Untersuchungen zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik im Englischen [Reprint 2018 ed.] 9783111381657, 9783111022895


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German Pages 427 [428] Year 1969

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INHALT
EINLEITUNG
1. KAPITEL Zur Abgrenzung von Grammatik und Lexik
2. KAPITEL Zur Abgrenzung der Fragestellung
3. KAPITEL Zur Aspektwahl einiger Vollverben des Englischen im Präsens
4. KAPITEL Die einfache und erweiterte Form von be in der prädikativen Satzformel des Englischen
5. KAPITEL Der Komparativsatz im Englischen
Schlußwort
Bibliographie
Personenregister
Sachregister
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Untersuchungen zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik im Englischen [Reprint 2018 ed.]
 9783111381657, 9783111022895

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A l f r e d Sdiopf Untersuchungen zur Wechselbeziehung zwischen G r a m m a t i k und Lexik im Englischen

Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker

Begründet von

Bernhard Ten Brink und Wilhelm Scherer

Neue Folge Herausgegeben von

Hermann Kunisch Stefan Sonderegger und Thomas Finkenstaedt 32 (156)

Walter de Gruyter & Co vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.

Berlin 1969

Untersuchungen zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik im Englischen

von

Alfred Schopf

Walter de Gruyter & Co vormals G. J. Göschen'sdie Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.

Berlin 1969

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

A r d i i v - N r . 43 30 691

© Copyright 1969 by Walter de Gruyter & Co., vormals G . J . Göschen'sdie Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit 6c Comp. — P r i n t e d in Germany. Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Thormann Sc Goetsch, Berlin 44

Meinen Eltern und meiner lieben Frau Maria

INHALT Einleitung

1

1. Kapitel: Zur Abgrenzung von Grammatik und Lexik

4

A)

Grammatik

4

und Lexik als Schichten der Sprache

Grammatik und Lexik im praktischen Sprachunterricht S. 4. Keine Einheitlichkeit der Meinungen hinsichtlich der theoretischen Abgrenzung von Grammatik und Lexik: Stephen Ulimann und John Ries S. 5. Die Abgrenzharkeit der beiden Bereiche wird gänzlich in Abrede gestellt: H. Schuchardt; M. A. K. Halliday S. 7. ..

7

I. Kriterien der außersprachlichen Wirklichkeit F. Slotty und 7h. Kalepky S. 8. H. Marcus S. 8. M. Sandmann S. 8.

7

II. Kriterien der Bedeutung und Funktion: òvónata, ¿r|(iaTa undctùyòeouoibei Aristoteles S. 11. Kategoremata und Synkategoremata bei J. St. Mill und Franz Brentano S. 11. Autosemantika und Synsemantika bei A. Marty S. 12. Lexikalische Begriffsbedeutung und syntaktische Beziehungsbedeutung bei Ernst Otto S. 13. Innensyntaktische und außensyntaktische Leistung: Ernst Otto S. 14. John Ries S. 16. Funktionale Moneme und Modalitäten bei André Martinet S. 17. Die Verhältnisse in einigen nicht-indogermanischen Sprachen S. 18. Edward Sapir: Material und Beziehung oder konkrete und abstrakte Bedeutung S. 18. Wortstruktur und Bedeutungsart S. 19. Nennung und logische Formschicht bei Peter Hartmann S. 22. Material meaning und formal meaning bei M. Sandmann S. 23. Semantem und Morphem bei J. Vendryes S. 25. Grammatische und lexikalische Bedeutung: ]. Roudet S. 26. Bloch-Trager S. 26. Full words und form words: H. Sweet S. 27. St. Ullmann S. 27; Ch. C. Fries S. 28; B. M. H. Strang S. 31; L. Tesniere S. 33; K. Vossler S. 33.

11

III. Formale Kriterien Inventar und Synthese S. 34. Materialität und Immaterialität S. 35. Konstante und Variante bei P. Hartmann S. 35; bei Y. K. Abdulla S. 36. Plerem und Morphem bei L. Hjelmselv S. 39. Lexem und Morphem: A. Martinet S. 42. P. Garvin S. 42. M. A. K. Halliday S. 42. Extensive und intensive Inventare S. 42. Basis- und Exponentialmorphem: A. Martinet S. 44, Ch. C. Fries S. 44, G. Herdan S. 44. Free form und bound form: L. Bloomfield S. 44, E. A. Nida S. 45. Klassifizierung der Morpheme nach ihrer positioneilen Potenz in der Rede: W. Thümmel S. 46. Grammatik und Lexik bei M. A. K. Halliday S. 48.

34

B) Kriterien

zur Abgrenzung

von Grammatik

und Lexik

VIII

Inhalt

51

C) Zusammenfassung

2. Kapitel: Zur Abgrenzung der Fragestellung

52 52

A) Zur Analyse der Sprache der Analyse I. Das kleinste Zeichen als Ausgangspunkt Einwände gegen diesen Ansatzpunkt: Hjelmslev und die Abhängigkeitsbeziehungen in der Rede S. 52. Z. S. Harris und das Kriterium der Distribution S. 53. Verteidigung dieses Ansatzes: H. Frei S. 55; A. Martinet S. 55; C. E. Bazell S. 57; C. L. Ebeling S. 57. Das Morphem als kleinstes Zeichen S. 58.

52

II. Die komplexen Strukturen der Sprache Ihre Feststellung in der Morphemkette S. 58. Die Konstituentenanalyse S. 58: E. A. Nida S. 58, R. Quirk S. 59. Bedeutungsbeziehung als Grundlage für die Feststellung komplexer Gebilde S. 59. Ihre Klassifizierung: Schwierigkeiten bei der Klassifizierung der komplexen Gebilde: das Wort S. 60. Die Problematik des Wortbegriffes S. 61. Kriterien zur Abgrenzung des Wortes S. 62: phonetisch-phonolog. Merkmale S. 62, morphologische Kriterien: Heraustrennbarkeit S. 64, Nichtunterbrechbarkeit S. 65, Umstellbarkeit S. 66, funktionale Kriterien: seine Isolierbarkeit S. 66. Das Wort als Element der Inhaltsebene im Sinne der Glossematik S. 67.

58

III. Zum Wesen sprachlicher Kategorien Serial relationship S. 68. Das Beispiel der Adjektiva S. 68. Kategorienbildung auf Grund identischer Merkmale S. 69. Assoziative Kategorienbildung S. 69.

67

B) Wechselbeziehung zwischen Grammatik den komplexen Strukturen der Sprache

und Lexik in

70

I. Das abgeleitete Wort „Un-English" gegen „Non-English" S. 72. Komparativ und Superlativ im Englischen S. 75. Aspekt und Verbinhalt im Tschechischen S. 78.

70

II. Das flektierte Wort Das Substantiv S. 79: der Numerus S. 79, Massenwörter S. 80, Pluralia Tantum S. 80. Das Verbum im Griechischen S. 82: das Perfekt S. 82, der Aorist S. 83. Das Lateinische: perfektive Aktionsart und Imperfekt S. 84, imperfektive Aktionsart und Partizipium perf. pass. S. 58, Aktionsart und Perfektum S. 85. Das Slavische: perfektive Verben und Imperfektum S. 85, perfektive Verben und Präsens S. 85. Das Gotische: Partizip per}, und intrans. Verb mit durativer Aktionsart S. 85. Das Deut-

79

Inhalt

IX

sehe: syntaktische Restriktionen für das Pratizipium perf. bei imperfekt. Verben „entstammen", „erbeben", „erzittern" usw. S. 86. III.

Flektiertes

Wort und periphrastische

Bildung

87

IV. Das englische Verbalsystem

88

Das einfache Präsens: Polysemie und Lexik der Verben S. 89, das einfache Präterium S. 91, das einfache Perfekt S. 91. Das Futur: das shall/will-Futur S. 94, das erweiterte Futur S. 94. Das Passiv, drei Passivformen S. 95, das Passiv präpositionaler Verben S. 95; Passivbildungen ohne aktive Entsprechung S. 96. Die erweiterte Form, Verben ohne erweiterte Form S. 97, die Verwendung der erweiterten Form von unterschiedlichen Faktoren abhängig S. 100, funktionale Determination der erweiterten Form durch die Semantik der Verben S. 102. V. Die nominale Gruppe 103 Ihre Struktur S. 103: der Artikel S. 103, die Ordnung der attributiven Adjektiva und ihre Semantik S. 103, attributive und prädikative Modifikation S. 105. VI.

C)

Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik im Satz 105 Tempus und adverbiale Zeitbestimmung S. 105. Perfekt S. 105. Präteritum S. 105. Perfekt und determiniertes Objekt S. 106. Einfaches Präsens und aktuelles Präsens S. 106. Monosemierung mehrdeutiger Zeitbestimmungen durch Tempus und Aspekt S. 107. Die erweiterte Kopula im prädikativen Satz S. 107. Der Vergleichssatz S. 108. Die Koordination S. 111. Die Objektkombinationen S. 111. Direktes und indirektes Objekt S. 112. Direktes Objekt und Objektkomplement S. 112. Das zusammengesetzte Wort S. 115: seine Ableitung aus Basissätzen S. 115, seine Analyse durch den Hörer S. 116.

Formen der und. Lexik

Wechselbeziehung

zwischen

Grammatik 118

Zweiseitige Beziehungen S. 118, mehrseitige Beziehungen S. 119, die Auflösung syntaktischer Mehrdeutigkeit durch lexikalische Gegebenheiten S. 119.

3. Kapitel: Zur Aspektwahl Englischen im Präsens A)

einiger Vollverben

Die Steuerung der Aspektwahl durch gebenheiten in der bisherigen Forschung

lexikalische

des

120

Ge-

I. Die Aktionsarten als lexikalische Gegebenheiten Zur Scheidung von Aktionsart und Aspekt S. 118. Zur Forschungsgeschichte: G. Dietrich, W. Pollak und Kl. Heger S. 121, H. Poutsma, W. F. Twaddell S. 122.

120 120

X

Inhalt

II. Weitere lexikalische Gegebenheiten 122 A. Granville Hatcber: natural and temporary states, habitual activities, single occurrences S. 123. „Public" und „private verbs" (F. R. Palmer) S. 123. „Status" und „process verbs" (M. Joos, W. St. Allen) S. 124. B) Zur Gewinnung

lexikalischer

Kriterien

124

I. Die Komponentenanalyse 124 Ihre Anfänge S. 124. Die Wortbedeutung als Komponentenstruktur S. 125. Zum Wesen der Komponenten S. 125. „Meaning" und „reference" S. 126. Die Feststellung der Komponenten S. 127. Die semantische Proportion S. 127. Sprachliche Tests (E. H. Bendix) S. 128. II. Das Begriffssystem 131 Engerer und weiterer Begriff S. 131. Das Bedeutungsverhältnis der Glieder einer Ebene S. 131. Unterscheidungsmerkmal und Noem S. 131. III. Klassenbildung auf Grund kombinatorischer Beschränkungsgesetze 132 Gilbert Ryle S. 133; F. N. Sibley S. 135; Zeno Vendler S. 136. Onomasiologische Konvention und außersprachliche Wirklichkeit S. 137. IV. Bedeutungsbeziehungen 138 Die Bedeutungsgleichheit S. 139. Formen der Antonymie S. 140. Kontradiktorische Antonymie S. 140. Konträre Antonymie S. 143. Die semantische Dimension S. 144. Konverse Antonymie S. 146. Weitere Formen der Antonymie S. 146. Das sprachliche Feld S. 147. Die Anfänge der Feldtheorie S. 147. Zur Kritik an der Feldtheorie S. 147. Die Bedeutungsbeziehungen im Feld S. 148. Das assoziative Feld S. 149. Bedeutungsbeziehungen im Bedeutungsfächer des Wortes S. 149.

C)

Zur Methode lischen

neuerer

Arbeiten

über den Aspekt im

Eng151

I. G.Dietrich II. Anna Granville Hatcher Semantische Verbklassen S. 153. Funktionsbestimmung erweiterten Form S. 154. III. F. R. Palmer

151 153 der 155

IV. Martin Joos 155 „Status verbs" und „process verbs" S. 155. Der Zeitbezug der erweiterten Form als Wahrscheinlichkeitskurve S. 156.

Inhalt

D) Die Aspektwahl der Verben

feel

XI

157

und look

I. Übersicht Uber die Beobachtungsdaten 157 look: Vertauschbarkeit der Aspektformen S. 157: nur die einfache Aspektform ist möglich S. 162, nur die erweiterte Form ist möglich S. 163. f e e l : Vertauschbarkeit der Aspektformen S. 163, nur die einfache Form ist möglich S. 166, nur die erweiterte Form ist möglich S. 167. II. Deutung der Aspektwahl in der einfachen prädikativen Satzformel 167 Die einfache Form in zeitfreien Aussagen S. 167, die einf. Form in der Aussage zeitweiliger Sachverhalte S. 169, die einfache und erw. Form bei Vorgangsverben differenzieren zwischen generalisierender und aktualisierender Aussage S. 171. Funktionsbeschreibung der erw. Form für die Vorgangsverben im aktuellen Präsens S. 172, die lexikalische Klasse der zeitweiligen Zustände nicht einheitlich in der Aspektwahl S. 174, Ruheverben verlangen im aktuellen Präsens die erweiterte Form, die prädikativen Fügungen von f e e l und look nicht S. 175, Unterschiede im Aussagefeld als Erklärung ihres unterschiedlichen Verhaltens S. 176, das zweipolige oder volle Aussagefeld S. 177, das einpolige Aussagefeld S. 177, das Zustandekommen des Aussagefeldes S. 178, sprachpsychologische Gegebenheiten beeinflussen die Aspektwahl S. 182. III. Die modifizierte prädikative Satzformel Körperteile und Dinge als Subjekt der Formel S. 183, strakte Subjekte S. 185. Die lexikalische Struktur prädikativer Adjektiva und erweiterte Form S. 186. Das 2. Partizip als prädikatives jektiv S. 187. Idiomatische Formeln („feel certain" S 188.

183 abdie Adetc.)

IV. Die Aspektwahl von feel und look in komplexen Konstruktionen 189 Die Wendungen f e e l like und look Ii k e S. 189. Der Vergleichssatz mit a s S. 191. Die Konstruktion f e e l as i f (od. a s t h o u g h) S. 192. Das Verbum f e e l als transitives Verb S. 193. Feel als Verbum der sinnlichen Wahrnehmung S. 193. Aspektwahl und Einstellung des Sprechers zum prädizierten Sachverhalt S. 194. ACP und ACI nach f e e l S. 195. Der daß-Satz nach f e e l S. 197. V. Übersicht steuern

über

die

Faktoren,

die

die

E) Aspektwahl und gefühlsmäßige Anteilnahme chers am prädizierten Sachverhalt F) Der Koinzidenz fall

Aspektwahl 200

des Spre-

201 207

XII

Inhalt I. Die Merkmale der

208

Koinzidenz

II. Die Aspektwahl der Koinzidenzverben des Englischen 210 Die einfache Form in der Koinzidenz die Regel S. 210. Einfache und umschriebene Form bei Koinzidenzverben S. 211: accuse S. 212, admit S. 212, apologize S. 213, ask S.214, command S.215, forgive S. 216, o f fer S. 216. Die erweiterte Form in der ersten Person von Koinzidenzverben S. 217: advise S. 217, beg S. 217, charge S.218, warn S.218. Die Koinzidenz als Sonderfall fehlender Beobachtungshaltung S. 221. Grammatische Person und Koinzidenz S. 222.

222

G) Die sogenannten „Verben ohne Verlaufsform"

223

I. Die uneinheitliche Aspektwahl dieser Verben

11. Zur Deutung ihrer Aspektwahl 224 Zeitcharakter und Aspektwahl: die Verben der Gemütsbewegung S. 225. Die Verben der sinnlichen Wahrnehmung S. 226. Lexikalische Klasse und Aspektwahl: die Polysemie der Verben der sinnlichen Wahrnehmung S. 226. Der Vorgang der Sinneswahrnehmung nicht Gegenstand der Wahrnehmung S. 228. Die Sinneswahrnehmung als variables Merkmal an einer beharrenden Substanz S. 229. Feldstruktur und „Variabilität" S. 229. „Variabilität* und Wahrscheinlichkeitswert einer Aussage (M. Joos) S. 230. Deutung der Aspektwahl durch Bodeisen, Dietrich und Hatcher S. 232. Das Verbum contain und seine Klasse S. 233. Seine lexikalische Isoliertheit S. 233. Contain kein variables Merkmal S. 233. Die qualitative Modifikation der Sinneswahrnehmung S.234. Contain weder qualitativ noch quantitativ modifizierbar S. 234. Abstrakte und Konkrete Bedeutung S. 235. Entkonkretisierung von Bedeutungen S. 236. Konkretisierung von Bedeutungen S. 237.

4. Kapitel: Die einfache und erweiterte Form von be in der prädikativen Satzformel des Englischen . . . 238 A) Die Deutung der Konstruktion durch Otto Jespersen . . 238 B) Übersicht über die zu deutenden Beobachtungsdaten I.

..

239

Restriktionen 239 bezüglich des Subjekts S. 239, der prädikativen Ergänzung S. 239, der Tempora S. 239, des Imperativs S. 240.

II. Besonderheiten des semantischen Verhalten der Kon240 struktion oder ihrer Elemente Bedeutungsgleichheit von einfacher und erweiterter Form S. 240. Nebenbedeutungen der umschriebenen Verbformen S. 240. Die Selektivität der erweiterten Form S. 240.

XIII

Inhalt C)

Zur

Deutung

der

241

Beobachtungsdaten

I. Die Restriktionen hinsichtlich des Subjekts 241 Die Frage der Klassenbildung für das Subjekt S. 241. Das Subjekt der Formel beschränkt auf menschliche Wesen? S. 242. II. Beschränkungsgesetze für die prädikative Ergänzung 245 Klassenbildung beim Adjektiv nach N. Chomsky S. 245; Klassenbildung auf Grund inhärenter Merkmale S. 246. Die semantische Analyse der Verbform S. 250. Restriktionen aus gedrückt in semantischen Klassen (Komponentenanalyse) S. 251: zeitweilige Zustände S. 252, Dauerzustände S. 253, Adjektiva, die sowohl zeitweilige wie Dauerzustände bezeichnen können S. 258, Sonderfälle S. 260. III. Die Vereinbarkeit prädikativer Adjektiva mit der erweiterten Kopula ausgedrückt mittels lexikalischer Klassen 263 Adjektiva, die ein habituelles sowie ein aktuelles Verhalten bezeichnen können S. 265. Adjektiva, die nur ein aktuelles Verhalten bezeichnen S. 267. Die beiden Adjektivklassen, die in unserer Formel vereinbar sind S. 269: Liste der Klasse 1 S. 269, Liste der Klasse 2 S. 271. IV. Die Selektivität

der erweiterten

272

Kopula

V. Zur Frage der Nebenbedeutungen 280 Das Beobachtungsmaterial S. 280: Dickens und Huxley S. 281, Informantenreaktionen S. 282. Die Deutung der Beobachtungsdaten S. 283. Die „uneigentliche" Verwendung von Adjektiven S. 284. Andere Faktoren: positiv und negativ bewertete Eigenschaften, die grammatische Person der Aussage S. 290. VI. Substantiva als prädikative VII. VIII.

Die Vertauschbarkeit Form

Ergänzung

der einfachen

Das Fehlen des Imperativs

Ansätze zu einer terte Kopula

E)

Zusammenfassung

F)

Anhang

erweiterten

in unserer Konstruktion Kopula

Funktionserweiterung

. .

299

hinsichtlich 300

für

die

erwei302 305

zu Kapitel

I. Adjektiva

und

295

IX. Restriktionen für die erweiterte der Tempusbildung D)

294

4: Belegsätze

als prädikative

mit erweiterter Ergänzung

Kopula

310 310

XIV

Inhalt IL Substantiva als prädikative Ergänzung

321

III. Pronomina als prädikative Ergänzung

323

IV. Die erweiterte Kopula ohne prädikative Ergänzung

..

5. Kapitel: Der Komparativsatz im Englischen A) Der Vergleichssatz

in traditioneller

324

Darstellung

I. Die deskriptive Analyse des Vergleichssatzes sen)

323

325 (Jesper325

II. Die historische Analyse des Vergleichssatzes 326 Seine morphologische Geschichte S. 326. Die Geschichte seiner Bedeutung S. 326. Auch die historische Interpretation stößt zu unserer Fragestellung nicht vor S. 327. B) Der Vergleichssatz

in der modernen

Grammatik

328

I. Moderne und traditionelle Grammatik 328 Die Unvollständigkeit der traditionellen Grammatik S. 328. Der Neuansatz der modernen Grammatik S. 329. II. Die Transformationsgrammatik Ihr Auf hau S. 330. Ihr monotheoretischer Ansatz S. 331. Ihre mechanische Anwendbarkeit S. 331. Die Lexik in der Transformationsgrammatik S. 332.

330

III. Der Vergleichssatz in der Transformationsgrammatik 333 Ihr Grundansatz S. 333. Transformationsgrammatik und Beobachtungsdaten S. 335. Sprachliche Gegebenheiten, die Lees nicht berücksichtigt S. 336. Modifikationen des Grundansatzes: die Weiterentwicklung bei C. S. Smith, der Ansatz H. Pilchs S. 340. IV. Die Grammatik des Vergleichssatzes nach R. B. Lees 341 Matrize und Konstituentensatz S. 341. Die Form des Rahmensatzes S. 342. Die Produktionsformel S. 345. Unzulänglichkeiten der Lees'schen Grammatik S. 346: idiomatische Sätze S. 346, bedeutungsgleiche Adjektiva und die Tilgungsregeln S. 347, prädikative Verben im Vergleichssatz S. 349, adverbiale Bestimmungen im Vergleichssatz S. 352. V. Zur Frage der Sprachgerechtheit („acceptahility") 353 Herbert Pilch S. 354. Noam Chomsky S. 355, kontextfreie Unterklassen: das Substantiv S. 355, Umgebungsklassen S. 356; „strict subcategorization" S. 357, „selectional subcategorization" S. 357. Das traditionelle Lexikon S. 359. Die semantische Theorie Katz-Postal S. 360.

Inhalt C) Lexikalische gleichssatz

Gegebenheiten

und der sprachgerechte

XV Ver364

I. Bedeutungsbeziehungen im Vergleichssatz 364 Die Bedeutungsgleichheit prädikativer Adjektiva in den Basissätzen S. 364. Die logische Unvereinbarkeit von Feldgliedern S. 365. Verschiedene Formen der Antonymie S. 336. II. Lexikalische Gegebenheiten und der Vergleich mehrerer Eigenschaften 368 Verschiedene Eigenschaften am gleichen Merkmalträger S. 368: der gegenseitige logische Ausschluß von Merkmalen S. 368, die Teilsynonymie von Adjektiven S. 369, messender und normbezogener Vergleich S. 370, der Komparativ im messenden und normbezogenen Vergleich S. 371. Verschiedene Eigenschaften an verschiedenen Merkmalträgern S. 373: Adjektiva unterschiedlichen Zeitcharakters S. 373, adjektivische und abverbiale Positive S. 373, adjektivische und adverbiale Komparative S. 375. Verschiedene prädikative Verben im Vergleichssatz S. 377. III. Zwei weitere Bedeutungsbeziehungen 379 Zufälliges und typisches Merkmal S. 379. „Konkrete" oder „ursprüngliche" und „übertragene Bedeutung" S. 380. D)

381

Zusammenfassung

Schlußwort

382

Bibliographie

385 385

A) Quellen I. Rundfunksendungen

des B.B.C. London

II. Schrifttum III. Sekundärliteratur

385 385

als Quellen

387

B) Sekundärliteratur

387

C) Hilfsmittel

395

I. Grammatiken

395

II. Wörterbücher

396

Personenregister

397

Sachregister

403

EINLEITUNG Erste Anregungen für die Fragestellung der Arbeit ergaben sich aus dem Bedürfnis, im praktischen Unterricht möglichst vollständige Verwendungsregeln für die erweiterte Form der Kopula im prädikativen Satz {He is being silly usw.) zu geben. Dabei erwies sich, daß eine erschöpfende Beschreibung der Konstruktion mittels einer sogenannten Grundfunktion der erweiterten Verbform, also auf Grund eines Verfahrens wie es die traditionelle Grammatik kennzeichnet, nicht möglich war; aber auch die Neuansätze, wie sie von der generativen Grammatik, insbesondere von der Transformationsgrammatik, entwickelt wurden, konnten nicht voll befriedigen. Bei der Frage zum Beispiel, welche Adjektiva als prädikative Ergänzung nach der erweiterten Kopula möglich waren und welche nicht, mußte auf semantische Klassen zurückgegriffen werden. Damit war die Fragestellung im Grunde mit aller Deutlichkeit gegeben. Konnte es sein, daß eine grammatische Kategorie als Satzelement wie die erweiterte Kopula ein anderes Strukturelement des Satzes, nämlich die prädikative Ergänzung, in ihrer lexikalischen Ausfüllung bestimmte? Wenn sich dies nachweisen ließ, war damit das grundsätzliche Problem aufgeworfen, welche Beziehungen zwischen der Schicht der Grammatik und der Schicht der Lexik in der Sprache bestanden. Mit der Unterscheidung von Grammatik und Lexik war aber eine Aussage über die Struktur der Sprache gemacht worden. Bestand die Unterscheidung der beiden Bereiche zu Recht? Die Untersuchung dieser Fragen geschieht in der Weise, daß im ersten Kapitel der Arbeit nach den Kriterien gefragt wird, die die Unterscheidung von Grammatik und Lexik ermöglichen. Das zweite Kapitel versucht einen Überblick über die Beteiligung lexikalischer und grammatischer Elemente an den komplexen Gebilden der Sprache und verweist auf Gegebenheiten in einigen indogermanischen Sprachen, die im Sinne der vorliegenden Fragestellung gedeutet wurden. Sodann wird nach möglichen Ansatzpunkten für diese Fragestellung in Bezug auf das Englische gesucht. Hinsichtlich der Methode der Arbeit ist zunächst festzustellen, daß rein deskriptive Ziele verfolgt und historische Fragen bestenfalls gestreift werden. Die überaus interessante Frage zum Beispiel, in welchen Bereichen des Englischen im Laufe seiner Entwicklung grammatische Aus1

Schopf

2

Einleitung

drucksmittel durch lexikalische ersetzt wurden und umgekehrt, wird nicht untersucht. Sie würde eine eigene ausgedehnte Studie erfordern. Das Beobachtungsmaterial ist aus der neueren englischen und amerikanischen Literatur genommen. Auch einige Sendungen des Londoner Rundfunks werden ausgewertet. Die Auswahl der Texte erfolgte nach dem Gesichtspunkt, ob sie mit einiger Begründung als dem Umgangsenglischen nahestehend bezeichnet werden können. Belegsätze aus Texten mit stark stilisierter Sprache wurden nur gelegentlich verwendet. Die Quellen werden in der Arbeit unter einem Kurztitel zitiert, die vollständigen Angaben sind aus der Bibliographie zu ersehen. Quellenangaben, die nur aus einer Zahl (453, 454 etc.) bestehen, beziehen sich auf die entsprechenden Nummern der Zeitschrift Hier spricht London. Sätze und Wendungen, die nicht sprachgerecht sind, werden durch Asteriskus (Hm-(us). (4) Morpheme, die sowohl als erster wie auch als letzter Teil einer Rede vorkommen - (M): Bei (Regen) . . . ; (Die Rechnung lege ich) bei1". 185

ibid., S. 39.

