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German Pages 692 Year 1987
Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit
Ancien Regime Aufklärung und Revolution Herausgegeben von Rolf Reichardt und Eberhard Schmitt Band 12 Bisher erschienen: G ü n t h e r Lottes Politische Aufklärung und plebejisches Publikum Band 2: Susanne Petersen Lebensmittelfrage und revolutionäre Politik in Paris 1792-1793 Band 3: Klaus Deinet Konrad Engelbert Oelsner und die Französische Revolution Band 4: Hans Ulrich Gumbrecht, Rolf Reichardt, T h o m a s Schleich (Hrsg.) Sozialgeschichte der Aufklärung in Frankreich Band 5: E m m a n u e l Joseph Sieyes Politische Schriften 1788-1790 Band 6: Gerd van den Heuvel Grundprobleme der französischen Bauernschaft 1730-1794 Band 7: Michel Vovelle Die Französische Revolution Soziale Bewegung und Umbruch der Mentalitäten Band 8: Hans-Jürgen Lüsebrink Kriminalität und Literatur im Frankreich des 18. Jahrhunderts Band 9: Die Französische Revolution - zufälliges oder notwendiges Ereignis? Band 10: Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680-1820 Band 11: Manfred Agethen Geheimbund und Utopie
Band 1:
R. Oldenbourg Verlag München 1987
Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit Festschrift für Hermann Weber zum 65. Geburtstag
Herausgegeben von Heinz Duchhardt und Eberhard Schmitt
R. Oldenbourg Verlag München 1987
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit :
Festschr. für Hermann Weber zum 65. Geburtstag / hrsg. von Heinz Duchhardt u. Eberhard Schmitt. München : Oldenbourg, 1987. (Ancien reigime, Aufklärung und Revolution ; Bd. 12) ISBN 3-486-54161-7 NE: Duchhardt, Heinz [Hrsg.]; Weber, Hermann: Festschrift; GT
© 1987 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf deshalb der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Gesamtherstellung: Weihert-Druck, Darmstadt
ISBN 3-486-54161-7
Inhalt Vorwort Roland Mousnier, Paris Centralisation et decentralisation
VII
1
Volker Press, Tübingen Frankreich und Bayern von der Reformation bis zum Wiener Kongreß . . .
21
Günther Wartenberg, Leipzig Die Politik des Kurfürsten Moritz von Sachsen gegenüber Frankreich zwischen 1548 und 1550 Albrecht P. Luttenberger, Mainz Libertät. Zur reichspolitischen Tragweite der Kriegspropaganda Frankreichs und seiner deutschen Verbündeten 1552
103
Heinrich Lutz ( f ) Kardinal Reginald Pole und die Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
137
Jean Richard, Dijon Au temps de la celtomanie: comment un historien bourguignon du XVIe siecle voyait les migrations des Burgondes
163
Karl Josef Seidel, Bonn Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden in Deutschland und Frankreich (1555 - 1614)
187
Klaus Malettke, Marburg Altes Reich und Reichsverfassung in französischen Traktaten des 17. Jahrhunderts
221
Wolfgang Hans Stein, Koblenz Richelieu unter den Komödianten. Zur Darstellung Frankreichs in der deutschen Flugblattliteratur des Dreißigjährigen Krieges
259
David J. Sturdy, Coleraine Images of France and Germany: the Accounts of English Travellers in the Seventeenth Century
293
Winfried Dotzauer, Mainz Macht — Politik — Diplomatie. Gedanken über die Neudimensionierung der Verständniskategorien der französischen Deutschland-Diplomatie nach 1648 unter besonderer Berücksichtigung des Rheingebiets
331
71
VI
Inhalt
Rene und Suzanne Pillorget, Paris De la majorite legale au sacre de Louis XIV (1651 — 1654)
361
Andreas Kram, München Eine Geschichte Bayerns für den Dauphin
383
Klaus Peter Decker, Büdingen Rheingauer Geiseln im „Pfälzischen Krieg". Zur französischen Kontributionskriegführung im 17. Jahrhundert
407
Jürgen Voss, Paris Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
439
Peter Claus Hartmann, Passau Die Bedeutung Marschall Broglies für Kaiser Karl VII
467
Karl Otmar Freiherr von Aretin, Mainz/Darmstadt Karl VII. als Kaiser Reichsitaliens
487
Walter G. Rödel, Mainz Frankreich, Kurpfalz, Kurmainz und die Frage der Römischen Königswahl 1753 - 1755
509
Georges Livet, Strasbourg Strasbourg et la navigation du Rhin. Contribution a l'etude des relations entre la Ville et le Margraviat de Bade ä la fin du XVIIIe siecle
549
Konrad Fuchs, Mainz Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon. Versuch eines Vergleichs
589
Helmut Mathy, Mainz Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre im Vorfeld der Französischen Revolution
617
Franz Dumont, Mainz Ein Mainzer Jakobiner. Das Leben des Arztes Peter Joseph Daniels (1765 - 1819)
643
Tabula Gratulatoria
683
Vorwort
Als
vor
einigen
Jahren
der
Gedanke
Gestalt
gewann,
Hermann Weber aus Anlaß seines 65·Geburtstages,
einer
guten akademischen Tradition folgend, mit einer
Fest-
schrift zu ehren, drängte es sich von der ersten Stunde an geradezu gebiet
auf,
sie
des Jubilars
thematisch
auszurichten.
Der
deutsch-französischen
Beziehungen
deutsch-französischen
Partnerschaft
gilt seit den
frühen
fünfziger
am
HauptarbeitsGeschichte
und
der
und
Jahren
Pflege
der der
Freundschaft
Hermann
Webers
ganzes wissenschaftliches Arbeiten, sein leidenschaftliches persönliches Engagement. Als Schüler Max bachs
war
er
1955,
eben
pfälzisch-französischen
mit
einer
Beziehungen
Brau-
Untersuchung um
die
Mitte
der des
18.Jahrhunderts promoviert, von Bonn an das gerade ins Leben gerufene Centre historique allemand in.Paris gewechselt, aus dem später das Deutsche Historische
In-
stitut
das
hervorging.
Die
Geschicke
dieses
Centre,
schon damals einen lebendigen geistigen Austausch zwischen
deutschen
pflog und
und
zahlreiche
französischen deutsche
Wissenschaftlern
Stipendiaten
anzog
betreute, hat Weber dann bis Ende der sechziger
und
Jahre
geleitet. 1965 habilitierte er sich an der Universität Saarbrücken mit einer umfangreichen Untersuchung die französische RheinRichelieu,
um
Allgemeine
und
1968
und
einem
Neuere
Reichspolitik
Ruf
auf
Geschichte
den an
Uber
in der
Ära
Lehrstuhl
für
der
Universität
Mainz zu folgen, an der er seither forscht und lehrt. Diese Berufung nach Mainz für
die
Universität
zum
setzte er sich mit dem
wurde
Glücksfall.
vollen
Gewicht
Von
für
ihn
Anfang
seiner
wie an
Person-
VIII
Vorwort
lichkeit Studien
für und
die
Förderung
der
den Ausbau und
die
deutsch-französischen Festigung
der
wissen-
schaftlichen Kontakte zu Frankreich ein. Für die französischen Kollegen wurde Ansprechpartner anfangs
er
zu
"d'outre-rhin"
einem (wie
nannten, worauf er einmal
te, er befinde Frankreich
"de
ce
solch feiner Würze ergab
wichtigsten es
manchmal
humorvoll
entgegne-
anders
sie
sich in Mainz nicht
durchaus
der sie
cote-ci
du
sich nicht
als
rhin"
selten
-
ein
in aus
tiefe-
res Gespräch und mitunter der Anstoß zur wissenschaftlichen
Neuinterpretation
bzw.
ersten
ernsthaften
forschung vermeintlich längst bekannter
Solche deutsch-französischen Begegnungen auf dem der
Geschichtsforschung
•wie der eine
und
Kulturraum
der
Diskussion
den anderen
Er-
Sachverhalte). Felde
darüber,
Uber die
Jahrhun-
derte hinweg sah, verstand oder mißverstand, regten im wesentlichen auch die Arbeiten Untersuchungen, zwischen
dem
vielfältig
die
die
Frankreich
verklammerten
Hermann Weber zwischen
mit Leben zu erfüllen; anstaltungen initiierte
beispielhaft
der
und
und
des
Teil
den
viel
dazu
er brachte
bei,
die
Part-
Mainz
und
Dijon
gemeinsame
Exkursionen
Leistungsnachweise,
mit
Lehrver-
zustande
seiner
und
gegenseitiger
wie er heute
noch
im Bereich des deutsch-französischen
aka-
Austausches
und
der Alten
ist.
Webers
Einsatz
in
Gremien
und auf Kongressen hat stets, ebenso wie seine mit
an,
Spannungen
Regime
Universitäten
mit gemeinsamen
Webers
beleuchteten.
einen Studentenaustausch
Anerkennung demischen
Ancien
Territorienwelt
trug
den
Schüler
Beziehungen des
Reiches erforschten und neu nerschaft
der
für
die
Studierenden,
Arbeitskraft
verzehrt,
tungen in Studienreformkommissionen
einen
Arbeit
bedeutenden
von endlosen
Bera-
bis hin zur Tätig-
keit als Generalsekretär der "Monumenta Europae Histo-
Vorwort
rica", die kurz mit
der
nach
Edition
aufnahm.
Dieser
der
Felde
der
der
seiner
Papiere
Einsatz
nicht jedem vergönnt sivierung
Beginn
Mainzer
Richelieus
hat
in
einer
Tätigkeit
ihre
Weise,
ist, Ertrag gebracht:
Cooperation
ist
Arbeit wie
Die
franco-allemande
Geschichtswissenschaft
IX
sie
Inten-
auf
heute
dem
eine
vielfach institutionalisierte - Realität, die auch ihm zu danken ist. Die
Herausgeber
sagen
an
dieser
Stelle
den
Schülern Webers und allen Fachkollegen im In- und Ausland, die
die
Beiträge
zu
dieser
Festschrift
beige-
steuert haben, ihren herzlichen Dank. Die Resonanz war so groß,
daß
es
sich
rasch
wert, sondern als notwendig Bandes
konsequent
auf
deutsch-französischen den
manche
nicht
nur
erwies,
die
als
wünschens-
die Thematik
frühe
Neuzeit
Beziehungen einzuengen.
vorgeschlagenen
Beiträge,
die
des
und
die
So
wer-
außerhalb
dieser festumgrenzten Thematik stehen und die wir gern berücksichtigt Ein Wort
des
hätten, Dankes
an anderer
sei hier
Stelle
auch
erscheinen.
Adelgunde
Holland
und Sonja Pfeufer gesagt, die die Artikel dieses Bandes auf einem jener Schreibgeräte ins Reine schrieben, die man ob ihres Preises, ihrer komplizierten Tastatur und ihrer flimmernden Lämpchen als fortschrittlich
zu
bezeichnen sich angewöhnt hat, die aber in Wahrheit so praktisch
und
so
leistungsfähig
drucksvolle
Gerät,
Zeiten"
homo
dem
das
in
sapiens
sind
Charlie die
Mühe
wie
Chaplins des
das
ein-
"Moderne
selbständigen
Essens und Trinkens abnimmt. Sollte sich der eine oder andere
formale
Mangel
trotz
hungen in diesem Buch gehalten
unserer haben,
Korrekturbemübitten
wir
die
Autoren und den Jubilar um Nachsicht. Autoren und Herausgeber verbinden ihre Glückwünsche
an Hermann
Weber
zu seinem
65·Geburtstag
mit
X
Vorwort
der Hoffnung, er möge
auch
nach
seiner
Emeritierung
zum Nutzen der wissenschaftlichen Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich tätig bleiben, und mit dem herzlichen Wunsch, daß es ihm vergönnt sein möge, viele seiner wissenschaftlichen Vorhaben zum Abschluß zu bringen. Ad multos annos!
Heinz Duchhardt
Eberhard Schmitt
Roland Mousnier
Centralisation et decentralisation
Centralisation et decentralisation sont des mots tres employes,
en
particulier
depuis
un
demi-siecle,
et
surtout le second. Iis ont servi dans des sens tres divers. Centralisation a ete pris souvent dans le sens "d'etatisme" et ce dernier vocable a evolue de plus en plus vers la signification de "totalitarisme", c'esta-dire une situation ou 1 1 Etat regle par decision contraignante toute la vie des citoyens, du lever au coucher et de la naissance a la mort. "totalitarisme",
la
"L* etatisme", le
"centralisation"
sont
honnis
et
vomis. "Decentralisation", mot a la mode, a fini par signifier aussi toutes sortes de choses. II a ete employe meine pour signifier 1 1 eparpillement des services administratif s de l'Etat, ou des musees, ou des
ar-
chives anciennes, ou des usines, ou des magasins
de
commerce, a travers la France. On a vu fonctionner une Commission de decentralisation qui acceptait en principe la creation de centres
de
recherche
d'histoire
n'importe ou, pourvu que ce ne soit pas a Paris, et qui cherchait pour les implanter des lieux qui avaient peu
de
ressources,
possibilites fois,
les
sans
d'acces
et
protestations
se
soucier
apparemment
d'existence, des
et malgre
historiens
des par-
provinciaux
eux-memes, qui demandaient chacun que si les nouveaux centres de recherches ne pouvaient etre installes dans leur province particuliere, alors ils le soient a Paris. Decentralisation
a pris
aussi
un sens
sant. Des senateurs, maires -de leur ville,
anarchireclament
2
Mousnier, Centralisation et decentralisation
pour chaque commune de France, petite ou
grande,
la
possibilite de decider de toutes ses affaires locales, creation de route, institution
de college, ouverture
d'usine, ä son gre, comme si les depenses d'une commune ne devaient pas influer sur la capacite des ses habitants de contribuer aux depenses de la France, et comme si il n'y avait pas une politique economique de la
France
formes,
dans
la
son
ensemble.
decentralisation
Mais, est
sous
toutes
consideree
ses
comme
bonne, en elle-meme, partout et toujours, comme devant stimuler les initiatives creatrices, favoriser le developpement de toutes les productions et 1 1 enrichissement
du
pays,
economique,
scientifique,
litteraire,
1
artistique et meme moral. L on ne se demande
jamais,
si la decentralisation ne va pas favoriser les particularismes,
les egoismes locaux, collectifs ou indi-
viduels, les ambitions des forts et des potentate locaux,
et
faibles
et
finalement, des
favoriser
petits,
d'une
l 1 oppression
part,
des
puisqu'ils
ne
pourront plus avoir recours ä l'autorite tutelaire de l'Etat et ä sa protection, et d'autre part, affaiblir le corps politique d'ensemble, la France, et favoriser les entreprises de l'etranger, au detriment finalement de tous. Nous η 1 envisagerons pas ici tous les sens de ces mots. Nous nous contenterons de rappeler qu'il y a toujours une certaine centralisation lorsqu'il y a un Etat, et que l'Etat apparait ä un certain degre de developpement d' un corps politique territorial, pour le salut public de ce corps, que ce salut public concerne un
risque
d'invasion
par
l'etranger,
un
risque
de
guerre civile entre les membres du corps, la necessite de coordonner les efforts pour une production mique jugee
indispensable, la
lutte
contre
un
econofleau
Mousnier, Centralisation et decentralisation
3
naturel, ou toute autre menace contre ce corps politique, toute autre necessite de son existence. L'Etat est
un
organe
naturel
indispensable,
l'organe
qui
prend les decisions pour le bien commun du corps politique. Le plus souvent l'Etat existe avant membres du corps politique
aient
pris
que les
conscience
de
son existence. Lorsque les hommes prennent conscience qu'il existe, l'Etat existait deja et fonctionnait depuis longtemps. Le role de l'Etat, c'est de prendre
les de-
cisions concernant le bien de 1'ensemble du corps politique,
et
1' on
parle
proprement
de
centralisation
lorsque ces decisions sont prises par une seule autorite supreme placee ä la tete de ce corps politique, que cette autortite soit un roi, un senat
aristocra-
tique,
selon
ou une
assemblee
de
deputes,
mode oligarchique ou democratique.
elus
une
Le domaine de ces
decisions, c'est-a-dire la competence de l'Etat, peut varier selon les besoins du corps politique. Elle peut se
reduire
jusqu'a
ne
comprendre
que
la defense
du
pays ä l'exterieur et les relations ä cette fin avec les autres peuples et Etats, la securite des citoyens a l'interieur et les moyens d'assurer l'ordre, la formation civique et patriotique des citoyens, par un enseignement ä l'ecole et tout au long de la vie. Mais la competence de l'Etat doit pouvoir s'etendre a to«t ce
qui
devient
1'existence
de
salut
public,
a
tout
moment
de
d'une communaute politique. Dans le res-
sort de sa competence, l'Etat doit etre tout puissant, sans limite, souverain
et
il
doit
pouvoir
atteindre
directement non seulement des corps, mais chaque citoyen individuellement. La
centralisation
est
une
condition
de
vie
pour tout corps politique. Seuls ont dure et se sont
4
Mousnier, Centralisation et decentralisation
developpes les corps politiques qui ont su realiser la centralisation necessaire selon ce que demandaient les circonstances.
Tous
les
Etats
durables
et
forts,
toutes les grandes puissances, ont tendu vers une centralisation pourrait
croissante. Toute l'histoire
constituer
une
demonstration
de
de
1'Europe
cette
pro-
position^. Contentons nous ici de rappeler les efforts de la monarchie
frangaise
en
vue
de
cette
centra-
lisation salutaire dans les trois derniers siecles de son existence. Lorsque Charles VIII succede a son pere Louis XI,
la
centralisation
lativement
peu
monarchique
avancee.
En effet
est
les
encore
re-
structures
du
royaume sont celles de groupes formant corps et conservant des pouvoirs de decision. D'abord
la parente
naturelle qui est, en France, la descendance rale,
la
plus proche
de
la
descendance
bilate-
biologique,
celle qui permet le plus commodement de savoir de qui on peut attendre aide et secours et ä qui on doit secours et aide. Cette descendance laisse une grande importance
aux parents
Mais
coutume
la
"du cöte et ligne" de
d'heriter
le
nom
du
la mere.
pere
et
celle
d'attribuer au pere le role de chef de famille donne a cette parente une apparence patriarcale. Au
seizieme
siecle, des magistrate ont reclame le renforcement de l'Butorite du pere, jusqu'au droit de vie et de mort sur les membres de la famille, comme dans
l'ancienne
Rome. Les parentes naturelles sont completees par des parentes artificielles. Le parrain, qui donne un nom a 1 1 enfant au bapteme, devait etre reellement un second pere. Des communautes de vie groupaient des parents et des amis, vivant au meme pot et ä la meme table, travaillant
ensemble,
sous
des noms
divers,
comme
les
frereches. Des fraternit.es d'armes unissaient des com-
Mousnier, Centralisation et decentralisation
5
pagnons de combat. Des fideles se devouaient corps et ame ä des maitres, des creatures ä des
protecteurs,
qui leur devaient confiance, confidence, entretien et avancement
social.
Des
relations
de
clientele,
echanges privilegies de services, existaient largement comme dans toute societe, en tout temps. Des
fideles
et des clients vivaient dans la maison du maitre comme "domestiques" (secretaires, intendants, homines de confiance, gardes du corps,
folliculaires),
ä cote
des
serviteurs et des servantes, et avec eux et les parents naturels constituaient la "famille" du maitre. Toutes
d 1 associations
sortes
diverses
for-
maient corps, c'est-a-dire avaient un chef, individuel ou collectif, 1
1 association type etaient
pour
exprimer
une
volonte
commune
et
constituait une personne morale. De ce des communautes
rurales, villes seigneuries,
territoriales:
communes
fiefs, fiefs de
dignite
(baronnies, comtes, marquisats, duches). Dans ces communautes territoriales, ou les transcendent,
vivaient
d'autres corps: universites, colleges, corporations de metiers,
corps
d'officiers
royaux,
ministeriels
ou
magistrate, gens de loi, etc. Chacun de ces corps conservait dans son ordre des pouvoirs de
decision.
La
population etait divisee en "ordres" sociaux, dignites relatives
avec des fonctions sociales differentes et
avec
aptitudes
des
differentes
a
la
puissance
pu-
blique, plus ou moins reconnus juridiquement et politiquement,
assez
souvent
sans
existence
officielle:
clerge, hierarchise, diverses noblesses, "commun" parti
en
differents
degres,
dont
certains
re-
cons-
tituaient le Tiers-Etat. II
etait
difficile
au inonai que
de
stimuler
les efforts en vue du bien commun du royaume, plus encore des pays sous
la
domination
du
roi
de
France,
6
Mousnier, Centralisation et decentralisation
d'obtenir argent et hommes pour des entreprises communes, de coordonner les efforts en vue d'un resultat juge
souhaitable
pour
1'ensemble,
de
concentrer
les
moyens la oil ils etaient estimes necessaires, de vaincre les resistances passives ou les revoltes. L 1 ordre public,
la
securite,
la puissance,
le
prestige
pays sous la domination du roi de France furent
des sou-
vent compromis. Ces maux furent ressentis
de
plus
D'abord par les membres de la dynastie ses
fideles,
par
ses
clients,
par
en
plus.
regnante, par
ses
serviteurs,
officiers, commissaires, commis, fermiers d'impots. Puis par un nombre croissant de regnicoles, ä qui
1'habitude
de
vivre
sous
une
meme
domination,
donna peu a peu le sentiment d'interets communs, d'une solidarite de 1'ensemble, une affection pour cet ensemble, une fierte de lui appartenir. Comme il arrive souvent, l'Etat crea la Nation. La communaute des habitants des pays sous la domination du roi, la France, devint, dans les esprits et pour les coeurs, une personne, aimee comme une mere. Ces sentiments furent exprimes par la theorie du corps
politique,
nee tres
tot,
de
plus
en
plus
claire et precise au cours du seizieme siecle, et qui fut accomplie vers 1570. Jean Bodin l'acheva en 1576 .par sa theorie de l'Etat, entite distincte
du roi et
du peuple. Elle prit souvent une forme organique:
le
roi est la tete et ses sujets sont les membres d'un corps mystique. Mais pour les uns ce corps
mystique
est
la
une
realite, distincte
des membres
qui
com-
posent. Le roi, la tete, sent et exprime les besoins reels, la volonte profonde de ce corps, qui peut etre distincte de la volonte exprimee
par ses parties. La
tete exerce done, seule, un pouvoir absolu,
et
peut
Mousnier, Centralisation et decentralisation
meme
sacrifier
parties,
temporairement
categorie
1'interet
d'individus
ou
7
d'une
bien
des
province,
a
1'interet du tout. Pour d'autres, ce sont les parties, c'est-a-dire qui sont une
les
la seule realite.
fiction
fiction.
Et
decider peut
provinces,
au
rien
parties,
Le
commode,
utile,
done,
chef
le
detriment decider
au nom
d'une
sans
peut
sa
Etats-Generaux. phiques, des
corps ce
des
le
les
tout
qu'avec
nominalistes,
1'ensemble,
qui
ne
toutes
Et done,
comme
veulent
une
d1un
pierres,
en
distinguer
oubliant
la
une
maison
finalite
et
le
roi
le
des
philoso-
considerer
se
ä
les
realite
elements, comme Guillaume d'Ockham au X I V
ne
tout
concours
e
refusait
il
concerne
le
une rien
Done,
de
qui
peut
Eternel conflit des realistes
qui voient
c 1 est
meme
ne
parties.
par tous.
volonte
de
corps
que ce
individus,
politique,
concours
du principe
former
pays,
mais
de
le monde doit etre approuve ne
les
que
et les
siecle, qui tas
plan,
de
l'idee
organisatrice de la maison. Les milieu
du
uns XVII
(forme, matiere,
et
e
les
autres
siecle
en
s1expriment
termes
d'aristotelisme
acte, puissance, mouvement) qui
etaient commodes par une longue habitude le college, et en termes de platonisme tonisme,
a
la mode
(emanation,
historiens
s'y
laire,
contemporains
les
sont
realites de leur Les necessite,
trompes.
prise
leur
depuis
et. de
neo-pla-
procession).
Certains
Mais,
expriment
sous
ce
vocabu-
effectivement
des
temps.
monarques
et
jusqu'au
souvent
successifs, bien
malgre
contraints eux,
ont
par
la
entrepris
un immense effort de centralisation, imposant leur decision supreme
dans un nombre
croissant
de
categories
d'affaires, par les biais de la justice, de la lite,
de
l'armee,
de
la
"police"
ou
fisca-
administration.
8
Mousnier, Centralisation et decentralisation
Cet effort n'avait pas encore porte tous
ses
fruits
lorsque Louis XVI rnonta sur le trone (1774). Les
monarques
employerent
dans
ce
dessein
d'abord un nombre croissant d'officiers royaux qui, du XIII e au XVII e siecle, firent operer de grands progres a la centralisation monarchique. La marche est a peu pres toujours la meme. Le roi utilise autour de lui, en conseil, des dignitaires et des clercs pour la politique, la justice et la "police", les comptes. Certains de ces dignitaires se specialisent et se professionalisent
pour former les grandes cours
Parlement, Chambres des Comptes,
centrales,
plus tard,
au XIV
siecle, Cour des Aides. Le roi envoie des commissaires itinerants
comme
les premiers
baillis
et
senechaux.
Puis les commissaires se fixent et prennent un Statut d'officier. Puis une tendance a la division des sommes de travail exemple,
et
les
ä
la
baillis
specialisation conservent
se
dessine.
surtout
les
Par
täches
militaires et les interventions dans les cas graves, lis deleguent la justice et la police de routine ä des lieutenants qui deviennent officiers. Ces
lieutenants
sont obliges par le nombre des affaires d'employer des e * commis. A leur tour, surtout au cours du XVI
siecle,
ces commis sont transformes en officiers. Le roi augmente le nombre des officiers et en forme des colleges: outre les Cours souveraines, conseils de bailliages et de senechaussees, corps d'elus apres 1356, bureaux des finances depuis 1577. II y eüt a cette collegialite des raisons financieres ä partir du moment ou le roi vendit, plus ou moins ouvertement, les offices, depuis, semble-t-il, la seconde moitie du XV e siecle. Mais la collegialite commenQa avant la venalite royale et la
comparaison
avec
d'autres
Etats
europeens en montre les avantages pour le monarque. La
9
Mousnier, Centralisation et decentralisation
collegialite d'opposer
permet
au
roi
entre eux les
au
debut
officiers,
de
de
diviser
les
et
controler
par un ou des hommes a lui dans le college; en les obligeant
a prendre
des
decisions
en
commun,
de
les
faire se controler reciproquement, de prendre des habitudes communes, de commencer a acquerir 1'esprit du service public, peut-on commencer a dire, au lieu de leurs habitudes feodales. Mais
dans un
second
temps,
la
collegialite
joua contre le pouvoir monarchique. Elle dilua la responsabilite. Puis les officiers prirent conscience de leurs interets communs, de leurs fagons communes, de leurs
procedures
particulieres.
esprit de corps. lis considerent
lis
acquirent
un
leurs offices comme
1
doues d un etre permanent et done de qualites propres, de pouvoirs propres.
Les magistrate pensaient
qu'ils
devaient au roi la fidelite, done leur accord, mais a la justice, qui leur etait confiee, le respect de sa dignite, et done qu'ils avaient
1"obligation
de dif-
ferer l'obeissance aux ordres du roi si ceux-ci
leur
semblaient injustes, et d'autre part, comme juges, le devoir de tenir la balance en equilibre entre le roi et ses sujets, un devoir de protection envers les sujets du roi. Les officiers de chaque Cour souveraine, de chaque bailliage, de chaque election, de chaque bureau des finances, se
considererent
comme
un
corps,
avec des qualites et des pouvoirs propres, une volonte commune, un organe pour l'exprimer, done une personne morale. Le Parlement de Paris, des 1489, se proclamait "un corps mystique...representant la personne du roi, car il est veraine
(le
justice
Parlement) du du royaume
de
ressort France,
final le
siege, autorite, magnificence et majeste du
et
sou-
veritable roi...".
D'autre part, les bureaux de finances recevaient
par
10
Mousnier, Centralisation et ddcentralisation
edit
de P a r i s
collectif consultent et
un
qu'ils
deux nous
leur
charge".
ses
sant,
corporativ
France.
accreditent
deputes
pour de
la
Le r o i
comme c o r p s
consent
"qu'ils
ensemble en personne ou par d e p u t e s de
corps" ou
de 1586 un S t a t u t
pour t o u t e
"elus
informer
et
Ainsi
et
choisis
dans
notre
conseil
des
le
prerogatives
roi
par
ä l'occasion,
"ä l e u r s p r o p r e s
se
des
en f a i t ,
trouva corps
leur
depens",
leur
corps
affaires
comme
depossede
d'officiers
dans l e u r
de
interet
agis-
de p r o -
fessionnels. De officiers siens
plus,
furent
d'une
ou
au
assez deux
vinciaux
du
fixerent
dans
fices,
acquerirent
s'y
y
Bassin la
allierent autant
vinciaux
et
fice,
des
des
mais
siecle,
pris
ils
avaient
des du
deniers il
les
la
que
qu'ils
ils
se
leur
of-
seigneuries, depro-
roi. en f a i t
toujours, non
avaient difficile
scolastiques,
exprime l e d r o i t
pro-
interets
propriete,
etait
Pari-
locales,
des o f f i c e s a c c r u t
avaient
plus,
et
ces
des
bientot,
families
bien
des
parmi
fiefs
aux
representants
Seulement
De
parmi
et
exergaient
biens,
officiers,
des
existence,
Mais,
ou
mariage
qu'ils
l'acquerir. bourser.
leur
l o c a u x que des a g e n t s des
considera
souvent
Parisien.
La v e n a l i t e dependence
de
generations,
province
par
vinrent
debut
1'inle
de
roi l'of-
verse
pour
de
les
depuis
le
de l ' o f f i c i e r
remXIV
sur
son
o f f i c e en termes de p r o p r i e t e . Ainsi
les
officiers
obstacles
a 1'execution
agents
de
celle-ci.
sition
ouverte,
Paris a l i a 1653 )
que
si
etait
que
le
le
Souvent,
parfois
jusqu'ä
de l a a la
proclamer
roi
corps e t
devinrent volonte
ils
pendant la
que c ' e t a i t
royale
passerent
revolte.
incarnait
autant ä
que
des
1'oppo-
Le Parlement la
Fronde
monarchie, le
des
de
( 1648 — il
n'en
Parlement,
rac-
Mousnier, Centralisation et decentralisation
11
courci des Etats-Generaux, qui en etait 1 1 ame. Les monarques durent done recourir de tout temps a des fideles
pour
composer
le noyau
de
leur
Conseil. lis durent recourir a des clients, tries en principe parmi les notaires de leur chancellerie, les "notaires et secretaires du Roi, Maison et Couronne de France". Depuis 1482, et Louis XI, ceux-ci ont le monopole de 1'expedition de tous les ordres royaux, de toutes les lettres des chancelleries royales, conseils et parlements. Parmi eux, le roi distingue une elite de
secretaires
signant
en
finance,
dont
certains
jouent le role de ministres, comme le fameux Florimond er Robertet, sous Louis XII et Frangois I . Depuis septembre
1547, quatre
d'entre
eux
sont
choisis pour etre conseillers
du
charges
dans
des
depeches
d'Etat,
roi
officiellement et
secretaires
autres
"departe-
ments". En 1558? le roi leur donne le titre de "Secretaire d'Etat". lis siegent a tour de role un mois au Conseil du roi pour prendre note des decisions et expedier les lettres en
consequence.
lis
sont
surtout
des creatures du roi pour 1'execution de ses ordres. Parfois, ils entrent au Conseil comme ministres. Les monarques durent recourir de tout temps a toutes sortes de commissaires, nommes et revocables ä
leur
Parmi
gre, ceux-ci
pour
executer
distinguons
toutes les
sortes
de
gouverneurs
de
vinces, representants la personne du roi et sa volonte. Mais le roi dut choisir
täches. pro-
imposant
pour cette com-
mission des princes du sang, des princes,
des
dues.
Ces grands nobles se creaient trop facilement des fideles et des clients dans leurs gouvernements
et
en
profitaient pour se revolter. Louis XIV finit par leur imposer de ne plus aller dans leur province ordre expres du roi.
que sur
Mousnier, Centralisation et decentralisation
12
Le
gouverneur
etait
d'ailleurs
surtout
un
militaire, un general d'armee. Aupres de lui, pendant les guerres de religion, surtout au XVII e siecle, pendant la guerre de Trente Ans, le roi plaga des commissaires
robins,
experts
en
lois,
les
d'armee, les intendants de province. plaga,
intendants
D'abord, le roi
dans le Conseil du gouverneur, des robins dont
un, en particulier, etait un homme du roi, pour conseiller
le
gouverneur
dans
le
sens
des
interets
royaux. Ce robin, fidele du roi, joue dejä le role ulterieur de l'intendant. Puis, le roi passa aux intendants proprement dit, qui conserverent
le pouvoir de
sieger dans le Conseil du gouverneur ou dans celui du general d'armee. L'intendant d'armee s'occupait du ravitaillement, taire
et
des munitions,
participait
aux
de
la
conseils
discipline de
mili-
guerre.
L'in-
tendant de province etait tantot de justice, tantot de finance. Peu ä peu, surtout depuis
1035>
et
l'entree
officielle de la France dans la guerre de Trente Ans, il devint intendant de justice, police et finance et concentra ainsi dans sa personne des pouvoirs de justice et d'administration. les
intendants
parmi
Le roi prit
les Conseillers
habituellement d'Etat
et
les
Maitres des Requetes de 1'Hotel. Etant. magistrats par leurs offices, les intendants pouvaient ainsi presider et diriger les officiers. Iis etaient de trop petits personnages pour etre
"le roi present dans
les
pro-
vinces", malgre Ernest Lavisse. C'etait le gouverneur qui jouait ce role. L'intendant, en principe, est un agent du Conseil et un auxiliaire du gouverneur, souvent envoye a la demande de celui-ci. II y eüt parfois des heurts de personnes entre gouverneur et intendsnt. En principe, l'intendant
n'est
la que pour
surveiller les officiers et les stimuler. Si les offi-
Mousnier, Centralisation et decentralisation
ciers au
ne f o n t
Conseil,
d'arret
pas
leur
demander
du C o n s e i l
mentaire.
apres
L'intendant
ne d o i t
Louis
et
meme
Louis XIV chercha tisfaction
aux
a diminuer
le
1'execution
tout
au le
d'exercer les
qui e n v o y a i e n t
du R o i .
substitues aux
guerres
sa
des
la
des
telle XVIIIe
ou
armee de
les
la
Ligue
jusqu'en ä
categorie une
de qui
intendants
telle
la
au b e s o i n
d'Espagne,
les
siecle,
officiers,
paix
confiant
deux
sorte
fonctions
peu
interdisant
for-
de
passer des
lorsque de l a les
par
aux
et
il
d'officiers.
de aux de
huis-
la
perde
Hollande,
surtout et
fallut
des
"ordinaires";
et
de
d'Augsbourg
d'equilibre
outre
intermediaire
suivit, 1714,
re-
Generaux
guerre
remplir
pas
intendants
repartition 11
ordon-
dignite
de p a s s e r et
outre villes,
ses
ou n ' e t a i e n t
la
de
officiers.
Tresoriers pour
sa-
Fronde, pour
asseeurs-collecteurs,
Au c o u r s
guerres
Succession employer
tailles,
la
dans
de 1642 a 1648,
aux aux
ad h o c .
dans
cours
Elus,
Hollande.
departis
ä Celles
s'adressaient,
nom
tourner
obligerent
commission
impe-
son
laissant
leur
officiers,
aux s e r g e n t s ,
fusiliers
les
service
ä donner
faisant
f o n c t i o n s des
Dejä,
furent
puis
en
leur
formes r e s p e c t u e u s e s
France, ception
1661
promener l ' i n t e n d a n t
selon l e s
et
surtout les
ceux a u x q u e l s e l l e s
siers
les
des
nances d e p a s s a i e n t
scrupules
en
en
en
pendant
en
supple-
le
de
"commissaires
du r o i " ,
forme
rappele
guerre
depuis
d'une,
et
aux p r o t e s t a t i o n s
digees
des
lieu
fut
exprimees
endroit,
Mais
compte
sous
Colbert
la
d'ailleurs
royaume,
rendre
faire
ceci par
pendant
nombre
au
doit
envoyes
jamais
Et
et
doleances
meme
mellement
XIV
des o r d r e s
generalites temps
place.
par
1661
il
ordres,
ou sous forme de commission
des o f f i c i e r s a l e u r rativement
devoir,
des
13
de
au la
souvent
fonctions
de
Au
du
cours
s'etablit. aux
Aux
intendants,
14
les
Mousnier, Centralisation et decentralisation
actions
eurent-ils
"extraordinaires". exclusivement
veaux, surtout
la
Ainsi
charge
les des
intendants impots
ceux de quotite: capitation,
vingtieme; celle des travaux publics;
nou-
dixieme,
celle du deve-
loppement des industries nouvelles, etc. Mais,
depuis
leur
greve
d 1 Aoüt
1648,
qui
contribua a declencher la Fronde, les maitres des requetes obtinrent un quasi monopole des intendances. Le monarque fut contraint. de recruter ses intendants parmi un nombre restreint de maitres des requetes, 80 environ,
sortis
toujours
milies
environ.
Les
des
memes
intendants
peu, surtout dans la
seconde
families,
prirent
moitie
200
ainsi
du
fa-
peu
a
dix-huitieme
siecle, des caracteres d'officiers, et des caracteres de corps. Aux approches de la Revolution, avant 1'essai des assemblees provinciales,
ils
meme
affectaient
de plus en plus des allures de protecteurs des populations et de representants
des
interets
locaux,
moins autant que des caracteres d'executants
au
des vo-
lontes royales. Autour
du Conseil
du Roi,
des
Secretaires
d'Etat, du Controleur general des Finances, des intendants,
se
developpaient
prirent peu a peu des les
agents
les
plus
des
bureaux
caracteres sfirs
d' un
de
de
commis,
qui
fonctionnaires,
gouvernement
parce
qu'ils sont tenus en principe ä l'obeissance sans limite. Le terme
"bureaucratie"
apparait
vers
1780. Un
pas decisif fut franchi par Colbert, Secretaire d'Etat a la Marine. II y institua une hierarchie a quatre degree "d 1 ecrivains". Un employe y etait nomine par brevet du Secretaire d'Etat. Le brevet est un acte ayant une
valeur
durable
sinon
perpetuelle.
"L'ecrivain"
pouvait parcourir la carriere des quatre degres, alors qu'un officier n'a pas de carriere dans
son
office.
Mousnier, Centralisation et decentralisation
Ires tot,
la
coutume
vain" sortait
s'etablit
que
lorsqu'un
de fonctions apres un
long
15
"ecri-
service,
le
roi lui donnait .une pension de retraite, reversible en cas de deces sur sa fenune et ses enfants. Ce type
de
commis ä brevet se repandit ailleurs.
le
fonctionnaire.
II avait
les
II prefigura
caracteres
essentiels
du
vrai fonctionnaire: il devait l'obeissance absolue, le secret sur les actes administratifs, faire abstraction de
ses opinions,
de
ses
sentiments
et
de ses
prefe-
rences personnels, garder la reserve et la dignite en dehors de ses fonctions. Ce type d'agent
du
roi
aug-
menta considerablement l'efficacite du gouvernement. et de 1 1 administration. Toutefois
remarquons
que
ces
ancetres
fonctionnaires sont encore relativement peu Aux
Affaires
Etrangeres,
il
y
eut
8
a
9
bureaux.
Chacun comprenait un premier commis et plusieurs mis.
En
juillet
1768,
pour
la
des
nombreux.
correspondence
com-
diplo-
matique, il y avait cinq commis au bureau de 1'abbe de La Ville, huit au bureau de Gerard, deux au bureau de Bournonville.
Les finances, plus developpees,
tuaient en 1788, 38 bureaux, qui employaient
consti265 com-
mis, la plupart non a Versailles, mais a Paris. Les
bureaux
des
intendances
restent
mo-
1
destes. Tourny, a Bordeaux, en 1747» pour 1 intendance de Guyenne, dispose d'un premier secretaire, de 10 secretaires, de 5 copistes qui enregistrent les affaires a
l'arrivee
et
au
depart,
tiennent
les
repertoires,
ecrivent les ordonnances sous la dictee ou sur la minute
d'un
secretaire.
C 1 est
une
des
intendances
les
mieux pourvues. Mais les f e m e s generales en 1774, selon Lavoisier,
employaient
29
500
commis
permanents,
5
a
6000 "buralistes" contractuels, et une armee de gardes
16
Mousnier, Centralisation et dicentralisation
qui serait montee en 1784 ä 23 000 hommes. Ces commis, hierarchises,
ayant
une
possibility
de
carriere,
et
des caracteres de fonctionnaires, se recrutaient dans differents ordres sociaux. C'etaient
des fils et ne-
veux de fermiers generaux, de financiers, d'hommes de loi, d'officiers royaux, voire de gentilshommes
pau-
vres, d'ailleurs clients ou fideles des courtisans, du personnel gouvernemental ou de haute administration. Parmi les instruments de la
centralisation,
les capitales jouent un role eminent. Une capitale est d'abord une "ville close", entouree, tout au moins a l'origine, de fortifications munies d'artillerie, avec milice
citadine,
citadelle
et
garnison
royale,
qui
constitue un lieu de securite et de refuge. Le roi y rassemble des juridictions et administrations, qui ont un ressort plus ou moins etendu et font de la capitale le "centre nerveux" du royaume ou d'une province. La capitale est siege d'archeveche
ou d'eveche
et
ren-
ferme des organes centraux d'ordres religieux qui ont un role de commandement et d 1 organisation spirituels. La
capitale
est
un
marche
qui
attire
des
citadins
d'autres villes et bourgs et des ruraux. Elle est un centre de finance et de negoce, qui domine 1'ensemble du systeme de production
regional
et,
dans
certains
1
cas, national. La capitale est un centre d industries nouvelles et d 1 industries savantes ou d 1 industries de luxe, qu'elle repand dans
les villes
secondaires
ou
dans les campagnes. Sa specialite economique est 1'organisation
de
la production
et
de
la
consommation;
eile y joue un role d'initiative et de direction. capitale est aussi un exemple de hierarchie
La
sociale,
de style de vie d'une elite, un exemple et un moteur des
attitudes
devant
la vie,
mariage,
natalite.
La
restriction des naissances commence par les capitales
17
Mousnier, Centralisation et decentralisation
et se repand ensuite dans les villes secondaires, les bourgs, les villages. La capitale doit donner 1' exemple du devouement au corps politique et a son chef, le roi. Elle est done
1 1 exemple
de
la
fidelite
au
bon
roi. Mais si le roi peut passer pour tyran, pour compromettre le bien commun et le salut public en gouvernant par caprice, dans l'interet de favoris, alors la capitale peut estimer devoir
donner
1'exemple
de la
resistance au tyran, comme Paris le fit en 1588 et en 1648.
Les monarques se provinciales.
C'etaient
des
sont
servi
villes,
de
capitales
developpees
et
utilisees par des comtes et des dues, dans des provinces reconstitutes par eux, a partir du morcellement feodal, qui avaient pris des caracteres d'Etat, et ou 1 1 Etat avait fait naitre une nation, Bourgogne,
Bre-
tagne, Provence, etc. Lorsque le Roi les rattacha domaine royal dans le royaume ou les fit entrer 1'ensemble
des
territoires
soumis
a
sa
au
dans
domination
(Dauphine, Provence, etc.), il conserva a ces nations des privileges, et utilisa les organes de justice et 1 1 administration
deja
crees
par
leurs
dues
ou
par
leurs comtes, les complete (Parlements provinciaux) et se servit de leurs capitales: Toulouse en
Languedoc,
Rouen-en Normandie, Rennes en Bretagne, Dijon en Bourgogne, Bordeaux en Guyenne, Aix en Provence, etc. Ces capitales provinciales
servirent d'abord de relais a
la puissance royale. Mais, lorsque
les guerres obli-
gerent le roi a augmenter la centralisation, elles devinrent frequemment des centres de resistance au gouvernement central. Aussi le roi utilisa surtout Paris, capitale du royaume au moins depuis Philippe-Auguste,
dont il
voulut faire 1'exemple et le moteur du royaume, et que
18
Mousnier, Centralisation et decentralisation
Louis
XIV
voulait
commune"
des
considerer
Fran^ais.
Seignelay:
"Paris
sejour
roys,
des
faire
Colbert
estant il
est
a tout
faires
du d e d a n s c o m m e n c e n t les
faires et
sont
aussi
la
se
jours
du
le
roy
sont
rencontrent dans
obliger cette
les
mon
Conseil
ou
il
ne
paraitre Η2 non..." . La fut
nation,
ne
poussiere
de
puis pour
si
et
par
la
I87O. la
battue.
Paris;
ä
La
d'ordres du
famille,
la
D'abord
par
qui
regrettaient
les
autres
ne
en
les pas
ce
a des uns
en
la
pouvoir
chose
Louis 1'Empire.
ou
XVI.
de c o r p s
de
des
moins et
de
par
un
leur
des
tour
adhaut
malgre
invasions
leur
la
prefets
a
de-
d'existence
toujours de
La
qu'une
survivre,
trois
condition
a
de
reorganisation
et
perte
et
et
centralisation
nobles
de
sous et
de
jour
parier
la
pas
doit
general
gouvernement
la
tou-
qui
aucun
1'institution
France
certain
naissent
et
centralisation,
France,
de
recula
que
difficultes
1'ordre
Revolution
revolutions
η1
est
c'est
presque
face
du
lors
quelque
la
autres
des
execution
sgait
Paris
que, il
sgavoir
de
finissent
on
porterent
permirent
les
af-
affaires
necessaire
du C o n s u l a t
interieures,
toutes
grandes
d1
en
de
Compagnies
ayant
structure
laissa
Bonaparte,
luttes
11
chefs
ministrative degre
n'y
af-
les
centralisation de
qui
bien
soit
achevee
disparition
par
a
ville,
mouque
que t o u t e s
de
le
les
executees,
leur
Compagnies
faire
Elle
et
le
toutes
les
d'autant
sont
dans
fils
grande
y
partout
fils, et
c'est-a-dire
autres
grandes
ville,
son
et
dans
mesmes
a
"patrie
donne
que
eile,
par
envoyees les
meme
volontes
qu'elles qui
que
par
par
la
du r o y a u m e
qu'elle
royaume;
toujours
ensuite et
du
declarations
commencent
royaume les
reste
edits,
ecrivait
capitale
certain
vement tous
le
la
comme
ete
com-
notables, influence, dominer
et
Mousnier, Centralisation et decentralisation
19
exploiter suffisamment les populations locales. En second lieu par socialistes 1
1 Etat
des socialistes anarchisants
marxistes,
η'est
et doit
etre
que
ceux-ci
imbus
1'instrument
affaibli
d'une
et par
de
1 idee
classe
systematiquement
paraitre avec
les classes elles-memes.
intellectuels
nostalgiques
des
1
que
dominante
avant
de
dis-
Enfin, par
du passe, desireux de
des res-
susciter des langues disparues ou ravalees au rang patois et de preserver
ou
de
ressusciter
coutumes et des paysages cheris. et
des
autres
mouvements
ont
abouti
nationaux,
riques. Depuis
Les
parfois
etayes
la
des
sation animes par
hostilite
uns
mythes
de
histo-
decentralicontre
la
capitale, Paris, ont ete menes ä diverses
reprises
et
accentues
partage
la
depuis
une
des
creation
1940, de grands efforts de
de
vieilles
efforts
ä
par
de
1958.
Une
croissante
loi
recente
France en vingt petites republiques autonomes, sous le nom
de
regions.
mouvements
qui
Ces
ont
efforts
lieu
s'inscrivent
dans
dans
1
toute
1 Europe
des
(on
en
comptait recemment vingt-huit) et qui mettent en cause 1'existence des Etats nationaux, 1
puis 1 e m i e t t e m e n t par
la
feodal
decentralisation
formes peu a peu
1
de
1 an
regionale.
mil.
L ' on
Ensuite,
de-
commence vient
la
1
revendication de l'autonomie. Puis celle de 1 independence. Mais deja, festent
les
ä 1 1 interieur
revendications
Celles des villes qui
de
reclament
des regions, pays
plus
se mani-
petits
ä leur tour
la
et
decen-
tralisation locale, avant l'autonomie, puis 1 1 independance. L 1 on peut se demander
si 1 1 Europe et
ne sont pas entrees dans
processus
qui
pourrait
ramener
a
un
1 1 emiettement,
de des
la
France
dislocation temps
feo-
1
daux, avec 1 oppression, par des potentate locaux, individuels
ou
collectifs, 7
protecteur est l'Etat .
des
peuples,
dont.
le
vrai
20
Mousnier, Centralisation et decentralisation
1 Voir entre autres, Roland Mousnier, La monarchie absolue en Europe du Ve siecle a nos jours (Presses Universitaires de France, 1982). 2 Colbert, "Instruction pour mon fils pour bien faire la commission de ma charge" ( 1671)· Pierre Clement, Histoire de la vie et de 1 1 administration de Colbert. Paris 1 8 4 6 , Piece justificative XII, p. 478479. 3 Roland Mousnier, Les institutions frangaises sous la monarchie absolue (1598-1789). 2 vol., Presses Universitaires de France, 1974-1980. Traduction en anglais: University of Chicago press I 9 8 O - I 9 8 4 . Y ajouter, Michel Antoine, Genese de 1 1 institution des Intendants. In: Journal des Savants, Juillet-Decembre 1982, p. 283-317.
Volker Press
Frankreich und Bayern von der Reformation bis zum Wiener Kongreß*
Frankreich und Bayern, la France et la Baviere, hat sich bis heute als Schlagwort erhalten; es steht für bayerische
Eigenmächtigkeit,
für
bayerischen
Hand-
lungsspielraum, aber auch für deutsche Kleinstaaterei, für französische Intervention im Reich. Naturgemäß unterlag diese Verbindung dem Verdikt des nationalstaatlichen
Denkens
- so hat
sich der
zweite
bayerische
König Ludwig I. unmißverständlich von der profranzösischen Politik des Ministers Montgelas distanziert, obgleich
gerade
sie
das
Königreich
Bayern
geschaffen
hatte. Nun haben viele andere deutsche Fürsten der frühen
Neuzeit
ebenfalls
die
französische
Karte ge-
spielt - kaum ein größerer Landesherr kommt hier nicht in Betracht. Kein anderes
Territorium
aber
wurde
so
betont und so demonstrativ der Partner Frankreichs im Reich wie Bayern. Aber die französische Koalitionspolitik der MUnchener Wittelsbacher Glanz
und
Elend
bereits Michael Frankreichpolitik
bayerischer Doeberl
hat
markierte
Stellung
im
erkannt, daß
in hohem Maße
Funktion
zugleich Reich
bayerische bayerischer
Österreichpolitik war. Von Rang und Herkunft vornehmer als die Habsburger, mußte das Haus Bayern ihnen doch den Vortritt lassen. Nach dem Aussterben der Luxemburger 1437 setzten sich die Habsburger vor den Wittelsbachern
durch
und sicherten sich auf drei Jahrhundert e di.e deutsche
Press, Frankreich und Bayern
22
Königswürde. Die Wittelsbacher, die mit. Ludwig IV. dem "Bayern" und Ruprecht von der
Pfalz
schon
zwei
Herr-
scher des Reiches gestellt hatten, behielten das Nachsehen. Aber bereits im 15· Jahrhundert
hatte
nastisches
Bärtigen
Ausgreifen
Bayern-Tngolstadt seine
in
Schwester
Ludwig
den
französische
Isabeau
de
ihr
von
Kombinationen
Baviere
sogar
dyund
auf
den
Königsthron geführt. Das schien Episode langen Regierungszeit der
BurgunderStaat
zu bleiben,
zumal
in
der
Friedrichs TIT. (1440-1492) sich
zwischen
das
Reich
und
Frankreich
geschoben hatte - er hatte auch den wi t t.elsbachischen Besitz in Holland aufgesogen. Indessen hatte sich auch die
Wittelsbacher
Griff
nach
den
1489;
dafür
Position
konsolidiert.
habsburgisehen
konnten
1505
die
Der
kühne
Vorlanden mißlang
zwar
Münchener
sich
den Großteil des Erbes der Landshuter
Herzöge
Fürsten
sichern
gegen die erbitterte Konkurrenz der Heidelberger telsbacher Absturz
- die
des
Niederlage
Pfälzer
besiegelte
Kurfürstentums
nicht
aus
nur
einer
ähnlichen Stellung, sondern führte zu einer
Witden
königs-
Diskrepanz
zwischen dem Vorrang der Heidelberger und dem größeren territorialen Gewicht der Münchener Wίttelsbacher. Den Profit
aus
den
innerwittelsbachischen
Zwistigkeiten
hatte das Haus Österreich gezogen. Der bachischen Gunsten aber
gleiche
verstand,
mit. seinem
Vorstoß
große Auseinandersetzung ein, die bis schichte
der
Auseinandersetzungen
umzumünzen
auch
Kaiser,
die
innerwittels-
geschickt
Maximilian nach
zu Π.,
Italien
seinen leitete
1495
zwischen Ilabsburg und
Valois
1756 ein Grundthema der europäischen
bleiben
sollte.
dramatisch zu, als die
Die
Situation
Umklammerung
spitzte
durch
die
die Gesich
Länder
Kaiser Karls V. die Existenzfrage für die französische
Press, Frankreich und Bayern
Monarchie
stellte,
der
französischen
der
Casa
konkrete
de
eine Politik
Austria
Belastung,
den
die
sollte.
für
Frankreich
in einer
Folge
gebrochen wurde,
Schlachtfeldern
zum
werden
blieb die
Auseinandersetzungen auf
Bedrohung,
Alptraum
Die
Einheit
eine
ganz
kriegerischer
die
Flanderns,
23
vornehmlich
der
Rheinebene,
Oberitaliens ausgefochten wurden. Bayern, gerade erst, wiedervereinigt, stand in diesen
Auseinandersetzungen
reich war fern und die großen
Weichenstellungen
führten
aber
Bayern
zunächst
eigene
in
zu
Beginn
eine
abseits.
Position
Frank-
deutlich.
der
1520er
Schlüsselrolle
alte
Kirche,
bald
konsequent
getroffen,
Jahre
für
Reich; die Entscheidung der Münchener Herzöge
zwischen
ständischer
das
für die
ermöglichte
München eine eigentümliche Stellung, die Freiheit Entscheidung
Die
Solidarität
die kaiserlichen Ansprüche und katholischer
der
gegen
Solidari-
tät gegen die Kräfte der Reformation,
zumeist mit den
Habsburgern.
und
nicht
Die Herzöge
zuletzt
des
Wilhelm
ersteren
TV.
Ludwig
entscheidender
und
tender Rat, Dr. Leonhard von Eck, haben diese ausgenützt, vor
allem zur Eindämmung der
X.,
bedeu-
Position
Habsburger,
was immer wieder ein Leitmotiv der bayerischen Politik europäische
war. Bayern suchte dabei Anlehnung an die Opposition
gegen
Habsburg,
vornehmlich
an
den
Papst,
und richtete auch den Blick auf Frankreich. Die antihabsburgische
Politik Ecks knüpfte
Schmalkaldischen
Bund
Bündnis
Oktober
vom
24.
an
und 1531
nicht
führte mit
nur
zum
den
mit
dem
Saalfelder
evangelischen
Wortführern. Am 26. Mai 1532 schlossen die Verbündeten in
Scheyern
auch
eine Allianz ab.
mit- König Aber
Franz
I.
die Auflösung
von
des
Frankreich
Schwäbischen
Bundes und die Rückkehr von Bayerns altem Gegner
Her-
zog Ulrich nach Württemberg 1534 - statt des Münchener
24
Press, Frankreich und Bayern
Favoriten der
Herzog
bayerischen
Christoph, Herzöge
-
Sohn
Ulrichs
setzten
alle
und
Neffen
BUndnispläne
matt. 1534 bereits suchte Bayern in Linz den Ausgleich mit den Habsburgern. Das die
Scheyerner
Grundelemente
Bündnis blieb
jeglicher
somit
Episode;
französischer
Bündnis-
politik Bayerns zeichneten sich jedoch bereits ab. Der Versuch, sich gegen den mächtigen abzustützen,
kontrastierte
dieser Nachbarschaft
Nachbarn
zugleich mit
erwachsenen
Österreich
dein aus
sehr geringen
eben
Manöv-
rierraum; jede bayerische Politik gegen Habsburg hatte somit ein hohes Risiko. Die Mobilisierung konnte
dieses
mildern.
So
Risiko schlug
1530er Jahren
nur die
zum
Frankreichs
geringeren
bayerische
zunächst andere Wege
Teil
ab-
in
den
sehr
er-
Politik
ein,
die
folgreich waren - die Ausnützung der Möglichkeiten der Reichsverfassung, die sich gerade in jenen Jahren nehmend verfestigte. nicht nötig; die
zu-
Ein Rekurs auf Frankreich war so
eigene
Stellung
Bayerns
genügte,
um
ihm Gewicht zu verleihen. Es
entwickelte
sich
jenes
reichspolitische
Spiel, in dem Bayern unter der Regie Ecks erfolgreiche Opposition gegen die Ansprüche Karls V. trieb und sich immer
mehr
dem
stärker
reichspolitisch
verankerten
Bruder Karls, Ferdinand I., näherte. Dem nicht zuletzt durch
die
tern
Karls
bayerische V.
folgte
Politik der
mit
von 1555, der das konfessionelle rechtlich treten
zu
neutralisieren
deutscher
und
verursachten
Augsburger
Konfliktfeld
suchte.
spanischer
Schei-
Religionsfrieden Das
reichs-
Auseinander-
Habsburger
erleich-
terte die Stabilisierung der Lage im Reich; das System des
Augsburger
Religionsfriedens
wurde
von
seinen
Hauptprotagonisten, den Kaisern Ferdinand I. und Maximilian
II.,
Herzog Albrecht
V.
von
Bayern,
Kurfürst
25
Press, Frankreich und Bayern
August, von Sachsen berg,
und
entschlossen
Hereinschlagen
Herzog
ausländischer
sequent zu verhindern, konnte
im
serliche in ihr Frankreich gefragt;
Schlepptau
war
das
in
einer
System
das
und gerade aus den
for-
Die
bayerische
Religionsfriedens
zeitweilig nehmen.
solchen
des
Württem-
bemüht,
kon-
des
und
von
war
Niederlanden.
System
wichtige Rolle spielen
Man
Konflikte ins Reich
selbst
mal zum Reich gehörenden Polit.ik
Christoph
verteidigt.
sogar
Eine
eine
die
kai-
Anlehnung
Konstellation
Religionsfriedens
an
nicht
trug
sich
gleichsam selbst und führte Bayern empor. Auf der anderen Seite geriet dein Frieden Periode
von
Cateau
konfessionell
Pfälzer Wittcisbacher niert sen.
- zugunsten Wie
dens,
die
stand
Cambresis
Frankreich
1559
bestimmter
in
ihrer hugenottischen Haupt.träger
dieser
nach lange
Bürgerkriege.
haben darin wiederholt
anderen
München
eine
interve-
Glaubensgenos-
des
Politik
Die
Religionsfrie-
höchst
gegenüber - sie war Ausdruck des Pfälzer
reserviert,
Revisionismus
gegen die Ergebnisse von 1555 und drohte überdies, die Kriegsflammen
aus
Frankreich
ins
Reich
lassen. Als Heinrich IV. von Navarra
schlagen
zu
1589 nach dem Ge-
winn der Königskrone den französischen Bürgerkrieg zum Abschluß zu bringen trachtete, setzte er auch als konvertierter auf
seinen
Katholik alten
keineswegs
auf
burgischen
Züge
sie
trafen
reformierten
das
sich
in Verfolgung seiner Ziele weiter katholische
dieser mit
Politik
dem
Partner,
die
Kurpfalz,
Bayern.
Die
antihabs-
waren
unübersehbar
Unternehinensgeist.
des
kur-
pfälzischen Statthaltes in Amberg, Fürst Christian von Anhalt, der eine Art Konfident des neuen Königs
im Reich
Politik Kurpfalz
Bayern führte,
war. in so
Da
einen daß
seine
dezidiert
zunehmenden die
französischen katholische
Gegensatz
traditionellen
zur
dynasti-
26
Press, Frankreich und Bayern
sehen
Rivalitäten
konfessionell
verschärft
wurden,
standen Bayern und Frankreich in unterschiedlichen Lagern.
Aber
die
kriegerischen
l6l0
von
Heinrich
Unternehmungen
Niederrhein wurden durch
um
dessen
IV.
die
eingeleiteten Herzogtümer
Ermordung
l6l0 frühzeitig abgebrochen. Die bereits nen
Kämpfe
am
Nieder-
und
am
am
14.
am Mai
ausgebroche-
Oberrhein
konnten
bei-
gelegt werden. Die wig XIII. lich
Vormundschaft
setzte
gelang
Uber
Frankreich
eine
den
erneut
kleinen
matt;
nur
Herrschaftsstabilisierung.
Lud-
allmähDie
Re-
gierung des Kardinals Richelieu
(1024-1642) führte zu
einer
nicht
Politik
kenlos
mit
Frankreichs,
den
die
protestantischen
mehr
so
Kräften
im
koalieren wollte wie unter Heinrich
IV.
trachtete
geradezu
Partner, starke
man
Bayern
katholisch,
habsburgische
nun
als
aber
einen
auch
Machtentfaltung
wurde am Anfang des Dreißigjährigen als
Frankreich
die bayerische
In
geeignet, zu
Reich
Paris
be-
idealen
eine
allzu-
bremsen.
Krieges
Kurwürde
beden-
Das
deutlich,
von
1623
be-
grüßte, weil es jeden Machtzuwachs eines potentiellen Gegengewichts
gegen
Österreich
für
seinen
Vorteil
hielt. Es sollte aber bis in die 1030er Jahre daß
Frankreich
in den
Dreißigjährigen
Krieg
dauern, eingriff
und sich die Frage des Verhältnisses zu dem erstarkten Bayern
erneut
Frankreich
stellte.
nach wie
vor
Die
1620er
durch
Jahre
innere
waren
Krisen
für
gekenn-
zeichnet, die den Schritt nach außen hinderten. Es
spricht
indessen
für
Systems des Religionsfriedens, Zerfall die
auswärtige
Situation
1010
Stabilität
daß es noch
Interventionen bereits
die
abwies,
außerordentlich
in auch
des
seinem wenn
kritisch
schien. Der Dreißigjährige Krieg aber brachte geradezu galoppierend
die
lange
aufgeschobene
Internationali-
Press, Frankreich und Bayern
sierung
der
deutschen
allem in der
Einheit
Politik, der
die
Casa
ihre
27
Wurzeln
de Austria
und
in
vor der
ausgreifenden Bündnispolitik der reformierten Kurpfalz hatte. Phase
Frankreich des
freilich
Krieges,
dann
trat
aber
erst
mit
in
der
letzten
beträchtlichem
Ge-
wicht, auf die politische Bühne. Dieter Albrecht hat deutlich gemacht, daß die Politik Maximilians I. von Bayern einem festen muster
folgte,
auch
wenn
sie
nicht
ohne
Grundleichte
Schwankungen war, etwa im Zusammenhang mit dein Besitz der
rechtsrheinischen
Ämter
der
Pfalz.
Bayern
hatte
1020/22 entscheidenden Anteil am Sieg der katholischen Sache und an der katastrophalen Niederlage der Pfälzer gehabt.
und ihrer Verbündeten tion
zum
entscheidenden
Es nutzte
Schlag
renden Heidelberger Vettern.
diese
gegen
die
dem
Erwerb
Mit
Situa-
rivalisievon
Kur-
würde und Oberpfalz konnte Maximilian ein glanzvolles Jahrhundert
bayerischer
Reichspolitik
krönen.
l623 war er auf einen Frieden aus, der der
Seit
Besitzkon-
solidierung diente. Die bayerischen Gewinne, erwachsen aus
einer
nahezu
völligen
chisch-kaiserlichen Kriegsphase, System
des
aber
Abhängigkeit
Politik hatten
Reiches
von
Bayern
nicht
nur
erheblich
der
österrei-
in der das
ersten
politische
durcheinandergebracht,
sondern eine Friedenslösung nahezu unmöglich
gemacht.
Dies
Rückhalt
hing
wiederum
mit
dem
internationalen
des exilierten Pfälzer Kurfürsten zusammen; rung
zugunsten
bayerische den
Zielsetzungen.
Verbündeten
immer
die
des Pfälzers des
hatte
Ein
Pfälzers
bayerischen
somit
Kriegfüh-
stets
anti-
Friedensausgleich tangierte
Positionen;
mit
andererseits
daraus
resultierte
etwa der scharfe bayerisch-spanische Gegensatz, da für Madrid
die
Pfälzer
Pläne errichtet
Hürde,
die
Bayern
auch
für
seine
hatte, unerträglich war. So wurde
für
28
Press, Frankreich und Bayern
Maximilian
das
weiser· zum Hindernis
Ziel der Machtkonsolidierung
Frieden,
aber
zugleich
- ein Widerspruch,
den
dessen
Oberpfalz winn
der
hatte
erreicht.
serlichen
Übertragung Bayern
der
einen
schlimmstes
Politik traten
immer
Kurwürde Gegensätze
schärfer
des
trachtete.
beträchtlichen
Die grundlegenden
Weg-
die Staatskunst
bayerischen Kurfürsten vergebens aufzulösen Mit
ein
und
der
Bodengezur
hervor
jüngst.e Kurfürst, des Reiches wirkte vom ersten
kai- der
Augen-
blick an besonders eifrig für die Behauptung der kurfürstlichen Rechte gegenüber dein Kaiser. reichisch-spanischen Casa de Austria
Allianz,
sali er eine
Γη der öster-
in der· Solidarität verhängnisvolle
der
Kombina-
tion, die seine Konsolidierungspläne auf das ernsteste gefährdete; er inußte stets fürchten, daß seine Gewinne aus dem Krieg fremden Interessen geopfert wurden, aber auch, daß der Reichsverband in internationale
Konflik-
te gezogen wurde. Hinzu kam das Rrstarken der kaiserlichen sition, die Ausbildung eines konkurrierenden,
Po-
schließ-
lich überlegenen kaiserlichen Heeres unter der Führung Wallenst.eins.
Maximilian
hatte
die
Gewinne
eingefor-
dert, aber er mußte erkennen, daß er durch die Unterstützung
der
kaiserlichen
Politik
selbst
beigetragen
hatte, die eigene Position im Reich erheblich zu relativieren. Nicht, Maximilian, sondern der Kaiser war es in erster
Linie,
Norddeutschland edikt
von
der
vom
katholischen
profitierte;
1629, die
extreme
auch
Siegeszug
das
nach
Restitutions-
Wiederherstellung
katho-
lischer Rechte durch kaiserliche Rechtssetzung, war an erster Stelle dem Kaiser zugute gekommen. wurde es für alte
die bayerische
Schiedsrichterrolle
Reichsständen
Politik
Schließlich
schwieriger,
zwischen
zu spielen, auch wenn man
Kaiser dies
1630
die und in
Press, Frankreich und Bayern
29
Regensburg noch einmal erfolgreich gegen Ferdinand II. praktizierte. Aber für die
bayerische
Politik
es
doch
recht eng geworden, als der Kaiser den Höhepunkt
sei-
ner Macht betrat. Die Jahre zwischen dem
war
Regensburger
Kurfürstentag von 1630 und der schwedischen nach Siiddeutschland der bayerischen
im Frühjahr
Stellung
-
Offensive
1632 waren die Aporie
damals
begannen
sich
die
Blicke Münchens erneüt nach Paris zu richten. Dies lag auch in der
Logik
der
Internationalisierung,
deutsche Politik erfahren hatte. Frankreichs
die
die
Stellung
im europäischen Spiel hatte eine gewisse Parallele jener
Bayerns
im Reich;
ant.ihabsburgischer
als katholischer,
Macht
boten
sich
zu
gleichwohl
Frankreich
viel-
fältige Koalitionsinöglichkeiten. Für Maximilian I. von Bayern war das wiedererstarkende Frankreich
Richelieus
allerdings auch eine gefährliche Größe, da es aus antispanischer
und antikaiserlicher
Haltung zum
Protek-
tor des Pfalzgrafen werden konnte. Maximilian erkannte aber eine starke Interessenidentität an der Einschränkung der
kaiserlichen
engung auf nien.
Es
das Reich, galt,
Frankreich Bayerns
Machtentfaltung,
zu
einen
an der
gereichen
konnte.
da
ihrer
Ein-
von
Spa-
Kaiser
und
Distanzierung
Zusammenstoß
vermeiden,
an
dieser
von nur
Insgesamt
zum
Schaden
erhoffte
Maxi-
milian, bei Frankreich Verständnis für die bayerischen Gewinne zu erzielen. München
zum
Hatte
Gegengewicht
Paris gegen
doch Wien
ein
Interesse,
aufzubauen,
Vorgang, der der bayerischen Politik wieder
ein
ihren al-
ten Ilandlungsspielraum zurückgeben konnte. Allzu dem Zwang der
einseil.ig hatte Kriegsereignisse
München seine
nämlich
andere
tion aufgegeben, nämlich die Reichsstände,
unter
alte
Op-
auch unter
E.inschluß der Evangelischen, gegen den Kaiser zu mobi-
30
Press, Frankreich und Bayern
lisieren.
Darauf
hoffte
der
Kardinal
wollte die Rückkehr Bayerns zur alten heit, ja, er wollte Bayern bewußt
Richelieu;
er
Handlungsfrei-
zu einer
antihabs-
burgischen Politik anstiften, zuweilen sogar zu einer bayerischen Kaiserkandidatur. Bereits 1622 waren französische Emissäre, häufig Kapuziner, nach MUnchen gekommen. Aber Maximilian war zur völligen Distanzierung vom Kaiser zunächst nicht bereit; erst seit 1629 - im Jahre des Restitutionsedikts - wurden die Verhandlungen forciert und am Rande des Regensburger Kurfürstentages von 1630 in ein entscheidendes Stadium geführt. Der Vertrag von Fontainebleau .vom 30. Mai 1631 war ein Nichtangriffspakt,
der
die
Vermischung
der
franzö-
sisch-spanischen Auseinandersetzungen mit den Kriegen im Reich verhindern sollte - immerhin erreichte Maximilian dabei die Garantie Frankreichs für seine Erwerbungen zu Lasten der Kurpfalz. Die militärischen Erfolge Schwedens seit dem Herbst
I63O
aber schwächten entscheidend die bayeri-
sche Position. Nun handelte Richelieu unter dem Primat der europäischen vor der deutschen
Politik
- er half
Bayern nicht vor der schwedischen Gefahr. Zwar war im Bärwalder
Subsidienvertrag
Frankreichs
mit
Schweden
vom 23. Januar 1631 eine schwedisch-bayerische Neutralitätspolitik
angesteuert
worden,
französischer
Vermittlung
schwedisch-bayerische
tralitätsverhandlungen,
aber
der
zwar
gab
es
kriegerische
unter NeuSchwe-
denkönig Gustav Adolf suchte Bayern seine Bedingungen, vor allem die Rückgabe der Kurpfalz, aufzuzwingen. Er war sich dabei Frankreichs sicher, das Maximilian
in
der katastrophalen Niederlage Bayerns im Frühjahr 1632 sozusagen den Schweden überließ; somit hatte Maximilian nicht nur eine
militärische,
sondern
schwere politische Schlappe erlitten.
auch
eine
Press, Frankreich und Bayern
Die Katastrophe der Schweden
bei
31
Nördlingen
im September 1034 und der Zusammenbruch ihrer süddeutschen Stellung ließen den Kaiser mit dem Prager Frieden
von
163 5 noch
einmal
zu einer
Führungsrolle
im
Reich aufsteigen, die die Stellung Bayerns weiter relativierte
und
es
auf
eine
Parallelposition
lutherischen Kursachsen zurückfallen ließ. Der Friede
richtete
seine
Spitze
gegen
die
zum
Prager
auswärtigen
Mächte, also vornehmlich gegen Schweden. Er provozierte damit endgültig den Kriegseintritt Frankreichs zur Stabilisierung der wankenden
Schweden und zur Siche-
rung der eigenen Position, die es an Mosel und Oberrhein
mittlerweile
Reichspolitik
im
Windschatten
der
schwedischen
errungen hatte. Die Träume der bayeri-
schen Neutralitätspolitik waren endgültig gescheitert; Frankreich erwies sich in der Folge als Kriegsgegner
Bayerns,
das
seinerseits
gefährlicher
immer
stärker
zum Frieden neigte. Maximilian war in vielem durchaus kompromißbereit, vornehmlich freilich auf Kosten anderer; er suchte jedoch entschlossen seine Hauptgewinne, die Kurwürde und die Oberpfalz, festzuhalten. Für
die
Münchener
Politik
wurde
die
Erin-
nerung an die teilweise Interessenidentität mit Frankreich mit den seit bungen
wieder
1640 einsetzenden
aktuell
- sie
nahm
Friedensbestre-
FUhlung mit
Paris
auf, welche bereits I64O durch päpstliche Vermittlung in der Konferenz von Einsiedeln zustande kam. Seit der Pariser
Mission
Vervaux,
seines
1045 erreichte
Beichtvaters, Maximilian
zelne diplomatische Abstimmungen
des
Jesuiten
tatsächlich
zwischen
ein-
Bayern
und
Frankreich, die die kaiserlichen Gesandten in Münster und
Osnabrück
zunehmend
unter
Druck
setzten.
Die
nachlassende eigene Stellung wurde durch die französische
Rückendeckung
für
Bayern
substituiert
-
ein
32
Press, Frankreich und Bayern
bemerkenswerter Erfolg der bayerischen, aber auch der französischen tärische
Diplomatie. Freilich mißlang
Konsequenzen
Ferdinand
III.
zu
weiterhin
ziehen; nicht
als
von
es,
sich
Spanien
miliKaiser
trennen
ließ, Schloß Bayern am 14· März
1647 den Ulmer Waf-
fenstillstand
Schweden
mit
Frankreich,
und
Hes-
sen-Kassel ab. Maximilian suchte das Schutzbündnis von 1631 wieder
zum Leben zu erwecken. Aber
Bayerns
für
war
den
neuen
Leiter
der
das
Gewicht
französischen
Politik, den Kardinal Mazarin, zu gering, als daß er die
schwedische
leisesten
Koalition
gefährdete.
Waffenstillstands bilität
der
von
seinetwegen
Das
auch
Scheitern
1047
des
demonstrierte
traditionellen
nur
im
Ulmer
die
Immo-
Kriegskoalitionen,
aber
auch die weiter zurückgehende, wenn auch sich behauptete,
Eigenständigkeit
Krieg. Das galt vor
der
allem
bayerischen gegenüber
Position
dem
im
gleichfalls
geschwächten Kaiser, der nach dem gescheiterten Ulmer Waffenstillstand
sogar
einer
erhöhten
Autonomie
der
bayerischen Kriegführung Zugeständnisse machen mußte. Die
Internationalisierung
des
Krieges
hatte
partielle Interessenidentität Bayerns und
die
Frankreichs
bestätigt, zugleich aber die überlegene Bedeutung der internationalen System
des
Mächtekonstellation Reiches
gegenüber
verdeutlicht.
Die
dem
franzö-
sisch-bayerischen Kontakte waren entsprechend komplex, von Mißtrauen und taktischen Manövern begleitet: man kam zwar zu einer Abstützung
der
sehr
wichtigen
wechselseitigen
und
Interessen,
schenkte einander nichts. Es wurde die Machtstellung
Bayerns
ihren
wirkungsvollen
jedoch
Zenit
aber
man
klar,
daß
überschritten
hatte; das Einrücken der fremden Mächte in das System des Reiches relativierte das Gewicht der Reichsstände - München bedurfte verstärkt eines Rückhalts.
Press, Frankreich und Bayern
33
Daran änderte nichts die Behauptung der wichtigsten
bayerischen
Gewinne
durch
den
Westfälischen
Frieden - der Kurwürde und der Oberpfalz. Dies war ein Triumph
von
Staatskunst·
Maximilians
zähem
Willen
und
Die rechtzeitigen Absprachen
seiner
mit
Frank-
reich hatten entscheidend zum Erfolg beigetragen - der Pfälzer war mit der
Restitution
seiner
überdies
re-
duzierten rheinischen Lande und mit einer achten Kur nur relativ bescheiden entschädigt worden. Den anderen Hauptpreis mußte der Kaiser bezahlen, dessen Position die bayerische und
des
Politik
im Sinne fürstlicher
Ausbalancierens
der
kaiserlichen
Libertät Ansprüche
eingeschränkt sehen wollte. So hatten Maximilians Unterhändler nicht wenig zum Zurückschneiden jener kaiserlichen l6l9 von
Zugewinne Bayern
beigetragen,
eingeleitet
und
deren dann
Ausbau tief
worden war. Frankreich war im Friedenswerk
nach
bedauert die Rolle
eines Gegengewichts zum Kaiser zugewiesen worden, den man auf den Rang eines Primus inter drängt hatte;
Frankreichs Grenzen
pares
waren
zurückge-
- nicht
zu-
letzt dank der bayerischen Rückendeckung in der französischen Satisfaktionsfrage bis an den Rhein vorgeschoben, in eine strategische Position, die den Aktionen der französischen Diplomatie künftig einen drohenden
militärischen
Hintergrund
Politik mußte fortan mit gleichsam
eingespannt
geben
Frankreich
zwischen
Wien
konnte.
Bayerns
rechnen;
es
und
war
Versailles,
und es stand vor der Frage, wie es mit diesem
Span-
nungsfeld politisch fertig werden konnte. In der entstandenen
Balance
zwischen
Öster-
reich und Frankreich lag die Chance, in der einsetzenden Internationalisierung
des politischen
Systems
im
Reich aber auch die Reduzierung der bayerischen Stellung. Der Westfälische
Friede hatte zwar die
Gewinne
Press, Frankreich und Bayern
34
Maximilians nes
I.
bestätigt,
souveräne
gemacht,
das
fördert dert,
als
milian
politische Die
Bayern
1651
werden,
verlor.
das
einstellen.
war
seinen
III.,
Erblande
erheblich
langsam
das
daran
gewinnen.
Frankreich
densschluß Inneren
nicht
1652
bayerische
der
verheiratet.
einfluß
auch
sich
in
der
des
die
Spätphase
eine
solche
s i c h mit eines
auf
Politik
in
der
den
aber
Das B a y e r n direkt chen
bedroht,
aber
als
nach
Revisionismus
die zu
stützen.
auch
gleichsam
verlassen;
Kaspar
sah
ab-
verband
von des
Bayern Schmid, ^.Jahrdachte.
Maximilians
sich
einerseits
Westfälischen
indirekt
von
Ferdinand
gestützt
die
I.,
Vorbild.
den
als
Daß
einschlug,
Staatskunst
1648
Kultur-
Krieges
Gleichgewichts
sein
Maria
Eigenständigkeit
Politiker
des
gegen
Revisionstendenzen.
Friedenskongreß lierer
nahe,
an d e r
noch v o r s i c h t i g e r
Pfälzer
Dreißigjährigen
typischer
im
Henriette
folgen,
lag
Kategorien
Schmid war g e s c h u l t
Ferdinand
Annäherung
Weise
Frie-
danach
dem f r a n z ö s i s c h e n
tatsächlich
als
den
bald
des
diese
nur
wiederzu-
Prinzessin
dem Namen d e s V i z e k a n z l e r s
Mannes,
hunderts
Es
einer
erschüttert.
Kurfürst
politische
hatte?
Kurstaates
Würde
behoben
konnte
zunächst
wurde
savoyischen
Adelaide
gezeichnet
es
JahrMaxi-
Preis
Terrain
konnte
denn
verän-
kaiserlichen
reduziert,
Fronde e r h e b l i c h
neue mit
seinen
verlorene
jedoch
nutzen,
durch d i e Der
wurde
gehen,
ge-
Konstellationen
um d e n
in
HerrschaftsansprUchen
unmöglich
Kurfürsten
neue
je-
Reiches
Kriegsschäden
auf
Ferdinand
der
ja
einem halben
großen
sich
Bayern
grundlegend
n a c h mehr a l s
mußte
Kaiser
Konsolidierung
erschwert,
Nun m u ß t e n d i e
Reich
war
im G e f ü g e d e s
Situation
Regierungszeit I.
seither
Spiel
seinen Aufstieg
hatte.
hundert
aber
den
III.
Frieden kaiserli-
hatte
reichspolitischer auf
seine
vom
den Ver-
erbländische
Press, Frankreich und Bayern
35
Herrschaftskonsolidierung stellten er und seine Nachfolger sich auf den Boden der Friedensregelungen
und
erreichten so mit zäher und konsequenter
die
Restauration der kaiserlichen reichspolitische
Politik
Stellung im Reich. Die
Programmatik
des
Friedensschlusses
hatte indessen Bayern nur wenig nützen können. Vielmehr mußte der eingeleitete
Konsolidierungsprozeß
in
den Erblanden den Druck auf Bayern eher verstärken} es handelte sich nicht mehr um das geteilte und zerstrittene Haus Österreich, mit dem man es bis zum Vorabend des Dreißigjährigen Krieges zu tun gehabt hatte. Hinzu kam die faktische Preisgabe Norddeutschlands als kaiserliche Einflußzone, ein weiteres Resultat des Krieges. Die MUnchener nehmen,
wollte
Politik
sie
weiter
mußte eine
Rücksicht
auf
selbständige
Wien Rolle
spielen - gleichzeitig aber mußte sie verhindern, allzu sehr in seinen Sog zu kommen. So gingen die bemerkenswertesten ständigsten
Versuche,
Westfälischen
das
politische
und
eigen-
Programm
Friedens auszufüllen, nicht
von
des
Bayern
aus. Kurbrandenburg initiierte eine konsequente territoriale Konsolidierungs- und eine ausgreifende nale Hegemonialpolitik. Johann
Philipp
von
Der erste Kurfürst
Schönborn,
Erzbischof
regio-
im Reich, von
Mainz,
suchte seinerseits im sogenannten Rheinbund von
1658
die Reichsstände ohne den Kaiser zu organisieren.
In
beiden Fällen stand die französische Diplomatie hilfreich zur Seite; in beiden Fällen kam es aber schließlich
infolge
Bruch.
Lage
der und
französischen
Großmachtpolitik
Stellung Bayerns
hatten
Rheinbundplänen des Mainzer Erzbischofs Aber
die
französische
Diplomatie
es von
zum den
ferngehalten.
erkannte
sehr
wohl
den Wert Bayerns und die Chance, die sich bot - vor allem durch den dynastischen Rang der Wittelsbacher.
Press, Frankreich und Bayern
36
Die
bekannte
teilweise
Interessenidentität
von Paris und München kam indessen noch nicht zum Tragen. Die Regentschaft der Kurfürsten-Witwe Maria Anna, einer
Habsburgerin, tat,
Labilität
einer
was
Verwandtschaft
Vormundschaft
geboten;
und
sie
die
suchte
Rückhalt beim Reichsoberhaupt. Aber die savoyische Ehe ihres Sohnes war ein Erfolg Mazarins, denn Adelaide
war
eine Anhängerin
Frankreichs.
Henriette Es
zeigte
sich schnell, daß die Freunde einer französischen Option am Münchner Hof nicht wenige waren, außer dem Vizekanzler Kaspar von Schmid vor allem der Obersthofmeister
Graf
Hermann
Egon
von
berg, der Bruder der beiden und
Franz
Egon
schiedensten
von
FUrstenberg-Heiligen-
"Egoniden", Wilhelm
Fürstenberg,
Verfechtern
die
zu
französischer
Egon
den
ent-
Reichspolitik
zählten. Der junge Münchener
Kurfürst
rückte bald in
den Mittelpunkt französischen Interesses, nachdem
das
kurzfristige "Hoch" der kaiserlichen Politik 1652-1054 zu Ende gegangen war und der jähe Tod des Römischen Königs Ferdinand (IV.) die kaiserlichen Erfolge jener Jahre
zunichte
schwelenden Mazarin
gemacht
hatte.
Im
Auseinandersetzungen
nun mit
einer
Zeichen mit
französischen
der
Habsburg
fortsuchte
Thronkandidatur
den Fuß ins Reich zu setzen - als Alternative galt für Paris
der
bayerische
Kurfürst.
Mit
dem
Tode
Ferdi-
nands III. l657 gewann so München plötzlich eine zentrale reichspolitische Bedeutung, denn Mazarin drängte förmlich auf eine bayerische Kandidatur.
Französische
Subsidiengelder, auf ein Jahrhundert zentrales Mittel französischer
Deutschlandpolitik,
nach München. Aber am 2 4 .
August
flössen
reichlich
1657 entschied
sich
Kurfürst Ferdinand Maria für den habsburgischen Kandidaten.
Fehlende
eigene
Nachkommenschaft,
die
expo-
Press, Frankreich und Bayern
nierte Lage Bayerns in der Nachbarschaft
37
Österreichs,
die zu erwartende Todfeindschaft der Habsburger ließen den
jungen Wittelsbacher
vor
der
Kandidatur
zurück-
schrecken. Er folgte damit den Spuren des Vaters, der aus ähnlichen Motiven vor dem Kriege das Angebot Königskrone
abgelehnt
hatte.
Eine
ständige
der
Gegner-
schaft Bayerns zu Österreich war für französisches Balancedenken
ein Anreiz,
für
bayerisches
aber
Hinzu kam der latente Gegensatz zum Pfälzer nismus,
der
unter
Kurfürst
Karl
Ludwig
nicht.
Revisiozäh
alle
Rechtstitel in Anspruch nahm - man wußte selbst nur zu gut um die kaiserlichen Prärogativen, die die Kurwürde auch wieder verändern konnten. So ließ Ferdinand Maria sich vom neuen Kaiser Leopold I. die Gewinne des Vaters garantieren; die französischen wären
ebenso
wie
der
Pariser
Partner
Hof
bei
im Reich
einer
Aus-
einandersetzung mit Österreich nur eine geringe Hilfe gewesen. Im Gegenzug gegen die habsburgische Wahl von 1658 aber stützten sich Ferdinand Maria und Kaspar von Schmid
erneut
auf
Frankreich.
Die
Zielsetzung,
eine
Mobilisierung des Reiches zugunsten des Hauses Österreich
zu verhindern,
kennzeichnete
auch
die
Politik
Johann Philipps von Schönborn - sie entsprach bayerischem Interesse, denn eine Verwicklung in die österreichischen
Kriege
hätte
es
zutiefst
betroffen.
Der
Aufstieg Frankreichs zur europäischen Hegemonialmacht, der
einen
Mann
wie
Johann
Philipp
von
Schönborn
schließlich so sehr irritierte, betraf die westlichen Gebiete
des
Reiches
Reichspolitisch
weitaus
erhöhte
der
stärker wachsende
als Druck
Bayern. sogar
Handlungsfreiheit und Bedeutung Münchens. So öffnete sich Ferdinand Maria 1663 bereitwillig einem französischen Vorstoß, der verbunden war
38
Press, Frankreich und Bayern
mit der Gratulation zur Geburt des Kurprinzen Max Emanuel. Ein Bilndnisvorschlag 1664 wurde noch nicht realisiert, aber das drohende Aussterben der österreichischen Habsburger ließ den Kurfürsten und seinen Vizekanzler
schließlich
auf
Frankreich
zugehen,
wobei
Schmid stets die gebotene formale Loyalität gegenüber dem Reichsoberhaupt zu wahren suchte. Zwar schien mit den
europäischen
Frankreich
Kriegen
Ludwigs
XIV.
Bayern
zunächst an Wert zu verlieren - aber
für die
Auflösung des Rheinbundes und das Zurückschwenken des Mainzers auf den Kaiser
ließen
den
Kurswert
Bayerns
für Frankreich erheblich steigen. Paris ging es darum, durch hinlängliche Zahl seiner Parteigänger
eine Op-
tion des Reiches für die kaiserliche Außenpolitik verhindern.
Nach
reichpolitik
1668
durch
schien
die
die
bayerische
zu
Frank-
österreichisch-französische
Verständigung über das spanische Erbe lahmgelegt; isoliert wandte sich nun Schmid fast Frankreich.
Aber
französischen
der
als Bittsteller
endgültige
Rheinbundpolitik
Zusammenbruch
führte
dann
Allianz, zum Hauptvertrag von München am 1670; aus der Gefahr
einer
Isolierung
doch
an der zur
17· Februar
gegenüber
dem
Reich war es nun Frankreich, das große Zugeständnisse machte und Bayern fast als gleichberechtigten akzeptierte.
Frankreich
sollte
das
Erbe
der
Partner spani-
schen, Bayern wesentliche Teile des Erbes der österreichischen
Habsburger
im
Aussterbensfalle
erhalten.
Das Projekt eines französischen Kaisertums, kombiniert mit einem Römischen Königtum des Hauses Bayern, symbolisierte
die Juniorpartnerschaft
Bayerns
zu
Frank-
reich, womit freilich Ferdinand Maria nicht ganz einverstanden war. Damit aber hatte sich Frankreich
den
Rücken für seine europäische Politik freigemacht - die bayerisch-französische Allianz sollte in ihren wesent-
Press, Frankreich und Bayern
39
liehen Zielen jedoch niemals realisiert werden. Kaspar von Schmid sah als Ziel eine Kombination bayerischer
Eigeninteressen mit
der
Friedenssi-
cherung im Reich; dies war Teil einer Politik der Eindämmung Österreichs und des
Kaisers
- die
Forderung
der Neutralisierung des Reiches im Kampf gegen Frankreich entsprach
alten Tendenzen
Aber Ferdinand Maria schreckte
bayerischer
Politik.
doch vor einer unmit-
telbaren Aktion zugunsten Frankreichs im Holländischen Krieg
zurück,
Gemahlin.
entgegen
Immerhin
dem Votum
verweigerte
seiner
er
dem
savoyischen Kaiser
eine
Truppenhilfe im Reichskrieg gegen Frankreich, den der Holländische Krieg ausgelöst hatte. Beinahe wäre es im Gefolge dieser Politik Ferdinand Maria sogar gelungen, zum Schiedsrichter
zwischen Versailles und Wien auf-
zusteigen. Es war konsequente politik,
die
der
Kurfürst
bayerische
und
sein
Interessen-
Vizekanzler
be-
trieben - nicht immer im Rahmen reichspolitischer Loyalität. Daß der Nachfolger des 1679 früh verstorbenen Ferdinand Maria diese Politik nicht mehr fortzusetzen vermochte, lag freilich nicht nur an seinen persönlichen Charaktereigenschaften und Schwächen. Bereits mit der Geburt Erzherzog Josephs (I.) 1678 waren die bayerischen Hoffnungen auf das österreichische
Erbe
in
eine weitere
Ferne
gerückt.
Der
Aufstieg des Hauses Österreich, den zu verhindern Ferdinand Maria und Kaspar von Schmid in den Mittelpunkt der Politik gerückt hatten, ging unvermindert weiter. Doch unter
Ferdinand Maria, bei den
lungen von Nimwegen, hatte
sich
Friedensverhand-
gezeigt,
daß
Bayern
eben doch nur eine Macht zweiten Ranges war - immerhin hatte der Kurfürst dem
erschöpften
Land
den
Frieden
wahren können. Aber das Haus Österreich hatte sich mit
den
Press, Frankreich und Bayern
40
Pfalzgrafen
von
bachischen
Neuburg
seinerseits
Juniorpartner
gesucht,
durchaus eine anti-bayerische
einen
eine
Spitze
wittels-
Politik,
hatte.
bedeutete die Kuradministration von
die
Überdies
Ferdinand
Marias
Bruder Max Philipp eine Lähmung der bayerischen Handlungsfähigkeit.
Zwar schien die
für
das Haus
Bayern
glanzvolle Eheschließung der Prinzessin Marianne Christine mit dem Dauphin die bisherige Politik zu garantieren. Diese auch von Max Emanuel gewünschte Verbindung seiner Schwester hinderte den Administrator
je-
doch nicht an seiner zurückhaltenden Linie; sie war im wesentlichen
bestimmt
durch
reichspolitische
Loyali-
tät, welche letztlich dem Reichsoberhaupt zugute kommen mußte. So blieb
zwar
Kaspar
von
Schmid
im
Amt,
aber das Bündnis mit Frankreich lief 1680 aus. Der neue Kurfürst Max Emanuel hatte nicht das abwägende
Temperament
des Vaters;
der
glänzende
Ba-
rockfürst hielt sich viel zugute auf die Stellung seines Hauses; die bayerische Politik erhielt unter ihm stark forcierte, aber auch sprunghafte Züge. Schon der Plan der Eheschließung mit der Habsburgerin Maria Antonia, der Tochter Kaiser Leopolds I. aus seiner spanischen Verbindung, hatte fast zwangsläufig zu einer Rückbindung an das Erzhaus geführt. Ferner konnte sich der
junge
Kurfürst
nur
schwer
Stimmung im Reich entziehen, schen
Krieg
politik
um
Ludwigs
sich XIV.
griff sowie
der
die und die
antifranzösischen
nach
dem
durch
die
Annexion
HolländiReunionsStraßburgs
l68l kräftige Nahrung erhielt. Hier setzte die kaiserliche Politik geschickt
an; zwar verharrten Max Ema-
nuel und seine Räte, die noch die des Vaters waren, auf
ihrem
früheren
vorsichtigen
Taktieren,
welches
nicht mit Frankreich brechen wollte. Der eskalierende französische Druck, vor allem das provokante Verhalten
Press, Frankreich und Bayern
41
des französischen Gesandten De la Haye auf dem Frankfurter Kongreß 1682 gegenüber seinem bayerischen Kollegen, den er wie
den Vertreter
eines
französischen
Satelliten behandelte, taten ein übriges. 1 6 8 3 schloß Max Emanuel mit dem Kaiser ab und entließ Kaspar von Schmid. Das geschickt vorgetragene, persönlich akzentuierte Vorgehen Leopolds I. tat ein übriges; vor allem der kaiserliche Wallfahrtsbesuch in Altötting war ein Meisterstück; hinzu kam der Einsatz Max Emanuels für den Kaiser in seinen wo sich der
"blaue
erwarb, schließlich
König"
großen
die Heirat mit
Maria Antonia im gleichen Jahre
Türkenkriegen,
militärischen der
Ruhm
Kaisertochter
1683· Aber es zeigte
sich, daß der Kurfürst mit der unbedingten Annäherung an Österreich
sich jeden
Handlungsspielraum
genommen
hatte - Wien dachte gar nicht daran, die bayerischen Leistungen zu honorieren. Zu problematisch war es, die Barriere vor der eigenen Haustür noch zu verstärken. Man wird bei der Beurteilung der Situation allerdings auch veranschlagen müssen, daß sich mittlerweile beachtliche
Aufstieg
der
kaiserlichen
Reich vollzogen hatte. Diesen
jedoch
der
Stellung
hatte
im
auch
die
Politik Ferdinand Marias nicht verhindern können. So
setzte
Ludwig
Enttäuschungen, als er
XIV.
auf
die
1688 den Marquis
bayerischen von
Villars
nach München entsandte, um die alten Verbindungen wieder zu knüpfen. Der
Gesandte
brachte
kühne
Projekte
mit, die dem Temperament Max Emanuels entsprachen: eine Arrondierung Bayerns zu Lasten der kleinen Reichsstände, der Reichsstifte und der Reichsstädte, Anteil am zu erwartenden spanischen ging es abermals um ein Gegengewicht
Erbe. gegen
einen
Versailles das
auf-
strebende Österreich. Max Emanuel dagegen blickte bereits auf die Niederlande, eine Tendenz, die
man
in
42
Press, Frankreich und Bayern
Wien nicht ungern sah, während sie Versailles weniger willkommen war. Doch blieb der Rückgriff auf die politischen Tendenzen Kurfürst Ferdinand Marias nur eine Episode, zumal Frankreich beim
Spiel
um
Kurköln
für
eine Wahl seines Parteigängers Wilhelm Egon von Fürstenberg und gegen Max Emanuels Bruder Joseph Clemens optierte. Hinzu kamen die französischen Aktionen gegen die Pfalz, die das nunmehr regierende katholische Haus Neuburg bedrohten und das Reich in beträchtlichen Aufruhr setzten. Den französischen Gesandten benützte Max Emanuel nur, um Druck auf Wien auszuüben
- 1689 entließ
er ihn ungnädig von seinem Hof und trat der antifranzösischen Augsburger Allianz bei. Das Bündnis mit Wien trug Max Emanuel die Statthalterschaft der spanischen Niederlande ein - eine königsähnliche Würde, gleichsam das
katholische
helms III.
Pendant
zur
Statthalterschaft
von Oranien, des Königs von
Wil-
England,
in
den nördlichen Niederlanden. Aber der Kampf Max Emanuels im Heer der Verbündeten brachte ihm weder militärischen Ruhm noch politischen Gewinn. Eine tion
bot
freilich die
aufkeimende
Kompensa-
Hoffnung
auf
das
spanische Erbe, verkörpert in dem 1692 geborenen Kurprinzen Joseph Ferdinand, dessen Geburt das Leben seiner Mutter Maria Antonia gekostet hatte. Mit dem spanischen
Erbe taten sich neue Dimensionen
bayerischer
Politik auf. Frankreich war zunächst nur bereit, den Kurprinzen
mit
den
spanischen
Niederlanden
dies aber widersprach
der
welcher
spanische
das
gesamte
Linie
abzufinden;
des Madrider Erbe
Hofes,
zusammenhalten
wollte. Max Emanuel träumte so von der Erbfolge Joseph Ferdinands im spanischen Gesamtreich, die eine dritte Lösung zwischen der französischen und der österreichi-
Press, Frankreich und Bayern
43
sehen gewesen wäre und rechtlich nicht einmal schlecht fundiert war. Er hatte freilich nicht die Möglichkeiten, entschlossen in die Madrider Auseinandersetzungen einzugreifen - immerhin kam es zum Teilungsvertrag vom 24· September 1698,
den Frankreich mit dem englischen
König Wilhelm III. von Oranien abschloß und dem auch die Generalstaaten beitraten. Gemäß den Interessen der Seemächte
an
einer
"neutralen"
Lösung
sollten
bayerische Kurprinz Spanien, die Niederlande
der
und das
überseeische Reich erhalten, der französische und der österreichische Prätendent mit Entschädigungen aus dem spanischen
Erbe
abgefunden
werden.
Im
gleichen
Jahr
erklärte König Karl II. von Spanien den kleinen Wittelsbacher sogar zum Universalerben - für Max Emanuel eröffneten kaum
sich
schwindelerregende
überschaubaren
weltpolitischen
Dimensionen
mit
Konsequenzen.
Da
machte der jähe Tod des kleinen Prinzen am 6. Februar 1699 einen Strich durch alle Rechnungen. Karl II. den französischen Prinzen
1700 setzte
Philipp, .den Enkel
Ludwigs XIV., zum Universalerben ein - die bayerische Karte schien ausgespielt. Es ging jetzt um die Frage, ob es in Spanien einen habsburgischen Karl III. oder einen bourbonischen Philipp V. geben sollte. Aufzugeben aber war niemals Max Emanuels Sache. Schon im Teilungsvertrag von einer
Kombination
zwischen
1698 hatte er sich
Frankreich
und
den
See-
mächten angenähert - getrieben von den Enttäuschungen über
Österreich,
Schloß
er
sich vollends
Frankreich
an. Als 1700 die Feindseligkeiten ausbrachen, spielte der bayerische Kurfürst den einrückenden Franzosen die belgischen Festungen in die Hände. Offensichtlich hatte Max Emanuel auf einen militärischen Erfolg
Frank-
reichs gesetzt. Aber die Wurzeln seiner Option lagen tiefer.
Press, Frankreich und Bayern
44
Unverkennbar
ging der
Kurfürst
in
seinen
Erwägungen
vor allem von seinem niederländischen Faustpfand aus, weniger von einem Ausbau seiner bayerischen Stammlande, der auch von Österreich schwerlich zu erhalten gewesen wäre. Max Emanuel dachte von einem ausgeprägten, ja überhöhten dynastischen Selbstbewußtsein
her;
mit
dem Gewinn der Niederlande sollte die Königsv^üpde verbunden sein. Längst war der
bayerisch-österreichische
Gegensatz neu emporgeflammt; es war deutlich, daß der kaiserliche
Geländegewinn
im
Reich
kein
bayerisches
Pendant hatte. Der Druck Wiens auf die bayerische Position war unerbittlich gewesen; Wien hatte sogar die bayerischen
Ansprüche auf Max Emanuels geliebte Nie-
derlande konterkariert. Hinzugekommen war die unglückliche
Ehe
Max
Emanuels mit
der
Kaisertochter
Maria
Antonia, die den Wiener Hof sehr verbittert hatte. So hatte sich Max Emanuel angesichts der zu erwartenden spanischen Erbfolgekrise zunächst zu einer Politik des Lavierens entschlossen, die aber schon für sich eine Distanzierung von Österreich bedeutet hatte. Max Emanuels Position schien verstärkt, da er seinen
Kölner
geistlichen
Bruder
Josephf
Clemens
im
Schlepptau hatte. Am 18. März 1701 schloß der Bayer im Neutralitätsvertrag von Versailles mit Frankreich
ab;
der Vertrag schien recht vorteilhaft. Ludwig XIV. garantierte den bayerischen Besitz, überließ Max Emanuel die Statthalterschaft in Brüssel bis zur Bezahlung der eigenen
Geldschulden
Kurfürsten
und
versprach
dem
Flandern und den Hennegau. Dennoch
der Wittelsbacher seine Position offensiv er der
übernahm
kurzfristig
Vorderen
Eintauchen
bayerischen
in
die
Reichskreise; die
Führung es zeigte
Spielregeln
der
der
suchte
zu halten; Assoziation
sich,
daß
das
Reichsverfassung
Schlupflöcher bieten konnte. Aber die europäische Koa-
Press, Frankreich und Bayern
litionspolitik des Kaisers isolierte des
Reiches.
Zugleich
entriß
der
45
Bayern
inmitten
Mainzer
Kurfürst
Lothar Franz von Schönborn Max Emanuel den Einfluß auf die Kreisassoziation, die der Bayer in eine Frankreich günstige Neutralität hatte führen wollen. Noch einmal konnte Max Emanuel den Preis Frankreichs erhöhen, dank der bedrängten Situation Ludwigs XIV.: der Erwerb der rheinischen nicht
nur
Pfalz und des Fürstentums Neuburg die
Pfälzer
Konkurrenz,
ganze Haus Neuburg tödlich erbliche
Regierung
der
auch
das
Hinzu
kamen
die
treffen.
Niederlande
nität über Geldern und
Limburg,
sollte
sondern
bei
mit
der
Souverä-
Verlust
Bayerns
die ganzen Niederlande; weiter sollte der Kurfürst den Königstitel immer
erhalten - ein
wieder
nachjagte.
Phantom,
Schließlich
dem Max wurde
Emanuel ihm
noch
eine ganze Armee zum Schutze Bayerns zugesagt. Das Ganze zeigte allerdings auch die verzweifelte Isolation des französischen Königs; Max Emanuel war die Problematik dieser Zusagen durchaus klar - die meisten Beuteobjekte mußten erst noch erobert werden. Aber
der
Kurfürst
war
durchaus
eine
Spielernatur.
Österreich allerdings unterschätzte seinen Nachbarn es glaubte, mit ihm leicht fertigzuwerden. Dabei galt freilich auch, daß das weniger riskante Spiel den geringeren
Gewinn
erhoffen
ließ.
Als
Max
Emanuel
mit
Wilhelm III. wie mit der Wiener Hofburg Verhandlungen anknüpfte, stellte er immense territoriale und finanzielle Forderungen bis zur Vertauschung Bayerns gegen Neapel und Sizilien. Die kaiserlichen Angebote bescheidener
als die französischen.
Max
nach
Emanuel
der
Erfahrung
Nun aber
vieler
Jahre
waren
erboste treuer
Dienste die Aussicht auf eine Juniorpartnerschaft
zum
Erzhaus maßlos. Brüsk brach er die Verhandlungen mit dem kaiserlichen Gesandten Graf Schlick ab und vollzog
Press, Frankreich und Bayern
46
die lange aufgeschobene Ratifikation des französischen Vertrages.
Damit
französischen
stand er auf Gedeih und
Lager;
Handlungsspielraum
alle
späteren
Verderb
Versuche,
zurückzugewinnen,
seinen
sollten
tern. Hinzu kam die starke Abhängigkeit Max
im
scheiEmanuels
von Subsidien, die seine Möglichkeiten weiter einengte . Der
Kurfürst, eröffnete
handstreichartig
Feindseligkeiten in Süddeutschland;
der
die
Landfriedens-
bruch brachte jedoch keine entscheidenden
Vorteile -
die Politik der Besetzung der Faustpfänder, vor allem Tirols, hatte nur temporäre Bedeutung. Der große Plan eines
Stoßes
Wien, wurde
ins nicht
Herz
des
Gegners,
durchgeführt.
der
Tirol
werden, die Konflikte des Kurfürsten dieser
sich
der
jetzt
abberufen
Druck
noch
wurde.
Österreichs
bot
der
mußte mit
tenden französischen Marschall Villars bis
Marsch
auf
Bayern,
österreichische
geräumt
dem
häuften
Andererseits
auf
bedeusich,
verstärkte aber
selbst
Diplomat
Graf
Wratislaw die Königskrone und einige territoriale Abrundungen für einen Frontenwechsel. Doch am 10. Oktober 1704 folgte die katastrophale Niederlage der französisch-bayerischen Truppen gegen den Herzog von Marlborough und den Prinzen Eugen von Savoyen städt,
die
Bayern den .Österreichern
bei
Höch-
auslieferte.
Zu
einem angebotenen Frieden ohne Gewinn und Verlust war aber der ehrgeizige Kurfürst auch jetzt nicht bereit; er folgte den zurückweichenden französischen Truppen. Die
harte Hand
des neuen
nahm die Dismembration Bayerns
in
Kaisers einer
Josef
Politik
I. der
Faustpfänder in Angriff. Hinzu kam die Restitution der alten
Pfälzer
Position
und der ersten Kurwürde
durch an
Rückgabe
Kurfürst
nachdem Josefs radikalere unmittelbare
der
Johann
Oberpfalz Wilhelm,
Annexionspläne
Press, Frankreich und Bayern
gescheitert
waren.
In
München
zog
eine
47
kaiserliche
Administrationsregierung ein; 1706 verhängte Josef I. in einem reichspolitisch nicht umstrittenen
Verfahren
gegen Max Emanuel und seinen Kölner Bruder Joseph Clemens die Reichsacht. Gerade die Kompromißlosigkeit des Habsburgers aber nagelte Max Emanuel aus der französischen Seite fest. Das zeigte sich 1706, als die militärische
Position
Ludwigs
XIV.
ihren
Tiefpunkt
zu
erreichen begann und Max Emanuel auf seinem Sitz Brüssel an die Peripherie der Niederlande verdrängt wurde. Trotz
gelegentlicher
militärischer
Kommandos
war
er
zur Passivität verurteilt. Als Ludwig XIV. 1709 bei den Haager Friedensverhandlungen gar die Preisgabe des eigenen Enkels in Spanien anbot, schien die bayerische Politik vollends am Ende. Max Emanuels Versuche, erneut mit dem Kaiser Verbindungen
aufzunehmen,
waren
Ausdruck
zweifelten Situation. Der bedingungslose
einer
ver-
Anschluß
Frankreich nach der Katastrophe von Höchstädt
an
schien
sich nicht auszuzahlen. Ludwig XIV. war irritiert - er suchte Max Emanuel zur Preisgabe der Oberpfalz zu bewegen, also zur Aufgabe des territorialen Gewinns von 1648.
Max
währsleute
Emanuel mit
seinerseits,
dem
Kaiser
der
erneut
anknüpfte,
Uber
stellte
Ge-
immer
noch immense Forderungen, unter denen die Königswürde nicht fehlte. Die strategischen Dimensionen seiner Politik ließen
ihn jedoch
ein
Faktor
des
europäischen
Kräftespiels bleiben. Womöglich war auch seine Kompromißlosigkeit nicht ganz so irreal, wie sie aus späteren
Perspektiven
erscheint:
hatten auch der Pfalzgraf
drei
Generationen
Kurfürst
Friedrich
seine Familie mit ihrer Beharrlichkeit
zuvor V.
und
erreicht, daß
wenigstens ein Teil des Erbes restituiert wurde. Da
trat
ein
Ereignis
ein,
das
Entlastung
Press, Frankreich und Bayern
48
brachte, der überraschende Tod Kaiser Josefs I. 1711. Der Bayer gedachte sogleich in Verbindung mit
Frank-
reich die Situation zu nützen, aber die geplante Teilnahme der beiden geächteten wittelsbachischen sten an der Kaiserwahl
ließ
sich
Der diplomatische Bodenverlust war jedoch eindeutig; die
nicht
realisieren.
des Hauses
Seemächte
Kurfür-
Österreich
waren
nicht
be-
reit, für den habsburgischen Kandidaten, nunmehr Kaiser Karl VI., den Bruder Josefs I., weiterhin um die spanische Krone zu streiten. Die französische Diplomatie begriff ihre Chance, und sie bezog Max Emanuel in ihre Überlegungen ein. Das Ziel war nun scheiden, der
die
Wiederherstellung
bayerischen
Besitzungen.
des
Dennoch
relativ
be-
Vorkriegsstandes war
damit
der
Pfälzer Kurfürst aus dem Hause Neuburg tangiert, der sich mit der Oberpfalz um den Lohn seiner kaisertreuen Politik geprellt sah. Die Oberpfalz wurde nunmehr Objekt
des
allgemeinen
Tauziehens.
So
forderte
Frank-
reich für seinen Schützling die Entschädigung mit Sardinien oder den Niederlanden,
der Kaiser
konzedierte
Sardinien, lehnte aber die Königswürde ab. Man einigte sich auf die Rückgabe der Oberpfalz und sagte dem Kurfürsten
Johann Wilhelm
Entschädigung
aus
dem
spani-
schen Erbe zu, die nie realisiert wurde. Durch die Weigerung Karls VI., dem Utrechter Frieden von 1713 beizutreten, blieb auch die bayerische Frage in der Schwebe. Für den isolierten
Kaiser
wurden die Entwicklungen ungünstig - nun dachte auch er daran, Max Emanuel die Niederlande am
Ende
brachten
die
folgenden
zu
überlassen;
Auseinandersetzungen
nichts weiteres als die Restitution Bayerns, die 1714 in Rastatt und Baden festgeschrieben wurde. Der Pfälzer Kurfürst war düpiert durch die Haltung Wiens. Max Emanuel erhielt für seine riskante Politik allein die
Press, Frankreich und Bayern
49
Restitution
seines verwüsteten Landes; der Erwerb
der
Niederlande
oder
das
Mailands
samt
dem
Königstitel,
Hauptziel, wurde nicht erreicht. Es hatte sich herausgestellt, wie
daß
Kurbayern
den im
Möglichkeiten europäischen
eines
Reichsstandes
Rahmen
Grenzen
Krieges
waren
gesetzt
waren. Die
Erfahrungen
des
Kurfürsten eindeutig; trotz unverkennbar scher Züge seiner Politik - darauf
hat
für
den
opportunistiAndreas
Kraus
hingewiesen - hielt ihm Frankreich die Treue. Versailles rettete seinen Verbündeten, weil
es
ihn nach
wie
vor als Gegengewicht zu Österreich benötigte - ein Gegengewicht
in
einem
für
Wien
durchaus
sensiblen
reich, ohne das eine aktive Reichspolitik
Be-
Frankreichs
nicht denkbar war. Der Vergleich zur Härte Österreichs fiel
bei
Max
Emanuel
aus. Die Versailler
eindeutig Politik
zugunsten
hatte
Frankreichs
freilich
kaum
andere Wahl, denn eine Preisgabe ihres treuen gängers hätte zu einem katastrophalen gen Vertrauensverlust
im
Reich
und
geführt.
identität
gegeben,
blieb
eigene
Frankreich Position
Nach wie
die
gegen
Partei-
langfristi-
blieb auch die alte bayerisch-französische durch Bayern die
eine
vor
InteressenMöglichkeit,
Österreich
zu
stärken. Max Emanuel schien weiterhin an seiner tik
festzuhalten.
erreichte
er
Ansprüche
auf
die die
Im
Vertrag
französische
von
Poli-
Fontainebleau
Anerkennung
österreichischen
Erblande
1714
für
seine
im
Falle
des Aussterbens des habsburgischen Mannesstammes. Aber der Spanische Erbfolgekrieg hatte die europäische Konstellation
vielfältig
verändert.
Vor
allem
Aufstieg Großbritanniens zu einer Weltmacht
hatte
das Mäch-
tesystem verschoben bis hin zu einer zeitweiligen näherung
Frankreichs
und
Österreichs.
der An-
Freilich:
Press, Frankreich und Bayern
50
Österreichs
Position
war
erheblich
geschwächt
durch
den fehlenden männlichen Erben: Seit 1711 bestand die männliche
Linie
der
Dynastie
nur
noch
aus
Kaiser
Karl VI. Die Bemühungen um die Stabilität der Erblande haben
die
österreichische
Großmachtpolitik
vielfach
belastet; es entstand zwar aus dem Versuch, die Gefahr zu reduzieren, eine Konsolidierung
der
Gesamtstaats-
idee, aber es blieb doch das Problem, Europa zu gewinnen.
Dies
aber
gab
der
österreichischen
Politik
viele Blößen und den anderen Mächten zahlreiche Möglichkeiten der Erpressung. Aus bayerischer Perspektive stellte sich jedoch erneut die Frage des dynastischen Ranges; auf der anderen Seite zeichnete sich die Chan1648 kraftvoll aufgemauerte
ce ab, daß die seit
kai-
serliche Position abbröckelte. Tat
sich
hier
für
Max
Emanuel
ein
neuer
Spielraum auf? Frankreich hatte zunächst den Kurfürsten
bei
der
französische
Stange
zu halten
Regentschaft
getrachtet,
aber
die
nach dem Tode Ludwigs XIV.
1715 blieb stark mit sich selbst beschäftigt. Andererseits erfüllten sich für München Hoffnungen auf einen Ausgleich mit Österreich einschließlich der Chance zur Erbfolge nicht. Noch
1714/15 näherte sich jedoch die
von Österreich düpierte Kurpfalz dem wittelsbachischen Vetter
in München; man begann zu begreifen,
daß
der
Weg des innerdynastischen Ausgleiches, der Beseitigung der bisherigen Konfliktpunkte, mehr wert war als ein kühnes Spiel mit ungewissem Ausgang. Beide Linien zusammen gewannen wieder an Wert für Frankreich, das gemeinsam mit den Seemächten gegen die kaiserliche Überseehandelspolitik zu Felde zog. Die Seemächte bremsten Frankreich
jedoch
bei
einer
riskanten
bayerischen
Bündnispolitik - nur ein voll handlungsfähiges Frankreich konnte die bayerische Karte spielen.
Press, Frankreich und Bayern
Es war
dann
wieder die Initiative bachischer
der
Ehrgeiz
Max
Emanuels,
ergriff, nun im Sinne
Solidarität.
Die
drohende
51
der
wittels-
Erbfolgeproble-
matik hatte die Wiener Politik zunehmend unter
Druck
gebracht; Wien hatte gegenüber den rivalisierenden Interessen Preußens und der Kurpfalz am Niederrhein widersprüchliche durch
die
und
sich
opportunistische
die Mannheimer
Zusagen
Regierung
gemacht,
erneut
ge-
prellt fühlte. Gegenüber dem unsicher werdenden Wiener Hof näherten sich die beiden Wittelsbacher, von denen der
eine
ja
unmittelbarer
Nachbar
Frankreichs
war,
abermals Versailles. Wenn auch der Leiter der französischen
Politik,
Kardinal
Fleury,
beide
Kurstaaten
1729 in ein Neutralitätssystem einband, so war bei dem vorsichtigen Kardinal doch klar, daß das Maß französischer Unterstützung und damit auch französischer Bindung von den Gezeiten der europäischen Politik abhing. Das Frankreich Ludwigs XV. war nicht mehr jenes Ludwigs XIV., und Fleury war nicht Richelieu oder Mazarin.
Dennoch
bedeuteten
die
nunmehr
gemeinsam
ope-
rierenden Höfe von München und Mannheim kein geringes Gegengewicht gegen Österreich. Andererseits schien die Politik Karls VI. Erfolg zu haben, durch eine Garantie der Pragmatischen Sanktion im Reich und in Europa Dämme gegen fremde, nicht zuletzt bayerische Erbansprüche zu errichten. Fleury versuchte, sich seinen Handlungsspielraum
zu erhalten
und trat
nicht
aus
seiner
Reserve
hervor. Die Labilität der europäischen Szene führte zu Irritationen der Münchener Politik, zu einer Schaukelpolitik zwischen Wien und Versailles - es fehlte ihr ein fester Anhaltspunkt. Dies galt auch nach dem Regierungswechsel von Max Emanuel auf seinen Sohn Karl Albrecht
1726, gegenüber dessen Werbungen Fleury wei-
52
Press, Frankreich und Bayern
terhin der
zurückhaltend
erst
Josefs Erbe
I.,
des
Marie
Im L i c h t e doch
davon,
die
Zeit
Reich
einen
sich
Haupt
zu
halb
setzen
und
Boden
der
auf
das
Ausster-
Sinn, der
Problematik ganz
des
abgesehen
auf
die
nun Dauer
Stelle
Hohenzollern, zu
werden,
Königskronen
Demgegenüber
habsburgischen
seit
zweite
von
überflügelt
auf
vermochten.
des
FUrstenmentalität
Die W i t t e l s b a c h e r ,
Hessen
des
Sohnes
Rangerhöhungsprojekte
sind.
oder
seines
aufs
hatte
Bayern
Machterweiterung
inner-
Reiches
seit
1648
ständig
an
verloren. Ferdinand
Max E m a n u e l
Frankreichs bieten. nach
gewissen
drohten
und
außerhalb Was
für
aller
angesichts
zeitweilig
angesichts
Politik
v o n den H a b s b u r g e r n Weifen
fest
dessen
trotz
dynastischen
verwiesen,
Wettinern, die
späteren
ernstzunehmen
1438 b e r e i t s im
Blick
Kaiser
bevorstand.
der
17·/l8.Jahrhunderts jener
den
Ehemann
Tochter
gerichtet,
Max E m a n u e l s
Kurfürsten daß
hatte
Österreich
offenkundig jene
Der n e u e K u r f ü r s t ,
erbberechtigten
Amalie,
Hauses
ben ganz erhielt
blieb.
nachgesetzt
Österreich
So
hatte
zwei
er
von
dankbaren
Österreich.
daß
Blut
bezahlt
ders
aus:
sein
gabe
einer
mehr
die
Volk
Die
der
zu zu
hoffnungslos der
gesetzt,
verlassen, erhalten
als
Perspektive
Tauschpläne den im
zumal
unter Dynastie
Hilfe
Aufstand
des
um
es
in
der
vom
un-
Kurfürsten
angesichts gegen
von
bedeutete
der die
1705
mit
sah
an-
die
österreichischen zugunsten
zu
bayerischer
Widerstand
Bayerns
war
mit
dynastische .Perspektive
Vertauschung
Position
hatte,
Gegengewicht
Erzhaus
verwerflich,
Herrschaft
hat.
die
das
Von
vermocht
echtes
wieder
sind
durchaus
österreichische
geratenen
auf
Frankreich
Staatskontinuität Max E m a n u e l
noch
mehr e r r e i c h b a r :
ein
Jahrzehnten
Hoffnung,
Tatsache,
Maria
schon n i c h t
einer
AufDruck ande-
Press, Frankreich und Bayern
ren Herrschaft, die größere
Handlungsfreiheit
53
ermög-
lichte; der klare Bedeutungsverlust Bayerns gegenüber anderen
aufsteigenden
Kurhäusern
macht
dies
hinrei-
chend deutlich. Von daher gewinnen Max Emanuels Pläne durchaus Sinn, auch wenn Maßlosigkeit und stische
(oder machiavellistische) Züge
opportuni-
bleiben.
Auch
die Kurfürsten Karl Albrecht und Karl Theodor suchten das Problem auf ihre Weise zu lösen. Hatte sich Max Emanuel mit seinen
Plänen im
Spanischen Erbfolgekrieg aus der österreichischen Umklammerung zu lösen getrachtet,
so gedachte Karl Al-
brecht nicht mehr und nicht weniger als in die bisherige
Stellung
des
Erzhauses
einzurücken,
lung, die seinem Hause als der zweiten Reiches
seiner
Ansicht
nach
weit
eine
Stel-
Dynastie
mehr
zu
des
gebühren
schien als dem halbwelschen Hause Lothringen, das sich durch eine zufällige Heirat mit der
österreichischen
Erbtochter Maria Theresia den Vorrang erschlichen hatte und das Haus Bayern im letzten Moment vor dem Ziel jahrhundertelanger Wünsche abzufangen drohte. Seinem
Temperament
nach
war
Karl
Albrecht
freilich wenig für einen solchen Coup geeignet
- zö-
gerlich, frühzeitig kränkelnd und nicht ohne depressive Züge, war er
ein problematischer
Partner.
Dies
war umso kritischer, als Bayerns militärische und finanzielle
Vorbereitungen
auf
den
großen
Schlag mehr
als ungenügend waren. Die politischen Ambitionen waren keineswegs getragen von einer entsprechenden
Moderni-
sierung des Staates. Die Pläne Karl Albrechts beruhten somit
allein
auf
einem
rein
dynastischen
Anspruch,
dessen Legitimität allerdings durchaus Beifall fand bis
in Kreise
der Wiener
Regierung
hinein.
Die
be-
scheidenen bayerischen Machtmittel sollten durch französische Unterstützung ergänzt werden; dabei ist frei-
Press, Frankreich und Bayern
54
lieh darauf hinzuweisen, daß man in München
- und in
Mannheim
französi-
- seit längerem
gewohnt
war,
von
schen Subsidien zu leben. So war es nicht der zögerliche Karl Albrecht und auch nicht das Frankreich das den Kampf um sondern
Friedrich
Machtinstinkt
des
Kardinals
das österreichische II.
nicht
von
am
Preußen,
politisch
Erbe der
Fleury,
auslöste,
mit
seinem
strittigen
Nieder-
rhein, sondern gegen das habsburgische Schlesien losschlug - Schlesiens Losreißung von Österreich ruinierte die habsburgische Position in den nördlichen Teilen des
Reiches
preußische
vollends. König
den
In
drei
Konflikt
Kriegen
sollte
durchstehen
und
der die
Großmachtstellung seines Staates begründen. Hatte Karl Albrecht Bayerns
begriffen, daß damit der nachgeordnete im Reichsverband
endgültig
fixiert
war?
Rang Zu-
nächst zwangen die preußischen Aktionen Frankreich und Bayern zum Handeln. In Paris hatte es geraume Zeit gedauert, daß sich die Kriegspartei unter Charles Louis Graf, später
Herzog von Belle-Isle
durchsetzte.
Erst
jetzt stellte sich Frankreich hinter die wittelsbachischen Pläne, bei denen die Kurpfalz Kurbayern stützte. Das bayerisch-französische
unter-
Zusammengehen
un-
ter der Regie von Belle-Isle stand freilich unter einem denkbar unglücklichen Stern. Man hatte viel Zeit vergehen lassen; aber der Feldzug schien
von doch
1741 noch
mit einmal
der
Stoßrichtung
eine
Chance
gegen
zu bieten.
zeigte die leichte Eroberung Oberösterreichs
Wien Das
und die
Huldigung seiner Stände; bedrohlich näherten sich Karl Albrecht
und
Belle-Isle
Wien.
Durch
die
preußischen
Erfolge war Maria Theresia hoffnungslos bedrängt. Da schwenkte die französisch-bayerische Armee nach Norden und nahm Prag ein. Karl Albrecht ließ sich als böhmi-
Press, Frankreich und Bayern
schem
König
huldigen;
die
böhmische
55
Kurstirame
wurde
für Habsburg nicht zur Kaiserwahl zugelassen, und der Weg war frei für das wittelsbachische
Kaisertum
Karl
Albrechts, nunmehr Karls VII. Dennoch war die Schwenkung nach Prag ein Verhängnis für die französisch-bayerische
Kriegspolitik.
Maria Theresia hatte eine Chance bekommen zur Sammlung der
Gegenkräfte,
Österreich.
Als
zur auch
Mobilisierung Friedrich
der
vorläufige Überlassung Schlesiens im von Kleinschnellendorf
der Große
Großmacht gegen
die
Waffenstillstand
(9. Oktober 1741) und dann er-
neut im Frieden von Breslau (11. Juni 1742) seine Verbündeten preisgab, war der Weg frei für den Gegenstoß, der
rasch
die
österreichischen
Truppen
nach
Bayern
führte, die Franzosen zur Aufgabe Prags zwang und den Kaiser nach Frankfurt abdrängte. Die 1741 vergebene militärische Chance kehrte nicht mehr zurück; Friedrich der Große hat dies später unmißverständlich gerügt. Aber es ging
nicht
nur
um
einen strategischen Fehler, sondern um das ganze Dilemma der französisch-bayerischen
Bündnispolitik.
war Bayern politisch und militärisch
so
schwach
zum Zeitpunkt seines Griffs nach der Kaiserwürde. war
also
gänzlich
angewiesen
auf
die
seines Koalitionspartners Frankreich.
Nie wie Es
Unterstützung
Damit
aber
war
unvereinbar das Ziel der bayerischen Politik: Kaiserwürde und Gewinnung möglichst der ganzen Erblande. Das war aus der Sicht des Wittelsbachers richtig gedacht, denn die Kaiserwürde ließ sich ohne die erbländischen Grundlagen schwer behaupten.
Die
strategische
Konse-
quenz wäre also der Marsch auf Wien gewesen. Dies traditioneller
aber widersprach französischer
gänzlich
den
Maximen
Deutschlandpolitik,
für
die ja Bayern als Gegengewicht gegen eine allzu starke
56
Press, Frankreich und Bayern
habsburgische Machtentfaltung in Süddeutschland
galt.
Für Paris war es relativ gleichgültig, ob an der Spitze einer Zusammenfassung der gesamten österreichischen Erblande mit Bayern ein Habsburger, ein Habsburg-Lothringer oder ein Wittelsbacher stand. So war das französische Kriegsziel reichischen
die Aufspaltung des alten öster-
Machtpotentials
zwischen
einem
wittels-
bachischen Kaisertum mit erweiterter territorialer Basis und einer reduzierten österreichisch-erbländischen Monarchie,
eine
Konstellation,
die
Frankreich
hohe
Chancen eingeräumt hätte, auf Dauer zum Schiedsrichter zu werden.
Daraus resultierte
eine
Art
Kriegführung
mit angezogener Bremse des Marschalls Belle-Isle, die ein
strategisches Unding war.
Karl
VII.,
der
nicht
viel mehr als seine hochgespannten dynastischen Ambitionen
einbrachte,
hatte
keine Möglichkeit
zur
Kor-
rektur. Die Durchsetzung der französischen Kriegsziele wäre nur möglich gewesen, wenn Frankreich den Beteiligten den Frieden hätte diktieren können. Dazu aber ließen
es
schon
die neue
Großmacht
Preußen
und
die
Weltmacht England nicht kommen, ganz zu schweigen von der zähen und konsequenten Widerstandskraft Maria Theresias.
Das
Dilemma
der
französischen
Kriegspolitik
und die eklatante Schwäche Bayerns manövrierten beide in
eine
aus
unmögliche
seinen
Kostgänger
Situation.
Stammlanden,
wurde
Frankreichs,
ein
Bedroht der
und
verdrängt
Wittelsbacher
Kaiser
von
zum
Frankreichs
Gnaden, in Frankfurt residierend - zwar einstimmig gewählt,
aber
doch
von
einem
sichtlichen
Zögern
der
Reichsstände über den Ausgang des Experiments begleitet.
Andererseits wollten
Frankreich
auch
aus
Österreichs
ähnlichen
Partner,
Motiven
die
wie
Seemächte,
vor allem England, keine totale Demontage des Wittelsbachers,
den König
Georg
II.
mit
der
hannoverschen
Press, Frankreich und Bayern
57
Stimme mitgewählt hatte. Manches ähnelte dem Schicksal Max
Emanuels;
passiver
als
sein
Vater
hat
jedoch
Karl VII. den Versuchen gegenübergestanden, ihn durch Kompromißvorschläge aus der französischen Allianz herauszubrechen - der Kaiser hat den Alleingang nicht gewagt.
1744 wiederum hat dann Preußen mit
der
Frank-
furter Union, einer Kombination des Kaisers mit Frankreich,
Preußen
und
dem
armierten
Hessen-Kassel,
die
Position Karls VII. noch einmal zu stützen getrachtet, wohl wissend, daß aus einem vorzeitigen Zusammenbruch des
wittelsbachischen
Kaisertums
Großherzogs von Toskana
die
Kaiserwahl
und Gemahls der Maria
des
There-
sia, Franz Stephans von Lothringen, folgen würde - daß dann Österreich mit dem isolierten
Preußen
abrechnen
könnte. Am
20.
Januar
1745
Karls VII. das wittelsbachische
beendete
der
Tod
Kaiserexperiment.
Der
neue bayerische Kurfürst Max III. Josef erkannte angesichts
der
wieder
voll
entfalteten
Machtstellung
Österreichs in SUddeutschland, daß die Chancen für eine Fortführung der französischen Koalitionspolitik relativ gering waren, zumal sein Haus nunmehr auch die Kaiserwürde verloren hatte. Der französische
Gesandte
Anne-Theodore de Chavigny suchte den Wittelsbacher in der Koalition zu halten; als Vorleistung überredete er sogar
den
Pfälzer
Karl
Theodor
Reichsvikariats an Bayern. Auch
zur
Überlassung
wenn Max
III.
des
Josef
anfangs durchaus ambitiöse Pläne hegte, so siegte doch schließlich seine Nüchternheit. Außerdem demonstrierte die anrollende österreichische Offensive, daß er eigentlich keinen Spielraum mehr hatte, daß die Alternative zum Einlenken nur ein selbstgewähltes Exil mit ungewissem Ausgang war. So Schloß er am 22. April 1745 den Frieden von Füssen, der Bayerns territoriale Inte-
Press, Frankreich und Bayern
58
grität wahrte und auch durch Subsidien der
Seemächte
den drohenden finanziellen Zusammenbruch verhinderte. Das
Kaisertum
Abschluß intensiver
Karls VII.
war
Höhepunkt
französisch-bayerischer
gen. Die Koalition war unpopulär
und
Beziehun-
im Reich,
wie
sich
noch bis ins 20. Jahrhundert an den immer wieder kolportierten
Legenden um den
angeblichen
Nymphenburger
Vertrag spiegelte, in dem Bayern Deutschland verraten habe. Aber auch Frankreich hat sich in der veränderten politischen
Situation
mit
seinem
für
ein
wittelsbachisches Kaisertum wenig Ruhm
erworben.
Die
Großmachtrolle
traditionellen
Österreichs
Engagement
ließ
die
Koalitionsmuster nicht mehr zu, Bayern war zu sehr in den Schatten Österreichs geraten - die radikale bayerische
Konzeption,
eine
Entscheidung
trug Frankreich nicht mit, weil
sie
zu
erzwingen,
seinen
deutsch-
landpolitischen Maximen widersprach. Es spiegelte sich aber auch der schwindende päischen
Mächtesystem.
Rang
Frankreichs
Schließlich
sollte
im
euro-
sich
1740
nicht mehr Bayern, sondern Preußen als der eigentliche Gegenspieler
Österreichs
erweisen
-
im
Zeichen
des
Dualismus zweier deutscher Großmächte. Daß auch Max III. Josef sich mit dem Ergebnis des Füssener Friedens nicht
gerne
abfand,
war
deut-
lich. Er gab 1745 zögernd und distanziert, aber letztlich
doch
loyal
seine
Stimme
dem
künftigen
Kaiser
Franz I. und beugte sich dem österreichischen Übergewicht. Die Allianz mit Frankreich war zerborsten, aber die
fortbestehend
guten
bayerisch-pfälzischen
Bezie-
hungen hatten auch ihre Verlängerung nach Versailles. Kurfürst Karl Theodor blieb nämlich Frankreichs,
seines
mächtigen
ein Parteigänger
Nachbarn
-
graphischen Gesetze der Nachbarschaft einer
die
geo-
Großmacht
wirkten wie spiegelverkehrt zum bayerisch-österreichi-
Press, Frankreich und Bayern
sehen Verhältnis. Als Preußen
und
Kurpfalz
59
mit
fran-
zösischer Rückendeckung nach langem Tauziehen schließlich das Königswahlprojekt 1754 scheitern
ließen,
um den kleinen Josef
stand
Bayern
den
(II.)
