Jahrhundertmitte, die in unserer Reihe bei Nr. 5 erreicht wird, ist in diesem Typenzusammenhang als Cäsur besonders gekennzeichnet, denn sie hat gleich zwei besondere Abwandlungen des Typus gebracht. Die eine gehört zu den nicht sehr häufigen Stücken der korinthischen Fabrik, die ein tanagräisches Motiv aufgreifen 3. Die neueinsetzenden Kräfte der Bewegung verkörpert sie durch die Aktion des Spielbeins besonders eindringlich. Ebenso deutlich ist die Durchbrechung der Formstrenge der i. Jahrhunderthälfte, die bei Nr. 3 unserer Reihe ja zu so befremdlich starrer Bildung geführt hatte. Die ganze Formkraft der zweiten Jahrhunderthälfte und die besondere der korinthischen Werkstätten sind hier sehr glücklich vereinigt. Entsprechende Tendenzen haben bei einer Pariser Terrakotte aus der Sammlung Durufle 4 zu einer ganz anderen Umbildung geführt. Dabei scheint die in diesem Falle erhaltene Form dem Vorbild freilich viel ferner zu stehen, vielleicht schon auf der Stufe von Nr. 9 unserer Reihe. Trotzdem ist vor allem in Bewegung — und Gewandmotiv des Spielbeins noch die Auflockerung des 2. Jahrhundertsviertels greifbar. Beide Figuren geben den endgültigen Bruch mit dem Klassischen deutlich zu erkennen, den die Cäsur um die Jahrhundertmitte bewirkt. Er äußert sich in der anderen Statik der Figur, der das feste Gleichgewicht des klassischen Kontraposts fehlt. An seine Stelle ist die Unberechenbarkeit der Labilität getreten, die in etwa immer Kennzeichen der hellenistischen Figur bleibt. Gegenüber der einheitlichen Bindung von Körper und Gewand, die den Grundtypus erfüllt, klaffen hier die Gegensätze zwischen beiden auf. Der Körper hat an Wirksamkeit eingebüßt, er stellt nicht mehr das Gleichgewicht her, indem er die Figur restlos durchdringt, sondern er bewirkt nunmehr einen Ausgleich der Kräfte, in diesem Falle ohne ihre innere Einigung oder auch nur äußere Bindung zu erreichen. Die Formen kommen nicht zur Ruhe. Der Zwiespalt zwischen Körper und Gewand, zwischen Masse und Bewegung, der zuerst auf den Urkundenreliefs und der Atarbos-Basis von 323 aufgebrochen ist, hat jetzt nur zum ersten Male einen entsprechenden Ausdruck gefunden. Die Bindung der Kräfte, die den Grundtypus beherrscht, ist in ihr Gegenteil verkehrt. Die Reaktion, in der die Folgezeit lebte, hat jetzt nur neue angemessene Formen angenommen. Die Wandlungsfähigkeit, die der Typus W. II. 25, i dabei entwickelt hat, findet ebenso wie die große Zahl der einzelnen Prägungen ihre Ent' Siehe uns. Tf. 23 c/d. * C. 311 s. uns. Tf. 233.. 3 Berlin 8399; s. uns. Tf. loc/d; W. II, 25, 3. < C. A. 2150; siehe unsere Tafel 25C/d; 0,215 m·

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II. C.. HAUPTFUNDE: TANAGRA

sprechung nur im Sophokles-Typ. Nach Tarent1 und Campanien2 und bis nach Babylons hat dieser Typus Formen entsendet, die sich unschwer in die von uns aufgestellte Reihe einordnen lassen. Wie in Alexandria so sind auch in der Kyrenaika viele St cke gefunden worden, 4 mit den verst rkten Formen des 3. Viertels des 3. Jahrhunderts* und 3 andere, die schon die manirierte Bildung des sp ten 3. Jahrhunderts v. Chr. erkennen Iassen5. Der ganze Reichtum, der den Formen der Alexanderzeit innewohnt, wird gerade an den Beispielen dieses Typs und des Sophokles deutlich. Die M glichkeiten der hellenistischen Kunst des kommenden Jahrhunderts erscheinen hier im Keime schon gegeben. hnliches gilt von den Musen der Basis von Mantinea. Dies hat selbst in den schwankenden Datierungen in der Forschung einen Niederschlag gefunden. Innerhalb des Zusammenhangs unserer Typenreihen erhalten die Musen zwischen dem Sophokles und dem eben betrachteten Typ W. II, 25, i ihren Platz. Die Datierung l t sich durch Heranziehung der Atarbos-Basis von 323 v. Chr. erh rten. Reicher und lastender im Sinne der Figuren der Atarbos-Basis wirkt das Gewand der Pariser Terrakotte vom Typ W. II, 25, l, knapper und leichter im Sinne der Musenbasis das der Berliner Terrakotten vom Sophokles-Typ.6 Die Spannung ist gr er bei der Pariser, die Bewegung st rker bei der Berliner Terrakotte. In der Bindung von K rper und Gewand stehen die Musen und die Berliner Figur sich n her, in der Unterteilung und Aufgliederung von Masse und Bewegung die Pariser und die Musen. Die datierten Reliefs lehren dasselbe. F r den Rhythmus der Bewegung ist auch das Votivrelief an Bendis f r Euphyes und Dexios in Kopenhagen von 329 vergleichbar?, f r die von der Seite gesehene Muse dabei vor allem die Stifterfiguren. F r die eigent mliche angespannte und doch durchdrungene Form der Gewandfigur finden sich eher Hinweise auf dem Relief f r Rhebulos vom Jahre 330 in Athen im Nationalmuseum8. Um diese Zeit mu die Musenbasis von Mantinea entstanden sein. Πραξιτέλης 6έ τα αγάλματα εΙργάσατο τρίτη μετά 'Αλκαμένην ύστερον γενεφ·' — Die Reliefs der Basisplatten lassen sich auf zwei H nde verteilen10. Es handelt sich also um »von guter Sch lerhand gefertigte, bewu t dekorativ gemeinte Arbeiten«11. Auch die Untersuchung der Reliefkomposition f hrt zum gleichen Datum. Die Figuren sind nicht mehr wie noch am Lysikrates-Monument von 334 v. Chr. in ihrer Bewegung an die Relief fl che gebunden«. Aber in ihrer Komposition sind sie noch hnlich und jedenfalls st rker als bei der Atarbos-Basis von 323 v.Chr. auf den Reliefgrund bezogen. Mit den weniger bewegten unter den Satyrn auf dem Fries des LysikratesMonuments l t sich gut der Marsyas von der Apolloplatte aus Mantinea vergleichen. Bei dem am gro en Krater links von Dionysos besch ftigten Satyr oder bei dem gegen1

Vgl. die Hohlform Berlin (inv. 77086; 0,23 m) mit d. Signatur Νικωνος; siehe K ster, Abb. 2; vgl. S. 18. » Vgl. vorl. Arb. S. 273; *9 zu I B 6. 3 R. Koldewey. Das wiedererstehende Babylon, 4. Aufl., S. 278, Abb. 231/32. Vgl. vorl. Arbeit S. 272 Anm. * i zu IB6. 4 vgl. Madrid, Laumonier, 6 Tf. 24, 3. 5 A. a. O., Tf. 62, 3; 69, i u. 3. K ster, Tf. 43 u. uns. Tf. 5a; vgl. auch H rn, S. 22. 7 P. Arndt, Tf. 88; S sserott, Tf. 9, 2. » 1476, Svor. II, Tf. 106; R. M. 1932, Tf. 28, 3; Binneb ssel, Nr. 62, 8.78. 9 Paus. VIII, 9, i. i° Das hat ein Seminarreferat von O. Deubner ergeben. » G. Rodemvaldt, R. M. 1919, S. 68. "B.B. 488.

C. ab. »TANAGRÄERINNEN ODER ATHENERINNEN«

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über demjenigen Seeräuber, der sich mit Händen und Füßen wehrt, klingt der knappe Rhythmus in der Bewegung des Marsyas schon an. In diesem Zusammenhang erscheint auch das Grabrelief des Aristonautes vergleichbar. Ihm gegenüber stürmen die Satyrn dahin, ist der Marsyas lebhaft bei der Sache. Bei der Gestalt des Kriegers aber sind zweierlei Bewegung in Kontrast gestellt1. Beide heben einander auf, als Gegenbewegungen. b) Tanagräerinnen oder Athenerinnen ? Gerade die Figuren der Musenbasis von Mantinea erinnern an Tanagrafiguren. Trotzdem gleicht keine der Tanagräerinnen einer der Musen bis ins Letzte. Auch sonst läßt sich keine Tanagrafigur ausfindig machen, die einem Werke der monumentalen Plastik Zug um Zug gleicht. Tanagrafiguren sind keine Kopien. Gleichwohl ist der innere Zusammenhang mit der Welt der attischen Plastik überall bis in die Motive hinein zu spüren. Sind die Tanagräerinnen darum attisch, und also Athenerinnen ? Zunächst können keine Zweifel darüber bestehen, daß Tanagrafiguren in Tanagra, aber auch in Athen und anderswo geformt worden sind. Das lehrt allein schon der Ton. Was hindert da zu glauben, daß die alte Metropole griechischer Kunst, daß Athen es ist, dem die Welt von Tanagra verdankt wird ? — Das ist zunächst der Umstand, daß Terrakotten in attischen Funden des späten 4. Jahrhunderts v. Chr. und vor allem des 3. Jahrhunderts kaum eine Rolle spielen1, während in Tanagra bis zum Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. Tanagrafiguren in vielen Reihen zu verfolgen sind. Nur an die letzte Tanagräerin im Museum von Tanagra-Schimatari soll hier erinnert werden 3. Dann gibt es Typen, die aus der böotischen vortanagräischen in die tanagräische Entwicklung übergehen, ohne daß ihre Formen in Zusammenhang mit attischen zu bringen wären. Dazu gehört z. B. der vielfach abgewandelte vortanagräische Typus der Berliner Figur 63094, dessen Entwicklung wir immer wieder verfolgt haben. Auch der vortanagräische Typ von Berlin 63085 scheint auf Böotien beschränkt zu sein, und birgt doch in sich viele tanagräische Möglichkeiten, nicht zuletzt die von Hadra Mon. Tf. I, 2 6 . Dem stehen attische Terrakotten der tanagräischen Stufe gegenüber, die in Tanagra ohne allen Nachhall geblieben sind, wie die Gewandfigur Berlin 6867 7, deren innerer Zusammenhang mit dem vortanagräischen attischen Typus von Berlin 84978 un(^ München Sammlung Loeb? deutlich ist. Sie erscheinen auch ganz untanagräisch mit einem Zug zur Größe, der den Tanagräerinnen fehlt. Dasselbe gilt z. B. für die schöne vor kurzem bei den Ausgrabungen auf der Agora gefundene Sitzfigur10. Bei solchen attischen Figuren wie Berlin 6847 oder gar Berlin 8531" möchte man demgegenüber fragen, ob sie nicht von ähnlichen in Böotien 1

Vgl. H. Diepolder, Die attischen Grabreliefs, S. 52, Tf. 50. » Vgl. z. B. auch D. Burr, Hesperia II, 1933, S. 186. 3 S. uns. Tf. igi. 4 Köster, Tf. 40; W. 11,23, 35 S. uns. Tf. 29»; W. II, , 9. 6 Nr. 49. 7 S. uns. Tf. 3?b; W. I, 83, 2. « Köster, Tf. 37; W. I, 80, 7; I0 dazu Anm. *'*. 9 I, Tf. 33. A. J. A. 1932, S. 389, Fig. 8. » S uns. Tf. 2gd ; W. II, 32, 3; unrt uns. Tf. 2qc; W. TI 10. 4b.

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. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

verbreiteten Typen wie Berlin 6309' oder Athen 13616 > abgeleitet und durch die attische Koroplastik erst übernommen sind. Wenn es sich bei den Tanagrafiguren um eine rein attische Tradition handelte, fiele sehr auf, daß unter ihnen Figuren aus der Neuen Komödie fehlen 3. Dabei sind doch Typen der alten Komödie auch in Böotien nicht selten gefunden worden * '9, so daß kaum eingewendet werden kann, Komödienfiguren gehörten nicht in Gräber * 20 . Außerdem sind sonst griechische Terrakottafiguren der Neuen Komödie bekannt *«. Daher kann als Gegengrund kaum geltend gemacht werden, auf der tanagräischen Stufe sei dies Thema nicht mehr beliebt. Ebenso müßte bei der Annahme von attischem Ursprung der Tanagrafiguren befremden, daß auch andere Motive und Typen, die in der unmittelbar vorangehenden Zeit in Athen bedeutend waren, in der tanagräischen Entwicklung keine Rolle mehr spielen. Von den Figurenvasen wird man dabei absehen, weil deren Voraussetzung ja eigentlich die vortanagräische Stufe ist, die die allseitig durchgeformte Terrakotte noch nicht kennt. Entsprechend mag auch das Verschwinden des Ledatypus *" durch den Schritt zur tanagräischen Stufe und den neuen Formantrieb der Tanagrafigur erklärt werden. So reliefmäßig entwickelte Terrakotten wie die Figur in Berlin 8822·» oder in Berlin 4879 5 genügten offenbar den plastischen Ansprüchen nicht mehr, zumal gerade dies Motiv sehr stark von den Figuren vasen gepflegt worden war* 2 3. Ähnliches mag von der »verhüllten Tänzerin« gelten, die ja ganz aus dem Geiste der attischen Vasenmalerei geboren und der vortanagräischen böotischen Koroplastik in der Tat nicht fremd geblieben ist 6. Dagegen sind solche zukunftsreiche Typen wie der der Nike Berlin 6850? oder die der Tänzerinnen Berlin 6822 8 und Berlin 8821' und der Kalathiskos-Tänzerinnen in Berlin10 ohne alle Nachfolge in der tanagräischen Entwicklung geblieben. Daß diese ganz rundplastisch erfaßten, zum Teil frei aus der Hand modellierten Figuren nicht vor der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr., d. h. nicht vor der Alexanderzeit entstanden sein können, beweist neben den Funden aus Olynth auch eine sehr ähnliche Pariser Tänzerinfigur", die schon die Melonenfrisur des späten 4. Jahrhunderts v. Chr. trägt. — Diese Figuren stellen wohl in dem Maße ihrer plastischen Erfüllung, in ihrem Zeitstil, eine entwicklungsgeschichtliche Voraussetzung der Tanagräerinnen dar, aber sie finden keine unmittelbare Fortsetzung in der tanagräischen Überlieferung. Wie weit sich diese attische Tradition noch verfolgen läßt, kann erst die Bearbeitung der Funde von der Agora und vom Kerameikos in Athen lehren, die ich z. T. immerhinschon habe ansehen dürfen. — In das ausgehende 4. Jahrhundert v. Chr. gehört das Mädchen aus Aegina in München", das gebückt sich im Spiegel betrachtet. Die Art, 1

Köster, Tf. 40. * $, , S. 67, Abb. 44 Eph. 19071 Sp. 75f., Abb. 8. 3 Vgl. F. Winter. Kunst und Künstler, 1903, II, S. 52f.: derselbe, Typen-Katalog I, S. XV. 4 S. uns. Tf. zgb, W. I, 84, 5. 5 S. Pernice, Tf. 15; Winter, K. i. 6 B., 289, 10; W. I, 85, 6. Vgl. vorl. Arb. S. 127. 7 Siehe A. A. 1939, Sp. 445, Abb. 28 f.; s. W. II, 185, 5a. » Siehe Köster, Tf. 38; W. II, 156, 10; s. vorl. Arb. S. 271. 9 Siehe C. Blümel, Sport u. Spiel, Tf. 42, 17. 10 6851, 6852; Pernice, Tf. 12. »' Diphilos-Nr. 277; siehe Tel II 199; Charbonneaux, Tf. 54; Schneider-Lengyel, Abb. 51; vgl. vorl. Arb. S. 271 * 16. " Samml. Loeb, Bronzen-Terrakotten, Tf. ir. S. roff. (J. Sieveking).

C. 2b. »TANAGRÄERINNEN ODER ATHENERINNEN*

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wie das Sitzmotiv mit den übereinandergeschlagenen Beinen zu einem raumverdrängenden Block zusammengeschlossen ist, weist bereits auf die Tyche von Antiocheia, ohne daß aber deren Gegenbewegungen schon wirksam wären *:4. Auch hier gerade ist der besondere große Zug zu greifen, der den Figuren des engeren attischen Bereichs eigen ist. Daß er ebenso attische Terrakotten kennzeichnet, die weniger frei modelliert sind, beweist die schöne Sitzfigur aus den Grabungen auf der Agora1, die schon um der hohen Gürtung willen dem späteren 4. Jahrhundert angehören muß, wenn sie sich auch an Formen des 5. Jahrhunderts anlehnen mag. Sie hat etwas von der Größe der letzten klassischen Grabreliefs Athens *Z5. Selbst dieser stärker der Matrize und dem Typus verhafteten Form eignet ein Gepräge von Einmaligkeit und Einzigartigkeit, das die wenigen seit der Alexanderzeit noch bekanntenTerrakotten der attischen Tradition zu kennzeichnen scheint. Vielleicht sind es letzte Ausläufer einer von jeher anspruchsvolleren Koroplastik, die, von der großartigen Entwicklung der Alexanderzeit über ihre natürlichen Grenzen hinausgetragen, zu einer stetigen Entwicklung nicht mehr zurückfindet. Auch von den aus Olynth bekannten Formen, die attischen nachgebildet sind, führt kein gerader Weg nach Tanagra. Die von uns öfter herangezogene Figur2, stellt sich vielleicht bei einem Vergleich, z. B. mit einer Figur in Heidelbergs in die attische Tradition, unterscheidet sich aber wiederum wesenhaft von der ungefähr gleichzeitigen vortanagräischen Terrakotte aus Tanagra in Berlin4. Daß demgegenüber die Tanagräerinnen einer eigenen stetigen Entwicklung entstammen, soll außer den oben angeführten noch ein weiteres besonders charakteristisches Beispiel lehren, vom Typus W. II, 15, 5—6. Die vortanagräische Stufe ist bei der Athener Figur S schon der hohen Basis zu entnehmen. Der Figur selbst glaubt man sogar gewisse Spannungen anzusehen, die nach einer Lösung drängen. Diese ist dann gegeben in einer Berliner Figur6. Auch sie hat noch eine, wenn auch weniger hohe Basis, gibt sich vor allem aber in der Art, mit der sie ihr Gewand trägt, als echte Tanagräerin zu erkennen. Die flache tanagräische Standplatte erscheint dann ebenso bei einer sehr ähnlichen Pariser Wiederholung?. Wie der Typus weiter entwickelt wird, interessiert in diesem Zusammenhang nicht sonderlich. So sollen hier nur ein paar Daten gegeben werden: 1. Priene, Berlin 8590: Wiegand-Schrader S. 158 Nr. 133. Aus dem Demeterheiligtum; Sciatbi-Stufe. 2. Myrina, P. R. Tf. 37/38, 12 Nr. 241. Grab A. umgebildet Ende 3. Jahrhundert v. Chr. 3. Priene, Berlin 8624; a. a. O. S. 352 Abb. 420; Hörn a. a. O. Tf. 27,1 S. 87. — Aus Haus XXXIII; dazu D. Burr a. a. O. S. 17 Anm. 2. Stark verändert, gehört sie zum Kapitel »Nachleben der Tanagräerinnen«. Bemerkenswert ist vor allem das Ungelöste an der vortanagräischen Form. Daran wird deutlich, daß der Wandel zur Tanagrafigur sehr wohl in der Entwicklung ge1

A. J. A. 36, 1932. S. 389. Fig. 8. i Exe. VII. Tf. 22, Nr. 181; s. uns. Tf. 4a/b. 3 P. Knoblauch, A. A. 1939, Abb. 14. Sp. 441: dazu Anm. * »*. 4 6309, s. Köster, Tf. 40. 5 3945. s. 6 uns. Tf. sob/c; W. II, 15, 5. 6816; s. uns. Tf. ßoa; vgl. Griechische Terrakotten aus Tanagra und Ephesos, Wasmuth, Tf. 12. 7 Diphilos, Nr. 229; Teil, 175 D.

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II. C. HAUPTFUNDE: TANAGRA

fordert und gegeben ist, wenn er auch mehr als nur einen Schritt weiter bedeutet. Daß dieser entscheidende Schritt vielleicht nicht zuerst inTanagra oder Theben, sondern in Athen getan ist, ist möglich, ja wahrscheinlich. Die historischen Probleme sollen nachher noch einmal kurz angedeutet werden. Zuvor gilt es technische Fragen zu erörtern. P. Knoblauch hat in einem Aufsatz, den er mir freundlicherweise schon im Manuskript zugänglich' gemacht hat, hierzu aufschlußreiche Beobachtungen beigesteuert1. Er glaubt, daß die frei durchmodellierte Rückseite für die attischen Terrakotten charakteristisch sei und weiter, da er sie auch bei Tanagräerinnen findet, daß diese eben Athenerinnen seien. Dabei meint K. nicht die Verwendung einer zweiten Hohlform für die Rückseite, sondern die freihändige Durchbildung und Überarbeitung mit dem Modellierholz, die eine besonders angefügte Rückenplatte erfährt. Er führt diese Technik, die ähnlich bereits früh in lonien begegnet*, auf ein im Grunde schon dem archaischen Koroplasten Athens innewohnendes Bestreben zurück »eine Handfertigkeit zu erlangen, die selbständige künstlerische Arbeit ermöglicht, die es gestattet, über das, was die Matrize gibt, hinauszukommen«. — Das kann doch so nicht stimmen! Denn warum äußert sich dies Bestreben vor allem an der Rückseite der Tonfiguren ? Vielleicht ist es überhaupt auch zu modern gedacht, dem antiken Handwerker zu unterstellen, er wolle »die Matrize überwinden« I Es handelt sich dabei m. E. vielmehr um die Feinheit, um die letzte Vollendung der Arbeit und dann auch um einen entwicklungsgeschichtlichen Vorgang: den Schritt von den vortanagräischen zur tanagräischen Stufe. Die Überarbeitung mit dem Stecken, die Durcharbeitung der aus der Hohlform gekommenen Figur mag vielleicht dem Athener besonders gelegen haben. Sie ist aber keineswegs auf Athen beschränkt und liegt doch auch in der Natur der Sache. Es ist kaum zu beweisen und wenig glaubhaft, daß sie auf attischen Einfluß zurückgeht, wenn sie irgendwo anders auftritt, zumal in jener fortgeschrittenen Zeit der Tanagräerinnen. Daß die Rückseite frei aus der Hand modelliert wird, ist ein abgekürztes Verfahren und gibt sich als solches zu erkennen, wie alle die von K. abgebildeten Rückseiten lehren. — Im archaischen Jonien benutzte man für die Rückseite dann auch eine zweite Hohlform 3. Diese Technik ist ebenfalls in Attika geübt worden, z. B. bei den Puppenfiguren, wie auch K. feststellt. Gleichwohl hat sie sich nach K. doch nicht eingebürgert; vielmehr ist nach K. spezifischattisch nur die andere. Die Sitte »die Rückseite der Figur plastisch durchzubilden, führt dann« nach K. »die attischen Handwerker dazu, massive oder annähernd massive Figuren herzustellen, deren Vorderseite aus einer Matrize kommt, während die Rückseite freihändig durchmodelliert wird«. Das freihändige Modellieren massiver Figuren ist aber doch eine Urform der Koroplastik, die z. B. auch das archaische Tanagra ebenso kennt *Z7, wie das archaische Athen, und die zu allen Zeiten noch vorkommt. Daß dann bei der Verwendung von Hohlformen die Rückseite frei modelliert wird, 1

l A. A. 1939, Sp. 4i3ff. 445. Vgl. P. Knoblauch, Studien, S. 132! Vgl. vorl. Arb. 8.271, *7 zu I B i. 3 Vgl. vorl. Arb. S. II, 270 f. »7.

C. 2b. »TANAGRÄERINNEN ODER ATHENERINNEN«

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begegnet denn auch schon im 5. Jahrhundert v. Chr. bei einer solchen böotischen Figur wie Berlin 7678', der Artemis von Thisbe, deren ganz entsprechende Wiederholung aus der Sammlung Gans in Berlin besser erhalten und bekannter ist*. Obwohl auch nach K. schon attische Köpfe um 480 v. Chr. 3 »aufs genaueste durchmodellierte Rückseiten« haben, rechnet K. doch zu den »ältesten Figuren dieser Art« die zwei Tänzerinnen in Berlin 8821 und 6822, die oben besprochen wurden. Nach K. sollen sie allerdings noch dem Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. angehören. Hier liegt m. E. der Hauptfehler in K.s Schlüssen. K. übersieht den entwicklungsgeschichtlichen Vorgang, der von der vortanagräischen zur tanagräischen Stufe führt. Daß man bei der Tanagrafigur auch der Rückseite ein künstlerisches Interesse zuwandte, hängt vor allem mit dem neuen Bestreben zusammen, die Figur allseitig plastisch durchzubilden. Im übrigen kennzeichnet weder die meisten tanagräischen noch auch die meisten attischen Terrakotten die durchgebildete Rückseite 4 oder gar die besondere Verwendung einer angefügten und dann modellierten Tonplatte. Athen mag den Schritt zur tanagräischen Stufe am frühesten vollzogen haben. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum eine solche Entwicklung Athen allein erfaßt haben soll und warum »alle anderen, voran die Böoter, Kleinasiaten und Alexandriner« »von ihnen (den Athenern) die fertige vollendete Technik und mit ihr diese ganze heitre Figurenwelt übernommen« haben sollen, zumal wenn diese Technik ähnlich schon in der archaischen Zeit in Jonien ausgebildet war. So hat denn z. B. die oben angeführte attische Gewandfigur der tanagräischen Stufe Berlin 68675 u. a. keine durchgearbeitete Rückseite, dagegen — wie schon erwähnt — die böotische Figur aus Thisbe Berlin 7678. Auf der anderen Seite weist die mehrfach betrachtete Olynther Figur6 eine Rückseite auf, die aus einer zweiten Form gezogen ist. Ist ihr Typus attisch, ist das ebenfalls K.s These entgegen. Schließlich sind die alexandrinischen Tanagrafiguren, für die es besonders wichtig festzustellen ist, nicht durch diese attische Technik ausgezeichnet'. Daß gleichwohl über die Beziehungen hinaus, die schon länger zwischen Attika und Böotien vor allem für Theben und Tanagra bestanden 8, bei den Tanagrafiguren noch ein besonders enger Zusammenhang mit der attischen Kunst gegeben ist, legen die tanagräischen Formen wie die geschichtlichen Verhältnisse nahe. Für die Beurteilung der tanagräischen Formen ist aber wichtig festzustellen, daß der attische Einfluß weniger von der Koroplastik Athens als von der monumentalen attischen Kunst ausgegangen ist. Der Umstand, daß keine tanagräische Form erhalten ist, die in die Zeit vor der Zerstörung Thebens hinauf zu datieren ist, ist da noch besonders zu beachten. Nach dem Untergang des böotischen Vorortes Theben muß mit noch stärkerer Abhängigkeit der Kunst Böotiens von der Athens gerechnet werden als bisher. Hinzu kommt die Überlieferung9, die berichtet, daß viele Thebaner nach 1

W. II, 163, i. 2 Köster, Tf. 36. 3 P. Knoblauch, Studien S. 72, Abb. 18; ds. A.A. 1939. Sp. 428 Anm. i. 4 Vgl. vorl. Arb. S. 270 *6. 5 S. uns. Tf. 37b. * Exe. VII, Tf. 22, 8 Nr. 181; s. uns. Tf. 4a/b. 7 Vgl. E. Breccia, Mon., S. 24. Vgl. dazu G. Rodenwaldt, J. d. I. I9I3. S. 309ff., 338f. 9 Diod. XVII, 14, 4—5; u. a. s. vorl. Arb. S.

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II. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

der Zerstörung ihrer Vaterstadt nach Athen geflüchtet seien. Da kann es weiter nicht verwundern, daß Tanagrafiguren auch in Athen geformt worden sind und daß die tanagräische Formenwelt sehr stark von attischem Gut lebt. Die Sitte, dem Toten Tonfiguren ins Grab zu legen, war alt und ursprünglich weitverbreitet bei den Griechen. In jener Zeit scheint sie sich besonderer Pflege vor allem bei den Böotern erfreut zu haben, viel mehr als bei den Athenern. Die noch unverbrauchte Kraft der Volkskunst Böotiens erhielt durch die von der Geschichte bewirkte engste Berührung mit der spätklassischen Kunst Athens neue Antriebe. Diese aber lebte noch ein Jahrhundert lang in der tanagräischen Koroplastik nach und führte, in Attika selbst vergessen, in der kleinen Welt von Tanagra ein un verächtliche s Dasein. Der Grund dazu ist in der Alexanderzeit gelegt worden. Wie es scheint, war der Makedonenkönig selbst daran nicht unbeteiligt.

D. DIE TANAGRAFIGUREN UND DIE KUNSTGESCHICHTE DER FRÜH-HELLENISTISCHEN ZEIT i. DER Z E U G N I S W E R T DER T E R R A K O T T E N

Die Bedeutung der Krise, die mit der Diadochenzeit in der griechischen Kunst zum Ausbruch kommt, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ganze Gattungen wie das figürliche Relief oder die figürliche Vasenmalerei sterben jetzt ab. Neue Bedeutung erhält das Kunsthandwerk, vor allem in der Koroplastik. Aber auch die statuarische Kunst bekommt ganz andere Inhalte durch das Portrait. Daß dahinter eine Krise des im griechischen Sinne Monumentalen steht, wurde schon mehrfach festgestellt. Eine Blüte der Kleinplastik und der Portraitkunst sind der klassischen Monumentalität nicht gemäß. — Wie jedoch schon das Ende der rotfigurigen Vasenmalerei zeigt, geht es dabei nicht um die monumentale Kunst allein. Das Verbot des Demetrios von Phaleron betraf nur die Grabreliefs; aber es ist, als wären in der Folgezeit auch die figürlichen Tempelfriese und selbst die kleinen Weihreliefs verboten. Das Gesetz über den Luxus an Gräbern, das auch nach Abgang des Gesetzgebers über ein Jahrhundert lang eingehalten wurde, muß tiefere Gründe haben. Hier macht sich schon jenes neue Wollen geltend, das sich alsbald im »schlichten Stil« selbständig äußert. Es geht nicht um einzelne Gattungen von Kunst, um die monumentale oder um eine Handwerkskunst, sondern um Kunst überhaupt. Diese kritische Entwicklung ist um 300 v. Chr. zu einem gewissen Abschluß gelangt. Vor allem steht jetzt das Ende der klassischen Kunst fest, oder, wie bereits Plinius1 sagt, ein Aufhören von Kunst überhaupt. Aber auch die tanagräische Formenwelt erscheint jetzt konsolidiert, ihr Stil und ihre Typen sind fertig. — Wenn es dennoch möglich und oft geschehen ist, daß die Betrachtung der hellenistischen Kunst mit der Zeit um 300 v. Chr. einsetzt, für die hellenistische Kunstgeschichte als Ganzes und über ihre Grenzen hinaus ist der Einschnitt, der zwischen der Alexander- und der Diadochenzeit liegt, ungleich bedeutungsschwerer. Mit der neuen Welt von Tanagra hebt bereits das neue Zeitalter an. 1 n. h. 34. 52.

D. i. ZEUGNISWERT DER TERRAKOTTEN

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Die Krise um 323 v. Chr. bedeutet in der Tat nicht weniger als die Erschütterung der Grundlagen der griechischen Kunst überhaupt. Allemal folgen auf klassische Phasen in der Kunstgeschichte dunkle Zeiten. Wenn aber die Klassizität in besonderem Maße die griechische Kunst auszeichnet, ist klar, daß die Krise, die das Ende der griechischen Klassik heraufführt, der griechischen Kunst besonders schwer zusetzt. Das 3. Jahrhundert v. Chr. ist darum auch nicht zufällig das dunkelste Jahrhundert in der Forschungsgeschichte der griechischen Kunst. Ist dieser Zeitcharakter auch den Tanagrafiguren anzusehen ? Für die Beantwortung dieser Frage dürfen wir uns nicht an tanagräische Formen halten, die dem 3. Jahrhundert v. Chr. nicht angehören. Aber die Figuren von Sciatbi erhalten so über die Grenzen Alexandrias hinaus ihren Zeugnis wer t. Die Beobachtung, daß die Gruppe der Terrakotten von Sciatbi durchgängig kleineren Maßstab zeigt als ihre tanagräischen Vorbilder, ließ sich auch für Tanagrafiguren derselben Stilstufe wiederholen. Sie läßt sich jetzt als ganz naiven Ausdruck für Mangel an Monumentalität deuten. Ihre Kümmerlichkeit hat ihren Sinn. Wir sahen, daß der monumentalen Krise, die die griechische Kunst mit der Diadochenzeit erfaßt, ein Schwanken im Verhältnis zu Gestalt und Umwelt zugrunde liegt, und daß allein diese Unsicherheit eine so wesenhaft plastische Kunst, wie die griechische es ist, aufs schwerste gefährden mußte. Was für die klassische Kunst wie selbstverständlich galt, die Herrschaft der Gestalt, der Mensch als Maß aller Dinge, ist zweifelhaft geworden und wird umstritten. — Am einfachsten, aber auch am äußerlichsten, prägt sich das in der Gewandfigur aus. Das Kleid wird jetzt aus einem Diener des Körpers zu seinem Gegenspieler. Die Urkundenreliefs von 323 und 318 v. Chr.1 lassen diese Verselbständigung des Gewandes deutlich erkennen. Daß dahinter jener Wandel im Verhältnis zur Umwelt steht, begreifen wir, wenn wir die Rolle der Gewandfigur und des Gewandes in der griechischen Kunst und überhaupt in Betracht ziehen1. Dann gibt aber noch die Tatsache zu denken, daß die Gewandfigur und nicht die nackte jetzt geradezu das Thema statuarischer Plastik ist. Ebenso ergibt sich daraus bereits ein Hinweis auf die besondere Bedeutung der Tanagräerinnen. Dem Gewand, den Dingen, der Umwelt wird ein ganz neues Gewicht beigemessen. Die Wirksamkeit der Schwerkraft wird jetzt ganz anders gcwertet und zur Anschauung gebracht. Das Gewand erscheint ihr stärker unterworfen. Dies ist geradezu als Motiv solchen tanagräischen Typen wie W. II, 48,23 zu unterstellen. Es läßt sich nicht behaupten, daß die Anerkennung der Naturgesetze und des Gewichts der außergestaltlichen Welt etwa der Entwicklung der griechischen Geistesgeschichte entgegen sei. Die Krise um 323 v. Chr. bedeutet keinen Bruch mit der griechischen Überlieferung, keine Verfremdung griechischen Wesens, sowenig wie dies Aristoteles gegenüber Plato bedeutet. Es gehört vielmehr zum griechischen und gerade auch zum klassisch-griechischen Wesen, die Welt zu erforschen, zu erfahren. Das ist ihr nordisches Erbteil. Die Rationalisierung des Weltbildes mußte einmal 1

Siehe Süsscrott, a. a. O., Tf. 9, 3 und 4. 3 S. uns. Tf. i.

> Vgl. N. Jb. 1938, S. 258; vgl. vorl. Arb. S. 8, u g f .

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. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

zu der Erkenntnis von der Bedingtheit der Gestalt führen. Wie die Krise, die den Durchbruch der Klassik bewirkte, die Griechen auf eine neue Bewußtseins-Stufe hob, so auch jene, die das Ende der Klassik brachte. Um die neue Erfahrung von der Bedingtheit der Gestalt geht es von jetzt an, um ihre Anerkennung wird seit Beginn des Hellenismus gerungen. Der berühmte Satz des Lysipp1 bedeutet nichts anderes als die erste künstlerische Folgerung aus der neuen Sicht, die erste Dämmerung des neuen, seither nicht wieder überwundenen Weltbildes. Daß es bei den Griechen niemals mit der Folgerichtigkeit verwirklicht worden ist, die wir erwarten, ist griechisches Geschick. Daß es im Vollzug dieses Schicksals immer wieder umstritten wird, mag ihm in unseren Augen etwas Tragisches geben. Wir werden jedoch sehen, daß gerade die Zeiten der Auflehnung gegen die neuen Vorstellungen von der Welt besonders schöpferische Epochen für die hellenistische Kunst bedeuten. Schon deshalb werden wir uns hüten, den Vorwurf des Irrtums zu erheben, ganz abgesehen davon, daß niemand die Bedeutung geschichtlicher »Irrtümer« recht ermessen kann. Das Fruchtbare der Epoche liegt gerade in der steten Erneuerung jener Auseinandersetzung zwischen Gestalt und Umwelt, wie sie sich im Bezirk des Formalen in Spannungen und Gegenbewegungen auswirkt, die wir dann an der Gewandfigur schon genugsam kennenlernten. Es ist klar, daß diese Auseinandersetzung nicht allein oder vollkommen in der Gewandfigur zum Ausdruck kommen kann. Vielmehr ist dies nur ein alter Vorwurf statuarischer Plastik bei den Griechen, dem jetzt bewußt neue Seiten abgewonnen werden. Daraus ergibt sich wieder ein Hinweis auf die Bedeutung der Tanagrafiguren, der ihren Zeugniswert aber einschränkt. Das künstlerische Bewußtsein Lysipps können wir den namenlosen Koroplasten nicht zuschreiben. Die neue Form und der angemessene Gegenstand künstlerischer Verwirklichung des veränderten Weltbildes, das Portrait, hat so auch gar nicht in der Absicht der Koroplasten von Tanagra gelegen. Indem wir dies aussprechen, wird allerdings deutlich, welcher Möglichkeiten wir uns berauben, wenn wir nur von Gewandfiguren oder gar tanagräischen Typen ausgehen, um uns eine Vorstellung von der hellenistischen Kunstgeschichte zu bilden. Das Festhalten am Typus, das Dauern des Typischen über ein Jahrhundert, das gerade das Kennzeichen der Welt von Tanagra ausmacht, erscheint so zu dem neuen Weltbild in Gegensatz. Gleichwohl eignen den Tanagräerinnen portraithafte Züge, wie dies auch in dem Satze Adolf Furtwänglers* enthalten ist, der sagt, daß sie »auf der Grenze zwischen Idealem und Wirklichem stehen«. Wir können noch erkennen, daß die Blüte der Koroplastik und der Porträtkunst nur 2 Extreme darstellen, in denen sich der im griechischen Sinne unmonumentale Charakter der frühhellenistischen Kunst äußert. Wir vermögen sogar zu sehen, daß zwischen beiden Extremen eine solche Statue wie die des Mädchens von Antium vermittelt 3. Weiter aber läßt sich die Teilansicht, die die Tanagrafiguren eröffnen, in dieser Hinsicht nicht vervollständigen. ' Plin. n. h. 34, 65.

' Slg. Sabourofl II. Ein!., S. 18.

t VR!. B. S. A. d'A. 1938, S. 59 (18).

D. 2. FRÜHHELLENISTISCHE FORM

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In der Tatsache, daß dem einzelnen Denkmal, ja einer ganzen Gattung in gewissem Sinne nur beschränkter Zeugniswert zukommt, liegt auch ein gut Teil hellenistischen Schicksals. Es wurde schon daran erinnert, daß dieser Umstand einen besonderen Gegensatz zur Klassik bringt, in der doch selbst dem Fragment fast volle Aussagekraft eignet. Ebenso wurde schon auf den zwiespältigen Charakter der Epoche hingewiesen, der sich in den so verschiedenen Entwicklungen loniens und des griechischen Mutterlandes äußert. Hieraus ergibt sich erneut ein Hinweis auf die Bedeutung der Tanagranguren, der ihre Aussagefähigkeit einschränkt. In diesem Falle ist aber ein Ausgleich durch die Heranziehung großplastischer Werke möglich, die dann durch die Entwicklung der Myrinafigur nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar gefordert wird. 2. DIE F R Ü H H E L L E N I S T I S C H E FORM U N D IHRE H E L L E N I S T I S C H E N G R U N D L A G E N

Die beiden letzten Viertel des 4. Jahrhunderts v. Chr., die Alexander- und die Diadochenzeit, legen den Grund zur hellenistischen Form wie zu ihrer Entwicklung. Wollen wir über die reine Beschreibung der Form und ihrer Wandlungen hinaus zum Verständnis ihres Wesens vorstoßen, ist es notwendig, immer wieder zur Endkrise der Klassik, zur Geburtsstunde des Hellenismus zurückzukehren. Vor allem ist dies geboten, wenn wir eine Epoche wie das 3. Jahrhundert v. Chr. verstehen wollen, dessen Formen durch Gegenbewegungen und dessen zeitlicher Ablauf durch Reaktionen bestimmt erscheinen. Die Aufteilung in Jahrhundertviertel, die durch die datierten Ptolemäer-Kannen nahegelegt wird, ergibt, wie wir sahen und noch sehen werden, eine Wechselfolge von Form Verfestigung und Formauflockerung; sie bringt zugleich ein Anwachsen der Formkraft mit sich, deren Quelle uns ebenso ohne Kenntnis der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts verborgen bliebe. Wenn dabei die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr., insbesondere das erste Viertel mit den Sciatbi-Figuren einen Tiefpunkt bedeutet, können wir entsprechend die Gründe für den Abstieg der Form auch nur in der vorangehenden Epoche erfassen. Mit der Feststellung der Krise, die zwischen Alexander- und Diadochenzeit fällt, mit der Beobachtung krisenhafter Formen seit Beginn der Diadochenzeit ist dafür aber noch nicht alles gewonnen. Denn wir sehen wohl, was von der Krise erfaßt, aber nicht was von ihr gebracht wird. Wir können da nur feststellen, daß die Entwicklung doch weiter geht. Was aber entwickelt sich ? Bei den Tanagrafiguren werden in der Alexander- und der Diadochenzeit geschaffene Formen über ein Jahrhundert lang weiter entwickelt. Dem Thema der Gewandfigur werden immer wieder neue Reize abgewonnen, aber nicht mit neuen, sondern mit den alten Formen. Diese werden erst in der zweiten Jahrhunderthälfte bei den Hadrafiguren so umgewandelt, daß sie uns als recht hellenistisch erschienen. Wir sprechen von den neuen Spannungen. Worauf beruhen sie ? Wir werden das Wesen einer Epoche erst ganz begreifen, wenn wir den Zeitpunkt übersehen, von dem ab sie Geschichte, Vergangenheit geworden ist. Wir werden

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II. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

dann ihren Höhepunkt ermessen und nach ihm ihren Maßstab und ihren Anfang bestimmen können. Erst von der »letzten« Tanagräerin aus1 enthüllt sich das Wesen der »ersten«2 ganz. Die Zwiespältigkeit, die die späte tanagräische Form kennzeichnet, muß schon in der frühen gegeben sein. Gerade die letzte Durchdringung von Körper und Gewand, die die Kunst der Alexanderzeit und der frühen Tanagräerinnen bringt, barg in sich schon den Keim zur Zersetzung. Der Anspruch, der dahinterstand, die Umwelt ganz von der Gestalt her zu durchdringen, war keiner Steigerung, aber auch keiner anderen Entwicklung mehr fähig. Die Folgezeit bringt so die Reaktion, die Umkehrung dieses Verhältnisses von Gestalt und Umwelt, die bedingte Gestalt, d. h. die Erscheinung. Daß sich die griechische Kunst zu ihrer Darstellung immer noch und vornehmlich der Plastik bediente, war griechisches Schicksal. Dies darf ebensowenig befremden wie der Umstand, daß sich das entsprechende Verhältnis zum Räume nicht in erster Linie in der Architektur, sondern in der Plastik äußerte. Das Verhältnis zum Raum ist und bleibt für den Griechen das von Figur und Raum, ebenso wie das zur Welt das von Gestalt und Umwelt. Das neue ist jetzt nur, daß es problematisch wird und dies ein Jahrhundert lang bleibt, bis es überwunden (und zwar echt griechisch überwunden) wird. Diese Problematik bestimmt selbst das Porträt. Porträts des 3. Jahrhunderts v. Chr. haben so auch meist denselben Ausdruck 3. Zu fragen, wie weit dies porträtmäßig ist, ist hier nicht der Ort. Wichtig ist nur festzustellen, daß dadurch eine gewisse Einheitlichkeit bei aller Zwiespältigkeit erreicht wird. Die Schwere des Ausdrucks hält der Schwerfälligkeit der Formen die Waage. Diese verstärkt jene. Ähnlich wird bei der Gewandfigur die Einheitlichkeit in den Spannungen selbst hergestellt. Innere Einheit soll durch äußeren Ausgleich ersetzt werden. In der klassischen Kunst ist von vornherein die Einheit von Gestalt und Umwelt, von Figur und Raum, von Körper und Gewand gegeben, und zwar durch die Gestalt. Dies wird in der hellenistischen Kunst in Frage gestellt. Körper, Masse, Raum sind jetzt entgegengerichtete Kräfte, die zum Ausgleich gebracht werden müssen, und zwar in der Erscheinung und durch Zwang. Für die Gewandfigur bedeutet dies, daß der Gegensatz zwischen der Eigengesetzlichkeit des Gewandes, das seiner Schwerkraft zu folgen strebt, und dem Eigenleben des Körpers, dessen Natur nach Bewegung trachtet, überbrückt werden muß. — Bei der Tanagrafigur kommt hinzu der Zwiespalt zwischen Form und Inhalt. Er eignet jedoch nicht nur ihr allein, ist vielmehr ein Erbe der Alexanderzeit, mit dem sich noch weitere Bereiche der frühhellenistischen Kunst abzufinden haben. 3. DIE K R I S E UM 320 V. CHR. UND DIE NEUEN F O R M E N

Auf einer höheren Ebene künstlerischer Verwirklichung bedeutet der Zwischenzustand von ideal und wirklich, dem die Tanagrafigur ihr Leben und ihren Wert verdankt, eine nur schwer überbrückbare Kluft. Der Riß, den die Krise um 32ov. Chr. hervorruft, die Zwiespältigkeit, die das neue Bewußtsein bewirkt, hat noch die Reihe 1

S. uns. Tf. 19f. Museum« .

i S. uns. Tf. 40, d, e.

3 Vgl. A. M. 1940, S. 44. »Ein Kopf im Thermen-

D. 3- KRISE VON 320 V.CHR.

14l

der attischen Grabdenkmäler schwer getroffen, Nach Form und Format, nach Gehalt und Inhalt waren sie im Vergleich zu den Urkundenreliefs viel mehr der Krise ausgesetzt. So kündet sich diese schon in dem Grabrelief Conze 320' und noch etwas stärker bei Conze H732 an. —- Bei dem einen sind die Figuren über das Maß klassischer Zuständlichkeit hinaus seelisch erfüllt, nicht gestalthaft ungebrochen mehr. Lastende Schwere drängt sich im Gewände in der Sprache der Falten, im Ausdruck in der Rede der Gesten vor. Der Zwiespalt von Idealität und Realität, der in der Tanagrafigur zunächst so naiv und glücklich überbrückt erscheint, ist hier bewußt und hat die alte Form der Abschiedsszene mit dem neuen Gehalt überladen. Der Reichtum der Alexanderzeit ist zur Last geworden. Aber zugleich ist deutlich, daß der gesteigerte Ausdruck einen gewissen Ausgleich zu den lastenden Formen herstellt. Es ist zu ahnen, daß die Einheit, die in der Gestalt verloren gegangen ist, in der Erscheinung durch das Porträt wiederhergestellt werden kann. Eine neue Art der Ponderation bahnt sich an, die mit dem alten Kontrapost nichts mehr zu tun hat. An die Stelle des natürlichen Gleichgewichts tritt ein erzwungener Gewichtsausgleich. Der Körperponderation wird die der Massen und Kräfte entgegengesetzt, in die das Ganze zerlegt erscheint. — Bei dem anderen Relief ist die alte auf den Grabreliefs sonst unbekannte Vorstellung von Charon als dem Unheimlichen wieder hervorgebrochen. Auf einer zwiespältigeren Stufe des Bewußtseins lebt sie jetzt wieder für einen Augenblick in neuer Realität auf. Dem steht die zu wesenlosem Schein verkehrte Idealität bei Demetria und Pamphile3 gegenüber und zur Seite, verwandt in den lastenden und räumlich gedrängten Formen. Gestalt ist hier nur Erscheinung, der Reichtum der Formen Scheinreichtum. — Dasselbe gilt, nur mit positivem Vorzeichen, von den Tanagräerinnen. Die krisenhafte Entwicklung der Diadochenzeit, ihre Spannungen und Gegenbewegungen, haben dann die Gruppe von Diepolder Tf. 544 gelockert, das Gewand beim letzten Grabrelief Conze 807 5 verzerrt, bei beiden die Figuren isoliert und ihre Bewegungen gehemmt, das Relief aufgelöst. Die klassischen Bindungen sind aufgehoben. Aber eine neue Ordnung bereitet sich vor. Der Wille dazu liegt in den Spannungen, mit denen die Formen beim letzten Grabrelief von jungen Kräften gebändigt erscheinen. Er liegt in der Schlichtheit, in der bei der Gruppe ein reifer Meister auf allen äußeren Reichtum der Form verzichtet zugunsten vertiefter Innerlichkeit. — Eine ganz neue Formgesinnung gibt sich hier zu erkennen, von der auch die Welt von Tanagra lebt, obwohl sie selbst davon kaum etwas ahnte. Aber ebenso deutlich ist das Unerfüllte, das diese Formen quält, während es den Tanagrafiguren wenig anhat. Unter den Grabdenkmälern der Zeit weist vielleicht die Grabstatue Athen National-Museum 7096 die am meisten krisenhaften Formen auf. Ungestaltet lassen sie auf die Möglichkeiten und Ziele der neuen Zeit die weitreichendsten Schlüsse zu. 1

Tf. 78; Diepolder, a. a. O., S. 50; Winter, K. i. B. 314, 5. * Tf. 251; Winter a. a. O. 314, i; vgl. Rumpf, a. a. O., S. 61. 3 Conze 109, Tf. 40; Diepolder, S. 53; Winter a. a. O. 315, 5. * S. 56. 5 Tf. 153; Hörn, a. a. O., S. 22, Tf. 5, i. 6 Collignon, Les statues funeYaires, Abb. 91, S. 159.

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. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Die Verselbständigung des Gewandes hat hier zu einem allerdings unbeabsichtigten, weil ungeformten Kontrapost von Körper und Gewand geführt. Darin nimmt dies Werk, das auf der Wende von der Alexander- zur Diadochenzeit steht und durch die Atarbos-Basis von 323 v. Chr.1 und das Urkundenrelief von 318 v. Chr.2 um 320 v. Chr. datiert werden kann, etwas von der hochhellenistischen Statik vorweg, bei der Körper und Gewand in Wettbewerb treten. Das Gewand folgt seinen eigenen Gesetzen, d. h. dem der Schwere und des Zufalls. Dem Zug der Schwere überlassen, spielen die frei herabfallenden Steilfalten schon eine eigene vom Körper unabhängige Rolle für den Aufbau des Ganzen. Dem Zufall folgend, finden sich Brüche und Stockungen in der Faltenführung vor allem da, wo sie die Gliederung des Körpers zu verunklären geeignet sind. Trotzdem hat seine Bewegung — noch — nicht ausgespielt. Aber Körper und Gewand klaffen auseinander und erlauben Licht und Schatten ein die Masse und die Form des Ganzen zerstörendes Spiel. Nur mühsam vermag sich die Figur im Räume zu behaupten, der selbst in sie eingebrochen zu sein und ihre Existenz zu bedrohen scheint. — Die Verspannung von Körper und Gewand, der Zusammenschluß der Formen und ihre Abdichtung nach außen, der bewegungs- und raumfeindliche Charakter der Werke der Folgezeit, wie sie das »letzte Grabrelief« oder die »kleine Herculanenserin« unter den Tanagrafiguren vorstellen, erscheint als durch solche Bildungen gefordert. Es ist die Reaktion der Diadochen- gegenüber der Alexanderzeit, der nach-lysippischen Generation auf Lysipp, die die Formen in jeder Hinsicht reduziert. Ihr verdanken auch die Tanagräerinnen sehr viel, und wie diese wirkt sie, wie wir noch sehen werden, über ein Jahrhundertlang nach. In den Gewandformen läßt sich der Athener Statue die Parisers oder Berliner4 Tanagräerin vom Typ W. II, 36, 6 zur Seite stellen, ohne daß diese deren krisenhafte Bildung erreicht. Es wird auch deutlich, daß solche Formen wie die der ApolloStatue von der Agora in Athen 5 nicht lange vor 320 v. Chr. entstanden sein können. Dagegen läßt der um 320 v. Chr. seiner Inschrift nach datierbare Asklepios von Eleusis6 wohl schon mehr von der Formenreduktion der Folgezeit erkennen, wie dies auch das Urkundenrelief von 318 v. Chr.7 wahrscheinlich macht. Das Auffallendste und Merkwürdigste an der Athener Grabstatue ist vielleicht die tiefe und regellose Zerklüftung der Formmasse. Darin steht die Figur in ihrer Umgebung ziemlich vereinzelt da. Stellen wir sie aber neben jonische Werke, wie die Peplosfigur vom Säulenrelief des ephesischen Artemisions8, so wird deutlich, daß hier im jonischen Kreise ähnliche Tendenzen früher und freier vorgebildet sind. Eine Peplosfigur aus Halikarnass im Louvre' führt in dieser Entwicklung noch höher hinauf, während die Herastatue von Samos in Berlin10 eine ähnliche krisenhafte Bildung und Entwicklungsstufe wie die Athener Figur vertritt. Dabei ist aber 1

Vgl. Hörn, a. a. O., Tf. 41. > R. M. 1932, Tf. 29, i; vgl. Süsserott, a. a. O. 3 S. uns. Tf. ga, 4 S. Köster, Tf. 48. S S. H. A. Thompson, Hesperia VI, 1937, s· i4fL. Abb. 56; A. Rumpf, 6 J. d. I. 1938, S. u6f. S. Deltion 1924/25, S. 1050.; Pin. 2, Eik i—2; vgl. Hörn, 8.96. 7 R. M. 1932, Tf. 29, i; vgl. Süsserott, a. a. O. * S. uns. Tf. 5&b. 9 Cat. sommaire 1922, 10 Nr. 2838 Tf. LXIII; vgl. M. Bieber, Entwicklungsgeschichte der griechischen Tracht, Tf. 23. Ku. Beschr. Nr. 1725; Stephanos für Wiegand, Tf. 7, S, 12; vgl. N. Jb. 1938, S. 254^, Abb. i.

D. 4. ZEIT UM 300 V. CHR.

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nicht zu übersehen, daß dieselben Tendenzen bei den jonischen Werken positiver wirksam sind. Licht und Schatten erscheinen schon von vornherein stärker in den Formen gefangen und mit ihnen verschmolzen, ihre modellierende Kraft stärker genutzt. Wenn gegenüber den älteren Werken auch an der Hera von Samos der Rückgang in der Formkraft unverkennbar ist, so ist doch im Vergleich zu der attischen Figur der Verlust an Bewegung, Masse, Raum, aber auch die Zwiespältigkeit weniger groß. Das Ganze erscheint weniger unerfüllt und starr, das Gewand z. B. ungleich lebendiger und stofflicher erfaßt. Schon dieser Vergleich legt die Annahme nahe, daß die künstlerische Führung in der Folge auf den jonischen Osten übergeht. 4. DIE ZEIT UM 300 V. CHR. UND DIE K O N S O L I D I E R U N G DES TANAGRÄISCHEN STILS

Neue Formen werden in der (ersten) Diadochenzeit mehr gesucht als gefunden. Dem entspricht die Rastlosigkeit der Entwicklung, das stete Ungenügen am Erreichten, daß das eben erst Gewonnene sogleich wieder verwirft und abstößt in einer Folge von Reaktionen. Die Dauer liegt nur im Wechsel. — Eine in ihrer ganzen Entwicklung so einheitliche Kunst wie die der attischen Grabdenkmäler vereinigt in ihren letzten Werken plötzlich die ungleichartigsten Formen und Inhalte. Fast jedes neue Werk bedeutet die Absage an das vorangehende. Einen solchen Ablauf als Entwicklung zu sehen, fällt ebenso schwer wie sie zu klären. Die Gefahr ist groß, daß zuviel unverstandene Elemente eliminiert werden, aber noch größer die, daß über die ganze unklare Epoche schnell hinweggegangen oder gar abgeurteilt wird. Die Tatsache, daß innerhalb der Grenzen dieses Zeitabschnittes die Mehrzahl tanagräischer Typen entsteht, von der die Koroplastik des kommenden Jahrhunderts zum großen Teil lebt, stellt demgegenüber eine eindringliche Warnung dar. Ein einziges Jahrhundertviertel ballt eine Fülle von Formen zusammen. Wenn ihm auch der große Atem der Alexanderzeit fehlt, so erwirbt es doch zu deren Erbschaft in unaufhörlichem Mühen Schätze, die der Ausmünzung nur meist noch harren. Für ihre Erkenntnis kommt es vor allem darauf an, im formlosen Erz das Metall zu finden, das die Zukunft schmilzt und läutert. Krisenzeiten sind nicht einheitlich und klar. Die einzelnen Formen sind sehr verschieden, ihre Kraftquellen gilt es aufzuspüren. Gegenüber der »kleinen Herculanenserin« erscheint trotz aller Verschiedenheit die »große« bei näherer Betrachtung eigentlich nur als ihre aus neuen Spannungen geformte Umkehrung. Bis in die einzelnen Motive hinein sind die Rollen von Körper und Gewand im Gegensinne vertauscht. Die geschlossene Form der kleineren Schwester wird dabei durch Gegenbewegungen durchbrochen, die im Körper gegen die Last des Gewandes angehen. Zum Unterschied von der Kunst der ersten Jahre der Diadochenzeit, wo das Gewand im Gegensatz zum Körper trat, geht hier die Gegenbewegung vom Körper aus und ruft erst im Gewände dagegen neue Gegenbewegungen hervor. Anders als die »kleine Herculanenserin«, die auf der Höhe der Diadochenzeit steht, ist die große wieder mehr von Unruhe erfüllt.

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- HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Bei der Umkehrung des Standmotivs antwortet der Bewegung des mühsam vorgeschobenen Spielbeins eine der Gewandung in der Gegend des Standbeins. Hier löst sich eine schwere Falte im Chiton, die in eine entsprechende des Himations eindringt und mit dieser durch ihre besondere Bewegung zum Körper, aber auch zum übrigen Gewand, in Gegensatz tritt. In ähnlichem Sinne wirkt die veränderte Haltung des rechten Arms. Ihm ist eine unruhige Stelle außerhalb des Hauptachsensystems der Figur zugewiesen, wo er eine komplizierte Gewandanordnung hervorzurufen bestimmt ist. Die Hand hat eine breite Falte gefaßt, die sich quer zur ändern Hand zieht. Von beiden Händen spannen sich auch zur linken Schulter lange gerade Falten. So entsteht ein Faltendreieck, das die Aufmerksamkeit auf sich und auf die Hände lenkt. Der Körper, bei dem Ober- und Unterkörper gegeneinander bewegt sind, ist durch die eine große Falte des Dreiecks wie zerschnitten; doch verläuft sie nicht im Sinne der Gegenbewegung, sondern verspannt vielmehr den Gegensatz von Brust und Leib. Bei allem kommen vornehmlich die Bewegung und Faltenführung des Gewandes zur Anschauung, im Körper dagegen nur Teilbewegungen, die im Kontrast oder durch Auslösung von Kontrastbewegungen die Wirksamkeit des Gewandes noch steigern. In gewissem Sinne sind sie sogar durch den Gegensatz zum Gewand bestimmt und bedingt. — Auch hier befindet sich der Körper nicht an der Herrschaft, sondern in der Opposition, die nur durch Protestformen stärker zur Geltung kommt. Sie stört die einheitliche Erscheinung des Ganzen, die bei der »kleinen Herculanenserin« durch Eindämmen aller Bewegung in der Masse des Gewandes und des Blockes erreicht ist. Allerdings bringt sie in Gewand und Körper bestimmte Teile zu gegensätzlichen Bewegungen, die, wie wir noch sehen sollen, in der Zukunft ungeahnt entwickelt werden. Die Tendenzen der »kleinen Herculanenserin«, die eine Blockform anstreben, und die der »großen«, die diese durch Gegenbewegungen aufzuheben trachten, scheinen beide in der Tyche von Antiochien (296 v. Chr.)' vereint und geklärt zu wirken. Der Gegensatz von Ober- und Unterkörper ist hier verstärkt dadurch, daß die Grenzen beider Komplexe mit denen von Ober- und Untergewand zusammenfallen und der eine mehr eine Breiten-, der andere mehr eine Tiefenentfaltung anstreben. Auch in den durchhängenden Falten des Chitons ist gegenüber den straffgezogenen des Himations ein Kontrast gesucht, ebenso im Charakter der Stoffe. Dieser Gegensatz wird aber durch die Linienentsprechung der Faltengehänge am Unterkörper und der Faltenzüge am Oberkörper in der Gesamtform wieder ausgeglichen, Ja, in der von uns gewählten Ansicht beherrscht »die manieristische Konsonanz« der Formen das Bild. Schon dies spricht für die Bedeutung dieser Ansicht, die nach Ausweis der Rückseite der Figur geradezu als Hauptansicht zu gelten hat. Die Parallelführung der Linien innerhalb eines von Senkrechten begrenzten und von einer Waagerechten halbierten Blockes bindet die verwickelte Anlage des Ganzen in einen verhältnismäßig einfachen Raumkörper. Hier machen sich schon die Tendenzen des ersten Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr. geltend, die sich in dem schlichten Stil einer möglichst vereinfachten Blockform erschöpfen, wie er die Themis von Rhamnus* 1

S. uns. Tf. 553; Hörn a. a. O. S. 6f.

J

Vgl. Hörn S. igf.; Tf. 6, 3.

D. 4. ZEIT UM 300 V. CHR.

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und die Nikeso von Priene1 kennzeichnet. Bei diesen hat gegenüber den Figuren des letzten Viertels des 4. Jahrhunderts v. Chr. der Block an Volumen und Raumverdrängung, die Form an Bewegung (und Gegenbewegungen) verloren, während ein abstraktes Liniensystem dominiert, das das Ganze mehr tektonisch unterteilt als organisch gliedert. An die Stelle der mühsam bewältigten Vielfältigkeit der (ersten) Diadochenzeit ist jetzt eine gewaltsam erzwungene Einfachheit getreten. Was die Form an äußerer Gefügigkeit gewonnen hat, ist ihr jetzt an innerer Kraft verloren gegangen. Dies bestätigen unter den Tanagrafiguren die von Sciatbi. Der tanagräische Stil ist konsolidiert, aber er hat an schöpferischer Kraft eingebüßt. Es entstehen kaum noch neue Typen. Die Reaktion des ersten Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr. gegenüber dem letzten Viertel des 4. Jahrhunderts v. Chr. bringt Erstarrung in jeder Hinsicht. Daß durch die Wendung um 300 v. Chr. die Verwandlung des organisch-plastischen Körpers in einen kubisch-tektonischen Block vollendet wird, daß die im Körper immer wieder vorgetragenen Gegenbewegungen nur den Wert von Protesten haben und für die unmittelbar folgende Entwicklung ohne Bedeutung sind oder allenfalls die Formkraft schwächen, können gut zwei verschiedene Fassungen des tanagräischen Typs W. II, 256, 4, 5 lehren. In der Art, wie das Sitzmotiv zwischen Breiten- und Tiefenentfaltung vermittelt, wie das Gewand diesen Kontrast verspannt, auch im Motiv der aufgestützten Hand, die viele Falten nach sich zieht, sind der Jüngling in München, Sammlung Loeb* und die Tyche von Antiocheia verwandt. Aber die Terrakotte ist noch älter, minder spannungsreich, weniger blockhaft gebunden und in ein Liniensystem gebannt. Die Londoner Fassung dieses Typs3 bringt in allem die Abstraktion der lebendigen tanagräischen Form. Charakteristisch ist allein schon die Veränderung im Motiv, bei der an Stelle des Felsens eine Kiste als Sitz gewählt ist. Der Form ist ein Koordinatensystem aufgezwungen, bei dem die Falten des Urbilds zu Linien entwertet werden. Die Kraft der Erfindung ist in den Zwang der Form verkehrt. Der Münchener Jüngling mag dabei etwa auf der Stufe der »großen Herculanenserin« stehen, der Londoner wird schon fast die des Demosthenes von 280 v. Chr.4 erreichen. Daß bereits in der (ersten) Diadochenzeit die Bewältigung der Form im Zusammenschluß zum Block angestrebt wird, konnte schon die »kleine Herculanenserin« lehren, aber auch der Aischines (um 315 v. Chr.) und das »letzte« Grabrelief. Wir sahen schon beim Sophokles-Typ, daß die Blockform in gewissem Sinne die Form der frühhellenistischen Plastik ist, wie sie überhaupt eine Voraussetzung der hellenistischen Form darstellt. Das wird besonders anschaulich an einem solchen tanagräischen Typus wie W. II, 112, 3. Die Erfindung, der eine Tanagräerin in Athen* noch nahesteht, gehört etwa in die Zeit des »letzten« Grabreliefs. An dieses erinnern sehr die in Querfalten zutage tretenden Spannungen. Vor allem vergleichbar und auffällig ist jedoch die Abdichtung des Volumens, das dadurch an blockmäßiger Wucht 1

Vgl. Hörn, S. 24f.; Tf. 8, i. 3 C. 326; s. uns. Tf. 31 c; 0,20 m.

» Siehe J. Sieveking, Bronzen, Terrakotten usw., Tf. 10. 4 S. Hörn a. a. O. 5 4051; a. uns. Tf. 31 b; 0,145 m.

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Π. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

und an raumverdr ngender Kraft gewinnt. Daran wird aber auch besonders deutlich, da es dieser Form um den Widerstand zum Raum zu tun ist, wie denn die (erste) Diadochenzeit durch den Gegensatz zur r umlich freien Entfaltung der Alexanderzeit gekennzeichnet ist und dadurch auch in gewissem Ma e dem ganzen folgenden Jahrhundert Feindschaft zum Raum auferlegt. Das gilt besonders f r die tanagr ischen Terrakotten, bei denen diese Haltung noch einer gewissen technischen Forderung entgegenkam. Wir lernten dies schon an den Formen des tanagr ischen Typus der »kleinen« Herculanenserin im Gegensatz zum »Sophokles«-Typ und an beider Entwicklung. Der Typus der kleinen »Herculanenserin« ist noch nach Alexandria gelangt, der der gro en nicht mehr. In Sciatbi begegnen aber noch Nachfahren jenes der »kleinen Herculanenserin« sehr verwandten Typus1, den wir geradezu den der »sitzenden Herculanenserin« nennen k nnen. F r diese alexandrinischen Figuren ist die Lockerung der Spannungen ebenso charakteristisch wie die der kubischen Geschlossenheit und Wucht. Ein Verlust in der Veranschaulichung der Tiefenerstreckung der Figur ist die Folge. Das Volumen hat an r um verdr ngender Kraft eingeb t, dadurch aber auch die ganze Form an Sicherheit. Sie scheint geradezu von Spannungen zum Raum zu leben. 5. DIE E R S T E H

LFTE DES 3. J A H R H . V. CHR.

F r die Meinung, da die auf Alexander den Gro en folgende Zeit eine Reaktion auf die Epoche des gro en Makedonenk nigs brachte, ist die Statue des Demosthenes ein beredtes Zeugnis. Man kann es allein der Tatsache entnehmen, da 280 v. Chr. 42 Jahre nach dem Tode des Redners auf den Antrag seines Neffen Demochares von den Athenern beschlossen wurde, ein Standbild des Demosthenes auf dem Markte zu errichten *'. »Die Nachwelt wertete ihn h her, als die Zeitgenossen es taten« 1 . Die n heren Umst nde sind nicht bekannt, die zu der Beschlu fassung f hrten. Aber es steht fest, da sie in einer Zeit zustande kam, in der Athen sich der gerade wieder errungenen Freiheit erfreute * 2 . Und was die Gesinnung angeht, die dazu trieb, so spricht sie deutlich genug aus dem Epigramm auf der Basis der Statue 3: »είττερ ίση ν ρώμην γνώμη, Δημόσθ£νε$, είχες, ούττοτ' αν Ελλήνων ήρξεν "Αρη$ Μακ=δών.« L ngst hat man auch in den Formen einen Gegensatz zur Alexanderzeit gefunden, z. B. beim Vergleich mit der Statue des Sophokles *4, wie denn das Verst ndnis der Figur und ihrer Zeit bereits durch viele wesentliche und sch ne Analysen des Werkes sehr weit gef rdert ist *5. Darum soll hier nur kurz auf die M glichkeit eines entsprechenden Vergleiches angesichts zweier Terrakotten, der vom Sophokles-Typ in Berlin4 und der von einem an den Demosthenes erinnernden aus Hermione in Nauplia, hingewiesen werden 5. 1

W. II na, 3; Sciatbi 179. 181, Tf. 68, Nr. 402, Nr. 403; vgl. Mon. Tf. 10, 9; Nr. 96 Tf. 50, i ; Nr. 94. E. Buschor im Text zu Bruckrnanns Wandbildern Nr. 8 8.34. 3 Plut., Demosth. 30 u. a.; dazu Anm. *3. 4 S. uns. Tf. $&. 5 S. uns. Tf. nf; dazu Anm. * 6 . J

D. 5. ERSTE HÄLFTE DES 3. JAHRHUNDERTS V. CHR.

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Gegenwärtig wichtiger ist zu fragen, inwieweit die Formgesinnung, die aus der Statue des Demosthenes und vergleichbaren tanagräischen Terrakotten spricht, allgemeinverbindliche Aussagekraft beanspruchen kann. Dabei kann allerdings angesichts des eben Dargelegten über die Aufstellung der Figur der Einwand wenig besagen, daß Demosthenes 280 v. Chr. ja schon lange tot war und daß das angeblich so getreue Bildnis vielleicht auf ein ähnliches schon früher aufgestelltes zurückginge *7. Es soll auch gar nicht geleugnet werden, daß ein Werk eines ganz anderen Kunstbereiches wie etwa die Nikeso von Priene unverkennbar demselben Zeitstil angehört *8. Die Betrachtung der Folgezeit verlangt aber, wie bereits bei Vergleich der beiden Säulenreliefs von Ephesos anzudeuten war *9, nach einer Gegenüberstellung der mutterländischen Kunst, insbesondere Attikas, mit derdesjonischen Kleinasiensund der Inseln. Gerade die äußerlich so ähnlichen Figuren des Demosthenes und der Nikeso lassen denn auch wesentliche Unterschiede erkennen, z. B. in der Wucht des Blockes, in der Charakterisierung des Stoffes, in der Wirksamkeit des Spiels von Licht und Schatten. Daß diese Verschiedenheiten im wesentlichen nicht dem »römischen« Kopisten der Demosthenesfigur zur Last fallen, können entsprechende Vergleiche mit solchen attischen Originalen wie der Themis von Rhamnus oder einer weiblichen Gewandfigur in Alexandria lehren* 10 . Aber eine eingehende Betrachtung der Nikeso von Priene in Berlin läßt selbst an ein und demselben Werk ganz verschiedene Formtendenzen erkennen, denen über den Wert von Richtungen hinaus der Rang von Wesensunterschieden zukommt. Die linke Seitenansicht der Nikeso1 stellt in ihren Formen einen ausgesprochenen Gegensatz zur Hauptansicht dar. Es macht dabei nichts aus, daß bei den Werken gerade dieser Zeit die Seitenansichten wenig berechnet waren. Um so ungehemmter konnte hier der Künstler unbewußtem Formdrange nachgeben, um so weniger ist hier an einen beabsichtigten Kontrast zu denken. Während in der Vorderansicht die Falten gestrafft und zu Linien entwertet erscheinen, die die Figur in ein Kompositionsschema spannen, das auf den »einfachen Formen der niederen Geometrie« beruht, lebt sich in der linken Seitenansicht, in dem Faltenspicl des lastenden Mantels ein Hang zu ganz irrationalen Formen aus. Ordnung und Maß, von denen die Hauptansicht bestimmt ist, scheinen ihm wenig zu bedeuten. Die Schwerkraft wirkt nicht als Fallgesetz sondern als Spiel des Zufalls. Was an der Hauptansicht übertrieben ist, ist an der Nebenansicht ins Gegenteil verkehrt. Während auf der einen Seite alles ornamentale Leben verbannt ist, wuchert es desto mehr auf der anderen. Daß es sich hier nicht um eine beabsichtigte Kontrastwirkung handelt, die etwa mit der von Unter- und Obergewand bei der Tyche von Antiocheia auf eine Stufe zu stellen wäre, lehrt ein Blick auf viel ältere jonische Werke, z. B. auf die Peplosfigur im Piräus-Museum Nr. 213*. Die größere Selbständigkeit des Gewandes gegenüber dem Körper ist ein alter jonischer Zug, der sich bis in die archaische Zeit zurückverfolgen läßt, wie weiterhin noch näher auseinanderzusetzen sein wird. Bei der ' S. uns. Tf. 55c.

» S. M. Bieber, Griechische Kleidung, Tf 2; R. M. 1936, Tf. i3f.; dazu Anm. ·".

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. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Figur im Piräus äußert er sich in Staufalten, die dem Boden aufliegen und in der Art, wie der Vorwurf des von der Hand aufgenommenen Gewandzipfels zur Darstellung durchhängender Falten ausgenutzt ist. Auch hinter dem Motiv steckt noch etwas vom Gestus der archaischen Koren jonischen Gepräges, der von der Kunst des Mutterlandes zwar übernommen, in dieser Zeit aber nicht mehr gebraucht wird. Jonisch ist ebenso der Widerspruch von archaisch und klassisch, der das ganze Werk durchzieht, das schon der späteren Parthenonzeit angehört. Gleichwohl ist das Klassische auch an dieser Gestalt unverkennbar und wird es noch mehr bei einer Gegenüberstellung mit der Nikeso. Einmal ist das Spiel der Falten bei dem Werk der klassischen Zeit viel weniger ausgesponnen, dann aber ist es auch viel weniger zufällig gedacht. Denn es wird hervorgerufen und geregelt durch den Griff der (jetzt verlorenen) rechten Hand. Aber der innere Zusammenhang zwischen der hellenistischen Form, die dem Gewände eigene Gesetze zuerkennt, und der jonischen, in der ihm von vornherein mehr Rechte zustehen, wird doch deutlich. Und es wird begreiflich, daß jonische Werke die hellenistische Form stärker zu erfüllen scheinen, daß z. B. sogar der Zwiespalt, der bei der Nikeso zwischen Vorder- und Seitenansicht besteht, der Form selbst wenig anhat. Der Kunst der Nikeso ist das strenge Form- und Liniengerüst offenbar ursprünglich fremd. Es muß in der mutterländisch-griechischen Kunst zu Hause sein, wo wir es bei attischen Werken, wie der »kleinen Herculanenserin« und bei solchen der Sikyonischen Schule wie der Tyche sich entwickeln sahen. Daß dieser »schlichte Stil« gerade in Attika Fuß gefaßt hat, zeigen der Demosthenes und die Themis von Rhamnus. Diese kann aber auch lehren, daß der »schlichte Stil« nicht nur einer äußeren Beschränkung, sondern auch einer inneren Verarmung entsprang. Die Reaktion nimmt über den Charakter einer Rückwirkung hinaus innerhalb des Bereichs der attischen Kunst jetzt die Bedeutung eines Rückschlages an. Das ergibt sich nicht nur aus dem Mangel an Formkraft, den die Themis von Rhamnus mit den tanagräischen Terrakotten der Sciatbistufe teilt. Es folgt allein schon aus der Tatsache, daß die Themis mit einer Reihe von anderen Werken in den Motiven reaktionär, ja beinahe klassizistisch ist. Ähnlich wie die Themis auf solche Formen des 4. Jahrhunderts v. Chr., wie die Artemisia zurückgreift* 12 , nimmt die schon angeführte Figur in Alexandria das Motiv der praxitelischen »Athena Vescovali« auf *'3. Die etwas jüngere Aristonoe von Rhamnus *M erscheint fast als Kopie nach der Frau des Grabreliefs aus Rhamnus Conze Nr. 1084'. Auch für die (Grab-?)Statue aus Velanideza in New York * l6 , die mit der Aristonoe aus Rhamnus in das 2. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. gehört, ist entsprechendes anzunehmen. Sie erinnert im Typus an die oben besprochene Grabstatue in Athen Nr. 709 und auch an einige der Klagefrauen des sidonischen Sarkophags. Es handelt sich hier offenbar um manirierte Spätwerke nachklassischer, fast schon klassizistischer Kunst. Sie bilden großplastische Parallelen zu den tanagräischen Terrakotten der i. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr., die die in der Alexander- und der Diadöchenzeit geprägten Typen in erstarrten und zusammengeschrumpften 1

Diepolder, Tf. 54; Hörn, Tf. 6, i, S. 20; dazu Anm. »>>.

D. 6. 2. VIERTEL DES 3. JAHRHUNDERTS V. CHR.

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Formen nachbilden, ohne sie viel zu variieren oder gar neue hinzuzufügen. Das Nachlassen der schöpferischen Kräfte, das die Tanagrafiguren dieser Epoche in Form und Format kennzeichnet, ist sonach auch für die Großplastik der attischen Tradition charakteristisch. Dies kann noch die Gegenüberstellung mit solchen jonischen Werken wie der Nikeso von Priene bekräftigen *'?, die als Weihung einer Priesterin mit genau denselben Ansprüchen betrachtet werden darf, wie die Aristonoe von Rhamnus. Die Regel wird aber auch durch die Ausnahme der Demosthenes-Statue bestätigt, bei der ein Meister aus der Not eine Tugend gemacht hat. Das Werk ist ein Denkmal der Selbstbesinnung in der Selbstbeschränkung, wie zuletzt eingangs dieses Abschnittes angedeutet wurde. Kann man die Anfänge der hellenistischen Kunst sehr hoch hinauf verfolgen, bis zur Alexanderzeit, ja in lonien noch über deren Grenzen hinaus * l8 , so lassen sich entsprechend auch für die klassische Kunst Ausläufer noch jenseits der ersten Diadochenzeit ausfindig machen. Dazu gehören die genannten Werke attischer Kunst, nicht zuletzt aber die Tanagrafiguren, deren Tradition sich ja noch viel weiter, noch bis ins späte 3. Jahrhundert v. Chr. erstreckt. Dagegen machen sich im jonischen Kunstbereich immer mehr ein anderer Formwille und eine andere Formkraft geltend, die schon im i. Viertel des 3. Jahrhundert v. Chr. zu Widersprüchen an ein und demselben Werk führen, die nach einer Lösung drängen. 6. DIE C A E S U R IM Z W E I T E N V I E R T E L DES 3. J A H R H . V. CHR.

Schon die Figur des Demosthenes läßt gewisse neue Spannungen erkennen *', die darauf deuten, daß der einfache blockhafte Aufbau des »schlichten Stils« gefährdet ist. — Die Figur der Arsinoe-Kanne im Britischen Museum1 weist für die Zeit um 270 v. Chr. an der Stelle der Gürtung auf eine Störung im bis dahin streng gebildeten Kontur. Die Figur der Berenike-Kanne im Louvre* aus der Zeit um 240 v. Chr. zeigt, wohin die Entwicklung führt. Man glaubt, das Neue schon bei einem Vergleich der Aristonoe von Rhamnus mit der Themis zu erkennen. Auch dem Buchstabencharakter der Inschrift nach ist die Aristonoe wohl etwas jünger als die Themis. Jedenfalls aber erscheint der strenge Aufbau der Themis an der Aristonoe durch neue Bewegtheit gelockert. Die Struktur auch des Kopfes der Aristonoe ist gegenüber dem der Themis weniger fest und bestimmt, seine Formen sind wie aufgeblasen **. Hierin schließt sich die oben genannte Figur aus Velanideza an, 3 die freilich schon wieder eine gewisse offenbar spätere Verhärtung bringt. Bei ihr ist die im Umriß und in einer Fläche festgelegte Form des ersten Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. am Oberkörper noch spürbar, im Unterkörper aber vor allem durch die Bewegung des Spielbeins gestört. Eine müde Bewegung spricht aus dem Standmotiv, aber auch aus der Armhaltung. Der Sammlung des Demosthenes steht hier Fahrigkeit gegenüber. Ansätze dazu läßt schon die Aristonoe deutlich erkennen. Auch die Statue eines Philosophen in Delphi4 gehört hierher und eignet sich besonders gut zu einer entsprechenden Gegenüberstellung mit dem Demosthenes. Vor allem der Kopf zeigt die Auflockerung des Formgerüsts *3. 1

Cat. of the Roman Pottery, K. 77, Tf. V. * Hörn. Tf. , ; vgl. vorl. Arb. S. 2if. 3 Hörn, Tf. 43. 4 Fouilles de Delpbes IV, Pl. 69 u. 71; A. Hekler, Bildniskunst, Tf. 58; Hörn, S. 95ff; vgl. A. M. 1940, S. 40.