166

Auf die Fragwürdigkeit der Verwendung der Pause als Kriterium haben wir bereits hingewiesen. 1. c., S. 154 ff. Gegen das Beispiel bei wäre allerdings einzuwenden, daß es sidi wegen seiner grammatischen Mehrdeutigkeit (Adverb und Präposition) nicht eignet und die Frage der Definition des Morphems aufwirft. — W. Thümmel folgt in seiner Notierung einer Anweisung Nidas, Morphology, 1. c.,

167

Kriterien zur Abgrenzung von G r a m m a t i k und Lexik

47

Nach dieser Darstellung wären nur die Morpheme der Klasse 4 als frei zu bezeichnen, da f ü r ihr Vorkommen im Text weder ein vorausgehendes noch ein nachfolgendes Morphem anwesend sein muß. Die Morpheme der anderen drei Klassen können als gebunden bezeichnet werden. Allerdings erweist sich auf Grund der hier vorgeschlagenen Kriterien der englische Artikel als eine gebundene Form. Er kann wohl am Beginn einer Rede vorkommen, niemals aber am Ende. Deshalb wäre er in die Morphemklasse 2 einzuordnen. H a t der englische Artikel aber wirklich denselben morphologischen Status wie Präfixe? Man wird die Frage nicht bejahen können. Zudem ergeben sich aus W. Thümmels Theorie Konsequenzen, die den sprachlichen Gegebenheiten zumindest im Englischen nicht gerecht werden. Wenn wir uns noch einmal die kombinatorischen Eigenschaften der Morpheme, wie sie W. Thümmel aufgezeigt hat, vergegenwärtigen, ergibt sich, daß (1) Morpheme der Klasse 1 (z. B -ung) auf der linken Seite eine Konnexseite aufweisen, weil hier, wenn sie in der Rede vorkommen sollen, ein Morphem stehen muß; rechts aber eine Isolationsseite vorliegt, weil diese Seite das Ende einer Rede bilden kann; (2) Morpheme der Klasse 2 (z. B. ge-) dagegen links eine Isolationsseite und rechts eine Konnexseite haben, (3) Morpheme der Klasse 3 (z. B. -issim-) links und rechts Konnexseiten haben und (4) Morpheme der Klasse 4 (z. B. Karl) keine Konnexseite sondern beiderseits Isolationsseiten aufweisen. Auf Grund dieser kombinatorischen Eigenschaften der Morpheme gliedert sich die Morphemkette (der sprachliche Prozeß) in isolierte Morphemreihen, nämlich insofern, als sich Einheiten ergeben, die durch Isolationsstellen begrenzt sind und zwar dann, wenn zwei Morpheme mit ihren Isolationsseiten aufeinander stoßen. Der englische Satz The girl eats a banana zerfiele demnach in drei isolierte Morphemreihen: / / T h e girl // eat-s // a-banana //. Man bemerkt, daß Artikel und Substantiv dieselbe isolierte Morphemreihe bilden wie Verbalendung und Verbbasis. Das wäre annehmbar, wenn nichts weiter damit zum Ausdruck käme, als daß der Artikel nicht allein stehen kann. Die störenden Konsequenzen einer solchen Betrachtungsweise aber werden sichtbar, wenn die Substantiva durch Attribute erweitert werden: The pretty girl eats a sweet banana = // Thepretty // girl // eat-s II a-sweet II banana II. Nach dieser Darstellung ist also der Artikel mit dem Adjektiv in derselben Weise zu einer isolierten Morphemreihe zusammengeschlossen wie Verbalendung und Stamm. Es S. 11. O b die morphologische Analyse von lat. (alt)iiii'm(us) richtig ist, bleibe dahingestellt.

48

Zur Abgrenzung von Grammatik und Lexik

ist offensichtlich, daß dies weder den morphologischen noch den syntaktischen Verhältnissen der Fügung gerecht werden kann. Der Artikel ist weder morphologisch noch syntaktisch auf das Adjektiv oder Substantiv bezogen, sondern vielmehr auf den Kern der Nominalgruppe, oder, anders ausgedrückt, der Artikel ist nicht Bestandteil einer Morphemkombination, sondern Element in einer Struktur (der Nominalgruppe), die aus „Wörtern" besteht. Gerade diese Folgerungen, die sich aus der Betrachtungsweise W. Thümmels ergeben, lassen mit aller Deutlichkeit erkennen, daß eine angemessene Analyse der Sprache sich nicht auf das Morpheminventar und die mit den Morphemen gegebenen kombinatorischen Möglichkeiten (d. h. ihre Beziehungen untereinander) beschränken darf, und zwar deswegen, weil in der Sprache ( = Prozeß) Beziehungen ja nicht nur zwischen Morphemen gegeben sind, sondern zwischen einer ganzen Reihe von Gebilden, die vom Morphem über das Wort, die Gruppe oder Phrase bis zum Satz reichen. Dieser komplexen sprachlichen Wirklichkeit kann die Untersuchung und Unterscheidung der kombinatorischen Eigenschaften der Morpheme allein nicht gerecht werden. Sie stellt nur einen sehr begrenzten Teilaspekt der sprachlichen Wirklichkeit dar. Bevor wir nun unseren Überblick über die bisherigen Versuche, zu einer Abgrenzung von Lexik und Grammatik zu gelangen, abschließen, mögen noch einige kurze Hinweise auf M. A. K. Hallidays Ausführungen zu unserer Frage gegeben werden. In seinem Aufsatz „Categories of the Theory of Grammar" 168 versucht er, die entscheidenden Grundbegriffe für eine Theorie der Grammatik zu entwickeln. Er geht dabei von der folgenden schematischen Darstellung des Phänomens Sprache aus168:

Phonetics

Linguistics Form

Substance phonic substance

phonology

graphic sub° stance

, . orthography

16S 108

Word 17 (1961), S. 241—291. ibid., S. 244.

Situation extra-textual features

Kriterien zur Abgrenzung von Grammatik und Lexik

49

Aus der Darstellung geht hervor, daß der Bereich der Linguistik einerseits abgesetzt ist von der Schicht der Lautsubstanz, die Gegenstand der Phonetik ist, und andererseits von der außersprachlichen Wirklichkeit, auf die die Sprache Bezug nimmt (in Hallidays Schema mit „Situation" bezeichnet). Diese beiden Bereiche, die Lautsubstanz der Sprache und die außersprachliche Wirklichkeit, sind nicht Gegenstand der Linguistik, sie sind aber mit dem eigentlichen Kern des Sprachphänomens über je eine Zwischenschicht in Verbindung gesetzt. Die Schicht der Lautsubstanz ist mit der Formschicht der Sprache durch die Phonologie, die außersprachliche Wirklichkeit mit der Formschicht durch die Bedeutung verbunden, die hier als „context" bezeichnet wird und womit der Text- und Situationszusammenhang gemeint ist, in dem sich die sprachliche Form vorfindet. Zur Formschicht der Sprache gehören also sowohl die Grammatik wie die Lexik, woraus zu schließen ist, daß nicht nur eine auf formalen Kriterien aufgebaute Grammatik, sondern auch eine dementsprechende Lexik ins Auge gefaßt w i r d : „ . . . the view that the only formal linguistics is grammar might be described as a colourless green idea that sleeps furiously between the sheets of linguistic theory, preventing the bed form being made. What is necessary are theoretical categories for the formal description of lexis" 170 . Wie sind nun diese beiden Bereiche gegeneinander abzugrenzen? Hier ergeben die Ausführungen Hallidays zwar keine völlig neuen Kriterien, die Frage wird aber immerhin von einem neuen Gesichtspunkt betrachtet insofern, als die Schicht der Grammatik durch bestimmte Grundbegriffe wie Einheit, Struktur, Klasse und System gekennzeichnet wird, der Bereich der Lexik aber durch Grundbegriffe wie Kollokation, womit die Kombinierbarkeit lexikalischer Einheiten gemeint ist, und „Set", das Gruppierungen lexikalischer Einheiten auf Grund ähnlicher kombinatorischer Potenz bezeichnet. Was also im grammatischen Bereich die Klasse ist, ist im Bereich der Lexik der „Set" 171 . Der Unterschied zwischen den beiden Bereichen der Grammatik und der Lexik müßte sich also an diesen beiden Begriffen aufzeigen lassen. Unter Kollokation versteht Halliday, wie bereits erwähnt, die syntagmatische Kombinierbarkeit lexikalischer Einheiten, die sich auf textlicher Grundlage als quantitative Größe bestimmen läßt, als der Wahrscheinlichkeitsgrad, mit dem in den Texten einer Sprache in einer bestimmten Entfernung von einer lexikalischen Einheit (z. B. dt. grasen) andere lexikalische Einheiten (z. B. Rind, Schaf, Ziege, usw.) zu erwarten sind. Die Entfernung einer lexikalischen Einheit von der anderen wird mittels der dazwischen liegenden lexikalischen Ein170

Word 17 (1961), S. 275.

171

1. c„ S. 276.

4

Schopf

50

Zur Abgrenzung von Grammatik und Lexik

heiten angegeben. In dem deutschen Satz Die Rehe äsen am Waldrand stehen die lexikalischen Einheiten Reh u n d äsen in unmittelbarer Nachbarschaft, Reh und Waldrand aber in einem Abstand von zwei lexikalischen Einheiten, wenn wir am außer acht lassen. Für jede lexikalische Einheit ergibt sich dann ein Vorkommensbereich („ränge of collocation"), der alle lexikalischen Einheiten ( „ W ö r t e r " ) u m f a ß t , die mit der fraglichen Einheit kombiniert werden können. Lexikalische Einheiten können nun nach der Ähnlichkeit ihrer Verwendungsbereiche, nach dem Maße, wie sich diese überdecken (nach ihrem „overlap of collocational spread" 1 7 2 ), zu G r u p p e n geordnet werden. U m ein Beispiel zu geben: die Verba essen, speisen u n d schmausen dürften in ihren Verwendungsbereichen starke Ähnlichkeiten aufweisen und w ü r d e n deshalb z u m gleichen lexikalischen P a r a d i g m a zu zählen sein. W i r können jetzt auch die Abgrenzung von „lexikalischem Set" und „grammatischer Klasse" vornehmen. Gemeinsam ist beiden, d a ß sie p a r a digmatische Einheiten darstellen. Das ist f ü r den Set bereits deutlich geworden u n d f ü r die Klasse leicht aufzuzeigen. Die Klasse ist nach H a l l i day immer eine Klasse v o n sprachlichen Einheiten oder Gebilden, von Morphemen, Wörtern, G r u p p e n usw. Klassen ergeben sich also f ü r diese Einheiten (z. B. f ü r das Morphem) aus der Tatsache, d a ß sie als ein bestimmtes Strukturelement im nächsthöheren Gebilde (also dem W o r t ) erscheinen können. Alle Morpheme, die in der gleichen Position der W o r t s t r u k t u r erscheinen, bilden eine Klasse. Welcher A r t diese S t r u k turelemente des Wortes sind, ob an Präfixe und Suffixe usw. oder an Ableitungs- u n d Flexionssilben zu denken ist, u n d wie diese zu definieren wären, läßt H a l l i d a y offen. Es ergibt sich also, d a ß die grammatische Klasse auf G r u n d v o n Identitätskriterien, der lexikalische Set aber auf G r u n d von Ähnlichkeitsmerkmalen aufgestellt w i r d . H a l l i d a y s Ausführungen bestätigen also, was H . Sweet dahingehend formuliert hat, d a ß die G r a m m a t i k die allgemeinen Phänomene 1 7 3 , die Lexik aber die individuellen Aspekte der E r f a h r u n g z u m Ausdruck bringt. In dem U m s t a n d , d a ß der lexikalische „Set" nur auf G r u n d von Ähnlichkeitskriterien er172 173

ibid. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß audi Franz Boas das Wesentliche der Grammatik darin sieht, diejenigen Aspekte der Erfahrung zum Ausdruck zu bringen, die in einer Sprache an jedem Sachverhalt ausgedrückt werden müssen. So können wir in unseren Sprachen davon absehen, daß den Dingen eine Farbe zukommt, wir müssen jedoch an jedem Sachverhalt sein Zeitverhältnis benennen. Der eine Aspekt wird mittels lexikalischer, der andere mittels grammatischer Mittel zum Ausdruck gebracht. Vgl. hierzu Roman Jakobson, „Boas' View of Grammatical Meaning" in The Anthropology of Franz Boas: Essays on the Centennial of His Birth, ed. W. Goldschmidt (American Anthropological Association, Memoir 89, 1959), S. 139—145.

Kriterien zur Abgrenzung von Grammatik und Lexik

51

stellbar ist, wird die Tatsache sichtbar, daß, abgesehen von den sehr seltenen Fällen vollkommener Synonymie, zwei lexikalische Einheiten niemals den gleichen Verwendungsbereich, die gleiche kombinatorische Potenz haben, worin für eine inhaltlich orientierte Sprachbetrachtung sichtbar würde, daß sie sich in ihrer Bedeutung unterscheiden. Wir dürfen also festhalten, daß auch im Rahmen einer formalen Lexik die beiden Ebenen der Grammatik und Lexik unterscheidbar bleiben würden. C)

Zusammenfassung

Rückblickend dürfen wir feststellen, daß die Versuche, zwischen der Schicht des Grammatischen und des Lexikalischen zu unterscheiden, offensichtlich auf wirkliche Gegebenheiten in der Sprache zielen. Freilich haben die hierfür herangezogenen Kriterien unterschiedliche Beweiskraft. Am wenigsten überzeugend wirken Kriterien der außersprachlichen Wirklichkeit. Aber schon die funktionalen Kriterien, die Gegenüberstellung z. B. von ôvôuata und ß f p a i u einerseits und der aiivöeauoi andererseits, die in der Geschichte der abendländischen Grammatik in vielerlei Gestalt immer wiederkehrt, ist nicht völlig von der H a n d zu weisen. Noch überzeugender sind die formalen Kriterien, insbesondere die Unterscheidung zwischen extensiven und intensiven oder offenen und geschlossenen Inventaren oder zwischen freier und gebundener Form. Und selbst wenn keines der herangezogenen Kriterien für sich allein zur widerspruchslosen Abgrenzung der beiden Bereiche führt, so liegt das nicht daran, daß diese Unterscheidung eine willkürliche Setzung der traditionellen Sprachwissenschaft ist, sondern am eigentümlichen Charakter vieler sprachlichen Kategorien, auf den weiter unten noch näher hingewiesen wird 174 . Im folgenden gehen wir deshalb davon aus, daß die Unterscheidung der beiden Bereiche begründet ist und unsere Frage nach der Wechselwirkung zwischen ihnen nicht der Grundlage entbehrt 175 .

174 175



Vgl. weiter unten S. 67 ff. Vgl. hierzu M. Bierwisch, „Über die Rolle der Semantik bei grammatischen Beschreibungen" in Beiträge zur Sprachwissenschaft, Volkskunde und Literaturforschung (Wolfgang Steinitz zum 60. Geburtstag am 28. Februar 1965 dargebracht), (Deutsche Akad. d. Wissenschaften zu Berlin, Veröffentlichungen d. Sprachwissenschaftl. Kommission 5, 1965, S. 44 ff.).

2. K A P I T E L

Zur Abgrenzung der Fragestellung A) Zur Analyse

der

Sprache

Das vorausgehende Kapitel diente der Orientierung über die bisher von der Sprachwissenschaft f ü r die Abgrenzung von G r a m m a t i k u n d Lexik vorgeschlagenen Kriterien. In diesem Kapitel soll der Versuch unternommen werden, unsere Frage nach der Wechselbeziehung zwischen den beiden Bereichen genauer zu umgrenzen. Dabei gehe ich. v o n einem Überblick über den A u f b a u der Sprache, über die in ihr vorfindlichen Gebilde u n d Strukturen, aus und versuche dann, im System des Englischen die Stellen aufzuzeigen, w o unsere Frage nach der Wechselbeziehung der beiden Bereiche zur E r k l ä r u n g der Beobachtungsdaten sinnvoll u n d notwendig ist. D e n Bereich von Phonetik u n d Phonologie klammere ich hierbei aus u n d stelle vielmehr den Zeichencharakter der Sprache in den Mittelpunkt. I) Das kleinste Zeichen als Ausgangspunkt

der

Analyse

U n t e r der Voraussetzung, d a ß die Sprache ein Zeichensystem oder ein Kode 1 ist, ist es sinnvoll, nach den kleinsten Einheiten zu fragen, denen Zeichenfunktion z u k o m m t : „A linguist w h o holds the view t h a t a language is a code is forced to discover minimum units in which the semiotic relationships are established" 2 . Dieser A n s a t z p u n k t ist keineswegs allgemein akzeptiert. Louis Hjelmslev z. B. hält die Beschreibung einer Sprache als Zeichensystem f ü r unbefriedigend: „Languages, then, cannot be described as pure sign systems. By the aim usually attributed to them they are first a n d foremost sign systems; but b y their internal structure they are first a n d foremost 1

2

Mit „Kode" ist hier selbstverständlich nicht ein einschichtiges Zeidiensystem wie etwa der Flaggenkode der Seefahrt gemeint. Die Sprache ist unter keinen Umständen ein Kode in diesem Sinne. Vgl. hierzu die Ausführungen K. Bühlers in Sprachtbeorie (Jena, 1934), S. 70 ff. C. L. Ebeling, Linguistic Units (s'Gravenhage, 1962), S. 107.

Zur Analyse der Sprache

53

something different, namely systems of figurae that can be used to construct signs. The definition of a language as a sign system has thus shown itself, on closer analysis, to be unsatisfactory. It concerns only the external functions of a language, its relation to the non-linguistic factors that surround it, but not its proper, internal function" 3 . Damit ist zwar nicht verneint, daß die Sprache von einem bestimmten Blickpunkt als Zeichensystem betrachtet werden kann, aber dieser ihr Aspekt ist nicht der Ausgangspunkt für ihre Beschreibung. Vielmehr gilt: „The analysis thus consists actually in registering certain dependences between certain terminals, which we may call, in accordance with established usage, the parts of the text, and which have existence precisely by virtue of these dependences and only by virtue of them"4. Unter „dependences" sind verschiedene Formen der Abhängigkeit der Teile des Textes untereinander zu verstehen wie z. B. die Interdependenz — die gegenseitige Abhängigkeit zweier Textelemente voneinander dergestalt, daß das Vorhandensein des einen Teils im Text das des anderen voraussetzt und umgekehrt — oder die Determination — das Abhängigkeitsverhältnis zweier Textelemente, in dem das Vorhandensein des einen das des anderen voraussetzt aber nicht umgekehrt — usw. Es ist ganz offensichtlich, daß eine derartige Analyse die Bedeutung der Textelemente nicht berücksichtigt5. Die Berücksichtigung der Bedeutung für die Analyse der Sprache versucht auch Z. S. Harris wenn nicht auszuschalten so doch weitgehend zu reduzieren. Statt dessen werden distributioneile Kriterien herangezogen. Als Ausgangspunkt für die Feststellung der Morpheme einer Sprache gilt ihm der Umstand, daß, die Kenntnis ihres Phonemsystems vorausgesetzt, die Beschränkungen, die hinsichtlich der Verteilung der Phoneme in langen Redesegmenten feststellbar sind, am besten als Restriktionen zu fassen sind, die nicht für einzelne Phoneme sondern für Phonemfolgen gelten: „If we ask how the occurrence of /e/ in /har ayz war welir)/ changes when we add an /l/ to the environment at some particular point, we find that not merely the /e/ drops, but the whole sequence /welii)/ is replaced by some other sequence, e. g. /obviyas/ in har — layz — war — obviyas/ Her lies were obvious. We therefore seek a way to treat sequences of 3

4 5

Louis Hjelmslev, Prolegomena to a Theory of Language (transl. by F. J. Whitfield; Baltimore, 1953), S. 47. ibid., S. 28. Zur kritischen Auseinandersetzung mit Hjelmslev vgl. B. Siertsema, A Study of Glossematics (Critical Survey of its Fundamental Concepts) (The Hague, 1955); vgl. audi die kritischen Äußerungen A. Martinets: „Decades of effort toward perfectly static descriptions, culminating with Hjelmslev's purely formal analysis, have failed to convince us that they represent an ideal starting-point for linguistic research" in A Functional View of Language (Oxford, 1962), S. 2.

54

Zur Abgrenzung der Fragestellung

phonemes as single longer elements"6. Welche Phonemfolgen aber haben als Morpheme zu gelten? Bei der praktischen Analyse verfährt Harris dann so, daß verschiedene Phonemfolgen dahingehend verglichen werden, ob sie phonematisch identische Bestandteile enthalten. So ist offensichtlich allen Partizipien praesentis die Phonemfolge liijl gemeinsam: go-ing, walk-ing, writ-ing usw. Diese verschiedenen Phonemfolgen gemeinsamen Segmente haben aber nur dann als morphematische Einheiten zu gelten, wenn sie deutlich erkennbaren Verteilungsklassen angehören 7 . So ließen sich z. B. auf Grund identischer Segmente die Wörter bag, dog, rug, lag, mug, league, tag so zergliedern, daß man das ihnen allen gemeinsame Phonem /g/ abtrennt: ba-g, do-g usw. Dies ist aber nach dem Verfahren von Harris deswegen unzulässig, weil /g/ keiner Distributionsklasse zugewiesen werden kann. Dies wäre erst der Fall, wenn z. B. in allen angeführten Wörtern für /g/ das Phonem /t/ eintreten könnte: aber: lag — *7a mug — * * m u t * > f i league — * * l e a t * * tag — * * t a t * * Die Formen ¿k^lat*^, >M'mut^-^, ^^leat^^ und ^ ^ t a t H « ^ aber sind im Englischen nicht vorhanden und die vorgeschlagene Segmentierung also unzulässig. Wohl aber lassen sich mit Hilfe der beiden Kriterien, die Harris hier verwendet (phonomatische Identität der Segmente und Zugehörigkeit zu einer deutlich erkennbaren Distributionsklasse), Wörter wie conceive, receive, concur, recur, confer, refer usw. in zwei Bestandteile zerlegen: con-ceive, re-ceive, con-cur, re-cur usw. und zwar deshalb, weil sowohl das Segment con- wie das Segment -ceive zu Distributionsklassen gehören, d. h. durch Segmente ersetzt werden können, die die gleiche Verteilung haben wie sie selbst: con- verbindet sich nicht nur mit -ceive, sondern auch mit -cur, -fer, -duct, -sist usw. und -ceive verbindet sich nicht nur mit con-, sondern auch mit re-, per-, usw. bag — b a t dog — d o t rug — r u t

6

Methods in Structural Linguistics (Chicago, 1957), S. 157. ibid. S. 161: „The criterion of 12.23 ( = die beiden oben angeführten Kriterien) may thus be satisfied by the following procedure: Given a tentatively independent sequence of phonemes A (from 12.22) in a particular total environment, we seek some distributional feature which correlates w i t h this distribution of this phoneme sequence; i. e. w e ask what other utterance position, or the neighbourhood of what other tentatively independent phoneme sequence, characterizes all the sequences B, C which substitute for our given sequence A, or all the sequences M, N which occur with (before etc) our sequence A, in the environments in which w e have considered it, as a morphemic segment". 7 * Mit dem Sternchen wird zum Ausdruck gebracht, daß die Form (der Ausdruck oder Satz etc.) regelwidrig ist. 7

Zur Analyse der Sprache

55

Beide Gruppen sind Distributionsklassen, weil ihre Mitglieder die gleiche Verteilung haben. Gerade diese Art der Segmentierung läßt die distributionelle Grundlage, von der Harris ausgeht, deutlich erkennen und zugleich auch, was zu ihrer Rechtfertigung angeführt werden könnte. Segmentierungen der erwähnten Art zielen darauf ab, die Phonemfolgen einer Sprache als Kombinationen einer möglichst geringen Anzahl morphematischer Elemente zu erklären: statt der 8 lexikalischen Elemente conceive, receive, concur, recur, confer, refer, conduct, reduct bleiben nach der Segmentierung nur 6 Elemente: con-, re-, -ceive, -cur, -fer, -duct, die so kombiniert werden können, daß sie die 8 lexikalischen Formen ergeben. Ohne Zweifel, das Inventar morphematischer Grundelemente wird auf diese Weise möglichst klein gehalten. Das ist aber auch die einzige Rechtfertigung f ü r dieses Verfahren, das die sprachlichen Gebilde deutet als Ergebnis sparsamster Kombinatorik 8 . Die mitunter befremdlichen Konsequenzen, die sich aus Harris' methodischem Ansatz ergeben, werden f ü r den Leser im vorliegenden Falle dadurch verschleiert, daß es sich bei den Segmenten re-, con-, -ceive, -cur usw. um Elemente handelt, deren Etymologie sie als bedeutungstragend ausweist. Das ist aber von der Methode her gesehen bloßer Zufall. H e n r y Frei kann deshalb darauf hinweisen, daß nach dieser Methode für das Französische Segmentierungen möglich würden, wie é-tager, par-tager, dé-taler, é-taler, en-tamer, ré-tamer, so daß man einerseits eine Distributionsklasse (dé-, é-, en-, par-, ré- usw.) und andererseits eine andere Klasse (-tage, -tale, -tarne) erhielte. H . Frei fährt mit der Bemerkung fort, daß derartige Resultate offensichtlich audi bei Harris nur durch die stillschweigende Berücksichtigung der Bedeutung vermieden werden: „Si le résultat n'est en général pas aussi ahurissant, c'est parce que le distributionaliste, nolens volens, tient néanmoins compte du signifié, au moins „as a source of hints"; ou plus exactement comme un gardefou" 9 . Auch André Martinet hält Segmentierungen dieser Art f ü r unzulänglich. Er bemerkt hinsichtlich englischer Formen wie deceive, receive usw.: „To some scholars, it would seem at first blush that e. g. deceive cannot by any means be analyzed into two successive units, and that f r o m the point of view of contemporary English as spoken by millions who have not the vaguest idea of the etymology of the words, its rhyming with receive and conceive is a pure matter of chance" 10 . Statt distributioneller Kriterien stützt sich H . Frei bei der Segmentierung von Phonemfolgen auf das bereits von de Saussure formulierte Kriterium der Analogiebildungen: „. . . si les unités vivantes, ressenties par les sujets 8

9 10

Vgl. hierzu auch W. Schlachtcr, „Sprachschichtung und strukturalistische Methodik" in DVJ 36 (1962), S. 60—152. „Critères de Delimitation", in Word 10 (1954), S. 142. in Word 6 (1950), S. 86 (zitiert nach H . Frei, 1. c., S. 139).

