Der Idealismus und seine Gegenwart: Festschrift für Werner Marx zum 65. Geburtstag 9783787327393, 9783787303519

Diese Festschrift zum 65. Geburtstag von Werner Marx (1976) enthält eine Fülle von Aufsätzen bedeutender deutscher und a

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German Pages 455 [466] Year 1981

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Der Idealismus und seine Gegenwart: Festschrift für Werner Marx zum 65. Geburtstag
 9783787327393, 9783787303519

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Der Idealismus und seine Gegenwart Festschrift für Werner Marx

FESTSCHRIFT FUR WERNER MARX

DER IDEALISMUS UND SEINE GEGENWART Festschrift für Wemer Marx zum 65. Geburtstag

fferausgegeben von Ute Guzzoni, Bernhard Rang und Ludwig Siep

FELIX MEINER VERLAG ffAMBURG

Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliogra­phi­­sche Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. isbn 978-3-7873-0351-9 ISBN eBook: 978-3-7873-2739-3

© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1976. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruck­papier, hergestellt aus 100 % chlor­frei gebleich­tem Zellstoff. Printed in Germany.  www.meiner.de

VORWORT

Wir haben diesen Band, mit dem deutsche und amerikanische Wissenschaftler Werner Marx zu seinem 65. Geburtstag ehren, unter den Titel "Der Idealismus und seine Gegenwart" gestellt. Er schien uns am ehesten dem zu entsprechen, was zum einen der beherrschende Antrieb der bisherigen Lehr- und Forschungstätigkeit von Werner Marx gewesen ist und worin zum anderen eine Grundtendenz der meisten der in diesem Band vereinigten Arbeiten sich mit seinem eigensten Denkanstoß zu treffen vermag. Die erste Schrift, die W erner Marx nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1964 veröffentlichte, heißt "Die Bestimmung der Philosophie im Deutschen Idealismus". Der Bestimmung des Idealismus in der Philosophie, des Weges, den der idealistische Ansatz über den Deutschen Idealismus hinaus in positiver Weiterführung und anders-anfänglicher Oberwindung durchlaufen hat, gelten seine seitherigen philosophischen Bemühungen. Die Herausgeber

INHALT

Marie-Luise von Kaschnitz: Für Werner Marx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Heribert Boeder: Das Verschiedene im "anderen Anfang" . . . . . . . . . . . .

3

Rüdiger Bubner: Strukturprobleme dialektischer Logik . . . . . . . . . . . . . . . .

36

Ulrich Claesges: Legalität und Moralität in Hegels Naturrechtsschrift. Zur Problematik der praktischen Philosophie im Deutschen Idealismus . . . . 53 Konrad Cramer: Bemerkungen zu Hegels Begriff vom Bewußtsein in der Einleitung zur Phänomenologie des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

Lester Embree: William James and Some Problems of Idealism ........ 101 Joseph P. Fell: Was Freud a Foliower of Kant? ...................... 116 Eugen Fink: Die Exposition des Weltproblems bei Giordano Bruno .... 127 Wemer Flach: Zum "Vorbegrifl" der Kleinen Logik Hegels .......... 133 Hans Friedrich Fulda: Husserls Wege zum Anfang einer transzendentalen Phänomenologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Hans-Georg Gadamer: Plato und Heidegger ........................ 166 Murray Greene: Hegel's Modem Teleology . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Ute Guzzoni: Zur Geschichte der Bestimmungsproblematik ............ 193 Dieter Henrich: Hegels Grundoperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Friedrich-Wilhelm von Herrmann: Fichte und Heidegger. Phänomenologische Anmerkungen zu ihren Grundstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Femando Inciarte: Transzendentalphilosophische und metaphysische Aspekte des Wahrheitsproblems ................................ 257 Fred Kersten: Heidegger and the History of "Platonism" .............. 272 Joseph L. Kockelmann: On the Meaning and Function of Experience in Husserl's Phenomenology . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

Bernhard Lakebrink: Aus Hegels Logik: Sein und Existenz ............ 318 Karl Löwith: Theorie und Praxis als philosophisches Problem . . . . . . . . . . 337 Helmuth Plessner: Kants Kunstsystem der encyklopädischen Propädeutik 349 Otto Pöggeler: Philosophie im Schatten Hölderlins .................. 361 Bernhard Rang: Repräsentation und Selbstgegebenheit. Die Aporie der Phänomenologie der Wahrnehmung in den Frühschriften Busserls .... 378 Ludwig Siep: Praktische Philosophie und Geschichte beim Jenaer Hegel .. 398 Werner von Simson: Die brauchbare Wahrheit ...................... 412 Karl Ulmer: Die zweifache Dialektik in der Entwicklung zur Freiheit bei Hegel ...................................................... 418 Reiner Wiehl: Seele und Bewußtsein. Zum Zusammenhang von Hegels "Anthropologie" und ,.Phänomenologie des Geistes" . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Richard Zaner: A-letheia and Ode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Register

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MARIE LUISE VON KASCHNITZ Für W erner Marx

Deine Schauplätze Jahreszahlen Deine grüne Stadt an der Ruhr Wo du aufwuchsest behütet Ein Mund voller Fragen von klein auf Nach Dir selbst Nach den Dingen Der Welt Wo du aufwuchsest unter den alten Zeichen Des Wahren Guten Schönen Die dir zerschlagen wurden auf der Netzhaut da lerntest du sehen. Wohin bist du Frager gegangen? Einen Steinwurf weit nach Israel Und mit welchem Gepäck? Mit der Arbeiterkiste nach Israel Und kamst mit dem Leben davon Mit dem Leben mit deiner Schwermut und bestandest die Wirklichkeit Ein Rechtsgelehrter Helfer der Vertriebenen Ein Denker im Exil. Wieviele Flüge über den Ozean Und Wege an weißen Stränden Long Islands Du erlaubtest dir nicht Philosophie Und Gedanken die in dir umgingen Jahrzehntelang, neue von Sein und Zeit Das du suchtest nicht fandest in Israel das alte prophetische Judentum Geht dir von den Lippen noch dann und wann Im Schwarzwald beim Geiersnest

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Marie Luise von Kaschnitz Ging einer hin und schrie nach Gerechtigkeit Ein Leben lang In der alten der neuen Welt Und suchte Heimat und fand Etwas Ähnliches noch Im Apfelgarten Im Blick übers Rheintal Auf die gewaltigen Untergänge Rote Wolken, der Sonne nach Und entdecktest die Sprache deine sie kam dir zurück ein Wunder Aufs Band gemurmelt in der Pferdelaube Unterm Trompetenstrauch Ein nüchternes Gloria Dei.

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HERIBERT BOEDER Das Verschiedene im "anderen Anfang" ,.Vernunft und Welt- Zwischen Tradition und anderem Anfang" -mit diesem Buchtitel bezeichnet Werner Marx das sein Oberlegen durchgängig bewegende ,.Dilemma": Auf der einen Seite das zu vollkommener Bestimmtheit gebrachte Wahre der Metaphysik, von dem die Kraft der Oberzeugung gewichen ist; auf der anderen Seite die Oberzeugung, die Philosophie bedürfe eines anderen Anfangs, diesem fehle es aber noch an Bestimmtheit und so auch an Deutlichkeit. Man möchte leicht darüber hinweggehen mit dem Einwurf: Ist dies mehr als das offene Eingeständnis einer Entscheidungslosigkeit der heutigen Philosophie? Nun- ob diese leichtfertige Frage weiß, wovon die Rede ist? I.

Die Seiten des Dilemmas: Die erste der Tradition ist ebenso die der Ver· nunft. Sofern diese ihre Bestimmtheit keinem anderen Wissen als dem der Metaphysik verdankt, ist die Tradition für deren Geschichte zu nehmen. Allerdings nicht wie sie der zerstreute und sogar zerstreuende Stoff der PhilosophieHistorie ist, sondern in der einen und so auch sammelnden Beziehung auf einen "anderen Anfang" - diesen mit Heidegger als den Anfang eines Denkens, des anderen zum metaphysischen Denken verstanden. Im Ganzen kommt dieses in den Blick, nicht wegen der Vollständigkeit seiner Entwicklung - sie wäre die des metaphysischen Wissens -, sondern aus der Beziehung des anderen Denkens auf das metaphysische. Sein Anfang ist nicht nur ein anderer, sondern der andere wegen des entgegensetzenden, ausschließenden Charakters dieser Beziehung. Erst und nur im Zurücktreten vor ihr - also im Blick auf "Heidegger und die Tradition" - greift das besagte Dilemma an. Dieses Zurücktreten will nicht dem Bedürfnis nach "Objektivität" und historischer ,.Gerechtigkeit" gegenüber der Tradition entgegenkommen; ein solches Bedürfnis will zwar befriedigt sein, ist aber nicht das der Philosophie. Es nimmt Heidegger für einen Interpreten der Tradition, gegen dessen Urteile über diese oder jene Philosophie etwas Wahrscheinlicheres vorgebracht werden kann. Da spielt die Erwägung, er habe sich durch eine vielleicht irrtümliche Interpretation des Gedankens älterer Philosophen zum Abstoß des metaphysischen Denkens bestimmen lassen.

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Heribert Boeder

Daß überhaupt der andere Anfang sich auf die Metaphysik beziehen oder Anfang eines anderen Denkens sein müsse - die Gewalt dieser Selbstverständlichkeit läßt die Unterschiede der "verweltlichten" Philosophie verfließen und dunkel, wie der andere Anfang erst in der Folge des Marxischen und Nietzscheschen Anders-denkens dazu bestimmt werden kann, Anfang des anderen zum metaphysischen Denken zu sein. II.

Im Zurücktreten vor Heideggers Beziehung zur Tradition erscheint ein Dilemma - allerdings nur dann, wenn das erste der Bezogenen ebenso festgehalten sein will wie das andere: Es greift nur an, wenn der andere Anfang als nötig anerkannt, wo nicht als notwendig durchschaut wird. Und die erste Seite? Was regt sich angesichts ihrer gegen die abstoßende Beziehung? Etwa diese oder jene mitgebrachte und in das Urteil einfallende Anhänglichkeit oder Vorliebe zur älteren Philosophie? Oder wird der Gedanke angesichts der Beziehung des anderen Anfangs auf die Metaphysik zum erstenmal zu der Vermutung gedrängt, diese könnte jenem etwas zu geben haben? Aber was denn? Etwa das Vorbild eines gründlichen und systematischen Denkens, das ein Wissen von allseitig durchgebildeter Bestimmtheit und Entschiedenheit erbringt? Doch was ist ein Wissen ohne die Dberzeugungskraft, mit der die Wahrheit für sich einnimmt? Aber wen oder was, wenn nicht eben jene Vernunft, deren Bestimmung sie der "Welt" des anderen Anfangs entgegengesetzt sein läßt? Nicht nur entgegengesetzt; vielmehr widersteht die wesentlich metaphysische Vernunft dieser Welt, verweigert ihr die Gegenwart. Wie sollte sie, in der Heidegger "die hartnäckigste Widersacherio des Denkens" gesehen hat (Holzwege, S. 247), Anlaß sein dürfen und können, vor der abstoßenden Beziehung auf die Tradition zurückzutreten? Hieße das nicht: sich auf ihre Seite schlagen und mit dem anderen Anfang das Ganze des Unterschieds aufgeben? Das besagte Dilemma wäre unecht und nur eine Dämpfung des Lärms um "die Zerstörung der Vernunft". Vielleicht ist nicht sehr deutlich, welcher Vernunft? Um daher kurz ihre metaphysische Bestimmung mit den nötigen Unterscheidungen aufzunehmen.

111. Vorab sei festgehalten: Anders als das im anderen Anfang beanspruchte Denken ist das Denken der Vernunft dem Wissen und letztlich der Wissenschaft eingelegt, auf die hin sie das "Vermögen der Principien" ist. Kein vorgefundenes, sondern ein durch und für die "Theorie" erbrachtes Vermögen. Welche Bestimmtheit bindet sein Denken in das Wissen ein? Man hört gerne der Sprache an: Wissen ist ein Gesehenhaben. Doch darin wird das Wissen als

Das Verschiedene im "anderen Anfang•

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wissenschaftliches noch nicht berührt - so wenig wie die Rede vom "Sehen" der Vernunft dessen Vernünftigkeit erkennen läßt. 1. Zu sehen und so auch zu wissen ist, was da ist: was erscheint, sich zeigt, anwesend ist. Sofern aber, was es zu wissen gibt und so auch zu sehen gilt, "Alles" ist, was da ist, dieses aber nie im Ganzen vor Augen liegt, muß dem vielerorts und jeweils Erscheinenden etwas Einheitgebendes angesehen werden. Soll eine solche Ansicht sich bewahrheiten lassen, muß es gezeigt werden können, und zwar als ein Erstes, das ebenso in seinem Unterscheiden wie in seinem Einheitgeben als Erstes sichtbar ist - nicht im Zuge einer Genealogie erdacht. c) Das Erste erscheint als die erste Seite des ersten Unterschiedes alles Erscheinenden, der bestimmt ist als Gegensatz. In ihm ist es das Ursprüngliche, sofern es die andere Seite von sich abscheidet. Das Erste ist aber ebenso und demzuvor das Ganze dieser unterscheidenden Beziehung, indem es, von den Entgegengesetzten und so auch vom Erscheinenden verschieden, sich als deren, wenn auch nur vorübergehender, Ausgleich zeigt. Es erscheint und zeigt sich wiederkehrend. b) Es erscheint und zeigt sich aber ständig, wenn es auf das Wissen von ihm hin bestimmt wird. Dieses Wissen ist vom gewöhnlichen verschieden, steht aber nicht in einer ausschließenden, sondern übergänglichen Beziehung zu ihm. Dementsprechend ist das Erste das Eine, das sich, weil mit seinem Gegenteil vereinbar, im Erscheinenden - im Ganzen wie im einzelnen - als proportionaler Ausgleich zeigt. Er ist der KOSMOS, der zur Unterscheidung des Wissens, zur Reinigung des Sehens, zur Bildung des Erkennens und zur Abgrenzung der Seele anregt. Das Erste erscheint nicht, aber zeigt sich am Erscheinenden als dessen Leben. a) Das Erste oder Eine erscheint und erscheint nicht, zeigt sich und zeigt sich nicht, ist zuerst von Allem abgeschieden und als solches in der Weise der ausgleichenden Kenntnis bei Allem und in diesem Sinne ein ständig Anwesendes. Hier ist alle Verschiedenheit zur Bestimmtheit der Entgegensetzung durchgebildet: Das Eine ist nicht nur die erste Seite im Gegensatz alles Erscheinenden, nicht nur die ausgleichende Proportion der Entgegengesetzten, sondern in seinem Ausgleichen, im KOSMOS des Wechsels, selber gegensätzlich bestimmt. Dies anerkennen heißt: Vernunft haben, nicht nur Seele. A. Und was heißt: Vernunft sein? Nicht mehr: aufmerksam oder anwesend sein bei dem selbst anwesenden Einen, sondern in diesem als dem einzigen Wahren sein. Dies schließt mit dem Erscheinenden auch den Gegensatz des Sieh-zeigens und sich Sich-verbergens des Einen von der Anwesenheit aus, nimmt ihn zurück in die einfache und notwendige Geschiedenheit von "wie es ist" und "wie es nicht ist". Die Tätigkeit der Vernunft ist in der kritischen Eigenart des "Seienden" zu Hause, erlaßt hier ihre Bestimmung, um sie fortan in der Weise der Selbstbestimmung auszutragen. Eingekehrt in die Abgeschiedenheit der Kenntnis des Einen ist das Einsehen von der Wahrheit selbst einge-

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Heribert Boeder

nommen und im Ausgleich mit dem, was notwendig wahr ist, ist deshalb unerschütterlich in der Anerkennung- anders als die Auffassungen, die der Wahrheit nicht entgegengesetzt, sondern äußerlich sind, wegen ihrer Widersprüchlichkeit. Indem der Ausgleich des Ersten von Allem an die Bestimmung der reinen Einsicht übergegangen ist, das Einsehen an der kritischen Eigenart des "Seien· den" seinen Grund hat, ist die Gegenwart die der Theorie geworden. B. Wenn auch die Einsicht schlechthin verschieden von den Auffassungen ist, bleibt doch ihr Grund auf diese bezogen; denn die Widersprüchlichkeit dieses Äußerlichen läßt sich auflösen; die Auffassungen lassen sich über ihre Begründung auf die Einsicht beziehen, sind nämlich schon, wiewohl verschieden von dem wahrhaft Begründeten, auf den Grund der Einsicht bezogen, mit ihm vereinbar. Ihr Unterscheidungsgrund ist nämlich ein sich selbst gleich Bleibendes, letztlich die Einfachheit des Einen. Er ist aber ebenso ihr Beziehungsgrund; indem er nämlich, verschiedengestaltig, an jeglichem, was Sache der Auffassung ist, vorkommt, auch noch in der Zerstreuung dazu anhält, auf das Wahre einzugehen, jegliche Entscheidung an das schon entschieden Wahre zu binden, ist er in höchster Allgemeinheit das Gute selbst. C. In dem Schnitt, der die Selbstbestimmung der Vernunft freigibt, ist die Gerechtigkeit oder die "Gleichheit des Geschicks" der gegensätzlich Erscheinenden in das einfache Geschick zurückgegangen, welches das Seiende, das den ganzen Unterschied der Wahrheit macht, in die vollkommene Gleichheit mit ihm selbst bindet. Das Einsehen ist "im" Seienden und ist da die Beziehung auf die Notwendigkeit des Unterschieds, an der es seine Bestimmung hat. Sie ist es, was in einem zweiten Schritt die Bestimmtheit des Guten annimmt, um in einem dritten Schritt mit der Wirklichkeit des Einsehens zur Gleichheit zu kommen - derart, daß die Bestimmung des Einsehens nicht nur in ihrer allgemeinen Bestimmtheit ansichtig wird, sondern als Einzelnes von eben dieser Bestimmtheit da ist. Es sieht sich selbst als das Beste und ist so von ihm selbst angeblickt: sieht in seiner Bestimmung sein Gesicht. Das ist die vollkommene THEORIA. Hier ist dem Einsehen seine Bestimmung derart durchsichtig geworden, daß es an ihr den Anlaß sieht, bei sich zu bleiben. Erst so ist die Vernunft als etwas von eigener Wirklichkeit erkannt. Wenn sie zunächst als Einsehen in ihrer Bestimmung geborgen war, so ist sie schließlich mit der vollkommenen Durchsichtigkeit dieser Bestimmung in ihr selbst geborgen. Ihr Tun ist ausgeglichen, wo sie nicht nur bei ihrer Bestimmung als einem auf sie bezogenen Bestimmten ist, sondern selber dessen Bestimmtheit erfüllt. 2. In der zur vollkommenen Identität mit ihrer Bestimmung entwickelten Vernunft ist nichts als sie selbst für sie da, und sie ist nur bei sich selbst. Sofern aber alles, was nicht sie selbst ist, auf sie als Erstes bezogen ist, tritt eine Ungleichheit ein, welche die Vernunft einer Bestimmung übergibt, die sie nicht mehr in der Entwicklung der Identität, sondern des Unterschiedes erfüllt. (c) Diese Vernunft erkennt, bezieht sich zunächst auf ein ihr äußerlich Gegebenes,