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. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Derselbe Ablauf in der Entwicklung ergibt sich aus einem Vergleich der vor 286 oder 281 v. Chr, datierbaren *·» Nikeso von Priene mit der Komodia vom Dionyseion in Thasos, die nach dem Buchstabencharakter ihrer Inschrift in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gehört1. — Der Komodia ist in der starren Haltung ihres Oberkörpers, aber auch sonst noch etwas von der gewaltsamen Einordnung in das Formenschema des ersten Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr. anzusehen. Wieder ist es das Spielbein, das sich im Gegensatz dazu bewegt. Auch hier ist die Bewegung müde und unbestimmt, ja unklar. Sie kann ihre Herkunft als Gegenbewegung ebensowenig verleugnen wie die des ausgehenden 4. Jahrhunderts. Auch diesmahl fehlt es ihr an durchdringender Stoßkraft. Aber sie erscheint doch weniger in Spannung gehalten, weniger an den Zwang zum Block und den Gegensatz zum Raum gebunden. Die Komodia verhält sich zur Nikeso etwa wie die Aristonoe zur Themis, bei wohl etwas größerem Zeitabstand. Das Vergleichbare des Aufbaus tritt aber hinter der Verschiedenheit der Formen zurück. War schon der Unterschied zwischen Themis und Nikeso groß, so beherrscht er jetzt den Eindruck. Der jonische Charakter gibt sich hier ganz anders frei. Was sich früher und noch bei der Nikeso nur an Nebenseiten hervorwagte, drängt sich jetzt unbekümmert um Ordnung und Maß, um Einheit und Form vor. Der Gegensatz von Ober- und Unterkörper ist hier zu viel stärkerer Kontrastwirkung gebracht, die vor allem durch die gegensätzliche Behandlung von Chiton und Himation gesteigert ist. Das gilt nicht nur für die Unterscheidung der Stoffe, die viel weiter als bei der Nikeso getrieben ist, sondern noch mehr für die Faltenführung. Beherrscht das Untergewand eine gewisse Regelmäßigkeit, ja Symmetrie, so ist der Mantel durch den Reiz der Unordnung belebt und hervorgehoben. Zu der Gegenbewegung von Körper und Gewand ist noch die von Ober- und Untergewand gekommen, deren Grenze, der zum Wust gewordene Faltenwulst des Mantels, auch die von Unter- und Oberkörper etwa bestimmt. Man wird so in den Formen des 2. Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr. überall auch Züge erkennen, die im späten 4. Jahrhundert vorbereitet sind. Aus einer Reaktion gegen die Versteifung der Form in der vorangehenden Zeit kommt es zu einer Gegenbewegung, die wie im späten 4. Jahrhundert v. Chr. vom Körper ausgeht. Ähnlich wie in jener Zeit werden dabei auch andere Gegensätze gegeneinander ausgespielt, wie die von Unter- und Obergewand, wenn sie auch nicht mehr so sehr von der Blockform des Ganzen abhängig sind. In jonischen Werken wie der Komodia von Thasos und den noch zu besprechenden Giebelfiguren von Samothrake erleben diese Formen jetzt jedoch eine Steigerung, die sich aus einer Entwicklung der in der vorangehenden Zeit vorgebildeten Formen allein nicht erklären läßt. Die Abgrenzung und Abdichtung gegen den Raum spielt freilich auch in den gleichzeitigen attischen Werken keine entscheidende Rolle. Licht und Schatten zerfurchen hier wie dort den Block, das Volumen erscheint überall aufgebrochen. Aber es ist doch unverkennbar, daß diese Vorgänge gerade den jonischen Werken zugute kommen, daß bei ihnen die Masse mehr vergrößert, die Verselbständigung der Gewänder 1

s. uns. Tf. 53/54; dazu Anm. *5,

D. 6. 2. VIERTEL DES 3. JAHRHUNDERTS V.CHR.

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weiter getrieben, das Spiel von Licht und Schatten stärker genutzt und z. B. an der Komodia auf den Gegensatz von Ober- und Unterkörper, Unter- und Obergewand abgestimmt ist. Hier setzt eine neue Entwicklung ein, die die attische Kunst mitzumachen nicht mehr recht in der Lage ist. Die Auflockerung der Form in dieser Zeit bedeutet einen Einschnitt im Gang der Kunstgeschichte, bei dem die Führung endgültig an Jonien übergeht. Das läßt sich auch durch solche Gegenbeispiele der attischen Kunst erhärten, die nicht jener spätklassischen Richtung angehören, welche jetzt abstirbt. Dies gilt z. B. von der Porträtstatue des Metrodor (gest. 277 v. Chr.)1, obwohl auch an ihr die Entwicklung zur Auflockerung der Form und zur Vergrößerung der Masse deutlich ist. Und es gilt nicht nur für Kopien, sondern auch für Originale, wie den oben angeführten delphischen Philosophen. Wie sich die Kunstbereiche im einzelnen sondern, wo die alte mutterländischgriechische und besonders die attische Überlieferung weiter gepflegt wird, wo die neujonische vorherrscht oder sich durchsetzt, kann hier nicht näher ausgeführt werden. Hier muß diese Frage nur insoweit aufgeworfen werden, als es für die Tanagrafiguren wichtig ist. Für Alexandria ergibt sich bei Betrachtung der Großplastik ein den Terrakotten entsprechendes Bild. Ja, wie Alexandria in der Zeit gerade heranwächst, in der die monumentale klassische Plastik stirbt und die tanagräische Koroplastik entsteht, so scheint sein Schicksal auch besonders eng mit der Kleinkunst verbunden zu sein * 6 . Von der Wende, die die Alexanderzeit heraufführte und die die Ursache wurde dafür, daß die Führung in der Kunst auf jonische Zentren überging, ist Alexandria noch nicht erfaßt worden. Damals als es gegründet wurde, bedeutete die attische Plastik noch zu viel. So ist die alexandrinische Großplastik durch die attische entscheidend bestimmt worden und ist es geblieben. Dem entspricht in etwa die Abhängigkeit der frühen alexandrinischen Koroplastik von Tanagra. Daß gleichwohl auch hier die Caesur um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. eine Rolle spielt, zeigen schon die Terrakotten der Hadra-Stufe. Auch in der alexandrinischen Großplastik bringt diese Zeit einen entsprechenden Umschwung, der ihr zu mehr eigenen Formen verhilft. — Das konnten schon die zwei Grabstatuen im Museum von Alexandria lehren, die beide aus dem einheimischen Kalkstein gemeißelt sind, und beide ihren gegenständ liehen Motiven nach doch noch eng mit der attischen Grabmalskunst zusammenhängen2. Die Gruppe der sitzenden Mutter mit ihrer Tochter zeigt deutlich die Steigerung des inneren wie des äußeren Formats. Davon ist bei der Mädchenstatuettenoch kaum etwas zu merken. Um so auffälliger ist an ihr die neue Bewegung. Sie ist eines der frühesten statuarischen Beispiele für die hellenistische Torsion, die von einem labilen Gleichgewicht ausgeht, wie es die klassische Kunst nicht kennt. Bei solcher Ponderation fehlte einem klassischen Werk nie eine Stütze. Desto deutlicher wird an der alexandrinischen Figur der Ursprung der Bewegung. Sie hat kein reales Motiv, sondern sie entsteht als Gegenbewegung. 1

Siehe F. Poulsen, Ikonographische Miszellen, Tf. 3iff.; vgl. Hörn, a. a. O., S. 32. 1938, Tf. II und Mon. Piot. IV, 1897, Tf. IQ: v?l. vorl. Arb. S. 69.

' B. S. A. d'A.

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. D. HAUPFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Im Grunde kennzeichnet eine entsprechende Ponderation auch die Bewegung der Komodia von Thasos. Die Bedeutung der Caesur um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. ergibt sich so auch daraus, daß in dieser Zeit zum ersten Male die hellenistische Ponderation entschiedener geformt wird. Selbst an einem alexandrinischen Werke wird die Absage an die klassische Kunst jetzt deutlich. Die parallelen Schrägen im Mantel der Figur schienen ungewandelte Waagerechte zu sein, die noch aus der vorangehenden Zeit des festen Formgefüges stammen. Ähnlich ist auch der Mantel bei der sitzenden Mutter der Gruppe geführt. Aber hier deutet dies wohl schon wieder auf eine erneute Verfestigung der Formen hin. Denn das Sitzmotiv ist stark in einen Block gezwungen, der im Gegensatz zur Blockform des frühen 3. Jahrhunderts v. Chr. tiefer und wuchtiger ist. Die Haltung, vor allem die Kopfhaltung von Mutter und Kind, entsprechen schon jener aufwärtsgerichteten Bewegung, die das 3. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr., z. B. an der Berenike-Kanne und besonders der ersten Leukon-Terrakotte1, kennzeichnet. Dagegen zeigt der Kopf der Mutter noch die aufgelockerte Struktur, die vergrößerten Formen des 2. Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr. Die Gewandung der Tochter hat auch etwas von dem Faltenspiel, das an den jonischen Werken dieser Zeit viel unberechenbarer erscheint*. Wie die Dinge in der Aeolis liegen, ob den Tanagräerinnen von Myrina eine mehr jonische Überlieferung in der Großplastik gegenübersteht, läßt sich einstweilen nicht entscheiden. Allerdings ließen auch die Terrakotten gewisse Besonderheiten erkennen, die der Annahme nicht ungünstig sind. Daß sich das eigentliche lonien anders als Alexandria aber auch anders als Myrina verhält, konnte wenigstens für Priene angedeutet werden. Aber es brauchte jetzt nicht überall in lonien eine rein jonische Kunst zu blühen. — So weisen denn auch kleine originale Marmorfiguren aus dem DemeterHeiligtum auf Kos, die dem Buchstabencharakter ihrer Inschriften nach ins 3. Jahrhundert v. Chr. zu datieren sind, entschieden auf eine auf der Insel tätige Schule attisch-praxitelischer Tradition. Zwei von ihnen »kopieren« Praxiteles' Demeter und Kora3 und stellen sich offensichtlich in jene spätklassische Richtung, deren Ende jetzt nahe ist. Die Figur der Priesterin Leirio4 wird in den »Anfang des 3. Jahrhunderts*, aber nach 280 und vor 230 datiert. Vom Vorbild des 4. Jahrhunderts, wie überhaupt vom 4. Jahrhundert unterscheiden sie bestimmte Details z. B. die rund um den Bauch gezogenen Falten, die deutlicher noch an der 2. Leukon-Terrakotte 5 begegnen, in der Gesamtanlage aber vor allem die eigentümliche Rolle des Spielbeins beim Aufbau der Bewegung. — Die Demeterstatue, ähnlich bewegt, ist noch anders gegen den Raum hin offen. — Beide Figuren werden kaum über die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. hinab datiert werden müssen. Etwas weiter führt die kleine Hadesstatuette6, die auch ihrer Inschrift nach in die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gesetzt werden kann. Aber auch hier ist man offenbar abseits vom großen Gang der Geschichte und von einer Caesur ist auch nicht zu reden. 1

S. uns. Tf. 6a. » Linke Ansicht d. Gruppe. 3 Cl. Rhodos V, 2, S. 179^.; vgl. Rizzo, Prässitele. S. u8f., T. 159. 4 Cl. Rhodos, a. a. O., S. 179, Fig. 53. 3 S. uns. Tf. ob. * Cl. Rhodos, V, 2, S. i86ff.

D. y. NEUER TEMPEL AUF SAMOTHRAKE

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7. D I E F I G U R E N V O M N E U E N T E M P E L A U F S A M O T H R A K E

Die Figuren aus dem Giebel des Neuen Tempels von Samothrake lassen die Wendung und den Einschnitt um .die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gut erkennen. Es ist dabei für den jonischcn Charakter dieser Kunst sehr bezeichnend, daß er für die Zeit um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. als zu fortgeschritten erscheinen konnte und darum von A. Schober1 in die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. datiert wurde. Wenn er dafür vor allem die auf den großen Altarfries folgende pergamenische Kunst vergleicht, so muß demgegenüber aber festgestellt werden: an den Figuren des neuen Tempels von Samothrake fehlt der gesamten Form die Durchdringung und Transparenz, die für die hoch- \md reif-hellenistische Kunst charakteristisch ist. Die Gewandfigur z. B. ist im 2. Jahrhundert stärker durchorganisiert und kräftiger bewegt, später aber mehr klassizistisch ausgeglichen oder erstarrt. Das läßt sich gerade an der Nikefigur zeigen, die Schober als Akroter des Tempels erwiesen hat1. Sie ist ein charakteristisches Beispiel jener neuen Bewegtheit, die im 2. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. die hellenistische Ponderation heraufführt *'. Wieder ist die Rolle des Spielbeins dafür bedeutsam. Eine Torsion wie sie dann das 3. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. bringt, setzt gerade eben erst ein. Von der wuchtig drängenden Bewegung hochhellenistischer Niken3 ist diese Figur noch weit entfernt, erst recht von der ausfahrenden Bewegtheit des reif hellenistischen, »zentrifugalen« Stils. Die Auflockerung der Form, ihr Mangel an Durchdringung und Ordnung, der Reiz der darin gerade z. B. am Gewand gesucht ist, geben sich deutlich als Protest gegen die Kunst der voraufgehenden Zeit mit ihrem Block- oder Formzwang zu erkennen. — Die Kunst um die Mitte des 2. Jahrhunderts mit ihrer mehr beruhigten Formgebung1» und stärker klassizistischen Gesinnung hätte eine so unentschiedene Form wie die der Nike vermieden. Zudem hätte da gerade ein kleinerer Geist in Samothrake sich dem des großen Vorbildes der berühmten Nike von Samothrake schwerlich entzogen. Auch in Typus und Motiv ist, wie wir noch sehen werden, die Nike-Akroterfigur von Samothrake dem 2. Jahrhundert v. Chr. nicht angemessen. In der sperrigen unausgesprochenen Bewegung ist die Nike-Akroterfigur einer solchen Statue wie der aus Velinadeza ähnlich und vielleicht hat auch ihr Gewandstil mehr Beziehungen zur mutterländisch-griechischen Kunst als die Gewandfiguren des Giebels. — Auch am Ptolemaion in Samothrake scheinen in der Architektur jonische Formen neben solchen einer mehr mutterländisch-griechischen Überlieferung zu begegnen 5. Die Giebelfiguren selbst weisen meist mehr Züge jonischer Kunst auf. Das gilt vor allem von dem Bruchstück einer eilenden Frau in Chiton und Himation 6, das der Komodia von Thasos in der Auffassung des Gewandes sehr nahe steht. Besonders deutlich zeigt sich hier, wo der Vorwurf Bewegung verlangt, daß es auch der Be1

Ö. Jh. 29, 1935, S. i f f ; dazu Anm. »5. * A. a. O., S. 17«., Tf. 2; A. Conze usw. Arch. Unts. auf Samothrake, I, 1875, Tf. 48. 3 Samothrake; Pergamon (A. v. P. VII, Nr. 46, Tf. 13); Alexandria (C. R. Ac. Inscr., Paris 1908, S. 795). 4 A. Schober, S. 20; Hörn, a. a. O., S. 55. 5 C. Weickert, 6 Das lesbische Kymation, S. 81. Conze, a. a. O. I, Tf. 3Qf.; Schober a. a. O., Tf. i.

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ILD

HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

wegung des Gewandes an der eigentlich hellenistischen Spannkraft mangelt. Es fehlt die gesteigerte Dynamik, in der die Gegenbewegung der Gewandung überwunden wird und ihr Gegenschwung die Wucht der Bewegung des Körpers verstärkt, wie z. B. an den stürmenden Figuren des großen pergamenischen Frieses und bei der Nike von Samothrake. Statt der großen zügigen Falten finden sich vielmehr an der Eilenden von Samothrake kleinteilig gebrochene Schwünge, statt der durchgehenden Bewegung einzelne Teilbewegungen. Die träge Masse beherrscht die Form; aber auch ihr fehlt es noch an Tiefendurchdringung, wie sie die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. bringt und das Volumen der hochhellenistischen Plastik voraussetzt. Etwas mehr davon hat vielleicht die Sitzfigur des Giebels1, ein jonisches Gegenbild zu der sitzenden Frau von der alexandrinischen Gruppe. Vor allem läßt die Gewandung eine neue Gegenbewegung erkennen, die in Ober- und Untergewand zur Auseinandersetzung zwischen Breiten- und Tiefenentfaltung geführt hat. Zum ersten Male findet sich hier in der frühhellenistischen Plastik so etwas wie »durchscheinendes« Gewand. Eine Vorstufe dazu wird man bei der »großen« Herculanenserin in der großen Falte erkennen, die in der Gegend des Standbeins aus dem Unter- ins Obergewand eindringt* 2 . Daß in Wahrheit diese Art der Gewandauffassung, die dem Stoff eine selbständige Bewegung erlaubt, schon in der jonischen Kunst der archaischen Zeit z. B. am »Mann aus Tigani«2 vorgebildet ist, soll später noch näher ausgeführt werden. Hier ist es nur wichtig, den jonischen Charakter dieser neuen Gegenbewegung festzustellen. Sie bedeutet, daß sich im Obergewand eine Falte des Untergewandes ähnlich abheben und markieren darf, wie ein Glied des Körpers, ein Bein z. B. Daraus allein wird schon klar, daß diese Auffassung der klassischen von der Vorherrschaft des Körpers so entgegen ist, wie sie der hellenistischen von der Bedingtheit der Gestalt entspricht. Sie weist schon auf die hochhellenistische »Gewandstatik«. Angesichts solcher Vorformen eines »durchscheinenden« Gewandes wie sie bei der »großen Herculanenserin« auftreten, wird an der Sitzfigur des Giebels von Samothrake wieder der Zusammenhang des 2. Viertels des 3. Jahrhunderts mit der (ersten) Diadochenzeit deutlich. Demgegenüber ist aber auch in diesem Falle die neue Wendung bedeutsamer: zum ersten Male scheinen neben dem durchgedrückten Faltenrücken auch die Faltentäler im Licht-Schatten-Kontrast durch den Stoff des Mantels hindurch. Freilich treten sie nur in geringer Zahl und auch nur in der Nähe eines Gliedes des Körpers, nämlich des rechten Beins, auf. — Daraus geht aber auch wieder mit Deutlichkeit die Zeitstellung der Figuren vom »Neuen Tempel« in Samothrake hervor. Denn es ist klar, daß es sich hier um einen Frühzustand jenes Stils handelt, der dem hoch- und späthellenistischen Gewand sein Gepräge gibt. Für den Gesamteindruck bedeutet das »durchscheinende« Gewand an der Figur von Samothrake noch so gut wie gar nichts. An eine Rückbildung dieses Stils kann man wiederum angesichts des ganzen Formencharakters der Figuren von Samothrake nicht denken. 1

Conze a. a. O. I, Tf. 37f.; Schober a. a. O., S. 7, Abb. 4. Tf. loof.

* E. Buschor, Altsamische Standbilder,

D. 7. NEUER TEMPEL AUF SAMOTHRAKE

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Er trägt nicht die Merkmale der Erstarrung, sondern vielmehr die eines noch ungeklärten und gärenden Frühzustandes, der auf den hochpergamenischen Stil voraus- * 3, nicht zurückweist. — In diesem Sinne ist gerade auch ein Vergleich der Nike-AkroterFigur von Samothrake mit manchen äußerlich ähnlichen Figuren am Fries des Hekate-Tempels von Lagina i aufschlußreich. Was bei der Gewandfigur die Gewandung, vor allem der Mantel, im 3. Jahrhundert v. Chr. besorgt, vertritt am nackten Körper die Haut, die wie eine gesonderte Schicht über dem Knochengerüst liegt. Wie sich bei der Eilenden, aber auch bei der Sitzfigur des Giebels von Samothrake Gewandfalten dicht aneinanderdrängen und noch mehr beim »Mädchen von Antium«, so schieben sich an der »kauernden Aphrodite« des Doidalses dicke Hautfalten zusammen. — Dieser Vergleich ergibt noch einen Hinweis auf die Datierung * 4. Wenn die Doidalses-Aphrodite im 3. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. entstanden ist und in derselben Zeit die ihr in vielem vor allem im Kopfe so nahestehende Mädchenfigur von Antium, wenn der Aufbau bei diesen Figuren schon wieder eine größere Festigkeit erkennen läßt, so scheinen die Giebelfiguren von Samothrake noch in den Anfang dieser Periode zu gehören, z.T. voraus-, z.T. noch zurückweisend. — So läßt die halbnackte gelagerte Frau aus der rechten Giebelecke2 in einer Gegenüberstellung mit der »kauernden Aphrodite«, gerade die Auflockerung der Form des 2. Viertels des 3. Jahrhunderts erkennen, so vergleichbar an den nackten Teilen das Verhältnis von Haut und Knochengerüst sonst erscheint. Neben der müden Bewegung, die das Kennzeichen dieser Epoche ist, ist es auch die schwache Tektonik des Kopfes, seine aufgelockerte Struktur, die der Figur ihren Platz in dieser Zeit sichert. Man wird also die bisher vertretene Datierung des »Neuen Tempels« von Samothrake um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. auch weiterhin beibehalten *$. Für eine Datierung ins 3. Jahrhundert v. Chr. spricht neben dem Stil der einzelnen Figuren aber auch die Giebelkomposition und vielleicht überhaupt schon die Tatsache, daß sie zu einem Giebel gehören. Das Giebelrelief ist eine am dorischen Tempel entwickelte und vornehmlich klassische Kunstform. Es dient besonders der Darstellung dramatischer Gruppen und ist seiner Aufgabe wie seiner Geschichte nach monumentale Reliefkunst *6. — Die »symmetrische Anordnung« und die »schüttere Aufreihung der Figuren «3, die die Giebelkomposition des »Neuen Tempels« von Samothrake kennzeichnen, können schwerlich in irgendeinem Zusammenhang mit dem großartigen Wiederaufleben des Reliefstils am Altar von Pergamon in Verbindung gebracht werden, wie dies doch Schobers Ansatz erforderte. Zudem ist die Frage aufzuwerfen, ob es im 2. Jahrhundert V. Chr. und in der späteren hellenistischen Kunst überhaupt noch Giebel mit figürlichem Relief gab *7. Im jonischen Baustil, der diese Zeiten beherrscht *8, trat das Giebelrelief zurück. Jedenfalls aber ist der Reliefstil und die Komposition des Giebels von Samothrake am ehesten im 3. Jahrhundert v. Chr. als später Nachfahre des klassischen Giebels zu verstehen. Die Krise, von der am Ausgang der klassischen Kunst das Relief und gerade das 1 3

Z. B. Hörn, a. a. O., Tf. 33, i. Schober, a. a. O., S. 16.

» Conze a a. O. I. Tf. 35; Schober, a. a. O. S. 5, Abb. 2.

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II. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

monumentale Relief erfaßt wird *9, kann am Giebelrelief nicht spurlos vorübergegangen sein. Der Stil des »Giebelreliefs« von Samothrake entspricht dem. Es leuchtet ein, daß ein Verständnis der Tatsache, daß das Relief in der griechischen Kunst des 3. Jahrhunderts v. Chr. versagt, auch für das Verständnis des ganzen Zeitalters von Wichtigkeit sein muß. Aus der Aufgabe, die die griechische Reliefkunst im Laufe ihrer Geschichte erfüllt * 10 , ergibt sich ein wesentlicher Anhalt dafür. Das Relief ist in der griechischen Kunst anders als z. B. in der spätantiken * u immer der Rundplastik zugeordnet. Relief und Rundplastik leben gleich stark miteinander. Dabei verdankt die Reliefplastik ihre eigene Bedeutung vor allem der Möglichkeit und der Aufgabe, räumliche Beziehung und Bewegung von Figur zu Figur darzustellen. Das heißt sie gab die Gestalt in »Relation zur Umwelt«' plastisch wieder, soweit dies entsprechend einer Grundforderung griechischen Wesens an und zwischen Figuren zu verwirklichen war. »Das Relief geht mit der Malerei in der Komposition und im Motivischen zusammen, dagegen im Stil mit der Plastik«1. Daß die Krise im späten 4. Jahrhundert v. Chr. gerade das Verhältnis zu Gestalt und Umwelt trifft, lehrt schon die Gewandfigur *12. Im Schicksal des Reliefs nun gibt sich deutlich die Richtung zu erkennen, in die die Entwicklung dieses Verhältnisses im 3. Jahrhundert v. Chr. durch die Krise von 323 v. Chr. geriet. Wenn man des Reliefs im 3. Jahrhundert v. Chr. nicht mehr in dem Grade bedurfte wie bisher, so offenbar, weil man seine besonderen Fähigkeiten entbehren konnte oder wollte. Man verzichtete weitgehend auf die Darstellung räumlicher Wirksamkeit der Gestalt und isolierte die Figur, man nahm dadurch aber auch der Plastik viele Möglichkeiten und gefährdete so sie selbst. Schon auf den Reliefs von 323 und 318 v. Chr. bahnt sich die Isolierung der Figur an, auf dem von 295 v. Chr. ist sie vollzogene Tatsache *'3. Die Darstellung der Beziehungen und Bewegungen von Figur zu Figur ist aufgegeben, die Gestalt abgesondert, die Gruppe aufgelöst. Angesichts des Karystios-Monuments auf Delos3, das nach dem Buchstabencharakter seiner Inschrift in die Zeit der Wende vom 4. zum 3. Jahrhundert v. Chr. gehört, erscheint möglich, daß auch diesem Vorgang damals schon die jonische Kunst freier gegenüberstand. Erbedeutet jedenfalls das entsprechende Gegenbild zur Formverdichtung der (ersten) Diadochenzeit und die Reaktion auf die Alexanderzeit und vor allem Lysipp, die besonders die Kunst im griechischen Mutterland beherrscht. Dabei soll die Bedingtheit der Gestalt nicht anerkannt und die Figur demgegenüber unter Verzicht auf räumliche Freiheit und Bewegung gesichert werden. Hinter den Spannungen von Körper und Gewand, die in der Rundplastik und gerade auch an den Tanagrafiguren aufzuzeigen waren, steht eine Formgesinnung, die das Verhältnis von Figur und Raum in räum feindlicher Absicht zu lösen sucht. Es hat den Anschein, als ob Plastik überhaupt noch einmal neu gewonnen werden solle. Dementsprechend werden noch einmal die äußersten Grenzen der »Plastizität« berührt, im »schlichten Stil« des i. Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr. eine Frühstufe *M, im »freien Stil« des 2. Viertels des 3. Jahrhunderts eine späte. 1

G. Dehio, Geschichte d. deutschen Kunst, 4. Aufl., Bd. I, S. 170«. ' G. Rodenwaldt, Das Relief bei den Griechen, S. 19. 3 B. C. H. 1907, Tf. 13, S. 504!!.; H. Spcicr. R. M, 1932, S, 85, Tf. 31, 3,

D. 8. ZWEITE HÄLFTE DES 3. JAHRHUNDERTS V.CHR.

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Die Tatsache, daß im 2. Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. eine Bewegung einsetzt, die sich gegen die Tendenz der Form Verdichtung und -begrenzung der vorangehenden Epochen richtet, paßt gut zu dem Umstand, daß auch noch einmal der Reliefstil im Giebelrelief auflebt. Hinzukommt, daß es sich dabei um den jonischen Bereich handelt. Dementsprechend bricht an der einzelnen Figur jetzt das Volumen auf, und das Formgefüge wird gelockert. Die Figur verfügt über eine größere räumliche Freiheit und Bewegung. Der Raum hat wieder Zugang zur Figur und dringt in Wechsel von Licht und Schatten in die Form ein. Es ist damit keineswegs gesagt, daß es in den anderen Epochen des 3. Jahrhunderts v. Chr. und im Bereich der mutterländisch-griechischen Kunst gar kein Relief geben konnte. In der Tat ist ja z. B. eine Reihe aus Alexandria erhalten. *'5. Aber gerade die erhaltenen Beispiele sind geeignet, das Urteil zu bekräftigen, das über das Relief des 3. Jahrhunderts v. Chr. gefällt wurde. Es konnte nicht in einer Zeit blühen, der es auf die Isolierung der Figur ankam. Sein verborgenes Leben im 3. Jahrhundert v. Chr. lehrt vielmehr, daß diese Zeit in Spannung zur Umwelt und aus raumfeindlicher Formgesinnung nach der Vereinzelung der Gestalt trachtete, wie diese im Porträt ihren großartigsten Ausdruck fand. In diesem Zusammenhang betrachtet, ergeben die Giebelfiguren von Samothrakc nicht nur in ihren Formen, sondern auch in ihrer Gesamtheit als Gruppe eines Giebelreliefs bedeutsame Hinweise für die eigene wie die kommende und vor allem für die hochhellenistische Zeit und ihr Verständnis. Die Bedeutung der Caesur des 2. Viertels des 3. Jahrhunderts wird gerade an ihnen klar. 8. DIE Z W E I T E HÄLFTE DES 3. J A H R H U N D E R T S V. CHR. UND DIE NEUEN FORMEN

Um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. ist ein Abschnitt in der Entwicklung erreicht. Der Bruch mit der klassischen Formtradition wird auch dort vollzogen, wo eine ganz »naive, unsentimentalische« Kunstübung am Werke ist, wie bei den »Tanagrafiguren*. In der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts versagt die schöpferische Kraft der mutterländisch-griechischen Kunst, soweit es um typische Formen geht. Das gilt für die Groß- wie für die Kleinplastik. Die tanagräische Koroplastik wie die statuarische Kunst Attikas zehren vom Formgut der vorangehenden Zeit. Die wesentlichen Entscheidungen fallen in anderen Lebensbereichen der Kunst, in lonien und in der Porträtplastik. In der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts reicht ein starker Kraftstrom wieder viel weiter. Auch die kleine Welt von Tanagra wird von ihm erfaßt, wie allein die Hadrafiguren in Alexandria zeigen. Die überlieferten spätklassischen und frühhellenistischen Formen werden zwar nicht aufgegeben, aber sie werden neu gewandelt, und es kommen neue hinzu. — Die Tanagrafiguren erlauben wieder mehr als vorher hellenistische Kunstgeschichte auf Grund ihrer Formen zu schreiben. Doch sollen wie bisher Werke der Großplastik herangezogen werden, um so mehr, da die Grenzen beider Bezirke jetzt näher aneinandergeschoben werden.

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. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Schon für die neue Bewegtheit des 2. Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr., wie sie die Aristonoe1 von Rhamnus und die Figur der Arsinoe'-Kanne in London* für die Bereiche der mutterländisch-attischen Kunst vertreten, lassen sich vereinzelt tanagräische Beispiele anführen, die auch in der Veränderung des Typus die neue Formkraft erkennen lassen. Einige darunter sind noch früher als Sciatbi Tf. 64, 163 und 165 *'. Dazu gehört die Terrakotte im British Museum C. 2673, die der Aristonoe auch im Motiv sehr ähnlich ist. Wie der Typ in der vorangehenden Zeit etwa ausgesehen hat, zeigt eine Figur aus Hermione, jetzt in Nauplia4. Bei dieser ist in der Komposition wenig Wert auf die Ponderation gelegt, die nur von der leicht ausgebogenen rechten Hüfte her verständlich wird. Die Faltenzüge sind noch ohne Spannungen und von gleichmäßiger Bewegung durchzogen. Aber sie führen nicht mehr um den Körper herum, ihr Leben spielt sich vielmehr in der Vorderfläche ab, die allein auf Ansicht berechnet ist. Die Wendung in die Flächigkeit hat deutlich die Haltung des rechten Armes bestimmt. Sie ist auch die Ursache für die großen Faltenmotive, die in dieser Zeit und noch bei der Aristonoe die Figur rahmen. So scheinen die von links nach rechts aufsteigenden Falten am höchsten Punkt umgelenkt zu werden in eine senkrechte Faltenbahn, unter der der Körperkontur verschwindet. In den über den Füßen durchhängenden Falten kehrt dann diese Bewegung zum Ausgangspunkt zurück. Aber in der Haltung des Körpers und in der Bewegung der Falten schwingt noch etwas vom reicheren Leben der Alexanderzeit nach, und auch im Volumen verfügt die Figur noch über eine natürliche Fülle und Kraft. Darin erinnert sie an die originale Marmorfigur in Delphis, die in das letzte Viertel des 4. Jahrhunderts v. Chr. gehört. Denn sie gibt noch fast ungebrochen ein älteres Motiv wieder, das wie das Vorbild der Themis von Rhamnus der Artemisia ähnlich gewesen sein muß. Nur der verlängerte Mantel und seine abstraktere Faltenordnung lassen schon etwas den Gegensatz von Körper und Gewand erkennen, der die Formen der ersten Diadochenzeit beherrscht. Solche Formen wie die der Themis von Rhamnus und ihrer ganzen retrospektiven Richtung werden hier erst vorbereitet. Durch besonderes Ausbuchten der Hüfte und Einbiegen des Spielbeins erfährt demgegenüber der Typus der Londoner Tanagräerin einen neuen Bewegungsantrieb. Daß es sich dabei nur um Teilbewegungen handelt, die aus einem Gegensatz zur starren Gesamthaltung hervorgehen, zeigt allein schon der Kontrast zur Gewandanordnung mit dem schweren Rahmenmotiv und den kurzen, z. T. durchhängenden Falten im Mantel. Der eigenwillige und einseitige Charakter dieser Gegenbewegungen wird bei der Gegenüberstellung mit der Terrakotte aus Hermione ähnlich deutlich, wie beim Vergleich der Aristonoe von Rhamnus mit der Frau des Grabreliefs von Rhamnus. Dasselbe gilt für eine andere Terrakotte in Nauplia6. — Nicht die Bewegung an sich, sondern die gegen einen Zwang sich auflehnende Bewegung interessiert jetzt. » Eph. arch. 1891, Tf. 5. » Brit. Mus., Cat. of Roman Pottery. K. 77, Tf. 5. 3 S. uns. Tf. n c; Winter II, 14, 9. 4 S. uns. Tf. n b. Der linke Kontur nur z. T. und richtig ergänzt. 5 Fouilles 6 de Delphes, IV, Tf. 72; vgl. Hörn, S. 20 und uns. Anm. *». S. uns. Tf. 10 a; 0,175 m; auch aus Hermione.

D. 8. ZWEITE HÄLFTE DES 3. JAHRHUNDERTS V. CHR.

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Gegenüber Beispielen des klassischen Contraposts entsteht hier der Eindruck eines gebrochenen Rhythmus. Lassen sich für die beiden bisher betrachteten Terrakotten noch unmittelbare Typenzusammenhänge mit der (ersten) Diadochenzeit, wenn auch nicht nachweisen, so doch wahrscheinlich machen, so gilt das weniger für solche Typen wie den der Figur in Athen Nr. 4394:, der wohl in den Myrinäerinnen Istanbul Mendel 2544* und 25203 weiterlebt. Es mag sein, daß der Typus von solchen wie W. II, 33, 5 und 7 * 4 oder auch W. II, 33, 6 *s oder W. II, 43 * 6 abgeleitet ist; aber es läßt sich nicht mit Gewißheit behaupten. Das sicher Neue an den Formen bestimmt den Eindruck mehr als das vielleicht Alte am Typus. Als neu und für das 2. Viertel des Jahrhunderts geradezu charakteristisch erscheint die Führung des Mantelsaums zwischen den beiden Händen. Hier ist schon am Motiv *7 die Auflockerung der Form zu greifen, und dem entspricht, daß dies im 3. Viertel des Jahrhunderts zugunsten neuer Spannungen bei den Myrinäerinnen abgeändert wird. Ähnlich erscheint auch die Figur Berlin 83844 mit ihrem Motiv der verschränkten Arme neu im Sinne der Formtendenzen der Jahrhundertmitte. Hier war allerdings noch die Veränderung einzelner Motive eines älteren Typus zum Teil nachweisbar, zum Teil nahegelegt. Wichtiger jedoch ist, daß die Formen des Typus wie neugeschaffen erscheinen. Dies gilt z. B. gerade auch für die. schöne Figur aus der Sammlung Baillehache im Louvre 5. Und doch handelt es sich hier um weiter nichts als die im Motiv nur wenig veränderte Abwandlung des bekannten Typs eines »Mädchens im hochgegürteten Chitonv *9. Die besonders stattliche Terrakotte ist gut geeignet, die neuen Tendenzen der 2. Jahrhunderthälfte zu erläutern, z. T. gerade auf Grund der Änderungen im Motivischen. Der Blick des Betrachters folgt der Bewegung der Figur, die vom Spielbein her schräg in Windungen aufwärts zum Kopfe führt, wie aufgefordert rundherum um die Figur zu gehen. Dabei spielt das Mantelmotiv der Arme und deren Haltung eine wichtige Rolle. Dadurch, daß die linke Hüftpartie stark vorgewölbt ist und der gesenkte linke Arm hier anliegt, wird dorthin das Auge gelenkt. Vom Spielbein, das aus der nach unten rundherum breiter werdenden Masse allein herausgehoben erscheint, gleitet so der Blick zur linken Hüfte. Von dort wird er durch das um den Unterarm gewickelte Himation-Stück und den Rand des von der linken Schulter herabgeglittencn Chitons schrägaufwärts zur rechten Schulter geführt. Durch die Wendung des Kopfes ist diese Stelle noch besonders betont. Aber seine Haltung steht doch im gewissen Gegensatz zur ganzen Bewegung, vor allem zu deren Aufwärtsrichtung, und ist durch das gekünstelte Motiv des rechten Armes noch unterstrichen. Der Unterarm folgt dabei wieder der schrägen Richtung von der linken Hüfte zur rechten Schulter, nur daß er jetzt den Blick abwärts zieht. — Diese Bewegtheit der Figur erinnert an die Torsion der Leukon-Terrakotten, wo freilich das 1

S. uns. Tf io b; W. II. 45, 4b. » S. uns. Tf. 15 b. 3 s. uns. Tf. 17 c und uns. Anm. *3. < S. uns. Tf. 26 b und Anm.·». 5 S. uns. Tf. 13 a/b; vgl. Tel. II, 198; dazu Charbonneaux, Abb. 59; Gaz. des Beaux Arts 1924, p. 5—6; Recueil E. Pettier, S. 5990.

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U. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Tempo der aufwärtsgerichteten Bewegung gesteigert, die Übergänge weniger fließend, der Rhythmus kurzatmiger erscheinen und keine abwärtsgerichtete Bewegung mehr wirksam ist. Für die Stufe der Leukon-Terrakotten selbst ist eine sehr ähnliche Abwandlung des Typs in einer Tarentiner Figur erhalten1. Dagegen folgen die noch etwas voluminöseren und späteren Terrakotten aus einem Grabfund von der Chalkidike in Istanbul Mendel 3069* und aus Sciatbi in Alexandria Mon. II, i Tf. 3, 2 Nr. 66 wieder mehr der einfachen frühen Fassung des Typs (oder seiner Umkehrung). Sie weisen gegenüber der Pariser Figur auf eine erneute Verfestigung hin, die dann bei der schon besprochenen Myrinäerin aus Grab A3 auch wieder zu einem Erstarren und Einschrumpfen der Formen geführt hat. Das bekundet sich selbst im Format. Dagegen hebt auch Mendel für die Tanagräerinnen aus dem Grabe auf der Chalkidike die größeren Dimensionen hervor * ", die ja ebenso die Hadrafiguren kennzeichnen. Die Terrakotte Baillehache läßt sich gut mit der Figur der Berenike-Kanne * vergleichen, von der sie durch keinen großen Zeitabstand mehr getrennt sein kann. Klarer als die meisten der abgeleiteten Formen anderer Tanagräerinnen dieser Zeit, drückt sie die Bestrebungen um die Jahrhundertmitte aus. Ein freieres Verhalten zum Raum drängt nach neuer Bindung, eine lockerere Auffassung der Form zu neuer Verfestigung, die vor allem in einheitlicherer Massenbildung gesucht wird. Denn der Körper, der in der klassischen Plastik die Sicherheit und Einheit der Form gewährleistet, ist nicht eigentlich von innen her bewegt, das Motiv der eingestützten Arme z. B. zur Pose veräußerlicht. — Ähnliches gilt von den im folgenden zu behandelnden »Pudicitien«. 93. DAS » P U D I C I T I A « . M O T I V

Beim Gestus der sog. »Pudicitia« *' ist der eine Arm gewinkelt, der Unterarm quer über den Leib gelegt und auf seine Hand der andere Arm gestützt. Die Hand des eingestützten Armes ist dann zum Kopf geführt und dieser meist in einen Schleier gehüllt. Schon daraus geht die Bedeutung der Gebärde hervor. Sie ist ein Zeichen des Sinnens oder auch des Trauerns ** und als solches alt. — Auf den klassischen Grabreliefs begegnet der Gestus gleichwohl nicht so zahlreich, wie man erwarten sollte. Bei Hintergrundsfiguren wird er häufiger und strenger verwendet als bei Hauptfiguren, bei Sitzfiguren und im Flachrelief freier und öfter als bei stehenden in Hochrelief und Rundplastik. Immerhin gibt es dafür Beispiele wie die Demetria und Pamphile und das Charon-Relief, dann die beiden Statuen in Paris und Athen 5, u. a., alle allerdings verhältnismäßig spät. Um so häufiger sind Figuren in diesem Gestus zu gewissen Zeiten in der hellenistischen Kunst: im späteren zweiten und noch im ersten Jahrhundert v. Chr., vor allem 1

Qu. Quagliati, 11 museo nazionale di Taranto, Roma 1932, Itinerari de Musei, Tf. 49, i ; W. II, 73, 8; Photo Alinari 35352 links; s. uns. Tf. 13 c. ' Tf. XIII, 7; s. vorl. Arb. S. 16. J P.-R., Tf. 37/8, i ; s. uns. Tf. 13 e/i; dazu uns. Anni. * ">. 4 S. Hörn, a. a. O., Tf. 10, l. i Siehe M. Collignon, Les statues funiraires, S. 158!., Fig. 90, 91. — Daß die barbarisierten Darstellungen in Sidon, Karthago, Kyrene u. a. einen Fall für sich darstellen, bedarf wohl kaum der Erwähnung.

D. ga. »PUDICITIA«-MOTIY

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als Grabstatuen und auf Grabreliefs. Zu einem bestimmten Zeitpunkt — etwa um loo v. Chr. — beginnt der Typ der Pudicitia einem anderen zu weichen, nämlich dem der großen und besonders der kleinen Herculanenserin *3, d. h. er macht einem klassizistischen Typus Platz, und dem entspricht, daß der Wandel anscheinend von Attika seinen Ausgang nimmt. Schon daraus geht hervor, daß diese Typen weniger um ihrer inhaltlichen Bedeutung willen als aus formalem Interesse bevorzugt wurden. So ist die Kleopatra von Delos1 u. a. keine Grabstatue. Es läßt sich zudem ohne weiteres sagen, daß der Pudicitia-Gestus einer freien Entfaltung der Gestalt nicht günstig und darum wohl in der klassischen Kunst auch nicht so beliebt war. Von vornherein ist durch ihn eine Abschnürung des Oberkörpers nahegelegt. Um so häufiger begegnet er seit der Zeit um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr., seit die über der Hüftlinie quergetriebene Störungszone an Bedeutung gewinnt, deren Einsetzen sich an der Figur der Arsinoe'-Kanne beobachten läßt. Für die Tanagräerinnen ist dabei ein Anknüpfen an solche späten Schöpfungen der (ersten) Diadochenzeit deutlich, wie sie der Typus W. II, 33, 6* darstellt. Er kommt den Bestrebungen des neuen Stils, die zu Torsion neigen, entgegen. Zu den fruhesten Beispielen wird die Tanagräerin Athen 4050 gehören 3. Sie verbindet vielfache Teilbewegungen im Körper mit neuen Spannungen im Gewand. Die Störungszone über der Hüftlinie und die vom Spielbein ausgehende Bewegung, dazu der in die Kopfhaltung gelegte besondere Akzent zeigen, daß die Figur gegen die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein muß. Nicht viel später wird die Gruppe zweier Mädchen im Louvre sein 4. Wenn sie tatsächlich aus Korinth stammt, gehört sie zu den korinthischen Stücken, die tanagräischen Einfluß erkennen lassen. Das gilt nicht nur für die Pudicitia der Gruppe, sondern auch für die andere Figur *4. Charakteristisch im Sinne der Zeitstufe ist an der Pudicitia die betonte Schrägführung des Gewandes und die Kopfhaltung. Gegenüber der Athener Pudicitia erscheinen die Formen fester gefügt. Aber das wird eher die neue Form Verfestigung des 3. Jahrhundert Viertels als noch die auferlegte Form der Zeit des Demosthenes S sein. Die Tiefe der Komposition ist auch nicht so gering, als es beim ersten Blick auf die Photographic den Anschein hat. Das lehrt gerade bei näherer Betrachtung die zweite Figur, die stärker bewegt ist. Die myrinäische Gruppe Athen 49856 hat in ihrer lockereren und offeneren Komposition demgegenüber noch mehr vom Stil des 2. Jahrhundertviertels. In den Einzelformen bringt aber auch sie bereits die neue Formverfestigung und die ersten Andeutungen durchscheinenden Gewandes, wie sie schon für die Jahrhundertmitte charakteristisch sind. — Es ist wohl nicht Zufall, daß die angeführten Beispiele erst dem späteren 2. Jahrhundertviertel angehören, daß sie alle schon etwas von der kommenden Formver1

M. Collignon, Les statues funiraires, S. 2ggi., Fig. 188; E. Buschor, Die Plastik der Griechen, S. 103, 107; s. uns. Tf. 57 b/c. » Vgl. Sammlung Loeb I, Tf. 44. 3 W. II, 34. 5; s. uns. Tf. 33a; Hörn, a . a . O . , S. 44; Replik Louvre, Diphilos-Nr. 282; Tel. I, 184; Charbonneaux, a . a . O . , Abb. 44. 4 Diphilos-Nr. 221; W. II, 3, 5; R. M. 1932, Tf. 30, 3, S. 84^; Charbonneaux, a. a. O., Abb. 51; Tel. I, 6 183. J H. Speier, R. M. a. a. O. S. uns. Tf. i6a—c; vgl. vorl. Arb. S. 89.

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II-D. HAUPTKUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

festigung haben. Dem Motiv selbst wohnt die Neigung inne, die Formen zusammenzuschließen, einzelne Teil- und Gegenbewegungen zu sammeln. Es hat hier den Sinn zum Widerstand gesammelter Körperkräfte. Die Masse wird fester, aber auch die Bewegung kräftiger. Der Gegensatz von Masse und Bewegung erfährt jetzt eine neue Steigerung. In der zurückliegenden Zeit des 2. Jahrhundertviertels hatte er nur nachgelassen, war nicht aufgegeben. Daß er auf dem Zwang beruht, die Einheit der Erscheinung als Masse gegenüber dem Raum zu wahren, lehrt die Folgezeit, aber z. T. schon das Pudicitia-Motiv selbst, das, wie wir sahen, einer freien Entfaltung der Gestalt, einer räumlichen Entwicklung der Bewegung nicht günstig ist. So verschwindet es denn auch in dem Augenblick, in dem die über der Hüftlinie quergetriebene Störungszone den einheitlichen Massenaufbau zerstört und die Form vom Zwang des Volumens befreit hat, wie dies an der letzten Tanagräerin deutlich wird1. Der eingestützte Arm kann dementsprechend zu einer zweiten divergierenden Achse werden, z. B. bei Athen 44852. Die beiden Figuren Athen 4106 und New York gehören dann zu den letzten Tanagräerinnen 3. Bei ihnen ist das Volumen, das zum Motiv gehört und das 3. Jahrhundert viertel kennzeichnet, im Sinne des ausgehenden 3. Jahrhunderts, vor allem aber im Sinne einer Spätstufe der tanagräischen Entwicklung reduziert. Bei der Athener Terrakotte wirkt es noch in den Mantelfalten über dem Leib nach. Noch mehr ist es bei der New Yorker eingeschrumpft. Spannung und Rhythmus im Aufbau erinnern an die Figur der Londoner PhilopatorKanne 4. Für die New Yorker ist dabei mit G. Richters das Durchdringen von Falten des vertikalen Systems des Chitons durch das horizontale des Himations hervorzuheben, als Anfang der späteren Tendenz, den Mantel durchsichtig erscheinen zu lassen. Dasselbe gilt für die Figur auf der Philopator-Kanne in Stuttgart 6 und für die dieser ähnliche Pudicitia-Statue in Tegea7. Beide Figuren stehen aber noch stärker unter dem Zwang zum Volumen und zu seiner Abdichtung gegen den Raum. Die stärkeren Spannungen lassen sie noch nahe dem 3. Jahrhundert viertel erscheinen. Zudem ist das durchscheinende Gewand eher aus solchen Spannungen verständlich als aus deren Nachlassen, wie es denn bereits um die Jahrhundertmitte zu ersten Ansätzen dieser Art der Gewanddarstellung kommt. So weist sie denn auch die erste Leukon-Terrakotte auf. Es besteht sonst keine Möglichkeit zu entscheiden, welche von den beiden Philopator-Kannen die ältere ist: die in Stuttgart oder die in London. Nach dem oben Dargelegten erscheint die Londoner aber als die jüngere. gb. DAS » P U D I C I T I A « - M O T I V UND DER » Z E N T R I F U G A L E STIL·

Im weiteren Verlauf der hellenistischen Kunstgeschichte treten die Pudicitia-Typen zunächst zurück und beginnen erst wieder in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts 1

S. uns. Tf. igi. » S. uns. Tf. 33d; W. II, 33, 8; vg]. Photo Alin. 24357 links. 3 S. uns. Tf. 33b/c; —Metr. Mus. Bull. 26, 1931, S. i8fi. (G. Richter); vgl. A. J. A. 1931, S. 378, Fig. 5. ·» Brit. Mus. Cat. of Rom. Pott.. K. 76, Tf. 5. 5 A. a. O., S. ig. * Horn, Tf. 10. 7 R. M. 1923/24, Tf. 6, S. 175 (Krahmer); Hörn, 8.44.

D. gb. »PUDICITIA«-MOTIV

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häufiger zu werden, als das Verhältnis von Masse und Bewegung im Raum durch den zentrifugalen Stil von neuem problematisch geworden ist. Der Umstand, daß beide durch ein Jahrhundert getrennte Epochen das gleiche Motiv bevorzugen, ist Gegenüberstellungen günstig. Sie sind zum besseren Verständnis der Kunst des 3. Jahrhunderts wichtig. Bei der äußeren Ähnlichkeit der Formen des »zentrifugalen Stils« des 2. Jahrhunderts und der »Torsion« des 3. Jahrhunderts erscheinen sie sogar notwendig. Darüber hinaus müssen aber auch solche Ähnlichkeiten und Entsprechungen über Zeitunterschiede hinweg im Wesen des ganzen Zeitalters begründet sein und dafür zeugen können. — Hinzukommt, daß die Statue in Tegea verhältnismäßig gut in den Anfang des letzten Viertels des 3. Jahrhunderts v. Chr. einzuordnen ist, während die Kleopatra von Delos sogar in die Zeit nach 138/7 v. Chr. datiert ist1. Entsprechend lassen sich in der Koroplastik die Tanagräerin Athen 4485 und die Myrinäerin Berlin 7950 * gegenüberstellen. Zieht man noch die frühere Athener Pudicitia 4050 hinzu 3, so wird auch schon an der zweiten Athener Figur 4485 der gesteigerte Anspruch der Form deutlich, der dann bei der Myrinäerin Berlin 7950 zu einem Wettbewerb mit der Großplastik geführt hat. Dem Wesen der Tanagrafigur ist dies fremd. Auch von hier aus wird verständlich, daß die Athener Figur 4485 nicht weit vom Ende der tanagräischen Kunst entfernt ist. Gleichwohl ist bei ilu der Ton als Werkstoff noch nicht verleugnet. Über die Grenzen des Materials hinaus sind aber noch die Unterschiede wichtig, die im Verhältnis der drei für die hellenistische Gestaltung maßgeblichen Faktoren: Körper, Masse, Raum an den einzelnen Figuren hervortreten. Das Verhältnis von Masse und Bewegung erscheint dabei geradezu umgekehrt. Drängt im 3. Jahrhundert v. Chr. die Bewegung gegen den Zwang des Volumens an und wächst an diesem Widerstand, muß im 2. Jahrhundert die Massenbildung gesteigert werden, um gegen den Drang der Bewegung aufzukommen. So gelangt der Körper bei der Myrinäerin viel mehr zur Erscheinung; Brust und Beine treten stärker hervor. Demgegenüber hat das Volumen der Tanagräerin mehr Wucht. Sie wirkt stärker im Block. Der Wert des Volumens für die Grenzen und die Einheit der Form ist ganz verschieden, sein Verhältnis zum Raum gegensätzlich. Die Bewegung muß erst zum Raum vorstoßen, und der Durchbruch erfolgt dann im oberen Körperabschnitt an der Stelle der Störungszone oberhalb der Hüfte. Der Unterschied im Verhältnis von Figur und Raum wird im Falle dieser Terrakotten schon darin deutlich, daß im 3. Jahrhundert der über den Leib gelegte Arm unter der Manteldecke gegen sie andrängt, während er im 2. Jahrhundert wie gerade über sie gelegt erscheint4. Das Volumen hat seine Formkraft verloren. So ist auch der Mantel kürzer und dünner, und das Untergewand scheint viel mehr durch. Neben dem Faltenrücken kommen jetzt auch die Faltentäler mehr zur Geltung. Das Spiel von Licht und Schatten ist wirksamer geworden und genauer berechnet. Körper, Masse, Raum sind mehr aufeinander abgestimmt und eingespielt. Dabei ist 1

S. uns. Tf. 57b/c; M. Schede, R. M. 1920, S. 76; vgl. zuletzt ausführlicher Hörn, S. 63; vgl. vorl. Arb. S. 177. > S. uns. Tf. 33 P.-R., Tf. 49«.. S. 492ff.; A. A. 1935, Sp. 370ff. (W. Züchner). i Antiquitds de Bosphore Cim. Tf. VII, 13; M. Rostowzew, Skythien und der Bosporus, S. i88f.; vgl. Anm. *». « A. Furtwängler, Gemmen III, Fig. 106. Vgl. Rostowzew, a.a.O., 3.123. 5 R. M. 1912, Tf. le + f, S. 88 (I. Six); vgl. R. Delbrück, Antike Portraits, Text S. 37 zu Tf. 24; J. Beloch, Griech. Gesch. IV, i, S. 129, II, S. 233 Anm. i; H. Berve, Das Alexander-Reich II, S. 24, s.v. 6 Amastris. Vgl. E. Pfuhl, M. u. Z. II, § 846. 7 Vgl. zuletzt dazu H. Berve, Das Alexanderreich, II, S. 413; nach C. Robert u. Roßbach zu Anthologia Palatina VI, 337 (vgl. R. E. I, Sp. 700; s. v. Aktion). 8pfuhl, a. a. O., II, §905, S. 283, III, Abb. 664. 9 Vgl. auch noch P.-R., S. 328ff.; E. Pottier, Diphilos, S. 67.

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II. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Hellenistische Beispiele: (vgl. W. U, 32off) 1. Athen 4037; s. uns. Tf. 3Qa; ausTanagra. W. 11,324, 2b; ovales Brennloch und besonderes Loch für die Aufhängevorrichtung. 2. London, Brit. Mus. Cat. C. 40, Tf. 33; angeblich aus Aegina W. II, 321, 2; s. C. A. Hutton, Greek Terracotta Statuettes, Tf. 5. 3. Berlin, 7418, 5 W. II, 322, 8; s. Köster, Tf. ySa; aus Tanagra. 4. Berlin, 7418, 3; W. II, 320, la s. Köster, Tf. 78b; aus Tanagra. 5. Boston; s. A. W. Lawrence, Later Greek Sculpture, Tf. I, S. 9; dazu Baldwin Coolidge, Photo 8249 A; aus dem Kammergrab von Eretria; s. A. J. A. 1898, S. 147; dazu J. d. 1.1899, S. i2of. (P. Wolters); vgl. auch R. Hörn, S. 53 und uns. Anm. *'4; D. Burr, S. 17, 67. 6. Paris Louvre 109, P. R. Tf. 15, Nr. 86; S. 33if. aus Myrina. W. 11,331, i; zusammen mit 3 Niken gefunden, die denselben Kopf haben 1 ; vgl. Tel. II, 222 f. A und B. Gegenüber den klassischen Typen zeichnet sich der erste (i.) hellenistische Erot dadurch aus, daß er freischwebend aufgehängt und also fliegend vorgestellt war. Die Haltung trägt dem aber kaum Rechnung, abgesehen davon, daß die Figur keinen festen Stand hat. Zudem ist es nicht neu, daß Terrakotten Herrichtungen zum Aufhängen erkennen lassen. So zeigen sie schon die spätarchaischen kleinen Kentauren aus Böotien1 und Reiters. Wichtig ist aber, daß das Schweben hier und selbst bei dem Athener Eros als Bewegung noch wenig gestaltet ist. — Die etwas ältere attische Nike Berlin 68504 ist darin und allerdings nicht nur darin stärker. Den Grund dafür werden wir später erfahren. Die noch ältere myrinäische Nike Istanbul 24615 dagegen bietet eine Parallele zum Eros aus Intepe in Istanbul6. Erst gegen die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. tauchen häufiger die lebhaft bewegten kleinen, rundlichen Putti auf, die im Fluge umherzuschwirren scheinen. Dafür können besonders die Eroten aus dem Kammergrab von Eretria zeugen (5), die auch den Fundumständen nach in die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gehören. In ihren dicken Bäuchlein und knappen Hemdchen darüber und den ausfahrendeii Gliedern ' äußeni sie den Hang zum Voluminösen und zu Spannungen, der diese Zeit kennzeichnet. — Offenbar gehört die Konsolidierung der Form des Putto zu den Neuerungen, die in der Kunst der Terrakotten die Zeit um die Jahrhundertmitte mit ihrer stärkeren Formkraft bringt. Ein ganz bestimmter Reiz geht bei diesem Typus vom Format aus und von der Vorstellung der im Augenblick erfaßten Bewegung des Flugs oder auch anderer Beschäftigung. Zu den frühesten Eroten dieser Puttoart gehört (neben 3) der, den die Tanagräerin Paris Diphilos-Nr. 2298 am Wickel hat. Der Typus der Tanagräerin9 hängt von dem von uns oft verfolgten Typus W. II, 24, 4f. und 27, 8 * : 5 ab. Die Figur selbst stellt aber eine freie Abwandlung im Sinne des zweiten Viertels des 3. Jahr1

Siehe P..-R., S. 332 und 133. > Sammig. Scheurleer, Nr. 194, Tf. XVII. 3 W. I, 25, i; AA. 1889, Sp. 156 u. a. 4 W. II, 185, 5a; s. AA. 1939, Sp. 437! Abb. 28f. u. vorl. Arb. S. 132. 4 S Mendel, Tf. X. 6; vgl. vorl. Arb. S. 92. Mendel 1867, · IV, . 7 Lawrence, a. a. ., Tf. I, untere Reihe, Mitte, Nr. 3. » W. II, 7, 3; Tel. I, 182 B.; Schneider-Lengyel, Abb. 53. > Vgl. auch W. II, 7, 4; vgl. 5.

D. 12. TANAGRÄISCHE EROTEN

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hunderts dar, bei der der Leib seitlich vorgewölbt und vor allem die Gewandanordnung um den Unterkörper aufgelöst erscheint, während der Oberkörper noch etwas von der strengeren Haltung des ersten Jahrhundertviertels bewahrt hat. — Darin erscheint noch etwas früher die Münchener Terrakotte aus Mytilene' mit dem Putto auf der Schulter. Hier setzt eben die neue Bewegung im Körper ein, die das strenge Formgerüst lockert. Das wird gegenüber anderen »hochgegürteten Mädchen« des gleichen Typus deutlich, wie sie in Sciatbi* für das erste Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. vertreten sind. So reicht die Reihe der tanagräischen Putten mit ihren frühsten Vertretern nahe an die von der Münze der Amastris (300—289) gegebenen Zeitgrenzen. Doch ist das erste Viertel des 3. Jahrhunderts offenbar noch durch einen anderen weniger ausgeprägten Putto-Typus (2) gekennzeichnet. Eines guten Teils ihres Sinnes erscheint die frühhellenistische Gestalt des Eros beraubt, wenn ihre Formen ins Große übersetzt werden wie in Myrina. Dazu ist Eros hier noch hermaphroditisch gebildet 3. Auf die neue Bedeutung dieser Wendung kann hier nicht näher eingegangen werden. Es soll vielmehr nur festgestellt werden, daß die Übersteigerung des Formats eine Wandlung in seiner Bewertung voraussetzt, die dem Geiste des 3. Jahrhunderts v. Chr. geradezu entgegengesetzt ist. Dann aber fällt noch auf, daß die Figur des großen myrinäischen Putto in ihren Formen und ihrer Bewegung mit keinerlei Spannungsverhältnis zu Raum und Zeit rechnet. Im Gegensatz zu den eretrischen Putti ist von einem Zwang des Volumens und einem Gegendrang der Bewegung nichts zu spüren, ebensowenig von einer momentanen Erfassung der Bewegung. Frei und ruhig geht sein Flug. Gegenüber einem tanagräischen Putto *, der in Myrina selbst nachgebildet worden ist, P. R. Tf. 48, 6; Nr. 142 kann das noch deutlicher werden 5. — Es leuchtet ein, daß das Motiv des Fliegens für eine Kunst, der das Verhältnis von Figur und Raum nicht gleichgültig ist, besondere Bedeutung gewinnt. Anlaß, Flügelwesen zu gestalten, hat es für die griechische Kunst immer wieder gegeben. Aber sie hat durchaus nicht immer die Gelegenheit genutzt, dann die Gestalten im Fluge darzustellen. — Die Zahl der Wesen, die der Grieche sich geflügelt vorstellt, ist anfänglich groß. Flügel scheinen für ihn nicht nur die »Hieroglyphe der Schnelligkeit«, sondern geradezu das Attribut des Dämons gewesen zu sein, wie er sie denn ursprünglich aus dem Orient und besonders für halbgöttliche oder halbmenschliche Wesen übernommen hat * l6 ! In der klassischen Zeit bleiben davon vor allem Nike und Eros, hinter denen andere wie Sphinx und Sirene zurücktreten. So wenig Altäre Nike wie Eros hatten * '7, so wenig beide wirkliche Götter waren, so lebendig sind sie aber doch im griechischen Denken und vor allem in der griechischen Kunst gewesen. L. Curtius hat Nike geradezu das klassische Wahrzeichen der Griechen genannt * l8 , deren agonalem Wollen, Denken und Handeln sie besonders entsprach. Und es läßt sich nicht leugnen, daß bis zur hellenistischen Zeit Nike eine ungleich größere Rolle 1

Sammlung Loeb I, Tf. 55; vgl. 54. » Tf. 62, 156, Nr. 367; 65, 169, Nr. 368. 3 Vgl. A. Furtwängler. Sammig. Sabouroff II, S. 19 Anm. 5; Röscher M. L. I, 2, s. u. Hermaphrodites, Sp. 2341 (P. Herrmann). 4 Vgl. Berlin 7418, 4; Köster, Tf. 773. 5 Vgl. vorl. Arb. S. 241 ff.

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. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

auch in der bildenden Kunst spielt als Eros. Gleichwohl sind Nike und Eros vor allem Gestalten der hellenistischen Welt, deren beide Pole sie bezeichnen. Durch Alexander den Großen, der schon 336 v. Chr. nach der Besiegung Griechenlands und vor der Persiens Nike auf seine Goldmünzen setzte * '9, ist die Siegesgöttin eine Lieblingsfigur auch der Diadochen und ihrer Nachfolger geworden. Immer wieder hat es für diese Grund gegeben, sie darstellen zu lassen. Trotzdem ist die Geschichte der Nikegestalt in der frühhellenistischen Kunst nicht so glänzend, wie danach zu erwarten wäre. In der Kleinkunst tritt ihre Figur sogar auffallend zurück. Bei den Terrakotten herrscht an ihrer Statt vielmehr Eros. Aber auch seine Kunstgeschichte unterliegt da besonderen Bedingungen. Erst nach und nach lernt er das Fliegen. Die Flügel, die zunächst nicht viel mehr als Attribute sind, werden nur allmählich zu wesentlichen Gliedern der Gestalt und von ihrer Bewegung untrennbar. Ähnliches gilt selbst für die erhaltenen Nikefiguren der Großplastik; vom Torso von Megara * }0 und den Akroteren des Artemistempels in Epidauros zum Original der Nike von Kyrene1 zur Akroterfigur vom Neuen Tempel und zur großen Nike von Samothrake. Der Nike des Paionios und dem Akroter des Asklepios-Tempels von Epidauros gegenüber wirken die zuerst genannten Gestalten der Siegesgöttin geradezu lahm. Selbst die eben angeführte attische Terrakotte* war eigentlich schon weiter. Der frühhellenistischen Kunst, die darauf aus war, die Figur zu isolieren und gegen den Raum abzuschließen, lag offenbar der Gegenstand weniger. Das lehrt ein Vergleich der attischen Terrakotte mit einer anderen, jedenfalls untanagräischen, der Nike in Leipzigs. »Der klare Schwung der einen, der auch ihr scharfgratiges, natürlich schwingendes Gewand erfüllt, steht in starkem Gegensatz zu dem Flug der anderen, der sich gleichsam in dem Faltengewirbel ihres Kleides verfängt.« Diese Figur, die in manchem an den Marmortorso von Megara erinnert, besitzt nicht mehr die gleiche Beweglichkeit, ist schon von Gegenbewegungen erfaßt. Auch dem Motiv fehlt es an Überzeugungskraft. Statt des Schwebens mehr ein Tanzen! Die Zeiten, die durch ein freieres Verhalten zum Raum gekennzeichnet sind, scheinen dabei die Entwicklung am meisten vorangebracht zu haben, in der frühhellenistischen Kunst besonders das zweite Viertel des 3. Jahrhunderts v. Chr. Aber es zeigt sich außerdem, daß es in dieser ganzen Epoche nicht nur der Bewegung an Beschwingtheit, sondern auch der gesamten Form an Schwung, der ganzen Figur an innerem Format, an Monumentalität gebricht. Für den Unterschied vom 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. ist dann schon der Wandel der am meisten behandelten Motive der Koroplastik bezeichnend: im 3. Jahrhundert v. Chr. die zahllosen Typen »stehender Gewandfiguren«, im 2. Jahrhundert die vielen von Niken und Eroten. 13. D I E N E U E G E W A N D S P R A C H E U N D I H R E G E S C H I C H T E

a) » D u r c h s c h e i n e n d e G e w ä n d e r « Ähnlich wie »die zentrifugale Bewegtheit«, kennzeichnen die durchscheinenden Gewänder den hellenistischen Stil. Beide können geradezu als seine Leit' H. Thiersch. N. G. G. 1930, Tf. II; vgl. G. Lippold, R. M. 1918, S. 95, Abb. 10. S. 174 Anm. 4. l A. A. 1938, Abb. 6, Sp. 346ff. (P. Knoblauch).

» s. vorl. Arb.

D. i 3 a. »DURCHSCHEINENDE GEWÄNDER»

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formen angesehen werden. Beider Entwicklung verläuft auch ähnlich. Wie beide in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. ihre äußerste augenfälligste Durchbildung erfahren haben, so sind sie gleichzeitig in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. zum ersten Male verwirklicht worden. — Bei dieser Sachlage kommt es ähnlich wie im Falle der zentrifugalen Bewegtheit darauf an, für die durchscheinenden Gewänder neben den überzeitlichen wesensverwandten Zügen vor allem auch die zeitgebundenen einzelnen Unterschiede aufzuzeigen. Unterschiede ergeben sich schon bei einer Gegenüberstellung der Sitzfigur aus dem Giebel von Samothrake oder der »Pudicitia« von Tegea, die dem 3. Jahrhundert v. Chr. angehören, mit der pergamenischen Sitzfigur Nr. 62', die vom Meister der Amphitrite des Gigantenfrieses stammt, oder der Kleopatra von Delos, die in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. datiert ist. Sie treten auch bei einem Vergleich von tanagräischen und myrinäischen Terrakotten des 3. Jahrhunderts mit Myrinäerinnen des 2. Jahrhunderts v. Chr. hervor; z. B. für das 3. Jahrhundert bei: a) der ersten Leukon-Terrakotte (s. uns. Tf. 6a), b) London C. 255 (s. Hörn, Tf. 14, 3; vgl. vorl. Arb. S. in; auch bei c) der »letzten Tanagräerin« (s. uns. Tf. igt', vgl. vorl. Arb. S. 112) und ebenso bei d) der alexandrinischen Tanagräerin 23341 (s. uns. Tf. 8d) und e) der Figur der Philopator-Kanne in Stuttgart (s. Hörn Tf. 10, 2) und vor allem bei myrinäischen Tanagräerinnen wie: f) Paris, Diphilos Nr. 668 (s. uns. Tf. 24d; Photo Alinari 23763; vgl. vorl. Arb. S. 120),

g) Paris, Myrina Nr. 231 (Grab A; P. R. Tf. 37/38, 8; s. uns Tf. 6 c/d; vgl. vorl. Arb. S. 87 f.), h) Paris, Myrina Nr. 218 (P. R. Tf. 36, 4; Tel. II, 212 A; vgl. vorl. Arb S. 88), gegenüber dem 2. Jahrhundert bei: 1. Athen 4913 (s. uns. Tf. 31 a u. 32a/b; W. II, 116, 7), 2. Berlin 7950 (s. uns. Tf. 330; vgl. vorl. Arb. S. 163), 3. Berlin 8024 (s. uns. Tf. 42a; vgl. vorl. Arb. S. 164). Im 3. Jahrhundert sind es vereinzelte Falten oder vereinzelte Faltenbündel, die ihre Rücken durch das Obergewand durchdrücken und dessen Faltenordnung durchkreuzen. So erwecken sie den Eindruck der größeren Leichtigkeit und Dünne des Mantels. Aber seine Durchsichtigkeit steht nicht fest. Im 2. Jahrhundert dringen nicht nur einzelne Falten vor; außerdem kommen nicht nur die Faltenstege zur Geltung, sondern ebenso die Faltentiefen. Jetzt scheint das Gewand deutlich durch. — Die Beispiele legen zudem eine bestimmte Entwicklung nahe. Sie führt dahin, daß schließlich nicht mehr die Faltenordnung des Himations von Falten des Chitons durchkreuzt erscheint, sondern dessen Vertikalfältelung durch den »Reiz des Mittelbaren« *l geradezu betont. Die angedeutete Entwicklung setzt zunächst voraus, daß es sich in den einzelnen Fällen nicht um verschiedene Stoffarten handelt, die jeweils verschiedendari A. v. P. VII, Tf. 22.

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II. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

gestellt werden, sondern um dieselben, die im Laufe der Kunstgeschichte nur mit verschiedenen Mitteln erfaßt sind **. — Diese Meinung unterstützt ein Blick auf die Rückseite der Kleopatra von Delos1, an der im Gegensatz zur Vorderseite nur die Faltenrücken wirksam erscheinen. Auch die verschiedene Art und Weise, nach der an der pergamenischen Gewandstatue Nr. 53* die Fältelung des Chitons im Himation zur Geltung kommt, spricht in ähnlichem Sinne. An den Stellen, an denen hier der Mantel straff gespannt und glatt gezogen ist und das Kleid darunter Falten schlägt, scheinen diese durch. Dagegen wirkt an anderen Stellen, an denen die Spannung nachgelassen hat, der Mantelstoff nicht mehr durchsichtig, sondern nur so leicht, daß sich hier das Faltensystem des schwereren Kleides durchsetzen kann. Das erscheint ganz natürlich, wenn es auch klar ist, daß gelegentlich, besonders im Bereich des Spielbeins, die künstlerische Darstellung vereinfacht ist. Schließlich sei auch noch die Bemalung alexandrinischer Tanagräerinnens als Zeuge dafür angeführt, daß das Himation schon im 3. Jahrhundert durchsichtig vorgestellt wird. Denn hier schimmern die nackten Arme durch den Mantel hindurch. — Was im 2. Jahrhundert auch mit plastischen Mitteln verwirklicht wird, kann im 3. Jahrhundert z. T. noch der Malerei überlassen gewesen sein und an Nebenseiten, wo man Mühe sparen wollte, gelegentlich auch noch im 2. Jahrhundert. Dem steht allerdings die Schwierigkeit gegenüber, daß es Statuen wie die aus Erythrai in Wien4 oder Terrakotten wie die aus Myrina in Istanbul 25565 gibt, die schwerlich ins 3. Jahrhundert datiert werden können und trotzdem nur die angeblich ältere Art der Darstellung »durchscheinender Gewänder« aufweisen. Danach muß man doch mit verschiedenen Stoff arten rechnen und damit, daß erst im 2. Jahrhundert die kunstgeschichtliche Entwicklung die Möglichkeit brachte, dünnere und durchsichtig dünne Stoffe in der plastischen Darstellung zu unterscheiden. Das heißt, auch in diesem Falle handelt es sich um eine Entwicklung der Gewanddifferenzierung in der Kunst, deren Errungenschaften soviel Mühe machten, daß gelegentlich an Nebenseiten auf sie verzichtet wurde. Vielleicht spiegelt diese künstlerische Entwicklung in etwa aber auch einen Vorgang in der Wirklichkeit wider. Denn es fällt auf, daß die wenig oder kaum durchscheinenden Gewänder im Laufe des 2. Jahrhunderts seltener werden. Es gibt immer wieder in der Kunst im Verhältnis von Körper und Gewand einen Punkt, an dem das ungelöste und unlösbare Problem von Natur und Kunst auftaucht. Das gilt auch für die griechische Kunst, so natürlich klar und verstandesmäßig faßbar gerade ihre Gewanddarstellung erscheint. — Im Falle der durchscheinenden Gewänder kommt erschwerend noch hinzu, daß die erhaltenen literarischen Quellen in der Kenntnis der Realien nicht viel weiter führen, sei es in der Frage der Stoff arten oder erst recht in der nach der Zeit ihres Aufkommens. — Gewiß ist, daß es zwei Arten von Seide gab, die vorderasiatische ( ) und die 1

S. uns. Tf. 57b/c. Die Vorlage dazu wird H. Drerup verdankt. » A. v. P. VII, i, Tf. 20; vgl. vorl. Arb. S. 85. l Mon. Tf. A i, M 2; s. vorl. Arb. S. 59. 4 Inv. Nr. 1,92;F. Eichler, Führer, S. 28; s. uns. Tf. 52b. F. Eichler sei auch an dieser Stelle für die Erlaubnis gedankt, diese wichtige Figur abbilden zu dürfen. 5 S. uns. Tf. 43 b.

D. i 3 a. »DURCHSCHEINENDE GEW NDER«

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chinesische (σήρικον) *3. Die chinesische Seide ist zuerst sicher bei Horaz1 und Vergila erw hnt, aber es ist nicht unm glich, da schon Alexanders des Gro en Admiral Nearch von ihr geschrieben hat 3. Von der vorderasiatischen spricht Aristoteles4 wie von etwas schon l nger Bekanntem *5; denn er sagt, zuerst soll sie Pamphile, die Tochter des Plates, gewebt haben, wie es hei t (»λέγεται«). Wichtig ist, da er dabei Kos als den Ort bezeichnet, wo man zuerst Seidenweberei betrieb, und da er offenbar an keine sehr weite Verbreitung dieser Fertigkeit denkt (των γυναικών τινές statt αϊ γυναίκες). Noch in r mischer Zeit waren »Coae vestes« besonders ber hmt 5. Plinius6 unterscheidet bei der vorderasiatischen Seide offenbar noch die assyrische von der koischen *'. Denn er spricht davon, da die assyrische nur von Frauen, die koische auch von M nnern getragen w rde. — Nach der berlieferung kommt f r die durchscheinenden Gew nder aber nicht nur Seide in Frage. Es gab auch noch verschiedene andere d nne und durchsichtige Stoffe, z. B. aus Leinen 7 u. a. Polygnot soll als erster Frauen in durchsichtigem Gewand gemalt haben8. Bei Aristophanes9 ist von durchsichtigen Chitonen (»διαφανή χιτώνια«) die Rede *', ja nach Pollux scheint schon unter Sapphos10 βευδος (κιμβερικόν) ein durchsichtiger Chiton zu verstehen zu sein. Ob aber die vorhellenistische Zeit auch durchsichtige Himatia gekannt hat, ist der Literatur nirgends mit Sicherheit zu entnehmen. Denn wenn im Exzerpt des Constantinus Porphyrogennetus" von seidenen έττιβόλαια gesprochen wird, so bleibt ungewi , ob es sich um durchsichtige Seide handelt, aber auch ob um Himatia und z. B. nicht nur Schals *10. Zudem ist das Buch nicht unmittelbar ein Auszug aus Aristoteles, sondern schon aus der Epitome des Aristophanes von Byzanz, die dieser bereits unter dem ver nderten Gesichtswinkel der hellenistischen Zeit gemacht hat. Bei Hesych (s. u. κώον) ist das κωον dann einfach ίμάτιον. Die Aussagen der Denkm ler widersprechen den literarischen Zeugnissen, wenn es hei t, Polygnot von Thasos habe als erster durchsichtige Gew nder gemalt. Solche begegnen vielmehr schon auf archaischen Vasen. Aber vielleicht hat es doch einen Sinn, wenn hierf r ein lonier besonders genannt wird. Denn die jonische Kunst macht vor allem und am fr hesten den K rper durch das Gewand hindurchscheinen *». Bei der einen Nereide aus Xanthos" l t der Chiton zudem auch an Seide denken, die nach Aristoteles offenbar haupts chlich in lonien verarbeitet und getragen wurde. Noch die Tanagr erinnen aus dem griechischen Mutterland und aus Alexandria halten sich in Vergleich mit denen aus Myrina in der Darstellung durchscheinender Gew nder zur ck '3. — Wenn aber nicht Aristoteles, sondern Aristophanes von Byzanz f r die βομβύκινα έπιβόλαια verantwortlich ist, so pa t das nicht schlecht zu den Denkm lern des 3. Jahrhunderts und besonders seiner «Epod. 8, i f f . » G g . II, 121. 3 Strabo XV, 6g3f.; vgl. Anm. * A. v. P. VII, r, Nr. 47, Tf. I4f.; H rn, a. a. O., S. 39; dazu G. Krahmer, a . a . O . , S. 233f.

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II. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Meister am Altar anscheinend schon nicht mehr gearbeitet hat *6. Selbst bei der Nike von Samothrake gab es wohl im Chiton ein Schleppen oder Schleifen am Boden. — Es wird offenbar häufig seit dem späteren 3. Jahrhundert, also in einer Zeit, mit der ebenso die »durchscheinenden Gewänder« üblich werden. Das ist die Epoche des »hochhellenistischen« Stils, des Höhepunkts der ganzen hellenistischen Kunst. Da äußert sie ihr Wesen in der stärksten und großartigsten Form und bietet darin auch uns Sinn und Maßstab. — Die Größe des Zeitalters um 200 v. Chr. ist im inneren wie im äußeren Format unverkennbar, sowohl bei der »Hera von Samos« wie bei der pergamenischen Tragodia, vor allem aber bei der Nike von Samothrake. Schwerer ist es, dem Wesen des neuen Stils gerecht zu werden. »Die Neigung zum Additionellen und Anorganischen«, die G. Krahmer1 in seiner Analyse der Tragodia hervorhebt, läßt sich schon mit dem unmittelbaren Eindruck mindestens als Vorurteil nicht recht vereinigen. Hinzu kommt, was sich aus Vergleichen mit nur wenig älteren Werken ergibt. Obwohl die Tragodia schon den Fundumständen nach schwerlich viel vor dem »großen Altar« oder doch seiner Plastik entstanden ist, kann die »Hera von Samos« nicht so viel älter sein, daß für sie ganz andre Kategorien in Frage kommen müßten. Denn was sie vor allem kennzeichnet, die Gelassenheit ihrer Erscheinung, die Freiheit ihrer Bewegung bei aller Wucht der Masse, ist sicher kein Merkmal des 3. Jahrhunderts v. Chr., soweit es hier bisher dargestellt würde. Die Last des Gewandes ist neu bewältigt und wieder mehr ins Gleichgewicht zum Körper und seiner Bewegung gebracht. Für den Gegensatz zwischen Körper und Gewand, wie er das 3. Jahrhundert v. Chr. beherrscht, hat eher die »Tragodia« Vergleichbares an sich. Gleichwohl muß sie auch aus stilistischen Gründen jünger als die Hera von Samos sein. Vom 3. Jahrhundert unterscheidet sie sich besonders durch die tiefe Zerklüftung der Masse, aus der die Gliedmaßen heraus- und hervortreten. Die Form ist nicht abgedichtet, sondern eher aufgespalten. Das meinte freilich auch Krahmer. Aber auch er bemerkt, »das Ganze scheint in einzelne Teile aufgelöst und dann unter äußerem Zwange wieder zu einer Einheit zusammengefügt zu sein«. \Venn er freilich die Einheit in einem Kubus oder Block sucht, ist dem entgegenzuhalten, daß darin das 3. Jahrhundert z. B. mit der Nikeso oder Nikokleia viel weiter war. — Es muß vielmehr zunächst gesagt werden, daß gegenüber dem 3. Jahrhundert v. Chr. die Masse wieder stärker durchgegliedert erscheint und im Sinne einer kräftigeren Bewegung des Körpers organisiert. Es trifft allerdings auch zu, daß dabei an der »Tragodia« die Falten für den Eindruck der Statik mehr bedeuten als die »natürlichen Träger des Körpers«, vor allem trifft es für den wirklichen statischen Zustand zu. Aber bei nur wenig älteren Werken, wie der Hera von Samos, ganz zu schweigen von der Nike von Samothrake, durchdringt der Körper mit seiner Bewegung noch mehr die Form und beherrscht die Masse. Die Gewandbewegung erfolgt dabei nur parallel, und zwar parallel jetzt auch darin, daß sie Falten wie Füße auf den Boden aufsetzt. — Demgegenüber erscheint die Kraft, mit der die Körperbewegung bei der »Tragodia« die Masse durchformt, geringer. Doch schon « A. a. O.