56

Zur Abgrenzung der Fragestellung

parlant â un moment donné, peuvent seules donner naissance à des formations analogiques, réciproquement toute répartition déterminée d'unités suppose la possibilité d'en étendre l'usage. L'analogie est donc la preuve péremptoire qu'un élément formatif existe à un moment donné comme unité significative." 11 Dabei unterscheidet er produktive Analogie, die neue Syntagmen (wie z. B. englisch de-frost) hervorbringt, und reproduktive Analogie, „qui se contente de reformer des syntagmes déjà existants 12 und in Gleichungen wie dic-it: dic-unt = ag-it : ag-unt sichtbar wird. Es ist ganz offensichtlich, daß das parallele Verhältnis von signifiant und signifié, wie es den Proportionen il dit: ils disent = il conduit: ils conduisent zugrundeliegt, sich f ü r deceive : conceive = desist : consist nicht erweisen läßt. H . Frei f r a g t : „Peut-on dire que ,tromper' est à ,recevoir' ce que ,tromperie' (deceit) est à ,vanité' (conceit) ou que t r o m per' est à ,recevoir' ce que ,abaisser' ou ,abattre' (depress) est à ,reprimer' (repress)" usw 13 . Niemand wird seine Frage bejahen. Die Zerlegung dieser Formen (deceit, conceit usw.) ist im Hinblick auf die Frage nach dem Zustandekommen der kommunikativen Leistungen der Sprache von keiner Bedeutung. Wollte man die Formen become und begin z. B. im Hinblick auf die Proportionen fall : befall = moan : bemoan = stride : bestride, in die sie sich ja semantisch nicht einfügen lassen, dennoch in die Elemente be-, come und -gin zerlegen, müßte die semantische Analyse feststellen, daß die Bedeutung von become und begin sich nicht aus den Bestandteilen ableiten läßt, sondern mit den Formen als Einheiten gegeben ist. Die einzige Rechtfertigung f ü r eine derartige Segmentierung wäre allein in dem Versuch zu sehen, die Gebilde einer Sprache, wie bereits erwähnt, im Sinne einer möglichst sparsamen Kombinatorik abzuleiten. Wir sehen darin keinen Gewinn f ü r das Verständnis des Zustandekommens der sprachlichen Leistungen. Hier wird deshalb an der These von der Sprache als Zeichensystem festgehalten. Dabei bleibt nicht außer Acht, daß die Definition der Grundelemente dieses Zeichensystems als kleinste bedeutungstragende Einheiten auf einige Schwierigkeiten stößt. Nicht nur ist es unmöglich, jeder Bedeutungsänderung (in den oben genannten Proportionen) ein Lautsegment zuzuordnen — die Bedeutungsänderung in end : ended wird von einem additiven Segment getragen, in write : wrote im Grunde durch einen Prozeß, den man Transformation nennen könnte —, 14 11

12 13 14

Cours de Linguistique Générale, § 82, zitiert nach H. Frei, 1. c., S. 137. — Vgl. hierzu auch D. L. Bolinger, „On Defming the Morpheme", Word 4 (1948), S. 21. H. Frei, I.e., S. 138. I.e., S. 139. E. A. Nida, Morphology (Ann Arbor, 1962) unterscheidet additive Segmente,

Zur Analyse der Sprachc

57

es w i r d auch e i n g e w a n d t , d a ß die I n t e r p r e t a t i o n des G r u n d e l e m e n t e s des Zeichensystems Sprache als k l e i n s t e n B e d e u t u n g s t r ä g e r s eine K o n s i s t e n z d e r B e d e u t u n g f ü r jedes dieser G r u n d e l e m e n t e v o r a u s s e t z t , d i e nicht d u r c h w e g s gegeben z u sein scheint. C . E . Bazell 1 5 h a t sich m i t diesen E i n w ä n d e n a u s e i n a n d e r g e s e t z t u n d k o m m t z u d e m Schluß, ( t h a t ) „it w o u l d be false t o suppose t h a t t h e characteristic f e a t u r e s of a class m u s t necessarily be s h o w n b y e v e r y m e m b e r of t h e class d e f i n e d " u n d d a ß v o n dieser Einsicht h e r die Klasse d e r G r u n d e l e m e n t e in i h r e m K e r n b e r e i c h

als

„ u n a m b i g o u s signs" a u f r e c h t e r h a l t e n w e r d e n k a n n : „ A m o r p h e m e is thus a m e m b e r of t h e class of elements c o n v e r g i n g u p o n t h e nucleus of u n a m b i g u o u s signs." 1 6 I n ähnlicher Weise w i r d auch bei E b e l i n g das G r u n d e l e m e n t

des

sprachlichen Zeichensystems auf d e r B e d e u t u n g b e g r ü n d e t . D i e z w e i f e l s f r e i m i t B e d e u t u n g a u s g e s t a t t e t e n E l e m e n t e n e n n t er V o l l m o r p h e m e ( „ f ü l l morphemes"), daneben werden aber audi Elemente zu den m o r p h e m a t i schen G r u n d e l e m e n t e n gerechnet, die im s t r e n g e n S i n n e k e i n e

eigene

B e d e u t u n g h a b e n , die s o g e n a n n t e n leeren o d e r H a l b - m o r p h e m e ( „ f o r m a l m o r p h e m e s " , „ h a l f " , o d . „ e m p t y m o r p h s " ) w i e z . B . de-, re- in d e n V e r b i n d u n g e n deceive,

receive

usw., w o sie als „lexical i n d i c e s " z u r D i f f e r e n -

z i e r u n g lexikalischer E i n h e i t e n dienen, 1 7 o d e r a b e r -5 in goes,

das nach

E b e l i n g eher eine syntaktische B e z i e h u n g als eine eigentliche B e d e u t u n g z u m A u s d r u c k bringt. 1 8 Ich h a l t e die U n t e r s c h e i d u n g zwischen V o l l - u n d H a l b - o d e r L e e r m o r p h e m e n f ü r u n s e r e F r a g e s t e l l u n g sowie f ü r die F r a g e nach d e m Z u suprasegmentale Einheiten, sogenannte „replacives", Ordnungsmorpheme und schließlich auch ein Null-morphem. (Vgl. S. 62—77.) 15

18 17 18

„On the Problem of the Morpheme" in Archivum Linguisticum 1 (1949), S. 1—15. ibid., S. 11. Linguistic Units, S. 121 f. Gegen die Definition des morphematischen Grundelements der Sprache als kleinste bedeutungstragende Einheit hat M. Bierwisch („Über den theoretischen Status des Morphems" in Studia Grammatica I, S. 51—89) ins Feld geführt, daß „das Morphem — und andere Grundeinheiten der Sprachwissenschaft" nicht auf direktem Wege (d. h. mit Begriffen aus der Lingua vernácula) definiert werden dürfen. Ebelings Verfahren wird als Beispiel eines solchen verfehlten Versuches, der zu zahlreichen ad-hoc Entscheidungen und Notlösungen zwänge, angeführt. Demgegenüber könne das Morphem nur innerhalb eines einheitlichen Sprachmodells (wie z. B. der amerikanischen Produktionsgrammatik) einheitlich und formal definiert werden, in der Produktionsgrammatik z. B. als gleichberechtigte Elemente von Klassen der letzten Ableitungsstufe. Ich kann midi diesen Einwänden nicht anschließen, weil offenbar audi in der amerikanisdien Erzeugungsgrammatik auf Grund bestimmter Kriterien außerhalb des Systems entschieden werden muß, was als letzte Ableitungsstufe zu gelten hat.

58

Zur Abgrenzung der Fragestellung

Standekommen der k o m m u n i k a t i v e n Leistung der Sprache, wie bereits erwähnt, f ü r bedeutungslos. Ich gehe im folgenden davon aus, d a ß das M o r p h e m als keinstes Zeichen f ü r das Englische gegeben ist. I n n e r h a l b des Morpheminventars des Englischen zwischen lexikalischem u n d grammatischem M o r p h e m zu scheiden, ist f ü r unsere Fragestellung unwichtig. Vielmehr soll erst im Bereiche der komplexen, aus der Verbindung der Grundelemente sich ergebenden Gebilde oder Strukturen nach der Zugehörigkeit der Elemente zu den beiden Bereichen gefragt werden, denn erst innerhalb dieser Gebilde sind Beziehungen zwischen den Elementen gegeben. I I ) Die komplexen

Strukturen

der

Sprache

Wie lassen sich aber größere Gebilde oder Strukturen nachweisen? Wenn wir das M o r p h e m voraussetzen, stellt sich jeder Text des Englischen dar als Morphemkette. Wir haben zu fragen, auf welcher Grundlage wir diese Kette als hierarchisch gegliedertes und geschichtetes Gebilde auffassen. D a ist zunächst die A n t w o r t der Konstituentenanalyse, die f ü r die einzelnen Gebilde sogenannte „pertinent environments" feststellt, d. h. die Elemente oder Gruppierungen von Elementen sucht, die in bedeutungstragende Beziehungen eintreten: „entering into meaningful combinations". 19 N i d a demonstriert dieses Verfahren an dem Satz Peasants throughout China work very hard. Wenn man nach der entscheidenden Umgebung f ü r very in diesem Satze f r a g t , k a n n man sich nicht mit der Feststellung begnügen, d a ß es nach work und vor hard steht, vielmehr weiß jeder, der diesen Satz versteht, „ t h a t very goes first with hard a n d very hard then goes w i t h the verb". 2 0 Auf ähnliche Weise gehören throughout und China zusammen u n d diese wiederum bestimmen peasants, so d a ß sich schließlich eine zweigliedrige Analyse f ü r den ganzen Satz ergibt, nämlich ein Subjekt (Peasants throughout China) u n d ein P r ä d i k a t (work very hard). Für die Darstellung dieser hierarchischen Beziehungen werden in der Regel K l a m m e r n oder Stemmata v e r w e n d e t :

Peasants

throughout

China

work

very

hard

Die oben dargestellte Analyse geht v o m W o r t im traditionellen Sinn als Grundelement aus. Aber audi innerhalb mancher Gebilde, die h e r k ö m m 19

20

E. A. N i d a , Morphology,

ibid., S. 87.

S. 87.

Zur Analyse der Sprache

59

lieh als Wort bezeichnet werden, stellen wir dieselbe hierarchische Gliederung fest. R . Quirk demonstriert diesen Sachverhalt an denationalise, welches ja eben nicht einfach eine Morphemgruppierung im Sinne einer Summe (a + b + c + d) ist, sondern vielmehr dem komplexen Ausdruck { a + [(b + c) + d] } entspricht.21 In dieser Formel kommt deutlich zum Ausdruck, daß die Morphemkombination nation-al als Einheit gerade dadurch gekennzeichnet ist, daß weder nation- allein noch -al allein mit dem Morphem -ise in Beziehung treten, sondern die Fügung national als Ganzes. Das gleiche gilt für die Fügung nation-al-ise, die als Ganzes mit de- in Beziehung tritt. So kann man also definieren, daß als Einheit zu gelten hat, was in Beziehungen eintritt: Einheiten sind Träger oder Glieder von Beziehungen. Vom semantischen Standpunkt kann man diesen Sachverhalt wie folgt beleuchten: durch die Hinzufügung von de- zu nationalise werden weder nation noch -al noch -ise, aber auch nicht national in ihrer Bedeutung modifiziert, sondern allein nationalise, was auch darin zum Ausdruck kommt, daß weder denation noch denational als Wörter des Englischen gelten können. Diese als „item and arrangement"-Modell gekennzeichnete Vorstellung vom Zustandekommen bestimmter sprachlicher Phänomene ist für weite Bereiche des Englischen zutreffend. In anderen Fällen, wie etwa bei den sogenannten starken Verben und bei bestimmten Pluralformen, muß sie durch das „item and process"-Modell ergänzt werden.22 In der Form feet z. B. lassen sich die Bedeutungen „Fuß" und „Plural" (wie immer man die letztere definiert) nicht bestimmten Segmenten zuordnen. Wie bereits oben angedeutet, ist hier ein Prozeß Bedeutungsträger. Die Bedeutungsbeziehung, die im „item and arrangement" Modell z. B. zwischen der Stammform (English) und einem additiven Segment (z. B. dem Präfix un-) herrscht, besteht hier zwischen Grundform (write) und bedeutungstragender Veränderung (Ersatz von / ai /durch / au /). Man kann also sagen, daß unser intuitives Wissen um die in den Morphemketten der Rede erkennbaren komplexen Gebilde aus unserer Kenntnis der Bedeutungsbeziehungen, wie wir sie in der Rede erfassen, herstammt. Als formaler Beweis zur Überprüfung dieses intuitiven Wissens besonders in Fällen, wo sich zunächst mehrere Möglichkeiten anbieten, darf die Substitutionsprobe gelten: das Wort denationalise ist deswegen zunächst in de-nationalise zu zerlegen, weil die Morphemgruppe nationalise durch ein einzelnes Morphem unter Beibehaltung der relevan21

22

R. Quirk, A. C. Gimson, J. Warburg, The Use of English (London, 1962), S. 178. Zur Charakterisierung der beiden Modelle vgl. B. M. H . Strang, Modern

English Structure (London, 1962), S. 76 f.

60

Zur Abgrenzung der Fragestellung

ten Bedeutungsbeziehung ersetzt werden kann: vgl. de-clutch, de-compose, de-code. Allerdings sollte diese Substitutionsprobe in der Regel so vorgenommen werden, daß die ersetzenden kleineren Einheiten zur gleichen „äußeren Verteilungsklasse" 23 gehören wie die ersetzten komplexen Einheiten. Zur gleichen äußeren Distributionsklasse gehören alle Elemente, die in der gleichen äußeren Umgebung vorkommen können. So gehören alle Verben zur gleichen äußeren Verteilungsklasse, weil sie alle vor -ing vorkommen können. Die Zugehörigkeit der ersetzenden Einheit zur gleichen äußeren Verteilungsklasse wie die ersetzte ist deswegen wünschenswert, weil in diesem Falle die Bewahrung der Identität der Bedeutungsbeziehungen am ehesten gewährleistet scheint. Die Kriterien, die die Feststellung der komplexeren Gebilde in der Morphemkette, d. h. deren richtige Segmentierung, ermöglichen, hat E. A. N i d a in fünf Regeln zusammengefaßt, 24 die hier nicht im einzelnen erörtert werden sollen. Mit der Bereitstellung von Kriterien und Verfahrensweisen zur richtigen Segmentierung der Morphemkette, d. h. zur Feststellung der in ihr vorfindlichen komplexen Gebilde, ist nur ein erster Schritt getan. Als weitere Aufgabe stellt sich die Frage ihrer Klassifizierung. Welche Merkmale sollen hierbei zugrunde gelegt werden? Die englische Grammatik unterscheidet vier solcher Gebilde: das Wort, die Gruppe oder Phrase, den einfachen Satz (clause) und den zusammengesetzten Satz (sentence). 25 Die Abgrenzung dieser Gebilde gegeneinander bereitet offenbar einige Schwierigkeiten. Das läßt sich am eindringlichsten am Begriff des Wortes zeigen; ebenso umstritten ist die Definition des Satzes. 20 Was also darf als Wort gelten? Die Literatur zu dieser Frage wird allmählich unübersehbar. Besondere Aufmerksamkeit haben immer wieder bestimmte Grenzfälle erweckt. So hat man die sogenannten verbundenen Personalpronomina des Französischen bald als selbständige Wörter, bald als abhängige Morpheme betrachtet. Nach H . Weinrich 27 z. B. stellen sie keine Wörter („free forms") dar, während ihr Wortstatus dagegen von L.Bloomfield28 und A. I. Smirnizki 29 entschieden bejaht wird. Nicht unerheb23 24 25

26

27

28

2S

Vgl. hierzu Nida, Morphology, S. 91 f. Morphology, S. 91 f. Vgl. M. A. K. Halliday, „Categories of the Theory of Grammar", Word 17, S. 253. Eugen Seidel, Geschichte u. Kritik der wichtigsten Satzdefinitionen (Jena, 1935). „Ist das Französische eine analytische oder synthetische Sprache?" in Mitteilungsblatt des ADNV 15 (1962), S. 159—221. Language (New York, 1933), S. 179: „ . . . the conjunct forms, largely because of their parallelism with the absolute forms, have the status of words". „Über das Wort (Das Problem der Selbständigkeit des Wortes)" in Sowjetwissenschaft (Gesellschaftswissenschaftliche Abteilung) 1953, 5/6, S. 825—847.

Zur Analyse der Sprache

61

licher Widerstreit der Meinungen zeigt sich auch hinsichtlich der Frage, was im Englischen als Wortzusammensetzung oder als Wortgruppe zu gelten hat. 30 Diese und ähnliche Schwierigkeiten haben nicht nur dazu geführt, die Möglichkeit einer allgemeinsprachwissenschaftlichen Definition des Begriffes „Wort" zu bezweifeln, 31 es wurde vielmehr die Nützlichkeit und Wissenschaftlichkeit des Wortbegriffes grundsätzlich in Frage gezogen. Für F. Mikus z. B. ist das Wort ein „pre-scientific term" 3 2 und aus dem Artikel „From Morpheme to Utterance" 3 3 zieht R. S. Wells den Schluß, daß f ü r seinen Verfasser (Z. S. Harris) „the word is not a necessary, perhaps not even a useful unit of grammar". 3 4 Aber auch die Sprachwissenschaftler, die an der einzelsprachlichen Definierbarkeit des Wortes festhalten, müssen zugestehen, daß die strenge Anwendung einer feststehenden Anzahl von Kriterien notwendigerweise zu Widersprüchen mit traditionellen Vorstellungen vom Wort führen muß. André Martinet stellt fest: „L'application de critères rigoureux aboutit souvent à des analyses qui ne s'accordent guère avec l'emploi courant du terme." 35 Dennoch wird am Wortbegriff im Hinblick auf seine theoretische und praktische Bedeutung festgehalten. J. Vachek verteidigt

•'!0 Vgl. die widersprüchlichen Bestimmungen bei E. Kruisinga, A Handbook of Present-Day English, Part II, § 1582, 5. Aufl. (Groningen, 1932); L. Bloomfield, Language, S. 227; O. Jespersen, A Modern English Grammar VI, § 8.1. 1 ff.; H. Koziol, Handbuch der englischen Wortbildungslehre (Heidelberg, 1937), § 84, und H. Marchand, The Catégories and Types of Present-Day English Word-Formation (Wiesbaden, 1960), S. 11 ff.; vgl. audi D. L.Bolinger, „The Uniqueness of the Word" in Lingua 12 (1963), S. 113 ff. 31 Vgl. A. Martinet, Elements de linguistique générale (S. 112): „II serait vain de chercher à définir plus précisément cette notion de mot en linguistique générale. On peut tenter de le faire dans le cadre d'une langue donnée". Vgl. hierzu auch K. Bühler, Sprachtheorie, S. 298: „ob ein gegebenes Lautgebilde ein Wort sei oder nicht, kann selbstverständlich nur im Hinblick auf irgendeine bestimmte Sprache wie lingua latina gemeint sein und beantwortet werden". Vgl. hierzu auch G. F. Meier, „Ein Beitrag zur Erforsdiung der Zusammenhänge von Sprache und Denken und der Entwicklungsgesetzmäßigkeiten der Sprache" in Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig (Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe Nr. 4/5, 1952/53), S. 517 ff. und „Kriteria für die Definition des Wortes" in Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung 14 (1961), S. 294 ff. 32 „En marge du Sixième Congrès International des Linguistes" in Miscelánea homenaje a André Martinet I (Tenerife, 1957), S. 159—221. 33 Z. S. Harris, Language 22, S. 161—183. 34 „Immediate Constituents" in Language 23, S. 81—117. 15 Eléments, S. 112; vgl. auch Bloomfield, Language, S. 181.

62

Zur Abgrenzung der Fragestellung

ihn ausdrücklich,36 und R. S. Wells kommt zu dem Ergebnis, daß für die Konstituentenanalyse des Englischen das Wort unentbehrlich ist. 37 Eine nachdrückliche Bestätigung des Wortbegriffes sieht E. Sapir in dem Umstand, daß Sprecher von Indianersprachen ohne schriftliche Tradition zwar bei der Identifikation der Morpheme Schwierigkeiten hatten, die „Wörter" aber mühelos angeben konnten. 38 Welche Kriterien sind nun im einzelnen für die Abgrenzung des Wortes verwendet worden? Verschiedentlich wurde der Versuch unternommen, die Morphemkette auf Grund phonetischer und phonologischer Kriterien in „Wörter" zu gliedern. So ist bei H . Frei das Wort als Atemgruppe definiert: ein Wort ist „toute partie de la châine parlée qui est émise d'un seul souffle". 39 Henry Sweet dagegen hatte die Betonungsgruppe mit dem phonetischen Wort gleichgesetzt, wenngleich er den Wortbegriff im Grunde gänzlich aufgeben möchte. 40 Die Definition des Wortes als Betonungseinheit findet sich auch bei K . Togeby, welche als die genaueste und deutlichste empfohlen wird. 41 Auf den Akzent als Hinweis auf die Wortgrenzen macht auch Sapir aufmerksam. 42 Das Kriterium ist natürlich für solche Sprachen widerspruchslos anwendbar, die gebundenen Akzent haben wie z. B. das Tschechische, das strenge Anfangsbetonung durchgeführt hat. Aber auch in Sprachen mit freiem Wortakzent lassen sich Hinweise für die Abgrenzung des Wortes aus der Akzentstruktur gewinnen. 43 Wenn aber Togeby annimmt, die Akzentstruktur erlaube in den germanischen Sprachen und besonders im Englischen in jedem Falle eine klare Scheidung zwischen 30

37

38

„Some less familiar aspects of the analytical trend in English" in Brno Studies in English 3 (Praha, 1961), S. 14. „Immediate Constituents", Language 23, S. 101: „ . . . t h e word is not a dispensable unit in the present theory of IC-analysis". Language, S. 3 3 / 3 4 : „Linguistic experience, both as expressed in standardized, written form and as tested in daily usage, indicates overwhelmingly that there is not, as a rule, the slightest difficulty in bringing the word to consciousness as a psychological reality. N o more convincing test should be desired than this, that the naive Indian, quite unaccustomed to the concept of the written word, has nevertheless no serious difficulty in dictating a text to a linguistic student word by word".

« Cahiers Ferdinand de Saussure I (1941), S. 51. Collected Papers of Henry Sweet (Oxford, 1913), S. 4, 12—14. 4 1 „Qu'est-ce qu'un mot"? in TCLC V (1949), S. 103. 42 Language, S. 35. 4 3 Vgl. zum Deutschen u. Niederländischen A. W . de Groot, „L'accent en allemand et en néerlandais" TCLP VII (1939). Bekannt geworden ist die Definition des Wortes im Japanischen durch M. Bloch: „a word is an unbroken sequence of high-pitched syllables together with the immediately preceding low-pitched syllable" („Studies in Colloquial Japanese I I " , Language 1946. S. 205). s

40

Zur Analyse der Sprache

63

Wortzusammensetzung und freier syntaktischer Fügung, die Abgrenzung des Wortes nach oben also,44 so schießt er entschieden über das Ziel hinaus, denn gerade im Englischen gibt es eine ganze Reihe von Komposita mit sogenanntem „level stress" wie änti'cyclone, arch'angel, arch'bishop, drcb'deacon usw.,45 d. h. in gewisser Hinsicht integrierte Segmente, die eben gerade durch die Akzentstruktur nicht zur Einheit zusammengefaßt sind, deren Elemente (Kompositionsglieder) die gleiche Hervorhebung erfahren. Die Betonung ist also im Englischen kein unfehlbarer Hinweis auf die Wortgrenzen in traditioneller Sicht. Als weitere Grenzsignale im phonetischen oder phonologischen Bereich wurden die Vokalharmonie genannt, die ja die Wortgrenzen insofern erkennen läßt, als sie über diese hinaus nicht wirksam ist, verschiedene Erscheinungen des Sandhi, 46 der Knacklaut im Deutschen oder das Haltmachen bestimmter phonetischer Prozesse wie z. B. der progressiven Assimilation an der Wortgrenze: vgl. engl, looked up / lukt A p / gegen look down I luk dann /, wo IdJ nach stimmlosem Konsonant (/k/) stimmlos wird, wenn es zu „demselben" Wort gehört. Zu den Grenzsignalen gehören auch die „Auslautverhärtung" im Deutschen, aber auch gewisse Gegebenheiten der Silbenstruktur, wenn z. B. nur bestimmte Phonemkombinationen im Anlaut oder Auslaut möglich sind. Ein letzter Hinweis möge den Junkturen gelten. A. C. Gimson erläutert die Funktion der unterschiedlichen Junkturen (open and closed juncture) an den beiden Wortgruppen peace talks und pea stalks. In peace talks ist das /s/ vom folgenden /t/ durch „open juncture" getrennt, während die beiden Laute in pea stalks durch „close juncture" verbunden sind. Mit diesen beiden Formen der Junktur sind bestimmte phonetische Eigenheiten verbunden. So ist z. B. /t/ in offener Junktur (z. B. im Anlaut) aspiriert, in „close juncture" aber unaspiriert; entsprechende Veränderung zeigt auch Ii:/ unter diesen Bedingungen. So entwickelt also die Sprache eine ganze Reihe von Hinweisen zur Bezeichnung der Wortgrenze: vgl. die Paare a name: an aim, that stuff : that's tough, the waiter cut it : the way to cut it, I scream : Ice cream, how strained : house trained, white shoes : why choose, I see them eat : I see the meat.17 Aber die mit offener Junktur einhergehenden phonetischen Merkmale sind keine eindeutigen Kriterien

44

1. c., S. 104.

45

Vgl. D. Jones, An Outline of English Phonetics (Cambridge, 1957 (8), S. 248 ff. und A. C. Gimson, An Introduction to the Pronunciation of English (Lon-

40

47

don, 1962), S. 225. Insofern, als die gegenseitige Beeinflussung von Aus- und Anlaut die Wortgrenze hervorhebt. Vgl. A. C. Gimson, An Introduction, S. 276, und B. Bloch-G. L. Trager, Out-

line of Linguistic Analysis, S. 47.

