Die informationelle Struktur im Englischen: Syntax und Information als Mittel der Hervorhebung 9783110963564, 9783484303232

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German Pages 236 [244] Year 1994

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
TEIL 1. Forschungsbericht
0. Untersuchungsgegenstand und Methode
1. Das Modell der Funktionalen Satzperspektive
2. Das generative Modell der informationellen Struktur
3. Die informationelle Struktur im Modell von M.A.K. Halliday
4. Das Modell der informationellen Struktur in der Comprehensive Grammar of the English Language (CGEL)
TEIL II. Systematische Untersuchung zu den intonatorischen und syntaktischen Parametern der informationellen Struktur im Englischen
5. Die Syntax als Faktor der informationellen Struktur
6. Die Intonation als Faktor der informationellen Struktur
TEIL III. Analyse von Textbeispielen
7. Die Illustration der informationellen Struktur anhand verschiedener Textbeispiele
8. Zusammenfassung und Ausblick
Bibliographie
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Die informationelle Struktur im Englischen: Syntax und Information als Mittel der Hervorhebung
 9783110963564, 9783484303232

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Linguistische Arbeiten

323

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E. Brekle, Gerhard Heibig, Hans Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese

Maria Luise Thein

Die informationelle Struktur im Englischen Syntax und Information als Mittel der Hervorhebung

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1994

Intonation falls in the treacherous no-man's land between the clearly linguistic and the clearly paralinguistic (Hocket, 1987: 140)

Meinen Eltern

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Thein, Maria Luise: Die informationelle Struktur im Englischen : Syntax und Information als Mittel der Hervorhebung / Maria Luise Thein. - Tübingen : Niemeyer, 1994 (Linguistische Arbeiten ; 323) NE: GT ISBN 3-484-30323-9

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1994 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen. Übersetzungen. Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Hugo Nädele. Nehren

Inhalt Vorwort

xi

Abkürzungsverzeichnis

xiii

TEIL 1: Forschungsbericht 0.

Untersuchungsgegenstand und Methode

1

0.1 0.2 0.3 0.4

Der Untersuchungsgegenstand Die Methode Das Verhältnis zwischen gesprochener und geschriebener Sprache Das Beschreibungsinstrumentarium der Intonation

1 5 6 8

1.

Das Modell der Funktionalen Satzperspektive (FSP)

10

1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.2.1 1.1.2.2 1.1.3 1.1.4 1.2 1.2.1 1.2.1.1 1.2.1.2 1.2.1.3 1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.2 1.2.2.3 1.2.3 1.3 1.4. 1.5. 1.5.1 1.5.1.1 1.5.1.2 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.6 1.7

Das Modell Mathesius' Der Satz als informationelle Einheit Die Bestimmung des Modells der informationellen Struktur Die Konstituenten der informationellen Struktur Das Verhältnis von FSP und Syntax Die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Intonation Syntaktische Konstruktionen als sog. Mittel der FSP Firbas'Modell Der Triumph der Idee über die Realität Die kommunikative Dynamik Die Grundverteilung der CD Die FSP als kontext-freie Grammatik Die sog. Mittel der FSP bei Firbas Die Satzstellung Die Artikelsetzung Semantische Satzbaupläne Die Rolle der Intonation in Firbas 1969 Die Arbeiten von Dvoräkovä Die Arbeiten Svobodas Das Modell der Topic Comment Articulation Die inhaltliche Bestimmimg der TCA Allerlei Annäherungsverfahren an topic und comment Das unbekannte Dritte zwischen topic und comment Die semantische Ausrichtung der TCA Das generative Modell der TCA Fazit zum Modell der informationellen Struktur in der TCA Neuere Arbeiten zur FSP am Beispiel von Bily 1981 Zum Stande der Forschung zur informationellen Struktur in der Prager Schule

10 10 10 10 11 12 15 19 19 19 21 22 22 23 23 25 28 30 32 34 34 36 37 38 40 40 41 42

2.

Das generative Modell der informationellen Struktur

43

2.1 2.1.1

Die Basisaxiome der generativen Schulen Die Ausklammerung des Kontexts

43 43

vi

2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.2.1 2.2.2.2 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2 2.2.3.3 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.2.5 2.3 2.3.1 2.3.2

Der Ort der Bestimmung der informationellen Struktur Das Modell der informationellen Struktur in der gTG Die Begriffe Fokus und Präsupposition und ihre Bestimmung Das binäre Verständnis von Intonation Normale Intonation Normale Intonation und der Kontrastfall Die Mißachtung der Form zugunsten intuitiver Urteile Warum sind Verbfugungen angeblich keine Foki? Scheinbar natürliche Antworten Der scheinbar unbestimmbare Fokus Die Beschreibung der informationellen Struktur mittels neuerer Intonationsmodelle Das revidierte Intonationsmodell von Jackendoff Neuere generative Arbeiten zur Intonation Fazit zum Stande der Forschung zur informationellen Struktur in der gTG Das Modell der informationellen Struktur in der generativen Semantik Das Fokusmodell der generativen Semantik Zum Stande der Forschung zur informationellen Struktur in der generativen Semantik

3.

Die informationelle Struktur im Modell von M.A.K. Halliday

3.1

Die Stellung der informationellen Struktur in der Systemischen Grammatik Die Entflechtung der informationellen Struktur Die Informationsstruktur und die Rolle der Intonation Die Definitionen der Informationsstruktur und der Dichotomie gegeben vs neu Die Wirkung der Intonation auf die informationelle Struktur Die einfachen Tonhöhenbewegungen und ihre Funktionen Die komplexen Tonhöhenbewegungen als Stolpersteine des Halliday sehen Modells Die Vermischung linguistischer und paralinguistischer Funktionen Die Markiertheit bei Halliday Die Thematisierung und die Rolle der Position Bestimmung des Themas und Zusammenhang von Informationsstruktur und Thematisierung Der Zusammenhang zwischen der Satzart und der Markiertheit des Themas Syntaktische Konstruktionen mit unmarkierten Themen Das Zusammenspiel von Informationsstruktur und Thematisierung Zusammenfassende Beurteilung

3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.2.1 3.3.2.2 3.3.2.3 3.3.2.4 3.4 3.4.1 3.4.2 3.5 3.6 3.7

44 46 46 47 48 50 52 52 53 55 58 58 61 61 62 62 64 65 65 66 67 67 68 68 71 71 72 73 73 75 77 79 81

4.

Das Modell der informationellen Struktur in der Comprehensive Grammar of the English Language (CGEL)

83

4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.2.1 4.2.2.2 4.2.2.3

Das Verständnis der CGEL von der informationellen Struktur Die Intonation als informationelles Strukturprinzip Die Tonhöhe als Träger der Hervorhebung Tonhöhenveränderungen und ihre Funktionen Die linguistische Relevanz von Steig- und Fallton Der Flachton - ein linguistisch relevanter Fall? Die komplexen Tonhöhenbewegungen

83 84 84 84 85 85 86

vi i 4.2.2.3.1 4.2.2.3.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7

Fallend-steigend und steigend-fallend Fall-plus-Steigung und Steigung-plus-Fall Die Position des Hervorhebungszentrums (Hhz) Markierter oder unmarkierter Fokus Scheinbar widersprüchliche Intonationsfälle Der Begriff Marked Theme Bilanz der prosodischen Mittel der Hervorhebung

86 87 90 91 91 93 94

TEIL II: Systematische Untersuchung zu den intonatorischen und syntaktischen Parametern der informationellen Struktur im Englischen 5.

Die Syntax als Faktor der informationellen Struktur

5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.2 5.2.1 5.2.1.1 5.2.1.2 5.2.1.3 5.2.1.3.1 5.2.1.3.2 5.2.1.3.3 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.4.1 5.2.4.2 5.2.4.2.1 5.2.4.2.2 5.2.4.2.3 5.2.4.2.4 5.2.4.2.5 5.2.5 5.2.5.1 5.2.5.2 5 .3 5.3.1 5.3.1.1 5.3.1.2 5.3.2 5.3.2.1 5.3.2.2 5.3.3 5.3.4

Die Syntax als grammatische und informationelle Struktur Die grammatiscne Norm Die informationelle Norm Der Status des Subjekts Der Einfluß anderer Faktoren auf die Wahl der Syntax Die Satzstellungsvariationen der Voranstellung Die Frontstellung Die formale Bestimmung der Frontstellung Die informationelle Struktur der Frontstellung Restriktionen und Möglichkeiten der Frontstellung Die Frontstellung von Adverbials Die Frontstellung von Komplementen Die Frontstellung von Objekten Die Linksversetzung DerAnakoluth Die Spaltsatzkonstruktion Die formale Bestimmung der Spaltsatzkonstruktion Die informationelle Struktur des Spaltsatzes Die Auszeichnung des Subjekts Die Restriktion zur Auszeichnung des Verbs Die Auszeichnung des Objekts Die Auszeichnung der Komplemente Die Auszeichnung des Adverbials Die Pseudospaltsatzkonstruktion Die formale Bestimmung der Pseudospaltsatzkonstruktion Die informationelle Struktur des Pseuaospaltsatzes Die Satzstellungsvariation der Nachstellung Die Extraposition Die grammatische Bestimmung der Extraposition Die informationelle Struktur der Extraposition Die Diathese Grammatische Bestimmung der Diathese Die informationelle Struktur diathethischer Varianten Das Tough-Movement Die Stellung von Komplementen bei di- und komplextransitiven Verben Teilextrapositionen oder diskontinuierliche Fügungen Die segmentierte Äußerung Die Rechtsversetzung Die Konstruktion mit unbetontem there Die formale Bestimmung der i/iere-Konstruktion Die informationelle Struktur der there- Konstruktion Die Konstruktion mit Eventive object

5.3.5 5.3.6 5.3.7 5.4 5.4.1 5.4.2 5.5

95 96 96 98 98 101 102 102 102 103 104 104 105 106 108 109 111 111 113 115 116 117 117 118 121 121 123 124 124 124 127 128 128 130 131 132 133 134 135 136 136 138 139

viii

5.6

Zusammenfassung der syntaktischen Konstruktionen mit informationellen Punktionen

140

6.

Die Intonation als Faktor der informationellen Struktur

142

6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.2.1 6.1.2.2 6.1.3

Die phonetisch-phonologischen Parameter der Intonation Die Tonhöhe und ihre Veränderung Die Betonung auf der Äußerungsebene Die phonetischen Parameter der Betonung. Die auditiv unterscheidbaren Formen der Betonung Die Korrelation zwischen onstrecke und Äußerung als Beispiel einer auditiven Analyse Die Hervorhebung als Vehikel des Informationswerts Der Zusammenhang zwischen Informationswert und kontextueller Voraussagbarkeit Der Informationswert und die Betonungsstufe Äußerungen und ihre Intonationsmuster Die einfache Hervorhebung Äußerungen mit fmalen Hervorhebungszentren Äußerungen mit irrationalen Hervorhebungszentren Die diskursiven Funktionen der Intonation Die Hervorhebung zum Zwecke des Kontrasts Der implizite Kontrast Die Richtigstellung und die Bestätigung Beiseite-Sprechen Tonstrecken mit mehreren Hervorhebungszentren Die Fehlleistung Der intonatorische Anakoluth Der Einfluß anderer Faktoren auf die Betonung Der Einfluß anderer grammatischen Ebenen Der Einfluß der Wortklasse Der Einfluß der Syntax und der Argumentstruktur Der Einfluß paralinguistischer Funktionen bzw. die spielerische Intonation Der Einfluß des Wechselmaßes und die spielerische Intonation Der Einfluß der Emphase Das Problems des Skopus der Sinnspitze Tonstrecken übergreifende Intonationsmuster Zusammenfassung der Wirkung der Intonation auf die informationelle Struktur

143 146 155 155 156

6.2 6.2.1 6.2.2 6.3 6.3.1 6.3.1.1 6.3.1.2 6.3.2 6.3.2.1 6.3.2.2 6.3.2.3 6.3.2.4 6.4 6.4.1 6.4.2 6.5 6.5.1 6.5.1.1 6.5.1.2 6.5.2 6.5.2.1 6.5.2.2 6.6 6.7 6.8

158 165 165 169 171 171 171 173 176 177 178 179 180 183 183 184 184 185 185 188 192 192 193 194 195 195

TEIL III: Analyse von Textbeispielen 7.

Die Illustration der informationellen Struktur anhand verschiedener Textbeispiele

7.1. 7.1.1 7.1.2 7.1.3

Text 1: Chesterton. 1978. "The Crime of the Communist".109f. Der Text Der Kontext des Textes und die Methode der Beschreibung Das Zusammenspiel syntaktischer und intonatorischer Faktoren zur Kennzeichnung der informationellen Struktur Bemerkungen zur Intonation und zur Syntax des Textes Die Texte 2 und 3 (Corpus o/English Conversation, S 3.3 und S 1.3).... Der Texttyp und die Intonation der Texte

7.1.4 7.2. 7.2.1

197 197 197 198 200 203 205 205

ix

7.2.2 7.2.3

Das Zusammenspiel syntaktischer und intonationeller Faktoren zur Kennzeichnung der informationellen Struktur Bemerkungen zur Intonation und zur Syntax der Texte

206 212

8. Zusammenfassung und Ausblick

214

Bibliographie

221

Vorwort Mein besonderer Dank gilt meinem Lehrer Prof. Dr. E. Standop, der mich für das Thema interessierte und mir in der Entstehungsphase dieser Arbeit allzeit beratend zur Seite stand. Mein Dank gilt auch den Lektoren des Englischen Instituts, Colin Humphrey, Andrew Tidmarsh und Ruth Wishart, die geduldig Beispiele und Texte für mich intonierten.

Abkürzungsverzeichnis Einige nur punktuell verwendete Abkürzungen werden an Ort und Stelle eingeführt. Intonationszeichen: [ | Tonstreckengrenze o unbetontes Element (unausgezeichnet) 6 stark betontes Element ö schwach betontes Element o\ Hervorhebungselement mit fallender Tonhöhenbewegung o/ Hervorhebungselement mit steigender Tonhöhenbewegung () Beiseite-Sprechen \o/ Tonhöhengipfel AmE BrE CD CEC CGEL CI EST FQ FHhz(z) FSP gTG Hhz(z) KHhz(z) LOB NSR Rh rht s.v. SAAR SPE SR ST TCA tht TS vs

Amerikanisches Englisch Britisches Englisch Communicative Dynamism, Kommunikative Dynamik Corpus of English Conversation (Svartvik/Quirk 1980) A Comprehensive grammar of the English language (Quirk et al. 1985) Communicative Importance, Kommunikative Wichtigkeit Erweitertes Standard(-Modell) Grundfrequenz Finales Hervorhebungszentrum bzw. -Zentren Funktionale Satzperspektive generative Transformationsgrammatik Hervorhebungszentrum bzw. -Zentren Kontrastives Hervorhebungszentrum bzw. -Zentren Lancaster-Oslo/Bergen-Korpus (Johansen et al. 1986) Nuclear stress rule Rhema rhematisch sub voce Sentence accent assignment rule Sound Pattern of English (Chomsky/Halle 1968) semantische Repräsentation Standard(-Modell) Topic comment articulation thematisch Tonstrecke versus

0 Untersuchungsgegenstand und Methode

0.1 Der Untersuchungs gegenständ Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Struktur von Äußerungen im Hinblick auf die Darstellung von Information. Die Bezeichnung Information ist dabei sehr weit gefaßt. Sie umfaßt nicht nur das Sprechen über Gegenstände und Sachverhalte, sondern auch der Ausdruck subjektiver Meinungen oder der Appell an den Kommunikationspartner. Die Art der Darstellung von Information bezeichne ich als die informationelle Struktur1. Die Funktion der einzelnen Elemente einer Äußerung in der informationellen Struktur einer Äußerung ist analog die informationelle Funktion. Der Schwerpunkt meiner Untersuchung liegt auf der Frage, inwieweit und auf welche Art die informationelle Funktion der Elemente einer Äußerung im Englischen durch bedeutungsbewahrende syntaktische und intonatorische Variation verändert werden kann. Ein Text besteht aus einer Aneinanderreihung verschiedener Informationseinheiten. Die kleinste selbständige textuelle Einheit bezeichne ich als Äußerung. Dies ist eine syntaktisch und semantisch in sich geschlossene, selbständige sprachliche Einheit, die auf syntaktischer Ebene der Klausel2, d.h. einem unter- oder übergeordnetem Satz, oder dem einfachen Satz, auf der intonatorischen Ebene in der Regel der Tonstrecke entspricht (s. 6.1.3). Die informationellen Funktionen der einzelnen Elemente einer Äußerung äußern sich in ihrer spezifischen syntaktischen und intonatorischen Realisation. Zur Beschreibung der informationellen Struktur wurden in den letzten Jahrzehnten verschiedene Modelle entwickelt, mit denen wir uns im Laufe der Arbeit in Teil I auseinandersetzen werden. Bei dieser Auseinandersetzung lege ich als Vergleichsmaßstab mein eigenes Modell der informationellen Struktur zugrunde. Dieses Modell wird - abgesehen von einem kurzem Abriß des Intonationsmodells in 0.4. - in Teil II, in den Kapiteln 5 und 6 dieser Arbeit ausfuhrlich dargestellt werden. Es erfaßt sowohl intonatorische als auch syntaktische Variationen des Englischen. Inhaltliche Variation, bei der der gleiche Sachverhalt mit unterschiedlichen Lexemen ausgedrückt wird, ist von der Betrachtung ausgenommen. Solche lexikalischen Unterschiede, die z.B. durch die Wahl eines Elements eines Konversenpaares wie seil und buy hervorgerufen werden, bedürfen ob ihrer Komplexität einer eigenen Untersuchung. Damit ist auch der Zusam1 2

In der deutschen Linguistik spricht man auch von Informationsgliederung

(s. Jacobs, 1992:9)

Ich übernehme aus der Grammatik von HentschelAVeydt die Bezeichnung Klausel als Äquivalent der englischen Bezeichnung clause. Diese Bezeichnung ist zwar im Deutschen schon mit anderen Bedeutungen belegt, was vermutlich der Grund dafür ist, daß in Rezensionen zu dieser Grammatik diese Bezeichnung ablehnten. Die Polysemie der Bezeichnung Klausel verhindert jedoch nicht, daß in linguistischen Kontext eindeutig ein über- oder untergeordneter Satz damit bezeichnet werden kann, womit eine im Deutschen klaffende Lücke geschlossen wird.

2

menhang zwischen Sprache und Denken, d.h. die Frage, wie gedankliche Inhalte in Sprache gefaßt werden, ausgeklammert. Ein meiner Untersuchung vergleichbares Unterfangen stellt Brömser 1982 dar. Brömsers Untersuchung besteht aus drei Teilen: einem Abriß der bisherigen Modelle zur informationellen Struktur, einem systematischen Teil der Darstellung, in dem die allgemeinen Prinzipien der informationellen Struktur erläutert werden, und einem sprachspezifischen Teil, in dem die im Englischen herrschenden Verhältnisse vorgestellt werden. Brömsers Darstellung ist redundant, denn beim dritten Teil handelt es sich in weiten Zügen lediglich um eine Wiederholung des zweiten Teils, in dem bereits hauptsächlich die im Englischen herrschenden Verhältnisse besprochen werden. Brömsers Arbeit krankt ferner an der Tatsache, daß er unkritisch die bisherigen Modelle darstellt und deren Fehler tradiert. So versteht er z.B. Thema und Rhema als ideelle Begriffe, die einer Ebene der FSP angehören, die neben und unabhängig von Syntax und Intonation besteht. Das zeigt sich z.B. an seiner Praxis, von Strukturen zu sprechen, "die dazu dienen, die Syntax den Bedürfhissen der FSP anzupassen" (Brömser, 1981:145). Auch die Überschrift des dritten Teils "Die Kodierung der FSP im Englischen" setzt die Existenz eines Phänomens FSP voraus. Eine solche Auffassung ist jedoch nicht haltbar, denn die FSP ist keine objektiv beschreibbare Ebene der Sprache, sondern lediglich ein beschreibungstechnisches Konstrukt (s. auch unten 1.1.2.2 (2)).

Die hier vorgestellten Modelle der informationellen Struktur sind das FSP-Modell der Prager Schule, das Modell von Topic und Comment bzw. Presupposition und Focus der generativen Schulen, das Modell der britischen Schule und schließlich das in der Comprehensive Grammar of the English Language (ÇGEL) dargestellte Modell. Letzteres stellt zwar keinen neuen theoretischen Ansatz zur Beschreibung der informationellen Struktur dar, dennoch halte ich es aus zwei Gründen für besprechenswert: zum einen ist es eine interessante Synthese der zuvor genannten Modelle, zum zweiten stellt das in der CGEL vorgestellte Modell wegen des Renommés dieser Referenzgrammatik des Englischen das am weitesten verbreitete und vermutlich einflußreichste Modell der informationellen Struktur dar. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Modellen der informationellen Struktur ist auf verschiedene Gesichtspunkte zurückzufuhren, deren Details es an Ort und Stelle zu erörtern gilt. Es bestehen jedoch auch grundsätzliche Unterschiede. Der erste Unterschied dieser Art besteht in der Art der Sprachbetrachtung. Man kann dabei zwei Lager unterscheiden: das der Positivisten einerseits und das der Idealisten andererseits. Für Letztere ist die informationelle Struktur eine hypostasierte Größe, die die Syntax und die Intonation ihren Bedürfiiissen unterwirft. Das in den Kapiteln 5 und 6 dieser Arbeit vorgestellte positivistische Modell der informationellen Struktur ist dagegen in erster Linie eine Bestandsaufnahme und eine Beschreibung syntaktischer und intonatorischer Variation. Nach der Bestandsaufnahme werden diese Variationen daraufhin untersucht, inwieweit sie unterschiedliche Arten der Darstellung von Information repräsentieren. Der zweite Unterschied zwischen den verschiedenen Modellen zur informationellen Struktur ist eine logische Folge des ersten: Während der Untersuchungsgegenstand der

3

idealistischen Modelle der Satz, d.h. eine abstrahierte Einheit, ist, ist der der positivistischen Modelle die Äußerung, d.h. die tatsächliche sprachliche Realisation eines Satzes. Die Beschreibung von Äußerungen setzt die Berücksichtigung des Kontexts voraus. Erstere Modelle dagegen stellen kontextfreie Beschreibungen auf, die der sprachlichen Realität nicht gerecht werden. Diese Gefahr der Realitätsferne soll in der vorliegenden Arbeit durch eine kontrastive, beschreibende Analyse von Äußerungen und ihrer Kontexte umgangen werden. Die vorliegende Untersuchung der informationellen Struktur ist in zwei Teile gegliedert. In einem ersten, wissenschaftshistorischen Teil werden die Entwicklung und die Ergebnisse ebenso wie die Unstimmigkeiten der bisherigen Forschung aufgezeigt. Dabei konzentriere ich mich auf Forschungen aus angelsächsischem Raum auf beiden Seiten des Atlantik. Wichtige kontinentaleuropäische Forschungen wie Altmann 1989, Jacobs 1992 oder Uhmann 1991, die meist von anderen Prämissen ausgehen3, konnten nur am Rande berücksichtigt werden. Im zweiten, systematischen Teil erfolgt die Darstellung meines Modells der informationellen Struktur, d.h. die Bestandsaufnahme und Beschreibung derjenigen intonatorischen und syntaktischen Variationen, die dem Sprecher einer mündlichen Mitteilung bzw. dem Autor einer geschriebenen Mitteilung zur Verfugung stehen. In einem dritten, abschließenden Teil werde ich die Ergebnisse des systematischen Teils an einigen Beispieltexten demonstrieren. Anstatt der umständlichen Angabe 'Sprecherin einer mündlichen Äußerung' bzw. 'Autorin einer geschriebenen Äußerung' bzw. "Hörerin mündlicher Äußerungen' und 'Leserin geschriebener Äußerungen' verwende ich in der Folge die Begriffe 'Sprecher' bzw. Hörer'.

Meine Untersuchung befaßt sich mit Sprache als einem gegliederten Ganzen, das der Übermittlung von Information in der Kommunikation dient. Der konkrete Untersuchungsgegenstand ist die oben genannte Äußerung. Sie ist die kleinste Einheit eines Textes. Die informationelle Struktur ist eines der Prinzipien, von denen der Erfolg sprachlicher Kommunikation abhängt. Kommunikation ist eine Übermittlung von Information zwischen Sprecher und Hörer. Dabei gibt es ein Prinzip der Darstellung von Information, das dem Sprecher und dem Hörer bekannt und für beide gleichermaßen verbindlich ist. Dieses Prinzip kann mit den Griceschen Konversationsmaximen verglichen werden. Clark und Haviland beschreiben die Wirkung dieses Prinzips auf Sprecher und Hörer in der Kommunikation folgendermaßen: [The Speaker] tries, to the best of his abilities, to make the strueture of his message congruent with his knowledge of the listener's mental world. He agrees to convey Information he thinks the listener already knows as given Information and to convey information he thinks the listener doesn't know as new Information. The listener, for his part, agrees to interpret all utterances in the same light. (Clark/Haviland 1977:4) 3 Uhmann 1991 ist dem Zusammenhang zwischen Fokus und Akzentton gewidmet. Dabei geht sie von einer Trennung von Fokus und Intonation (1991: 7) aus. Ich gehe im Gegensatz dazu von einer Kennzeichnung des Fokus durch die Intonation aus. Während Uhmann im empirischen Teil ihrer Arbeit nur solche Beispiele diskutieren kann, deren "Fokus aufgrund von W-Fragen oder Behauptungen mit vorgegebener Akzentuierung des kontrolliert betrachtet werden kann", erlaubt mein Ansatz auch die von ihr ausgeklammerten Beispiele, z.B. fortlaufende Texte und natürliche Dialoge (s. Kap. 7) zu erfassen.

4

Die meisten der vorgestellten Modelle der informationellen Struktur gehen von einer solchen Zweiteilung der Information aus. Diese zwei Größen werden als given und new, bzw. als das, worüber gesprochen wird, und das, was darüber ausgesagt wird, bzw. als Thema und Rhema bezeichnet. Das Rhema ist der obligatorische Teil der Äußerung, das Thema der fakultative. Solche Dichotomien sind jedoch mit Vorsicht zu benutzen, da sie nicht auf formal Faßbarem beruhen, sondern auf nicht nachvollziehbare, psycholinguistische Unterscheidungen abzielen. Den meisten Modellen der informationellen Struktur liegen impressionistische Definitionen der konstitutiven Elemente der Information zugrunde. Jedes Modell arbeitet dabei mit anderen theoretischen Prämissen und anderen Definitionen. Diese babylonische Verwirrung ist vermutlich der Grund, warum diese Modelle so wenig Beachtung finden. Um solche Mißstände zu beseitigen, entwerfe ich ein positivistisches Modell der informationellen Struktur. Dazu ist es zunächst vonnöten, die Begriffe 'Äußerung', 'Thema' und 'Rhema' streng formal zu definieren, damit sie unabhängig von intuitiven Urteilen Einzelner oder von der Unwägbarkeit psycholinguistischer und inhaltlicher Kriterien angewendet und verstanden werden können. Nur dann ist ein sinnvolles Arbeiten mit ihnen möglich. Die Begründung dieses neuen Verständnisses der informationellen Struktur stellt das Ziel meiner Untersuchung dar. Bei der Darstellung der informationellen Struktur konzentriere ich mich auf die syntaktische Struktur und die Intonation von Äußerungen. Sehr häufig ist der syntaktische Befund vieldeutig. Die Intonation liefert jedoch in vielen Fällen eindeutige Aufschlüsse über die informationelle Struktur einer Äußerung. Sie ist deswegen von so großer Bedeutung, weil Sprache primär ein gesprochenes Phänomen ist. Die geschriebene Sprache ist dagegen sekundär. Diese Tatsache wird in vielen Modellen zur informationellen Struktur übersehen, die als informationelle Einheit den Satz zugrunde legen. Diese Vorgehensweise zeugt von zwei voneinander sehr verschiedenen Auffassungen. Die erste Auffassung, die von den gTG vertreten wird, versteht die Beschreibung von Sprache als Beschreibung der Kompetenz. Sie geht von einer syntaktischen Basis der Kompetenz aus. Diese als Sätze bezeichnete Belege der Kompetenz sind jedoch Abstraktionen, deren konkrete Anwendung erst nach dem Durchlaufen einer phonologischen Interpretationskomponente möglich ist. Vor allem wenn es sich um spontane Rede handelt, gibt es große formale Diskrepanzen zwichen den tatsächlichen Äußerungen der gesprochenen Sprache und den generierten Sätzen. Diese Sätze sind am ehesten noch dem tatsächlich vorkommenden, durchdachten und geplanten Sätzen der geschriebenen Sprache vergleichbar. Die zweite Auffassung, die von der Prager Schule vertreten wird, versteht geschriebene und gesprochene als zwei, voneinander unabhängige Nonnen (s. 0.3). Auch wenn man die Frage nach der Richtigkeit dieser Auffassungen für den Moment dahingestellt läßt, erweist es sich dennoch als besser, die informationelle Struktur von Äußerungen nicht anhand von Sätzen, sondern anhand von Tonstrecken zu untersuchen. Denn die Tonstrecke ist einfacher und in der Regel auch kürzer als der Satz. Zudem ist der Satz eine sehr heterogene Größe (s. 5.1.1), die nicht einheitlich definiert werden kann. Setzt z.B. der Begriff Satz die Anwesenheit eines Subjekts und eines Prädikats voraus, oder genügt es, wenn er

5

wie Feuer! pragmatisch vollständig ist? Eine jedermann zufriedenstellende Definition von Satz ist schier unmöglich. Außerdem hat der Satz den Nachteil, durch seine potentielle Komplexität eine beträchtliche Länge erreichen zu können, was die Beschreibung seiner informationellen Struktur unübersichtlich werden läßt. Die Tonstrecke dagegen ist als einzelner Sprechtakt relativ kurz und in der Regel formal eindeutig. Allerdings sind wir gezwungen, in Fällen, in denen die Tonstrecke formal nicht eindeutig bestimmbar ist, auf semantische und syntaktische Gesichtspunkte zurückzugreifen (s. 6.1.3). Die Tonstrecke kann u.U. auch eine beachtliche Länge erreichen, in der Regel ist sie jedoch deutlich kürzer als der Satz. Die beiden Größen Satz und Tonstrecke stimmen jedoch oft überein, dies ist allerdings nicht zwingend. Die Wahl der Tonstrecke vereinfacht die Beschreibung der informationellen Struktur erheblich. Eine solche Vereinfachung legitimiert die Wahl der Tonstrecke zur Beschreibung der Äußerung. Darum lassen wir die Frage nach dem Verhältnis von geschriebener und gesprochener Sprache für den Moment unbeantwortet. Mittels der Intonation kann aber nicht nur die Äußerung, es können vielmehr auch die Begriffe 'Thema' und 'Rhema' beschrieben werden. Wie dies geschieht, soll im Kapitel 6 der Arbeit ausführlich dargestellt werden. Nachdem die Frage des Untersuchungsgegenstands geklärt ist, ist es nötig, in kurzen Zügen die Methode zur Beschreibung der informationellen Struktur zu beschreiben.

0.2 Die Methode Bei der Untersuchung der informationellen Struktur gehe ich stets von einem Vergleich zweier Äußerungen aus, die den gleichen Sachverhalt, lediglich syntaktisch und/oder intonatorisch voneinander abweichend, darstellen. Zum Vergleich der Varianten verwende ich den in der Prager Schule entwickelten Begriff der Markiertheit. Diejenige Variante, die strukturell einfacher ist, betrachte ich als unmarkiert, diejenige Variante dagegen, die strukturell komplexer ist, analog dazu als markiert. Diese Unterscheidung ist für syntaktische Varianten ohne weiteres einleuchtend, kann jedoch auch bei intonatorischen Varianten angewendet werden, da auch von intonatorisch einfacheren bzw. komplexeren Varianten gesprochen werden kann (Näheres dazu s. 5.1.2). Die syntaktisch markierte Variante kann sich von der unmarkierten auf zwei Arten unterscheiden: entweder allein in der Satzstellung oder in der Satzstellung und zusätzlichen grammatikalischen Morphemen, die keine neuen Referenten in die Proposition mit einbringen. Beispielsätze, von deren Intonation abstrahiert wird, werden mit Hilfe einer Zahl, z.B. (1), bezeichnet. Die möglichen Realisationen dieses Satzes, d. h. die Äußerungen, werden mittels einer Zahl und eines Kleinbuchstabens, z.B. (la), aufgelistet. Solche Varianten spiegeln unterschiedliche informationelle Strukturen, was meist anhand des Kontexts offensichtlich wird. Wird zu einer Variante ein möglicher oder tatsächlicher Kontext ergänzt, wird dieser durch runde Klammern gekennzeichnet. Wird eine

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Umschreibung der Intonation in ein anderes Notationssystem überfuhrt, wird aus einem (la) ein (l'a). Bisweilen kann es vorkommen, daß von mehreren möglichen Intonationen nur eine einzige angesprochen wird, die folglich z.B. als (la) gefuhrt würde. Diese Zählung ist eigentlich falsch, da ein (la) logischerweiserweise mindestens ein (lb) voraussetzt. Um bei der Besprechung mehrerer Intonationsvarianten noch übersichtlich zählen zu können, nehme ich solche logische Fehler der Numerierung in Kauf.

Der Untersuchungsgegenstand Text weist die vorliegende Arbeit als textlinguistisch aus. Die Textlinguistik ist ein weites Feld, die Untersuchung der informationellen Struktur jedoch nur ein kleiner Bereich daraus. Denn Fragen, welche Kriterien eine Aneinanderreihimg von Äußerungen erfüllen müssen, um als Text verstanden werden zu können, z.B. die Existenz eines Textthemas oder discourse topics, werden nicht gestellt. Ich beschränke mich statt dessen auf die Untersuchung der Syntax und der Intonation auf dem Hintergrund der Frage, wie diese beiden Ebenen neben ihren grammatischen Aspekten auch informationelle Funktionen ausdrücken. Die Syntax und die Intonation werden getrennt beschrieben. Diese Vorgehensweise bietet sich der methodischen Einfachheit halber an. Die Trennung soll jedoch im Teil 3 in der praktischen Anwendung auf Textbeispiele überwunden werden, denn in der sprachlichen Realität sind Syntax und Intonation nicht getrennte, sondern gleichzeitig wirksame Strukturprinzipien, deren Zusammenspiel und deren Interdependenz nicht vernachlässigt werden dürfen. Die Vereinfachung komplexer Probleme in der Form einer phonetisch-phonologischen oder einer syntaktischen Untersuchung ist ein legitimes wissenschaftliches Vorgehen. Dieses Vorgehen birgt jedoch die Gefahr in sich, den Blick für das Ganze zu verlieren, d. h. außer Acht zu lassen, daß Sprache ein komplexes System von verschiedenen, ineinander verflochtenen Ebenen ist. Aus eben diesem Grund halte ich es für notwendig, diese Ebenen auch bei der Beschreibung zueinander in Beziehung zu setzen und ihre gegenseitige Abhängigkeit und die daraus resultierenden Interferenzerscheinungen aufzuzeigen. Dies soll nicht auf eine Vermischung dieser Ebenen hinauslaufen, vielmehr werden sie auch weiterhin in der Beschreibimg getrennt gehalten. Neu ist dagegen der Versuch, sie miteinander in Beziehung zu setzen. Denn nur so kann man die sprachliche Komplexität erhellen. Zwar stellt dieser Versuch wegen des Ausschlusses des Zusammenhangs zwischen Sprache und Denken bestenfalls eine partielle Wiedergabe der komplexen Wirklichkeit dar, sie ist immerhin jedoch schon umfassender als rein phonetische oder rein syntaktische Vorgehensweisen.

0.3 Das Verhältnis zwischen gesprochener und geschriebener Sprache Kommen wir kurz auf die oben vertagte Frage des Verhältnisses zwischen gesprochener und geschriebener Sprache zurück. Wie bereits angedeutet, unterscheide ich bei

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Äußerungen nicht zwischen geschriebenen und gesprochenen Formen. Zwar gibt es nicht zu leugnende Unterschiede zwischen Texten, die lediglich zur Lektüre bestimmt sind, und solchen, die lediglich zur mündlichen Realisation kommen, diese Unterschiede sind jedoch stilistischer Natur: Jeder geschriebene Text, sei er auch noch so kompliziert, bleibt sprechbar, genauso wie jeder gesprochene Text 'schreibbar' ist. Das Festhalten an einer einzigen sprachlichen Norm unterscheidet mein Modell grundsätzlich von dem der Prager Schule, in dem der sog. Binormismus vertreten wird. Darunter versteht man eine Auffassung von gesprochener und geschriebener Sprache als zwei einander völlig ebenbürtigen sprachlichen Normen mit jeweils spezifischen Mitteln der Organisation. Für meine These der einheitlichen Sprachnorm, die dem geschriebenen Wort lediglich den Charakter einer Fixierung des gesprochenen Wortes zubilligt, gibt es verschiedene Anhaltspunkte. Darunter fällt zunächst die Quantität: Die Mehrzahl sprachlicher Äußerungen ist gesprochener Natur, geschriebene sind in der Minderzahl. Dieses Indiz beweist zwar noch nicht die Einheitlichkeit der Norm, belegt jedoch die Vorrangigkeit der gesprochenen Sprache. Die Einheitlichkeit der Sprache wird vor allem durch die onto- und die phylogenetischen Gegebenheiten belegt: Das gesprochene Wort geht in der Entwicklung des Individuums wie in der der Menschheit dem geschriebenen voraus. Das geschriebene Wort ist sekundär sowohl in der Zahl als auch in der Entwicklung. Zu diesen Argumenten der Zahl und des zeitlichen Vorrangs kommt das Argument der Selbständigkeit: Das geschriebene Wort ist - unabhängig davon, welchen Entwicklungsgrad die Schriftkultur in verschiedenen Zivilisationen erreicht hat - stets nur eine Wiedergabe des gesprochenen Wortes. Das gesprochene Wort ist selbstständig, das geschriebene abhängig. Dieses Verhältnis wird auch nicht durch die Existenz von Texten widerlegt, die primär zur Lektüre bestimmt sind. Auch sie sind notwendigerweise sprechbar. Ähnlich wie Bolinger 1972:522-547, der davon ausgeht, daß beim Lesen der Akzent vorhersagbar ist, gehe ich beim geschriebenen Wort von einer latenten Intonation aus. Dies gilt selbst für abstrakte Darstellungen in fachsprachlichen Texten, wie z.B. chemische Strukturformeln, die sprechbar bleiben. Es gelten also für das geschriebene Wort die gleichen phonetischen und phonologischen Gegebenheiten wie für das gesprochene. Aus dieser Auffassung heraus erwächst logischerweise eine Untersuchungsmethode, die der der Prager Schule vollkommen entgegengesetzt ist, insofern ich nicht nur bei mündlichen, sondern auch bei geschriebenen sprachlichen Äußerungen eine Intonation postuliere. Dies hat weitreichende Folgen für den Gang der Untersuchung. Denn die Intonation kann - neben der Kenntnis des Kontexts - entscheidend für das Verständnis der informationellen Struktur sein. Die Intonation muß daher bei der Frage nach der informationellen Struktur einer Äußerung berücksichtigt werden. Oft werden sprachliche Äußerungen als ambig bezüglich ihrer informationellen Struktur bezeichnet. Diese scheinbare Ambiguität stellte die Sprachwissenschaft bislang vor unüberwindliche Probleme. Sie beruht jedoch einzig und allein meist auf der Tatsache, daß die betreffenden Äußerungen ohne ihren Kontext untersucht wurden. Will man die Ambiguität am einfachsten und am sichersten ausschalten, genügt es, den

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Kontext mit in die Betrachtung einzubeziehen und die verschiedenen möglichen Intonationsvarianten mit ihren jeweiligen kontextuellen Erfordernissen darzustellen.

0.4 Das Beschreibungsinstrumentarium der Intonation Alle Modelle der informationellen Struktur verweisen auf die eine oder andere Art auf die Tatsache, daß dem Sprecher - zumindest in der gesprochenen Sprache - die Intonation zur Kennzeichnung von Thema und Rhema zur Verfügung steht. Systematische Untersuchungen zu diesem Thema stehen jedoch noch aus. Um dieser Frage nachgehen zu können, benötige ich ein Umschriftmodell, mittels dessen ich die Intonation beschreiben kann. Dieses Umschriftmodell ist in wesentlichen Zügen Standop 1989 verpflichtet. Seine theoretische Begründung wird im Laufe der Arbeit nachliefert. Das intonatorische Korrelat der Äußerung ist die Tonstrecke. Die ist eine Folge unterschiedlich stark betonter Silben mit charakteristischen Tonhöhenbewegungen. Die Länge der Tonstrecke ist variabel, sie ist in der Regel nicht länger als eine Klausel. Anfang und Ende der Tonstrecke werden in meiner Notation durch senkrechte Striche angegeben: (1)

| oo oo oooo |

Tonstrecke

In der Tonstrecke können verschiedene Arten von Tonhöhenbewegungen auftreten. Charakteristisch sind der Fall- und der Steigton: (2a) (2b)

John went home. \ fallende Tonhöhenbewegung, Fallton (fallingpitch) John went home? / steigende Tonhöhenbewegung, Steigton (rising pitch)

Fall- und Steigton sind, wie (2a) und (2b) beweisen, funktional verschieden. Neben der Tonhöhenbewegung wird die Tonstrecke durch den Wechsel betonter und unbetonter Silben bestimmt. Dabei unterscheide ich drei Ausprägungen der Betonung, zu deren Beschreibung ich eine Akzentnotation verwende: (3)

(0) Primärakzent/starke Betonung (1) Sekundärakzent /schwache Betonung (2) unbetont

6 ö o (unausgezeichnet)

In der sprachlichen Realisation überlagern sich Betonimg und Tonhöhenveränderung. In welchem Maße die Tonhöhenveränderung an der Betonimg beteiligt ist, ist ein phonetisches Problem. Ich begnüge mich zunächst mit einer phonologischen Interpretation der prosodischen Verhältnisse. Phonologisch relevant ist die Tatsache, daß in der Tonstrecke stets eine Silbe durch den Primärakzent und zugleich durch die Tonhöhenbewegung gekennzeichnet ist. Diese Silbe ist folglich sowohl durch Tonhöhenveränderung als auch akzentuell vom Rest der Tonstrecke abgesetzt oder hervorgehoben. Die Silbe bzw. das Element, auf

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das diese phonologische Hervorhebung entfällt, wird als Hervorhebungszentrum (hiernach: Hz, PI. Hzz) bezeichnet. Das Hz kennzeichnet die Sinnspitze oder das Rhema der Äußerung. Hervorhebungszentrum (kurz Hhz) ist nur eine der möglichen Bezeichnungen für das prosodisch ausgezeichnete Element einer Tongruppe. Statt dessen treten auch die Bezeichnungen Intonationszentrum, Satzakzent oder Nukleus auf. Ich bevorzuge die Bezeichnung Hervorhebungszentrum, da diese sowohl eindeutig als auch funktional sprechend ist. Die anderen Bezeichnung sind entweder wie Intonationszentrum rein phonetisch, oder ambig, da sie wie Satzakzent Intonation und Akzent terminologisch nicht scheiden, bzw. weil sie wie Nukleus, sowohl eine syntaktisch-semantische als auch eine phonologische Bedeutung haben können.

Dieses rudimentäre Instrumentarium zur Beschreibung der Intonation, das im Kapitel 6 näher erläutert werden wird, benötigen wir, um im folgenden die verschiedenen Modelle der informationellen Struktur im einzelnen besprechen zu können.

1. Das Modell der Funktionalen Satzperspektive 1.1 Das Modell Mathesius' Vilem Mathesius, der tschechische Linguist und Mitbegründer der Prager Schule des Strukturalismus, war der erste, der sich eingehend mit der Frage beschäftigte, warum es in einer Sprache Varianten gibt, die bei der Darstellung des gleichen Sachverhalts anders strukturiert sind. Die strukturellen Unterschiede, die Mathesius hauptsächlich interessierten, waren syntaktischer Natur. Dieses Modell Mathesius' ist die erste systematische Darstellung der informationellen Struktur in der Geschichte der Sprachwissenschaft. Mathesius1 Bedeutung für die Untersuchung der informationellen Struktur des Englischen ist außerdem in der Tatsache begründet, daß Mathesius sich als Anglist in besonderem Maße für die informationelle Struktur der englischen Sprache interessierte. 1 Seine Vorläufer wie Paul oder von der Gabelentz hatten sich ansatzweise vor allem mit der informationellen Struktur der klassischen Sprachen, allen voran des Lateinischen, oder aber des Deutschen befaßt. 1.1.1 Der Satz als informationelle Einheit Mathesius' Untersuchungsgegenstand ist der Satz. Er definiert ihn als die elementare informationelle Einheit, mit der der Sprecher auf eine formal adäquate und subjektiv vollständige Weise auf seine Umwelt reagiere (1975:79f.). Die moderne Sprachwissenschaft verwendet dafür heute die Bezeichnung Äußerung, während Satz eine abstrakte, syntaktische Kategorie beschreibt. Ich werde daher den Begriff Satz bei der Beschreibung des Modells Mathesius' durch Äußerung ersetzen. 1.1.2 Die Bestimmung des Modells der informationellen Struktur 1.1.2.1 Die Konstituenten der informationellen Struktur Mathesius' Theorie fußt, stark vereinfacht, auf der Annahme, jede Äußerung bestehe aus zwei Teilen: einem Gegenstand der Rede und einer Aussage über diesen Gegenstand. Diese beiden Größen tauchen bereits in der älteren Forschung auf, in der sie als psychologisches Subjekt bzw. psychologisches Prädikat bezeichnet wurden. Letztere Bezeichnungen lehnte Mathesius wegen ihrer terminologischen Vagheit ab und sprach statt dessen von Thema und Rhema bzw. Basis und Nukleus einer Äußerung. Die Anordnung der beiden konstitutiven Elemente, des Themas und des Rhemas, bezeichnete Mathesius selbst als Satzperspektive oder aktuelle Satzgliederung, erst später setzte 1

Die Prager Schule untersuchte die FSP vor allem in kontrastiven Studien. Mathesius verglich dabei das Englische in erster Linie mit dem Tschechischen. Firbas zieht zusätzlich bisweilen das Deutsche hinzu. Die vorliegende Untersuchung verzichtet auf einen solchen kontrastiven Ansatz und beschränkt sich auf das Englische.

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sich die Bezeichnung Funktionale Satzperspektive (FSP) durch (Mathesius, 1975: 82). Thema und Rhema sind bei Mathesius inhaltlich bestimmt: Thema sei die kontextuell bekannte Information, die als Basis der Äußerung diene. Rhema sei der Nukleus der Äußerung. 2 Das Thema beinhaltet somit zwei Kriterien, die kontextuelle Bekanntheit der damit ausgedrückten Information und die Funktion dieser Information als Basis der Äußerung. Die beiden Kriterien werden in anderen Ansätzen zur informationellen Struktur wie z.B. im Modell Hallidays getrennt (s. 3.3). Der Aspekt als Basis der Äußerung zu füngieren, wurde bei Benes als eigene Funktion Basis benannt, in der generativen Literatur wird er als topic bezeichnet.

In der Erzählung knüpfe das Thema - so Mathesius - in der Regel an die vorausgehende Äußerung an, während das Rhema die neue Information darstelle. Dabei werde oft das Rhema der letzten Äußerung zum Thema der neuen Äußerung. 3 Am Textanfang dagegen, an dem noch keine bekannte Information vorliege, setze der Sprecher einen Begriff als bekannt voraus, bei dem es sich meist um eine sehr allgemeine Existenzangabe oder eine räumliche bzw. zeitliche Situierung handele, wie z.B. in (1), in dem once upon a time there was das Thema sei: (1)

Once upon a time there was a king. And the king had two sons. The sons...

Bei der Abfolge von Thema und Rhema in einer Äußerung gibt es nach Mathesius zwei Gliederungsprinzipien: Thema-Rhema und Rhema-Thema. Diese verschiedenen Abfolgen bezeichnet er gemäß ihrer Verwendung in verschiedenen Erzählstilen: Die Abfolge Thema-Rhema, bei der der Sprecher zur besseren Verständlichkeit des Gesagten für den Hörer von Bekanntem ausgehe und zu Neuem fortschreite, nennt er "objective order" (1975:83). Sie kann als unmarkiert angesehen werden. Im Gegensatz dazu stehe die Abfolge von Rhema-Thema, bei der der Sprecher ohne Rücksicht auf den Hörer - meist aus Aufregung oder Ungeduld - erst das Neue berichte und dann erst die Verbindung zum Bekannten herstelle. Mathesius nennt diese markierte Anordnung analog "subjective order" (1975:84). 1.1.2.2 Das Verhältnis von FSP und Syntax Bei seinen Untersuchungen zur Rolle der FSP im Englischen stellt Mathesius immer wieder die Frage, inwieweit die FSP mit der formalen Ebene der Syntax korreliert. Er stellt zwar keine grundsätzliche Entsprechung zwischen den funktionalen und den for2 Die Begriffe Thema und Rhema tauchen zum ersten Mal bei Anmann 1928 auf. Zu ihrem Zusammenhang mit der Theorie Mathesius' s. Eroms 1986. In einer Fußnote erläutert Vachek in der posthumen Äusgabe von Mathesius1 Modell, daß Mathesius ursprunglich lediglich die Dichotomie Basis vs Nukleus benutzte, erst Firbas 1957:94 verwendete Thema vs Rhema. Auch der Begriff FSP ist erstmals von Firbas 1957:171-3 verwendet. Firbas berichtet, daß Vachek ihm diese Bezeichnung vorschlug (1992:168). 3

Dieses Wiederaufgreifen des Rhemas der vorausgehenden Äußerung als Thema der nächsten wird nach Danes als thematische Progression bezeichnet, und gehört zu den textlinguistischen Mitteln der Kohäsion.

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malen Elementen einer Äußerung fest, behauptet jedoch, daß es in verschiedenen Sprachen gewisse Parallelen gebe. Dabei unterscheidet Mathesius grob zwei Gruppen von Sprachen: Die eine Gruppe bildeten flektierende, synthetische Sprachen wie das Tschechische oder das Lateinische, die die FSP mittels der Satzstellung ausdrückten. So stehe z.B. bei der objektiven Folge das Thema - gleich welche syntaktische Funktion es in der Äußerung erfülle stets am Anfang, während das Rhema stets am Ende stehe. Die zweite Gruppe bilden laut Mathesius die analytischen Sprachen, wie das Englische, bei denen die Satzstellung mehr oder weniger fixiert ist und die syntaktische Funktion der Elemente ausdrückt. Die Folge dieser Grammatikalisierung der Satzstellung sei, daß sich Thema und Subjekt bei objektiver Folge stets deckten (1975: lOlff.). Um diese Korrelation von Thema und Subjekt zu umgehen, gebe es sog. syntaktische Mittel der FSP, wie die existentielle Konstruktion oder bestimmte Passivkonstruktionen, deren Funktion darin bestehe, Satzstellung und FSP in Einklang zu bringen. Die Satzstellung des Englischen wird nach Mathesius durch drei Faktoren bestimmt: Durch die grammatische Funktion der Elemente, durch die FSP und schließlich, wenn auch in geringerem Maße, durch den Rhythmus (s. 6.5.2). Letzterer sei nach Mathesius für die Satzstellung von she und said nach der wörtlichen Rede verantwortlich wie in The weather will change, she said. Mathesius will vermutlich auf die Tatsache hinaus, daß ein finales she eine kontrastive Lesart verlangen würde.

Bei dieser hier skizzierten Argumentation unterlaufen Mathesius zwei schwerwiegende Fehler, die bis heute die Forschung zur informationellen Struktur belasten und auf die wir daher genauer eingehen müssen. (1) Die Behandlung von Sprache als geschriebenes Phänomen Der erste Fehler ist die ausschließliche Behandlung von Sprache als ein geschriebenes Phänomen. In der vormodernen, historisch orientierten Sprachwissenschaft, die sich meist nur auf schriftliche Zeugnisse stützen konnte, war ein solches Vorgehen eine logische Folge des Fehlens gesprochener Quellen. Doch Sprache ist in erster Linie ein gesprochenes Phänomen (s. 0.3) und Untersuchungen einer Sprache, bei deren Quellen uns keine solche Beschränkung des Mediums vorliegt, wie das auch beim Neuenglischen nicht der Fall ist, können, solange sie allein die Wirkung der Syntax auf die informationelle Struktur von Äußerungen untersuchen, jedoch die Intonation ignorieren, bestenfalls die halbe Wahrheit ermitteln. (2) Das ideelle Verständnis von der FSP Der zweite Fehler, der Mathesius unterläuft, ist folgenschwerer Natur: Er nimmt an, die Sprache habe zwei Ebenen, eine syntaktische und eine funktionale. Die funktionale Ebene, die als FSP bezeichnet wird, bestehe gleichberechtigt neben der der syntaktischen. Die beiden Ebenen können laut Mathesius korrelieren, wie angeblich im Lateinischen oder Tschechischen, oder divergieren wie im Englischen. Dem Englischen wird vorgeworfen, es sei "unempfänglich" für die FSP bzw. müsse sich mit Hilfe syntaktischer Konstruktionen behelfen, um doch noch die FSP auszudrücken.

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Doch was ist die FSP? Und was sind ihre Mittel? Für Mathesius ist die FSP ein Gliederungsprinzip, wonach die alte Information von der neuen getrennt ist. Doch was ist die Form der FSP? Mathesius' Überlegungen sind allesamt rein logischer Natur. Er und mit ihm seine Schüler gehen mit dem falschen Ansatz an die Arbeit, nach einer Funktion zu fahnden, die keine Form hat. Die FSP ist nichts anderes als eine Idee im Sinne des Platonischen Idealismus. Mathesius und seine Schüler betrachten jedoch die FSP so, als sei sie real, und wollen untersuchen, mit welchen Mitteln die Sprache sie ausdrückt. Es werden in erster Linie syntaktische Konstruktionen genannt. Diese sog. Mittel muß man im Sinne Piatons konsequenterweise als die Schatten der FSP ansehen. Eine solche Methode versucht die reale Äußerung in ein vorgefertigtes, allein auf logischen Überlegungen beruhendes Raster zu pressen, und muß daher zwangsläufig scheitern, da keine Objektivität gegeben ist. So wundert es auch nicht, daß bei Abweichungen von diesem Muster alle Ansätze von Objektivierung über Bord geworfen werden, und das Credo an die absolute, psycholinguistische Größe der FSP verkündet wird, die jedoch in Wirklichkeit ganz unbestimmt und imbestimmbar bleibt. Mathesius geht sogar so weit zu behaupten, daß die Existenz bestimmter Satzstellungsvariationen durch die FSP gerechtfertigt sei. Dies ist vollkommen falsch. Warum im Englischen Konstruktionen wie das Passiv oder die existentielle Konstruktion vorhanden sind, ist meist nicht mit der informationellen Struktur begründbar, sondern hängt z.B. auch von der Textkohäsion ab.

Eine sinnvolle Methode der Untersuchung der informationellen Struktur verschiedener Informationseinheiten muß der Realität verpflichtet sein, d.h. sie kann nur das untersuchen, was objektiv existent und formal faßbar ist - kurz: sie muß deskriptiv sein. Eine solche positivistische Methode geht von der Form aus und untersucht deren Funktion. Dabei werden Informationseinheiten verglichen, die mit den gleichen Worten den gleichen Sachverhalt ausdrücken und sich nur in ihrer syntaktischen oder intonatorischen Struktur unterscheiden. Ein großer Teil der Literatur zur FSP krankt daran, daß die Autoren es nicht gewagt haben, aus dem von Mathesius angelegten Teufelskreis auszubrechen. Vgl. z.B. die kritischen Bemerkungen bei Bußmann 1990, s.v. Thema vs Rhema' und meine Bemerkungen zu Brömser 1982 in der Einleitung (oben S. 2 ) .

1.1.3 Die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Intonation Der Intonation wird im FSP-Modell der Prager Schule, sowohl bei Mathesius als auch bei seinen Schülern, keine distinktive Funktion zugewiesen. Bily 1981 nennt dafür zwei Gründe: Erstens sei die Intonation in geschriebener Sprache nicht oder durch Interpunktionszeichen nur rudimentär markiert (Bily 1981:43), zweitens sei die Intonation ein automatisches Resultat des Kontexts. Der Kontext könne bei kontextlosen Sätzen rekonstruiert werden, wenn unmarkierte Satzstellung und "semantische Reihung" vorliege (1981:43). Unter semantischer Reihung versteht Bily offensichtlich die in unmarkier-

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ten Äußerungen typische Reihenfolge der vom Verb abhängigen Partizipanten. In solchen Äußerungen sei somit die Kenntnis des Kontexts irrelevant; lediglich in solchen mit "marked FSP structure" sei sie distinktiv (1981:44). An dieser Bewertung der Intonation sind verschiedene Punkte zu beanstanden: Der erste Punkt, das sog. Fehlen der Intonation in geschriebenen Texten, geht auf die bereits kurz in 0.3 widerlegte Binormismus-These zurück, als deren Anhänger sich z.B. Firbas explizit erklärt (1992:168). Allenfalls wird die Wirkung der Intonation als sog. "Mittel der FSP" für die gesprochene Sprache anerkannt, doch auch dort rangiert sie lediglich als zusätzlicher, begleitender Faktor (Firbas 1992:168; 181ff.). Der zweite Punkt der Kontextabhängigkeit der Intonation ist allenfalls bedingt stichhaltig. Eine solche Kontextabhängigkeit schlösse nämlich das Vorkommen von intonatorischen Fehlleistungen aus. Betrachten wir dazu kurz das Zustandekommen solcher intonatorischer Fehlleistungen (s. 6.4.1): Sehr häufig passiert es, daß beim Lesen das Zeilenende als Ende der Äußerung gedeutet wird, und der Leser die Stimme "hebt" oder "senkt". Sobald er seinen Irrtum erkennt, wiederholt er entweder das Ende der Äußerung (etwa ab dem Prädikat), oder gibt dem eigentlichen Äußerungsende beim Weiterlesen eine erneute Tonhöhenveränderung. Letztere hebt die vorausgehende, fälschlicherweise zu früh gesetzte auf. Hockett beschrieb dieses Phänomen als editing. Ein anderer Fall der Fehlleistung ist die Neuinterpretation, die vonnöten ist, wenn ein Leser die Sinnspitze am Ende der Äußerung erwartet, bis zum Ende liest, dort aber kein Element vorfindet, das sich als Sinnspitze eignet, und gezwungen ist, an den Anfang zurückzugehen, um nach der überlesenen Sinnspitze zu suchen. Die Existenz intonatorischer Fehlleistungen beweist, daß der vorausgehende wörtliche Kontext die Intonation einer Äußerung nicht zweifelsfrei bestimmt. Folglich ist die Intonation keineswegs vollkommen redundant. Distinktiv ist die Intonation u.a. in Fällen von sog. markiertem Fokus, d.h. in Fällen, die von der intonatorischen Norm des finalen Hervorhebungszentrums (kurz: FHhz) abweichen. Diese Fälle entsprechen nur scheinbar Bilys Äußerungen mit "marked FSP structure", bei denen er der Intonation distinktive Funktion zugestand. Bily subsumiert nämlich darunter ganz andere Fälle, wie z.B. expressive Satzstellungsvarianten in slavischen Sprachen und Second-Instance, d.h. Fällen, in denen eine zuvor falsch verstandene Äußerung wörtlich wiederholt wird, wobei das falsch verstandene Element intonatorisch hervorgehoben wird.. Bestimmte Fälle von sog. markiertem Fokus (s. 6.3) werden von Bily überhaupt nicht angesprochen. Es wurde bereits oben erwähnt, daß die Satzstellung im Englischen nur bedingt Variation zuläßt, weswegen expressive Satzstellungsvariation im Englischen selten sind. Auch Second-Instance, ein Phänomen, auf das im Laufe der Arbeit näher eingegangen werden wird, ist ein eher marginaler Fall. Die Mitglieder der Prager Schule haben die überragende Rolle der Intonation für die informationelle Struktur schlichtweg verkannt. Binormismus und zu starke Orientierung an den Verhältnissen in den slavischen Sprachen führten zu einer Überbewertung der Rolle der Position in der Theorie der FSP. Höchstens ansatzweise finden sich Hinweise auf intonatorische Hervorhebungen. Eine Integration der Intonation in das FSP-

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Modell wurde jedoch nicht geleistet. Gerade ihre Ausklammerung verhinderte, daß für die sog. FSP ein formelles Äquivalent gefunden wurde. 1.1.4 Syntaktische Konstruktionen als sog. Mittel der FSP Mathesius vernachlässigt die Wirkung der Intonation auf informationelle Struktur und konzentriert sich auf die Erforschung ihrer syntaktischen Aspekte. Bei deren Beschreibung spricht Mathesius von "Mitteln der FSP". Diese Ausdrucksweise ist in einem deskriptivistischen Modell unangebracht. Denn die Syntax und die Intonation, die die informationelle Struktur konstituieren, sind selbst Mittel der Kommunikation. Abgesehen vom ideellen Verständnis der FSP hat Mathesius' Untersuchung des Englischen doch einige wesentliche Gesichtspunkte zum Einfluß der Syntax auf die informationelle Struktur ans Licht gebracht. Daher lohnt sich eine Betrachtung dieser sog. Mittel. Mathesius zählt dazu die existentielle Konstruktion, die Stellung von indirektem und direktem Objekt und die Inversion. Mathesius fuhrt unter den Mitteln der FSP auch die Frontstellung eines direkten Objekts an. Diese Konstruktion sei an die Realisierung des direkten Objekts durch ein formal eindeutiges Personalpronomen gebunden, so daß eine Verwechslung mit dem Subjekt von vornherein ausgeschlossen sei wie in (2). Diese Einschränkung ist schlichtweg falsch, denn es kommen durchaus Fälle vor, bei denen ein Objekt in Form eines Nomens in Frontstellung steht wie in (3):

(2) (3)

... and him he questioned about Tuscany. (Mathesius, 1975:159) This lesson time will teach to all alike. (Firbas, 1966:243)

Die existentielle Konstruktion sei ein Mittel der FSP, das dann benutzt werde, wenn die Information insgesamt neu sei, d.h. wenn die Äußerung ein einziges Rhema darstelle. Diese neue Information werde durch die Formel there + entsprechender Form von be eingeleitet. Letztere übernehme die Themafunktion. Sie trete vor allem am Textanfang auf: (4)

There is a strong wind blowing outdoors. (Mathesius, 1975:119)

Betrachtet man Mathesius' Definition des Themas, ergeben sich Probleme bezüglich seiner Behandlung von there und be als Thema. Thema ist bei ihm als "Basis der Äußerung" bzw. "bekannte Information" definiert. Betrachtet man zunächst das Kriterium der Bekanntheit, muß man feststellen, daß man bei Textanfängen des Typs (4) bzw. (1) nicht von bekannter Information sprechen kann. Bestenfalls könnte man argumentieren, daß die Tatsache der Existenz bestimmter noch nicht näher definierter Entitäten per se bekannt ist, d.h. in einem allgemeinen, auch zwischen Sprecher und Hörer geteilten Erfahrungskontext bekannt ist. Die Spezifikation bekannt ist durchaus nicht so eindeutig, wie Mathesius dies darstellt. Das zweite Kriterium, die Bestimmung als "Basis der Äußerung", ist vieldeutig und daher als Unterscheidungsmerkmal unwirk-

16 sam. Eindeutig und präzise ist statt der vagen psycholinguistischen Definition der intonatorische Befund, der die fraglichen Elemente there und be eindeutig als schwach oder imbetont ausweist. Es empfiehlt sich daher, die Intonation als Kriterium für das Thema einzusetzen: (la) (4a)

| Once upon a time there was a king \ | j There is a strong wind \ blöwing outdoors |

Das zweite Mittel der FSP im Englischen sei die Stellung der Objekte nach ditransitiven Verben. Mathesius geht bei einer objektiven Folge stets davon aus, daß das Element, das näher am Satzende steht, das Rhema darstellt (1975:156f.). Diese Annahme, die er offensichtlich von den im Tschechischen geltenden Verhältnissen auf den Englische überträgt, versucht er mit Hilfe des Fragetests zu belegen. Dieser Fragetest, der schon von Hermann Paul 1880 verwendet wurde, wird auch heute noch vom Gros der Forscher im Bereich der FSP herangezogen (z.B. in Sgall et al. 1973). Dabei wird die fragliche Äußerung als Antwort auf eine Frage angesehen. Die Frage soll über das Rhema der Äußerung Aufschluß geben. So stellen nach Mathesius z.B. die Äußerungen (6) bzw. (8) Antworten auf die Fragen (5) bzw. (7) dar: (5) (6) (7) (8)

What did he give you? He gave me diese books. To whom did he give books? He gave these books to me.

Bezieht man die Betrachtung der Intonation mit ein, erkennt man, daß der Fragetest nur von begrenzter Aussagekraft ist. So ist z.B. (8) in dieser Form ambig, denn zumindest die Varianten (8a) und (8b) bzw. die folgenden Kontexte sind möglich: (8a) (8b)

He gave these books \ to me | (not these pictures) He gave these books to me \ | (not to you)

Die beiden Varianten unterscheiden sich bezüglich des Elements, das intonatorisch hervorgehoben ist. Dieses Element, das ich als Hervorhebungszentrum (kurz: Hhz) bezeichne, ist in (8a) books, in (8b) dagegen me. Wie aus dem Kontext ersichtlich wird, kennzeichnet die Hervorhebung das Rhema der Äußerung. Dieses steht wie in (8b) gewöhnlich am Ende der Äußerung. Es ist aber durchaus nicht auf diese Position beschränkt, was (8a) beweist. Daraus folgt, daß die Stellung nicht allein das entscheidende Kriterium für das Rhema ist. So ist zwar die Variante (8b) eine mögliche Antwort auf die Frage (7), die die gleiche Reihenfolge der Elemente aufweisende Variante (8a) ist jedoch als Antwort ausgeschlossen. (8a) ist vielmehr als Antwort auf (5) möglich. Ein vergleichbarer Test wurde in neueren Arbeiten zur FSP wie in der von Boguslawski 1976 (nach Bily 1981:49) entwickelt. Er besteht darin, in einer Äußerung ein Satzelement zu negieren, und dafür eine anderes anzufügen:

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(8') (9')

He gave these books to me. He didn't give these books to me, but these pictures.

Das negierte Satzelement sei das Rhema. Diese Methode trägt die Bezeichnung Operation of Eliminatory Contrast (OEC). Wie der Fragetest ist diese Methode zur Illustrierung der Sinnspitze geeignet, nicht jedoch dazu, ohne sonstige Indizien die Sinnspitze überhaupt zu finden.

Mathesius anerkennt die Wirkung der Intonation nur in Ausnahmefällen, etwa zur Unterscheidung ambiger Fälle des folgenden Typs, bei denen der Akzent das nachfolgende Wort als Rhema kennzeichne: (10) (10a) (1 Ob)

I met Jack in Regent's Park. I met 'Jack in Regent's Park. I met Jack in 'Regent's Park. (Mathesius, 1975:158)

Als weiteres Mittel der FSP versteht Mathesius die Möglichkeit der Stellungsvariation. Diese tritt nur in bestimmten Bereichen der Syntax auf, z.B. bei den Satzelementen, die unabhängig von ihre formalen Realisation in der traditionellen Grammatik als direktes bzw. indirektes Objekt bezeichnet werden. Bei ihnen unterscheidet nach Mathesius allein die FSP über die Position. Mathesius zitiert dazu das folgende Beispiel: (11)

He went on paying to their remarks no attention. (Mathesius, 1975:158)

In (11) sei das sog. indirekte Objekt to their remarks wegen seiner markierten Stellung vor dem direkten nicht Rhema der Äußerung, sondern stelle vielmehr kontextuell bekannte Information dar und sei damit Teil des Themas. Diese Thematisierung sei allein durch die Position gekennnzeichnet. Bei (11) handelt es sich in der Tat tun eine markierte Variante. Ohne Kenntnis des Kontexts können aber nur Vermutungen über ihre informationelle Struktur getroffen werden. Betrachtet man mögliche Kontexte mit ihren zugehörigen Intonationsvarianten, stellt sich zunächst ein (IIa) dar, in dem no attention hervorgehoben ist, und in dem to their remarks relativ unbetont ist, was Mathesius' These bestätigt: (IIa)

(They went on nagging about his new hair style. I wondered how John could stand their silly remarks.) | He went on paying to their remarks no attention \ |

Es ist aber auch ein Kontext möglich, in dem zwar to their remarks in seiner Betonung dem direkten Objekt nachgeordnet ist, jedoch nicht unbetont ist wie in (1 l'a), sondern stark betont ist: (lib)

(Over and over again his parents would tell him how stupid it was to give up a good job just like that. But John did not give in.) | He went on paying to their remarks no attention \ | (but watched their actions closely).

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Diese Tatsache widerspricht der These Mathesius', to their remarks sei thematisch, denn die intonatorische Realisation unterscheidet dieses Element deutlich etwa von he. Die Stellung des indirekten Objekts scheint nur insofern einen Hinweis auf dessen Funktion in der informationellen Struktur darzustellen, als es vermutlich nicht das Rhema darstellt. Man kann jedoch keinesfalls unmittelbar auf dessen thematische Funktion schließen. Betrachten wir schließlich die Inversion4, die Mathesius als weiteres Mittel der FSP im Englischen anfuhrt. Er unterscheidet prinzipiell zwei Fälle, die obligatorische und die bedingte Inversion. Zur obligatorischen Inversion zählt er Äußerungen mit einer initialen negativen Partikel5 wie never, nor oder hardly wie in (12) oder Äußerungen mit initialen Bestätigungspartikeln wie so, nor oder neither (confirmatory statements) wie in (13): (12) (13)

Hardly were these words out of his mouth when the boy left the room. My companions were dejected and so was I. (Mathesius, 1975:161)

Unter bedingter Inversion versteht Mathesius die nach einer direkten Rede auftretende, vom Realisationstyp des Subjekts abhängige Umstellung von Subjekt und Verb. Handelt es sich um ein Pronomen, wird die normale Satzstellung gewählt. Handelt es sich dagegen um ein Substantiv, tritt eine Inversion auf: (14)

The weather will change, said father.

Mathesius erkennt in seiner Einteilung zwar die mögliche Bedingtheit einer Inversion, d.h. die Tatsache, daß in vielen Fällen, in denen Inversion auftritt, diese grammatikalisiert ist, er übersieht jedoch, daß die grammatikalisierte Inversion für die informationelle Struktur der Informationseinheit irrelevant ist, da kein Vergleich mit einer unmarkierten Variante möglich ist. In den Fällen des Typs (12), in denen eine grammatikalisierte Inversion durch die Frontstellung von Adverbials bedingt ist, muß nach der Wirkung der Stellungsvariation des Adverbials, nicht nach der der Inversion gefragt werden. Mathesius hat sich als Erster näher mit der informationellen Struktur beschäftigt und hat dabei auf einige interessante Gesichtspunkte aufmerksam gemacht. Er ist dabei zu beachtlichen Einsichten gelangt. Daß er dabei die Wirkung der Syntax überschätzt hat, ist eine läßliche Sünde, die den Wert seines Neuansatzes nicht schmälert. So verwundert es auch nicht, daß die Fortfuhrung der FSP unter seinen Schülern im wesentlichen

4 Unter Inversion fuhrt Mathesius auch die existentielle Konstruktion auf, da das der Form von be folgende Satzelement das Subjekt darstelle (Mathesius, 1975:161). So sei die Nominalfiigung many strange rumours das Subjekt in There have been many strange rumours about him. Diese Auffassung vom grammatischen Status der Nominalfiigung bzw. von there ist nicht unumstritten (s. Kap. 5). 5 Je nach Qualität des Verbs wird ein periphrastisches do oder das Vollverb invertiert. Folglich ist die Verwendung von do grammatikalisiert. Mathesius sieht fälschlicherweise die Verwendung von do in Äußerungen des Typs Seldom did he smile als Mittel der FSP an.

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der Ausbau seiner Theorie darstellt. Wesentliche Brüche sind, trotz einiger z.T. erheblicher Modifikationen, nicht zu erkennen. 1.2 Firbas' Modell Nach dem Tode Mathesius' wurden seine Untersuchungen zur FSP von seinen Schülern fortgesetzt. Von diesen sind es hauptsächlich die Arbeiten des Anglisten Jan Firbas, die sich mit der Wirkung der FSP im Englischen beschäftigten. Firbas baut zwar die Theorie Mathesius' an einigen Punkten aus, modifiziert sie aber nicht grundlegend. Gleich geblieben ist das ideelle Verständnis von der FSP und die Mißachtung der Intonation, deren Wirkung generell lediglich am Rande erwähnt wird. Lediglich in dem Aufsatz von 1969 geht Firbas näher auf die Intonation ein. Mit diesem Aufsatz werden wir uns in 1.2.3 näher beschäftigen. Eine Modifikation mit weitreichenden Folgen dagegen stellt die Firbassche Verwendung der Begriffe Thema und Rhema dar. Während ihre Definitionen bereits bei Mathesius sehr vage waren, aber immerhin noch den nachvollziehbaren, wenn auch ambigen Begriff der kontextuellen Bekanntheit zugrunde legten, verliert die Firbassche Auffassung von Thema und Rhema jegliche Überprüfbarkeit. Doch betrachten wir Firbas' Vorgehensweise selbst, bevor wir endgültige Urteile fällen. 1.2.1 Der Triumph der Idee über die Realität 1.2.1.1 Die kommunikative Dynamik Firbas postuliert die Existenz einer neuen Größe, die er als kommunikative Dynamik {communicative dynamism, CD) bezeichnet. Es handele sich dabei um eine skalare Größe, an der der Wert, in dem ein Element am Fortschreiten der Kommunikation beteiligt sei, abgelesen werden könne (1971:135f.). Diese intuitive Größe, die man als das Wirkungsprinzip der FSP verstehen kann, ist rein fiktiv: Firbas kann kein einziges formales Kriterium nennen, anhand dessen sich die CD eines Elements oder etwa der unterschiedliche CD-Wert zweier Elemente ablesen ließe. Bily verteidigt in einer Bewertung des FSP-Modells die Berechtigung für intuitive Größen. Er schreibt dazu: A reader who is liable to mistrust the FSP theory because it is new to him and seems to be too much based on the intuitions of its students, is kindly requested to ponder over the intuitive character of such widely accepted notions as Agent and Patient in semantics, or subject in syntax. Such motions [sic] are not better defined than the FSP terms; the only difference lies in the fact that everybody is brought up during the whole educational curriculum to accept, say, subjects and objects as undisputed, intuitively comprehended reality (Bily, 1981:58). In der Tat sind bestimmte semantische oder syntaktische Größen auch intuitiv bestimmbar. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur das sog. Sinnsubjekt. Andererseits heißt das nicht, daß diese Größen nicht auch zusätzlich formal bestimmbar wären. Bily verweist auf die kontrastive Studie Keenan 1976. Keenan stellt einen Katalog von 30 Eigenschaften zur Bestimmung des Subjekts auf, jedoch ist keine dieser Eigenschaften universell. Dies ist meines Erachtens überhaupt nicht der Punkt. Was zählt, ist die

20 Bestimmung des Subjekts in einer Einzelsprache, in unserem Fall des Englischen. Die Suche nach universell gültigen Abstraktionen halte ich für zweitrangig. Im Englischen läßt sich anhand verschiedener Tests wie Position, Kongruenz und Passivierung in der Regel eindeutig feststellen, welches Element das Subjekt ist. Die von Bily zitierten schwierigen Fälle wie der Fall des existentiellen there können als Ausnahmen gelten. Ebenso gibt es syntaktische Tests zur Bestimmung des Objekts. Aber auch die semantischen Größen Agens und Patiens können syntaktisch bestimmt werden. So ist etwa der Agens das Satzelement, das bei der Passivierung als Prapositionalfugung mit der Präposition by realisiert wird. Im übrigen besteht ein deutlicher Unterschied zwischen einer semantischen Bestimmung von Kasus wie Agens und Patiens, die ohne größere Schwierigkeiten zu einem Konsens fuhrt, und einer intuitiven Bestimmung, der nur wenige zustimmen können. Ich halte daher den von Bily vorgenommenen Vergleich von intuitiven FSP-Größen mit verifizierbaren syntaktischen und semantischen Größen für unstatthaft. Selbst ein metaphorisches Verständnis der intuitiven Größe CD als kontextuelle Bekanntheit ist nicht möglich, denn Firbas bestreitet eine solche Gleichsetzung. Es gebe zwar gewisse Korrelationen, jedoch keine Gleichheit. Überhaupt sei die Rolle des Kontexts darauf beschränkt, ein Element zu thematisieren, keinesfalls stelle der Kontext ein Kriterium dar. Diese Einstellung zum Kontext revidiert Firbas 1966 teilweise, indem er den Begriff der kontextuellen Abhängigkeit (1966:246) einführt. Die Bezeichnung ist zwar neu, umfaßt jedoch das Gleiche wie kontextuelle Bekanntheit. Firbas bestreitet jedoch, daß es einen systematischen Zusammenhang zwischen kontextueller Abhängigkeit und CD gebe. Womit läßt sich aber dann CD definieren, wenn der Kontext nicht als Kriterium herangezogen werden kann?6 Für Firbas jedenfalls scheint die Fiktion der CD Wirklichkeit geworden zu sein. Denn nicht anders läßt sich erklären, daß er sogar mittels der CD die Begriffe des Themas und des Rhemas neu definiert. Thema1 sei das Element mit dem niedrigsten, Rhema das Element mit dem höchsten Grad an CD. Zwischen diesen beiden nimmt er als dritte Einheit einen Übergang (transition) an. Firbas hat sich in mehreren Artikeln mit der Stellung des Verbs beschäftigt (s. Firbas 1959, 1961, 1964 und 1969). Seiner Meinung nach bevorzugt das Englische im Vergleich zu anderen Sprachen den Nominalausdruck im Gegensatz zum Verbalausdruck. Die Information, die z.B. im Tschechischen mittels eines Subjekt-Verb-Satzes ausgedrückt werde, werde im Englischen als Subjekt-Verb-Objekt-Satz ausgedrückt. Der semantische Gehalt des betreffenden Verbs wie z.B. brolce in (15) sei gering. Meist drücke es nur die Aktionsart und das Tempus aus: 6 In der Tat kann man bei der Bestimmung von Thema und Rhema am Textanfang nicht mit der kontextuellen Bekanntheit arbeiten. Doch diese Fälle sind so marginal, daß ein vorschnelles Überbordwerfen einer zumindest teilweise verifizierbaren Größe zugunsten einer vollkommen willkürlichen ungerechtfertigt ist. 1 Leider ist unter den Vertretern der Prager Schule keine Einheitlichkeit in bezug auf die Definition des Themas erzielt worden. Travicek z.B. wendet sich gegen das Kriterium der kontextuellen Bekanntheit und versteht Thema als eine psycholinguistische Kategorie, die den roten Faden des Gesprächs darstellt: "the sentence element that links up directly with the object of thought, proceeds from it and opens the sentence thereby.."(nach Firbas, 1967:269). Inwieweit hier die Bezeichnung Thema angebracht ist, ist fraglich angesichts der Tatsache, daß Travicek stets das erste Element in der Äußerung als Thema bezeichnet. Um solchen terminologischen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, kann man mit Benes von Basis, als Verbindung zum Kontext, und Thema als Element, das den geringsten Grad an CD trägt oder nach Mathesius kontextuell bekannt ist, sprechen.

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(15)

[And suddenly his face dimpled;] it broke into a wide, toothless smile, a perfect beam, no less. (Firbas, 1961:81)

Diese angeblich charakteristische Funktion des Verbs im Englischen veranlaßte Firbas zur Annahme der Größe des Übergangs, der vorzugsweise durch das Verb bzw. die zeitlichen und modalen Bestimmungen der Verbfugung (temporal and modal exponents, TME) dargestellt werde (1968:11). Diese Aussage ist nur eine scheinbare Bestimmung, denn sie ist nicht formal festgelegt; dies wird besonders deutlich, wenn Firbas das Rhema vom Übergang durch einen merklichen Anstieg an CD abgrenzt.

Die Berechtigung für eine solche mittlere Größe ist intuitiv durchaus nachvollziehbar und könnte z.B. auf das Element to their remarks in Mathesius' Beispiel (11) angewendet werden. Was jedoch durchaus nicht eingängig ist, ist die Definition mittels der CD. Gegen Intuition ist prinzipiell nichts einzuwenden, solange sie der Anstoß für die Suche nach verifizierbaren Kriterien ist. Sie darf allerdings nicht wie bei Firbas einfach als absoluter Wert gesetzt werden, denn damit bleibt Firbas auf halbem Wege stehen. In frühen Aufsätzen verstieg sich die Willkür der Firbasschen CD-Zuweisungen zu noch luftigeren Höhen: Dort ging Firbas so weit, Thema, Übergang und Rhema scheinbar präzise Werte an CD zuzuweisen. CD-Werte zwischen 10 und 19 entsprächen dem Thema, zwischen 20 und 29 dem Übergang und zwischen 30 und 39 dem Rhema, wie im folgendem Beispiel, das ich aus der Arbeit einer seiner Schülerinnen zitiere:

(16)

I 11 never31 use20 the lift 32 at the club12. (Dvoräkovä, 1964:132)

Diese intuitive, sich mit der Aura mathematischer Exaktheit umgebende Zuweisung von CD-Graden ließ Firbas zum Glück bald fallen.