D. 13d. LASTENDE GEWÄNDER

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an der Pergamenerin Nr. 53 ist dem wieder nicht so; hier ist die Gewandung wieder mehr im Sinne des Körpers geordnet *7. Bei den drei hellenistischen gestaltgebenden Koeffizienten: Körper, Masse, Raum hat offenbar eine neue Verschiebung des Wertverhältnisses stattgefunden, die dem Körper und seiner Bewegung wieder mehr Raum gibt. Ihre Kräfte erscheinen jetzt anders gruppiert: Körper und Raum wieder stärker verbunden, die Masse des Blocks wie des Gewandes hingegen weniger geschlossen. Die Einheit der Form wird nicht mehr in der äußeren Raumverdrängung und allein in der Einheitlichkeit des Volumens und seiner Oberfläche gesucht und gesehen, sondern in einem Gleichgewicht, das jetzt die äußeren wie die inneren Kräfte einbezieht. Entscheidend verändert ist das Verhältnis zum Raum, der in den schattenfangenden Teilräumen in die plastische Form Eingang findet und sie unterteilt, der aber auch durch den in der plastischen Form festgelegten Wechsel von Licht und Schatten die Erscheinung des Ganzen zugleich einigt und gliedert. Masse und Bewegung erscheinen durch die Lichtführung im Raum wieder geeint *8, wenn auch beider Verhältnis im Laufe der Entwicklung Schwankungen unterliegt. Ihr Schicksal in der Folgezeit, wie es sich an den pergamenischen Gewandfiguren abzeichnet, geht uns hier noch nicht weiter an, und ist auch insoweit nicht zu erörtern, als die Terrakotten für diese Epoche versagen. Hier ist nur wichtig festzustellen, daß die neue Gewandsprache zur gleichen Zeit ausgebildet erscheint, in der die Entwicklung der hellenistischen Kunst ihren Höhepunkt erreicht, die Verbindung mit dem Raum und die neue Einheit der Form hergestellt ist. Dabei ist es wieder ganz klar, was schon die Entwicklung des Typs der »letzten Tanagräerin« gezeigt hat1, daß die treibende Kraft zu dieser Neuordnung der Kräfte und Werte vom Körper und seiner Bewegung ausgeht. Seit der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. in Zunahme begriffen, hat sie nun aus höchster Steigerung im Durchbruch zum Raum ihre Freiheit wiedererlangt. Aber ebenso klar ist, daß allein diese äußerste Bewegung den Ausgleich der Kräfte und ihre Einigung in der Form ermöglicht. Der Blick auf die unmittelbar folgende Zeit konnte schon lehren, daß es nur ein kurzer Augenblick ist, in dem Masse und Bewegung so geeint erscheinen, wie an der Hera von Samos. Ihr Verhältnis ist wieder und wieder umstritten. Vor allem aber zeigt die Nike von Samothrake, daß nur aus größter Willensanspannung die letzte Durchdringung der Form möglich ist, daß der Ausgleich zwischen Last und Kraft, zwischen Masse und Bewegung, zwischen Gewand und Körper nur bei besonderem Krafteinsatz gegeben ist. Nur wenige Aufgaben oder Vorwürfe konnten dem ganz entsprechen: die stürmende Siegesgöttin vor allem, aber auch die kämpf ende Gruppe im Relief, die Gigantomachie des pergamenischen Altars *9. Denn nach dem Durchbruch zum Raum ist nicht nur der Körper in seiner Entwicklung, sondern auch das Gewand in seiner Entfaltung frei. Beide sind nicht mehr durch den Gegensatz zum Raum gebunden. Im Gewand kann sich nun ungehemmt der Hang zur Schwere breitmachen. So kommen jetzt nicht nur die schleppenden, sondern auch die durchscheinenden Gewänder anders zur Wirkung. Blockzwang und 1

Vgl. vorl. Arb. S. 103.

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n D

- HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

Raumfeindschaft sind aufgehoben, so daß die Stoffmassen über den Block hinaus verlängert und verbreitert, aber auch ihre verschiedenen Eigenbewegungen zu räumlicher Gegenwirkung gebracht werden können. Allerdings ist es unmöglich, daß freischwingende Faltengehänge zur Darstellung kommen, solange die Bewegung im Körper aufs äußerste angespannt ist und die Form durchdringt. Aber wenn ihre Kraft nachläßt, begegnen auch jetzt Faltengehänge, z. B. an der einen ebenfalls von G. Krahmer und R. Hörn1 schon dem späten 3. Jahrhundert zugewiesenen und oben bereits erwähnten Statue in Samos2, und zwar hier zum ersten Male an einer reinen Standfigur. Die jonische Gewandsprache hat sich endgültig durchgesetzt. Nicht zuletzt sind es schon in der archaischen Zeit die unwägbaren Größen von Raum und Licht, mit denen der lonier bei seinen Gestalten mehr als alle seine anderen griechischen Volksgenossen rechnet. Ohnedies sind die durchscheinenden Gewänder und Körper seiner Kunst wie selbst seiner Tracht wirkungslos. Gestalt ist bei ihm von vornherein mehr Erscheinung. Das gilt jetzt wieder und mit weiterer Bedeutung. 14. DAS E N D E DER T A N A G R Ä E R I N N E N

Die neue hellenistische Gewanddarstellung, die in der (ersten) Diadochenzeit vorbereitet wird und sich seit der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. mehr und mehr durchsetzt, geht nicht von der klassischen Gewandsprache aus. Wir sehen sie vielmehr außerhalb des mutterländisch-griechischen Bereichs am ehesten sich entfalten und hier aus lange verschütteten Quellen gespeist werden. So kommen »durchscheinende Gewänder«, wie gezeigt, bei den Tanagräerinnen der mutterländischgriechischen Tradition nur wenig zur Darstellung. Dasselbe gilt für die »Faltengehänge«, denen freilich überhaupt und wohl besonders im gebrannten Ton nur eine beschränkte Darstellungsmöglichkeit eignet. Doch zeigen demgegenüber nicht nur im Falle der durchscheinenden, sondern auch der »schleppenden« Gewänder Tanagräerinnen aus jonischen Werkstätten, daß die entscheidenden Gründe für ein Versagen der »klassisch«-tanagräischen Koroplastik nicht allein im Werkstoff oder auch in seiner Behandlung liegen können: Istanbul, Mendel 25193 aus Myrina und vom selben Typ Priene 85894, weiter Priene 85915 u.a. Dazu kommt eine frühmyrinäische Terrakotte, die noch nichts vom tanagräischen Stil erkennen läßt: Istanbul, Mendel 2 I 6 5 3 · —In demselben Sinne spricht ein Vergleich der »Pudicitia«-Statue in Tegea7 und der Nikokleia von Knidos, bei dem der Zeitunterschied nicht ins Gewicht fallen kann. — Es mag sein, daß sich ähnlich wie im Falle der »durchscheinenden Gewänder« vereinzelte Tanagräerinnen aus Tanagra oder Alexandria finden lassen8, die eine Ausnahme machen. An dem Tatbestand ändert das nichts. Vielmehr entsprach der neue, ganz und gar unklassische Gewandstil offenbar dem tanagräischen nicht, dessen Wurzeln noch bis in die klassische Kunst der attischen und praxitelischen Formen weit der Alexanderzeit zurückreichen. Die Vereinheitlichung von ' A. a. O., S. 39 mit Lit. » R. M. 1923/24, Tf. 5; vgl. vorl. Arb. S. 180. 3 S. uns. Tf. 146. « s. uns. Tf. 14 f; zu beiden vgl. vorl. Arb. S. 108. 5 Wiegand-Schrader, Abb. 134; s. vorl. Arb. 6 S. 95. s. uns. Tf. i8c; vgl. vorl. Arb. S. 91. 7 R. M. 1923/24, Tf. 6; s. vorl. Arb. S. 162. 8 Vielleicht Athen 4105, 4106 ( ? ) ; s. uns. Tf. nd und 3ßb.

D. 14. ENDE DER TANAGRÄERINNEN

2O5

Körper und Gewand, die diese brachte (»Sophokles«-Typ) barg zwar in sich schon die Möglichkeit zur Zwiespältigkeit (Typ der »kleinen Herculanenserin«). Denn sie stellte eine letzte Stufe äußerster Verfeinerung dar, über die hinaus es keine Weiterentwicklung gab. Insofern die Folgezeit in der Tat eine Reaktion brachte, wurde diese Möglichkeit auch zur Wirklichkeit. Aber Voraussetzungen für jene Erneuerung der Form, die gegen Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. vor sich geht, waren in der tanagräischen Tradition schwerlich gegeben. Vielmehr sind tanagräische Formen des späten 3. Jahrhunderts v. Chr. deutlich als Endformen zu erkennen. Das gilt nicht nur für die nicht jonische Tradition, sondern sogar für diese selbst, z. B. für die Tanagräerinnen aus Grab A von Myrina1. Aber auch für die Großplastik loniens ist dieses Stadium der Spätstufe greifbar, z. B. an den Schrumpfungsformen bei der einen der Statuen in Samos1. Es ist ganz deutlich, daß in diese Zeit überall eine Krise fällt. Diese wird von der tanagräischen Koroplastik offenbar nicht mehr überwunden. Die myrinäische Kunst aber ersteht dann zusammen mit der neuen Gewandsprache zu neuer eigener Form und Größe. Wir haben dafür schon die Athener Terrakotte 49743 kennengelernt. In dem Zusammenhange hier sei vor allem noch ein Blick auf ihr schleppendes Gewand geworfen. Im Vergleich mit der myrinäischen Tanagräerin in Istanbul Mendel 25194 wird die andere Rolle deutlich, die hier die Staufaltenspielen. Sie sind nicht Merkmal der Zersetzung des Blockes und seines tektonischen Formwerts, sondern Ausdruck einer neuen Bewertung der Formkraft, die in der Masse liegt oder liegen kann. Man kann kurz sagen: strebte im 3. Jahrhundert die Masse statt des Körpers nach Tektonik, so jetzt wie er nach Statik. Tanagräerinnen aus Tanagra und Alexandria sind zwar vielfach auch ohne die ihnen eigene flache Standplatte aufgestellt gewesen, aber offenbar nur in Myrina wird der Ersatz der Standplatte durch Staufalten sichtbar ausgedrückt. Dabei ist es den Formen anzusehen, daß dies dem tanagräischen Stile wiederspricht, insoweit bei ihm das Gewand die Gestalt absondert. Ihm wäre eher noch eine hohe Basis gemäß, wie wir sie z. B. bei Athen 4938 5 kennengelernt haben, wie sie jedoch zu dem neuen Stile wiederum nicht paßt, insoweit sich bei ihm die Erscheinung frei im Räume bewegt. Dies kann z. B. noch angesichts der späten Nachbildung der Myrinäerinnen Athen 4974 in Gestalt von Athen 49326 klarwerden. Dagegen deutet die hohe Basis bei den späten Nachzüglern der Tanagräerinnen den statuarischen Anspruch der nachtanagräischen Zeit an, der der Form selbst nicht zu entnehmen ist, jedoch von ihr jetzt verlangt wird. Um so deutlicher spricht dieser aus dem neuen Stil. Nicht zuletzt ist es eben auch die neue monumentale Krise, die der Tanagräerin jetzt ein Ende bereitet. Wie für das Aufblühen der tanagräischen Koroplastik, so liegen auch für ihr Absterben die letzten Gründe in dem Wandel, der sich in der künstlerischen Anschauung vom Verhältnis zu Gestalt und Umwelt vollzieht. Das neue Verhältnis von Figur und Raum ist nur ein Ausdruck dafür. Das neue Verhältnis zur Gestalt ist nicht 1

P.-R., Tf. 37/8; vgl. vorl. Arb. S. 87 Arb. S. 85!. 4 s. uns. Tf. 140. Tf. I2b; s. vorl. Arb. S. 8sf. 261 f.

ff.

» R. M. 1923/24, Tf. 5, 3 s. Hörn, Tf. 15, 2; vgl. vorl. 6 ! s. uns. Tf. 21 a. s. Philadelpheus, Tf. 16, i; s. uns.

206

II. D. HAUPTFUNDE: DIE TANAGRAFIGUREN

weniger wichtig. Die Vorg nge, die sich in der gro en Kunst abspielen, bestimmen schlie lich auch die Geschichte der Kleinkunst und des Handwerks. Wie das Absinken der Monumentalit t am Ende der klassischen Kunst zuerst der Koroplastik zugute kam, so wird die Steigerung des inneren wie des u eren Formats, die Gro und Kleinplastik seit der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. erfa t, dieser schlie lich gef hrlich. Das dr ckt sich schon darin aus, da mit einem Male die Formen der Koroplastik jenen der Gro plastik angeglichen werden. Die Kleinkunst wird pl tzlich gleichsam ins Formatlose gesteigert und ihrem Werkstoff erscheinen M glichkeiten abgepre t, die ihm nicht gem sind. So ist klar und schon angedeutet, da die technischen Voraussetzungen des neuen Gewandstils mit seinen durchscheinenden und schleppenden Gew ndern usw. bereits Anspr che stellten, die ber die M glichkeiten der Tanagr erinnen hinausgingen. Dazu kann daran erinnert werden, da selbst die Art der Gewanddifferenzierung, die das »letzte Grabrelief« oder die »kleine Herculanenserin« kennzeichnet, in entsprechenden tanagr ischen Typen nicht gleichwertig zur Anschauung kommt und da sich dies Verh ltnis der Gewanddarstellung bei Gro - und Kleinplastik im Laufe der Entwicklung im 3. Jahrhundert v. Chr. nicht wesentlich ge ndert hat. Vor allem aber erweist sich die Krise um 200 v. Chr. darin als der Koroplastik so gef hrlich, da sogar in Myrina die Zahl der Terrakotten auffallend gering ist, die dem neuen hochhellenistischen Stil zuzuweisen sind. Die innere Wahrscheinlichkeit spricht daf r, da es sich hierbei nicht um einen zuf lligen Erhaltungszustand handelt. Vielmehr scheint hnlich wie in der Alexanderzeit und auch in der des Phidias der neue gesteigerte Stil einer breiten Entfaltung im Handwerk bei den Terrakotten Schwierigkeiten entgegenzusetzen. So findet der innerlich altgewordene tanagr ische Stil jetzt wohl auch u erlich sein Ende und z. B. in Alexandria jedenfalls nicht einmal eine Fortsetzung. Ob in Tanagra und B otien selbst die Koroplastik noch im Verborgenen weiterlebte, ist nicht bekannt. Es kann nicht bestritten werden, so lange nicht eine gr ere, ins 2. Jahrhundert datierte tanagr ische Nekropole genau beobachtet ist. Denn in Alexandria k nnen die Umst nde wesentlich anders gelegen haben und haben es z. T. sicher auch, wie angedeutet wurde. Pausanias1 berichtet, da zu seiner Zeit im nahen Aulis, das zu Tanagra geh rte 1 »nicht viele Menschen wohnten, diese aber T pfer seien«. Jedoch braucht damit keineswegs Koroplastik gemeint zu sein. Vielleicht sind darauf eher die Worte des Herakleides Kretikos^ zu beziehen, die von Tanagra sagen: ή ττόλις λευκή τη έττιφανεία και άργιλλώδης . . . τοις των οίκιών ττρο6ύροι$ καΐ έγκαύμασιν άναθηματικοϊ$ κάλλιστα κατεσκευασμένη«. Leider steht aber die Lebenszeit des Verfassers dieser und anderer so reizvoller griechischer Stadtbeschreibungen nicht fest. W hrend die einen davon ausgehen, da er das Athener Olympieion »halbvollendet« nennt und ihn darum in die sp thellenistische oder fr hr mische Zeit setzen 4, glauben die anderen, mehr Gr nde zu haben, ihn der fr hhellenistischen Epoche, und zwar dann der Zeit zwischen 260—229 v. Chr. zuzuordnen 5. Zur Zeit Strabos geh ren Tanagra 1

IX, 19. ' Vgl. Strabo, IX, 406. i l Pseudo-Dikaiarch; M ller, Fr. hist. Gr. II. S. 2540.1, §8ff. 4 C. Wachsmuth, A. Z. 1860, S. no; u. . 5 R. E. VIII, Sp. 4840., s. v. Herakleides Nr. 46 (Daebritz) u. a.; vgl. dazu Anm. *'.

III. A. FRAGEN

2O;

und Thespiai zu den einzigen bedeutenden Städten Böotiens1. Aber das besagt gar nichts über die böotische Koroplastik. Wenn dagegen die Geschichte lehrt, daß gegen Ausgang des 3. Jahrhunderts v. Chr. gerade Böotien unter makedonischer Herrschaft vom Niedergang erfaßt wird2, so paßt dies gut zu dem Datum, das hier für das Ende der Tanagräerinnen oder doch ihrer besonderen Wertschätzung vorgeschlagen wurde. Die Tatsache, daß in Myrina später hin und wieder noch tanagräische Formen im Gepräge des 3. Jahrhunderts v. Chr. begegnen, spricht dann allerdings eher dafür, daß die tanagräische Koroplastik nicht weiter bestand. Denn wenn sich alte tanagräische Formen noch besonderer Vorliebe erfreuten, hätte man auch neue importiert, wenn man konnte.

III. DIE M Y R I N Ä I S C H E N TERRAKOTTEN DER HOCH- UND SPÄTHELLENISTISCHEN ZEIT A. FRAGEN Die Geschichte der Tanagräerinnen endet mit dem 3. Jahrhundert v. Chr., jedenfalls soweit sie mehr als Lokalgeschichte ist. Es erhebt sich daher sogleich die Frage, ob eine Betrachtung der späteren Koroplastik für eine Untersuchung nötig oder auch nur nützlich ist, die allein den Tanagrafiguren gilt. Demgegenüber sei zunächst darauf hingewiesen, daß es z. B. noch in der myrinäischen Werkstatt des Diphilos, die in die frühe römische Kaiserzeit zu datieren ist * l , Terrakotten von tanagräischem Typ oder doch Motiv gibt. So haben wir uns irgendwie mit der Tatsache auseinanderzusetzen, daß eine signierte Figur in Athen3 in ihrem Gewandmotiv einen tanagräischen Typus wiedergibt, wie er ebenfalls in Athen in einer Terrakotte vertreten ist4. Um dieser Forderung gerecht zu werden, ist es notwendig, eine gewisse Kenntnis mindestens der myrinäischen Koroplastik zu erlangen. Hinzukommt, daß die myrinäische Koroplastik im 3. Jahrhundert v. Chr. so tanagräisch ist, daß ihr weiteres Schicksal und ihr Ende allein um eines Vergleiches und einer Gegenüberstellung willen unsere Anteilnahme erregt. Außerdem enthält die Kunstgeschichte des 3. Jahrhunderts v. Chr. sehr viele Elemente und Motive, deren Entwicklung bereits von selbst weit über die Grenzen des Jahrhunderts hinausführte. Bei dem ausgehenden 3. Jahrhundert haltzumachen, bedeutete in der Tat denn auch, als kehrte ein Bergsteiger dicht unter dem Gipfel um, ohne der Aussicht zu genießen. So erscheint ein Überblick über die Folgezeit zum mindesten als nützlich. Er wird erleichtert durch die Tatsache, daß Groß- und Kleinplastik in ihren Formen und bis zu einem gewissen Grade sogar in ihrem Format einander stärker angenähert sind, und durch die andere Tatsache, daß auf weite Strecken die Entwicklung weniger gehemmt und schon darum klarer verläuft. Zudem haben die Arbeiten von G. Krahmer, R. Hörn und D. Burr-Thompson gerade diese Epochen « IX, 403, 410; vgl. vorl. Arb. S. 45. » Polybios XX. 6, i—6; vgl. R. E. III, i, s. v. Boiotia, Sp. 659f. (Cauer). J 4813; s. uns. Tf. 38 b/c; W. II, 58, 5b. 0.20 m hoch. vgl. Istanbul M. 2536. < 4573; s. uns. Tf. 383; W. II, 54, g; 0.175 m hoch.

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

weitgehend erhellt. So erscheint ein Überblick auch als möglich, ohne daß natürlich der Anspruch erhoben werden kann und soll, alle Probleme gelöst oder auch nur berührt zu haben. Die Verhältnisse liegen in der Erforschung des 2. und i. Jahrhunderts v. Chr. bei der Koroplastik umgekehrt wie bei der Großplastik. Während in dieser das i. Jahrhundert v. Chr. noch die meisten Schwierigkeiten macht, bietet jene für diese Zeit viel mehr Anhalt. Der wichtigste ist der schon öfter berührte Umstand, daß die modischen Frisuren zahlreicher Figuren aus der Werkstatt des Diphilos zeigen, daß diese in der augusteisch-claudischen Epoche geblüht haben muß * 2 . Hinzukommt, daß die meisten der größeren von den Ausgräbern E. Pottier und S. Reinach verzeichneten Grabfunde1 Zusammenhänge mit dieser aus vielen Stücken bekannten Werkstatt erkennen lassen. Entweder handelt es sich um mitgefundene Repliken oder Umbildungen eines Typs, der sonst gelegentlich, wenn auch durchaus nicht allein, mit der Signatur des Diphilos oder einer ihrer Abkürzungen begegnet, z. B. die »Aphrodite in den Gärten« 2 . Ein gutes Exemplar davon mit einem und einem diesem eingeschriebenen befindet sich im Louvre3. Ein anderes mit der griechischen Inschrift des lateinischen Namens Varius im Louvre oder ein ihm ähnliches hat sich im Grab 100 gefunden4. Weitere in Athens und in Istanbul6 und anderswo tragen keine Signaturen. Ihr relatives zeitliches Verhältnis zueinander ist zu bestimmen. Eine andere Möglichkeit ist die, daß in einem Grabe die Figur eines Typs zutage kam, von dem Repliken, Nach- oder Umbildungen in einem anderen Grabe zusammen mit Figuren aus der Werkstatt des Diphilos gefunden wurden oder Figuren, die zu seiner Werkstatt in Beziehung zu setzen sind, z. B. der geflügelte Eros, der über Schulter und Kopf einen geöffneten Klappspiegel hält?. Die eine Figur im Louvre8 oder eine ihr ähnliche ist in Grab 114 zusammen mit Maikyu 9 , Hermogenes10 und Me" signierten und anderen Stücken gefunden worden, die nicht vor Diphilos angesetzt werden können *5. Zwei andere Figuren des Typs sind in Grab 98 oder B zutage gekommen". Ihr relatives zeitliches Verhältnis zueinander ist innerhalb weiterer Grenzen zu bestimmen. In diesem Falle handelt es sich allerdings wohl um Repliken. Sonst bleibt freilich zu untersuchen, welchen Platz die einzelnen Vertreter eines Typs innerhalb ihrer Reihe einnehmen, welche Form mehr abgeleitet erscheint usw. So ist es klar, daß die angeführten Athener Exemplare der Aphrodite später als die Diphilos-Figur sind, ebenso die des Varius, die in ihren Formen und mit einer »claudischen« Frisur an Athen Nr. 4803 erinnert. Hier kann diese Untersuchung nicht bis ins einzelne gegeben werden. Ebenso können die Grabzusammenhänge nur angedeutet werden, da bei der Vielzahl der oft in einem Grab gefundenen Terrakotten die Beziehungen noch sehr viel ' P.-R., S. 78ff.. bes. S. 8gff. » W. II, 214, 5; vgl. 2, 4 und 6; dazu Anm. *3. 3 P.-R., Tf. 8, i; Nr. 28; Tel. II, 210 A; dazu Anm. *4. « P.-R., Nr. 27, S. 95; W. II, 214, sb; vgl. D. Burr, S. 6. 5 5004, 4803; W. II, 214, 56, f; Philadelpheus, T. 8, 2; 9, 3. « M. 2274, Tf. 8, 4. 7 W. II, 290, 7. > S. uns. Tf. 39b; P.-R., Tf. n, 4, Nr. 94, S. 99, Anm. 4. 9 P.-R., Tf. 17, 4, Nr. 82; Charbonneaux, S. 22. »« P.-R., Tf. 20, 4; Nr. 100; vgl. Nr. 99. " Me(nophilu), Nr. 379; vgl. Nr. 380. '» P.-R., Nr. 95f., S. 93f.; vgl. 8.529.

III. A. FRAGEN

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verschlungener sein können und sind, als hier am Beispiel gezeigt wurde. Vor allem muß aber auch bemerkt werden, daß schon die Ausgräber bei ihren Fundangaben vielfach davon ausgehen, daß bestimmte Stücke typengleich oder -ähnlich seien oder aus derselben Form kämen * 6 . Soweit es bei den hier behandelten Terrakotten nötig und möglich war, ist dies überprüft worden. Aber da liegt eine Fehlerquelle, die sich bei genaueren Zeitbestimmungen auswirken kann. Eine weitere liegt darin, daß es in dieser Spätzeit besonders schwer zu sagen ist, wie lange eine bestimmte Form lebt. Das sei an folgendem Beispiel klar gemacht. Schon aus der verschiedenen Größe der Spiegel geht hervor, daß der Spiegelträger im Louvre* aus einer anderen Form hervorgegangen ist als der in Istanbul2. Bei diesem erscheint in Bewegung, in Gewand und Gefieder das Leben gleichsam erstarrt, ebenso wie die Form gegenüber jenem vergröbert ist. Die zeitliche Folge ist klar: unumkehrbar. Jedoch ist nicht die Hohlform abgenützt, wie bei Münzen der Stempel, sondern die Erfindung. Das Istanbuler Exemplar ist zwar größer und der innere Spiegelkreis kleiner, die rechte Hand anders gehalten. Aber die Verwendung von zwei Formen ist nur technisch gegeben, zufällig, nicht als Ausdruck eines gewandelten Formempfindens, und doch ist ein zeitlicher Abstand nicht zu leugnen. Im 3. Jahrhundert würden wir ihn möglichst klein einschätzen. Und hier ? D. Burr hat ihn offenbar für groß gehalten. Jedenfalls setzt sie das Exemplar in Istanbul ins 2. Jahrhundert n. Chr. */. Das ist aber wohl zu spät, auch gerade weil zwei verschiedene Hohlformen verwendet wurden. Hinzukommt, daß eine Jünglingsfigur aus der Werkstatt des Attalikos3, die zu den wenigen von D. Burr noch dem 2. Jhh. n. Chr. zugewiesenen Stücken gehört, wiederum verschiedene Gegenstücke in der Werkstatt des Diphilos hat 4 und daß entsprechende Figuren zusammen mit anderen Diphilu signierten in einem Grab gefunden wurden5. Aber es bleibt doch zu fragen, wie lange jetzt ein Formnegativ benutzt und wie lange ein -positiv überformt wurde. Denn obwohl gelegentlich bestimmte Themen bei der Wahl der Beigaben offenbar besonders bevorzugt wurden, so bei Grab 98 (oder B) Eroten und Niken, bei Grab 99 (oder C) Komödienfiguren 6, ist auch das Gesamtbild eines späten Grabfundes im Stil nicht sehr einheitlich. Das gilt selbst für Grab C und besonders für das oben erwähnte Grab 100. Es wäre außerdem zu fragen, ob nicht jetzt auch Terrakotten aus dem Besitz des Lebenden dem Toten mitgegeben worden sind, ähnlich wie z. B. in südrussischen Gräbern schon klassischer Zeit ältere Gemmen, die der Lebende getragen hat, mit sonst jüngeren Beigaben aus der Zeit seines Todes vorgefunden werden7. So zu vermuten, kann durch die neue Wertschätzung nahegelegt werden, die offenbar jetzt die Terrakotten, aber auch Keramik überhaupt erfahren. Sie spricht schon aus den Signaturen, die auch nach epigraphischen Indizien bei mutterländisch- und klein1

S. uns. Tf. 39b; P.-R., Tf. n, 4, Nr. 94. » M. 2374; s. uns. Tf. 390; Winter II, 290, 7. 3 Istanbul, M. 2720; D. Burr, a. a. O., S. 26. 4 A. a. O., 2724^; vgl. W. II, 239, 10. S Grab 51, P.-R., S. 83, Nr. 212, P.-R., Tf. 29, 2. Hier waren allerdings 3 Personen zusammen beigesetzt. 6 Die meisten auf Tf. 45 bei P.-R. 7 K. Schefold, Text zu Furtwangler-Reichold, Vasenmalerei , S. 333-

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HI. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

asiatisch-griechischen Terrakotten kaum vor dem i. Jahrhundert v. Chr. nachweisbar sind. Ähnlich wie die Signaturen auf »Terrasigillata«-Gefäßen östlicher Herkunft, wo sie etwa zur gleichen Zeit aufkommen, dienten sie vielleicht besonders dem römischen Geschmack; denn in Italien waren sie schon länger, wenn auch nicht immer ganz entsprechend, gebräuchlich *8. Das gilt auch, obschon sie schwerlich Künstler-, sondern vielmehr Werkstatt-Signaturen sind *9. Im Zusammenhang mit einer klassizistischen Beziehung zur Kunst und zu Werken früherer Epochen, wie sie an der »Aphrodite in den Gärten« u. a. auch für die Terrakotten deutlich wird1, und wegen der damit gegebenen neuen Einschätzung des Kunstwertes ist ein solcher Bedeutungswandel wohl denkbar. Vielleicht weist darauf auch der Umstand hin, daß bestimmten Vorwürfen unter den Beigaben der Vorzug gegeben werden konnte. Dagegen spricht andererseits kaum, daß es bis in die späte Zeit Myrinas Terrakotten gab, die wohl nur in Gräbern Verwendung fanden, wie die Sirenen, von denen zwei in Grab 114 gefunden sind, das in die Diphiloszeit gehört2. Als Tatsache bleibt so oder so bestehen, daß man mit viel größerer Freiheit als im 3. Jahrhundert v. Chr. ganz verschieden alte Formen nebeneinander sehen konnte, ihres verschiedenen Alters doch gerade damals sich bewußt. Ein viel längeres Dauern der Form erhellt auch daraus, daß sich viel seltener als im 3. Jahrhundert wirkliche lebendige Typenreihen aufstellen lassen, daß entartete Formen sehr viel häufiger sind, wie dies schon angeführte Beispiele der »Aphrodite in den Gärten« und des spiegelhaltenden Eros zeigen können. Um so mehr erscheint geboten, hier nur einen Überblick zu geben, ebenso ihn gleich in Zusammenhang mit der Großplastik zu stellen. Aus dem Material und der kunstgeschichtlichen Lage ergibt sich dies auch von selbst. Ja, es scheint, als raube die größere Nähe zur Großplastik der Koroplastik viel von ihrer im 3. Jahrhundert v. Chr. erreichten Selbständigkeit. —· Daß methodisch dabei hier die chronologische Folge nicht streng eingehalten werden kann, liegt daran, das immer wieder von der späthellenistischen Hauptmasse der Grabfunde als festem Punkt auszugehen ist.

B. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN DES HOCHHELLENISTISCHEN STILS Nichts erhellt so sehr die Bedeutung des Raumproblems für die Unterscheidung des 2. vom 3. Jahrhundert v. Chr. wie der Wandel der am meisten behandelten Motive: im 3. Jahrhundert die zahllosen Typen stehender Gewandfiguren, im 2. Jahrhundert die zahlreichen fliegenden Eroten und Niken *l. Damit soll der Beflügelung keineswegs nur ein formaler Reiz zuerkannt und jeder tiefere Sinn abgestritten werden. Dies mag vielmehr erst für die späten, entleerten Formen des i. Jahrhunderts vor und nach Chr. gelten, z. B. die Kithara-Spielerin in PrieneS oder auch die Leda dorther*, die von einem bestimmten Erostyp abgeleitet ist S. Es ge1

Vgl. dazu P.-R., S. 1590. » Vgl. P.-R., Tf. 27, 5, Nr. 148, S. 99; dazu Anm. *'°. 3 Siehe Wiegand-Schrader, Priene, Abb. 396, S. 343. 4 A. a. O., Abb. 399. 5 Vgl. dazu auch D. Burr, a. a. O., S. 31 zu Nr. 4. Tf. 2.

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. HOCHHELLENISTISCHER STIL

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hörte doch zum Wesen des Hellenismus, daß die innere Bewegung der klassischen Kunst nach außen gewendet wurde. Da wird es auch kein Zufall sein, wenn die großartigste plastische Schöpfung der hellenistischen Kunst, die wir kennen, eine Nike ist. Und es paßt zu unserer Vorstellung, daß sich die »Ahnenreihe« der fliegenden Siegesgöttin vornehmlich »aus Kunstleistungen des jonischen Stammes« zusammensetzt1. Dem widerspricht keineswegs, daß ihre Gestalt einst auch zum Wahrzeichen des hochklassischen Stils geworden war*! Vor allem will Nike uns jedoch als hellenistisches Symbol erscheinen. Sie stürmte dem Griechentum beim letzten verschwenderischsten Krafteinsatz voran, zu dem der alte agdnale Drang es trieb. Zu den frühesten Schöpfungen des neuen koroplastischen Stils von Myrina gehört der Typus3 der schon einmal betrachteten Nike im Louvre 4. Zwei solcher Nikefiguren fanden sich mit drei nackten Erosgestalten, zwei autonomen Bronzemünzen von Myrina u. a. in einem Grabe unter Grab 112. Zu diesem Typus gibt es mehrere Wiederholungen: in Istanbuls, in Athen 6 und Boston? u. a. Das früheste Exemplar ist wohl das in Istanbul. Bei ihm scheint die Kopfhaltung am besten der drängenden Bewegung im Körper zu entsprechen. Der eckige Rhythmus dieser Bewegung hat noch etwas von der Spannung von Form und Raum im 3. Jahrhundert, aber diese hemmt kaum mehr die Entfaltung des Gewandes und die Bewegung des Körpers. Die Pariser Figur kann da sehr wohl die nach 196 v. Chr. in das myrinäische Grab gelegte sein * 2 . Der Zusammenhang mit dem tanagräischen Stil ist wohl noch deutlich bis in die »Melonen «frisur, aber selbst die Technik ist doch schon anders. Das weitere Ausgreifen in den Raum erforderte mehr Mühen bei der Herstellung, mehr Formen, dickere Tonwandungen und längeren härteren Brand. —- Gern wüßte man, wie die in dem myrinäischen Grabe mitgefundenen nackten Eroten beschaffen waren. Vielleicht sahen sie so ähnlich aus wie die Bostoner Nr. 42 und 438, die Athener Nr. 5108 9 oder auch noch wie die beiden Münchener10, die durch Vergleich mit einer nach 190/180 v. Chr. datierten Bostoner Figur" ihren Platz erhalten ? Schwerlich aber ähnelten sie schon der Urform von Athen Nr. 5122", dessen Typ leider durch kein Exemplar vertreten ist, das der ersten Fassung noch näher steht. Weder bei diesem noch bei dem folgenden Typusx3 der Nikegestalt erscheint das Verhältnis zur Großplastik so problematisch wie etwa bei der Athener Figur Nr.49741*. Aber bei der Athener Figur Nr. 5098'? und ihren Verwandten in Boston Nr. 70'' und aus der Sammlung von Gans1? spricht das Gewand doch eine bis dahin an Terrakotten ganz ungewohnte Sprache. Körper und Gewand schwingen in Raum und Luft, Kraft und Last halten sich bei gesteigerter Bewegung die Waage. Der Wind 1

F. Studniczka, Die Siegesgöttin, N. Jb. 1898, S. 18. * L. Curtius, Antike Kunst, II, S. 322. 3 W. II, 186, 3. 4 P.-R., Tf. 2i, i; Nr. 171; S. 98; vgl. vorl. Arbeit S. 88, 93! 5 M. 2462; Tf. , 9. * Nr. 5097, Philadelpheus Tafel 10, 3; W. II, 186, 30. 7 D. Burr, Nr. 68f., Tf. 28. 8 I0 D. Burr, Tf. 17. 9 Philadelpheus, Tf. 7; W. II, 343, 5. J. Sieveking, Samml. Loeb II, Tf. 89, i und 2; dazu Anm. »3. n Nr. 22; D. Burr, a. a. O., Tf. 10, S. 41 f. « Philadelpheus, Tf. 3; W. II, 341, i; dazu Anm. *4. 13 W. II, 188, 4. M Hörn, Tf. 15, 2; vgl. vorl. Arb. S. 85f. l6 '5 Philadelpheus, Tf. n. D. Burr, Tf. 29. '7 Galerie Bachstitz 1921 II, Nr. 212; Tf. 80 (R. Zahn).

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

fängt sich in Falten, ohne dadurch doch die Freiheit der Glieder zu hemmen. Vielmehr liegt hierin gerade der Ausdruck des Fliegens, während die Bewegung mehr ein Tanzen gibt. Die Gewandbewegungen verstärken die Körperbewegung, da sie von den Gelenkstellen ausgehen und die Glieder klar hervortreten lassen. Ähnlich steigert sich im Gewand des Königs und seines Gefolges auf dem Telephosfries das Laufen zu fliegender Eile1. Wie sich große Faltenschwünge vom Körper und vom übrigen Gewand ganz lösen und doch die Gesamtbewegung erhöhen, das findet sich ähnlicher aber vielleicht noch an der Doris des Gigantenfrieses1, an jener Partie des großen Reliefbandes, die zu den am letzten vollendeten gehört und schon zum Stil des Telephosfrieses überleitet *5. Mangels aller äußeren Anhaltspunkte mag dieser Hinweis für die Datierung genügen. Er ist zudem geeignet, wieder auf die Kluft aufmerksam zu machen, die in dieser Zeit der aufs höchste gespannten hellenistischen Kunst zwischen Großplastik und Koroplastik lag. Sie ist größer als im vorangehenden Jahrhundert trotz der Steigerung, die jetzt selbst der TerrakottaStil erfährt. Denn zog in der frühhellenistischen Kunst die Koroplastik gleichsam die Großplastik zu sich herab, so schwingt sich diese jetzt zu einer inneren und äußeren Größe auf, die jener unerreichbar ist und der zu folgen ihr gefährlich wird. Die großen Gallier, die Nike von Samothrake * 6 oder auch noch die von Pergamons und der Gigantenfries des pergamenischen Altars, die Denkmäler jener kurzen klassischen Phase monumentalster hellenistischer Plastik *7, finden nur schwachen Widerhall in der kleinen Welt der Terrakotten. Mehr in den Motiven als in den Formen und mehr im äußeren als in dem inneren Format läßt sich etwas von dem großen Wandel um 200 v. Chr. spüren. Aber das hat auch seinen Vorteil. Noch hat der Terrakotta-Stil seine Eigenart nicht ganz eingebüßt. Es ist noch nicht so wesentlich für das Verständnis der Figur, nach der Herkunft des Motivs zu fragen. Freilich läßt sich bei der Athener Nike Nr. 5098 an großplastische Werke des späten 4. Jahrhunderts erinnern *8 oder bei 5097 auch an bestimmte der. ungefähr gleichzeitigen von G. Krahmer behandelten Artemistypen z. B. die in Athen Nr. 28774. Dabei ist darauf aufmerksam zu machen, daß Artemis jetzt der Nike in ihrer Erscheinung in manchem angeglichen wird, wie sie denn auch Nikephoros heißen kann S. Wichtiger ist es aber vielleicht noch bei der Athener Nike Nr. 5097 auf bestimmte kleine pergamenische Marmorfiguren hinzuweisen6. Es ist hier nicht der Ort, die Geschichte der Siegesgöttin zu schreiben, auf deren Gestalt seit Alexander dem Großen besonderer Glanz liegt *". Aber soviel kann und muß doch davon gesagt werden, daß Nike zum Wahrzeichen gerade des hochhellenistischen Stils wurde. Dabei ist auch symbolisch, daß es erst jetzt zur höchsten Verwirklichung eines Lieblingsgedankens der Alexanderzeit kam. Pergamon ist daran nicht unbeteiligt, und dies ist von Bedeutung für die myrinäischen Terrakotten. Das Werk des Nikeratos, das nach dem Vorgang von Pyrrhus' tarentinischer ' A. v. P., Ill, 2, Tf. ^2. .·>. » A. v. P. III, 2, Tf. 22; vgl. uns. Tf. 56 c. 3 A. v. P. VII, i; Nr. 46, Tf. 13; vgl. N. Jb. 1938, S. 258f. 4 G. Krahmer, A. M. 1930, S. 237f., S. 245, Beil. 69, S R. E. XVII, i, Sp. 310 s. v. Nikephoros (Kruse); dazu Anm. *9. ; $« zu nennen« entspringen der entgegengesetzten Vorstellung. In ihr aber wurzelte die tanagräische Blüte. In des Pasiteles Tagen dagegen ist aus der Volkskunst eine Allerweltskunst geworden. Ihr Ende ist nahe. 2. ZUR G E S C H I C H T E D E R G R O S S P L A S T I K I M i. J A H R H U N D E R T V . CHR.

Für die späthellenistische Kunstgeschichte ergeben die Verheerungen von Delos durch die Flotte des Mithridates 88 v. Chr. und hernach durch die mit ihm verbündeten Seeräuber 69 v. Chr. bestimmte Anhaltspunkte **. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch in dieser späten Zeit Delos seine alte Rolle als Durchgangsort beibehalten hat. Der besondere Aufschwung, den die Insel nach ihrer Erklärung zum Freihafen 166 v. Chr. nahm, konnte daran kaum etwas bessern. Eine eigene delische Kunst derart, wie es selbst damals noch eine rhodische gab, ist für diese kurze Periode einer besonderen materiellen Blüte schwerlich anzunehmen. Es sind zwar in der frühhellenistischen Zeit auch einheimische Künstler dort tätig gewesen, von denen gelegentlich Inschriften zeugen 3. Aber von den über dreißig Meisternamen, die etwa um 100 v. Chr. aus Inschriften bekannt sind, weisen die meisten unmittelbar oder mittelbar nach auswärts *-. Wenn früher anscheinend das jonische Element und so doch ein gewisser gemeinsamer Zug überwog, so muß jetzt das Bild noch uneinheitlicher geworden sein. Selbst italisch-römische Einflüsse sind nicht nur aus äußeren Gründen wahrscheinlich. Jedenfalls aber liegt es im Zuge der jetzt von den Römern bestimmten griechischen Geschichte, daß Delos sein Gesicht wieder mehr nach dem Westen und besonders nach Athen wendet. Die Zuweisung der Insel an den athenischen Staat, die gleichzeitig mit der Erklärung zum Freihafen erfolgte, hatte zudem zu einer zwangsweisen Aussiedlung der Delier geführt, die durch attische Kleruchen ersetzt wurden. Da bleibt überhaupt zu fragen, wer noch wirklich ein delischer Künstler sein konnte, selbst wenn ein Teil der ausgesiedelten Delier oder ihrer Nachkommen später zurückgewandert sind. Offenbar ist es nicht von ungefähr, wenn neben griechischen Künstlern aus Kleinasien, z. B. aus Ephesus jetzt in der Mehrzahl attische für und wohl auch auf Delos arbeiten 4. 1

Nach Varro bei Plinius, n. h. 35. 156. griechischer Bildhauer, Nr. 2o6f., vgl. 530. Delos, S. 288.

' Plinius, a. a. O., 157. 3 E. Loewy, Inschriften 4 Z. B. Loewy, a. a. O., Nr. 242ff.; vgl. P. Roussel,

232

. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

Da es nicht wahrscheinlich ist, daß die Marmorfigur der sogenannten Roma vom Athener Menandros geschaffen ist, besteht kein Grund, in dieser Statue und der ihr ähnlichen der Kleopatra mit ihrem »koischen« Gewandstil attische Werke ^u sehen. Eine vergleichbare delische Terrakotte ließe allenfalls die Annahme zu, daß es sich hier um eine einheimische jonische Werkstatt handele1. Dagegen kann die Isis von Delos sehr wahrscheinlich als ein der Roma entsprechendes attisches Gegenstück gelten. Jedenfalls ist sie ebenso wie das Heiligtum, in dem sie steht, eine offizielle Weihung des Volks der Athener 2 . Im Gegensatz zur Roma zeigt sie auch nichts, was jonisch sein müßte. Vor allem aber ist die Figur des Römers Ofellius um loo v. Chr. sicher von den beiden Athenern Dionysios und Timarchides gearbeitet 3. In ihrer »Reliefansichtigkeit« fügt sie sich in das bisher von dieser Zeit gewonnene Bild. Aber sie gibt auch die Möglichkeit, eine Reihe von auf Delos gefundenen Werken als wahrscheinlich attisch zu bezeichnen. Darunter sind vor allem Kopien. Dem Ofellius steht der Diadumenos schon in der Virtuosität der Gestaltung nahe 4. In diesem Sinne ist etwa die kleine Veränderung der Binde des Diadumenos ebenso zu verstehen, wie die besondere Wahl eines Gewandmotivs, das bei beiden Figuren die Körperlichkeit im Kontrast steigern soll5. Beim,nackten »Republikaner« erscheint dieser Zug dann abgeschwächt6. Aber von der Gewandstudie her führen doch Fäden zum Ofellius, von der Körperstudie zu diesem und zum Diadumenos. Nicht nur in ihrem Verhältnis zu Polyklet, sondern auch in Einzelheiten stehen die Werke zueinander in Beziehung, wenn auch nicht der der gleichen Hand *4. In der stärkeren Neigung zum polykletischen Ideal und dem klareren, aber auch akademischen Formvortrag unterscheiden sie sich von ungefähr gleichzeitigen Werken aus Kleinasien. Das gilt selbst für den Vergleich mit einer Statue aus Magnesia a. M.7, die vielleicht nicht unbeeinflußt von der attischen Schule und jedenfalls etwas jünger als der Ofellius, ihm im Typ aber sehr ähnlich ist. Der Diadumenos zeigt im Kopf 8 auch zu der »kleinen Herkulanenserin« sehr nahe Verwandtschaft'. Gegenüber allen späteren »römischen« Kopien ist noch etwas vom hellenistischen Sinn für Volumen spürbar, der hier die Flächen aus gegeneinander gesetzten Wölbungen aufbaut *5. Dasselbe gilt für den Körper, beim Vergleich einzelner Gliedmaßen ebenso wie der Gesamtform. — Der größere räumliche Anspruch wird vor allem in der Arm- und Kopfhaltung des Diadumenos faßbar10, aber vielleicht auch in einer weiter ausgreifenden Bewegung des Spielbeins, ähnlich wie bei der Herculanenserin. Bei aller flächenhaften Zusammenordnung, die ebenso wie die äußeren Umstände ein Datum noch vor 100 v. Chr. empfehlen *7, verfügt die Figur gegenüber allen späteren Kopien doch noch über einen hohen Grad innerer 1

J Explor. VIII, S. 224 Fig. 102. P. Roussel, Les cultes Egyptiennes, S. 127!, Nr. 74, 8.134; Nr. 86; vgl. S. 56, 276. 3 S. zuletzt C. Michalowski, Explor. de D&os, XIII, S. 21, Fig. 13, S. 22 mit Anm. 2; dazu Anm. *3. 4 Athen, Nr. 1826, Papaspyridi, S. 98!. 5 Vgl. G. Richter, A. J. A. 1935, S. 48!. 6 s. Michalowski, a. a. O., Tf. + . 7 S. Humann-Watzinger, S. 2i2f. ( Abb. 216. 8 Vgl. Mon. Piot. 1896, Tf. 15. 9 S. Lawrence, Later Greek sculpture, Tf. 73; zur Datierung s. Hörn, a. a. O., S. 91. "> Vgl. auch z. T. so G. Richter, a. a. O., S. 46, Anm. 15; S. 49; dazu Anm.* 6 .

III. D 2. GESCHICHTE DER GROSSPLASTIK

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Beweglichkeit. Daß das Original des Polyklet jedenfalls bis in späthellenistische Zeit in Athen gestanden hat, dafür lassen sich mehr und bessere Gründe als dagegen ausfindig machen1. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich also bei den vier aufgeführten Statuen um Werke attischer Künstler. Schon aus inneren Gründen ist keineswegs anzunehmen, daß die Kunst im griechischen Kleinasien sich dem wahrscheinlich von Athen besonders vertretenen rückgewandten Geist dieser Zeit ganz verschloß. Er kam vielmehr einer allgemeinen Entwicklung entgegen, die jetzt auf Beruhigung oder gar Sicherung einer Form aus war, deren hochhellenistische Steigerung im reifhellenistischen Stil am Ende ihrer Kräfte angelangt war, am Rande der Übersteigerung. Zudem liegen klassizistische Bestrebungen im Wesen der klassischen griechischen Kunst selbst, wie allein die Tatsache der Typen Wanderung nahelegt. Dann ist aber auch ein entsprechendes Verhalten eines Volkes zu seiner Vergangenheit etwas anderes, als ein übernommener Klassizismus, obwohl freilich die Römer mit ihrem Gräzisieren daran nicht unbeteiligt waren. Klassizistische Bestrebungen sind denn in der Tat gegen 100 v. Chr. selbst im alten unklassischen jonischen Bereich nachzuweisen *8, aber sie treten offenbar nicht so ausgeprägt in Erscheinung, wie auf Delos an attischen Werken. Es wird also schon darum die kleinasiatische Koroplastik als Volkskunst, die sie noch war, kaum etwas von klassizistischen Kopien erfahren und geformt haben. Priene bestätigt diese Vermutung^auch für die Marmorplastik z. B. selbst noch bei der mit dem Dornausziehcr zusammen gefundenen Peplos-Statuette2. Allerdings haben die Ausgrabungen dort für diese Zeit fast nur Kleinplastik zutage gefördert. Die große Kunst kann kaum so wenig berührt davon geblieben sein. Das gilt besonders für Pergamon, für die alte Aeolis, in der noch in frühhellenistischer Zeit die künstlerischen Beziehungen zum griechischen Mutterland anscheinend enger als im eigentlichen lonien waren. Im 2. Jahrhundert v. Chr. sind sie dann jedenfalls durch die Attaliden bewußt gepflegt worden, und dies ist vielleicht auch nicht ohne Einfluß auf die Kunst im weiteren Bereich der pergamenischen Herrschaft geblieben. In der für klassizistische Bestrebungen besonders bedeutsamen Zeit des späten 2. Jahrhunderts tritt freilich Pergamon gerade zurück. Es scheint zwar, daß die Kunst seiner Königszeit nicht ohne Nachfolge geblieben ist *9. Aber als Kopistenschule hat der Ort selbst später nicht die Rolle gespielt, die ihm auf Grund der von den Attaliden einmal eingeleiteten Übung zugestanden hätte. Gerade dies spricht dafür, daß selbst hier nicht der fruchtbarste Boden für klassizistische Bestrebungen war. Wenn es verschwindend wenig ist, was an Kopien nach klassischen Werken aus Pergamon erhalten ist, so verwundert es auch nicht, daß selbst in der myrinäischen Koroplastik der frühen Kaiserzeit Kopien nach der klassischen Großplastik selten sind. Abgesehen von der »Aphrodite in den Gärten«, die auch aus Pergamon in Statuetten-Repliken bekannt ist 3, der Knidierin4 und dem »öleingießer« ist kaum noch viel zu nennen 5. i Vgl. G. Rieht«, a. a. O., S. 51. » Wiegand-Schrader, Abb. 470, S. 372!. 3 A. v. R, VII, i. Nr. 38 u. a. 4 S. zuletzt G. Lippold, Gnom. 1935, S. 662. 5 Vgl. P.R. S. 159 f. u. II B 2 Anm. *8.

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. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

Viel mehr als Vermutungen lassen sich freilich einstweilen über die Anfänge des Klassizismus in den verschiedenen griechischen Kunstbereichen noch nicht äußern. Der Gegensatz zwischen »Asianismus« und »Atticismus«, der die Literatur dieser Zeit durchzieht, macht sich in der Kunstgeschichte vor allem in der Entwicklung geltend. So tritt schon das frühe erste Jahrhundert v. Chr. zur vorangehenden Epoche in Reaktion. An Stelle klassizistischer Bestrebungen treten wieder mehr hellenistische hervor *10. Dabei verschwinden die klassizistischen Tendenzen freilich keineswegs gänzlich. Dazu ist das Zeitalter viel zu zwiespältig. So ist bezeichnend, daß sich die neuen Absichten gerade auch in Umbildungen klassischer Werke äußern. Die Vorbilder der Kunst des 5. und 4. Jahrhunderts werden zum Teil in hellenistischen Stil übersetzt oder ihm zuliebe umgewandelt. Nach bestimmten Anhaltspunkten, die die Inschrift liefert 1 , kann der »Jüngling vom Helenenberg« etwa in die sullanische Zeit gesetzt werden. Er folgt offenbar dem polykletischen Original, das ihm zum Vorbild diente, sehr viel weniger treu, als es in der vorangehenden Epoche üblich gewesen zu sein scheint. Die einseitig schräg vorstoßende Bewegung bei unverkennbar flächiger Anlage der Komposition ist der klassischen Kunst und überhaupt der griechischen Kunst bisher fremd. Sie ist dagegen verständlich aus einer Reaktion gegen die Flächen- und Blockbindung der vorangehenden Epoche. Da bleibt in der Tat zu fragen, ob nicht aus diesem Sinne und in Anlehnung an Polyklet, vielleicht sogar an den Diadumenos oder den Doryphoros oder beide, diese Betcrfigur jetzt neu geschaffen ist. — Ähnliches ließe sich vom »Republikaner« von Delos sagen, sowohl für das Verhältnis zum Vorbild, wie für den Widerstreit von Flächenbannung der Gesamtanlage und RichtungsbetontheitdesKopfes2. Die Tatsache, daß es keine richtige photographische Aufnahme der ganzen Figur gibt, entspricht in etwa dem vorgetragenen Sachverhalt. Das Verhältnis zum Vorbild ist freilich verwickelter *", da hier Formen des Diadumenos mit Motiven anderer Statuentypcn zusammengebracht sind, und der Widerspruch von Kopf und Körper liegt weniger in der Bewegung. Zudem ist die ganze Figur stärker plastisch erfüllt. Doch fällt hierbei wahrscheinlich schon ein gewisser Zeitunterschied ins Gewicht * I J . Es gehört zum Wesen der »Umbildungen«, daß sie ihr Vorbild nicht getreu wiedergeben. Da kann es schließlich vorkommen, daß überhaupt Zweifel entstehen, ob ein bestimmtes Vorbild einer bestimmten Umbildung zugrunde gelegen hat oder nicht oder ob es sich überhaupt um eine Umbildung handelt. So ist es schon lange bemerkt worden, daß der Kopf des »borghesischen Fechters« an den »lysippischen« des sogenannten Sandalenbinders erinnert *'3. Einige haben daraus geschlossen, daß der borghesische Fechter auf ein Werk Lysipps oder seiner Schule zurückginge * M Andere haben richtiger auf die Unterschiede in der Durchbildung der Köpfe aufmerksam gemacht und gesagt, Agasias von Ephesus habe sich an Lysipp nur angelehnt, den Kopf des Sandalenbinders frei stilisiert übernommen * '5. Dasselbe gilt aber auch für den Körper. Der Sandalenbinder hat schon etwas an der klassischen Kunst Un1

Th. Mommsen bei R.V.Schneider, Die Erzstatue vom Helenenberg, S. n8; B. B. Taf. 325. * Vgl. etwa solche Abbildung wie die bei Michalowski a. a. O., im Text, S. 17.

III. D a . GESCHICHTE DER GROSSPLASTIK

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gewohntes in seiner Bewegung. Sie ist nicht mehr einheitlich. Kopf und Körper stehen in gewissem Gegensatz zueinander. Schon darum ist das Werk hellenistisch. Hier knüpfte Agasias von Ephesus an. Bei seinem Werk herrscht aber die Kopfund Armrichtung anders über die Bewegungsrichtung des übrigen Körpers vor, zu der sie ähnlich wie am Sandalenbinder im Gegensatz steht. Bilden Rumpf, Beine und rechter Arm eine Relieffigur, ohne Reliefgrund nur, so stößt die Bewegung vom Kopf und linken Arm mit gesteigerter Kraft fast im rechten Winkel dazu heraus. In dieser Komposition ist ein ähnlicher Protest gegen die Reliefansichtigkeit der vorangehenden Epoche zu sehen, wie in der des Jünglings vom Helenenberg. Seiner Inschrift nach ist der borghesische Fechter zudem ungefähr in dieselbe Zeit zu setzen *16. Diese Datierung bestätigt folgender Umstand. Aus Delos sind 13 Künstlerinschriften eines Ephesiers Agasias für die Zeit um 100 v. Chr. gesichert **7. Sein Vater heißt aber nicht Dositheos, wie der des Meisters vom borghesischen Fechter, sondern Menophilos. Nur auf drei Inschriften steht der Vatersname nicht fest, könnte also auch Dositheos gelautet haben. Irgendein näherer Zusammenhang zwischen den beiden Ephesicrn muß jedenfalls bestanden haben *l8. Denn der Bronzekopf von Delosl erscheint dem Kopf des borghesischen Fechters in Aufbau und Gliederung, in der »lysippischen« Grundlage und in Einzelheiten so verwandt * :9, daß man ihn Agasias, des Menophilos Sohn, zuzuschreiben und Beziehungen beider Künstler zueinander anzunehmen gedrängt wird. Wahrscheinlich ist Agasias des Dositheos Sohn, ein jüngerer Verwandter des anderen und hat dessen bronzenen Fechter in Marmor übertragen. Dabei ist es von Bedeutung, darauf aufmerksam zu machen, daß der Zusammenhang mit dem Sandalenbinder diese ephesischen Bildhauer wahrscheinlich auch mit Athen in Verbindung bringt, wo der Sandalenbinder kopiert worden ist *10. »Hier wo im i. Jahrhundert v. Chr. die Römer griechische Kultur aufsuchten, wo Cicero Kunstwerke bestellt, ist die Ausbildung des ... Kopistenwesens am wahrscheinlichsten«2. Aus den attischen Beziehungen und derattizistischen Haltung des Ephesiers Agasias, des Menophilos Sohn, erklärt sich vielleicht auch seine Beliebtheit auf dem attischen Delos. Er teilt sie nur mit dem Athener Eutychides, mit dem er zudem zusammen gearbeitet hat *". Ganz unverkennbar liegt der Fall der Umbildung bei einer Statue in Oxfords. Hier ist die kleine Herculanenserin in den »koischen« Gewandstil umübersetzt worden. Gegenüber der delischen Kopie ist eine Lockerung der Form, ein freieres Verhalten in Raum und Licht deutlich, das eben die Ursache zur Wiederaufnahme des »koischen« Gewandstils war. Denn eine Erneuerung des reifhellenistischen Stils ist hier doch zu erkennen, nicht eine echte Gestaltung des 2. Jahrhunderts v. Chr. Eine genaue Kopie muß schon gegeben oder möglich sein, ehe eine solche genaue Übersetzung oder vielmehr Rückübersetzung entstehen kann. Handelt es sich hier doch nicht um eine »hellenistische Kopie«, die in großen Zügen ihr Vorbild frei im Stile ihrer Zeit wiedergibt, sondern um eine getreue Wiedergabe der kleinen Her1

Michalowski, a. a. O., Tf. iff., S. iff. » G. Lippold, K. u. U., S. 54; dazu Anm. ·«. Tf. 573; A. Michaelis, Ancient marbles, S. 541, Oxford, Univ. GaJery, Nr. 2; dazu Anm. *»l.

3 S. uns.

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN*

culanenserin bis in die einzelnen Motive hinein; nur sind hier Staufalten an die Stelle von Steilfalten, ein durchsichtiger Mantel an die Stelle eines einfachen undurchsichtigen getreten, und die Proportionen rechnen im Sinne des späthellenistischen Stils mit einem schmalen Oberkörper **4. Dabei ist am »koischen« Gewandstil ähnlich wie bei der »vatikanischen Köre« u. a. deutlich, daß hier eigentlich keine Durchdringung der beiden gegenbewegten Gewandteile mehr stattfindet. Vielmehr erscheinen beide Systeme sehr viel unabhängiger voneinander, sehr viel weniger das des Obergewandes z. B. gestört. Vielleicht hätte die echte reifhellenistische Darstellung durchscheinender Gewänder auch hier »Liegefalten«, oder wenigstens so viele vermieden, obwohl das spätere 2. Jahrhundert sie sonst natürlich auch kennt, z. B. beim Dioskurides von Delos. —· Das Fehlen eines Spannungsverhältnisses zwischen Gestalt und Raum, ohne daß doch die Erscheinung auf seine Wirksamkeit im Lichtschattenkontrast verzichtete, bezeichnet den letztlich entscheidenden Unterschied. Die Gestalt ist nicht mehr raumverbunden und raumverpflichtend, wie im zweiten oder auch im 4. Jahrhundert v. Chr. Sie sucht nicht mehr durch Mehrung oder doch Zusammenschluß der Masse oder auch durch Steigerung oder doch Sammlung der Bewegung wie ehedem der Einwirkung des Raumes ein Gegengewicht zu bieten. In diesem Zusammenhang muß auch wieder die Figur ausTivoli in Berlin betrachtet werden * 2 5. Sie wird später entstanden sein, schon weil sie nicht mehr den schmalen Oberkörper der späthellenistischen Kunst, sondern klassische Proportionen und einen stark abgeschwächten »koischen« Gewandstil hat. Auch von der Bewegtheit der Oxforder Statue, die einseitig hochgereckt mehr in den Raum strebt und darin dem Jüngling vom Helenenberg vergleichbar erscheint, ist nichts mehr zu spüren. Doch wäre es möglich, daß auch für ihre Gestaltung die kleine Herculanenserin von Bedeutung war. Ähnlich hat noch Pasiteles' Enkelschüler Menelaos die Gestalt der Elektra aus der Gruppe im Thermenmuseum mit Zügen der »großen Herculanenserin« ausgestattet1, aber auch vielleicht in Anlehnung an Figuren von klassischen Grabreliefs umgebildet2. Dabei sind Massenwirksamkeit und Faltensprache trotz der klassizistischen Grundhaltung des Werkes unklassisch aufgefaßt. Aber nicht nur die Darstellung von Gewand und Volumen ist mit ausgeprägt hellenistischen Zügen durchsetzt, sondern trotz der Anlehnung an Gruppen von klassischen Grabreliefs selbst die Komposition z. B. darin, wie die Figuren ganz unter der Wirkung des Blicks aufeinander bezogen sind. Davon wird noch zu reden sein. Die Elektra verhält sich im übrigen ähnlich zur großen Herculanenserin wie die Statue Doria3 zu der einen der Thasierinnen aus dem Heiligtum der Artemis Polo i und der »Münchener Spinnerin «5. Die Statue Doria erscheint noch deutlicher als Umbildung eines bei den beiden anderen Statuen getreuer, wenn auch nicht getreu kopierten klassischen Originals. Dazwischen vermitteln könnte eine solche Statue wie die aus Kos6. Man sieht, die Beispiele von Umbildungen dieser Zeit des i. Jahrhunderts v. Chr. 1

S. Heibig, Führer, 3. Aufl. II, Nr. 1314. * Vgl. z. B. H. Diepolder, Die attischen Grabreliefs, Tf. 43, 2; dazu Anm. »>«. 3 D. B. 633; vgl. Lippold, K. u. U. S. 42. 4 J. d. I. 1912, Tf. i A. 5 A. Hekler, im Text zu B. B., a. a. O. * Cl. Rhodos V, 2, S. 1381., Nr. 6, Fig. 39.

III. D 2. GESCHICHTE DER GROSSPLASTIK

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lassen sich leicht vermehren. Sie sind hier aber vor allem von Belang, wo es sich um Übersetzungen in die Art des hoch- oder reifhellenistischen Stils handelt, um jenen neuhellenistischen Stil der späthellenistischen Zeit, der schon von W. Klein 1 als »neobarock« gekennzeichnet worden ist. Dabei scheinen gerade die Herculanenserinnen Gegenstand von Umbildungen zu sein. Auch die »Pudicitien« spielen wieder eine Rolle, meist mit verändertem, stärker bewegtem Armmotiv. — So könnte selbst die vatikanische Köre als eklektische Variante der großen Herculanenserin gelten. Vielleicht ist sie nur schon in Anlehnung an eine späthellenistische Umbildung dieser entstanden, wie sie in Kos der großen Herculanenserin noch ähnlicher erhalten ist, hier in Bewegtheit und Gewandordnung noch stärker gestaltlich motiviert und ursprünglich empfunden 1 . Schließlich käme dafür auch die eine der im Heiligtum der Artemis Polo gefundenen Thasierinncn in Fr age 3. Das seltsame im Mantel sich über den Oberkörper ziehende Faltendreicck, dessen Spitzen in der linken Hand, am rechten Ellbogen und auf der linken Schulter liegen, erklärt sich eigentlich nur als Rudiment des spannungsreichen Armmotivs der großen Herculanenserin. Die Figur wird hier aber vor allem genannt, weil sie jene leichte, eigentümlich verschraubte Bewegtheit noch besser erkennen läßt, die an der Oxforder kleinen Herculanenserin durch den Erhaltungszustand in ihrer Wirkung beeinträchtigt ist. Diese Art der Bewegtheit kennzeichnet auch die »Pudicitien« aus Magnesia, die Baebia usw.4, die nach äußeren Anhaltspunkten ins frühere i. Jahrhundert v. Chr. datiert sind 5. Bei den späteren Figuren wird sie abgeschwächt, dementsprechend wie die Proportionen verändert werden. Sie kündigt offenbar die hellenistische Reaktion gegen die klassizistischen Tendenzen der vorauf gehenden Epoche an, die nicht nur »Reliefansichtigkeit«, sondern eben auch eine Formverfestigung anstrebten. Angesichts der Tatsache, daß die späthellenistische Kunst des i. Jahrhunderts v. Chr. eklektisch ist oder es doch wenigstens sein kann und dann bestimmte klassische oder frühhellenistische Vorbilder immer wieder variiert, wäre im übrigen schon aus inneren Gründen eine solche mehr klassizistische Stufe für die voraufgehende Zeit zu fordern, wie sie aus äußeren für Delos und Thasos u. a. gegen 100 v. Chr. gesichert ist. Es bleibt zu fragen, wie weit diese Feststellungen auch für den Bereich der Terrakotten gelten, ob in ihm wenigstens ähnliche eklektische Werke im Laufe des i. Jahrhunderts v. Chr. entstanden sind, die Rückschlüsse auf eine vielleicht schlecht erhaltene Kunst des ausgehenden 2. Jahrhunderts v. Chr. zulassen. Als Antwort kann schon vorweggenommen werden, daß die myrinäischen, wie die prienensischen Terrakotten dieser Zeit sehr viel freier, man möchte sagen, sehr viel hellenistischer gestaltet sind. Daher ist auch unter diesem Gesichtspunkt die Wahrscheinlichkeit nicht groß, daß es in der Koroplastik schon vor oder gegen 100 v. Chr. Kopien nach klassischen Vorbildern gegeben habe, sei es nun, daß sie nach großöder kleinplastischen Marmor- oder Bronzekopien ihrer Zeit oder gar nach den Ori' Vom antiken Rokoko, S. i68ff.; vgl. S. 65. * Cl. Rhodos, V, 2, Tf. n; vgl. H D 133. Anm. »'3. J S. M. Schede, Meisterwerke, Tf. 31 rechts, S. 16; dazu Anm. *>7. 4 Humann-Watzinger.S. igSff.; vgl. R. Hörn, R. M. 1938, S. 85. 5 Siehe F. W. Goethert, Zur Kunst der römischen Republik, S. 30.

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

ginalen selbst gemacht wären. Danach erscheint es doch gegeben, auch mit zwei verschiedenen Richtungen einer »attizistischen« und einer »asianischen« zu rechnen, die einander zwar in der Führung ablösen, aber in ihrer Heimat doch nie ganz zurücktreten *z8. So wird die delische kleine Herculanenserin von einem attischen Meister stammen, die Oxforder aber von einem kleinasiatischen, wie dies auch ihrer mutmaßlichen Herkunft entspricht *-9. Die »Pudicitien« von Magnesia sehen auch nicht so aus, als hätten sie das Motiv erneuert. Dagegen ist es wahrscheinlich, daß das Motiv der kleinen Herculanenserin aus dem attischen Kunstbcreich in den kleinasiatischen des Meisters der Oxforder Umstilisierung gekommen und hier in hellenistischem Sinne erneuert worden ist. Dafür läßt sich noch einiges den ostgriechischen, den attischen und den südrussischen Grabreliefs entnehmen. In seiner Heimat, im südwestlichen Kleinasien, begegnen die Darstellungen des rcifhellenistischen Typus der »Pudicitia« noch bis in die frühe Kaiserzeit hinein fast gleichmäßig häufig auf Grabreliefs, z. B. in Samos1. Dasselbe gilt für die südrussischen Grabreliefs2. Dagegen treten sie auf den attischen Grabstelen der späthellenistischen Epoche und der frühen römischen Kaiserzeit fast ganz zurück. Hier sind vielmehr die kleine und die große Herculanenserin bald einzeln, bald miteinander oder zusammen mit anderen statuarischen Typen, vielleicht schon seit dem späten 2. Jahrhundert v. Chr. häufig vertreten 3. Auf kleinasiatischen Grabreliefs begegnen diese gar nicht. Auf südrussischen sehr selten4, dabei vielleicht einmal schon gegen loo v. Chr. 5. Danach hat offenbar die klassizistische Wiederaufnahme wenigstens der kleinen Herculanenserin von der attischen Kunst ihren Ausgang genommen. Es verschlägt nicht viel, wenn sich auch an attischen Werken vor allem im Laufe des i. Jahrhunderts v. Chr. wieder stärkere hellenistische Bestrebungen geltend machen, so z. B. an den Figuren des Atheners Apollonios, des Nestor Sohn. Hier kommt vor allem die gekennzeichnete Entwicklung in Frage. Dann kann es sich aber auch um Rückwirkungen der asianischen Kunst handeln oder der großgriechischen, die ebenfalls stärker in der hellenistischen Tradition lebt und bei des Großgriechen Pasiteles' Schülern offenbar nicht unberührt von der attischen Richtung geblieben ist. Umgekehrt zeigen auch die Gewandfiguren aus Pompeji und Herculaneum das Eindringen klassizistischer Tendenzen mit der Kaiserzeit: von der »Balbusmutter 6 «, die den äußeren Umständen nach der frühaugusteischen Zeit zuzuweisen ist und noch in der hellenistischen Tradition steht, zu den »Baibustöchtern«, die zum Teil schon Kopien darstellen und um der Haartracht der einen willen der claudischen Zeit angehören7 oder auch zu den Dresdener Herculanenserinnen selbst, die in die Zeit der Ära pacis gesetzt werden müssen. — Demgegenüber kann die berühmte pompejanische Bronzenike8 hier jene neue Bewegtheit des frühen i. Jahrhunderts v. Chr. vertreten. Zugleich ist sie ein Beispiel dafür, daß ein gerade aus Myrina bekannter reif- und späthellenistisch geformter Niketypus seinen Weg 1

A. M. 1900, S. I93f., Nr. 91; dazu E. Pfuhl, J. d. I. 1905, S. 58! · Z. B. G. v. Kieseritzky und C. Watzinger, Tf. zi, Nr. 304, S. 53. 3 Z. B. Conze IV, Tf. 406; Nr. 1901, S. 43; Tf. 405, Nr. 1895; S. 42; dazu Anm. »3°. 4 Kieseritzky, a. a. O., Tf. 24, Nr. 353, Nr. 355. 5 A. a. O., Tf. 30, Nr. 297. 6 Hörn, S. 8of. 7 G. Lippold, K. u. U., S. 210. 8 ß. B. 585.

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selbst nach Pompeji gefunden hat. Die Figur soll darum bei der Behandlung der Terrakotten noch eingehender betrachtet werden. Hier muß dagegen noch näher auf die Hintergründe und weiteren Zusammenhänge der neuen Bewegtheit des späthellenistischen Stils eingegangen werden. Ihre widerspruchsvolle Eigenart kommt vielleicht am deutlichsten gerade an Figuren zum Ausdruck, bei denen dem Motiv nach ein ruhiges Stehen gegeben gewesen wäre. Das Mißverhältnis »des spontan Bewegten in Kopf und Oberkörper gegenüber dem festen Stand der Beine« ist schon von W. Schick und G. Krahmer für den Bronzeherakles aus Byblos im Britischen Museum und den großen Bronzeherakles im Konservatorenpalast hervorgehoben worden1. Es lebt auch noch in der Terrakotte von Tarsos nach 2 , die vielleicht ebenfalls auf das Kultbild im » « in Tyros zurückgeht, auf das W. Schick die Bronzestatuette von Byblos bezogen hat. Allerdings ist die Bewegung hier wohl nicht nur um des geringeren Materials oder Formats willen, sondern auch aus dem Zeitabstand heraus abgeschwächt. Am deutlichsten wird der Widerspruch zwischen Kopf- und Körperbewegung an der Porträtstatue. Noch mehr als den Republikaner von Delos kennzeichnet er die Statue eines Römers aus Tivoli im Thermenmuseum 3. Wie jener kann er in die Zeit des Pompejus und des Cicero gesetzt werden. Beim Vergleich beider Statuen macht sich vielleicht auch schon der späterhin so bedeutsame Unterschied der beiden Kunstkreise des Ostens und des Westens geltend, obwohl der Künstler der römischen Statue wahrscheinlich ebenfalls ein Grieche war. Der rechte Arm des Römers war wohl ähnlich wie am Augustus von Primaporta im Gestus der »Adlocutio« erhoben. Dadurch wurde der besondere Ausdruck, der ins Gesicht gelegt ist, wahrscheinlich noch unterstrichen. Jedenfalls haben hier nicht mehr alle Glieder Teil an der Bewegung; vielmehr ist der gleichmäßige plastische Aufbau zugunsten der Willensbewegung vernachlässigt, die in Kopf (und Arm) allein vorgetragen wird und im Blick gipfelt. Dieser rückt in das Zentrum des Interesses, die Augenpartie in die Mitte des Gesichts. Eine früher in der griechischen Kunst unbekannte psychologische Intentisivierung verleiht der Form neue Energien. Das Leben der Gestalt in der Statue wird dem untergeordnet. Es ist der erste entschiedene Schritt zur Gestaltung der als zwiespältig empfunden Leib-Seele-Welt. Daß dieser Riß bewußt ist, könnte eigentlich schon das gleichzeitige Nebeneinander der »Pantoffelgruppe« von Delos und der Griechenporträts ebendorther zeigen: das übersteigert Sinnliche in der Grundhaltung der Gruppe wie das übertrieben Geistige in der der Köpfe. Der lächelnde Ausdruck hier, der schmerzliche dort, der keineswegs nur dem einzelnen Bildnis eignet, lassen etwas davon ahnen, daß der Hellene an seiner Welt irre geworden ist. Der Zwiespalt wird hernach willensmäßig überbrückt. Wie weit das andere römische Wesen und sein Weltbild hieran Anteil hatte, ist schwer zu sagen. Aber das ist sicher, daß das Willensmäßige, ja Gewalttätige, die Haltung des Römers viel stärker bestimmt. Dies ist denn auch schon den Griechen selbst aufgefallen, z. B. Polybios, der viel über die Unterschiede beider Völker nachgedacht hat 4. So 1

N. J. B. 1914, S. 38, vgl. auch S. 36; R. M. 1923/24, S. 152. Anm. 2; J. d. I. 1925, S. 1870. » Vgl. vorl. Arb. S. 230. J Not. sc. 1925, S. 252, Tf. 16; Die Antike 1931, Tf. 25. S. 238 (L. Curthis). « I. 37. 7-

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

scheint es, als entscheide gegenüber der Energie der Gestalt, mit der der Grieche sich in der Welt behauptet wie die Statue im Raum, beim Römer die Aktivität des Willens. Die seelische Spannkraft resultiert nicht mehr aus der klassisch-griechischen Einheit von Leib und Seele, sondern aus dem Willen, ihre Zweiheit zu überwinden. — Die Gebärde der »Adlocutio« mag dem besonders entgegengekommen sein. Die erhaltenen rundplastischen Werke, die Männer in dieser Bewegung darstellen, eignen vornehmlich Römern und gehören schon dem i. Jahrhundert v. Chr. Der Ofellius wäre vielleicht der früheste *3T. Die neue Wendung wird freilich nicht überall und stets widerspruchslos verwirklicht. Im Laufe der Entwicklung sucht die griechische Kunst vielmehr wieder durch größeren Aufwand der Figur an Masse oder Bewegung einen Ausgleich zu schaffen. Dafür sind die Gestalten des Apollonios Zeugen. Aber der Bruch bleibt doch unverkennbar, der Riß unheilbar. — So erfolgt die Wendung des Kopfes am Faustkämpfer doch ganz unvermittelt, nicht entsprechend einer Spannung im Körper und zum Ausgleich ihr gegenüber, wie selbst etwa am Chrysipp, wo doch die Handbewegung auf die Kopfbewegung antwortet *3*. Gleichwohl bietet sich nicht von ungefähr gerade die Kunst des 3. Jahrhunderts v. Chr. zum Vergleich. Selbst die pompejanische Nike läßt etwas von der neuen Zwiespältigkeit ahnen, obwohl sie auf ein älteres Vorbild zurückgeht. Ihre Bewegung, die nicht von einer Körper-, sondern von einer Kompositionsachse aus in den Raum einseitig hochöder vorgereckt ausgreift, entbehrt der Kraft, vor allem bei der spärlichen Formgebung. — Die Figuren sind nicht mehr in der Lage, durch stetes Wechseln der Bewegung von Achsen, also in Richtungskontrasten, oder durch die Masse der Erscheinung, also in Volumenspannung, den Raum von sich aus zu gestalten. Sie vermögen es nicht mehr, ihn durch Steigerung der Formen zu bewältigen oder sich ihm gegenüber in Sammlung der Formen zu behaupten. Die Anerkennung des Raumes als eines übergestaltlichen Prinzips, wird so (freilich auch nicht ohne Protest) vollzogen. Masse und Bewegung sind in ihren Gegensätzen nicht nur im Raum geeint, sondern durch ihn bedingt. Raum ist nicht mehr der dritte von drei gleichberechtigten gestaltgebenden Faktoren, sondern er ist als unendlicher Raum Voraussetzung der Erscheinung überhaupt. Darauf beruht auch der ungriechische Charakter der besprochenen Monumente, der als solcher öfters empfunden wurde. Die »einansichtige Gruppe« des Laokoon verzichtet dann auf allen räumlichen Anspruch und auf alle Spannung von Figur zu Figur. Das wird gerade beim Vergleich mit den »reliefansichtigen Gruppen« des späten 2. Jahrhunderts v. Chr., der »Pantoffelgruppe«, der »Satyr- und Hermaphroditen-Gruppe« und anderen deutlich, wo Breiten- und Tiefenentfaltung der Gestalten auch in den Bewegungen noch wirksam und in der Handlung gegeneinander ausgespielt sind. Demgegenüber stellt die Komposition des Laokoon eine Fassade dar, wahrhaft belebt allein durch die Fenster der Gesichter. Ähnliches gilt für die Orestes- und Elektra-Gruppe. Breiten- und Tiefenwirkung bilden keinen plastischen Gegensatz mehr. An die Stelle des Handelns ist ein Agieren getreten, das sich vor allem in den Blicken zur Schau trägt, die die Gesten betonen. Die hellenistische Form ist dabei jetzt ebenso wie die klassi-

III. D 3. ENTWICKLUNG DER KOROPLASTIK

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sehe unerreichtes Vorbild. Beim rhodischen Laokoon ist es mehr der hochpergamenische Reliefstil, bei der »pasitelischen« Gruppe mehr der klassische der Grabreliefs, der nachgeahmt wird. Im Grunde ist dies aber belanglos. Das Wesentliche erschöpft sich nicht mehr in der Form, so wie die Gestalt nicht mehr in der Statue lebt, sondern nur noch im Porträtkopf und im Blick. Das ist das 'Römische', das 'Augusteische', an der Liokoon- wie an der Elektra-Gruppe. 3. DIE E N T W I C K L U N G DER M Y R I N Ä I S C H E N K O R O P L A S T I K IM i. J A H R H U N D E R T V. CHR.

Selbst bei einem wie es scheint sehr zuverlässig festgestellten Befund, wie dem des Grabes der Eroten Nr. 98 (oder B) schleichen sich Bedenken ein, ob es sich um ganz gleichzeitig entstandene Werke handelt. Aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. sind keine Grabfunde bekannt, die es ermöglichten, einen größeren Fundzusammenhang zu beurteilen. Bei Grab Nr. 97 (oder A), dem Grab der Tanagrafiguren aus dem späten 3. Jahrhundert v. Chr. war schon nach der Bildung der Köpfe gleichzeitige Entstehung aller in ihm gefundenen Terrakotten anzunehmen. Demgegenüber erscheint das Gesamtbild eines Grabfundes aus dem i. Jahrhundert v. Chr. besonders uneinheitlich. Der Typ des kleinen Eros, der seinen Kopf neigt, als mache er einen Diener1, ist im Erotengrab in 8 Exemplaren gefunden worden2. Aus demselben Grabe stammen die Niken3, ebenso die großen Epheben-Eroten 4, aber auch die spiegelhaltenden kleineren, von dem schon besprochenen Typ 5. — Ist nun z. B. die gleichzeitige Entstehung des Eros als Diener6 und des spiegelhaltenden7 gegeben? Der Eros als Diener scheint im Typus bis in die Flügel hinein noch mit den kleinen tanagräischen Putti zusammenzuhängen. In der Tat leben die aus dem Kammergrab von Eretria bekannten Putto-Typen wie W. II, 320,12 noch im späten Myrina nach, z. B. bei bei Nr. 718. Selbst wenn im angeführten Falle Grab und Fundzusammenhang nicht mehr ausfindig zu machen sind, reden allerdings die gelängten Proportionen, die ausfahrenden Linien in der Faltenführung, die länglich ausgezogene Form der Flügel, die kleinliche Bildung des Kopfes deutlich die Sprache der Spätzeit. Sie wäre hier vernehmlicher als an dem Eros mit geneigtem Kopf, falls er gleichzeitig entstanden sein sollte. Sein spiegelhaltender Genösse wiederum ist von ganz anderem Schlage. Der Name Putto steht ihm kaum an. Neu ist an seinem Typ vor allem aber die stärkere Zuspitzung im Motivischen. Eine bestimmte Pointe lag allerdings schon in den eretrischen Amoretten. Aber war es da im Grunde für die Form noch gleichgültig, mit was für einem Gegenstand die Figur ausgestattet werden sollte, ähnlich wie bei dem tanagräischen Eroten Athen, Nr. 4037', dessen Replik Nr. 4036 statt der Kithara eine kleine Truhe trägt10, so ist hier bei dem Spiegelhalter das Gerät 1

W. II, 328, 6. * P. R. S. 93, vgl. Nr. 131 bis 138; Nr. 131, s. Tf. 12, i; 137, s. Tf. 34,5. 3 P. R., Tf. 23, Nr. 161 bis und Tf. 22, i und 3, Nr. 163, 162. 4 A. a. O., Tf. n, 2, Nr. 54 und Tf. 12, 2,

Nr. 55.