M

Zur Abgrenzung der Fragestellung

zur Bestimmung der Wortgrenzen, da offene Junktur (bei Blodi-Trager „internal open juncture") 4 8 auch im Inneren von Segmenten feststellbar ist, die herkömmlich als Wörter bezeichnet werden, und zwar nicht nur in Wortzusammensetzungen wie nightrate, sondern auch in Ableitungen (vgl. unknown / Anngun /), und darüber hinaus ganz allgemein gilt, daß, wie K. Togeby feststellt, Junkturen „changeront évidemment selon la vitesse du parler", so daß eine Wortgruppe wie find her mit der Ableitung finder unterschiedslos zusammenfallen kann. 49 Zusammenfassend darf festgestellt werden, daß die phonetischen und phonologischen Kriterien die traditionelle Abgrenzung des Wortes nur teilweise bestätigen und in manchen Fällen, wie z. B. bei den Junkturen, in sich selbst zu widersprüchlichen Ergebnisse führen müssen, weil sie von Gegebenheiten abhängen (z. B. vom Sprechtempo), die mit dem System der Sprache unmittelbar nichts zu tun haben. 50 Im Rahmen der Diskussion um den Wortbegriii sind zahlreiche weitere Kriterien vorgeschlagen und erörtert worden. Davon sollen zunächst drei kurz besprochen werden, die sich auf morphologische Gegebenheiten beziehen: die Heraustrennbarkeit des Wortes, seine Nichtunterbrechbarkeit und seine Umstellbarkeit. Das Kriterium der Heraustrennbarkeit verwendet I. A. Smirnizki zur Abgrenzung des Wortes vom Wortteil. Er versteht unter der Herauslösbarkeit des Wortes eher ein syntaktisches Phänomen als ein morphologisches. Er sagt: „Teile von Wörtern (jedoch) gelangen in die zusammengesetzte Rede nicht als ihre in ihr sich vereinigenden Bestandteile, sondern nur durch die Vermittlung von Wörtern, deren Bestandteil sie sind." 51 Damit ist offenbar gemeint, daß das Wort Bestandteil des Satzes ist, in seiner Satzfunktion gekennzeichnet, also autonomes Syntagma ist.52 Auf diesen Sachverhalt scheint auch seine Behauptung zu zielen, daß die Wechselbeziehungen zwischen den Wörtern in der zusammenhängenden Rede „ein Moment der Struktur der betreffenden Rede, während die Wechselbeziehung zwischen den Teilen eines Wortes in derselben zusammenhängenden Rede ein Moment der Struktur nicht dieser Rede, sondern des betreffenden in die Rede eingefügten Wortes sind". 53 Diese Behaup48 49

50

51 52 53

Outline, S. 47. Vgl. hierzu G. Nickel, „Strukturwandlung im englischen Verbalsystem I" in Mitteilungsblatt des ADNV 16 (1963), S. 86. Vgl. hierzu auch N . S. Trubetzkoy, Grundzüge der Phonologie TCLP VII (1939), S. 242, w o den phonetischen und phonologischen Kriterien im Hinblick auf Morphem-, Wort- und Satzgrenzen nur der Status von sekundären Merkmalen zugestanden wird. 1. c., S. 831. Vgl. hierzu A. Martinet, Eléments, S. 109 f. „Über das Wort (Das Problem der Selbständigkeit des Wortes)", 1. c., S. 831.

Zur Analyse der Sprache

65

tung mag durch die Wortstruktur reich flektierender Sprachen wie des Russischen und Lateinischen veranlaßt und gerechtfertigt sein — in diesen Sprachen ist das Wort häufig autonomes Syntagma —, f ü r andere Sprachen gilt das keineswegs. Der englische Artikel z. B. ist niemals unmittelbarer Bestandteil des Satzes in diesem Sinne. Er ist ein Gruppenklitikon und in seiner Funktion auf die Substantivgruppe bezogen und niemals unmittelbar auf den Satz. Die im Sinne Smirnizkis verstandene Herauslösbarkeit bestimmter Segmente ist kein unfehlbares Kriterium f ü r die Bestimmung des Wortes. Roman Jakobson hat auf dem Linguistenkongreß in Paris (1948) das Wort definiert als „minimal actually separable component of the phrase". 54 Hiermit scheint der Umstand gemeint zu sein, daß die Wortgruppe unterbrechbar, das Wort aber nicht unterbrechbar ist. Die Nichtunterbrechbarkeit, die Eigenschaft gewisser Segmente, keine Einschübe zuzulassen, wird von zahlreichen Linguisten als das entscheidende Kriterium f ü r die Definition des Wortes angesehen. 55 Andere Sprachwissenschaftler sind geneigt, auch solchen Morphemreihen den Status des Wortes zuzugestehen, die nur in beschränktem Maße Infixation zulassen. So verfahren alle diejenigen, die den sogenannten verbundenen Personalpronomina des Französischen den Wortstatus nicht zugestehen, weil sie nur durch eine äußerst beschränkte Anzahl von Morphemen vom Verb getrennt werden können. 56 So verfährt H . Weinrich. 57 Was das Englische betrifft, so wirft die Nichtunterbredibarkeit als Kriterium des Wortes die Frage auf, wie das Genitivsuffix zu beurteilen ist. Wie der Artikel ist es ein Gruppenklitikon, und konsequenterweise müßte man ihm den gleichen Status zugestehen wie diesem. Der Artikel aber gilt als Wort. K. Togeby weist in diesem Zusammenhang auf M. Hammerich hin, der auf Grund der folgerichtigen Anwendung dieses Kriteriums zu dem Schluß kommt, daß dem schwedischen Genitivsuffix kein Wortstatus zukommt, weil es von dem Wort, das es modifiziert, nicht getrennt werden kann (konungens af Danmark resa), während dem dänischen Genitivsuffix, das wie das englische Gruppenklitikon sein kann (vgl. dän. kongen of Danmarks rejse und engl, the king of England's journey), der Wortstatus zugebilligt

54 53

56 57

Zitiert nach K. Togeby, „Qu'est-ce qu'un mot?" 1. c., S. 106. Vgl. hierzu L. Bloomfield, Language, S. 180: „a word cannot be interrupted by other forms". Auch J. Vachek beruft sich an mehreren Stellen auf dieses Kriterium: vgl. „Some less familiar aspects of the analytical trend in English", 1. c., S. 13, und Actes du IVieme Congres de Linguistes 1938, S. 133. Vgl. hierzu auch B. M. H . Strang, Modern English Structure, S. 66. Vgl. hierzu die Hinweise auf das Baskische bei A. Martinet, Elements, S. 115. „Ist das Französische eine analytische oder synthetische Sprache"? 1. c., S. 177—186.

5 Schopf

66

Zur Abgrenzung der Fragestellung

wird. 58 M a n zögert, Hammerich hier zu folgen. D i e englische Rechtschreibung hat immer am Suffixcharakter des Genitiv-s festgehalten. Das ist keine Willkür, vielmehr wird man zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die Trennbarkeit und Unterbrechbarkeit allein für das Englische als Kriterien für den Wortstatus eines Segments nicht ausreichen. Am ehesten mit dem Genitivsuffix vergleichbar ist im Englischen ja der Artikel, im Hinblick auf bestimmte Kriterien aber erweisen sie sich als verschieden: die Artikel sind in einem gewissen Sinne isolierbar (vgl. weiter unten S. 67), das Genitivsuffix nicht. D e r Artikel hat, abgesehen von einigen wenigen Sonderfällen,

silbischen Charakter und kann im

Hauptton

stehen, 59 das Genitivsuffix ist nie haupttonig und hat vorwiegend unsilbischen Charakter. Gelegentlich wird auch die Umstellbarkeit des Wortes im Gegensatz zur Unverrückbarkeit seiner Teile als das entscheidende Merkmal betrachtet. R . S. Wells zieht das Lateinische und Griechische heran, um zu zeigen, daß die Wortstellung in gewissem Sinne als variabel bezeichnet werden muß, während die Ordnung der Morpheme im W o r t nicht verändert werden kann. Vers sowohl wie Prosa kennen zwar gewisse Gesetze, die die Wortfolge regeln, aber während die Wortfolge der Prosa sich von der im Vers unterscheidet, ist die Ordnung der Morpheme im W o r t in allen Stilformen die gleiche. Er kommt zu dem Schluß: „Whether or not two orders of the same words have different meanings, they serve to emphasize words as shiftable units; whereas order within the words (excepting compounds) is meaningless precisely because it is automatic." 6 0 D a m i t sind, wie Wells selbst zugesteht, Wortzusammensetzungen (vgl. dt. Steinmauer und Mauerstein) keine Wörter. Audi dieses Kriterium bestätigt die traditionellen Vorstellungen vom W o r t nicht vollständig. Eine erhebliche Rolle in der Diskussion um die Abgrenzung des Wortes spielt ein funktionales Kriterium, seine Isolierbarkeit. Diese ist wohl mit L . Bloomfields Definition des Wortes als „minimal free f o r m " gemeint. „Minimal free forms" aber sind „smallest items which are spoken by themselves in isolation" oder, einfacher und deutlicher, „forms which occur as sentences". 61 Eine ganz ähnliche Definition findet sich bei Poliv a n o v : „ . . . das W o r t ist ein potentielles Satzminimum, d. h. ein solcher Redeabschnitt, den man isolieren und als einzigen Bestandteil aussprechen kann (z. B . in Gesprächen, bei Teilwiederholungen von Gesagtem, Fragen

58 59

60 61

K. Togeby, 1. c., S. 106. Vgl. hierzu E. Kruisinga, The Phonetic 1943), S. 147 f. „Immediate Constituents", I. c., S. 99. Language, S. 178.

Structure

of English Words

(Bern.

Zur Analyse der Sprache

67

u n d Antworten)." 6 2 Es ist ganz offensichtlich, d a ß die Definition in dieser Form zu einer Reihe von Schwierigkeiten f ü h r t , u n d z w a r vor allem deswegen, weil der metasprachliche Bereich nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. J. Vachek weist mit Recht darauf hin, d a ß im metasprachlichen Bereich jede sprachliche Einheit bis hinab z u m einzelnen L a u t isoliert werden kann, was natürlich keinerlei Beweiskraft h a t : „ . . . metalinguistic materials are by no means conclusive; one might prove by them, e. g. the w o r d status of suffixes, phonemes etc. — see, e. g., answers to questions like What is the ending of the English gerund? or What is the high front checked vowel of Modern English? T h e absurdity of such evidence is manifest." 6 3 Bloch-Trager geben wohl aus diesem G r u n d der Definition eine etwas veränderte Fassung: „ A n y fraction that can be spoken alone with meaning in normal speech is a free form" 6 4 ( H e r v o r h e b u n g von mir). Ich nehme an, d a ß mit der Wendung „normal speech" der metasprachliche Bereich ausgeschaltet werden soll, was ja wohl auch Bloomfield mit seiner Definition beabsichtigt. Die Bedenken hinsichtlich dieser Definition betreffen die sogenannten F o r m w ö r t e r . Sind Formen wie the, a, is, and usw isolierbar? Bloomfield hält einen Dialog der folgenden Form f ü r möglich: Is? No, was. Ließe sich aber auch f ü r die beiden Artikel (the und a) ein ähnlicher K o n t e x t bereitstellen? Aber selbst wenn man diese Frage bejahen k a n n und das Kriterium sich damit f ü r das Englische als äußerst wirksam erweist, k o m m t ihm keine Allgemeingültigkeit zu. Die verbundenen Personalpronomina des Französischen sind, abgesehen von metasprachlichen Gesprächssituationen, nicht isolierbar, weil absolute Formen v o r h a n d e n sind. Die Abgrenzung des Wortes auf glossematischer Grundlage versucht K . Togeby. Möge ein Hinweis auf einige Konsequenzen, die sich aus seiner Definition des Wortes ergeben, genügen: das -s des englischen Genitivs ist wie der Artikel ein eigenes Wort, u n d Zusammensetzungen wie engl, insofar oder f r a n z . puisque erhalten keinen Wortstatus. 6 5 Auch das W o r t in seiner Definition stimmt mit den traditionellen Vorstellungen nicht überein. I I I ) Zum Wesen sprachlicher

Kategorien

Von den in unserer Übersicht erörterten Kriterien zur Abgrenzung des Wortes konnte kein einziges f ü r sich allein den traditionellen W o r t begriff, wie er in den einzelnen Sprachen u n d auch im Englischen lebendig 62

03

64 05



TCLP VI (1936), S. 79, zitiert nach J. Vachek, „Some less familiar aspects . . . 1. c., S. 15. 1. c., S. 15.

Vgl. Outline of Linguistic Analysis, S. 54. „Qu'est-ce qu'un mot?", 1. c., S. 107 ff.

68

Zur Abgrenzung der Fragestellung

ist, begründen. Das kann nicht an der Unzulänglichkeit der gewählten Kriterien liegen. Das Unzureichende dieser Versuche läßt vielmehr eine Eigentümlichkeit vieler sprachlicher Kategorien sichtbar werden, die R. Quirk als „serial relationship" bezeichnet hat. 66 Für das Verständnis dieser Eigentümlichkeit ist es zunächst nötig zu begreifen, daß die Formen und Gebilde einer Sprache sich in desto mehr (und kleinere) Kategorien aufgliedern lassen, je mehr Merkmale für die Klassifizierung bereitgestellt werden. Was aber weniger beachtet wurde, ist der Umstand, daß von den Merkmalen, die die Grundlage für die Klassifizierung der Formen einer Sprache bilden, kaum zwei jemals die gleiche Verteilung haben. Versuchen wir, uns diese Gegebenheit an einem verhältnismäßig einfachen Beispiel klarzumachen, am englischen Adjektiv. Als konstitutive Eigenschaften wählen wir (1) seine attributive, (2) seine prädikative Funktion und (3) schließlich seine Steigerungsfähigkeit. Für die Adjektiva heavy, little, afraid und afoot ergibt sich dann das folgende Bild: (1) heavy little67 afraid afoot

+ + — —

(2)

(3)

+

+





+ +

+ —

Die Übersicht bestätigt: keines der gewählten Merkmale reicht für sida allein zur Begründung der Kategorie des Adjektivs im Englischen aus, und des weiteren wird sichtbar, daß nicht alle drei konstitutiven Merkmale bei allen Mitgliedern der Klasse gegeben sind, was aus der ersten Beobachtung folgt. Was an unserer Übersicht aber nicht ablesbar ist, ist der Umstand, daß alle drei konstitutiven Merkmale an anderen Segmenten feststellbar sind. Segmenten, die zu anderen Kategorien gehören: Substantiva können attributiv (silver ware) und prädikativ (he is a teacher) verwendet werden und, wenn man so will, gesteigert werden (he is very much of diplomat, of an artist etc.); prädikative und attributive Verwendung kommt überdies komplexeren Gebilden zu als dem Adjektiv. Die Kategorienbildung in der Sprache ist offensichtlich ein sehr komplexer Vorgang. Weitere Faktoren, die hierbei von Bedeutung sind, sind z. B. die relative Häufigkeit der Verteilungstypen der Merkmale — der Typus heavy ist der Normalfall — und die relative Wichtigkeit der einzelnen Merkmale, die, zu einem Teil wenigstens, aus bestimmten Kontrasten ableitbar ist. 68

67

Vgl. „Descriptive Statement and Serial Relationship" in Language 41 (1965), S. 205—217. In der Bedeutung „small"; es wird nur umgangssprachlich gelegentlich gesteigert.

Zur Analyse der Sprache

69

Vereinfacht und schematisch dargestellt, kann man sich das Verhältnis der Merkmalkombinationen in den einzelnen Formen zueinander in einer Sprache wie folgt vorstellen. Wenn man von einer offenen Merkmalreihe a, b, c, d usw. und einer offenen Formenreihe f l , f2, f3 usw. ausgeht, ergibt sich das folgende Bild:

fl f2 f3 f4 f5 f6 f7 f8 f9 flO fll

a

b

c

d

e

f

+

+ +

+ + +

+ +

+ + + + +

+ +

— —















+ +



+ + + +

g

+ + + + + +

h —

+ + + + + +

i

usw.

— —

+ + +

+ +

+ + + +



+ + + + + +

Die Formen 4, 5 und 6 wären durch die Merkmale f, g, h, i zu einer Kategorie X zusammenfaßbar, weil sie im Hinblick auf die genannten Merkmale identisch sind. Jede der Formen 4—6 hat neben den konstitutiven Merkmalen andere, die durch die Kategorisierung zwar nicht erfaßt werden, aber zum Ansatz assoziativer Gruppenbildung werden könnten. Die Formen 1—3 und 7—9 sind jeweils mit einem Teil ihrer Merkmale (zugleich einer Teilmenge der konstitutiven Merkmale der Kategorie X) an die so begründete Kategorie anschließbar. Grundsätzlich ist auch eine Kategorienbildung denkbar, die nicht von einem Kern von Formen ausgeht, die hinsichtlich einer bestimmten Anzahl von Merkmalen identisch sind, sondern die von vorneherein assoziativ verfährt: die Form f l hat mit f2 und diese mit f3 jeweils 5 Merkmale gemeinsam, allerdings gilt, daß von Form zu Form fortschreitend jeweils ein neues Merkmal in die Identitätsbeziehung einbezogen wird:

fl f2 f'3 f4 f5 f6 f7 f8 f9 flO fll

+ —

+ +









+ + + —

+

+ +

+

+ + + +•

+ + +

+ +

g

+ + + +

+

+



+

usw.

J —

+

+ + + + +









T

+ + + + +

+ + + + + +

— —



+ +

+ + + +

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Zur Abgrenzung der Fragestellung

Denkbar ist es auch, daß sich bei bestimmten Kategorien an einen Kern identischer Formen ein assoziativ gebildeter Rand anschließt. Grundsätzlich wird man mit erheblich verwickelten Verhältnissen rechnen müssen. Nach R. Quirk 68 sind sie so komplex, daß zu ihrer Darstellung mitunter ein zweidimensionales Koordinationssystem nicht mehr ausreicht und eine mehrdimensionale Darstellung als notwendig erscheint. Der genaue Aufweis der Grundlagen des Wortbegriffes in den einzelnen Sprachen wäre auf diese Weise möglich und sicher außerordentlich aufschlußreich. Die Verhältnisse sind aber im Englischen so verwickelt, daß dies nur im Rahmen einer eigenen Untersuchung möglich wäre. Von den hier angedeuteten Verhältnissen sind wohl die meisten sprachlichen Kategorien betroffen, was manche Unzulänglichkeit an den von der Grammatik bisher gegebenen Definitionen erklärt. B) Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik in den komplexen Strukturen der Sprache Wenn ich im folgenden einen Uberblick über die Gebilde und Strukturen der Sprache, insbesondere des Englischen, versuche, für die die Frage nach der Wechselbeziehung zwischen grammatischen und lexikalischen Elementen sinnvoll erscheint, dann beabsichtige ich mit der Beschreibung dieser Strukturen keinen erschöpfenden Aufweis der Grundlagen für die Bildung der Kategorien, zu denen sie gezählt werden, sondern nur den Erweis dafür, daß unsere Fragestellung von Fall zu Fall sinnvoll ist. I) Das abgeleitete Wort Das erste Gebilde, in welchem grammatische und lexikalische Elemente unterschieden werden können, ist das abgeleitete Wort. Zur Bestimmung seiner Struktur benötigen wir im Englischen die Begriffe „freie" („free") und „gebundene Form" („bound form"). Eine Schwierigkeit ergibt sich hier allerdings aus dem Umstand, daß die freie und die gebundene Form in der Sprachwissenschaft unterschiedlich definiert worden sind. Ich habe bereits auf L. Bloomfield und Bloch-Trager hingewiesen, die die freie Form als potentielles Satzminimum definieren, während bei L. Hjelmslev und den Vertretern seiner Schule (wie z. B. K. Togeby) die freie und gebundene Form auf Grund der Relation der Determination bestimmt wird: als gebunden wird bei K. Togeby jene Form bezeichnet, die für ihr Vorkommen im Text das Vorhandensein einer anderen Form voraussetzt (die Form un- kann in einem englischen Text nur vorkommen, 68

„Descriptive Statement and Serial Relationship", 1. c., S. 209.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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wenn ein dazugehöriges Stammorphem vorhanden ist). 69 Eine dritte Definition der freien Form gibt M. A. K. Halliday: Als frei gilt jede Form, die allein als Vertreter der nächsthöheren Einheit im Text fungieren kann. Von den Morphemen also sind diejenigen als frei zu betrachten, die als Wörter fungieren, von den Wörtern diejenigen, die die Stelle der Gruppe im Satz vertreten können usw. 70 Selbstverständlich ist die Definition Hallidays nur im Rahmen seiner grammatischen Theorie verständlich und evident. Wenn man nun die Definition der freien Form, wie sie Bloomfield gibt, für die Bestimmung des abgeleiteten Wortes zugrunde legt, kann man sagen, daß es eine freie und eine gebundene Form enthalten muß, wobei die freie Form allerdings wiederum komplexe Struktur haben, d. h. aus freier und gebundener Form bestehen kann. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die oben (S. 59) dargelegte hierarchische Segmentierung des Wortes denationalise, das im ersten Schnitt in die gebundene Form de- und die freie Form nationalise zu zerlegen ist. Die Definition des abgeleiteten Wortes auf der Grundlage der Begriffe „freie" und „gebundene Form" im Sinne Bloomfields schließt allerdings das flektierte Wort mit ein, so daß sie durch weitere Merkmale auseinandergehalten werden müssen. Bloch-Trager z. B. tun dies, indem sie auf die unterschiedliche grammatische Funktion des abgeleiteten und flektierten Wortes hinweisen: „If a complex word is grammatically equivalent to a simple (one-morpheme) word — i. e. if it plays an equivalent role in the construction of phrases and in further morphological constructions — we say that the complex word is DERIVED from some underlying word or morpheme. I f a complex word is not grammatically equivalent to any simple word in all the constructions where it occurs — i. e. if no simple word can function everywhere in exactly the same way — we say that the complex word is INFLECTED."11 Die Definition der gebundenen (und freien) Form im Sinne Togebys und Hallidays liefert gebundene Formen auf verschiedenen Ebenen. Nicht nur sind die Ableitungs- und Flexionssuffixe gebundene Formen, audi der Artikel ist auf der Ebene der Gruppe eine gebundene Form; vgl. hierzu M. R . A . H a l l : „forms

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K. Togeby, „Qu'est-ce qu'un mot?", 1. c., S. 107 ff. Halliday lehnt es ab, die einzelnen Einheiten wie „Morphem", „Wort", „Gruppe", „einfacher Satz" und „zusammengesetzter Satz" zu definieren, d. h. unabhängig von einander zu definieren, „since criteria of any given unit always involve reference to others, and therefore indirectly to all the others" (1. c., S. 254). In Wirklichkeit beruht aber sein System auf der Bestimmung der Strukturelemente des Satzes als S (subject), P (predicator), C (complement) and A (adjunct), die einfach gesetzt werden (vgl. 1. c., S. 257). Erst auf Grund dieser Entscheidung kann das Adjektiv z. B. als freie Form erwiesen werden. 1. c., S. 54 f.

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Zur Abgrenzung der Fragestellung

may be bound on more than one level in the structure of a language". 72 Die Definition des abgeleiteten Wortes mittels des Begriffes „gebundene Form" im Sinne Togebys und Hallidays würde also die Festlegung der sprachlichen Ebene, auf der die Ableitung erfolgt, notwendig machen. Das geschieht bei Togeby durch die Zählung der Segmentationen. Gegeben ist der Satz, der zusammengesetzte Satz, mit der Intonation als gebundener Form. Die erste Segmentierung liefert als die zweite Ebene den einfachen oder Nebensatz mit der Konjunktion als gebundener Form, der nächste Schnitt als dritte Ebene die präpositionale Gruppe mit der Präposition als gebundener Form; als vierte Ebene folgt die Nominalgruppe mit dem Artikel und im Französischen die Verbalgruppe mit dem verbundenen Personalpronomen, als fünfte das Wort mit dem Flexionssuffix und als sechste und letzte Stufe die Ableitung aus thème und dérivatif.73 Man darf allerdings nicht außer Acht lassen, daß es sich hierbei um die Segmentation der Inhaltsebene im glossematischen Sinne handelt. Wegen der sich hieraus ergebenden Konsequenzen 74 ziehe ich die Definition der freien und gebundenen Form im Sinne Bloch-Tragers vor. Im Rahmen von Hallidays Theorie der Grammatik scheinen keine Kriterien für die Unterscheidung von Ableitung und flektiertem Wort bereitgestellt zu sein. Die Entscheidung, was im abgeleiteten Wort als grammatisches und was als lexikalisches Element zu betrachten ist, erfolgt nach den im vorausgehenden Kapitel erörterten Kriterien. Einen ersten Versuch zur Begründung unserer Fragestellung will ich an Hand der Form un-English unternehmen. Die Form ist ein abgeleitetes Wort, und wir dürfen die Ableitungssilbe an- als das allgemeinere Phänomen dem Bereich der Grammatik 75 und English als die speziellere Erscheinung dem Bereich der Lexik zuweisen. Wenn man nun das Vorkommen der Ableitungssilbe unim Text im Hinblick auf die relevante Umgebung (z. B. ihre Kombinierbarkeit mit dem Stammorphem English) beschreiben und erklären will, könnte man der Meinung sein, daß dies mittels einfacher Distributionsklassen möglich sei, durch die Feststellung also, daß sich das Suffix un- mit den Formen faithful, happy, lucky, known, true usw. verbindet. Wenn sich des weiteren ergäbe, daß die anderen Ableitungssilben des Englischen jeweils nur in der Weise mit freien Formen kombinierbar sind, daß sie sich in ihrer Kombinierbarkeit in keinem Falle überschneiden, wäre

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„A Note on Bound Forms" in Journal of English and Germanie Philology (1946), S. 4 5 0 f. „Q'est-ce qu'un mot?", 1. c., S. 108 f. Um old books im Englischen als syntakt. Fügung zu erweisen, wäre es nach diesem System nötig, in old das Bedeutungselement „Plural" zu postulieren, was ich nicht einsehe. Vgl. oben im 1. Kapitel, S. 43 ff.

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zwar keine Erklärung der Phänomene in diesem Bereich des Englischen, wohl aber eine zufriedenstellende Beschreibung möglich. Freilich könnte der Einwand erhoben werden, daß die Inventare der freien Formen, die sich mit den einzelnen Ableitungssuffixen verbinden, als offen zu betrachten sind. Abgesehen von dieser nicht ausschaltbaren Ungenauigkeit, die auf der Produktivität bestimmter sprachlicher Kategorien beruht, wäre das Vorkommen der Ableitungssilben im Text insofern geklärt, als man die Bedingungen hinsichtlich des relevanten Kontextes angeben könnte, die erfüllt sein müssen, damit eine bestimmte Ableitungssilbe vorkommen kann. Für un- z. B. dadurch, daß man feststellt, daß es sich mit den freien Formen faithful, happy, lucky usw. verbindet und mit keinen anderen. Nun ergibt sich aber, daß sich die auf diese Weise erstellten Distributionsklassen in mannigfacher Weise überdecken, wie schon aus dem Umstand ersichtlich wird, daß es neben un-English auch non-English gibt. Da also English sowohl mit der Vorsilbe un- wie mit der Vorsilbe non- vorkommt, gilt es zu klären, unter welchen Voraussetzungen die eine oder die andere Ableitung zu erwarten ist. Wollte man diese Frage auf distributioneller Grundlage lösen, bliebe kein anderer Weg, als für die beiden Ableitungen die distributionellen Eigenschaften erneut festzustellen, d. h. alle Syntagmen aufzuzählen, in denen die beiden Ableitungen in attributiver und prädikativer Fügung vorkommen können, d. h. also durch die Definition des relevanten Kontextes. Distributionell könnte man brauchbare Ergebnisse hier nur erwarten, wenn der Kontext sich extensiv definieren ließe, d. h. in Form von Klassen mit begrenzten Inventaren. Dies ist nicht möglich. Zwar läßt sich feststellen, daß in bestimmten Kontexten un-English vorkommt und non-English unmöglich wäre, wie z. B. in Turner, to a certain extent, is another such lucky freak, English in much, but un-English in some essentials . . . ,7° oder in anderen umgekehrt non-English stehen muß und un-English hinwiederum unmöglich wäre, wie z. B. in Non-English goods were not allowed to be imported . . . , aber es wäre offensichtlich unmöglich, eine vollständige Liste der jeweiligen Kontexte zusammenzustellen. Es bleibt also der Versuch, die für die einzelnen Ableitungen möglichen Kontexte „intensiv" zu definieren, d. h. über semantische oder lexikalische Gemeinsamkeiten. Wenn sich dies als 76

N . Pevsner, The Englishness of English Art (London, 1956), S. 122. Vgl. auch die folgenden Sätze aus einer Phonetikvorlesung am University College London: „If you put a Schwa between /p/ and /r/ in /prceps/ it sounds unEnglish". Non-English wäre in diesem Kontext nicht möglich; ebenso in dem folgenden: „If y o u . . . , you'll acquire an un-English pronunciation". Andererseits wäre un-English im folgenden Kontext nicht möglich: „Later on I shall dictate to you nonsense-words composed of non-English sounds".