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um von diesem ihrem "dogmatischen" Beginn über (b) eine skeptische Phasedie selber noch äußerliche "Obereinstimmung" der Erkenntnis mit der Sache - zu (a) dem "gnostischen" Resultat zu gelangen, daß sie selbst ein Äußerliches im Sinne des Entäußerten ist. A. Wieder beginnt ihre eigentliche Selbstbestimmung mit einem Schnitt, in- . dem sie sich selbst zur Gesamtheit des Äußeren bestimmt. Wie das? Alles ist Äußerung eines von ihm schlechthin verschiedenen Ursprungs. Schlechthin, weil auf das reine Unterscheiden, auf den Unterschied des Unterschiedslosen und Unterschiedenen hin. Dieses ist von seinem Ursprung verschieden: das Sein - in ihm selbst verschieden: das Seiende oder das All der die Sachen unterscheidenden Bestimmtheiten -, gewendet in die Beziehung auf den Ursprung: die "Vernunft" als das Seiende reichster Bestimmtheit und das Erste in der Vermittlung von Einheit zu den an Bestimmtheit ärmeren Stufen. Die Tätigkeit dieser Vernunft des Unterschiedes ist nicht so sehr das Einsehen als vielmehr das Erinnern - nicht zu verwechseln mit dem Behalten. Wie das Sein als Äußerung ein Hinausgehen ist, so ist das Denken ein Insichgehen - nicht nur zum Bei-sich-Sein, sondern zum Ober-sich-hinaus-Sein -, Rückkehr in den Ursprung, den die Vernunft in der Erkenntnis ihres eigenen GegebenSeins als ihren Grund erstrebt. An ihn als den erstrebten hält sich die Vernunft bei ihrer zweiten Bewegung der Selbstbestimmung. Ihre Theorie ist "Spekulation". B. Deren zweiter Schritt läßt auch das jenseitige Eine in ansprechender Bestimmtheit hervortreten, und zwar in der Offenbarung seiner selbst. Sie ist aber ein in seinem Dasein ebenso abstoßendes wie anziehendes "Wort" -derart, daß die nun wesentlich vereinzelte und "seelische" Vernunft sich in ihrem eigenen Gegeben-Sein unterscheiden muß: sie ist entweder "natürliche" und eigens verdunkelte oder vom Licht der Offenbarung erleuchtete Vernunft. Das eine wie das andere trifft sie als fremde Vorbestimmung. So geht der die ganze zweite Bewegung beherrschende Unterschied ins Äußerste. Dennoch - eben daraufhin nimmt auch die erste Seite des Unterschiedes, nämlich das Unterschiedslose, sozusagen Vernunft an, jedoch derart, daß die Vernünftigkeit ein Prädikat bleibt, das die Tätigkeit seines Subjekts nie erschöpfend ausdrückt. Dies schon deshalb nicht, weil die Vernunft als solche nichts gibt. Es ist aber das Geben im Sinne der Offenbarung, was in dem wesentlich Unterschiedslosen die trinitarische Unterscheidung erbringt. Und nur auf das Geben der Offenbarung hin, dieses bestimmten Grundes der Rückkehr und Erinnerung, wird aus dem Geben des Ursprungs ein Erschaffen von Allem aus Wissen, Wille und Macht. Daß sie weder in sich noch bei sich ist, weiß die natürliche Vernunft nicht; sie täuscht sich mit der Oberzeugung von ihrer Selbständigkeit. C. Der dritte Schritt aber zeigt: der Schein der Selbständigkeit ist kein bloßer Schein; denn das Licht der Offenbarung leuchtet nur dem Erinnern, das bereits Erkennen, vom "natürlichen Licht" erhellt ist - um so mehr als dieses dem-

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Heribert Boeder

selben Grunde entstammt. Die Zustimmung zum Geoffenbarten ist nicht nur vereinbar mit dem, was sich aus natürlicher Vernunft erkennen läßt, sondern hat an diesem die durch das sich Offenbarende selber erbrachte Voraussetzung: die Natur als geschaffene. An der Offenbarung selbst macht sich diese Vernunft als die "natürliche" Form der Lehre und Wissenschaft oder als die "Ordnung" ihrer Darstellung geltend. Auf diese Weise ist das Erkennen der natürlichen Vernunft Arbeit, die ihm ebenso seine Selbständigkeit bezeugt wie seine Geborgenheit im geoffenbarten Wissen erbringt. Den Anfang seiner Darstellung nimmt sie nämlich bei dem sich Offenbarenden selbst, sofern es für sie - aus ihrem eigenen Lichte beweisbar - da ist. Deshalb wird ihr Streben nach diesem Wesen oder ihr Dabeisein bei ihm als schlechthin Verschiedenem für sie selbst von der natürlichen Bestimmtheit des Strebens her durchsichtig. So ist sie in sich und bei sich - auch unter der Maßgabe des Unterschieds. 3. Wird dieser jedoch als Unterschied im Lichte der einen Vernunft betrachtet, zeigt er für sie eine Ungleichheit, sozusagen eine Ungerechtigkeit: als natürliche kommt die Vernunft in der natürlichen Theologie zu einer Gewißheit, die ihr in der natürlichen Philosophie oder der Natur-Wissenschaft und also in ihrem eigenen Reiche fehlt. Sie wendet sich von dem Unterschied des jenseitigen Ersten dem Widerspruch in ihrer Natürlichkeit zu. Seine vorläufige Entwicklung findet der Widerspruch, indem (c) die natürliche Vernunft die Natur als einen ihr nicht nur äußeren, sondern gegen sie selbst bestimmten Gegenstand entwirft. So bleibt die Vernunft allerdings die des Bewußtseins, auch wenn das, was der Gegenstand "an sich" und also in Wahrheit ist, von dem, was ihn als äußerlichen bestimmen läßt, übergeht an (b) die einheitliche Substanz des Innerlichen und Äußerlichen und weiter (a) an den innerlichen und selber verständigen Grund jedes einzelnen Gegenstandes. A. Erst die Fortbestimmung des Bewußtseins zum Selbstbewußtsein erbringt den Schnitt, mit dem die dritte Bewegung der sich selbst bestimmenden Vernunft einsetzt. Er schneidet die Betrachtung dessen, was der (Natur-)Gegenstand an sich oder in sich ist, mit der Gewißheit ab, daß die natürliche Vernunft selber in sich als in ihrem Grunde ist, und zwar derart, daß ihre Natürlichkeit nach dieser Seite keine verendlichende Bestimmung mehr ist. Denn: Die Vernunft erschließt das in ihrem eigenen Wesen beschlossene Sein. Als solches ist es kein Gegeben-Sein, sondern Gesetzt-Sein, mit ihrem Wesen als wahr gesetzt. Solange sie sich in einem Gegebenen vorstellt, ist sie in einem Ganzen, das ein Anderes zu ihr ist- sei es die Seele, die Welt oder Gott. Und wie ist sie in ihr selbst? Was ist dieses Wesen? Es kann seine Bestimmtheit nur an ihrer Tätigkeit haben, an ihrem Setzen von etwas als wahr. Und wie ist dieses seinerseits bestimmt? Wie legt es sich auseinander? Die aus ihrer Natürlichkeit her wesentlich vorstellende Vernunft hat es als solche mit dem zu tun, was in ihr ist, und zwar in dem Sinne, daß es letztlich ganz in ihrer Macht steht, von dem sie zuvor wollen kann, es sei wahr, und

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dessentwegen sie erstlieh selber das Gebende dessen ist, was es zu wissen gibt. Das Wesen der Vernunft- sie muß in ihm sein und ihr Sein, will sagen: die soeben bestimmte Tätigkeit muß aus ihm folgen- ist die Vorstellung oder Idee einer unvorstellbaren, aber von ihr notwendig vorauszusetzenden "Totalität", die ein Absolutes ist. Da aber die Vernunft in diesem Absoluten von sich her anfangend tätig, freier Wille ist, ist die "Vorstellung" von ihrem Wesen die Idee der Freiheit. Sie ist der Begriff, dessen vollständige Entwicklung ihre Tätigkeit ist; als bestimmte, ist sie unterschiedene: diese Praxis legt sich auseinander in die moralische und die theoretische als die andere zum unterschiedslos freien oder unbedingten Setzen. Und das bedingte Setzen? Es zeigt, daß und wie diese Vernunft nur erst die des Selbstbewußtseins ist: Gerade als theoretische und also in der ihr eigenen Gegenwart ist sie die andere, weil bezogen auf ein von ihr verschiedenes Begreifen (des Verstandes), das seinerseits auf ein von ihm verschiedenes Vorstellen, nämlich die Anschauung angewiesen ist, die wiederum abhängt von etwas nicht Vorstellungshaftem: von einem Material und also von etwas Gegebenem. Die Vernunft ist über den Verstand mit der Sinnlichkeit zusammengeschlossen, aber nur wegen der Unterscheidung des Begreifens, das als verständiges durch einen gegebenen Anstoß seiner Tätigkeit bedingt ist. Auf diese Weise wird die Vernunft an ihre Natürlichkeit erinnert und ist sich ihrer als die Vernunft eines Wesens bewußt, das auch Sinnenwesen ist. Dies bestimmt ihre Tätigkeit dazu, schließend zu sein. In welchem Sinne? Die Vernunft ist sich ihres absolut freiheitlichen Wesens gewiß. Wie aber bewahrheitet sie ihre Gewißheit, wenn sie nicht selber ohne Rücksicht auf anderes geben kann, was es zu wissen gibt? Wenn die ganze Gegenwart der Theorie auf das Feld der Natur beschränkt ist, in dem das Begreifen zwar selbständig, aber nicht frei ist? Wie sollte überhaupt das, was da ist, Dasein ihres Wesens sein können oder dessen, was sein soll im Sinne ihrer Selbstgesetzgebung? Die Vernunft kann nur wollen, daß ihr Wesen da sei; und sie muß dieses Dasein als Folge und Äußerung ihres Wesens wollen. Diese Folge kann aber nicht nur nicht unmittelbar für sie erscheinen; vielmehr schließt ihre ganze Theorie die Erkenntnis und also Bewahrheitung einer solchen Folge insofern aus, als das daseiende Wesen der Vernunft oder der Geist kein Gegenstand der Erfahrung sein kann. Nicht nur muß das Wesen der Vernunft oder die Freiheit mit ihrem Dasein eigens zusammengeschlossen werden; die Mitte des Schlusses muß überdies die Natur sein, und diese ist nur dann keine unmögliche Mitte, wenn sie dahin bestimmt wird, nicht die Natur der Dinge an sich selbst betrachtet zu sein, sondern der Erscheinungen. Die Theorie erbringt keine andere Wahrheit zu der Gewißheit des Frei-Seins als diese: Freiheit ist nicht unmöglich. Eben dies ist der zureichende Grund des Selbstbewußtseins der Vernunft: Sie ist frei, sich als freie Vernunft an-

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Heribert Boeder

zuerkennen, die Freiheit als ihr Wesen zu behaupten, tätig zu sein in der Weise der Selbstgesetzgebung. B. Dies wäre ausgeschlossen, wenn die ganze Theorie dieser Vernunft die Erkenntnis der Natur wäre und nicht demzuvor die Erkenntnis dieser Erkenntnis mit der Unterscheidung des Gegenstandes in Ding an sich selbst betrachtet und Erscheinung. Diese Erkenntnis ist selbst eine Tat der Freiheit. Und mit dieser Tat hat es der zweite Schritt in der dritten Bewegung der Vernunft zu tun. Er zeigt: Der Grund, in dem die Vernunft als dem ihren ist, kann nicht nur kein anderes Sein einschließen als ihre Tätigkeit; vielmehr ist dieses Sein alle Realität. Dies verlangt den Nachweis dafür, daß nichts gegeben ist, was nicht von ihr gesetzt wäre. Das in der Empfindung gegebene Material der Anschauung ist nichts anderes als der Anstoß, mit dem sich die Vernunft selber zur vorstellenden Tätigkeit oder dazu bestimmt, sich gegen ein Anderes ihrer selbst einzuschränken. Das ist aber nur möglich, sofern das Wesen der Vernunft oder die Freiheit die Bestimmtheit ihres Seins oder ihrer Tätigkeit annimmt - zwar nicht das Vorstellen, wohl aber das Setzen - sichtbar an der zu einem Urteil entwickelten Idee der Freiheit, das nämlich die erste Gewißheit über das Setzen ausdrückt: das Setzen des Unterschiedslosen- ohne Entgegensetzen, das gegenstandslose Setzen. Hat diese aus dem Selbstbewußtsein zur Vernunft gekommene Vernunft die Erinnerung an die Natürlichkeit ihres Lichtes getilgt? Wohl im Sinne jener Mitte des Schlusses, welche die Natur war- sein Erstes war die Methode als erkannte. Aber auch hier muß das Wesen der Vernunft in ihrer Theorie eigens mit seinem Dasein zusammengeschlossen werden. Die zusammenschließende Erkenntnis ist hier das sich entwickelnde Bewußtsein des Systems der ursprünglichen Tätigkeiten des Geistes. Im System der Grundsätze der Wissenschaft tritt es als die vollständig entwickelte Gewißheit über das Wesen der Vernunft auf. Wie sie aber als vorstellend tätige, als theoretische, in diesem Wesen ist, diese Erörterung muß insofern an die Natürlichkeit ihres Lichtes erinnern, als sich der Unterschied von Sein und Sollen für das Vorstellen beständig erneuert, und zwar in der zu immer höherer Bestimmtheit treibenden Vorstellung des Ideals. Die in die Gleichheit mit ihrem Grunde zurückkehrende Vernunft- hinausgegangen ist sie als sinnliche und also vorstellende - ist der Geist. Auf ihn hin bestimmt sich die - als Ideal jeweils ansprechende - Tätigkeit des absoluten Grundes als Streben. Es wirkt von ihm selbst her als die unablässige Forderung der Gleichheit dessen, was die Vernunft vorstellend realisiert, mit dem absoluten Grunde eben dieser Vorstellung. Der Geist der Praxis oder des Widerspruchs von Bestimmtwerden und Bestimmen ist die Mitte desjenigen Schlusses, der die "Natur" als erbrachte Voraussetzung mit dem "Logischen" zusammenschließt, das sich aus der Gewißheit der Freiheit zur absoluten Tätigkeit des Grundes der Vernunft bestimmt hat.

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C. Von hier ist der dritte Schritt bereits in seine Aufgabe eingewiesen: Das "Logische" selbst zur Mitte des Schlusses zu bestimmen, in dem die Vernunft die Gleichheit mit ihrem Grunde als ein ebenso Bei-sich-Bleiben wie In-sichSein erreicht. Dies aber nur, indem offenbar wird: nicht ist der Grund der Grund der Vernunft, sondern: die Vernunft ist die Vernunft des Grundes. Das bedeutet aber ihre Auflösung als eine Gestalt des Bewußtseins und so auch des Vorstellens von Gegenständen und sei ihr Gegenstand nur noch das ersehnte Absolute, das sie als ihren Grund weiß. Für das Streben als auf das Vorstellen bezogene absolute Tätigkeit des Grundes hatte der Gegenstand bereits die Bedeutung des Widerstandes. Aus der verwandelten Bestimmung des Verhältnisses von Vernunft und Grund her - deren Gleichheit im Sinne der Wechselseitigkeit ihrer absoluten Wirklichkeit - erweist sich der Widerstand als der einzige der vorstellenden Tätigkeit überhaupt oder des "natürlichen Bewußtseins". Im Vorblick auf die weitere Untersuchung sei betont: nicht der Abstoß, sondern allein die Erschöpfungs-Geschichte der Erfahrung des widerständigen Bewußtseins gibt in ihrem Resultat frei, wem es sich widersetzt: das absolute Wissen. In der Endlosigkeit des zerstreuten sinnlichen Vorstellens und in der Unendlichkeit des auf seinen Grund gesammelten Vorstellens schlägt der Begriff durch und spannt diese Enden zusammen in den Beweis, daß die erscheinenden Inhalte des Vorstellens endlich sind und sich erschöpfen lassen. Das freigesetzte absolute Wissen realisiert, bestimmt sich in einer gedoppelten Sphäre: derjenigen, die es nur mit der Mitte des besagten Schlusses zu tun hat; das ist die Sphäre des reinen Begriffs und bestimmt: der absoluten Idee, und aus ihr her in derjenigen, welche die der philosophischen Wissenschaften ist und bestimmt: der Idee der Philosophie. Die Vernunft ist in sich als in ihrem Grunde, in den sie zurückgegangen ist - aus dem Vorstellen in das Begreifen. Die Vernunft ist ebenso bei sich wie zurückgekehrt in die beseligende Anschauung der vollbrachten Ausbildung des Systems der Wissenschaft als des Systems der gewußten Wirklichkeit. Sie hat nämlich die Totalität der Natur, der physischen wie der geistigen, derart durchdrungen, daß sie die Gewißheit, alle Realität und so auch Bestimmtheit zu sein in der vollendeten Arbeit des Bestimmens bewahrheitet hat. Die Bewegung durch die erste und die andere Sphäre des Wahren der vollendeten Theorie ist in dem bekannten Distichon zusammengezogen: Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig. Die Wissenschaft konnte bewahrheiten: nicht nur, daß Freiheit nicht unmöglich ist, nicht nur, daß Freiheit möglich ist, sondern daß die Wirklichkeit selbst frei, weil begriffen ist.