Firbas beläßt es nicht bei dieser Dreiteilung von Thema, Übergang und Rhema, sondern unterteilt jede der Kategorien nochmals in zwei Ausprägungen, die eigentliche Kategorie und deren Rest (z.B. Theme proper und Rest of theme) (1975:331). Diese sechs Abstufungen werden wiederum nur willkürlich voneinander abgrenzt, formale Kriterien für ihre Unterscheidung fehlen. 1.2.1.2 Die Grundverteilung der CD Neben der gravierenden Änderung der Definition von Thema und Rhema stellt die Umbenennung ihrer Abfolgen eine geringfügige Neuerung dar. Was Mathesius als objektive Folge bezeichnete, wird bei Firbas zur Grundverteilung der CD (basic distribution of CD). Diese Grundverteilung der CD liege vor, wenn der Grad an CD der Satzelemente von Anfang bis Ende der Äußerung vom Thema über den Übergang zum Rhema ansteige. Für diese sog. Grundverteilung der CD gilt das gleiche Urteil, das über Mathesius' Begriff der FSP gefällt wurde (s. 1.1.2.2). Die Grundverteilung der CD ist eine rein ideelle Größe, und die auf ihr fußenden Betrachtungen können nur Spekulationen sein. Statt zu beschreiben, was in der Sprache tatsächlich vorhanden ist, wird a priori die

22

Existenz der Grundverteilung als einer himmlischen Richtschnur angenommen, anhand derer die Realität gemessen wird. Diese Grundverteilung der CD nimmt Firbas nicht nur für den Aussagesatz, sondern auch für den Fragesatz an (Firbas, 1976). In der Frage teile der Sprecher dem Hörer zweierlei mit: zum einen die Tatsache, daß sein Wissen zu einem bestimmten Punkt lückenhaft sei und der Hörer diese Informationslücke schließen möge, zum anderen, welcher Art diese Lücke sei (1976:13). Prinzipiell könne jedes Satzelement das Rhema der Frage sein. Allerdings könne nur in Kontrastfall oder bei Second instance in der Bestimmungsfrage das w/i-Element bzw. in der Entscheidungsfrage der Operator (die ¿fo-Periphrase oder ein anderes Hilfsverb) (17'd) das Rhema darstellen. Firbas' Argumentation wird in der Tat von der Intonation gestützt:

(17a) (17b) (17c) (17d)

| Have you seen my hat / | Have you seen / my hat j Have you / seen my hat | Have / you seen my hat (Firbas, 1976:12)

Die Varianten (17a) und (17b) stellen mögliche Intonationsfalle, dar, in denen entweder die ganze oder Teile der Information neu sind. (17a) enthält nur neue Information, in (17b) ist hat bekannt. Bei (17c) und (17d) sind kontrastive Lesarten wahrscheinlich.

1.2.1.3 Die FSP als kontext-freie Grammatik Fragt man nach der Rolle des Kontexts in Firbas' FSP-Modell, stellt man fest, daß dieser fast vollständig vernachlässigt wird. Die Folge davon sind willkürliche Urteile. Denn in der Realität sind Äußerungen stets in einen Kontext eingebettet, dessen Kenntnis für deren Verständnis unabdingbar ist. Daher kann auch die informationelle Struktur sinnvollerweise nicht ohne die Einbeziehimg des Kontexts untersucht werden. Gerade die Überwindung der Satzgrenze, der sog. transphrastische Ansatz, hat sich in der modernen Textlinguistik als fruchtbar im Sinne eines Verstehens von Äußerungen als konstitutive Elemente eines Text erwiesen. Zwar wirft auch dieser Ansatz die Frage auf, ob damit hinreichend der komplexe Prozeß menschlichen Verstehens nachgebildet wird, aber da diese Methode der Realität zumindest näher kommt, muß die Einbeziehung des Kontexts in der heutigen Forschung als unabdingbar gelten.

1.2.2 Die sog. Mittel der FSP bei Firbas Abgesehen von einigen Änderungen hält Firbas' FSP-Theorie an den wichtigsten Axiomen Mathesius' fest, so. z.B. in der Ansicht, die Satzstellung sei das vorrangige Mittel der FSP, die intonatorische Auszeichnung sei dagegen weniger wichtig. Bei den sog. syntaktischen Mitteln der FSP nimmt Firbas eine Einteilung in drei Gruppen vor: die Satzstellung, der verbale und situationelle Kontext und semantisch-kontextuelle Mittel (1974:42f.). In Firbas 1992:158 ersetzt er die Satzstellung durch die von Bolinger geprägte Bezeichnung Linear modification, am Inhalt des Begriffs ändert sich jedoch nichts. t

In dieser Dreiteilung folgt Firbas dem von Danes propagierten "three level approach" (Danes 1964:225). Danes spricht von drei Ebenen des Satzes oder besser der Äußerung: 1) der semantischen Struktur, 2)

23 der grammatischen Struktur, als dem durch die Semantik vorgegebene in der Beziehung der Satzelemente zueinander ausgedrückte Verhältnis, und schließlich 3) dem Zusammenspiel von semantischer und grammatischer Struktur im Dienste der Kommunikation. Unter diesem Zusammenspiel, das er als eigenes System versteht, subsumiert Danes die FSP, aber auch den Rhythmus und die Intonation. Auch Danes behandelt die Intonation als peripheres Phänomen der FSP, und erkennt nicht deren generelle Wirksamkeit zur Kennzeichnung der FSP. Um sein System zu illustrieren, stellt Danes anhand von Beispielen aus dem Tschechischen Satzbaupläne auf, die Satzelemente in bezug auf ihre morphologische Form, ihre syntaktische Beziehungen zueinander und ihre Satzstellung untersuchen. Dabei postuliert Danes die Existenz von Allo-Sätzen, d.h. Varianten, die sich nur bezüglich der Satzstellung unterscheiden. Diesen Typ der Variation konstatiert der Germanist Danes auch für das Deutsche. Inwiefern man für das Englische 'Allo-Sätze' anwenden kann, wird im Kapitel 5 erörtert werden.

An diesem Punkt muß ich grundsätzliche Zweifel an den Einteilungen von Firbas anmelden: Für Firbas ist der Kontext ein Mittel der FSP. Dies kann so nicht stimmen, allenfalls kann man sagen, daß aus dem Kontext ersichtlich wird, welche Teile der Äußerung neu oder bekannt bzw. thematisch oder rhematisch sind. Der Kontext selbst dient nicht als Mittel der FSP. 1.2.2.1 Die Satzstellung Grundsätzlich geht Firbas wie Mathesius bei der Satzstellung von einer positioneilen Kennzeichnung der FSP aus: Das Thema stehe am Anfang, das Rhema am Ende. Diese Annahme ist aus der Untersuchung flektierender, agglutinierender Sprachen gewonnen und wird einfach auf das Englische übertragen. Firbas schränkt diese These zumindest ein, indem er anerkennt, daß Abweichungen von der normalen Satzstellung auch andere Gründe wie z.B. den Ausdruck eines emotionellen Stils haben könne. In Abkehr von Mathesius' stilistisch geprägten Kriterien der subjektiven bzw. objektiven Folge, die eher den Verhältnissen in flektierenden Sprachen entsprächen, postuliert Firbas eine "emotive" und eine "nicht-emotive" Satzstellung (1964:120). Solche emotiven Äußerungen wiesen zwar eine unnormale Syntax auf, verkörperten jedoch die Grundverteilung der CD:

(18) (19)

Hers is the meekness that belongs to the hopeless. Therefore have we linked ourselves to the only party that promises us the boon we seek. (18-19: Firbas, 1964:119)

Wann allerdings die Abweichimg von der normalen Satzstellung durch die FSP bedingt sei, oder wann sie Zeichen eines emotiven Stils sei, kann Firbas nicht sagen. Für ihn schließen sich die beiden Fälle gegenseitig aus. Diese Auffassimg ist jedoch irrig, denn was in (18-19) vorliegt, sind syntaktische Varianten, die sowohl in ihrer informationellen Struktur als auch bezüglich ihres Stils von unmarkierten Fällen abweichen. 1.2.2.2 Die Artikelsetzung Neben der Satzstellung fuhrt Firbas semantisch-kontextuelle Mittel der FSP auf. Darunter versteht er hauptsächlich die Verwendung des indefiniten bzw. definiten Artikels. Firbas untersucht die Artikelsetzung im Zusammenhang mit anderen syntaktischen Gegebenheiten wie der Position, der Verbqualität oder dem Zusammenspiel

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mehrerer Nominalftigungen. So sei die Nominalfügung mit unbestimmten Artikel als Subjekt normalerweise das Thema der Äußerung (20), es sei denn, es liege ein Verb des Erscheinens vor. Dann fungiere das Subjekt als Rhema: (20) (21)

A wave of the azalea scent drifted into June's face,... (Firbas, 1966:244) A haze hovered over the prospect. (Firbas, 1966:243)

Ohne Kontext und ohne Intonation kann die informationelle Struktur von (20) und (21) jedoch nur mit Vorbehalten beschrieben werden. Ergänzt man mögliche Kontexte, erweisen sich die von Firbas aufgestellten Verteilungen als möglich. Es existiert jedoch auch der konträre Fall. Ich begnüge mich mit der Untersuchung von (20), zu dem ich einen plausiblen Kontext ergänze. Die Intonation von (20a) widerlegt Firbas' These, das Subjekt stelle das Rhema dar: (20a)

(The garden was a complete miracle: The azaleas were in full bloom) | A wave of the azalea scent drifted into June's face \

Der bestimmte Artikel und das Pronomen, die bei Firbas tendenziell die kontextuelle Abhängigkeit bzw. die thematische Funktion ausdrücken, können das Rhema begleiten. Betrachten wir dazu das Beispiel (22a), das ich der Eindeutigkeit halber mit Kontext und Intonation zitiere: (22a)

(A: I'd never believed that Julia would stop smoking. I wonder whether she just stopped for no reason at all or because Dr. Roberts made her.) B: | I'm sure it was because of him \ |

Im Zusammenhang mit der Form des Artikels und der durch sie ausgedrückten Art von Bekanntheit nimmt Firbas eine Dreiteilung des Kontexts vor. Er unterscheidet einen allgemeinen Erfahrungskontext (Context of experience), der aus dem gemeinsamen Wissen des Sprechers und des Hörers von der Welt bestehe, einen spezifischeren Situationskontext (Situational context), der in der Situation, in der die Äußerung stattfinde, bestehe und schließlich einen unmittelbar der Äußerung vorausgehenden verbalen Kontext (1979:31). Der bestimmte Artikel könne zwei Arten der Bekanntheit ausdrücken: die Bekanntheit des Erfahrungskontexts und die des verbalen Kontexts. Der Hörer entscheide letztlich ad hoc, ob eine Information in einem bestimmten Zusammenhang als neu oder als bekannt zu werten sei. Firbas verdeutlicht dies mit Hilfe des folgenden Beispiels:

(23)

Bob went to the window. (Firbas, 1979:32)

Die Form der Nominalfügung the window, die durch die Verwendung des definiten Artikels als bekannt dargestellt werde, sei nur im Erfahrungskontext bekannt. In dieser Äußerung stelle sie jedoch das bis dato dem Hörer unbekannte Ziel der durch das Verb ausgedrückten Handlung dar. Somit sei trotz des definiten Artikels die Funktion dieser Fügung als Rhema gerechtfertigt. Damit revidiert Firbas seine zuvor aufgestellte These, die Form des Artikels sei ein Hinweis auf die FSP der Äußerung.

Angesichts der Verschiedenheit der Lesarten der kontextuellen Bekanntheit kann dem Artikel keine Aussagekraft fur die informationelle Funktion zugestanden werden.

25

1.2.2.3 Semantische Satzbaupläne Neben der Artikelsetzung nennt Firbas unter den semantisch-kontextuellen Mittel der FSP den Verbtyp mit seinen typischen Ergänzungen. Er geht davon aus, daß man je nach Art des Verbs eine bestimmte FSP erwarten könne. Diese werde bestimmt durch die kontextuelle Abhängigkeit des betreffenden Elements bzw. seiner umgebenden Elemente. Bei Verben, die die Existenz einer Einheit ausdrücken, gelte, daß das Phänomen, dessen Existenz prädiziert werde, mehr CD trage, wenn es kontextuell unabhängig sei, als das Verb und auch als die notwendige Ortsangabe.8 Die Funktion des Verbs sei die Präsentation (1992:174). Wir betrachten diesen Fall am folgenden Beispiel: (24a)

| In one dark and cöld night a bäby \ was bora in the town of Bethlehem |

Das Vorkommen der Intonation (24a) bedeutet jedoch noch nicht automatisch, daß andere Intonationsmuster ausgeschlossen seien. Unter bestimmten kontextuellen Bedingungen kann auch das dem Verb der Existenz folgende Adverbial hervorgehoben werden. Firbas nennt die Funktion des Verbs in solchen Fällen den Ausdruck einer Eigenschaft (1992:174). Dies ist eine vage und schwer überprüfbare These. In (25a) folgt einem existentiellen Verb ein Adverbial. Eine Bezeichnung des Verbs to be born als "Ausdruck einer Eigenschaft" ist jedoch imbefriedigend: (25a)

(A: You were talking about low birth rates in certain countries. Which countries are you thinking about in particular?) B: | 100,000 babies were born in Germany \ for example |

Auch für die mono- und komplextransitive sowie fur die intensive Konstruktion postuliert Firbas eine typische FSP-Verteilung. Dabei begeht er den Fehler, die FSP von Einzelsätzen als allgemein verbindlich anzusehen. Bei den intensiven und komplextransitiven Konstruktionen berücksichtigt er ausnahmsweise sogar die Intonation durch die Angabe des Hhz. Ich stelle die Intonation in meiner Notation dar: (26a) (27a) (28a)

| His friend was a good Greek scholar \ | j They elected him Chairman of the Selection Comittee \ | j Brilliant \ was the lecture he gave. | (Firbas, 1979:41)

Betrachten wir stellvertretend das Beispiel (28a): Durch die Frontstellung des Komplements liegt eine syntaktisch markierte Variante vor, die laut Firbas das Komplement als Rhema ausweist (1961:47). (28) ist aber auch in einem Kontext möglich, in dem es zwar betont, aber nicht Rhema ist. Totz der syntaktisch markierten Position von brilliant ist in (28b) auch die Funktion eines anderen Elements als Rhema möglich: (28b)

8

(He was such a brilliant person.) | Brilliant was the lecture / he gave | brilliant was the book / he published soon afterwards | brilliant was his whole career \ at the Foreign Office |

Zu diesem Typ zählt Firbas auch die existentielle Konstruktion.

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(28b) widerlegt Firbas' These, das Komplement müsse automatisch das Rhema sein. Solche syntaktischen Variationen müssen nicht durch die informationelle Struktur bedingt sein, sie können auch stilistische Gründe haben. Schließlich weist Firbas auch dem Adverbial eine typische FSP zu. Zunächst unterscheidet er zwischen den verschiedenen semantisch bestimmten Typen: Das Zeit- und das Ortsadverbial sei stets thematisch, wenn in der selben Äußerung ein kontextuell unabhängiges Objekt bzw. Verb auftrete, das automatisch als Übergang oder als Rhema fungiere. Er illustriert diese These am folgenden Beispiel: (29)

He bought a new book yesterday. (Firbas, 1964:115)

In der Tat ist ein Zeitadverbial des Typs yesterday und ein Ortsadverbial etwa des Typs here (außer im Kontrastfall) in der Regel thematisch. Das heißt aber nicht, daß solche Adverbials generell von der Funktion des Rhemas ausgeschlossen sind. Firbas 1979 korrigiert diesen Irrtum. Er unterteilt die Menge des Adverbials in zwei Gruppen: die Gruppe der Rahmeninformationen (setting) wie in (29) und (30), die thematisch seien, und die Gruppe der Spezifikationen (specification) wie in (31-32), die das Rhema seien (Firbas, 1979:43): (30) (31) (32)

I wrote a couple of letters yesterday. It happened yesterday. I met him in Amsterdam. (Firbas, 1979:43)

Das Resultat dieser Einteilung ist sinnvoll, fraglich ist jedoch die Einteilungsmethode selbst, da sie nicht auf verifizierbaren Kriterien beruht. Man käme zu dem gleichen Ergebnis, wenn man statt des Inhalts die Akzentuierung des Adverbials als Kriterium zugrunde legte. Denn ein Adverbial, das lediglich Rahmeninformation darstellt, ist höchstens schwach betont, während ein spezifizierendes Adverbial stark betont oder das Hhz sein kann.

Beim Adverbial des Grundes legt Firbas wieder die Satzstellung als Kriterium zugrunde: das Adverbial am Anfang sei Thema, am Ende Rhema (1964:115). Diese Verteilung ist aber nicht der einzig mögliche Fall. (33a) beweist, daß auch der umgekehrte Fall vorkommen kann. Er ist allerdings vermutlich seltener als die von Firbas beschriebene Verteilung: (33a)

[His getting better wasn't due to his wife's prayers. Oh no!] | Thanks to his doctor's prescription \ he found himself extremely well | (Firbas, 1964:115)

Das Ergebnis seiner Untersuchungen zu den Zusammenhängen zwischen Form und FSP in Aussage- und Fragesätzen faßt Firbas in Satzbauplänen zusammen, in denen semantischen Rollen bestimmte Positionen in Äußerungen zugewiesen werden. Wieder einmal ist die die Position das entscheidende Kriterium fiir die FSP. Zweifelhaft an diesem Vorgehen ist die Tatsache, daß Firbas den Kontext ausklammert, insofern als er

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für seine Satzbaupläne kontextfreie, abstrakte Sätze zugrundelegt, in denen nur die Semantik zur Kennzeichnung der FSP wirke. Diese kontextfreien Sätze gehören zu einem von ihm definierten Basic instance level, der eine semantosyntaktische Abstraktion ist und mit der Tiefenstruktur der TG bzw. der semantischen Repräsentation der generativen Semantik verglichen werden kann. Neben dem Basic instance level nimmt er einen Ordinary instance level und einen Second instance levei an. Letzterer geht auf Bolinger zurück. Er ist maximal kontext-gebunden. Der Normalfall sei der Ordinary instance level, d.h. der Fall einer in einen sprachlichen Kontext eingebundene Äußerung.

Der kontextfreie Satz ist eine reine Abstraktion. Für die Beschreibung der sprachlichen Realität ist dieses Konstrukt unbrauchbar, denn sprachliche Äußerungen sind immer in einen mehr oder weniger konkreten Kontext eingebettet ist. Selbst bei fiktionalen Textanfangen setzt der Autor einen gewissen Erfahrungskontext voraus. Nur wenn wir diesen vernachlässigen, können wir erste Äußerungen von Texten als kontextunabhängig ansehen.

Solche Satzbaupläne, die das Verhältnis von semantischer Rolle und Satzstellung regeln (1979:50), können allenfalls von theoretischem Interesse sein: I) SCENE (settings) - APPEARANCE/EXISTENCE - PHENOMENON APPEARING/EXISTING

(possible prospective quality bearer) II) SCENE (settings) - QUALITY BEARER -

QUALITY

(permanent/ transient) -

SPECIFI-

CATION - FURTHER SPECIFICATION(S) Diesen Satzbauplänen weist Firbas offenbar den Rang von sprachlichen Universalien zu, die für jede Sprache, zumindest jedoch für alle die von ihm untersuchten gelten sollen. Die Gefährlichkeit einer solchen Annahme wird augenfällig, wenn man das Beispiel (34) betrachtet, in dem das Englische eine andere Wortfolge wählt.

Der erste Bauplan gilt für den Fall, daß die Existenz einer Entität ausgedrückt werden soll. Dies könne im Englischen durch Äußerungen des Typs (34) oder (35) geschehen: (34) (35)

An accident occurred yesterday. There was an accident yesterday. (Firbas, 1979:50)

Während (34) im Englischen zwar möglich sei, sei der Typ (35) der häufigere. Der Grund für die Bevorzugung von (35) liegt nach Firbas darin, daß er der Norm der Grundverteilung der CD entspricht, während (34) dies nicht tut. Das von Firbas ins Feld geführte Argument der Bevorzugung des Typs (35) entspricht jedoch nicht der Realität, denn in Äußerungen, in denen das Erscheinen einer Entität in Form einer intransitiven, aus Subjekt und Verb des Erscheinens bestehenden Konstruktion ausgedrückt wird, liegt meist die Struktur (34) vor, in dem das Subjekt das Rhema darstellt (s. 6.3.2). Handelt es sich dagegen um eine Äußerung, in der einer Entität eine bestimmte Eigenschaft zugeschrieben werden soll, wählt das Englische nach Firbas die folgende Konstruktion, die dem oben genannten Satzbauplan II entspricht:

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(36)

A boy made a mistake through inattentiveness yesterday. (Firbas, 1979:50)

Äußerungen des Typs (36) sind zwar möglich. Genausogut ist im Englischen aber auch die Variante (37) möglich: (37)

A mistake was made by a boy through inattentiveness yesterday.

Firbas negiert das Auftreten von (37) und damit den funktionalen Unterschied zwischen (36) und (37). Warum im konkreten Fall der Sprecher (36) und nicht (37) wählt, können wir ohne Kenntnis des Kontexts nicht beantworten. Die Tatsache allein, daß diese Variation besteht, beweist, daß die semantischen Satzbaupläne nur ein theoretisches Konstrukt sind und für die Beschreibung der realen Sprache nur von geringem Nutzen sind. 1.2.3 Die Rolle der Intonation in Firbas 1969 Während Mathesius und auch Firbas in seinen frühen Aufsätzen zur FSP sich nur peripher mit der Rolle der Intonation auseinandersetzten, ging Firbas in einem Aufsatz von 1969 ausführlich auf den möglichen Zusammenhang zwischen Intonation und FSP ein. Firbas weist der Intonation jedoch nur eine paralinguistische Funktion zu. Er erkennt zwar prinzipiell an, daß das Rhema einer Äußerung in der Regel auch das sog. Hervorhebungszentrum darstellt, bezeichnet aber dennoch die Übereinstimmung zwischen Intonation und FSP nur als partiell und zufallig. Er beharrt darauf, daß das Rhema allein semantisch und syntaktisch bestimmt sei (1969:36ff.): Within the intricate interplay of factors, the tendency to shift the IC [Intonation Centre] as far backwards within the clause as possible - a tendency that can perhaps be brought into relation with the impact exercised by sentence linearity - can evidently assert itself from time to time. The 'automatizing' tendency is, however, kept within limits. (In any case, in the presence of 'neutral' intonation, the highest degree of CD within the sentence quoted appears to be sufficiently signalled by context and semantic structure, so that lack of congruence between the carrier of the highest degree of CD and the IC bearer does not seriously impair the signalling of degrees of CD). (1979:39)

Firbas sieht nur eine zufallige Übereinstimmung zwischen der intonatorischen Realisation und der FSP. Dies wird vor allem in den Fällen deutlich, in denen er die Intonation als phonetische Verstärkung des Rhemas oder gar als Hervorhebung des Themas aus rhythmischen oder affektiven Gründen (prosodic intensification of the theme) ansieht (1969:57).9 Ein Beispiel für eine solche Hervorhebung des Themas stelle die folgende Äußerung dar, die in der von Firbas verwendeten - auf Gimson zurückgehenden - Notation dargestellt wird, derzufolge das Thema eine fallend-steigende Intonation trägt: (38) 9

M

Mine is from the 'library. (Firbas, 1969:57)

Esser 1983:68 verwendet für dieses Prinzip die Bezeichnung thematische Intonation.

29

Firbas betrachtet mine als Thema. Das hieße, um mit Firbas zu sprechen, daß es wenig zum Fortgang der Kommunikation beitrage und wenig CD trage. Es wurde bereits des öfteren darauf hingewiesen, daß CD eine intuitive Größe ist. Offensichtlich handelt es sich in (38) um den Kontrastfall, bei dem mine etwa mit yours kontrastiert wird, somit ist die Information des Elements mine wichtig, in Sinne der Firbasschen Definition trägt es entscheidend zum Fortgang der Kommunikation bei und fungiert nicht als Thema. Läßt man semantische Erwägungen beiseite, und stützt sich auf formal Faßbares wie die Intonation, kommt man zum gleichen Ergebnis: Mine ist stärker betont als is und from, jedoch weniger stark als the library. Intonatorisch liegt also eine Dreiteilung vor. Auch auf der Ebene der FSP agiert Firbas mit drei Kategorien. Was steht einer Gleichsetzung der beiden Ebenen im Wege? Nichts, außer der Tatsache, daß man mit dem bestehenden System brechen muß und dafür ein formal faßbares gewinnt, in dem die Begriffe Thema und Rhema sinnvoll verwendet werden können. Um etwaige letzte Zweifel an der Zuverlässigkeit der Intonation als Kriterium der informationellen Struktur auszuräumen, verfolgen wir Firbas' Argumentation, laut der kein Zusammenhang zwischen Intonation und FSP besteht. Ist die Argumentation schlüssig, müssen wir die bislang noch nicht überprüfte These, daß die Intonation ein Kriterium der informationellen Struktur ist, über Bord werfen. Firbas untersucht anhand eines Korpus das Verhältnis zwischen Objekten und Verben in bezug auf Intonation und CD-Gehalt. Dabei stellt er drei Typen fest, wovon er den dritten wiederum in drei Unterarten unterteilt: 1. Das kontextuell unabhängige Objekt ist prosodisch schwerer als das Verb 2. Das kontextuell unabhängige Objekt ist prosodisch leichter als das Verb 3. Das Objekt und das Verb sind prosodisch gleich schwer 3.1 Verb und Objekt sind kontextuell bekannt und tragen wenig CD 3.2 Das Verb trägt mehr CD als das Objekt wie in (39) 3.3 Das Verb trägt weniger CD als das Objekt

Zur Überprüfung der Firbasschen Theorie wähle ich den Typ (3) aus. Zur Illustration des Typs (3.1) nennt Firbas das Beispiel (39), in dem das Subjekt Rhema der Äußerung sei: 10 (39)

v

One of the rooms faces the sea. (Firbas, 1969:56)

Diese Intonation ist sehr selten,. Sie ist r im Fall einer Richtigstellung oder eines Kontrasts (s. 6.3.2) möglich. Ich übertrage sie in meine Notation (39a);: (39a)

| öne \ of the röoms faces the sea |

Der Typ (3.2) kann der näheren Untersuchung ebensowenig standhalten. In seinem Beispiel (40), bei dem vorausgehender Kontext fehlt, ist in der Relativklausel das Ob10

Ausnahmsweise wird die Intonation in den Beispielen (39-42) in der Firbasschen Notation dargestellt, die der von Gimson entspricht.

30

jekt entfallen, damit entspricht er nicht der Grundvoraussetzung, Objekt und Verb seien prosodisch gleich schwer, denn diese Aussage setzt die Existenz beider Elemente voraus. Andere Vertreter dieses Typs kann Firbas nicht nennen: (40)

[...- on that invTtation] you isent me (Firbas, 1969:56)

Der Untertyp (3.3) werde durch die Beispiele (41) und (42) repräsentiert: (41) (42)

... and 'teil me 'more about it afterwards. We've 'missed the llast train. (Firbas, 1969:56)

In (41) und (42) seien das Verb und das Objekt kontextuell unabhängig, d.h. stellten neue Information dar. Dabei könnten sie sowohl beide nicht-rhematisch wie in (41) sein, oder eines der beiden Bestandteile - meist das Objekt - könne das Rhema sein wie in (42). Der Fall 3.3, bei dem Verb und Objekt prosodisch gleich schwer seien, ist möglich in Form von (41), bei dem ein anderes Element - hier das Adverbial - das Rhema darstellt. Den Typ (42), bei dem das Objekt mehr CD trage als das Verb, also Rhema sei, und intonatorisch genauso stark hervorgehoben sei wie das Verb, halte ich für schlichtweg falsch. Normalerweise ist nämlich das Nomen in solchen Fällen stärker betont als das Verb. Firbas Argumentation von der Unzuverlässigkeit der Intonation konnte folglich nicht überzeugen. Deshalb werde ich im Kapitel 6 die Frage nach der Intonation erneut aufgreifen und in der erforderlichen Ausführlichkeit besprechen. 1.3 Die Arbeiten von Dvoräkovä Auch in den Arbeiten der Schüler Firbas', für die ich stellvertretend die Arbeiten von Dvoräkovä heranziehe, setzt sich der Fehler der Überbewertung der Satzstellung fort. Dvoräkovä 1064 untersuchte anhand eines Korpus die Zusammenhänge zwischen der Satzstellung und der FSP von Adverbials im Englischen. Das Korpus bestand aus 780 Sätzen, in denen 842 Adverbials der Zeit, des Ortes oder des Grundes auftraten. Ihre Ergebnisse verglich sie mit den Verhältnissen im Tschechischen. Dvoräkovä unterteilt die Äußerungen in fünf verschiedene Typen. Die Kriterien, nach denen sie klassifiziert, sind die Bedeutung des Adverbials bzw. des Verbs, die Funktion des Adverbials, das Vorhandensein seines Objekts, die Realisationsform des Adverbials und schließlich der relative Wert an CD der einzelnen Satzelement. Bei den Typen (1-3) handelt es sich um Äußerungen mit Adverbials des Ortes. Beim Typ (1) ist ein fakulatives Adverbial und ein obligatorisches Objekt vorhanden. Das Adverbial steht unmittelbar am Ende der Äußerung und füngiert als Rhema:

31

(43)

She 11 had met 20 this Bosinney 21 at the house of Baynes 31 . (Dvoräkovä, 1964:134)

Beim zweiten Typ handelt es sich um eine Äußerung mit intransitivem Verb und obligatorischem Adverbial. Das Verb drückt die Existenz einer Einheit aus, die kontextuell gegeben ist. Für Dvoräkova ist die Bedeutung des Verbs der ausreichende Grund dafür, Äußerungen dieses Typs als eigenen Fall zu behandeln. Das Adverbial fungiere in solchen Äußerungen als Rhema: (44)

... and Rachel and Cicely 10 were 20 on a visit31 in the country32. (Dvoräkova, 1964:135)

Beim dritten Typ handelt es sich um Äußerungen mit obligatorischen Adverbial, bei denen die Bedeutung des Verbs nicht näher spezifiziert ist. Das Adverbial sei rhematisch, wenn die übrigen Satzelemente keine kontextuell neue Information darstellten wie in (45). Im umgekehrten Fall (46) sei es dagegen thematisch: (45) (46)

The cab 10 rattled21 gaily 22 along the streets.30 A fly 3 0 settled20 on his hair. 10 (Dvoräkova, 1964:135)

Beim vierten Typ handelt es sich um Äußerungen mit einem Adverbial des Grundes. Dieses sei stets rhematisch: (47)

I 1 1 drink20 it 12 every night of my life 30 . (Dvoräkova, 1964:136)

Beim fünften Typ handelt es sich um Äußerungen mit Adverbials von sehr großer Komplexität. Die Komplexität ist ein völlig neuer Gesichtspunkt: Mathesius und Firbas gehen davon aus, daß die Komplexität eines Satzelements in keiner Beziehung zu dessen syntaktischer Funktion stehe. Dvorakovä nimmt jedoch an, daß solche Adverbials automatisch als Rhema fungieren: (48)

This guard of m e n 1 a l l attached to the dead by the bond of kinship12, was 2 0 an impressive and singular sight32 in the great city of London31 with its overwhelming diversity of life 33 , its innumerable vocations, pleasures, duties34, its terrible hardness35, its terrible call to individualism36(Dvoräkovä, 1964:136)

Dvorakovä kann jedoch nicht umhin anzuerkennen, daß es Abweichungen zu diesen Typen gibt: So weisen 134 von 483 Ortsadverbials, 109 von 308 Zeitadverbials und 11 von 50 kausalen Adverbials (1964:131) andere Verteilungen der FSP auf. Diese Abweichungen führt Dvoräkovä auf grammatische Zwänge zurück. Treten z.B. themati-

32

sehe Adverbials am Ende der Äußerung auf, wie den Beispielen (49)11 und (50), sei diese Position grammatikalisch bedingt: (49) (50)

The heat30 danced20 over the com. 10 I 11 never31 use20 the lift 32 at the club12. (Dvoräkovä, 1964:131-2)

Die Kriterien, nach denen sie die FSP von Adverbials bestimmt, sind wie bei Firbas die Form des Artikels und der semantische Typ des Verbs. Diesbezüglich müssen die bereits bei Firbas genannten Einschränkungen geltend gemacht werden. So führt Dvoräkovä z.B. kontextlose Äußerungen an, deren Unterschiede bezüglich der informationellen Struktur in den meisten Fällen nicht festgestellt werden kann. Betrachtet man allein die beträchtliche Zahl möglicher Ausnahmen, ist es notwendig, die Bedeutung der Satzstellung für die FSP des Adverbials zu relativieren. 1.4. Die Arbeiten Svobodas Ausgehend von den Untersuchungen seiner Vorgänger untersuchte der der Prager Schule zuzurechnende tschechische Sprachwissenschaftler Alexander Svoboda vor allem, inwieweit die FSP nicht nur auf der syntaktischen Ebene des Satzes, sondern auch in anderen morphosyntaktischen Ebenen wirksam ist. Svoboda postuliert, daß auch Fügungen und Klauseln bzw. Satzfolgen eine FSP aufweisen. Als Mittel der FSP sieht er wie Firbas die Satzstellung an. Dabei arbeitet er wie seine Vorgänger mit schriftsprachlichen Belegen, die scheinbar ohne Intonation vorkommen. Der Intonation weist er lediglich in der gesprochenen Sprache die Funktion zu, die FSP einer Äußerung zu disambiguieren (1964:81). Svobodas zweiter Beitrag zur FSP bestand in einer Klassifizierung der Kategorie Thema in Theme proper und diatheme. Unter eigentlichem Thema versteht er ein Element, das in der vorausgehenden Äußerung bereits als Thema füngierte, unter Diathema dagegen ein Element, das in der vorausgehenden Äußerung als Rhema fungierte (Svoboda 1983).

Seine Untersuchungsgegenstände bezeichnet er als kommunikative Felder, denen er unterschiedliche Ränge zuweist: dem Satz entspreche Rang 0, eingebettete Strukturen dem Rang 1, Satzfolgen dem Rang -1. Svoboda versucht zu beweisen, daß die Begriffe Thema und Rhema nicht nur zur Beschreibung von Sätzen, sondern auch für Beschreibung der FSP von Fügungen und von Satzfolgen verwendet werden können. In (51) stelle beispielsweise der erste Satz das Thema des zweiten dar, was als T_1 bzw. R"1 bezeichnet wird. In der ebenfalls in (51) enthaltenen Fügung the visible world sei visible das Rhema zum thematischen world, was als T 1 bzw. R 1 bezeichnet wird. Die Abkürzung Rp bedeutet Rhemeproper, Tr steht für Transition:

11

Die Kennzeichnung von Thema, Übergang und Rhema erfolgt dabei nach der von Firbas1 entwickelten Methode (s.o).

33

(51)

T-l R-l T° Tr° R° T° Tr°/R° Rp° God is invisible. He created the visible world. Ri Ti

Die Anwendbarkeit der Prinzipien der FSP auf Satzfolgen und Fügungen stellt eine Übertragung intuitiver Urteile dar. Die Behandlung von visible als Rhema ist lediglich bei einer kontrastiven Lesart möglich, die hier durch den Kontext gestützt wird. Normalerweise ist es jedoch das Nomen, das die stärkere Betonung und damit auch die rhematische Funktion trägt. Svoboda untersuchte neben Fügungen auch attributive Klauseln, die er transformationalistisch auf einfache Hauptsätze zurückführt (1968:49-101). Dabei stellt er fest, daß es Parallelen gibt zwischen Kernsätzen (52) einerseits und infiniten, attributiven Klauseln (53) bzw. komplexen Nominalfugungen (54), andererseits: (52) (53) (54)

God is invisible. ... God being invisible... ... invisible God... (Svoboda, 1968:66)

Laut Svoboda verkörpert in (52) und (53) das Verb den Übergang. (54) beinhalte kein Verb und daher auch keinen Übergang. In allen drei Äußerungen sei das Adjektiv das Rhema und das Substantiv das Thema. Bei dieser Analyse überträgt Svoboda einfach die Verhältnisse des Kernsatzes (52) auf die durch Einbettungen entstandenen (53) und (54). Dieses Vorgehen scheitert jedoch an der Tatsache, daß ohne Kontext (52-54) ambig sind. Alle genannten Funktionen treffen nur auf bestimmte kontextuelle Verhältnisse zu, in anderen sind sie schlichtweg falsch. Dies gilt insbesondere für die Behandlung des Adjektivs in (54) als Rhema, das eine kontrastive Lesart verlangt. In allen anderen Fällen ist es weniger stark betont als das nominale Determinatum. Doch Svoboda übersieht die Wichtigkeit des Kontexts, was seine ganze Argumentation zunichte macht. Wie seine Vorgänger sieht er die Satzstellung als entscheidendes Mittel der FSP an. Svobodas Untersuchung beinhaltet noch eine weitere Ergänzung der FSP-Theorie Firbas': die Einführung eines sog. Indikators. Darunter versteht er ein Element, das weder Thema, Rhema noch Übergang ist, sondern auf die Stellung anderer Satzelemente in der FSP hinweist: If the primary fiinction of an dement is that of indicating the communicative position of some other element(s), its onomatological fiinction playing a secondary role or not being performed at all, we shall denote the respective element as indicator. (Svoboda, 1968:58)

Als Beispiel eines Indikators führt Svoboda it in Äußerungen des Typs (55) an. 1/ stelle dabei das grammatikalische Subjekt dar, das lediglich anzeige, daß das Sinnsubjekt (s. 5.1.3) als Rhema fungiere. Ebenfalls ein Indikator sei there in existentiellen Konstruktionen:

34

(55)

It is essential that he was in error. (Svoboda, 1968:77)

Doch was indiziert der Indikator? Es handelt sich dabei doch lediglich um eine grammatikalische Funktion, bei der in der Regel keine Variation möglich ist. Er ist für die informationelle Struktur schlichtweg uninteressant. Svobodas Untersuchung widmet sich schließlich der Frage, ob die Form eines Satzelements einen Einfluß auf dessen FSP habe. Svoboda bestreitet einen Zusammenhang zwischen Komplexität und FSP (1968:7lf.). Er betrachtet die Elemente unabhängig von ihrer Komplexität als Ganzes in ihrem Verhältnis zum Rest der Äußerung. So sei z.B. in (56) die komplexe Nominalfugung das Thema eines ungenannten Rhemas: (56)

T ... the idea that is supporting my suggestion... T 1 i 1 Tr 1 R 1 Rp1

Ohne Kontext ist jedoch nicht entscheidbar, welche Funktion dieses Element in der informationellen Struktur spielt: ob es, wie Svoboda annimmt, Thema, oder statt dessen Rhema ist. Nehmen wir an, daß es als Subjekt einer Äußerung (57) fungiert: (57)

The idea that is supporting my suggestion is that it saves energy.

Bei einer solchen bestimmenden Relativklausel kann zwischen den Nomen und die folgende Relativklausel keine Tonstreckengrenze treten. Welche Funktion dieses Element jedoch als ganzes in der Tonstrecke einnimmt, kann ohne Kontext nicht vorausgesagt werden. Bei diesem Vorgehen zeigt sich deutlich, daß Svoboda von den gleichen Prämissen ausgeht wie Firbas, und damit der gleichen Kritik unterliegt. 1.5. Das Modell der Topic-Comment-Articulation Aus der Beschäftigung der Prager Linguisten Sgall, Hajicovä und Benesovä mit den Ideen der generativen Grammatik entwickelte sich eine Modifikation des von Mathe sius und Firbas entwickelten FSP-Modells. Diese Modifikation kann (vereinfacht gesagt) als die Integration der Erkenntnisse der Prager Schule in die generative Grammatik angesehen werden. 1.5.1 Die inhaltliche Bestimmung der TCA Sgall et al. gehen davon aus, daß der Sprecher beim Sprechen zwei Gliederungen gleichzeitig realisiere (1973:40): eine syntaktische und eine informationelle. Bei der syntaktischen Gliederung handele es sich um eine Hierarchie von Verben und ihren (obligatorischen und fakultativen) Ergänzungen. Diese Ergänzungen sind semantisch bestimmt und entsprechen Tesnieres Aktanten oder Filimores Kasus. Es wäre daher besser, von einer semanto-syntakti-

35 sehen Hierarchie zu sprechen. Diese semanto-syntaktische Hierarchie wird in der TCA als Nukleus bezeichnet (1973:48). Dieser Begriff stammt ursprünglich aus der Dependenzgrammatik Tesnieres von 1959, wo er den syntaktischen Knoten und die semantischen Funktionen des Satzes beschreibt.

Die informationelle Gliederung besteht in der Anordnung von Informationsträgern zu einer Äußerung. Diese Trennung belegt, daß Sgall et al. am ideellen Verständnis der FSP festhalten. Für sie gilt das gleiche, was bereits in 1.1.2.2 über die Modelle Mathesius' und Firbas' gesagt wurde. Die informationellen Elemente werden im Modell von Sgall et al. als kontextuell gebundenes und kontextuell ungebundenes Segment bezeichnet. Die Unterscheidung ist wie schon bei Mathesius inhaltlicher Natur: Kontextuell gebunden sei diejenige Information, die der Hörer bereits kenne, und an die ihn der Sprecher nur zu erinnern brauche (1973:48). Kontextuell ungebunden sei dagegen diejenige Information, die das Wissen des Hörers modifiziere (1973:25). Dieser Begriff der kontextuellen Bindimg stammt aus Firbas' Modell, aus dem auch der Begriff der kommunikativen Dynamik (CD) entlehnt wurde. Sgall et al. monieren zwar, daß die CD ein intuitives, formal nicht faßbares Konzept sei, verwenden es aber nichtsdestoweniger. Sgall et al. 1973 verweisen lediglich auf intuitive Kriterien, von denen der Grad an CD abhänge, so behaupten sie z.B., daß das Agens (actor) in der Regel sehr wenig CD habe (1973:61). Ein anderer, pragmatischer Gesichtspunkt sei die Zentralität eines Elements. Darunter verstehen sie die Frage, ob ein Element auf der Basis der betreffenden Situation bzw. der Beziehung zwischen Sprecher und Hörer als mehr oder weniger wichtig empfunden werden. Je zentraler ein solches Element sei, desto weniger CD habe es (1973:61). Solche Definitionen sind nicht nachvollziehbar und unbrauchbar. Dies fallt vor allem bei der Zuordnung von CD-Werten in Sgall et al. auf, wenn Elementen in beispielhaften, aus ihrem Kotext gerissenen Äußerungen bestimmte CD-Grade offensichtlich wahllos zugeordnet werden (s. 1973:60f). Das einzige formale, nachvollziehbare Kriterium ist die Position, denn auffalligerweise sind es stets die Elemente am Anfang der Äußerung, denen die Autoren wenig CD beimessen, während denen am Ende ein relativ hoher Wert an CD zugesprochen wird.

Kontextuell gebundene bzw. ungebundene Information wird gleichgesetzt mit topic und comment der generativen Grammatik: Topic sei gleich kontextuell gebundene Information bzw. diejenige Einheit, die wenig CD trage, bzw. die Präsupposition (1973:118). Comment sei gleichbedeutend mit kontextuell ungebundener Information bzw. mit der Einheit, die am meisten CD trage. Für letzteres wird auch die transformationalistische Bezeichnung Fokus verwendet (1973:43, 1973:56f.). Die Anordnung von topic und comment bzw. gebundenen und ungebundenem Segment bzw. das Modell, das sie zur Bestimmimg der informationellen Struktur entwickelt haben, nennen sie Topic Comment Articulation (TCA). Die dabei verwendeten Größen sind wie in der FSP rein inhaltlich bestimmt. Wie die Vertreter der generativen Grammatik verweisen Sgall et al. auf die mögliche Korrelation zwischen Intonation und TCA, halten diese jedoch fiir zufällig. Daher fließt die intonatorische Kennzeichnung des sog. Fokus nicht in die Bestimmung der semantischen Größe Fokus mit ein. Die zugrundegelegten vagen Bestimmungen sind nicht objektivierbar und unterliegen daher der gleichen Kritik wie die funktionalen Begriffe Thema und Rhema.

36 Mit der Größe der kontextuellen Gebundenheit bzw. ihrer Definition wehren Sgall et al. 1973 von vornherein Kritik an der Verwendung des Kontexts als Kriterium ab. So war z.B. bei Mathesius Information anhand des Kontexts in gegebene und neue eingeteilt, das Kriterium war die Erwähnung im vorausgehenden Kotext. Gleichungen der Art, daß der bestimmte Artikel kontextuell gegebene Information, der unbestimmte Artikel kontextuell neue Information begleite, waren nicht haltbar (s. 1.2). Dieser Kritik haben sich Sgall et al. von vornherein entzogen. Ihre Definition der kontextuellen Gebundenheit hat jedoch den Nachteil, nicht objektivierbar zu sein, denn was dem Hörer bekannt ist und an was in der Sprecher erinnern muß, ist nicht mit linguistischen Mitteln überprüfbar.

1.5.1.1 Allerlei Annäherungsverfahren an topic und comment Mangels objektiver Kriterien zur Bestimmung der kontextuellen Gebundenheit wird wie bei Firbas die Position als Kriterium verwendet: So sei z.B. das Subjekt im Englischen in der Regel das topic (1973:52). Diese Einschränkung auf den Regelfall wird nicht näher erläutert. Vermutlich gehen Sgall et al. von unmarkierten Aussagesätzen mit finalem Hhz aus. Neben diesem positioneilen Kriterium wird auch der Fragetest zur Bestimmung von topic und comment bemüht, der allerdings erweitert wird. Statt einer einzigen möglichen Frage wird ein ganzer Katalog von möglichen Fragen aufgestellt, zu dem die zu untersuchende Äußerung eine passende Antwort sei. Dieser Test ist - zumindest was den comment anbelangt - illustrierend. So werden z.B. zu (58)12 die folgenden möglichen Fragesätze (59-61) gefunden: (58) (59) (60) (61)

The astronauts brought samples of minerals from the MOON. What did the astronauts do? What did the astronauts bring from where? From where did the astronauts bring samples of minerals? (Sgall et al. 1973:51)

Dasjenige Element, das in allen möglichen Fragen beinhaltet sei, stelle das topic dar, das Element das in keiner möglichen Frage beinhaltet sei, sei der comment. Auf das Beispiel (58) angewendet, bedeutet dies, daß astronauts das topic ist, da es in allen möglichen Fragesätze vertreten ist, dagegen sei from the moon der comment, da es in keiner der Fragen vertreten sei. Zu dem gleichen Ergebnis wären Sgall et al. 1973 gekommen, wenn sie die Intonation der Äußerung (58) untersucht hätten, denn in all den genannten Fällen wird als comment stets das Hhz der Äußerung genannt. Sgall et al. übersehen diese offensichtliche Übereinstimmung. Statt dessen wird ein aufwendiges Verfahren bemüht, dessen Aussagekraft zudem auf bestimmte Satztypen beschränkt ist. Dieser Test ist beispielsweise nicht auf Äußerungen des Typs (62) anwendbar. Denn eine Frage nach der Verbfügung ist nur dann möglich, wenn es sich um ein dynamisches Verb (s. CGEL § 2.43) handelt. In (62) liegt jedoch ein statisches vor, das ungrammatische Fragen des Typs (63) ergibt: 12

Die Tatsache, daß in (58) from the moon als Hz fungiert, ist seltsam, denn solche kontextuell ableitbare Information stellt in der Regel nicht das Hz dar. Denn woher hätten sonst Astronauten - nach dem gegenwärtigen Stand der Raumfahrt - Gesteinsproben mitbringen sollen?

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(62) (63)

Peter LOVES strawberry icecream. * What does Peter do to icecream?

Die Zweifel an der Berechtigung des Fragetests werden angesichts von Aussagen von Sgall et al. über die Stimmigkeit bestimmter Frage- und Antwortpaare verstärkt. Die Autoren betrachten z.B. (65) als adäquate Antwort auf (64): (64) (65)

What's the matter with Charles? Charles SAW Mary (or ... DID see Mary). (Sgall et al., 1973:59f.)

In (65) müsse lediglich gewährleistet sein, daß Mary kontextuell bekannt sei. Die Äußerung (65) mit Hhz auf saw und einer nicht näher bestimmten Intonation von Charles und Mary kann jedoch schwerlich als logische Antwort auf (65) gelten. Saw kann zwar betont sein, aber nicht ein Hervorhebungszentrum darstellen, ohne daß eine kontrastive Lesart etwa im Stil von Charles did not talk to Mary, he only saw her vorliegt. Symptomatisch für die Vagheit solcher Bestimmungen sind die Abschwächungen, die in den Aussagen Sgalls et al. auftreten. Auf vage Urteile wie das folgende kann man jedoch kein Modell aufbauen: It is not surprising after what has been said that the question (3-24) [=(64)] can be appropriately answered by the sentence (3-17) [=(65)] under the weaker assumption (Mary is in some way or another known from the situation) ... The question (3-25) is from our point of view more or less a neutral one;..(Sgall et al., 1973:61, italics mine)

1.5.1.2 Das unbekannte Dritte zwischen topic und comment Der Fragetest ist nur eingeschränkt zur Bestimmung von topic und comment anwendbar: Sgall et al. räumen ein, daß er zur Bestimmung von Elementen, die weder zum topic noch zum comment gehören, nicht herangezogen werden kann. Dabei beziehen sie sich auf die Funktion von samples of minerals in (58). Dieses Element gehört ihrer Auffassung nach weder zum topic noch zum comment, sondern offensichtlich zu einer dritten Größe, die nicht einmal in der methodischen Einführung genannt wurde, sondern deren Existenz lediglich im Kontext von (58) ad hoc postuliert wird. Diese dritte unbekannte Größe bleibt unbenannt. Die Autoren umschreiben sie folgendermaßen: Certainly, only the last participant c a n n o t occur in the question; it is evident, however, that other participants, too, following the verb in any of the above sentences m a y belong in a certain sense to the comment... (Sgall et al., 1973:55, Hervorhebung durch Autoren)

Sgall et al. bestreiten zwar, daß es sich dabei um den im Firbasschen Modell verwendeten Übergang handelt, aber zumindest die Idee stammt doch eindeutig von letzterem. Firbas wendet diesen Begriff hauptsächlich auf die temporalen und modalen Morphemen des Verbs an, Sgall et al. verwenden ihn fur nicht-terminale Nominalfugungen.

38

Das Urteil, daß andere Satzelemente "in gewissem Sinn" zum comment gehören, beruht lediglich auf Intuition und ist mit den angeführten Mitteln nicht verifizierbar. Es verdeutlicht sinnfällig die Methode der TCA, die wie die FSP auf der Basis intuitiver, auf inhaltlichen Gesichtspunkten beruhender Urteile, nach Tests zur Untermauerung ihrer Intuition sucht. Anstatt bei offensichtlichem Widerspruch zwischen Intuition und objektiven Tests eine Revision der Intuition einzuleiten, werfen die Autoren formale Kriterien über Bord und beharren auf ihrer Introspektion, hier in Form der Annahme einer dritten Größe. Darin besteht auch eine erstaunliche Parallelität zur Vorgehensweise der Transformationsgrammatik (s. 2.1.4). 1.5.2 Die semantische Ausrichtung der TCA Wenden wir uns nun der von Sgall et al. sogenannten syntaktischen (besser: semantosyntaktischen) Ebene zu, die der Sprecher gleichzeitig zur informationellen realisiere. Im Stil der generativen Semantik gehen die Autoren von einer zugrunde liegenden semantischen Struktur aus: Diese sog. semantische Repräsentation (SR) ist der Ausgangspunkt für als Transduktionen bezeichnete Umformungsprozeße. Die SR beinhalte das Verb und die von ihm abhängigen obligatorischen und optionalen semantischen Ergänzungen (1973:45). Die Reihenfolge der Ergänzungen sei nicht zufallig, sondern festgelegt: (66)

actor time place manner instrument dative object of the type "about what" objective (patiens) direction objective complement condition purpose cause

Die Reihenfolge (66) bezeichnen Sgall et al. als kommunikative Wichtigkeit (Communicative Importance, CI). Die kommunikative Wichtigkeit sei eine skalare Größe. Die Wichtigkeit ihrer Elemente nehme von Anfang bis zum Ende der Liste zu (1973:67). (66) vermittelt zwar die extensionale Bedeutung des Begriffs der kommunikativen Wichtigkeit, ist jedoch kein Ersatz für die fehlende intensionale Bestimmung. Es fehlt eine logische Erklärung, warum z.B. der Agens einer Handlung weniger wichtig ist als der Grund einer Handlung. Auch Dahl kritisiert in seiner Rezension von Sgall et al. das Konzept der CI. Er schreibt dazu: I find this notion [CI] at least as unclear as that of communicative dynamism. It is used to explain word order regularities that cannot be accounted for by other notions of TCA: However, it appears that the only criterion for assuming that a certain participant has greater communicative importance than

39

another is that is usually comes first; so the explanatory power of the notion is dubious. (Dahl, 1975:348)

Die Ähnlichkeit zwischen der kommunikativen Wichtigkeit und der kommunikativen Dynamik einerseits und Firbas' semantischen Satzbauplänen andererseits ist frappierend. Offensichtlich handelt es sich bei der kommunikativen Wichtigkeit ebenfalls um einen ideellen Begriff, der für Sgall et al. in einer hypothetischen abstrakten Ebene Gültigkeit hat. Denn Sgall et al. arbeiten auch mit der Dreiteilung kommunikativer Ebenen (1973:19ff.), die wir bereits bei Firbas (s. 1.2.1) kennengelernt haben und beziehen die kommunikative Wichtigkeit auf die abstrakte kontextlose Ebene. Abweichende Satzstellungen realer Äußerungen werden zu dieser abstrakten Ebene in Bezug gesetzt. Ein solches, aus ideellen Begriffen bestehendes Modell scheitert zwangsläufig bei der Anwendung auf reale Äußerungen. Die ideelle Größe der kommunikativen Wichtigkeit wird als Gradmesser benutzt, um die kommunikative Dynamik zu bestimmen. Als Illustration dieser Vorgehensweise betrachten wir das Beispielpaar (67,68): (67) (68)

I gave a boy an APPLE. I gave an apple to a BOY. (Sgall et al., 1973:46f.)

In (67) entspreche die Anordnimg von indirektem und direktem Objekt ihrer kommunikativen Wichtigkeit. Beide könnten kontextuell ungebunden sein. Dagegen weiche in (68) die Reihenfolge der Objekte von der Skala der kommunikativen Wichtigkeit ab. Daraus könne man schließen, daß das direkte Objekt kontextuell gebunden sei. Die Frage ist jedoch, ob solche Abweichungen des Typs (68) nicht auch auf andere Faktoren zurückzuführen sind. So ist z.B. die Realisationsform der beiden Objekte ein Gesichtspunkt, der ebenfalls über die Reihenfolge der Elemente entscheidet: Ist nämlich das direkte Objekt eine komplexe Nominalfügung, das indirekte Objekt eine einfache, verlangt das sog. Prinzip des Endgewichts die Vertauschung der Objekte wie in (69). Die von Sgall et al. postulierte Reihenfolge ergäbe eine ungrammatische Äußerung: (69) (70)

He gave an apple to a small, red-haired boy, who was wearing glasses. * He gave a small, red-haired boy, who was wearing glasses, an apple.

Die Autoren scheuen jedoch nicht davor zurück, Äußerungen des Typs (70), die das Prinzip des Endgewichts verletzen, als musterhaft und normal aufzufuhren wie etwa im folgenden Fall: (71)

* He hoed with a hoe GOOSEBERRIES. (Sgall et al., 1973:65)

Solche ungrammatischen oder zumindest fraglichen Äußerungen wie (71) werden zitiert, um zum einen die Argumentation der Autoren hinsichtlich der Verteilung von CD in der Äußerung zu untermauern und zum zweiten, um die Rangfolge der kommunikativen Wichtigkeit aufzustellen. Es werden keine statistischen Erhebungen zitiert,

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deren Zweck es gewesen wäre, den Zusammenhang von Satzstellung und semantischer Rolle zu ermitteln. Aus vereinzelten, zudem ungrammatischen Beispielen werden Schlußfolgerungen mit globaler Gültigkeit gezogen. Der Wert einer solchen Rangfolge für die Bestimmung der informationellen Struktur ist fragwürdig. 1.5.3 Das generative Modell der TCA Wie die generative Semantik beinhaltet auch das TCA-Modell Ersetzungsregeln, bei denen einer zugrundegelegten Tiefenstruktur, der semantischen Repräsentation (SR), eine Oberflächenstruktur zugeordnet wird. Die SR einer abstrakten Einheit Satz wird als Dependenzgraph dargestellt. So habe z.B. der Satz (72) die beiden SRs (72a) und (72b): (72)

Mary slept well.

(72a)

((Mary)ab slept (welOJ

(72b)

((Mary)ab slept1» (well)J (Sgalletal., 1973:196)

Die Subskripte a und m bezeichnen die semantischen Kasus der Argumente (actor bzw. manner), das Superskript b die kontextuelle Gebundenheit. Die zwei Varianten von (72) unterscheiden sich lediglich hinsichtlich der kontextuellen Gebundenheit des Verbs. Die Bedingungen, die die unterschiedlichen Lesarten voraussetzten, werden nicht genannt. Damit werden bei der Unterscheidung von (72a) und (72b) systematisch vorhandene Möglichkeiten gleichgesetzt mit real existierenden Varianten. Es ist aber durchaus fraglich, ob eine solche Gleichsetzung statthaft ist. Denn die Sprache macht nicht immer Gebrauch von allen Unterscheidungen, die ihr das System zur Verfugung stellt. Der Nachweis, daß (72a) und (72b) real existierende und distinktive Varianten von (72) sind, steht noch aus.13 1.5.4 Fazit zum Modell der informationellen Struktur der TCA Das Modell der TCA ist grundsätzlich gleich dem der FSP. Es führt im wesentlichen Firbas' semantische Ausfuhrungen (s. 1.2.3) weiter. Die Bedeutung der Position, die Vemachlässung der Intonation, das Festhalten an ideellen Größen verbindet die TCA mit der FSP. Die Einbeziehung generativen Gedankenguts brachte keine nennenswerten Erfolge, da sich die generative Semantik mit linguistischer Bedeutung und Wahrheitswerten beschäftigt. Die in unserem Zusammenhang interessante Frage ist jedoch nicht die Frage nach der linguistischen Bedeutung, sondern die Frage der Angemessenheit im Kontext.

13

Eine ähnliche Kritik äußert Jacobs 1977:81-3, der zwischen Fragen des angemessenen Gebrauchs und Wahrheitsbedingungen unterscheidet.

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1.6 Neuere Arbeiten zur FSP am Beispiel von Bily 1981 Trotz der offensichtlichen Mängel des FSP-Modells nach seinem Stand bei Firbas, Dvorakovä und Svoboda hat es in der Forschung immer wieder Erweiterungen dieses Modells gegeben. Unter den neueren Arbeiten zur FSP möchte ich die Arbeit von Bily 1981 herausgreifen: Bily übernimmt die Basisaxiome des bisherigen FSP-Modells und fuhrt auf dieser Grundlage eine weitere Skala zur Bestimmung der FSP ein, nämlich die paradigmatische CD-Skala. Darunter versteht er das Potential eines Wortes, zum rhematischen oder zum thematischen Teil einer Äußerung zu gehören (1981:46). Bily führt diese paradigmatische CD-Skala stellvertretend anhand der Nominalfügung vor. Dabei geht er von fünf Typen von Nominalfügungen aus, denen seiner Meinung nach unterschiedliche CD-Grade innewohnen (1981:46ff.): Die erste Gruppe ist nach Bily die der Personalpronomen. Sie seien "am meisten thematisch," denn sie beinhalteten normalerweise nur die Information, daß die bezeichnete Einheit kontextuell abhängig sei (1981:46). Diese Einschränkimg auf "normalerweise" ist bezeichnend, denn wie erkennt man, ob es sich um den Normalfall handelt oder nicht? Die nächste Gruppe mit dem zweit-höchsten Wert an thematischer Information sind nach Bily sog. Epitheta. Er versteht darunter nominale Proformen des Typs thing oder person. Sie drückten ebenfalls eine kontextuelle Abhängigkeit und zusätzlich die Information aus, zu welcher semantischen Klasse das Bezeichnete gehöre. Ihre Zuweisung von CD-Graden wird nicht durch ein "normalerweise" relativiert. Die dritte Gruppe ist nach Bily die der bestimmten Gattungsnomen oder Definite descriptions. Diese sind Nominalfügungen mit definiten Artikeln, wie the house. Die vierte Gruppe sei die der Eigennamen. Beide Gruppen hätten nur eine mögliche Referenz, die bestimmten Gattungsnomen nur in einer einzigen möglichen Welt, die Eigennamen dagegen in allen möglichen Welten. Die Gruppe drei und vier hätten beide relativ viel CD, Gruppe vier noch mehr als drei. Die Gruppe mit den höchsten Grad an CD sei schließlich als fünfte Gruppe die der Non-defmite descriptions, d.h. die Nominalfügungen mit indefiniten Artikeln wie a house. Bei dieser Einteilung handelt es sich im Prinzip lediglich um eine Systematisiening der bereits von Firbas aufgestellten und teilweise widerlegten Thesen, daß z.B. die unbestimmte Nominalfügung mehr CD trage als die bestimmte (s. 1.2).

Die Quintessenz dieser Einteilung ist, daß je reicher eine Nominalfügung an semantischen Gehalt sei, desto höher sei ihr Grad an CD und umgekehrt (Bily 1981:47). Diese Wertzuweisung ist jedoch potentieller Natur, denn sie übersieht, daß es die kontextuelle Bezüge und der Informationswert sind, die über die Funktion eines Elements im Rahmen der FSP entscheiden. Zwar sind solche prinzipiellen Korrelationen feststellbar, weswegen wir zu einem späteren Zeitpunkt den Einfluß der Wortklasse auf

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die Intonation (s.6.5.1.1) untersuchen werden. Solche verallgemeinernen Korrelationen sind jedoch für die Beschreibung konkreter Äußerung wenig hilfreich. 1.7 Zum Stande der Forschung zur informationellen Struktur in der Prager Schule Solange nicht die notwendigen Voraussetzungen, nämlich ein positivistisches Verständnis von der FSP, kontextuelle Einbettung und Berücksichtigung der Intonation geschaffen sind, die für die Untersuchung tatsächlicher sprachlicher Äußerung unabdingbar sind, sind Aussagen über die informationelle Struktur nur bedingt möglich. Denn unterschiedliche informationelle Funktionen lassen sich nicht aus der Position allein ablesen. Die Intonation muß in jedem Fall berücksichtigt werden. Im Prinzip sagen die Summe der jeweiligen Forschungen, Firbas' Satzbaupläne und die kommunikative Wichtigkeit der TCA, nichts anderes aus, als daß es im Englischen Äußerungen gibt, die diesen Mustern entsprechen. Firbas postuliert stante pede, daß das Englische den Erfordernissen der FSP gehorche. In seinen ersten Aufsätzen sprach Mathesius bisweilen von einer Unempfanglichkeit des Englischen für die FSP (.Insusceptibility lowards FSP). Diese Ausdrucksweise taucht auch noch in der neueren Literatur auf. So sagt z.B. Kirkwood 1970a: English is much less susceptible to the basic distribution of the communicative dynamism". Diese These von der mangelnden Empfänglichkeit des Englischen gegenüber der FSP zu widerlegen, war in mehreren Aufsätzen das Ziel Firbas'.

Dieser Schluß verschleiert jedoch die Existenz anderer Varianten, aus der man genausogut ablesen könnte, daß das Englische den Erfordernissen der FSP nicht gehorcht. Die entscheidende Frage, nämlich die nach der Distribution der Varianten stellen weder Firbas noch Sgall et al. - geschweige denn, daß sie eine Antwort darauf hätten. Dieser Mangel erklärt sich zwar aus der Methode, den Kontext auszuklammern, stellt aber nichtsdestoweniger eine Minderung des Werts ihrer Untersuchungen zur informationellen Struktur dar. Allgemein kann man nicht umhin, den Verzicht auf die Untersuchung der intonatorischen Verhältnisse zu rügen, was vielleicht - neben der Übertragung von Prinzipien die im Tschechischen gelten mögen - dazu führte, daß die Bedeutung der Modelle der FSP und der TCA allgemein gering blieb.

2. Das generative Modell der informationellen Struktur

Chomskys generatives Grammatikmodell stellt in der Geschichte der Sprachwissenschaft einen Paradigmenwechsel dar. Die grundlegenden Differenzen, die sowohl zum Modell der traditionellen Grammatik als auch zu dem der strukturalistischen Grammatik bestehen, bestehen in erster Linie in der zentralen Stellung, die die Syntax in der generativen Grammatik einnimmt, und im Verhältnis zwischen der Syntax einerseits und der Phonetik bzw. der Phonologie und der Semantik andererseits. Da die informationelle Struktur einer Äußerung von der Syntax und der Phonetik, in Form der Intonation, abhängig ist, darf im Rahmen unserer Untersuchung eine Beleuchtung des generativen Verständnisses der informationellen Struktur nicht fehlen. Wir orientieren uns dabei an der Frage, inwieweit durch den Paradigmenwechsel, d.h. durch die neuen Erkenntnisse bzw. durch den anderen theoretischen Ansatz, das Wirken der informationellen Struktur besser beschrieben werden kann. Wir werden transformationalistische Fragestellungen, die allein von syntaktischem Interesse sind, ausklammern. Denn es ist informationell gesehen unwichtig, ob eine zu untersuchende Äußerung durch eine Transformation entstanden ist. Wichtig ist allein die Existenz synonymer Varianten. Wie diese Varianten entstehen, ist demgegenüber sekundär. Darunter fallt z.B. die Frage nach der Entstehung des Spaltsatzes. Eine Theorie, die von Akmajian und Schachter vertreten wird, sieht den Spaltsatz als Produkt einer speziellen auf einen PseudoSpaltsatz angewendeten cleft extraposition rule an. Eine andere Theorie, die als zero hypothesis bezeichnet wird und die Chomsky und Delahunty vertreten, erklärt den Spaltsatz nicht als Produkt einer Ableitung, sondern vielmehr als Verknüpfung zweier einfacher Sätze.

Bei der generativen Schule unterscheidet man grundsätzlich zwei Richtungen: die generative Transformationsgrammatik (gTG) und die generative Semantik. Einflüsse des letzteren Modells stellten wir bereits bei dem in 1.5 besprochenen Modell der TCA fest. Auf diese beiden generativen Richtungen soll anhand von wichtigen, für die jeweilige Richtung stellvertretenden Arbeiten eingegangen werden. Beim Modell der gTG sind dies die Arbeiten von Chomsky und Jackendoff; beim Modell der generativen Semantik dagegen die von Lakoff. 2.1 Die Basisaxiome der generativen Schulen 2.1.1 Die Ausklammerung des Kontexts Ein grundsätzliches Problem bei der Beschreibung der informationellen Struktur mit dem Modell der generativen Grammatik entsteht durch deren Kontextfreiheit. Die aufgestellten Regeln, sollen unabhängig vom sprachlichen und situationellen Kontext sein. Dementsprechend ist der Untersuchungsgegenstand der generativen Grammatiken

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der Satz. Zwischen der Abstraktion Satz und der konkreten Äußerung bestehen bisweilen jedoch erhebliche Unterschiede. Ich verweise beispielsweise auf Erscheinungen, die in der informellen Rede typisch sind wie Anakoluthe, Fehlstarts oder auch Ein-Wort-Sätze wie Help. Diese Strukturen können mit den Phrasenstrukturregeln der gTG nicht beschrieben werden, da diese Regeln für die Beschreibung von Exemplaren der Abstraktion Satz entwickelt wurden. Am ehesten lassen sich Ähnlichkeiten zwischen der Abstraktion Satz und den Einheiten geschriebener Texte, die in der Regel auch als Sätze bezeichnet werden, feststellen. Um Mißverständnisse auszuschalten, bezeichne ich letztere als geschriebene Äußerungen. Gesprochene und geschriebene Äußerungen sind gleichermaßen Realisationen der Abstraktion Satz. Als Äußerungen stehen sie stets in einem Kontext, dessen Kenntnis für ihr Verständnis und zur Beurteilung ihrer informationellen Struktur unabdingbar ist. 2.1.2 Der Ort der Bestimmung der informationellen Struktur Wie die FSP gehen die generativen Grammatiken von zwei konstitutiven Elementen der informationellen Struktur aus, die sie als Fokus und als Präsupposition bezeichnen. Zur Kennzeichnung des Fokus verwenden sie in ihrer Notation Großbuchstaben: (1)

Is it JOHN who writes poetry? (Jackendoff, 1972:229)

Neben den Bezeichnungen Fokus und Präsupposition werden in Arbeiten der gTG auch topic und comment (s. 2.3) verwendet. Letztere Bezeichnungen wurden bereits von den Strukturalisten benutzt. So versteht z.B. Hockett 1958 unter dem topic den Gegenstand der Rede und unter dem comment die Aussage über das topic. Topic und comment decken sich nach Hockett in der Regel mit Subjekt bzw. Prädikat (1958:201). Die gTG bestimmt topic und comment semantisch und positionell: Das topic fungiere normalerweise als Subjekt bzw. sei die am weitesten links stehende, von S dominierte Nominalfugung (Chomsky 1965:221). Semantisch gesehen sei es die "frei gewählte" Information. Der comment dagegen füngiere meist als Prädikat und sei semantisch gesehen das, was über das topic gesagt werde (Jackendoff, 1972:62). Diese semantischen Aussagen sind vage und nicht distinktiv.

Die Frage, die zur Spaltung der generativen Grammatik in ihre zwei Schulen führte, ist das Verhältnis von Syntax und Semantik. Diese Streitfrage ist auch für die informationelle Struktur von Bedeutung, da davon die Ebene abhängt, auf der der Fokus bestimmt wird. Der Streit um das Verhältnis zwischen Syntax und Semantik wurde in der Forschung mit großer Vehemenz geführt. Die Frage, ob der Fokus auf der Ebene der Tiefenstruktur oder auf der der Oberflächenstruktur bestimmt wird, trat dagegen in den Hintergrund des Interesses. Es stellt sich prinzipiell die Frage, ob die informationelle Struktur als Performanzphanomen überhaupt ein Gegenstand der generativen Grammatik sein kann, angesichts der Tatsache, daß sich die generative Grammatik der Beschreibung der Kompetenz verschrieben hat. Es gibt Generativisten, die dies verneinen. Dazu zählt z.B. Kiefer 1970:134. In der Tat ist die informationelle Struktur ein Gegenstand, der in der generativen Grammatik höchstens am Rande behandelt wurde. Es gibt relativ wenige Publikationen zu diesem Thema, von denen die meisten zu Beginn der 70er Jahre entstanden, als Chomsky sich mit dem Verhältnis zwischen Syntax

45 und Semantik und damit indirekt mit der informationellen Struktur auseinandersetzte. In diesem Zusammenhang modifizierte Chomsky sein sog. Standardmodell (ST) zum Erweiterten Standardmodell (EST). In der Revision des EST, dem Revised Extended Standard Modell (REST) wurde die Theorie zur informationellen Struktur nicht geändert. Eine zweite Welle der Auseinandersetzung mit der informationellen Struktur begann mit dem zu Beginn der 80er Jahre einsetzenden Interesse an der Intonation. Bahnbrechend ist dabei die Untersuchung der phonetischen und phonologischen Aspekte der Intonation durch Pierrehumbert 1980. Ihr folgten eine Reihe ähnlicher Untersuchungen zur Intonation wie Gussenhoven 1983, Culicover/Rochemont 1983 u.a., die sich erstmals wieder mit der Position, die die Intonation in der informationellen Struktur einnimmt, beschäftigen.

Der Transformationalist Jackendoff geht davon aus, daß der Fokus auf der Ebene der Oberflächenstruktur im Zusammenwirken der semantischen und der phonologischen Interpretationskomponenten bestimmt wird. Lakoff und die Anhänger der generativen Semantik vertreten dagegen die These, der Fokus werde auf der Ebene der Tiefenstruktur im Rahmen der semantischen Repräsentation bestimmt. Chomsky vertritt in diesem Streit eine mittlere Position, die den Umbruch vom ST-Modell zum ESTModell markiert: Er schlägt einen Kompromiß zwischen den obigen Auffassungen vor und postuliert als erste Regel der Grammatik - somit vor allen anderen syntaktischen Transformationen - eine Regel zur Zuordnung der informationellen Struktur. Zusätzlich geht er von einer zweiten oberflächenstrukturellen Bestimmung der informationellen Struktur aus. Der Satz sei nur dann wohlgeformt, wenn beide Strukturen übereinstimmten. Die Notwendigkeit dieser Übereinstimmung baut er als Filter in sein Modell ein (1972:101). Dieser Kompromiß ist jedoch nur ein Lippenbekenntnis, denn in der Praxis favorisiert Chomsky die oberflächenstrukturelle Bestimmung der informationellen Struktur.

Jackendoff untermauert seine These von der oberflächenstrukturellen Bestimmung der informationellen Struktur durch zwei Argumente. Zunächst anerkennt er, daß die tiefenstrukturelle Bestimmung des Fokus in der generativen Semantik als Prädikat eines Satzes höherer Ordnung zwar in manchen Fälle möglich sei, beweist jedoch dann, daß dies nicht in allen Fällen möglich ist. Er zitiert dazu z.B. die folgende Äußerung1 (2), in der die Verbfugung den Fokus darstellt. In Äußerungen dieses Typs sei der Fokus nicht als Prädikat eines Satzes höherer Ordnung bestimmbar, weil eine entsprechende Konstruktion (3) ungrammatisch wäre (1972:234): Did Fred HIT Bill? • Was it hit that Fred did to Bill? (Jackendoff, 1972:234) Zum zweiten spreche die Existenz von Konstruktionen wie dem Tough-Movement (s. 5.3.3) gegen eine tiefenstrukturelle Bestimmung des Fokus. Diese Konstruktionen hätten unterschiedliche Konstituentenstrukturen in der Tiefenstruktur und der Oberflächenstruktur, weswegen ihr Fokus nicht in der Tiefenstruktur bestimmt werden könne (1972:234).

1

Jackendoff verwendet die in der generativen Grammatik übliche Terminologie und bezeichnet seinen Untersuchungsgegenstand als Satz. Diese Bezeichnung ist falsch, denn in der sprachlichen Realität haben wir es mit Äußerungen zu tun. Ich ersetze daher Satz stets durch Äußerung.

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2.2 Das Modell der informationellen Struktur in der gTG 2.2.1 Die Begriffe Fokus und Präsupposition und ihre Bestimmung Ahnlich wie die FSP arbeitet auch die gTG mit ideellen Begriffen: Unter Präsupposition bzw. topic versteht die gTG dasjenige Element, über das etwas ausgesagt wird.2 Das topic sei in der Regel die erste Nominalfiigung des Satzes. Fokus bzw. comment werden entsprechend als das verstanden, was über das topic ausgesagt wird. Jackendoff zieht außerdem das schon von der FSP benutzte psycholinguistische Kriterium der kontextuellen Bekanntheit hinzu: Er versteht unter Fokus die Information, die (nach Ansicht des Sprechers) von Sprecher oder Hörer nicht geteilt werde (1972:230). Präsupposition sei entsprechend die Information, die nach Ansicht des Sprechers von beiden geteilt werde. In neueren Arbeiten der gTG, die streng die Autonomie der modularen Teile der Grammatik vertreten, wird diese psycholinguistische Bedeutungskomponente gestrichen und Fokus als rein syntaktischer Begriff verstanden, der nicht obligatorisch mit dem intonatorischen Begriff der Hervorhebung oder dem psycholinguistischen Begriff der neuen Information korrelieren müsse (Rochemont, 1986:1). Das ideelle Verständnis der informationellen Struktur gilt sowohl für die gTG als auch für die generative Semantik. Beide setzen die Existenz eines semantisch bestimmten Fokus a priori voraus. Diesbezüglich besteht kein Unterschied und damit auch kein Fortschritt zum Modell der FSP. Die Bestimmungen von Fokus und Präsupposition sind wie in der FSP inhaltlicher bzw. psycholinguistischer Natur und als solche nicht formalisierbar. Die generative Grammatik befindet sich in bezug auf die Definition von Thema und Rhema noch auf dem gleichen Stand wie Mathesius und Firbas. Inwiefern sonstige Neuerungen des Paradigmenwechsels die Forschung zur informationellen Struktur befruchtet haben, gilt es noch zu überprüfen. Daß inhaltliche Bestimmungen zwangsläufig scheitern müssen, werden wir in der Besprechung von Beispielen feststellen. Doch zuvor ein Wort zum Status dieser Beispiele in der gTG. Jackendoff rechtfertigt die Bestimmung von Fokus und Präsupposition mit der von Chomsky entwickelten Methode der natürlichen Antwort {natural response). Diese Methode besteht darin, eine Antwort einer Frage zuzuordnen, so daß deren Abfolge als stimmig gilt. Diese Paare werden als natürliche Kommunikation bezeichnet. Eine solche natürliche Kommunikation sei nur dann möglich, wenn Sprecher und Hörer gewisse Informationen teilten. So stelle z.B. die Abfolge (1-4) eine natürliche Kommunikation dar, weil Sprecher und Hörer die Information teilten, daß jemand Gedichte schreibe. Dies gelte jedoch nicht für die Abfolge (1-5), bei dem Sprecher und Hörer von unterschiedlichen Informationen ausgingen: (1) (4) (5)

2

Is it JOHN who writes poetry? No, it is BILL who writes poetry. No, it is John who writes short stories.

In der Pragmatik bzw. der Sprechakttheorie hat der Begriff 'Präsupposition' eine andere Bedeutung.

47

Die Methode des natural response wird zur Bestimmung des Fokus benutzt: Der Fokus wird negativ als nicht-gemeinsame Präsupposition ausgewiesen. Damit erfüllt diese Methode die gleiche Funktion wie der Fragetest der FSP. Man könnte meinen, die Frage, welche von den x-beliebig vielen Informationen Sprecher und Hörer teilen können, sei von Stand der heutigen Forschung nicht beantwortbar. Chomsky scheint jedoch mit seiner Intuition den Stein der Weisen gefunden zu haben, denn für ihn ist es ein Kinderspiel zu bestimmen, welche Information geteilt ist und welche nicht und welche entsprechend als Präsupposition oder als Fokus fungiert. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um Behauptungen, deren Bestätigung durch objektive Tests aussteht. Daß man wissenschaftlich gesehen mit solchen Methoden zu keinem haltbaren Ergebnis kommen kann, ist offensichtlich.

Die linguistische Berechtigimg der Methode des Natural response ist fraglich, denn sie basiert allein auf nicht-formalen Evaluationen und birgt daher die Gefahr der Spekulation in sich. Diese Methode schließt von der Antwort des Hörers auf die Intonation des Sprechers. Dies ist gefährlich, denn so können post festum aus der Reaktion des Hörers bzw. aus spekulativen Antworten Unterscheidungen in eine Äußerung gelegt werden, die der Sprecher selbst gar nicht ausgedrückt, geschweige denn beabsichtigt hatte. Immerhin wird jedoch durch die natürliche Antwort ein Satz in einen Kontext gestellt, d.h. der Satz wird ansatzweise in eine Äußerung verwandelt. Somit stellt die Methode der natürlichen Antwort einen Ersatz des verlorenen Kontexts dar, worauf wir bereits oben verwiesen. Neben der natürlichen Antwort nennt Chomsky als zweites Kriterium zur Bestimmimg des Fokus ein objektives Kriterium, nämlich die Intonation (1968:90): the focus is determined (...) as the phrase containing the intonation center Diese Bestimmung des Fokus als Intonationszentrum, das unserem Hervorhebungszentrum (Hhz) entspricht, verlangt eine nähere Betrachtung des Intonationsmodells der gTG.3 2.2.2 Das binäre Verständnis von Intonation In Chomskys These, der Fokus sei durch das Hhz bestimmt, wird der Intonation scheinbar eine linguistische Bedeutung zugemessen. Die Berücksichtigung der Intonation stellt im Vergleich zum FSP-Modell einen Fortschritt in der Beschreibung der informationellen Struktur dar. Die Möglichkeit der objektiven Betrachtung der informationellen Struktur ist in dieser Methode prinzipiell angelegt, ihre Verwirklichung hängt jedoch von einer phonetisch und phonologisch korrekten Beschreibung der Intonation ab. Inwieweit dies der gTG gelungen ist, gilt es zu untersuchen.

1 Ich ziehe es vor, bei Chomskys Überlegungen zur Intonation nicht von einem Modell zu sprechen, denn abgesehen von einem Verweis auf die in Chomsky/Halle 1968 aufgestellten Thesen begnügt sich Chomsky mit einem intuitiven Verständnis von Intonation.

48

2.2.2.1 Normale Intonation In Chomskys und Jackendoffs Beschreibungen der Intonation von Beispielen ist stets von normaler Intonation die Rede. Was darunter zu verstehen ist, wird jedoch nicht erläutert. Die normale Intonation wird lediglich mit einer expressiven und einer kontrastiven Intonation kontrastiert. Doch diese Abgrenzung ist keine eindeutige Bestimmung der normalen Intonation. Der Frage, was unter "normal stress und intonation contour" (Jackendoff 1973:229) zu verstehen sei, ist Schmerling in verschiedenen Untersuchungen nachgegangen. Ihr Ergebnis ist frappierend: Als normal wird die Intonation dann bezeichnet, wenn ein Satz als kontextloses Zitat behandelt wird (1974:70). Sobald ein Satz mit bestimmten Präsuppositionen verbunden und damit in einen bestimmten Kontext eingebunden und zur Äußerung wird, handelt es sich nicht mehr um normale Intonation. Das Konzept der normalen Intonation ist daher schlichtweg unsinnig. AufFälligerweise korreliert normal stress stets mit einer Endposition des Fokus. Diese Tatsache rührt aus dem generativen Verständnis der Betonungsverteilung, die im Sound Pattern of English (SPE) in der Nuclear Stress Rule (NSR) dargestellt wurde. Laut SPE ist die Betonung (stress) von Äußerungen syntaktisch bestimmt. Maßgeblich ist dafür die NSR, bei deren rekursiver Anwendung in jedem Zyklus stets der am weitesten rechts stehenden Konstituente die stärkste Betonung zugewiesen wird. Alle anderen, aus vorherigen Anwendungen der NSR entstandenen Betonungsstufen werden jeweils um eine Stufe zurückgesetzt. Dadurch entsteht bei komplexen Konstituenten eine Akzenttiefe, deren Unterscheidung auditiv unmöglich ist. Bereits Bresnan 1971 bemängelt, daß es die Anwendung der NSR nicht ermöglicht, formal gleiche, aber semantisch verschiedene Fälle wie George has pläns to leave ('George hinterläßt Pläne') und George has plans to liave ('George plant zu gehen') zu unterscheiden. Sie hält nicht die NSR an sich, sondern lediglich ihre Anwendungsregel für falsch: Anstatt am Ende der syntaktischen Operationen sollte sie nach Bresnan nach jeder syntaktischen Operation angewendet werden.