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Zur Abgrenzung der Fragestellung

möglich erweisen sollte, w ä r e damit ja nichts weiter bewiesen, als d a ß die beiden Ableitungen verschiedene Bedeutungen haben. U n d auf G r u n d der Gleichung English T u r n e r — un-English T u r n e r English Goods — non-English goods könnte man noch einen Schritt weiter gehen und schließen, d a ß nicht nur un-English u n d non-English unterschiedliche Bedeutung haben, sondern auch English selbst in den beiden Kontexten. English erwies sich damit als polysemes Zeichen, dessen unterschiedliche Bedeutungen kontextdeterminiert sind. U n d man k ö n n t e weiter folgern, d a ß die K o n t e x t d e t e r m i n a tion, die sich f ü r English aus der Kombination mit Turner b z w . goods ergibt, f ü r die Ableitungen bereits mit den Ableitungssilben selbst gegeben ist. D a w i r aber die Ableitungssilben als grammatische Elemente bezeichnen können, w ä r e n wir damit auf einer untersten Ebene der Hierarchie der komplexen Gebilde des Englischen auf einen Fall von Wechselbeziehung zwischen Grammatischem u n d Lexikalischem gestoßen, der sich deuten ließe als die Selektion einer bestimmten Bedeutung eines polysemen Zeichens durch die Bedeutung eines grammatischen Elements. Freilich liegen die Dinge nicht ganz so einfach, wie sie eben skizziert w o r d e n sind. D a ß das polyseme Zeichen English durch die Bedeutung der Ableitungssilben un- u n d non- semantisch eine gewisse Determination (Monosemierung) erfährt, kann m a n n u r behaupten, w e n n diese in semantischer Hinsicht in allen Kombinationen, in denen sie vorkommen, eine gewisse semantische Konstanz beweisen. Dies ist in gewissem Sinne f ü r non- der Fall, f ü r un- sicher nicht. M a n vergleiche nur un-English mit unmoral oder unartistic. Die Bedeutung der Ableitungssilbe un- ändert sich offenbar je nachdem, mit welchem „Stammelement" oder mit welcher freien F o r m sie verbunden wird, was wiederum mit dem Feld v o n Ableitungssilben zusammenhängt, die mit ein u n d derselben freien Form kombiniert werden können. I m Falle von moral aber steht neben unmoral die Ableitung immoral, u n d neben unartistic steht inartistic. M a n k a n n in etwa die folgende Gleichung aufstellen: un-English : non-English — immoral : unmoral od. non-moraV = inartistic : unartistic D i e Gleichung l ä ß t erkennen, d a ß die Vorsilbe un- wenig semantische Konstanz besitzt im Gegensatz zur Ableitungssilbe in- oder non-, 77

unmoral wird im OED umschrieben mit „Non-moral, not influenced by, or connected with moral considerations." Als aufschlußreichsten Beleg zitiert es für 1871 Tylor, Prim. Cult. II, 326: „The lower animism is not immoral, it is unmoral". Vgl. hierzu auch K. E. Zimmer, „Affixal Negation in English and other Languages", WORD, Monograph 5 (August 1964).

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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und es wäre eine interessante historische Frage, wie es zu dieser Polysemie gekommen ist. Diese Gegebenheiten machen es schlechterdings unmöglich, zu argumentieren, daß die Bedeutung der Vorsilbe un- schlechthin den Bedeutungsbereich von English einenge. Aber auch die Zugrundelegung des entgegengesetzten Vorgangs f ü h r t nicht weiter. Auch wenn man davon ausgeht, daß das Wort English in bestimmten Kontexten unterschiedliche Bedeutung hat, dergestalt, daß es zu verschiedenen Klassen gezählt werden muß, je nachdem ob es im Kontext English Turner oder im Kontext English goods erscheint — im einen Falle ist es „wertend", 7 8 im anderen nur „deskriptiv", eine Herkunftsbezeichnung — und diese kontextdeterminierte Bedeutung die Wahl der Ableitungssilben regelt, kommt man zu keiner alle Kombinationen der Vorsilbe einschließenden Gesetzmäßigkeit, denn die negative Ableitungssilbe f ü r English als „evaluative adjective" heißt un-, f ü r moral mit der gleichen Klassenzugehörigkeit in-. Es ergibt sich aus diesen Verhältnissen mit Deutlichkeit, daß ein Wörterbuch auf der Basis des Morphems, wie L. Antal es vorgeschlagen hat, 7 * sidi in manchen Fällen als sehr unpraktisch erweisen müßte. G. F. Meier hat deshalb mit Recht zu erwägen gegeben, ob bei der Analyse einer Sprache bestimmte morphologische Elemente sich nicht als so polysem erweisen, daß sie nur „mit dem jeweiligen Stamm zusammen semantisch bestimmt werden können". Die Verhältnisse bei manchen der negierenden Ableitungssilben des Englischen scheinen dieser Art zu sein, so daß es sich empfiehlt, die Ableitungen in der semantischen Analyse als Wörter (lexikalische Einheiten) zu behandeln, d. h. die Zugehörigkeit zu den relevanten semantischen Klassen nicht f ü r die Elemente der Ableitung, sondern f ü r das ganze abgeleitete Wort festzulegen. Eindeutiger liegen die Verhältnisse beim Komparativ und Superlativ. 80 Ich gehe hier wiederum von der Betrachtung des Wortes English aus, obwohl mit seiner Steigerung, die ja analytisch erfolgt, bereits der Bereich der periphrastischen Bildungen oder der Gruppe betreten ist. Wir können nun beobachten, daß sich English in gewissen Kontexten steigern läßt — The expected scale is regained however in the porches, and the north porch of Wells is in every respect worthy of that most English of Early English Cathedrals—, 8 1 78

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Ich entlehne diese Klassenbezeidinung dem Buch v o n Katz-Postal, An Integrated Theory of Linguistic Descriptions (Cambridge, Mass., 1964), S. 22. Laszl6 Antal, „A N e w Type of Dictionary" in Linguistics 1 (1963), S. 75 if.; vgl. audi sein Buch Questions of Meaning (The Hague, 1963), S. 70—81. Die gesteigerten Formen des Adjektivs sind nach der oben für die Ableitung und Flexion gegebenen Abgrenzung abgeleitete Formen. Vgl. N . Pevsner, The Englishness of English Art, S. 88; vgl. des weiteren: „There are spires of course also, especially between 1300—1350, and

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Zur Abgrenzung der Fragestellung

in anderen dagegen nicht. Niemand würde versucht sein, in Wendungen wie English cheese (coal, goods, steel usw.), sofern English nur Herkunftsbezeichnung ist, dieses zu steigern. Die Steigerungsmorpheme, besonders die für den Komparativ, zeigen einen erheblichen Grad semantischer Konstanz, und wir dürfen wiederum folgern, daß sie mit dem Morphem English nur dann kombinierbar sind, wenn in diesem eine (kontextdeterminierte) Bedeutung von bestimmter Struktur gegeben ist. Der Umstand, daß English in English cheese oder English steel, wo English in der Regel nur Herkunftsbezeichnung ist, nicht gesteigert werden kann, ist interpretierbar aus der Unvereinbarkeit einer bestimmten (kontextdeterminierten) Bedeutung des Morphems English mit der (abstrakteren) Bedeutung der Steigerungssuffixe. Gegen einen solchen Deutungsversuch hat sich allerdings mit aller Entschiedenheit H . Pilch ausgesprochen. Ich zitiere ausführlich: „Some grammars ascribe the noncomparability of certain adjectives to their meaning. This is vague and therefore difficult to confirm or to refute. If the non-comparability of the word whole is really due to its meaning, it is astonishing that its synonym complete should form a comparative. Jespersen mentions in this connection perfect and full as adjectives ,which strictly speaking should seem incapable of being put in the comparative' (M. E. G. 7. § 11.42). The comparative dailier occurs in Lyly, Endymion 3:4, though the meaning of daily was the same in the 16th century as today, (dazu Fußnote 41: Lyly's passage reads: ,that our bodies might the better be governed, our seasons the dailier give their increase')." 82 Hierzu ist zu bemerken, daß E. Sapir Adjektiva mit einer semantischen Struktur wie complete, perfect usw. ausführlich erörtert hat 83 und den Schluß zieht, daß in der Steigerungsform most perfect das Adjektiv perfect nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung verwendet wird. Nach meiner Interpretation: Das Steigerungssuffix oder -morphem erzwingt im Adjektiv perfect eine mit der Steigerung konforme Bedeutung, oder, wie das beim Superlativ häufig der Fall ist, das Steigerungsmorphem verliert seine ursprüngliche Bedeutung und wird zum Intensivum. Was nun H . Pilchs Bemerkungen über die Steigerung von daily betrifft, so empfiehlt sich zu erproben, ob es in Kollokationen wie a daily paper oder our daily bread

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especially in sudi counties as Northamptonshire and Lincolnshire — but the square-topped tower remains England at its most English, also in its absence of demonstrated aspiration, . . ." (S. 83) oder „the total contrast t o all the painters so far included in this book as most English comes out forcefully" — (S. 127). „Comparative Construction in English", Language 41 (1965), S. 54. „Grading: A Study in Semantics" in Selected Writings (ed. O. G. Mandelbaum) (Berkeley, 1949), S. 134 f.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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gesteigert werden kann. Es ist unmittelbar einsichtig, daß daily in den Bedeutungen „every day" oder „every weekday" (C. O. D.) mit der Bedeutung der Steigerungsmorpheme nicht vereinbar ist. Das ist eine unmittelbare Folge der Struktur dieser in den Steigerungsformen in Beziehung zueinander gesetzten Bedeutungen. Anders steht es mit der Bedeutung von daily, die das C. O. D. mit „often" umschreibt und die in Lylys Text gegeben ist. Hier steht der Steigerung nichts im Wege. Pilchs Äußerungen liegt eine außerordentlich einfache Auffassung von der Bedeutungsstruktur eines Wortes zugrunde. D a ß daily z. B. mehrere Bedeutungen haben könnte, deren jede eine bestimmte Struktur haben und deshalb zu einer bestimmten semantischen Klasse gehören könnte, wird von Pilch nicht einmal in Erwägung gezogen. Wir stellen demgegenüber fest: Sprachliche Zeichen sind häufig polysem, worunter zu verstehen ist, daß ihnen ein Bedeutungsfächer zuzuordnen ist, der sich aus mehreren diskreten Bedeutungen aufbaut, deren Realisation im Text von ganz bestimmten Kontextbedingungen abhängig ist. Die Diskretheit der einzelnen Bedeutungen äußert sich darin, daß diese unterschiedlichen semantischen Klassen zuweisbar sind. Als geeignete Grundlage dieser Klassenbildung sehe ich die Komponentenanalyse an. Ich werde im Verlauf der weiteren Untersuchung immer wieder auf diese Thesen zurückkommen und sie in den Einzeluntersuchungen genauer zu beweisen versuchen. Um noch einmal auf das Morphem English und sein Verhalten im Text hinsichtlich seiner Kombinierbarkeit mit den Steigerungsmorphemen zurückzukommen: Sein diesbezügliches Verhalten ist keineswegs durch seine Zuweisung zur Klasse der Adjektiva mit Steigerung zu beschreiben; aber auch nicht damit, daß man es sowohl der Klasse der Adjektiva mit und ohne Steigerung zuweist. Die Klassenbildung in diesem Sinne versagt hier. Der Rückgriff auf Distributionsklassen im Sinne des Strukturalismus versagt, weil der relevante Kontext nicht extensiv definierbar ist. Die diesbezüglichen f ü r die Form English geltenden Restriktionen sind auf diesem Wege nicht einmal beschreibbar, geschweige denn erklärbar. Die einzige mögliche Lösung ist der Rückgriff auf die Bedeutung, das Eingeständnis nämlich, daß viele Zeichen im oben beschriebenen Sinne polysem sind und daß viele im Text beobachtbaren Restriktionen nicht anders beschrieben und erklärt werden können als durch die Untersuchung der Wechselbeziehung zwischen den Bedeutungen, wie sie in den komplexen Konstruktionen der Sprachen zueinander in Beziehung gesetzt werden. Damit soll nicht behauptet werden, daß alle feststellbaren Restriktionen (z. B. im Bereich der Steigerung) semantisch bedingt sind. Welche anderen Bedingungen hierbei außerdem im Spiele sind, wäre zu klären. Grundsätzlich aber wird hier die These vertreten, daß viele Restriktionen im Bereiche der Steigerung semantisch begründet sind und im Rahmen einer

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Zur Abgrenzung der Fragestellung

eingehenden semantischen Analyse der Adjektiva erklärt werden können. Dabei dürften sich aus der semantischen Struktur der zu erarbeitenden Klassen, d. h. aus den sie charakterisierenden Bedeutungskomponenten, wertvolle Hinweise ergeben, die zum Ausgangspunkt einer neuen lexikalischen Darstellung des englischen Adjektivs gemacht werden könnten. Ein Ansatz zur Aufstellung semantischer Adjektivklassen von einer bestimmten grammatischen Struktur her wird in Kapitel 4 gegeben. Die Bemerkungen hier wollen nur der Begründung und Abgrenzung meiner Fragestellung dienen. Als eine erste Präzisierung ergibt sich, daß die Wechselbeziehung zwischen den beiden Bereichen von Grammatik und Lexik aufzufassen ist als (1) die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit von grammatischen und lexikalischen Bedeutungen in Strukturen, in denen beide Arten von Bedeutung in Beziehung treten; (2) als semantische oder lexikalische Determination polysemer lexikalischer Elemente durch grammtische oder (3) funktionale Determination multifunktionaler grammatischer Elemente durch bestimmte lexikalische Bedeutungen. Nicht in die Untersuchung einbezogen werden Wechselbeziehungen zwischen gleichartigen Bedeutungen, wie sie in den zahlreichen Restriktionen rein lexikalischer Art vorliegen. Um ein Beispiel anzuführen: wenn es möglich ist zu sagen His eyes sparkled with joy und Her eyes glittered with hatred, nicht aber His eyes glittered with joy und Her eyes sparkled with hatred, so liegt das daran, daß in sparkle eine Bedeutungskomponente enthalten ist, die mit der semantischen Struktur von hatred nicht vereinbar ist, und bestimmte Elemente des Wortinhalts von glitter mit der Bedeutung von joy nicht vereinbar sind. Es handelt sich um Wechselbeziehungen (Restriktionen) zwischen lexikalischen Elementen. Fälle dieser Art aber sollen in die Untersuchung nicht einbezogen werden, sie sind Gegenstand der Lexik im begrenzteren Sinn. Zum Abschluß dieses Abschnittes über das abgeleitete Wort sei auf einige Beobachtungsdaten E. Seidels bezüglich des Aspektsystems des Tschechischen verwiesen.84 Er berichtet, daß das Verb dovesti mit der Bedeutung „treffen", „können", „verstehen", „fertigbringen", „gelingen", perfektiv ist und infolge seiner Bedeutung den imperfektiven Aspekt nicht bildet. Das Gegenteil gilt für hdzeti („werfen"), das imperfektiv ist und in Bezug auf das Murmelspiel der Kinder im perfektiven Aspekt nicht vorkommt. E. Seidel deutet also das Fehlen jeweils eines der Aspekte in Verbinbung mit diesen Verben nicht als zufällige Defektheit des tschechischen Verbalsystems an dieser Stelle, sondern als die Unvereinbarkeit 84

Eugen Seidel, „Zu den Funktionen des Verbalaspekts" in TCLP S. 111 ff.

VI (1936),

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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einer m i t e i n e m b e s t i m m t e n A s p e k t gegebenen V e r b b e d e u t u n g m i t d e r B e d e u t u n g des gegensätzlichen A s p e k t s . Es w ä r e eine ü b e r a u s i n t e r e s s a n t e F r a g e , welche B e d e u t u n g s k o m p o n e n t e n dovésti

u n d házeti

im

einzelnen

in d e n

Verben

es sind, die jeweils d e n gegensätzlichen A s p e k t aus-

schließen. K a n n es sein, d a ß es bei dovésti

(„können", „vermögen") der

U m s t a n d ist, d a ß m i t d e r B e d e u t u n g des „ K ö n n e n s " n o t w e n d i g e r w e i s e ein R e s u l t a t gesetzt ist? Bei házeti

ist m a n versucht z u sagen, d a ß es in seiner

A n w e n d u n g auf d a s M u r m e l s p i e l d e r K i n d e r die V o r s t e l l u n g eines „ R e s u l t a t s " ausschließt. E i n e g e n a u e r e B e g r ü n d u n g d e r T h e s e Seidels v o n d e r semantisch b e d i n g t e n D e f e k t h e i t dieser V e r b e n hinsichtlich des A s p e k t s m ü ß t e auf b r e i t e r e r Beobachtungsbasis a u f g e b a u t w e r d e n . Sie ist nicht unsere A u f g a b e . A u f v e r g l e i c h b a r e E r s c h e i n u n g e n im englichen V e r b a l system k o m m e ich w e i t e r u n t e n z u sprechen. II) Das

flektierte

Wort

D i e n ä c h s t h ö h e r e E i n h e i t in d e r H i e r a r c h i e d e r k o m p l e x e n B i l d u n g e n ist das flektierte W o r t . D a ß es k o m p l e x e r ist als das abgeleitete W o r t , ergibt sich aus d e m U m s t a n d , d a ß a n die A b l e i t u n g s s i l b e n eines W o r t e s z w a r F l e x i o n s m o r p h e m e a n t r e t e n k ö n n e n , a n die F l e x i o n s m o r p h e m e a b e r k e i n e Ableitungssilben. D a ß zwischen d e n S t a m m o r p h e m e n als lexikalischen u n d d e n F l e x i o n s m o r p h e m e n als g r a m m a t i s c h e n E l e m e n t e n semantische B e z i e h u n gen im o b e n beschriebenen S i n n e bestehen, ist v o n d e r G r a m m a t i k in vielen S p r a c h e n b e m e r k t u n d d u r c h reiches B e o b a c h t u n g s m a t e r i a l belegt w o r d e n . B e i m S u b s t a n t i v w e r d e n N u m e r u s u n d K a s u s in d e n i n d o g e r m a nischen S p r a c h e n d u r c h F l e x i o n s m o r p h e m e z u m A u s d r u d e gebracht, allerdings sind die S i g n i f i k a n t e n f ü r die b e i d e n B e d e u t u n g e n in d e r R e g e l so v e r s c h m o l z e n , d a ß sie nicht isoliert w e r d e n k ö n n e n . 8 5 W ä h r e n d n u n z w i schen d e r B e d e u t u n g des S t a m m o r p h e m s u n d d e n B e d e u t u n g e n d e r einz e l n e n K a s u s B e d e u t u n g s b e z i e h u n g e n im Sinne d e r U n v e r e i n b a r k e i t d e r b e i d e n B e d e u t u n g e n nicht registriert w u r d e n — d e f e k t e P a r a d i g m a t a w i e z. B. l a t . vis sind o f f e n b a r z u f ä l l i g — , sind solche B e z i e h u n g e n zwischen der Bedeutung der S t a m m o r p h e m e u n d der Bedeutung der N u m e r i feststellbar. 8 6 D i e englische G r a m m a t i k berichtet e i n g e h e n d ü b e r die R e s t r i k t i o n e n , die sich f ü r die N u m e r u s b i l d u n g b e i m S u b s t a n t i v ergeben — m a n vergleiche die U n t e r t e i l u n g d e r S u b s t a n t i v a in „ c o u n t a b l e s " u n d „ u n c o u n 85 85

Vgl. A. Martinet, Eléments, S. 97 f. Das mag vielleicht mit der „abstrakteren" Bedeutung der Kasus zusammenhängen, die nach A. Martinet (Éléments, S. 108) Funktionsanzeiger im Satzverband sind, d. h. einem Komplex syntaktische Autonomie verleihen können, während der Numerus seiner konkreteren Bedeutung zufolge zu den Modalitäten geredinet wird.

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Zur Abgrenzung der Fragestellung

tables" und die weitere, semantische Aufgliederung der „uncountables" in „Stoffnamen", „Abstrakta" usw. Jespersen führt als Erklärung für das Fehlen des Plurals bei den sogenannten Massenwörtern („mass-words") 87 den Umstand an, daß die von ihnen bezeichnete Wirklichkeit nicht unter dem Aspekt eines Dinges oder Gegenstandes gesehen ist: „There are a great many words which do not call up the idea of some definite thing with a certain shape or precise limits".88 Wörter wie wood, iron, leather usw. bezeichnen vielmehr Substanzen, die selbst nicht Dinge, sondern eher wiederkehrende Merkmale von Dingen sind. Ernst Leisi sagt deshalb mit Recht, daß diese Wörter semantisch schon durchaus gegen das Adjektiv hin tendieren. 89 Zufolge des Fehlens des Ding-Charakters bei der bezeichneten Wirklichkeit, müßte man zu ihrer Bezeichnung von einem rein logischen Standpunkt aus eigentlich Formen erwarten, die hinsichtlich des Numerus neutral sind. Da aber, so argumentiert Jespersen, solche neutralen Formen nicht zur Verfügung stehen, wählt die Sprache bei Wörtern dieser Art entweder den Singular (blood) oder den Plural (sweepings).** Soweit es das Englische angeht, kann ich mich dieser Darstellung nicht anschließen. Zwar kann man von einer Singular- und Plural f o r m des Englischen sprechen, aber weder die eine noch die andere ist durchgehend und ausschließlich der Signifikant für Numeri. Auch bei den sogenannten „countables" bezeichnet die bloße Singularform nicht ein Einzelding: die isolierte Form horse kann nicht wie das lat. equus „ein Pferd" heißen; und bei den „uncountables" ist mit der Singularform (z. B. blood) nach meiner Ansicht im Hinblick auf die Numeri die neutrale Form gegeben, nach der Jespersen sucht. Die Bedeutungen „Einzahl" oder „Mehrzahl" sind in Verbindung mit ihr nicht realisierbar, d. h. sie tritt in die syntaktischen Fügungen, die diese Bedeutungen im Englischen signalisieren, nicht ein — ^^ many bloods >K>!< —, oder zeigt, wenn sie dies dennoch tut, entsprechende Bedeutungsänderungen: „Wenn diese Massen Wörter mit dem unbestimmten Artikel gebraucht werden, bezeichnen sie bei festen Körpern einen Gegenstand aus dem betreffenden Stoff (ein Stein, ein Eisen, ein Holz, a tin) und sind dann Individuativa . . . Bei Flüssigkeiten bezeichnen sie eine Portion: eine Suppe, one tea, bei allen Substanzen daneben auch eine bestimmte Spezies: ein Holz, ein Wein, ein Gas."61 Das gleiche gilt für Fügungen, die die Bedeutung „Mehrzahl" signalisieren: five teas, excellent wines. Besondere Probleme werfen die Pluralia tantum des Englischen auf. of Grammar,

S. 198.

88

ibid.

89

Der Wortinhalt, S. 32. The Philosophy of Grammar,

S. 199.

87

90

91

The Philosophy

E. Leisi, Der Wortinhalt, S. 33.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

81

Man kann zwei Gruppen unterscheiden. Zu der einen gehören Pluralformen, die zweigliedrige Dinge bezeichnen: bellows, compasses, scissors, spectacles, trousers, tweezers usw. Gibt es eine semantische Begründung für das Fehlen des Singulars in diesen Fällen? Ich möchte diese Frage bejahen. Wenn die Grundlage der Pluralvorstellung die Zugehörigkeit zweier oder mehrerer Dinge zu einer gemeinsamen Kategorie ist, wenn sie also in gewissem Sinne identisch sein müssen — „a brick and a musical sound are not two, a man and a truth and the taste of an apple do not make three" 02 —, ist es verständlich, daß Singularformen zu den Pluralia tantum der oben bezeichneten Art nicht vorhanden sind, denn sie bezeichnen zwar zweigliedrige Gebilde, zugleich aber funktionale Einheiten, Werkzeuge oder Gebrauchsgegenstände. D a ß die zweigliedrigen Gebilde tatsächlich als funktionale Einheiten gesehen werden, wird besonders deutlich an Bildungen wie a spectacles, a tongs, a tweezers usw. 93 . Daraus folgt aber f ü r das einzelne Glied — a spectacle a tong usw. —, daß es eben nicht ein Gebrauchsgegenstand sondern bloßer Teil eines funktionalen Ganzen ist. Während sich also beim Übergang von den Pluralen books (od. horses) zu den Singularen book (od. horse) an der Bedeutung des Stammorphems nichts ändert — (a)x ->• (a)y —, träte bei den Pluralia tantum im gleichen Falle eine entscheidende Veränderung ein, der Schritt nämlich vom funktionalen Ganzen zum bloßen Teil: ( a ) x - > ( b ) y . Die Grundlage f ü r den Singular ^ ^ a tweezer ^ ^ ist, wenn man die Pinzette von einem funktionalen Standpunkt betrachtet, nicht gegeben, und man kann hinzufügen, nicht mehr gegeben, denn offenbar war ja der Singular in der Sprache einmal vorhanden (vgl. obs. trouser, tweese usw.), und die Pluralbildung ist aus einer ursprünglich „morphologischen" Betrachtungsweise zu verstehen. Ursprünglich hieß es ja auch a pair of spectacles, compasses usw., und die verkürzte Ausdrucksweise a spectacles (compasses) usw. macht eine Änderung des Blickpunktes deutlich: den Ubergang von der morphologischen zur funktionalen Betrachtungsweise. Vom Standpunkt unserer Fragestellung ist also das Fehlen des Singulars aus der Struktur der Wortbedeutung der Pluralia tantum der hier erörterten Art erklärbar. Das entscheidende Moment hierbei ist die Auffassung der von ihnen bezeichneten Wirklichkeit als funktionale Einheit, wie sie in ihrer Kombinierbarkeit mit dem unbestimmten Artikel (a compasses) besonders augenfällig wird. Zur anderen Gruppe der Pluralia tantum zählt man Wörter wie ashes, debris, dregs, earnings, sweepings usw. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß, ähnlich wie bei den zweigliedrigen Gebilden, nicht die Ein92

O. Jespersen, The Philosophy of Grammar, S. 189.

03

ibid.