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Ist das selbst noch ein widerständiger Gedanke? Jedenfalls ist er der anstößigste gewesen. In ihm scheint sich die Gegenwart mit der Vernunft gestoßen zu haben. IV. Für die Masse der tonangebenden Äußerungen zur Metaphysik ist jener Anstoß schon längst zu der Oberzeugung verarbeitet: hier ist die Unglaubwürdigkeit aller Metaphysik unmittelbar zu empfinden. Dementsprechend läßt die gegebene Unterscheidung und Entwicklung ihrer Vernunft nur noch entgegnen: Na und? Sie ist eine Ansicht ohne Folge, weil ohne Gehalt; denn den hat die Philosophie auf der Seite der Welt und ihrer Veränderlichkeit zu suchen. Oder sollte man mit der sich wissenden Vernunft dagegen halten, daß "Welt" "überhaupt die formlose Totalität der Mannigfaltigkeit ausdrückt" (Hegel, Wissenschaft der Logik, EA I, 2, S. 185); und weiter, daß die Veränderlichkeit nur die äußerlichste unter den Bestimmungen der äußerlichen und gegen den Begriff gleichgültig scheinenden Objektivität ist (ebd. II, S. 273)? Aufseiten der Welt hat es mit dem besagten Dilemma von Tradition und anderem Anfang keine Not; statt dessen mit den vielfältigen Problemen, welche ihre Veränderlichkeit mit sich bringt; deren erstes ist die Interpretation der bereits eingetretenen Veränderungen; denn sie muß sich selber als eine anders gewordene, nicht mehr metaphysische erweisen. Mit der Unterstellung, auch die Metaphysik habe die Welt interpretiert- allerdings aus der "Anmaßung" einer Philosophie, die sich als Selbstzweck verstand. Wozu anderer Anfang? Hat nicht die Welt schon anders angefangen, seit die Metaphysik am Ende ist? Welchen Sinn hätte die Beschäftigung mit der Tradition, wenn nicht den, das ganze Ausmaß der eingetretenen Veränderungen und die dem Menschen anheimgestellte Veränderlichkeit seiner Welt zu zeigen? Da ist man besorgt um die Zukunft der Menschheit, nimmt teil am heutigen Geschehen und fragt womöglich: Was tun? Ist man doch mit seiner Sorge in Gesellschaft. Dagegen mag es scheinen: In dem besagten Dilemma hat es die Philosophie immer noch mit ihr selbst zu tun. In der Tat - selbst dann, wenn der "cornutus" von Tradition und anderem Anfang die Einheit der Philosophie nur noch am Schädelknochen sehen läßt.

V. Was war der Anstoß im anstößigsten Gedanken der Metaphysik? Daß im Grunde die Vernunft selber sich Alles zu wissen gibt und samt diesem im System der Wissenschaft geborgen ist. Da ist die "Widersacherio des Denkens", ist die "seit Jahrhunderten", also in der Neuzeit, "verherrlichte Vernunft"; sie schien die Herrlichkeit zu beanspruchen und zu erreichen, die vormals dem anderen Licht zum natürlichen, dem lumen gloriae zugesprochen wurde. Und

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wem schien das so? Wem die Herrlichkeit ausblieb und mit ihr die Geborgenheit alles Seinigen - dem Menschen und seinen Fürsprechern. Ein Schein, der seinen Grund hat. Um ihn zu erfahren, sei wenigstens in einigem ein "Gespräch" mitgehört, in dem sich Heidegger - der Verfasser jenes Urteils über die Vernunft- mit Hegel- dem Verfasser des anstößigsten Gedankens eben dieser Vernunft- fand. Nur an der Sache des Denkens beweist sich, was es mit jener Widersacherio auf sich hat. An der "Sache des Denkens"? Sogleich meldet sich als Vorbehalt, was bereits erwähnt wurde: Die Sache der Metaphysik war im Wesentlichen eine Sache des Wissens und der Wissenschaft und nur deshalb des Denkens. Schon in ihrer ersten Krise und mit ihrem wahren Anfang (Parmenides) hat die Metaphysik dieses Denken eigens vom Andenken und Vordenken des Gedächtnisses abgeschnitten und nur dadurch die Selbstbestimmung der Vernunft auf den Weg gebracht. Soll dies bedeuten: Heidegger versieht sich von vornherein an der Sache Hegels, weil der Metaphysik? Keineswegs. Wie sollte das Gespräch mit einem Toten geführt werden, weil zu einer Sache, die nicht einmal als unterschiedene da ist? Wie sollte sie für Heidegger da sein, wenn nicht in der Gegenwart des anderen Anfangs? Nur die Bestimmung und Unterscheidung der Sache seines Denkens zieht die Sache der Metaphysik in die einzige Gegenwart der Philosophie - nicht als einen historisch vorgefundenen Gegenstand vormaliger, eventuell aktualisierbarer Interessen, sondern als eine Sache, die das Denken des anderen Anfangs letztlich zur Unterscheidung der eigenen Sache braucht. Heideggers "Gespräch" fällt nicht unter die natürlichen Versuche, "sich" mit Hegel oder irgendwelchen anderen Positionen der Metaphysik auseinanderzusetzen; sie bringen - was die wesentlich gegenwärtige Philosophie anlangt deren Sache nur ins Gerede. Und wo steht dann der erwähnte Vorbehalt? Als solcher steht er zur Auflösung an. VI. Was ist für die Metaphysik und mit ihr für Hegel die Sache des Denkens? Das Sein des Seienden. Heidegger weiß, daß die geforderte Unterscheidung eine bestimmtere Auskunft verlangt wie sie der Titel des Gesprächs ankündigt: "Die ontotheologische Verfassung der Metaphysik". Schon Feuerbach kehrte mit dem Namen "Ontotheologie" das Anstößige in der Metaphysik hervor, ohne jedoch ihrer "Verfassung" und so auch der hier angesprochenen Zwiefalt auf den Grund zu gehen. Die Sache der Metaphysik ist das Seiende als solches im Allgemeinen und im Höchsten (S. 58). Die Einheit dieses Zwiefältigen, das Sein des Seienden, blieb über der Bestimmung des Seienden als solchen "vergessen". Das metaphysische Denken hat sich von dem Ursprung seiner Sache abgekehrt. Entsprechend ist in der Umkehr des anderen Anfangs das Sein das nächste "Ungedachte, von dem her das Gedachte seinen Wesensraum empfängt. Aber das

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schon Gedachte erst bereitet das noch Ungedachte, das immer neu in seinen Oberfluß einkehrt" (S. 44) -in den Oberfluß der Quelle, von der es ausgeht, ohne ihm entgehen zu können. Als Onto-theo-logie bereitet die Metaphysik selber dem Gedächtnis die Sache, das "Strittige": das Sein in der "Differenz zwischen dem Sein und dem Seienden" (S. 46). Sie ist der Wesensraum, "in dem" das schon Gedachte da ist und den eine "Erörterung" erst noch zu erschließen hat - in der Umkehr aus der Vergessenheit der Differenz über deren anfängliche Verhüllung zur Verbergung als der "Quelle dieses ganzen Denkens", die "ihm überhaupt den Bezirk seines Aufenthaltes bereitstellt" - ihm, man möchte sagen: dem gewohnten Denken. Schon dieses wenige läßt in die Augen springen: Die Umkehr des Denkens wendet sich seinem Worinneo zu. Die Vergessenheit seiner Sache ist in einer anfänglichen Verhüllung beschlossen und diese ihrerseits in der ursprünglichen Verbergung. Demnach hat der Rückgang seine Vorzeichnung an nichts anderem als dem "Wesen der Wahrheit". Wie das Sein gegenüber dem Seienden als solchen, so ist die Unverborgenheit gegenüber der Wahrheit das Nächste des Ungedachten. Dem entsprechend blickt das Denken nicht mehr auf den selber wahren Grund des Wahren und so auch des Wissens, sondern ist besorgt um den Ursprung der Wahrheit aus dem, was sie nicht ist: um das Entspringen der Unverborgenheit aus der Verbergung, also aus ihrem Anderen, auf das hin sie eigentlich selber das Andere ist. Dies läßt nach der Beziehung auf das Erste zu ihm fragen und nach dem Grund, der selber diese Beziehung ist: Grund der Differenz von Sein und Seiendem. Heidegger jedoch läßt sich dazu nicht verleiten, bleibt in der Gegenwendung eines vom Sein geschiedenen Denkens, die ihn, wie schon die "UDverborgenheit", bei dem anfänglichen Namen des Unterschieds aufhorchen läßt; denn er hat erfahren: Das Erste in dem der Sache nach früheren Unterschied von Sein und Seiendem als solchem ist der "Austrag": die Einheit des Sieh-zeigens des Seins und des Erscheinens des Seienden als solchen: "Sein geht über (das) hin, kommt entbergend über (das), was durch solche Uberkommnis erst als von sich her Unverborgenes ankommt. Ankunft heißt: sich bergen in Unverborgenheit: also geborgen anwähren: Seiendes sein. Sein zeigt sich als die entbergende Uberkommnis. Seiendes als solches erscheint in der Weise der in die Unverborgenheit sich bergenden Ankunft." (S. 62)

VII. An dieser Stelle wird die Empörung über unverständliche Reden kaum mehr an sich halten können und -gelinde gesagt - die Grenze des Zurnutbaren überschritten sehen. Auch wenn das Zitierte in seinen Zusammenhang, in den Gedankengang des Vortrags zurückgestellt würde, bliebe jene Empfindung nicht aus. Ist sie doch auch nicht ausgeblieben und wie oft schon laut geworden.

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Die Beschwerde über die Unverständlichkeit dieser und jener Philosophie ist eine alte Ubung und man brauchte nur an Fichtes kurze und bündige Antwort in der "Vorerinnerung" zur "Ersten Einleitung in die Wissenschaftslehre" zu erinnern, wenn nicht in der Tat die Sprache Heideggers von derjenigen der Metaphysik verschieden wäre. Die Absonderlichkeit des Sagens kann nicht die Anstößigkeit einer Manier haben, wenn man ein Ohr dafür hat, wie der Gedanke Heideggers gesammelt ist und wo nötig mit Bedacht absonderlich, wenn anders der Gedanke an die Differenz des Seins und des Seienden als solchen einen Unterschied macht in der Sache des Denkens und so auch des Sagens. Was aber die Grenze des philosophisch Zurnutbaren anlangt, so wäre die Empfindlichkeit für sie eher diesseits des gesammelten Gedankens zu pflegen gegen die Zerstreuungen der Gelehrsamkeit und des Dilettierens mit dem, was Sache anderer Wissenschaften ist. Die vollständige Zerstreuung des Gedankens spricht sich in der Weise der Faselei aus. Sie ist nicht einerlei mit der Gedankenlosigkeit des Geredes, da sie anders als dieses die Sprache selber angreift; nicht von ungefähr bedient sie sich ausgerechnet einer auf Eindeutigkeit angelegten wissenschaftlichen Terminologie und bringt gerade sie zu Wortattrappen herunter, mit denen bloß gefuchtelt wird. Auch darin ist aber die Sprache noch "kommunikativ", findet sie ihre Recipienten. So verteilt sich das "Verständliche" an mancherlei Verstand. VIII. Die Empfindung der Unverständlichkeit des Zitierten muß aber nicht bei ihr selbst verharren; sie kann sich dem Gesagten zuwenden mit dem Versuch, es in schon Bekanntes zu übersetzen. Da hilft die historische Gelehrsamkeit. Und was kann sie hier zur Erklärung beibringen, wo die Metaphysik nichts zu sagen haben soll? Auch wenn eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Grenze zum vormetaphysischen Denken herrscht - vor Platon oder vor Parmenides oder vor Anaximander? -: was hier zum Vergleich einfällt, sind die Anfänge der hesiodischen "Theogonie", deren "allererster" das "Chaos" ist: die Offnung. Und es wäre nicht schwierig, "Uberkommnis" und "Ankunft" in die theogonische Erzählung zurückzutragen. Derartiges Erklären erweist sich für die Philosophie als Ausflucht vor dem notwendigen Anspruch des Gedankens, hier und jetzt und wie gesagt im Klaren zu sein. Schon deshalb schärft Heidegger ein: die Zuwendung zu dem Ursprung der Metaphysik ist kein "historischer Rückgang zu den frühesten Denkern der abendländischen Philosophie"; denn in Wahrheit ist "der Schritt zurück aus der Metaphysik, von der Gegenwart her gesehen und aus dem Einblick in sie übernommen, der Schritt aus der Technologie und technologischen Beschreibung und Deutung des Zeitalters in das erst zu denkende Wesen der modernen Technik." (S. 48)

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Die Gegenwart - das ist kein wechselnder und auswechselbarer Gesichtspunkt, kein selber gesichtsloser Horizont. Ihr Gesicht ist von der modernen Technik geprägt. Dies fällt in die Augen und läßt deshalb leicht die Zugehörigkeit dieses Gesichts zur Gegenwart der "Theorie" und deshalb zu dem Einblick übersehen, der von einem erst zu denkenden Wesen betroffen ist, sich in Bedrängnis findet und sich so bei der Sache des Denkens weiß (vgl. S. 37). Nur ihm fällt auf, wie die Beschreibung und Deutung des Zeitalters selber noch technisch ist im Sinne einer "Technologie", die allerdings nicht im Verband der technischen Disciplinen zu suchen ist, sondern im Dunstkreis der verwesten Kunst, Religion und Philosophie - diese als Gestalten des metaphysischen Wissens verstanden. Eben daraufhin spricht Heidegger auch von der Techno· logie als der "Metaphysik des Atomzeitalters" (S. 48). Die landläufigen Beschreibungen und Deutungen des Zeitalters, die Interpretationen der veränderten und sich verändernden Welt lassen zwar mancher· Iei Bedrängnis empfinden, indem sie vorgeben, es mit etwas an ihm selbst Undurchsichtigen zu tun zu haben. Dabei sind sie blicklos, erzeugen den Schein des Unterschiedes ihrer selbst von dem, was sie interpretieren, durch die Kritik an vielerlei Erscheinungen der Technik. Solche Kritik ist aber nur der erforderliche Treibstoff weiterer Veränderungen in der schon veränderten Welt. Was Heidegger als selber technologische Beschreibung und Deutung des Zeitalters erkennt, gibt sich einen Schein von Gründlichkeit und die Erlaubnis zur Prognose durch historische Rückgriffe und Anknüpfungen. Sie bleiben ohne die Einheitlichkeit eines einzigen Rückgangs und daher in ihrer Vielfalt ebenso undurchsichtig wie die Welt, die von ihren auffälligsten Veränderungen her vorgestellt wird. Auch und erst recht bei seinem "Schritt zurück aus der Metaphysik" bleibt Heideggers Gedanke in der Gegenwart. Wo er unverständlich scheint, wird er nicht verständlicher, sondern eher verworren durch Anleihen bei Gedanken, welche die Historie in der Vergangenheit findet und in sie gesetzt hat. IX. Die Welt ist die formlose Totalität der Mannigfaltigkeit. Die Einheit einer Form, nämlich eines Gesichts, zeigt sie nur in der Gegenwart der Theorie. Die "Technologie" findet sich in der Welt, ist von ihr befangen; deshalb kann sie ihr nicht die Bestimmtheit des "Wesens" und also des Gedankens annehmen. Indem sie die Welt beschreibt und deutet, versucht sie, deren unmittelbare Fremdheit mehr und mehr zu tilgen - in endlosem Fortgang, weil vor immer wieder neue Veränderungen gestellt. Obwohl die "Technologie" als solche die moderne Technik für das nimmt, was die heutige Welt prägt, bleibt ihr diese eine form- und gesichtslose Totalität; denn sie versteht die Technik selber als die Mannigfalt derjenigen menschlichen Kenntnisse, welche die heute auffälligen Veränderungen erbracht haben

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und nur insofern eine Totalität ausmachen, als sie jegliches auf seine Veränderlichkeit und Bearbeitbarkeit hin ansehen lehren. In der Gegenwart, welche der Theorie eigen ist, wäre diese Technik als "Wesen" ansichtig- "wäre" wegen des noch zu entwickelnden Vorbehalts, daß dieses Wesen dann nicht mehr als dasjenige der Technik bestimmt bliebe, weil es "spekulativ" sein muß. Das technologische Denken widersetzt sich aber nicht nur der Spekulation, sondern setzt sie für etwas Nichtiges, gegen das es nur gleichgültig tun sollte. Doch dies macht sich offenbar nicht leicht; denn auch wenn ihm der Unterschied, den der Gedanke des Wesens macht, für nichts gilt, kann es sich doch nur in einem regressus ad infinitum als unterschiedsloses Denken behaupten; es ist nämlich einerseits von der Sorge besessen, daß der Mensch seiner Technik Herr bleibe oder gar werde, andererseits läßt es ein entsprechendes herrschaftliches Wissen nur als eine selber technisch gegründete "pluralistische" Ethik zu (vgl. Der Satz der Identität, S.26). Nur die Frage nach dem Wesen der Technik bestimmt Heidegger zu der Frage nach der Differenz von Sein und Seiendem ausgehend von der Frage nach dem Ursprung der onto-theo-logischen Verfassung der Metaphysik. Nur die Antwort darauf setzt die Technologie nicht bloß beiseite, sondern läßt sie als unterschiedsloses Denken erkennen, das aus dem Zusammenfall der ontotheo-logischen Zwiefalt der Metaphysik entspringt. Seine Unterschiedslosigkeit gibt den einzigen Anstoß, die Frage nach dem Wesen der Technik als Frage nach dem Wesen der Wahrheit von der Vergessenheit her aufzunehmen, sich der Wahrheit als Unverborgenheit zuzuwenden, in ihr die Beziehung auf die Verborgenheit hervorzukehren und so auf das Ganze der unterschiedlichen Verbergung zurückzugehen. "Die Differenz von Sein und Seiendem ist als der Unterschied von Dberkommnis und Ankunft der entbergend-bergende Austrag beider." (S. 63) Dieser ist das Ganze der Differenz als Differenz: sowohl das Aus- und Zueinander der Differenten als auch das Auseinander des "Zwischen", "in" dem die Differenten "zueinander gehalten" sind. Kurz: das Auseinander des Auseinander und Zueinander ist der "Austrag". Nicht das erste "von woher", sondern das erste "worinnen" ist das Erste des Austrags, das erste "es gibt". Der Unter-Schied ist keine Sache und so auch keine Ur-Sache, von woher es das Zwischen gibt; er vergibt dieses selber als sich selbst. Deshalb ist er auch selber die im Zwischen Unterschiedenen. Darauf ist zu achten, damit er in keinem Gedanken aus der Gegenwart fällt, der einzigen des Wesens der Technik. "Im Austrag waltet Lichtung". Weil aber dieses Walten unter-schiedlich gedacht sein will, fährt Heidegger fort: "des Verschließenden"; und weil die Lichtung - oder das "Offene" und letztlich das "Freie" (Heidegger, Zur Sache des Denkens, S. 72 ff.)- die des Verschließenden ist, deshalb das Beiwort "sich verhüllend". Unter-schiedlich gedacht, ist der Austrag das Verschließende zu

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dem Offenen oder der Lichtung; das Verschließende unterschieden gedacht, so gilt von ihm: es verhüllt sich; das Unterschiedene einheitlich gedacht, ist es Lichtung des Verschließenden. Die Gegenwart des Austrags ist dem ursprünglichen Denken ein Kommen, das sich in "entbergende Dberkommnis" (des Seins) und "in die Unverborgenheit bergende Ankunft (des Seienden als solchen) auseinanderlegt. Dieses Kommen ist aber selber unter-schiedlich, nämlich mit dem Anderen des Ausbleibens. Es ist das Andere des anderen Anfangs. Was nämlich in das selber unter-schiedliche Kommen verweist, ist das Ausbleiben, wie es im Zusammenfall oder Einsturz der onto-theologischen Zwiefalt der Metaphysik für das Denken zum Anstoß wird.