Betrachten wir verschiedene Beispiele Chomskys, um die Richtigkeit seiner Beschreibung der Intonation zu überprüfen: In Sätzen mit normaler Intonation werde der Fokus durch "main stress and (...) maximal inflexion of the pitch contour" gekennzeichnet (Chomsky, 1972:89). Ich wiederhole als Illustration das Beispiel (1): (1)

Is it JOHN who writes poetry? (Jackendoff, 1972:229)

Die Notation in (1) verdeutlicht, daß in Chomskys Verständnis nur zwei linguistisch signifikante Ausprägungen der Intonation vorhanden sind, nämlich das Hhz und der Rest, den ich ad hoc als nicht-hervorgehobenes Material bezeichne. Diese Notation ist sowohl in bezug auf das Hhz, als auch in bezug auf das nicht-hervorgehobene Material ungenau und oberflächlich: Beim Hhz fehlt beispielsweise die Unterscheidung zwischen Steigton und Fallton. Diese Unterscheidung ist jedoch nicht nur phonetischer, sondern auch phonologischer Natur, was der folgende Vergleich belegt: (6a) (6b)

| John writes poetry /1 | John writes poetry \ |

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Die Frage (6a) und die Aussage (6b) variieren lediglich in der Richtung der Tonhöhenbewegung. Es liegen jedoch zwei distinktive Fälle vor. Die von Chomsky verwendete Notation der Intonation ist nicht in der Lage, deren Unterschied darzustellen. Zu bemängeln ist fernerhin seine Behandlung des nicht-hervorgehobenen Materials. Denn dazu gehören sowohl unbetonte Elemente als auch solche, die mehr oder weniger stark betont sind. Das binäre Verständnis von Intonation ist eine Verfälschung der sprachlichen Realität. Es ist auch nicht durch das Ziel der gTG, die Kompetenz abzubilden, zu rechtfertigen. Denn eine binäre Umschrift ist weder phonetisch noch phonologisch korrekt, da es sich bei den fehlenden intermediären Stadien um linguistisch relevante Fälle handeln kann, was ich insbesondere in 6.2.2 ausfuhren werden. Die Folge dieses Binarismus, nämlich das Versagen der Intonation hinsichtlich der eindeutigen Auszeichnung der informationellen Struktur, ist vorauszusehen. Um dies zu illustrieren, betrachte ich einige sinnfällige Beispiele aus Chomskys Untersuchung: Im ersten dieser Beispiele handelt es sich um zwei syntaktisch und lexikalisch ähnliche Sätze, die in der Anordnung des Hhz variieren: (5) (6)

Hard work doesn't mature TEEN-agers [sic], Hard work doesn't MATURE people. (Chomsky, 1972:97)

Betrachten wir zunächst den Fall (5): Laut Chomsky hat (5) zwei mögliche Lesarten des Fokus, entweder teenagers oder mature teenagers. Die unterschiedlichen Lesarten werden mittels natürlicher Antworten illustriert: (5) (5a) (5b)

Hard work doesn't mature TEEN-agers. Fokus: teenagers No, it matures only adults. Fokus: mature teenagers No, it only makes anyone tired.

Die Ambiguität, die Chomsky fälschlicherweise dem Beschreibungsobjekt vorwirft, liegt jedoch im Beschreibungsapparat, denn zwischen (5a) und (5b) mit ihren unterschiedlichen Lesarten des Fokus können Intonationsunterschiede bestehen, die deutlich werden, wenn ich (5a) und (5b) in mein in 0.4 skizziertes Intonationsmodell überführe. Der Anschaulichkeit halber wiederhole ich die angegebenen natürlichen Antworten: (5'a)

| Hard work doesn't mature teenagers \ | No, it matures only adults.

(5TJ)

I Hard work doesn't mature teenagers \ | No, it only makes anyone tired.

Der Unterschied zwischen (5'a) und (S'b) besteht allein in der Betonung von mature. Auf diesen phonomatischen Unterschied werden wir in 6.1.2 eingehen. Anders verhält es sich im Fall (8): Chomsky postuliert für (8) zwei Lesarten des Fokus: mature oder mature people:

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(8) (8a) (8b)

Hard work doesn't MATURE people. Fokus: mature No, it only harms them. Fokus: mature people No, it only makes anyone tired.

Die Verschiedenheit der Lesarten (8a) und (8b) ist rein hypothetisch. Es besteht kein Unterschied in der Intonation. Der Unterschied zu den entsprechenden Nominalfugungen, d.h. zwischen people und dem deiktischen Personalpronomen them und der indefiniten Pronomen anyone, ist nicht vergleichbar mit dem obigen Kontrast zwischen teenagers und adults. Zum Unterschied von (5b) ergibt ein Hhz people in (8b) wenig Sinn, weil diese Intonation eine kontrastive Lesart des Typs people vs animals verlangt. Eine Hervorhebung von people mit nicht-kontrastiver Lesart ist ausgeschlossen. Zu (8) gibt es aber nur eine mögliche Intonationsvariante, auf die beide Antworten möglich sind: (8'a)

| Hard work doesn't mature \ people | No, it only harms them. No, it only makes anyone tired.

Die gleiche fehlerhafte intonatorische Analyse verleitet Chomsky auch im Fall von (9) dazu, von einer Ambiguität des Fokus zu sprechen:

(9)

Brutus killed CAESAR. (Chomsky, 1972:97)

Laut Chomsky kann (9) benutzt werden, um zwei Fälle von Äußerungen bzw. Foki auszudrücken: (a) bedeute, was Brutus getan habe und (b) wen Brutus getötet habe. Die beiden Fälle können jedoch intonatorisch sehr wohl unterschieden werden. Ich setze hierbei Brutus als bekannte Information voraus und illustriere die Verschiedenheit der Fälle mit Fragen:

(9'a) (91))

(What did he do?) | Brutus killed Caesar \ | (Who did he kill ?) | Brutus killed Caesar \ |

Der Unterschied zwischen (9'a) und (9^) besteht bei gleicher Intonation allein in der Betonung von killed: Im Fall (9'a) ist killed stark betont: Es handelt sich um Information, die der Sprecher für wichtig hält. In (913) dagegen ist killed nur schwach betont, folglich stellt diese Information nur unwichtige, vermutlich aus dem Kontext bekannte Information dar. Dieser Betonungsunterschied ist linguistisch relevant (s. 6.2.2) und darf keineswegs vernachlässigt werden.

2.2.2.2 Normale Intonation und der Kontrastfall Beim zweiten Beispiel, an dem die Fehlerhaftigkeit der Chomskyschen Umschreibung der Intonation dargestellt werden kann, handelt es sich um den Kontrastfall. Dabei geht Chomsky von zwei sich überlagernden Intonationsmustern aus, wovon das eine die kontrastive Intonation, das andere die sog. normale sei:

51 (...) expressive or contrastive stress superimposes a new contour, preserving the arrangement of focus and presupposition defined by normal intonation (Chomsky, 1972:98)

Zur Illustration zitiert er das folgende Beispielpaar: (10) (11)

the question is NOT whether I should argue about money with Bill the question is NOT whether I should argue with Bill about money (Chomsky, 1972:98)

Was ist unter der von Chomsky angenommenen Überlagerung von Intonationsmustern zu verstehen? Offensichtlich geht er von der Existenz zweier Hhzz aus (1972:98), wovon das erste auf not, das zweite auf das letzte lexikalische Element der Äußerung fällt. Während der erstere Hhz das der kontrastivem Intonation sei, sei letzteres das der normalen. Ich halte eine solche Intonation nur dann für möglich, wenn zwei Tonstrecken vorliegen. Chomsky stellt (12) bzw. (13) als natürliche Antworten auf (10) und (11) dar. In den natürlichen Antworten werde jeweils das letzte lexikalische Element mit dem letzten lexikalischen Element der Entsprechung kontrastiert. Außerdem sei als natürliche Antwort sowohl auf (10) als auch auf (11) die Äußerung (14) möglich: (12) (13) (14)

No, (it is whether I should argue about money) with MARY No, (it is whether I should argue with Bill) about his trip to EUROPE. No, it is whether I should go to England. (Chomsky, 1972:98)

Chomskys Argumentation beruht auf der Existenz eines zweiten, finalen Hhz. Die beiden Äußerungen (10) und (11) sind jedoch beide (in jeweils einer ihrer intonatorischen Varianten) sowohl vor (12) als auch vor (13) möglich, d.h. es gibt Intonationsvarianten von (10) und (11) die die gleiche informationelle Struktur besitzen: (10'a) (11 'a) (12)

| the question is not /1 whether I should argue about money with Bill \ | | the question is not / j whether I should argue with Bill \ about money j No, (it is whether I should argue about money) with MARY

(lCb) (1 IT)) (13)

| the question is not /1 whether I should argue about money \ with Bill | j the question is not /1 whether I should argue with Bill about money \ j No, (it is whether I should argue with Bill) about his trip to EUROPE.

Sowohl die Satzstellung von (10) als auch die von (11) erlauben jeweils beide Intonationsmuster, d.h. es ist nicht einfach eine Frage der Satzstellung, wie Chomsky dies glauben zu machen versucht. Hier unterläuft ihm ein schwerer Irrtum, denn die Satzstellung sagt in (10) und (11) überhaupt nichts über die Intonation und die informationelle Struktur aus. Was den Sprecher in der Kommunikationssituation zur Wahl von (10'a) anstatt (ll'a) bzw. (IOTJ) anstatt (llT)) bewegt, ist von anderen Kriterien abhängig, mit denen wir uns in 6.1.2 beschäftigen werden.

52

Die Ambiguität der intonatorischen Auszeichnung, die für Chomsky im Umstand besteht, daß sowohl auf (10) als auch auf (11) ein Satz (14) folgen kann, ist lediglich durch Chomskys Beschreibungsapparat bedingt. Denn (10) und (11) können nur in bestimmten intonatorischen Varianten der Äußerung (14) vorausgehen: (10'c) (ll'c) (14)

the question is not \ whether I should argue about money with Bill | the question is not \ whether I should argue with Bill about money | No, it's whether I should go to England

Die oben beschriebenen Mängel des Beschreibungsapparats der Intonation sind es, die die Ansätze einer objektivierbaren Analyse der informationellen Struktur unter generativen Vorzeichen zunichte machen. Dies gilt nicht nur für die Untersuchungen Chomskys, sondern auch für die Jackendoffs. Auf letzteren müssen wir gesondert eingehen, weil er als Folge der sog. "Unzuverlässigkeit" der Intonation mit der intonatorischen Bestimmung des Fokus bricht. 2.2.3 Die Mißachtung der Form zugunsten intuitiver Urteile Jackendoffs Methode der Fokusbestimmung ist in zweierlei Hinsicht zu kritisieren. Der erste Schwachpunkt ist die Wahl der Chomskyschen Umschrift der Intonation, deren Anwendung zu fehlerhaften oder unvollständigen Ergebnissen fuhrt. Auf solche methodisch bedingten Unstimmigkeiten gründet Jackendoff sein Urteil der "semantic infelicity of certain choices of focus" (1973:238). Als Folge davon kehrt Jackendoff zur semantischen Bestimmimg von Fokus und Präsupposition zurück. In letzteren liegt der zweite Schwachpunkt, denn es handelt sich keineswegs um objektive, formal faßbare Kriterien, die zur Bestimmung dieser Größen herangezogen werden, sondern vielmehr um intuitive, nicht-nachprüfbare Urteile. Zwar hat die Intonation nicht immer linguistische Funktionen, denn oft setzt der Sprecher die Intonation dazu ein, paralinguistische Bedeutungen auszudrücken. Diese Tatsache ist jedoch kein Grund, die Intonation generell als Mittel zur Kennzeichnung der informationellen Struktur abzulehnen. Betrachten wir zunächst das von Jackendoff so genannte Problem der semantischen Unzuverlässigkeit der Intonation: Er illustriert diese These bzw. versucht, die Richtigkeit der semantischen Bestimmung der informationellen Struktur anhand verschiedener Beispielsätze zu rechtfertigen. Diese Beispielsätze, auf die Jackendoff seine Argumentation stützt, bedürfen einer näheren Betrachtung. Ich greife zwei davon heraus, anhand derer die Verkennung formaler Kriterien sinnfällig wird. 2.2.3.1 Warum sind Verbfügungen angeblich keine Foki? Beim ersten Fall, mit dem Jackendofif die sog. Unzuverlässigkeit intonatorischer Auszeichnungen zur Bestimmung des Fokus illustriert, handelt es sich um die folgende Äußerung, in der das Verb das Hhz darstellt:

53

(15)

Did Fred HIT Bill? (Jackendoff, 1972:234)

Jackendoff schreibt explizit, daß hit zwar das Hhz, jedoch nicht der Fokus sei: It is not quite correct to characterize the focus assignment rule as establishing the focus on "a phrase containing the main stress." Containing the main stress is a necessary but not sufficient condition for a phrase to be focus. To see this, observe that in (6.40)-(6.42) [entspricht u.a.(15)], the VP is a constituent containing the main stress, yet it certainly cannot be focus."

Die Behauptung Jackendoffs, die Verbfügung in (15) könne "sicherlich nicht der Fokus sein" bleibt unbegründet. Dieser Ausschluß von der Funktion als Fokus gilt offensichtlich nicht nur für die Verbfugung in (15), sondern generell für alle V e r f ü gungen. Jackendoff nennt weder einen Grund für diesen Ausschluß, noch nennt er den seiner Meinung nach in (15) vorliegenden Fokus. Ein solches Vorgehen ist symptomatisch für die Theorie und die Methode der gTG: In der Terminologie der Glossematik heißt dies, daß auf der Basis vorgefaßter Urteile die sprachliche Substanz auf Formen untersucht wird, die die Intuition rechtfertigen. Versagen sich jedoch die Substanz und die Form der vorgefaßten These, wird nicht die These revidiert, sondern der Substanz und der Form Eindeutigkeit abgesprochen. Mit anderen Worten: Jackendoff glaubt zu wissen, welche Information der Sprecher und der Hörer bei der Äußerung (15) teilen, und dieser Glaube genügt ihm zur Bestimmung des Fokus. Eine überprüfbare Bestimmung hält er offensichtlich für überflüssig. Jackendoffs Argument, die Intonation sei kein hinreichendes Kriterium für die Bestimmimg des Fokus, muß deshalb so lange als nichtig angesehen werden, bis ein anderes zutreffendes und überprüfbares Instrumentarium zur Bestimmung des Fokus entwickelt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt betrachte ich den intonatorischen Befund als ausreichend und sehe die Verbfügung hit als Rhema an. 2.2.3.2 Scheinbar natürliche Antworten Als zweiten Fall der Unzuverlässigkeit intonatorischer Auszeichnungen nennt Jackendoff Äußerungen des Typs (16). Es handelt sich um Spaltsätze mit komplexen Komplementen in der ersten Klausel. Neben der Behandlung der Intonation wollen wir bei diesem Beispieltyp auch die Berechtigung des Begriffs der natürlichen Antwort untersuchen. Jackendoff nennt drei Varianten eines Spaltsatzes mit jeweils unterschiedlich komplexen Nominalfügungen in der ersten Klausel (16-18). Diese Beispiele übernimmt er aus Chomsky 1972: (16) (17) (18)

Was it an ex-convict with a red SHIRT that he was warned to look out for? Was it a red-shirted ex-CONVICT that he was warned to look out for? Was it an ex-convict with a shirt that is RED that he was warned to look out for? (Jackendoff, 1972:238)

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Laut Jackendoff ist als natürliche Antwort auf die Fragen (16-18) die Äußerung (19) möglich, da (19) mit den Fragen die Präsupposition teilt: (19)

No, it was an AUTOMOBILE salesman he was warned to look out for. (Jackendoff, 1972:238)

Wendet man Jackendoffs Definitionen von Fokus und Präsupposition auf (19) an, kann (19) nur eine natürliche Antwort auf die Frage (16) sein, da nur dieses Paar die Information ex-convict vs automobile salesman teilt. Die nicht-geteilten Informationen stellen bemerkenswerterweise gleicHhzeitig diejenigen Elemente dar, die intonatorisch hervorgehoben sind. Dies spricht fur die intonatorische Bestimmung des Fokus, was allerdings von Jackendoff übersehen wird. Die Abfolgen (16-19) und (17-19) sind dagegen - wenn man die Termini der gTG verwendet - unnatürlich und erfordern zumindest einen lexikalischen Einschub der folgenden Art, der durch den Kursivsatz gekennzeichnet wird: (16) (19) (17) (19)

Was it an ex-convict with a red SHIRT that he was warned to look out for? No, it wasn't an ex-convict at all. It was an AUTOMOBILE salesman he was warned to look out for. Was it an ex-convict with a shirt that is RED that he was warned to look out for? No, it was neither a ex-convict nor did he wear a red shirt. It was an AUTOMOBILE salesman he was warned to look out for.

Die Unnatürlichkeit dieser Folgen liegt an den nicht übereinstimmenden Präsuppositionen. Verdeutlichen wir dies am Beispiel der Folge (16-19): In (16) ist allein shirt die nicht-geteilte Information, alles andere ist Präsupposition. Damit sei in (16) die geteilte Information die Tatsache, daß eine Person nach einem ehemaligen Sträfling Ausschau halten sollte. Intonatorisch können für (16) jedoch zwei Möglichkeiten vorliegen: (16'a) (16*b)

| Was it an ex-cönvict with a red shirt \ that he was warned to look out for| | Was it an ex-cönvict with a red shirt \ that he was warned to look out for|

Jackendoffs Interpretation von (16) wird wiedergegeben in (16'a), in dem ex-convict als thematische Information bzw. als Präsupposition fungiert. (16) kann aber auch als (16*b) realisiert werden, was Jackendoff übersieht. In (16"b) ist ex-convict stark betont, auch wenn shirt weiterhin Sinnspitze ist. Die starke Betonung dieses Elements kennzeichnet wichtige, nicht-geteilte Information, die an Wichtigkeit nur noch von dem Eleipent übertroffen wird, das zusätzlich eine Tonhöhenveränderung trägt. Die Möglichkeit einer solchen Kennzeichnung wird von Jackendoff übersehen.

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(19) setzt dagegen als geteilte Information voraus, daß jemand nach einer beliebigen Person Ausschau halten sollte. (19) läßt bei dieser Interpretation nur eine einzige sinnvolle Intonation zu, bei der automobile salesman das Hhz darstellt: (19'a)

| It was an automobile salesman \ that he was wärned to look out for |

(19'a) kann nicht mit (16'a) kombiniert werden, weil diese Äußerungen unterschiedliche Anordnungen des Hhz und damit auch unterschiedliche Präsuppositionen haben: Während in (16'a) die gesuchte Person bereits geteilte Information, d.h. thematisch ist, ist sie in (19'a) das Hhz. Erfolgt in der sprachlichen Realisation eine Verknüpfung von (19'a) und (16'a), handelt es sich um eine falsche Intonation, die der Hörer phonologisch richtig deutet. Genausowenig kann (19'a) mit (16T)) kombiniert werden, denn während in (19'a) die gesuchte Person das Hhz darstellt, ist in (161)) deren Kleidung das Hhz. Ihre Kombination ergäbe eine im Chomskyschen Sinn unnatürliche Kommunikation. Warum Chomsky und JackendofF hier ihre eigenen Kriterien ignorieren und diese Fälle als normale Kommunikation behandeln, ist unklar. 2.2.3.3 Der scheinbar imbestimmbare Fokus Jackendoffs These von der Ambiguität der Intonation gründet hauptsächlich auf Fälle, in denen das Hhz durch eine komplexe Nominalfügung dargestellt wird. Die intonatorische Hervorhebung sagt nach Jackendoff nichts über den semantisch bestimmten Fokus aus.4 Je größer die Komplexität der fokustragenden Konstituente ist, desto größer ist laut Jackendoff die Ambiguität der intonatorischen Auszeichnung. Dies rührt aus der umstrittenen Definition der NSR. In (16) trifft dies auf die komplexe Nominalfugung an ex-convict with a red shirt zu: (16)

Was it an ex-convict with a red shirt that he was warned to look out for?

Durch die Struktur des Spaltsatzes ist nach Jackendoff lediglich vorgegeben, daß das Komplement der ersten Klausel den Fokus darstelle. Die Nominalfugung an ex-convict with a red shirt in (16) besteht aus fünf Knoten bzw. Konstituenten. Jackendoff unterscheidet dabei prinzipiell zwei Fälle, das Hhz ex-convict und das Hhz shirt. Beide haben verschiedene Lesarten des Fokus. Wir beschäftigen uns aus Platzmangel lediglich mit der Variante des Hhz shirt. Ich bezeichne diese Intonation als (16-1). Nach Jackendoff sind in diesem Fall fünf (!) Lesarten des Fokus möglich, da bei allen fünf Zyklen, die diese Struktur in der Transformationskomponente durchliefe, stets shirt das Hhz durch die NSR zugewiesen bekomme. Die unterschiedlichen Lesarten des Fokus illustriert Jackendoff jeweils mit unterschiedlichen natürlichen Antworten (1972: 234): (16-1)

Was it an ex-convict with a red SHIRT that he was warned to look out for?

4 Dieses Problem der Bestimmung des Skopus des Fokus gilt auch im Modell Hallidays und in dem der CGEL.

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(20)

Fokus (a) shirt No, it was an ex-convict with a red tie...

(21)

Fokus (b) a red shirt No, it was an ex-convict with a CARNATION...

(22)

Fokus (c) with a red shirt No, it was an ex-convict wearing DUNGAREES...

(19)

Fokus (d) ex-convict with a red shirt Fokus (e) an ex-convict with a red shirt. No, it was an automobile salesman...

Die Existenz der Fokuslesart (e) als unabhängig von der von (d) kann Jackendoff nur theoretisch postulieren, in der Praxis sind die beiden Fälle nicht zu trennen.

Wir vergleichen zunächst die beiden unterschiedlichsten Lesarten des Fokus (a) und (d) bzw. die Folgen (16-18) mit (16-19). Korrigiert man Jackendoff Intonationsdarstellung, löst sich die scheinbare Ambiguität auf. Liegt in (16-1) der semantisch bestimmte Fokus auf shirt muß ex-convict schwach betont sein (16-la). Liegt dagegen der semantisch bestimmte Fokus auf ex-convict with a red shirt, ist ex-convict stark betont. (16-lb). Der Kontrast mit (20) würde sogar eher noch ein Hhz ex-convict rechtfertigen (16-2). In jedem Fall haben wir es mit unterschiedlichen Intonationen zu tun. (16-la) (16-lb) (16-2)

Was it an ex-cönvict with a red shirt /1 that... Was it an ex-cönvict with a red shirt /1 that... Was it an ex-cönvict / with a red shirt \ that...

In (16-2) ist shirt schwach betont und Teil des postnuklearen Materials (s. 6.9) Die Tonhöhenveränderung von ex-convict wird im postnuklearen Material fortgesetzt, somit liegt phonetisch gesehen auf shirt ebenfalls eine Tonhöhenverändening, diese ist jedoch phonologisch nicht relevant.

Die von Jackendoff monierte Ambiguität von (16-1) bezüglich der Fokus-Lesarten shirt und red shirt zielt auf die Tatsache ab, daß - vereinfacht gesagt - auf der Satzebene der Wortakzent dem Satzakzent untergeordnet ist, d.h. daß in der Fügung red shirt das modifizierende Adjektiv red dem Nomen shirt intonatorisch untergeordnet ist. Diese Unterordnung läßt sich jedoch nicht nur als (23a), sondern auch als (23b) realisieren: (23 a) (23b)

red shirt red shirt \

Während in (23a) das imbetonte Adjektiv informationell als (Teil des) Thema(s) fungiert, ist es in (23b) betont, seine Funktion in der informationelle Struktur kann man als rhematisch bezeichnen. (Näheres zur rhematischen Betonung in 6.1.2). Auf (16-1) übertragen bedeutet dies, daß prinzipiell entweder (16-lc) mit Hhz shirt, oder (16-ld) mit Fokus red shirt möglich ist. Zu (16-lc) und (16-ld) gibt es jeweils zwei Varianten,

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je nachdem, ob ex-convict stark oder schwach betont ist. Ich stelle diese Variation als {ex-cönvict/ex-cdnvict} dar: (16-1 c) (16-Id)

Was it an {ex-convict/ex-convict} with a red shirt / that... Was it an {ex-cönvict/ex-cönvict} with a red shirt / that...

Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine solche Unterscheidung zwischen den als Hhzz realisierten Foki shirt und red shirt nicht rein hypothetisch ist. Eine solche intonatorische Unterscheidung ist vermutlich lediglich im System möglich, in der parole jedoch auditiv nicht unterscheidbar. Vermutlich liegt in der natürlichen Sprache eine Aufhebung des Kontrasts, d.h. eine Neutralisation bezüglich der Realisation des Adjektivs vor, so daß beide Funktionen möglich sind. Diese Ambiguität gefährdet das Verständnis der informationellen Struktur nicht, da der Erfolg der Kommunikation durch die Kennzeichnung von shirt als Hhz sichergestellt wird. Ich fasse daher (16-lc) und 16-ld) in einer neutralisierten Variante (16-lc') zusammen: (16-lc')

Was it an {ex-cönvict/ex-cönvict} with a {red/red} shirt / that...

Betrachten wir abschließend die angebliche Ambiguität hinsichtlich der Lesart (c) mit dem Fokus with a red shirt. Diese Lesart ist rein hypothetischer Natur. Dies erkennt man an der Art des Kontrasts, den Jackendoff als Illustration dieser Lesart zitiert. Die in (22) und (21) kontrastierten Elemente sind strukturell von anderer Qualität. Während in den vorherigen Vergleichen stets Elemente der gleichen Wortklasse und als Angehörige des gleichen Wortfelds paradigmatisch kontrastierten, gehören with und wearing zu unterschiedlichen Wortklassen und sind in diesem Kontext synonym. Diese formale Abweichung zeigt, daß ein solcher Fokus nur hypothethisch ist, im Sinne der bereits obig festgelegten systematischen Möglichkeit, die jedoch in der parole nicht ausgeschöpft wird. Ich streiche deswegen Fokus (c). Wenn wir abschließend die möglichen Varianten zu (16-1) zusammenstellen, kommen wir zu folgendem Ergebnis: (16-la) (16-lb) (16-lc)

| Was it an ex-cönvict with a red shirt /1 that... j Was it an ex-cönvict with a red shirt / j that... I Was it an {ex-cönvict/ex-cönvict} with a {red/red} shirt / that...

Diese Varianten belegen, daß drei informationelle Strukturen intonatorisch unterschieden werden können. Von einer Ambiguität der intonatorischen Kennzeichnung des Fokus kann in zwei hypothetischen Fällen die Rede sein. Um diese intonatorisch bestimmten Fälle jedoch erfolgreich unterscheiden zu können, bedarf es der Berücksichtigimg der Betonung, die in diesen rudimentären Intonationsmodell Jackendoffs fehlt. Auf diese Mängel des Beschreibungsapparats ist Jackendoffs These von der Unzuverlässigkeit intonatorischer Kennzeichnungen zurückzuführen.

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2.2.4 Die Beschreibung der informationellen Struktur mittels neuerer Intonationsmodelle 2.2.4.1 Das revidierte Intonationsmodell von Jackendoff Jackendoffs Verhältnis zur Intonation ist primär durch seine These von der semantischen Unzuverlässigkeit der Intonation (s. 2.2.3) geprägt. Daran ändert auch die Einfuhrung eines verbesserten, dem Modell Bolingers verpflichteten Modell nichts. In Jackendoffs revidiertem Intonationsmodell ist es im Gegensatz zu dem im SPE dargestellten Modell möglich, Bedeutungsunterschiede, die durch unterschiedliche Tonhöhenbewegungen ausgedrückt werden, zu beschreiben: Er geht dabei von zwei Tonhöhenbewegungen aus, einer fallenden (A) und einer steigenden (B). Ich verwende dafür die Beeichnungen Fallton bzw. Steigton,5 Die prinzipielle phonetische Verbesserung des Intonationsmodells bezieht sich jedoch nicht gleichermaßen auf die Phonologie. So sind die Funktionen, die Jackendoff den Tönen zuweist, nicht linguistisch stichhaltig, was wir an der Beurteilung des folgenden Beispiels (24) erkennen können, das wegen der Annahme zweier Hhzz von besonderem Interesse ist: (24)

FRED ate the BEANS.

Laut Jackendoff gibt es zu (24) zwei Varianten, je nachdem welcher Fokus den Steigton B bzw. den Fallton A trägt. Um dies zu veranschaulichen, zitiert er ausnahmsweise mögliche vorausgehende Kontexte: (24a) (24b)

(A: Well, what about FRED? What did HE eat?) FRED / ate the beans \ (A: Well, what about the BEANS? Who ate THEM? FRED \ ate the BEANS / (Jackendoff, 1972:261)

Jackendoff meint mit (24) offensichtlich den Fall eines impliziten Kontrastes. Die Annahme zweier Hhzz ist eine mögliche Methode der Umschreibung zweier in der sprachlichen Realität vorkommender Tonhöhenbewegungen (s. 6.3.3.1). Der entscheidende Punkt ist jedoch nicht die Zahl der Hhzz, sondern vielmehr der Umstand, daß das Element mit Steigton phonologisch überhaupt als Hhz verstanden wird! Offensichtlich wird plötzlich das semantische Kriterium zugunsten des formalen über Bord geworfen. Diese Vorgehensweise erstaunt um so mehr, als Jackendoff stets der semantischen Bestimmung des Fokus den Vorrang gegenüber der intonatorischen eingeräumt hatte. Bestimmen wir Fokus und Präsupposition im Stile Jackendoffs nach semantischen Aussagen, ist das Steigtonelement ein Teil der Präsupposition, da es geteilte Informa-

5

Phonetische Fragestellungen sind dabei von vornherein ausgeklammert (Jackendoff, 1972:259f). Dies verwundert angesichts des generativen Ansatzes Jackendoffs nicht, denn sein Interesse gilt der Kompetenz.

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tion darstellt. Jackendoff bezeichnet es jedoch als zweiten Fokus und damit als nichtgeteilte Information. Jackendoff bezeichnet beide Hhzz in seiner formalisierten Darstellung der informationellen Struktur von (24) als Variable. Diese Bezeichnungsweise ist, zumindest was das Steigtooelement anbelangt, unsinnig, denn bei letzterem handelt es sich um eine bereits aus dem Vordersatz bekannte Information. Eine bekannte Größe als Variable zu bezeichnen ist schlicht unlogisch. Ich halte daher an der Bezeichnungen Steigton- bzw. Falltonelement fest.

Die phonetische Verschiedenheit sagt jedoch noch nichts über deren Funktion aus. Jackendoffs Lösimg ist es, Steigton und Fallton als unabhängige bzw. abhängige Variable zu bezeichnen: ... the presupposition contains two variables; the difference in intonation is due to the order in which values for the variables are chosen. The B accent occurs on the variable whose value is chosen first, the one which speaker A above is asking about. The A accent occurs on the variable whose value is chosen second, so as to make the sentence true for the value of the other variable. (1972:262)

Diese Lösung ist jedoch unbefriedigend, da solche Unterschiede in der Reihenfolge der Genese eines Satzes im Modell der gTG nicht beschreibbar sind. "Chosen first" kann nur als bekannte Information verstanden werden. Auch die Verbindung mit dem Begriff der Unabhängigkeit ist fraglich. Die Behauptung, das Steigtonelement sei unabhängig, kann allerhöchstem innerhalb des Satzes gelten. Der Satz wird jedoch als Äußerung realisiert, ist also in einen sprachlich vorausgehenden und folgenden Kontext eingebettet. Von diesem Kontext hängt die sog. unabhängige Variable ab. Daher ist die Unabhängigkeit eines Elements bloße Hypothese. Das Steigtonelement ist genauso vom sprachlichen Kontext abhängig wie das Falltonelement. Der Unterschied zu letzteren besteht lediglich in der Position des Bezugselements: beim Steigtonelement ist es im Vordersatz, beim Falltonelement in der Äußerung selbst zu finden. Es bleibt die Frage zu erörtern, welche informationelle Funktion das Steigtonelement bei Jackendoff in (24a) und (24b) hat. Ich zweifle nicht an dessen Realisation mit steigender Tonhöhe, zu kritisieren ist jedoch, daß es sich nicht um vergleichbare Fälle handelt: Während in (24a) der Steigton eine emphatische Variante der starken Betonung ist und der Fallton den eigentlichen Fokus darstellt, handelt es sich in (24b) vermutlich um eine Aufhebung des fälschlicherweise zu früh gesetzten Fallton-Hhz, d.h. (24"b) ist eine Variante zu (24'c), als das es automatisch verstanden wird. (24"b) kann alternativ auch als die Kontamination aus (24'a) und (24'c) interpretiert werden (s. 6.4). Die informationelle Funktion des Steigtons besteht in der Kennzeichnung bekannter Information: (24'a) (24T>) (24'c)

A: | Well, what about Fred \ | What did he eat \ | | Fred ate the beans \ | A: | Well, what about the beans \ | Who ate them \ | ? | Fred \ ate the beans /1 | Fred \ ate the beans |

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Betrachten wir nun den Fallton und dessen sog. Funktion der Abhängigkeit. Nach Jackendoff besteht diese Funktion darin, daß das Falltonelement einen wahren Wert für das Steigtonelement ergibt. Diese Verknüpfung mit dem Wahrheitswert ist ein nur rudimentär ausgeführter Gesichtspunkt. Ohne nähere Erläuterungen ist der genaue Inhalt des Begriffs unklar. Meines Erachtens handelt es sich um eine allgemeinsprachliche Metapher, mit der Jackendoff aussagen will, daß die Verbindimg dieser Elemente in einem Satz auf der Basis des Kontexts und der Sprecherintention in der Kommunikation eine korrekte Wiedergabe der sprachlichen Realität darstellt. In Äußerungen mit einem einzigen Hhz nimmt Jackendoff für das Falltonelement die Funktion einer korrekten Fortsetzung der Präsupposition an. Damit haben ihmzufolge das Steigtonelement in Äußerungen mit zwei Hhzz und die Präsupposition in Äußerungen mit einem einzigen Hhz die gleiche Funktion, nämlich das Element darstellen, das durch den Fallton korrekt fortgesetzt wird. Diese Parallelität zwischen dem Steigtonelement in Äußerungen mit zwei Hhzz und der Präsupposition in Äußerungen mit einem einzigen Hhz spricht ebenfalls gegen die Behandlung des Steigtonelements als Fokus und für seine Behandlung als Teil der Präsupposition. Doch kehren wir zum Begriff der Abhängigkeit zurück. Jackendoff geht offensichtlich davon aus, daß eine Äußerung stets aus der Abfolge Präsupposition und Fokus besteht, so daß nach chronologisch erster Nennimg der Präsupposition der als Fallton-Hhz realisierte Fokus die Fortsetzung dazu darstellt. Was geschieht aber, wenn eine Äußerung mit Steigton vorliegt? Jackendoffs oben diskutierte Annahme, der Steigton sei unabhängig, nötigt ihn zur Suche nach einem anderen Element, das den "wahren Wert", d.h. die Fortsetzung in bezug auf die Präsupposition ausdrücken könne. Dieses sieht er in der Affirmation bzw. Negation der Aussage. Ihmzufolge ist in Äußerungen mit Steigtonelement die Affirmation bzw. die Negation das von der Präsupposition abhängige Element. Die Affirmation bzw. die Negation könne dann nicht Teil der Präsupposition sein. Jackendoff illustriert diese These am folgenden Fall: (25)

(Did John and Bill leave yet?) Well, JOHN / has left, but BILL \ hasn't. (Jackendoff, 1972:264)

Wie ist diese Umschrift zu verstehen? Die Steigtöne von John und Bill sagen noch nichts über die phonetische Realisation der übrigen Elemente der Äußerung aus. Die Realisation von John mit Steigton (wobei has left relativ unbetont ist, was Jackendoffs Umschrift unausgezeichnet läßt) ist durchaus möglich, allerdings kann in der zweiten Klausel bei Steigton auf Bill das Element hasn't nicht unbetont sein, sondern muß selbst eine (fallende) Tonhöhenveränderung tragen. Dies verschweigt Jackendoffs Umschrift! Die Tonhöhenveränderung von Bill ist demgegenüber nur von sekundärer Bedeutung, weswegen ich sie lediglich durch die starke Betonung bezeichne, wogegen hasn't mit einer starken Betonung und einer Tonhöhenbewegung gekennzeichnet ist: (25'a)

(Did John and Bill leave yet?) | Well, John / has left | but Bill hasn't \ |

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2.2.4.2 Neuere generative Arbeiten zur Intonation In neueren generativen Arbeiten zur linearen Phonologe, wie z.B. der von Pierrehumbert 1980 werden zwei binäre Merkmale, [±high] und [±low] angenommen, mit deren Kombination die von Lautstärkenveränderungen und Tonhöhenveränderungen erzeugten Töne beschrieben werden soll. Es ergeben sich die folgenden Tonhöhenveränderungen: (26)

[+h, -1] high tone [-h, +1] low tone [+h, +1] drop tone [-h, -1] mid tone (Johns-Lewis, 1986:xxiv)

Die möglichen Tonhöhenveränderungen werden als Variationen der Grundfrequenz (F0) angesehen. Diese vier möglichen Töne sind jedoch nur theoretische Möglichkeiten. Sie entsprechen nicht phonematischen Funktionen. Ihre Verteilung erfolge nach syntaktischen Regeln. Die Bestimmung des Fokus hingegen, wird weiterhin als Funktion syntaktischer und psycholinguistischer Kriterien angesehen. So geht z.B. Gussenhoven von einer psycholinguistisch bestimmten Unterscheidung aus, die er als sentence accent assignment rule (SAAR) bezeichnet. Die Unterscheidung, welchen Wert ein Element hinsichtlich desMerkmals [±Fokus] trage, basiere auf dessen kontextueller Gegebenheit. Sei ein Element neu, sei es merkmaltragend, d.h. [+Fokus], Sei es gegeben, sei es [-Fokus]. Das letzte Element der Äußerung, das das Merkmal [+Fokus] trage, sei dank der SAAR das intonatorisch hervorgehobene Element. Anhand eines aus einer Reihe von Fernsehmitschnitten bestehenden Korpus untersuchte Gussenhoven 1986, welchen Wert diejenigen Elemente, die dem intonatorisch hervorgehobenen Element folgen, bezüglich des Merkmals [±Fokus] tragen. Das Problem bei diesem Vorgehen liegt in der psycholinguistischen Unterscheidung. So werden z.B. Angaben zur Zeit oder zum Raum der Handlung als [-Fokus] verstanden wie im folgenden Beispiel, das ich in mein Notationssystem überführe: (27)

11 haven't got the bälance any more | (Gussenhoven, 1986:95)

Die Frage ist jedoch, ob die Interpretation von any more als negativ hinsichtlich des Merkmals [¿Fokus] nicht erst durch die Intonation, d.h. durch die unbetonte Realisierung geschaffen wurde. Denn ebensogut könnten Angaben zu Zeit und Raum auch in diesem Verständnis [+Fokus] sein, wie im folgenden Beispiel: (28)

11 have lived here for föur years \ |

2.2.5 Fazit zum Stand der Forschung zur informationellen Struktur in der gTG Aus der Untersuchung der Arbeiten Jackendoffs und Chomskys zur Darstellung der informationellen Funktionen wurde zweierlei deutlich: zum einen ist ihr Modell der in-

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formationellen Struktur in bezug auf die Definition von Thema und Rhema bzw. Präsupposition und Fokus noch auf dem gleichen Stand wie das Modell der Funktionalen Satzperspektive. Zum zweiten ist ihr vielversprechender neuer Ansatz der Bestimmung der informationellen Struktur mittels der Intonation scheiterte an den Schwächen ihres Intonationsmodells. Wenden wir uns darum dem Modell der generativen Semantik zu und fragen, ob dessen grundsätzliche Frontstellung zur gTG auch Unterschiede in der Auffassung der informationellen Struktur in sich birgt. 2.3 Das Modell der informationellen Struktur in der generativen Semantik Die Strömimg der generativen Semantik entstand aus der Kritik am ST-Modell, genauer gesagt, aus der Kritik am Status der Semantik und ihrer Gewichtung im Vergleich zur Syntax. Die gTG betrachtet die Syntax als Basis der Tiefenstruktur, Phonologie und Semantik sind dagegen zumindest noch im ST-Modell von 1965 lediglich Interpretationskomponenten, wobei Projektionsregeln die Zuordnung von semantischer Information und syntaktischer Phrasenstruktur regeln. Diese Theorie der autonomen Syntax wird im wesentlichen beibehalten. Unter den Transformationalisten ist Katz der entschiedenste Vertreter der autonomen Syntax bzw. der interpretativen Semantik.Im EST-Modell, das u.a. auch aus der Auseinandersetzung Chomskys mit der Theorie der generativen Semantik entstand, wird die Position der Semantik im Modell neu überdacht. Die Semantik wird dabei mit in die Tiefenstruktur übernommen, wo sie neben der Syntax die Basis des Satzes bzw. der Grammatik bildet. Die generative Semantik stellt ein Modell dar, dessen Ziel es ist, Bedeutungen und Oberflächenstrukturen zueinander in Beziehung zu setzen. Lakoff beschreibt dies folgendermaßen: Semantics plays a central role in syntax. The generative semantics position is, in essence, that syntax and semantic cannot be separated and that the role of transformations, and of derivational constraints in general is to relate semantic representations and surface structure. (Lakoff, 1971:232)

Dementsprechend ist die zugrundegelegte Basis semantischer Natur. Ihre Integrität wird beim Durchlaufen verschiedener Transformationen durch das Wirken sog. global rules bewahrt. Diese Regeln garantieren, daß Transformationen nur syntaktischer Natur sind, Projektionsregeln werden ausgeschlossen. 2.3.1 Das Fokusmodell der generativen Semantik Die generative Semantik hat sich nur am Rande mit der informationellen Struktur beschäftigt. Ihre Betrachtung kann daher in relativ knapper Form erfolgen, ist jedoch nötig, da sie das Modell der TCA entscheidend beeinflußte, was in Kap 1.5 dargestellt wurde. Bei der Betrachtung der generativen Semantik stütze ich mich auf Lakoff 1971. Nach Lakoff besteht der Satz in der Tiefenstruktur aus einer semantischen Repräsentation (SR) der folgenden Form:

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(29)

SR = (Pi, PR, Top, F) (Lakoff, 1971:234)

P, stellt einen Phrasenmarker dar, PR eine Konjunktion von Präsuppositionen, Top das topic und F den Fokus. Unter Präsupposition versteht Lakoff diejenigen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit einer Aussage ein Wahrheitswert zugesprochen werden kann. Unter topic versteht er den gemeinsprachlichen Begriff des Themas der Rede, den er als "what is under discussion" (1972:236) definiert. Die generative Semantik verzichtet gänzlich auf formal faßbare Bestimmungen, indem sie sich von Chomskys intonatorischen Bestimmung des Fokus distanziert. Fokus ist für Lakoff eine semantisch bestimmte Größe, die formal nicht faßbar ist. Das Fokusmodell der generativen Semantik stellt hinsichtlich der Definition von Fokus keinen Fortschritt gegenüber den Modellen der gTG und der Prager dar. Noch deutlicher wird Lakoffs Verständnis von Fokus bei der Behandlung des folgenden Beispiels, das Teil einer sehr wortreichen Argumentation gegen die oberflächenstrukturelle Bestimmung des Fokus ist: (30)

The TALL girl left. (Lakoff, 1971:261)

Lakoff sieht in (30) einen Widerspruch zwischen einer oberflächenstrukturellen, intonatorischen Kennzeichnung des Fokus und seiner semantischen: The new information is that the girl who was presupposed to have left is (»referential with the girl who was presupposed to be tall. The semantic content of the focus is an assertion of coreferentiality. In this very typical example of focus, the lexical-semantic content of the surface structure constituent bearing main stress has nothing whatever to do with the semantic content of the focus. (Lakoff, 1971:261)

Die entscheidende Frage allerdings, wie man den Fokus semantisch bestimmt, wird von Lakoff überhaupt nicht angeschnitten. Damit entbehrt sein Ansatz jeglicher Objektivierbarkeit. Eine ähnliche Argumentation vertritt Lakoff bei der Behandlung des folgenden Beispielpaars:

(31) (32)

John looked up a girl who he had once met in Chicago. John looked a girl up who he had once met in Chicago. (Lakoff, 1971:262)

Lakoff weist die oberflächenstrukturelle Bestimmung des Fokus zurück. Für ihn handelt es sich, was den Fokus betrifft, um synonyme Fälle: But it is clear that they [(31),(32)] do not answer different questions and do not make different presuppositions. Thus, it is clear that focus cannot be defined purely in terms of surface structure constitu tents [sic], (Lakoff, 1971:262)

Lakoffs Modell unterscheidet sich bezüglich zweier Punkte vom Modell der gTG: zum einen unterteilt er den nicht zum Fokus gehörenden Teil des Satzes in zwei Größen,

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nämlich topic und Präsupposition. Die Präsupposition sei eine rein semantische Größe. Als solche ist sie unabhängig von der informationellen Struktur. Das topic sei ein Sonderfall der Präsupposition (1971:263), nämlich eine zweiwertige Relation mit der Bedeutung "bezieht sich auf' bzw. "handelt von". Die Argumente dieser Relation seien eine Nominalfugung und P„ topic sei dabei die Nominalfugung. Die Willkürlichkeit seiner semantischen Zuweisungen der Begriffe Fokus, topic und Präsupposition wird an Lakoffs Behandlung der folgenden drei syntaktischen Varianten deutlich: (33) (34) (35)

It is easy to play sonatas on this violin. This violin is easy to play sonatas on. Sonatas are easy to play on this violin. (Lakoff, 1971:262)

In (34) sei die Nominalfugung this violin notwendigerweise topic des Satzes, in (35) sei es sonatas. (33) dagegen sei "neutral" in bezug auf das topic (1971:262f.). Es ist nicht eindeutig, was Lakoff unter neutralem topic versteht, d.h. ob er dies als Fehlen des topic selbst, oder lediglich als Fehlen einer Markierung des topic versteht. Aus der Mißachtung der Intonation erklärt sich die Verkennung von Fällen wie (34a) und (35a): (34a) (35a)

| This violin \ is easy to play sonatas on | j Sonatas \ are easy to play on the violin |

2.3.2 Zum Stande der Forschung zur informationellen Struktur in der generativen Semantik Aus den oben geschilderten Ausfuhrungen zur generativen Semantik wurde ersichtlich, daß sie in bezug auf die informationelle Struktur keine neuen Erkenntnisse beinhaltet. Die Betonimg der semantischen Bestimmung, hier in Form der semantischen Repräsentation, ist nichts Neues. Die semantische Vagheit der Bestimmung und die Abstraktion schließen eine deskriptive Darstellung der informationellen Struktur aus.

3. Die informationelle Struktur im Modell von M.A.K. Halliday

Neben und unabhängig von der Prager Schule und der generativen Grammatik beschäftigte sich auch der britische Linguist M.A.K. Halliday mit der informationellen Struktur. Auf Hallidays Modell fußen die Arbeiten zahlreicher anderer britischer Linguisten, weshalb seine nähere Betrachtung unabdingbar ist. Halliday ist als Angehöriger der Londoner oder britischen Schule Strukturalist wie auch Firbas, was ähnliche Ergebnisse beider Untersuchungen erklärt. Der entscheidende Gesichtspunkt für die britische Schule ist die Berücksichtigung des Kontexte. Firth und Malinowski, die Mentoren Hallidays und Gründer der britischen Schule, lehnten die Saussuresche Trennung von Sprache in langue und parole ab, ebenso wie die daraus abgeleitete Beurteilung, die langue sei ein einheitliches System, das völlig losgelöst vom Sprecher und dem jeweiligen Situationellen und kulturellen Kontext der Sprache existiere. Firth verstand Sprache als ein soziales Produkt: Sprachliche Bedeutung müsse auf dem Hintergrund des außersprachlichen, sozialen Umfelds der Sprachgemeinschaft, d.h. auf dem Hintergrund des Kontexte beschrieben werden. Dementsprechend wird diese Schule auch als britischer Kontextualismus bezeichnet (s. Monaghan 1970).

3.1 Die Stellung der informationellen Struktur in der Systemischen Grammatik Im folgenden möchte ich die Ergebnisse der Hallidayschen Forschungen zur informationellen Struktur im Überblick und in ihren Unterschieden zum Modell der FSP und zum Modell der generativen Grammatik darstellen. Hallidays Untersuchungen sind Teil seines Grammatikmodells, das als Systemische Grammatik bezeichnet wird. In diesem Modell werden der Sprache verschiedene Funktionen zugewiesen, nämlich eine ideationelle Funktion, die sich im Ausdruck von Inhalten äußert, eine interpersonelle Funktion, die dem Aufbau sozialer Kontakte dient und schließlich eine textuelle Funktion, die der Schaffung sprachlicher Bezüge mit sich selbst bzw. mit dem Kontext dient. Von diesen drei Sprachfunktionen ist es nach Halliday die textuelle, die dafür verantwortlich ist, daß Äußerungen als Träger von Informationen nach bestimmten Prinzipien strukturiert werden.1 In der Geschichte der Sprachwissenschaft hat es immer wieder neue Theorien zu den Funktionen von Sprache gegeben. Die Meinungen über die Art und die Anzahl der Funktionen gehen dabei stark auseinander. Die Tendenz geht dahin, mehrere Sprachfunktionen anzunehmen: Während z.B. Bühler von drei Funktionen, nämlich Appell, Ausdruck und Darstellung ausging, fügte Jakobson noch drei weitere, die metasprachliche, die phatische und die poetische Funktion hinzu, womit er auf die stattliche Anzahl von sechs Sprachfunktionen kommt. Selbst dieses relativ fein differenzierende Modell Jakobsons könnte sicherlich noch ergänzt werden.

1 Die textuelle Sprachfunktion umfaßt noch andere Aspekte, die über die Struktur von Äußerungen hinausgehen, wie z.B. lexikalische und verbale Präsuppositionsbeziehungen. (1974:52), auf die ich hier nicht eingehen kann.

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Modelle, die eine beliebige Anzahl von Sprachfunktionen postulieren, versäumen es meist, zunächst einmal zu klären, was Sprache eigentlich ist. Dies gilt auch für Hallidays Modell. Kommt man seinem Versäumnis nach, so kann man als eine alle (positivistischen) Parteien zufriedenstellende Definition von Sprache nur ihre Bestimmung als Mittel der Kommunikation nennen. Neben dieser Funktion erscheinen alle anderen sog. Sprachfunktionen sekundär und mehr oder weniger zufallig. Auch die Hallidaysche Dreizahl stellt dabei keine Ausnahme dar. Denn das, was Halliday als textuelle Sprachfunktion der Sprache bezeichnet, ist nicht eine ihrer Funktionen, sondern ihre Wesensbestimmung schlechthin. Folglich kann diese Sprachfunktion nicht in einem Atemzug mit anderen "Funktionen" genannt werden. Vielmehr sollte die Abhängigkeit der ideationellen und der interpersonellen von der textuellen Sprachfunktion verdeutlicht werden. 3.2 Die Entflechtung der informationellen Struktur Das Spezifikum des Hallidayschen Modells zur Beschreibung der informationellen Struktur besteht in der Entflechtung der informationellen Struktur in die Bereiche InformationsstruJctur und Thematisierung. Diese Entflechtung geht einher mit einer Aufspaltung der Untersuchungssobjektes in Tonstrecke und Satz2. Halliday 1967 geht noch von drei Systemen der informationellen Struktur aus. Zusatzlich zu den bekannten nimmt er ein System Identifikation an, das die Verteilung von bekannter vs unbekannter Information regele (s. Halliday 1967a). Dieses System fehlt in allen späteren Aufsätzen, weswegen auf seine Darstellung verzichtet werden kann.

Im Gegensatz zum FSP-Modell berücksichtigt Halliday die Wirkung der Intonation auf die informationelle Struktur. Dies stellt eine wesentliche Verbesserung in der Forschung dar. Zeitgleich mit Halliday untersuchte auch die generative Grammatik, auf die ich bereits in Kapitel 2 eingegangen bin, den Zusammenhang zwischen der Intonation und der informationellen Struktur. Es ist jedoch bedauerlich, daß Halliday in seinen Arbeiten - wie auch die Vertreter der gTG - in der Regel hypothetische Äußerungen verwendet. Diese sind zwar plausibel, aber doch nicht authentisch und zudem eher typisch für geschriebene Sprache. Ellipsen oder Anakoluthe, d.h. solche Äußerungen, die charakteristisch für die gesprochene Sprache sind, fehlen. Die vorgenommene Entflechtung der informationellen Struktur führt dazu, daß Thema und Rhema nicht mehr inhaltlich durch die kontextuelle Bekanntheit, sondern positionell bestimmt werden. Das Kriterium der kontextuellen Bekanntheit benutzt Halliday dagegen zur Aufstellung einer neuen Dichotomie: nämlich der von gegebener vs neuer Information. Diese Dichotomie sei das Strukturprinzip der Tonstrecke 2

Wie die gTG verwendet Halliday die ambige Bezeichnung Satz, die ich durch die eindeutige Äußerung ersetze. Außerdem verwendet Halliday (analog zu den syntaktischen Funktionen wie der Nominalgruppe) die Bezeichnung Tongruppe, die ich durch Tonstrecke ersetze.

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(1985:274f.). Er rechtfertigt die begriffliche Trennung von kontextueller Bekanntheit einerseits und Thema und Rhema andererseits damit, daß Informationsstruktur und Thematisierung angeblich selbständige, ökonomisch organisierte Systeme bildeten. Der Sprecher habe die Wahl, ob er die beiden Systeme in Declamg oder in Konflikt bringen wolle. 3 Natürliche Sprache ist jedoch durch ein hohes Maß an Redundanz gekennzeichnet, die das Gelingen der Kommunikation sicherstellt. So sind auch syntaktische und intonatorische Kennzeichnungen gleichzeitig wirksame und meist redundante Strukturprinzipien. Zumal übersieht Halliday, daß die Intonation nicht immer nur linguistische Funktionen hat. Das Argument der Ökonomie ist eine unzureichende Rechtfertigung für ein sprachliches Kriterium. Bevor beurteilt werden kann, ob die von Halliday vorgenommene Aufspaltung der informationellen Struktur den Gegenstand besser beschreibt als andere Methoden, ist es nötig, Hallidays Definitionen der Informationsstruktur und der Thematisierung zu beleuchten. 3.3 Die Informationsstruktur und die Rolle der Intonation 3.3.1 Die Definitionen der Informationsstruktur und der Dichotomie gegeben vs neu Die Hallidaysche Berücksichtigung der Intonation in der Untersuchung der informationellen Struktur trägt dem Faktum Rechnung, daß Sprache primär ein gesprochenes Phänomen ist. Die Funktion der Intonation bestehe in der Kennzeichnung von gegebener und neuer Information. Der Sprecher entscheidet laut Halliday frei über die Länge der Tonstrecke (1970:163). Meist stimme sie mit der Klausel überein. Halliday übersieht jedoch, daß es vor allem in der gesprochenen Sprache sehr viele Tonstrecken gibt, die deutlich kürzer sind als Klauseln und z.B. nur eine einfache Konstituente oder ein Wort umfassen (s. 6.1.3). Das Verhältnis solcher kurzer Tonstrecken zueinander muß ebenso geklärt werden wie die Frage, wie Tonstrecken voneinander abzugrenzen sind, d.h. welche formalen Grenzsignale es gibt. All diese Fragen werden von Halliday nicht angeschnitten. Halliday setzt die Einheit der Tonstrecke a priori voraus und befaßt sich lediglich mit deren Aufbau. Informationell gesehen bestehe die Tonstrecke aus fakultativer gegebener und obligatorischer neuer Information (1976:177). Gegeben und neu seien nicht als vorerwähnte bzw. nicht-vorerwähnte Information, sondern als aus der Kommunikationssituation ableitbar bzw. nicht-ableitbar zu verstehen (1967a:205). Doch was ableitbar ist bzw. wie man mit Hilfe objektiver Tests ermitteln kann, welche Information als ableitbar gilt, bleibt ungeklärt. Es handelt sich folglich um eine rein psycholinguistische Unterscheidung. Der neue und der gegebene Typ von Information unterscheiden sich nach Halliday jedoch auch in ihrer phonologischen Realisation. Letztere ist jedoch nicht eindeutig. 3

S. dazu die Diskussion um ein Beispiel, in dem sich Informationsstruktur und Thematisierung nicht überlagern, in Halliday 1985 .279f., auf das in 3 .6 näher eingegangen wird.

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Denn das Hhz- als tonic nucleus oder Information focus bezeichnet - fallt nach Halliday auf das Ende der neuen Information (1967a:204; 1976:163). In der Regel handelt es sich um Elemente offener Klassen. Der Anfang neuer Information sei unmarkiert. Falle die Hauptbetonung auf ein Element einer geschlossenen Klasse an einer beliebigen Position in der Äußerung oder auf eine nicht-finale lexikalische Einheit, liege marked tonicity vor. Dieser markierte Fall diene dem Kontrast (1967a: 206). Diese Verwendung von Kontrast ist spezifisch für die Hallidaysche Terminologie. Denn während Kontrast normalerweise an die explizite Nennung der zu kontrastierenden Einheiten gebunden ist, verwendet Halliday diese Bezeichnung auch, wenn ein Vergleich lediglich implizit vorliegt.

Die funktionale Differenzierung, die Halliday hier vornimmt, läßt auch eine phonetische Differenzierung erwarten. Doch Hallidays Modell setzt die Klärung solcher Fragen bereits voraus. Wie beispielsweise Hervorhebung phonetisch erzeugt wird oder inwieweit die Betonung an der Informationsstruktur beteiligt ist, sind Fragen, zu denen man vergeblich Antworten in Hallidays Untersuchungen sucht. Hallidays Intonationsmodell ist nur auf die Beschreibung von Tonhöhenbewegungen ausgelegt. Dies genügt zwar zur Kennzeichnung des Hhz, die Intonation ist jedoch kein binäres Phänomen, wie Hallidays Modell glauben machen will. Die Folgen dieses Binarismus wurden bereits bei der Untersuchung des Modells der generativen Grammatik besprochen (s. 2.2.2; 2.2.3). Eine dieser Folgen ist die Unfähigkeit, den Übergang von gegebener zu neuer Information darzustellen: Halliday konstatiert lediglich, daß gegebene Information in der Regel der neuen vorausgehe, und ihre Unterscheidung nur auf der Basis des Kontexts fallen könne (1985:276). Meines Erachtens kann man jedoch bei einer Berücksichtigimg weiterer intonatorischer Parameter in vielen Fällen auch den Übergang von neuer und gegebener Information bestimmen. 3.3.2 Die Wirkung der Intonation auf die informationelle Struktur 3.3.2.1 Die einfachen Tonhöhenbewegungen und ihre Funktionen Halliday geht in seinem Intonationsmodell von sieben möglichen Tonhöhenbewegungen (kurz Tönen) aus, die insgesamt das System der tonicity bilden. Der Ton kennzeichne das Hhz.4 Diese Kennzeichnung bezeichnet Halliday als prominence oder salience (1985:276). Dieses System von Tönen verfugt in der britischen Phonetik bereits über eine lange Tradition. Bereits Henry Sweet 1877 führte ein symmetrisches System an, das aus acht möglichen Tönen besteht. Dazu zählen Flach-, Steig- und Fallton in jeweils zwei Varianten - je nachdem ob die betreffende Tonhöhenbewegung bei einer tiefen oder einer hohen Tonhöhe beginnt - und zwei Kombinationen aus Steig- und Fallton, Compound rising und Compoundfalling. Immerhin einen Ansatz phonologischer Analyse stellt Sweets Zusammenfassung des Steig-, des Fall- und der beiden zusammengesetzten Töne als Tour basic inflections" (1877:95) dar. 4

Neben tonicity besteht sein Intonationsmodell aus zwei weiteren Systemen, nämlich tonality zur Grenzbestimmung der Tonstrecke und tone zur Bestimmung des Status der Information. Unter letzterem versteht Halliday die Frage, ob die Information vollständig oder unvollständig bzw. wichtig oder nebensächlich ist.

69 Auch A.C. Gimson, einer der bedeutenden Vertreter der britischen Phonetik des 20. Jahrhunderts, arbeitet prinzipiell mit dem System Sweets. Er verzichtet bei der Aufführung der möglichen Tonhöhenbewegungen auf den Flachton, erwähnt ihn jedoch nebenbei bei der Beschreibung eines Beispiels (1985:278). Abgesehen von dieser Inkonsistenz reduziert er das Sweetsche System um zwei auf sechs Fälle, die nicht auf eine distinktive Funktion untersucht werden. Auffällig an diesen Systemen von Tonhöhenbewegungen ist ihre Symmetrie, die vermuten läßt, daß Tonhöhenbewegungen nicht empirisch bestätigt sind, sondern a priori festgesetzt wurden. Es bleibt daher zu untersuchen, inwieweit die sprachliche Realität korrekt widergespiegelt wird.

Halliday geht von fünf einfachen und zwei zusammengesetzten Tönen aus, die in redundanter Weise durch Zahlen und Akzentzeichen wiedergegeben werden (1985:281f.). Die Akzentzeichen sind ikonisch, da sie den Verlauf der Intonation abbilden: 1 2 3 4 5 13 53

ö ö 5 6 ö Ö...Ö 6...Ö

fallend steigend gleichbleibend fallend-steigend steigend-fallend Fall-plus-gleichbleibender Ton steigend-fallend-plus-gleichbleibender Ton

Hallidays Abweichung von dem in der britischen Phonetik üblichen Intonationssystem beruht zum einen in der Behandlung des gleichbleibenden (bzw. des niedrigsteigenden) Tons. Er verzeichnet ihn zwar in seiner Liste möglicher Tonhöhenbewegungen, bei der Umschreibung der Beispiele tritt er jedoch nur als Teil der komplexen Töne auf, nicht jedoch als einfacher Ton. Der zweite Unterschied liegt in der Annahme der beiden komplexen Töne Fall-plus-gleichbleibender Ton und steigend-fallend-plusgleichbleibender Ton. Diese Töne sind weder funktional noch phonetisch von fallendsteigend bzw. steigend-fallend abgegrenzt. Kommt man diesem Versäumnis Hallidays nach, stellt sich der phonetische Tatbestand eindeutig dar: Während Sweet und Gimson grundsätzlich alle komplexen Tonhöhenbewegungen als fallend-steigend bzw. steigend-fallend bezeichnen, unterscheidet Halliday diese nach ihrer Distribution. Als fallend-steigend bzw. steigend-fallend wird eine Tonhöhenbewegung Hann bezeichnet, wenn sie auf ein Wort (in der Regel ein einsilbiges) bezogen wird. 5 Von Fall-plusgleichbleibendem Ton bzw. Steigend-fallend-plus-gleichbleibendem Ton spricht Halliday dagegen, wenn eine Tonhöhenbewegung sich auf ein ganzes Syntagma bezieht. Ein phonetischer Unterschied zwischen fallend-steigend und Fall-plusgleichbleibendem Ton einerseits und steigend-fallend und Steigend-fallend-plusgleichbleibendem Ton andererseits besteht offensichtlich nicht. Ich betrachte sie daher nur als zwei verschiedene Intonationsmuster. Ich wende mich nunmehr der Frage zu, ob die Töne fallend-steigend und steigendfallend eine phonematische Funktion haben. Dazu setze ich zunächst voraus, daß sie 5

Gimson hält komplexe Tonhöhenbewegungen innerhalb eines einzigen Wortes für möglich, wie z.B. in No (1989: § 10.5.23). Selbst wenn dies phonetisch möglich ist, bezweifle ich, daß es phooematisch relevant ist, d.h. einen Kontrast zu Nö \ darstellt.

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phonetisch verschieden von Steig- bzw. Fallton sind. Diese phonetische Verschiedenheit bedeutet jedoch noch nicht, daß es sich um phonematisch gleichberechtigte Alternativen handelt. Denn dazu bedürfen sie einer eigenen Funktion. Halliday weist sehr wohl den Tönen Funktionen zu, diese sind jedoch keineswegs nur linguistischer Natur: So drücke der Fallton "Gewißheit", der Steigton dagegen "Ungewißheit" aus. Der gleichbleibende Ton sei die Neutralisation von Fall- und Steigton und drücke folglich weder "Gewißheit noch Ungewißheit" aus ("not (yet) decided whether known or unknown"; 1985:282). Bezeichnenderweise fuhrt Halliday für den gleichbleibenden Ton kein Beispiel an. Ähnliche Bestimmungen liegen auch bei den komplexen Tönen vor: Der fallendsteigende Ton drücke "scheinbare Gewißheit, die sich jedoch nicht bestätigt" aus, der steigend-fallende Ton dagegen "scheinbare Ungewißheit, die sich jedoch als Gewißheit herausstellt"6 (1985:282)! Diese Bestimmungen sind eindeutig paralinguistischer und nicht distinktiver, linguistischer Natur. Auffällig oft korrelieren sie mit dem Inhalt des entsprechenden Beispiels. Die Unangemessenheit solcher Bestimmungen zur Differenzierung phonematisch verschiedener Fälle kann sehr einfach bewiesen werden. Ich betrachte dazu jeweils ein Beispiel für einfache und zusammengesetzte Tonhöhenbewegungen, bei denen ich die Hallidaysche Notation der Intonation in das in 0.4 vorgestellte System überführe. Ich gebe die von Halliday aufgestellten komplexen bzw. zusammengesetzten Tonhöhenveränderungen als Kombination von Steigund Fallton wieder: (2a) (3 a)

| Good mörning \ | | in this V job Anne we're | working with silver \ | (Halliday, 1985:283)

Soll in (2a) etwa der Fallton die Gewißheit ausdrücken, daß der Morgen gut ist, oder daß der Sprecher dem Hörer mit Gewißheit wünscht, einen guten Morgen zu haben? Oder soll im Fall der "scheinbaren Gewißheit" (3a) ausgesagt werden, daß der Sprecher sich in diesem Fall selbst als Lügner darstellt? Solche Spekulationen verdeutlichen, daß die von Halliday postulierten Gewißheitsfunktionen keine objektiven und nachvollziehbaren Kriterien sind. Sie mögen auf bestimmte Beispieltypen zutreffen, können jedoch nicht verallgemeinert werden. Was in (3a) tatsächlich vorliegt, ist wahrscheinlich eine expressive Intonation von this job, in der this job etwa mit that job kontrastiert. Diese Expressivität kann sich in der Tat in einer starken Modulation der Tonhöhe von this äußern. Phonologisch ist dieser Fall jedoch nicht verschieden von einer nicht-expressiven Form mit einem einfachen Steigton wie in (3'a): (3'a)

6

(as a typist, you work with paper, but) |...in this / job Anne | we're wörlung with silver \ |

In Halliday/Hasan 1976:271 wies er der fallend-steigenden Tonhöhenbewegung die Funktion des Kontrastes zu. Warum er in 1985 von dieser Interpretation abweicht, ist unklar.

71 Zwischen (3a) und (3'a) besteht offensichtlich kein phonologischer Unterschied, weshalb der fallend-steigende Ton nur als Variante des steigenden Tons verstanden werden kann (s. auch Couper-Kuhlens Kommentar zum fallend-steigenden Ton, der zufolge das steigende Segment die funktionale Zuordnung zum Steigton bestimmt, 1986:96). 3.3.2.2 Die komplexen Tonhöhenbewegungen als Stolpersteine des Hallidayschen Modells Halliday geht von der möglichen Existenz zweier Tonhöhenbewegungen in einer Tonstrecke aus. Zu deren Beschreibung verwendet er die sog. komplexen Tonhöhenbewegungen Fallend-plus-gleichbleibend und steigend-plus-gleichbleibend. Phonematische Funktionen werden nicht genannt (1985:282). Halliday verweist lediglich auf mögliche Umgebungen wie die folgende: (4a)

| you can't get in \ without a ticket -1

Halliday nimmt in (4a) zwei Hhzz an. Interessanterweise unterscheiden sie sich nach Halliday im Status der Information. Der Fallton bzw. der steigend-fallende Ton sei das eigentliche Hhz, der gleichbleibende Ton auf ticket dagegen ein "secondary information point" (1967b:209). Die Frage, wie sich die beiden Hhz phonetisch unterscheiden, d.h. womit ihr hierarchisches Verhältnis ausgedrückt wird, stellt sich Halliday nicht. Die Funktion dieses "secondary information point" bestehe darin, ein vorerwähntes Element partiell hervorzuheben ("to give partial prominence to an item that has been mentioned earlier", ibid.) Was versteht Halliday unter partiell? Auffälligerweise findet sich keine Erklärung. Offensichtlich besteht die Notwendigkeit, eine mittlere Größe zu bezeichnen, die in Hallidays binärem Intonationskonzept nicht vorgesehen ist. Diese stillschweigende Erweiterung des Intonationskonzepts durch die Größe der partiellen Hervorhebung widerlegt zum einen Hallidays binäres Intonationskonzept, zum zweiten widerlegt es die Gewißheitsfunktionen, denn hier wird auffälligerweise nicht mehr von einer durch den Steigton ausgedrückten Ungewißheit gesprochen. Eine notwendige Revision des Hallidayschen Intonationsmodells muß sich neben der Frage der Funktion solcher komplexer Tonhöhenbewegungen auch der Frage widmen, welcher phonetische Unterschied zwischen den beiden Arten von Hhz besteht. Für den Fall, daß das sekundäre Hhz eine geringere Modulation der Tonhöhe ausweist, muß bestimmt werden, wie groß die Modulation der Tonhöhenbewegung sein muß, um als sekundär oder als eigentlich zu gelten. Die Notation muß so gewählt werden, daß sie die hierarchischen Verhältnisse darstellt. Bis dahin ist Hallidays Modell unzureichend zur Beschreibung der verschiedenen Intonationen. 3.3.2.3 Die Vermischung linguistischer und paralinguistischer Funktionen Ein weiterer Kritikpunkt an Hallidays Intonationsmodell, den ich am Rande schon erwähnte, ist seine Vermischung der linguistischen und der paralinguistischen Funktionen der Intonation. Halliday erkennt zwar die Ambiguität der Intonation an (Halliday

72

1970b:227), dies hält ihn jedoch nicht davon ab, wahllos die beiden Funktionen zu vermischen. Diese Vermischung stellte ich bereits bei den Gewißheitsfunktionen fest. Halliday fuhrt beispielweise Tabellen an, in denen er jedem Satztyp eine normale Intonation mit einer bestimmten "normalen" Bedeutung und daneben weitere Intonationen mit spezifischen, von der normalen Bedeutung abweichende Bedeutungen zumißt. Diese nicht-normalen Bedeutungen sind jedoch paralinguistischer Natur wie Widerspruch, Zurückhaltung, verächtlicher Ton u.ä. (1985:284), die in der Regel auffallig mit dem lexikalischen Gehalt des betreffenden Beispiels korrelieren. Bei einer solchen Vorgehensweise ist der Willkür des Interpreten Tür und Tor geöffnet. 3.3.2.4 Die Markiertheit bei Halliday Wie die FSP unterscheidet auch Halliday zwei Typen des Hhz, das markierte und das unmarkierte. Das unmarkierte Hhz (neutral tonicity) hebe das letzte lexikalische Element der Tonstrecke hervor. Dabei könne keine Vorhersage über die Bekanntheit der vorausgehenden Elemente gemacht werden. Im Extremfall könne die gesamte Tonstrecke aus neuer Information bestehen. Beim markierten Hhz (marked tonicity), das auf ein beliebiges anderes Element falle, könne das dem Hhz Folgende nur gegebene Information sein (1967b:208). In (5a) sei folglich die Information washed the car yesterday gegeben, die einzig neue Information sei John. Nach Halliday impliziere (5a) die entsprechende Wi-Frage7 (6): (5a) (6)

|_Jöhn \ washed the car yesterday | Who washed the car yesterday? (Halliday 1967a in Kress, 1976:177)

Unbestreitbar ist (6) eine mögliche Frage nach dem in (5a) betonten Element. Doch kann die neue Information nicht immer mittels solcher w/j-Fragen ermittelt werden. Das gilt z.B. für (7a), da es im Englischen keine wA-Frage nach dem Verb, sondern nur nach der gesamten Prädikation gibt: (7a)

(You say "Madam isn't that beautiful?") | If you suggest / it's beautiful | they see \ it as beautiful | (Halliday, 1985:276)

In verschiedenen Ansätzen zur Beschreibung der informationellen Struktur wird der Fragetest dazu verwendet, die informationelle Struktur von Äußerungen, die scheinbar ohne Intonation existieren, zu erhellen. Diese Methode funktioniert in manchen Fällen, nicht jedoch in allen, was (7a) beweist. Zudem ist sie trügerisch, da sie auf Beispiele angewendet wird, die aus dem Kontext genommen sind. Scheinbar werden diese Beispiele durch den Fragetest disambiguiert. Was jedoch in Wirklichkeit passiert, ist die Schaffung eines Kontexts durch die Frage. Dieser ist zwar minimal, reicht aber manchmal schon aus, um verläßliche Aussagen über die informationelle Struktur einer Tonstrecke zu machen. Der Fragetest ist nur der Ersatz für den fehlenden Kontext. Bezieht man letzteren von vornherein in die Untersuchung mit ein, erspart man sich mögliche Irrwege. 7 Bei diesem Beispiel gibt Halliday mittels Fettdruck nur die Lage des Hhz an, sagt jedoch nicht, um welchen Ton es sich handelt. Ich ergänze diese Angabe.

73

Halliday scheint zumindest in 1967a noch von einer linguistischen Relevanz des Fragetests auszugehen. Ob er diese Einstellung später revidierte, ist nicht klar, da er sich nicht dazu äußert. 3.4 Die Thematisierung und die Rolle der Position 3.4.1 Bestimmung des Themas und Zusammenhang von Informationsstruktur und Thematisierung Die Thematisierung ist für Halliday das Ordnungsprinzip der Information auf syntaktischer, genauer gesagt positioneller Ebene. Sie sei - neben der Informationsstruktur Teil der textuellen Sprachfunktion. Wie widersinnig die Annahme solcher Sprachfünktionen ist, beweist Hallidays eigenes Vorgehen. In einer Untersuchung zur Form des Themas unterscheidet Halliday je nach Komplexität drei Arten des Themas: Ein einfaches Thema sei ein formal einfaches Satzelement, ein komplexes sei eine aus zwei koordinierten Elementen bestehende Fügung, multiple Themen schließlich bestünden aus mehreren Fügungen. In (8) hege beispielsweise das multiple Thema Well, but then Arm, wouldn't the best idea vor:

(8)

Well, but then Ann, surely wouldn't the best idea be to join the group? (Halliday, 1985:55)

Einfache und komplexe Themen drücken nach Halliday nur ideationelle Bedeutungen aus, multiple Themen zusätzlich interpersonelle und textuelle Bedeutungen. Interpersonelle Bedeutung haben z.B. modale Elemente, Vokative oder Wi-Fragepartikel, textuelle Bedeutung dagegen Kontinuativa des Typs well oder Konjunktionen. So stellten in (8) well, but then den textuellen Teil des Themas, Ann surely wouldn't den interpersonellen Teil und the best idea den ideationellen (topical) Teil des Themas dar. Im eingangs erwähnten Hallidayschen Verständnis von Sprache war die Thematisierung eine Funktion der textuellen Sprachfunktion. Bei multiplen Themen postuliert Halliday jedoch nicht allein textuelle Elemente, sondern auch ideationelle und interpersonelle Elemente. Halliday widerspricht sich hier schlichtweg selbst!

Thema im Hallidayschen Sinn ist der "aktuelle Gegenstand der Rede oder Ausgangspunkt der Mitteilung" (1967a in Kress, 1976:180; 1985:38). Diese Definition von Thema und Rhema greift Teilaspekte ihrer Definition im Modell der FSP auf. In letzterem ist das Thema die Basis der Äußerung und bekannte Information, das Rhema dagegen der Nukleus und die neue Information. Für Halliday sind die Bestimmungen Basis und Nukleus bzw. Entwicklung jedoch selbständige Kriterien zur Bestimmung von Thema und Rhema (1985:38). Hallidays Themabegriff ist identisch mit dem in der generativen Grammatik verwendeten Begriff des Topiks. Eine Gleichsetzung von Thema und gegebener Information schließt Halliday explizit aus: The difference can perhaps be best summarized by the observation that, while 'given' means \vhat you were talking about' (or 'what I was talking about before'), 'theme' means 'what I am talking about' (or 'what I am talking about now')...(Halliday, 1967b:212)

Diese Unterscheidung ist jedoch nur hypothetischer Natur. Wegen ihrer Spitzfindigkeit ist sie ganz und gar unhaltbar und empirisch nicht nachvollziehbar.

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Dieses Strukturprinzip der Information als Anordnung von Ausgangspunkt und Entwicklung ist wie das der FSP eine hypostasierte Größe. Es existiert nicht real, sondern nur ideell. Wie seine Vorgänger verkeimt Halliday, daß er eine Idee sucht. Diese Idee nennt er Thema und Rhema. Doch was ist ihre Form? Halliday bestreitet, daß die Form des Themas seine Position am Äußerungsanfang sei. Statt dessen postuliert er eine funktionale Bestimmung des Themas: The Theme is the element which serves as the point of departure of the message; it is that with which the clause is concerned. (...) As a general guide, the Theme can be identified as that element which comes in first position in the clause. We have already indicated that this is not how the category of Theme is defined The definition is functional.,.(1985:38f.)

"Ausgangspunkt der Mitteilung" ist offensichtlich ein so vages Kriterium, daß nicht einmal Halliday selbst etwas damit anfangen kann. Denn in der Praxis ist das Thema bei Halliday immer das erste Element. Das wird besonders augenfällig in Hallidays Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Satzart und Thema (s. 3.4.2). Die Unsinnigkeit solcher positioneller Bestimmungen wird besonders gut am Beispiel klar. In (9) sei die Präpositionalfugung das Thema, in (10) die Nominalfugung /: (9) (10)

On Friday night I go backwards to bed. Theme | Rheme (Halliday, 1985:39) I go backwards to bed on Friday night, (adaptiert)

Nach Halliday handelt (9) davon, was Freitag abends passiert, (10) dagegen davon, wann ein als 1 bezeichneter Sprecher rückwärts ins Bett geht. Die Notwendigkeit der sprachlichen Unterscheidung dieser Fälle ist völlig ausgeschlossen. Entscheidend ist lediglich, welche Information der Sprecher für wichtig bzw. unwichtig hält. Letzteres kann durch die Intonation angezeigt werden. Worin besteht dann aber der Unterschied zwischen (9) und (10)? Die Existenz einer Stellungsvariation bedingt nicht automatisch einen informationellen Unterschied. Ergänzt man mögliche Kontexte, stellt man fest, daß es nicht die Position ist, die über informationelle Struktur entscheidet, sondern die Intonation: (9'a) (10T>)

(There is something special about Fridays, because...) | On Friday night I go backwards \ to bed | 11 gö backwards \ to bed on Friday night |

(9'b) (10'a)

[You mean to say that you go backwards to bed on Sunday night?] | On Friday night \ I go backwards to bed | 11 go backwards to bed on Friday night \ |

Zweifel an der Berechtigung der positionellen Bestimmung des Themas werden aber auch wach, wenn Halliday am Anfang der Äußerung stehende Adjunkte oder Konjunkte als Themen behandelt, sprich wenn er grammatikalisierten Stellungen ohne Wahlfreiheit eine informationelle Funktion zugesteht. In-

75 formationeil bedeutsam kann jedoch nur eine auf Variation begründete Position sein. In jedem Fall gilt es dabei die Intonation zu berücksichtigen, was der Vergleich von (9) und (10) belegte. Halliday testet jedoch seinen Themabegriff nicht auf der Basis einer Variation. Für ihn ist die grammatikalisierte Anfangsposition von Konjunktionen oder Fragepartikeln sogar der Beweis für deren sprachhistorisch gewachsene und sich verfestigende Funktion als Thema! Solche diachronen Entwicklungen sind jedoch synchron gesehen irrelevant, was Halliday vollkommen übersieht.

Ähnlich zweifelhaft wie die Berechtigung der positionellen Bestimmung des Themas erscheint die des Rhemas. Als "Entwicklung des Themas" ist es so vage definiert, daß es nicht wundert, wenn es auch von Halliday in der Praxis ex negativo als der Teil der Äußerung, der nicht thematisch ist, bestimmt wird. Damit gilt auch für das Rhema ein positionelles Kriterium. Im Gegensatz zur FSP ist in Hallidays Modell das Thema die wichtigere Größe gegenüber dem Rhema: Halliday bezeichnet explizit die Verwendung eines markierten Themas als Mittel der Hervorhebung, insofern als dadurch der Ausgangspunkt des Sprechers für die folgende Mitteilung hervorgehoben werde (1970b: 181). Solche markierten Themen bildeten oft eigene, nur aus den Hhzz bestehende Tonstrecken. Es drängt sich die Frage auf, worin der Unterschied zwischen Thema und Rhema bzw. Ausgangspunkt und Entwicklung besteht. Wenn nämlich der Ausgangspunkt des Sprechers die wichtigste Information einer Mitteilung ist, kann keine Entwicklung mehr erfolgen. Dieses Vorgehen hat den Nachteil, auf eine Deckung von Satzanfang, Thema und Rhema hinauszulaufen. Statt einer Unterscheidung informationeller Größen wäre das ein Zusammenfall. Dies beweist sowohl die Unbrauchbarkeit des Hallidayschen Themabegriffs als auch das Scheitern des Versuchs, durch die Entflechtung der informationellen Struktur ihre Prinzipien besser beschreiben zu können. 3.4.2 Der Zusammenhang zwischen der Satzart und der Markiertheit des Themas Daß Hallidays angeblich funktionale Bestimmung des Themas nur ein Lippenbekenntnis ist, wird besonders deutlich in seiner Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Thema und Satzart, mit der ich mich daher im folgenden näher beschäftigen. Laut Halliday hat jeder Satztyp ein typisches, d.h. unmarkiertes Thema: im Aussagesatz sei es das Subjekt und im Fragesatz das Fragepartikel oder der Operator. Jede andere Form am Satzanfang stelle automatisch ein markiertes Thema dar. Der eine Leisten, über den Halliday damit markierte Themen schlägt, ist ihm jedoch selbst offensichtlich nicht geheuer. Denn im nachhinein unterteilt er markierte Themen in Aussagesätzen nach ihrer Realisationsform in zwei Gruppen: die Adverbial- und die Präpositionalfügungen seien die "most usual form of marked theme" (1985:45), die Nominalfugung dagegen der '"most marked' type of theme" (1985:45). Die binäre Größe der Markiertheit wurde damit implizit in eine graduelle verwandelt, ohne daß Halliday eigens darauf hingewiesen hätte. Im Fragesatz dagegen behandelt Halliday die Fragepartikel bzw. den Operator als unmarkiertes Thema. In ihnen werde das Informationsbedürfiiis des Sprechers als "Ausgangspunkt" der Mitteilung ausgedrückt. Gerade der Fragesatz sei ein eindeutiger Beleg für die diachronisch gewachsene Anfangsposition des Themas (1985:47f.).