6

Sdiopf

82

Zur Abgrenzung der Fragestellung

zelteile (obzwar dem bloßen Auge erkennbar), sondern nur die Masse „praktisch gebraucht" werden kann, 94 d. h. im Mittelpunkt des Interesses steht. Der Singular hat, wenn er in Verbindung mit diesen Wörtern gebildet wird, in der Regel eine andere Bedeutung: ash ist nicht etwa das Aschenteilchen, sondern der Stoffname und nur in ganz bestimmten Kontexten verwendbar; a dreg bezeichnet den „winzigen Überrest", praktisch wird nur die Wendung not a dreg gebraucht. Besonders viele Ansatzpunkte für unsere Fragestellung aber bietet das Verbum. Tempora, Aspekte und Modi werden ja in vielen Sprachen durch flexivische Mittel zum Ausdruck gebracht. Sie sind als grammatische Elemente zu betrachten, und es ergibt sich die Frage, wie die Bedeutungen dieser grammatischen Elemente sich zur Bedeutung der Verbstämme verhalten. Zu dieser Frage liegt ausführliches Beobachtungmaterial vor. Für das Griechische berichtet Wackernagel die folgenden Beispiele:95 unter der Voraussetzung, daß das Perfektum in dieser Sprache in erster Linie aufzufassen sei als „der aus dem Vollzug des Verbalbegriffes sich ergebende Zustand des Subjekts",96 wird erklärlich, daß (nach homerischem Sprachgebrauch) von öeöovoa ein aktives Perfekt nicht gebildet werden konnte, denn „wenn einer gegeben hat, ist die Nachwirkung des Gebens am Gebenden selbst nicht vorhanden". 97 Ist dies die Erklärung dafür, daß im ganzen Homer keine einzige Perfektform von öeSovcu im Aktiv vorkommt? Läßt sich aus Wackernagels Interpretation auch eine Erklärung dafür ableiten, daß das Passiv des Perfekts (öeöovtou) durchaus belegt ist? Dürfen wir sagen, daß etwas Gegebenes „als nunmehr einem anderen gehörig" die Nachwirkung des Aktes des Gebens noch an sich trägt? 98 Ganz ähnliches gilt für Tijieiv („ehren"). Bei Homer ist das Perfekt nur im Passiv belegt, denn „der ein Ehren vollzogen hat, trägt die Nachwirkung nicht an sich, sondern der Geehrte". 98 Wenn Wackernagels Interpretation der angeführten Beobachtungsdaten richtig ist, haben wir es zweifelsohne mit Fällen von Unvereinbarkeit lexikalischer und grammatischer Bedeutungen zu tun. Sie scheinen sich im Griechischen leicht vermehren zu lassen. So darf man nach Wackernagel keineswegs erwarten, daß jedes griechische Verbum „durchkonjugiert" werden konnte. Wie es Verben gibt, „die in alter Zeit kein Perfekt besaßen, weil der Begriff des betreffenden Verbums sich nicht für die Art der Handlung eignete, wofür 94 95 96 97

98 98

E. Leisi, Der Wortinhalt, S. 32. J. Wackernagel, Vorlesungen über Syntax, 2 Bde. (1920/24). ibid., Bd. 1, S. 168. Auf vergleichbare Erscheinungen beim engl. Perfekt komme ich noch zu sprechen. Vgl. hierzu jedoch Wackernagel, 1. c., S. 170. ibid.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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das Perfektum der geeignete Ausdruck ist", 100 so lassen sich auch solche feststellen, die keinen Aorist aufweisen, obwohl dieser funktional weniger eindeutig ist als das Perfektum. Wiederum wird es aus der Definition des Aorists als „Ingressivum" und „Effektivum", die den Eintritt in den durch das Präsens ausgedrückten Zustand oder den Abschluß einer einem Ziele zustrebenden Handlung, die volle Effektuation einer Tätigkeit also, bezeichnen,101 verständlich, daß z . B . XEI|XCH („ich liege", eigentlich „ich habe mich hingelegt") und fj^cu („ich sitze", eigentlich „ich habe mich hingesetzt") weder ein Perfekt noch einen Aorist haben. „Daß sie kein Perfekt haben, liegt darin begründet, daß sie selbst dem Perfekt begrifflich ganz nahe stehen . . . Sie drücken einen ruhenden Zustand aus, der das Sichniederlegen oder -niedersetzen zur Voraussetzung hat" 102 , was nach Wackernagel u. a. auch dadurch gestützt wird, daß «ei^ai direkt als passives Perfekt zu xHhun („stellen", „setzen") fungiert. Daraus läßt sich folgern, daß das Spezifische der Aoristbedeutung, die Effektuation, an diesen Verben gar nicht zum Ausdruck kommen kann. Aber auch elvai hat weder Aorist noch Perfekt, was Wackernagel trotz nachgewiesener Perfektformen im Indischen und Iranischen für eine Spiegelung von Verhältnissen in der indogermanischen Grundsprache hält. Läßt sich hier eine Erklärung ähnlich wie die für „sitzen" und „liegen" geben? Ist der Begriff des „Seins" verstanden worden als ein Zustand, der das Ergebnis eines Vorgangs ist? Das Präsens hätte dann wie bei „sitzen" und „liegen" bereits den Charakter eines Perfekts, womit die Bildung eines morphologischen Perfekts vom Verbinhalt her sich erübrigt hätte. Und dürfen wir das Fehlen des Aorists in ähnlicher Weise begründen, oder müssen wir es als Zufall hinnehmen? Einen anderen, jedoch wiederum im Verbinhalt zu suchenden Grund hat das Fehlen des Aorists bei (priju („ich sage"): Als perfektivischer Stamm (es ist punktuell wie dt. sagen gegenüber sprechen) hat es im Imperfekt Aoristcharakter. Ähnliches liegt auch bei VEOUOU („ich kehre zurück") vor. Seiner perfektivischen Aktionsart zufolge erhält das Imperfektum auch hier Aoristcharakter. Darüber hinaus aber ergibt sich hieraus für den Indikativ Präsens futurischer Gebrauch, worin Wackernagel eine Parallele zur Präsensunfähigkeit perfektiver Verben im Slavischen sieht. Auch für die Präsensunfähigkeit von e!(xi („werde gehen") wird der Verbinhalt verantwortlich gemacht. Gehen heißt bei Homer eben nicht „wandeln", sondern „zu einem bestimmten Punkt gelangen". Die futurische Bedeutung des Indikativ Präsens wäre demnach Ausfluß der perfektiven Aktionsart des Präsensstammes dieses Verbums.

100 101 102



Wackernagel, 1. c., S. 172. Wackernagel, 1. c., S. 173. ibid., S. 172.

84

Zur Abgrenzung der Fragestellung

Hier sind nun einige weitere Erwägungen anzustellen. Bisher wurde das Fehlen bestimmter Tempus- oder Aspektformen bei gewissen Verben als Unvereinbarkeit der Bedeutung der Verbalstämme mit der Bedeutung dieser grammatischen Kategorien gedeutet. Wenn wir nun aber die Mehrdeutigkeit z. B. des Aorists im Griechischen bedenken und diese nicht einfach als gegebenes Faktum hinnehmen wollen, werden wir uns fragen müssen, wie diese entsteht. Wenn man davon ausgeht, daß Ingressivum und Effektivum die zentralen Funktionen des Aorists sind, wäre festzustellen, unter welchen Bedingungen sich die eine oder die andere dieser Bedeutungen einstellt. Wiederum deutet das Beobachtungsmaterial darauf hin, daß der Wortinhalt der Präsensstämme entscheidend ist. Die Bedeutung des Ingressivums erhält der Aorist offenbar besonders dann, wenn das Präsens der Verba einen Zustand ausdrückt: ßaaiXetisiv ftauna^Eiv voasiv

(„König sein"): („erstaunt sein"): („krank sein"):

ßaadsiaai dcri)|idffai vocrfiaoa

(„König werden"), („erstaunen"), („erkranken"),

Die Bedeutung des Effektivums aber erhält er besonders dann, wenn das Präsens das Hinstreben zu einem Ziele ausdrückt: ayeiv itEifrsiv (ajto)ftvr|axELV

(„geleiten"): („zureden"): („im Sterben liegen"):

dyayEiv jtEiffca anofravEiv

(„hinbringen"), („überreden"), („sterben"),

Man ist versucht, beim Aorist eine einheitliche Bedeutung oder Funktion vorauszusetzen (perfektiver Aspekt?), die dann der unterschiedlichen semantischen Struktur des Präsensstammes entsprechend modifiziert wird. Was nun das Lateinische betrifft, so geht K . H . Meyer 103 davon aus, daß die Aktionsart eine unveränderliche Bedeutungskomponente des Verbalstammes ist. Ein Verbum wie venire ist in seinem ganzen Präsensstamm ebenso perfektiv wie im Perfekt und ducere umgekehrt durchgehend imperfektiv, auch im Perfekt duxi, obwohl dieses mit den Formen des alten Aorists gebildet ist. Die perfektive oder imperfektive Aktionsart nun scheint nicht ohne Beziehung zu den Tempora des Lateinischen zu sein. Die perfektive Aktionsart („die Anschauung der Handlung auf ihre Vollendung") z. B. ist offenbar mit der Grundfunktion des Imperfektums nicht vereinbar: „von per103 Perfektive, imperfektive und perfektische Aktionsart im Lateinischen, Berichte über die Verhandlungen der Königl. Sachs. Gesellsdi. der Wissenschaften zu Leipzig, Philolog.-hist. Klasse, 69. Bd (1917), 6. Heft.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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fektiven Verben ist im allgemeinen kein Imperfekt möglich". 104 Umgekehrt ist die imperfektive Aktionsart offensichtlich unvereinbar mit der Funktion des Participium Perfecti Passivi. In anderen Fällen ergibt sich aus der Aktionsart die semantische Determination einer mehrdeutigen grammatischen Kategorie. Das lateinische Perfektum hat entsprechend seiner Entstehung einerseits die Bedeutung des alten Perfekts (worin es den durch die Verbalhandlung herbeigeführten Zustand bezeichnet), andererseits die Bedeutung des konstatierenden Aorist. N u n darf aber nach K. H . Meyer als gesichert gelten, daß imperfektive Verben in der Regel ein zuständliches Perfekt bilden, was darin sichtbar wird, daß sie keine Richtungsbestimmungen zu sich nehmen, während perfektive Verben ein aoristisches Perfekt bilden, das Richtungsbezeichnungen zu sich nehmen kann. Meyer demonstriert dies unter anderem am Verbum ire, das imperfektiv ist und zwar im Präsenssystem Richtungsbezeichnungen zu sich nehmen kann (it ad cenam, ibo in tabernam), nicht aber im Perfektsystem: ii, ieram mit der Bedeutung „der Weg liegt (lag) hinter mir" erlauben keine Zielangaben wie ad cenam oder in tabernam. Wohl aber sind sie in Verbindung mit den Komposita möglich, die ja perfektiv sind: ad cenam abii. Ähnliches liegt im Falle des Imperfektums „de conatu" vor. N u r perfektive Verben haben diese Bedeutung im Imperfektum. 1 0 5 Bezüglich des Slavischen sei nur noch kurz hinzugefügt, daß Leskien, ganz den Verhältnissen im Lateinischen entsprechend, f ü r das Altslavische feststellt, daß perfektive Verben das Imperfektum, das hier ausschließlich den andauernden Verlauf einer H a n d l u n g in der Vergangenheit darstellt, vollständig vermeiden. 106 Des weiteren wäre zu bemerken, daß ähnlich wie im Griechischen, wo slfxi seiner perfektiven Aktionsart entsprechend Zukunftsbedeutung hat, auch die perfektiven Verben des Slavischen in der einfachen Präsensform futurische Bedeutung haben. Man spricht in diesem Zusammenhange von der Präsensunfähigkeit perfektiver Verben. Für das Gotische werden Beobachtungsdaten zu unserer Fragestellung von Streitberg berichtet. Intransitive Verben mit durativer Aktionsart bilden kein Partizip Perfekt (vgl. den Formbestand von standan und wisanJ.107 Wenn wir Intransitivität und Imperfektivität (durative Aktions101

Stolz-Schmalz-Leumann-Hofmann, Lateinische Grammatik (München, 1928), S. 551. 105 Ygj Stolz-Schmalz-Leumann-Hofmann, 1. c., S. 531. 100 A. Leskien, Handbuch der altbulgarischen Sprache, 5. Aufl. (1910), S. 172. Ob Leskiens Ergebnisse richtig sind, ist hier nidit zu entscheiden. Es soll lediglich auf seine Fragestellung hingewiesen werden. 107 W. Streitberg, Gotisches Elementar buch, 5. u. 6. neubearb. Aufl. (Heidelberg, 1920), S. 215; dort auch weitere Literatur.

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Zur Abgrenzung der Fragestellung

art) als Komponenten des Verbinhalts auffassen, das Partizipium des Perfekts aber als eine Flexionsform, ist die angeführte Restriktion im Gotischen, die sich in den verschiedenen Stufen des Deutschen ja in gewissem Sinne auch verfolgen läßt, ein Fall der Unvereinbarkeit von lexikalischer und grammatischer Bedeutung. Freilich, im Zuge des Ausbaues des deutschen Verbalsystems insbesondere durch die zusammengesetzten Formen werden diese ursprünglich für alle germanischen Dialekte geltenden Verhältnisse verwischt. Immerhin aber scheint ein Reflex dieser Gegebenheiten in den syntaktischen Verwendungsmöglichkeiten des Partizips im Deutschen insofern zurückgeblieben zu sein, als Participia Praeteriti von imperfektiven Verben nicht attributiv verwendet werden können: wir sagen zwar die gesprungene Saite, nicht aber das gesprungene Kind.m In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Erscheinung hinweisen, der bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt worden ist. W. Wilmanns behauptet in seiner Grammatik109 ebenso wie H. Paul,110 daß Verba wie erbeben, erzittern ihr Perfektum ebenso wie verbrühen, verbrennen usw. mit dem Hilfszeitwort sein statt mit haben bilden. Ich frage mich demgegenüber, ob Sätze wie Die Erde ist erbebt oder Der Mann ist erzittert noch unserem Sprachgefühl entsprechen. Ich halte diese Sätze nicht für sprachgerecht und vermute, daß sich dies aus dem Wortinhalt der Verben einerseits und der Bedeutung des Perfekts im Deutschen andererseits erklären läßt. Mit welchen Besonderheiten aber man in diesem Bereich zu rechnen hat, kann man an dem Verbum entstammen verdeutlichen. Noch Wackernagel bildet ein Perfekt mit dem Hilfszeitwort sein: Beim lateinischen Perfekt kommt nodi etwas Besonderes dazu. Ein Teil seiner Formen ist eigentlidi dem Aorist entstammt.U1

Nach meinem Sprachgefühl ist hier das Präsens besser als das Perfektum: Ein Teil seiner Formen entstammt eigentlich ... Dies liegt ganz einfach daran, daß das Verb entstammen seine ursprüngliche Bedeutung, die einen Vorgang bezeichnete wie entspringen, entsprießen usw., weitgehend eingebüßt hat und nur mehr in der übertragenen Bedeutung „ist hergekommen v o n . . v e r w e n d e t wird. Das Präsens hat „Perfektbedeutung", wenn man so will. Wir sagen heute nicht mehr Er ist einem alten Adelsgeschlecht entstammt, obwohl das Perfekt in diesem Kontext gerade noch möglich ist. Keineswegs aber könnten wir sagen Die Bilder sind einer privaten Sammlung entstammt, während gegen das Präsens nichts eingewendet werden kann: Die Bilder entstammen... Man ver108 W . Wilmanns, Deutsche Grammatik, 2. Aufl. (Straßburg, 1899), III, 1. Hälfte, S. 106; u. H . Paul, Deutsche Grammatik (Halle a. S., 1920), Bd. IV, S. 80. 109 110 111

III, 1. Hälfte, S. 106. Deutsche Grammatik, Bd. IV, S. 138. 1. c., S. 188.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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gleiche in diesem Zusammenhange auch die W e n d u n g Es ist ein Reis entsprungen mit Die Donau entspringt... Für den letzten Satz ist ein Perfekt undenkbar, weil der mit entspringen bezeichnete Vorgang nicht perfektiv ist. Das V e r b w ä r e am besten mit „hat seinen U r s p r u n g " zu umschreiben. Fragen dieser A r t sind in der deutschen G r a m m a t i k k a u m behandelt worden u n d bedürften der Klärung. 1 1 2 I I I ) Flektiertes

Wort und periphrastiscbe

Bildung

Mit dem H i n w e i s auf P e r f e k t f o r m e n im Deutschen haben w i r den Bereich des Wortes verlassen und den der „periphrastischen F o r m e n " betreten. I m Bereich des Wortes w ä r e freilich noch die W o r t z u s a m m e n setzung zu besprechen. Ich möchte die Erörterung dieses Gebildes jedoch zurückstellen u n d einige Hinweise auf das englische Verbalsystem als Ganzes folgen lassen, das ja flektierte und periphrastische Formen u m f a ß t . Bezüglich der periphrastischen Bildungen w u r d e die Frage erhoben, ob sie überhaupt als grammatische Formen zu gelten haben und nicht vielmehr mit syntaktischen Fügungen gleichzusetzen sind. In einer Untersuchung über den Status der periphrastischen Bildungen in den Verbalsystemen der slavischen Sprachen k o m m t W. T h ü m m e l zu dem Ergebnis, d a ß sidi diese von syntaktischen Fügungen nicht unterscheiden, d a ß also z. B. ja jsem ucitel (Ich bin Lehrer) von já jsem ucil (Ich habe gelernt) nicht unterschieden werden kann. 1 1 3 Ich k a n n mich dieser Ansicht nicht anschließen, weder f ü r das Tschechische noch f ü r das Englische. Schon die Negation erweist die beiden tschechischen Bildungen als verschieden, insbesondere macht sie den unterschiedlichen Status von hyti in den beiden Fügungen deutlich: já nejsem ucitel — já jsem neucil. Für das Englische zu behaupten, d a ß I have a written Statement... u n d I have written a Statement... denselben Status haben, bedeutet, von mehr als tausend J a h r e n sprachlicher Entwicklung mit all ihren morphologischen u n d semantischen K o n sequenzen abzusehen. Gewiß, die periphrastischen Fügungen haben mit den syntaktischen Bildungen einige Merkmale gemeinsam, wie z. B. die Unterbrechbarkeit; hinsichtlich anderer Merkmale erweisen sie sich als grundsätzlich verschieden. Im Zusammenhang mit unserer Fragestellung aber interessiert vor allem, d a ß die periphrastischen Bildungen sich in Elemente aus geschlossenen und solche aus offenen Inventaren aufglie-

112 Vgl. hier jedoch die Diskussion um Aspekt und Aktionsart bei E. Hermann, „Objektive und subjektive Aktionsart" in Indogerm. Forschungen XLV (1927), S. 207 f., und „Aspekt und Aktionsart" in Nachrichten d. Ges. d. Wissenschaft Göttingen (Berlin, 1933), S. 470—480. 113

Das Problem der periphrastischen Konstruktionen (Gezeigt Slavischen), Forum Slavicum 5 (München, 1966), S. 163.

am Beispiel des

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Zur Abgrenzung der Fragestellung

d e m lassen. Das wird besonders deutlich an N . Chomskys Strukturformel f ü r die Verbform im Englischen: 114 (28)

(i) (ii) (iii) (iv)

Verb V Aux M

Aux + V -> hit, take, walk, read, etc. -*• C (M) (have + en) (be + ing) (be + en) -*• will, can, may, sball, must. -S in the context NP 0 in the context NP £ past

I

Wie die Regel (28 i) zeigt, gliedert sich die Verbform in die Strukturelemente Aux (Auxiliary) und V (lexikalisches Verb). Die Mitglieder der Klasse, die f ü r V eintreten, bilden ein offenes Inventar, die Bestandteile des Strukturelements Aux dagegen sind entweder phonologisch oder morphologisch bedingte Morphemaiternanten (z. B. das Element -en) oder aber Mitglieder geschlossener Inventare (wie z. B. die Repräsentanten von M, die modalen Hilfsverben). 115 D a ß die englische Verbform grammatische und lexikalische Bestandteile enthält, kann nicht ernstlich bezweifelt werden. Damit sind aber die äußeren Voraussetzungen f ü r unsere Fragestellung auch innerhalb der periphrastischen Bildungen gegeben. Es wird zu untersuchen sein, ob zwischen den grammatischen Elementen der Verbform (den Tempus-, Aspektmorphemen usw.) und den lexikalischen Bestandteilen semantische Beziehungen im Sinne unserer Fragestellung gegeben sind oder nicht. Freilich, Beziehungen dieser Art bestehen offensichtlich nicht nur zwischen Elementen innerhalb der Verbform, sondern auch zwischen verbalen Kategorien und lexikalischen Repräsentanten bestimmter Satzteile, z. B. zwischen einem Tempus und bestimmten adverbialen Bestimmungen der Zeit. Auf Beziehungen dieser Art werde ich noch zu sprechen kommen. IV) Das englische

Verbalsystem

Was nun die sogenannten einfachen Verbformen des Englischen, das einfache Präsens und Präteritum, angeht, so könnte es auf den ersten Blick scheinen, daß sie f ü r unsere Fragestellung wenig Ansatzpunkte bieten, und zwar insofern, als Restriktionen hinsichtlich der Verwendung in diesen beiden Zeiten f ü r bestimmte Verben zufolge ihrer semantischen 114 115

Syntactic Structures, S. 39. Freilich besteht keine Einigkeit über den Umfang der Morphemklasse, die im Strukturelement M (modale Hilfsverben) erscheinen kann. F. R. Palmer {A Linguistic Study of the English Verb, London, 1965) redinet das Futur nicht zum engl. Verbalsystem.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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Struktur nicht beobachtet wurden. Akira Ota 116 z. B. behauptet in seiner Besprechung von Martin Joos' Abhandlung über das englische Verbalsystem, 117 daß das einfache Präsens, Präteritum und Perfektum mit jedem lexikalischen Verb vereinbar sei. Ich wage zu bezweifeln, ob das von beiden Linguisten untersuchte Material eine solche Feststellung erlaubt. Sie ist meines Erachtens f ü r das Perfekt sicher unzutreffend. Einen Ansatzpunkt f ü r unsere Fragestellung bietet das Präsens insofern, als es sich in erheblichem Umfange als polysem erweist. Dies wird in fast allen neueren Darstellungen betont. A. G. Hatcher z. B. sagt „the simple form is still essentially Protean if it is able to emphasize now the perfective, now the habitual — and, often enough, is still capable of tolerating, if not emphasizing, a durative i n t e r p r e t a t i o n . . ," 118 Im einzelnen sind die folgenden Funktionen des einfachen Präsens angegeben worden: (1) Die Aussage allgemeingültiger (logischer) Wahrheiten, (2) von Naturgesetzlichkeiten, (3) von Gewohnheiten und Sitten, (4) von Fähigkeiten. (5) Es ist die normale Zeitform in Bühnenanweisungen, (6) f ü r den Kommentar bei Versuchen im Hörsaal, bei der Vorführung von Geräten, (7) bei Sportreportagen (Fußball). (8) Es dient zur Aussage von Vorgängen, die im Augenblick des Sprechens andauern, (9) zur Aussage der Vergangenheit im historischen Präsens und bestimmten anderen Verwendungstypen 114 (10) und zur Aussage von zukünftigen Handlungen. Diese unterschiedlichen Verwendungsweisen lassen sich zwar unter übergeordneten Gesichtspunkten zusammenfassen — die Verwendungen 1—5 (oder sogar 6) z. B. als „außerzeitliche" Feststellungen 120 („the constitution of things") 121 —, aber es bleiben auf alle Fälle vier unterschiedliche Funktionen: die sogenannten „außerzeitlichen" Feststellungen, das aktuelle Präsens, das historische Präsens und die Zukunft. Es ergibt sich 116 117

118

119

120 121

Language 41 (1965), S. 657—674, insbes. S. 669. Martin Joos, The English Verb: Form and, Meanings (The University of Wisconsin Press, Madison and Milwaukee, 1964). „The Use of the Progressive Form in English" in Language, Bd. 27 (1951), S. 259. Die Frage, ob das einfache Präsens mit Zeitangaben reiner Vergangenheit wie yesterday, last week usw. stehen kann, wird noch diskutiert. Martin Joos bejaht sie, andere verneinen sie. D e n Terminus „außerzeitlich" entlehne idi von E. Koschmieder. Vgl. E. Calver, „The Uses of the Present-Tense Forms in English" in Language 22 (1945), S. 323.

90

Zur Abgrenzung der Fragestellung

nun die Frage, von welchen Bedingungen die Realisation jeweils der einzelnen Bedeutungen im Text abhängt. Das ist zunächst der sachliche Zusammenhang, in den eine sprachliche Äußerung gestellt ist (context of situation), und dann der sprachliche Kontext (linguistic context). Auf diese Gegebenheiten weist z. B. Martin Joos hin.122 Zu den Gegebenheiten des sprachlichen Kontext ist aber auch der Wortinhalt der einzelnen Verben, ihre semantische Struktur, zu zählen. Läßt sich nachweisen, daß die Mehrdeutigkeit der Präsensform bereits durch die semantische Struktur der einzelnen Verben eine gewisse Einengung erfährt? Für diese Annahme sprechen Beobachtungen, daß gewisse Fügungen in futurischer Bedeutung, d. h. in Verbindung mit futurischen Zeitadverbien, vorkommen können, andere aber nicht. Es ist möglidi zu sagen You get a caning in the gym tonight, my boy, nicht aber You catch influenza in the Cinema tonight, my girl >!< ^ oder He>l< He resembles his father in a few years sfofc. Restriktionen dieser Art sind in der englischen Grammatik nur vereinzelt als Folge der semantischen Struktur der Verben selbst oder des ganzen Prädikats gedeutet worden. Immerhin gibt es einige Beobachtungen zu dieser Frage. So bemerkt F. W. Twaddell zu Verben wie resemble, contain, dislike, equal usw., daß sie zufolge der Bedeutungskomponente „unlimited duration" in der einfachen Präsensform keine Futurbedeutung haben können: „. . . these verbs with normally unlimited duration do not readily appear in a future meaning without modification as most verbs do . . . Even an associated adverbial element, or contextual or situational clue, is insufficient to limit these verbs to future-only, without the modal of overt prediction, will."123 Zur Illustration seiner These führt er allerdings Sätze an, deren Verben nicht durch die Bedeutungskomponente „normally unlimited duration" gekennzeichnet sind: Hl< When she is in France next summer, she enjoys snails >!]< und ^ ^ John resembles his grandfather in a few years Ho^. Ich bin nicht der Meinung, daß resemble und enjoy zur gleichen semantischen Klasse gehören und daß ihr Verhalten im einfachen Präsens überzeugend aus der Bedeutungskomponente „unlimited duration" erklärt werden kann.124 Die Untersuchung dieser Seite des englischen Verbalsystems ist noch zu leisten. 122 123 114

1. c., S. 83.