österreichi-
schen Ambitionen recht reserviert gegenüber; den Pfälzer Werbungen um eine pro-französische ga versagte
es sich
aber
-
es
Neutralitätsli-
zeichnete
sich
Max III. Josef eine Politik der relativen
unter
reichspoli-
tischen Zurückhaltung ab, die durch äußere Entwicklungen noch verstärkt wurde. Schon nach dem lich,
daß der
heblich
Frieden
reichspolitische
zurückgegangen
war.
von
Füssen war
Spielraum
Das
deut-
Bayerns
gescheiterte
er-
Königs-
wahlprojekt war wohl einer der Anstöße für den weltpolitisch
wichtigen
Bündniswechsel
von
neue österreichische Staatskanzler ger
geplant
hatte.
der
Aufstieg
Der
entscheidende
Großbritanniens
zur
Bedeutung der Kontinentalmächte
1756, Grund
reichs war
und
die
ermöglichte.
Frankreichs
Folge;
Weltmacht,
war
der
die und
Das
kontinentalen
Zusammengehen
im Renversement
konsequent
aber
der län-
relativiert hatte
den Briten eine Politik des gesteuerten Gleichgewichts
den
Kaunitz schon
näherten
des
sich
Öster-
alliances
Preußen
und
Großbritannien. Daraus folgte die weitgehende Preisgabe Norddeutschlands durch Habsburg und die Anerkennung
des
deutschen
Dualismus,
endgültige
aber
Wegfall des österreichisch-französischen
auch
der
Spannungsfel-
des in Süddeutschland, das bislang den mindermächtigen Ständen, zu denen nun auch Bayern zu rechnen war, ein Stück Selbständigkeit
ermöglicht hatte. Auch die Kur-
pfalz
-
war
Österreich
betroffen
arrangieren.
sie
mußte
Dadurch
sich
nun
bestimmte
neu
mit
sich
für
beide Kurstaaten die Politik im Siebenjährigen Krieg. In
dieser
Konstellation
suchten
Bayern
wie
60
Press, Frankreich und Bayern
Frankreich Reste der alten Zusammenarbeit zu bewahren. Max III. Josef und seine Minister waren bestrebt, den letzten
Spielraum
erhalten.
bayerischer
Frankreich,
Österreich
Handlungsfähigkeit
das noch
ausgesprochen
1755 Garantien
hatte,
setzte
das
zu
gegen
finanz-
schwache Bayern unter Druck, um es trotz eines britischen Subsidienangebots in der
österreichisch-franzö-
sischen Allianz zu halten. Aber schon 1759 zog Bayern sein Auxiliarkorps zurück. Es entsprach dem Ringen um Freiraum, daß Kurfürst Max III. Josef
1762 sogar die
Chance nützte, auf einen Neutralitätskurs einzuschwenken. Daß sich dabei Bayern auf. Spielregeln der Reichsverfassung
zurückzog,
zeigte,
daß
die
französische
Partnerschaft nur noch begrenzte Möglichkeiten hergab. Nun war der Schwund gelt,
der
durch
bayerischen Eigengewichts
Internationalisierung
Entkonfessionalisierung der deutschen geführt
worden
war.
Selbst
beider wittelsbachischer
und
Politik
bescheidene
Kurfürsten
besie-
teilweise herauf-
Kriegsziele
fanden
keine
Be-
achtung. Die Kinderlosigkeit dagegen
Bayern
vollends
Max 1
III.
ins Visier
der
Josef
brachte
österreichi-
schen Politik, die an Arrondierungen dachte - der Erwerb
Bayerns
hätte
einen
Ersatz
für
den
Verlust
Schlesiens bedeutet. Di^s wollte München im Sinne der wittelsbachischen Solidarität verhindern und die Nachfolge
des
Kurfürsten
Karl
Theodor
von
der
Pfalz
Bayern sichern. Dieser freilich signalisierte
in
Bereit-
schaft zum Eingehen auf einen Austausch Bayerns gegen die österreichischen
Niederlande und war bereit, das
Problem gegen die Interessen des Münchener
Hofes zu-
sammen mit Österreich zu lösen. Daß der Plan
zweimal
am Widerstand Preußens und des Reichssystems scheiterte, hatte vornehmlich seine Ursachen in der Maßlosig-
Press, Frankreich und Bayern
61
keit Josefs II. Frankreich stand den Ambitionen seines Verbündeten seine
Österreich
äußerst
Vermittlungspolitik
1779 war
gegen
die
im
skeptisch Teschener
österreichischen
gegenüber; Frieden
von
Ausbaupläne
ge-
richtet. Formal garantierte es im Frieden die Reichsverfassung mit; in seiner eher peripheren Rolle aber spiegelte
sich
bereits
die
heraufziehende
Krise
der
französischen Monarchie. Deutlich wurde die zunehmende Schwäche Frankreichs auch darin, daß sein alter Protege Karl Theodor, nunmehr Kurfürst in München, und Josef II. die Tauschpläne
weiter
verfolgten
und
damit
auch Krisen im System des Reiches produzierten, wobei Frankreich
zwar
nur
indirekten,
aber
doch
wirksamen
Einfluß nehmen konnte. Natürlich sah Versailles die Pläne des Kurfürsten von Pfalzbayern mit Skepsis, denn die Machterweiterung allen
Österreichs
Maximen
gerade
in
Süddeutschland
französischer
entscheidenden
sisch-bayerische
widersprach
Deutschlandpolitik,
Einfluß
auf
Zusammenspiel
das
gehabt
alte
die
franzö-
hatten.
Daß
überdies an seiner Westgrenze ein neues großes Territorium,
Karl
Theodors
burgundisch-pfälzisches
König-
reich, entstehen sollte, konnte in Paris noch weniger erfreuen. Aber die Politiker des französischen Ancien Regime wurden durch die fortdauernden Pläne nicht mehr lange provoziert. Die Französische
Revolution
verän-
derte die Situation grundsätzlich; die Eroberung
des
schon
den
zuvor
revolutionierten
Belgien
machte
für
alternden Karl Theodor alle Tauschpläne obsolet. Aber auch sie gaben einen Sinn in der
Perspektive
seiner
Münchener Vorgänger, die Dynastie dem Druck Wiens zu entziehen. Aber dieses Modell hatte sich überlebt. Nicht Bayern, sondern die rheinischen Besitzungen der Wit-
Press, Frankreich und Bayern
62
telsbacher
gerieten
revolutionären nicht
mehr
nun unter
Frankreich.
haltbar
den
Bald
erweisen.
starken
sollten
1799
war
Max IV. Josef das Haus Zweibrücken Regierung reich
gekommen,
einem
durchaus vertraut
des
sich
als
mit
Kurfürst
in München
Herrscher,
war,
Druck
sie
mit
der
an
mit
Ministern,
die
Frankdie
von
aufklärerischem und modernisierendem Geist erfüllt waren . Max
IV.
Josef
und
sein
leitender
Minister,
Maximilian Graf Montgelas, lösten das Problem auf ihre Weise.
Beim
Regierungsantritt
fortdauernden
Druck
weiterhin
der
Folge sehr die
mit
aber
schnell
als eine
sich
als ein
französische
französische
Österreichs Annexion
erwies
weit
noch
den
müssen,
das
spielte.
revolutionäre stärkerer
sollte
erweisen,
sie
erleben
Bayerns
das
Monarchie
Republik
Macht
hatten
die
in
als
Endphase.
Die
überdies
nach
der
Machtfaktor
ihrer
sich
In
Frankreich
den
zunehmend
Maximen
alter
französischer Großmachtpläne handelte. Sie wurde vollends zu einem
kalkulierbaren
Partner,
leon Bonaparte als erster Konsul und
sich
eine
gleichsam
an
als
ihre
monarchische
1799
trat
Stellung
ver-
schaffte. Zunehmend wurde das napoleonische zu
einem
Dingen die
entscheidenden
und
drängte
Peripherie
die
Mitspieler
in
habsburgische
des Reiches.
Unter
Napo-
Spitze
Frankreich
den
deutschen
Kaisermacht
diesen
an
Bedingungen
nahmen der neue bayerische Kurfürst und Montgelas
das
alte Spiel mit Frankreich zugunsten eines verstärkten Handlungsspielraumes Bayerns gegenüber dem übermächtigen Nachbarn Österreich erneut auf. Die
bayerische
Außenpolitik
nach
durch den neuen Minister Montgelas mit der
1799
wurde
Souveräni-
tät geführt, die der kritischen Lage allein entsprach; österreichische
Truppen standen
im
Lande,
so daß
zu-
Press, Frankreich und Bayern
nächst reich und
eine
Koalition
unumgänglich
England
suchte
diplomatisch
Montgelas
des
Frankreich.
Dies
traf
sammengehen
mit
So
von
Bayern
Frieden
von
Paris
eine
sich
es
der
von
und
wurde
im
und
Reichsstädte
reichlich
entschädigt.
hat
gezeigt,
die
Mitspieler
bildete
die
einige
Am
Mühe,
und
erkannte
die f o r t b e s t e h e n d e n sichern.
25·
der
die
Im
seine
Bistümer
Eberhard
Weis
Vorstel-
l805
dem
Kaiser
Ratifikation
zu
ei-
Politik
ge-
daß
ein
Zusammengehen erfolgte.
Bündnis
Umgebung
österreichischen
August
Bonaparte
kam
unter
dem
realisieren. Bayern
gegen
Annexionspläne zum
im
die
ei-
Montgelas
zu
Bogenhausener
IV. J o s e f von Bayern
Napoleon; stand
es
neuer-
gegenüber zu
Notwendigkeit,
Kurfürst Max
bayerischen
für
deutschen
das
seiner
Vertrag zwischen nunmehrigen
dessen
erfuhr.
älteren
Voraussetzung,
R i s i k o für M ü n c h e n
Königs
Minister
auf-
Reichsdeputa-
umliegende
daß i n z w i s c h e n
liches bayerisch-französisches
Der
Zu-
entsprachen.
bestimmenden
jedoch
in
Bayern
Entschädigungen
Die T a t s a c h e ,
nem g e m i n d e r t e n
- wieder
l 8 0 1 ) ,
durch
lungen Montgelas'
- das
bayerisch-französi-
Arrondierung
1801
l803
Intentionen
Könige
August
kräftige
die
revolutio-
den
Verluste
daß
längst dem
mit
zum
(24·
des
an
mit
linksrheinischen
Zögern des
Bayern
dachten nun
von
hatte
seine
wurde.
Reichsständen
kam
Luneville
worden war,
hatte
gegenüber
tionshauptschluß
nem
Position
hineingerissen
Politik
deutschen
gedachte.
Gefolge
mit
in M ü n c h e n
der die alte
Vertrag
Rußland
bayerische
Österreich
Bündnisses,
Bonapartes,
schen
Frank-
mit
zumal a l s d i e s e s in die N i e d e r l a g e
Kräfte
Wiederaufnahme
zunehmen
die
Aber
Koalitionskrieges
Reformerische nären
revolutionäre
Verhandlungen
Rücksichtslosigkeit
abgelegt,
Zweiten
das
In
abzusichern.
traditionelle nicht
gegen
war.
63
Verzögerung
Zeichen
einer
und der
star-
64
ken
Press, Frankreich und Bayern
Präsenz
Österreichs
in München
und
eines
fort-
dauernden österreichischen Druckes. Unter dramatischen Umständen setzte Montgelas die Ratifikation durch. In den
Dritten
Koalitionskrieg
zogen
die
bayerischen
Truppen an der Seite Napoleons und hatten
Anteil
an
seinen glanzvollen militärischen Erfolgen. Bayern torialgewinn
wurde
erneut
bedacht;
mit
kombiniert
reichlichem mit
Terri-
einschneidenden
inneren Reformen, konnten Montgelas und seine Mitarbeiter so einen modernen Staat neuer
Weise
sein
schaffen, der in ganz
eigenes Gewicht
geltend
zu
machen
verstand. Äußerer Ausdruck dieser Wandlungen waren die Annahme des Königstitels durch Kurfürst Max Josef am 1. Januar l806 und die Errichtung der staatlichen Souveränität,
beides
im
Preßburger
Frieden
festgelegt.
Napoleon förderte den Ausbau Bayerns ganz planmäßig; es war die alte Politik des Gegengewichts gegen Österreich, die nun einen Höhepunkt erreichte. Die dynastische Verbindung der bayerischen Königstochter
Auguste
mit Eugen Beauharnais, dem Stiefsohn Napoleons und Vizekönig
von
Italien
(I806), bedeutete
das
familiäre
Fundament der Koalition. Aber zugleich begann die
bayerische
Politik
gegen den übermächtigen Partner reservierter
zu wer-
den. Man hatte nicht den österreichischen Druck abgeschüttelt, um unter ein französisches treten.
In
Kontinuität
zu
Plänen
Protektorat
einer
zu
Organisation
des Dritten Deutschland im Alten Reich suchte Napoleon seine
deutschen
Rheinbundes
Partner
in
der
Konföderation
des
(I8O6) zusammenzufassen. Eine Alternative
zum Beitritt hatte Bayern ebenso wenig wie die anderen süddeutschen Staaten; zu sehr war man an Napoleon gebunden, zu tief war der Graben zu Österreich. Der Besitz des habsburgischen Erblandes Tirol, die ständigen
Press, Frankreich und Bayern
Sticheleien des neuen Mittelstaates gegen alte
65
Posi-
tionen Österreichs vergifteten das Klima weiterhin. So unterschrieb
Bayern
die
Rheinbundakte,
wirkte
aber
stets konsequent gegen jeglichen Ausbau der Konföderation.
Der
gleichzeitige
mitglieder
aus
dem
Austritt
Reichsverband
der
Rheinbund-
führte
dessen
herbei. Damit waren auch jene alten Barrieren
Ende
gefal-
len, die die Rechtsgarantien der Reichsverfassung einer Reformpolitik gesetzt hatten. Die
Stabilisierung
des
neuen
Königreichs
Bayern ließ dessen Eigeninteresse gegen Napoleon stärker hervortreten. Der Kaiser bemerkte dies aber
er
mußte
die
bayerische
Sabotage
durchaus,
des
Rhein-
bundausbaus hinnehmen, weil er sich in der permanenten Kriegssituation deutschen
einen
schweren
Hauptverbündeten
Konflikt
Bayern
mit
und
seinen
Württemberg
nicht leisten konnte oder wollte. Die bayerische Politik suchte allen gemeinsamen rheinbündischen
Regelun-
gen durch eigene Maßnahmen zuvorzukommen, etwa mit dem Verfassungsentwurf
von
l808.
Aber
schickten Bemühungen des bedeutenden
trotz
aller
ge-
österreichischen
Gesandten Graf Friedrich Stadion stand Bayern 1809 erneut
auf
der
Seite
Napoleons.
Die
bayerische
Herr-
schaft in Tirol wurde durch einen proösterreichischen Aufstand schwer erschüttert, so daö die Lage nur mit französischer Hilfe bereinigt werden konnte. Aber die latenten politisch
bayerisch-französischen mündig
werdenden
Spannungen,
Kronprinzen
eifrig geschürt, wurden durch die Tiroler weiter
verschärft.
Der
Friede
von
von
Ludwig
dem (I.)
Ereignisse
Schönbrunn
l809
brachte erneut territoriale Gewinne. Doch die Reserven gegen Frankreich wuchsen in München wie in anderen Hauptstädten} das mag mit der zunehmenden
Maßlosigkeit
des Korsen
zusammengehangen
66
Press, Frankreich und Bayern
haben. Doch Max Josef
und
Montgelas
begriffen
auch,
daß Bayern durch Frankreich erreicht hatte, was zu erreichen war; nun drohte eine neue Abhängigkeit. Andererseits erkannte Napoleon, wie Eberhard Weis gezeigt hat, auch die Abkühlung der Stimmung bei Regierung und Volk in Bayern. Die Kriegführung Frankreichs erbrachte zahlreiche gen;
vor
finanzielle allem
die
und
wirtschaftliche
Kontinentalsperre
Belastun-
gegen
England
wurde als drückend und rücksichtslos empfunden. Angesichts dieser Abkühlung war die Annäherung
Napoleons
an Österreich 1810 nicht ungefährlich;
sie wurde ge-
krönt
der
durch
die
Ehe
des
Kaisers
mit
österrei-
chischen Kaisertochter Marie Louise. Die Konsequenzen der
früheren
französisch-österreichischen
Ausgleiche
von 1668 und vor allem von 1756 für Bayern hatten gelehrt, daß sich gerade dadurch der Spielraum scher
Politik
entscheidend
verringern
bayeri-
konnte.
Der
weitere Fortgang der Ereignisse hat freilich die Möglichkeiten, die im französisch-österreichischen Zusammengehen steckten, sich nicht entfalten lassen. Bayern hatte trotz wachsender Reserven, hinter
denen mehr
und mehr
der
Kronprinz
stand,
keine
Wahl, als sich 1812 an dem russischen Unternehmen Napoleons zu beteiligen. Der Feldzug kostete die bayerische Armee etwa neun Zehntel ihres Bestandes. Mit dem Aufbau
einer
neuen
Handlungsfreiheit die
bayerische
Armee
suchte
zu wahren.
Stellung
Montgelas
Zunächst
Bayerns
freilich
ausschließlich
an
hing
Napoleons
Garantien; das Risiko des Abfalls war militärisch kaum einzugehen,
obgleich mit dem
beginnenden
neuerlichen
Koalitionskrieg gegen Napoleon 1813 der Druck der Verbündeten auf Bayern immer größer wurde. Jede Option Münchens aber konnte das Erreichte Als
Gefahr
zeigte
sich,
daß
das
neue
falsche
gefährden. Bayern
als
Press, Frankreich und Bayern
67
Wortführer der Rheinbundstaaten behandelt wurde. "Entschied man sich in München aber für
die
Verbündeten
und siegte Napoleon, so wäre Bayern mit Sicherheit zu einem ausgebeuteten Nebenland des Grand Empire geworden. Blieb man aber auf Seiten Napoleons und
siegten
Rußland und Preußen, so war allermindest die Ausplünderung und Halbierung des Landes zu erwarten, so wie sie
später
Sachsen
widerfuhr,
dessen
König
den
Ab-
sprung von Frankreich nicht gefunden hatte, obwohl er noch früher als Bayern mit Österreich verhandelt hatte" . Montgelas' Staatskunst bewältigte auch diese Situation; ihm kam zugute, daß Metternich das Bündnis mit Bayern Uber die traditionellen
Arrondierungswün-
sche
wurden
Österreichs
stellte.
Dennoch
die
Ver-
handlungen schwierig, aber es gelang Montgelas, nicht nur
Zeit
zu
gewinnen,
sondern
auch
Stellung optimal in die Waagschale
die
bayerische
zu werfen und
zu-
gleich den Bruch mit Frankreich so weit hinauszuschieben, daß er relativ risikolos wurde. Im Vertrag
von
Ried vom 8. Oktober 1813 konnte der bayerische General Wrede mit
Österreich
abschließen,
nachdem
der
König
lange vor dem Treubruch zurückgeschreckt war. Der Vertrag
garantierte
Bayern
Souveränität
und
Integrität
bzw. Entschädigungen bei Gebietsverlusten. Die weiteren Kämpfe sahen die bayerischen Truppen auf der Seite der siegreichen Verbündeten. Der Vertrag von Ried hatte die Grundlage für eine neue Rolle Bayerns
geschaffen.
Dabei
hatte
der
Staatskanzler Metternich stets auch den Ausgleich zwischen Wien
Österreich so
starke
und
Bayern
Tendenzen
im
gab,
Auge, während die
alte
es
Politik
in von
Druck und Härte fortzuführen, daß sie zeitweilig gar die Stellung Metternichs gefährdeten. Bei der endgül-
68
Press, Frankreich und Bayern
tigen territorialen Bereinigung gab Bayern erst Tirol, dann Salzburg wieder auf und erhielt fränkische Gebiete
sowie
den
linksrheinischen
Teil
des
Stammlandes
Pfalz als Ersatz - und damit die charakteristische Gestalt der
des
19· Jahrhunderts;
staatlichen
der
eingeleitete
Zusammenfassung
konnte
Prozeß
fortgeführt
werden. Auch
wenn
Bayern
zunächst
gegenüber
allzu
starken Kompetenzen des Deutschen Bundes die gleichen Reserven
zeigte
wie
gegenüber
sich die neue Konstruktion für
die
künftige
als
staatliche
dem
Rheinbund,
erwies
ein wichtiger
Rahmen
Existenz.
Weis
hat
mit
Recht darauf hingewiesen, daß Montgelas die Vorteile des Bundes unterschätzt habe. Hier dachte der Schöpfer des modernen Bayern allzu stark aus den Kategorien der Souveränität und aus den Erfahrungen der Vergangenheit heraus.
Die
politische
Ordnung
des
Deutschen
Bundes
und der Ausgleich mit Österreich haben dem erneuerten Bayern
eine
ruhige
Existenz
ermöglicht.
Der
neue
Staat, den keineswegs nur die Kontinuität der Dynastie mit dem alten Bayern verband, war nun befreit von dem früheren Schwanken zwischen dem Höhenflug dynastischer Pläne und der Angst vor dem ständig steigenden österreichischen
Druck.
In
der
politischen
Ordnung
des
Deutschen Bundes war der größte Mittelstaat eine ungefährdete
Größe,
ein
Glied
mit
unbestreitbarem
poli-
tischem Gewicht. Der Preis war, daß Bayern den Vorrang Österreichs und auch Preußens anerkannte, daß es seine Expansion nach Westen und Norden gesucht hat. Österreich seinerseits verzichtete auf das neuerliche
Vordringen
in die Kerngebiete des Reiches und restituierte seine Besitzungen in Schwaben nicht mehr. Damit war ein beständiger Ausgleich gelungen. Er bildete freilich eine
Press, Frankreich und Bayern
der
Voraussetzungen
für
die
Lösung
69
Österreichs
von
Deutschland. Auch
wenn
Montgelas
schon
1817
die
Leitung
der bayerischen Politik abgeben mußte, war es vor allem sein Verdienst, Bayern durch die Krisenjahre zwischen 1799 und 1816 erfolgreich durchgesteuert zu haben. Dabei hatte er noch einmal jene Chancen
ergrif-
fen, die sich im Zusammenspiel mit Frankreich
boten,
nachdem diese Möglichkeit bayerischer
längst
Politik
der Vergangenheit anzugehören schien - er nützte sie noch einmal mit Weitsicht
und
Konsequenz.
Dabei
war
dem Minister auch deutlich, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, daß der napoleonischen Ära keine
Dauer
beschieden sein werde. Mit dem Wiener Kongreß aber war das Kapitel Bayern und Frankreich beendet. Die Rückgabe der linksrheinischen
Pfalz
band
Bayern
in mögliche
Konflikte
des Bundes mit Frankreich ein; jeder Vormarsch französischer Truppen mußte fast notwendig auch bayerisches Gebiet
betreffen.
Bayern
des
Aber
Rückhalts
darüber
in
Paris
hinaus nicht
bedurfte
mehr,
es
nun
ergab
sich somit für Frankreich auch keine Möglichkeit mehr, die bayerische Karte zu spielen. Wenn der neue Mittelstaat von einem Spannungsfeld profitieren konnte, so war es nicht mehr jenes zwischen Wien und Paris, sondern das zwischen Wien und Berlin. Anlehnungen an den Hof
Kaiser
Napoleons
III.,
wie
sie
Karlsruhe
und
Stuttgart pflegten, gab es von Seiten Münchens nicht der Appell König Ludwigs II. an den Kaiser der Franzosen, nach dem Kriege von
1866 für Bayerns
zu sorgen, war eine völlig
isolierte
Integrität
Aktion.
Gerade
die Erfahrungen des 19- Jahrhunderts machten deutlich, wie
stark
das Verhältnis
die
Funktion
einer
tief
Frankreich-Bayern im
Mittelalter
bis
1815
wurzelnden
70
Press, Frankreich und Bayern
bayerisch-österreichischen Rivalität gewesen war.
Der Beitrag konnte wegen seines Umfangs nur ohne die Anmerkungen
publiziert
werden.
Der
vollständige,
leicht erweiterte Text wird voraussichtlich erscheinen
in
der
"Zeitschrift
schichte" (1987).
für
Bayerische
Landesge-
Günther Wartenberg
Die Politik des Kurfürsten Moritz von Sachsen gegenüber Frankreich zwischen 1548 und 1550
Verärgert Uber die kaiserliche ließ
Kurfürst
Augsburger
Moritz
von
Reichstag.
Religionspolitik
Sachsen
Ohne
Ende Mai
Einverständnis
ver-
1548 von
den
Land-
ständen und Theologen war er nicht gewillt, dem Interim zuzustimmen. Es erschien
ihm
unmöglich,
kaiserlichen Religionsgesetz die während
kaldischen Krieges in Mitteldeutschland und seines
Territoriums
aufgebrochenen
gleichen, den Emotionen gegen den
mit
des
dem
Schmal-
innerhalb
Gegensätze
auszu-
"Judas von Meißen"
entgegenzuwirken, die bisherigen ernestinischen Gebiete voll zu integrieren.
Die
zähen
Verhandlungen
mit
dem Albertiner und der politische Druck auf die widerstrebenden
und
zögernden
Reichsstände
verdeutlichten
die Entschlossenheit, mit der Karl V. und Ferdinand I. das
Interim
Opposition
durchsetzen
und
zugleich
die
politische
zurückdrängen wollten. Daher ist es nicht
überraschend,
wenn
der
jüngste
Kurfürst
des
Reiches
sich bereits ab 1548 bemühte, seine Position unter den Fürsten zu stärken und in Gesprächen die beiderseitigen Beziehungen zu entwickeln.
Das gilt für
Kurfürst
Joachim II. von Brandenburg, Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel,
König
Ferdinand
I.,
aber
auch für Markgraf Johann von Brandenburg-KUstrin, mit dem ihn die Ablehnung des Augsburger Interims verband. Die Vorbereitungen für eine Heirat Herzog Augusts mit der dänischen Königstochter Anna gehörten ebenfalls in das Konzept der Konsolidierung und Bewahrung der 1547
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
72
in
Mitteldeutschland
der
Suche
nach
schwankende
geschaffenen
möglichen
kaiserliche
Verhältnisse
Bundesgenossen
Politik.
sowie
gegen
Während
die
Kurbranden-
burg und Kursachsen gleiche Interessen und ihre Stellung
als Kurfürstentümer
zwischen
Moritz
und
verbanden,
entwickelte
Johann vorübergehend
ein
sich
freund-
schaftliches Verhältnis, das sich durch die kursächsische
Politik
in der
Interimsfrage
und
gegenüber
der
Alten Stadt Magdeburg aber bald wieder abkühlte. Der Anstoß Juni
1548
sich
ging von Johann
entschuldigte,
aus,
der
daß er Moritz
Rückreise vom Reichstag nicht besucht hatte*. lich
war
dieser
vereinbart Interims für
worden.
sah
der
Absprachen.
auch
Gedankenaustausch
Moritz
in
In
der
gemeinsamen
Markgraf Er
schlug
seiner
noch
in
26.
auf
der
VermutAugsburg
Ablehnung
eine
tragfähige
eine
Begegnung
sofort
am
erfolgten
des
Grundlage vor.
2
Wenn
Antwort , in
der er seine bisher eingenommene Haltung zur kaiserlichen Religionspolitik
bekräftigte, wegen einer
Zusam-
menkunft zur Vorsicht mahnte, trafen sich die beiden Fürsten doch3 Mitte August auf der Jagd im Elbsandsteingebirge . Aus späteren Briefen lassen sich die Ergebnisse der Geheimgespräche erschließen. Sowohl Pommern wie in
Polen
sollten
wegen
der
in
Unterstützung
eines Widerstandes gegen den Kaiser Erkundungen erfolgen^.
Im Verlauf
Oktober
in
Vollmacht rosten
von
der
Torgau
von
Hochzeit
konnte
Moritz
zu
Johann
eine
Diese
von Gorka,
nennt vom
eine Verpflichtung zum gegenseitigen dem sche
nur möglichen
Angriff
Streitigkeiten
Augusts
Verhandlungen
Posen erlangen.
Kontakte mit Andreas
Herzog
August, sich den Habsburgern
schriftliche mit
dem
als
Ziel
polnischen
Stader
König
Beistand bei je-
zu erhalten"*.
veranlaßten
Anfang
jedoch
InnenpolitiSigismund
II.
zu nähern, so daß dieser
73
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
Bilndnisversuch nicht zum Ziel kam. In
den
nächsten
Monaten
setzte
Moritz
nächst auf einen Ausgleich mit dem Kaiser, um
zu-
endlich
die Freilassung Landgraf Philipps von Hessen zu bewirken, um Entscheidungen Karls V. in den sich hinschleppenden Ausgleichsverhandlungen erreichen sowie um die Ferdinand und
den
über
das
Ersatz
für
zähen
mit den Ernestinern Verhandlungen
erzgebirgische die
Amt
böhmischen
mit
zu
König
Schwarzenberg
Lehen
Eilenburg,
Leisnig und Colditz ohne größere Verluste zu beenden. Die kaiserlichen Mandate zur Exekution der Acht die Alte
Stadt Magdeburg verlangten
gegen
politisches
Tak-
tieren. Auch glaubte man in Dresden, nur durch punktuelles
Entgegenkommen
in der
Interimsfrage
-
allem die Adiaphora betraf - das für andere
was
vor
Entschei-
dungen notwendige Wohlwollen des Reichsoberhauptes erhalten. So bildeten
die Verbindungen
zu
zu Johann
nur
eine Linie im politischen Handeln des Kurfürsten,
die
Moritz von sich aus nie aus den Augen ließ. Der Markgraf konnte nur schwer die Vielschichtigkeit sischer
Politik
in
diesen
Monaten
kursäch-
durchschauen.
Er
vermutete Verrat an der evangelischen Sache und begegnete nach dem Leipziger
Landtag dem Albertiner
mend mit Mißtrauen, das erst Anfang
zuneh-
1551 wieder
abge-
baut werden konnte. Mit der Torgauer
Abrede
vom
6. Oktober
1548
hatten die beiden Verbündeten Karls V. im Schmalkaldischen Krieg den Weg
für
ein antikaiserliches
betreten, dessen äußerlicher
Anlaß die
Bündnis
Religionspoli-
tik der Habsburger bildete. Bewaffneter Widerstand gegen den Sieger von Mühlberg erschien Moritz und Johann möglich.
Der
Grundstein
zum
späteren
Fürstenaufstand
war gelegt. Obwohl die Absichten des im Brennpunkt der Reichspolitik
stehenden
Kurfürsten
mit
denen
des
Re-
74
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
genten
einer
Sekundogenitur
jenseits
der
Oder
wenig
übereinstimmten, tat Moritz alles, um den Markgrafen an
sich
zu
binden. Das
gemeinsame
evangelische
Be-
kenntnis reichte in der Interimssituation jedoch nicht aus, um trotz politischer Differenzen zu einem festeren Bündnis zu kommen. Neben Polen spielte vermutlich Dänemark eine gewisse Rolle*', von Frankreich war noch nicht die Rede, da es sich zunächst um ein defensives Verteidigungsbündnis evangelischer Territorien handelte . Für die umsichtige und vorsichtige Art, mit der Moritz nach den demütigenden kaiserlichen und
Pläne
Italien
Diplomatie
weiterverfolgte,
Anfang
1549·
Erfahrungen mit der
Entscheidungen spricht
Äußerlicher
vorbereitete
seine
Anlaß
Reise
war
die
nach Be-
grüßung Prinz Philipps von Spanien an der Grenze des Reiches in Trient. Die Besuche in Venedig, Mantua und Mailand belegen sein Interesse, sich selbst
ein Bild
von der politischen Lage zu machen. Dazu gehörte ferner
ein
Besuch
bei
dem
7
franzosenfreundlichen
Herkules II. von Ferrara . Der sche
Gegensatz
blieb
dem
Herzog
habsburgisch-französi-
jungen
Kurfürsten
sicher
nicht verborgen. Ohne daß wir Anhaltspunkte dafür haben, muß ihm die Rolle Frankreichs bei einer Auseinandersetzung der deutschen Fürsten mit Karl V. klar ins Blickfeld
getreten sein. Prinz
Bemühungen
um
eine
Freilassung
Philipp
wurde
Philipps
von
in
die
Hessen
einbezogen. Der Kardinal von Trient, Christoph von Madruzzo, unternahm alles, um in Moritz die Hoffnung zu nähren, mit dem Prinzen könne dieses Problem endlich g gelöst werden . Daher bemühte sich die
kursächsische
Politik in diesen Monaten, keinen Zweifel an der Kaisertreue
des
Kurfürsten
aufkommen
zu
lassen.
Moritz
selbst schrieb an Karl V. und trat energisch Gerüchten
75
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
entgegen, Bündnis
daß
sein
Bruder an einem antikaiserlichen ο sei . In diesem Zusammenhang über-
beteiligt
rascht
es
Werben
Johanns
nicht,
wenn
jetzt
der mehr
Albertiner
gegenüber
Zurückhaltung
dem
zeigte,
was
jedoch nicht eine Aufgabe der Bündnispläne bedeutete. Die
habsburgfreundliche
albertinischen
Außenpolitik
Grundkonzeption 1541
nach
und
die
der damit
verbundene Weigerung, dem Schmalkaldischen Bund beizutreten, schen
verhinderten
dem
in
herzoglichen
diesen Sachsen
Jahren und
Kontakte
Frankreich.
zwiDurch
den hessisch-habsburgischen Geheimvertrag vom 1 3 · 1541 verpflichtete
sich Moritz, mit dem Rivalen
Juni Karls
V. kein Bündnis einzugehen'". Die antifranzösische Politik des Kaisers
wurde
ihm mitgetragen.
von
1543 ein Dienstvertrag mit dem Reichsoberhaupt ritz
1
Forderungen gescheitert
war",
nahm
er
Nachdem an Moim
fol-
genden Jahr als Oberst über 1 0 0 0 Reiter mit Herzog Au12 gust am Krieg des Reiches gegen Frankreich teil . Jedes
Gerücht
von
Verhandlungen
über
den
Eintritt
in
französischen Dienst wies er von sich, während er dem englischen König Heinrich
im Herbst 11544 einen 3 Kriegsdienst gegen Frankreich anbieten ließ . Als Johann
Friedrich
d.A.
VIII.
Anfang
1547
Leipzig
versuchte man vermutlich von ernestinischer
belagerte, Seite mit
der brieflichen Aufforderung an August, seine angeblichen
Dienstzusagen
gegenüber
Frankreich
zu
erfüllen,
die albertinischen Brüder zu entzweien'^. Ähnliche Absichten hatte schon König Franz I. verfolgt, als er am 5. April trug*~*.
1545 August So
wie
eine französische
dieser
das
französische
Bestallung
an-
Ansinnen
ab-
lehnte, ließ er sich auch später nicht - trotz vieler Spannungen mit dem Bruder - gegen Moritz gebrauchen. Zu Recht vermutet Karl Erich Born eine Zäsur in der albertinischen Politik im Sommer 1549 und führt
76
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
sie
auf
das
Bekanntwerden
des
innerhabsburgischen
Streites um die Nachfolge im Reich z u r ü c k ^ .
Im August
1549 erwiderte König Ferdinand den von Moritz ihm zwei 17 Monate zuvor in Prag abgestatteten Besuch . Zu den Themen der Gespräche in Marienberg gehörten die allgemeine Entwicklung im Reich, das Interim und seine Verwirklichung in Sachsen,
die
Exekution
der
Acht
die Alte Stadt Magdeburg, die Gefangenschaft Philipps.
Noch
während
der Verhandlungen
gegen
Landgraf
erhielt
Mo-
ritz die Mitteilung, daß trotz aller Fürbitten ein Ende der Gefängniszeit Der
Druck
aus
Philipps
Hessen
auf
nicht
zu erwarten
den . Kurfürsten
nahm
sei. zu.
Am
Tage der Abreise des Königs, am 22. August, erschienen die beiden hessischen
Gesandten Wilhelm von
und Simon Bing mit einer ausführlichen Moritz
und
Joachim II.,
größeren
Bemühungen
Zugleich
nutzten
um
um
der
Hessen die Gelegenheit
Instruktion
an
die beiden
Kurfürsten 18 zu Freilassung zu bewegen
die
aber
Schachten
Gastgeber
und
die
zu einer umfassenden
beiden
Bestands-
aufnahme in der landgräflichen Sache. Nur aus der späteren
Entwicklung
bertiners, eine
alles
rhetorische
erscheint für
die Versicherung
die 1 9 Befreiung
Floskel
. Neben
mühungen durch Gesandtschaften
des
Al-
mehr
als
bisherigen
Be-
zu den
tun,
und Fürbitten und Ein-
gehen auf die kaiserlichen Auflagen, die Freiheit Philipp des
zu erlangen,
Landgrafen
birg"
sah
entstand
der
vorzubereiten.
vor,
Heinrich
von
Plan,
Der
eine
"abschid
Schachten,
Flucht
uffem
einen
für ge-
Bruder
Wilhelms, nach Frankreich zu senden, um dem Landgrafen 20 dort eine Zuflucht zu ermöglichen Zusammengehen geplant. in
Für
Aussicht
mit. König die
Heinrich
Befreiungsaktion
genommen,
mit
dem
. Ein militärisches II.
war
wurde
die
noch
Klaus
ersten
nicht Berner
Gespräche
noch Ende Oktober stattfanden, die Mitte Dezember ohne
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
77
Ergebnis fortgesetzt wurden. Nicht zu erfüllende Geldforderungen des Befehlshabers protestantischer
Truppen
in Norddeutschland an Hessen, die noch aus dem Schmalkaldischen 21 Einsatz
Krieg
stammten,
verhinderten
seinen
. Enttäuschung und Verärgerung Uber die
kai-
serliche Hinhaltetaktik gegenüber dem gefangenen Landgrafen veranlaßten Moritz, sich an Frankreich
zu wen-
den. Dieser Entschluß war bereits gefaßt, bevor er im März
1550 mit
Markgraf
denburg-Kulmbach
Albrecht
Alkibiades
von
Bran-
sich absprach, bevor er - vermutlich
durch Herzog August - vom Königsberger Bund erfuhr und bevor die Fürsten um Johann von Küstrin in Frankreich Anschluß suchten. Die in der bisherigen Literatur hervorgehobene
Parallelität
und von Johann
und
durch
die
langsame
seinen
immer
wieder
der
Ansuchen von Moritz 22 Verbündeten erklärt sich
Verwirklichung
der Annaberger
Ab-
sprachen. Moritz selbst wünschte am 27. September
1549
vor
noch
eine
einer
Weiterführung
Zusammenkunft
weiter
mit
nachgedacht
"des Bing, 23
habe
reiste
nach
da er
. Der
wähnten Unterhandlungen mit und
bewußten
über
Rat
Berner
Sachsen^.
Nach
handels" "die
wartete am
Sache" die
er-
26. Oktober
einem
Bericht
ab vom
Frühjahr 1550 ging der Albertiner bei den Geheimberatungen einen Schritt mit
Frankreich
in dem angestrebten
weiter.
Heinrich
von
Einvernehmen
Schachten
sollte
dort erkunden, was Moritz
"des orts vor wind und
zu versehen"
der
habe.
Würde
Abgesandte
sich
Aufgeschlos-
senheit spüren, sollte er den König um ein "frund.lichs der 2 Kurfürst seine weiteren 5 ableiten könne . Die Frage der Kosten
briflin" bitten, aus Entscheidungen für
die
Der
Kurfürst
30.
dem
Befreiungsaktion
November
stellte in
1000
Hessen
wurde fl.
ebenfalls
besprochen.
zur Verfügung,
übergeben
wurden^.
die
am
Berner
78
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
27 sollte
eine
kursächsische
Bestallung
erhalten
.
Im
Dresdener Staatsarchiv liegt der Entwurf für eine Verschreibung von Herzog August für den Befehlshaber Uber 28 5000 fl., die Weihnachten 1552 zu bezahlen waren Moritz war bereit, die Kosten für die Vorbereitung der Flucht des Landgrafen zu übernehmen. Das Projekt blieb jedoch zunächst unausgeführt,
da Berner wenig
Bereit-
schaft zeigte; möglicherweise mißtraute er den Albertinern von
der
und vermutete
genannten
Bestallung
keine
Ausfertigungen.
wurde
davon
jetzt seine
Falle, und
denn wir
der
Politik
an
Vorsichtig
Stellung
griffe in die
zeigen
zum
sich
Interim.
aus, durch
Kirchenordnung
haben
Verschreibung
Annäherung
Person mit ein. Die neuen
laufen die Versuche stellen.
Die
nicht betroffen.
albertinischen veränderten
eine
beiden
Frankreich
bezog
Moritz
Akzente
in
der
ebenfalls
in
der
Im Spätherbst
Modifikation
den
Kaiser
1549
und
Ein-
zufrieden
Die Öffnung nach Frankreich bedeutete
zu
keinen
Kurswechsel, sie wurde von Moritz selbständig und ohne Räte, nur im Einverständnis mit seinem Bruder und mit Wissen seiner Frau Agnes, fen, zog
systematisch Heinrich
von
einer
Tochter
des
Landgra-
weiterverfolgt.
Am
Schachten
Frankreich,
nach
1. Februar
1550
nachdem
die Räte ihn - wohl zur Tarnung - mit Kredenz und Instruktion
offiziell
zu 29 Herzogin ringen abgeordnet hatten Wilhelm
von Schachten
Christine
und
von
Loth-
Bing schickten
am
16. Februar 1550 einen Zwischenbericht an Moritz"^, um ihre
Bemühungen
Heinrichs
zu
unterstreichen
von Schachten
und
mitzuteilen.
die
Nicht
Absendung ganz
klar
wird die ebenfalls erwähnte Sendung von Berner an die andere
"meit", die eine beträchtliche
terstützung zugesagt
finanzielle
Un-
habe, was aber wegen anderer
Sa-
chen abgelehnt wurde. Ob es sich dabei um König Chri-
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
79
stian III. von Dänemark handelt? Mit dem kurzen
Satz,
er wolle sich nach dem Inhalt jenes Briefes richten, 31 antwortete Moritz . Bevor er am 4· April die beiden 32 Vertrauten aus Hessen wieder nach Dresden einlud , beriet er sich Mitte März·mit
Albrecht
Zwickau.
vom
gangen,
Die der
Initiative
war
den Markgrafen
wegen
Alkibiades
Kurfürsten seines
in
ausge-
für
England
geworbenen Kriegsvolks zum Kommen aufgefordert
hatte.
Er mußte sicherstellen, daß diese Truppen, falls
Eng-
land sie nicht benötigte, nicht zu einer Bedrohung des neuen Kursachsen wurden. Unter
dem
Eindruck
der
englischen
Wünsche
sowie der unerfüllten Versprechungen des Kaisers hatte Albrecht im August Habsburgern einstigen Krieg ben,
die
da
gelöst.
So
seinen lag
Waffengefährten
auch
Moritz
1549
im
Interesse
Pläne
der
Dienstvertrag
mit
den
Unterredung
mit
dem
die aus
dem
Schmalkaldischen
des Markgrafen.
gegenüber
Frankreich
unternehmungslustige
Mit
ihm
muß
besprochen
ha-
Kriegsmann
sofort
sich veranlaßt sah, ein weitreichendes Konzept zu ent33 werfen und Ende März dem Kurfürsten zu übersenden . Ziel des Bedenkens ist es,
in wohl
vorbereiteten
und
gut durchdachten Unterhandlungen die untragbare Servitut des Kaisers abzuschütteln, ohne sie mit einer deren, einer französischen, zu vertauschen. gionsfrage spielt unterrichtete
Die Reli-
eine untergeordnete Rolle.
Albrecht
an-
Zugleich
Alkibiades den Kurfürsten
über
seine Begegnung mit Herzog August auf der Rückreise in Weißenfels.
Aus dem
Brief^^
geht
hervor,
daß
dieser
über den am 26. Februar 1550 in Königsberg abgeschlossenen Bund zwischen Herzog Albrecht zog Johann Albrecht
von Mecklenburg
von Preußen, Herund Markgraf
Jo-
hann voll unterrichtet war, daß August mit seinem Bruder das weitere Vorgehen abgestimmt
hatte und daß Al-
80
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
brecht
Alkibiades
in
Kaiser
gerichteten
Planungen
setzung
für
den
die
kursächsischen, einbezogen
inneralbertinischen
brüderliche Vertrag vom 5· März
gegen
war.
Konsens
1550,
der
den
Vorauswar
die
der
gegen-
seitigen Streitigkeiten zu Augusts Zufriedenheit
bei-
35 gelegt hatte
.
Mit
doppeltem
Auftrag
Schachten und Bing Anfang
April
zogen nach
Wilhelm
Kursachsen.
von Von
Landgraf Wilhelm und Landgraf Ludwig erhielten sie ein Schreiben,
das
Moritz
und
Joachim
II.
aufforderte,
sich entsprechend ihrer Verpflichtung vom 4· Juni 1547 bis zum 31· Juli 1550 nach Marburg in Haft zu begeben, wenn bis zu diesem Zeitpunkt Philipp von Hessen nicht entlassen sein sollte same
Öffentlichkeit
Verhandlungen
. Dieses
bestimmt
zwischen
war
wie
für
auch
die
die
brandenburgischen,
aufmerk-
intensiven kursächsi-
schen und hessischen Räten 37 mit Wilhelm und Moritz Anfang Juni in Langensalza und das Tauziehen Uber einen möglichen Besuch des Reichstages durch die beiden Kurfürsten. Die in den hessischen und sächsischen Protokollen festgehaltenen heftigen
Kontroversen
sollten
mißtrauische und argwöhnische Beobachter beruhigen, um ohne
großes
Aufsehen
können. Dabei ist
die
sicher,
Fluchtpläne daß
fast
vorantreiben
allen
zu
beteiligten
Räten ihre Rolle als Architekten einer Fassade, hinter der die Geheimverhandlungen mit Frankreich
weitergin-
gen, nicht bewußt gewesen ist. Nicht übersehen darf, daß Moritz sich außerdem den Weg einer
werden
Verstän-
digung mit dem Kaiser offenhalten wollte und die Mehrgleisigkeit für die albertinische Politik jener Monate charakteristisch
war. Nach dem Einverständnis mit Au-
gust und Albrecht Alkibiades stand er vor der Aufgabe, die
Auswirkungen
des
Königsberger
Bündnisses
grenzen und mögliche Verbindungen mit den
zu
be-
Ernestinern
81
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
zu verhindern. Herzog Johann Wilhelm weilte im Februar 1550 in Königsberg und hatte an den Gesprächen der ge-3 g gen das Interim eingestellten Ihre
möglichen
Fürsten
Bundesgenossen
oder in die eigene Politik
einbezogen
Kaiser kaum ein wirkungsvoller - die Bettelbriefe Johann
Friedrich
vom Winter
dienten
als
teilgenommen
mußten
.
neutralisiert werden.
Da
vom
Schutz zu erwarten war 1546/47
um Hilfe
Warnung
-,
gegen
sah
sich genötigt, die Gespräche mit Frankreich
Moritz
fortzufüh-
ren und zu Absprachen zu gelangen. Auf Christian
III.
von Dänemark konnte er über Herzog August einwirken. Wilhelm von Schachten.und
Bing brachten
er-
mutigende Ergebnisse der Sendung Heinrichs von Schachten nach Frankreich
mit:
Heinrich
II. wollte
Philipp
nach seiner Flucht aufnehmen. Daß Moritz "statlich und mer dan ein ander f. wider inen sich hab prauchen lassen", wollte der König vergessen
und
ihm mit
Freund-
schaft begegnen. Da er ihm jedoch nichts Schriftliches mitgeschickt
habe,
könne
er
den
gewünschten
kurzen
Brief nicht verfassen lassen. Der Kurfürst werde auch dem
mündlichen
sich
bereit,
Stillschweigen beiden
mit
Moritz
Fortgang
mit
den
Beratungen
mit
. Zur gleichen Zeit übergeben*^.
Ob
ließ der
dem 1 ο Kurfürsten angekündigte ErBerners tatsächlich stattfand, läßt
sich aus den Akten nicht belegen. Schließlich man
die
gegenüber
kundigungsritt barte
erklärte
sowohl
der Verhandlungen
Die vereinbarten, \ 0 erneuten
Berner erfolgten Anfang Mai 7· Mai
König
betrafen
Moritz weitere 600 fl. in Hessen am
Der
Befreiung des Landgrafen als auch den
verbundenen
Franzosen.
glauben.
Abgesandte unter strengstem 19 empfangen . Die Gespräche der
zu
Hessen
vorzubereitende damit
Bericht weitere
in
Dresden
eine
neue
verein-
Gesandtschaft
Frankreich und besprach die kursächsische
nach
Instruktion,
82
mit
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
der Heinrich
von
Gleisenthal
als
Vertrauter
von
Moritz am 1. Juni in Kassel eintreffen sollte, um mit Heinrich von Schachten zu r e i s e n ^ . Mit der Entsendung eines eigenen Gesandten bekundete Moritz die die
Zusammenarbeit mit
Heinrich
II.
Absicht,
fortzuführen
und
auszuweiten. Seine Kriegsdienste von 1545 entschuldigte er in der Instruktion als damals "gewesener pensionirer" . An ein Bündnis oder eine gemeinsame sche
Aktion
gegen
den
Kaiser
dachte
der
militäriAlbertiner
noch nicht. Ihm ging es um die Zusage, ob er beim König "Sicherheit
gnad und frundschaft"
findet, wenn er
in Verbindung mit Philipps Gefangenschaft nis
geraten
würde.
Als
Gegenleistung
in Bedräng-
bot
er
seine
Dienste auf dem bevorstehenden Reichstag an. Zum weiteren
"handel"
sollte
dem
er
Heinrich
schicken,
mit
persönlich
"frembder
Sprachen unerfaren"
Besprechungen
zu Langensalza
reich
behandelt
erneut
einen reden
sei. Weil die
wurde,
am
Sendung
erhielt
Vertreter
könne,
da
Rande
nach
er der
Frank-
Heinrich
Schachten erst am 11. Juni von Landgraf Wilhelm
von seine
Instruktion. Diese Schloß ebenfalls die Bitte um Asyl ein, aber mit dem Zusatz, Möglichkeiten für einen Widerstand im Reich und in Hessen zu b e n e n n e n ^ . Mit gewisser Ungeduld wartete Moritz auf die französische A n t w o r t ^ ; im politischen Handeln duldete er
keine
Verzögerungen.
Während
die
Gesandten
aus
Frankreich zurückreisten, lehnte Karl V. gegenüber dem kurbrandenburgischen
Rat Jacob Schilling und dem kur-
sächsischen Christoph von Karlowitz die Entlassung des Landgrafen mit Bestimmtheit serliche einiger
Vertreter, Fürsten
Einwirkungen rechnen,
auf
Sigismund
Seid,
dem
Reichstag
auf
zurück, ohne
denn
diese
ab. Dabei führte der kai-
Georg
Moritz
würden
und
seiner
das
Fehlen
französische
Joachim
Meinung
dazu nach
zu als
83
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
treue Untertanen solchen Bestrebungen nicht
folgen
.
Moritz reagierte sofort und ließ durch seine Räte in Augsburg dem Kaiser seine Ergebenheit und Treue bekunden. Er bat, sich verantworten zu können, wenn er denunziert, wiirde^. Bei der Korrektur des ursprünglichen Entwurfs tilgte Ludwig Fachs die zweimalige Erwähnung des
französischen
Königs
und
Λ8
Kriegsdienste gegen Frankreich
den
Hinweis
auf
die
. Bei der mehrfach um-
gearbeiteten Antwort von Moritz und Joachim II. an den Kaiser vom 16. August wurden ebenfalls alle Bezüge auf Frankreich
im albertinischen Entwurf
gestrichen:
Mo-
ritz weise alle Verdächtigungen zurück, die ihn einer Zusammenarbeit mit Heinrich II. bezichtigten. Im Auftrag des Kaisers habe er sich im Krieg gegen Frankreich verdient gemacht, so daß er kaum das Vertrauen 49 des Königs gewinnen könne . Offensichtlich kannten die Erstverfasser der Entwürfe die inzwischen geknüpften Beziehungen zu Frankreich nicht. In der Tat konnte Moritz Mitte August 1550 nicht mehr erklären, daß nach Frankreich keine Verbindungen bestehen, und an einer Behandlung dieser Problematik in den Verhandlungen mit Karl
V.
nicht
interessiert
sein.
Zur
gleichen
Zeit
entstand in Zschopau der Entwurf einer Instruktion für eine
zweite
Sendung
Gleisenthals
nach
Frankreich^®.
Wilhelm von Schachten und Bing waren dafür in die Abgeschiedenheit des Erzgebirges gekommen. Diese Werbung markierte einen wichtigen Schritt im Vorfeld des Fürstenauf standes . Sie Bündnis,
um
enthält
gemeinsam
begegnen. Ausführlich
den
Vorschlag
der kaiserlichen schildert
die
zu
einem
Übermacht
Instruktion,
zu wie
die landgräfliche Sache sich seit 1547 entwickelt hatte - ein entsprechender Bericht lag bei -, welche Infamie die weitere Haft Philipps für daß
er
erst
jetzt
die wahren
ihn bedeute
Absichten
des
und
Kaisers
84
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
wahrgenommen habe. Als Ziel seines Vorstoßes benannte Moritz die Wiederherstellung seiner Ehre und die Wahrung deutscher Libertät. Die Zeit der gegenseitigen
Beobachtung
und
Annäherungsversuche war zu Ende. Moritz hatte sich für eine zeitlich begrenzte und mit bestimmten Zielen verbundene
Allianz
mit
Frankreich
entschlossen.
Am
19·
September schrieb er nach Hessen, daß Gleisenthal abgefertigt sei, denn der "handel" habe sich durch weitere Überlegungen hingezogen. Dabei kündigte er seine Reise nach Augsburg zum Reichstag an, um "zum letztern mal umb erledigung"
des
Landgrafen
zu bitten"*^.
Mit
dieser Begründung beabsichtigte er, Zweifel an seiner Bereitschaft zum Bruch mit Karl V. zu zerstreuen. Ob Moritz läßt
tatsächlich
sich
nicht
nach
Augsburg' aufbrechen
entscheiden.
Die
mehrfach
wollte, geäußerte
Absicht könnte auch als ein Hinhalten des Kaisers verstanden werden. Nicht ohne Eindruck blieb die Warnung Konrads von Hanstein vom
14· September, Moritz laufe 52 . Das
Gefahr, Land, Leben und Herrschaft zu verlieren längere
Ausbleiben
deckung
seiner
sich
der
Gleisenthals
Pläne befürchten
Tragweite
und
des
ließ "53
ihn
. Der
Risikos
eine
Ent-
Kurfürst
seines
war
Koopera-
tionsangebotes an Heinrich II. bewußt. Die Stimmung in Augsburg vermittelt ein Bericht Johann Friedrichs d.Ä. an seinen Kanzler Erasmus von Minckwitz^. Den Herzog erfüllte gesteigertes Mißtrauen, daß sich in die Ausgleichsversuche mit Moritz Herzog August und Markgraf Johann eingeschaltet hatten. Er vermutete "etwas sonderliche vnd Neues" und ein neues Bündnis, weil viele Fürsten dem Reichstag fernblieben. Denn die öffentlichen Erklärungen der kursächsischen Vertreter auf dem Reichstag zur Religion und zum Konzil^"* würden Moritz noch
Schwierigkeiten
bereiten.
Mit
dem
"Kauffman
so
85
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
bis here in bewustem geldhandel
zu thun gehabt"
meint
der Ernestiner vermutlich den französischen König.
In
der Tat hatte das klare Eintreten Kursachsens für ein allgemeines,
freies,
lassen und viel Johann
christliches
Zustimmung
Friedrich
erhalten,
verunsichert.
Damit
die traditionelle protestantische der
aufgenommen,
sondern
Konzil
auch
aufhorchen andere
wie
wurde nicht
aber
nur
Konzilspolitik
das
kaiserliche
wieReli-
gionskonzept von 1548 ernsthaft in Frage gestellt. Die Entscheidung für eine Koalition mit Frankreich zu mehr Distanz zum Kaiser
und
zu größerem
führte
Selbstbe-
wußtsein in der Reichspolitik. Ende September trat in der Magdeburger Frage eine
folgenschwere
Wendung
ein.
Mit
Truppen
von
abgebrochenen Belagerung der Stadt Magdeburg Herzog
Georg von Mecklenburg
im
Erzstift
erschien
und
schlug
die Magdeburger bei Hillersleben vernichtend. Vor Toren
der
geächteten
Heer, das jederzeit
Stadt
lag
für den
ein
Kaiser
gut
die
der
den
gerüstetes
Exekution
der
Reichsacht durchführen, seinen Befehlshaber in den Besitz Magdeburgs setzen und diesem Einfluß auf die Besetzung des vakanten erzbischöflichen Stuhls einräumen konnte. Wenn die Truppen dem Kaiser unterstanden, bildeten
sie
stände.
ein
Druckmittel
Moritz
abzuwenden. Spielraum
mußte
Nur
und
so
seinen
gegen
versuchen, bewahrte Einfluß
der Schlacht bei Hillersleben ein Treffen v o r ^ ,
unbotmäßige die
er in
drohende
seinen
Gefahr
politischen
Magdeburg.
schlug
Reichs-
Noch
er Herzog
in dessen Verlauf er die
vor
Georg
Übernahme
der Truppen vereinbarte. Georg trat in seinen am 2. Oktober Die Gefährdung auch
die
schworen seiner
Möglichkeit
die
Truppen
politischen beseitigt,
dem
Dienst, c7 Kurfürsten .
Pläne war daß
Georg
gebannt, mit
Truppen gegen seine Brüder zog. Die Verhandlungen
den mit
86
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
Frankreich konnten weitergeführt werden, nur mußte dem König erklärt werden, daß die wegen der Magdeburg
geführten Verhandlungen
mit
politische Wende bedeuteten. Durch
Truppen
Karl
V.
schnelles
vor
keine
Handeln
hatte Moritz das Heer vor Magdeburg für sich gewonnen. In die Unterhandlungen mit
Frankreich,
aber
auch
in
die Gespräche mit dem Reich wegen Magdeburg konnte er diesen
Machtzuwachs einbringen,
der
aber
gefährlich
wurde, wenn er ihn zur Exekution der mehrfach erneuerten
Reichsacht
gegen
die
Alte
Stadt
Magdeburg
ver-
pflichtete. Das Problem Magdeburg war weder ohne noch gegen Moritz zu lösen. Spätestens am 6. Oktober dachte dieser nicht mehr an einen Besuch des Reichstages
rg
.
Vor den "Klauen" des Kaisers warnten ihn nun auch die 59 Hessen . Die Magdeburger Ereignisse gaben zudem einen triftigen
Entschuldigungsgrund,
um
Sachsen
nicht
zu
verlassen. Ohne
den
kaiserlichen
Auftrag
abzuwarten,
der erst Ende Oktober im Feldlager vor Magdeburg eint r a f t , versuchte Moritz in den folgenden Wochen, die geächtete Stadt zu einem Vertrag zu bewegen. Für sein weiteres
Vorgehen
wäre
es vorteilhaft
gewesen,
wenn
diese Übereinkunft sowohl das Domkapitel und die Stände des Erzstifts, Karl V. und die Magdeburger zufrieden
gestellt
als auch den
kursächsischen
entsprochen hätte und wenn sie die Pläne
Interessen mit
Frank-
reich nicht berührt hätte. In mühsamen und zeitraubenden
Verhandlungen
versuchten
vor
allem
Beauftragte
Fürst Georgs von Anhalt, Albrecht Alkibiades, Joachim II., Markgraf Johann, Johann von Heideck, Berner, Graf Christoph von Oldenburg, der mecklenburgische Johann
Scheyring
bringen^*.
Die
u.a.,
einen
Stadt hielt
Ausgleich
alle
Kanzler
zustandezu-
Vorschläge
für
un-
annehmbar und hoffte auf Entsatz und Hilfe aus Nord-
87
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
deutschland. Ob Johann von Küstrin ernsthaft an einer Verständigung
interessiert
war,
bleibt
offen,
und seine Verbündeten mit französischer
da
er
Unterstützung
rechneten. So wird mancher Unterhändler weniger an einem
Vertragsabschluß
vielmehr
an
direkten
interessiert Gesprächen
gewesen mit
der
sein,
als
Stadt,
um
Magdeburg zu stärken. Solche Hoffnungen erfüllten Moritz mit Sorge, der glaubte, daß jene alles, auch seine antikaiserlichen Pläne, verderben würden^. Für die weitere Entwicklung erhielten seine Unterredungen mit ζ« Heideck große Bedeutung . Durch ihn bekam er Zugang zu
den
Interimsgegnern
blieb zunächst
in
Norddeutschland.
noch Truppenführer
Heideck
dieser Fürsten
Städte. Es gab aber wohl schon Absprachen,
die
und dann
vor Verden Anfang 1551 den Obersten im Entsatzheer für Magdeburg in albertinischen Dienst führten. Anfang
November
mit der französischen
kehrte
Antwort
Gleisenthal
nach Sachsen
endlich zurück^.
Der König erklärte sich zwar zur Hilfe bereit,
feste
Zusagen gab er jedoch nicht. Er wünschte genauere Angaben Uber die Verbündeten
des
Kurfürsten,
über
die
Stärke seiner Truppen, die finanziellen Mittel und die weiteren
Pläne^.
An
weiteren
Verhandlungen
zeigte
sich Heinrich II. interessiert, er wollte sich jedoch noch nicht binden, um so weniger als zu gleicher Zeit die norddeutschen ebenfalls
Fürsten um
umwarben^.
Im
Johann
Gegensatz
von
Küstrin
zu Moritz
ihn
konnte
der König abwarten. Mit der zweiten Absendung Gleisenthals hatte der Albertiner sich so weit vorgewagt, daß er eigentlich
nur
mit
Frankreich
seine
politischen
Absichten
erreichen konnte. Er mußte die Voraussetzungen für eine
positive
Entscheidung
in
Paris
schaffen.
Diesem
Ziel diente seine Politik seit September 1550, vor al-
88
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
lern auch in der Magdeburger Frage. Die Truppen Herzog Georgs
brachte
er an
sich,
da
es
ihn
nicht
"wenig
graust hat, es wurd ein trub wetter" über ihn "fallen von wegen der handelung, dorumb Gleis(enthal) aussen ήπ gewesen" · Er hatte vermutlich mit einer kaiserlichen Strafaktion
gerechnet.
Möglichkeit,
die
Mitte
Knechte
November
wieder
zu
sah
er
keine
entlassen,
weil
Karl V. jetzt auf die Exekution der Reichsacht hinarbeitete und Entschlüsse angekündigt hatte. Ohne französische Zusagen erschien es Moritz unklug, dem kaiserlichen Befehl nicht zu entsprechen. In diesem Sinne ließ er durch Christoph von Karlowitz in Augsburg Uber seine Bestallung als Oberfeldherr des Kaisers und des 68
Reiches gegen Magdeburg verhandeln . Sollte Moritz diese Funktion erhalten, so geriet er zwar in Zwielicht wegen seiner evangelischen Haltung, aber die politische Aufwertung kam ihm in den Verhandlungen mit Frankreich zugute. Allerdings mußte Heinrich II. versichert werden, daß er ernsthaft gegen die Stadt nicht 69 vorgehen
wolle
. Die
Übernahme
des
Oberbefehls
Kampf gegen Magdeburg entzog vorerst allen den
Boden,
verbündet,
der und
Kurfürst
habe
gestattete
sich
gegen
ungestörte,
im
Gerüchten den
Kaiser
nicht
unter
Zeitdruck stehende Unterhandlungen mit Frankreich. Er zeigte deutlich, auch wenn er es in Abrede welche Politik er bei schen
Allianz
einem
beabsichtigte.
Scheitern Für
die
der
stellte, französi-
Zeitgenossen
blieb es unverständlich, wie ein Fürst auf dem Reichstag gegen Interim und für ein wirkliches Konzil eintreten
und
zugleich
Magdeburg,
"vnsers
her
Gots
70 Cantzley"
,
Schlagwort
vom
rung. sehen
belagern
konnte.
"Judas von Meißen"
Das
ernestinische
erhielt
neue
Nah-
Diesen Zwiespalt, auch Moritz in seinen innenpoliti7 1 , nahm Auswirkungen bewußt in Kauf.
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
Trotz der Anwesenheit Herbst
des
Lazarus
1550 als kaiserlicher
von
Kommissar
Schwendi
89
seit
von Magdeburg
durchschaute Karl V. die Doppelstrategie des Albertiners nicht, die mit beitrug.
Der
Mut
zum Erfolg des zum
Risiko,
Fürstenaufstandes
taktisches
Geschick,
schnelles Handeln verhinderten, daß er sich nicht, wie er selbst befürchtete, "tzussen tzueien stulen" setzte? 2 . Nach der Rückkehr Gleisenthals wünschte Moritz dringend eine Aussprache mit Wilhelm von Schach73 ten und Bing sche
. Dabei hoffte er auch auf eine hessi-
Zustimmung
zu
seinem
Bündnisangebot
reich, denn Landgraf Wilhelm
hatte
an
zunächst
Franknur
für
seine Person Förderung zugesagt, aber wegen der Wichtigkeit und der ihm fehlenden
Regierungsverantwortung
eine Nachfrage bei seinem Vater angekündigt^. Dieser gab den bisherigen Versuchen, ihn freizubekommen, den Vorzug und hielt ein Zusammengehen mit Moritz nur für den Fall gerechtfertigt, wenn durch Bitten nichts erreicht
Kaiser mit Frankreich oder anderen 75 Krieg führen würde . Als letzte Möglichkeit billigte der gefangene Landgraf vorsichtig und verklausuliert ein militärisches Vorgehen. Aus anderen Äußerungen wissen wir, daß Philipp seinem Schwiegersohn nicht traute und ihn für unfähig hielt: Er mache nur "eitel wortt die kein waffe haben" und sei ein Werkzeug seiner Räte Georg von Komerstadt und .Christoph von Karlo76 witz
und
. Der
der
vom
Albertiner
enttäuschte
Landgraf
gab
eindeutig dem Fluchtunternehmen den Vorzug. Es verwundert nicht, wenn die Hessen keine besondere Eile zeigten und Moritz nochmals mahnen und drängen mußte. Er erinnerte an die dürren Blätter, die "kurcz aber lang 77 abfallen mechten" . Neben der Notwendigkeit, sofort und entschlossen zu handeln, steht hinter dem Bild die
90
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
Erwartung, daß Karl V. bald sterben werde.
Der
Kur-
fürst schärfte Wilhelm ein, "die ding so fil muglich" 78 zu fördern, denn jeder Verzug bringe Schaden . Die Ermahnung hatte Erfolg. Am 24· November erhielten die beiden Räte ihre Instruktion 79 , und am 2. Dezember meldeten
sie sich aus Großsalze bei Moritz, der ein 80 Treffen in Wittenberg ankündigte , das am 5· Dezember schließlich zustandekam. Die
hessische
Instruktion
enthielt
wenig
Neues. Sie entsprach der bereits erwähnten Antwort des inhaftierten Philipp. Seine Zweifel \ind Bedenken lassen sich deutlich an den Forderungen ablesen.
Dieses
Mißtrauen muß für den Kurfürsten wenig ermutigend gewesen sein, besonders das Verlangen, sich entsprechend der jedem
Verpflichtungen von 1547 in Haft zu begeben, um seine
Aufrichtigkeit
und
sein
ernsthaftes
Be-
mühen zu zeigen. Es ist schwer vorstellbar, daß Wilhelm
von
Schachten
und
Bing
in
dieser
Instruktion
ihren eigentlichen Verhandlungsauftrag sahen. Bei den Wittenberger
Beratungen - das Protokoll81Bings bestätigte Moritz am 6. Dezember in Leipzig - nahm der Albertiner
die
hessischen
Wünsche
höflich
zur
Kenn-
tnis. Dem Begehren, sich in Kassel zur Haft einzustellen, stimmte er zu, wollte sie aber bis zum Beginn der Empörung
gegen
den Kaiser
rechtfertigen.
Wenn
der
aufschieben,
Franzose
um
"recht
diese
den
zu
rappen
ruren und zum werck thun wolt", werde er sich einfinden. Der Tod des Kaisers, bis "die beid äugen zugehen", sollte für eine Befreiung Philipps nicht
abge-
wartet werden. Viel wichtiger war für Moritz ein Gedankenaustausch
mit
den Hessen
über
die
Magdeburger
Belagerung. Da die Hoffnungen auf einen schnellen Vertragsabschluß
sich zerschlagen
hatten,
versuchte
er
die Zwänge zu verdeutlichen, in die er durch die kai-
91
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
serliche Aufforderung geriet, den Oberbefehl zu Ubernehmen. Für ihn war noch nicht entschieden, ob er das Angebot
Karls
V.
ablehnen
oder
eine
zwei oder drei Monate annehmen Bindungen
Heinrich
schlaggebend
II.
sollte
sollte, um
unterstützen
der
Bestallung
Abschluß
auf
dann
ohne
zu können.
Aus-
der
Gespräche
mit
Frankreich sein. Moritz befürchtete, daß der Franzose ihm ausweichen und eher den norddeutschen Fürsten gegen ihn - vielleicht in Verbindung mit den Ernestinern - beistehen
könnte.
Mit
dem
deutlichen
Hinweis,
er
kenne seine Gegner, erklärte er den Hessen unumwunden, daß er nicht bereit sei, seine 1547 im Reich errungene Position schieben,
aufzugeben. lieber
Er
wolle
lasse er
sich
sich
nicht
dem
zur
Kaiser,
Seite seiner
Schwester Maria und seinem "schwärm" ganz unterwerfen, 82
damit er "ungefressen pleiben mug" Als weiteres Ergebnis der
Beratungen
liegt
der Text 8 1 eines kurfürstlichen Schreibens an Heinrich II. vor , dessen Weitergabe die Hessen zusagten. In ihm wich Moritz der Antwort auf die durch Gleisenthal übermittelten Fragen des Königs geschickt aus. Bis auf die Truppenstärke, die er mit 7000 Reitern und 30 000 Knechten
sehr
hoch
veranschlagte,
verschob
er
alles
auf eine persönliche Begegnung mit jenem. Von ihr erhoffte er sich offensichtlich endgültige Klarheit Uber sein Ansehen in Paris und die dort vertretene Politik gegenüber den um Beistand werbenden deutschen FUrsten. Außerdem ließ er Heinrich II. wissen, daß er nach Ablauf
seiner
sich
nach
dreimonatigen
den
inzwischen
Bestallung getroffenen
vor
Magdeburg
Vereinbarungen
richten werde. Mit
der
festen
Absicht,
die
Moritz
be-
drängenden Konfliktherde zu beseitigen und das allgemeine Mißtrauen gegen ihn abzubauen, kehrten Wilhelm
92
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
von Schachten und Bing heim. Am 15· Dezember berichteten sie Moritz mando
für
Uber
Philipp
ihr Vorgehen:
sei
unterwegs
Die Artikel zur Aussöhnung
Das in
Befreiungskom-
die
Magdeburgs,
Niederlande. die
ihnen
Mo-
ritz überstellte, hätten sie durch Berner in die Stadt geschickt.
Heinrich
von
werden,
um
Verhandlungen
stinern
wurden
Schachten
soll nachgesandt Q j anzubahnen . Mit den Erne8ζ
ebenfalls
Ein Bote Georgs
Verbindungen
von R.eckerodt
aufgenommen
forderte
keinen
Verzug
der Verhandlungen des Albertiners mit dein König. Daher sollte
er
sofort
"anderen Leuten"
einen
Gesandten
abfertigen,
um
zuvorzukommen^.
Die von Moritz hergestellte Verbindung schen
Befehlsgewalt
Frankreich zunehmend
sowie
vor
ihre
in Gefahr.
Magdeburg
zeitliche Die
im
und
zwi-
Absprachen
Reihenfolge
Königsberger
und über
unter
Ileidecks
dem Befehl
Bund
vereiEnt-
Graf
Volrads von Mansfeld 87 hatten . Die Nachrichten
aufgestellt
Truppenansammlungen
mit
gerieten
nigten Fürsten ruhten nicht, bevor sie nicht ein satzheer
den
in Mecklenburg
Städten Bremen und Verden verdichteten
sowie
in
den
sich. Ende No-
vember und Anfangund Dezember Moritz befahl davon an die Reichsstände an den berichtete Kaiser 8 8. Dieser am 16. Dezember den Ständen
des Ober-
tung
Niedersächsi89 sehen Kreises, jene Truppen zu zerstreuen . In Erwarverließ
dieser
Aufforderung
und
Moritz
mit
Albrecht
Alkibiades am 17· Dezember das Lager vor Magdeburg und zog
in Eilmärschen
Heinrich
bei
nach
Burgdorf
Norden. Am 20. stieß Herzog 90 zu ihm . Der Kurfürst sah zu
Recht in dem Heer im Stift Verden eine Bedrohung seiner politischen Zukunft. War es Teil einer breit angelegten Allianz unter Einschluß nicht nur Magdeburg
entsetzt,
st.iner
Kosten
auf
Moritz'
Frankreichs, sondern
restituiert
auch
so konnte die
Erne-
werden.
Daher
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
93
geriet der streitbare Albertiner unter Handlungszwang, wenn er nicht das 1547 Erreichte verspielen sollte. Er entschied sich weder für den Kaiser noch zum Eingehen oder zur Kapitulation vor den gegnerischen Fürsten und Städten. der
Mit
Kaiser,
suchte
seiner
Gewaltaktion,
albertinische
er,
die
Räte
militärische
von
Schwendi, 91 abrieten , ver-
ihm
Basis
der
des
Königsberger
Bundes zu zerschlagen. Ob er vor
dem Abmarsch
mit
ist
Heideck
in
Verbindung
Noch von Magdeburg tiver
Form
den
trat,
erläuterte
Hessen
zu
erneut
bezweifeln.
er vielmehr in ultima92 Position . Bitter be-
seine
klagte er das fehlende Vertrauen. Vorwurfsvoll schrieb er an Wilhelm von Schachten und Bing, ihm werde glaubhaft berichtet, das Verdener Kriegsvolk diene der Entledigung des Landgrafen und Heinrich
II.
beabsichtige
einen Angriff. Würde das stimmen, "wer es viel tausend gulden
wert,
das
ich
solchs
von
euch
wer
berichtet
worden." Würde das Mißtrauen nicht beseitigt, dann ge93 be Gott "dem Deutzland gutte nacht" . Moritz unterstrich seine Entschlossenheit,
nicht abzuwarten,
dern seinen Gegnern, sei es der Kaiser oder die dische
Opposition,
sich
mit
allen
Mitteln
zu
sonstän-
wider-
setzen . Dieser Brief wirkte in Hessen wie ein Alarmsignal.
Das
bisher
muhevoll
geknüpfte
Netz,
um
dem
Kaiser zu widerstehen, schien gefährdet. Die Empfänger wandten sich sofort an Reckerodt, um die 94 Verbindungen nach Frankreich nicht abreißen zu lassen . Sie versuchten, den Kurfürsten zu beruhigen, und bestritten, von den Hintergründen der Truppenansammlung bei Verden 95 zu wissen . Außerdem berichteten sie von der unverzüglichen Absendung Heinrichs von Schachten an Hei96 deck um vetrauen die Kriegsknechte und 97Moritz einen "verstand ,und ze pringen" . Mit inVerhandlungen
94
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
und
militärischem
militärische gewinnen ihm die
oder
zum Abzug
angestrebte
Interimsgegnern ohne
Druck
strebte
Konfrontation
Weiteres
die
Moritz
zu bewegen.
Verbindung
danach,
Verdener mit
Ein den
Kampf
hätte
sehr erschwert, wobei sein Sieg nicht feststand. 98
Vertrag zustande sondern
zu
norddeutschen
Am
7·
Januar
1551
ihn
kam
ein
, der mit einem Schlag nicht nur die
militärische Situation zugunsten von Moritz te,
ohne
Truppen
an
die
Spitze
der
veränder-
antikaiserlichen
Opposition stellte. Die Fürsten um Johann und die Seestädte verfügten über keine Mittel fürsten
auszuschließen,
wenn .ihr
noch Erfolg haben sollte. Das galt
mehr,
um den
Vorhaben ebenso
überhaupt für
Frank-
reich. Moritz hatte sich innerhalb weniger Wochen einzig möglichen
Partner
unter
den
deutschen
profiliert. Wenn Heinrich II. weiter an ein gehen mit den unzufriedenen deutschen konnte
er
nur
mit
ihm verhandeln.
zum
Fürsten
Zusammen-
Ständen
Ohne
Kur-
die
dachte, Überzeu-
gungsarbeit Heinrichs von Schachten wäre dieses Ergebnis nicht möglich gewesen. Von Bedeutung ist auch, daß neben
Heideck
der
andere
Befehlshaber
der
Verdener
Truppen, Graf Volrad, ebenfalls sich von der
Aufrich-
tigkeit des Albertiners überzeugte. Bereits am 31· Dezember
1550 trat er99dafür ein, diesen sach" einzubeziehen Die ein
Kapitulation
persönlicher
Triumph
in die
der
Verdener
des
Kurfürsten
sichtbare Bestätigung seiner
politischen
In
er
kaiserlichem
Auftrag
war
nach
"gemein
Truppen und
ist eine
Fähigkeiten.
Norddeutschland
gezogen. Der Erfolg stärkte das Vertrauen des Reichsoberhauptes in den Albertiner und vermittelte Karl V. das trügerische Bewußtsein, in Moritz den geeignetsten Fürsten zum Oberbefehlshaber vor Magdeburg bestimmt zu haben. Die formelle Ernennung erreichte ihn am 11. Ja-
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
nuar noch vor Verden derte Fortbestehen
95
und unterstrich das unvermin-
der Magdeburger
Frage. Da Heideck
mit seinen Regimentern in kurfürstlichen Dienst trat, band Moritz nicht nur einen bedeutenden Befehlshaber, sondern auch wichtige Truppenkontingente an seine Person. Der Verdener Vertrag gab dem Kurfürsten seine politische Unabhängigkeit wieder zurück. Das zu gleicher Zeit bekanntgewordene Scheitern der Flucht Philipps*^ wies
Hessen
weiter
an
den
erfolgreichen
Kurfürsten.
Dessen Vertrauensverhältnis zu Wilhelm von
Schachten,
Bing und Heideck wurde zur Grundlage, auf der ein alle Gegner Karls V. umfassendes Bündnis entstand. gelang es, die Voraussetzungen Vorgehen
der
operierenden
bisher
für ein
nebeneinander
antikaiserlichen
gegeneinander -
Bund, Seestädte, Kursachsen und Hessen folgversprechende
einheitliches
und
Kräfte
Moritz
Königsberger
- und für er-
Gespräche mit Frankreich
zu
schaf-
fen. Darin liegt die eigentliche Bedeutung des Verdener Vertrages als Grundstein für den Erfolg des Fürstenaufstandes und als Abschluß an Frankreich
im Blick
auf
der
Annäherungsphase
die weitere
Vorbereitung
der reichsständischen Empörung unter Moritz von Sach10 2 sen im Frühjahr 1552
96
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
Akürzungen Abschr. Ausf. CChM
Dr Druffel
Entw. Μ Msb NASG PKMS
Wien
Abschrift Ausfertigung C. A. Cornelius, Churfürst Moritz gegenüber der Fiirstenverschwörung in den Jahren 1550-51· In: Abhandlungen der historischen Classe der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften 10 ( 1 8 6 7 ) S. 637-697· Staatsarchiv Dresden Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhunderts mit besonderer Rücksicht auf Bayerns Fürstenhaus. Bd. 1-4= Beiträge zur Reichsgeschichte 1546-1555, hrsg. von August von Druffel. München 1873/1896. Entwurf Staatsarchiv Marburg Zentrales Staatsarchiv, Historische Abteilung Merseburg Neues Archiv für sächsische Geschichte und Alterthumskunde Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen. Bd. 1: Bis zum Ende des Jahres 1543» hrsg. von Erich Brandenburg. Leipzig 1900 (Nachdruck Berlin 1982); Bd. 2: Bis zum Ende des Jahres 1546, hrsg. von Erich Brandenburg. Leipzig 1904 (Nachdruck Berlin 1983 ) ; Bd. 3 : Vom 1. Januar 1547 bis 25. Mai 1548, bearb. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg. Berlin 1978; Bd. 4: Vom 26. Mai 1548 bis 8. Januar 15 51> bearb. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg (in Vorbereitung). Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien
1 Dr Loc. 10 297: Interim und Handlung zu Meißen..., 339b-440a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 23. 2 Meißen, 4.7-1548, Msb: Rep 41 Nr. 3, Ausf.; PKMS 4 Nr. 23a. 3 Vgl. Hohnstein, 2.8.1548, Moritz an Johann (Msb ebda. Ausf.; PKMS 4 Nr. 23a). 4 Vgl. Ludwig Mollwo, Markgraf Johann von Küstrin. Hildesheim 1926, S. 2 11; Hans Kiewning, Herzog Albrechts von Preußen und Markgraf Johanns von Brandenburg Anteil am Fürstenbund gegen Karl V. Teil 1: 1547-1550. In: Altpreussische Monatsschrift 26 (1899) S. 629f. 5 Dr Loc. 7277: Magf. Johanns Händel mit Moritz 1548/53, 5a. Entw. Johann egh.; Druffel 1 Nr. 224;
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
97
PKMS 4 Nr. 117. 6 Möglicherweise ist so die Klage von Moritz gegenüber Johann zu verstehen, daß zwei Boten, die er in dieser Angelegenheit abfertigte, noch nicht zurückgekehrt sind; Dresden, 16.1.1549; Msb: Rep 41 > 2a, 14a, Ausf.; PKMS 4 Nr. 252. Über die Bündnisbemühungen des Kurfürsten muß am kaiserlichen Hof etwas bekanntgeworden sein, denn am 6.1.1549 berichtete Franz Kram von dem Gerücht, Moritz und Johann hätten sich mit den sächsischen Städten verbunden (Dr Loc. 8238: Magister Franz 1 Schriften... 1549, 8a-14a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 24a). Am 20.1. schreibt Kram, das Gerede über neue Bündnisse des Kurfürsten sei zur Ruhe gekommen. Zur älteren Literatur zu unserem Thema vgl. Karl Erich Born, Moritz von Sachsen und die Fürstenverschwörung gegen Karl V. In: Historische Zeitschrift 191 (i960) S. 18 Anm. lf.; außerdem: Jean-Daniel Pariset, Humanisme - reforme et diplomatic: les relations entre la France et l'Allemagne au milieu du XVIe siecle d'apres des documents inedits. Strasbourg 1981 ; Ders., La France et les princes allemands. In: Francia 10 (1982) S. 229-301. 7 Vgl. August von Druffel, Herzog Herkules von Ferrara und seine Beziehungen zu dem Kurfürsten Moritz von Sachsen und zu den Jesuiten. In: Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und historischen Classe der k. Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1 (1878) S. 322-331 . 8 Vgl. Torgau, 6.5.1549: Antwort des Kurfürsten Moritz an Heinrich Lersner; Μ PA 1019, 30a-35a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 317a; Simon Ißleib, Die Gefangenschaft Philipps von Hessen 1547-1552. In: NASG 14 (1893) S. 229-235. 9 Torgau, 17.4.1549, Wien: Saxonica 2a, 8lf. Ausf.; PKMS 4 Nr. 323a. 10 PKMS 1 Nr. 161. 103; vgl. Erich Brandenburg, Moritz von Sachsen. Bd. 1: Bis zur Wittenberger Kapitulation (1547). Leipzig 1898, S. 102-105. Zu den Beziehungen des Schmalkaldischen Bundes zu Frankreich vgl. Heinrich Lutz, Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552-1556). Göttingen 1964, S. 62-64; Ders., Kaiser Karl V., Frankreich und das Reich. In: Heinrich Lutz, Friedrich Hermann Schubert, Hermann Weber, Frankreich und das Reich im 16. und 17· Jahrhundert. Göttingen 1968, S. 15-17; Stephan Skalweit , Die "Affaire des placards" und ihr refor-
98
11 12 13 14 15
16 17
18 19 20
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
mationsgeschichtlicher Hintergrund. In: Festgabe für Hubert Jedin zum 17. Juni 1965J hrsg. von Erwin Iserloh und Konrad Repgen. Teil 1, Münster 1965, S. 445-465; Pariset, Humanisme (Anm. 6) S. 39-70; Alfred Kohler, Die innerdeutsche und die außerdeutsche Opposition gegen das politische System Karls V. In: Das römisch-deutsche Reich im politischen System Karls V., hrsg. von Heinrich Lutz unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner. München 1982, S. 118-122. Brandenburg (Anm. 10) S. 230-245· Zum Dienstvertrag vom 7 . 4 . 1 5 4 4 vgl. PKMS 1 Nr. 583; Brandenburg (Anm. 10) S. 274f. So durch Christoph Haller von Hallerstein, vgl. PKMS 1 Nr. 635. PKMS 3 Nr. 47f. Dr Loc. 8 0 8 6 : Frankreich oder französische Händel 1545/65, la. Ausf.; vgl. F. Joel, Herzog August bis zur Erlangung der Kurwürde. In: NASG 19 (1898) S. 147f. Born, Moritz (Anm. 6) S. 25f. Zu dem 14tägigen Aufenthalt Ferdinands in Kursachsen gibt es kaum Nachrichten in den Dresdener Akten; vgl. den Bericht des päpstlichen Nuntius in Prag, Marcello Cervini, an Alessandro Farnese, 20.8.1549 (Nuntiaturberichte aus Deutschland 1533-1549. Bd. 11: Nuntiatur des Bischofs Pietro Bertano von Fano 1548-1549, bearb. von Walter Friedensburg. Berlin 1915, S. 435-439) und das Schreiben König Ferdinands an Karl V., Prag, 21.8.1549; Druffel Nr. 330. Instruktion vom 15-8. (M PA 1023, la-6a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 423a) und die Antwort Moritz' vom 2 5 . 8 . (M PA 1020, 30a-32b. Ausf.; PKMS 4 Nr. 423). Annaberg, 25.8.1549, Moritz an Wilhelm (M PA 2759, 2a-3a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 423a). Dazu rückblickend im Bericht Heinrichs von Schachten vom I8.4.I55O (M PA 1039, 13a-15a; PKMS 4 Nr. 534; CChM 659-661).
21 V g l .
22 23 24 25 26 27 28
Μ
PA
1038, 6ab;
PKMS
4
Nr.
445a.
Zu
den
Ver-
handlungen im Dezember Μ ebda, 15a. l6a; PKMS Nr. 445a. So zuletzt Pariset, Humanisme (Anm. 6) S. 99· Μ PA 1038, 2a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 445Μ ebda, 6ab; PKMS 4 Nr. 445a. Vgl. Anm. 20. Μ ebda, 10a. Entw.; PKMS 4 Nr. 4 6 4 . Dr Kopial 220, 62a. Entw.; PKMS 4 Nr. 448a. Dr ebda, 29ab; PKMS 4 Nr. 448a.
4
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
99
29 Kassel, 25.1.1550, Μ PA 1039, la.Entw.; PKMS 4 Nr. 464a. 30 Μ ebda, 3a. Entw.; PKMS 4 Nr. 505· 31 Μ ebda, 4a. Ausf., Dresden, 3-3.1550; PKMS 4 Nr. 505a. 32 Μ ebda, 9a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 534a. 33 Dr Loc. 7281: Französische Verbiindnisse, 29a-35a. Entw.; PKMS 4 Nr. 522; Druffel 1 Nr 400. Zu den Gesprächen vgl. Johannes Voigt, Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach. Bd. 1, Berlin 1 8 5 2 , S. 2 0 7 - 2 1 0 . 34 Plassenburg, 27.3.1550, Dr ebda, 21a-28a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 523. Zum Königsberger Bund vgl. Kiewning, Herzog Albrecht (Anm. 4) S. 653-656, Pariset , Humanisme (Anm. 6) S. 116 Anm. 12. 35 Die Urkunde Nr. 11 4 0 6 . Ausf.; PKMS 4 Nr. 510. 36 Kassel, 4 . 4 . 1 5 5 0 , Dr Loc. 9144: Landgreffische Handlung... 1551 Nr. 8, 6a-9a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 531. 37 Dazu die Materialien für die Verhandlungen vom 2.-5.6.1550 in Dr ebda; PKMS 4 Nr. 557. 38 Vgl. Karl Hahn, Herzog Johann Wilhelm von Weimar und seine Beziehungen zu Frankreich. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde 26 (1908) S. 12f. 39 Vgl. Anm. 20. 40 Μ PA 1039, 25ab. 22a-23b. Entw.; PKMS 4 Nr. 535a. 41 Μ ebda, 22a; PKMS 4 Nr. 535a. 42 Ebda. 43 Μ ebda; CChM 66lf. 44 Μ ebda, 30a. Entw.; PKMS 4 Nr. 56Ο; CChM 662f. 45 Lochau, 7.7.1550, Moritz an Wilhelm von Schachten und Bing, Μ ebda, 31a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 560a. 46 Augsburg, I5.7.I55O, Dr ebda, 108b-114b. Abschr.; PKMS 4 Nr. 581; Druffel 1 Nr. 4 4 8 . 47 Dr ebda, 115a; PKMS 4 Nr. 582. 48 PKMS 4 Nr. 582 Anm. 1. 49 Dr Loc. 9143: Lg. Philipp zu Hessen Kapitulation... 3 1549/51, 80b-8lb; PKMS 4 Nr. 606 Anm. 1. 50 Μ ebda, 38a-39b. Entw.; PKMS 4 Nr. 604; CChM 663-665. 51 Μ ebda, 47ab. Ausf.; PKMS 4 Nr. 635; CChM 666f. 52 Μ ebda, 52ab. Abschr.; PKMS 4 Nr. 632. 53 Weidenhain, 24.9.1550, Moritz an Wilhelm von Schachten und Bing, Μ ebda, 49ab. 50a Zettel. Ausf.; PKMS 4 Nr. 642; CChM 668. 54 Dr Loc. 9142: Kf. Johann Friedrich Cust-odie 1550/52, 37a-41a. 42ab Zettel. Entw.; PKMS 4 Nr. 620.
100
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
55 U.a. Dr Loc. 10 189: Ein von D. Franz Kram... 1550, 28a-29a. Abschr.; PKMS 4 Nr. 596. Am 21.8. berichtete Kram an Komerstadt (Dr ebda, 95a-96a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 614), wie die Erklärung zum Konzil das Vertrauen von denen zum Kurfürsten gestärkt habe, die keine Erzpapisten seien. 56 Den Auftrag hatte Joachim von Gersdorf: Dr Loc. 9151: Magdeburgische Belagerung 2, 1550, 66a. 69a Ausf.; PKMS 4 Nr. 640. Dort auch ein Bericht Uber den Sieg Herzog Georgs (Dr Loc. 9153: Magdeburgische Sachen... bei Dr. Mordeisen 1550/51> 38ab. Abschr.). Vgl. Simon Ißleib, Magdeburgs Belagerung durch Moritz von Sachsen 1550-1551. In: NASG 5 (1884) S. l80f. 57 Leipzig, 6.10.1550, Moritz an Karl V., Wien: Kriegsakten 1, 83a-85b. Ausf.; PKMS 4 Nr. 664; Druffel 1 Nr. 498. Vgl. Ißleib (Anm. 5 6 ) S. l83f. 58 Moritz an Wilhelm von Schachten und Bing, Μ ebda, 59a-60a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 642a; CChM 668f. 59 Μ ebda, 55a-57a. Entw.; PKMS 4 Nr. 6 4 2 a . 60 Augsburg, 3· 10.1550, Dr Loc. 9151: Magdeburgische Belagerung 2, 1550, 308a-309a. Ausf., PKMS 4 Nr. 657. 61 Zu den Verhandlungen vgl. Ißleib, Magdeburgs Belagerung (Anm. 56) S. 190-201. 62 Μ ebda, 83a-84a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 733; CChM 67463 Ebda. Zur gleichen Zeit bat Moritz den König, beim Kaiser sich für eine Aussöhnung Heidecks einzusetzen, Wien: Saxonica le, Ausf.; PKMS 4 Nr. 737a. 64 Torgau, 7·11-1550: Moritz an Wilhelm von Schachten und Bing, Μ ebda, 79a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 666a; CChM 673. 65 Dazu das Antwortmemorial Moritz 1 an Heinrich II., 5 . I 2 . 1 5 5 O , Dr Loc. 7281: Französische Verbündnisse, 6 6 a - 6 8 b . Entw.; PKMS 4 Nr. 7 6 6 ; CChM 6 7 8 - 6 8 0 . 66 Dazu Pariset, Humanisme (Anm. 6) S. 102. 67 Μ ebda, 8 3a (vgl. Anm. 62). 68 Vgl. Ißleib, Magdeburgs Belagerung (Anm. 5 6 ) S. 211- 218 und das Material in PKMS 4. 69 Dr ebda, 68b (vgl. Anm. 6 5 ) . 70 Torgau, 12.11.1550: Valerius Krakau an Christoph von Karlowitz, Dr Loc. 10 188: Reichstagshändel 1550/55, 269a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 729. 71 Vgl. Julius Traugott Jakob von Könneritz, Weigerung der Leipziger Ritterschaft gegen Magdeburg zu ziehen... 1550ff. In: Archiv für Sächsische Geschichte 4 (1865) S. 123-166; Günther Wartenberg, Nachwirkungen des Bauernkrieges in der albertinischen Politik unter Moritz von Sachsen
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82
83 84 85 86 87
88
89 90
91
92 93
101
(1547-1551)· In: Jahrbuch für Regionalgeschichte 7 (1979) S. 249f. Μ ebda, 83b (vgl. Anm. 62). Μ ebda, 79a (vgl. Anm. 6 4 ) . Kassel, 9.10.1550: Wilhelm an Moritz, Μ ebda, 65a. Entw.; PKMS 4 Nr. 6 6 6 ; CChM 6 6 9 . Μ ebda, 72a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 666a; CChM 6 7 2 . Μ PA 1035, 172a; PKMS 4 Nr. 6 6 7 . Μ PA 1039, 79a (vgl. Anm. 6 4 ) . Μ ebda, 8la. Ausf.; PKMS 4 Nr. 733a. Μ PA 1040, 5a-6a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 753; CChM 6 7 6 . Μ ebda, 7a. Entw.; PKMS 4 Nr. 753a. Μ PA 1041, 11 a-12a. Niederschrift; PKMS 4 Nr. 753a. CChM 677f. So Wilhelm von Schachten und Bing an Georg von Reckerode, 22.11.1550, Μ ebda, 27a-28b. Entw.; PKMS 4 Nr. 790; CChM 682f. Vgl. Anm. 65. Μ ebda, 4a-5b. Entw.; PKMS 4 Nr. 766a; CChM 680f. Ebda: Kassel, lj .12.1550: Wilhelm von Schachten an Eberhard von der Thann, Μ ebda, 9ab. Entw.; PKMS 4 Nr. 766a. Μ ebda, 5b (vgl. Anm. 8 4 ) . Vgl. u.a. Himmelstedt, 10.12.1550: Markgraf Johann an Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg (Frankfurt/M. Bundesarchiv Außenstelle: Bestand Schwerin Aw 260 Nr. 117. Abschr.; PKMS 4 Nr. 797a); Quarz, 19.12.1550: Johann an Johann Albrecht (Francfurt ebda Aw 55, 930-941. Ausf.; PKMS 4 Nr. 797a). So Magdeburg Neustadt, 3 . 12.1550: Moritz und Kurfürst Joachim II. an Karl V. (Wien: Kriegsakten 15. Ausf.;PKMS 4 Nr. 792; Druffel 1 Nr. 536); vgl. Ißleib, Magdeburgs Belagerung "TAnm. 56) S. 206. 209f. Dr Loc. 10 189: Ein Buch von D. Franz Kram'..., 309a-310b. Abschr.; PKMS 4 Nr. 7 8 0 . Dazu der Bericht von Moritz über die Ereignisse vom i 7 . - 2 7 . i 2 . i 5 5 0 (Dr Loc. 9152: Etliche an Dr. Komerstadt... 1550, 40a-43a. Abschr.; PKMS 4 Nr. 783) · So Christoph von Karlowitz am 22.12.1550 ; Dr Loc. 10 l89: Summarischer Auszug... 1550, ll8a-124b. Ausf.; PKMS 4 Nr 792) und Schwendi am 23- 12. 1550 (Dr Loc. 9151 · Magdeburgische Belagerung 2, 1550, 636a-637a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 793). Μ ebda, H a b . Ausf.; PKMS 4 Nr. 7 6 6 a ; CChM 6 8 l . Μ ebda IIb. Schwendi vermutete Frankreich hinter der Truppenansammlung und bat Moritz mehrfach um Erkundigungen, so am 25.12. (Dr ebda, 643a. Ausf.;
102
94 95 96 97 98 99 100 101 102
Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550
PKMS 4 Nr. 795); 27.12. (Dr ebda, 639b. Ausf.; PKMS 4 Nr. 798); 30.12.1550 (Dr ebda, 638b. Ausf.; PKMS 4 Nr. 804). Kassel, 22.12.1550, Μ ebda, 27a-28b. Entw.; PKMS 4 Nr. 790; CChM 682f. Kassel, 22.12.1550: Wilhelm von Schachten und Bing an Moritz, Μ ebda, 15a-l6b. Entw.; PKMS 4 Nr. 794a; CChM 6 8 3 - 6 8 5 . Die Instruktion vom 23.12.1550 in Μ ebda, 22a-33b. Entw.; PKMS 4 Nr. 794; CChM 6 8 5 - 6 8 7 . Μ ebda, 16a (vgl. Anm. 95). Dr Loc. 9151 '· Magdeburgische Belagerung 2, 1550, 6l3a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 819. Graf Volrad an Heideck, Frankfurt ebda Aw 260 Nr. 137. Ausf.; PKMS 4 Nr. 797a. Augsburg, 27.12.1550, Dr Loc. 10 189: Summarischer Auszug... 155Ο, 140a-141a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 800. Am I I . I . I 5 5 I erreichte Moritz ein Brief Krams aus Augsburg vom 2.1., Dr Loc. 10 189: Summarischer Bericht... 1550, 159a-l63a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 809. Zur weiteren Entwicklung bis zum Fürstenaufstand neben Born (Anm. 6) und Pariset (Anm. 6) besonders Simon Ißleib, Moritz von Sachsen gegen Karl V. bis zum Kriegszuge 1552. In: NASG 6 (1885) S. 210-250; Lutz, Christianitas (Anm. 10) S. 64-71; Gerhard Pfeiffer, "Christliches Verständnis" und "teutsche Libertät". In: Reformatio und Confessio (Festschrift für Wilhelm Maurer, hrsg. von Friedrich Wilhelm Kantzenbach und Gerhard Müller). Berlin 1965, S. 98-112; Kohler (Anm. 10) S. 125-127·
Albrecht Ρ Luttenberger
Libertät. Zur reichspolitischen Tragweite der Kriegspropaganda Frankreichs und seiner deutschen Verbündeten 1552
Es
ist
bekannt,
daß
Frankreich
in
seinen
BUndnis-
verhandlungen mit der deutschen Fiirstenopposition von Anfang
an
darauf
Rechtfertigung Kaiser
nicht
politischen
drang,
des von
daß
in
gemeinsamen
der Religion
Interessen
der
Begründung
Feldzuges und
den
gegen
und den
konfessions-
der Protestanten,
sondern
nur
von der Libertät und Freiheit der deutschen Stände die Rede
sein
Nenner
sollte, weil
zwischen
dem
sich
nur
so ein
gemeinsamer
"allerchristlichsten"
König
und
seinen protestantischen Verhandlungspartnern formulieren ließ* . Damit war für das Unternehmen gegen Karl V. eine rein politische Motivation behauptet, von der angenommen wurde, daß sie aufgestautes Kritik- und Beschwerdepotential geistlichen
bis
Stände
weit
in
die
aktualisieren
Reihen
und
auch
der
aktivieren
und
eine breite antikaiserliche Bewegung stimulieren konnte.
Der
vieler
angestrebte Reichsstände
Anschluß oder
doch
und
Konsens
zumindest
möglichst ihrer
vor-
nehmsten Vertreter sollte den Anspruch, im Namen und Interesse des Reiches zu handeln, wenigstens notdürftig legitimieren. Das war vor allem dann besonders
notwendig,
wenn man die verfassungspolitische Komponente des Libertätsbegriffes ernst nahm bzw. sich wenigstens den Anschein geben wollte, ihr
Rechnung
zu
tragen.
Denn
der Libertätsbegriff deckte ja nicht nur den Unmut und
104
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
die nationalen Vorbehalte ab, wie sie aus dem Umgang mit dem spanischen Adel am kaiserlichen den
Erfahrungen
mit
spanischem
tierten, oder die Querelen ministration,
auch nicht
mit
nur
Regierungsführung,
teresse
der
an
Handhabung
Reichsinstitutionen
und
Kriegsvolk
der
Mißstände
sondern auch
und
damit
resul-
kaiserlichen
einzelne
kaiserlichen
Hof oder aus
das
Funktionsweise
verbunden
an
Adder Invon
Möglich-
keiten ständisch inspirierter Reformen. Mit ihm ließ sich ein reformpolitischer
Vorstellungshorizont
asso-
ziieren, der offen war für die Rückbesinnung auf die Tradition
ständischer
Reichsreformbestrebungen.
Der
Libertätsbegriff tangierte also nicht zuletzt auch in einem allgemeineren Sinne die reichspolitische frage nach der Einfluß- und Machtverteilung
Grund-
zwischen
Kaiser und Ständen und verwies so über aktuelle Konflikte und punktuelle Fragen hinaus auf eine allgemein reichspolitische Dimension. Dabei ist allerdings zu beachten, daß der Libertätsbegrif f nicht
starr
kungen in der inhaltlichen
fixiert,
sondern
Schwan-
Schwerpunktbildung
unter-
worfen war. Diese konzeptionellen Unterschiede
können
sich auf zweierlei Weise ausdrücken, einmal in der Zusammenstellung der ständischen Gravamina und zum anderen in der Einschätzung des verfassungspolitisch verfügbaren Handlungsraumes der Stände gegenüber dem Kaiser. Diese Unterscheidung scheint gerade für die Analyse der Libertätspropaganda und -diskussion des Frühjahrs 1552 und ihrer etwaigen reformpolitischen
Kom-
ponenten sinnvoll und nützlich. I Der schmale Gravaminakatalog, den Heinrich II. in sein
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
Ausschreiben Verständnis
aufnahm, von der
Libertätsbegriffes. von
vermittelt
Genannt
Reichsterritorien
Manipulation
des
kein
französischen sind
durch
Karl
zureichendes
Interpretation nur
Kammergerichts
105
die
V., und
des
Entfremdung
die des
einseitige Reichstages
durch die habsburgischen Brüder und einige Punkte, die die lich für
Beziehungen
Frankreichs
das Verbot
des
ausländische
Gesandter
vom
zum Reich betrafen,
Kriegsdienstes
Mächte,
der
Reichstag
und die 2 sischer Diener durch Karl V. . Aufschlußreicher politischen
sind
Konzeptionen
französischen
Hof
zur
Machtposition
im Reich
und
deutscher
Ausschluß
Verfolgung
Strategien,
entwarf,
Söldner
französischer
im Vergleich
Auflösung
der
z.T.
näm-
franzö-
dazu
die
die
man
am
habsburgischen in die
Verhand-
lungen mit den Kriegsfürsten einbrachte, z.T. in eigener
Regie
kennbar.
erprobte. Zum
einen
Dabei
sind
ging
es
zwei
Grundmuster
Frankreich
Stände von der habsburgischen
er-
darum,
die
Führung abzukoppeln.
So
war schon früh von 3 der Wahl eines nicht-habsburgischen Kaisers die Rede . Im November 1551 empfahl der König, die
deutschen
Verbündeten
sollten
in
Oberdeutschland
die vom Kaiser eingesetzten Stadtmagistrate und vertrauenswürdige
Leute einsetzen, allen
und alles Wohlwollen gegenüber dann
"une
souldre
et
diette" faire
abschaffen
dem Kaiser
einberufen, conclure
"pour
tout
ce
en
Gehorsam
beseitigen, icelle
qu'ilz
re-
jugeront
estre necessaire au dommaige dud. Empereur"^.
Im März
1552 regte Fresse dann offenbar an, die Stände von ihrem eine
dem
Kaiser
neue
schreiben Schutz
und
geleisteten
Obrigkeit gegebene Schirm
zu
zu entbinden
verpflichten^.
Zusage, zu
Eid
die
nehmen^,
Die
und im
Geistlichen
hatte
Zweck, den Verdacht proprotestantischer
nicht
auf Aus-
unter
nur
den
Parteilichkeit
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
106
nicht aufkommen zu lassen, sondern auch den Sinn, die besondere
Loyalität der geistlichen
Stände
gegenüber
dem Kaiser zu erschüttern. Frankreich wollte also die Stände freisetzen zur Neuordnung der politischen Führung im Reich. Damit die Entwicklung der Dinge nicht der
französischen
Kontrolle
entglitt,
sollte
das
Bündnis entsprechend den wohl in Friedewald von Fresse gemachten Vorschlägen organisatorisch gestrafft und in staatsrechtlich relevanter Weise so ausgebaut daß
die
Führung
eindeutig
beim
werden,
französischen
König
7
lag . Die Heinrichs
zweite
II.
erkennbare
zielte
politische
bekanntlich
darauf
Strategie ab,
einen
Schutzbund mit den rheinischen Kurfürsten, Lothringen, Metz,
Toul, Verdun,
bilden,
ohne
Speyer,
ansonsten
an
Worms den
und
Straßburg
Rechts-
und
zu
Verfas-
sungsverhältnissen des Reiches und der Territorien etwas ändern zu wollen. Zur Realisierung dieses
Planes
lud der französische König die rheinischen Kurfürsten g
zu einer persönlichen Zusammenkunft ein . Dieser Versuch, nach
die Verbindung Oberdeutschland
der und
habsburgischen Italien
Niederlande
abzuschneiden,
ist
tendenziell der oben beschriebenen Strategie verwandt. Es war Frankreich darum
zu tun, das Reich oder doch
umfängliche, geopolitisch wichtige Teile aus dem habsburgischen Herrschaftssystem herauszulösen. Die Frage, inwieweit
dabei
sionspolitik, Chambord
auch
Überlegungen
die eventuell
über
auf das
zugestandene Reichsvikariat
im
eine
Vertrag
Verdun
werden
muß
eine
Rolle
spielten,
von
und auf den Be-
sitz der drei Städte Metz, Toul und konnte,
Expan-
gestützt
hier
nicht
verfolgt werden. Im gegebenen Zusammenhang ist lediglich festzuhalten, daß in französischer Sicht die propagandistisch
versprochene
Wiederherstellung
der
Li-
107
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
bertät
die
sition
im
Vernichtung Reich
ständischer extremer
der
habsburgischen
bedeutete.
Automonie
Dabei
war
unterstellt,
Überdehnung
der
ein
wie
reichsintern
relevanten,
Implikationen
nicht eigentlich
zur Entfaltung.
raschen,
daß
an bei
wurde so zwar für
reform-
sungspolitischen
nur
konstruiert
die Bedürfnisse französischer Machtpolitik seine
Ausmaß
es
Libertätsidee
werden konnte. Der Libertätsbegriff
Machtpo-
verwendbar, und
gelangten
verfas-
dabei
Es kann
aber
nicht
über-
die
französische Libertätspropaganda im 9 Reich unglaubwürdig wirkte . Von ihr konnte kein nachhaltiger politischer stände,
die
Impuls auf die Masse der Reichs-
gewonnen
werden
sollte,
ausgehen.
man hinzu, daß sich der französische König
Nimmt
religions-
politisch nicht engagieren wollte, so war es sachlich durchaus logisch, daß er von den Versuchen zur der reichspolitischen Konfliktproblematik
Lösung
ausgeschlos-
sen blieb. Die
Weichen
dafür
wurden
bekanntlich
schon
früh gestellt. Mit der Zusage, Verhandlungen mit König Ferdinand
aufzunehmen,
und mit
der
Annahme
des
mittlurigsangebotes der rheinischen Kurfürsten und derer des
neutraler
brachte
Libertätsproblems
französischen Fresse
Kaiser
Gleiches
auf
daß
die
verhandlungsauch
von
und
ihm
die
Weg,
weit
rechtfertigte
damit,
Moritz
einen
Vorstellungen
gegenüber
bereitschaft der
Stände
er
von
wegführen
den
mußte.
Gesprächs-
Reichsstände,
wenn
kompromißbereit
erwarteten^".
an-
Behandlung
der
seine
Ver-
sich
zeigte,
Damit
war
mittelbar auch die Einsicht zum Ausdruck gebracht, daß das
angenommene
Libertätsinteresse
der
Reichsstände
nicht auf Radikallösungen zielte und keinesfalls einen Umsturz der Führungsverhältnisse im Reich intendierte. Moritz
wußte,
daß
im
Verständnis
der
Stände
der
108
Luttenberger,
Die Kriegspropaganda
Libertätsbegriff die
viel
französische
Verlauf
seines
Frankreichs
enger
1552
definiert
Seite wahrhaben
Gespräches
mit
war,
wollte.
Fresse
als
Im
dies
weiteren
machte
er
denn
auch unmißverständlich deutlich, daß er den Vorschlag, die Reichsstände ihrer dem Kaiser geleisteten Treueide zu entpflichten und sie einer neuen Obrigkeit schwören zu lassen, nicht für realisierbar hielt. Für den Fall allerdings, daß der Kaiser sein Wort brach, stellte er die Aufkündigung jeden. Gehorsams in Aussicht. Das vorgeschlagene ewige Freundschaftsbündnis zwischen Frankreich und dem Reich konnte dafür den nötigen bieten.
Der
französische
König
sollte
Rückhalt
sich
also
mit
der Rolle eines verbündeten Garanten etwaiger vertraglicher Abmachungen zwischen Karl V. und der
deutschen
Fürstenopposition
vorrangig
seine Interessen
begnügen
im
übrigen
in Italien und Lothringen
Die Überlegung, durch Machtpotential
und
Karls
ein V.
Bündnis mit
verfolgen.
Frankreich
auszubalancieren
und
so
das den
politischen Bewegungsspielraum der Reichsstände zu sichern, läßt sich beim sächsischen den Mai
1552 belegen. Wie
ernst
Kurfürsten noch für sie wirklich
gemeint
war, wird schwer zu entscheiden sein. Jedenfalls war schon in Linz die Entscheidung für eine alternative dort
vorgeschlagen,
Kurfürsten
und
Streitfragen teln
zu
können". Gremium
einige
Damit
und war
Aussicht
Ferdinand,
Fürsten
auf einem
lassen, in
Strategie gefallen. Moritz König
neuen
den
sich
damit
einigermaßen
genommen,
das
hoffen,
die
Verbindlichkeit
chern, ohne daß das für
die
diese von
vermit-
durchsetzen
repräsentatives die
reichspolitischen Verhandlungsergebnisse sen und mittragen konnte. Auf
die
anstehenden
Verhandlungstag
hatte
ein
in
hatte
Maximilian,
angestrebten mitbeeinflus-
Weise
konnte
Abmachungen
kaiserliche
zu
Politik
man sigün-
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
1 09
tagspolitik in ihrem Stil und ihrer Taktik, also nicht eigentlich formen, spruch
auf
verfassungspolitisch
sondern und
nur
auf
Regierungsführung
des
Aufs Ganze gesehen, d.h. wenn
man
Beschneidung
der
mergerichts
in
grundlegende
Veränderungen,
institutionellen Streitsachen,
was
Kaisers die
Forderung
Kompetenz
die
Re-
Machtan12 betraf nach
des
Kam-
Fürstentümer
und
Grafschaften betrafen, außer acht läßt, ging es um die Wiederherstellung lungsräume,
und
nicht um
Sicherung
deren
ständischer
Ausweitung
in
neue
HandKompe-
tenzbereiche. Das gilt auch für die Forderung nach Erlaubnis zu freiem Kriegsdienst. Denn deren Brisanz lag vornehmlich
in
strukturellen
dem
nie
Problem
ganz der
befriedigend
gelösten
Unterscheidung
zwischen
habsburgischer Hausmacht und Reich und den Interessendefinitionen. macht-
und
Der Kaiser
Reichsinteressen
in
zugehörigen
neigte dazu,
eins
zu
Haus-
setzen.
Auch
hier konnte wie in den anderen Beschwerdekomplexen
aus
ständischer Sicht mit einigem Fug eine Störung der Balance im Verhältnis
des
zum Reich behauptet die
Ergebnisse
Karls
Krieg
werden.
der
gegen
Kaisers
und
seiner
Regierung
Dabei hatte man vor
jüngeren Jülich,
Entwicklung,
besonders
aber
allem
etwa
seit
seit
dem
Schmalkaldischen Krieg im Auge. Diese Entwicklung hatte das monarchische
Element
den Augenblick gestärkt. spanische
Sukzession
in
der
Reichsordnung
Dies und die Bemühung um
meinte
man
vor
von der "Monarchie" sprach, die Karl
allem,
wenn
für die man
anstrebe.
II Ob die Libertätspropaganda sierungsbewegung konnte,
hing
unter
naturgemäß
eine nachhaltige
den davon
Reichsständen ab,
auf
Solidariauslösen
welche
poli-
110
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
tische Bewußtseinslage sie traf. Man wird dabei nicht außer acht lassen dürfen,
daß viele
der
aufgeführten
Gravamina nur bestimmte, z.T. kleinere Gruppen, mithin Sonderinteressen betrafen. Wichtiger aber war zweifellos, daß im Verständnis der Masse der Reichsstände der Friedenswahrung
eindeutige
tätsproblem
zukam.
Rechnung
stellen,
zu
Priorität
Daneben daß
lichen Regierungsführung
ist
die
vor
zusätzlich
Kritik
nicht
dem
an
Liberauch
der
allenthalben
chen Maße verbreitet, graduell verschieden
in
kaiserim
glei-
ausgeprägt
bzw. akzentuiert war. In den Äußerungen und in der Politik
etwa
der
schofs von
geistlichen - Kurfürsten
Würzburg
finden
sich
keine
ein eigenständiges Problembewußtsein 13 bertätspropaganda verlor
sein
. Und
Herzog
anfänglich
oder
Bifür
im Sinne der Li-
Albrecht
lebhaftes
des
Anzeichen
von
Interesse
Bayern an
der
eine
in-
Gravaminadiskussion schon im M a i ^ . Andernorts haltliche
kam
erst nach
Beschäftigung
mit
und
dem
nach
Libertätsproblem
in
Gang oder wurden Ansätze, die bereits vor der FUrstenrebellion
angelegt
waren,
intensiviert.
Für
Herzog
Christoph von Württemberg spielte das Libertätsproblem lange eine durchaus untergeordnete andere Neutrale
auch, behandelte er die Gravamina
nächst so, als
seien
sie lediglich
Kriegsfürsten,
nahm
inhaltlich
mochte
sich
äußern'^.
Rolle. Ähnlich wie
im
übrigen
nicht
nur
Im Mai akzeptierte
Angelegenheit
zu
er
Stellung
zuder und
Verfahrensfragen
zwar
die
von
Jülich
vorgelegten Beschwerdeartikel als Diskussionsgrundlage für
Passau,
verraten, digkeit
die
seine
Randnoten
obgleich meist
einer
abwägende fahr,
aber
zu
zustimmend
Behandlung einräumend,
Zurückhaltung
und die
Libertätsidee
diesem
bzw. eine
Einsicht
politisch
über
die
Katalog Notwen-
vorsichtig in
die
Ge-
Gebühr
zu
111
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
strapazieren. Das Desinteresse an den Fragen, die das Verhältnis der Niederlande zum Reich betrafen, mag ein Indiz für die Regionalität
reichspolitischen
Denkens
sein, das am ehesten diejenigen Probleme in ihrer allgemeinen
Bedeutung
zu
erfassen
vermochte,
die
der
regionalen Erfahrung erreichbar waren. Der mehrfache, freilich nicht immer sachgemäße Verweis auf die Goldene Bulle belegt immerhin das Bewußtsein, sich innerhalb der Legalität der verfassungspolitischen Gegebenheiten zu bewegen^. Ausgeprägter
als
bei
Württemberg
oder
gar
Bayern war das Libertätsbewußtsein Herzog Wilhelms von Jülich. Noch vor Beginn der FUrstenrebellion hatte er versucht,bei
Pfalz
eine
Diskussion
über
reichspoli-
tische Gravamina zu initiieren. Dabei war neben religionspolitischen von Beschwerden der
Handhabung
Fragen
und
gegen das der
partikularen
Kammergericht
Münzordnung
Schwächung der Reichskreise
die
Rede.
Interessen und
auch
Vorhaltungen
zu
machen
im Reich "der
wegen
von
In der
sache aber ging es Jülich darum, den Kaiser samer Friedenssicherung
-
der
Haupt-
zu wirk-
zu bewegen
und
ihm
vilveltigen
reichstage
halb, darauf uberstimbt, höchst erschepft
und nichtz
als schulden und steur ervolgte, damit man nit vast 17 wilkom haim kerne" . Jülich hoffte, diesen Beschwerden auf politischem Wege abhelfen zu können. Der geplante Bund
zwischen Pfalz, Württemberg, Bayern, Jülich und
anderen sollte sich dafür mit Nachdruck einsetzen. Wie sich die Vorstellungen Jülichs unter dem Eindruck
der
ohne freilich
Libertätspropaganda
ihre spezifische Prägung zu verlieren,
zeigen die Artikel, die Jülich handlungen
weiterentwickelten,
einbringen
wollte
in die und
im
Passauer Mai
1552
Verdem
pfälzischen Kurfürsten zur Kenntnis brachte. In ihren
112
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
politischen
Teilen
Forderungen
liefen
hinaus:
diese
Artikel
Sicherung
auf
"des
folgende
friedens
und
gleichmessig rechtens", Reform und Visitation des Kammergerichts, gen
Abschaffung der Beschwerungen, die
Ständen,
seien,
insbesondere
freies
weltlichen,
Versammlungs-
und
eini-
widerfahren
Beratungsrecht
der
weltlichen Stände zur Verständigung untereinander Reichstagen, Vorkehrung gegen Ma jorisierung der lichen
Stände
quartierung einem
durch
von
keine
im Reich,
ohne
und
keine
Zustimmung
Verwendung
kein
geistlichen,
Kriegsvolk
Territorium
rigkeit,
die
der
welt-
keine
Ein-
Werbungen jeweiligen
ausländischen
militärisches
Vorgehen
auf
in Ob-
Kriegsvolkes
im
Reich
ohne
Einhaltung des ordentlichen Rechtsweges, keine Achterklärung gegen Kurfürsten oder Fürsten ohne Mitwirkung standesgleicher
Personen,
Entscheidungsverfahrens
entsprechende
für
sprechende Regulierung des
solche
Ordnung
des
Achtfälle,
ent-
Exekutionsverfahrens,
ordnung der wirtschaftlichen und politischen
Neu-
Beziehun-
gen der Niederlande zum Reich, keine Konfiskation Untertanenbesitz keit
und
des
Deutschen ' für Vermeidung sieht,
auch
von
unter Umgehung der jeweiligen
Rechtsweges,
freier
von
Obrig-
Kriegsdienst
der
ihre
Obrigkeiten und Lehnsherrn unter 18 Unruhen . Manches blieb, wie man
hier
noch
ziemlich
allgemein.
Immerhin
wird aber die schwerpunktmäßige Absicht erkennbar, die politische Macht
und
auf ein
militärische niedrigeres
Entfaltung
Niveau
ständische Kontrolle zu verstärken
kaiserlicher
zurückzuführen, und
die
der
burgischen Hausmacht förderliche Tendenz zur ständigung Das Problem
der
Niederlande
"Reichsordnung
vom -
Reich
zu
die
habs-
Verselb-
revidieren.
kaiserlich-habsburgische
Machtpolitik" wollte Jülich durch eine stärkere
Regu-
lierung der kaiserlichen Machtausübung lösen, weil die
113
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
sonst
möglichen
bungen
in
bzw.
ständischer
bereits
beobachteten
Verschie-
Sicht
Irregularismen
und
emp-
findliche Störungen des Reichsgefiiges und seiner
Ord-
nungskraft
bedeuteten.
Daraus
folgte
nicht
zwangs-
läufig der Ausschluß des Kaisers vom Reich, wohl der Versuch, den Kaiser in wichtigen
Punkten
Kooperation mit den Ständen, die dabei als den kationen der Reichsverfassung
adäquates und
aber
auf
die
Impli-
konformes
Handlungsmuster verstanden wurde, zu verpflichten bzw. die ständische Position innerhalb dieses Kooperationsverhältnisses
durch
Präzisierung
zu
klänge an die Tradition ständischer
sichern.
Die
An-
Reichsreformpoli-
tik sind deutlich. Auch die kurpfälzische Position in der Libertätsfrage gewann im Laufe des Frühjahrs
1552 merklich
an Profil und deutlichere Konturen. Am 8. Februar hatte Kurfürst über
die
Friedrich auf die
reichspolitische
Bitte
Lage
dem
um
ein
Gutachten
Kaiser
zu
einer
entschiedenen Befriedungspolitik geraten, die bewirken werde, daß "der gehorsam also merer aus rechter dann
von
forchte
Entgegenkommen durch
die
erlangt
gegenüber
Beschleunigung
Administration
und
durch
wurdt". den der die
Durch
liebe
wohlwollendes
Anliegen
der
Stände,
Geschäftsführung Respektierung
seiner
der
Ehre
deutscher Fürstenhäuser werde der Kaiser sich Gehorsam und Anhang sichern und
"so vil mehr
einbrunstiglichen
geliebet werden, dardurch die auslendischen
praktiken
verhindern und viel einfallenden beschwerungen wole 19 verhüten" . Bemerkenswert erscheint hier vor allem: Die Betonung der Bedeutung des politischen
Vertrauens
- hier ist besonders die gewählte Diktion zu beachten - schob die personalen
Elemente des
reichspolitischen
Beziehungssystems in den Vordergrund. Die der
reichspolitischen
Problemlage
wurde
Bewältigung in
der
Her-
114
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs
Stellung
eines
von
Friedfertigkeit
vollem Wohlwollen geprägten zwischen
Kaiser
1552
und
und
verständnis-
väterlichen
Reichsständen
Verhältnisses
vorgestellt.
Das
Problem der Macht blieb unberührt. Dazu paßt, daß der Kurfürst Kritik
auf
die
Jülichs
Anfang
an der
März
vorgetragene
kaiserlichen
sachliche
Reichspolitik,
Kammergericht, an der niederländischen Regierung 20 ausweichend, z.T. ablehnend reagierte Im April
am
etc.
1552 hörte man dann allerdings
ganz
andere, schärfere Töne in Heidelberg. Man war sich im kurpfälzischen
Rat
gierungsführung
einig,
durchaus
daß
die
Anlaß
zu
kaiserliche
Re-
berechtigten
Be-
schwerden der Stände gab, und erinnerte sich gar, daß der
pfälzische
Kurfürst
auch
"Judex
Caesaris"
sein
könne. Man entwarf allerdings kein eigenes detailliertes
Libertätsprogramm,
pauschaler
beließ
es
vielmehr
Kritik und war ausschließlich
lung festgelegt, die voraussetzte,
bei
auf Vermitt-
daß der
Kaiser
zu
den Gravamina der Kriegsfürsten 21 konkret Stellung nahm, also als Partei gehört wurde . Noch im Mai läßt sich eine
deutliche
beobachten, Gabriel
wenn
Arnold
legungen
Neigung auch
vorsichtiger
die
Beratungen
vorgetragenen
erkennen
Heidelberg
zu
eine
lassen,
durchaus
unter
Initiative
daß
manche
positive
den
überhaupt
anderen
gegebenen darüber
über
Resonanz Punkten
überlassen
von Über-
Gravamina
oder
in
fanden. die hielt
poes
Umständen
zu
nicht für opportun, 22 verhandeln . So artikulierte
sich zwar ein deutliches reformpolitisches aber
die
reichspolitischen
Allerdings wollte man in den meisten litische
Zurückhaltung
für die Gestaltung des Passauer
Interesse,
Verhandlungspro-
grammes sollte dies nicht unbedingt maßgeblich gemacht werden.
Die
Furcht vor
Friedensvermittlung
einem
bestimmte
Scheitern die
der
Grenze
Passauer
des
Enga-
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
115
gements für als durchaus wünschenswert, auch notwendig erkannte Reformmaßnahmen. Dies ergänzen:
ist
Kurpfalz
durch
eine
begriff,
zweite
wie
Beobachtung
die
zu
Instruktion
für
den Passauer Tag zeigt, das Libertätsproblem als stabilitätspolitische Aufgabe, deren Bewältigung nicht in der einseitigen Sicherung ständischer
Freiheiten
be-
stehen konnte, sondern auch gebührende Rücksicht
auf
die Wahrung der kaiserlichen Autorität
verlangte.
Es
kam dabei vor allem darauf an, die Hindernisse zu beseitigen, die wechselseitigem Vertrauen
entgegenstan-
den. Dabei war ein konstruktives Verhalten des Kaisers eingerechnet.
Deshalb war man
auch, was
die
Verfah-
rensfrage anging, offen. Die Gravamina sollten entweder auf einem Reichstag Vermittler
erledigt
oder durch Entscheidung der 23 werden . Es bestand jedenfalls
bezeichnenderweise kein Interesse, die augenblickliche Notlage des Kaisers auszunutzen.
Dies läßt sich auch
daran ablesen, daß sich in Cannstatt, wo die nach Passau abgefertigten Gesandten der Kurpfalz, Württembergs und Jülichs am 25. Mai zu einer Art Vorkonferenz sammentrafen, die Auffassung durchsetzte, mina
seien
zurückzustellen,
erledigt werden und seien O J zeitten" zu verschieben
könnten
in
die
Grava-
Passau
"zu andern mehr
zu-
nicht
gelegnem
. III
Für
die Verhandlungen
in Passau
sind
zunächst
zwei
Punkte festzuhalten: Zum einen vertraten die Passauer Vermittler von Anfang an die Auffassung, daß
an
der
Sicherung der Libertät die Wohlfahrt 2 ί der deutschen Nation "zum höchsten" gelegen sei . Damit war klargestellt, daß sich die Libertätsfrage nicht, wie dies
116
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
anfänglich meist geschehen war, nur als Gegenstand des Streites
zweier
Parteien,
der
KriegsfUrsten
und
des
Kaisers, behandeln ließ, sondern daß sie als zentrales, allgemein reichspolitisches Anliegen
aufzufassen
war. Zum anderen legte Moritz in Passau einen modifizierten unter
und
erweiterten
anderem
die
Gravaminakatalog
verfassungs-
und
der
vor,
reichspolitische
Rolle und Position der Kurfürsten, die Amtsführung der kaiserlichen
Administration,
Reichstages,
das
Karls
V.,
das
die
Verhältnis
Bezugssystem
Funktionsweise
des
Reich-Herrschaftssystem Kaiser-Territorialobrig-
keit-Untertanen und die geltende Kammergerichtsordnung tangierte^. Damit war in einem weitergreifenden Sinn als in den Ausschreiben eine Option auf Reformen von hoher
allgemein
reichspolitischer
Relevanz
So stellte sich aus einem doppelten Grund
eröffnet. die
Frage
nach der gesamtreichspolitischen Kompetenz zur Behandlung solcher Fragen. Die Passauer Vermittler zeigten sich in diesem Punkt wenig skrupulös
und
tagsverfahren
als
kurzerhand
verwarfen zu
das
Reichs-
umständlich.
Sie
schlugen vor, daß nach Wiederherstellung des Friedens den Beschwerden durch Ferdinand, Maximilian und die in Passau
beteiligten
Stände
abgeholfen
werden
sollte.
Ferdinand konnte dann noch durchsetzen, daß der Kaiser in denjenigen Punkten, die ihn nicht unmittelbar
be-
trafen,
daß
beteiligt
sein
sollte.
Die
Zusicherung,
der Kaiser einen deutschen Hofrat bestellen, die deutschen
Angelegenheiten
nur
von
Deutschen
behandeln
lassen und im übrigen sich die Erhaltung der deutschen Libertät angelegen sein lassen werde, erleichterte den 27
Ständen zweifellos ihre Nachgiebigkeit immerhin wahrt,
noch und
ein gewisser mit
der
. So war denn
kaiserlicher
Beteiligung
Einfluß
Ferdinands
geund
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
Maximilians
schien
diskussion nicht
gewährleistet,
daß
die
117
Libertäts-
in eine rein ständisch bestimmte Re-
formpolitik einmündete. Dies lag auch ganz offenkundig nicht in der Absicht der in Passau vermittelnden Stände, auch nicht des sächsischen Kurfürsten. Trotzdem mochte sich der Kaiser mit dem vorgeschlagenen Verfahrensmodus nicht abfinden. Schon vor Passau
hatte
er
in
seiner
Stellungnahme
zu
einigen
Gravamina angemerkt, daß die Ständegesamtheit an ihrer 28 Behandlung beteiligt sein müsse . Am 7· Juni formulierte er dann seine grundsätzliche Position so: "Et a mon
advis
fault
tenir
pour
maxime
en
toute
ceste
negociacion, commil convient que vous y faictes tenir regard,
que
les
choses
qui
touchent
les
estatz
en
commun, quelles se remectent a lassamblee des communs estatz, sans vous mectre en contencion auec ledict due Mauris, puisque il nest depute procureur des estatz de lempire, ny convient que ce que touche generalement a tous iceulx se determine en lassamblee de si peu de 29
prince"
. Auch sonst verknüpfte der Kaiser
mehrfach,
von konkreten inhaltlichen Einwänden gegen die meisten Gravamina ganz abgesehen, dem
die
Repräsentationsproblem.
spruch
der
spältigen rates
auf
schließen,
Kurfürsten,
Voten
Reichstagen unter
"quilz voulsissent une
etwa,
Kaiser
sich
starker
sollte und
ihrer die
changer la forme e x c l u a n t 10 par
du gouvernement"
Punkt einer allgemeinen
wenn
er
mit
im
bei
des
An-
zwie-
Fürsten-
Resolution
Akzentuierung
Dimension
Oligarchie,
autres estatz
Frage von Reformen
des Kurfürstenrates
fassungspolitischen faire
der
So
Absicht de
ceste
Ständeversammlung
ver-
vermutete,
lempire
. Deshalb
an-
der
et
oblique
sei
en les
dieser
vorzubehal-
ten. Wenn der Kaiser zusätzlich darauf verwies, das in Passau vereinbarte Verfahren zur Entscheidung der ihn
118
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
mitbetreffenden
Gravamina müsse dem
kaiserlichen
Amt
abträglich sein, so war damit die Befugnis der Stände in verfassungspolitischen
Fragen
negiert, sondern lediglich im sauer
Vermittlergruppe
wiesener
ein
nicht
grundsätzlich
Hinblick
Mangel
auf
an
Repräsentationskompetenz
die
formal
Pas-
ausge-
festgestellt.
Der
Kaiser nahm auch keineswegs diese Kompetenz
für sich
allein in Anspruch. Vielmehr
Argument
nachdrücklich Passauer
wehrte
er
das
ab, er könne, ähnlich wie dies
Vereinbarungen
über
die
Besetzung
in
des
den Kam-
mergerichts vorgesehen war, die Gravamina von sich aus erledigen und so die ihm präjudizierliche Entscheidung 31 der Vermittler überflüssig machen . Zwar wurde seit dem
Frühjahr
rates
die
erörtert
Installierung
und
im
Sommer
eines der
deutschen
Gedanke
Hof-
erwogen, 32 .
deutsche Fürsten an den kaiserlichen Hof zu ziehen
Ansonsten aber galt: "Et en ce que touche aux commune estatz et ordonnance diceulx, quil se remecte a eulx pour y pourveoir par lordinaire negociation
du saint
empire et determination des reces, esquelz je ne veulx 33 deroguer, comme dit est, de puissance absolute" . Demnach bot der Reichstag, der Kaiser und Stände aneinander
verwies, das einzige Modell politischer
präsentation,
das
zur
vollen
Lösung
des
Re-
Liber-
tätsproblems geeignet war. Die
vermittelnden
Stände
räumten
übrigens
durchaus ein, daß das in Passau vereinbarte Verfahren die herrschende, formal begründete Repräsentationsidee 34 verkürzte . Wenn sie dennoch glaubten, dem von ihnen favorisierten ziehung
Modell,
Ferdinands
das
die
im übrigen
monarchische
durch Spitze
die
Zu-
berück-
sichtigte, allgemeinverbindliche reichspolitische Kompetenz zurechnen zu können, so geschah dies
aus
dem
Bewußtsein heraus, daß im politischen Autoritäts- und
119
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
Reputationsgefalle des Reiches den Kurfürsten und mächtigeren Fürsten ohnehin der Hauptanteil reichspolitischer Verantwortung und Repräsentationskompetenz zukomme und dies im gegebenen Ausnahmefall einen allgemein reichspolitischen Führungsanspruch durchaus be35 gründen könne hier
. Zwar war der ständische Handlungsraum
großzügiger
Distanz
zur
bemessen,
aber
Libertätskonzeption
die
unüberbrückbare
Frankreichs
bleibt
noch immer augenfällig genug. Allerdings
läßt
sich
zumindest
bei
einigen
Ständen während der Schlußphase der Passauer Verhandlungen
eine merkliche
bewußtseins
Intensivierung
beobachten.