X. Die Andere Metaphysik oder die "Technologie" steht unter der Bestimmung des ausbleibenden Unter-Schieds. Die Frage nach dem Wesen der Technik richtet den Blick auf die Erste Metaphysik, um zu erfahren, inwiefern der Austrag "überall als der Austrag verborgen und so vergessen bleibt in einer selbst sich noch entziehenden Vergessenheit." (S. 66) Dieser Entzug legt sich in eine Geschichte auseinander. Wie beginnt sie? Nicht der parmenideische Anfang zieht Heideggers Blick auf sich, sondern jene Prägung des Seins, als die er den heraklitischen LOGOS kennt. Ihm ist nämlich der Beginn der Ontotheo-logie anzusehen, weil hier der Unter-Schied des Kommens als solcher an der Achtsamkeit sozusagen vorbeigeht; er ist da als "Vorliegen-lassen des Ankommenden" und "Versammlung", vergeht aber, in ihm selbst haltlos, zur Wechselbeziehung des "Grundes". Die Flüchtigkeit seiner "Lichtung" zeigt sich daran, daß die andere Seite der "Versammlung" bereits in ihr selbst zwiefältig erscheint: "gründend alles in das Allgemeine und begründend alles aus dem Einzigen" -dieses "im Sinne des Höchsten (Zeus)" verstanden (S. 67). Darin liegt: der Unterschied des Seins und des Seienden als solchen verhüllt sich in den Unterschied dieses Anderen. Dabei geht jenes Erste, nämlich die "entbergende Dberkommnis", an die andere Seite innerhalb des Anderen der "Ankunft" über - derart, daß die Dberkommnis selbst zu einem Was von Ankunft, zu einem Ankommenden, Anwesenden, Seienden wird, und zwar zu dem höchsten, weil ihr Entbergen sich zu einem Begründen und schließlich zu einem Verursachen durch dieses Seiende bestimmt. Der Gott, der auf diese Weise "in die Philosophie kommt", hat nichts, in das er sich ankommend birgt. Er scheint schon angekommen - nicht einmal das; er ist immer schon da und scheint in ihm selbst geborgen. Mit ihm die Erste Metaphysik bis es heißt: Gott ist tot, und im Einsturz des Unterschieds, den er machte, die Andere Metaphysik das unterschiedslose Denken einrichtet und den Unterschied des Wesens der Technik niederhält.

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Doch das Resultat der selbst sich noch entziehenden Vergessenheit tritt nicht nur in der Empfindung hervor, daß Gott tot ist, sondern demzuvor in der vollständig entwickelten Wechselseitigkeit des Uberkommens und Ankommens, wo sie "ineinander im Widerschein" erscheinen. Im reflektierenden ,.Umeinanderkreisen von Sein und Seiendem" geht der Austrag in das Äußerste des metaphysischen Unterschiedes (S. 68). Die Lichtung war die des Verschließenden. Ihre Verschlossenheit ist das Licht der ,.seit Jahrhunderten verherrlichten Vernunft", die - nachdem sie ihr Licht vollkommen entnatürlicht hat -zum ersten das Vernünftige als das Wirkliche und das Wirkliche als das Vernünftige weiß, zum anderen aber sich selbst als abkünftig und abhängig von einem ihr fremden Ursprung empfindet. Diese Empfindung ist überzeugt, daß die Vernunft gegen dessen einzige Wirklichkeit vergeblich den Schein erzeugte und befestigte, nicht nur eine Sache von eigener und höchster Wirklichkeit zu sein, nicht nur Ursache einer von ihr verschiedenen Welt, sondern die Vernunft des einzig Wirklichen. XI. Beginn und Ende der Metaphysik lassen erkennen: Das Verschließende der Lichtung verhüllt sich, versagt den Gedanken an es und die Vergessenheit entzieht sich noch eigens bis in das technologische Denken, das den Unter-Schied auch noch in Gestalt der onto-theo-logischen Zwiefalt verdrängt. Deren Metaphysik sagt: Was ausbleibt, ist deshalb ausgeblieben, weil es nicht sein kann; denn mit der methodischen Aufmerksamkeit und Reflexion ist sogar die Möglichkeit des Vergessens im Wesentlichen ausgeschlossen. Die andere Metaphysik zu dieser ersten sagt: Was ausbleibt - der Tod Gottes beweist es -, muß nicht sein; man braucht es nicht; es ist überflüssig und deshalb schädlich; was die Welt zu wünschen übrig läßt, erbringt die Kritik der bestehenden Verhältnisse. Das technologische Denken bleibt aber seiner Absicht nach metaphysisch; denn es betrachtet seine Welt nicht nur als den gegebenen Horizont produktiver menschlicher Tätigkeit, sondern als einen aus dieser Tätigkeit selbst entworfenen Horizont; eben deshalb verändert sich die Welt, entsprechend den Veränderungen der Macht, des Willens und des Wissens der Menschen. Die technologische Metaphysik setzt zwar die onto-theo-logische Zwiefalt in die Vergangenheit, hält aber um so entschiedener am "Logischen" fest. Ihr vorzuhalten, daß die Logik ,.nicht vom Himmel gefallen" ist, trägt aber nichts aus, weil es kein Wissen gibt, dem seine Herkunft so gleichgültig sein könnte, wie der Logik. Auf die Welt gesehen, ist aber die Logik die der Technik und nicht die Technik die der Logik. Eben daraufhin ist sie im Wesentlichen die der Wechselbeziehung, welche jenseits der metaphysischen Logik des Grundes bei der ,.Gleichung" ihren Anfang nimmt. Das der Onto-Theo-Logie entgangene Denken hält nur deshalb am "Logi-

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sehen" fest, weil es techno-logisch ist. Und nur deshalb zeigt sich das "Logische" an der Welt der Technik selbst. Wie und wem? Nicht der Technologie, sondern nur dem Denken, das nach dem Wesen der Technik fragt und aus dem bezeichneten Wesen der Wahrheit her die Technologie selber als Resultat der Geschichte einer sich selbst noch entziehenden Vergessenheit erkennt. Deren Beginn zeigte: Nicht der LOGOS, wohl aber das "Logische" der Metaphysik ist einseitig: die andere Seite der "Versammlung", welche die erste des "Vorliegen-lassens" oder der Dberkommnis derart an sich zieht, daß sie, in ihr selbst zwiefältig, das Wechselverhältnis des Grundes eröffnet, und vollkommen entwickelt bis zu dem erwähnten Umeinanderkreisen von Sein und Seiendem. Demnach muß sich selbst noch an der Welt des technologischen Denkens das Logische in der Bestimmtheit der Versammlung und so auch der Ankunft zeigen, welche das Entbergen als ihr Anderes einbegreift. Heidegger hat gesehen: Das Ganze des Sammelns erscheint in der Weise des Raffens; das Raffen bringt zusammen, ohne über die formlose Totalität der Mannigfaltigkeit hinauszusehen. Das Bestimmen, weil Entbergen innerhalb solcher Versammlung zeigt sich in der Weise des Stellens, des transitiven, jegliches Ankommende überkommenden Stellens. Die Welt des technologischen Denkens ist in ihrem Wesen das "Gestell"; es ist die letzte Bestimmung des Logischen der Onto-theo-logie in ihrer Einschränkung auf das verweltlichte Logische. Seine Einseitigkeit ist für und durch die unterschiedlos gewordene Metaphysik, nämlich die Technologie eigens verstellt. Der ausbleibende Unterschied durchzieht dieses Denken nur als Beunruhigung um das Herr-Bleiben oder Herr-Werden des Menschen in seiner technischen Welt. Sie steigert sich zu der Sorge um das Mensch-Bleiben oder Mensch-Werden des Menschen. Dies zeigt an: Das Wesen der wesentlich menschlichen Technik ist selber nichts Menschliches (vgl. "Die Frage nach der Technik" in"Vorträge und Aufsätze"). Jene letzte Einseitigkeit des Logischen geht nur dem Fragen nach dem Wesen der Technik auf. Sofern sich das Ausbleiben des Unterschieds dem Andenken und Vordenken als das unter-schiedliche Kommen des "Austrags" zeigt, bildet sich im Wesen der Technik selbst die andere Welt zum Horizont der Technologie. Sie nimmt Form und Gesicht an aus dem Versammelnden, das weder eine göttliche noch menschliche Logik ist, sondern das nie angekommene "Ding". Es versammelt und bestimmt, es unterscheidet, was die Welt ist, seine Welt (vgl. "Das Ding", ebd.). Die Welt des "Gestells" ist nicht eine und dieselbe mit der Welt des "Dings" und ist eine und dieselbe. Dies ist der letzte Widerspruch, zu dem- nun, was? treibt. Etwa die dritte Bewegung der sich selbst bestimmenden Vernunft? Aber war sie denn nicht zur Ruhe ihrer vollkommenen Erfüllung gekommen? Erlaubt die logische Mitte des vollendeten Schlusses noch eine Fortbestimmung? Erscheint denn überhaupt das "Logische" der Onto-theo-logie selbst auch

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noch in der Bestimmtheit, welche die Welt für die "verweltlichte Philosophie" angenommen hat? Dann wäre diese - obwohl keine Onto-theo-logie - doch auch nicht einerlei mit der "Technologie", weil in einer merkwürdigen Beziehung nicht nur zur Welt, sondern zu der eigentümlichen Gegenwart der Theorie. XII. Das "Logische" der Onto-theo-logie selbst ist in nichts anderem vollkommen bestimmt als in der Entwicklung der Idee. Um hier nur an die beiden Momente ihrer Bestimmung zu erinnern: "Der Begriff, indem er wahrhaft seine Realität erreicht hat, ist dies absolute Urteil, dessen Subject als die sich auf sich beziehende negative Einheit sich von seiner Objectivität unterscheidet, und das An- und Fürsichsein derselben ist, aber wesentlich sich durch sich selbst auf sie bezieht, - daher Selbstzweck und Trieb ist;" (Hegel, Wissenschaft der Logik EA II, S. 272). Selbstzweckdie vom Zweck durchdrungene Objectivität hat ihr An-und-für-sich-Sein oder ihre entwickelte Wahrheit an der Beziehung der unterscheidend-ausschließenden Einheit des subjectiven Begriffs auf sich selbst. Trieb - dieser Begriff bezieht sich durch sich selbst auf seine von ihm unterschiedene Objectivität, um die in diesem Unterschied liegende Trennung aufzuheben; er ist Trieb zur Vereinigung (S. 273). Selbstzweck und Trieb sind die Momente des Subjekts in dem absoluten Urteil, das die Idee ist. Auf dieses Subjekt hin legt sich die Objektivität ihrerseits auseinander in die des Gesetzt-Seins - sie ist ebenso dem Bestehen wie der Form nach vom Subjekt durchdrungen - und die Objektivität als solche so ist sie das dem Begriff Äußerliche: "die Seite der Endlichkeit, Veränderlichkeit und Erscheinung" - das ist Anders-Sein gegen anders Bestimmtes, AndersWerden eines Seiben und Anders-Sein eines Seiben im Sinne der Verschiedenheit von Erscheinung und Wirklichkeit. Darin ist bereits der Weg des "Untergangs" der gegen den Begriff und sein Beziehen gleichgültigen Äußerlichkeit vorgezeichnet. Seine Schrittfolge ist zuerst dem Untergang des natürlichen Bewußtseins abzunehmen, weil es gegen das Element des reinen Begriffs, gegen das "absolute Wissen" gleichgültig und selbständig tut und es auf diese Weise negiert. Selbstzweck und Trieb -sind diese Momente der, allerdings noch nicht absolut bestimmten, Idee der Welt anzusehen? Marx sieht sie dem "Kapital" an, das die Totalität der Produktionsverhältnisse durchdringt, sich die menschliche Macht - die der "Werktätigen" - als Arbeitskraft unterwirft und die mannigfaltige Bestimmtheit der Produkte als "gleichgültiges Auseinandersein" tilgt, indem es sie als Waren in den Kreislauf seiner Selbsterhaltung durch Produktion des Mehrwerts einbezieht. Nietzsche sieht jene Momente der "Moral" an, welche die Totalität der Herrschaftsverhältnisse durchdrungen hat, sich den menschlichen Willen - den

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der Werte-setzenden Schaffenden - im Erstreben von Idealen unterwirft, die ihren Setzungs-Charakter verleugnen, auf diese Weise den zielsetzenden Willen entkräftet, die Rangordnung seiner Herrschaftszentren einebnet, um schließlich mit der sozialistischen Gesellschaft und der Moral eines "gesellschaftlichen" Gewissens die Verlogenheit der Moral auf die Spitze zu treiben. Und die Technik? Sie hat alle Verhältnisse des Sorgens durchdrungen, sich in jeglichem "eröffnenden" Tun das menschliche Denken unterworfen und nimmt jeden Gedanken, der an ihr Anstoß nimmt, in den Betrieb einer Kritik zurück, die der Steigerung ihrer Wirksamkeit dient. Zumal die "welt-bildenden" Tätigkeiten des Menschen werden von ihr in Beschlag genommen mit der übergreifenden Forderung: alles muß anders werden - anders im Sinne des komparativischen "besser"; nur so leuchtet sie unmittelbar ein. In den genannten Charakteren - das Kapital, die Moral, die Technik - erscheinen Selbstzweck und Trieb nicht mehr als die Momente des Subjekts der Idee, sondern "verweltlicht". Das Logische der vormaligen Onto-theo-logie wird nämlich der Welt als deren Form angesehen, und zwar als eine Form, welche gegen den Form-gebenden Menschen als eine fremde Macht und also gewalttätig auftritt, sich seine Macht, seinen Willen, sein Wissen unterwirft. Wenn das Denken das Wesen des Menschen ist, so erfährt er hier jedesmal die Nicht-Identität, die Feuerbach als die von Denken und Sein gefordert hatte, als diejenige seines Wesens mit dem, was ist. Das Verhältnis von Denken und Sein geht ihm aus dieser Fremdheit auf. Jene Charaktere oder Personen oder Masken des Logischen treten nicht als Fremdes auf, das etwa neugierig macht, sondern als ein Fremdes, das herrscht -das Ganze der menschlichen Verhältnisse gänzlich durchdringend. Gänzlich, weil derart, daß Herrschaft überhaupt nur noch als Fremdherrschaft erlitten wird.

XIII. Hier drängt sich die Frage auf: Wie steht das Logische der Onto-theo-logie zur Anerkennung von Herrschaft? Heidegger sah: Der sich verhüllende Austrag und die Vergessenheit der entbergenden Dberkommnis oder des Seins stellte das Entbergen einem ersten Grund anheim, der - selber Seiendes - sich zur ersten Ursache bestimmte. Als solche erzwang die Vernunft eine Anerkennung, die bis zu ihrer Verherrlichung ging. Und was gibt die gezeigte Bewegung der sich selbst bestimmenden Vernunft für jene Frage her? Dort ergab sich: die sich in ihrem Grunde findende Vernunft hält jeweils dort mit ihrer Selbstbestimmung an sich, wo sie nicht nur bei diesem Grund ist, bei ihm als demjenigen, was erstlieh da ist, sondern wo sie das, was erstlieh - und sei es nur natürlicherweise - da ist, als sich selbst sieht und also selber wahre Sache ist. Wo sie bei sich selbst ist- da ist sie auch, wo sie die Anerkennung ihres natürlichen Lichtes in der "doctrinalen" und in diesem Sinne "mathematischen" Darstellung des geoffenbarten Wissens erreicht-,

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da hat sie ihre Bestimmung erfüllt. Hier ist jeweils der Ort, die metaphysische Anerkennung der Herrschaft und ihres Herrn in den Blick zu fassen. Nicht gut sind vielerlei Herren; einer soll Herr sein. Dieses Homer-Wort zitiert Aristoteles am Schluß seiner "theologischen Wissenschaft" oder der Ersten Philosophie, die selber als herrschaftliches Wissen auftritt, da sie es mit dem Herrn, mit dem Ersten, mit dem höchsten Princip zu tun hat. Die ontotheologische Zwiefalt tritt hier zurück in die Einheit der Ersten Philosophie; es ist aber nur im Zurücktreten selbst sinnvoll, von ihr als der einen "Theologie" zu reden. Wieder kommt es auf die Unterschiede und ihren Zusammenschluß an, wenn es um die Bestimmung des Herrn und seiner Herrschaft, wenn es um die epochalen Principien in Gestalt der wahren Sache geht. Die aristotelische Erste Wissenschaft setzt ein bei der Erörterung des Sachverhalts als solchen und faßt ihn seinerseits in dem principiellen Sachverhalt, den man als "Princip des Widerspruchs" kennt. Die mittlere Uberlegung grenzt die Sachheit einer Sache als anwesender ein, indem sie aus dem, was für uns zunächst, weil für die Sinne da ist, heraushebt, was für die reine, weil einfache Einsicht da ist und nur wahr sein kann. Der dritte Gedankengang bestimmt die Wirklichkeit dieses Einsehens selber zu einer in diesem Sinne wahren Sache, und zwar von all demjenigen her, was nicht nur für die Sinne da ist, sondern auch den Grund seines übergänglichen Erscheinens in ihm selbst hat. Auf es hin erweist sich die wahre Sache, welche die tätige Vernunft ist, als bewegendes Unbewegtes, als erster Grund, als Herr der Ordnung und Schönheit des Erscheinens. Die thomasische Heilige Lehre beginnt bei einem Sachverhalt, der in seiner Einfachheit den Unterschied als Grundzug des Princips der mittleren Epoche ankündigt: Ich bin der Ich bin. Sie übersetzt ihn durch und für die natürliche Vernunft in den bewiesenen Sachverhalt und Anfang: Gott ist. Seine Ausführung ist das Unterscheiden dessen, was er nicht ist und was er ist. Wieder wird die wahre Sache und mit ihr die Eigenart des Herrn erst in der dritten zu dieser ersten Uberlegung bestimmt: wo nämlich der Gott als selber Verschiedener, vernünftiges Geschöpf, sogar Mensch gewordener sich schließlich als Richter aller vernünftigen Geschöpfe erweist, um durch die Scheidung der Welt die gerechte Ordnung der Gerechtfertigten herbeizuführen. Auf das selber wegweisende Leben des einzigen gerechten Richters hin erläutert die mittlere Dberlegung die allgemeine Bewegung des vernünftigen Geschöpfs zu Gott in der Mannigfalt des durch Natur und Gnade bestimmten Verhaltens. Und die eine Wissenschaft Hegels? Sie ist in ihrer mittleren Bewegung die der Logik. Ihr ist die allgemeine Herrschaftsweise des neueren Princips zu entnehmen: Der reine Begriff wird zum "Subjekt", wo er sich seine Momente, Sein und Wesen, "unterworfen" und sich als ihren unbedingten Grund erwiesen hat (EA II, S. 23); da hat er sich nichts als das Seinige unterworfen. Diese Unterwerfung ist die Anerkennung des sich durchsichtig gewordenen Grundes. Eben daraufhin erbringt der erste Teil der Wissenschaft die Unter-