5 Nr. 59 und 96; vgl. Nr. 94, Tf. n, 4; dazu Anm. *'.

vgl. uns. Tf. jgb.

8

Tf. 17, 7.

9 S. uns. Tf. 39a,

6

Tf. 12, i.

»° W. II, 324, 2.

7 Tf. n, 4;

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

nicht mehr auszutauschen. Ja die Beziehung zu einer Frau, die hineinschauen soll, ist gegeben * *. Die Pointe kann in der Kleinkunst gewiß früher auftreten als in der Großplastik, an deren Ende sie steht *3. Bei den ere irischen Amoretten geht sie aber noch mehr auf die Form und von ihr aus, beim Spiegelhalter vom Betrachter und erfüllt sich hier nicht mehr in ihr, sondern erst in der gedanklichen Beziehung. — Ein Witz ist so geradezu der andere Spiegelträger aus Myrina in Istanbul1. Er ist deutlich nur auf Rückansicht gearbeitet. In Erscheinung und Wesen wirkt er wie ein naher Verwandter des Eros mit geneigtem Kopf und legt die Annahme nahe, daß dessen Typ doch bis in die myrinäische Spätzeit beliebt gewesen und geformt worden sei. Empfand man es dabei vielleicht nicht als nötig, die Form groß umzuprägen, hat etwa nur die Kopfhaltung verändert, besonderen Wert auf das geneigte Haupt gelegt ? Allerdings dürfte dies dann schwerlich darum geschehen sein, weil hier ein »Eros funoraire« dargestellt werden sollte2. Vielmehr drückte ebenso diese Figur doch Dienstbarkeit aus. Jedenfalls kann gerade auch aus diesem Eros eine stärkere gedankliche Beziehung auf ein Gegenüber sprechen, anders als bei den » « des 3. Jahrhunderts v. Chr. Nicht nur durch ein veränderliches Attribut wie früher, sondern in der Form selbst· in der besonderen Haltung der Gestalt, würde sie sich jetzt ausdrücken. — Danach bleibt denn doch das Wahrscheinlichste, daß es sich hier um eine späte myrinäische Umbildung der geschlossenen Form des tanagräischen Putto handelt, wie wir ähnliches noch an den Tanagräerinnen kennen lernen werden * 5. Schließlich hat am Eros als Diener auch die Erscheinung in ihrer Proportion und selbst die Bildung der Flügel in ihrem Umriß etwas von der spät- oder allenfalls reifhellenistischen Form. Die klassizistische Spätzeit, die kopieren konnte, brauchte keine wesentliche Angleichung älterer Formen, weil sie selbst nicht mehr so wesentlich in ihrer eigentlichen Form lebte. So mögen die beiden in demselben Grabe gefundenen Eroten zwar auf ganz verschieden alte Ahnenreihen zurückgehen, aber doch ungefähr gleichzeitig geformt sein. Dagegen könnten die beiden großen Eroten 3 in der Tat früher als der Spiegelhalter entstanden sein, von dem ein entsprechendes Exemplar in einem Grabe 4 mit Figuren aus der Diphiloszeit gefunden worden ist. Auch in der Komposition läßt dieser ja die fassadenhafte Anlage des späten i. Jahrhunderts v. Chr. erkennen. Wie entsprechend große Eroten in der Diphiloszeit aussehen, lehren die Diphilu signierten Stücke in Bostons. In der Bewegung sind die eine Pariser6 und die eine Bostoner Figur? leicht zu vergleichen. Aber es zeigt sich, daß der einzelnen Form wie der ganzen Bewegung bei der Diphilosfigur die Spannkraft fehlt, die die Pariser auszeichnet. Bei ihr faßt die Bewegung mehr Raum und bringt das Emporschnellen zu besonderer Wirkung. So wird diese Figur schwerlich erst im Ende des i. Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein, zumal der Spiegelhalter auch in der Formauffassung den Diphilos-Eroten näher zu stehen scheint als dem mit ihm gefundenen größeren Pariser Kollegen. Außerdem liegt in dessen Kopf- und einer Armbewegung noch 1

M. 2375, Tf. ii, 7; vgl. Anm. *4 » P. R., S. isof. 3 P. R.,Tf. n, 2 und 12, 2; vgl. Anm. *6. 6 4 iir. 114. 5 D. Burr., Nr. 6of„ Tf. 24. P. R., Tf. u, 2. 7 Nr. 61.

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etwas von dem Übergewicht, das an der Großplastik für das frühere i. Jahrhundert v. Chr. hervorzuheben war. Auch an dem anderen großen ungeflügelten Eroten aus Grab B ist dies nicht zu übersehen, bei den Diphilosstücken dagegen erscheint es zurückgebildet. J. Sieveking hat als Besonderheit und zugleich Schwäche der myrinäischen Koroplastik herausgestellt, »daß die Bewegung der Köpfe und Extremitäten nicht recht mit der des Rumpfes zusammengeht, sondern ein eigenes Leben zu führen scheint«1. Wie im vorigen Kapitel dargelegt, kennzeichnet dies in der Tat den späthellenistischen Stil, dem die Mehrzahl der bekannten Myrinafiguren angehören. Zudem konsolidiert sich in Myrina um 100 v. Chr. offenbar ein neuer koroplastischer Stil, wohl auf Grund der veränderten Beziehungen zu Material und Format, vielleicht aber auch um der Tatsache willen, daß die Beziehungen zu Pergamon und seiner Kunst andere geworden sind. Dies ist geradezu zu erwarten, wenn die Koroplastik im 2. Jahrhundert v. Chr. wirklich die unbedeutende Rolle spielt, die die Umstände nahezulegen scheinen*7. Dabei sind die äußeren Bedingungen für ein schnelles Aufblühen der Koroplastik in Myrina sehr wahrscheinlich weniger günstig gewesen, als in Priene, so daß es erst mit dem i. Jahrhundert v. Chr. zu einer Erneuerung des myrinäischen Stils kommen konnte. Jedenfalls haftet einem bestimmten Stil von stetigem Charakter, z. B. einem Lokalstil wie in diesem Falle, immer etwas von der Zeit an, in der er geprägt wurde. So ist der »typisch« myrinäische Stil allerdings ein Gewächs der späthellenistischen Kunst. Die Bewegung des großen Eros* gibt vielleicht mehr noch als die zuvor betrachtete Großplastik des mittleren i. Jahrhunderts v. Chr. von der Torsion, die ein besonderes Kennzeichen hellenistischer Bewegtheit ist. Wie der »zentrifugale Stil« sein Vorspiel im 3. Jahrhundert v. Chr. hat, so hat er auch sein Nachspiel im i. Jahrhundert v. Chr. Dabei ähneln sich die entsprechenden Epochen äußerlich in mehr als einer Hinsicht, nicht zuletzt in ihrer krisenhaften Entwicklung. Den Vorzeichen nach verhalten sie sich freilich entgegengesetzt. Von dem kraftvollen Drang nach Expansion, von dem spannungsreichen Gegensatz von Masse, Bewegung, Raum ist nur noch ein Rest geblieben. Gegenüber der »Zentrifugalität« des späteren 2. Jahrhunderts v. Chr. erscheint zudem die Zwangslage verschärft, in die die Bewegung geraten ist. Die Gestalt ist verbogen, gequält, »manieristisch«. Nicht sie selbst, der Raum gibt ihr das Gesetz, legt es ihr auf. Aber es will auch scheinen als sei hier zum ersten Male ein Fliegen, nicht nur ein Tanzen, Schweben oder Stürmen gegeben. Der Luftraum ist das notwendige Element dieser Figur. — Ähnlich hat H. Bulle zu der pompejanischen Bronzenike bemerkt, daß ihr Künstler: »erst die äußerste Möglichkeit des Problems, den absoluten freien Flug in der Höhe, erkannt und gelöst hat« 3. Das war erst der späthellenistischen Epoche gegeben. In einer Gegenüberstellung mit den früher betrachteten Eroten und Niken des 2. Jahrhunderts v. Chr. ließe sich dies noch deutlicher machen. Hier soll dafür nur noch hervorgehoben werden, daß der Typ für Eros auch insofern neu ist, als dieser im Jünglingsalter wiedergegegeben ist. Daß neben ihm, und zwar in demselben Grabfund, auch noch 1

Phil. Wo. 1935, Sp. 1426.

» P. R., Tf. n. 2.

3 Text zu B. B. 585.

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· DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

die geflügelten Knaben und Knäblein möglich sind und daß es neben ihm auch noch schwebende Eroten gibt und solche, die selbst in der Bildung der Flügel u. a. an die Gestaltungen früherer Epochen erinnern, spricht nicht dagegen, daß der Typ der großen fliegenden Epheben-Eroten erst jetzt, geschaffen ist. Die Uneinheitlichkeit kennzeichnet vielmehr die Spätzeit, so sehr sie auch die Beurteilung erschwert. — So hat der große Erot Athen Nr. 5124', der in vielem dem »Narcisso« aus Pompeji zu vergleichen ist1, runde Flügel wie die Typen des 3. und frühen 2. Jahrhunderts v. Chr. Allerdings erscheinen demgegenüber Einzelheiten wie die Fiederung maniriert. Ähnliches gilt von dem Bronzeeros von Mahedia3, der auch in seiner Altersstufe noch zu den früheren Eroten vermittelt und als ungefähr datiertes Beispiel * I 0 der gekennzeichneten späthellenistischen Bewegtheit besonders wichtig ist. Die im Erotengrab gefundenen Niken« des (ziemlich unbegründet, aber bequem) »Phainomeris« genannten Typs 5 zeigen gegenüber den großen Eroten aus demselben Grabe B schon an ihrem schwebenden Flug, daß sie auf Vorbilder der myrinäischen Koroplastik des 2. Jahrhunderts v. Chr. zurückgehen. D. Burr hat die Ahnenreihe dieses Typs bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. hinauf verfolgt6. Doch handelt es sich hierbei nicht um unmittelbaren Zusammenhang mit Schöpfungen des 4. Jahrhunderts v. Chr. oder auch um eine bestimmte koroplastische Tradition, die von der Kunst jener Zeit ins 2. Jahrhundert v. Chr. hinabführte. Vielmehr läßt sich in diesem Falle ziemlich deutlich zeigen, daß die pergamenische Großplastik das Vorbild gestellt hat. Der Typus steht dem der sogenannten Parthenos am Nordfries der Gigantomachie des pergamenischen Altars besonders nahe 7. Er braucht natürlich nicht gerade nach diesem großplastischen Vorbild geprägt zu sein. So könnte z. B. auch die sagenhafte Nike des Nikeratos hierbei eine Rolle gespielt haben * '3. Aber Zusammenhänge mit der pergamenischen Großplastik sind hier jedenfalls gegeben. Dabei mag die pergamenische Koroplastik vermittelt haben. Auch wenn kein entsprechendes Exemplar erhalten ist und überhaupt wohl keines, das das Urbild vertreten könnte, so ist doch wahrscheinlich, daß der koroplastische Prototyp nicht allzulange nach der Parthenos des großen Frieses entstanden ist. — Ins 3. Viertel des 2. Jahrhunderts v. Chr. weist so wohl noch die Ephedrismos-Gruppe Athen Nr. 50838. Hier wird eine Nike dieses Typs von einer Frauengestalt getragen, die in ihrer Bewegung etwas von der »Zentrifugalität« des 2. Jahrhunderts v. Chr. hat. Ob die Gruppe selbst allerdings noch im 2. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist, erscheint fraglich angesichts der übertriebenen Windung der tragenden Figur und auch des Kopfes, in der diese Bewegung gipfelt. Besser ist der Typus dieser Figur noch in Istanbul Nr. 2574 erhalten'. Diese Figur läßt sich gut neben die um 125 v. Chr. datierte große Terrakotte aus Priene stellen10. Allerdings hat die Istanbuler Terrakotte keine andere Figur getragen. Aber ihr Typ ist doch schwerlich für eine 1

Philadelpheus, Tf. r; W. II, 336, i. » Neapel, Guida, Nr. 87; dazu Anm. *8. 3 Catalogue du Muse"e Alaoui, Suppl. II, Tf. 12, i; dazu Anm. *9. 4 P. R., Tf. 22, i und Tf. 23; dazu Anm. *«. 6 5 W. II, 187, i. A. a. O. zu Nr. 72, S. 6iff.; dazu Anm. *«. 7 S. uns. Tf. söb; vgl. A. v. 8 P. III, 2, Tf. 16. Mon. Piot. IV, 1897, Tf. 17; W. II, 65, 7; vgl. vorl. Arb. S. 223; dazu Anm. *M. J0 Photo des Museums, Nr. 857; s. uns. Tf. 45b. Wiegand-Schrader, Abb. 416; vgl. vorl. Arb. S. 219.

III. D 3. ENTWICKLUNG DER KOROPLASTIK

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Einzelfigur erfunden. Auch die Buckellöckchenfrisur, die mehrere der Niken tragen, und manches an der Bildung der Flügel bei ähnlichen Stücken desselben Typs könnte auf ein älteres Vorbild aus der Zeit des bekleideten hermaphroditischen Eros weisen1. Die Deszendenz und die Dekadenz des Typs, die allerdings schon bei den frühesten der erhaltenen Beispiele deutlich ist, und überhaupt die weitere Entwicklung des Motivs der Nike ist nicht ohne Interesse, besonders für die Folgezeit. Auf der Stufe der pompejanischen Bronzenike oder einer etwas früheren steht vielleicht nur die Nike aus der Ephedrismosgruppe, durch den Gruppenverband allerdings in ihrer Entfaltung gehemmt. Die Bronzefigur selbst vertritt nicht den gleichen Typ, sondern einen ähnlichen, der zwischen dem hier verfolgten und dem der einen frühen Nike vermittelt1. Aus dessen Nachfolge stammt vielleicht Athen Nr. 50863, deren starre Haltung, manirierte Flügel- und Kopfbildung die Figur nicht vor der Diphiloszeit anzusetzen erlauben * l6 . Daß das Motiv auch in der der Bronze entsprechenden Umkehrung geformt wurde, zeigt die wohl noch etwas jüngere Figur im Louvre4. Sie ist im Grab 95, zusammen mit einer Diphilu signierten Figur 5 und einer Replik des »01eingießers« gefunden worden und dient so auch als Anhalt für die Datierung. Älter, aber nicht älter als die Figuren aus Grab B, sind wohl die Athener 6 und Pariser Figuren?. Gleichzeitig mit den beiden letzten (wohl schon etwas jüngeren) Figuren, mag eine Istanbuler Nike sein8. Sie kommt aus Kyzikos, dessen Beziehungen zu Pergamon alt sind. — Am bedeutsamsten ist aber wohl die Athener Figur Nr. 48149. Sie hängt offenbar noch mit dem »Phainomeris«-Typus zusammen, wenn auch einzelnes umgekehrt oder sonst verändert erscheint. Das Wichtigste ist jedoch, daß Nike hier auf das Fliegen verzichtet. Die Flügel sind gesenkt, die Figur ist nicht mehr zum Aufhängen hergerichtet, sondern zum Stellen bestimmt. Ähnliches gilt auch schon für die in Paris Nr. 172'°. Beider manierierte Bildung läßt zudem auf die letzte Stufe einer Entwicklung schließen. In der Tat handelt es sich aber nicht nur um das Ende einer Form und eines Typs oder selbst eines Motivs. Vielmehr kündigt sich hierin auch das Ende der hellenistischen Kunst an, deren Symbol gerade Nike war. Entsprechend erscheinen denn auch die geflügelten Eroten jetzt an Pfeiler oder auf Hermen gelehnt, wie Athen Nr. 4925" oder Athen Nr. 4815", unbeschwingt trotz der Flügel. Es verschlägt nichts, daß es in der gleichen Zeit noch Nikefiguren gibt, die fliegend oder doch tanzend und schwebend vorgestellt und zum Aufhängen hergerichtet waren, wie die von Menophilos signierten'3. Denn selbst dieser Typus kann gleichzeitig auf eine hohe Basis gesetzt werden, wie zwei Artemonos signierte Figuren in Dresden und Boston beweisen14. Hier muß auch an die grünbraun lasierte Pariser 1

P. R., Tf. 15; dazu Anm. *'5. ' P. R., Tf. 21 links; vgl. vorl. Arb. S. 211. 3 Philadelpheus, Tf. 12 oben. 4 P. R., Tf. 20, 2; Nr. 172; dazu Anm. *'7. 5 Nr. 275; vgl. P. R., S. 90. Dies 6 Grab 95 enthielt allerdings 2 Bestattungen. Philadelpheus, Tf. i2, Nr. i, 3; W. II, 187, i v. u. 8 I0 7 Tel. II. 215 D; 216 A, B. M. 1911, Tf. 10, 8. » S. uns. Tf. 4Öa; 0,19 m hoch. P. R., Tf. 20, 2. « S. uns. Tf. 46 b; 0,3 i m hoch, » S. uns. Tf. 460; W. II, 249, 5. '3 P. R., Tf. 20, i u. 3; Nr. 173, 174; dazu Anm. * l8 . M W. II, 187, zb, c; D. Burr., Tf. 31, Nr. 71.

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

Terrakotte des gleichen Typus aus Kyme erinnert werden, die aus der myrinäischen Werkstatt des Phanites stammt1. Man sieht diese Figuren nur mehr als Statuetten, als »Kunstwerke« an. Dabei ist bei der Nike aus Kyme trotz der Patinafarbe nichts von wirklichem Bronzecharakter in der Modellierung erstrebt. Das Material ist eben belanglos, so oder so. Daß außerdem eine hohe, oft auch profilierte Basis jetzt mehr ist als nur ein Ersatz der flachen Standplatte, mehr als eine erhöhte Standplatte, können Grabreliefs der Zeit lehren2. Es gibt schließlich Figuren, die gar nicht mehr ohne ihre Basis zu denken sind. So kann diese jetzt mit Reliefs verziert werden, die auf die Darstellung Bezug nehmen 3. Dazu wäre an das zu erinnern, was H. Wölfflin über das Verhältnis von Figur und Rahmen gesagt hat, über die Beziehung der spätgotischen Figur zu Sockel und Baldachin usw. 4. Aber hier geht es um mehr als »das zusammenfassende Sehen« von Spätzeiten. Das Ende der lebendigen griechischen Plastik ist gegeben, die nicht von außen als Figur, sondern von innen her als Gestalt geschaut werden wollte. Hiermit hängt der fassadenhafte Aufbau der Gruppen und überhaupt der Figuren zusammen, der auch im kleinen Format der Koroplastik deutlich wird. Als Beispiele seien dafür etwa Paris, Louvre, Nr. 264, 265, 266 genannt 5. Die Gruppe mit dem kleinen Mädchen, das einer Frau die Schleppe trägt6 steht im Stil einer Diphilos signierten Figur im Louvre sehr nahe?. Zudem gibt es von der Gruppe auch Diphilos und Papias signierte Exemplare8. Am wichtigsten ist aber die große Gruppe9, auch weil sie ein altes tanagräisches Thema aus Myrina aufgreift10 und weil von ihr eine frühere Fassung erhalten ist, nämlich Athen Nr. 4987". Der Kopf der Frau erinnert an den der einen jüngeren Nike vom Typ der »Phainomeris«", der des Mädchens zeigt die Melonenfrisur. So zerlegt kann sie in dieser Epoche nicht befremden, zumal sie ja an der Ära pacis und an Repliken der Herculanenserinnen und an vielen ändern Statuen des i. Jahrhunderts vor und nach Chr. vorkommt. Beim Vergleich mit der Athener Fassung wird noch deutlicher, daß es sich bei der Pariser um eine neue Verfestigung der Gruppe wie der einzelnen Formen handelt. Selbst die Auflockerung der Schattenzonen ist weitgehend ausgeschaltet. Charakteristisch dafür ist, daß der Mantel der großen Frau länger und breiter gemacht ist. Der Zwischenraum zwischen beiden Figuren hat dabei an Bedeutung verloren. Die einzelnen Figuren, wie die einzelnen Glieder heben sich weniger gegeneinander ab. Überschneidung, Staffelung sind vermieden, Wendung, Haltung der Köpfe dementsprechend verändert. Die andere Richtung des kleinen Mädchens kommt viel weniger zur Geltung. Ihr zurückgesetztes Spielbein dient vor allem dazu, die Gruppe in eine Ebene zu zwingen. — Im Vergleich damit wirkt die Athener Gruppe auch runder, nicht nur bewegter. Sie trägt hinten die abgekürzte Signatur Niko(stratu) *», die uns schon von der » Charbonneaux, Abb. 62; dazu Anm. *'9. » Z. B. Conze, IV, Tf. 409, Nr. 1912. 3 S. K.A. Neugebauer, Antiken in deutschem Privatbesitz, Nr. 127, Tf. 52; s. uns. Tf. 4?b; dazu Anm. *". 4 Mü. 6 Jb., N. F. VI, 1929, S. 94f.; dazu Anm. *«. 5 P. R., Tf. 39. Nr. 265, Tel. III, 230 A; vgl. auch Charbonneaux, Abb. 58. 7 Nr. 669; Tel. III, 231 D. * S. W. II, 44, 70. 9 Nr. 264, Tf. 39, 2; Tel. III, 233 D. '" P. R., Tf. 37/38, 5; vgl. vorl. Arb. S. 108. » S. uns. Tf. 41 a; W. II, 5, 6; Bossert-Zschietzschmann, Hellas und Rom, Tf. 119 oben links. » Tel. II, 2i6At.

III. D 3. ENTWICKLUNG DER KOROPLASTIK

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Dresdner Tänzerin her bekannt ist1. Diese scheint etwa auf der Stufe der großen Pariser Gruppe zu stehen. Sie beide aber bilden die zugrunde liegenden Typen nach, ohne sie neu zu erfüllen. In der spannungslosen Haltung sind sie nicht mehr allzu fern einer Figur in Athen2, die sich neben den Diphilos signierten Apollo stellen läßt, allerdings auch noch mehr von dem unstofflichen Terrakotta-Stil jener Zeit bringt;. Demgegenüber ergibt sich für die Athener Gruppe ein Ansatz ins frühere i. Jahrhundert v. Chr., dessen größerer räumlicher Anspruch schon an der Großplastik hervorzuheben war. Natürlich kommt »Einansichtigkeit« dem koroplastischen Werkverfahren besonders entgegen, zumal solange nur ein Formnegativ gebraucht wird. Aber schon für die tanagräische Stufe und erst recht für die myrinäische Spätzeit hat das nicht mehr so viel auf sich, wenngleich in diesem Falle die Grenzen der Materialklassen nie ganz wegfallen und die Unterschiede der Stilstufen nicht so deutlich sprechen können. So lassen sich zwei Gruppen, die im Grab 100 in Myrina gefunden sind4, nicht leicht einordnen, obwohl sie zusammen mit einer Nikostratu signierten Terrakotte 5 und mit einer Replik der »Aphrodite in den Gärten« gefunden wurden *J3. Sie sind aber noch räumlicher empfunden, als die späte große Fraucngruppe6. Das gilt auch für ihre Handlung und Bewegung. Das Grab um 100 v. Chr. anzusetzen ***, widerraten neben der Nikostratu-Terrakotte? die sitzenden Gliederpuppen, von denen hier 6 zutage kamen8. Abgesehen von dem archaistischen Stil spricht für späte Entstehung dieser entarteten Nachfahren eines tanagräischen Motivs9 noch die Tatsache, daß sie auch sonst nur in späten Gräbern gefunden wurden, z. B. Grab 8510. Zu dessen Fundzusammenhang gehören u. a. wieder eine »Aphrodite in den Gärten« und solche späten Terrakotten, wie die Gruppen auf Klinen11, die auch nur in späten Gräbern gefunden wurden11. Zudem ist Nr. 270 Artemonos signiert, also wie eine der letzten Niken und gehört schon darum in die Diphiloszeit oder sogar etwas später *27. Der Ausweg, anzunehmen, daß in einem Grabe Stücke gefunden würden, deren Entstehungszeit über 100 Jahre auseinanderläge, empfiehlt sich wenig. Mit viel mehr als einer Generation Spielraum braucht man jedenfalls in anderen Fällen nicht zu rechnen. So wird man auch davon absehen, Nikostratos noch ins 2. Jahrhundert v. Chr. zu setzen *l8, wenn von diesem Namen wohl auch die frühesten Signaturen stammen, die erhalten sind. Die Bostoner Eros- und Psyche-Gruppe'3, deren Jüngling der Pariser Gruppe sehr verwandt ist *29, kann die vorgeschlagene Datierung nur bestätigen. Sie steht noch nicht auf der Stufe der späten großen Frauengruppe, zeigt aber schon eine ähnliche Verhärtung der Formen. Gegenüber der früher betrachteten Athener Terrakotte von Eros und Psyche1* ist auch die fassadenhafte Anlage des Ganzen, der 1

S.uns.Tf.42b; vgl. vorl. Arb. 8.94,227. » 4958; s.uns. Tf. 12 d; W. II, 66,5. 3 S. uns. Tf. 120; vgl. vorl. Arb. S. 98. 4 P. R., Tf. 30, 4; Nr. 214 und Tf. 40, 4; Nr. 268; vgl. S. 95. 5 P. R., Tf. 19, 2, Nr. 206. 6 p. R., Tf. 39, 2. 7 P. R., Tf. 19, 2. « Vgl. Nr. i, P. R., Tf. 2, 2; Nr. 14. Tf. 2, 5; vgl. Tel. II. 219; dazu Anm. *«. 9 W. I, 1650.; vgl. A. J. A. 1930, S. 455ff., 461. (K. M. K. Elderkin). « P. R., S. 88f. dazu Anm. *'6. '« P. R., Nr. 270, Tf. 40, i; 271, Tf. 40, 2. «s Grab 113. '3 D. Burr, Nr. 15, Tf. 6. U Nr. 5081, s. uns. Tf. 41 b; vgl. PhUadelpheus, Tf. 6; W. II, 229, i; s. vorl. Arbeit S. 164.

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HI. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

Mangel an räumlicher Tiefe noch deutlicher. Dafür ist schon. Eros' Beinhaltung bezeichnend. Die Datierung bestätigt die Eros- und Psyche-Gruppe aus Priene1, die offenbar unter dem Einfluß der myrinäischen in Boston entstanden ist. Sie erscheint als etwas jünger als diese, in der gelängten Proportion der spärlichen manieristischen Formgebung schon der kleinen Gruppe im Louvre vergleichbar , die einem Koroplasten des Diphilosateliers zugeschrieben werden mußte. Auch die ändern Terrakotten, die zusammen mit der Gruppe in dem wahrscheinlich um 130 v. Chr. renovierten *3° »heiligen Hause« gefunden wurden, sprechen für eine Datierung in die späthellenistische Zeit. Dagegen kann, nicht nur um der Altersstufe des Eros willen, die Athener Gruppe etwa als koroplastisches Gegenstück zur delischen »Pantoffelgruppe« angesehen werden. Von ihr und ihren klassischen toreutischen Urbildern bis zu den römischen Marmorgruppen führt ein langer Weg, den hier zu verfolgen nicht möglich ist *3r. Es soll darüber nur so viel gesagt werden, wie zum Verständnis der Spätzeit wichtig ist. Auch dieser Weg lehrt, wie ein Motiv der Kleinkunst in die Sphäre der großen Kunst aufsteigt, und zwar gerade mit Hilfe der Koroplastik. Der entscheidende Anstoß ging dabei vielleicht von solchen Gruppen, wie der des Papias in Berlin aus, deren Psyche den clauclischen Haarknoten trägt3. Der Schnitt, den die augusteische Epoche oder in der Koroplastik die Diphiloszeit legt, wird jedenfalls auch in der entwicklungsgeschichtlichen Reihe deutlich, die sich für das Motiv der Gruppe von Eros und Psyche aufstellen läßt. Im Zusammenhang der Gruppenbildung läßt sich jetzt auch die schon kurz betrachtete Schwesterngruppe in Athen Nr. 5082 4 genauer einordnen. Sie erscheint freilich ebensowenig leicht zu beurteilen, weil sie ein älteres Motiv der Koroplastik wiedergibt 5, und vor allem, weil sie dem Werkverfahren nach noch mehr in der tanagräischen Überlieferung steht. Gerade darum aber ist ihre Datierung wichtig. Denn sie gehört sicher mit zu den letzten Beispielen dafür. — Ihr Istanbuler Gegenstück 6 könnte etwa in die Zeit der großen Gruppe einer Frau und eines Mädchens im Louvre gehören7. Der (aufgesetzte, aber zugehörige) Kopf erscheint vielleicht noch stärker zusammengezogen und verfestigt. Das Athener Exemplar ist offenbar das frühere, stammt aber wohl aus derselben Form. Die Gruppenkomposition spricht nicht gegen dieses Datum. Sie läßt sich einer auch im Motiv ähnlichen zweier Schwestern auf einer nicht großen Reihe attischer Grabreliefs vergleichen8, die schon in die frühe Kaiserzeit gehören. In diese Zeit führen die Buchstabenformen und Haartrachten, vor allem bei dem Berliner Stück?. Demgegenüber erscheint die athenische Terrakotte selbstverständlicher, weniger posenhaft bewegt. Das deutet auf einen Zeitunterschied, aber es liegt auch an der Sicherheit einer koroplastischen Tradition, die nicht durch die Anlehnung an die Großplastik ihre Selbständigkeit verloren hat. Das vorgeschlagene Datum läßt sich durch Vergleich mit einer ins i. Jahrhundert v. Chr. datierten Terrakotte aus Priene erhärten, die mit dem Dornaus» Wiegand-Schrader, Abb. 174. » Tel. III, 230 A. 3 S. Tb. Wiegand. Anatolian Studies, presented to Ramsay. Tf. 13, 3, S. 412!.; dazu Anm. *3*. 4 S. uns. Tf. 410; W. II, 5, 4b ( ? ) . 6 5 S. W. II, 3, 7. M. 2609, Tf. 5, 6. 7 P. R., Tf. 39, 2. * Conze IV, Nr. 19398·, Tf. 418. 9 Conze, Beschreibung Nr. 765; dazu Anm. *33.

III. D 3. ENTWICKLUNG DER KOROPLASTIK

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zieher zusammen gefunden ist1. Sie ist der rechten Figur der Gruppe auch im Motiv ähnlich. Sehr wahrscheinlich geht dieser Typ ebenso wie der der linken Figur der Gruppe auf ein tanagräisches Urbild zurück*. Von ihm ist aus dem Demeterheiligtum noch eine frühhellenistische Form erhalten 3. — Für den Stammbaum der linken Figur der Gruppe kann auf das oben Gesagte verwiesen werden«. Hier ist noch von besonderem Belang, daß festgestellt werden kann, wie etwa um dieselbe Zeit der Typus im großplastischen Sinn umgeformt wird. Daß das Motiv auch in der reif- und späthellenistischen Großplastik eine eigene Geschichte hat, kann hier nur durch Hinweis auf solche Figuren, wie die vom Fries des Hekateions von Lagina S oder vor allem die aus Pergamon angedeutet werden6. Diese gehört vielleicht zu den spätesten der Figuren, die in den Hallen des Athena-Bezirks in Nischen aufgestellt waren, braucht aber keineswegs schon unter Eumenes II. oder auch nur in der Königszeit dorthin gekommen zu sein. Sie wie die Tatsache, daß auf der Basis von Puteoli Myrina selbst ähnlich dargestellt ist?, zeigt, daß der Typus dieser Figur in dieser Gegend besonders beliebt war. Gleichwohl konnte er in dieser Epoche auch nach Lagina kommen und dann nach Melos8 und anderswohin. In der myrinäischen Koroplastik der späthellenistischen Zeit begegnet er dementsprechend immer wieder. Etwa gleichzeitig mit der Istanbuler Gruppe' mag die Terrakotte aus der Sammlung Hoff mann in Paris sein10. Im Kopf erinnert sie vor allem aber an die große Gruppe einer Frau und eines Mädchens im Louvre. Weniger abgeleitet und also früher geschaffen ist dagegen Athen Nr. 4999". Der Kopf dieser Figur mit der spitzen Nase steht denen der Athener Schwestergruppe nahe". Ihr gegenüber erscheint sie aber noch räumlicher bewegt, schräg aus der Ansichtsfläche hervorstoßend, wie dies an großplastischcn Werken des frühen i. Jahrhunderts hervorzuheben war. Wie dieser Typus spätestens in der Diphiloszeit geformt wurde, kann eine Pariser Figur lehren:3. Die Verfremdung, die bereits im großplastischen Sinne erfundene späthellenistische Typen in der Diphiloszeit erfahren, kündet sich hier schon an. Der Wandel wird noch klarer, wenn der Schritt größer ist, wie z. B. der von der linken Figur der Athener Schwesterngruppe zu der Figur des Attinas14, die Diphilu signierte Parallelen hat is. In dieser Zeit sich erst die schöne Aphrodite oder Muse aus der Sammlung Heyl in Berlin vorzustellen, ist unmöglich16. Von H. Bulle, G. Krahmer und D. Burr ist sie denn auch schon im 2. Jahrhundert v. Chr. angesetzt worden, in der zweiten Hälfte oder sogar im zweiten Viertel17. Daß der myrinäische Typus von Athen Nr. 4999 mit ihr noch zusammenhängt, hat bereits E. Langlotz bemerkt18. So wird die berühmte ' Wiegand-Schrader, Abb. 420, S. 326!.; Hörn, Tf. 27, i,S. 87. » W. II, 15, 7; vgl. IB 6 Anm.* 8 3 Priene a. a. O., Abb. 133. 4 Vgl. vorl. Arb. S. 225 f. i Siehe F. Schober, Der Fries 6 8 usw., Tf. 27. A. v.P. VII, 2, Nr. 209, vgl. 210. 7 Vgl. vorl. Arb. S. 226. Hörn, I0 Tf. 44, i, S. 88. 9 M., Tf. 5, 6. Vente Paris 1899, S. 71, Nr. 224, Tf. 23. » Philadelpheus, Tf. 14; vgl. W. II, 87, i. '» S. uns. Tf. 410. '3 P. R.,Tf. 6, 6, Nr. 30. M Hörn, l6 Tf. 44, i. '5 W. II, 85, 4. Vgl. K. A. Neugebauer, Berichte der Vereinigung der Freunde antiker Kunst 1930-32, p. 13ff.; s. uns. Tf. 48a. '7 Text zu E. A. 1451; R. M. 1923/24, S. 180, Anm. 5; D. Burr, a. a. O., S. 58! '« Sammlung Max von Heyl, II, Tf. 19, Nr. 72; vgl. D. Burr, a. a. O.

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

Figur im ausgehenden 2. Jahrhundert entstanden sein. Die Aphrodite von Argos kann als ein ähnliches Werk der Marmorplastik gelten, das nur schon mehr die zwiespältige Bewegtheit des i. Jahrhunderts v.Chr. zeigt1. Auch die Nikostratu signierte Gruppe einer Frau und eines Mädchens in Athen läßt sich besonders im Kopf noch vergleichen2. Es ist der Stil etwa der gleichen Zeit. Ist es auch der desselben Ortes ? — D. Burr hat dafür noch die in der Gewandbehandlung ähnliche »sitzende Aphrodite« in Istanbul angeführt 3. Eine entsprechende Athener Figur, die wohl aus derselben Form stammt 4, gibt Motiv und Typ noch vollständiger, zeigt aber schon fast denselben Kopf, wie die Frau aus der großen Pariser Gruppe. Die reliefmäßige unräumliche Darstellung des Sitzmotivs bestätigt noch einmal die vorgeschlagenen Datierungen, ebenso wie der Vergleich mit Figuren vom Fries des Hekateions in Lagina, in deren Zeit das Urbild des Typs geschaffen sein muß 5. Daß in der Modellierung der Einzelheiten nicht die Feinheit der »Aphrodite Heyl« erreicht ist, kann durch den Zeitunterschied bedingt sein. — Allein auch gegenüber ungefähr gleichzeitigen Werken wie der Figur in Athen 4999, besteht ein beträchtlicher Unterschied im künstlerischen Wert. Hinzu kommt, daß der Ton der Berliner Figur ein anderes, stärkeres Rot zeigt. So haben J. Sieveking und R. Zahn am myrinäischen Ursprung der Figur gezweifelt6. Zugleich haben sie eine Berliner Terrakotte? und eine Bostoner Aphrodite für nicht myrinäisch erklärt8. Zu der Berliner Figur gibt es freilich Gegenstücke aus Myrina in Istanbul und im Louvre10 oder sehr verwandte Figuren11. Darunter erweist sich eine mit der Signatur des Aglaophon in Boston als deutlich abgeleitet und jünger". Die zuerst genannte Bostoner Aphrodite, die vielleicht noch vor 100 v. Chr. entstanden ist, ist verwandt der Istanbuler Sandalenbinderin13 und noch mehr zwei Figuren eines Typs aus Myrina in Istanbul14. Diese zeigen ihrerseits wieder enge Beziehungen zum Stil der Aphrodite Heyl. Schließlich kommt hinzu, daß diese selbst oder eine Figur ihres Typs in Myrina in der Werkstatt des Hieron nachgebildet worden ist, wie eine Musenfigur in Athen zeigt'S. Hierons Werkstatt hat vielleicht noch in der Diphiloszeit oder jedenfalls bald darauf gearbeitet16. Aus ihr stammen z. B. die Figuren im Louvre Nr. 223, 289, 324 T7. Die Athener Muse kann unmöglich derselben Epoche wie die Aphrodite Heyl angehören. Selbst wenn beide Figuren auf dasselbe großplastische Original zurückgehen sollten, was nach Stil oder Qualität beider Stücke nicht notwendig vorauszusetzen ist, muß die Aphrodite Heyl eine beträchtliche Zeitspanne früher entstanden sein. Sie steht noch zu stark in der hellenistischen Überlieferung, zeigt zudem die zentrifugale Bewegtheit in jener flächigen Ausbreitung 1

S. G. Krahmer, R. M. 1923/24, S. i8of.; vgl. zum Teil auch G. Lippold, Gnom, 1935, S. 66zf. * S. vorl. Arb., S. 246; s. uns. Tf. 41 a. 3 M. 2316, Tf. 8, 5. 4 Nr. 4961; W. II, 116, 3 a; Philadelpheus, Tf. 22, 2. 5 Vgl. F.Schober, Der Fries usw., Tf. 9, Nr. 216. * Phil. Wo. 1935. 8 Sp. I426f. 7 Köster, Tf. 88; Charbonneaux, Abb. 78. D. Burr, a. a. O., Nr. 6, Tf. 2. 9 M. 2298. 'o p. R., Nr. 26, S. 312, Fig. 42; vgl. Nr. 48; W. II, 98, 4; dazu Anm. *34. « W. II, 97, 5. " D. Burr, Nr. 10, Tf. 4; dazu Anm. *35. n M. 2313; s. uns. Tf. 44a/b und vorl. Arb. S. 218. t4 M. 2583, 2582, Tf. ro, i; W. II, 65, 2; Photo des Museums 2008; s. uns. Tf. 44C/d. '5 Nr. 4978; W. II, 87, 3; s. uns. Tf. 48b. '« Vgl. auch D. Burr, a. a. O., S. 25. '7 P. R., Tf. 2, 4; it, 3; 47, 5; vgl. Tel. III, 235 F.; Charbonneaux, Abb. 88.

III. E. VERBREITUNG DER TYPEN

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und Bindung wie dies dem späten 2. Jahrhundert v. Chr. eigentümlich ist. Wenn aber die Tonbildnerei sich, nach den Worten des Pasiteles zu schließen, in der späthellenistischen Zeit besonderer Wertschätzung erfreute, dann muß es schließlich auch solche Terrakotten gegeben haben, die selbst die Dutzendware gleichzeitiger Marmorplastik hinter sich zurückließen. Wenn der Stil der Terrakotte etwa beim Vergleich mit der Aphrodite von Argos als großplastisch empfunden wird, sollte folgerichtig auch festgestellt werden, daß die Aphrodite Heyl monumentaler wirkt, obschon sie kleiner ist. — Freilich kennzeichnet dies das Zwiespältige in der Lage der späthellenistischen Kunst, aber es ist doch auch die Voraussetzung für solche kümmerlichen Figuren wie die aus der Werkstatt des Hieron. Einmal mußte der Absturz kommen. Das geschah allem Anschein nach in der Diphiloszeit, in der Zeit, in der die Koroplastik alle Bindungen aufgab, in der solche Figurinen, wie die des Hieron gleichsam materiallos als Terrakotte und gegenstandslos als Muse geschaffen wurden: als plastisches Werk auf ihrer hohen profilierten Basis ohne Wirklichkeit, als Gestalt ohne lebendige Gestaltung, als Figur bar aller Verpflichtung und so nicht mehr griechisch. Es handelt sich nicht um einen allmählichen Abstieg, der etwa um 150 v. Chr. einsetzt und die griechische Koroplastik sich schließlich im Sande verlaufen läßt. Im Gegenteil, im i. Jahrhundert v. Chr. blühte diese noch einmal neu auf. Ob freilich Myrina allein die Führung übernahm, selbst nur in seiner Landschaft, ob nicht auch in Pergamon trotz des Endes der Attalidenherrschaft und des pergamenischen »Barocks« oder gerade seinetwegen auch die einheimische Koroplastik wieder hochkam, ist einstweilen nicht zu entscheiden. Doch wäre es auch dem Ton nach möglich, daß die Aphrodite Heyl in Pergamon geschaffen ist. Dies würde jedenfalls alles, was hier über sie zu sagen war, am besten erklären.

E. DIE VERBREITUNG DER MYRINÄISGHEN TYPEN Die Bedeutung der myrinäischen Terrakotten, ihre Stellung zu den der anderen koroplastischen Werkstätten in der hellenistischen Welt richtig beurteilen zu können, .dazu fehlt es noch an sehr vielem. Das gilt selbst, wenn Myrina und Pergamon zunächst für eines genommen werden. In der späthellenistischen Zeit entstehen eine ganze Reihe von neuen koroplastischen Zentren, oder sie blühen doch wenigstens jetzt auf. Aber es ist davon noch wenig bekannt und noch weniger veröffentlicht. So muß die Frage nach der Bedeutung der myrinäischen Koroplastik mehr Forderung bleiben und manche hier zu vertretende Behauptung wird allein vom Schreibtisch und der Bibliothek aus nicht recht zu überprüfen sein, da es an Abbildungen fehlt. Wenn trotzdem mehr als nur die Forderung aufgestellt wird, so hat das seinen Grund in einem besonderen Umstand. Für die alexandrinischen Terrakotten fehlt noch die Gegenprobe, ob die frühen »Faij um «-Terrakotten nicht doch Beziehungen zu den späten tanagräischen Formen aufweisen. In Wirklichkeit bestehen solche jedoch zu den späten myrinäischen Typen. Ein so weit reichender Zusammenhang stellt wie von selbst aber auch die Frage nach der Bedeutung der myrinäischen Koroplastik.

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

Daß sich myrinäische Typen im Umkreis von Myrina und Pergamon finden, z. B. in Kyme *', Aigai ** oder in Pitane am Golf von Elaia *3, nimmt schließlich nicht wunder und bedarf kaum viel Aufhebens. Es würde zunächst auch gar nichts über den künstlerischen Vorrang der Werkstätten von Myrina oder Pergamon besagen. Denn es bliebe zu fragen, was bei ihnen z. B. von kymäischen Typen übernommen ist. Eine sichere Entscheidung wäre dann bei dem derzeitigen Stand der Erforschung etwa von Kyme nicht zu fällen *4. Dagegen bedeutet es schon etwas, daß in Kyzikos eine Nike des »Phainomeris«-Typs zutage kam1. Hier handelt es sich zudem wahrscheinlich um ein eingeführtes myrinäisches Erzeugnis * 5. Bei anderen Terrakotten myrinäischen Typs aus der Gegend der Propontis oder des nahen Pontos ist dasselbe nicht mit der gleichen Sicherheit zu behaupten, z. B. bei einem Apollo Kitharoidos aus Herakleia am Pontos2, der dem Diphilu signierten in Athen entspricht3, oder bei einer »Aphrodite in den Gärten« aus Perkote 4. Diese zuletzt genannte Figur brauchte als Typus natürlich zunächst gar nicht mit Myrina zusammenzuhängen. Auch der Ton führt eher auf das nicht so ferne Miletopolis *6. Der Stil, selbst die runde profilierte Basis, weisen aber doch auf Myrina. Hinzukommt, daß offenbar auch für Miletopolis Zusammenhänge mit Myrina festzustellen sind. Das gilt selbst schon für die große, schon öfter erwähnte Aphrodite-Statuette 5, aber auch z. B. für die Anadyomene mit dem Delphin im Louvre6 u. a. Da es sich jedoch in den meisten der genannten Fälle um späte Typen oder doch Formen handelt, die kaum vor der Diphiloszeit entstanden sind, bleibt zu fragen, ob die besondere Geschichte von Myrina hier nicht auch mitgespielt hat. Es ist sogar wahrscheinlich, daß die Erdbeben, die unter Tiberius 12 kleinasiatische Städte, darunter Myrina, heimsuchten?, manche myrinäischen Koroplasten in die Welt zerstreuten. Vermutlich erhielt erst das danach neuerstehende Myrina den Namen Sebastopolis8. Die Diphiloszeit braucht freilich durch dies Ereignis noch nicht abgeschlossen zu sein *8. In der Folgezeit sind sicherlich noch eine Reihe von auch durch Signaturen bekannten Werkstätten in Myrina tätig gewesen *9. Doch findet vielleicht das plötzliche Aufblühen mancher Fabriken an anderen Orten und die Übernahme myrinäischer Typen in der Zuwanderung von myrinäischen Koroplasten eine besondere Erklärung. Die Frage nach der Rangstellung der myrinäischen Terrakotten wird dadurch freilich verwickelt. Gering erscheint, selbst in dieser Zeit noch, der myrinäische Einfluß aufs südwestliche Kleinasien. Das gilt sogar für das nahe Smyrna. Hier blüht ähnlich wie in Myrina in der späthellenistischen Zeit ein neuer koroplastischer Stil von eigener bedeutender Prägung auf. Von vornherein ist er offenbar durch stärkere Nähe zur Großplastik und zum Porträt oder zur Karikatur gekennzeichnet 9, für die der lonier 1

5 Mendel 1911, Tf. 10, 8; s. vorl. Arb. S. 245. M. 1921. 3 s. uns. Tf. I2C. 4 M. 1891; Tf. 13, 9. — In Dresden gibt es auch eine »Aphrodite in den Gärten« aus Kyzikos (Z. V. 3019; Photo 6 5427). 5 S. vorl. Arb. S. 246 und uns. Tf. 47; vgl. W. II, 220, 4; Istanbul, M. 2300. P. R., Tf. 2, 3, Nr. 36; vgl. Nr. 37: Di (philu) signiert; vgl. Athen Nr. 4849, Philadelpheus, Tf. 8, 5; Istanbul, 8 M. 2312. 7 Tacitus, ann. 2, 47; dazu Anm. *:. Plinius, n. h. V. 30 (32), 121; vgl. P. R., S. 51. 9 Beispiele s. Paris, Louvre, Tel. III, 236ff.; Schneider-Lengyel, Abb. 89—92; dazu Anm. *10.

III. E. VERBREITUNG DER TYPEN

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ja schon früh Neigung und Begabung gezeigt hatte *". Die tanagräischen und myrinäischen Themen der stehenden und fliegenden Gewandfigur fehlen dagegen. So mag der smyrnäische Stil von vornherein als innerlich jünger, aber auch als weniger belastet erscheinen denn der myrinäische. Das soll natürlich weder hier noch in ähnlichen Fällen sonst besagen, daß es nicht schon früher smyrnäische Terrakotten von besonderer Eigenart gegeben haben kann. Aber die dem koroplastischen Format und überhaupt der Koroplastik feindliche Zeit des 2. Jahrhunderts v. Chr. erschwert offenbar nicht nur in Myrina die Sichtung des Tatbestandes. Zudem war Smyrna in der frühhellenistischen Zeit ja eine erst aufstrebende Stadt. Es trifft eben nicht zu, daß die Tonfiguren »die griechische Kunst durch alle Entwicklungsphasen als bescheidene Genossin der höheren Gattungen -begleiten«1. Weder war ihr Verhältnis zu den »höheren Gattungen« immer gleich oder gar gleich »bescheiden« noch entsprachen ihre Formen oder auch nur ihre Zahl »allen Entwicklungsphasen' der Kunstgeschichte, gar noch überall. Als die Koroplastik keine eigenen Gesetze mehr kannte, da erkannte auch die Großplastik keine mehr an. Daß jene dann aussetzte, diese jedoch nicht, ändert daran wenig. Die Volkskunst der Terrakotten starb, während die Plastik der Statuen und Statuetten in Marmor und Bronze ein Scheindasein weiterführte. Brachte die smyrnäische Terrakottakunst mehr Eignung für die letzte Wandlung der griechischen Koroplastik mit als die myrinäische, lebte sie trotzdem kaum länger aber doch großartiger. So ist es wahrscheinlicher, daß Karikaturen und ähnliche Typen in Myrina aus Smyrna übernommen worden sind und nicht umgekehrt, zumal sie in Myrina seltener sind1. Von der eigenen Bedeutung gerade der prienensischen Koroplastik ist schon verschiedentlich gesprochen worden 3. Sie leuchtet besonders ein, angesichts der Tatsache, daß auch hierher vereinzelt myrinäische Typen gelangt sind. Abgesehen von der Eros- und Psyche-Gruppe4 und der Leda aus Priene in Istanbuls, die ihr Gegenstück in Athen Nr. 4880 und Boston6 hat, handelt es sich aber meist um Übereinstimmungen mehr im Motiv als im Typ *M. Ein irgend entscheidender Einfluß ist auf beiden Seiten nicht zu erkennen. Immerhin ist wichtig, daß die Koroplastik von Myrina oder Pergamon selbst hierhin ausgestrahlt hat. Vor der späthellenistischen Epoche des i. Jahrhunderts v. Chr. ist davon freilich kaum etwas zu bemerken. Was sonst pergamenisch erscheint, unterliegt wohl dem Einfluß der pergamenischen Großplastik'. Die Ausbreitung der pergamenischen Herrschaft hat hier mit der der myrinäischen Koroplastik nichts zu tun. Wie sollte dies auch zur Zeit der Attaliden bei der Lage der Koroplastik im 2. Jahrhundert v. Chr. möglich gewesen sein ? — Hernach aber bildet sich ein besonderer prienensischer Terrakottenstil offenbar schon vor dem myrinäischen heraus. Bereits auf der tanagräischen Stufe ging ja die Koroplastik von Priene mehr ihre eigenen Wege. Dasselbe gilt wahrscheinlich für das eigentliche lonien überhaupt und wohl noch mehr als für Priene. Leider fehlt ' Springer-Wolters, S. 405. » P. R., Tf. 46f.; dazu Anm. *«. l Vgl. vorl. Arb. S. 93 ff. und S. 217; dazu Anm. *'3. 4 Vgl. vorl. Arb. S. 248. i Th. Wiegand-H. Schrader, Priene, Abb. 397. 6 Philadelphcus, Tf. 8, 7 und D. Burr, S. 31, Nr. 4, Tf. 2. 7 Vgl. auch vorl. Arb. S. 216.

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HI- DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

es auch in dieser Epoche an Kenntnis der Koroplastik auf Rhodos, das doch gerade jetzt die hellenistischen Bestrebungen wie kaum sonst ein Ort vertritt. Tarsus in Kilikien scheint etwa zur selben Zeit wie Smyrna eine neue koroplastische Blüte zu erleben, auch nach äußeren Umständen wahrscheinlich nicht vor der Mitte des i. Jahrhunderts v. Chr.1 Von den Pariser Stücken dorther, die zum Teil bereits 1853 durch V. Langlois in den Louvre gekommen sind, könnten einige auf Zusammenhänge mit Myrina weisen, z. B. eine Herme mit Herakles oder eine ausruhende halbnackte Aphrodite, zu Häupten ein Idol u. a. Auf der anderen Seite scheint auch einiges auf Beziehungen zu den Faijüm-Terrakotten hinzudeuten. Daß sich in südrussischen Gräbern myrinäische Typen finden, ist bei deren Vorkommen im südlichen Pontosgebiet nicht verwunderlich * l6 . — Zu den eigenartigsten Terrakotta-Werkstätten am Südrande des Schwarzen Meeres gehört Amisos-Samsün. Funde dorther sind vor allem in das Museum in Istanbul*, aber auch in das Berliner und Pariser gelangt3. Bekannt, wenn auch kaum je abgebildet, sind die großen Masken aus Amisos, die meist die Merkmale des dionysischen Kreises zeigen 4. Im übrigen hat G. Mendel an myrinäische Typen erinnert und auch an die von PrieneS. Den Motiven nach scheinen in der Tat häufiger Beziehungen festzustellen zu sein, z. B. sind die spielenden Kinder späthellenistisches Allgemeingut. Wirkliche Typenzusammenhänge sind aber seltener und nur mit Myrina gegeben, vielleicht auch mit Smyrna *J7. Amisos ist eine alte milesische Kolonie, später auch von Athen beschickt worden. Auch seine Koroplastik reicht, freilich selten, noch bis in die archaische Zeit6. Aber in der klassischen und besonders in der hellenistischen Epoche unter den pontischen Königen liegt es am Rande des griechischen Bereichs?. Erst seit Mithridates dem Großen, dessen Residenz Amisos neben Sinope war, wird es stärker in ihn einbezogen. Cicero redet von seinem Reichtum8. —· Die Geschichte spricht also nicht für eine starke hellenistische Durchdringung, die auch sonst den entlegeneren Orten der Südküste des Pontos fehlt. Die Verhältnisse lagen hier anders an der kleinasiatischen Westküste oder sogar noch an der Südküste in Kilikien. Dementsprechend eignet auch den Samsün-Terrakotten ein bestimmter barbarischer Zug. Das gilt selbst für den schmutzig-gelben Ton, aber auch für das schwankende Verhältnis zum Format. Die angedeuteten Beziehungen zu Myrina usw., die geschichtlichen Vorgänge, machen es wahrscheinlich, daß die Terrakotten von Amisos, vor allem die bekannten Typen, der späthellenistischen und frührömischen Epoche angehören. Gleichwohl hat es auch hier in der frühhellenistischen Zeit Terrakotten gegeben, wie ein paar tanagräische Formen bestätigen. Wichtiger vielleicht noch als nach den früheren Epochen ist es hier, nach dem Ende der Terrakotta-Werkstätten zu fragen. Denn offensichtlich handelt es sich bei den Samsün-Terrakotten nicht um eine reingriechische hellenistische Kunst. — Verschafften die jetzt ausgeruhten J » Vgl. vorl. Arb. 8.230; dazu Anm. *'5. Vgl. Mendel, Nr. 19220. und besonders 3508ff. 3 Vgl. Charbonneaux, Abb. 77; Schneider-Lengyel, Abb. 65. 4 M. 3536«.; vgl. Berlin 30068, 6 s. Photo 7173: Satyrkopf. 5 A. a. O., S. 589. Vgl. G. Mendel, a. a. O., S. 589, 601 zu Nr. 3550. 7 Vgl. R. E., I s. v. Amisos, Sp. i839f. (G. Hirschfeld). 8 Pro. imp. Cn. Pomp. 8, 21.

III. E. VERBREITUNG DER TYPEN

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völkischen Kräfte des Orients, die auch hier wieder aufzuleben scheinen, ihrer »hellenistischen« Kunst eine längere Dauer? Überlebten die Samsün-Terrakotten die Koroplastik an den reinhellenistischen Stätten ? — Es ist wohl nicht der Fall. Weder die einen noch die anderen Kräfte waren dort wohl jemals groß genug, stark und nachhaltig schöpferisch zu wirken. Anders steht es dagegen um die Faijüm-Terrakotten, die teils in Alexandria, teils im übrigen Ägypten, besonders im Faijüm geschaffen worden sind. Hier sollen hauptsächlich nur die alexandrinischen Funde berücksichtigt werden *l8. In ihnen verschmilzt griechisches und ägyptisches zu einer »hellenistischen« Kunst, die erst jetzt alexandrinisch im Sinne einer Mischkunst genannt werden kann1. Ihre Geschichte gehört der römischen Kaiserzeit an und führt, auch nach bestimmten Haartrachten zu schließen *'9, mindestens bis ins 3. Jahrhundert n. Chr. Sie liegt also jenseits der Zeitgrenzen, die dieser Arbeit gesetzt sind und kann hier nicht mehr verfolgt werden. Aber es ist von Belang, auf diese ganz andere Wesensart »hellenistischer« Kunst hinzuweisen, die nicht an die Grenzen des Griechentums und der Epoche von Alexander bis Augustus gebunden ist. Wurde sie nicht von Griechen oder wenigstens reinen Hellenen getragen, so hatte sie gleichwohl deren Wirken zur Voraussetzung. Ihre Grundlagen gehören dem Hellenismus an. Wer den Höhepunkt der hellenistischen Kunst nicht in der frühhellenistischen, sondern in der hochhellenistischen Kunst des späten 3. und frühen 2. Jahrhunderts v. Chr. findet, wird sich nicht wundern, daß diese Wirkung sich erst in der späthellenistischen Epoche bemerkbar macht. Von der Ausstrahlung der klassischen Kunst ist hier nicht zu reden. Nur die Frage sei angedeutet, ob sie unmittelbar und gleichzeitig oder mittelbar und spät erst durch die klassizistische Brechung hat mehr in die Breite wirken können. Aus der besonderen Geschichte der Koroplastik, aus ihrer späthellenistischen Blütezeit, ergibt sich für diese jedenfalls ein spätes Auswirken im nichtgriechischen Bereich. Was im eigenen Bezirk die Zersetzung brachte, die Aufgabe aller Bindungen, mag dabei im fremden förderlich gewesen sein, Verbindungen anzubahnen. Festzustellen ist, daß die Anfänge der Faijüm-Terrakotten kaum über die Diphiloszeit hinaufreichen. Erst jetzt setzt wieder eine »Koroplastik« in größerem Umfange in Alexandria ein. Aber erst in der Folgezeit bildet sich ein eigener neuer Stil heraus, wohl etwa in der flavischen Epoche*. Die ersten Anfänge sind noch fast rein griechisch und stehen mit den myrinäischen Typen der Diphiloszeit z. T. wohl auch in unmittelbarem Zusammenhang, Das legt z. B. die Betrachtung einer Faijüm-Terrakotte nahe, die sich früher in der Sammlung Bircher in Kairo befand 3 und heute in Berliner Privatbesitz ist 4. Sie gleicht im wesentlichen einer myrinäischen in Paris 5. Der kleine Putto mit der Gans, die nach einem Bissen in der rechten Hand des Knäbleins trachtet, gehört in die Diphiloszeit. Das lehrt der Vergleich mit einer, in Motiv und Stil ähnlichen Diphilu signierten Figur6. Zudem fand sich ein entsprechendes Stück in Grab 114?. Es selbst kam mit 1

J Vgl. vorl. Arb. 8.39. Vgl. die Köpfe bei E. Breccia, Alexandrea ad Aegyptum, franz. Ausgabe 1914, S. 272, Fig. 138; Mon. II, 2, Tf. 62. 3 Nr. 258. 4 S. uns.Tf. 49b; 0,115 m hoch. * P.R., Tf. 42, 5, Nr. 311; W. II, 286, 3a; Photo Alin. 23764; s. uns. Tf. 490; dazu Amn.*". 6p. R.,Tf. 41. i,

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

einer ganz verwandten Gruppe zutage1, die schon auf einem etwas früheren Grabrelief aus Smyrna im Louvre begegnet *. Vielleicht hat auch dies oder ein ähnliches Stück auf Alexandrias Koroplastik eingewirkt 3. Demselben myrinäischen Grabfund gehörte noch eine große Büste an 4 und der berühmte Schlachtenelephant S. Dieser scheint mit Pergamon besonders verknüpft zu sein. Dort gab es ein Gemälde des Pytheas von Bura, das wohl einen der Schlachtenelephanten Antiochos des Großen darstellte, die Eumenes II. nach dem Sieg bei Magnesia am Sipylos erhielt6. Wenn in der Terrakotta-Darstellung der Elephant einen Gallier erledigt, bezieht sich das vielleicht auf Eumenes' Gallierkämpfe. Jedenfalls handelt es sich hier um eine in der Welt der Terrakotten ungewöhnliche historische Darstellung oder doch Anspielung * 2 4. Daher erscheint es möglich, daß auch der alexandrinische Elephant aus Abukir (und seine Nachfahren) unter myrinäischem Einfluß entstanden ist?. Das gilt besonders, wenn entsprechend E. Breccias Behauptung das Motiv des Schlachtenelephants hier umgedeutet ist und Harpokrates an des GalKers Stelle vom Elephanten geliebkost wird. Abgesehen davon lassen sich immerhin noch eine ganze Reihe von Beispielen aufzählen, die auf Beziehungen zwischen der späten myrinäischen Koroplastik und der neu erstehenden alexandrinischen hinweisen, so etwa: Mon. II, i Taf. 14, 3; Nr. 109; vgl. mit P. R. Taf. 43, 5; Nr. 312; W. II, 317, 2b (vgl. Boston, D. Burr. Taf. 12, Nr. 30). Mon. II, i, Taf. T, 3; Nr. 102, vgl. mit Boston, D. Burr, Taf. 12, Nr. 20 (vgl. Mon. II, i. Taf. 15, i; Nr. 103) (vgl. auch P. R. Taf. 40, i und 3; Nr. 270, 272). Mon. II, i Taf. 16, i; Nr. 257; vgl. mit P. R. Taf. 32, 5; Nr. 107. Mon. II, i Taf. 14, 4; Nr. 120; vgl. mit P. R. Taf. 29, 2; Nr. 212 (vgl. vorl. Arb. S. 209). Exp. v. Sieglin II, 2 (J. Vogt) Tf. ig, 7; vgl. mit Diphilos-Apollo, s. uns. Tf. 12 c. Wie das Museum in Alexandria besitzen auch noch andere Museen frühe FaijümTerrakotten, z. B. das Pelizaeus-Museum in Hildesheim u. a. Hier seien aber nur noch einige wenige Stücke besprochen. Der kleine Eros im National-Museum in Budapest, der sich auf seinen runden Schild stützt 8 , erinnert sehr an den Putto mit der Gans9. In dem kleinen Knaben neben dem Pfau in Istanbul ist offenbar sein myrinäisches Vorbilder halten10. Nach E. Pettier11 hat D. Burr um des Pfaues willen allerdings an den umgekehrten Weg gedacht und zwar ohne weitere Folgerungen1*. Aber weder die angegebenen Vorbilder noch die Entwicklungsgeschichte der FaijümTerrakotten sprechen dafür. Für die Terrakotten des myrinäischen Bereichs an der Nr. 307; vgl. 308: Charbonneaux, Abb. 68. 7 P. R., S. ggjdazu vgl. vorl. Arb. S. 208, 210. i P. R., Tf. 42, 4; Nr. 310; Tel. III, 232 C; W. II, 278, 4; Photo Alin. a. a. O. * M. Collignon, Les Statues Funeraires, S. 273!, Fig. 172; J. d. I. 1905, S. 78, Tf. 5; K. i. B. 370, 5; dazu Anm. *«. 3 Mon. II, 2, Nr. 286, Tf. 69, 335. 4 P. R., Tf. 9, i, Nr. 34; Tel. III, 234 A; Charbonneaux, Abb. 76. 5 P. R., Tf. , links, Nr. 284:^0!. III, 234 B; zum Grabfund P. R., S. 318«.; dazu Anm. *". 6 Livius, 38, 39; s. auch Anm. *»3. 7 Mon. II, i, Tf. 42, 3, Nr. 483, S. 74 f. dazu E. Breccia. 8 S. O. Zoltan, Antik Terrakotta Katalogusa, Budapest 1930, S. 71, D 78, Tf. (31). 9 P. R., Tf. 42, 5. '» M. 2687, Tf. ii, 8. « P. R., S. 336f. " D. Burr, a. a. O., S. 44 zu Nr. 26.

III. E. VERBREITUNG DER TYPEN

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kleinasiatischen Küste läßt sich nirgends entsprechendes nachweisen. Das Gegenteil muß vielmehr angenommen werden. Abgesehen von den schon angeführten Beispielen bewährt sich dies ebenso für die zwei Bostoner Terrakotten, für die D. Burr kleinasiatisch-alexandrinische Beziehungen festgestellt hat, ohne deren Ursprung festzulegen1. — Wenn etwa in Südrußland einmal eine Faijüm-Terrakotte gefunden wird, so handelt es sich um einen seltenen Fall wohl aus einer Zeit, in der Myrina kaum noch produzierte*. Etwas schwieriger liegt die Frage bei dem Bostoner Eros-Putto mit der Kithara3. Sein Typ ist aus Myrina sonst nicht bekannt. Doch unterscheidet sich das Stück deutlich von seiner alexandrinischen Nachbildung in der Sammlung Bircher in Kairo 4. Abgesehen von den einzelnen Veränderungen in Kopf, Mantel und Flügeln sind es vor allem die aufgequollenen Formen, die hier wie sonst die Faijüm-Terrakotte kennzeichnen. Dabei nimmt die Form auch im ganzen etwas von der Rundheit an, die den Teil beherrscht. Ihr Umriß verfließt, die Gliederung der Gestalt tritt dabei zurück. Die Figur ist wie die Gruppe der Zeit nur auf eine Fassade berechnet. Sie hat kein Profil, keine plastische Tiefe. Zur Prägung genügt eine Hohlform. Etwas davon haftet den Faijüm-Terrakotten auch später immer noch an. Die Geburtsstunde läßt sich nicht verleugnen. Es ist die Diphiloszeit. Ihren Stil glaubt man der Bostoner Figur wenigstens im Kopf auch noch anzusehen. Dagegen ist das übrigens stark abweichende Stück aus Nippur 5, das D. Burr anführt, vielleicht eher von Alexandria oder doch Ägypten herzuleiten als unmittelbar von Myrina. Ähnlich erinnert eine Terrakotte au? Seleukeiaim Irak-Museum in Bagdad sehr an die ägyptische Gruppe des Putto und der Gans6. Der Wirkungskreis der späten alexandrinischen Terrakotten reicht im Orient wahrscheinlich weiter als man gemeinhin annimmt. Ob von eingeführten myrinäischen Stücken oder von ausgewanderten myrinäischen Koroplasten der Anstoß zur Erneuerung der alexandrinischen Koroplastik ausging oder nicht, das zu entscheiden ist vorläufig nicht möglich, aber einstweilen auch nicht so wichtig. Hier genügt festzustellen, daß die alexandrinische Koroplastik in der Diphiloszeit neu auflebt, daß die Faijüm-Figuren für die vermißten alexandrinischen Terrakotten der hoch- und späthellenistischen Zeit nicht in Frage kommen, daß die späten myrinäischen Typen jedenfalls Bereitwilligkeit zur Aufnahme in Alexandria vorfanden und rasch weiterwirkten. — Dabei ist schon so viel gewiß, daß es um die Übernahme myrinäischer Typen in Alexandria ganz anders steht, als um die der tanagräischen in der frühhellenistischen Zeit. Die Tatsache, daß damals die tanagräischen Prägungen mit unvergleichlich größerer Stetigkeit und Zähigkeit J * A. a. O., Nr. 28, 29, Tf. 12; S. 44f.; vgl. dazu noch G. Lippold, Gnom. 1935, S. 663. E. v. Stern, Museum der Odessaer Gesellschaft, I, Tf. 13, 2: Bes aus Kertsch; vgl. Alexandria, Mon. II, i, Tf. 23, 6. 3 D. Burr, Nr. 39, Tf. 15. 4 Nr. 240, s. uns. Tf. 49a; 0,078 m hoch; die Aufnahme wird der Freundlichkeit K. Gcbauers verdankt. — Vgl. auch noch Exp. v. Sieglin II, 2 (J. Vogt), Tf. 41, i. 6 5 L. Legrain, Terracottas from Nippur, Philadelphia 1930, Nr. 119, Tf. 22. Vgl. uns. Tf. 49b. Die Gans ist bei dem Stück in Bagdad nicht erhalten, der rechte Arm des Knaben erhoben. Eine Abbildung findet sich jetzt bei Wilhelmina v. Ingen, Figurines from Seleukeia on the Tigris, 1939, Tf. 53. 3?8; Nr. 827 (Schicht III, d. h. 143 v. Chr.—69/70 n. Chr.).

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

weiter geformt und entwickelt wurden, läßt sich nicht allein durch die veränderte kunstgeschichtliche Lage erklären. Auch von dieser Seite her wird vielmehr der Vorschlag unterstützt, in den Tanagrafiguren in Alexandria (und Myrina und mancherorts sonst, wo sie ähnlich lange und beständig geformt wurden) Grabbeigaben einer Bevölkerung böotischer Herkunft zu sehen. Bei den Funden von alexandrinischen Faij um-Terrakotten ist dagegen nichts von einem besonderen stammesmäßig gebundenen Brauchtum zu erkennen, das Griechen in Alexandria dazu anhielt, den Toten wie in der Heimat Terrakotten ins Grab zu legen. So werden denn auch die alexandrinischen Faijüm-Terrakotten so häufig gar nicht in Gräbern gefunden und kommen in der überwiegenden Mehrzahl in den Scherbenbergen und im Westen der Stadt zutage *:5. Sie scheinen vor allem der dort ansässigen ägyptischen oder ägyptisierten Bevölkerung und ihren besonderen religiösen \7orstellungen gedient zu haben. Darüber ist hier jedoch nicht weiter zu sprechen, nur daran sei erinnert, daß in dieser alexandrinischen Bevölkerung ein gut Teil des alten hellenischen und makedonischen Blutes aufgegangen sein muß, wie es denn schon erwähnt wurde, daß Livius sagt: »Macedones in Aegyptios degenerarunt«1. Auch in Myrina und andernorts im griechischen Bereich war schon seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. schwerlich noch etwas von dem alten Sinne lebendig. Hier blühte vielmehr eine Industrie, die schließlich selbst, was den Namen anlangt, keine wirkliche Koroplastik mehr war, um so mehr aber eine bestimmte Weltgeltung besaß. Ihre Erzeugnisse gelangten weithin als Allerweltskunst. Myrina (und Pergamon) stand damit aber wohl kaum allein. Auch in Alexandria scheint ihm Smyrna Konkurrenz gemacht zu haben-. Immerhin muß Myrina unter den konkurrierenden koroplastischen Zentren in der vordersten Reihe gestanden haben. So hat es anscheinend sogar nach einem ändern Land des Hellenismus noch ausgestrahlt, nach Groß-Griechenland, hierhin wie nach Kyrene *l6 dabei wohl schon früher als nach Alexandria. Die pompejanische Bronzenike könnte vielleicht auch dafür angeführt werden, vor allem aber sprechen in diesem Sinne eine Reihe von Terrakotten aus Unteritalien und Sizilien * 2 Dort erscheint Myrina zudem unter den zwölf Städten auf der Basis der Statue, die Tiberius zum Dank für seine Fürsorge in Puteoli ähnlich wie in Rom errichtet wurde3.

F. DAS ENDE DER M Y R I N Ä I S C H E N WERKSTÄTTEN UND DAS N A C H L E B E N T A N A G R Ä I S C H E R TYPEN Das Ende der myrinäischen Werkstätten wird weniger durch äußere Anlässe als durch innere Gründe bestimmt. Gleichwohl mag das Erdbeben vom Jahre 106 n. Chr. der myrinäischen Koroplastik den Rest gegeben haben *!. Reif dafür war sie schon seit der Zeitwende, seit der Wendung, die sie besonders in der Diphilos-Werkstatt genommen hatte. Zu den spätesten Stücken mag eine Myrinäerin in Athen gehören, ' XXXVIII, 17, ii; vgl. vorl. Arb. S. 67. » Vgl. etwa Mon. II, i, Tf. 27«.; Tf. 35, 40.; II. 3, Tf. 93ff.. Tf. 75f.; vgl. Exp. v. Sit-glin II, 2 (J.Vogt). Tf. 540.; 67. 3 Vgl. auch J. Sieveking, Text zu B. P. 575; E. Strong, La scultura Rptnana, I, Tf. 18, S.

III. F. ENDE DER WERKSTÄTTEN

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die deutlich die entwickelte flavische Frisur erkennen läßt 1 . Über das hinaus, was die bisher betrachteten Terrakotten mit modischen Haartrachten zeigen, ist hier auch das Gesicht porträtmäßig erfaßt und wiedergegeben. Der Mißklang zwischen Kopf und Körper, der im Grunde schon den späthellcnistischen Stil kennzeichnet, wird dadurch noch größer. Bei der Venus von Miletopolis* ist der Gegensatz zum jugendlich gebildeten nackten Körper durch die idealere Haltung der tiberischcn Kunst gemildert, auch dadurch, daß der Kopf weniger Altersspuren erkennen läßt. Bei der »letzten Myrinäerin« sind diese jedoch mit der Schonungslosigkeit dargestellt, die im flavischen Stil sonst vor allem aus den Tiefen des italisch-römischen Wesens hervorbricht. Sie erinnert an jene fatalen Gestalten »römischer« Marmorkunst wie die Aphrodite in der Galleria des Capitols 3. Gerade die flavische Epoche ist verhältnismäßig reich an Beispielen dafür * -, und auch die spätere antoninische*3, die beide in ihren Formen oft die hellenistische Kunst und besonders die späthellenistische suchen. Aber um so mehr klafft hier noch der Zwiespalt zwischen Leib und Seele auf, der in der späthellenistischen Zeit Kopf und Körper gleichsam auseinandertreten ließ und so die Voraussetzung für solche Bildungen oder vielmehr Gebilde schuf. Der kleinere Maßstab mildert wohl den Eindruck bei der Terrakotte. Aber für die griechische Koroplastik ist im Grunde der Schritt zum Porträt noch widersinniger und damit verhängnisvoller als für die große Kunst 4. Wer griechisches Wesen dadurch zu kennzeichnen glaubt, daß er wie Plinius sagt 5 »Graeca res nihil velare« mag solche Figuren noch für griechisch halten. In der Tat sind sie auch meist von Griechen gemacht. Das gilt sogar sicher für die Terrakotte. Aber abgesehen von der Nacktheit ist selbst an der Form kaum noch etwas griechisch. Obwohl die Terrakotte z. B. auch an der Rückseite durchformt ist, fehlt ihr alle räumlichplastische Tiefe. Trotz der Sorgfalt in der allseitigen Durcharbeitung hat so der Koroplast doch vergessen können, die Falten auf der Rückseite des Schleiers zu modellieren. Ähnliche Feststellungen ließen sich für eine andere späte myrinäische Terrakotte in Athen machen6. Auch hier ist Aphrodite mit einem Bildniskopf vielleicht noch etwas früherer Zeit dargestellt. Statt einer näheren Beschreibung kann in diesem Falle auf eine Gegenüberstellung mit der Berliner Aphrodite verwiesen werden". Wie römische Porträts, vor allem die nicht im Osten oder von östlichen Künstlern gearbeiteten, eines Profils entbehren, das als plastisch gleichwertig neben die Frontalansicht gestellt werden könnte, so haben selbst diese ganzen Figuren der östlichen griechischen Koroplastik kein plastisch wirksames Profil. Im Grunde gilt das schon für die Diphiloszeit, z. B. für die im Motiv (und im Lokalstil) der späten flavischen Figur nahestehenden Terrakotten der Leda in Boston8 und der »Knidierin« in Athen9. Bei diesem Vergleich wird auch noch deutlich, daß die Diphilos signierte Knidierin schwerlich selbst schon der flavischen Epoche zuzurechnen ist, der die 1

4910; s. uns. Tf. 5oa—c; W. II, 219, 7; Mon. Piot IV, 1897, S. 213 mit Abbildung. * S. uns. Tf. 47. 3 St. Jones, Tf. 25, Nr. 54, S. I27f. 4 Vgl. vorl. Arb. S. 138. 5 N. h. 34, 5 (10), 18. 6 4973; s. uns. Tf. 5id; Inst. Photo, N. M. 228; W. II, 98, 5. 7 Köster, Tf. 88; vgl.vorl. Arb. S. 2,50. 8 D. Burr, Nr. 4, Ti. 2. 9 4847; s. D. Burr, S. nf. Fig. 7 und 5.

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

andere Figur angehört. Ein gewisser Abstand muß zwischen beiden Terrakotten angenommen werden. Bei der »nackten Muse mit der Buchrolle« und dem flavischen »Toupet« ist das Maß des Erträglichen voll. Im griechischen Sinne von Plastik und erst recht Koroplastik war es das schon mit der Diphiloszeit. Daß sich das Ende der myrinäischen Werkstätten noch länger hinzog, kennzeichnet vielleicht die zum Teil klassizistische Spätzeit, der das Neue weniger wichtig ist als das Alte. Mit einer besonderen Einwirkung des römischen Wesens oder auch nur Interesses wird man hierbei in Kleinasien jedoch kaum rechnen, trotz der Signaturen von Werkstattsbesitzern mit lateinischem Namen; eher dagegen mit einem längeren und stärkeren Nachleben hellenistischer Formbestrebungen. Dies ist ja schon im i. Jahrhundert v.Chr. für die kleinasiatische Kunst und zwar besonders in der Kleinwelt der Terrakotten charakteristisch . Noch in der Werkstatt des Diphilos ist es an dem Nebeneinander zweier solcher Figuren wie der in München deutlich1. Selbst weiterhin sind in ihrer Heimat im jonischen Kleinasien hellenistische Formbestrebungen wachgeblieben, haben z.B. inAphrodisias und andernorts sogar zu einer Erneuerung pergamenischer Formen oder Motive geführt *4. Aber gerade auch in Kleinasien konnte der Wandel nicht spurlos vorübergehen, der im 2. Jahrhundert n. Chr. die Grabkunst erfaßt *5. Das plastische Interesse wendet sich, soweit es die Ausschmückung des Grabes erkennen läßt, den Relief Sarkophagen zu. Die Koroplastik ist nie Grabkunst im eigentlichen Sinne gewesen. Aber durch die neue Wendung fiel doch auch dieser Anstoß weg, noch weiter Terrakotten zu formen. Die tieferen Gründe lagen freilich im Wesen der Form selbst. Sie hatte sich überlebt. Statt zu versuchen, die Geschichte der Koroplastik im i. Jahrhundert n. Chr. zu verfolgen, die doch keine »Entwicklung« mehr ist, erscheint es hier daher wichtiger, die entscheidende Wendung noch mehr herauszustellen, die die Koroplastik in der Diphiloszeit erfaßt. Hinzukommt, daß sich in ihr die letzten Spuren derTanagräerinnen verlieren. — Der äußere Anspruch, den die koroplastische Form in der frühen römischen Kaiserzeit stellt, enthüllt einen Mangel an innerer Berechtigung gewöhnlich schon bei einer Betrachtung der Seitenansicht der Figur. Das zeigt z. B. besonders ausgeprägt die Aphrodite mit dem Bildniskopf aus Miletopolis*. Trotz aller äußeren Größe ist die Figur auch, was die technischen Anforderungen betrifft, geradezu auf die »vortanagräische« Stufe zurückversetzt. Eine einzige Hohlform hätte und hat wohl auch genügt, die ganze Terrakotte samt Sockel bis zum Hals zu prägen (abgesehen von Kopf und Armen). Der Mangel an plastischer Spannkraft enthüllt sich deutlicher aber vielleicht noch bei Gegenüberstellung von Terrakotten dieser Zeit mit älteren Prägungen desselben Typs. Als Beispiele wurde neben dem Typus der Tänzerin 3 und dem der »Polyhymnia« mit ihren Verwandten auch der der einen Myrinäerin in Athen angeführt t. Wie bei jenen geht die Entwicklungsreihe auch hier von tanagräischen Urbildern aus. Im frühen 2. Jahrhundert v. Chr. liegt die erste Verwandlung. Sie hat wohl bis in die Diphiloszeit nachgewirkt. Jedenfalls wird ihre starre Nachbildung in Istanbul kaum sehr viel früher entstanden ' Samml. Loch, J. Sieveking II, Tf. 98 u. Tf. 99, 8.94,247. 4 4974; Hörn, Tf. 15, 2.

» S. uns. Tf. 470.