Dabei
des
spielte
Libertäts-
der
Eindruck,
den die Ablehnung des ersten Vertragstextes durch den Kaiser hervorrief, eine wichtige Rolle. Ende Juli 1552 erwogen
Pfalz,
Jülich
und
Württemberg
die Möglichkeit, die Durchführung
der
in
Heidelberg
ursprünglichen
Passauer Vereinbarungen notfalls in der Regie der Vermittler sicherzustelllen, falls sich der Kaiser nicht doch
noch
bewegen
ließ,
die
Gravamina
durch
das
in
Passau vorgesehene Verfahren oder auf der Grundlage der Goldenen Bulle durch die Kurfürsten entscheiden zu 1ή lassen . Gleichzeitig stellte man in der Hauptsache aus
den
Ausschreiben
Kriegsfürsten
und
aus
Frankreichs der
und
Passauer
eine umfängliche, detaillierte
Liste
der
deutschen
Gravaminavorlage von
Beschwerden
als Beratungsprogramm 37für den geplanten Verhandlungstag in Urach zusammen . Dieser Ansatz, die Gravaminadiskussion auf ständischer
Ebene
in Gang
zu
halten,
blieb allerdings ohne weitere politische Konsequenzen, da die Kriegsf ürsten
im Lager vor Frankfurt
den
ge-
änderten Vertrag annahmen, mithin die Verschiebung der Gravaminafrage auf den in Aussicht genommenen Reichstag akzeptierten.
120
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
Für den inhaltlichen Stand der Diskussion ist eine Stellungnahme des Jülicher Rates zu den in Heidelberg reich
zusammengestellten
Artikeln
sehr
aufschluß-
. Ausführlich und detailliert beschäftigte man
sich
mit
den
Komplexen
Kammergericht
und
Reichs-
steuern. Die übrigen Punkte dagegen, die das Verhältnis
des
Kaisers
zum
Reich,
seine
Regierungsführung,
das Reichstagsverfahren, das Verbot des Kriegsdienstes für auswärtige Mächte etc. betrafen,
wurden
nur
zum
Teil gestreift bzw. es wurde pauschal empfohlen, sie aus Rücksicht auf den Kaiser vorläufig zurückzustellen und sie erst nach und nach auf künftigen
Reichstagen
zur Sprache zu bringen. Dabei sollten die Stände zwar dem
Kaiser
gegenüber
maßvoll
auftreten,
aber
fest
zusammenhalten, sich auch durch den Religionsgegensatz nicht auseinanderdividieren lassen, "damit die gemeine beschwerungen nit zurugkgestalt, sonder darinnen bes39 serung furgenommen werden möge" . Dieses Interesse an der Erhaltung der Libertät und an entsprechenden
Re-
formen ergab sich im Verständnis der Jülicher Räte aus der
spezifischen
Kaiser
sei
Libertät nicht
nämlich
zum
verpflichtet.
nur
gegenüber tung,
Eigenart
die
gegenüber ihren sie
der
Schutz
Die
der
Stände
Kaiser
und
Untertanen nicht
Reichsverfassung.
erfüllen
hergebrachten
ihrerseits
Reich,
eine
Der
hätten
sondern
ähnliche
könnten,
auch
Verpflich-
wenn
sie
in
ihren Freiheiten, Regalien etc. beeinträchtigt würden. Die
Idee
Freiheit ständigung
des Reiches verlangte zwischen
als
eines
demnach Kaiser
Systems
die und
abgestufter
politische Ständen
in
VerSachen
Libertät. Dabei war für einen Großteil der im Programm für Urach vorliegenden Gravamina an eine
kontinuier-
liche, gemäßigte Reformpolitik gedacht. Der schien dafür der angemessene Ort zu sein.
Reichstag
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
1 21
IV Seit dem Herbst 1552 war man allenthalben auf die Vertagung der Libertätsproblematik auf den Reichstag eingestellt.
Auch
der
- im
übrigen
vergebliche
- kur-
pfälzische Versuch, auf dem Heidelberger Tag im Frühjahr
1553, die Gravamina
zur
Diskussion
zu
stellen,
hatte nur den Sinn, eine gemeinsame Linie für die Politik auf dem erwarteten Reichstag zu finden^. Da der Reichstag sich verzögerte, versuchte Herzog
Christoph
zwar, den Kurfürsten von Mainz bzw. König Ferdinand zu bewegen, einen Kurfürsten- und
Fürstenkonvent
auszu-
schreiben und dort neben anderen Fragen auch die Gravamina erörtern zu lassen, aber dies blieb ohne positive Resonanz^'. Als dann mit dem Reichstag ernsthaft zu rechnen war, stellte sich die Frage, ob sich die Gravaminadiskussion von 1552 wiederbeleben lassen würde. Eine Gruppe kurpfälzischer Räte um den Kanzler
Probus
beantwortete
diese
Frage
uneingeschränkt
positiv und stellte einen Entwurf für die Reichstagsinstruktion zur Diskussion, in dem offenbar vorgesehen war, in Augsburg die Erledigung der in Passau übergebenen Gravamina
strikt und vorrangig zu
Der
dabei
Kerngedanke
war,
daß
der
betreiben^.
Friede
nur
dann
dauerhaft gesichert sein könne, wenn man die politischen Ursachen der Unruhen beseitigte. Abgesehen
von
der
Ur-
Religionsfrage,
fand
sachen in den Gravamina
diese
Rätegruppe
formuliert.
Wenn
diese auf
solche
Weise das Friedensproblem gelöst sei, bedürfe es keiner weiteren Beschäftigung mit dem in Frankfurt
aus-
gearbeiteten Entwurf für die Exekutionsordnung. Es genügten die partielle Reform des Kammergerichts und des Landfriedens und dessen Beobachtung, wobei vor allem
122
auf
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
den
Schutz
der
Freiheiten
und
Privilegien
zu
achten s e i ^ . Eine
zweite
pfälzische
Rätegruppe
äußerte
sich zu diesem Instruktionsentwurf mit deutlicher Kritik und einer durchgehenden Tendenz zur Zurückhaltung in der Gravaminafrage. In dieser Gruppe wollte man in vielen Punkten den anderen Kurfürsten die Uberlassen, vermißte in einigen
Punkten
Initiative
konstruktive
und detaillierte Lösungsvorschläge, hielt manches auch für überflüssig oder unter den gegebenen Umständen für wenig
opportun,
deutscher
fühlte
Söldner
für
sich,
was
auswärtige
den
Kriegsdienst
Mächte
anging,
Rücksicht auf den Kaiser und seine Interessen ten, hielt die Orientierung an den Passauer
zur
gehal-
Verhand-
lungen für überholt und verfehlt, weil eine vorrangige Beschäftigung mit den Gravamina in Augsburg nicht zu erwarten
sei
Frankfurter
und
man
Entwurfs
sich für
auf
die
die
Behandlung
des
Exekutionsordnung
ein-
stellen müsse, teilte zwar durchaus manche
Bedenken,
z.B.
im
was
die
kaiserlichen
Truppenwerbungen
Reich
und die Manipulation der Mehrheitsverhältnisse und die Anwendung traf,
des Mehrheitsprinzips
riet
wünschte Abhilfe
aber
zu
Klarheit und
einem
Uber
auf
Reichstagen
gemäßigten
Vorgehen
Möglichkeiten
machte eigentlich
nur
bebzw.
wirkungsvoller
in
der
Frage
der
Dauer der Reichstage und in den die Kurfürsten unmittelbar
betreffenden
Punkten
keine
besonderen
Vorbe-
halte geltend^. Schon diese Diskussion, in der sich schließlich
die
Gruppe
um
den
Kanzler
setzte, belegt augenfällig die starke
voll
durch-
Differenzierung
im Libertätsverständnis politisch maßgeblicher Kreise. In Augsburg erkannten die pfälzischen Gesandten Dienheim und Drechsel, mäßigten Rätegruppe,
beides
sehr rasch
Vertreter
die
Gefahr,
der
ge-
daß
die
123
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
strikte
Festlegung
vorrangige
auf
die
Behandlung
Gravamina
in
die
führte^"*. Gleich zu Anfang der stenrat
setzte
Sachsen
Pfälzer
Behandlung
standen
bekanntlich
der
ihrem
mit
Gravamina
auf
deren
Isolation
Beratungen
über einen ewigen Religionsfrieden Die
und
politische
im
durch,
Kurfür-
daß
zuerst
zu verhandeln
Antrag
allein.
auf
Sie
sei.
vorrangige
konnten
auch
nicht verhindern, daß Sachsen und Brandenburg die Beratung
der
Exekutionsordnung
ordnungspunkt
als
zweiten
Tages-
akzeptierten.
Die pfälzischen Gesandten nahmen nun die Ver Schiebung der Gravamina nicht ohne weiteres hin, sondern verlegten sich darauf, in den Beratungen über die Kammergerichts- und die Exekutionsordnung immer wieder Bezüge Libertätsdiskussion
herzustellen. Daß sie
bei ihren Änderungsvorschlägen nung
gelegentlich
freilich
nicht
auf
allzu
die
sehr
zur
Kammergerichtsord-
Gravamina ins
sich
Gewicht
beriefen,
mag
fallen^.
Be-
deutsamer ist sicher, daß sie sich in ihren Voten zur Exekutionsordnung nicht nur durch das Friedensinteresse, sondern auch durch das
Interesse
an
der
Libertät
und Freiheit des Reiches und durch die Sorge, daß das Reich nicht auswärtigen
"unverschuldeter
Sachen"
in Konflikt
Mächten geriet, leiten l i e ß e n ^ .
mit
Aus bei-
den Maximen ergaben sich in pfälzischer Sicht vor allem
zwei
Forderungen:
kutionsordnung Mächte, Kaiser
soweit oder
Verlangt
wurde,
den freien Kriegsdienst er
König
sich als
nicht des
gegen
"richs
daß für
das
haupter"
die
Exe-
auswärtige Reich
bzw.
richtete,
zulassen müsse. Außerdem wurden konkrete Maßnahmen zur wirksamen Reich
Kontrolle
gefordert.
kaiserlicher
Darin
war
die
Truppenwerbungen Bedingung
bezogen, daß es dem Kaiser verwehrt einen
Reichsstand
unter
Verzicht
mit
im
ein-
sein müsse, gegen auf
den
Rechtsweg
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs J 552
124
Krieg zu führen. Eigentlich hätte man am liebsten völlige
Unterbindung
gesehen,
damit
kaiserlicher
auswärtigen
Rüstungen
Potentaten
kein
im
Grund jο
Feindseligkeit gegen das Reich gegeben werde Tendenz ging es also darum, das Reich den
Konfliktfeldern,
auf
denen
nach
die
die
Reich zur
. In der außen
auf
habsburgische
Machtpolitik
involviert war, zu neutralisieren und im
Innern
destabilisierenden
die
Machtpolitik
auszuschalten
Rückwirkungen
bzw.
unter
dieser
Kontrolle
bringen. Das Reich sollte aus den Sachzwängen Bedingungsgeflecht
habsburgisch-kaiserlicher
zu
und dem Machtpo-
litik herausgelöst werden. Diese "Befreiung" galt ganz offenbar nicht nur als friedensdienlich, sondern als wichtiger
Schritt zum Schutz der deutschen
auch
Liber-
tät. Im übrigen finden sich in den pfälzischen Erklärungen die
zur
Exekutionsordnung
Aufschluß
auch
sonst
Aspekte, verspre-
über
das
Libertätsverständnis
auf
das
ihm
chen, weil sie
zugeordnete
Vorstellungs-
feld verweisen. Es geht dabei nicht nur um sondern
auch
horizontale
Bezüge
auf
Ebene, z.B. in den Reichskreisen. das
Bestreben,
schwächen
und
die sie
Position
in
ihren
rein
vertikale, ständischer
Zu nennen sind
der
etwa
Kreisobristen
Entscheidungen
zu
möglichst
eng an Beschlüsse der Kreisstände zu binden, um die einzelständischen Mitwirkungs- und Kontrollrechte zu 49 sichern lierte
, und
die
Festlegung
Opposition
gegen
einheitlicher
eine
zu
detail-
Verhaltensmaßregeln
für alle Kreise. Bei der Ablehnung einer straff lierenden
Zentralisierung
Abneigung
gegen
eine
auf
Kreisebene
unkontrollierbare
regu-
spielte
die
Machtkonzen-
tration eine wichtige Rolle, auch die Furcht vor willkürlichen finanziellen Belastungen. Dem ist allerdings noch
ein
weiterer" wichtiger
Gesichtspunkt
anzufügen.
125
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
Denn
es
galt
in
Heidelberg
Exekutionsbestimmungen müßten,
daß
"gelegenheit
ihre
so
Anwendung
der
feile",
als
ausgemacht,
weitmaschig die
der
regionalen
"gelegenheit
"gleichheit" der
Obristen
Verhältnisse
zu
verhindern
sichtigen^*.
der
erlaubte^".
Gemeint
und
Stände
war
die
und
keine
der
der
zeit",
Gegebenheiten, Und
zu halten, d.h. Willkür und
Leistungsfähigkeit
die
werden
Berücksichtigung
der jeweils verschiedenen kreisinternen der
daß
gefaßt
es
war
Voreiligkeit
unterschiedliche
Kreise
zu
berück-
formalisierte,
schon
gar keine numerisch fixierte Gleichheit, sondern eine Art
Angemessenheit,
walt
in
flexibler
derheiten etc. zum
die
bei
Entfaltung
Reaktion
auf
Ausdruck
kommen
der
Reichsge-
Unterschiede, sollte.
Beson-
Es
sollte
das möglich gemacht werden, was "angebracht" war. Dies Denken in Verhältnismäßigkeiten
war der
Libertätsidee
durchaus verwandt. Es kann die
nicht
Libertätsidee
in
wundern, der
daß
die
Ablehnung
des
Anklänge
an
Generalober-
stenamtes am deutlichsten hörbar werden. Pfalz monierte,
daß
gwalt
durch
von
den
die
Realisierung
Stenden
genomen
dieses und
Planes
etwan
ain
"der oder
zwaien in handt gegeben werden muist, unbewüst wie und wem sich ider zeit der ausgang zu nutz oder 52 wurde erzeigen"
. Wenn der brandenburgische
unter Anspielung auf der
vorgesehene
eine größere so wird
der
greifbarer.
die
Goldene
Generaloberst
Machtfülle
Bulle
würde
vereinigen
Zusammenhang Die
nachtheil
Kehrseite
mit
der
dieser
gar
in
Gesandte votierte,
seiner
als der
Hand 53 ,
Kaiser
Libertätsidee Argumentation,
noch die
sich gegen eine durch Machtkonzentration bewirkte Ausschaltung an
bzw.
Zurückdrängung
reichspolitischen
Anliegen
ständischer wendete,
Mitwirkung
begegnet
in dem Vorschlag, bei Eintreten des "grossen
dann
notfals"
126
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
die Kurfürsten
einzuschalten,
gen, die Verhängung gericht
von
den
der
oder
in den
Reichsacht
Kurfürsten
und
durch
einigen
Fürsten kontrollieren und überwachen Schutz
der
kurfürstlichen
maßgeblicher Die
Überlegundas
Kammer-
deputierten
zu l a s s e n ^ .
Prärogative
war
Der
hier
ein
Gesichtspunkt. Tendenz,
die
Ausformung
und
Entfaltung
der Zentralgewalt zugunsten ständischer Mitwirkung und Kontrolle zu verkürzen., war übrigens bezeichnenderweise bei den geistlichen Kurfürsten weit geringer ausgeprägt. So wurden die pfälzischen Anträge zwar lich
kommentiert,
aber
durchweg
bei
entsprechender
Zurückhaltung auch Sachsens und Brandenburgs bis auf weitere Kenntnis
Resolution
der
freund-
Kurfürsten
lediglich selbst
zur
genommen^. Zum genaueren Verständnis der pfälzischen Po-
sition bleibt freilich noch ein wichtiger nachzutragen.
Die
die Wahrung des
radikale
Auffassung
Landfriedens
betreffe
Sachverhalt
einiger nicht
Räte,
den
Kai-
ser, sondern nur die Stände, und deshalb sei eine kaiserliche Mitwirkung bei der Bestellung eines
etwaigen
Generalobersten a b z u l e h n e n ^ , setzte sich nicht durch. Vielmehr
formulierte
Pfalz
für
die Wahrung
des
Land-
friedens neben der Rücksicht auf den Handlungsraum der Stände und den Frieden nach außen noch eine dritte Maxime, die als verfassungspolitische Leitidee fungieren sollte:
Bei
der
Behandlung
des
Landfriedens
sei
vor
allem darauf zu sehen, daß "zwuschen ksl. und kgl. Mt. als den hauptern und den Stenden und glidern ain guts aufrechtes
vertrauen
gepflantzt,
auch
solchen khunftigen Ordnungen demselben möcht, kain
abgeschnitten
bestendigkeit
wurde, fridens
alles,
angesehen, leichtlich
ist, so die haupter und glider
was
in
entgegenlauffen das zu
one
das
verhoffen
in misverstandt
stehen
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
127
C7 oder wachßen
solten"
. Dazu
schen Verständnis nicht ler
Reformen,
turen
durch
sondern
der
Kooperation
zu ermöglichen. seiner
Zwar konnte man
im
institutionelum
Kaiser
und
ver-
Ständen
Kritik
ersparen,
grundsätzliche
Korrek-
eine
dem Kaiser
nicht
pfälzi-
punktuelle
Gravamina,
zwischen
Regierungsführung
war keineswegs eine
es
weitgreifender
es genügten
Erledigung
trauensvolle
bedurfte
aber
an
damit
Oppositionsstrate-
gie gemeint. Die Abstellung der Gravaminar Qwar aus integrationspolitischen Gründen anzustreben . Den geistlichen Kurfürsten freilich ging dies alles
zu
weit.
überhaupt ten
Sie
wollten
zunächst
die
Gravamina
nicht auf die Tagesordnung setzen,
dann
die
Einholung
einer
verlang-
Stellungnahme
des
Kai-
sers, plädierten dafür, dem Kaiser zu vertrauen, wollten dann die ganze Frage zu
persönlicher
und
ließen
darauf deln.
sich
ein, Ein
Beratung
den
der
Passauer
die
selbst
nend genug
für
den
widerwillig
daß
sich
mehr
wollten
den
behan-
durch
Kaiser -
an
einem
oder
Informationsstand
zu
sie nur
Hofrates mit
Beschwerden
erledigten, und
höchst
zeigten
Reichstag
verschieben
Gravaminakatalog
eines deutschen
übrigen
nur
Interesse
schen Präsidenten, meinten, form
anderen
Kurfürsten
schließlich
gewisses
Einrichtung
auf einen
der
deut-
diese
Re-
weniger
von
-
bezeich-
lediglich
an
seine Passauer Zusage erinnern, wenn diese mittlerweile
noch
nicht
erfüllt
sei.
In allen
übrigen
Punkten
bezogen sie sich entweder auf dieses Votum oder hielten eine besondere Stellungnahme legentlich
auch aus Rücksicht
für überflüssig, ge-
auf
den
Fürstenrat
für
59 nicht opportun
.
Auch Sachsen und Brandenburg ließen sich nur halbherzig auf die Beratung
der
Gravamina
ein.
Rück-
halt fanden die Pfälzer bei ihnen nur in der Frage des
128
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
deutschen Hofrates und der Sicherung der
Wahlfreiheit
und
Lehnspolitik
für
die
Kritik
an
der
kaiserlichen
und an der Entfremdung von Reichslehen. Die pfälzische Forderung, den Kaiser künftighin bei Ausschreibung von Reichstagen an die Zustimmung
der
Kurfürsten
den, nahmen Brandenburg und Sachsen, stimmend, zur Berichterstattung
zu
bin-
in der Sache zu-
zur Kenntnis. Was den
freien Kriegsdienst anging und die Forderung, daß der Kaiser kein fremdes Kriegsvolk mehr im Reich verwenden dürfe, verwiesen sie auf einschlägige Bestimmungen der neuen Exekutionsordnung. Ansonsten verschoben sie ihre Stellungnahme bis zum Ende der Beratung und plädierten dann
dafür,
die
Einrichtung
eines
deutschen
Hofrates
vorsichtig anzumahnen und im übrigen ganz allgemein an die Erledigung der übrigen Gravamina zu erinnern^". Den Pfälzern, die in allen sonstigen Punkten, in
denen
sie
konkrete
Abhilfe
für
geboten
hielten,
keine Resonanz fanden, blieb schließlich nichts anderes übrig, als dem Vorschlag Sachsens und Brandenburgs zuzustimmen und im übrigen zum Schutz vor dem Unwillen des 6 1Kaisers um die Geheimhaltung ten
ihrer
Voten
zu
bit-
Wie gereizt stellenweise die Stimmung im Kurfürstenrat
bei der Behandlung
der
Gravamina
war,
mag
die Erklärung der Trierer Gesandten belegen, sie hielten
"es nit fur ein gering gravamen,
das von
Franck-
reich der teutschen nation zugefugt und das die andere gravamina nit so hoch notturftig". Deshalb sei vor allem über die Forderung nach Restitution von Metz, Toul 62 und Verdun zu beraten . Und die Mainzer erklärten zur Forderung
nach
freiem
Kriegsdienst:
"Man
hette
auch
wol gesehen, das theutschen frembden potentaten gedienet
und
Deutlicher
dem
reich
konnte
man
das
sein
sich
kaum
helfen von
entwenden"^. der
Libertäts-
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
129
propaganda des Frühjahrs 1552 und etwaigen aus ihr abzuleitenden
politischen
Konsequenzen
distanzieren.
Maßgeblich für diese Distanzierung war eine bewußt betonte Loyalität gegenüber dem Kaiser. Dabei mag unter dem
Eindruck
der
Verhandlungen
über
den
Religions-
frieden auch die Hoffnung auf kaierliche Unterstützung bei der Wahrnehmung eine Rolle gespielt
konfessionspolitischer
Interessen
haben. Schon deshalb wird man die
pfälzische Gegenposition nicht unbesehen
als
Ausdruck
prononcierter Illoyalität lesen dürfen. Sie war allerdings
von
der
Vorstellung
beherrscht,
daß
nicht
nur
die Stände dem Kaiser verpflichtet seien, sondern auch die kaiserliche Amtsführung an Regeln und
Rücksichten
gebunden sei, deren Mißachtung die Balance in dem Bezugssystem störte, das Kaiser und Stände als Haupt und Glieder
aufeinander
auch in Düsseldorf Konzeption
war
anwies.
So
im Sommer
keineswegs
ähnlich
hatte
man
1552 argumentiert.
auf
ein
rein
ja
Diese
dualistisches
Verhältnis zwischen Kaiser und Ständen im Sinne einer auf Dauer berechneten Konfrontationsstrategie
fixiert,
sie war zwar offen für die wenn nötig auch harte Auseinandersetzung zwischen beiden Seiten, aber lich
darauf
Maße
integrationspolitisch
wird man die begrenzte such
angelegt,
Kaiser
allmähliche,
und
zu
Stände
Jülichs
freilich
ein reichspolitisches
und
gleichem
verpflichten.
Deshalb
auf wenige
Belebung des Libertätsbewußtseins,
Württembergs,
letztend-
in
der
Stände
den
Kurpfalz,
Ver-
daraus
Programm zu entwickeln, und die
pfälzische Politik in Augsburg 1555 zwar nicht aus dem Zusammenhang
der Kriegspropaganda
des
Frühjahrs
1552
herauslösen dürfen, man wird aber die Differenz zu den reichspolitischen Vorstellungen vorheben müssen. Es
zeigt
sich,
Frankreichs daß
eine
klar
her-
ausschließ-
lich am kaiserlich-ständischen Dualismus interessierte
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
130
Perspektive die reichspolitischen Verhältnisse nur unzureichend durchaus
erfaßte,
ja
gegenläufige
Stände in einer Gemeinsamkeit verlangte
anderen
zwei verschiedenen zu
sich
aber
sen,
unter
Miteinander
die
Haupt
gab und
hat
in
der Dies
also
mit
Grundkonfiabwechseln,
korrigieren,
neutralisieren
interessenbestimmten
von
Man
miteinander
wechselseitig
Es
Kaiser
zeigen:
verfassungspolitischen
Umständen
dualistischen
die
Verantwortung.
Kooperation.
rechnen,
auch
konnte.
Konfiguration
reichspolitischer
konstruktive
gurationen
irreführen
Vorstellungen,
beeinflus-
konnten:
mit
dem
Gegensatz
und
dem
und Gliedern
im
übergeordneten
Interesse der Gesamtheit. Es scheint besonders beweiskräftig,
daß
dieser
Befund
in
der
Beschäftigung
einem Gegenstand gewonnen werden konnte, der klassisch
eine
rein
dualistische
mit
geradezu
Interpretation
der
Reichsverfassung zu bestätigen scheint. Dort,
wo die Libertätsideee
unter
den
Neu-
tralen vorübergehend programmatische Bedeutung gewann, lag eine einschneidende Änderung der
Führungsverhält-
nisse außerhalb ihrer konzeptionellen
Tragweite,
ging
es in der Hauptsache um Einzelmaßnahmen zur Entlastung des Bezugssystems
zwischen
Kaiser
und
Reichsständen.
Diese Entlastung setzte freilich in ständischer die
Einschränkung
der
Möglichkeiten
Sicht
kaiserlich-habs-
burgischer Machpolitik im Reich voraus. Daß die Libertätsidee
nach
1552
für
ständische Reformpolitik nutzt die
werden
konnte,
Kriegspropaganda
vor
allem
den
eine
systematisch
angelegte
im genannten Sinne nicht
lag
zunächst
bei
der Masse
Geistlichen,
das
einmal der
daran,
gedaß
Reichsstände,
Libertätsinteresse
nicht nachhaltig beleben konnte. Hinzu kommt die starke
inhaltiche
schon
in
Divergenz
im
reichspolitischen
Libertätsverständnis, Fragen
sehr
das
uneinheitlich
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
131
und zudem stets offen war für die Einbeziehung regionaler und partikularer daß
sich weder
Belange. Um
1552 noch
Meinungsbildungsprozesses
so
1555 jene
schwerer
Verdichtung
bewerkstelligen
ließ,
wog, des die
zur Behebung des festgestellten Mangels an konzeptioneller
Stringenz
heitlichung
der
und
zu
diversen
programmatischer Vorstellungen
Verein-
unverzichtbar
war. Daß es dazu 1555 vollends zu spät war, hing nicht nur mit der deutlich erkennbaren Neigung zusammen, alle Beschwerdepunkte, die mit dem Ausgang des Schmalkaldischen Krieges zu tun hatten, auf sich beruhen zu lassen, auch nicht nur damit, daß das nach
1547 mög-
lich gewordene Übergewicht des Kaisers im Reich längst nicht mehr spürbar war. Ausschlaggebend vielmehr war, daß die politische Entwicklung nach 1552 und der Markgrafenkrieg
die
Notwendigkeit
Landfrie-
effektiver
denssicherung drastisch vor Augen führten und sich dadurch das Reformbedürfnis verlagerte.
Auf dem Frank-
furter Reichskreistag 1554 und dann erneut in Augsburg 1555 entschied man sich für eine organisatorische Reform der Exekutions- und Kreisordnung^. Das war die wenn man will
"modernere"
- Alternative
zur
pfälzi-
schen Konzeption, die auf die stabilisierende und integrierende
Kraft
ungetrübten
und die darauf gegründete
politischen
konstruktive
Vertrauens
Kooperations-
fähigkeit der Stände untereinander und mit dem Kaiser baute und die deshalb die Erledigung der Gravamina und die Unverletzlichkeit der deutschen Libertät te .
verlang-
132
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
1 Vgl. Hermann Weber, Le traite de Chambord (1552). In: Charles-Quint, le Rhin et la France. Droit savant et droit penal a 1 1 epoque de Charles-Quint. Strasbourg o.J., S.88. 2 Vgl. Friderich Hortleder, Der Römischen Keyser und königlichen Maiesteten, auch deß heiligen rö. Reichs geistlicher und weltlicher Stände... Handlungen und Außschreiben, Rathschläge, Bedencken, Sand und andere Brieffe ... von Rechtsmässigkeit, Anfang und endlichem Außgang deß Teutschen Kriegs Keyser Carls deß Fünfften wider die Schmalkaldische Bundesoberste Chur- und Fürsten Sachsen und Hessen und I. Chur- und Fürstlichen G.G. Mitverwandten. Vom Jahr 1546 biß auff das Jahr 1558. I6l8, Buch V, Kap. 3 S. 1009-1013. 3 Vgl. Reponse d 1 Henri II au memoire des princes apporte par Reiffenberg, Juli 1551: Jean-Daniel Pariset, La France et les princes allemands. Documents et commentaires (1545-1557)· In: Francia 10 (1982) S. 229-301, hier Nr. 25 S.254-255, S.255· 4 Vgl. Reponse du Roi au Margrave, 18.Nov. 1551: ebd. Nr. 37 S.271-272, hier S. 271. 5 Vgl. Fresse an Heinrich II., Schweinfurt, 26. März 1552: Pariset, La France (Anm.3) Nr. 54 S.285-288, hier S. 287-288. 6 Vgl. Hortleder, Der Römischen Keyser (Anm.2) S. 1013. 7 Vgl. Heinrich Lutz, Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Karls V. (1552-1556). Göttingen 1 9 6 4 , S.71 . 8 Vgl. Weber, Le traite (Anm. 1) S.90 und Albrecht P. Luttenberger, Glaubenseinheit und Reichsfriede. Konzeptionen und Wege konfessionsneutraler Reichspolitik (1530-1552) (Kurpfalz, Jülich, Kurbrandenburg) . Göttingen 1982, S.601-602. 9 Vgl. etwa die Aufzeichnung Herzog Christophs von Württemberg über die geplante Verhandlung mit den Kriegsfürsten, April 1552: Viktor Ernst, Briefwechsel des Herzogs Christoph von Wirtemberg. Bd. 1 Stuttgart 1899, Nr. 495 S.5U-514, hier S. 512. 10 Vgl. dazu und zum folgenden Fresse an Heinrich II., Schweinfurt, 26. März 1552: Pariset, La France (Anm. 3) Nr. 54 S.285-288, hier S.286 und S.287-288. 11 Vgl. die Erklärung Kurfürst Moritz' von Sachsen in Linz, 28. April 1522: August von Druffel (Hrsg.), Beiträge zur Reichsgeschichte, 4 Bde. München 1873-1896, hier Bd. 3 Nr. 1322, VII S. 406-408, hier S.407, und König Ferdinands zweite Resolution
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
12
13
14
15 16
17
18 19 20 21 22 23
1 33
an Kurfürst Moritz, Linz, 28. April 1552: ebd. Nr.1322, IX S. 409Vgl. das Ausschreiben des Kurfürsten Moritz von Sachsen, Herzog Albrechts von Mecklenburg und Landgraf Wilhelms von Hessen und das Ausschreiben Markgraf Albrechts von Brandenburg: Hortleder, Der Römischen Keyser (Anm.2) Buch V, Kap.4, S.1013-1018 und Buch V, Kap.5, S. 1018-1021. Vgl. Rolf Decot, Religionsfrieden und Kirchenreform. Der Mainzer Kurfürst und Erzbischof Sebastian von Heusenstamm 1545-1555. Wiesbaden 1980, S.175 ff.; die Instruktion Bischof Melchiors von Würzburg für (Daniel Stibar und Dr. Johann Brief) zum Wormser Tag, o.Datum: STA Würzburg Mise. 1176 unfol.; "Bedenkhen was meins gnedigen herren von Wirtzburgs gesanten uff dem tag zu Passaw ungeferlich handeln sollen", o. Datum, STA Würzburg Reichssachen 867 unfol. und "Doctor Briefen cantzlers gestellt memorial oder instruction gein Passau 1552", o. Datum: ebd. Vgl.Herzog Albrecht von Bayern an Herzog Christoph von Württemberg, Ingolstadt, 16. März 1552: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd.2, Nr. 1126, S.253-254, hier S. 254 und ders. an dens., München, 21.Mai 1552: ebd. Nr. 1431, S. 499-500, hier S. 499. Vgl. wie Anm. 9, hier S. 513. Vgl. Herzog Christophs von Württemberg Instruktion für seine Gesandten nach Passau, 23. Mai 1552: Ernst, Briefwechsel (Anm. 9) Nr. 570, S.568-570, hier S.570, und Jülichsche Artikel, Mai 1552: ebd. Nr. 571, S.571-572. Vgl. die Aufzeichnung zur Verhandlung über Jülichs Eintritt in den Bund der Neutralen, 5· März 1552: Ernst, Briefwechsel (Anm. 9) Nr. 3 8 7 , S. 4-0-411, hier S. 410. Vgl. Jülische Artikel, Mai 1552: Ernst, Briefwechsel (Anm. 9) Nr. 571, S.571-572. Vgl. Kurfürst Friedrich von der Pfalz an den Kaiser, 8. Febr. 1552: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd. 3, Nr.1434, I Anm. 1, S.417-420, hier S. 418. Vgl. wie Anm. 17· Vgl. Luttenberger, Glaubenseinheit (Anm. 8) S . 5 8 9 590. Vgl. das Protokoll über Gabriel Arnolds Werbung in Heidelberg, l8.Mai 1552: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd.2, Nr. 1418, S.483-4W; Vgl. die Instruktion Kurfürst Friedrichs von der Pfalz für seine Gesandten nach Passau, 21. Mai 1552: HSTA München Kasten blau 105/4A fol. 7r-27v,
134
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
hier fol. 18v-20r. 24 Vgl. das pfälzische Ratsprotokoll, 28. Mai 1552: HSTA München Kasten blau 105/2 A. fol. 288r-289v, hier fol. 289r. 25 Vgl. das Gutachten der Stände über Gravamina, Frankreich, Aussöhnung, 8. Juni 1552: Druffel, Beiträge (Anm.ll) Bd. 3, Nr. 1447, XII, S.495-497, hier S. 496. 26 Vgl. die in Passau vorgelegten Beschwerden, o. Datum: Ebd. Bd. 3 Nr. 1447, VII S.486-491. 27 Vgl.wie Anm. 25, hier S.495-496 und die beiden Gutachten der Stände über die gleichen drei Punkte, 9. Juni 1552: ebd. Nr. 1447- XV und Nr. 1447, XVI, S.500-501 und S.501-502. 28 Vgl. die von König Ferdinand an den Kaiser übersandten Beschwerden nebst Antwort, o. Datum: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd. 3, Nr.1447, I S.444-447. 29 Vgl. Karl V. an Ferdinand, 7. Juni 1552: Karl Lanz (Hrsg.) , Correspondenz des Kaisers Karl V. Bd. 3, Nachdr. Frankfurt 1966, Nr. 8θ8, S.237-246, hier s.240-241. 30 Vgl. ebd. S.242. 31 Vgl. Rye und Seid an den Kaiser, 15. Juni 1552: ebd. Nr. 817, S.263-269, hier S.266. 32 Vgl. Decot, Religionsfrieden (Anm. 13) S.177, und Lutz, Christianitas (Anm. 7) S. I I O - I I 4 . Es blieb allerdings bei bloßen Überlegungen. 33 Vgl. Karl V. an Ferdinand, 30. Juni 1552: Lanz, Correspondenz (Anm. 29) Nr. 837, S.318-329, hier S. 322-323. 34 Vgl. die zu Passau versammelten Fürsten und Botschafter an den Kaiser, 5· Juli 1552: Lanz, Correspondenz (Anm. 29) Nr. 8 4 6 , S. 345-349, hier S. 346: "Vnnd wiewoll villeicht dafür geacht werden mocht, als ob durch unsere alhie gepflegte handlung etlichen Stenden dess reichs an jrem rechten zu kurtz, vnnd nachtheiliger beschwerlicher eintrag beschehen were: so würdt doch jn dieser gantzer handlung nit anders gespürt vnnd befunden, dann das dardurch der gmein nutz gesucht, vnnd dess gentzlichen verderben der teütschen nation zufürkommen bedacht sein". 35 Vgl. die auf der Heidelberger Konferenz Ende Juli 1552 entworfene Instruktion für eine geplante Gesandtschaft an den Kaiser, o. Datum: HSTA München Kasten blau 97/2a II fol. 349r-357r, hier fol. 354r: "...sonderlich dis fals, da man vil leichtlicher und neher den gmeinen ainmutigen friden (als durch den von kgl. Mt., den Kg. zu Peheim sambt
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
36 37 38 39 40
41
42
43 44 45
46
47 48
49
135
chur und fursten als furnemsten glidern und Stenden des hailligen richs zu Passau gantzs gutherziger treuer wolmainung vorab uf ir ksl. Mt. ubergeben volmacht und befelch gethaid.ingten verdrag und assecuration) wol gehaben kont. . . " . Vgl. den in Anm. 35 angezogenen Instruktionsentwurf, hier fol. 354r und 355v. Vgl. das Programm für den Uracher Tag, o. Datum: Ernst, Briefwechsel (Anm. 9) Nr. 738 S. 746-749. Vgl., das Bedenken zu den in Heidelberg zusammengestellten Artikeln: STA Düsseldorf JUlichBerg II 2286 fol. 543r-550r. Vgl. ebd. fol. 546v. Vgl. das Protokoll der Heidelberger Verhandlungen vom 20. bis zum 28. März 1553: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd. 4, Nr. 77, S.72-90, hier S.76-77 und S. 88. Vgl. Albrecht P. Luttenberger, Landfriedensbund und Reichsexekution. T.2: Zur politischen Vorgeschichte des Frankfurter Reichskreistages vom Oktober/November 1554. In: MÖSTA 36 ( 1983) S.l-30, hier S.7 und S. 13-14. Die Instruktion liegt nicht vor· Ihr Inhalt läßt sich jedoch weitgehend aus den in den folgenden Anmerkungen angezogenen Protokollen von kurpfälzischen Ratssitzungen, in denen die Instruktion besprochen wurde, erschließen. Vgl. außerdem Kanzler und Räte zu Worms an Kurfürst Friedrich, 22. Dez. 1554: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol. Vgl. das pfälzische Ratsprotokoll vom 24. Jan. 1555: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol. Vgl. die beiden pfälzischen Ratsprotokolle vom 7· Jan. 1555: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol. Vgl. die pfälzischen Reichstagsgesandten an Kurfürst Friedrich, 5. Febr. 1555: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol., und die beiden Protokolle von Besprechungen der pfälzischen Reichstagsgesandten in Augsburg vom 14. und 15· Febr. 1555: ebd. Vgl. das Protokoll des Kurfürstenrates zum Augsburger Reichstag, 5. Febr. - 24. Sept. 1555: HHSTA Wien MEA Reichstagsakten 3 8 , fol. lr-877v, hier ad 29. April 1555 fol. 255r-258v. Vgl. Kurfürst Friedrich an seine Gesandten in Augsburg, Heidelberg, 13. April 1555: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol. Vgl. ebd. und außerdem wie Anm. 4 6 , hier ad 20. April 1555 fol. 271v-220v und ad 21. April 1555 fol. 221 r- 223 ν und ad 22. April 1555 fol. 225v-226r. Vgl. wie Anm. 4 8 .
136
50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64
Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552
Vgl. wie Anm. 47· Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. wie Anm. 46, hier ad 30. März 1555 fol. 138r-138v. Vgl. wie Anm. 46, hier ad 16. April 1555 fol. 191r-191v und fol. 194r-194v und ad 26. und 27. April 1555 fol. 249r-250v. Vgl. wie Anm. 46, hier ad 20. April 1555 fol. 219r-220v und ad 21. April 1555 fol. 221v-223v. Vgl. wie Anm. 43. Vgl. wie Anm. 47. Vgl. wie Anm. 46, hier die pfälzischen Voten vom 2. Mai 1555 fol. 273r-273v und besonders vom 3. Mai 1555 fol. 278v. Vgl. wie Anm. 46, hier die Voten der geistlichen Kurfürsten vom 2. und 3· Mai 1555 fol. 271r-289r. Vgl. wie Anm. 46, hier die Voten Sachsens und Brandenburgs vom 2. und 3 . Mai 1555 fol. 271r-291v. Vgl. wie Anm. 4 6 , hier ad 3· Mai 1555 fol. 290r-290v. Vgl. wie Anm. 4 6 , hier ad 2. Mai 1555 fol. 272v-273r. Vgl. wie Anm. 46, hier ad 3- Mai 1555 fol. 285r. Vgl. Luttenberger, Landfriedensbund (Anm. 41) S. 21-30; Alfred Kohler, Die Sicherung des Landfriedens im Reich. Das Ringen um eine Exekutionsordnung des Landfriedens 1554/55· In: MÖSTA 24 (1971) S. 140-168, und Heinz Angermeier, Die Reichsreform 1410-1555· Die Staatsproblematik in Deutschland zwischen Mittelalter und Gegenwart. München 1984» S. 311-334. Zu Angermeier S. 312 Anm. 258 sei angemerkt, daß in meiner Arbeit "Glaubenseinheit und Reichsfriede" (Anm.8) Passau nur als Wende in der Behandlung des Religionsfriedensproblems verstanden ist.
Heinrich Lutz
Kardinal Reginald Pole und die Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56). Von der Friedenskonferenz in Marcq zum Waffenstillstand von Vaucelles
In
dem
Hegemoniekampf
zwischen
Habsburg
und
Frank-
reich, der zweieinhalb Jahrhunderten europäischer Geschichte Jahre
seinen
des
Stempel
aufdrückte, bilden
16. Jahrhunderts
einen
die
dramatischen
50er Höhe-
punkt. Der Schmalkaldische Krieg hatte Karl V. seinem Ziel - der Monarchie Universalis - scheinbar nähergebracht.
Dagegen
Frankreich deutschen nischen
seit
erneuerte 1551
die
Protestanten, Gegnern
des
König "große
den
Heinrich
II.
von
Koalition"
mit
den
Türken
Kaisers,
um
und die
den
italie-
habsburgische
Weltmacht zu stürzen. In diesem wechselvollen Ringen, das ganz Europa in seinen Bann zog und mit einer Fülle von politischen, militärischen, ökonomischen und auch kirchlich-konfessionellen
Problemen
spielte
Anfang
das
Papsttum
von
an
verknüpft eine
nicht
war, zu
unterschätzende Rolle. Zunächst stand Julius III. ganz auf der Seite
des Kaisers,
militärisch-politische
dann veranlaßte
ihn
der
Zusammenbruch des kaiserlichen
Systems in Deutschland zu einer Politik der Neutralität. Frankreich versuchte, den Papst auf seine Seite zu ziehen, wobei vor allem die italienischen Machtpositionen zu beachten sind: ein Übertritt des Papstes und des Kirchenstaates (und in der Folge dann auch Venedigs und anderer Mächte) auf die französische Seite hätte die habsburgische Herrschaft in Italien ins Wan-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
138
ken
gebracht
und
damit
Kräfteverhältnisse
einen
in Europa
totalen
Umschwung
möglich
werden
Julius III. war kein starker Politiker. Aber die französischen Angebote standhaft
der
lassen. er
hat
abgewiesen,
die
ihn in eine Koalition mit Protestanten und Türken gegen
den
Kaiser,
den
"advocatus
ecclesiae",
geführt
hätten. Stattdessen unternahm er seit 1552, begünstigt durch die teilweise Rekonsolidierung der kaiserlichen Macht und den unentschiedenen Verlauf des Krieges, eine Reihe von Versuchen zur Wiederherstellung des europäischen nellen
Friedens. Er Aufgabe
des
entsprach Papstes
damit als
der
traditio-
"pater
communis
omnium", hoffte, die TUrkengefahr zu mindern, der Ausbreitung des Protestantismus entgegentreten zu können und durch das Zustandekommen einer "pax catholica" die Wiedereröffnung des Konzils zu Trient und den Neubeginn der Arbeiten an der Reform der Kirche zu ermöglichen. Seit dem Sommer Motiv
für
die
1553 kam ein
päpstliche
neues,
starkes
Friedensvermittlung
ins
Spiel: nach dem Tod des protestantischen Königs Eduard VI.
bestieg
Maria
Tudor
den
englischen
Thron.
Die
schwierige Aufgabe einer Restauration der katholischen Kirche in England - so kalkulierte man in Rom zurecht - würde durch eine Fortdauer des französisch-habsburgischen Ringens erschwert, durch einen baldigen Friedensschluß zwischen den beiden katholischen
Monarchen
aber erleichtert werden*. Im Mittelpunkt
der
päpstlichen
Friedensini-
tiative stand seit dem Herbst 1553 der englische Kardinal Reginald Pole, den Julius III. zum Legaten für die katholische Restauration in England
wie
für
die
Vermittlung des Friedens zwischen Frankreich und Habs2
bürg
ernannte . Reginald
Pole
gehörte
mit
Kopf
und
Herz dem "erasmianischen" Flügel der römischen Reform-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich f1555/56)
139
gruppe an. Er vertrat eine politische Theologie, die im Zeichen eines radikalen christlichen Pazifismus den Zusammenhang von Friedenspflicht und Verantwortung für die Reform der Kirche betonte. Die Gruppe der "intransigenten Reformer", an ihrer Spitze Kardinal Caraffa, sahen dagegen in Pole einen vom Protestantismus infizierten
Ketzer;
Julius
III.
konnte
damals
nur
mit
großer Mühe das Vorgehen dieser Inquisitions-Kardinäle gegen
Pole
und
dessen
hindern. Als gegen Ende
Gesinnungsfreund
Morone
noch
1554 Pole die Wiedervereini-
gung der englischen Kirche - nach der Heirat zwischen Maria und Philipp von Spanien - gelang, schienen die Stimmen der Gegner des
englischen
Kardinals
stummen. Doch als nach dem Tode Julius
1
zu ver-
III. und dem
nur dreiwöchigen Pontifikat Marcellus' II. der Kardinal Gian Pietro Caraffa als Paul IV. den Thron bestieg,
zeigte
sich bald,
daß er
Petri
in Reginald
Pole
weiterhin einen versteckten Ketzer und eine Bedrohung von
Kirche
und
Glauben
sah.
Verschärfend
trat
antihabsburgische Grundtendenz der Politik
des
die neuen
Papstes hinzu. Äußerlich setzte er zunächst die Neutralitäts-
und
Vermittlungspolitik
seiner
Vorgänger
fort. Er bestätigte Pole als Friedenslegat. Aber sehr bald zeigte sich, daß hinter dieser Fassade an der Kurie jene Kräfte zum Zuge kamen, die - angeführt von dem Kardinalnepot.en Carlo Caraffa - den bald 80jährigen
Papst
für
Frankreich
ein militärisches
gegen
Habsburg
Offensivbündnis
gewannen.
Nun
mit
schien
das
nicht erst 1551, sondern seit den Zeiten Leos X. verfolgte
Ziel
der
französischen
Bündnis mit
dem
Papsttum
Kräften Habsburg
in
Italien
und
entscheidend
und
Krone den
überall zu
in
besiegen
nahegerückt:
im
antihabsburgischen Europa und
das
selbst
Haus den
ersten Platz in der Respublica Christiana einzunehmen.
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich
140
(1555/56)
An anderer Stelle habe ich dargestellt, wie im Kontext
dieser Konflikte die päpstliche
Friedens-
legation Reginald Poles schließlich in eine englischpäpstliche
Doppelvermittlung
mündete,
weitgehend
identische,
auch
wenn
die
durch
anders
das
motivierte
Friedensinteresse Englands und König Philipps gestützt -3 wurde . In
England
wollte man
vermeiden,
bei
einer
Fortdauer des Krieges doch noch vom Kaiser zur Aufgabe der
Neutralität
und
zum
Eingreifen
gegen
Frankreich
gezwungen zu werden. Philipp war mit dem
Abdankungs-
entschluß seines Vaters und dem ruinösen Zustand der Staatsfinanzen überall im habsburgischen konfrontiert. seine
Er hatte
Nachfolge
ein
Machtbereich
unmittelbares
im habsburgischen
Interesse,
Weltreich
von
Hypothek des nicht endenden, sich unentschieden
der hin-
ziehenden Krieges zu befreien. So kam es in der Zusammenarbeit des englischen Königspaares mit Kardinal Pole,
der
nun
auch Primas von
päpstlich-englischen
England
war,
Friedensvermittlung.
zu
Ihr
einer
spekta-
kulärer Höhepunkt wurde der Friedenskongreß von Marcq bei Calais, den der Kardinal gemeinsam mit lischen
Kanzler
Gardiner
Ende
Mai
dem
1555
eng-
eröffnen
konnte. Der Kongreß brachte jedoch keinen unmittelbaren Erfolg. Die Vermittlungsaktion wurde aber sogleich weitergeführt.
Sie
stillstandsvertrag
ml ndete
zunächst
von Vaucelles
(5·
in
den
Waffen-
Februar
1556),
auf den dann - nach einem Wiederausbruch des Krieges drei Jahre später der epochemachende Friedensschluß zu Cateau-Cambresis zwischen Philipp II. und
Frankreich
folgte. Die Dokumente, die ich denslegation lichte
und
des Kardinals kommentierte,
1981 über die Frie-
Reginald
erlauben
Pole
erstmals
veröffenteine
ge-
nauere und vollständigere Analyse der damaligen Bemü-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
141
hungen um eine "pax catholica". Aufgrund dieser neuen Quellensituation
soll
im
folgenden
den Weg von der
Konferenz
versucht
in Marcq
bis
werden,
zum
Waffen-
stillstand von Vaucelles im Hinblick auf die päpstliche Politik und das europäische Problem von Krieg und Frieden zu verfolgen. *
Die letzte Sitzung der Friedenskonferenz in Marcq fand am 7· Juni statt. Pole konnte den
französischen
und
kaiserlichen Unterhändlern das Schreiben des eben - am 23. Mai - auf den Stuhl Petri erhobenen neuen Papstes mitteilen, lischen
durch
Kardinals
das
die
Friedenslegation
bestätigt
Paul IV. , so argumentierte
wurdet Pole
Der
des
eng-
neue
Papst
den
Dele-
gegenüber
gierten, werde sicherlich bald das Konzil einberufen, durch das dann die habsburgisch-französischen fragen, über
die
man
sich
auf
der
Streit-
Konferenz
nicht
hatte einigen können, rasch gelöst werden könnten^. Er lobte
die
Bereitschaft
Streitigkeiten
der
beiden
Monarchen,
ihre
dem von Gott bestimmten Richter, d.h.
dem Papst mit dem Mittel des Konzils, anheim zu stellen. Für jetzt schlug er vor, die
Monarchen
sollten
wenigstens einer Teilrestitution der jeweils eroberten Gebiete zustimmen. Damit werde der Weg zum Frieden eröffnet.
Doch eine
die
Kaiserlichen
noch
auf
ein;
sie verlangten,
Spezifikation
allgemeine und
wie
gingen
weder
Anheimstellung schon
Eingrenzung
früher,
der
hierauf
ans
Konzil
eine
genaue
Streitfragen,
vom Konzil entschieden werden sollten. Die
die
Franzosen
dagegen erklärten sich für eine pauschale Überweisung aller Fragen an das Konzil. Damit vorwegnehmende
Herausgabe
des
schlossen sie eine
von
ihnen
besetzten
142
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
Piemont-Savoyeri
endgültig
aus.
Damit
hatte
die
ferenz den toten Punkt erreicht. Es gab noch
Kon-
Einzel-
verhandlungen des Kardinals und der Engländer mit der französischen und der kaiserlichen Delegation. Man beschloß,
keine
weitere
Sitzung mehr
zu
Der Legat versammelte die Teilnehmer
veranstalten.
zu einer kurzen
Schlußberatung. Hier gelang es ihm,
dem
Ende
der
Konferenz
eine freundliche, geradezu amikable Form zu geben, die den Weg zur baldigen Wiederaufnahme der Verhandlungen offenhalten
sollte.
Der
französische
Bericht
lierte dies verfahrensmäßig wichtige Ergebnis dermaßen:
Man trennte
sicherungen,
daß
die
sich
formufolgen-
"mit beiderseitigen
Auflösung
dieser
Ver-
Versammlung
nicht als ein Bruch gelten dürfe, sondern als eine Art Suspension
der
genannten
Friedensverhandlungen"^.
In
dem offiziellen Schlußbericht des Legaten wurde dieser die Weiterfuhrung eröffnende Ausgang der Friedenskon7 ferenz noch stärker betont : "...die Verhandlung wurde beendet, doch mit der Maßgabe, mittlung
nicht
als
beendet
daß
die
gelten
Friedensver-
solle.
Und
so
dankten beide Seiten den Vermittlern und diese boten ihre Unterstützung an für jede zukünftige Gelegenheit einer solchen Verhandlung. Und jeder zog sich in sein Quartier
zurück
mit
den
gleichen
freundschaftlichen
Erbietungen, wie sie sich am ersten Tage begrüßt und umarmt hatten" . Weiteren Nachdruck gab der Legat diesem "offenen" Ausgang der Konferenz durch unmittelbar anschließende
Sonderverhandlungen mit dem
Herzog
von
Lothringen und dem Bischof von Arras, dem Leiter der kaiserlichen
Delegation.
Diese
Folgekontakte,
die
durch den Abbate Parpaglia, Poles engsten Mitarbeiter, hergestellt wurden, können aufgrund der neuen Quellenlage eindeutig der Initiative des Legaten
zugeordnet
Lutz, Friederisvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
143
werden · Der positive Eindruck dieser auf der
Friedensvermittlung
angelegten
Fortsetzung
Vorgangsweise
des
Legaten wird auch durch das Echo am Kaiserhof in Brüssel bezeugt. Der Bischof von Arras berichtete nach der Rückkehr
von
der
Friedenskonferenz
dem
Nuntius
in
Brüssel: man habe sich von den Franzosen mit tausend Umarmungen
und
Friedenserbietungen
getrennt.
Arras
versicherte dem Nuntius: Wenn die Delegierten sich erneut treffen oder wenn auf anderem Wege die Verhandlung wieder aufgenommen werde, könne man wohl so oder ο so ein Abkommen abschließen . Das waren recht allgemeine Erklärungen. Aber das ihnen zugrundeliegende gemeinsame Interesse des Kaiserhofes und König Philipps ermöglichte und erleichterte dem die
unmittelbare
Fortsetzung
päpstlichen
seiner
Legaten
Friedensinitia-
tive. Pole berichtete sogleich nach der Rückkehr in England der Königin und König Philipp. Er
ließ
sich
von Maria ausdrücklich zusichern, daß sie ihre Aufgabe als Vermittlerin weiterfuhren werde. Von französischer Seite wurde schon in der letzten Juniwoche Frangois de Noailles,
der
Bruder
des
französischen
London, Antoine de Noailles, mit
neuen
Gesandten
in
Aufträgen
an
den englischen Königshof entsandt. Heinrich II. ließ der Königin für ihre Friedensbemühungen danken und das Verhalten der französischen Unterhändler in Marcq erläutern. Zugleich betonte er
das
Interesse
an
einer
Fortsetzung der Kontakte mit dem Ziel eines Friedensschlusses
oder
zumindest
eines
Waffenstillstandes*^.
Die Brüder Noailles waren mit der Reaktion der Königin auf die französischen Erklärungen offenbar wenig zufrieden. Anschließend verhandelten sie mit Pole, dann wandte sich dieser an Maria und Philipp. Ein wichtiger
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
144
Schritt gelang nun dem Kardinal. Er gewann die Zustimmung der Königin dafür, daß die Mitglieder
der
eng-
lischen Delegation in Marcq - Lord Arundel, der Kanzler Gardiner, Lord Paget - mit ihm gemeinsam eine Art von
permanenter
Aufgabe
die
"Friedenskommission"
Fortsetzung
der
bildeten,
deren
Friedensvermittlung
von
London aus war. Es kam seit der zweiten Juliwoche einer Serie von vertraulichen
Besprechungen
dem Kardinal, der Königin, den englischen nern,
den
Brüdern
Noailles,
Philipps
zu
zwischen
Staatsmän-
Vertrauensmann
Padilla und Simon Renard, dem Gesandten des Kaisers. Bald
konnte
Pole mit
König
Philipp
schon
die
Frage
neuer Verhandlungsvollmachten seitens des Kaisers und seitens
Frankreichs
tillon) erörtern.
(ev. für
Philipp
den
Kardinal
unterrichtete
den
Karl V. reagierte zunächst vorsichtig und tend; doch da sich Philipp nun offenbar hatte,
die
Probe
aufs
Exempel
zu
von
Cha-
Kaiser.
zurückhal-
entschlossen
machen
und
sehr
ernsthaft die französische Verhandlungsbereitschaft zu erkunden, stimmte bald auch er der Wiederaufnahme der Vermittlung
zu.
August
Frankreich
nach
Frangois de Noailles mit
dem
reiste
Auftrag
am
14.
zurück,
von
Heinrich II. die vertrauliche Mitteilung von Friedensvorschlägen an Gardiner oder Pole zu erbitten**. Offenbar ging die Absicht des Legaten nun dahin,
zunächst
von London
aus
einzelne
Streitfragen,
über die man in Marcq nicht einig geworden war, zu erörtern und - wenn möglich - zu klären. Dies kann als ein Wiederanknüpfen an seine früheren Versuche gesehen werden, schon im Vorfeld der Konferenz von Marcq solche
Einzelfragen
behandeln.
Jetzt
vorwegnehmend rückten
schiedsrichterlich
die
kaiserlichen
zu
Resti-
tutionsforderungen in den Vordergrund, vor allem hinsichtlich
der
von Frankreich
seit
1536/37
besetzten
Lutz, Friedensvermittlung
zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
145
Gebiete von Savoyen und Piemont. Herzog Emanuel Philibert
von
Savoyen,
der
damals
in
Brüssel
eintraf,
stellte sich dem Kardinal sogleich für die Ausgleichsverhandlungen mit Frankreich zur Verfügung. Der Kardinal
seinerseits
wandte
sich
an
König
Heinrich
II.,
dankte ihm für seine Bereitschaft zur Fortführung der Friedensgespräche und ermahnte ihn zur Restitution der 12 besetzten Gebiete in Oberitalien . Gerade in der Art und Weise, wie Pole dem König diese Restitution empfahl, wird die eigentümliche
Verschränkung
ethischer
und realistischer Motivationen deutlich, die das Denken und Handeln des Kardinals
bestimmten:
"Das,
dem Namen nach Restitution heißt, wird für Sie
was
[König
Heinrich II.] in Wirklichkeit mehr Gewinn und Ehre und Nutzen bringen und mehr Sicherheit für Ihr Königreich als jeder andere Gewinn, den Sie etwa
durch
kriege-
risches Vorgehen erringen könnten mit dem Festhalten dieser Gebiete, deren Restitution ganz Italien überall 11 ersehnt" . Als König Philipp Ende August England verließ und nach Brüssel ging, konnte dies von Pole her gesehen einerseits als eine gewisse Erschwerung der Verhandlungen im Dreieck London-Frankreich-Kaiserhof
ge-
sehen werden. Andererseits konnte die starke Stellung bei Königin Maria und in der englischen Politik, die der Kardinal nach dem Weggang
Philipps
einnahm,
der
Friedensvermittlung zugute kommen. Auch versprach sich Pole
von
der
unmittelbaren
Einwirkung
Philipps
auf
Karl V. Fortschritte in der Friedensfrage. Am Tag der Abreise des Königs berichtete er aus Greenwich an den Kardinalnepoten säumt,
die
Carlo Caraffa:
Majestät
des Königs
"Ich habe
nicht
aufzufordern
ver-
und
zu
bitten, daß er bei dem Kaiser sich für diese Friedensinitiative verwende, so sehr er nur könne. Ich sagte
146
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich
(1555/56)
ihm von neuem, wie sehr dies Seiner Heiligkeit am Herzen liege und wie nachdrücklich der Papst
mir
anbe-
fohlen habe, jede Gelegenheit wahrzunehmen, die sich zu diesem Zwecke bietet"^. So standen die Dinge zwischen London, Brüssel und
Frankreich,
als
im
August
1555 die päpstliche Politik eine brüske Wendung nahm. Sie bedeutete den Anfang vom Ende der Friedenslegation Poles und
führte
schließlich
zu dem
für
die
katho-
lische Sache selbstmörderischen Scandalum eines päpstlich-französischen Kriegsbündnisses gegen Habsburg. *
Für die Analyse der Ursachen, Verlaufsformen und Wirkungen dieser antihabsburgischen Wendung
des
Papstes
Paul IV. ist etwas weiter auszuholen. Pole selbst hatte nach der Rückkehr von Marcq dem venezianischen Gesandten in England erklärt, die entgegenkommende Haltung der Franzosen in der Vorbereitungsphase der Friedenskonferenz handlung
habe
merklich
sich
nach
dem
Beginn
verhärtetEntweder
der hätten
Verdie
Franzosen zuvor geheuchelt oder - was ihm wahrscheinlicher erscheine
- die Wahl
laufen der türkischen
Pauls
IV. und
das
Aus-
Flotte gegen Italien hätten zu
dem Wandel der französischen Haltung geführt. Nun ist das Kalkulieren mit dem Eingreifen der türkischen Seemacht gegen die habsburgischen Machtpositionen in Italien
in seiner
sischen
Politik
Bedeutung schwer
für
die
Linie
nachprüfbar.
der
franzö-
Diese
Politik
schwankte aufgrund sehr komplexer Machtverhältnisse im Innern und unsicherer tionen außerhalb
Bündnis-
und
Erfolgskonstella-
Frankreichs schon längere
Zeit zwi-
schen Friedensbereitschaft und der Tendenz zur Kriegsverschärfung und -ausweitung. Sicher
spielte das Er-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
147
scheinen der türkischen Flotte eine Rolle für die öffentliche Meinung in Italien und die dortigen Parteigänger
Frankreichs;
diese
konnten
von
einer
franzö-
sisch-osmanischen Zusammenarbeit vielleicht eine Wiederherstellung
1554
des
durch
den
Sieg
der
Kaiser-
lichen im Siena-Krieg verschobenen Machtgleichgewichts auf der Halbinsel erwarten. Es gab übrigens auch andere Gründe und Entwicklungen, die bis zum Mai/Juni 1555 die Gesamtposition Habsburgs in Europa schwächten und Frankreichs
Chancen
Der unerwartet
im
Hegemoniekampf
verbesserten.
schwierige Verlauf des Reichstages in
Augsburg wurde als ein Symptom der stärker antihabsburgischen
werdenden
Opposition im Reich bewertet.
Von
großem Gewicht war das Ausbleiben eines Thronerben in England;
die
verbreitete
von habsburgischer Nachricht,
daß
Seite
Königin
zuvor
Maria
überall
demnächst
niederkommen werde, erwies sich gerade damals als unbegründete politische Propaganda. Die Scheinschwangerschaft der Königin stand vielmehr in Zusammenhang mit einer Krankheit, die jede
Hoffnung
erben
dauerhafte
und
damit
auf
die
auf
einen
Thron-
Verbindung
der
Häuser Tudor und Habsburg und auf das Festhalten Englands im habsburgischen Machtbereich zerstörte. Für die Friedensmission Kardinal
Poles
war
es sicher von stärkster Bedeutung, daß es der französischen Partei am 23· Mai
1555 im Conclave
war, nach den zur Neutralität
entschlossenen
gelungen Päpsten
Julius III. und Marcellus II. (der nur drei Wochen regiert
hatte)
ihren
Kandidaten
Gian
Pietro
Caraffa
durchzusetzen, auf den alle Gegner Habsburgs in Italien und Europa ihre Hoffnungen setzten. Eines ist der hohe Grad von politischer Polarisierung, der damals iih Endstadium des Hegemoniekampfes zwischen Frankreich und Habsburg - die Papstwahlen kennzeichnete. Ein an-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich
148
(1555/56)
deres ist die sehr komplexe Lage, die für Poles Friedensauftrag dadurch entstand, daß Rom nun in einem auf Täuschung
der
Doppelspiel schlagene
europäischen
noch
Linie
länger
Öffentlichkeit
die von
päpstlicher
Julius
angelegten III.
einge-
und
unpar-
Neutralität
teiischer Friedensvermittlung zu verfolgen vorgab. Wie konsequent
aber
gleichzeitig
antihabsburgische
die
Weichen
politisch-militärische
für
eine
Zusammenar-
beit des Papstes mit Frankreich gestellt wurden, kann hier nicht näher dargestellt werden'^. Dieses Doppelspiel Roms ist für das Verständnis der Wege, die zum Waffenstillstand von Vaucelles (und weiter zum Frieden von
Cateau-Cambresis)
tung.
Schon
der
führten,
französische
Rene Ancel hat es
1909
von
zentraler
Bedeu-
Kirchenhistoriker
ziemlich
richtig
siert: "De cette situation resultait
Dom
charakteri-
la necessite de
jouer un double jeu: affecter au dehors un grand zele pour la paix, pour cette paix dont faisaient, un devoir et le peril turc, et encore plus l'urgence de la reforme
ecclesiastique;
puissance bellion,
espagnole
preparer
en
secret
Italie
un
mouvement
en
dont
le pape
serait l'ame, 17 frangais la force principale" Die
seither
publizierten
et
contre de
les
la re-
secours
Dokumente
der
päpstlichen Politik haben die Umstände dieses Doppelspiels
in
dieser
betrügerischen
noch
helleres
Licht
Politik
gerückt. wurde
auf
Protagonist römischer
Seite der seit Juli 1555 mit der Leitung des Staatssekretariats betraute Kardinalnepot Carlo Caraffa, der bis dahin eine militärische Karriere verfolgt Man sieht jetzt noch deutlicher, wie der
hatte.
skrupellose
Nepot die anachronistischen Vorstellungen des Papstes von einer 'libertas ecclesiae 1 , die nur durch die Zerstörung der Macht Habsburgs wiedergewonnen werden kön-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
149
ne, auszunützen verstand: Um in abgekürzter Weise die eindeutig
zum
Krieg
treibende
Politik
Caraffas
zu
illustrieren, mit der nun der Friedenslegat Pole konfrontiert war, sei aus einer Denkschrift zitiert, die der Kardinalnepot nach dem Abschluß des Waffenstill18 stands von Vaucelles an Heinrich II. richtete . Diese Denkschrift
war
ein
Teil
der
konsequenten
vatika-
nischen Bemühungen, Frankreich im Verlauf des Jahres 1556
zum
Bruch
des von
Rom
nicht
gewollten
Waffen-
stillstands und zum Wiedereintritt in den Krieg gegen Habsburg dem
zu bewegen.
französischen
Caraffa
König
bezieht
sich
ausdrücklich
auf
gegenüber die
weit-
gehend von ihm selbst provozierten römischen Konfliktfälle im Sommer 1555,
wo es dem Kardinalnepoten in der
Tat gelungen war, den Papst trotz aller Entspannungsversuche
am
28.
August
zu
kaiserlichen einem
ersten
Hilfs- und Bündnisgesuch an Heinrich II. zu veranlassen : "Vom ersten Tag des Pontifikats an hatte ich die Absicht, den Sinn Seiner Heiligkeit zu Gunsten des Königs zu beeinflussen... Sogleich nachdem Seine Heiligkeit mich mit der Führung der Geschäfte beauftragt hatte, sorgte ich dafür, den Papst in eine Zwangslage zu bringen mit jenen so rigorosen Gewaltmaßnahmen gegen die... Parteigänger nur
für
das
Gemeinwohl
christlichsten
Königs
des Kaisers. Dies tat ich... und
zum
ohne
Vorteil
Ansehung
des
meiner
Allerpersön-
lichen Situation, denn ich war der Meinung, daß sich kein anderes Mittel finden ließ, um dem Elend Italiens und
dem
Hinsicht
Niedergang
des Hl.
- abzuhelfen, als
Stuhles seine
- in
weltlicher
Heiligkeit
und
die
Heilige Kirche mit dem Allerchristlichsten König durch ein Bündnis zu vereinigen..." Auf
die
Gemeinsamkeiten,
die
Unterschiede
150
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
und die schließlich übereinstimmende Wirkung der antihabsburgischen Konzeption bei Carlo Caraffa und bei Paul IV. braucht hier nicht näher eingegangen zu werden. Die französischen Reaktionen auf die römische Initiative sind im Zusammenhang mit den internen Spannungen und Rivalitäten zwischen Kriegs- und Friedenspartei zu sehen, von denen schon summarisch die Rede 19 war
. Zunächst bekam nun die Kriegspartei
die Ober-
hand. Am 14. Oktober wurde in Rom von Paul IV. und dem französischen
Gesandten
ein
französisch-päpstlicher
Vorvertrag unterzeichnet, der die völlige Habsburgs aus Italien als Kriegsziel 1. Oktober stellte Heinrich
II.
Vertreibung
formulierte. Am
die Vollmachten
für
die Kardinäle Lothringen und Tournon aus, die nach Rom entsandt wurden, um dort das definitive BUndnis "pour la liberte d'Italie" abzuschließen, für das sogleich Ferrara und Venedig und andere Alliierte gewonnen werden sollten. Dem Kaiserhof und Pole gegenüber stellte der Kardinalnepot Caraffa diese Sendung als ein Werk des Friedens dar: Die beiden Kardinäle haben den Auftrag, in Fortführung der Friedenskonferenz dem
Papst
das
Schiedsrichteramt
von Marcq
Streitfragen 20 zwischen Heinrich II. und dem Kaiser zu übertragen Daneben
ist
freilich
einer innerfranzösischen
in den
auf
das
Fortbestehen
Opposition gegen
die
päpst-
lich-französische Kriegspolitik und die für das Frühjahr
1556
geplanten
Offensivunternehmungen
sen. Es war ja auch eine Folge der vom Mai/Juni über
von
1555 gewesen,
beiden
Seiten
Friedenskonferenz
daß das
keine
war
Chancen,
in
auf
beiden
Italien
einen
ganze
größeren
Operationen geplant und durchgeführt nanzlage
Seiten
hinzuweiJahr
1555
militärischen
wurden. Die Fi-
katastrophal.
entscheidenden
Die
Umschwung
herbeizuführen und damit das Patt im europäischen He-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
gemoniekampf sischer
zu Uberwinden,
Seite
wurden
unterschiedlich
auch
auf
beurteilt.
151
franzöDeutlich
kommt diese Problematik zum Ausdruck, wenn der französische Gesandte in Ferrara, Dominique du Gabre, Anfang Januar
1556
an Heinrich
Zeuge, daß er schon
II.
immer
grand desir que le pape
schrieb:
Gott
der Meinung
avoit
de
ist
war,
faire
sein
"que ce
guerre
vous
estoit plus prejudiciable que proufitable - et toutesfois
il
n'est
impossible
de
reffuser
honnestement
telles occasions"^. Man
fragt
sich,
wann
die
Wirkungen
der
päpstlichen Anti-Friedenspolitik in den Verhandlungen sptlrbar
wurden,
führte,
und wann
seine
Aufgabe
drückende
die
Pole
und wie
und
sein
Doppelspiel
damals der
mit
Frankreich
Friedenslegat
Selbstverständnis
Roms
zu
durchschauen
das
für
niederbegann.
Lassen wir die zweite Frage zunächst beiseite, so läßt sich der Übergang der französischen Seite zu einer nur mehr hinhaltenden Verhandlungsführung in der Friedensfrage sicher seit Anfang September
1555 feststellen.
Poles Vorschlag,
französischen
einen
der
beiden
schöfe, die an der Konferenz
von Marcq
hatten - Marillac oder Morvillier
Bi-
teilgenommen
-, mit
Vollmachten
nach England zu entsenden, wurde von Heinrich II. ab22
gelehnt
. Der Connetable Anne de Montmorency,
als Gegner
der von
den
Guisen
geführten
sonst
offensiven
Partei bekannt, die für eine Intervention in Italien eintrat, gab am 2. September dem Gesandten27 Noailles in London
eine
sehr
venezianische
zurückhaltende
Gesandte
in
Weisung
Frankreich,
. Auch
der
Giovanni
Mi-
chiel, bemerkte die seit Anfang September *} A Stimmung
. Pole
drücklicher
Weise,
seinerseits den Papst
bemühte wie
sich
veränderte in
nach-
Karl V. und
König
Philipp zu einer raschen und vollständigen
Beilegung
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
152
der im August aufgebrochenen Konfliktsituation zu veranlassen. (Daß dieser Konflikt Teil der von Carlo Caraffa
gezielt
betriebenen
Konfrontations-
und
Anti-
Friedensstrategie war, hat Pole damals vermutlich noch nicht
durchschaut.) Gleichzeitig
vor allem mit Hilfe
suchte
seines Mitarbeiters
der
Legat
-
Parpaglia
-
die Vermittlungsinitiative bei Noailles in London und 2ς bei Philipp in Brüssel voranzubringen . Doch
trotz
aller
Bemühungen
Poles
ver-
schlechterten sich die Chancen für die Fortführung der englisch-päpstlichen Friedensvermittlung von September bis zum Dezember 1555 zunehmend. Der Legat setzte die Kontakte
mit
Frankreich
über
den
dortigen
Nuntius
Gualterio und in direktem Briefwechsel mit dem Connetable Montmorency fort. Es gab in London einen intensiven,
ununterbrochenen
Meinungsaustausch
zwischen
Pole, dem Gesandten Noailles, der englischen Königin, dem kaiserlichen Gesandten Renard und Parpaglia. Dabei gelang es dem Legaten und der englischen Seite immerhin, dem französischen Gesandten den starken Friedens26 willen Philipps glaubhaft zu machen . Auf habsburgischer Seite schätzte man die
Kriegsentschlossenheit
des Papstes in der zweiten Oktoberhälfte bereits realistisch ein und rechnete mit dem baldigen
Ende
des
päpstlichen Doppelspiels und dementsprechend 27 mit offiziellen Ende der Friedenslegation Poles .
dem
gleich
artikulierte
sich
das
Noailles gegen die offensive
Mißtrauen römische
der
Zu-
Brüder
BUndnispolitik
Heinrichs II. und gegen die von den Guisen
geführte
Kriegspartei.
der
Dementsprechend
empfahl
jetzt
Ge-
sandte Noailles ein Eingehen des Königs auf die derzeit
günstigen
stillstands
mit
Chancen Philipp,
eines
Friedens
dessen
oder
politische
WaffenPosition
nunmehr durch die Abdankungen Karls V. wesentlich ge-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
153
stärkt wurde. So kam zwar Pole mit seiner Absicht einer
Londoner
Fortsetzung
der
Friedenskonferenz
von
Marcq nicht voran. Dieser Absicht mußte ja die geheime französisch-päpstliche Bündnispolitik direkt entgegenwirken. Wenn sich in Frankreich indessen die Friedenspartei nochmals durchsetzte, dann lag es näher, einen anderen Weg nach Brüssel zu suchen als über den päpstlichen Legaten in London.
Insofern
begann
sich
hier
schon die Alternative abzuzeichnen, an dem päpstlichen Friedenslegaten vorbei den direkten
französisch-habs-
burgischen Ausgleich zu suchen. Dies bedeutete freilich nicht, daß der Weg zum
direkten
schon
Ausgleich
entschieden
unter
war.
Ausschluß
Poles
Paradoxerweise
damals
stellte
sich
heraus, daß die Aufrechterhaltung des päpstlichen Doppelspiels - öffentliche Friedenserklärungen bei zielstrebigem
Verfolgen
der
Kriegspolitik
- dem
zunächst die Chance bot, in einer sehr vollen
Situation
seine
Vermittlungsaktion
setzen. Daß Pole gegen Ende des Jahres
Legaten
widerspruchsdies
fortzuDoppel-
spiel Roms tatsächlich in seinem vollen Ausmaß durchschaut hat, läßt sich vermuten, aber nicht mit Sicherheit nachweisen. Seit
Anfang
November
wurde
durch
Philipps
Initiative ein direkter Kontakt mit der französischen Seite hergestellt. Man wurde sich einig, in der Abtei Vaucelles, Grenze
die
nahe
der
französisch-niederländischen
lag, Verhandlungen
aufzunehmen,
die
zunächst
nur dem Austausch von Gefangenen galten. Bald stellte sich heraus, daß die zum Ausgleich tendierende Partei des Connetable bereit war, weiter zu gehen. Unter Ausnutzung der Abwesenheit
des Kardinals von
Lothringen
in Rom machte sie ihren Einfluß auf Heinrich II. dahin geltend,
die
Verhandlungen
in Vaucelles
in
Richtung
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
154
einer Beendigung des Krieges auszuweiten. Dabei ist zu beachten,
daß
eben
nur
die
französische
Seite
das
päpstliche Doppelspiel unmittelbar kannte und in dies Spiel von Grund auf involviert war. Daher mußte französische
Seite
die
Frage
von
Einbeziehung
Ausschluß des päpstlichen Friedenslegaten Licht
sehen
als
die
habsburgische
in
Seite.
die oder
anderem
Wenn
sie
statt Kriegsausweitung den Frieden wollte, war sie angesichts der eben eingegangenen Bündnisverpflichtung mit Rom - in erster Linie auf eine geheime und direkte Vorgangsweise angewiesen, die den Papst dann mit dem fait
accompli
einer
französisch-habsburgischen
Ver-
ständigung überraschte. Als
Pole von
der
Verhandlungsabsicht
Gefangenenaustausch in Vaucelles erfuhr,
Uber
unterstützte
er das Projekt sogleich durch offizielle
Erklärungen
an Heinrich II. und Philipp II. Von seinem
Friedens-
auftrag her bedeutete dies, daß er eine Zweispurigkeit der Verhandlungen in London und in Vaucelles nicht nur akzeptierte, sondern die Direktkontakte 28
als Legat autorisierte
gewissermaßen
. Von Rom her wurde auf diese
Entwicklungen im Sinne eines verstärkten
Doppelspiels
reagiert. Einerseits inszenierte man dort für die europäische Öffentlichkeit Kundgebungen der Friedensvom
27·
und
Vermittlungspolitik.
November
wurde
mit
dem
Das
päpstlichen Konsistorium
Auftreten
der
aus
Frankreich angereisten Kardinäle Lothringen und29 Tour. Die
non zu einer großen politischen Demonstration
Kardinäle erstatteten öffentlich Bericht Uber die im päpstlichen von Marcq.
Auftrag Im
veranstaltete
Namen Heinrichs
II.
Friedenskonferenz stellten
sie
dem
Papst die Entscheidung Uber alle europäischen Streitfragen anheim. An Kardinal Pole erging erneut die Aufforderung
des
Papstes,
die
Friedensvermittlung
zwi-
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
155
sehen den Monarchen in die Hand zu nehmen. Paul IV. sprach von der Entsendung zweier Sondergesandter nach Brüssel und zu Heinrich II., um das
Friedenswerk
zu
fördern. Der älteste der Nepoten Pauls IV., der Graf von Montorio, sagte sich bereits am Kaiserhof
an und
ließ durch den Nuntius in Brüssel Quartier bestellen. Der Herzog von Alba, der von Mailand aus die römische Szene genau verfolgte, rechnete lichkeit einer nach Rom
damals mit
einzuberufenden
der
Mög-
Friedenskon-
ferenz. Andererseits versuchte die Kurie insgeheim mit allem Nachdruck, Heinrich II. zum Festhalten des Bündnisses
und
zur
Offensivplans
prompten
Ausführung
zu veranlassen.
Der
des
gemeinsamen
Herzog von
Somma,
das Haupt der neapolitanischen "Fuorusciti", wurde von Paul
IV. nach
Frankreich
entsandt:
Der
Habsburg müsse unverzüglich beginnen.
Krieg
gegen
"Ihr müßt dar-
tun, welchen Verdienstes der König bei Gott und welchen Ruhmes er vor der Welt teilhaftig wird; wir sind sicher, daß er dazu helfen wird, dies angefangene, so gute und überaus heilige Werk zur Vollendung zu bringen"
. Indessen mußten sich die Dinge zwischen Lon-
don und Vaucelles, zwischen Brüssel und Heinrich II. entscheiden. In Vaucelles bestanden die habsburgischen Delegierten nachdrücklich auf der in
Einbeziehung
Poles
die
Ausgleichsverhandlungen. Einer Grundsatzer11 klärung vom 27. Dezember entsprachen die Verfahrensvorschläge
der
Delegierten
am
1. und
am
10.
Januar
1556: Einberufung einer Friedenskonferenz wie in Marcq mit einer päpstlich-englischen Doppelvermittlung unter dem Vorsitz von Pole. Rasch zeigte es sich, daß mit dieser Verfahrensfrage die Frage des Verhandlungsziels aufs
engste
verbunden
war.
Wollte
rasch und direkt weiter verhandeln,
man
in
Vaucelles
so war eher eine
156
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
"kleine Lösung" zu erwarten: ein Wafenstillstand, der die eigentliche Regelung der seit mehr als einer Generation angehäuften europäischen
Konfliktfragen
offen
ließ. Die Option für eine Konferenz ä la Marcq konnte - sie mußte freilich nicht - zu einem Friedensvertrag führen, wie er bekanntlich erst drei Jahre später in Cateau-Cambresis zustande kam. Pole trat selbstverständlich für die
"große
Lösung" ein. Er entsandte Parpaglia nach Brüssel, ließ sich dort die Zustimmung Philipps und Karls V. zu einer Neuauflage von Marcq geben und wandte sich danach -32 sogleich an Heinrich II. . Er betonte dem König gegenüber seine eigene Bereitschaft und die Bereitschaft der Königin Maria und ihrer Minister, alles in ihrer Kraft Stehende für den Wiederbeginn der
Friedenskon-
ferenz zu tun. Doch indessen waren in Vaucelles
die
Würfel schon gefallen. Angesichts der eindeutigen und unerschütterlichen Weigerung der französischen
Seite,
für jetzt eine Wiederaufnahme der englisch-päpstlichen Vermittlung zu akzeptieren, gab die habsburgische Seite schließlich nach. Philipp hat lang auf giertenkonferenz
bestanden.
Erst
am
der
31· Januar
Dele1556
scheint er Renard und Lalaing, die habsburgischen Unterhändler in Vaucelles, ermächtigt zu haben, auf den französischen Vorschlag eines sofortigen Waffenstillstandsabkommens ohne Einschaltung der Vermittler
ein-
33 zugehen
. Für Heinrich II. lag nachweislich ein star-
kes Motiv für diese Entscheidung in der Befürchtung, die englisch-päpstliche Vermittlung könne dazu führen, daß die englische Seite die habsburgischen Forderungen nachdrücklich unterstütze. Insgesamt ist der Ausschluß Poles, den die Franzosen durchsetzten, in einem
komplexen
Zusammen-
hang zu sehen. Er entsprach einerseits der intrikaten
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
Situation
zwischen
Frankreich
und
Paul
IV.
157
und
in
Frankreich selbst, aufgrund deren eine rasche, unter dem
Ausschluß
Entscheidung
der
Öffentlichkeit
wUnschbar
war.
zustande
Der
Ausschluß
kommende ist
auch im Zusammenhang mit der Wendung von der
aber
"großen
Lösung" zum bloßen Waffenstillstand zu sehen. Demgemäß richtete der Legat sogleich nach dem Bekanntwerden der Vereinbarung von Vaucelles (5· Februar 1556) seine Bemühungen auf die Erweiterung des Waffenstillstands zu einem
Friedensvertrag.
Der
London ließ im Auftrag
französische
Heinrichs
II.
Gesandte
Pole
in
glückwün-
schend sagen, daß die Beendigung des Krieges durch das Abkommen von Vaucelles die
Frucht
der
Konferenz
von
Marcq sei. Auf die Enttäuschung der Kurie, deren Offensivpläne die von
nun
dorther
zunächst
durchkreuzt
einsetzenden
Scheinmanöver
des Papstes über Vaucelles - braucht Zusammenhang
nicht
mehr
waren,
und
auf
- Freude
im vorliegenden
eingegangen
zu
werden.
Es
dauerte noch bis zum Frühherbst des Jahres .1556, bis es der kriegstreiberischen
Politik
Roms gelang,
den
offenen militärischen Konflikt mit Habsburg zu provozieren und Frankreich zur Wiederaufnahme
des Krieges
zu veranlassen. Die weiteren Folgen dieses neuen europäischen Krieges, auch für die Ausbreitung und Festigung
des
Protestantismus,
besonders
in
Deutschland,
Frankreich, England und in den Niederlanden, sind bekanntlich hoch einzuschätzen. Die christliche Friedensidee, die aufs
engste
Kirchenreform
mit
der
Konzeption
verbunden
war,
einer
wurde
für
Pole
fundamentalen
damals
in
einer
Weise von Rom desavouiert, deren längerfristige Wirkungen kaum überschätzt werden können. Die Forschung, die sich heute auf der Basis einer verbesserten Quellenlage und mit erweiterten Fragestellungen an die da-
158
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
malige kuriale und europäische Politik wie an die Tätigkeit. und
Person
Reginald
Poles
herantastet,
hat
noch große Aufgaben vor sich. Die Fragen nach der Existenzform der Christenheit, nach
dem .geschichtlichen
Schicksal des Petrusamtes, nach der Authentizität der Heilsbotschaft wie nach der politischen
Verantwortung
der Christen in der Herausbildung der europäischen Moderne sind in der Mitte des 16. Jahrhunderts mit besonderer Schärfe gestellt. Die Gestalt des englischen Kardinals
Reginald
Pole,
der
als europäischer
Frie-
densvermittler wie als Reformtheologe und als "Restaurator"
einer
mit
Rom
verbundenen
englischen
Kirche
scheiterte, steht als ein großes Beispiel im Schnittpunkt
wesentlicher
Fragen,
neuzeitlichen Europa gelten.
die
dem
Werdeprozeß
des
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
159
1 Vgl. meine Darstellung: Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552-1556). Göttingen 1964, S. 264ff. Für die englische Politik siehe Elmore Harris Harbison, Rival Ambassadors at the Court of Queen Mary. Princeton 1940; David Michael Loades, The Reign of Mary Tudor: Politics, Government and Religion in England, 1553-1558. London 1979 - deutsche Übersetzung MUnchen 1982. 2 Die Legatenkorrespondenz Poles ist von mir vor einigen Jahren ediert worden: Nuntiaturberichte aus Deutschland, 1. Abteilung, 15. Band: Friedenslegation des Reginald Pole zu Kaiser Karl V. und König Heinrich II. (1553-1556). Tübingen 1981; wichtig auch der gleichfalls von mir edierte Band 14 der Nuntiaturberichte aus Deutschland, 1. Abteilung: Nuntiaturen des Girolamo Muzzarelli, Sendung des Antonio Agustin, Legation des Scipione Rebiba (1554-1556). Tübingen 1971. Die beiden Quellenbände sind im folgenden abgekürzt zitiert: NB 14, NB 1 . - Die neuere Literatur hat sich vor allem mit den theologischen und kirchenpolitischen Aspekten von Poles Wirken beschäftigt. Siehe Dermot Fenlon, Heresy and Obedience in Tridentine Italy: Cardinal Pole and the Counter-Reformation. Cambridge 1972; J. Ignacio Tellechea Idigoras, Fray Bartolome Carranza y el Cardenal Pole. Pamplona 1977; Paolo Simoncelli, II caso Reginald Pole. Eresia e santita nelle polemiche religiose del Cinquecento. Roma 1977; ders., Evangelismo italiano del Cinquecento. Questione religiosa e Nicodemismo politico. Roma 1979· Vgl. dazu die weiteren Hinweise in NB 15, S. XIV Anm. 1 und XIX Anm. 12. 3 Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 287ff· Siehe zuletzt meinen Aufsatz: Kardinal Reginald Pole und der Weg zur päpstlich-englischen Vermittlung auf der Friedenskonferenz in Marcq. In: Festschrift für Geoffroy Elton. London 1986. 4 NB 15, S. 265. 5 Siehe NB 15, S. 362ff. und Royall Tyler (Ed.), Calendar of Letters, Despatches and State Papers, relating to the negotiations between England and Spain. Vol. 13, London 1954, S. 218. 6 Montmorency an Olivier; bei Guillaume Ribier, Lettres et memoires d'estat des roys, princes, ambassadeurs... Tome 2, Paris 1666, S. 614· 7 NB 15, S. 367· Siehe auch ebd. S. 269 und NB 14, S. 266. 8 Siehe Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 394 und NB
160
9 10
11
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
15, S. 269 Anm. 6. Anders, mit Betonung der Eigeninitiative Parpaglias, die Darstellung von Harbison (Anm. 1). Siehe NB 14, S. 268. Siehe Poles Bericht an Paul IV., 6. Juli 1555; NB 15, S. 27Iff ·, ergänzend NB 14, S. 276ff. Dazu die dort angegebenen Quellen und Harbison (Anm. 1) S. 252ff., Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 396ff. Siehe den summarischen Bericht Poles an den Kardinalnepoten Carlo Caraffa vom 10. August: NB 15, S. 276ff. Dazu die Berichte des venezianischen Gesandten Michiels bei Rawdon Brown (Ed.), Calendar of State Papers and Manuscripts, relating to English Affaires, existing in the Archives and Collections of Venice. Vol. 6, London 1877/84, S. 142ff. sowie die Korrespondenz bei Rene Aubert de Vertat, Ambassades de Messieurs de Noailles en Angleterre. Vol. 5, Leyden 1763, S. 35ff. NB 15, S. 274ff. Ebd. S. 276. NB 15, S. 28Ο. Brown 6 (Anm. 11) S. 117. Siehe Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 396ff. Rene Ancel (Ed.), Nonciatures de France. Nonciatures de Paul IV. Tome Ier, Paris I909/II, S. LXIIIf. Orig. von der Hand des Annibale Ruccellai, siehe Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 399. Ebd. S. 380ff. und 399ff. Siehe Lucien Romier, Les origines politiques des guerres de religion. Vol. 2, Paris 1913, S. 21ff.; Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 401ff. Siehe NB 14, S. 312 und 329 und NB 15, S. 288ff. Dominique Vitalis, Correspondence politique de Dominique du Gabre. Paris 1903, S. 125f. NB 15, S. 280 Anm. 4Vertot-Noailles 5 (Anm. 11) S. 108ff. Die bestätigende Antwort des Gesandten vom 11. September ebd. S. 129ff. Brown 6 (Anm. 11) S. 179. Siehe NB 15, S. 281 Anm. 1. Siehe NB 15, S. 284 Anm. 4; insbes. das Schreiben Parpaglias an den Protonotar Noailles von 22. Oktober; Vertot-Noailles 5 (Anm. 11) S. 177ff. Siehe das Schreiben Renards an Parpaglia von 22. Oktober bei Vertot-Noailles 5 (Anm. 11) 'S. l65f. Siehe NB 15, S. 286f. Zum folgenden Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 406f; NB 14, S. 315ff.; NB 15, S. 288ff.
Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
161
30 Ancel, Nonciatures (Anm. 17) S. 329ff. (21. Januar 1556). 31 Knappes Regest bei Tyler 13 (Anm. 5) S. 255; der französische Text, der offenbar zur Mitteilung an Pole wie an die französische Seite bestimmt war, bei Charles Weiss, Papiers d'Etat du Cardinal de Granvelle. Vol 4, Paris 1843, S. 520ff. und in NB 15, S. 295f. 32 NB 15, S. 301f. 33 Siehe Weiss 4 (Anm. 31), S. 533f. Für die französische Forderung auf Ausschluß der Vermittlung und Poles ist besonders aufschlußreich das Schreiben des Connetable an Noailles vom 14· Januar 1556; Vertot-Noailles 5 (Anm. 11), S. 297ff·, Neudruck NB 15, S. 378ff.
Jean Richard
Au temps de la celtomanie: Comment un historien bourguignon du XVI e siecle voyait les migrations des Burgondes
Dans une etude recente, M. Claude-Gilbert Dubois, qualifiant la premiere partie du XVTI e siecle frangais de "periode de frenesie celtisante", soulignait que cette explosion de celtomanie avait ete preparee par le XVI e siecle*. L'ardeur humaniste, nee de la redecouverte de l'Antiquite greco-romaine, avait en effet debouche sur l 1 exaltation
d' un
passe
gaulois
dans
lequel
d'auteurs de ce temps tenaient a redecouvrir cines
de
la
nation
frangaise,
non
sans
nombre les ra-
deployer
a
1
cette fin des tresors d ingeniosite. M. Dubois a mis en evidence le role joue par Jean Le Maire de Beiges dans ce mouvement. "Les illustrations
de
Gaule
et
singularity
de Troye"
de
cet
auteur, imprimees ä Lyon en 1509 et completees en 1513 par un "tiers livre", ont connu un prodigieux succes. Or un des themes abordes par Le Maire - dont il n'est pas inutile de rappeler qu'il s'attacha ä la fortune de Marguerite d'Autriche, fille Marie
de
Bourgogne
- n'est
de Maximilien
autre
que
le
et. de
rappel
du
destin commun de l'Allemagne et de la Gaule. Avant
d'entrer,
en
1498,
a
la
Chambre
des
Comptes du due de Bourbon, a Moulins, Jean Le Maire avait
ete
le
precepteur
des
enfants
de
Gabriel
de
Saint-Julien, seigneur de Balleure, et, de Franjoise de 2 Vergier . Cette famille, d'ancienne noblesse ot. de ΙΛΟyenne fortune, alliee aux Gorrevod qui faisa.ient par-
Richard, Au temps de la celtomanie
164
tie
de
1'entourage
3
1 1 archiduchesse
de
Marguerite ,
donna naissance, ä la generation suivante, a Pierre de Saint-Julien
de
Balleure;
ce
dernier
entra
1
1 E g l i s e et s'eleva a la dignite de doyen du cathedral d'etre
de
Chalon-sur-Saone,
choisi pour
representer
Etats de Bourgogne de
1566
occupe une place
honorable
guignons^,
revele
nous
ce
a
15^9»
parmi
humaniste: nous le verrons evoquer Le
son",
Maire
et
il
vinciarum Maire
de
Beiges
imprima
et
avoit qui
gongnons"^.
Quant
Julien,
avait
il
a
son
Saint-Julien,
qui
ecrivains fainille
Balleure
de
resta.it le
grand mai-
"Notitia
pro-
la
du
"De l'origine a
bour-
en nostre
venait
oncle,
contribue
valait,
"un vieil roman que
lui
a la fin de son livre,
du
laisse
l'extrait
civitatum"
lui
aux
sa de
chapitre
clerge
les
combien
fiere d 1 a v o i r abrite au chateau Jean
qui
1'ordre
dans
Claude
la
meme des
Le
Bour-
de
Saint-
"Couronne
Marga-
ritique" de son ancien maitre. On ne peut done s' et.onner
de
theorie
voir
le
doyen
qu'avait
de
Chalon
exposee
rester
1'ancien
fidele
preeepteur
ä
la
de
son
"De l'origine
des
pere et de son oncle. Quand il commenga
ä ecrire
Bourgongnons", Saint-Julien se proposait un objet. bien precis: il entendait contribuer a la defense des Etats de
Bourgogne
contre
1
royal. C est en effet
l'arbitraire en
son livre par l'imprimeur que du
royaume
d'Elu des Etats
tiquite cien
souhaitaient Aussi
de celle-ci
senat des
qui,
peuples
et
de
s'etait
et
les
disparition
entrepris
Chalon
1' impression
II exergait
il
prive"
la
avait-il
pour
Chesneau.
"les sieurs du Conseil
stitution.
gouvernement
1567 que le doyen
avait fait deinander un privilege ses fonetions
du
de
alors
persuade
chanceliers
de
cette
in-
de demonter
1' an1' an-
selon
lui,
cont.inuait
gaulois
dont
les
Bourguignons
etaient les descendants.
Richard, Au temps de la celtomanie
165
Ce travail, qui constitue
le
premier livre de "De 1' origine", etait acheve en 1573· Saint-Julien, diat.ement, sertations
cependant,
parce
ne
qu'il
voulut
qu'il allait
d'Autun, de Chalon,
le y
composer
de Macon
publia
pas
joindre
sur les
imme-
les
dis-
"antiquitez"
et de Tournus.
Celles-ci
furent imprimees ä la suite, en 1580 et 1581. Et c 1 est ensuite
qu'il
ecrivit
le
second
livre
de
"De
1'origine". Le tout fut publie en 1581. Mais, pratiquement, le second livre laisse de cote
"l'antiquite
des
Etats
lui a d'ailleurs donne pour
de
Bourgogne".
tit-re
"De
L'auteur
l'antiquite
et
vraye origine des Bourgongnons" et il le consacre tout entier au developpement
d'une
theorie qu'il avait
posee
livre
et
dans
son
premier 1
qui
avait
rencontre
des incredules. Ii s en est
explique dans une
preface
Givry,
adressee
a
Anne
de
nigne de Dijon.
Et c'est cette
drions retracer
ici.
abbe
theorie
de que
ex-
lettre-
Saint-Benous
vou-
"Je ne suis point de 1'avis de ceulx qui n'ont pu voir 1'origine des Frangois qu' a la lanterne
des
Romains",
affirme notre auteur, qui ajoute que les livres tant, des Gaulois avaient. ete estrangers
mal
advertis".
Bourgongnons..., aime
laisser
"escritz la pluspart
"Nos
soigneux
aux
de
autres
trai-
Gaulois,
bien
matieres
ainsi qu'il nous avertit. d'emblee
par
Francois
faire,
et
ont
mieux
d'escrire".
C'est
qu'on
ne
peut
s'en
tenir aux seules oeuvres des auteurs latins pour· connaitre l'histoire de la Gaule et des Gaulois^.T1 digne ignorer
meme: les
"combien torts
cesseurs, leur nom et
que
que
les
leur
Gaulois patrie,
reputation
ne leurs
ont souffert
s'in-
peussent predepar
les
Richard, Au temps de la celtomanie
166
Romains, si n'y a-t-il gent ni nation qu'ils estiment, 7
preuvent
et
Saint-Julien
honorentne
tant" .
prend
Nous
pas pour
voici
argent
affirmations d'origine romaine, a
la
avertis:
comptant
fois
les
parce
les Romains etaient mal informes et parce
que
que
leurs
historiens ont dissimule les grandes actions de leurs adversaires
en
les transformant. en
succes
de
leurs
propres armes. Saint-Julien
sait
fort, bien
guignons de son temps tirent que
nous
designons
que
leur origine
d 1 ordinaire
par
le
les du
nom
Bourpeuple
de
Bür-
gendes; mais il n'emploie pas cette appellation a laquelle il prefere le terme de
"Burgundiones"
que les
ecrivains latins ont utilise concurremment avec celui de "Burgundi" . II sait aussi qu'ils ont ete etabl.Ls en Gaule
par
AEtius;
et,
ä
partir
accepte la trame de l'histoire
de
qui
etait
admise en France, au moins grace au Robert
Gaguin
frangaise.
Mais,
et
a
s'il
ses
ce
de
il
couramment
"Compendium"
traductions
a choisi
moment,
en
de
langue
transcrire
"Bur-
gundiones" par "Bourgongnons", ce n'est pas sans rai-
8 son. II nous raconte comment, ses affaires 1 1 ayant. amene a Is-sur-Tille,
chez M. de Cirey,
seigneur
de
Villecomte, il y apprit, de la bouche de Guy Tabourot, auditeur
de
la
Chambre
des
Comptes
de
Dijon,
que
celui-ci "venoit tout a l'heure de faire terrailler et bescher es champs d'Ongne" - Ongne etant un lieu situe ο entre Lux et Tilchatel - "pour essayer s'il y pourroit rencontrer quelque chose qui peust confirmer partie des merveilles que
les
laboureurs
estoient
cou-
tumiers en compter". Or on venait de mettre au jour "une petite statue d'un de ces heraulds que les Romains nommaient
"feciales" ou bien de leur chef, dit
Richard, Au temps de la celtomanie
167
"pater patratus". II avoit une truye ä ses pieds, tenoit
une pierre
Nous
serions
tuette
de
et
sembloit.
plutot. tentes
bronze
1 1 en
de
l'effigie
vouloir
voir
d'une
dans
f rapper". cette
divinite
Mais ce qui compte, c'est que cette
sta-
gauloise.
decouverte
con-
firmait les dires des paysans selon lesquels, soixante ans plus tot, "on trouvoit en labourant les fondations des
edifices
qui
autrefois
y
avoient
D'ailleurs, le frere de l'auditeur, rot,
avait.
lui
aussi
fait
faire
este".
Guillaume des
Tabou-
fouilles
qui
avaient revele les restes d'un batiment dans lequel on crut reconnaitre un temple.*^ Ii n'en fallut. pas plus pour que Saint-Julien imaginät
de
baptiser
"Bourg-Ongne"
la ville
antique
dont les vestiges venaient de surgir du sol dans les "champs d'Ongne". Les habitants de ce "Bourg" se seraient
done
appeles
les Bourgongons;
et
cette
ety-
mologie lui paraissait beaueoup plus satisfaisante que celle que 1 1 on admettait jusque la sur la foi d'Orase et d'Isidore de Seville les
habitants
des
(les Burgondes
"burgi",
auraient
c'est-a-dire
des
ete
forte-
resses). Citant un texte sur lequel nous reviendrons, il reconnaissait. en
"Ognios"
un mot
fiant "divin et piain de deite"^. de
1 573}
il
se
auraient
adopte
gongnons
en
bornait par
souvenir
ä
supposer
reconnaissance du
celtique
secours
signi-
Dans sa redaction que
les
le
nom
que
les
de
Eduens Bour-
gens
du 12 Bourg-Ongne leur auraient apporte dans une bataille ; en 1581, son interpretation a pris une tout autre ampleur. Sur la foi de ce "vieil roman" provenant
de
Jean Le Maire qui etait conserve ä Balleure, il raconte comment, longtemps avant Jules Cesar, les Eduens etaient
entres
en
guerre
avec
les
Senons
qui
leur
168
Richard, Au temps de la celtomanie
disputaient. d'un
l'Auxerrois.
certain
avaient
"Bourg
sauve
L'arrivee
des
Dieux", 1
ceux-ci
d une
inopinee
clients
defaite
des
des
gens
Eduens,
certaine.
C'est
ici que notre historien suggere de reconnaitre dans ce "Bourg des Dieux"
Dijon, comme 1 1 a v a i t
non point
pose Chasseneuz, mais le fameux Bourg-Ongne. les Eduens abandonnent
de
gens
leur de
jeunesse
guerre
les Senons,
guerriere
fixe
territ.oire du Bourg,
Lä-dessus
leurs allies ä la vengeance
leurs ennemis de la veille; d'envoyer
sup-
a
sous
a un
Besanjon,
ou du moiiis en
de
pretexte
rassemblement
envahissent proje'.tant
le
1' in-
vasion. Du coup, les Bourgongnons se decident a imit.er les Galates,
ils
Lncendient
leurs maisons et
emigrent
en masse outre le Rhin. Voici rhenans.
done
"Pour
nos
ce
que
estoient
encores
point
resistance".
de
en
Bourgongnons les
Gaules
fraternite, Les
designer ici les Germains; terres gens
vaques
de
ne
bon
et
trouverent,
(ce
mot
parait. il cor-
aux nouveaux
forestz
esprit
transGermanie
dans d'autres cas,
nus
"Ces
la
ils
d'Alamans) concedent
"certaines
et
"Allemans"
respond a celui estendue".
devenus
et
de
ve-
grande
excellens
ou-
vriers" leur apprennent en retour ä travailler le bois et
le
fer;
"les
vindrent
plus
Allemans
estoit
Bourgongnons,
deux 1
nations
qu une.
Et
plus
usite
tous
furent
pour
(a
la
ce
longue) que
par-dela
le
que
communement
le
ne
de-
nom
des
nom
des
appelez
Alle-
mans " ^ . D'autres changements de nom vont
intervener.
Un parti de gens de guerre originaires
du
se joignent ä leurs voisins
pour
courses outre et font amitie
l'Elbe.
Iis y
"allemans"
rencontrent
avec eux. Ceci excite
la
Bourg-Ongne les
faire
des
Vandales
jalousie
des
Goths qui refoulent les uns et les autres en direction
Richard, Au temps de la celtomanie
des
"palus
Meotides"
ou
"Telle longue demeure nion
et
reputation
Bourgongnons,
de
partis
ils
sejournent
en ces lieux Scythes",
au-delä
de
longtemps.
leur acquit
ce
qui
1'Elbe
fait et
la
Goths,
s'entretenoient es
Gaule
et
ancestres
ailleurs
Scythes.
en 1 e s p o i r de quelque
avoient
les
lieux
ces
appeles
jour
dont
premierement.
que
ici
Toutefois
1
conquester
1'opi-
finalement
parvenus aupres de la mer d'Azov, se sont Vandales,
169
retourner
leurs
este
"ils
anciens
nommez
Bour-
ne gongnos" Ces tout.es
les
"Bourongnons l.igues
conquerans"
formees
centre
font
Rome.
partie Leurs
de
con-
generes, les "Bourgongnons du Rhin" sont beaucoup plus paisibles. Julius
Florus,
ancien sont
Iis
ont
toutefois,
franchi
territoire; reinstalles
le
mais, dans
11appel
ä
fleuve
chasses
leur
et
Trevire
reoccupe
par
pays
du
Galba,
leur
ils
se
d 1 adoption ^ .
Les
"Bourgongnons Scythes", eux, vaincus en meme temps que les Goths et. les Vandales par Dec.ius et Trebonien, et, reduits
a
30.000
d' une prophetesse leurs
Bourgongnons
mans" pour, avec
combattants, de
"se
du
Rhin,
ceux-ci,
lisation de ce projet
dits
se
sur
Bourgongnons
de noms ni
de
"Les Bourgongnons, finages.
estant
de centaines d'ans, avoient
La
Ces
perdu
reade
mes-
n'estoient
allemanisez
du tout
alle-
du fait
avec les Allemans,
et artisans bourgongnons,
l'avis
retirer. ..vers
rendue difficile
la resistance de ces derniers. plus distinguez
et
"entrer es Gaules".
est
lez par tant, de siecles
decident
sauver
rustiques par
tant
la sayve
du
Bourgongnon; le changement. de pays et de langue avoitaussi este accompagne de tout.es autres en A l l e m a n s " ^ . que
les
Aussi est.-ce ä deux
nouveaux
venus
doivent.
transformations
peuples
livrer
confondus
bat.aille
apres les avoir vaincus, offrir un accord.
et,
Richard, Au temps de la celtomanie
170
Un long temps s'ecoule encore jusqu'au moment ou les Bourgongnons proposent aux "Allemans" "de s 1 employer a rendre le traficq libre ent.re les Gaulois et les
Germains"
en
liberant
le
Rhin
de
romaine. Renforces par les Vandales,
la
domination
ils
passent
le
fleuve "sur les lisieres des Suisses" et parviennent au Val d'Ongne, pour y decouvrir" qu'ä peine se pouvoient recognoistre marques que la eust este un Bourg, ni pas un bien petit village". On se met a 1' oeuvre, et le Bourg-Ongne est bientot reedifie. Mais lä-dessus survient
1 1 empereur Aurelien,
qui
1 1 empereur
depose
des Gaules, et, "tenant les Bourgongnons pour Allemans naturelz", les refoule au-delä du Rhin. Detruisant le Bourg,
il
a
"basty
Bourg-Ongne". bourgongnon Asie
Cependant
apparait:
au temps de
congeneres
Dijon
pour
des
un
autre
ce sont
Decius.
Iis
assieger
restes qui se
et
ruines
du
rameau
du
etaient
passes
reunissent
Augsbourg,
en
peuple ä
en
leurs
Vindelicie;
Aurelien survient et les oblige ä se retirer. Tous ces evenements correspondent, evidemment ä la crise qu'affronta Claude II le Gothique et a la restauration 17 l 1 empire par Aurelien .
de
II n'est pas jusqu'ä la revolte des Bagaudes que notre historien ne parvienne a rattacher ä l'histoire
du
peuple
sorti
du
Bourg-Ongne.
Selon
lui,
"nostre histoire porte qu'un fort gros nombre de laboureurs et de charpentiers Bourgongnons s'estoit espanche par les Gaules et (comme ils estoient gens de grand travail, bons ouvriers et bon mesnagers) avoient faict tant de proficts qu'ilz estoient riches". Ce qui excita la cupidite des "prefets romains" qui les pressurerent
au point
que
"ceste
sorte
de
Bourgongnons
n'eust sceu sortir des Gaules pour retourner en leurs domiciles... que
leur
argent
η'eust
este
deeime
plu-
Richard, Au temps de la celtomanie
sieurs
fois".
majorite
d'entre
D' ou
leur
eux
s 1 est
rebellion. refugiee
cipales
trouppes des Bourgongnons
ceux-ci
se
portent
recueillir
les
Saint-Julien
dans
le
restes
relie
des
Cependant-,
"vers
les
reputez
pays
de
Langres
la
la
prin-
Alleinans";
Bagaudes.
artificiellement
171
pour
En
fait,
revolte
des
Bagaudes (286) a 1'incursion des Alamans que Constance defit en 298 au voisinage de Langres; et il transforme la vict.oire du Cesar en defaite... Finalement,
les
Bourgongnons
se
brouillent
avec leurs voisins "tant ä cause des salines comme du pasturage"
(il
s'agit
ici
du
Ammien Marcelin, sous la date
conflit de
que
309-370j
mans et Burgondes ä propos des salines 11
II
fut
1
decide
qu on
quitteroit
le
reste
d'abord
le
de
pays
l'Auxerrois
et
leurs des
bagages".
Sequanes,
finalement
le
Ala-
de la
Saale).
entierement
1 1 Alle-
raaigne et qu'avec 11arrnee marcheroient et
rapporte
entre
femmes,
Ainsi
puis
reste
le de
enfans
occupent-ils Langrois la
et
Bourgogne.
C'est seulement. alors que notre auteur place la guerre entre
le
roi
Gondicarius
et
AEtius,
qui
se
recon-
cilient, pour lutter de concert contre Attila. Une fois de plus, Saint-Julien a renverse la succession chrono18 logique des evenements . Mais il semble avoir oublie de nous dire si, devenus maitres du pays dont le souvenir avait hante leurs ancetres, les Bourgongnons ont songe a relever le Bourg-Ongne de ses ruines...
La
construction
semble-t.-il, Bourgogne. etre
rencontre
Dans
refutee
historique la
de
beaucoup
province
au debut
Saint-Julien 1
d audience
elle-meme,
du XVII£
e
siecle,
n'a hors
eile
pas, de
devait
lorsque
Dom
172
Richard, Au temps de la celtomanie
Plancher
ecrivit
generale
et
n'en
reste
comment
pas
le
le
premier
particuliere moins
doyen
de
volume
du
de
duche
qu'il
est
Chalon
de
son
"Histoire
Bourgogne".
interessant
a et.e amene
ä
de
II
voir
echafauder
une theorie aussi ingenieuse et aussi fragile. Lui-meme preface
1
a
1 abbe
livres...ne
s 1 en
est. explique
Anne
de
me pouvoient
Givry:
bien
dans
sa
"Trouvant
contenter,
la
place
oü
les
eu
et cause
d 1 Ongne auquel
leur denomination, qui est. le Val recongneue
que
j ' ay
cours au lieu de leur .premiere possession estre
lettre-
fut,
jadis
le
rede
peut
Bourg-
Ongne...Ce poinct gagne, et adyerty par un vieil roman qu'ilz estoient partis de lä, je m e suis mis en queste pour ]es retrouver ou qu'ilz fussent. Suyvant leur piste et
1
trac, j ay
tirez
avec
les
tenuz
pour
vrais
gnoissoient avec
les
que
estans
Allemans
par
ceux
bien;
Vandales
et
furent
que
des
la
acquierent
estimez
danie, ilz furent jugez et ilz defirent
en
estoient
la
qui
leur et
ilz ne
ils
con-
joignirent,
nom,
puis
Enfin
en
que
l'empereur
avec
que
descendans
reputez Scythes;
batailie
re-
furent
les
se
Gothiques.
tirez vers les maretz Meotides ce nom
qu'ilz
Allemans;
pas
les Gothz et
congneu
doncques
reDar-
soubs
Decius
et
son fils..." A tout prendre,, cette demarche est assez "moderne".
Le
doyen
de
Chalon
ose
revoquer
en
doute
le
temoignage des "auctoritates" en arguant de ce que ces auteurs
de
rectement,
l'Antiquite ni
vestissaient
les
romaine
lieux,
ceux-ci.
ni
ne
les
[1 assied
connaissaient
faits, une
qu'ils
theorie
ceci
en
les lois de 1'evolution
partant
d'un
toponyme
tra-
nouvelle
sur un raisonnement etymologique - mais le X V T e ignore encore
di-
siecle
philologique
designant
un
site 1
-, ar-
cheologique ou il croit reconnaitre le nom d u n e ville
Richard, Au temps de la celtomanie
disparue.
Son
"Castrum"
de
ville
idee
meine,
Dijon
detruite
ont
les
constructeurs
transporte
la
hypo-
ce
"castrum"
des
avancee
villes
par
les
que 1 1 on aurait
admet
des mat.eriaux
d'alentour,
murailles
du
de
cit.adelle, n'est. pas invraisemblable, puisqu'une parfois
les
pierres
leur
porains
edifier
les
de
these
pour
que
173
archeologues
contem-
pu utiliser· pour
fournis
par
abandonnees
a
les
la
bät.ir
monuments
fin
III e
du
siecle. Le nom du Bourg-Ongne, q u 1 ä la verite il avait imagine
a partir
de
celui
des
paru fournir une explication Bourgogne;
de
lä
Bourguignons,
la
il
n'y
ä
y
champs
d'Ongne,
seduisante
voir
avait
le
pour· celui
lieu
qu'un
d'origine
pas
-
avait deja ete franchi, en partant d'une moins de
satisfaisante,
Chasseneuz.
par
lui
et
a de
des
celui-ci
approximation
un
autre
auteur,
Barthelemy
Saint-Julien
s'est
fourvoye;
mais
sa
demarche η'a rien d 1 incoherent. Si, du
peuple
des
origines,
"bourguignon"
entre
trouve et.abli en Germanie Gaule,
nous
lui
fournir
le
son notre
les
ä
pu
il
se
installation historien
auteurs
informations
l'hist.oire
moment
que
interroge
des
passons
jusqu'a
constatons
consciencieusement de
nous
sur
en a
susceptibles
le
passe
des
"Bourgundiones". il a donne ä la suite de son livre la liste
de
prendre,
ces
auteurs:
relativement
eile
est
complete.
grecs de l'Antiquite,
longue
et,
Historiens
auteurs byzantins,
a
tout
latins
ou
ecrivains
de
la Renaissance comme Trithemius ou Beatus Rhenanus ont tous ete mis ä contribution. Si le tableau qui de
cette
nous
compilation
est
Julien,
devenu
dans
sa
ne
correspond
familier, conviction
avaient voulu passer
c'est que
les
sous silence 1
pas parce
ä
resulte
celui que
auteurs
qui
Saintantiques
les grandes
du peuple auquel il s i n t e r e s s a i t , a admis que
actions le nom
174
Richard, Au temps de la celtomanie
des Bourgongnons avait, ete remplace par celui d'autres peuples. Pline l'y encourageait, puisqu'il faisait des "Burgundiones" vandale;
un
Agathias
des et
elements Gregoire
de de
la
confederation
Tours
les
ratta-
chaient aux Goths. Le doyen de Chalon en a conclu que, lorsque
les
historiens
antiques
parlaient
des
Van-
dales, des Goths et aussi des Scythes ou des Alainans, il fallait
s'alteiulre ä retrouver
vocables les memes Bourguignons. chose
par
un
phenomene
de
il a explique
d'assimilation. 1
les fois ou une vague frontieres
sous ces differents Et
d envahisseurs
1'empire
romain.,
Ainsi,
toutes
se presente
estime-t-
il
la aux
que
les
Bourgongnons figurent parmi eux. Le cas des Bagaudes peut nous apparaitre plus ahurissant
encore, et
demontre
jusqu'ou
sa
confiance
dans la methode etymologique a entraine notre On a, nous dit-il, parfois le nom de
"Baccharides";
designe
ces
auteur.
rebelles
sous
comment ne pas y reconnaitre
celui de la ville de "Baccha", qui
etait
voisine
des
"maretz Meotides"? Or les Bourgongnons s'etaient, etablis dans cette region (les historiens d'aujourd'hui y voient
plutot. les Vandales
ou
les
Goths).
Done
les
Bagaudes sont, eux-memes des Bourgongnons... Mais ce qui
nous parait
le plus
surprenant,
c' est. l'histoire de la migration qui a porte les habitants du ßourg-Ongne de 1'autre cote du Rhin, allaient
se germaniser.
Ici encore,
il ne
ou
ils
semble
pas
que Saint-Julien ait invente cet episode. II cite "une vieille histoire en langage
roman",
que Le Maire de Beiges avait laisse
ce
"vieil
roman"
a Balleure'^.
Ce
texte parait avoir ete connu par une autre source.
Le
jurist.e
autunois
Barthelemy
qu'il avait appris du premier
de
Chasseneuz
president
au
raconte Parlement
de Dijon, Humbert de Villeneuve, que celui-ci,
durant
sa
capt.ivite
Chasseneuz
en
le
175
ecrit
dont
Suisse,
avait
lu
un
nous donne un apergu. On y
Eduens, qui dominaient sur
Richard, Au temps de la celtomanie
point
d'etre
alors toute
vaincus
par
lisait
la Gaule
les
Senons,
ete sauves par l'arrivee de "quidam ex burgo et. que
de ce moment
les memes
que
Eduens
les
celtique, avaient Divione",
avaient
pris
le
"Burgundiones" , "ex burgo Divione"^ 0 . Ce texte 21 parait. et.re reste manuscrit . , mais Jean Le Maire en
nom de
aurait
connu
un
autre
exemplaire,
celui-ci
liient en langue frangaise. C' est, de la que a
tire
que
les
de-routte"
quand
Dieux";
il
et
"Heduois"
etaient
survinrent, que
la
vengeance
designer
"quasi
"gens
du
en
vau-
bourg
des
Chasseneuz
dans ce meme roman que notre auteur de
Saint-Julien
s'est 22 trompe en "burgo Divione" a "burgo deorum" . Est-ce
substituant
estime
les
certaine-
des
Senons,
le chef supreme des
a trouve le
auxquels
il
Gaulois
(le
dessus des Gaules") apres les Eduens
recit
revenait "grand
de
par-
et. avant. les Se-
quanes, chaque peuple designant ce magistrat. a tour de role? C'est af firmer
tres vraisemblable; mais nous ne 1
decouvrit. 23la mention de l'exode des gens du Bourg outre le Rhin . Ceci
se
que
c est
passait,
egalement
nous
l'arrivee des Romains:
dit-il,
la
saurions
1
qu i 1
bien
longt.emps
moire (du Bourg-Ongne) en est.oit perdue, propre
avant
"desja au temps de Cesar la mesinon sur
le
lieu". Le
temoignage
de
Saint-Julien
un autre texte qui, ä la difference
du
fait "vieil
penser
a
roman",
nous est parvenu - un texte qui parait avoir et.e ecrit au debut, du X T V e siecle et remanie en 1330, d'abord en latin
avant
s'agit dont
le
d'etre
de la
"Roue
propos
legendaire
du
de
semble pays
en 9 frangais au X V I e . II Λ Fortune" , curieuse narration
traduit
de
etre
de
Langres
raconter en
y
une
histoire
dormant, la
place
Richard, Au temps de la celtomanie
176
principale ä deux lignees seigneuriales, 1 1 u n e appelee ä
decliner
(les
Mauregard
de
Mirebeau-sur-Beze,
venus les "fous de Vesvres"), 1'autre restee (les Grancey) . Non content de de
ces
dont
families
les
plus
un
nombre
inattendu
rattacher sans
illustre
a la
impressionnant est
de-
seconde
de
doute
saints Frangois
d'Assise, 1 1 auteur remonte bien avant la naissance du Christ, evoquant la venue des Troyens en France ou ils fonderent Reims et Paris, situant au pays des
"Leuci"
les grandes villes de Grand et de Moncel (?), mentionnant
1'existence
des
geants,
(Bourlemont) et de Hautgue le
chartrier
composition
de
l'abbaye
rend
les royaurnes de
(Auvet, de
ceci
Theuley).
parf aiteinent.
en
Cilline
utilisant
Cette
etrange
vraisemblable
la
re-
daction, vers le meme temps, d'une chronique remontant au temps des Gaulois, mettant, en scene
les
Eduens
et
les Senons et les habitants d'un "bourg des Dieux" qui aurait pu etre Dijon, n'en deplaise au
doyen
de
Cha-
lon. II utilise
pour
est
done
retracer
possible
que
l'origine
Saint-Julien
des
ait
Bourguignons
un
texte de ce genre, ce qui reduirait la part de son invention. II n'en reste pas moins que 1'agencement neral peuple est
de
cette
gaulois
bien
son
reconstitution passe
oeuvre.
des
en Germanie Mais
aventures
et
ce qui
ressant, du point de vue qui nous 1
revenu
de
gece
en
Gaule
le
plus
inte-
retient
ici,
c 1 est
est
1 image que se fait un erudit du XVI
e
siecle des cir-
constances qui ont amene un peuple a s'etablir en Germanie,
puis
wanderung" .
en
Gaule,
au
temps
de
la
"Völker-
Richard, Au temps de la celtomanie
177
Saint-Julien est un celtomane, certes, et. le desir de 1 1 illustration
restituer
aux
mentation
exclusiveraent
prives
l'a
siste.
Mais
Gaulois
amene
a
son
latine
proposer
propos
est
une
ne
se
dont
une
docu-
censee
les
avoir
restitution borne
pas
fantai-
la.
Comme
d'autres auteurs de son temps, il entend fonder sur le passe gaulois les libert.es des Frangais du XVI e siecle et,
dans
ce
vinciales,
cas
en
particulier,
insistent
sur
les
cette
libert.es 1
notion
d un
propacte
federatif qui eut, une si grande vogue dans la seconde 2S moitie du siecle
. II fallait done que les fondateurs
de la Dourgogne fussent des Gaulois. Son aille
a
attachement
l'encontre
de
ä sa son
province
loyalisme.
n'a
rien
Aussi
porte a attribuer aux Francs la meme origine
qui
est-il gauloise
qu'aux Bourguignons, tout en reconnaissant que "l'origine des Frangois est cont.entieuse" , ce qui 1 1 amene a ne pas prendre parti ent.re les theories en p r e s e n c e ^ . [1
laisse
s'attache
done
cette
question
dans
1'ombre.
essentiellement. ä la demonstration
Et
il
sur
la-
quelle s'appuyait. toute sa defense de l'antiquite
des
Etats de Bourgogne: que les ancetres des ont
connu
toute
les
plus
1'Europe
elonriant.es
sans
Bourguignons
migrations
jamais
perdre
a
travers
leur
qualite
d'autochtones dans cette Bourgogne ou ils ont fini par se reinst.aller . Ce
qui
fait
Bourg-Üngne n'ont pas
que
les
renonce
anciens a
revendiquer
trie, e'est. le serment. qu'ils ont. prete quitter
celle-ci,
serment
qui
habitants
les
leur
au moment
engageait
a
du pade
faire
tous leurs efforts pour la reconquerir. C'est leur religion,
et
Saint-Julien
insiste
sur
la
force
de
ce
sentiment religieux, qui maintient le souvenir de ce serment et, sa force contra.ignante 27 . Rien d'et.onnant ä
178
Richard, Au temps de la celtomanie
ce qu'ils soient de toutes
les
ligues
par
lesquelles
les peuples du Nord s'associent pour combattre les Romains, puisque la presence de ceux-ci pose a 1'accomplissement qu'au
voisinage
gongnons
des
de ce serment
"palus
s'entretenoient
retourner
es Gaules".
retrouvant
la vallee
en
Et. nous de
solennel. Jus-
Meotides", l'espoir
"les.
de
ils
Bour-
quelque
comprenons
la Tille,
s 1 op-
en Gaule
qu 1 en
bien
ont
jour
du
y
re-
couvrer tous leurs droits ancestraux, y compris celui d'etre representee par
leurs
la representation de chaque
Etats,
au
categorie
de role, selon les exigences de la
sein
desquels
s'opere
Roue,
a tour
dont
Saint-
Julien affirme qu'elle etait l'objet. d' un culte de la part des Gaulois... Mais, une
origine
en revendiquant
gauloise,
il
pour
se garde
les
Bourguignons
bien
de
contester
leur germanite. Celle-ci resulte a ses yeux, et d 1 une longue cohabitation, entrainant
1'adoption des
moeurs
et de la langue de leurs voisins, et de l'accueil frat.ernel
que
ceux-ci
Bourg-Ongne.
avaient.
reserve
aux
Les deux peuples se sont
fugitifs
allies
du
par
ma-
riage, et c'est, associees les unes aux autres que des fractions faire
belliqueuses
des
courses
de
chacun
au-delä
de
d'eux
sont
allees
On
not.era
l'Elbe.
d'ailleurs que Saint-Julien, tout convaincu qu'il soit de la precellence de la noblesse, vo'it dans ses Bourgongnons habiles
essentiellement ä
travailler
le
des
gens
fer
et
le
qui
vont, s' employer
boureurs et bon charpenti ers,
pacifiques, bois,
fort
bons
lade
leur metier· jusque dans la Gaule romaine. Ce η'est pas un
peuple
guerrier dont
revendiquant appelle
les
il
fait
le
des qualites guerrieres "Bourgongnons
tableau, pour
conquerans"
alles chercher fortune au loin.
et
tout, en
ceux qui
qu'il sont
179
Richard, Au temps de la celtomanie
C'est encore une politique volontaire de mariages
qui
Vandales.
associe Et,
etroitement
quand
les
les Bourgongnons
"Bourgongnons
aux
Scythes"
re-
viennent au pays du Rhin et qu'il ieur faut s'imposer par les armes aux Bourgongnons du pays et aux Allemands qui ne font qu 1 un seul peuple avec eux, c'est en souvenir
de
1 1 acceuil
d'autrefois
qu'ils
vaincus des conditions fort douces.
font
"On dit
aux
commune-
ment", remarque notre auteur, "que les differends survenus
entre
amis,
s'ilz
sont
appaisez,
renforcent
l'amitie. Ainsi en advint-il entre les Bourgongnons et les Allemans". "Ce me fait croire", ajoute-t-il, "que les modernes, advertis de ceste union et amitie...ont este meuz de croire que les Bourgongnons estoient naturelz Allemans"^. D'ailleurs Gaulois et Germains sont lies de maintes manieres. Au temps de la ruine du Bourg-Ongne, "les Gaules et la Germanie estoient encores ternite". viennent traficq
Quand aux
libre
les
abords
"Bourgongnons du Rhin,
entre
les
c'est
Gaulois
en
fra-
conquerans"
re-
pour
et
les
"rendre
Germains",
autrement dit pour retablir entre eux cette "fraternite".
Si
les
"Allemans"
passent
le
ancienne
en
Gaule,
"sollicitez et encouragez par leurs allies et voisins les Bourgongnons", ce η'est pas "pour travailler
les
Gaulois desquelz ils estoient amis, mais pour en desnicher les Romains et leurs legions". Car les Romains sont ces oppresseurs dont il appartient aux peuples de Germanie
de
liberer
les
peuples
des
Gaules:
"les
doleances des Gaulois on merite que les Bourgongnons, maintenant
Vandales,
puis
Gothz,
Allemans, en eussent pitie".^
puis
Scythes,
puis
Richard, Au temps de la celtomanie
180
Sans
doute
le
parti-pris
anti-romain,
herit.e
de
Le
Maire de Beiges, a-t-il entraine Saint-Julien ä s'imaginer que les "peuples septentrionaux", depuis la conquete des Gaules par Cesar,
etaienb
toujours
pret.s a
former une ligue pour lutter contre Rome - ligue dont, les Scythes seraient, les animateurs la
fin
du
IV
e
siecle,
1
1 intermediaire
des
incit.ent.
Goths,
ä
representent
la
lui,
revanche,
des vaincus de 52. Germains
les
Burgondes,
attaquer
main). En quelque sorte, pour sions
(c'est. eux qui, a
et
1'empire
les grandes
longtemps
Gaulois
par ro-
inva-
attendue,
sont
associes
dans cette revanche. Le doyen de Chalon se distingue de la plupart des autres celtomanes de ce
temps
des
et. Germains.
rapports
entre
Gaulois
dans
sa
conception Les
autres
ecrivains, en effet, manifestent ä ce propos un sentiment
de
superiority
qui
parait
etranger
ä
notre
30 aut.eur
. Tout
au plus explique-t,-il
les
excellentes
relations nouees entre Allemands et Bourguignons, lors de
la premiere
installation
de
par le fait que les seconds
ceux-ci
en
Gerinanie,
apportaient, aux
premiers
de nouvelles techniques dont ces derniers profiterent; ceci ne va pas tres loin. Saint-.Jul Len η'est. ni moins loyaliste, ni moins nat.ionaliste, que les autres ecrivains frangais. Mais propos
est
invasions" 1
1 origine
son opt.ique est. different.e.
d'apporter en y
une
gauloise
1
de
1 un
associes a ce mouvement. complete
germanisation
"Bourgongnons" lui
etaient
permet.f'.ait,
caractere
explication
incorporant
de
ne
germanique
sa
propre
des
des
"grandes
hypot.hese
peuples
peuple:
totalement. pas des
selon
lui,
"allemanisez".
met.tre
en
Burgondes,
sur
germaniques
T1 l'a fait, en suggerant
de ce
Son
question tout
une les Ceci le en
revendiquant. pour eux dans le pays de leur nouvel eta-
181
Richard, Au temps de la celtomanie
blissement
d 1 autochtones
la qualite
et
le
privileges
qui en decoulaient. Pour Saint-Julien, done, en depit d 1 u n e celtomanie
vigoureusement
affirmee,
la
"germanite"
des
ancetres des Bourguignons ne pose aueun probleme. Elle lui est meme 1'occasion d r installer sur les liens privilegies des Gaulois avec les
"Allemans"
fraternite, qu'il oppose
ä une
vers
peut
les Romains.
On
ne
et
hostilite ecarter
sur
leur
commune
en-
pensee
que
la
cette attitude transpose dans le passe une
conception
1
qui est celle d u n lettre, homme politique mais
aussi
erudit
d'hi-
aux
perspectives
tres
larges,
stoire allemande a 1'occasion anecdotes
figurant
dans
curieux
(comme
le montrent les 31 "Gemelles") . II vaut
ses
sans doute la peine de noter qu'il ne s'agit pas d 1 u n e conception isolee. Une parait, pas niers
Valois,
relations C'est
avoir
ete
en liaison
vision
avec
franco-allemandes
sans
doute
dans
"protecteur de
des
la
Charles
IX,
une
sur
qu Henri
libertes
de
a la
a
des
certaine
le
plan
II s etait
des
politique. sa
lutte
proclame
par
beaucoup
election du roi de France a 1'Empire.
ne
der-
idee
de
1
allemandes"; on
l'histoire
France
perspective
1
contre les Habsbourg autour
telle
etrangere
la
suite,
pense Mais
le
a
la
une
notion
d' une fraternite des deux peuples frangais et. allemand plongeant ses racines dans un passe tres ancien semble avoir
*ete
familiere
eä
troisieme quart, du XVI
beaucoup
d'esprits
dans
le
siecle.
N'en prenons pour temoignage que le programme mis sur pied par la v'lle de Paris pour
1'entree
lennelle dans la capitale de la jeune reine d'Aut.riche, le 29 mars qui a commente scriptions
dans
elaborees
so-
Elisabeth
1571. L' echevin Siinon Bouquet,
un ä
livret, les cette
scenes
occasion
et
les
evoque
inpre-
Richard, Au temps de la celtomanie
182
cisement 1'antique fraternite des Gaulois et des Germains (le nom de ceux-ci, selon des auteurs ne venait-il pas de ce qu'ils etaient "germani", des Gaulois?), la
lutte
les
des
anciens, "freres",
deux
peuples
contre le "süperbe Romain", la "conformitez de moeurs des
deux
nations",
autant
de
Themes
que
nous
re-
trouvons sous la plume de Saint-Julien. Et, annon-jant le renouvellement de cette union ä la faveur du mariage dont la descendance
pourrait
regner
conjointe-
ment sur les deux pays, une inscription proclainait: "Que d'Europe et d'Asie on taise le renom, 12
France Allemagne soit de l'univers le nom" Le doyen de Chalon n'allait vision
de l'histoire
des
η'est
cependant
tres
pas
Gaules
et
pas si loin. Sa de
differente
la de
Germanie celle
de
1' echevin Simon Bouquet. Mais, pour et. re etranger aux preoccupations qui tournent. autour d 1 un mariage royal et d'une eventuelle election imperiale, son temoignage η 1 en a peut-etre que plus de valeur.