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werfung der Vorstellung unter den Begriff oder den apagogischen Beweis für das absolute Wissen, dessen Möglichkeit das natürliche Bewußtsein, blind gegen die Natur seines Vorstellens, ausgeschlossen hat. Nach der anderen Seite der Logik entwickelt sich die Unmittelbarkeit der absoluten Idee durch die physische und geistige Natur hindurch zur Idee der Philosophie. Sie ist die wahre Sache, die sich jegliche Bestimmtheit unterworfen, sie in ihrer eigenen Entwicklung in sich zurückgenommen hat. So ist die zur Gleichheit mit ihrer Idee gebrachte Philosophie, nämlich die Wissenschaft der Herr. Er herrscht als der Zusammenschließende, indem das System der Wissenschaft die ausschließende Beziehung des Vernünftigen und des Wirklichen ebenso gesetzt wie aufgehoben hat. XIV. Die Erörterung des Logischen selbst hat die letzte Anerkennung und Rechtfertigung der Herrschaft erbracht; sie beweist nämlich, daß und wie mit dem Herrn der Metaphysik die Fremdherrschaft gänzlich ausgeschlossen ist. Die Sache ihres Wissens ist offenbar eine andere als die des sorgenden Denkens, ein anders bestimmtes Ganzes als es die Welt des Menschen, der Horizont seiner Tätigkeit ist. Nun bleibt dies aber eine dürftige Auskunft, solange nicht erhellt, weshalb alle Herrschaft als Fremdherrschaft erlitten wird und das Fremde die Bestimmtheit der bezeichneten Charaktere des Logischen annimmt. Um zu erinnern: anders als die jeweils gegebene Umwelt ist die Welt der menschlichen Tätigkeit ein in dieser Tätigkeit selbst entworfener Horizont. Dem Denken, das es eigens mit diesem Horizont zu tun hat, zeigt die Welt ein Gesicht; es sieht ihr eine Form an: das Kapital, die Moral, die Technik jedesmal eine Form, die den Menschen nicht bei sich sein läßt, eine Maske, die ihm sein Wesen verstellt oder dasjenige, "in" dem er zu sein hat. Sie läßt ihm den gesellschaftlichen Charakter der Produktion, den Spiel-Charakter des Lebens, das Gewachsene und Gediegene der Sprache nicht ansichtig werden. Uberblickt man die Folge jener Formen und ihrer Bildungen, so zeigt sich eine fortschreitende Trennung von der Kritik der bestehenden Verhältnisse, wie sie für die "Technologie" bezeichnend ist; von ihr will schon die "Kritik der politischen Okonomie" getrennt sein. Doch erst die Frage nach dem "Wesen" der Technik macht die Trennung vollständig. Inwiefern? Anders als die Technik selber erlaubt dieses Wesen, zumal als erfragtes, keine Kritik an ihm; denn es ist nur da als ein Nichts an Bestimmtheit: das gesammelte Fremde der Fremdherrschaft der besagten Welt-Formen. Während diese nur Furcht verbreiten und zu deren Uberwindung anhalten, erzeugt jenes Wesen eine Angst, die nicht überwunden, sondern angenommen sein will. Das "technologische" Beschreiben und Deuten sowie die entsprechende Kritik sind von einer Sorge bewegt, mit der dieses Denken fertig zu werden meint, indem es die Veränderlichkeit der Welt hervorkehrt; ist sie ihm doch ein

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vom Menschen selbst entworfener Horizont. Wo aber der Welt mit einer jener Formen ein gegen den Menschen fremder Herr angesehen wird, geht die Vor· stellung der Veränderlichkeit in den Gedanken zurück, daß die Oberwindung der Furcht vor ihm - nur darin herrscht er - es mit dem notwendigen Resultat einer Geschichte zu tun hat, das selber eine Veränderung im Ganzen erzwingt (Marx) oder möglich macht (Nietzsche) oder nicht unmöglich macht (Heideg· ger), nach der verschiedenen Bestimmtheit der Welt-Formen. Und die Angst? Wie kann ein Nichts an Bestimmtheit ängstigen? Sofern es auf eine bestimmte Form der Welt bezogen bleibt: es ist Wesen der Technik und in ihr ebenso das der Moral und des Kapitals. Bezogen auf die Furcht. Dennoch ein Nichts an Bestimmtheit: kein gesichtetes, sondern ein erfragtes Wesen und es bleibt erfragt, sofern es als Angst herrscht. Die Angst ist unüberwindlich. Sie will nur eigens angenommen werden. Indem das Denken die Angst vor der Angst ablegt, wird es gelassen. So ver· drängt es die Angst nicht, sondern überspringt nur die Angst vor sich selbst: die Angst vor dem Denken, welche die "Technologie" kennzeichnet. Das gelassene Denken bildet dem Wesen der Technik eine andere Welt ein. Diese Welt ist aber nur scheinbar die andere zu der Welt-form der Technik. Ist sie nämlich die des Wesens der Technik, kann sie nur die erste zu der anderen der Technik sein. Dennoch - sofern das Wesen dasjenige der Technik ist, auf sie bezogen bleibt, bleibt es dabei: was herrscht, ist diese Form der Welt und das Wesen herrscht als Angst. Darin liegt aber: es herrscht als ein Nichts von Bestimmtheit, sofern es in ihm selbst nicht durchsichtig ist. Und warum nicht? Das Wesen der Technik ist Sache eines fragenden, nicht eines kritisierenden Denkens. Dennoch kommt das fragende Denken von der Kritik nicht los; denn es wird immer wieder zurückgeworfen auf das Ganze an Bestimmtheit, von dem es ausgeht: die Technik als Form der Welt. Das Fragen bleibt an sie gebunden - nicht in der Empfindung des Wesens als Ausbleiben, wohl aber mit der Einbildung dessen, was in ihm ausbleibt, was ausgeblieben ist. Dies ist aber nichts anderes als das "Ding" und zwar in der Wahrheit, mit der es selbst ist oder "dingt". Das Ding dingt - dies spricht keine Identität, keine Relation, sondern eine dem Denken jenseitige Einfachheit aus: das Sein als vom Denken schlechthin Verschiedenes, das dennoch die Form des Gedankens, nämlich des Logischen hat; denn das Ding ist, was es ist, als Versammlung. Das dingende Ding ist das Logische als das in ihm selbst schlechthin undurchsichtige und dennoch zu erfragende Wesen der Technik. Das Ding versammelt Welt - eine verschiedene von derjenigen, die ihre Form an der Technik hat. Wie ist sie verschieden? Die Technik ist ein dem Menschen dienliches und nur durch ihn ausgebildetes Wissen. Als Form der Welt angesehen geht seine Knechtschaft in Herrschaft über, was nur möglich ist, wenn sich in ihr etwas gegen den Menschen Fremdes zeigt. Als solches erfragt, weckt es die Vermutung: das Wesen der Technik ist selber nichts

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Menschliches. Anders als im Falle des Kapitals oder der Moral läßt sich eine solche Vermutung nicht mehr "wissenschaftlich" auflösen und als "Mystifikation" abweisen; denn sie entspringt hier einer Welt-Form, die selber eine Gestalt und sogar die eigentümlich menschliche des Wissens ist. Hier nimmt der Gedanke die Wende: Wenn die Welt die des Dinges ist und das Ding nicht das des Menschen, so ist der Mensch als Mensch der dem Ding eigenen Versammlung zu sehen. Aber in welcher Bestimmung? Nicht mehr als Tier, das Vernunft hat, sondern als eines der vom Ding Versammelten und auf es hin Unterschiedenen, welche die Welt des Dinges ausmachen. Dieses ist in dem, was als Erde und Himmel unterschieden und so bestimmt ist. Bei etwas ist es aber als Ding nicht. Wohl ist etwas bei ihm, was wiederum nicht bei sich ist, sondern allein unter der Bestimmung des Todes steht, auf ihn hin unterschieden die Sterblichen und die Unsterblichen ist. Die Welt des Dinges ist die eines zwiefältigen Auseinanderstehens - bestimmt gegen die Welt des "Gestells" oder des unterschiedslosen Stellens, gegen die Welt des "rechnenden" Denkens und Folgerns oder eines Denkens aus der mitte-losen Gleichung von allem. Mitte-los sind aber auch die Unterschiede jenes "Gevierts"; die versammelnde Mitte haben sie außer sich an dem Ding. Das Denken des anderen Anfangs wendet sich eigens gegen das "vermittelnde" Denken, gegen die Vermittlung von Beziehungen, gegen den Widerspruch, der in die Beziehung des Grundes zurückgeht. Fällt auch er in die Angst vor dem Denken? Oder fällt diese Ansicht selber in die Angst vor dem Gedachten? Eine seltsame Rede, die aber am allerwenigsten unterstellen kann und will, Heidegger habe sich vor dem Gedachten der Metaphysik gefürchtet. Was wäre da zu fürchten? Die Furcht ginge an der Angst vorbei.

XV. Sollte nicht die Frage erlaubt sein: Was ist der Grund jenes Nichts an Bestimmtheit, dem Heidegger die Welt des Dinges eingebildet hat. Dies war nur möglich im Zuge der Frage nach dem Wesen der Technik. Diese Frage bleibt ihrerseits darauf angewiesen, daß der Welt die Form der Technik angesehen wird. Woher kommt überhaupt der Drang, der Welt eine der genannten Formen anzusehen und so der Kritik die Wendung auf Alles zu geben? Die Vernunft der Metaphysik bestimmte sich aus der Gegenwart der Theorie. Ein Gesicht sehen - dies bedeutete für die Vernunft in jeder ihrer Epochen: dahin zurückkommen, sich selber in ihrer ganzen Bestimmung durchsichtig zu sein. Das "Sehen" dieser Vernunft war spekulativ. Nicht so das Sehen, das der Welt des Menschen eine Form ansieht. Jedesmal bricht diese Form die Einheit der Gegenwart, sofern nämlich ihr Gesicht in widerwärtiger Bestimmtheit gesehen wird. Eben deshalb steht der Gedanke unter der Forderung, "praktisch" zu sein. Wo die Form selber als eine Gestalt des Wissens, nämlich als Technik

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erscheint, geht das Denken zwar mit der Frage nach dem Wesen der Technik über sie hinaus, ohne jedoch die Gegenwart der Theorie zu erreichen und so das Bei-sich-Sein, das ihrer Vernunft eigen ist. Im Gegenteil: die Welt des Dinges schließt noch einmal und diesmal sogar im "Wesen" den spekulativen Gedanken aus, befestigt- mit einem Wort- sein Außer-sich-Sein. Dies verschärft die Frage: Hat das Nichts an Bestimmtheit, das aber noch und nur im Sinne einer "Grund-Stimmung", nämlich der Angst, herrscht, einen Grund? Wohin soll sich diese Frage wenden, wenn nicht an das "Logische" in den besagten Charakteren oder Welt-Formen? Das heißt aber: an die Metaphysik. An welche? An eben jene, die mit dem Logischen auch das Spekulative vollkommen durchgebildet hat und die bisher nur als die anstößigste Gestalt aller Metaphysik erschien. Vor ihr ist erneut zu fragen: Deutet der Anstoß auf eine Widerständigkeit im spekulativen Gedanken selbst? Erweist sich doch der bl} kannte Abstoß der Metaphysik und die These von ihrem Ende als Krise der Anerkennung des neueren Princips. Um es dort aufzusuchen, wo es in vollendeter Bestimmtheit auftritt, nämlich im System der Systeme, an dem offenbar wird, daß die Philosophie ihrer Idee gleich geworden ist und in diesem Sinne ihre Bestimmung erfüllt hat. Das System der Systeme tritt im Resultat der "Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften" als der abschließenden Bewegung der Wissenschaft hervor, welche die Idee in ihrem Dasein oder als die wahre Sache entwickelt: das System der schließenden Vernunft, dessen Glieder ihre Bestimmtheit aus dem jeweils zusammenschließenden medius terminus ziehen. Dieser ist im dritten Schluß "die sich wissende Vernunft". Zu ihr und ihrem Anschauen hat sich das Begreifen bestimmt mit dem Rückblick auf das Ganze des ausgebildeten Wissens. Um kurz zu erinnern: Die absolute Idee ist in der Sphäre der Logik selbst bloß "formell", nichts anderes als die Methode. Damit diese nun die der Wahrheit sei, muß der Inhalt des Erkennens von ihr abgeleitet werden. "Die Methode erweitert sich durch dieses Moment zu einem Systeme" (EA II, S. 392). Der geforderte Inhalt ist zunächst kein anderer als ihr absoluter Anfang: "die einfache Beziehung auf sich, welche Sein ist. Aber es ist nun" - im Resultat der Logik- "auch erfülltes Sein, der sich begreifende Begriff, das Sein als die concrete, ebenso schlechthin intensive Totalität" (S. 398 f.) -schlechthin intensiv oder real als diejenige Totalität, welche die Natur ist. Also: die nur erst "reine Wahrheit wird als letztes Resultat auch der Anfang einer anderen Sphäre und Wissenschaft". Als bestimmte ist diese aber notwendig unterschieden: die Idee "urteilt sich" (Enc., 3. Aufl., § 577) in die "physische und geistige Natur", ist die eine als unmittelbar gesetzte, die andere als in sich zurück· kehrende Totalität. Die Idee der Philosophie ist die sich wissende Vernunft in ihrer wesentlich schließenden Tätigkeit und zwar in demjenigen Schluß, in dem sie selber als

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Mitte auftritt. Erst da offenbart sich die ganze Wirklichkeit des Begriffs, sich in ihm selbst zu unterscheiden und sich also nur durch sich selbst zu bestimmen. Das Sich-in-ihm-selbst-Unterscheiden des Begriffs ist dort, wo er nicht nur der "adaequate" und also Idee ist, sondern die Idee ihr Dasein zu dem der Philosophie entwickelt hat, die sich in ihre Erscheinungen urteilende Idee. Diese Erscheinungen sind selber Schlüsse und auch sie nach ihrer Mitte bestimmt. Die erste ist die der Natur oder die Seite der Unmittelbarkeit der absoluten Idee, während die andere der Geist ist oder die rückkehrende Bewegung des vermittelnden Begreifens. Die sich wissende Vernunft entzweit sich in Geist und Natur und erbringt durch sie als Mitte eines Schlusses ein je besonderes System. Die Idee der Philosophie aber ist der Schluß dieser Vernunft, der sich in die beiden anderen Schlüsse urteilt, das System der Vernunftschlüsse erbringt. Gesehen auf die Abfolge ihres Auftretens sind sie die Erscheinung jener Mitte, gesehen von ihrer Vollendungsgestalt her deren Manifestation oder Offenbarung. Nach der ersten Seite erscheint der Unterschied an den Entzweiten: Natur und Geist; nach der anderen Seite aber offenbart er sich selbst als die Bewegung des Unterscheidens und so auch Bestimmens, kurz: des Begreifens, weil der Idee. An dem Princip, welches die Grund-Beziehung des Systems der Systeme ist, zeigt sich nun auch der Sinn der Herrschaft und des "Unterwerfens", das dem "Subject" der Idee eigen ist. Der Schluß, welcher die Idee der Philosophie ist, läßt keinen Zweifel: da wird kein Fremdes subsumiert, weil Natur und Geist ihrer ganzen Bestimmtheit nach Abgeleitete sind, nichts Erstes. Die als Philosophie konkrete Idee ist derart "Subject", daß sie sich - wie es schon die Kantische Idee der Freiheit erwarten läßt - nur sich selbst unterwirft und nur sich unterworfen ist. Natur und Geist sind unterschiedene Totalitäten, die sich nur deshalb nicht zur einzigen Totalität aufwerfen können - mit Unterdrückung der jeweils anderen -, sofern die sich Ausschließenden als Momente des sich unterscheidenden Begriffs zusammengeschlossen sind. Als solche geben sie aber die Bestimmtheit, welche sie als diese Erscheinungen haben, an die Bestimmtheit der sich im Unterscheiden offenbarenden Idee auf. Die Idee ist kein fremder Herr gegen das, was sie sich unterwirft, sondern hat dessen Gleichgültigkeit gegen sie oder die Beziehungslosigkeit der Objektivität als solcher gegen das Denken getilgt. Gegen die bereits landläufige Verleumdung des "Systems" als Vergewalti· gung des Einzelnen durch das Allgemeine, gegen diese Verleumdung, mit der das Denken sich als selber unterschiedslos gewordenes bezeugt, sei festgehalten: Die zum System erweiterte Methode geht gerade darauf aus, die Unter· schiede des Wahren als Unterschiede der Begriffsbestimmung zu retten und zwar derart, daß die Philosophie ihrer Idee nach nichts ankommen, nichts in sie eingehen läßt, was nicht als Verschiedenes gewußt ist in der strengen