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Andere Elemente am Anfang der Frage stellten markierte Themen dar, die angeblich nur in Ausnahmefallen des folgenden Typs vorkommen: (11)

In your house who does the cooking? Theme | Rheme (Halliday, 1985:48)

Wenn es tatsächlich eine solche Grammatikalisierung des Informationsbedürfiiisses als Thema gäbe, müßten Äußerungen des Typs (11), die von der kanonischen Satzstellung abweichen, ungrammatisch sein, da sie nicht als Frage verstanden werden könnten! Dies ist jedoch nicht der Fall. Hallidays Argumentation, es gebe in der Frage einen Zusammenhang zwischen der Thematisierung und dem Ausdruck eines Informationsbedürfiiisses, ist daher nicht haltbar. Ich will nicht bestreiten, daß in your house in (11) als Thema im Sinne von "Ausgangspunkt der Mitteilung" oder Hintergrundinformation verstanden werden kann, das gilt aber auch, wenn in your house eine andere Stellung einnimmt wie in (12a): (1 la) (12a)

| In your house who does the cooking \ | I Who does the cooking \ in your house|

Sowohl in (IIa) als auch in (12a) fungiert in your house als Hintergrundinformation oder als Thema. Wie Halliday von unterschiedlichen Themen zu sprechen, ist unverständlich, denn Hallidays Themabegriff liefert keine objektiven Unterscheidungen. Die Unlogik des Hallidayschen Themabegriffs gilt nicht nur für Fragesätze, sondern auch für Imperative. Halliday untersucht die folgenden Typen (13-15), denen er bestimmte informationelle Strukturen zuweist (1985:49): (13) (14) (15) (16)

You keep quiet. Do keep quiet. Let's go home. Sing a song of sixpence. (Halliday, 1985:49)

In (13-15) stellten you, do bzw. let's unmarkierte Themen dar, da sie die Bedeutung des Imperativs, nämlich die Aufforderung "I want you (and me) (not) to do something", ausdrückten (1985:49). (16) dagegen könne man entweder als themalos oder mit thematischer Verbfügung ansehen. Einen Imperativ mit markiertem Thema gibt es für Halliday offensichtlich nicht. Halliday legt augenscheinlich für den Imperativ die gleiche kanonische Satzstellung zugrunde wie für den Aussagesatz, weswegen er die Fälle (13-15), die dem Aussagesatz am nächsten stehen, als unmarkiert bezeichnet. Der in Frequenz und Form unmarkierte Typ des Imperativs ist jedoch der Fall (16). Denn die Bedeutung des Imperativs wird nicht lexikalisch, sondern durch den Satztyp ausgedrückt. In (13-15) drükken umgekehrt die von Halliday als unmarkierte Themen bezeichneten Elemente do,

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you bzw. let's nicht die Bedeutung der Aufforderung, sondern vielmehr die der Insistenz oder der Emphase bzw. des Plurals aus. (13-15) sind also (lexikalisch) markierte Fälle. Dafür sprechen auch die Intonationsverteilungen (13a-16a), die belegen, daß die markierten Fälle (13a-14a), stark betont sind, die unmarkierten Fälle (15a-16a) dagegen schwach oder unbetont: (13a) (14a) (15a) (16a)

Yoü keep quiet \ | Dö keep quiet \ | Let's go home \ | Sing a söng of sixpence \ |

Diese Behandlung der Typen des Imperativs zeigt, wie Halliday das Kriterium der Markiertheit ad absurdum fuhrt. Normalerweise ist die unmarkierte Form durch formale Einfachheit und hohe Frequenz gekennzeichnet. Halliday bestreitet jedoch die Existenz eines solchen Zusammenhangs. Er spricht vielmehr von unmarkiert, wenn eine Form nicht motiviert sei (1967b:219). Doch worin diese mögliche Motivation besteht, bleibt unklar.

3.5 Syntaktische Konstruktionen mit unmarkierten Themen Nach Halliday gibt es verschiedene Konstruktionen, die dazu dienen, Sätze mit unmarkierten Themen herzustellen. Diese von ihm als grammatische Metaphern (1985:58) bezeichneten Konstruktionen entsprechen den syntaktischen Mitteln der informationellen Struktur im Modell der FSP. Hallidays Verwendung des Begriffs Metapher ist idiolektal. Die Bedeutung, die er dieser Bezeichnung beimißt, ist nicht in der konventionellen Bedeutung von Metapher eingeschlossen. Denn was wäre tenor, vehicle und was tertium comparationisl Was Halliday wohl hier meint, ist syntaktische Paraphrase bzw. syntaktisch markierte Konstruktion.

Eine solche "grammmatische Metapher" weist nach Halliday das folgende Beispiel (17) auf, in dem im Vergleich zu (19) zwei Arten der Hervorhebung vorliegen: die Hervorhebung von these houses durch seinen Status als markiertes Thema und die prosodische Hervorhebung des Verbs. In (18) dagegen gebe es nur eine prosodische Hervorhebung, die auf das Verb bzw. auf das eventuell vorhandene agentive Adverbial (19) falle: (17) (18) (19)

| These houses my grandfather sold \ | j These houses were söld \| | These houses were sold by my grandfather \ | (Halliday 1967a in Kress, 1976:181)

Die syntaktische Hervorhebung von these houses in (17) kann laut Halliday zusätzlich von einer prosodischen Hervorhebung begleitet werden, wenn these houses eine eigene Tonstrecke darstellt wie in (17a):

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(17a)

I These hoûses /1 my grandfather söld \ |

Die Unzulänglichkeit des Hallidayschen Instrumentariums zur Umschreibung der Intonation wird auch in der Behandlung von (17) deutlich. Hallidays Modell kann nur die intonatorische Hervorhebung von Ihese houses als eigene Tonstrecke darstellen. Eine Realisation, bei der houses zwar betont, aber nicht das Hhz ist (17b), kann in dieser Umschrift nicht dargestellt werden:

(17b)

| Theses houses my grändfather söld \ |

Was Halliday in (17a) als markiertes Thema mit prosodischer Hervorhebung bezeichnet, entspricht dem Rhema der FSP. Was ist in (17) dann das Rhema, sprich die "Entwicklung des Themas"? Ist es my grandfather sold, also die Tatsache, daß der Großvater sie verkauft hat? Warum ist letzteres nach Hallidays Bestimmung nicht das Thema, also der Ausgangspunkt und houses die Entwicklung? Hallidays Bestimmungen sind nicht eindeutig, da beide Zuweisungen mit gleicher Berechtigung nebeneinander bestehen können. Eine andere "grammatische Metapher" (1985:58) zum Zwecke der Thematisierung stellt nach Halliday der Spaltsatz dar. Halliday untersucht die informationellen Funktionen sowohl der Elemente der beiden Klauseln als auch das Verhältnis der Klauseln zueinander. Seiner Meinung nach ist die erste Klausel das Thema, die zweite das Rhema oder die Prädikation der ersten. Daher bezeichnet Halliday diese Konstruktion auch als prädiziertes Thema (predicated theme, 1985:58). (20)

t was his teacher Theme| Rheme Theme

who persuaded him to continue. |Theme| Rheme | I Rheme I

Nach Halliday ist der Zweck dieser Konstruktion, die Deckung von gegebener Information und Thema bzw. neuer Information und Rhema herzustellen. Er sieht dabei den Spaltsatz als zwei Tonstrecken an, die jeweils einer Klausel entsprechen. In der ersten Tonstrecke sei it und die Form von to be die gegebene Information und das Thema, das Komplement teacher dagegen neue Information und das Rhema. In der zweiten Tonstrecke stelle das Relativpronomen who gegebene Information und Thema, die folgenden Einheiten neue Information und Rhema dar (Halliday, 1985: 280ff). Diese Behandlung von it is, d.h. von Elementen, die keine lexikalische, sondern lediglich grammatikalische Bedeutung haben, als Ausgangspunkt einer Mitteilung widerspricht Hallidays Definition des Themas. Eine solche Anwendung des Begriffs Thema etwa auf it was in der folgenden Äußerung führt zu nichts: (20a)

| It was his téacher \ | who persùaded him to continue \ |

Fraglich ist außerdem Hallidays Postulat, die erste Tonstrecke sei das Thema der zweiten Tonstrecke. In (20a) liegen zwei Hhzz vor. In der Regel ist das zweite Hhz gegebene Information und kontrastiv zu verstehen. Halliday behandelt jedoch die zweite Klausel als Rhema der ersten, was unlogisch ist, insofern als die Information dieser

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zweiten Klausel gegeben ist. Neu ist dagegen die in der ersten Klausel enthaltene Information, hier his teacher. Hallidays Behandlung von It was his teacher als Thema verkehrt jedoch diesen Sachverhalt. Die dritte grammatische Metapher ist nach Halliday die Pseudospaltsatzkonstruktion, die er als thematic equative pattern bezeichnet: (21)

What the duke did with that teapot was give it to my aunt. (Halliday, 1985:42)

Die Funktion der Pseudospaltsatzkonstruktion besteht nach Halliday zum ersten darin, mittels Nominalisierung ein Syntagma zum Subjekt und zum Thema der Äußerung zu erheben, zum zweiten darin, die Gleichheit dieses nominalisierten Satzelements mit dem Rhema auszudrücken, und schließlich drittens, die Ausschließlichkeit des in der Nominalisierung ausgedrückten Phänomens zu betonen (1985:43). Von diesen Funktionen ist lediglich die erste informationeller Natur. Wir können die beiden anderen daher vernachlässigen. Laut Halliday stellt in (21) die Nominalisierung what the duke did with that teapot das Thema dar. Warum er nicht parallel zu /f in (20) what als Thema bezeichnet, ist unklar. Auch hier kann Hallidays Definition des Themas als "Ausgangspunkt" angewendet werden, und intuitiv kann man unter Umständen dieser Bestimmung in bezug auf (20) zustimmen. Doch damit ist noch kein objektives Kriterium gefunden. Ein solches kann die Intonation darstellen, die zeigt, daß die Nominalisierung ein Hhz darstellt, also fur den Sprecher neue Information sein muß: (21a)

| What the düke did with that teapot /1 was give it to my äunt \ |

3.6 Das Zusammenspiel von Informationsstruktur und Thematisierung Nach Halliday gibt es lediglich eine tendenzielle, keine systematische Übereinstimmimg zwischen der Thematisierung und der Informationsstruktur: im Normalfall stelle das Thema gegebene und das Rhema neue Information dar. In Ausnahmefällen könne das Thema jedoch auch neue Information darstellen. Halliday bezeichnet die Thematisierung als eine sprecherorientierte Hervorhebung, die dem Hörer signalisiere, worüber der Sprecher spreche, während die Informationsstruktur eine Hörer-orientierte Hervorhebung sei, die dem Hörer signalisiere, auf was er zu achten habe (1985:278 u. 316). Diese Trennung ist rein akademisch, denn beide Größen, die Thematisierung und die Informationsstruktur, werden in der betreffenden Äußerung vom Sprecher bestimmt, und beide überlagern einander, denn die Syntax und die Intonation können zwar getrennt betrachtet werden, sind aber in der parole untrennbar miteinander verbunden.

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Halliday versucht die Entflechtung der beiden Dichotomien mit der dadurch fur den Sprecher entstehenden Möglichkeit, seine Mitteilung rhetorisch zu strukturieren (1985:279), an einem Beispiel zu demonstrieren: Within any given scenario, or set of contextual conditions, the speaker can exploit the potential that the situation defines, using thematic and information structure to produce an astonishing variety of rhetorical effects. He can play with the system, so to speak. A very frequent type of linguistic game-playing is the use of these two systems to achieve complex manoeuvres of putting the other down, making him feel guilty and the like. (Halliday, 1985:279)

Halliday zitiert ein Streitgespräch zweier Personen, das er in bezug auf die Verteilung von Thema bzw. Rhema und neu bzw. gegeben untersucht (1985:279f). Ich gebe dieses Beispiel zunächst mit den Hallidayschen Intonationszeichen wieder: (22)

Are you coming back into circulation? -1 didn't know I was out. - 1 haven't seen you for ages. (Halliday, 1985:279)

Ich greife als Beispiel fur Hallidays Methode seine Bewertung der Intonation und der Syntax der zweiten Äußerung heraus: Speaker 2 ['I didn't know I was out'] recognizes the attack and defends himself with mild irony; (i) Theme 'from my angle', with I didn't know as interpersonal metaphor for 'in my estimation' plus negative (...) (ii) Information: New = contrastive out (contrasting with back) and extending back over everything except perhaps the initial /; 'as I see it, I was not away, so you are wrong.'

Die Vagheit dieser Bestimmung spricht für sich. Woher weiß Halliday beispielsweise, daß es sich in der Antwort des zweiten Sprechers um "milde Ironie" handelt? Hallidays spekulative Bestimmungen fußen auf rein intuitiven Vermutungen, keinesfalls jedoch auf formalen, beweisbaren Kriterien! Dies wird besonders deutlich, wenn Halliday in diesem Zusammenhang zugibt, zwischen den Zeilen zu lesen: Note that because something is not phonologically prominent this does not mean it is not important to the message! (1985:280) Solche Aussagen sind Gemeinplätze, keinesfalls jedoch objektive formale Bestimmungen der informationellen Funktion von Satzelementen, die auf andere Kommunikationssituationen übertragbar wären. Doch was kann man formal über die informationelle Struktur dieses Beispiels sagen? Ich überführe Hallidays Beispiel zunächst in mein Intonationssystem, wobei ich sowohl die fehlende Umschreibung der Betonung als auch ich die für (22c) angenommene steigend-fallende Tonhöhenbewegung durch eine fallende ersetze. Fernerhin weise ich jeder Äußerung eine eigene Zahl und den beiden Sprechern die Kennungen A bzw. B zu, um sie später im einzelnen besprechen zu können. Schließlich stellt meines Erachtens in (23a) circulation, in (25a) ages das Hhz dar: (23a) (24a) (25a)

| A: Are you coming back into circulation /1 I B: I didn't know I was out \ | | A: I haven't seen you for ages \ |

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Die Umschreibung Hallidays von (23 a) legt ein Intonationszentrum auf back, was informationell gesehen falsch ist und als eine Hervorhebung von circulation verstanden wird. Dies schließt allerdings nicht aus, daß back stark betont ist. Das Rhema von (23a) ist die Rückkehr des Sprechers B. Die steigende Tonhöhe hat die Funktion, die Verbindlichkeit der Mitteilung auszudrücken. In (24a) weist Sprecher B die Annahme des Sprechers A zurück, indem er out zum Rhema seiner Äußerung erhebt. Out bleibt für Sprecher A wichtige Information, d.h. es ist durch die Vorerwähnung nicht zur bekannten, unwichtigen Information geworden. Der Fallton drückt die Unverbindlichkeit des Sprechers B aus. In (25a) schließlich liefert Sprecher A den Grund fur seine in (23a) implizierte These des vorherigen Verschwindens von B nach: Er habe Sprecher B seit langem nicht mehr gesehen. Die Hallidaysche Notation stellt seen als Hhz dar. Dies ist vermutlich eine emphatische Intonation von (25a). Die Intonation (25a) hat den Vorteil, eine kontrastive Lesart, die in (25a) möglich ist, auszuschalten. Außerdem stellt die im Zeitadverbial enthaltene Information einen wichtigen Teil der Äußerung dar. Die Intonation (22a) ist jedoch nicht falsch, denn Zeitadverbials am Äußerungsende sind oft unbetont. Unabhängig davon, ob der Sprecher (25a) oder (25b) wählt, gilt, daß mit (25) eine Begründung der in (23a) aufgestellten These eintritt bzw. die These modifiziert wird.

3.7 Zusammenfassende Beurteilung In der vorausgehenden Darstellung der informationellen Struktur bei Halliday bzw. deren kritischer Beleuchtung sind verschiedene Abweichungen zu dem Modell der FSP deutlich geworden. Hallidays Modell vereint sowohl begrüßenswerte Neuerungen als auch abzulehnende Verschlechterungen. Diese Abweichungen bestehen nicht nur in den Definitionen von Begriffen, sondern auch in vollkommen unterschiedlichen Methoden. Der Ansatz Hallidays unterscheidet sich wesentlich vom Prager Modell der FSP durch die von Halliday vorgenommene Entflechtung der Dichotomien Basis der Äußerung (Thema) vs Entwicklung der Basis der Äußerung (Rhema) und gegebener Information vs neuer Information. Waren bereits die vagen inhaltlichen Definitionen von Thema und Rhema mittels der CD im Modell der Prager Schule zu bemängeln, weil sie nicht nachvollziehbar sind, ist die Hallidaysche Trennimg der Dichotomien erst recht nicht haltbar, denn damit entzieht Halliday seinen Begriffen Thema und Rhema jede objektive Grundlage und reduziert sie zur Unbrauchbarkeit. Daher ist in diesem Punkt das Hallidaysche Modell keinesfalls besser als die bisher besprochenen Modelle dazu geeignet, die informationelle Struktur adäquat zu beschreiben. Was das Verständnis des Hallidayschen Modells erschwert, und sein Modell wissenschaftlich unhaltbar macht, ist die Vagheit seiner Definitionen: Kategorien werden nicht nach formalen Merkmalen, sondern bestenfalls nach apriorischen logischen Unterscheidungen, bisweilen offensichtlich auch nach vagen impressionistischen Urteilen

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bestimmt. Trotz dieser klar zutage tretenden Mängel stellte der Hallidaysche Ansatz dank seiner Einbeziehung der Intonation in der Untersuchung der Tonstrecke eine punktuelle Verbesserung der Modelle der informationellen Struktur dar, was die Tatsache rechtfertigt, daß sein Modell vor allem von den Angehörigen der britischen Schule eifrig rezipiert wurde. Halliday hat bei der Beurteilung des Zusammenhangs zwischen der Intonation und der informationellen Struktur die Richtung gewiesen, jedoch bei weitem keine akzeptable Darstellung der Verhältnisse geleistet. In vielen Punkten verkennt Halliday die Zusammenhänge zwischen Intonation und Verteilung von Thema und Rhema. Zudem begeht er den unverzeihlichen Fehler, Linguistisches und Paralinguistisches nicht streng getrennt zu halten. Diese Mängel mindern den Wert des Hallidayschen Modells erheblich.

4. Das Modell der informationellen Struktur in der Comprehensive Grammar of the English Language (CGEL)

Das Modell der CGEL wird als Modell des Information processing bezeichnet. Es ist im wesentlichen zwei Modellen bzw. Schulen verpflichtet: dem FSP-Modell der Prager Schule und dem Modell Hallidays. Von letzterem übernehmen Quirle et al. 1985 die Methode und den Gegenstand, insofern als sie die informationelle Struktur von Äußerungen mittels der Intonation untersuchen. Die Bedeutung, die die Intonation in den Grammatiken der britischen Schule einnimmt, rührt aus deren Ablehnung des Binormismus (s. 0.3). Dies gilt auch für die CGEL, die Sprache primär als gesprochene Sprache versteht. Geschriebene Sprache stellt ihrer Auffassung nach lediglich die Repräsentation der gesprochenen dar. Für geschriebene und gesprochene Sprache werden deshalb die gleichen prosodischen Markierungen postuliert (s. auch §19.25).

Von Halliday übernehmen Quirk et al. 1985 auch die bereits oben kritisierte Trennung von gegebener vs neuer Information und Thema vs Rhema (s. 3.3). Die Bezeichnung Rhema ersetzen sie allerdings durch die in der gTG übliche Bezeichnung Fokus. 4.1 Das Verständnis der CGEL von der informationellen Struktur Grundsätzlich gehen die Autoren der CGEL davon aus, daß der Sprecher seine Mitteilung so strukturiere, daß der Hörer das Rhema oder die Sinnspitze (highpoint of the message, §18.1) als solche erkenne. Als entscheidende Strukturprinzipien sehen sie dabei einerseits die Intonation, genauer gesagt die Hervorhebung, und andererseits die Syntax an. Die Einteilung suggeriert jedoch, daß es neben diesen beiden Strukturprinzipien noch weitere gebe. Das Kapitel 18 wird nämlich in in sechs Abschnitte aufgeteilt: die prosodischen bzw. grammatischen Aspekte (§§18.2-19 bzw. §§18.20-30), die Postposition (§§18.31-43), die existentielle Konstruktion (§§18.44-54), die emotionelle Emphase (§§18.55-57) und die Verstärkung (§§18.58-59). Die Postposition und die existentielle Konstruktion sind jedoch wie der Spalt- und der Pseudospaltsatz, die innerhalb des Abschnitts "Grammatische Aspekte" abgehandelt werden, grammatische, genauer gesagt, syntaktische Phänomene. Quirk et al. wehren zwar durch die Wahl von aspects als Überschrift für bestimmte grammatische Variationen von vornherein jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit ab, dies verhindert jedoch nicht den Eindruck, daß es sich um eine assoziative Reihung verschiedener Phänooene handelt.

Ich konzentriere mich im folgenden auf das CGEL-Modell der Intonation, das an etlichen Stellen mit dem Hallidayschen Modell vergleichbar ist. Eine Betrachtung des in der CGEL dargestellten Modells des Zusammenhangs zwischen Syntax und informationeller Struktur wird in Kapitel 5 integriert werden, in dem ich mich ausfuhrlich mit syntaktisch markierten Konstruktionen beschäftigen werde.

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4.2 Die Intonation als informationelles Strukturprinzip Halliday versteht die Intonation als Mittel zur Bestimmung von neuer und gegebener Information in der Äußerung. Quirk et al. 1985 gehen noch einen Schritt weiter und setzen die Intonation als Mittel zur Bestimmung der Sinnspitze, also des Rhemas ein. Zwar konstatiert auch Halliday einen häufigen Zusammenfall von Hhz und Rhema, dieser ist für ihn jedoch eher zufallig. In der CGEL wird dieser Zusammenfall jedoch als bestimmender Faktor (§18.1) gewertet. Daher ist es vonnöten, das Intonationsmodell der CGEL näher zu betrachten. 4.2.1 Die Tonhöhe als Träger der Hervorhebung Die suprasegmentalen Phänomene werden - neben ihrer Darstellung in Kapitel 18 ausfuhrlich im Anhang II der CGEL unter der Überschrift "Stress, rhythm and intonation" behandelt, in dem vor allem die phonetischen Aspekte der Intonation beleuchtet werden. In der Tradition der britischen Phonetik stellen die Autoren der CGEL unter Intonation lediglich die Veränderung der Tonhöhe dar ("fVe speak of INTONATION when we associate relative prominence with PITCH..." CGEL II. 1). Die Hervorhebung werde durch Veränderungen der Tonhöhe erzeugt; sie wird dementsprechend als pitch prominence bezeichnet (11.11). Die Betonung wird zwar in Form von Akzenten beschrieben, solche Angaben sind jedoch rein phonetischer Natur, denn der Betonung wird - abgesehen von der Bestimmung des als Nukleus bezeichneten Hervorhebungszentrums (Hhz) - keine phonematische Funktion zugestanden. Rein phonetisch ist ebenfalls der onset1, die erste betonte Silbe der Tonstrecke, zu verstehen. Phonetische Umschreibungen sind notwendig, da sie die Grundlage einer Beschreibimg der informationellen Funktion der Intonation sind. Sie ersetzen letztere jedoch nicht. 4.2.2 Tonhöhenveränderungen und ihre Funktionen Bei der Darstellung der Intonation verwenden Quirk et al. 1985 weitgehend das Modell der britischen Schule, das auch Halliday zugrunde legte. Die Kennzeichnimg des Hhz wie in (la) mittels Kapitälchen und eines Akzentes ist redundant: (la) 1

She will decide next WEEK | (CGEL §18.4)

Der onset ist als erste hervorgehobene Silbe der Tonstrecke definiert (CGEL II. 11). Welcher Art die Hervorhebung ist, ob sie durch die Betonung oder durch eine Tonhöhenbewegung entsteht, ist nicht klar. Die Frage nach der linguistischen Relevanz dieses Phänomens wird erst gar nicht gestellt. Wenn wir dieses Versäumnis der CGEL nachholen, ist ein Blick auf die Geschichte dieses Begriffs unter Umständen hilfreich. Die Bezeichnung onset stammt ursprünglich aus der artikulatorischen Phonetik und wurde für die Bewegung der Sprechorgane vor oder unmittelbar beim Beginn der Artikulation eines Lautes angewendet. Das Supplement zum OED nennt als frühesten Beleg Bloomfield 1933 in Language, der im Zusammenhang mit seinem suprasegmentalen Phonem juncture mit onset die nach der Junktur einsetzende relative Lautstärke bezeichnet. Die Geschichte des Begriffs zeigt, daß es sich ursprünglich um ein rein phonetisches Phänomen handelte.

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Der Akzent über der in Kapitälchen wiedergegebenen Silbe gibt an, um welche Art von Tonhöhenbewegung es sich handelt. Wie Halliday unterscheiden sie insgesamt sieben Fälle, drei einfache und vier komplexe. Die einzige Abweichung zu Hallidays Notation besteht in der Bezeichnung der zusammengesetzten Töne, die bei Halliday als fallend-plus-gleichbleibend bzw. steigend-fallend-plus-gleichbleibend bezeichnet werden. Die in der CGEL verwendete Notation der Intonation wird soweit möglich in mein in 0.4 vorgeführtes Notationssystem überfuhrt. Meine Unterscheidung mittels Kleinbuchstaben verweist auf den Umstand, daß es sich nur um eine von mehreren möglichen Intonationsvarianten handelt. Der onset der CGEL wird als starke Betonung gedeutet, die Wortakzente der CGEL werden in starke und schwache Betonungen überfuhrt.

4.2.2.1 Die linguistische Relevanz von Steig- und Fallton Es besteht prinzipiell Übereinstimmung zwischen dem von mir in 0.4 skizzierten Intonationsmodell und dem Modell der CGEL bezüglich der Funktionen von Fall- und Steigton. Mit dem Fallton wird in der CGEL der Ausdruck von Abgeschlossenheit (11.12) verbunden, mit dem Steigton den der Unabgeschlossenheit oder den Ausdruck von Höflichkeit. Diese Bestimmung greift in den meisten Fällen, jedoch nicht in allen. Typischerweise trägt die wh-Frage einen Fallton, eine Frage mit Abgeschlossenheit zu verbinden, ist jedoch unlogisch, weshalb ich die Funktion dieses Tons als Unverbindlichkeit bezeichne. Die beiden Bestimmungen des Steigtons, Höflichkeit und Unabgeschlossenheit, fasse ich in Verbindlichkeit zusammenfassen. 4.2.2.2 Der Flachton - ein linguistisch relevanter Fall? Neben dem Fall- und dem Steigton nehmen Quirk et al. 1985 als einen weiteren einfachen Ton den Flachton an. Er stelle eine Variante des Steigtons dar (11.14). Seine Funktionsbestimmung als Indiz für die Vorhersagbarkeit des auf ihn Folgenden ist jedoch rein paralinguistischer Natur. Bezeichnenderweise wird der Flachton in der CGEL in der Beschreibung der Beispiele nur ein einziges Mal benutzt, und zwar bei der einführenden Darstellung der möglichen Tonhöhenbewegungen, bei der jeder Typ mit einem Beispiel illustriert wird. Das entsprechende Beispiel für den Flachton ist das folgende: (2a)

He DRÄNK | HE STÖLE | he was soon desPISED | (CGEL 11.14)

Die angebliche Funktion der Vorhersagbarkeit wird eindeutig aus dem lexikalischen Gehalt dieses Beispiels abgeleitet. Von (2a) abgesehen, findet sich kein weiteres Beispiel für die Verwendung eines Flachtons. Bei der Darstellung von textlinguistischen Mitteln der Kohäsion wird in der CGEL ein Beispiel angeführt, das die gleiche syntaktische Struktur wie (2a) hat:

(3 a)

I CAME 11 SAW 11 CÖNquered | (CGEL §19.8)

86 Die semantisch-syntaktische Struktur läßt ebenfalls die Intonation der ersten beiden Klauseln mit Flachton vermuten. Diese Vermutung wird jedoch nicht bestätigt; vielmehr wird in der CGEL eigens darauf verwiesen, daß die gesprochene Realisation der ersten beiden Klauseln mittels des steigenden Tons deren Abhängigkeit vom Fallton-Hhz der dritten Klausel anzeige (CGEL §19.8). Der Grund, warum in (3a) im Gegensatz zu (2a) nicht der Flachton der Vorhersagbarkeit auftritt, wird nicht genannt. Offensichtlich sind sich Quirk et al. ihrer Inkonsequenz nicht bewußt.

Der Flachton ist zwar phonetisch real, hat aber keine eigene Funktion, sondern tritt als Variante des Steigtons auf. Phonematisch besteht für (2a) kein Unterschied zu einer Intonation mit Steigton. Ich interpretiere (2a) somit entweder als (2'a) oder als (Tb), je nachdem ob expressiv drei Tonstrecken mit entsprechenden Rhemata oder nicht-expressiv eine einzige Tonstrecke mit einem einzigen Rhema gewählt wird: (2'a) (2'b)

| He drank /1 he stöle /1 he was soon despised \ | | He dränk, he stöle, he was soon despised \ |

4.2.2.3 Die komplexen Tonhöhenbewegungen 4.2.2.3.1 Fallend-steigend und steigend-fallend Wie Halliday gehen die Autoren der CGEL von vier komplexen Tönen aus: fallendsteigend, steigend-fallend, Steigung-plus-Fall und Fall-plus-Steigung. Diese Töne sind ihrer Auffassung nach phonetisch und phonologisch verschieden von den einfachen Tonhöhenbewegungen. Die phonologische Verschiedenheit wird jedoch wie im Hallidayschen Modell lediglich mit Paralinguistischem begründet. Die Unhaltbarkeit eines solchen Vorgehens soll anhand eines Beispiels vorgeführt werden (s. auch 3.3.2): Der fallend-steigende Ton drücke Zweifel bezüglich des Eintretens einer Bedingung (II. 14) aus, in (4a) somit Zweifel, ob die betreffende Person tatsächlich komme: (4a)

I'll see her if she COMES |

Diese 'Funktion' der Tonhöhenbewegung ist eindeutig aus dem lexikalischen Gehalt des illustrierenden Beispiels abgeleitet. Daß es sich um keinen phonematischen Typ handelt, wird spätestens an dem sich unmittelbar anschließenden Beispiel (5a) deutlich, in dem das Adverbial diesen Ton trägt. Bezeichnenderweise wird bei (5a) nicht auf die Funktion des Zweifels hingewiesen. Statt dessen konstatiert man lapidar, daß ein am Äußerungsanfang stehendes Adverbial typischerweise diese Tonhöhenbewegung trage: (5a)

FDvially | we decided not to GO | (CGEL 11.14)

Linguistische Funktionen müssen jedoch unabhängig von Einzelbeispielen sein. Die vorgefundene Inkonsequenz der scheinbaren Funktion widerlegt den angeblichen phonematischen Charakter des fallend-steigenden Tons. Es handelt sich lediglich um eine Variante des Steigtons, die offensichtlich in Fällen besonderer Expressivität auftritt. Es

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besteht jedoch kein Bedeutungskontrast zwischen (4a) und (5a) einerseits und (4'a) und (5'a) mit Steigtönen andererseits: (4'a) (5'a)

11*11 sée her if she cómes /1 | Finally /1 we decided not to gó \ |

In §19.27 kommen Quirk et al. nochmals auf den Unterschied zwischen einem Satzadverbial in Anfangsstellung mit Steigton (6a) und einem mit fallend-steigendem Ton (6b) zurück: (6a) (6b)

s

On the WHOLE | my childhood was a happy one. On the WHÖLE j my childhood was a happy one.

(6a) sei ein "confident statement", (6b) sei dagegen "hedged with some doubt". Solche Aussagen ergeben keinen Bedeutungskontrast. Die einzig mögliche Aussage zum Unterschied zwischen (6a) und (6b) ist, daß der fallend-steigende Ton in (6b) expressiver als der steigende Ton in (6a). Ähnlich dem fallend-steigenden Ton liegt der Fall des steigend-fallenden Tons, den die Autoren der CGEL als "rather emotive variant of the falling tone" (11.14) bezeichnen. Es werden wiederum lediglich paralinguistische Bedeutungen wie Wärme, Überraschung oder Schock (11.14) angeführt: (7a)

He's a complete FÒOL | (CGEL 11.14)

Auch dieser Ton ist lediglich als expressive Variante des phonematischen Falltons zu werten, wie ein Vergleich zwischen (7a) und einem (7'a) belegt: (7'a)

| He's a complète fóol \ |

Über unterschiedliche Ausdrucksstärken von (7a) und (7'a) kann keine linguistische Aussage getroffen werden. Beide komplexe Tonhöhenbewegungen steigend-fallend und fallend-steigend sind somit expressive Varianten der entsprechenden einfachen Töne Fallton und Steigton. Sie tragen die gleiche Bedeutung wie letztere, d.h. der steigend-fallende Ton drückt die Unverbindlichkeit aus, der fallend-steigende Ton die Verbindlichkeit. Beide tragen zusätzlich paralinguistische Bedeutungen. 4.2.2.3.2 Fall-plus-Steigung und Steigung-plus-Fall Die Annahme der Töne Fall-plus-Steigung bzw. Steigung-plus-Fall setzt die Existenz zweier Hhzz in einer einzigen Tonstrecke voraus. Die Autoren der CGEL bezeichnen dies als dividedfocus (§ 18.17). Diese Annahme zweier möglicher Hhzz in einer einzigen Tonstrecke verbindet Quirk et al. 1985 mit den meisten britischen Phonetikern, allen voran Gimson und Halliday, unterscheidet sie jedoch von den amerikanischen Phonologen, die stets nur von einer einzigen relevanten Tonhöhenbewegung pro Tonstrecke ausgehen. Letzterer Auffassung habe ich mich in Kapitel 1 angeschlossen.

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Es ist fraglich, ob in einer einzigen Tonstrecke zwei Silben phonetisch und phonomatisch gleich stark hervorgehoben sein können. Sicher sind solche komplexe Tonhöhenbewegungen phonetisch real, so kann z.B. bei zwei aufeinanderfolgenden Tonstrecken mit Fallton-Hhz auf dem Material nach dem Hhz der ersten Tonstrecke wieder ein Anstieg der Tonhöhe eintreten, ohne daß deshalb jedoch ein zweites Hhz entsteht. Eine solche komplexe Tonhöhenbewegung ist jedoch rein phonetischer, nicht phonologischer Natur. Dieser phonetisch bedingte Anstieg der Tonhöhe nach einem Fallton-Hhz liegt meines Erachtens beim Typ Fall-plus-Steigung vor. Zunächst betrachte ich die Argumentation in der CGEL genauer: Beide durch die Tonhöhenbewegung gekennzeichneten Elemente werden als Nuklei bezeichnet. Die Tonhöhenbewegungen können offensichtlich nie gleicher Art sein. Im Corpus of English Comersation (CEC) treten solche Kombinationen von zwei gleichen Tonhöhenbewegungen nur innerhalb von Tonstrecken mit untergeordneten Tonstrecken auf. Gleiche Tonhöhenbewegungen in einer einzigen Tonstrecke nimmt dagegen Gimson in Fällen von multi-nuclear patterns des Typs We \never \thoughthe \hada \chance (1989:285) an.

Steigton-Hhz und Fallton-Hhz werden hierarchisch angeordnet (auch Halliday wies bezeichnenderweise dem Steigton-Hhz "partial prominence" zu). Dieses hierarchische Verhältnis wird durch den Hinweis auf phonetische Unterschiede motiviert: Der Steigton habe verglichen mit dem Fallton ein kleineres Tonhöhenintervall. Dieses hierarchische Verhältnis bedeutet, daß letztlich doch nur ein einziges Hhz pro Tonstrecke vorhanden ist. Dieses Faktum wird allerdings in der Notation der CGEL verschleiert. Ich betrachte dazu den Typ Steigung-plus-Fall 2 : (8a)

(I bet you enjoyed yourself in Spain in 1980) In nineteen EIGHTy I went to FRANCE | (CGEL §18.17)

Das den Steigton tragende Element stelle kontextuell gegebenes Material dar. Der Steigton solle auf den Fallton vorbereiten (§18.17, s. auch §18.29, in dem von anticipatory focus und main focus die Rede ist). Ich umschreibe (8a) als (8'a) bzw. (81)): (8'a) (8TJ)

| In nineteen eighty /11 went to France \ | | In nineteen eighty I went to France \ |

(8'a) stellt die Realisation von (8a) in zwei Tonstrecken dar, die bei expressivem Sprechen wie etwa bei Emphase oder impliziten Kontrast wahrscheinlich ist. Geht man von einer einzigen Tonstrecke aus, ist nur eine einzige linguistisch signifikante Tonhöhenbewegung möglich, die in (8a) France hervorhebt. Die Tonhöhenbewegung Steigungplus-Fall ist folglich eine Variante des Falltons mit vorausgehender starker Betonung. Diese Deutung als starke Betonung negiert nicht das Vorkommen einer Tonhöhenver2

Gemäß den Frequenzuntersuchungen der CGEL aus dem Survey of English Usage handelt es sich bei Steigung-plus-Fall mit 1,7% um einen sehr seltenen Fall der Tonhöhenbewegung (II. 15). Er werde in der Regel in Kontrastfällen angewendet.

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änderung, denn auch Tonhöhenveränderungen sind entscheidend an der Betonung beteiligt. Ähnlich verhält es sich mit Fall-plus-Steigung, die Quirk et al. 1985 mit dem folgenden Beispiel illustrieren: (9a)

It's his WIFE that I don't LIKE | (CGEL 11.15)

Bei (9a) handelt es sich um eine Spaltsatzkonstruktion, bei der auf das Komplement der ersten Klausel und auf das letzte lexikalische Element der zweiten Klausel eine Tonhöhenbewegung falle.3 Laut Quirk et al. 1985 ist dieser Intonationsverlauf, der in mehreren Beispielen auftritt, relativ häufig. Die Intonation (9'a) stellt einen Fall dar, den ich als intonatorischen Anakoluth (s. 6.4.2) bezeichne: Der Sprecher beginnt mit einem Fallton-Hhz wie in (91)) und hängt als eine Art gedanklichen Nachsatz eine weitere Information an. (9'a) kann daher als Kontamination aus (9"b) und (9'c) verstanden werden:

(9'c)

It's his wife \ that I don't like /1 It's his wife \ that I don't like | ? | It's his wife that I don't like /1

Das Intonationsmuster, das in (9'c) auftritt, ist typisch für restriktive Relativklauseln. In Spaltsätzen kommt es normalerweise nicht vor bzw. die diskursive Funktion der Richtigistellung voraus.

Die Autoren der CGEL weisen dem geteilten Fokus zusätzlich zur linguistischen Funktion der Hervorhebung auch eine paralinguistische Bedeutung zu. Diese bestehe darin, Signale bezüglich der Einstellung des Sprechers zum Gesagten zu setzen (§18.17). Diese beiden grundsätzlich verschiedenen Funktionen werden wie schon bei Halliday nicht sauber getrennt. Offensichlich sind sich Quirk et al. 1985 des Synkretismus intonatorischer Phänomene als Vehikel von Linguistischem und Paralinguistischem nicht bewußt. Als Exemplifizierung dieses paralinguistischen Signals wird der Typ (10b) angeführt, der mit (10a) verglichen wird: (10a) (1 Ob)

He is fairly CLEVer | He is FAlRly CLfeVer | (CGEL §18.17)

In (10a) nehme der Sprecher eine neutrale Position gegenüber dem Gesagten ein, bei der die Aussage fairly clever in diesem Kontext neu sei und die Sinnspitze darstelle. (Diese Intonation ist relativ unproblematisch.) Anders hege der Fall dagegen bei (10b), bei dem clever bereits aus dem Kontext bekannt sei und die wichtige Information in fairly enthalten sei. Daß clever in (10b) ein Steigton-Hhz sei, bedeute, daß dessen Be3

Standop 1989:13 geht bei einem Spaltsatz des Typs It was John who bought the car von mehreren möglichen Hhzz aus. Neben einer Intonation mit John als Hhz laßt er z.B. auch eine Variante mit car als Hhz zu: It was John who bought the cär 1 (not the typewriter), was meinem Fall (9'c) entspricht. Ich sehe ihn allerdings als Sonderfall der Intonation an, den ich als Berichtigung bezeichne (s. 6.3.2.3)

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deutung in Frage gestellt werde. Die Sprecherhaltung sei folglich "grudging and disparaging". Diese paralinguistische Interpretation des intonatorischen Befunds klingt zwar interessant, ist jedoch nicht objektiv beweisbar. Was mit (10b) umschrieben werden soll, ist wahrscheinlich folgender Fall, bei dem ich zur besseren Verständlichkeit einen passenden Kontext ergänze: (10"b)

| He is fairly clever \ | (but far from brilliant \ |)

4.2.3 Die Position des Hervorhebungszentrums (Hhz) Laut Quirk et al. 1985 steht das Hhz in der Regel am Ende der Tonstrecke. Dieses Prinzip bezeichnen sie als Endfokus. Endfokus entfalle in der Regel nur auf Elemente offener Klassen. Elemente geschlossener Klassen können laut Quirk et al. 1985 nur dann das Hhz darstellen, wenn die Fokussierung von Nominalfügungen zu einer nicht beabsichtigen kontrastiven Lesart fuhrt. Dieser Fall ist von besonderem Interesse. So sei in (1 la) eine kontrastive Lesart des Typs brother vs sister möglich. In (1 lb) werden diese durch die Hervorhebung der Präposition ausgeschaltet: (IIa) What firm is your BROTHER with | (lib) What firm is your brother WITH | (CGEL §18.14) Den Intonationen (1 la) und (1 lb) entsprechen in meinem Modell die Varianten (1 l'a) bzw. (111)). Daneben ist aber auch die Intonationsvariante (ll'c) möglich: 1 l'a) llV) (1 l'c)

What firm is your brother \ with What firm is your brother with \ | What firm \ is your brother with

In (ll'c) ist eine kontrastive Lesart fur brother ausgeschlossen, allerdings kann brother in (ll'c) nur relativ unwichtige Information, d.h. thematisch sein. Ist brother dagegen neue Information, werden vermutlich die Intonationen (1 l'a) oder (1 IT)) gewählt. Eine kontrastive Lesart ist in (1 l'a) möglich. Die Notation der CGEL bringt allerdings nicht zum Ausdruck, daß sich eine kontrastive Lesart meist auch phonetisch von einer einfachen Hervorhebung unterscheidet. Geht man von einer linguistischen Funktion der Intonation aus, so liegt die Berechtigung von (IIb) nicht in der Ausschaltung dieser Lesart, sondern eher im Informationswert der einzelnen Elemente. In (IIb) ist alle Information mit Ausnahme von to be with schon bekannt und relativ unwichtig. Dies ist der eigentliche Grund für die Intonation (1 lb). Die von der CGEL angeführte diskursive Funktion des Ausschluß des Kontrasts ist lediglich eine Begleiterscheinung. Auf diese Intonation, die Ladd 1978 als default accent bezeichnet, werde ich in 6.3.2 noch näher eingehen.

91

4.2.4 Markierter oder unmarkierter Fokus Laut Quirk et al. 1985 stellt der sog. Endfokus den unmarkierten Fall dar, markiert ist dementsprechend jede andere Position des Hhz. (§18.12). Die klassische Verwendung von markiertem Fokus sei der Korrektur- oder Kontrastfall. Der Korrekturfall entspricht Bolingers Second-instance (1952:1123), wobei es sich um die Richtigstellung einer falsch verstandenen Äußerung handelt (s. 6.3.3.3). Den Kontrastfall stelle z.B. (12a) dar, in dem living room mit dem von mir ergänzten bathroom kontrastiert. In der CGEL wird die folgende Intonation angenommen: (12a)

(I am painting my bathroom blue) 11 am painting my living \ room blùe | (CGEL §18.12)

Es besteht jedoch sehr häufig ein phonetischer Unterschied zwischen dem KontrastHhz und der einfachen Hervorhebung, was die verwendete Notation nicht ausdrückt. Die kontrastive Lesart geht in der Regel mit einem Tonhöhengipfel und einem signifikant großen Tonhöhenintervall des kontrastierenden Elements einher. Ich werde mich in 6.3.3.1 noch näher mit diesem Fall beschäftigen. 4.2.5 Scheinbar widersprüchliche Intonationsfälle Die Autoren der CGEL diskutieren mehrere Fälle, in denen die Intonation als Kriterium der informationellen Struktur versage, da das Hhz nicht auf die semantisch bestimmte Sinnspitze falle. Es handelt sich dabei u.a. um das folgende Beispiel: (13a)

| The Président \ has died | (CGEL §18.13)

Ich gehe davon aus, daß diese Umschreibung die realen phonetischen Verhältnisse wiedergibt. Die Richtigkeit der Umschreibung scheint verbürgt angesichts des Umstands, daß in (13a) und in den benachbarten Beispielen ein gleichbleibendes Intonationsmuster vorzuliegen scheint. Dieses Muster wird folgendermaßen beschrieben: Es liege eine Verbindung von Subjekt und Verb vor, das Subjekt drücke eine bekannte Person oder eine allgemein bekannte Entität aus und das Verb eine sehr allgemeine Handlung, wie z.B. Erscheinen bzw. Verschwinden oder ein Ableben bzw. sonstiges Unglück allgemeiner Art (§ 18.13). Diese Erklärung nennt verschiedene Gesichtspunkte, deren Zusammenhang nicht augenscheinlich ist. Ich betrachte deshalb die angeführten Beispiele im einzelnen: Ein Beispiel der Verbindung eines Subjekts mit einem Verb des Erscheinens ist (14): (14)

John has arrived.

Für diesen Typ stellte Firbas die Regel auf, daß das Subjekt das Rhema sei. (14) wird in der Tat sehr häufig mit einem Hhz John realisiert, das heißt jedoch nicht, daß diese

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Intonation syntaktisch vorgeschrieben ist. Der Kontext oder, die informationelle Absicht des Sprechers ermöglicht durchaus auch die Funktion des Verbs als Hhz: (14a) (14b)

| John \ has arrived | John has arrived \

Wodurch unterscheiden sich die beiden Varianten (14a) und (14b)? Die Variante (14a) handelt davon, daß eine bestimmte Person gekommen ist. Die Intonation (14b) dagegen handelt davon, was diese Person getan hat, nämlich davon, daß er angekommen ist. Welche Intonation gewählt wird, hängt u.a. davon ab, ob John schon in den Kontext eingeführt wurde. Ist es die erste Nennung von John, dann ist (14a) die wahrscheinlichste Intonation, da John mehr Neuigkeitswert hat als das Verb. Im Fall von (14b) dagegen, ist John entweder schon explizit eingeführt, oder für den Sprecher ist sein Kommen bereits bekannt, d.h. er erwartet ihn. Wichtig ist in diesen Fällen lediglich das Ankommen an sich bzw. der Zeitpunkt des Ankommens. Bei der Hervorhebung des Subjekt von (14) ist somit nicht entscheidend, daß es sich um "an entity or activity that has great generality or whose existence is well known" handelt, entscheidend ist lediglich der Informationsweit dieses Elements in der Ansicht des Sprechers. Der zweiten Aspekt der Definition, die Verben, die "demise or other misfortune" (ibid.) ausdrücken, wird durch die Beispiele (13a) und (15a-17a) vertreten:

aiö (16a)

The Président \ has died | My côat \ is torn | The bâby \ is crying | 13, 15-16 CGEL §18.13)

Ich bestreite nicht, das die in der CGEL postulierten Intonationen (13a) bzw. (15a-16a) möglich sind. Ich bestreite jedoch, daß andere Intonationen grundsätzlich ausgeschlossen sind. Möglich sind auch (13b) bzw. (15b-16b). Die (a)- und (b)-Varianten sind nicht synonym. Der Unterschied kann zum einen in nicht-linguistischen Funktionen der Intonation begründet sein, zum anderen aber auch in unterschiedlichen informationellen Strukturen:

m (16b)

The Président has died \ | My cöat is törn \ | The bâby is crying \ |

Geht man davon aus, daß die Intonation in diesem Fällen informationelle Funktionen hat, stellt man fest, daß die Wahl des Hhz vom Kontext und vom Sprecher abhängt. Welche Kriterien den Sprecher bei der Wahl der Sinnspitze beeinflussen, werde ich am Beispiel (13a) illustrieren. Ich ersetze in (13a) the president durch Johnson bzw. Truman. Die daraus resultierenden Fälle (13'a) und (13*b) sind authentische Äußerungen (s. Schmerling 1976): (13'a) (13-b)

Johnson \ died | Trüman died \ I

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Für die Intonation (13'a) gilt folgender Kontext: Johnson war in relativ guter Verfassung, als er plötzlich einen Herzinfarkt erlag. Für (131)) gilt, daß Truman seit längerer Zeit krank war; wegen einer Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustandes war er ins Krankenhaus gebracht worden, wo er verstarb. Die Intonationen sind auf dem Hintergrund des Kontexts einleuchtend. Intonatorisch sind in (13a) jeweils mindestens zwei Varianten möglich. Die Semantik liefert keinen Hinweis auf den Vorrang einer dieser Varianten, lediglich der Kontext entscheidet. Das Problem der CGEL besteht darin, daß sie einen auf der Basis logischer Überlegungen basierenden Fokus annimmt. Diesen Fokusbegriff verwendet bereits die Modelle der FSP und der generativen Grammatik, die ebenfalls von einem a priori existierenden Fokus bzw. Rhema ausgehen (s. 1.1.2.2(2)). Wenn man die Termini der Glossematik verwenden, könnte man sagen, daß der untersuchten Substanz vorgeworfen wird, sie drücke die Form nicht aus! Diese Vorgehensweise ist unsinnig. Denn eine angemessene Beschreibung von Sprache kann immer nur von der Substanz ausgehen, und überprüfbare Hypothesen zu Formen aufstellen. Die Substanz ist die intonatorische und syntaktische Realisation, der in der möglichen Gleichsetzung von Hhz und Rhema eine angemessene Form gegeben wird. 4.2.6 Der Begriff Marked Theme Die Autoren der CGEL bestimmen das Thema im Stil von Halliday als das erste Element der Äußerung. Es wird zwar in der Definition darauf verwiesen, daß das Thema die unbetonte Information sei, die Intonation ist jedoch nur ein zweitrangiges Kriterium. Diese Bindung des Themas an den Äußerungsanfang ist unsinnig, worauf bereits in der Besprechung des Hallidayschen Modells eingegangen wurde (s. 4.4.1). Die Unsinnigkeit dieses Vorgehens tritt besonders kraß zu Tage, wenn nach Zusammenhängen zwischen Satztypen und unmarkierten Themen gesucht wird und sogar Elemente, deren Stellung am Anfang der Äußerung grammatikalisiert ist, als markierte Themen bezeichnet werden wie etwa yet in (17): (17)

Yet she studied the instructions. (CGEL §18.10)

Versteht man das Thema automatisch als erstes Element, sind Fälle möglich, in denen das Hhz mit dem Thema zusammenfällt, bzw. in denen Thema und Rhema in einem einzigen Element zusammenfallen. Diese widerspricht jedoch den inhaltlichen Bestimmungen von Thema und Rhema als "Ausgangspunkt" {point of initiation) bzw. Endpunkt einer Äußerung {point of completion): (18)

(Who gave you that magazine?) | Bill \ gäve it to me | (CGEL §18.19)

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4.2.7 Bilanz der prosodischen Mittel der Hervorhebung Das in der CGEL präsentierte Modell der informationellen Struktur stellt durch die Definition des Rhemas als Hhz einen Fortschritt gegenüber der Methode Hallidays dar. Hinsichtlich des Themas verharren Quirk et al. 1985 jedoch auf die positioneilen Bestimmimg, die schon in der Analyse des Hallidayschen Modells moniert wurde. Zu kritisieren ist ebenfalls die Tradierung des aus dem FSP-Modell stammenden, impressionistischen Begriffs der kommunikativen Dynamik. Die Liste der möglichen Intonationsvarianten bedarf der systematischen, phonologischen Straffung. Phonetische Genauigkeit ist lobenswert, bedarf jedoch einer phonematischen Deutung. Diese darf sich nicht auf paralinguistische Angaben stützen. Letztere müssen eindeutig als nicht-linguistisch gekennzeichnet werden. Keinesfalls dürfen linguistische und paralinguistische Kriterien bzw. phonematische Töne und ihre Varianten miteinander gemischt werden. Phonematische Töne sind der Fallton und der Steigton, alle anderen sind Varianten dieser beiden Phoneme. Die Relation zwischen Varianten und Phonemen wird in (19) zusammengefaßt: (19) Tonhöhenbewegungen in einer Tonstrecke: CGEL-Modell Phoneme Varianten ö ö

ö ö

6 ö

ö

Der Fallton verfügt über zwei Varianten: Fallend und steigend-fallend. Der Steigton verfugt über drei Varianten: Steigend, gleichbleibend und fallend-steigend. Die Distribution der Varianten ist frei. Etwaige Gesetzmäßigkeiten sind paralinguistischer Natur. So tritt z.B. die fallend-steigende Variante des Steigtons eher in expressiven Äußerungen auf. Die komplexen Tonhöhenbewegungen Steigung-plus-Fall bzw. Fall-plus-Steigung, die auf der unbewiesenen Annahme beruhen, es gebe in einer Tonstrecke zwei mögliche Hhzz werden aufgelöst. Steigung-plus-Fall entspricht entweder zwei Tonstrecken oder einer Tonstrecke, in der ein Element stark betont ist und ein zweites Element ein Fallton-Hhz darstellt. Der Typ Fall-plus-Steigung stellt entweder zwei Tonstrecken oder eine Tonstrecke mit einem intonatorischen Anakoluth dar. Diese Relationen werden in der folgenden Tabelle zusammengefaßt: (20) Komplexe Tonhöhenbewegungen: Vergleich der Modelle CGEL-Notation

in mein Modell übersetzt ö...ö\ ..6 / o\ ,..ö \ 6/ 6V..6/ j 6V..Ö

|

(intonatorischer Anakoluth)

5. Die Syntax als Faktor der informationellen Struktur

Die Entwicklung des Englischen von einem flektierenden, synthetischen zu einem isolierenden und nalytischen Sprachbau hatte gravierende Folgen für die Satzstellung. Während das Altenglische die relativ freie Stellung der Elemente in einer Äußerung1 ermöglichte, ist im Neuenglischen in der Regel die Satzstellung das Kriterium, das über die Funktion der Satzelemente entscheidet. Diese sog. Grammatikalisierung der Satzstellung hatte zwei Folgen: zum einen kann im Neuenglischen die Sinnspitze einer Äußerung nicht ohne weiteres durch ihre Randstellung, d.h. ihre Stellung am Anfang oder am Ende der Äußerung, gekennzeichnet werden, zum zweiten ist im Neuenglischen die Intonation für die informationelle Struktur entscheidend. Das Mittelenglische stellt in dieser Hinsicht eine Zeit des Übergangs dar, zu deren Beginn noch die positioneile Kennzeichnung der Sinnspitze möglich war, zu deren Ende es jedoch anderer Markierungen bedurfte. Die neuenglische Syntax verfugt über eine Reihe von Konstruktionen, bei denen ein Vergleich syntaktischer Varianten möglich ist, die den gleichen Sachverhalt mit den gleichen Wörtern ausdrücken. Ein solcher Vergleich läßt Rückschlüsse auf die informationelle Struktur der betreffenden Varianten zu. Diese Funktion stellt die Syntax als Prinzip der informationellen Struktur neben die Intonation, die ebenfalls zur Kennzeichnung der informationellen Struktur dient, und auf die wir im Anschluß an die Syntax zu sprechen kommen werden. Wie bei der Intonation gehe ich auch bei syntaktischer Variation stets von der Existenz einer (oder mehrerer) markierten und einer unmarkierten Varianten aus, die sich lediglich in ihrer informationellen Struktur unterscheiden. Dabei werden Konstruktionen angesprochen wie der Spalt- und der Pseudospaltsatz2, aber auch die existentielle Konstruktion und die Frontstellung. Diese Konstruktionen stellen markierte Varianten dar, deren unmarkierte Variante sind sog. Kernsätze. Um die informationelle Struktur dieser syntaktischen Konstruktionen zu verdeutlichen, zitiere ich in den meisten Fällen Beispiele einschließlich ihres (vorausgehenden) Kontexts, der in Klammern gesetzt wird. Doch bevor wir uns der Untersuchung von syntaktischen Varianten widmen, sind zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen zu den Funktionen der Syntax vonnöten.

1 Bei vielen der Quellen des Altenglischen handelt es sich um metrisch gebundene Sprache, für die andere Gesetzmäßigkeiten als für die ungebundene Form gelten. Die im Vergleich zum Mittelenglischen vergleichsweise spärliche Überlieferung zeigt jedoch deutlich, daß die Satzstellung noch relativ frei war. 2

Anstand der umständlichen Bezeichnungen Spaltsatzkonstruktion bzw. Pseudospaltsatzkonstruktion verwende ich des öfteren die in der Forschung eingebürgerten, kürzeren Bezeichnungen Spaltsatz und Pseudospaltsatz, die als synonym mit ersteren zu verstehen sind.

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5.1 Die Syntax als grammatische und informationelle Struktur Die Syntax des Neuenglischen ist zunächst Träger grammatischer Informationen. Die syntaktische Funktion der einzelnen Elemente wird in erster Linie durch ihre Satzstellung ausgedrückt. Diese positionelle Bestimmimg gilt insbesondere für die funktional ambivalente Klasse der Nominalfugungen. Von der Regel der festen Satzstellung sind in bezug auf letztere nur wenige Ausnahmen möglich. Bei solchen Ausnahmen wird die syntaktische Funktion der Nominalfugung entweder semantisch oder formal bestimmt. Die formale Bestimmung ist lediglich im Sonderfall der kasusmarkierten Personalpronomina möglich. Mit solchen Abweichungen von der normalen Position werden wir uns in der Folge näher beschäftigen. Neben ihrer grammatischen Funktion hat die Syntax aber auch eine informationelle, insofern als sie (mehr oder weniger explizit) anzeigt, welche Information in der Äußerung die wichtigste Information, d.h. die Sinnspitze darstellt. Diese Kennzeichnung der Sinnspitze bezeichne ich als 'Auszeichnung'. Der syntaktischen 'Auszeichnung' entspricht die intonatorische 'Hervorhebung'. Die Auszeichnung war es, die Sprachwissenschaftler wie Mathesius dazu veranlaßte, eine eigene Ebene der informationellen Struktur zu postulieren. Wir haben bereits in 1.1.2.2 (2) dargestellt, daß diese Betrachtungsweise substantiell falsch ist, da sie die Größe 'FSP' als real behandelt. Real ist jedoch nur die Ebene der Syntax, die sowohl eine grammatische als auch eine informationelle Struktur ausdrückt. 5.1.1 Die grammatische Norm Die Syntax ist ein Bereich der Sprachwissenschaft, dessen Untersuchungsgegenstand in der neueren Forschung umstritten ist. Die zentrale Streitfrage ist dabei die Bestimmung des Satzes. Der Satz ist eine Einheit mit einer psychologischen Realität. In der konkreten Anwendung haben wir es dagegen mit Äußerungen zu tun, die mehr oder weniger dem Konzept 'Satz' entsprechen. Diskrepanzen stellen sich insbesondere in der gesprochenen Sprache dar.3 Dies können konstruktioneile Abweichungen wie z.B. Anakoluthe aber auch lexikalische Abweichungen wie z.B. Wiederholungen oder Rechtsversetzungen sein. Sie werden entweder als Planungsfehler oder bestenfalls noch als Stilfigur gewertet. Auffallend ist jedoch die Tatsache, daß solche Abweichungen in der Regel überhaupt nur als solche erkannt werden, wenn man den gesprochenen Text transkribiert. Denn in der mündlichen Kommunikation treten diejenigen Phänomene in Kraft, die Bühler in seinem Kommunikationsmodell als apperzeptive Ergänzung und abstraktive Relevanz bezeichnete: Der Hörer korrigiert und ergänzt nötigenfalls automatisch und unbewußt solche Abweichungen und 'glättet' sie zu wohlgeformten Sätzen. Will man Äußerungen Sätzen zuordnen, entstehen nicht nur durch konstruktionelle Unterschiede Schwierigkeiten. Schwierig ist darüber hinaus oft auch die Frage, wo die 3

Zu den Charakteristika der gesprochenen Sprache s. z.B. Brown/Yule 1981:15-17.

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Grenze einer Äußerung zu ziehen ist. Vor allem in der gesprochenen Sprache entsprechen Äußerungsgrenzen nicht immer Satzgrenzen. Es gibt daher verschiedene Versuche, die Äußerungsgrenze zu bestimmen, die von der Klausel4 bei Haiford 1990, die gegenüber dem Satz den Vorteil der syntaktischen Eindeutigkeit besitzt, über die diskursbedingte, semantisch bestimmte Mitteilungseinheit der "self-contained message" bei Mulder (nach Haiford, 1990:35) bis zur Tonstrecke bei Halliday reichen. Bei der vorliegenden Untersuchung, in der ich mich mit syntaktischen Variationen sowohl in gesprochener als auch in geschriebener Form beschäftige, gilt es von vornherein, die Frage des Untersuchungsgegenstands zu klären: Als Einheiten geschriebener Form werden geschriebene Äußerungen im Sinn von selbständigen syntaktischen Formen behandelt. Diese sind relativ eindeutig formal mittels der Interpunktion und der Syntax als Klauseln bestimmbar. Als Einheiten gesprochener Form betrachte ich prinzipiell die Tonstrecken, komme aber wegen der mangelnden Übereinstimmimg zwischen Tonstreckengrenze und Satzgrenze nicht umhin, auch syntaktische und semantische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Es gilt dabei der Grundsatz, daß eine Äußerung meist einer Tonstrecke entspricht. Wie die Tonstrecke genau zu bestimmen ist, ist ein Punkt, den wir in einem späteren Kapitel erörtern werden (s. 6.1.3). Pilch 1990 verweist auf ein mögliches Problem, daß bei der Bestimmung von Äußerungs- und Satzgrenzen auftritt. Es handelt sich dabei um Konstruktionen, die semantisch und syntaktisch sowohl nach links, als auch nach rechts verknüpfbar sind. Ein Beispiel einer solchen 'Flechtbandreihe' (Pilch, 1990:6) ist das Folgende, bei dem ich auf die Wiedergabe von Pilchs ungenauen Angaben zur Intonation verzichte: (1)

I hate sitting around here because I'm in a bad mood I want to go home (Pilch, 1990:7)

Je nachdem, wozu man die Klausel because I'm in a bad mood rechnet, erhält man zwei verschiedene Sätze: (la) (lb)

I hate sitting around here, because I'm in a bad mood. I want to go home, I hate sitting around here. Because I'm in a bad mood, I want to go home.

Pilch bevorzugt eine dritte Lösung, bei der man (1) als Kontamination aus (la) und (lb) versteht. Eine mögliche Entsprechung auf schriftsprachlicher Basis ist (lc): (lc)

Because I'm in a bad mood, I hate sitting around here and so I want to go home.

Pilch vernachlässigt jedoch, daß die Intonation von (1) diesen Fall eindeutig als (la) oder (lb) ausweisen muß. Wie die Tonhöhenbewegungen (s. 6.1.1) zeigen, ist in (la) die fragliche Klausel because I'm in a bad mood nach links verknüpft, in (lb) dagegen nach rechts:

4

Zur Bezeichnung Klausel s. Kapitel 0, Fußnote 2

98

(la) (lb)

11 häte / sitting aroünd here | becaüse I'm in a bäd möod \ 11 wänt to gö höme \ | 11 häte \ sitting aroünd here | becaüse I'm in a bäd möod /11 wänt to gö höme \ |

Als wieviele Äußerungen Beispiele des Typs (1) zu verstehen sind, kann auf der Basis der Intonation, der Syntax und der Semantik entschieden werden. Im Zweifelsfall müssen mehrere Analysen im Stil von (la) und (lb) oder Kontaminationen im Stil von (lc) erwogen werden. Bei (ld) handelt es sich allerdings um einen fraglichen Fall: (ld)

? 11 häte / sitting aroünd here | becaüse I'm in a bäd möod /11 wänt to gö höme \|

5.1.2 Die informationelle Norm Während etwa im Deutschen die Position am Äußerungsanfang eine häufige Form der Auszeichnung der Sinnspitze ist, ist im Neuenglischen als Folge der grammatikalisierten Satzstellung diese positioneile Auszeichnung der Sinnspitze nur mit Einschränkungen erlaubt. Die Position am Anfang der Äußerung ist in der Regel nur dann möglich, wenn die funktionale Eindeutigkeit des Satzelements davon nicht betroffen ist. In der Regel tritt die Sinnspitze am Ende der Äußerung auf. Diese Norm der informationellen Struktur bezeichne ich als das Prinzip des finalen Hervorhebungszentrums (hiernach: FHhz).5 Darunter verstehe ich die Funktion des letzten lexikalischen Elements der Äußerung als Sinnspitze. Dieses Prinzip wird verschiedentlich auch als Endfokusprinzip bezeichnet. Da Fokus jedoch ein ambiger Begriff ist und die Sinnspitze durch die Hervorhebung gekennzeichnet ist, bevorzuge ich die Bezeichnung FHhz. Der Status des FHhz als informationelle Norm basiert auf der Tatsache, daß in dieser Position die Sinnspitze sowohl syntaktisch als auch intonatorisch als Regel, d.h. als immarkierter Fall angesehen werden kann. Die Unmarkiertheit besteht darin, daß die Sinnspitze keine eigenen syntaktischen Konstruktionen mehr zu ihrer Kennzeichnung benötigt, das FHhz ist somit die Nullform der syntaktischen Auszeichnung. Abweichungen von der Norm des FHhz sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, syntaktisch markiert. Die intonatorische Unmarkiertheit des FHhz beruht entsprechend darauf, daß die Tonhöhenbewegung in der Regel am Ende der Äußerung liegt. Ein FHhz ist die Regel. Ein ein Hhz, das nicht als letztes lexikalisches Element einer Äußerung fungiert, dagegen die Ausnahme. 5.1.3 Der Status des Subjekts In einer Reihe von Untersuchungen zur Funktion der Syntax innerhalb der informationellen Struktur wird dem Subjekt eine "topological prominence" zugewiesen, die als 5

Dieses Prinzip des FHz gilt auch für das Deutsche. Behaghel bezeichnet dies in seiner Deutschen Syntax (1923/32, Bd 4 S. 3-9) als "zweites machtvolles Gesetzt, das] verlangt, daß das Wichtige später steht als das Unwichtige" (auch '2. Behaghelsches Gesetz').

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durchaus vergleichbar dem FHhz definiert ist. Diese informationelle Funktion des Subjekts, die ich ad hoc als 'Subjektprominenz' bezeichne, steht jedoch in diametralem Gegensatz zum Prinzip des FHhz. Dieser Widerspruch erfordert eine genauere Untersuchung dieser Position, als deren Vertreter wir Erdmann 1990 herausgreifen. Erdmann 1990 stützt seine These, das Subjekt habe 'topological prominence' (1990:27) mit den folgenden Argumenten: There axe various references in psychological literature to the fact that the speaker's mterest is extremely sigruficant with regard to the choice of subject. We have a selective perception of our surroundings and make a (partly-unconscious) decision as to what we will make the subject, according to the degree of attention the various objects command from us. (Erdmann, 1990:5)

Basierend auf diesem Interesse des Sprechers am Subjekt bezeichnet Erdmann Konstruktionen wie den Spalt- und den Pseudospaltsatz, deren Aufgabe darin besteht, die Sinnspitze an den Anfang der Äußerung stellen, wo sie als Subjekte fungierten, als 'fokussierend' (focusing vs defocusing, 1990:2f.). Erdmanns Auffassung von Subjekt ist umstritten und bedarf der Klärung. Bevor wir uns jedoch dieser Frage zuwenden, betrachten wir zunächst die Frage, wie bei solchen fokussierenden Konstruktionen Hervorhebung erzeugt wird. Angeblich wird nach Erdmann die Hervorhebung entweder phonologisch oder syntaktisch erzeugt (1990:3). Korrekterweise ist jedoch von einer gleichzeitigen Wirkung der syntaktischen Auszeichnung und der intonatorischen Hervorhebung zu sprechen. Dabei kann man in der Regel davon ausgehen, daß das syntaktisch ausgezeichnete Element gleichzeitig das Hhz darstellt. Von fokussierenden Konstruktionen grenzt Erdmann einen zweiten Typ von Konstruktionen ab, die er als 'defokussierend' bezeichnet. Zu dieser Gruppe zählt er die Inversion, die Extraposition und die existentielle Konstruktion, weil sie durch syntaktische Umstellungen das Subjekt nicht dem Verb voranstellten und damit Prominenz verliehen, sondern ihm folgen ließen, was eine mangelnde syntaktische Markierung sei. Offensichtlich faßt Erdmann unter der Bezeichnung Subjekt zwei verschiedene Typen zusammen, die normalerweise als (formales) Subjekt und als Sinnsubjekt bezeichnet werden. Der Begriff 'Sinnsubjekt' ist verwirrend, da er Semantisches und Formales in sich vereinigt. Normalerweise ist das Subjekt eine Formal bestimmte Kategorie, zu deren Kriterien im Englischen u.a. die Position vor dem Verb im Aussagesatz gehört. Das Sinnsubjekt ist dagegen ein semantisch bestimmtes Subjekt, das dem bedeutungsentleerten Subjekt und dem Verb folgt. Die Bezeichnung 'Sinnsubjekt1 ist nicht synonym mit der Bezeichnung 'logisches Subjekt', die heutzutage in der Regel durch 'Agens' ersetzt wird.

Entsprechend handelt es sich bei der Erdmannschen Theorie zur Prominenz des Subjekts um zwei verschiedene Fälle, je nachdem ob es sich um ein formales Subjekt oder ein Sinnsubjekt handelt. Bei der Inversion ist es das formale Subjekt, das von der Umstellung betroffen wird, d.h. das formale Subjekt verliert seine Prominenz. Beim häufigsten Typ der Extraposition, auf den Erdmann hierbei offensichtlich anspielt, nämlich den des Subjekts, sowie bei der existentiellen Konstruktion handelt es sich

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dagegen um das Sinnsubjekt, das umgestellt wird und seine Prominenz verliert. Die formalen Subjekte it bzw. there sind bedeutungsentleert und nehmen weiterhin die Position am Anfang der Äußerung ein. Erdmanns Bezeichnungen 'fokussierend' und 'defokussierend' sind unlogisch, denn sie implizieren, daß die Sinnspitze nur in Subjektposition stehen kann. Die Sinnspitze ist jedoch nicht an diese Position bzw. Funktion gebunden. Sie kann wie beim Spaltsatz relativ nahe am Anfang der Äußerung stehen, kann aber auch wie bei der Extraposition erst gegen Ende der Äußerung stehen. Durch die privative Vorsilbe der Bezeichnung defocusing für Konstruktionen wie der Extraposition wird ausgedrückt, daß das extraponierte Element von der Funktion als Hhz, was Erdmanns Fokus entspricht, entbunden wird. Aber genau das Gegenteil ist in der Regel der Fall, denn das extraponierte Element ist meist das Hhz. Die Mißverständnisse, die Erdmann durch seine Beurteilung der Rolle des Subjekts hervorruft, hätten vermieden werden können, wenn er semantische und formale Kriterien eindeutig getrennt hätte. Denn das Subjekt ist eine formal bestimmte, das Sinnsubjekt dagegen eine semantisch bestimmte Größe. Tritt ein Sinnsubjekt auf, ist es in der Regel betont oder fungiert als Hhz. Prominenz kann daher dem Sinnsubjekt zugestanden werden. Das Element jedoch, das wie there in der existentiellen Konstruktion als formales Subjekt fungiert, und semantisch entleert ist, das sog. dummy subject, ist meist imbetont. Es hat entsprechend keine Prominenz. Doch womit begründet Erdmann überhaupt eine solche Prominenz des Subjekts? Er beruft sich dabei auf psycholinguistische Untersuchungen zum Status des Subjekts, die mit der weit verbreiteten, auf Intuition basierenden Definition des Subjekts als desjenigen Elements, wovon die Äußerung handle, arbeiten. Diese Definition trifft aber auch auf das zu, was in den meisten Studien zur informationellen Struktur als topic bzw. bei Halliday als Thema' definiert wird. Topic und Subjekt fallen im Englischen zwar oft zusammen, was aber kein Grund dafür ist, die beiden Begriffe zu vermischen! Eine ähnliche Auffassung wie Erdmann vertritt Chafe 1976. Er berichtet von einem Experiment, mit dem angeblich bewiesen wurde, daß in einer Äußerung das Subjekt diejenige Information sei, die sich der Hörers am besten einpräge (Chafe, 1976:44f). Versuchspersonen mußten einen Text lesen, aus dem sie später Bruchstücke vorgelegt bekamen, die sie wieder zu vollständigen Äußerungen ergänzen mußten. Die Ergänzung von Bruchstücken zu vollständigen Äußerungen funktionierte am besten, wenn diese Bruchstücke die Subjekte der betreffenden Äußerungen waren. Die Erkenntnisse über die Bedeutung des Subjekts, zu denen Erdmann und Chafe gelangten, sind zwar interessant, belegen jedoch nur die Bedeutung des topic für die Textstruktur. Keinesfalls kann dem Subjekt von vornherein eine bestimmte informationelle Funktion zugewiesen werden. Denn das Subjekt ist eine formal heterogene Kategorie, deren unterschiedliche Realisationsformen unterschiedliche informationelle Funktionen haben und entsprechend mehr oder weniger einprägsam sind. Die These von, der Prominenz bzw. der größeren Prägnanz des Subjekts trifft wahrscheinlich auf Subjekte mit menschlichen oder zumindest belebten Referenten zu. Auf diese Tatsache hat bereits Fillmore in seiner Kasusgrammatik hingewiesen, in der er feststellte, daß

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ein vorhandenes Agens meist als Subjekt fungiere. Ich bezeichne dies als die anthropozentrische Perspektive der Sprache. Auch in der bei Chafe referierten Studie mit den Subjekten zu ergänzender Äußerungen handelt es sich durchgehend um Nominalfügungen mit menschlichen Referenten. Subjekte mit nicht-menschlichen Referenten oder formalen Subjekten wie it oder there fehlen schlichtweg. Es ist offensichtlich, daß sich der Sprecher solche Äußerungen schlecht einprägen kann bzw. daß er sich Äußerungen mit Subjekten, die auf menschliche Referenten verweisen, leicht einprägen kann. Dies hat nichts mit deren informationeller Funktion im Sinn von wichtiger und unwichtiger Information zu tun, sondern liegt vielmehr an der Tatsache, daß man in der Regel von Personen und Sachen spricht. Nur bei solchen Äußerungen ist die These von der Prominenz des Subjekts haltbar; sie darf nicht wie Erdmann und Chafe dies tun, auf alle Äußerungen verallgemeinert werden. Wir halten daher weiterhin an der allgemein anerkannten Regularität des FHhz fest. 5.1.4 Der Einfluß anderer Faktoren auf die Wahl der Syntax Bei der Untersuchung der informationellen Funktion syntaktischer Variationen besteht die Gefahr, daß man übersieht, daß es auch andere Gründe für Stellungsvariationen gibt. Die Gründe, die den Sprecher dazu veranlassen, vom Prinzip des FHhz abzuweichen und syntaktisch markierte Konstruktion zu wählen, können unterschiedlicher Natur sein. Standop 1981:149-150 weist daraufhin, daß die Struktur eines Satzes von psychologischen und kontextuellen Faktoren abhängig ist. Welche dies im einzelnen sind, ist oft schwer faßbar. So kann z.B. bei einem Kontrast diathetischer Äußerungen die Diathese kontextuell abhängig sein. Eine Passiwariante kontrastiert mit einer weiteren Passiwariante, eine Aktiwariante entsprechend mit einer zweiten Aktiwariante. Die Wahl der syntaktischen markierten Konstruktion ist hierbei nicht durch die informationelle, sondern durch die diskursive Funktion des Kontrasts vorgegeben. Standop bezeichnet dieses Phänomen als Regel der strukturellen Angleichung (rule of structural attractiori). Diese Regel besagt nicht, daß eine Auszeichnung der Sinnspitze unter solchen Umständen nicht möglich ist, denn auch andere Mittel der Markierung stehen noch zur Verfugung. Auf psychologische Faktoren, die die Struktur des Satzes beeinflussen, weist bereits Curme 1931:102 hin, der als Grund für die Satzstellung eines bestimmten Elements die subjektive Wichtigkeit dieses Elements in den Augen des Sprechers ("what is prominent in the mind") aufstellt. Dies ergibt eine Art der Textkohäsion, die eher wort- und begriffsbezogen ist. Andere Gesichtspunkte textueller und außertextueller Art sind denkbar. All diesen Fällen ist gemeinsam, daß die Wahl einer syntaktisch markierten Variation keineswegs ausschließlich und endgültig die intonatorische Hervorhebung determiniert. In der Regel bestehen weiterhin verschiedene Wahlmöglichkeiten für die intonatorische Hervorhebung. Die Wahl einer syntaktisch markierten Konstruktion schränkt lediglich die Bandbreite der Möglichkeiten für die intonatorische Hervorhebung mehr oder weniger stark ein.

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Grundsätzlich gibt es verschiedene Typen syntaktischer Markierungen: Funktional kann man zwei Typen von Auszeichnungen unterscheiden, von denen die erste die Sinnspitze direkt anzeigt, und von denen die zweite die Sinnspitze nur indirekt über das FHhz anzeigt. Syntaktisch kann man ebenfalls zwei Typen von Auszeichnungen unterscheiden: diejenigen, die in der Voranstellung eines Elements bestehen und denjenigen, die in der Nachstellung eines Elements bestehen. Bei der nachfolgenden Besprechung der einzelnen syntaktischen Variationen wähle ich das syntaktische Kriterium als Leitlinie der Gliederung. 5.2 Die Satzstellungsvariationen der Voranstellung Im Englischen gibt es eine Reihe syntaktischer Konstruktionen, die den Sinn haben, ein Element, das normalerweise nicht in dieser Position steht, an den Anfang der Äußerung zu stellen. Die erste Gruppe dieser Konstruktionen wird durch die Frontstellung, die Linksversetzung und den Anakoluth gebildet. In dieser Gruppe wird die Sinnspitze selbst unmittelbar an den Anfang gestellt. In der zweiten Gruppe, der des Spaltsatzes und des Pseudospaltsatzes, wird die Satzstellung der markierten Äußerung (im Vergleich zu der der unmarkierten Variante) so gestaltet, daß zusätzliche grammatikalische Morpheme die Position des als Sinnsubjekt fungierenden Elements verändern. Diese Konstruktionen sind in der geschriebenen und der gesprochenen Sprache unterschiedlich verteilt: Frontstellungen treten ebenso wie Spalt-und Pseudospaltsätze häufig in der geschriebenen Sprache auf, kommen jedoch selten in der gesprochenen Sprache vor. Anakoluthe und Linksversetzungen sind dagegen deutlich häufiger in der gesprochenen als in der geschriebenen Sprache. 5.2.1 Die Frontstellung 5.2.1.1 Die formale Bestimmung der Frontstellung Die Frontstellung stellt eine syntaktische Variation dar, bei der ein Element an den Äußerungsanfang tritt, das normalerweise nicht dort zu finden ist. Formal kann man bei der Frontstellung zwei Ausprägungen unterscheiden: Beim ersten Typ wird lediglich die Satzstellung der Elemente vertauscht, beim zweiten tritt zusätzlich eine Inversion von Subjekt und Verb auf. Der Unterschied zwischen markierter und unmarkierter Variante ist in beiden Fällen rein positionell. Die beim zweiten Typ auftretende Inversion ist lediglich eine Begleiterscheinung. Quirk et al. 1985 fuhren unter den grammatischen Aspekten der informationellen Struktur die Inversion und die Frontstellung in getrennten Abschnitten an. Diese Trennung der Inversion von der Frontstellung ist unlogisch, da die Inversion keine selbständige Variation darstellt, sondern abhängig ist vom Auftreten der Frontstellung. Nictit die Inversion, sondern die Frontstellung ist folglich der für die informationelle Struktur interessante Aspekt.

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Von der Möglichkeit der markierten Frontstellung sind bestimmte Satzelemente von vornherein ausgeschlossen, da sie nur am Anfang der Äußerung stehen können. Dies gilt sowohl für Sub-, Dis- und Konjunkte als auch für das Subjekt. Bei bestimmten Adjunkten, vor allem deiktischen Adjunkten, die wie today ode there nur aus einem Wort bestehen, ist die Frontstellung die (unmarkierte) Regel; um eine markierte Frontstellung handelt es sich dabei nur, wenn das Adjunkt formal relativ komplex und semantisch nicht-deiktisch ist. Bei anderen Elementen wie z.B. dem Objekt ist die Frontstellung nur dann möglich, wenn die Eindeutigkeit der syntaktischen Funktion der Satzelemente davon nicht betroffen ist. Die Frontstellung ist dabei in zweierlei Hinsicht für die informationelle Struktur der Äußerung von Belang, zum ersten in bezug auf die informationelle Funktion des in Frontstellung befindlichen Elements, zum zweiten in bezug auf die Funktion desjenigen Elements, das durch eine Frontstellung nunmehr als letztes lexikalisches Element der Äußerung auftritt. 5.2.1.2 Die informationelle Struktur der Frontstellung Frontstellungen treten sehr häufig in zwei sehr unterschiedlichen Stil- bzw. Registerebenen auf: in der informellen Umgangssprache und in der Sprache der Journalistik. In der Journalistik sind sie ein rhetorisches Mittel, das meist in Zusammenhang mit Parallelismus auftritt und der Unterstreichung des Gesagten dient. In (2) besteht z.B. der Parallelismus zwischen der ersten Gewichtsangabe a mere 7st 1 IIb und der zweiten 7st 2 lb. Der Parallelismus wird sogar lexikalisch ausgeführt durch die Fügung almost as lightly burdened. Er wird durch die Frontstellung noch verstärkt: (2)

(Authority El Surpriso is one they all have to beat. There was no mistaking the authority of her win at Nottingham last week, and with a mere 7st 1 IIb, and the energetic Ray Reader riding, this filly could be the weak link to wreck the whole handicacap.) Almost as lightly burdened at 7 st 2 lb, is Alcoa. (LOB, A23 50)

In der Stilebene der informellen Rede dagegen sind in der Regel Sprecher und Hörer beide präsent. Ihnen stehen neben den sprachlichen zahlreiche paralinguistische Organisationsmittel wie Gestik und Mimik zur Verfügung. Zudem erhält der Sprecher stets Feedback darüber, ob der Hörer die informationelle Struktur seiner Äußerung richtig interpretiert hat. Die Folge dieser situativen Gunst ist, daß gesprochene, informelle Äußerungen spezifische Abweichungen in der Struktur ihrer informationellen Struktur aufweisen, die auf schriftsprachlicher Basis nicht möglich bzw. deutlich seltener sind. Es gibt z.B. in der informellen Rede zahlreiche Äußerungen, die nur aus einem Rhema bestehen, oder auch zahlreiche Äußerungen, in denen das Rhema gleich zu Beginn genannt wird, um quasi den Informationsfluß zu beschleunigen. Der Sprecher setzt voraus, daß dem Hörer die informationelle Struktur klar ist, so daß er solche Äußerungen auch ohne einleitendes Thema verstehen kann wie in (3). Oft sind

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es nur schwer zu bestimmende Umstände, die noch zur Nennung des Themas fuhren wie in (3b), bei der es sich formal damit um eine Frontstellung handelt: (3a) (3b)

(What's your name?) | Jim \ | | Jim \ my name is |

Eventuell muß (3b) als Ergebnis eines Wunsches angesehen werden, in vollständigen Sätzen zu sprechen. Normalerweise stellt (3a) die in der informellen Rede anzutreffende Form dar. 5.2.1.3 Restriktionen und Möglichkeiten der Frontstellung 5.2.1.3.1 Die Frontstellung von Adverbials Das Adverbial ist eine semantisch und formal sehr heterogene Gruppe. Einzelne Vertreter dieser Gruppe, wie die Sub-, Dis- und Konjunkte sind ganz von der Frontstellung ausgeschlossen. Auch für die Gruppe der Adjunkte gilt keine uneinschränkte Möglichkeit der Frontstellung. Bestimmte Typen von Adjunkten treten nie in Frontstellung auf, andere treten dagegen sehr häufig in Frontstellung auf. Letzteres gilt z.B. für Adjunkte des Raumes (4), des Ortes (5) und der (unbestimmten) Zeit (6). In allen drei Fällen (46) dient die Frontstellung der Kohäsion: (4)

(Just Great is no sitter... though he staged something like a sit-down strike at the starting gate to lose his St Leger chance. He lost the Derby too through rough-house-treatment by other horses.) In four remaining races this year, Just Great had a fair chance, and won them all. (LOB, A 2 3 lOOfF.)