Richard, Au temps de la celtomanie
183
1 Claude-Gilbert Dubois, Celtes et Gaulois au XVIe siecle. Le developpement litteraire d' un mythe nationaliste. Paris 1972. 2 Philipp-August Becker, Saint-Julien de Balleure und Jean Le Maire. In: Zeitschrift für neu-französische Sprache 51 (1928) p. 294-302. 3 Jean Richard, La fortune d 1 u n e famille noble au debut du XVIe siecle: les Saint-Julien de Balleure. In: Annales de Bourgogne 46 (1974) P· 147-156. 4 Leonce Raffin, Saint-Julien de Balleure, historien bourguignon. 1519 ?- 1 5 9 3 · Paris 1926. 5 Pierre de Saint-Julien de Balleure, De l'origine des Bourgongnons et antiquitez des Etatz de Bourgogne. Paris, N. Chesneau, 1581. 6 De l'origine, p. 183, 5 4 3 . 7 Id., p. 542. 8 Id., p. 28. 9 "In agro Langrensi circa Tillium fluvium inter Luzam et Thilcastellum", d'apres le commentaire de la carte de "Burgundiae inferioris quae Ducatus nomine censetur", datee de 1584 j due ä Etienne Tabourot (Abraham Ortelius, Theatrum orbis terrarum, 3e ed., Anvers 1 5 8 4 , ρΐ · 28). Le lieu exact a ete identifie d'apres le plan cadastral de Lux (Cöted'Or) et les reconnaissances aeriennes par Mile Frangoise Vignier (communication aux Journees archeologiques de Dijon, 1976), sous le titre: Une orientation de recherche: des photographies aeriennes aux plans du XVIIIe siecle. In: Journees archeologiques 1976, p. 5-6. 10 De l'origine, p. 18 — 19· Cette decouverte etait-elle dejä intervenue quand Saint-Julien ecrivit "De infantia et adolescentia Burgundionum", qu'il aurait. dedie vers 1553 au president Begat (Philibert, Papillon, Bibliotheque des auteurs de Bourgogne. Dijon 1742, p. 226). 11 De l'origine, p. 30. "Ognios" vient-il du nom du dieu gaulois "Ogmios"? A propos des villes disparues dont le nom survit dans la toponymie, SaintJulien evoque "Alexia", devenu le mont Auxois, "Lansuyne le Grand" ("Latisco" ) , devenu le mont Lassois, et "Afrique pres de Flavignerot", eponyme suppose du mont Afrique. 12 De l'origine, p. 21-22. 13 Id., p. 550-575. 14 Dans toute cette construction, on reconnait un element hist-orique: la descente des Goths dans la basse vallee de la Vistule d 1 ou ils chasserent. les Vandales, qui gagnerent 1'Ukraine.
184
Richard, Au temps de la ceitomanie
15 Ce qui fond en un seul evenement la revolte de Florus et- Sacrovir (21) et celle de Civilis (69). 16 De l'origine, p. 621. La guerre entre Decius et les Goths dont- il s'agit ici nous place en 251: Goths, Burgondes et Scythes attaquent 1'empire romain en 252. 17 Les incursions des Goths en Asie mineure ont lieu sous Gallien (262-268), 1 1 invasion des Alamans en Gaule en 260. Aurelien defait les Juthunges et les Vandales en Vindelicie en 270 et soumet Tetricus en 273. Pour Saint-Julien (p. 644; cf. aussi p. 649), "les gens de guerre bourgongnons qui estoient passez es Gaules, voyans leurs Bourg-Ongne destruict et. leurs peines perdues. . . prindrent advis de se ret-irer en Allemagne file ä file et s'allerent joindre aux Bourgongnons venus d'Asie qui t-enoient Augsbourg assiege". 18 II place correctement, lors de 1'invasion de 406 1'entree des Burgondes, associes aux Goths et aux Vandales, a l'ouest du Rhin. Mais il situe les progres de 1'occupation burgonde dans la future "Burgundia" immediatement, apres, supposant qu'ils susciterent la reaction d'AEtius, alors que le conflitentre celui-ci et les Burgondes se place vers 436, et- 1' installation de ceux-ci en Savoie apres 443* 19.Ce "rowan", dit.-il, ava.it et-e prete par lui au car dinal de Lorraine qui ne le lui avait pas rendu (p. 542). 20 Bartholomeus Chassaneus, In Consuetudines ducatus Burgundiae...Commentaria. Frankfurt, Feyrabend, 1576, p. 11 ("cum semel fuissent- Hedui superati etdevicti a Gallis Senonis, insurrexerunt- quidam ex Burgo Divione, quod tunc erat- sub ditione Ileduorum, qui Gallos Senones superaverunt et devicerunt, et tunc dicebatur quod Senones fuerunt devicti a quibusdam ex burgo Divione, ex quibus tunc nomen sumpserunt. Burgundiones qui prius Hedui dicebantur"), Humbert de Villeneuve, president du Parlement de Dijon de 1505 a 1515 (Fleury Vindry, Les parlementaires frangais au XVIe siecle. Τ. I, Paris 1909, P· 140) avait et-e enleve par les Suisses pendant les negociations qui suivirent le trait-e de Dijon (Abbe Jules Thomas, La delivrance de Dijon en 1513 d'apres les documents cont-emporains. Dijon 1898, p. 315-317). 21 "Les livres de telz aut.heurs ne se trouvent publiez11 . 22 "Ceux qui ont. escrit de cecy en latin ont dit que du bourg des dieux sortit un secours si utile" (p.
Richard, Au temps de la celtomanie
185
542). "Roman" signifiant un ouvrage en frangais, on peut se clemander d ' ou Sa int-. Julien a tire cette informant.ion. - Sa refutation de Chasseneuz: p. 22. Serait-ce lä que Saint.-Julien aurait trouve le chiffre de 1ό3·700 personnes comme celui des emigrants du Bourg-Ongne? Emile Jolibois, trad., La Roue de Fortune ou Chronique de Grancey, roman genealogique ecrit au commencement du XlVe siecle. Chaumont. 1857· Le texte latin en fut. traduit en frangais en 1556. Henri Drouot, La premiere L.igue en Bourgogne et les debuts de Mayenne (1574-1579). Notes. Dijon 1937, p. I64-I66. De l'origine, p. 645-649. "De ma part η' ayant. autrement grand soing de resoudre si les Frangois sont race de Troyens, selon Tritemius, ou Gerinains or.iginelz, selon Rhenanus et ses sectaires, ou indigenes, c 1 est a dire en celle portion des Gaules...particulierement nommee France", il ne leur attribue pas moins d'etre, comme les Bourguignons, "passez en Allemaigne pour decliner de servir les Romains", tout en voyant en eux les Sicambres qu1 Auguste avait, transferee en Gaule (cf. Busse, p. 436). - Sur la legende troyenne, cf. Robert. Folz, Sur la legende d 1 origine des Francs. Γη: Memoires de 1 ' Academie des Sciences, Arts et Belies Lettres de Dijon, t. 126 (1983-1984) P· 187199. On constate qu'il ne mentionne plus la fidelite du peuple bourgongnon ä son serment ä partir du moment od il raconte comment il se converf.it au catholicisme (en niant qu'il eüt et.e arien), ce qui entraina la substitution du roi au "hendin" et de l'eveque au " sinist" . Mais il n'etablit, pas expressement de rapport entre ces faits. De l'origine, p. 627-629. Ld., p. 633, 650, 655. Alors qu'il est t.res sensible, par exemple, chez Guillaume Postel, que Μ. Dubois (note 1) a particulierement etudic. Gemelles, ou Pareilles recueillis de divers auteurs tant grecs, latins que frangois. Lyon 1584 (l'auteur, ici, imite les "Vies paralleles de Plutarque", mettant en parallele des anecdotes d'origine t.res diverse, dont celle de l'archeveque de Mayence devore par les rats). Pierre Champion, Charles EX. La France et le controle de 1'Espagne. Paris 1939, t. I, p. 349-355. Une autre inscription va dans le meine sens:
186
Richard, Au temps de la celtomanie
"Ainsi tant que la Paix, chassant de nous la guerre, Joindra comme jadis les Germains aux Gaulois, Et 1'une et 1'autre gent tiendra dessoubs ses loix, De deux n'estant plus qu'un, 1 1 empire de la Terre."
Karl Josef Seidel
Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden in Deutschland und Frankreich (1555-1614)*
In einer
seiner
Luther-Predigten
berichtet
Johannes
Mathesius, der Reformator habe gegen Ende seines Lebens
einmal
Uber
den 1
"Dieser König hätt.
König
von
Frankreich
gesagt:
eines Luthers, oder ich eines sol-
chen Königs bedurft"^. Luther gab hier offenbar einer Wunschvorstellung Ausdruck, wie das von ihm verkündete Evangelium durch einen ungehemmten Siegeslauf in einem großen,
geeinten,
grenzen
und
durch
keine
fürstlichen
territorialen
Zwischengewalten
Binnen-
behinderten
Königreich die Reformation der Kirche in ihrer Totalität hätte vollziehen können. Wenn eine solche Interpretation dieser Äußerung erlaubt ist, so bleibt doch zu fragen, ob dem alternden Reformator verborgen geblieben war, daß dieser König Franz I. die
Anhänger
des evangelischen Glaubens in seinem Reich ferro et 2 igni verfolgen ließ . Die Voraussetzung jener Fiktion aber wäre
doch
gewesen,
daß
der
Roi
tres
chretien
Luthers Person und Lehre so gewogen gewesen wäre, wie es etwa die sächsischen Kurfürsten, Luthers Landesherren, unwandelbar geblieben waren. Bedingung
des
Erfolgs
der
Dies war
lutherischen
die
eine
Reformation;
die andere lag gerade eben im kleinstaatlichen, ständisch-föderalistischen das eine Spinnen
Zentralgewalt wir
den
System wie
des
Heiligen
Frankreich
Gedankengang
nicht
nicht fort:
Reiches, kannte. denn
je
länger man diesen Ausspruch Luthers überdenkt, desto stärker rückt dessen paradoxale Ambivalenz ins Bewußt-
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
188
sein. Generell lag einem
solchen
Denken
zugrunde
elementare und hier nicht näher zu erläuternde der
untrennbaren
gion,
Verflochtenheit
von weltlicher
Macht
und
von
und
als etwas
sacerdotium
tradiert
Gottgewolltes
und
Faktum
und
Reli-
geistlich-kirchlichem
Bereich, wie sie das Mittelalter regnum
Staat
das
in
der
hatte,
Symbiose
von
die
allgemein
Naturgegebenes
empfunden
wurde. So ist die causa Lutheri, der kanonische Ketzerprozeß eines einzelnen,
zum
Politikum
und
auf
dem
Wormser Reichstag von 1521 zu einer Sache des Reichsrechts
geworden,
obwohl
dieses
Forum
nach
geltendem
Recht dafür gar nicht zuständig war. Die Verflechtung von geistlichem und weltlichem Element, von spirit.uale
und
bracchium
saeculare,
hätte
bracchium eigentlich
nur darin bestehen dürfen, daß die Reichsacht
automa-
tisch über Luther verhängt worden wäre, nachdem er in ordentlichem kanonischem Verfahren verurteilt, die Widerrufsfrist verstrichen, und das Urteil damit rechtskräftig geworden war. So sah
es das
Reichsrecht
vor,
1
das das kirchliche Ketzerrecht raitumschloß . Rücksicht auf
die
Reichsstände,
die
allgemeine
Luther und contra Rom - ein Bündel hier nicht zu entwirren Karl
V.,
Luther
nach
von
Stimmung
pro
Ursachen,
das
ist -, bestimmten Worms
zu
laden
Reichstag zu hören. Dies war, wie
schon
schließlich
und
vor
Hubert
dem Jedin
formulierte, "der erste Schritt vom Wege des strengen kanonischen Rechts"^ und Recht
betont,
rechts"*.
Daß
auch die
vom
damit, Wege
Reichsstände
wie
des vom
Konrad
Repgen
weltlichen Kaiser
zu
Reichs-
das
Zuge-
ständnis erlangten, alle Reichsachtfälle mit ihnen zu beraten und ohne ihre Zustimmung keine Acht auszusprechen, hatte einschneidende Konsequenzen: es schob nunmehr definitiv die Ketzersache
der
causa
Lutheri
auf
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
189
das Feld des Reichsrechts, und damit wurde für die Zukunft das Problem der evangelischen Bewegung zu einer Sache, der man vornehmlich mit den Mitteln des Reichsrechts beizukommen trachtete. Hier lag letztlich, wie Albrecht
Luttenberger
hat,
Genese
die
deutsche
jüngst
eindrucksvoll
gezeigt
des Reichsfriedensproblems^,
Geschichte
bis
zum
das
Westfälischen
die
Frieden
überschatten sollte. Es deren
ist
nicht
Chronologie
der reformatorischen tagsgeschehnisse Tradition bung
der
seit
möglich,
1555
deutschen den
einer
soll,
Bewegung im
zu verfolgen;
Ranke
in
beginnen
Betrachtung, das
Schicksal
Spiegel der Reichs-
dies bildet
ja in der
Reformationsgeschichtsschrei-
eigentlichen
Inhalt
des
großen
Themas: Reich und Reformation. Dennoch mußte in dieser vergleichenden
Skizze
der Wormser
Reichstag
von
1521
gestreift werden, weil hier die im Entstehen begriffene reformatorische Bewegung dem Reichsrecht zum ersten Mal in Gestalt der Reichsversammlung konfrontiert wurde mit dem geschichtlichen Ergebnis, daß hier die entscheidende
Wegmarke
für
die
reichsrechtliche
Behand-
lung der Glaubensspaltung gesetzt wurde. Lenken und
versuchen
Weise
die
wir
unsern
vergleichend
zentrale
Glaubensspaltung sichtlich
nun
Blick
zu
auf
Frankreich
erfassen,
Ständevertretung
dem
in
begegnete. Allerdings gerät man
des Vergleichszeitraums
in
eine
ist doch
für
Epochenjahr,
aber
für
deutsche die
Geschichte
Frankreichs.
ein
Zudem
überwiegt
der hin-
ausgespro-
chene Schrägstellung des Problems, die
welcher
Problem
1555 wohl beim
nicht Ver-
gleich der ständischen Institutionen das Disparate das 7 Gemeinsame, wie jüngst Stephan Skalweit betont hat , und
die
Ursache
ist, vornehmlich
dafür
liegt,
wie
leicht
in der unterschiedlichen
einzusehen staatlichen
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
190
Grundstruktur beider Reiche. Die erste Berührung der zentralen
Ständever-
tretung in Frankreich mit den in den Augen der übergroßen Mehrheit der Franzosen "mal sentans de la foy" erfolgte auf der Tagung der Generalstände I56O,
also
fast
vier Jahrzehnte
nach
zu Orleans
dem
deutschen
Vorgang. Dabei war die Religionsfrage nur ein Traktandum unter anderen, und die Generalstände wären sicherlich überhaupt nicht berufen worden, wenn
Frankreich
nicht durch den plötzlichen
II.
entschlossene
Tod Heinrichs
Staatsführung
verloren
hätte
seine
und,
von
zentrifugalen Kräften geschüttelt und ohne Halt an einem knabenhaften und todkranken König, nicht in einen ernsten
Krisenzustand
geraten
wäre.
Dennoch
haftete
der Einberufung der Generalstände etwas geradezu Sensationelles
an, waren
französischen
sie
doch
seit
1483
durch
Könige nicht mehr berufen worden;
die ihre
Forderung nach Periodizität, die allein ihnen politisches Gewicht hätte geben können, wurde vor g
1560 wie
danach von der Krone ignoriert . Welche
Funktion
nun die Etats Generaux
und im
welches
Vergleich
Gewicht zum
hatten
Reichstag^?
"Ces journees imperiales sont comme les Assemblies des Etats
en
France", schrieb
langjähriger
Berater
zwar
Hubert
des Kurfürsten
deutschen Dingen wohl vertraut,
Languet,
als
von Sachsen
mit
1568 an einen wißbe-
gierigen Freund; aber hatte er damit mehr im Sinne als ein
bloßes
formal-institutionelles
Äquivalent?Je-
denfalls waren sie in ihrer Bedeutung und nach
ihrem
Gewicht im politischen Leben himmelweit verschieden. Die Generalstände, erstmals 1302 berufen und damit- jünger als der Reichstag, haben es nie zu periodischer Tagurigspraxis, zu einer
festen
Zuständigkeit
oder etwa zu einer Mitregierungskompetenz bringen kön-
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
191
nen. Anders als beim Reichstag, gibt es in ihnen keine geborenen, sondern nur gewählte Mitglieder, eine Praxis, die stets einen großen Teil sogar des hohen Adels außerhalb der Vertretungskörperschaft ließ. Alle Stände,
ob
Klerus,
Adel
strikt das Prinzip des
oder
Dritter
imperativen
depute an die in die cahiers de legten
Grundsätze
und
Stand, Mandats,
doleances
Vorstellungen
pflegten das
den
niederge-
seiner
Wähler,
seiner commettants, band. Die Etats Generaux sind stets das geblieben im Unterschied zum Reichstag
-, was sie
ursprünglich
gewesen waren: ein auf Anforderung des Königs zusammentretendes Beratungsgremium, wenn dieser es für gut befand, consilium et auxilium, conseil est aide, von ihm
zu
erbitten
- in der
Terminologie
niers: des Königs Grand Conseil^,
Roland
Mous-
der in besonderen
Notlagen des Staates um seinen Rat gefragt wurde ebenso wie um Beihilfen für die Krone in dringenden
Fäl-
len. Matteo Zampini, einer der ganz wenigen Theoretiker der Generalstände vor 1789, wies in seinem
1588,
auf dem Höhepunkt ständischer Macht erschienenen Werk "Des listats de France et de leur Puissance" den Generalständen folgende Kompetenzen zu: neben sechs kasuistisch genau abgegrenzten
Fällen,
in denen
sie
von
sich aus tätig werden, um einen neuen König zu wählen, noch vier Kompetenzfelder, auf denen sie nach Anfrage des Monarchen sich äußern
dürfen:
1. bei
Veräußerung
eines Teils des Königreichs, 2. um einen Angriffskrieg zu beschließen, 3· wenn neue Steuern ohne Not geschaffen werden sollen, 4· in Religionsfragen, obwohl sich 12 der König hier meist an die Bischofssynoden wende 1560, im Moment ihrer Wiederbelebung,
schie-
nen die Generalstände aus dem Arsenal der monarchisehen Institutionen verschwunden zu sein 1 3. Der fak-
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
192
tische
Absolutismus eines
Franz
I.
und
Heinrich
II.
hatte das Prestige der Generalstände verdunkelt, deren Konsultation man offenbar als Eingeständnis der Schwäche der Krone ansah. Nicht schen Gefangenschaft Franz mentritt.
Erst
nachdem
einmal
1
der
während
der
spani-
I. kam es zu ihrem
Zusam-
König
wieder
in
Freiheit
war, ließ er seine burgundische Politik von einer Versammlung
gutheißen,
aller drei Stände notables
wurden
als unnötig
welche
berufen
ein
die
beliebtes
erscheinen
Krone
hatte.
zu
aus
Diese
Mittel,
lassen;
Vertretern
assemblies
de
Generalstände
auch
Heinrich
IV.
und Richelieu haben sich dieses Mittels bedient*^. Ein tiefgreifender Unterschied den Institutionen genden
Staatsrechtslehrer
der
sich bereits
Begriffsbestimmungen
Bodins Charles volle
läßt
und
der
König
alleinige Souveränität
Monarch
eine
"souverainete
les Etats n'ont aucune p a r t " ^ ,
bei-
grundle-
zeitgenössischen
erkennen. Während
Loyseau dem
zwischen
aus den in der
von
Nachfolge
Frankreich
zusprach, parfaite,
habe a
die doch
laquelle
war Jean Bodin zu dem
Schluß gekommen, im Heiligen Reich liege die
Souverä-
nität beim Reichstag, nicht beim Kaiser, da es ihm an jener
entscheidenden
Herrschaftskompetenz
ermangele,
die Bodin als das eigentliche Kriterium der monarchischen Maiestas, der wahren monarchie royale ansah: der potestas legiferendi, der ungeteilten
Gesetzgebungsge-
walt^.
Gesetzgebungsge-
Mit
dem
Mittel
königlicher
walt, durch Ordonnanzen und Edikte, sind denn auch in Frankreich die ersten Regungen der neuen Lehre blutig unterdrückt ohne
worden;
Konzeption,
zunächst
nach
1534
noch
aber
unregelmäßig
durch
und
systematische
Repression, nachdem in der berühmten "affaire des placards"
eine
radikale
Richtung,
dem
vermittelnden
Luthertum abhold, sich durchgesetzt hatte, die bereits
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
viel vom späteren Kalvinismus vorwegnahm Die
Repression
der
"mal
193
.
sentans
de
la
foy"
verschärfte sich unter Heinrich II., der 1547 beim Pariser Parlament eine zweite Kriminalkammer eigens für Häretikerprozesse
errichten
ließ,
chambre ardente. Im Jahrzehnt
die
nach
Edikt nach dem anderen die Intensität Nach als
dem die
Frieden
von
Versöhnung
der
Cateau-Cambresis,
der
katholischen
die Häresie betrachtete,
sollte
berüchtigte
1550 steigerte
das
ein
Verfolgung.
den
Heinrich
Monarchen Edikt
von
gegen Ecouen
vom Juni 1559 die Klimax bringen, das Prävenire
gegen
die Ketzerei: königliche Kommissare sollten im ganzen 18 Land Ketzer aufstöbern und zur Rechenschaft ziehen , eine Maßnahme, die, wie Lucien Romier treffend bemerkte, den Protestanten keine andere Wahl ließ als Flucht 19 oder
Revolte
gleich
die
. Dieses Jahr Peripetie
der
1559
bedeutete
Ketzerverfolgung
aber in
zu-
Frank-
reich. Als Heinrich an den Folgen eines Turnierunfalls starb, gab es niemanden, der seine Politik hätte fortsetzen können. Ausbreitung
Im gleichen Jahr begann die
des
Kalvinismus,
nachdem
Frühjahr insgeheim eine Nationalsynode
fulminante
man
schon
im
in Paris abge-
halten und eine Confession de foy formuliert hatte. Die
französische
Politik
1559/60
bestand
Widerspiel mehrerer Mächtegruppen, die sich tig neutralisierten: Maria
Stuart
den
den jungen
Guise, König
die zu
Uber
ihre
lenken
im
gegenseiNichte
versuchten,
aus der Königinmutter Katharina von Medici und dem hohen Adel Frankreichs, soweit er kalvinistisch geworden war, mit dem Herzog von Conde, premier prince du sang, an der Spitze. Ein Edikt aus dem Frühjahr 1560 milderte zwar die Schärfe der weit
davon
entfernt,
gewähren. Im Mai
den
Unterdrückung,
war
Andersgläubigen
1560 betrat
ein Mann
die
aber
noch
Toleranz
zu
politische
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
194
Bühne Frankreichs, der als glänzender Humanist und Jurist, als Ireniker in erasmischem Sinn der politik
seines
drücken
sollte:
Der in seiner
Landes der
einen
bleibenden
Kanzler
Michel
Umgebung erstmals
Religions-
Stempel
auf20 1'Hospital
de
erörterte
Plan
Nationalkonzils war geeignet, die auf Toleranz
eines ausge-
richteten Kräfte zu stärken, denn bis zum dogmatischen Entscheid dieser Versammlung mußte den Dissentierenden eine Schonfrist
eingeräumt werden. Wie im
Deutschland
der Jahre 1 5 2 2 - 1 5 2 4 leuchtete die Idee eines Nationalkonzils als Morgenstern ran,
die
sowohl
der Hoffnung
Frieden
wie
allen
Einheit
im
denen
vo-
Glauben
er-
sehnten. Nachdem die Standardforderung Calvins und anderer nach einem aufgenommen Papst
Pius
von der
worden war, bedeutete IV.
Wiederaufnahme Trienter
Nationalkonzil
ein schrilles des
Krone
dies
nun
Warnsignal,
um
selbst
doch
für
auf
die
seit
acht 21Jahren unterbrochenen Konzils hinzuarbeiten , wäre doch nach dem
Verlust so vieler Reiche für den Nachfolger
Petri ein
Schisma der "ältesten Tochter der Kirche" vollends eine Katastrophe gewesen. Offenbar aus einem allgemeinen Gefühl der Unsicherheit und Ratlosigkeit auch über die leeren
Staatskassen
ist
der Generalstände für
die
den
Einladung
Dezember
zur
Abhaltung
1560 nach
Orleans
ergangen, die indessen der junge König nicht mehr erleben sollte. Über
die
Einrichtung
einer
Regentschaft
brauchten die Generalstände gar nicht erst zu beraten: die entschlossene Florentinerin hatte bereits ein fa.it accompli
zu
ihren Gunsten
geschaffen.
Als
einer
Hauptberatungspunkte blieb die Religionsfrage testem Sinne: sollte man zils weiter der
verfolgen
Weiterführung
des
den
oder
Plan
eines
sich mit
Trienter
der
Konzils
in
der wei-
NationalkonKurie ins
wegen
Benehmen
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
setzen, und wie war generell mit der Minderheit
zu verfahren?
Die
195
dissentierenden
programmatische
Eröff-
nungsrede von Michel de 1'Hospital, nach Ausschaltung der Guisen der Mann des Vertrauens der Regentin, ist 22
berühmt geworden
: er beklagt, daß die Verblendung in
der religiösen Frage die Menschen so weit geführt habe, daß sie ihr Vaterland vergäßen, sich
eher
einem
Ausländer gleicher Religion verbunden fühlten als einem Mitbürger ihrer Stadt, der einer anderen Religion anhänge. Der drohenden Gefahr eines Bürgerkrieges gelte es zu begegnen, und er ermahnte die Versammlung mit den
oft
mots
diabo-
liques, noms de parts, factions et seditions,
luthe-
riens,
zitierten
huguenots,
Worten:
"Ostons
papistes:
ne
ces
changeons
le
nom
de
chretien". Ebenso viel wie vom Geist der späteren "politiques", als deren Wegbereiter 1'Hospital zu Recht gilt, ist hier auch zu spüren von erasmisch-irenischem Humanismus 2 ι. Anders
als
in
Tours
1484>
berieten *) Λ
die drei Ordres jeder in seiner Chambre
diesmal
, da man da-
von ausgehen konnte, daß in den Äußerungen zur Religionsfrage
sich keine Übereinstimmung unter den Ein-
zelständen ergeben werde. Der Dissens der Einzelstände entlud sich in der seance royale in
Anwesenheit
minderjährigen Karl IX. am 1. Januar
1561. Der Spre-
cher des Klerus Jean Quintin, Dekan der Fakultät
der
Pariser
Universität,
des
Juristischen
schleuderte
die
heftigsten Vorwürfe gegen die Beförderer jeder Art von Toleranz; er gab zwar die Verwilderung in den Sitten des Klerus zu, unterschied aber: "L'Eglise n'a en eile ni tache ni corruption, eile est pure et innocente; 2c ses ministres seuls sont coupables" . Er forderte im Namen seiner Standesgenossen bei der Vergabe der hohen Prälaturen im Königreich die Rückkehr zum alten galli-
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
196
kanischen System der kanonischen Wahlen
und verwarf
damit das konkordatäre System von Bologna, das dem König von Frankreich durch das ihm vom Papst (lberlassene Nominationsrecht
für Bischöfe und Äbte gleichsam
das
Verfügungsrecht über die Kirche Frankreichs und damit eine gewaltige Machtfülle in die Hand gegeben hatte. Die
Sprecher
der
beiden
anderen
Stände
ließen es sich nicht nehmen, dringend eine Reform des Klerus
und
Sprecher
des
des
kirchlichen
Dritten
Lebens
Standes
zu
zeigte
fordern;
der
Verständnis
für
die Anliegen der Protestanten haltung die
eines
"Concile
Forderung
"frei
der
christlich 28
sich hier auf
und verlangte die Ab27 libre" ; die Assoziation an
deutschen
Konzil
Lutheraner
in deutschen
nach
landen"
einem drängt
. Jacques de Silly, baron de Rochefort,
verlangte im Namen des Adels
eine
ernsthafte
Reform
des Klerus, die Aufhebung der geistlichen Gerichtsbarkeit, überhaupt einen echten Reformwillen, "pour qu'il ne soit plus dit par les ennemis de la couronne, qu'en France
il y
a
plusieurs
assemblees
pour
bonnes
et
justes causes, mais peu de resolutions"^. Der Krone lag eine andere Frage noch mehr am Herzen als die Religionsfrage: die Beisteuer der Stände zur Abtragung der Staatsschuld, die das Vierfache der jährlichen Einnahmen betrug. Adel und Klerus verweigerten jede Hilfe, der Dritte Stand gab vor, ohne Mandat in dieser Frage zu sein. Der Kanzler darauf die Stände und forderte sie auf,
die
vertagte Meinung
ihrer "commettants" einzuholen; dann sollte zur Fortsetzung der Stände von Orleans im Mai in Melun nur ein verkleinertes Gremium erscheinen, und zwar nur je ein Deputierter eines Standes für jedes gouvernement; also nur insgesamt 39 Vertreter für ganz Frankreich 10. Aus den von den Ständen erarbeiteten cahiers
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
generaux,
der
Summe
der
einzelnen
197
mitgebrachten
cahiers de doleances, wurde als großes Gesetzgebungswerk die Ordonnanz von Orleans erlassen, die nach Auswahl und Prüfung durch die Krone einigen der ständischen Reformvorschläge Gesetzeskraft verlieh. Über die Religionsfrage entschied die Regentin durch ein Edikt im April 1561, das die Haftentlassung aller wegen der Religion Verfolgter anordnete und damit der Kriminalisierung der Anhänger Calvins ein Ende setzte. Aber das Edikt setzte nach wie vor die katholische Religion als einzige Norm voraus und war daher noch weit von einem •2 1 wirklichen Toleranzedikt entfernt . Das Verbot, die Bezeichnungen chen,
trägt
"huguenots" indessen
und
"papistes"
deutlich
die
zu
gebrau-
Handschrift
des
Kanzlers. Alle diese gesetzgeberischen Akte gehen also von der Krone aus, die den von den Ständen Rat
annehmen
habe
keine
oder
verwerfen
legislatorische
kann;
die
Kompetenz,
erteilten
Generalstände sie
auf Anforderung den "service de Conseil"
haben
nur
zu leisten.
Die Fortsetzung der Stände von Orleans, im August 1561 in Pontoise, sah nur etwa ein Zehntel der normalen Abgeordnetenzahl. sind
in
reichs erste
die
Religions-
eingegangen, und
und
fand
denkwürdige
Diese Stände
von
Pontoise
Kirchengeschichte
doch
in
ihrem
Versuch
in
Frankreich
Frank-
Rahmen
der
statt,
nach dem Vorbild der Religionsgespräche in Deutschland durch ein Kolloquium zwischen beiden
Glaubensparteien
die Einheit wiederherzustellen. Während Adel und Dritter Stand in Pontoise weilten, trat die Assemblee du Clerge in Poissy zu ihrer Sitzung zusammen; organisatorisch
war
Veranstaltung
das Religionsgespräch im
Schöße
dieses
von
Poissy
Gremiums,
unter
eine Auf-
sicht und Patronanz der Krone. Man wird sich wohl mit Fug die Frage vorlegen dürfen, ob der "Traum der Ver-
198
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
ständigung"
1A
wirklich so tief und echt gewesen sein
kann wie bei so vielen unter den Teilnehmern 1530 in ιc Augsburg und 1541 in Regensburg , oder ob die ganze Veranstaltung nicht eine Sache war, die trefflich in das taktische Kalkül der Regentin paßte? Die Medici, die schwerlich eine Ahnung gehabt haben dürfte von der 1 (\ Tiefe
der
dogmatischen
nigstens ihren Willen
Gegensätze
zur
Toleranz
, konnte
so
we-
beweisen
und
die
Gunst des hohen protestantischen Adels für sich zu gewinnen hoffen. Eindeutige Gewinner einer solchen Veranstaltung mußten aber auf jeden Fall die Reformierten sein, deren Theologen mit königlichem Geleitbrief anreisen und ihre Lehre vor dem Hof des Königs und den Großen des Reiches vortragen durften. Mußte sie dies nicht in ihrem Streben nach einem tragbaren Toleranzstatut weit voranbringen? Man muß sich vor Augen halten, daß das gerade ergangene Juliedikt 1561 noch ein absolutes Verbot allen reformierten Kults ausgespro37 chen hatte . Ob dieses Edikt nun toter Buchstabe blieb oder nicht, es war vorzüglich geeignet, der Regentin während ihrer Verhandlungen mit den protestantischen
Führern
als Alibi
gegenüber
den
catholiques
zeles zu dienen. Vor dem Ereignis von
Poissy
hatte
in
Pon-
toise wegen der Deckung der Staatsschuld eine Plenarsitzung der Ständevertreter
stattgefunden.
einer der Deputierten auch auf
Dabei
die Glaubensfrage
kam zu
sprechen, der Protestant Jacques Bretagne aus Autun: er bat den König, ein Konzil zu berufen, und zwar "un concile national, libre et legitime", das dafür Sorge zu tragen habe, "eteindre la diversite d'opinion, restituer et remettre la religion en sa premiere
splen-
deur et purete de la primitive Eglise". Bis zur Abhaltung des Konzils forderte er für seine Glaubensgenos-
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
199
sen Kultfreiheit und die Überlassung geeigneter Kult8 statten als "temples" . Zur Deckung der Staatsschuld machte die Eingabe des Dritten Standes den revolutionären,
aber
zukunftsreichen
Vorschlag,
das
probate
Mittel dazu sei die Veräußerung der KirchengUter. Der Klerus nahm einer Diskussion dieser Idee schnell jede Grundlage durch die Bewilligung eines großherzigen don -ig gratuit an die Krone
.
Das Kolloquium in Poissy wurde vom Kardinal de Guise und von
Calvins
Stellvertreter
Theodore
de
Beze als Protagonisten geführt. Man wird es wohl kaum als
"Nationalkonzil"
Fisc her
40
bezeichnen
dürfen
wie
Wolfgang
; daß es nicht als solches empfunden
wurde,
beweist ja zur Genüge die oben zitierte Forderung des Jacques Bretagne. Der Meinungsaustausch lief sich bald in
polemischer
Weise
fest. Es war geradezu dogmatische
in
der
Frage
der
voraussehbar,
daß
der
gleiche
als es
zur
größten
Gegenstand wie
1541>
Annäherung der Geister gekommen schnell als unübersteigbarer weisen würde. Erschwerend kam
war,
Eucharistie
sich
hier
sehr
Wall einer Einigung erhinzu,
daß
das
Eucha-
ristieverständnis der Kalvinisten von der katholischen Auffassung viel weiter entfernt war als das der Lutheraner. So versuchte denn auch der Kardinal von Guise den innerprotestantischen Dissens taktisch zu nutzen, indem er von der Gegenseite zu wissen begehrte, ob sie die in der Confessio Augustana niedergelegte Realpräsenzlehre anzunehmen gewillt
sei.
- Der Verlauf
der
Debatte ist hier nicht weiter zu schildern, die ohnehin nach den wüsten rhetorischen Ausfällen des Jesuitengenerals Lainez sinnlos geworden war. Die in kleinerem,
von
gefundenen
der
Regentin
Formeln
der
ausgesuchtem Gemeinsamkeit
Theologenkreis wurden
4
Plenarversammlung in Poissy abgelehnt *.
von
der
200
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
Trotz des Scheiterns des Religionsgespräches lag aber eine Änderung des Juliedikts geradezu in der Luft, nachdem die Reformierten im Wortsinne fast hoffähig geworden waren. Aber welchen Weg sollte man beschreiten? Die Rückkehr zur Ära Heinrichs II. war ausgeschlossen; das deutsche Vorbild, die Aufteilung in katholische und protestantische Fürstentümer und territoriale Einheiten, war bei der monarchisch-zentralistischen Struktur Frankreichs nicht
nachzuvollziehen.
Zudem handelte es sich bei den französischen Hugenotten im Gegensatz zu den deutschen Protestanten nur um eine kleine Minderheit, die sich allerdings in dynamischer Ausbreitung befand. Es blieb also nur die Lösung eines wie immer gearteten gesetzlichen Toleranzstatuts für die Minderheit, eine nach der Meinung aller, Altoder
Neugläubiger, höchst
gefährlichen
Angelegenheit
fUr den inneren Frieden und die öffentliche Ruhe. Ein neues Edikt wurde erarbeitet, weder vom Hof noch von den Etats Generaux, die ja nicht wie die Reichsstände Anteil an der potestas legiferendi
hat-
ten, sondern von einer Kommission von Parlamentsräten vom
Pariser
Gerichtshof
die am 20. Dezember
und
den
15 61 in St.
Provinzparlamenten, Germain
zusammenka-
m e n ^ , Die 48 "Messieurs des Parlements" sollten über ein Toleranzstatut beraten, ohne etwas in Fragen des Dogmas und
des
kirchlichen
Lebens
zu
präjudizieren;
dies hatte Michel de 1'Hospital in seiner Eröffnungsrede
unmißverständlich
klargemacht:
"Le Roi
ne
veut
point que vous entriez en dispute quelle opinion est la meilleure, car il n'est pas ici question de constituenda religione, sed de constituenda republica; meme 1'excommunie ne cesse pas d'etre citoyen"^. Ein späteren
solches
"politiques"
Denken
stand
nicht f e r n ^ ;
wahrlich
dem
es negierte
der aber
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
souverän
die effektive
Problematik
eines
201
Nebeneinan-
ders der Konfessionen, das Grundgesetz des christlichen Territoriums im 16. und 17· Jahrhundert, das nach der Erkenntnis von Rudolph Sohm die Intoleranz gewesen i s t ^ . Unter diesem Blickwinkel ist das dem König vorgelegte Beratungsergebnis zu sehen, das am 17· 1. 1562 unter dem Titel "Edit de tolerance" erging. Die heftigen und wiederholten Remonstranzen des Pariser Parlaments gegen dieses "Januaredikt" und seine schließliche Weigerung, es zu registrieren, werden verständlich angesichts der unerhörten Neuartigkeit,
des
plötzli-
chen und radikalen Wandels, der sich hier per Gesetz in einem halben Jahr
vollzogen
hatte.
Das
Parlament
faßte die allgemeinen Bedenken in die prägnante
For-
mel: "L'edit est ouvertement contraire ä l'etat ancien du royaume; il regoit une nouvelle religion, chose redoutable a une Die
raonarchie"^. französische
Monarchie
dem Januaredikt, das außer völliger auch der
den
reformierten
Städte
im
ganzen
Kult
hatte
mit
Gewissensfreiheit
außerhalb
Königreich
sich
des
Weichbilds
erlaubte,
auf
eine
"nouveaute inouie ä l'epoque", auf die "tolerance civile" eingelassen^ und sich damit
an die Spitze der
Toleranzbewegung in Europa gesetzt. Die radikale Neuartigkeit des Januaredikts ist es gewesen, die Richard Nürnberger
zu seiner überspitzten
Interpretation
stimmt hat, indem er hier die Geburtsstunde
be-
des kon-
fessionell neutralen Staates zu erblicken glaubte und den Beginn einer neuen Epoche der politischen IdeengeΛ8
schichte
. Der Widerspruch Erich liassingers erfolgte
zu Recht, besagt doch die Präambel, das Edikt sei erlassen worden "pour entretenir nos sujets en paix et concorde, en attendant que Dieu nous fasse la grace de les pouvoir reunir et remettre en une meme
bergerie,
202
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
49 qui est tout nostre desir et principale intention" Die Geltungsdauer bis zur gütlichen Vergleichung hat
der
religiösen
das Januaredikt
Gegensätze gemein
als begrenzende
mit
dem
Augsburger
Norm Reli-
gionsfrieden, dessen Bestimmungen auch nur gelten sollen "biß zu christlicher freundlicher vergleichung der religion und glaubenssachen"
. Auf diese letzte dünne
Klammer der Gemeinsamkeit, mehr eine spes contra, spem als eine
realistische
setzeswerke noch
immer
Frage
war
auszusehen
nicht
verzichten:
als eine nur,
und
wie
habe.
Möglichkeit,
wollten
die
Kirche
unteilbare
dieser
Typus
Hinsichtlich
beide wurde
vorgestellt;
Kirche
des
in
Gedoch die
concreto
Toleranzprinzips
ging das Januaredikt Uber den deutschen Religionsfrieden weit hinaus. Nach diesem war der einfache Untertan nicht Herr seiner religiösen Betätigung, denn die Wahl des
Bekenntnisses,
der
Religionsbann,
blieb
reichs-
ständischen Obrigkeiten vorbehalten. Nimmt der
Unter-
tan dessen Bekenntnis nicht an, steht ihm das Auswanderungsrecht zu unter Mitnahme seiner (labe: dieses beneficium emigrandi^' war
denn
auch
das 52 Äußerste, was des einzelnen
das Reichsrecht der Gewissensfreiheit
zuzugestehen bereit war. Nach den Bestimmungen des Januaredikts
aber
konnte
jeder
Vororten unbehelligt
seiner
nachgehen,
auch
und
dies
Franzose
in
öffentlichen
in
städtischen Kultausübung
ausgesprochenen
Zentren
und Hochburgen der anderen Konfession. Der zum
Augsburger
Januaredikt
eine
zung vorgenommen, nahm
Frieden
hatte
im
inhaltlich-theologische er doch
von
den
Gegensatz Abgren-
verschiedenen
Formen des Protestantismus nur die Anhänger des Augsburger Bekenntnisses in die Sanktion des Friedens auf und schloß die anderen ausdrücklich aus. In Frankreich konnten alle Formen des protestantischen
Nonkonformis-
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
203
mus in den Genuß des Toleranzstatuts kommen, wenn dies auch
außerhalb
tung
war.
kenntnis
Im
des Kalvinismus Reich
bald
aber
als ein
praktisch
begann
Spaltpilz
das
ohne
Bedeu-
calvinische
unter
den
Be-
evangeli-
schen Ständen zu wirken und schwächte entscheidend die protestantische Abwehrkraft
gegenüber
der
Gegenrefor-
mation . Das Januaredikt mittelt und übergangslos wendigen
aber war zu früh, zu unvergekommen,
Differenzierungen:
die
nicht reif. Es führte daher
und
Zeit
sehr
ohne war
schnell
die
not-
dafür
noch
zum
Bürger-
krieg, der, durch Pazifikationsedikte kurzzeitig beendet, immer wieder aufflackerte und Frankreich in chaotische und anarchische Zustände stürzte. Die gen seit
Friedensschlüsse, dem
Edikt
schränkten
von
die
edits
Amboise
de
1563
die Unbedingtheit. des
jeweili53 pacification ,
relativierten Januaredikts
und
wieder
zusehends ein. Bei völliger Wahrung der Gewissensfreiheit^^ wurden die Formen der Kultausübung und modifiziert, dem
parti
huguenot
beschnitten
als Ganzem
wech-
selnde Privilegien und Konzessionen gemacht. Die Pazifikationsedikte
wurden
Parteien ausgehandelt sanktioniert.
Die
vielfach
von
den
kämpfenden
und von der Krone verkündet
Generalstände
waren
mit
dem
und
Erlaß
dieser Edikte nicht befaßt. Als
die
Etats
Generaux
zweiten Mal in diesem Jahrhundert bereits das Massaker
Blois
zum
zusammentraten,
1576
in
war
der Bartholomäusnacht
geschehen,
das die Atmosphäre zwischen den Religionsparteien heilbar vergiftet hatte. Der Zusammentritt war
von
Beaulieu
den 1576
Hugenotten vom
Bruder
verlangt
und
des Königs,
im dem
der
un-
Stände
Frieden
von
Herzog
von
Alengon, zugestanden w o r d e n ^ . Die in dieser
Pazifika-
tion den Hugenotten gemachten Zugeständnisse waren die
204
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
weitestgehenden
zwischen
Januaredikt
und
Edikt
von
Nantes. Wegen der Überlassung des pikardischen Peronne als einer der places de sürete an die Reformierten organisierte sich eine katholische de
la
Sainte
Eglise
"Ligue de 1-a defense
Catholique" ^ .
Der
Herzog
von
Guise erhoffte sich von der Ständeversammlung ein formelles
Mandat
zur
Leitung
rein
der
Liga,
diese doch 57 Veranstaltung , da
faktisch
eine
ligistische
sich
die
reformierte .Minderheit
Wahl
gestellt
hatte.
Unter
war
erst
gar
326 gewählten
nicht
zur
Deputierten
befand sich nur ςΟ ein Protestant, ein Adelsvertreter aus der
Saintonge
beseelt,
die
. Die Versammlung Einheit
im
Glauben
von
dem
Willen
notfalls
war
mit
Gewalt
zurückzugewinnen. Je länger aber die Beratungen dauerten, desto mehr kühlte die Kriegsbegeisterung
der De-
putierten ab. Dies war in zunehmendem Maß dem
Einfluß
der Partei der
"politiques"
zuzuschreiben, die um des
Wohls des Staates und um des bonum commune willen
die
Glaubenseinheit hintanstellten, religiöse Toleranz und bürgerliche Gleichstellung für die reformierte Minori59 tät. forderten
. In diesem Sinne sprach besonders ein-
drucksvoll Jean Bodin, Deputierter des Dritten Standes für
das Vermandois,
dessen
livres de la republique"
epochemachendes
im selben Jahr
Buch
1576 erschie-
nen war. Er betonte bespnders die Notwendigkeit Gleichstellung
der
Reformierten
im
"Six einer
bürgerlich-zivil-
rechtlichen Bereich und verwies als Mittel
zur Lösau,;
der Glaubensspaltung noch immer auf ein Konzil, sei es ökumenisch
oder
national^".
Nachdem
der
Herzog
Mont.pensier die Greuel einer Fortsetzung des sen
Bürgerkrieges
die
Bereitschaft
Krone
die
an die zum
nötigen
Wand
Krieg
hohen
gemalt
vollends
Subsidien
hatte, dahin,
zur
von
religiöschmolz als
die
Kriegführung
einzufordern sich anschickte^*. Dennoch hatte Heinrich
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
von
Navarra
seinerseits
die
Feindseligkeiten
205
wieder
eröffnet, nachdem gleich zu Beginn die Versammlung mit Zustimmung
der
Krone 62
alle
bisherigen
Pazifikationen
annulliert hatte Die
Stände
auf eine völlig nur neuerliche
von
Blois
gewandelte
1588
trafen
Situation.
wiederum
Es hatte
Pazifikationen und neue
nicht
Toleranzedikte
gegeben; die gravierendste Wendung der Dinge war, der
präsumtive
Thronfolger,
der
letzte
richs III., der Herzog von Alengon,
Bruder
daß
Hein-
1584 gestorben und
Heinrich von Navarra aus dem Hause Bourbon der nächste Thronerbe drohte
geworden
also
ein
war.
Dem
häretischer
katholischen König,
schen Recht sogar ein "heretique
nach
Frankreich dem
relaps",
kanoni-
da er
1576
zum Kalvinismus rekonverititert war. Der Tod Alengons war der Anlaß zu einer
Er-
neuerung und gewaltigen Radikalisierung der Liga. f Sie \ "7 zwang den schwachen
König
zum Juli-Edikt
das alle Konzessionen seit
von
und
Anhängern
der
>
1562 für nichtig erklärte,
das katholische Bekenntnis als einziges im zuließ
1585
religion
Königreich
pretendue
reformee
nur die Wahl ließ zwischen Exil oder Konversion; damit war auch die Gewissensfreiheit
preisgegeben.
tere
XIV.
genau
Revokationsedikt hundert
Jahre
Ludwigs
vorausgenommen.
setzte darauf noch einen starken
war
praktisch
Papst
Akzent,
Das späum
Sixtus
als
er
langem Zögern Heinrich als rückfälligen Ketzer
V.
nach
seines
Königreichs Navarra entsetzte 64 und ihm alle Thronfolgerechte in Frankreich absprach . Während nun die Hugenotten in verzweifelten Kämpfen nichts mehr zu verlieren hatten, versank der letzte Valois in immer größere Dekadenz, geriet vollends unter die Vormundschaft
der
Liga mit den Guise an der Spitze, die ihm im Mai
1588
eine
furchtbare
Demütigung
bereiteten,
als
er
ihnen
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
206
Paris überlassen mußte und zu schmählicher zwungen wurde. Ihm wurde
das
abgenötigt, wodurch er sich
sogenannte eidlich
Flucht
edit-
seinem
ge-
d'union
Volk
ver-
pflichtete, die Häresie im Reich auszurotten und alle häretischen Aspiranten von der Thronfolge auszuschlieiJen0^. Ohne daß eine traditionelle Notlage des Staates vorgelegen Herzog
hätte,
Heinrich
royaume^
mußte
von Guise
ernennen.
Die
und
der
gegen zum
das
Herkommen
lieutenant
Generalstände
gleichzeitig angekündigt Organisation
er
general
von
Blois,
den du die
wurden, sollten nur noch der
Finanzierung
des
Vernichtungs-
feldzuges der Liga gegen die Hugenotten dienen. Wunsch
der
Liga vor den Ständen den serment d'union erneuern
Im Oktober
mußte
der
König
auf
und
das edit d'union feierlich in den Rang einer derbaren Norm, zu einer loi fondamentale du
unveränroyaume^
erheben. Die Guise und ihre Partei, die keine Gelegenheit ausließen, den König zu demütigen, hatten den Bogen aber überspannt, so daß Heinrich III. keine andere Möglichkeit Mord
des
mehr
Herzogs
sah, von
als
sich
Guise
durch
und
hinterhältigen
seines
Kardinals, zu entledigen, um·so die Liga zu
schwächen
und
Handlungsfreiheit
Die zweiten Generalstände von Blois
Bruders,
des
entscheidend
zurückzugewinnen. sind mit
dem
Ruf
in die Geschichte eingegangen, einmal die völlige Unterwerfung des Königs von Frankreich unter den Willen einer
alle
eines
der
Stände großen
dominierenden politischen
Partei,
zum
anderen
Kapitalverbrechen
der
neueren Zeit erlebt zu haben. Nachdem
1589 Heinrich
III.
ermordet
worden
und der rechtmäßige und von ihm designierte Nachfolger Heinrich von Navarra daran gegangen war, sich sein Königreich mit Waffengewalt
zu erobern, wurden
1593 die
sogenannten Etats Generaux de la Ligue nach Paris ein-
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
berufen
vom Vetter
von Mayenne als
der
ermordeten
lieutenant
Guise,
general
du
dem
207
Herzog
royaume.
Zwei-
fellos sollte es die Aufgabe dieser Stände sein, einen König von Frankreich zu wählen, auch wenn die
lettres
68
de convocation darüber nur vage Andeutungen machten Viele wollten mit dieser heiklen haben, wo es doch denten
gab, und
einen
so
Sache
erbfolgeberechtigten
erschien
nur
etwa
128 in den drei Ständen Gewählten. sen war nur
eine
nichts
Minderheit
zu
tun
Präten-
die Hälfte
der
Aber auch von die-
bereit,
einen
Abkömmling
des Hauses Guise oder einen habsburgischen
Prinzen zu
wählen, die doch nur von Spaniens Gnaden regieren würden. Der kluge Heinrich IV. wußte die Gunst der Stunde zu nutzen und ließ erklären, daß er dabei sei, sich im katholischen Glauben unterrichten zu lassen, und setzte mit dieser Erklärung ein unübersehbares Zeichen. Im übrigen erklärte er die Versammlung für irregulär 69 ihre Beschlüsse für nichtig Die zu erwartende Konversion Heinrichs
und IV.,
die einfachste Lösung des gordischen Knotens, bestärkte
die
vom
Pariser
Parlament
unterstützte
Gruppe
in
ihrem nicht zu widerlegenden Argument, die Wahl eines Ausländers verstoße gegen Jahrhunderten yaume.
Auch
die
unumstößliche
die
Heirat
loi
loi
salique,
eine
fondamentale
eines Guise mit
seit
du
ro-
Philipps
II.
Tochter Isabella Clara Eugenia stieß auf keine liebe, da das Prestige dieses so allmächtig
Gegen-
scheinen-
den Clans in dem Maße gesunken war wie der Einfluß des spanischen
Gesandten.
Aber
Heinrich
IV.
hatte
einen
Wink des Pariser Parlaments wohl verstanden und inzwischen in die Hände des Erzbischofs von Bourges reformierten
Bekenntnis
seinem
in St. Denis abgeschworen
um Wiederaufnahme in den Schoß
der
Kirche
und 70 gebeten .
Die Versammlung der Generalstände löste sich daraufhin
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
208
bald auf^ *. Heinrich nach
der
IV. hatte
seinerseits
Ermordung seines Vorgängers
von
Generalständen
was
kriegerische
binnen
sechs
Ereignisse
wenige
die
Monaten
aber
Tage
Einberufung versprochen,
unmöglich
machten.
Das Vertrauen in diese Institution war durch die Veranstaltung von 1593, die sich direkt gegen sein geheiligtes Erbrecht
gerichtet
hatte,
schwer
erschüttert,
und er hat seitdem bewußt keine Generalstände einberufen,
sondern
sich mit
der Berufung von Notablen be72 gnügt, wie 1596 in Rouen zur Finanzierung des Krieges gegen Spanien. Der noch ungelösten galt
nach
erfolgter
Befriedung
des
Religionsfrage
Landes
das
Edikt
von Nantes, ein Religionsfrieden, der ohne Beteiligung einer Ständeversammlung zustande kam. Der im Edikt von Nantes formulierte 73 gionsfrieden
zog ein abgewogenes Fazit aus den zahl-
reichen vorangegangenen einzelnen
Reli-
Pazifikationen,
Privilegierungselemente
aus denen
übernommen
die
wurden:
das des privilegierten Kults für den Adel, das der generellen beschränkten
Kultausübung in zwei
Vorstädten
je bailliage bzw. senecliaussee, ausgenommen Paris und der jeweilige Aufenthaltsort
die Stadt
des Hofes, das
des privilegierten Gerichtsstandes an den
Parlamenten
in
waren
Prozessen,
in denen
Hugenotten
Partei
Die sehr wichtige Konzession der Überlassung cher places de sürete an den parti
huguenot
etc.
zahlreiwar
aber
kein Bestandteil des eigentlichen Edikts, sondern war in zwei königlichen brevets geregelt. Heinrich wartete geduldig, gegen
sein
bis
sich alle
religiöses
Widerstände
und
Befriedungswerk
Gegnerschaft
gelegt
hatten
und bis alle Provinzparlamente
das Edikt auch für ihr
"ressort"
setzten;
offiziell
in
Kraft
im
Parlaments von Rouen dauerte dies sogar bis
Falle 1609^·
des
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
209
l6l0, nach der Ermordung Heinrichs, ohne daß ein regierungsfähiger Nachfolger vorhanden gewesen wäre, kam es dennoch nicht von Medici
zu
Generalständen,
im Zusammenspiel
mit
dem Pariser
das Problem sehr schnell im Sinne ihrer löste 75 . Die letzten Generalstände vor π f\ I6l4/l5
in
Paris
ultimativen einem
statt
Druck
des
Instrument
übrigen
; sie Prinzen
seiner
Hochadels
machen
Stände boten ein bisher rissenheit,
der
wobei
Stand
jeder
und
nur
wurden von
der
für
Parlament
Regentschaft 1789
fanden
einberufen
Conde, Die
der
seine
zu des
Bild der
Stände
auf
sie
Beratungen
nicht gekanntes der
Maria
Machtinteressen
wollte.
Zwietracht
da
der Zer-
untereinander,
partikularen,
nicht
zuletzt monetären und fiskalischen Interessen kämpfte. Mit
der
Frage der Weitergeltung
des
Religionsfriedens
wurden die Stände nicht befaßt; dies regelte die Krone durch Vertrag mit der politischen Organisation der Hu77 genotten, ihrer assemblee politique . Als sie
die
durch
Stände und
Regentschaft und
etwa
durchzusetzen. weiteren
verpaßt,
gingen, einer
Gesetz
Periodizität
endete
Prestigeverlust
die
des
diskredi-
Handelns
ihrer
hatten
schwachen,
Günstlingswirtschaft
das
die
So
auseinander
Chance
Parteiungen
tierten tieren
die
einmalige
zu
dik-
Versammlungen
Veranstaltung
der Generalstände,
spruch und Selbstverständnis mehr und mehr
mit
einem
deren die
An-
Parla-
mente ü b e r n a h m e n ^ . Werfen
wir
zum
Vergleich
in
summarischer
Kürze einen Blick auf die deutschen Verhältnisse.
Die
in Augsburg ausgehandelten Bestimmungen hatten
ähnlich
dem Befriedungswerk
gleiche
von Nantes nicht
alle die
Sanktionskraft. Die Declaratio Ferdinandea, die Zusage des
Kaisers,
in
die
Stadtbürger
den und
geistlichen der
Territorien
landsässige
Adel
dürften
ihren
Kult
210
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
weiterhin ungehindert
ausüben, was ja einer
chung des Prinzips des
jus
Durchbre79 gleichkam
reformandi
sie war wie die beiden
brevets
nicht
Religionsfriedens;
dieser
Privilegierungsklausel
wäre
er
wohl
kaum
mit
zustande
Bestandteil
gekommen.
Die
seit
des den
1570er Jahren mächtig ausgreifende Gegenreformation schritt Uber die Deklaration Kaiser Ferdinands hin80 weg
. Die katholische
achtung
die
Partei
reichsrechtlich
hatte
für
durchaus
rung, da sie dem Religionsfrieden
die
Nichtbe-
triftige
Erklä-
widerspreche,
hätte
sie als ein persönliches kaiserliches Privileg von jedem der Nachfolger Ferdinands bestätigt werden müssen. Dies ist in der Tat nicht der
Fall
gewesen;
außerdem
ist die Deklaration dem Reichskammergericht 81 ziell zur Kenntnis gebracht worden
nie offi-
Die Reichstage nach 1555 standen Uberwiegend im Zeichen der Diskussion um die dens,
insbesondere um die
Geistlichen weiteren
Vorbehalts,
Geltung
der
Säkularisationen
stifte waren potentiell der Reformation;
daher
der articulus stantis
Auslegung
die
schützen
und
et
die
des
Reichsbistümer
vor
sollte.
Die
Hoch-
Einbruchsteile
Schutzklausel
cadentis
Frie-
Anwendung
die leichteste war
des
für
die
für
sie
Altgläubi-
gen, die conditio sine qua non für den Frieden, und so ist dieses reservatum ecclesiasticum durch Machtspruch des Königs, ohne Zustimmung der Protestanten in den 82 Frieden
gekommen
zeigte
sich
am
Kölner
Kurfürst
. Wie Anfang
wichtig der
Gebhardt
dieser
achtziger Truchseß
Artikel
Jahre,
von
war,
als
der
Waldburg
zum
Protestantismus übertreten und den Kurstaat der Reformation
zuführen
wollte.
Diese
Angelegenheit
die katholische Partei von so prinzipieller
war
für
Bedeutung,
daß sie es auf einen Religionskrieg ankommen ließ. Die Präsenz vor allem
spanischer
Truppen
aus
den
benach-
211
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
barten
Niederlanden
hat
das
und den 83 Protestanten diese Einbruchspforte verschlossen . Die Reichstage
Problem
dieser
gelöst
Periode
sind
erfüllt
von Religionsstreitigkeiten und Vorhalten von
Religi-
onsgravamina der verschiedensten Art. Die Auseinandersetzungen um die Interpretation
des
Friedens
auf
den
Reichstagen endeten seit dem Regierungsantritt Rudolfs II.
immer
häufiger
zugunsten
der
Katholiken.
Eines
ihrer wichtigsten Ziele war die Sicherung der katholischen
Mehrheit
im
Reichsfürstenrat,
Kurfürstenkurie Stimmengleichheit
während
herrschte;
in die
der pro-
testantische Mehrheit im Städterat fiel nicht ins Gewicht, da die QStädte noch nicht über ein votum decisij vum verfügten . Nicht nur wurde ein weiterer Verlust der Hochstifte verhindert, man versuchte auch den Administratoren der bereits säkularisierten Stifte votum et sessio auf den Reichstagen streitig zu machen: das Erzstift Magdeburg
lieferte
1582
einen 8 erfolgreichen ^
Präzedenzfall für die katholische Partei mender Härte der religionspolitischen
. Mit zuneh-
Auseinanderset-
zungen und dem fortschreitenden Erfolg der Gegenreformation wurde die Reichstagsarbeit schwert.
"Normale"
Handlungen
mehr
der
und
mehr
er-
Reichsstände,
wie
etwa die Bewilligung der Türkenhilfe, die 1593/94 wieder anstand, wurden von Kurpfalz, dem Führer der protestantischen
Aktionspartei,
Religionsgravamina Junktim
von
abhängig
aufgestellt,
das
der
gemacht
die
Abstellung
der
und
damit
ein
Atmosphäre
schwer
be-
Ansatzpunkt,
von
lastete . Die
Reichsjustiz
dem aus der Reichstag
war
der
aus den Angeln
gehoben
wurde.
Wegen der ungelösten Fragen und der zum Teil bewußten Unklarheiten
im
Text
Reichskammergericht
in
des
Religionsfriedens
eine
Flur, von
war
Prozessen
das ver-
212
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
wickelt
. Um die nach Reichsrecht zulässigen Anträge
auf Revision der Kammergerichtsurteile zu prüfen, die in großer Zahl gestellt wurden, sollte
1588
die
or-
dentliche Visitationskommission des Reichstages zusammentreten.
Da in diesem
turnusgemäß das
Mitglied
Stimmrecht
auf
Jahr
war, dem
das
dessen
Erzstift
Magdeburg
Administrator
Reichstag
verweigert
aber worden
war, war die Arbeitsfähigkeit dieses Gremiums umstritten. Der Kaiser verfugte in diesem Streitfall die Aussetzung der Kommission; danach trat keine Visitationskommission mehr zusammen. Um eine völlige Nichterledigung
der
Kammergerichtsprozesse,
die
Lähmung
der
Reichsjustiz, zu verhindern, übertrug man die Revisio87 nen dem Reichsdeputationstag . Aber dies bedeutete auch keine Lösung des Problems, denn die protestantischen Stände Pfalz, Brandenburg und fenbüttel
sprengten
durch
Auszug
Braunschweig-Wol-
dieses
der Begründung, hier gehe es um eine des
Religionsfriedens,
Kompetenz
habe;
der
Gremium
mit
Auslegungsfrage
für die
allein
der
Reichstag
Augsburger
Friede
sei
ja
nicht
einfaches Reichsgesetz, sondern habe vielmehr den Charakter
eines
zwischen
Kaiser
und
Reichsständen
frei
vereinbarten Vertrages, der nur mit Zustimmung beider Parteien ausgelegt oder gar verändert werden dürfe 88 Den Reichstag zum Erliegen aber brachte erst 89 der Zusammenbruch des Majoritätsprinzips . Die Frage der
Zulässigkeit
der
Religion,
die
von auf
Mehrheitsbeschlüssen dem
Reichstag
von
in
Sachen
1529
eine
solch weltgeschichtlich bedeutsame Rolle gespielt hatte, wurde jetzt noch einmal in verschärfter Form virulent.
Unter
kurpfälzischer
Führung
mentation mit dem Minderheitenschutz chen
strapaziert,
indem
man
unter
wurde in
die
Argu-
Religionssa-
Religionssachen
nicht mehr nur die causa fidei und die damit unmittel-
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
bar
zusammenhängenden
reichspolitisch
Dinge
verstand,
so bedeutsame
213
sondern
Fragen wie
die
auch Bewil-
ligung außerordentlicher Reichssteuern wie der Türkenhilfe. Da man nicht sicher sein könne, daß diese Mittel nicht gegen die Protestanten statt gegen die Türken verwendet würden, dürfe es in diesen Dingen keine maiora mehr geben, sondern nur noch gütliche Einigung, amicabilis compositio*^. Dem
kaum
noch
funktionierenden
Reichstag 91 brachte die Affäre um die Reichsstadt Donauwörth das Ende. Die gewaltsame Rekatholisierung der Stadt durch Maximilian
von
Bayern,
den
Vollstrecker
einer
zudem
noch zweifelhaften Reichsexekutionssentenz, führte zum Anschluß Kursachsens an die
protestantische
Aktions-
partei im Reich, zur Gründung der religiösen Kampfbünde von Union und Liga und
l608
zum
Auseinandergehen
der Reichsstände ohne Reichsabschied.
1613 wurde der
von der katholischen Mehrheit durchgebrachte Reichsabschied von den Protestanten unter Protest zurückgewiesen; dies bedeutete für 27 Jahre das Ende des Reichstags . Das Majoritätsprinzip das
Westfälische
kehrte
in
Friedensinstrument
Reichstag
nicht
zurück.
rechtlich
eingeführt
Statt
dessen
den
durch
reformierten wurde
die Verfahrensnorm
der
reichsitio
in
partes, die konfessionelle Majorisierung ausschloß und stattdessen sitio
das
vorsah
Lösungsmodell das
der
amicabilis
reichsrechtliche
compo-
Institut 92 Corpus Catholicorum und Corpus Evangelicorum . Den
und
wesenhaften
Unterschied
beider
von
Reli-
gionsfriedenswerke zeigt ein Blick auf ihre Geschicke im 17. Jahrhundert. Im Jahr 1029 sahen sich sowohl der Kaiser wie der König von Frankreich Sieger
in
der
Lage,
der
als militärische
konfessionellen
Gegenseite
214
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfiieden
ihren
Willen
so wie
der
nichts
an
sehr
der, Substanz
das k a i s e r l i c h e
tismus doch
zu d i k t i e r e n .
Gnadenfrieden
im
nur
Reich als
den
ten
Privilegien
tische
auf,
Organisation von
Stellung
mußte,
Ausführung
von
änderten
Ludwigs
beide
beseitigte
die
etat
von
Nantes
als
Toleranzgesetz
die
bürgerliche
Gleichstellung
es
hob
lediglich gewähr-
militärisch-polibeließ
aber
registrierte
und
sich Reli-
gesondert
huguenot,
Parlamenten
religiösen
das
Edikt
Rechtsurkunde
der
So
Protestan-
Augsburger
XIII.
IV.
des
des
verstand
des
Heinrich
den
eben-
aber
Religionsfriedenswerke. die
Das E d i k t
Hugenotten
eigentliche,
Ales
erschüttern
.
die
der
Edikt
strikte 93
gionsfriedens
Das R e s t i t u t i o n s e d i k t von
für
Minder-
hext94. Während dens
den
der
Reichstag
Artikel
zum
Religionsfriedens
Grundgesetz
des Reiches von
Osnabrücker
authentischen
Augsburger de d a s E d i k t
V des
bis
Nantes,
Frie-
I n9t5e r p r e t e n
bestimmte
des
der
ein
z u s e i n e m Ende b l i e b ,
wur-
obwohl
,
"perpetuel
et
irrevo-
96 cable" 1685
,
durch
widerrufen.
Frankreich
keine
irgend
gearteter
absolu
des
hohe
Gut
einseitigen Im G e g e n s a t z Zentrale pouvoir
religiösen
zum
Reich
Willensakt vermochte
Ständevertretung intermediaire
Selbstherrschers
eines
königlichen
dem
entgegenzutreten
Friedens
zu
oder
in ein
pouvoir und
bewahren.
das
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
215
* Der Text bietet die leicht geänderte und mit Anmerkungen versehene Fassung eines Vortrages, den ich am 30. August 1985 in Stuttgart im Rahmen der Tagung der "Commission Internationale pour l'histoire des Assemblees d'Etats" gehalten habe. 1 Zitiert bei Stephan Skalweit, Le Roi tres chretien et les Princes protestants allemands. In: CharlesQuint, le Rhin et la France. Strasbourg 1973, S. 5· 2 Zur Haltung Franz' I. gegenüber der neuen Lehre Karl Josef Seidel, Frankreich und die deutschen Protestanten. Die Bemühungen um eine religiöse Konkordie und die französische Bündnispolitik in den Jahren 1534/35· Münster 1970, passim. 3 Konrad Repgen, Die Römische Kurie und der Westfälische Friede. Bd. 1: Papst, Kaiser und Reich 15211644. Tübingen 1962, S. 34. 4 Hubert Jedin, Geschichte des Konzils von Trient. Bd 1, Freiburg 2 1957, S. l6l. 5 Repgen (Anm. 3) S. 34. 6 Albrecht Pius Luttenberger, Glaubenseinheit und Reichsfriede. Konzeptionen und Wege konfessionsneutraler Reichspolitik 1530-1552 (Kurpfalz, Jülich, Kurbrandenburg). Göttingen 1982, S. 11-31. 7 Stephan Skalweit, Etats Generaux de France et dietes d'Empire dans la pensee politique du l6e siecle. In: Francia 12 (1984) S. 223 ff. 8 Zur Frage der Periodizität Claude Soule, Les Etats Generaux de France (1302-1789)· Etude historique, comparative et doctrinale. Heule 1968, S. 35-39. 9 Soule analysiert vergleichend außer den Etats Generaux die spanischen Cortes, das englische Parlament und die Generalstaaten der Niederlande, nicht aber den deutschen Reichstag. 10 Vgl. Skalweit (Anm. 1), der den Akzent etwas anders setzt: S. 223. 11 Roland Mousnier, Les Institutions de la France sous la Monarchie absolue. Bd. II, Paris 1980, S. 214. 12 Manfred Orlea, La noblesse aux Etats generaux de 1576 et de 1588. Paris 1980, S. 80 f. 13 Roger Doucet, Les Institutions de la France au l6e siecle. Bd. 1, Paris 1948, S. 314. 14 Im Falle der Notablenversammlungen wird Mousniers Charakterisierung als "gouvernement par Grand Conseil" besonders einsichtig (Anm. 11), S. 227. 15 Doucet (Anm. 13) S. 80. 16 Das Reich sei demnach eine Aristokratie, in der die "estats de 1*Empire... ont la puissance souveraine" (Jean Bodin, Les six Livres de la Republique. Paris 1583, Repr. Aalen 1961, S. 321). Vgl. Friedrich
216
17
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 31 32 33
34 35
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
Hermann Schubert, Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der FrUhen Neuzeit. Göttingen 1966, S.36O f.; vgl. Skalweit (Anm. 1) S. 239 f. Stephan Skalweit, Die "affaire des placards" und ihr reformationsgeschichtlicher Hintergrund. In: Festgabe für Hubert Jedin. Bd. I, Münster 1965; Seidel (Anm. 2) S. 47 ff. Joseph Lecler, Histoire de la Tolerance au siecle de la Reforme. Bd. II, Paris 1955, S. 27. Lucien Romier, Les origines politiques des guerres de religion. Bd. II, Paris 1914, S. 364. Über ihn vor allem Albert Buisson, Michel de L'Hospital (1503-1572). Paris 1950; Lecler (Anm. 18) S.36 ff. Hierzu Wolfgang P. Fischer, Frankreich und die Wiedereröffnung des Konzils von Trient 1559-1562. Münster 1972, passim. Lecler (Anm. 18) S. 41. Ebenda. Georges Picot, Histoire des Etats Generaux. Bd. II, Paris 2 1888, S. 186 - ein in seiner Materialfülle noch immer unentbehrliches Werk zur Geschichte der Generalstände. Picot (Anm. 24) S. 194. ... "afin que chacun prenne, choisisse et elise franchement et librement son prelat" (ebenda). Picot (Anm. 24) S. 195Jedin (Anm. 4) S. 159 ff. Picot (Anm. 24) S. 195. Ebenda S. 198 ff. Dies entsprach nur etwa einem Zehntel der Normalpräsenz. Lecler (Anm. 18) S. 49. Mousnier (Anm. 11) S. 214. Zum Religionsgespräch von Poissy jetzt die Beiträge von Wolfgang Reinhard und Alain Dufour in: Die Religionsgespräche der Reformationszeit, hg. von Gerhard Müller, Gütersloh 1980; vgl. ferner Fischer, (Anm. 21) S. 214 ff, dem ich allerdings in seiner Qualifizierung der Veranstaltung von Poissy als "Nationalkonzil" nicht folgen kann. Nützlich sind noch immer die Beiträge von Noel Valois, Les essais de conciliation religieuse au debut du regne de Charles IX. In: Revue d'histoire de l'eglise de France 31 (1945) sowie: Les Etats de Pontoise, ebenda 29 (1943). Jedin (Anm. 4) S. 287. Hierzu die Beiträge von Herbert Immenkötter und Gerhard Müller sowie von Vinzenz Pfnür in dem Anm. 33 zitierten Sammelwerk.
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
217
36 Lecler (Anm. 18) S. 51, zitiert eine Äußerung des venezianischen Gesandten Suriano, es habe den Anschein, als verstünde die Regentin nicht, was das Wort "Dogma" bedeute. 37 Lucien Romier, Catholiques et Protestants a la Cour de Charles IX. Paris 1924, S. 159; Lecler (Anm. 18) S. 49. 38 Lecler (Anm. 18) S. 50. 39 Romier (Anm. 37) S. 186. 40 Vgl. Anm. 33. 41 Ausführliche Schilderung des Kolloquiumsverlaufs bei Fischer (Anm. 21) S. 226-239; Lecler (Anm. 18) S. 52-57. 42 Romier (Anm. 37) S. 287. 43 Lecler (Anm. 18) S. 60. 44 Zu dieser Problematik vgl. Roman Schnur, Die französischen Juristen im konfessionellen Bürgerkrieg des 16. Jahrhunders. Berlin 1962, S. 15 ff. Vgl. ferner Ulrich Scheuner, Staatsräson und religiöse Einheit des Staates. In: Staatsräson. Studien zur Geschichte eines politischen Begriffs. Berlin 1975, S. 377-379. 45 Rudolph Sohm, Territorium und Reformation in der hessischen Geschichte 1526-1555· Marburg 1915, S.XXVI. 46 Romier (Anm. 37) S. 303. Der Text des Januaredikts ist am bequemsten greifbar in: Religionsvergleiche des 16. Jahrhunderts, bearbeitet von Ernst Walder, Bern 1946 (Quellen zur Neueren Geschichte, Heft ST* 47 Lecler (Anm. l8) S. 62. 48 Richard Nürnberger, Die Politisierung des französischen Protestantismus. Tübingen 1948, S. 135· 49 Erich Hassinger, Das Werden des neuzeitlichen Europa. Braunschweig 1959, S. 30750 Vgl. Stephan Skalweit, Reich und Reformation. Berlin 1967, S. 411. 51 Zum Emigrationsrecht gemäß Augsburger Religionsfrieden und Westfälischem Frieden jetzt sehr klar und präzise: Martin Meckel, Deutschland im konfessionellen Zeitalter. Göttingen 1983, S. 47 f. bzw. S. 202 f. 52 Zu dem engeren Begriffsinhalt von "Gewissensfreiheit" als Freiheit von Gewissenszwang, dem ich wegen der größeren begrifflichen Klarheit den Vorzug vor einem weiteren Begriff geben möchte, vgl. Joseph Lecler, Die Gewissensfreiheit. Anfänge und verschiedene Auslegung des Begriffs. In: Zur Geschichte der Toleranz und Religionsfreiheit, hg. von Heinrich Lutz. Darmstadt 1977, S. 331-371.
218
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
53 Die Texte der einzelnen Pazifikationsedikte finden sich in Bd. 14 des Recueil general des anciennes lois frangaises, hg. von Frangois Andre Isambert u.a. (29 Bände, Paris 1829-1833)· 54 Erstmals wurde die Gewissensfreiheit im Edikt von Amboise 1563 garantiert, und zwar in der restriktiv anmutenden Formulierung: "Et neantmoins chacun pourra vivre et demeurer partout en sa maison librement, sans estre recherche ne moleste, force ne contrainct pour le fait de sa conscience" (Isambert [Anm. 53], S. 137). 55 Bernard Devismes, Unite religieuse, unite nationale. De 11Evangelisme ä la revocation de 1 1 Edit de Nantes. Paris 1946, S. 133. 56 Die Ziele dieser Liga sind formuliert in zwei jeweils "Manifeste de Peronne" betitelten, 1576 ohne Ortsangabe erschienenen Flugschriften (Orlea [Anm. 12], S. 37 f.). 57 Orlea (Anm. 12) ist der Auffassung, die Liga hätte ohne die Generalstände das Jahr 1576 nicht Uberlebt (S. 4 0 ) . 58 Ernest Lavisse, Histoire de France. Bd. VI,1 von H. Mariejol, Paris 1911, S. 17 8; Picot (Anm. 24) Bd. 3, S. 14. Orlea (Anm. 12) glaubt, daß zwei protestantische Adlige in Blois erschienen seien, und macht auf eine Reihe von Fällen irregulärer Wahl aufmerksam (S. 88-95)· 59 Schnur (Anm. 44) passim; Picot (Anm. 24) S. 25 ff. 60 Lecler (Anm. 18) S. 94. 61 Picot (Anm. 24) III, S. 42 ff. 62 Lecler (Anm. 18) S. 9563 Ebenda S. 100; Mariejol (Anm. 58) S. 248. 64 Lecler (Anm. 28) S. 100. Das Edikt datiert vom 18. Juli 1585> die Absetzungsbulle vom 9. September 1585. 65 Mariejol (Anm. 58) S. 277 f66 Picot (Anm. 24) III, S. 373. Diese Stellung war verbunden mit dem Oberbefehl über alle königlichen Truppen. 67 Mariejol (Anm. 58) S. 282; Picot (Anm. 24) IV, S. 387 ff. 68 Picot (Anm. 24) IV, S. 74· 69 Ebenda S. 74-76. 70 Ebenda S. 78-99· Vgl. außerdem die Ausführungen bei Roland Mousnier, L'assassinat de Henri IV. Paris 1964, Buch 11,2; in der deutschen Ausgabe des Buches unter dem Titel Ein Königsmord in Frankreich. Berlin 1970, S. 92-98. 71 Mariejol (Anm. 58) S. 382.
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
219
72 Picot (Ann. 24) IV, S. 109 ff. 73 Text des Edikts an dem in Anm. 46 angegebenen Ort; bequeme Zusammenfassung der Bestimmungen bei Daniel Ligou, Le Protestantisme en France de 1598 a 1715· Paris 1968, S. 9-25· 74 Über die vom Pariser Parlament vorgenommenen Modifikationen im Detail und in den Formulierungen vgl. ebenda S. 21 f. 75 Mousnier (Anm. 70), deutsche Ausgabe S. 210-213. 76 Zu den Ständen von 1014 s. jetzt den Aufsatz von Robert Jütte, Die ständische Verfassung Frankreichs im Spiegel der Generalstände von 1614 · Γη: Zeitschrift für Historische Forschung 12 (1985) S. 311331. Vgl. ferner Mousnier (Anm. 11) S. 214-226. 77 Ligou (Anm. 73) S. 56 ff. 78 Das Parlament von Toulouse zum Beispiel bezeichnete sich 1771 als "Etats Generaux au petit pied" und sogar als "representants de la nation" (zitiert bei Eberhard Schmitt, Repraesentatio in toto und repraesentatio singulariter. In: Historische Zeitschrift 213 [ 1971 ] S. 551 ) . 79 Skalweit (Anm. 50) S. 408. 80 Der erfolgreiche Kampf der Gegenreformation gegen die Deklaration Kaiser Ferdinands wurde zuerst in der Fürstabtei Fulda und im kurmainzischen Eichsfeld geführt (vgl. Moriz Ritter, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges. Bd. 1, Stuttgart 1889, S. 445 ff. ) . 81 Fritz Wolff, Corpus Evangelicorum und Corpus Catholicorum auf dem Westfälischen Friedenskongreß. Münster 1 9 6 6 , s . 2 4 . 82 Als Kernstück des Religionsfriedens ist der Geistliche Vorbehalt von jeher am meisten diskutiert worden. Statt einer Fülle von Literatur nenne ich nur die neueste Arbeit von Martin Meckel (Anm. 51)> in die auch seine eigenen grundlegenden Forschungen eingegangen sind (S. 70 ff, S. 199 ff.). 83 Hierzu den Beitrag von Franz Petri in: Rheinische Geschichte Bd. 2, Düsseldorf 1976, S. 83-95· 84 Zum Mehrheitsprinzip im Reichstag Klaus Schiaich, Maioritas - protestatio - itio in partes - corpus Evangelicorum. Das Verfahren im Reichstag des Hl. Rom. Reichs Deutscher Nation nach der Reformation. In: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Kan. Abt. 94 (1977) S. 264 ff. und 95 (1978) S. 139 ff. 85 Heckel (Anm. 51 S. 84 f; Wolff (Anm. 81) S. 32 f. 86 Zur Tätigkeit des Reichskammergerichts in Religionsprozessen Horst Rabe, Der Augsburger Reli-
220
87
88 89 90 91 92
93 94 95
96
Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden
gionsfriede und das Reichskammergericht 1555-1600. In: Festschrift Ernst Walter Zeeden, Münster 1976, S. 260-280. Vgl. dazu Heinz Duchhardt, Der Kampf um die Parität im Kammerrichteramt zwischen Augsburger Religionsfrieden und 30jährigem Krieg. In: Archiv für Reformationsgeschichte 69 (1978) S. 201-218. Rudolf Smend, Das Reichskammmergericht. Erster Teil: Geschichte und Verfassung. Weimar 1911, S. 192 ff. Über die Reichsdeputationstage s. jetzt die grundlegenden Forschungen von Helmut Neuhaus, Reichsständische Repräsentationsformen im l o l J a h r hundert . Reichstag-Reichskreistag-Reichsdeputationstag. Berlin 1982, S. 422-492. Wolff (Anm. 8l) S. 34. Schiaich (Anm. 84) Bd. 95, S. 143 ff. Heeke! (Anm. 51) S. 98 f.; Schiaich (Anm. 8 4 ) Bd. 95lleckel (Anm. 51) S. 109 f. Dieses neue reichsrechtliche Institut hatte sich schon in Augsburg 1555 durch Verhandlungen "de corpore ad corpus" vorbereitet (Wolff [Anm. 8l] S.23). Vgl. hierzu die Arbeit von Schiaich (Anm. 84) passim. lleckel (Anm. 51) S. 146. Ligou (Anm. 73) S. 96 f. Hierzu Anton Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag. In: Politische Ordnungen und soziale Kräfte im Alten Reich, hg. von Hermann Weber. Wiesbaden 1980, S. 115 ff. Die Formel steht unmittelbar am Ende der Präambel.
Klaus Malettke
Altes Reich und Reichsverfassung in französischen Traktaten des 17. Jahrhunderts
In seinem
grundlegenden,
schienenen Fritz
Werk
Dickmann
Uber im
1959
den
in
erster
Auflage
er-
Westfälischen
Frieden
hat
Zusammenhang
Deutschlandpolitik
Richelieus
mit
Ausführungen
festgestellt,
zur
daß
die
beim Prinzipalminister Ludwigs XIII. und bei den Franzosen seiner
Zeit
zu beobachtenden
spezifischen Charakter
Vorstellungen
des Heiligen Römischen
vom
Reiches
deutscher Nation und seiner Verfassung wesentlich von Bodin und
den Monarchomachen
geprägt
gewesen
seien'.
Für Bodin war aber bekanntlich das Reich eine Ständeoligarchie. Souverän war nach seiner Auffassung
nicht
der Kaiser, sondern allein das im Reichstag vereinigte Corpus der Reichsstände. Von ihnen
sei
der
Kaiser
in
allen Belangen abhängig, an ihre Zustimmung sei er gebunden^ . Während sich Bodin auf Grund nitätsbegriffes ständischen
veranlaßt
eben
doch
sah,
die
seines
neben
existierende
Souverä-
der
reichs-
selbständige
kai-
serliche Gewalt und den Monarchiecharakter des Reiches sowie die
Landeshoheit
der
Reichsstände
"wegzuint.er-
pretieren", hoben die Monarchomachen gerade die beiden letztgenannten
Merkmale
hervor.
Vor
dem
Hintergrund
der starken politischen und konfessionellen Spannungen im Frankreich der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts
ging es ihnen darum, unter Rekurs auf die verfassungsmäßigen Gegebenheiten im Deutschen Reich zu "beweisen, daß
jede
Monarchie
eine
beschränkte
sei
oder
von
222
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
Rechts wegen sein müsse, daß neben der königlichen immer eine ständische Gewalt stehe und daß man den Privilegierten
in
ein gewisses
ihren
Maß an
jeweiligen
Herrschaftsbereichen
Selbständigkeit
zu
belassen
ha-
be" 3 . In Anbetracht teter
Auffassungen
solcher in Frankreich
ist
daher
verbrei-
verständlich,
daß
Richelieu und den Franzosen seiner Zeit die funktion
der
Reichsst.ände
gegenüber
den
von
Kontroll-
Rechten
des
Kaisers und der eingeschränkte Charakter seiner Kompetenzen sehr hoch veranschlagt wurden. "Daß
[aber]...",
so stellt Dickmann fest, "das Verhältnis der kaiserlichen
und
der
ständischen
Gewalt
zueinander
(tatsäch-
lich) umstritten war, davon wußte schon die zeitgenössische
wissenschaftliche
Literatur
in
Frankreich
so
gut wie nichts, wieviel weniger die Politiker, von denen ein vorurteilsloses Studium der deutschen sung nicht zu erwarten war und die ihrem
Urteil
vom
französischen
sich
Verfas-
natürlich
Interesse
in
bestimmen
ließen" 4 . Lm
folgenden
soll
politischen Traktaten und 17.
lungen des inwieweit
anhand
von
französischen
historiographischen
Jahrhunderts
geprüft
Abhand-
werden,
ob
bzw.
das Urteil Dickmanns aufrechtzuerhalten,
zu
korrigieren oder zu differenzieren ist. Es ist zu fragen,
ob
in
Frankreich
tatsächlich
keinerlei
Kenntnis
davon vorhanden war, daß das Verhältnis zwischen
kai-
serlicher und reichsständischer Gewalt in der Realität im Reich nicht klar und eindeutig weiterhin
zu prüfen,
ob und
reich von den Veränderungen
im
Kennt.nis nahm,
war. Es ist
man
in
Frank-
verfassungsrechtlichen
und politischen Beziehungsgeflecht Reichsständen
fixiert
inwieweit
die
zwischen Kaiser und in den
Verfassungs-
artikeln des Westfälischen Friedens ihren Niederschlag
223
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
fanden^. Schließlich ist der generellen Frage nachzugehen,
welche
Vorstellungen
vom
Reich
und
von
der
Reichsverfassung in den Traktaten des 17· Jahrhunderts formuliert
wurden.
Dies
erscheint
um
so
mehr
ange-
bracht, als Friedrich Hermann Schubert bereits 1968 in einem knappen
Beitrag darauf aufmerksam
daß
die
"französischen
die
deutschen
Staatslehrer
Verhältnisse
(von
gemacht
und
hat,
Publizisten
jeher)
mit
wachen
Blicken" beobachtet haben*'. Nicht zu leugnen ist, daß Bodins Konzeption, das Reich sei eine zent.ralistische Ständerepublik, in der sich die Souveränität allein in der Gesamtheit der im Reichstag versammelten Reichsstände darstelle, noch in der ersten Hälfte des
17· Jahrhunderts
zösischen Autoren politischer Schriften wiederzufinden
und
bei
fran-
staatstheoretischer
ist. Aber
auch deutsche
Ju-
risten des ausgehenden 16. und des frühen 17. Jahrhunderts beschäftigten sich länger als ein Menschenalter mit
Bodins Position
und
bemühten
sich,
den
"Status"
des Reiches mit Hilfe seines Souveränitätsbegriffes zu ρ 7. erfassen Ausdrücklich bezog sich der bekannte
Pariser
g
Parlainentsadvokat. Charles in seinem
Loyseau
l608 erschienenen
auf Bodin,
"Traite des
als er
Seigneuries"
ausführte, daß im Reich die Souveränität
beim
Corpus
der Reichsstände liege. Der Kaiser sei weder souveräner
Monarch
noch
souveräner
Fürst,
er
habe
nur
die
Stellung
eines Oberhauptes und höchsten Amtsträgers 9 des Reiches . Seine Amtsgewalt beruhe auf einem Akt
bedingter mit, dem
Übertragung, zu
Wählenden
der auch in der vor vereinbarten
der
Wahl
Wahlkapitulation
seinen Ausdruck finde. Wahlverfahren und Wahlkapitulation,
deren
bindender
Charakter
offenkundig
über-
schätzt wurde'", waren nach Loyseaus Überzeugung wei-
224
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
tere Indizien dafür, daß die Souveränität im Reich dem Corpus der im Reichstag vertretenen Stände Die
einzelnen
durchaus
ReichsfUrsten,
richtig
souverän.
Sie
Souverainete
fest,
verfügten sur
le
so
Loyseau
seien
aber
ebenfalls
zwar
über
"les
peuple",
Komplex der Landeshoheit
zukomme^.
stellte
womit
nicht
droits
offenbar
de der
angesprochen ist, seien aber
ihrerseits von einer Ubergeordneten Gewalt, dem Reich, abhängig
und „12
infolgedessen
nicht
"vrayment
Princes
souverains" Gleiche Jahrzehnte seinem
Ansichten
später
der
formulierte
Staatsrat
1032 publizierten
Werk
Cardin
"De
zweieinhalb Bret.
In
la Souverainete
du
Roy" vertrat auch er die Theorie vom
Le
Reich
als
einer
Fürstenaristokratie mit dem Reichstag als eigentlichem Souverän.
Dem
Kaiser,
wählten,
auch
Funktion
eines
der
abgesetzt "Chef"
von
werden
dieser
denjenigen, könne,
die
ihn
komme 13 nur die zu . Aber
Aristokratie
ebenso wie Loyseau sprach er den einzelnen
Reichsfür-
sten zu Recht den Rang souveräner Fürsten im Sinne Bodins
ab, weil
aber
der
diese
Kaiser
Vasallen
oberster
des
Reiches
Lehnsherr
der
seien.
Daß
Reichsfürsten
war, wurde von ihm entweder nicht gesehen oder
bewußt
übergangen^. Die Le
Brets
skizzierten
zum
komplexen
Stellungnahmen Gefilge
der
Loyseaus
und
Reichsverfassung
lassen erkennen, daß beide ihrem dualistischen Charakter und dem - sowohl rechtlich als auch in der Realität
-
umstrittenen
Reichsständen
und
Verhältnis
beider
Anteil
zwischen an
der
Kaiser
und
Reichsgewalt
nicht gerecht wurden. Solche oder ähnliche Belege reichen jedoch nicht für die generelle Feststellung aus, die
"zeitgenössische
Frankreich"
wissenschaftliche
habe von den
tatsächlichen
Literatur und
in
in
vieler
225
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
Hinsicht noch fließenden Gegebenheiten im
Beziehungs-
geflecht zwischen "kaiserlicher und ständischer Gewalt ... so gut wie nichts" gewußt*^. Schon zu Lebzeiten Loyseaus und Le Brets gab es Autoren,
die
erkannt
hatten,
daß
der
spezifische
Charakter der Reichsverfassung mit den Kategorien dins und den sonst gängigen Schemata nicht
Bo-
angemessen
erfaßt werden konnte. Infolgedessen waren sie eher bereit zu akzeptieren, "daß es sich beim Reich um ein in vielem singuläres Verfassungsphänomen ihnen gehörte Jacques
Auguste
de
handelte"^.
Thou,
Pariser Parlament und Verfasser des
138 Bücher
senden, in den Jahren von
1617
1004 bis
Zu
Präsident
am
umfas-
erschienenen
Werkes "Jacobi Augusti Thuani historiae sui temporis", das in Frankreich 17 war
in Deutschland
weit
verbreitet
der
Reichsver-
. Er war bemüht, der Singularität
fassung ohne
und
aus
ihren
eigenen
Kontrastierung
mit
Gegebenheiten
den
heraus
Verhältnissen
reich gerecht zu werden. Deshalb
war
in
es ihm
und
Frank-
möglich,
das Miteinander von Kaiser und Reichsständen in seiner Bedeutung
für
die
verfassungsmäßige
und
politische
Realität des Reiches weitgehend zu erkennen. De Thou wurde klar, daß sehr
weit
entwickelten
Territorien
mehr
war
das Reich
Landeshoheit als
nur
ein
in den
trotz
einzelnen
Staatenbund.
seien Kaiser, Reichsfürsten und -städte sämtlich ren über
eigene
Gebiete
und
heit, dennoch seien sie alle infolgedessen Staatsgebildes
im dem
Besitz Reich
der
der Zwar Her-
Landesho-
Untertan,
dem
der
Charakter eines einheitlichen 18 zukomme . Für dessen Verfassung gebe
es aber "in omni antiquitäte11 nichts Vergleichbares. Resultiert, diese jene Zeit bemerkenswerten
Feststellung Erfassung der
aus
einer
für
komplizierten
Verhältnisse im Reich, so trifft dies ebenfalls zu für
226
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
seine Betonung des Miteinanders von Kaiser und
Stän-
den, dem nach seiner Auffassung so wesentliche Bedeutung
für
die
Struktur
des
Reiches
beizumessen
Wenn de Thou das Beziehungsgeflecht
zwischen
sei.
ständi-
scher und kaiserlicher Gewalt auch nicht näher analysierte, so ist daraus nicht unbedingt zu folgern, daß ihm der unentschiedene Konflikt um den Anteil des Kaisers und der Stände an der Reichsgewalt gänzlich verborgen geblieben wäre. Wegen der bei ihm zu konstatierenden intimen Kenntnis der Realität des Reiches wäre eine
solche
Schlußfolgerung
zumindest
problematisch.
Dies gilt in gewisser Weise wohl auch für französische Vertreter
der
Staatsräsonliteratur
- wie
den
Herzog
Heinrich von Rohan und Gabriel Naude -, wenn diese die Wahrung
der
" reichsf ürstliche [ η ] Libertät,"
und
des
"eigentümlichefηJ Zusammenspiel[s] zwischen Kaiser und Ständen" als das besondere Interesse des Reiches herausstellten 19 Nicht zu bestreiten ist, daß auch in französischen
Traktaten
der
ersten
Hälfte
des
17·
Jahr-
hunderts darauf hingewiesen wurde, daß der Kaiser über genügend Möglichkeiten und Rechte verfügte oder diese zumindest für sich allein beanspruchte, um je nach Gelegenheit Ambitionen "Advis
und
politischer
zu verfolgen.
salutaire
sur
Konstellation Dies war
l'estat.
monarchische
z.B. der
present
des
Fall
im
affaires
1
d Alleinagne" , der im Jahre 1026 von Frangois Langlois, Sieur de Fancan, publiziert wurde. 20
feld von Richelieu tätig
Fancan war im Um-
. In seiner Schrift
führte
er aus, daß Autorität und Würde der Stellung des Kaisers geradezu ein "Arsenal von Möglichkeiten böten 21 zu Übergriffen auf benachbarte Fürsten und Staaten" Vor allem aber bediene sich das Haus Österreich dieser Möglichkeiten zur Verfolgung seiner monarchischen Plä-
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
ne im Reich
227
. Zwar wurden alle Maßnahmen des Kaisers,
die der Realisierung solcher Pläne zu dienen schienen, von Fancan - und insbesondere als usurpatorische
Akte
in amtlichen
verurteilt,
vor
Kreisen -
dem
Hinter-
grund solcher Maßnahmen konnte er sich aber doch kaum der
Einsicht
verschließen,
daß
Reichsherkommen
und
Reichsrecht dem Kaiser eben jenen Spielraum zu eigenständigem und von den Ständen unabhängigem politischen Handeln boten. Wenn mit Be?ug auf solches Handeln des Kaisers in Frankreich allgemein von Usurpation gesprochen wurde, so geschah dies zu einem nicht
geringen
Teil
auch aus propagandistischen Gründen. Damit sollte der Anspruch des französischen Königs, für die Wahrung der Libertät
der
Reichsstände
und die Reichsfürsten für
einzutreten, eine
unterstrichen
Annäherung
an
Frank-
reich gewonnen werden. Es lag daher nur in der Konsequenz einer solchen Argumentation, wenn in ihr zugunsten der Reichsstände eine weitaus präzisere und vor allen Dingen stärkere Begrenzung des Anteils des Kaisers an der Reichsgewalt
vorausgesetzt
wurde
als
es
der Realität im Reich entsprach. Daß man in Frankreich in den Jahren vor Beginn der Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück durchaus in der Lage war, sich ggf. sehr detaillierte und präzise Informationen über den
Umfang
und
das Verhältnis
von
kaiserlichen
und
habsburgischen Rechten einerseits und ständischen Positionen andererseits in einem von der
französischen
Krone beanspruchten Gebiet zu beschaffen, das hat vor wenigen Jahren Stein für das Elsaß in Uber
"Das
französische
Elsaßbild
irn
seiner
Studie
Dreißigjährigen
Krieg" nachgewiesen. Entgegen bisheriger Annahme
97
, so
konnte er feststellen, verfügte die französische .;e.ite dank der von ihr genutzten Informationsmittel über ei-
228
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
nen
sehr
der
komplizierten
Elsaß.
hohen
Zu
Recht
"Der Mangel des
allgemeinen
Elsaß
an
sen"
24
kommt
wird
von
daher
und
hinsichtlich
Besitzverhältnisse
daher
über
als
Münster
zu
die
Motiv
für
bei
den
im
dem
Ergebnis:
genaue
Rechtslage
die
Klärung
des
Friedensverhand-
Osnabrück
ausscheiden
müs-
. Während
zierten
Friedensverhandlungen
mit
den
Geradezu
die
Franzosen
als
bisher
die
mit
ist
steigerte
zwangsläufig
in
am
licher
und s t ä n d i s c h e r
folge
des
Friedens
sich
Veränderungen
auch
Weise
auch
in
daß
daher
von
für
und
französischen
für
befassen. 1648
die
wur-
Folge-
dieses
zwischen
ge-
kaiser-
an d e n
Bereich
kon-
intensiver
zu
sich
Verhältnis diesem
sich noch
Friedens
Reichsgewalt
in
kompli-
resultierten,
verständlich,
Interesse
die
unmittel-
der
im R e i c h
des
gleicher
daher
aus
ergab
Notwendigkeit,
wurden
wieder
die
Reich
Garantiemacht
dies
Es
im
den V e r h ä l t n i s s e n
Da F r a n k r e i c h galt
immer
Problemen,
Verfassungslage
frontiert.
zeit.
der
Bevollmächtigten
und d i r e k t
de,
Stein
Standpunktes
französischen bar
und
Kenntnissen
französischen lungen
Kenntnisstand
Rechts-
im
Ge-
eingetretenen
Traktaten
nieder-
schlug. Deutsche wenn
sie
die
Kaisers
und d e r
terten,
die
zustanden, meinsam f a n g und unklar, brücker
mit
Juristen
umstrittene
Reichsstände
"jura von den
unterschieden Problematik
den
an d e r
reservata", "jura
Abgrenzung beider
dem
sog.
Friedensinstrument
Kaiser die
wahrnehmen
Bereiche
Anteils
waren
er
erörallein
nur
ge-
durfte.
Um-
und
Verfassungsartikel einige
des
Reichsgewalt
comitialia",
Reichsständen
a u c h wenn d i e
die
bekanntlich,
des
blieben im
Präzisierungen
Verschiebungen zugunsten der " j u r a c o m i t i a l i a " 25 halteten . Es s t e l l t s i c h d a h e r d i e F r a g e , w i e
Osnaund beindiese
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
Problematik, nach
1648
wie
in
der
"Status"
französischen
historiographischen
des
Reiches
politischen
Abhandlungen
der
229
generell
Traktaten zweiten
und
Hälfte
des 17. Jahrhunderts gesehen und beurteilt wurden. Eine Analyse der auch nach dem Frieden
in Frankreich
ebenso
wie
in
Westfälischen
Deutschland
an-
dauernden Debatte über den "Status" des Reiches, über 26
die "forme du Gouvernement de l'Allemagne" kennen,
daß
bei
den
Autoren
, läßt er-
einschlägiger
Schriften
das Wissen über die komplexen politischen und verfassungsmäßigen
Gegebenheiten
beim
östlichen
Nachbarn
ganz erheblich zugenommen hatte. Daß dies zumindest zu einem Teil auch auf die Rezeption der vom
l6. zum
17· Jahrhundert
unter
seit
der
deutschen
Wende
Juristen
und Reichspublizisten in verstärktem Maße geführten Diskussion über das Wesen des Reiches und seiner Ver27 fassung
zurückzuführen
ist,
belegen
französische
Traktate. Ausführlich setzte sich Bruneau in seinen Erörterungen Uber den "Status" des Reiches mit der unter den "Doktoren Deutschlands"
ausgetragenen
Uber die Grundlagen der Reichsverfassung Die einen, so führte er in seiner ten Schrift
"Estat
present
1675
Kontroverse auseinander.
veröffentlich-
des affaires
d'Allemagne"
aus, hätten die Ansicht vertreten, daß das Reich eine Aristokratie darstelle. Mit dem Hinweis auf die Rolle der Reichsstädte von
einem
schließlich
in Deutschland hätten andere dagegen
"Estat hätten
Democratique" wieder
andere
gesprochen. unter
Lehnshoheit des Kaisers dem Reich den Charakter 28 "Estat
parfaitement
Deutschland
Monarchique"
zuerkannt (im
1672) eingetretene Entwicklung lasse jedoch
der
eines
. Die
seit Ausbruch des Krieges zwischen
reich und den Vereinigten Niederlanden
Und
Betonung
in
Frank-
Frühsommer erkennen,
230
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
29 1'Empire"
sei
. Mit dieser
Feststellung schien Bru-
neau eine von den meisten deutschen rern als unzutreffend
Staatsrechtsleh-
abgelehnte These wieder
aufzu-
greifen. Bei näherer Betrachtung läßt. sich jedoch erkennen, daß seine Argumentation durchaus neue Elemente gegenüber bisher in Frankreich formulierten Positionen enthielt. Man brauche gar nicht
so weit in
die
Ver-
gangenheit zurückzublicken, um zu erkennen, so führte Bruneau
weiter
wohlgeordnetes,
aus,
daß
das
korporativ
Reich
ursprünglich
ein
Gemeinwesen
(un
geprägtes
corps fort regulier) gewesen sei, in dem die Reichsgewalt weder absolutistische Formen angenommen habe noch zu einer
schwächlichen
Autorität
sei.
herabgesunken
Die konfessionelle Spaltung und die daraus
resultie-
renden offenen Konflikte hätten diesem Zustand jedoch ein Ende bereitet. Das Haus Habsburg habe diese Vorgänge
zur Verfolgung
Reich
ausgenutzt.
monarchischer
Und
auch
in
Zielsetzungen
der
Folgezeit
Österreich seine Ambitionen nicht aufgegeben,
im
hätte sondern
immer wieder "günstige Konjunkturen" (conjonctures favorables) zur Realisierung seiner monarchischen auszunutzen versucht. Der gegenwärtige
Pläne
Konflikt
zwi-
schen Frankreich und der Republik der Vereinigten Niederlande,
in den
das Reich
1674 als
Alliierter
der
Niederlande und Spaniens eingriff, stelle eine solche "conjoncture favorable" für den Kaiser dar, die dieser auch genutzt habe, um "Monarque souverain de 1'Empire" zu werden^". Sieht man einmal von Überzeichnungen
und
manchen
Fehleinschätzungen
offenkundigen der
Realität
ab, so enthalten die Ausführungen Bruneaus doch einige richtige Beobachtungen, die zudem
in dieser
Form
in
französischen Traktaten bisher noch nicht gemacht wur-
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
den. In der Tat lassen sich in den Jahrhunderten dem
Westfälischen
Frieden
im
Ringen
zwischen
231
vor
Kaiser
und Reichsständen durchaus Phasen erkennen, die durch eine
Dominanz
der
kaiserlichen
Macht
gekennzeichnet
waren. Dies war der Fall in den Jahren zwischen dem Schmalkaldischen
Krieg
und
dem
Fürstenaufstand
von
1552. Und noch im ersten Jahrzehnt des Dreißigjährigen Krieges und zur Zeit des Prager Friedens von 1035 hatte
Ferdinand
Versuch
II.
den
unternommen,
zunächst
das
erfolgversprechenden
deutsche
Verfassungsproblem
einer monarchischen Lösung zuzuführen. Dieser Ferdinands II. ist bekanntlich
Versuch
aus Gründen, die hier
nicht zu erörtern sind, gescheitert. Im Westfälischen Frieden, insbesondere
in den
sog.
Verfassungsbestim-
mungen, kam der Rückschlag, den der Kaiser
hinnehmen
mußte, deutlich zum Ausdruck. Es sind zweifellos jene Versuche des Kaisertums vor 1 6 4 8 , monarchischen
das Verfassungsproblem Sinne
und
zugunsten
des Reiches im
der
kaiserlichen
"jura reservata" zu lösen, die Bruneau im Auge hatte, wenn er von den für Österreich
"günstigen
Konjunktu-
ren" sprach. Und wenn er - in Überschätzung der tatsächlichen Entwicklung und ihrer Konsequenzen - glaubte, daß der europäische Krieg von 1672 dem Kaiser die Möglichkeit eröffnet hätte, im Reich die Stellung eines souveränen Monarchen
zu erlangen,
so
liegt
doch
auch dieser Mißdeutung eine im Kern richtige Beobachtung • zugrunde . Tatsächlich hat sich das Kaisertum nach dem Rückschlag von 1648 unter Leopold I., insbesondere nach 1 6 6 3 , wieder erholt. In der neueren Forschung ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die Struktur des Reichstages und - nicht zuletzt Interessengegensätze
zwischen
- die jeweiligen
Kurfürsten
und
Fürsten
genügend Möglichkeiten boten, die für eine Wiederauf-
232
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
wertung des Kaisers im Reich genutzt werden "Der Reichstag eröffnete bindungen
und
damit
konnten.
fiir den Wiener Hof Querver-
Kanäle
der
Information
und
der
Kommunikation in 'das Reich'. Er trug so unter anderem dazu bei, daß der Kaiser nach der Vertrauenskrise des Dreißigjährigen Krieges im Reich seine
traditionellen
Einflußzonen
wiederherzustellen und seine Klientel 31 wieder zu sammeln vermochte" . Die Wiener Hofburg hat außerdem nach 1648 nicht ohne Erfolg versucht, das den Reichsständen
im
Westfälischen
Frieden
zuerkannte
Recht auf Mitsprache und Mitentscheidung in außenpolitischen Angelegenheiten
des Reiches
wieder 32 der Position des Kaisers zurückzudrängen .
zugunsten
Diese Vorgänge im Reich, die Bruneau zumindest in ihrer Tendenz
erkannt
hatte,
reichen
jedoch
nicht aus, um dem Kaiser die Stellung eines "Monarque souverain"
im Sinne Bodins zuzuerkennen. Bruneau tut
dies aber auch nicht, denn er verwendet nicht den Bodinschen Souveränitätsbegriff
. Nach Bruneau
Souveränität nämlich nichts anderes dar als
stellte "die Ge-
walt, einen Staat gemäß seinen Wünschen und Interessen zu handhaben" ^ . Dem Kaiser wird man aber auch in den 70er Jahren des 17· Jahrhunderts eine so eindeutig dominierende Position im Reich, wie sie Bruneaus Souveränitätsverständnis entsprochen hätte, nicht einräumen können. Nicht zu leugnen ist jedoch, daß Bruneau mit seiner Konzeption von Souveränität
eher
in
der
Lage
war zu erfassen, daß sowohl der Kaiser als auch die Reichsstände Anteil an der Reichsgewalt hatten. Deutlich wird dies z.B. auch, wenn Bruneau betont, daß die Reichsgewalt
niemals
ungeteilt 3ζ Reichsfürsten gelegen habe . Zeigte Bruneaus
zum
sich
"Status"
bereits des
in
den
Händen
der
bei
den
Ausführungen
Reiches
der
Einfluß
der
233
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
deutschen Reichspublizistik, so ist dieser in der 1677 von Jean Le Royer, Sieur de Prades, "Histoire
veröffentlichten
D'Allemagne" noch deutlicher
erkennbar.
De
Prades stellte fest, daß es schwierig sei, das Gebilde des
Reiches
staatsrechtlich
zu
definieren
. Es
sei
mit keiner der überlieferten Staatsformen (Demokratie, Aristokratie, Monarchie) angemessen zu erfassen. Vielmehr
bilde
dieses
"Corpus",
das
ursprünglich
eine
richtige Monarchie gewesen sei, gegenwärtig "un Estat monstrueux",
"eine
konfuse
Zusammenfassung
konträrer
Teile, die nur durch die Person des Kaisers, durch den Reichstag und die Reichsgerichte sowie den Tatbestand zusammengehalten
würden,
daß
sie
aufeinander
zur
17
Sicherung ihrer Existenz angewiesen seien"
. Wie Pu-
fendorf, an dessen bekannte Definition des Reiches als eines "unregelmäßigen, einem Monstrum ähnlichen Gebil•j Ο des"
(irreguläre aliquod
corpus et monstro
simile)
de Prades mit seiner Formel vom "Estat monstrueux" offensichtlich anknüpfte, verzichtete auch der
Franzose
auf einen festen Begriff für das Reich. Ebenso wie bei Pufendorf, dessen 1667 anonym erschienene Schrift "De statu imperii Germanici..." de Prades zweifellos ge39 kannt hat , war auch bei diesem die Charakterisierung des Reiches als eines
"Estat monstrueux"
nicht
ver-
ächtlich, abwertend gemeint, sondern eher Ausdruck der Schwierigkeit,
dieses
Gebilde
mit
damaligen
staats-
rechtlichen Kategorien zu erfassen^". Allgemein
läßt
sich
bei
den
französischen
Autoren in der zweiten Hälfte des 17· Jahrhunderts ein geschärfter Blick für "das spannungsreiche und prekäre politische
Gefüge
des
Heiligen
Römischen
Reiches"^*
sowie für das umstrittene Verhältnis zwischen kaiserlicher und ständischer Gewalt feststellen. Dies zeigt sich schon allein darin, daß sie sich nicht nur häufi-
234
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
ger, sondern vor allem mit ten.
diesem Daß
auch
vielschichtigen
trotz
der
1648
ausführlicher Fragenkomplex
erreichten
als
zuvor
beschäftig-
Reduzierung
der
"jura reservata" des Kaisers zugunsten einer Stärkung und Vermehrung der "jura comitialia"
dem
Reichsober-
haupt durchaus noch Möglichkeiten zur Verfügung standen, die er durch geschicktes Taktieren bei günstigen außen- und innenpolitischen
für
Konstellationen
zur Stärkung seiner Position nutzen konnte - und europäischen Konflikt von hat
-, wurde
von Bruneau
1672 bis klar
ihn im
1679 auch genutzt
erkannt^.
Im
Unter-
schied zu Bodin und Loyseau bestand für .ihn kein Zweifel daran, daß die Reichsgewalt niemals ungeteilt den Händen
der Stände gelegen hatte, daß
dem
in
Kaiser
vielmehr ebenso ein Anteil an ihr z u k a m ^ . Ebenso wie Bruneau verwies auch der aus einer bürgerlich-städtischen Magistrats- und Juristenfamilie stammende und später in die
"noblesse de robe"
aufgestiegene Jean de Silhon auf die in der Reichsverfassung auch noch nach 1648 angelegten Chancen für eine zielstrebige kaiserliche Politik^. Der Kaiser könne zwar nicht, so stellte er in seinem l66l erschienenen
Traktat
"De
la
certitude
des
connaissances
hu-
maines" fest, die Rechte und Privilegien der Reichsstände kassieren, es sei ihm jedoch möglich, durch die ihm
allein
zustehende
Gesetzesinitiative
(Proposi-
tionsrecht) das Gesetzgebungsverfahren im Reichstag in seinem Sinne zu beeinflussen^^. Zumindest in Ansätzen war damit Silhon der Handlungsspielraum
deutlich ge-
worden, den der Reichstag dem Kaiser selbst noch nach dem Westfälischen Frieden bot und den Leopold I. seit I663 dann auch in zunehmendem Maße und mit wachsendem Erfolg zu nutzen verstand^.
Diese Einsicht
hinderte
Silhon jedoch nicht daran, die Macht des Kaisers als
235
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
eine
"puissance
kaiserliche fürsten
dependant.e
Würde
und
als
der
perpetuelle
et
zu
Besonders dein
mit
dem n a c h w i e
ser
und
Ständen
Pufendorf
fassungsmäßigen wenn halb
entsprachen,
nimmt
de
Prades
und
seiner
Mit beobachtenden /wiscaon ue d e
so
gelte
dies
ne
und
diejenige
der
Prades
aus^",
mit
aus,
somit,
für
in
im
Aber
ebenso
Kaiser
wie
der
die
der
Grundgesetze
an.
der
des
Zwischen
bestehe
Kaisers
gehalten
des
Rechtsordnung
ei-
so
durch
49
werde
de
entweder
ge-
Gewalten
Doppelnatur waren
weitgehende
der diese
und
und
gebunden.
be-
Eigen-
und b l i e b e n
Reiches
.
führte
Landeshoheit
waren
könne,
wechselseitige
Bekanntlich
Territorien
Glieder
tun .
daß
Kaiser
fi
eigenständige
gleichzeitig
und
fest,
der
Weise
spezifische
zu
Verhältnis
Λ
Reichsstände als
unter Reich
nicht
er
Reiches
Macht
Des-
haben.
Stände
Majest.e" ,
die
oder
Punkten
dem
Wenn
Diese
Balance la
Besitz
staatlichkeit.
sen
des
die
de
er
ihre
mit
komplexe
gleicher
Reichsstände
Landesherren
saßen
daß
übten
sprach
der
in
ver-
Position
stellte
die
durch
der
Frankreich
Abhängigkeit.
dem K a i s e r
Damit
ohne
Kai-
nahekamen.
seien.
Gliedern
"droits
weiter
Stellung als
den
Stände
die
sich
das
und
von
vielen
sehr
in
für
nichts
bewirke,
Die
meinsam
dahin
Prades
Beeinflußt
in
die
angewiesen
wechselseitige
Abhängigkeit
doch
de
Anteil
auseinandergesetzt
umgekehrt
dein O b e r h a u p t
Reich
Reichsständen
Reichsebene
Kur-
Reiches
Aussagen,
ein,
bis
und
sich
herausragende
Verständnis
Kaiser
aufeinander
der
so
eine
einem
zu
im
Autoren
Verfassung
seine
der
"commission
Alten
Reichsgewalt. dabei
nicht
französischen
dts
umstrittenen
Realität
den
auf
der
befaßte
Gefüje
1648
er
und
Autorität
abgeleitete
intensiv
an
gelangte
der
interpretieren^.
spannungsreichen vor
subalterne"
von
Reichstage
ä vie"
mit
et
eine
an Auf
sie desder
236
Malettke, Altes Reich und
Reichsverfassung
Ebene des Reiches nahmen sie die "jura comitialia"
wahr,
zusammen deren
mit
Umfang
dem
Kaiser
und
Grenzen
bekanntlich nicht klar fixiert waren. De
Prades
ging
verhältnismäßig
auf den Komplex der "jura reservata"
ausführlich
des Kaisers
wenn er auch den lateinischen Begriff nicht
ein,
verwende-
te. Er nannte das Recht des Kaisers, den Reichstag
zu
berufen und die dort zu behandelnden Materien zu proponieren, die von ihm beanspruchte Befugnis zum griff"
sowie
sein
Recht,
einem
Votum
der
"Vor-
auf
dem
Reichstag versammelten Stände seine Sanktion zu erteilen und es damit zum Reichsgesetz zu e r h e b e n ^ . Im Zusammenhang mit der Erörterung der kaiserlichen
Reser-
vatrechte verwies de Prades aber auch auf die Lehnshoheit und die damit verbundene Lehnsgerichtsbarkeit
so-
wie auf das Recht, Privilegien zu erteilen, Standeser52 höhungen vorzunehmen und Begnadigungen zu erteilen . Schließlich erwähnte er die Handhabung der Reichsacht 53 durch den Kaiser . Sofern andere Autoren überhaupt auf
die
"jura
der königliche de B o n a i r ) ^
reservata"
eingingen,
Historiograph
und der bereits
nannten
Antoine
sie
Varillas
erwähnte
Jean
de
wie
(Sieur Silhon
zumeist nur das kaiserliche Konvokations- und Propositionsrecht in Angelegenheiten des Reichstags"'"'. Dem
Komplex
der
"jura
de Prades, Bonair, Bruneau
und
comitialia" Silhon
widmeten
besondere
Auf-
merksamkeit. Zu ihnen zählte de Prades mit geschärftem Blick
für
die
Gegebenheiten
bungs- und Bündnisrecht
im
Reich
das
Geset.zge-
sowie das Recht, Steuern
aus-
zuschreiben, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen. Γη all diesen Reichsangelegenheiten ser auf die Zustimmung der Kurfürsten
angewiesen^.
Stände
Wenn
hang das Mitentscheidungsrecht
er
oder
sei der Kaizumindest
in diesem
der
Zusammen-
der Kurfürsten als Min-
237
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
destvoraussetzung
für
das
rechtmäßige
von Beschlüssen in den genannten für
ausreichend
erachtete,
dachte
noch an die Verhältnisse vor schen
Frieden
war
aber
Reichsgeschäfte... freie
die
Zustimmung
und
streichung von Verf.] 57 gesichert
er
offensichtlich
1648. Seit dem Westfäli-
"in
auf
Zustandekommen
Reichsangelegenheiten
allen
dem
Beratungen
Reichstag
Einwilligung
abgegebene
aller
Reichsstände"
über
[=Unter-
verfassungsmäßig
. Bonair, Bruneau und Silhon befaßten
sich
vergleichsweise ausführlich mit diesem allgemeinen und uneingeschränkten
Mitbestimmungsrecht
allen Reichsangelegenheiten,
der
das jene
Stände
durch
in
Beratung
und Abstimmung im Reichstag oder in den sonstigen verrQ fassungsmäßigen Gremien auszuüben berechtigt waren Einzelne Materien im Bereich der "jura comitialia" hoben sie nicht gesondert hervor, was auch nicht, erforderlich
war,
denn
das Mitbestimmungsrecht
der
Stände
in allen Reichsangelegenheiten war ja seit 1648 grundsätzlich umfassend. In Anbetracht fassungsmäßigen
der seit
Position
der
1648 gestärkten
Reichsstände
und
verihrer
wachsenden Bedeutung im Rahmen der Reichspolitik wigs XIV. ist es verständlich, daß französische
LudAuto-
ren nicht nur um eine möglichst präzise Charakterisierung der einzelnen Reichsstände und um die Darstellung ihrer spezifischen Funktionen und Rechte bemüht waren, sondern
auch
jenen
widmeten, in denen
Gremien die
besondere
Reichsstände
die
Aufmerksamkeit ihnen
zuste-
henden Mitentscheidungsrechte in Reichsangelegenheiten praktizierten. den
Sehr
Niederlanden
ausführlich
stammende
befaßte
sich
brandenburgische
der
aus
Resident
in Frankreich Abraham de Wicquefort. mit den Kurfürsten in seinem
1058 erstmals publizierten
"Discours Ilisto-
rique de 1'Election de l'Empereur, et des Elect.eurs de
238
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
59 1'Empire"
. Er behandelte
im einzelnen
und
tailliert, die geistlichen und weltlichen und
schilderte
für seine
Zeit
sehr
de-
Kurfürsten^"
erstaunlich
exakt
das
Verfahren bei der Errichtung und Annahme der Wahlkapitulation 0 ^ durch
den
Gewählten
Kurfürsten
bei
Ablauf
Zeremoniell
und
der Wahl
des
sowie
die
Römischen
eingehend
Rolle
Königs,
Zwang
deren
wurden 0 ^.
behandelt
Wicquefoi^t. tat jedoch der Realität
der
an, wenn
die Kurfürsten als Souveräne im Sinne Bodins
er
bezeich-
nete A und damit Landeshoheit mit Souveränität verwechΊ selte . Gleiches gilt für Bruneau, der die "Souveränität" der Kurfürsten durch den Westfälischen noch
gesteigert
sah^^,
obwohl
in
der
Frieden
Realität
ihre
Präeminenz während der Friedensverhandlungen von einer Gruppe evangelischer Einfluß war^
von
Hessen-Kassel
in
unter
Frage
und in den Verfassungsartikeln
trages auch neau
Reichsfürsten
war
gewisse
die
Einschränkungen
Minderung
der zweiten Hälfte des
ihres
maßgeblichem
gestellt, des
worden
Friedensver-
erfuhr.
polit.schen
Für
Bru-
Gewichts
17· Jahrhunderts wiederum
in
eine
Folge des Krieges, der "conjonetures de la guerre presente"^.
Ansonsten stellten
Bruneau
und
de
Prades
-
wenn auch knapper als Wicquefort - die Rechte7 und Funktionen der Kurfürsten ziemlich exakt dar . De Prades, der darauf hinwies, daß die Kurwürde ain Terriö8 toriurn und nicht an der Person haftete , bezeichnete jedoch die Kurfürsten nicht als Souveräne,
tn gleicher
Weise verfuhr er in seiner recht ausführlichen Behand69 70 lung der übrigen Reichsfürsten und Reichsstädte , deren reichsrechtliche Stellung er mit, dem korrekten Begriff "superiorite" (Landeshoheit) charakterisier71 te . In diesem Zusammenhang machte er auch recht präzise Angaben über das Normaljahr
das
im Westfälischen
Frieden
(1024) und der» paritätischen
durch
Charakter
239
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
der
für
die
Stellung
der
Konfessionen
erreichten
Rechtsordnung weitgehend entschärfte "jus reformandi" 72 der Reichsstände . Außerdem hob er das in diesem Frieden erreichte 73 hervor
"votum
. Kennzeichnend
decisivuin"
der
Reichsstädte
für die bemerkenswerte
Kennt-
nis der Reichsverfassung, Uber die de Prades verfügte, ist, daß er als einziger der hier behandelten die
Grundlagen
der
Reichsstandschaft
Autoren
darstellte, 74
ja,
daß er diese Frage überhaupt anschnitt In Anbetracht der Bedeutung der Reichsstände für die Reichspolitik Frankreichs und der nachdrücklichen Unterstützung, die die Stände bei ihrer Forderung nach Anerkennung ihres Bündnisrechtes während der Verhandlungen über ihre Gravamina auf dem Friedenskongreß von französischer Seite erfahren hatten, ist man überrascht, daß das ständische "jus foederis" taten nicht
sehr intensiv erörtert
in den Trak-
wurde. Nur
Bruneau
verwies auf die Bedeutung des Rechtes der Stände, unter sich und schließen, Reich
mit
die
richten
auswärtigen
sich
jedoch
durften.
Mächten nicht
Bündnisse
gegen
Er kritisierte
abzu-
Kaiser
allerdings
und die
vertragliche Beschränkung des "jus foederis" als eine faktische
Entwertung
dieses
zentralen
Rechtes
der
Reichsstände^. Von
den
in Wahrnehmung
Gremien,
in denen
ihres Konsensrechtes
genheiten zusammentraten,
die in
Reichsstände Reichsangele-
fand der Reichstag - seiner
Bedeutung entsprechend
- am häufigsten Erwähnung.
mindest
wurden
in Grundzügen
Verfahren
bei
führlichsten
der
seine
Gesetzgebung
befaßt.e sich
Bonair
Struktur und das 77 dargelegt . Am ausmit
den
Einberufung und des Ablaufs von Reichstagen dem Gang
auf der
diesen
Reichsversammlungen
Beratung
und
der
Zu-
zu
Fragen
der
sowie mit
beobachtenden
Entscheidungsfindung.
Die
240
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
dabei von ihm gemachten Angaben waren - für jene Zeit 78 -
recht
präzise
. Dies gilt
auch
für
seine
Ausfüh-
rungen zu den Reichskreisen und Kreistagen, die bei den anderen Autoren - wenn überhaupt - nur knappe Erwähnung fanden 79 . Nicht völlig abwegig war, wenn er die Kreistage in den Reichskreisen mit den französi80 sehen Provinzialständen und das Reichskammergericht mit dem Pariser diese
Parlament jener
Körperschaft
das
Zeit verglich, in der
einzige
höchste 81Gericht französischen Königreich dargestellt hatte
im
Wenn bei den Autoren von der Aufstellung der Wahlkapitulation
durch die Kurfürsten im
Zusammenhang
mit der Wahl des Römischen Königs die Rede war, hoben sie
in
der
Regel
deren
Vertragsnatur
und
bindenden
Charakter hervor. Wicquefort, der das bei der tung
der
Wahlkapitulation
tailliert nierte
und
praktizierte
bemerkenswert
die
"capitulatio
exakt
beschrieb
caesarea"
Errich-
Verfahren 82 zu
de-
, defi-
Recht
als
"traitte" O τ und betonte ihre Bedeutung als Reichsgrundgesetz . In gleicher Weise brachte de Prades in Übereinstimmung mit manchen Vertretern der
Reichspublizi-
stik zum Ausdruck, daß die Übertragung der Regierungsgewalt an den Gewählten auch von der
Annahme und BeQ schwörung der Kapitulation abhängig sei . Beide AutoJ
ren waren offenbar der Meinung, daß dem gewählten Kaiser die Regierung durch die
"capitulatio" und nur in-
nerhalb der in ihr fixierten Grenzen übertragen worden sei. Solche Auffassungen lassen sich jedoch
- wie
der
"mit
neueren
Forschung
festgestellt
wird
-
in der
Form der Kapitulationen selbst und mit der Art und Weise, wie sie vereinbart wurden, nicht in Einklang bringen" 8 ^. Der Gewählte erlangte das Königtum mit seiner Wahl, "nicht erst durch die Beschwörung der Kapitulation"
86
. Aber auch hinsichtlich des immer wieder
241
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
betonten bindenden Charakters der Wahlkapitulation ist eine wesentliche Einschränkung erforderlich. nauere
Betrachtung
des Verfahrens
bei
der
Eine
Errichtung
der Wahlkapitulation läßt erkennen, daß die der
Herrscherpflichten,
wie
sie
in
der
ge-
Übernahme
Kapitulation
formuliert waren und die einzuhalten der Gewählte sich durch
Eid
und Verschreibung
verpflichtet stellte.
hatte,
einen
gegenüber
Akt
der
den
Kurfürsten
Selbstbindung
"Keinesfalls waren schließlich die
tionszusagen in dem
Sinne
Bedingungen,
dar-
Kapitula-
daß bei
deren
Nichteinhaltung der Kaiser seine Herrschergewalt gebüßt
ein-
hätte"^. Vor
Forschung
dem
Hintergrund
betrachtet,
ergibt
der
Ergebnisse
sich,
daß
die
schen Autoren den bindenden Charakter der
neuerer
französi-
Wahlkapitu-
lation überschätzten. Sie deshalb aber zu kritisieren, wäre unangemessen, denn in der Reichspublizistik den
häufig
gen!, 1 Lch
dieselben
noch
;
η
Ansichten
vertreten,
de;· modernen
Literatur
wurgele-
die
anzutreffen
88 sind
. Insgesamt, gesehen, kann beiden Autoren auch im
Hinblick
auf
den
schwierigen
lation ein vergleichsweise tiert werden. So wies de einer
Gruppe
fürsten
hin,
Prades
ständigen
Wahlkapitu-
auf die
Präeminenz
der
Kapitulation
attes-
Bestrebungen
protestantischer
Errichtung der Wahlkapitulation einer
der
hoher Kenntnisstand
hauptsächlich die
Komplex
Kurfürsten
durch die
Reichsbei
der
Festsetzung 89 . Be-
einzuschränken
kanntlich konnte diese Forderung - wie andere - trotz der
Unterstützung
durch
dem
Friedenskongreß
in
Frankreich Münster
und
und
Schweden
Osnabrück
durchgesetzt werden. Sie fand Eingang in die remissa"
des
Osnabrücker
auf
nicht
"negotia
Friedensinstruments
(IPO
VIII, § 3) und war in den folgenden Jahrzehnten Gegenstand
der
Beratungen
auf
dem
Reichstag,
bis
es
im
242
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
Jahre 1711 zur Abstimmung eines Projektes einer perpet.uierlichen Wahlkapitulation kam, das jedoch nicht den 90 Charakter eines Reichsgesetzes erlangte Friedrich
Hermann
1968 publizierten Beitrag
Schubert
und deutsche Reichsverfassung dert"
zu der
sung...
im
Schlußfolgerung,
der
Analyse
zweiten
16. und
daß
Hälfte
in
seinem
Staatstheorie 17· Jahrhun-
"die
Reichsverfas-
17· 9 1 Jahrhunderts häufiger Kritik unterzogen" worden sei . Eine genauere
in
kam
"Französische
einschlägiger
des
französischer·
Traktate
des
17. Jahrhunderts vermag dieses Urteil jedoch nicht
zu
bestätigen. In diesen Schriften lassen sich keine Belege
für
häufige
Verfasser der
Kritik
finden,
vielmehr
durchweg um eine möglichst
Gegebenheiten
im
östlichen
Wenn Bruneau deutliche Kritik
waren
exakte
Erfassung
Nachbarland
an dem
seit
senden Einfluß des Kaisers im Reich übte, Gründe für diese Entwicklung nicht
ihre
bemüht.
1663 sah
wacher
die
in der Verfassung,
sondern in der mangelnden Entschlossenheit der Stände, ihre Rechte zur Abwehr der Machtambitionen des Kaisers einzusetzen. De Prades äußerte sich zu den Vor- und Nachteilen
der
Reichsverfassung
und
Schloß
daran
Reform-
vorschläge an. Dabei ließ er sich offenkundig von Gedanken leiten, die Pufendorf in seiner bereits genannten Schrift "De statu imperii Gerinanici. . . " formuliert hatte. Als Vorteil der verfassungsmäßigen
Verhältnisse
des Reiches, "de ce corps informe", wertete de Prades, daß
sie sich
weniger
drückend
auf
die
Reichsglieder
und -bewohner auswirkten als die Verfassungen
anderer
Staaten auf deren Untertanen. Als positiv erachtete er weiterhin
die Möglichkeit, der
Untertanen
der
Reichs-
stände, sich durch Verlassen des Landes allzu großer 92 Unterdrückung durch ihre Herren entziehen zu können
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
243
Nach seiner Meinung überwogen jedoch die Mängel. Wie Pufendorf, sah er in der zu starken territorialen Zersplitterung des Reiches, in der Schwerfälligkeit
der
Reichstagsberatungen, in der Zwietracht zwischen Kaiser und Ständen sowie zwischen den Reichsständen tereinander,
in
der
konfessionellen
Spaltung,
unim
schlechten Zustand der Reichsgerichtsbarkeit, im Bündnisrecht
der
Reichsstände
sowie
im
Fehlen
eines
Reichsheeres und eines Reichsschatzes die Gründe für 91
Deutschlands Schwäche
.
Aus der Aufzählung der Schwächen des Reiches ergaben sich indirekt bereits die von de Prades formulierten
Reformvorschläge.
Auch
bei
ihnen
ist
eine
Übereinstimmung mit den von Pufendorf genannten Heilmitteln festzustellen, die nach Ansicht dieses Reichspublizisten
"mit der ratio
status
des Reichs",
d.h.
"mit der Verfassung und dem - idealiter
- friedlich 94 gedachten Zustand des Reiches" harmonierten . Wie Pufendorf, empfahl de Prades die Aussöhnung der Reichsstände untereinander und die Wiederherstellung der inneren Eintracht. Die Rechte und 95 der Besitz eines jeden Standes sollten gewahrt bleiben . Außerdem schlug er - wie Pufendorf - die Errichtung eines ständigen Rates (Conseil perpet.uel) vor, der - von den Ständen gewählt - die laufenden Geschäfte und die auswärtigen Angelegenheiten beraten und entsprechend den Beschlüssen der "Assemblees generales" der Stände erledigen sollte 96 . De Prades nannte aber auch die von Chemnitz (Hippoli97 thus a Lapide) formulierten, von Pufendorf jedoch ausdrücklich verworfenen Heilmittel. So gab de Prades die von Chemnitz erhobene Forderung wieder, das Kaisertum vom Hause Österreich zu lösen, ja die
"Maison
d'Autriche" völlig zu zerstören, ihren Besitz zu konfiszieren und die ehemaligen Österreichischen
Gebiete
244
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
zu Reichsgut zu machen. Sollte das auf diese Weise geschaffene
Reichsgut
zum
Unterhalt
des
Kaisers,
der
nach jeder Vakanz aus einem anderen Hause gewählt werden sollte, nicht ausreichen, müßte auch auf Gebiete 98 der Kurfürsten zurückgegriffen werden . De Prades war jedoch ebenso wie Pufendorf
der Meinung,
daß
solche
Maßnahmen zu weit gehen und die Zerstörung des Reiches in QQ seinem gegenwärtigen Zustand zur Folge haben würden . Letztlich übernahm also de Prades die Position Pufendorfs, der für die Erhaltung des Reiches plädierte, das für diesen als "besonders freies" und "rechtsstaatliches Gemeinwesen" verehrungswürdig war'"". Generell läßt sich im Rückblick auf die hier analysierten
französischen
Traktate des
derts feststellen, daß ihre Autoren die mäßigen
Verhältnisse
und
Entwicklungen
17·
Jahrhun-
verfassungsim
Reich
mit
wachsendem Interesse beobachteten und verfolgten. Ihre Ausführungen lassen erkennen, daß sie über bemerkenswert
fundierte und detaillierte
Kenntnisse
hinsicht-
lich der komplexen Struktur der Reichsverfassung verfügten.