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Schrittfolge des deutlichen Begreifens. Weil aber das Verschiedene selbst zur Wahrheit des Widersprüchlichen entwickelt sein muß, zieht sich die Tätigkeit der Vernunft auf den disjunktiven Schluß zusammen. Dieser ist eigentlich kein Schluß mehr: ,,Die Mitte, welche in ihm als die Totalität des Begriffs gesetzt ist, enthält nämlich selbst die beiden Extreme in ihrer vollständigen Bestimmtheit. Die Extreme, im Unterschiede von dieser Mitte, sind nur als ein Gesetzt-Sein, dem keine eigentümliche Bestimmtheit gegen die Mitte mehr zukommt." (WdL, EA II, S. 189) "Der Unterschied des Vermittelnden und des Vermittelten ist weggefallen. Das was vermittelt ist, ist selbst wesentliches Moment seines Vermittelnden und jedes Moment ist als die Totalität des Vermittelten." Darin liegt: "die Form des Schlusses, der in dem Unterschiede der Mitte gegen seine Extreme bestand, hat sich ... aufgehoben." (ebd., S. 190) Dementsprechend läßt die Idee der Philosophie erkennen: Natur und Geist geben im Zusammenschluß durch die Mitte des Logischen ihre eigentümliche Bestimmtheit auf; denn diese "haben sie nur, insofern sie noch nicht in diese ihre Einheit zurückgegangen sind." (ebd. II, S. 2) In welche Einheit? Das Logische? Wo es selbst nicht mehr als Extrem des Schlusses, sondern als seine Mitte auftritt, ist diese Bezeichnung unzulänglich. Wo das Logische die beiden Totalitäten des Realen als seine Momente in sich zurücknimmt, ist es ,,der wissende Begriff" (Enc. EA, § 477). Er ist real "als das allgemeine in seiner Bestimmtheit unmittelbar bei sich bleibende Wissen" und auf dieses unmittelbare Bei-sich-bleiben hin ,,die sich wissende Vernunft". Hier ist sie keine Gestalt des Bewußtseins, sondern Resultat der Wissenschaft und ihrer Idee. Sollte nun die Angst an dieser spekulativen Vernunft ihren Grund haben? Geschieht denn etwas in jenem unmittelbaren Bei-sich-Bleiben des Wissens? XVI. Am Schluß erfaßt die Philosophie ihren eigenen Begriff - will sagen: sie sieht nur auf ihr Wissen zurück (§ 473) und sieht dabei, daß und wie sich das Logische im concreten Inhalt bewährt hat. (§ 474) Man hat flink dagegengehalten: es hat sich nicht bewährt. Wem nicht? Dem Menschen; und noch die Angst läßt an diese Antwort denken; denn sie kann in der Tat nur die des Menschen sein. Die Frage nach dem Wesen der Technik gibt allerdings zu verstehen: dieses Wesen ist nichts Menschliches. Hier ist leicht der Hinweis bei der Hand: Auch jene spekulative Vernunft ist nichts Menschliches und fällt mit Feuerbachs Obergang von der "Theologie" zur ,,Anthropologie" dahin-ganz zu schweigen vom ,,Unglaubwürdig"-werden der Spekulation. Auch ihr war der Mensch nicht unbekannt, wenn sie auch sehr wohl Äußerungen des Menschen vom Gewußten des Bewußtseins zu unterscheiden wußte und ihm sein Wesen und seine Stellung dort anwies, wo sich das natürliche Bewußtsein eigens zum Widersacher des absoluten Wissens befestigt hat (Ph.d.G. EA, S. 510).

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Doch läßt gerade die Folge der Formen, die der Welt des Menschen angesehen werden, jene "Anthropologie" nur noch als Zeichen, aber nicht als Erklärung gelten. Die mit dem Wesen dieser Formen hervortretende Angst, ihr Nichts an Bestimmtheit, führen eher zurück auf etwas, das aus der Idee der Philosophie selbst her geschieht. Was könnte das sein? Ein Obergang? Das ist der Schein, in dem Feuerbachs Abstoß der Onto-theologie zugunsten der "Anthropologie" auftritt, die sich als deren notwendiges Resultat ausgibt. Wie aber bereits angedeutet, geht der Schein eines Obergangs in der Folge der Welt-Formen sichtlich zurück. Zwar wird jede als notwendiges Resultat einer Geschichte vorgestellt; doch der Obergang aus ihrer Gegenwart in die andere Zukunft des Menschen erscheint nur in der ersten Position zwingend, für Nietzsche nur als möglich, für Heidegger als nicht unmöglich, und jedesmal als "Umwälzung" -schließlich in ihr selbst ohne Obergang, sondern "jäh vermutlich". Was sagt dazu die Philosophie, die ihren eigenen Begriff erfaßt hat, ihrer Idee gleich geworden ist? Hegel bemerkt zum Resultat der "Wissenschaft der Logik", insbesondere zur Unmittelbarkeit der absoluten Idee, welche die Natur ist: "Diese Bestimmung ist aber nicht ein Gewordensein und Obergang, wie, nach oben, der subjektive Begriff in seiner" - mit dem disjunktiven Schluß erbrachten "Totalität zur Objektivität, auch der subjektive Zweck zum Leben wird". (II, S. 399) Und weiter: "Die reine Idee, in welcher die Bestimmtheit oder Realität des Begriffs selbst zum Begriffe erhoben ist, ist vielmehr absolute Befreiung, für welche keine unmittelbare Bestimmung mehr ist, die nicht ebensosehr gesetzt und der Begriff ist; in dieser Freiheit findet daher kein Obergang statt, das einfache Sein, zu dem sich die Idee bestimmt, bleibt ihr vollkommen durchsichtig, und ist der in seiner Bestimmung bei sich selbst bleibende Begriff." Dies muß um so mehr von der Idee der Philosophie gelten; denn ihr ist auch noch das Bei-sich-selbst-Bleiben des Begriffs in seiner unterscheidenden Manifestation durchsichtig. Die Unmittelbarkeit des Seins der "Natur" ist da zurückgenommen in jene Unmittelbarkeit, mit der die Philosophie auf ihr eigenes Wissen und nur auf es zurückblickt. Hegel hat später die diesem Rückblick eigentümliche Gegenwart durch einen anderen darstellen lassen, indem er mit einem Zitat aus der aristotelischen Theologie schließt. Wie konnte er dies? Er weiß seine Einsicht mit derjenigen des Aristoteles durch eine einzige Entwicklung verbunden. Darin liegt: Die Geschichte der Philosophie steht von ihrer "orientalischen" Erscheinung her unter der einzigen Bestimmung derjenigen Idee, mit der sie schließlich zur Gleichheit gebracht worden ist. Einen Obergang der Spekulation darüberhinaus kann es nicht geben. Das beweist allerdings nicht die Geschichte der Philosophie, da sie nur eine äußerliche Vorstellung der Bewegung der Wissenschaft bleibt, die in ihrem Beginn den dunklen und verworrenen Gedanken des Orients in die Klarheit und Deutlichkeit des Seins als des "unbestimmten Unmittelbaren" und so in

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den Begriff zurückgenommen hat. In ihn ist sogar das Ganze der "Religion" zurückgegangen, welche als die des natürlichen Lichtes begann, das kein Gegebenes ist, kein Licht vom Lichte, sondern aus seiner Nacht aufgeht. Ein Ubergang der mit Gewißheit wahren Sache, welche die realisierte Idee der Philosophie ist, bleibt ausgeschlossen. Wie steht es dann mit der Entwicklung, die hier für die der Menschen-Welt angesehenen Formen beansprucht wurde? Sind sie etwa gleichgültig gegen die Idee der Philosophie? Was sagen sie? Als Wissenschaft ist die Metaphysik tot, in ihren verweltlichten Erscheinungen ist sie von einer erdrückenden Lebendigkeit. Nein - erdrückend ist das Tote. Um nur an Marx zu erinnern: Das zumal als Maschine dem Arbeiter gegenübertretende Kapital ist "tote Arbeit, welche die lebendige Arbeitskraft beherrscht und aussaugt" (Das Kapital I, S. 444) - tote, weil "vergangene Arbeit". "Die Herrschaft der aufgehäuften, vergangenen, vergegenständlichten Arbeit über die unmittelbare, lebendige Arbeit macht die aufgehäufte Arbeit erst zum Kapital. Das Kapital besteht nicht darin, daß aufgehäufte Arbeit der lebendigen Arbeit als Mittel zu neuer Produktion dient. Es besteht darin, daß die lebendige Arbeit der aufgehäuften Arbeit als Mittel dient, ihren Tauschwert zu erhalten und zu vermehren." (ebd. S. 773) Die Momente der Idee, Selbstzweck und Trieb, sind zu den Momenten des Toten geworden, das der Welt des Menschen als ihre geschichtlich resultierende Form anzusehen ist. Die Herrschaft des Toten zeigt sich ebenso im Resultat der Moral: dem Nihilismus, sofern er mit der allgemeinen Ziellosigkeit das Wollen der Schaffenden lähmt, wie im Resultat der Technik: der "Irrnis", in der das Denken zur Unterschied-losigkeit erstarrt ist. "Das Tote festzuhalten, ist das, was die größte Kraft erfordert." Heidegger hat es festgehalten in der Frage nach dem Wesen der Technik. Sie kehrt sich von der Herrschaft des Toten dem Tode selber zu, um ihn als das Bergende von dem zu unterscheiden, was die Vernunft entsetzt. Doch auch von dieser Umkehr gilt: sie bleibt daran gebunden, das "Wesen" als das der Technik zu sehen. Dies verwehrt zu sehen, was der Tod birgt und verwehrt sogar die Frage nach dem Was. Er bleibt der "Schrein des Nichts". Das unterschieds-lose Denken - es ist das Idee-lose - kann die von Marx und Nietzsche und Heidegger gesehene Herrschaft des Toten nur für eine Ubertreibung halten, die mit Auflösung dessen, was für es "Metapher" bleibt, sich als leeres Reden erweisen muß. Aber es widerlegt sich durch seine Sorge. Der Tod ist der Tod des Menschen und so auch die Angst. In der Frage nach dem Wesen der Technik verweist diese wie auch jener auf etwas, das nicht menschlich ist. Nun läßt sich diese Frage aber nur als Frage nach dem Wesen der Metaphysik ausführen. Wie sollte dieses verschieden sein von der Idee der Philosophie? Zu sagen: die Metaphysik ist tot, oder auch nur: sie ist am Ende, oder noch dürftiger: sie ist vergangen, muß in der Tat für eine metaphorische Rede

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gelten, die verdeckt, daß sie nicht weiß, wovon sie redet. Die Metaphysik ist tot, kann nur heißen: sie ist verschieden- nicht von diesem oder jenem und also nicht relativ, sondern absolut - nämlich im Sinne des "Verscheidens". Und welche Bewandtnis hätte dies hinsichtlich der Idee der Philosophie? Hier sei eigens betont: So zu fragen erlaubt erst die vollbrachte, zumindest sich vollbringende Fortbestimmung der Welt des Menschen in Gestalt der ihr angesehenen Formen. Diese Bewegung ist eine Rückkehr der verschiedenen, der Nicht-Philosophie, die schließlich aus ihrem Verschieden-sein zur Gegenwart der Theorie erwacht, dabei ihr Verschieden-sein nicht abwirft, sondern zur Bestimmtheit bringt. Was will dies sagen?

XVII. Um zunächst zurückzufragen: Warum läßt sich die Frage nach dem Wesen der Technik nur als diejenige nach dem Wesen der Metaphysik ausführen? Jedesmal ist die Form, die der Welt des Menschen angesehen wird, ein widerwärtiges Gesicht, das als solches eine totale Veränderung der Welt und deshalb des Menschen fordert. Diese Forderung zieht die Gegenwart auf einen kritischen Punkt zusammen, der nicht mehr die Vergangenheit, sondern nur die Zukunft von der Gegenwart getrennt sein läßt; die Vergangenheit ist streng genommen nicht mehr Vergangenheit, sondern das Widerwärtige, das als geschichtliches Resultat die Gegenwart vollständig durchdrungen hat. Was es für das sorgende Denken zu wissen gibt, ist einzig und allein dieses Resultat und seine Geschichte; denn nur auf sie hin vergewissert sich der Gedanke, in der Gegenwart das zu erblicken, was notwendig und allgemein so ist wie es ist. Die Geschichte der menschlichen Macht ist die der Produktionsverhältnisse; die Geschichte des Willens der Produktiven zeigt die Geschichte der Metaphysik nicht mehr nur als eine beiherlaufende Ideologie, sondern als eine Bewegung, die selber korrumpierend in das Leben eingreift. Die Geschichte des Wissens der Wollenden, die entdeckend, entbergend und dabei mit Gewalt in die bestehenden Verhältnisse eingreifen (vgl. "Einführung in die Metaphysik"), verweist an ein "Geschick" ursprünglicher Verbergung, das sich als Ganzes des herrschaftlichen Wissens und aus der geschichtlichen Gegenwart her nur als die Metaphysik abgrenzen und in eine "geschickliche" Folge von "Prägungen des Seins" auseinanderlegen läßt (Identität und Differenz, S. 64). Der Verstand stößt sich daran, daß diese Folge keine Notwendigkeit erkennen läßt; aber das darf sie nicht, wenn anders sie dahin gediehen ist, die Wende der Gegenwart in die ganz andere Zukunft gerade nicht mehr als zwingend, sondern als nicht unmöglich zu sehen. Dieser paradoxe Fortschritt weist in der Tat auf etwas Ungedachtes, dem die Frage nach dem Wesen der Technik entspricht und auf das die Frage nach dem Wesen der Metaphysik eingeht. Die Spanne ihrer Geschichte bis in ihr Ende mit Nietzsche soll nur zeigen, welchen Unterschied der Anfang als Anfang einer sich selbst noch entziehenden Vergessenheit macht.

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Welcher Anfang? Der griechische? So scheint es. Und man muß diesen Schein ernst genommen haben, sich von ihm haben leiten lassen bis zu dem Anfang, der wissentlich den ganzen Unterschied macht: die Idee der Philosophie in ihrer Erfüllung. Aber wie? Das ist nie unmittelbar abzunehmen, sondern nur mittels des Leidens, das dem Gedanken Marxens, Nietzsches und Heideggers eigen ist, weil es allein hinführt auf das, was als der ganze Unterschied zu sehen ist: der Tod und im Grunde das Verschieden-Sein der Philosophie ihrer Idee nach. Die Heimkehr aus dem Schein des ersten Anfangs bei den Griechen hat aber gelehrt, was ein Princip von epochaler Bestimmtheit ist und erkennen lassen: jenes Verschieden-Sein ist als Verschieden-Sein von sich selbst allein aus dem Princip denkbar, das dieneuere Epoche bestimmt. Die zum vollkommenen System erweiterte Methode kann sich nur als einziges Princip in geschichtlichem Sinne kennen. Dies bestätigt nicht nur Hegels Geschichte der Philosophie, sondern demzuvor die Geschichte des Bewußtseins selbst, insbesondere die Bewegung seiner "Religion", welche auf dem Grundriß der neuzeitlichen Fortbestimmung des Lichtes der natürlichen Vernunft die Gestalten der Alten Welt einbezieht, um sie der begreifenden Wissenschaft vor- und unterzuordnen. Die Geschichte des substanziellen oder objektiven Gedankens geht in die des subjektiven oder freien Gedankens zurück. Erst wenn der geschichtliche Anfang der Philosophie nicht mehr in einem dunklen Orient aufgenommen wird, sondern die Bestimmtheit des ersten Anfangs bei den Griechen annimmt und zwar aus dem anderen Anfang her, verliert die Geschichte der Metaphysik ihre Äußerlichkeit zum Gedanken der Sache selbst, tritt dieser Gedanke in dem von ihm selbst aufzulösenden Schein auf. Die Auflösung zeigt: Heideggers Rückgang in den Grund der Metaphysik, ist Rückgang in den Grund des neueren Princips, das die Frage nach seiner "Ankunft" mit dem Nachweis seiner Herkunft niedergehalten hatte, um so mehr als es geltend machen mußte, daß seine Entwicklung nur in äußerlicher Bedeutung seine Geschichte ist. Es ließ keinen Zweifel: unser einziges "Land", unser einziger Grund und Boden ist der Geist der neueren Epoche. Indem die Idee der Philosophie in ihrer vollkommenen Realisierung selbst die Natur als Erscheinung zu der Manifestation des ersten der Begriffsmomente erwiesen hat, kehrt die Vernunft als die nicht mehr natürliche zurück; sie ist keine Gestalt des Bewußtseins mehr, wo sie sich, rückblickend auf ihr Wissen, selbst weiß. In dieser Wissenschaft hat sie jede Spur des Gegeben-seins getilgt und so ist die Einzigkeit des neueren Princips vollkommen gesichert - bis in die Krise, die durch es verstehbar wird, aber für seine Vernunft nicht sichtbar sein kann. Sein Verschieden-sein mit den ebenso epochalen älteren Principien geht nur über sein absolutes Verschieden-sein auf, wie es die Nicht-Philosophie geltend macht mit ihren "Basis"-Theorien oder dem Nachweis eines Gegeben-seins der Vernunft, das ihre spekulative Eigenart, weil die Gegenwart der Theorie aus-

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schließt - und doch auch anzeigt mit den "Gesichtern" der geschichtlichen Gegenwart. In der Bewegung der Nicht-Philosophie wird das neuere Princip trotz aller Anstöße nicht abgestoßen; erst recht nicht um die Dberzeugungskraft des erstlieh Wahren gebracht. Das Geschrei gegen die "Spekulation" oder die Melancholie des Unvermögens zu ihr sollte sich nicht einmischen in die notvolle Bewegung, mit der das neuere Princip - das Menschen-Wesen "brauchend", weil von sich selbst und also vom Bei-sich-sein der spekulativen Vernunft verscheidend - seine Einzigkeit tilgt. XVIII. Der Grund des Nichts an Bestimmtheit, auf das hin sich die als Angst angenommene Angst versteht und dem die Welt des Anderen Logischen, der Anderen Versammlung, nämlich des Dinges eingebildet ist, der Grund dieses Nichts ist das Verschieden-Sein der Metaphysik, ihrer vollkommen realisierten Idee. So hat der Tod Bestimmtheit angenommen. Und welche Kostbarkeit verwahrt "der Schrein des Nichts"? Die Versammlung der Principien der Philosophie. Aber sind sie denn nicht die der Metaphysik? Kehrt etwa das Gleiche wieder? Die Principien der "physischen und geistigen Natur"? So leicht ist es mit dem Verschieden-Sein des neueren Princips nicht, das doch begründeterweise als die einzige Idee der Philosophie, des vollkommenen Systems der Wissenschaft erschien. Die Philosophie ist von sich selbst verschieden, von sich als der Theorie der Principien, welche die Metaphysik war. Sie bleibt die Theorie der Principien, aber nicht Meta-Physik. Das "Logische" hat sich - frei geworden von der "Physik"- gewendet. Wohin? Die verschiedene Philosophie stößt die Metaphysik nicht ab, sondern wendet sich ihrer Gabe zu, nimmt sie an. Sie nimmt deren epochale Principien allerdings nicht in der Bestimmtheit der erstlieh wahren Sache an, sondern in derjenigen, welche die Krise ihrer Wahrheit zeigt. Nur in ihren Krisen sind die Principien ebenbürtig. Deshalb ist die Sache der erstandenen Ersten Philosophie: Die Krisis der Principien. XIX. Aus dem gelassenen Denken erwartete Heidegger eine "neue Bodenständigkeit". Wie soll sie sich bestimmen? Nach der "alten" des "Feldwegs"? War sie diese als die wesentlich bäuerliche? War sie dies nur im Windschatten des Entzugs, der mit dem Verschieden-Sein des neueren Princips einhergeht und sogar in den Beginn der neueren Epoche reicht? Auch der Boden des Feldwegs in der Gegend von Kirche und Schloß war nur tragend aus dem Ertrag des älteren Princips.