(5)

(Three men came out from under the low-browed Tudor arch in the mellow facade of Mandeville College, into the strong evening sunlight of a summer day which seemed as if it would never end;) and in that sunlight they saw something that blasted like lightning; (well-fitted to be the shock of their lives.) (Chesterton, 1978:100)

(6)

(Burly Billy McAdams, Bolton centre forward, and Terry Neill, lanky centre half of Arsenal, set a poser for the Northern Ireland selectors, some of whom watched this game at Buraden.) For large parts of a moderate match young Neill, regarded as a fme international prospect, snuffed the experienced McAdams completely out of the play. (LOB, A22 164ff.)

Die textlinguistische Funktion der Kohäsion wird in (4-6) durch wörtliche Wiederholungen, Hypo- oder Hyperonyme, Synonyme oder Periphrasen erzeugt. In (4) stellt in four remaining races this year den Zusammenhang mit St. Leger und Derby her, in (5) wird sunlight wörtlich wiederholt, in (6) wird mit for large parts of a moderate match auf this game at Bumden rekurriert.

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Durch die Frontstellung des Adjunkts entsteht für ein anderes Satzelement die Möglicheit als FHhz zu fungieren. In (4) gilt dies fur won bzw. won und chance, je nach ob eine oder zwei Tonstrecken vorliegen. In (5) bzw. (6) gilt es fur lightning bzw. out of the play. Wie in den meisten Fällen von Frontstellung liegt auch in (4-6) ein FHhz vor. Die Möglichkeit, das in markierter Frontstellung befindliche Element als Hhz zu realisieren, tritt beim Adverbial in der Regel nicht auf. Gänzlich ausgeschlossen ist, daß ein Element in der Mitte der Äußerung das Hhz darstellt. Eine markierte Frontstellung ist auch bei Kontingenzadjunkten (contingency adjuncts, s. CGEL § 8.86) möglich. Das folgende Beispiel illustriert dessen Frontstellung in der Realisationsform einer infiniten Klausel: (7)

(Come on Britain! By the Chancellor. We've got to pull up our socks. By our political correspondent) Grim-faced and speaking with quiet emphasis, Mr Selwyn Lloyd gave the country a tough pep talk yesterday. (LOB.A21 168ff.)

Bei bestimmten in Frontstellung befindlichen Adverbials tritt Inversion auf. Dies trifft z.B. auf das negative Zeitadverbial never (8) und auf die Vergleichspartikel so (9) zu. Die Inversion hat keine spezifischen Folgen fur die informationelle Struktur und kann daher in unserer Betrachtung vernachlässigt werden: (8)

(Sixteen top British stars, and possibly two continental aces, will battle for Pic-sponsored championships.) Never before have fans been promised such a feast of speed with reigning world champion Ove Fundin sparking the flame that could set the meeting alight. (LOB, A22 1 Iff.)

(9)

(Right Royal is not the only star in opposition. Match 3 will be there... cantering winner of the French St. Leger.) So will stablemate Dicta Drake, on whom Max Garcia has a chance to make amends for the suicidal tactics which cost them the Doncaster St Leger. (LOB^ A23 114ff.)

5.2.1.3.2 Die Frontstellung von Komplementen Die Frontstellung ist bei den Komplementen auf das Subjektkomplement beschränkt, das Objektkomplement ist dagegen ausgeschlossen. Die relative Häufigkeit des Subjektkomplements in Frontstellung hat einen semantischen Hintergrund: Zwischen Subjekt und Subjektkomplement besteht eine Referenzidentität, die meist durch eine Form von to be ausgedrückt wird. In bestimmten Fällen können Subjekt und Subjektkomplement sogar ohne Bedeutungsverlust gegeneinander ausgetauscht werden. Diese Fälle bezeichnet man als identifizierende ¿e-Konstruktion6. Sie setzen voraus, daß das 6

Dieser Typ der Frontstellung ist deutlich zu trennen von der für Ausrufesätze typischen Struktur wie in But what an improver this enormous, late-developing filly is! (LOB, A23 11 If.)

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Subjekt und das Subjektkomplement als Nominalfügungenrealisiert werden. In Fällen wie (10) und (11) ist es fraglich, ob man überhaupt von einer Frontstellung sprechen kann, da (abgesehen von der Position), formal gesehen, die Nominalfugungen most remarkable examples for half-brothers bzw. an absolute charmer als Subjekte oder als Subjektkomplemente fungieren können. Das Beispiel (11) stammt aus dem Corpus of English Conversation (CEC); ich gebe dabei die stress- und ¿ooster-Phänomene als Betonungen wieder: (10)

(11)

(If one of her progeny jumps well, they all do, (and if one jumps appallingly they all do!, regardless of the sire.) Most remarkable examples of half-brothers are Gay Donald and Pas Seul. (LOB, A23 149ff.) (A: You know Professor Kalapandy. Here. (...) B: I know him by sight. And I've heard him talking in the refectory...) A: | An absolute charmer \ is Kalapandy | (CEC, 1.6, TU 1016 ff)

Eindeutig ist dagegen der Fall der Adjektivfugung als Subjektkomplement in Frontstellung: (12)

(There was no mistaking the authority of her [El Surpriso's] win at Nottingham last week, and with a mere 7st 1 lib, and the energetic Ray Reader riding, this filly could be the weak link to wreck the whole handicap.) Almost as lightly burdened at 7st 21b, is Alcoa. (LOB, A23 50)

Vergleichen wir dazu (12) mit seiner unmarkierten Variante (13): (13)

Alcoa is almost as lightly burdened at 7st 21b. (adaptiert)

In (12) hat die Frontstellung zwei Folgen: Zum einen greift sie die in der vorausgehenden Äußerung behandelte Frage des Gewichts auf, dient also wie die oben behandelten Adjunkte der Kohäsion, zum anderen ermöglicht sie dem Subjekt Alcoa als FHhz zu fungieren. Auch hier dient die Frontstellung nicht dazu, daß am Satzanfang befindliche Element als Rhema auszuzeichnen, sondern vielmehr dazu, die Funktion eines anderen Elements als FHhz zu ermöglichen. 5.2.1.3.3 Die Frontstellung von Objekten Die Frontstellung des Objekts wirft Probleme auf, da aus dem Verlust der flexivischen Kasusmarkierung der Nominalfügung die formale Unentscheidbarkeit von Subjekt und Objekt resultiert, weswegen Subjekte und Objekte hauptsächlich durch ihre Satzstellung unterschieden werden. Das Objekt kann jedoch nichtsdestoweniger in Frontstellung gebracht werden, wenn die Semantik eine funktionale Eindeutigkeit herstellt. Diese Möglichkeit hängt in erster Linie von der Bedeutung des Verbs und seiner Relatoren

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ab. Das Verb kill in (14) verlangt eine positioneile Unterscheidung, da sowohl Brutus als auch Cesar als mögliche Agens oder Patiens bzw. Subjekt oder Objekt fungieren können. In (15) dagegen setzt teach einen zumindest personifizierten Agens als Subjekt voraus, was nur auf time zutrifft. The lesson ist daher ex negativo als Objekt ausgezeichnet: (14) (15)

Brutus killed Caesar. This lesson time will teach to all alike. (Firbas, 1966:243)

Treten dagegen kasusmarkierte Personalpronomina als Subjekte oder Objekte auf, sind letztere ausnahmsweise formal unterscheidbar. In diesem Fall dient kann durch die Satzstellung, d.h. die markierte Frontstellung des Objekts die informationelle Struktur verändert werden. Die Personalpronomen können dabei sowohl als Subjekte als auch als Objekte fungieren: (16)

(But woe to the simple-minded and innocent Materialist (and Materialists as a race are rather innocent and simple-minded), who presuming on this narrative tendency, should advance the theses that ghosts were against the laws of nature, or that such things were only old superstitions; or that it was all tosh or, alternatively, bunk.) Him would the Professor, suddenly reversing all his scientific batteries, sweep from the field with a cannonade of unquestionable cases and unexplained phenomena... (Chesterton, 1978:47)

(17)

("You see," Herr Koch said, "it is quite ready for a newcomer. Ilse has cleaned up.") That she certainly had done. (Greene, 1988:270)

Grundsätzlich gilt für die Frontstellung in (16) und (17) die Funktion der Textverknüpfimg. Anders als beim Subjektkomplement und den Adverbials wird in (16) und (17) die Anordnung der Elemente am Äußerungsende von dieser Umstellung nicht betroffen, was auch der Vergleich von (16) und (17) mit der unmarkierten Variante (18) beweist: (18)

The Professor would, suddenly reversing all his scientific batteries, sweep him from the field with a cannonade of unquestionable cases and unexplained phenomena... (adaptiert)

Untersuchen wir stellvertretend die Funktion der Frontstellung in (16), stellen wir fest, daß sie dazu dient, die relativ starke Betonung des in Frontstellung befindlichen Elements anzuzeigen. Im immarkierten (18) würde him einen Sekundärakzent tragen, in (16) ist es dagegen stark betont. Für die Parenthese suddenly reversing all his scientific batteries verwende ich in (16) eine Klammernotation um anzuzeigen, daß es sich dabei

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um Material handelt, das auf einer niedrigen Tonhöhe gesprochen wird (s. 6.8). Das Hhz kann wie oben erwähnt kein Element in der Mitte der Äußerung darstellen (16b): (16a)

| Him would the Professor (suddenly reversing all his scientific batteries f) sweep from the field with a cannonade of unquestionable cases and unexplained phenomena\|

(18a)

| The Professor would (suddenly reversing all his scienti-fic batteries) sweep him from the field with a cannonade of unquestionable cases and unexplained phenomena \ | (adaptiert)

Aus dem Vorhergehenden ist zusammenfassend fur die Frontstellung festzuhalten, daß sie in der Regel zu den syntaktischen Variationen zählt, die nicht selbst die Sinnspitze auszeichnen, sondern zu denen, die das Prinzip des FHhz herstellen bzw. sich dessen bedienen. Das FHhz fallt allerdings nicht auf das syntaktisch ausgezeichnete Element. Die zweite Möglichkeit, ein anderes Element als FHhz fungieren zu lassen, ist nur dann gegeben, wenn Material folgt, das ein Hhz darstellen kann. In (16) gilt dies z.B. für die dem Verb folgende Nominalfiigung. In (19) dagegen folgt dem in Frontstellung befindlichen Element mit Ausnahme von call nur Elemente geschlossener Klassen, die normalerweise relativ unbetont sind. Ein Hhz call würde eine kontrastive Lesart verlangen wie in (20). Wie (20) intonatorisch realisiert wird, ist eine Frage, mit der whin 6.3.3.1 näher beschäftigen werden: (19a) (20)

| Relaxation \ you call it | My name's James. But Jim I'm called.

5.2.2 Die Linksversetzung Ahnlich der Frontstellung ist die Linksversetzung: In beiden wird ein Element, das normalerweise im Inneren der Äußerung steht, an deren linken Rand gestellt. Die zwei Unterschiede zwischen den beiden Konstruktionen sind formaler Natur: Zum einen tritt bei der Linksversetzung an die alte Position des versetzten Elements ein anaphorisches Element, wohingegen bei der Frontstellung diese Position leer bleibt. Zum zweiten sind von der Linksversetzung nur Nominalfugungen betroffen, während Elemente in Frontstellungen unterschiedlichen Formklassen angehören können. Im folgenden Beispiel sehen wir die Wirkung der Linksversetzung am Beispiel eines nominalen Objekts, auf das das Pronomen it im Satzinnern referiert: (21)

the garden I get a lot of pleasure out of it

Anstatt von Linksversetzung sprechen manche syntaktische Untersuchungen auch von Topikalisierung (Haiford, 1990:37). Letzterer Begriff ist ambig, da er in anderen Untersuchungen auch für die Frontstellung (s. Radford 1988:530f, Huddieston, 1984:454) verwendet wird. Um der Ambiguität solcher funktionaler Bezeichnungen zu entgehen, verwende ich Bezeichnungen, die auf die formalen Unterschiede abheben.

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Die Linksversetzung tritt deutlich häufiger in der gesprochenen als in der geschriebenen Sprache auf. Vermutlich handelt sich bei der Linksversetzung um ein Phänomen, auf das bereits Curme 1931:102 hinwies. Curme begründete die Anfangsstellung bestimmter Element mit ihrer subjektiven Wichtigkeit für den Sprecher. Sie seien "prominent in the mind". Vergleicht man (21a) mit seiner unmarkierten Variante (22a), stellt man folgenden Unterschied in der informationellen Struktur fest: Das links-versetzte Element ist typischerweise von der restlichen Äußerung durch eine als Pause realisierte Tonstreckengrenze getrennt, d.h. es bildet eine eigene Tonstrecke, in der es das Hhz darstellt und als Sinnspitze fungiert. Die Funktion des linksversetzten Elements als Sinnspitze korreliert mit dem Umstand, daß es sich dabei überwiegend um wichtige und neue Information handelt.7 Der Rest der Äußerung bildet eine zweite Tonstrecke mit eigener Sinnspitze. In dieser zweiten Tonstrecke liegt in der Regel ein FHhz vor. Die Linksversetzung dient somit in der Regel der Herstellung einer zweier Sinnspitzen. Die unmarkierte Variante (22a) dagegen wird als eine Tonstrecke mit einer einzigen Sinnspitze realisiert: (21a) (22a)

the gärden /11 get a löt of pleasure \ out of it | 11 get a lot of pleasure out of the gärden \ |

Die Linksversetzung kann sowohl das Objekt, als auch das Subjekt betreffen. Auch bei diesem Typ wird die Äußerung in zwei Tonstrecken aufgeteilt:8 (22a) (23a)

| Our mäths / chap | our junior mäths chap up there /1 he's an indian \ | (CEC, S. 1.6: TU 493ff„ p. 160 | And pärking near the Crystal Gärdens /1 is it going to be a pröblem \ | (Haiford, 1990:37)

Der wesentliche Unterschied zwischen der Linksversetzung und der Frontstellung besteht somit in der Tatsache, daß das durch die Linksversetzung an den Satzanfang gestellte Element unweigerlich eine Sinnspitze darstellt, während bei der Frontstellung dies nicht notwendigerweise der Fall ist. 5.2.3 Der Anakoluth Als Anakoluth bezeichnet man eine syntaktische Erscheinung, bei der ein Sprecher eine Äußerung mit einem bestimmten Element, in der Regel einer Nominalfügung be7

Montgomery 1983 unternahm eine breit angelegte Studie zur diskursiven Funktion der Linksversetzung. Sein Korpus besteht aus Interview von 45 stündigen Tonbandaugzeichnungen . Bei den von ihm verzeichneten 606 Fällen von Linksversetzung stellte in über 80% der Fälle das linksversetzte Element neue Information dar. 8 Ich überführe beim Beispiel (22a) die Umschrift des CEC in mein Modell. Dabei ersetze ich unter anderem die steigend-fallenden TMontgomery 1983 unternahm eine breit angelegte Studie zur diskursiven Funktion der Linksversetzung. Sein Korpus besteht aus Interviews von 45 stündigen Tonbandaufnahmen. Bei den von ihm verzeichneten 606 Fällen ??? öne in den linksversetzten Tonstrecken durch Steigtöne.

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ginnt, die die Subjektfunktion einnimmt, jedoch plötzlich die Struktur ändert und ein anderes Subjekt einfuhrt. Daher bezeichnet man diese syntaktische Abweichimg im Englischen auch als dangling subject. Der Anakoluth war bis ins Frühneuenglische ein weit verbreitetes rhetorisches Mittel, wovon nicht zuletzt Shakespeare in Richard III, III.2.57 Zeugnis ablegt, wo es heißt 'They which brought me in my master's hate, I live to look upon their tragedy".

In der gesprochenen Sprache sind Anakoluthe eine häufige Erscheinung. Die folgenden Beispiele stammen aus dem CEC: (24a) (25a)

| and Marie \ 11 went and stayed \ in their - [ m] in Wexted /1 (CEC, S. 1.9: TU 97, p. 221) | We [d d d ] that pub /1 was our sort of local /1 (CEC, S. 1.9: TU 569, p. 230)

Der Anakoluth gehört zur Gruppe der syntaktischen Fehlstarts. Innerhalb dieser Gruppe der syntaktischen Fehlstarts kann kann zwei Typen unterscheiden: der korrigierte Fehlstart, den man als Anakoluth bezeichnet und der unkorrigierte Fehlstart. Letzterer liegt z.B. in (26) und (27) vor:9 (26a)

(I remember. It isn't quite the same thing.) A: | But a a person \ | when I was at school \ | taking in the staff /11 could I would I had [?] joined the staff | temporarily \ | B: Y e s \ | A: This chäp | was a little bit junior / to me | and was still in the sixth \ form |... (CEC, S. l'.6: TU 295ff) p. 157)

(27a)

(this is a very bad thing) | you know \ 11 but nobody \ | could do anything \ (about it) |

Formal unterscheidet sich der Anakoluth vom unkorrigierten Fehlstart durch die Tatsache, daß das den Anakoluth hervorrufende Element im der unmittelbar folgenden Äußerung in Gestalt eines anderen Satzelements - mit Ausnahme des Subjekts und des Prädikators - wieder aufgegriffen wird. In (24) verweist their zurück auf Marie, in (25) our auf we. In (26) verweist zwar auch a chap zurück auf a person, dieser Verweis erfolgt jedoch erst in der übernächsten Äußerung und ist zufallig, was sein Fehlen in (27) belegt. Im Fall des Anakoluths ist jedoch der unmittelbar folgende Rückverweis eine notwendige Bedingung. Nachdem wir den Anakoluth als Sonderfall des Fehlstarts ausgegrenzt haben, bedarf es allerdings eines Kommentars angesichts seiner Sonderstellung im Vergleich zu anderen Konstruktionen. Bei vielen syntaktischen Variationen stellt sich im Sinne der normativen Grammatik die Frage, ob es sich um grammatische Varianten oder um Fehler handelt. Während die normative Grammatik z.B. der Frontstellung als stilistischer Variante eine grammatische Berechtigung zuspricht, ist der Status der Linksver9

Die Notation der Intonation habe ich meinem Modell angepaßt (s. Kap. 6).

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Setzung und des Anakoluths umstritten. Nehmen wir eine Skala der Grammatikali tät an, befindet sich sicherlich die Frontstellung auf der Seite der grammatischen Konstruktionen, der Anakoluth auf der Seite der ungrammatischen und die Linksversetzung in einem nicht näher bestimmbaren Übergangsbereich. Von einem deskriptiven Standpunkt aus sind jedoch alle drei Konstruktionen gleichermaßen syntaktisch beschreibenswert. Dies gilt auch und insbesondere für den Anakoluth, der in der mündlichen Form der parole weit verbreitet ist. Wenden wir uns nun der Frage der informationellen Struktur des Anakoluths zu. Die Schwierigkeit der Beurteilung der informationellen Funktion des Elements, das den Anakoluth hervorruft, besteht in der Tatsache, daß dieses Element durch die ihm folgende Pause eine eigene Tonstrecke bildet, in der es notwendigerweise das Hhz, somit die Sinnspitze darstellt. Vergleicht man (24) und (25) mit ihren unmarkierten Varianten (28) und (29), stellt man fest, daß es sich bei den Elementen in Anfangsposition um Information handelt, die als Sinnspitze fungieren. Ich ergänze in (28a) das Lexem flat: (24a) (28a)

| and Marie \ 11 went and stayed \ in their - [ m] in Wexted / 11 went and stayed in their [flat] in Wexted /1

(25a) (29a)

| We [d d d ] thät püb /1 was oür sort of local /1 j thät püb /1 was oür sort of löcal /1

In beiden Fällen ist folglich die die Sinnspitze bildende Information entscheidend am Anakoluth beteiligt. 5.2.4 Die Spaltsatzkonstruktion 5.2.4.1 Die formale Bestimmung der Spaltsatzkonstruktion Ähnlich der Frontstellung, der Linksversetzung und dem Anakoluth ist die Spaltsatzkonstruktion, insofern als es sich bei allen viere Konstruktionen um Veränderungen der Satzstellung am Äußerungsanfang handelt. Diese formale Ähnlichkeit geht einher mit einer funktionalen, denn diese syntaktische Auszeichnungen am Äußerungsanfang dienen in der Regel der Markierung der Sinnspitze. Diese vier Konstruktionen unterscheiden sich jedoch im Grad der Komplexität: Die Frontstellung arbeitet allem mit einer Stellungsvariation und ist folglich die formal einfachste Variation. Die Linksversetzung und der Anakoluth addieren dazu die Verwendung eines anaphorischen Elements und sind daher komplexere Variationen. Den höchsten Grad an Komplexität stellt schließlich die Spaltsatzkonstruktion dar, die in einer Umformung einer parataktischen in eine hypotaktische Struktur besteht. Diese hypotaktische Struktur des Spaltsatzes entsteht aus der Verbindung zweier Klauseln. Die erste, übergeordnete Klausel besteht aus it, einer Form von to be und einer Nominalfügung mit Komplementfunktion, die zweite, untergeordnete Klausel ähnelt einer Relativklausel, die das Komplement der übergeordneten Klausel postmodifiziert:

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(30)

It's the money that limits you | (CEC, S1.5: TU 614, p. 138)

Laut Prince 1978 unterscheiden sich der Spaltsatz und der Pseudospaltsatz einerseits und ihre jeweiligen unmarkierte Varianten bezüglich ihrer Präsupposition. Unter Präsupposition wird die logische Implikation, die sowohl aus einem affirmativen als auch aus seiner verneinten Variante gezogen werden kann, verstanden. So präsupponierten der affirmative (31) und der verneinte Spaltsatz (32) gleichermaßen (36). Das gleiche gelte für den affirmativen (33) und den verneinten Pseudospaltsatz (34) (1978:884): (31) (32) (33) (34) (35)

It was his keys that John lost. It wasn't his keys that John lost. What John lost was his keys. What John didn't lose was his keys. John lost something.

Die entsprechende affirmative unmarkierte Variante (36) habe jedoch nicht die gleiche Präsupposition (37) wie ihre verneinte Variante (37). (36) (37)

John lost his keys. John didn't lose his keys.

Bei diesem Vergleich übersieht Prince jedoch, daß die Negation abhängig von der Intonation unterschiedliche Skopi hat. Folglich müssen bei (37) zwei Varianten (37a) und (37b) unterschieden werden. (37b) hat ebenfalls (35) als Präsupposition. (37a) (37b)

| Jöhn didn't löse his keys \ (In fact, he's never lost anything in his life) j Jöhn didn't löse his keys / but his umbrella \ | (I wonder what he's going to lose next)

Das Komplement der hypotaktisch organisierten Variante kann in der entsprechenden parataktisch organisierten Variante verschiedene Funktionen einnehmen. Bevor wir jedoch die grammatischen Restriktionen der einzelnen Funktionen und die informationeller Struktur des Spaltsatzes besprechen können, müssen wir uns zunächst mit der Bestimmimg des Spaltsatzes auseinandersetzen, denn die formale Bestimmung von Spaltsätzen ist umstritten. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Komplement und der untergeordneten Klausel ist in der Literatur ausfuhrlich diskutiert worden. Die CGEL grenzt diese als annex-clause bezeichnete Klausel mit Hilfe eines Kriterienkatalogs von SVC-Sätzen mit restriktiven Relativklauseln ab (s. Kap 4.3.2). Sie hält sich bezeichnenderweise jedoch selbst nicht immer an ihre eigene Unterscheidung. Huddieston diskutiert zwei verschiedene Analysen der Struktur des Spaltsatzes. Gegen die Gleichsetzung von Spaltsätzen mit SVC-Sätzen mit nachgestellten restriktiven Relativklauseln, bei denen das Bezugswort der untergeordneten Klausel nicht das Komplement, sondern it sei, spreche zum einen die unterschiedliche Distribution der Relativpronomina (vor allem das deutlich häufigere Auftreten von that) und der Umstand, daß das Verb der untergeordneten Klausel mit dem Komplement und nicht mit it kongruent sei. Er propagiert deshalb eine Behandlung des Spaltsatzes als sui generis. Nach Huddieston besteht der Spaltsatz aus zwei Konstituenten, die erste ist it + be + Komplement, die zweite die untergeordnete Klausel. Das Bezugswort des Relativpronomens ist das Komplement. Komplement und untergeordnete Klausel bilden jedoch keine Konstituente (1984:461f.).

113

Angesichts der Schwierigkeiten der formalen Bestimmung fragt es sich, ob der Spaltsatz überhaupt eine Substanz hat oder ob es sich nicht vielmehr um eine ideelle Größe handelt. Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn wir auf die Behandlung der folgenden Fälle in der CGEL zurückkommen, der zufolge (38) ein Spaltsatz, (39) dagegen ein Komplementsatz ist: (38) (39)

| It was the dög \ I gave the water / to | | It was the dog I gave the water \ to | ((38,39) CGEL § 18.28)

Ohne Kontext ist die von der CGEL hier vorgenommene Unterscheidung schwer nachvollziehbar. Betrachten wir daher das folgende Beispiel mit seinem Kontext, um zu entscheiden, wie sich Spaltsätze und SVC-Sätze unterscheiden:

(40)

(Mr Macmillan said we could be more help to the commonwealth, through the strength we would gain in the common market than by isolation. He paid tribute to the development of the common market. The community has imparted an impetus and an economic growth to the six.) (Above all) it is an idea which has gripped men's minds, he said. (LOB, A06 163if.)

(40) ist ein Beispiel fur den Komplementsatz. Das entscheidende Kriterium, das bislang nicht berücksichtigt wurde, ist der Status von it. Während it in (40) sich auf das vorausgehende community bezieht, also ein anaphorisches Pronomen ist, ist it im Spaltsatz semantisch leer. Es erfüllt lediglich die grammatikalisch vorgeschriebene Funktion des Subjekts, hat aber davon abgesehen keine Bedeutung. Ahnliches gilt auch für das Verb, das nur als is oder was realisiert werden kann. Was ist zwar tempusmarkiert, diese Kennzeichnung ist aber insofern redundant, als das Verb der untergeordneten Klausel die eigentliche Tempuskennzeichnung übernimmt. Brömser 1982 fuhrt als ein weiteres Kriterium zur Unterscheidung von Spaltsätzen des Typs (39) einerseits und SVC-Sätzen des Typs (40) andererseits die Lesart an: Während der Spaltsatz eine referentielle Lesart habe, d.h. bestimme, auf wen die in der Klausel genannte Information als Identifikation zutreffe, habe der SVC-Satz mit Relativklausel eine attributive Lesart.

Neben dem formalen Kriterium des besonderen Status von it ist daneben die Funktion des Spaltsatzes die entscheidende Bestimmung zur Abgrenzung gegenüber dem Komplementsatz. Auf diese Funktion gehen wir in der Folge ein: 5.2.4.2 Die informationelle Struktur des Spaltsatzes Entscheidend für die Bestimmung des Spaltsatzes ist neben it und is/was seine informationelle Struktur im Unterschied zu der seiner unmarkierten Variante: Denn der Spaltsatz ist die syntaktische Aufbereitung der Information in zwei Teile. Dabei kann man zwei Funktionen des Spaltsatzes unterscheiden, die einfache Hervorhebung und den Kontrast. Der Unterschied zwischen diesen Lesarten ist diskursiv bestimmt. Bei der einfachen Hervorhebung ist der Sprecher prinzipiell in der Wahl des Hhz frei. In der Regel stellt das syntaktisch ausgezeichnete Element das Hhz dar, d.h. das

114

Komplement der ersten Klausel ist das Hhz. Dies schließt jedoch nicht aus, das Intonationen des folgenden Typs vorkommen, bei der ein anderes Element das Hhz darstellt wie in (41): (41)

It was \ the dög that ruined the flowers |

Eine solche Intonation ist jedoch die Ausnahme, die aus dem Diskurs eindeutig als solche erkennbar ist. In (41) muß es sich um die Richtigstellung einer zuvor bezweifelten Aussage handeln. Prinzipiell kann der Spaltsatz als eine oder als zwei Tonstrecken intoniert werden. Bei zwei Tonstrecken stellt - von Fällen des Typs (41) abgesehen - stets das Komplement das Hhz dar, das zweite Hhz ist ein Element der untergeordneten Klausel. Wird der Spaltsatz als eine einzige Tonstrecke intoniert, stellt das Komplement der ersten Klausel das Hhz dar, die untergeordnete Klausel ist relativ unbetont (s. 6.8):

(42a)

(Mr Butler, the home Secretary, has decided, to meet head-on the biggest challenge to government authority yet presented, by the ban-the-bomb demonstrators. Police leave has been cancelled, ana secret plans prepared, to deal with the mass sit-down rally planned for Sunday in Parliament-square by the committee of the anti-nuclear arms group.) | It was Mr Butler \ (who authorised action which ended yesterday in thirty-two members of the committee of a hundred being imprisoned for inciting a breach of the peace) | (LOB, A02 213ff.)

Das letztere Intonationsmuster, das auch auf (43) zutrifft, kann nach Prince 1978 dazu benutzt werden, eine allgemein bekannte Tatsache in der untergeordneten Klausel auszudrücken, die wahrscheinlich dem Hörer noch nicht bekannt ist. Dieser Fall tritt nur in formeller geschriebener Sprache auf: (43)

(In crossing the Channel some of his [Caesar's] transports encountered a storm which deprived him of the support of his cavalry. The resistance of the natives was unexpectedly spirited.) | It was with difficulty \ (that he effected a landing, and he made little headway)| (Baugh/Cable, 1978:44)

Prince bezeichnet den Typ (43) als informative-presupposition it-cleft. Er läßt sich formal nicht von der einfachen Hervorhebung unterscheiden, was seine Behandlung als eigenen Typ erschwert. Natürlich können auch in der entsprechenden unmarkierten Äußerungen Elemente, die für den Hörer neue Information darstellen, als allgemein bekannt und daher unbetont realisiert werden. Die Zweiteilung des Spaltsatzes erleichtert jedoch offensichtlich diese Funktion, denn vergleicht man (43) mit seiner unmarkierten Variante, stellt man fest, daß eine unbetonte Realisierung aller Elemente außer with difficulty zu einem ungrammatischen oder zumindest fraglichen Ergebnis fuhrt: (44a)

?* | He effected a landing with difficulty / and made little headway |

115

Daneben wird die Spaltsatzkonstruktion vor allem dann benutzt, wenn es sich um einen Kontrast handelt. Die Bestimmung des Kontrasts ist diskursiver Natur, d.h. im Diskurs muß der Kontrast explizit ausformuliert werden. Der Kontrast ist ein der Regel durch eine eigene Intonation gekennzeichnet: das kontrastierende Element bzw. die kontrastierenden Elemente sind durch einen Tonhöhengipfel gekennzeichnet. Der Spaltsatz kann als syntaktisches Äquivalent des Kontrastfokus (s. 6.4.2.1) angesehen werden. Im folgenden Beispiel (45) kontrastiert z.B. Plato mit Protagoras: (45a)

(Protagoras, one of the earliest and most influential of the fifth-century Sophists, is credited with the distinction of three genders in Greek.) | It is \Plato/ who (...) first explicitly distinguished between nouns and verbs \ | (Lyons, 1968:10)

Bei dem hervorgehobenen Komplement handelt es sich meist um eine Nominalfugung wie in (45), aber auch Präpositionalfugungen wie in (43) oder Adjektivfugungen (s.u.) sind möglich. Funktional entspricht das Komplement des Spaltsatzes in der entsprechenden unmarkierten Varianten verschiedenen Satzelemente, auf die wir im folgenden eingehen werden. Es handelt sich dabei um Funktionen, die nicht oder nicht immer am Äußerungsende stehen, wo sie relativ einfach durch ein FHhz hervorgehoben werden können. Der Spaltsatz ist gewissermaßen die Alternative zur Hervorhebung als FHhz, denn die Syntax empfiehlt die intonatorische Hervorhebimg des Komplements. 10 Wir wenden uns im folgenden der Frage zu, welche Elemente der unmarkierten Varianten im einzelnen syntaktisch durch ihre Verwendung als Komplement in der übergeordneten Klausel ausgezeichnet werden können. 5.2.4.2.1 Die Auszeichnung des Subjekts Der Typ, der der Auszeichnung des Subjekts der entsprechenden unmarkierten Variante dient, ist der häufigste Typ des Spaltsatz. An ihm kann die Funktion dieser Konstruktion beispielhaft besprochen werden. Ich wiederhole als Illustration für diesen Typ das Beispiel (45), das ich mit seiner unmarkierten Variante (46) vergleiche: (45)

| It is Plato (c. 429-347 B.C.) who, as far as we know, first explicitly distinguished between nouns and verbs. (Lyons, 1968:10)

(46)

Plato first explicitly distinguished between nouns and verbs.

Die syntaktische Auszeichnung des Subjekts beruht wie oben erläutert auf einem Kontrast zwischen Plato und Protagoras. Um diesen Kontrast auszudrücken, müßte in der entsprechenden unmarkierten Variante (46) auf das Subjekt ein Kontrastfokus 10 Laut Erdmann dient der Spaltsatz dazu, Nominal- und Adverb ialfügungen hervorzuheben (1990:145). Bei dieser generalisierten Funktionsbeschreibung übersieht Erdmann allerdings, daß die Auszeichnung auch auf als Objektkomplemente fungierende Adjektivfugungen (s.(55)) fallen kann. Dieser Fall ist zwar selten, aber immerhin möglich.

116 fallen (46a), was hier als \Plato/ umschrieben wird (s. 6.3.2.1). Der Kontrastfokus verlangt allerdings, daß die folgenden Elemente auf relativ niedriger Tonhöhe realisiert werden, was ihre thematische Funktion bedingen würde. Diese Realisation übersähe jedoch, daß es sich im Rest der Äußerung wie in ebenfalls um wichtige Information handeln kann, was in (46) der Fall ist. (46a) wäre deswegen nicht akzeptabel. Plato könnte auch als Sinnspitze in einer eigenen Tonstrecke realisiert werden. Solche Sinnspitzen treten zwar vor allem in der gesprochenen Sprache relativ häufig auf (s. 5.2.3 u. 5.2.4), sie sind jedoch syntaktisch durch ihre Abweichung von der normalen Satzstellung motiviert. Es ist meines Erachtens fraglich, ob eine solche Intonation wie (46b) als grammatisch zu werten ist.

Es besteht schließlich auch die Möglichkeit (46) als (46c) zu realisieren. Bei dieser Realisation hätte der Leser nicht verstanden, daß Plato eine Sinnspitze darstellt. Auch (46c) ist in diesem Kontext nicht akzeptabel: (46a) (46b) (46c)

* | /Pläto\ first explicitly distinguished between noüns and verbs | ? | Plato /1 first explicitly distinguished between noüns and verbs \ | * | Plato first explicitly distinguished between noüns and verbs \ | (adaptiert)

Der Spaltsatz (45) schließt solche kontextuell nicht akzeptablen Interpretationen aus. In (45a) können sowohl Plato als auch nouns and verbs hervorgehoben werden und als Sinnspitzen fungieren. Diese Intonation bzw. diese Verteilung von Sinnspitzen basiert zum einen auf dem genannten Kontrast, zum zweiten auf der Tatsache, daß erstmals von der Unterscheidimg Nomen vs Verb die Rede ist, und damit die Information neu und wichtig ist. Die Syntax schreibt zwar diese informationelle Struktur nicht vor, begünstigt sie jedoch: (45a)

| It is NPläto/ who first explicitly distinguished between noüns and verbs \|

Bedenkt man, daß dem Subjekt die syntaktische Auszeichnung mittels Frontstellung oder durch die Funktion als FHhz verwehrt ist, leuchtet die relative Häufigkeit dieses Typs von Spaltsätzen ein. 5.2.4.2.2 Die Restriktion zur Auszeichnung des Verbs Das Verb ist von der Möglichkeit, als Hhz einer Spaltsatzkonstruktion zu fungieren, ausgeschlossen, da dies zur Folge hätte, daß die zweite Klausel verblos wäre wie in (47): (47)

* It is wrote that John a letter in the office yesterday.

Diese Restriktion der Verwendung des Verbs kann jedoch umgangen werden, wenn man das Verb in der zweiten Klausel durch eine Form to do oder to be ersetzt. Das eigentliche Verb erscheint in der übergeordneten Klausel in seiner infiniten Form, in (48) gilt dies für lecture. Laut CGEL §18.17 ist diese Ersatzkonstruktion typisch für das Irische Englisch:

117

(48)

It was lecture that Peter did in Beirut. (Aarts/Aarts, 1982:97)

Diese Umformung der unmarkierten Variante, um das Verb als Hhz zu realisieren, ist wahrscheinlich auf den Einfluß des keltischen Substrats zurückzuführen, in dem Satzeinleitungen des Typs it is eine geläufige Erscheinung sind. 5.2.4.2.3 Die Auszeichnung des Objekts Im Gegensatz zum Subjekt ist die Hervorhebung des Objekts durch den Spaltsatz seltener. Dies liegt an der Satzstellung, denn im Gegensatz zum Subjekt kann das Objekt, das in der unmarkierten Variante relativ nahe am Ende der Äußerung steht, ein FHhz darstellen. Im folgenden Beispiel der Auszeichnung eines Objekts wird die untergeordnete Klausel ohne Relativpronomen realisiert: (49)

(Frankly, I think a lot of psychic appearances could be explained away.) It's the disappearances I can't explain, unless they are psychic. (Chesterton, 1978:49)

Wieder ist es das Objekt, das als Hhz des Spaltsatzes fungiert, was (49a) belegt: (49a)

| It's the disappearances \ I can't explain |

Im Gegensatz zu direkten Objekten wie in (49a) fuhrt die Auszeichnung von indirekten Objekten zu ungrammatischen Ergebnissen. Diese Beschränkung kann jedoch sehr einfach umgangen werden, wenn anstatt einer Nominalfugung eine Präpositionalfiigung auftritt: (50) (51)

* It was Liz I bought the flowers. It was Liz I bought the flowers for. (Huddleston, 1985:460)

In der CGEL werden prinzipiell die Konstruktionen I bought Liz the flowers bzw. I bought the flowers for Liz als strukturell verschieden angesehen. Der erste enthalte ein indirektes und direktes Objekt, der zweite ein direktes Objekt und ein Adjunkt. Die Behandlung der Prapositi onalfiigung for Liz als Adjunkt ist meines Erachtens unglücklich, da sie der semantischen Ähnlichkeit der beiden Strukturen nicht gerecht wird. Auf dieses Dilemma wurden die Autoren der CGEL wahrscheinlich zu spät aufmerksam, so daß sie außer in einer Anmerkung die Ähnlichkeit der beiden Strukturen negieren (s. Kap 2.23, Note b)

5.2.4.2.4 Die Auszeichnimg der Komplemente Der Spaltsatz kann auch zur Auszeichnung des Subjektkomplements dienen wie in (52), allerdings gilt dies nur dann, wenn in der untergeordneten Klausel ein anderes Verb als to be auftritt: (52) (53)

It was a doctor that he eventually became. (CGEL §18.27) * It was highly inconsiderate that he was. (Huddleston, 1984:460)

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Der Grund fur die Ungrammatikalität von (53) liegt vermutlich an der Tatsache, daß nach dem Hhz des Spaltsatzes noch ein Element vorhanden sein muß, das schwach betont ist. Dies trifft zwar in (52) auf become zu, in (53) fehlt es jedoch. Die Auszeichnung des Objektkomplements mittels Spaltsatz (54) ist zwar möglich, jedoch sehr selten. In dem von mir untersuchten Beispielmaterial fand sich kein einziger Fall, weshalb ich zur Illustration lediglich das von der CGEL genannte Beispiel wiederholen kann: (54)

It's dark green that we've painted the kitchen. (CGEL §18.27)

5.2.4.2.5 Die Auszeichnung des Adverbials Bestimmte Mitglieder semantisch und formal sehr heterogene Gruppe des Adverbials können durch einen Spaltsatz syntaktisch ausgezeichnet werden können, andere dagegen sind generell von dieser Möglichkeit der Hervorhebung ausgschlossen. Man kann dabei drei Gruppen11 unterscheiden. Die erste Gruppe bilden diejenigen Adverbials, die generell von der Verwendung als Komplement des Spaltsatzes ausgeschlossen sind, da ihre Verwendimg zu ungrammatischen Ergebnissen fuhren würde. Die zweite Gruppe bilden diejenigen, deren Verwendung im Spaltsatz von bestimmten Faktoren abhängig ist, und die dritte Gruppe schließlich diejenigen Adverbials, deren Auszeichnung mittels Spaltsatz generell möglich ist. Beginnen wir mit den Adverbials, die von der Auszeichnung im Spaltsatz ausgeschlossen sind. Hierzu gehören die Dis- (55) und die Konjunkte (56). Ihr Ausschluß ist darin begründet, daß sie bereits durch ihre Funktion eine syntaktische Sonderstellung innehaben, die lediglich deren Randstellung ermöglicht: (55) (56)

* It is honestly that I don't like icecream. * It is nonetheless that you should consider this fact.

Zu dieser Gruppe zählt auch - mit ganz wenigen Ausnahmen (s.u.) - das Subjunkt. Generell ungrammatisch sind Spaltsätze, mit Subjunkten, die sich auf die ganze Äußerung beziehen (wide orientation) wie in (57). Diejenigen Subjunkte, die sich nur auf bestimmte Konstituenten beziehen und bereits der Auszeichnung dienen, d.h. die sog. focusing Subjunkte wie in (58) sind ebenfalls ausgeschlossen. Sie könnten zwar betont sein, jedoch nicht das Hhz darstellen. Vermutlich verbietet überdies ihre semantische Funktion eine syntaktische Auszeichnung: (57) (58)

* It was fairly that he sprang at her with his questions. (CGEL §8.88) * It is only that I saw his brother. (CGEL §8.120)

11 Bei der Darstellung des Adverbials lege ich die formale und semantische Klassifizierung der CGEL, Kapitel 8 zugrunde. Diese ist zwar nicht ohne Schwachpunkte, stellt jedoch im Vergleich mit anderen Grammatiken bei weitem die beste Klassifizierung dieses Satzelements dar.

119

Zur zweiten Gruppe von Adverbials, deren Verwendung im Spaltsatz von bestimmten Bedingungen abhängig ist, gehören die übrigen Typen des Subjunkts, die Betonungsund Intensivierungssubjunkte (emphasizers bzw. intensifiers). Deren Grammatikalität ist abhängig vom Satztyp. So sind laut CGEL affirmative Aussagesätze (59,60) zwar ungrammatisch, Fragesätze oder verneinte Aussagesätze (61,62) dagegen grammatisch: (59) (60) (61) (62)

* It is certainly that Joan will object. * It was completely that he ignored your request. Was it completely that he ignored your request? I know that it wasn't entirely that he agreed with us. ((59) CGEL §8.102; (60-62) CGEL §8.110)

Zur dritte Gruppe der Adverbials, deren Verwendung im Spaltsatz zu grammatischen Formen führt, gehören die Adjunkte. Deren Auszeichnimg zählt neben der des Subjekts zu den häufigsten Fällen von Spaltsätzen. Jedoch sind auch bei den Adjunkten bestimmte, semantisch bestimmte Typen von der Auszeichnung im Spaltsatz ausgeschlossen: Grundsätzlich grammatisch ist die Auszeichnung eines Raumadjunkts. Dies gilt sowohl für Raumadjunkte der Position (63), die am häufigsten vorkommen, wie auch für die der Richtung (64) und der Entfernung: (63)

(Everybody talks about foul dens and filthy slums in which crime can run riot; but it's just the other way. They are called foul, not because crimes are committed, but because crimes are discovered.) It's in the neat, spotless, clean and tidy places that crime can run riot; (Chesterton, 1978:34)

(64)

(The path along the sands under the links, turned inland just beyond the headland and solidifying itself into a road, returned towards Craven House.) It was down this road, therefore, that the secretary darted, with characteristic impetuosity, to meet his patron returning home. (Chesterton, 1978:64)

Neben der Auszeichnung des Raumadjunkts wird häufig das Zeitadjunkt mittels eines Spaltsatzes hervorgehoben. Das gilt insbesondere für das Adjunkt der Zeitposition: (65)

(..."the cause of death was a stab through the heart with some pointed blade like a stiletto.) It was after death, and even some little time after, that the body was hidden in the pool." (Chesterton, 1978:70)

Dagegen sind Zeitadjunkte der unbestimmten Häufigkeit wie incessantly, again, last oder instantly von der Auszeichnung in der Spaltsatzkonstruktion ausgeschlossen. Eine Ausnahme stellt dabei often dar, das in negierten oder interrogativen Spaltsätzen wie in (66) bzw. (67) zu grammatischen Formen führt. Grammatisch sind dagegen Auszeichnungen von Adjunkten der Zeitdauer und der bestimmten Häufigkeit.

120

(66) (67)

It is not often that it rains in August. Is it often that it rains so heavily?

Semantisch ähnlich den Zeitadjunkten ist diejenige Gruppe der Subjunkte, die die Verbfugung oder die ganze Prädikation zeitlich modifizieren wie in (68) und (69):

(68) (69)

| It is very seldom that I write poetry these days. j It was only just now that I remembered our appointment. ((68,69) CGEL §8.98)

Die Grammatikalität dieser Subjunkte ist erstaunlich, bedenkt man, daß sehr viele Arten von Subjunkten generell von der Spaltsatzkonstruktion ausgeschlossen sind. Ihre Grammatikalität ist wohl aus ihrer semantischen Ähnlichkeit zu Zeitadjunkten zu erklären

Auch Adjunkte des zeitlichen Verhältnis (70) und Verlaufsadjunkte der Art und Weise (71) können durch den Spaltsatz ausgezeichnet werde. Letzeren Typ belegt das bereits oben unter (42) zitierte Beispiel, das ich wiederhole: (70)

(While William had won the battle of Hastings and eliminated his rival, he had not yet attained the English crown.) It was only after he had bust and pillaged the southeast of England that the citizens of London decided that further resistance would be useless. (Baugh/Cable, 1978:110)

(71)

(In crossing the Channel some of his [Caesar's] transports encountered a storm which deprived him of the support of his cavahy. The resistance of the natives was unexpectedly spirited.) It was with difficulty that he effected a landing, and he made little headway. (Baugh/Cable, 1978:44)

Die CGEL beschränkt die grammatische Verwendung eines Verlaufsadj unlets im Spaltsatz auf den Satztyp der Frage und der verneinten Aussage(CGEL §8.83). Der bejahte Aussagesatz sei ausgeschlossen. Diese These ist jedoch angesichts des Vorkommens von (42) nicht haltbar.

Auch Prozeßadjunkte des Mittels, des Instruments (72) und des Agens können ebenso wie Kontingenzadjunkte des Grundes (73) durch Spaltsätze syntaktisch ausgezeichnet werden: (72)

It was with a bullet that he was killed.

(73)

(I take it as certain that the glass of whisky left behind had been nearly emptied by somebody else; somebody we haven't thought about yet. "But can you think of any such person?" asked the other.) "It's because the manager and the barman won't hear of any such person, that you dismiss the one really independent piece of evidence; the evidence ofthat boy outside cleaning die steps." (Chesterton, 1978:35)

121

In den vorausgehenden Erörterungen wurde deutlich, daß der Spaltsatz eines der wenigen möglichen Mittel zur Auszeichnung des Adverbials und des Subjekts ist, womit auch die relative Häufigkeit dieser Typen zusammenhängt. Deutlich seltener dient der Spaltsatz der Auszeichnung von direkten Objekten oder von Komplementen. Die Auszeichnung des Verbs ist weder durch den Spaltsatz, noch durch die zuvor besprochene Frontstellung möglich. 5.2.5 Die Pseudospaltsatzkonstruktion 5.2.5.1 Die formale Bestimmung der Pseudospaltsatzkonstruktion Mit dem Spaltsatz verbinden den sog. Pseudospaltsatz (74) drei Gemeinsamkeiten: die hypotaktische Form bestehend aus übergeordneter und untergeordneter Klausel, die Struktur SVC und die einfache Form von to be als Verb der übergeordneten Klausel, das die gleiche Tempusmarkierung aufweist wie das Verb der wA-Klausel:12 (74)

"What I disliked about him at first sight," Martins told me, "was his toupee." (Greene, 1988:258)

Der wesentliche Unterschied zwischen (74) und einem Spaltsatz ist jedoch die Tatsache, daß Äußerungen des Typs (74) nicht immer das Resultat einer Spaltung sind oder mit anderen Worten eine entsprechende unmarkierte Variante haben. In der methodischen Vorrede (s. 0.2) wurde die Prämisse aufgestellt, daß eine Besprechung der informationellen Struktur von syntaktischen Konstruktionen nur sinnvoll auf der Basis eines Vergleichs vorgenommen werden kann. Im Fall des Pseudospaltsatzes unterscheidet sich die markierte Variante von der unmarkierten, abgesehen von der unterschiedlichen Satzstellung, durch ein Plus an grammatikalischen Morphemen.

Dies gilt auch für (74), dessen unmarkierte Entsprechung (75) ungrammatisch ist. Wir können aber (74) auch mit (76) vergleichen, bei dem about him fehlt: (75) (76)

* I disliked about him his toupee at first sight. I disliked his toupee at first sight.

Der Pseudospaltsatz unterscheidet sich vom Spaltsatz in drei Punkten: Zum einen fungiert die Wi-Klausel im Pseudospaltsatz entweder als Subjekt oder als Komplement; im Spaltsatz folgt die untergeordnete Klausel stets dem Komplement. Zweites ist das Subjekt des Spaltsatzes das semantisch leere, lediglich grammatikalische Funktionen erfüllende it, während im Pseudospaltsatz entweder die nominale w/j-Klausel oder eine Nominalfugung als Subjekt fungieren. Drittens handelt es sich beim Pseudospaltsatz

12 Im Pseudospaltsatz tritt typischerweise what als w/i-Pronomen auf, das von Jespersen als freier relativer Konnektor bezeichnet wurde (1927:6), weil es kein Antezedenz hat.

122

um eine identifizierende ¿¿-Konstruktion, bei der Reihenfolge von Subjekt und Objekt bei gleichbleibender Bedeutung vertauschbar ist.13 Je nach Funktion der w/i-Klausel kann man zwei Typen des Pseudospaltsatzes unterscheiden: den Typ mit relativer Subjektklausel und den mit relativer Komplementklausel. (74) stellt ein Beispiel für den ersten, (77) eines für den zweiten Typ dar: (77)

A good rest is what I need most. (CGEL, §18.29)

Je nach der Funktion des nicht-eingebetteten Elements in einer vergleichbaren unmarkierten Variante kann man auch beim Pseudospaltsatz verschiedene Fälle unterscheiden: : (78) illustriert die Auszeichnung des Subjekts als einfache Nominalfugung. Solche Nominalfugungen können nur auftreten, wenn sie unbelebte Referenten haben. Nominalfugungen mit belebten Referenten sind ungrammatisch, was (79) belegt.14 (74), (80) und (81) illustrieren die Auszeichnung des Objekts, in (74) hat das Objekt die Form einer Nomenfugung, in (80) die einer Klausel, in (81) die einer komplexen Nominalfugung und in (82) mit that die eines Pronomens. (83) illustriert die Auszeichnung des Subjektkomplements, (84,85) schließlich die der gesamten Äußerung. Das Objektkomplement ist vermutlich ausgeschlossen: (86): (78) (79) (74) (80) (81) (82) (83) (84) (85) (86)

What was needed was a political breakthrough. * What was needed was a politician. "What I disliked about him at first sight," Martins told me, "was his toupee." What I can't see is why I'm here. What they were referring to was his strong party allegiance. That's what I mean. But what she was not was an innocent country virgin. In essence what happens is that the drop in value of the shares in this company (...) is offset against the actor's earnings over the period. What you do is to make sure that (...) there's something that your own candidate can handle. ? What they made him was spokesman. ((78), (80-81,83) Erdmann, 1990:182-4; (82) Chesterton, 1978:101; (84) (LOB, A25 128ff.); (85) (CEC, S.1.1:TU 34)

Die Auszeichnung von Adjunkten verlangt andere w/i-Prononina wie when, where, why (87) oder deren lexikalische Paraphrasen wie the way (88): (87)

(James and I came to the conclusion that) that was why \ | the énglish rich upper crust /1 had always döne \ so wèll in life I (CEC, S 1.13, TU 567, p. 340 [sic])

13 Formal dem Pseudospaltsatz ähnlich ist auch What Shakespeare thought of Scotchmen isn't exactly evidence. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine identifizierende ¿¿-Konstruktion vor. 14 Solche Äußerung mit subjektiven Nominalfugungen mit belebten Referenten werden durch den Typ The one who was needed was a politician wiedergegeben, bei dem im Unterschied zum Pseudospaltsatz des w/i-Pronomens the one auftritt.

123

(88)

("This is a rum go", said the Inspector. "I thought I should spend hours cross-examining that slippery little toad there, for we haven't legally got a thing against him. And instead of that, he went to pieces all at once, and I really think he's told me all he knows in sheer funk." I know," said Father Brown.) "That's the way he went to pieces when he found Raggley's corpse apparently poisoned in his hotel. (Chesterton, 1978:38)

Streng genommen fallen weder Typ (87) mit einem anderen w/i-Pronomen, noch (88) mit einer lexikalischen Paraphrase unter den Begriff der Tseudospaltsatzkonstruktion', obwohl sie strukturell sehr ähnlich und funktional durchaus vergleichbar sind. 5.2.5.2 Die informationelle Struktur des Pseudospaltsatzes Die Syntax des Pseudospaltsatzes erlaubt verschiedene informationelle Strukturen. Es können sowohl zwei Tonstrecken mit je einem Hhz, oder eine Tonstrecke mit einem einzigen Hhz gewählt werden. Bei der Realisation als zwei Tonstrecken ist die erste Sinnspitze Teil der w/j-Klausel, die zweite Teil der übergeordneten Klausel. Innerhalb dieser Klauseln liegt in der Regel jeweils ein FHhz vor. Nehmen wir an, die w/j-Klausel fungiert wie in (74) als Subjekt, dann wird zum einen das letzte lexikalische Element der w/j-Klausel, hier disliked, zum anderen das Komplement, hier toupee, als Sinnspitze ausgezeichnet. Fungiert statt dessen die w/j-Klausel als Komplement, sind wieder das betreffende Element des w/j-Klausel und das Subjekt die Sinnspitzen:. (74a)

| What I disliked \ about him at first sight | (...) was his toupee \ |

Erdmann vertritt die Auffassung, die in der Wi-Klausel enthaltene Information sei nicht die Sinnspitze. Er fuhrt als Funktion dieser Konstruktion an, den Hörer an eine meist bereits kontextuell gegebene Einheit zu erinnern, so daß diese Einheit der Ausgangspunkt fur die weitere Kommunikation sein könne (1990:195). Diese semantisch bestimmte Verteilung behandelt die Information der W>-Klausel als topic. Die Information der wh-Klausel muß jedoch nicht vorerwähnt sein, ähnlich dem informativepresupposition it-cleft kann die Information objektiv neu, aber subjektiv als allgemein bekannt behandelt werden. Prince 1978 nennt verschiedene Fälle, in denen die in der Wi-Klausel enthaltene Information nicht kontextuell vorerwähnt ist, sondern mehr oder weniger leicht aus dem Vorwissen des Hörers abgeleitet werden kann. Prince spricht von bridges, die der Hörer von einer Information zur nächsten bilden könne. Dieser Begriff, der ursprünglich aus Haviland/Clark 1974 stammt, ist synonym mit Infcrenz. Auch der von Prince vorgeschlagene Begriff cooperatively assumable (1978:889) heißt nichts anderes als inferierbar. Solche Inferenzen sind formal nicht erfaßbar Um die Beschreibung solcher Imponderabilien von vornherein auszuschalten, ist es besser, anstatt von alter und neuer Information, von wichtiger und weniger wichtiger Information zu sprechen. Letztere Begriffe bringen die Subjektivität der Sprecherentscheidung deutlich zum Ausdruck. Unter 'weniger wichtig' lassen sich auch die von Prince 1978:889ff. aufgestellten Fälle von Wt-Subjektklauseln subsumieren.

Die Realisation von (74) als eine einzigen Tonstrecke mit einer Sinnspitze auf disliked ist ungrammatisch (74b). Zwar kann disliked bei der Realisation in zwei Tonstrecken hervorgehoben werden, es muß allerdings dann ein Kontrast vorliegen (74c):

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(74b) (74c)

* | What I disliked \ about him at first sight was his toupee | * | What I \disliked/ about him at first sight was his toupee \ | (What I \liked/ was the colour of his eyes\ |

In der unmarkierten Variante dagegen, sind nur die Realisationen (76a) und (76b) möglich, wenn man einen möglichen Kontrastfokus auf at first sight ausschließt. Die Variante (76c), in der sowohl disliked als auch his toupee Sinnspitzen wären, ist ungrammatisch: (76a) (76b) (76c)

I disliked his toüpee \ at first sight | I disliked \ his toupee at first sight | I disliked \ | his toupee \ at first sight |

In den Fällen (76a) und (76b) ist jeweils nur eine Sinnspitze möglich. In (76a) trägt disliked noch einen Primärakzent, ist aber intonatorisch dem fokustragenden Element toupee untergeordnet. (76a) und (74a) unterscheiden sich im wesentlichen durch die Funktion des Pseudospaltsatzes als identifizierende Konstruktion. Erdmann 1990 fuhrt neben Spalt- und Pseudospaltsälzen als dritten Typ fokussierender Syntagmen Kopularsätze des Typs The thing I like about Bob is his honesty an (1990:141). Dabei handelt es sich meines Erachtens jedoch um eine lexikalische Variante des Pseudospaltsatzes, bei der statt des Relativpronomens what eine lexikalische Paraphrase vorliegt. Ich sehe diesen Typ daher nicht als eigenen Fall an.

5.3 Die Satzstellungsvariationen der Nachstellung Neben der Frontstellung bietet die englische Syntax andere Mittel der Variation der Satzstellung, die die Positionierung eines Elements am Ende der Äußerung zur Folge haben. Diese Variationen kann man unter dem Typ der Nachstellung zusammenfassen. Darunter fallen die Extraposition, die Diathese, die Satzstellung in Konstruktionen mit transitiven Verben, die strukturelle Kompensation, die diskontinuierliche Nominalfugung und die Rechtsversetzung, die im folgenden besprochen werden. Die meisten dieser Konstruktionen bedienen sich des Prinzips des FHhz, das vor allem in der geschriebenen Sprache die informationelle Norm ist. Diese Konstruktionen dienen jedoch nicht nur der Herstellung der informationellen Norm. Sehr oft sind es rein syntaktische Beweggründe, die für die Anwendung dieser Konstruktionen ausschlaggebend sind. Doch auch in solchen Fällen tritt eine Veränderung der informationellen Struktur auf, weshalb diese Konstruktionen in der Untersuchung der informationellen Struktur nicht fehlen dürfen. 5.3.1 Die Extraposition 5.3.1.1 Die grammatische Bestimmung der Extraposition Wie beim Spaltsatz und dem Pseudospaltsatz handelt es sich bei der Extraposition um ein komplexes Mittel der Auszeichnung, das neben einer veränderten Satzstellung auch

125

eine Veränderung der syntaktischen Struktur der Äußerung zur Folge hat: 15 Ein als Klausel realisiertes Satzelement wird aus seiner durch die grammatikalisierte Satzstellung vorgeschriebenen Position "herausgestellt" oder extraponiert und an das Ende der Äußerung gestellt. In die ursprüngliche Position und Funktion der Klausel tritt die koreferentielle Proform So wird aus einem unmarkierten (90) eine extraponierte, markierte Variante (89): (89)

(90)

(I'm only a business man; and as a business man I think it's all bosh. You can't make men equal) and it's damned bad business to pay them equal. (Chesterton, 1978:104) ...and to pay them equal is damned bad business, (adaptiert)

Anstatt das Verhältnis von (89) und (90) als Extraposition zu bezeichnen, kann man mit Jackendoff 1977 §4.8 auch von Intraposition sprechen. Diese Bezeichnungen unterscheiden sich lediglich in der Blickrichtung, in der das Phänomen betrachtet wird. Bei Intraposition geht man davon aus, daß der Fall (89) unmarkiert ist und (90) der markierte Fall, der eigens zu bezeichnen ist.

Die Extraposition tritt in der Regel bei längeren, komplexen Satzelementen auf. Da diese in der geschriebenen Sprache häufiger sind als in der gesprochenen, ist es natürlich, daß die Extraposition häufiger in der ersteren zu finden ist. Die Extraposition ist ungrammatisch, wenn in Komplementsätzen sowohl das Subjekt als auch das Komplement als Klausel realisiert wird. Sie ist ebenfalls bei identifizierenden beKonstruktionen ausgeschlossen, da diese eine Umstellung ohne Veränderung der syntaktischen Struktur ermöglichen. In (90) handelt es sich um einen Komplement, d.h. eine syntaktische Struktur mit den Elementen SVC: als Subjekt fungiert die Klausel to pay them equal, als Kopular is und damned bad business als Subjektkomplement. In (89) ist die Analyse schwieriger: formal handelt es sich wieder um die Struktur SVC mit it als Subjekt, is als Kopula und damned bad business to pay them equal als Subjektkomplement. Diese formale Analyse ist jedoch unbefriedigend, da semantisch gesehen to pay them equal auch in (89) das Subjekt darstellt. Man kann dieses Dilemma im Stil der CGEL lösen, indem man it als antizipatorisches, formales Subjekt und die Klausel als nachgestelltes Sinnsubjekt bezeichnet. Eine andere Lösung besteht darin, it und damned bad business to pay them equal in Ausweitung des Begriffe 'diskontinuierlich' als diskontinuierliches Subjekt zu bezeichnen, wobei der erste Teil des Subjekts die formalen, der zweite Teil die semantischen Kriterien erfüllt. Diese Auffassung verschweigt jedoch, daß jedes Teil eine andere syntaktische Funktion, Subjekt vs. Komplement, einnimmt.

Zur Beschreibung der syntaktischen Struktur extraponierter Varianten dienen ich mich einer Notation, die einen Kompromiß zwischen einer syntaktischen und einer semantischen Bestimmung ist. So beschreibe ich beispielsweise die Struktur der Äußerung (89) als sVCS bezeichnen. Diese Notation beschreibt über das gleiche Symbol S den Subjektcharakter beider Teile, des formalen Subjekts it und des semantischen 15

Anstatt der Bezeichnung Extraposition verwendet man im Deutschen Ausklammerung bzw. Klammersatz. Gelegentlich bezeichnet man diesen Typ auch als Konstruktion mit antizipatorischem it.

126

Subjekts to pay them equal, drückt mittels der Gleichheit des Symbols auch die Koreferenz beider Teile aus, und bringt schließlich durch die Unterscheidung Groß- vs Kleinbuchstaben die semantischen Verhältnisse zum Ausdruck. Je nach Funktion der komplexen Klausel unterscheidet man zwei Typen der Extraposition, die der Subjektklausel und die der Objektklausel. Der Grund fur die Extraposition ist dabei in der Regel syntaktischer Natur: Die Syntax verlangt, daß komplexe Satzelemente möglichst nahe am Ende der Äußerung stehen. Dieses Prinzip wird in der CGEL als Prinzip des Endgewicht16 bezeichnet. Dieses Prinzip trifft insbesondere auf Subjektklauseln17 zu, die die Strukturen sVCS wie in (91), sVOS (92) und sVCAS (93) aufweisen können:18. (91)

(Beyond him again sat Father Brown and at the end of the table a Professor of Chemistiy, large and blond and bland, with eyes that were sleepy and perhaps a little sly) It was well known that this natural philosopher regarded the other philosophers, of the more classical tradition, very much as old fogies.

(92)

(All this is galling to the East German authorities, but, the Russians, I suspect, see west Berlin as a safety valve.) It calms the feelings of many in East Germany to know that their symbol of freedom is here, close by; to know that there is a way out.

(93)

It is usual for a mare who has produced one winning jumper to produce others,... ((91 (Chesterton, 1978:103) (92) LOB, A21 153; (93) LOB, A23 146f.)

Die Extraposition gilt aber auch fur Objektklauseln der Struktur SVoCO: (94) (Terms before we join common market) Britain has made it quite clear that she must make conditions before joining the common market. (LOB, A21 69ff.) Eine Objektklausel steht es von vornherein schon relativ nahe am Ende der Äußerung, weswegen eine komplex-transitive Konstruktion mit einem deutlich einfacheren Objektkomplement vorliegt. Für den Fall (94) wäre auch die Variante (95) möglich, bei der das Objekt an das Ende der Äußerung rückt, ohne daß dafür ein it als Platzhalter eintritt:

16

Dieses Prinzip gilt auch für das Deutsche. Behaeghel hat es in seiner Deutschen Syntax als Gesetz der wachsenden Glieder bezeichnet. (1923/32, Bd 4 S. 3-9) 17 Von einer granunatikalisierten Extraposition, die keinen informationellen Wert mehr hat, da kein Variation zwischen einer unmarkierten und einer markierten Variante besteht, kann man bei Äußerungen des Typs It seems that... sprechen. Dieser Fall ist daher für eine Untersuchung der informationellen Struktur irrelevant. lg Die Struktur sVpg^S wie in It was agreed that the Master and the priest should remain to guard the scene of tragedy (Chesterton, 1988:109) ist grammatikalisiert Es besteht somit keine Wahl zwischen einer unmarkierten und einer markierten Variante.

127

(95)

Britain has made quite clear that she must make conditions before joining the common market.

Diese Variation setzt allerdings voraus, daß die Funktion der einzelnen Fügungen formal eindeutig gekennzeichnet ist. Dies trifft in (95) zu, denn die Adjektivfügung quite clear kann nur als Objektkomplement und die Klausel that she must make conditions before joining the common market kann nur als Objekt fungieren. Die Extraposition ist nicht generell grammatikalisiert. Es besteht durchaus Variation, was die folgenden Beispiele beweisen, in den Klauseln nicht extraponiert werden: (96)

(An attack of asthma left him gasping for air and) how he managed to stay on his machine for four more rides let alone score four more points and a place at Malmo is beyond me.

(97)

Yet to make any of our trio more than an each-way bet would be more patriotic than prudent. ((96) LOB, A22 215ff; (97) LOB, A23 113)

Beispiele (96) und (97) mit nicht-extraponierten Subjektklauseln belegen, daß es sich bei der Extraposition in der Tat um eine Variation handelt. Allerdings stellt sich die Frage, welche Variante als unmarkiert zu bezeichnen ist. Formal muß die nicht-extraponierte als unmarkiert gelten, berücksichtigt man dagegen die Häufigkeit, gelangt man zum entgegengesetzten Ergebnis der extraponierte Variante als unmarkiert. Unabhängig von dieser Frage kann man jedoch von Variation überhaupt ausgehen, die die Basis für die Frage nach der unterschiedlichen informationellen Struktur ist. Für Erdmann 1990 stellen die nicht-extraponierten Konstruktionen die Sonderfälle dar, die man dementsprechend als markiert bezeichnen muß, insofern als sie angeblich Signale an den Hörer darstellen, nach vergleichbaren Fällen zu suchen ("to search in the discourse, in the situation or in his knowledge for a fact related to the state of affairs with which he has been presented by the speaker" Erdmann, 1990:138). Demgegenüber seien extraponierte Konstruktionen neutral bzw. unmarkiert. Diese Tunktion' ist impressionistisch und durch nichts empirisch belegbar.

5.3.1.2 Die informationelle Struktur der Extraposition Betrachten wir nun nach einer Darstellung der grammatischen Aspekte der Extraposition ihre informationelle Struktur. Wir gleichen dabei die beiden, bereits oben zitierten Fälle (89) und (90), die sich in ihrer informationellen Struktur deutlich unterscheiden. Der Kontext verlangt die Hervorhebung von pay. In der extraponierten Variante liegt ein FHhz vor, somit die informationelle Norm. In der unmarkierten, nicht-extraponierten Variante kann pay nur als Hhz fungieren, wenn zwei Tonstrecken vorliegen, da dammed bad business als neue Information ebenfalls betont sein muß, was bei einer Realisation in einer einzigen Tonstrecke (90b) nicht möglich ist: (89a) (90a) (90b)

(You can't make men equal) | it's damned bad business to pay \ them equal | | and to pay / them equal | is damned bad business \ | * | and to pay \ them equal is damned bad business |

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Die Gefahr, daß in einem geschriebenen Text (90) fälschlicherweise als (90b) realisiert wird, ist vermutlich nicht ausschlaggebend. Ausschlaggebend für die Wahl der extraponierten Variante (89a) ist dagegen die Tatsache, daß (89a) stilistisch neutral ist, während (90a) eine expressive Variante darstellt. Bei der Extraposition liegt jedoch nicht immer ein Unterschied in der informationellen Struktur im Vergleich zur unmarkierten Varianten vor. Dies trifft z.B. auf (98a) zu, in dem communication und this die Hhzz darstellen. Die gleiche Aufteilung in Tonstrecken bzw. die gleiche Verteilung von Hhzz liegt auch in der unmarkierten Variante (99a) vor: (98a) (99a)

| It's part of a modern mode of communication \ | to teach people to use things like this /1 | To teach people to use things like this /1 is part of a modern mode of communication^ ((98a) (CEC, S.1.10:TU 655, p. 262), (99a) adaptiert)

Die Ähnlichkeit in der informationellen Struktur des Paares (98,99) im Unterschied zu (89,90) liegt in der Komplexität. In den Paaren (98,99) ist die Realisation als zwei Tonstrecken erforderlich, wodurch die gleichen Hhzz vorliegen können. In (89,90) besteht dagegen eine Auswahl zwischen der Realisation als einer einzigen oder der als zwei Tonstrecken. Entsprechend können sich (89,90) in der Anzahl und Auswahl der Hhzz unterscheiden. 5.3.2 Die Diathese 5.3.2.1 Grammatische Bestimmung der Diathese Die klassische Form der Beschreibung einer Handlung realisiert den Verursacher, d.h. das sog. Agens, als Subjekt und das Ergebnis der Handlung bzw. den passiv an der Handlung Beteiligten (Objektiv oder Dativ) als Objekt. Diese unmarkierte Form der Beschreibimg nennt man aktiv. Die Relatoren des Verbs können aber auch andere syntaktische Funktionen erfüllen: Der Agens kann auch als Adjunkt, das Patiens auch als Subjekt fungieren. Diese markierte Form der Beschreibung nennt man passiv. Aktiv und passiv sind die Variablen der Diathese: (100) (101)

Peter prepared breakfast. Breakfast was prepared by Peter.

Nicht alle Äußerungen können diathetisch variieren. Generell haben Äußerungen mit transitiven Verben passive Entsprechungen. Die sog. middle oder symmetrical verbs aber auch reflexive Verben können dagegen nur aktiv gebraucht werden. Umgekehrt gibt es auch passive Verwendungsweisen von Verben, denen die entsprechende aktive Variante fehlt: (102)

Men of the Devonshire and Dorset regiments and the 2nd battalion of the parachute regiment in Cyprus were said to have been alerted for a move. (LOB, A21 58)

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In der Äußerung (102) wird der Agens der Handlung nicht benannt. In der Tat ist der entscheidende Grund für die Verwendung der Passiwariante meist die Möglichkeit, das Agens einer Handlung unerwähnt zu lassen.19 Passive Äußerungen treten vor allem in der geschriebenen Sprache auf, die gesprochene Sprache bevorzugt unpersönliche Konstruktionen mit they oder you, in denen ebenfalls ein unbekannter, da unspezifizierter Agens vorliegt: (103)

And everything they do in Edinburgh - they do it far too slowly. (Brown/Yule 1981:17)

Die Gründe fur den Verzicht auf das Agens können unterschiedlicher Natur sein: Das Agens kann aus dem vorausgehenden Kontext bekannt sein, und nicht mehr der Nennung bedürfen. Letzteres trifft auf (104) zu, bei dem das Agens die vorerwähnte Mannschaft von Brentford ist: (104)

(Brentford played some promising stuff in midfield, but were unable to put it to advantage.) Reading were matched in approach work; never in finishing power. (LOB, A22 65ff.)

Ein zweiter Grund fur ein fehlendes Agens kann der Umstand sein, daß der Sprecher es nicht kennt oder seine Nennung fur irrelevant hält, was für die folgenden Beispiele zutrifft. Der Hörer ist aufgefordert, mögliche Formen des Agens aus seinem pragmatischen Wissen zu ergänzen: (105)

(Gaoled woman let out - to steal.) A woman serving a two-year sentence at Holloway was taken from the prison to a mental hospital at Friern Barnet.

(106)

Honeymoor out. Honeymoor, ante-post favourite for the Cambridgeshire (New-market, October 28), has been scratched from the race. He was cast in his box on Thursday... ((105) LOB, A24 145fl); (106) LOB, A23, 171)

Die Diathese ist wie die Extraposition eine Konstruktion, die dazu dient, Endgewicht herzustellen. In (107) wird verhindert, daß die komplexe Nominalfugung als Subjekt wie in der entsprechenden Aktiwariante (108) am Anfang der Äußerung steht: (107) (108)

Their first-half inferiority was caused by the total inability of Mel Charles to get by centre half Maurice Norman. The total inability of Mel Charles to get by centre half Maurice Norman caused their first-half inferiority. ((107) (LOB, A22 118); (108) adaptiert)

19 Huddieston beruft sich in seiner Grammatik auf Frequenzuntersuchungen, deren zufolge in 75-80% aller Passivfalle kein Agens genannt würde.

130

Bei der Betrachtung der informationellen Struktur der Diathese setzte ich die Existenz und die Synonymie von Varianten voraus20. Daher kann ich nur Äußerungen mit transitiven Verben und vorhandenem Agens vergleichen. Fehlt der Agens, muß er zumindest aus dem Kontext zweifelsfrei ersetzt werden können.21 5.3.2.2 Die informationelle Struktur diathethischer Varianten Betrachten wir zur Beurteilung der informationellen Struktur der Diathese die Passivkonstruktion (109) und vergleichen sie mit ihrer Aktiventsprechung (110): (109a)

(Spurs 4, Arsenal 3: by Sam Leitch Cheeky, cocky left winger Terry Dyson and his hell-of-a-hat-trick squeezed both points Spurs' way. But, oh, what vile luck for the Gunners! Eighteen minutes from the end, Spurs were trailing 2-3 after having led 2-0 inside twenty minutes.) | After an Alan Skirton goal an arsenal transformation was worked by the magic head of Mel Charles \ |

(110a)

| After an Alan Skirton goal the magic head of Mel Charles / worked an arsenal transformation | ((109a) (LOB, A22 93), (110) adaptiert)

Der Kontext verlangt die Intonation (109a), in der durch die Passivierung die Sinnspitze Mel Charles als FHhz fungiert. Die diesem Kontext entsprechende informationelle Struktur der entsprechenden Aktiwariante (110) wäre (110a) mit Kontrastfokus (s. 6.3.2.1). Eine Variante mit FHhz (110b) ist zwar prinzipiell möglich, ist jedoch in diesem Kontext ausgeschlossen: (110b)

* | After an Alan Skirton goal | the magic head of Mel Charles worked an arsenal transformation \ |

Die Tatsache, daß Passivierungen vor allem in geschriebenen Äußerungen anzutreffen sind, korreliert mit der Tatsache, daß in letzteren die informationelle Norm des FHhz vorherrscht. Bei gesprochenen Texten kommen durch die Eindeutigkeit der Intonation keine Probleme auf, bei geschriebenen kann es jedoch zu Mißverständnissen im Stil von (110b) kommen, wenn der Leser ein FHhz erwartet. Um mögliche Mißverständnisse auszuschließen, kann entweder (109) oder auch (111) gewählt werden: (111)

After an Alan Skirton goal, it was the magic head of Mel Charles that worked an Arsenal transformation.

(112)

(Deeley, his opposite number, took a hopeful kind of hook shot. The ball seemed to be going away and West Ham's goalkeeper, Laurie Leslie, thought) | danger had been averted \ |

20

Zur Diskussion um die Vergleichbarkeit von Aktiv- und Passiwarianten s. Standop 1989. Ich sehe vom Aktiv-Passiv-Kontrast ab, bei dem durch Negation und Quantoren unterschiedliche Propositionen ausgedrückt werden.

21

131

(113)

(But tiny Terry wagged his foot at a Cliff Jones corner and) | the ball was scrambled home for a dramatic Spurs equaliser \ | ((112) LOB, A22 134fl); (113) LOB, A22 1 lOf)

Die Äußerungen (112) und (113) zeigen, daß auch Verbal- oder Präpositionalfugungen ein FHhz darstellen können, wenn das Agens fehlt. 5.3.3 Das Tough-Movement Im Vergleich zur Extraposition und zur Passivierung ist das sog. Tough-Movement eine relativ seltene syntaktische Umformung, die an eine Vielzahl von Bedingungen geknüpft ist. Die unmarkierte Äußerung ist ein Komplementsatz der Struktur SVC, bei der S durch eine eingebettete Subjektklausel realisiert wird, in der ein Experiencer in Form einer Präpositionalfiigung und ein infinites Verb vorliegen. Das Verb der übergeordneten Klausel ist die Kopula be, das Subjektkomplement ist in der Regel eine, lediglich aus einem Verb bestehende, infinite Klausel. Durch die Umstellung wird der Experiencer als einfache Nominalfiigung zum Subjekt, dagegen wird das Subjektkomplement als Klausel realisiert, der aus dem Subjektkomplement der unmarkierten Variante und dem infiniten Verb und der Präposition der Subjektklausel der unmarkierten Variante besteht: (114) (115)

To deal with him is impossible. He's impossible to deal with. (CGEL, §18.36)

Diese Konstruktion wird unterschiedlich kategorisiert. Die CGEL fuhrt sie als Sonderfall der Extraposition auf, weist ihr jedoch keinen Namen zu. Abgeleitet aus dem klassischen Beispielsatz He is a tough man to argue with verwenden amerikanische sprachwissenschaftliche Abhandlungen die Bezeichnung Tough-Movement.

Durch das Tough-Movement wird das als Experiencer fungierende Element zum Subjekt. Wie wir bereits im Zusammenhang mit der These der Subjektprominenz (s. 5.1.3) feststellten, werden solche Äußerungen bevorzugt. Diese Bevorzugimg, die ich als 'anthropozentrische Perspektive' der Sprache bezeichne, ist auch für das ToughMovement verantwortlich. Als markierte Variante zu (114) wäre auch die Extraposition (116) mit semantisch leerem Subjekt it möglich: (116)

It is impossible to deal with him.

Die informationelle Funktion dieser Konstruktion besteht darin, eine Trennung zwischen denjenigen Satzelementen herzustellen, die die Person bzw. die Wertung der Person ausdrücken. Diese syntaktische Trennung ermöglicht die Realisation der Sinnspitze als FHhz. Zur Illustration versehe ich (115) mit einen möglichen Kontext:

132

(115)

(A: What about the new pupil in your class, Peter Robson? How are you getting along with him? B: Not very well, really.) He is impossible to deal \ with |

Rein syntaktisch gesehen sind auch die Intonationen (115b) und (115c) möglich, bei denen das Subjekt die Sinnspitze bzw. stark betonte Information darstellt. Diese Intonationen setzen jedoch die Existenz von Kontrasten im Kontext voraus: (115b) (115c)

(She is such a nice person, easy to get along with, but) | \He/ is impossible to deal with \ | (She is quite o.k. but) | \He/ is impossible to deal with \ |

Zusammenfassend gilt, daß das Tough-Movement kein eigenständiges Mittel der Auszeichnung ist. In der Regel bedient es sich vielmehr des Prinzips des FHhz zur Auszeichnung der Sinnspitze. 5.3.4 Die Stellung von Komplementen bei di- und komplextransitiven Verben Bei bestimmten Verben, die di- oder komplextransitiv konstruiert werden, gibt es bestimmte kanonische Reihenfolgen der Ergänzungen. Bei ditransitiven Konstruktionen geht in der Regel das indirekte Objekt dem direktem voraus (117), bei komplextransitiven Verben geht das direkte Objekt dem Objektkomplement (118) bzw. dem Adverbial (119) voraus: (117) (118) (119)

Selwyn Lloyd gave the country a tough pep talk yesterday. Nobody would call the three raiders a force to flash triumphantly through the richest race this side of the Atlantic. (Two glorious goals - again Mel looked every inch as good as his big brother John in getting them) -and they put Arsenal in command. (LOB, A22 103ff.)