Dickmanns
wissenschaftliche
Urteil,
daß
Literatur
in
die
"zeitgenössische
Frankreich"
vom
um-
strittenen "Verhältnis der kaiserlichen und der ständischen Gewalt zueinander
(so gut wie nichts)" gewußt
habe*^*, läßt sich in dieser Form nicht aufrechterhalten. Auch über diesen speziellen schwierigen komplex waren sie besser annahm.
informiert,
als man
Fragenbisher
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
245
1 Fritz Diekmann, Der Westfälische Frieden. Münster -1965, S. 155f. 2 "Puis done que nous avons monstre, que 1'Empire est un estat Aristocratique, il faut conclure, qu'il n'y a Prince, ni ville Imperiale, que ay la souverainete: ains ne sont autre chose que membres de 1'Empire, gouvernant chacun son estat sous la puissance et sans deroger aux loix et ordonnances de 1'Empire." Jean Bodin, Les six livres de la Republique. Paris 1583» livre 2, chapitre 6, S. 326. - "...a present les Empereurs η 1 ont. quasi rien que le tiltre et le nom d'Empereur." Ebd. livre 4> chapitre 1, S. 539. Vgl. auch Friedrich Hermann Schubert , Französische Staatstheorie und deutsche Reichsverfassung im 16. und 17. Jahrhundert. Göttingen 1968, S. 24f.; Rudolf Hoke, Bodins Einfluß auf die Anfänge der Dogmatik des deutschen Reichsstaatsrechts. In: Horst Denzer (Hrsg.), Jean Bodin. Verhandlungen der internationalen Tagung in München. München 1973, S. 319. 3 Vgl. Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S. 27. - Zu den Monarchomachen siehe: Jürgen Dennert (Hrsg.), Beza, Brutus, Hotman. Calvinistische Monarchomachen, übersetzt von Hans Klingelhöfer. Köln/Opladen 1968. 4 Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 156. Ahnlich derselbe, Rechtsgedanke und Machtpolitik bei Richelieu. Studien an neu entdeckten Quellen. In: Historische Zeitschrift 196 ( 196 3) S. 274; jetzt auch in: Ders., Friedensrecht und Friedenssicherung. Studien zum Friedensproblem in der neueren Geschichte. Göttingen 1971, S. 43f. 5 Vgl. dazu Fritz Dickmann, Der Westfälische Friede und die Reichsverfassung. In: Forschungen und Studien zur Geschichte des Westfälischen Friedens. Vorträge bei dem Colloquium französischer und deutscher Historiker vom 28. April - 30. April 1963 in Münster. Münster 1965, S. 5-32; Anton Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag. In: Hermann Weber (Hrsg.) Politische Ordnungen und soziale Kräfte im Alten Reich. Wiesbaden 1980, S. 113-153. 6 Vgl. Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S. 20-35 u. 55-59· Auf die obengenannten Fragen geht er jedoch nicht ein. Außerdem bezieht sich der Schwerpunkt seiner Ausführungen auf das 16. und die erste Hälfte des 17· Jahrhunderts. 7 Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 129-137; vgl. demnächst auch Klaus Malettke, Zur 'Ausstrahlung' des französischen Absolutismus in
246
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert. 8 Zu Charles Loyseau vgl. Jean Lelong, La vie et les Oeuvres de Loyseau (1564-1627) . Paris 1909; Brigitte Basdevant-Gaudemet, Aux origines de l'Etat moderne: Charles Loyseau, 1564-1627. Theoricien de la puissance publique. Paris 1977; Roland Mousnier, Les institutions de la France sous la monarchie absolue 1598-1789. Bd. I: Societe et etat. Paris 1974, S. 14-23: Howell Α. Lloyd, The Political Thought of Charles Loysea~u ( 1504-1627). In: European Studies Review 11 ( 1981) S. 53-82. 9 "Bodin nous donne un autre exemple du simple Prince, a sgavoir 1'Empereur d'Allemagne, qu'il soustient. n'estre pas Monarque ny Prince souverain; mais estre seulement le premier chef et Officier souverain de l 1 Empire: pardevers les Etats duquel, il dit, que la Souverainete reside..." Charles Loyseau, Traite des Seigneuries. Paris l6l0, Kapitel II, 32, S. 9; vgl. auch II, 90, S. 12. 10 Zwar lassen Text und Inhalt der Wahlkapitulationen deutlich deren Vertragsnatur erkennen, aber die Kapitulationserrichtung und die Bindung des Gewählten an die Kapitulation können nicht als Bedingung für die Erlangung des Königtums betrachtet werden, wie die neuere Forschung herausgearbeitet hat. Außerdem stellte die Übernahme der Herrscherpflichten, wie sie in der .Kapitulation niedergelegt waren und zu deren Einhaltung sich der Gewählte durch Eid und Verschreibung verpflichtet hatte, nur einen Akt der Selbstbindung dar. Vgl. Gerd Kleinheyer, Die kaiserlichen Wahlkapitulationen. Geschichte, Wesen und Funktion. Karlsruhe 1968. 11 "Inconvenient qui est ordinaire aux Estats electifs, principalement quand cette election est deferee aux Princes du pais, qui ayans ce pouvoir de donner le Royaume a qui ils veulent, elisent souvent quelque Prince imbecille, auquel ils ne laissent que le nom de Roy, retenant ä eux par capitulation qu'ils font avec luy avant que de l'eslire, le principal exercice de la Souverainete, comme il est arrive souvent a 1'egard de 1 1 Empereur d'Allemagne, qui (bien qu'il represente et tienne dans son pais la place des Empereurs Romains, lesquels enfin furent. Souverains, aussi bien qu'ont este ceux de la maison de France, et generalement tous les Empereurs hereditaires) est. aujourd'huy simple Prince, et la souverainete de 1'Empire reside en effet aux Estat d'iceluy, comme Bodin a bien prouve." Loyseau, Traite des Seigneuries (Anm. 9)
Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
12
13
14
15 16 17 18
19
247
Kapitel II, 90, S. 12. Daß im Reich die Kurfürsten die Wahl vornahmen, war Loyseau natürlich bekannt. Vgl. ebd. Kapitel V, 9, S. 25. "La seconde espece de Prince est de ceux que nous avons nomme Princes sujets, qui ont bien les droits de Souverainete sur le peuple, ou la pluspart d'iceux... mais eux-mesme pour leur personne ont un superieuer, duquel ils sont sujets naturels, et partant ne sont pas vrayment Princes souverains... Tels sont aussi les Potentate d'Allemagne, qui sont sujets de 1'Empire..." Loyseau, Traite des Seigneuries (Anm. 9) Kapitel II, 34 u. 35, S. 9; vgl. auch Kapitel II, 94, S. 12. "Et d'ailleurs il n'y a personne qui ne voye, que 1'empire d'Allemagne η 1 est qu 1 une foible image du Romain, car proprement il η'est plus qu'une Aristocratie, dont 1'Empereur est le Chef, et qui est esleu par ceux-mesmes qui le peuvent desmettre..." Cardin Le Bret, De la Souverainete du Roy. Paris 1632, S. 21. - Zu Cardin Le Bret (1558-1655) vgl. Vittor Ivo Comparato, Cardin Le Bret. "Royaute" e "ordre". Nel pensiero di un consigliere del 600. Firenze 1969; G. Picot, Cardin Le Bret (1558-1655) et la doctrine de la souverainete. Nancy 1948; Martin Göhring, Weg und Sieg der modernen Staatsidee in Frankreich. Tübingen 1947, S. 105f. "Les Potentate d'Italie, et d'Allemagne, ne peuvent non plus estre mis au rang des Princes souverains, pource qu'ils sont Vassaux de 1'Empire, que plusieurs d'entre eux sont comme du nombre des domestiques de 1'Empereur, et prennent la qualite de Boutilliers [!], d'Escuyers et d 1 Eschansons, et que tous se qualifient Vicaires de l 1 Empire, qui sont des tiltres incompatibles avec la Souverainete." Le Bret, De la Souverainete du Roy (Anm. 13) S. 11. Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 156. Vgl. Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S. 31. Der extrem gallikanisch eingestellte Jacques Auguste de Thou (1533-1617) zählt zu den humanistischen Geschichtsschreibern Frankreichs. "... tarnen quia simul omnes Imperio subditi sunt, et ipse Caesar Imperii caput Imperii legibus est obnoxius, universi reipublicae speciem exhibent." [Jacques Auguste de Thou]: Jacobi Augusti Thuani... Historiarum [Historiae] sui temporis. Bd. 1, Genf 1626, Buch 2, S. 41 '· vgl. auch Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S. 31· Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S.30.
248
20
21
22 23 24
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Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung
- Henri, Due de Rohan, De 1 1 Interest des Princes et Etats de la Chrestiente. Paris 1638. Vgl. zu Herzog Heinrich von Rohan (1579-1638): Friedrich Meinecke, Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte, herausgegeben und eingeleitet von Walter Hofer. München M 9 6 3 , S. 192-231. - Gabriel Naude, Considerations politiques sur les Coups d'Estat. Rome 1639. Naude (1600-1653), erster Systematiker des Bibliothekswesens, war Bibliothekar mehrerer Kardinäle in Rom, wurde 1642 von Richelieu als Bibliothekar nach Paris berufen und dort der Gründer der berühmten "Bibliotheque Mazarine". Vgl. zu Naude: Meinecke, Die Idee der Staatsräson, S.232-242; Karl Siedschlag, Der Einfluß der niederländisch-neustoischen Ethik in der politischen Theorie zur Zeit Sullys und Richelieus. Berlin 1978, S. 243-253. Zu Frangois Langlois, Sieur de Fancan (1576-1628) vgl. Dictionnaire de Biographie Frangaise. Bd. 13· Paris 1971, Sp. 561-564; Wolfgang Hans Stein, Protection Royale. Eine Untersuchung zu den Protektionsverhältnissen im Elsaß zur Zeit Richelieus, 1622-1643. Münster 1978, S. 79, 83, 86f., 93, 97, 101. "Campanella en son traite de la Monarchie, dit. en termes expres, que iamais [! ] la maison d'Autriche ne montera au faiste [ !] de ceste grandeur, si eile ne ce rend premierement maistresse absolue de l'Allemagne, en y fomentant les jalousies et divisions entre les Princes, ä quoy mesme servira grandement le zele de tant de puissants Prelats Allemans, amis et partisans d'Espagne; outre l'autorite de cette eminente dignite du nom Imperial, que de lä comme d'un magazin et arsenal se peuvent tirer mille commoditez pour entreprendre sur les autres Princes et Estats voisins..." [Francois Langlois, Sieur de ] Fancan, Advis salutaire sur l'estat present des affaires d'Allemagne. Paris 1626, S. 8f. Vgl. Fancan, Advis salutaire (Anm. 21) S. 3-22. Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 237f. u. 551 f. Wolfgang Hans Stein, Das französische Elsaßbild im Dreißigjährigen Krieg. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 5 (1979) S. 131-153, hier S. 153. Instrumentum Pacis Caesareo-Suecicum Osnabrugense, Artikel VIII, § 1-5· In: Instrumenta Pacis Westphalicae. Die Westfälischen Friedensverträge 1648. Bearbeitet von Konrad Müller. Bern/Frankfurt 3 1975
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(Quellen zur neueren Geschichte. Heft 12/13)> S.4749 u. 134-136. [Jean Le Royer, Sieur de Prades ], Histoire D'Allemagne. Paris 1677 > S. 607; vgl. auch [ B r u n e a u ] , Estat present des affaires d'Allemagne avec les interests et les genealogies des Princes de 1 1 Empire et la relation de ce qui s'est passe dans la Campagne de M. le Vicomte de Turenne es annees 1674 et 1675. Cologne 1675, S. 5Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 124-142; Michael Stolleis (Hrsg), Staatsdenker im 17· und l8. Jahrhundert. Reichspublizistik. Politik. Naturrecht. Frankfurt/M. 1977· "Les Docteurs d'Allemagne ont toujours dispute avec beaucoup de chaleur sur la forme de leur gouvernement. Les uns ont crü que c'estoit un Estat veritablement par le suffrage des Princes dans 1'assemblee des Estats. Les autres ont soütenu que ce pouvoit estre un Estat Democratique, par le concours des villes Imperiales qui representent le peuple ou la bourgeoisie de 1'Empire. D'autres ont voulu persuader que c'estoit un Estat parfaitement Monarchique, par 3'obligation qu 1 ont tous les membres de demander 1'investiture a l'Empereur, et de luy prester le serment de fidelite." [Bruneau], Estat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S. 5. - Über Bruneau konnten keine biographischen Daten ermittelt werden. [Bruneau], Estat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S. 5fEbd. S. 3-6. Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag (Anm. 5) S. 148. Heinz Duchhardt, Gleichgewicht der Kräfte, Convenance, Europäisches Konzert. Friedenskongresse und Friedensschlüsse vom Zeitalter Ludwigs XIV. bis zum Wiener Kongreß. Darmstadt 1976, S. 35f. Vgl. dazu Helmut Quaritsch, Staat und Souveränität. Bd.l: Die Grundlagen. Frankfurt/M. 1970, S.243-394· " · · · la souverainete n'estant autre chose que la puissance de mouvoir un Estat au gre de ses volontez, et de ses interests." [Bruneau], Estat present des affaires d'Allemagne (Anm! 26) S. 6. "··· la puissance de 1'Empire, qui n'a jamais este indivisiblement entre les mains des Princes..." Bruneau] , Estat present des affaires d'Allemagne Anm. 25) S. 5. "...lors qu'on regarde celuy de l'Empire..., on a de la peine a le definir." [De Prades], Histoire
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D'Allemagne (Anm. 26) S. 607. 37 "De sorte que ce Corps, qui dans son origine estoit une veritable Royaute, est maintenant un Estat presque monstrueux; un assemblage confus de contraires parties, qui ne sont unies que par 1 1 Empereur, par les Etats Generaux, par les Chambres souveraines, et par le besoin qu'elles ont les unes des autres pour leur commune conservation." [De Prades ] , Histoire D'Allemagne (wie Anm. 26). S. 38 Samuel Pufendorf, Die Verfassung des deutschen Reiches. Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Horst Denzer. Stuttgart 1976, S. 106 u. 119. 39 Die Schrift von De Prades ist ein Beleg dafür, daß die I667 publizierte Schrift Pufendorfs schon in den siebziger Jahren des 17. Jahrhunderts in Frankreich rezipiert wurde, also bevor die Werke Pufendorfs nach ihrer Übersetzung durch Jean Barbeyrac im l8. Jahrhundert in Europa eine weitgehende Popularisierung erfuhren. Vgl. dazu Sieglinde C. Othmer, Berlin und die Verbreitung des Naturrechts in Europa. Kultur- und sozialgeschichtliche Studien zu Jean Barbeyracs Pufendorf-Übersetzungen und eine Analyse seiner Leserschaft. Berlin 1970. 40 "Auch das Heilige Römische Reich will Pufendorf als einen Staat sehen, der in gewohnte Kategorien der Staatsrechtslehre nicht paßt; auch für ihn bedeutete das Wort "Monstrum" nichts anderes als eine auffallende und ungewöhnliche Unregelmäßigkeit: Quod vocabulum [monstrum ] nihil aliud notat, quam insignem aliquam et inusitatam irregularitatem..." Unter "systema irreguläre" ist bei Pufendorf "ein System von Gliedstaaten ungleichen Rechts" zu verstehen, "das sowohl monarchische Aspekte erkennen läßt, als auch den Charakter eines Bündnissystems aufweist." Bernd Roeck, Reichssystem und Reichsherkommen. Die Diskussion über die Staatlichkeit des Reiches in der politischen Publizistik des 17· und 18. Jahrhunderts. Wiesbaden 1984, S. 26 u. 27. 41 Anton Schindling, Reichstag und europäischer Frieden. Leopold I., Ludwig XIV. und die Reichsverfassung nach dem Frieden von Nimwegen (1679). In: Zeitschrift für historische Forschung 8 (1981) S. 160. 42 Zu den Perspektiven, die der Niederländische Krieg für die Wiener Reichspolitik eröffnete, vgl. Schindling, Reichstag und europäischer Frieden (wie Anm. 41) S. 159-177. 43 "Si la puissance de 1'Empire, qui n'a jamais este
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indivisiblement entre les mains des Princes, a este une assez forte raison pour dissuader ceux qui ont creu que c'estoit un Estat Aristocratique; la conjoncture presente des affaires les doit bien convaincre plus fortement, puis que leur liberte et leur independence sont comme aneanties par leur mal-heureux [! ] engagement ä la guerre contre la France". [Bruneau ], Estat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S. 5; vgl. auch S. 40. 44 Obwohl Jean de Silhon mit Descartes sowie mit dem wegen seiner Eloquenz und seines Briefstils bei den Zeitgenossen angesehenen Literaten Jean Louis Guez de Balzac (1597-1654) befreundet war, der "Academie frangaise" angehörte und in der engeren Umgebung Richelieus und Mazarins nachweislich nicht unbedeutende Funktionen ausgeübt hat, sind wir nicht in wünschenswerter Vollständigkeit über seine Person informiert. Zu den bisher vorliegenden biographischen Daten vgl. Klaus Malettke, Opposition und Konspiration unter Ludwig XIV. Studien zu Kritik und Widerstand gegen System und Politik des französischen Königs während der ersten Hälfte seiner persönlichen Regierung. Göttingen 1976, S. 41-45· 45 "Ce n'est pas que les Empereurs ne s'emancipent souvent, et ne franchissent ces barrieres. Ce n'est pas qu'ils η'ayent essaye de tout temps, et principalement depuis plus d' un siecle de les rompre, et de passer de ces liens et de ces contraintes, a la .liberte des puissances absolues et independantes. Ce n'est pas au moins, que ne pouvant casser et esteindre les Droits et Privileges des Princes et Estats de 1'Empire; il ne tächent tousiours [! ] de se rendre les Maistres des Dietes, en y laissant seulement proposer et resoudre les choses qui leur sont agreables, et qui tournent a leur avantage." Jean de Silhon, Le ministre d 1 Estat, troisieme partie. De la certitude des connoissances humaines. Ou sont particulierement expliquez les principes et les fondemens de la morale et de la politique. Amsterdam 1662, S. 199. - Der erste Teil des "Ministre d'Estat" war ebenso wie der bekannte staatstheoretische Traktat "De la souverainete du Roy" (1632) Le Brets, der "Prince" ( 1 6 3 1 ) Balzacs oder der Philippe de Bethume zugeschriebene "Conseiller d'Estat" (1633) Gegenstand eines unter den Zeitgenossen weitverbreiteten Interesses. Nach Silhons eigenen Angaben soll Ludwig XIII. die beiden ersten Teile des "Ministre d'Estat" gekannt haben. Außerdem waren Silhons Traktate in zahlreichen französi-
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sehen Privatbibliotheken vorhanden. Vgl. dazu Henri-Jean Martin, Livre, pouvoirs et societe ä Paris au XVIIe siecle (1598-1701). Genf 1969, Bd. 1, S. 936f. u. 950; William Farr Church, Richelieu and Reason of State. Princeton N.J. 1972, S. 261. Vgl. Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag (Anm. 5) S. 146ff. - Daß Ludwigs XIV. Reichspolitik nach 1679 es dem Kaiser wesentlich erleichterte, seine Klientel und seine Position im Reich auszubauen und zu stärken, wurde auch von französischen Autoren erkannt. So schrieb der Pariser Priester und Kanoniker Louis Le Gendre in seinem "Essai de l'histoire du regne de Louis le Grand jusqu'ä la Paix Generale 1697· Paris 1697": "II est difficile que ce grand nombre de Souverains [gemeint sind die mächtigen Reichsfürsten] qui dominent en Allemagne, n'aient tous qu1 un meine interest, ou se trouvent de meme avis, que de long-temps on ne les avoit vüs reünis, moins encore pour epouser la quereile de l'Empereur, la maxime fondamentale de la liberte de 1'Empire etant toujours de prevenir, bien loin de favoriser les desseins et 1 ' accroissement de la puissance de son Chef. On avoit peine a comprendre que ces Princes eussent tant d'ardeur a se ruiner eux-memes dans une Guerre, dont le profit seroit tout entier pour lui [d.h. für den Kaiser] , et a se mettre dans 1 1 impuissance de resister quand le temps et les conjonctures feroient naitre dans la suite le desir de les attaquer." (S. 210). "Tellement que dans la verite et selon la disposition naturelle des choses de 1'Empire, la puissance de l'Empereur est tousiours dependante et subalterne, et la dignite Imperiale semble plustost estre une Commission perpetuelle et a vie, derivee de l'autorite des Electeurs et des Dietes; qu'un Tiltre qui luy donne quelque chose de propre, et qui luy laisse la liberte d'agir a son gre, et sans relation et dependence." Silhon, De la certitude des connoissances humaines (Anm. 45) S. 198f. "... s'il [l'Empereur] ne peut rien faire sans les Etats, les Etats ne peuvent rien faire sans luy." [De Prades], Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 6Ο9. "D'ailleurs, si 1' on y considere la forme du gouvernement: La dependence mutuelle qu'il y a entre le Chef et les membres de 1'Empire: La puissance des uns balancee par Celle des autres:..." [De Prades] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 2. - Auch in der neueren Forschung wird betont, daß der
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lische Frieden "das spannungsreiche und prekäre GefUge des Heiligen Römischen Reiches einigermaßen ausbalanciert (hatte)." Vgl. Schindling, Reichstag und europäischer Frieden (Anm. 41) ST 100. "Quoy qu'il en soit les Etats divisez en trois Ordres, les Electeurs, les Princes et les villes franches, sont unis a l'Empereur, comme les membres a leur Chef; et partageant ainsi les droits de la Majeste, gouvernent sous luy, et avec luy, conjointement ou separement, plus ou moins authorisez, selon que leur Dignite s 1 en approche ou s 1 en eloigne." [ De Prades 1 , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 341. "II £=11 Empereur] assemble et congedie les Etats; il propose les Matieres dont il deliberent; concilie leurs suffrages s'ils sont partagez; authorise leurs resolutions quand elles sont formees;..." Ebd. S. 349. "... il fait et defait les Roys, s'ils relevent de 1'Empire, les Dues, les Marquis, les Comtes, les Barons, les Gentilshommes; i.1 accorde ou revoque 1 1 investiture des Fiefs; les Regales dont il est l'origine; les privileges; les immunitez; les lettres de Grace, de Benefice d'äge, de legitimation..." Ebd. S. 348f. "II... met. au ban Imperial les Rebelles d'entre'eux [=Reichsstände] , qui troublent le repos des autres;..." Ebd. S. 349. Antoine Varillas (Sieur de Bonair) wurde im April I62O in Gueret geboren und starb am 9· Juni 1669 in Paris. Er war 1648 Historiograph des Due d'Orleans und von 1655 bis 1662 Ludwigs XIV. Er publizierte l657 als Sieur de Bonair in Paris den "Discours sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne. De l 1 election et couronnement des Empereurs et des Rois des Romains". Auf dem Titelblatt bezeichnete sich Bonair als "Historiographie du Roy et 1' un de 25 Gentilshommes de la Garde Escossaise de son Corps." "On prend neantmoins a ses assemblies generales [ =Reichstage] toutes les resolutions, et c'est Sa Majeste Imperiale qui les convoque du consentement des Electeurs, par les lettres que 1 1 Archevesque de Maience envoye aux trois Estats;... L'Empereur propose..." Bonair, Discours sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne (Anm. 54) S. 127f. Zu Jean de Silhon siehe Anm. 45· "II [ =l'Empereur] dispence le tresor public; contracte les Confederations etrangeres et domestiques; et fait la paix ou la guerre, selon qu'il
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le juge utile. Mais c 1 est du consentement des Etats, ou du moins des Electeurs, sans lequel il ne peut ordonner des interests, ny de tous ensemble, n'y d'aucun en particulier; Et en ce point, quelque absolu qu'il soit, il est lie par le droit etroit du capitulaire. · .11 [De Prades ], Histoire d'Allemagne (Anm. 26) S. 349· Instrumenta Pacis Caesareo-Suecicum Osnabrugense (Anm. 25), Art. VIII, § 2, S. 48 u. 134. Vgl. Bonair, Discours sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne (Anm. 54) S. 124-133 u. 135; [Bruneau] , Estat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S.33, 36f., 40; Silhon, De la certitude des connoissances humaines (Anm. 45) S. 198. Abraham de Wicquef ort (geb 1598 in Amsterdam und gestorben am 23· Februar 1682 in Celle) war 1646 und von 1648 bis 1659 brandenburgischer Resident in Frankreich. Sein Traktat Uber die Kaiserwahl und die Kurfürsten erschien 1658 in Paris. Die Schrift war bereits vor ihrer Erstveröffentlichung Bonair bekannt, denn dieser bezog sich ausdrücklich auf Wicqueforts Ausführung. Vgl. Bonair, Discours .sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne (Anm. 54) S. 89f. Zu Wicquef ort vgl. Ludwig Bittner, Lothar Groß (Hrsg.), Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden. Bd. I: 1648-1715· Oldenburg i.O./Berlin 1936, S. 36, 73 und 85f.; A. J. van de Aa, Biographisch Woordenboek der Nederlanden, bevattende Levensbeschrijvingen van zoodanige Personen, die sich op eenigerlei wijze in ons vaderland hebben vermaard gemaakt. Voortgezet door K.J.R. van Harderwijk en G.D. Schotel. Teil 11. Haarlem 1876, S. 56f.; Georges Pages, Le Grand Electeur et Louis XIV, 1660-1688. Paris 1905, S. 58-68. [ Abraham de Wicquefort ] : Discours Historique de 1'Election de 1'Empereur et des Electeurs de 1' Empire. Par le Resident de Brandebourg. Paris 1668,
s. 163-234.
61 Ebd. S. 142 u. 433-474· 62 Ebd. S. 476-501. 63 "Nous venons de dire que les Princes Electeurs sont Souverains, et c'est sans doute cette Souverainete qui donne le plus de lustre a la dignite Electorale. II est vray que cecy semblera un paradox ä ceux qui croyent que la Souverainete de 1'Empire reside en la personne de 1'Empereur, comme au Chef de la quatrieme Monarchie universelle: mais outre que cette opinion est fort mal establie, nous nous con-
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tenterons de presupposer, comme une verite tres constante, que celuy qui possede tous les droits de Souverainete, est Souverain, et de faire croire que les Princes Electeurs les possedent tous." [Wicquefort 1, Discours Historique (Anm. 60) S. 136. "Le Traite de Munster, en portant la souverainete des Electeurs jusques au plus haut point ou ils la pouvoient souhaiter..." [Bruneau], Etat present des affaires d'Allemagne (Anm~ 26) S. 71· Vgl. Dickmann, Der Westfälische Friede und die Reichsverfassung (Anm. 5) S. 21. Vgl. [ Bruneau ], Etat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S. 72f. Ebd. S. 7 Iff.; [ d e P r a d e s ] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 355-386; vgl. auch Francois de Mezeray, Histoire de France. Paris 1646, S. 402. "Iis sont Electeurs parce qu'ils sont Princes; c'est a dire qu'avec certaine Principaute, ils acquierent 1'Electorat, qui y est attache, non a la personne, qu'autant qu'elle possede la Principaute." [De Prades], Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 371. f De Prades1, Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 387475. Ebd. S. 476-566; Vgl. auch [ Bruneau ], Etat present des affaires d'Allemagne (Anm~! 26) S. 126ff. Vgl. [De Prades1 , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S.467
u.
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72 Ebd. S. 473-475 u. 482f.; zur Regelung der konfessionellen Streitfragen im Westfälischen Frieden vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) s.343-373; Fritz Dickmann, Das Problem der Gleichberechtigung der Konfessionen im Reich im 16. und 17· Jahrhundert. In: Ders., Friedensrecht und Friedenssicherung. Studien zum Friedensproblem in der neueren Geschichte. Göttingen 1971, S. 26-35. 73 "Leur droit de Suffrage [d.h. der Reichsstädte auf Reichstagen] les rend parties necessaires des Diettes, tant particulieres que generales, pour y deliberer, resoudre et connoistre de 1'administration de 1'Empire, selon leurs anciennes prerogatives... Ainsi elles ont voix, mesme decisive, confirmee par la paix de Munster, qui leve les sujets de doute qu'on avoit autresfois.. . " [De Prades 1 , Histoire d'Allemagne (Anm. 26) S. 483f. 74 "Mais s'ils [= les Immediate, qui ne sont point Etats de 1'Empire ] η' ont point de seance, ny de suffrage dans les Assemblies generales ^Reichstage] , s'ils ne sont tenus des Contributions
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publiques, et s'ils ne sont pas sur la Matricule, ils ne sont point Etats de 1'Empire." [ De Prades 1 , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 567f. Zum Bündnisrecht der Reichsstände vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Der Westfälische Frieden und das Bündnisrecht der Reichsstände. In: Der Staat 8 (1969) S. 449-478. Vgl. f Bruneau ], Etat present des affaires d'Allemagne (Anm. 2~6), S. 27f. Vgl. ebd. S. 33, 36f., 40; [ De Prades] Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 349, 483f-, 567; [Wicquefort 1, Discours Historique (Anm. 60) S. 474f· Bonair, Discours sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne (Anm. 25) S. 124-132. Ebd. S. 125f.; vgl. [Bruneau], Etat present (Anm. 2 6 ) S. 3 4 . "... Cercles, et il les a fallu eriger pour maintenir plus aisement un ordre dans 1'Empire, par ces distinctions et departemens, qui font des assemblies particulieres des membres, qui sont comme les Estat de nos Provinces..." Bonair, Discours (Anm. 25) S. 125f. Vgl. auch S. 13Sf"i "...La Chambre Imperiale establie a Spire, qui est comme le Parlement de Paris, lors qu'il n'y en avoit qu'un en France et que tout le Royaume y ressortissoit..." Bonair, Discours (Anm. 25) S. 133· Vgl. [Wicquefort], Discours Historique (Anm. 60), S 142 u. 445-474. Vgl. ebd. S. 142, 445f., 474. "Cependant 1 1 Empereur est en possession de cette dignite, et d'en faire toutes les fonctions des le moment qu'il est elu, et qu'il a preste serment sur le Capitulaire..." [ De Prades ] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 347. Daß mit dem Begriff "Capitulaire" die Wahlkapitulation gemeint war, belegt der Kontext derjenigen Passagen, in denen sich de Prades eindeutig mit der Wahlkapitulation befaßte. Vgl. ebd. S. 347, 349 u. 377. Kleinheyer, Die kaiserlichen Wahlkapitulationen (Anm. 10) S. 111. Vgl. ebd. S. 1 3 5 . Vgl. ebd. S. 112. Vgl. ebd. S. llOf. "II est vray que depuis le commencement de ce dernier Siecle, ce n'a pas este sans contestation, ny sans quelque diminution qu'ils [ = les Electeurs ] ont jouy de cet avantage." [De Prades ], Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 277· Dazu: Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1)
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S. 327-332; Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag (Anm. 5) S. 137f. u. 142f.j Kleinheyer, Die kaiserlichen Wahlkapitulationen (Anm. 10) S. 5; Gerhard Oestreich, Die verfassungspolitische Situation der Monarchie in Deutschland vom 16. bis 18. Jahrhundert. In: Ders., Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Ausgewählte Aufsätze. Berlin 1969, S. 258. Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S.32. Γ De Prades1, Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 609. [De Prades], Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 610613· Die von de Prades genannten Schwächen finden sich teilweise wörtlich in den §§ 7, 8, u. 9 des 7· Kapitels des "De statu imperii Germanica..." Pufendorfs. Vgl. Pufendorf, Die Verfassung des deutschen Reiches (Anm. 38) S. 118-122. Zu Pufendorf vgl. Notker Hammerstein, Samuel Pufendorf. In: Stolleis (Hrsg.), Staatsdenker (Anm. 27) S.174-197. Hammerstein, Pufendorf (Anm. 93) S. 192. "On propose pour le [= ce corps informe ] reformer, de reconcilier les Etats les uns avec les autresj et pour cet effet d'aneantir leurs anciennes pretentions: de les maintenir dans la possession des biens qu'ils ont aujourd 1 huy..." [ De Prades ] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 613 · Bei Pufendorf heißt es: "Die größte Anstrengung ist deshalb auf die Erhaltung der inneren Eintracht zu richten. Die zwingendste Notwendigkeit dafür ist, daß jedem seine Rechte gewahrt bleiben und keiner den schwächeren unterdrücken darf, damit bei aller Ungleichheit der Macht alle die gleiche Freiheit und Sicherheit haben." Pufendorf, Die Verfassung (Anm. 38) S. 128. "...etablir un Conseil perpetuel aux choix des Etats, qui les representera, qui executera ce qu'ils ordonneront, qui examinera les affaires etrangeres, qui les rapportera dans les Assemblees generales, ou la decision s 1 en fera souverainement..." [ De Prades] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 613f·; Pufendorf, Die Verfassung (Anm. 38) S. 128. Zu Bogislaw Philipp von Chemnitz alias Hippolithus a Lapide vgl. Rudolf Hoke, Hippolithus a Lapide. In: Stolleis (Hrsg.), Staatsdenker (Anm. 27) S. 118-128.
98 Vgl. [De Prades1, Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 613. Vgl. Pufendorf, Die Verfassung (Anm. 3 8 ) , Kapitel 8, § 3, S. 125ff. 99 "Mais on demeure d'accord que la pluspart de ces
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remedes sont injustes, et mesmes impossibles... et qu'il faudroit detruire 1'Empire pour en changer le Gouvernement." De Prades , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 614. Vgl. Pufendorf, Die Verfassung (Anm. 38) Kapitel 8, §§ 3 u. 4, S. 125-130. 100 Hammerstein, Pufendorf (Anm. 93) S. 192. 101 Vgl. Anm. 4.
Wolfgang Hans Stein
Richelieu unter den Komödianten. Zur Darstellung Frankreichs in der deutschen Flugblattliteratur des Dreißigjährigen Krieges
Der
Dreißigjährige
Krieg
ist
nicht
nur
mit
dem
Schwert, sondern auch mit der Feder geführt worden. Er war vielleicht überhaupt der erste
Krieg
in
Europa,
der in massiver Weise von einem "ideologischen" Krieg der Flugblattliteratur* begleitet wurde und der Uber 2
die
illustrierten
Flugblätter
städtische Öffentlichkeit
auch
in die
die
vor
allem
"ideologische"
Aus-
einandersetzung einbezog. Während aber die offiziösen Propagandaschriften
in zwar unterschiedlicher
Inten-
sität, aber doch kontinuierlich den ganzen Kriegsverlauf
begleiten,
sind
die
illustrierten
Flugblätter
durch einige wenige politische Konstellationen veranlaßt worden. Sie kommentieren in überwältigender Zahl den pfälzisch-böhmischen Krieg und die Kämpfe zwischen Tilly und Gustav Adolf, während das dänische und das französische Eingreifen in den Dreißigjährigen kaum eine Resonanz in den illustrierten
Krieg
Flugblättern
gefunden hat. Dieser Gegensatz ist vor allem für die Zeit des französischen Kriegseintritts führte
die
1634-36 doch
bemerkenswert,
französisch-habsburgische zu einem wirklichen
Konfrontation
Propagandakrieg
in
der politischen Öffentlichkeit von Frankreich, Spanien und dem Reich, während dies alles für die breitere Öffentlichkeit
offensichtlich
kein Thema war,
für
das
ein nennenswertes Interesse vorhanden war oder zu erwecken
gewesen
wäre.
Politische
und
öffentliche
260
Stein, Richelieu unter den Komödianten
Meinung scheinen hier voneinander abzuweichen. Frankreich wollte unter Richelieu seine innere Stabilität durchsetzen und gegenüber Spanien seine außenpolitische Geltung demonstrieren.
Schloß
einen offenen Krieg gegen Spanien nicht aus, Richelieu
doch
bestrebt,
die
das
so war
Auseinandersetzung
mit
Spanien so lange wie möglich als verdeckten Krieg unterhalb
der
allgemeinen
Neutralität
zu führen.
war in Italien ein Stellvertreterkrieg eine
Passagen-
und
Protektionspolitik
und
im
in dem
Dies Reich
Gebiet
westlich des Rheins, die östlich des Rheins durch eine Bündnispolitik ergänzt werden sollte. Die Protektionspolitik hatte eine innere
Dynamik,
die
dazu
führte,
daß Uber den - subjektiv durchaus gegebenen- defensiven Ansatz ein
der
stärkeres
Passagenpolitik militärisches
hinaus
doch
Engagement
faktisch
entlang
der
Rheinlinie eingegangen wurde. Die Bündnispolitik wurde in
augenscheinlicher
Überschätzung
der
schwedischen
Position im Reich mit so großen Bedingungen verknüpft, •5 daß sie vor der Schlacht bei Nördlingen nicht mehr zum Tragen kam. Nach schen
Machtstellung
plötzlich rische
dem sah
unzureichend
Konfrontation
Zusammenbruch sich
Frankreich
vorbereitet
mit
dem
der
in
Kaiser
schwedi-
dann
eine
verwickelt,
nur die Alternative Krieg oder Rückzug
aber
militädie
Ubrigzulassen
schien. Spanien hatte nach dem Auslaufen des Waffenstillstandes mit den Generalstaaten den Krieg erneuert und bemühte sich, dazu die Hilfe von Kaiser und Reich zu gewinnen. Daneben suchte es seine Position in Italien gegen Frankreich zu stabilisieren. Durch die Besetzung der Pfalz im böhmisch-pfälzischen Krieg hatte es eine Vorleistung erbracht, erhielt aber seinerseits nur
sporadisch
Hilfe
von Kaiser
und
Liga.
Erst
das
261
Stein, Richelieu unter den Komödianten
schwedische
Eingreifen
brachte
eine
gesamthabsbur-
gische Aktion zustande, die mit der Schlacht bei Nördlingen
auch
einen
spektakulären
Erfolg
brachte,
der
freilich für den Kaiser wichtiger war als für Spanien. Immerhin führte der Zug des Kardinalinfanten auch zur Stärkung der spanischen Kräfte in den Niederlanden und zu einer neuerlichen Unterstützung Spaniens durch kaiserliche
und
ligistische
Truppen
gegen
die
General-
staaten . Während Spanien im Reich auf einen Ausgleich drängte, um ein beruhigtes
Reich
gegen
die
staaten und gegen Frankreich mobilisieren
General-
zu können,
suchte der Kaiser seine Neutralität gegenüber den Generalstaaten und Frankreich zu bewahren, um sich auf die Durchsetzung
seiner reichspolitischen
Ziele
kon-
zentrieren zu können. In diesem Zusammenhang war
die
am
21.
Mai
l635 in Brüssel durch einen Herold übergebene französische Kriegserklärung an Spanien^ nach der Erneuerung der französisch-staatischen Allianz am 8. Februar 1635 und nach der Verlängerung des französisch-schwedischen Bündnisses am 28. April
1635 eine
politische
Wende,
die sowohl an der neuen Front Stärke demonstrierte wie auch von der damals für
Frankreich
schwierigen
Ost-
front gegenüber dem Reich ablenken sollte. Die
französische
Kriegserklärung
einem heftigen Flugschriftenkrieg begleitet.
war
von
Bezeich-
nenderweise ist er vor allem zwischen Frankreich und Spanien zwischen schöner
geführt
worden,
Frankreich Parallelität
und
während dem
der
Kaiser
demaskierten
die
Schriftenstreit zurücktrat.
In
französischen
und spanischen Propagandaschriften den "Imperialismus" des
jeweiligen
Gegners
als
"Ideologie",
hinter
der
sich allein machtpolitische Interessen verbergen wür-
262
den,
Stein, Richelieu unter den Komödianten
eine
unter-
schiedliche Rechtfertigung erhielt: Frankreich
während
der
eigene
"Imperialismus"
recht-
fertigte seine Interventionspolitik mit dem Schutz der Freiheit der von Spanien bedrohten Staaten und Stände^, Spanien rechtfertigte seine Kriegspolitik mit der Sicherung des Friedens in seinem Reich gegen die französischen Angriffe^. Das Interesse des Reiches war damals ganz auf den Prager Frieden gerichtet,
von
dem
man sich allgemein einen wirklichen Frieden erhoffte, so daß die französische Propaganda im Reich bei einer Kritik des Prager Friedens und der damit
verbundenen 7 Warnung vor· einem kaiserlichen Absolutismus ansetzte , während
die
französischen
Protektionsbeziehungen
zu
einer Reihe von linksrheinischen Ständen und Städten kaum als Thema der französischen Propaganda erschei8 nen . Während die
aktuelle
also
die
politische
offiziösen
Flugschriften
Auseinandersetzung
zwischen
Frankreich, Spanien und dem Kaiser doppeln, findet man in
den
zeitgenössischen
illustrierten Flugblättern ο keinen Reflex dieses Streites . Schon dies gibt den Flugblättern
eine
publizistische
Eigenständigkeit.
Zwar teilen sie mit den Flugschriften
den meist
pro-
noncierten Parteienstandpunkt, aber eine offiziöse Anregung der illustrierten Blätter hat sich bisher nicht erkennen lassen'". Die Flugblätter wurden vielmehr von privaten Verlegern herausgebracht, und Art und Häufigkeit, in der die Blätter auf gegebene Anlässe reagierten, durfte sich nach der Aussicht auf einen möglichen Absatz gerichtet haben. Der Markt
für
diese
Blätter
war vor allem das städtische Bürgertum, dessen gebildete FUhrungsschichten die oft enigmatischen Deutungen der
Flugblätter
verstehen
konnten,
dessen
breitere
Mehrheit aber ebenfalls von den oft drastischen
Dar-
Stein, Richelieu unter den Komödianten
263
Stellungen der Bilder angesprochen wurde. Diese Ausrichtung auf ein nicht
zu begrenztes
Publikum
macht
die Blätter als historische Quelle^* interessant, denn sie bieten die Möglichkeit, Rückschlüsse auf Stimmungen und Meinungen breiterer Bevölkerungskreise zu gewinnen . Bei diesem Publikum war Frankreich nun während das
des ganzen mit
Krieges
augenscheinlich
Parteiergreifung
Kaufreaktion
oder
hervorgerufen
Spott
hätte.
kein
eine
Thema,
besondere
Jedenfalls
sind
Blätter, die Ereignisse der französischen Politik zum Thema haben, unter den deutschen
illustrierten
blättern des Dreißigjährigen Krieges
Uberaus
Flug-
selten.
Bekannt geworden sind mir nur zwei bei Jakob von der Heyden in Straßburg gedruckte von La Rochelle
Blätter
über
den
Fall
1627 und
Uber den Regierungsantritt 12 > dem vielleicht noch ein 1 französisch-eidgenössische Allianz
der Königinwitwe Anna 1643 Blatt
Uber
die
hinzugefügt werden kann. Außerdem
erscheint
Frankreich
auf
einigen
Blättern, auf denen alle am Krieg beteiligten Mächte dargestellt
sind.
So
figuriert
bei
einem
imaginären
Hoffest des Winterkönigs 1621, bei dem dessen Verbündete und Gegner satirische Rollen als Hofbeamte übernommen haben, der französische König als Pförtner, der die Türen schließt, damit die Calvinisten nichts rauben können, da er in seinem eigenen Land entsprechende Erfahrungen
gemacht
habe^.
erscheint der französische der
Endphase
kriegführenden
In
ganz
ähnlicher
Weise
König auf einem Blatt
des Krieges
als Tänzer
Mächte 1 ^.
Schließlich
im hat
Ballett
aus der
Frankreich
auch in den Allegorien auf den Westfälischen
Frieden
seinen Platz neben Schweden und dem K a i s e r ^ . Etwas häufiger sind allerdings Blätter, auf
264
Stein, Richelieu unter den
Komödianten
denen Frankreich als Teil der schwedischen Partei in Erscheinung
tritt.
Schon
auf
einer
Darstellung
des
Schiffes, mit dem Gustav Adolf
1630 in Pommern landete, erkennt man einen Hahn mit einem Geldsack 17 . Ist hier die Interpretation nicht ganz sicher, ob es sich 18 um den gallischen Hahn oder um ein Sinnbild der Ge19 neralstaaten oder der Hanse handelt , so erscheint Frankreich
aber
auf
anderen
Blättern
eindeutig
als
Teil der schwedischen Partei. Auf einer gleichzeitigen Darstellung der Weltuhr ist Frankreich zusammen mit den Generalstaaten und England der Krone Schweden zu20 geordnet . Schärfere Kontur gewinnt Frankreich dann auf einigen katholischen Flugblättern Uber den Leipziger Konvent
(10. Februar
- 2. April
I63I),
bei
dem
sich der Kurfürst von Sachsen vergeblich bemühte, gestützt
auf
seine protestantische
Klientel
und
unter
dem Druck des schwedischen Vormarsches den Kaiser zu einer Einigung mit den Protestanten im Reich zu bewegen. Frankreich unterstützte
diese Politik durch pa-
rallele Missionen zu den protestantischen
und katho-
lischen Reichsständen, wenn auch sein Ziel die Bildung einer sich an Frankreich anlehnenden "dritten Partei" zwischen Kaiser und Schweden war. In Übereinstimmung mit der kaiserlichen
Reaktion auf den Leipziger Kon-
vent, die den Kurfürsten
barsch
vor
die
Alternative
stellte, sich entweder bedingungslos dem Kaiser
oder
aber dem Schweden anzuschließen, gehen die Flugblätter auf diese politischen Intentionen nicht ein und verspotten den Leipziger Konvent als gescheiterten 21 Versuch einer schwedischen Parteibildung im Reich . Das auf dem Konvent durch einen eigenen Gesandten vertretene Frankreich erscheint dabei als ein unbrauchbarer Verbündeter, der seine Hilfe davon abhängig macht, daß ihm selbst ein direkter Nutzen für das eigene Land ga-
Stein, Richelieu unter den Komödianten
265
22
rantiert sigkeit
wird und
. Dieser
den
Spott
Eigennutz
des
Ub.er
die
Unzuverläs-
französischen
Bundes-
genossen verbindet sich mit einer ersten leisen Warnung
vor
französischen
Gebietsansprüchen.
gleichen Flugblatt figurieren auch einige de, darunter die Reichsstadt
Straßburg,
Auf
dem
Reichsständie
sich
in
ihrem Widerstand gegen einen kaiserlichen 2 3 Zugriff auf eine mögliche französische Hilfe beruft - Straßburg ging in der Tat zu diesem Zeitpunkt zwar sehr vorsichtig, aber doch erstmalig auf französische
Hilfsange-
bote e i n ^ . Auf einem weiteren Flugblatt, auf dem der Zug von katholischen Fürsten dargestellt wird, die als Bräute genau die Länder mit sich25führen, die die Protestanten hatten erobern wollen , wird dieses Motiv weitergeführt,
indem
auf
Frankreichs
Bemühungen
um
Straßburg ("Frankreich mit Straßburg folgen 2 6 sol") mit dem Anspruch von Lothringen auf das Elsaß repliziert wird ("Lothringen Elsaß nit kundt entbern"). Solche kaiserlich-katholische
Polemik
gegen
Frankreich und die Protestanten mußte mit dem Anschluß Sachsens an Gustav Adolf und mit dem Sieg bei Breitenfeld am 18. September
16 31 enden. Auf den nun er-
neut dominierenden protestantischen Flugblättern tritt Frankreich werden
wieder
kann
nur
mehr
in
den
Hintergrund.
Erwähnt
eine
allegorische Darstellung des 27 schwedischen Einfalls nach Bayern , auf der der gallische Hahn den Siegeszug von Gustav Adolf mit lautem
Gekräh
begrüßt.
illustrierten
Schließlich
Flugblättern
endet
mit
diese
einer
Reihe
von
emblematischen
Darstellung der Allianz der Kronen Schweden und Frankreich mit den protestantischen Reichsständen 2 8 im Heilbronner Bund nach dem Tode Gustav Adolfs . Bei all diesen Blättern ist Frankreich aber nur im Kontext der Darstellung anderer Themen erwähnt, ohne daß es selbst
266
Stein, Richelieu unter den Komödianten
eigentlicher Gegenstand der Flugblätter wäre und ohne daß es deshalb auch im Titel Erwähnung fände. Vor diesem Hintergrund verdienen zwei Blätter besondere Aufmerksamkeit, die sich beide auf den französischen Kriegseintritt von 1635 beziehen. Stehen sie
in ihrer
kaiserlich-katholischen
Polemik
in der
Nachfolge der Flugblätter über den Leipziger Konvent, so ist im Unterschied zu diesen Blättern hier nun aber Frankreich
und
die französische
Politik
einmal
aus-
drücklich thematisiert und deshalb schon im Titel der Blätter erwähnt. Sie sind nicht unbekannt, wurden aber bisher
noch
nicht genauer
betrachtet.
Das
erscheint
verständlich, denn stilistisch bieten sie wenig Besonderes. Vielmehr gehören sie zu den häufig vertretenen illustrierten Flugblättern in Form eines fiktiven Dialoges, der als Gespräch zwischen historischen Figuren oder auch durch den zusätzlichen Kunstgriff der Einführung
einer
erfundenen
Person mit
allen
dramatur-
gischen Mitteln des Theaters eine kurze, komprimierte Ereignisdarstellung
und
-deutung ermöglicht.
Dagegen
erschließt sich die Besonderheit der Blätter in Thema und Zusammenhang erst durch eine historische Interpretation .
29 Das erste Blatt
zeigt ein Gespräch der als
Frauen personifizierten Städte Augsburg und Ulm untereinander und mit dem französischen König. Es ist undatiert, aber aus der geschichtlichen Situation, die dem Blatt zugrunde liegt, werden Tendenz und Zeitpunkt des Blattes deutlich erkennbar. Nach der Schlacht bei Nördlingen am 6. September 1634 besetzten die Kaiserlichen schnell ganz Süddeutschland. Allein die Reichsstädte Augsburg, Memmingen und Ulm konnten halten.
Aber
auch
Truppen
blockiert
sie und
wurden sollten
von
den
sich noch
kaiserlichen
ausgehungert
werden.
267
Stein, Richelieu unter den Komödianten
Wirklich belagert wurde jedoch nur Augsburg, das sich •30 am 14. März dann auch ergeben mußte . Dagegen konnten sich Memmingen und die starke Festung Ulm behaupten, bis aufgrund des inzwischen am 30. Mai 1635 geschlossenen Prager Friedens ein Anschluß an den Kaiser zu weitaus günstigeren Bedingungen möglich war. Ulm vollzog so am 27. Juli 1635 seinen Beitritt zum Prager Ή Frieden
. Daß
die
Belagerung
von
Augsburg
forciert
worden war, hatte aber nicht nur militärische Gründe. Augsburg war eine der "heiligen" Städte des Protestantismus,
und
die
Durchführung
des
Restitutionsedikts
1629 sowie die Einnahme - der Stadt durch Gustav 1632 hatten ein breites Echo in der 12 Publizistik gefunden testantischen Erfolg,
den
protestantischen
. Nun war die Einnahme des "pro-
Jerusalem" die
Adolf
auch
katholische
ein
propagandistischer
Publizistik
nicht
ver-
säumte zu feiern. Dies ist der Ansatz des Flugblattes, auf dem in einem fiktiven Gespräch die Stadt Augsburg nach der Kapitulation die Schwesterstadt Ulm vor ihrem Schicksal warnt und zur
Kapitulation
vor
dem
Kaiser
rät. Die damit gegebene Datierung des Blattes auf den Sommer 1635 kann aber noch präzisiert werden durch die Erwähnung des Angriffs kaiserlicher Truppen unter dem Herzog
von
Lothringen
und
Jan
von
Werth
auf
Loth-
ringen, der Mitte Juni 1635 begann, im September aber abgebrochen wurde, so daß das Blatt auf Juni/Juli 1635 zu datieren ist
.
Das Bild des Blattes zeigt drei stehende Figuren: die als Frauen personifizierten Städte Augsburg und Ulm sowie den französischen König. Trotz der wegen des langen Textes kleinen Ausmaße des Bildes ist die Darstellung ation wird
gut in
durchkomponiert.
der
Gestik
klar
Die
Gesprächssitu-
ertennbar,
die
weib-
lichen Figuren sind in Kleidung und Körperhaltung kon-
268
Stein, Richelieu unter den Komodianten
trapunktisch aufeinander bezogen, und der als Kavalier gekleidete König ist geschickt in leicht asymetrischer Stellung zwischen die beiden weiblichen Figuren eingefügt.. Eine bewußte Komposition lativ
lange
dreispaltige
zeigt auch der re-
Kommentar
von
152
paarweise
gereimten Knittelversen. Er ist in drei Teile dert,
die
in
steter
Steigerung
pointiert
geglie-
enden:
zu-
nächst mit der Aufforderung Augsburgs, sich dem Kaiser zu
ergeben,
(V.58/60),
was
von
Ulm
entschieden
dann umgekehrt
mit
dem
abgelehnt
Wunsch
wird
Ulms,
sich
dem Kaiser zu ergeben, wenn es unter Wahrung der Religionsfreiheit als
geschehen
Illusion
könne,
zurückgewiesen
was von wird
Augsburg
aber
(V.102-109),
und
schließlich mit dem Entschluß von Ulm zur bedingungslosen Kapitulation vor
dem Kaiser
(V.150).
Der
erste
Teil berichtet in drastischer Konkretheit von der Hungersnot
in Augsburg
während
was Ulm aber trotz der Verlust
der
der
dortigen
eingeschobenen
schwedischen
Hilfe
gerade
Belagerung,
Klage
über
den
noch
mehr
zum
Widerstand motiviert. Der zweite Teil geht ein auf die protestantischen Augsburg offen gion" lassen
Prediger, die in der Schwedenzeit
"wider den Keyser vnd Catholisch
(V.89) gepredigt müssen,
wobei
haben der
und
nun
Augsburger
die
in
Reli-
Stadt
ver-
Hauptprediger
Johann Conrad Göbel besonders angegriffen wird^^. Ulms Bitte um Religionsfreiheit wird deshalb scharf zurückgewiesen. Im dritten Teil wird dann das schon
leitmo-
tivartig vorbereitete Thema einer französischen (V.68, 8l) durch
das Auftreten
des
Hilfe
französischen
Kö-
nigs aufgegriffen. Aber der König legt nur dar, daß er von Spanien über England, die Niederlande, die rheinischen
Kurfürsten,
Savoyen
und
Italien
("Welsche
Fürsten" V. 122) ringsum von Feinden bedrängt wird und
Stein, Richelieu unter den Komödianten
daß nun der Kaiser mit
verschiedenen
Heeren
269
sogar
in
sein Reich eindringen will. So kann er den Reichsstädten keine Hilfe bringen und ihnen nur
den Rat
geben,
sich zu ergeben. Daraufhin bricht Ulm zusammen, und es bleibt der Stadt nur noch übrig, sich bedingungslos zu ergeben. Die Rolle Frankreichs ist so nur ein Nebenthema
des Blattes,
französischen
das aber
Königs
als
durch
das
Auftreten
Handlungsfigur
des
des
Dialogs
und durch seine Nennung im Titel des Blattes besonders hervorgehoben wird. Die fiktive Erklärung des Königs, warum er keine Hilfen leisten könne, war wirkungsvoller,
als
eine
dabei
militärische
um
so
Unterstützung
der schwedischen Partei durch Frankreich damals in der Tat zur Diskussion gestanden hatte. Nach dem Zusammenbruch
der
schwedischen
Position
im
Reich
Schlacht bei Nördlingen hatte Frankreich Rolle Schwedens gegenüber ganisierten erhofften
den im Heilbronner
protestantischen
sich vor
allem
Ständen
in
der
faktisch die Bund or-
übernommen.
die vertriebenen
Nun
protestan-
tischen Stände in Südwestdeutschland ein französisches Eingreifen
gegen
die Reichsstädte strategischen
die
kaiserlichen
Augsburg
Planspielen
Truppen,
und
und
Ulm werden in solchen 35 genannt . Aber Frankreich
wollte seine eigenen Armeen nur zur Behauptung linksrheinischen
Protektionsstände
einsetzen,
Operationen
rechts
des
Rheins
Heilbronner
Bundes
und
allenfalls
Truppenunterstützung Rumpfbund aber
auch
erfolgen
allein mit
sollten.
1635 nicht mehr
im
in der
seiner während
Namen
des
französischer Dazu Lage,
war
der
vielmehr
konnten sich umgekehrt seine noch verbliebenen Truppen unter
Bernhard
Frankreich
von
halt en.
französische
Weimar Das
nur
durch
Flugbl att
Zurückhaltung
als
Anlehnung
verspottet
Schwäche
und
so
an di. e
stellt
Stein, Richelieu unter den Komödianten
270
Frankreich deutlich als Teil der antikaiserlichen und antikatholischen Partei dar. Bezogen auf die oberdeutschen
Reichsstädte
aber
ist
der
Dialog
eine
mierung, denn Augsburg und Ulm hatten sich die
Jahreswende -
trennt
Δ
1634/35
vom
Heilbronner
Diffa-
schon Bund
um ge-
und bereiteten einen Ausgleich mit dem Kaiser
vor. Zutreffend ist jedoch die Isolierung der Städte, die
geschickt
dargestellt
ist,
französische Hilfe in Beziehung bereits
gescheiterten
indem
die
gesetzt
schwedischen
erwartete
wird
Hilfe
zu
und
der
indem
dann der französische König selbst seine bedrängte Lage eingesteht, wegen der er die Städte ihrem Schicksal Uberlassen muß. Insgesamt
sucht
das
Blatt
von
katho-
lisch-kaiserlichem Standpunkt aus Ulm zur Kapitulation zu überreden,
und es tut dies um
so
wirkungsvoller,
als dies durch einen Dialog geschieht, der eine innerprotestantische Diskussion wiederzugeben vorgibt ("unsere Religion" V. 109).
Ob
das
Blatt
auf
die
Ulmer
eine große Wirkung ausgeübt hat, darf jedoch bezweifelt werden, wie es auch in Ulm nicht überliefert ist. Vielmehr ist in dem Blatt vor allem ein Appell an die eigene Partei zu sehen, so daß der Druckort des Blattes im kaiserlich besetzten Süddeutschland, wenn auch nicht unbedingt in Augsburg selbst zu suchen ist. -57
Das zweite Blatt
zeigt ebenfalls ein Ge-
spräch, nun zwischen dem französischen König und Kardinal Richelieu auf der einen Seite und dem Hofnarren auf der anderen Seite, das in den gleichen hang der französisch-habsburgischen
Zusammen-
Auseinandersetzung
von 1635 gehört. In der bildlichen Darstellung stehen in durchaus ähnlicher Komposition wie auf dem ersten Blatt König, Kardinal und Hofnarr in einer Gesprächssituation nebeneinander, die die Zuordnung der Figuren
Stein, Richelieu unter den Komödianten
271
erkennbar werden läßt. Deutlicher wird gegenüber
dem
ersten Blatt aber die stereotype Darstellung von König, Kardinal und Narr, was der Szene etwas Theaterhaftes gibt. Der dreispaltige
Text
gereimten
dazu
dessen
Knittelversen
kritische,
fügt
von
94
einen
antifranzösische
paarweise Kommentar,
Tendenz
schon
im
Titel mit der Bezeichnung des Hofnarren als "Schalcksnarren Jan Potagie" angedeutet ist. Das
Blatt
ist
undatiert,
läßt
sich
aber
durch zwei Ereigniserwähnungen ziemlich genau einordnen.
Einmal
ist
die
Eroberung
durch den Kardinalinfanten
der
Schenkenschanze
am 26. Juni
1635 erwähnt,
und zum anderen bezieht sich die Anspielung, daß die DUnkirchener
den Holländern
die
Netze
abgeschnitten
hätten und mithelfen würden, Heringe zu fangen, augenscheinlich auf den Coup der Vernichtung zweier tischer
Heringsflotten
DUnkirchen
stationierte
in
der
Nordsee
spanische
durch
Armada
am
staa-
die
in
17. und
20. August 1635. Beides waren markante Daten in dem spanischniederländischen
Krieg. Nachdem
der
spanisch-staati-
sche Waffenstillstand 1620 ausgelaufen war, hatten die Spanier bei den seit 1621 wieder beginnenden Feindseligkeiten zunächst
das militärische
sie zu der spektakulären,
Übergewicht,
das
aber strategisch wenig be-
deutsamen Einnahme von Breda 1625 nutzten. Danach aber wurden sie von den Generalstaaten Defensive gedrängt, denen
immer mehr
1632 die wichtige
in die Einnahme
von Maastricht gelang. Die Ankunft des Kardinalinfanten mit
11 000 Mann
spanischer
Truppen
in den
Nie-
derlanden bot dann 1634 die spanischerseits erwartete Möglichkeit,
das
Kräfteverhältnis
wieder
Spaniens zu verändern. Trotzdem kam es aber
zugunsten zunächst
zu keinem durchschlagenden spanischen Erfolg, und dann
Stein, Richelieu unter den Komödianten
272
schienen
die
Erneuerung
Allianz
und
die
der
französisch-staatischen
offizielle
französische
Kriegs-
erklärung an Spanien die Möglichkeit einer spanischen Überlegenheit
vollends auszuschließen.
In dieser
tuation gelang dem Kardinalinfanten die Einnahme
der
gelegenen Festung
an
der
Bifurkation
Schenkenschanze war
eine
am
von
26.
staatische
Rhein
und Waal 18 1635 · Die
Juli
Hauptfestung,
die
Zugang in die Generalstaaten über den Rhein und
die
vom
Statthalter
häufig
Si-
überraschende
als
Ort
den
sicherte
für
Trup-
penvisitationen zum Beginn der Feldzüge gewählt worden war. Zwar konnten die staatischen Truppen die Q Festung nach längerer Belagerung am 30. April 1 6 3 6 zurückgewinnen, spanische
aber
während
dieser
Zeit
stellte
Garnison in der Schenkenschanze
die
eine echte
Gefährdung der staatischen Verteidigungslinien dar. Die Generalstaaten hatten zwar eine größere
Flotte
als Spanien,
aber
diese
weitaus
war
zu
zer-
streut und reichte nicht aus, um gleichzeitig in Übersee
zu
kämpfen,
Fischereischiffe
die
holländischen
zu eskortieren und
Handels-
die
und
flandrischen
Häfen zu blockieren. So konnten besonders in den zwanziger Jahren des 17.Jahrhunderts die spanische Armada und private Piraten von Dünkirchen aus dem Handel und der Fischerei der Generalstaaten empfindliche Verluste zufügen.
Die
Vernichtung
huizen
(Nordholland) am
Teiles
der
der
Maas-Heringsflotte
stellte den Höhepunkt
Heringsflotte
17· August am
und 20.
von
Enk-
eines
großen
August
1035^
dieser Aktivitäten
dar, aller-
dings auch deren Wende, denn danach sanken die Beuteergebnisse ständig ab. War die Kaperung der Heringsflotten vor allem ein wirtschaftlicher Verlust für die Generalstaaten, der auch die innenpolitischen Spannungen zwischen
Stein, Richelieu unter den Komödianten
den
Provinzen
verstärkte,
Schenkenschanze
durch
Kriegsereignisse
die
so
war
die
Spanier
Einnahme
eines
des Dreißigjährigen
273
der
der
großen
Krieges.
Es
ist
deshalb verständlich, daß man spanischerseits dem Erfolg die größtmögliche und
eine
Publizität
Flugschrift^*
darüber
zu geben
versuchte
verbreitete.
Ebenso
verständlich ist es auch, daß man staatischerseits das Gleiche bei der Rückgewinnung tat, wovon ein niederländisch-französisches Flugblatt aus der Zeit kurz vor der erfolgreichen Beendigung der Belagerung durch die Generalstaaten spräch
zeugt^.
zwischen
dem
Das
Flugblatt
französischen
Richelieu und dem Schalknarren bald nach Ende August
Jan
über
König,
das
Ge-
Kardinal
Potagie
1635 zu datieren^.
auch gestützt durch die Erwähnung, daß der
ist
also
Dies
wird
französi-
sche König Lothringen wieder verlassen müsse, was sich auf
die
Feldzüge
der
kaiserlichen
Armeen
unter
Herzog von Lothringen von Juni bis September
dem
1635 und
Gallas von September bis November 1635 nach Lothringen bezieht. Das Blatt macht durch die Einführung der komischen Figur das Szenario der englisch-deutschen Wanderbühnen^
für
die
schen Komödianten hunderts
in
Darstellung
erschienen
Deutschland,
17·Jahrhunderts
in
nutzbar.
seit
Ende
spielten
deutscher
schon vor dem Dreißigjährigen
Die
seit
Sprache
engli-
des. 16.JahrAnfang
und
Krieg mit
waren
des so
regelmäßigen
Gastspielen in den größeren deutschen Städten und Residenzen zu einer Institution geworden der
Handlungsfigur
des Hofnarren
Figur aus dem Theaterkanon historisch
gedachte
macht
Der Austausch
durch nun
Gesprächssituation
die
die als
komische
eigentlich Theater-
stück erkennbar und erlaubt, aus der Perspektive
des
gesunden Menschenverstandes in Übereinstimmung mit dem
Stein, Richelieu unter den Komödianten
274
Publikum eine dekuvrierende Kritik gegen die höfische Ebene
anzubringen.
Die
Bühne
ist
stellungsebene für eine fiktive
so nicht
nur
Dar-
geschichtliche
Hand-
lung (was auch für das erste Flugblatt gilt), sondern sie
ist
vor
allem
Mittel
einer
satirischen
pretation und Medium zur Herstellung einer
Inter-
inhaltli-
chen Übereinstimmung mit dem Leser und Betrachter des Flugblattes. Die Verwendung von Elementen der Wanderbühne in dem hier interpretierten Flugblatt steht nicht allein. Die Technik, durch Anleihe bei den Bühnenmotiven die Attraktivität der Flugblätter
zu erhöhen, war so
naheliegend^"*, daß das Motiv auch mitunter aufgesetzt und ohne zwingende Verbindung mit dem Thema des Flugblattes erscheinen konnte^. Bemerkenswert ist die Aktualität
der
aufgegriffenen
Motive.
lustigen Figur in den Stücken 1620
Pickelhering
erstmals
Stücken im Druck genannt Pickelhering
auch
auf
der Name Jean Potage
ΑΠ
Als
Name
der Wanderbühnen
in
einer
der wird
Sammlung
von
, und schon 1021 erscheint ΑR Flugblättern . Ebenso taucht
(Schambitasche) für die lustige
Figur erstmals I63O in einer Sammlung im Druck
auf^,
und schon 1630/31 findet man die neue Figur auf einem Flugblatt"^. Erscheint dort die Figur des Jean Potage noch ohne spezielle Nationalitätstendenz, so steht sie in
dem
direktem
hier
interpretierten
Verhältnis
zum
Thema
Flugblatt des
von
Blattes
später geradezu zum Typ des Franzosen
1635 und
in
wird
schlechthin^*.
Das Aufgreifen der neuen komischen Figur des Jean Potage aus dem Repertoire der Wanderbühne und deren Einbindung
als
Hofnarr
in
einen
fiktiven
historischen
Dialog zeigt also modisches up-to-date und verrät auch literarisches Geschick, die Kritikelemente des C2 Theaters für die politische Satire nutzbar zu machen .
275
Stein, Richelieu unter den Komödianten
Dies bestätigt
auch der Text des Dialoges.
Schon in der Einführung (V. 1-19) wird in Rede und Gegenrede das Motiv des Aus-dem-Lande-jagen vorgestellt, das dann den ganzen Dialog leitmotivartig
durchzieht
und den eigentlichen Angelpunkt der Satire bildet. Der Hauptteil (V. 20-73) nimmt dieses Motiv wieder auf und verbindet es mit einem Angriff auf Kardinal Richelieu, der nicht nur außer Lande, sondern sogar
zum
Teufel
gejagt werden müßte (V. 20). Zum Beweis wird die Stärke der Kriegsgegner
Frankreichs dargestellt, die von
England Uber die Niederlande,
das
Reich
und
Italien
("Welschland" V. 58) bis nach Spanien das französische Königreich ganz eingekreist haben, und was in dem Bild des Banketts, bei dem die Gegner Frankreichs das Königreich wie eine Gänsepastete
mit
Messer
und
Piron
zerlegen und verzehren, zur Kulmination geführt wird. Der Epilog (V. 74-94) nimmt den Angriff auf die Person des Kardinals
auf, worauf
trauensbekundung
der
antwortet,
die
König mit aber
einer
angesichts
Verder
dargestellten Machtverhältnisse nicht verfangen will. So endet das Blatt mit einer erneuten Warnung an den König. Von hierher gewinnt das Motiv des Botenberichts
des
aus
der
Fremde
zurückkehrenden
und die flamisierte Namensform
des Jan
Hofnarren
Potagie
eine
zusätzliche Spitze. Setzt man das Blatt in Beziehung zu der wohl implizierten, wenn auch nicht ausdrücklich aufgegriffenen spanischen
französischen
König
durch
die
Kriegserklärung
an
Entsendung
franzö-
des
den
sischen Herolds Jean Gratiolet nach Brüssel, so ergibt sich, daß nun durch den als Hofnarren aus den Niederlanden zurückkehrenden Jan Potagie die Warnung an den französischen König gerichtet wird j daß er
sich
mit
dieser Kriegserklärung übernommen habe und Gefahr lau-
276
Stein, Richelieu unter den Komödianten
fe, sein Land zu verlieren· Über das Blatt hinaus wird hier in subtiler Form der Propagandaschlag der französischen Kriegserklärung dem Gespött preisgegeben. Es handelt
sich
also
um
ein
prospanisches
bzw. proniederländisches Parteiblatt, das im Jahre der französischen
Kriegserklärung
an
Spanien
Frankreichs
Ansehen herabsetzen will. Die Erwähnung einer ganzen Reihe
konkreter
Ereignisse
aus
dem
spanisch-staati-
schen Krieg läßt an eine Entstehung des Blattes in den spanischen lichen
Niederlanden
oder
Reichsterritorien
einkleidung
und
die
den
benachbarten
denken.
Erinnerung,
Die daß
ganze
westThemen-
Frankreich
das
Herzogtum Lothringen wieder aufgeben müsse und bei den Reichsstädten zielt
aber
keine Unterstützung mehr
auf
ein breiteres
finden
Publikum
im
würde,
Süden
des
Reiches. Interpretiert
man
diese beiden
Flugblätter
unter einem historischen Aspekt, erkennt man, daß sie nicht nur in einem chronologischen hen, indem sie sich
beide auf
die
Zusammenhang
ste-
französisch-habs-
burgische Auseinandersetzung im Sommer und Herbst 1635 beziehen. Beide Blätter beziehen sich auch formal und inhaltlich lierung
aufeinander.
des
Titels
Die
in
Parallelität
seiner
der
Formu-
Zweigliedrigkeit
von
sachlichem Thema und dramaturgischer Aufführung der an dem Dialog jeweils beteiligten Personen fällt auf, und auch
inhaltlich
ist
das
Hauptargument
der
völligen
Einkreisung Frankreichs durch Spanien und seine Verbündeten übereinstimmend.
Nach den
vorgenommenen
Da-
tierungen müßte das zweite Blatt von September/Oktober 1635
auf
das
erste
Blatt
von Juni/Juli
1635
geant-
wortet haben. Dies wird auch durch die Texte gestützt. Wenn im zweiten Blatt dem französischen wird:
"Auff d'Reichstätt
König gesagt
hast du nichts zu bawen.
/
277
Stein, Richelieu unter den Komödianten
Dann sie thuen dir nit trawen" (V. 63-64), das wohl
zu Recht
auf
sein, wo Ulms Meinung:
das erste
Blatt
so dürfte
zu
beziehen
"Auff den Franzosen
thun
wir
noch bawen" (V. 8l) die Antwort Augsburgs erhält: "Ja ist ihm auch nit gar zu trawen" (V. 82). Andererseits nimmt auch das erste Blatt mit den von Augsburg gesprochenen Versen: "Wirst auch wol gewiß haben vernommen, / Was mir zu letz fur ein Prouianthauß bekommen" C -I (V. 43-44), auf ein früheres Flugblatt
J
bezug, das in
gleicher Weise Augsburg zur Kapitulation vor den kaiserlichen Truppen auffordert wie das spätere die StadtUlm, nur daß gegenüber
Augsburg
durch
Frankreich
angesprochen
weise
und
nicht
Themenvariationen
eine mögliche
sind
wird.
Hilfe
Zitatver-
zwischen
den
Flug-
blättern nicht selten"*^. Dies muß aber keineswegs bedeuten, daß die Blätter von dem gleichen Verleger oder gar dem gleichen Autor
stammen. Die Marktbezogenheit
der Flugblattproduktion ließ auch andere Verleger ein erfolgreiches Thema aufgreifen; ihre starke politischideologische
Ausrichtung
regte
Verstärkung wie zu scharfem
zu
Wiederholung
Widerspruch
an.
Im
und vor-
liegenden Fall wird man eine thematische Beziehung der Blätter in bezug auf die antifranzösische Tendenz und eine formale Bezugnahme durch das Zitat und die Titelvariationen
anerkennen
müssen.
Trotzdem
Blätter aber aus unterschiedlichen
dürften
Gebieten
Während das erste Blatt wohl im kaiserlich SUddeutschland
die
stammen. besetzten
gedruckt worden ist, weist das zweite
Blatt in die spanischen Niederlande oder die daran angrenzenden westlichen Reichsgebiete.
Eine thematisch-
inhaltliche Bezugnahme ist aber doch nur wirksam, wenn das
Publikum
den
Bezug
als
zusätzlichen
auch erkennt. So darf man wohl von einem
Kaufanreiz gemeinsamen
Publikum für beide Blätter trotz eines möglicherweise
278
Stein, Richelieu unter den Komödianten
unterschiedlichen Druckortes ausgehen, und dieses ist sicher
in
dem
ganz
normalen
Publikum
blattliteratur, nämlich dem Bürgertum
dieser
Flug-
der Städte und
Residenzen des Reiches zu suchen. Eine
Einschränkung
dürfte weniger regional als politisch zu machen sein, indem die Blätter kaum die mit Frankreich verbündeten Stände
oder
gar
die
direkt
genannte
Stadt
Ulm
angesprochen haben dürften, sondern - wie die meiste Kriegspropaganda
- zur Stärkung
des Glaubens
in
der
eigenen Partei bestimmt gewesen zu sein scheinen. Die versuchte Neudatierung und tation, die diese beiden Flugblätter
Neuinterpre-
erstmals in den
Zusammenhang der französisch-habsburgischen Konfrontation von 1635 stellt, zeigt, daß es in der Flugblattliteratur
des
Dreißigjährigen
deutschen
Krieges
doch
eine Resonanz auf den französischen Kriegseintritt gegeben hat. Freilich bestand
diese
einem Aufgreifen der ohnehin
Resonanz
schwachen
nicht
französischen
Propaganda oder gar in deren Steigerung, wie dem
schwedischen
Eingreifen
in
den
in
es bei
Dreißigjährigen
Krieg der Fall gewesen war. Die Blätter haben vielmehr eine
katholische,
kaiserliche,
antifranzösische
Tendenz,
und
die Schwäche
Spanien
und
die
spanische die
Stärke
und
somit
von
Frankreichs
Kaiser
darstellen
soll. Sie zeigen Schadenfreude über militante Parteigänger des schwedischen Königs, denen nun die Rechnung für ihr Engagement eröffnet wird, und Spott. Uber
den
französischen König, der die Rolle des toten Schweden nicht übernehmen kann und sich mit seinem plötzlichen Kriegsengagement
übernommen
zu
haben
scheint.
Trotz
dieser eindeutigen politischen Tendenz wird man aber kaum
auf
einen
offiziösen
Charakter
der
Blätter
schließen dürfen. Zu eng sind sie mit der allgemeinen Flugblattliteratur
der
Zeit verknüpft,
zu
subtil
im
Stein, Richelieu unter den Komödianten
Vergleich mit den direkteren offiziösen
279
Flugschriften
sind die satirischen Techniken des fingierten Dialogs der Gegenpartei und der Dekuvrierung über die
zweite
Ebene der komischen Figur und zu charakteristisch für den allgemeinen politischen Standort der politisch unbeteiligten
Öffentlichkeit
se-Argumentation
der
ist
Blätter,
die
als
common-sen-
daß
man
über
das
hinausgehen müßte, was man für die gesamte Gattung anzunehmen
geneigt
ist.
Die
Blätter
sind
sicher
par-
teiisch gebunden, aber kaum direkt gouvernemental inspiriert,
sondern
insbesondere
eher
ein
städtische
Spiegel
Publikum
dessen, zu
der
was
das
neuesten
Peripetie des großen Welttheaters im Jahre 1635 lesen und sehen wollte. Allerdings darf die Existenz von zwei Blättern bei einem Corpus von einigen hundert politischer Flugblätter
für die Zeit des Dreißigjährigen
Krieges
nicht überbewertet werden. Die Resonanz, wenn sie auch vorhanden war, blieb schwach. Was
für
eine
stärkere
Blattproduktion Uber das Thema des französischen Eingreifens in den Dreißigjährigen Krieg aber fehlte, war zunächst eine profranzösische Gegenposition. Für diese war
aber
unmittelbar
Friedens,
als
der
Friedens
trotz
weit
die
in
nach
dem
politische
aller
Abschluß
Wille
Härten
des
protestantischen
zur
des
Prager
Annahme
des
Vertragswerkes
bis
Stände
reichte,
ganz
augenscheinlich kein Publikum zu interessieren. Außerdem
fehlten
sischen
gerade
Eingreifens
in im
der
Anfangsphase
Reich
des
franzö-
durchschlagende,
spek-
takuläre Erfolge auf beiden Seiten. So war weder durch Dialog und Streit noch
durch
Steigerung
eine
lassung zu weiteren Blättern gegeben. Die der französisch-habsburgischen Konfrontation zwar
Anlaß
zu
(mindestens)
zwei
Veran-
Zuspitzung 1635 gab
Flugblättern,
doch
Stein, Richelieu unter den Komödianten
280
dies blieb eine einmalige Insofern
Erscheinung.
bestätigen
die
Blätter
Uber
die
französische Politik im Jahre 1635 den allgemeinen Befund einer nur sehr schwachen Resonanz literatur Reich.
auf
Ganz
schwedische
im
das
französische
Gegensatz
Eingreifen
zu
in
und
die von
die französische ihr propagierten
fen. Sie unterschätzte die von
Frankreichs
man
will,
zeigt
Komödianten
so der
momentanen
Jahre
als
eine
1635
setzung um die
weniger
eine
unterstützen aufzugrei-
wohl auch die in den
Gefahr,
Dreißigjährigen
Richelieus
Politik
Wenn
unter
die
satirische
De-
Frankreichs
im
gelungene Schwäche
Verharmlosung
französische
im das
Krieg,
des Krieges ausging.
Versetzung
kuvrierung
zu
Vorstellungen
Eingreifen
die
auf
augenscheinlich we-
Politik
freilich
Krieg für eine Verlängerung
Reaktionen
Dreißigjährigen
zeigte die deutsche Öffentlichkeit nig Neigung,
Flugblatt-
Kriegsengagement
den
den
der
der in
öffentlichen Meinung des Dreißigjährigen
Auseinanderder
deutschen
Krieges.
Stein, Richelieu unter den Komödianten
281
Textanhang
Vlmer Weklag Vnd Augspurgische Warnung. Dialogue oder zwischen Vlm. Augspurg vnd Konig in Franckreich. 110 Vlm: Ich main, es thut der Frantzoß da stehn. Ja e warlich, er ist's, wollen doch vernemmen, Wann er zu vns herein wird kommen: e e Gegruest seyd Ihr Königliche Majestat. Wir warten hart auff sein Genad, 115 Vbm hulff, so er vns leisten soll. Fkr: Ja hulff zu laisten, das glaub ich wol, Der Spanier ligt mir auff dem Rucken, Vor Engellandt mueß ich mich auch schmucken. Mit Niderlandt wil's mir auch nit gfallen. 120 Die Geistliche Churfursten seynd wider mich allen. 7 So ist der Sauoier auch wider mich, e Die Welschen Fürsten geben mir auch ein Stich. Der Spanier hat mich auß dem Veldtlin geschlagen, Vnd zuruck triben, hab mehr zu klagen. 125 Die Schweitzer wollen auch nit recht mit mir seyn, In Summa es schlagt alles auff mich herein. Der Keyser verschont meiner gar nit, Ich hab weder Tag noch Nacht kein Fried. Der Lothringer vnd Johan de Werth, 130 Nemmen mir die Speyß schier vom Herdt, Sie dringen mir ins Reich herein, Welches mir ist ein grosse Peyn. So kombt. der Vngrisch Konig mit ein newen Heer © 6 Meine Reichstatt was wollt ihr nun mehr? 135 Schawt selbst, was euch ist nutz, das thut, Hab mit mir zu thun, thue euch kein gut. Vlm: Der Beschaid ist warlich zimblich schlecht, Mein Nachbaur du hast noch wol recht. ς Sein Hulff haben wir bald eingenommen. 140Agbg: Hab wol gewust., daß er zu vns nit thut kommen. £ Wir müssen doch noch alle dran. Memmingen maint auch noch zu kommen daruon. Aber sie haben so groß Hungersnoth, Sie haben gantz vnd gar kein Brot 145 Mehr zu essen in ihrer Statt. Mueß sich geben auff Gnad vnd Vngnad.
282
150
Stein, Richelieu unter den Komödianten
Drumb warlich mein Nachbaur folge mir, Ergib dich, es wird wol bekommen dir. Vlm: Ey wann's dann also seyn mueß, Wil mich ergeben ohn verdruß. Ade ihr Herrn, vnd behut euch Gott, Dem Keyser zue wir Lutherische Rott.
e e Frantzosische Wahrsagung. Dialogue zwischen dem Konig in Franckreich, Cardinal Richelieu vnd deß Königs Schalcksnarren Jan Potagie. Kg: Woher mein Jan Potagie, woher? Was bringst du vns fur newe Mahr? Hast in der Frembd nichts seltsams vernummen? JP: Drumb thu ich eben hieher kummen. 5 Kg: Was ists dann, was willst du guets sagen? JP: Man sagt, du bist vberal geschlagen. Du hast dich ein Handel vnderfangen, Must auß dem Land noch sauber prangen. Kg: Wo hast die Zeitung doch gehört? 10 Du loser Tropff, du bist nichts werth. Jp: Ich hab 1 s gehört vnd ist wol wahr, Wann's haben willst, ich sag dirs klar. CR: Ewer Mayestat thuen ihm's sagen, Oder man muß ihn auß dem Landt jagen. 15 JP: Du sehest mich gern zum Landt hinauß, Weil ich die Warheit dir sag zum Hauß. Ich wil im Land noch bleiben sitzen, Daß du auß dem Land wirst vbel schwitzen. Kg: Nun sag nur her, was wilst dann sagen? 20 Jp: Den Cardinal sollst fur den Teuffei jagen, er bringt dich in ein grosse Schandt, Durch ihn kumbst du vmb Leut vnd Landt. Kg: Du loser Tropff, was sagst vom Landt Zu kummen, wer ist mir bastant, 25 Ich weiß noch keinen Potentat, Der gegen mir die Kriegsmacht hat, Daß ich soll vberwunden werden, Weist du ein, der da lebt auff Erden? Jp: Ach schweig nur still vnd kitzel dich nit, 30 Du wirst zu wenig haben fridt Der Konig auß Hispanien der erst ist. CR: Seinthalben haben wir noch frist. Kg: Was soll er gegen mir sein? JP: Er tringt dir gewiß ins Landt herein. 35 CR: Die Hollander thuen vns auch beystandt. JP: Du kumbst mit ihnen gwiß auff Gandt, Die Schenckenschantz habens verlohren, Drumb kratzen sie sich hinder die Ohren. Die Doinkircher habn den Holandern die Netz
Stein, Richelieu unter den Komödianten
40
45
50
Kg: CR: JP:
55
60
65
70
75
80
85
Kg:
CR:
JP:
283
abgeschit Vnd helffen Hering fangen mit, Biß sie ihnen geschlagen habn ihr Armee Zu Wasser, jetzt ist Ach vnd Wehe, Es geht ihnen haldt, wie es dir wird gehn, Drumb magst wol lassen bleiben stehn, Was sollen nur die Wasserratzen, Das Kayserisch Volck wird sie wol tratzen, Vnd auch der Cardinal Infant Es hebt mit ihnen auff ein Schandt, So ist Engelland auch wider dich. Der halt gegen mir keinen stich, So hab ich mit mir Schweitzerlandt. Die thuen vns ein guten beystand. Wanst Gelt außgibst fur die alte Pension, Mochtens dir helffen von der Cron. Vber Wasser hast du Engellandt, Heruber stosst an dir Niderlandt, An Niderlandt stosst das Reich, Ans Reich da stosst das Welschland gleich, So granzt Spanien auch an dir. Darumben glaubt sicher mir, Lothringen muest du wider verlassen Vnd alles, was dich thuest anmassen. e Auff d'Reichstatt hast du nichts zu bawen, Dann sie thuen dir nit trawen. Mir kumbt fur, sitzt in deim Reich Mitten herumb deine Feind gleich Als wie ein Ganß in einr Pastetten Auff einem Tisch, vnd die vmbher thaten Sitzen, seynd da mit Messer vnd Piron, Ein jeder wil ein Piegel von der Ganß hon. Biß sie die Ganß thuen ganz verzehren. Also wird man deinem Reich auch scheren, Meinst nit es wird dir noch bang werden? Mich schreckt niemand hie auff Erden, So hab ich da mein Cardinal, Demselben gib ich's zu der Wahl, Was ihr thut, ist schon recht gethan, Ihr thut nichts wider meine Cron. Ewer Mayestat die folgen mir Den Lohn wil ich lassen geben dir. Du Narr, daß du so keck magst sein Vnd reden von dem Konig dein, Was sollst du wissen von den Sachen? Mein Cardinal, mueß deiner lachen, Den Lohn, den du meinst mir zu geben, Wil ich an dir noch wol erleben. Ich hab 1 s gesagt, vnd wird alls wahr, Wann es mich schon halt fur ein narr,
284
90
Stein, Richelieu unter den Komödianten
Mein Konig schaw^ was zu thun hast, Vnd auff dein Starck da buch nit fast, Dann es wird dich noch wol vexiren. Wannst auß deim Land sollst müssen marschiren. Ich zeug von dir, vnd beut dich Gott, Schaw, daß nit kombst in grossen Spott.
Stein, Richelieu unter den Komödianten
285
1 Göran Rystad, Kriegsnachrichten und Propaganda während des Dreißigjährigen Krieges. Die Schlacht bei Nördlingen in den gleichzeitigen gedruckten Kriegsberichten. Lind I960, mit Literaturüberblick. 2 J. Scheible, Die fliegenden Blätter des 16. und 17·Jahrhunderts in sog. Einblattdrucken ... aus den Schätzen der Ulmer Stadtbibliothek. Stuttgart 1850. - W. Drugulin, Historischer Bildatlas. Verzeichnis einer Sammlung von Einzelblättern zur Kultur- und Staatengeschichte vom 15· bis in das 19· Jahrhundert . Leipzig 1863 - (D. gibt nur Beschreibungen ohne Fundstellenangabe. Nach D. zitierte Stücke habe ich deshalb nicht in einer Reproduktion gesehen. ) - Η.Wäscher, Das deutsche illustrierte Flugblatt. Dresden 1956. - Mirjam Bohatcova, Irrgarten der Schicksale. Einblattdrucke vom Anfang des Dreißigjährigen Krieges. Prag 1966. Sigrid Wechssler, Flugblätter aus der Flugblattsammlung des Kurpfälzischen Museums der Stadt Heidelberg. Heidelberg 1980. - Deutsche Illustrierte Flugblätter des l6. und 17· Jahrhunderts, hg. v. Wolfgang Harms. Die Sammlung der Herzog August Bibliothek in Wolfenbuttel. Bd. 1: Ethica, Physica, hg. v. W. Harms und Michael Schilling zus. mit B. Bauer und C. Kemp. London 1 9 S 4 T Bd. 2: Historica, hg. v. W. Harms, M. Schilling und Andreas Wang. München 1980. Als Einführung kann dienen: W. Harms, Jphn Roger Paas, M. Schilling, A. Wang, Illustrierte Flugblätter des Barocks. Eine Auswahl. Tübingen 1983· 3 Karl Otmar Freiherr von Aretin (Frankreich und der Entschluß zum Eintritt in den Dreißigjährigen Krieg. Die geheimen Verhandlungen des kaiserlichen Diplomaten Graf Schönburg in Paris im August/September 1634· In: Weltpolitik, Europagedanke, Regionalismus. Festschrift für Heinz Gollwitzer. Münster 1982, S.47-57) hat kürzlich auf das in diesen Verhandlungen von Richelieu an den Kaiser gemachte Friedensangebot aufmerksam gemacht. Die Frage, ob dieses Angebot eher vor Bekanntwerden der schwedischen Niederlage bei Nördlingen erfolgte, wie Aretin glaubt, oder eher danach, wie Georg Lutz (Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 64 [1984 ] , S. 480f.) annehmen möchte, verliert aber an Bedeutung, wenn erkannt wird, daß der französische Kriegseintritt durchaus keine plötzliche Reaktion auf die Schlacht bei Nördlingen war, sondern schon mit dem absehbaren Erreichen der Rheinlinie als Grenze der französischen Protektionspolitik von Richelieu ins
286
Stein, Richelieu unter den Komodianten
Auge gefaßt und als weiteres Element in seine Deutschlandpolitik einbezogen worden war. 4 Hermann Weber, Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich 1623-35. Bonn 1969, S. 391-395· 5 Rudolf von Albertini, Das politische Denken in Frankreich zur Zeit Richelieus. Marburg 1951> S. 137-146. - Etienne Thuau, Raison d'etat et pensee politique a 1 1 epoque de Richelieu. Athen 1966.
s.293-318.
6 Eberhard Straub, Pax et Imperium. Spaniens Kampf um seine Friedensordnung in Europa zwischen 1617 und 1635. Paderborn 1980, S.44-78. 7 Heinrich Ilitzigrath, Die Publizistik des Prager Friedens 1635· Halle I88O, S.90-102. Vgl. auch die Denkschrift des französischen Residenten de Lisle in Straßburg: Paris BN: fonds frangais 2756. fol. 45-49. 8 Auf den Protektionsgedanken' als Funktion der französischen Königsidee hat Weber (Anm. 4 ) S.59-65, grundsätzlich hingewiesen. Thuau (Anm.5) S.299, hat ihn bei Balzac eingehender formuliert und Straub (Anm. 6) S.29-44, ihn bei Du Ferrier ausführlicher dargestellt gefunden. Diese Protektion ist im alten Königsschutz verankert und nähert sich damit der Herrschaft an. Gerade weil dies auch im Reich aufmerksame Beachtung fand (GLA Karlsruhe 67/965, fol. 2 8 5 , 295 über Du Ferrier), hat Frankreich auf diesen Protektionsgedanken außenpolitisch nur selten zurückgegriffen (W.H. Stein, Protection Royale. Eine Untersuchung zu den Protektionsverhältnissen im Elsaß zur Zeit Richelieus 1022-43. Münster 1978, S.253). Außenpolitisch erscheint die Protektion vielmehr im Zusammenhang mit dem sich herausbildenden Völkerrecht. Diese vertragsrechtliche Protektion ist deshalb vom allgemeinen Königsschutz zu trennen, und eine Identifizierung, wie sie für Metz, Toul und Verdun, geschah, bedeutete schon eine signifikante Verschiebung der Gegebenheiten (ebd. S.6-10, 360-389, 506, 531f). 9 William A. Coupe, The German Illustrated Broadsheet in the 17th century. Bd. 1-2, Baden-Baden 1966-67, hier: Bd. 1, S.65-91, bes. S. 84,88. 10 Eine derartige Vermutung von Rudolf Wolkan (Politische Karrikaturen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In: ZfBücherfreunde 2 ,[1898/99] , S.457-468) ist von der Forschung nicht bestätigt worden. 11 Grundlegend ist Coupe (Anm. 9).Das Forschungsgebiet hat in den USA eine eigene Tradition: Elmer A.
Stein, Richelieu unter den Komödianten
12
13
14
15
287
Beller, Propaganda in Germany during the ThirtyYears War. Princeton 1940. - Renate V. Shaw, Broadsides of the Thirty Years War. In: The Quarterly Journal of the Library of Congress 32 (1975) S.2-24· - Elisabeth Lang, Das illustrierte Flugblatt des Dreißigjährigen Krieges. Ein Gradmesser für die Verbreitung der Opitzschen Versreform. In: Daphnis 9 (1980) S.65-87, 670-675In jüngster Zeit ist die Flugblattliteratur Gegenstand der deutschen germanistischen Barock-Forschung geworden, wovon außer den in Anm. 2 genannten Inventaren auch eine breite Aufsatzliteratur zeugt: Andreas Wang, Information und Deutung in illustrierten Flugblättern des Dreißigjährigen Krieges. Zum Gebrauchswert einiger Blätter des Themas "Sächsisch Confect" aus den Jahren 1631 und 1632. In: Euphorion 70 (1976) S.97-116. - Ders., Illustrierte Flugblätter im 17.Jahrhundert. In: Philobiblion 21 (1977) S.184-210. - Michael Schilling, Allegorie und Satire auf illustrierten Flugblättern des Barocks. In: Formen und Funktion der Allegorie. Symposion Wolfenbüttel 1978, hg. v. W. Haug. Stuttgart 1979, S.405-418. Neuere Beiträge von historischer Seite sind mir nicht bekanntgeworden. "Abriss Der Statt Rochelle sampt ihren newen Fortificationen Neben ebenmassiger entwerffung der Belagerung": Drugulin (Anm. 2) Nr. 1713· - Anna d'Austria, Königin von Frankreich, auf dem Thron (mit vielen beigestochenen Inschriften): Ebd. Nr. 2208. Beide Stücke sind nur Bilddarstellungen ohne den für die Gattung eigentlich obligatorischen Begleittext und stehen so am Rande. "Von der alten loblichen Verein zwischen Cron Franckreich vnd den Herren Eydtgenossen" (mit zweispaltigem Gedicht: Ist das nicht ... vngluck wehren) H.H. Glaser fee.: Ebd. Nr. 1668. Das Stück ist von D. auf 1626 datiert, Erneuerungen des französisch-eidgenössischen Bündnisses fanden aber nur l602 und I 6 6 3 statt. Der Ausstellungskatalog: Les Grandes Heures de 1'Amitie Franco-Suisse. Paris (Archives de France) 1967, kennt das Stück nicht. "Newes KonigFest" 1621: Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 184: "Bey zeit muß ich Thür zusperren / Mit raub sich die Calviner nehren / Vnd halten weder drew noch glauben / Sie dorfften mir mein Cron auch rauben" . "Groß Europisch Kriegs-Balet, getanzt durch die Konige vnd Potentaten^ Fürsten vnd Respublicken auff dem Saal der betrübten Christenheit": Wäscher (Anm. 2) Nr. 48. Das Stück ist nach 1643 zu
288
16
17 18 19
20 21 22
23
24 25 26 27 28 29
Stein, Richelieu unter den Komödianten
datieren, da der junge Ludwig XIV. als "Meister im Balet" vorgestellt wird: "Bin ich gleich jung an Jahren / Spanien wird mein Macht erfahren". "Augspurgischer Frieden-Wagen" 1649 ϊ Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 321. - "Danck-Gebet für den so lang gewünschten ... Frieden": Drugulin (Anm. 2) Nr. 2274* "Allegorie auf den Friedensschluß": Ebd. Nr. 2266. "Zustand der Christlichen Kirchen Anno 1630": Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 217; "Schwedische Rettung der Christlichen Kirchen": Ebd. Bd. 2 Nr. 218. Herbert Langer, Kulturgeschichte des Dreißigjährigen Krieges. Gütersloh 1982, S. 251. Die auf beiden Blättern identische Bildunterschrift kommentiert: "Ein See-Hahn auff dem Mast ein Beutel wol verwachte", auf e dem zweiten Blatt erscheint dazu die Auflösung: "Hanse". " Deß romischen Reichs Grosse Welt Uhr" (um 1630): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 219. "Lutherisch vnd Calvinisch Jungstgehaltener Rathschlag" (1631): Ebd. Bd. 2 Nr. 224, vgl. ibid. Nr. 225. "Die Hilff ihr da thut begehren / An vns, mochten wir euch gewehren, / Woferr, was dabey zu suchen wer, / So nutzet zu vnserem Reich alher. / Wan wir aber soltn vil spendiern / Vnd gwarten darbey zu verliern, / Das were fur vns gar nit fein, / Darumb wolln wir versichert sein". "Zu erhaltung vnser Religion wahr / Setzen wir Leib, Bluet, Gelt vnd Guet dar. / Wir wollen halten, was furgenommen, / Vnd wann der Kayser schon thut kommen, / So thun wir ihm doch widerstand / Vnd bringen den Frantzosen ins Land, / Derselbig thut vns wol beystohn, / Vermeint die statt zu bringen daruon". Stein (Anm. 8) S. 10 5f. "Ein Newes Lied Von dem Leipzigischen Schluß" 1631: Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 226. Zur lothringischen Elsaßpolitik vgl. Stein (Anm. 8) S.164-175, 178-181. "Kurtzweilige Comedie allen Lustsüchtigen Esauiter zum wohlgefalln gehaltn" (1632): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 296, vgl. Anm. 45· "Emblematische Furbildung vnd Beschreibung Der nochmals confoederirten Protestirenden Konige" 1633: Ebd. Bd. 2 Nr. 302. "Vlmer Weklag Vnd Augspurgische Warnung. Dialogue oder Gesprach zwischen Vlm, Augspurg vnd Konig in Franckreich" (1035): Coupe (Anm. 9) Nr. 338 (BN Paris), nicht publiziert.
Stein, Richelieu unter den Komödianten
289
30 Wolfgang Zorn, Augsburg, Geschichte einer deutschen Stadt. Augsburg 1979, S.215-220. 31 Gerd Zillhardt, Der Dreißigjährige Krieg in zeitgenössischer Darstellung. Hans Heberies "Zeytregister" I6l8-l672. Ulm 1975, S.25-28. - Emil von Loeffler, Geschichte der Festung Ulm. Ulm 1881, S. 192-201. 32 Leonhard Lenk, Augsburger Bürgertum im Späthumanismus und Frühbarock 1580-1700. Augsburg 1968. S.65-75. - Welt im Umbruch. Augsburg zwischen Renaissance und Barock. (Ausstellungskatalog) Bd. 1-3· Augsburg 1980, Bd. 1 S.392-420. 33 Datum post quem 14. III. / VI. 1635, Datum ante quem 27- VII. / IX. 1635. 34 "Gebele hat gmacht den Augspurgischen Adbonisedec", V. 91. Göbel (1585-1643) stammte aus einer württembergischen Beamtenfamilie und war 1616-29 und 1632-35 Pfarrer in St. Anna und Senior in Augsburg. Bei der Durchführung des Restitutionsediktes vertrieben, war er 1630-32 Hofprediger und Superintendent in der unteren Markgrafschaft Baden-Durlach. Nach seiner Amtsenthebung 1635 konnte er privat in Augsburg bleiben. - Hans Wiedemann, Augsburger Pfarrerbuch. Nürnberg 1962, S~ l6f. Die zitierte Stelle spielt an auf Göbels Schrift: Avgspvrgischer Adonibeseck. Das ist grundtlicher vnd außfuhrlicher Discurs de lege talionis oder von dem Recht gleicher Vergeltung. Augspurg 1633· Damit wird Göbels Argument, daß in Augsburg in der Schwedenzeit den Katholiken nur Gleiches mit Gleichem vergolten wurde, ihm selbst wiederum zurückgegeben. Mit der Verschiebung des biblischen Bezugspunktes von Adonibeseck (Richter 1,7) zu der Parallelstelle Adonisedec (Josua 10, 1-5) ist aber noch eine subtile theologische Polemik verbunden, indem nun auf den typologischen Zusammenhang der Einnahme Jerusalems durch Josua mit der Einnahme Augsburgs durch die kaiserlichen oder genauer bayrischen Truppen und weiter mit der Errichtung des himmlischen Jerusalems angespielt wird. Das verleiht der Kapitulation von Augsburg eine heilsgeschichtliche Notwendigkeit und läßt Göbel als Präfiguration des Antichrist erscheinen. Noch der scheinbar harmlose Druckfehler Adbonisedec erhält in diesem Zusammenhang eine Bedeutung, denn man darf darin wohl eine metathetische Anspielung auf Abaddon, das alttestamentalische Wort für die Unterwelt, sehen. - Für Hilfe bei der Klärung der theologischen Zusammenhänge bin ich Dr. Ulrich Of-
290
35 36 37
38
39 40 41 42
43
44
45
Stein, Richelieu unter den Komödianten
ferhaus, Koblenz, zu Dank verpflichtet. Stein (Anm.8) S. 341. Johannes Kretzschmar, Der Heilbronner Bund 1632-35. Bd. 1-3. Lübeck 1922. Bd. 3 S.65, 76. "Frantzosische Wahrsagung. Dialogue zwischen dem Konig in Franckreich, Cardinal Richelieu vnd deß Königs Schalcksnarren Jan Potagie" (1635): Coupe (Anm. 9) Nr. 203 (Herzog Anton Ulrich Museum Braunschweig), nicht publiziert. Jonathan I. Israel, The Dutch Republic and the Hispanic World I6O6-6I. Oxford 1982, S. 253· Die Festung war 1586 von dem rheinischen Landsknechtführer von Nideggen in staatischem Auftrag errichtet worden und wurde schon bald nach ihrem Erbauer benannt, vgl. Heike Preuß, Martin Schenck von Niedeggen und der Truchsessische Krieg. In: RheinVjbll. 49 (1985) S.117-138, bes. S.127· Israel (Anm. 38) S.255. Ebd. S.264f. Breve y verdadera relacion de como por parte de su Magestad Catolica ... se gano el Fuerte llamado de Eschenk. Sevilla 1635, zit. ebd. S.253. "Het Vorstlijk Raffel-spel om Schencken-Schants / Le Rauel des Princes pour le Fort de Schencks" (1636): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 309- Das Blatt zeigt ein Würfelspiel zwischen dem Kardinalinfanten mit dem Erzbischof von Mainz, dem Papst, dem Erzbischof von Köln, dem König von Spanien und dem Kaiser einerseits und andererseits Friedrich Heinrich von Oranien mit dem König von Frankreich und Richelieu; auf dem Tisch, um den die Gruppe sitzt und steht, ist der Grundriß der Schenkenschanze aufgezeichnet (vierspaltiger Text von 260 Versen). Datum post quem 26.VII. / 17.-20. VIII. 1635, Datum ante quem 30. IV. 1636. Coupe (Anm. 9) Bd. 1 S. 84 datiert das Blatt ohne Angabe von Gründen auf I64O. Walter Hinck, Das deutsche Lustspiel des 17· und 18.Jahrhunderts und die italienische Komödie. Stuttgart 1965, bes. S.80-86. - Das Schauspiel der Wanderbühne, hg. v. Willi Flemming. Leipzig 1931. "Kurtzweilige Comedia allen Lustsuchtigen Esauitern zum wohlgefalln gehaltn" ( 1632): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 296. Darstellung des Einfalls von Gustav Adolf nach Bayern als Theater, wo ein gekrönter Löwe einen Bären, dessen Schwert, Reichsapfel und Kurhut bereits auf dem Boden liegen, zieht. Diese Tierkomödie wird den Jesuiten vorgeführt, denen die lustige Person (Affe) Brillen für
Stein, Richelieu unter den Komödianten
46
47 48
49 50 51
52
53
54
291
die richtige Perspektive verkauft; vgl. Anm. 27· "Newe Jahr Avisen In Jehan petagi Kramladen" (1631): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 164· Verspottung des Zeitungsgewerbes ohne mehr als äußerliche Umsetzung der Zeitungsredaktion in ein Theater. Karl Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. Bd. 2, Dresden 1886, S. 543. "Englischer Bickelhering, jetzo vornehmer Eysenhandler, mit Axt, Beyl, Barten gen Präge jubilierende" (1621): Bohatcova (Anm. 2) Nr. 32. Ein englischer Kaufmann trägt Beile etc. nach Prag, um sie dort den Calvinisten für £ die Kirchenschändüngen zu verkaufen. - "Engellandischer Pickelharing, welcher jetzvnd als ein vornehmer Handler vnd Jubilirer mit allerlei Judenspießen nach Frankfurt in die Meß zeucht": Scheible (Anm. 2) Nr. 22. Fortführung des Motivs, was für den Erfolg des ersten Blattes spricht, auch wenn der Verleger glaubte, mit antijüdischem Affekt etwas nachhelfen zu müssen. Goedecke (Anm. 47) Bd. 2, S.544. Vgl. Anm. 46. Wunfried Alman (!), Jean Petage. Oder Frantzosischer Brillenreisser. Das ist heut zu Tage verübte Frantzosische Kriegs-Actiones in Teutschland, wo solche hinaus sehen, vnd wie sie in kunfften ablauffen mochten, durch ein hell Brillenglaß gezeuget vnd gewiesen, ο. 0. 1641. - Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt. Diese auch aufgrund anderer Zusammenhänge von Lang (Anm. 11) beobachtete Aktualität der Flugblätter relativiert die von Coupe (Anm. 9) betonten traditionellen Elemente, so daß das Flugblatt des 17-Jahrhunderts nicht mehr einfach als gesunkenes Kulturgut bezeichnet werden kann. "Augspurgisch Prouiant Hauß. Darinnen zuersehen, was jhr Auffenthalt vnd Nahrung ist" (1635): Lenk (Anm. 31) S.72f.; Welt im Umbruch (Anm. 31) Bd. 1 S.407. Vgl. Anm. 48.
David J. Sturdy
Images of France and Germany: The Accounts of English Travellers in the Seventeenth Century
I. Travel and Travellers During the Renaissance a special significance was attached to travel· It was seen as a source of empirical knowledge capable of extending mankind's mental horizon*. No less a figure than Paracelsus depicted travel as a stimulus to learning which was superior to anything supplied by books: "The knowledge from
the
greater
world,
not
from
man
of man
comes 2 himself" ; or
again, "He who wishes to explore Nature must tread her books with his feet. Writing is learnt Nature,
however, by travelling
from
from
land
letters, 3 to land" .
'Travel as education' : here is the clue to much temporary
thought
on
the
subject^.
From
the
1600s the habit grew among noble and gentle
conearly
families
of England of sending their sons on European tours; by the second half of the century the practice formalised
into
the
'Grand
Tour'.
benefits provided the philosophical
Its
had been
educational
justification
the tour^. Thus, when Thomas Penson visited tinent in the 1680s he considered that, tifieth
the
for con-
"nothing rec-
and confirmeth more the judgement
of
a
dis-
creet gentleman in the affairs of the world, teacheth him knowledge of himself
and
settleth
his
affections
more sure to his own country than travelling
doth"^.
Ellis Veryard who travelled widely in the late seventeenth
century
composed
a preface to his
account
of
294
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
his expeditions in which he urged strongly the educational rewards of visiting foreign lands. He concludes the preface thus: "To deal plainly, I take travelling to conduce much more towards what we call cation' , than all the other helps we
'good edu-
could
possible
7 find at home" . By the beginning of the seventeenth
century
English travellers had developed coherent ideasg on the most effective way of organising visits abroad . They find no more lucid exposition than in Francis Bacon's famous essay Of Travel which he wrote in the first de-, cade of the century. The essay opens in typically epigrammatic part
of
style:
"Travel
education;
in
in the
the
younger
elder,
a
sort,
part
of
is a expe-
rience". A young man abroad should be accompanied by a tutor and should develop an elementary
competence
in
relevant languages. He should keep a journal. And what should he record? The things to be seen and observed
are: the
courts of princes, specially when they give audiences to ambassadors; the courts of justice, while they sit and hear causes, and so of consisteries ecclesiastic; the churches and monasteries, with the monuments which are therein extant; the
walls
and
fortifications
of
cities and towns, and so the havens and harbours; antiquities
and
ruins;
libraries,
colleges,
disputa-
tions, and lectures, where any are; shipping and navies; houses and gardens of state and pleasure, near great cities; armories, arsenals;
magazines;
ges; burses; wharehouses; exercises
of
exchan-
horsemanship,
fencing, training of soldiers, and the like; comedies, such whereunto the better sort of persons do resort; treasuries of jewels and robes; cabinets and rarities; and, to conclude, whatsoever is memorable in the pla-
295
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
ces where they go. In addition the traveller should keep on the move,
not
tarrying
too
long
in
any
one
place.
He
should mix with the local populace and stay away from his own countrymen. He should visit persons
of
nence, avoid quarrels, and after his return
emi-
home re-
main in correspondence with people he met abroad. Bacon
had
a
profound
influence
on
English
thought and practice regarding travel; the young traveller as he is described in the essay was to become a familiar figure. And so when the Marquis of Worcester went to France in 1673 he was accompanied by a goverg nor, a tutor, a valet and a footman . With him went Frederick Howard, son of the Earl of Carlisle, also in the care of a tutor. The two travellers months in Blois where music,
drawing,
they
studied
weaponry'".
Again,
spent
French the
three
language,
case
can
be
quoted of Sir Philip Perceval who spent the winter of 1676 to 1677 at Angers where his studies were supervised by his tutor John Gailhard. Masters were to teach social for the
lessons
skills to Sir P h i l i p " ; were:
for
the
dancing
the
charges
and
fencing
masters 2 ecus a month if the student attended academies
or
3 ecus
if they
lodgings; the guitar teacher ceived
2 ecus,
although
the
came
to
hired
the
their
student's
and language master latter
was
paid
re-
double
when he occasionally gave tuition in geography; the teacher of musical theory and the flute was paid 3 ecus a month 12 . By the end of February 1677 Gailhard considered that Sir Philip was proficient in horesmanship, musicianship, and was a fine swordsman and ten13 nis player . Another example is Richard Jones who travelled in France and Germany from 1657 to 1660; his tutor
was
Henry
Oldenburg,
later
secretary
to
the
296
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
Royal Society. In a letter of 22 August 1657 Oldenburg explained to Jones's mother, Lady Ranelagh, the course of
her
son's
education*^.
Each
morning
and
evening
Jones concentrated on academic subjects such as Latin, Greek,
history,
philosophy;
in
the
afternoons
worked on, "measuring, fortification,
dialling,
he per-
spective" . Oldenburg was preparing for a short tour of Anjou to be followed by a course of lessons in swordsmanship . The Baconian proposition that
the
traveller
should keep a journal also finds illustration. Moreover, it is evident that their authors did not record observations at random, but sought to develop a certain method by concentrating on selected themes or topics*"*. Some travellers even took with them
prelimi-
nary notes on how to keep a diary, or what
to
look
for. When Samuel Pepys went to France in 1669 he carried, 'Directions for improving a short visit to Paris' which had been composed for him by John Evelyn*^. The document lists the most important buildings in and around Paris and suggests visits which Pepys ought to make. The Northamptonshire gentleman Sir Thomas Isham kept a list of twenty-four instructions for travel in 17 his journal . They indicate the principal topographical details which should be noted, suggest how to analyse institutions of government, the church and education,
and
give
hints
on
how
to
behave
foreigners. Yet another traveller, who simply himself
'W.D.' kept a document
entitled,
towards signed
'Short
in-
structions for your better informing in any state or of any prince or country it shall be necessary for you to consider' 18 . It gives copious advice on three main themes:
the
country,
the
people,
the
Pepys, Isham, W.D. and others who could
government. be quoted 19
297
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
indicate the intention of the more serious travellers to
base
their
observations
on
clearly
established
principles; to put into effect the Baconian notion of the acquisition of knowledge. During
the
seventeenth
century
the
custom
grew of publishing accounts of travels, or of voyages and expeditions.
By the
eighteenth
century
works
of
this type were rivalling novels in their appeal to the 20 literate public . Travel literature produced two general consequences. First, it helped to shape the expectations
of
travellers
themselves
who
could
read narratives of earlier visitors to the
have
countries
where they were going. Thus, when Philip Skippon went to the continent in 1663 he was already familiar with, 21 and carried a copy of, Thomas Coryate's travels Travel acquired
a new
purpose:
as well
as being
an
exercise to collect information in the Baconian sense, it became also the occasion to test hypotheses on the nature
of
foreign
literature.
societies
Second,
as
published
advanced accounts
by of
travel travels
helped to form the concepts and images which Englishmen held of other parts of Europe and the world. Most readers
of
these
books
had
not
travelled
abroad;
travel literature served to construct the ideas which English men and women had about societies abroad. II. France and Germany English visitors did not go to France in large numbers until the 1620s; before that they had been deterred by the Wars of Religion and the social instability of the early 1600s. Again, the marriage of Charles I to Henriette Marie
encouraged
a Francophile
climate
among
the English social elites, who now went to that country
in
increasing
numbers.
But
what
is
meant
by
'France' in this context? Most travellers stuck to the
298
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
great river systems; it was the France of the Seine, Loire, Garonne and Rhone which was visited and written about most frequently. Two kinds of journey were popular: the 'petit tour' and the 'grand tour'. The routes associated with these phrases first were described in writing by Alcide de Saint-Maurice, Le Guide Fidelle 22
des Etrangers dans le Voyage de France (Paris 1672) The 'petit tour' began in Paris and took in the Loire as far as Nantes; a more elaborate version took the traveller on to Bordeaux, from where he returned
to
Paris via Limoges. The 'grand tour' also went to Bordeaux; then it proceeded down the Garonne and on to Montpellier from where excursions into Languedoc could be made. The next main base was Aix with visits into Provence. The traveller then
followed
the
Rhone
and
Saone back to Paris. France was reasonable well served with maps, road books and printed guides. Crude 23 road books first appeared in the sixteenth century , but the first *Y A
road map was that
of Melchior
Tavernier
in
1632
.
Thereafter maps were available but generally were of poor quality until the Jaillot family issued a series of large atlases such as the Carte Particuliere des 25 Postes
de
easily,
of· a c o l l e c t i o n
Conducteur
France pour
.
le
Cheaper
maps
Voyage
de
France
Other p o p u l a r
g u i d e s were
Le V o y a g e
bert
du
(nine
and
Saulnier
Verdier
I 6 8 5 ) 2 ^, Le Voyage
rennes
(Paris 27
16 39)
could
like L o u i s C o u l o n ' s ,
and
de Le
de
Guide
by
Le
bought Fidele
(Troyes France
editions
France
be
1654)· by
Gil-
between
1655
Olivier
Fidelle
by
de
Va-
Saint-
Maurice
Like those of France the attractions of Germany were strongly influenced by public affairs. Three periods can be distinguished when English
travellers
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
299
came in greater or lesser numbers.
First, the ending 2g of the wars in the 1555 settlement down to the beginning
of the
Thirty
Years
War
when
English
tra-
vellers were relatively numerous; second, the period of the wars themselves which deterred visitors (nevertheless
the
wars were
followed
closely
in
England,
several published works appearing which discussed the 29 problems of Germany ; the wars also left a valuable eye-witness soldier
account
of
the
campaigns
by
an
English
); third, the decades after 1648 when Germany
again was safe for travel. Just as 'France' in practice meant only certain areas to travellers, so did
'Germany'.
To most
visitors it comprised the Rhineland, parts of Bavaria and towns on the way to Vienna. Central and eastern Germany
were
less
well
known,
although
the
Baltic
coast was familiar to the sea-faring communis y. Some of the most vivid accounts of the Baltic region come from the pen of Peter Mundy who left rich and vivacious descriptions of life 11 in Bremen, coastal towns as far as Danzig .
Lübeck
and
Germany was well supplied with maps but less so with printed guides. From the sixteenth century maps of different parts of the country had been published, the most popular being those of Sebastian 72 Münster
. Every region of Germany had been mapped by
the early 1000s, although many of the charts were of poor quality. The situation improved later in the century when there emerged a school of distinguished cartographers headed by Johann Baptist berg
Homann of Nurem-
. Topographical guides were comparatively
rare.
Among the most popular were J. Wimpheling, Rerum Germanicarum Epitome (Hanover 1 5 9 4 ) and M. Zeiler, Itinerarium
Germaniae
Novantiquae:
Teutsches
Reussbuch
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
300
durch Hoch und Nider Teutschland
(2 pts.,
Strassburg
1632-40). Among the many published travel journals some deserve special recognition for their comprehensivei ness . They include Fynes Moryson, Thomas Coryate and Peter
each of whom travelled extensively in Europe and beyond 35 . Qi hers such as Philip Skippon, John
Mundy,
Ray,
Edward Browne,
John
Northleigh
and
Ellis
Veryard left influential accounts of France and Ger1A
many
.
Present-day
scholars
works by journals unpublished
can
supplement
in the
those
1600s but
sub-
William sequently put into print; the.compositions of 37 Perwich and John Locke come into this category . The cumulative effect of these and other publications was to shape the images of France and Germany which vailed
in the
seventeenth
and
eighteenth
pre-
centuries.
But a striking feature emerges from the pages of books on travel: they concentrate on the towns and cities of France and Germany and have very little to say about rural
life.
This can
be
illustrated
through
a case
study; but a problem of choice presents itself: what kind of town can be taken as
' typical' of France or
Germany? Not Vienna or Paris, for important were, and much as they figure in travel they Paris, from
were for many
scarcely
'typical'
of
instance,
attracted
lengthy
travellers,
while
the
as they
literature,
their
countries. descriptions
most
remarkable ,0 account of all was that by Martin Lister in 1698 . As a physician he was anxious to meet French
scientists
who, in spite of the recent wars, 39 had kept in touch with their colleagues in England . His portrayal of the life of Parisian savants is the fullest in travel literature.
Its
only
rival
is
Locke's
journal;
but
this was not published until 1953 and cannot be taken
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
301
as having shaped English images of France directly^ 0 . If we are to select a 'typical' town to see how it was treated by English travellers we should avoid capital cities
and
turn to
one
of
average
attracted a reasonable number
of
size,
but
travellers.
which A
town
which meets these criteria is Mainz. By examining the way in which English travellers responded to it, there can be conveyed the kinds of images which travellers sought to pass on to their readers. Ill. Mainz The first traveller to record a visit to Mainz in the seventeenth century was Thomas Coryate (1579-1617) who was there in 1608^*. He admired the elongated lay-out of the town, discussed its early history and described its principal buildings. Naturally the cathedral drew his attention, but he was also interested in the functions and attributions of the Archbishop. He praised Mainz as the town which gave printing to the world: "By
this
arte
all
the
liberall
brought to full ripenesse the
university
and
in disparaging
sciences . are
perfection". terms:
"I
He
think
now noted this
university was never great. Surely what it was in former times I know
not,
but
at the
time
of my
being
there it consisted principally of one Colledge, which was that of the Jesuites..." However, his reception at the Jesuit College was cordial: "It was my hap to visit this Colledge, where Nicolaus Serrarius...used me more kindely and familiarly than I think he doth every Protestant that cometh to him". Coryate concludes his survey of Mainz with a list of famous battles
fought
there, a short description of its bridges, and refeA0
rences to notable historical figures
. Coryate's com-
ments on Mainz illustrate the topics which interested him on his travels: the physical appearance of towns,
302
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
their history, institutions and people of importance. Indeed, Coryate's Crudities served as a model for much later travel
literature. It is written in the
person, blends observation and comment, and
first
enlivens
the text by anecdotes. It includes illustrations which present visual images to the reader; for instance, of the clock
tower at Strassburg and the Verona
amphi-
theatre . The second example of English travellers in Mainz is that of two botanists
who were in a group of
scholars. Although they were travelling together they left
separate
( 1627-1705)
accounts
and
of their
Philip
journeys:
Skippon
John
(I64I-I69D.
Ray
Accom-
panied by Francis Willoughby and Nathaniel Bacon, Ray and Skippon went on a botanical tour of Europe which lasted from July
I663
166 3 to
having
1666.
crossed
They from
arrived England
in Mainz in April
in and
having passed through the Spanish Netherlands and the United Provinces. From there they went on to Köln and followed the Rhine to Mainz. Ray's account of
'Mentz'
43
is brief : "Mentz is a large City and well
fortified:
The Builings generally old and but mean, the
Streets
narrow and not well paved, yet are there many
great
Houses of Noblemen scattered up and down. The Princes Palace
is moted
about.
The
present
Prince
or
Arch-
bishops Name is Joannes Philippus a Schaenborn, he was besides Bishop of Wurtzburgh, and a few weeks
since
chosen also Bishop of Worms. The Canons of S. Martin's Church
here,
Noblemen,
who
are
chuse
the
number
24,
all
Barons
Archbishop
in
out
of
their
or own
number; and when any one of themselves dies or is removed,
a Canon
Domicillares.
[moves]
The
Arms
into of
his
the
rooms
out
Archbishoprick
of
the is
a
303
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
Wheel, derived
from the first Archbishop, who
was a
Wheelwrights Son, his name Willigesus, a Saxon: He was wont to say Willigese, Willigese, recognita unde Veneris. Jews are allowed in this City. Here is a Bridge of Boats over the Rhene." Philip Skippon writes at somewhat greater length^: "The city hath a praetor or stadtholder, two quaestors: the
first of them is called rentmaster; -
[sic] senators. The archbishop or elector of Mentz, is chosen by twenty-four canons of S. Martin's, themselves...
out
The buildings of the city are
indifferent...
Several
great
houses
here. The prince's house is a fair
of
of
old
and
noblemen
are
building,
moated
about... About the city is a strong wall and many well fortify'd
works.
Anno
1661
a handsome
new gate
was
built, and the wall eastwards newly repair'd... Within one
of
the
forts
stands
the
ruin
of
an
tower, said to be Drusus his monument,
old
stone
and called by
the Germans, Aglesteine. Two towers here; one built by the master, the other by the servant: goes that
in
their
competition
who
and the story
should
make
the
best building, the servant stole the corner stone from his master's
tower,
which
awry,
though
it
better
which
stands
strait.
Lady's
church
be is
a
Jews
is
the
work are
square
reason
than
it
the
tolerated
building,
stands
servant's here.
Our
having
many
chiming be]Is in one of its steeples. We were informed there are an hundred cloisters
in Mentz. The Jesuits
college is handsome; where are nine several some
of
them
university,
very
besides
fair... the
Here
Jesuits
is
schools,
a
college.
publick Saint
Martin's church is a handsome building: the west end is roundish..." · Skippon concludes his remarks with a description
of
304
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
the statues and monuments in the cathedral, and with an account of a religious procession which he observed on 12 July. The 1708),
final
Fellow
of
author
the
is
Royal
Edward
Society
Browne
and
(1044-
son
of
the
great Sir Thomas Browne who wrote, among others, the Religio Medici. He had been to France between 1663 and I664 in connection with his medical studies^"*; he went to Germany in 1668, the year after his election to the 46 Royal Society. On Mainz he wrote : "Mentz,
Moguntia,
Moguntiacum,
and
by
the
French Mayence, is seated over against the confluence of the River Main, with the Rhine... It is a strong place, and well guarded; it hath many Churches and Monasteries, and some fair Buildings, especially
those
of publick concern, as the Palace of the Elector, and others: But the narrowness of the Streets, old
Houses,
take
away much
from
the
and
beauty
many
of
the
City. It is an University, begun about the year i486, or as others will have it 1461. This place also challengeth
the
Invention
of
Printing,
or
at
least
the
first promotion or perfection thereof: And the Territory about it is famous for the destruction of the Roman
legions
under
Varus,
by
the
Germans.
Gustavus
Adolphus, King of Sweden, was wonderfully pleased upon the
taking
of
this City,
16 31 > entring
into
it
in
State upon the 14th of December, it being his Birthday... and kept his Court and Christmas here;... The King caused also two
great
bridges
to be made,
one
over the Main... Another over the Rhine... The Bridge over the Main is taken away; but that over
the Rhine
is still continued: Upon which I saw the present Elector passing in his Coach; a Person of great Gravitiy, of a middle Stature, having long grey Hair, and was
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
305
very Princely attended; his name Joannes Philippus of the noble family of Schoenberg, Elector and Archbishop of Mentz, Bishop of Wurtzburg, ahd Bishop Arch-Chancellor
of
the
Empire
for
all
of
Worms,
Germany;
first of the Electoral Colledge; in all publick
the Con-
ventions he sits at the right hand of the Emperour... But
though
his
Dignity
and
Place
excelleth
the
two
other Ecclesiastical Electors of Colen and Triers, yet his Territories come short; and they lye not together, but scatteringly with those of the Palatinate, Spier, Franckfort, and divers places in Franconia..•" Such
is
the
way
in
which
this
Rhineland
town
is
treated by the four English visitors in question. The subject-matter of the passages is typical of towns of this size. The general physical appearance of Mainz is assessed,
the
most
imposing
buildings
are
described
(the cathedral in particular), the university is mentioned. Other topics are treated: the functions of the Archbishop-Elector
(with
a
fascinating
eye-witness
account of the Archbishop by Browne), the government of the town, and the presence of Jews there. Ray and Skippon, who visited Mainz together, use very similar wording in their respective accounts. None of the travellers writes on the economy of the town and its region; none hazards a guess at the size of its population. Mainz thus emerges patchily
rather than com-
prehensively in English travel literature. In this too it is typical of the portrayal of French and German towns by travellers who were highly selective in what they chose to record. The literary
style employed by
Coryate, Skippon and the others is cl ear and straightforward; the information contained
in these
passages
is conveyed dispassionately and in a spirit of objective inquiry. The best travel
literature was of this
306
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
type; but it will emerge that English travellers did not always remain faithful to the principle of detachment . IV. The Interpretation of the Images When Peter Mundy visited Danzig in 1641 the customary
information
he
on the physical
recorded
appearance
of the town, but he also attempted to learn something of social customs there. He made notes on the religious affiliations of the citizens; he studied the various methods used to punish convicted criminals; he listed
the most
popular
recreations
enjoyed
by
the
townspeople (sledging in winter, riding, shooting with guns
and
crossbows,
fencing,
bear-baiting);
he
re-
marked on the splendid public feasts which were held in the Junkerhof, "where is lusty Chear, good wyne and beere, musicke of various sort, as Organs etts., other wind instruments, violls and voices: all with Civill Mirth"; in summer time groups of English comic actors came to Danzig and put on plays in G e r m a n ^ .
Mundy's
desire to make his journal more than a description of buildings by depicting the customs and manners of the peoples he encountered
introduces another
English travel
literature: the
understand
nature
the
of
attempt
foreign
feature of
to
study
societies.
At
and one
level this could mean, as in the case of Mundy, the composition of passages on social customs, traditions, popular occupations and pastimes. English
travel
li-
terature contains many examples of this type. But some travellers did not restrict their preoccupation
with
social
they
custom
to
straightforward
observation:
sought to interpret their observations and to advance hypotheses character
regarding of
the
the
French
regional and
the
or
even
Germans.
national Such
tra-
vellers did not leave the reader to form his own con-
307
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
elusions about the French and Germans, or allow him to create his own mental images
of
stead
own
they
French
and
journals
presented German
society,
convey
to
their
to
those
thus
the
societies:
in-
interpretations using
reader
a
their
fully
of
travel
developed
image. In the case of France almost all of the general images thus created were unflattering and even hostile to the
French.
English
travellers,
the second half of the seventeenth latively
little to admire in
in French civilisation. late
seventeenth
and
The
the
especially century,
French
eighteenth
their mark on the sense of judgement travellers,
who
proved
incapable
of
found
wars some
remaining
tive about the France of Louis XIV.
of
century
of
re-
character
Anglo-French
early
during
It was
or the
left
English objec-
otherwise
with Germany. Travellers displayed a cooler, more restrained attitude to Germany than to France. As a result they produced a travel literature more mature outlook
and more sophisticated
in interpretation
in
than
often was the case as regards France. One
traveller
who
reflected
on
the
French
character was Ellis Veryard. He considered the French, "very curious, confident, inquisitive, credulous, cetious,
rather
witty
than
wise,
eternal
fa-
babblers;
and, in a word, they are at all times what an EnglishΛÄ man is when he's half drunk" . Similar views were expressed by the author J.S.
Although
he conceded
that
the French were a people of talent, good conversationalists
and
courteous
towards
ladies
and
foreigners,
they were also "very unconstant, and very rash" Richard Newdigate who visited
France
in
1699
. Sir praised
the generosity of the French as hosts, but he lamented "their superstition, nastiness, sabbath-breaking
(even
acting
supineness,
plays,
swearing,
carting,
buying
308
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
and selling on Sundays)""*®. Even Philip Skippon, normally
a dispassionate commentator,
found
it
hard
to
disguise his dislike of the French character. On first acquaintance the French were extremely civil and even familiar, asking personal questions; yet soon wards they would "strangely
after-
ignore the newcomer. He found
impatient
at
all
games,
cards, which transports some that
them
especially
lose into
a
at
rage,
and they make a dreadful noise, with blaspheming, cursing, and swearing in a horrid manner"^'•
The
anony-
mous work A View of Paris and Places Adjoining (London 1701) corroborated those witnesses who said
that the
manners of the French were admirable, but it condemned their foppery: "men... comb their hair and
periwigs,
go with open breast, walk with their hats under their arms, sing and flutter about in the streets and public places", while the women were "always adjusting their commodes with pocket
looking glasses in their
hands; C2 nay, some of them laying on red before everybody" . The most extreme case of a criticism which verged on francophobia
is that
of· Joseph
lawyer and Whig associate
Shaw
(1671-1733)»
of Anthony
Ashley
a
Cooper,
Earl of Shaftesbury. He visited France in 1700, and in the record of his journey
(published
in the form of
letters to Shaftesbury) allowed his Wiggish prejudices cτ full play as he analysed the French character . He was revolted by the common people, who "are many times as clownish
and uncivil as any whatsoever".
turned
to
words,
grimaces
"the
gentry", and
who
show"
"want
and
Then
penetration,
"ought
never
to
he in be
trusted; for there is a general lie in the mouth of the whole nation, and no such found amongst tion :
thing
as
truth
to
be
them". As regards the French as a na-
309
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
"none have more wit or better expression in conversation about trifles; but in things that require deep
thought
frothy
for
cunning
or
design,
that.
Hence
than
wise,
and
the it
men is
have
ar
that
much
too
light
they
are
more
craft
than
more
and
sense, and sharpness than honesty. I never saw such a viciousness among men, such want of faith, and such a general corruption of manners." Not
only
were
they
deceitful;
they
displayed
inor-
dinate vanity: "their blind side is vanity;... they are ridiculously fond of titles, and the meanest
tradesman
in Paris will tell you he is the king's artificer and tradesman, and an officer of the court;... this humour sets them upon bragging of themselves, their families, estates, king and country, in such fulsome and prodigious terms as is nauseous to all strangers of common sense. " From passages such as these there emerged a Frenchman who was fashionably dressed, a garrulous but superficial
conversationalist,
a
poor
sportsman,
a
braggart and a cheat. The country may have been beautiful, the towns and cities fine
(especially
Paris),
but as a nation the French could not be commended as a model which English society ought to follow. Those English travellers who went to Germany normally habitants
avoided of
the
crude attempts country.
to
'typify'
The mosaic-like
the
in-
political
map of Germany emphasised regionalism and discouraged simplistic notions of a 'German character'. Nevertheless, that most astute observer Fynes Moryson did devote a section of his journal
to popular notions of
the 'typical' German and 'typical' Frenchman. The passage reads like a collection of proverbs: to overcome
310
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
grief Frenchmen
sing and
Germans
drink;
Germans
woo
their lovers like lions, Frenchmen like stinging bees; Germans contrive1 to look
fierce,
Frenchmen
adopt
an
air of flattery; the German language is manly, French is
sweet
and
foreigners
fluent;
Germans
are
(Moryson expresses his
inhospitable
personal
to
disagree-
ment with this), the French welcoming; Germans are imperious and quarrelsome in conversation
(Moryson adds
that in his experience they were peaceful enough, provided they remained sober!), the French mild; and so on'^. Moryson also reported German sayings about their own people: "The Germans say, that Suevia whores, fering
Franconia theeves,
robbers
and
Helvetia
beggars,
hangmen
and
alone hath
Bavaria
Baudes,
pil-
Frisia
and Westphalia perjured persons, and Saxony drunkards, more
than
enough
to
serve
all
long
and
broad
Ger-
m a n y " ^ . His remarks on the drinking habits of Germans were borne out by personal that
in all
his many
and
experience. far-flung
never seen beer and wine consumed quantities as in Germany: the faculty of drinking,
He
travels
in such
"practising
he
had
prodigious
night
[Germans ] become
invincible professors therein"
confessed
and
day
strong and
But even among the
Germans themselves the Saxons were acknowledged to be the
elite.