The English Verb Auxiliaries (Brown University Press, 1963), S. 11. In diesem Zusammenhang ist auf den Versuch A. A. Hills hinzuweisen, der die Lösung dieser Frage auf distributioneller Grundlage vorschlägt. E r geht dabei von der Annahme aus, daß für bestimmte Verben die einfädle, für andere die erweiterte Form die Norm darstellen. Nach seiner Ansicht können alle Verben, für die die einfache Form die Regel ist („regulary habitual verbs"), nicht in futurischer Bedeutung verwendet werden mit Ausnahme ihrer Verwendung nach hope. Hills Thesen sind unzureichend. Vgl. Linguistic Structures, S. 208 f.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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Auf andere semantische Gegebenheiten bei der Erklärung des Verhaltens bestimmter Verben in der einfachen Präsensform greift Zeno Vendler zurück. E r stellt unter anderen die semantische Klasse der sogenannten „achievement terms" auf, die, wie z. B . reach the hilltop, race, spot

the plane,

win

the

durch vorausgehende zielgerichtete Aktivität, vor

allem aber durch den punktuellen Charakter des bezeichneten Vorgangs gekennzeichnet sind und dementsprechend in der einfachen Präsensform nahezu ausschließlich als historisches Präsens oder als nahe Zukunft verwendet werden: „ . . . in cases of pure achievement terms the present tense is almost exclusively used as historic present or as indicating immediate future. „ N o w he finds the treasure (or wins the race, and so o n ) " is not used to report the actual finding or winning, while the seemingly paradoxical „ N o w he has found i t " or „At this moment he has won the race" is". 125 Die Beobachtungen Vendlers besagen, daß der Bedeutungsfächer der Präsensform bei bestimmten Verben oder Prädikaten ihrer semantischen Struktur zufolge verkleinert wird. Es kann nicht bezweifelt werden, daß auch das einfache Präsens Ansatzpunkte für unsere Fragestellung bietet. Für das einfache Präteritum allerdings sind mir ähnliche Beobachtungen in der linguistischen Literatur nicht begegnet, und auch mein Belegmaterial enthält keine in diesem Sinne zu interpretierenden Fakten. Freilich dient es in einem bestimmten Typus von Konditionalsatz dazu, „unreality in the present" auszudrücken, 126 der K o n t e x t aber, der das einfache Präteritum in dieser Funktion ermöglicht, ist als eine ganz bestimmte syntaktische Struktur und nicht als spezifisch semantische Gegebenheit zu interpretieren und bleibt deshalb außerhalb des Bereichs unserer Fragestellung. Die bislang für das Präteritum zur Verfügung stehenden Beobachtungsdaten bieten für unsere Fragestellung keinen Ansatzpunkt. Anders stellen sich dagegen die Verhältnisse für das Perfekt dar. Schon Jespersen beobachtet Restriktionen hinsichtlich der Bildung des Perfekts, die er auf die N a t u r der einzelnen Verben zurückführt. E r sagt, daß transitive Verba, wenn sie ohne O b j e k t verwendet werden („transitive verbs used absolutely"), kein einfaches Perfekt bilden können: D e r Satz I have read ist nach seiner Meinung nicht möglich. A. G . Hatcher versucht zwar, die Begründung für die von Jespersen beobachteten Restriktionen hinsichtlich der Bildungsmöglichkeit für das Perfekt als unrichtig zu erweisen, bezweifelt aber das Vorhandensein von Restriktionen dieser Art nicht. Sie sagt: „ ^ ^ She has cried >{< 125 120

^^

She's

fooled

with

my

sfc^,

papers

>i< ^

She has played are surely

„Verbs and Times" in Philosophical Review, 66 (1957), S. 147. Vgl. O. Jespersen, The Philosophy of Grammar, S. 56.

cards

impossible,

92

Zur Abgrenzung der Fragestellung

though the reason is none too clear." 127 Während aber Jespersens Erklärungsversuch auf die syntaktische Potenz der Verben zuriickgriff („transitive verbs used absolutely"), schlägt Hatcher, wenn auch mit Vorbehalt, ein semantisches Kriterium vor: „The verbs which require the progressive in the perfect tense are, as we have seen, those which, out of context, suggest continuing activity". Und von dieser Beobachtung schließt sie auf die Bedeutung des Perfekts selbst zurück, wenn sie fragt: „Could it be that for such ,imperfective' verbs, our construction is required here because the simple ,perfect' tense is, as it were, the embodiment of the perfective aspect, and therefore antipathetic to such verbs (unless they are modifed perfectively: I have walked three miles)}". Gegen ihren Vorschlag wendet sie selbst ein: „But this is a quite theoretical, perhaps even verbalistic solution."128 Restriktionen dieser Art aber werden, wie bereits kurz erwähnt, gänzlich verneint von Akira Ota, der zwar für die erweiterte Form und das Passiv Restriktionen anerkennt, nicht aber für das einfache Präsens, Präteritum und Perfektum.129 Die widersprüchlichen Aussagen zu dieser Frage lassen erkennen, daß dieser wichtige Aspekt des englischen Verbsystems noch nicht ausreichend erforscht worden ist. Zu Hatchers Behauptung, imperfektive Verben („those which, out of context, suggest continuing activity") erlaubten ohne weitere Modifikation durch Objekte oder adverbiale Bestimmungen die Bildung des einfachen Perfekts nicht, wären einige Beobachtungsdaten anzuführen, die dieser Behauptung widersprechen oder zu ihrer Modifikation zwingen. Ihre These wird zwar durch die folgenden Stellen bestätigt: (1)

(2)

Mrs. Warren (crying again): Paddy, don't let him be cruel to me (she hastily diecks her tears and wipes her eyes). She'll be so angry if she sees Ive been crying.1™ Cuthman: What do you think I have been doing, Mother, while I sat all day on the doorstep, working at the cart? Y o u couldn't get a whistle or a word out of me. But I've been thinking and praying.131

Auf der anderen Seite aber gibt es Verwendungsweisen des Perfekts wie die folgenden: (1) 127 128 129

130

131

Praed.: . . . Y o u will cry with delight at living in such a beautiful world.

1. c., S. 254. 1. c., S. 261, Fußnote 22. I.e., S. 6 6 9 : „Tense-assertion marker (Präsens und Präteritum) and phase marker (Perfektum) can be combined with any base, while aspect marker (erweiterte Form) excludes status verbs and status meanings of other verbs, and voice marker excludes intransitive verbs and such verbs as have, resemble, cost, weigh." B. Shaw, Mrs. Warren's Profession in Plays Pleasant and Unpleasant (London, 1930), S. 246. Ch. Fry, The Boy with the Cart (Frankfurt, 1962), S. 82 f.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

93

Frank: This is most eloquent, Praddy. Keep it up. Praed.: Oh, I assure you I have cried — I shall cry again, I hope — at fifty!132 (2) Bombardone: . . . God has turned to me, and to the best of my ability I shall not fail him, in spite of all the Democratic liberal gabblers. I have spoken.133

die zu einer Überprüfung von Hatchers Behauptungen zwingen. Die Verben cry und speak sind zweifellos imperfektive Verben im Sinne Hatchers. Wenn sie dennoch im einfachen Perfekt belegt sind, möchte ich daraus nicht den Schluß ziehen, daß Hatchers These falsch ist und Restriktionen in ihrem Sinne f ü r das Perfektum nicht gegeben sind, sondern vielmehr annehmen, daß die Restriktionen nicht f ü r die Verben als solche bestehen, sondern f ü r bestimmte Bedeutungen. Das wird z. B. an einem Verbum wie weep deutlich, das ohne Zweifel als imperfektiv im Sinne Hatchers zu bezeichnen ist. Es erscheint in bestimmten Kontexten immer nur in der erweiterten Form. Die Frage, ob jemand, der gerötete Augen oder feuchte Wangen hat, geweint habe, kann im Englischen nur mit „Have you been weepingwiedergegeben werden. Es sind aber Kontexte vorstellbar, wo die einfache Form stehen kann: What have you done for these poor people? — I couldn't do anything, but I have wept. Man könnte folgern, daß weep dann ein einfaches Perfekt bildet, wenn der Vorgang des Weinens im Sinne einer „Leistung" („achievement'') interpretiert werden kann. U n d was die Verwendung von cry und speak im einfachen Perfekt in den oben zitierten Beispielen angeht, so erweist sich bei näherem Zusehen, daß cry offenbar nur die verkürzte Wiederholung von cry at (living...) ist und speak im Sinne von „ich habe meine endgültige Meinung dazu geäußert" zu verstehen ist. Bei der Verfolgung unserer Fragestellung darf man natürlich nicht außer Acht lassen, daß die Bedeutung eines Wortes kontext- und situationsbedingten Variationen unterliegt. Hinsichtlich des Futurs ist zunächst festzustellen, daß es im Englischen nicht weniger als sechs verschiedene Möglichkeiten gibt, zukünftige Vorgänge oder Handlungen auszudrücken und zwar (1) das einfache Präsens: I start tomorrow, (2) das erweiterte Präsens: I am. starting tomorrow, (3) das einfache Futur: I shall not answer your question, (4) das erweiterte Futur: 1 shall be seeing Mr. X tonight, (5) die Umschreibung mit going to: I'm going to sell my car, (6) und die anderen modalen Hilfsverben: You can go. 132 133

Mrs. Warren's Profession, 1. c., S. 248. B.Shaw, Geneva, Stand. Ed. Nr. X V (1946), S. 111. Vgl. hierzu auch die folgende Stelle aus dem gleichen Drama: Battler: Then I am alone: contra mundum. Well, I have never failed yet. Flanco: Because you have never fought yet. (S. 123).

94

Zur Abgrenzung der Fragestellung

Auf Restriktionen, die für das einfache Präsens in futurischer Bedeutung gelten, habe ich schon kurz hingewiesen. Daß ähnliche Restriktionen auch für die übrigen futurischen Bildungen bestehen, kann man aus Beobachtungen folgern, wie sie von W. St. Allen berichtet werden, der darauf hinweist, daß ein Satz wie He will sell his house selten anzutreffen ist, He's going to sell his house als die Norm betrachtet werden muß, während in anderem Zusammenhang die Futurform mit shall/will als die Norm zu gelten hat (He'll sell it if you ask him) und die Form mit going to als ungewöhnlich anzusehen ist (He's going to sell it if you ask him). Interessant ist des weiteren seine Beobachtung, daß für das Verbum know das shalllw///-Futur die Norm (She'll know the answer tomorrow) ist, die going to-Form dagegen (She is going to know the answer) als ungewöhnlich betrachtet werden muß. Für die going to-Form stellt er eine semantische Differenzierung fest, je nachdem ob das Subjekt eine Person oder eine Sache ist. In Verbindung mit Personen als Subjekt hat die Form nach seinen Ausführungen die Bedeutung „intention or certainty" (He's going to give me a new one tomorrow), in Verbindung mit Sachen die Bedeutung „probability or inevitability (in the mind of the speaker)": The sun's going to shine in a minute. (The cloud has nearly gone.).134 Eine eingehende Darstellung der für die Futurformen des Englischen geltenden Restriktionen fehlt. Sie wäre umso wünschenswerter, als das shall/will Futur seit einiger Zeit in weiten Bereichen durch die erweiterte Futurform ersetzt wird: (1) What will you be wishing for dinner, Sir?135 (2) „Just a few hundred a year, left me by a grandfather. And I make a bit by writing." „What d'yer write?" „Thrillers. I shall be starting a new book any day now."13' (3) . . . so he telephones to tell them that he will not be coming in today.131

Schon die wenigen Beispiele, die ich soeben zitiert habe, lassen erkennen, daß die erweiterte Futurform nicht allein als Gleichzeitigkeitsbezug gedeutet werden kann, wie in der folgenden Stelle: Grandf.: D o you see this brush? Ann: Yes — but what do you want it for? Grandf.: If Louise comes in I shall be brushing the seats of our nice new car! She'll approve of that. 138 134 135 136 137 138

Living English Structure (London — N e w York — Toronto, 1951), S. 121 ff. Die englische Hauswirtin des Verf. beim Frühstück. P. G. Wodehouse, Money in the Bank (Hamburg, 1949), S. 96. Hier spricht London, Nr. 512. Hier spricht London, Nr. 466, „Ann and her Grandfather". Vgl. hierzu auch E. Leisi, Das heutige Englisch, S. 128.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

95

U b e r die g e n a u e r e n V e r w e n d u n g s b e d i n g u n g e n d e r e r w e i t e r t e n F u t u r f o r m ist so g u t w i e nichts b e k a n n t . E i n e e i n g e h e n d e U n t e r s u c h u n g w ä r e dringend erforderlich. A b e r auch d i e R e s t r i k t i o n e n , die f ü r die B i l d u n g des Passivs im E n g lischen gelten, sind noch nicht e i n g e h e n d u n t e r s u c h t w o r d e n . Sie aus der syntaktischen Potenz der einzelnen Verben erklären zu wollen (intransit i v e V e r b e n h a b e n kein Passiv), w i e das A k i r a O t a t u t (vgl. o b e n S. 92 F u ß n . 129), ist im H i n b l i c k auf die s o g e n a n n t e n p r ä p o s i t i o n a l e n V e r b e n u n b e f r i e d i g e n d . M a r t i n J o o s unterscheidet im Englischen d r e i P a s s i v k o n struktionen:"" (1) d a s s o g e n a n n t e „ P r i m a r y P a s s i v e " (A car was will),

left him

in

the

in d e m das d i r e k t e O b j e k t eines a k t i v e n Satzes z u m S u b j e k t d e r

Passivkonstruktion wird, (2) d a s „ S e c o n d a r y P a s s i v e " (He was left a car in the will),

das d a s

i n d i r e k t e O b j e k t z u m S u b j e k t des passiven Satzes macht, u n d schließlich (3) d a s „ T e r t i a r y P a s s i v e " (Dr. Harris

was telephoned

for), u n d gibt

d a m i t keineswegs eine v o l l s t ä n d i g e Übersicht ü b e r die Bildungsmöglichk e i t e n f ü r das P a s s i v i m Englischen auf d e r G r u n d l a g e d e r S t r u k t u r des a k t i v e n Satzes. U m n u r einige P r o b l e m e a n z u d e u t e n : M a n w ü r d e g e r n e e r f a h r e n , w a r u m es, z u m i n d e s t im britischen Englisch, z w a r möglich ist z u sagen My fetched

my

hat and

coat were

hat and

coat

fetched

me at once,

nicht a b e r

/

was

>)fc, o b w o h l d e r a k t i v e S a t z seiner S t r u k t u r

nach ( m i t i n d i r e k t e m u n d d i r e k t e m O b j e k t ) They

fetched

me my hat

and

coat eigentlich s o w o h l d i e „ p r i m a r y " w i e die „ s e c o n d a r y passive c o n v e r sion" 1 4 0 e r l a u b e n m ü ß t e . N i c h t berücksichtigt w i r d bei J o o s d e r S a t z t y p u s m i t z w e i d i r e k t e n O b j e k t e n (He

asked

me several

questions),

der offen-

sichtlich nicht d u r c h w e g s e r l a u b t , d a ß beide O b j e k t e z u m S u b j e k t d e r p a s siven F ü g u n g g e m a c h t w e r d e n k ö n n e n . D i e g r ö ß t e Schwierigkeit

aber

bieten, w i e schon e r w ä h n t , die p r ä p o s i t i o n a l e n F ü g u n g e n . D i e G r a m m a t i k e r h a b e n i m m e r w i e d e r versucht, die Schwierigkeiten, die sich hier ergeben, d a d u r c h z u lösen, d a ß W e n d u n g e n w i e sleep in, run into,

sit ort

u s w . z u t r a n s i t i v e n p r ä p o s i t i o n a l e n V e r b e n e r k l ä r t w u r d e n , w e i l sie in passiven F ü g u n g e n z u finden sind w i e The bed hasn't

been slept

A sailing-boat

was run into by a

in steamer

My hat has been sat on D a m i t setzt m a n a b e r v o r a u s , d a ß diese S ä t z e T r a n s f o r m a t i o n e n aus d e n e n t s p r e c h e n d e n a k t i v e n S ä t z e n sind, also aus

139 140

1. c., S. 94. Ich entnehme die Begriffe „primary" und „secondary passive conversion" der Grammatik von Poutsma.

96

Zur Abgrenzung der Fragestellung

Nobody has slept in the bed A steamer ran into a sailing-boat Somebody has sat on my hat Diese Betrachtungsweise führt aber dann zur Frage, mittels welcher Kriterien z. B. der Satz Nobody has slept in the bed von ganz analogen Bildungen wie Nobody has slept under the bed oder Nobody has slept near the bed, die keine passiven Entsprechungen haben,141 unterschieden werden kann. Gewiß, man kann sagen, daß run into in der Fügung A steamer ran into a sailing-boat einen Vorgang bezeichnet, durch den das Objekt „affiziert" wird, einen transitiven Vorgang also, was die semantische Grundlage für die Passivbildung darstellt, während in der Fügung They ran into the garden von einer Affizierung des Gartens nicht die Rede sein kann, weshalb denn auch keine passive Fügung möglich sei. In ganz ähnlicher Weise könnte man das unterschiedliche Verhalten von sleep in a bed und sleep under (od. near) a bed deuten, und selbst für eine Wendung wie live in a house könnte man versucht sein — besonders wenn man das deutsdie bewohnen zum Vergleich heranzieht —, ein affiziertes Objekt zu fordern. Es gibt aber passive Fügungen im Englischen, die sich einer solchen Interpretation zweifelsohne entziehen. Martin Joos zitiert aus einem Magazin den Satz Such a dress can't be sat down in,us für den ich eine semantische Grundlage im Sinne eines affizierten Objekts nicht feststellen kann. Die Verhältnisse im Bereich des englischen Passivs sind gar nicht leicht überschaubar. Grundsätzlich wird man mit Singularitäten rechnen müssen. In diesem Zusammenhange ist auf die Einwände hinzuweisen, die Werner Winter gegen die Grundthesen der Transformationsgrammatik vorbringt.143 Er schließt sich dabei an R. Quirk an, der z. B. zeigt, daß die aktive Entsprechung zu A lexicon is provided the learner by the institute, nämlich The institute provides the learner a lexicon, nicht ohne weiteres als englischer Satz betrachtet werden kann („has only a doubtful existence").144 Und W. Winter hat zweifellos recht, wenn er feststellt, daß der Satz I was born in Germany keine aktive Entsprechung hat145. Ich möchte vermuten, daß die Bildungsmöglichkeiten für das Passiv im Englischen weder über die syntaktische Potenz der Verben (Transitivität) noch aus bestimmten semantischen Gegebenheiten der Prädikate (Verb + Objekt) allein erklärt werden können. Es handelt sich wie bei 141 142 143 144 145

Einer meiner Kollegen am University College London bezeichnete den Satz The bed can't have been slept under als „marginally possible". 1. c., S. 94 f. „Transforms without Kernels" in Language 41 (1965), S. 484 ff. R. Quirk, „Descriptive Statement and Serial Relationship" in Language 41, (1965), S. 214. W. Winter, 1. c , S. 488.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

97

sehr vielen sprachlichen Kategorien um einen sehr komplexen Bereich. Gewiß, die Passivbildung läßt sich beim einfachen (nicht-präpositionalen) Verb weitgehend aus seiner syntaktischen Potenz (Transitivität) herleiten, die von bestimmten semantischen Merkmalen (affiziertes oder effiziertes Objekt im aktiven Satz) begleitet ist. Nach meiner Ansicht sind es diese semantischen Gegebenheiten, die den Kristallisationspunkt für die Passivbildung bei der Mehrzahl der präpositionalen Verben darstellen. Präpositionale Fügungen, die ihrem semantischen Charakter nach die Passivbildung erlauben (A bus was run into by a train), scheinen dann mit ihrer morphologischen Struktur der Kristallisationspunkt für die Passivbildung präpositionaler Wendungen zu sein, denen die semantischen Voraussetzungen hierfür fehlen (Such a dress can't be sat down in). Mit dem englischen Passiv befaßt sich J. Svartvik in einer Monographie On voice in the English verb146, ohne jedoch die hier aufgeworfenen Fragen vollständig zu klären. Der kurze Hinweis auf das englische Passiv soll zum Anlaß für eine grundsätzliche Bemerkung zu meiner Fragestellung dienen. Wie aus den wenigen angeführten Beobachtungsdaten deutlich geworden ist, läßt sich die Passivbildung im Englischen nicht auf Grund eines einzigen oder mehrerer Kriterien, die für alle Fälle gültig wären, in ihrem Umfang bestimmen. Es handelt sich vielmehr um eine Kategorie, die ganz offensichtlich durch „serial relationship" 147 gekennzeichnet ist. Dieser Befund ist mir Anlaß, noch einmal auf die Grenzen hinzuweisen, die meiner eigenen Fragestellung gezogen sind. Die Berücksichtigung semantischer Gegebenheiten ist, wie hier beim Passiv, für das Verständnis des Sprachprozesses von grundsätzlicher Bedeutung und muß im Zentrum der Aufmerksamkeit des Linguisten stehen, aber nicht alle Beobachtungsdaten lassen sich durch Zurückführung auf semantische Gegebenheiten erklären. Und man kann grundsätzlich feststellen, daß sich die Sprache jedem monotheoretischen Verfahren gegenüber als zu komplex erweisen wird. Das Scheitern des Strukturalismus Harris'scher Prägung und bestimmte Unzulänglichkeiten der Transformationsgrammatik sind eine unmittelbare Folge dieser Wesensbeschaffenheit der Sprache. Semantische Kriterien haben auch bei der Frage nadi den für die Bildung der erweiterten Verbform (Aspekt) des Englischen geltenden Restriktionen eine Rolle gespielt. Diese Frage konzentrierte sich auf den Versuch, die Verben festzustellen, die keine erweiterte Form bilden, und sie semantisch zu charakterisieren. Auch zu diesem Thema sind die Stellung110 147

7

(The Hague, Paris, 1966). Vgl. die Ausführungen zu dieser Frage von R. Quirk in Language auf die idi bereits verwiesen habe. Schopf

41 (1965),

98

Zur Abgrenzung der Fragestellung

nahmen und vorgeschlagenen Thesen recht unterschiedlicher Art. Unter anderem wurde die Meinung vertreten, daß es Verba ohne erweiterte Form im Englischen überhaupt nicht gibt. W. Diver z. B. führt zu diesem Thema aus: „The Statement that there are certain verbs that do not take the form is—ing appears to rest on incomplete data. The present definite signal occurs quite naturally when there is explicit reference to the moment of speaking." 148 E r zeigt dann, daß Verben wie believe, declare,

fear, like, love, say, see und understand,

call,

die nach A. A. Hill 1 4 '

keine erweiterte Form haben, sie dennoch bilden können. Zu Divers Ausführungen ist zu sagen, daß seine Liste der Verben, die unter diesem Gesichtspunkt zu untersuchen wären, ganz sicher unvollständig ist, denn es gibt zweifelsfrei Verben, die keine erweiterte F o r m bilden können. Dazu gehören z. B. know und contain. Der Satz ^c This box is containing today

books

ist nicht sprachgerecht. Meiner Ansicht nach kann man weder die

Existenz aspektfreier Verben bezweifeln, noch ernstlich in Frage ziehen, daß dieses Phänomen etwas mit der semantischen Struktur dieser Verben zu tun hat. Freilich, welche Gegebenheiten es im einzelnen sind, die für die Aspektlosigkeit eines Verbs oder eines Prädikats verantwortlich sind, ist unterschiedlich beantwortet worden. R . P . Palmer z. B. greift; eine Bemerkung von A. A. Hill über die Unterscheidung von sogenannten „private" und „public verbs" durch M. Joos auf 150 und macht sie zum Ausgangspunkt für die Erklärung der aspektlosen Verben („non-progressive verbs"). Es sind die sogenannten „privaten" Verben, die nach Palmer keine erweiterte Form bilden. E r definiert diese Verben wie folgt: „Private verbs are those that refer to states or activities that the speaker alone is aware of", 1 5 1 und gliedert sie in zwei Gruppen, in (1) geistige Tätigkeiten oder Zustände imagine,

hope, plan, forget,

believe)

(think,

und (2) Sinneswahrnehmungen (see,

smell, hear, taste, feel). Diese Unterteilung ist für seinen Erklärungsversuch von keiner Bedeutung. E r geht vielmehr davon aus, daß diese Verben vorwiegend in der 1. Person verwendet werden: I think I imagine burning,

he'll be there, I see my brother

that's

over there, I smell

mine,

something

und die sprechende Person sich ihrem Gesprächspartner gegen-

über in der gleichen Situation befindet wie der Fußballreporter den H ö rern am Radiogerät gegenüber: „he is reporting something that is not per148

149 150

151

„The chronological system of the English verb", Word 19, (1963), S. 173, Fußn. 11. Vgl. Linguistic Structures, S. 207 f. A Linguistic Study of the English Verb, S. 95 ff. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß M. Joos selbst die Unterscheidung von „private" und „public verbs" als unzureichend bezeichnet. (Vgl. The English Verb, S. 116). 1. c., S. 95. Eine ganz ähnliche Definition gibt A. A. Hill, 1. c., S. 207.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

99

ceived by the hearer". 152 Palmer will damit sagen, daß der Gesprächspartner in diesem Falle nicht den Verlauf des Geschehens miterleben, sondern nur von seiner Faktizität in Kenntnis gesetzt werden kann. Die Auffassung eines Geschehens in seiner bloßen Faktizität aber ist offenbar eine der entscheidenden Voraussetzungen f ü r die Verwendung der einfachen Form. Damit ist also nicht der Wortinhalt unmittelbar f ü r die Erklärung der „aspektlosen" Verben herangezogen, sondern die vom Wortinhalt her bedingte Gesprächssituation, in der das Geschehen nur in seiner Faktizität berichtet werden kann. In anderen Fällen ist es dann ausschließlich die Gesprächssituation, die ganz unabhängig vom Wortinhalt der beteiligten Verben dazu führt, das Geschehen bloß in seiner Faktizität und nicht in seinem Verlauf zu sehen. Dies gilt f ü r den begleitenden Kommentar zu physikalischen oder chemischen Versuchen ebenso wie f ü r die Demonstration eines Gerätes durch den Handelsvertreter. Im Falle des wissenschaftlichen Versuches z. B. ist der Zuhörer ja durchaus in der Lage, das Geschehen zu beobachten, aber der Experimentator will mit seinem Kommentar ja nicht den Verlauf schildern, sondern ist, nach Palmer, nur daran interessiert, daß das Publikum den Vorgang richtig erfaßt. Das Was des Geschehens interessiert, nicht seine Dauer oder sein Verlauf. Zusammenfassend kann dann Palmer auf Grund dieser Erwägungen feststellen: „The private verbs function in very much the same way as the other verbs, with the sole exception that they are commonly used merely to report and in reporting occur in the non-progressive. But whenever there is specific indication of one of the features associated with the progressive, they too occur with progressive forms." 153 Zur Gruppe der aspektlosen Verben zählt Palmer auch contain, belong, matter, deserve, consist, please, depend und own. Sie gehören nicht zu den „privaten" Verben, Palmer bezeichnet sie vielmehr als „verbs of state" und greift damit zu einer eindeutig semantischen Gegebenheit, um das Fehlen der erweiterten Form hier zu erklären. Zu dieser semantischen Klasse, die Zustände und nicht Prozesse bezeichnet, gehören auch die Verba smell, taste und feel in Kollokationen wie It smells sweet, The soup tastes sour usw. Aber es kann gar keinen Zweifel darüber geben, daß die erweiterte Form mit diesen Verben in der bezeichneten Bedeutung möglich ist. Der ganze Fragenkomplex bedarf einer neuerlichen eingehenden Untersuchung. Zwei Dinge möchte ich in diesem Zusammenhange festhalten. Einer der Gründe f ü r die bislang wenig befriedigenden Erklärungsversuche zu dem Phänomen der aspektlosen Verben ist in der traditionellen Wörter152 153



1. c., S. 96. 1. c., S. 98.