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Der Boden ist das Gegebene, dem das neuere Princip aus seinem Verschieden-Sein her entgegenkommt. Sein Grund ist es nur in Einheit mit dem älteren, in sich unterschiedenen und deshalb bestimmten Princip. Dieser Einheit wendet sich die "Frömmigkeit" zu, die im Uberkommenen auf das gegenwärtig "Oberkommende" achtet. Die Frage nach dem Wesen der Technik ließ Heidegger die "Frömmigkeit des Denkens" im Fragen sehen. Die Antwort, zu der das Nichts an Bestimmtheit eben dieses Wesens gebracht wird, läßt den Dunst des "technologischen" Fragens, des ort-und bodenlosen ln-Frage-Stellens schwinden. Aus der Angst des "anderen Anfangs" ermutigt zu dieser Antwort ein denkwürdiges Gesicht: Vidi impium superexaltatum, et elevatum sicut cedros Libani. Et TRANSlVI et ecce non erat; et quaesivi eum et non inventus est locus eius (Psalm XXXVI).

RlJDIGER BUBNER Strukturprobleme dialektischer Logik* I.

Wenige Jahre vor der zweiten Ausgabe seiner ,Wissenschaft der Logik' schreibt der alte Hegel: "Die meisten, ja alle Streitigkeiten und Widersprüche müssen sich durch das leicht scheinende Mittel ausgleichen lassen, nur dasjenige, was sich im Behaupten ausspricht, vor sich zu nehmen, es einfach zu betrachten, und mit dem Weitem zu vergleichen, was man gleichfalls behauptet. Wissen, was man sagt, ist viel seltener, als man meint, und es ist mit dem allergrößten Unrecht, daß die Anschuldigung, nicht zu wissen, was man sagt, für die härteste gilt."t Es scheint leicht, Widersprüche aufzuheben, wenn es nur darum geht, genau, vollständig und im Zusammenhang zu erfassen, was jeweils gesagt oder behauptet wird. Aus dem Kontext der zitierten Stelle ist klar, daß Hegel den logischen Begriff im Auge hat. Ich werde daher von jener Anweisung ausgehen, das Begreifen als ,Wissen, was man sagt', zu verstehen, und in der Folge versuchen, auf dieser Basis Aufschlüsse über Struktur und Methode einer dialektischen Logik zu gewinnen. Zunächst fällt auf, daß das wirkliche Wissen von dem, was man sagt, im Gegensatz zur geläufigen Meinung gesehen wird. Die vollzogene Identifikation des Wissens mit dem, was das Wissen behauptet, scheint einfach, ist aber schwer und selten anzutreffen. Widersprüche und logische Unstimmigkeiten sollen indes auf eben diesem Wege ausgeglichen und bereinigt werden. Man hat also Grund zu der Annahme, daß Widersprüche dort entstehen, wo jene Identifikation des Wissens mit dem Behaupteten nicht oder nicht wirklich vollzogen ist. Es ergibt sich dann die Folgerung, daß die Meinung oder der falsche Glaube, die fragliche Identifikation sei leicht und in der Regel auch gegeben, auf derselben Ebene liegt, auf der die Widersprüche und Streitig· keiten auftauchen. Die Meinung, daß Wissen und Behauptetes identisch zusammenfallen, sowie das Aufbrechen von Widersprüchen stehen demnach beide der ausdrücklich vollzogenen Identifikation von Wissen und Aussage gegenüber, die Begreifen im logischen Sinne genannt werden muß. Das Begreifen zerstört die falsche Meinung und hebt gleichzeitig die existierenden Widersprüche auf. Den hier skizzierten Prozeß des Begreifens als ,Wissen, was man sagt', paraphrasiert Hegel in der angeführten Passage weiter mit Hilfe der bekannten Bestimmungen von Unmittelbarkeit und Vermittlung. Gemäß der ,populären

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Vorstellung' befinde sich die unmittelbare Einheit von Wissen und Inhalt jenseits der Sphäre der Gegensätze und Vermittlungen. Jedoch gelte es zu erkennen, daß bereits diese Vorstellung aus einem Gegensatz hervorgeht, dem Gegensatz zwischen Unmittelbarkeit und Vermittlung nämlich. Die Erkenntnis des Gegensatzes, der hier unbemerkt zugrundegelegt wird, überwindet den festen Standpunkt der populären Vorstellung und verbreiteten Meinung, die die Einheit in einen Gegensatz zu allen Gegensätzen bringt. "Die Unmittelbarkeit ist selbst nur Bestimmung eines Gegensatzes, die eine Seite desselben; das wahrhafte Denken, als Aufheben der Gegensätze überhaupt, läßt jene Bestimmung nicht mehr außerhalb seiner für sich bestehen; indem es die Gegensätze in ihrer ursprünglichen Einheit faßt, hat es eben in dieser Einheit die Beziehung auf sich, was die Unmittelbarkeit ist, immanent in ihm selbst." Die wahre Unmittelbarkeit gewinnt das Denken erst, wenn es sie mit der Vermittlung vermittelt, und das heißt: den Gegensatz, in dem beide ursprünglich erschienen, nicht mehr bestehen läßt. Eine unmittelbare Einheit gegenüber den Gegensätzen, Widersprüchen oder Unstimmigkeiten entpuppt sich als Schein. Wenn man diesen Schein zerstört und die Widersprüche oder Streitigkeiten hinnimmt, um in ihnen nach der Einheit der Sache zu fragen, vollzieht man die Identifikation des Wissens mit seinem Inhalt. Man weiß nun, was man sagt, in der doppelten Hinsicht, die diese Formulierung enthält; Wissen des Inhalts und Wissen des Sagens. Da man das inhaltliche Was der Aussage nur als ausgesagten Inhalt hat, bemächtigt man sich des Inhalts allein dann vollständig, wenn man sich der Aussageformen bewußt wird. Ein solches Wissen vermag, Hegel zufolge, "die meisten, ja alle Widersprüche und Streitigkeiten auszugleichen". Wird dieses Modell, wie der Text es nahelegt, als Schlüssel für die Methode der dialektischen Logik oder des spekulativen Wissens des Begriffs gelesen, so ergeben sich entscheidende Strukturprobleme. Es hat nun den Anschein, als sei die Logik nicht zu denken ohne eine Voraussetzung, die nicht eigentlich logischer Natur ist. Für die einzelnen Schritte logischen Begreifens und damit für die Logik in ihrer Gesamtheit muß eine konstitutive Voraussetzung in der Sphäre des Meinens, der populären Vorstellung angenommen werden. Die nicht durchreflektierte Entgegensetzung von Unmittelbarkeit und Vermittlung erscheint plötzlich als Bedingung für jeden Akt spekulativer Reflexion innerhalb der Logik und damit widerfährt der Unabhängigkeit des logischen Begriffs ein wesentlicher Abbruch. Die von Hegel stets beschworene und von den Interpreten durchgängig akzeptierte Autonomie dieser Wissenschaft des absoluten Geistes rückt in ein fragliches Licht. Mehr noch: falls jene Voraussetzung angenommen werden muß, tritt eine Reflexion ins methodische Zentrum, die sich auf die unvermittelt gegebene Voraussetzung richtet und der Konzeption nach doch gerade für das vollständige Begreifen und die restlose Vermittlung einstehen soll. Ich gehe nun auf die zwei genannten Strukturprobleme genauer ein: die Voraussetzung auf einer Ebene, die nicht vollkommen diejenige des

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logischen Begriffs istz, und die methodisch konstitutive Rolle, die eine Reflexion auf jene Differenz für den Fortgang der Logik übernimmt. Es ist unerläßlich, die Strukturprobleme, die den Rahmen einer festgefügten und autonomen, logischen Wissenschaft sprengen, von mehreren Gesichtspunkten aus zu erörtern. Ich beginne mit Erwägungen zum Verhältnis von Phänomenologie und Logik (II), betrachte dann das Ende der Phänomenologie als Eintritt in die logische Sphäre (111), um schließlich zu fragen, was in dieser Sphäre eigentlich geschieht (IV). Die These von der Bewegung der Begriffe als logischem Geschehen versuche ich mit Hilfe einer Analyse des "spekulativen Satzes" verständlich zu machen (V) und kehre damit zurück zu den anfänglichen lJberlegungen über das Begreifen als Wissen, was man sagt (VI). Eine offene Frage zu den systematischen Grenzen einer dialektischen Logik überhaupt steht am Ende (VII). II. Der Systemaufbau Hegels, der aus der "Phänomenologie des Geistes" als dem Prozeß des Zusiehkoromens des Geistes das absolute Wissen hervorgehen läßt, hat suggeriert, daß nun im einmal erreichten Äther des reinen Begriffs die "Wissenschaft der Logik" uneingeschränkt beginnen könnte. Die Rollenverteilung innerhalb des Systems schien die verschiedenen Verfahrensweisen der Phänomenologie und der Logik mitsamt ihren verschiedenen Gegenständen sicherzustellen. Die Bestimmung des Verhältnisses beider Systemteile erfolgt indes nicht aus übergeordneten Prinzipien einer eigenständigen Architektonik des Systems. Die "Phänomenologie des Geistes" und die "Wissenschaft der Logik" werden vielmehr wechselseitig auseinander bestimmt. Dabei gilt ein negatives Verfahren, insofern die Darstellung des erscheinenden Geistes noch nicht die absolute Selbstgegenwart des reinen Begriffs und der reine Äther logischer Begriffe nicht mehr die Gestaltenfolge des Bewußtseins ist. Es wird bei solcher Negativbestimmung angenommen, man wisse bereits was das eine oder andere Komplement der Sache nach sei: die Wahrheit des Geistes als Logik oder seine Erscheinung als Phänomenologie. Jedoch dürfte ein Wissen dessen, was Wahrheit des Geistes heißt, um aus ihm negativ die Phänomenologie zu bestimmen, oder ein Wissen davon, was Erscheinung des Geistes ist, um dagegen seine Wahrheit zu setzen, keineswegs zu den Selbstverständlichkeiten zählen, von denen man getrost ausgehen kann. An Stelle solcher inhaltlichen Kenntnis sind strukturelle Momente für die fragliche Differenz zu fordern. In der Tat finden sich auch zwei formale Gesichtspunkte, die die wechselseitig negative Bestimmung von Phänomenologie und Logik tragen und denen wir oben bereits begegnet sind: a) das Moment der Reflexion und b) die Relation von U n m i t t e I b a r k e i t und V e r m i t t I u n g. Während der Reflexion die wesentlich weitertreibende Rolle bei der Oberwindung fixierter Positionen des Bewußtseins zugeschrieben wird, soll

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im Gange der Logik von einem Begriff zum nächsten das Tun der Reflexion nicht mehr im gleichen Sinne konstitutiv sein. Während dementsprechend die Erscheinung des Geistes durch das Auseinanderfallen von Unmittelbarkeit und Vermittlung charakterisiert ist, soll im absoluten Wissen die Vermittlung von Unmittelbarkeit und Vermittlung geleistet sein. Offensichtlich gehören die Reflexionstätigkeit und das Verhältnis Unmittelbarkeit- Vermittlung aufs Engste zusammen. Die Reflexion hebt jeweils vorhandene Unmittelbarkeit auf, aber dieses Vermitteln steht der Unmittelbarkeit seinerseits unvermittelt gegenüber. Von der Phänomenologie wird dieser Umstand so beschrieben, daß das Bewußtsein die Vermittlungsleistung wieder "vergiBt" und dadurch eine neue Unmittelbarkeit etabliert.a Reflexion innerhalb der Phänomenologie vermittelt also nicht Unmittelbarkeit und Vermittlung miteinander. Dies muß jedoch geschehen sein, wenn der Geist nicht länger als Erscheinung von sich getrennt, sondern in seiner absoluten Wahrheit da sein soll. Dazu stimmt das Zitat, von dem wir ausgingen. Die logische Sphäre wäre demnach durch das Nichtmehrgelten zweier Momente gekennzeichnet, die für die Phänomenologie konstitutiv sind und dies nur deshalb, weil ihr innerer Zusammenhang hier noch nicht, dort aber in der Tat hergestellt ist. Die Wahrheit des Geistes erübrigt Reflexionstätigkeit, da Unmittelbarkeit und Vermittlung nicht länger in einem aufzuhebenden Gegensatz zueinander stehen. Der sich selbst als Geist auf geistige Weise erfassende Geist- und das heißt für Hegel das absolute Wissen - stellt das Reich rein logischer Gedankenbestimmungen dar. Diese von Hegel vorgetragene Behauptung versucht, die Logik an die Phänomenologie gerade anzuschließen, indem sie ihr einen anderen Inhalt zuweist. Man darf das aber nicht so verstehen, als sei der erscheinende Geist - also die wissenschaftlich organisierten Bewußtseinsgestalten - eine grundsätzlich andere Sache als der wahre Geist - also die Begriffswissenschaft der Logik. Phänomenologie und Logik behandeln nicht unterschiedliche Themen, sondern dasselbe Thema in unterschiedlicher Weise. 4 Die Verschiedenheit der Weisen kann folglich nicht aus der Verschiedenheit unabhängig voneinander gesetzter Themen erklärt werden. Vielmehr muß die Differenz allein aus der Qualifikation der phänomenologischen und logischen Darstellungsform gegeneinander begriffen werden. Aber auch dafür scheinen keine selbständigen Kriterien vorab gegeben. Hatte es sich doch gezeigt, daß die Weise wie die Logik etwa verfährt, aus dem Nichtmehrgelten von Momenten resultiert, die der wissenschaftlichen Untersuchung des Bewußtseins angemessen waren. Wenn indes die Differenz weder aus einem gegebenen Unterschied des Themas, noch aus einer ein für allemal festlegbaren Verschiedenheit der Methode sich ergibt, ist dann überhaupt noch eine Differenz auszumachen?

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Von der Seite der Phänomenologie her läßt sich diese Frage leichter beantworten. Es leuchtet ein, daß bestimmte Gestalten des Bewußtseins sich in eine geordnete Folge bringen lassen, insofern sie allein daraufhin betrachtet werden, wie weit bei ihrer Ausbildung Unmittelbarkeit und Vermittlung auseinanderklaffen. Die phänomenologische Darstellung als eine wissenschaftliche folgt durchweg diesem Ordnungsprinzip. Daher sind die Reflexionsakte, zu denen das Bewußtsein seiner Natur nach stets fähig ist, zugleich die treibenden Momente des phänomenologischen Wegs wachsender Vermittlung zwischen Unmittelbarkeit und Vermittlung. Der durch immer neu einsetzende Reflexion ermöglichte Fortgang führt von der abstraktesten, gänzlich vermittlungslosen Unmittelbarkeit über zahlreiche Stufen geleisteter Vermittlung bis zur vollzogenen Einheit von Vermittlung und Unmittelbarkeit. Die letzte Gestalt des Bewußtseins gilt als endgültig, weil hier nichts mehr zu vermitteln offen bleibt. Hegel drückt die rein struktural bezeichnete Einheit auf verschiedene Weise aus. Erkenntnistheoretisch spricht er von dem Zusammenfall der Wahrheit mit der Gewißheit, während er für die Bewußtseinsanalyse die Formulierung wählt, Selbstbewußtsein und (Gegenstands)bewußtsein würden identisch. Für die wissenschaftliche Darstellung der Phänomenologie selber fungiert die Einheit als orientierender Fluchtpunkt der ganzen Bewegung, weil daran die Möglichkeit von Wissenschaft hängt. Hierauf gründet die Darstellung. Wissenschaftliche Darstellung der Erscheinung des Geistes wird erst jenseits des erscheinenden Geistes möglich, das heißt: von der eigentlich logischen Ebene der Wahrheit des Geistes aus. Die Doppelung der phänomenologischen und logischen Aspekte zeigt sich am Ende der "Phänomenologie des Geistes" deutlich im zweifachen Auftreten des Schlusses. Am Text läßt sich zeigen, daß alles, was für die Logik nötig ist, mit dem Abschluß des Religionskapitels vorliegt. Nicht das konkludierende Resumee: "VIII. Das absolute Wissen" ist daher das Ende der phänomenologischen Bewegung, sondern bereits der Abschnitt: "VII. C. Die offenbare Religion". Die Anfügung des Kapitels über das absolute Wissen zieht die bereits nicht mehr der phänomenologischen Sphäre angehörigen Konsequenzen aus einer phänomenologischen Entwicklung. Der phänomenologischen Wissenschaft als der geordneten Darstellung von Bewegungsgestalten wird durch die gezogene Konsequenz freilich das Arbeiten erst ermöglicht. Die Religion hat insgesamt den Geist selber zum Gehalt, denn das, was in Gestalt der Religion sich offenbart, ist bereits das absolute Wesen in der Form des Selbst. Auch ist die Offenbarkeit dieses Gehaltes bereits die Form der Selbstpräsenz des Geistes.6 Was Hegel jedoch veranlaßt, hier noch nicht von "Wissen" zu reden, ist das Verhältnis, in dem das religiöse Bewußtsein sich auf das Absolute als einen vorgestellten Gegenstand bezieht. Der Begriff kündigt sich bereits als Hinausdrängen und Obergehen ane, worin das Verhältnis der