Brömser faßt die Stellungsregularitäten nicht als formal, sondern als semantisch bestimmt auf. Seiner Meinung nach ist die Reihenfolge Agens-Dative-Patiens wie in (117) unmarkiert, die Folge AgensPatiens-Dative ist dagegen markiert. Diese Markierung diene in der Regel dem Kontrast (1982:146). Dabei vernachlässigt er jedoch völlig die formale Realisation, die durch das Prinzip des Endgewichts diese Tendenz aufheben kann.

Welche Schlüsse lassen sich aus diesen Stellungsregularitäten für die informationelle Funktion der betreffenden Satzelemente ableiten? Betrachten wir zunächst die ditransitive Konstruktion (117). Geht man vom Vorkommen eines FHhz aus, sind folgende Intonationsvarianten möglich, je nachdem ob Lloyd und country unbetont oder betont sind: (117a) (117b) (117c)

| Selwyn Lloyd gave the cöuntry a töugh pep talk \ yesterday | j Selwyn Lloyd gave the cöuntry a töugh pep tälk \ yesterday | | Selwyn Lloyd gave the cöuntry a töugh pep talk \ yesterday \

133

Beschränken wir uns auf die informationelle Funktion der Objekte in (117), bedeutet dies, daß das indirekte Objekt schwach oder stark betont sein kann. Das direkte Objekt ist in allen Fällen das Hhz, folglich die Sinnspitze. Intonatorisch ist aber durchaus auch in einer vergleichbaren Struktur die Realisation des indirekten Objekts als Hhz möglich: (120)

(Rear-Admiral Brittain said the government had clearly decided that the country must "go continental") | and give drink licenses \ to restaurants and boarding houses | (LOB, A27 229ff)

Die Form des indirekten Objekts ist ein Aspekt, der bei der Betrachtung der informationellen Struktur meist vernachlässigt wird. Nicht-pronominale indirekte Objekte sind unbetont oder schwach betont. Pronominale indirekte Objekte sind - von Richtigstelllungen des Typs (121) ausgeschlossen- stets unbetont:

(121a)

11 gave him \ my full confidence | (not her).

Wenden wir uns nun mit dem Beispiel (122) der informationellen Struktur der komplex-transitiven Konstruktion zu. In der Regel stellt das finale Element, folglich das Objektkomplement bzw. das Adverbial, das Hhz dar: (122a) (123a)

| Nobody would call the three raiders a force /1 to flash triumphantly through the richest race this side of the Atlantic \ | | and they put Arsenal in command \ |

Ditransitive Konstruktionen können zu komplex-transitiven umgeformt werden, wobei das vormals indirekte Objekt in Form einer Präpositionalfugung als Adverbial fungiert, das dem direkten Objekt folgt. In seltenen Fällen kann es aber auch dem Objekt vorausgehen wie in (124):

(124)

Peter gave to his wife a beautiful bouquet of red roses.

In (124) kann sowohl das Adverbial als auch auf direkte Objekt das Hhz darstellen. Der kanonische Fall des FHhz läge bei Auszeichnung des Objekts vor, eine Auszeichnung des Adverbials setzt eher eine kontrastive Lesart voraus.

Wird die komplex-transitive Konstruktion mit einem pronominalen Adverbial realisiert, stellt normalerweise das Objekt das Hhz dar (125), es sei denn, es liegt Kontrast vor wie in (126): (125)

| and they put arsenal \ there |

(126)

11 have put the plates over \there/1 and the cüps in \here/1

5.3.5 Teilextrapositionen oder diskontinuierliche Fügungen Bei der Extraposition sind es komplette Satzelemente, die ans Ende der Äußerung gestellt wurden, wobei ihre ursprüngliche Position durch it eingenommen wird. Bei komplexe Fügungen, die aus einem nominalen Zentrum und einer komplexen Postmodifikation verstehen, besteht die Möglichkeit einer partiellen Extraposition, wobei das Zentrum an der eigentlichen Position belassen wird, die Postmodifikation jedoch

134

ans Ende der Äußerung gestellt wird. Das Resultat dieser Umstellung ist eine diskontinuierliche Fügung. Besonders häufig treten solche diskontinuierlichen Fügungen als Nominalfiigungen auf, die durch finite oder infinite Relativ- oder Konsekutivklauseln postmodifiziert werden: (127)

In 1066 an event took place which was to change the course of English history completely.

Die diskontinuierliche Nominalfugung fungiert meist als Subjekt. Durch ihre Diskontinuität wird Endgewicht hergestellt und die Stellung eines komplexen Elements am Anfang der Äußerung wie in (128) vermieden: (128)

In 1066 an event which was to change the course of English history completely took place.

Informationell unterscheiden sich (127) und (128) in der Möglicheit sich des FHhz zu bedienen. Ein FHhz ist nur in der markierten Variante (127) möglich, in (128) dagegen ausgeschlossen. 5.3.6 Die segmentierte Äußerung Neben der diskontuierlichen Fügung kann Diskontinuität auch durch parenthetische Einschübe erzeugt werden wie im Beispiel (129): (129)

The green house the one your Father showed us with the dark roof the one next to the postoffice it's burned down | (Halford, 1990:38)

Es handelt sich dabei um eine Konstruktion, die relativ häufig in gesprochener Sprache vorkommt. Ich bezeichne sie als segmentierte Äußerung. Bei ihr wird die Abfolge von Subjekt und Prädikat durch dazwischentretende postmodifizierende Nominal- und Präpositionalfiigungen unterbrochen. Die unterbrechenden Fügungen erfüllen die gleiche Funktion wie Appositionen, nämlich die der Postmodifikation. Sie unterscheiden sich jedoch voneinander in zwei Punkten: zum einen besteht die Apposition in der Regel nur aus einer Fügimg, beim segmentierten Satz liegen in der Regel mehr als eine unterbrechende Fügimg vor, die ohne ko- oder subordinierende Elemente aneinandergereiht werden, in (129) liegen beispielsweise drei solcher Fügungen vor. Zum zweiten gehört die Apposition formal dem gleichen Realisationstyp an wie ihr Bezugswort, während bei der segmentierten Äußerung der Realisationstyp variiert. . Die informationelle Funktion der segmentierten Äußerung besteht darin, die Äußerung in einzelne informationelle Einheiten aufzuspalten. Halford bezeichnet diesen Typ als 'step-by-step information' (1990:38). Im folgenden Beispiel werden die verschiedenen Nominalfügungen vermutlich jeweils als eigene Tonstrecken mit eigenem Hhz realisiert. Ein Vergleich von (129a) mit einer entsprechenden unmarkierten Variante (130) verlangt eine Auflösung der parataktischen Reihung in zwei Äußerungen. Ich ergänze dabei ein passendes Subjekt und Verb:

135

(130)

| Do you remember the green house with the dark roof which your Father showed us and which is next to to the postoffice? It has burned down.

Die informationelle Struktur von (129) zeigt eine Aufteilung der Äußerung in verschiedene syntaktisch vorgegebene Einheiten. Diese Einheiten oder Tongruppen haben jeweils ein eigenes Hhz. (129a) unterscheidet sich dadurch von (130) im Informationswert, der den einzelnen Elementen zugeordnet wird. Während in (129a) mehrere Hhzz bzw. Sinnspitzen vorliegen, wurde in (130a) auf der Basis der syntaktischen Hierarchie eine Klassifizierung der Information in weniger wichtige und wichtige Information vorgenommen: (129a) (130a)

| The green house /1 the one your Father showed / us | with the dark roof /1 the one next to the pöstoffice /1 it's burned down \ | | Do you remember the green house / with the dark roof which your Father showed us and which is next to to the postoffice | It has burned down \ |

Aus diesem Vergleich läßt sich folglich ablesen, daß segmentierte Äußerungen in der Kommunikation dann eingesetzt werden, wenn es gilt, möglichst viele neue und wichtige Information in einer Äußerung einzuführen. 5.3.7 Die Rechtsversetzung Wie bei der Linksversetzung wird bei der Rechtsversetzung ein als Nominalfügung realisiertes Element aus seiner Position entfernt und durch ein koreferentielles Pronomen ersetzt. Der einzige formale Unterschied besteht in der Position des versetzen Elements. 22 Bei der Linksversetzung steht es am Anfang der Äußerung, bei der Rechtsversetzung entsprechend an dem Ende: (131)

He is a clever boy, that Tom Smith

Die rechtsversetzte Nominalfügung in (131) ist stets schwach betont. Das Hhz stellt boy dar. Vergleichen wir (131) mit seiner unmarkierten Variante (132), stellen wir zwar keinen Unterschied bezüglich des FHhz fest, jedoch einen Unterschied in der Realisation der Nominalfugung Tom Smith. In der unmarkierten Variante kann sie entweder schwach oder stark betont sein: (132a) (131a)

| Tom Sm{i/i}th is a clever böy \ | | He is a clever böy \ that Tom Smith |

Somit erlaubt die unmarkierte Variante zwei Realisationsformen der betreffenden Nominalfügung, die markierte nur eine als schwach betonte. Da stets die bekannte oder weniger wichtige Information schwach betont realisiert wird, besteht die informatio22

Erdmann behandelt den Typ (131) als Extraposition (1990:134). Diese Fälle funktionieren in der Tat nach einem ähnlichen Konstruktionsmuster, da es sich bei den umgestellten Satzelementen jedoch um strukturell Verschiedenes handelt, behandle ich diesen Typ unter einem eigenen Eintrag.

136

nelle Funktion der Rechtsversetzung darin, anzuzeigen, daß das versetzte Elemente bekannt oder weniger wichtig ist. 5.4 Die Konstruktion mit unbetontem there 5.4.1 Die formale Bestimmung der f/iere-Konstruktion Die intonatorische Norm des FHhz bedeutet die Stellung der Sinnspitze am Ende der Äußerung. Will der Sprecher neue, wichtige Information in Form einer indefiniten Nominalfügung in die Kommunikation einfuhren, verwendet er in der Regel eine Konstruktion, die es ihm erlaubt, diese Information an das Ende der Äußerung zu stellen. Diese Konstruktion ist die Konstruktion mit unbetontem there. Sie erfüllt zwei Aufgaben: zum einen stellt sie Endgewicht, zum zweiten die informationelle Norm des FHhz her: (133)

There was a certain quality about Father Brown which might sometimes be called blood-curdling. (Chesterton, 1978:109)

Den Anfang der Äußerung bildet das unbetonte Pronomen there \ und eine einfache Verbfiigung. There j, das sich syntaktisch, semantisch und prosodisch vom Ortsadverb therej unterscheidet, fungiert als Subjekt. Der syntaktische Unterschied besteht in der Tatsache, daß sich das existentielle there distributioneil wie ein Subjekt verhält, das Ortsadverb there jedoch als Adverbial fungiert. Der semantische Unterschied besteht in der Bedeutung ersteren als Signal neuer Information, während letzteres einen konkreten Ort bezeichnet. Der phonologische Unterschied schließlich besteht in der Realisation des Silbenkerns, beim Ortsadverb liegt ein Diphthong, beim existentiellen there ein Schwa vor.

In der Forschung ist die Interpretation von there relativ umstritten. Eine ausfuhrliche Darstellung liefert hierzu Breivik 1990:18-117. Nach Ansicht Lyons1 ist das existentielle there diachron und synchron aus dem lokativen there entstanden. Breivik 1981 und 1990 zeigt auf, daß ein solcher, ursächlicher Zusammenhang zwischen dem existentiellen there und dem Ortsadverb there zwar diachronisch, aber nicht synchronisch besteht. Bolinger 1977, dessen Analyse zur existentiellen f/iere-Konstruktion wegen ihrer mangelnden Objektivität und ihrer zu starken Basis auf introspektiven Daten z.B. von Strang 1978 kritisiert wurde, sieht im Prinzip einen ähnlichen Zusammenhang zwischen dem existentiellem there und dem Ortsadverb there, indem er ersteres als Abstraktion von letzterem ersteht. Er beschäftigt sich jedoch nicht mit einer Ableitungsgeschichte. Der grammatische Status von there ist in verschiedenen grammatischen Untersuchungen umstritten. Analog zu ihrer Vorgehensweise bei der Extraposition bezeichnet z.B. die CGEL there als grammatisches Subjekt, wobei das Subjekt der unmarkierten Variante auch in der markierten Variante weiterhin als Sinnsubjekt oder als Subjekt bezeichnet wird. Dieser Auffassung schließe ich mich an.

Das Verb der imbetonten //iere-Konstruktion ist in der Regel das lexikalische be. Daneben können auch intransitive Verben, die eine Existenz oder ein Erscheinen ausdrücken, auftreten. Diese sind jedoch deutlich seltener. Andere Verbformen, etwa

137

transitive Verben sind, wie Untersuchungen des Survey of English Usage, des Brown Corpus und des von Erdmann benutzten Korpus zeigen, selten (Breivik 1990:157£f.). Der Typ (133) dient in der Regel dazu, eine Einheit in die Kommunikation einzuführen und damit gewissermaßen deren Existenz zu prädizieren.23 Daher rührt die Bezeichnung 'existentielle Konstruktion'24. Eine zweite Funktion dieser Konstruktion besteht in der Aufstellung einer Liste wie in (134): (134)

(What's worth visiting here?) There's the park, a very nice restaurant, and the library. (Rando/Napoli 1978:300-1)

Rando/Napoli 1986 haben auf das Vorkommen von Sonderfallen der existentiellen Lesart hingewiesen, bei denen definite Nominalfiigungen auftreten:

(135) (136)

There's the strängest bird \ in the cáge | In England there was never the problem that there was in America. (Rando/Napoli 1986:301 bzw. 305, (136) ursprünglich aus Perlmutter 1980:243)

In beiden Fällen liegen laut Rando/Napoli semantisch indefinite Nominalfiigungen vor. So trete zwar in (135) ein definiter Artikel auf, was jedoch im Zusammenhang mit dem Superlativ obligatorisch sei. Es handele sich in (135) nicht um den Superlativ, sondern um den Elativ (Rando/Napoli sprechen von einem "'remarkable' reading, 1978:301). Auch Milsark 1974 und 1977 hat sich ausfuhrlich mit dem Vorkommen von definiten Nominalfiigungen in Äußerungen mit existentiellem there befaßt. Ihmzufolge gehört der definite Artikel in die Klasse der Allquantoren. In existentiellen Äußerungen seien jedoch keine Allquantoren als Argumente erlaubt. In der Lesart als Liste jedoch werde lediglich die Existenz der ganzen Liste prädiziert, weswegen die Tatsache, daß einzelne Elemente dieser Liste mit Allquantoren realisiert seien, irrelevant sei.

Der häufigste Fall der i/jere-Konstruktion mit existentieller Lesart ist die sog. bloße existentielle Konstruktion, die lediglich aus there, einer Form von be und einer Nominalfiigung besteht, wie in (137) und (138): (137) (138)

When I was young, Socialism was supposed to mean saying that there are no classes." (Chesterton, 1978:104) I there was a béer called Newcastle Brown \ | (CEC, SI.7, TU 286, p. 179)

Die fAere-Konstruktion kann aber auch Adverbials des Ortes enthalten, die entweder vor oder nach der Nominalfugung auftreten können: (139)

23

There was in the vicinity a helpful doctor. (CGEL, §18.45)

Das Beispiel (133) stellt eine interessante Parallele zum Spaltsatz dar, bei der durch die hypotaktische Struktur wichtige Information zweigeteilt wird, wovon ein Teil an das Ende der Äußerung rückt. 24 Die Bezeichnung 'existentielle Konstruktion' geht auf Jespersen 1924:155 zurück. Sie ist jedoch nicht synonym mit Z/iere-Konstruktion, da zum einen letztere auch andere Funktionen als die Existenzaussage haben können, zum anderen weil es auch andere Konstruktionen zum Ausdruck der Existenz gibt.

138

Neben der //lere-Konstruktion gibt es eine zweite Konstruktion mit existentieller Lesart. Diese Konstruktion wird durch ein Ortsadverbial eingeleitet, dem eine Form von to be und eine Nominalfügung folgen. Das Beispiel (140), das diesen Typ illustiert, stammt ursprünglich aus einem geschriebenen Text des Survey of English Usage, ich zitiere es jedoch aus Breivik 1990:144: (140)

(The study smelt of cigars and pot pourri rose-petals. Two of the high walls were covered in books, but) against the third wall was a cabinet overcrowded with objects.

Konstruktionen des Typs (140) mit existentieller Lesart verlangen nach Breivik eine spezielle Interpretation: Die eingeführte Einheit, hier cabinet, muß wie auf einer Bühne unmittelbar dargestellt werden, so daß der Hörer einen visuellen Eindruck gewinnt. Diese Bedingung nennt Breivik visual impact constraint (1990:140) in order for clauses like [140] to be acceptable they must present something on the immediate stage, that is, they must bring something - literally or figuratively - before our eyes.

Ich schließe mich dieser Interpretations Breiviks an, die sich allerdings noch ergänzen läßt. Der von Breivik genannte visuelle Eindruck kann nur von Konkreta erzeugt werden. Daher können nur Nominalfügungen mit einem konkreten Referenten in Konstruktionen des Typs (140) auftreten. Die Tatsache, daß (141) dagegen ungrammatisch ist, liegt an der Abstraktheit des Referentens der Nominalfugung. Diese Einschränkung gilt jedoch nicht für die f/jere-Konstruktion mit existentieller Lesart (142), die eine grammatische Äußerung ergibt: (141) (142)

* In the language is infinite variety I there is infinite variety \ in the lànguage | ((142) CEC, S.1.5, TU 650, p. 138; (141) adaptiert)

5.4.2 Die informationelle Struktur der f/jere-Konstruktion Die Einheit, deren Existenz mit der /Aere-Konstruktion prädiziert wird, füngiert in der entsprechenden Tonstrecke normalerweise als FHhz. Diese Information ist neu, worauf auch die Form als indefinite Nominalfügung verweist. Wir illustrieren diese Regeln am Beispiel (142): (142)

| there is infinite variety \ in the lànguage | (CEC, S.1.5, TU 650, p. 138)

Bei der bloßen existentiellen Konstruktion (142) ist kein Vergleich mit einer unmarkierten Variante (143) möglich. Wir können (142) nur mit (144) vergleichen, in der anstatt einer Form von to be eine des Verbs exist auftritt: (143) (144)

* Infinite variety is in the language. ? Infinite variety exists in the language.

139

Beim Typ (144) ist eine Funktion von variety als Sinnspitze nur bei einer kontrastiven Lesart möglich. Im Normalfall ist (144) ungrammatisch. Wenn in der f/zere-Konstruktion die Nominalfugung nicht das letzte lexikalische Element der Äußerung ist, bzw. wenn es sich um um eine komplexe, postmodifizierte NominalFügung handelt, kann auch ein Element als die Nominalfugung das Hhz sein. Im oben zitierten Beispiel (133) fällt stellt beispielweise die Postmodifikation das Hhz dar. Ich nehme dabei die Intonationsvarianten (133a) und (133b) an, wovon (133a) eine emphatische Lesart, (133b) vermutlich die neutrale darstellt: (133a) (133b)

| There was a certain quälity / about Fäther Brown | which might sömetimes be called blöod-cürdling \ | | There was a certain quälity about Fäther Brown which might sometimes be cälled blöod-cürdling \ |

Folgt der Nominalfugung dagegen ein weiteres Element, beispielsweise ein Ortsadverbial kann auch letzteres das Hhz darstellen, wie in dem folgenden aus dem SEU stammenden Beispiel, das ich aus Breivik 1983:194 zitiere: (145)

| meanwhile this evening in Derry itself /1 there's been möre trouble in the Bog \ side | (ursprünglich SEU, W.2.3a.4)

Wie aus der obigen Darstellung ersichtlich wurde, besteht trotz einer Dominanz der Realisation der syntaktisch ausgezeichneten, indefiniten Nominalfugung als Hhz noch die Möglichkeit anderer Hhzz, d.h. die Syntax legt bestimmte Hhzz nahe, läßt dem Sprecher aber Raum für Variation. 5.5 Die Konstruktion mit Eventive

object

Im Englischen gibt es eine Variation zwischen einem einfachen dynamischen Verb des Typs shout und einem Syntagma bestehend aus einer Verb- und einer Nominalfugung des Typs give a shout ist. Das Objekt des Syntagmas ist folglich das das dem dynamischen Verb entsprechende Nomen. Das Objekt dieser Konstruktion bezeichnet man gewöhnlich als eventive object: (146a) (147a)

| He ntidged \ Helen | | He gäve Helen a nüdge \ | (CGEL, §18.39)

Die informationelle Bedeutung dieser Konstruktion besteht darin, die Sinnspitze als Nomen zu realisieren. Bei Hhzz handelt es sich normalerweise um Nomina, Verben sind in der Regel schwach betont. In (146a) stellt das von der Tätigkeit affizierte Objekt, in (147a) dagegen die Tätigkeit selbst die Sinnspitze dar. In beiden Fällen wird das FHhz formal als Nomen realisiert.

140

5.6 Zusammenfassung der syntaktischen Konstruktionen mit informationellen Funktionen Die neuenglische Syntax basiert grundsätzlich auf einer positioneilen Kennzeichnung ihrer Elemente: diese Kennzeichnung ist das Prinzip des FHhz. Gemäß dieses Prinzips stellt das letzte lexikalische Element der Äußerung ihre Sinnspitze dar. Abweichungen von diesem Prinzip werden in der Regel formal markiert. Die formellen Kennzeichnungen der Abweichungen zerfallen in zwei Gruppen: Bei der ersten Gruppe der Voranstellung wird die Sinnspitze durch syntaktische Markierungen an den Anfang der Äußerung gestellt. Dazu zählen die Frontstellung, die Linksversetzung, der Anakoluth, der Spaltsatz und der Pseudospaltsatz. Bei der zweiten Gruppe der Nachstellung wird durch die Syntax erst die Position am Ende der Äußerung als deren letztes lexikalisches Element hergestellt. Denn normalerweise, d.h. in den entsprechenden unmarkierten Äußerungen würde dieses Element eine nicht-finale Position einnehmen. Zu dieser Gruppe der Nachstellungen zählen die Konstruktionen der Extraposition, der Diathese, des Tough-Movements, die Stellung der notwendigen Ergänzungen in diund komplextransitiven Konstruktionen, die diskontinuierlichen Fügungen, die Rechtsversetzung, die segmentierte Äußerung, die Konstruktion mit unbetonten there und die Konstruktion mit eventive object. Diese Veränderung der Satzstellung in dieser zweiten Gruppe ist nicht immer nur durch die informationelle Struktur bedingt. Häufig ist es auch die Frage des Gewichts, d.h. die der relativen Komplexität, die eine Umstellung der Satzelemente verlangt. Bei bestimmten Konstruktionen liegt automatisch eine Abweichung vom Prinzip des FHhz vor. Dies gilt für die Linksversetzung, den Ankoluth, den Spaltsatz und den Pseudospaltsatz, bei denen stets das syntaktisch markierte Element die Sinnspitze darstellt. Nur in bestimmten, diskursiv bedingten Fällen wie dem der Richtigstellung kann ein anderes Element als das syntaktisch ausgezeichnete die Sinnspitze darstellen. Normalerweise zeichnet die Syntax jedoch eine bestimmte informationelle Struktur vor. Diese markierten Konstruktionen bestehen aus zwei Tonstrecken, ihre entsprechenden unmarkierten Varianten aus einer einzigen Tonstrecke. Folglich variieren sie auch in der Anzahl der Hhzz. Während in der unmarkierten Variante nur ein Element als Hhz fungiert, liegen in der markierten Variante zwei Hhzz vor, wovon eines identisch mit dem Hhz der unmarkierten Variante ist, das zweite Hhz dagegen erst durch die syntaktisch markierte Form entsteht. Die Frontstellung dient in der Regel primär der Textkohäsion. Sie kann aber sekundär auch der Kennzeichnung der informationellen Struktur dienen. Dabei ist allerdings die Formklasse des in Frontstellung befindlichen Elements von entscheidender Bedeutung. Die Frontstellung dient in der Regel dazu, die Funktion eines anderen Elements als FHhz zu ermöglichen. Die Frontstellung des Adverbials ist informationell irrelevant, die der anderen Elemente dagegen markiert deren Realisation als stark betonte

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Elemente. Damit nehmen sie in der informationellen Struktur der Äußerung eine wichtige Position ein. Bei den zweiten Gruppe der syntaktischen Variationen der Nachstellung wird ein Element an das Äußerungsende gestellt, daß damit automatisch als Sinnspitze gekennzeichnet ist. Die einzige Ausnahme hierzu stellt die Rechtsversetzung dar, bei der das an den Äußerungsrand gestellte Element relativ schwach betont und unwichtig ist. Alle anderen Konstruktionen der Nachstellungen, die die Extraposition, die Diathese, die Stellungsvariation bei di- und komplextransitiven Verben, die Konstruktion mit unbetontem there, die diskontinuierlichen Fügungen, die segmentierte Äußerung und die Konstruktion mit eventive object. Meist haben diese Satzumstellungsvarianten die Funktion, Endgewicht herzustellen.

6. Die Intonation als Faktor der informationellen Struktur

Im Laufe des geschichtlichen Überblicks zur informationellen Struktur (Teil I.) hat sich gezeigt, daß die bislang verwendeten Definitionen von Thema und Rhema zu keinem befriedigenden Ergebnis führten. Um mit diesen Begriffen sinnvoll arbeiten zu können, ist es vonnöten, sie an ein formales Kriterium zu binden. Ein solches Kriterium ist die Intonation. Bereits in Kapitel 0.4 stellte ich in groben Zügen ein Umschriftmodell dar, um die Wirkung der Intonation auf die informationelle Struktur von Äußerungen untersuchen zu können. Dieses skizzierte Intonationsmodell gilt es nun zu vervollständigen. Eine Untersuchung der Wirkung der Intonation im Rahmen der informationellen Struktur ist naturgemäß zweigeteilt in einen phonetischen und einen phonologischen Teil. Diese beiden Teile verhalten sich zueinander wie Basis und Überbau: Betrachtet man allein die phonetische Seite der Intonation, entsteht angesichts der Fülle der daran beteiligten Faktoren unwillkürlich der Eindruck eines ungeordneten Ganzen. Dieses ungeordnete Ganze gewinnt erst dann an Struktur und wird erst dann zum System, wenn die phonetischen Phänomene phonologisch interpretiert werden. Umgekehrt ist eine Betrachtung der Phonologie der Intonation undenkbar bzw. substanzlos (im Sinn der Glossematik) ohne phonetische Grundlage. Die große Anzahl bereits vorhandener, detaillierter Beschreibungen der phonetischen Aspekte der Intonation1 macht eine weitere phonetische Untersuchung überflüssig. Ich stütze mich daher bei der Beschreibung der phonetischen Basis auf die Erkenntnisse der bisherigen Forschung. Dabei handelt es sich sowohl um instrumentelle als auch um auditive Analysen. Den Schwerpunkt meiner eigenen Untersuchung lege ich auf die Beschreibimg des phonologischen Überbaus der Intonation. Das Bindeglied zwischen der phonetischen und der phonologischen Betrachtung der Intonation stellt die auditive Analyse dar. Diese wird gewöhnlich zur Ebene der Phonetik gezählt, da sie sich mit den anatomischen und neurophysiologischen Vorgängen des Wahrnehmungsprozesses beschäftigt. Die Wahrnehmung ist jedoch subjektiv, d.h. es wird nur das wahrgenommen, was bereits eine funktional gerechtfertigte Form besitzt. Mit anderen Worten: Die Wahrnehmung ist nicht zweckfrei, sondern stets mit einer Interpretation verbunden. Damit überschreitet die auditive Analyse die Grenze zur Phonologie, denn letztere ist nichts anderes als eine Interpretation der Wahrnehmung sprachlicher Zeichen auf funktionaler Basis. Da es sich bei der auditiven Analyse um einen neurophysiologischen Vorgang handelt, ist sie empirischer Beobachtung nicht zugänglich. Bei der Beschreibung der auditiven Analyse werde ich deshalb Black-Box-Modelle aufstellen, die aus Hypothesen

1

Anstatt eine lange Liste einzelner Werke zu nennen, verweise ich auf die Bibliographie, in der die wichtigsten Arbeiten zur Intonation verzeichnet sind.

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bestehen, mit denen die Veränderungen, die zwischen den phonetischen Eingangsdaten und den phonologischen Ausgangsdaten stattfinden, dargestellt werden können. Die Notwendigkeit einer auditiven Analyse ist durch die Fülle der an der Intonation beteiligten, interferierenden phonetischen Faktoren gegeben. Eine Betrachtung der Intonation, die sich in der rein instrumentellen Beschreibung von Fakten erschöpft, ist sinnlos (!). Die auditive Analyse ist notwendig, um die instrumentellen Daten zu verstehen. Diese Notwendigkeit der auditiven Interpretation wird auch von primär instrumenteil ausgerichteten Untersuchungen der Intonation anerkannt (s. z.B. Pierrehumbert 1981:5-6). Die Notwendigkeit der auditiven Analyse bedeutet aber keineswegs, daß instrumentelle Untersuchungen müßig wären. Zwar gibt es vor allem im Umkreis der generativen Transformationsgrammatik eine Reihe von Arbeiten, in denen die Behandlung des bedeutsamsten intonatorischen Faktors, nämlich des sog. Sentence accent, allein auf auditiven Analysen fußt, diese Analysen halten jedoch einer näheren Betrachtung nicht immer stand: Überträgt man die an hypothetischen Sätzen entwickelten Thesen auf reale sprachliche Äußerungen, stellt man sehr oft fest, daß die in den Thesen dargestellten Regeln die Komplexität der Sachverhalte realer sprachlicher Äußerungen nicht adäquat beschreiben. Eine ähnliche Kritik wurde bereits von Crystal geäußert (Crystal, 1975:10). Um bei meiner phonologischen Betrachtung der Intonation nicht den gleichen Fehler der Mißachtung der sprachlichen Realität zu begehen, lege ich meiner Interpretation reale, d.h. authentische sprachliche Äußerungen zugrunde. Diese Äußerungen entnehme ich dem Corpus of English Conversation (hiernach: CEC). Ich beginne nunmehr die Untersuchung der Intonation mit einer phonetischen Betrachtung der Faktoren, die am Zustandekommen der linguistischen Funktionen der Intonation beteiligt sind. 6.1 Die phonetisch-phonologischen Parameter der Intonation Das sprachliche Kontinuum 2 besteht nicht nur aus einzelnen segmentalen Lauten, die mehr oder weniger willkürlich voneinander abgegrenzt werden können, sondern auch aus lautlichen Erscheinungen, die die Segmente überlagern, den sog. Suprasegmentalia. Segmentaba und Suprasegmentalia sind in der sprachlichen Realisation untrennbar miteinander verbunden. Sie können jedoch theoretisch, d.h. phonologisch, getrennt betrachtet werden. Diese suprasegmentalen Erscheinungen bezeichne ich als Intonation. Es gibt zwei Bedeutungen von Intonation: Entweder umfaßt der Begriff alle suprasegmentalen Merkmale oder lediglich die Tonhöhenveränderungen. Intonation wird in meinem Modell in der ersten Bedeutung verwendet, in dem der britischen Phonetik dagegen in letzterer.

2 Die folgende phonologische Untersuchung zur Intonation stellt die Phoneme der Tonhohenbewegung dar. Eventuelle phonetische Unterschiede, die zwischen einzelnen Varietäten des Englischen werden nicht berücksichtigt. Näheres z.B. bei Cruttendon: 1986: Kap. 5 "Comparative Intonation".

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Die phonetischen Merkmale der Intonation sind die Tonhöhe bzw. deren Veränderung, die Lautstärke, die Länge des Vokals bzw. der Silbe und die Pause. Es handelt sich dabei um Merkmale, die sowohl linguistische als auch sog. paralinguistische Funktionen haben können. Unter letzteren verstehe ich Angaben zur Haltung des Sprechers gegenüber der zu übermittelnden Information bzw. gegenüber dem Hörer. Ich beschränke mich auf die Betrachtung deijenigen Merkmale der Intonation, die an ihren linguistischen Funktionen beteiligt sind. Der Beweis ihrer linguistischen Funktion wird kontrastiv erbracht: Nur diejenigen Intonationsmuster, die einen linguistischen Bedeutungsunterschied ausdrücken, sind phonematisch, alle anderen stellen Varianten dar. Die kontrastive Methode ist in zweierlei Hinsicht von Vorteil: zum einen unterscheidet sie Phoneme von ihren Varianten, zum zweiten unterscheidet sie Linguistisches von Paralinguistischem. Nur so kann die Bi-Funktionalität der Intonation als Vehikel linguistischer und paralinguistischer Information adäquat beschrieben werden. Die Trennung der beiden Funktionen der Intonation ist ein grundlegendes Problem, mit dem sich jede Untersuchung der Intonation auseinandersetzen muß. Die Grenze zwischen dem linguistisch Relevanten und dem Paralinguistischen verläuft mitten durch den Bereich der Intonation. Die Grenzziehung bzw. die Gewichtung der beiden Funktionen ist umstritten. Eine extreme Position vertritt diesbezüglich z.B. Bolinger 1986, für den die linguistischen Funktionen der Intonation neben ihren paralinguistischen eher nebensächlich sind: The approach followed here (...) differs from others in its insistence on the independence of intonation from grammar. Intonation has more in common with gesture than with grammar (...) (Bolinger 1986:viii)

Jede linguistische Untersuchung der Intonation muß sich davor hüten, Linguistisches und Paralinguistisches miteinander zu vermischen oder gar paralinguistische anstatt linguistische Bedeutungen der Intonation zu beschreiben. Die in meinem Modell vorgenommene Beschränkung auf die Beschreibung der linguistischen Funktionen bedeutet nicht, daß die paralinguistische Seite der Intonation weniger wichtig ist als die linguistische. Aus der Sicht der Sprachwissenschaft sind lediglich die intonatorischen Funktionen der Intonation leichter zu beschreiben als die paralinguistischen. Zur Untersuchung der linguistischen Funktionen der Intonation beschränke ich mich auf zwei relevante, phonetisch-phonologische Merkmale: die Tonhöhe und die Betonung. Deren Phonemcharakter wird offensichtlich, wenn man die folgenden Äußerungen miteinander vergleicht: (la) (lb) (2a) (2b)

This is a black bird. This is a blackbird. John went home. John went home?

Bei gleichen segmentalen Lauten unterscheiden sich (la) und (lb) bzw. (2a) und (2b) nur in ihrer Intonation. Dieser Unterschied ist phonematischer Natur, d.h. er drückt

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einen Bedeutungsunterschied aus. Um erklären zu können, wie dieser Bedeutungsunterschied zustande kommt, bedarf es einer näheren Betrachtung der Betonung und der Tonhöhenveränderung. Bevor ich auf die intonatorischen Unterschiede von (1) und (2) eingehen, möchte ich mich zunächst einer zentralen Frage widmen, nämlich der Frage, inwieweit solche intonatorische Merkmale (unabhängig von anderen grammatischen Merkmalen) bedeutungsunterscheidend sein können. Halliday 1967 vertritt die These, die Intonation bilde ein auf Kontrasten basierendes, grammatisches System. Diese These wird von verschiedenen anderen Phonetikern wie Crystal 1968 oder Brazil et al. 1980 angefochten. Letztere halten zwar die Kennzeichnung von Kontrasten durch die Intonation prinzipiell für möglich, ihrer Meinung nach ist die intonatorische Kennzeichnung jedoch redundant neben den eigentlichen syntaktischen, semantischen, pragmatischen, diskursiven oder kommunikativen3 Unterscheidungen. Ich vertrete in diesem Disput eine mittlere Position: Die Intonation ist ein Instrument, das sowohl linguistische als auch paralinguistische Funktionen hat. Dies bezeichne ich als die Polyvalenz der Intonation. Die linguistischen Funktionen der Intonation bestehen in der Kennzeichnung der informationellen und der diskursiven Struktur. Diese bilden ein grammatisches System. Die paralinguistischen Funktionen der Intonation können jedoch ihre linguistischen Funktionen neutralisieren. Somit sind die Neutralisation, die Redundanz and die Polyvalenz der Intonation Faktoren, die die Wertung der Intonation als eines grammatischen Systems beeinträchtigen. Diese Faktoren bedürfen einer gesonderten Betrachtung. Ich untersuche zunächst das Argument der Redundanz. Die mögliche Redundanz intonatorischer Merkmale bedeutet nicht automatisch, daß intonatorische Varianten zufällig verteilt wären. Die Tatsache, daß (1) und (2) auch ohne syntaktische, semantische, pragmatische, diskursive oder kommunikative Signale linguistisch verschieden sind, beweist vielmehr, daß die Intonation sehr wohl eine phonematische Funktion hat. Dies schließt die Existenz zusätzlicher Kennzeichnungen nicht aus. Die natürliche Sprache ist in vielen Bereichen durch ein hohes Maß an Redundanz gekeimzeichnet, ohne daß die entsprechenden Merkmale deshalb generell als zufällig zu bewerten sind. Auch das zweite Phänomen, das der Neutralisation, d.h. die Tatsache, daß in bestimmten Kontexten intonatorische Unterscheidungen aufgehoben werden können, widerlegt keineswegs die linguistische Funktion der Intonation. Wie die Redundanz ist die Neutralisation eine Erscheinung, die auch in anderen Bereichen der Sprache, wie z.B. in der Phonetik, auftritt. Die Tatsache, daß beispielsweise in bestimmten Umgebungen die Unterscheidung von /p/ und /b/ versagt, bedeutet keineswegs, daß diese Laute als freie Varianten angesehen werden müssen. Ahnlich verhält es sich mit der Intonation. In bestimmten Umgebungen kann es zur Neutralisation intonatorischer Pho3

Unter den Begriff diskursive Funktion fallen verschiedene formal oder inhaltlich beschreibbare Phänomene wie Kontrast, Kontradiktion oder die von Sag/Liberman 1975 aufgestellte surprise redundancy conlour. Als kommunikative Funktionen der Intonation bezeichnet Tench 1990:19 die Unterscheidung von verschiedenen illokutionären Sprechakten wie Behauptungen, Aufforderungen oder Befehlen, die sich u.a. auch durch die Intonation unterscheiden.

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neme kommen, ohne daß deshalb die Funktion des Intonationssystems an sich in Frage gestellt wird. Auf die Faktoren, die Redundanz oder Neutralisation hervorrufen, werde ich im Laufe der Untersuchung eingehen. Auch das dritte Phänomen, die Polyvalenz der Intonation, d.h. die Tatsache, daß die Intonation mehr als eine Funktion hat, kann die grammatische Funktion der Intonation nicht widerlegen. Es gilt lediglich, sorgsam zwischen den linguistischen und den paralinguistischen Funktionen der Intonation zu unterscheiden. Ich habe bereits auf eine weitere Funktion der Intonation hingewiesen, nämlich auf die paralinguistische. Tench 1990:16 geht sogar von sechs (!) Funktionen der Intonation aus: wovon diejenige Funktion, die er als attitudinal bezeichnet, meiner pparalinguistischen Funktion entspricht. Außerdem nennt er eine informationelle, eine kommunikative, eine syntaktische, eine textuelle und eine stilistische Funktion. Ich verstehe die informationelle und die syntaktische als linguistische Funktionen im engeren Sinn, die textuelle, die kommunikative und die stilistische als linguistische Funktionen im weiteren Sinn.

6.1.1 Die Tonhöhe und ihre Veränderung Die Tonhöhe (englisch pitch) ist akustisch gesehen die Frequenz des beim Sprechen erzeugten Klangs. Dieser Klang hat eine bestimmte Grundfrequenz (F0). Spricht man von Veränderungen der Tonhöhe, meint man Veränderungen der Frequenz in Relation zur Grundfrequenz F0. Physiologisch gesehen wird die Tonhöhe durch die Schwingung der Stimmbänder erzeugt. Beim Sprechen ist die Tonhöhe ständigen Schwankungen unterworfen. Diese Schwankungen können rein phonetisch bedingt sein und z.B. auf die Qualität der betreifenden Vokale oder Konsonanten zurückzuführen sein. Die Schwankungen können aber auch phonematisch bedingt sein. Mit letzterem Phänomen werde ich mich noch näher beschäftigen.4 Die Tonhöhe bzw. die Veränderung der Tonhöhe wird in Gruppierungen von Elementen untersucht. Diese Gruppierungen bezeichne ich als Tonstrecken. Ich definiere die Tonstrecke vorläufig als eine Zusammenfassung mehrerer sprachlicher Elemente, die durch Pausen begrenzt wird. Ich werde jedoch in 6.1.3 noch einmal ausführlich auf die Bestimmung der Tonstrecke eingehen. In den meisten Arbeiten der britischen Phonetik wird neben der Veränderung der Tonhöhe auch die relative Anfangstonhöhe einer Tonstrecke verzeichnet. So spricht z.B. bereits Sweet 1906 von drei Kategorien der Tonhöhe, die er als hoch, mittel bzw. fze/bezeichnet. Das Bezugselement ist stets die erste betonte Silbe der Tonstrecke, der sog. onset.5 4

In der britischen Phonetik ist es üblich, von pitch oder Intonation levels zu sprechen, die amerikanische Phonetik verwendet die Bezeichnung Intonation contours. Die entsprechenden Systeme sind größtenteils ineinander übersetzbar. 5

Zwar haben viele Arbeiten zur Intonation diese Tonhöhenangaben übernommen, keine stellt jedoch die Frage nach der Berechtigung der Größe des onset. Der onset wird in diesen Arbeiten im Stile Sweets als Referenzpunkt benutzt. In Arbeiten, in denen der onset fehlt, nimmt man für jeden Sprecher eine individuelle, hypothetische Tonhöhe an, die als Grundtonhöhe gelten kann. Letztere wird z.B. wie bei Cruttendon 1986:22 als Grundton (bottompitch) bezeichnet.

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Die absolute Tonhöhe eines Sprechers, die solchen Angaben zur Anfangstonhöhe zugrundeliegt, ist auditiv durchaus real. Dies beweisen u.a. landläufige Aussagen, daß jemand eine "tiefe" bzw. eine "hohe" Sprechstimme habe. Diese Angaben beziehen sich jeweils auf ein nicht spezifiziertes Mittelmaß. Sie sind jedoch nur von begrenztem linguistischem Interesse, da die absolute Tonhöhe einer Äußerung nicht bedeutungsunterscheidend ist. Es ist völlig irrelevant, ob z.B. die Äußerung (2b) mit einer niedrigen oder einer hohen Tonhöhe gesprochen wird: (2b)

John went home?

Brazil et al. 1980 sprechen der Tonhöhe einer Äußerung in Relation zur Tonhöhe einer vorausgehenden oder folgenden Äußerung nicht nur einen Bedeutungsunterschied, sondern sogar eine eigene Bedeutung zu, die als Kontrast, Äddition oder Gleichsetzung definiert wird (1980:23fF.). Durch die Relation zur Tonhöhe der benachbarten Äußerung handelt es sich bei dieser relativen Angabe um eine Betrachtung der Tonhöhen Veränderung. Ob diese Bedeutungen linguistisch haltbar sind, ist eine Frage, die den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Yule 1979 weist der niedrigen Tonhöhe die Funktion zu, alte oder unwichtige Information anzuzeigen. Meines Erachtens geht hier die Tonhöhe mit einem Mangel an Betonung einher, weswegen ich diese Funktion der Betonung zuordne.

Die absolute Tonhöhe von Äußerungen im Vergleich zueinander ist linguistisch irrelevant. Irrelevant ist fernerhin die absolute Tonhöhe von Teilen von Äußerungen. Relevant sind Angaben zur Tonhöhe lediglich dann, wenn Teile von Äußerungen untereinander bezüglich der Tonhöhe variieren, sprich: wenn Tonhöhenveränderungen vorliegen. Angaben zur absoluten Tonhöhe können nur in zwei Ausnahmefallen von Interesse sein: beim Kontrast (6.3.2.1) und beim Beiseite-Sprechen (6.3.2.4), auf die ich eigens eingehen werde. Auf die linguistische Relevanz von Veränderungen der Tonhöhe verweist u.a. auch der britische Phonetiker Fry, der sich eingehend mit der instrumentellen Seite der Phonetik befaßte. Im folgenden Zitat beschreibt Fry, wie Tonhöhenveränderungen in Relation zur Grundfrequenz F0 (hier: fundamental frequency) erkannt werden: Like all linguistic elements, intonation patterns have to be recognized in spite of all the differences introduced by individual speakers and they therefore depend on relations of fundamental frequency and not on the use of any standard pitch scale. They are tunes which can be sung in any key and indeed with any scale and we each of us choose those that suit our particular make-up. The factor which has the greatest weight, therefore, is the direction in which fundamental frequency changes with time, whether the pitch slides upwards or downwards and how rapidly it does so; after that the extent of the slide is important, but only in a rather gross way and in contrast with other patterns employed by the same speaker (Fry, 1979:69)

Fry nennt drei Gesichtspunkte, die bei der Tonhöhenveränderung unterschieden werden: (1) die Richtung, (2) die Geschwindigkeit und (3) das Ausmaß der Tonhöhenveränderung. Der Punkt der Geschwindigkeit ist auf den ersten Blick nicht ganz einleuchtend. Was Fry damit zum Ausdruck bringen will, ist die Unterscheidung zwischen Tonhöhenveränderungen, die sich nur auf eine Silbe beziehen, so daß die Tonhöhe sehr schnell fällt, und solchen, bei denen sich die Tonhöhenveränderung über

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mehrere Silben hinweg und damit langsam vollzieht. Eindeutig sekundär gegenüber der Richtungsveränderung ist das Ausmaß der Änderung. Diese Gewichtung der phonetischen Merkmale der Tonhöhenveränderung durch Fry hebt sich deutlich ab von der in der britischen Phonetik verbreiteten Behandlung der Tonhöhe und ihrer Veränderung. Letztere versteht die Tonhöhe als eigenen, quasi-autonomen Parameter und verzeichnet sie gleichberechtigt neben der Tonhöhenveränderung. So spricht z.B. Sweet 1906 von einem Intonationsmuster, das er als High fall bezeichnet. In dieser Bezeichnung werden die Angabe zur relativen Tonhöhe mit der zur (terminalen) Tonhöhenveränderung verknüpft. (Es gibt daneben noch eine zweite Interpretation von High fall, auf die ich gleich zurückkommen werde.)

Der phonematische Status der Tonhöhenveränderung wird seit Bolinger 1958 und seiner Theorie der pitch accents allgemein anerkannt. Auch britische Phonetiker wie Halliday gehen von einer linguistischen Funktion der Tonhöhenveränderung aus (1967a:203). Die Tonhöhenveränderung kann verschiedene Formen annehmen, die als Tonhöhengipfel, Tonbruch, Tonhöhenmodulation und Tonhöhenbewegung bezeichnet werden. Zur Illustration dieser Formen der Tonhöhenveränderung verwende ich ein aus Gimson 1989 stammendes Beispiel, das ich der Anschaulichkeit halber ausnahmsweise mit der in der britischen Phonetik weitverbreiteten interlinearen Notation wiedergebe.6 Betonte Silben werden durch einen Asterisk * bezeichnet. Das Hervorhebungszentrum, das durch eine starke Betonung und eine linguistisch relevante Tonhöhenveränderung gekennzeichnet ist, wird durch die Kombination * dargestellt. Unbetonten Silben schließlich entsprechen Punkte: (3a)

why don't you try and jump *



*

(Gimson, 1989:266) Der Tonhöhengipfel ist die Realisation eines Elements auf einer im Vergleich zum übrigen Material deutlich erhöhten Tonhöhe. Im Beispiel (3a) liegt ein solcher Tonhöhengipfel auf you. Als Tonhöhenbruch bezeichnet man die beim Tonhöhengipfel eintretende, abrupte Veränderung der Frequenz und das Einsetzen auf einer deutlich höheren oder niedrigeren Tonhöhe. In (3a) trennt ein solcher Tonhöhenbruch die Elemente don't und you. Die kontinuierliche Veränderung der Tonhöhe, die z.B. zwischen you und try vorliegt, bezeichne ich als Tonhöhenbewegung. In der britischen Phonetik spricht man bisweilen auch von kinetischem Ton. Die Tonhöhenmodulation schließlich beschreibt den bei der Tonhöhenveränderung auftretenden Frequenzunterschied. Der Frequenzunterschied kann wie beim Tonhöhenbruch und beim Tonhöhengipfel die Form eines Intervalls haben. Er kann aber auch wie bei der Tonhöhenbewegung die Form einer kontinuierlichen Veränderung haben. Beide Typen sind Formen der 6

An dem Beispiel (3a) kann man u.a. erkennen, daß die Tonhöhe in der Tonstrecke auf aufeinanderfolgenden Silben abfallt. Die phonetische Realität dieses Phänomens, das als Deklination bezeichnet wird, ist heftig umstritten (s. CEC 1980:24,15; Cruttendon 1986:126).

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Tonhöhenmodulation. Instrumentelle Daten zeigen bisweilen großen Schwankungen der Tonhöhenmodulationen (s. Pierrehumbert 1980:6). Von seltenen Ausnahmen abgesehen genügt es bei einer Beschreibung der phonematischen Parameter der Tonhöhenveränderungen, die Tonhöhenbewegung anzugeben. Angaben zu etwaigen Tonhöhengipfeln, Tonhöhenbrüchen und Tonhöhenmodulationen sind dagegen von untergeordneter Bedeutung. 7 Gemäß der Richtung der Tonhöhenbewegung unterscheide ich zwei Varianten, die schon im eingangs angeführten Beispiel (2) auftraten. 8 Zur Wiedergabe dieser Tonhöhenbewegungen verwende ich die bereits in 0.4 eingeführte intralineare Notation: (2a) (2b)

John went home. \ (Fallende Tonhöhe, Fallton, fallingpitch) John went home? / (Steigende Tonhöhe, Steigton, rising pitch)

(4a) (4b)

I'm not going to buy anything \ I'm not going to buy anything / (but only quality)

(2a) und (2b) bzw. (4a) und (4b)9 unterscheiden sich lediglich hinsichtlich der Richtung der Tonhöhenbewegung. Dieser phonetische Unterschied ist bedeutungsunterscheidend: In (2) entscheidet er über den Satzmodus, d.h. über Frage- oder Aussagesatz, in (4) über den Skopus der Negation. Während in (4a) die Negation die ganze Äußerung umfaßt, umfaßt sie in (4b) lediglich anything.10 Fall- und Steigton sind die phonematischen Fälle der Tonhöhenbewegung. Dieses grundlegende abstrakte Phonemsystem wird in den verschiedenen Varietäten des Englischen verschieden realisiert. Aus Platzgründen bin ich nicht in der Lage, auf die Intonationsmodelle aller Varietäten des Englischen einzugehen. Daher beschränke ich mich auf eine kurze Betrachtung des phonetischen Intonationssystems der beiden Referenzvarietäten, auf das Britische (BrE) und das Amerikanische Englisch (AmE). 7

Cruttendon 1986 arbeitet mit einem einfacheren System zur Beschreibung der Tonhöhenveränderung. Er unterscheidet lediglich zwischen steps und movements. Steps sind abrupte Veränderungen der Tonhöhe und entsprechen meinen Tonhöhenbrüchen. Movements sind kontinuierliche Veränderungen der Tonhöhe und entsprechen den Tonhöhenbewegungen. Cruttendon unterscheidet zwischen steps und movements in erster Linie distributioneil: Steps treten auf, wenn das betreffende Wort mehrsilbig ist und sein Stamm nicht die letzte Silbe darstellt, bzw. wenn dem betreffenden Element mehrere unbetonte Wörter folgen. Besteht das hervorgehobene Element dagegen nur aus einer einzigen Silbe, verändert sich die Tonhöhe im Verlauf der Realisation der Silbe kontinuierlich. 8

Ahnliche Fälle, in denen allein die Intonation einen Bedeutungsunterschied hervorruft, verzeichnet Couper-Kuhlen, 1986:141-146 und 148-151. 9 In (4b) liegt auf anything phonetisch gesehen eine feil endsteigende Tonhöhenbewegung, die ich phonematisch unter dem Typ Steigton klassifiziere. Halliday bezeichnet sie als eigenen Typ, der ausdrücke "there is a 'but' about it (nach Tench 1990:237). Diese Funktion der Implikation kann jedoch unter die Bedeutung des Steigtons als Verbindlichkeit subsumiert werden. 10 Bing 1986 nimmt statt einer Tonhöhenbewegung einen nuklearen Ton und eine die Tonstreckengrenze kennzeichnende, terminale Tonhöhenbewegung (boundary tone) an. Diese Aufteilung der Tonhöhe in zwei Phänomene erinnert an die Praxis von Trager/Smith, die sowohl die Tonhöhe als auch die clause terminals umschrieben. Dieses Vorgehen ist unnötig kompliziert. Es genügt in den meisten Fällen, von einer Tonhöhenbewegung auszugehen, die ein Element kennzeichnet, das wir als Hervorhebungszentrum bezeichnen, und die sich im Rest der Äußerung fortsetzt.

150 Das AmE, genauer gesagt das General American hat prinzipiell zwei verschiedene Varianten der Tonhöhenveränderung, eine fallende und eine steigende. Zusammengesetzte, komplexe Tonhöhenveränderungen sind relativ selten. Ich nehme daher für das AmE folgendes System von Tonhöhenveränderungen an: (5)

Phonem

konkrete phonetische Realisation (Phon)

(a) (b)

6\ 6/

6\ 6/

Das BrE, genauer gesagt die Received Pronunciation, ist eine Varietät in der im Vergleich zum AmE deutlich stärker modulierte Tonhöhenbewegungen auftreten. Bei diesen handelt es sich jedoch nicht um linguistisch verschiedene Fälle, sondern um bedeutungsgleiche Varianten der beiden phonematischen Fälle. Ich nehme fur das BrE das folgende System von Tonhöhenveränderungen an: (6)

Phonem

konkrete phonetische Realisation (Phon)

(a) (b) (c) (d) (e)

6\

6\ öA oo/ 6V

o/

(fallende Tonhöhenbewegung) (steigendfallende Tonhöhenbewegung) (gleichbleibende Tonhöhenbewegung) (steigende Tonhöhenbewegung) (fallendsteigende Tonhöhenbewegung)

Das Auftreten starker Tonhöhenmodulationen im BrE, das neben anderen Faktoren dessen Reichtum an Varianten der Tonhöhenbewegung zur Folge hat, ist linguistisch gesehen irrelevant. Solche Varianten sagen neben der Herkunft des Sprechers lediglich etwas über die Sprecherhaltung aus. Cruttendon schildert eine interessante Vermischung dieser beiden Kriterien, die zu einer falschen Deutung der Sprecherhaltung fuhrt: The high-rising tone (...) is much more frequent in American English than in British English, which is one reason why Americans sound casual to the British; whereas the prevalence of the low-rising tone in British English is one reason why the British sound formal to Americans. (Cruttendon, 1986:59)

Die Frage nach der Funktion der Tonhöhenbewegung soll für den Moment zurückgestellt werden, damit zunächst auf den von Fry angeführten Gesichtspunkt der Tonhöhenmodulation eingegangen werden kann. Fry bezeichnet das Ausmaß der Tonhöhenmodulation als sekundär. Diese Relation zeigt zwar eine Unterordnung der Tonhöhenmodulation unter die Tonhöhenbewegung an, beantwortet jedoch noch nicht die Frage, ob erstere bedeutungsunterscheidend ist oder nicht. In diesem Zusammenhang kann man auf die oben angedeutete Existenz einer zweiten Lesart deijenigen Tonhöhenveränderungen zurückkommen, die in der britischen Phonetik als High fall bzw. als Low fall bezeichnet werden. Diese zweite Lesart ist die der Tonhöhenmodulation. Bei High fall und Low fall handelt es sich in dieser Lesart um Veränderungen mit großer bzw. geringer Tonhöhenmodulation.

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Die Tonhöhenmodulation bezieht sich nicht auf ein einzelnes Element, sondern auf die ganze Tonstrecke. Um festzustellen, ob die Tonhöhenmodulation ein kontrastives Merkmal ist, vergleiche ich zwei Varianten, die sich lediglich in diesem Merkmal unterscheiden. Ich benutze dabei die bereits oben zitierte Äußerung (2b), die ich in einen Fall (2ba) mit einer größeren und einen Fall (2bb) mit einer kleineren Modulation des Steigtons aufteile. Die Modulation der Tonhöhe gebe ich ad hoc durch die Verwendung einer oder zweier Schrägstriche wieder. (2ba) entspricht dabei einem Low rise und (2bb) einem High rise: (2ba) (2bb)

John went home? / John went home? //

Der Unterschied, der zwischen den Varianten (2ba) und (2bb) besteht, ist nicht linguistischer, sondern paralinguistischer Natur: Wahrscheinlich drückt der Sprecher in (2bb) Interesse, Erstaunen oder Ahnliches ob der betreffenden Tatsache aus. Low rise und High rise stellen folglich freie Varianten des Steigtons dar. Um die Tonhöhenveränderung linguistisch adäquat zu beschreiben, beschränke ich mich daher in der Regel auf Angaben zur Tonhöhenbewegung. Nur in Sonderfallen, auf die ich noch eigens eingehen muß, erfolgen getrennte Betrachtungen der einzelnen Parameter der Tonhöhenveränderung. Wie in (5) und (6) dargelegt, unterscheide ich bei den Tonhöhenbewegungen zwischen zwei phonematischen Formen, denen jeweils eine unterschiedliche Anzahl von Varianten entspricht. Diese Varianten sind entweder phonetisch bedingt oder auf paralinguistische Funktionen zurückzuführen. Um eine phonetisch bedingte Variation der Tonhöhenbewegung handelt es sich bei einer Veränderung der Tonhöhe, die zwischen zwei gleichen Tonhöhenbewegungen auftreten kann. Ich betrachte als Beispiel den Fall zweier aufeinanderfolgender Tonstrecken mit Steigtönen. Tritt in der ersten Tonstrecke dasjenige Element, das die signifikante Tonhöhenbewegung trägt, relativ früh auf und folgt diesem Element unbetontes Material, kann die Tonhöhe dieses unbetonten Materials fallen. Dabei strebt der Sprecher in der Artikulation des unbetonten Materials schon die Tonhöhe des Beginns der nächsten Tonstrecke an und nähert sich wieder einem neutralen Mittelwert der Tonhöhe. Eventuell hat diese Erscheinung auch eine paralinguistische Bedeutung, nämlich die der Emphase. Diese Veränderung der Tonhöhe ist phonetisch als steigendfallend beschreibbar. Dieser Typ kann als Tonstreckenbegrenzungssignal gedeutet werden. Da solche Umkehrungen der Tonhöhe jedoch linguistisch irrelevant sind, handelt es sich nicht um phonematische Typen der Tonhöhenbewegung. Ich verzeichne sie daher in meinem Modell als Varianten des Steigtons bzw. des Falltons. Fast alle Modelle der Intonationsbeschreibung divergieren in der Anzahl der zu unterscheidenden Fälle der Tonhöhenbewegung. Schließt man phonetische Unterschiede von vornherein aus, muß der Grund für diese Diskrepanz in ihrer Zielsetzung liegen: Ein Modell mit einer großen Anzahl von Tonhöhenbewegungen ist phonetisch ausgerichtet. Es verzichtet auf eine funktional begründete Unterscheidung phonematischer und phonetischer Tonhöhenveränderungen. Wenn in solchen phonetisch orientierten

152 Modellen überhaupt einmal die Frage nach der Funktion der unterschiedlichen Formen gestellt wird, werden in der Regel nur paralinguistische Interpretationen bemüht. Beispiele für ein solches Vorgehen finden sich in der britischen Phonetik zuhauf. Bereits die Intonationsdarstellung von Sweet konzentriert sich auf die phonetisch korrekte Wiedergabe der Intonation und konstatiert eine Unzahl verschiedener Formen der Tonhöhenbewegung. Es finden sich bestenfalls Ansätze einer phonologischen Interpretation der Vielzahl phonetisch möglicher Tonhöhenbewegungen. Ahnliche Versuche der Unterscheidung zwischen phonomatischen Tonhöhenbewegungen und ihren Varianten finden sich bei Crystal und Brazil et al. 1980. Crystal geht von zwei grundsätzlichen Typen der Tonhöhenbewegung aus: einem Fallton und einem Steigton. Der Fallton sei der häufigste Typ, der die Finalität der Äußerung ausdrücke. Der Steigton drücke dagegen die Unabgeschlossenheit der Äußerung an. Den anderen Tonhöhenbewegungen mißt Crystal diskursive Funktionen wie die Kennzeichnung einers Kontrastes oder paralinguistische Funktionen wie dr Ausdruck der Sprecherhaltung zu (1975:34). Auch Brazil et al. 1980 nehmen zwei grundlegende Tonhöhenbewegungen an, einen Fallton mit der Funktion proclaiming und einen fallend-steigenden Ton mit der Funktion referring. Die Funktionsbeschreibungen der Tonhöhenbewegungen sind sowohl linguistischer als auch paralinguistischer Natur. Gimson und Halliday dagegen kehren wieder zu Sweetschen Tradition zurück und begnügen sich mit einer ungeordneten Zuweisung von Funktionen. Diese angeblichen Funktionen sind fast durchweg paralinguistischer Natur und beschreiben mögliche Sprecherhaltungen. In dieser Tradition steht auch das Modell Cruttendons. Er verzeichnet mit sieben Formen eine große Zahl unterschiedlicher Tonhöhenbewegungen (jeweils zwei Varianten des Steig- und des Falltons, die Kombination der beiden und den gleichbleibenden Tons). Ihre Funktionszuweisung ist jedoch ebenfalls paralinguistischer Natur. Daß die Intonation eine paralinguistische Funktion hat, ist unbestreitbar. Die Beschreibung dieser paralinguistischen Funktion ist jedoch keineswegs einfach. Das beweist auch die Tatsache, daß sämtliche Modelle zur Intonation, die sich um eine Beschreibung dieser paralinguistischen Bedeutungen bemühen, zu unterschiedlichen Thesen gelangen. Ich greife als Beispiel für die Unterschiedlichkeit der Interpretation der paralinguistischen Funktionen die Behandlung des Steigtons heraus: Nach Brazil et al. 1980 drückt der Steigton Herablassung des Sprechers bzw. seine Dominanz gegenüber dem Hörer aus ("to choose r+ [rising] tone in certain circumstances is, in itself, to assert dominance"; 1980:54). Cruttendon mißt dem Steigton jedoch eine Funktion zu, die das genaue Gegenteil dieser "Dominanzfünktion" ist. Laut Cruttendon drückt der Steigton eine informelle Ungezwungenheit des Sprechers aus. Diese Ungezwungenheit setzt voraus, daß der Sprecher sich als ebenbürtig mit dem Hörer versteht, und ist folglich das Gegenteil einer Dominanz: The high-falling and low-falling tones both have rather 'serious' overtones, the higher tone being more 'involved' and the lower tone more 'businesslike', whereas the rising tones are altogether lighter tones, the high-rising tone being the most casual. (Cruttendon, 1986:59) Diese widersprüchlichen Interpretationen belegen die Schwierigkeit, Tonhöhenbewegungen konstante paralinguistische Funktionen zuzuordnen. Daß die Intonation solche Funktionen hat, ist unbestreitbar, ob diese Funktionen jedoch konstant sind, und ein objektiv beschreibbares System bilden, ist zweifelhaft. Der Sprecher ist im Prinzip frei in seiner Entscheidimg über die Tonhöhenbewegung der Äußerung. Es gibt einige wenige syntaktische Verhältnisse, die diese Auswahl einschränken können: Dazu zählt beispielsweise die Intonationsfrage, die eine steigende Tonhöhenbewegung verlangt. Man kann jedoch nicht wie Crystal (1975:34) oder wie die generative Transformationsgrammatik grundsätzlich davon ausgehen, daß Tonhöhenbewegungen syntaktisch konditioniert seien. Wäre dies der Fall, wäre eine Variation im Stil von (4a) und (4b) nicht möglich. Die Funktion der beiden grundlegenden Tonhöhenveränderungen ist es, die Darstellungsform der Information anzuzeigen. Unter der Darstellungsform verstehe ich eine

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Dichotomie bestehend aus den Elementen Verbindlichkeit und Unverbindlichkeit. Die Unverbindlichkeit wird durch die fallende Tonhöhenbewegung ausgedrückt. Sie keimzeichnet eine Informationseinheit, die als in sich vollständig und abgeschlossen, daher unverbunden zum Kotext, dargestellt wird. Die steigende Tonhöhenbewegung drückt dagegen die Verbindlichkeit der Darstellung der Information aus. Letztere äußert sich in zwei syntaktisch verschiedenen Ausprägungen. Die erste Ausprägung betrifft das Auftreten von Steigtönen in Tonstrecken, die untergeordneten Klauseln entsprechen. Der Steigton drückt hierbei in Kombination mit dem syntaktischen Merkmal der Unterordnung die Abhängigkeit der dargestellten Information von der Information einer übergeordneten Klausel aus, mit der sie verbunden ist. Die zweite Ausprägimg betrifft das Auftreten von Steigtönen in Äußerungen, die illokutionär als Aufforderungen fungieren. Es kann sich dabei sowohl um Aussagesätze, als auch um Fragesätze oder Imperative handeln. In Äußerungen dieses Typs zeigt der Steigton an, daß die Information unvollständig und offen ist und vom Hörer berichtigt werden kann. Diese Information der zumindest potentiellen Fortfuhrung in einer zweiten Äußerung bezeichne ich als 'Verbindlichkeit''. Die Bedeutungen der Tonhöhenbewegungen sind folglich nicht lexikalischer Natur, bzw. die durch sie hervorgerufenen Kontraste sind nicht grammatischer, sondern textlinguistischer Natur (s. Couper-Kuhlen, 1986: HSISO). Anstatt von Unverbindlichkeit spricht die britische Phonetik bisweilen von Finalität (finality, Crystal 1975:37). Der Begriff der Unverbindlichkeit ist jedoch treffender als der der Finalität, da z.B. auch Fragesätze, die per se ein Manko an Information ausdrücken, einen Fallton tragen können. Daher schließen sich Fragesatz und Finalität gegenseitig aus. Die oben genannte Bedeutung der Darstellungsform kann man mit Cruttendon als Discoursal meaning (1986:10) oder mit Tench als Communicative fitnction (Tench 1990:19) bezeichnen. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch Esser 1983:66, der die Funktion der Tonhöhenveränderung als modal bezeichnet, insofern als sie - neben ihrer kontextuellen Funktion - die Interaktion zwischen Sprecher und Hörer beschreibe.

Die Darstellungsform der Intonation ist unabhängig vom Satztyp. Die Unverbindlichkeit der Äußerung kommt z.B. im Aussagesatz (4a), die Verbindlichkeit in der Intonationsfrage (2b) zum Ausdruck. Von Intonationsfragen abgesehen, die ohne den obligatorischen Steigton nicht als solche fungieren können, ist die Wahl der Tonhöhenbewegung auch in der Frage grundsätzlich frei. In vielen didaktischen Grammatiken wird noch die Regel aufgestellt, die Entscheidungsfrage (7a) und die Altemativfrage (8a) tragen Steigtöne, die Ergänzungsfrage (9a) dagegen einen Fallton. In der parole kommen jedoch sowohl Entscheidimgsfragen mit Fallton (7b), Altemativfragen mit Fallton (8b) und auch Ergänzungsfragen mit Steigton (9b) vor: (7a) (7b) (9a) (9b)

Did he tell a story / Did he tell a story \ Did he tell a story / or a joke / Did he tell a story \ or a joke \ What's your address \ | What's your address /1

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Die Ergänzungsfrage mit Steigton dient häufig dazu, auszudrücken, daß es sich um die Wiederholung einer zuvor gestellten Frage, d.h. um eine sog. Echofrage handelt. Die Tonhöhenmodulation ist dabei groß, es liegt folglich eine Variante vor, die in der britischen Phonetik als high rise bezeichnet wird.11 Auch in Imperativsätzen hat der Sprecher grundsätzlich die Wahl zwischen Fall und Steigton. Der Fallton (10a) hat eine unverbindliche Funktion: Er dient als Signal dafür, daß der Sprecher die Information für abgeschlossen hält und verstärkt die Aufforderung. Der Steigton (10b) dagegen hat eine verbindliche Funktion, indem er als Signal für eine mögliche Gegenrede des Hörers die Aufforderung abschwächt: (10a) (10b)

| Sit döwn \ | | Sit down !\

Ich betrachte die Tonhöhenbewegungen als bedeutungsunterscheidend, und damit als Phoneme. Durch diese Position unterscheide ich mich von der von britischen Phonetikern wie Halliday und Gimson vertretenen Meinung, dem Tonhöhenverlauf komme lediglich eine phonetische Realität, jedoch keine bedeutungsunterscheidende Funktion zu. Ich greife statt dessen auf das von den amerikanischen Strukturalisten entwickelte Modell der Behandlung der Intonation zurück, wie es beispielweise bei Gleason 1961: 46-50 dargestellt wird. Neben den phonematischen Tönen Fall- und Steigton könnte man eventuell noch ein weiteres Flachton-Phonem annehmen. Zwar ist die Hervorhebung als Veränderung der Tonhöhe definiert, so daß die Annahme eines Flachtons scheinbar einen logischen Widerspruch ergebe. Diese Bedenken sind zeichentheoretisch jedoch ungerechtfertigt, denn solange die Formen unterschiedlich sind, ist auch eine Unterscheidung der Funktion möglich. Außerdem spricht für die Annahme eines Flachtons, daß es sich dabei um eine markierte Intonation handelt. Bei der unmarkierten Tonhöhenbewegung fällt nämlich die Tonhöhe von mehreren aufeinanderfolgenden betonten Elementen in der Tonstrecke leicht ab, was als Deklination bezeichnetet wird. Somit ist auch der Flachton formal markiert. Man könnte den Flachton mit Standop 1989 dazu benutzen, um beispielsweise die folgenden Fälle auseinanderzuhalten: (2b) (2c)

John went home /1 John went home -1 but nobody was there to welcome him \ |

In Fällen des Typs (2c) kann zwar auch ein Steigton auftreten, das bedeutet jedoch nicht, daß ein Flachton grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Ich erachte den Flachton allerdings als Variante des Steigtons, von dem er funktional nicht zu unterscheiden ist. Damit gehe ich von drei Varianten des Phonems Steigton aus: einer Steigtonvariante, einer fallend-steigenden Variante und einer Flachtonvariante. 11 Bennett 1990 hat auf die häufige Verwendung von Ergänzungsfragen mit Steigtönen in der Werbung hingewiesen. Typischerweise tauchen solche Äußerungen am Anfang des Werbespots auf und suggerieren, daß dem Sprecher soeben von einer meist nicht näher spezifizierten Person diese Frage gestellt wurde.

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Die Tonhöhenbewegung ist ein phonetisches Phänomen, das in der Regel in Zusammenhang mit der Betonung (s. 6.1.2.3) auftritt. Ihre Funktion ist es, eine Äußerung informationell zu strukturieren. Diese Funktion wird auch als Hervorhebung (englisch prominence) bezeichnet. Man versteht darunter die Kennzeichnung eines Elements der Äußerung mittels bestimmter intonatorischer Parameter, zu denen vorrangig die Tonhöhenbewegung und die Betonung, daneben aber auch die Lautstärke und die Dauer in Abhängigkeit von der Vokalqualität gehören. 12 Die anderen Elemente der Äußerung treten phonetisch im Vergleich zum so ausgezeichneten Element "zurück", d.h. weisen keine signifikanten Veränderungen der intonatorischen Parameter auf. Das Element, das intonatorisch hervorgehoben ist, fungiert als Hervorhebungszentrum (Hhz, PI. Hhzz). Anstatt der Bezeichnung Hervorhebungszentrum taucht in verschiedenen Untersuchungen zur informationellen Struktur die Bezeichnung Fokus auf. Letzterer Begriff ist jedoch wegen seiner Ambiguität mit Vorsicht zu behandeln. So ist er in der gTG und in anderen Untesuchungen wie Uhmann 1991 in erster Linie einen syntaktischsemantisch bestimmt (s. 2.1.2 bzw. 2.3.2), in der der britischen Schule verpflichteten CGEL jedoch intonatorisch. Der intonatorische Fokusbegriff ist synonym mit dem hier verwendeten Hhz. Um generell solche Ambiguitäten auszuschalten, verwende ich die Bezeichnung Hervorhebungszentrum für die signifikante Veränderung der Intonation in der Äußerung. Der ambige Begriff Fokus wird durch spezifizierende Adjektive disambiguiert. 6.1.2 Die Betonung auf der Äußerungsebene Das zweite phonetische Merkmal, das an der informationellen Strukturierung durch die Intonation beteiligt ist, ist die Betonung. Deren linguistische Funktion illustrierten bereits die einleitenden Varianten (la) und (lb). Bevor jedoch auf deren linguistische Funktion eingegangen werden kann, ist es nötig, die phonetischen Grundlagen der Betonung zu untersuchen. 6.1.2.1 Die phonetischen Parameter der Betonung Die Betonung (englisch accent) ist die beschreibungstechnische Zusammenfassung des Zusammenspiels verschiedener phonetischer Faktoren wie der Atemstärke bzw. der Lautstärke, der Vokalqualität, der Silbenquantität, der Tonhöhenveränderung und der Pause. 13 Welcher dieser phonetischen Parameter auditiv als entscheidend empfunden wird, ist nicht mit absoluter Sicherheit zu klären. Stets genau zu beschreiben, welcher prosodische Faktor am stärksten an einer bestimmten Betonung beteiligt ist, ist wegen 12 Erdmann 1990 hat eine sehr eigentümliche Auffassung von phonologischer Hervorhebung: So unterteilt er die Hervorhebung in Emphase und Informationsfokus. Emphase ist tautologisch definiert als "emphasis through phonology" (1990:3), der Informationsfokus sei "main accent with phonological prominence" (1990:3). Die Emphase ist jedoch eine paralinguistische Funktion phonetischer Merkmale. Von phonologischen Kennzeichnungen kann nur bei bedeutungs unterscheidenden Funktionen gesprochen werden.

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der Interferenz der phonetischen Merkmale äußerst schwierig und in manchen Fällen sogar unmöglich. Experimentelle Untersuchungen, bei denen auf künstlichem Weg Veränderungen der Tonhöhe und der Lautstärke erzeugt wurden, zeigten, daß Probanden deutlich häufiger nach Veränderungen der Tonhöhe ihre phonologische Interpretation einer Äußerung änderten, als nach Veränderungen der Lautstärke (Isacenko/ Schädlich 1966:12). Diese Einschätzung vertritt u.a. auch Halliday: Prominence being primarily a matter of pitch (pitch movement, not pitch level) and secondarily one of duration and intensity (1967a:203)

Im Gegensatz zum Wortakzent handelt es sich bei der Betonung auf der Äußerungsebene um ein bedingt freies phonetisches Hervorhebungsphänomen. Die Betonung fällt phonetisch gesehen nur auf eine Silbe, und zwar auf diejenige, die auch auf der Wortebene betont ist. Wenn ich jedoch von Betonung auf der Äußerungsebene sprechen, verwende ich Betonung nur noch wortbezogen, d.h. das Wort wird in der Betonung als Einheit verstanden, unabhängig davon, aus wievielen Elementen es besteht. Dabei wird von Akzentverschiebungen des Typs un'known effect vs 'unknown '¡and, die durch das Wechselmaß (s. 6.5.2) bedingt sind, abgesehen. Diese Akzentverschiebungen betreffen nur das Verhältnis der Silben im Wort zueinander, verändern jedoch nicht den Status des Wortes in der phonetischen Realisation der Äußerung. 6.1.2.2 Die auditiv unterscheidbaren Formen der Betonung Nach einem Aufriß der wichtigsten phonetischen Aspekte der Betonimg komme ich zur Frage der Funktion der Betonung. Bei der Betonung handelt es sich um ein System mit mehreren Variablen. Wie bei der Anzahl der Tonhöhenbewegungen gehen auch bezüglich der Anzahl der Abstufungen der Betonung die Meinungen stark auseinander. So nehmen z.B. Trager/Smith 1951 vier, Chomsky/Halle 1968 fünf, Schmerling 1976 ebenfalls vier, und Taglicht 1984 sogar nur drei Formen der Betonung an. Viele generative Studien gehen, wie ich in 2.2.2 festgestellt habe, sogar nur von zwei funktional verschiedenen Formen aus. Für diese Mindestzahl von zwei Betonungsabstufungen gibt es verschiedene Bezeichnungen. Ich verwende dafür die Bezeichnungen stark betont bzw. unbetont. Auditiv können mehr als nur zwei Abstufungen der Betonung unterschieden werden. Zwischen den beiden Polen stark betont und unbetont gibt es mindest noch eine weitere, auditiv unterscheidbare Stufe, die ich als schwach betont bezeichne. Die auditive Unterscheidbarkeit dieser mittleren Abstufung der Betonung wird von vielen

13 In der phonetischen Literatur herrscht Verwirrung über die Begriffe stress und accent. Bloch und Träger 1942 verstehen unter stress die Variation der Lautstärke, die durch eine Veränderung der Atemstärke hervorgerufen wird. Die damit einhergehenden Veränderungen der Tonhöhe und der Vokalqualität bleibt unbezeichnet. Crystal 1969 bezeichnet das auditive Korrelat der Lautstärke als stress, das auditive Korrelat der Tonhöhenbewegung dagegen als accent. Diese auditive Unterscheidbarkeit der Veränderungen der Lautstärke und der Tonhöhenbewegung ist jedoch fraglich, weshalb ich eine solche Unterscheidung für sinnlos halte.

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Untersuchungen zur Intonation zwar anerkannt, aber nicht als Hinweis für eine distinktive Funktion der verschiedenen Betonungsabstufungen angesehen. Statt dessen wird die auditive Unterscheidbarkeit als zufalliges Phänomen angesehen, das nur auf das Wechselmaß der Sprache (s. 6.5.2) zurückzufuhren sei. Eine linguistische Funktion wird lediglich der starken Betonimg im Verein mit der linguistisch signifikanten Tonhöhenbewegung zugestanden. Die unterschiedlichen Betonungsstufen sind jedoch keine zufalligen Erscheinungen, sondern funktional bedingte Typen der Betonung. Durch diese Annahme unterscheidet sich mein Modell grundsätzlich von den zuvor genannten. Für die Annahme von mehr als zwei Betonungsstufen spricht auch ein von Brown/Yule 1983 geschildertes Experiment, daß darin bestand, dasjenige Element zu bestimmen, das in einer Äußerung Pitch prominence trägt. Pitch prominence entspricht in meinem Modell dem Hhz. Bei Äußerungen mit mehr als einem stark betonten Element variierten die Probanden in der Bestimmung des Hhz (1983:165). Die Usache dafür, daß verschiedene Probanden unterschiedliche Elemente als hervorgehoben bezeichneten, liegt darin, daß in einer Äußerung mehr als ein Element Betonungsstufen aufweisen, die verschieden sind von unbetont. Gäbe es nur zwei Betonungsstufen (betont vs unbetont), hätte Einigkeit herrschen müssen zwischen den Probanden. Der existierende Dissens zeigt jedoch, daß ich vermutlich drei Betonungsstufen annehmen muß.

Ich nehme als auditiv und instrumenteil unterscheidbare Formen der Betonung vier Fälle an. Dabei stütze ich mich u.a. auch auf die Ergebnisse einer Korpusanalyse mit Probanden, bei der instrumenten und auditiv untersucht wurde, welche phonetischen Parameter an der Erzeugung des semantisch bestimmten Fokus beteiligt sind (Wells 1986).14 Ich beschreibe zunächst die unterschiedlichen Betonungsformen und frage dann nach ihrer Funktion. Zur Bezeichnung der verschiedenen Betonungsformen verwende ich die folgende Notation15 und die folgenden Bezeichnungen: (11)

(0) (1) (2) (3)

Hervorhebungszentrum stark betont schwach betont unbetont

ó / oder ó \ ó ö unausgezeichnet

14 In Wells' Analyse wurden vier Formen des semantischen Fokus unterschieden, die durch eindeutige, auditiv und instrumenten verschiedene Intonationsmuster realisiert wurden. Während Wells vom semantischen Fokus ausgeht und die Intonation untersucht, gehe ich den umgekehrten Weg. 13 Ein ähnliches Betonungssystem wie (11) legt auch Standop zugrunde. Er geht allerdings von fünf Abstufungen aus (1989:5). Den Standopschen Fällen Tertiär und Quartärakzent entspricht meine Kategorie unbetont. Die Differenzierung in fünf Stufen stammt wohl aus der Akzentverteilung auf der Wortebene, denn bei mehrsilbigen Wörtern kann man phonetisch gesehen tatsächlich mehr als drei verschiedene Akzentstärken annehmen. Diese Genauigkeit der Wortebene auf die Ebene der Äußerung zu übertragen, ist für metrische Belange sicher angebracht. Für die funktionale Beschreibung der intonatorischen Verhältnisse der Äußerungsebene in der ungebundenen Sprache ist sie jedoch nicht erforderlich. Die von mir angenommene Interaktion zwischen Tonhöhenbewegung und Betonung ist mit den Pitch accents im Intonationsmodell Bolingers verwandt. Während Bolingers Tonhöhenakzente jedoch binär definiert sind, ist Betonung bei mir ein System mit mittleren Abstufungen.