100

Zur Abgrenzung der Fragestellung

buchpraxis zu sehen, die die einzelnen Verben zwar mit verschiedenen Bedeutungen ausstattet, sie aber als lexikalische Einheiten betrachtet, während sie doch mit den einzelnen Bedeutungen zu ganz unterschiedlichen semantischen Klassen gehören können. Eine genauere Analyse des Bedeutungsfächers der einzelnen Verben dürfte uns das Verhalten der einzelnen Verben hinsichtlich der Bildungsmöglichkeiten der erweiterten Form genauer verstehen lassen. Das Verbum think z. B. hat in der Kollokation I think that Jones is a rascal zweifellos eine ganz andere semantische Struktur als in der Fügung He is thinking about bis childhood days. Das geht schon daraus hervor, daß der erste der beiden Sätze über jemanden ausgesagt werden kann, der schläft, der zweite aber nicht.154 Es wird nun klar, warum der Versuch, das Verhalten von think hinsichtlich der Bildungsmöglichkeit der erweiterten Form zu bestimmen, zu unbefriedigenden Ergebnissen führen mußte. Das Verbum wurde als lexikalische Einheit betrachtet, d. h. trotz seiner verschiedenen Bedeutungen als zu ein und derselben semantischen Klasse gehörig aufgefaßt. Wir kommen einen Schritt weiter, wenn wir den Bedeutungsfächer in diskrete Bedeutungen aufspalten, deren semantische Struktur (d. h. Klassenzugehörigkeit) im Sinne einer Komponentenanalyse je und je eigens zu bestimmen ist. Auf eine weitere Voraussetzung f ü r eine genauere Analyse ist hinzuweisen. Die Wahl der einfachen und erweiterten Form hängt nicht nur von semantischen Gegebenheiten in den betreffenden Verben (oder Prädikaten) ab, wenn diese auch die Grundlage darstellen, von der auszugehen ist. Als weiterer Faktor kommt das Aussagefeld hinzu, das f ü r ein Verb (oder ein Prädikat) in einer Sprache gegeben ist. Mit Aussagefeld bezeichne ich den Umstand, daß sich f ü r bestimmte Ausdrücke klare O p p o sitionen finden (I go to school — 1 am going to school), in anderen Fällen aber nicht: Das Verbum feel in der Bedeutung „sich fühlen", „sich befinden" sagt ohne entsprechenden sprachlichen Kontext kein Wesensmerkmal aus. Es hat ein anderes Aussagefeld als der Ausdruck go to school, was die Erklärung d a f ü r darstellt, daß die einfache und erweiterte Form hier ohne wesentlichen Bedeutungsunterschied nebeneinander vorkommen: How are you this morning? — Thank you, 1 feel (od. I am feeling) well. Des weiteren ist zu berücksichtigen, daß die Gesprächssituation die Wahl der Aspektform im Englischen beeinflußt. Im sogenannten Koinzidenzfall stehen Verben, die sonst sehr wohl in der erweiterten Form erscheinen können, in der Regel in der einfachen; man vergleiche die beiden folgenden Stellen:

154 Ygl Zeno Vendler, „Verbs and Times" in Philosophical S. 152.

Review

66 (1957),

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

101

(1)

Rodolpho (quite suddenly, stepping up to Eddie): It is my fault, Eddie. Everything. I wish to apologize. It was wrong that I do not ask your permission. I kiss your hand (He reaches for Eddie's hand, but Eddie snaps it away from him). Beatrice: Eddie, he's apologizing!1™ (2) George: . . . But life isn't simple, and, if you've any brains in your head at all, it's frankly a pain in the arse. Mrs. Elliot: George! Really! George: I'm sorry. I apologize,158

D a ß im zweiten Beispiel die einfache Form steht, liegt zweifellos daran, daß das Verbum im Koinzidenzfall steht. Ich werde auf diese Frage in einem der folgenden Kapitel noch ausführlicher eingehen. Als weiterer Faktor, der die Wahl der einfachen und erweiterten Form beeinflußt, ist schließlich die Darstellungsform zu berücksichtigen. In der Bühnenanweisung z. B. folgt die Wahl zwischen den beiden Formen ganz anderen Gesetzen als im gesprochenen T e x t : Vorgänge, die alle Voraussetzungen für die Verwendung der erweiterten Form erfüllen, können in der einfachen Form dargestellt werden: Raina, who has risen from the divan, marches slowly down the room with her hands clasped behind her, and looks mischievously at him. 157

Der Vorgang „march slowly down the room" ist ein willentliches Tun, er ist ein beobachtbarer, sich allmählich entwickelnder Prozeß und erfüllt damit alle Voraussetzungen, die für die Verwendung der Aspektform erfüllt sein müssen. Die Verwendung der einfachen Form erklärt sich aus dem Umstand, daß die Wendung in einer Bühnenanweisung steht. Wenn man also nach den Restriktionen fragt, die sich für die Wahl der erweiterten Form aus der Semantik der Verben oder der Prädikate ergeben, darf man nicht übersehen, daß die Entscheidung über die Verwendung der einfachen und erweiterten Form von Faktoren in unterschiedlichen Schichten der Sprache abhängig ist. D a ß aber zwischen der Semantik der Verben (und Prädikate) und der Bedeutung der erweiterten Form Wechselbeziehungen bestehen, ist nicht zu bezweifeln. Sie stellen sich in einigen Fällen dar als gänzliche Unvereinbarkeit von Verbinhalt und Aspektform — es gibt einige wenige Verben, die niemals die erweiterte Form bilden — oder aber als gegenseitige Determination, und zwar in der Weise, daß die Aspektform, wenn sie im Kommunikationsvorgang als Signal für den Hörer oder Leser gegeben ist, das polyseme Verb semantisch determiniert — Richard (looking dreamily round): I am thinking 155 158 157 158

( = ich denke nach), 1 5 8

Arthur Miller, A View from the Bridge, P L 29, S. 82. Osborne-Creighton, Epitaph for George Dillon, P L 50, S. 45. B. Shaw, Arms and the Man in Plays Pleasant, P L 4, S. 65. B. Shaw, The Devil's Disciple in Three Plays for Puritans, P L 2, S. 78.

102

Zur Abgrenzung der Fragestellung

oder aber dadurch, daß das durch eine bestimmte Kommunikationsabsicht des Sprechers bereits determinierte Verb die erweiterte Form ausschließt — Richard: I am thinking. It is all so strange to me. I can see the beauty and peace in this home. 1 think (ich glaube, bin der Meinung) I have never been more at rest in my life than at this moment.159 Ob die Wechselbeziehung zwischen der Semantik der Verben (und Prädikate) und der erweiterten Form vom Standpunkt des Hörers oder Sprechers betrachtet wird, ist für unsere Fragestellung von keiner Bedeutung. Es geht um das Wesen und den Umfang von Beziehungen dieser Art, und es ist im vorliegenden Zusammenhang hinzuzufügen, daß auch die erweiterte Form, da sie ja multifunktional ist, von der Semantik der Verben her determiniert werden kann. Während z. B. der Satz (Don't call me) I'm working at twelve zum Ausdruck bringt, daß eine Tätigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt im Verlauf begriffen ist, wird der Satz I'm leaving at twelve im Sinne einer Absicht oder eines Planes interpretiert. Der Grund für die unterschiedliche Interpretation ein und derselben grammatischen Kategorie (der Aspektform) ist nach R. P. Palmer im unterschiedlichen Zeitcharakter der Verben zu suchen: Er charakterisiert work als „nonmomentary activity", leave aber als „momentary activity". 160 Palmers weiterer Hinweis, daß die futurische Bedeutung der erweiterten Form des Präsens hauptsächlich mit Verben der Bewegung auftritt, greift eine Beobachtung auf, die in gewissem Sinne bei Sweet und Deutschbein vorausgenommen ist, und zwar insofern, als diese beiden Grammatiker das Aufkommen der futurischen Verwendung der erweiterten Form auf die „punktuellegressive" Aktionsart der Bewegungsverben, wenn sie mit einer Zeitbestimmung verbunden werden, zurückführen. 181 Allerdings muß Palmer selbst zugestehen, daß die futurische Verwendung der erweiterten Form des Präsens auch bei anderen Verben feststellbar ist. Als Beispiele führt er an: I'm watching television this evening und We're having turkey for lunch tomorrow,162 Ich will den Überblick über mögliche Ansatzpunkte für unsere Fragestellung im englischen Verbalsystem mit der Bemerkung abschließen, daß die von unserer Fragestellung gemeinten Sachverhalte für das Verständnis dieses Systems von grundlegender Bedeutung sind, wenn sie auch nicht die alleinige Grundlage für seine umfassende Analyse abgeben können. 159 160 161

162

ibid. 1. c., S. 90. Vgl. hierzu G. Dietrich, Erweiterte Englischen (München, 1955), S. 110.

1. c., S. 88.

Form,

Präteritum

und Perfektum

im

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

103

Eine erschöpfende Analyse des englischen Verbalsystems ist, wie A. G. Hatcher mit Recht bemerkt, nur in einer Reihe von Monographien möglich.163 Sie kann deshalb im Rahmen dieser Arbeit nicht unternommen werden. Stattdessen sollen in den folgenden Kapiteln einzelne Probleme herausgegriffen werden, und zwar vor allem in der Absicht, die bisherigen Methoden der grammatischen Analyse um den einen oder anderen neuen Gesichtspunkt zu erweitern. V) Die nominale

Gruppe

Wie die vorausgehenden Erörterungen gezeigt haben, bietet die verbale Gruppe (wie das Verbalsystem im ganzen) für unsere Fragestellung zahlreiche Ansatzpunkte. Aber auch die nominale Gruppe bietet Ansatzpunkte, wenn auch weit weniger. Ich beschränke mich auf einige Hinweise. Die Nominalgruppe des Englischen ist ein strukturell vielfältiges Gebilde. Die folgenden Strukturelemente lassen sich angeben: (1) der Kern (head) — ein Substantiv oder substantivierte Form; (2) die Erweiterung (modifiers) durch attributive Adjektiva (premodification) oder nachgestellte Elemente (postmodification); (3) das determinierende Element (determiners) — Artikel, Pronomina, Numeralia. Zu den Artikeln ist zu bemerken, daß sie genauso wie das s des Gruppengenitivs gebundene Formen sind, sie können nicht allein stehen. Die zum großen Teil semantischen Restriktionen, die für den Artikel in der nominalen Gruppe gelten, z. B. seine Unvereinbarkeit mit Stoff namen und deren Modifikation in Verbindung mit ihm, sind von der Grammatik ausführlich abgehandelt worden. 164 Weniger ausführlich ist dagegen die Frage untersucht worden, in welcher Ordnung die Elemente der praemodifizierenden Erweiterung des Kerns erscheinen müssen. Daß hier eine ganz spezifische Ordnung gegeben ist, kann nicht bezweifelt werden. A. A. Hill geht bei der Erörterung dieser Frage von dem folgenden Grundschema aus: VI all

V the

IV ten

III fine

II old

I stone

N houses

und bestimmt die sechs Ordnungsklassen (I—VI) wie folgt: zur Klasse VI gehören all, both und half, die vor dem Artikel stehen; zur Klasse V 163

1. c., S. 264: „A complete study of our problem is not apt to be achieved by one individual; indeed, even a single tense would offer problems that could be dealt with effectively only in a lengthy monograph". 164 Vgl. P. Christophersen, The Articles (A Study of their Theory and Use in English) (Copenhagen, 1939); H. M. Heinrichs, Studien zum bestimmten Artikel in den germanischen Sprachen (Giessen, 1954); H. S. Serensen, The Function of the Definite Article in Modern English, English Studies LX (1959).

104

Zur Abgrenzung der Fragestellung

gehören die beiden Artikel, this und that mit ihren Pluralformen, die adjektivischen Possessiva (my, your usw.) und schließlich die flektierten Genitivformen; zur Klasse IV zählen die Numeralia. Die Klasse I setzt sich nach Hill aus unflektierten Substantivformen zusammen, die mit dem Kern der Nominalgruppe keine Betonungseinheit bilden: also silk hat, coal stove, stone houses gegenüber Zusammensetzungen wie cannon-ball, Navy man, White House. Soweit macht die Ordnung der Erweiterungsglieder keine Schwierigkeiten. Sie beginnen aber mit den Klassen II und III. Eine eindeutige Zuordnung der Adjektiva zu diesen beiden Gruppen und damit die Festlegung der Reihenfolge ist, wie es scheint, noch nicht gelungen. Hill versucht, die Klasse I I I von der Klasse II durch die unterschiedliche Steigerungsform der Adjektiva abzusetzen — die Adjektiva der Klasse I I I können sowohl „germanisch" wie „romanisch" gesteigert werden, die der Klasse II nur „germanisch" —, aber Hill muß selbst zugeben, daß dieses Kriterium nicht durchwegs gilt." 5 Hinzu kommt, daß die Adjektiva der Klasse II noch einmal unterteilt werden müssen, da die Adjektiva old, new und little eine eigene Gruppe (II a) bilden. Wenn nun ein Adjektiv der Gruppe II a und der Gruppe II zusammentreffen wie etwa in grey old man oder old grey mare, ergeben sich interessante Fragen der Reihenfolge, die man zum Teil auf Grund semantischer Kriterien zu lösen versucht hat. Hill erwähnt die Beobachtung älterer Grammatiker, daß Farbadjektive den anderen Adjektiven der Gruppe II folgen: old grey mare. Mir scheint in diesem Zusammenhange auch Jespersens Beobachtung interessant, daß das letzte Adjektiv (er meint die der Gruppe I I ) vor dem Substantiv, das den Kern der Nominalgruppe bildet, mit diesem häufig eine besonders enge Verbindung eingeht: „the last adjunct often stands in a specially close connexion with the primary as forming one idea, one compound primary (young lady), especially in some fixed combinations (in high good humour, by great good fortune, extreme old age).m Es wäre also ein semantisches Phänomen, die Integration der Bestandteile zu einem Begriff, das in diesen Fällen die Reihenfolge der Adjektiva festlegt. Man muß zugestehen, daß young lady z . B . eine mehr oder minder feste Verbindung ist: Es heißt in der Regel an intelligent young lady und nicht a young intelligent lady. Aber in anderen Fällen herrscht Unsicherheit. Ist that tired old man oder that old tired man besser? Sagt der Engländer that young little fellow oder that little young fellow? Die Frage ist keineswegs geklärt.167 Sollte aber die Reihen-

165 I.e., S. 179. 166 y g [ philosophy of Grammar, S. 97. 167 Vgl. hierzu O. Jespersen, MEG, II, S. 360 ff., insbes. S. 363; C. W . Barritt, The Order Classes of English Modifiers (unpubl. diss. Univ. of Virginia,

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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folge bestimmter Adjektiva in bestimmten Fällen von ihrer Semantik abhängen, wären damit ja bestimmte Aspekte der Struktur der nominalen Gruppe, also ein grammatisches Phänomen, lexikalisch bedingt, und wir wären auf einen neuen Ansatzpunkt für unsere Fragestellung gestoßen. Die Frage bedarf der neuerlichen Untersuchung. Ein weiterer Ansatzpunkt f ü r unsere Fragestellung scheint sich hinsichtlich der Funktionsbestimmung der attributiven Modifikation (im Gegensatz zur prädikativen) in der nominalen Gruppe zu bieten. Besagen die beiden Wendungen The man is dirty und He is a dirty man dasselbe? Ich habe den Eindruck, daß f ü r die attributive Fügung die Tendenz besteht, die vom Attribut bezeichnete Eigenschaft als Wesensmerkmal auszusagen. Man vergleiche im Deutschen Der Mann ist krank — Er ist ein kranker Mann oder im Englischen The man is angry — Iie is an angry man. Es ist zu vermuten, daß in diesem Zusammenhang der Zeitcharakter der Adjektiva eine Rolle spielt. Die Frage ist meines Wissens von der Grammatik noch nicht aufgenommen worden und wäre zu untersuchen. 168 VI) Wechselbeziehung

zwischen Grammatik

und Lexik im Satz

Mit der Frage, inwieweit die Semantik der Verben oder der Prädikate auf die Funktion und Bildungsmöglichkeit der Tempora und Aspekte einwirkt, sind wir innerhalb der verbalen Gruppe geblieben. Von den verbalen Kategorien aber gehen auch semantische Wirkungen aus, die die Gruppe überschreiten und andere Satzelemente betreffen. Die englische Grammatik hat die Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit bestimmter Tempora, insbesondere des Präteritums und des Perfektums, mit bestimmten Zeitadverbien f ü r die Funktionsbestimmung dieser Kategorien nutzbar gemacht. In jüngster Zeit hat W. Diver zu diesen Fragen interessante Ausführungen beigetragen. 199 Ich verweise nur auf einige Punkte. Unvereinbarkeit ist gegeben zwischen dem Perfekt und Zeitbestimmungen, die einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt oder einen Zeitabschnitt bezeichnen, der von der Gegenwart (dem Augenblick des Sprechens) durch eine Zeitlücke getrennt ist. Nach dieser These sind Sätze wie ^ ^ I have played last Tuesday ^ oder >1< I have played tennis in November 1962 A' als nicht sprachgerecht zu bezeichnen. Eine ähnliche Beziehung der Unvereinbarkeit ist eigentümlicherweise auch im folgenden Satz gegeben, hier

168

109

1952); H. Sopher „Scquence of Adjectives" in English Language Teach'mg X V I (1962). Eine vergleichbare Differenzierung liegt offensichtlich beim vor- und nachgestellten Adjektiv im Französischen vor. „The Chronological System of the English Verb" in Word 19 (1963), S. 141—181.

106

Zur Abgrenzung der Fragestellung

allerdings nicht zwischen Perfekt und Zeitadverb, sondern zwischen dem Perfekt und dem Objekt: >K =+= have received the new pen as a gift ^ Es ist offensichtlich der bestimmte Artikel beim Objekt, also die Art seiner Determination, die der Kombination mit dem Perfektum widerstreitet, denn derselbe Satz mit dem unbestimmten Artikel ist völlig einwandfrei: I have received a new pen as a gift. Als unvereinbar erweisen sich auch die erweiterte Form des Präteritums und unbestimmte Zeitangaben der Vergangenheit. ^ >!< No one was ever asking me such a question ^ >f< Ähnliches behauptet Diver audi für das Präsens. Die einfache Präsensform ist nicht mit Zeitadverbien vereinbar, die sich auf den Augenblick des Sprechens beziehen: ** He sleeps at this moment Hier ergibt sich allerdings ein entscheidender Einwand. Selbst eine bescheidene Materialsammlung — Diver legt seinen Ausführungen leider keine zugrunde — muß zu dem Ergebnis kommen, daß die einfache und die erweiterte Präsensform vertauschbar sind, ohne daß sich eine Bedeutungsänderung ergibt. Man vergleiche die beiden Formen im folgenden Gespräch: Grandf.: . . . And now my dear, are you feeling strong enough to come and help me in the garden? It's a lovely day, and I thought we might sweep up some of the leaves and have a bonfire. Ann: I don't feel very strong, Grandfather, but if you'll do the sweeping I'll look after the bonfire.170

Einer meiner englischen Bekannten versichert mir, daß die erweiterte Präsensform im folgenden Satz ohne weiteres durch die einfache ersetzt werden könnte: George: Well, Miss Ann, you see Miss Robinson is feeling a bit upset today. 171

Gegen den Satz Miss Robinson feels a bit upset today, der ja eine Zeitbestimmung enthält, die den Augenblick des Sprediens ebenso mit einschließt wie etwa at this moment, ist absolut nichts einzuwenden. Meine Beobachtung wird gestützt durch die Ausführungen A. G. Hatchers, wenn sie versichert, daß My back aches durchaus die normale Ausdrudksweise ist für einen Sachverhalt, der in seinem zeitlichen Aspekt als aktuelles Präsens zu bezeichnen ist.172 Die Feststellung Divers, daß die einfache 170 171 172

„Ann and her Grandfather" in Hier spricht London Nr. 453. ibid. Nr. 596. 1. c., S. 266 ff.

Zur Wechselbeziehung zwischen Grammatik und Lexik

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Präsensform nicht mit Zeitadverbien verbunden werden kann, die sich auf den Augenblick des Sprechens beziehen, ist sicher unvollständig. Sie gilt für bestimmte Verben, für andere nicht. Auf die Gründe für diesen eigenartigen Sachverhalt werde ich in einem der folgenden Kapitel noch zu sprechen kommen. Eine weitere Form semantischer Beziehung ist mit der Monosemierung mehrdeutiger Zeitbestimmungen durch Tempus oder Aspekt gegeben. Das Adverb on Tuesday kann einen bestimmten Dienstag, z. B. den der laufenden Woche, meinen oder aber irgendeinen in der Vergangenheit. In Verbindung mit dem Perfekt aber ist nur die indefinite Bedeutung dieser Wendung möglich: He bas played

golf on

Tuesday.

Das gleiche gilt für die Sätze I have gone skating on Christmas Day und I have played tennis on November Ist. Interessant ist, daß eine ähnliche Monosemierung vom Präteritum nicht bewerkstelligt wird. In dem Satz He played golf on Tuesday, rode horseback on Wednesday, and rested on Thursday kann sowohl ein spezifischer Dienstag, Mittwoch und Donnerstag gemeint sein oder aber alle Dienstage usw. in einem bestimmten Zeitabschnitt der Vergangenheit. In Verbindung mit dem Präteritum bleiben diese Zeitbestimmungen zweideutig, was Diver veranlaßt, das Präteritum im Verhältnis zum Perfekt die unbezeichnete („unmarked") Kategorie zu nennen. Beziehungen im Sinne unserer Fragestellung lassen sich aber auch zwischen der erweiterten Form von be (is being usw.) in der prädikativen Satzformel und der prädikativen Ergänzung einerseits und dem Subjekt andererseits feststellen. Während Sätze wie He is being silly (stupid, rude usw.) im Englischen möglich sind, können Wendungen wie ^^ He is being tall (bald, super fluous usw.) >K ^ nicht als sprachgerecht bezeichnet werden. Das liegt offensichtlich an der semantischen Struktur der betreffenden Adjektiva. Restriktionen bestehen in dieser Satzformel ganz offensichtlich auch hinsichtlich des Subjekts. Sätze wie The car is being useful oder The manchine is being awkward sind zwar möglich, die Subjekte car und machine aber erscheinen als personifiziert, was ich als Ausfluß einer bestimmten semantischen Charakterisierung der erweiterten Kopula deuten möchte. Genaueres über diese Frage führe ich in einem eigenen Kapitel weiter unten aus. Interessant in diesem Zusammenhang ist der Umstand, daß von der einfachen Kopula derartige

108

Zur Abgrenzung der Fragestellung

Restriktionen in unserer Satzformel nicht ausgehen. Selbstverständlich sind auch in diesem Satztyp Restriktionen feststellbar: >j< ^ *

The circle is Square

>K

The pillar is dead * * ,

aber die Restriktionen, die in diesen Sätzen sichtbar werden — auch die metaphorische Ausdrucksweise (The pillar is dead) setzt ja in ihrer besonderen Wirkungsweise ganz bestimmte Restriktionen voraus — ,

sind

grundsätzlich anderer A r t als die von unserer Fragestellung gemeinten. Sie bestehen nur zwischen lexikalischen Elementen und nicht zwischen lexikalischen und grammatischen. Die rein lexikalischen Restriktionen sind Gegenstand der Semantik oder Lexik und liegen außerhalb unserer Fragestellung. Mit den Restriktionen aber, die in der prädikativen Satzformel von der erweiterten Kopula ausgehen, sind wir auf einen interessanten Sachverhalt gestoßen, auf die Tatsache nämlich, daß zwei Strukturelemente des Satzes in ihrer lexikalischen Ausfüllung von einem einzigen grammatischen Element her gesteuert werden: Subjekt


• präd. Ergänzung.

Auf Gegebenheiten dieser Art ist die grammatische Forschung bisher nicht aufmerksam geworden. Sie machen die Komplexität der Sprache in besonders eindringlicher Weise deutlich. Gegebenheiten dieser A r t sind aber nicht auf den prädikativen Satztyp beschränkt, sie finden sich im Vergleichssatz und lassen sich bei der Koordination von Satzelementen und Sätzen feststellen. Im Vergleichssatz ist es die Vergleichspartikel, von der bestimmte semantische Restriktionen hinsichtlich der verglichenen Satzelemente ausgeübt werden. Man kann natürlich auch sagen, daß diese Restriktionen von den Gesetzmäßigkeiten herrühren, die der geistigen Operation des Vergleichens zugrunde liegen. Sie werden z. B. darin sichtbar, daß ein Satz wie Mary is as intelligent

as Jack is stupid

als natürlicher empfunden wird als Mary is as intelligent

as Jack is fat.

Das liegt ganz offensichtlich an bestimmten semantischen Beziehungen, die zwischen den verglichenen Eigenschaften bestehen — (intelligent und stupid

sind antonyme Adjektiva, während intelligent

und fat in

keiner so engen semantischen Beziehung stehen). Des weiteren gilt, daß bestimmte Komparative des Englischen zufolge ihrer Bedeutungsstruktur in einem bestimmten Typus des Komparativsatzes nicht erscheinen können. Während der Satz He sings as badly as she plays well

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als durchaus sprachgerecht angesehen werden muß — R. B. Lees verwendet ihn in seinem Aufsatz über den englischen Komparativsatz 1 7 3 —, ist die Fügung She sings worse than he plays well sprachlicher Unsinn. Das liegt nicht am Typus des Vergleichssatzes, denn ganz analoge Fügungen werden als sprachgerecht empfunden: He is more stupid than she is intelligent. Auf einige der im Komparativsatz wirksamen Bedeutungsbeziehungen gehe ich in einem eigenen Kapitel näher ein, ich kann mich deshalb hier auf einige wenige Hinweise beschränken. Ganz ähnliche Restriktionen gehen von bestimmten Konjunktionen aus. Lila R. Gleitman hat im Rahmen der Transformationsgrammatik eine Darstellung der beiordnenden Konstruktionen des Englischen versucht. 174 Dabei werden grundsätzlich alle beigeordneten Fügungen durch die Verschmelzung von Basissätzen erzeugt. Dem Satze =+= ^ saw a tall and short man liegen also die Basissätze I saw a tall man und I saw a short man zugrunde. Die Ableitungsregel, auf die hier im einzelnen nicht eingegangen werden soll — eine kritische Auseinandersetzung mit der Transformationsgrammatik erfolgt im Kapitel über den Komparativsatz weiter unten —, 175 nimmt allerdings auf semantische Gegebenheiten keine Rücksicht. Grundsätzlich sind alle Satzelemente, die im Rahmen der Konstituentenstrukturgrammatik den gleichen syntaktischen Status ( = die gleichen „dominators") haben, durch die Konjunktionen and, or und but zusammenfügbar, wobei allerdings einige Restriktionen zu beachten sind. Zunächst gilt, daß durch die Konjunktionen and und or beliebig viele Elemente, durch but aber nur zwei zusammengefügt werden können. Bei der Zusammenordnung von Sätzen ist zu beachten, daß z. B. Frage- und Imperativsätze nicht zusammengefügt werden können. D a semantische Restriktionen nicht berücksichtigt sind, erzeugt die Regel also grundsätzlich auch Sätze wie ** / saw a tall and short man >j|(