Each
evening
the
streets
of
Saxon 57 were filled with drunkards staggering home :
towns
"In Saxony, when the gates of the Cities are to be shut, while
they
that
dwell
in
the
subburbs,
passing out, doe reel from one side of the streete to the other, as if it were too narrow for them to walke in, while they they
by
stumble
stradling
with
and
fall
their
in
the
legges
as
durt, if
while a
Cart
should pass betweene them, doe for the most part beare up
themselves
from
falling,
yet
jostle
every
post,
311
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
pillar, and passenger by the way, while
the gates
of
the City seeme not wide enough for them to passe, except the wals also were pulled down." Moryson many
condition
Ger-
seven-
images war.
of
He
Thirty
a
Years
society
paid
warm
beginning
of
after-
the
at the
the
of the
of
the Germans
on
teenth century; Edward Browne was there in the math
and
commented
War
and
recovering
tribute
to
left
from
the
a
the
powers
series
of
effects
of
of
revival
displayed by Germans as they repaired the destructions caused by thirty years of armed conflict.
It was
not
just a matter of the physical restoration of cities or of the
economy,
'moral'
important
dimension,
an
as
they
were.
'intellectual'
There
was a
dimension
to be
recognised as the cultural life of the nation revived. Browne
was
impressed
by
sities which he visited
the
quality
of
dorf. As a physician he was interested cal collection which
he
the
univer-
at Mainz, Heidelberg and Altinspected
in the botani-
at Altdorf
Univer-
sity* 8 : "The stocked Dr.
with
Hoffman
Physick
Plants, the
Garden
to the
Botanick
is
handsome, of
number
and
two
Anatomick
and
well
thousand.
Professour,
shew'd me many of the most rare of them; and presented me with divers. The Anatomy School
is not
the only one in those parts of Germany... seyl, Professour of Law and
History,
large; Dr.
brother
yet
Wagento
Cap-
tain Wagenseyl, who travelled with me from Heidelberg, invited us to Library,
and
lodge all
his
at
his
House,
Rarities
and
and
shew'd
Coyns,
me
his
whereof
he
hath a good Collection, having lived in most places of Europe, and speaks many Languages well; he gave me a piece of the first mony that was coined in Germany." The
universities
of
Mainz,
Heidelberg
and
Altdorf
312
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
were, in Browne's opinion, more lively intellectually than the university in Vienna. Of Vienna University he wrote: "They follow here the old beaten way of knowledge: and I met with few who had any good insight in 59
new Philosophy"
. Elsewhere in Germany, and as a con-
trast with Vienna, he encountered signs of a reviving intellectual life. He was especially impressed by the interest shown by groups of scholars and by gifted individuals, in the Royal Society of London and
in the
1
'new philosophy . The professors at Altdorf University quizzed him about the Royal Society; at Leipzig he met a Herr von Adlershelme,
"a Person of great Curiosity,
[who] was very inquisitive after the same Society"^®. In Nürnberg he met one of the city magistrates who had imported a telescope from London; he invited Browne to his home to receive advice from the Englishman on how best to use the instrument^'. Browne was profoundly
impressed
by
Germany
and the Germans, and he concluded his journal with a 62
glowing acknowledgement of their achievements
:
"Now having made so long a walk in Germany, I must confess I returned with a better opinion of the Country, than I had before of it; and cannot but think it very considerable
in many things... France
having
the Sea upon the North, the West, and two large Provinces of Languedoc,
and
Province
ranean Sea, hath the opportunity Seaports:
But
some
doubt
may
thereof do exceed Hamberg,
upon
the
Mediter-
of Noble Cities and
be
Lübeck
made, and
whether
any
Dantzick.
The
great number of populous, large, and handsome
Cities
doth afford great content unto a Traveller in Germany; for
besides
about
Sixty
six
free
Imperial
Cities,
there are many more of good note belonging to particular Princes, and divers highly
privilieged...
Every-
313
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
where we
meet
with
great
and
populous
Towns,
Vil-
lages, Castles, Seats of Nobility, Planes, Forests and pleasant easie,
Woods... they
Conversation
behaving
with
themselves
the
People
without
much
is For-
mality, and are plain-dealing and trusty... The Women are generally well-complexioned, sober, and grave, and they have not yet learned the custome of their
Neigh-
bours of France and Holland, to admit of being saluted by Men: faithful to their Husbands, and careful in the affairs of their Houses... Germany men,
and
the mighty
last
German
wars,
destruction
and
by
is a great Hive of of
men
the Plague
that it is scarce discernible.
They
made
is so are
by
the
repaired,
fruitful
and
full of Children: They are not exhausted by Sea Colonies sent forth, or by peopling American This
last
comment
by
Browne
nies" and the "peopling" of America more than one respect. It overseas
colonisation;
assessment peration
of German
after
reveals
but
it
led
on
coloin
his disapproval
of
and
him
"sea
is instructive
also
prosperity
the wars
Countries..."
shows powers
to
make
a
how of
his recu-
contrast
with his own country, which was draining its resources on the colonisation example
of
Germany
to make
tendency
a
is
of America. We
traveller
who
a point
evident
in
used
about the
vellers too, whose tours of
encounter his
English
journals France
here
an
experiences
of
society. of
and
This
other
Germany
tralike-
wise led them either towards a critique of English society, or to the formulation of theories on the nature of human society. It is a development
of profound
si-
gnificance; not only in the history of travel, but as a
forerunner
of
eighteenth-century
attempts to understand society.
The
principle
the
'Enlightened'
'social laws'
that
travel
underpinning
abroad
can
en-
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
314
courage a critical attitude to one's own society
was
to be used before too long, to devastating effect by Voltaire, society
whose
Lettres
Philosophiques
as a model against
which
to
took
English
assess
that
of
France. Already in the seventeenth century, some English travellers were beginning to perceive the possibility that travel may be educative
in the sense of
providing new perspectives on their own country. It was in connection with religion that Germany invited comparison with England. Even at the beginning of the seventeenth century Moryson advanced a thesis linking Protestantism with a 'work ethic 1 . Refuting an accusation which he had heard from an Italian that German Protestants were inferior soldiers to (\ ι
Catholics, he replied "Nothing
is
: more
Germans of the reformed
manifest,
Religion,
than
nothing
that
the
yeeld,
or
rather much excell, the Germans continuing Papists, in all manual Arts, Liberall Sciences, and all indowments of Nature; which may clearly be proved by one instance of the Norenbergers and Sweitzers, professing the reformed
Religion, who
in all
Arts,
and
the
military
profession, passe all other Germans whatsoever." Yet it was not so much the supposed qualities of Protestants
that
spectacle
of
fascinated a
society
in
later
travellers
which
several
as
the
religious
groups co-existed. Many travellers commented on the de facto religious toleration which was practised in some parts
of
Germany,
although
by
no
means
all.
Mundy took note that in Danzig, Lutherans, and
Calvinists
all
had
rights
of
worship^.
Skippon observed that although in Frankfurt magistrates
and
the
majority
of
Lutheran, Catholic churches and
the
Philip
the city
citizens
monasteries
Peter
Catholics
were
existed;
315
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
nevertheless, there had once been a Calvinist
church
there but it had been burned maliciously, forcing the thousand
or so Calvinists to worship outside
of
the
city^~'. In Heidelberg too, there was a degree of reli66 1 gious toleration : "The
prince
palatine
tolerates
Lutherans
and papists, which latter have a church without
the
walls... The lutherans have lately built a church in the city, and have made a grateful
inscription
on it
to the prince. The jews are allowed to live here; but, as yet, are denied the public exercise of their religion . " Augsburg likewise was a multi-religious town; Skippon took
the
f\ π
opportunity
to
attend
a
Lutheran
service
there . There were even cases where Catholics and Protestants used the same building for worship. This impressed Edward Browne when he visited Speyer cathedral: it was used by Catholics, Lutherans and Cal68 vinists alike ration
. At Heidelberg where religious
had made
an
impression
on
Skippon
tole-
in
1663,
Browne met another example of the latitudinarian attitude of government^: "While I was at Heidelberg, two
Englishmen
came kindly to me, Mr. Villers and Timothy Middleton, belonging to Lobensfeldt Cloister, a Convent formerly of the Jesuits, but since let out to about an hundred English,
who
left
their
Country
l66l,
Rhine, and by the permission of the
came
Elector,
up
the
setled
themselves a few miles from hence, living altogether, men, women, and children, in one House; and having a community of many things: They are of a peculiar Religion, calling themselves Christian Jews; and one Mr. Foole, formerly living at Norwich, is their head. They cut
not
their
Beards,
and
observe
many
other
Cere-
316
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
monies and Duties, which they either think themselves obliged from some Expressions in the Old Testament, or from some New Exposition of their Leaders." To some travellers religious toleration one
clue
to
the
post-1648
revival
of
Germany.
was This
message was driven home most forcibly by William Carr, a former English consul at Amsterdam who toured
Ger-
many after the Thirty Years War. In his journal Carr endeavoured
to convince his readers that in the cir-
cumstances of the late seventeenth
century
they must
grasp an essential fact of life: religious
tolerance
paved the way to economic prosperity; intolerance inescapably led to ruin. His travels in Germany
illus-
trated this principle. At one stage he visited
Köln.
The city was seedy in appearance and afflicted by po70 verty. The reasons soon became apparent : "It
is
much
decayed
years, having been much
within
priest
these
ridden,
a
hundred
misfortune
that hath undone many other great cities. The Jesuits have
had
that
they
so
great
an
prevailed
influence with
them
on to
testants, who removed to Hambourg
the
Magistrates,
banish and
all
Pro-
Amsterdam,
so
that Cologne is become so dispeopled, that the houses dayly
fall
to ruine
for want
of
inhabitants...
The
streets are very large... but the streets are so thin of people that one may pass some of them and not meet ten men or women, unless it be Church men or Religious Sisters.
The
most
considerable
inhabitants
of
the
citie are Protestant Merchants, tho but few in number, and they not allowed
a Church
neither,
but
a place
called Woullin a mile whithout the citie..." The Jesuits, he says, control education
in Köln
use
most
their
influence
to
persuade
their
and
gifted
students to join the Order; this deprives the city of
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
talent which otherwise could augment lamentable
to
see
this
317
its wealth. How
once-flourishing
metropolis
"brought to so great a decay" by Jesuit dominance and intolerance^'. Compare
this
sad
spectacle
with
that
at
Frankfurt, a Lutheran city which nevertheless extended 72 toleration to Catholics and others : "The citie is popul ous and frequented by all sorts
of Merchants,
from most
parts
of
Europe,
parts of Asia also, because of the two great
and
faires
that are yearely kept there. Many Jews live in this citie, and the richest Merchants are Calvinists, who are not suffered to have a Church
in
the
town,
but
half an houres journey out of it... The government is easy
to the
cities
people,
are...
This
they city
not
being
takes
taxed
as
other
care
of
their
great
poor, and in their charity to poor travellers
exceed
Holland." The moral is clear: Frankfurt practised religious
toleration
(although
allowed the merchants to
within
practise
limits)
and
trades
with
their
the minimum of hindrance; in consequence the city was wealthy and the level of taxation
low in spite of a
policy of generous social care. And lest there should be
any
suggestion
that
it was
always
Catholic
per-
secution of Protestants which drove towns into a state of poverty, Carr quotes Lübeck in the late seventeenth century. This port which once had been prosperous had fallen
on
chiefely
hard the
times:
"And
inconsiderate
the
reason
zeal
of
of
their
that
was
Lutheran
Ministers who persuaded the Magistrates to banish all Roman
Catholics,
differed
from
Calvinists,
them
in
matter
Jews, of
and
all
that 71 Religion..." .
Throughout his journal Carr emphasises his message: at
318
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
Heidelberg
the
university
flourished
fended
intellectual
freedom^;
spirit
of
was miserable
tolerance,
because
Mannheim, and
it
lacking
over-taxed
de75
a j
Hamburg extended toleration even to Jews and as a result,
"The wealth
and
trade
of this
citie
encreases
•£ dayly" lish
. Carr was exceedingly distressed to meet Eng-
Catholic 77 :
refugees
in
several
convents
and
mo-
nasteries
"I could heartily wish that Papists and Protestants could live as lovingly together in England as they doe in Holland, Germany, and other Countries; for give mee
leave
to say
it,
I
love
not
that
Religion
which instead of exalting, destroys the Principles of morality
and human societie.
I
have
met
persuasions, even Turks and Jews, who
in
and
of
manners
have
far
exceeded
many
men
of
their our
all
lives Enthu-
siastick professors at home..." William
Carr
exemplifies
a
trend
which
is
evident in the journals of several travellers to Germany: there were aspects of German life against Englishmen might profitably Above
all
in
the
assess their own
contentious
matter
of
which
society. religion,
Englishmen had much to learn from Germans. England too had experienced civil war in the seventeenth
century;
and if it had not lasted as long or been as
destruc-
tive as the Thirty Years War, nevertheless it has bequeathed a problem of the coexistence of different religious groups.
As Englishmen
problem they could well
look
sought
to
to Germany
resolve which
the
served
both as a model and as a warning. Among
those
Travellers
who
went
to
France
there were four who attempted to understand the nature of
the
regime
of Louis XIV,
and
thereby
to
persuade
their readers of certain principles of politics: Ellis
319
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
Veryard,
Joseph
Shaw
(whose
Whig
sympathies
already
have been noted), John Northleigh (a physician who had written
political pamphlets in support of the 78 Stuarts ), and an anonymous writer who wrote A View of Paris and Places Adjoining (London 1701). A stitutional
despotism
in
restrictions
kings's will: such was
which upon
the
there the
regime
are
no
exercise of
Louis
con-
of
the
XIV
ac-
cording to these travellers. Shaw was shocked by "that despotic
arbitrary
government,
where
the
lives
and
estates of so many millions of mankind are 79 subjected to the lawless will of one single prince" . A View of Paris asserts that
"monarchy
and arbitrary
power are
here wound up to the highest degree: the king's will is a supreme law, that wants no other sanction but his pleasure" 8 0 . To Veryard the regime was "wholly arbitrary and unlimited" 81 , and even the Stuart apologist Northleigh concluded that
"the French live under the 82 most despotical government in Europe" How did this regime so intolerable to English eyes survive? What were despotism
so at variance
the forces sustaining a
with
the
English
political
system? One reason was that it was acceptable to the mass of the French population. enough satisfied", remarked leigh expressed astonishment only were content with their temptuous of any other. The king as a despot; they lived sion that they lived under 84
"The 8people seem well Veryard , while Norththat Louis's subjects not government, but were conFrench did not see their under the pathetic illua balanced constitution.
They saw "an oligarchy in their council of state, an aristocracy in their parliaments, and a democracy their city government...
and thereby
would
in
introduce
320
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
into the world the most perfect mixture of a commonwealth; when to speak truly all these different qualifications make up but one entire chain of slavery." Despotism thus relied in part upon the ability of the regime to mislead its subjects as to its true nature, and to blind them to the reality of their
political
situation. But how was the illusion created; what was the mechanism whereby
an entire nation was
It was through the creation of a
deceived?
'cult of monarchy'.
So energetically and successfully did the regime propagate the glory of 'le roi-soleil' that its subjects were dazzled, unable to see power
that
personal
ruled
reign
them.
Charles
At
the
true
nature
the beginning
Bertie,
son
of
of
the
of
the
Louis's Earl
of
Lindsey, was impressed by the ubiquity of the symbols of the king as he travelled
around France: at Mont-
pellier, Aix and Lyon, for instance, he saw portraits Q r
and busts of Louis XIV
. Again, John Locke's journal,
which covers the period 1675 to l679> the
presence
dissident
of
king
was
Languedoc; scarcely
passes without policies
the
and
the word
artefacts
emphasises how
everywhere,
a page
of the
"king" appearing on of
the
regime
are
even
in
journal it. on
The
every
side: in the 'new town' of Rochefort, the new port of Sete, the Canal du Midi, the naval yards at Toulon and
86
Marseille, and so on surrounding monarchy king's
. But it was in Paris and the·
countryside
most
that
emphatically
was
the
presence
felt.
Locke
'levee' at Saint Germain and visited
of
the
saw
the
some
of
the great institutions associated with the regime: the Gobelins
workshops,
the
Invalides,
the 8 7 observatory, the Academy of Painting and Sculpture . On more than one occasion he saw the king himself:
in the gardens
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
at
Versailles,
at
321
the
opera, at a ball at Fontaine88 review ; and nothing better re-
bleau, at a military
veals Locke's realisation
of
the magnificence
of
the
court than the meticulous account he gives of the menu for the entertainment of the Dutch ambassadors in 8Q 1079
· The sheer glory and magnificence of Louis XIV
and his court obscured the despotism and arbitrariness with which his subjects were controlled. The
author
of
another explanation for
A
View
the
of
Paris
stability
advanced
of the
regime.
The crown, he argued, carefully cultivated the loyalty of
three
armed
important
forces,
social
the
values
of
sections
of
'officiers' France were
French the
clergy
such
that
the
military
hierarchy;
and even
stood at the summit of the social "the meanest... soldier
in
society: the 90 . The
and
the army
accounts
himself
better, and is generally more esteemed, than the best 'marchand'".
'Officiers' supported
they had no alternative:
the regime
"civil officers, both in all
the courts of judicature, and the farmers of venues...
have
all
because
an
immediate
dependence
the
re-
on
the
king, as the people has upon them". Furthermore, since all 'officiers' desired to purchase offices for their sons,
the
regime
exploited
this
ambition
by
selling
them only to people of proven loyalty; for reasons of self-interest,
therefore,
'officiers'
were
submissive
to the regime. As regards the clergy, they were bound to the state by the exercise of the 'droit de re91 gale'
. Those benefices
'droit'
were
filled
by
which clergy
were
affected
sympathetic
by to
the the
crown; in this way the church as a whole was kept on a leash. Thus, by the astute manipulation of social values,
by
appealing
ecclesiastical
to
self-interest,
nominations,
the
by
despotic
influencing regime
of
322
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
Louis XIV forestalled potential opposition
and rein-
forced its authority. France illustrated how the forces of despotism operate. It represented who
were
devoted
rule.
England
downs
during
guarantee
to
a warning to
'liberty'
had undergone the
that
many
seventeenth
it
had
put
and
Englishmen
'constitutional'
political
century;
despotism
ups
there
was
behind
and no
it for-
ever, or that despotic tendencies might not reappear. Travellers to France depicted an arbitrary government; the image they created of Louis XIV was of a masterillusionist, a clever manager of a large and powerful realm. Englishmen must beware lest their own country fall into the trap of despotic rule. From the foregoing pages it is evident that English their with
travellers
material varying
to
with
France
differing
degrees
of
and
Germany
purposes
sophistication.
presented
in
mind
This
and
brief
survey has revealed four categories of travel literature: descriptions of French and German towns (and to a lesser extent the countryside) accompanied by a minimun of comment; similar accounts of social customs; interpretative
passages which attempted
to
elucidate
aspects of the French and German character;
and
di-
dactic passages whose purpose was to give credence to certain
religious
or
political
first two cases authors generally
principles. left their
to formulate their own images of France and
In
the
readers Germany;
in the last two they aspired not only to provide the reader with 'raw material' from which to form images, but ready-made images whose validity they then sought to corroborate. It should not be suggested that these categories journals
were
normally
mutually fell
exclusive
wholly
into
or one
that
travel
category
or
323
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
another.
More
journals, forward deed,
often
letters,
than
observation,
this
is
not,
contained
to
comment
be
travellers'
a
mixture
and
expected
diaries,
of
straight-
interpretation.
in
view
of
the
Incon-
sideration that travel was intended to serve a broadly educational
purpose.
Bacon
cational function of travel
had
envisaged
the
in terms of the
edu-
recording
of information on predetermined subjects; by the later seventeenth century
it had come
to mean
the
analysis
of information, the establishment of hypotheses the
nature
cussion
of
French
of the
and
German
implications
of
society,
those
about
and
dis-
hypotheses
for
English society. In this last regard, the movement of English visitors around France and Germany has a place in the broader history of travel as a stimulus tual
activity.
centuries, America, and
as
seventeenth
Europeans
pushed
extended
came
to
Australasia, towards
During the
their
their
know so
the own
to
eighteenth
deeper
cultural
intellec-
and
into
North
contacts with
something
of
perspectives civilisation
the which
were
Asia,
regions they
of
adopted
modified.
That
movement of self-examination by European intellectuals which we call riences measure. ment,
'the Enlightenment'
of European The
travellers
'cultural
its readiness
drew upon the expe-
overseas
relativism'
to measure
of
in
the
European
no
small
Enlighten-
civilisation
against that of other parts of the world, its attraction towards such concepts as the cult savage', kind
by
its desire to understand looking beyond
more profound
Europe
of
the
the nature
itself,
are
consequences to have followed
'noble of
among
manthe
on travel
and travel literature. Admittedly we have been working on a smaller geographical scale, yet the principle re-
324
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
mains: educated and imaginative travellers could sense that by visiting France and Germany they might acquire a more sophisticated
grasp of English society.
Some-
times, as the comments of some travellers on the regime
of
which
Louis
XIV
present-day
indicate,
they
scholars would
propagated
find
fective, or containing gross distortions. purpose
is
to
discover
the
kinds
views
seriously
of
de-
Yet if our
images
France and Germany which English travellers
about
created,
we should not dismiss them out of hand simply because they
fail
to conform
Travellers
were
to
modern
as prone
historical
to error
and
notions.
prejudice
as
anybody else; when we encounter judgements on France and
Germany
know treat
seriously
at
to have been the them
as
variance
case, we
with
what
should
serious expressions
of
we
now
nevertheless what
educated
travellers thought. There
remain travellers who went to France
and Germany for reasons other than
those advanced
in
this essay. There were Quakers who attempted to esta92 blish groups of Friends in both countries ; scien93 tists anxious to meet their continental colleagues j not to mention Englishmen on diplomatic or commercial business. In their own way each of
these
multiplied
England's cultural as well as economic and diplomatic relations with continental fluence
the
ways in which
Europe, and helped the
English
neighbours across the North Sea and often
the
awareness
history of of
the
societies
expansion
elsewhere
giving due weight to Europe. achievements
of
English
of
Englishmen's
is written
of
without
Impressive as were
travellers
the importance
their
the Channel. Too
to the
Asia, the Pacific and Africa, we should insist upon
to in-
viewed
English
the
Americas,
continue
to
travellers
to
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
325
continental Europe. Many of the principles underlying the purposes of travel, its educational possibilities, and
its
capacity
to make
Englishmen
think
in
terms about their own society, were pioneered
fresh in the
context of countries such as France and Germany. Moryson, Mundy, Locke, Browne and others who have appeared in
these
pages
contributed
to
a
phenomenon
of
the
greatest complexity, whose historical significance has
yet to be fully evaluated 94.
326
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
General Bibliographical Note: Lists of travellers and their works are available in: E.G. Cox, A Reference Guide to the Literature of Travel (3 vols., Seattle 1935-49); J· Lough, France Observed in the Seventeenth Century by British Travellers (Stocksfield 1985); J. Stoye, English Travellers Abroad, 1604-1667 (London 1952) ; D.J. Sturdy, English Travellers in France, 1660-1715 (Unpublished Ph.D. Thesis, Trinity College, Dublin 1 9 6 9 ) ; G. Waterhouse, The Literary Relations of England and Germany in the Seventeenth Century (Cambridge 1914); R· Watt, Bibliotheca Britannica (4 vols., Edinburgh 1 8 2 4 ) · 1 See C. Howard, English Travellers of the Renaissance (London 1914)· 2 Quoted in W. Pagel, Paracelsus (Basel 1982) p.6. 3 Ibid. p.56. 4 See E.S. Bates, Touring in l600: a Study in the Development of Travel as a Means of Education (London 1911). 5 Ibid. p.26. 6 1 P e n s o n 1 s Short Progresse into Holland, Flaunders and France with remarques written by Tho. Penson, ArmsPainter, Anno Dom. I69O 1 (British Library, Harleian MS 3516), f.6. 7 E. Veryard, An Account of Divers Choice Remarks... Taken in a Journey through the Low-Countries, France, Italy, and Part of Spain... as also a Voyage to the Levant (London 1701). 8 For instance, Fynes Moryson devoted over 100 pages of his journal to a discussion of the suject: Fynes Moryson, An Itinerary Containing His Ten Yeeres Travell... (4 vols., Glasgow 1907-8), III, p. 349483. 9 'A Short Account of my Lord Marquess of Worcester's Voyage into France in Anno 1673' (British Library, Sloane MS 3187)· 10 Ibid, f.5. 11 Gailhard to Sir Robert Southwell, 1 Nov. 1 6 7 6 (Egmont MSS, I, part 1 [Historical Manuscripts Commission, 1905], 52). 12 The Same, 3 Jan. 1 6 7 6 / 7 (Ibid., 54). 13 The Same, 28 Feb. 1 6 7 6 / 7 (Ibid., 5 6 ) . 14 Oldenburg to Lady Ranelagh, 22 Aug. 1 6 5 7 (A.R. Hall & M.B. Hal1 [eds.], The Correspondence of Henry Oldenburg [ 10 vols., Univ. of Wisconsin, 1 9 6 5 - ] , I, 130-132. 15 D.J. Sturdy, p. 426-428. 16 Pepys Library, Magdalene College, Cambridge, MS 2237.
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
327
17 T. Isham, Ά Journal of my Travels' (Northamptonshire Record Office, Isham Diaries A, MS IL 5270); see also his account book kept during his visit to France in 1679 (Isham Diaries C, MS IL 2842). 18 Bodleian Library, Oxford, Rawlinson MS D 1491 > fos. 107-109. 19 E.g.A. Ragland, 'General Observations of other Countries ' (Bodle ian Library, Rawlinson MS D 13 61, fos. 12-18), who makes points similar to those of W.D. 20 P.G. Adams, Travel Literature, chap.2. 21 P. Skippon, 'An Account of a Journey Made thro' Part of the Low Countries, Germany, Italy and France'. In: A. & J. Churchill, A Collection of Voyages and Travels (6 vols., London 1704-1732), VI, p.443 · 22 These phrases and the routes associated with them are also used by Andrew Balfour in his Letters to a Friend... Containing Excellent Directions and Advice for Travellers thro' France and Italy (Edinburgh 1700). 23 Sir H.G. Fordham, Notes on the Itineraries, RoadBooks and Road-Maps of France (Southampton 1926) p.2; J. Bonnerot, Les Routes de France (Paris 1921) p.94. 24 H.G. Fordham (note 23) p.6. 25 Ibid. p.8. 26 Ibid. ρ.8. 27 Κ. Lambley, The Teaching and Cultivation of the French Language in England during Tudor and Stuart Times (Manchester 1920) p.348-349; on guide books see C. Mazouer, Les Guides pour le Voyage de France au XVIIe Siecle. In: La Dicouverte de la France au XVIIe Siecle (Paris 1980) p.599-611. 28 An interesting account of the last phase of the wars is that of the English traveller Sir Thomas Hoby; see Ε.Powell (ed.), The Travels and Life of Sir Thomas Hoby, Kt. of Bisham Abbey, Written by Himself, 1547-1564 (London 1902): 29 E.g.J. Howell, A Discourse of the Empire of Germany (London 1659) and D. . . A..., The Present State of the German and Turkish Empires (undated) (See G. Waterhouse, p. 71). 30 A.T.S. Goodrick (ed.), The Relation of Sydnam Poyntz, 1624-1636 (London 1908 ) ; views on the Thirty Years War expressed by English diplomats in Germany are in S.R. Gardiner, Letters and other Documents Illustrating the Relations between England and Germany at the Commencement of the Thirty Years War (London 1865).
328
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
31 Sir Richard C. Temple (ed.), The Travels of Peter Mundy in Europe and Asia, I6O8-I667 (5 vols., London 1907-36) IV. 32 L. Bagrow, A History of Cartography (London 1964) p. 147-153. 33 Ibid. p.187. 34 For a guide to publications see the General Bibliographical Note at the head of these notes. 35 For the titles of the journals of Moryson and Mundy see notes 8 and 31» also Thomas Coryat [sic ], Crudities Hastily Gobled up in Five Moneths Travells in France, Savoy, Italy... Some Parts of High Germany and the Netherlands... (London l6ll); the chief biography of this traveller is M. Strachan, The Life and Adventures of Thomas C o r y a t e ( L o n d o n 1962).
36 For the titles of the journals of Veryard and Skippon see notes 7 and 21; also John Ray, Observations Topographical, Moral and Physiological made in a Journey through Part of the Low Countries, Germany, Italy and France (London 1673); Edward Brown [sic], An Account of Several Travels through a Great Part of Germany... (London 1677); and John Northleigh, 'Topographical Descriptions... thro' Most Parts of Europe'. In: J. Harris, A Compleat Collection of Voyages and TraveTs (2 vols., London 1705), II· 37 M.B. Curran (ed.), The Despatches of William Perwich, English Agent in Paris, 1669-1677 (London 1903); J· Lough (ed.), Locke's Travels in France, 1675-1679 (Cambridge 1953)· 38 Martin Lister, A Journey to Paris in the Year 1698 (London 1699); a facsimile reprint of this book edited by R.P. Stearns was published by the University of Illinois, 1967· 39 Sir Gavin de Beer, The Sciences Were Never at War (London i960) p.1-3. 40 See note 37. 41 R. Coryat, Crudities; see note 35· 42 This section comes from Crudities p. 541-557· 43 J· Ray (note 36) p. 77· 44 P. Skippon (note 21) p.424-426. 45 His French visit is recorded .in, 'Dr. Edward Browne's Journal of a Journey in France, I6641 (British Library, Sloane MS 1886) and in 'Dr. Edward Browne's Miscellaneous Observations... of a Journey in France, 1663-1664 (Sloane MS 1522). 46 Brown (note 36) p.48-50. 47 R.C. Tempie (note 31), p.182; on English troupes of comedians in Germany see, L.M. Price, English Literature in Germany (Univ. of California 1953) p.17-
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
329
32. 48 E. Veryard (note 7) p.107. 49 J.S., A Description of France in its Several Governments (London 1692) p.18-19· 50 Lady Newdigate-Newdegate, Cavalier and Puritan in the Days of the Stuarts (London 1901) p.336. 51 P. Skippon (note 21) p.732-73352 A View of Paris, p.17-18. 53 [J· Shaw ], Letters to a Nobleman from a Gentleman Travelling thro' Holland, Flanders and France... (London 1709) p.130-8. 54 R. Moryson (note 8) III, p.448-452; the passage makes reference to Spaniards, Italians, Irish, Flemings and Netherl anders as well as French and Germans. 55 Ibid. p.454. 56 Ibid. IV, p.34. 57 Ibid. 58 E. Brown (note 36) p.63. 59 Ibid. p.82. 60 Ibid. p.82-83. 61 Ibid. p.82. 62 Ibid. p.15O-I52. 63 F. Moryson (note 8) p.277. 64 R.C. Temple (note 31) IV, p.l68. 65 P. Skippon (note 21) p.428. 66 Ibid. p.441. 67 Ibid. p . 4 6 0 . 68 E. Brown (note 3 6 ) p.56. 69 Ibid. p.53-54. 70 W. Carr, Remarks on the Government of Severall Parts of Germanie, Denmark, Sweedland, Hamburg, Lübeck... (Amsterdam 1688) p.120-121. 71 Ibid. p.122. 72 Ibid. p.128-130. 73 Ibid. p.159-160. 74 Ibid. p. 132-135. 75 Ibid. p.136-140. 76 Ibid. p.158. 77 Ibid. p.145-6. 78 He was author of, A Gentle Reflection on the Modest Account... (London 1682); The Parallel: or, the New Specious Association an Old Rebellious Covenant (London 1682); The Triumph of our Monarchy (London 1 6 8 5 ) ; Parliamentum Pacificum: or, the Happy Union of King and People (London 1688). 79 J. Shaw (note 53) p.XIII-XIV. 80 A View of Paris, p . 8 5 . 81 E. Veryard (note 7) p.104. 82 J. Northleigh (note 3 6 ) p.729.
330
Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century
83 E. Veryard (note 7) p.104. 84 J. Northleigh (note 3 6 ) p.729-730. 85 C.G.O. Bridgeman & J.C.Walker (eds.), The Diary of Charles Bertie During a Journey in France, I 6 6 O - I 6 6 I . In: The Lindsey Manuscripts (Historical Manuscripts Commission; London 1942) p . 2 4 6 , 359, 363. 86 J. Lough (note 37) p. 73-74, 7 6 - 7 7 , 128-130, 133-134, 233-235. 87 Ibid. p . 1 5 0 , 1 5 1 , 1 5 7 - 1 5 9 , 1 6 0 - 1 6 1 . 88 Ibid. p.152, 170-171, 185-187, 252. 89 Ibid. p . 2 6 4 . 90 A View of Paris, p.75-76. 91 The right of the king to retain the revenues of certain vacant benefices, and to nominate the incumbents. 92 E.g. 'William Caton's Travels into France to Preach the Truth in the Year 1657' (Library of the Society of Friends, London, Portfolio 17.72); for references to Quakers travelling in Europe see correspondence kept in the Library of the Society of Friends, Swarthmore MSS 1.301; 3·96; 4.9; see also An Account of W. Penn's Travails in Holland and Germany. Anno 1677 (London 1694)· 93 D.J. Sturdy, English Travellers in France, chap. 9· 94 There are signs of a revival of the scholarly study of travel; see the Times Literary Supplement, 22 June 1 9 8 4 , which was devoted to the theme of travel.
Winfried Dotzauer
Macht - Politik - Diplomatie. Gedanken über die Neudimensionierung der Verständniskategorien der französischen Deutschland-Diplomatie nach 1648 unter besonderer Berücksichtigung des Rheingebietes
Für die französische Ostpolitik ergibt sich seit den Tagen des Spätmittelalters, Beginn
der
wigs XIV.
Neuzeit,
aus
der
deutlicher
spätestens
Retrospektive
noch mit
im
Zeitalter
der
Eindruck
dem Lud-
einer
langfristigen stetigen Expansion auf Kosten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Die einzelnen Ansatzpunkte
und
die
Etappen, in
denen
die
franzö-
sische Krongewalt über die Reichsromania in den deutschen Sprachraum Ubergriff, sind bekannt
und
in der
Literatur im Zeichen nationaler Historiographie häufig aufgearbeitet worden'• Insbesondere die Politik Richelieus ist unter dem Gesichtspunkt seines Strebens nach der Rheingrenze
zwischen
den beiden
Aloys Schulte, Wilhelm Mommsen, Berthold
Baustaedt
untersucht
Weltkriegen
Kurt von
Raumer
2
worden . Wenn
von und
damals
auch bereits vor allem W. Mommsen zu dem Urteil gelangte, daß die Rheingrenze fUr Richelieu nicht gleich von vornherein in der späteren allem
nicht
mit
der
ihm
Deutlichkeit
unterstellten
und
vor
Ausschließ-
lichkeit als Ziel vor Augen gestanden hätte , so wurde inzwischen in einer anspruchsvolleren Sicht der deutschen Nachkriegsforschung schen^, juristischen^ und, der Tradition
von Gabriel
der Blick immer
auf
den
politi-
eindringlicher,
Hanotaux^,
auf
den
in
theo-
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
332
logischen 7
Untergrund
der
Ideenwelt
Richelieus
ge-
lenkt . Richelieus Avis gilt damit als Dokument der in einem
religiösen
Ordo
verankerten
Auffassung
eines
Staatsmannes, der die Forderungen für sein Verhalten aus einer hohen Idee des französischen Königtums ableitete, weit entfernt von einer veräußerlichten Aufg fassung reiner Machtpragmatik und
Staatsräson · Sind
wir ehrlich, so fällt es uns, die wir uns mehr oder weniger alle noch die Traditionskreise schungshaushalte
ausbildungsmäßig
früherer
anzueignen
For-
hatten,
auch heute noch in Deutschland schwer, das Bild eines frommgläubigen Richelieu dem des kühlen in der französischen
Machtmenschen
Politik vorzuziehen und als das
objektivere zu akzeptieren. Aber als von innerer Frömmigkeit geprägt erweisen ihn die neuen Arbeiten weniger, es zeigt sich eher das Bild eines auf dem Felde der
Theologie
interessierten
und
versierten
Politi-
kers, wie es in einer Zeit, in der konfessionelle Fragen eine entscheidende Rolle spielten, nicht zu überraschen
braucht.
Die
Religion
wird
von
strumentell gehandhabt, der französische
ihm
Staat
insteht
prioritätsmäßig vor ihren Anliegen bei dem Staatsmann an erster Stelle. Die Deutschland-Politik Richelieus bildet eine entscheidende Wendemarke. Der Westfälische
Frieden
war in seiner Vorbereitung mittels Instruktionen
für
seine französischen Relevanzen noch ein Gemeinschaftsprodukt von Richelieu und Mazarin. Vieles wird unter dem
Nachfolger
Mazarin
und
schließlich
wig XIV. selbst doch unverkennbar
unter
deutlich
Lud-
in seiner
reinen Aggressionsabsicht,
was vorher, wie wir heute
sehen
in
wollen,
nungslosigkeit Erfolgs
noch
nicht
der
"zynischen"
und auch noch nicht mit der
sicheren Reichweite
in die
Zukunft
Scho-
sich
des
angelegt
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
war.
Die m i l i t ä r i s c h e
Abschnitt
des
folgenden
Kriegen
schlüsse
Aktivität
Dreißigjährigen
von
Ludwigs
1648
bis
stimmige
Trendrichtung, repräsentativer
keit
nicht
Dokumente dieser
als
Zeit
die in
nachträglichen
oder
Aussagen und
welche
Lage, auf
Dokumente
Waren genden
nach
Außenpolitik schen
und
beruhte
noch
so
noch auch a u f
seine hat
der
nächsten
sich
die
den
Art
"geheime" Monarchen
scheidung
Entzerrung Zugänglich-
für
politische
der
nehmen, der
zu
aus
und
Konferenz, und der
französischen
politischen
Und
Führung
für ha-
Verfügung? Richelieus
hohe
die
der
Sicher denkt.
nachfol-
französischen
Experten
der
politi-
Konditionen
Eigenverantwortung
Kriegs-
Weise
größerer
Gegner verbind-
leisten?
und
nicht,
Eigenanteil wie
soweit
Vor a l l e n
verändert,
und im
Friedensziele
Informationsbildes,
war?
der
der
selbst
Nachfolger
Entscheidungen Die
eines Fall
für
der
Thematik
Uber
Boden
schriftlichen
doch
einem so e i n d r u c k s v o l l e n
Erarbeitung
Richelieu
die
Leiter
zweifellos
Entscheidungsbereich der
die
militärisch-strategischen
ihre
wären.
Möglichkeit
Tode
sehr
Einseitig-
Notwendigkeit
zur
dem
Lage
Rücksicht
verantwortlichen
sich
ohne
Aussagen
unserer
in
Aussagematerialien
Deutschland-Politik
diese
eine
ihrer
in der
oder
die
Entscheidungsträger
ben wir
Friedens-
direkten
Alliierte
zu
die
nach-
entgegenstehende
in
sind
letzten
den
den e i g e n t l i c h e n
Dekodierung die
zu s c h o n e n d e
liche
wir
einzigen
schriftlicher
Rhein-
selbst
Inwieweit
der
von Tendenzen, machung
die
betreten
Erörterung.
sowie
Politiker
im
und i n
bestätigen
zu d i s q u a l i f i z i e r e n
Damit unsere
XIV.
1697
Aussagen
Frankreichs
Krieges
333
wie
dies man
Dingen
bei bei an aber
politische
Tragweite
getroffen
wurden.
die
Begegnung
zwischen
ihren
in
der
Beratern
augenblicklichen
getroffene Disponiertheit
Entder
334
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
Situation heraus, mit ihren vielen
Unzulänglichkeiten
der
die
Information
richs IV. mäßig
- denken
hat Q
ihre
wir
an
dramatische
eingebüßt . Information,
Zeiten
Gewichtung
und
ihre
Heintypen-
über
weite
Strecken undramatischen Zwänge auf eine Entscheidungsfindung in einer bestimmten Richtung, scheinen an Gewicht und Überzeugungskraft, auch für die noch Uberaus einfach
manipulierbare
öffentliche
Meinung^,
zuzu-
nehmen gegenüber bloßem Einsatz von Verstand, Gefühl, Stimmung und Doktrin. Demjenigen, der in einem stimmigen Gefüge den Stellenwert eines bestimmten Herrschaftsraumes im Vergleich
zu weiteren
politisch
von
Frankreich
matisierten Räumen ausschließlich aus schen
Akten
erarbeiten
muß,
werden
proble-
den
diplomati-
sich
Schwierig-
keiten bieten, wenn er dem Humboldtschen "Ahnden" des Historikers
nicht
Uber
Gebühr
Raum
gewähren
möchte.
Die direkte Ausformulierung einer generellen Einschätzung des Stellenwertes eines
Landes
im
Vergleich
zu
weiteren Ländern wird, wenn diese in der
politischen
Pragmatik
nur
Uberhaupt
erstrebenswert
ist,
Eingang in die in ihrem Nukleus von
großer
selten Ökonomie
und Zurückhaltung in der Mitteilung geprägten Instruktionen
des
diplomatischen
großen
Avis,
finden.
Sie
Alltags, erschöpfen
scheinbar vielberedt
in Detailfragen
tigen
wenn
Beziehungen,
lichkeiten.
Die
quantifizierenden
weitab
nicht
Möglichkeiten
sich der
in
von
den
meistens
wechselsei-
Selbstverständ-
des
Austausche
und qualifizierenden
Daten
zur
von Er-
kenntnisbildung sind hier denkbar gering. Die Bemerkung, das Rheingebiet sei für die außenpolitische Interessenlage wichtiger Veltlin,
Venedig,
als Savoyen,
oder
Deutschland
Oberitalien, wichtiger
Polen, Spanien usw., die ja auch noch vom
das als
Historiker
335
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
auf
ihre
Stichhaltigkeit
zu Uberprüfen
wäre,
findet
sich mit Anspruch auf Gewicht über die Tagesaktualität hinaus expressis verbis wohl kaum. Sicher war die politische Einschätzung der rheinischen
Fürsten
einge-
lagert in den großen Gegensatz zwischen Frankreich und Habsburg, der bis 1756 die grundlegende Konstellation in der europäischen Geschichte bildete. Die Möglichkeit der Hinzugewinnung zum
französischen
Machtblock
(durch Allianz) oder zumindest der Neutralisierung war eigentlich unbeschadet der geographischen und sionellen
Situation
des
europäischen
konfesPartners
(Schweden) gegeben, obwohl gerade die Mittellage zwischen den Zentren Versailles und Wien - Brüssel
den
strategischen Wert der umworbenen rheinischen Fürstentümer erhöhte. Nachdem die politischen Räume Lothringens und des Elsaß weitgehend
dem französischen Staat
gefügig
gemacht werden konnten, so weit wenigstens, daß eine politische und militärische Gegenaktivität aus den eigenen regionalen Kräften schließlich
nicht mehr
dis-
kutabel war, wurde die Bedeutung der rheinischen Fürsten als direkt benachbarten Souveränen noch insofern augenfälliger, als der Westfälische veränen
Eigenschaften
dieser
Frieden die sou-
Fürsten
auf
Kosten
des
Reiches deutlich in die Völker- und staatsrechtlichen Dimensionen hinein gekräftigt hatte. Auch
die
französisch-deutschen
des Jahrhunderts nach
1648
setzen
für
Beziehungen
eine
Zeitlang
eine Differenzierung und Verfeinerung der Möglichkeiten
des
machtpolitischen
überlegenen
Frankreich
Zugriffs
voraus,
die
von im
Seiten
eines
Idealfall
der
militärischen Mittel eigentlich nach wie vor nur als Drohung im Hintergrund
bedarf
- nicht
Auge zu fassen, da Gerechtigkeitssinn,
ernsthaft
ins
Rechtsüberzeu-
336
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
gung und die nach Richelieu
zur
selbstverständlichen
Behauptung der Position der europäischen Vormacht veräußerlichte Vorstellung von der Schutzfunktion des Roi tres chretien für die Freiheit der Staaten der Christenheit
für den Frieden stehen -, so sehr auch die
historische bis
1697,
Wirklichkeit, diese
insbesondere
Reserviertheit
für
gegenüber
die
dem
Zeit
Kriege
Lügen zu strafen scheint. Wir meinen hier konkret eine ganze Menge: 1. die
Weiterverwendung
der
bereits
seit
langem
zu
größtmöglicher juristischer Effizienz gesteigerten Anspruchsformeln der königlichen Domäne und der "protection royale"
zwischen legitimierter
und relativ weitgehender
offener
Respektierung
Annexion
nichtfranzösi-
scher Rechtsbezüge*^, 2. die Technik der öffentlichen Vorfeldbereitung durch die Schriften der französischen Publizisten, 3· das Recht, mit den deutschen Bündnisse
auf
Gleichheit
der
Grundlage
(faktischer
der
völkerrechtlichen
Überlegenheit)
(Höhepunkt im Rheinbund 1 6 5 8 ) ,
Fürsten
zu
schließen
4· die Disposition über
staatsrechtliche Eingriffsrechte im Reich aufgrund der Frankreich eingeräumten Garantiemacht-Stellung für die Wahrung des Westfälischen Friedens als Instrument der Legitimation
einer
"Interessiertheit", chen
Festlegungen
unbefristeten
und
5· die bewußt
ungenauen
der
Grenzen
in
den
weitreichenden rechtli-
Friedensver-
trägen, wobei a) die Bindungen zum Reich nicht
voll-
ständig abgekappt wurden, b) aber die Abtretungen von 1648 aus der Reichs- und Kreisstandschaft herausgenommen wurden, 6. die Aktivierung alter Lehensverbindungen der de jure und de facto in Anspruch (und
1648
abgetretenen)
Herausbrechen
lothringischen
genommenen
Bistümer
weiterer Stücke aus dem Reich
nen), 7· das Recht militärischen Durchzugs
zum
(Reunio-
(passagium
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
innoxium)
betr.
Lüttich,
den
Niederrhein
337
und
Loth-
ringen, 7· Entfestigungs- und Entmilitarisierungs-Maßnahmen
1648
in
noch
nicht
eingeräumten
elsässischen
Städten und auf dem rechten Oberrhein-Ufer, 8. das bis Trarbach an der Mosel in seinem Mittelabschnitt geschobene
Festungssystem Yaubans,
9· die
vor-
Errichtung
neuer französischer Administrationen (elsässischer Gerichtshof, Straßburg,
Intendantenposten, Saarprovinz),
königlicher
10.
die
Prätor
Aktivierung
von von
Schutzrechten für die während vorausgegangener französischer
Besetzung
testantischen
neugewonnenen
Gebieten
als
Katholiken
Konsequenz
in
eines
pro-
älteren
Garantieverständnisses für das corpus christianum, 11. den Aufbau einer französischen Partei im Reich (Brüder FUrstenberg),
12. die Absicht, Ludwig XIV. oder doch
einem Kandidaten
Frankreichs die Kaiserwürde zu ver-
schaffen (die in ersterem Falle auf dem Weg der Personalunion wohl für immer auf Frankreich
übergewech-
selt wäre), 13· der Gedanke an die Besetzung der rheinischen
geistlichen
aus Politik
und
Kurfürstentümer
Adel
Frankreichs,
mit
Angehörigen
schließlich
durch
deutsche Kandidaten in französischem Einvernehmen, 14· die neue wirkungsvollere Handhabung des Botschafterinstrumentariums im Blick auf Wahltag (Wahlbotschafter), den
(Immerwährenden)
Reichstag
und
die
rheinischen
Fürsten,
15· die dynastische Verklammerung und nach-
folgende
Aktivierung
Kurpfalz
als
torium,
dem
von
Erbrechten
wichtigsten
auf
weltlichen
Gebiete
der
Grenzterri-
16. die Einrichtung von französischen
regimentern unter dem Patronat der kleinen
Fremd-
deutschen
Grenzland-Fürsten. Kaiser, der schwerfällige noch
komplizierter
arbeitenden
Reichstag
und
Reichsgerichte
die
waren
damit in ihren Zugriffsmöglichkeiten in Angelegenhei-
338
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
ten französischer Interessenmeldung auch in
Bereichen
alter Eigenzuständigkeiten auf vorgegebene
Rechtskon-
ditionen fixiert und somit auf ein Minimum
reduziert.
Solche französischen Aktivitäten setzten renzierte voraus,
Kenntnis
die
disponibel
ohne
der
eine
deutschen
zu haltende Archivierung
möglich
war. Der Wechsel
von
deutschen
Fragen
aufgrund der Möglichkeiten von bleme
den
auch
im
je
und
die
erarbeiteten hinaus
zwischen
rechtlichen und der staatsrechtlichen strittigen
diffe-
Rechtssituationen
Institutionalisierung
Spezialkenntnissen Uber den Tagesbedarf mehr
eine
der
nicht
völker-
Behandlung
nach
von
Opportunität
1648 machte alle Pro-
Franzosen
im völkerrechtlichen 12 staatsrechtlichen Binnenraum
Außen-
wie
zugänglich
(z.B. die Entschädigung in der kurpfälzischen
Erban-
gelegenheit), ohne daß ein spezielles Bündnis die Legitimation abzugeben hatte. Es wäre nicht
uninteres-
sant, vergleichend festzustellen, inwieweit dieser anspruchsvolle auch
für
Ausbau
die
des
übrigen
außenpolitischen geographischen
Repertoires Einflußzonen
Frankreichs zutraf. Bekanntermaßen hat die französische
Außenpo-
litik nach Ansätzen in der Zeit Heinrichs IV. im Verlauf des
17. Jahrhunderts
modernen Außenministeriums
durch
die
Schaffung
(1626) und
dessen
eines
weitere
Ausgestaltung als diplomatischer
Behördenorganisation 13 neben dem Auf- und Ausbau diplomatischer Außenposten diesen neuen Möglichkeiten die Wege geöffnet und somit eine Verbreiterung der Wirkungen
erreicht,
gekoppelt
mit einer Anhebung des Anspruchsrahmens durch die weitere
Verfeinerung
der
Technik
der
Diplomatie*^.
Es
wurde nun bis in das 18. Jahrhundert die sog. chancellerie
allemande
in
Versailles
aufgebaut,
zu
der
schließlich vor allem Elsässer, die die deutsche Spra-
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
339
che und das deutsche Staats- und Partikularrecht kannten, herangezogen wurden, so die jurisconsultes Ulrich Obrecht, Johann Konrad Pfeffel, Gerard de Reyneval und viele
andere*"'.
Staatssekretäre Einfluß
Bereits in der
gewonnen.
Die
unter
Richelieu
Außenpolitik mühsame
an
und
hatten
die
bestimmendem
langwierige
Ent-
wicklung eines dichten außenpolitischen Geflechtes begann, das nicht nur intime Einsichten schen
Probleme
der
Nachbarstaaten
in die
politi-
erlauben
sollte,
sondern auch fortwährende Positionsnahmen im Verständnis einer allezeit scher
oder
auch
offenen Disposition zu diplomati-
militärischer
im Rahmen ernsthafter Konflikte
Mit-Aktivitätsausiibung erforderlich
machte.
Mazarin hat als Erster Minister den deutschen Fürsten besondere
Aufmerksamkeit
eingeräumt.
Seine
Staatsse-
kretäre, die beiden Lomenie de Brienne, Vater
Henri-
Auguste (1643-1663) und Sohn Henri-Louis
(I65I-I663),
wurden anfänglich von seinen Nachfolgern
Le Tellier,
Lionne und Colbert übernommen, bald aber von Hugues de Lionne, marquis
de
Fresne
(1663-1671)
über eine eigene diplomatische
Praxis
abgelöst, am
Rhein
der ver-
fügte. Seit 1668 vereinte er die Funktionen von Minister
und
zum
Ende
ponne
Staatssekretär.
Seine
des Jahrhunderts
Nachfolger
Louvois
(1671-1672),
(1671-1679), der große Colbert
Colbert, marquis de Croissy quis de Torcy
waren
(1679),
bis Pom-
Charles
(1679-1696) und der Mar-
(1696-1715)· Mit ihrer Abfolge war zwar
kaum eine Änderung der grundlegenden
außenpolitischen
Axiome verbunden, wohl aber doch der so wichtigen Impulse für die Umsetzung der politischen Vorstellungen, die durch den schnellen Wechsel aus der Zone möglicher Dogmatisierung Grunde
kann
genommen
dieser
oder
wurden. jener
Und
auch
Abschnitt
aus
diesem
aus
einer
diplomatischen Instruktion für einen bestimmten
Zeit-
340
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
punkt anders zu deuten sein als seine Verwendung
in einer
früheren
oder
wortidentische
späteren
Instruk-
tion, sei es gerade zur Demonstration von Kontinuität oder nur aus Bequemlichkeitsgründen. Die Minister erhielten von ihren diplomatischen Helfern die einschlägigen Resultate der Auslandsberichte
für den Vortrag
im Rat und versahen auch die Antworten mit Bemerkungen entsprechend
den
getroffenen
Beschlüssen.
gehendere Kenntnis der rheinischen
Eine
ein-
Verhältnisse
ist,
von Colbert de Croissy und Hugues de Lionne abgesehen, erst
auf
der
"successeurs" 1663), im
Stufe
der
premiers
commis
und
vorhanden, so bei Pierre Ariste
l8. Jahrhundert
insbesondere
bei
ihren (16 61 —
Le
Dran,
der in den für die deutschen Verhältnisse zuständigen Bureaux des Außenministeriums
von
1725 bis
1749
ar-
beitet . Die im Archiv des Außenministeriums in Paris (Serie
Memoires
et
documents:
Allemagne,
Baviere, Prusse, Saxe usw.) und
in
nationale
frangais,
de
Paris
(u.a.
Fonds
der
Autriche,
Bibliotheque Morel
de
Thoisy, Chätre de Cange, Collection Clairambault, Melanges
de
Colbert)
schriftlichen
vorhandenen
zahlreichen
Erörterungen diplomatischer
denk-
Zielsetzung
befassen sich mit einer Vielzahl von in der
Deutsch-
land- und Rheinpolitik anstehenden Sachfragen und Pro-
, ,
blemen
16
Vor allem sind es Angelegenheiten, deren Bedeutung nun ausschließlich politisch,
höchstens
noch
verbal theologisch verortet wird; Uber die instrumentelle Behandlung geistlicher Bereiche sind die letzten Zweifel
beseitigt: Die Garantie des Westfälischen 17 l8 Friedens , der Rheinbund , die kurpfälzische Erb19 20 schaft , der Regensburger Stillstand , Branden21 22 bürg , die Kölner Erzbischofswahl des Jahres 1688 ,
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
341
die Rijswijker Klausel und ihre Kontrolle im l8.Jahrhundert
*} Ί
OA
, die 9. Kur, die sog. terres contestees , 25 die ZweibrUcker Erbansprüche , die Pragmatische Sank-
tion^,
die Wahl Karls V I I . ^
sich häufend, zusammenfassende
usw. tours
und,
schließlich
d'horizon
unter 2g
besonderer Berücksichtigung der deutschen Fürsten Neben
Erörterungen
der
Stellung
Frankreichs
in der europäischen Christenheit des 17·Jahrhunderts, deren Phasen durch die großen Friedensverträge be29 stimmt werden , finden sich Auslassungen über Herkunft, Ländererwerb und den Anspruch auf 30 die Kaiserwürde des rivalisierenden Hauses Habsburg . Die Kaiserwahl wird unter verschiedenen Aspekten, hauptsächlich denen eines nichtdeutschen oder eines protestantischen Kandidaten, diskutiert 31 . Insbesondere die 32 deutschen Reichsfürsten interessieren weiterhin , aber jetzt nicht mehr dogmatisch zentriert auf die Zubilligung von ständischem Widerstandsrecht gegen einen tyrannischen Kaiser im Rahmen der 33 Theorie von der beschränkten Monarchie des Reiches . Man erörtert sachlich die Abgrenzung der Rechte der Fürsten gegenüber denen des Kaisers η Λ , die aktuellen und die früheren Bündnisse der deutschen Fürsten untereinander und mit 35 den französischen Königen , weiter Landeshoheit und Souveränität"^, Lehen und A l l o dT^ ο , weibliche VormundSchaft Uber fürstliche Prinzen , adeliges Befesti39 gungsrecht usw. Kurmainz wird vor allem auch unter der um, auch
Optik seiner Funktionen im Reichstag Diktatur) betrachtet^®. den
reichischen
Das
Interesse
(Direktorigilt
Institutionalisierungen
aber
selbst,
insbesondere wenn diese auch für außenpolitische Entscheidungen wichtig sein können: A r\ j λ Reichsdeputation^, Reichsmatrikel , Reichsgericht , Reichskreise und Kreisassoziationen 44 , vor allem auch der Burgundische
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
342
Reichskreis^"*.
Die
unterschiedlichsten
Erscheinungen
des öffentlichen Lebens, der Wirtschaft und der Kultur werden in den Denkschriften thematisiert. So etwa die drei der
im Reich öffentlich Reichsadler
als
anerkannten
"Religionen"^, Λ 7
deutsches
Hoheitssymbol , die A8 Konvertibilität von Gold- und Silbermünzen (wichtig für Kontributionen und Subsidien), die Schiffahrt auf Rhein und M a i n ^ , die deutschen Dialekte"*^ und vieles andere mehr. Die häufig in mehreren menen, einen
thesenartigen beträchtlichen
bunddarstellung! ) ^ ,
Abschriften
Erörterungen, Umfang
die
annehmen
überkom-
gelegentlich
können
mit Schwergewicht
auf
(Rhein-
den
Jahr-
zehnten des ausgehenden 17. und der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts, bilden wohl in der Hauptsache Reflex der Tätigkeit
der für Deutschland
einen
zuständigen
Bureaux des Außenministeriums. Aber auch an die großen Bibliotheken Mazarins und Colberts, die nach dem Vorbild der Richelieu-Bibliothek auch der Erstellung von Arbeiten gutachtlicher Zielsetzung dienen konnten, und an die Academie politique des Marquis de Torcy, C2 einem Neffen Colberts, kann durchaus gedacht werden . Die Bandbreite bauten
dieser
Schriften
diplomatischen
reicht
Diskursen
von
durch
klar
die
aufge-
führenden
Experten aufgrund eingezogener Informationen von wissenschaftlich-juristischer vereinfachenden dungszwecken. lange
Lücken
praktizierte
Privateigentum
Ansprüchlichkeit
Abschriften
und
lassen
auf
Handhabung
schließen,
sind
Analysen Verluste
wichtiger aber
bis
zu
durch
Papiere
auch
zu
Ausbil-
als
sequenz der sich erst allmählich vollziehenden
die als Kon-
Inten-
sivierung der Einsicht in die Verfassungsstruktur
des
53 Reiches zu sehen
, deren Erörterung sich in Deutsch-
land selbst recht spät seit dem ausgehenden
16.Jahr-
343
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
hundert zu der breiten Wissenschaft des "öffentlichen" Rechtes
(Staatsrechtes)
zu
entwickeln
begonnen
hat-
t e ^ . Bei aktuellen Fragestellungen beispielsweise der Deutschland-Politik
wurde so der
orientierende
griff auf Vorformen und -Stadien oder
Rück-
gleichgeartete
Probleme in anderen Gebieten möglich. Das war
aller-
dings nicht mehr der vom Humanismus geforderte Primat der Geschichte
für die
politische
Gegenwartsbewälti-
gung, verstanden als das exempelhafte Ausschöpfen der antiken Autoren^,
Die Politik
Diplomatie und wiederum deren Hilfswissenschaften
wie
konnte
mit
Hilfe
der
juristisch-historischen
vormals
mit
Hilfe
der
Theo-
logie den Charakter des Willkürlichen, brachial Pragmatischen abstreifen, der von den Sympathien oder Abneigungen des Monarchen scheidungsträger
sonst
gefärbt wurde, und mit
oder seiner wichtigsten zu
unerwünscht
dem
deutlich
Zurücktreten
der
Entein-
mittel-
alterlichen monarchischen Gottbefohlenheit und -gebundenheit
auf
dem
schmalen
Grat
des
anspruchsvollen
droit divin noch leichter mit dem immer noch unangenehm wirkenden Vorwurf des Tyrannischen bzw. Unchristlichen bedacht werden konnte. Die Politik wurde so mit Hilfe der Bürokratisierung der Diplomatie intellektualisiert, besser konditioniert, zivilisiert und in säkularisiertem theoretisch
Verständnis
humanisiert.
Sie
ein in ein nach europäischer
leitete
Integration
strebendes Rechtsgebäude, das die nationalen und partikularistischen Gegebenheiten als natur- bzw. völkerrechtliche
Modifizierungen
begreifen
und
einordnen
wollte, ohne damit die Souveränität der einzelnen Nationen in Frage zu stellen. Eine von der weiter wickelten Kenntnis der Rechte an die Politik tisch heranzutragende Möglichkeit tur aufgrund verbesserter
einer
Information,
ent-
theore-
Fehlerkorreksozusagen
als
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
344
reuiges "Eingeständnis" zu denken, wurde allerdings wohl als unzumutbare Moralisierung diskutiert.
Die
politische
- erst
Argumentation
gar
nicht
Frankreichs
wurde im Blick auf das Verhältnis zum deutschen Staatensystem
zwar
immer
anspruchsvoller
geführt,
blieb
aber grundsätzlich fixiert von der Vorstellung des Besitzes eines besseren Rechts, ohne daß für den Einzelfall eine besondere doktrinäre Begründung schon parat sein mußte. Ein moralischer Rückschritt gegenüber den mühsamen Prozeduren gelehrten theologischen Hinterfragens
politischer
Probleme
bei
Richelieu?
Doch
nur,
wenn das Kokettieren mit dem moralphilosophischen Kalkül und das auf diesem Wege zu erarbeitende
juristi-
sche Konstrukt mit der ethischen Verbindlichkeit innerer Frömmigkeitshaltung selbst verwechselt würde. Der diplomatischen Aufbauarbeit widersprach es nicht, wenn spätestens seit dem Ausgang des Österreichischen Erbfolgekrieges
an die
Stelle
der
drohenden
Annexions-
und Arrondierungspolitik eine Politik der gung" t r a t ^ , wie auch
andererseits
bei
"Durchdrinden
verant-
wortlichen Ministern der rheinischen Fürsten die Empfindlichkeit
gegenüber
Einmischungen •>7 die "Reichsdomestica" wuchs .
Frankreichs
in
Besonders das sog. droit public im Sinn des Staatsrechtes in Deutschland begann zu hatte doch die Verfahrensweise
des
interessieren;
"Dissimulierens",
des bewußten Akzeptierens von unklaren
Formulierungen
in den Verträgen, auch dem machtpolitisch
Überlegenen
Wechsel auf die Zukunft beschert, die nur
mit
Hilfe
der Juristen einzulösen waren. Man glaubte damals in Versailles zu erkennen, daß es keine sichere Systematik für eine Analyse der Ausformung des Staatsrechtes in
Deutschland
geben
konnte,
die
vom
Natur-
oder
Völkerrecht schlüssig zu beziehen war. Das Studium des
345
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
deutschen
Staatsrechtes
war
nur
in
enger
Verbindung
mit der deutschen Geschichte zu verdeutlichen bzw. zu erarbeiten, wobei man mit dem Spürsinn des politischdiplomatischen
Rechtspragmatismus auf der alten
Leit-
schiene des Domänenbegriffs den Spuren der spätmittelalterlichen französischen Kronjuristen bis in das Mittelalter zurückfolgte und die zeitgenössischen französischen und deutschen Urkundensammlungen und lungen der mittelalterlichen ter
die
Lupe
schulten
nahm.
Insbesondere
gelehrten
Darstel-
deutschen Kaiserzeit
ge-
Univer-
sität mit ihrer Orientierung an der modernen
Politik-
wissenschaft
Gewährs-
boten
rO
der
historisch
Straßburger
leute an
Juristen
die
un-
sich traditionsgemäß
. Ulrich Obrecht durchsuchte
Auftrag
die
Archive
in
als in
Heidelberg
königlichem
und
Speyer
aktuellen Fragestellungen, wie der Wahl des Königs.
Sein
1716 einen
Schwager
Heinrich
"Catalogue des livres
plus e s t i m e s " ^ Jeremias
Johann
du
nach Versailles.
Eberhard
Linck
stammt
Von
sandte
Public
dem
die
römischen
Böckler
Droit
zu
les
Straßburger
erste
gedruckte
Einführung in das Studium des öffentlichen Rechtes in Deutschland, die 1728 in französischer Übersetzung aus Lincks Vorlesungshef t. erstellt kopiert sie
wurde
1748
von
("Le
droit
dem
Vitriarius
abgelöst
Schließlich
wird
Regime von
Johann
Daniel
des
worden
zu
in
(seit
der 1757)
Schöpflin
in
Paris
mehrfach
d1Allemagne"),
Leitfaden sich
in Straßburg
und
public
und
Leydener sein
Spätzeit
bis
Juristen scheint^.
des
unter
der
von
dessen
Ancien
Anleitung Schüler
Christoph Wilhelm Koch eine Diplomatenschule.im Rahmen 62 der Straßburger Universität einen Namen machen Die diplomatischen Verbindungen mit dem Reich erfaßten
(nach Ausweis der Serie Correspondence
tique, Allemagne,
Archives
du Ministere
des
poli-
Affaires
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
346
etrangeres, Paris) insbesondere die geistlichen Kurfürstentümer am Rhein: Mainz (seit 1610), Köln und Trier (seit 1624), dann Kurpfalz und Pfalz-Zweibrücken (seit 1602), aber auch eine Reihe von weiteren Fürsten am Rhein wie Nassau (seit 1003), Baden (seit 1570), das Bistum Speyer (seit 1622) und die "petites principautes" wie Salm, Rheingrafen, Isenburg, Waldeck, Leiningen, Oettingen, einige Reichsstädte und den Deutf\ 1
sehen Orden Der
. Aufbau
ständiger
setzt bei den rheinischen abschließend
diplomatischer
Kurfürsten,
spezieller zuwenden, um
denen 1648
Posten wir
uns
ein^.
Die
Diplomaten, die der König nach Bonn, Koblenz, Mainz, Frankfurt und Heidelberg schickte, erhielten üblicherweise den Titel resident oder envoye, envoye extraordinaire. Im allgemeinen sucht man hier vergeblich jene großen
Namen
der
ambassadeurs
an
den
bedeutenden
europäischen Höfen. Obwohl es eine eigentliche diplomatische
Karriere
im Ancien
Regime
noch
nicht
wurden doch diese Posten bei den rheinischen als zweitrangig angesehen, formalrechtlich
gab,
Fürsten
durch
den
Umstand abgestützt, daß die Souveränität dieser kleinen
Fürsten
doch
keine
fleckenlos
vollständige
war.
"Dans les cours rhenans, on se ruine au service du Roi sans
profit
ni prestige"^"'.
Dazu wurden
die
an
den
Rhein geschickten honnetes hommes beharrlich von dem Gefühl verfolgt, ohne adäquate Entschädigung in eine vergleichsweise zivilisatorisch und ökonomisch benachteiligte "die
Landschaft exiliert
notwendigen
Ausbrechen von Katarrh und die
dichten
Verrätereien die
die
Nebel der
zu werden. Hinzu traten
Übel eines des
Rhein-
Gesundheit
der
rauhen
Klimas,
Rheumatismus Rheins,
und
denen
Moselweine
Würdenträger
auf
das
das
begünstigte; sich
die
zugesellten, eine
harte
347
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
Probe stellten"^. Vor ihrer Abreise empfingen die Gesandten vom Staatssekretär Initialinstruktionen mit näheren
Anga-
ben über die anstehenden Aufgaben, den Hof, den Fürsten und seine Minister, die ihn erwarteten, auch Zeremoniellfragen blieben nicht vergessen. Was die Einstufung
politischer
Fragen
anlangt,
enthalten
diese
Instruktionen plausiblerweise weniger die eigentliche Meinung vielmehr
der
französischen
eher
diejenige,
solche am fremden Hof Begründung, sich
was
wichtigen
eine
offiziellen die
der
vorzugeben kritische
Quellen
nicht
Stellen,
Gesandte hatte,
gerade
Erst im Zusammenhang mit den übrigen
als
sowie
Auswertung
als eine deren
dieser
an
erleichtert
.
Korrespondenzen
zwischen Paris und dem Diplomaten auf Außenposten und im Vergleich mit den betreffenden Materialien der politisch
unterschiedlich
verorteten
Nachbarresidenzen
wird ein einigermaßen gesicherter vektorieller auf die französischen Absichten
ermöglicht.
Schluß
Die Hin-
und Herinformation zwischen Versailles und den rheinischen Posten verdeutlicht, daß stellationen
kaum
Überlegenheit
der
von
verbalem
französischen
längerfristige Einfluß
Kon-
waren.
Machtposition
Die
wirkte
sich auch in der Zeit Ludwigs XIV. keineswegs so aus, daß
alle
von
den
Franzosen
angedeuteten
Erwartungen
und Wünsche in die Realität umgesetzt werden konnten, auch,
wenn
sollten.
diese
Das
französischer spektierung
sich
hing
relativ
damit
bescheiden
zusammen,
daß
die
Deutschlandpolitik- herkömmlich der
partikularfürstlichen
ausnehmen Modelle die
Re-
Libertät
in
Friedenszeiten sozusagen axiomatisch voraussetzten. Bei den geistlichen Kurfürstentümern'erwiesen sich die Erzbischofs- und Koadjutorwahlen als Schlüsselkonfigurationen,
die - so scheint es - durch
den
348
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
mühsamen Aufbau französischer "Parteien" in den Domkapiteln über Gebühr in den französischen Überlegungen perpetuiert werden, wodurch Täuschungen, Mißerfolge und Enttäuschungen geradezu vorprogrammiert erscheinen. Pensionen und politisch-militärische Allianzbzw. Neutralitätsverträge gewinnen jeweils nur abschnittweise in den einzelnen Kurfürstentümern Aktua-
68 lität
. Der Stellenwert der Kurfürstentümer wird mehr
durch die Persönlichke.it der jeweiligen Regenten (und, insbesondere
später,
vergleichbaren,
deren
Minister)
relativ kleinen
als
durch
die
Territorialpositionen
mit allerdings beträchtlichem strategischem Wert gegeben. Hofiert man nach 1648 zeitweilig dem ehrgeizigen Mediationsstreben des Mainzer Kurfürsten Johann Phi69 lipp von Schönborn , so wirkt sich in den großen Auseinandersetzungen
Uber
das
Ende
des
17 .Jahrhunderts
hinweg die dynastische Verklammerung Kölns mit München aus.
Kurfürst
Clemens
August
von
Köln,
la
"vraie
girouette", wurde gerade durch seine selbständige Politik während der wittelsbachischen Kaiserperiode plus
puissant
des
archeveques
de
1'Empire",
"le
dessen
durch die Baulust bedingte70Achillesferse, die Finanzsorgen, auszunützen seien . Spätestens das renversement des alliances machte die geistlichen Kurhöfe am Rhein für Frankreich politisch fast bedeutungslos, für Kurtrier galt das im wesentlichen
schon 7 1 seit dem Tod Philipp Christoph von Söterns ( 1652) . Die deutliche
Reduktion tionspläne Wende zum
des
Stellenwertes
bedrohten
der
geistlichen
18.Jahrhundert
durch
Säkularisa-
Fürsten 7 2ist
schon notorisch
um
die
. Das Haus
Wittelsbach als möglicher Knoten einer dritten Partei in Deutschland bot für Frankreich wie im übrigen auch für Habsburg weiter diverse Anknüpfungspunkte
zu Al-
lianzen. Die Wegstrecke von der Gegnerschaft der viel-
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
349
fach militärisch von Frankreich überzogenen Kurpfalz, deren Kurfürst Karl Ludwig erst 1073 "lit einem französischen Diplomatenposten in Heidelberg honoriert 71 worden
war
,
bis
zur
Annäherung
seit
1727
und
schließlicher
"Interessenkonformität" im entscheiden7Λ den Jahr 1740 war weit . Aber die geographisch entlang der Rheinachse auseinandergezogene Pfalz war mit ihrer auf weitere Vergrößerung angelegten dynastischen Katalysatorsituation
für
Frankreich
strategisch
und
kräftemäßig nützlich, auch durch den pfälzischen Einfluß im Reichstag und in den Kreisversammlungen durch ihr Konvikariat während der deutschen
sowie
Thronva-
kanzen. Umgekehrt gab erst die Allianz mit Frankreich, das Subsidien, den Besitz der Festung Landau und quälende
Grenzstreitigkeiten
als
einsetzen konnte, der Pfalz
Lock-
und
Druckmittel
ernstzunehmendes
politi-
sches Gewicht. Allerdings war damit längerfristig auch hier die Gefahr angelegt, "unmerklich eine mittelbare, wenn nicht unmittelbare Dependence der Krone." zu werden 7 5 . Ob Frankreich mit seiner Politik der diplomatischen Aufweichung des Reiches durch die
zeitweilig
demonstrative Gewichtung der fürstlichen Residenzen am Rhein insgesamt über dem Strich einen Gewinn erzielt hat, der den Aufwand lohnte, mag dahingestellt
sein,
wenn man handgreifliche Gewinne allein gewichten möchte. In den entscheidenden
Situationen auf Krieg oder
Frieden erwiesen sich die diplomatischen Brücken häufig als zu wenig tragfähig, um Vorteile zu bieten; in den Friedenszeiten und im Zeichen günstiger Konstellationen hatte sich die französische tionierendes
Instrumentarium
auch
Politik ein funkder
Selbstdomesti-
zierung bzw. Selbstverpflichtung geschaffen, das nicht unbedingt auf plakative Erfolge terminiert war. Klein-
350
Dotzauer, Macht - Politik — Diplomatie
liehe Personalpolitik, Grenzstreitigkeiten, sche
Durchzlige
und
insgesamt
die
Abhängigkeit
rheinischen Kleinstaaten von den
großen
Kräftekonstellationen
Vorteile
lassen
die
militärider
europäischen längerfri-
stig nur da bei Frankreich zu Buche schlagen, wo das Fernziel
eines
einseitigen
Hineinwachsens
französi-
scher Kräfte in das innere Gefilge des Reiches siert und eben als vorteilhaft virtuos
entwickelte
brechens
Technik
angesehen
des
staatsrechtlicher
diplomatischen
Schaltstellen
setzte das immer anspruchsvollere
anvi-
wurde. im
Die Auf-
Reich
Vertrautwerden
mit
den autochthonen Herrschaftsgepflogenheiten und -Usancen und wichtiger Stränge des biographischen Geflechtes der führenden Kreise voraus. Nicht auf die Herausforderung
zu
größerer
Einfühlung
und
schließlicher
Selbstidentifikation mit den erkannten deutschen Positionen war das französische
Tätigwerden
eingestimmt,
wie dies nun einmal nicht im Bestreben der Diplomatie liegen der
kann,
sondern
gewachsenen
auf
deutschen
die
vektorielle
rechtlichen
Versetzung
Vorstellungen,
die auf die Franzosen mittelalterlich wirken mußten, im Sinne
des modern
konzipierten
Natur-
und
Völker-
rechtes, das in seiner großen Gefügigkeit auch gleichzeitig
vom
politischen
Stilgefühl
der
Zeit
her
ka-
Seite aus?
Die
nalisierten Vormachtambitionen günstiger war. Wie sah es auf der deutschen Mittel
der
aufwendige
deutschen
Fürsten
diplomatische
erlaubten
Aktivität
in
eine
ähnlich
Versailles
nicht, wenn sich auch immer und immer wieder deutsche Diplomaten in offiziellen.Missionen in Versailles aufH (\
gehalten haben
. Gewiß ist die Information, die sich
die deutschen Fürsten am Rhein Uber die
französische
Politik und ihre Entscheidungsträger in Versailles auf dem Weg Uber Gewährsmänner, Geschäftsträger, Residen-
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
351
ten oder Gesandte selbst besorgen konnten, häufig sehr viel einseitiger und unverbindlicher gewesen. Die Tage der demonstrativen beit
im
jungen
Signale zu intensiver
Rheinbund
waren
bald
Zusammenar-
zerronnen.
Be-
sonders die Aktivitäten im Umkreis des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn zeigen, daß sich gerade am Rhein seit 1648 ein eigentümliches politischsozietäres Klima entwickeln konnte, das in seiner allerdings nur z.T. in die Vergangenheit gerichteten relativ von
machtfremden
Konstruktivität
philosophisch-literarischen
die
Verwechslung
reichspublizistischen
Erörterungen mit politischen Avis pragmatischer Aus77 richtung ableistete . Eine gewisse Neutralisierung der
Kräfte
aus Versailles
und
Wien,
die
rivalisie-
renden Vorstöße der einzelnen kräftemäßig nicht übermächtigen Parteiengruppen trugen dieses
Klima
bewußt
mit bzw. bedienten sich seiner, ohne es zu zerstören. Die soziale Struktur der Erzstifte und Hochstifte, deren schnell wechselnde Führungsspitzen großenteils aus dem Lager des niederen Adels bezogen wurden, aber auch die
weltliche
Kurpfalz,
scher,
politischer,
Grenz-
und
der
die
Aufgabe
konfessioneller
Außenposten-Politik
geographi-
und
zufiel
kultureller
und
die
durch
das Erlebnis des Dreißigjährigen Krieges die Instabilität
auch
angestammten
Landesfürstentums
erfahren
mußte, kamen diesem Denken entgegen. Das bekannte Projekt
des
damals
in Mainz
tätigen
Gottfried
Wilhelm
Leibniz, dem König von Frankreich im "Consilium Aegyptiacum"
(1671/72) die Eroberung Ägyptens
nahezulegen,
kam immerhin einer Idee des nicht direkt Pate stehenden Mainzer Kurfürsten Johann Philipp entgegen, derzufolge die besiegten Holländer Schiffe für ein französisches
Engagement
sollten 7 Η. Das
gegen
"Consilium
die
Türken
bereitstellen
Aegyptiacum" 70 und
andere
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
352
Projekte
werfen die Frage auf, ob ein gerade notwen-
diges Mehr an politischem Kausaldenken im eigentlichen Realitätsnexus der damaligen Zeit bereits nur noch den politischen möglich
FUhrungsmächten
war,
in
in
Europa
den politischen
gegeben
und
Pressionszentren
am
Rhein (allerdings auch in den übrigen deutschen Kleinresidenzen)
wie
in
Italien
und
Polen
Vielfalt von Kräften und Gegenkräften deren Exzentrität z.T. nur mit territorialen willkommene schen
Teilsituation
Ansatzpunkte
Führungsmächte
zu
dagegen genährt
wurde,
der Vereinzelung erklären
ist
für die expansiven
bildeten.
eine
Wir
mUssen
und
der die
europäiuns
viel-
leicht damit abfinden, daß sich ein Großteil des diplomatischen cheren
Schriftwechsels und des viel
mündlichen
diplomatischen
umfangrei-
Verkehrs
zwischen
Großmacht und Kleinstaat zwar desselben Vokabulars und derselben Gedankenfiguren bediente wie im Verkehr unter den Großmächten selbst, daß sich jedoch eigentlich nur der politisch mächtigere Teil der mangelnden Verbindlichkeit in
aller
wohl bewußt war. Transparenz ergab sich
brutaler
Deutlichkeit
für
alle
Beteiligten
erst in casu belli. Das System war fast perfekt, da es der Eitelkeit der kleinen Auswechsel-Fürsten
aus dem
niederen Adel entgegenkam und gleichzeitig durch die Vieldeutigkeit
der diplomatischen
Konstruktionen
oft nicht ungefährlichen Absichten der
die
Führungsmächte
in Friedenszeiten in einem heute geradezu klassisch zu verstehenden Maß zeitgemäß moderiert wurden.
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
353
1 Daß die von der älteren Geschichtsschreibung aus dem Detail erarbeiteten Grundzüge, auch wenn sie von ihrem nationalistischen Gehalt befreit sind, in ihren strukturellen und detailbezogenen Ergebnissen noch weiterhin Verbindlichkeitscharakter haben können, zeigt die Studie von Paul Egon Hübinger, Die Anfänge der französischen Rheinpolitik als historisches Problem. In: HZ 171 (1951) S.21-45· 2 Aloys Schulte, Frankreich und das linke Rheinufer. 2. Aufl. Stuttgart und Berlin 1918, S.137-143. Wilhelm Mommsen, Richelieu, Elsaß und Lothringen. Ein Beitrag zur elsaß-lothringischen Frage. Berlin 1922. - Kurt v. Raumer, Richelieu und der Rhein. In: Zf GO 43 ( 193Ö1 S.149-104 und später verschiedentlich. - Berthold Baustaedt, Richelieu und Deutschland. Von der Schlacht bei Breitenfeld bis zum Tode Bernhards von Weimar. Berlin 1936. 3 In der deutschen Diskussion, ausgelöst durch die Dissertation W. Mommsens (vgl. Anm. 2), die das konsequent nationalistische Bild A. Schultes (vgl. ebd.) korrigierte, war man nach wie vor überzeugt, daß die Position am Rhein schon früh die machtpolitische Grundlage der französischen Deutschlandpolitik bildete. Mommsens These, Richelieu habe keine Rheingrenzpolitik vertreten, sondern man könne lediglich die Einbeziehung Lothringens, nicht des Elsasses, als integrierenden Bestandteil seiner Politik betrachten, bewegte sich in der Nähe des Franzosen Louis Batiffol, Richelieu et la question d 1 Alsace. In: Revue Historique 138 (1921) S . l 6 l 200. Sie wurde im Dialog mit K. v. Raumer Gegenstand einer heftigen Diskussion. Auch B. Baustaedt (vgl. Anm. 2) warnt vor Mommsens Ansatz, Richelieus Rheinpolitik isoliert zu betrachten. 4 Schon die anspruchsvolle Erörterung von Rudolf von Albertini, Das politische Denken in Frankreich zur Zeit Richelieus. Marburg 1951> hat die deutsche Auseinandersetzung um die Machtpolitik Richelieus um eine wichtige Dimension bereichert. 5 Fritz Diekmann, Rechtsgedanke und Machtpolitik bei Richelieu. Studien an neu entdeckten Quellen. In: HZ 196 (1963) S.265-319, betont, daß bei Richelieu immer wieder auch Prinzipien der Rechtsüberzeugung in seine Überlegungen hineinspielen und er auch an die Rechtlichkeit der von Dupuy und Godefroy konstruierten Ansprüche auf fremde Gebiete glaubte. 6 Gabriel Hanotaux, Richelieu et la Religion. In: Revue des Deux Mondes 108 (1938) S.549-579. 7 Stephan Skalweit, Richelieus Staatsidee. In: GWU 2 (1951) S.719-730, hier S.721. - Hermann Weber,
354
8 9 10 11
12 13 14
15
16
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich 16231635. Bonn 1969, S . 5 9 - 6 4 . - Ders., Richelieu und das Reich. In: Frankreich und das Reich im 16. und 17.Jahrhundert. Hrsg. v. Heinrich Lutz, Friedrich Hermann Schubert, Hermann Weber. Göttingen 1968, S.36-52, 60. - Jörg Wollenberg, Richelieu. Staatsräson und Kircheninteresse. Zur Legitimation des Kardinalpremier. Bielefeld 1977, pass. - William F. Church, The Impact of Absolutism in France: National Experience under Richelieu, Mazarin, and Louis XIV. New York/London/Sidney/Toronto (1969) S.9. Vgl. Weber, Frankreich (Anm. 7) S . 6 4 . Winfried Dotzauer, Heinrich IV. von Frankreich und die Frage der römischen Königswahl in Deutschland. In: ZfGO 114 NF 75 (1966) S.71-146, hier S.99ff. Ders., Der publizistische Kampf zwischen Frankreich und Deutschland in der Zeit Ludwigs XIV. In: ZfGO 121 NF 82 (1974) S.99-123. Wolfgang Hans Stein, Protection Royale. Eine Untersuchung zu den Protektionsverhältnissen im Elsaß zur Zeit Richelieus. 1622-1643. MUnster 1978. - Ingeborg Streitberger, Der königliche Prätor von Straßburg 1685-1789. Freie Stadt im absoluten Staat. Wiesbaden 1961. Vgl. Roman Schnur, Der Rheinbund von 16 5 8 in der deutschen Verfassungsgeschichte. Bonn 19 5 5 > S.29ff. Camille Piccioni, Les premiers commis des affaires etrangeres au XVII et au XVIII siecles. Paris 1928. Am eindrucksvollsten abgespiegelt im Recueil des Instructions donnees aux Ambassadeurs et Ministres de France depuis les Traites de Westphalie jusqu' ä la Revolution Frangaise publie sous les auspices de la Commission des Archives diplomatiques au Ministere des Affaires Etrangeres. Bd. 1—(30,1). Paris 1 8 8 4 ( 1 9 8 3 ) . A. Salomon, Les Alsaciens employes au Ministere des Affaires Etrangeres ä Versailles au XVIII et au XVIII siecles. In: Revue d'histoire diplomatique 45 (1931) S.449-472. - Im engeren Sinne auf die Wissenschaft der Geschichte bezogen Jürgen Voss, Das Elsaß als Mittler zwischen deutscher und französischer Geschichtswissenschaft im 18.Jahrhundert. In: Historische Forschung im 18.Jahrhundert. 12. Deutsch-Französisches Historiker-Kolloquium des Deutschen Historischen Instituts Paris. Hrsg. v. Karl Hammer und Jürgen Voss. Bonn 1976, S.334-363. Die folgenden Angaben können natürlich nicht einmal ausschnitthaft vollständig sein, vermitteln jedoch einen, wenn auch oberflächlichen, Eindruck der in
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44
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diesem Zusammenhang anzusprechenden strukturellen Kriterien, wobei nicht zuletzt die zahlreichen kleineren, in den Archivinventaren unberücksichtigt bleibenden Denkschriften nicht unwichtig sind. AE (= Archives du Ministere des Affaires etrangeres, Paris) MD Allemagne 78 f.528-534· - Vgl. auch B.N. (= Bibliotheque nationale, Paris)FR 8996. AE MD Allemagne 34 et 35= Histoire de l'alliance du Rhin (I-II). Ausführliche Darstellung. B.N. Clairambault 448 f.300-303AE MD Allemagne 16 f.49-138'. Par Μ. de Saint-Prez (1720). B.N. FR 7139 (1688) f.2ff. B.N. Thoisy 271, Tom. VII f.101-114- - Clairambault 295 f.3-113. AE MD Allemagne 37 f.109-139; f. 142-273'· - MD Allemagne 38 f.136-143- - B.N. Clairambault 283 f.197-298. AE MD Allemagne 12 f.104-183· AE MD Allemagne 78 f.3l8ff. AE MD Allemagne 41 f.300ff. AE MD Allemagne 38 f.362-439'. AE MD Allemagne 8l f.7-41' ( 1700). - MD Allemagne 12 f.41-98. Par Μ. de Saint-Prez ( 1715) . - MD Allemagne 52 f.110-114. Par le Dran, Commis des AE (1716). - MD Allemagne 78 f.305-317'; f.323-335' (1732, 1733). - MD Allemagne 41 f.332-370 (1735). AE MD France 441, 412. - B.N. FR 10673B.N. FR 10673. - AE MD Allemagne 78 f.348-398'. AE MD Allemagne 41 f. 36-39'; 40-45; 46-48; 276-281. MD Allemagne 8l f.75-92. Portrait d' un Prince de 1'Empire. AE MD Allemagne 78 f.249-263•. Wollenberg, Richelieu (Anm. 7) S.102. AE MD Allemagne 78 f. 249-263. - MD Allemagne 8l f.151ffAE MD Allemagne 41 f.22-25- MD Allemagne 52 f.167-219. AE MD Allemagne 16 f. 157-197· - MD Allemagne 52 f. U 6 f . AE MD Allemagne 78 f.556-564AE MD Allemagne 74 f.408-4l6'. AE MD Allemagne 77 f.45-52'. AE MD Allemagne 78 f.281-296'; 297-304'; 580-601; 602-605'· AE MD Allemagne 12 f.255-256'. AE MD Allemagne 16 N? 4 f.219-261 1 . AE MD Allemagne 78 f.538-544'. AE MD Allemagne 41 f.296-299; MD Allemagne 78 f.338-345'·- N.B. FR 9729 f.222ff.; 227ff.
356
Dotzauer, Macht - Politik -
Diplomatie
45 AE MD Allemagne 78 f.486-521 1 . Sur le dessin qu'il paroit que la cour de Vienne a forme de faire des Pays-bas Autrichiens un Electorat de 1'Empire. 46 AE MD Allemagne 12 f.l84ff. (1741)· 47 AE MD Allemagne 78 f.576-57748 AE MD Allemagne 41 f.423-429'. - MD Allemagne 77 f.67 1 -68 1 ; 69-73'. 49 B.N. FR 8010 f.194-199 (1744)· 50 Lingua Germanica Dialectorum. B.N. FR 9729 f. 167168' .
51 Vgl. Anm. 18. 52 Wollenberg, Richelieu (Anm. 7), S.122. - Joseph Klaits, Men of Letters and Political Reform in France at the End of the Reign of Louis XIV: The Foundation of the Academie Politique. In: JMH 43 (1971) S.578-597. 53 Über die Anfänge des französischen Interesses an der Staatslehre in der 2. Hälfte des 16.Jahrhunderts, verknüpft mit der Souveränitätslehre Jean Bodins, der Auffassung der Volkssouveränität durch die Monarchomachen sowie mit de Thous Historiae sui temporis vgl. Friedrich Hermann Schubert, Französische Staatstheorie und deutsche Reichsverfassung im 16. und 17.Jahrhundert. In: Frankreich und das Reich (Anm. 7), S.20-35, 55-59· 54 Vgl. ders., Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der frühen Neuzeit. Göttingen 1966, S.54f·, l60, 354 u. pass. 55 Friedrich Meinecke, Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte. Hrsg. und eingeleitet von Waither Hofer. München I960, S.197 (Friedrich Meinecke Werke. Bd.l). Wollenberg, Richelieu (Anm. 7) S.167. 56 Dabei denkt man vor allem an die paradigmatische Aufarbeitung diplomatiegeschichtlicher Natur der Beziehungen zwischen Kurpfalz und Frankreich von 1740-1756: Hannah Rabe, Pfälzische Reichsund Außenpolitik am Vorabend des Österreichischen Erbfolgekrieges 1740-1742. Meisenheim 1961. - Hermann Weber, Die Politik des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz während des österreichischen Erbfolgekrieges (1742-1748). Bonn 1956 - Meinhard Olbrich, Die Politik des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz zwischen den Kriegen (1748-1756). Bonn 1966. 57 Rabe, Reichs- und Außenpolitik (Anm. 56) S.62. 58 Bereits an Gymnasium und Akademie in Straßburg beschäftigten sich der Jurist Georg Obrecht und der Historienprofessor Mathias Bernegger mit dem deutschen Reichsrecht. Anton Schindling, Humanistische Hochschule und freie Reichsstadt. Gymnasium und Akademie in Straßburg 1538-1621 . Wiesbaden 1977,
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
357
S . 280, 284f. 59 AE MD Allemagne 12 (II) f.272-275 (29® juin 1716). - Vgl. dazu: Reflexions sur le droit public d'Allemagne ( 1716 Le Dran). Ebd. MD Allemagne 52 f.118-122'. 60 AE MD Allemagne 67 f.10-81. - MD Allemagne 72 f. 112ff. - B.N. FR 8995. 61 AE MD Allemagne 72 f.3-174'. 62 Jürgen Voss, Universität, Geschichtswissenschaft und Diplomatie im Zeitalter der Aufklärung: Johann Daniel Schöpflin (1694-1771)· München 1979, S.143, 145ff·, 156-185. - Ders., Elsaß als Mittler (Anm. 15), S.345ff. 63 Weiter: Autriche, Bade, Baviere, Berg/Cleves/Juliers, Brunswick, Hesse, Lorraine, Munster, Mecklembourg, Palatinat-Deux-Ponts, Prusse, Saxe, Wurtemberg. 64 Recueil des Instructions (Anm. 14), XXVIII Etats allemands. Par Georges Livet. Τ.1-(3): L'Electorat de Mayence. Paris 1962. L'Electorat de Cologne. Paris 1963. L'Electorat de Treves. Paris 1966. 65 Ebd. Mayence, S.XXIX. 66 Ebd. S.XLV. 67 Winfried Dotzauer, Recueil des Instructions. In: ZfGO 111 NF 72 (1963) S. 89-600, hier S. 91. 68 Nach dem Ausweis des Inhalts des Recueil (Anm. 14) Bd. 7 Baviere, Palatinat, Deux-Ponts, hrsg. v. Andre Lebon. Paris 1889 und Bd. 28 (Anm. 6 4 ) . Die allgemeine Situation: Max Braubach, Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongreß (1648—1815)· In: Rheinische Geschichte, hrsg. v. Franz Petri und Georg Droege. Bd. 2: Neuzeit. 2. Aufl. Düsseldorf 1976, s . 2 1 9 - 3 6 5 . 69 Claude Badalo-Dulong, Trente ans de diplomatie frangaise en Allemagne. Louis XIV et l'Electeur de Mayence ( I 6 4 8 - I 6 7 8 ) . Paris 1956, S.30 f. Jedoch auch schon 16 58 mit Maßen: "parce que, comme l'ecrivait un peu dedaigneusement Mazarin, un simple Electeur ne saurait tenir la balance egale entre deux parties qui lui seront si superieurs en force". Ebd. S.31. - Zuletzt unter kirchengeschichtlichem Aspekt Friedhelm Jürgensmeier, Johann Philipp von Schönborn (160 5 - 1 6 7 3 ) u n d d i e r ö m i s c h e Kurie. Mainz 1977, S.229ff. 70 Max Braubach, Die vier letzten Kurfürsten von Köln. B o n n / K ö l n 1 9 3 1 , S.71ff· - Recueil, Cologne (Anm. 6 4 ) S.192, 218. 71 Jakob Lehnen, Beiträge zur kurfürstlich trierischen Politik unter Karl Kaspar von der Leyen. In: Trierisches Archiv 22/23 (1914) S.51-138. - Rene
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72
73 74 75 76
77
78
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
Pillorget, Jean-Hugues d 1 Orsbeck, Electeur de Treves et la politique des reunions (1678-1688). In: Revue d'histoire diplomatique 79 (1905) S.315-337· - Recueil, Treves (Anm. 64) S. XC ff. Dazu beispielsweise der äußerst beredte Bericht von Charles Frangois de la Bonde d 1 Iberville vom i9.lO.i7Ol aus Deutschland nach Versailles. AE MD 16 f.151-154 1 , hier f.153. Recueil Bd. 7 (Anm. 68), S.38I f. Vgl. Anm. 56. Weber, Karl Theodor (Anm. 56) S.78. Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648). Hrsg. v. Ludwig Bittner und Lothar Groß. Bd. 1 (1648-1715). Oldenburg, Berlin (1936). Außer dem Kaiser, Bayern, Brandenburg-Preußen, den weifischen Herzogtümern (Kurfürstentum Hannover), Kurpfalz, Kursachsen, den geistlichen Kurfürsten, Baden, Hessen, Mecklenburg, dem Deutschen Orden und dem Johanniterorden lassen sich bis 171 nur wenige der kleineren Fürstentimer und Duodezlinien, kaum Fürstbistümer (Basel, Lüttich, Münster, Osnabrück) und Reichsstädte (Bremen, Hamburg, Lübeck) häufiger oder auch nur ausnahmsweise in Frankreich mit eigenen oder im Mitauftrag tätigen diplomatischen Vertretern erfassen . Der Ansatz zu dieser vielleicht heute noch schmerzhaften Beurteilung ist durch die Distanz zu den älteren euphorischen regionalgeschichtlichen Würdigungen mitbestimmt, insbesondere des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn durch G. Mentz und K. Wild, die sich kaum von den überschwenglichen Kennzeichnungen der zeitgenössischen, häufig nicht ganz selbstlosen, Bewunderer als Friedensfürst, Pater patriae, deutscher Salomo usw. abheben. Aber auch die Analyse der neueren deutschen und französischen Arbeiten ist geeignet, die distanzierende Wertung zu unterstützen, wenn diese auch m. W. nie mit der Härte ausformuliert wird, die der historische Gegenstand hinsichtlich seiner wirklichen politischen Leistung verdient. Gottfried Wilhelm Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe. Hrsg. v. der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1. Reihe Allgemeiner politischer und historischer Briefwechsel. Bd. 1 1668 — I676. Bearb. v. Paul Ritter, Willy Kabitz, Erich Hochstetter. Darmstadt 1923 (Ndr. Berlin-O. 1970), S. 245ff. - Ebd. 4- Reihe Politische Schriften. Bd. 1 1667-1676. Bearb. v. Paul Ritter. Darmstadt 1931 (Ndr. Berlin-O., Hildesheim, New York 1970),
Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie
359
S . 2 17f f· - Paul Ritter, Leibniz' ägyptischer Plan. Darmstadt 1930. Die umfangreiche Darstellung von Paul Wiedeburg, Der junge Leibniz, das Reich und Europa. 1. Teil Mainz (Darstellungs- und Anmerkungsband). Wiesbaden 1962, setzt vor dem Consilium Aegyptiacum aus. 79 Ritter, Leibniz,ägyptischer Plan (Anm. 78). S.117· Nicht allein der Umstand, daß die damalige politische Großwetterlage das Projekt schon in nuce überrollte, wie fundiert plausibel es auch ansonsten durch den Austausch von orientalistischen Kenntnissen mit Wien und Paris und durch das Betreiben von bis in die Antike reichenden historischen Studien zugeschnitten sein mochte, es erstaunt auch die völlige diplomatische Unerfahrenheit,, mit der der Plan in der Art politischen und geheimwissenschaftlichen Spekulantentums als kostbares arcanum behandelt wurde, dessen Schlüsselwort eine ähnliche Bedeutung von den Betreibern zugeschrieben wurde wie dem Lösungswort für ein Rätsel oder besser für den Stein der Weisen beim "Großen Werk" des Alchemisten. Auch Ritter als der intime Kenner der einschlägigen Quellen sieht diesen Widerspruch: "Pomponne und seine Räte hatten also anderes zu tun, als sich um den kleinen deutschen Gelehrten zu kümmern, der sich ihnen vorstellen wollte, oder vielmehr, sie erfuhren nicht einmal, daß er an ihre Türe klopfte". Ebd. S.77· 80 Neben Leibniz gilt dies auch für den um seine politische Wiederaufwertung kämpfenden früheren Vertrauten des Kurfürsten Johann Philipp, den ehemaligen leitenden Staatsminister Johann Christian von Boineburg, und zwar nicht nur hinsichtlich des Ägyptenplans. Vgl. Karl Wild, Eine Denkschrift Boyneburgs über die Errichtung eines polytechnischen Instituts zu Mainz v.J. 1669. In: ZfGO 5 3 NF 14 (1899) S . 3 2 5 - 3 2 6 .
Rene und Suzanne Pi I forget
De la majorite legale au sacre de Louis XIV (1651-1654)
"Ce qui est remarquable ä ce sacre", ecrit
la Grande
Mademoiselle de celui de son cousin Louis XIV, "c'est que de tous ceux qui devaient y etre, personne n'y a ete. M. l'Archeveque de Reims, qui etoit pour lors de la maison de Savoie, de la branche de Nemours, n'etoit pas pretre: ce fut M. de Soissons, un de ses suffragans, qui fit la ceremonie; tous les
autres
prirent
aussi la place 1' un de l'autre, et personne ne joua son veritable role: chacun y faisoit celui d'autrui"*. La meme remarque pourrait etre faite ä propos du sacre d'Henri IV: lors de celui-ci, on pallia comme on le put les absences de certains dignitaires, aux
circonstances
de
la
guerre
civile.
Reims par Chartres, et la Sainte Ampoule 2
par
son
equivalent
On
dues
remplaga
champenoise
tourangeau . Toutefois,
les
deux
sacres presentent des differences marquantes. Dans le deroulement de la guerre civile, celui d'Henri joue un role d 1 une importance capitale: il contribue largement a faire ouvrir au roi les portes de sa capitale. Alors que celui de Louis, qui a lieu a Reims en 1654, semble constituer nieres
le couronnement
flammes
de
la
de
Fronde
sa victoire: se
sont
les
der-
eteintes
ä
Bordeaux depuis pres d'un an. En revanche, et c'est la une difference de plus avec la situation en
1594, la
France se trouve en guerre avec l'Espagne depuis pres de vingt ans. Les deux sacres d'Henri le Grand et de Louis le Grand fourniraient done un exemple de fausse
362
Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV
symetrie.
Point
parfait,
toutefois.
Outre
celui
que
note Mile de Montpensier, les deux sacres presentent un trait commun supplementaire: 1 1 un et 1'autre completent,
dans
la nation,
l'effet
psychologique
d 1 un
evenement anterieur. Le premier, la conversion d'Henri au catholicisme, anterieure de quelques mois. Le second, la proclamation de la majorite de Louis, effectuee le 7 septembre 1651, done pres de trois ans auparavant· *
Le 18 janvier 1650, Mazarin a fait emprisonner Conde, son frere Conti et son beau-frere Longueville, et il a reussi, au cours des mois suivants, a vaincre les revoltes suscitees en province par la famille et par les clienteles
de
ces
princes.
Mais
1'"union
des
deux
Frondes", c'est-ä-dire des partisans des princes et du Parlement
de
Paris,
a constitue
une
coalition
trop
lourde pour que le Cardinal puisse lui tenir tete. Durant la nuit du 6 au 7 fevrier I65I, il s'est enfui de Paris sous un deguisement, et s'est retire
a
Brühl.
Toutefois, avant de quitter le royaume, il a fait liberer les princes. Mesure adroite. Avec l'orgueil et le caractere violent de Conde, on peut
etre
certain
que les moindres resistances auxquelles il se heurtera provoqueront chez lui des reactions furieuses, generatrices d 1 irreparables ruptures.
De fait, il ne tarde
pas a se brouiller avec tout ce qui compte dans Paris: Le Parlement et Paul de Gondi - et a se trouver dans 1'impossibilite d'y faire prevaloir sa volonte. Le jeudi 7 septembre 1651, le roi etant entre dans sa quatorzieme annee, se rend au
Parlement.
II
part du Palais-Royal, "monte sur un fort beau cheval,
363
Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
accompagne des officiers de la Couronne et d'un grand nombre de seigneurs avec des habits magnifiques et des chevaux richement harnaches" - ä tel point, ecrira un temoin,
qu'ils
semblaient
porter
sur
leurs
habits
"toute la depouille des Indes et du Perou" . Le cortege suit la rue Saint-Honore, la rue des Lombards, la rue des Arcis, passe le pont Notre-Dame et entre au Palais.
Les
rues
sont
emplies
ordinaire". Toutefois,
d'une
"foule
extra-
"signe de la malheureuse
dis-
position des esprits", il η'est accueilli que "par un silence
triste...presque
partout,
au
lieu
des
cris
ordinaires de Vive le roi! qui auroient du etre redoubles a tous moments dans cette occasion, et qui ne se faisoient entendre qu'assez rarement et
faiblement"^.
Louis ecoute des harangues du Chancelier Seguier, de Mathieu
Mole,
Premier
President,
et
d'Omer
Talon.
Puis, la ceremonie du jour devant 8tre moins une declaration
qu 1 un
de majorite
ensemble
bliques faites par un roi majeur"^,
d'"actions
pu-
il fai.t publier
trois declarations: une contre les blasphemateurs, une contre les duellistes, et la troisieme
reconnaissant
1
"l innocence de Μ. le Prince". Comme Seguier le lui a conseille respects
dans et
son discours
soumission
bienveillance", effacera
de
son
au
reconnaitra esprit
contre son autorite"
- que roi",
Conde
"rende
celui-ci,
"les services
tout
ce
qui
a
ses
"par
sa
rendus"
et
"ete
- le jeune roi semble
commis
faire un
geste d 1 apaisement. Or, Conde ne saisit pas cette main tendue. Comprenant que la Reine, Gondi et le Parlement se sont secretement entendus contre lui, il
a prete
1'oreille a ses fideles qui lui conseillaient de jouer la province contre Paris en y provoquant
de nouveaux
soulevements. II ne s'est pas rendu a la ceremonie, et a
quitte
Saint-Maur
pour
Bordeaux.
Quant
a
Gaston
364
Pillorget, De la niajorite legale au sacre de Louis XIV
d'Orleans,
il
est offense
de
ce
que
le
roi
ne
lui
marque guere de reconnaissance des soins qu'il a pris de ses affaires en qualite de Lieutenant 6 royaume .
general
du
Dans sa harangue, Omer Talon a souligne qu'il n'etait ni dans sa volonte, ni dans celle de ses confreres de "donner des bornes a la puissance royale" ; qu'il souhaitait que le roi use entiere"
"de 1'autorite toute
que Dieu lui· a conferee; mais qu'il en use
"royalement" et par lui-meme. Certes, tel libelle paru alors, profitant de 1'entente recente du Parlement et du roi, emet le voeu que celui-ci
"ne prestera
point
1'oreille ä ces mauvais conseillers qui lui voudront persuader que la ηpuissance d'un monarque ne doit point avoir de bornes" . Mais tel autre exprime voisines exalte
de
en
celles
des
d'Omer
termes
Talon.
Louis
hyperboliques: 1
sans pareil aussi bien qu un
des XIV
"C'est
idees y
un
est Mars
Amour..." On lui predit
de nombreuses victoires sur les Espagnols et meme sur les Turcs, et, dans un avenir immediat, on attend de lui la fin des troubles. Or, celle-ci ne peut venir que de 1'usage personnel et absolu de son autorite. II faut
done
mots
de
que
le roi
fasse
souverainete,'car
"hautement
tel
est
resonner
notre
ces
plaisir 1 ".
Enfin, pour que cette autorite soit accrue,
il
faut
qu'il soit sacre. "Vous ne serez pas plutot 1'oinct du Seigneur que Votre Majeste ne soit aussi la paix de nos dissentions, le calme de nos orages, et de nos amertumes...cette
sacree
1'adoucissement
onction
communiquera
des lumieres tres pures ä votre Conseil et marquera si parfaitement sans
cesse
les demarches royales que nous benirons des
ordres
si
eclaires...ce
ne
sont
pas
seulement les ecrouelles qui trouveront le remede par
365
Pittorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
votre main royale et victorieuse..." Et de citer Saint Paul: "Nul ne peut resister a l'oinct du Seigneur sans g
encourir malheur et malediction" . *
La declaration de majorite du roi permet de traiter en rebelles, sans aucune equivoque, corps indociles ou revoltes;
les princes
en
rebelles
au
ou
les
pouvoir
supreme: car ce n 1 est plus contre une regence ou un ministre qu'ils s'insurgent.
Le retour de Mazarin
en
France
et
plonge
finalement,
le
Parlement
dans
la
pour
justifier
son
indocilite,
perplexite, il
ne
trouve rien de mieux, le 20 juillet 1652, que de declarer Louis "prisonnier" du Cardinal, et de demander ä
Gaston
"tyrannie
d 1 Orleans
de delivrer son neveu 9 mazarinique" . Un libelle parisien
de
la
appuie
alors cette decision en distinguant majorite formelle et majorite reelle, et en soulignant
"l'aut.orite que
les oncles des rois de France ont toujours eue pendant les minorites et bas-äge de leurs neveux"'". Tel autre affirme que "Son Altesse Royale, les princes du sang et les Parlements" de
la
royaute",
jusqu'a
1' äge
sont "les
de
"les veritables curateurs
vingt-et-un
depositaires
tacites
ans
11
".
(du
roi)
Beaucoup
plus
nuance apparait un autre, dü a un ecclesiastique, qui reprend les memes idees, mais qui evoque le prochain 12 sacre du roi . Un troisieme, enfin, va plus loin, qui affirme que le roi "porte les caracteres de la divinite"
et
qu'il
"en
recevra
l'onction celeste dont il
le
sera
dernier
trait
sacre"Son
par
auteur
n'est pas le seul a exalter le pouvoir royal au point de l'assimiler a la puissance divine: aussi un frangais'
denonce-t-il
avec
feu
les
'Caton
"idolatries"
de
Pillorget, De la majority legale au sacre de Louis XIV
366
certains
zelateurs
du
pouvoir
absolu,
autre libelliste soupire: "II 1 τ· • religion en ce royaume...">, 4. II
se
trouve
un
n'y
autre
a
qu 1 un
tandis comme
auteur
-
plus
un
de
eccle-
siastique, certainement - pour affirmer que puisque la puisssance du roi doit etre
absolue,
il convient
les sujets se soumettent a eile en toutes meine, eventuellement, Mazarin, ecrit
si
ne
contre
le
ment.
Et
qu'ils
acceptent
telle est. la volonte
constitue
qu'une
retour
Cardinal
du
certains
choses,
et
l'autorite
de
royale^.
cet
L indignation
1'empörte pas
Mais
1
exception.
n'hesitent
que
alors
ä
large-
ecrire,
par
exemple, que pour delivrer le jeune Louis XIV "d'entre les mains de ce Sicilien", qui qui
lui
fait
faire
la
guerre
magistrats et a son peuple,
il
le tient prisonnier et ä
ses
princes,
faudrait
a
"mettre
ses tout
t,16
ο
Paris en armes" Mazarin mesure si bien la colere versaires qu'il se resout une
seconde
de ses
fois
a
ad-
quitter
la France. Mais tout le monde ne pense pas que ce depart
doive
etre
definitif.
Le
24 mai
1652,
valier de Sevigne ecrit a Madame Royale:
le
"J'ai
che-
oublie
de mander que les dernieres pensees de la Reine sur le sujet du Cardinal Mazarin, c'est qu'il ira ä Bouillon, pres
de Sedan,
temps-la, ι ·
pour
sortir
1 1„17 on sacrera
pas loin..."
de
le Roi
France,
et
a Reims,
pendant
qui
ce est
.
II est permis de penser que Mazarin profiter
η 1 en
du prestige et de
par le sacre, pour regagner
l'autorite
pourrait
du roi,
la capitale
aux
accrus
cotes
de
celui-ci. Mais les evenements prennent une autre tournure.
C 1 est
sans
avoir
ete
sacre
que
Louis
rentre
ä
Paris, le 21 octobre 1052, et ce retour apparait comme une victoire du juste milieu, remportee ä la fois sur
Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
367
Mazarin et sur les tenants des deux Frondes. "Le retour du roi est miraculeux" fevre
d'Ormesson.
Leurs
Majestes,
graces
du
Bouillon,
"Ceux
dependant
Cardinal ne
qui
gouvernent
1 esprit
entierement
Mazarin,
desiroient
retire
pas que
des
ä
Leurs
ecrit Le1
de
bonnes
Sedan
ou
Majestes
a en-
trassent dans Paris, le Cardinal η 1 osant y entrer et voulant toujours gouverner la Cour. Le due et le prince de Conde, le due de Beaufort
d'Orleans et
autres
gouverneurs de leur parti faisoient tous leurs efforts avec
le
Parlement
de
puissance et en bannir
Paris
pour
y
establir
leur
le roi". Mais Dieu a inspire
"dans l 1 esprit de tous les peuples de Paris un desir de retour du roi; les peuples 1 1 ont empörte contre les intentions des ministres d'Estat estant pres de Leurs Majestes, contre 1*intention
des princes
et
de
tous
leurs adherens..."^. On sait que Mazarin, de retour dans
la ca-
pitale le 3 fevrier 1653, est acclame, lui aussi, par une foule enthousiaste.
Si
1 1 on
admet
que
1 1 essence
des
mouvements
revo-
lutionnaires, qu'ils se terminent par un succes ou par un echec, reside dans une volonte de lutte a mort pour conquerir Fronde,
le
pouvoir,
notamment
a
il
Paris,
apparait ne
evident
saurait
que
etre
la
rangee
parmi eux. Elle devrait plutot l'etre parmi les phenomenes marginaux, peripheriques par
rapport
a la
so-
ciete, et aux institutions, e'est-a-dire lies a elles, en depit des critiques et des assauts de ceux qui y participent. Plus precisement, eile s 1 integrerait dans un
ensemble
presentant
certaine
diversite,
que
11 on
368
Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV
pourrait
qualifier
de
revoltes
ou
d'erneutes
ple-
beiennes. A condition toutefois de ne pas user de ce terme de 'plebe' pour designer 1'ensemble des couches inferieures des populations des grandes villes, mais un groupe social plus
large
et
presentant
plusieurs
caracteres specifiques. Tout d'abord, on ne le trouve que dans une capitale, dans une ville ou siege un souverain, entoure d'une Cour, de tilshommes,
d'officiers
particulierement 1
d ambassadeurs
de
nombreux
et
etrangers
-
dignitaires,
justice
et
importants,
cet
de
de
gen-
finances ainsi
ensemble
que
constituent
une elite assez nettement tranchee dans les domaines juridique et materiel par rapport a la masse de la population.
Immediatement
preponderante plus
se
general,
situe
au-dessous "le peuple", 1
la
de
'plebe ,
composee
cette
ou, de
couche
1
d un
terme
families
de
rangs, de metiers, de fortunes et de revenus tres divers, mais, meme dans ses niveaux
inferieurs, nette-
ment distincte de la tourbe des marginaux qui peuplent les bas-fonds, les "gens sans aveu", la 'plebs infima' ou 'sordida' de la Rome antique. Entre 1'elite et la plebe,
les
liens
appa-
raissent nombreux, et caracterises par un contrat, ou plus
exactement
par
un systeme
d'echanges
original.
L'elite, qui tire ses revenus de 1' ensemble ritoire
de
l'Etat
- sous forme
d'impöts,
du
de
ter-
fermes
d'epices, de rentes foncieres, de droits seigneuriaux ou feodaux, etc... - s'engage, tacitement, tenir
la plebe,
"le peuple".
Dans
la Rome
ä entreantique,
elle le fait surtout directement, par 1'octroi de gratifications.
Le
quasi-perfection.
systeme Dans
y atteint le
Paris
meme
du
un
XVII
eme
point
de
siecle,
comme dans la Rome pontificale et dans la Vienne imperiale, eile le fait indirectement, par ses commandes,
369
Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
qui font vivre une multitude de metiers. Si 1 1 elite et la plebe parisienne sont les beneficiaires associes de la fonction publique et d 1 une exploitation economique qui s 1 etend bien au-dela des campagnes voisines, elles sont
egalement
ceux
du
"marche
intellectuel"
de
la
rive gauche. Et le clerge est, en outre, un grand dispensateur
1
d'aumones pour la
plebs sordida1
ou
1
in-
1
fima . II Vienne,
se produit,
une
ä Paris
comme
quasi-identif ication
ville et a son elite. La plebe
a
Rome
ou
a
de
la
plebe
a
la
sent
le
prestige
de
1
1 une et de l'autre rejaillir sur elle. D'autre part, de veritables liens d 1 affection l'unissent ä la couche dirigeante, ce qui se traduit, dispersion
spatialement,
des hotels des nobles et des
par
riches
la
dans
les quartiere populaires - tout le contraire de ce qui se passera dans les villes de 1'ere industrielle, caracterisees par certaine segregation sociale.
D'autre
part, il se developpe un veritable chauvinisme municipal qui peut aller jusqu'a la violence partisane. Le prenom de 'Paris' donne ä son fils par Mme de Longueville au plus fort de la Fronde temoigne tant de la force de ce sentiment que de celle des liens unissant elite
et
plebe.
interrompu,
Lorsque
c'est-a-dire
le
systeme
lorsqu'un
d'echanges
ensemble
de
est cir-
constances - crise economique, crise politique, alourdissement soudain de la pression fiscale - empeche les membres de 1'elite de distribuer des largesses ou de continuer
a
passer
des
commandes,
l'emeute
1
Elle η a jamais pour but un renversement
eclate. 1
de 1 ordre.
Elle a valeur d'avertissement; elle exige que soit retabli le fonctionnement normal du contrat fondamental. Les gouvernants
le
savent
tous,
plus
ou
moins.
La
repression est faible ou parfois meme inexistante. On
370
laisse
Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV
le
temps
difficultes
en
apaiser
les
passions.
faisant,
On
pare
aux
eventuellement,
des
concessions dans le domaine fiscal et en fournissant des commandes. Les elites plebeiennes ne sont
jamais
revolutionnaires, au sens politique du terme. L'inconvenient capitales
reside,
pour
de
ce
systeme
1'elite
de
qui
regit
chacune
les
d'elles,
1
dans le fait que la plebe ne s attache a aucun chef en particulier. Ce qui est essentiel pour eile, c 1 est que le contrat tacite et fondamental soit respecte, eventuellement
"reactive".
Aussi
se
montre-t-elle
d'une
extreme versatilite. Elle acclame le vainqueur du moment - Mayenne, puis Henri IV, Broussel, puis Mazarin - sans songer a defendre le vaincu, qu'elle acclamait la veille. *
11
Le roi a maintenant quinze ans passes", note Lefevre
d'Ormesson en octobre 1653· "L'on ne parle point encore de le marier. II est fort question de son
sacre
dans la ville de Reims, mais l'on attend un temps plus 19 paisible..." . Le sacre de Louis XIV n' aura pas ete - ainsi que pouvait se 1 1 imaginer le chevalier de Sevigne - un moyen pour le roi et pour le Cardinal de reconquerir Paris. II marque au contraire, 1 1 ordre interieur etant retabli, leur triomphe commun, ainsi que la volonte de la Reine et de Mazarin de "confirmer les peuples dans le respect" du a leur r o i ^ . Mais toutes les sequelles de la Fronde n'en sont pas effacees pour autant. Les
religieux
de
Saint-Denis
regoivent
1'ordre de se rendre a Reims, avec "la couronne et les autres choses" du tresor de leur abbaye: le
sceptre,
371
Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
la main de justice, l'agrafe du manteau royal, 1'epee et
les eperons
ayant
ete
de Charlemagne.
soigneusement
Ces
precieux
empaquetes,
nantis d'une petite escorte, quittent 1
er
les
objets
religieux,
Saint-Denis le
juin, et, faisant etape dans les differentes mai-
sons de leur ordre - par Meaux, Chateau-Thierry, Dormans - ils gagnent Reims, ou ils
arrivent
le
3,
le
meme jour que la Cour. Celle-ci a quitte Paris le 30 mai· Elle ä fait etape, eile aussi, ä Meaux, puis ä La 21 Ferte-Milon et ä Fismes Les portes de Reims ont ete decorees
d'ins-
criptions qui evoquent la fidelite22 de la ville pendant la Fronde, ces "temps fascheux" . Apres avoir ete harangue, le roi fait son entree au milieu des acclamations,
au
son
des
tambours,
des
trompettes,
des
cloches et des canons. II entend un "Te Deum" . Puis, il est conduit au palais archiepiscopal, pour quelques jours sa residence - la Reine, le jeune Philippe d'Anjou, le Cardinal
et la Cour recevant d'autres loge23 . Le 4 juin a lieu une
ments eparpilles dans la ville
procession du Saint-Sacrement.
Le
5, la Cour
entend
1
une messe a 1 abbaye Saint-Remy, et rend ensuite visite a celle de
Saint-Pierre-aux-Nonnes.
Le
6,
elle
entend une messe chantee par la Musique du Roi, venue de Paris,
elle
1
1 apres-midi,
aussi, les
ä
vepres
1'abbaye
Saint-Nigaise,
dans
Cathedrale,
la
et
ainsi
qu'une predication de 1 1 eveque de Nimes. Puis, NotreDame est fermee, et remise aux officiers de la garde du roi, en prevision de la ceremonie du lendemain, diη i manche 7 juin
.
Eleonord d'Etampes de Valengay, archeveque de Reims, mort en 16 51» a regu pour successeur
Henri de
Savoie, due de Nemours. Mais celui-ci n'a pas encore regu de bulles, n'a pas ete sacre, ni mis "en bonne et
372
Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV
legitime possession" de son siege. Aussi 1 1 eveque de Soissons, que 1 1 on considere traditionnellement
comme
son "premier suffragant" - c'est alors Simon Legras a-t-il regu de Paris
1'ordre
d'avoir
a se
rendre
a
Reims pour sacrer le roi. Ordre ou mission justifies, 25 d'ailleurs, par deux precedents . Le chapitre s'est incline. Mais pour sauvegarder ses droits, il a, le 5 juin,
fait
reconnaitre
par
Legras,
devant
notaires royaux du bailliage de Vermandois,
deux
qu'il ne
pouvait faire "office ni aucune fonction du 2 sacre" que 6 sous son "autorite" et avec sa "permission" Conde espagnols.
s'en est
Ni
servir dans 27 d'Orleans , ni le
Gaston
alle
les
rangs
prince
de
Conti ne sont venus ä Reims. II ne s'y trouve done que deux princes du sang: Philippe, frere du roi, et Vendome, mais
"qui, a la verite, qui
η' en
avantages"^.
pouvoit
etoit
sorti
pretendre
lis occuperont
ni
de le
sa
maison,
rang
les premiere et
ni
les
seconde
places au cours de la ceremonie, et les dues d'Elbeuf, de Candale, de Roannes et de Bournonville les quatre suivantes. "Pour les pairs", ecrit avec un dedain voulu Mile
de Montpensier,
"hors Monsieur,
frere
du
Roy,
tous les autres etoient si peu propres d'etre dans les places
ou
sont
d1 ordinaire
les princes du sang que 29 personne ne s'en est souvenu..." . Brienne se montre un peu plus precis: "Lorsqu'il n'y avoit que six pairs de
France,
les
roys
en
etoient
servis
aux
actions
solennelles. II y avoit bien plus de pairs au temps du sacre de notre monarque; mais comme il n'y en assista pas un nombre süffisant, il fallut remplacer ceux qui manquoient parfaite dignite^.
par des seigneurs s'ils
pouvoient
dont
etre
la
fortune
eleves
a
la
seroit meme
373
Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
De
meme
que
1'eveque
de
Soissons
represente
l'archeveque et due de Reims, due d'Aumale et de Ne1 1 eveque
vers,
1'eveque
et
de
due
Beauvais,
de Langres,
Baradas,
Zamet;
represente
l'archeveque
de
Bourges, Levis-Ventadour, 1'eveque et comte de Noyon; l'archeveque Chalons,
de Rouen, Harlay,
etc...Comme
par
1'eveque
ailleurs,
et
outre
comte
de
differents
eveques - ceux de Bayonne, Comminges, Couserans, Dol, •j 1 32 Leon, Montauban , Rodez, Saint-Paul, Toulon - plusieurs archeveques se sont rendus a Reims, un delicat Probleme
de
rapidement
preseance regie.
d'Ormesson,
se
"Les
trouve
eveques
"precederent
les
pose.
Mais
pairs",
dit
archeveques
voulurent pas ceder, et ils avoient raison" de
est
Lefevre
non-pairs,
qui ne faisoient que representer les absents; Dans la Cathedrale, decoree
il
ils ne
.
tapisseries,
le chapitre occupe sa place traditionnelle,
derriere
le "grand autel". Le jeune roi fait face ä ce dernier. A sa droite, done
du cote
de
l'epitre,
siegent
les
pairs ecclesiastiques - ou ceux qui les representent et a sa gauche, done du cote de l'Evangile, les pairs laiques. Plus ä droite encore, la Reine-Mere, la Reine Henriette-Marie
d'Angleterre
et
le
prince
Thomas
de
Savoie, dont le fils - le futur pere du prince Eugene, le "noble chevalier" royal tique
1Λ
35
.
PI us
a
- portera
gauche
la traine
encore,
le
du manteau
corps
diploma-
, puis la Musique du Roi. Ce ne sont la que les
premiers
rangs.
d'Estrees,
qui
Derriere tient
Louis
la
place
siegent du
le
Marechal
connetable,
le
Chancelier Seguier, le Marechal
de Villeroy, qui re-
presente
France",
le
"grand
maitre
de
le
due
de
Joyeuse, grand chambellan, et le comte de Vivonne, qui represente le "premier chambellan". Derriere les pairs ecclesiastiques siegent modestement Mazarin et le Car-
374
Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV
dinal Grimaldi, archeveque d'Aix, puis les autres prelate, et enfin les conseillers
d'Etat.
Derriere
les
pairs laiques, les dues d'Anjou, de Vendome, d'Elbeuf, de
Candale,
presentant
de
les
d'Aquitaine,
Roannes dues de
ainsi
que
et
de
Bournonville
-
re-
Bourgogne,
de
Normandie,
et
les comtes
de
Champagne,
de
Flandre et de Toulouse; puis les Marechaux de France, les secretaires d-Etat et les officiers des g a r d e s ^ 6 . Tout d'abord, la Sainte Ampoule est apportee par le prieur de Saint-Remy et par quatre
religieux,
"precedes
Pouilleux,
parce
de
quelques
qu'ils
habitants
recouvrirent
du
Chene
autrefois
cette
Sainte-
37
Ampoule"
. Le roi fait serment de "conserver
toutes
les eglises ä lui sujettes". L'eveque de Soissons demande ensuite au peuple s'il accepte Louis pour roi ä quoi repondent des acclamations - et le jeune prince prete sur l'Evangile "le serment du royaume": "Je promets au nom de Jesus-Christ ces choses aux Chretiens ä moy sujets; premierement, peine que le peuple
chretien
vive
je mettrai
paisiblement
avec
l'Eglise de Dieu, outre je tascheray qu'en toutes vacations cessent rapines et toutes iniquitez; de plus, je commanderay qu'en tous jugements 1'equite et misericorde aient lieu, afin que Dieu clement et misericordieux fasse misericorde ä moy et ä vous; je tascheray
en
outre
de tout
mon
pouvoir
de
chasser
juridiction et terres de ma sujetion tous
de ma
heretiques
denoncez par l'Eglise, promettant par serment tout ce qui a este dict"*^. Le celebrant
benit l'epee,
"laquelle
le roi
prit et l'offrit ä Dieu, et ensuite la deposa
entre
les mains du Marechal d'Estrees, qui la porta
toute
nue pendant
la ceremonie".
Suivent
benediction de 1'anneau par lequel
les onctions, le roi
la
"epouse le
375
Pillorget, De ία majorite legate au sacre de Louis XIV
royaume", le couronnement, effectue conjointement
par
1 1 eveque et par les pairs, prealablement appeles par ΙΟ le Chancelier . Louis s'assied sur son trone. Le celebrant lui fait une reverence, lui donne 1'accolade, aussitot imite par les pairs, tandis que 1'assistance crie Vive le roi!, tandis que les canons tonnent, que "cinquante
douzaines
d'oiseaux"
sont
laches,
et
que
1' on fait "au peuple largesse de pieces d'or et d'argent, ou sont d'un coste la figure du roi couronne, de 1'autre la ville de Rheims et la Sainte Ampoule"^. La ceremonie
s'acheve par une
grand'messe,
au cours
de
laquelle le roi communie sous les deux especes. Les festivites de la journee un
festin,
au cours
duquel
s'achevent
le marquis
de
par
Montglas,
grand-maitre de la Garde-Robe, sert comme Grand Pannetier, tandis que le comte de Marans fait d'Echanson" et le comte de Beaumont
"sa charge
"celle de premier
tranchant"^*. Le lendemain matin, le roi "fait sa cavalcade depuis Notre-Dame jusques ä l'eglise de SaintRemy, accompagne de tous les seigneurs de la Cour fort pares", dans
ceci
parce
la ville...au
avoient noise
fait p.eut
ses
autre imposante
lieu
"estoit d'y
entre
entrer
predecesseurs"^.
ainsi
"L'apres-disnee"
qu'il
mieux
se
le
deroule
ceremonie.
a La
voir dans
en
la
carrosse
cheval foule
et
comme
champe-
l'acclamer.
cathedrale
une
Les chevaliers de 1'ordre
du Saint-Esprit y sont reunis, revetus de leurs manteaux et portant leurs colliers. Le roi, "habille en novice", prete le serment de grand-maitre de 1'ordre, regoit le manteau et collier des mains de 1'eveque de Soissons, et confere 1' ordre a son f r e r e ^ . Ce meme 8 juin, il entend une "remonstrance"
de Pierre de Ber-
tier, eveque de Montauban. Celui-ci lui rappelle qu'il dispose
(d' )11 une
espece
d'episcopat
et
d'intendance
376
Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV
exterieure qui 1'oblige d'agir par puissance sur ceux qui
ne
reconnoissent
(1'Eglise
catholique)
mission" ... "Notre le
point
Frangais
et
cette
par
Charite"
Mere
foy
s'ecrie
l'heretique;
nous
des
et
Fideles
par
sou-
l'Eveque,
"separe
voulons
que
le
Frangais vive et que l'heretique soit converty..." Faisant etat de progres qu'auraient
accompli
les huguenots dans les regions de Castres,
de
Mont-
pellier et de Vals, il demande que les affaires concernant
la
Religion
Pretendue
Reformee
"soient
res-
tablis en mesme estat ou elles estoient" lors de la 44 mort de Louis XIII . Intervention significative. Le lendemain, le roi entend la messe ä SaintRemy, en compagnie du Cardinal Grimaldi, qui remplace en cette occasion le Grand Aumonier, le Cardinal Antoine
Barberini,
absent,
comme
tant
d'autres
grands
personnages. Puis, il touche les ecrouelles de quelque trois mille malades. Le 10 juin, un arret de son Conseil accorde
leur grace 4 5 aux coupables qui constitues prisonniers .
se
seront
Le sacre est suivi de plusieurs libelles qui expriment, sous une forme ampoulee, le loyalisme et la fierte
des
Frangais
-
"Vive
le
plus
grand
roi
de
1
l'Europe!" lit-on dans 1 un d'eux - ainsi qu'un profond desir de paix. A la realisation de celui-ci, la ceremonie de Reims ne pourra qu'etre utile: la revolte contre un roi sacre et couronne constitue
une
faute
encore plus grave que celle qui est dirigee contre un roi proclame majeur. Car les insurges ne peuvent "plus estre rebelles sans devenir sacrileges"^. Ces
manifestations
de
satisfaction
η'em-
pechent pas certaines aigreurs. L'aumonier du roi Ceriziers accuse le Pere
Le Boux, Oratorien,
d'avoir,
dans son sermon de Notre-Dame de Reims, minimise 1 1 im-
377
Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
portance du sacre, en le traitant comme une "ceremonie superflue
et
indifferente",
et
ainsi
mecontente
1
1 assistance. Ce qui lui vaut, de la part de 1 1 interesse, qu'il
une a
lettre
pleine
reellement
dit
de
en
dignite,
precisant
commentant
un
ce
verset
de
l'Ecriture, "apres l'onction de Saiil par le ministere de Samuel, 1 1 Esprit
de
Dieu
se
sacre pour lequel les peuples
saisit
de
lui":
temoignent
tant
"Le
d'im-
portance il y a si longtemps (sic) ne paroit que comme une ceremonie exterieure en comparaison de cette presence
du
Saint-Esprit
doit
obliger A7 sance..." .
vos
Cette
sujets
lettre
ayant ete imprimees, 1
l affaire
qui
nous a
et
doit
remplir
1'amour
les
et
excuses
a
de
et
qui
1'obeis-
Ceriziers
il y a tout lieu de penser que
avait fait quelque
bruit. Mazarin,
de
son
cote, continue ä se montrer tout pragmatique. Des le 8 juin,
il
a charge
1'abbe
Fouquet
pour le Premier President Pomponne
d'un
message
oral
de Bellievre:
lui
demander de veiller au maintien du calme dans Paris et "lui dire qu1 a present que le sacre est fait, on va s'appliquer entierement aux moyens de faire une glorieuse
Campagne"^,
Des
le
18,
Louis
a re joint
ses
armees. Mazarin tient a ce que le jeune roi rentre ä Paris non seulement aureole du prestige que confere le sacre, mais voeux
sont
aussi
de quelque
combles:
prise de Stenay
quelque
gloire temps
militaire.
apres,
c'est
Ses la
- qui tenait toujours pour Conde
puis la levee du siege d 1 Arras par les Espagnols. Ce qui permet ä un poete improvise d'ecrire: "Stenay pris, tu secours Arras... Ceux qui t 1 avoient fait des obstacles Devant toy sont evanouys
378
Pittorget, De la majority legale au sacre de Louis XIV
Et ton sacre a fait les miracles
49
Qu'on a vus le jour Saint Loys." Et au Recteur de l'Universite de Paris, le 14 septembre, de s 1 eerier: "Si le Ciel fit un miracle quand il vous fit naitre, en vous sacrant
il vous a donne la vertu de
faire des miracles... Vous en venez de faire un, Sire, qui jette la terreur rebelies
et
des
et le desespoir
ennemis,
qui
donne
dans 1 1 äme des a
l'Italie,
a
1
l'Angleterre et ä toute 1 Europe ou de 1'admiration ou de 1 1 epouvante . . . "
.
1
Si 1 on releve, dans le deroulement du sacre, un certain nombre de sequelles d1 un passe recent, on distingue, en revanche, tant dans la Remonstrance
de
l'eveque de Montauban que dans la Harangue du Recteur de Paris, des symptomes annonciateurs de l'avenir.
Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
379
1 Memoires de Mile de Montpensier ( 1838) p. 179. Aucune etude n'avait ete consacree, jusqu'ä present, au sacre de Louis XIV. La brochure de 1' abbe Frangois Duffο, Le sacre de Louis XIV a Reims le 7 juin 1054 (Paris 1935) ne fait que reproduire en partie le texte de Nicolas de Sainctot. 2 Rene Pillorget, Le sacre d 1 Henri IV, roi de France et de Navarre, ä Chartres. In: Herrscherweihe und Königskrönung im frühneuzeitlichen Europa (Wiesbaden 1983) pp. 103-117. 3 Les particularites des ceremonies observees en la majorite du Roy (Paris 16 51> 8 pp.; Bibliotheque Nationale, Imprimes, cote Lb 37. 1988) p. 5· 4 Memoires de Guy Joly. In: Collection Michaud et Poujoulat II (1838) pp. 61-62. 5 Memoires d'Omer Talon (meme collection, tome VI, 1839) p. 442. 6 Cf. Memoires de Frangois de Paule de Clermont, marquis de Montglas (meme collection, tome V; Paris 1838) pp. 252 et 255. 6 Memoires d'Omer Talon (note 5). 7 L' entree du Roy dans son Parlement pour la declaration de sa majorite (Paris 16 51 > 13 PP·; B.N, cote Lb. 37- 1987) p. 12. 8 Le changement d'Estat sur la majorite du Roy, presente a Sa Majeste avant son auguste sacre et couronnement (Paris, 1651, 11 PP·; B.N, cote Lb 37· 1992) pp. 8-9· Cf de Frangois Servient le curieux Chant Royal des Parisiens sur la majorite du Roy (Paris 1651, 8 pp.; B.N, Ye 4-425) 9 Memoires d'Omer Talon (note 5) P· 500. 10 Discours de 1 ' authorite que les oncles des roys de France ont toujours eue pendant la minorite et basäge de leurs neveux (Paris 1652, 15 PP·; B.N. cote 4° Lb 37- 5252 piece 23). Autre libelle d'inspiration favorable a Gaston d'Orleans: Le Sieur de Vieux-Pont, Les motifs de la Ligue de tous les veul a b l e s ( s i c ) Ρτβημβΐβ (Paris s.d. 15 PP·; B.N, meme cote que le precedent, piece 44). 11 La Franche Marguerite (S.l.n.d.; 16 pp.; meme cote, piece 28) p. 13. 12 Les veritables sentiments d'Etat pour la paix et sur le sacre du roy Louis XIV, avec les marques de sa conduite pour le repos du royaume (Paris 1652, 30 pp.; cote Lb 37. 5249 piece 7). Tout un programme de gouvernement y est trace ä Louis XIV. 13 Le dialogue metaphorique de 1'inconnu avec la ville de Bordeaux (Paris 1652, 32 pp.; cote 4° Lb 37. 5252 piece 47) Ρ 22. 14 Le Caton frangois disant les Veritez (s.l.n.d,
380
PiUorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV
1652, 12 pp; meme cote, piece 17) p. 8. - L'authorite des Roy, des Princes des Republiques et des Parlements presentee au Roy dans la ville de Pontoise par un grand prelat (Paris 1052, 16 pp.; cote Lb. 37. 5249 piece 37) p. 12. 15 Ovide parlant a Trieste. Remonstrances au Roy sur tous les articles ci-devant mentionnes (Paris 1052, 44 pp.; cote Lb. 37. 5249 piece 26) p. 43. 10. La discussion des quatre controverses politiques (s.l.n.d, 24 pp.; cote 4° Lb 37. 5252 piece 10) p. 24. 17 Correspondence du chevalier de Sevigne et de Christine de France, Duchesse de Savoie (Ed. J. Lemoine et F. Saulnier, Paris 1921) p. 129. 18 Olivier Lefevre d'Ormesson, Journal (Ed. Cheruel, Paris 1861, 2 vol.) II, p. 669. 19 Ibid., II, p. 678. 20 Memoires de Montglas (note 5) P· 297· 21 B.N, manuscrit frangais 18540 fol. 13-15· - Memoires de Montglas (note 5)· - Cf.B.N, Reserve, Ζ Fontanieu, 163; entre les pages 310 et 311 du recueil un laissez-passer: "Gardes du corps du Roy, laissez passer dans la cathedrale de Rheims, pour voir la ceremonie du sacre, le porteur du present billet" (cachet de cire rouge). 22 Recueil des inscriptions en vers mis sur les frontispices des portes de la ville, de l'archeveche et de l 1 Hotel de Ville de Rheims, le jour de l'entree du Roy pour son saint Sacre...(Paris 1054) ΡΡ· 351-358, in Ζ Fontanieu 163 et Lb 37.3211. 23 Le Veritable Journal de ce qui s'est passe au Sacre du Roy Louys XIV pendant son sejour dans la ville de Rheims depuis le troisieme j'uin iusques au neuf, avec les noms et qualitez de ceux qui y ont assiste (Paris 1654, 15 pp.; cote Lb 37-3219) p. 3· 24 Ibid, p. 4· - Le meilleur recit, fort detaille, de la ceremonie, est dü ä Nicolas de Sainctot ( I 6 3 2 1713) in: Memoires autographes de M. de Sainctot, introducteur des ambassadeurs. Leurs quatre volumes se trouvent a la B.N, manuscrits frangais 14117 a I412O. C1 est dans ce dernier volume, 14120, fol. 381-445 que se trouve son recit du sacre de Louis XIV. 25 D.G.Marlot, Le theatre d'honneur et de magnificence prepare au sacre des Roys (Reims 1654, 765 ΡΡ·) PP· 232, 383, 384, 394· Saint Louis a ete sacre par Jacques de Bazoches, et Philippe le Hardi par Milon de Bazoches. 26 Protestation des Prevot, Doyen, Chantre, chanoines
Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV
27
28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44
381
et chapitre de l'Eglise metropolitaine de NotreDame de Reims...(Reims l695> 18 pp.; cote Lb 37.3217) p. 5· Les suffragants de 1 1 archeveque de Reims sont les eveques d'Amiens, de Beauvais et de Chalons. Cf. Mile de Montpensier (note 1) p. 179: "On le manda a Monsieur, et en meme temps, on lui laissa la liberte de n'y pas venir: ce qu'il fit avec joie. II n'etoit pas encore accomode avec la Cour; il y aurait eu lieu de s'etonner s'il y eut ete". Les Vendome ne sont issus de la maison royale que par bätardise. Mile de Montpensier (note 1) p. 179· Memoires du Comte de Brienne (Coll. Michaud et Poujoulat, Paris 18 3 8, 3eme serie, tome III) p. 147. Sur Pierre de Bertier, eveque de Montauban, prelat fort actif, cf. la notice du Dictionnaire de biographie frangaise, t. VI, colonnes 232-233· Le sacre et couronnement de Louis XIV par ordre du chapitre de l'eglise metropolitaine de Reims (Reims 1654) cote Lb 37. 3213) page Β 7. Lefevre d' Ormesson (note 18) p. 693Le sacre et couronnement (note 32) p.Ca 2 ν*. Reduit au nonce, aux ambassadeurs du Portugal et de Venise, au commandeur de Souvre, ambassadeur de Malte, et au sieur de Bartet, resident de Pologne. Lefevre d' Ormesson (note 18) II, pp. 690-692. - Le veritable Journal Cnote 23) pp· 5-8. Lefevre d'Ormesson, II, p. 691 · - Le veritable Journal, pp. 9-10. Marlot (note 25) p. 648. Ibid., p. 668. Lefevre d'Ormesson (note l8) II, p. 692. Montglas (note 5) p. 298. Ibid. - Lefevre d' Ormesson (note l8) II, p. 693· Montglas, ibid. - Lefevre d'Ormesson, ibid. Remonstrance faite au Roy en la ville de Rheims le 8 juin 1654 par R.P en Dieu Messire Pierre de Bertier, evesque et seigneur de Montauban, assiste de Mgr les archevesques et evesques invitez par Sa Majeste a la ceremonie du Sacre (Paris 1654, 24 pp.; cote Lb 37-3218) pp. 6, 8, 20. Cf. p. 22: "...cette vie que vous ne scauriez vous promettre heureuse, si vous n'estes fidele ä la promesse authorisee du serment que vous avez fait, de la passer dans 1 1 exercice de toutes les vertus, principalement de la Religion et de la Justice... (p. 24) Agrandissez l'Eglise, Sire, si vous voulez
382
Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV
agrandir votre Etat, defendez-le de ses ennemis pour vous garantir des votres, cherchez le royaume de Dieu pour trouver du bonheur dans le royaume de France... c 1 est la grace divine et non pas la prudence humaine qui fait reussir les grands desseins..." 45 B.N, ms frs
18513 fol.
96.
46 Le Sieur de Ceriziers, Discours sur le sacre du Roy (Paris 1654, 27 pp.; cote Lb 37-3221) p. 7. 47 Lettre du R.P Le Boux a Monsieur de Ceriziers, aumonier du Roy, avec sa reponse (Paris 1654, 12 pp.; cote Lb 37-3222) pp. 6 et 7.
4 8 Lettres du Cardinal Mazarin (Ed. Cheruel) tome VI, pp. 172-173· - Sur la situation politique et psychologique a Paris, cf. Madelaine Laurain-Portemer, Opposition et propagande a Paris au temps du sacre de Louis XIV. In: Etudes europeennee. Melanges V.L. Tapie (Paris 1973) PP- 253-26949 B.N, m s frs 18513 fol. 109.
50 Harangue faite au Roy sur l'heureux succes des armes de Sa Majeste ensuite de son sacre, par Μ. le Recteur de l'Universite le 14 septembre 1654 (Paris 1654,
7 P P - ) PP- 4-5-
Andreas Kraus
Eine Geschichte Bayerns für den Dauphin
l680
erschien
zu
Paris
ein
Buch
mit
dem
Titel
"Histoire de Baviere. Par le Sieur Blanc, Conseiller et
Historiograph
Savoye".
de
S.A.R.
Monseigneur
Das Buch wurde pünktlich
tuellen Anlaß publiziert. Im Januar
zu
le
einem
Due
de
hochak-
1680, in Verfol-
gung jener dynastischen Heiratspolitik,
deren
Bedeu-
tung Hermann Weber vor einigen Jahren so eindringlich klar
gemacht
hat^,
fand
die
Procuravermählung 2
bayerischen Prinzessin Maria Anna Christine
der
mit dem
Dauphin statt, Ludwig von Bourbon, dem ältesten Sohn Ludwigs XIV. Ihm war auch der erste Band des vierbändigen Werkes gewidmet, der zweite Band der Dauphine, der dritte dem bayerischen Kurfürsten Max II. Emanuel, ihrem Philipp
Bruder, der
der
vierte
als Regent
für
ihrem
Onkel
den noch
Maximilian
unmündigen
Max
Emanuel das Versprechen seines Bruders, des Kurfürsten Ferdinand Maria eingelöst und Maria Anna Christine dem Dauphin zur Gemahlin gegeben hatte. Der definitive Abschluß des Heiratsprojekts, das I67S erstmals aufgetaucht war, stand erst im November 1079 fest ; der Verfasser hätte für seine Geschichte Bayerns also kaum ein Jahr Zeit gehabt, und zwar für die Niederschrift wie für den Druck. Das Buch war in der Tat
I68O bereits fertig, es wurde nur in
den Widmungsbriefen und in den Vorreden dem neuesten Stand der Dinge angepaßt. Wie der Autor selbst sagt, in der Vorrede zum I. Band, hatte er das Werk im Auftrag der Kurfürstin Henriette Adelaide^ begonnen, und
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fär den Dauphin
384
es sollte ihrer Unterweisung Uber das Land dienen, das ihr durch ihre Heirat war^.
Tatsächlich
1654 zur neuen Heimat
existiert
noch
ein
geworden
Fragment
des
ursprünglichen, dem Kurfürsten und der Kurfürstin gewidmeten "Abbrege de l'histoire de Baviere"^. Noch vor Abschluß der Arbeit war Henriette Adelaide gestorben, wenig später ihr Gemahl, das Buch drohte also jede Aktualität einzubüßen, der Vorgang von l680 kam wie gerufen . Der Auftrag der Kurfürstin, die aus Savoyen nach
München
schaft Notar
gekommen
eines
war,
savoyischen
erklärt
auch
Historikers.
die
Autor-
Thomas
Blanc,
zu Allues in der Tarantaise, hatte
1668
einen
dreibändigen "Abrege de l'histoire de la royale maison de Savoie" publiziert und sich damit zu Turin als Hi7
storiograph
des herzoglichen Hauses
empfohlen ; wei-
tere Werke von ihm sind nicht bekannt. Der Zweck, den Blanc mit seiner Auftragsarbeit vermutlich verfolgte, nämlich seine Position als Hofhistoriograph zu festigen, vielleicht auch in Paris zu ähnlichen Ehren zu kommen, bestimmte auch den Charakter des Werkes: es war nicht gelehrt, sondern hög
fisch . Die
Vorrede
an
den
Dauphin
feiert
Seiten in überschwenglichsten Wendungen "Lovis le Grand", dem
siegreichen
auf
drei
den Ruhm von
Eroberer,
dem
der
Sohn nacheifern solle. Kaum zurückhaltender ist das Elogium auf Kurfürst Maximilian I., "surnomme aussi le ο Grand" , dessen Wirken der gesamte IV. Band gewidmet ist. Dort heißt es im Vorwort 1 ": "la vie de ce grand Prince, le Heros de son siecle et le Defenseur Religion Catholique en Allemagne, qui peut
de la
servir
de
modele a tout (!) les Souverains pour la sagesse de sa conduite
bestimmt "ä la gloire de leur Maison",
der Münchner Fürsten nämlich, war das ganze Werk**.
Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin
Damit stand es voll und ganz in der
385
histo-
riographischen Tradition der Epoche, die sich den Hofhistoriographen geschaffen hat, weil
das
Geschichts-
werk nicht weniger geeignet schien, den Ruhm und damit 12 das politische Prestige des Fürsten zu propagieren 13 wie das auch die Bestimmung der höfischen Feste oder der prächtigen Bauwerke^ war. Auch in Bayern war die Institution auch
wenn
des es
Hofhistoriographen
nie
einen
nicht
Historiker
gab,
unbekannt, der
diesen
förmlichen Titel getragen hätte. Schon Aventin hatte den
offiziellen
schreiben; Einfluß
Auftrag,
besonders
auf
die
eine
Geschichte
ausgeprägt
war
Bayerns
der
Geschichtsschreibung
zu
fürstliche
unter
Kurfürst
Maximilian 1 . ^ . Trotzdem
trugen
die
Werke
zur
Geschichte
Bayerns, die auf Veranlassung dieses Fürsten entstanden, nicht höfischen Charakter, sondern waren das Ergebnis
gelehrter
Studien
und
zeigten
"Rerum Boicarum libri quinque"
das
auch,
die
(1002) des Augsburger
Stadtpflegers Marcus Welser, die "Annales virtutis et fortunae
Boiorum"
(1626/37)
des
Münchner
Jesuiten
Andreas Brunner und die auf Brunners Werk beruhenden, nur im III. Teil selbständigen "Annales Boicae gentis" des
einstigen
Kurfürst
auch
Beichtvaters wiederholt
Maximilians in
I.,
diplomatischer
den
der
Mission
verwandte, des Jesuiten Johannes Vervaux, die aber aus Gründen
der
Ordenspolitik
unter
dem
Namen
des
bayerischen Kanzlers Adlzreiter erscheinen mußten. Das dreibändige Werk erschien 1662, ein Jahr nach dem Tode des Autors, zu München. In diese bayerische historiographische
Tra-
dition scheint nun ein Werk wie das Blancs nicht recht hineinzupassen.
Doch
abgesehen
davon,
daß
auch
der
III. Teil von Vervaux der höfischen Geschichtsschrei-
386
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
bung, wie sie in Italien und Frankreich gepflegt wurde, nicht sehr fern stand, beruhte in Wirklichkeit alles, was Blanc an historischen Kenntnissen über Bayern besaß, allein auf dem Werk von Vervaux'^, ohne daß er aber diesen je nennt. Schon seine Geschichte Savoyens war
ein Auszug aus dem größeren Werk von 17 gewesen . Blanc war also erfahren in der
Guichenon Umformung
fremder Gedanken; mit welcher Tendenz er auch das Werk des
Jesuiten
Vervaux
umgeformt
hat,
das
soll
im
folgenden untersucht werden. Das wort.
Seine
Leitmotiv Absicht,
findet
sich
bereits
eine bayerische
den Dauphin zu schreiben,
begründet
brief an den Dauphin folgendermaßen:
im
Vor-
Geschichte er
im
für
Widmungs-
"C'est un juste
tribut que je rends a cette Couronne, quand je vous offre l'Histoire d'un Peuple, qui doit son Origine, sa Religion
et
ses
grands Succes
ä la
France".
Dieses
Leitmotiv seines ganzen Werkes wird noch einmal angeschlagen im ersten Satz des I. Bandes, nur noch umfassender; fast ganz Europa wird jetzt einbezogen in den Kreis der Staatengründungen, die von Frankreich aus18 gingen , Bayern ist eine davon. Die Begründung folgt unmittelbar: "La Baviere qui tient des Boies, Ancien Peuples du Bourbonnois, ses premieres Colonies, et ses Maitres du sang de Charlemagne, tire son Origine et sa Grandeur des Anciens Gaulois". Der Satz mutet geradezu
chauvinistisch
an,
er scheint ganz und gar die Erfindung Blancs zu sein, doch dieser behauptet eigentlich überhaupt nichts Neues; er folgt mit der These von der Abstammung der Bayern von den keltischen Boiern wie der ursprünglichen Wohnsitze in Gallien breiten
Erzählung
ihrer
Annahme
- sowie
wechselreichen
ihrer
mit
der
Wanderungen
durch Europa hin bis zur Vertreibung aus Böhmen durch
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
387
Marbod- nur seiner Vorlage, der bayerischen Geschichte von
Vervaux,
wie
dieser
der allgemeinen Auffassung 19 seiner Zeitgenossen folgte . Die Ubernahmen sind aber
selten wörtlich, immer stark verkürzt, vor allem die
Zitate
terlichen
aus
antiken
Schriftstellern,
Geschichtsschreibern
und
sind
mittelal-
jüngeren
Histori-
kern weggelassen, ebenso die gelehrte Diskussion. Vor allem
bezieht
reich
in den
Boier,
Vervaux
nicht
das
Kausalzusammenhang
nicht
der
Ruhm
gegenwärtige ein,
Frankreichs
wie
sind
Blanc; sein
sche
Erbe
nach
1700
um
das römisch-keltische
und
das
die
Thema.
Freilich ist auch Blanc noch unberührt von der Diskussion
Frank-
großen
germani-
in der
französischen Geschichte, die bald 20 aufbrach ; die Einheit der französischen
Geschichte war bei ihm noch ungebrochen. Das zeigt sich wichtigsten
Themen
der
auch bei nächsten
der
Behandlung
Epoche.
Auch
bietet das klassische Werk zur bayerischen
der
dabei
Geschichte
aus der großen Zeit Bayerns weiterhin der Tendenz, die Blanc verfolgt, alle denkbaren Hilfen. Dort, bei Vervaux,
ist
gischem
zu
Blut,
lesen, wie
die
Regintrudis,
Prinzessin
die Gemahlin
aus
merowin-
Herzog
Theo-
dors, diesen dazu bewegt, ihren Verwandten Rupert, den Bischof von Worms, an seinen Hof zu rufen und sich und sein Volk taufen zu lassen: Aus dem königlichen Frankreichs also kommt das Heil nach Bayern, so 21 gert Blanc
Blut fol-
. Vollends mit Karl dem Großen kommt, wie
er fortfährt, "un nouvel esprit de valeur" in das Blut des Hauses
Bayern,
das von
ihm
abstammt;
damit
sind
beide Häuser, Bourbonen und das der Wittelsbacher, schon das seit der Urzeiten miteinander verbunden 22 Das
Karlsbild
allen wesent27 liehen Zügen der Darstellung bei Vervaux , es ist das
Karlsbild der
selbst
entnimmt
Epoche^.
er
mit
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fär den Dauphin
388
Nicht Einzelheiten
Blanc
hinein
also, der Vervaux bis in die 2ς folgt , freilich ohne dessen
großem Atem, ohne die grandiosen Reden, die
er
Karl
und Tassilo in den Mund legt, deutet das Ringen
zwi-
schen Karl dem Großen und seinem Verwandten und Schwager, dem Herzog von Bayern, als Kampf zwischen Gut und Böse, bei dem alles Licht auf den Frankenkönig fällt, der Herzog völlig im Schatten steht; es
ist
bereits
der bayerische Historiker, der dabei in einer Tradition
steht,
die
bis ins
Mittelalter
zurückreicht.
Es
fiel den bayerischen Geschichtsschreibern um so leichter, bei ihrer Beurteilung des Konflikts den fränkischen Quellen der Karolingerzeit zu folgen, als sie in den Karolingern bayerische Könige sahen und die Herzöge, die seit 908 und dann wieder seit ll80 in Bayern regierten, als ihre Nachkommen betrachteten. Jede Verzerrung der Perspektiven, die Verkürzung der Handlung, die
durch
den
dramatischen
Aufbau
bedingt
ist,
die
Überhöhung der Gestalt Karls des Großen, die völlige Ignorierung der sachlichen Gegebenheiten,
selbst
die
überaus positive Würdigung der Einbindung Bayerns in das
Frankenreich,
Quellen,
denen
alles stammt
dieser
von
folgt.
Vervaux
und
den
Verfälschung
der
Ge-
schichte wird man Blanc also nicht vorwerfen können. Auch
im
Fortgang
der
Geschichte
sucht
man
vergebens nach eigentümlichen Zutaten des Übersetzers. Daß die Geschichte Bayerns seit 788 bei aller Verkürzung
bisweilen
Frankenreichs
geradezu wird,
bis
zur zu
Großen, den Aufständen unter
Geschichte den
Kriegen
Ludwig
dem
den Kämpfen an der Grenze des Reiches, eingestreuten
Nachrichten
des
ganzen
Karls
des
Frommen
und
mit
spärlich
aus Bayern, ist nicht
sein
Werk, so sind schon die Annales von Vervaux aufgebaut. Bisweilen stellt Blanc aber aus kompositorischen Grün-
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
den •
die κ
Themenfolge
um
ν
oder
läßt
auch
einmal
389
Nach-
26
richten von Vervaux aus Tendenziöse Abweichungen von seinen Vorlagen lassen sich Blanc dabei
aber
nicht
nachweisen,
doch
ist immerhin bemerkenswert, wie sehr er, im Gegensatz zu Vervaux, sein Urteil gegenüber Karl dem Kahlen zurückhält
- er ist
für
ihn
bereits
"Roy
de
France".
Ludwig der Deutsche dagegen, den Vervaux meist Ludovicus Germanicus nennt, einmal auch Ludovicus Boius, heißt bei Blanc stets "Roy de Baviere", und zwar bis 27 zu seinem Tod . Bayern und Frankreich also als Partner - das ist bereits ein Thema
der
Mit dem Tod Ludwigs, des "Königs von
Karolingerzeit. Bayern",
endet
der erste Band. Zu jenen Themen der bayerischen
Geschichte,
die dem Geschichtsschreiber so etwas wie ein Bekenntnis abverlangen, gehört auch die Geschichte
Arnulfs,
des ersten bayerischen Herzogs nach den Karolingern. Die zeitgenössischen Quellen, was bereits Aventin gesehen hatte, preisen ihn als "dux gloriosus" , die Geschichtsschreiber der Reformzeit, die ihn wegen seiner 28 Haltung gegenüber der Kirche verabscheuten , verdammen ihn gleichzeitig als Rebellen gegen das Königtum, für das bayerische Herrscherhaus aber Großen bedeutete er die 29 , von genealogische Verbindung zu Karl dem der noch Maximilian I. den Vorrang seines Hauses vor den 10 Habsburgern ableitete . Vervaux nun, der nicht nur die Ehre des Hauses Wittelsbach, sondern auch die Würde der Kirche zu wahren hatte, löste das Dilemma einfach dadurch, daß er, wie schon sein Vorgänger Brunner - auf dem er auch hier in fast sklavischer
Abhängig-
keit fußt -, bei Arnulf eine Wandlung annimmt vom jugendlichen Bedrücker der Kirche zu ihrem Beschützer
;
die Rebellion jedoch konnte er nicht abstreiten, auch
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
390
wenn er sich sehr zurückhaltend dazu äußert. Blanc nun mildert den Vorwurf noch mehr, wobei er genau entscheidenden
Wendungen
folgt
darin,
er
ihm
selbstverständlich
von
daß
vermeidet
er
bejaht,
deutlich nicht sagt, die trotzdem
das
Vervaux die
er
des
den Zwar
Königs
Vervaux 12 Vasallen , aber
Herzöge
Wort
abweicht.
Rechte
nennt,
in
was
"rebellio",
das
so er
Vervaux
benutzt. Es scheint außerdem fast, als habe Blanc, der genau
so wenig wie
Vervaux
von
einer
Königserhebung
Arnulfs etwas weiß - Vervaux lehnt die
diesbezügliche
Nachricht bei Aventin rundweg ab^^ -, die dieser
Übergangszeit
schärfer
gesehen
Problematik
als
Vervaux.
Doch das scheint nur so. Zwar drückt seine Übersetzung die
Prätentionen
Arnulfs
sich anachronistischen
dank
der
Verwendung
des
an
Begriffs
"Souverainete" schär35 fer aus als die vage Wendung bei Vervaux , doch was dabei die leitende Absicht war, läßt sich nicht
genau
bestimmen. Es muß angenommen werden, daß Blanc,
nicht
anders als
Zeit,
keinen
das
französische
Zwischenzustand
tertänigkeit •schaffen
zwischen
kannte, etwa
sehen Fürsten
die
seiner
Souveränität
Landeshoheit
und der
, und für seine Leser einfach
wollte.
Souveränität
Staatsrecht
Der
scharfe
Gegensatz
Un-
deut-
Klarheit
Vasallität-
kann jedenfalls kein Zufall sein, weicht
doch Blanc sonst kaum jemals
vom
Text
seiner
Vorlage
ab. Das überaus positive Bild Arnulfs bei
Blanc
hängt, wie wohl auch bei Vervaux, unmittelbar mit seiner
Einschätzung
als
Ahnherr
stenhauses zusammen. Bei Wittelsbach einem
vollends
Elogium
auf
läßt
das
der
des
Behandlung
Blanc
Haus
gegenwärtigen
keine
Ottos
Für-
I. von
Gelegenheit
Wittelsbach
aus.
zu
Während
z.B. Vervaux zurückhaltend formuliert, zum Jahr 1133: "Pax Wolfratshusia" 37 , und die Vermittlungstätigkeit
391
Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin
des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach mit dem schlichten Satz anzeigt: "pacis author intercessit", heißt es bei Blanc in der
Überschrift:
"Othon
Mediateur de la paix", im Text wird noch
betonter
ausgedrückt
Wittelspach
der
Sachverhalt
Satz: "Un seul 78 Othon... fut le mediateur de la paix" . Beide allerdings nennen den Sohn
des
mit
de
dem
Pfalzgrafen,
den
späteren
Herzog, auch an dieser Stelle schon "grand Othon" bzw. "Otto
Magnus".
Noch
intensiver
sind
Blancs in den Text Vervaux' bei der Ereignisse
von
sicher nicht Ottos
von
1155·
Abgesehen
in besonderer
Wittelsbach
die
Eingriffe
Schilderung
davon,
daß
Blanc,
Absicht, etwa um
besonders
der
die
Tat
herauszuheben,
die
Darstellung bei Vervaux mit der gesamten, sehr breit behandelten
Vorgeschichte
wiederholt,
ändert
er
außerordentlich
einerseits
die
verkürzt
Überschrift,
andererseits schiebt er in den Text einen Abschnitt über die karolingische Abstammung der Wittelsbacher 39 ein . Bei Vervaux heißt es schlicht: "Certamen ad Fauces Veronenses", und Otto wird einfach,
"Wittels-
bachius" genannt^®. Blanc dagegen hebt den ganzen Vorgang auf Ot'to allein ab. Die Überschrift lautet: "Eloge d 1 Othon de Wittelspach,
surnomme le Grand". Im Text,
der merkwürdigerweise auch die Erstürmung der Klause nur
sehr
verkürzt
Erweiterung glichen.
des
wiedergibt,
Textes
Vervaux
wird 1
Otto
mit
sogar
Leonidas
Der Schlußsatz dagegen ist wieder
in ver-
verkürzt,
obwohl auch Vervaux dabei seine Zurückhaltung spürbar aufgibt^*. Eigentümlicherweise verfährt
Blanc
ähnlich
auch bei der Erwähnung der Weifen, hier mildert er die härtere
Ausdrucksweise
Vervaux'
oder
hebt
durch
Beifügung lobender Adjektive das Andenken der Herzöge - die er als legitime Herzöge Bayerns betrachtet und damit
als
berechtigt
zur
Entgegennahme
höfischer
Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin
392
Λ
Ergebenheitsbeweise Geschichte
. Damit wird natürlich
Heinrichs
des
wird, mit den Kämpfen Pilgerfahrt
ins
Löwen,
gegen
Heilige
die
Land
die
breit
Slawen und
auch
erzählt
wie
dem
die
mit
der
glorreichen
Empfang zu Konstantinopel, zu einem Ruhmesblatt in der Geschichte Bayerns. Die Absetzung des Weifen erforderte dann allerdings eine um so
sorgfältigere
historiographische
Behandlung. Daß diese Absetzung überhaupt
gerechtfer-
tigt wurde, zeigt Blanc, wie auch seine Vorlage, weithin im Gegensatz zur Geschichtsschreibung seit dem 15. Jahrhundert4"^.
Im
allgemeinen
wurde
in
der
Landes-
geschichtsschreibunjij in Sachsen wie in Bayern das Vorgehen Barbarossas als Willkür empfunden, das Bild des Weifenherzogs erhielt erst im Zeitalter
der Romantik
schwärzere
wieder
Züge.
Die
Kirchenhistoriker
waren
auf Barbarossa wegen seiner Haltung gegenüber Alexander III. nicht gut zu sprechen. Eine Ausnahme bildet Vervaux, der allerdings nicht so sehr die Rechtslage untersucht oder die Rechtsbrüche des Weifen ins Feld führt, sondern im Grunde nur seine mangelnde Klugheit rügt. Während er noch anläßlich der Wallfahrt ins Heilige Land seine "munificentia" preist 4 4 , läßt er nach dem
Fußfall
beginnen; Kraft
45
Barbarossas
schuld
ist
zu Chiavenna ein
gewisses
und sein Mangel an Klugheit
den
Niedergang
Nachlassen
der
im Angesicht
des
4
drohenden Untergangs ^ - das ist alles. Und doch wird Barbarossa, Alexander
der
III.
bisher
wegen
gegenüber
nicht
seiner
Einstellung
freundlich
behandelt
worden war, plötzlich, Λ Πnach seiner Versöhnung mit dem Papst, warm gewürdigt . Der Umschwung wird aber nicht zu 1177 erwähnt, zum Jahr des Friedens
von
Venedig,
sondern erst zu
ll80, anläßlich der Einsetzung
von Wittelsbach
als Herzog von Bayern.
Das
ist
Ottos also
393
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fiir den Dauphin
der wirkliche Grund für den Wandel auch
in
der
teilung des Staufers: Bayern kam jetzt wieder A8 gitimos nobilissimi Principatus haeredes" .
Beur-
"ad le-
Blanc macht diese Wendungen getreulich mit, wieder nicht ohne bemerkenswerte Abweichungen. Im Gegensatz zu Vervaux spricht er von "desobeissance" des 49 Löwen
, und während
Heinrichs
beim
Geldbuße teilte,
die
Versuch
Hand
zur
trieb, läßt Blanc die
Versöhnung
das
hatte,
Erzählung
dem
er das
Hier
zu
ihm
Höhepunkt
nach
das
Satz
dort
einer
zum
aus,
Sturz
verschärft
strebt
zu, wenn
verur-
Schicksal
gewissermaßen
diesen wie
Verhalten
reichen,
Betrachtung
ihn
gerade
das U r t e i l ^ .
indem
Barbarossas,
in antikisierender
eingeschaltet also
Vervaux,
schließlich
"Othon
de
Wit-
telspach... surnomme le Grand""** als Herzog eingesetzt wird.
Der
einzige
Unterschied
beider
Darstellungen
liegt in der Konzentration des Berichts bei Blanc allein
auf
die
Gestalt
des neuen
Herzogs und
der
vorhebung des Elogiums auf Otto von Wittelsbach eine
eigene
Überschrift
und
durch
die
Herdurch
Anordnung
am
Schluß des Kapitels, bei der Nachricht von seinem Tod, während Vervaux bereits Herzogs nisse
seine
aus
bei
Ruhmestaten
aller
Welt
bis
der
Einführung
berichtet 1183
und
des
dann
einschaltet.
neuen Ereig-
Das
be-
deutet, daß der Leser sein Interesse teilen muß; Blanc dagegen hat nur die Person des neuen
Herzogs S2 künftige Schicksal seines Hauses im Auge .
und
das
Hier wie auch bei vielen anderen Partien, in denen die Ereignisse der kommenden Jahrhunderte handelt
werden,
wird
der
stärker
höfisch
abge-
betonte
Charakter des Werkes Blancs und sein Bestreben, zu beschwichtigen oder zu harmonisieren, noch
zu
unterstreichen,
Darstellung
der
besonders
Geschichte
Ludwigs
positive
Aussagen
deutlich. des Bayern
Bei
der
häufen
394
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fär den Dauphin
sich solche Abweichungen; nicht zuletzt die Differenzen mit dem Papst, auf deren Behandlung Vervaux größte Sorgfalt
verwendet,
dargestellt,
die
werden
außerordentlich
Sympathien
Blancs
verkürzt
liegen
eindeutig
bei Ludwig^"*. Der Höhepunkt schließlich von 1338 kommt bei
Vervaux
menhang
- auch wenn
mit
dem
er,
Weistum
der
von
Jesuit,
Rhense
im
von
Zusam-
Freiheit
spricht - kaum zum Ausdruck"*^, bei Blanc dagegen heißt es:
"Digne
resolution
du
College
Electoral" und 57 "Glorieuse journee pour 1'Empereur Louis" . Wie wich-
tig dem Haus Wittelsbach noch im Geschichte
Ludwigs
des
Bayern
17. Jahrhundert
war,
wußten
die
offenbar
beide"*^. Die Folgezeit bietet Höhepunkte
dieser
Art
nicht mehr; auch wenn die Annales Vervaux' weiterhin, dank der reichen Quellengrundlage, die bereits das 17· Jahrhundert besaß, die Geschehnisse bis zum Rücktritt Wilhelms Breite 287
des
und
auf
Gründlichkeit
Seiten
äußerlich
Frommen
nicht wird
250
Kolumnen
darstellt,
allzusehr
zurück
unübersehbar,
worauf
in
denkbarer
worin
Blanc
bleibt^
-
in der
mit
schon
neuesten
Geschichte der Schwerpunkt liegt: Für die Regierungszeit
Maximilians
I. verwenden
Vervaux
und
Blanc
je
einen vollen Band; bei Vervaux umfaßt er 592 Kolumnen in Folio, bei Blanc trotz außerordentlicher immer noch 502 Seiten in Oktav. Vervaux
Kürzungen
hebt
diesen
Teil seines Werkes auch durch eine Überschrift von besonderer Prägung heraus. "Idea Boni principatus" überschreibt er die Regierungszeit seines Herrn. Daß Blanc auch hier Vervaux in allem folgt, obwohl er für diese Epoche auf eine Reihe von Werken in italienischer rückgreifen
und französischer
können, wird
nicht
Sprache hätte zu-
verwundern,
wenn
man
seine Arbeitsweise richtig würdigt. Nirgends setzt er
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
395
eigene kritische Akzente, ungeachtet der Tatsache, daß er sich in einem Buch, das für Franzosen und
Bayern
gleichermaßen lesbar sein sollte, auf sehr schlüpfrigem Boden bewegte. In hochtönenden Wendungen Vervaux
zu
über-
treffen war schlechterdings unmöglich, Blanc kam ihm bestenfalls gleich^®. Wie Vervaux entwickelte er die gesamte Geschichte der Jahre bis zum Tod Maximilians, wie dieser hatte er vor allem die auswärtige Politik, also
in
erster
Blickfeld.
Linie
Angesichts
den
Dreißigjährigen
seiner
Krieg,
Grundthematik,
im
die
das
Verhältnis Bayerns und Frankreichs in besonderer
In-
tensität herauszuarbeiten nahelegte,
da-
interessiert
bei vor allem die Darstellung der wechselvollen Politik seit 1 6 3 1 ,
seit dem Bündnis von Fontainebleau. Daß
Vervaux dabei einen strikt bayerischen Standpunkt einnahm, so daß die Ordensleitung sogar Beschwerden
aus
Wien fürchtete, ist bekannt. Wie konnte dann Blanc die französische
Politik
1632, den
Bruch
des
Bündnisses
durch Richelieu, rechtfertigen? Konnte die Schilderung der Kämpfe mit den Franzosen, ihrer Niederlagen durch Jan von Werth und Mercy auch ein Thema Blancs
sein?
Wie also würde er in diesem letzten Band mit Vervaux verfahren, den er bis dahin bei allen wichtigen Themen einfach übersetzt hatte? Der
kritischste
Punkt
war
die
bayerisch-
französische Defensivallianz von Fontainebleau.
Blanc
stellte die Vorgeschichte des Bündnisses und den Bündniszweck wie die wichtigsten Bestimmungen völlig korrekt d a r ^ , und zwar in wörtlicher Übersetzung des Berichts von Vervaux^. Blanc fährt dann fort, mit einer höchst gewundenen Rechtfertigung der französischen Ablehnung Schweden
einer
Bündnishilfe
angegriffen
habe,
noch
1631,
und
nicht
da die
Tilly
die
Schweden
Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin
396
Bayern,
und
schließt
dann
geradezu
zynisch:
"Mais
enfin tous les Traittez sont sujets a diverses interpretations,
et
armes
decider
pour
n'ont
point
les
d'autres
difficultez
juges qui
en
naitre". Wer nun glauben wollte, daß man endlich fassen könne, irrt.
Auch
diese
que
les
peuvent
Blanc
Stelle
hier steht
kaum anders bei Vervaux^. Nicht Blanc also ist hier der
gelehrige
wenigstens
Schüler
eines
eines
Giovanni
Machiavelli
Botero
oder
oder
des
doch Justus
Lipsius, sondern Vervaux^, der auch bereits anläßlich der Erwähnung des Bündnisses von Bärwalde völlig unbefangen
die
französische
Argumentation
wiedergegeben
hatte. Nur so ist allerdings die Wendung bei Blanc zu begreifen, der bei der Begründung des Bündnisses mit Schweden
"sous
liberte"
schreibt,
Königs
eine
pretexte also
zweideutige
de
retablissement
dem
Vater
Begründung
bei Vervaux natürlich genau
seines
de
jetzigen
unterstellt,
so gemeint
la
ist,
die
nämlich
als bloßer Vorwand, wenn er sagt: "specie restituendae Germanicae libertatis"^. Geradezu sklavisch
also folgt
der
Franzose
seiner Vorlage; Abweichungen wie die Hervorhebung des Eintretens
des
französischen
Gesandten
1631 bei Gustav Adolf durch eine eigene
für
München
Überschrift^
sind selten, oder sie s,ind das Ergebnis der
geradezu
horrenden Kürzungen, die sich die Annales Vervaux' für die Zeit des ganzen Von
einer
Absicht,
Krieges etwa
die
Franzosen
zu übergehen und
nisieren,
kann
nicht
die
gefallen Kämpfe
lassen der
Bayern
das Verhältnis Rede
sein,
sie
mußten.
zu
und
harmo-
werden
ge-
f\ 7
treulich erwähnt
, die Siege
der Bayern werden
gefeiert, auch wenn Blanc für die Jahre bis
I648
fast nur
noch 60 Seiten zur Verfügung hat, Vervaux aber 260 Kolumnen. Trotzdem, die Schlachten von Tuttlingen, von
397
Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin
Freiburg, von Alerheim werden genannt, als Siege der Bayern, und wenn Enghien und Turenne dabei als grandiose Feldherrn gefeiert werden, so steht ihm Mercy 68 nur wenig nach
. Sich
als Bayer
über
Blanc
zu
be-
ein
Ge-
schweren, wäre also ungerecht. War
er
aber
ein
Historiker,
gar
schichtsschreiber?
Die Fakten, ihre Reihung, ja ihre
Wertung
er
übernimmt
wörtlich.
Zwar
einfach
zeigt
auch
von
dieser
Vervaux, nicht
weithin
immer
jene
kunstvolle Komposition, die eine Folge von Ereignissen in
straffer
Einheit
der
Handlung
gewissermaßen
zum
Drama gestaltet, die bei seinem Kapitel über den Sturz Tassilos bereits
so
auffällt;
barockes
immer
Bestreben,
wieder die
kommt
Quellen
ihm
sein
vollkommen
auszuschöpfen, in die Quere, und vollends bei seiner Behandlung des Dreißigjährigen Krieges erstickt er geradezu im Stoff. Blanc dagegen hätte, da er zu Kürzungen und Straffungen einfach gezwungen war, die Möglichkeit beiten,
gehabt, Zäsuren
große zu
Handlungsbögen
setzen,
herauszuar-
Höhepunkte
abzuheben.
Nichts davon tut er. Mantua etwa erwähnt er überhaupt nicht, für den Kurfürstentag zu Regensburg I63O hat er nur eine Seite, Entscheidungsschlachten
behandelt
er
nicht anders als beliebige Aktionen, nicht einmal die Bedeutung
der
Kriegsschauplätze,
auf
denen
sich
die
von ihm erwähnten Kämpfe abspielen, macht er dem Leser klar, nie die Thematik des Krieges überhaupt, der für 69 Vervaux sehr wohl ein Religionskrieg war
.
Wie also soll man sein Werk beurteilen?
Es
ist weniger als eine Kompilation, etwas mehr als ein Plagiat, weithin bloße Übersetzung - freilich ohne daß der Name des eigentlichen Autors genannt würde. Verfälschung Nachweises
allerdings seiner
der
Vorlage
Eingangsthese
von
im
Sinne
der
Eine eines
Bedeutung
Kraus, Eine Geschickte Bayerns fir den Dauphin
398
Frankreichs für die Entstehung und die Größe Bayerns läßt
sich
nicht
diesbezüglichen
nachweisen; Kritik
die
Roth
nimmt
Einleitung
bei
für
seiner
das
Werk.
Für seine These von der Abstammung der Bayern wie für seine
Auffassung
von
der
Bedeutung
Bayern zur Karolingerzeit
Frankreichs
folgt er durchaus
für
Vervaux,
auch wenn er die Partnerschaft Bayerns und Frankreichs unter
den
späten
Karolingern
zu
optimistisch
sieht.
Demnach kann man nur an wenigen Stellen erkennen, daß Blanc bestrebt ist, keinesfalls höfische
Empfindlich-
keiten zu wecken, so bei der Behandlung
des
Arnulf,
Ottos
von Wittelsbach,
Heinrichs
Herzogs
des
Löwen,
oder auch Ludwigs des Bayern. Aber selbst wenn man an einer Stelle meint, Blanc rechtfertige die Auffassung seines
eigenen
Königs,
Ludwigs
XIV.,
von
der
gott-
gleichen Stellung des Monarchen auf Erden, handelt es sich in Wirklichkeit ν Vervaux 1>70 Es
um
eine
wörtliche
fehlt Blanc
also
in
Originalität, nicht
die
sein
jeder
Geschichtswerk
Qualitäten,
die
ein
Übersetzung Hinsicht
zeigt
aber
Kompendium
an
auch
oder
ein
Abrege durchaus haben kann. Die Kritik der Nachwelt 71 fiel entsprechend aus . In Frankreich, wo die deutsche gelehrte Geschichtsschreibung, Vervaux und seine 72 Vorgänger, offenbar nicht bekannt waren , hätte Blanc trotzdem Eindruck machen können; es ist aber keine Rezeption seiner Geschichte Bayerns auszumachen, mit Mü73 - doch das kann
he kennt man überhaupt seinen Namen auch
am mangelnden
Interesse
Auch seine Erwartungen
für
das
Thema
liegen.
auf Dank im höfischen
Bereich
scheinen sich nicht erfüllt zu haben, weder in Frankreich noch in Bayern; seine knappe Vita schweigt diesbezüglichen nach
1680
in
Ehrungen.
Paris die
Allerdings Neigung,
war
sich
schon
von kurz
freundlich
an
Kraus, Eine Geschieh te Bayernsförden Dauphin
Bayern
zu erinnern,
serfreundliche
nicht
mehr
sehr
groß;
die
399
kai-
Politik Max Emanuels hat die Stellung
seiner Schwester, der Dauphine, stark erschüttert, sie 7 Λ
war
völlig
isoliert, bis
sie
bereits
1690
starb
.
Während aber die bayerische Frankreichpolitik durchaus nicht Episode blieb, sondern bald wieder
aufgenommen
und insgesamt mehr als ein halbes Jahrhundert weitergeführt
wurde,
hat
die
Geschichte
Bayerns
für
den
Dauphin so gut wie nichts bewirkt, sie war nichts als eine liebenswürdige, wenn auch als Plagiat verfängliche,
aber
sehr
ephemere
nicht
un-
Begleiterscheinung
dieser Politik. Blanc war bald vergessen, reich offenbar noch früher als in Bayern 7 5.
in
Frank-
400
Kraus, Eine Geschichte Bayerns für den Dauphin
1 Hermann Weber, Die Bedeutung der Dynastien für die europäische Geschichte in der frühen Neuzeit. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 44 (1981) S.5-32. 2 Peter Claus Hartmann, Zwei Wittelsbacher Prinzessinnen am Hof Ludwigs XIV. : Maria Anna Christina von Bayern und Elisabeth Charlotte von der Pfalz. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 44 (1981) S.274f. 3 Ebd. S.273. 4 Roswitha von Bary, Henriette Adelaide, Kurfürstin von Bayern. München 1980, S.369, S.500 zu Blanc ( dort Lit. ) . 5 Blanc I, Preface: Die Kurfürstin "desirant de faire connoitre la grandeur de la Maison, dan ( ! ) laquelle eile etoit entree ... me commanda d 1 entreprendre l'Histoire de ses Etats". 6 Ludwig Rockinger, Über ältere Arbeiten zur bayerischen und pfälzischen Geschichte im geheimen Haus- und Staatsarchiv. In: Abhandlungen der III. Classe der K. Akademie der Wissenschaften 14 (1879) s.258-261. 7 Dictionnaire de Biographie Frangaise VI, Paris 1951, S.589; hier auch das Geburtsjahr Blancs (1637), nicht aber das Todesjahr. 8 Friedrich Roth, Die Hauptwerke über bayerische Landesgeschichte vom Zeitalter des Humanismus und der Gegenreformation bis zur Gegenwart. In: Bayerische Zeitschrift für Realschulwesen NF VI (1898) S.I83, nimmt geradezu an, das Buch sei für die Münchner Hofgesellschaft bestimmt gewesen. 9 Blanc, Vorrede zu Band III: "le grand Maximilien"; ebenso im Abrege: Rockinger (Anm. 6) S.259 10 Blanc Bd. IV S.10. Vgl. ebenda auch die Widmung an den Regenten Herzog Maximilian Philipp: "la vie de son Pere le Grand Maximilien, qui toutes les vertus Chretiennes, Politiques et Militaires, on fait un exemple acheve de cette grandeur d'ame, et de cette etendue d'esprit, de sagesse, et de prevoyance... C 1 est le Prince que le Ciel semble avoir choisi pour retablir toute la gloire, et tout 1'eclat de vos Ancestres..." Vgl. auch Anm.60. 11 Ebd. II S.4. Im "Abrege" wird auch das Haus Savoyen in die Huldigung mit eingeschlossen: Rockinger (Anm. 6) S.259. 12 Andreas Kraus, Grundzüge barocker Geschichtsschreibung. In: Bayerische Geschichtswissenschaft in drei Jahrhunderten. Gesammelte Aufsätze. München 1979, s.11-33. 13 Richard Alewyn, Feste des Barock. In: Absolutismus,
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
14 15
16
17 18
19
401
hg. von Walther Hubatsch. Darmstadt 1973 (Wege der Forschung 314) S.248-267; Richard Alewyn, Das große Welttl^eater. Die Epoche der höfischen Feste. München 1985; Eberhard Straub, Repraesentatio maiestatis oder churbayerische Freudenfeste in der Münchner Residenz vom 16. bis zum Ende des 18.Jahrhunderts. München 1909; Jürgen Frh. von Kruedener, Die Rolle des Hofes im Absolutismus. Stuttgart 1973; Andreas Kraus, Das Haus Wittelsbach und Europa. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 44 (1981) S.435ff. Wolfgang Braunfels, Die Kunst im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation I. Die weltlichen Fürstentümer. München 1979. Andreas Kraus, Bayerische Wissenschaft in der Barockzeit. Altertumswissenschaft und Geschichte. In: Handbuch der bayerischen Geschichte, hg. von Max Spindler. Bd. II, München 1966, S . 8 O 8 - 8 U ; Alois Schmid, Geschichtsschreibung am Hofe Kurfürst Maximilians I. von Bayern. In: Um Glauben und Reich. Kurfürst Maximilian I. Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst 1573-1657j hg. von Hubert. Glaser, München 1980, S.330-340. Roth (Anm. 8) S . I 8 4 . Der vollständige Titel lautet: Joannis Adlzreitter a Tetenweis, Arcani Consilii Cancellarii, Annalium Boicae Gentis Partes III, Quibus Historia a prima Bojorum origine usque ad A. MDCLI, quo Maximiiianus Elector Bavariae decessit, continetur. München 1662. Benutzt wird die Ausgabe Frankfurt 1710, besorgt von Ferdinand Ludwig von Bresler. Zum Geschichtsbild des eigentlichen Verfassers, des P. Johannes Vervaux SJ. (1586, Trier l66l, München) s. Roth (Anm. 8) S.lSlf.; Andreas Kraus, Tassilo und Karl der Große in der bayerischen Geschichtsschreibung des 17· Jahrhunderts. In: Bayerische Geschichtswissenschaft (Anm. 12) S. 34-53 · Dictionnaire (Anm. 7)· Der Titel: Samuel Guichenon, Histoire genealogique de la royale maison de Savoie. 2 Bde., Lyon 1660. Blanc I S.22. "Je rends ä la France la Gloire qu'elle s'est acquise depuis plus de seize siecles, d'avoir jette les fondements de plusieurs Etats dans 1'Europe, quand j 1 ecris en sa langue 1'Histoire d'une Nation qui doit et ses commencements et sa grandeur a ses Peuples et ä ses Princes" . Andreas Kraus, Die Abstammung der Bayern in der Historiographie des 18. Jahrhundert. In: Bayerische Geschichtswissenschaft (Anm. 12) S. 185-211.
402
Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin
20 Jürgen Voss, Das Mittelalter im historischen Denken Frankreichs. München 1972, S.262ff. (Lit.) 21 Vervaux I col. 141 cap. 24; Blanc I S.284-287; s. auch die Vorrede Bd. I. an den Dauphin: "sorty de votre Auguste Sang". 22 Ebd. 23 Kraus, Tassilo (Anm. 16) S.35-41. 24 Paul Schoenen, Das Karlsbild der Neuzeit. In: Karl der Große, hg. von Wolfgang Braunfels und Percy Ernst Schramm. Bd. IV, Düsseldorf 1907, S.274-305· 25 Der Schluß der Erzählung, die moralische Anwendung, ist sogar wörtliche Übersetzung, ebenso die "Reflexions morales et politiques", die das neue Kapitel einleiten, eine Begründung des Gottesgnadentums: Blanc I S.342-344; Vervaux II. col. 179f. 26 Das betrifft vor allem die kirchlichen Ereignisse, aber auch die bewegte Außenpolitik der Karolingerzeit. Ein Beispiel einer Umstellung: Blanc I S. 376f. - Vervaux I col. 210f. Vervaux I col. 219f. leitet ein neues Buch ein, hier steht die Würdigung Ludwigs des Deutschen, während derselbe Abschnitt bei Blanc I S.377 die wechselvollen Ereignisse unter Ludwig dem Frommen einleitet, also ein ganzes Buch früher kommt. 27 Vervaux I col. 218 cap. 29, 219 cap. 1, 236 cap. 26; Blanc I S.388, 408, 412f., 430, 453, 46l, 477, 485, 488. Auf Partnerschaft zwischen den Herrschern Bayerns und Frankreichs weisen folgende Lemmata im Inhaltsverzeichnis hin, die sich bei Vervaux nicht finden: "Alliance entre les Roys de France et de Baviere" (S.412f.); Nouvelle entrevues des Roys de France et de Baviere au Luxembourg" (S.454); "Le Roy Louis et le Roy Charles parlent d'accommodement" (S.467)· "Roy de Baviere" nennt er auch Ludwig das Kind (Bd. II S.67). 28 Alois Schmid, Das Bild des Bayernherzogs Arnulf (907-937~5 in der deutschen Geschichtsschreibung von seinen Zeitgenossen bis zu Wilhelm von Giesebrecht. Kallmünz 1976. 29 Ebd.; s. auch Vervaux I col. 309 cap. 10; Blanc II S.76. 30 Kraus, Tassilo (Anm. 16) S.51f. 31 Schmid (Anm. 28) S.I55. 32 Blanc II. S.8 7 J "..Arnoul en fit autant d 1 une partie de la Baviere, comme sucesseur de Luitpald, et prit le nom de Due ou de Prince, l'authorite principale et souveraine demeurant, par devers le Roy, de qui, comme j'ay dit, ces Dues ou Princes etoient Vassaux". Vervaux I col. 314 cap. l8: "manente tarnen penes Regem summa, quam directam nuneupant,
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
403
dominandi potestate". 33 Ebd. col. 318 cap.24: Heinrich rät Arnulf, "ut ... rebellionem aversaretur". Bei Blanc II. S.93 heißt es nur: "de poser les armes". 34 Vervaux I col. 314 cap. 18. 35 Blanc II S.92: "Arnoul ayant appris la mort de Conrad, revint en Baviere avec sa famille, et dans le dessein de s'y retablir, avec tous les droits de Souverainete qu'il pretendoit, il se preparoit a tout evenement, et avoit des forces pretes pour resister a Henry..." - Vervaux I col. 317 cap. 24: "cum tota familia in Boicam redierat, itaque se ad excipiendas Henrici iras comparaverat, ut non obscure prae se ferret animum vindicandae veteris majorum dignitatis...". 36 Konrad Repgen, Über den Zusammenhang von Verhandlungstechnik und Vertragsbegriffen. Die kaiserlichen Elsaß-Angebote vom 28. März und 14· April 1646 an Frankreich. In: Historische KlopfSignale für die Gegenwart. Münster 1974, S.64ff. (Lit.). 37 Vervaux I col. 540 cap. 22. 38 Blanc II. S.378f. 39 Ebd. II 423 f., angeblich nach Claude-Frangois Menestrier, Alliance sacree de l'honneur et de la vertue au mariage de Monseigneur le Dauphin avec Madame la princesse electorale de Baviere. Paris l680. Dieses Buch erschien zur Hochzeit des Dauphin. Blanc leitet dabei Herzog Arnulf von einem Grafen Pippin von Lengenfeld ab, angeblich Sohn Bernhards von Italien und Enkel König Pippins, des Sohnes Karls des Großen. Vervaux col. 309, cap. 10 macht Arnulf bereits zum Sohn Bernhards. 40 Vervaux I col. 562 cap. 27. 41 Ebd. col. 563 cap. 28: "Wittelspachii virtus mire celebrata laudibus, ex heroico facinore cepit omen assurgendi ad fortunam longe illustrissimam". Blanc II S.423: "..en cette memorable journee un fameux augure de la fortune eclatante, ou son courage devoit 1'elever". 42 Vervaux I col. 542 cap. 26: "Henrici superbi res in Italia praeclare gestae" - Blanc II S.388: "Beaux exploits de Henry Due de Baviere". Vervaux I col. 544 cap. 29: "Henrici Bojarii male sarta ambitio" Blanc II. S.39: "Belies experances de Henry". Vervaux I col. 559 cap. 21: "Henricus Leo in Conradum armatus" , "Bellum in Saxonia" - Blanc II S.414 bzw. 418: "Henry Leon redemande la Baviere", "Henry Leon somme 1 1 E m p e r e u r de sa promesse". 43 Ursula Jentzsch, Heinrich der Löwe im Urteil der deutschen Geschichtsschreibung von seinen Zeitge-
404
44 45 46
47
48 49 50 51 52 53
54
55
56 57 58
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
nossen bis zur Aufklärung. Jena 1939; Andreas Kraus, Die historische Forschung an der Churbayerischen Akademie der Wissenschaften 1759-1806. München 1959, S.247ff. Vervaux I col. 594 cap. 38. Ebd. col. 599 cap. 44: "quasi antiquam esset virtutem oblitus" (anläßlich seiner Zurückhaltung beim Einfall des Kölner przbischofs in Sachsen). Vervaux I col. 600 cap. 44: "Ille vero (ita eum, urgente velut ad ruinam fato, prudentia destituerat) nescius cedere tempori" (angesichts der Forderung Barbarossas von 5000 Talenten mit dem gleichzeitigen Angebot der Versöhnung). Ebd. col. 601 cap. 1: "Fridericus vero Imperator Ecclesiae conciliatus firmatusque totius Imperii viribus, non timeri modo, sed etiam coli sincerius et amari coeperat". Ebd. Blanc II S.474; sonst wörtlich wie Vervaux I col. 600 cap. 44 (wie Anm. 46). Blanc II S.473: "Henry qui ne scüt s'accomoder au tems (ce que tout homme sage doit fair dans 1"occasion) ...". Den Text Vervaux' s. Anm. 46. Blanc II S.477; ebd. S.48O: "qui meritoit si bien le surnom de Grand" - Vervaux I col. 603 cap. 3: "Princeps Magni titulo dignissimus." Die guten Wünsche für dieses Haus allerdings, die Blanc II S.477 einfügt, stehen so wörtlich bereits bei Vervaux I col. 601 cap. 1. Z.B. Blanc III S.6 - Vervaux I col. 626 cap. 1; Blanc III S.32 - Vervaux I col. 640 ("cruels effects de jalousie" - "Ludovicus severus uxorem necat"). Vervaux II col. 4 cap. 7 (keine Überschrift) Blanc III S. 108 ("Sa Bonne foy envers Frederic"); Blanc III S. 123 ("II echappe prudemment d 1 un autre danger") - Vervaux II col. 8 ("Ludovico struunter insidiae"). Vervaux II col. 67 betitelt das Kapitel über den Tod Benedikts XII. "Benedict! Pontificis obitus"; Blanc III S.I96: "Clement VI. Successeur de Benoit, grand ennemy de Louis"; das nächste Kapitel handelt vom "Procede violant. du Pape" (ebd. S.197), während Vervaux schreibt: "Irrita Ludovici ad dementem Pontif. legatio". Vervaux I col. 68 cap. 10: "Septemvirale senatus consilium pro Germanici Imperii libertate". Blanc III S.197, 199. Andreas Kraus, Die Annales Ecclesiastici des Abra-
Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin
59 60
61 62 63
64
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69 70 71 72
405
ham Bzovius und Maximilian I. von Bayern. In: Bayerische Geschichtswissenschaft (Anm. 12) S.54-105· Sie umfassen bei Vervaux II die Spalten 74-328, bei Blanc III die Seiten 215-502. Vgl. den Schluß des III. Bandes bei Blanc und die Einleitung zum III. Teil bei Vervaux. Blanc äußert sich folgendermaßen: "sous le regne d 1 un Prince a qui le sang de ces Heros, et de ces Empereurs. . . . de ce divin genie.... de ce jeune Electeur que je regarde comme l'Astre qui me doit servir de guide dans toutes mes entreprises pour la gloire de 1'Auguste Maison de Baviere". Vgl. auch Anm. 10. Blanc III S.329f. Vervaux III col. 231 cap. 46. Ebd. col. 232: "Verum tot et verborum et rerum sunt in hujusmodi pactis interpretationes, ut fere tempori potius atque usui servient, quam certae paciscentium designation!: quod sive ex justo sive injusto procedat, susque deque habent, qui judicem nullum habent suae interpretationis" . Heinz Dollinger, Kurfürst Maximilian I. von Bayern und Justus Lipsius. Eine Studie zur Staatstheorie eines fruhabsolutistischen Fürsten. In: Archiv für Kulturgeschichte 46 (1964) S.227-308. Blanc III S.298; Vervaux III col. 195 cap. 63. Blanc III S.384; Vervaux III col. 268 cap. 48. Blanc III S.482-487; zu Tuttlingen (ebd. S.487): "une ample et glorieuse victoire". Ebd. S.487f. zu Turenne und Enghien: "l'un s 1 etant deja aquis beaucoup de gloire par sa sage conduite et ses managements dans la guerre, et 1'autre commengant deja ä se distinguer par ses actions vigoureuses et surprenantes, qui 1 1 o n t enfin rendu le plus celebre de ce siecle dans toutes les entreprises..." Zu Mercy ebd. S.489: "que son illustre naissance, ses hautes vertues, et ses belles actions feront vivre eternellement dans la memoire des hommes". Vervaux III col. 195 cap. 62; vgl. dazu Blanc III S. 297, wo der Text von Vervaux zwar übernommen wird, die religiöse Argumentation aber fehlt. S. Anm. 25. Vgl. Rockinger (Anm. 6); Roth (Anm. 8); Daniel Stadler, Bayerische Geschichte. München 1762, Vorrede . Das könnte man der gründlichen Zusammenstellung der einschlägigen Werke mit Inhaltsangabe bei Ludwig Wachler entnehmen: Geschichte der Ii Lstorischen Forschung und Kunst seit der Wiederherstellung der litterärischen Cultur in Europa. II. lid., 1. Abt.,
406
Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin
Göttingen l8l6, S.9 - 159. 73 S. Anm. 7; der Artikel umfaßt 8 Zeilen. Nicht erwähnt ist Blanc bei Louis Moreoi, Le grand 2dictionnaire historique. 2 Bde., Paris 1681 bzw. 1688 bzw. Utrecht 1692 bzw. Paris 1725; Louis Ellies Dupin, Bibliotheque universelle des Historiens. 2 Bde., Paris 1707 bzw. Amsterdam 1708; Pierre Bayle, Dictionnaire historique et critique. 4 Bde., Rotterdam 1720 bzw. Amsterdam et Leyden 1730. 74 Hartmann (Anm. 2) S.280f. 75 Ein Fortleben in Bayern läßt sich wenigstens.in der Geschichte der Historiographie konstatieren (vgl. Roth, o. Anm. 8), nicht aber in der gelehrten Diskussion des 18.Jahrhunderts.
Klaus Peter Decker
Rheingauer Geiseln im „Pfälzischen Krieg". Zur französischen Kontributionskriegflihrung im 17. Jahrhundert
In den Kriegen Ludwigs XIV. erscheinen
Kontributionen
nicht mehr nur als die üblichen drückenden
Begleiter-
scheinungen der Feldzüge, gemäß dem Grundsatz, daß der Krieg den Krieg ernähren müsse, sondern zunehmend systematisch
eingesetzte
Mittel
der
als
Kriegführung
selbst. Dieses Faktum ist besonders in der ersten Phase des "Pfälzischen" oder "Orleansschen Krieges"^, den Jahren
1688/89
mit
den
weiträumigen
Zerstörungszügen
und Devastationen im Südwesten Deutschlands, zu beob2 achten . Hier ging es nicht mehr nur um
das
militär-
ökonomische Ziel, die Ressourcen für die Kriegführung möglichst
weitgehend
ziehen und diesem
den Landen
damit
des
die eigenen
Gegners
zu
ent-
Subsistenzmittel
zu schmälern, in den Vordergrund trat nun das Moment der Einschüchterung durch Brechen jeder Widerstände's bereitschaft,, wenn nötig mit Mitteln der "terreur" . Die Überlegenheit der französischen Waffen sollte den Reichsständen demonstrieren, wie leicht die Grenzräume zu abhängigen
Einflußzonen
zu deformieren
waren.
Die
Verarmung des Landes auf Jahre hinaus konnte die Fürsten kriegsmüde machen, ohne sie sogleich in die Arme des Kaisers zu treiben^. Doch nachdem
sich
überraschend
schnell
eine
Allianz in Europa gegen Ludwig XIV. formierte und das französische separaten
Konzept
eines
Schauplätzen
nicht
begrenzten
Konflikts
aufging, mußte
ein
mit Teil
408
Decker, Rheingauer Geiseln im , JJalzischen Krieg"
der Anfangserfolge wieder korrigiert werden. Das Feldzugsgeschehen verlagerte sich stärker nach Oberitalien und
vor
allem
den Niederlanden.
Die
schon
fast
er-
reichte weitgehende Kontrolle der Rheinlinie wurde mit der
Rückeroberung
Reichsarmee
im
von
Herbst
Mainz
und
Bonn
16 8 9 wieder
durch
zunichte
eine
gemacht.
Nach der Anlegung eines breiten entfestigten
Gürtels
auf dem Gebiet der rheinischen Kurfürstentümer im Vorfeld der weitgespannten Festungskette zwischen
Luxem-
burg, dem Mont-Royal und Landau zog sich Frankreich in diesem Raum auf eine Defensivstellung zurück^. Die Erstarrung an der Rheinfront bewirkte eine
Änderung
im
Kontributionswesen.
Im
Zusammenspiel
zwischen Militärs und Intendanten wurden die Züge nun in Form kleinerer Aktionen von begrenzter
Reichweite
durchgeführt, aber intensiv und von harten Sanktionen begleitet. Eine Voraussetzung dafür war wenn nicht die Beherrschung,
so doch
die weitgehende
Kontrolle
des
Umlandes. Dazu mußten die vorhandenen Lücken zwischen den
größeren
Garnisonen
durch
ein
Netz
befestigter
Stützpunkte geschlossen werden, und so wurden schon im Winter 1689/90 die gerade erst geschleiften Mauern einiger Städte im Saar-Nahe-Raum, wie Meisenheim, Kirn oder St. Wendel, wieder instandgesetzt. Als vorgeschobener Posten gewann die Ebernburg nach dem Verlust von Mainz erhöhte Bedeutung, zumal sie durch die Täler von Alsenz und unterer Nahe rasch zu erreichen war. Das Land war
1689 weitgehend
verwüstet wor-
den. Vor allem aus Territorien der Kurpfalz waren Teile der Bevölkerung aus den Dörfern geflohen, oft blieb die Feldflur unbestellt. Es zeigte sich, daß die "Politik der verbrannten
Erde"
in krassem
einer Kriegführung stand, die versorgen
mußte.
Wo
sich
Brandfackeln
Gegensatz
aus diesem
die
zu
Lande
Kontributionen
Decker, Rheingauer Geiseln im „Pfälzischen Krieg"
409
begleiteten und zerstörerische Exekutionen die Lebensgrundlagen vernichteten, waren in der Folge auch keine regelmäßigen
Abgaben
zu
erwarten.
Überdies
machten
sich Formen des Widerstandes bemerkbar. Aus ruinierten und
entwurzelten
"Schnapphähne",
Bauern
kleine
rekrutierten
sich
Partisanentrupps,
die
die
trotz
schlechter Ausrüstung und Disziplin und ohne geeignete militärische Führer doch den Franzosen durch gezielte Störaktionen im Gebiet zwischen Donnersberg und Hunsrück arg zu schaffen machten^. Die reunierten Gebiete, 7
organisatorisch in der besaßen keine den übrigen gelage die sich
geschlossene
Territorien
begünstigte
noch auch
die dem
beteiligten,
Grenze,
stark
einen
verfügbaren
Mainz und
"Saarprovinz"
Gelder
verzahnt. und
Stützpunkte allem
sondern waren
regelrechten
durch
Diese
Alliierten
mit
mit
Gemen-
Kleinkrieg
Naturalien,
der
Ehrenbreitstein
vor
zusammengefaßt ,
an
dem
zwischen
zunehmendem
Husaren,
um
kleine
Erfolg Abtei-
lungen leichter Reiter, die in den Türkenkriegen g
eine
Art "Guerilla-Taktik" entwickelt hatten . Hauptverantwortlich
für
die
Versorgung
der
französischen Truppen waren die Intendanten der Grenzprovinzen, für das Mittelrheingebiet der Intendant der Saarprovinz,
Goupilliere^.
ging er im folgenden
Jahr
Nach
dem
daran,
Chaos
das
gebliche den
Rückstände
einzufordern ".
"pays contribuables"
serslautern,
Kirn
und
wurden
Die
durch
Ebernburg,
für
1689
Kontributions-
system in seinem Bereich neu zu organisieren 1
von und
an-
Abgaben
aus
Büros den
in
Kai-
Moselraum
durch den Mont-Royal überwacht. Natürlich hatten auch die "pays reunis a la souverainete du Roi" ihren Beitrag zum Militäretat zu leisten 1 1 .
Getreidelieferungen
aus dem Hinterland, wie die "grains d'Alsace", flössen nur noch spärlich
und wurden
für
die
Auffüllung
der
Decker, Rheingauer Geiseln im ,J*fölzischen Krieg"
410
Magazine
in
den
rückwärtigen
Winterquartiergebieten
benotxgt Die Einziehung der Kontributionen geschah üblicherweise
in den Rechtsformen
eines Vertrages,
der
mit kleineren Verwaltungseinheiten, meist auf Amtsebene, abgeschlossen worfenen
wurde.
Gebiete
Die
sollten
der
durch
Kontribution
ihre
Leistungen
Kriegsrecht von Verwüstung und Plünderung 1? bleiben oder
untergemäß
ausgenommen
. Damit die festgesetzten Lieferungen an Geld
Naturalien
auch
erbracht
werden
konnten,
mußte
das Land einigermaßen normal bearbeitet werden, es war also unbedingte Disziplin
der
in der
Nähe
agierenden
oder logierenden Truppen erforderlich. Zugleich darauf
geachtet
werden, daß das
arbeitung der Felder
auch
Einsäen
tatsächlich
und
vor
Erfolgten die Leistungen nicht, so drohte zung. Nach Dörfer
I69O kam es häufig
oder
großer
mildere
Praxis
Häuser
bewenden
ließ.
Selbstinteresse. Versorgung Dilemma
Teile,
der
erst
Um
Diese
die
Truppen
geraten'^.
Mäßigung
richten druckt
über war,
den hatte
vorgeschlagen, Dörfer
ruinösen
um
dierende
General
in den nahen
gründete Raum
Kriegsminister,
im
war
die
in
ein
Louvois'
durch die Nach-
des
Landes
eine Ermäßigung
der
Kontributionen
Dem
Bewohner
zur
widersprach
Huxelles.
Seiner
nicht diese Lasten, sondern die pen
eine
Zustand
die
zu bewegen.
ganzer einiger
1691/92
Sohn Barbezieux'^, der offensichtlich
ging.
setzte
Anzünden
pfälzischen
Der neue
sich
Be-
Brandschat-
langsam dem
Jahreswende im
die
zur Verbrennung
ein, die es mit
mußte
Quartieren,
'Uic' . 1693, AG 1213/128,
133.
78 Goupilliere an Tallard; ders. an Barbezieux, 6.6.1693, AG 1237/4, 5; "Memoire t.ouchant le cours des florins d'Allemagne et des groches dans la Province de la Sarre" (Juli 1692), AG 1158/217; vgl. Schott (Anm. 29) S.594f. 79 Niederländisch "snaphaan", volkstümliche Bezeichnung für eine Silberinünze des Herzogs von Geldern ab 1509, die häufig nachgeahmt wurde; später allgemein für "schlechtes" Geld gebraucht. 80 Tallard an Barbezieux, 10.12.1693, AG 1216/101. 81 Richter (Anm. 31) S.257; Struck, Geisenheim (Anm. 47) S.33f82 Schuldverschreibung vom 24.6.1693 für Melchior Benedikt von Ramstett, Wi 108/2876. - Bei den "Gulden", die Fuchs lieferte, könnte es sich um die weiterhin als Taler bezeichneten, aber nur noch zu 2/3 des Wertes ausgeprägten Nominale nach dem sog. "Leipziger Fuß" von 1690 handeln, vgl. Lexikon der Numismatik, 3. Aufl. Berlin 1982, S.250f.
Decker, Rheingauer Geiseln im „Pßlzischen Krieg"
437
83 Struck, Geisenheim (Anm. 47) S.34· 84 Wi 360/30· Es handelte sich um Adam Bohr, Johannes Kludhoven, den Schuhmacher Nikolaus Petter und den Kirchenmeister Johann Söngen. Aus der Veranlagung geht hervor, daß die vier nicht zu den reichsten Bürgern des Ortes zählten. 85 Vgl. diverse Stücke in Wi 108/2876. 86 Richter (Anm. 31) S.257. 87 Wi 101/295a. 88 Wi 3 6 0 / 3 2 0 (Fasz. 7) · 89 Es sei nur auf das Verfahren der Reunionskammern verwiesen; vgl. Marie-Odile Piquet-Marchal, La Chambre de Reunion de Metz. Paris 1969·
Jürgen Voss
Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
I Die Memoiren des Herzogs von Saint-Simon
(1075—1755)^
zählen ebenso wie die zahlreichen Briefe der Liselotte 2
von der Pfalz
zu den wichtigsten
persönlichen
Zeug-
nissen der Zeit Ludwigs XTV. und der Regentschaft. Die ersten Teildrucke der beiden Quellen erschienen gleichzeitig 1788, also noch gegen Ende des Ancien Re3 gime . Saint-Simon kam 1691 an den Hof Ludwigs XIV., war von 1694 bis 1702 - zumeist in Deutschland militärischen
- in
Diensten des Sonnenkönigs, die er dann
verließ, weil er nicht wie gewünscht zum
"brigadier"
erhoben wurde. Damit zog er sich zwar die Ungunst des Königs zu, blieb aber in der höfischen Umgebung, was für seine Memoiren wichtig wurde. Politisch kann man ihn als einen Gegner des Absolutismus und Freund einer Restauration älterer ständischer Einrichtungen einordnen, weshalb er in der Literatur auch als Reaktionär abgestempelt wurdet
Saint-Simon stand von Jugend an
dem Herzog von Orleans, Liselottes Sohn, nahe und wurde in dessen Regentschaft ( 1715-1723) Mitglied des Regentschaftsrates,
d.h.
er
nahm
in
diesen
Aufbruch-
jahren auch einen politischen Einfluß wahr^. Mit dem Ende der Regentschaft und dem Tode Philipps
von
Or-
leans 1723 zog er sich vom Hofe zurück und arbeitete, meist auf seinem Landschloß moiren,
die
bekanntlich
Ferte-Vidame, an den Me-
unter
den
französischen
Me-
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
440
moiren l i t e r a r i s c h Memoiren ganz
gut
(I69O) ceux
definiert ont
appelaient. die
eu
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principales
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ou q u i
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Saint-Simon
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Reich
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Ancien
Reihe
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und 1694
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Feldzügen
1702 im
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deutsch-französischen tersuchung
muß
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Memoirenliteratur
Saint-Simon
militärischen
auf
Memoiren
Hof
E i n as t i e g
verweisen
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Versailler
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Ausführungen
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Adel
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Memoiren
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Saint-Simon
Frankreichs
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Furetiere ecrits
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Wörterbuch
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recht
Unrege
F o r s c h u n g Uber den Herzog*® s c h o n s e i n e B e z ü g e z u I t a 11 12 lien und S p a n i e n sowie s e i n e Rezeption in Eng13 land e r f a ß t h a t , s e i n V e r h ä l t n i s zum ö s t l i c h e n N a c h -
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
441
barn dagegen bisher nicht bearbeitet wurde1-*. Der Beitrag beschreitet somit wissenschaftliches Neuland. II Von den Deutschkenntnissen Saint-Simons ist schon in der Literatur die Rede*"*. An zwei Stellen seiner Memoiren spricht er selbst darüber: jeunesse,
je
savois
et
parlois
"et comme,
parfaitement
des ma l'alle-
mand, on prenoit soin de me procurer des connoissances allemandes. . . "
lesen wir bei ihm, als er
1694 zur
französischen Armee in Deutschland stößt. Im gleichen Jahr diente er Generalleutnant Tallard als Dolmetscher in Dürkheim, als dieser eine deutsche Kundschafterin 17 ausfragte . Wie Dirk Van der Cruysse vor kurzem eruierte, waren Saint-Simons Deutschlehrer Valentin Wolff und Jakob Begleitung
seines
Adelmann;
Ordensbruders
als
die
Jesuiten
letzterer
war
Beichtvater
in der
Dauphine Maria Anna von Bayern nach Versailles gekommen. In der Lehrbibliothek des jungen Saint-Simon befanden sich neben deutschen Lehrbüchern auch vier andere deutsche Texte wie z.B. "Der 18 Teutsche oder eine Sammlung "Lustige Reisen"
Hercules"
Bisher unbeachtet blieb, daß Saint-Simon den Plan zu seinen Memoiren 1694 auf d e u t s c h e m den gefaßt und die ersten Notizen dazu
ebenfalls
Deutschland zusammengestellt hatte: "Je les
Boin
commengai
done en juillet 1694» etant· mestre de camp d'un regiment. de cavalerie de mon nom, 19 dans le camp de Gimsheim, sur le Vieux Rhin..." - Uber Straßburg, Philippsburg und einen Abstecher auf die rechte Rheinseite südlich von Heidelberg kam er Uber Speyer, Ostho20 fen/Westhofen nach Gimbsheim, südlich von Oppenheim Von da aus zog seine Truppe im Juli weiter nach Gau-
442
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
Bickelheim östlich von Kreuznach, 21 blieb : "Ce fut dans le loisir de
wo
er
ce
camp
40
Tage
de
Gau-
Böckelheim (heute Gau-Bickelheim) que je commengai ces memoires, par le plaisir que je pris ä la lecture de ceux du marechal de Bassompierre, qui m'invita a ecrire aussi ce que je verrois arriver de mon 22 temps" . Die Anfänge von Saint-Simons Memoiren sind also im heutigen Rheinhessen zu suchen. Bereits in Versailles und Paris kam der Herzog
mit
mehreren
aus Deutschland
stanmenden
Persön-
lichkeiten in Berührung. Dazu zählten in erster Linie Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans, in Deutschland eher bekannt als Liselotte von der Pfalz, die Dauphine Maria Anna von Bayern und
ihre
sowie
Hofdame
Sophie-Maria von Löwenstein. Liselotte von der Pfalz, die ihm in mancher
Hinsicht
geistesverwandt
war
und
von ihm auch geschätzt wurde, stellte für Saint-Simon eine typische Deutsche dar: "Madame
etoit
une
princesse
de
1 1 ancien
temps, attachee a l'honneur, a la vertu, au rang, a la grandeur, inexorable sur les bienseances. Elle ne manquoit. point
d' esprit, et
ce qu'elle
voyoit
eile
le
voyoit tres bien. Bonne et. fidele amie, sure, vraie, droite, aisee a prevenir et a choquer, fort difficile ä ramener; grossiere, dangereuse ä faire des sorties publiques, fort Allemande dans toutes ses moeurs, et franche, ignorant toute commodite et toute delicatesse pour soi et pour les autres, sobre, sauvage et, ayant, 21 ses fantaisies" . Sie behandelte Krankheiten "a sa mode allemande et ne faisoit pas eis de remedes ni des medecins"^. Und obschon sie lange am französischen Hofe lebte, müsse er feststellen "combien cette princesse etoit allemande, et peu frangaise" 2 S. Obwohl die Dauphine eine weniger
443
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
beherrschende Persönlichkeit darstellte und sie längere Zeit kränkelte, wurden auch ihr "moeurs alle'
mandes"
2 6
zugeschrieben
. Die
Dauphine
hatte
dagegen
mit Sophie-Maria von Löwenstein (1664-1736) eine deutsche
Hofdame
Herzogs
mitgebracht,
fand:
"une
die
fille
ganz
das
d'honneur
d'Allemagne, jolie comrne le jour, et nyinphe, avec tout.es les graces de 27
Gefallen d'un
des
chapitre
faite comine une 1'esprit, et du
corps" Am französischen Hofe machte Saint-Simon auch die persönliche Bekanntschaft von Kurfürst Max Emanuel von Bayern und Kurfürst Joseph ja
zeitweise
werde
in
Frankreich
ich weiter
Anzumerken schen
unten
ist hier
Fürsten,
gleichaltrige
die
Exil
von
schließlich, er
daß unter
persönlich III.
spätere
kannte,
von
Herzog
Köln,
lebten.
im Sachzusammenhang
Christian
( 1674—1735) , der
Clemens
im
von
Auf
die sie
eingehen. den
deut-
der
etwa
Pfalz-Birkenfeld Zweibriicken,
als
einziger von ihm mit dem Prädikat "ami" ausgezeichnet . 28 wurde Saint-Simon hat während seiner Dienstzeit in der
französischen
Armee
nur
den
deutschen
SUdwesten
näher kennengelernt. Zu diesem Teil des Reiches finden sich denn auch die meisten Bezugspunkte in seinen Memoiren.
Es
sind
nocli systematisch
daher
bei
ihm
angeordnete
weder
enzyklopädische
Aussagen
über
Deutsch-
land und die Deutschen zu erwarten. Über das Reich und seine
Verfassung
konkreten
spricht
Anlässen.
nur
im
Die Ausführungen
sind vom Genrecharakter und ereignisbezogen.
er
Zusammenhang in den
her in erster Linie
mit.
Memoiren personen-
444
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
III Die wenigen stereotypen Passagen über Deutsche in den Memoiren Saint.-Simons decken sich weitgehend mit dem zeitgenössischen Bild, das man sich in Frankreich um I7OO von den östlichen
Nachbarn
machte:
"bons
Alle-
inands, grossiers, ignorants et fort aises a trom29 per" . Repräsentativ dafür erscheint in diesem Zusammenhang Konrad von Rosen
(1628-1715)»
Livländer,
französische
der
1669
in
ein gebürtiger Dienste
trat:
"C'etoit un Allemand ruse et fort delie sous une apparence, et meine une affectatioji de grossierete manieres
de
reitre, . . . et
qui
se
repent.it
et
de
bien
de
s'etre laisse duper"*^. Vom Reich ist in der Regel in Verbindung mit den Kaisern des Hauses Habsburg die Rede, das aus der Sicht des französischen Herzogs dem Reichsganzen seine Interessenpolitik Grande France
Alliance et
1
aufnötigte, offensive
1 Espagne
entre
et
wie
etwa
defensive
l'Empereur,
17 01 :
"...
cont.re
1'Empire,
la qui
n'y avoit nul interet, mais qui, sous-31la maison d'Autriche,
n'avoit, plus de
liberte..."
. Ja,
bei
der
Auseinandersetzung um die spanische Erbfolge 1700 wird dem Kaisertum nachgesagt "qu'elle vouloit tout envahir et mont-er autrefois..." peu a peu a 32 la. Registriert monarchie universelle reprochee wird ebenso tant der Versuch Kaiser Josephs I., 1708 per
Dekret die alten
kaiserlichen Rechte in Italien wieder geltend zu machen 33 . Die gegen Max Emanuel von Bayern und Joseph Clemens von Köln ausgesprochene Reichsacht gilt SaintSimon als Ausdruck übersteigerten kaiserlichen Macht'S A anspruchs . Bei seinen Darlegungen zum Spanischen Erbfolgekrieg streift Saint-Simon auch kurz die deutschen Reichstage: "dans ce vaste pays d'Allemagne
ou
445
Voss, Der Herzog von SaintSimort und Deutschland
les
dietes
pu..."
avoient
palpite
tant
qu'elles
, wobei er beim Leser die Kenntnis
avoient über
die
Funktion der Reichstage voraussetzt. Wiederholt geht der sehr standesbewußte Autor auf das Problem der natürlichen Kinder von Fürsten ein und hebt dabei hervor, Deutschland sei "une nation qui 1 f\
abhorroit la bätardise et les mesalliances..." natürlich Ludwig
auch
XIV.
und
eine
wenig
Madame
de
verschlüsselte Maintenon
, was
Kritik
vorstellt.
an Der
Herzog dachte Uber die Mätresse des Sonnenkönigs das Gleiche wie Liselotte von der Pfalz, drückte aber sei37 ne Auffassung etwas weniger drastisch aus . Wenn er schreibt "Les Allemands ne se mesallient, pas impunement..."
, so bedeutet dies auch, daß in dieser Frage
die deutschen Verhältnisse eher entsprachen
seinen
Vorstellungen
als jene, die er in seinem
eigenen
Land
vorfand. Beiläufig befaßte er sich auch mit den deutschen Protestanten, so z.B. wenn er mit Blick auf den deutschen Ritterorden notiert: "Luther ayant repandu sa commode doctrine en Allemagne, ces chevaliers s'y 39 engagerent..." . Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen, "chef ne des protestants d'Allemagne et, leur protecteur en titre" 4 ^, wird hier wegen seines Übertritts
zur
nannt^'.
katholischen
Den
Texten
Kirche
in
Saint-Simons
den
Memoiren
entnehmen
wir
geaber
auch, daß Ludwig XIV. über ganz gute Deutschlandkenner verfügte 4 ^, 4
cy ^,
und
insbesondere Louis Verjus, comte de Creder
erste
Straßburger
Prätor
Ulrich
Ob-
recht 4 4 . IV Wenden wir uns jetzt den Ausführungen des Herzogs über
446
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
wichtige Höfe und Territorien des Reiches zu bzw. solchen,
über
schon
gesehen
in Wien
die
er
sich
haben,
ziemlich
näher
steht
kritisch
äußert.
Wie
wir
Saint-Simon
dem
Kaiserhof
Seine
Sympathie
gegenüber.
oben
geliört. eher den ungarischen Aufständischen^"*. Von zwei Kaisern seiner
Zeit gibt er porträtähnliche
Passagen,
die freilich nicht immer schmeichelhaft sind. So lesen wir über Leopold L.: "Ce
fut
un prince
qui
sut, regner
sans
etre
jamais sort.i de Vienne que pour se sauver a Linz ( 16S3 bei
Türkenbelagerung).
Une
laideur
ignoble,
une
basse, une siinplicit.e fort eloignee de la pompe
impe-
1 1 autorite beau-
riale, ne 1'empecha pas d'en pousser coup plus loin qu'aucun de
mine
ses predecesseurs
si
1 1 on
excepte Charles V,..., et sa vie ext.erieure, plus monacale que de prince, ne 1'empecha pas de se servir de 4.6 tout.es sortes de voies pour arriver ä ses fins" . So
habe
et· am
Einsetzung teil^.
Sturz
Wilhelms
Die
Jakobs von
Kriegführung
erfolgreichen
Generälen.
[I.
und
der
Oratiien
entscheidenden
An-
überließ
er
"Li ne
von
le
England seinen
durchweg
fut, pas
inoins
en
minist.res, qu'il sut si bien cho.isir,4 que son conseil O fut toujours le meilleur de 1'Europe" , was natürlich auch ein Seitenhieb auf den Versailler pold
"fut
habile
et
fier,
toujours
plans et dans sa conduit.e. . .
Hof
ist.
su.ivi
dans
Leoses
. "La vie privee de ce
prince fut un continuel exercice de religion, et comme je 1 1 ai dit, une vie tout, a
fait, monacale. .
Der
Herzog unterstreicht diesen Eindruck an anderer Stelle am Beispiel der französischen Leopolds
Anekdote
Gesandten
Witwe
über de
den
Ant.ri t.tsbesuch
Cheverny
1699
Elisabeth-Magdalene-Therese
flause Pfalz-Neuburg, die
1 720 starb, wurde
moiren ebenfalls gewürdigt:
in
des
Wien"** . aus
dem
in den Me-
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
"C'et.oit u n e p r i n c e s s e solue d a n s grand
sa cour
credit
plus
encore
sur sur
celui
de
de
conserve
Sa
de
tout
Joseph,
fils,
son
et
fils
regne.
Elle
avec d e
1'esprit;
put
sa
etoit,
maison, 52
France"
fiel
gativer
aus:
die
et de t a l e n t s peu sa
un p r i n c e
au-dessous
Von
protegea
femme,
Eugene
Kaiser
holt. d i e
et son
Karl
Rede,
peu
wortlich
de
son
grossiere
tant
qu'elle a
la
frere.
Sa
VI.
ist
macht,:
dieses
in
seul
den
aber
Herrschers,
sie
schwierige
im
dagegen
de
"Avant
la von
qui
consideration
y
den
perdit:
zwar
keine er
fit p o r t e r
Maria mit
für
verantqui
re-
t.outes nos
Theresia,
ab dem Winter· 1740/41
wieder-
jedoch
. Mit
ihren
il
porträt.ar-
l'Empereur,
Moselle"
Zusammenwirken
Situation
qu'il
11Impera-
Erbfolgekrieges
sur
der Autor
de
Memoiren
gibt
forces
et
mere,
pour
Le
"L1opiniätrete
Rhin
sa
avec
et
interets,
le
vivoit.
et.oit. o r a g e u s e ,
tint. I E m p i r e d a n s ses sur
d1esprit
m a l a s s u r e s de leur e t a t .
des s p a n i s c h e n
1
et
cour
I. weit, ne-
qui
tendresse
d'amitie
Saint-Simon
die F o r t f ü h r u n g
wie
prince
sous
violant,
1 Imperatrice
peu
fut
t.ige S c h i l d e r u n g
lem
qui
l'empereur
opposee
Joseph
empörte,
peut.-etre S3 le sa c o n f i a n c e " .
toute
spricht
fort
du m e d i o c r e ,
les p l u s g r a n d s y etoient
avoit
ce
ce
de
ecartee
1
pour
regente,
pour 1' A r c h i d u c prince
et
Charakterisierung
d'egards
pourtant
trice
pour
altiere,
toujours
et
consideration.
marquee
fiere,
arnoit
fut
fils,
impetueuse fort
eu un
Leopold,
son
grande
1'avoit
eile et.
"C1etoit
fit
temps
haute,
qui avoit
ab-
.
Dagegen
fort
une
1'humeur
aine,
et fort
l'empereur
l'Einpereur
et
predilection
haute
et, dans sa f a m i l l e , 1'esprit
lui avoit. d o n n e
son s e c o n d
fort
447
Achtung vor
Räten
aldie
meisterte:
les m a l h e u r s de Linz, de P r a g u e ,
etc.,
448
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
que
seroit-
devenue
la
reine
d'Hongire,
reduite
a
quitter Vienne, si son conseil ou plutot ses conseils avoient ete uniquement composes de quatre ou cinq ministres de l'espece du notre? Les siens, attaches de pere
en fils
a sa maison
par
leurs
alliances,
par
leurs terres, par leur etat, qui se perdoit avec le sien, tous generaux d'armees ou experimentes en maniement d'affaires, tous en dignite et. en consideration par leur naissance, se sont surpasses en efforts pour la
soutenir,
et
de la
situation
la
plus
desesperee
1
1 ont raraenee ä celle ou on la voit aujourd'hui par la science politique et. militaire . . . " ^ . Dies sagt Saint-Simon immerhin von einer Herrscherin, gegen
die
Frankreich
damals
verbündet
war.
verbirgt sich hier natürlich auch Kritik
Indirekt
an den Ver-
hältnissen des französischen Hofes, dem der Herzog eine solche
Leistung nicht
zugetraut
hätte und
dem
er
deshalb den Regierungsstil Maria Theresias als Spiegel vorhält. Die auf Prinz Eugen in den Memoiren bezogenen Passagen sind bereits bei Braubach erfaßt, so daß hier sich
eine
Wiederholung
erübrigtDie
Saint-Simons über Ernst-Rüdiger Graf von
Ausführungen Starhemberg,
den Verteidiger von Wien 16 8 3 > sind recht ambivalent: "L'Allemagne, a son tour, perdit un homme moins necessaire et plus vieux (die Rede war vorher vom Marschall de Tourville), mais qui s'etoit immortalise par la defense de Vienne, dont il etoit gouverneur, assiege par les Turcs, le celebre comte de Stahremberg, qui etoit president du conseil de guerre, la plus belle et plus importante charge de la cour de l'Empereur" Ebenso Saint-Simons
Uber
aufschlußreich die
wie
habsburgischen
die
. Textstellen
Herrscher
seine Ausführungen über die Hohenzollern
sind
in Branden-
burg-Preußen. Der Schaffung der preußischen Königswür-
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
de für den Kurfürsten von Brandenburg im Jahre
449
1701
widmet er inklusive der dazu nötigen Vorgeschichte immerhin zehn Seiten:
"Frederic-Guillaume,
electeur
de
Brandenbourg, . . . , eut, quelque pensee de faire eriger sa Prusse ducale en royaume par l'Empereur, sans pasrο ser plus loin cette idee" . Sein Sohn habe dann den Gedanken intensiv weiterverfolgt, dem Kaiser in Ungarn und am Rhein zur
Seite
gestanden:
"S'et.ant
depuis rendu necessaire a l'Empereur,
toujours
il s'assura de
lui sur son dessein, et, dans cette conjoncture favorable..., 1'Electeur donna un repas aux principaux de sa cour, dans lequel il leur porta la sante de 'Frederic III roi de Prusse et electeur de Brandenbourg', et se declara roi de cette maniere"^. Die preußische Königswürde sei auch fast überall anerkannt worden, "excepte en France, en Espagne et ä Rome, de
laquelle,
conune Protestant, il ne se soucioit point...» Preußen konnte 1707 das schweizerische
Neu-
enburg seiner Herrschaft unterstellen. Mitbewerber um dieses Gebiet war auch der französische
Fürst Conti,
der allerdings leer ausging, obwohl der Kaiser, Holland und England auf seiner Seite gestanden haben sollen. Folgt man Saint-Simon, dann kam Preußen dank seines Beauftragten zum Erfolg: "Ce ministre de Brandenbourg etoit. de concert avec les protestants, qui, sur sa
declaration,
prirent
aussitot,
1' af f irmative,
et
qui, par 1'argent repandu, la conformite de religion, la puissance
de
1'Electeur,
etoit, arrive a Orange,
la
reflexion
trouverent
de
ce
qui
tous les suffrages
favorables"^ . Der erhält
von
erste
preußische
Saint-Simon
eine
König,
Friedrich
politische
I.,
Würdigung,
allerdings keine Skizze seiner Persönlichkeit: "II suivit les traces de 1'electeur son pere
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
450
dans son opposition ä la France, et dans son ment
ä
la
inaison d'Autriche.
II
servit
attache-
puissamraent
1
1 Einpereur en tout.es occasions, et aux guerres d'Hongrie
et du
Rhin.
Ii se trouva
le
plus
puissant
des
Electeurs, et celui que 1'Empereur avoit le plus ä menager·. Cela lui fit imaginer
de
roi de Prusse,
dit
s'etre
comme
assure
on
l'a
1 1 appui
de
et de
se declarer en
son
la
lui-meme
temps,
apres
reconnaissance
de
1'Empereur en cette qualite,..." Sein Sohn Friedrich Wilhelm I., der heute dank vielfältigen
Verwaltungs-
Schöpfer
modernen
fährt
des
bei
und
Militärreformen
preußischen
Saint-Simon
wenig
seiner
Staates
als
gilt,
Ilochschä t zung.
Von
erdem
"inneren König" findet sich verständlicherweise in den Memoiren
nichts.
Dieser
preußische
sucht, die inneren Spannungen
König
Frankreichs
habe
ver-
auszunutzen
und weitere Hugenotten zur Stärkung seiner Manufakt.uί\ ι
ren ins Land zu ziehen
. [n Wirklichkeit
sei
dieser
Herrscher aber "leger, inconstant et t i m i d e " ^ und habe nicht einmal
energisch
beim Ableben des men
. Seine
Saint-Simon Wilhelm faire
ä
seine
Kurfürsten
außenpolitischen angezweifelt,
für seine Vienne
Ansprüche
von
der
Pfalz
Fälligkeiten
auch
wenn
plus
fortes
Jülich
wahrgenomwerden
sich
Interessen einsetzt,:
les
auf
Friedrich
"...il faisoit.
protestations
tachement aux interets de 1'Empereur,
von
d'at-
et y nioit. for-
mellement qu'il eilt, aucune negociation avec la France. Cette
conduite
lui sembloi t. d 1 un
grand
politique" ^ .
Dies wenig positive Bild vorn zweiten Preußenkönig wird von Saint-Simon
noch schärfer an anderer Stelle
skiz-
ziert: "Les intentions du roi de Prusse etoient egalement
suspectes
ä Vienne
caractere etoit egalernent
et a Londres, connu
dans
parce
les deux
que
son
cours.
Ce prince uniquement, occupe de son interet, embrassoit
451
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
i.ous les moyens propres ä y parvenir.
Souvent
il se
trompoit dans le choix; mais la route qu'il croyoit la plus sure etoit d'exerciter des troubles dans 1' Eu6" rope" ' . - Von Friedrich II. wird nur beiläufig gesprochen.
Das negative
Image,
das
Friedrich
Wilhelm
hier erfährt, darf aber nicht dazu verleiten, den Herzog als preußenfeindlich einzustufen. Der preußische
Bevollmächtigte
in
Paris,
langjährige
Ezechiel
Span-
heim, wird in den Memoiren gebührend gewürdigt: "Spanheim, si connu dans la Republique des lettres, et qui ne l'a pas moins ete par ses negociations et ses emplois, mourut en ce temps a Londres, a quatre-vingttete que jaquatre ans, avec une aussi bonne „68 mais..." Über die anderen Kurfürstentümer und Territorien des Reiches gibt es neben zahlreichen
Sachin-
formationen eher punktuell wertende Ausführungen. bayerische Kurfürst Max Emanuel wird von insgesamt
recht
wohlwollend
behandelt.
Der
Saint-Simon
Die
Memoiren
enthalten keine abwertenden Passagen über ihn wie etwa über
Friedrich Wilhelm I. von
Preußen.
Max
Emanuels
Fähigkeiten als Feldherr finden die Anerkennung des 69 Herzogs . Und selbst in der kritischen Phase seines Exils 1709 scheint der Kurfürst bei seinen wiederholten Aufenthalten am französischen
Hof nie seine
Fas-
sung verloren zu haben: "Il...parut gai et tres poli, mais avec un air de hauteur et de liberte du maitre de salon, parlant aux uns, s'informant des 70 autres, qui ne s'ieoit pas mal a un prince malheureux" . Saint-Simon geht
ausführlich
zwischen
dem
auf
das
bald
französischen
gespannte
Marschall
de Villars
dem bayerischen Kurfürsten ein, die weit abweichende
Auffassungen
vom
Verhältnis und
voneinander
Kriegshandwerk
hatten.
Villars benützte 1703 die Kriegszüge in SUddeutschland
452
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
- Bayern eingeschlossen - in erster Linie, um sich zu bereichern
und
weniger, um Max Emanuel militärische 71 Hilfe zu gewähren . Max Emanuel hat schließlich bei Ludwig XIV. die Abberufung Villars 1
erreicht:
"D'etre
delivre d'un homme qui lui manquoit a tout avec audace, qui barroit
ses projets les plus
certains,
et
qui tete levee, ne sembloit etre venu en son pays que pour le mettre a la plus forte contribution a son pro72
fit particulier"
. Der Autor
kommt
in den
Memoiren
wiederholt auf die Villars-Affäre zu sprechen und verbirgt nicht, daß dabei seine Sympathien auf Seiten des 71 bayerischen Kurfürsten stehen . Wenden
wir
uns
dem
zweiten
Wittelsbacher
Territorium, der Kurpfalz zu, die ja zu Lebzeiten des Herzogs
während
des
Erbfolgekrieges
1688/89
schlimmsten Erfahrungen mit den französischen
die
Truppen
machen mußte. Folgt man Saint-Simon, so habe Louvoi.s aus
eigensüchtigen
Gründen
den
König
überredet,
zu-
nächst Philippsburg zu belagern "et pour- rendre cet.te guerre plus animee et plus durable, fait brüler Worms, Spire, et tout le Palatinat jusqu'aux portes de 7 Λ
Mayence...
. Der Memoirenautor grenzt sich von dieser
Art Kriegsführung ab, als er sechs Jahre später
sah,
was von Speyer übrig geblieben war: "Nous passämes ä Spire, dont je ne pus m'empecher de deplorer la deso75
lation"
. Marschall
de
Coigny,
1688/89 mitgewirkt hatte, war
der
danach,
beim
Kriegszug
folgt man
Memoiren, "degoute des incendies du Palatinat 7 ordres divers qu'il regut...
den
et des
.
Von den Pfälzer Kurfürsten bringt
Saint-Si-
mon nur punktuelle Nachrichten, doch hält er fest, daß Liselotte von der Pfalz in ihrem Kabinett
in
Saint-
Cloud Porträts ihrer fahren die gesammelt habe 77 . Familienangehörigen und Vor-
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
453
Beim Kurfürstentum Sachsen wird nur der Er78 werb und Verlust der polnischen Krone angesprochen sowie der Übertritt Friedrich Augusts I. zur katho7Q lischen Kirche , inklusive der daraus entstandenen Spannungen. Mehr Aufmerksamkeit wenden die Memoiren dem Haus Hannover zu, was einmal mit dem Erwerb der Kurwürde^® und zum anderen mit der Übernahme des englischen Throns durch Georg I. in Verbindung steht. Genüßlich schildert Saint-Simon hier auch die Affäre Kö82
nigsmarck
. Das soll aber nicht bedeuten, daß der Au-
tor gegen das Haus Hannover eingestellt war. Der Herzogin Sophie, Liselottes Tante und Vertraute, widmete er bei der Nachricht von ihrem Tode wollenden gische
Nachruf:
Abstammung
Nach und
Hinweisen den
damit
1714 einen wohlauf
ihre
genealo-
verbundenen
Erban-
spruch in England ist zu lesen: "C'etoit une princesse de grand merite, qui avoit quatre-vingts ans. Elle avoit eleve Madame, qui etoit fille de son frere, laquelle avoit conserve un extreme attachement. pour eile, et qui toute sa vie lui ecrivit, deux fois la. semaine, des vingt et vingt-cinq pages par ordinaire, C'etoit a eile a qui eile ecrivoit ces lettres si etranges que le Roi vit, et qui la penserent perdre ä la mort de Monsieur..."^^. Diese rege Korrespondenz der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans mit ihrer Tante in Hannover findet, wie
auch
an
anderer
Stelle
ständnis und Wohlwollen
notiert,
des Autors:
nicht
das
Ver-
"C'est cette So-
phie que Madame aimoit tant, a qui eile ecrivoit sans Q . cesse, et beaucoup trop..."
.
Über die geistlichen Kurfürstentümer sich ring.
der Versailler Der Kurfürst
Memorialist von
Mainz
äußert
vergleichsweise
wird
gelegentlich
geals
454
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
"directeur de 1'Empire" apostrophiert
8 "> . Von
Kurtrier
ist die Rede, als ein Prinz des Hauses Lothringen die 86 Koadjutorwürde erlangte . Im Falle von Kurköln lag die Doppelwahl von 1688 vor der Berichtszeit
der Me-
moiren, auch wenn beiläufig kurz darauf Bezug genommen wird. KurfUrst Joseph Clemens wird, vor allem in der Zeit seines französischen Exils, immer wieder als Besucher des Versailler Hofes genannt. Seinem Aufenthalt von
1706 räumt Saint-Simon
"II pretendoit
pouvoir
eine
porter
kleine
Passage
1'habit, des
ein:
cardinaux
comme archichancelier de 1'Empire pour l'Allemagne. II etoit vetu de court, en noir, souvent avec une calotte rouge, quelquefois noire;... II etoit blond, avec une fort
grosse
perruque
et
assez
longue,
cruellement
laid, fort bossu par derriere, un peu par devant, mais point du tout embarrasse de sa personne ni de son dis„87 cours" Die
beiden
Markgrafschaften
nicht näher behandelt, sondern
Baden
werden
der Herzog nennt eben
die Orte, durch die er bei seinen rhein kam. Dagegen findet Markgraf
Feldzügen
am Ober-
Ludwig von Baden-
Baden, bekannt auch als Türkenlouis, als der kaiserliche Feldherr am Rhein,
immer
wieder
Erwähnung.
Zu
seinem Tod führen die Memoiren an: "Un moindre prince, mais de plus grande reputation mourut. en ce temps: le 88 prince Louis de Bade..." . Saint-Simon referiert hier ausführlich die Karriere des Markgrafen, seine Erfolge gegen
die
Türken,
ebenso
seine
familiären
Verbin-
dungen, und bewertet ihn berechtigterweise 89 als "un des plus grands capitaines de son siecle" . Der Autor, der ja wiederholt dem Markgrafen bei den am
Rhein
gegenüberstand,
hat
sehr
viel
Kriegszügen Achtung
vor
diesem militärischen Gegner, den er eigentlich nie als Feind
bezeichnet.
So
berichten
die
Memoiren,
wie
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
455
Saint-Simons Vorgesetzter, Marschall de Lorge, 1695 im Lager bei Bruchsal ihm
in
erkrankte
und
der
Markgraf
Ludwig
einer
ritterlichen Geste ärztliche Betreuung 90 und Verpflegung anbot . Und Saint-Simon stand stillschweigend auf Seiten des Markgrafen, als dieser
1703
auf eine Bitte des Marschalls de Villars um Reisepässe für
seine
Frau
verständlicherweise
nicht
reagierte,
denn dieser Marschall hatte kurz vorher auch die baden-badisehen Lande ausgeräubert 91 . Die neue Residenz des Markgrafen dele
de
Jahre
in Rastatt, "bät.i en petit sur 92 Versailles" , diente ja dann 1713,
nach
dem
Tode
Ludwigs,
als
Tagungsort
le
mo-
einige für
den
Friedensschluß. Hier von
ist
schließlich
Nassau-Saarbrücken
mit
dem
(1063-1713)
Grafen
noch
ein
Ludwig anderer
Heerfüher zu nennen, der bei Saint-Simon Beachtung erfährt, wohl weil er früh in französische Dienste 9 ? trat und 1693 das Regiment "Royal Allemand" übernahm : "Le
comte
de
Nassau-Saarbrück
son chateau de Saarbrück, ou il s'etoit quelques annees. tenant mand,
general, qui
mourut retire
depuis
II avoit toujours servi, etoit et, il
est, de
avoit
le
regiment
vingt-cinq-mille
dans lieu-
Royal-Alle-
livres
de
rente.
C'etoit 1 1 homme du monde le mieux fait, du plus grand air et. imposant-, fort poli,
fort brave,
fort
honnete
homme, avec peu d'esprit, et considere. Ii etoit aussi fort
riche,
mais
lutherien,
et
point
vieux.
Le
Roi
lui-meme lui avoit fait diverses attaques sur sa religion qu'il
avec
bonte,
iroit
a
et ne
tout
en
l 1 avoir pu ebranler"*^.
lui
avoit
pas
se
faisant
laisse
ignorer
catholique,
sans
456
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
V Die
Memoiren
Saint-Simons
tärtechnische über
Details,
Kriegszüge
gerade
zahlreiche
auch
in
den
und T r u p p e n b e w e g u n g e n ,
mitgemacht
hat.
teressante
Frage
sche
enthalten
Es
Bedeutung
ist
hier
nicht
systematisch des
er
Platz,
anzugehen.
Schwarzwaldes
Textstellen
die
der
als
mili-
im
Reich
diese
Die
in-
strategi-
Sperriegel
wird
95 in
den Memoiren
derer
Stelle
wiederholt
macht
der
Herzog
räumlichen
Gegebenheiten
1696
Marschall
ließ
auf
der
ten,
den
Vormarsch
Die
um
Franzosen
staut
und
bei
stimmten,
so
ein
das
den
an-
naturwurden.
Speyer
und
errich-
zu
stoppen.
Speyerbach
Gelände
Militär
an
die
Barriere
Baden
Vorrücken
vom f r a n z ö s i s c h e n
wie
umgesetzt
von
Neustadt
Moment
daß
Auch
zwischen eine
Ludwigs
im r i c h t i g e n
überschwemmt,
Choiseul
Speyerbachlinie
hatten
.
deutlich,
militärisch
de
Neustadt
angesprochen
nur
in
der
an
geEbene
ganz
gesicherten
be-
Passa-
96 gen
möglich
auch, ten
wie
war
wenig
damals
.
Andererseits
beweglich
waren,
wenn
zeigen
größere
Futter
die
Memoiren
militärische
für
die
Pferde
Einheiund
Ver-
p ef lsecghuanf gf t f üwre r dd ei n e M a f t. e nA u fc eh h lt teecnh n u h at ß n ar ham s ce h b k oannnnt secnh97 i sncdh en i cM n w i e d e r Bau v o n S c h i f f s b r ü c k e n ü b e r d e n R h e i n , s o b e i
98 Ketsch,
Mannheim
Mehrfach rhein
wird
aus
längere
obachtungskrieg Schlachten mon
nicht
D i. e n1s0t0
oder
bei mehr
den
Zeit
Gernsheim, Memoiren
aber
geführt
e h e r 99e i n
beteiligt, aber
deutlich,
wurde
Donauwörth
quittiert;
werden
er
.
und
daß
Stellungs-
An d e n
er
war
hatte
berichtet
am
.
Ober-
und
Be-
entscheidenden
Ilöchstädt
denn
angeführt
ja
Saint,-Si1702
den
ausführlich
über
sie Saint-Simon deutschen sel
viele
Südwesten deutsche
hat
zwischen Städte
bei
seinen
Schwarzwald, und
Dörfer
Feldzügen
im
Nahe und
Mo-
gesehen.
Meist
457
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
nennt er sie nur im Zusammenhang mit den militärischen Bewegungen. Nur vereinzelt, läßt, er sich über die eine oder andere Stadt aus. Im Falle von Speyer distanziert er sich von
der
von
Louvois
1
der· Pfalz:
"C etoit
florissantes
angeordneten
une des plus belles
villes
de
1'Empire;
eile
Zerstörung et des
en
plus
conservait.
les archives, eile etoit. le siege de la Chambre imperiale, et les dietes de 1'Empire s'y sont souvent assemblies. Tout y etoit renverse par le feu que Μ. de Louvois y avoit fait met.tre ains.i qu' ä tout le Palatinat, au commencement de la guerre, et ce qu'il y avoit d 1 habitants,
en
t.res petit
nombre,
etoit
hutte
sous
ces ruines ou demeurant, dans les caves. La cathedrale avoit
ete
tours
plus
et
la
epargnee, maison
11
autre "" . Auch aufgesucht:
das
ainsi
des
que
ses
Jesuites,
verstörte
deux
mais
Mannheim
pas
hat
"Nous fimes le tour de tout
belles er
ce qui
une 1695 etoit
la ville et le chateau de Mannheim. Nous coulames ensuite
les ruines, le long du Rhin, pour en 10 2 reconnaitre les bords..." . Hier berichtet er auch,
wie
derriere
eine
versprengte
Truppe
der
französischen Armee 10 3 das Dorf Seckenheim bei Mannheim plünderte . Saint-
Simon sah
1696 das zerstörte Dürkheim,
"petite ville,
ruinee et
non
monUgnes"'^.
tenable...
au
pied
des
l 6 9 7 kam er nach Kreuznach und zur Ebernburg, geonnier sur une pointe de rocher"'"^. schreibt er nur:
"un pi-
Von der
"Kreuznach est un peu eleve;
Stadt il est
des deux cotes, avec un pont. qui les joint, et qui enfile
directement
la
riviere"^"^.
Seinen
Wunsch
nach
einem Besuch von Mainz hat er sich nicht erfüllen können:
"J'eus
grande
envie
de
prendre
cette
occasion
1
d aller voir Mayence; plusieurs y furent., mais je η 1 en pus jamais
obtenir
la permission
du marechal:
il
se
tint toujours a dire que j'etois t.rop marque, et. que,
458
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
tout g e n e r a l Roi
qui
put
107
Royaume"
d'armee
und
sans
1
1 Elbe
Realität
ist:
due
läßt
zeigen,
"Cette
deux"'"^,
vorbeigeht. 1705
"etrangers stimmen.
etoit,
un
il
et
qui
est
am
que
le
sortir
du
Beispiel
ja
Saint-Simon
qui
est
an
Wenn
er
über
wegen
der so
der
die von
nicht
considerable,
vis-ä-vis
ja
abordent." ^ ^ ,
avoit de
bei den S t ä d t e n
was
notierte, y
wo
n'y
pair
sich
ville,
fortifications,
entre
Jahres
ist,
Altona
hingekommen mais
a
. Wie w i c h t i g auch hier
Augenzeugenschaft Hamburg
qu'il
permettre
de
Hambourg,
topographischen das Bäder
dürfte
Aachen gebe dies
des es eher
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland459
1 Benutzt- wird die Ausgabe: Louis de Rouvroy, due de Saint-Simon, Memoires, hg. von A. de Boislisle. 41 Bde., Paris 1S79-1930. Das zweibändige Register dieser Ausgabe hat sich bei den Band- und Seitenangaben zu den Deutschland betreffenden Stichwörtern (Territorien, Städte, Personen) nicht immer als zuverlässig erwiesen. Eine Neuausgabe bearbeitet Yves Coirault; die Bände 1-5 (bis 1716 reichend) sind seit 1983 erschienen (Paris, Gallimard). 2 Jürgen Voss, Die Briefe der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans an die ehemalige Versailler Hofdame Madame de Ludres (1687-1722). In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 129 (1981) S. 234-275. Dort ein Forschungsbericht und ein Überblick über die verschiedenen Briefeditionen. Vgl. auch Jürgen Voss, Liselotte von der Pfalz als Zeuge ihrer Zeit. In: Volker Press/Eugen Reinhard/Hansmartin Schwarzmaier (Ilgg.), Barock am Oberrhein. Karlsruhe 198 5, S. 189-203· Zwei Biographien über Liselotte von der Pfalz sind zur Zeit in Arbeit: Arlet.te Lebigre (für den Verlag Aubier) und Dirk Van der Cruysse (für den Verlag Fayard). Eine gute vergleichende Analyse der Ausführungen beider Autoren zum Hofe Ludwigs XIV. bringt Emmanuel Le Roy Ladurie, Aupres du Roi, la cour. In: Annales E.S.C. 38 (1983) S. 21-41. 3 Memoires de M. le due de Saint-Simon, ou. l'observateur veridique sur le regne de Louis XIV et sur les premieres epoques des regnes suivants. 3 Bde., London/Paris 1788. Fragments de lettres originales de Madame Charlotte-Elisabeth de Baviere. 2 Bde., Hamburg/Paris 1788. 4 Erich Auerbach, Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. Bern 1 9 4 6 , S. 3 6 6 ; Eduard Fueter, Geschichte der neueren Historiographie. München/Berlin 1936, S. 159. 5 Auerbach, Mimesis (Anm. 4 ) S. 367; Georges Poisson, Monsieur de Saint-Simon. Paris 1973) S. 214 ff. 6 Fueter, Historiographie (Anm. 4) S. 158 f. 7 Antoine Furetiere, Dictionnaire universel. Rotterdam I69O, Bd. II n. pag. Vgl. auch Marc Fumaroli, Les Memoires du XVIIe siecle au carrefour des genres en prose. Γη: XVIIe Siecle, 1971, S. 7-37» hier S. 11. In Anlehnung an Furetiere gibt, auch die Encyclopedie ihre Definition von den Memoiren (siehe Band 10, 1765, S. 330). Zu den Positionen von Commynes und seinem Nachwirken in der frühen Neuzeit siehe Jürgen Voss, Philippe de Commynes
460
8 9
10
11 12 13 14
15 16
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
und sein Memoirenwerk in der Forschung seit 1945· In: Deutsches Archiv 29 (1973) S. 224-235Überblick dazu bei Marcel Langlois, Saint-Simon historien. In: Revue Historique 158 (1928) S. 81-107Neben Auerbach, Mimesis (Anm. 4) S. 365 ff·» Fuefcer, Historiographie (Anm. 4) S. 158-160, Fumaroli, Memoires (Anm. 7) S. 7 ff* siehe auch Yves Coirault, Autobiographie et memoires (XVIIe XVIIIe siecles) ou existence et naissance de 1 1 a u t o b i o g r a p h i e . In: Revue d'histoire litteraire de France 75 (1975) S. 937-953; Derek A. Watts, 17th Century French Memoirs: New Perspectives. In: Journal of European Studies 10 (1980) S. 126-141. Die ältere Literatur ist in Alexandre Cioranescu, Bibliographie de la litterature frangaise du dixhuitieme siecle. Dd. 3, Paris 1970, S. 1637-1641, verzeichnet. Die neuere Literatur präsentieren in einem Anhang Leo Spitzer/Jules Brody, Approches textuelles des memoires de Saint-Simon. Tübingen/ Paris 1980, S. 99-105. Über das Schrifttum zu Saint-Simon und seiner Zeit siehe auch Berichte von Helene Ilimelfarb ab 1973 jährlich in den "Cahiers Saint-Simon". Als Hintergrundliteratur zu dieser Studie wurden neben den bereits genannten Titeln herangezogen Yves Coirault, L'optique de Saint-Simon. Essai sur les formes de son imagination. Paris 1965 J Dirk Van der Cruysse, Le portrait dans les 'Memoires' du due de Saint-Simon. Paris 1971; Herbert de Ley, Saint-Simon memorialiste. Urbana 1975; Alphonse de Waelhens, Le due de Saint-Simon. Bruxelles 1981; Dirk Van der Cruysse, La mort dans les 'Memoires' de Saint-Simon . Paris 1981. Yves Coirault, L'Italie dans le paysage interieur du due de Saint-Simon. Γη: Melanges Franco Simone. Turin 1981, Bd. I, S,. 383-394· C. Fatta, Saint-Simon en Espagne. In: Bulletin de l'fnstitut frarigais en Espagne, Juin 1955> S. 7784. E.T. Dubois, L'accueil de Saint-Simon en Angleterre. Γη: XVLIe Siecle 100 (1973) S. 55-62. Bearbeitet zuletzt von Dirk Van der Cruysse, Saint-Simon et les Frangais. In: Cahiers Saint-Simon 8 (198Ο) S. 37-46. Zum politischen Hintergrund siehe Georges Livet, Louis XIV et l'Allemagne. In: XVITe Siecle 44/47 (I960) S. 29-53. Poisson, Saint-Simon (Anm. 5) S. 68. Saint-Simon, Memoires (Anra. 1) Bd. II, S. 141 f.
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
17 Ebd. Bd. I I , S. 166. 18 Van der Cruysse, Frangais (Anm. 14) S. 38 f. Im Katalog der Bibliothek Saint-Simons, der 1755 gedruckt wurde, sind dagegen keine deutschen Titel mehr enthalten. Vgl. Dirk Van der Cruysse, La bibliotheque du due de Saint-Simon. In: XVIIe Siecle 94/95 (1971) S. 153-168. Pater Wolff traf SaintSimon 1094 in Straßburg wieder: Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. II, S. 141· 19 Saint-Simon, Memoires (Anm. 1), Bd. I, S. 26. 20 Ebd. Bd. II, S. 141-143· 21 Ebd. Bd. II, S. 162. 22 Ebd. Bd. II, S. 17523 Ebd. Bd. XXVI, S. 323 f. Ähnliche Charakterisierung anläßlich des Todes der Liselotte: Bd. II, S. 117 f·: "Madame teno.it en tout, beaueoup plus de l'homme que de femme. Elle etoit. forte, courageuse, allemande au dernier point, franche, droite, bonne et bienfaisante, noble et grande en tout.es ses manieres et petite au dernier point sur tout ce qui regardoit ce qui lui etoit. du. Elle etoit. sauvage, t.oujours enfermee a ecrire, hors les courts temps de cour chez eile; du reste, seule avec ses dames; dure, rude, se prenant aisement d 1 a v e r s i o n , et redoutable par les sorties qu'elle faisoit quelquefois, et sur quiconque; nulle complaisance, nul tour d'esprit, quoiqu'elle (ne) manquät pas d'esprit; nulle flexibilite; jalouse, coinme on l'a dit., jusqu'ä la derniere petit.esse, de tout, ce qui lui etoit dü; la figure et le rustre d 1 un Suisse; capable avec cela d' une amitie tendre et inviolable." Zur Bedeutung der Porträts in Saint-Simons Memoiren siehe Van der Cruysse, Portrait (Anm. 10). 24 Saint-Simon, Memoires (Anm. 1), Bd. VIIT, S. 311 ff. 25 Ebd. Bd. VIII, S. 401. Vgl. auch S. 354 "une si rogue et fiere Allemande." 26 Ebd. Bd. XII, S. 9, 4 6 8 . Siehe auch Peter Claus Hartmann, Zwei Wittelsbacherinnen am Hof Ludwigs XIV.: Maria Anna Christina von Bayern und Elisabeth Charlotte von der Pfalz. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 44 (1981) S. 269-289· 27 Saint-Simon, Memoires (Anm. 1), Bd. X, S. 187· 28 Ebd. Bd. II, S. 171 29 Ebd. Bd. VII, S. 80. Zur Problematik siehe auch Gonthier-Louis Fink, Baron de Thunder-ten-t.ronckh und Ricaut de la Marliniere. Nationale Vorurteile in der deutschen und französischen Aufklärung. In:
461
462
30
31
32 33 34 35 36 37 38 39
40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
L. Jordan/B. Kortländer/F. Nies (Hgg.), Interferenzen. Deutschland und Frankreich, Literatur Wissenschaft - Sprache. Düsseldorf 1983, S. 24-51· Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. C H , S. 181 . Unter die Rubrik der "grossierete " fallen auch die "plaisanteries allemandes" des Kölner Kurfürsten Joseph Clemens: Bd. XX, 243. Ebd. Bd. IX, S. 299; ähnlich Bd. XI, S. 157 zur militärischen Lage 1703= "Par la jonction de Villars on etoit au comble des desirs qu 1 on avoit formes: toute l'Allemagne trembloit; les forces ennemies etonnees, moindres que les notres; un pays neuf, ouvert; point de ces places ä tenir plusieurs mois comme sur le Rhin et en Flandres, la confusion portee en Allemagrie, et les princes de 1' Empire jetes par leur ruine, ainsi que les villes imperiales, dans le repentir de leur complaisance pour 1'Empereur,'et dans la necessite de s 1 e n retirer..." Ebd. Bd. Vri, S. 297 sowie XX, S. 10. Siehe auch die Textstellen Bd. XXX, S. 66 und Bd. XXXIV, S.43 zur österreichischen Vorherrschaft. E b d . B d . X V r , S. 268 f. Ebd. Bd. XIII, S. 363 f. E b d . Bd. V I I , S. 2 9 9 . Ebd. Bd. I, S. 60; siehe auch Bd. VTI, S. 77. Poisson, Saint-Simon (Anm. 5) S. 111. Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. Vit, S. 109· Ebd. Bd. VII, S. 362. Zum Hintergrund seiner Position zu den französischen Protestanten siehe auch Helene Himelf arb, Saint-Simon face aux prot.estants: Contradiction et arriere-pensees d' un bon Frangais. In: Philippe .Joutard (Ilg.), Historiographie de la Reforme. Paris/Neuchätel 1977, S. 127147. Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. IV, S. l80 f. Ebd. Bd. IV, S. 188 heftige Reaktionen des Kurfürsten von Brandenburg; Bd. XXV, S. 109-111 Reaktion von Friedrich Augusts Gattin. Ebd. Bd. IV, S. 277 f. Ebd. Bd. II, S. 242 f. Ebd. Bd. V, S. 48 f. Ebd. Bd. X I I , S. 30. Ebd. Bd. XIII, S. 34-36. Ebd. Ebd. Bd. XIII, S. 37Ebd. Bd. XIII, S. 37- Siehe auch Bd. X, S. 127. Ebd. Bd. XIII, 'S. 38. Die Musik wurde als "son unique plaisir" apostrophiert.
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
463
51 Ebd. Bd. VI, S. 369-370: "Ii (Cheverny) alla au palais; un chambellan l'y regut, le conduisit deux ou trois pieces, ouvrit la derniere, l'y fit entrer, se retira de la porte meme, et la ferma. Entre lä, il se trouve dans une piece plus longue que large, mal meublee, avec une table tout au bout, sur laquelle, pour toute lumiere dans la chambre, il y avoit deux bougies jaunes, et un homme vetu de noir, le dos appuye contre la table. Cheverny, assez mal edifie du lieu, se croit dans une piece destinee a attendre d'etre introduit plus loin, et se met ä regarder ä droite, ä gauche, et a se promener d 1 un bout ä 1'autre. Ce passet.emps dura pres d' une demi-heure. A la fin, comme un ces tours de sa promenade 1 1 approchoit assez pres de cette table et de cet homme noir qui y etoit appuye, et qu' a son air et son habit il prit pour un valet de chambre qui etoit la de yarde, cet homme, qui jusqu'alors l'avoit laisse en i.oute liberte sans remuer ni dire un mot, se prit, ä lui demander civilement ce qu'il faisoit la. Cheverny lui repondit qu'il devoit avoir audience de l'Empereur, qu'on l'avoit fait entrer, et. qu'il attendoit la d'etre introduit pour avoir 1 1 honneur de lui faire la reference. 'C'est moi, lui repliqua cet homme, qui suis l'Empereur.' Cheverny, ä ce mot, pensa tomber a la renverse..." 52 Ebd. Bd. XXXVII, S. 142. 53 Ebd. Bd. XVII, S. 133. Siehe auch Bd. XIII, S. 39. "Le successeur (Joseph I.) de ce prince se montra, incontinent apres, bien plus dur et plus fächeux que Leopold n'avoit e'.e encore sur la Baviere: il fit entrer six mille hommes dans Munich contre le t.raite qu'il avoit signe lui-meme avec l'Electrice..." 54 Ebd. Bd. ΧΧΓΙΙ, S. 382. 55 Ebd. Bd. XXXIV, S. 328. 56 Max Braubach, Prinz Eugen von Savoyen. 5 Bde. Münch e η Τ ^ Ι ^ Τ ^ ό 5. 57 Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. VIII, S. 294 f. 58 Ebd. Bd. VIT, S. 366 f. Siehe auch Bd. VII, S. 3 6 0 f. 59 Ebd. Bd. VTI, S. 367 f. Zu den Feierlichkeiten in Königsberg S. 369 f. 60 Ebd. Bd. XV, S. 140. 61 Ebd. Bd. XV, S. 142. 62 Ebd. Bd. XXIII, S. 295 f. 63 Ebd. Bd XXX, S. 253. " H regardoit la France comme prete ä souffrir de grandes divisions par Celles
464
64 65 66 67 68 69 70 71
72 73
74 75
76 77 78 79 80 81 82
Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
des princes du sang et des bätards, des pairs et du Parlement, surtout par 1'äffaire de la Constitution. Cette idee l'enhardit a s'attirer encore un plus grand nombre de Frangois pour augmenter ses manufactures. Ii donna done ses ordres pour persuader a plusieurs ouvriers et autres de passer en Brandebourg." Ebd. Bd. XXX, S. 252. Ebd. Ebd. Bd. XXXII, S. 132. Siehe auch B zte eine für das ganze Land gültige Einheit von Recht, Maß, Gewicht und Münze durch; an die Stelle der Staatsallmacht rückte er die wirtschaftliche Wirtschaft
Freiheit.
Dadurch
schuf
freie Bahn und bereitete
den
für
die
Betrieb
er
der
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
großen Unternehmen
vor,
so
auch
der
Lyoner
597
Seiden-
produzenten. In den Jahren seiner Tätigkeit von
1661
bis zu seinem Tode 1683 hat Colbert für die Wirtschaft Frankreichs mehr geleistet als wohl jemals einer seiner Landsleute vor und nach ihm. Aber auch im Ausland findet
man
schwerlich
seinesgleichen.
So waren
bei-
spielsweise seine Zeitgenossen Oliver Cromwell und der Große Kurfürst Staatsmänner und Regenten, die die Bedeutung der Wirtschaft
zwar durchaus erkannten, sich
ihr aber gleichwohl nicht mit der erforderlichen
In-
tensität widmeten. Colbert hingegen vereinigte in seiner
Person
den
Staatsmann,
Großhändler,
Manufak-
turisten und Theoretiker. Dementsprechend erlebte
das
Lyoner Seidengewerbe im 17· und bis weit ins 18.Jahrhundert hinein infolge der Absatzchancen
auf den in-
und ausländischen Märkten eine ungemein günstige Zeit. Zumal während der 1720er und 1730er Jahre verzeichnete das Wirtschaftsleben längeren
Lyons vor dem Hintergrund
Friedensperiode
einen
einer
eindrucksvollen
Auf-
schwung, der sich auch an der Zunahme der Bevölc erung in
jenen
Jahrzehnten
ablesen
läßt.
Mit
schließlich
135-000 Einwohnern um 1787 war Lyon hinter Paris die zweitgrößte und
Stadt
Bordeaux
Frankreichs.
mit
Marseille
mit
90.000
Einwohnern rangierten 19 nächstgrößte Städte weit hinter ihr . Während einen
76.000
das
Höhepunkt,
schlechthin
in
17·
wenn
der
und
18.Jahrhundert
nicht
gar
Geschichte
der
den Lyoner
als
mithin
Höhepunkt Seidenin-
dustrie darstellt, schickte Krefeld sich in jener Zeit erst
an,
die
Grundlagen
schaffen. Es waren, wie sie
schufen
und
die
für
sein
gesagt,
darüber
Seidengewerbe
die Mennoniten,
hinaus
das Gewerbe
zu die zur
Entfaltung und Blüte führten. Neben den Familien van Aaken,
Floh,
Preyers,
Scheuten,
op
der
Graeff,
ter
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
598
Meer, Lingen, von Beckerath, Elten und Jentges waren es vor allem die von der Leyen, die vom 17. bis weit ins 19· Jahrhundert hinein an der Entwicklung des Krefelder Seidengewerbes entscheidenden Anteil hatten. Im Jahre
1720 begann Peter
von
der
Leyen
mit
der
Her-
stellung von Nähseide, nachdem die Familie bis dahin im Seidenhandel tätig gewesen war. Damit lagen nunmehr Produktion und Vertrieb in einer Hand, ein Tatbestand, der den Aktivitäten der von der Leyen nur
förderlich
sein konnte, denn Preisvorschriften oder gar Preisdiktate durch die Produzenten waren jetzt nicht mehr möglich . Wie sich das Seidengeschäft der Söhne Peters 20 von der Leyen, Friedrich und Heinrich , im Verlauf des
18.Jahrhunderts
entwickelte,
verdeutlichen
die
folgenden Zahlen: Bis 1770 konnten Kapital, Gewinn und 21 Lagerwert trotz der Kriege zwischen 1701 und 1763 und
ihrer
Auswirkungen
fast
werden. So betrug der Gewinn
ununterbrochen 1741
vermehrt
15.000 Taler,
1756
17.000 und während der Jahre von 1772 bis 1794 im Jahresdurchschnitt
sogar 49.000 Taler. Und das Eigenka-
pital konnte von 112.700 Talern 1741 auf 300.000 Taler nur 15 Jahre später, 1756, gesteigert werden. Der Wert des Warenlagers schließlich belief sich auf 110.000 Taler 1745, mehr als 200.000 Taler 1756 und Uber 1 22
Million 1794
- beeindruckende Zahlen, wenn man sich
die sich dahinter verbergende Kaufkraft· verdeutlicht. "Das waren Zahlen, die es
... in Preußens Wirtschaft
nicht noch einmal gab. Die von einzige weltwirtschaftlich des
Landes.
der
arbeitende
Mittelmeerische
Seide
Leyen
waren
das
Großunternehmen kauften
sie
in
Italien - niemals französische oder gar preußische -, indische,
persische
Amsterdam
über
die
und
chinesische
dortigen
in
Ostindischen
London
und
Kompanien.
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
Produziert
wurden
die nicht
in
sächlich
nach
nach
holländischem
Lyon hergestellt Westeuropa
Vorbild
wurden,
und, 23
Schmuggel, bis nach Amerika"
Sorten,
verkauft
vielfach
599
haupt-
über
den
befand
sich
.
Die Krefelder Seidenfabrikation
ausschließlich in den Händen von Mennoniten. Friedrich d.Gr.,
der
sich
um
die
Seidenfabrikation
Landen intensiv bemühte, meist
in
seinen
allerdings ohne nach-
haltigen Erfolg, hat die Krefelder Produktionsbetriebe "wahre Kleinodien" Urteil
eines
genannt. Da es sich dabei
ausgezeichneten
Kenners
des
um
das
Seidenge-
werbes handelt, hat man es als durchaus zutreffend zu qualifizieren.
Gefördert
und
schließlich
wurde das Krefelder Seidengewerbe
getragen
im ausgehenden
17·
und 18. Jahrhundert durch die Erholung der Wirtschaft nach
dem
Ende
sämtlichen Hiervon
des
Dreißigjährigen
Produktionsgebieten
profitierte
übrigens
Krieges,
zu
Leipziger
Messen
ebenfalls
vertrieb.