158

Ich verstehe die Betonung grundsätzlich als Vehikel der informationellen Struktur einer Äußerung. Inwieweit syntaktische, semantische, diskursive und paralinguistische Kennzeichnungen die Betonung, insbesondere die Stellung des Hhz, beeinflussen, gilt es noch zu erörtern (s. 6.3 und 6.5). Bevor ich jedoch die linguistischen Funktionen der unterschiedlichen Formen der Betonung besprechen kann, gilt es die Frage der Bestimmung der Tonstrecke zu klären. 6.1.3 Die Korrelation zwischen Tonstrecke und Äußerung als Beispiel einer auditiven Analyse Beim Sprechen wird sprachliches Material in intonatorische Gruppierungen gebracht. Diese Gruppierungen stellen die intonatorischen Korrelate der Äußerungen dar. Die Größe dieser Einheiten ist nicht linguistisch vorhersagbar. Sie hängt von der Entscheidung des Sprechers ab. Für diese Gruppierung gibt es verschiedene Bezeichnungen wie Intonationsgruppe, Intonationsphrase, Sprechtakt, Tongruppe oder Tonstrecke. Ich wähle die Bezeichnung Tonstrecke. Die meisten Darstellungen zur Intonation, die mit akribischem Eifer die Vielzahl möglicher Tonhöhenveränderungen beschreiben, beweisen eine erstaunliche Oberflächlichkeit in der Bestimmimg der Tonstrecke. Deren Existenz wird in der Regel als gegeben vorausgesetzt. Bestenfalls wird auf eine Korrelation zwischen der Tonstrecke und der syntaktischen Einheit der Klausel verwiesen. Das eigentliche Problem der formalen phonetischen Bestimmung der Tonstrecke wird umgangen. Es ist jedoch keineswegs der Fall, daß die formale Bestimmung der Tonstrecke so einfach wäre, daß nähere Erörterungen überflüssig wären. Besonders in der informellen Rede kann die Bestimmung der Tonstreckengrenze ein schwieriges Problem sein. Ich beginne daher mit den eindeutigen und unumstrittenen phonetischen Aspekten der Tonstrecke: Phonetisch gesehen besteht die Tonstrecke aus unterschiedlich stark betonten bzw. unbetonten Elementen. Das Element, das die stärkste Betonung und die signifikante Tonhöhenbewegung trägt, ist das Hhz. In jeder Tonstrecke kann es nur ein Hhz geben.16 Das Abwechseln von stark und schwach betonten Elementen wird als eine Art Rhythmus gedeutet, die ich als Wechselmaß bezeichne. Rhythmus ist ein Begriff, der aus der Beschreibung metrisch geformter Sprache stammt. Er beschreibt das gleichmäßige Abwechseln von stark und schwach betonten Silben. Dieses Gleichmaß wird auch als Isochrome bezeichnet. Die Aussage, der Abstand zwischen betonten Element sei isochron, hat jedoch nur eine psychologische Realität, denn physikalisch gesehen sind diese Abstände keineswegs gleich. Sie werden lediglich als gleich empfunden. Ein ähnlicher Eindruck der Isochrome kann u.U. auch in der 16 Durch die Annahme eines einzigen Hhz pro Tonstrecke ähnelt mein Modell den Modellen von Brazil et al. 1980 und von Gussenhoven 1983. Während jedoch Brazil et al. automatisch eine Tonhöhenbewegung, die nach der des Hhz auftritt, als neue Tonstrecke auffassen, halte ich solche phonetisch möglichen Tonhöhenbewegungen nicht immer für phonomatisch relevant. Andere Intonationsmodelle gehen von der möglichen Existenz mehr als eines Hhz pro Tonstrecke aus. In diesen Modellen kann logischerweise das Hhz nicht als Hinweis auf die Tonstreckengrenze dienen (s. 6.4).

159 ungebundenen Sprache entstehen. Da jedoch in der ungebundenen Sprache die Abweichungen zwischen der physikalischen und der psychologischen Isochrome noch krasser sind als in der gebundenen, halte ich es nicht für raisam, in bezug auf die ungebundene Sprache von Rhythmus zu sprechen. Ich bezeichne daher den Gindruck, der in der ungebundenen Sprache als ein Wechsel von betonten und unbetonten Elementen entsteht, als Wechselmaß (s. 6.5.2).

In der Regel steht das Hhz am Ende der Tonstrecke. Kurze Tonstrecken können u.U. nur aus einem Hhz bestehen. In längeren Tonstrecken kann dem Hhz Material vorausgehen bzw. folgen. Das dem Hhz folgende Material ist relativ unbetont. Für dieses Material gibt es verschiedene Bezeichnungen: Brazil et al. sprechen z.B. von enklitischem Segment (1980:38), Standop 1989 spricht von Kauda. Ich verwende die Bezeichnimg Hhz-folgendes Material. Das dem Nukleus vorausgehende Material bezeichne ich analog als Hhz-vorausgehendes Material}1 Während die phonetische Zusammensetzung der Tonstrecke relativ eindeutig ist, besteht das eigentliche Problem darin, die Grenzen der Tonstrecke formal zu bestimmen. Eine der wenigen phonetischen Untersuchungen, die sich mit diesem Problem auseinandergesetzt haben, ist Cruttendon 1986. Er nennt die folgenden Kriterien zur Bestimmung der Tonstreckengrenze: die Anakrusis, die Längung der letzten Silbe, die Tonhöhenbewegung und die Pause. Unter Anakrusis versteht Cruttendon das Auftreten von unbetontem Material am Anfang der Tonstrecke. Doch trotz dieser Vielzahl von Faktoren gelingt es auch Cruttendon nicht, die Tonstreckengrenze in allen Fällen formal eindeutig zu bestimmen. Ich betrachte daher die Kriterien zunächst im einzelnen. Das erste Kriterium, die Anakrusis, tritt z.B. in Äußerungen des bereits oben zitierten Typs (7a) auf und kann in der Tat dazu dienen, die Tonstreckengrenze vor did he zu bestimmen. Doch nicht jede Tonstrecke beginnt mit unbetontem Material. Wenn wie in (12) das Hhz das erste Element der Tonstrecke ist, fehlt die Anakrusis logischerweise: (7a) (12a)

| Did he tèli a story / | (| Who wàtered the plànts \ |) | John \ did it |

Neben dem möglichen Fehlen von unbetontem Material am Anfang der Tonstrecke wie in (12) spricht gegen eine Behandlung der Anakrusis als Kriterium zur Bestimmung der Tonstreckengrenze die Tatsache, daß die Zuweisung von unbetontem Material zum Ende einer Tonstrecke bzw. zum Anfang einer neuen Tonstrecke oft nicht nach formalen, sondern nach syntaktischen und semantischen Erwägungen erfolgt. Ich betrachte zur Illustration dieses Falls die Beispiele (13a) und (13b): 17 In einigen der Untersuchungen zur Intonation, die die erste betonte Silbe der Tonstrecke als onset behandeln, wird darüber hinaus das dem onset vorausgehende Material als eigene Größe verzeichnet: Brazil et al. bezeichnen es als proklitisches Segment (1980:38), Halliday als prehead, (in Anlehnung an den head, das Material vom onset bis zum Hhz), Cruttendon 1986 als Anakrusis. Da jedoch weder dem onset noch diesem proklitischen Segment eine linguistische Funktion zugeordnet werden kann, ist es nicht nötig, diese beiden Größen in unser phonologisch orientiertes UmschriAmodell aufzunehmen

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(13a) (13b)

Who watered the plants \ yesterday | John \ did it I | Who wätered the plänts \ | I Yesterday John \ did it |

Sowohl in (13a) als auch in (13b) ist yesterday unbetont. Ob es das Ende einer Äußerung wie in (13a) oder den Beginn einer neuen Äußerung wie in (13b) kennzeichnet, ist eine Entscheidimg, die nicht nach phonetischen, sondern nach syntaktischen und semantischen Erwägungen getroffen wird. Dies ist der zweite Grund für die Tatsache, daß die Anakrusis kein zweifelsfreier Beleg für die Bestimmung der Tonstreckengrenze sein kann. Ich betrachte nunmehr den von Cruttendon genannten Faktor der Längung der letzten Silbe. Eine solche Längung ist fakultativ und hängt in erster Linie von der Flüssigkeit des Redestils des Sprechers ab. Ebenso wie Pausen in Äußerungen treten Längungen der letzten Silben dann auf, wenn der Sprecher die Fortsetzung seiner Äußerung noch plant. Sie entfallen, wenn der Sprecher die folgende Äußerung schon geplant hat. Wie bei der Anakrusis handelt es sich somit bei der Längung der letzten Silbe um ein fakultatives Kriterium zur Bestimmung der Tonstreckengrenze. Ich wende mich daher dem nächsten Gesichtspunkt zu, nämlich der Existenz einer linguistisch signifikanten Tonhöhenbewegung, die das Hhz kennzeichnet. Diese Tonhöhenbewegung hat zwar einen gewissen Aussagewert, doch allein die Tatsache, daß das Hhz nicht unabhängig von der Tonstrecke bestimmt ist, verbietet es, die Tonstrecke mittels des Hhz zu bestimmen. Denn eine solche Bestimmimg käme einem Zirkelschluß gleich. Der zweite Faktor, der die Bestimmung der Tonstreckengrenze mittels des Hhz beeinträchtigt, ist das von Hockett als Editing bezeichnete Phänomen. Dabei handelt es sich um Folgendes: Wenn in einer Kommunikation der Sprecher nach einem oder mehreren betonten Elemente eine Pause folgen läßt, interpretiert der Hörer die Pause als Signal für eine Tonstreckengrenze, und interpretiert das betonte Element bzw. eines der betonten Elemente als Hhz. Fährt der Sprecher jedoch unerwarteterweise mit Material fort, das syntaktisch und semantisch zu dieser Tonstrecke gehört, hebt der Hörer seine erste Interpretation der Tonstreckengrenze und des Hhz auf. Er bestimmt eine neue Tonstreckengrenze und vergleicht wiederum innerhalb dieser neuen Tonstrecke die betonten Elemente miteinander, um das Hhz zu bestimmen. Tritt somit in einer intonatorischen Einheit ein Element auf, das als Hhz fungieren kann, bedeutet dies, daß ihm eine Tonstreckengrenze folgen kann. Umgekehrt gilt, daß keine Tonstreckengrenze auftreten kann, bevor ein Element genannt wurde, das als Hhz fungieren kann. Nicht nur die Potentialität dieser Aussagen, sondern allein der Umstand, daß nach dem Hhz und vor dem Ende der Tonstrecke noch weiteres unbetontes Material folgen kann (s. 13a), zeigt, daß die Tonhöhenbewegung des Hhz zwar ein notwendiges, aber kein ausreichendes Kriterium zur Bestimmung der Tonstreckengrenze ist. Das einzige, wovon man mit Sicherheit ausgehen kann, ist, daß

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zwischen einem Hhz und dem ihm vorausgehenden Hhz eine Tonstreckengrenze liegen muß (ich sehe hier vom oben geschilderten Fall des Editing ab). Doch diese Grenze selbst ist unabhängig von der Position des Hhz. Ich komme somit zum letzten Gesichtspunkt, der der Bestimmung der Tonstreckengrenze dient, zur Pause. Die Pause ist häufig ein eindeutiges Signal, das das Ende einer Tonstrecke anzeigt. Verschiedene Untersuchungen zur Intonation, wie z.B. die von Brown et al. 1980, legen solche rein durch Pausen bestimmte Einheiten als Tonstrecken zugrunde (s. Tench 1990:156-7). Dieses Verfahren ist nicht ohne Probleme, denn die Pause tritt nicht nur am Ende der Äußerung, sondern auch in deren Verlauf auf. Dabei kann es sich um zwei Arten von Pausen handelt. Die erste Art ist das sog. Verzögerungsphänomen (Hesitation phenomenon). Diese Art von Pause zeigt an, daß der Sprecher nach den richtigen Worten zur Fortsetzung seiner Äußerung sucht. Diese Funktion der Pause ist typisch für die informelle, spontane Rede. Die zweite Funktion der Pause bezeichne ich als Betonungspause, da sie dazu dient, die Betonung eines Elements zu verstärken. Bei der Betonungspause handelt es sich um ein phonetisches Phänomen mit einer emphatischen, d.h. paralinguistischen Funktion. Die verschiedenen Arten der Pause sind formal nicht unterscheidbar. Wegen dieser Ambiguität der Pause stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, Tonstreckengrenzen allein durch Pausen zu bestimmen. Um diese Frage beantworten zu können, bietet es sich an, ein Intonationsmodell, das mit solchen pausenbestimmten Einheiten arbeitet, näher zu untersuchen. Ich greife dazu das CEC heraus, das für meine Fragestellung bestens geeignet ist, da es genau diejenige Varietät der Sprache beschreibt, in der die ambige Pause typischerweise auftritt, nämlich die informelle, spontane Rede: Das CEC18 unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen, nur funktional trennbaren Arten der Pause, d.h. alle drei Arten der Pausen, sowohl das Begrenzungssignal semantisch-syntaktisch vollständiger Äußerungen, als auch das Verzögerungsphänomen und die Betonungspause werden als Signale für die Tonstreckengrenze verstanden. Die im CEC umschriebenen Tonstrecken sind daher häufig sehr kurz und korrelieren nicht mit syntaktisch bestimmten Klauseln, sondern mit Satzelementen19 (Crystal 1969:260), was das folgende, aus dem CEC stammende Beispiel belegt: (14a)

18

| and the päper \ shöp | on the High \ street /1 was /1 on the right hand side \ | (CEC, S 1.14: TU 267ff.p. 356)

Das CEC umschreibt phonetische Phänomene sehr genau. Zur Beschreibung der Betonung werden beispielsweise zwei Systeme benutzt, wovon das der booster die Größe der Tonhöhenmodulation notiert, während das des stress hauptsächlich die Lautstärken- und die Tonhöhenveränderungen der Betonung umschreibt. Stress und boosler können jedoch auch in einem System zusammengefaßt werden, was u.a. auch die Umschrift der CGEL beweist. 19 In der amerikanischen Phonetik gehen Beckman/Pierrehumbert 1986 neben den Intonationsphrase, die unseren Tonstrecken entsprechen, von einer kleineren Einheit aus, die sie als intermediate phrase bezeichnen. Diese Unterteilung der Tonstrecke basiert nicht auf einer Tonhöhenbewegung, sondern wird durch den Phrasenakzent gebildet. Diese intermediate phrase entspricht vermutlich der in Halliday 1985 angenommenen Einheit des foot.

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In (14a) liegen vier pausenbestimmte Einheiten vor, die jeweils einem Satzelement entsprechen. Eine sinnvolle Anwendung der Begriffe Thema und Rhema bzw. Sinnspitze auf diese Einheiten ist nicht möglich, da diese Einheiten fast ausschließlich aus betontem Material bestehen, und daher als Sinnspitze zu bezeichnen wären. Ein solches Vorgehen ist zudem unlogisch, da die pausenbestimmten Einheiten in (14a) nicht dem allgemeinen Verständnis des Begriffs Äußerung entsprechen. Eine Äußerung ist eine elementare informationelle Einheit, mit der der Sprecher auf eine formal adäquate und subjektiv vollständige Weise auf seine Umwelt reagiert (Mathesius, 1975:79f.). Die pausenbestimmten Einheiten in (14a) sind jedoch weder subjektiv vollständig noch formal adäquat. Dies trifft nur auf die Gesamtheit der in (14a) zusammengefaßten Einheiten zu. In Fällen des Typs (14a) muß ich deshalb auf syntaktische und semantische Kriterien zurückgreifen, um die Tonstrecke zu bestimmen. Bei der in (14a) vorgenommenen Zusammenfassung orientiere ich mich an der syntaktischen Vollständigkeit durch syntaktische Form der Klausel. Die Gegenposition zu der in der CEC vorliegenden Methode der Bestimmung der Tonstrecken durch Pausen wird in einer Reihe phonetisch-phonologischer Untersuchungen vertreten, für die ich stellvertretend Couper-Kuhlen 1986, Cruttendon 1986 und Standop 1989 herausgreife. In diesen Untersuchungen werden im Unterschied zum CEC relativ lange Tonstrecken angenommen. In Couper-Kuhlen 1986 und Standop 1989 fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der Frage, wie Tonstrecken überhaupt bestimmt werden. Cruttendon 1986 dagegen bemüht sich um eine phonetische Bestimmung der Tonstrecke, kann aber in den Fällen, in denen eine solche phonetische Bestimmung aufgrund der Ambiguität der oben genannten formalen Faktoren scheitert, ebenfalls nicht umhin, auf andere Faktoren zurückzugreifen. Er erwähnt lediglich, daß es sich dabei um grammatische und semantische Faktoren handelt (Cruttendon, 1986:36), versäumt es jedoch, diese zu erläutern. Doch welche anderen formalen Gesichtspunkte können zur Bestimmung der Tonstreckengrenze herangezogen werden? Das einfachste und aussagekräftigste Kriterium, das nicht phonetischer Natur ist, ist die syntaktische Vollständigkeit, sprich die Übereinstimmung mit einer syntaktischen Klausel. Mittels der syntaktischen Struktur kann zwischen solchen Pausen, die Verzögerungsphänomene oder Betonungspausen einerseits und solchen, die ein Äußerungsende markieren andererseits, unterschieden werden. Fällt eine Pause nicht mit dem Ende einer Klausel zusammen, handelt es sich häufig um ein Verzögerungsphänomen oder um eine Betonungspause. Cruttendon nennt eine Übereinstimmung von 40% zwischen Tonstrecke und Klausel bei einer EinmalZählung. Ein solcher Prozentsatz ist jedoch nur scheinbar objektiv, denn Cruttendon verschweigt, welches Material er zur Erstellung dieses Verhältnisses benutzte. Dabei kann es sich um ein Vorlesen eines geschriebenen Textes oder um einen spontan erzeugten, gesprochenen Text handeln. In spontan erzeugten, gesprochenen Texten sind die pausenbestimmten Tonstrecken deutlich kürzer als die Tonstrecken, die ein Sprecher, der einen ihm bekannten Text vorliest, erzeugt. Auch Szwedeck 1986b bestimmt die Tonstrecke syntaktisch. Er geht davon aus, daß jede Klausel eine Tonstrecke sein müsse und damit ein Hhz haben müsse. Er schreibt z.B. über die beiden Klauseln eines Spaltsatzes: "Sentence stress is a property of a clause, and thus both clauses must have their stress, or at least should have their stress" (1986b: 116).

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Das hier vorgeführte, kombinierte phonologisch-syntaktische Verfahren stellt einen Fortschritt gegenüber der rein syntaktischen Bestimmung der Tonstrecke etwa im Stile Szwedecks dar. Denn während die rein syntaktische Analyse automatisch jeder Klausel eine Tonstrecke zuweist, ist mein phonologisch-syntaktisches Verfahren in der Lage, Tonstrecken zu beschreiben, die aus mehr als einer Klausel bestehen. Die Anwendung des syntaktischen Kriteriums kann zudem durch die Lektüre gerechtfertigt werden. Dieser Gesichtspunkt läßt sich am einfachsten anhand eines Beispiels erklären. Ich greife dazu auf das bereits zitierte Beispiel aus dem CEC zurück: (14a)

| and the päper \ shöp | on the High \ street /1 was /1 on the right hand side \ | (CEC, S 1.14: TU 267fif.p. 356)

Wenn man die in (14a) zusammengefaßten pausenbestimmten Tonstrecken vorliest, läßt man automatisch das phonetische Signal der Pause mit der Klauselgrenze übereinstimmen. Ich habe bereits oben darauf hingewiesen, daß beim Lesen häufig deutlich längere Tonstrecken auftreten als bei der spontanen Rede. Der Grund dafür liegt u.a. in der Tatsache, daß die geschriebene Äußerung geplant ist, d.h. der Inhalt und der Aufbau sind vollständig und logisch. Ein geübter Leser eilt dem Lesen mit den Augen voraus. Während er ein Wort oder ein Satzelement vorliest, ist er gedanklich schon beim nächsten. Idealerweise überblickt der Lesende bereits die gesamte Äußerung. Diese gedankliche Vorarbeit ermöglicht ihm, Unterschiede im Informationswert der Elemente durch unterschiedliche Betonungsstärken auszudrücken. Eine solche Lektüre realisiert (14a) als (14a'-3): (14a'-3)

| and the paper shöp on the High street was on the right hand side \ |

(14a'-3) ist nicht nur das Ergebnis einer Lektüre, sondern auch einer auditiven Analyse eines Hörers, denn die in (14a) dargestellten phonetischen Sachverhalten werden nicht nur vom Lesenden sondern auch vom Hörenden interpretiert. Bei dieser Interpretation werden nicht-funktionale Kennzeichnungen von funktionalen unterschieden, und es wird lediglich funktional Relevantes wahrgenommen. Diese Fähigkeit des Hörers bzw. des Lesenden, in der auditiven Analyse phonetischen Materials lediglich diejenigen Kennzeichnungen, die linguistisch relevant sind, auszusondieren, bezeichne ich mit dem von Karl Bühler geprägten Begriff der abstraktiven Relevanz. Wie bei der auditiven Analyse handelt es sich auch bei der abstraktiven Relevanz um eine neurophysiologische Erscheinung, die empirischer Beobachtung nicht zugänglich ist. Meine Beschreibung der auditiven Analyse von Tonstrecken mittels eines Black-BoxModells geht von einem aus verschiedenen Etappen bestehenden Prozeß aus. Diese Etappen könnten in bezug auf die Interpretation folgendermaßen aussehen: In einer ersten Etappe wird auf der Basis des syntaktischen Kriteriums entschieden, ob die Pausen Tonstreckenbegrenzungssignale, Betonimgspausen oder Verzögerungsphänomene sind. Die Tonstrecke wird nur von Pausen des ersteren Typs ge-

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schaffen. Sie korreliert mit der Äußerung.20 In der Notation (14a'-l) wird diese Zusammenfassung durch geschweifte Klammern wiedergegeben: (14a'-l)

{ | and the päper \ shöp | on the High \ street /1 was | on the right hand side \ |}

In der zweiten Etappe wird das Verhältnis der intonatorisch hervorgehobenen Elemente zueinander phonologisch gedeutet. Ich betrachte dabei zunächst die phonetische Realisation des Elements was und die danach eintretende Pause. Bei dieser Pause handelt es sich eindeutig um ein Verzögerungsphänomen, da die Äußerung bis dato nicht formal vollständig ist. Was hier umschrieben ist, besteht jedoch nicht nur aus einer als {0} realisierten Pause, sondern aus einem weiteren Verzögerungsphänomen, das sich in der Längung der Silbe und der damit einhergehenden Tonhöhenbewegung auf was äußert. Gegen eine Interpretation der Tonhöhenbewegung von was als Hhz spricht die Formklasse: Als grammatikalisches Element kann was nur in den Fällen von Kontrast, Richtigstellung oder Bestätigung (s. 6.3.2) das Hhz darstellen. Da hier kein solcher Sonderfall vorliegt, ist die Tonhöhenbewegung von was phonologisch irrelevant. Was wird daher als unbetont verstanden. Die nächste Etappe der auditiven Analyse betrifft die phonetische Realisation von high street. Hierbei handelt es sich um ein Kompositum, das normalerweise auf dem ersten Element betont wird. In der Notation (14a) trägt jedoch sowohl das erste Element als auch das zweite Element eine Tonhöhenbewegung. Eine solche Realisation ist phonologisch gesehen unmöglich. Wie im Fall von was handelt es sich hierbei um eine Pausenphänomen, das durch die Längung und die Tonhöhenbewegung des unbetonten street entsteht. Street wird folglich als schwach betontes Element interpretiert. Als Zwischenergebnis der auditiven Analyse stelle ich (14a) als (14a'-2) dar: (14a'-2)

{| and the päper \ shöp | on the High \ street | was on the right hand side \ |}

In der dritten Etappe der phonologischen Interpretation wird das Verhältnis der drei Konstituenten zueinander geklärt und restliche Pausen, die als Verzögerungsphänomen fungieren, getilgt: Formal unterscheidet sich die Pause nach paper shop in nichts von der Pause nach right hand side. Funktional gesehen sind jedoch die Pausen nach paper shop und high street von einer anderen Qualität, denn sie beenden keine syntaktisch und semantisch vollständige Konstruktion. Beim Lesen würde man automatisch nur eine einzige Sinnspitze am Ende der Äußerung realisieren. Paper shop bzw. high street werden stark betont. Entsprechend interpretiert der Hörende bei einer Reihe gleich stark hervorgehobener Elemente das letzte automatisch als Sinnspitze. Die Interpretation, die ein finales Hhz auf right hand side annimmt, stützt sich auch auf den Kontext, der keine diskursive Funktion für ein markiertes Hhz - etwa einen Kontrast -

20

Die von mir angenommenen Informationseinheiten sind wahrscheinlich identisch mit Kingdons syntaktisch und semantisch bestimmten sensegroups (1958:162).

165

annehmen läßt. Ich komme damit zur Umschrift (14a'-3), die die letzte Etappe der auditiven Analyse von (14a) darstellt: (14a'-3)

{ and the paper shöp on the High street was on the right hand side \ }

In Fällen des Typs (14a) stützt sich die auditive Analyse sowohl auf phonologische als auch auf syntaktische Fakten. (14a) ist zugegebenermaßen ein Extremfall, denn es gibt auch in der CEC Fälle wie (15a), in denen die Tonstrecke allein mittels phonetischer Kriterien bestimmt werden kann: (15a)

11 don't think he äsked me a technical / question | (CEC, S 1.12: TU 39, p. 303)

Doch schon relativ einfache Fälle wie (16a) kommen nicht ohne eine phonologischsyntaktische Analyse aus: (16a)

| the characteristic / of our hoüse | is cöffee \ cüps | (CEC, S 1.12: TU 4412, p. 355)

Das vorgestellte Modell der Wirkung der auditiven Analyse zur Bestimmimg der Tonstreckengrenzen in Relation zum Informationswert der einzelnen Elemente ist zwar rein hypothetisch, stellt aber ein brauchbares Modell dar, um zu beschreiben, wie der Hörer bzw. der Lesende zu einer phonologischen Interpretation von sprachlichem Material gelangt. 6.2 Die Hervorhebung als Vehikel des Informationswerts 6.2.1 Der Zusammenhang zwischen Informationswert und kontextueller Voraussagbarkeit Das Hhz einer Äußerung stellt diejenige Information dar, die in dieser Äußerung als Sinnspitze fungiert. Dies ist Information, die innerhalb der Äußerung als wichtigste Information zu bewerten ist. Diese Funktion, die ein Element als Teil der informationellen Struktur einer Äußerung innehat, bezeichne ich als Informationswert. Der Informationswert ist durch zwei Faktoren bestimmt. Der erste Faktor ist die Einschätzung des Sprechers. Der Sprecher stellt dasjenige Element, das er für das wichtigste hält, als Hhz dar und unterscheidet es so von denjenigen Elementen, die er für weniger wichtig hält. Diese Einschätzimg ist naturgemäß subjektiv, was in der phonologischen Literatur allgemein anerkannt wird (s. z.B. Halliday 1967a:205; Bolinger 1972b:642; Chafe 1976:30; Schmerling 1976:75). Der zweite Faktor, der den Informationswert bestimmt, ist ein objektiv beschreibbarer Faktor, den ich als Voraussagbarkeit bezeichne. Dieser Begriff bedarf zunächst der Klärung. Voraussagbarkeit läßt sich zerlegen in lexikalische und in kontextuelle Voraussagbarkeit. Unter lexikalischer Voraussagbarkeit verstehe ich den Status eines Elements als Teil der Äußerung innerhalb dieser Äußerung. Die lexikalische Voraussagbarkeit

166

ist identisch mit dem von Beaugrande/Dressler 1981 angenommenen System der Informativität. Ich betrachte dazu ein Beispiel: (17)

| It begàn to snów \ |

Das Auftreten von to in (17) ist grammatikalisch vorgeschrieben, d.h. nach dem katenativen Verb begin ist to mit großer Wahrscheinlichkeit lexikalisch voraussagbar. Die Korrelation, die zwischen der subjektiven Einschätzung und der lexikalischen Voraussagbarkeit besteht, äußert sich in diesem Fall in der Tatsache, daß to unbetont ist. Die fehlende Betonung ist ein Kriterium für den Informationswert. Es gibt jedoch nur einen vagen Zusammenhang zwischen der lexikalischen Voraussagbarkeit und dem Informationswert, da letzterer nicht die Relation von Elementen in einer Klausel, sondern allenfalls die Relation von Teilen einer Äußerung und ihrem Kontext beschreibt. Bolinger stellte die These auf, die Betonung eines Elements hinge von seinem semantischen Gehalt ab. Dieser semantische Gehalt ist synonym mit meinem Begriff der lexikalischen Voraussagbarkeit. Die These Bolingers ist jedoch falsch, worauf bereits Schmerling 1976 hingewiesen ab. Hinge die Betonung nur von der lexikalischen Voraussagbarkeit ab, wäre die Existenz eines Beispielpaares des Typs (lSa) vs (19a) nicht möglich. Ihre Unterscheidung ist nur mittels der kontextuellen Voraussagbarkeit möglich (s. dazu die geschilderten Umstände in Couper-Kuhlen, 1986:43 bzw. in dieser Arbeit, Kap 4.2.5):

(18a) (19a)

| Johnson died | j Trùman died |

Viel stärker ist die Korrelation, die zwischen der subjektiven Einschätzung und der kontextuellen Voraussagbarkeit besteht. Unter kontextueller Voraussagbarkeit versteht man die Voraussagbarkeit von Elementen in einer Folge von Äußerungen in Relation zum Kontext.21 Die kontextuelle Voraussagbarkeit ist entscheidend für den Informationswert bzw. für die Betonung des betreffenden Elements (zur Wirkung interferierender Faktoren s. 6.5). Dies wird am folgenden Beispiel deutlich: (20)

(A: Do you prefer Daijeeling or Assam?) B: 11 don't like \ tèa |

Das Auftreten von tea in (20) ist auf der Basis der in der vorausgehenden Äußerung erwähnten Elemente Darjeeling and Assam kontextuell voraussagbar. Der thematische Informationswert von tea spiegelt sich in seiner schwachen Betonung. Der Faktor der kontextuellen Voraussagbarkeit beeinflußt die subjektive Einschätzung dessen, was für den Sprecher wichtige und was unwichtige Information ist. Die-

21

Anstatt von kontextueller Voraussagbarkeit wird in der Literatur zur informationellen Struktur in der Regel von kontextueller Bekanntheit gesprochen. Bei ersterem Begriff handelt es sich im Unterschied zu den Begriffen der kontextuellen Bekanntheit und der kommunikative Dynamik um eine Metapher zur Beschreibung des Informationswerts eines Elements. Der Begriff Informationswert erhebt nicht den Anspruch, eine linguistische Größe zu sein.

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sen Status der Information bezeichne ich als Informationswert. Darunter verstehe ich eine Skala mit zwei Extrempunkten, der unwichtigsten Information einerseits, die ich als informationelle unbedeutende Information bezeichne, und der wichtigsten Information andererseits, die ich als Sinnspitze oder Rhema bezeichne. Zwischen diesen beiden Extrempunkten liegen intermediäre Stufen.22 Wichtige Information ist meist Information, die nicht kontextuell voraussagbar ist und unwichtige Information meist Information, die kontextuell mit hoher Wahrscheinlichkeit voraussagbar ist. Generell gilt, daß unwichtige, kontextuell voraussagbare Information weniger stark betont ist als wichtige, Information, die nicht kontextuell voraussagbar ist.23 Chafe 1976 beschreibt dies folgendermaßen, wobei given und new24 meinen Bezeichnungen kontextuell voraussagbar vs. kontextuell nicht voraussagbar entsprechen: The principal linguistic effects of the given-new distinction (...) reduce to the fact that given information is conveyed in a weaker and more attenuated manner than new information. This attenuation is likely to be reflected in two principal ways: given information is pronounced with lower pitch and weaker stress than new, and it is subject to pronominalization. (...) New information, however, is not always pronounced with high pitch and strong stress. In general, in English nouns which convey new information are more consistently given strong pronunciation than are verbs, but the distribution of "new" pitch and stress is complex. (Chafe, 1976:31)

Die kontextuelle Voraussagbarkeit unwichtiger Information entsteht entweder durch Vorerwähnung oder durch die konkrete Anwesenheit des Referenten eines Elements in der Kommunikationssituation. Bei der Vorerwähnung muß es sich nicht um den gleichen Wortlaut handeln, auch Hypo- bzw. Hyperonyme, Synonyme bzw. Metonymien oder Angehörige des gleichen Wortfelds sind möglich. Die Unschärfe des Begriffs kontextuelle Voraussagbarkeit ist bedingt durch die Unscharfe des Begriffs Kontext. Kontext hat drei verschiedene Lesarten, an denen sowohl linguistische als auch psycholinguistische Aspekte beteiligt sind: Die erste Lesart versteht darunter den Kotext, d.h. das vorausgehende oder folgende sprachliche Material. Mittels des Kotexts kann man klären, ob ein Element vorerwähnt ist oder nicht. Dabei ist jedoch unklar, wie groß die Anzahl vorausgehender Äußerungen ist, die als relevant für eine bestimmte Äußerung anzusehen sind. 22

Eine ähnliche Unterscheidung findet sich in Esser 1983, der zwischen Elementen unterscheidet, die mehr oder weniger hervorhebenswert sind (1983:32). Der Hervorhebenswert ist rein psycholinguistisch bestimmt und nicht an die Intonation gebunden. 23 Auf etwaige Betonungsunterschiede, die von der Wortklasse abhängig sind, werden wir in 6.4 eingehen. 24 Chafe versteht unter der Gegebenheit der Information die Frage, ob sie im Bewußtsein des Sprechers vorhanden ist oder nicht. (1974:111; 1976:32). Dieses psycholinguistische Phänomen des "im Bewußtsein des Sprechers" Befindlichen verstehe ich als synonym mit wichtig. Mangels eines Antonyms für 'assumed to be in addressee's consciousness' verwendet Chafe weiterhin die Bezeichnungen given vs new (1974:112, Fußnote 2) - allerdings mit obiger Definition. Um etwaige Verwechslungen z.B. mit Hallidays Kategorie gegeben vs neu zu vermeiden, schließe ich mich nicht dieser Praxis Chafes an. Scherling 1976 verwendet die Dichotomie signifikant vs insignifikant, die als synomym mit wichtig vs unwichtig verstanden werden kann.

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Die zweite Lesart von Kontext umfaßt neben dem Kotext auch den situativen Rahmen, in den eine Äußerung eingebunden ist, d.h. die unmittelbare und kopräsente außersprachliche Situation, in der eine Äußerung stattfindet. Die Schwierigkeit dieser Lesart besteht darin, zu bestimmen, welche Elemente des situativen Rahmens für die in der Äußerung dargestellten Sachverhalte relevant sind und welche als irrelevant eliminiert werden können. Ich führe dazu ein Beispiel an: (21)

(Where's the book?) | It's on the table \ |

In der Äußerung (21) ist das situative Merkmal, daß ein bestimmter Tisch vorhanden ist, der sich vermutlich im gleichen Raum wie der Sprecher und der Hörer befindet, ein situativ relevantes Merkmal. Irrelevant ist dagegen z.B. die Form, die Farbe oder die Größe des Tisches. Die dritte Lesart des Kontexts umfaßt schließlich neben dem Kotext und dem situativen Rahmen zusätzlich den gemeinsamen Erfahrungshorizont des Sprechers und des Hörers (genauer: das, wovon der Sprecher annimmt, daß der Hörer es aus dem Kotext, situativen Rahmen oder aus dem Erfahrungshorizont kennen müßte). Die Angabe der kontextuellen Voraussagbarkeit kann sich auf jede der drei Lesarten des Kontexts beziehen. Ein interessantes Modell zur Gliederung der möglichen Bedeutungen stellt die Taxonomie von Prince 1981 dar. Sie unterscheidet bei Einheiten, die in einen Diskurs eingeführt werden, drei Arten: neue, ableitbare und evozierte. Diese werden z.T. weiter unterteilt: Neue Einheiten lassen sich unterteilen in brandneue und ungenutze. Brandneue Einheiten seien weder aus dem Kotext (in Form von Vorerwähnung) noch aus dem situativen Rahmen bekannt; ungenutzte seien zwar nicht vorerwähnt, jedoch im Erfahrungshorizont enthalten. In der Regel handelt es sich bei ungenutzten Einheiten um Eigennamen. Die Abgrenzung dieser Kategorie gegenüber der zweiten Kategorie der ableitbaren Einheiten ist jedoch unklar. Letztere seien Einheiten, deren Kenntnis aus den bereits erwähnten Einheiten abgeleitet werden könne, z.B. könne bei Erwähnung von car das Element the driver als ableitbar gelten. Die dritte Gruppe der evozierten Einheiten unterteilt Prince in situationsbedingt und textbedingt evozierte. Situationsbedingt evoziert sei eine Einheit, wenn sie in der Situation des Diskurses präsent sei, textbedingt evoziert sei die kontextuell vorerwähnte Einheit. 25 Bezüglich der Kategorie neu gibt es bei Prince keine Unterschiede zwischen dem linguistischen und dem psycholinguistischen Verständnis. Anders dagegen bei gegeben: im linguistischen Verständnis entspreche gegeben den evozierten Einheiten, sei also gleichbedeutend mit vorerwähnt. Im psycholinguistischen Verständnis entspreche es zusätzlich zu den vorerwähnten auch den ableitbaren Einheiten. Für die Verteilung von Artikeln bzw. die Verwendung von Pronomen oder Ellipsen ist das psycholinguistische Verständnis von gegeben vs neu entscheidend, was sich eindeutig aus einer Untersuchung zur Verwendung von definiten und indefiniten Nominal fugungen, Pronomen und Ellipsen bei Brown/Yule 1983:186 ablesen läßt.

Untersuchungen wie Prince 1981 zeigen, daß die Betonung weder zwingend mit dem einen noch mit dem anderen Verständnis von gegeben vs neu korrelieren muß. Denn es werden sowohl Einheiten hervorgehoben, die linguistisch und psycholinguistisch neu 25

Dieses Schema wurde von Brown/Yule 1981 um eine weitere Unterteilung von textbedingt evoziiert erweitert. Brown/Yule unterscheiden bei diesen vorerwähnten Elementen zwischen solchen, die unmittelbar vor der fraglichen Einheit erwähnt wurden, und solchen, deren Erwähnung bereits länger zurückliegt. Diese beiden werden als current oder als displaced bezeichnet. Sie unterscheiden sich formal insofern, als auf unmittelbar vorerwähnte Einheiten (current) mit Pronomen referiert wird, auf länger zurückliegende vorerwähnte Einheiten (displaced) mit definiten Nominalfugungen.

169

sind als auch solche, die linguistisch neu und psycholinguistisch gegeben sind. Zudem können auch vorerwähnte Elemente (nach Prince 1981 textbedingt evozierte) Einheiten als wichtige Information oder als Rhema, bzw. nichtgenannte, brandneue Elemente als Thema fungieren. Was und wie stark der Sprecher ein Element betont, d.h. welchen Informationswert ein Element hat, ist letzlich nur mit Einschränkungen objektiv bestimmbar. Generell bleibt es eine subjektive Entscheidung, bei der der Sprecher vermutlich den augenblicklichen Informationsstand des Hörers erwägt und versucht, die zu vermittelnde Information optimal in den Informationsstand des Hörers einzureihen. Die Subjektivität dieser Entscheidung schließt Fehleinschätzungen und damit Fehlleistungen nicht aus. In Untersuchungen zur informationellen Struktur, die mit dem Begriff der kontextuellen Gegebenheit arbeiten, wird stets der Form des Artikels eine Signalfunktion zugestanden. Man nimmt an, daß der unbestimmte Artikel die kontextuell neue Information, der bestimmte Artikel die kontextuell gegebene Information kennzeichnet. Es gibt jedoch eine ganze Reihe von Ausnahmen zur oben genannten Faustregel der Form des Artikels. Zu diesen Ausnahmen zählen beispielsweise die genetische Verwendung von definiten Artikel, die Verwendung definiter Artikel bei Nominal fügungen mit unikalem Referenten wie z.B. the sun oder bei Nominalfügungen, die in der Kommunikationssituation als unikal referierend benutzt werden wie the table im bereits zitierten Beispiel (21):

(21)

(Where's the book?) | It's on the table \ |

Chafe 1976 stellt einen interessanten Neuansatz zur Beschreibung der Funktion des Artikels dar: Er weist dem bestimmten Artikel die Funktion zu, den Referenten der betreffenden Nominal fugung als identifizierbar zu kennzeichnen. Identifizierbar sei eine solche Nominalfugung, wenn der Referent in der Situation präsent sei, wenn er vorerwähnt sei„durch eine Postmodifikation näher bestimmt werde oder wenn er wie im Beispiel (21), ohne kontextuell vorerwähnt zu sein, aus der Situation ableitbar sei.

6.2.2 Der Informationswert und die Betonungsstufe Die in (11) als Kategorie (0) darstellte starke Betonung ist auch am Hhz beteiligt. Die Korpusanalysen von Wells belegen, daß es eindeutige Korrelationen zwischen der starken Betonung mit Tonhöhenveränderung, die bei ihm als Primary bzw. Unique focus bezeichnet wird, und den phonetischen Parameter der Tonhöhenveränderung und der Lautstärke gibt (1986:61,64).26 Alle anderen Elemente der Äußerung haben selbstverständlich ebenfalls einen Wert bezüglich der Tonhöhe. Ihr Zurücktreten gegenüber dem Hhz ist dadurch bedingt, daß ihre Tonhöhe bzw. ihre Tonhöhenverän-

26

Die meisten Untersuchungen zur Intonation wie Halliday 1970, Ladefoged 197S oder Szwedeck 1986b, aber auch die Untersuchungen zur informationellen Struktur, wie Chomsky, Jackendoff und Firbas fassen die terminale Tonhöhenbewegung und die Betonung beschreibungstechnisch in einem Begriff Satzakzent zusammen. Dieses Vorgehen orientiert sich an der phonetischen Realisation, bei der in der Tat ein Zusammenspiel dieser Phänomene vorliegt. Die Schwäche dieses Beschreibungsmodells besteht jedoch, wie ich im forschungsgeschichtlichen Teil dargestellt habe, in der binären Sicht der Intonation (siehe vor allem 2.1.2).

170

derung nicht als distinktiv verstanden wird. Dies gilt auch für Silben, die wie das Hhz stark betont sind, jedoch keine linguistisch distinktive Tonhöhenbewegung tragen.27 Die linguistische Funktion des Hhz läßt sich durch verschiedene Kontraste belegen. Ich wähle zur Illustration das folgende klassische Beispiel28 aus, das ich aus CouperKuhlen 198629 zitiere: (22a) (22b)

| Géorge has plans \ to write | I Géorge has plans to write \ \ (ursprünglich aus Newman 1946:179f.)

Bei der Interpretation von (22a) und (22b) gehe ich davon aus, daß es sich nicht um einen Fall von Richtigstellung handelt (s. 6.3.2.3). (22a) und (22b) unterscheiden sich in erster Linie durch das Hhz, in (22a) fällt es auf plans, in (22b) auf write. Starke Betonungen können auf alle Elemente der Äußerung entfallen, unabhängig davon, ob es sich um lexikalische oder grammatikalische Elemente handelt. Der Betonungsgrad von Elementen hängt vom Informationswert des Elements ab. In der Regel fallt die starke Betonung eher auf Nomina als auf Verben. Das Auftreten der Betonungsstufen (3) und (4) ist dagegen in gewissem Maße morphologisch bestimmbar: Grammatikalische Elemente, vorzugsweise Dienstwörter30 sind unbetont, lexikalische Elemente sind schwach betont. Von ersterer Korrelation sind lediglich die Partikel von Phrasal verbs ausgenommen. Eine Untersuchung der Korrelation zwischen Informationswert und Betonungsformen ergibt Folgendes: Die starke Betonung kennzeichnet die Information mit einem hohen Informationswert. Liegt nur eine solche Information vor, entfallt auf sie automatisch auch die signifikante Tonhöhenbewegung. Diese Information stellt die Sinnspitze oder - in der Terminologie der FSP - das Rhema31, in der der gTG den Fokus - dar. Die Tatsache, daß nur ein einziges Tonhöhenzeichen und damit eine einzige Sinnspitze pro Äußerung möglich ist, heißt nicht, daß die Äußerung nur aus einer einzigen wichtigen Information besteht, sondern vielmehr, daß von der potentiellen Vielfalt solcher Informationen nur eine die Sinnspitze darstellen kann, während die anderen Informationen stark betont sind. Deren Informationswert bezeichne ich in 21

Stark betonte Elemente können in emphatischen Sprechen durch folgende sog. Betonungspausen verstärkt werden, was in bestimmten Umschriftmodellen zur Annahme sehr kurzer Tonstrecken führte (s. 6.1.3). Linguistisch sind diese Betonungen jedoch stets dem Hhz untergeordnet. 28 (22a) kann durch George must write plans paraphrasiert werden kann, (22b) durch George plans to write. 29 Die weiteren von Couper-Kuhlen 1986 geschilderten Belege für den linguistischen Status des Hhz sind der Kontrast zwischen Alternativ- und Entscheidungsfragen, zwischen Äußerungen mit positiver und negativer Implikation und zwischen Adverbialen der Bedingung und indirekten Fragen (1986:1467). Ich begnüge mich hier aus Platzgründen mit einem Verweis auf deren Darstellung bei Couper-Kuhlen. 30 Ich verwende Dienstwörter als Wiedergabe des englischen Begriffs fitnction words. 31 Diese Begriffe stammen aus unterschiedlichen Untersuchungen zur Intonation bzw. zur informationellen Struktur. Ihr Unterschied ist intensionaler Art. In meinem Modell sind sie jedoch sowohl extensional als auch intensional synonym.

171

Anlehnung an die Funktion des Rhemas als rhematisch. Diese Bezeichnung stammt aus Standop 1989. Damit wurde die in 0.1 angesprochene klassische Zweiteilung der Äußerung in das worüber gesprochen wird, und das, was darüber ausgesagt wird, um eine dritte Kategorie, die der rhematischen Information erweitert. Diese Erweiterung ist nur eine scheinbare. Tatsächlich handelt es sich um eine Differenzierung des Elements Rhema in rhematische Information und Sinnspitze. Die Annahme von thematischer Information geht in etwa konform mit dem im Firbassehen Modell der FSP (s. 1.1.2.2) angenommenen Größe des Übergangs bzw. der unbezeichneten dritten Größe im ähnlichen Modell der TCA. Im Unterschied zu diesen impressionistisch bestimmten Größen, ist die Größe rhematisch in meinem Modell jedoch objektiv durch die Intonation bestimmt.

Die schwache Betonung kennzeichnet dagegen dasjenige Element, das einen niedrigen Informationswert hat. Diese Funktion bezeichne ich in analog zu rhematisch als thematisch. Ich unterscheide zwischen schwach betonten und unbetonten Elementen, und bezeichne die Funktion letzterer als informationell unbedeutend. Neben einem distributionellen Unterschied gibt es auch einen funktionalen, denn unbetonte Elemente wie etwa to sind lexikalisch voraussagbar. Dies unterscheidet sie von den schwach betonten, thematischen Elementen. Ich erweitere das obige Schema (11) durch die Angabe der Informationswerte: (23)

System der Informationswerte: (0) stark betontes Hhz (1) stark betonte, rhematische Information (2) schwach betont, thematische Information (3) unbetonte, unbedeutende Information

6 + {A} ö ö unausgezeichnet

Die informationelle Struktur, die durch die Intonation ausgedrückt wird, ist Teil des grammatischen Systems des Englischen (s. Jacobs, 1992:8) 6.3 Äußerungen und ihre Intonationsmuster 6.3.1 Die einfache Hervorhebung Im Englischen ist das Hhz in seiner Position bedingt frei. In der Regel fallt es auf das letzte lexikalische Element der Äußerung. Für diese Stellung des Hhz gibt es unterschiedliche Bezeichnungen: Halliday spricht von Neutral tonicity, die CGEL von Endfokus, Chomsky von Normal stress (s. 2.2.2.1), Ladd von Broad focus (1978:74) und Rochemont schließlich von Presentational focus (1990:21). Diese Bezeichnungen umfassen neben der Stellung des Hhz eine inhaltliche bzw. funktionale Wertung. Ich wähle dafür die Bezeichnung einfache Hervorhebung. 6.3.1.1 Äußerungen mit finalen Hervorhebungszentren In Äußerungen, die der einfachen Hervorhebung dienen, liegt das Hhz in der Regel auf dem letzten lexikalischen Element. Ich bezeichne diesen Typ als finales Hervor-

172

hebungszentrum (hiernach: FHhz, PI. FHhzz). FHhz ist das unmarkierte Intonationsmuster. Es liegt z.B. in den folgenden Fällen vor: (24a) (24b) (24c) (24d)

Mary böught a new hat \ Mary böught a new hat \ Mary böught a new hat \ Mary böught a new hat \

Das Intonationsmuster FHhz besagt lediglich, daß das letzte lexikalische Elemente das Hhz darstellt. Es sagt nichts über die intonatorische Realisation und damit den Informationswert der übrigen Elemente der Äußerung aus.32 Wie die Varianten (24a-d) zeigen, können diese sowohl unbetont als auch betont sein. Nur der Fall (24d), in dem die ganze Äußerung betont ist und damit neue Information darstellt, entspricht streng genommen den von Ladd bzw. Rochemont verwendeten Begriffen Broad focus bzw. Presentational focus. Die Fälle (24a-c) sind in den Modellen Ladds und Rochemonts nicht darstellbar, da man in diesen Modellen von der Unbestimmbarkeit des Skopus eines finalen Fokus ausgeht (s. 2.2.3.3). Durch paralinguistische Faktoren wie die Emphase oder das Wechselmaß können jedoch vermutlich starke Betonungen der dem Nukleus vorausgehenden Elemente abgeschwächt werden. Durch eine solche Abschwächung kann beispielsweise (27d) als (27c) phonetisch realisiert werden. In solchen Fällen ist der Skopus des Fokus tatsächlich formal nicht bestimmbar. Die oben genannte Regel, das FHhz falle auf das letzte lexikalische Element, bedarf einer Einschränkung. Denn bestimmte lexikalische Elemente am Äußerungsende stellen grundsätzlich nicht das Hhz dar, es sei denn, es handelt sich um eine kontrastive Lesart. Zu diesen Elementen gehören u.a. fakultative Zeitadverbials und Satzadverbials wie in (25a) und (26a): (25a) (26a)

| Mary böught a new hat \ on Mönday | j Mary böught a new hat \ förtunately |

Wie alle ausgeschlossenen Elemente gehören diese einer relativ kleinen semantischen Gruppe an. In (25a) handelt es sich beispielsweise um die geschlossene Menge der Wochentage. Fiele auf eines der Elemente dieser Menge der Fokus, handelte es sich automatisch um einen Kontrast (s. 6.3.2.2). Das Hhz-folgende Material in (25a) und (26a) sind Elemente, die schwach oder imbetont sind.33 (25a) und (26a) haben die gleiche informationelle Struktur wie (24d). On Monday und förtunately sind zwar lexikalische Elemente, ihre Funktion als Hhz ist jedoch nur 32

Statt FHhz verwendet Esser 1983:35 die Bezeichnung steigende Kommunikation. Darunter feilt zum einen der Typ (24), zum anderen fallen darunter aber auch Intonationsmuster, die eine Folge semantisch zusammengehörender Äußerungen zusammenfassen und die aus einer Reihe von Steigtönen und einem terminalen Fallton bestehen. 33 Auf die Existenz dieses Phänomens hat bereits Standop 1989 hingewiesen. Auch Kingdon geht davon aus, daß dem Hhz nur Silben folgen können, die "partially stressed and unstressed" sind (nach Couper-Kuhlen, 1986:81).

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bei einer kontrastiven Lesart möglich. Auf diese Unterscheidung zwischen verschiedenen Funktionen von Zeitadverbials hat bereits Firbas 1979:43 hingewiesen: Er unterscheidet zwischen thematischen Adverbials, die Hintergrundinformation darstellen, und rhematischen Adverbials, die spezifizierende Informationen darstellen, (s. 1.2.2.3). 6.3.1.2 Äußerungen mit irrationalen Hervorhebungszentren Abgesehen von den in 6.3.1.1 mit den Typen (25a) und (26a) dargestellten Fällen der Abweichungen von der Regel, daß das Hhz auf das letzte lexikalische Element der Äußerung fällt, gibt es andere Fälle von Abweichungen vom FHhz, die nicht durch die relativ hohe kontextuelle Voraussagbarkeit des letzten lexikalischen Elements bzw. die niedrige kontextuelle Voraussagbarkeit eines anderen lexikalischen Elements bedingt sind. Solche Fälle bezeichne ich als irrationale Hervorhebungszentren. Dieses Intonationsmuster liegt beispielweise in den folgenden Äußerungen vor: (27a) (28a) (29a) (30a) (3 la)

(Has John read Slaughterhouse-Five? ) | No, John doesn't read \ böoks | (Ladd, 1980:81) | He keeps insisting that we coüntersign \ | but there is nöthing t6 \ coüntersign | (Bolinger, 1961:88) (A: Last night I saw 'Passage to India'. It's based on a novel, so it said.) B: Is it? | Who's the növel by \ | | his lordship Bernard / turned üp | (CEC, S 2.12: TU 277, p. 691) (A: You look desparate!) B: | My pürse \ is göne | (Fuchs, 1984:145)

Die Gemeinsamkeit der Fälle (27-3 la) besteht darin, daß nicht das letzte lexikalische Element das Hhz der Äußerung darstellt. In (27a), (30a) und (3 la) ist das Hhz ein anderes lexikalisches, in (28a) und (29a) dagegen ein grammatikalisches Element. Bei den Fällen, in denen lexikalische Elemente als Hhz-folgendes Material realisiert werden, handelt es sich nicht um den in (25-26a) vorgestellten Typ von lexikalischen Elementen, die eine eng begrenzte semantische Klasse darstellen. Die Fälle (27a-31a) widersprechen der generellen Korrelation zwischen neuer Information und Hhz. Sie sind daher in der Forschung zur Intonation heftig umstritten worden. Die Protagonisten dieser Diskussion sind Bolinger 1958 und Ladd 1978: Für Ladd liegt in diesen Typen eine Form der Abweichung von der generativen Nuclear stress rule (s. 2.2.2.1) vor, die er als Default accent bezeichnet. Den Umstand, daß bei diesem Intonationsmuster nicht das letzte lexikalische Element das Hhz darstellt, bezeichnet er als deaccenting. Ladd behandelt dieses Intonationsmuster als eigenen Typ, was von anderen Phonetikern wie z.B. Fuchs 1984 abgelehnt wird. Von einem strengen deskriptivistischen Standpunkt aus sind die Begriffe Default accent und deaccenting mit Vorsicht zu behandeln. Denn sie implizieren, daß ein bestimmtes Betonungsmuster vorausgesetzt wurde, diese Erwartung jedoch in der sprachlichen Realisation nicht erfüllt wurde. Eine solche Auffassung kommt schon gefahrlich in die Nähe einer präskriptiven Sprachbetrachtung.

174

Bolingers Theorie zur Erklärung dieses Intonationsmuster basiert auf einem semantischen Argument (s. 6.5.1): Er stellt die These au£ daß das Hhz in diesem Intonationsmuster automatisch auf Elemente mit geringer semantischer Dichte (semantically low-content words) oder auf das erste Element eines Phrasal verbs falle, das normalerweise relativ unbetont sei (1971:46). Diese Voraussetzung trifft jedoch auf die Beispiele (27a), (30a) und (31a) nicht zu, da in ihnen kein Element mit geringer semantischer Dichte, sondern ein anderes lexikalisches Element das Hhz darstellt. Das Hhz von (27a) läßt sich auch mittels der kontextuellen Voraussagbarkeit erklären. Dieses Prinzip erklärt, warum books nicht das Hhz darstellt. Der Grund ist, daß diese Information durch die Nennung von Slaughterhouse Five im vorausgehenden Kontext bereits bekannt (oder in der Princeschen Terminologie situationsbedingt evoziert) ist und daher unwichtige, thematische Information darstellt, die schwach betont wird. Dieses Prinzip erklärt jedoch nicht, warum read das Hhz darstellt. Read ist nämlich ebenfalls gegebene Information (sogar im Sinne von textuell evozierter Information). Ladds Theorie des Default accent erklärt das Hhz read als Produkt einer automatisierten Regel. Gemäß dieser Regel werde unabhängig von der Semantik oder dem Kontext automatisch dasjenige Element zum Hhz, das vor dem letzten lexikalischen Element steht. Diese syntaktisch motivierte Automatisation der Verteilung des Hhz wird als ein entscheidendes Argument gegen die informationelle Funktion der Intonation aufgefaßt. Diese Argumentation verkennt allerdings, daß die Hervorhebung von read auch funktional gerechtfertigt ist. Denn außer books ist read in (27a) das einzige Element, das hervorgehoben werden kann, ohne daß dabei eine kontrastive Lesart eintritt, wie dies etwa bei einer Realisation von John als Hhz der Fall wäre. Die Lage des Hhz in (27a) ist somit nicht zufällig, sondern funktional gerechtfertigt. Allerdings ist es in (27a) nicht die informationelle Funktion der Intonation, die über die Lage des Hhz entscheidet, sondern die diskursive Funktion (s. 6.3.2). Informationell gesehen handelt es sich um eine Neutralisation. Das Hhz in (30a) dagegen läßt sich semantisch im Stile Bolingers erklären. Es handelt sich um das für sog. Presentation sentences typische Intonationsmuster. Presentation sentences sind Äußerungen, mit denen neue Referenten mittels Verben des Erscheinens in die Kommunikation eingeführt werden. Diese Äußerung hat die syntaktische Struktur Subjekt-Verb. Der neue Referent wird bereits durch die Nennimg seines Zeichens eingeführt, das Verb, das seinerseits die Einführung ausdrückt, ist daher informationell redundant. Daraus erklärt sich, warum das Hhz auf das Element fallt, das den neuen Referenten bezeichnet. Dieses Intonationsmuster trifft jedoch nicht nur auf Verben des Erscheinens, sondern auch auf andere intransitive Verben zu, was das Beispiel (31a) dokumentiert. Das intransitive Verb in (31a) ist nicht textuell evoziert, dennoch ist es nicht das Hhz. Statt dessen fungiert das Subjekt als Hhz, es handelt sich folglich um ein weiteres Beispiel eines irrationalen Hhz. In der CGEL werden Verben des Typs (31a) als eigener Typ zusammengefaßt, der "demise or other misfortune" (§18.13) ausdrücke (s. 4.2.5). Man kann dieses Intona-

175

tionsmuster jedoch nicht allein auf die Bedeutung des Verbs zurückfuhren. Dies zeigt sich am folgenden Beispiel: (32)

| The bütter \ melted | (Chafe 1974:115)

Die wahrscheinlichste Erklärung für solche Intonationsmuster ist die von Chafe 1974 vorgeschlagene Methode, sie als kontextuelle Einheiten anzusehen. Dies besagt, daß die Informationen der Äußerung als eine Einheit verstanden und übermittelt werden. Bei dieser Zusammenfassung sei es stets das nominale Subjekt, das die Tonhöhenbewegung und die starke Betonung trage. Die semantisch bestimmte Sinnspitze umfasse jedoch die ganze Äußerung. Dieses in (30a), (31a) und (32) vorgestellte Intonationsmuster gilt jedoch nur für Äußerungen, in denen alle zu übermittelnden Informationen neu bzw. wichtig sind. Ich wende mich nunmehr den Fällen zu, in denen ein grammatikalisches Element das Hhz darstellt. Ich betrachte zunächst den Fall (28a). In (28a) ist die Information, die in den lexikalischen Elementen enthalten ist, bereits aus dem Kontext bzw. dem ÄTotext bekannt. Um kontrastive Lesarten auszuschalten, stellt vermutlich das unmittelbar vor dem letzten lexikalischen Element stehende grammatikalische Element das Hhz dar. Das Hhz to in (28a) ist zwar informationell gesehen irrational, diskursiv gesehen dagegen durchaus motiviert. Etwas anders liegt der Fall in (29a). Die Funktion des lexikalischen Elements novel als Hhz ist wegen seiner Vorerwähntheit unwahrscheinlich. Vom Standpunkt der kontextuellen Voraussagbarkeit gesehen, wäre das w/i-Pronomen der wahrscheinlichste Kandidat für das Hhz. Statt dessen wird in Ergänzungsfragen häufig das letzte Element hervorgehoben. Dabei kann es sich wie in (29a) um ein grammatikalisches Element handeln. Aber auch lexikalische Elemente mit hoher kontextueller Voraussagbarkeit sind möglich wie im folgenden Beispiel (33 a): (33a)

(A: Yesterday I gave in to my desire to splurge and went out to buy something.) B: | What did you büy \ |

Der Typ (33a) ist auf Ergänzungsfragen mit wA-Pronomen beschränkt. Die Hervorhebung des finalen Elements ist weder informationell noch semantisch noch diskursiv zu erklären. Hier handelt es sich vielmehr um einen Fall von Neutralisation, bei der die Kennzeichnung informationeller Kontraste aufgehoben ist. Diese Form von Neutralisation gilt jedoch nicht für solche Ergänzungsfragen, in denen die Wi-Form als Adjektiv fungiert. In diesen Konstruktionen ist nicht das letzte, lexikalische Element automatisch das Hhz. Statt dessen können andere Elemente als Hhz fungieren: (34a)

| Whose advice \ will you accept | (Cruttendon, 1986:85)

(34a) kann verglichen werden mit (35a-37a):

176

(35a) (36a) (37a)

| The telephone's \ ringing | | The sün's \ shining | | John has got a düty \ to perform |

In den Fällen (34a-37a) stellt das dem finalen Verb vorausgehende Nomen neue, hervorgehobene Information dar. In (35a-37a) ist der Informationswert des Verbs nach der Nennung des Nomens wegen seiner lexikalischen Voraussagbarkeit relativ gering. Dieser Typ kann als Kollokation bezeichnet werden. Liegt keine solche lexikalische Voraussagbarkeit vor, kann ein anderes Element (auch das Verb) das Hhz darstellen: (38a) (39a) (37b)

The telephone's in the hall \ ] The sün is the center of our gälaxy \ | John has got a düty to perform \ |

In (37b) hat perform die Bedeutung 'auftreten' und ist nicht lexikalisch voraussagbar, weshalb seine Funktion als Hhz der Korrelation zwischen wichtiger Information und Hhz entspricht. (37b) wäre z.B. im folgenden Kontext möglich:

(37b)

(John Martin, who has been asked to play the leading role in Shakespeare's Hamlet, has fallen ill all of the sudden. But he won't spare himself and will take part in tonight's Performance. He says:) 11 have got a düty to perform \ |

Die Kollokationen (34-37) können ebenfalls mit Chafes Begriff der konzeptuellen Einheit erklärt werden. Fuchs bezeichnet diesen Fall als integratives Akzentmuster (1984:137, 148). 6.3.2 Die diskursiven Funktionen der Intonation Neben den in 6.3.1 und 6.3.2 dargestellten Fällen der einfachen Hervorhebung gibt es eine Reihe markierter Intonationsmuster, in denen die Wahl des Hhz auf die diskursiven Funktionen der Intonation zurückzuführen ist. Diese diskursiven Funktionen der Intonation sind die Kennzeichnung des expliziten bzw. des impliziten Kontrasts, die Kennzeichnung der Richtigstellung und der Bestätigung und schließlich die Kennzeichnung des Beiseite-Sprechens. Die Unterscheidung zwischen den Fällen, in denen die Intonation eine diskursive Funktion hat, und dem Fall der einfachen Hervorhebung ist primär inhaltlicher, sekundär jedoch auch formaler Natur. Die formale Kennzeichnung besteht aus einer spezifischen Intonation, bisweilen treten alternativ auch positioneile Kennzeichnungen auf. Die intonatorische Kennzeichnung kann unter bestimmten Umständen entfallen, auf die ich noch eingehen werde. Eine generelle Bedingung für den Auftritt von Neutralisation intonatorischer Unterscheidungen ist die Tatsache, daß andere Merkmale die betreffende diskursive Funktion eindeutig kennzeichnen.

177

6.3.2.1 Die Hervorhebung zum Zwecke des Kontrasts Bei den Hervorhebungen, die auf die diskursiven Funktionen der Intonation zurückzuführen sind, handelt es sich insgesamt um markierte Fälle. Der offensichtlichste Fall mit diskursiver Funktion ist der explizite Kontrast. 34 Der Kontrast kann auf zwei unterschiedliche Arten formal gekennzeichnet werden: Die erste Möglichkeit stellt der Spaltsatz dar, auf den ich bereits im Zusammenhang mit den syntaktischen markierten Variationen (s. 5.2.4) eingegangen bin. Die zweite Möglichkeit besteht aus einer spezifischen Intonation. Bevor ich die intonatorische Kennzeichnung des Kontrasts betrachte, möchte ich anhand eines Beispiels kurz auf die inhaltliche Bestimmung eingehen: (40)

(Did he give Mary a doli?) No, he gave Mary a watch and Peter a book.

In (40) liegt ein expliziter Kontrast zwischen zwei Wortpaaren vor, die der gleichen Wortklasse angehören und in paradigmatischer Beziehung zueinander stehen. Mary kontrastiert mit Peter und watch mit book. Der Kontrast kann semantisch als die Einschränkung der paradigmatischen Bedeutungsbeziehung verstanden werden. In einer Äußerung der einfachen Hervorhebung ist an jeder Stelle eine theoretisch unendliche Menge von Alternativen vorhanden. Im Kontrastfall dagegen ist die Menge der möglichen Alternativen eng umrissen. In der Regel besteht diese Menge aus zwei Elementen. Hinsichtlich der phonetischen Auszeichnung des Kontrasts schließe ich mich der Auffassung Chafes an, der für den Kontrastfokus (der meiner Intonation mit der diskursiven Funktion des Kontrasts entspricht) eine spezifische Intonation annimmt. Diese phonetische Auszeichnung der kontrastierenden Elemente wird durch das Zusammentreffen mindestens dreier intonatorischer Parameter hergestellt: der starken Betonung, des Tonhöhengipfels und - damit verbunden - der großen Tonhöhenmodulation. Charakteristisch ist dabei die Modulation der Tonhöhe in Relation zur Tonhöhe des folgenden Materials. Letzteres wird mit einer signifikant niedrigeren Tonhöhe gesprochen. Das Zusammentreffen dieser Intonationsparameter bezeichne ich als kontrastives Hervorhebungszentrum (KHhz). Diese spezifische Intonation zur Kennzeichnung des Kontrast unterscheidet sich nur graduell von der Intonation der einfachen Hervorhebung. 35 Benutzt man eine interlineare Notation der Intonation kann man

34

Bolinger bezeichnet jede Art von Hhz als kontrastiv. Er schreibt: "In a broad sense every semantic peak is contrastive" (1961a:32). Diese Verwendung des Begriffs Kontrast ist mE zu weit gefaßt, da damit keine Unterscheidungen mehr getroffen werden können. Ich unterscheide daher zwischen explizitem und implizitem Kontrast. 35

Laut Wells 1986 ist das KHhz außer durch die benannten Faktoren der Tonhöhenveränderung auch durch solche der Lautstärken- und der Tempoveränderung gekennzeichnet. Er nennt dabei den Lautstärkengipfel, die Abnahme der Lautstärke auf den folgenden Silben und schließlich die Pause und die Längung (1986:66). Die Dominanz der Faktoren der Tonhöhenveränderung gegenüber denen der Länge und der Pause fuhrt in meinem Modell zur Konzentration auf die Tonhöhenveränderungen.

178

(40a)

| He gave

Mary a watch

| and

Péter a book

|

In den bisher besprochenen Beispielen der einfachen Hervorhebung bezeichneten die Schrägstriche Tonhöhenbewegungen. Um mittels der Schrägstriche auch Tonhöhengipfel bezeichnen zu können, modifiziere ich die bisherige Notation durch die Hinzunahme eines weiteren Falls, bei dem ich die Schrägstriche unmittelbar vor bzw nach das betreffende Element setze. Die Notation (40a') ist synonym mit der Notation (40a):36 (40a')

| He gave \Mâry/ a wâtch \ | and \Péter/ a bôok \ |

Die von mir gewählte Notation dient auch dazu, (40a*) von Kontaminationen oder Editing (s. 6.4.1) zu unterscheiden, bei denen fälschlicherweise zwei Hhzz realisiert werden. Fällt ein KHhz auf ein am Äußerungsende befindliches Element, liegt Neutralisation zwischen KHhz und FHhz vor, da das Charakteristikum des KHhz, die Realisation des folgenden Materials auf einer niedrigen Tonhöhe, durch die Stellung am Äußerungsende entfällt: (41a) (42a)

| Pèter clèaned the kitchen \ | | Pèter clèaned the Matchen/1 Màry clèaned the \bâthroom/1

6.3.2.2 Der implizite Kontrast Eine kontrastive Lesart kann nicht nur auf einer phonetischen Kennzeichnung, sondern auch positionellen Kennzeichnung beruhen. Dieser markierte Typ mit positioneller Kennzeichnung wird beispielsweise in (41b) realisiert. Es ist dabei nicht das letzte lexikalische Element der Äußerung, das das Hhz darstellt, sondern ein Element am Anfang oder in der Mitte der Äußerung. (41b) kann kontrastiv im Stil von (42b) interpretiert werden: (41b) (42b)

| Péter \ clèaned the kitchen j Péter / clèaned the kitchen Mary \ clèaned the bàthroom |

Das Hhz Peter in (41b) mit einer durch die positionelle Abweichimg bedingten kontrastiven Lesart ist ein Beispiel eines Intonationsmuster, das ich als impliziten Kon-

36

Die CGEL wählt zur Darstellung dieses Falls Notationen des folgenden Typs:

(40a")

He gave MARY a WATCH | and PETER a BOOK |

Diese Notation kann den phonetischen Unterschied zwischen Hhzz der einfachen Hervorhebung und KHhzz nicht darstellen. Zwar wird in den Erläuterungen zu dieser Notation darauf verwiesen, daß das Falltonelement als dominant gegenüber dem Steigtonelement zu verstehen ist, dieser Unterschied wird jedoch in der Umschrift (40a") nicht ausgedrückt.

179

Das Hhz Peter in (41b) mit einer durch die positioneile Abweichung bedingten kontrastiven Lesart ist ein Beispiel eines Intonationsmuster, das ich als impliziten Kontrast 37 bezeichne. Dieser Typ unterscheidet sich vom expliziten Kontrast durch die fehlende Nennung des kontrastierenden Elements. Das Element, das in (41b) als Hhz fungiert, stellt eine Auswahl aus mehreren, nichtzählbaren Möglichkeiten dar. Es ist in der Regel durch eine relativ hohe Tonhöhe gekennzeichnet (Brown et al. 1980:29), die positionelle Kennzeichnung ist fakultativ. Der phonetische Übergang zwischen implizitem Kontrast, explizitem Kontrast und einfacher Hervorhebung ist fließend. Ich führe dazu die folgenden Beispiele an: (43 a) (43b) (43 c)

| Mary \ has just bought a new hat | | Mary has just bought \ a new hat | I Mary has just bought a new \ hat |

Die Varianten (43a-c) unterscheiden sich bei gleichen segmentalen Phonemen bzw. Wörtern nur suprasegmental, d.h. in der Art der Betonung und der Lage der Tonhöhenbewegung. Ihre unterschiedlichen diskursiven Bedeutungen werden auf dem Hintergrund möglicher expliziter Kontraste offensichtlich: (43 a) (43b) (43c)

| \Märy/ has just bought a new hat | (Not Martha, but Mary) | Mary has just \bought/ a new hat | (She stopped stealing things) I Mary has just bought a \new/ hat \ (An old hat wouldn't have done)

6.3.2.3 Die Richtigstellung und die Bestätigung Beim dritten Typ des markierten Hhz liegt eine besondere Intonation vor, bei der mit Ausnahme von einem einzigen Element alle Elemente der Äußerung unbetont realisiert werden. Dieses Element, das damit als Hhz zu bewerten ist, kann ein lexikalisches Element wie in (44) oder aber ein grammatikalisches wie in (45) sein (44a)

(45a)

(Did you say that you're reading Hamlet?) | No, I said that I'm reading Macbeth \ | (A: Is this a thing which you have raised in your staff student committee? B: No. Not yet.) C: | It has \ been raised in the staff student committee actually /1 (CEC, S.3.3: TS:37)

Bei (44) 38 : handelt es sich um Wiederholung einer Äußerung, die offensichtlich teilweise vom Hörer falsch verstanden wurde. Die korrekte Bedeutung von (44) soll durch

37

Die Intonation (41b) wird auch als Emphase bezeichnet. Diese Bezeichnung ist jedoch wegen ihrer Ambiguität irreführend. 38 Für den Typ (44a) verwendet Enkvist 1980 die Bezeichnung Corrective focus. Bolinger, der als erster auf die Existenz dieser Typen hingewiesen,faßt sie unter der Bezeichnung Second irtstance zusammen (1952:1123). Ich bevorzuge die Trennung der beiden Typen, auf der Grundlage ihrer offensichtlich unterschiedlichen diskursiven Funktionen.

180

diese Wiederholung richtiggestellt werden soll. Ich bezeichne diesen Typ daher als Richtigstellung. Die Funktion der Richtigstellung ist es folglich, die Information bezüglich eines Elements zu korrigieren. Dabei wird das vom Hörer falsch verstandene Element intonatorisch hervorgehoben. Der Rest der Äußerung ist unbetont. Bei der falsch verstandenen Information kann es sich um ein lexikalisches Element mit einer beliebigen syntaktischen Funktion handeln. Die Äußerung (44a) illustriert beispielsweise die Richtigstellung des Objekts. Die Richtigstellung ist in erster Linie diskursiv gekennzeichnet. Die formale, phonetische Auszeichnung durch die Intonation ist redundant. Diese formale Kennzeichnung erfolgt in der Regel durch einen Tonhöhengipfel auf dem richtiggestellten Element. Das unbetonte, unwichtige Material wird auf einer niedrigen Tonhöhe realisiert. Ich bezeichne dieses Verhältnis in der Tonhöhe zwischen dem hervorgehobenen und dem nichthervorgehobenen Material mit dem in 6.1.1 vorgestellten Begriff des Tonbruchs. Fällt die Hervorhebung dagegen wie in (45)39 auf ein Element einer geschlossenen Klasse fallt, hat die betreffende Äußerung in der Regel eine der Richtigstellung verwandte Funktion, die ich als Bestätigung bezeichne. Bei (45a) handelt es sich um die Antwort auf eine zuvorgestellte Frage. Die Antwort und die Frage sind im Wortlaut großenteils identisch. Die besondere Intonation von (45a) erklärt sich daraus, daß mit Ausnahme der Bestätigung des Wahrheitswerts der aufgestellten These, keine neue Information in der Äußerung enthalten ist. 6.3.2.4 Beiseite-Sprechen In einer Tonstrecke können dem Hhz unbetonte Elemente folgen. Diese unbetonten Elemente werden auf einer relativ niedrigen Tonhöhe gesprochen. Erreicht die Anzahl unbetonter Elemente eine gewisse Länge, können innerhalb dieses dem HHz-folgenden Materials Betonungsunterschiede auftreten. Bei diesem Material handelt es sich um gedankliche Nachträge oder ein Form von lautem Denken, die dem vorher Genannten in seiner Wichtigkeit nachgeordnet bleibt. Ich bezeichne dieses sprachliche Material als Beiseite-Sprechen. Beiseite-Sprechen ist semantisch und syntaktisch definiert; Dank der Redundanz der natürlichen Sprache ist solches Beiseite-Sprechen aber auch intonatorisch gekennzeichnet. Das intonatorische Kennzeichen ist das gleiche wie im Falle des Hhz-folgenden Materials, nämlich die relativ niedrige Tonhöhe. Das CEC beinhaltet sog. Subordinate tone units, deren Bezeichnung eine Ähnlichkeit mit meinem Beiseite-Sprechen vermuten läßt. Die Erläuterung dieser Subordinate tone units anhand eines Beispiels ist äußerst unpräzise. Angaben zur ihrer phonetischen Realisation fehlen völlig. Auch aus den Beispielen wie (46-49) läßt sich keine Klarheit über diesen Begriff gewinnen. Im Gegensatz zu den normalen Tonstrecken, die durch Quadratzeichen (g) begrenzt werden, stehen die Subordinate tone unit in geschweiften Klammern {}. Bei den beiden folgenden Zitaten verzichte ich auf die Angabe der Tonhöhe, die sog. booster, und auf Pausenzeichen: 39 Im Beispiel (46) handelt es sich laut Umschrift des CEC um einen intonatorischen Anakoluth. Auf diesen Sonderfall der Intonation werden wir in 6.4.2 zu sprechen kommen.

181

(46)

a y o u mean that NEM(CEC, S 1.1, 22,23)

{the PAPERS} ARE »more or less set ad HOMI-

(47)

Y E A H - {I S E E } a (CEC, S I . 1, 162,3)

(48)

Well that finishes that • [ :m]. Now what was the OTHER thing {I wanted to ASK you | } | (CEC, S 1.1.236,7)

Das Vorkommen der Subordinate tone groups ist äußerst uneinheitlich. Der Fall (46) ist idiosynkratisch. Fall (47), in dem mit I see der Hörer phatisch seine Teilnahme an der Kommunikation bestätigt, wird nur zufälligerweise so ausgezeichnet. Ahnliche Fälle der Unterbrechung mit I see werden entweder als eigene Tonstrecke oder als untergeordnete, lediglich see umfassende Tonstrecke behandelt (wobei I der vorausgehenden Tonstrecke angehört). In keinem Falle handelt es sich hier jedoch um das, was ich als Beiseite-Sprechen bezeichne. Auch der Typ der syntaktischen Unterordnung wie in (48) wird nicht einheitlich mittels Subordinate tone groups bezeichnet. In (48) wird zwar so verfahren, in anderen Fällen werden jedoch einfach neue Tonstrecken notiert. Offensichtlich umschreibt das CEC das gesprochene Material phonetisch von Fall zu Fall verschieden, ohne einheitliche phonematische Parameter anzuwenden.

Die Tonstrecken auf niedriger Tonhöhe können auch in der Mitte der Äußerung auftreten wie im folgenden Beispiel: (49)

we used to rake you know when we had coal fires we used to rake the fire out (Halford, 1990:39)

Ein weiteres typisches Beispiel für solches Beiseite-Sprechen entnehme ich dem CEC. Ich zitiere bei diesem Beispiel den vorausgehenden Kontext in entsprechender orthographischer Form: (50)

(A: May I ask what goes into that paper now, because I have to advise a couple of people who are doing the...) B: well what you DO g is to - this is sort of between the TWO of usg| what you DO B is to make sure that your own CANDIDATE (CEC, S 1.1, 816)

Leider liegt mir das CEC nur in geschriebener nicht jedoch in akustischer Form vor, weswegen bei (50) unklar ist, wie der Sprecher B die syntaktisch-semantische Parenthese des Beiseite-Sprechens, nämlich This is sort of between the two of us tatsächlich intoniert hat. Dieses Beiseite-Sprechen wird in einer niedrigen Tonhöhe realisiert 40 Ich wiederhole: Beiseite-Sprechen ist semantisch-syntaktisch bestimmt, die intonatorische Kennzeichnung ist zwar redundant, jedoch auch funktional, insofern als Oppositionen gebildet werden können: Der Fall 1 ist deijenige Fall, in dem das Beiseite-Sprechen neben seiner syntaktisch-semantischen Kennzeichnung lediglich durch

40

Nach Information des Muttersprachlers Ruth Wishart

182

Pausen von seiner Umgebung abgegrenzt wird, der Fall 2 derjenige Fall, in dem es zusätzlich durch die niedrige Tonhöhe abgegrenzt wird. Die Funktion von 1 ist neutral, die Funktion von 2 ist die akustische Unterstreichung der Parenthese. Als Paralinguist könnte ich die niedrige Tonhöhe und den "Flüsterton" des Beiseite-Sprechens als konspirativ bezeichnen. Was ich dann getan hätten, wäre nichts anderes, als daß ich aus dem semantischen Gehalt eines Beispiels auf die Funktion einer Intonation geschlossen hätte. Wie gefährlich eine solche Vorgehensweise ist, wird deutlich, wenn andere Fällen von Beiseite-Sprechen wie What's his name? im folgenden Beispiel vorliegen:

(51)

(Delaney's, the Canadian Student, remember, last year (...) he should have had his dissertation in at the beginning of May. But the damn thing hasn't come. 1 did get a postcard from him saying tnat the thing is now ready, and that he will send it by the end of June. That's what he says. Now A he my not send it quite as soon as that. And B it my take a hell of a long time to come. If he puts it into the diplomatic bag g a s WHAT'S his name ^Mickey Cohn did... (CEC, S 1.1,8386)

Beiseite-Sprechen wie in (51) als konspirativ bezeichnen zu wollen, wäre vollkommen unpassend. Gerade diesen doch so einfachen Test für die Legitimation einer wie auch immer gearteten Funktion, nämlich die Anwendung auf ein anderes Beispiel, wird von denjenigen, die paralinguistische Informationen zu beschreiben versuchen, nicht angewendet.

Für die Umschreibung des Beiseite-Sprechens gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder nehme ich fur solche Fälle eigene Grenzsignale an - etwa wie in (52b) runde Klammern, die gleichwertig zu den Begrenzungszeichen normaler Tonstrecken sind, oder ich kennzeichne die Pausen nicht und fasse das Ganze, d.h. frühes Hhz und BeiseiteSprechen als eine Einheit, d.h. als eine Tonstrecke, zusammen wie in (52a). Ich favorisiere die Umschrift (52b): (52a)

| Welcome \ said the mother as she stood there at the foot of the beanstalk in her ridiculous orange and purple polka-dotted hoüsedress which she had just gotten back from the cleaners | (Chafe, 1974: Fußnote 10)

(52b)

| Welcome \ ( said the mother as she stood there at the foot of the beanstalk in her ridiculous orange and purple pölka-dotted hoüsedress which she had just gotten back from the cleaners )|

Ich könnte eigens fiir diesen Fall einen Flachton am Ende annehmen. Dies wäre jedoch phonematisch gesehen unnötig, da ich bereits durch die Grenzsignale anzeigen kann, daß das Beiseite-Sprechen insgesamt durch eine niedrige Tonhöhe gekennzeichnet ist. Damit bleibt allerdings die Frage offen, welche Art von Tonhöhenbewegung am Ende des Beiseite- Sprechens tatsächlich möglich ist. Vermutlich treten nur steigende oder gleichbleibende Töne auf. Ich brauche deshalb keinen Flachton in mein Intonationsmodell aufzunehmen, da ich ihn durch einen phonematischen Steigton ersetze, dessen Variante laut Definition der Flachton ist.

183

Die Klammern des Beiseite-Sprechens müssen in das Notationssystem integriert werden. Dazu bedarf es einer Definition, die die runden Klammern als Kennzeichen des Beseite-Sprechens ausweist, das insgesamt auf niedriger Tonhöhe gesprochen wird und dem zuvor genannten Hhz untergeordnet ist. Ich erweitere damit mein Modell um die Notation (53) und umschreiben (52) jetzt folgendermaßen: (53)

(...)