3 Vgl. vorl. Arb.

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sein1. Dasselbe gilt für eine Bostoner Figur, die scheint's sogar signiert ist1. Die zweite Athener Figur dieses Typs bringt ihnen gegenüber etwas neues 3. Dieses erscheint zunächst als positiv zu bewerten. Im Grunde aber ist es negativ, was das Verhältnis zur Form wie zu ihrer Struktur anlangt. Das Material ist verleugnet. Der Plastik fehlt die Spannung. Die Form ist ohne Leben. Dabei sieht es so aus, als sei unter den drei Vorbildern, die in Frage kommen, der frühen Athener Myrinäerin der Vorzug zu geben. In der Faltenführung des Mantels entsprechen am meisten die beiden Athener Figuren einander. Ist jene frühe myrinäische Figur hier vielleicht nachgebildet und im Sinne etwa der »Vatikanischen Köre« in den späthellenistischen Stil übersetzt oder sind doch noch andere nicht erhaltene Zwischenglieder einzuschalten ? An der Datierung in die Diphiloszeit oder kurz davor ist schon bei einem Vergleich mit dem Diphilos signierten Apollo in Athen nicht zu zweifeln 4. Anders verhalten sich im Vergleich damit die zwei »Pudicitien« im Louvre, zu denen ein entsprechendes Stück in Grab in Myrina gefunden ist 5, zu Figuren desselben Motivs aus der Zeit um 100 v. Chr. z. B. einer in Berlin6 oder auch einer in Athen?. Der Kopf der einen Figur im Louvre steht dabei dem der Athener Figur 4932 nahe, vor allem aber dem der Frau aus der Gruppe im Louvre8. Der der anderen zeigt schon eine Frisur der frühen Kaiserzeit. Jedenfalls stellen beide Figuren mehr abgeleitete Formen dar, darin mehr Istanbul 2568 und Boston 91 entsprechend. Dagegen zeigt eine andere Figur im Louvre wieder' wie um die Zeitwende der myrinäische Stil seine letzte Verwandlung durchmacht. Sie gibt denselben Typ wieder, den für die Zeit vor 100 v. Chr. eine Myrinäerin in Athen vertritt10. Der Typenzusammenhang stellt sich dabei erst für näheres Hinsehen heraus, so verändert wirkt die Figur im Louvre. Aber auch bei genauerer Betrachtung wird es nicht glaubhafter, daß die Pariser Figur von einer solchen Form wie der Athener herzuleiten sei. Vielmehr stellt sich auch in diesem Falle der Gedanke ein, auf die Pariser Figur habe ein freilich nicht erhaltenes Vorbild der hochhellenistischen Zeit eingewirkt, ähnlich wie dies für das Verhältnis von Athen 4932 zu Athen 4974 zu fragen war. Die Athener Terrakotte 4932 steht übrigens der Pariser Figur auch im Kopf sehr nahe. Diese zeigt im Vergleich mit Athen 4912 im ganzen allerdings viel weniger Spannung und Sinn für den Ton als Bildstoff, in Einzelheiten in der Wiedergabe des Gewands und der Falten im Mantel jedoch eine größere Frische, so daß man fast versucht ist, die Entwicklungsgeschichte beider Formen umgekehrt zu sehen wie vorgeschlagen wurde. Doch ergibt sich eine Lösung, wenn man annimmt, hier sei eine frühere Fassung des Typs nachgebildet worden. Ihr statuarisches Gegenstück und Urbild könnte man sich etwa entsprechend einem bekannten DemeterTypus vorstellen11. Natürlich ist bei dem ganzen Formgcbahren der Pariser Figur 1

M. 2568, s. uns. Tf. I2a. » D. Burr, a. a. O., Nr. 91, Tf. 35. 3 4932, s. uns. Tf. izb, Philadelpheus, Tf. 16, i; W. II, 56. 4. 4 4895, s. uns. Tf. 12c. 5 P. R., Nr. 53, Tf. 5,3; 8.95,278; Nr. 52, Tel.II,2iia. * 7946, s. uns. Tf.43C; W. 11,35, 7. 7 4977, s. uns. Tf. 45 c; W.U. 35, 8; vgl. vorl. Arb. S. 220. » P. R., Tf. 39, 2; vgl. vorl. Arb. S. 246ff. 9 P. R., Tf. 28, 2, Nr. 196. 10 4912; siehe uns. Tf. 45 d; W. II, 65, 3. » Siehe A. Hekler, Münchener archäologische Studien, S. 1751., 243, Fig. 19, 20, Nr. XXI; vgl. R. Hörn, S. 43f., Anm. 4.

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auch zu fragen, ob hier nicht überhaupt ein entsprechendes großplastisches Urbild nachgeahmt und kopiert sei. Angesichts des Verhältnisses von Athen 4932 zu Athen 4974 und von deren tanagräischen Vorstufen besteht dazu aber kein zwingender Grund. Ähnlich wie mit dem Nachleben tanagräischer Formen müßte man also auch mit dem Nach- und Wiederaufleben früherer myrinäischer Formen in der Spätzeit rechnen. Wie die ältere Großplastik auch in Terrakotta kopiert wurde, könnte ebenso die ältere Koroplastik hier nachgebildet sein. Da es sich aber um Vorgänge handelt, die zur koroplastischen Überlieferung eines Ortes gehören, erschiene dann der lebendige Zusammenhang innerhalb der Typenentwicklung gestört. Auf die Bedeutung der Diphiloszeit fiele so auch von dieser Seite her Licht. Das steht jedenfalls fest, daß in dieser Epoche der typischen Form die innere Berechtigung und damit auch das innere Leben genommen wird. Am Eros, der den Spiegel hält 1 , wurde der Wandel schon an der veränderten Bedeutung des Attributs für die Form deutlich, darin nämlich, daß hier die Attribute ohne Zerstörung der einmal geprägten Form nicht mehr auszuwechseln sind. Wenn auf der anderen Seite in der "Werkstatt des Menophilos einmal Hermes2 und einmal Plutoss nur durch Änderung der Attribute unterschieden, im übrigen aber aus der gleichen Form gezogen sind, so widerspricht das eigentlich der Mannigfaltigkeit, die sonst angestrebt ist. Von Götter- und Tierfiguren, von Statuenkopien bis zur historischen Darstellung und zur Porträtfigur ist jetzt doch so ziemlich alles vertreten, was Klein- und Großplastik nur irgend anging. Dieselbe Form wird für ganz verschiedene Inhalte vom selben Koroplasten »stereotyp« verwendet. So stellt eine Form einmal Eros und Psyche dar«, einmal Dionysos und Ariadne5, eine sehr ähnliche Dionysos6 und dann wieder Apollo". Wenn wieder diese Typen sich in ihren Formen kaum von den beiden Menophilosfiguren unterscheiden, ebensowenig wie von dem Eros als Apollo8 und von einem Epheben', so erscheint das nicht wie eine gesteigerte Bedeutung des Typischen, sondern als eine veräußerlichte, formalistische. Denn das Streben nach Vielfalt, das sich sonst in der Wahl ganz verschiedener Vorwürfe bekundet, ist damit kaum in Einklang zu bringen. Gehalt und Form sind jetzt zweierlei. Die Erfindungsgabe bemächtigt sich des Gedankens, stellt ihn über die Gestaltung. Der gedanklichen Erweiterung des Kreises, die die myrinäische Welt und besonders die späte von der tanagräischen unterscheidet, steht eine Beschränkung auf verhältnismäßig wenige Grundformen und Typen gegenüber. An die Stelle lebendiger Entwicklung der einmal geprägten Form ist ein lebhafter Wechsel der Motive getreten. So erklärt es sich auch, daß sich in der myrinäischen Koroplastik im Gegensatz zur tanagräischen sehr viel seltener Typenreihen verfolgen lassen, und daß die Entwicklung eines Typs in Sprüngen über sehr viel größere Zeiträume führen kann. Es ist so, als bleibe die Form, der Typ sich gleich, stereotyp, der Sinn aber sei allein zum wandelbaren Prinzip geworden. Das gilt jetzt nicht nur über bestimmte Spannen ' P. R., Tf. ii, 4; vgl. vorl. Arb. S. 241. * P. R., Tf. 29, 6, Nr. 200. 3 P. R., Tf. 29, 8, Nr. 209. 4 P. R., Nr. 273, Abb. 50, S. 410. 5 P. R., Tf. 7 , 3 , Nr. 182. ' P. R., Tf. 7, i, Nr. 8 179; vgl. auch S. 30; vgl. Slg. Loeb II, Tf. 97. ' P. R-, S. 3981.. Abb. 49. P. R-, Tf. 7, 4, Ä Nr. 178; Grab 59, S. S^t.; dazu Anm. * . 9 P. R., Tf. 29, 2, 212; vgl. vorl. Arb. S. 209.

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einer geschichtlichen Entwicklung hin oder eines Meisterlebens, sondern sogar im gleichen Augenblick. So unterscheidet sich die Art, in der in des Menophilos Werkstatt einmal Hermes und einmal Plutos dargestellt oder vielmehr hergestellt sind, nicht wesentlich von der der römischen Kopisten *7, aber auch der der »vortanagräischen« Koroplasten *8. Die Form lebt denn auch weniger aus sich und in sich als in der Beziehung zum Beschauer und in ihm, für den sie nun ganz anders berechnet ist *9. Wieder sei an den spiegeltragenden Eros erinnert. Gestaltwandel ist Beziehungswandel geworden. Beziehung, nicht Erfüllung ist jetzt Sinn der Gestalt. Wenn aber gesteigerter Wert auf die Beziehung zum Betrachter und zur Umwelt gelegt wurde, auf die Einmaligkeit in Raum und Zeit, war in der Tat einer typischen Form die Berechtigung entzogen. Der Typus ist entseelt. Der Sinn für die Vielfalt der Erscheinungen und ihre Eigenschaften, der sich in der Mannigfaltigkeit der Motive äußert und in der stärker betonten Beziehung der einzelnen Erscheinung, nimmt eben dieser den typischen Wert. Das ist schon von den »römischen Kopisten« hellenistischer Gestaltung gegenüber empfunden worden, wie allein die Auswahl ihrer Vorbilder zeigt. — Die hellenistische Großplastik hatte bereits von vornherein den Weg eingeschlagen, der vom Typus weg- und zum Porträt hinführt. Die Tanagräerin und das Mädchen von Antium bezeichnen innerhalb der Gattung der Gewandfigur in der frühhellenistischen Kunst zwei dementsprechcnde Extreme. Auf dem Höhepunkt der Entwicklung, in der hochhellenistischen Epoche, werden diese in einer Reaktion von äußerster Anspannung vereinigt oder vielmehr zu verbinden gesucht, durch die pathetische Steigerung. Aber für die typischste Gewandfigur, die Tanagräerin wie für das »typische« Porträt, den getreuen Bildniskopf, versagt diese Zeit. Als dann die späthellenistischc Myrinäerin einen Porträtkopf erhielt oder erhalten konnte, da war das Ende der griechischen Koroplastik gekommen, die in der Tanagrafigur ihren Höhepunkt erreicht hatte. Tanagrafiguren, die vom Typischen abweichen, sind selten. In anderen griechischen Werkstätten ihrer Zeit war das vielleicht anders, sehr viel anders wohl kaum. Solche Köpfe, wie der in München, gehören zu den Ausnahmen und haben wohl auch anderen als koroplastischen Zwecken gedient1. Wenn in der tanagräischen Koroplastik einmal Porträtzüge auftauchen, erscheinen sie doch gleich zum Typischen hin »karikiert« z. B. bei Berlin 6310*. Auch diese Terrakotte ließe sich einer Typenreihe einfügen 3. Aber damit wäre dem Werke kaum viel gedient. Nicht nur, weil es sich dann besser datieren läßt, ist es mit Großplastik zu konfrontieren, z. B. mit der Philosophenstatue in Delphi 4 und der kleinen Hades-Statuette aus dem Demeter- Heiligtum in Kos 5, die ihrer Inschrift nach in die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. gesetzt werden kann. Gerade bei solchen Vergleichen wird die Ausnahmestellung der tanagräischen Philosophenstatuette klar, aber auch ihr Zusammenhang mit der Karikatur. 1

J. Sieveking, Samml. Loeb II, Tf. 77, 2. > Siehe A. Hekler, Arch. Ert. 43, 1929, S. iff., dazu Anm. * «. 3 Vgl. W. II, 240; London C 334, Cat. Tf. 30 (Hutton, Tf. 4, 4) ; weiter Sciatbi. Tf. 72, 217 (Umkehrung) und als spätestes Stück Sciatbi, Tf. 72, 215. 4 F. de Delphes IV, Tf. s. vorl. Arb; S. 149. 5 Cl. Rhodos V, 2, S. :86ff.; vgl. vorl. Arb. S. 152.

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III. DIE MYRINÄISCHEN TERRAKOTTEN

Die myrinäische Koroplastik ist der tanagräischen mehr als andere verpflichtet. Das zeigt sich auch darin, daß sie mehr als andere z. B. die smyrnäische, das Porträt und selbst die Karikatur meidet. Die Aphrodite mit Bildniskopf, die nach einem myrinäischen Typ in Miletopolis geformt ist, und die nackte Muse mit der flavischen Frisur und dem alten Gesicht stehen am Ende der myrinäischen Überlieferung, die noch in der tanagräischen wurzelt. Die neue, man kann sagen »psychologische Wendung« die mit dem i. Jahrhundert v. Chr. die statuarische Plastik erfaßt, bedeutete eine so entscheidende Wandlung und lag so jenseits des Bereichs griechischer Terrakotten, besonders der der tanagräischen Nachfolge, daß ihr längeres Fortleben schon aus inneren Gründen unwahrscheinlich wäre. Wie die pathetische Steigerung außerhalb der Grenzen lag, in denen sich ihre Welt erfüllte, so hatte ihnen die Gestalt immer mehr bedeutet als der Ausdruck ihres seelischen Gehalts. Darin waren die Tanagräerinnen mehr griechisch und klassisch als hellenistisch gewesen. Etwas davon steckte auch in den Myrinafiguren. Selbst die smyrnäische Fabrik aber war den neuen Anforderungen, dem inneren wie dem äußeren Format nach, offenbar nicht gewachsen und hatte nicht viel längeren Bestand. Italisches Erbe in der römischen Kunst war unter anderem das große äußere Format von Terrakotten. Solche Darstellung wie die des Juppiter in Frankfurt a. M.1 verstieß gegen das äußere Format, das der griechischen Tonbildnerei seit der klassischen Kunst zukam. Solche Bildnisse wie das des »Cicero« in München1 verstießen aber auch gegen das innere Format der Koroplastik. Die Zeit einer Koroplastik in der eigentlichen Bedeutung des Wortes ist vorbei. Sie war in dem griechischen klassischen Sinne von Plastik und Monumentalität bestimmt gewesen. Wenn Roms Kunst in der Kaiserzeit aber nicht viel für die Tonbildnerei übrig hatte * ", obwohl doch die Frage des Formats für sie nicht bestand, so lag das zum Teil wohl an der Geringschätzung des Materials. Was aber die Provinzen Ägypten, Südrußland * I2 , Athen *J3, Germanien*M und andere noch später an Tonfiguren hervorbrachten, hat mit unserem Thema kaum mehr etwas zu tun. Was von tanagräischer Überlieferung und koroplastischer Tradition noch in der späthellenistischen Kunst Myrinas lebte, dem bereitete schon die Diphiloszeit ein Ende. Für einen tanagräischen Typus3 zeigte das vielleicht am deutlichsten die Diphilu signierte Myrinäerin in Athen t. Die Zahl myrinäischer Terrakotten, die in späterer Zeit einen tanagräischen Typus verhältnismäßig unverändert wiedergeben, ist nicht groß. Bei der Istanbuler Figur vom »Sophokles«-Typ ist allerdings an der (oben vertretenen) späten Ansetzung auch dem Stil nach wohl kaum ein Zweifel möglich;. Sehr wenig im Sinne der Spätzeit verändert erscheint dagegen der Typus der kleinen »Herculanenserin« in der Athener Figur Nr. 49386. Hier muß eine Fassung des späten 3. Jahrhunderts v. Chr. unmittelbar das Vorbild abgegeben haben, wie es etwa aus Grab A erhalten sein könnte 7 . Nur die hohe profilierte Basis und ' Siehe J. Sievcking, Mü. Jb. VI, 1911. S. iff. > Siehe J. Sieveking. Samml. Loeb II, Tf. 104. 3 W. II, 54, 9; vgl. Athen 4573; s. uns. Tf. 38a; vgl. vorl. Arb. S. 207 f. 4 4813, s. uns. Tf. 38b/c; s. vorl. Arb. S. 227 ff. 5 M. 2561, s. uns. Tf. 17d; vgl. vorl. Arb. S. 98. 6 5. uns. Tf. 21 a; vgl. vorl. Arb. S. 108. 7 P. R., Tf. 37/38, 9; vgl. 4.

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der Kopf zeigen an, daß die Figur nicht allzuweit von der Diphiloszeit abgerückt werden kann. Vielleicht ist das Vorbild einfach überformt worden? — Danach leuchtet ein, daß es Fälle geben kann, die sich nur schwer recht beurteilen lassen. Das gilt z. B. für die Myrinäerin in Athen Nr. 4931'. Wann ist sie gemacht worden ? Man glaubt ihr noch etwas vom Volumen der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. anzumerken. Doch fehlt es dabei an Spannung. Die Figur erscheint nicht recht erfüllt. Auf der anderen Seite mangelt es an ausreichenden Indizien, die die Einordnung in eine bestimmte spätere Epoche ermöglichten. — Deutlich spät ist eine im Typus entsprechende Figur in Athen 2 . Sie hat ein Füllhorn in den linken Arm bekommen. In der starren unerfüllten Haltung, in der unplastischen Wiedergabe des Gewandes, besonders des Untergewandes und seiner Falten, ist die Nähe der Diphiloszeit spürbar. Hinzukommt, daß in Prag, in der Sammlung Lanna, nach F. Winter ein ähnliches Diphilu signiertes Stück erhalten sein soll3. Ein genau entsprechendes echt tanagräisches Vorbild ist nicht bekannt. Doch ist nicht zu zweifeln, daß es einen solchen Typus unter den Tanagrafiguren gegeben hat. Darauf weist schon eine ältere, früher betrachtete Myrinäerin in Paris hin 4. Abgesehen vom eingestützten rechten und aufgestützten linken Arm, ist sie vom gleichen Typ. — Noch tanagräischer mag auf den ersten Blick die Myrinäerin in Athen Nr. 4936 wirken 5. Aber die eigentümlich unstoffliche Behandlung des Tons, der Kopf und anderes erinnern an solche Werke wie die »Demeter« in Paris6. Die Gewandbehandlung läßt sich auch mit der der »Vatikanischen Köre« vergleichen. Etwas spannungsreicher und darum wohl auch etwas früher als die bisher angeführten Terrakotten dieses Typs ist die in Boston 7. Sie könnte vielleicht noch dem späten 2. Jahrhundert v. Chr. angehören. Tanagräisch und auch wieder nicht tanagräisch ist die Figur in Athen, Nr. 4937*. Noch weniger als bei der Athener Myrinäerin 4931 ist hier die Form erfüllt. Sie wirkt besonders spannungslos, aber auch unausgeglichen. So sind die dicken strähnigen Falten bei dem Mangel an Spannung befremdlich. Der Kopf erinnert an den der Dresdner Tänzerin aus der Werkstatt des Nikostratos? aber auch an die Köpfe von Figuren aus der Zeit um 200 v. Chr. z. B. Athen 448510. Daß trotzdem nur die Zeit der Nikostratoswerkstatt etwa in Frage kommt, oder eine nur wenig frühere, zeigt eine ähnliche Figur vom gleichen Typ in Boston, die schon um ihres Kopfes willen aber auch wegen ihrer starren Haltung dem späteren i. Jahrhundert v. Chr. angehören muß". Immerhin weisen der Kopf und die sperrige zwiespältige Bewegung der Athener Myrinäerin wohl daraufhin, daß ihr Vorbild dem späten 3. Jahrhundert v. Chr. angehörte *»5. Auch schon in reif hellenistischer Zeit hat es Nachahmungen von Tanagräerinnen gegeben, z. B. Athen Nr. 4897". Diese Figur trägt den1

s. uns. Tf. 2i b; W. II, 16, 7b. * 4957, s. uns. Tf.sib; W II, 172, 4; Inst. Photo, N. M. 213; Bieber 2898. 3 W. II, 56, 3. 4 P. R., Tf. 36, 5; s. vorl. Arb. S. 120. 5 S. uns. Tf. 51 a; W. II, 16, 7; Inst. Photo, N. M. 207; Bieber 5868; Philadelpheus, Tf. 16, 2. 6 P. R., Tf. 27, 2. 7 D. Burr. Nr. 88, Tf. 34. « S. uns. Tf. 510; W. II, 56, 7; Inst. Photo, N. M. 218; Bieber 2875. 9 S. uns. Tf. 42b; s. vorl. Arb. S. 227. " S. uns. Tf. 33d; s. vorl. Arb. S. 162 f. " D. Burr, Tf. 35, Nr. 93; vgl. 92. « Philadelpheus, Tf. 13; W. II, 12, 6.

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selben oder fast denselben Kopf mit der »Buckel-Löckchenfrisur« wie der hermaphroditische bekleidete Eros1. Ähnlich im Typus aber nicht in den Formen ist auch der der myrinäischen Tanagräerin im Louvre2, oder einer anderen ebenda3. Hier müssen noch Zusammenhänge in gerader Linie bestanden haben. Dies spricht dafür, den Eros und also auch die Athener Myrinäerin so früh anzusetzen wie oben vorgeschlagen wurde, nämlich ins mittlere 2. Jahrhundert v. Chr. Von Figuren des gleichen Typs4 aus der Zeit des späten 3. Jahrhunderts v. Chr. wie z. B. in Grab A eine erhalten ist s, unterscheidet sich jene auch wenig (was allerdings nicht unbedingt eindeutig ist). In diesem Falle ist uns sogar ein verhältnismäßig früher tanagräischer Vertreter dieses Typus in einer Berliner Terrakotte überkommen6. Daß es um diese Zeit auch anderswo noch Nachfahren tanagräischer Terrakotten gegeben hat, darauf könnte das Münchner Weiherelief deuten?, das in der Reihe seiner Figuren unter der großen Platane auch zwei Tanagräerinnen eines bekannten Typs zeigt8. Es ist ein Opfer dargestellt, das eine aus zahlreichen Mitgliedern bestehende Familie einem Gott (oder Heros?) und einer Göttin (oder Heroine?) in ihrem heiligen Bezirk darbringt. Gehören die Tanagräerinnen dazu? Die große Platane und ein an ihr aufgehängtes Tuch oder Segel spenden Schatten. Auf einem Pfeiler stehen zwei archaistische Götterbilder. — Umgebung und Einzelheiten sind mit sehr viel Hingabe ausgemalt. So werden die beiden Tanagräerinnen nicht zur Familie oder auch nur zum Opfer gehören, sondern beiseite stehen und nur Zuschauer spielen. Das erschwert aber die Beurteilung. Denn wie schon verschiedentlich bemerkt wurde, daß die rechte Hälfte des Bildes sehr ähnlich auf anderen Reliefs vorkommt9, so könnten auch die Tanagräerinnen einem älteren Vorbild der Malerei oder der Reliefkunst entnommen sein. Das statuarische Vorbild der weiblichen Kultfigur und das Verhältnis der Figuren zu ihrem Umraum, dem die Gestalt ein- und untergeordnet ist, erlauben schwerlich das Relief noch in der Lebenszeit der tanagräischen Kunst anzusetzen* 16 . Vielmehr ist für die Kunst des Reliefs die Stilstufe des pergamenischen Telephos-Frieses wohl Voraussetzung * '7. Figur und Raum sind sich nicht mehr feindlich. Die Herkunft des Werk- steht leider nicht fest. Es soll aus Korinth gekommen, der Marmor pentelisch sein. Unbedingt spricht das weder gegen Korinth noch für Athen als Ursprungsort. Von der Koroplastik dieser Städte ist für das 2. oder i. Jahrhundert v. Chr. freilich kaum etwas bekannt10, so daß nicht genau zu sagen ist, wie hier der Künstler des Reliefs habe Tanagräerinnen kennen können. In der frühhellenistischen Zeit hatten Korinth wie Athen sicherlich koroplastische Beziehungen zu Tanagra. Im späteren 2. und früheren i. Jahrhundert v. Chr. fiel Korinth als koroplastisches Zentrum allerdings wohl aus. Denn kut Strabo" soll die Stadt nach der Zerstörung durch die Soldaten des L. Mummius (146 v. Chr.) lange 1

J P. R., Tf. 15; s. vorl. Arb. S. 245. P. R., Tf. 36, 5; s. vorl. Arb. S. 120. 3 Nr. 668, s. uns. Tf. 2 4 d; Photo, Alin. 23763; s. vorl. A. S. 177. 4 W. II, 12, 6; vgl. Hörn, S. 43. 5 P. R„ Tf. 37/38, . ' Köster, Tf. 41. 7 Glyptothek Nr. 206; Furtwängler-Wolters Nr. 206, S, 183f.; 8 50 Meisterwerke, Tf. 44. Vgl. Hörn, Tf. 5, .3; s. vorl. Arb. S. 108. 9 Vgl. zuletzt L. Laulo renzi, R. M. 1939, S. 42 ff. Athen, Westabhang der Akropolis: Terrakotta-Form u. a. s. A. M. 1901, S. 330, Fig. 21 (C. Watzinger). " VIII, 6, p. 381.

NACHTRAG

20?

Zeit verlassen geblieben sein * I8 . In Myrina hat man aber offenbar noch viel später Terrakotten (nicht nur Typen) bestimmter früherer Epochen nachgeahmt und sogar nachgeformt. Es gab späthellenistische Terrakotten, bei denen zu fragen war, ob sie nicht auf sehr viel ältere myrinäische Typen unmittelbar zurückgingen. Vor allem freilich gab es entsprechende Formen tanagräischen Typs. Man muß also, ähnlich wie das von Marmor- und Bronze-Werken gilt1, spätestens etwa seit reif-hellenistischer Zeit ältere Terrakotten oder zum mindesten Hohlformen gesammelt haben. Von den korinthischen Terrakotten scheint dies nun auch für die späthellenistische Zeit wenigstens überliefert zu sein. Strabo berichtet nämlich ">·, daß beim Neubau Korinths unter Cäsar (seit 46 v. Chr.) in den alten Gräbern zum Vorschein gekommen und dann um teures Geld verkauft worden seien. Rom wäre von voll gewesen. Dabei bedeuten 20 Topiu.„crra doch wohl Tonfiguren * . Die Koroplastik mündet also ebenso wie die Großplastik im Kopienwesen. Gemeint ist dabei in diesem Falle nicht der Umstand, daß ältere Statuen in der Sphäre der Terrakotten möglichst getreu nachgebildet wurden. Aber es ist gut daran zu erinnern, daß das Kopieren gleichzeitiger Großplastik bereits die hochhellenistische Koroplastik kennzeichnet. Denn es macht verständlicher, daß bald auch schon Kopien nach älteren Terrakotten begegnen. Dazu paßt, daß es erst später zu Terrakottanachbildungen älterer Großplastik kam. Dazu paßt aber auch, daß die Fortentwicklung eines Typs nachläßt, die doch die Tanagrafiguren gerade ausgezeichnet hatte. Daß es aber die Tanagräerinnen waren, die vor allem nachgebildet wurden, entspricht der Rangstellung, die ihnen in dieser Arbeit zuzuerkennen war. Gerade ihrer Bescheidenheit gebührt der Preis offenbar auch im Sinne der späteren Antike. Auch für diese vertreten die Tanagrafiguren die klassische Stufe der Koroplastik.

NACHTRAG Elisabeth Jastrows Aufsatz über »Abformung und Typenwandel in der antiken Tonplastik« ist mir erst während der Umbruch-Korrektur zu Gesicht gekommen (Acta Instituti Romani Sueciae V, i Opuscula Archaelogica II, i, 1939, S. i ff.). Freundlicherweise hatte die Verfasserin mir aber schon vor geraumer Zeit in Athen von ihren eingehenden Untersuchungen erzählt. Für die aus italischen Funden des 6. bis 2. Jahrhs. v. Chr. bekannten Tonaltärchen mit Reliefschmuck haben sich auf Grund genau gemessenen Schwundes beim Trocknen und Brennen ganz bestimmte Reihen aufstellen lassen. Das Ergebnis ist (S. 5) »Die nach der Reliefgröße vorgenommene Anordnung führt zugleich die Reihenfolge nach der Qualität der Reliefs vor Augen, und zwar genau entsprechend dem technischen Vorgang der Abformung, der die Gruppen miteinander verbindet«. Zum Ausgleich der so bedingten Verkleinerungen erscheinen dann z. B. rahmende Profile vergrößert, einzelne reliefierte Teile verbreitert oder gar verdoppelt (S. 7 f. Abb. i u. 2). Dementsprechend wirkt der Stil an den Stellen freier, die beim steten Ab- und Überformen Einbußen erlitten haben und die deswegen aus freier Hand nachgearbeitet wurden usw. 1

Vgl. G. Lippold, K. u. U., S. 150.; dazu Anm. *'».

» A.a.O. 38if.

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NACHTRAG

Auf Grund einzelner entsprechender Bemerkungen anderer geht E. Jastrow schließlich dazu über, aus den an den Tonaltärchen gemachten Beobachtungen kurz auch Folgerungen für den Typenwandel in der Koroplastik zu ziehen (S. 21 ff.). Sie weist darauf hin, daß sich »Verkleinerungsreihen« auch für die Tonstatuetten aufstellen lassen, und zeigt, wie ein entsprechender Größenausgleich z. B. durch Erhöhung des Sockels der Figur geschaffen werden kann usw. (S. 23 f. Abb. 9). Dabei handelt es sich z. T. um solche Fälle, die wie bereits in der Einleitung zur vorliegenden Arbeit gesagt ist (S. 4) hier weniger von Belang sind. Jedoch muß E. Jastrows Ausführungen gegenüber noch besonders ausgesprochen werden, daß die Entwicklungsreihe eines tanagräischen Typs keineswegs einer Verkleinerungsreihe entspricht. Selbst der technische Vorgang mußte bei einer Schrumpfung von jeweils 10% (vgl. E. Jastrow a. a. O. S. 3 f.) im Laufe des 6. bis 2. Jahrh. v. Chr. auch bei den Tonaltärchen einmal zur Herstellung einer neuen Positiv-Form (Patrize) oder wenigstens zum Zurückgreifen auf einen wesentlich älteren Form-Ausdruck führen, d. h. zu einem neuen Typ oder zu einer Erneuerung des Typs. Abgesehen davon ist aber schon von vornherein fraglich, ob diese Verhältnisse nach Zeit, Ort und Gegenstand überall entsprechend lagen. Der ganz andere künstlerische Anspruch der Tanagrafiguren gegenüber den Tonaltärchen geht so bereits aus der Rolle hervor, die hier das Modellierholz spielt (vgl. a. a. O. S. 2 Anm. i, vgl. auch S. 21). Selbst wenn z. B. die Athener »Sophokles-Figur« (s. uns. Taf. 5 b) aus Überformung einer solchen wie der Berliner (s. uns. Taf. 5 a) entstanden sein sollte (vgl. dazu E. Jastrow S. 25) müßten die Veränderungen, die der Koroplast jeweils aus freier Hand an Hohlform oder Hohlformen wie Ausdruck vorgenommen hat, als die wesentlichen gelten. Doch ist ein entsprechender Beweis in diesem wie in anderen Fällen nicht nur mangels an Zwischengliedern (vgl. E. Jastrow S. 22 ff.) schwer zu erbringen. Bei der Pariser Terrakotte des gleichen Typs (s. uns. Taf. 5 d) wird ihn, aach wenn man von den Größen-Unterschieden absieht, wohl selbst E. Jastrow kaum führen wollen. In der Tat zeigen schon unsere ersten Abbildungen, daß der Typenwandel hier keinesfalls entscheidend durch die Abformung bestimmt wird (s. uns. Taf. i u. 2 u. a. vgl. noch Taf. 19 c, d und f) wie es denn bezeichnend ist, daß F. Winter die Typen-Zusammenhänge nicht selten verkannt und Vertreter eines Typs unter ganz verschiedenen Nummern angeführt hat (vgl. z. B. vorl. Arb. S. 9 Anm. 5; 53 Anm. 5 u. a.). Weiter machen es datierte Funde gewiß, daß man sich die angeblichen dauernden Verkleinerungen nicht gefallen ließ (s. vorl. Arb. S. 4,16 (18) 51, 86, 160, 283 IIAy *y) ja sogar größere Formen haben wollte, als es je vorher gegeben hatte (vgl. noch Recueil E. Pettier, S. 601). Das heißt: man hat frische HohlFormen gebildet, nicht nur wenn man eine andere Matrize aus technischen Ursachen benötigte, sondern auch wenn man um stilistischer Gründe willen eine neue brauchte. So kann es aber ebenfalls als bezeichnend gelten, wenn ein Zeitalter von dieser Möglichkeit weniger Gebrauch machte und sich mehr mit Verkleinerungen begnügte. Selbst in jener späten Epoche, in der auch die Koroplastik zum Kopieren und zum Überformen viel älterer Stücke ohne weiteres bereit war, hat es immer noch Typenverwandschaft gegeben, die nicht auf der Abformung beruhte (s. uns. Taf. 48 a und b mit vorl. Arb. S. 250; Taf. 12 a und b mit S. 215, 261; vgl. noch S. 265). Allerdings wäre zu fragen, ob diese Verhältnisse schon in der klassischen Zeit so lagen, d. h. in der Zeit, der E. Jastrows Arbeit hauptsächlich gilt. Vielleicht brächte die Antwort darauf noch einen neuen Hinweis auf die Bedeutung der Tanagrafigur und des Schrittes zur tanagräischen Stufe (vgl. vorl. Arb. S. 5).

A N M E R K U N G E N MIT * I A.

*' Vgl. im übrigen Darcmberg-Saglio, Dictionnairc des Antiquit^s, s. v. Figlinum opus II, 2, (P. Jamot). *= Vgl. dazu E. Pettier, Les statuettes de tcrre cuite, S. 53; R. E. zweite Reihe IX, Sp. 815 s. v. Terrakotten (Heidenreich); vgl. auch noch F. Winter, Kunst und Künstler, 1903, S. 23!. — Vgl. für Olynth auch D. M. Robinson, Excavations VII, S. if. — Für die Zeit von der persischen Invasion 479 v. Chr. bis zum Synoikismos 432 v. Chr. stellt er einen zahlenmäßigen Rückgang in der Terrakotten-Produktion fest, der wohl nicht nur durch äußere Gründe zu erklären ist. *3 Vgl. P.Knoblauch, Studien, 8.105. *4 Vgl. noch besonders P.Knoblauch, Studien, S. 1051., vgl. S. 9f. *5 Vgl. W. II, 7off.; vgl. vorl. Arb. 8.125. *« S. auch noch Darcmberg-Saglio, a. a. O. 1132 und ds., s. v. Gypsum 1715. — Vgl. Pottier a. a. O., S. 42f.; W. Doonna, Les Statues de Terre-Cuite en Grece, S. 21 ff., 23, mit der antiken Literatur; vgl. R. E. zweite Reihe IX, Sp. 813, s. v. Terrakotten (Heidenreich). — Vgl. auch R. E. X 2, Sp. 1503 s. v. Kaikosthenes (Lippold) und Knoblauch, Studien, S. 10. — Die überlieferten Nachrichten sind wie die erhaltenen Reste, die für die nacharchaische Zeit in Frage kommen, spärlich und schwer näher zu bestimmen. Was von sicher ganzen Figuren bewahrt ist, hält sich, abgesehen von der späthellenistischen Zeit weit unter Lebensgröße, so die dem Akroter der Stoa Basileios zugeschriebenen Stücke (H. A. Thompson, Hesperia 6, 1937, S. 37ff., fig. 25; A. Rumpf, J. d. I. 1938, S. 123!). Diese hängen zudem vielleicht mit einer weniger klassischen Tradition zusammen, ähnlich wie das Akroter mit Zeus und Ganymed aus Olympia (E. Kunze, 100. Berl. Wi. Progr. 1940). *7 Vgl. dazu etwa Köster, S. 66ff. und noch E. Pottier, Les Statuettes de TerreCuite dans l'Antiquite, S. 79ff., S. 80.— Vgl. J. Burckhardt, Aufzeichnungen zur griechischen Kunst, 2. Thonfigurinen, Gesamt-Ausgabe 13,1934, S. 55: »Lautere Idealität, welche der täglichen Erscheinung nur durch eine höchste künstlerische Kraft habe können abgenommen werden.« — Vgl. A. Furtwängler, Sammig. Sabouroff II, Einl., S. 18: »Jene so reizvollen Figuren, die auf der Grenze zwischen Idealem und Wirklichem stehen." — Vgl. auch einen Brief R. M. Rilkes vom 26. Sept. 1902, Inselausgabe: Briefe 1902—06, Nr. 12. *8 Vgl.etwa F. Winter, Kunst und Künstler, 1903, I, S. 21, II, S. 53.—Vgl. auf der anderen Seite A. Furtwängler, Sammlung Sabouroff II, Einl., S. 4f.; E. Pottier, Les Statuettes, S. io8ff., ii3f., iisff. *9 Vgl. N. Jb. 1938, S. 258. *" Vgl. auch noch E. Pottier, Diphilos, S. 108. *« Vgl. dazu noch A. Furtwängler, Sammlung Sabouroff II, Einl. S. 6 und zuletzt R. E. zweite Reihe VIII, Sp. 2i54ff. s. v. Tanagra mit Literatur (Fiehn). — Vgl. auch noch N. G. Pappadakis, Praktika 1911, S. i^zff, G. Karo, A. A. 1912, Sp. 240. I B i

*« Vgl. D. M. Robinson, Excavations at Olynthus, Part IV, The Terra-Cottas of Olynthus found in 1928; Baltimore 1931; Derselbe, dasselbe, Part VII, The Terra-Cottas of Olynthus found in 1931; Baltimore 1933- — Derselbe, A. J. A. 1935, S. 2360. — Derselbe und Graham, Excavations at Olynthus, Part VIII, The Hellenic House, S. iff.; kurz zusammenfassend auch zu bisher erschienenen Rezensionen und zur Geschichte (vgl. auch Exe. Part. III, S. 4); nachzutr. A. Greifenhagen, Gnom. 1935, S. lozff. — Zur Geschichte Olynths vgl. K. J. Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl., III, i, S. 496! III, 2, S. 179 f.; Mabel Gude, A History of Olynthus, Baltimore 1933; R.E. XVIII, i, Sp. 315 ff. s.v. Olynthos (D. M. Robinson). »*· Das Relief, das die Athena Parthenos des Phidias darstellt (Exe. IV, Nr. 358, vgl. 359, Tf. 37) sei zuerst genannt, von bekannten attischen Typen noch folgende: Die Leda: Exe. IV, Tf. 40, Nr. 370; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 72!.; vgl. auch noch P. Knoblauch, A. A. 1938, Sp. 346, Anm. i auf Sp. 347. Vgl. unten Anm. *8 — Der Kopf mit dem Schleier: Exe. VII. Tf. 13, Nr. loo, erinnert sehr an den von den Leda-Figuren her bekannten, aber auch an den, den eine Berliner

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ANMERKUNGEN MIT *

Gewandfigur aus Salamis (Köster, Tf. 37) und entsprechende andere Figuren desselben Typs zeigen (vgl. dazu Knoblauch, a. a. O.). Vielleicht handelt es sich in diesem Falle sogar um ein Importstück. — Dasselbe gilt vielleicht von dem Kopf: Exe. VII, Tf. 14, Nr. 122; vgl. dazu noch Robinson, a. a. O., S. syf., S. 10 mit Anm. 19. Er ist in einem Hause zusammen mit einer Figur der alten Komödie gefunden: Exe. VII, Tf. 37, Nr. 297, die dem Typus nach auch attisch ist; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 76. Dasselbe gilt für andere Komödienfiguren wie: Die verschleierte Alte, Exe. IV, Tf. 38, Nr. 364; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 70 und Exe. VII, S. 79 zu Nr. 297. — Die Schauspielerfigur, Exe. IV, Tf. 46, Nr. 404; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 86f. — Die Maske, Exe. VII, Tf. 37, N*. 288; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 7&f.; und wahrscheinlich auch die Schauspielerfigur, Exe. VII, Tf. 38, Nr. 308. — Attisch, aber auch böotisch, sind die »verhüllten Tänzerinnen«: Exe. VII, Nr. i82ff., Tf. 22f. und dazu Robinson im Kat. S. 51 ff. mit Lit.; vgl. vorl. Arb. S. 12 ff. 132 — Ebenfalls attisch sind die Typen der weit zerstreuten Gruppen von Aphrodite und Eros oder zwei Tänzerinnen usw., die vor allem aus einem Fund bei Intepe in der Troas bekannt sind: Istanbul, G. Mendel, Catalogue des Figurines greques de Terre-cuite, Nr. i867ff., Tf. 4 (vgl. noch H.Bulle, Der schöne Mensch, 3. Aufl., S. 86 f.; P. Wolters, Corolla Curtius. Tf. 24, 2, S. 97 (»kiemasiatisch«! ?)). — Zu den Olynther Stücken vgl. D. L. Z. 1934, Sp. 699; Knoblauch, a. a. O., Sp. 343!, Anm. i. — Auch eine Wiederholung der zweiten Tänzerin aus der Gruppe Istanbul M. 1868 (mit dem unter der Brust quergeführten Mantel) ist in Olynth zutage gekommen und befindet sich jetzt im Museum von Saloniki. — Zu entsprechenden attischen Stücken vgl. W. II, 143, 2; vgl. auch W. II, 3, 7; vgl. auch noch 199, 2 u. a. m. — Als attischen Import bezeichnete D. M. Robinson, Exe. VII, S. 15 die Figurenvasen Exe. VII, Tf. 49, Nr. 386; Tf. 50, Nr. 389; Tf. 52, Nr. 392; Tf. 56, Nr. 402; Tf. 58, Nr. 404; Tf. 60, Nr. 410. *3 Dazu gehören z. B.: Sitzende Frau mit Kind: Exe. IV, Tf. 41, Nr. 378; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 76f.; vgl. noch Alexandria, Sciatbi, Tf. 73, 221. — Vor allem aber aus dem thebanischen Kabirion bekannte Typen, wie der »Hermes und Kriophoros«: Exe. IV, Tf. 32, Nr. 337, S. 581.; VII, Tf. 33, Nr. 260; S. 69; vgl. dazu Robinson, a. a. O. (vgl. auch Köster, Tf. 18; Schneider-Lengyel, Abb. 33 (vgl. Tel. I, 175 C u. a.). — Auch wenn der Typus in Athen vorkommen oder hier gelegentlich selbst geprägt sein sollte, wird man ihn doch auch schon wegen der bekannten Geschichte des Pausanias (IX, 22) aus Böotien herleiten (s. W. I, 179, 5). Allerdings wird der Widder bei den Terrakotten nicht auf den Schultern getragen. — Hockender Silen: Exe. IV, Tf. 44, Nr. 399ff.; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 84!; VII, S. 80 (zu Nr. 304, Tf. 38). — Vgl. auch: Gelagerter Mann: Exe. VII, Tf. 40, Nr. 327; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S.-84f., der auf eine nahe bei Olynth gefundene Weihung an Kabeiros und den Sohn des Kabeiros hinweist; hierzu A. Greifenhagen, Gnom. 1935, S. 164. — Der Freundlichkeit von G. Bruns verdanke ich es, auch noch für folgende Typen Vorkommen im Kabirion angeben zu können: »Gewandfigur«, Exe. VII, Tf. 21, Nr. 172f. (für das Kabirion nicht ganz sicher); vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 49, der entsprechende andere böotische Fundstücke anführt. — Hockender Schäfer, Exe. VII, Tf. 33, Nr. 261 f.; vgl. dazu Robinson, a. a. O., S. 70; A. Greifenhagen, Gnom. 1935, S. 164. — Pan: Exe. VII, Tf. 38, Nr. 301 ff. — hockender Silen: Exe. VII, Tf. 38, Nr. 309ff.; die reichere Bildung des Typs von Exe. IV, Tf. 44, Nr. 399 ff. kommt nach G. Bruns im Kabirion nicht vor. Sie muß aber doch auch böotisch sein. — Tiere wie Exe. VII, Tf. 42ff u. a. m. — *4 G. Lippold stellt es auch in Frage, daß die Baltimorer Terrakotte vor 348 v. Chr. entstanden sein könnte (Phil. Wo. 1932, a. a. O.), setzt aber trotzdem die »Musenbasis« um 360 v. Chr. an (Phil. Wo. 1933, Sp. 1345). Das ist m. E. ein Widerspruch. *S Vgl. z.B. Köster, Tf. 14.— Vgl. dazu P.Knoblauch, Studien zur archaisch-griechischen Tonbildnerei, S. 133. *< Nach P. Knoblauch, A. A. 1939, Sp. 4250. 439ff., ist es in Attika hauptsächlich auf die Puppen beschränkt gewesen (vgl. z. B. Königsberg i. Pr.: R. Lullies, Antike Kleinkunst, Nr. 147. Tf. 21). — Der Typ der Figur Olynth VII, 181 dürfte also nach K. nicht attischer Herkunft sein. *7 Vgl. R. Kökulö v. Str., Griechische Thonfiguren aus Tanagra, S. 20; vgl. E. Breccia, Monuments de l'Egypte Groco-Romaine II, i, S. 24, für die alexandrinischen Terrakotten. — Da die Technik, die Rückseiten aus einer freihändig modellierten Tonplatte herzustellen, auchnach P. Knoblauch, Studien, S. 133, im archaischen lonien vorkommt oder sogarvon den Rhodiern erfunden wurde (A. A. 1939, Sp. 428 Anm. i), ist es unwahrscheinlich, daß sie verloren geht, um durch Athen neu aufgebracht und dann überall verbreitet zu werden, wie P. Knoblauch will (a. a. O.; vgl. Sp. 445ff.). Hinzu kommt, daß um der attischen Koroplastik vor den anderen einen Vorsprung zu geben, die beiden Tänzerinnen in Berlin (C. Blümel, Sport und Spiel, Tf. 42, 17 und Köster, Tf. 38) von K.

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noch ins 5. Jh. v.Chr. gesetzt werden müssen. Sie sind nach K. die ältesten Figuren der angeblich neuen und attischen Technik »massive oder annähernd massive Figuren herzustellen, deren Vorderseite aus einer Matrize kommt, während die Rückseite freihändig durchmodelliert wird« (A. A. 1939, Sp. 444 Anm. i, 445). — Vgl. im übrigen vorl. Arb. S. 1340. * 8 Vgl. P. Knoblauch, A. A. 1938, Sp. 337ff., Sp. 343f. *9 Die Figur gehört der feingestimmten Kunst der Zeit von Kephisodots Eirene an (vgl. Sieveking im Text, a. a. O.) und stammt von einem attischen Typ (W. I, 80, 7) der ParthenonZeit ab (vgl. Metope Nord 32); vgl. dazu im übrigen vorl. Arb. S. 270, Anm. ·*. *'° Vgl. zum Problem auch G. Dehio, Geschichte der deutschen Kunst, 4. Aufl. I, S. I7of. *" An die große thebanischc Malerei als Quelle für Vorbilder ist nicht zu denken (R. Kekulo, a. a. O., S. 22; vgl. auch noch A. Furtwängler, Slg. Sabouroff, JI. Einl. S. 7 f.). — Ganz abgesehen davon, daß von ihr kaum etwas Genaues bekannt ist, liegt die andere statuarische Quelle auch zu sehr zutage. * " Darum vermißt F. Winter (Kunst und Künstler, 1903, S. 52f.) Schauspielerfiguren der neuen Komödie unter den Tanagra-Figuren. Die Schauspielerfiguren hängen mehr mit Athen zusammen, wenn sie auch in Böotien vorkommen. So stammen nur 32 ven den 105 Stücken, die A. Körte verzeichnet, aus Böotien (J. d. I. 1893 , S. 77ff., Archäologische Studien zur Alten Komödie).— Vgl. auch W. II, 4i4ff.; vgl. vorl. Arb. S. 132. *>3 C.Robert behauptet dies (R. E. VI,s. v.Eutychides, Sp. 1532). *'4 Vgl. hierzu und zum folgenden G. Lippold, Kopien und Umbildungen, S. 147—50, S. 154. *'5 van Essen, Bull. Vercen. Gravenhage VIII, i. Juli 1933, 8.46., nimmt für einen Teil dieser Köpfe und für die Baltimorer Tanagräerin an, sie seien nach der Zerstörung Olynths in diese Gegend gelangt. * l 6 Daß auch die Tänzerinnen in Berlin 8821 (vgl. oben, Anm. *7; C. Blümcl, Sport und Spiel, Tf. 42, 17), aber auch 6822 (a. a. O., Tf. 38; Köster, Tf. 38) und die KalathiskosTänzerinnen (Pernice, Tf. J2) kaum viel vor der Mitte des 4. Jh. v. Chr. entstanden sind, können noch solche Figuren wie London C 286 (Hutton, Tf. 7). oder Paris, Louvre (Schneider-Lengyel, Abb. 51) mit ihrer frühhcllenistischcn »Melonen-Frisur« zeigen (dazu vgl. vorl. Arb. S. 15ff.).—Vgl. vorl. Arb. S. 132. I B 2 l

*' Vgl. vorl. Arb. S. 246. * Vgl. zu den Münzen der Berenike z. B. C. Anti, Die Antike, 1929, S. 6ff.; zu denen des Pyrrhus, Holm, Münzen Siziliens, 1898 III, Tf. VI, G. 15. Zu Spiegeln z. B. Athen, Nat. Mus. 7671, de Ridder 169; Stais 345: aus Korinth (Inst. Photo: Bieber, 2064; Varia 92; J. d. I, Erg. H. 14, 1941 (W. Züchner)). *3 Von E. Schmidt, a. a. O. zitiert:Conze, Nr.449,Tf. 105.—Vgl.u.a. dazu noch: Piräus, Museum: s. Nr. 20 ( ? ) , Melite. — Eine Vorstufe zeigt das Grabrelief der Archestrate in Leiden (Griechenland ... inhet Rijksmuseum, Gid, 2. Aufl., S. 15 f.; H. Diepolder, Dieatt. Grabreliefs, S. 15). *4 Z. B. Nymphen-Relief in Athen, Nat.-Mus.: Svor., Nr. 1449, Tf. 74 (vgl. auch Fr. Back, Körper und Rhythmus, Abb. 35); Papaspyridi, 8.259: aus Megalopolis oder Sparta; vgl. auch Svor. Nr. 1892, Tf. 95: aus Eleusis. — Ders. Gegenstand: Wien, Kunsthist. Mus. Nr. 86: aus Lampsakos. — Grabrelief Istanbul M. 877: von Thasos. — Grabrelief London, J. H. St. 36, 1916, S. 74, Abb. 6: Woher ? — kaum attisch und schwerlich Mitte 4. Jh. v. Chr. wie noch R. Hörn will (S. 85). *5 Z. B. München, Glyptothek, Nr. 610; A.B. 53iff. u.a. * 6 Vgl. J. Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl., IV, i, S. no; IV, 2 (Zeittafel), S. 623; vgl. R. E. X, s. v. Kassandros, Sp. 2299 (F. Jacoby); R. E. XVIII, i, s. v. Olynth, Sp. 329 (D. M. Robinson). *~ Die Zahl der Münzen, die der Zeit nach Philipp II. bis zur byzantinischen Epoche angehören, betrug nach Exe. III, S. 4 nur 5, nach A. A. 1932, Sp. 160, nur 25 usw. — Vgl. Robinson, a. a. O.; M. Gudc, a. a. O., S. 37f. — Vgl. Demosth. IX, n. I B 3

*' Bei Fr.-W., a. a. O. Nr. 1721 Druckfehler: A. B. C., Tf. 68, 2 statt 3. ** Vgl. noch B. S. A. d'A. 1938, S. 48ff.; A. d. I. 12, 1840, S. 12 (Aschik, Tschertkow). *3 A. d. I. 12, 1840, Tf. C 3 offenbar, obwohl der Text keinen Bezug darauf nimmt (S. 13), wie öfter bei Aschik, a. a. O., bzw. Tschertkow, z. B. offensichtlich bei der goldenen Metopis (S. n Tf. C i; vgl. Rostowzew, Skythien usw., S. 188, zit. A. B. C., Tf. 6, 4), wohl auch bei den Gefäßen (A. d. I., a. a. O., S. 12: wahrscheinlich Tf. A 4 u. 13). *4 Vgl. E. H. Minns. Skvthians and Greeks, S. 586, vgl. Tf. 6, 17. *5 Zwischen ihr und der ersten

2,72·

ANMERKUNGEN MIT *

Leukon-Terrakotte kann eine alexandrinische Terrakotte vermitteln, die zu einem noch unpublizierten Fund aus der Zeit um die Mitte des 3. Jh. v. Chr. gehört. Aus ihm wird später noch eine andere Figur erwähnt werden (vgl. vorl. Arb. S. 229). Mir liegt eine kleine Photographic vor. I B4 *' Vgl. K. G. Vollmöller, Griechische Kamniergräber mit Totenbetten, Diss. Bonn, 1901, 8.42; G. Mendel, Constantinople, Cat. Sculpt, unter Nr. 138, S. 354; Th. Makridy, J. d. I. 1911, S. 193ff.; vgl. weiter vorl. Arb. S. 39ff. — Vgl. jetzt auch noch die Kammergräber in Olynth (A. J. A. 1935, S. 229: angeblich um 400 v. Chr.) und auf Aigina (G. Welter, A. A. 1932, Sp. i63f.; 1938, Sp. 495ff.; Derselbe, Aigina, S. 59ff.). *» Euboia war schon unter Philipp makedonisch eingestellt und blieb dann im großen und ganzen bis 196 oder 194 v. Chr. makedonisch (vgl. R. E. VI, s. v. Euboia, Sp. 856 (Philippson)). Bei Eretria kommen dafür besonders die letzten zwei Drittel des 3. Jh. v. Chr. in Frage (J. Beloch, Griech. Geschichte, 2. Aufl. IV, 2, S. 4Ö2ff.). *3 A. M. 1901, S. 3ö2f.; vgl. dazu auch noch F. Studniczka, J. d. I. 1923, S. 70; L. Curtius, Wandmalerei Pompejis, S. 279. I B5 * R. Hörn, S. 36ff., setzt sie zu spät an »2. Hälfte 3. Jh.s«, weil er noch glaubt, die Königin sei erst 242 v.Chr. gestorben (dazu J. Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl. IV, i, 8.370, vgl. 584; IV, 2, S. 182; vgl. auch C. E. Visser, Götter und Kulte im ptolemäischen Alexandrien, S. 15, 74ff). — Es sei jedoch ausdrücklich bemerkt, daß dies für die Richtigkeit der von Hörn aufgestellten Reihen und ihre Datierung kaum von Belang ist, eher allerdings für das Verständnis der Entwicklung. *' Bei Hörn, S. 36, wohl nur ein Druckfehler für »239—221 v. Chr.«. — Die Kombination der Inschrift « auf der Berenike-Kanne mit den schon 247 (Beloch, a. a. O. IV, i, S. 617) geregelten Angelegenheiten in Kyrene (nicht 239, wie noch bei Rayet-Collignon, Coramique Grecque, S. 373 steht), ist auch schon darum nicht begründet, weil dieselbe Inschrift bereits auf der Arsinoe-Kanne vorkommt. l

I B6

*' Vgl. z. B. »Sophokles«-Typ, W. II, n, besonders 6. u. 7; oder W. II, 15, 5—7, n; 19, 6; 52, 6; 23, 3; 24,4U.5:29, i—3u.a.In Mesopotamien sind vor allem aus Babylon Vertreter früher tanagräischer Typen bekannt geworden, so für W. II, 25, i: R. Koldewey, Das wiedererstehende Babylon, 4. Aufl. S. 278, Abb. 231!; vgl. v. Arb. S. 130.—Der Typ ist hier besonders häufig; vgl. in der Vorderasiatischen Abteilung der Berliner Museen folgende Photographien (und Negative), die ich dank A.Moortgat einsehen konnte: Photo 3i5mitNr. 25901. 27349. 3246; Photo 316 mit Nr. 26946. 12219; Photoino mit Nr. 27464. W. II, 19, 6; 15,7; — 15,11: vgl. vorl. Arb. S. 133. Photo 1517 mit Nr. 35284; Photo 892 mit Nr. 30781 (auf hoher profilierter Basis); vgl. dazu auch die Terrakotte aus Seleukeia am Tigris: Wilhelmina von Ingen, Figurines from Seleukeia on the Tigris, 1939, Tf. n, 81; Nr. 155 (Schicht I: 115—200 n. Chr. oder Schicht II: 6g—115 n. Chr.); W. II, 24, 4 und 5: s. vorl. Arb. S. 52ff.; s. W. Andrae in W. Ottos Handbuch der Archäologie, Tf. 184, i; S. 739, 778; vom selben Typ auch: Photo mo mit Nr. 31564; vgl. auch die Hohlform: Photo 2254, Nr. 42165. — In Seleukeia am Tigris scheinen nur verschwindend wenig Terrakotten tanagräischen Typs zutage gekommen zu sein. ** Zu den Leukon-Terrakotten vgl.vorl. Arb. S. löff. Sonst vgl. etwa A. B. C., Tf. 66,2; 67, i; vgl. W. II, 51, i; vgl. 3 (Myrina, Istanbul M. Nr. 2518; s. uns. Tf.isa; vgl. vorl. Arb. 8.89). — C . R. 1859^.4,4 (W. II,i5,ib); 1860, Tf. 4,2, Kertsch (W. 11,244, 2 c ) ( ? ) ; i875,Tf.2,28;Kertsch(vgl.W.II,237)(?);Tf.2,3o,Kertsch(W.II,8,5)(?);i876,Tf.6,3; Kertsch W.II,42,4m); i88oTf.6,7—9 (außer8) Kertsch, Kunsthandel (zweifelhaft!). — E.V. Stern, Das Museum der Odessaer Gesellschaft,Terrakotten I, Tf. 2, i Olbia (W. II, 22, 5 n); Tf. 2, 2 Olbia (W. II, 37, 4f.); Tf.3, 3 Kertsch (W. II, 50,6 ; vgl. vorl. Arb. S. no);Tf. 8, i Theodosia (W. II, 43, 9; s. vorl. Arb. S. 112); II, Tf. 7, i, Kertsch (W. II, 42, 6; s. vorl. Arb. S. 115). — Vgl. auch noch P. Knoblauch, A. A. 1939Sp.423ff. Abb.9—12, Sp.440f.—Vgl. Berlin8833,8 (Photo 4357) (vgl. W.II,48, 5); 8833, 9 (Photo4357) (»Pudicitia«). *3Vgl. O. M. Baron v. Stackelberg, Gräber der Hellenen, Tf.67, S. 45; Typ: W.II, 48, 2f. u. 15,1 (vgl. 5); zum Fundort vgl. J. Sieveking, Corolla Curtius, S. 93. — Vgl. D, Brooke, bei Casson,

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273

Catalogue of the Acropolis-Museum II, S. 317!!., S. 329, S. 3870. — Vgl. Hesperia 2, 1933, S. 1840.; 4, 1935, S. 207ff.; 5,1936, S. 170fi. —Vgl.im brigen vorl.Arb. S.1310. *4 Vgl.z.B.R. E.III, 2 s. v. Chalkidike, Sp. 2070, 2073^ (B rchner). *5 Vgl.dazu J.Beloch, Gricch. Geschichte.2. Aufl., III, i, S. sSoff., 589; III, 2, S. 384; C. A. H. VI, S. 285ff., 293. ·« Vgl. R. Pagenstecher, A. J. A. 1909, S. 3870., 39off. *7 Vgl. R. K kule v. Str. .Die Terrakotten von Sizilien :Tf. 39,2 (vermutlich Kentoripa); vgl. Sciatbi, Tf. 67, 176; vgl. zum Typ (W. II, 41, i u. a.) vorl. Arb. S. 125. —Tf. 39, 3 (Syrakus, Achradina); vgl. Sciatbi, Tf. 65,168; vgl. zum Typ (W. II, 23, i) vorl. Arb. S. 58; fr he hohe, runde Basis. — Auch Tf. 39, i (Syrakus), vgl. W. II, 14, 2; 4 d. — Tf. 37, i (vermutlich Kentoripa); vgl. Sciatbi, Tf. 67, 177; vgl. zum Typ W. II, 10, 3; auch i u. 8; 17, 6 (identisch) — Vgl. Mon. Line. 22, 1913, Tf. in, i (Kymai: auf hoher viereckiger Basis, noch verh ltnism ig sehr fr h. — Vgl. auch noch London, Brit. Mus. Cat. D 134, Tf. 36 (Ruvo); (W. II, 113, 5) — importiert? *8 Wenig publiziert. — Siehe Qu. Quagliati, II Museo Nazionalc di Taranto, Tf. 49, oben links i u. 2 (vgl. Photo Alin. 35352, i. u. 3); zu i (W. II, 73, 8; vgl. 71, 3 u. a.) vgl. vorl. Arb. S. 160; zu 2 (W. II, 113, 6; vgl. 112, 3) vgl. Sciatbi, Tf. 68, 179; vgl. vorl. Arb. S. 145f. — Siehe A. Levi, Le Tcrrecotte figurate . . . Nr. 191, Fig. 45; zum Typ (W. II, 31, 4) vgl. auch v. A. S. 249. — Siehe auch noch den sp ten Grabfund: Not. sc. 1936, S. i2iff., 125, Fig. 15, Nr. i; vgl. zum Typ (W. II, 15, 7) vorl. Arb. S. 249. — Siehe auch drei jetzt in New York befindliche Grabfunde (Mctr. Mus. Bull. 7, 1912, S. 98). Davon habe ich Kenntnis durch die Freundlichkeit von K. A. Neugebauer, der mir auch Photographien zeigte. — Vgl. auch vorl. Arb. S. 130. *9 Vgl. dazu u. a. R. E. XI, 2, s. v. Kymc Nr. 3, Sp. 2476. — Vgl. J. Beloch, Griech. Gesch. 2. Aufl., I, i, 8.234, Anm.4auf S. 235; vgl. R. E. 2, Reihe VIII, Sp. 2157, s. v. Tanagra (Fiehn). —Terrakotten: Mon. Line. 22, 1913, S.622,Tf. m,6 (vgl. A. Levi, LeTerrecotte . . . Nr. 486, Fig. 94); zumTyp (W. 11,25, iu.2) s. vorl.Arb. S. 127; aus demselben Grabe: a.a.O.,Tf. 111,4 (aus derselben Form); ebenso die Pyxis Tf. 109, 5; die Lekythos, Tf. 108, 5 u. a. — A. a. O., S.668, Tf. in, 6; zumTyp (W. II, 36, 6/7) vgl. vorl. Arb. S. 62; aus demselben Grabe: a. a. O., Tf. 112, 4; zum Typ (W. II, 15, 7) vgl. vorl. Arb. S. 249; vgl. oben * 8 ; aus diesem Grabe stammt auch der Kandelaber, a. a. O., Tf. 108, 6. — Vgl. auch ·?. * 10 Capua: vgl. z. B. Sammelphoto des Deutschen Arch. Instituts, Rom. Abt. Neg.4Oi. — F r Conca, f r den Mater-Matuta-Tempel, notierte ich mir in Rom, in der Villa Giulia: Sophokles-Typ (s. vorl. Arb. S. 95ff.); M dchen in hochgeg rtetem Chiton (s. vorl. Arb. S. 159); M dchen im Mantel mit gro er Sch sselfalte (W. II, 23, i; s. vorl. Arb. S. 58). — F r Norba, f r Juno- und Diana-Heiligtum, notierte ich mir in Rom, im Thermen-Museum: Sophokles; M dchen in hochgeg rtetem Chiton; letzte Tanagr erin (s. vorl. Arb. S. ii2ff.), fr he Fassung; kleine Herculanenserin (s. vorl. Arb. S. 161) u.a. *" Vgl. Kdkuli, Tf. 32, 2. Zu dem datierten Fund vgl. vorl. Arb. S. i n ; zum Typ (W. II, 52, n; vgl. 2) vgl. vorl. Arb. S. nof. *» Zu Syrakus vgl. */. — Zu Akrai, s. K6kule, Tf. 28, 5; zum Typ (W. II, 112, 3c), s. *8. *'3 Vgl. *7. —Vgl. noch Kekule, Tf. 38, i (Berlin 5887); vgl. zumTyp *". — A. a. O., Tf. 34, 8; vgl. zum Typ (W. II, 42, 4a—1: Tanagra, — m: Kertsch, — C, D: Tarent) *7. II A i a

*' Vgl. E. Breccia, Alexandrea ad Aegyptum, franz. Ausgabe 1914, englische 1922, mit f nf Pl nen; Baedeker, gypten, 8 Aufl. 1928 mit z Pl nen; E. Breccia, Enciclopedia Italiana II 1929, 306ff., mit neuem Plan der alten Stadt, der die fr hhellenistische Mauer im Osten wenigstens ungef hr richtig wiedergibt. — Vgl. im brigen auch A. Calderini, Dizionario dei nomi geografici. . . dell'Egitto Greco-Romano l, i, Cairo 1935 s. v. Άλεξανδρεία. * * H. Thiersch, Zwei antike Grabanlagen, S. 6, Derselbe, J. d. 1.1910, S. 86. — E. Breccia, La necropoli di Sciatbi, S. VIIf.; Derselbe, Alexandrea usw., franz sische Ausgabe, S. 69— 75, englische 82ff.; Derselbe, Le Musee Greco-Romain I, 1924—31, S. 23. — Vgl. zuletzt A. Adriani, La N cropole de Moustafa Pacha, Annuaire de Musoe Greco-Romain 1933/34 D's χ934/35· !936, S. 133. — Vgl. auch A. Calderini, a. a. O., S. 123 s. v. Νεκρόπολη. *3 Strabo 17, 795: 30 Stadien, Joseph. Bellum. IV n, 5 (659): 20 Stadien. —Vgl. zu Nikopolis R. E. I s. v. Alexandreia, Sp. 1387 (Puchstein); R. E. 2. Reihe XVII, s. v. Nikopolis. Sp. 538f., Nr. 9 (H. Kees), A. Caldurini, a. a. O., s. v. Nikopolis, S. 134, DioCassius 51, 18: (65' ούν Καίσαρ) καΙπόλινκαΙέκείέντφτήξμάχηςχωρίφσυνφκισΕκαΙτόδνομα καΐ τον αγώνα αύτη ομοίως TTJ πρότερα δοΰ$. (d. h. wie dem vorher am Ambrakischen Golf angelegten Nikopolis; vgl. R. E. a. a. O., Sp. 511 ff., Nr. 4 (Oberhummer); Sueton, Oct. 18, 2; Dio Cas-

2.74

ANMERKUNGEN MIT *

sius 51, 13). *< Zu »κατοικία« vgl. v. Tscherikower, Die hellenistischen St dtegr ndlingen; Philologus ig. Suppl. 1926, S. 121 »Eine Katoikie ist also in erster Linie eine Dorfgemeinde«. *5 H. Kees, R. E., a. a. O., Sp. 538; vgl. E. Breccia, Alexandrea, franz., S. 74, engl. 87; A. Adriani, a. a. O., S. 134, A. Calderini, a. a. O. s. v. Στρατόττεδον, S. 148. — * 6 R mische Gr ber in Ibrahimieh: E. Breccia, Le Mus6e 1925—1931, S. 32, Tf. i8f., Figur 70—75«; in Hadra: Derselbe, B. S. A. d'A. 25, 1930, S. ggS., S. 130 und besonders Le Mus6e 1931/32, S. 9ff. Diese Grabung erstreckte sich auf das Gebiet zwischen der Rue palais, Nr. 3 und der Eisenbahn nach Kairo, also keineswegs ein Gel nde an der u ersten Peripherie (vgl. auch A. Adriani, a. a. O., S. 134). — Vgl. auch das Senkgrab »syrischen Typs« mit Bleisarkophagen: Egypt Exploration Found, A. R. 1894/95, S. 30; R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 148. — Mumifizierte Leichen haben sich jetzt auch im Osten gefunden. Vgl. E. Breccia, Le Muse"e 1931/32, S. 10, vgl. schon H. Thiersch, J. d. I. 1910, S. 55 zu dieser Frage. — Bei Philo, in Flaccum 8, hei t es f r das Jahr 37 n. Chr. von den verfolgten Juden Alexandrias έξεχέοιτο (oder έξήρχοντο) δια το TrXf)6os ε!? αίγιαλοΰϊ καΐ KOTTplos καΐ μνημεία. Wahrscheinlich bezieht sich diese Stelle auf das Vorstadt-Gel nde im Osten Alexandrias (vgl. Neroutsos Bey, L'ancienne Alexandrie, Paris 1888, S. 34f.; Puchstein, R.E. I, a. a. O., Sp. 1387). II A i b

*' Mahmoud Bey, Memoire sur l'antique Alexandrie, Copenhague 1872, S. 12; E. Breccia, Alexandrea, franz. 8.59, engl. 8.69; O. Puchstein, R . E . I a.a.O., Sp. 1381; A. Calderini, a.a.O., s.v. Τίίχη, S. I52ff. *1 Vgl.dazu Breccia, Alexandrea, frz., S. 46ff., engl. 56ff; Derselbe, Encicl. Italianall s. v. Alessandria, Sp. 309. — Vgl. K. I. Bell, Juden und Griechen im r mischen Alexandria, Beiheft zum alten Orient Nr. 9, 1926, S. igff., S. soff.; vgl. auch noch L. Fuchs, Die Juden gyptens 1924, S. igff., S. 23; siehe auch A. Calderini, a. a. O. S. 79f. — Zur Judenstadt auch noch Puchstein, R. E. I, a. a. O., Sp. 1388; Bell, a. a. O., S. loff. mit berlieferung und Literatur; siehe besonders Joseph, antiqu. 19, 6, 2; Bell. II, 18, 7f.; contra Apionem II, 4f. — Das Heroon des Pompejus im heiligen Bezirk der Nemesis, der unter Trajan von den Juden zerst rt worden ist (Breccia, Alexandrea, franz., S. 48, S. 87f.; engl., S. 57, S. 103; Derselbe, Encicl. Ital., Sp. 306 siehe Plan) lag aber auch nach Appian II 90, 380! eher au erhalb der sp ten Stadtmauer. Hinzu kommt Bottis Fund einer Weihinschrift mit Νεμεσεον bei Naggeh (vgl. Bottis Karte bei Breccia, Alexandrea; siehe A. Calderini, a. a. O. 132 s. v. Νεμεσηον). — Zu den Unruhen unter Caligula und Nero besonders L. Fuchs, a. a. O. * 3 Die berlieferung zu den Toren siehe b. A. Calderini, a. a. O., S. 113 s. v. Ήλίουττύλαι. — 120 s.v. Κανωβικήττύλη. — 147 s. v. ΣελήνηςττΟλαι. — Die von Calderini, a. a. O., S. 83 erw hnte Streitfrage erscheint mir gegenstandslos. *4 Vgl. P. Graindor, La guerrc d'Alexandrie, Recueil de travaux public's par la faculto des Lettrcs VII, 1931, S. 61 ff.; vgl. bes. F. Noack, A. M. 1900, 8.274. * 5 Vgl· auch Appian II, 90, 38of mit Anm. ** oben. Sicher wohnten hier im Osten von Alexandria bereits damals viele Juden — wahrscheinlich sogar schon seit dem sp teren 2. Jh. v. Chr. in gr erer Zahl (s. vorl. Arb. S. 34). Da ihre Stammesgenossen aus Pal stina C sar Truppen zu Hilfe geschickt hatten (vgl. Graindor, a. a. O., S. I27f.) werden auch die alexandrinischen Juden ihm kaum feindlich gegen bergestanden haben. Danach erkl rte sich gut die berlieferung von den Vorrechte«, die ihnen der Diktator einger umt hat (Joseph, contra Apionem II, 4. u. 5). Deren Richtigkeit anzuzweifeln (vgl. Bell, a. a. O., S. 10 mit Literatur; und zuletzt Calderini, a. a. O., S. 79f., auf Grund falscher Voraussetzungen) besteht m. E. kein Grund (vgl. L. Fuchs, a. a. O. 5. 17). Vielmehr h tte C sar, gest tzt auf die Juden oder doch auf ihre wohlwollende Neutralit t seine Front, erheblich gek rzt: illud spectans primum ut, cum in duas partes esset urbs (die Variante urbis (vgl. Graindor, a. a. O., S. 61) ist auch schon wegen des folgenden ex altera oppidi parte abzulehnen) divisa acies uno consilio atque imperio administraretur, dcinde ut laborantibus succurri atque ex altera oppidi parte auxilium ferri posset« (Bell. Alex. I, 5). Tats chlich scheint er aber sein strategisches Ziel, jene wichtige Enge ganz zu beherrschen, nicht erreicht zu haben. Um so weniger verwunderlich ist es dann, da die Rolle der alexandrinischen Juden im Bellum Alexandrinum nicht erw hnt wird, ebenso wie dort auch die der j dischen Hilfstruppen kaum zu ahnen ist (Bell. Alex. XXVI i: propensissima civitatium voluntate (sc. Syriae et Ciliciae». — Zu Einzelheiten vgl. auch noch H. Willrich, Juden und Griechen, 1895, S. 1391.; L. Fuchs, Die Juden gyptens 1924, S. 17. * 6 Um 100 v. Chr. ist

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in der Titulatur der Ptolcm er-K nige Alexandrien schon dieselbe besondere Bedeutung beigelegt, die der Stadt nach dem Titel des praefectusAlexandreae et Aegypti beizumessen ist (W. Otto, Zur Geschichte des 6. Ptolem ers, M . Akad. Abh. 1934, S. 58). — Au er Herodian (IV, 3, 7) und Athen us (I, 2ob) und Ammianus (XXII, 16, 7) geh ren auch die Lobredner Alexandrias derselben Zeitspanne an (vgl. Aegyptus VI, 1925, S. 24if.): Diodor, a. a. O., Strabo 14, 798; 16, 750; Joseph., Bell. II, 16, 4. — E. Leider, Der Handel von Alexandria, Hamburg 1931, S. 81, spricht von der Zeit der gr ten Bl te Alexandreias im i. und 2. Jh. n. Chr. ( ? ) . — Diodor gibt als L nge der Hauptl ngsstra e, des sp teren »Dromos« eine gr ere Zahl als sp ter Strabo (17, i, 793) und noch Joscphos (Bell. II, 16, 4) (386): 40 gegen ber 30 Stadien. Auch wenn dies wohl nur ein Versehen ist, so war doch jedenfalls im i. Jh. v. Chr. die Stadt nicht kleiner als im i. Jh. n. Chr. — Wahrscheinlich schon mit dem 2. Jh. n. Chr. setzt, wie wir andeuteten, ein R ckgang ein. Unter Caracalla kommt es dann jedenfalls zu schweren Heimsuchungen, von denen sich die Stadt nie mehr ganz erholte (vgl. Breccia, Alexandrea, franz., S. 18, engl. S. 26; Calderini, a. a. O., S. 71). *7 Vgl. A. v. Gerkan, Griechische St dteanlagen,.S. 691. — Das Zitat (Joseph., Bell. XI, 16, 4) das Puchstein als Beleg f r seine Behauptung gibt (R. E. I, Sp. 1383): »Die Querstra e lief in der genannten Niederung von Lochias aus nach S den« ist nicht richtig und konnte von mir nicht ersetzt werden. Zur Zeit von Diodors gyptenreise hat es eine solche Hauptquerstra e, wie sie Strabo erw hnt, vielleicht noch gar nicht gegeben. Jedenfalls ist bei ihm von dieser Anlage keine Rede (v. Gerkan, a. a. O., S. 85). Dabei gehen allerdings Diodors »Gr ndungsbericht« und seine Schilderung der Stadt ohne scharfe Trennung ineinander ber. Aber bei der Darstellung von Alexandrias Gr e ist nach seinen Worten sicher an die Zeit seines Aufenthalts in gypten gedacht. * 8 Cat. Caire, Ahmed Bey Kamal, Steles ptolemaiques, Nr. 22182, Tf. 56. — Vgl. U. Wilcken, Alexander der Gro e, S. uo, 308. Da nicht die Anlage einer Festung die Gr ndung Alexandrias veranla t hat (Arrian III, i, 5; vgl. v. Tscherikower, a. a. O., S. I5of.) spielt in diesem Zusammenhang nat rlich keine Rolle. — Zur Satrapcnstele vgl. auch noch Gauthier, Dictionaire geographique, V, S. 24, wo die Hieroglyphen tats chlich (nicht nur »ideographisch«) »die Mauer Alexanders« bedeuten, wie mir A. Hermann freundlichst erkl rte. *9 Dazu vgl. auch A. Adriani, Annuario I, 1932/33, S. 56. *'° Vgl. E. Breccia, B. S. A. d'A. 8, 1905, S. 48: Der Ort »einige hundert Meter rechts der Eisenbahn nach Kairo in unmittelbarer Nachbarschaft der letzten H user im S dwesten des Dorfes Hadra«; a. a. O., S. 54: die M nzen. *" Vgl. E. Breccia, B. S. A. d'A., Nr. 24, 1929, S. 99. La vasta nccropoli ellcnistica ehe partendo dalla spiaggia del mare, al di l del sentone di Sciatbi . . . da cui la localit trae il nome, fasciava a Oriente girando aH'esterno dellc mura l'antica Alessandria, e si estendeva con rare soluzioni di continuit fino alia sponda del canale a traverso le attuali collinc deH'Ibrahimieh e di Hadra.« * " Έττΐλθών 5έ 'Αλέξανδρος καΐ Ιδών την εύκαιρίσν Ιγνω τειχφιν επί τφ λιμένι την πάλιν. * '3 Ε. Breccia, Rapport du Musoe 1912, S. 28, 30. II A 2 *' M glicherweise r mische Bestattungen sind auch in Sciatbi w hrend dos Weltkrieges von englischen Offizieren ausgegraben worden (B. S. A. d'A. 16, 1918, S. 79ff., 80). Nach dem k rglichen Bericht ist es jedoch gar nicht sicher, ob es sich um Gr ber- oder andere Anlagen handelt. — Im kleinen Grabungsmuseum von Sciatbi sind auch r mische Lampen ausgestellt. Sie k nnen aus Gr bern oder aus H usern stammen. Breccia hat bei seiner Grabung jedenfalls keine r mischen Lampen gefunden (La necropoli di Sciatbi S. 76). *» Zu einzelnen Fragen ist H. I. Bell, J. Egypt. Arch. XIII, 1927, S. 171 ff. (Alexandria) zu vergleichen. — Vgl. auch U. Wilcken, Grundz ge der Papyruskunde I, r 1912, S. 14. *3 Vgl. dazu vor allem E. Kornemann, »Die Satrapenpolitik des i. Lagiden«, Raccolta Lumbroso 1925, S. 235ff. besonders S. 237!—244, Anm. 4: »Es bleibt zu erw gen, ob Hieronymus bei Eusebius II, 119 mit seiner Nachricht zum Jahre 286v.Chr.: »Sarapis ingressus est Alexandriam« nicht ganz w rtlich zu nehmen ist«. — U. Wilcken, Alexander d. Gro e, S. 270, sagt allerdings, Ptolemaios habe Alexandreia schon sehr fr h, als Satrap, zu seiner Residenz gemacht. *4 E. Breccia, EncicI. Ital. II, S. 307. *5 E. Breccia, La necropoli, S. igof.; R. Pagenstecher, Nekropolis, S. in. — Vgl. aber schon R. Horn. Stehende weibliche Gewandstatue, 8.23: »320/10«. * 6 Vgl. auch V. Tscherikower, Die hellenistische St dtegr ndung, Philologus, 19. Suppl. 1926, S. 192; H. Berve, Die Vcrschmelzungspolitik Alexanders des Gro en, Klio 31, N. F. 13, 2, S. 141.