Nicht
werden darf auch die vorteilhafte
auf
beobachten
Gewerbe, das seine Produkte u.a. auf den und
die
das
ist. Lyoner
Frankfurter unterschsb zt
geographische
Lage
Krefelds, d.h. die Nähe zu den Niederlanden, die Uber ein blühendes Seidengewerbe verfügten und von dem man Impulse
empfing,
so daß Rückstände
Produktionsverfahren ; eit
nicht
und
auftraten.
damit
Seit
der
hinsichtlich
der
Wettbewerbsfähig-
der Mitte
des
18.
Jahr-
hunderts gelang es sogar, die niederländischen Produzenten zu überflügeln, als diese vor allem der n zu hoι hen Lohnkosten wegen ins Hintertreffen gerieten erfolgreich
sich
etwa der Mitte
des
die
Seidenindustrie
18. J a h r h u n d e r t s
entwickelte,
sen die folgenden Tatsachen deutlich werden: erzeugte
die
Stadtgemeinde
Xanten
. Wie
Krefelds
(auf
"Bis
seit las1743
Klevischem
Gebiet) mindestens 20000 Seidenbänder jährlich für
die
600
Fuchs, Die,,Seidenstädte'' Krefeld und Lyon
von der Leyen. 20 Jahre später war Krefelds Seide bis in verschiedene Jülicher Orte, teln,
Düren
1780er
und
Jahren
sogar
sollen
nach im
vor
Rheydt
allem
nach
gelangt.
preußischen
Teil
SüchIn
den
Gelderns
200-300 Webstühle in Betrieb gewesen sein, wahrscheinlich arbeiteten alle für Krefelder Kaufleute. Die meisten dieser Webstühle waren
in Grefrath
und
Viersen
konzentriert, wo das Bestehen einer mennonitischen Gemeinde die Einbeziehung der Weberkolonie in den Kre2c felder Einflußbereich erleichterte" . Im Gegensatz zur Situation um 1750 war am Vorabend der französischen Revolution fast jedes der ehemaligen Leinendörfer im Umkreis von 10-15 Meilen um Krefeld zumindest teilweise zur Samt- und Seidenproduktion überge26 gangen In welche Dimensionen das Krefelder
Seiden-
gewerbe in den ausgehenden 1770er Jahren und dem Jahrzehnt von I78O bis 1790 hineingewachsen war, wird aus folgendem
ert ennbar: Nicht nur vermochten die maßge-
benden von der Leyen den Wettbewerb des Hamburger Seidengewerbes zu beseitigen, wobei es allerdings zu betonen gilt, daß dieses damals schon im Niedergang begriffen war, sondern sie erwiesen sich auch gegenüber dem Schweizer Seidengewerbe als überlegen. Doch damit noch
nicht
genug:
auch
die
holländischen
Seiden-
produzenten, ihre einstigen Lehrmeister, deren Produktionsmethoden nunmehr
nachgeahmt
selbstbewußt
zeichneten gewerbe
sie
Ruf,
den
schließlich
heraus. sie auf
mit den
vermochten, bewiesen sie, daß
hatten, Und dem
forderten
durch
ihren
Krefelder
Weltmärkten sie mit
zu
den
sie
ausgeSeiden-
erringen mächtigen
Lyoner Konkurrenten gleichrangig geworden waren. Diese
hervorragende
Situation
fand
auch
ihren Ausdruck im Stadtbild Krefelds, das den von der
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
601
prosperierenden Seidenindustrie herrührenden Wohlstand widerspiegelte.
Ihn
hat
der
Pädagoge
und
Sprach-
forscher Joachim Heinrich Campe in einem Reisebericht aus
dem Jahre
1789
folgendermaßen
nenne dir, indem ich
Crefeld
geschildert:
hinschreibe,
den
"Ich Namen
der niedlichsten, saubersten, freundlichsten und blühendsten Manufacturstadt, die ich je gesehen habe. Der bloße Anblick
derselben macht
den
Fremden,
sowie
hineinkömmt, heiter und froh. Das schöne, längst Häusern bunt ausgelegte Straßenpflaster
er den
ist so rein,
als wenn es täglich gewaschen würde... Diese niedliche und industriöse Stadt enthält
700 Gebäude. Bei einer
gewöhnlichen Bevölkerung würde sie also ungefähr 4000 Einwohner zählen. Man rechnet aber die hiesige Volksmenge auf 7000 Seelen. Dies würde unglaublich klingen, wenn man nicht dabei in Erwägung zöge, daß die meisten Häuser von Fabrikanten bewohnt werden, und also nicht bloß
eine
Familie,
sondern
auch
Werksgesellen
und
Lehrburschen in sich fassen... Wir besahen die bewunderungswürdigen
Sammt-
und
Seidenmanufacturen
der
Herrn von der Leyen, eine Anstalt, die nicht bloß dieser Familie und nicht bloß diesem Orte, sondern ganz Deutschland Ehre macht. Man glaubt, indem man dieselben
sieht,
in
einer
der
blühendsten
Fabrikstädte
Englands zu seyn, so groß ist der Umfang dieser Anstalt, so sinnreich das Maschinenwerk, die
dabei
überall
herrschende
so musterhaft
Ordnung und
Reinlich-
27
keit" . Auch Lyon erlebte im 18.Jahrhundert
infolge
der günstigen Lage seiner Seidenindustrie eine bedeutende städtebauliche
Erweiterung:
rache band eine Reihe lange und
600 Meter
von
breite
Der
Flußinseln Halbinsel
Ingenieur an die zwischen
Per-
5,5 km Rhone
und Saone, wodurch das Stadtgebiet eine bemerkenswerte
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
602
Erweiterung erfuhr. Geht man von der Bevölkerungszahl der beiden Städte
aus,
dann
fällt
ein
Vergleich
nicht
eben
leicht, denn Krefeld hatte um die Mitte des 18. Jahrhunderts lediglich 4-500 Einwohner, Lyon hingegen, wie bereits erwähnt, rd. hält auf
Krefeld dem
135-000. Trotz dieser
hinsichtlich
Gebiet
seiner
Differenz
Leistungsfähigkeit
der Seidenproduktion
einen
Vergleich
durchaus aus, und zwar aufgrund der Tatsache, daß es dem Seiden- und Samtgewerbe in jener Zeit gelang, neue Absatzmärkte
vor
überseeischen
allem
in Westeuropa,
Gebieten, wo man
sich
aber
mit
auch
der
in
Lyoner
Konkurrenz, und nicht nur mit ihr, auseinanderzusetzen hatte, zu erschließen. Darin leistung" Krefeld
par
excellence
"Weltruf"
überraschenden
ein. Der
wie
hat man
zu
eine
"Meister-
Und
sie
sehen.
Grund
für
beeindruckenden
diesen
Tatbestand
trug ebenso liegt
darin, daß es, wie von einem Zeitgenossen geschildert, in der
"nicht große(n) Stadt...
von
Handwerkern
und
Fabrikanten (wimmelt), und das macht die Stadt derart 28 blühend..." . Das Rückgrat des Erwerbslebens Krefelds bildeten das Seiden- und Bandgewerbe. Doch
so
beeindruckend
sich
Seidengewerbe auch immer ausnimmt, sanz seines Aufblühens betrifft, den Blick für die Konkurrenz trüben, von die
Züricher
den die
sonstigen
so
der
das
darf
Lyoner
waren,
dies
nicht
Produzenten
Konkurrenten,
bedeutendsten
Krefelder
zumal was die Ra-
unter
denen
einmal
abge-
sehen. Das Lyoner Gewerbe war, wie festgestellt wurde, nicht nur älter und größer als das Krefelder, sondern besaß hinsichtlich der Rohseideversorgung, die sondere
aus
einheimischer
und
spanischer
insbe-
Produktion
erfolgte, auch günstigere Voraussetzungen. Und was die Arbeitsteilung betrifft, so war sie in Lyon besser als
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
in Krefeld
organisiert.
Während
in
Lyon
selbst
schwere und teure Ware bei höheren Lohnkosten
603
die
gefer-
tigt wurde, erfolgte die Herstellung der leichten und einfachen Stoffe, wofür niedrigere Löhne gezahlt wurden, in einer Reihe Dörfer im Umkreis von Lyon. Die Lohnunterschiede in den beiden konkurrierenden Städten waren derart groß, daß in Lyon lediglich
die
Hälfte
der in Krefeld gezahlten Löhne anfielen. Der Grund für diesen eklatanten Unterschied der französischen .29 gab
liegt darin, daß es in
Seidenmetropole
kein
Meistersystem
Krefeld versuchte, sich gegenüber der Lyoner Konkurrenz, die zwar keineswegs die einzige, aber doch wohl die bedeutendste war, dadurch zu behaupten, daß man
entsprechend
dem
Lyoner
Modell
verfuhr:
Während
die leichte und billige Ware aus den ländlichen Regionen bezogen wurde, webte man die schweren und teuren Seiden-
und
Samtstoffe
sowie
und Samtbänder in Krefeld
die wertvollen
selbst.
Seiden-
Es wurde, geradezu
zum System entwickelt, daß, je weiter die Ortschaften von Krefeld entfernt
lagen, die hergestellte Ware um
so leichter und billiger war. In den 70er Jahren 19.Jahrhunderts stellte sich die am ausgeprägtesten
dar. Zu
jener
Zeit
arbeitete
gesamte linksrheinische Gebiet bis hin zur
das
holländi-
schen Grenze für Krefeld. Und während Krefeld als Produktionsstätte
des
Standortverschiebung
selbst
an Bedeutung verlor, wuchs die
Rolle der Kreise Kempen, Geldern, Gladbach und Erke30 lenz . Verbunden war damit eine Modernisierung der Produktionsmethoden,
die vor allem in der
Einführung
des mechanischen Webstuhls ihren Ausdruck
fand. Auch
dabei
diente
Sammetgewerbe
Lyon kannte
als man
Vorbild: nur
"Das
durch
frühere
Einlegen
alte dreier
Messingruten, welche alle etliche Schuß, eine nach der
604
Fuchs, Die „Seidenstädte " Krefeld und Lyon
anderen eingelegt und ausgeschnitten
wurden,
diese Sammetweberei nur auf den Handstuhl
wodurch
angewiesen
war und auch bis heute bei schwerem glatten, fa9onierten Sammet. . . der Fall ist und bleiben wird. Zu der jetzigen
Sammetfabrikation
konnte man
das
alte
Sam-
metgewerbe nicht verwenden und mußte ein anderes, man nennt es: 'Das doppelte Stücksammetgewebe 1 , werden.
Dieses
doppelte
angewandt
Stücksammetgewebe
hat
man
früher im Crefelder Bezirk niemals gekannt, noch ausgeführt...
Diese
doppelte
Stücksammetweberei,
welche
sich ohne Einlegen von Messingruten vollzieht, wurde in den 1860er Jahren in Lyon -.wenn auch sehr selten auf Handwebstühlen hergestellt. Man nannte sie:
'Die
doppelte Stücksammetweberei' (in Lyon: 'velours a deux piecees' ) , weil 2 Stücke zusammen und übereinander gewebt wurden ... In den 60er Jahren, als die Crefelder Webe-Industrie lange Jahre in Stoff sehr schwach ging und fast niemand mehr glauben wollte, einen besseren Geschäftsgang daß
der
zu erleben, war man
Geschäftsgang
führung mechanischer
nur
zu
viel
heben
Herstellung.
Das
der
sei
Meinung,
durch
Ein-
Crefelder
Auge
war damals immer nur auf Lyon gerichtet, wo die Mecha31 nik schon länger angewandt wurde" . Daher war es das Bestreben der Produzenten Krefelds, mechanische Stoffwebstühle, die sog. Lyoner Systeme, in ihren Betrieben einzuführen, was unausweichlich erschien, wenn man den Anschluß an den technischen Stand, der offenbar durch Lyon bestimmt wurde, nicht gänzlich verlieren wollte. Doch erwuchsen
die Vorteile
Lyons nicht nur
aus
der
Mechanisierung der dortigen Webereien, deren Übernahme durch die Krefelder Betriebe übrigens nicht unbedingt -3 2 den Erfolg garantierte, wie Beispiele zeigten kam
ein
recht
ausgeklügeltes
. Hinzu
Produktionssystem.
wurde in der Umgebung Lyons sowohl mechanisch
Es
- wenn
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
auch nur vereinzelt
-, vor allem aber
berei Seide preiswert hergestellt.
durch
605
Handwe-
Der Grund für die
preiswerte und damit weitgehend konkurrenzlose Produktion lag insbesondere
darin, daß nicht wenige
Kaufleute in ihren Fabrikationsstätten Frauen beschäftigten,
die
"freie Fahrt, freies Logis
(diners ä 5 Sous incl. l/5 1. de vin) in der sowie
sonstige
Nahrungsmittel
Umgebung bis zu 50 und
Lyoner
ausschließlich
75 km
mitbringend, weit
Fabrik, aus
herankamen,
der dann
jeden Samstag frei nach Hause fuhren, um samstags wie33 der zu erscheinen" . Diese Beschäftigungsmethode, die sicher nicht als sozial qualifiziert gelten kann, erwies
sich
den
Krefelder
Wettbewerbern
überlegen. Sie konnte kaum die
Situation
in und
um
imitiert
Krefeld
gegenüber
werden,
nicht
als
da
dies
zuließ,
denn
nicht allein war das unmittelbare und mittelbare Umfeld
von
Krefeld
eingebunden;
intensiv
darüber
hinaus
in
die
grenzte
strebende rheinisch-westfälische
Textilproduktion es
an
das
Industrierevier,
aufdas
keine Arbeitskräfte abgeben konnte - es war vielmehr zum großen Magneten für in- und ausländische Arbeitskräfte in erheblicher Zahl geworden. Ebenfalls auf dem Gebiet der war Krefeld
in den
Samtproduktion Lyon
ins
Hintertreffen geraten. Zwar hatte man in Krefeld
1860er Jahren gegenüber
er-
fahren, daß in Lyon ein "doppeltes Stücksammetgewebe" hergestellt
wurde. Und daher war man in Krefeld
be-
müht, dieses erfolgreiche Gewebe ebenfalls zu fabrizieren. Doch es fehlte die erforderliche Praxis. Daher sah man sich außerstande, auf dem in Lyon
erworbenen
"doppelten Handsammetstuhl" Samt herzustellen. Aus der Verlegenheit, Nachteilen sollte
der
die
und
mit
erheblichen
finanziellen
erfolgreiche
wirtschaftlichen
Einbußen
Versuch
der
verbunden
war,
Werksspionage
Fuchs, Die „Seidenstädte " Krefeld und Lyon
606
herausführen. Ein der französischen Sprache
mächtiger
Krefelder Spezialist, der mit den Lyoner Verhältnissen vertraut war, reiste nach Lyon. Sein Bemühen, das in Krefeld von niemandem beherrschte Verfahren
kennenzu-
lernen, schildert er u.a. folgendermaßen: "Ich suchte den
ganzen
doppelter bekam
Tag
vergebens
Sammetwebstuhl
ich
zu
lesen:
und
es
wollte
vorfinden...
'un metier
des
sich
Da
auf
kein einmal
velours
a
deux
pieces ä prendre chez Monsieur Curzillard. 1 Nun hieß es aber Courage! und ich sagte mir - dem Meister mußt du was
aufbinden...
Meister,
wo
Ich
derselbe
ging
mich
beklommenen
empfing
mit
Mutes
den
zum
Worten:
•Sind Sie bewandert in dem Artikel, dann arbeiten Sie mal Probe.'... Ich bemerkte dem Meister, daß ich den Artikel in der Umgebung von Lyon nur mechanisch kennen gelernt, ich ihn deshalb ersuche, mir einmal vorzuarbeiten. Mit diesem Wunsche kam er mir
entgegen.
Ich
merkte mir alles hochnotwendige während seines Arbeitens,
um
möglichst
schlagfertig
beginnen
zu
können.
Dann begann ich selbst ... Er sorgte weiter für alles Notwendige zu meinem Unterhalt, wie dies dort üblich, und
ich
hielt
Zeichenheft
es
fürs
zu kaufen.
beste Dann
am nach
notwendigsten,
ein
Mittag
ich
begann
zwischen meiner Arbeit bei freier Luft den Stuhl vorab in Bausch und Bogen
abzuzeichnen;
Einrichtungen waren mir neu.
denn
diese
... so wurde
techn.
der
ganze
Stuhl bis zum kleinsten Gegenstand genau abgezeichnet und modelliert. Nach all
diesen
Zeichnungen
war
ich
selbst im Stande, einen solchen Stuhl bauen zu können, denn darauf mußte gerechnet werden
. . . Ich blieb bei
dem Meister mehrere Monate und brachte es
in
Arbeit
Mit
auf
Notwendigen
täglich zum
2 - 2
Bauen
und
l/2
Meter...
Aufstellen
eines
meiner allem solchen
Sammetstuhles versehen, habe ich es in erster Linie im
607
Fuchs, Die „Seidenstddte" Krefeld und Lyon
Interesse der Crefelder Sammet-Industrie für notwendig gehalten, bei der Firma, welche
den doppelten
vergebens versucht herzustellen,
indirekt
Sammet
anzufragen,
ob ich denselben ausführen könne, worauf ich Bescheid erhielt,
ich
möchte
nur
herüberkommmen....
Ich
fuhr
bis Nähe Mülhausen b. Basel per Schiff auf der Saone. Von da ab über Karlsruhe erreichte ich Crefeld in 5-6 Tagen" 3 4 . Nunmehr war man auch in Krefeld in der Lage, die
doppelte
Stücksamtweberei
zu betreiben.
Bei
der
Firma H.V.Bruck Söhne erfolgte diese Art der Fertigung zum erstenmal im Winter des Jahres 1867/68. Sie hatte 35 damit in Deutschland Eingang gefunden . Wie bedeutend der Vorsprung Lyons Krefeld auf dem Gebiet der doppelten
gegenüber
Stücksamtweberei
damals war, geht daraus hervor, daß in Lyon bereits 50 Stühle in Betrieb aufgestellt
standen, ehe in Krefeld
wurde.
Die
Stücksamthandstühle
Überlegenheit
gegenüber
der
vier-
bis
siebenmal
größere
erste
doppelten
bisherigen
berei wird daran erkennbar, daß sie es eine
der
der
Handwe-
ermöglichten,
Stoffmenge
herzu-
stellen. Durch die Einführung der Lyoner Webstühle gelang es, die Krefelder und darüber hinaus die niederrheinische Samtproduktion wieder
"weltkonkurrenzfähig"
zu m a c h e n ^ . Aufgrund nicht
nur
werden,
die
der
Lyoner
Samtfabrikation
sondern
ebenfalls
die
Entwicklungen Krefelds von
Taft.
konnte
modernisiert Hinzuweisen
gilt es dabei jedoch darauf, daß eine gute Konjunkturlage in den 70er Jahren die Einführung der Lyoner mechanischen flaute
und
TaftstUhle die
verzögerte.
Erst als diese
Konkurrenzfähigkeit
beitsintensiveren
sowie
langsameren
spieligeren Handweberei nicht mehr
aufgrund und
der
damit
abar-
kost-
aufrechtzuerhalten
608
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
war, kam es in
Krefeld
zur
Aufstellung
mechanischer
Stuhle, ohne dadurch allerdings durchschlagende Erfolge zu erzielen, und zwar weder mit noch den in Krefeld
den
importierten
selbst produzierten Stühlen, was
der folgende Hinweis verdeutlicht: "Wenn nun auch Crefeld sich mit dem Lyoner System als unrentabel
nicht
weiter befasste, so war dies aber in der Umgebung von Lyon nicht der Fall, wo man solche Stühle per Hand und mechanisch zu abermaligen tausend vorfindet, und sich ... die Anzahl auf 15~20tausend vermehrt hat. Hier hat Crefeld welche
die
alte
schwarze
zurückerobert
werden
Taffetweberei muß
als
verloren,
Ersatz
für
die
Stöße, welche die Arbeitskraft durch das endlose Stre37 ben nach Mehrherstellung beim Sammet erleidet" . Insgesamt felds
gegenüber
der
stellte
sich
Lyons
sowohl
die
Situation
bei
der
Kre-
Samt-
als
auch der Taftherstellung so dar, daß beide Artikel in Krefeld zwar in guter Qualität produziert wurden, allerdings aufgrund aufwendiger Verfahren,
wodurch
die
Ware sich verteuerte. Demgegenüber produzierte man in Lyon nach moderneren Verfahren. Sie ermöglichten vor allem einen höheren
Produktionsausstoß,
woraus
Wett-
bewerbsnachteile für Krefeld erwuchsen, jedenfalls auf Dauer. Daß dies bisher noch nicht man der seit
der Mitte des
der Fall war, hat
19·Jahrhunderts
beträcht-
lich ansteigenden Nachfrage nach Samt und Taft
zuzu-
schreiben. In ihr drückt sich der wachsende Wohlstand vor allem in den bürgerlichen Kreisen aus,
die
sich
daher mehr und mehr in die Lage versetzt sahen, Luxusgegenstände
zu oerwerben, ο spinste zählten .
zu denen
die
Angesichts der neuen, durch und sich ausbreitenden Wohlstand
seidenen
einen
geprägten
Ge-
größeren Situation
kam es zunehmend darauf an, mehr seidene Produkte in
609
Fuchs, Die „Seidenstadte" Krefeld und Lyon
guter Qualität
preiswert
herzustellen. Und gerade in
dieser Hinsicht war Lyon Krefeld überlegen, denn "der Lyoner Stuhl" ermöglichte nicht allein "ein leichteres und bequemeres Arbeiten ... als der Crefelder Stuhl", sondern
erlaubte
auch
die
Mehrproduktion
von
"min-
destens einem Drittel ... an fertiger Ware", und das beim gleichen Arbeitsaufwand, den der Krefelder Stuhl 39 erforderte . Auf Dauer war die Konkurrenzfähigkeit des
Krefelder
zuerhalten,
Gewerbes
wenn
man
daher
entweder
nur
dann
aufrecht-
zu niedrigeren
Löhnen
als Lyon produzierte oder aber sich die dortigen effektiveren
Produktionsmethoden
zu
eigen
machte.
Was
aber die Lohnfrage betrifft, so war das Lyoner System derart ausgeklügelt, daß es nur
schwerlich überboten
werden konnte. Denn nicht nur gab es das Lohngefälle zwischen der Stadt Lyon und dem Land; hinzu kam, daß auch in Lyon selbst die Löhne nicht höher als in Krefeld
lagen,
da, wie
50-70 km vor allem
erwähnt,
aus
Arbeiterinnen
einem nach
Umkreis
Lyon
von
gebracht
wurden, um dort für ein relativ niedriges Entgelt zu arbeiten. Dem hatte Krefeld der genannten Gründe wegen - Nähe des Rhein-Ruhr-Reviers
- Gleichwertiges
nicht
entgegenzusetzen. Doch davon einmal abgesehen, gab es in Lyon eine ausgeklügelte und gut funktionierende Arbeitsteilung:
"Der Arbeiter
(in und
Lyons)", heißt es hierzu, "beginnt
in der
Umgebung
... mit dem schuß-
fertigen Stück per Meter. Auch sind es keine Artikel für
Webermeister,
(Lehrlinge genen
und
sondern
nur
Gesellen)"^®.
Produktionsmethoden
für
junge
Infolge
war
es Lyon
Arbeiter,
dieser
überle-
gelungen,
die
Taftherstellung der niederrheinischen Seidenmetropole, bei der einst Tausende Beschäftigung gefunden hatten, im Verlauf
des
19.Jahrhunderts
zu
entreißen;
inzwi-
schen war sie in und um Lyon konzentriert. Das war um
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
610
so bedauerlicher deshalb, weil die Taftproduktion als ebenso lohnend wie aussichtsreich
galt, was die fol-
gende Feststellung deutlich macht: "Das schwarze Taftgewebe, worin
Lyon und
Umgebung
nach
letzteren
Be-
richten 20tausend und mehr Weber beschäftigt, ist und bleibt
immer
eine
courante
Ware.
Es
ist
nicht
der
stets wechselnden Mode unterworfen und kann auch schon mal lagern, und warum sollte es in Deutschland
nicht
ebenso gut hergestellt werden können und Absatz finden -
1
allerdings unter einer neuen geschützten Marke als
deutscher oder Crefeider Taffet' - wie dasjenige, welches bisheran als Lyoner Fabrikat den Markt allein beherrschte. Zwar muß es nur nach den vorerwähnten genauen Angaben resp. Einrichtungen und es ist doch
stets
der
ausgeführt
lohnendste
werden,
Nationalstolz,
das Gute und Bessere sich anzueignen, obs vom
Feind
oder Freund herstammt, wenns nur zum Wohl
deut-
schen
Industrie
bleiben nicht
dann
und
der
der
Arbeiterschaft
auswärtigen
der dient.
Konkurrenz
im Rückstand, und der Abnehmer kann
Wir
gegenüber sich
dann
nicht mehr äußern: 'Na, es ist noch immer kaine Lyoner Ware' 1,41 . Diesem Rat hat die Krefelder Seidenindustrie in den Jahrzehnten seit etwa
1910 mehr
denn
weniger
erfolgreich zu entsprechen sich bemüht. Verbunden war damit
die Entwicklung anderer
Industriezweige.
Daher
kann heute von einer Seidenstadt Krefeld wohl nur noch dann gesprochen werden, wenn man sie unter dem Aspekt ihrer Geschichte betrachtet. Zwar vor
als
der
Mittelpunkt
der
gilt
der
-färberei
hinzu
die
Krawatten-Konfektion
4
Textilindustrien "^.
Doch
wie
Seiden-
und
deutschen
Samtweberei, treten
sie nach
sowie
gibt
es
-appretur 4 ^;
der
sowie
heute
auch, teilweise durch diese Erwerbszweige
in
weitere Krefeld
hervorgeru-
Fuchs, Die „Seidenstädte " Krefeld und Lyon
611
fenen, Gießereien sowie Maschinen- und Kesselfabriken. Unabhängig davon entstanden die Waggonfabrik Uerdingen AG, die Deutschen Edelstahlwerke AG, die Büttner-Werke A G ^ und die Philipps-Valvo-Werke GmbH. Begleitet war dieser
Prozeß
von
dem
Bestreben,
Rhein zu gewinnen. Dort siedelten
einen
Zugang
sich die
sowie die Nahrungs- und Genußmittelindustrie Zwar verbindet
sich mit
dem
zum
chemische an^.
Namen
Krefeld
immer noch zunächst die Vorstellung von Seide bzw. von Seidenproduktion, und dies nach wie vor mit einer gewissen Berechtigung, doch sind die genannten sonstigen Industriezweige
inzwischen
vorherrschend
geworden.
Verdeutlichen läßt sich diese Tatsache an der Zahl der in der Textilindustrie Beschäftigten; sie lag 1971 bei nur noch
6.388,
womit ihr Anteil an der Gesamtzahl der
Beschäftigten Krefelds auf 11,6% abgesunken w a r ^ . Die Entwicklung Lyons in ihrer jüngeren und jüngsten Geschichte war der Krefelds zur gleichen Zeit nicht unähnlich. Das Schwergewicht der Produktion verlagerte sich auch hier von der Seidengewinnung auf die Kunstfaserfabrikation;
sie hat
ihren
Schwerpunkt
in
der Umgebung Lyons. Demgegenüber ist die Bedeutung der Stadt für den Textilhandel geblieben. Und wie in Krefeld,
so
ist
auch
in
Lyon
die
Konfektion
ein
be-
deutender Erwerbszweig. Daneben besitzen besondere Bedeutung
die
folgenden
Branchen:
die
chemische
dustrie, vor allem die Kunstdüngererzeugung,
In-
die Me-
tall-, die Maschinen-, die Konserven- sowie die Aluminiumindustrie, ferner die pharmazeutische,
die
elek-
trotechnische und elektronische, schließlich die AutoΛ7 mobilindustrie . Die ausgeprägte Diversifikation auf dem Produktionssektor sowohl in Krefeld als auch in Lyon, die die Seidenherstellung,
darüber
hinaus
die
Textilin-
612
Fuchs, Die, .Seidenstädte'' Krefeld und Lyon
dustrie insgesamt, zu einem Erwerbszweig unter reichen
anderen,
zum
Teil
weit
wichtigeren,
zahlwerden
ließ, erlaubt die Schlußfolgerung, daß die beiden Kommunen als "Seidenstädte" nur noch unter dem Aspekt der Reminiszenz
gesehen werden
können.
Allerdings
wären
sie zu Produktionsschwerpunkten der Art, die sie heute darstellen, wohl kaum geworden, wenn das Seidengewerbe hierzu
nicht
maßgebende
Voraussetzungen
geschaffen
hätte. Textilmaschinen, Färbereien etc. nämlich gehörten zu denjenigen Erwerbszweigen, die die kation setzung
einleiteten. für
Dadurch
schufen
die Produktionsvielfalt,
Städte heute auszeichnet
sie die
Diversifi-
die die
Vorausbeiden
Fuchs, Die „Seidenstädte"
Krefeld und Lyon
613
1 Vgl. hierzu: Aus der Frühzeit der Seide. In: CibaRundschau 1, H. 11 (1936/37). 2 Vgl. hierzu G.F. Hudson, Europe and China.^London 1931! Sven Hedin, Die Seidenstraße. Leipzig 1940. 3 Ch. Fournau, Cite et Centre d'activite de Lyon. In: Etudes Rhodaniennes, Lyon 1949 u.A. Audin, Le Confluit et la Croitee de Lyon. In: Etudes Rhodaniennes, Lyon 1954· 4 Vgl. hierzu u.a. Henri Pirenne, Die Entstehung und Verfassung des burgundischen Reiches im 15· und 16. Jahrhundert. In: Schmollers Jb. 33 (1909)} Hermann Heimpel, Karl der Kühne und der burgundische Staat. In: Festschrift f. G. Ritter (1950)} Laetitia Boehm, Geschichte Burgunds. Politik, Staatsbildungen, Kultur. Stuttgart/Berlin/Köln 1971. 5 Die Einwohnerzahl bezieht sich auf das Jahr 1568. 6 J. Graeybeckx, Les industries d 1 exportation dans les villes flamandes au XVIIe siecle, particulierement a Gand et Bruges. In: Studi in onore di Amintore Fanfani 4. Milano 1962, S.421ff. 7 Ebd. 8 Vgl. hierzu Kornel Krahn, Menno Simons Leben und Lehre, ein Beitrag zur Theologie der Taufgesinnten. Karlsruhe 1936; A. Brons, Ursprung, Entwicklung und Schicksale der Altevangelischen Taufgesinnten oder Mennoniten in kurzen Zügen übersichtlich dargestellt. Amsterdam 1912. 9 Gerhard v. Beckerath, Die wirtschaftliche Bedeutung der Krefelder Mennoniten und ihrer Vorfahren im 17. und l8. Jahrhundert. (Diss. rer. pol.) Bonn 1952, S. I6ff. 10 Herbert Kisch, Die hausindustriellen Textilgewerbe am Niederrhein vor der industriellen Revolution. Göttingen 1981, S.98. 11 Ebd. 12 Ebd. S.90. 13 Leopold Henrichs, Geschichte der Grafschaft Moers bis zum Jahre 1625. HUls-Crefeld 1914. 14 H. Kisch (Anm.10) S.100. 15 H. Keussen, Die Entwicklung der Krefelder Seidenund Samtindustrie. In: Jakob Nover (Hrsg.), Bilder vom Niederrhein. Leipzig l88l, S.131f. 16 H. Kisch (Anm. 10) S.102. 17 Heinz-Otto Sieburg, Geschichte Frankreichs. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1975, S . 1 3 3 . 18 Ebd. S.134. 19 Ebd. S.152. 20 Friedrich v.d. Leyen lebte von 1701-78, Heinrich v.d. Leyen von 1708-82.
614
Fuchs, Die,,Seidenstädte'' Krefeld und Lyon
21 D.h.dem Spanischen und Österreichischen Erbfolgekrieg und den schlesischen Kriegen. 22 Wilhelm Treue, Wirtschafts- und Technikgeschichte Preußens. Berlin/New York 1984, S.131. 23 Ebd. S.131f. 24 H. Kisch (Anm. 10) S.118. 25 Ebd. S.120f. 26 Ebd. S.121. 27 Joachim Heinrich Campe, Reise von Braunschweig nach Paris im Heumonat 1789. Braunschweig 1790, S.47ff. 28 Zit. bei H. Kisch (Anm.10) S.140. 29 Hae-Bon Chung, Das Krefelder Seidengewerbe im 19. Jahrhundert (ca. I8l5-l880). Diss. Bonn 1974, S. 18f. 30 Ebd. S.30. 31 Ant. Höttges, Crefeld und Lyon vor 40 Jahren und der Übergang zur mechanischen Herstellung in der Sammet- und Seidenfabrikation am Niederrhein. Cöln, im August 1909, S.3ff·- Zum Komplex Auslandsreisen deutscher Unternehmer und der in ihrem Auftrag Reisenden, um unbekannte Produktionsmethoden kennenzulernen, vgl. Martin Schumacher, Auslandsreisen deutscher Unternehmer 1750-1851 unter besonderer Berücksichtigung von Rheinland und Westfalen. Köln 1968, u.a. S.42ff und S . U O f f . 32 Ant. Höttges (Anm. 31) S.5f. 33 Ebd. S.6. 34 Ebd. S.8ff. 35 Ebd. S.11. 36 Vermerkt sei, daß das neue Verfahren - "bei einer 20fachen Mehrherstellung gegen die alte Handweberei" - Arbeiter in großer Zahl freisetzte. So verringerte sich die Beschäftigtenzahl in und um Krefeld um nicht weniger als 10-15.000, wodurch pro Jahr rd. 5-6 Mill. Mark an Weblöhnen eingespart werden konnten. Mithin waren die sozialen Konsequenzen, resultierend aus der Einführung des neuen Verfahrens, das im Laufe der Jahre noch verfeinert wurde, recht negativ, abgesehen davon, daß es hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Weber stellte (Ant. Höttges [Anm. 31] S.15). 37 Warum Taft in Krefeld nicht in gleicher Qualität wie in Lyon trotz des Einsatzes der dortigen Maschinen hergestellt werden konnte, war bereits den Zeitgenossen unerklärlich. Man darf vermuten, daß der Grund hierfür in der unzureichenden Qualifikation der Krefelder Weber zu suchen ist.
Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon
38 39 40 41 42 43 44 45
46
47
615
Vgl.hierzu Werner Sombart, Liebe, Luxus und Kapitalismus. München 1967, insbesond. S.193ff· Ant. Höttges (Anm.31) S.24. Ebd. S.29. Ebd. S.30. Repräsentiert werden diese Gewerbe vor allem durch die Vereinigten Seidenwebereien AG, Schroers & Co., Scheibler & Co. sowie Möttau & Leendertz. Genannt seien die Rheinische Kunstseide AG und die Krefelder Baumwollspinnerei. Das Unternehmen produziert Trocknungsanlagen. Im einzelnen seien genannt die Bayer AG (Chemie), die Dreiringwerke (Seife), Boley (Öl, Rizinus), Dujardin & Co. (Weinbrand, Likör), Frank & Kathreiner GmbH (Zucker, Kaffeemittel). Am Rhein siedelten sich ferner Mühlen-, Maizenaund Guano-Werke an (Vgl. hierzu u.a. Friedrich Lau, Geschichte der Stadt Krefeld (Bonn 1913); Gottfried Buschbell/Karl Heinzelmann, Geschichte der Stadt Krefeld bis 1870 (1953) und Wilhelm Böttger, Krefeld (1952). Im Jahre 1951 wurden in der Krefelder Textilindustrie noch 10.868 Beschäftigte gezählt, 1971 waren es nur noch 6.388. Die heutigen Zahlen dürften niedriger liegen (Vgl. hierzu Rolf Krengel, Die internationale Arbeitsteilung in der Textilindustrie. Gutachten, Berlin 1971 und Kurt Rother, Die Textilindustrie Krefelds im Wandel von Mechanisierung zur Automatisierung. Von der Lohnintensivität der 30er Jahre zur Kapitalintensivität des Automationszeitalters. In: Krefelder Studien 1 (Krefeld 1973) S.386). Vgl. hierzu u.a. A.Kleinhausz, Histoire de Lyon. Lyon 1939; A. Demangeon, France ecenomique et humaine, II (Coli. geographique universelle, 1948); Lyon. In: Collier's Encyclopedia Bd. 15 (1971) S.136f.
Helmut Mathy
Mainzer Gutachten zur HalsbandafFäre im Vorfeld der französischen Revolution
Kaum' ein anderer Vorgang hat in der Spätzeit des Ancien Regime das Ansehen der französischen Monarchie so stark in Mißkredit. gebracht wie die berüchtigte Halsbandaffäre
von
1785/86 , die
bereits
von
Goethe
im
"Großkophta" als Vorspiel zum Umsturz literarisch verwertet wurde , und von der er in seiner 1792 "spielenden"
Campagne
in
Frankreich
feststellte:
"Schon
im
Jahre 1785 erschreckte mich die Halsbandgeschichte wie das Haupt der Gorgone. Durch dieses unerhört frevelhafte Beginnen sah ich die Würde der Majestät
unter-
graben,
Folge-
schon im voraus
vernichtet,
und
alle
schritte von dieser Zeit an bestätigten leider allzusehr die furchtbaren Ahnungen. (...) Mit Verdruß hatte ich viele Jahre die Betrügereien kühner Phantasten und absichtlicher Schwärmer zu verwünschen Gelegenheit gehabt und mich über die unbegreifliche Verblendung vorzüglicher
Menschen
bei
solchen
frechen
Zudringlich-
keiten mit Widerwillen verwundert. Nun lagen die direkten
und
indirekten
Folgen
solcher
Narrheiten
als
Verbrechen und Halbverbrechen gegen die Majestät vor mir,
alle
zusammen
wirksam
genug,
um
den
schönsten
Thron der Welt zu erschüttern"^. In seiner Vorliebe für übertriebene Formulierungen soll Napoleon die Halsbandaffäre einmal als die Hauptursache sie
publizistische
bezeichnet
Kesseltreiben
haben"*, gegen
weil
die
als
"1 autrichienne" beschimpfte Marie Antoinette und
zu-
1
das
der Revolution
618
Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre
mal die Pamphlete gegen ihre Verschwendungssucht
ver-
stärkt hatte. Der Ruf und das Ansehen der Königin und damit des Kronträgers Ludwigs XVI. selbst wurden durch diese Affäre vollends erschüttert, nachdem schon vorher den Gegnern
der königlichen
zu abseitig erschienen war, um
Familie kein gegen sie
Gerücht
zu
polemi-
sieren und die öffentliche Meinung aufzubringen. Eine
Schlüsselrolle
in
dieser
Angelegenheit
spielte der Straßburger Bischof und Kardinal Louis-Rene de Rohan-Guemenee, "Collier" 1734
zu
versehen Paris,
war
er
errichtet
mit
Geboren 1760
zum
(1756-1779)
ernannt das
worden war, während
dem
am
25.
Louis
September seines
Constantin,
worden, unter
dortige
dessen
Priesterseminar
dessen Urgroßonkel (1704-1749)
mand Gaston de Rohan-Soubise
Spottnamen
Koadjutor
von Straßburg
"großen Kardinals",
Regentschaft
später
wurde.
Oheims, des Bischofs des
der
Ar-
das Bischöf-
liche Palais erbaut hatte. Auch sein Großonkel Armand Auguste
de
Rohan-Soubise-Ventadour
saß
von
1749
bis
1756 ebenfalls als Bischof in Straßburg^. Der jüngste Geistliche dieser bedeutenden Familie widmete sich als "leichtsinniger und weltfreudiger Höfling" weit)
zunächst der Politik und
Außenminister
Choiseul g
zum
abberufen,
stieg er in
1771
wurde
französischen
in Wien ernannt . Auf Betreiben Paris
Maria
zum
(St.
Skal-
durch
1774
Theresias
Großalmosenier
des
1778
durch
Papst Pius VI. den Kardinalshut, ehe er seinem
Oheim
Königreiches
auf
und
erhielt
am
1.
den
Botschafter
Juli
als Bischof von Straßburg folgte. - Rohans Verwicklung in
die
Halsbandaffäre
hing
mit
seinem
Bestreben
zusammen, am Hof zu Versailles die Gunst der Königin, der Tochter Maria Theresias, zurückzugewinnen, mit der er
sich
in
Wien
als
recht
ungeistlicher
Lebemann
überworfen hatte. Eine Dame aus zwielichtigem Milieu,
619
Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre
die Gräfin de la Motte, deren Mann und einige "dunkle Ehrenmänner" dienten dem Kardinal ihre gute Beziehung zum Hof
an,
die
Rohan
wiederum
mit
der
Königin
in
Verbindung zu bringen vermöchte. De la Motte ließ sich neben
diesen
Vertrauten,
Dunkelmännern dem
noch
italienischen
von
einem
Scharlatan
weiteren
und
Alchi-
misten Giuseppe Balsamo, genannt Cagliostro,
beraten,
dessen
abenteuerliches
in
zelnen
Episoden
bei
Leben
im übrigen
Schiller
und
ja
Goethe
ein-
literarisch
gestaltet und verwertet wurde. Die Gräfin de la Motte suggerierte Kardinal Rohan, er könne sich in die Gunst der Königin setzen, wenn er ein Halsband
im Wert von
1.600 000 Livres bei einem Juwelier auf Raten erstehe und seinen Kredit verpfände. Das Collier aber war vorher
schon
Marie
Antoinette
Sie hatte den Kauf
direkt
entrüstet
angeboten
zurückgewiesen
worden. mit
dem
Argument, für diesen stolzen Preis könne man der französischen Armee ein großes Kriegsschiff la Motte versicherte sich
der
Dienste
erwerben. De einer
tuierten, die der Königin ähnlich sah und
Prosti-
bei
einem
nächtlichen Rendezvous im Park von Versailles den Kardinal bat, er möge mit ihr korrespondieren. Als Antwort
erhielt
Rohan
eine
Aufforderung
mit
dem
ge-
fälschten Namenszug der Königin, worin sie eine weitere Begegnung in Aussicht stellte, wenn er - worauf er sogleich einging - eine größere Geldsumme herleihe. Am Ende des Gaunerstücks ließen sich jedoch trüger
mit
Hilfe
eines Briefes
von
Rohan
die
und
Falsifikats der Königin das ungeheuer teure
Be-
eines
Halsband
aushändigen und suchten ohne Bezahlung das Weite. Als die Juweliere
beim
König
den
Kaufpreis
reklamierten
und der Betrug aufflog, ordnete der aufgebrachte Ludwig XVI. die Verhaftung des Kardinals an und ließ ihn g in der Bastille festsetzen .
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
620
Es darf aber als Fehler des Monarchen gewertet
werden,
daß
er
dem
Bischof
gestattete,
seinen
Strafprozeß vor dem Parlament in Paris führen zu lassen, weil hier die Anhänger und Freunde des Straßburgers saßen, die zugleich Gegner Ludwigs XVI. und seiner um Reformen bemühten Minister waren. Als vor dem Parlament die dubiose Angelegenheit aufgerollt in dem eine Diebin von Diamanten, eine
Prostituierte
sowie ein Alchimist und Betrüger und vor leibhaftige
Königin
und
ein
wurde,
Kardinal
allem
der
eine
römischen
Kirche in den Aussagen die am meisten Genannten waren, hatte die Phantasie von Journalisten und vielen Lesern eine Sensation gefunden, die
Uber
mehrere
Jahre
die
Spalten vieler Gazetten bestimmte. Als nach neunmonatigem Prozeß das Gericht dem Kardinal Rohan bestätigte, man könne es ihm nicht verdenken, wenn er die Königin zu leichtsinnigen Handlungen geneigt wollte die Öffentlichkeit
erachtete,
nicht ohne weiteres akzep-
tieren, daß die Königin von der ganzen
Sache
nichts
gewußt habe und unschuldig sei, zumal die Fama durchgesickert war, daß Marie Antoinette ja auch dem schwedischen Gesandten, Graf Fersen, gelegentlich auf jener Terrasse
ein Rendezvous gewährte,
auf
der
Rohan
von
Betrügern "hereingelegt" worden war^", Schon gleich nach der Verhaftung des Kardinals am 15· August 1785 drangen die ersten Nachrichten Uber die "Affaire Collier" an den Rhein; und der öffentliche dazu
Prozeß, der
angetan,
das
ihm gemacht
Ansehen
von
wurde,
Thron
und
war
nicht
Kirche
zu
stärken, zumal die weitverzweigte Familie wie auch der Klerus
und
Straßburger
die
Feinde
Partei
der
"Autrichienne"
ergriffen,
der
-
wie
für
den
übrigens
Cagliostro auch - am 31· Mai 1786 Freispruch erhielt, während
das
Betrügerpaar
zu
lebenslänglicher
Haft
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
621
verurteilt, jedoch in den ersten Tagen der Revolution befreit wurde. Der König
seinerseits
war
dennoch
stark, den Kardinal am 2. Juni 1786 zum Verzicht
so auf
seine weltlichen Ämter zu zwingen und ihm zunächst den Aufenthalt in der Abtei Chaise-Dieu zu befehlen, die Rohan seit 1756 zur Kommende hatte^*. *
Die Befassung mit der Halsbandaffäre begann
in Mainz
in einer Sitzung des Erzbischöflichen Generalvikariats am 3· November 178SJ also einige Wochen nach der Inhaftierung des Kardinals. Der Geistliche Rat und Exje12 suit Johannes Jung präsentierte eine Vorstellung des Gesandten
am
Oberrheinischen
Kreis,
von
Eckard,
an
Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal, sowie ein Schreiben an den Weihbischof Valentin Heimes und weitere Papiere aus dem Umkreis Rohans - mit der Frage des Mainzer Erzbischofs, ob er sich "qua Metropolita mit einigem Rechtsgrunde (...) in diese zeitungsmäßige Affaire einmischen, die jurisdictionem
ecclesiasticam
gegen das Parlament zu Paris" sowie die Kompetenz "gegen den Römischen Stuhl
behaupten"
solle
und
könne.
Man gelangte zu dem einmütigen Beschluß, der Kurfürst möge durch "gutdünkliche, allenfalls Ministerial-Wege" sich verwenden, "daß in diesem Fall dem foro privilegiato cleri durch Einmischung einer weltlichen Behörde nicht zu nahe getreten" werde. Er solle sodann abwarten, ob der französische König den Vorstellungen
des
Papstes, des gallikanischen Klerus und der "Mitverwendung" des Mainzer Metropoliten ein "geneigtes Gehör" gewähre; ob er die Untersuchung der Rohan1 sehen Sache "von den weltlichen Gerichten abziehen, sofort der Discussion der geistlichen Richter Ubergeben werde" 1 3.
Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffire
622
Zur Metropolitan-Befugnis
des Mainzers
über
den Straßburger Suffragan lag am gleichen Tag, am 3· November, bereits eine rechtliche Einlassung des Kanonisten
an
Frank
, vor.
„
. 14
der
Alma
Mater
Moguntina,
In diesem Gutachten
Franz
Philipp
das dem Vikariat vor-
getragen wurde, bestritt Frank bereits, daß das Parlament in Paris ein kompetenter Richter sei, selbst wenn man den Kardinal nur als Groß-Almosengeber der Königin ansehen "und zugeben wollte, daß er ein Teil der französischen Klerisei wäre". Zwar war Frank mit den seines Erachtens der Meinung,
"geläuterten Theologen "daß die
Freiheit
von
und der
Kanonisten" bürgerlichen
Gerichtsbarkeit bei Zivil- und Kriminalverbrechen
der
Geistlichen ursprünglich der Achtung und billigen Verehrung der christlichen Fürsten gegen ihre geistlichen Vorsteher und nur in einem weitschichtigen göttlichen Anordnung
(wie die
Väter
Sinne der
zu Trient
spre-
chen) zuzuschreiben sei". Er führte auch aus, "daß man bei großen weltlichen Verbrechen in Betreff der Geistlichen von minderm Range in Frankreich auf ihre Immunität wenig Rücksicht
nehme". Es seien genügend
spiele
auch
bekannt,
daß
Priester
von
Bei-
weltlichen
Richtern zum Tod verurteilt wurden. Frank gelangt jedoch aus der historischen
Erörterung
zu dem
"Allein in Betreff der Bischöfe und anderer chen vom höhern Range wissen wir kein
Schluß: Geistli-
einziges
Bei-
spiel , daß einer derselben in Kriminalsachen, auch bei Beschuldigung der größten Verbrechen, und sogar laesae majestatis von einem Richter laischen Standes verurteilt worden sei ..." Offensichtlich hat die Halsbandaffaire "Pressenachrichten" über die offiziellen Stellen aus am Mittelrhein die
Gemüter
in
dieser
durch hin-
"vorpubli-
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
623
zistischen" Zeit nicht wenig erregt und ist in den Lesegesellschaften und anderswo'^ heftig diskutiert worden. Dem Mainzer Kurfürsten als Metropolit des Straßburger
Bischofs
und
als
Reichserzkanzler
konnte
es
wegen seiner Kompetenzen nicht gleichgültig sein, wie der Kardinal und Bischof Rohan in Rom und Paris behandelt wurde. Unter dem
18. März
1786,
als Rohan
bereits
einige Monate vor den Richtern des Parlaments wandte sich Friedrich Karl von Erthal 17 an
stand,
seinen 18 Rudolf von Colloredo in Wien , um
Reichsvizekanzler
diesem seine Meinung und Haltung zu dem
11
in der Unter-
suchung befangenen Vorgang der berüchtigten
Halsband-
Geschichte" und dem darin verstrickten Straßburger Bischof zu erläutern. Er
führte
aus:
"Ungeachtet
sich
noch immer erwarten läßt, daß derselbe sich wider allen Verdacht Vorgange doch
einer arglistigen Beteiligung an diesem
vollkommen
aus
einigen
rechtfertigen
mir
werde,
zugegangenen
so muß
Nachrichten
ich fast
schließen, daß man von Seiten des römischen Hofes die Erkenntnis
Uber
den
Gegenstand,
als fern
er
in die
geistliche Gerichtsbarkeit einschlägt, völlig an sich zu ziehen und wider den Herrn Kardinal-Bischofen nicht nur mit der Suspension oder Privation der
Kardinals-
WUrde, sondern auch mit jener des bischöflichen Amtes fürzugehen zur Absicht habe". Er könne in seiner Eigenschaft als Metropolit
des Beschuldigten
die Sache
nicht gleichgültig betrachten und auch nicht zugeben, daß der bei bischöflichen
Depositions- und
Suspensi-
onsfällen allein entscheidenden Metropolitan- und Provinzial-Gerichtsbarkeit,
entgegen
dem
Herkommen
der
"ersten Kirche" und entgegen dem, was bis jetzt noch im Königreich Frankreich beobachtet werde, zu seinem Nachteil zuwider gehandelt werde. Der
Reichsvizekanz-
624
Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre
ler wird beauftragt, dem Kaiser einen Hinweis auf diesen Sachverhalt zu geben und den kaiserlichen Minister zu Rom
anzuweisen,
die
dort
geplanten
Maßnahmen
zu
sondieren, zumal er, Erthal, als Metropolit entschlossen sei, "unter dem kaiserlichen allerhöchsten Schutze alle zur Aufrechthaltung meiner Zuständigkeiten inimer 1Q erforderlichen Maßregeln dagegen zu ergreifen..." '. *
Vorausgegangen war diesem diplomatischen
Schritt
des
Kurfürsten eine Sitzung des Mainzer Generalvikariats 20 am 6. März 1786 , in der abermals beschlossen wurde, der Kanonist an der Universität, Franz Philipp Frank, solle ein Gutachten über die rechtliche Relevanz dieses Vorgangs erstatten - und zwar besonders Uber zwei Punkte: erstens, "ob man von Seiten des Mainz(ischen) Metropolitanats
hiebei,
daß
sich
der
H(err)
von Straßburg einem weltlichen Gerichte gleichgültig Ihre
verbleiben
Heiligkeit
könne,
keineswegs
unterworffen,
besonders
zugeben
Bischof
jetzt,
wolle,
selbe, weil er Kardinal, vom Parlament in
wo
daß
der-
Paris
ge-
richtet werde, und wo man weiß, daß der H(err) Erzbischof zu Paris Uber den H(errn) Bischofen zu Straßburg das forum delicti nicht aufstelle und behaupte?" Zweitens sollte kirchenrechtlich geprüft werden,
"ob man
von Seiten des allhiesigen Metropolitanats dabei kein Bedenken finde, wenn Ihro Päpstliche Heiligkeit allenfalls
entweder
auf
oder
ohne
vorherige
Veranlassung
Ihro Majestät des Königs in Frankreich einsweilen einen Vicarium Generalem für die Straßburger Dioeces anstellen wolle?" Es erhob sich also von Mainzer Seite, wobei der Weihbischof Valentin Heimes 21 die treibende Kraft
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
625
22 war,
auch
gegenüber
Papst
Pius VI.
die
Frage,
ob
dieser ohne Zutun des Mainzer Metropoliten den Bischof von Straßburg "ab officio
(...) suspendiren
oder gar
(...) priviren" könne. In 23 seinem in einigen Wochen eilig abgefaßten Gutachten hat Frank die ihm zugeteilten Fragen präzisiert und erweitert:
"1. ob ein deutscher
Fürstbi-
schof von dem Papst könne ohne Zuziehung und Einwilligung des Kaisers und Reichs auch nur als Bischof abgesetzt werden? 2. ob nicht bei einer solchen Absetzung einem deutschen Metropoliten auch besondere Gerechtsame zukämen und worinnen dieselbe bestünden?" Ausgehend von der wechselseitigen Unabhängigkeit von Kirche und Staat, die selbst von "ultramontanisch Gesinnten" nicht verkannt werde, hat nach Meinung des Gutachters der Papst weder direkt noch indirekt ein Recht "auf das Weltliche und auf die Regalien unseres
Deutschen
Reichs".
sei in den Konstitutionen
Dieses
Reichsgrundgesetz
Friedrichs I., Ludwigs des
Bayern, in der Goldenen Bulle, in den Kurfürsten-Vereinen, in den Reichabschieden und zumal im WestfäliΠ Λ sehen
Friedensinstrument
ausdrücklich
Ebenso eindeutig verträten alle
enthalten
deutschen
.
Kanonisten
und Publizisten den Grundsatz, "daß der Papst in unserem
Deutschen
dieselbe
Reich
einen
keine
Einfluß
Neuerung,
und
sonderlich
Verbindung
mit
wenn
unserer
Reichsverfassung hat, einseitig und ohne Zuziehung und Einwilligung des Reichs vornehmen könne". Unter Zitierung von
Mosers
Deutschem
Staatsrecht
wird
aus
der
Mainzer Kirchengeschichte das Beispiel angeführt,
daß
Pius II. Kurfürst Diether von Isenburg 1461 nicht eher abgesetzt habe, "als bis derselbe von dem Kaiser die Einwilligung gehabt hat" - übrigens auch dieser Vorgang
eine
von mancherlei
juristischen
Gutachten
be-
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
626
gleitete
2ζ "chose celebre" . Die Einmischung des Rei-
ches im Fall des Straßburger Bischofs sei geboten, zumal Rohan vom Papst u.a. deswegen suspendiert
worden
sei, da er eine inkompetente Institution, nämlich das Parlament zu Paris, als weltlichen Richter gewählt habe. Sei dies auch der Grund seiner Absetzung als Bischof, dabei
so könne bleiben".
"Deutschland Denn
die
gar
nicht
gleichgültig
geistlichen
Reichsfürsten
stünden allemal "unter Kaiser und Reich", so daß der Satz, "als wenn Geistliche in bürgerlichen Sachen und Verbrechen nicht unter einem weltlichen Richter stehen können",
gegen
die
deutsche
Verfassung
und
Grundgesetze verstoße. Ja, es wird aus einem Reichshofrats-Conclusum
vom 21. Dezember
deren neueren
1781 zu er-
weisen versucht, es sei mit der Reichsverfassung vereinbar,
"daß
von
der
geistlichen
Obrigkeit
unoder
ihren Subdelegierten in solchen Fällen, wo eine Deposition oder Suspension auch nur in spiritualibus Platz greifen oder das Temporale sonst in andere Wege entweder principaliter oder auch nur accidenter mit betroffen werden möchte, ohne Beisein und Zutun des Kaisers gegen
einen
Reichsstand
fürgegangen
oder
in
Vollzug
gesetzt werden möchte" Die zweite Frage nach den Rechten des Metropoliten
bei
Absetzung
eines
deutschen
Bischofs
wird
von Frank unter Heranziehung der Konzilien in der Alten Kirche, aber auch der Pseudoisidorischen
Dekreta-
len und des Tridentinums behandelt. Dabei spielt
die
Erfindung einer "Schuldistinktion" eine Rolle, wonach man "die Händel der Bischöfe" in größere und kleinere differenzierte:
"die größeren nannte man jene, welche
eine
vom Bistum
Absetzung
verdienten,
die
kleineren
aber waren jene, welche eine mäßige Korrektion erforderten" . Die größeren seien den Päpsten zur Aburtei-
627
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
lung vorbehalten, die kleineren aber von den zial-Synoden schließt
und
den
Metropoliten
seine historischen
zu
Provin-
ahnden.
Belege mit der
Frank
Feststel-
lung: aus der Art, "wie die Absetzung der Bischöfe als eine
causa major
dem
Papst"
reserviert
worden
sei,
gehe hervor, daß die "erdichteten Dekretalen des Pseudoisidor"
- und dies selbst beim Tridentinum - Pate 27 28 ' gestanden hätten. Mit Barthel und Horix , den zeitgenössischen Kanonisten und Episkopalisten, werden die Fürsten-Konkordate des 15· Jahrhunderts berufen und moniert, daß in diesem Punkt das Tridentinum auf der falschen Tradition basiere und der Papst infolgedessen nicht - wie hier im Fall des Bischofs von Straßburg "allein zu untersuchen und zu entscheiden" habe. Bei der Ablesung des Frankschen Gutachtens 29 im Generalvikariat am 1 . Mai 1786 kamen allerdings noch
zwei weitere
Problem
Fragen
hinausreichten,
zur
Sprache,
ob bischöfliche
die Uber
das
Suspensionen
oder Privationen allein ein "reservatum papale" seien. Es handelte sich dabei darum, ob in der deutschen und französischen Kirche hierüber die gleichen
Grundsätze
und Meinungen herrschten und ob die Bischöfe zu Straßburg
"ad Clerum Gallicanum
Unter
Bezug
auf
die
oder Germaniae"
Declaratio
Cleri
gehörten.
Gallicani
von
1663 wird auf die
"Prorogationen 30 und Freiheiten der französischen Kirche" abgehoben , welche die päpstliche Jurisdiktionsbefugnis
außer
Anerkennung
setzten.
Frank hält es außerdem für eindeutig, daß der Bischof von
Straßburg
dem Clerus
gallicanus
angehöre.
Durch
den Frieden von Rijswijk zwischen Kaiser Leopold
I.,
dem Reich und König Ludwig XIV. von Frankreich im Jahre 1697 sei in Kapitel XVI die Stadt Straßburg und alle ihre Pertinenzien diesseits
des
Rheins
"cum
omni
jure, proprietate et dominio cum omnimoda jurisdictio-
628
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
ne et superioritate an letzteren von Kaiser und Reich abgetreten und der Krön Frankreich für allezeit incorpori(e)rt" worden. Am Ende des Kapitels XVII stehe jedoch
eine
die
"jurisdictio
Metropolitica
Moguntina"
wahrende Einschränkung und Ausnahme: "salva etiam sit jurisdictio 11 spectat" .
ecclesiastica
So dieser
wird
dem
rechtlichen
iis,
ad
Kurfürsten
quos
von
Erkenntnisse
antiquitas
Mainz
dringend
aufgrund
empfohlen,
"von hier aus ein sorgsames Auge darauf zu richten, ob zu Rom gegen den Herrn Bischofen von Rohan mit Suspension
oder
Privation
ab officio
Episcopi
vorgegangen
werden wolle". In einem solchen Fall sei weiter ratsam und
erforderlich,
"eine
eigene,
daß
der Kurfürst
wohlbegründete
in
dieser
Vorstellung
Päpstliche Heiligkeit" erließe und
Sache
an
Ihro
"Höchstihro
dies-
fallsige Gerechtsame" dahingehend geltend mache,
"daß
der H. Bischof zu Straßburg ohne Zutun seines Metropolitanus,
dieses
geschehe
nun
in
Synodo
oder mit alleiniger Zuziehung einiger
provincial!
Conprovincialen
oder auch einiger benachbarten oder französischen Bischöfen, nicht judiciret werden könne". Die rechtlichen
weiteren
Schritte
diplomatischen
des Mainzers
im
Kaiser-französicher König werden wie
und
kirchen-
Dreieck folgt
Papst-
umrissen:
"Wenn nun zu gleicher Zeit von dieser Vorstellung eine ehrerbietige Anzeige bei Ihro Majestäten, dem Kaiser und dem König in Frankreich, gemacht und
der
Kaiser
imploriret
aus
obigen
wird,
das
Jus
Metropolitanum
Gründen zu unterstützen, so ist gewiß von Ihro Majestät dem Kaiser zu erwarten, daß Allerhöchst dieses jus primarium metropolitanicum
Sie auch
geltend
zu ma-
chen nichts unterlassen werden, besonders weil in gegenwärtigem Falle mit diesem jure primaevo annoch die
629
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
besonderen Vorrechte der französischen Kirche consolidiret sind; und eben diese werden auch Seine Majestät den König von Frankreich determinieren, den Herrn Metropolitan des Bistums zu
Straßburg
bei
Ihro
Päpst-
lichen Heiligkeit auf alle Weise zu vertreten.
Frei-
lich wird es, wann dazu Zeit übrig sein solle, noch geratener
sein,
österreichischen der
die und
diesfallsigen des
Vorstellungsschritt
nisterial-Wege
zu
Gesinnungen
französischen in Rom
sondieren,
Hofes,
geschieht,
damit,
willfährige Antworten erfolgen, die
wann
des bevor
durch von
Mi-
daher
Vorstellungen
ad
Sanctissimum mit mehrerem Nachdrucke gefaßt und festgesetzt werden können".
Die
ganze
"juristische
Bewegung"
und
kanonistische
Gutachter-Tätigkeit in Mainz im Frühjahr 1786 war also wegen den
"dem
aus allen
Ankauf
Zeitungsblättern
eines Collier
Ihro Majestati
von Juwelen
der Königin
bekannten auf
betreffenden
den
und
Namen
aufsichtigem
Vorgang des deswegen in die Bastille zu Paris gefänglich eingebrachten Herrn Cardinais
und
Fürst-Bischo-
fens zu Straßburg, von Rohan" entstanden. Dabei
ging
es nach Frank nicht mehr nur um den Jurisdiktionskonflikt zwischen geistlicher und den
er bereits
des
Mainzer
weltlicher
Obrigkeit,
in seinem Gutachten vom 3· November 32 1785 angeschnitten hatte , sondern um das Verhältnis
dieser
Metropoliten
den Vorfall
an
zum
sich
Papst
gezogen
selbst, habe
nachdem
"und
sogar
auch mit Suspension oder Privation ab officio Episcopi wider
den
Herrn
Fürst-Bischofen
fürzuschreiten"
ge-
denke . Wie ernst der Kurfürst F.rthal die Angelegen-
630
Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre
heit nahm, geht auch daraus hervor, daß die
Auswir-
kungen der Halsband-Affäre wiederholt auf der ordnung der Generalvikariats-Sitzungen
Tages-
standen. So am
4. Mai 1786, wo Heimes "ex mandato Eminentissimi" konstatierte, der Kurfürst werde bei den Höfen
in
und Versailles
lassen",
um,
"nähere Kundschaft
einziehen
"sofern der römische Hof hierin gegen
Kardinal von Rohan qua Entscheidendes
Bischofen
verhängen
wollte,
Wien
den
Herrn
zu Straßburg
etwas
das
Erforderliche
darwider vorzukehren"^. Auch am 29. Mai 3 ^ und am 12. 35 Juni stand die Sache auf der Tagesordnung, ebenso am 21. und 24. Juli 3 6 . Am 10. Juli wurde von Vikariats wegen Stellung bezogen zu einem Schreiben des Reichsvizekanzlers Rudolf von Colloredo, und zwar besonders zu jenem Passus, in dem davon die Rede war,
der
Papst
Kaiser durch den Gesandten Kardinal Hrzan
habe
dem
versichern
lassen, "daß Uber die straßburgische bischöfliche Würde päpstlicherseits nichts verfügt worden, (er) auch ohne kaiserliches Vorwissen darüber nichts vorkehren" 37 werde . Dies wird von Mainzer Seite als "bedenklich und denen juribus metropoliticis nachteilig" erachtet, "weil Ihre Päpstliche Heiligkeit in dem irrigen Grundsatz zu stehen scheinen, daß Höchstdieselbe allein mit kaiserlichem Vorwissen, ohne Concurrenz des einschlagenden
Metropoliten,
.nieren könnten".
über
Zur
deutsche
Wahrung
der
Bischöfe
dispo-
Metropolitanrechte
wird als "kürzestes und leichtestes Mittel" dem Kui— fürsten
empfohlen,
eine
weitere
Erinnerung
an
den
Reichsvizekanzler zu Wien sowie ein Ministerial-Promemoria an den Kardinal-Staatssekretär
zu Rom zu rich-
ten. Die Bemerkung in der Sitzung vom
24.
Juli, daß
diese Schriftstücke "in darauf manibushin, C1ementissimi verblieben" seien o Ο, deutet daß der Kurfürst
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
631
sich selbst in diesem sensiblen Bereich des Verhältnisses zur Kurie einerseits
und
zum
Kaiser
anderer-
seits im unmittelbaren Umfeld des Emser Kongresses intensiv
engagierte.
Berichtete
doch
der
französische
Botschafter Baron O'Kelli aus Mainz über die dortigen Absichten in bezug auf die Gravamina Kurfürst-Erzbischöfe,
die auf eine
gigkeit der bischöflichen
der
Gewalt von der
hinausliefen und ein deutsches
rheinischen
stärkere
Unabhän-
päpstlichen
Nationalkonzil
propa-
gierten, expressis verbis, der Mainzer Erzbischof Erthal wolle die deutsche Kirche von Rom trennen und als der Leiter und Lenker nent" 19 erscheinen.
eines
"concil
national
perma-
*
Die
Konsequenzen
der
Halsbandaffäre,
soweit
sie
den
Straßburger Kardinal und Bischof Rohan betrafen, beschäftigten die Mainzer Behörden sowie vor allem
den
Kanonisten Frank zum letzten Mal im unmittelbaren Vorfeld des Sturmes auf die Bastille, aus der ja der Kardinal inzwischen längst wieder
entlassen
war.
Am
6.
Juli 1789 wurden dem Mainzer Professor durch den Vikariats-Sekretär Elberth zwei Schreiben der Geistlichkeit
Straßburger
an Kurfürst Erthal nebst vier
Beilagen
übergeben mit der Weisung, "baldtunlichst in pleno das Gutachten zu erstatten, ob es für Ihro
Kurfürstliche
Gnaden als Metropoliten wohl schicklich sei, ad litteras
supplicas
cleri
Alsatiensis
ein
Intercessions-
Schreiben an Seine Königliche Majestät in Frankreich zu erlassen", außerdem, "ob und wie dasselbe pro casu einigermaßen begründet werden könne"^®. Das Schreiben aus Straßburg vom 2. Dezember 1788, "im Namen des Cleri transrhenani et Alsatiae ab-
632
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
gefaßt", bat den Mainzer Kurfürsten, er möge sich beim französischen König verwenden, "damit doch einmal der Kardinal, ihr Fürstbischof, wieder in seine von der er schon 11 Jahr verbannt
sei,
Diözese,
zurückkehren
dürfte"^*. Die Verfasser verwiesen auf die großen Gebrechen,
"mit
welchen
wegen
der
langen
Abwesenheit
ihres Kirchenvorstehers die straßburgische Kirche, die Suffragankirche Seiner Kurfürstlichen Gnaden, gedrückt würden; indem Höchstdieselbe
diese
Höchstihrer
ober-
sten Sorgfalt überlassene Kirche väterlich liebten und Höchstdenselben
aus eigener
Erfahrung
genau
bekannt
sei, mit was für gottlosesten Unternehmungen man suchte
unsere
heilige Religion
zu
stören,
wo
derselben
Feinde nicht anders als durch eine sorgfältige und gegenwärtige Macht des ersten Hirten könnten gebändiget werden. Sie unterließen zwar
nichts und wänden
alle
Kräfte an, um alles unversehrt zu erhalten; allein da der ihrige Fürstbischof abwesend wäre, so gäbe man auf ihre Befehle und Räte entweder wenig oder acht. Dieserhalben mögten Seine
gar
Kurfürstliche
nicht Gnaden
der Religion, seiner Kirche und ihnen beistehen, ihre untertänigste Bitte wie auch ihr kindliches Vertrauen erhören und Höchstsich und Ihrer Wünsche bei dem König in Frankreich annehmen". Ein weiteres Schreiben ist aus (F fenburg den 27. November 1788 datiert und "im Namen des Cleri cysrhenani tam saecularis quam regularis, so zur Straßburgischen Diöces gehört, abgefaßt".
Seine
Verfasser
erklären dem Mainzer Kurfürsten, "sie hätten sich sowohl durch Privat- als öffentliches Gebet zu Gott gewendet, um ihren Bischofen wieder zu erhalten; und da Seine Päpstliche Heiligkeit motu proprio
wiederholter
an den König in Frankreich geschrieben hätte, damit er den Kardinal in sein
Bistum
wieder
einsetzen
mögte,
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffdre
auch die ganze Straßburger Geistlichkeit
633
sich sowohl
an den König und seine Minister wie auch an den Clerum Gallicanum dieserhalben gewendet hätten, (...) so hätten sie gehofft, daß hierdurch ihr Schmerz und und das gerechteste Verlangen sein Ende erhalten würde; allein alles wäre ohne Wirkung geblieben.
(...) Hierauf su-
chen sie zu zeigen, daß die Verweisung ihres Bischofs auf eine nicht rechtmäßige Art verzögert werde, da die vom
König
Schuld
ernannten
frei
Richter
gesprochen
den
hätten,
Kardinal wie
von
dieses
aller
aus
dem
Arret vom 31ten Mai 1786 zu ersehen wäre. Alsdenn suchen sie den Einwurf zu zernichten, den einige machten, als ob der Kardinal nicht wegen der
Halsbandge-
schichte, sondern wegen einer gegen die Königin begangenen
Intrige
Elsässische
verbannt
Clerus
sei.
furchtlos
Ohneracht
zeithero
gearbeitet
hätte,
der so
hielten sie doch dafür, eine neue und sichere Hoffnung zu finden, wenn sie in ihrer so betrübten Lage ihre Zuflucht
zu dem väterlichen Schoß Seiner
Kurfürstli-
chen Gnaden, den sie auch nennen potentissimum et benignissimum Ecclesiae et Cleri Argentinensis
Patronum
et Superiorum, nähmen und seinen Schutz sich ausbäten. Höchstihro
Kurfürstlichen
Gnaden,
welche
für
Höchstihro Macht untergebenen Kirchen äußerst
die
besorgt
wären, mögten sich also würdigen, das ihrige gerechteste Verlangen mit seiner Macht zu unterstützen und sowohl
ihren
welche
die
Seine
als
auch
Untertanen
Kurfürstliche
jenen des
untertänigsten
Fürstbischofen
Gnaden
als
auch
an
Bitten,
sowohl
an
sämtliche
Reichsstände hätten gelangen lassen, ein geneigtes Gehör
erteilen,
damit
doch
endlich
einmal
durch
mächtige Dazwischenkunft Seiner Kurfürstlichen
die
Gnaden
und der Reichsstände ihr Bischof und Fürst in seinem Sitz mögte restituiert und die aus dessen Abwesenheit
634
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
entstehenden sowohl geistlichen als weltlichen die sie mit den Untertanen unschuldiger Weis
Übeln, litten,
A *7
abgeholfen werden" Ohne auf die in den verschiedenen
Beilagen
erhobenen Angaben über die Probleme der Pastoral, der Auseinandersetzung mit den anderen Konfessionen den
"nationalen"
Fragen im Bistum Straßburg
sowie
einzuge-
hen, die einen gewichtigen Beitrag zur Lage
des
el-
sässischen Katholizismus A 1 am Vorabend der Französischen Revolution darstellen , seien lediglich aus dem Votum Franks für den Kurfürsten die entscheidenden Passagen zitiert: "Ein jeder Metropolit
hat die Befugnis,
das
Recht und zugleich auch die schwere Pflicht, nicht nur auf seine, sondern auf eine jede Diöces
seines
Erz-
bistums eine besondere Sorgfalt und die Oberaufsicht dahin zu tragen, damit, so viel er kann, das Gute in demselben befördert und alles Übel verhindert
werden
mögte. (...) Da nun die Lage, worinnen durch die Abwesenheit des Fürstbischofens die Straßburgische Suffragankirche nach den von der Geistlichkeit derselben gemachten verschiedenen Vorstellungen, an deren Wahrheit vernünftiger Weise nicht zu zweifeln ist, sich befindet, wahrhaft betrübt und bedenklich ist und schon so viele Übel in derselben dieserhalben entstanden, noch auch mehrere und größere für die Zukunft zu befürchten sind, so haltet Referent dafür, daß hier der Fall sei, wo das Recht und die Pflicht des Metropoliten
kraft
seiner ihm noch auf den heutigen Tag anklebenden Oberaufsicht
und
obersten
Sorgfalt
für
seine
Suffra-
gan-Kirche in voller Maßen eintrete, sich nach allen Kräften dahin zu verwenden, damit dem Übel abgeholfen, der für die Religion und für die Straßburgische Diöces entstandene geistliche Nachteil beseitigt, dem Zukünftigen vorgebogen und alle Mittel, dieses zu erreichen,
635
Mathy, Mainzer Gutachten zur Hatsbandaffäre
angewendet werden mögten, worunter nun eines der vorzüglichsten ist, wenn der Cardinal von Rohan wieder in seiner Diöces gegenwärtig sein könnte, wo ohnehin auch noch nach der Lehre der Franzosen die Residenz der Bischöfe
göttlichen
Rechtes
ist".
Als
praktischen
Schritt schlägt Frank vor, das Vikariat solle den Kurfürsten bewegen, sich gemäß der Bitte der Straßburger Geistlichkeit durch ein Intercessions-Schreiben an den französischen König zu wenden. Diese Demarche mittelbaren Vorfeld allerdings
nicht
der Französischen
mehr
erfolgt.
Denn
im un-
Revolution unterm
1789 wurde die Franksche Ausarbeitung, mit
7·
ist Juli
folgendem
kurfürstlichem Inskript versehen, von Heimes an ihren Verfasser
zurückgeschickt:
"Remittatur,
und
ist
be-
kanntlich der H. Cardinal kurz nach erstattetem diesem Gutachten nicht mehr behindert worden, in seine Diöces 44 zurückzukehren" . Rohan wurde dann in der Tat in seinem Bistum Straßburg vom gläubigen Volk triumphal empfangen. Im Umfeld der Revolution wählte ihn die Geistlichkeit als Vertreter der Provinz Hagenau-Weißenburg zu den Generalständen nach Paris, wo er als Gegner des Umsturzes aber nur einmal, am 12. September 1789> erschien^. Am 13· Juni I79O floh der Antirevolutionär in den rechtsrheinischen Teil seiner Diözese nach Ettenheim in Baden, von wo aus er seine Gläubigen zur Treue gegen die Kirche, zur Verwerfung der Zivilkonstitution des Klerus sowie der Nichtanerkennung
schismatischer
Geist-
licher anhielt. Nachdem er in den letzten zehn Jahren der früheren Leichtlebigkeit abgeschworen hatte, entsagte er auf Wunsch
Pius1
VI.
im
Jahre
1801
seinem
Bistum und starb am 16. Februar 1803, also neun Tage, bevor
der
Reichsdeputationshauptschluß
alten Reichskirche besiegelte.
das
Ende
der
636
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
1 Die folgenden Ausführungen stützen sich im wesentlichen auf einen bisher der Forschung unbekannt gebliebenen Aktenfaszikel im Bischöflichen Dom- und Diözesanarchiv Mainz (im folgenden abgekürzt: DDAM) Κ 53/6a unter dem Betreff: "Prot(ocolla) et Acta, die Inhaftirung des Cardinais und Bischoffen zu Straßburg, v. Rohan, und dessen Ansinnen bey Em(inentissi)mo, sich als Metropolit seiner anzunehmen: de anno 1785 et seq(uentes). Item die von Rom aus geschehene Suspension des Cardinal(s) von Rohan und desfallsiges Vicariats-Gutachten de anno 1786". Ergänzend konnten die im selben Archiv lagernden Generalvikariats-Protokolle von 1785 bis 1789 (abgekürzt: GVP) herangezogen werden. - Für die Unterstützung meiner Recherchen bin ich Frau Dr. Sigrid Duchhardt-Bösken zu Dank verbunden. 2 Vgl. vor allem F. Funck-Brentano, L'affaire du collier de la reine. 11. Aufl. Paris 1926. Deutsche Übersetzung 1902. 3 Genauer Titel:"Der Groß-Cophta. Ein Lustspiel in fünf Akten". Erschienen 1792 unter dem Eindruck des Halsband-Prozesses. Vgl. Kindlers Literatur Lexikon Bd. III (1962) S.4146. L. Blumenthal, Goethes "Groß-Cophta". In: Weimarer Beiträge 7 (1961) S. 126. - Stefan Zweig hat in seinem sehr lesenswerten und aus vielen authentischen Quellen geschöpften Werk "Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters" (1932, erw. Neuausgabe 1938, Fischer Taschenbuch-Ausgabe 1980) wie folgt zu der Halsbandaffäre und Goethes Beurteilung Stellung genommen: "Was ist in Wirklichkeit geschehen? Das glaubhaft darzustellen fällt nicht leicht, denn so, wie sich die Halsbandaffäre tatsächlich ereignet hat, ist sie die unwahrscheinlichste aller Unwahrscheinlichkeiten, wie man sie in einem Roman nicht glauben würde. Hat die Wirklichkeit aber einmal einen sublimen Einfall und. zugleich einen dichterischen Tag, dann übertrifft sie an Phantasie, an Verwicklungskunst den erfindungsreichsten Poeten. Dann tun aber auch alle Dichter besser, die Hand von ihrem Spiel zu lassen und nicht ihre geniale Kombinationskunst noch Uberkombinieren zu wollen: selbst Goethe, der im 'Großkophtai versucht, die Halsbandgeschichte zu dramatisieren, verhärtet zu einem ledernen Spaß, was in Wirklichkeit eine der frechsten, flirrendsten und erregendsten Farcen der Geschichte gewesen ist. In allen Komödien Molieres zusammengenommen, findet man nicht ein so farbig und logisch-lustig verflochtenes Bukett von Gaunern, Schwindlern und Beschwindelten, von Narren
Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre
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637
und köstlich Genarrten wie in diesem munteren 011apodrida, in dem eine diebische Elster, ein mit allen Salben der Scharlatanerie geschmierter Fuchs und ein plump gutgläubiger Bär die tollste Affenkomödie der Weltgeschichte zusammenbrauen" (S.156f. ). Erich Trunz (Hrsg.), Goethes Werke. Hamburger Ausgabe. 7-Aufl. Bd.10 (1981) S.356f. Vgl. auch die präzisen Ausführungen bei Eberhard Weis, Der Durchbruch des Bürgertums 1776— 1847· Frankfurt/Berlin/Wien 1978, S.104f. Weis räumt der Halsbandaffäre einen großen Stellenwert im Vorfeld der französischen Revolution ein. Zur Genealogie Rohan siehe G. Allemang in: LThK 8 (1936) Sp.941. LThK 2.Aufl. Bd.8 (1963) Sp.1362. L. Ehrhard, L'ambassade de Rohan ä Vienne. 2 Bde., Straßburg 1901/07. Die immer noch beste Darstellung bieten J. MunierJoulain, Le Cardinal Collier et Marie Antoinette. Paris 1927, sowie J.D. Chamier, The Dubious Tale of the Diamond Necklace. London 1939· An weit verbreiteten populären Darstellungen, die zwischen Dichtung und historischer Wahrheit schwanken, sei noch hingewiesen auf Ludwig Brünier, Marie Antoinette. Königin von Frankreich und Navarra. Ein fürstliches Charakterbild. T.II, Wien und Leipzig 1905. Hans Axel Graf von Fersen (1755-1810) hat als inoffizieller Vertreter des schwedischen Königs Gustav III. in Paris die in Varennes 1791 entdeckte Flucht der königlichen Familie vorbereitet. Vgl. LThK Bd.8 (1936) Sp.941. Zu Jung vgl. Anton Ph. Brück, Die Mainzer theologische Fakultät im 18. Jahrhundert. Wiesbaden 1955» passim: Κ. Suso Frank, Johannes Jung und die Vertretung der Kirchengeschichte an der alten Universität Mainz. In: Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte in der Neuzeit. Festschrift für Anton Philipp Brück zum 60. Geburtstag. Mainz 1973, s.253-277. Protocollum Archi-Episcopalis Generalis Vicariatus Moguntini dato 3. Novembris 1785: DDAM Κ 53/6a. Über ihn vgl. Helmut Mathy, Ein Gutachten von Franz Philipp Frank zur Reform des kanonistischen Studiums in Mainz (1783)· In: Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte in der Neuzeit. Festschrift für Anton Philipp Brück zum 60. Geburtstag. Mainz 1973, S.342-350. Zu seinem Bruder, der weltliches Recht vortrug, Helmut Mathy, Peter Anton Franks Gutachten
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Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
von 1782 zur Reform von Universität und juristischer Fakultät in Mainz.' In: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde NF 37 (1979) S.379446. "Behauptung der Mainzischen Metroplitan-Gerechtsame in Rücksicht des zu Paris festgesetzten Fürstbischofs zu Straßburg und Kardinals Rohan betreffend. Praes. in Vicariatu 3. Novembris 1785": DDAM Κ 53/6a. Es handelt sich dabei um einen Entwurf mit vielen Streichungen und Literatur-Auszügen. Vgl. neben den vielfältigen Notizen bei Joseph Hansen, Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der Französischen Revolution I78O-I8OI. Bd.l, Bonn 1931» neuerdings vor allem Marlies Prüsener, Lesegesellschaften im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Lesegeschichte. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens XIII (1973) Sp.369-594· Demnächst auch Stefen Grus, Die frühen Mainzer Lesegesellschaften. In: Mainzer Zeitschrift 8l (1986). Eine Biographie des Kurfürsten Erthal fehlt noch immer. Vgl. aber zu seinem geistigen Umkreis - neben den schulischen und hochschu]politischen Ansätzen bei Helmut Mathy, Die Universität Mainz (1977) - vor allem die neuere Arbeit von Marita Haller-Dirr, Johannes von Müller und das Reich. Studien zur Kurmainzer Fürstenbundspolitik. In: Mainzer Zeitschrift 77/78 (1982/83) S.l-86, und 79/80 (1984/85) S.87-154- Viele neue Hinweise zur Forschungssituation und weitere Desiderata enthält das von Hermann Weber, dem Jubilar, herausgegebene Sammelwerk: Aufklärung in Mainz. Wiesbaden 1984· Über den Reichsvizekanzler Colloredo s. Hansen (Anm.l6) Bd.l und 2, passim. Kurfürst von Mainz an Reichsvizekanzler in Wien: DDAM Κ 53/6a. DDAM GVP § 532 S.260-262. Adolf Bach, Der Mainzer Weihbischof Valentin Heimes und die "Weinpredigt" in Goethes "St. Rochusfest zu Bingen". In: Rheinische Vierteljahrsblätter 27 (1962) S.97-116. 0jvind Andreasen und Helmut Mathy (Hrsg.), Frederik Münters Reise nach Mainz (1791)· In: Mainzer Zeitschrift 62 (1967) S.56-8O, hier S.70. Zu diesem Papst bietet immer noch die beste und ausführlichste Darstellung Ludwig v. Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters. Bd.XVl/3, Freiburg 1933· Mit der Ablesung des Gutachtens begann Frank am 24·
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
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April 1786. DDAM GVP § 948 S.432. Zur Verfassung der Reichskirche vgl. Hermann Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte. Bd.II, Karlsruhe 1966, S.174-193· Außerdem Roger Aubert, Die katholische Kirche und die Revolution. In: Handbuch der Kirchengeschichte. Hrsg. Hubert Jedin. Bd.Vl/l (1971). Neudruck 1985, S.3-99. Adalbert Erler, Mittelalterliche Rechtsgutachten zur Mainzer Stiftsfehde 1459-1463. Wiesbaden 1964. Die ausführliche Berichterstattung Franks ist niedergelegt in DDAM GVP § 1023 S.476-490 (l.Mai 1786). Heribert Raab, Johann Kaspar Bartheis Stellung in der Diskussion um die Concordata Nationis Germanicae. In: Herbipolis jubilans, WU? zburg 1953> S.5996l6. Ders,, Die Concordata Nationis Germanicae in der kanonistischen Diskussion des 17. bis 19· Jahrhunderts. Wiesbaden 1956. Zu Johann Baptist Horix (1730-1792), einen ausgesprochenen Vertreter des reichskirchlichen Episkopalismus, vgl. neben den Arbeiten von Heribert Raab auch Leo Just/Helmut Mathy, Die Universität Mainz. Grundzüge ihrer Geschichte (1966) S.83-117. Vgl. oben Anm.26. Zur gallikanischen Kirche vgl. Handbuch der Kirchengeschichte, Hrsg. Hubert Jedin. Bd V (1970), Neudruck 1985, S.64-8O und die S.64f. angegebene Literatur. Zum Rijswijker Frieden allgemein vgl. A. Rodenburg, De vrede van Rijswijk. Rijswijk 1947, sowie Heinz Duchhardt, Gleichgewicht der Kräfte, Convenance, Europäisches Konzert. Darmstadt 1976. Siehe oben Anm.15· DDAM GVP § 1051. DDAM GVP § 1251. DDAM GVP § 1401. DDAM GVP § I69O und § 1727Das Schreiben Colloredos an den Mainzer Erzbischof ist am 1. Juni 1786 in Wien datiert. Der Reichsvizekanzler versichert darin: "Es ist nämlich nach dem im August vorigen Jahres über den Herrn Kardinal Rohan, Fürstbischof zu Straßburg, in Paris ausgebrochenen Verhängnis in dem Seiner Majestät von mir über die das Deutsche Reich in geist- und weltlichen Sachen mitbetreffenden verschiedenen Verhältnissen erstatteten, von Allerhöchstihro begnehmigten Vortrag auch jene Eigenschaft und Verbindung, worin gedachter Bischof als Suffraganeus gegen Euer Gnaden als Metropolitan stehen, aus-
640
38 39
40
41
Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre
drücklich wohl bemerket worden, auch schon damals von hier dem Kaiserlichem Minister und Protector Nationis Germanicae in Rom, H. Kardinal Hrzan, deshalb der Unterricht zu dem Ende mitgeteilet worden, damit er daselbst davon gemessenen guten Gebrauch mache; wie sodann die im Dezember vorigen Jahrs bei dem königlichen französischen Parlament zu Paris wider gedachten H. Kardinal mit der erkannten Prise de corps weiter vorgefahren und dadurch derselbe zur Ausübung aller geist- und weltlichen Amtsverrichtungen bis zur ausgemachten Sache unfähig worden, so glaubte der Päpstliche Stuhl berechtiget und gemüßiget zu sein, im Consistorio den 13· Februar anni currentis gedachten Kardinal von der Kardinalswürde zu suspendieren, wobei Seine Päpstliche Heiligkeit gegen Kaiserliche Majestät durch den Kardinal Hrzan versichern ließen, daß Uber die Straßburgische bischöfliche Würde päpstlicher Seits nichts verfüget worden, auch ohne Kaiserliches Vorwissen darüber nichts vorkehren würden...": DDAM Κ 53/6a. Vgl. Anm.36. Vgl. Frangois Georges Dreyfus, Societes et mentalites a Mayence au XVIIIe siecle. Paris 1968, S.435· - Zum Emser Kongreß vgl. von der älteren Literatur den Aufsatz von H. Schotte, Zur Geschichte des Emser Kongresses. In: Historisches Jahrbuch 35 (1914) S.86-109, 319-348, 781-820. Neuere Hinweise bei Heribert Raab, Briefe von Karl Joseph Wreden an Stephan Alexander Würdtwein 1785-87· In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 153/54 ( 1953) S. 170-200. Vgl. auch Adam Wandruszka, Ems und Pistoia. In: Spiegel der Geschichte (Festgabe für Max Braubach). Münster 1964, S.627-634. Schon unterm 29. Dezember 1788 (DDAM GVP § 4118, S.1951f·) standen die Eingaben aus Straßburg im Generalvikariat zur Debatte und wurden von Frank behandelt. Das Conclusum lautete: "Cum voto und wäre in den Antworten ad Clerum Alsaticum, sofern Ihro Kurfürstlichen Gnaden für gut finden, einige zu erteilen, zu bemerken, wie Ihro Kurfürstlichen Gnaden es als Metropolit in dringenden Fällen, welche das Wohl der ganzen Dioeces oder das Heil einzelner Dioecesanen beträfen, und der Recurs an den Herrn Cardinal nicht wohl möglich wäre, immer bereit wären, provisorie einzuschreiten, und was hierin ex parte ordinarii desideriret würde, zu suppliren". Das Gutachten Franks mit der Paraphrasierung der Straßburger Briefe DDAM Κ 53/6a.
Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre
641
42 Ebd. 43 Ich beabsichtige, diese Bittschrift zusammen mit anderen einschlägigen Quellen gesondert herauszugeben. 44 DDAM GVP § 2289 S.868. 45 LThK (wie Anm.6).
Franz Dumont
Ein Mainzer Jakobiner. Das Leben des Arztes Peter Joseph Daniels (1765-1819)
Immer wieder bestimmen politische Konjunkturen und Ergebnisse der Geschichtsschreibung
Themen
- auf inter-
nationaler wie auf lokaler Ebene. Ein Beispiel ist die "Mainzer Republik" von 1792/93, der Versuch, die Französische
Revolution
in
ihrer
zweiten
Phase
nach
Deutschland zu verpflanzen. Lange Zeit verdrängt, ja verfemt, wird sie heute oft enthusiastisch Gegen
ihre
Überschätzung
und
gefeiert.
tagespolitische
Ak-
tualisierung wandte sich auch Hermann Weber, der in der Mainzer Republik zudem Abbrechen
der
die Hauptursache
vielversprechenden
Mainzer
für
das
Aufklärung
s i e h t S k e p s i s ist auch gegenüber allen Tendenzen angebracht, einzelne Jakobiner
- voran Georg Forster -
zu heroisieren. Wichtiger wäre es, sich mehr als bisher den vielen unbekannten, "kleinen" Jakobinern zuzuwenden,
deren
Herkunft
und
Verhalten
oft
sind und mehr Aufschluß Uber die soziale
typischer Basis,
das
geistige Umfeld und den historischen Stellenwert dieser frühen demokratischen Bewegung in Deutschland geben. Deshalb befassen wir uns hier mit der Biographie des Peter Joseph Daniels, dessen Schicksal - bei aller Einmaligkeit - für das vieler Mainzer Jakobiner stehen 2
kann . Zudem
gehört
der
Arzt
Daniels
einer
Berufs-
gruppe an, deren Engagement für die Revolution bislang nur wenig erforscht ist. Peter 1765 in Köln
Joseph als Sohn
Daniels wurde des
Wilhelm Daniels und seiner
am
29.
Schneidermeisters Frau
Anna
Dezember Johann
Katharina
Til-
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
644
•ι geboren . Eine
manns
bloß vom
Zunftdenken
bestimmte
Handwerkerfamilie war das nicht, denn schon damals besuchte der 11 Jahre ältere, später als Jurist kannte Gottfried Wilhelm Daniels^
das
so be-
stadtkölnische
Gymnasium Montanum. Peter Joseph folgte dem Bruder etwa 1775 auf das Montanum, das zugleich Vorschule Universität
war;
so konnte
er
sich
am
7·
1781, mit knapp 15 Jahren, auf der Kölner immatrikulieren^.
Nach
phisch-philologischen
Absolvierung
Februar
Hochschule
des
Propädeutikums
zur
philoso-
begann
Peter
Joseph Daniels im Sommer 1783 mit seinem Fachstudium, der Medizin, wechselte aber mester
nach
Friedrich alten
1776
Kölner
kurrenz
Bonn
Uber^.
eine
Dort
Daniels
Studenten, die von der
im nächsten
hatte
"Akademie"
Universität
machte.
bereits
gegründet,
inzwischen war
nur
Reichs-
Kurfürst
einer
in
die
bedrohlich die
von
SeMax der Kon-
vielen
Residenzstadt
zogen. Er folgte damit dem Mediziner Gynetti, der sich von der kurkölnischen
Hochschule
regelrecht
abwerben
ließ; hinzu kam, daß Daniels' Bruder gerade im Sommer 1783 einen Lehrstuhl an der
"Maxischen Akademie"
er-
halten hatte. Mit eben 18 Jahren geriet Daniels so in ein ganz ungewohntes geistiges Klima: Aus dem großen, politisch und kulturell aber stagnierenden Köln in das viel
kleinere
Bonn,
das
jedoch
durch
die
(manchmal
schon radikalen) aufklärerischen Impulse bestimmt war, die von Hof und Hochschule ausgingen. Das spürte man auch in der Medizin, deren führender Kopf, der Anatom Joseph und
Claude
eine
dem
Rougemont, "gesunden
möglichst
exakte
Menschenverstand"
Diagnosen entspre-
chende, noch dazu populäre Diätetik propagierte. Dermaßen
vorgeprägt,
vollzog
der
Mediziner
Daniels im Grunde nur einen Ortswechsel, als er sich 1784
in Mainz
immatrikulierte,
denn
auch
hier
ver-
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
suchte man eine Synthese klärung. Kaum in Mainz, kuläre
"Restauration"
größten
Nutzen
von
von
Katholizismus
erlebte
Daniels
645
und
die
Auf-
spekta-
7
der Universität mit . Wohl den
dieser
Hochschulreform
hatte
die
Medizinische Fakultät, die in den Jahren nach 1784 immer
besonderes
Lob
erfuhr.
Vor
allem
schickten Berufungspolitik, mit der
wegen
der
ge-
Anselm Franz von
Bentzel - der Initiator der "Restauration" - junge Kapazitäten
nach
Neuroanatomen
Mainz
bereits g
zog,
allen
bestens
voran
den
ausgewiesenen
als
Samuel
Thomas Soemmerring . Vermittelt wurde diese Berufung von Johann Peter Weidmann, seinerseits Anatom, zugleich aber Chirurg und Geburtshelfer, seit 1782 Proo fessor in Mainz . Als Schiller des berühmten Karl Kaspar Siebold hatte sich Weidmann
rasch
das
Vertrauen
Erthals und Bentzels erwerben können. Ihm gelang es, die
auch
in
Mainz
bisher
Chirurgie als Studienfach
handwerklich
zu etablieren
betriebene und
mit
der
Errichtung des "Accouchements" einer an modernen Praktiken
und
sozialem
Engagement
orientierten
Geburts-
hilfe zum Durchbruch zu verhelfen. Fast ideale Studienbedingungen also für Peter Joseph Daniels, der sich im Winter 1784/85 als "Hörer der Entbindungskunst" bei Weidmann
einschrieb^®.
Bei
ihm lernte er die Methode der künstlich eingeleiteten Frühgeburt und in der Chirurgie das Bemühen schonendere, lung
der
systematische,
Patienten.
auch
Anatomie
um
effektivere hörte
eine
Behand-
Daniels
bei
Soemmerring, der seine Studenten auf exaktes Beobachten, auf Empirie und Akribie einübte, der außerdem auf gute Abbildungen des menschlichen Körpers größten Wert legte. W> hl deshalb finden medicinae lichen
Daniels"
1786
Zeichnungsschule",
wir
auch
als Mitglied die
der
den der
"Candidatus "Kurfürst-
Universität
ange-
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
646
gliedert war. Nach gut zwei Jahren in Mainz immatrikulierte sich Daniels am 7· November
1786 auf der Universität
Göttingen**. Damit setzte er den Weg, den er mit seinem
Wechsel
von
Köln
nach
konsequent
Bonn
bzw.
Mainz
fort,
denn
die
schlagen
hatte,
Augusta"
galt auch den Hochschulreformen
einge"Georgia
im katholi-
schen Deutschland als Vorbild. Zwar war die Medizin an dieser "Musteruniversität" keineswegs mehr so mustergültig wie etwa zu Soemmerrings Studienzeit, doch besaßen
Chirurgie
Richter
einen
Richters
und
Geburtshilfe
in August
international
anerkannten
"Accouchir-Hospital"
bot Daniels
zeichnetes Betätigungsfeld, und die
Gottlieb
Vertreter. ein
ausge-
aufgeklärte
Göt-
tinger Atmosphäre gab ihm mannigfache geistige Anregungen . Doch der junge Mediziner
strebte weiter: Im
Frühsommer 1788 ging er nach Paris, vermutlich auf Anregung
Weidmanns,
Kontakte
zur
der
seit
französischen
einer
Studienreise gute 12 Hauptstadt hatte . Hier
lernte Daniels die neuesten Operationsmethoden
kennen
- und die großen Gestalten der französischen
Chirur-
gie, Desault und Baudelocque. Mehr noch: Paris wurde ja gerade
damals
das Zentrum
tiefgreifender
scher Umwälzungen. Welch ein Weg Köln,
Uber
Göttingen,
die
aufgeklärten
schließlich
aus
dem
Residenzen
ins brodelnde
ins
Paris
politi-
erstarrten gelehrte der
Vor-
revolution! Daniels wurde Zeuge von Ereignissen, die Weltgeschichte machten. Fünfzehn Monate, bis kurz nach dem Bastillesturm, blieb er in Paris. Im Frühherbst
1789 verließ
er die französische Hauptstadt und kehrte nach Mainz zurück. Auch hier diskutierte man - besonders in den gelehrten Zirkeln - die Revolution sehr eifrig, obwohl
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
647
sie im Grunde weit weg war. Daniels kümmerte sich aber nur um seinen Beruf, und das mit Nachdruck. sein wiederholtes Begehren"
legte
er
am
Besonders gut schnitt er dabei den
theoretischen
Theilen
jedoch
besser
"auf
November 13 Prüfungen ab
1789 die erste der drei medizinischen man legte ihm nahe, bis zur zweiten
Denn
21.
nicht
ab,
Prüfung
denn
"sich
in
z.u befähigen" . Da-
niels war eben mehr Praktiker, gab sich aber Mühe und konnte
im März
Laurea"
möglichst aber
schnell
die
niels
1790
in Medizin
die
"secunda",
erwerben.
An
promoviert
Fakultät,
denn
sie
dann
die
"tertia
seiner
Absicht,
nun
zu werden,
hinderte
ihn
daß
Da-
"an einem wirklichen Körper" demonstrierte.
bestand
darauf,
Das
geschah dann am 29· Mai 1790, und Peter Joseph Daniels wurde zum "Doctor medicinae et chirurgiae" promoviert. Allerdings Bonn
gewidmete
Beobachtungen, Jakob
enthielt
sondern
Fidelis
Daniels'
Dissertation^
Entdeckungen
Ackermann,
des
ringSchülers' . Daher lassen verfaßten
Kapitel
Beschreibung,
der
in
wohl auch
der
dem
kaum
Freundes
fähigsten
Soemmer-
die
14 von
daß
ein
entfaltet Teil
eigentlichen des
Beweisführung
doch
an galt
Fachzeitschrift Probeschrift"
seiner das
These Den
Dissertation
auch
und
das
erkennen.
"meisterhaft dem
großen
Autor
den
Anteil
verschwieg
eine
der
Ackermanns,
Hirnnervenpaares
bilde.
Lob,
dieser zollte,
die
fünften
Geschmacksnerv
Freundes
nicht,
des
Daniels
Daniels
anatomischer
klaren Darstellung den Einfluß Soemmerrings Ausführlich
in
seines
Akribie
empirischen
Bruder
eigenständige
er
renommierte abgefaßten Peter
Joseph
Daniels**'. Warum er seit Monaten so eifrig gewesen
war,
zeigte sich am Tag nach der Promotion: Am 30. Mai heiratete
Daniels
die
zwanzigjährige
Maria
Eva
Zittier,
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
648
die bereits ein Kind von ihm erwartete 17 . Daniels'Frau war
die
der,
Tochter
um
1770
lerweile
das
des
Messerschmieds
aus Mähren Amt
nach
eines
Mainz
Joseph
Zittier,
gekommen,
"Chirurgischen
mitt-
Instrumen-
tenmachers" an der Universität innehatte. Dies machte ihn in der Fachwelt bekannt und verschaffte
ihm
zu-
sätzliche sehen
Einkünfte, vor allem seitens der Medizini18 Fakultät, zu deren Personal er gehörte . So
dürfte Zittier die Heirat seiner Tochter mit dem soeben arrivierten Mediziner willkommen gewesen sein. Das junge
Paar
zog
ins
Haus
der
Schwiegereltern
Ecke
Bauerngasse / Hintere Flachsmarktstraße; dort wurde am 10. November 1790 die Tochter Elisabeth Auguste gebo19 ren Inzwischen hatte Doktor Daniels lich Fuß gefaßt: Er betätigte sich als
auch
beruf-
Geburtshelfer
und "Wundarzt", behielt aber auch Kontakt zur akademischen Medizin: Im Wintersemester 1790/91 las er an der Universität Uber die Heilung äußerer Krankheiten, was er im Sommer 1791 - inzwischen Mitglied der Fakultät 20 fortsetzte . Privat gab Daniels Kurse in Geburtshilfe mit Übungen an einem künstlichen Becken. Mit der Anwendung
des
"Phantoms"
technisch-didaktisch
auf
der
Höhe der Zeit, konnte Daniels jetzt vor allem Göttinger und Pariser Erfahrungen verwerten. Zum beruflichen Erfolg kam die Erweiterung
der Familie: Am
26.
Juni 21
1792 wurde das zweite Kind, der Sohn Karl, geboren Doch
dann
traten
Ereignisse,
die
auch
Da-
niels' Leben von Grund auf veränderten, ein: Nach der Kanonade von Valmy besetzten am 21. Oktober 1792 französische
Revolutionstruppen 22
kampflos die Stadt Mainz
unter
General
. Zwei Tage später
Custine bildete
sich ein Mainzer Jakobinerklub, Custine versprach die Befreiung des "gedrückten Volkes",
in Stadt und
Land
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
wurde eifrig für "Freiheit und Gleichheit"
649
Propaganda
gemacht. Auch bei den Mainzer Medizinern schieden sich am Für und Wider einer Revolution die Geister: Während Dekan Soemmerring bald demonstrativ
auf Distanz ging
und die Ordinarien (auch Weidmann) sich betont zurückhielten, ging der populäre Extraordinarius Georg Christian Wedekind sofort zu den Franzosen über und wurde 23 Wortführer der demokratischen Bewegung . Seinem Beispiel folgend, traten bald mehrere Kollegen, Studenten und Ärzte der "Volksgesellschaft"
bei^.
So auch der "Wundarzt" Daniels: Er stieß allerdings
2zweiten ς großen Beitrittswelle zu den Mainzer Jakobinern . War es
erst
Mitte
November
1792
Revolutionsbegeisterung,
war
mit
es
der
Anpassung,
Daniels zum Eintritt in den Klub bewogen? Wir es nicht, doch gibt uns Daniels' weiterer Hinweis: Denn er engagierte für
die
Besatzungsmacht,
Dienste trat: Am
Daniels zum ' Chirurgien de
Weg
einen
sich bald auch beruflich
indem
12. Januar
die
wissen
er
förmlich
1793 wurde
in
Peter
ihre
Joseph
premiere
classe" bei der 26 Rheinarmee des Generals Custine ernannt . Dieser Wandel vom Mainzer Chirurgen zum französischen arzt hatte für Daniels weitreichende
Folgen
Militär- und er
hatte ganz besondere Ursachen. Denn wie kam der einfache "Wundarzt" zu einem Posten, um den sich selbst ein Wedekind vergeblich be27 müht hatte ? Wenn Daniels später behauptete, sein "attachement a la cause de la liberte" und seine Fachkenntnisse hätten ihm dazu verholfen, dann verdrängte er damit nur eine für ihn bedrückende Wahrheit:
Denn
diese Stelle verdankte er einzig und allein - seiner Frau, die mittlerweile die Mätresse Custines geworden war. Die Ernennung zum Chirurg der Rheinarmee entschädigte
Daniels
eben
für
seine
"longanimite
conju-
650
Dumont, Ein Maimer Jakobiner
28
gale"
, dafür, daß er als "gehörnter" Mediziner und
Jakobiner Gespräch und Gespött der ganzen Stadt wurde. So hieß es bald in einem Pamphlet 50jährigen general
Custine:
...
"Vous
comme il
über den mehr
souvient-il
faisait
du
les yeux
als
citoyen
doux
a
Mme.
Daniels? Cette Mme. Daniels a fait une grande fortune. Elle plut au general, le general lui plüt, et comme il est tres genereux, il lui fit cadeau d'un lit süperbe et
de
teur»
29
deux
belles
pendules
qui
etaient
ä
l'Elec-
. Eben
besondere
Art
dieses
kurfürstliche
deutsch-französischer
Prunkbett,
diese
Beziehungen,
er-
regte die Phantasie der Mainzer, gab zu spöttisch-derben Erzählungen über das
"Liebchen
Marie
Evchen
Da-
niels, Bürger Doktorinn zu Mainz" Anlaß, für die Revolutionsgegner eine willkommene Gelegenheit, die jakobinischen Attacken auf den-3(angeblich so lüsternen Kur3 fürsten zu konterkarieren
. Die
wuchernden
Gerüchte
Uber Custines Mätressenwirtschaft, Uber die Rolle von Daniels1
Frau boten Stoff
daleuse"
der Mainzer
für
eine
Republik.
Doch
"chronique selbst
scan-
bei
den
Franzosen und Jakobinern regte sich Kritik
. Großen
Anklang fand ein Gedicht,
deutlich 12
das
Custine
sehr
wegen seiner Beziehung zu Frau Daniels angriff
. In-
kriminiert wurde darin aber nicht so sehr der Ehebruch des Generals als die Tatsache, daß Custine einer ganz privaten echter
Lust
frönte.
Noch
"Republikentugend"
dazu
als
einer
solchen,
"fürstliche
die
Erfindung"
erschien, die den guten Patrioten und Kämpfer von seinen
wahren
Pflichten
abhielt.
Besonders
fatal,
wenn
ein General seinen Soldaten ein so schlechtes Vorbild gab. Custines Stab hatte daher Mühe, dieser derischen
Scharteke"
wirksam
"verleum-3 ·3
entgegenzutreten
. Das
Ansehen des Generals war untergraben, "Madame Daniels"
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
651
kompromittiert und ihr Mann weiterhin Zielscheibe offenen oder versteckten Spotts. Umso mehr hing er nun von den Franzosen
ab.
Schon deshalb nahm Daniels an den - gerade in Mainz sehr umstrittenen - Wahlen vom
24.
1793 teil
Februar
und leistete den Eid auf "Freiheit und Gleichheit"·^. Die aus den Wahlen hervorgegangene
"Rheinisch-Deutsche
Republik" bestand freilich schon bald nach ihrer Proklamierung am 18. März 1793 nur noch auf dem Papier: Denn seit Ende März ließen deutsche Vorstöße an Nahe und Oberrhein die französische Position in Rheinhessen und der Pfalz rasch zusammenbrechen. Hastig zog sich Custine von Bingen auf Landau zurück, ohne noch einmal in Mainz zu erscheinen. Marie Daniels verließ - offenbar auf einen Wink des Generals - am 29·
März Uber-
stürzt die Stadt, kurz vor der Einschließung durch die Deutschen. Mit einem "Coffre" voll kostbarer Geschenke Custines machte sie nun eine abenteuerliche Irrfahrt, 3ζ die schließlich in Hagenau endete . Ihr Mann war dagegen in Mainz geblieben, wo er in den vier harten Monaten Tag
der
und
Belagerung
Nacht,
als Militärchirurg
denn bei
den häufigen
arbeitete
und
-
riskanten
Ausfällen waren sehr viele Franzosen verwundet worden. Bald erwies sich aber der Posten eines Armeearztes als Vorteil: Denn als solcher konnte Daniels nach der Kapitulation vom 23. Juli 1793 ungehindert mit den Franzosen abziehen, ohne als "Klubist" Verfolgungen durch seine Mitbürger befürchten zu müssen. Dem
"Kriegstheater"
entronnen,
traf
Daniels
Anfang August 1793 seine Frau in Hagenau wieder - mit gemischten Gefühlen, wie sich denken läßt. Lange blieben
die
beiden
nicht
dort, 1 f\ zumal
Österreichern bedroht wurde Regierung nach dem
Hagenau
von
den
. Während nun die Mainzer
"Coffre der Daniels"
fahndete, um
652
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
die kurfürstlichen "Effecten" wiederzubekommen, setzte sich das Ehepaar Daniels nach Paris ab. Doch auch hier war die Lage alles andere als angenehm, denn die Montagnards machten Custine gerade den Prozeß und ließen ihn am 28. August 1793 hinrichten. Kurz danach finden wir Peter Joseph bei
der
Rhein-
und
Moselarmee
als
Daniels
"Chirurgien
de
premiere classe". Im Range eines Colonel hatte Daniels die
Divisionschirurgen
Hospitälern
oder
sowie
"ambulances
Diese Aufgabe bewältigte
mehrere
Lazarette
volantes" ) unter
(in sich.
er offenbar recht gut, denn
mehrfach wird er als "zele, instruit", als "bon" bezeichnet, wird ihm das Lob zuteil: Chirurgien".
"plus medecin que
Zugleich aber brachte die Tätigkeit
als
Militärarzt einen ständigen Ortswechsel, unstete Jahre "17 für
Daniels
Kampfgebiet, Rheinarmee,
: Ende bei die
1793
der Landau
nun
finden
wir
von
Hoche
entsetzte;
im
ihn
mitten
im
kommandierten folgenden
Jahr
bei einer der vielen französischen Attacken auf Mannheim, Anfang 1795 in der Etappe, im elsässischen Gebweiler. Seit Mai 1795 wirkte Daniels im Militärspital vor
Worms,
bis
die Erstürmung
der
"Mainzer
Linien"
durch die Österreicher (29· zwischen Winnweiler und Kai70 serslautern Schutzpocken einimpfte . Insgesamt "inoculierte" er 105 Kinder, wobei es zwar Komplikationen, aber keinen Fall mit direkter Todesfolge gab. Das erfüllte ihn mit Stolz, änderte aber nichts daran, daß die
Zahl
der
Impflinge
(abgesehen
von
Winnweiler)
verschwindend gering war. Scheu vor dem Neuen, Angst vor Ansteckung sowie 71 religiöse Vorbehalte waren - wie in der Nachbarschaft
- die Hauptgründe. Da half es
nichts, wenn Daniels am eigenen Kind und dem des Friedensrichters
durch
eine
munisierende
Wirkung
erneute
der
Inokulation
Vakzination
die
im-
demonstrierte.
Damit war den Ängsten und den mentalen
Reserven
der
Bauern nicht beizukommen. Vielmehr, so meinte Daniels, bedürfe
es
dazu
eines gewissen
einer Drucks
langfristigen auf
den
Umerziehung
"seinen
und
schleichenden
Gang in allem gewöhnten Landbauern", der sich zu einer Handlung
erst
dann
entschließe,
"wenn
sich
jemand
gerade vor ihn stellt und ihm sagt: Thue jetz das, was dir
vortheilhaft
ist
und
wozu
du
nicht
abgeneigt
bist". Deshalb wollte Daniels Eltern und Impflinge "im Beysein der administrativen Obrigkeit" versammeln, die Vorzüge
der
führung
erläutern, und
Vakzination
und
ihre
nichts
kostenlose
"würde
Durch-
leichter
als alle an einem Morgen zur Inoculation
zu
seyn,
überre-
den". Auch als Mediziner noch ganz Aufklärer, verband Daniels liches
mit
der
Fortschrittsgläubigkeit
Fürsorgedenken
für
die
obrigkeit-
"Verwalteten".
Sein
Impfbericht von l803 macht außerdem die Kluft zwischen dem weltläufigen Kantonsarzt und der beharrenden, in seinen Augen rückständigen Landbevölkerung deutlich.
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
Auch weg:
Im
gen-
Frühjahr
bzw.
speciale sehen Fuß
deshalb l804
de
bewarb
Medecine" 72
durch ehemalige
.
die
Behandlung
Vertrauen,
lassen
mußten.
zumindest
striell"
geprägten
Ancien ten.
Ludwig und
und
die B r ü d e r und
terer und
und
Franz war
Jahr
seine
eine
gewisse für
in
schon
setzte.
stark
war
Falciola.
Funktionären
des
zusammensetzhier
er n a c h d e m Tod s e i n e r d r i t t e n
natürlich der
Gegend
Departements; Wolff, Vogt,
ebenso
jetzt
Vo-
Steuerein-
Franz
am
Falciola, I804
Lau-
Lippert
verschwägert,
Frau Anfang
Notar
Pfarrer
"Huissier"
Mit
erneut
eiEin-
Arbeitgeber
Kollege
in
"indu-
aus
Friedensrichter
Daniels
Daniels
Daniels
zählte
jetzt
das
soziale Stellung
aus
des
die
Daniels
Beweis
der l u t h e r i s c h e
Müller,
Bezirksgericht, Freund,
von
Verwaltung
Christian
katholischer Kaspar
Rentmeister
besten
ein
größter
Industrieller
sein
im
Wundärzte,
Revolutionsanhängern
Gottfried
Mainz
Unterstützung
Immerhin,
alle
zählenden,
bzw. Maire von Winnweiler, gel
in
die sich a u c h in W i n n w e i l e r
Gienanth,
nehmer Gugel,
der
Vielleicht
"Notabeingesellschaft"
(von)
Medizini-
wieder
Kantonshauptort^.
und
führender
"Ecole
Krankheiten
Zugewanderten,
Regime
Zur
nun
aber
auch
Einwohner
ner der N o t a b e i n ,
Chirur-
zur
des K a n t o n s W i n n w e i l e r
Dem e n t s p r a c h 1000
eine
Mainzer
trotz
das die n a p o l e o n i s c h e
dem k a u m
um der
Versuch,
innerer
als d e n e i n z i g e n Arzt
heimischen
an
Winnweiler
zum "Medecin public" fUr den Arrondissements Kaiserslautern
unterstanden
Entschädigung,
von
sich
L e h r e r und K o l l e g e n .
Ihm
genehmigen
sein
scheiterte
darauf wurde Daniels nördlichen Teil des 7 sich
er
umgewandelten
. Doch
fassen,
ernannt
Daniels
Geburtshelferstelle
Fakultät zu
wollte
665
seinem seit Barba-
ra J ogseehpehiar a tSecth w ahrazt,t e die Te ob ce hn t e rdene i npeesr s ö An ll ti dc oh re fn er Be Bz ei ae m7 S. N ten
666
Dumont, Ein Maimer Jakobiner
hungen fällt bei vielen
Winnweiler
Notabein
meinsame politische Vergangenheit
auf:
Falciola,
beiden
Müller, Gugel
und
die
die
Denn
ge-
Daniels,
Wolff
waren
1792/93 "Klubisten" gewesen und hatten danach aus ihrer Option für das Frankreich der Revolution kein Hehl gemacht. So gab es im napoleonischen
Winnweiler
kleine
von
"Jakobinerkolonie"
- freilich
eine
etablierten
Jakobinern, die nach außen ihre Radikalität
abgelegt
hatten. Sie blieben aber Anhänger der Revolution - und ihre
Nutznießer.
Man
sieht
es
an
Daniels,
der
seit
l803 mehrfach "Nationalgüter" ersteigerte und in Hochstein,
Sembach
und
Hochheim
ehemals π f\
herrschaftliche Grundstücke besaß
kirchliche
. Daß sich
und
Daniels
in das napoleonische System integrierte, zeigt außerdem
seine
Mitwirkung
im
Kaiserslauterer
"Arron77 dissement.srat", dem er von I8O8 bis 1811 angehörte .
Dabei kamen ihm die Erfahrungen von 1796 bis l800 zugute, denn der elfköpfige "Conseil
d 1 arrondissement" ,
der als Hilfsorgan des Unterpräfekten nur selten tagte, hatte vorwiegend Uber Steuern zu entscheiden. Zugleich
sollten
Paris,
Mainz
terleiten
und
seine oder
Mitglieder
die
Kaiserslautern
auf ihre
strikte
Anordnungen
"nach
unten"
Durchführung
aus wei-
achten.
Mitwirkung, nicht Mitbestimmung war ihre Aufgabe, die auch der "Bezirksrat" Daniels gewissenhaft wahrnahm. War also aus dem Jakobiner ein Kollaborateur Napoleons geworden? In gewissem Sinn schon, aber nicht ganz. Denn 1811/12 demonstrierte Daniels, daß er nicht alle
restaurativen Tendenzen des Empire mitzutragen 78 bereit war . Am 3· September war Margarethe Daniels mit 15 Jahren
gestorben. Diese
Tochter
aus seiner Ehe mit Marie Anne Falciola hatte
Daniels
weder
taufen
in Winnweiler lassen
noch
katholisch
erzogen
-
und
jetzt auch nicht kirchlich beerdigen lassen: Dem Sarg
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
wurde kein Kreuz, sondern ein Rosenstock gen,
die
meisten statt
Trauergäste
Winnweiler
-
viele
Beamten
Kirchenlieder
erklang
vorangetra-
Jugendliche
- sprachen
und
keine
"profane"
667
Musik
die
Gebete, und
der
Leichnam wurde niht auf dem neuen christlichen Friedhof, sondern weit außerhalb bestattet Franz Falciola, der zwei Monate 79 beigesetzt worden war . Beide
- direkt
vorher
ganz
"Theophilantrophie" kirchliche
Züge.
provozieren,
und
trugen
Das mußte
der
wegen
ähnlich
Beerdigungen
starke Anklänge an die inzwischen in Verruf schon
neben
hatten geratene
deshalb
den katholischen
Bekehrungsversuchen
antiPfarrer
bei
Da-
niels' Kindern mit diesem ohnehin in Streit lag. Empört
lehnte
Vogt
jede
Teilnahme
Freunden der Verstorbenen,
die
ab
und
Kränze
verbot
wie üblich
den in
der Simultankirche anzubringen. Er ging aber noch weiter: Nachdem er dem Mainzer "irreligiöse
Beerdigung"
Bischof schon Uber die
Falciolas
berichtet
hatte,
beschwerte er sich nun über den "Doktor Daniels allhier, der seine Tochter ohne alle religiöse Zeremonie begraben ließ". Das Aufhängen der Kränze habe er abgelehnt,
um
krist-lichen
nicht
"das
Begräbnis
Andenken in
einer
einer
(!) ganz
kristlichen
un-
Kirche"
dulden zu müssen. Gerade weil man ihm Rache androhte, war der Geistliche stolz darauf,
"daß diese
unglück-
liche Tochter eines gottlosen Vaters, der soviel Verderben unter den Kristen anrichtet, sehnlichst wünschte
zu beichten
und
die
Hl.
Kommunion
zu
empfangen,
aber nicht durfte". Bischof Colmar sah hier
offenbar
einen Präzedenzfall und wandte sich direkt an den Kultusminister
in
Paris.
Dieser
wiederum
verlangte
vom
Mainzer Präfekten umgehenden Bericht und die Ahndung ähnlicher Vorfälle. Ton und Tempo der ministeriellen Antwort zeigen, daß man auch in der Hauptstadt die An-
668
Dumont, Ein Maimer Jakobiner
gelegenheit als Skandal empfand. Nicht minder entschieden war Daniels1 tion: Er gab unumwunden zu, die Tochter
Reak-
"sans aucune
ceremonie religieuse" bestattet zu haben. Den Pfarrer bezeichnete er als "denonciateur", vor allem wegen des Vorwurfs, er habe bei seinen Kindern religiöse Gefühle unterdrückt. Das Gegenteil sei der Fall; so
erklärte
pour
Daniels:
principe
"Depuis
d'education
longtemps
de
mes
allerdings, j ' ai
enfants
etabli
de
leur
laisser jusqu'ä un certain age la faculte d'apprendre a connaitre les differences entre les Religions utiles, et ensuite la liberte de choisir eux meme ( ! ) un Culte, qui leur conviendroit er
seine
Kinder
den
le mieux". Deshalb habe
katholischen,
reformierten
und
lutherischen Gottesdienst besuchen lassen. Während nun sein Sohn bereits mit 10 Jahren auffallend zum Katholizismus tendiert, ja, bereits gebeichtet und kommuniziert habe, sei die Tochter bis zu ihrem Tod noch völlig unentschlossen gewesen, ob und zu welcher Kirche sie neige. Daher habe er sie auch nicht nach einem bestimmten Ritus bestattet, eine Entscheidung, die Daniels mit dem Elternrecht und der in Frankreich
gel-
tenden Gewissensfreiheit rechtfertigte. Konfessionell
indifferent,
religiös
allen-
falls Deist, wenn nicht Materialist, galt Daniels auch in der Erziehung die Freiheit zu vernunftgemäßer Entscheidung sehr viel. Diese Gewissensfreiheit wollte er vom Staat respektiert wissen, für sie nahm er den Konflikt mit höchsten Stellen in Kauf. In dieser diert
aufklärerischen
Haltung,
seinem
dem Mut zum Widerspruch kam etwas von
dezi-
Laizismus dem
und
Jakobiner
Daniels zum Vorschein. Bezeichnend auch, daß Christian Wolff, einst selbst Priester, dann Klubist und jetzt Maire von Winnweiler, sich Daniels anschloß, indem er
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
669
den Freund ausführlich zitierte und dessen Äußerungen kommentarlos
nach
Kaiserslautern
weiterleitete.
Der
dortige Unterpräfekt Petersen, 1792/93 führender Jakobiner von Speyer, zeigte auffallend viel
Verständnis
für Falciola und Daniels und betonte demonstrativ "la liberte de Conscience dont les Frangais ont le bonheur de jouir". Mit seinem Protest, doch wohl auch mit seinem Nonkonformismus, stand Daniels also keineswegs allein dar. Diese
Haltung
schadete
ihm
aber
offenbar
nicht, als er sich ein Jahr später um die Stelle des 80 Winnweiler Friedensrichters bewarb . Als "Juge de paix" hatte er seit Juni
1813 zivile Streitsachen zu
schlichten, kleinere Vergehen zu ahnden und die freiwillige Gerichtsbarkeit auszuüben. Dem Arztberuf Daniels weiter nach, ja, er war darin bald
ging
besonders
gefordert: Nach dem Desaster von Leipzig strömten Ende l8l3
die
Reste
der
"Grande
Rhein, dann ins Innere kaum
fertiggestellte
Armee"
Frankreich
zunächst zurück.
"Kaiserstraße"
war
an
den
Durch
die
der
Kanton
Winnweiler von diesen Truppendurchzügen besonders betroffen - und vom Typhus, den die Soldaten einschleppten.
Daniels
mußte
sein
ganzes medizinisches
Können
aufbieten, vermochte aber nur wenig, weil hygienische Vorkehrungen fehlten, die Epidemie immer heftiger wurde und das von Paris versprochene Hilfspersonal
aus-
blieb 8 1 . Anfang 1814 wurden die Franzosen aus Rheinhessen und der Pfalz verdrängt, Preußen, Russen und 82 Österreicher rückten hier ein . Wieder wurde eine Besatzungsherrschaft
errichtet,
doch
obwohl
das
preu-
ßisch-russische "Generalgouvernement des Mittelrheins" in
Trier
die
französische
Verwaltungseinteilung
zu-
nächst beibehielt, bangten viele Beamten um ihren Po-
670
Dumont, Ein Maimer Jakobiner
sten. Ohne Grund, denn zu einer Säuberung des Behördenapparats
waren die Alliierten weder
willens
noch
fähig. Sie brauchten Leute, die mit den lokalen Verhältnissen
und
den
bestehenden,
d.h.
französischen,
Gesetzen vertraut waren. Daher blieben auch im Don nersbergdepartement fast alle Beamten auf ihren Stellen,
daher
wurde
Daniels
im
Februar
l8l4 als
Winn-
weiler Friedensrichter bestätigt, und vier Monate später heißt es Uber ihn:
"Hat sich durch Übung einige
Rechtskenntnisse erworben, ist übrigens ein sehr einsichtsvoller
und
fleißiger
Mann, der
in
gutem
Rufe
81 steht"
. Auch der bayerisch-österreichischen
administrationskommission",
die
Mitte
"Landes-
I814
zwischen
Rhein und Mosel die Verwaltung
Ubernahm,
diente
niels
Jakobiner
von
loyal.
Wie viele
andere
hatte er keine Schwierigkeiten
mit
diesem
von
Da-
einst, Krieg
und Diplomatie herbeigeführten Herrschaftswechsel. Auch nicht, als Bayern am Südteil
des
Donnersbergdepartements
Denn in der Pfalz kam
es weder
zu
1. Mai in
1816
Besitz
einer
den
nahm.
"Bajuwari-
sierung" noch zu einer "Entnapoleonisierung" der Beamtenschaft
. Im Gegenteil setzte Montgelas es durch,
daß die "bäuerischen Lande am Rhein" von
"aufgeklär-
ten" Männern regiert wurden, selbst wenn die Franzosen sie eingesetzt hatten. So kam es, daß der "glühende Franzosenanhänger" Daniels auch jetzt wieder "an8ζ standslos" übernommen wurde. Lange konnte er als "Königlich-bairischer Kantonsarzt und Friedensrichter" allerdings nicht mehr wirken. Denn schon am 17· Januar l8l9 starb Peter Joseph Daniels, gerade 53 Jahre alt, in Winnweiler, dessen (katholischer) Pfarrer über ihn vermerkte: "... qui sine ulla religione vixit et
86
obiit"
. Wenn auch im Verdikt verzerrt, wird hier ein
Wesenszug
des
"Jakobiners"
Daniels
deutlich,
und
es
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
671
ist gewiß kein Zufall, daß seine Tochter Susanne später in eine Familie einheiratete,
die
1848/49 in der 87 pfälzischen Revolution eine besondere Rolle spielte . Ein Hauch von Abenteuer liegt Uber dem Leben des
Peter
Joseph
Wandlungen
Daniels.
vielleicht
In
seinen
besonders
viel mit den Biographien
Wendungen
ausgeprägt,
anderer
hat
"Klubisten"
und es
gemein-
sam: Die Französische Revolution warf die meisten aus ihrer
Bahn
-
persönlich
oder
beruflich.
nicht, wie man an Daniels sieht, schon erst
durch ihr Ausgreifen
günstigt
durch
die
1789,
an den Rhein
Rezeption
der
Allerdings sondern
1792/93·
(radikalen)
BeAuf-
klärung, ausgelöst durch ganz private Umstände, vollzieht
sich in diesem Jahr
auch für Daniels die
scheidende Wende. Freilich, faltet
sich
Falciolas,
erst in
später,
der
in
sein
"Jakobinismus"
der
Freundschaft
Verbindung
mit
mit
anderen
ententden
"Patrio-
ten". Aber, was ist das Jakobinische an Daniels? Wohl doch
die
schaft, auf
kompromißlose sein
Laizismus
Rechtsgleichheit
Einzelnen.
Ablehnung
Bei
und
und
aller
der
Ständegesell-
Rigorismus,
geistigem
das
Freiraum
Wandlungsfähigkeit
war
nicht bereit, "essentials" der Revolution er
wollte
sie
vielmehr
auch
in
Beharren
andere
für
den
Daniels
aufzugeben; Staatsformen
einbringen. Etliche Gefährten von 1792/93 handelten da anders,
zeigten
mehr
Anpassung,
bis
hin
zum
Oppor-
tunismus. Daniels dagegen gehört zu jenen "Klubisten", die
in ihrer Person und Familie manch
radikale
Idee
von 1789, mehr noch von 1792, ins 19.Jahrhundert trugen und damit besonders im pfälzischen Vormärz relativ deutliche Spuren hinterließen. Daß diese aber auch, daß die Restauration 1792/93
samt
in einer
Umbrüche der
am
Person
zwischen
Rhein konkret
so
Kontinuität,
Aufklärung
tiefen
faßbar
Zäsur
werden,
und von gibt
672
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
der Biographie des Mainzer Jakobiners Peter Joseph Daniels ihren Sinn.
Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
673
1 Hermann Weber (Hrsg.), Aufklärung in Mainz. Wiesbaden 1984, Vorwort S. 3f· 2 Biographische Daten und Zitate (soweit nicht anders belegt) aus Daniels1 eigenhändig ausgefülltem Personalbogen vom 12.4·l800 (Stadtarchiv Mainz [künftig: StA MZ ] Best. 60, "Etat des Services des Fonctionnaires...Mont Tonnerre" , fol. 212f. Für frdl. Unterstützung danke ich den Herren Dr. J. Deeters (Hist. Archiv d. Stadt Köln), R. Paul (Heimatstelle Pfalz/Kaiserslautern), Dr. V. Rödel (Landesarchiv Speyer), Dr. M. Weber (Mainz), den Standesämtern Lauterecken und Winnweiler, dem Bistumsarchiv Speyer sowie dem Service Historique de 1'Armee de Terre, Vincennes. (Personenstands3 Kirchenbuch von St. Peter/Köln archiv Rheinland, Brühl/Best. LK 204); Daniels hatte eine Zwillingsschwester namens Maria Anna. 4 Helmut Dahn, Daniels, Heinrich Gottfried Wilhelm 1754-1827. In: NDB Bd. 3, (1957) S.508. 5 Historisches Archiv der Stadt Köln/Matrikelbuch Bd. IV, S.670 (Präsentation aus dem Gymnasium Montanum), Bd. V, S.108, Nr.803 (Immatrikulation) (Mitteilung v. Dr. Deeters, Köln). 6 Immatrikulation am 24.11.1783 (Max Braubach, Die erste Bonner Hochschule. Maxische Akademie und Kurfürstliche Universität 1774/76 bis 1798. Bonn 1966, S.339). Zu G. W. Daniels und Gynetti vgl. ebd. S.143f u. 171f. 7 Helmut Mathy, Die Mainzer Universitätsreform von 1784. In: Weber, Aufklärung (Anm. 1) S.61-82. 8 Rudolph Wagner, Samuel Thomas von Sömmerring's Leben und Verkehr mit seinen Zeitgenossen. 1. u. 2. Abt., Leipzig 1844/Neudruck Stuttgart/New York 1986 Gabriele Wenzel-Naß, Soemmerring-Bibliographie. In: Gunter Mann/Franz Dumont (Hrsgg.), Samuel Thomas Soemmerring und die Gelehrten der Goethezeit. Stuttgart/New York 1985· S.331-424, bes. Nrr.192,211,267,272,443 u. 450. 9 Barbara Weber, Johann Peter Weidmann (1751-1819) und das Mainzer Accouchement. Med. Diss. Mainz 1985/86. 10 Verzeichnis der Studierenden der alten Universität Mainz. Wiesbaden 1979, S.231· Demnach kam Daniels schon im Winter 1783/84 nach Mainz, was aber wegen seiner Immatrikulation in Bonn und den erst im Sommer 1784 einsetzenden Vorlesungen Weidmanns unwahrscheinlich ist; vgl. Barbara Weber, Weidmann (Anm. 9) S.27-31. 11 Götz von Seile, Die Matrikel der Georg-August-Universität zu Göttingen 1734-1837· Hildesheim/Leipzig
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Dumont, Ein Mainzer Jakobiner
1937, S.298, Nr. 14354 - Ders., Die Georg-AugustUniversität zu Göttingen 1737-1937· Göttingen 1937, S.137f· Nach dem von Daniels selbst 1795 ausgefüllten Personalbogen (Service Historique de 1 1 Armee de Terre/Vincennces/Classement Officiers de Sante) hielt er sich 15 Monate in Paris auf. Zu Weidmanns ParisReisen (1779-82) vgl. Barbara Weber, Weidmann (Anm. 9) S.58-74. Protocollum Facultatis Medicae Moguntinae 1734-1790 (StA MZ/Best. 18, Bd. 162, S.540 u. 544ff· (Sitzungen v. 2i.ll.i789, ν.12., 18. u. 24.3., v. 26. u. 29·5·1790). Daniels demonstrierte "de fistula ani". Gustus organi novissime detecti prodromus. Mainz: Haeffner 1790,95 S.8°. Daniels kannte den gleichaltrigen Ackermann wohl schon aus Köln, wo dieser das Gymnasium besucht hatte; vgl. Axel Schief, Jacob Fidelis Ackermann (1765-1815)· Arzt zwischen Aufklärung und Naturphilosophie. Med. Diss. Heidelberg 1969 - Gunter Mann, Schi ido ·