Beiseite-Sprechen

Anstatt der Klammern könnte ich senkrechte, nach unten weisende Pfeile (|) als ikonische Zeichen für die niedrigere Tonhöhe verwenden. Ich ziehe jedoch die Klammern vor, weil sie in einer anderen Lesart sprechender sind: Sie markieren nämlich sehr gut den parenthetischen Charakter des Hhz-folgenden Materials. Wenn ich mittels Klammern anzeige, daß es sich um Hhz-folgendes Material handelt, kann ich damit innerhalb der Tonstrecke wieder die gewohnte Notation zur Umschreibung von Betonung und Tonhöhenbewegungen verwenden. Die Klammemotation hat damit zwei Funktionen: zum einen zeigt sie das Hhz-folgende Material an, zum zweiten die Tatsache, daß die betreffende Tonstrecke untergeordnet ist. 6.4 Toastrecken mit mehreren Hervorhebungszentren Bisweilen kommt es vor, daß eine Äußerung nicht nur eine einzige signifikante Tonhöhenbewegung, sondern zwei solche Tonhöhenbewegungen aufweist. Diese Tonstrecken mit zwei Hhzz zerfallen in zwei Typen: Der erste Typ ist der der Fehlleistung, der zweite der des intonatorischen Anakoluths. Mit diesen Fällen werde ich mich im folgenden eingehend beschäftigen. 6.4.1 Die Fehlleistung Bei der Fehlleistung widerruft ein Sprecher ein fälschlicherweise zu früh gesetztes Hhz durch das nachträgliche Setzen des richtigen Hhz. Auf diese Weise entsteht eine Tonstrecke mit zwei Hhzz. Hockett bezeichnet diesen Fall als Editing (s. auch 6.1.3). Die Fehlleistung tritt typischerweise beim Lesen auf. Sie kommt jedoch auch in der spontanen Rede wie in (54) vor, in dem der Sprecher fälschlicherweise ein Hhz auf one setzt und dieses jedoch nach einer potentiellen Pause durch das Setzen eines zweiten Hhz korrigiert. Die Intonation (54a) stellt somit eine Fehlleistung von (54b) dar: (54a) (54b)

| öne / of the things that öne of the mäny / things the book brings out... | j öne of the mäny / things the böok brings oüt | ((54a), CEC, S 2.3: TU 338, p. 446)

184

6.4.2 Der intonatorische Anakoluth Es gibt Sonderfalle von Intonationsmustern, in denen der Sprecher offensichtlich absichtlich zwei Hhzz in einer Tonstrecke realisiert. Meist handelt es sich dabei um eine Kombination aus Fallton und anschließendem Steigton. Die CGEL behandelt das Auftreten solcher Fälle als eigenen Intonationstyp, den sie als "Fall-plus-Steigung" bezeichnet (s. 4.2.2.3.2). Im Intonationsmodell von Cruttendon wird dieses Intonationsmuster als Intonation sandhi bezeichnet (1986:43). Dieses Intonationsmuster tritt laut CGEL häufig in Äußerungen mit finalen Satzadverbials auf. Dabei, so heißt es, stelle das Satzadverbial das Steigtonelement dar. Doch nicht nur das Satzadverbial, sondern auch andere Elemente werden als solche Steigtonelemente gekennzeichnet: (55a)

| He is fairly \ clever /1 (CGEL, §18.17)

In (55a) beginnt der Sprecher mit einem Fallton auf fairly, was die Intonation (55'a) erwarten läßt: (55'a)

| He is fairly \ clever |

Aber anstatt mit schwach betontem Material fortzufahren, fuhrt er ein neues Hhz ein, d.h. die Intonation springt scheinbar um. Dieser Fall kann wegen seiner relativ hohen Frequenz nicht als Fehlleistung gelten. Vermutlich fuhrt der Sprecher den Steigton ein, um zusätzliche wichtige Information, die eindeutig dem Falltonelement untergeordnet ist, zu kennzeichnen. Offensichtlich kann der Sprecher diese Intonation wählen, d.h. ein scheinbar überzähliges Steigtonelement einfuhren, weil der Fallton als dominant gilt. Cruttendon schreibt dazu: (...) a final accent on a rise following a fall is normally downgraded from its status as nucleus. Rises are in some way less prominent than falls. (This is confirmed by perception tests which ask people to say which is the most prominent word in sentences.) (1986:50f.)

Es handelt sich hierbei um eine emphatische, d.h. paralinguistische Funktion der Intonation. Der zweite Teil dieser Äußerung, der vom ersten durch eine tatsächliche oder zumindest potentielle Pause getrennt ist, ist eine Art gedanklicher Nachsatz. Ich bezeichne diesen Intonationsverlauf in Anlehnung an die syntaktische Figur des Anakoluths (s. 5.2.3) als intonatorischen Anakoluth. 6.5 Der Einfluß anderer Faktoren auf die Betonung In der Darstellung der Betonung als Vehikel des Informationswerts wurden verschiedene Fälle angesprochen, in denen die Entsprechimg zwischen kontextueller Voraussagbarkeit und Intonation durch andere Faktoren beeinflußt wird. Mit diesen und anderen interferierenden Faktoren will ich mich nunmehr beschäftigen. Als solche inter-

185

ferierenden Faktoren werden in der phonetischen Literatur die folgenden genannt: die Wortklasse bzw. die Konstituenten- oder Argumentstruktur, der Rhythmus bzw. das Wechselmaß, die emphatische Intonation, die Syntax, die Semantik und die Textlinguistik. 6.5.1 Der Einfluß anderer grammatischen Ebenen Es gibt in der phonologischen Literatur eine weit verbreitete These, daß die Intonation von der Grammatik abhänge. Unter Grammatik werden dabei die unterschiedlichen Ebenen der Morphologie und der Syntax bzw. der Semantik gefaßt. Ich habe mich in Kapitel 5 bereits ausführlich mit der Interferenz bestimmter syntaktisch markierter und intonatorischer Kennzeichnungen der informationellen Struktur befaßt und dabei festgestellt, daß bestimmte syntaktische markierte Konstruktionen bestimmte Intonationen vorschreiben.. In diesem Kapitel will ich mich daher mit der Frage des Zusammenhangs zwischen der Betonung und der Wortklasse einerseits und der Frage des Zusammenhangs zwischen der Betonung und ««markierten syntaktischen und semantischen Strukturen befassen. Dabei greife ich als einen Schwerpunkt die in der gTG aufgestellten These der NSR (Nuclear stress rule) heraus. 6.5.1.1 Der Einfluß der Wortklasse Die These von der Relation zwischen der Betonimg und der Wortklasse wird bereits seit längerem von Bolinger (s. z.B. Bolinger 1972) vertreten. Aber auch neuere Arbeiten wie Ladd 1980, Szwedeck 1986a und Cruttendon 1986 postulieren eine Abhängigkeit der Betonung bzw. des Satzakzents von der Wortklasse. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Analyse von Ladd 1980, der eine Hierarchie der Betonbarkeit aufstellt. Prinzipiell kann man zunächst zwischen zwei Gruppen von Wortklassen unterscheiden, den grammatikalischen und den lexikalischen.41. Bereits Pike 1945 unterscheidet zwischen betonten Content words, worunter er Nomina, Vollverben und Adjektive zusammenfaßt, und unbetonten Dienstwörtern, wozu Hilfsverben, Gradadverbien und Personalpronomen zählen (1945:118). Eine solche Abhängigkeit ist meines Erachtens nicht zu leugnen, denn in der Regel sind es lexikalische Elemente, Pikes Content words, die die Information tragen, deren Informationswert der Sprecher mittels der Betonung signalisiert. Dienstwörter als grammatikalische Elemente sind nur im Kontrastfall oder in der Richtigstellung bzw. der Bestätigung betont Ich betrachte zunächst die Gruppe der grammatikalischen Morpheme. Diese sind in der Regel schwach betont. Relativ unbetont sind z.B. der Artikel, die Kopula und primäre Verben. Die grammatikalische Bedeutung dieser Dienstwörter ist eng umrissen: Der Artikel drückt die Bestimmtheit bzw. Unbestimmtheit des folgenden Nomens aus.

41

Die meines Erachtens einzig sinnvolle Verwendung der Begriffe lexikalisch und grammatikalisch setzt die Auffassung von Bedeutung als einer skalaren Größe mit den beiden Polen grammatikalische bzw. lexikalische Bedeutung voraus. Zwischen beiden Polen besteht ein Übergangsbereich.

186

Die Kopula drückt im weitesten Sinne aus, daß die Referenten von Subjekt und Subjektkomplement identisch sind bzw. daß der Referent des Subjekts an einem bestimmten Ort ist. Primäre Verben drücken Tempus bzw. Aspekt aus. Normalerweise sind solche Dienstwörter informationell unbedeutend. Ihre Verwendung als rhematische Information ist ausgeschlossen. Das Hhz können sie nur bei Richtigstellungen oder Bestätigungen darstellen: (56)

(57)

11 didn't sày that John was \ happy | I John is \ happy | (Is this a thing which you have raised in your staff student committee?) I It has \ been raised in the staff student committee actually /1 (CEC, S.3.3: TS:37)

Etwas anders stellt sich der Fall der Modalverben und der Konjunktionen bzw. Präpositionen dar. Sie sind entweder unbetont oder schwach betont, womit sie als informativ unbedeutende oder als thematische Information fungieren: (58) (59) (60)

| John ought to study harder for his A-level \ | I Whèn he was a child /1 hè was éverybody's friend \ | I The book is on the table \ |

Handelt sich um Richtigstellung oder Kontrast, können sie das Hhz darstellen: (61) (62)

| He didn't read Hamlet while / he was at school | he read the play afterwards \| I The book's not ón / the table | it's ünder \ it |

Davon zu unterscheiden sind deiktische Proformen, die schwach oder stark betont sein können, folglich als thematische oder als rhematische Information fungieren: (63) (64)

11 have been living in Néw York /1 ever since I was a child \ 11 could néver imagine living anywhere élse \ but thère | I She hates chocolate \ |

In (63) stellt there eine Proform dar, die auf das vorausgehende, koreferentielle Bezugswort New York verweist. In (64) identifiziert she eine sitationell gegebene Person, d.h. die Bedeutung von she wird erst aus dem Kontext ersichtlich. Diese Morpheme stellen durch die Verbindimg mit dem Bezugswort, bei dem es sich um ein lexikalisches Morphem handelt, mittelbar einen Ausschnitt aus der außersprachlichen Wirklichkeit dar. Auch Proformen können in Kontrast, Richtigstellung oder Bestätigung das Hhz darstellen: (65) (66)

| Here am I \ | ìli in béd \ | and you don't séem to care \ | I The book's not hére \ | it's over thére \ |

187

Proformen können aber auch als Determinata in syntaktischen Fügungen auftreten, z.B. im Zusammenhang mit einem Adjektiv. Während in der syntaktischen Fügung des Typs pretty ribbon das Nomen und eventuell auch das Adjektiv stark betont sein können, letzteres jedoch häufiger schwach betont ist (67a), ist in Konstruktion mit der Proform one automatisch unbetont. Die Betonung fällt auf das Adjektiv: (67a) (68a)

| It's a pretty ribbon \ | j It's a pretty \ one |

Nicht zu den klassischen Proformen werden lexikalische Morpheme wie person gerechnet, obwohl der Typ person ähnlich wie one lediglich eine grammatisch vorgeschriebene Stelle besetzt, ohne neue Information zu liefern. Anders als one ist person jedoch in der Regel stark betont: (69a)

| Jane is a brilliant person \ |

Innerhalb der lexikalischen Morpheme wird nochmals unterschieden, wobei den Nomina als stärker betonbar als die Verben verstanden werden. 42 Dieses Argument muß allerdings modifiziert werden: Es gibt bestimmte, semantisch bestimmbare Verben in bestimmten Konstruktionstypen, die intonatorisch hinter dem Nomen zurücktreten. Dabei handelt es sich in erster Linie um Verben des Erscheinens. Diese Fälle habe ich bereits im Zusammenhang mit FHhz und irrationalen Hhzz angesprochen (s. 6.3.1.2). Man kann nicht generell den Verben weniger Betonungsfähigkeit zugestehen. Diesen Punkt möchte ich im Zusammenhang mit der Besprechung der Relation zwischen Betonung und Argumentstruktur ausführen. Aus der obigen Diskussion läßt sich ein Schema ableiten, das über die Betonungen den Zusammenhang zwischen Wortklasse und informationeller Struktur widerspiegelt: (70) grammatikalisch

appear .

. Rhemáüsch

.. I.

, Sinnspitze

INFORMATIONSWERT

42

Szwedeck 1986b:78 berichtet von einer Studie zum Zusammenhang von Wortklasse und Betonung, derzufolge Nomina deutlich häufiger betont wurden als Verben (85% der Nomina vs 60% der Verben). Er fuhrt dies auf die Tatsache zurück, daß nur Nomina referieren können und es für den Erfolg der Kommunikation unabdingbar sei zu wissen, von welchen außersprachlichen Referenten die Rede sei. Diese Erklärung leuchtet nicht ein, denn in Äußerungen wie Your trousers are smouldering ist die im Verb enthaltene Information mindestens genauso entscheidend am Erfolg der Kommunikation beteiligt wie die Information des Nomens. Mit solchen Begriffen läßt sich die These von der stärkeren Betonbarkeit der Nomen im Vergleich zu den Verben nicht erklären.

188

Die obere Skala gibt an, ob ein Morphem eher betont bzw. unbetont und damit in seiner Bedeutung eher lexikalisch oder eher grammatikalisch ist, die untere, welche möglichen Informationswerte ein solches Element in der Äußerung erfüllen kann. Dieses Schema verdeutlicht zweierlei: zum einen, daß Elemente der heterogenen Gruppe der sog. grammatikalischen Morpheme in der Regel nicht die Sinnspitze der Äußerung darstellen; zum zweiten, daß die verschiedenen Elemente dieser Klasse unterschiedliche Informationswerte erfüllen können, die von der Verwendung als informationell imbedeutender Information bis zu der als Thematischer Information reichen. 6.5.1.2 Der Einfluß der Syntax und der Argumentstruktur Im Gegensatz zur Untersuchimg der Relation zwischen Betonung und Wortklassenzugehörigkeit ist die der Relation zwischen Betonung und syntaktischer bzw. semantischer Struktur relativ neu. Auffallig ist dabei die Behandlung der Betonung als linguistisches Kriterium. Ich befasse mich zunächst mit dem Einfluß der Syntax auf die Betonung. Die Tatsache, daß die Betonung auf der Äußerungsebene mit gewissen syntaktischen Prinzipien koaliert, ist allgemein anerkannt. Dissens besteht jedoch über das Ausmaß dieses Einflusses. Wenn man als einfaches Beispiel den Aufbau komplexer Konstituenten betrachtet, ist festzustellen, daß das Zentrum mindestens ebenso stark betont ist wie sein Attribut. Die Regel ist, daß das Zentrum stärker betont ist als prämodifizierende Elemente: (71a) (72a) (73 a) (74a)

bighoüse ... | j... very cömplicated ... | |... extremely difficült... | in the end

Diese Koalition zwischen Betonung und Konstituentenstruktur kann aufgehoben werden, wenn das Zentrum unwichtige Information darstellt. Ich wiederhole als Illustration das Beispiel (43c): (43c)

| Mary has just böught a new \ hat |

Diese Regularitäten der informationellen Struktur können natürlich dann aufgehoben werden, wenn ein Sprecher emphatische Betonungen von Modifikatoren verwendet wie z.B. im folgenden Beispiel (75), auf das ich in Kapitel 7 noch näher zu sprechen kommen werde: (75a)

| in a cürious quiet wäy | (Chesterton, 1978:109)

Bei Postmodifikatoren kann kein solches grundsätzliches Betonungsmuster konstatiert werden. Allenfalls kann ein Zusammenhang mit der Länge der Postmodifikation hergestellt werden, der etwa besagt, daß je länger und komplexer die Postmodifikation ist, desto wahrscheinlicher ist sie stark betont bzw. hervorgehoben.

189

Abgesehen von diesen Betonungsmustern auf der Ebene der Konstituente ist ein Zusammenhang zwischen der Syntax und der Betonung umstritten. Als unhaltbar hat sich die von Chomsky/Halle aufgestellte Nuclear stress rule (NSR) erwiesen, die stets der am weitesten rechts stehenden Konstituente das Hhz zuwies (s. dazu die Behandlung des Beispiels (13) in Kap 2.2.3.2). Diese These wurde bereits von Bresnan 1971 und 1972 unter Hinweise auf interferierende, semantische Faktoren modifiziert, worauf ich an dieser Stelle nur verweise. 43 Neuere Arbeiten zur generativen Intonationsforschung wie Selkirk 1984 und Rochemont 1986 arbeiten mit Abwandlungen der NSR. Ihrer Auffassung nach trägt das am weitesten rechts stehende Element das Merkmal [+Fokus], Bei einer Einbettung dieses Elements in Strukturen höherer Ebenen werde das semantische Merkmal [+Fokus] an übergeordnete Strukturen weitergegeben. Diese Regel wird als Focus raising bezeichnet. Das Problem bei dieser Theorie bilden Fälle des Typs (76a) vs (76b), die ich in einem anderen Zusammenhang schon erwähnte. Die zwei semantisch deutlich getrennten Lesarten sind syntaktisch ähnlich: (76a) (76b)

| Géorge has pláns \ to write | | Géorge has pláns to write \ | (ursprünglich aus Newman 1946:179f.)

Die gTG ist nicht in der Lage, allein mit syntaktischen Argumenten das Zustandekommen des Unterschieds zwischen (76a) und (76b) adäquat zu beschreiben. Ein weiterer Anhänger der These vom Zusammenhang zwischen Betonung und semantischer Struktur ist Gussenhoven. Ich greife exemplarisch seine Untersuchung von 1992 heraus, um diese These zu erläutern: 44 Gussenhoven untersucht im Stile Jackendoffs 1985 den Zusammenhang zwischen oberflächenstrukturellen syntaktischen Phänomenen und den thematischen Relationen oder Argumenten. Bei letzteren handelt es sich nicht um Informationswerte, sondern um Weiterentwicklungen des Fillmoreschen Kasusbegriffs. In Abhängigkeit vom lexikalischen Eintrag des Prädikats wird der Satz als eine Zusammenstellung von Prädikat, inhärenten Argumenten (agent, goal und theme) und Modifikatoren bzw. nicht-inhärenten Argumenten (als adverbielle Bestimmungen und nicht-obligatorische Argumente) gesehen (Gussenhoven 1992:83). Theme, das in etwa dem Kasus objective bei Fillmore 1968 entspricht, darf nicht mit dem Informationswert Thema verwechselt werden.

Nach Gussenhoven ist die Wort- oder Satzstellung bzw. die Wortklasse für die Betonung irrelevant (1992:96). Entscheidend sei dagegen die Argumentstruktur (1992:79). Er postuliert eine Betonungsregel, die auf der Argumentstruktur basiert und die er als Sentence accent assignment rule (SAAR) bezeichnet. Diese SAAR besagt, daß ein ein Element, das das psycholinguistische Merkmal [+Fokus] trage, betont werde, es sei denn, es handele sich um ein Prädikat in Umgebung von betonten Argumenten, denn Verben sind laut Gussenhoven grundsätzlich unbetont: 43

Die Argumentation Bresnans wird auch von Gussenhoven 1992:80-81 referiert. Gussenhoven Ansatz ist kontrastiv. Er vergleicht englische, holländische und deutsche Daten. Ich berücksichtige nur auf Aussagen zum Englischen. 44

190 If focused, every predícate, argument, and modifier must be accented, with the exception of a predícate, that díscounting unfocused constituent is adjacent to an argument (Gussenhoven 1982:84).

Steht ein Prädikat mit dem Merkmal [+Fokus] in unmittelbarer Nachbarschaft mit einem Argument mit dem gleichen Merkmal, bilden sie eine sog. Fokusdomäne (1992:84). Die Fokusdomäne wird mit eckigen Klammern [] angegeben. In einer solchen Fokusdomäne sei das Argument betont, das Prädikat dagegen unbetont. Dies exemplifiziert er z.B. an folgendem Beispielpaar, in dem er für (78) von zwei Hhzz ausgeht, für deren Kennzeichnung er Großbuchstaben verwendet:45 (77) (78)

John remained in the TENT. John SMOKED in the TENT. (Gussenhoven 1992:87)

(A[PA]) (A[P][M])

(77) besteht aus zwei Argumenten (A) und einem Prädikat (P). (78) weist jeweils ein Argument, ein Prädikat und eine Modifikation (M) auf. Laut Gussenhoven ist (77) ambig, denn der syntaktisch-semantische Fokus könne remained in the tent oder auch nur in the tent umfassen. In (78) dagegen sei eindeutig nur in the tent der syntaktischsemantischer Fokus. Dieser Unterschied im Skopus des Fokus, der schon für Chomsky und Jackendoff nicht formal entscheidbar war (s. 2.2.2), läßt sich laut Gussenhoven auf unterschiedliche Argumentstrukturen zurückfuhren, sprich auf die Tatsache, daß das Argument der Ortsangabe in (77) obligatorisch, in (78) dagegen fakultativ ist. Ich bestreite nicht, daß diese Sätze ohne Kontext in dieser Intonation als wahrscheinlich erscheinen (s. Fußnote 10). Die Frage ist jedoch, ob ihre Argumentstruktur diese Betonung in allen möglichen Kontexten hervorruft. Eine solche Abhängigkeit zwischen der Betonung und der Argumentstruktur würde die Funktion der Intonation als Vehikel der informationellen Struktur widerlegen. Dieser wichtigen Frage werde ich im Zusammenhang der näheren Besprechung der von Gussenhoven genannten Thesen nachgehen. Gussenhoven behauptet, daß die Verschiedenheit bestimmter strukturell ähnlicher, semantisch aber verschiedener Sätze zwar syntaktisch nicht beschreibbar sei (s. 1992:89-90), wohl aber intonatorisch. Er legt dabei intonatorisch verschiedene, kontextlose Beispiele zugrunde wie das folgende Paar,46 das dem bereits mit (76a) und (76b) besprochenen Fall entspricht: (79a) (79b)

I have Instructions to LEA VE I have INSTRUCTIONS to leave (Gussenhoven, 1992:91)

Der Intonationsunterschied von (79a) und (79b) sei die Folge der unterschiedlichen Argumentstruktur: In (79a) sei have Instructions ein einziges Prädikat (vergleichbar mit Mehr-Wort-Fügungen wie take advantage of), in (79b) dagegen lägen zwei Prädi43

In Gussenhoven 1986 wurde noch die Existenz eines einzigen Hhz pro Äußerungen angenommen. Warum Gussenhoven von dieser Auffassung abwich, ist unklar. 46 (76a) kann als 1 am instructed to leave, (76b) als I must leave instructions paraphrasiert werden.

191

kate vor. Das Hhz auf leave in (79a) verweise auf einen syntaktisch-semantischen Fokus, der entweder allein to leave oder instructions to leave umfaßt. In (79b) dagegen sei instructions Argument des Prädikats have, der syntaktisch-semantische Fokus sei dementsprechend instructions oder have instructions. Diese Erklärung übersieht jedoch, daß der hier postulierte Intonationsunterschied nicht in allen möglichen Kontexten stabil bleibt. Ich verweise hier auf die in Couper-Kuhlen 1986:154 am Beispiel von I have directions to follow geschilderten, kontextuell bedingten Veränderungen. Diese strenge Auffassung von der distinktiven Funktion der Intonation im Dienste der Argumentstruktur demonstriert Gussenhoven auch am folgenden Beispielpaar: (80) (81)

I heard a BIRD sing I taught JOHN to SING (Gussenhoven, 1982:96)

Der intonatorische Unterschied spiegele den Unterschied in der Argumentstruktur. Hear in (80) sei zweiwertig, das Agens werde durch / realisiert, das Theme durch bird sing. Teach dagegen sei dreiwertig, mit I als agent, John als theme und sing als goal. In (80) liege eine Fokusdomäne vor, in der bird den Akzent trage, in (81) dagegen lägen zwei Fokusdomänen vor: teach John und to sing. Gussenhoven versucht, seine These, die Betonung hänge von der Argumentstruktur ab, zu untermauern, indem er sie auf Sätze überträgt, deren Verben semantisch leer sind. Bei diesen Sätzen liegt seiner Meinung nach das folgende Intonationsmuster vor: (82) (83) (84) (85)

I'd like my UNCLE to be excommunicated I want my DOG to be examined I persuaded MARy to DO it I have promised BILL to COME (Gussenhoven, 1992:96)

Das Problem bei diesen Gegenüberstellungen ist wieder, daß Sätze ohne Kontext zitiert werden. Fraglich ist, ob diese Verteilungen der Betonung vorbehaltlos in allen Kontexten gelten. Zwar kann ein Native speaker47 die Sätze ohne Kontext so intonieren, wie es Gussenhoven in (82-85) angibt, dies kann jedoch nicht allzu viel Bedeutung zugemessen werden, denn letztendlich hängt der für die Betonung relevante Faktor des Informationswerts auch von der kontextuellen Voraussagbarkeit ab. Greift man das Beispiel (82) heraus, stellt man fest, daß es je nach Kontext verschiedene Hhzz gibt. So kann z.B. auch das Verb das Hhz darstellen: (82a)

(I've spent my whole life working as a priest, earning the respect of these people. And now my uncle runs off with a married woman) | I'd like my uncle to be excommunicated \ |

Der grundsätzliche Fehler in Gussenhovens Theorie liegt vor allem darin, daß er seine Beispiele nicht ausreichend auf deren mögliche kontextuellen Einbettungen untersucht. 47

Information von Colin Humphrey

192

Doch auch ohne Einbeziehung des Kontexts verbleiben genügend Fälle, in denen die SAAR die Lage des Hhz nicht erklären kann. Gussenhoven listet diese Fälle lediglich in einem Appendix auf (1992:101-104). Ich greife zwei Typen davon heraus. Beim ersten handelt es sich um die intransitive Konstruktion, bei der das Subjekt stets das Hhz darstelle, es sei denn, es werde als Proform realisiert. Diesen Fall habe ich bereits im Zusammenhang mit irrationalen Hhzz besprochen (s. 6.3.1.2). Er ist nur unter Berücksichtigung der Semantik der Elemente erklärbar: (86) (87)

The PRISoners have escaped *EVERybody's escaped (Gussenhoven 1992:101)

Den zweiten Typ der Abweichung erkläre die Tatsache, daß Modifikatoren wie yesterday am Satzende unbetont seien. Auch dieser Fall, den ich in 6.2.1.1 bereits besprochen habe, läßt sich nur unter Zuhilfenahme inhaltlicher Gesichtspunkte erklären: (88)

We were in GLASGOW yesterday (Gussenhoven 1992:104)

Diese Fälle widerlegen zusätzlich die von Gussenhoven aufgestellte These von der Abhängigkeit der Betonung von der Argumentstruktur. Es gibt zwar sicherlich rudimentäre Zusammenhänge zwischen Argumentstruktur und Intonation, diese können jedoch in bestimmten Kontexten neutralisiert werden. 6.5.2 Der Einfluß paralinguistischer Funktionen bzw. die spielerische Intonation 6.5.2.1 Der Einfluß des Wechselmaßes und die spielerische Intonation Der zweite Faktor, der nach Meinung verschiedener Phonetiker und Phonologen über die Betonung entscheidet, ist der Rhythmus.Die Bezeichnimg Rhythmus gehört jedoch in die Metrik, nicht in die ungebundene Prosa. Ich ersetze sie durch Wechselmaß. Liberman/Prince 1977 ist eine der einflußreichsten neueren Arbeiten, die die These von der Abhängigkeit des stress vom Rhythmus aufstellen. Sie verstehen dabei Rhythmus als eine absolute Isochrome des Wechsels von starken und schwachen Elementen. Diese Auffassung Übersieht jedoch, daß der Hörer auditiv über kein absolutes Chromatograph verfugt, sondern nur relative Urteile treffen kann. Zudem ist (psycholinguistische) Isochrome allenfalls in der gebundenen, nicht jedoch in der ungebundenen Sprache anzutreffen.

Es ist nicht zu leugnen, daß Intonationsmuster des Typs (89a) oder (90a) vorkommen, in denen die Betonungsstärken scheinbar regelmäßig variieren. In (89a) ist das zweite Adjektiv weniger stark betont als das erste, in (89a) wird eine Präposition betont. In beiden Fällen wird durch diese Intonation ein als euphonisch empfundener Wechsel betonter und imbetonter bzw. stärker und schwächer betonter Elemente erzeugt: (89a) (90a)

|...big bröwn bags j . . . beföre the coürt | ((90a, CEC S 1.13, TU 690)

193

Das Wechsel führt zur Neutralisation der informationellen Funktion der Intonation. Die Variation der Betonung in (89-90a) dient beispielsweise dazu, den Ausdruck abwechslungsreicher zu gestalten. Diese nicht-funktionalen Intonationsvarianten, die wie in Beispiel (89-90a) in der Regel paralinguistische Funktionen haben, bezeichne ich als spielerische Intonationen. Spielerische Intonationen sind informationell gesehen falsche Intonationen. Da die Intonation jedoch polyvalent ist, und neben der Kennzeichnung der informationellen Struktur noch andere Funktionen hat, kann man nicht von einer falschen Intonation sprechen. 6.5.2.2 Der Einfluß der Emphase Neben dem Wechselmaß stellt die Emphase einen zweiten nicht-linguistischen Faktor, der die informationelle Funktion der Betonung neutralisieren kann. Emphatische Intonationen enstehen in der Regel durch die Betonung von Elementen, die kontextuell voraussagbar sind und auch keine diskursive Funktion anzeigen. Solche informationell gesehen falsche Betonungen kommen sowohl in der spontanen Rede, als auch beim Vorlesen geschriebener Texte vor: (91a)

| well véry nice of you to come and spàre the time / and | cóme and tâlk \ | (CEC, S.3.3:lf)

(92a)

and incidéntally \ 111 [ :] dó dó téli \ me | ânything you wànt about the college in général \ | (CEC, S.3.3:4fï)

In (91a) bzw. (92a) sind es die Elemente very bzw. incidéntally, deren Betonung nur als Funktion der Emphase gedeutet werden kann. Diese emphatischen Kennzeichnungen unterscheiden sich vermutlich auch phonetisch von linguistischen, denn die emphatische Realisation wird vermutlich durch größere zusätzliche Aktivität der Muskeln in den Lungen und im Stimmtrakt auszeichnet. Lehiste spricht von vermehrtem subglottalen Atemdruck (Subglottal pressure peaks; 1970:151). Neben diesem möglichen quantitativen Unterschied ist es jedoch meines Erachtens die Emphase in erster Linie positioneil markiert, nämlich durch die Abweichimg von der erwarteten Stellung der betonten Elemente bzw. des Hhz. In (91a) ist es die Tatsache, daß very stark betont ist und nicht schwach betont, wie normalerweise zu erwarten wäre. Diese emphatischen Kennzeichnungen sind in der gesprochenen Sprache weit verbreitet. Angesichts der Neutralisation informationell-intonatorischer Kennzeichnungen sind es in diesen Fällen die Syntax und die Semantik, die für das korrekte Verständnis der Äußerungen sorgen. Vermutlich hört der Hörer von (91a) und (92a) zwar, daß in diesen Fällen spielerische Intonationen vorliegen, diese stören jedoch den Erfolg der Kommunikation nicht, da der Hörer geneigt ist, solche Phänomene, die keine linguistische Funktion haben, nicht wahrzunehmen bzw. zu überhören.

194

6.6 Das Problem des Skopus der Sinnspitze Die Informationswerte Rhema, rhematisch, thematisch und informationell unbedeutend können durch die Intonation bestimmt werden. Da die Intonation jedoch nicht nur linguistische, sondern auch paralinguistische Funktionen hat, versagt diese Kennzeichnung bisweilen. Dies gilt vor allem für die Bestimmung der intermediären Informationswerte. Das Problem, daß sich daraus ergibt, besteht darin, den Skopus der Sinnspitze formal zu bestimmen. Dieses Problem nimmt in den in Kapitel 1-4 diskutierten Untersuchungen zur informationellen Struktur einen breiten Raum ein (s. z.B. 2.2.3.3; 3.3). Ich greife als Beispiel die Untersuchung von Taglicht 1982 heraus: Taglicht versteht unter Intonation die Tonhöhenveränderung und unterscheidet prinzipiell zwischen nuklearen Einheiten - den Hhzz - und solchen ohne Akzent. Die Sinnspitze, so Taglicht, umfasse alle kontextuell neue Information in der Äußerung. Da die phonetische Kennzeichnung nicht mit der kontextuellen korreliere, sei der Skopus der Sinnspitze oder des semantischen Fokus (bei Halliday "domain of focus") unbestimmt. Er lasse sich nur auf der Basis des Kontexts, d.h. nach inhaltlichen Kriterien, ermitteln.48 An der Position Taglichts, Hallidays und der CGEL ist in erster Linie die Wahl der phonologischen Parameter bedenklich. Sie alle verstehen Hervorhebung allein als Tonhöhenbewegung mit zwei Variablen. Hervorhebung wird aber auch mittels Betonung erzeugt. Liegen keine paralinguistischen Kennzeichnungen der Intonation vor, kann man mittels der Betonungsverhältnisse den Skopus der Sinnspitze eindeutig bestimmen. Taglichts Intonationsanalyse stellt einen Ansatz zur Berücksichtigung der Betonung beim Zustandekommen der Hervorhebung dar, insofern als er eine als nicht-nuklearen Einheit bezeichnet Kategorie annimmt, bei der es sich um eine intermediäre Betonungsstufe handelt. Doch Taglicht 1992 weist ihnen keine Funktion zu. Daher lehnt Szwedeck 1986b deren Annahme grundsätzlich ab und empfiehlt binäre Umschreibungen des folgenden Typs: (93)

| the characteristic of our house is COFFEE cups | (CEC, S 1.12: TU 4412, Intonation modifiziert)

Aus einer solchen Umschreibung wird lediglich ersichtlich, daß coffee cups das Hhz mit Fallton darstellt. Über die möglichen Betonungsunterschiede des dem Hhz vorausgehenden Materials sagt diese Umschreibung nichts aus. Ein Vergleich mit meinem

48

Eine Ausnahme stellt in diesem Zusammenhang das Intonationsmodell von Brazil et al. dar, in dem dem onset die Aufgabe zugewiesen wird, den Anfang des Skopus der Sinnspitze anzuzeigen. Sie übersehen allerdings, daß dem onset auch wieder relativ unbetontes Material folgen kann, das nicht unter den Skopus der Sinnspitze fallt. Auch Cruttendon 1986 verweist auf die Tatsache, daß die Sinnspitze durch einen pränuklearen Pitch accent angegeben werden könne, diese Markierung erfolgt seiner Meinung nach jedoch nicht notwendigerweise (1986:88).

195

Intonationsmodell zeigt, daß bei einem Ausschluß paralinguistischer Funktionen der Intonation (93) zumindest als (93a) oder als (93b) interpretiert werden kann: (93a) (93b)

| the chäracteristic of our hoüse is cöffee cups \ | | the chäracteristic of our hoüse is cöffee cups \ |

(93a) hat das Hhz bzw. das Rhema cöffee cups, alle anderen Informationen sind thematisch. (93b) teilt mit (93a) das Rhema, hat daneben aber noch ein weiteres stark betontes Element, dessen Funktion ich als rhematisch bezeichne. Der Skopus der Sinnspitze umfaßt das Hhz und die stark betonten Elemente. 6.7 Tonstrecken übergreifende Intonationsmuster Verschiedene Phonetiker und Textlinguisten gehen von der Existenz von Einheiten aus, die größer sind als Tonstrecken. Brazil et al. bezeichnen diese Einheiten als Pitch sequences (1980:61). In der Kommunikation fungierten sie als Discourse units (1980:73). Diese aus einzelnen Discourse acts bestehenden Einheiten werden laut Brazil et al. durch die Tonhöhe zusammengehalten werden. Ihr Ende werde durch eine niedrige Tonhöhe (low termination) angezeigt. Ihr Anfang sei bezüglich der Wahl der Tonhöhe frei. Innerhalb einer solchen Sequenz könnten die einzelnen Tonstrecken mit verschiedenen Tonhöhen einsetzen. Dabei fungiere die hohe Tonhöhe als Signal für Kontrast, die mittlere als Signal für eine Erläuterung, die tiefe schließlich als Signal für Identität (Brazil et al., 1980:60ff). Ich will nicht bestreiten, daß es möglicherweise solche informationellen Einheiten höherer Komplexität gibt, wahrscheinlich sind sie jedoch objektiv nicht zu belegen. Ihr Zusammenhalt wird vielmehr in erster Linie über semantische Mittel der Kohäsion wie lexikalische Rekurrenz, Parallelismus, Paraphrase, Proformen oder Ellipse hergestellt. 6.8 Zusammenfassung der Wirkung der Intonation auf die informationelle Struktur Im Laufe der Untersuchung hat sich die eingangs gestellte These von der Beschreibbarkeit der informationellen Struktur mittels der Intonation bestätigt. Die Intonation hat den Vorteil, ein formal faßbares Phänomen zu sein, wodurch objektive Urteile über die informationelle Struktur möglich sind. Das bedeutet nicht, daß ich die Existenz anderer Faktoren zur Kennzeichnung der informationellen Struktur negiere, sondern lediglich, daß ich deren Beschreibung mittels des Intonation anderen Verfahren vorziehe. Die Redundanz intonatorischer Kennzeichnungen ermöglicht deren Polyvalenz als Ausdrucksmittel linguistischer oder paralinguistischer Funktionen. In den Fällen, in denen die Intonation paralinguistische Bedeutungen ausdrückt und linguistische Funktionen neutralisiert werden, ist man weiterhin auf syntaktische und semantische bzw. psycholinguistische Kriterien zur Bestimmung der informationellen Struktur an-

196

gewiesen. Diese Fälle habe ich als Äußerungen mit irrationalen Hervorhebungszentren, als intonatorische Anakoluthe bzw. als spielerische Intonationen bezeichnet. Die Identifizierung solcher Fälle, in denen die Intonation paralinguistische Funktionen hat, ist das größte Problem bei der Beschreibung der informationellen Struktur mittels der Intonation. Um solche paralinguistischen Intonationen von den linguistisch relevanten Intonationen zu unterscheiden, hat sich die Methode des Kontrasts als wirksam erwiesen. Nur diejenigen Intonationsmuster, die einen linguistischen Bedeutungsunterschied ausdrücken, sind phonematisch und können einen informationellen Kontrast ausdrücken. Alle anderen stellen Varianten dar, die in der Regel zum Ausdruck paralinguistischer Bedeutungen dienen. Die linguistischen Funktionen der Intonation sind zum einen die informationelle Funktion, die in der Kennzeichnung der Informationswerte als informationell unbedeutend\ thematisch, rhematisch und Sinnspitze besteht, zum zweiten die diskursive Funktion, die zur Kennzeichnung des expliziten oder des impliziten Kontrasts, der Richtigstellung, der Bestätigung und des Beiseite-Sprechens besteht. Diese Funktionen werden durch die linguistisch relevanten Parameter der Tonhöhenveränderung und der Betonung erzeugt. Mittels dieser beiden Parameter können sowohl Informationswerte als auch diskursive Funktionen objektiv beschrieben werden. Dies gilt nicht nur für gesprochene, sondern auch für geschriebene Äußerungen, da auch in den letzteren die Intonation zumindest latent enthalten ist.

7. Die Illustration der informationellen Struktur anhand verschiedener Textbeispiele

In den vorausgehenden Kapiteln 5 und 6 wurden die Wirkungen, die syntaktische und intonatorische Variationsmöglichkeiten in bezug auf die informationelle Struktur haben können, im einzelnen dargestellt und analysiert. Wie im Kapitel 0 dieser Arbeit angekündigt, werden nun in einem abschließenden Kapitel die Ergebnisse dieser Analysen durch die Anwendung auf authentische Textbeispiele zu einer synthetischen Beschreibung der informationellen Struktur zusammengefaßt. Die Untersuchung dieser Textbeispiele orientiert sich an drei Fragestellungen: Die erste Frage zielt auf die Art und die mögliche Interferenz syntaktischer und intonatorischer Kennzeichnungen der informationellen Struktur ab. Die zweite Frage gilt der Funktion, die die Intonation in der betreffenden Äußerung hat. Die dritte Frage gilt schließlich der Häufigkeit syntaktisch markierter Strukturen im Vergleich zu unmarkierten. Die ausgewählten Textbeispiele sind das Ergebnis eines Zufalls. Das einzige Kriterium, das bei der Auswahl angewendet wurde, ist die Realisation verschiedener Texttypen. Dabei unterscheide ich zwischen Texten, die für die mündliche Kommunikation, und solchen, die für die schriftliche Kommunikation bestimmt sind. In der Regel ist diese Klassifikation identisch mit der Klassifikation in gesprochene und geschriebene Texte. Da jedoch auch gesprochene Texte verschrifitlicht und geschriebene Texte vorgelesen werden können, halte ich die erste Klassifikation für zutreffender. Der von mir gewählte Beispieltext 1 illustriert den Texttyp der für die schriftliche Kommunikation bestimmten Texte. Die Beispieltexte 2 und 3 illustrieren dagegen den Texttyp, der für die gesprochene Realisation bestimmt ist. Um die Intonation des Beispieltextes 1 in Relation zur informationellen Struktur beschreiben zu können, benutzte ich eine Aufnahme, bei der ein Muttersprachler diesen Text vorliest. 7.1 Text 1: Chesterton. 1978. "The Crime of the Communist". 109f. 7.1.1 Der Text Three men came out from under the low-browed Tudor arch in the mellow facade of Mandeville College, into the strong evening sunlight of a summer day which seemed as if it would never end; and in that sunlight they saw something that blasted like lightning; well-fitted to be the shock of their lives. Even before they had realized anything in the way of a catastrophe, they were conscious of a contrast. They themselves, in a curious quiet way, were quite harmonious with their surroundings. Though the Tudor arches that ran like a cloister round the College gardens had been built four hundred years ago, at that moment when the Gothic fell from heaven and bowed, or almost crouched, over the cosier chambers of

198

Humanism and the Revival of learning - though they themselves were in modern clothes (that is in clothes whose ugliness would have amazed any of the four centuries) yet something in the spirit of the place made them all at one. The garden had been tended so carefully as to achieve the final triumph of looking careless; the very flowers seemed beautiful by accident, like elegant weeds; and the modern costumes had at least any picturesqueness that can be produced by being untidy. The first of the three, a tall, bald, bearded maypole of a man, was a familiar figure in the Quad in cap and gown; the gown slipped off one of his sloping shoulders. The second was very squareshouldered, short and compact, with a rather jolly grin, commonly clad in a jacket, with his gown over his arm. The third was even shorter and much shabbier, in black clerical clothes. But they all seemed suitable to Mandeville College; and the indescribable atmosphere of the two ancient and unique Universities of England. They fitted into it and they faded into it; which is there regarded as most fitting. The two men seated on garden chairs by a little table were a sort of brilliant blot on this grey-green landscape. They were clad mostly in black and yet they glittered from head to heel - from their burnished top-hats to their perfectly polished boots. It was dimly felt as an outrage that anybody should be so well-dressed in the well-bred freedom of Mandeville College. The only excuse was that they were foreigners. One was an American, a millionaire named Hake, dressed in the spotlessly and sparklingly gentlemanly manner known only to the rich of New York. The other, who added to all these things the outrage of an astrakhan overcoat (so say nothing of a pair of florid whiskers), was a German Count of great wealth, the shortest part of whose name was Von Zimmem. The mystery of this story, however, is not the mystery of why they where there. They were there for the reason that commonly explains the meeting of incongruous things; they proposed to give the College some money. They had come in support of a plan supported by several financiers and magnates of many countries, for founding a new Chair of Economics at Mandeville College. They had inspected the College with that tireless conscientious sightseeing of which no sons of Eve are capable except the American and the German. And now they were resting from their labours and looking solemnly at the College gardens. So far so good. The three other men, who had already met them, passed with a vague salutation; but one of them stopped; the smallest of the three, in the black clerical clothes. "I say", he said, with rather the air of a frightened rabbit, "I don't like the look of those men." "Good God! Who could?" ejaculated the tall man, who happened to be the Master of Mandeville. "At least we have some rich men who don't go about dressed up like tailors' dummies." "Yes," hissed the little cleric, "that's what I mean. Like tailors' dummies." 7.1.2» Der Kontext des Textes und die Methode der Beschreibung Der Text 1 stellt den Beginn einer Kriminalgeschichte dar. Im ersten Teil werden der Schauplatz der Handlung, das Mandeville College, und drei fur die Handlung zentrale

199

Personen vorgestellt. Im zweiten, nicht berücksichtigen Teil werden die Opfer des Mordes und ihre Verbindung zum College beschrieben. Dieser zweite, optisch vom ersten und vom dritten Teil abgesetzte Teil wird nicht analysiert. Der dritte Teil schließlich ist die Szene, in der der Mord entdeckt wird. Bei der folgenden Darstellung teile ich den Text zunächst in Sätze ein, dies sind Einheiten, die durch Punkt oder Semikolon begrenzt sind. Sie entsprechen einer oder mehreren Tonstrecken. Die Tonstrecken werden innerhalb eines jeden Satzes numeriert. Die Tonstrecken und ihre Intonation werden in der linken Seite einer Tabelle wiedergegeben. Dabei benutze ich die in den Kapiteln 0.4 und 6 vorgestellte Notation. In der rechten Seite der Tabelle werden zum einen syntaktische Funktionen umschrieben, bei denen ich die untenstehenden Abkürzungen benutze. Diese Strukturformeln dienen in erster Linie dazu festzustellen, ob eine einseitige Gewichtung vorhanden ist. Zum anderen kommentiere ich stichpunktartig intonatorisch und syntaktisch Auffälliges (s. 7.1.4 und 7.1.5). Für die Umschreibung der Intonation und der Syntax verwende ich die folgenden Abkürzungen bzw. Notationen:

S V dO iO oC sC A c AP

Tonstrecke Satzgrenze Grenze zwischen koordinierten Klauseln x postmodifiziert durch x besteht aus z.B. SJRK(SV)]: Das Subjekt wird durch eine Relativklausel postmodifiziert. Letztere besteht aus einem Subjekt und einem Verb. Subjekt Verb direktes Objekt indirektes Objekt Objektkomplement Subjektkomplement Adverbial Conjunct Apposition

AK RK OK IK

Adverbielle Klausel Relativklausel Objektklausel Interrogativklausel

Rh rht tht Hhz FHhz TS

Rhema rhematische Information thematische Information Hervorhebungszentrum Finales Hervorhebungszentrum Tonstrecke (Pl. TSS)

x[] x

200

7.1.3 Das Zusammenspiel syntaktischer und intonatorischer Faktoren zur Kennzeichnung der informationellen Struktur Intonation

Informationelle Funktionen unter Berücksichtigung der Intonation und der Syntax

Satz la (1) Three men came out from under the low-browed Tudor arch \ |

{S V A A[RKA 12

B

A B

Intonation

Informationell Bemerkenswertes unter Berücksichtigung der Syntax und der Intonation

I mean it doesn't have \ to be to the problems of english \ | [: :] and the horrors of living in this part of the college /1 or anything like that /1

FHhzz problems of English, in this spielerische Intonation in have und confined, this stellt einen impliziten Kontrast dar der Steigton kennzeichnet die illokutionäre Bedeutung der Aufforderung

laugh so féel free to talk about anything \ |

spielerische Intonation in frie FHhz anything

13 14

but lèts start \ôn [ m]| [e:i] énglish first \ |

Betonungspause nach start, rht start, English FHhz first

15 16

[ m] ànybody gôt \ anything I they particulary \ want to raise /1

Editing nach got anything, (korrigiertes) Hhz raise, particularly emphatisch betont

17 (6sec silence) can I give you a léad \|

FHhz lead

18

FHhz library provision

how is yoùr libary \ provision |

19 [ m]. well I wanted to méntion \ something {on \ this} |

Hhz mention; Editing: Hhz-folgendes Material als Nachtrag, das im CEC als eigene TS gewertet wird Hhz auf on als default accent zur Vermeidung einer kontrativen Lesart

20 [ m]. it's rather a pressure \ {ón \ the books } {in \ the library} |

Editing: Tonstrecke mit postnuklearem Material; Hhz pressure default accent auf on und in, um kontrastive Lesarten auszuschalten

21 22 23

emphatisches Sprechen durch die Aufteilung in 3 TSS mit den FHhzz forty people, same books, same time (eine alternative Analyse ist möglich, s.u.)

cos you find about forty people \ | göing for the same b ö o k « s » \ | at the same time \ |

24 yeah \ | 25 and - [ m] | 26 I'd like to see a « 2 sylls» situation \ where | 27 the books that they know \ | 28 are going to be needed \ |

FHhz situation, know, needed eine alternative Analyse ist möglich, der zufolge die Pause nach der bestimmenden RK als Betonungspause fungiert, und know rht ist

208 Spr. TS

29

A B C

A

B A

B

A

Informationell Bemerkenswertes unter Berücksichtigung der Syntax und der Intonation

there are twö copies \ of them |

FHhz two copies syntaktischer Anakoluth

30 ône . that néver leaves / the library | s

Hhz leaves library schwach betont (tht) da situationell ableitbare Information

31 32

emphatische Betonung in can, talcen out durch Kontrast mit (30) als unbetont behandelbar FHhz unrestricted loan spielerische Intonation bei ort

and ône that can \ be taken out | « o n un»restricted loan \ |

33 (2 sylls) | 34 [ :m wu] - . is this a thing student / committee 1 35 36 37

not yet /1 no \ | « 2 s y l l s » it has \ been raised

38

« i n the staff student committee actually /1 yes \ |>>

FHhz staff student committee tont und thematisch, da sie aus dem Kotext und der Situation ein der Richtigstellung verwandter Fall von Bestätigung Hhz-folgendes Material -

is this + « t h e thing . are » + are you members / + (6 to 8 sylls) + of the staff student committee |

Editing wegen verschiedener Fehlstarts Hhz members Hhz-folgendes Material

41 42 43 44 45 46

(well I / am | and he / is | yes \ | we are \ | « 6 to 7 s y l l s » | + yeah \ |

Kontrastive Hhzz I, he Yfhzyes Hhzare

47

+ [ ] does it work / |

FHhz work

48

does it does it does it « g e t action / » |

FHhz action spielerische Intonation in action

49

* * well 11 mean * * I've only just been elected \ |

Fehlstart FHhz elected

50

* I haven't yet been to a meeting \ |

FHhz meeting

51

« o h no haven't y o u » * + [:] yeah \ + |

39

B 40 >A 39 C

Intonation

-

FHhz yeah

209 Spr. TS

Intonation

Informationell Bemerkenswertes unter Berücksichtigung der Syntax und der Intonation

C

52

+ well i am a third \ year rèp |

FHhz third year rep

53

and « i t h a s » + it has \ been raised | several \ times in the « t h e » méetings /1

Hhzz several times emphat. Betonung von has zur Bestätigung und von meeting (intonatorischer Anakoluth)

55 56 57 58

and people try / to get books | [ :s] mémbers of stâfF\ | try / to get books I [ m] put on resérve \ |

Fehlstart, people ersetzt durch members of staff, Pause nach emphatisch betontem try weist letzteres als rht aus get books kotextuell ableitbare oder unwichtige Information FHhz reserve

59

and it doesn't seem to work \ very well |

FHhz work very well Situationen ableitbar

60

they they don't [:] you know / |

Fehlstarts

61

its « p r o b a b l y because of » t h e inefficiency of the library staff \ |

FHhz library staff spielerische Intonation

A C

62 63 64

[ :m] | but there is \ a [s] scheme actually /1 where quite a few books are \ { definitely \ } |

Hhz is, ein der Richtigstellung verwandter Fall der Bestätigimg (intonatorischer Anakoluth, Abbruch

A

65

yéah \ |

>C

66

I mean nôt \ allowed to be taken out I

Hhz not, folgende Information als situationeil ableitbar behandelt

67 68

because Professor | | n ó \ | Doctor Barker \ I

Fehlstart, Editing die TSgrenze entsteht durch die Unterbrechung im Zusammenhnag mit 70 wird Doctor Barker als rht interpretiert

A

69

yéah \ |

>C

70

« m â d e [ :] quite a comprehensive list \ I »

FHhz comprehensive

71

I don't know whether he's got copies \ of it | but - [ :m] | he has done / something | towards \ this I

FHhz copies

54

72 73 74

list

Betonungspause nach something default accent auf towards, um eine kontrastive Lesart zu vermeiden

210 Spr. TS

75 B

Intonation

perhaps it's not [ :m] just good enough \ yet |

Informationell Bemerkenswertes unter Berücksichtigung der Syntax und der Intonation FHhz good enough

76 77

well they're mostly texts \ | not criticsm / I

78 79 80 81 82

[i] yes \ | I suppose that that yes \ | they are \ | mostly texts \ | rather than critism \ actually /1

wie (76) intonatorischer Anakoluth)

83

I expect * I haven't got hold \ of the problem / yet |

intonatorischer Anakoluth FHhz hold, problems ist emphatisch

84

is it that [ i:] that that that that there are books | but -> that | [ :m e] they are whisked \ out of the library /1

Fehlstarts

85 86 87

and then . nobody can get \ at them for|

88 89 90

[m] | [m\] | [m\] |

>A 88

weeks and weeks and weeks and weeks \ |

91 92

yes \ | + (coughs) +1

93

+ [ :m]+ - . [ae] and that what you want \ | is {more \ books} . reserved /1 and not on open access \ |

94 95

emphatisches Sprechen und Aufteilung in 2 Tss mit den FHhzz texts und criticism Fehlstarts

Intonatorischer Anakoluth FHhz whisked, library emphatisch betont Unterbrechung FHhz gei

FHhz weeks

emphatisches Sprechen, Autteilung in mehrere TSS mit den FHhzz want, reserved und open access Pseudospaltsatz zur Auszeichnung von want und reserved

211

TEXT 3: CEC, S 1.13 vorausgehender Kotext: [Well, Fan has a very smooth eldest son by the name of Don who married a very wealthy young woman who - whose father was put in gaol for fiddling his income tax] Spr. TS

Intonation

Informationell Bemerkenswertes unter Berücksichtigung der Syntax und der Intonation

B

682

and he was * [f] put in gaol I said to Fan \ |

iht put in goal FHhz Fan

683

Well I don't like to rub it in \ |

FHhz rub it in

684

but - it must have been some {huge \} affair /1

spielerische Intonation bei huge FHhz affair

685

because what {Fan \ didn't} realize /1 not being a lawyer /1 or a lawyer's wife /1

spielerische Intonation bei Fan, FHhz realize Appositionen mit gleicher Tonhöhenbewegungen wie 685

that apparently the wife \ was put on probation | so that Fan [?] Fan didn't realize / that | that she must also \ have been up {before the court}

irrationales Hhz wife zur Emphase, put on probation unbetont emphat. Betonung von realize Wiederholung von that spielerische Intonation bei also Wechselmaß before, FHhz court

691 692

you can't be put on probation / {not unless * you're guilty / }

693

oh yes \

FHhz put on probation Hhz-folgendes Material mit eigenem Hhz guilty

694 695

she \ was prosecuted too \

Hhz she mit kontrastiver Lesart emphatische Betonung von too

B

696 697 698

+ (coughs) « n o t but b u t » + she « ' d » burnt the books \ when she * knew that

Fehlstarts rht bum, FHhz books Abbruch

a

699

* for helping * to fiddle the income tax

B

700 701

(coughs) well \ she must have known / about it

_

702

and and « i t w a s » she / who burnt them attempted to . she attempted to bum the books \

Hhz she kontrastive Lesart, durch Syntax (Spaltsatz) verstärkt Satzabbruch Editing

686 687 688 689 690

C

703

FHhz books, burn rht and destroy the evidence \

-

FHhz known

FHhz evidence, iht destroy

212

7.2.3 Bemerkungen zur Intonation und zur Syntax der Texte Die Texte 2 und 3 sind typisch für die informelle Rede. Dies zeigen verschiedene Kriterien wie die Wiederholungen (Text 2: TS 88 und Text 3: TS 690), Versprecher (Text 2: TSS: 5, 39, 48, 55), und die häufige Verwendung von Pausen. Das Auftreten von Pausen ist in der informellen Rede in der Regel darauf zurückzufuhren, daß der Sprecher seine Äußerung erst beim Sprechen plant. Dabei kann es dazu kommen, daß Planungen widerrufen und Äußerungen anders fortgesetzt werden. Diese Änderungen der Planimg werden meist von Pausen begleitet. Pausen mit dieser Funktion werden als Verzögerungsphänomene bezeichnet. Dies ist jedoch nicht die einzige Funktion der Pause. Sie kann außerdem auch als Signal für die Begrenzung der Tonstrecke oder als Signal für eine vorausgehende Betonung dienen. Das CEC unterscheidet zwar zwischen relativ kurzen und langen Pausen, es behandelt jedoch längere Pausen automatisch als Tonstreckenbegrenzungssignale. Dies gilt insbesondere bei der Umschreibung der Äußerungen des Sprechers A in Text 2, der sehr häufig Pausen verwendet, die sowohl als Signale der Tonstreckenbegrenzung als auch als Signale der Betonung oder auch als Hesitation phenomena fungieren können. Schließt man sich der Methode des CEC an, so kann man z.B. das durch Pausen begrenzte Material do teil me in Text 2: TS 5 als eigene Tonstrecke interpretieren. Diese Tonstrecke hat das as Hhz teil. Alternativ kann man aber auch die Pause nach teil me als Betonungspause oder als Hesitation phenomenon auffassen und teil als rhematisches Element verstehen. Beide Vorgehensweisen sind gleichermaßen gerechtfertigt. Ich wähle zur Beschreibung der informationellen Struktur die erste Methode und belasse die vom CEC vorgegebenen Tonstreckengrenzen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß ich mich in allen Fällen der im CEC vorliegenden Interpretation der Tonstreckengrenzen anschließe. Vielmehr habe ich in Fällen, in den die Funktion der Pause als Betonungssignal oder als Verzögerungsphänomen mittels syntaktischer und semantischer Gesichtspunkte nachgewiesen werden kann, solche pausen-bestimmten Abteilungen aufgehoben und das betreffende Material zu einer größeren Einheit zusammengefaßt. Diese Vorgehensweise liegt z.B. in der Beschreibung des im Text 2: TS 3 bzw. T 13 genannten and incidentally und Start vor. Beide Elemente sind stark betont. Die Betonung wird vermutlich durch die Pause noch verstärkt. Auch wenn die phonetische Realisation von incidentally und Start gleich der eines Hhz sind, bedeutet dies nicht, daß sie linguistisch gesehen als Hhzz fungieren. Vielmehr stellt die abstraktive Relevanz sicher, daß die Betonungen in diesen Fällen als rhematisch zu verstehen sind. Die abstraktive Relevanz stützt sich auf syntaktische und semantische Befunde. Im Fall von Start ist es die Tatsache, daß die Syntax das Folgen eines obligatorischen Adverbials verlangt. Bei dieser Koalition von 13 und 14 wird start als stark betont, d.h. als rhematisch interpretiert und dem Hhz flrst unterstellt. Ahnliche funktional ambige Pausen liegen z.B. in Text 2:TSS 7, 15, 20, 22 vor, in denen zwei

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oder mehr Tonstrecken zu einer Einheit zusammengefaßt werden könnten. In Text 3 trifft dies z.B. auf die Tonstrecke 702 zu. Diese Zusammenfassungen von Tonstrecken zu größeren Einheiten kann man auch mit dem von Hockett stammenden Begriff des Editing bezeichnen. Darunter versteht man diejenigen Veränderungen in der Darstellung und der Interpretation von Äußerungen und ihren informationellen Strukturen, die auf Planungsfehler des Sprechers zurückzufuhren sind. Editing kann sich syntaktisch in Fehlstarts oder Anakoluthen, intonatorisch in der Realisation zweier (oder mehrerer) Hhzz äußern. Bei den syntaktischen Zeugnissen des Editing, den Fehlstarts und den Satzabbrüchen ist die Notwendigkeit von Neuinterpretation allgemein anerkannt, doch mE gilt diese genauso für die intonatorischen Zeugnisse, d.h. für Tonstrecken mit zwei (oder mehreren) Hhzz. Der Text 2 beinhaltet mehrere Fälle von Fehlstarts in den TSS 79 und 84. Im Text 3 sind Fehlstarts in den TSS 696, 698, 702 und 703 zu finden. Die Texte 2 und 3 sind außerdem durch das häufige Auftreten spielerischer Intonationen gekennzeichnet. So liegt z.B. im Text 2 in den Tonstrecken 7 und 8 neben dem Phänomen des Editing eine spielerische Intonation vor, die in einer Senkung der Tonhöhe besteht. Dieses phonetische Merkmal kann das phonologische Kriterium für eine untergeordnete Tonstrecke sein (was in meinem Modell entweder postnuklearem Material oder Beiseite-Sprechen entspräche). In diesem Fall ist eine solche Interpretation jedoch semantisch nicht haltbar. Ein ähnlicher Fall einer spielerischen Intonation liegt im Text 2: TS 32, und in Text 3: TSS 684 und 685 vor. In Text 3: TS 685 werden beispielsweise die Elemente Fan didn't auf einer niedrigeren Tonhöhe intoniert, dieses phonetische Kennzeichen ist jedoch funktional irrelevant. Die Anzahl markierter syntaktischer Konstruktionen ist in beiden Texten gering. Der Pseudospaltsatz in Text 2: TSS 93/94 dient sowohl der Identifikation von Subjekt und Komplement, als auch der Auszeichnung von want und reserve. In Text 3: TS 702 tritt ein Spaltsatz auf, der der Hervorhebung von she und dem Ausdruck eines Kontrastes dient. In den meisten Äußerungen liegt Endgewicht vor, das mit einem FHhz einhergeht. Es überwiegt der unverbindliche Fallton. Der verbindliche Steigton tritt auf um syntaktisch-semantische Abhängigkeit anzuzeigen bzw. um den Angesprochenen zur Antwort aufzufordern wie z.B. in Text 2: TSS 10 und 16.

8. Zusammenfassung und Ausblick

Im ersten, wissenschaftshistorischen Teil dieser Arbeit werden die bestehenden Modelle verschiedener linguistischer Schulen zur Beschreibung der informationellen Struktur dargestellt. Diese Darstellung ist der Ausgangspunkt für eine Bewertung dieser Modelle, die sich an zwei Fragestellungen orientiert: Die erste Frage zielt darauf ab, ob das jeweilige Modell in der Lage ist, die informationelle Struktur syntaktisch und informationell divergenter Äußerungen adäquat zu beschreiben. Die zweite Frage, die eng mit der ersten verknüpft ist, zielt darauf ab, inwieweit die dem Modell von Mathesius folgenden Modelle das ursprüngliche Modell verbesserten bzw. Fortschritte in der Beschreibung der informationellen Struktur darstellten. Das Modell Mathesius' entstand aus der Frage, warum in einer Sprache zur Beschreibung eines Sachverhaltes zwei oder mehrere, lexikalisch gleiche, aber syntaktisch verschiedene Varianten vorhanden sind. Mathesius sah die Existenz dieser Variation als Beweis dafür an, daß es eine von der Ebene der Syntax substantiell verschiedene Größe der Strukturierung von Äußerungen gibt, die über die Wahl einer bestimmten syntaktischen Konstruktion entscheidet. Diese ideelle Größe bezeichnete er als FSP. Die von Mathesius untersuchten syntaktischen Variationsmöglichkeiten entstammen allesamt geschriebenen Äußerungen. Damit wurde ein wesentlicher Bereich der Sprache, nämlich der der gesprochenen Äußerungen, vernachlässigt. Gesprochene und geschriebene Äußerungen unterscheiden sich jedoch zumindest in der Frequenz syntaktischer Strukturen: Bestimmte Konstruktionen wie das Passiv oder der Spaltsatz treten typischerweise in geschriebenen Äußerungen auf, während gesprochene Äußerungen eher generische Personalpronomina in Subjektfunkion als Ersatz für das Passiv bzw. intonatorische Kennzeichnungen, i.e. Tonhöhengipfel, zur Hervorhebung benutzen. Die Intonation ist jedoch auch in geschriebenen Äußerungen zumindest latent vorhanden. Daher bedürfen die von Mathesius aufgestellten Thesen zur FSP der Ergänzung durch eine Untersuchung der Intonation. Von diesem Manko abgesehen, liefert Mathesius' Untersuchung syntaktisch markierter Konstruktionen erstaunliche Einblicke in die informationelle Struktur. Mathesius' Schüler Jan Firbas baute das ursprüngliche Modell der FSP aus und führte dabei den heftig umstrittenen Begriff der CD ein. Außerdem erweiterte er es durch die Berücksichtigung der semantischen Rolle auch um semantische Aspekte. Die Summe seiner Untersuchungen sind die sog. Satzbaupläne, in denen semantische und syntaktische Daten vereinigt sind. In diese Richtung gehen auch die Untersuchungen des Modells der TCA. Bei der Bewertung des Zusammenspiels zwischen syntaktischen und semantischen Faktoren gelang es Firbas, wesentliche neue Gesichtspunkte über die Abhängigkeit syntaktischer Konstruktionen von semantischen Faktoren herausstellen.

215

Die Satzbaupläne Firbas' und die Skala der CI im TCA-Modell gelten jedoch nur für kontextlose Sätze, d.h. bei ihrer Anwendung auf reale Äußerungen muß die Wirkimg der Intonation mitberücksichtigt werden. Firbas beschäftigte sich zwar in neuerer Zeit vermehrt mit der Rolle der Intonation zur Kennzeichnung des Rhemas. Die Korrelationen, die zwischen dem semantisch-syntaktisch bestimmten Rhema und dem Hervorhebungszentrum bestehen, sind für ihn jedoch kein zuverlässiges Kriterium, weswegen er die intonatorische Bestimmung des Rhemas ablehnt. Zu einem sehr ähnlichen Schluß kommen auch die generativen Modelle der informationellen Struktur. In diesen wird zwar die Bezeichnung Rhema durch Fokus ersetzt, der Inhalt des Begriffs bleibt jedoch derselbe. Chomsky versteht Fokus im ST-Modell als einen syntaktischen Begriff, der durch die oberflächenstrukturelle Kennzeichnung der Intonation ausgezeichnet werde. Die generative Semantik versteht Fokus dagegen als rein semantischen Begriff, der formaler Beschreibung nicht zugänglich ist. Der Generativist Jackendoff vertritt in diesem Streit eine mittlere Position, insofern als 6r an der intonatorischen Bestimmung des Fokus festhält, daneben aber auch psycholinguistische und semantische Gesichtspunkte berücksichtigt. Da er jedoch Fälle verzeichnet, in denen Divergenzen zwischen intonatorischen und semantischsyntaktischen Kennzeichnungen vorliegen, scheitert letztlich sein Versuch, die Intonation zur Bestimmung der informationellen Struktur zu benutzen. Dieses Scheitern beruht größtenteils auf den Schwächen seines Intonationsmodells. Daher können die generativen Studien zur informationellen Struktur lediglich als wegweisend bezeichnet werden, der eigentliche Durchbruch zur Bestimmung der informationellen Struktur mittels einer formal nachvollziehbaren Kriteriums gelang ihnen nicht. Dieses Scheitern ist auch in der Tatsache begründet, daß die generativen Grammatiken stets mit hypothetischen Sätzen, nicht jedoch mit realen Äußerungen arbeiten. Erstere können am ehesten mit schriftsprachlichen Äußerungen gleichgesetzt werden; zu realen gesprochenen Äußerungen bestehen krasse Unterschiede. Dieses Manko der fehlenden Berücksichtigimg des Kontexts wird im Modell des dem britischen Kontextualismus zuzurechnenden Linguisten Halliday weitgehend überwunden. Das Spezifikum seines Ansatzes besteht in der Trennung des Untersuchungsgegenstandes in die beiden Bereiche Thematisierung und Informationsstruktur. Die Trennung ist durch die Ebene der Grammatik vorgegeben: Die Informationsstruktur untersucht die Wirkung der Intonation auf die Strukturierung der Tonstrecke, die Thematisierung untersucht die Wirkung der Syntax auf die Strukturierung des Satzes. Diese Aufspaltung des Untersuchungsgegenstandes ist jedoch künstlich, da die Intonation und die Syntax kopräsente Strukturierungsprinzipien sprachlicher Äußerungen darstellen. Sie können zwar getrennt beschrieben werden, ihre Wirkungen müssen aber synthetisch zusammengeführt werden. Letzterer Aspekt fehlt im Hallidayschen Modell. Hallidays Modell ist insofern bahnbrechend, als es das erste Modell ist, das versucht, die informationelle Struktur mittels der Intonation zu beschreiben. Die Verwirklichung dieses Vorhabens scheitert an der Polyvalenz (mein Terminus) der Intonation. Halliday versteht die Intonation schlechthin als grammatisches System. Diese

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Bewertung übersieht, daß die Intonation nicht nur linguistische, sondern auch paralinguistische Bedeutungen hat. Gegen eine Beschreibung paralinguistischer Funktionen ist prinzipiell nichts einzuwenden, solange linguistische und paralinguistische Funktionen klar voneinander getrennt werden und nicht wie im Hallidayschen Modell wahllos alternieren. Das in der CGEL vorgestellte Modell der informationellen Struktur stellt zwar eine Synthese der drei zuvor genannten Modelle dar, der größte Einfluß geht jedoch von Halliday aus, was sich z.B. in der Übernahme der Trennung intonatorischer und syntaktischer Kennzeichnungen und der Vermischimg linguistischer und paralinguistischer Funktionen der Intonation zeigt. In jenen Fällen, in denen die linguistischen Funktionen der Intonation überwiegen, gelingt es der CGEL, mittels der Intonation die informationelle Struktur zu beschreiben. Neben der Intonation befaßt sich die CGEL aber auch mit syntaktisch markierten Konstruktionen, bei deren Beschreibung sie allerdings dazu tendiert, die Wirkung der informationellen Struktur überzubewerten, da sie übersieht, daß syntaktisch markierte Konstruktionen nicht nur informationelle, sondern auch textlinguistische oder diskursive Funktionen haben können. Von diesen Schwächen abgesehen, stellt das in der CGEL vorgestellte Modell die Summe der bisherigen Forschungen zur informationellen Struktur dar. Mein im zweiten Teil dieser Arbeit vorgestelltes Modell der informationellen Struktur hat sich die Aufgabe gestellt, die Schwächen und Fehler der vorherigen Modelle zu überwinden. Als grundlegende Voraussetzung zur Überwindung dieser Schwächen betrachte ich die Erkenntnis, daß die informationelle Struktur keine ideelle Größe, sondern eine durch die Intonation und die Syntax geschaffene, formal faßbare Strukturierung von Äußerungen darstellt. Die Darstellung meines Modells ist daher zweigeteilt in einen syntaktischen und einen intonatorischen Bereich. Im Kapitel 5 widme ich mich der Frage, inwiefern eine Äußerung durch die Wahl einer syntaktisch markierten Konstruktion informationell anders strukturiert werden kann. Diese Vorgehensweise ist nur bei solchen Konstruktionen möglich, zu denen es eine unmarkierte Variante gibt. Alle anderen Konstruktionen, bei denen ein solcher kontrastiver Ansatz nicht möglich ist, werden von der Betrachtung ausgenommen, um nicht der Gefahr der Spekulation anheimzufallen. Um dem Postulat gerecht zu werden, eine Beschreibung realer sprachlicher Äußerungen zu geben, berücksichtige ich sowohl solche sprachliche Äußerungen, die für die schriftliche Kommunikation, als auch solche, die für die mündliche Kommunikation geplant sind. Diese als geschriebene bzw. gesprochene Äußerungen bezeichneten Fälle unterscheiden sich bisweilen deutlich in der Frequenz der in ihnen auftretenden syntaktisch markierten Fälle. So treten beispielsweise die syntaktischen Konstruktionen des Anakoluths, der Rechts- und Linksversetzung deutlich häufiger in gesprochenen Äußerungen auf. Dies liegt vermutlich an der Tatsache, daß ein intonatorisches Hz am Anfang der Äußerung in gesprochenen Äußerungen sofort und ohne Behinderung der Kommunikation als Sinnspitze verstanden werden kann, während der Leser in geschriebenen Äußerungen von der informationellen Norm des FHz ausgeht. Eine solche

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frühe Sinnspitze würde in geschriebenen Äußerungen vermutlich zu Mißverständnissen oder Störungen der Kommunikation fuhren. Bei der Untersuchung syntaktisch markierter Konstruktionen zeigt sich, daß ihre Wahl nicht immer für die informationelle Struktur bedeutsam ist. Sehr häufig dienen sie textlinguistischen oder syntaktischen Prinzipien, wie dem Prinzip des Endgewichts bzw. der Einfuhrung neuer Referenten in die Kommunikation oder der Herstellung von Kohäsion durch strukturelle Parallelität. Bei den informationell bedeutsamen syntaktisch markierten Konstruktionen kann man zwischen zwei Gruppen unterscheiden: Die erste Gnippe stellen diejenigen Konstruktionen dar, die die Sinnspitze unmittelbar auszeichnen. Dazu gehören der Spaltsatz, der Pseudospaltsatz, die Linksversetzimg, der Anakoluth und das Passiv. Bei letzterem setze ich wegen seiner Zugehörigkeit zum Medium des Geschriebenen die Wirkung des FHz voraus. Die zweite Gruppe stellen diejenigen Konstruktionen dar, die die Sinnspitze mittelbar auszeichnen. Zu diesen gehört die Frontstellung, bei der durch die Stellungsvariation die Möglichkeit eines anderen Satzelementes geschaffen wird, als FHz zu fungieren. Es gehören fernerhin zu dieser Gruppe die Extraposition, das Tough-Movement, die Stellungsvariation di- und komplex-transitiver Varianten, die diskontinuierliche Fügung und die Konstruktion mit Eventive object. In diesen Fügungen liegt in der Regel ein FHz vor, das als Sinnspitze fungiert. Bei der zweiten Gruppe handelt es sich durchweg aber auch um solche Konstruktionen, die den oben genannten syntaktischen und textlinguistischen Funktionen dienen. Im Kapitel 6 stelle ich die entscheidene Frage, wie mit Hilfe der Intonation ein neues, brauchbares Instrumentarium zur Verwendung der Begriffe Thema und Rhema geschaffen werden kann, damit die traditionelle semantische oder psycholinguistische Bestimmung dieser Begriffe überwunden werden kann, die den wesentlichen Nachteil hat, der empirischen Betrachtung nicht zugänglich zu sein. Die in der sprachlichen Realität vorliegende Ko-präsenz syntaktischer, semantischer bwz. psycholinguistischer und intonatorischer Kennzeichnungen wird verschiedentlich als Redundanz intonatorischer Kennzeichnungen gewertet. Diese Redundanz ist jedoch kein Grund, die Intonation als unzuverlässiges Kriterium der informationellen Struktur zu brandmarken. Denn die Redundanz ist ein Charakteristikum der natürlichen Sprache schlechthin und gilt bei weitem nicht nur für die Intonation. Die Redundanz ist funktional gerechtfertigt, da sie dazu dient, den Erfolg der Kommunikation zu sichern. Der Nachteil, der allerdings durch diese Redundanz entsteht, besteht in der Neutralisation der linguistischen Funktionen der Intonationen zugunsten des Ausdrucks paralinguistischer Bedeutungen. Diese Fälle bezeichne ich als Äußerungen mit irrationalen Hzz bzw. als spielerische Intonationen. In diesen Fällen sind wir weiterhin auf syntaktische, semantische und paralinguistische Kriterien zur Bestimmung der Sinnspitze angewiesen. Wie schwierig ein solches Unterfangen ist, beweisen meine Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen der kontextuellen Voraussagbarkeit und der subjektiven Einschätzung des Sprechers bezüglich der Wichtigkeit eines Elements. Die subjektive Einschätzung ist das entscheidende Moment bei der Auswahl bzw. bei der

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Bestimmung der Sinnspitze. Sie bleibt einer empirischen Erforschung verschlossen und kann nicht einmal mittels eines Black-Box-Modeüs beschrieben werden, da zwar die Ausgabedaten der Intonation, nicht aber die neuro-physiologischen Eingabedaten bekannt sind. Diese Unmöglichkeit der empirischen Betrachtung stellt kein Versagen, sondern lediglich das Eingeständnis einer Grenze menschlicher Erkenntnis dar. Ich wende mich daher wieder dem zu, was mit lingustischen Mitteln beschreibbar ist, nämlich intonatorischen Kennzeichnungen. Dazu bedarf es zunächst einer Methode zur Untersuchung der linguistischen und der paralinguistischen Funktionen der Intonation. Diese besteht in der systematischen Nutzung des Kontrasts: Nur diejenigen intonatorischen Fälle, die einen linguistischen Bedeutungskontrast ausdrücken, werden als linguistisch relevante Parameter der Intonation anerkannt. Alle anderen Fälle müssen als paralinguistische Variationsmöglichkeiten eingestuft werden. Als linguistisch relevante Parameter der Intonation haben sich die Tonhöhenbewegung und die Betonung erwiesen. Die Tonhöhenbewegung zerfallt in zwei relevante Ausprägungen, den Fallton und die Steigton. Fallton und Steigton kontrastieren in der Darstellungsform der Information: (1)

Richtung der Tonhöhenbewegung

Darstellungsform der Information

Fallton Steigton

Unverbindlichkeit Verbindlichkeit

\ /

In der phonetischen Realisation entsprechen diesen beiden phonematisch unterscheidbaren Fällen unterschiedliche Varianten. Die Wahl der Variante hängt von nichtbzw. paralinguistischen Kriterien wie der Emphase oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Varietätengemeinschaft ab. Die Varianten der phonematischen Fälle werden in (2) zusammengefaßt: (2)

System der Tonhöhenveränderung Phonem \ /

Variante \ A / V

Fallton steigend-fallend Steigton fallend-steigend Flachton

Die Betonung ist der zweite linguistische Parameter der Intonation. Er unterliegt den stärksten Beeinflussungen durch interferierende Faktoren wie das Wechselmaß (mein Terminus). Durch eine auf dem Kontrast basierende auditive Analyse gelingt es jedoch solche spielerischen Intonationen auszuschalten. Das System linguistisch kontrastierender Fälle wird in (3) zusammengefaßt:

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(3)

Betonung ö ö o

stark betont schwach betont unbetont (unbezeichnet)

Mittels dieser beiden Parameter, der Tonhöhenbewegung und der Betonimg, kann die informationelle Struktur von Äußerungen beschrieben werden. Dabei benutze ich die gängigen und allgemein bekannten Begriffe Thema und Rhema. Mit Rhema bezeichne ich dasjenige Element, das intonatorisch am stärksten hervorgehoben ist. Diese Hervorhebung wird durch das Zusammenspiel der starken Betonung mit der signifikanten Tonhöhenbewegung erzeugt. Dieses Element bezeichne ich als Hervorhebungszentrum (mein Terminus). Die Bezeichnimg Thema verwende ich dagegen für dasjenige Element, das durch die schwache Betonung gekennzeichnet ist. Um die weiteren Betonungsstufen zu bezeichnen, erweitere ich die traditionelle Dichotomie der Informationswerte (mein Terminus) um die Begriffe rhematisch und informationell unbedeutend. Mit rhematisch wird dasjenige Element bezeichnet, das stark betont ist. Dieses Element entspricht wichtiger Information, die an Wichtigkeit lediglich dem Hz untergeordnet ist. Als informationell unbedeutend bezeichne ich solche Elemente, die unbetont sind. Bei letzteren handelt es sich in der Regel um Dienstwörter, d.h. um solche Elemente, die lexikalisch voraussagbar sind. Diese Relation von Intonation und Informationswert fasse ich in der Tabelle (4) zusammen. (4)

Informationswert

Intonation

Rhema oder Sinnspitze

6\ o/ 6 ö o (unausgezeichnet)

rhematisch thematisch informationell unbedeutend

Neben dieser informationellen Funktion hat die Intonation aber noch eine weitere linguistische Funktion, die in der Kennzeichnung der diskursiven Struktur besteht. Dabei handelt es sich um die Kennzeichnung des Kontrastes, der Richtigstellung, der Bestätigung des Beiseite-Sprechens. In diesen Fällen liegen in der Regel erkennbare intonatorische Kennzeichnungen vor. Stärker als im Falle der einfachen Hervorhebung (mein Terminus) ist man jedoch bei der Erkenntnis dieser Funktionen von zusätzlichen semantischen und kontextuellen Daten abhängig. Im abschließenden dritten Teil werden die Erkenntnisse und Thesen der Bestimmung der informationellen Struktur an drei Beispieltexten vorgeführt bzw. getestet. Die Abhängigkeit des Informationswerts eines Elements von der subjektiven Einschätzung des Sprechers tritt in allen drei Texten deutlich zutage. In Text 1 wählt er Sprecher sehr viele starke Betonungen, die anzuzeigen, daß diese Elemente seiner Meinung nach wichtig sind. Diese Texte belegen fernerhin, daß in der parole Äußerungen mit informationell gesehen falschen Intonationen keine Seltenheit sind. Diese

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Fälle lassen sich mit den von mir geprägten Begriffen der spielerischen Intonation beschreiben. In diesem praktischen Teil zeigt sich fernerhin, daß sich meine Behandlung von Tonstrecken mit zwei Hzz als intonatorische Anakoluthe als brauchbar erwiesen hat, um diese doch recht häufigen Intonationsmuster beschreiben zu können. Es bleibt noch viel zu tun: Fragen, die in dieser Arbeit nur angerissen werden konnten, aber noch einer eingehenderen Betrachtung bedürfen, sind der Vergleich der Ausnutzung sprachlicher Variationsmöglichkeiten in geschriebenen und gesprochenen Äußerungen sowie in nationalen und soziolektalen Varietäten des Englischen. Lohnend wäre sicherlich auch ein Blick auf die Diachronie anhand der Frage, welche intonatorischen und syntaktischen Kennzeichnungen der informationellen Struktur in früheren Stadien der englischen Sprache vorhanden waren. Letztlich bedarf auch der große Bereich lexikalischer Kennzeichnungen der informationellen Struktur, der in dieser Arbeit ganz ausgeklammert wurde, einer gesonderten Betrachtung. Das in den Kapiteln 5 und 6 dieser Arbeit dargestellte Modell ist ein brauchbares Instrumentarium, um die informationelle Struktur anderer Varietäten der Sprache zu untersuchen. Dabei wird es nicht ausbleiben, daß durch Spezifika des jeweiligen Untersuchungsgegenstands punktuelle Änderungen und Ergänzungen vorgenommen werden. Das Modell bietet jedoch die Basis fur dieses Untersuchungen und stellt damit den ersten Schritt in diese Richtung dar. Daß monokausale Erklärungen zur Wahl eines bestimmten Intonationsmusters nicht ausrecichen, wurde im Laufe der Arbeit deutlich. Eine Erweiterung eines Modells durch die Hinzunahme weiterer Gesichtspunkte stellt, wie Monaghan dies ausdrückt, eine Verbesserung dar: The realization of the inadequacies of earlier ideas and the mistrust of patent solutions to difficulties in language should not be the signal for retreat into a higgledy-piggledly approach to the study of language nor should it be regarded as a sign of despair in the face of complexities. Rather it is the willingness to accept suggestions from various points of view which can contribute to the common search for a solution. (Monaghan, 1979: 12)

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