2.76

ANMERKUNGEN MIT * II A 2 a

*' E. Breccia, La necropoli di Sciatbi: i. Pelike: S. 49f., Nr. 91 Tf. 47, 71—72. — 2. Pelike: S. 50. Nr. 92 Tf.48, 73—74. — 3. Kleine Hydria: S. 55, NT. 120, Tf. 50, Nr. 86. — Hadra: B. S. A. d'A. 25 1930: Tf. 20, i, 8.125. Inv.-Nr. 21865, 21858!.: Eine Hydria und eine Lekane (Pyxis); vgl. auch Tf. 2i, 3; dazu S. 125. Zum Fundort der Ltkane vgl. Rapport 1912, S. 31, Nr. 62: Ein Grab in der N he des mit den fr hen M nzen. * 2 K. Schefold, Untersuchungen zu den Kertscher Vasen Nr. 188; L. Curtius, Die antike Kunst, Abb. 555, S. 37of. (»Um 300 v. Chr.« (?)). Die beiden Peliken sind bei Schefold a. a. O., Nr. 334f. Sie ordnen sich wohl seiner Pelikengruppe V an, die von ihm »320 bis 300« angesetzt wird (S. 142). Vergleichbar ist darunter z. B. die Berliner Pelike aus Rhodos (Inv.Nr. 2929; Schefold a.a.O. Nr. 346 Tf. 38, 2). Diese scheint aber noch fr her zu sein. *3 Vgl. A. Adriani, La necropole de Moustafa Pacha S. in, 175 auf Grund J. Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl. IV, 2 S. 494«. gegen ber R. Pagenstecher (A. J. A. XIII, 1909, S. 387!!., Exp. v. Sieglin II, 3, S. 3off.) und E. Breccia (Sciatbi S. 25ff.; Alexandrea, engl. Ausgabe S. 223). *4 Vgl. E. Pfuhl, A. M. 26, 1901, S. 303; E. Breccia, Encicl. Ital. II, S. 3141.; vgl. B. S. A. d'A. 1938, S. 41 ff. R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 8, vermi t Beziehungen zu Attika, f r die doch z. B. auch die Vasen sprechen. Das liegt zum Teil wohl daran, da bisher die Nekropole von Sciatbi zu fr h angesetzt ist. So wird dann ein kontinuierlicher Anschlu erwartet, wo ein zeitlicher Abstand schon viel ge ndert hat. Es hat aber auch noch andere Gr nde (vgl. vorl. Arbeit S. 41). Das gro e Grabrelief (Pfuhl a.a.O. S. 2641.; Breccia, Alexandrea, franz. 8.222 Nr. 27; Pagenstecher a.a.O. S. 8 Abb. 3) kann seinem Stil nach schwerlich mehr »bald nach der Gr ndung der Stadt f r eine vornehme Dame aus Attika eingef hrt oder in einer attischen Werkstatt in Alexandria entstanden sein«. Auch der angebliche Fundort spricht nicht daf r (B. S. A. d'A. 8, 1905, S. 46). Es ist hier kaum n tig, die Fragen zu beantworten, wann und auf welchem Wege und zu was f r einem Zweck es nach Alexandria gekommen ist. — In Alexandria standen jedenfalls manche gyptische Denkm ler aus viel fr heren Epochen, z. B. der Sarkophag des Nektanebos (Puchstein, R. E. i, Sp. 1378; \Viedemann, Geschichte gyptens, S. 288) oder des Amyrtaios (Breccia, Alexandrea franz. S. 88, engl. S. 103) oder auch Obelisken aus der Zeit des Neuen Reiches (Plinius, n. h. 36, 14; vgl. H. Thiersch, Die alexandrinische K nigsnekropole J . d . I. 1910, 8.75; dazu R. Massie Blomfield B. S. A. d'A. 8, 1905, S. 27ff.; Breccia, Alexandrea franz. S. 79, engl. 92f.). Bei ihnen allen zu bestreiten, sie k nnten aus Rhakotis stammen, hei t wohl bertreiben. So k nnte auch das griechische Grabrelief dorther kommen, wenn Rhakotis wirklich »seit l ngerer Zeit schon eine griechische Ansiedlung besa « (V. Ehrenberg, Alexander und gypten, Beihefte zum alten Orient Nr. 7, S. 26). Aber die hierzu augef hrte Strabostelle (XVII 792) »κατοικίαυ δ' αύτοΐ$ ϊδοσαν την ττροίανΌρευομένην 'Ρακώτιν« ist schwerlich auf die Griechen zu beziehen, die vielmehr doch nach Strabo gehindert werden sollten, hier an Land zu kommen. Das Relief wird also wenigstens mit Alexandria nichts zu tun haben. Zu Rhakotis siehe Calderini, s. v. 'Ρακω-ns S. 139, »5 H. K. S sserott, Griechische Plastik des 4. Jhs. v. Chr., S. I2of., Anm. 136. *6 Siehe Breccia. La ndcropoli, S. I77ff.: Fr h Nr. 563 (dazu vgl. B. Head, Guide 1932 S. 52; vgl. Ch. Seitmann, Greek coins 1933, 8.223), vielleicht auch 581. Siehe Dattari, B. S. A. d'A. 8, 1905, S. loiff., io5f, zu den Isism nzen, die Ptolemaios V. angeh ren sollen. (Svoronos, Τα νομίσματα του κράτους των Πτολεμαίων, Tf. 4°. 7' 89; vgl. dazu auch W. Giesecke, Das Ptolem ergeld 1930, S. 54!, der Epiphanes' besondere Verehrung f r Isis hervorhebt.) — Dattari nennt brigens schon die Zahlen 311—305. K. Regung vertauscht das Verh ltnis der M nzen, die Athena und die Aufschrift Alexandru auf der R ckseite zeigen, zum Άλεξάνδρειον Πτολεμαίου mit denselben Bildern (Die antiken M nzen, 3, Aufl. 1929, S. 59f.). Ch. Seltman nennt f r die Aufnahme dieses archaistischen Promachos-Bildes (der Athena Alkis von Pella(?) Giesecke a.a.O. S. i) das Jahr 314 (Greek coins 223, vgl. 240, 2i8f.). W. Giesecke (Das Ptolem ergeld, S. iff. vgl. die Tf. mit Verzeichnis) hat die sp testen Daten. Er gibt (S. i6f.) von Svoronos dem Soter zugeschriebene M nzen auf Grund des phoenikischen M nzfu es dem Philadelphos nach Einf hrung der neuen Reichsm nze 285 v. Chr., d. h. noch zu Lebzeiten Soters. *7 Zu den Hadravasen: Das einzelne St ck bei Breccia, La necropoli, S. XLV und S. 39 Nr. 67; Tf. 41, 54 vgl. Breccia, Alexandrea, franz. S. 234ff. Fig. 87. Die verwandte Gruppe bei J. Beloch, Griechische Geschichte II, Aufl. IV, 2, S. 494ff. (einzelne Ungenauigkeitcn dort brauchen hier nicht

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berichtigt zu werden, da dadurch das Ergebnis keine Änderung erfahren würde) und daraufhin A. Adriani, La nicropole de Moustafa Pacha, S. 184/174, Die eigentliche Ursache, die A. Adriani dazu bewogen hat, Sciatbi später als bisher üblich anzusetzen, ist ein kunstgeschichtlächer Vergleich der beiden innerhalb eines größeren Zeitraumes datierten Nekropolen von Moustafa Pacha und Sciatbi. • s Vgl. U. Wilcken, Grundzüge der Papyruskunde I, i, 1912, S. 20; W. Otto, Kulturgeschichte des Altertums S. 126; derselbe, Mü. Ak. Sb. 1926, S. Soff. S. isf.; \V. Schubart, Die Griechen in Ägypten, Beihefte zum alten Orient, Heft 10, 1927, S. 2of.; E. Breccia, Encicl. Ital. II, S. 312; V. Ehrenberg, Der griechische und der hellenistische Staat, bei Gercke-Norden, Einleitung in die Altertumswissenschaft III, 3, S. 7of.; E. Kornemann, Ägyptus XIII, 1933, S. 648, mit Literatur. Vgl. für die Kunst G. Blum, BCH. 39, 1915, 8.22; A. W. Lawrence, J. Egypt. Arch. 1925, S. 119; E. Breccia, Encicl. Ital. II, S. 310/12. Zum Kalender vgl. W. Schubart, Einführung in die Papyrusurkunden 1918, S. 233: »Etwa Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. verdrängt der ägyptische den makedonischen Kalender, der aber noch häufig hinzugefügt ist.« — Die frühen Papyri haben nur das Datum des makedonischen Kalenders. In den Zenon-Papyri ist aber auch schon oft der ägyptische Monat angegeben (d. h. um die Mitte des 3. Jahrh. v. Chr.). Es mag hinzukommen, daß »der ägyptische Kalender dem griechischen wie dem makedonischen weit überlegen« war und daher »seine Reform im Jahre 238 v. Chr. begünstigt wurde« (Schubart a. a. O. S. 307.) Auch sonst aber geben die Papyri Anzeichen dafür, daß die Entwicklung, die das 2. Jahrh. v. Chr. kennzeichnet, in ihren Anfängen schon weiter zurückreicht (vgl. E. Bickermann, Arch. f. Papyrusforschung 8, 1927, S. 228ff., 236). Jedoch gilt dies zunächst mehr für die »Chora« und überhaupt außerhalb Alexandrias. Das wohl auch für Alexandria entscheidende Datum ist jedoch das Jahr der Schlacht bei Raphia (217 v.Chr.). Seit kurzem erst unter die ptolemäischen Truppen aufgenommen, haben damals die Ägypter beim Sieg über AntiochusIII. den Ausschlag gegeben Polyb. V, 117). II A 2 b. *' E. Breccia, B. S. A. d'A. 8, 1906, S.46ff., 8.54 zu den Münzen; 15, 1914, 8.56—58; 16, 1915 S.79bis 90, besonders 90; 25, 1930, S. 99—132, besonders I2gff. In diesem letzten Bericht vor allem auch die Keramik. Dazu vgl. . Adriani, La nocropole de Moustafa Pacha S. 135 ff. Weiter vgl. E. Breccia, Rapport sur la marche du Service du Musoe en 1912, 8.31. Zu den frühen Münzen: Derselbe, Le Mustie 1925—31, S. 23ff.; 1931—32, S. gff.; A. Adriani, Annuario I, 1932—-33, S. 28ff. ** Rapport a.a.O. 1912, 8.30, Anm. i: Typ: Svoronos a.a.O. 8.27 Nr. 164, Tf. 6, 3. *3 Rapport u. a. O. S. 28f.; vgl. vorl. Arbeit S. 29. *4 Vgl. W. Otto, Zur Geschichte der Zeit des 6 Ptolemiiers, Mü. Ak. Abh. 1934, S. 65ff. Vgl. auch noch B. Niese, Geschichte der griechischen und makedonischen Staaten, III, S. i68/i73ff., 213. *5 H. Willrich, Juden und Griechen, 1895, S. jiff., 135; vgl. dazu auch L. Fuchs, Die Juden Ägyptens in ptolemäischer und römischer Zeit, Wien 1924, S. ii ff. Auf die Streitfragen im einzelnen einzugehen, ist hier nicht angebracht. Nur soviel sei gesagt, daß nach aller Ansicht im 2. Jahrhundert mit einem starken Zuzug von Juden nach Ägypten und Alexandria zu rechnen ist. *Ä Die Behauptung des Josephos (II, 4, 35), Alexander hätte diese Gegend den Juden gegeben, wird m. E. eher durch den Sachverhalt widerlegt als umgekehrt. II A 2 c *' Vgl. z. T. auch, was W. Schubart, Ägypten \-on Alexander dem Großen bis auf Mohammed, Berlin 1922, S. 4, zu den erhaltenen Resten einer früheren Bauordnung für Alexandrian und Umgebung bemerkt. Zu Eleusis vgl. z. T. R. E. V, s. v. Eleusis Nr. 4, Sp. 2339!:. (Schiff). Siehe auch Calderini a.a.O. S. no s.v. . ** Schiff (R. E. a.a.O.) glaubt, daß man die Entfernungen zum Pharos berechnet habe (?). Auf den Plänen ist Eleusis m. E. zu weit westlich und südlich angesetzt. *3 E. Breccia, Alexandrca, franz. S. 74, 282; cngl. S. 87f., 278; Derselbe, B. S. A. d'A. 9, 1907, S. 38ff., S.6 7 . II A 2 d *' Vgl. A. Adriani, La necropole de Moustafa Pacha. Annuaire 1933—35· S. iff. S. 169ff.: Zusammenfassung; S. I33ff.: Topographisches (vgl. auch E. Breccia, Alexandrea,franz. S. 74, engl. S. 87); S. 153:

ANMERKUNGEN MIT * Terrakotta; S. I35ff.: Keramik; S. 1580.: M nzen; S. logff. Tafel 27: Fresko; S. 1498. Lampen. *> Vgl. einstweilen E. Breccia, Mon. II, S. 43; vgl. vorl. Arb. S. 258. *3 Vgl. A. Adriani, a. a. O. S. 12: Keine der Anlagen wurde von den Ausgr bern v llig intakt gefunden. II A 3 *' gl· J- G· Droysen, Die St dtegr ndungen Alexanders und seiner Nachfolger, in seiner Geschichte des Hellenismus, 2. Aufl. 1877, III, S. iSgff. Einleitung. Droysen nennt als Vorl ufer Alexanders Dionysios und Philipp als St dtegr nder. ** Vgl. hierzu und zum folgenden H. Berve, Das Alexanderreich 1926 I, S. 2916., 297!!. V. Tscherikower, Die hellenistischen St dtegr ndungen, Philolologus 1926 Suppl. 19, besonders S. n6f., I38f. *3 Bei Diogenes Laertius V, 22, Nr. 17, ist als Titel berliefert Αλεξανδρή υπέρ αποίκων (vgl. Gercke, R. E. II, i s. v. Aristoteles Sp. 1036). W. Jaeger Aristoteles S. 23 u. S. 339 bersetzt »Alexandros oder ber die Kolonisation«; vgl. jedoch H. Berve, Klio XXXI1939, S. 165, Anm. 2. Bei Hesych n. 22 ist »Ά. ή Οπερ αποικιών« berliefert. Johann Gustav Droysen, Die St dtegr ndungen a.a.O. S. 191, f hrt dazu die Notiz des Ammonius an: » . . . δπω$ δει τάξ αποικίας ποιεΐσθοα γενράφηκεν«. (Bei Rose, Aristoteles - Fragment XIV, Pag. 1489.) *« Siehe Tscherikower, a. a. O., S. I4off., 143. H. I. Bell, Alexandria, J. Egypt. Arch. XIII 1927. S. I7iff.; U. Wilcken, Alexander der Gro e 1931, S. 108, 146; H. Berve, Das Alexanderreich I, S. 292; ders., Die Verschmelzungspolitik Alexanders des Gro en, Klio XXXI, n. F. XIII, S. I35ff., bes. 141, S. i64ff. *5 Siehe F. Heichelheim, Die ausw rtige Bev lkerung im Ptolem erreich, Klio 1925, 18. Beiheft, 8.38: 177 Makcdonen (fr hptolem isch: ιοί; 2. Jahrhundert: 7; sp tptolem isch: 56; r misch 10); vgl. die Listen S. 9$i. Hier S. 87: 8 B oter, hinzu: die Nachtr ge: Archiv f. Pap. Forsch. IX, 1930, S. 48: (Suppl.) E(pigr.) G(raec.) 2, Nr. 871, zur Zeit Philometors in 5oi$ (Sakha) (vgl. Breccia, B. S.A. d'A. V. 1923, S. ngS.: »Un nuovo politeuma pseudo-etnico«): ein ganzes »πολίτευμα των Βοιωτών«, 4 B oter, a. a. Ο. XII, 1937, S. 54: 2; vgl. auch R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 65f. Liste der bemalten S ldnerstelen; vgl. P. Meier, Das Heerwesen der Ptolem er und R mer in gypten S. 9, 23f. *6 E. Bickermann, Beitr ge zur antiken Urkundengeschichte I, Arch, f r Papyrus-Forsch. 8, 1927, S. 2i6ff.; S. 228ff. zu den 'Αλέξανδρε!*; U. Wilcken, Grundz ge der Papyrus-Kunde I, l, 1912, S. 15f.; W. Schubart, Alexandrinische Urkunden aus der Zeit des Augustus, Arch. f. Pap.-Forsch. V, 1913, S. 35ff., 1040. zu den 'Αλεξανδρεΐ?. Vgl. V. Ehrenberg bei Gercke-Norden, Einleitung in die Altertumswissenschaft III, 3, S. 68ff. Vgl. auch F. Heichelheim, Bursians Jb. 1935, S. 2506., Griechische Staatskunde S. 274ff.: Die staatsrechtliche Stellung der einzelnen Bev lkerungsgruppen im Ptolem erreich. *7 Vgl. hierzu und zu folgenden W. Schubart a.a.O., S. in; F. Heichelheim, Klio 1925, 18. Beiheft, 8.29, 38ff.; E. Kornemann, Das Hellenentum der Makedonen in gypten, Aegyptus XIII, 1933. S. 644^ *» Vgl. auch H. Berve zuletzt a. a. O. S. 141. *9 Vgl. Breccia, Alexandrea, franz. S. 82ff., engl. S. g ff.; ders., Le Mus e 1925—33, S. 37ff., 40. *10 Vgl. J. Wiesner, Arch. f. Religionswissenschaft 35, 1938, S. 3i4ff., 3240. mit ausf hrlichen Literaturangaben. A. Adriani, La necropole de Moustafa Pacha, besonders S. 75 ff. S. 171 ist dort noch nicht ber cksichtigt. * IJ In diesem Sinne zuletzt ausf hrlicher R. Pagenstecher, Nekropolis S. 986., H2ff. *" A. Adriani, a.a.O., S. 75 ff., 170; 8.77 Anm. 5 u. S. 76. *'3 Vgl. vorl. Arb. S. 71. *'* Vgl. H. Thiersch, Die alexandrinische K nigsnekropole J. d. I. 1910, S. 55ff., 57; vgl. auch S. 66, 90. Die Diadochen haben sich nicht so allgemein verbrennen lassen, wie Th. annimmt. Vgl. z. B. Antiochos II. (?) in Bellewi ( . Jh. 28, 1933, Sp. 28ff., 40) u. a. *'5 R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 97ff., Das Grab des Pabasa in Theben (B. Porter-R. Moss, Topographical Bibliography, I, The Theban Nekropolis, Nr. 279, S. 165 mit Grdr.; Literatur vgl. bei A. Scharff, in W. Ottos Handb. der Arch. S. 6i7ff.) u. a. scheint mir trotz A. Adrianis Widerspruch (a. a. O. S. 74) in die gyptische Ahnenreihe der alexandrinischcn Kammergr ber geh ren zu k nnen. *li Vgl. auch, was H. Berve, Klio a. a. O. S. 162 zu der zahlenm igen St rke makedonischer Siedler in den asiatischen Gr ndungen Alexanders ausf hrt. * J 7 Vgl. R. Pagenstechcr, Nekropolis, S. no, ii4u. bes. Anm. 48 auf S. isof.; dazu auch Breccia, B. S. A. d'A. 18—20, 1923—24, S. 80. * l8 Wie auch Breccia, La Necropoli S. XLVIIff. *>9 F r die kleinen, mit fig rlichen Reliefs verzierten Stelen sind attische Parallelen selten (vgl. Pagenstecher, Nekropolis, S. 3, 8). Besonders in der Zeit nach dem Luxusverbot des Demev

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trios scheinen sie ganz zu fehlen. Ihre attischen Motive können also auch auf Böotien weisen, z. B. die Grabstelc aus Hadra mit dem Tode einer Wöchnerin (Pagenstecher, Nekropolis, S. 64, Abb. 47). auf die ähnliche aus Oropos in Athen im National-Museum Nr. 749 (L. Curtius, Die antike Kunst, S. 352, Abb. 525). Vgl. auch E. Pfuhl, A. M. 1901, S. 268 zu Nr. 6, S. 276f. zu Nr. 13. ** Vgl. A. Conze, Die attischen Grabreliefs IV, S. sff., vgl. besonders Nr. 1767, 1769 Tf. 378. Vgl. J. Kirchner, Antike 15, 1939, S. 94ff. * JI Der Hörneraltar ist in Ägypten zwar nicht heimisch, sondern ursprünglich syrischer Herkunft (A. Scharff bei W. Otto, Handb. d. Arch. S. 632). In Tanagra gab es in archaischer und klassischer Zeit Grabaltäre von besonderen Formen (E. Pfuhl, A. M. 1903, S. 331 ff.) *" Vgl. Breccia, La necropoli, S. XXX; ders., B. S. A. d'A. 8, 1905, S. 89, Fig. 31. Hier muß auch der Urnen mit Terrakottenschmuck gedacht werden, z. B. der aus Ibrahimieh, B. S. A. d'A. 1907, S. 59, Fig. 17 (Breccia, Alexandrea, franz. S. 264, Fig. 129); vgl. auch noch E. Breccia selbst: B. S. A. d'A. 25, 1930, S. loo. *»3 Breccia, Alexandrea, engl. S. 227f.; ders., B. S. A. d'A. 25, 1930, S. 130; ders., Mon. II, i, S. 12; ders., B. S. A. d'A. 1933, S. 373f. (Rez. von Robinson, Exe. at Olynthos IV). *=4 Kyrenaisch ist der Typ der Terrakotte aus Sciatbi Mon. II, Tf. 5, 2, S. 29, Nr. 31; La necropoli di Sciatbi S. H3f. Nr. 361, falls er'nicht wie auch andere kyrenaische Typen aus Unteritalien stammt (vgl. W. II, 52, 3; 16, i u. a.). Auf der anderen Seite ist eine Tanagräerin im Louvre (Tel III, 248b; zum Typ vgl. W. II 114, 5) nach Kyrene wohl aus Alexandria importiert worden (vgl. die a. a. O. abgebildeten alexandrinischen Terrakotten). *J5 Vgl. E. Breccia, Le Musie 1925—31, S. 23. «26 Vgl \ Schubart, Die Griechen in Ägypten, 10. Beiheft zum alten Orient, S. ig, 15; V. Ehrenberg, Der griechische und der hellenistische Staat, bei Gercke-Norden, Einleitung, III, 3, 1932, S. 69. Vgl. auch E. Bickermann, Beiträge zur antiken Urkundengeschichte I, Arch. f. Pap.-Forsch. 8, 1927, S. 220: »Nach dem Jahre 200 weist das Ethnikon stets auf außerägyptische Orte und Völker hin«. Vgl. S. 23of. * J 7 Vgl. E. Kornemann, Aegyptus XIII, 1933, S. 644!; ders., Raccolta Lumbroso, l8 S. 2358. * Vgl. W. Otto, Kulturgeschichte des Altertums, 8.117; E· Bickermann, a.a.O. S. 220. *»9 Vgl. E. Breccia, Le Musoe 1925—30, S. 23ff., 1931—1932, S. n; B. S. A. d'A. 25, 1930, S. 130, besonders Tf. X. Vgl. zum Loculus auch A. Adriani, La necropole S. i6gf., dazu R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 110/13 zu der Tatsache, daß die Loculi in Sciatbi zum Teil sogleich mit vorbereitet sind. *3° Die Le Mus6e 1925—30 Tf. 14—15, Fig. 52—57, 60 abgebildeten Terrakotten aus Hadra gehören zu den spätesten Tanagrafiguren aus Hadra. (Vgl. vorl. Arbeit S. 63!) Es heißt von ihnen ausdrücklich (S. 26), sie seien gefunden, »dans le terrain de remblai, au milieu des tombes«. II A 4 ·' Vgl. R. E. 2. Reihe VIII s. v. Tanagra, Sp. 2154 (Fiehn). * J Warum die Kabiriongattung erst mit der Zerstörung Thebens aufhören und die ihr folgende spätere einfachere Gattung bis ins 3. Jahrh. hineinreichen soll (Pagenstecher, S. 397 z. B. Figur 4a) ist mir nicht klar (vgl. jedoch vorl. Arb. S. 25); zudem denkt R. Pagenstecher auch noch an eine Fabrik, die irgendwo in Böotien liegt. Vgl. dazu P. Wolters, A.M., 1930, 8.214; P. Wolters-G. Bruns, Das Kabirenheiligtum I, S. 1240. *3 P. Kretschmer, Die Entstehung der Koine, Sb. Ak. Wien, 143. Bd., 1900, 10. Abh., S. 6ff. — vgl. dens. bei Gercke-Norden, Einleitung in die Altertumswissenschaft I, 6, S. 102. Skeptisch E. Schwyzer, Griech. Grammatik I, S. iiöff., S. 127!. Die böotischen Eigenheiten in der hellenistischen Umgangssprache Ägyptens müssen unabhängig von Kretschmers Theorie über die Entstehung der Koine beurteilt werden. Das Böotische braucht keineswegs ein wesentlicher Bestandteil der Koine gewesen zu sein. Es kann aber in besonderen Fällen, wie im Alexandrinischen, ursprünglich wirksam gewesen sein, während in den griechischen Kernländern der Koine das Attische und das Ionische je nach der Landschaft mehr beteiligt gewesen sein mögen (vgl. dazu auch Schwyzer a. a. O. S. 128). Daß ein besonderer alexandrinischcr Dialekt von antiken Grammatikern festgestellt worden ist (A. Thumb, Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus, S. 170; Schwyzer a. a. O. S. 126), ist vielleicht wichtiger als die daran geknüpfte Theorie. Denn später verwischten sich natürlich die Unterschiede (vgl. auch Kretschmer a. a. O. S. 24). *4/5 Von den über 80 Männer- und über 90 Frauennamen, die eine tanagräische Stele des 3. Jahrh. v. Chr. nennt (s. Th. Reinach, Rev. Et. Gr. XII, 1899, S. 53ff., 102 ff., io8ff.) wäre nach Bechtel kein einziger Name typisch böotisch — abgesehen vom Dialekt.

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·* Dabei sind etwa 90 Namen aus dem 4.—3. Jahrh. v. Chr., etwa 80 aus dem 2. Jahrh. Der Tatsache, da in Pagenstechers Liste der bemalten S ldnerstelen unter den Toten kein B oter begegnet, wird man kaum besondere Bedeutung beimcssen (Nekropolis S. 65 f.) Zudem geh ren die gemalten Stelen meist zu anderen als den in Frage stehenden Grabforrnen (a. a. O. S. 62, vgl. vorl. Arb. S. 391. 67). *7 Vgl. auch die Statuenbasis der Arsinc , wahrscheinlich der Frau Philopators, in Oropos (Or. Gr. Nr. 81): Verleihung der Proxenie an Phormion den Byzanticr, der sich bei Ptolemaios f r die Stadt verwandt hatte. *8 »In Chalkis auf Euboia wurde Ariston als Vermittler einer Getreidesendung des Philometor an die in Chalkis lagernden K mer zum Proxcnos gemacht (I. G. XII, 9, 900 B). In Eretria liegt ein »σιτομέτρη$ Μελάντη$ Άλεξανδρεύς« (I. G. XII, 9, 815) begraben, der vielleicht auf diesen alexandrinischen Kornschiffen bcdicnstct war« (Leider, a. a. O. S. 32). *9 »Weit zahlreicher sind die attischen Grabschriftcn f r Alexandriner aus der r mischen Kaiserzeit (I. G. III, 2, 2242, 2263)« (Leider a. a. O.). *10 Eine Hohlform ist in Hadra gefunden worden: Le Musec 1931/32, S. 20, Tf. 58. *" Vgl. U. Wilcken, Alexander der Gro e, S. 65; ders., Berliner Ak. Sb. 1922, S. I03f. *« Belege usw. bei F. Schober, R. E., 2. Reihe X, s.v. Theben Sp. 14711.; vgl. auch H. Berve, Das Alexanderrcich I, S. 2385.; Busolt-Swobcda, Griechische Staatskundc (in W. Ottos Handbuch der Altertumswissenschaft), S. 1424!! M. E. besteht kein Grund, Diodors Angabe zu bezweifeln: θεστπάξ άλλοτρίως προς αυτούς διακείμενα? έξεττόρθησαν (οΐ Θηβαίο»). Zu Thespi vgl. auch Diodor XV, 27, 4; 33, 5—6. *'3 Vgl. Schober, R. E., a. a. O. Wahrscheinlich haben Hypatodoros und die Spartaner-Freunde Tanagra verlassen als (376—75) die Landverbindung zwischen den b otischen Oligarchien und Sparta durch die Athener und die Thebaner unterbrochen war (Xenoph. Hell. V, 4, 59, 62 f.) Schon vorher (378) war der spartanische Harmost Panthoidas in einem Gefecht bei Tanagra gefallen (Plutarch, Pelcp. XV). Offenbar lagen spartanische Truppen im folgenden Jahre (377) auch nicht mehr in Tanagra, als Agesilaos die Gegend stlich von Theben bis Tanagra verw stete Xenoph. (Hell. V, 4, 49.) Jedenfalls ist die Stadt um diese Zeit Theben tributpflichtig geworden, ohne da die zeitgen ssische und sp tere berlieferung von Gewalttaten zu berichten wei , wie sie f r Plat und Thespi bei entsprechender Gelegenheit ausdr cklich vermerkt werden (Xenoph. Hell. VI, 3,5; vgl. i; Dicdor XV, 46, 4—6; Paus. IX, i 4—8). Auch Busolt (a. a. O. 1426,3) rechnet damit, da Tanagra selbst ndiges Bundesmitglied war, das »nur zum Eintritt in den Bundesstaat gezwungen« war. Dementsprechend h ren wir jedenfalls nichts von einer Wiederherstellung Tanagras durch Philipp oder Alexander oder sonst, die f r die anderen St dte mit Ausnahme von Thespi bezeugt wird. Herodot (V, 79) bezieht sich auf eine ganz andere geschichtliche Lage. *'4 Vgl. J. Bclcch, Griechische Geschichte, 2. Aufl. III, i, S. 287, vgl. Fiehn, R. E. 2. Reihe VIII, Sp. 2158. *»5 Vgl. hierzu und zum vorigen auch noch Busolt-Swoboda a. a. O. 1432^; vgl. Strabo IX, 403^; Paus. IX, 19, 8. *'6 Vgl. besonders M. Holleaux, Rev. Et. Gr. VIII, 1895, S. 7ff., 23ff.; siehe jetzt M. Holleaux, Etud. d'Epigraphie 1938 I, S. iff. Vgl. F. Schober, R. E. 2. Reihe X s. v. Theben Sp. 1485; vgl. beide auch zum folgenden. Herrn Professor Dr. G. Klaffenbach bin ich f r wichtige Hinweise auf die neuere Forschung und f r Ratschl ge sehr dankbar. *>7 Da sonst in der Jnschrift, soweit erhalten, von lokalen Pr gungen, von attischem und ginetischem Geld, die Rede ist, w rde man glauben, auch bei den von Philokles gebrachten Summen sei an eine bestimmte W hrung gedacht und nicht an »Alexander-Geld«. Denn dies beruhte doch gerade auf dem attischen M nzfu , w hrend die Ptolem er und zwar gerade Ptolemaios I. vom attischen zum rhodischen und schlie lich zum ph nikischen M nzfu wechselten. (Vgl. K. Regung, Die antiken M nzen, 3. Aufl., S. $gf., S. 46f.; W. Giesecke, Das Ptolem ergeld S. IV). Es erschiene also sinnvoller, wenn hier von alexandrinischem Geld die Rede w re, abgesehen davon, da die bisher vorgeschlagene Erg nzung gar nicht sicher ist. Auf der anderen Seite ist nicht daran zu zweifeln, da es ein »Alexandreion nomisma« in der Bedeutung von »AlexanderGeld« gegeben hat (Pollux, onom. IX, 84^. vgl. 59; vgl. Freiherr von Schr tter, W rterbuch der M nzkunde, 1930, S. 20, s. v. Alexandria (Regung)). Wenn zudem in einer Inschrift (C. I. G. 1570 b Zeile 45 f, Zeile 39 ff.) zwischen Άλεξάνδρειαι und Πτολεμαικά unterschieden wird, so liegt eine Interpretation im Sinne von Alexandergeld auch wegen der beiden verschiedenen M nzsysteme am n chsten (vgl. noch J. Beloch, Griech. Geschichte, 2. Aufl., IV, i, S. 305ff.; H. Berve, Das Alexanderreich I, S. 3i8f.). — Es l t sich jedoch eine grunds tzliche Entscheidung nicht treffen (trotz H. Preisigke, W rterbuch I, 1925, Sp. 53 s. v. 'Αλεξάνδρειας und trotz Kubitschek, R. E. I, i s. v. 'Αλεξάνδρεια;

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Sp. 1397*·)· da 'Αλεξάνδρεια; sowohl Adjektiv zu Alexander wie zu Alexandreia sein kann (Suidas s. v. Αλεξάνδρεια; Stcph. Byz. s. v. Άλεξάνδρειαι)· So steht ein 'Αλεξάνδρειον Alexanders von Pher (B. Head, Historia nummorum, 2. Aufl., 1911, S. 308) einem 'Αλεξάνδρείον Πτολεμαίου und Κυράναιον Πτολεμαίου gegen ber (vgl. Svoronos, Τα νομίσματα, I. pag. νη; IV, pag. Ίι; W. Giesecke a. a. O., S. i). Da tats chlich aber auch das alexandrinische Geld eine bestimmte Rolle gespielt hat, ergibt sich aus Polybios' (XXXIV, 8, 7; berliefert bei Athen. 8 pag. 33of.) όβολοί 'Αλεξανδρινοί, wo Αλεξανδρινό? die sp tere latinisierte Form f r 'Αλεξάνδρειο? ist, und aus einer solchen Inschrift wie der (Dittenbcrger, Syll. 3. Aufl. II Nr. 712, Zeile 30): άργυρίω 'Αλεξανδρείων ταλάντων δέκα. Um so mehr ist es unsere Pflicht, die thebanische Inschrift nur auf Grund dessen, was gegeben ist, zu erkl ren. * l8 Vgl. F. Schober, R. E. 2. Reihe X, s. v. Thebai, Sp. 1484 mit Belegen. *'9 G. Moser, Untersuchungen ber die Politik Ptolemaios I., (Diss. Lei. 1914) S. 95ff.: Die sidonischen K nige; R. E., 2. Reihe IV, s.v. Sidon Sp. 2223 (Grcssmann); J. Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl., IV, 2 S. 3271. H. Fuhrmann, Philoxenos von Eretria S. 273, S. 384, Anm. 24 u. a. nehmen alle f r Philokles eine anf ngliche T tigkeit im Dienste des Antigoncs und des Demetrios an. Dem stehen M. Holleaux a.a.O.; Dittenberger, a. a. O.; J. Kirchner (I. G. II, 34, 25); F. Schober a. a. O. (R. E. 2. ReiheX, Sp. 1485), M. Segre, Aegyptus 14, 1934, S. 25gff. gegen ber, die von vornherein bei Philokles nur an Dienstleistungen f r die gyptische Sache denken. Ein Artikel Philokles, der von dem K nig der Sidonier handelte, fehlt in der R. E. *10 Holleaux, a. a. O. S. 32; Dittenberger, a. a. O.; F. Schober, R. E., 2. Reihe, X s. v. Theben, Sp. 1485. *« Vgl. W. Tarn, J. H. 81.31,1911, 8.254«.: Nauarch and Nesiarch, mit Belegen; vgl. M. Segre, a.a.O., 8.255—61. "* Gressmann, R. E., a.a.O. Sp. 2224, denkt an ein kilikisches Kaunos und an ein sp teres Datum als 309 v. Chr. J. Beloch (a. a. O. S. 333, 336) nimmt zwei Eroberungen von Kaunos an: die eine 309 durch Ptolemaios, die andere 286 durch Philokles ( hnlich M. Segre a. a. S. 257). Bei Plutarch (Deme'trios 49) ist f r Demetrios 286 v. Chr. dem Zusammenhange nach tats chlich eher an ein kilikisches Kaunos als an die karische Stadt zu denken. Sonst besteht aber kein Grund mit Beloch und auch Gressmann u. a. anzunehmen, da die bei Poly n berlieferte Eroberung von Kaunos durch Philokles und die f r 309 bei Diodor berichtete durch Ptolemaios zwei verschiedene Aktionen gewesen seien. Denn was Beloch zum Beweise daf r anf hrt, da Kaunos dem Ptolemaios verloren gegangen sei, spricht eher dagegen. Wenn n mlich Patara, der Hafen von Xanthos, dem Demetrios bei der Belagerung von Rhodos als Flottenbasis diente, so ist es durchaus nicht wahrscheinlich, da auch Kaunos damals in Demetrios' Hand war. Dieser h tte es vielmehr von Kaunos aus viel n her gehabt. Kaunos wird also seit 309 bis ins 2. Jahrh. hinein ptolcm isch gewesen sein, was durch die Lage Rhodos gegen ber beg nstigt worden sein kann. *'3 J. Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl., IV, 2, 8.327: 294!; W. Otto, M . Ak. Abh. 1928, Beitr ge usw., S. iSf., 39f.; vielleicht erst gegen 280 v. Chr. — Bis 287/6 reicht noch in Tyros Demetrios' datierte M nzpr gung (s. W. Tarn, C. A. H. VII, 8.92; Segre, a . a . O . 8.256). **4 Siehe Holleaux a. a. O. **5 Was wegen des auf die Partie mit Demetrios folgenden τοί βασιλήε$ nicht sehr wahrscheinlich ist. *l6 Siehe Dittenberger a.a.O. * 5 7 Auch von F. l8 Schober a. a. O. und M. Segre a. a. O. wieder aufgenommen. * Vgl. Holleaux a. a. O. S. 36 Anm. i. »39 Vgl. *«. *3° Diodor XX, 37, i gegen ber Moser a.a.O. *3' BusoltSwoboda, Griechische Staatskunde S. 1433. *3* Vgl. dazu Tarn a.a.O. J. H. St. 31, S. 254 ff. Zu Bakchon vgl. B. C. H. 1891, S. 120 (Th. Homolle). *33 Auch M. Segre a. a. O., S. 259 mit Anm. 3, glaubt Philokles sei ein Sidonier; anders dagegen F. Studniczka, J. d. L, 1894, S. 227. *34 So G. Moser a. a. O. S. 103 mit Literatur u. a. *35 Vgl. H. Berve, Das Alexanderreich I, S. i6iff. *3« Siehe J. Beloch, a. a. O. S. 331 ff., § 154; vgl. allgemein H. Berve, Klio XXXI, N. F. XIII, 2, S. i62ff. *37 Zu Einzelheiten Beloch, a. a. O. *3» F. Schober, R. E., 2. Reihe, X, Sp. 1483, f hrt selbst die Gnade Alexanders gegen ber den thebanischen Gesandten nach Issos (333) an (Arrian, Anab. II, 15, 2—3). *39 Vgl. auch Pagenstecher, A. J.A. 1909, S. 397; G. Bruns, AA. 1939, Sp. 592 ff. *4 Vgl. P. Wolters, A. M. 1890, S. 363: »Spezifisch tanagr isch ist nur ein kleines Kinderk pfchen und ein Knabe in kurzem Gewand auf einem Altar sitzend, vielleicht auch ein stehender Knabe. J ngerer Zeit werden zwei Darstellungen eines Knaben auf einem Ziegenwagen angeh ren.«— G. Bruns war so freundlich, mir das f r die Publikation bereite Abbildungsmaterial der Kabirion-Terrakottcn zu zeigen. In der Tat scheint die eigentliche tanagr ische Stufe noch nicht

2.8z

ANMERKUNGEN MIT *

erreicht zu sein. Am meisten fortgeschritten ist der sitzende Knabe (W. II, 257, 7 g; vgl. auch G. Bruns, AA. 1939, Sp. 592). In Olynth ist sein Typ offenbar noch nicht, in Alexandria nicht mehr vertreten. Wie eine entsprechende Form der tanagräischen Stufe aussähe, können die Figur der Sammlung Loeb (J. Sieveking, Bronzen, Terrakotten usw. Tf. 10) und London C 326 (s. uns. Tf. 310) vergegenwärtigen. 5 ·' Zu technischen Einzelheiten vgl. E. Breccia, La nccropoli di Sciatbi, S. 109. Ton: rötlich-gelblich. Brennloch: rund oder eiförmig, Basis: wenn vorhanden, dann klein und niedrig, halbkreis- oder ellipsenförmig und in einem Stück mit der Figur gearbeitet; nur ein Stück mit der flachen rechteckigen und besonders gearbeiteten tanagräischen Basisplatte. * J Nach B. S. A. d'A. 8, 1905, S. 89, wären allerdings alle in der Fig. 31 abgebildeten Terrakotten zusammen gefunden worden. Ist das richtig, darf man um so weniger die Hauptmasse der in Sciatbi gefundenen Terrakotten in Alexandrias früheste Zeit hinaufrücken. Allein die sehr summarische Ausdrucksweise und der Umstand, daß weder in der Sciatbi-Publikation noch in den Monuments, wie sonst üblich, die Angabe über den Fundzusammenhang bei dieser Terrakotte wiederholt wird, lassen Vorsicht geboten erscheinen. *3 Vgl. hierzu Köster, 8.67; Hörn S. 23, Anm. 4. ** , iv EOßofctt , S. 67, Abb. 44 links. *5 W. I, 84, 5: z. B. Berlin 8822 aus Südrußland, Photo 4374, W. I. 85, 7: Umkehrung dem Hermaphroditen entsprechend, z. B. Berlin 6866 aus Megara, Phot. 4299; Figurenvasen vgl. L. Sdchan.R. A., Sörie 4, 20, 1912, S. 123. Pernice, Tf. 15; vgl. auch Olynth, Exe. IV, Tf. 32, 336a. Vgl. vorl. Arb. S. 132. *6 Vgl. P. Herrmann bei Röscher, M. L. I, 2, Sp. 23i5ff., s. v. Hermaphrodit; Jessen, R. E. VIII, Sp. 7i9ff., zitiert noch die attische Terrakotte E. Gerhard, Ges. Abh. Tf. 53. Schon in Olynth sind zwei ithyphallische Hermen mit weiblichen Köpfen gefunden worden (Exe. at O. II., S. 34; vgl. U. v. Wilamowitz, Glaube der Hellenen I, S. 161, 2). *7 Vgl. z.B. E. Pfuhl, J . d . I. 1928, S. 7ff. zu den Terrakotten von Tiryns. Vgl. R. Heidenreich, R. E., 2. Reihe, IX, s. v. Terrakotten, Sp. 8i5f. *8 Etwas schwächer ist das Berliner Exemplar Köster, Tf. 48; Rodenwaldt, Prop. Kg., i. Aufl. 421. *9 Ähnliches gilt für die Figur Mon. Tf. B. i, Nr. 21 (vgl. Exp. v. Sieglin, I, Text, Beibl. IX, 2, S. 309), die aus Hadra stammen soll. Leider ist ihr Fundort nicht genau bekannt. ·' Aus derselben Form und demselben Grabe Sciatbi, Tf. 65, 171 unter Nr. 361 (Mon. Tf. 6, 4 unter Nr. 64) und Mon. Tf. 5, 3 unter Nr. 64.

II A 6 *' Zu den technischen Einzelheiten vgl. E. Breccia, Mon. II, i, S. 22ff. *: Sie gehört zu einer Serie ganz verschiedener vom Hofbaurat Strack in Konstantinopel, Smyrna und Chios erworbener Stücke: Inv. Berlin 6621—67. Damals, als das Stück gekauft wurde, konnten wohl noch leicht Antiken aus Alexandria und Kyrene nach Konstantinopel oder Smyrna kommen. Dem ziemlich groben Ton und seinen Einsprengungen nach wäre es sogar möglich, daß die Berliner Figur aus Alexandria stammte. »3 Vgl. Exp. v. Sieglin I, Beibl. IX, i; E. Breccia, Alexandrea, franz. 8.257, Fig. no. *4 Zu Mon. Tf. I, 2 vgl. Samml. Loeb I Tf. 43. Bei beiden Figuren handelt es sich anscheinend um zwei voneinander unabhängige Abwandlungen eines Urbildes. Bei der Alexandrinerin könnte auch der Typ W. II, 34, 2 (vgl. Samml. Loeb I, Tf. 41) mit Pate gestanden haben. *5 Vgl. Exp. v. Sieglin I, Beibl. IX, 3. *6 Vgl. zuletzt Breccia, Mon. II, 2, 1934, s- IO· II A 7 *' Vgl. B. S. A. d'A. 1907, Fig. 18 Mitte, S. 63. *J Vgl. noch B. S. A. d'A. 1907, Fig. 18, rechts S. 6if.; vgl. auch II A 8 *>. «3 Vgl. vorl. Arb. S. 174^ In Frage kommen noch Mon. Tf. 35, 8; Inv. 22439 (Nr. 480 ist falsch) — woher ? — und Nr. 142 aus Sciatbi (Sciatbi Nr. 488, vgl. folgende Nr.). Auch in Dresden notierte ich mir einen Putto aus Alexandria. *4 Vgl. J. Vogt, Terrakotten, Exp. v. Sieglin II, 2, Tf. 80, 4. — Zum Typ des späthellenistischen Eros als Harpokrates siehe auch Mon. Tf. 16, i, Nr. 257: aus Hadra. *5 Vgl. dieselbe Gruppe aus Hadra: Breccia, Alexandrea, franz. 8.277, Fig. 144; Mon. Tf. 14, 2 (Nr. 129; fälschlich steht hier Sciatbi mit der Inventar-Nr. 15953 von Sciatbi Tf. 73, 222 Nr. 480). *6 Ebenso bei Sciatbi Tf. 74, 230 Nr. 487 vgl. Myrina, P.-R.

ANMERKUNGEN MIT *

2.83

Tf. 42, 4 u. a. *7 S. 26 wird zu den Terrakotten allgemein bemerkt, sie seien gefunden »dans k· terrain de remblai au milieu des tombes«, »ayant des dimensions plus grandes que d'habitude«. *8 In Sciatbi ist ein sehr ähnliches Bruchstück gefunden worden: Mon. Tf. 53, 8, Nr. 77; Sciatbi, S. 132, Nr. 411 a, Abb. 80. II A 8

*' In Ibrahimieh sind Bruchstücke einer 0,70—0,80 m hohen Statuette eines Knaben gefunden worden: B. S. A. d'A. 9, 1907, S. 61. Die Fundumstände verbürgen nicht ein frühhellenistisches Datum (vgl. vorl. Arb. S. 62). Aus Hadra stammt ein0,15m hoher weiblicher Kopf mit Melonenfrisur, der auch zu einer Figur gehört haben soll ( ? ) : Mon. II, i, Tf. 51 i—2, Nr. 158. *» Ähnlich ist auch Pottier, Diphilos, Tf. 15, Nr. 270, S. 68. Zu der Terrakotte in Paris, Louvre,Tel 1184B (Pottiera.a. O. Nr.207, S. 71) vgl. auch Exp. v. Sieglin II, 2, Tf. 46, 2. Vgl. v. Arb. S. 85f. 117. *3 Vgl. oben II AS *' undIIA6*'. Bei den Hadrafigurcn ist u. a. auch ein rechteckiges Brennloch häufiger, z. B. bei dem Stück Annuario 1932—33, Tf. ii, i. *4 Nach U. Wilckcn, Alexander der Große, S. 295: »zumal für diese Zeit wohl eine rhetorische Übertreibung, aber etwas Wahres ist daran«. *5 Vgl. auch Breccia, Mon. II, i, S. 16. *6 Vgl. vorl. Arb. S. 240/1. und dazu auch noch R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 3, 32. *7 Vgl. R. Pagenstecher, Nekropolis, 8.40!, Abb. 25, Nr. 12 u.S.54f., Nr. 57, Abb. 52, 8.74. Diese letzte Stele ist aus Sciatbi: vgl. E. Breccia, La necropoli di Sciatbi Tf. 33, 37; S. 18, Nr. 21 (in der Abbildung gekappt). Vgl. R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 62. Die Einschränkung Breccias (B. S. A. d'A. 18—20, 8.78) ist in unserem Zusammenhang nicht von Belang. Abertrotz Pagenstecher a. a. O. kommt allerdings auch für die Reliefs eine Verwendung als Verschlußplatte eines loculus in Frage, z. B. Sciatbi Tf. 20, 24, S. 5, Nr. 8; vielleicht auch A. M. 1901, S. 2780., Nr. 15 u. a., sicher auch bei der Marmorstele aus Hadra, Le Muse"e 1931/32, Tf. 3, n, S. I2f., die zu den frühen Denkmälern aus Hadra gehören muß, falls nicht hier schon eine zweite Verwendung vorliegt. *8 R. Pagenstecher, a.a.O., S. 45f., Nr. 38 Abb. 34 und S. 42, Nr. 16, Abb. 53, S. 750., 62. Dazu A. Adriani, B. S. A. d'A. 32, 1938, S. ii3ff., 115. *9 Vgl. R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 85. Die sog. Galaterstelen sind dort um der zugehörigen Hadra-Urnen willen zu früh datiert (vgl. vorl. Arb. S. 32), aber auch die anderen Stelen (vgl. Breccia, B. S. A. d'A. 18—20, S. 78). Ins späte 2. Jahrhundert gehört nach der Inschrift anscheinend Kairo 27529 (Edgar, Cat. of Greek Sculpture pi. 18; I. G. Milne, Cat. of Greek Inscriptions S. 47). Allerdings handelt es sich hier um einen nicht alexandrinischen Griechen, den Akamanen Nikostratos. *"> Vgl. E. Pfuhl, A. M. 1901, S. 274, S. 275. *« Nicht nach E. Pfuhl, aber nach E. Breccia, Alexandrea, franz. 1914, S. isof., Nr. 87b dagegen E. Breccia, Cat. ge"n. Iscrizioni Nr. 288: Aus Alexandria (nur!). *" Vgl. noch I. G. Milne, Cat. gin., Greek Inscriptions 1905 Tf. 6, S. 46; F. Studniczka, J. d. I. 1923/24, S. 93, Abb. 12. *'3 Zur Gruppe vgl. noch R. Pagenstecher, Nekropolis, S. 7f.; Mon. Piot IV, 1897, Tf. 19. *M E. Pfuhl, A. M. 1901, S. 28of., Nr. 29, S. 279, Nr. 16 (vgl. Mime a. a. O., Tf. 6, S. 47). Die Giebelstele der Hegemoneia in Kairo (9249; E. Pfuhl a. a. O. S. 283, Nr. 22; Milne a. a. O. Tf. 6, S. 48) gehört ihrer Kursiv-Buchstaben wegen anscheinend sogar ins i. Jh. v. Chr. Das Relief des Theophilos Olbu in Alexandria (E. Breccia, B. S. A. d'A. 18—20, 1921—24, Tf. 28, i, S. 258) wird von Breccia trotz seiner Kursiv-Buchstaben in den Anfang des 2. Jh. v. Chr. gesetzt, und trotz seiner Form als Stele bezeichnet. — Beide Reliefs nehmen, schon weil sie aus Marmor sind, eine gewisse Ausnahmestellung ein, von der noch zu reden sein wird. Über den angeblich römischen Friedhof in Kanopos (E. Breccia, Le Mus6e 1925—31, S. 15, Tf. 3 u. 4) und die Stele (a. a. O. Tf. 4, 13) die späthellenistisch aussieht, kann ich nach dem vorläufigen Bericht nicht urteilen. +*S Vgl. R. Pagenstecher und C. Watzinger, a. a. O. Andere Beispiele für das Eindringen dieses ägyptischen Motivs in die alexandrinische Reliefkunst siehe bei I. Noshy, The arts in Ptolemaic Egypt, London 1937, S. 133. *l6 Vgl. A. Adriani, La necropole de Moustafa-Pacha S. 35 mit Anm. 2, S. 153ff. *'? I. G. Milne, Cat. gön. Greek Inscr. Tafel 7, Nr. 9267, S. 48«. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Soldaten um einen Auxiliaren aus Ägypten, nach den Anspielungen der Inschrift vielleicht sogar um einen Alexandriner. Jedenfalls aber hat Rom im Gegensatz zu den späteren Ptolemäern »nur die bevorrechtigten Hellenen und die ihnen nahestehenden Kreiset als Soldaten herangezogen (W. Schubart, Pap.-Kunde, S. 268). * l8 Vgl. R. Pagenstecher, Nekropolis,

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ANMERKUNGEN MIT *

S. 22Ä.; E. Pfuhl, A. M. 26, 1901, S. 2970. Zu dem falschen Relief I. Noshy, a. a. Ö., Tf. 15, 3, S. 133 vgl. schon C. Schmidt, A. A. 1896, Sp. 94; E Pfuhl, a. a. O., S. 270, Anm. i. *'9 Vgl. U. Wilcken, Papyrus-Kunde I, 2, S. 167, vgl. noch dens., a. a. O. I, i, S. i39ff., 145. *« Vgl. W. Schubart, Papyrus-Kunde, S. 269: »Ein Ägypter, der seinen Sohn als ehemaligen Epheben (» «) deklariert, wird mitteilweiser Konfiskation bestraft«. * JI Vgl. R. E. XVI, 2, s. v. Naukratis, Sp. 19540., 1957 (H- Kees). *:i Cat. gen. Cairc, Statuen Teil III, Nr. 701, Tf. 129 (L. Borchardt); vgl. A. Schärft im Handb. d. Altertumswissenschaft VI, i, S. 636; vgl. jetzt auch K. Gebauer, A. M. 1938/9, S. 48. *n Vgl. auch noch A. Scharff, a. a. O., S. 635, Anm. 8 — muß es eine Privat-Statuette sein? * 2 4 Siehe F. Studniczka, Das Symposion Ptolemaios' II., S. 175, im Index unter: »Ägyptisches«. * J 5 Vgl. B. S. A. d'A. 1938, S. 31 f. Zu der a. a. O. Anm. 3 zitierten Literatur Gnom. 1929, S. 2off.; R.Horn, R. M. 1938, S. 80. II B i

*' Vgl. E. Pettier et S. Reinach, La nocropole de Myrina — abgekürzt: P. R. Zum folgenden s. bes. S. igff. und die Pläne Tf. I u. II. Vgl. C. Schuchhardt in A. v. P. I, i, 1912. S. 640. mit Karte, bes. S. g6fi. u. S. 75ff., 93 ff.; D. Burr, Terra-Cottas from Myrina in the Mus. of fine arts, Boston, Diss. 1934. R. E., Suppl. VI, Sp. 615ff., s. v. Myrina (W. Rüge). *> Vgl. W. v. Diest, Von Pergamon usw., Erg.-Heft Nr. 94 zu Petermanns Mitteilungen, 1889, S. 25/31 ff. mit Karte. Vgl. R. Bohn, Aegae, J. d. I., Erg.-H. 2, 1889, S. ii ff. Vgl. dazu Schuchhardt, Aegae a.a.O. 8.63, zu Plutarch, Themistokles 26 und Xenoph., Hell. IV, 8, 5; vgl. denselben A. v. P. I, i, 1912, S. io5f. *3 Vgl. hierzu und zum folgenden Ed. Meyer, Geschichte des Altertums, 2. Aufl. III, S. 392 ff.; vgl. R.E. IX, 2, Sp. iSogflf. s. v. lones (Lenschau); a. a. O. Sp. 1893 f. s. v. Ionia (Bürchner). Vgl. U. v. Wilamowitz, Über die jonische Wanderung, Berl. Akad. Sb. 1906, S. 59ff.; vgl. denselben, Panionion, Berl. Akad. Sb. 1906, S. 38ff. Vgl. F. Bilabel, Die jonische Kolonisation, Philologus, Suppl. 14, H. i, 1920, S. I49ff. *4 Vgl. D. Burr, a. a. O., S. 3; W. Rüge, a. a. O. Sp. 618. *5 Vgl. dazu M. Holleaux, R. E. G. 15, 1902, S. 302ff. = M. Holleaux, Etudes d'Epigraphie 1938, II, S. iff. +6 Eduard Meyer, a. a. O. S. 402. *7 Daß der Hermos Grenze zwischen Ionia und Aiolis war, geht aus Strabo hervor (XI 586 u. 582). *8 Vgl. A. Philippson, Topographische Karte des westlichen Kleinasien, 1:300000, 1910, Bl. 3. Vgl. R. Kiepert, Karte von Kleinasien 1:400000, 2. Aufl., 1911, C. I.: Smyrna und 1914, B. I.: Aivalyk. *9 Vgl. R. E., 2. Reihe, V, Sp. 732 s. v. Smyrna (Bürchner); vgl. R. E., XVI, s. v. Myrina, Sp. 1093 (R. Herbst). Sp. log^ft. (H. Treidler). Vgl. hierzu und zum folgenden C. I. Caddoux, Ancient Smyrna, 1938, S. 57. *10 Zu den Karabel-Reliefs am besten Humann bei E. Curtius, A. Z. 33, 1876, S. 5of., jedoch ohne nähere Begründung. Caddoux, a. a. O., S. 33f. verzichtet auf eine Entscheidung. *« Vgl. Caddoux a. a. O. S. 3f. Noch auf einer Karte von 1777 verläuft die Küstenlinic nahe Menemen, wohl weil die Aufnahme im Winter gemacht ist (vgl. dazu R. Lepsius, A. Z. IV, 1846, S. 276f.) Zu Temnos vgl. R. E., 2. Reihe IX, sp. 461 f. (J. Keil). *» Vgl. R. E. XII, 2, Sp. 2209 s. v. Leucae Nr. 6 (Bürchner). *"} Vg. dazu Caddoux, a. a. O. S. 92. *M Vgl. R. E. VIII, i, Sp. 903 s. v. Hermos (Bürchner). Vgl. W. v. Diest, a. a. O. S. 35. Wenn es sicher wäre, daß Larisa am Hermos Mitglied des Attischen Seebundes gewesen ist (vgl. R. E. XII, i, s. v. Larisa Nr. 8, Sp. 872 (Bürchner); J. Böhlau, F. u. F. 1933, S. 90; vgl. I. G., ed. min. I, Nr. 64,42), und daß nur am Meere gelegene Städte dem Bunde angehörten, dann könnte manschließen, daß das Meer noch im späteren 5. Jahrhundert v. Chr. im Süden näher an den Hermos reichte. Die Tatsache, daß Larisa in der Inschrift I. G. ed. min. I, Nr. 64, 42 unter dem jonischen Phoros erscheint, spricht nicht gegen das äolische Larisa. Denn auch Myrina und andere äolische Städte werden so geführt. (I. G. ed. min. I, Nr. 203, 15.) Allerdings handelt es sich bei den in der Nähe von I. G. a. a. O. Nr. 64, 42 genannten Städten nicht um äolische; aber das Larisa der Troas ist jedenfalls nicht gemeint (vgl. U. Köhler, Berl. Akad. Abh. 1869, II, S. 157f.), denn es erscheint Zeile 96. *'5 Vgl. Ed. Meyer, a.a.O. 8.404. *'6 Vgl. R. E., XI, 2, Sp. 2475^ s.v. Kyme (Bürchner); vgl. C. Schuchhardt, A. v. P. I, i, S. 95. *'" Vgl. Pottier-Reinach, a. a. O. S. 47, vgl. W. Rüge, a.a.O. Sp. 616. *'* Vgl. Ernst Meyer, Die Grenzen der hellenistischen Staaten, S. 98 f. Zum genauen Datum des Friedensschlusses im zweiten syrischen Kriege siehe W. Otto, Beiträge usw. Münch.

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Akad. Abh. 1928, S. 45 ff. *«9 G. Macdonald, J. H. St. XXVII, 1907, S. i^i. *« Vgl. A.M. 1940, S. 40; danach sind Imhoof-Blumer (Berl. Akad. Abh. 1884, 8.4) und v. Fritze (a.a.O. S. 7) zu berichtigen; vgl. schon Imhoof-Blumer a. a. O., S. 24. K. Reglings (bei F. Frhr. v. Schr tter, W rterbuch der M nzkunde, s. v. Diadema, S. 138) Unterscheidung eines στρόφιον ohne und eines διάδημα mit Schleifenenden ist nicht nur, was die Schleifinenden anlangt (vgl. v. Fritze, a. a. O. S. 7f.) fraglich. ber die Bedeutung des Sieges bei Sardes (Strabo XIII, 624) l t sich soviel sagen, da er Pergamon nicht die K nigsw rde eintrug (vgl. Polyb. XVIII, 41). "" Siehe J. Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl., IV, 2, S. 5440., 548; E. Boehringer, A. v. P. IX, S. 92. *" Gryneion geh rt wahrscheinlich seit seiner Zerst rung durch Parmenion (Diodor XVII, 7, 9) (336 v. Chr.) zu Myrina (vgl. P. R. S. 54). Die Bronzem nzen des 3. Jahrhunderts v. Chr. (Brit.-Mus. Cat. Troas etc. Tf. 26, 8 + 9) besagen nichts dagegen. *n Dazu, da hier bei Polybios Smyrna in Myrina zu ndern ist, siehe U. Wilcken, R. E. II, 2 s. v. Attalos Sp. 2162; vgl. G. Macdonald, J. H. St. XXVII, 1907, S. 159; W. R ge, a. a. O. Sp. 617. *=4 Siehe C. Schuchhardt, A. v. P. I, S. 95!., 78; W. R ge, a . a . O . ; — P. R. 8.48 (auch Schuchhardt, a . a . O . 8.96) geben ein f r die Buchstabenformen zu sp tes Datum. Nachdem einmal die Aeolis ge\vonnen worden war, was vor der Eroberung Kleinasiens bis zum Tauros durch Attalos I. erfolgte, hatte es nicht mehr viel Zweck, einen neuen Grenzstein s dlich Myrina aufzustellen. *»5 Dazu vgl. Brit. Mus. Cat., Troas S.LVff. Die Reihe dieser autonomen Bronze- und (!) Silberm nzen reicht vom 2. Jahrh. v. Chr. bis ins i. Jh. v. Chr. — Vgl. auch D. Burr, a. a. O. S. 4f. *i6 P. R. S. 49f. *'7 Dazu vgl. B. Niese, Geschichte usw. II, S. 585 mit Anm. i. Vgl. G. Cardinali, II rcgno di Pcrgamo. S. 95f. * j8 Vgl. dazu auch, was B. Niese, a.a.O. II, S. 392, bes. Anm. 3 und S. 642^, bes. Anm. 8, ber die Anspr che Attalos I. und Antiochos des Gro en auf die Aeolis vermutet. * 2 9 Vgl. die bei G. Cardinali, a. a. O. S. 60, Anm. i und S. 61 Anm. i angef hrten Stellen. *3° Vgl. noch A. Heu , Stadt und Herrscher des Hellenismus, Klio, Beih. 39, 1937, S. 183 f. Anm. *3> Vgl. D. Burr, a. a. O. Vgl. vorl. Arb. S. 88,211. *3» Vgl. D. Burr, a. a.O.S.4f. *33 Vgl. Cardinali, a. a. O. S. 85 ff., bes. 8.85, Anm. 3. *34 Anders Cardinali, a. a. O. S. 6if., 84, 93, 95, der aber u. a. die autonome M nzpr gung nicht ber cksichtigt. (Vgl. jedoch S. 74, Anm. 3) Auch Heu , a. a. O. S. 241, bergeht diese und andere Einzelheiten. *35 Bis in die Gegend von Egrik i. Vgl. I. Keil-Α, v. Prcmerstein, Bericht ber eine Reise in Lydien und der s dlichen Aeolis, Denkschriften der Kaiserlichen Akademie Wien 1908, S. 97f. Hier wird allerdings vorgeschlagen, an einen »enklavenartigen Grundbesitz der Gemeinde Myrina in der fruchtbaren binnenl ndischen Ebene« zu denken. (Entsprechend W. R ge, a.a.O., Sp. 620.) Dagegen l t sich aber Galen VI, S. 800 anf hren: τοιοϋτοξ δε εστίν o olvos παρ' ήμϊν εν Aiyais καΐ ΤΤίρττερίντι, τη μεν όμόρω Mv/pfvrj τη δε Περγάμω, und auch Steph. Byz. s. v. Αίγαί. ττόλει$ ττολλαΐ . . . καΐ ή Ιν Μυρίνη ίνττ) Αίολίδι. *3« Vgl. R. Bohn-C. Schuchhardt, Aegae, J.d. I., Erg.-H. II, S. n f , 65f. Die Stra e von Aegae, die das Pythikos-Tal mit Elaia und mit der Hyrkanischcn Ebene verbindet, ist nicht dieselbe, die von Myrina das Pythikos-Tal aufw rts nach Magnesia f hrt. (Vgl. W. v. Diest, a. a. O. S. 25; dazu seine Karte.) *37 Siehe W. M. Ramsay, The historical Geography of Asia minor, S. 119, 44; C. Schuchhardt, A. v. P. I, i, S. 80. II B 2 *' P. R., S. 107/109; vgl. Horn, S. 86, Anm. 3; D. Burr, S. 4f. *- P. R., S. 70, vgl. 107. *3 D. Burr, S. 4; Brit. Mus. Cat. of Coins, Troas S. LVff., 135!?. *4 Vgl. P. R., S. soff.; R ge, a. a. O. Sp. 617. *5 Vgl. P. R., S. 54; R ge, a. a. O. ** B. C. H. XII, 1888, S. 370, Nr. 19 = I. G. R. IV, Nr. 1174; R ge a. a. O. *7 F r die Fundzusammcnhange vgl. P. R. S. 78ff., bes. goff. Hier ist allerdings bei Verweisen auf die Nummer des Katalogs sehr oft nicht auf die im fraglichen Grabe ausgegrabenen Fundst cke Bezug genommen worden, sondern nur auf Figuren desselben Typs. Soweit es sich nachkontrollieren lie , habe ich aber keine Unstimmigkeiten feststellen k nnen. Freilich bleibt zu beachten, was ber die Typenentwicklung der Myrina -Figuren festzustellen ist (vgl. vorl. Arb. 8.209). *8 Widersprochen hat bereits A. Furtw ngler, Samml. Sabouroff II, Einleitung S. 4 Anm. i. Von den von Mendel, a. a. O. als »Imitationen archaischer oder strenger Typen« angef hrten Nummern geh ren nicht dem archaischen oder strengen Stil Nr. 2461 Tf. ίο, 6; 2640 Tf. 8, 6 und die Nachbildungen der sog. Aphrodite in den G rten, Nr. 2274,

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Tf. 8, 4 bis 2276 an. Hier handelt es sich um archaisierende Figuren oder um Kopien nach der Großplastik der klassischen Zeit (vgl. vorl. Arb. S. 233). Andere Figuren wie Nr. 2513 oder 2615 sind zwar früh, aber nicht mehr archaisch oder streng. Die genannten werden weiter unten behandelt werden. Auch Nr. 2461, Tf. 10,6, ebenso 2697—2706, sind ähnlich zu beurteilen. Es hat jedoch wenig Sinn, ohne Photographien, nur mit den bei Mendel zitierten Zeichnungen in Winters Typenkatalog auf sie näher einzugehen. *9 P. R. S. 227ff., 235. *'° Vgl. K. Schefold, A. A. 1933, Sp. 153. *" P. R., S. 235 u. S. 58. *« P. R., S. inff., Nr. 3 u. 31. *«3 Vgl. im übrigen P. R., S. 58^. *'4 P. R., S. 73. *'5 Vgl. B. C. H. 1882, S. 408. II B 3 J

*' Vgl. P. R., S. 55, Fig. 2. * Bürchner hat hier die Akropolis des alten Kyme angesetzt (R. E. XI, 2, Sp. 24751.). **a Vgl. R. E., 2. Reihe XII, s. v. Tisna, Sp. 1481 (J. Keil). Zu den Münzen Imhoof-Blumer, Les monnaies Grecques, S. 275f.; B. Head, Historia nummorum, 2. Aufl., 8.557; Abb. Zeitschrift f. Numismatik, XX, Tf. 10, Nr. 22. (S. 284; Brit. Mus. Cat., TroasTf.zg, 12 (S. LXII).) *3 Nach Baedekers Kleinasien 1914, S. 357 (und Kieperts Karte) sogar 12 km. *4 Der ganze Passus bei Plinius (n. h. V. 30 (32)) lautet: »dein fuerat Larisa sunt Cyme Myrina quae Sebastopolim se vocat et intus Aegaeae Itale Posidea Neontichos Temnos in ora autem Titanus amnis et civitas ab eo cognominata fuit et Grynia nunc tantum portus olim insula adprehensa oppidum Elaea et ex Mysia veniens Caicus amnis oppidum Pitane Canaitis amnis. Intercidere Canae usw. *5 Vgl. P. R., 8.54. *' P. R., 5.54, Anm. 3, erwähnen auch noch myrinäische Münzen aus der Zeit Gordians mit dem Bilde des Apollotempels von Gryneion. *7 P. R., S. 35f. *8 P. R., S. 53f. Anm. 4. *9 Vgl. auch noch die mutmaßliche ursprüngliche Küstenlinie auf A. Philippsons Topographischer Karte des westlichen Kleinasiens 1910, Bl. 3. *'° Aber auch die Möglichkeit ist nicht ganz von der Hand zu weisen, daß dem Attischen Seebunde Städte angehörten, die nicht unmittelbar am Meere lagen, ähnlich wie Kolophon neben seinem Hafen Notion in den Listen erscheint (z. B. I. G. I, Ed. min. Nr. 192, IV, 6f.; vgl. auch noch R. E. XI, i, s. v. Kolophon, Sp. 1117 (Bürchner)). Leider ist noch nicht entschieden (vgl. II B i Anm. *M), welches Larisa unter dem jonischen Phoros aufgeführt ist, das äolische am Hermos oder das jonische am Kaystros (Strabo XIII, 620; vgl. auch noch R. E. XII, i, s. v. Larisa, Sp. 872, Nr. 9 (Bürchner)). Ob Maiandropolis (vgl. U. Köhler, Urkunden und Untersuchungen zur Geschichte des delisch-attischen Bundes, Berl. Akad. Abh. '1869, II, S. 158 zu ), das beim heutigen Söke angesetzt wird (vgl. R. Kiepert, Karte von Kleinasien, 1911, 2. Aufl., Bl. C. L, Smyrna), noch im 5. Jh. v. Chr. am Meere lag, scheint nicht sicher zu sein. II B 4

** Vgl. N. Jb. 1938, S. 256ff.; vgl. Hörn, 8.51. ** J. d. I. 1905, 8.57, Nr. 37. *3 Vgl. N. Jb. a.a.O. *4 Vgl. Th. Bossert-W. Zschietzschmann, Hellas und Rom, Abb. 178; auf der Tf. 36, 4 bei P. R. erscheint die Figur noch ohne ihren tanagräischen Hut; vgl. im übrigen noch D. Burr, a. a. O. Nr. 102. *5 Vgl. dazu vorläufig D. Burr, Nr. 68f. mit den dort angegebenen Figuren desselben Typs; sonst vgl. vorl. Arb. S. 78, 211. *6 Zur Beurteilung der entsprechenden Angaben bei P. R., vgl. III B Anm. *» *7 D. Burr, S. 5, Anm. 10, behauptet, auch diese beiden Figuren seien durch mitgefundene autonome Münzen datiert. Ich weiß nicht, worauf sich diese Behauptung stützt. 5 *' Vgl. die beiden Terrakotten aus der Sammlung Loeb in München (J. Sieveking, Slg. Loeb I, Tf. 54f.), die angeblich aus Mytilene stammen. ** Vgl. dazu Anm. *'. Vgl. aus Kyme in Istanbul M. 2993. *3 Als tanagräisch kommen hier nur Terrakotten aus dem Demeter-Heiligtum in Frage, z. B. Berlin 8590, Wiegand-Schrader usw., Priene, S. 158, Abb„i33; vgl. W. II, 15, 71.; — Berlin 8593, a.a.O. S. 159, Abb. 136; vgl. W. II, 22, 2d (vortanagräisch). Nicht sicher bei Berlin 8597, a. a. O. S. 158, Abb. 128 (W. II, 63, 6) und Berlin 8591, a. a. O. S. 159, Abb. 134. *4 Sehr jonisch in der FaltenOrnamentik ist eine Tänzerin (G. Jacopi, Lo Spedale S. 82, Fig. 45). Bei ihr handelt es sich auch

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2.87

schwerlich um eine tanagräische Tradition. Wieder anders ist die Fig. R. M. 1939. Tf. 16, i; S. 57 (L. Laurenzi). *5 a. a. O. Tf. 138, 2969S.: »Verhüllte Tänzerin« (das Gesicht nicht verhüllt). Tf. 143, 3054*1.: bekannter klassischer attischer Typus (W. I, 80, 7; vgl. vorl. Arb. S. 131). *6 Dazu vgl. G. Krahmer, Stilphasen der hellenistischen Plastik, R. M. 1923/24, S. 168. II C *' Der aufgesetzte Kopf gehört dazu: vgl. auch W. II, n, 6b; zur Kopfhaltung vgl. vorl. Arb. S. 98f. *» Dazu vgl. vorl. Arb. S. 123. *3 Dazu vgl. für den Aischines die Statue aus Epidauros, jetzt in Kopenhagen (Rev. Arch. 1915, S. 44f.; vgl. G. Lippold, K. u. U., S. 79 VI Anm. 55). Vgl. auch die Replik Borghesc der großen Herculanenserin (E. A. 2772) u. a. *4 Vgl. auch die Behandlung der um den Bauch gezogenen Falten, besonders bei P. R., Tf. 37/38, 9 u. uns. Tf. 21 a *5 Vgl. auch A. Furtwängler, Samml. Sabouroff S. 4f. *6 Vgl. auch Fr. Back, Körper und Rhythmus, Leipzig 1927, Tf. 34; E. N. Gardiner, Athletics, S. 96, Abb. 6g. Da bei der Inschrift zwischen den beiden letzten O-Lauten nur ein Spatium für einen Buchstaben freibleibt und dieser nach dem Erhaltenen nur eine Vertikal-Haste gehabt hat, kommt allein der Archon Kephisodoros und das Jahr 323 in Frage (zu Casson, Cat. Akrop. II. Nr. 1338, S. 241). *7 P. Knoblauch hält sie für ein attisches Importstück (A.A. 1939, Sp. 441) — vielleicht mit Recht. *8 Andere Stücke aus diesem Grabfund: K6kul6 Tf. 31, 3; 33; 30; vgl. Photo Sommer, Napoli, 9093; Mü. Sem. 25259. — Kikulo, Tf. 31, 3 erinnert an das Grab von der Chalkidike im Stil (Konstantinopel M. 3069, 3067; vgl. Tf. XIII, 7, Photo 812 und unsere Tf. 3d). *9 Vgl. die von R. Hom, a. a. O., Tf. 2, S. 10, 12, aufgestellte Reihe. *'° Vgl. R. Hörn S. n; vgl. NJb. 1938, S. 72ff. Abb. i. *« Vgl. vorl. A. S. if. und Anm. *» zu IA. *« A. Furtwängler. Samml. Sabouroff II. Text zu Tf. 109, bemerkt, der Kopf sei fremd. Aus dem ganz entsprechenden Erhaltungszustand der Oberfläche und ihres weißen Farbgrundes, aber auch aus dem Verlauf der Brüche geht hervor, daß Kopf und Körper zusammengehören. Jedoch scheint bei der Wiederherstellung der Hals vorn etwas zu lang ergänzt zu sein. *'3 Anders R. Feubel, Die att. Nymphenreliefs, S. gf. und K. Schefold. Text zu B. B. Tf. 785, S. 16: um 325. — Das ungeordnete Gewand und der gebrochene Rhythmus weisen auf die (erste) Diadochcnzeit. Vor 320 v. Chr. kann das Relief danach nicht entstanden sein (vgl. auch noch H. K. Süsserott, a. a. O. S. ngf.). *M Da der Typus nicht bei Winter angeführt ist (vgl. jedoch II. 94, i, 3, 6) verzeichne ich hier noch andere Exemplare: Paris, Bibl. Nat. i. Saal, Coll. Oppermann Nr. 180, vom einfachen Typ; nicht identisch mit Coll. Hoffmann, Vente Drouot, Paris 1899, Nr. 155, Tf, 17. *'5 Vgl. Exp. von Sieglin I, Beibl. IX, 2; vgl. E. Breccia, Alexandrea ad Aegyptum 1914 franz. Ausg. bunte Tafel gegenüber S. 256; engl. Ausg. gegenüber S. 250. *'6 Vgl. R. E., 2. Reihe, VIII, Sp. 21550. s. v. Tanagra (Fiehn). Vgl. R. Kokule", Die Thonfiguren aus Tanagra usw., S. 10—14. A. Furtwängler, Die Sammlung Sabouroff II, Einleitung S. 6; F. Winter a. a. O. I, S. XHIff. *'7 Vgl. I B i Anm *» 8.270. Vgl. noch H. Hcydemann. 4. Hallisches Wi.-Programm 1879 (Verhüllte Tänzerin); A. Furtwängler·, Samml. Sabouroff II, Text zu Tf. 139; P.-R., La neeropole de Myrina 8.450, Anm. i; F.-R.II, Tf. 80, Text S. io6f.; Miss Galt, A. J. A. 1931, S. 3730. (Veiled Ladies). *'8 Dazu vgl. P.Knoblauch, A . A . 1938, Sp. 346, Anm. i; auch zur Datierung durch Funde in Olynth u.a. *'9 Vgl. A. Körte, J. d. 1.1893, S. 6l ff., S. 77ff-: Kat. mit 105 Nummern, davon 32 aus Böotien: Nummer 4, 10—13, 18, 25 usw.; im übrigen vgl. auch W. II, S. 4140. *:o In Myrina kommen sie denn auch ganz sicher in späten Gräbern vor; vgl. Vorl. Arb. S. 209. *:l Z. B. Sammlung Loeb II, Tf. 79(ff). *« Vgl. W. I, S. 84ff.; vgl. L. Söchan, R. A. 1912. XX. S. io6ff.; vgl. P. Knoblauch, A . A . 1938, Sp. 34Öf., Anm. i; vgl. vorl. Arb. S. 5. *23 Vgl. Sechan, a. a. O. * 2 < Vgl. zu diesem Sitzmotiv H. Diepoldcr, Die attischen Grabrcliefs, S. 55; W. Zschietzschmann, Die hellenistische und römische Kunst, 8.31. *15 Vgl. z.B. das Grabrelief der Korallion Diepolder, Tf. 45, 2, 8.49. l6 * Ähnlich u. a. die Figuren aus Knidos (Ch. Newton, History of Discoveries Tf. 59, 3 u. 4; vgl. W. II, 63, 4 u. 5), die Robinson, Exe. a.a.O. mit der Olynther Figur vergleicht. Siehe vorl. Arb. S. n. **7 Vgl. z.B. Berlin 6674 und 6683b: Köster, Tf. n.

ANMERKUNGEN MIT * II D 5

·' Vgl. auch noch F. Studniczka, Artemis und Iphigenic, S. 96. ** Vgl. W. Judeich, Topographie von Athen, 2. Aufl., S. 901. *3 Vgl. Anm. »7. *4 Vgl. G. Krahmer, R. M. 1923/24, S. I54ff. Vgl. auch derselbe, Arch. Ert. 1927, S. 261. *5 Au er dem Angef hrten vgl. vor allem noch R. H rn, a. a. O.( S. 3ff. ** Vgl. vorl. Arb. S. 100, 146. Vgl. auch Deltion 1920/21, S. 71, Nr. 22, Abb. 6, S. 72, aus Aetolien, etwas lter. *7 Auch Plut. Demosth. XXX Τούτω μεν ολίγον ύστερον ό των Αθηναίων δημο$ άξίαν όπτοδιδού? τιμήν εΙκόνα τέ χαλκήν άνέστησε. .. ist schwerlich auf etwas anderes als die Bronzestatue von 280 v. Chr. zu beziehen. Zu der Frage der Bildnistreue der Figur vgl. zuletzt E. Pfuhl, Anf nge der Bildniskunst, S. I4ff. *8 Vgl. 10 Krahmer, a.a.O., H rn, a.a.O., S. 241. *9 Vgl. vorl. Arb. S. 121. * B. S. A. d'A. 32, 1938, S. 471. (S. 6f.), S. 55f. (14!). *" Siehe W. Kraiker, R. M. 1936, S. 137: Parisch, unter Hinweis auf die Nike von Paros, dagegen ( ? ) : M. Bieber, a. a. O. S. 34: Penthelischer Marmor. Auch wenn dies richtig ist, handelt es sich jedenfalls um das Werk eines jonischen Meisters. *11 Vgl. auch noch R. H rn, a. a. O. S. 191., besonders aber S. 95. *'3 B. S. A. d'A. 1938, S. 471. (S. 6f.); dazu jetzt noch nachzutragen: O. Waldhauer, Die antiken Skulpturen der Eremitage III, 218, Tf. 6f. R. H rn, A. A. 1938, Sp. 630 — Waldhauers »Variante ohne Aegis in Kairo« und Horns »Statue ohne Aegis in Leningrad« sind miteinander und mit der Figur in Alexandria identisch. *M Eph. arch. 1891, Pinax V; H rn, S. 2of., S. no. »'5 Vgl. vorl. Arb. S. 7, 102. *'6 H rn, a. a. O., S. 92f., teilt die Statue von Velanideza dem sp ten Hellenismus zu, erw gt aber selbst schon ihre Einordnung innerhalb jener fr hhellenistischen Richtung »die im Anschlu an die Themis von Rhamnus herauszuarbeiten versucht wurde«. F r diese Zuweisung spricht allein schon der Kopf. — Von E.Buschor ist die Figur schon im Colleg f r diese Zeit inAnspruch genommen worden. *'7 Vgl. B. S. A. d'A. 1938, S. 55f. (8.141.). *'8 Vgl. A. v. Salis, Die Kunst der Griechen, 2. Aufl., S. iSoff., 205f. II D 6

*' Vgl. H rn, a. a. O. S. 6f. *» Vgl. auch, was E. Pfuhl, J. d. I. 1930, S. 21, allgemein zu dieser Entwicklung bemerkt. *3 Sie bahnt sich schon beim Olympiodoros an (E. Pfuhl, Anf nge der Bildniskunst, S. 15, Tf. 8, 4). *4 Vgl. M. Schede, R. M. 1920, S. 82, Anm. 4. *5 B. C. H. 50, 1926, S. 234ff. (G. Daux). Vgl. auch Bericht ber die 100-Jahrfeier 1929, Berlin 1930, S. 259! (P. Roussel). Vgl. Ch. Picard, Sculpture antique II, S. 2040., S. 509: um »270 v. Chr.« Vgl. R. H rn, a. a. O, S. 24, der Seite 2of. darauf hinweist, da der zum gleichen Denkmal geh rige Dionysoskopf (Picard, a. a. O. S. 205, Fig. 84) an den der Aristonoe' von Rhamnus erinnert. *6 Vgl. B. S. A. d'A. 1938, S. 59; vgl. auch W. Klein, Vom antiken Rokoko, S. 12. II D 7

*· Vgl. auch etwa die Tanagr erin Paris, Louvre, M. N. B. 557, Tel. I, 1768; W. II, 71, 5 und die dieser hnliche Myrin erin, Louvre 668 (s. uns. Tf. 24d; Photo Alinari 231763r.;vgl. vorl. Arb. S. 177). *l Vgl. vorl. Arb. S. 183. *3 Vgl. A. Rumpf, a. a. O. S. 70. *4 Zum Datum der DoidalsesAphrodite s. Klein, Vom antiken Rokoko, 8.31, 178, und B. S. A. d'A. 1938, 8.46 (15), Anm. 3: hier auch zur Einordnung des »M dchens von Antium«. *5 Wenn die k rzlich gefundene Inschrift nicht zu dem »dorischen Marmortempel« geh rt (A. Schober, Jh. 29, 1934, s· lfl ·)· treten die Gr nde wieder in Kraft, die schon vorher die Ansetzung des Tempels in das 2. Viertel des 3. Jahrhunderts in die Zeit des 2. Ptolem ers bewirkten. Eine Datierung »um die Mitte des 2. Jahrhunderts« (Schober, S. 22) scheint mir nicht m glich. Schobers Gr nde daf r sind nicht stichhaltig. Ob z. B, das Propylon sich »axial« (?) »h tte nach dem neuen Mittelpunkt des Kultes richten m ssen« (Schober, S. 3!.) oder nach dem alten Wege (Prozessionswege — ? Benndorf, Samothrake, II, S. 69, Anm. 3, in bereinstimmung mit Hauser, a. a. O., S. 44, nicht gegen ihn (Rubensohn, Mysterienheiligt mer, S. i88f.)), der nun auch zum Arsinoeion f hrte, ist noch die Frage. Um eine sog. axiale Anlage handelte es sich ja keinesfalls. Und wenn das Fundament D zu einem Bau des Ptolemaios geh rt (Schober, S. 2,) auf den das »Ptolemaion« jedenfalls keine R cksicht nimmt, erhebt sich die Frage, warum dieser

ANMERKUNGEN MIT "'

2.89

(»Altar« - ?)Bau so abseits der anderen Bauten liegt. Eine Erklärung für seine Lage — auch am Rande des Platzes, auf dem er steht (Samothrake II, Tf. i; Winter, K. i. B. 143, i) — ergibt sich nur dann, wenn man annimmt, daß sie in Rücksicht auf einen mindestens schon geplanten Tempel des Ptolemaios gewählt ist. — Für diese Annahme spricht auch, daß die Bauten in der gleichen Flucht zu liegen scheinen. Die Zugehörigkeit des dorischen Marmortempels zu den samothrakischen Bauten Ptolemaios II. wird so kaum minder gewiß, — durchaus im Sinne der Bauornamentik, wie man ihn bisher verstand (vgl. M. Schede, Antikes Traufleisten-Ornament, S. 88f.; C. Weickcrt, Lesbisches Kymation, S. Soff.; — auch C. Praschniker, Zur Geschichte des Akrotcrs, S. 38ff.). Die Architektur kann entsprechend den von Schober angestellten Beobachtungen z. B. (S. 5 bes. Anm.) nach dem Höhenverhältnis von Architrav zu Fries (0,64:0,76) sehr wohl gleichzeitig sein mit dem um 260 datierten Tempel von Mamurt Kaleh (0,345:0,45). Solche Beobachtungen haben in der hellenistischen Zeit zunächst nur Wert für dieselben Bautypen, weil bestimmend doch immer die Gesamtproportion ist. Für den Rundbau des Arsinoeions (0,64:0,84) können durchaus andere Maßstäbe wirksam gewesen sein, während sie für die einfachere Form der Stierhalle auf Delos (0,49:0,59) noch galten. Für die späteren Hallen — vor allem die zweistöckigen — des fortgeschrittenen Hellenismus ergeben sich beim Vergleich mit ungefähr gleichzeitigen dorischen Tempeln da auch große Unterschiede, z. B. beim Hera-Tempel Attalos II. am Gymnasion in Pergamon (A. v. P. VI, Tf. 34^, S. 105; 0,43:0,473) und bei den Athcnahallcn Eumenes II. (0,355:0,385) oder auch in Priene bei der »heiligen Halle« (0,430:0,489). Von den von Schober zum späten 2. Jahrhundert angeführten Hallen gehört doch allem Anschein nach dem beginnenden Jahrhundert die in Samothrake (0,57:0,614) noch an (vgl. Samothrake II, S. 68; Schrde, S. 73ff.). »lonismen«, wie sie die dorische Architektur des 2. Jahrhunderts bei den Hallen auch im Detail z. B. in der Bildung der oberen Abschlußleiste des Triglyphons häufig aufweisen, zwingen beim Tempel von Samothrake jedenfalls nicht zu einem so späten Ansatz. Aber auch von einem Klassizismus, wie ihn die Zeit des Hcrmogenes kennt, findet sich keine Spur. Für den Vergleich der unklassischen Tropfen an den Eckabkantungen der Triglyphen (Schober, S. sf.) müßten zuverlässigere Abbildungen vorgewiesen werden. Nachzuweisen sind sie vom späten 4. Jahrhundert bis ins i. Jahrhundert v. Chr. vom Nikias-Monument (A. M. 1885, Tf. VII) bis zu den inneren Propyläen von Eleusis (H. Hörmann, Tf. 42 b, S. 46), ohne daß ihr Vorhandensein die Regel wäre. Auf solche kleinen Einzelheiten ist nicht gut zu bauen, wie Schober selbst bemerkt. Die Simen zeigen noch nichts von der Angleichung der Trauf- und Giebelsima, wie sie sich im 2. Jahrhundert immer mehr durchsetzt, — im Gegenteil, einen großen Kontrast, das Relief (auch der Kymatien) den für das verkümmerte »Relief des 3. Jh.« (vgl. vorl. Arb. S. 155 ff.) charakteristischen spärlichen ornamentalen Besatz. *6 Vgl. G. RodenwaldtDas Relief bei den Griechen, S. 45ff., 48! — Allgemein zum Giebel vgl. noch Daremberg-Saglio, V, i, S. 562ff., s. v. Tympanum (Ch. Avezou). *7 Die kleinen Giebel von Eleusis in Athen, National, museum Nr. 200—202 (Eph. arch. 1890, Tf. I2f., S. 2i8f.; vgl. Rh. Carpenter, Hespcria, i, 1932, S. ii ff.) und Eleusis-Museum (Eph. arch. 1893, Tf. 14, S. 191; F. Noack, Eleusis, S. 87; vgl. Carpenter, a. a. O., S. 23ff.) bilden vielleicht eine Ausnahme. Sie fällt jedoch nicht ins Gewicht, vor allem wenn sie in römische Zeit gehört, wie gewöhnlich angenommen wird, aber nicht gesichert ist. *' Vgl. G. Rodcnwaldt, F. u. F.. 1939, S. 294. *9 Vgl. vorl. Arb. S. 136. *'° Vgl. G. Rodenwaldt, Das Relief bei den Griechen, S. nf., igf.; vgl. N. Jb. 1938, 8.259. *" Vgl. G. Rodenwaldt, J. d. I. 1936, S. 93f. *" Vgl. vorl. Arb. S. 189. *>3 Vgl. auch H. Speier, R. M. 1932, S. 62ff., 74, 82ff. *M Lehrreich ist dafür A. Furtwänglers (Mü. Jb. 1907, S. 7ff.) Gegenüberstellung der Münchener Statue, Glyptothek Nr. 478 (vgl. G. Krahmer, R. M. 1923/24, S. 156) mit dem »Mädchen von Antium« als frühklassisch und hellenistisch. Hier erscheint der »schlichte Stil« des ersten Viertels des 3. Jh. v. Chr. als primitiver Stil. Den entgegengesetzten Irrtum begeht A. Schober, wenn er den »freien Stil« des zweiten Viertels des 3. Jahrhunderts an den Giebelfiguren von Samothrake verkennt und ins zweite Jahrhundert v. Chr. datiert. *'5 Vgl. vorl. Arb. S. 68 f.

*' Vgl. vorl. Arb. S. 51 f. 103. Nationalmuseum, E. A. 1235.

II D 8 *» Vgl. auch die dritte Figur auf dem späten Wcihrelief im Athener *3 S. vorl. Arb. S. 89. *4 S. vorl. Arbeit S. 94. *5 S.

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vorl. Arb. S. n6f. ** S. vorl. Arb. S. niff. *7 Dazu vgl. auch die Eumachia in Neapel (Mü. Jb. 1912, S. 135) aus der Zeit des Tiberius, der allerdings für die genaue Datierung ihres möglichen Vorbildes wenig zu entnehmen ist. *8 S. vorl. Arb. S. 115. *9 S. vorl. Arb. S. 125. *'° S. vorl. Arbeit S. 92, 126. *«> a. a. O. S. 462. II D 9 a ·' Zur Bezeichnung vgl. W. Amelung, Vatikan, Skulpturen, Kat. I, S. 36, zu Braccio nuovo Nr. 23; vgl. dens. Mod. Cicerone, 2. Aufl., S. i6ff., und W. Heibig, Führer, 3. Aufl., I, Nr. 8; vgl. G. Lippold, Kopien und Umbildungen, S. 217«.; vgl. R. Hörn, S. 630., ojf. *» Vgl. auch F. Studniczka, Ostgiebelgruppe Olympia, Leipz. Ak. Abh., 37, 4, S. i6f.; vgl. Vereinigung der F. antiker Kunst, Bericht 1938—39, S. 31 f. vgl. auch noch A. Furtwängler, Slg. Sabouroff, I, Einl. 8.42, 45. *3 Zu den Pudicitien auf hauptsächlich ostgriechischen Grabreliefs vgl. Amelung, a.a.O.; dazu E. Pfuhl, J. d. I. 1905, S. 47ff., I23ff. und G. v. Kieseritzky und C. Watzinger, Griechische Grabreliefs aus Südrußland. — Zu den Herculanenserinnen auf attischen Grabreliefs vgl. A. Conze, Die attischen Grabreliefs, IV, Nr. 18940., Tf. 405». und noch G. Lippold, a. a. O., S. 102, 212; vgl. im übrigen vorl. Arb. S. 238. *4 Vgl. etwa Berlin 8226; s. unsere Tf. 273, c, d. II D gb *> Vgl. B. S. A. d'A. 1938, S. 46, 57. N. Jb. 1938, S. 266. II D *' London, Brit. Mus. Cat. II, Nr. 1301; vgl. C.T.Newton, A History of Discoveries at Halicarnasus etc. London, i862f, Tf. 56; vgl. Taf. 89, 21; II, S. 398. Vgl. G. Lippold, Kopien u. Umbildungen, S. 219 (?); vgl. vorl. Arb. S. 100. *» Vgl, einstweilen N. Jb. 1938, S. 256ff. *3 S. Th. WiegandH. Schrader, Priene, S. 150 — Brit. Mus. Cat. II unter Nr. 1301: 5 feet i% inches = 156,21 cm. *4 Die Inschrift (vgl. Newton a. a. O., Tf. 89, 21) läßt sich nach einer im Münchener Archäol. Seminar vorhandenen Photographic gut beurteilen, die mit der Figur auch die ganze Basis zeigt. — Herrn Geh.-Rat Rehm verdanke ich die folgende Auskunft: Die Form des mit der nach links und rechts über die Senkrecht-Hasten verlängerten Quer-Hasta ist nicht vor der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts möglich, das A, das keine gebrochene Quer-Haste hat, noch Verhältnismäßig früh. Danach ist die Inschrift frühestens um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr., spätestens Anfang des 2. Jahrhunderts anzu setzen. Wenn die bei A. Hekler, Münch. Arch. Studien, S. 120, 131 und die bei G. Lippold, K. u. U., S. 219, gegebene Datierung ins 4. Jahrhundort sich auf die Inschrift gründet, ist sie schon danach zu berichtigen.

*' B. S. A. d'A. 1938, S. 55ff. (15«.). vor allem noch Hörn, a. a. O., S. soff. Ert. 1927, S. 268.

II D ii *» Vgl. vorl. Arb. S. 155 und B. S. A. d'A. a. a. O.; vgl. *3 A. A. 1888, S. 252. *« Vgl. H. Krahmer, Arch.

II D 12 •i Natürlich hängt es bei den einzelnen Heiligtümern von der Gottheit ab, was für Typen ihr geweiht werden (vgl. auch z. T. E. Pettier, Les Statuettes, S. 4off.) und vielleicht bei den einzelnen Landschaften zunächst auch von der Hauptgottheit, ob man männliche oder weibliche Ton-Figuren dem Toten ins Grab legt usw. So sind in Böotien die gleichen Jünglingsfiguren im Kabirion, aber auch in Gräbern gefunden worden. (Vgl. W., a. a. O.; vgl. auch V. H. Poulsen, Act. Arch. 1938, S. 77). ·» P.-R., S. i49ff.; dazu vgl. auch A. Furtwängler, Gemmen III, 8.280. *3 Vgl. z.T. auch D. M. Robinson, Exe. at Olynth. VII, S. 10, izf. ·« Vgl. vorl. Arb. S. 19. *3 Vgl. B. S. A. d'A. 1938, S. 47ff. (I7ff.). *6 Vgl. U. v. Wilamowitz-M., Glaube der Hellenen, II, 179«. — Zu Einzelheiten vgl. R. E. VI, i, s. v. Eros, bes. Sp. 509 (Waser). Röscher, M. L. I, s. v. Eros, vor allem Sp. 1366 (A. Furtwängler) und A. Furtwängler, Gemmen III, bes. S. 280, 290 und weiter: L. Curtius, Die Wandmalerei Pompejis, S. 395ff., bes. S. 404. — K. A. Neugebauer, B. B., Text zu Tf. 758,

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S. g. *7 Dazu vgl. A. Furtw ngler, Sammig. Sabouroff, II, Tf. 124, Text Anm. 4. *« Vgl. Plutarch, Alex. n. *9 Vgl. zu italischen um 265 v. Chr. datierbaren Vasen R. Zahn, Amtl. Ber. 55. r934. S. 2ff. ( 10, Anm. i. *'° Solange nicht der Tatbestand an der Pariser Aphrodite (B. B. 758) restlos gekl rt ist, bleibt auf alle F lle gegen ber dem Eros Vorsicht geboten. Darin best rkt mich ein Brief von R. Lullies, der die Figur im Louvre untersuchte und zu einer Beurteilung des Erhaltungszustandes gelangte, die von der K. A. Neugebauers wesentlich abweicht. *" Auch die Spiegelkapsel aus Eretria in Berlin, 8393 (A. A. 1894, Sp. 119, Nr. 16 m. Abb.), die nach K. A. Neugebauer, Text zu B. B. 758, S. 9 »noch vor der Mitte des 4. Jahrhunderts entstanden sein soll«, zeigt einen Eros mit langen Fl geln, ebenso die feine gravierte Zeichnung des Spiegels aus Italien im Louvre 1700 (A. de Ridder, Les bronzes antiques, II, Tf. 82; L. Curtius, Die antike Kunst, II, S. 371, Abb. 557: tarentinisch u. a.). Erst auf dem Relief der sp ten Spiegelkapsel aus Korinth im Louvre 1705 (de Ridder, a. a. O., Tf. 79), erscheint der Eros kleiner, seine Fl gel k rzer. Aber auch hier handelt es sich um eine Verkleinerung des klassischen Typs, nicht um die neue Sch pfung des Putto. Ausgesprochene Putti begegnen dagegen auf dem Spiegelrelief aus Canosa (A. A. 1937, Sp. 434#., 439f., Abb. 31.) Doch wird es kaum viel vor der Mitte des 3. Jhs. v. Chr. entstanden sein. *'» Vgl. auch noch Berlin, G. I. 165, 166 aus Kyme (R. Zahn, Ausstellung antiken Goldschmucks 1932, S. 58, V, 15; Abb. s. K. Hadaczek, Der Ohrschmuck 8.31, Fig. 53) gegen ber Berlin 30219, 388 aus S dru land (Zahn, a. a. O., S. 61, V, 27, Abb. s. Amtl. Ber. 1913/14, Sp. 76, Abb. 37, A). *'3 Zu dem bei G. Rodenwaldt, Kunst der Antike, i. Aufl., Tf. 27, im 4. Jahrh. v.Chr. eingereihten Bild des »bestraften Eros«, vgl. L. Curtius, Die Wandmalerei Pompejis, S. 284^, wo es als Pasticcio bezeichnet wird. *l* Nach dem Stil und den Beifunden k nnen auch die Eroten aus Eretria in Paris im Louvre dazugeh ren (Inv. 238—244; Charbonneaux Abb. 56; Tel. I, 182 A; Schneider-Lengyel, Abb. 60; Photo Alinari 23744); vgl. vorl. Arb. S. 19. *'5 Vgl. vorl. Arb. S. 52, 58. *'6 Vgl. z. T. auch U. v. Wilamowitz, Glaube der Hellenen, I, 144, II, 7; — vgl. E. Gerhard, ber die FJ gelgcstalten der alten Kunst, Ak. Abh. Bln. 1839, S. 193ff., bes. 8.195; F. Studniczka, Die Siegesg ttin, S. 4ff.; H. v. Kenner, . Jh. 31, 1939, S. 8iff., bes. S. go, 94f. "7 Vgl. U. v. Wilamowitz, a. a. O. II, S. 1790. •18 Die antike Kunst, II, S. 322f. *'9 Vgl. K. Regling, Die antiken M nzen, 3. Aufl., S. 46f.; L. M. Lanckoronski, Sch nes Geld, S. 98f. — Es sei auch daran erinnert, da am Wagen, der die Leiche Alexanders trug, 4 goldene Niken das gew lbte Dach des oberen Aufbaus als Akrotere zierten (Diod. XVIII, 26). Nach K . F . M ller (Der Leichenwagen Alex. d. Gr., S. 56), ist Nike als »τροττακχρόροξ« hier ganz neu. *=° Athen. N. M.; s. H. Thiersch, Pro Samothrake, N. G. G. 1930, Tf. r, S. 29; vgl. K. Purgold, A. M. 1881. S. 275ff., bes. S. 382, Tf. ιοί. II D I3 a ·' W. Finder. ** Vgl. entspr. z. T. W. Klein, . Jh. 1913, S. 207. *J Vgl. H. Bl mncr, Technologie I, 2. Aufl., S. 202; ders.. Die r mischen Privataltert mer in I. v. M llers Handbuch, S. 243ff.. R. E. III, i, Sp. 678ff., s. unter Bombyx (Mau); R. E., 2. Reihe IV, Sp. 1678ff., s. unter Seres (A. Herrmann), Sp. I724ff., s. unter Serica (Bl mner); R. E. IV, i, Sp. 12/f., s. unter Coa vestis (Amelung). *4 Vgl. A. Neppi Modona, L'Isola di Coo, 1933, S. 175f.; vgl. A. Herrmann, a.a.O.; vgl. ders.. Das Land der Seide, S. 25f. *5 Vgl. H. Bl mner, Die r mischen Privataltert mer, 8.244, Anm. *6 Vgl. Amelung, a.a.O.; Bl mner, a. a. O. *7 Vgl. Bl mner an zuletzt a. O., S. 244, Anm. *8 Vgl. Mau, a. a. O. «9 Vgl. zu durchsichtigen Chitonen auch noch, was W. Amelung, R. E. III, 2 s. v. Chiton, Sp. 2323, anf hrt. *10 J. J. Winckelmann. Geschichte der Kunst des Altertums, 1764, S. 191, macht auf Euripides, Iphigen. Taur., Vers 372 aufmerksam: tyoij δε λπττών δμμα δια καλυμμάτων ίχουσ' . . . ·" Vgl. E. Langlotz, Fr hgriechische Bildhauerschulen, S. 21. ·" Daf r die »Cyclas« (s. Daremberg-Saglio, s. v. Cyclas I, 2, logoff.; L. Friedl nder im Kommentar zu Juvenal 6, 259) als »Cycladengewand« in Anspruch zu nehmen (A. Neppi Modona, L'Isola di Coo, S. 176) fehlt es an Beweis. * J 3 Vgl. auch A. Schober, Der Fries des Hekateions von Lagina, S. 96ff. »M Vgl. N. Jb. 1938, S. 266. * 1 5 Die »vatikanische K re« (B. B. 675 links) ist von H rn, S. 18, im Anschlu an die Musenbasis von Mantinea f r das 4. Jahrhundert in Anspruch genommen worden. So wie sie uns erhalten ist — als »r mische Kopie« ? —

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geht sie zunächst einmal auf ein Werk des ausgehenden Hellenismus zurück, dem sie auch das durchscheinende Untergewand verdanken wird. Aus Kos (Cl. Rhodos V, t, S. I22ff., Tf. n) ist uns für diese Zeit eine fast rcpliktnroäßig ähnliche Statue fragmentiert erhalten, die auch von Hörn (R. M. 1933, S. 321, Anrn. i) ins erste Jahrhundert datiert, diese Meinung empfiehlt. Die Frage, ob Original oder Kopie, ist für die vatikanische Köre von Arndt (Text zu B. B. 675 links) unter Hinweis auf eine Statue aus Herkulaneum (s. a. a. O.) entschieden worden. Dieser Hinweis, dem der auf die »BaibusMutter« (Lippold, K. u. U., 8.219; Hoin, S. Soff.) als Zwischenglied hinzugefügt werden soll, rückt nur das Fortleben der hellenistischen Tradition besonders des sog. »Philiskos- Stils«, des »koischen« Gewandstils, bis in die frühe Kaiserzeit ins Licht. — Ähnliches hat Hörn (R. M., a. a. O.) jetzt für Kos für die Statuen aus dem Odcicn, für eine Statue aus Aidepsos in Chalkis u. a. angedeutet. — Vgl. im übrigen vorl. Arb. S. 236 i. *'6 Ygl. vorl. Arb. S. 144. *'7 Nachweise bei F. Studniczka, Artemis und Iphigenie, S. io6ff. *·*> Vgl. E. Pfuhl, J. d. I. 1935, S. gß., 10, 14, II D 13 b *' Vgl. vorl. Arb. S. 147 f. * Vgl. vorl. Arb. S. 150. *3 Vgl. auch die römischen Karyatiden z.B. München. Glyptothek, Römersaal. Fuitwängler-Wolters, S. 338f., Kr. 305/6; 100 Tfn. Tf. 73. ** Vgl. auch Acta Archaeologica 1937, S. gff. : dorische, S. 83fT. : jcnische Beispiele (Poulsen). *5 Hierher gehört auch das Motiv der »aufgeblähten Falten« (G. Rcdenwaldt, R. M. 1919, S. 58ff., 60), obschon es Vor allem der »unischen eder ionisch beeinflußten Kunst des 5. Jhs. v. Chr.« eignet. *6 Vgl. A. Fuilwängler, M ü . J b . 1907, S. 6; G. Krahmtr, R. M. 1923/24, S. 141; ders.. Arch. Ert. 1927, S. 264. 2

II D 13 c *' Dazu vgl. L. Curtius, Die antike Kunst, II, S. 283. *» Vgl. auch K. Schcfold. Kertscher Vasen, S. 13, S. 6f.; ders., Untersuchungen, S. 96, in. *3 Vgl. J. Sieveking, Slg. Loeb I, Text, S. 4if. zu Tf. &4b. *4 Nur daß hier die Hauptansicht anders gewählt warl *5 Vgl. G. Lippold, Kopien u. Umbildungen, S. 188. *6 Wieso von abgeleitet werden kann (R. E., Suppl. V, s.v. Kultbild, Sp. 491 (Val. Müller, zit.: Schweitzer, Rel.-Gesch., Geg. III 1402)) ist mir nicht klar. *7 Vgl. G. Lippold, a.a.O., S. 2oif.; E. Schmidt, Corolla Curtius, S. 73ff. *8 Vgl. vorl. Arb. S. 145 f. *9 s. G. Rodenwaldt, R. M. 1919, S. s8ff. *"> Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der Mantel des Apollo von Belvedere zu beurteilen. (Vgl. dazu zuletzt O. Dtubner, Hellenistische Apollo-Gestalten, S. 51). *" Vgl. G. Krahmer, Die einansichtige Gruppe und die späthelltnistische Kunst, N. G. G. 1927, S. 53 ff. II D 13 d *' Zum Tatbestand: Dionyseicn, Thasos s. B. C. H. 1926, S. 234; 1923, S. 537f. Zum Thessaler-Haus in Delphi mit dem Daochos-Momrment s. F. Poulsen, Delphi, S. 266ff., und bes. P. Wolters, Mü. Ak. Sb. 1913, S. 4off. *» Vgl. auch den Torso von Klaudos in London (W. Amelung, Die Basis des Praxiteles, S. 54, Abb. 28; vgl. G. Lippold, Kopien u. Umbildungen, S. 220) und die Berliner Replik (C. Blümel, Katalog K. 238, Tf . 52) . — Schwierig ist auch in diesem Falle wegen der Stütze die »Aphrodite des Praxiteles« (B. B. 758 ; vgl. II D 12 , Anm. *io) *3 E. Buschor, Olympia, Text S. 39 : »Großgriechisch« vgl. auch Vatikan, Magazin, s. G. v. Kaschnitz-Weinberg, Sculture del Magazino, Nr. 50, Tf. 16, Text S. 32 f. — Bei Statuetten sind sehr wohl auch »originale« Repliken möglich, zumal, wenn sie nicht genau übereinstimmen. *4 Vgl. auch E. Langlotz (bei H. Schrader, Die archaischen MarmorBildwerke der Akropolis, S. 86 Nr. 40) zur Akropolis - Köre, Nr. 598. *5 Vgl. M. Bieber, Entö wicklungsgeschichte, S. 24. * Keine der im Altarbezirk gefundenen Statuen (A. v. P. VIII, i Nr. 47ff.) ist wohl früher als die Altar-Friese entstanden — abgesehen vielleicht von der »Tragodia«. Für bestimmte Statuen und Relief-Figuren sind dieselben Hände zu erweisen. Darunter sind solche von führenden Meistern des großen Frieses. Deren Werke scheinen allerdings meist nach den entsprechenden Friesteüen, jedoch vor dem kleinen Fries, ausgeführt zu sein. Wenn W. Zschietzschmann aber meint (Die hellenistische und römische Kunst, S. 63), alle im Altar-Bezirk gefundenen Statuen können nur vor oder nach der Erbauung des Altars dort aufgestellt worden sein, müßte Ähnliches doch

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für Weihungen in anderen Heiligtümern auch gelten, z. B. das Thessaler-Votiv in Delphi, Phidias' Lemnia auf der Akropolis usw. *7 Vgl. N. Jb. 1938 S. 256f. *8 Die herkömmlichen Aufnahmen der Hera von Samos, die ich durch keine neue ersetzen kann, nehmen darauf wenig Rücksicht. Wahrscheinlich sollte, wie gewöhnlich schon um der Meißelarbeit willen, das Licht von links her auf die Figur fallen und das Spielbein voll beleuchten. Das Standbein aber sollte wohl in jenen durchleuchteten Schatten getaucht sein, der das südliche Licht begleitet, auf den Photographien jedoch meist zuschanden wird. *9 Vgl. N. Jb. 1938, S. 258f. II D 14

·« Vgl. auch noch Th. Reinach, Rev. E. Gr. XII, 1899, 8.55; R. E., 2. Reihe, X, Sp. 1487, s. v. Theben (F. Schober); aber auch R. E., 2. Reihe VIII, Sp. 2157 s. v. Tanagra (Fiehn): 2. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. ? Ill A *' Vgl. D. Burr, a. a. O., S. gff., nach dem Vorgang A. Furtwänglers und J. Sievekings. Vgl. auch z. T. P.-R., S. 302f. zu Tf. 7, 2, Nr. 46. *» Siehe J. Sieveking, Terrakotten der Sammlung Loeb II, zu Taf. 98, S. 36ff; vgl. auch zu Tf. 97, S. 36; D. Burr, Terra-cottas from Myrina in the Museum of Fine-Arts, Boston, S. gff. Ob freilich bei der Umbildung der knidischen Aphrodite, Athen Nr. 4847 (a. a. O. S. ii f., Fig. 6, vgl. Fig. 5) die Diphilos signiert ist, mit Sicherheit eine flavische Haartracht zu erkennen ist, erscheint fraglich. Es fehlt die charakteristische Frisur des Hinterhaupts (vgl. z. T. auch J. Sieveking, Phil.-W. 1935, Sp. 1425 und dazu vorl. Arb. S. 228, Anm. 3. ·3 Vgl. dazu auch D. Burr, a. a. O., S. 18; G. Lippold, K. u. U., S. 154. *4 Vgl. auch D. Burr, a. a. O., Abb. 10; Charbonneaux, Abb. 92. *5 P.-R., S. 182, Sondernummer 136 MH und Sondernummer 137 MH bedeutet sehr wahrscheinlich Menophilu. Sondernummer 137 entspricht aber der Diphilos signierten Sondernummer 25, S. 176 und der Papiu signierten Sondernummer 72, S. 178 und der unsignierten Katalognummer 179 (P.-R., Tf. 7, i; vgl. dazu J. Sieveking, Samml. Loeb II, Tf. 97 mit Text, S. 36). Zu Menophilos vgl. auch D. Burr, Index, S. 83 s. v. Menophilos. Menophilos und Diphilos signieren dieselben Typen z. B. W. II, 255, i (P.-R., Tf. 29, 7, Nr. 210: Menophilu; entsprechend P.-R., S. 176, Sondernummer 31, 32: Diphilu). Wenn M H aber zu ( ) zu ergänzen wäre, käme dies für die Zeitbestimmung auf dasselbe heraus (vgl. dazu J. Sieveking, Text zu Samml. Loeb II, Tf. 97, S. 36). *6 Vgl. P.-R., S. 97, Anm. i. In ihrem Katalog (S. 513ff.) beziehen sich die Ausgräber durchweg fast nur auf 3 Gräber, nämlich A oder Nr. 97 (vgl. vorl. Arbeit S. 87ff.), zu dem Nr. 230 bis 242 des Katalogs gehören. Weiter auf B oder Nr. 98 (vgl. S. 139 Anm. i). Dazu gehören und sind abgebildet vor allem Katalog Nr. 54, Tf. ir, 2; Nr. 55, Tf. 12, 2; Nr. 131, Tf. 12, i; Nr. 137, Tf. 34, 5; Nr. 139, Tf. 12, 4; Nr. 161 bis, Tf. 23; Nr. 163 und 162, Tf. 22, i und 3; schließlich Grab C oder Nr. 99 (vgl. S. 94). Gelegentlich werden noch bei der Besprechung der einzelnen Tafeln (S. 261 ff.) oder auch im Katalog mehrere Terrakotten als zusammen gefunden bezeichnet, für die sich der Grabbefund aus der Besprechung der Gräber oft nicht ermitteln läßt (S. 78 ff.). Zu der in Grab 100 gefundenen »Aphrodite in den Gärten« heißt es S. 95, Anm. 5: »Id. (d. h. 'cf. Catalogue') No. 27«. Danach ist anzunehmen, daß es sich bei der zitierten Figur nicht um dasselbe, sondern nur um ein »analoges» Stück handelt. Heißt es dann zu einer in Grab 85 gefundenen entsprechenden Terrakotte, S. 88, Anm. i: 'Catalogue Nos. 27, 28', so würde man annehmen, daß es sich hier in der Tat um die in diesem Grab gefundenen Stücke handele, wenn hier nicht zwei statt einer Nummer genannt wären. Aus der Beschreibung zu Tf. 8, i, S. 310, geht dann hervor, daß vier Stücke in Myrina von S. Reinach skizziert wurden, aber nicht in den Louvre gelangt sind. In Istanbul befinden sich drei Stücke, Mendel 22740., S. 279f. Keines der hier angegebenen Maße stimmt mit den bei P. R., a. a. O., genannten überein. Wieweit sich durch Archiv- oder Nachlaßuntersuchungen hier noch mehr Klarheit schaffen ließe, ist mir nicht bekannt. »7 a.a.O. 8.26. *8 Vgl. dazu R. Zahn bei Wiegand-Schrader, Priene, S. 440«., 443, 44&f. Etwas anderes war es, wenn Gefäße um ihres Inhalts willen Firmenstempel erhielten (vgl. Zahn a. a. O. S. 428f.; vgl. dazu auch die vor 125 v. Chr. etwa datierten Gefäße aus Haus XX, S. 323). Vgl. auch D. Burr, a. a. O, S. 7; vgl. L. Frankenstein, A. A. 1921, Sp. 271 und dazu W. DeOnna, Mon. Piot 1929/30, S. 52ff. und Anm. S. 53, 5. *9 Siehe Sievektng, a. a. O. Daß es sich hierbei um Werk-

2.94

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Stattbesitzer handelt, dafür sprechen der fast stets gebrauchte Genitiv, ähnlich wie bei den Gefaßsignaturen (vgl. P.-R., S. 188, S. 172f., Anm. i), die vorkommenden römischen Namen und der Priestertitel, an den D. Burr (a. a. O. S. 7) selbst erinnert. Die verschieden geschriebenen Formen, z. B. auch die aolische des Genitivs (vgl. P.-R., S. 177, Nr. 39; Samml. Loeb II, Taf. 97) beweisen schon die Tätigkeit eines Ateliers mit mehreren Künstlern. *10 Vgl. auch Grab 19; vgl. auch ncch D. Burr, a. a. O. zu Nr. 13, Tf. 5, S 35. III B

*" Zur Deutung vgl. P.-K., S. 355ff. und bes. auch Schol. zu Aristoph., Av. 574; Athen. XIII, 5&3b; vgl. R. E. XVII, i, s. v. Nike, Sp. 288, 292 (Bernert); vgl. auch noch H. v. Kenner, Ö.Jh. 31, 1939, S. 8iff., 9off., 95. *» Vgl. dazu vorl. Arb. S. 88. Niken dieses Typs, von dem drei im Katalog bei P.-R., S. 539, Nr. 169/171, aufgeführt sind, werden sonst bei keinem anderen der S. 78ff. mitgeteilten Grabfunde erwähnt. Eine von den Figuren kann aber nach P.-R., S. 98, nicht in dem Grabe unter Grab 112 gefunden sein; denn da ist nur von zweien die Rede. *3 Vgl. auch R. Gläser, Ein himmlischer Kindergarten, S. 17. — Zum Kopf vgl. auch noch Boston Nr. 44 u. 45, D. Burr, a. a. O. Tf. 18 u. 16. ** Spätere und späte Nachfahren, Paris Louvre, P.-R. Nr. 88 (Tel. III, 231 C), Boston Nr. 46 (Burr, Tf. 19) München, Sammig. Loeb (Sieveking, Bronzen-Terrakotten, Tf. 17). »5 Vgl. H. Bulle, Gnom. 1926, S. 326f.; F. Matz, A. A. 1932, Sp. 279; N. Jb. 1938, S. 260. *6 Zu den chronologischen Problemen zuletzt E.Pfuhl, J. d. I. 1932, S. 69ff. ·7 Vgl. B. Schweitzer, G. G. A. 1926, 8.51, 61; G. Rodenwaldt, A . A . 1933, Sp. 7480. *8 Vgl. vorl. Arb. 8.176. *9 Nachzutragen dazu A. v. Gerkan, Der Altar des Artemistempels in Magnesia a. M., S. 3of. *'» Vgl. zum Teil D. Burr, a. a. O. S. 59, Anm. 2. ·» Vgl. vorl. Arbeit S. 1751. Vgl. R. E. XVII, i, s. v. Nike, Sp. 2g6f. (Bernert). Vgl. auch H. Berve, Das Alexanderreich, I, S. 86. ·» Vgl. R. E. XVII, Sp.3i4ff., s. v. Nikeratos, Nr.4 (G. Lippold). Vgl,z.T. A. Schober, Ö. Jh. 1939, S. 145ff. und B. Schweitzer, A.A. 1939, Sp. i f f . ; vgl. E. Loewy, Inschriften griechischer Bildhauer, Nr. 496, mit der Zeichnung nach Cyriakusvon Ancona ( ? ) . Vgl. Ch. Picard, Sculptures antiques II, 8.238; vgl. A. Reinach, Melanges Holleaux 1913, S. 2480. Vgl. dens., Neapolis, 1913, S. igff., 24. *«3 Vgl. Bernert, R. E.,a.a. O. *«4 Vgl. Röscher, M.L.III, Sp.358ff. s. v. Nikephoroi Theoi (Höfer). Vgl. R.E. XVII, i, s. v. Nikephoros, Sp. 3ioff. (Kruse); vgl. dazu W. Otto und H. Bengtson, Mü. Ak. Abh. 1938, S. isoff. *«5 Daß Polybios (XVI, i, vgl. XVIII, 22 u. 6, 3) das alte Athena-Heiligtum vor der Stadt Pergamon für das Jahr 20l mit Nikephorion bezeichnet, ist wohl von dem rückwärtigen Blickpunkt aus zu erklären, aus dem er schreibt. Als er 190 v. Chr. an Ort und Stelle war, nannte man das Heiligtum schon so. — Die Umbildung des Athena-Typs auf den Rückseiten der pergamenischen Münzen zu einer Nikephoros, die den Kranz hält, kann erst unter Eumenes II. erfolgt sein. Denn die gewöhnlich dem Eumenes I. zugeteilten Münzen, auf denen Philetairos mit dem Diadem erscheint, können auch erst dem ersten König, also Attalos L, zugeschrieben werden (vgl. vorl. Arb. S. 77). Vgl. im übrigen R. E. XVII, i, Sp. 307^., s. v. Nikephoria (L. Ziehen); H. Kahler, F. u. F. 1939, S. 295f. *'6 Vgl. z.T. auch H.Bulle, Gnom. 1926, S. 326. *'7 Priene, vgl. Wiegand-Schrader, Abb. 148, 382, 383, 385, 386, 388, 389, 390, 391/94, 396, 399, 407, 411 gegenüber 137, 146, 309. Italien ist auch in dieser Frage ein Fall für sich. Auf die Bedeutung pergamenischer Gestaltung der Nike ist vielleicht auch die seltsame Nachricht über die Erfindung des Karystios zu beziehen: Schol. Aristoph. av. 574 (s. R. E. X, 2, Sp. 2255, s. v. Karystios (Jacoby)). *'8 Zum Opferaltar hat er schwerlich gehört. *'9 Vgl. z. T. auch G. Lippold, K. u. U., S. 15ff. Diese und andere Fragen hoffe ich im Katalog der Berliner Skulpturen aus Pergamon eingehender behandeln zu können. *»» Der Kopf der Figur A. v. P. VII, i, Nr. 69, Tf. 23 erinnert in manchem an den in Berlin, Ku. B., Nr. 1558, Tf. 36, und seine Kopenhagener Replik, Ny Carlsberg Glyptothek Nr. 48, Billedtavler Tf. 4. *« Dagegen mit Unrecht J. Sieveking, Ph. W. 1935, Sp. 14251. ·" Es handelt sich um drei Geld»kassen«, die bei einem Brand des Viertels an der Westtorstraße den Bewohnern verloren gingen, und deren Prägungen nicht über die Zeit des Beamten Achilleides hinausführen. Diese endet um 125 v. Chr., wie Regung feststellt (a. a. O. vgl. S. 85) »ohne freilich eine Gewähr für ein paar Lustren mehr nach oben oder nach unten zu übernehmen«. Zu den Anhaltspunkten für die Datierung gehört die durch die Orophernes-Münzen

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2.95

ungefähr um 150 v. Chr. datierte Aufstellung dos Kultbildes im Athena-Tempel. M. E. liegt das Datum 125 v.Chr. für die Mitfunde eher zu früh als zu spät. *>3 Die Figur erinnert auffallend an die Muse auf N. Poussins Bild im Louvre, das »die Inspiration des Dichters« darstellt (Jamot, Gaz. des Beaux Arts 1911, S. i57f., iQof.). Es wäre zu fragen, ob Poussin im Original oder in einer Zeichnung eine antike Statue in Rom kannte, die wie die Juno Cesi ein pergamenisches Vorbild kopierte. *>4 Vgl. N. Jb. 1938, S. 257. *»5 Zu Terrakotten aus Pergamon vgl. Winter a. a. O. I, S. LXIIIff., der eine Reihe von meist myrinäischen Typen des 2. und vor allem des i. Jhs. vor und n. Chr. namhaft macht. Vgl. auch H. Thiersch, A. M. 27, 1902, S. 155; vgl. besonders A. Conze, A. v. P. I, 2, S. 255Ä. — Zu Nr. 51 Beibl. 34 dort vgl. P.-R., Tf. 36, 4, Nr. 218 (siehe vorl. Arb. S. 177), u. a. Vgl. jetzt auch O. Deubner, A. A. 1938, Sp. 2&7f.; Turk Tarih 1940, IV, S. 338. 430. zu einem Grabfund aus Gambrion. — Durch die mitgefundene »autonome« pergamenische Bronzemünze sind diese Terrakotten von Gambrion kaum besser datiert als die entsprechenden myrinäischen Funde (vgl. dazu D. Burr, a. a. O. S. 4 mit Anm. 7). — Für die Terrakotten von Mamurt Kaleh (J. d. I. 9. Erg.-H., S. 40, Tf. II ff.) lassen sich Beziehungen zu Pergamon nicht nachweisen. *j6 Zu den Anfängen der pergamenischen Plastik vgl. A. Reinach, Melanges Holleaux, 1913, S. 233ff.; Ch. Picard, Sculpture antique, II, S. 2330.; N. Jb. 1938, 254(1., 264; z. T. auch A. Schober, J. d. I. 1938, S. I26ff. •>7 Vgl. Winter, a.a.O. I, S.LXIII: II, 51, 3; dazu vgl. vorl. Arb. S. 89; s. uns. Tf. isa, Istanbul M. 2518. *lS Vgl. N. Jb. 1938, S. 264. *»9 Vgl. v. Arb. S. 178, 180. Die eine, die Londoner Statue, stammt von dem Meister Apollodoros von Phokaia, wenn die Basis zugehört (Brit. Mus. Cat. III, Nr. 1684). «30 Vgl. vorl. Arb. S. 95. III C

·' Zur Vergoldung vgl. Winter, a. a. O. I, S. LXIX; A. Köster, S. 83; J. Sieveking, Samml. Loeb I. Text zu Tf. 15, i, S. 12; G.Richter, Metr. Mus. Bull. 1932, 8.251. Die stehende »Nike-Figur« aus dem Demeter-Heiligtum in Priene soll als Beispiel dafür angeführt werden (a. a. O., Abb. 137, S. 162). Die Terrakotten aus dem Demeter-Heiligtum in Priene (a.a.O., S. 155ff.) gehören keineswegs alle dem 3. Jh. v. Chr. an und ihre Typen auch nicht dem 4. Jahrhundert (Winnefeld, a. a. O., S. 163). Nur handelt es sich größtenteils um billigste Ware, aber doch gelegentlich auch um signierte Stücke (a. a. O, Abb. 135). Zur Glasur vgl. R. Zahn, Amtl. Ber. Berl. Mus. 35, 1913, S. 2775. Als Beispiel vgl. die Nike aus Kyme im Louvre (Nr. 445, Charbonneaux, Tf. 57, Abb. 62), die der myrinäischen Werkstatt des Phanites entstammt (P.-R. S. 173; vgl. D. Burr, S. 15, 25; zum Typ: W. II, 187, 2; Boston, Nr. 71; D. Burr, Tf. 31, signiert: Artemonos). ·> Nach Wiegand-Schrader, Priene, S. 324f. ist diese Terrakotte in einer Brandschicht nördlich der Agora gefunden, in der auch ein Münzschatz zutage kam, der mit dem Beamtennamen Achilleides, d. h. auch um 125 v. Chr., schloß (s. K. Regung, Die Münzen von Priene, S. 175). *3 Zu Priene Abb. 377 vgl. z.B. die Bronzestatuette bei H. Bulle, Der schöne Mensch, 2. Aufl., Abb. 873, S. 349 (ehemals in SammlungTyszkiewicz) oder auch die frühere aus Paramythia in London Brit. Mus. Nr. 280 (Cat. 7; Select Bronzes, Tf. 25) oder die spätere in London Nr. 829 (Sei. Bronz. Tf. 43) mit Literatur im Cat. Vgl. im übrigen P.-R., 8.285!!., und zum Teil E. Pfuhl, J. d. I. 1930, S. 39f., Anm. i mit Literatur, aber ändern Datierungen. Vgl. noch besonders W. Klein, Vom antiken Rokoko, S. 86ff. *4 Zur Datierung vgl. a. a. O., S. 214. D. Burr, a. a. O., S. 17. *i Verwiesen wird auf Abb. 377, vgl. M. 2046, Tf. 6, i; K. i. B. 381, 3. *6 Vgl. allgemein R. Zahn bei Wiegand-Schrader a. a. O., S. 446!; vgl. insbes. auch D. Burr, a. a. O., S. 17. *7 Als myrinäisches Gegenstück nennt D. Burr, Boston Nr. 51 (a. a. O., Tf.21, 8.52). Es fragt sich sehr, nicht nur um der Form der Flügel willen, ob es nicht älter ist (vgl. noch München, Samml. Loeb, Sieveking, II, Tf. 8ga u. b). Eher scheint ein Eros im Louvre in Frage zu kommen (P.-R. Nr. 62; Tel. III, 229, B. C.; Charbonneaux, Abb. 65). Gegenüber, dem besonders gut vergleichbaren Eros aus Priene (a. a. O. Abb. 382, Köster Tf. 95) wirkt er allerdings deutlich beruhigter und gesammelter, also wohl später. *8 Vgl. zum Teil auch F. Winter bei Gercke-Norden, Einleitung 2. Aufl., II, 3, 8.185; ders., K. i. B. S. 324; G. Lippold, K. u. U., 8.24; B. Schweitzer, G. G. A. 1926, S. 59f. *9 Wie schon Ch. Picard feststellte (a. a. O., S. 289 Anm. i. vgl. auch B. C. H. 44, 1920), kann die Entstehungszeit der Statue der sogenannten Roma keineswegs als gesichert gelten. Der Künstler Menandros,

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dessen Basis für die »Roma« wiederverwendet wurde, ist um no v. Chr. auf Delos nachweisbar. Jedoch hat er mit der Wiederverwendung seiner Basis schwerlich etwas zu tun, da in der Inschrift sein Name verstümmelt gelassen wurde. Die neue Weihung fällt wahrscheinlich aber auch schon deshalb in die Zeit nach no v. Chr., weil damals das Heiligtum, in dem Statue und Basis von den Poseidoniasten von Berytos errichtet wurden, diesem Verein wohl noch nicht angehörte. Wäre die Statue dann erst geschaffen, bliebe unverständlich, warum in der Weihinschrift die neue Künstlersignatur fehlte, selbst wenn der Rest der alten mit Stuck überdeckt oder ähnlich unscheinbar gemacht worden wäre. Zudem ist der Typus der Figur für »Roma« höchst ungewöhnlich (vgl. zu Roma-Darstellungen zuletzt J. W. Crous, Cor. Curtius S. 217!!.) Es bliebe danach die Möglichkeit, daß es sich um Basis und Statue des Menandros handelte, die aus einem Gruppenverband gerissen und einzeln wieder verwendet worden wären. Doch scheinen Basis und Statue, wie schon Picard bemerkte, ursprünglich nicht zusammenzugehören. ·'· Dazu Explor. de De"los, VI, S..121 ff., Fig. 100 (Tf.). Die Buchstabenformen der Weihinschrift sind durch Vergleich mit der etwas späteren Inschrift für den Praetor des Jahres 87 v. Chr. Cn. Octavius (a. a. O., S. 131, Fig. 109) ungefähr zu datieren (vgl. auch G. Krahmer, R. M. 1923/24, S. 180; G. G. N. 1927, S. A. S. 14, 37). Dem entspricht der Stammbaum, der sich für den Stifter der »Pantoifelgruppe« aufstellen läßt (Ch. Picard, B. C. H. 44, 1920 S. 2760.). *" Vgl. Ch. Blinkenberg R.M. 1927, S. I77ff. *« Vgl. G. G. N. 1927, N. F. S. 13. *«3 Daß hier die Bostoner Sammlung nicht ausführlicher berücksichtigt ist, hängt vor allem damit zusammen, daß ich sie nicht aus eigner Anschauung kenne. Dies ist aber gerade bei Terrakotten notwendig. — Außerdem ist die Organisation des Katalogs von D. Burr und der Inhalt seiner Beschreibungen der einzelnen Nummern so, daß es m. E. leicht möglich ist, die dort und hier gebotenen Ergebnisse zu Vergleichen. III D i

*' Vgl. zum Problem auch noch G. Lippold K. u. U., S. I23f.; ders. Phil. Wo., 1934 Sp. 309; vgl. vorl. Arb. S. 12 u. 8.219. *' Vgl. Friederichs - Wolters zu Nr. 1467; W. Klein, Vom antiken Rokoko, S. 31. — Dagegen G. Lippold, K. u. U., S. 47f.; O. Brendel im Text zu E. A. 3788ff. Wenn es richtig ist, daß Nikomedes die kauernde Aphrodite zum Ersatz für die knidische bestellte, weist dies auch auf ein Marmorwerk (s. W. Klein, Praxiteles, S. 250!, 273^. zu Plinius, n. h. 36, 20). *3 Vgl. die »Kertscher Vasen«: K. Schcfold, Untersuchungen Nr. 323, Tf. 49 2; Nr. 337,· Tf. 38, i; Nr. 370, F. R. Tf. 87; Nr. 508, F. R. Tf. 172. Vgl. den Spiegel, Berlin Nr. 8148; E. Pfuhl, M. u. Z. III, Abb. 625; K. A. Neugebauer, Führer I, S. 75! u. a. Vgl. im übrigen A. Furtwängler im Text zu F. R. II, S. 138 zu Tf. 87 und auch W. Zschietzschmann, Die hellenistische und römische Kunst, S. 35 (zur dort S. 61 angegebenen Literatur nachzutragen G. Battaglia, Bd'A. 1930/31, S. 406 ff.). *4 Zu dem herkulanensischen Bild vgl. E. Pfuhl, M. u. Z. III, Abb. 629, II § 721. Zu den Marmorwerken vgl. G. Lippold, K. u. U., S. 28ff., und zur Datierung G. Krahmer, R. M. 1923/24, S. 145!., Anm. 2. *5 Vgl. zu den Münzen K. Regung, Die Münze als Kunstwerk, Tf. 36, Nr. 744, Tf. 38, Nr. 797. Vgl. zu den Terrakotten auch noch R. Heydemann, 2. Ha. Wi. Progr. — Vgl. z. B. London, Brit. Mus. Cat. of terracottas, S. 324! zu Nr. D 161 (abgebildet z. B. Guide to the Greek and Roman Antiquities, Tf. 13; W. Müller, Die griechische Kunst, Tf. 350), s. auch Nr. C. 715; vgl. im übrigen vorl. Arb. S. 14. *6 N. G. G. 1927, S. 530., S. 83 (31)f. mit Anm. i. *7 Vgl. zuletzt L. Curtius, Die antike Kunst II, S. 303, zum capitolinischen Dornauszieher, und W. Zschietzschmann, Die hellenistische und römische Kunst, S. 60, zum castellanischen. *8 Vgl. Köster, Tf. 100; Charbonneaux, Abb. 90; SchneiderLengyel, Abb. 96. *9 Dazu vgl. E. Locwy, Inschriften griechischer Bildhauer, Nr. 343; SpringerWolters, 12. Aufl., S. 481, und vor allem Rh. Carpenter, Memoires of the American Academy in Rome, Vol. VI, 1927, S. 133ff. ««o Vgl. auch noch R. Hörn, S. 7of. *" Vgl. R. Hörn, S. öyff.; hinzu K. A. Neugebauer, A. A. 1929, Sp. i86fr., und besonders die Replik aus Pompeji: M. della Corte, Pompoi, les nouvelles fouilles, Fig. 58, S. 67. *n Vgl. Athen J. Martha Cat. Tf. 3, Nr. 335. •'3 Vgl. auch Istanbul M. 3199, Tf. n, i (aus Myrina ? (W. II, 84, 3)). Auch die Gruppe Athen Nr. 4985 (s. unsere Tf. 16) ist zu vergleichen. »M Das hat bereits Stephani bemerkt, wie ich nachträglich durch P.-R., S. 298f., erfuhr. Vgl. auch J. Sieveking, Text zu B. B. 575. *»S Vgl. Coll. Hoffmann, Vente 1899, S. 71, Nr. 224, Tf. 23. * l6 Vgl. C. Watzinger, 63. Berl. Wi. Progr. 1903, Tf. 2, 2, S. loff.

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— Statuarisch lebt sie in der späthellenistischen Figur London, Brit. Mus. Nr. 2095 nach (Cat. Tf. 2 3), die wahrscheinlich sogar aus Rhodos stammt. Vergleichbar erscheint auch der Dionysos (?) auf de m Panther des Mosaiks aus dem sog. Haus der Masken (Explor. de XIV, 1933, Tf, 3, S. uff.). Das Haus muß im 2. Jahrh. v. Chr. erbaut sein (a. a. O., S. iof.). Das Mosaik wird schwerlich vor der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts entstanden sein. *'7 Hierzu vgl. noch R. Hörn, S. 6g; A. Adriani, B. S. A. d'A. 29, 1934, S.3o6ff.; dazu R. E. XVI s. v. Musen, Sp. 742ff. (M. Mayer). *'8 Vgl. etwa Athen, Nr. 4976; D. Burr, Fig. 6 u. 4, S. n f . *'9 Vgl. noch G. Lippold, Gnom. 1935, 8.662. •10 Mir liegt eine kleine Photographic vor. *» Vgl. die etwas jüngere Figur London, C. 313. *» Vgl. Charbonneaux, Abb. 94. *»3 Vgl. auch G. Lippold, K. u. U. S. 35. **4 Vgl. G. Krahmer, R. M. 1925, S. iO4ff.; dazu R. Hörn, S. 90ff. Vgl. auch A. v. P. VII, i, Nr. 81, S. 109 mit Abbildung; Nr. 89, S. usf., Beibl. 14 u. a. *»5 J. d. I. 1912, S. iff., Tf. i u. 2; Hörn a. a. O. *»« Vgl. vorl. Arb. S. 232ff. III D 2 l

* Vgl. R. E. IV, 2, s. v. Delos, Sp. 2499 (v. Schöffer) und besonders P. Roussel, D61os, Colonie Athenienne, S. 324ff., hierzu wie zum folgenden. ·» Vgl. auch Roussel, a. a. O., S. 287ff.; Ch. Picard, La sculpture antique II, S. 214. Wenn die Herkunftsangabe fehlt, bleibt doch zweifelhaft, ob es sich um einen Delier handelt (vgl.z.B. E. Loewy, a. a. O., Nr. 216 gegenüber 2i2ff.; vgl. auch zu Nr. 244!!. Ch. Picard, a. a. O. II, S. 210 und B. C. H., 1908, S. 404, Anm. 7; dazu weiter R. E. VI, i, Sp. I533f.. s. v. Eutychides, Nr. 3 u. 4 (C. Robert); Suppl. III, Sp. 458, Nr. 4 (G. Lippold)). »3 Vgl. Ch. Picard, La sculpture antique II, S. 2ogf.; vgl. auch G. Lippold, K. u. U. S. 185, Anm. 46 auf S. 269. *4 Vgl. zum Diadumenos und »Republikaner« auch Michalowski a.a.O., S. 20, Anm. i; vgl. z.T. auch G. Lippold a. a, O. *5 In diese späthellenistische Epoche und nicht ins 4. Jahrh. v. Chr. gehört die verschleierte Frau Cl. Rhodos V, i, S. 23ff., Tf. 3; sie steht auch motivisch in naher Beziehung zu der koischen Cl. Rhodos, V, 2, S. I22ff., Tf. u (dazu vgl. II D I3a Anm. * 15). *4 Bei der New Yorker Statue, bei der der größere Teil ergänzt ist (A. J. A. 1935, S. 46, Anm. 16), läßt sich das räumliche Verhältnis von Kopf und Arm nicht mehr beurteilen. Ist sie nach der delischen »kopiert« (a. a. O., S. 46, Anm. 15, S. 52) ? — Wohl nicht im Kopf, aber im Körper, soweit er erhalten ist. Der rechte L^nterarm ist noch etwas weiter als bei der delischen abgewinkelt (a. a. O., S. 49), so daß die Stützen, die bei der Replik Torlonia entsprechend vorkommen (Visconti, Nr. 332, Tf. 82; zum Erhaltungszustand Bonndorf, R. M. I, 1886, S. nS), hier jedenfalls nicht für die Hände bestimmt sein können. Für die Replik Torlonia würde man das sonst auf Grund der in diesem Punkte einzig maßgeblichen Replik Vaison fordern (Brit. Mus., Marbles and Bronzes, Tf. 5). Daß bei der New Yorker Figur eine marmorne Binde (A. J.A., a.a.O., 8.49 und 8.50, Fig. 6) von der breiten Schulterstütze gehalten wurde, nimmt nicht für den Kopisten ein. Hinzu kommt, daß der Kopf (soweit die Wiedergaben eine Beurteilung erlauben) mit seiner leblosen Oberfläche, seinen hartgeschnittenen Augen, mit seinen Grübchen um Nase und Mund, mit der Nase selbst und mit dem augenscheinlichen Mißverstehen der Dresdner Kopfreplik (Herrmann Nr. 71) bei der Partie über dem Ohr den »Kopisten« als modernen »Contaminator« verdächtigen läßt. *7 Vgl. Hörn, S. 92; vgl. auch noch G. Lippold, K. u. U, Anm. 80 auf S. 241. * 8 Vgl. vorl. Arb. 8.230. *9 Vgl. G. Rodenwaldt, Die Antike 1937, s· i86f.; vgl. auch H. U. v. Schoenebeck, Mnemosynon für Th. Wiegand, S. 67ff. *" Vgl. R. Hörn, R. M. 1933, S. 320. *" Vgl. Lippold, K. u. U., S. 185; Michalowski, a. a. O., S. 18, Anm. 2. Vgl. auch München, Glyptothek, Römcrsaal Nr. 394; Furtwängler, 100 Tafeln, Taf. 87; Furtwängler-Wolters, S. 374f. *" Von Michalowski, a. a. O., S. 22 (vgl. Zeittabelle S. 62) wird der »Republikaner« gegen die Mitte des Jahrhunderts angesetzt. Da die Statue nach Michalowski, S. 17, 20, antik gebrochen ist, wäre es möglich, daß sie von der Seeräuberzerstörung 69 v. Chr. betroffen wurde. "3. Vgl. P. Arndt, La Glyptotheque Ny Carlsberg, Text zu Tf. I28f., S. 181. ·'« Vgl. Arndt, a.a.O.; F. Studniczka, Artemis und Iphigenie, S. 75. *«5 W. Klein, Geschichte der griechischen Kunst, III, S. 2651. *'6 Vgl. E. Loewy, Inschriften griechischer Bildhauer, S. 205 zu Nr. 292. **7 Vgl. Ch. Picard, B. C. H. l8 1910, S. 538ff.; vgl. auch dens., B. C. H., 1932, S. 49iff. * Vgl. auch Loewy, a. a. O.; vgl. R. E. I, s. v. Agasias (Sp.73&f. (C. Robert); Suppl. I, Sp. 21 (ders.); III, Sp. 37 (G. Lippold)).

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**> 1935 habe ich das schon in einem Seminarreferat bei G. v. Kaschnitz-Weinberg vorgetragen. Später vermerkte dasselbe auch F. Poulsen, Probleme der römischen Ikonographie, S. 15. **° Vgl. dazu G. Lippold. K. u. U., S. 60; Akropolis, Nr. 1325, S. 226f. bei Casson. *» Vgl. zum Teil auch F. Schober, Der Fries des Hekateions von Lagina, S. iO3f., der aber Ursprung und Rolle der pergamenischen Kunst anders beurteilt. *« B. C. H. 1887, S. 260, Nr. i6f.; vgl. auch oben Anm. *3; vgl. im übrigen Michalowski a. a. O., S. II. Auch der delische Gallier, der vielleicht von Agasias, des Menophilos Sohn stammt (Ch. Picard, B. C. H., 1932, S. 491 ff.) spricht nicht gegen attische Einflüsse bei den Ephesiern. *»3 Vgl. Clarac-Reinach, Pl. 978 D, ganz links; vgl. auch Ashmolean Mus., Summary Guide, Oxford 1909, S. 15, Nr. 47—58. Nach freundlicher Auskunft von J. D. Beazley ist der Statue jetzt der angeblich ergänzte Kopf abgenommen. *J4 Vgl. G. Krahmer, R. M., 1 1923/24, 8.179. * 5 Vgl. vorl. Arb. 8.229. *»* Vgl. auch Springer-Wolters, 8.481, und W. Amelung bei Heibig, a. a. O., zur Komposition. Zur Beurteilung im ganzen Lippold, K. u. U., S. 42; ders. R. E., XV, Sp. &35i., s. v. Menelaos. **7 Vgl. Hörn, 8.87, Anm. 5; G. Krahmer, R. M., 1923/24, S. 183, Anm. 2. J. d. I. 1912, S. 16. Tf. 3, i, dazu A. A. 1921, Sp. 306. *»* Vgl. dazu auch R. Hörn, R. M., 1933, S. 3i8fl., besonders S. 321, Anm. i; ders., Gnom. 1934, S. 581. "9 S. Michaelis, Ancient Marbles, 8.540 S. 15f. *3 Zur Inschrift vgl. Nr. 2111 Tf. 462, zu A. Mühsam (s.IIID3* 33) z.T. schon J. den Tex, Krit.Ber. 1938, S. 14, n *3» Dazu vgl. M. Collignon, Histoire de la sculpture greque, II, S. 624. F. Studniczka (Leipz. Ak. Ber. 63, 1911, Nr. i, S. iff., 8f., Polybios und Damophon) erklärt den Gestus des Polybios auf der Stele von Kleitor, ebenso wie den des »Arringatore« als den des Beters. Die Unterschiede sind schwer zu sehen. Dagegen ist es in diesem Zusammenhange bedeutsamer, ob ein solcher Gestus im Relief oder in Rundplastik vorgetragen wird, ob ihm eine Bewegung in der Gestalt antwortet oder ob er dominiert, wie am Arringatore. Zudem ist dieser ein italienisches Werk und gehört auch schon dem r. Jh. v. Chr. an (s. F. W. Goethert, Zur Kunst der Römischen Republik, S.22f.). *3» Vgl. zum Chrysipp auch G. Krahmer, R. M. 1923/24, S. 164; R. Hörn, S. 31 f. III D 3 ·« Die Nummern 94—96 kommen wohl aus derselben Form; s. vorl. Arb. S. 208. *> Vgl. dazu auch P.-R., S. 325, die auf die Spinthakos signierte Gruppe, Tf. 7, 2, Nr. 46 hinweisen (vgl. auch Charbonneaux, Abb. 93). *3 Vgl. W. Klein. Vom antiken Rokoko, S. 49, 168 und öfter. *4 Vgl. auch Boston, Nr. 40, D. Burr, a. a. O., Tf. 15. *5 Vgl. zum Teil auch D. Burr zu Boston, Nr. 36f., 8.48. *6 Vgl. Tel. II, 22of.; Charbonneaux, Abb.63f.; Tel. II, 224f. *7 Vgl. vorl. Arb. S. 206und S. 217 f. *8 Vgl. Winter, K. 1.6.377, i; W. Klein, Vom antiken Rokoko, S. 74. *9 Vgl. auch Mon. Piot. XVIII, 1910, Tf. i. ·« Dazu vgl. G. Lippold, K. u. U., S. 71. *» Vgl. auch Tel. III, 225; Tel. II, 2i4a; —vgl. auch Tel. III, 22;b; P.-R. Nr. 161, die ebenfalls aus Grab B stammt; vgl. auch Grab 116 (P.-R., S.ioo). *'» Vgl. dazu auch noch G. Lippold, Gnom. 1935, 8.662; vgl. zum Typ auch noch die Personifikation von Aigai auf der puteolanischen Basis (B. B. 575). *>3 Vgl. die Zeichnung bei E. Loewy, Inschriften griechischer Bildhauer, Nr. 496; vgl. dazu vorl. Arb. S. 212 f. *'4 Bessere, richtigere Abbildung: Inst. Photo. N. M. 208 (Bieber, Nr. 2878). *>5 Vgl. vorl. Arb. S. 214. *»6 Es gibt auch Reste einer entsprechenden Aglaophon signierten Figur: s. D. Burr, a.a.O., S. 8. Zu Aglaophon vgl. unten Anm. *35. *'7 Vgl. Istanbul, M. 2455, Tf. 10, 7. *'8 Vgl. auch noch D. Burr, S. 15; zu Menophilos ebenda; vgl. III A Anm. *·>. ·«» Vgl. Ill C Anm. *'. vgl. D. Burr, a.a.O. * JO Vgl. dazu R. Zahn, Galerie Bachstitz, II zu Nr. 213 u. 214; ders., Berl. Museen 52, 1931, S. 103. *« Vgl. auch H. Wölfflin, Italien und das deutsche Formgefühl, S.38ff. ·« Weniger wahrscheinlich ist die Ergänzung zu Nikonos (vgl. P.-R., S. 174, Anm.i zu 8.172), denn es läßtsich nicht leugnen, daß zwischen dieser Gruppe und der Nikos.. signierten (P.-R., Tf. 19, 2; Nr. 206; vgl. Photo Alin. 23765) sehr enge stilistische Beziehungen bestehen, die auf die gleiche Hand eines in der Werkstatt des Nikostratos arbeitenden Koroplasten zu deuten sind. *S3 Vgl. dazu vorl. Arb. S. 208. *»4 D.Burr, a.a.O., S. 6, vgl. S. 25, 37; G. Lippold, Gnom. 1935, 8.661. *>5 Vgl. G.Mendel, S. 278. Nr. 2622 ff. ·»' Vgl. auch D. Burr, a. a. O., Nr. l ff., S. 3of. «7 Vgl. dazu D. Burr, a.a.O.S.15. ·»» So D. Burr, a. a. O., S.6undS.25. *'9 S. auch D. Burr zu Nr. 15, S-36f. *3» Vgl. M. Schede, Die Ruinen von Priene, S. 109; vgl. F. Freih. Hiller v. Gaertringen, Inschriften von Priene,

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Nr. 108, Z. 75, S. 86. *3» Vgl. dazu D. Burr, a. a. O., S. 36f.; dazu zum Teil auch G. Lippold, Gnom. 1935, 8.663. «3» Vgl. zuPapias auch vorl. Arb. S. 246u. IIIE*'7. *33 Auf die Zeichnungen bei Conze ist darin natürlich kein Verlaß. Die Frisur der linken, an die andere angelehnten Frauengestalt ist schwerlich die aus der antoninischen Zeit von der jüngeren Faustina oder Lucilla bekannte (dazu vgl. M. Wegner, Die Herrscherbildnisse in antoninischer Zeit, S. 480., 746*., Tf. 63!.). Der Knoten ist kein »Nest«, sondern ein »Dutt« und findet sich ähnlich auf Münzen mit Bildnissen der alten Livia und besonders der Schwestern und Gemahlinnen des Caligula (vgl. z.B. J. J. Bernoulli, Römische Ikonographie, II, i, Tf. 34, 4—6). Kopf und Haartracht der anderen Frau sind auch nicht recht im 2. Jh. n. Chr. vorstellbar. Dasselbe gilt für die Inschrift. Für das 2. Jh. n. Chr. wären auch die angebohrten Augen, das Löckchen vorm Ohr an der entsprechenden Frisur ungewöhnlich. Ein Beispiel aus dem 2. Jh. erscheint so mehr als Gegenbild (Conze a. a. O., IV, Nr. 1934, Tf. 416) Aus anderen Gründen datiert auch A. Mühsam das Berliner Stück und ein entsprechendes in die frühe Kaiserzeit (Die attischen Grabreliefs in römischer Zeit, Diss. Berl. 1936, S. 30), worauf mich H. Kahler freundlichst aufmerksam machte. *3« P.-R., Nr. 26, s. E. Pettier, Diphilos, Tf. 20, 452. Das Stück stammt aus Grab Nr. 60, P -R. S. 86. *35 Dazu vgl. gegen D. Burr (a. a. O. S. 8f.; 25) J. SieVeking (Phil. Wo. J 935· Sp. 1425, wo freilich statt Aglaophon Menophilos geschrieben ist). D. Burr vergleicht selbst die Münchener Aphrodite auf der Gans mit der Ära pacis (a. a. O., S. 8f., Fig. 2). Die Bostoner Figur steht im Kopf den in die zweite Hälfte des i. Jahrh. v. Chr. zu datierenden Terrakotten nahe. Danach scheint Aglaophon etwa ein jüngerer Zeitgenosse des Nikostratos, ein älterer des Diphilos zu sein. III E 1

·« Vgl. vorl. Arb. S. 245 f. und IIIC* ; vgl. Istanbul M. 2983: Nike, ähnlich 2459 aus Myrina. Vgl. Mendel, a. a. O., S. 441 ff., der die Abbildungen bei Winter und die entsprechenden myrinäischen Stücke zitiert. Vgl. z. B. Istanbul, M. 2980: auf Herme gestützter Erot entsprechend 2335 (Diphilu); vgl. auch noch Athen, Nr. 4815 (s. unsere Tf. 460); vgl. vorl. Arb. S. 245 und P.-R. Tf. 29, 7 (s. auch Text) Nr. 210. Vgl. auch noch B. C. H. 1886, S. 492 ff., Tf. 13; P.-R., S. 506ff. vgl, 15; F. Winter, a. a. O., I, S. LXVIIf. (vgl. auch II, 384, 7); D. Burr, a.a.O., S. 17. *' Vgl. B. C. H. 1891, S. 2130., 229; P.-R., a. a. O., S. 289ff.; F. Winter, a. a. O., I, S. LXVII; vgl. auch II, 294, 30 und Myrina, P.-R., Tf. 17, 4, Nr. 84 (Charbonneaux, Abb. S. 22); vgl. auch W. II, 448, 12 und P.-R., Tf. 46, 2, Nr. 335. *3 Vgl. z. B. M. 1877f. entsprechend Myrina P.-R., Tf. 12, 3, Nr. 146. Vgl. Winter a. a. O., I. S. I.XV. *4 Nach P.-R., S. 5o6ff. scheint es allerdings so, als habe die kymäische Koroplastik weder quantitativ noch qualitativ die myrinäische erreicht. *5 Z. B. auch gegenüber Nr. 1912, M. Tf. 13, 8. ·6 Vgl. K. A. Neugebauer, Antiken in deutschem Privatbesitz, Nr. I27ff., S. 33ff., Tf. 520. Vgl. auch z.B. Berlin 31417: grünglasierte Aphrodite auf Rundbasis mit Relief, Photo 6367, 6373. *7 Vgl. P.-R., S. 5off.; D. Burr, a. a. O., S. 3; R. E., Suppl. VI, s. v. Myrina, Sp. 617 (W. Rüge); CambridgcAncient-History X, S. 650! Vgl. noch besonders J. SieVeking, Text zu B. B. 575. — Obschon das Denkmal von Puteoli erst 30 n. Chr. aufgestellt worden ist, ist doch nur ein Erdbeben für Myrina im Jahre 17 n. Chr. gesichert. Das ist gegenüber D. Burr's (a. a. O. S. 3, 25) und meiner Behauptung (bei Neugebauer a.a.O.) richtigzustellen. * 8 Vgl. zum Teil J. SieVeking, Phil. Wo. 1935, Sp. 1425. Es fällt schwer, die Haartrachten der Diphilos signierten Figuren Berlin T. C. 8026 (D. Burr, a. a. O., 5. 13, Fig. 8, S. n), Athen Nr. 4976 (a. a. O., Fig. 6, vgl. Fig. 4, S. 10) und München (J. SieVeking, Sammlung Loeb, II, Taf. 98, 99) noch vor 17 n. Chr. anzusetzen (vgl. noch R. E. VII, s. v. Haartracht, Sp. 2i36f. (Steininger)). Zumal wenn Diphilos nicht Koroplast, sondern nur Fabrikbesitzer war und etwa ähnlich wie vielleicht Menophilos in Smyrna lebte (vgl. dazu D. Burr, a. a. O., S. 7 mit Anm. 3) kann sein Betrieb doch nach dem Erdbeben leicht wieder aufgenommen worden sein. Tiberius erließ ihm jedenfalls die Steuern. *9 Vgl. zum Teil D. Burr, S.25f. Vgl. vorl. Arb. S.258ff. 209. ·'« D.BurrThompson veröffentlicht hoffentlich einmal etwas von ihren Untersuchungen darüber. Vgl. einstweilen O. Rayet, Gazette des Berux Arts, 1878, S. 363; S. Reinach, Esquisses archiologiques 1888, S. 21511. (»Les tcrres cuites de Smyrne et la statuaire du IV. Siecle«); M. Collignon, R. A. 1903, i, S. iff., Tf. i; F. Winter I, S. LXVIIIff.; A. J. B. Wace, B. S. A. 10, 1903/4, S. naf.; G. Mendel, a. a. O., S. 2ioff. (Nr. 1959, Tf. 12, 3; 1976, Tf. 15, 10; 1999, Taf. 15, 12; 1981, Tf. 15, 14; 1978, Tf. 15, 16; 1928, Tf. 15,

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17); J. Sieveking, Samml. Loeb, II ;u Tf. i 7, S. 49; G. Richter, Metr. Mus. Bull. 1932, S. 2506*.; Classical Studies presented to Edward Capps 1936, S. 58ff. (Chase, »Nine Terracotta-Heads from Smyrna«); vgl. auch vorl. Arb. 8.230. Myrinäisches aus Smyrna z.B.: W. I, 233, 13; II, 356, 5 (Berlin 8761; vgl. Mendel 2689). *" Vgl. z. B. die Caeretaner Hvdrien und die kyzikenischen Münzen. *" Vgl. Tel. 111,234 0,235. Vgl. etwa Tel. III, 241 E, H (Charbonneaux, Abb. 86) Smyrna und Tel. III, 235 F {Charbonneaux, Abb. 88; P.-R., Tf. 47, 5, Nr. 324, signiert Hieronos (dazu vgl. vorl. Arb. S. 250)) Myrina. In Pergamon scheinen allerdings diese smyrnäischen Typen häufiger vorzukommen: vgl. etwa A. v. P. I, 2, S. 2588., Nr. $gS. mit Abbildungen; vgl. auch Nr. 23 mit Abb., S. 257! *'3 Vgl. noch Winter a.a.O., I, S. LXXIIf.; Mendel, 8.2275. · · Priene, Figur 395, vgl. Myrina, Boston, Nr. 32, Tf. 13; ebenso Myrina, Paris (P.-R., Tf. 29, 5, Nr. 119). Priene, Fig. 392, vgl. Myrina Istanbul M. 2689 (W. II, 356, 5; vgl. oben Anm. *"; Smyrna). Priene, Fig. 393, vgl. Myrina, Istanbul M. 2728. Priene, Fig. 372 f. vgl. Myrina, Boston, Nr. 20, Tf. 9. Zur Sandalenbinderin vgl. vorl. Arb. S. 218. *'5 Zu Terrakotten aus Tarsos vgl. auch noch: Tel. III, 247 F (Gaz. d. Beaux Arts 1876, 2, S. 391, Fig. 7); L. Heuzey, Gaz. d. Beaux Arts 1876, 2, S. 3853., 393; E. Pottier, Les Terres cuites, S. iSsff.; F. Winter, a.a.O., I, S. LXXV f. und II, 379,3, 8, g mit Anm. vgl. noch bes. W. II, 239, io m; Mendel, a.a.O.Nr. 3056(1.; D.Burr, S. 17 — (Berlin 8193 (W. II, 334, 4 — echt ? Myrina ?) und Gaz. d. Beaux Arts a. a. O., S. 389, Fig. 5 (W. II, 334, 3)); vgl. auch R. E., 2. Reihe VIII, s. v. Tarsos, Sp. 24133., 2437 (Rüge). *l6 Ein paar Beispiele seien hier angeführt. C. R. 1880, Taf. 5, 7: Aphrodite, allerdings aus dem Kertscher Kunsthandel; vgl. Myrina, P.-R., Tf. 6, 6, Nr. 30 (vgl. III D i Anm.* M); C. R. 1876, Tf. 6, 9; E. v. Stern, Museum der Odessaer Gesellschaft, Terrakotten I, Taf. 16, 4: Knäblein würgt Gans; vgl. Myrina, Boston, D. Burr, a. a. O., Nr. 24, Tf. io. E. v. Stern, a. a. O., i, Tt. 16, 5, Eros mit Kithara reitet auf einem Delphin; vgl. Myrina, P.-R.,Tf. 17, 5, Nr. 117 — die mattere Haltung bei dem südrussischen Stück, die unverstandene Bewegung des rechten Arms zeigt das Abgeleitete der Form an. C. R. 1874, Tf. i, 5: Eros mit Gans; ähnlich Myrina P.-R., Tf. 42, 5, Nr. 311, nur heftiger bewegt entsprechend P.-R. Tf. 42, 4, Nr. 310. A. B. C., Tf. 73, 3: Eros mit Gans; vgl. Myrina, P.-R., Tf. 42, 5, Nr. 311 (vgl. vorl. Arb. S, 255); nicht ganz genau. A. B. C., Tf. 73, 8: Balgende Eroten; vgl. Myrina, P.-R., Tf. 17, 4, Nr. 84 (vgl. Charbonneaux, S. 22). A. B. C., Taf. 73, 7: Eros auf einem Ziegenbock reitend; vgl. Myrina, P.-R., Tf. 44, 5, Nr. 314; statt Bock Widder. Museum der Odessaer Gesellschaft U, Tf. 9, 6, Muse vgl. Myrina, Berlin, Nr. 8024, s. unsere Tf. 423; vgl. vorl. Arb. S. 177. E. v. Stern, a. a. O. II, Tf.g, 2: Eros-Putto, vgl. MyrinaP.-R., Tf. 27, i u. 3, Nr. 144, Nr. 145, Tf. 36, i, Nr. 295. *'7 Istanbul, M. 3518, auf Vogel reitender Eros, signiert Herma... M. 1922, fliegender Eros-Putto. Knabe mit einem Hündchen, das nach des Knaben Traube hascht. Stehender Knabe, wie nackt im Mantel, ähnlich den P(apiu) Attaliku, Diphilu usw. signierten aus Myrina (vgl. Istanbul M. 27180., 2722!, 2724^; P.-R., Tf. 29, 2 und III A Anm. *5). Ein paar Groteskköpfe könnten auf Smyrna weisen. Im Louvre ist ein kleiner bemäntelter Eros myrinäischen Typs. Ein Mann, der in der linken Hand eine Maske, in der gesenkten Rechten eine Keule hält, erinnert an den Apollo Kitharoedos aus des Diphilos Werkstatt vgl. auch W. II, 214, 6. * l8 Vgl. zuletzt: Les Monuments de l'Egypte Greco-Romaine II, i und II, 2: E. Breccia, Le terrecotte figurate del Museo di Alessandria, Bergamo 1930 und 1934; vgl. bes. 11,1, S. 16, 2iff.; II, 2, S. io. "9 Vgl. W. Weber, Die äg.-gr. Terrakotten, S. i6f., Tf. 18, 177; 22, 222; 35, 380, 381; vgl. S. 122f., 217; vgl. Mon. II, 2, Tf. 53, 264 Nr. 200; Tf. 54, 268 Nr. 204; vgl. Exp. v. Sieglin II, 2 (J. Vogt), Tf. 19, i; 65, i; 93 rechts oben; 99, 2. *»° Vgl. Athen Nr.486o, 4989; auch Istanbul M. 2385; vgl. ebenso eine Terrakotte aus dem Grabfund von Gambrion (Turk Tarih IV, 1940, S. 44, Tf. I, 3 (O. Deubner)) dazu III B *«5. ·»' Vgl. auch die römische Figur in Berlin, Conze, Beschreibung Nr. 486. *« Replik in Athen Nr. 5017 (P. Bienkowski, Les Celtes, S. 141 f., Fig. 213; W. II, 385,3. In Grab 95 in Myrina sind Bruchstücke von zwei anderen Exemplaren zusammen mit einer späten Nike (P.-R. Tf. 20, 2; Nr. 172, S. gof.; s. vorl. Arb. S. 245) und einem Exemplar des »Öleingießers« gefunden worden (P.-R. Tf. 41, 3; Nr. 276). Dieser war ebenso in Grab 51 vertreten, dem eine Diphilos signierte Figur angehörte (P.-R. Tf. 41, i; Nr. 307). Zudem gibt es ja auch vom »öleingießer < Diphilos signierte Stücke (Paris, Myrina Nr. 677). Das bestätigt die vorgeschlagenen Datierungen, auch für Grab 114 (vgl. vorl. Arb. 8.208, 230). »>3 Vgl.z.T.P.-R., S.3i8ff.,597;P.Bienkowski, Die Darstellungen der Gallier, S. 138; ders., Les Celtes dans les arts mineurs Greco-Romains, Krakau, 1928,

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S. 141 ff., 149; E. Pfuhl, M. u. Z. II, § 891. J. Kromaycr und G. Veith, Heerwesen und Kriegführung, S. I4of., Abb. 37, Tf. 8. **< Der Elefant aus Pompeji, eine Blumenvase, (Alda Levi, Le terrecottc figurate. Tf. 13, i) stellt auch wohl einen Schlachten-Elefant dar. Aber es ist nicht ersichtlich, ob er auf ein bestimmtes Ereignis zu beziehen ist, ebensowenig, ob er mit den anderen Terrakottentypen der Schlachten-Elefanten irgendwie zusammenhängt. **5 Vgl. vorl. Arb. S. 36. Vgl. E. Breccia. Mon. II, i, S. 19 mit Anm. und dort angeg. Literatur, S. 43; vgl. auch die geringe Zahl von Terrakotten, die aus Gräbern stammen (Nr. 163—172) gegenüber denen von den »Montes testacci« (Nr. 1730.); vgl. E. Breccia, Mon. I, 1926, S. 68. *>6 Vgl. z. B. Myrina, Boston, D. Burr, a. a. O., Nr. 7, Tf. 3 mit Kyrene, Louvre, Charbonneaux, Abb. 73. *»7 Vgl. Tarent Nr. 2446: Erot im Mantel. Centuripe, G. Libertini, Centuripe, Tf. 23, 43, Sandalenbinderin; a. a. O. Taf. 23, 2 und besonders Charbonneaux, Abb. 80: Aphrodite vgl. Myrina, Berlin, Köstcr, Tf. 88 und P.-R., S. 399, Fig. 49; vgl. dazu vorl. Arb. S. 250. Centuripe, R. Kekule" v. Str., Die antiken Terrakotten II, Sizilien, Tf. 45, 2: Tänzerin vgl. Myrina, P. R., Tf. 35, i; vgl. auch noch W. II, 279,10; 315, i u. a. und D. Burr, a. a. O. zu Nr. 28, 29, S. 44f.; vgl. jetzt auch noch O. Deubner, Turk Tarih, IV, 1940, 8.45, Anm. 5 (vgl. oben). Bei der Terrakotte K. A. Neugebauer, Antiken in deutschem Privatbesitz, Nr. 132, Tf. 55, die sehr an eine Diphilos signierte Figur in Athen erinnert (D. Burr, a. a. O., S. ioff., Fig. 6), müßte die italische Provenienz wohl erst noch besser gesichert werden. Ill F *l Siehe P.-R., S. 54! mit den im Wortlaut angeführten antiken Quellen; vgl. auch R. E„ VI. Suppl., s. v. Myrina, Sp. 617 (W. Rüge). *» Vgl. z. B. noch im Lateran das Grabrelief der Ulpia Epigone (E. Strong, La scultura R. I, Tf. 23, S. 124). *3 Vgl. z. B. Vatikan, Belvedere 42; W. Amelung, Skulpturen II, Tf. 12, S. 112f. — Ein gütiges Geschick hat durch den Erhaltungszustand dafür gesorgt, daß die Zahl solcher Figuren als nicht so groß erscheint wie sie wohl war. *< Den Nachweis dafür beabsichtige ich bei anderer Gelegenheit zu erbringen. *5 Vgl. G. Rodenwaldt, 83.Berl. Wi.-Progr., S. 3ff. *6 Nicht Dionysos wie Pettier bei P.-R., a.a.O., 8.304, will; vgl. auch Reinach a. a. (X, S. 329, Anm. i. *7 Vgl. dazu z. B. L. Curtius, Zeus und Hermes, S. 35. *s Vgl. dazu J. Sieveking, Corrolla Curtius, S. &g&.; vgl. vorl. Arb. 8.5. *9 Vgl. ähnlich auch B. Schweitzer, Forschungen und Fortschritte, 1930, S. 415. *10 Von Hekler, a, a. O., bestritten, jedoch in einem anderen Zusammenhang. *" Vgl. auch R. E., 2. Reihe, IX, Sp. 817, s. v. Terrakotten (R. Heidenreich). ·» Vgl. F. Winter, a. a. O., I, S. XLI. Z. B. die Figur II, 468, i, die zusammen mit Münzen aus der Zeit von 132—174 n. Chr. gefunden ist. *'3 Vgl. z. B. von der Agora Hesperia 2, 1933, S. 191 ff. (D. Burr); vgl. auch Hesperia 4, 1935, S. 2i2f. (Ch. H. Morgan). *M Vgl. z.B. Germania-Romana, V, Tf. iff., S. 5 ff. mit Lit.; vgl. R. E., S.Reihe, IX, s.v. Terrakotten, Sp. 817 (Heidenreich) mit Lit. *'5 Zum Kopf vgl. auch die »Pudicitia« in Boston, D. Burr, Tf. 38, Nr. , S. 7if.; vgl. dazu auch Athen 4977; siehe uns. Tf. 450 und vorl. Arb. S. 220. *16 So H. Di polder, R. M., 1926, S. 71.; G. Krahmer, J.d. L, 1925, 8.193 (»um 2O° v- Chr.«); E. Buschor, Dio Plastik der Griechen, S. 100 mit Abb. S. 98. * J 7 Entsprechend datiert bei J. Sieveking-C. Weickert, 50 Meisterwerke, im Verz. zu Tf. 44 und bei Laurenzi, R. M. 1939, S. 42ff. In einer Seminarübung bei C. Weickert im Sommer 1930 habe ich das Relief schon ins späte 2. Jahrhundert datiert. Zum Telephos-Fries vgl. auch N. Jb. 1938, S. 266. *'8 Das Bild, das die Ausgrabungen ergeben haben, entspricht dem freilich nicht ganz. Vgl. auch R. E., Suppl. VI, s. v. Korinthos, Sp. 182 (F. I. de Waele). "9 Es ist noch nicht dasselbe, wenn D.M. Robinson in Olynther Häusern, auf einem Hügel, der erst nach dem Synoikismus von 432 v. Chr. besiedelt sein soll, ältere Terrakotten fand (Excavations at . VII, S. 12, vgl. ; vgl. z.B. Tf. 3, Nr. 5; skeptisch dagegen A. Greifenhagen, Gnom. 1935, S. 163). Denn einmal ist der zeitliche Abstand nicht so groß. Vor allem geht es aber um eine andere Entwicklungsstufe. So sind die fraglichen Masken wahrscheinlich nicht aus dekorativen Gründen aufgehoben, sondern um ihres apotropäischen oder rituellen Zweckes willen noch gebraucht gewesen. Sie waren ebenso nützlich oder vielmehr noch nützlicher als die ebenda gefundenen Lampen aus der spätarchaischen Zeit. — Im Soros von Marathon haben sich ja auch ältere attische sf. Vasen gefunden. *10 Vgl. auch J. Burckhardt, Gesamtausg. 13. Bd., 1934, S. 55 (»Aufzeichnungen zur griechischen Kunst, 2. Thonfigurinen«).

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ABK RZUNGSVERZEICHNIS

303

Masner, K. = Die Sammlung antiker Vasen und Terrakotten, Wien 1892. Mendel, G. = Catalogue des figurines Grtcques de terre cuite. Constantinople 1908 = M. mit Nr. Mon. oder Mon II, i = Monuments de l'Egypte Greco-Romaine, publics par la Societe Royale d'Archeologie d'Alexandrie: Tome deuxieme, premier fascicule, Bergamo 1930: E. Breccia, Terra cotte figurate Greche e Greco-Egizie del Museo di Alessandria. Mon. II, 2 — Dasselbe, Tome deuxi me, deuxieme fascicule. Bergamo 1934. Le Musoe = Le Musee Groco-Romain . . . d'Alexandrie. Pernice, E. = Ausgew hlte griechische Terrakotten im Antiquarium zu Berlin, Berlin 1903. Philadelpheus, A. — Πήλινα ίΐδώλια εκ Μυρίνηξ, Athen 1928. P.-R. = Pettier, E. et S. Reinach, La necropole de Myrina, Paris 1887. Pettier, Les Statuettes = Les statuettes de terre cuite dans l'antiquite, Paris 1890. Pettier, Diphilos = Diphilos et les modelleurs de terres cuites grecques, Paris 1909. Rapport = Municipality d'Alexandrie: Rapport sur la marche du service du musie. Robinson, D. M., Excav. l. = Excavations at Olynthus, Baltimore und London 19290. Besonders Part IV, The terra-cottas of O. found in 1928, 1931. Part VII ... found in 1931, 1933. Part VIII. The Hellenic House, 1938. Rodenwaldt, G., Kunst der Antike = i. Aufl. Berlin 1927. Rumpf, A., Gercke-Norden, Einleitung = Griechische und r mische Kunst, Leipzig 1931 (Bei A. Gercke und E. Norden, Einleitung in die Altertumswissenschaft II 3). Sciatbi s. Breccia. Schneider-Lengyel, J. = Griechische Terrakotten, M nchen 1936. Sieveking, J., Sammlung Loeb = Die Terrakotten der Sammlung Loeb I, II, M nchen 1916. Sieveking, J., Bronzen, Terrakotten, Vasen = der Sammlung Loeb, M nchen 1930. Stern, E. v.. Das Museum = Das Museum der Kaiserlichen Odessaer Gesellschaft f r Geschichte und Altertumskunde, I und II, Odessa 1897 und 1898. S sserrott, H. K. = Griechische Plastik des 4. Jahrhunderts v. Chr., Frankfurt a. M. 1938. TEL = Encyclopedic photographique de l'art. Le Musee du Louvre. Terres cuites Grecques I. II. III. Editions »Tel« 1937 [Lieferung 16—18 (= 6—8 von Band 2.) des Werkes]. Winter, F. = Kunstgeschichte in Bildern, Neue Bearbeitung, Das Altertum, Heft IIIff., Leipzig o. J. -K. i. B. Winter, F. = W. I oder W. II = Die Typen der fig rlichen Terrakotten I und II, Berlin und Stuttgart 1903. (III. Teil von R. Kekule von Stradonitz, Die antiken Terrakotten).

INDICES Bern. Bei Terrakotten, die in anderen Veröffentlichungen abgebildet sind, ist unser Abbildungs-Verzeichnis S. 308 nachzuschlagen. Bei solchen, die mehrfach abgebildet sind, ist unter jeder im Abbildungs-Verzeichnis aufgenommenen Veröffentlichung nachzusehen. Für die auf unseren Tafeln wiedergegebenen Stücke muß auf unser Tafelverzeichnis verwiesen werden. Soweit nicht besonders angegeben, sind die großen Sammlungen gemeint, also: Paris = Louvre usw. A. TERRAKOTTEN i. M u s e e n und I n v e n t a r n u m m e r n Alexandria 15660 128 128 15663 I2O 15970 177 23341 (vgl. außerdem Abb.-Verz. Sciatbi und Mon.u. uns Taf. 8 d. 6 e, 24 a, b, e) Athen 3945 133 4036 241 4°37 174- 241 4049 170 4050 161, 163 4051 145. i?« 4077 126 4078 94, 116 4079 , 17 f., 90 124, 204. 4105 4106 162, 204 4122 169, 219 4127 52 4160 168, 173 64, 114 f., 159 4394 170 4413 53 4471 2 f., HO f. 4472 109 4473 65, HO 4475 4476 123 102 f., 265 4485 207, 258 ff., 264 4573 I2 4 4575 117 4589 4699 95. 104 4700 112, Il6 4711 "5 208 4803

4812 4813 4814 4815 4847 4849 4860 4864 4880 4895 4897 4910 4912 4913 4925 4931 4932 4935 4936 4937 4938 4957 4958 4959 4961 4962 4973 4974

226 206, 227 ff., 264 245 245, 299 228, 259, 293 252 300 218 253 98, 261 215, 265 259 220, 26l

245 265

205, 215, 2Ölf. 90 265 265

108, 205, 264 265 247 226 250 227 259 205,

211, ff.

297

22O,

201, 301

250

89, 161, 296 90

246, 250 300 215

226,

508l 5082 5083 5086

249 f.

214, 216 208 98, 164, 172, 247 98, 226, 248 f. 244 f. 245

5097 5098

211 ff.

5103 5108

227

5122

211, 214

5124

244 125 f.

211 ff., 214

211

io6f. 53, 132 (Vgl. außerdem Tafel-Verz. sowie Abb.-Verz. Philadelpheus) 130, 272 Babylon Bagdad s Abb.-Verz. W. v. Ingen Baltimore Vgl. Exe. at 01. IV. Nr. 333, Titelbüd Berlin (T. C). 132 4879 5887 273 6308 131 6309 53. 131 ff263 6310 6312 123, 146 6621 —67 282 6624 58 6627 92,, 108 6674 287 287 6683 b 126 6689 112 6692 J 6816 33 12647 13616

215 f., 26

4976 4977 4978 4985 4986 4987 4989 4998 4999

5004

12494

177, 214, 216

85 f.,

5003

INDICES

6822

132, 135, 271

6847

131

6850

132. 174

6851 6852

132 (271) 132 (271)

6866 6867 6897 6905 7077 7418, 3 74l8· 4 7418, 5 7631 7678 7946

282 131, 135 115 171 120 174 175 174 94 135 261

1921

252

7950

163 f., 177, 220

1922 ff.

254, 3OO

8024

164, 177, 227, 300

1928

299

8 26

299

1959

299

8155

168

1976

299

8193

300

1978

299

8224

112

I98l

299

8225 8226 8398

94. 116 116, 290 126, 225

8399

129

1999 2046 2071 2274 2276 2298 2300 2312 2313 2335 2374 2375 2385 2455 2459 2461

299 295 219 208, 285 f., 294 286 250 252 252 218, 250 299 209 242 300 298 299 92, 174, 285!

2462

211

8409 oo 8497 131 8531 131 8589 93, 108 8590 133. 286 8591 95, 286 8593 286 8597 289 8624 133 8761 300 8821 132. 135, 271 8822 132, 282 8833, 8 272 8833, 9 272 31417 299 (Vgl. außerdem Taf.-Verz. sowie Abb.-Verz. Köster, Pernice) Bologna, Museo Civico Vgl. uns. Taf. 27 b. Boston Vgl. Abb.-Verz. BunBudapest Vgl. Abb.-Verz. Zoltan Capua 273 Dresden

Vgl. uns. Taf. 42 b, c Z.V. 1169 52 F r a n k f u r t a. M. (Liebighaus) Vgl. Abb.-Verz., Horn, Taf. 24,1 Heidelberg Vgl. Abb.-Verz. A. A. 1939, Abb. 14 Istanbul Mendel, Cat. usw., Nr.: (M.) 1867 ff.

12, 173 f., 270

1877 f.

299

1891

252

I9U

245, 252

2478 ff.

171

2513

91, 204, 286

2517

91

2518

89, 273, 295

2519 2520

108, 204 f. 90, 114

2521

89, 112

2522

112

2527

89

2528

89

2529

89

2541

90

2542

90

305 2543

90

2544

89 f., 114 f., I59

2556

178, 220

2561

98,

2562

90, 98, 104

2567

65, 85 f.

IO4,

112, 264

2568 86, 215, 261 2574 244 2581 220 2582 250 2583 250 2609 248 f. 2610 89 2615 91 f., 286 2617 (?) 91 2618 94 2619 94 2620 91 2622 ff. 298 2640 285 2687 256 2689 300 2697 ff. 286 2706 286 2718 ff. 300 2720 209 2722 f. 300 2724 209, 300 2725 209, 300 2728 300 2930 80 2931 ff. 80 2980 299 2983 299 2993 286 3056 ff. 300 3067 16 f. 3069 16, 160 3502 a 93 3502 b 93 3508 ff. 254 35i8 300 3536 ff. 254 (Vgl. außerdem Taf. Verz. sowie Abb.-Verz. Mendel) Kairo (Slg. Bircher) Vgl. uns. Taf. 49 a Königsberg i. Pr. Vgl. Abb.-Verz. Lullies, Ant. Kleinkunst Leipzig Vgl. Abb.-Verz. A. A. 1938.

INDICES

306 Abb. 6 Leningrad Vgl. uns. Taf. 6 a, b Vgl. Abb.-Verz. C. R. London C7 ίο f. Ci7 173 C 40 173 C 204 226 €215 in C 245 108 C 249 128 f. 0250 in C 255 177, 229 C 257 108 6258 114 C 262 I28f. C 263 96, 105 C 267 158 C 286 271 C 295 ι ίο f., 128 C 310 226 0311 129 €312 106 C 313 297 C 326 145, 282 C 334 263 D 134 273 D 184 25 Madrid Vgl. Abb.-Verz. Laumonier Mallinckrodt Vgl. uns. Taf. 47 a. Marseille Mus6e Borely 1093 no M nchen Vgl. Abb.-Verz. M . Jb. sowie Sieveking Slg. Loeb Nauplia

Vgl. uns. Taf. 10 a, u b, n f., 14 b Neapel Vgl. Abb.-Verz. A. Levi, sonst: 273, 301 New-York Vgl. Abb.-Verz. G. Richter. Diadumenos 230 Odessa Vgl. Abb.-Verz. E. v. Stern Palermo in (274) 287 Paris (Louvre) Inv. 109 174 222 56, 97, 142 238—244 19, 291 CA 2150 129 CA 2552 159 MNB 485 226 MNB 557 288 MNB 585 115 MNC 543 92 MNC 548 92 Diphilos Nr. 220 170 221

ΙΟΙ

226 n, 96, 104 229 133, 171, 174 235 127 265 56, 97, 142 267 116 277 132 282 161 518 255, 261 Heuzey Taf. 25, ι 170 Myrina Nr. (P. R.) 204 228 218 88, 177, 295

223 250 231 177 264 if. 246 289 250 324 250 445 295 648 92 649 92 666 89 668 120, 177, 267, 288 669 246 6 77 230, 300 678 230 (Vgl. Taf.-Verz. sowie Abb.Verz. Charbonneaux; P. R.; Pottier, Diphilos; Tel.) Paris, Bibl. Nat. I. Saal, Coll. Oppermann Nr. 180 287 Pergamon (216, 251) 295, 300 f. Rom 273 Saloniki Vgl. Exc. at l. und uns. Taf. 4 a Syrakus 273, 301 Tanagra-Schimatari 53 Vgl. uns. Taf. 19 f. Tarent Qu. Quagliati, Taf. 49, ι i6o, 273 Nr. 2446 301 Vgl. uns. Taf. 13, c Vgl. sonst 14, 25, 130, 273 Tarsos 230, 239, 254, 300 Wien Masner Nr. 799 87 f. Mus. f. Kunst u. Industrie Nr. 39 ii2 Vgl. uns. Taf. 19 d

2. Typen e n t s p r e c h e n d F. Winters K a t a l o g

Bd. I (W.) 25, I

80,7 83,2 84.5 85.6 165 ff. 179.5 179 ff. 233. 13

174

131, 271, 287 13* 132, 282, 287 132 247 270 170 300

Bd. II (W.) 161 3-5 248, 270 3,7 89 5,3 226, 248 5-4 246 5,6 168 6.5 6,6 173 7-3 174 174 7-4

7-5 8 8,5 9

ίο, ι io, 3 10, 4 io, 8 10,9 ii, i

168, 174 IOO

272 IOO

273 273 131 273 131 53

ii, 6

95*·, 98 f., 272, 287

ιΐ- 7

95. 272

II, ΙΟ

95

12, 6

265 f. 9, 16

12,8

14.2 14.4 14.9 Η, ιι 15, ι

273 273 158

15, 2

94

15,5 15,6 15, 7 15,8 15, ιι ι6, ι ι6 ) 7 17.6

133, 272 133, 272 249, 272 ί, 287

9ί·, 17 272

33,6 33-7 33.8 34.2 34.5 35, 2 35. 7 35,8

94, 116 f., 159, 161 94, 116, 159

36

25

36,1 36,4 36,6

18, 105 f., 107 f. 56 55 f., 62, 90, 97, 127, 142, 273 55, 62, 127, 273 108 272 65 16 56, 92 53, 125, 273 53 53 53 53 "5 115, 272 "5 272 in ff., 159

120

36, 7 37, 2 37,4 37,6 38,i 39,4 4i, i 4L 2 4i. 3 41,4 4L 5 42, i 42,4 42,5 42, 6

23

125

43

23, Ι

58, 273

23-3

5-2 ff., 58, 89, 131.

43,9 44,6 44. 7 45.4

286 272

279 265 273

19. 6

272

20, 3

go, 124 ί.

21, Ι

Ι2 4 ί.

21,4

ΟΟ, 124 f·

22, 2

286

22, 6

119, 272 52, 54, 58, 88 f.

22,8

22,5

23·4 23.5 24, 4

24-5 24, 6 25- Ι 25,2

25, 3 27.5 2 7 ,8

87

272

88 52, 54- 89, 174. 272 25, 52, 89, 272 25 127, 129 f., 273 127, 273 129 120 58,

174

26l

272 164

246 159

48,3 48,5

126, 272

48,8

52

48,9

3. 52

50

HO

50, 6 5i, i 5i, 3

272

52, 2

29. 2

272

52, 6

29, 3 31-4 32,3 32,8 33.2 33,3 33,5

272

52, II

94, 159

220,

109 ff., 137, 272

52,3

53 116 117

90 261

272

272

131

161, 163

48, 2

29, Ι

273

162 282

53. i 53.5 54,3 54-9 56,3 56, 4

272

272 273 279 272 273 109 ff. 109 ff.

229 207, 228, 264 265 215, 261

56,6 56. 7 58,5 61, 6 63,4 63.5 63,6 65,2 65.3 65,7

215 265

207, 228

65, "7 ii, 287 ii, 287

286 250 22O,

66,5

247

67,3 70 ff. 70, i

269

70,5 71, 2

71,3 71,5

72, 8 73.8 83,3 83,7 84.3 84, 6 85.1 85,4 85.7 86, 2 87.1 87.3 88, 2 88, 4 94. i 94- 3 94.6 97, 5 98,4 98, 5 106, 7 108, 4 108, 5 112, I

112, 3

113,5 113, 6 "4,5 116, 3 n6, 6 n 6, 7 134 f136 f. 143, 2

26l

244

226 f.

16, 125 — 159 16, 125 — 159 16, 125—159 273 288 92 160, 273 126 226 296 226 226 226, 249 226 215 226, 249 250 216 226 287 287 287 250 250 259 90 170 170 169 145 f- 273 273 273 279 250 227 177, 216 M. 223 14. 223 270

3o8

INDICES

150, 5 151. 5 I5L 6 152, 3 156, ίο ι63. 2 172, 4 ι85, 5 ι86, 3 187, ι 187. 2 ι88, 4 199, 2 2ο6, 3

94 94 94 94 132 135 2 5 »32, 174 2ΐι 244 ί· 245, 295 2ΐι 270 2ΐ8

214, 2

2θ8

214, 4 214, 5 214, 6

2θ8 2θ8 2ο8, 3ΟΟ

216, 4

228

219, 7

2

22Ο, 4

229, ι 237 239, ι ο 240, 244, 2 249, 5 255, ι 256, 4 256, 5 257, 7

164, 247 272 2og, 3°° 263 272 245 293 MS 145 282

273, 2

172

278, 279, 286, 290, 294-

256 301 255 208 f . 299

4 io 3 7 3

315, I

301

59

317. 2 320 ff. 320, ι

256 174 174

252

32O, 12

241

321, 2 322, 8 324, 2 328, 6 331. i 334. 3 334, 4 336, i 341, i 343, 5 350, 2 356, 5 379, 3 379, 8 379. 9 382, i 384, 7 385, 3 414 ff. 448, 12 468, i

174 174 174, 241 241 174 300 300 244 2ii 2ii 98 300 300 300 300 282 299 300 271, 287 299 301

3- A b b i l d u n g e n in a n d e r e n Ver f f e n t l i c h u n g e n

A.A. 1934 Abb· 47 (SP· 4°9 *·) 92, 108 Abb.48 (Sp.409f.) 92, 126 i938Abb.6 (Sp.346ff.) 176 Abb. 19 (Sp-575) 12 1939 Abb.g— i2(Sp.423ff.) 272 Abb.i4 (Sp-44i) n, 133 Abb. 28. (Sp.445) 132, 174 A. B.C. 66, 2 272 67, i 272 68, i 16 68, 3 16, 18, 97 73, 3 300 73. 7 300 73, 8 300 A. J.A. 1931, S. 378, Abb. 5 162 1932, S. 389, Abb. 8 131, 133 1935. S. 530 ff. Abb. 5 230, 239 A.M. 1901, S. 330, Abb. 2i 266 Taf. 13 ff. 19 Anatolian Studies presented to W. A. Ramsay (Th. Wiegand) Taf. 13, 3 248 Annuario (jetzt: Annuaire du

Musee usw. Alexandria) I. 1932/33, Taf. n, i 65,85,283 Taf. ii, 2 58, 65 Galerie Bachstitz II, Nr. 2II, Taf. 79 123 II, Nr. 212, Taf. 80 211 B.C. H. 1886, Taf. 13 299 I. D. Beazley, The Lewes house collection S. 85, Abb. 4 19 P. Bienkowski, Les Celtes dans les arts mineurs GrecoRomains Abb. 213 300 f. C. Bl mel, Sport und Spiel Taf. 38 271 Taf. 42, 17 132, 271 Th. Bossert-W. Zschietzschm a n n , Hellas und Rom Taf. 119 oben links 246 Taf. 178 286 Taf. 179 links 88 E. Breccia, Alexandrea ad gyptum (frz. Ausg.) Bunte Taf. gegen ber S. 256 287 S. 257, Abb. HO 282

S. 272, Abb. 138 255 S. 277, Abb. 144 282 Brit. Mus. Cat. (H. B. Walters) Taf. 27 HO 28 HI, 226 29 Mitte 2 30 263 32 226 33 174 36 273 B. S A. d'A. 1905, S. 81, Abb. 31, 1,3, 6 v.l. 103 S. 90, Abb. 33 r 97 1907, S. 61 f., Abb. i8r 282 S. 62, Abb. 18 Mitte 96, 282 1938, S. 47, Abb. 2a 17 D. Burr, Terra-cottas from Myrina (Boston) S. n, Abb. 4 297, 299 Abb. 5 259, 293 Abb. 6 293, 297, 299 Abb. 7 228, 259 Abb. 8 299 Abb. 10 293 Taf. 2, Nr. 4 210, 253, 259 Nr. 6 250

309

INDICES 3, Nr. 7 301 4, Nr. ίο 250 5, Nr. 13 294 6, Nr. 15 247 9, Nr. 20 300 10, Nr. 22 2ii Nr. 24 300 12, Nr. 20 256 12,Nr.28,29 257 12, Nr. 30 256 J3, Nr. 32 300 15, Nr. 39 257 15, Nr. 40 298 16, Nr. 45 214, 294 17, Nr. 42!. 2ii, 214 i8.Nr.44 214.294 ig, Nr. 46 294 2i, Nr. 51 296 24, Nr. 60f. 242 29, Nr. 70 2ii 31, Nr. 71 245, 295 34, Nr. 88 265 35, Nr. 91 261 35, Nr. 92 f. 265 38, Nr. ιοί 301 J. Charbonneaux, Les Terres cuites Grecques S. 22 299 f. Abb.n 191 29 80 44 161 45 169 47 88 49 55 50 88 51 161 52 13 ί· 53 170 54 132 56 29l 57 93 f·. 58 264 59 159 61 89 62 246, 295 63 f. 298 65 295 68 255 f. 73 301 ?6 256 77 254 78 250

80 301 86 300 88 250, 300 296 90 92 293 298 93 297 94 Corolla C u r t i u s Taf. 24, 2 270 C. R. 1859, Taf. 4, 4 272 1860, Taf. 4, 2 272 1869, Taf. 2 ii Taf. 3 11 Taf. 7 11 1874, Taf. 1,5 300 1875, Taf. 2, 28 272 Taf. 2, 30 272 1876, Taf. 6, 3 272 Taf. 6, 9 300 1880, Taf. 5, 7 300 Taf. 6, 7—9 272 Deltion 1920/21, S. 71 f., Nr. 22, Abb. 6 100, 288 Exploration de Delos VIII, S. 22l, Abb. 103 218 VIII, S. 224 Abb. 102 232 F. de Delph. V, Taf. 24, 12 125 Eph. Arch. 1907, Sp. 75 f., Abb. 8 53, 132 Exe. at O l y n t h u s IV. Titelbild, Nr. 333 gii, I 4 ff., 21, 27O

Taf. 32, Nr. 334 32, Nr. 336 32, Nr. 336A 32, Nr. 337 37, Nr. 358 f. 38, Nr. 364 39,Nr.365-369 39, Nr. 372 ff. 40, Nr. 370 41, Nr. 378ff. 41, Nr. 381 42, Nr. 384 44, Nr. 399'ff. 46, Nr. 404 VII, Taf. 13, Nr. 100 14, Nr. 122 21, Nr.

10 14 13, 282 270 269 270 14 12 269 13, 14, 270 13 13 270 270 269 270

IJ2f.2JO

22, Nr. 181 iof.,i4f., 124. 133. 135. 270 22, Nr. 184 14 22, Nr. iSaff. 270 23, Nr. i82ff. 12 24, Nr. 192 14 33, Nr. 260 270 33, Nr. 26if. 270 34, Nr.2&5ff. n f . 35, Nr. 275 19, 173 37, Nr. 288 270 37, Nr. 297 270 38, Nr.30iff. 270 38, Nr. 304 270 38, Nr. 308 270 38, Nr. 309ff. 270 40, Nr. 327 270 42 ff. 270 49, Nr. 386 270 50, Nr. 389 270 52, Nr. 392 270 56, Nr. 397 13 56, Nr. 402 270 58, Nr. 404 270 60, Nr. 410 270 W. Fr hner, Coll. Barre Nr. 411 Taf. ίο, 88 A. Furtw ngler, s. Slg. Sabouroff Gazette des Beaux A r t s 1876, S. 389, Abb. 5 300 Griech. Terracotten aus Tanagua u. Ephesos, s. Wasmuth L. Heuzey, Cat. des Figurines Antiques de Terre Cuite Taf. 25, i 170 Coll. H. Hoff mann, Vente Drouot 1899 Taf. 17, Nr. 155 287 Taf. 23, Nr. 224 249, 296 R. H rn 5.2 18 5, 3 108,266 12, l

128

12, 2

HO f.

13, i

in

14,3

111,177,229

15, 2

211, 215

24. i

114

24, 2

115

27, i

133. 249

3O, 2

215

3io

INDICES

44. ι 44. 2 C. A. Hutton ι 4.4 5 7

2

49 226

ίο 3 i?4 2 7i

38 40 4i 42

26

43

96, 105

20

W helmina v. Ingen, Figurines from Seleukeia Taf. ii, 81, Nr. 155 272 53- 378, Nr. 827 257 G. Jacopi, Lo Spedale S. 82, Abb. 45 286 J.d.I. 9. Erg.-H., Taf. ι iff. 295 R. Kekule, Griecb. Tonfig. aus Tanagra Taf. 16 126 R. Kekule, Die Terrakotten von Sizilien Taf. 28, 5 273 30 287 31. 3 287 32, 2

I I I , 273

33 287 34. 8 273 37. ι 273 38. ι 273 39. ι 273 39, 2 f. 273 45.2 301 K. i. B. (F. Winter) 335, ι 171 289, ίο 132 312.4 14 260, 6 215 38l, 2

218

38i. 3 295 P . K n o b l a u c h , Studien S. 72, Abb. 18 135 A. K ster 2 130 gff. 12 ii 287 14 270 16 191 17 171 18 270 25 9 36 135 37 I31. 270

44 45 f48 49 50 53 77* 78 a, b 88 90 9i 92 94 95

132, 270 f.

53,125,131 if 266 97, 99, ιοί 104 90, 95, 98, IO2,

123,

130,

225

112

109, noff. 142, 282

94. 218 III

126, 225

175 174

250, 259, 301

219

219 94. 218 219 219, 295 IOO 296 R. Koldewey, Das wiedererstehende Babylon, 4. Aufl. S. 278, Abb. 231 f. 130, 272 E. L a n g l o t z , Slg. Max v. Heyl II ,Taf. 19, Nr. 72 249 A. L a u m o n i e r (Madrid) Taf. 24, 3 130 35. 3 120 39. i 102 62, 3 130 69, i 130 69, 3 130 A. W. Lawrence, Later Greek sculpture Taf. ι 19, 171, 174 L. Legrain, Terracottas from Nippur Taf. 22, Nr. 119 257 Alda Levi, Le terrecotte figurate (Neapel) Taf. 13, ι 301 Abb. 45, Nr. 191 273 Abb. 94, Nr. 486 273 G. Libertini, Centuripe Taf. 23, 2 301 Taf. 23, 4 a 301 Lindos, Fouilles de 1'Acropole, 1902—14, I Taf. 133 if. 93

R. Lullies, Antike Kleinkunst Taf. 2i, Nr. 147 270 Taf. 23, Nr. 158 124 J. M a r t h a , Cat. (Athenes) Taf. 3 296 Taf. 4 65 K. Masner, Die Slg. ant. Vasen u. Terrakotten Taf. ίο, Nr. 799 87 f. Taf. ίο, Nr. 795 112 G. Mendel 4 12, 270 4, i 174 5, 2 80 5. 6 248 f. 6, i 295 8, 4 208, 286 8, 5 250 8, 6 285 ίο, ι 250 io, 2 94 io, 3 65, 85 io, 6 92, 174, 285 io, 7 298 io, 8 245, 251 10, 9

211

u, i

296

11, 2 II, 5

ii, 7 11, 8 12, 3 13, 7 13. 8 13,9 15, io

9O, 98 89, 112

242 256 299 16, 160, 287 299 252 299

15, 12

299

15. H

299

15, 16 299 15, 17 300 Mon. II, i (Alexandria) A, i, Nr. i 59, 61, 69, 90,97,102, 178 A, 2, Nr. io 116 B, i, Nr. 2i 124, 282 B, 2, Nr. 41 54 C, 2. Nr. 33 128 D, i, Nr. 67 120 D, 2, Nr. 5 61,96,102, 104 f. E, i, Nr. 47 58, 66

311

INDICES E, 2, Nr. 48 F, i, Nr. 22 H, i, Nr. 3 H, 2, Nr. 42 I, 2, Nr. 49 J.2

L, i. Nr. 76 L, 2 M. 2, Nr. 4 N. I, Nr. 25 N, 2, Nr. 26 Qu, 2, Nr. 104 T. 2 T, 3, Nr. 102 i, 2, Nr. 35 i. 3 Nr. 32 i, 4, Nr. 13 2, Nr. 456 2, i. Nr. 45 2, 2, Nr. 27 2- 3- Nr. 37 2, 5, Nr. 36 2, 6, Nr. 17 3, i, Nr. ii 3, 2, Nr. 66 3, 3, Nr. 70 3, 5. Nr. 44 3, 6, Nr. 12 4, 2, Nr. 23 4, 4, Nr. 30 4, 5, Nr. 62 4, 6, Nr. 43 5, L Nr. 64 5, 2, Nr. 31 5. 3. Nr. 64 5, 4. Nr. 56 5, 5, Nr. 29 5, 6, Nr. 19 6, 3, Nr. 39 6, 4, Nr. 64 6, 5, Nr. 46 6, 6, Nr. 69 7, 5, Nr. 61 7, 6, Nr. 71 9, i, Nr. 25 9, 5. Nr. 7 9, 7. Nr. 8 9, 9. Nr. 9 10, 4 10, 6 ίο, 9

58,66 125

57.97 54 59, 282 65 f-, 69 63,66 62, 65 f. 59,61,102, 104, 178 128 51, 128 53 62, 89 256 120 128

57 57

52,58 128 120 I2O 115

55

56, 160 53 52,58 56 125 128 57

54.87,125, 56 279 282 52 128

56, 92 51 282 55 51 55 56 51 5i 5i 5i I2O 120 96

ii, 5, Nr. 38 120 14, 2. Nr. 129 282 14, 3, Nr. 109 256 14, 4, Nr. 120 256 15, i, Nr. 103 256 15, 2, Nr. 194 63 15, 4, Nr. 126 51 16, i, Nr. 257 256, 282 18, 4, Nr. 152 53 18, 6, Nr. 151 53 23,6 257 27 ff. 258 35, 4 «· 258 35, 8 282 42, 3, Nr. 483 256 44, 5, Nr. 16 58, 108 45, 2 64 45, 6, Nr. 81 54 48, 7, Nr. 82 54 50, i, Nr. 94 146 51, 1—2, Nr. 158 283 53, 8, Nr. 77 283 Mon. II, 2 (Alexandria) 53, 264, Nr. 200 300 54, 268, Nr. 204 300 62 255 69, 355, Nr. 286 256 75 f258 93 «· 258 Mon. Line. 22, 1913 Taf. in, i 273 111,4 273 in, 6 273 112,4 273 Mon. Piot IV, 1897, S. 213, Abb. 259 Taf. 17 223, 244 M . Jb. 1914/15, S. 158, Abb/ ii 56 Le Musoe (Alexandria) 1925—30 Taf. 14, Abb. 52 63f.. 67, 279

15, Abb. 57 120, 279 15, Abb. 60 279 15, Abb. 61 20l 1931/32, Taf. 3, ii 283 4, 13 59, 66 4, 15 64,66, 115 4. 16 66 K. A. Neugebauer, Antiken in dt. Privatbesitz

Taf. 52 ff. 299 Taf. 55 (Nr. 132) 301 Ch. Newton, History of Discoveries at Halicarnasus etc. Taf. 59, 3 u. 4 ".287 Not. Scav. 1936, S. i2i if. 14, 273 Odessa, s. E. v. Stern _, 0 . Jh. 1912, Abb. 36—37 93 Abb. 38 94 Olynthus, s. Exc. at Ol. W. Ottos Handbuch d. Arch&ologie Taf. 184, ι 272 Γ Α. Ποπταβασίλειοί (Gr berEuboeas) S. 67, Abb. 44 links 132, 282 E. Pernice, Ausgew hlte griech. Terrakotten 12 132, 271 15 132, 282 17 14 24 168

A. Philadelpheus ι 244 3

211

6

164, 247

7

211

8

218

8, 2

208

8, 5 8, 7 9, ι 9, 3

252 253 226 208

II

211

12 12, 6

245 265

13

215

14 16, ι 16, 2 16, 3 17 20

226, 249 205, 215, 261 265 226 90 89 f., 94

21

227

22, I

227

22, 2

25O

E. Pettier, Diphilos Taf. 12 . 127 15, Nr. 270 283

INDICES

312

15, Nr. 271 65 20, Nr. 452 299 P. R. (Myrina, Paris) S. 312, Abb. 42, Nr. 26, 48 250 S. 399. Abb. 49 301 S. 410, Abb.50, Nr. 273 262 2, 2, Nr. I

247

2, 3, Nr. 36 252 2, 3. Nr. 37 252 2, 4 250 5, 3, Nr. 53 261 5, 4, Nr. 20 218 5, 5, Nr. 21 218 6, 6, Nr. 30 249, 300 7, i, Nr. 179 262, 293 7, 2, Nr. 46 293 7, 3, Nr. 182 262 7, 4, Nr. 178 262 8, i, Nr. 28 208, 293 9, I, Nr. 34 256 10, Nr. 284 256 u, 2, Nr. 54 81, 24if., 293 11, 3 250 n, 4, Nr. 94 2o8f., 241,262 12, i, Nr. 131 241, 293 12, 2, Nr. 55 241 f., 293 12, 3, Nr. 146 299 12, 4, Nr. 139 293 15 245, 266 15, 86 174, 214 f. 17, 4, Nr. 82 208, 29gf. 17, 5, Nr. 117 300 17, 7, Nr. 71 241 19, 2, Nr. 206 247, 298 20, 2, Nr. 172 245, 300 20, 3, Nr. 247 90, 245 20, 4, Nr. loo 208 2i 245 21, i, Nr. 171 88, 931., 2ii 22, i, Nr. 163 241, 244, 293 22, 3, Nr. 162 241, 293 23, Nr. 161 bis 81, 241, 244, 293 24, 2' Nr, 284 227 27, i, Nr. 144 300 27, 2, Nr. 191 80, 265 27, 3, Nr. 145 300 27, 5, Nr. 148 171, 209 27,6 171 28, 2, Nr. 196 261 29, 2, Nr. 212 209, 256, 262, 300

29, 5, Nr. 119 300 29, 6, Nr. 200 262 29, 7, Nr. 210 293,299 29, 8, Nr. 209 262 30, 4, Nr. 214 247 32, 5, Nr. 107 256 33, i, Nr. 248 90, 125 33, 3, Nr. 248 90 34, 5, Nr. 137 241, 293 34, 6 228 35, i, Nr. 228 93, 301 35, 2, Nr. 243 88 36, i, Nr. 295 300 36, 4, Nr. 218 88, 177, 295 36, 5 120, 265!. 37/38. i. Nr. 240 92, 160 37/38, 4 108, 264 37/38,5 246 37/38.8 177 37/38, 9 108, 264, 287 37/38, 10 266 37/38,12, Nr.241 133 37/38,13, Nr.242 92, 108 37/38, Nr. 230—242 87ff., 205 39 246 39, 2, Nr. 264 246ff., 261 40, i, Nr. 270 247, 256 40, 2, Nr. 271 247 40, 3, Nr. 272 256 40, 4, Nr. 268 247 41, i, Nr. 307 230, 255f.,3Oo 41, 3, Nr. 276 230, 300 42, 4, Nr. 310 256, 300 42, 5, Nr. 311 258f., 300 43, 5, Nr. 312 256 44, 2, Nr. 194 80 44, 5, Nr. 314 300 45 209 2 4 6f 53. 299 48, 6, Nr. 142 175 Qu. Quagliati, II rauseo nazionale di Taranto Taf. 49, i 160, 273 49, 2 273 G. M. A. R i c h t e r , Sculpture Abb. 547 56, 65 R. M. 1932, Taf. 30, 3 161 1939, Taf. 16, i 287 G. Rodenwaldt, Kunst der Antike, i. Aufl.

Taf. 28 126 421 282 Slg. S a b o u r o f f , (A. Furtw ngler) II, ιοί 120 II, 107 no Slg. C. W. Lunsingh-Scheurleer, Catalogus 1909 Taf. XVII, Nr. 194 174 J. Schneider-Lengyel 29 171 33 270 44 170 47 127 51 132, 271 53 i?o. 174 56 191 57 96, 191 60 291 65 254 69 94 70 88 72 168 75 i?« 89—92 252 96 296 Sciatbi (Alexandria) S. 132, Abb. 80, Nr. 411 a 283 62, 154, Nr. 350 128 62, 155, Nr. 365 55ff. 62, 156, Nr. 367 55ff., 92, 175 63. 157. Nr. 370 57, 90, 96ff, 104 f. 63, 159, Nr. 354 54,87f.,i25 64, 161, Nr. 380 2, 52, I09f. 64, 162 128 64, 163, Nr. 379 5if., 69, 103, 158 64. 165, Nr. 378 51, 69, I03f. 158 65, 166 109 65, 167, Nr. 355 128 65, 168, Nr. 352 52, 54, 59, 273 65, 169, Nr. 368 56, 92, 175 65, 170, Nr. 382 120 65, 171, Nr. 361 282 67, 176, Nr. 397 53,124,273 67, 177 273 67, 178, Nr. 400 56, 65, 90

INDICES

68, 179, Nr. 402 146, 273 68, 181, Nr. 403 146 69, 183, Nr. 492 53 62, 186 92 69, 189, Nr. 388 57, 92 70, 187, Nr. 410 54 70, 188, Nr. 405 54 70, 189, Nr. 411 54 70, igoii., Nr.412 ff. 171 72, 215 263 72, 217 263 73, 22l 13, 270 73, 222, Nr. 480 63, 282 73, 225 13 74, 227, Nr. 465 62, 64 74, 230, Nr. 487 282 75, 237, Nr. 491 53 75, 239, Nr. 490 5, 13, 53 81, 4 i i b 14 Exp. v. Sieglin (Alexandria) I. Beiblatt IX, i 282 IX, 2 287 IX, 3 97. 282 II, 2, Taf. 19, i 300 19, 7 256 4L i 257 46, 2

283

54«· 65, i

258 300

67

258

80, 4 282 93, 300 99, 2 300 J. Sieveking, Die Terrakotten d. Slg. Loeb. I, Taf. 33 12, 131 39 too 41 282

42 44 47 48 49 50 51

54 55 56 58

logff., ii2, 116 !24 "6 126 116 106, 114 18, iO5ff., iiof., 181 175, 286 175, 286 124 iiof.

60 63 64b 77, 2 96 97 II, Taf. 79ff. 89

313 126 229 292 263 228 228 287 2 1 1 , 295

95 97 98

214 262, 293f. 260,293,299 99 260, 299 104 264 107 300 J. Sieveking, Bronzen, Terrakotten, Vasen (Loeb) Taf. ίο 145, 282 ii 132, 194 17 294 O. M. v. Stackelberg, Gr ber der Hellenen Taf. 67 272 E. v. S t e r n , Das Museum d. Odessaer Ges. I, 2, i 120, 272 2, 2

272

3. 3 8, i

272 ii2, 272

13, 2

16, 4 f. II, 7, i 9, 2 9.6 Tel. I (Paris) 175 C 175 D iy6A 1766 177 C

257

300 115, 272 300 300 270 133 127 288 55Ϊ-.90

178 182 A 182 B 183 E 184 A 1846 Tel. II (Paris) 196 198 199

104 291 170, 174 14 161 116,283 169 159 132

210 A

208

210 B

88, 169

211 A

26l

214 A 2150 216 A 216 B 217 A 219 22of.

88, 177, (295) 93 f93 f298 245 245f. 245 227 247 298

222f.

174, 214

224

298

212 A

212 B

113

Tel. Ill(Paris) 225 298 227 298 229 B 295 229 C 295 230 A 246, 248 231 C 294 232 C 256 233 D 246 234 A 256 234 B 256 234 D 300 235 F 250, 300 23611. 252 241 E 300 241 H 300 247 F 300 247 G 102 248 A logi. 248 B 279 248 C 56 248 D I3f. T u r k Tarih (Pergamon) IV, 1940, Taf. i, 3 300 W a s m u t h , Griech. Terrakotten aus Tanagrau.Ephesos(Berlin) ίο 116 12

133

16 96 W. Weber, Die g.-gr. Terrakotten (Berlin) Taf. 18, 177 301 Th. Wiegand—H. Schrader. Priene

Abb. 128 133 134 136 137

286 247,286 95, 204 286 294

INDICES

3M 146

148 174

309

372 f. 38o ff. 382 383 385 386 388

294 294 248 294 300 218 219, 294 f· 219, 294 294 294 294

389 390 391/94 395 396 397 399 405 406 407 410

219, 294 219, 294 294, 300 300

4" 416

294 215, 219,

42O

210. 294

4 28f.

253

430

2 Ι Ο, 294

434*.

249 219 219 224

225 218

294 218

S. O. Z lt4η, Antik Terrakotta Katalogusa, Budapest Taf. 31 256

B. V A S E N Amphora aeol. Gattung aus Myrina 81 (P. R. Taf. 51, Nr. 561) Amphora, panathen ische, von 340/39 v. Chr. 120, 225f.

(R. M. 1932, Taf. 24; Curtius II, 8.337 Abb. 489; H. K. S erott, Gr. Plastik des 4. Jh. v. Chr., Taf. 6,1) von 336 v. Chr. 126 (R. M. 1932, Taf. 23/24, Curtius II, S. 337 Abb. 490) des Theophrast, von 313 v. Chr. 106 (R. M. 1932, Taf. 25) Amphoren, panathen ische, von 324—323 und 321—320 (Louvre) 109 (C. V. Α., Louvre III. Hg., pi. 6,6 u. 6,7) Arsinoe-Kanne London 2if., 90, ίσο, 113, 125, 149, 158, 161, (272) (Brit. Mus. Cat. of Roman Pottery K 77, Pl.s) Berenike-Kanne Paris 17, 2i, 97, ιοί, 104, 125, 149, 152, 160, (272) (H rn, Taf. 10, i) Hadra-Urnen 31 ff-, 36, 41, 43, 276 f. Hydria aus Alexandria, M nchen 31, 276 (F. R. Taf. 40; L. Curtius, Die antike Kunst, Abb. 555) Hydria aus Hadra 276 (B. S. A. d'A. 1930, Taf. 20, i) Hydria aus Sciatbi 276 (Breccia, Taf. Nr. 86) Italische Vasen 25, 172, 273, 291 C. G R O S S P L A S T I K N A C H D E N G E B R Agias des Lysipp 222. Aidepsos, Gewandstatue aus Chalkis (292) Aischines 99, 103, io6f. 145 (287) Alexander IV., sog., gyptisierend, aus Karnak. Kairo 71 (284)

Kabirion-Vasen 43, 279 Kertscher Vasen 23, 31, 172, 276, 296 Lekane aus Hadra 276 (B. S. A. d'A. 1930, Taf. 20, i) Lekythos von Alabastron-Form, aus Myrina 80 (P. R. S. 231, Abb. 35, Nr. 576) — in Form einer Muschel, aus Myrina 80 (P. R. S. 229, Abb. 31, Nr. 596) — rotf., Berlin 3247 172 (Festschr. Benndorf S. 13 mit Abb.) — aus Kyme 273 (Mon. Line. 22, 1913, Taf. 108, 5) — unteritalisch, Tarent 172 (Gaz. des beaux Arts, Apr. 1937, fig. 15-16) — wei gr. 40 (A.M. 1890, Taf. I; W. Riezler, Taf. n) Peliken, rf. 31, 276 (Sciatbi Taf. 41, 7if.; 48, 73f.) Pelike aus Rhodos in Berlin, Ιαν. Nr. 2929 276 Philopator-Kanne in London 88, 103, 162 Brit. Mus. Cat. of Roma Pottery K 76, PI. 5) — aus Sciatbi 32 (Breccia Taf. 80 Nr. 592) — in Stuttgart 22, 103, 162 (Horn, Taf. 10, 2) Pyxis strengen Stils in Berlin, 4043 172 (Slg. Sabouroff Taf. 61, 2) — aus Kyme 273 (Mon. Line. 22, 1913, Taf. 109, 5) UCHLICHEN BEZEICHNUNGEN Alexandria: Gewandfigur, Typ »Athena Vescovali«, fr her Kairo 147! (288) Grabrelief, attisch (276)

INDICES Grabstelen, allexandrinische, Kalkstein öyff. (278 f. 283 f.) Kalkstein-Gruppe (sog. Berenike) 69, 151 (283) Kalkstein-Statuette, ägyptisierend 71 (284) Kalkstein-Statuette eines Mädchens 69, 151 Sarkophage, ägyptische (276) Sarkophage, römische, mit Girlanden 27 Antium, Mädchen von. Thermen-Mus. 13, in,

315

Chares, Sitzfigur des. London 186 Charon-Relief. Athen, Kerameikos 160 Chrysipp 240 (298) Daochos-Monument. Delphi s. Delphi, ThessalerVotiv Delos: Bronzekopf. Athen 235, 238 Dioskurides 221, 236 Gallier (298) I3 8 , 155. l671· I?2, I 9 2 f . 200, 222, 263 (288f.) Isis 22l, 232 Apoll vom Belvedere (292) Karystios-Monument 156 Apollostatue von der Agora. Athen 142 Kleopatra 161, I03f. 177!. 180, 2i9f. 232 Aphrodite-Statuette von Argos. 250f. Aphrodite mit Bildniskopf. Kapitolin. Mus. 259 Ofellius 232 (297 f.) Aphrodite in den Gärten, sog. 210, 230, 233 Pantoffel-Gruppe (Pan und Aphrodite). Athen 220, 2 39 f. 249 Aphrodite, kauernde, des Doidalses 155, 223 Republikaner. Athen 232, 234, 239 (297) (288, 296) Roma 220, 232 (295 f.) Aphrodite von Knidos 193, 233 (293, 296) s. auch Diadumenos, kleine Herkulanenserin, Aphrodite des »Praxiteles«. Paris (291, 292) Polyhymnia Aphrodite, die Sandalen ablegend 218 (295) Delphi: Ära pacis, Reliefs 15, 228ff. 238, 246 (299) Ares und Aphrodite, Relief. Venedig 185, 198 Gewandstatue 107, 158, i82ff. 186, 200 AristonoC von Rhamnus. Athen 7, 102. f. I48ff. Philosophenstatue 149, 151, 263 158 (288) Thessaler-Votiv 199, 222 (292 f.) Arringatore. Florenz (298) s. auch Artemis Artemis (Krahmerscher Typ). Athen 212 Demeter. Berlin 198 Artemis des Damophon, aus Lykossura. Athen 15 Demeter von Eleusis 201 Artemis vom Giebel des Siphnier-Schatzhauses. Demeter und Kora (Praxiteles) 152 Delphi 201 Demosthenes 21, 100, 103, 107, 145 ff. 161 (288) Artemisia vom Maussoleum in Halikarnass. Diadumenos 232 ff. (297) London 148, 158 Dienerinnen, zwei hockende von einem Grabe. Berlin 195 Asklepios von Eleusis logi. 142 Atarbos-Basis. Athen, Akropolis-Mus. 109, 119, Dionysos, Kopf von einer Statue vom üionyseion I29f. 142 (287) Thasos (288) Athena Lemnia (293) Dornauszieher 224f. (296) Athena aus Leptis Magna. Istanbul 200 f. Doryphoros 234 Athena Medici 199 Eirene des Kephisodot 193 (271) Athena Parthenos (269) Elektra und Orest, Gruppe. Thermen-Mus. 236, Athena Vescovali 148 (288) 240f. (298) Attalisches Weihgeschenk, großes no, H2f. 165 Eleusis, sog. römische Giebelfiguren. Eleusis, Augustus von Primaporta. Vatikan 239 Athen (289) Baebia von Magnesia a./M. Istanbul s. Magnesia s. auch Asklepios, Demeter Baibus-Mutter, aus Herculaneum. Neapel 238 (292) Ephedrismos, Gruppe. Konservatoren Palast 223 Baibus-Töchter, aus Herculaneum. Neapel 238 Ephedrismos, Gruppe vom Hephaisteion (?). Belvederischer Torso 225 Athen, Agora-Mus. 223 Bendis-Relief. Kopenhagen 123 Ephesos, Statuette einer Tanzenden aus (?). Berenike, sog. s. Alexandria Berlin 94 Borghesischer Fechter. Paris 2.34 f. Epidauros: Boston s. Thronrelief»« Artemis-Tempel, Akrotere. Athen 176 Boxer s. Faustkämpfer Asklepios-Tempel, Akroter. Athen 176 Branchidenfiguren Didyma. Istanbul, London 186 Statue (vgl. Aischines). Kopenhagen (287) Byblos, Bronze-Statuette des Herakles aus, Lon- Eros, bogenspannender des Lysipp 172 f. don 239 Eros, Bronze-Statuette von Mahedia. Tunis 244

3

6

INDICES

Eros und Psyche, Gruppe 248 (299) Erechtheion-Koren 185, 191, 193 Erythrai, Gewandstatue aus. London 180, 217 (295) Erythrai, Gewandstatue aus. Wien 178, 180, 217 Eumachia, aus Pompei. Neapel (290) Faustkämpier. Thermen-Mus. 225, 240 Gallier, sterbender. Kapitolin. Mus. 113 Gallier-Gruppe, Ludovisi. Thermen-Mus, no, 113, 165 s. auch Attalisches Weihgeschenk Ganymed s. Zeus Geneleos-Basis von Samos 180 Grabrelief: alexandrinische s. Alexandria in Alexandria, attisch (276) der Archestrate (271) des Aristonautes 131 Barberini 185 mit Charon 160 der Demetria und Pamphile 141, 160 der Korallion (287) der Krito und Timarista 185 »letztes« 8, 18, 105, 107, 114, 141, 145, 181, 188, 206, 222 der Melite 193 (272) der Phila 85, 180 aus Rhamnus 102, 141, 148, 158 Taubenmädchen von Paros 201 weitere: klassisch-frühhellenistische Kunst 185, 236 (271, 278 f., 287) späthellenistisch-römisch 238, 246, 248, 256 (290, 298 f.) der Ulpia Epigone. Lateran (301) s. auch Alexandria Grabstein (?) eines Soldaten aus Alexandria. Kairo 70!. (283) Grabstele des Apollotos aus Naukratis. Kairo 71 Grabstele des Heroides aus Bubastis. Kairo 70 Hades-Statuette aus Kos. Rhodos 152, 263 Harpyien-Monument aus Xanthos, Reliefs. London igi, 201 Hera des Aiakes. Samos 186 Hera Borghese 183, 185 Hera des Cheramyes 180, 203 Hera aus Pergamon. Berlin 199 Hera in Samos g&ii. 180, 201 ff. (293) Hera aus Samos. Berlin 121, 142 f. Hera-Tempel Attalos' II., Pergamon, Statue aus dem. Istanbul 214

Herakles, Bronze-Statue im Konservatoren-Palast 239 s. auch Byblos Herculanenserinnen: große: 15, 107, no, i43ff. 154, 183, 236ff. 246 (287, 290) kleine: 15, 105, 107, 143ff. 148, 200, 206, 232, 235 ff. 246 (290, 298) Oxforder 235 Typen auf Grabreliefs 238 (290) Hermes des Praxiteles 193 Hippokrates, sog., aus Kos. Rhodos 109 Isis von Delos 221, 232 Jüngling vom Helenenberg. Wien 234ff. Juno Cesi. Kapitolin. Mus. 201, 215 (295) Karabel-Reliefs (284) Karyatiden, römische. München (292) Karystios-Monument s. Delos Klaudos, Torso einer Gewandstatue von. London (292) Kleopatra s. Delos Knöchelspielerin 223 (296) Komodia vom Dionyseion. Thasos , 150, I52f. 165, 190, 192, 199 Köre: von der Akropolis 199 (292) vom Ereichtheion 185, 191, 193 vatikanische 182, 229, 236f. 261, 265 (291 f.) von Xanthos. London 191 Kos: Gewandstatuen. Rhodos i8of. 185, 236! (292, 297) Statuetten. Rhodos 152, 263 s. auch Hippokrates Krito und Timarista, Grabrelief. Rhodos 185 Lagina, Friesreliefs vom Hekate-Tempel. Istanbul 155, 249 f. Laokoon-Gruppe. Vatikan 221, 24of. (296) Leirio, Statuette der Priesterin, aus Kos. Rhodos 130 Lysikrates-Monument, Reliefs vom. Athen 130 Mädchen von Antium s. Antium Mädchen-Statuette. Budapest 13, 169 Mädchen mit Vogel und Schlange. Kapitolin. Mus. 94 Magnesia a./M.: Gewandstatue, Istanbul 180 Gewandstatue, Bruchstück, Berlin 216 männliche Statue 232 »Pudicitien«, Istanbul (Berlin) 237 f. Maussoleum von Halikarnass 214 f. 227 s. auch Artemisia

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Paramythia, Bronze-Statuette aus. London (295) Melpomene. Vatikan 227 Parthenon, Metope 193 Metrodor, Sitzstatue 151 Penelope, Sitzfigur 195 München: Peplos-Figur: Gewandstatuen 186. 200i. 236 (290) von Säulen-Reliefs vom ephes. Artemision. Kopf mit Melonen-Frisur (»Brunnscher Kopf«) London 121, 142, 147 (271) Statuette in Slg. Barracco zoi (292) männliche Bildnisstatue (297) aus Halikarnass. Paris 142 s. auch Karyatiden, öleingießer, Weihrelief in Kopenhagen 201 Muse: Statuette im Vatikan. Magazin (292) von Pergamon. Berlin 164 von Samos 180, 221 im Piraeus-Mus. i47f. 191, (288) Statuette aus Priene. Berlin 233 Venediger 228 aus Samos s. Hera s. auch »Philiskos«-Musen, Melpomene s. auch Demeter, Hera, Karyatiden, Koren, Musenbasis, Reliefs von der, aus Mantinea. Athen Nike, Prokne, Venedig u . a . , \2jii. (270, 291) Pergamon: Narcisso, Bronze-Statuette aus Pompei. Neapel Altar: Berlin 243, 245 Gigantenfries 85, I53ff. 177, 180, 197, 201 ff. Nereide aus Xanthos. London 179 212 f. 217, 244 Nike: Telephosfries 201, 2i2ff. 2i4f. 266 (301) von Alexandria 153 Gewandstatuen: Berlin, Pergamon des Karystios von Pergamon (294) aus dem Altar-Bezirk, Altar-Zeit und später: im Konservatoren-Palast 185 85, 153. I 7 7 f · l8o, 190, 201, 2 I 2 f f . 2l6, von Kyrene 176 von Megara. Athen 176 292 f., 294 f., 297 des Nikeratos 212 f. 244 (294, 298) Statuetten 94, 199 s. auch Hera, Muse, Poseidon, Tragodia des Paionios 176 vgl. Attalisches Weihgeschenk von Paros 191 f. 288 Philiskos-Musen, sog. 225ff. (296 f.) von Pergamon. Berlin 153, 213 Bronze-Statuette aus Pompei. Neapel 238, 240, Philosophen-Statue s. Delphi 258 Polyhymnia 225f. 227f. (296) Polybios, Stele des, von Kleitor (298) von Samothrake. Paris 153 f. 167, 176, 202f. 222f. Poseidon von Pergamon. Berlin 214, 216 (294) von Samothrake, Akroter-l''igur. Wien 153, 156, Priene, Altarfigur. Berlin 180 176 s. auch Nikeso, Peplos-Statuette s. auch Epidauros Prokne des Alkamenes. Athen, Akropolis-Mus. 185 Pudicitia : Nike-Ballustradc, Reliefs. Athen, Akropolis-Mus. 197, 200 Sitzstatue. Slg. Barracco 186 Nikeso von Priene. Berlin 7, 21, 100, 107, 109, Statue. Athen 141 ff. 160, 164 113, 125, 145, I47ff. i65f. 170, i8of. 189, 193, Statuen von Magnesia s. Magnesia 202 Statue. Paris 160 Nikokleia von Knidos. London 100, 102, i65ff. Statue. Tegea I02f. 177, 204 170, 188, 200, 202, 204 (290) Typ auf Grabreliefs 238 (290) Niobiden (Florenz, Rom usw.) 196, 198 s. auch Kleopatra Nymphen-Reliefs (271) Puteolanische Basis. Neapel 84, 226, 249 (298) Nymphen-Relief von Vari. Athen 124 (287) Republikaner s. Delos Oeleingießer 230, 233 Rhebulos, Relief für. Athen 130 Ofellius s. Delos Rhodos: Olympias, Sitzstatue der sog. 195 Gewandstatuette, sitzend. London (297) Olympiodoros (288) Stele der Krito und Timarista 185 Opferrelief s. Weihreliefs s. auch Kos Orest s. Elektra Römer, Statue aus Tivoli. Thermen-Mus. 239 Pan und Aphrodite s. Delos Roma s. Delos

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Samos, Gewandstatue 180, 240 s. auch Hera, Muse, Tigani Samothrake, Giebelfiguren des Neuen Tempels. Wien , 150, issff. isöf. 177 (289) s. auch Nike Sandalenbinder, lysippisch 234 (297 f.) Sarkophage s. Alexandria Satrapenstele, aegyptisch. Kairo 29 (275) Satyr und Hermaphrodit, Gruppe. Dresden 240 Seegöttin, sog. Berliner 124 Sophokles. Lateran 123, 146 Spinnerin, sog. Münchener 236 Stelen, aegyptische. Kairo 29, 70 f. (275) Tänzerinnen, Hecrulanensische. Neapel 191 s. auch Ephesos Taubenmädchen, Grabrelief von Paros. New York 201 Tegea s. Pudicitia Thasierinnen aus dem Heiligtum der Artemis Polo. 220, 230, 236 f. Thasos s. Dionysos, Komodia Themis von Rhamnus. Athen 107, 125, 144, 4? . 158 (288) Thessaler-Votiv s. Delphi Thronrelief, sog. Bostoner 186

Tigani, sog. Mann von. Samos 154, 186 Tivoli, Gewandstatue aus, Berlin 229, 236 s. auch Römer Tonstatuen 6, 64, 264 (269, 283) Torso vom Belvedere 225 Tragodia aus Pergamon. Berlin 201 f. (292) Tusculum, Sitzfigur aus. Berlin 193 ff. Tyche von Antiocheia 8, 13, 15, 99, 103, io6f. 114, i i y f f . 133, I44f. i47f. 170, 181, i88f. 193, 226 Tyskiewicz, Bronze-Statuette (295) Urkunden-Reliefs: von 421/20 191 von 330 130 von 329 123, 130 von 323 8, 2i, 103, 105, 107, 109, 117, 119, 137, 156, 200 von 318 8, 21, 103, 105, 107, 109, 119, 137, 142, 156, 200 von 295/4 I05. IQ8, n6ff. 119, 156 Velanideza, Grabstatue von. New York 148 (288) Venedig: Originalstatuen, sog. 3, 185 s. auch Ares und Aphrodite, Muse Weihrelief mit Opferszene. München 266. (301) Zeus und Ganymed, Ton-Akroter. Olympia (269).

D. A N T I K E A U T O R E N Aelius Aristides 83 Euripides 291 Eusebios 76, 80, 275 Agathias 82, 84 Galen 82, 285 Aischylos 17 i Ammianus 275 Herakleides Kretikos (Ps.-Dikaiarch) 206 Animonius 278 Herodian 275 Anthol Pal. 173 Herodot 5, 74ff. 79, 85, 280 Appian 274 Hesych 179 Homer 201 Aristophanes 179, 294 Horaz 179 Aristophanes von Byzanz 179 Isokrates r, 45, 231 Aristoteles 37 f., 179, 278 Josephos 34f. 38, 273 ff. 277 PS.-Aristoteles 30, 38 Justin 30 f. 38 Arrian 45, 275, 281 Juvenal 291 Asios von Samos 201 Athenaeus 35, 77, 201, 275, 281, 294 Ps.-Kallisthenes 28, 213 Livius 34 f. 67, 74, 78 f. 256, 258 Caesar 28 ff., 274 Malalas 8, 28 Cicero 254 Nearch 179 Constantinus Porphyrogennetus 179 Orosius 80 Q. Curtius Rufus 31, 38f. 49, 213 Ovid 17 Demetrios von Skepsis 77 Pausanias 24, 30, 38f. 43, 45ff. 48, 50, 75, 130, Dio Cassius 27, 273 f. 206, 270, 280 Diodor 25, 28ff. 45ff. 48, 72, 83, 135, 275, 280, Petron 179 281, 285, 291 Philo 38, 274 Diogenes Laertius 278 Ephoros 74 Philochoros 53

INDICES Plinius 7, 75, 79, 8zff. 118. 136, 138, ijgii. 223, 231, 252, 259, 276, 286, 296 Plutarch 25, 45!. 50, 74, 146, 280f. 288 Pollux 179, 280 Polyaen 47, 281 Polybios 33ff. 39, 67, 71, 75, 77ff. 213, 239, 277, 281, 285, 294 Quintilian 43 Sappho 179 Sophokles 5 Stephanos von Byzanz 75, 78, 82, 281, 285

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Strabo 26ff. 30, 34!. 45, 71, 74ff. 77ff. 83!. I2i, 179, 2o6f. 266f. 2730. 276, 280, 284!. 286 Sueton 43, 273 Synkellos 75 Tacitus 31, 80, 252 Theokrit 173 Theophrast 53 Varro 179, 181, 231 Vergil 179 Xenophon 45, 74if. 85, 280, 284

NACHTRÄGE

VORBEMERKUNGEN

Nach Veröffentlichung der >Tanagrafiguren< hat G. Kleiner verschiedene weitere Beiträge zur hellenistischen Kunst veröffentlicht, in denen fallweise auch auf Probleme seines Buches Bezug genommen wird. Sie seien hier — unter Ausschluß primär numismatischer Studien — kurz zusammengestellt: Das Nachleben des pergamenischen Gigantenkampfes = 105. BWPr. 1949 Rezension zu H. Kahler, Der Große Fries von Pergamon (1948); ders., Pergamon (1949), Gnomon 22, 1950, 278ff. Der Bronzekopf von Delos, Grieche oder Römer? Müjb 3. F. i, 1950, 9ff. Das Bildnis Alexanders des Großen, Jdl 65/66, 1950/51, 206ff. Bildnis und Gestalt des Mithridates, Jdl 68, 1953, 73 ff. Ein pergamenisches Relief im Museum zu Izmir, AM 71, 1956, 202 ff. [dazu C. Praschniker, Commentationes Vindobonenses 3, 1937, 44ff.]. Helios und Sol. in: Charites (Festschrift E. Langlotz) (1957) loiff. Hellenistische Sarkophage in Kleinasien, IstMitt 7, 1957, i ff. Priene, RE Suppl. 9 (1962) nSiff. Diadochengräber = Sitz.-Ber. der Wiss. Ges. Frankfurt (1963). Meister des großen Altarfrieses von Pergamon, Kunst in Hessen und am Mittelrhein 3,1963, i6ff. Die Istanbuler Platte vom Pergamenischen Gigantenfries, IstMitt 17, 1967, i68ff. Das hellenistische Herrscherbild, in: Studies in Classical Art and Archaeology (Festschr. P. H. v. Blanckenhagen; 1979) 129 ff.

In den letzten Jahrzehnten sind auch einige wichtige Kataloge und Einzelbeiträge zu figürlichen Terrakotten der spätklassischen und hellenistischen Zeit erschienen. Unsere im Folgenden zitierte Auswahl beschränkt sich im wesentlichen auf Beiträge, die ähnliches Material und Probleme behandeln, wie sie in den >Tanagrafiguren< besprochen sind: N. Breitenstein, Catalogue of Terracottas, Cypriote, Greek, Etrusco-Italian and Roman — Danish National Museum (1941). B. Neutsch, Studien zur vortanagräisch-attischen Koroplastik, Jdl Erg.-Heft 17 (1952); vgl. dazu Kleiners Besprechung Gnomon 25, 1953, 535ff. B. Baudat, Terres cuites de 1'Ecole Fran?aise d'Athenes, BCH 77, 1953, ff. D. Burr Thompson, Three Centuries of Hellenistic Terracottas, Hesperia 21, 1952, n6ff.; 23, 1954, 72ff.; 26, 1957, io8ff.; 28, 1959, 12.7 if.; 31, 1962, 244ff.; 32, 1963, 2.76 {{.; 34, 1965, 34ff.; 35, 1966, iff. 252ff. Dies., The Terracotta Figurines of the Hellenistic Period = Troy, Supplementary Monograph 3 (1963). Dies., A stamp of the Coroplast Diphilos, Studi in onore di Luisa Banti (1965) 3i9ff. Dies., The Origin of Tanagras, AJA 70, 1966, 5 iff. A. Laumonier, Les figurines de terre cuite = Delos 23 (1956).

NACHTRÄGE

32.1

E. Paul, Antike Welt in Ton. Griechische und römische Terrakotten des Archäologischen Instituts in Leipzig (1959)· S. Besques, Catalogue raisonne des figurines et reliefs en terre cuite grecs, etrusques et romains 3. Epoques hellenistique et romaine. Grece et Asie Mineure (Musee du Louvre; 1972). E. Töpperwein, Terrakotten von Priene, IstMitt 21, 1971, 12.5 ff. Dies., Terrakotten von Pergamon (Pergamenische Forschungen 3; 1976). P. G. Leyenaar-Plaisier, Les terres cuites grecques et romaines. Catalogue de la collection du Musee National des Antiquites ä Leiden (1979). E. Berger —H. Herdejürgen — V. Slehoferova in: Antike Kunstwerke aus der Sammlung Ludwig 2 (Antikenmus. Basel; 1982). Weitere bibliographische Angaben zu figürlichen Terrakotten bieten außer der zitierten Literatur auch R. A. Higgins, Greek Terracottas (1967). E. Rohde, Griechische Terrakotten (1969).

Die im Folgenden zusammengestellten Literaturnachträge sind den jeweiligen Seiten und Anmerkungen der >Tanagrafiguren< zugeordnet. (17,1; 38*3; 74 Z. 10 bedeutet Anm. 2, auf S. 27 bzw. Anm. *3 auf S. 38 [der Wortlaut der * Anmerkungen findet sich auf den S. 269 ff.] bzw. Zeile 10 auf S. 74). Zur leichteren Orientierung ist jedem Nachtrag ein Stichwort vorangestellt. Sofern Skulpturen und Einzelfragen an verschiedenen Stellen des Buches besprochen werden, erscheinen die Zusätze in der Regel an der ersten Textstelle. Es empfiehlt sich, auch den Index für die Großplastik S. 314 ff. zu konsultieren. Für die Auswahl der Ergänzungen waren unterschiedliche Kriterien maßgebend. Neben Literatur zu zentralen Punkten der Forschung und bedeutenden Skulpturen wurden gelegentlich auch den Herausgebern nützlich erscheinende Hinweise auf interessante Einzelprobleme berücksichtigt. Auf eine Diskussion kontroverser Fragen haben wir bewußt verzichtet. Mit apodiktischen Stellungnahmen wäre dem Benutzer kaum gedient, während ausführlichere Diskussionen einen zu breiten Raum beansprucht hätten. Vereinzelte exkursartige Nachträge sind mit den Initialen ihrer Verfasser gekennzeichnet. Die Zitierweise richtet sich in den Anhängen zumeist nach den z. Z. gültigen, redaktionellen Richtlinien des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin. Die in den >Tanagrafiguren< angewendeten Abkürzungen entsprechen im wesentlichen der damals üblichen Praxis; sie sind auch heute zumeist ohne Schwierigkeiten aufzulösen.

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Adriani, Topogr. = A. Adriani, Repertorio d'Arte dell'Egitto Greco-Romano C I: Text (1966); C II: Tafeln (1963)· AegTrev = Aegyptiaca Treverensia — Trierer Studien zum griechisch-römischen Ägypten; herausg. von G. Grimm, H. Meinen und E. Winter. Alscher = L. Alscher, Griechische Plastik IV Hellenismus (1957). Bieber, Copies = M. Bieber, Ancient Copies (1977). Bieber, ScHellAge2 = M. Bieber, The Sculpture of the Hellenistic Age2 (1961).

322

NACHTRÄGE

Charbonneaux, HellGr. = J. Charbonneaux (— R. Martin — F. Villard), Das hellenistische Griechenland (1971). Fräser = P. M. Fräser, Ptolemaic Alexandria I—III (1972). Fuchs2 = W. Fuchs, Die Skulptur der Griechen2 (1979). Grimm, Götter-Pharaonen = (D.Wildung —) G.Grimm, Götter-Pharaonen, Kat. Ausst. Essen, München, Rotterdam und Hildesheim (1978/79). Havelock = Chr. M. Havelock, Hellenistische Kunst (1971). Liniert = A. Liniert, Kunstzentren hellenistischer Zeit. Studien an weiblichen Gewandfiguren (1976). Lullies4 = R. Lullies-M. Hirmer, Griechische Plastik4 (1979). Marcade, MusDelos = J. Marcade, Au musee de Delos. Etude sur la sculpture hellenistique en ronde bosse decouverte dans l'ile (1969). Schober = A. Schober, Die Kunst von Pergamon (1951). Töpperwein PF 3 = E. Töpperwein, Terrakotten von Pergamon (Pergam. Forschungen 3; 1976). 3,1

»Grimanifiguren« Venedig: R. Kabus-Jahn, AntPl n (1972); zur Herkunft: L. Beschi, ASAtene N. S. 34/35, 1972/73, 479ff.; ders., AquilNost 47, 1970, i ff.; G. Traversari, Sculture V°—IV° Secolo . . . Venezia (1973) Nr. 20—22, 24, 26, 30—32, 49.

7,5

Nikeso, Berlin: Alscher 26ff. passim s. Register 249 Abb. 4; Havelock 122 Abb. 112; Bieber, ScHellAge2 104. 132 Abb. 517; zuletzt Liniert 24 Anm. 41 mit weit. Lit.; B. R. Brown, Anticlassicism in Greek Sculpture of the 4th Century B. C. (1973) 66 Abb. 98.

8 Z. 3 >Letztes attisches GrabreliefHeroon de PompeiusRosettana< nennt Alexandria »Haus Alexanders« (Gauthier, Diet. Geogr. V 24). Zu den verschiedenen Bedeutungen des Wortes sbtj »Mauer«, »Festung« vgl. Wörterbuch der äg. Sprache IV 95 f. — Es ist nicht auszuschließen, daß zwischen der Bezeichnung »Festung des Königs Alexander« (Alexandria) und dem Namen Memphis (»weiße Mauer«; vgl. Wörterbuch . . . I 95) ein Zusammenhang besteht. (G. G.) 29*13

Neben fünf Prägungen Ptolemaios' I. wurde in dem erwähnten Grab auch ein friihptolemäisches Fayencegefäß entdeckt: Grimm in: Alexandrien . .. = AegTrev I (1981) 19 f. Taf. 173.

NACHTRÄGE 30,2 Zu Kleomenes aus Naukratis: Fräser I 4. 6f. II 4 Anm. n; . Anm. 24-27. 30*2 Zur Gründung Alexandrias durch Alexander: Fräser I 3 ff. II i ff. Anm. i ff. 30*3 Zur Überführung des Alexander-Leichnams von Memphis nach Alexandria bereits unter Ptolemaios L: Fräser I 15 f. II. 31 ff. Anm. 79. — Zur Verlegung der Residenz von Memphis nach Alexandria (spätestens 320/19 v.Chr.): Fräser I 6 f. II nf. Anm. 28; L. Koenen, Eine agonistische Inschrift aus Ägypten (1977) 29-31. 31 ff. Zu Schatbi: B. R. Brown, Ptolemaic Paintings and Mosaics and the Alexandrian Style (1957) 41 f.; Adriani, Topogr. 109f. Nr. 59, 114ff. Nr. 79ff. Taf. 34,111; 43 ff.; Fräser I 3if. II 103 f. Anm. i39ff. 31*1.2 u. 31,4 Zwei Peliken aus Schatbi in Alexandria (Inv. 15 551 und 10338): Ch. Clairmont, Berytus ii, 1955, 113 Nr. 226. 227. Zur Hydria aus Schatbi (Inv. 10537) ebd. 124 Nr. 134. — Vgl. ferner eine Pelike (Inv. 8669) und eine Hydria (Inv. 8667) aus der Hadra-Nekropole in Alexandria: Clairmont 123 Nr. 225 Taf. 27,2a. b bzw. 124 Nr. 232 Taf. 28,1 a. b; Beazley, ARV2 1455. 1480. — Zur Datierung der Schatbi-Keramik grundsätzlich: H. A. Thompson, Hesperia 3, 1934, 315 Anm. i; 429. 31*3 Hadra-Vasen: L. Guerrini, Vasi di Hadra (1964) sowie B. F. Cook, The Brooklyn Museum Annual , 1968/69, 115ff. — Funde aus neueren, noch unveröffentlichten Grabungen im Bereich der westlichen Nekropole Alexandrias erbrachten unlängst jedoch den Beweis, daß Hadra-Vasen selbst in der i. Hälfte des i. Jhs. v. Chr. noch verwendet wurden. (G. G.) 31*4 Anhand der frühhellenistischen Keramik läßt sich nachweisen, daß die Beziehungen Alexandrias zu Unteritalien (Apulien) ungleich intensiver gewesen sein müssen als zu Afrika. — Zum alexandrinischen Grabrelief (Alexandria Inv. 3893): K. Parlasca, MDIK 31,1975, 303 Taf. 93. - Zum Nektanebos-Sarkophag und anderen pharaonischen Denkmälern alexandrinischer Provenienz: Fräser II 39 f. Anm. 86 § 2 sowie 9 Anm. 22. — Zu Rhacotis: Fräser I 5 f. II 6 ff. Anm. 15 ff.; 39 f. Anm. 86 § 2. 3; vgl. auch Nachtrag zu 29*8. 33 Z. 5 »Krise um 100 v. Chr.«. Der Begriff ist mit Vorsicht zu handhaben. Vgl. M. Rostovtzeff, The Social and Economic History of the Hellenistic World2 II, 603—736; Ed. Will, Histoire politique du monde hellenistique II, 10—198; W. Huss, Untersuchungen zur Außenpolitik Ptolemaios' IV. (1976); C. Preaux, Le monde hellenistique I, 389—398. — Das Verhältnis >Griechen< — Ägypter wird man, vor allem nach den zu 5.38 genannten Arbeiten von W. Peremans, vorsichtiger beurteilen, als dies nach einem älteren Forschungsstand möglich war. Ferner Preaux a. O. II 545 — 679. Zu Alexandria speziell vgl. Fräser I 38—91; zum ägyptischen Widerstand gegen die Griechen zuletzt A. B. Lloyd, Historia 31, 1981, 33-55. 33f. Zu Hadra: Adriani, Topogr. noff. Nr. 6off. Taf. 34,123; 35ff.; Fräser I 33. II iO4f. Anm. 249f. — Zu datierbaren Aschenurnen aus Hadra: B. F. Cook, Inscribed Hadra Vases in The Metropolitan Museum of Art (1966) 2off. Nr. 2 — 6 Taf. i. 2. 8. 9.10; 24f. Nr. 9—loTaf. 3 und ii. 26 Nr. 12 Taf. 3 und 12 sowie a. O. (s. Nachtrag zu 31*3) i35ff. Nr. 5. 7. 9. 18. 19. 21. 22. 25. 29. 30 Abb. IO. 12.

33*1 lies: BArchAlex 8, 1905; statt »Münzen« lies: eine einzige Prägung Ptolemaios' VI. 33*8 Zu Raphia: H.-J. Thissen, Studien zum Raphiadekret (1966); zu den kunstgeschichtlichen Auswirkungen: G. Grimm, Die römischen Mumienmasken aus Ägypten (i 974) 111 ff.; ders., Götter — Pharaonen Nr. 106 mit Farbabb. 34f. Zu Ibrahimieh: Fräser I 33. II 105 f. Anm. 251. 252; vgl. ferner Cook a. O. (s. zu 31*3) i3off. 135 Nr. 2 Abb. 17. 35,7 Zum Grab der Stratonike: Fräser II 92 Anm. 204. 35*1.2 Zu Eleusis: Fräser III 33 s. v. 35*3 Zum »Söldnergrab«: B. F. Cook, AJA 70, 1966, 325 ff. sowie a. O. (s. zu 33 f.) 15 ff. und a. O. (zu 31*3) 135f. Nr. 6. 8. . ii Abb. n. 36f.

Zu Mustafa Pascha: Adriani, Topogr. iiSff. Nr. 83 ff. Taf. 48ff.; Fräser II io6ff. Ahm. 255.

NACHTRÄGE 36,1

3x5

»Supraporten«-Fresko: Brown a. O. (s. zu 31 ff.) 51 f. Nr. 34 Taf. 14,1; M. Rostovtzeff, Hellenistische Welt-Gesellschaft und Wirtschaft I (1955) Taf. 49,1 mit Text; M. Nowicka, La maison privee dans l'Egypte ptolema'ique (1969) 47 Abb. 12; Adriani, Topogr. i3off. Nr. 84. Taf. 51; ders., Lezioni sull'arte alessandrina2 (1972.) 174 f. Taf. 49,1, vgl. auch Taf. 9,1; 54,1.

37*1 G. M. Cohen, The Seleucid colonies (1978) mit weiterer Lit., auch zum ptol. Ägypten. 37*3 Aristoteles, »Alexandras oder für Neusiedler«: vgl. jetzt J. Bielawski und M. Plezia, Lettre d'Aristote a Alexandre sur la politique envers les cites (Archiwum Filologiczne 2.5; 1970). 38,8

Zur Bestattung Alexanders in Memphis »nach makedonischer Sitte«: Fräser II 31 ff. Anm. 79.

38*5 Auswärtige Bevölkerung im Ptolemäerreich: W. Peremans — E. Van't Dack, Prosopographia Ptolemaica bisher 9 Bände (Löwen i