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Vorstellung aufgehoben wird. Einzig der Umstand, daß das Aufheben des Vorstellungsverhältnisses noch vorgestellt und nicht auf vernünftige Weise erfaßt ist, macht die Grenze zum absoluten Wissen7 aus. Nicht das Vorstellungsverhältnis als solches, das zum Zwecke der Aufhebung gerade vorausgesetzt werden muß, sondern die Weise, in der die Aufhebung geschieht, markiert daher den zu erreichenden Stand der Wissenschaft. Eine Aufhebung eines vorstellenden Verhältnisses zum absoluten Gegenstand, die sich selber als solche vernünftig begreift, statt etwas Unbegriffenes mit sich geschehen zu lassen, bedeutet den methodischen Eintritt ins Reich des Geistes und stellt zugleich im Typus den Schritt dar, der sich dort immer wiederholen wird. Die Logik besteht aus nichts anderem. Sie beginnt sogar mit dem Sein, das inhaltlich schon in der offenbaren Religion da ists und das noch früher die Phänomenologie beim sinnlichen Bewußtsein hat einsetzen lassen. Die Differenz der Bücher liegt also nicht im Inhalt, sondern in der Form der Darstellung. Was der Anfang der Phänomenologie unmittelbar voraussetzte, ist am Ende der Phänomenologie als Voraussetzung eingeholt. Die Logik unterscheidet sich davon nur, indem sie sich methodisch dessen vergewissert hat, daß das Aufheben von Voraus· setzungendie einzig mögliche Erkenntnis des Wahren ist. Genau diese Differenz vorzuführen ist Aufgabe des letzten Kapitels der "Phänomenologie des Geistes". Es lehrt gleichsam mit den Augen der Logik zu lesen, was im phänomenologischen Prozeß faktisch schon erreicht ist. Die Aufhebung eines vorstellenden Verhältnisses zum absoluten Gehalt inauguriert wahres Wissen. Damit ist nicht jedem vorstellenden Verhältnis zum absoluten Gehalt ein für allemal ein Ende gesetzt, vielmehr bestätigt die Aufhebung eines solchen Verhältnisses die Notwendigkeit von dessen Voraussetzung. Ohne ein vorausgesetztes und daher aufzuhebendes Verhältnis kann Wissen gar nicht konstituiert werden. Die endgültige Durchstreichung solcher Voraus· setzung würde Wissen ganz undenkbar machen. Es ließe sich dann gar nicht mehr angeben, was im absoluten Wissen gewußt wird und wie dies gewußt wird. Die Bestimmung des Wissens als eines absoluten erfolgt in Abgrenzung gegen Vorstellungsverhältnisse, die als Voraussetzung akzeptiert werden müssen. Wenn das gilt, so kann eindeutig angegeben werden, was im Akte der Auf· hebung beendet wird. Mit der Aufhebung im Wissen werden jene Weisen der Vermittlung zwischen einem absoluten Gehalt und einem vorstellenden Be· wußtsein unmöglich, die selber noch, wie im Falle der offenbaren Religion, vorstellend verfahren. Eine vorstellende Vermittlung wäre nämlich eine ihrer vermittelnden Leistung noch unbewußte Vermittlung. Sie wäre unmittelbar zu nennen. Eine ihrer selbst bewußte Vermittlung hat jedoch diesen letzten Rest von Unmittelbarkeit auch noch abgelegt: sie ist vollends mit sich selbst vermittelt. Die ihrer selbst bewußte und so mit sich vermittelte Vermittlung ist nun aber eine, die anerkennt, statt bloß hinzunehmen, daß sie auf Vorausset· zungen aufruht. Sie beendet nicht mit einem Zauberschlage alles Voraussetzen.

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Sie begreift Voraussetzungen als Voraussetzungen und hängt insofern nicht länger blindlings von ihnen ab. Diese Differenz trennt Phänomenologie von Logik und im Kapitel über das absolute Wissen wird die entsprechende Kon· sequenz aus dem erreichten Stande der phänomenologischen Entwicklung gezogen. Die Verdoppelung des Schlußkapitels spiegelt das Ineinandergreifen phänomenologischer und logischer Aspekte, das den Obergang der Bücher ausmacht und die Systemteile aneinanderfügt. IV. Die Interpretation des Schlusses der Phänomenologie im Sinne eines Obergangs in die Logik hatte sich als eine Obersetzung des phänomenologischen Ergebnisses in eine andere Sprache erwiesen. Mitnichten beginnt an dieser Stelle die Behandlung eines fundamental anderen Gegenstandes. Bewußtseinsgestalten und Gedankenbestimmungen, der erscheinende Geist und der Geist in seiner Wahrheit lassen sich allein nach einer veränderten Darstellungsweise gegeneinander bestimmen. Die Veränderung selber ergibt sich aus einer Funktionsänderung, der die zentralen Strukturmomente der Reflexion und des Begriffspaars Unmittelbarkeit- Vermittlung unterzogen werden. Da die Funktionsänderung nicht von übergeordneten Prinzipien einer Systemarchitektonik gesteuert wird, kann sie auch nur aus dem Austausch der phänomenologischen und logischen Aspekte verständlich werden. Was wir bislang von Seiten der Phänomenologie aus untersucht haben, muß daher nun von Seiten der Logik betrachtet werden. Die auf der logischen Ebene vollzogene Deutung des mit dem Ende der Phänomenologie Erreichten erledigt sich nicht ausschließlich mit dem Problem eines Anfangs der logischen Wissenschaft, das bis heute stets die Federn bewegt hat.e Die Präokkupation mit dem Anfangsproblem geht leicht mit der Oberzeugung einher, es sei klar, was zu folgen habe, wenn der Logik einmal ein Anfang geschaffen sei. Es liegt auf der Hand, daß jeder Anfang der Anfang von etwas ist, und daraus ergibt sich, daß man von der Folge her die Struktur des Anfangs zu begreifen hat. Indes ist die Folge gar nicht so unproblematisch, daß man von ihr her das Anfangsproblem vollgültig reflektieren könne. Was geschieht denn eigentlich in der Logik, nachdem der Anfang einmal gelungen ist? Bereits die gelehrte Diskussion des Anfangsproblems zeigt, wie wenig Klarheit über die Folge herrscht. Die Entscheidung fiel nämlich schwer, ob das Stück der Logik, das nicht mehr Anfang im strengen Sinne ist, sondern jenseits des Anfangs liegt und also zur Folge gehört, in der ersten oder einer der später auftretenden inhaltlichen Bestimmungen zu sehen ist. Man hat die Möglichkeit erwogen, daß nicht das Sein und auch nicht sein Umschlag ins Nichts, sondern erst das daraus resultierende Werden zur Logik im eigentlichen Sinne gehört.1o Da zwischen Anfang und Folge keine eindeutige Grenze zu ziehen ist, ver-

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schärft sich die Frage, wovon denn der Anfang ein Anfang sei. Sollte diese Frage nicht zu beantworten sein, so müßte man vermuten, daß sich im Prinzip der Schritt, der den Anfang der Logik ausmacht, bei allen späteren Gedankenbestimmungen wiederholt. Der Eintritt in die logische Sphäre als Gewinnung eines Begriffs aus der Aufhebung von Voraussetzungen fände allenthalben gleichermaßen statt. Damit verlöre die Rede vom Anfang jeden Sinn. Nun bietet sich eine Antwort an auf die Frage nach dem Charakter des logischen Geschehens und damit der jenseits des Anfangs liegenden Folge. Sie lautet auf die Bewegung des Begriffs. Wieso bewegen sich aber Begriffe? Hegel begründet diese überraschende Annahme bekanntlich mit dem "Gang der Sache selbst" 11 , dem die spekulative Dialektik sich füge, ohne dem willkürlichen Eingreifen äußerer Reflexion weiter Raum zu geben. Aber warum bewegt sich "die Sache selbst" oder was ist "die Sache", wenn sie sich bewegt? Man muß schon Heraklitäer sein, um Bewegung als die eigne Natur der Sache überhaupt keiner Frage zu würdigen. Spätestens seit Platos "Sophistes" hat die Philosophie sich jedenfalls darauf besonnen, daß Bewegung der Begriffe mit der Sprachgebundenheit unserer Erkenntnis zu tun hat, die sich als unfähig erweist, die Sache in ihrer Wahrheit mit einem Schlage präsent zu machen. Daraus dürfte deutlich sein, daß die Berufung auf den Gang der Sache selbst eine zumindest mißverständliche Formulierung Hegels ist, wenn sie andeuten soll, unter Zurücklassung aller Darstellungsprobleme sei eine sich bewegende Sache als solche präsent. Gegenüber der beherrschenden Debatte um den Anfang der Logik ist die Frage nach dem logischen Geschehen, das von diesem Anfang in Gang gesetzt wird, zurückgetreten. Um diese Frage aber hat in der unmittelbaren Nachfolge Hegels ein lebhaft geführter Streit stattgefunden. Mit dem sinkenden Interesse an der logischen Wissenschaft als ganzer ist auch dieser Streit in Vergessenheit geraten, obwohl diejenigen Autoren, die überhaupt die begeisehe Konzeption einer Logik noch ernst nahmen, sehr wohl das Bedürfnis verspürten, zum besseren Verständnis der rätselhaften These von der Bewegung der Begriffe beizutragen. Sie haben eine Reihe inhaltlich differenter Vorschläge gemacht, den Anstoß aus dem Wege zu räumen. Alle diese Versuche vermögen aber nicht zu befriedigen. Als einer der ersten hat A. Trendelenburg die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, daß "die Bewegung von der Dialektik, die nichts voraussetzen will, unerörtert vorausgesetzt sei". Dieser Umstand mache Dialektik als eine autonome Wissenschaft im Sinne des hegelschen Anspruchs "unmöglich". Trendelenburg verfällt auf den Ausweg, Bewegung als eine aus der Naturphilosophie übertragene Vorstellung in Analogie zur räumlichen Bewegung zu interpretieren.t2 Dem für den inneren Aufbau einer Logik unüberzeugenden Rückgriff auf eine Kategorie der sinnlichen Anschauung ist denn auch von K. Fischer etwa widersprochen worden, der Bewegung als "Entwicklung" begreifen will, als "fortschreitende Stufenfolge" und "Entfaltung" aufgrund einer "Anlage" .•s Die

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Analogie zur räumlichen Bewegung, die von außen angeschaut werden muß, ist damit durch eine immanente Erklärung ersetzt, die sogar gewisse biologistische Termini wie "Trieb" nicht scheut. Fischer übernimmt ein teleologisches Modell, das bereits /. E. Erdmann vorgeschwebt hatte. Erdmann meint 14 , alle Gegenstände veränderten sich beim Erkennen, und überträgt, ganz gegen den Geist der hegetsehen Logik übrigens, dieses Subjekt-Objekt-Verhältnis auf Kategorien. In der Logik werde sich zeigen, "daß der Gegenstand sich so verändern müsse, daß er wirklich zu dem wird, was er eigentlich ist". Dies Werden eines Gegenstandes zu dem, was er eigentlich ist, sei Entwicklung, und die habe die Logik zu begreifen. Der hier unterlegte Aristotelismus einer entelechialen Entwicklung von Substanzen stößt allerdings an seine Grenzen, wo er den ganzen Zusammenhang der Logik als Bewegung der Begriffe begründen soll. Erdmann geht daher zur Annahme einer "ewigen Entwicklung" über, die sich ergebe, wenn Entwicklung von äußeren Umständen unabhängig aus dem Wesen eines Gegenstandes begriffen werde. Solche "ewige Entwicklung" setzt er dann mit einer "ewigen Bewegung" gleich, die die dialektische Natur der Gegenstände darstelle, worum es der Logik insgesamt gehe. In Absetzung von Erdmann bemüht sich eine bescheidene Schrift von K. Weinholtz 15, gegen die spekulative Begriffsbewegung Hegels einer "natürlichen Entwicklungsweise" ihr Recht zu verschaffen, die an naturphilosophisch gedeuteten Phänomenen der Entstehung von Organismen, der Entwicklung von Pflanze, Tier und Kind abgelesen ist.1 8 Ein Schüler Schleiermachers, L. George, hat immerhin in der sprachlichen Struktur des "spekulativen Satzes" den Grund für die Methode spekulativen Fortgangs vermutet17, aber nicht vermocht, diese Einsicht in bezugauf das von Trendelenburg benannte Problem fruchtbar zu machen.ts E. v. Hartmann schließlich diagnostiziert in der Unbestimmtheit flüssiger Begriffe die "Ideenflucht des Maniacus" .tsa

V.

Die Versuche, mit dem Skandalon einer angeblichen Bewegung der Begriffe fertigzuwerden, beweisen, daß in der an Hegel anschließenden Diskussion ein entscheidendes Strukturproblem dialektischer Logik darin gesehen wurde, den immanenten Gang des logischen Geschehens verständlich zu machen. Gegen die überwiegend an der Phänomenologie ausgerichtete Regelrezeption unseres Jahrhunderts, die in der Regel nur bis zur Untersuchung des Anfangs der Logik vorgestoßen ist, mag die historische Vergegenwärtigung des Diadochenstreits als Korrektiv wirken, obwohl die Lösungsvorschläge sachlich nicht tragfähig sind. Weder die Anleihe bei einer Bewegungskategorie aus sinnlicher An· schauung, noch die Erneuerung einer Teleologie der Substanzen sind der Idee einer dialektischen Logik angemessen. Sie spiegeln nur die Ratlosigkeit an· gesichts dessen, was in Hegels Logik eigentlich vor sich geht. Man erinnert sich tunlieh daran, daß Logik die wissenschaftliche Behandlung des Logos heißt, wenn man die Idee einer Logik erfassen will, die vom traditionalen Kanon der formalen Logik so weit entfernt ist wie die hegelsche. Das

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Rätsel einer Bewegung der Begriffe wird sich nur aufhellen lassen, wenn man die Sprachlichkeif aller in Begriffen erlaBten reinen Gehalte in Rechnung stellt.tsb Entgegen der Versicherung Hegels, daß in der Logik nichts als die Selbstbewegung des Inhalts oder der Gang der Sache selbst da sei, bekommen Darstellungsproblerne wiederum ihr Gewicht. Die Sache und die Form ihrer Präsenz in der Logik sind offenbar nicht schlechterdings ein und dasselbe. Die Sache, um die es der Logik geht, ist die Wahrheit des Absoluten. Durch alle entwickelten Gedankenbestimmungen der Logik hindurch bleibt diese eine Sache identisch. Daß es so vieler Gedankenbestimmungen und eines Ganges durch drei Bücher bedarf, um sie voll zum Ausdruck zu bringen, ist nicht der Eigenart des Absoluten zuzuschreiben, sondern den Schwierigkeiten, die dessen adäquate Darstellung bereitet. Erst die Differenz zwischen Darstellung und Sache erklärt die Prozessualität der Logik. Es wäre immerhin denkbar, daß nach der durch eine Diskrepanz zwischen Sache und Darstellung konstituierten Phänomenologie im Stande des absoluten Wissens die absolute Wahrheit sich in einem alles umfassenden Wort oder einem beschwörenden Satz äußerte. Hegel hat jedoch gegen den Glauben, des Absoluten unmittelbar habhaft zu werden, seit seinen kritischen Frühschriften Stellung bezogen. Der begrifflosen und anschauungsseligen Versenkung ins Absolute a Ia Schelling hat er das Konzept einer Spekulation entgegengestellt, die das Absolute nur auszusprechen gestattet, indem sie die unzulänglichen Formen seiner Erfassung destruiert. Die Spekulation überwindet die Entzweiung der Reflexion und schafft der Vernunft durch Zerstörung der Formen des Verstandes erst Raum. Die wesentliche Form, in der der Verstand die Wahrheit zu bestimmen vermag, ist aber der Satz oder das Urteil. Alle Sätze bringen den einheitlich gemeinten Sachverhalt durch eine Verknüpfung zweier getrennter Bestimmungen zum Ausdruck, durch Subjekt und Prädikat. Diese Bestimmungen müssen in ihrer Unterschiedenheit sogar feststehen, um in der Synthesis eines urteilenden Satzes zur Aussage eines identischen Inhaltes zu taugen. Die dem Verstand logisch zugängliche Wahrheit ist eingeschränkt durch die Bedingung der fixierten Trennung jener satzkonstitutiven Bestimmungen. Die unbeschränkte Wahrheit der Vernunft kann sich folglich nur Ausdruck verschaffen, indem sie die fixierte Entgegensetzung aufhebt. Die logische Form einer Aussage der Vernunft bedeutet die Uberwindung der für verständige Aussagen unerläßlichen Bedingungen in der Satzstruktur. Logisch kommt Vernunftwahrheit durch die Zerstörung des urteilenden Satzes als Verknüpfung von Subjekt und Prädikat zustande. Hegel nennt das bekanntlich den spekulativen Satz.tac Der spekulative Satz ist also nicht eine andere Form von Satz, eine logische Alternative zum VerstandesurteiL Er ist der Prozeß der Aufhebung der logischen Struktur von Verstandesurteilen. Er setzt die Urteilsstruktur als solche voraus. Freilich muß der Prozeß der Aufhebung seinerseits logischen Charakter besitzen. Der spekulative Satz, der in Wahrheit eine Bewegung isttsd, muß kon-

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trolliert werden. Hegel spricht von der Notwendigkeit einer "Darstellung" jener Bewegung, in der die "Meinung" der gewöhnlichen Urteilsbeziehung von Subjekt und Prädikat zerstört wird, so daß das Wissen auf den Satz "zurückkommen" muß. "Diese Bewegung, welche das ausmacht, was sonst der Beweis leisten sollte, ist die dialektische Bewegung des Satzes selbst. Sie allein ist das wirklich Spekulative, und nur das Aussprechen derselben ist spekulative Darstellung. Als Satz ist das Spekulative nur die innerliche Hemmung und die nichtdaseiende Rückkehr des Wesens in sich. Wir sehen uns daher oft von philosophischen Expositionen an dieses innere Anschauen verwiesen und dadurch die Darstellung der dialektischen Bewegung des Satzes erspart, die wir verlangten. Der Satz soll ausdrücken, was das Wahre ist, aber wesentlich ist es Subjekt; als dieses ist es nur die dialektische Bewegung, dieser sich selbst erzeugende, fortschreitende und in sich zurückgehende Gang." 19 Das Spekulative besteht gegenüber der festen Sicherheit des urteilenden Verstandes in einer Bewegung, die wiederum entgegen einer unterschiedslosen Versenkung in innere Anschauung explizit dargestellt werden muß. Die Darstellung der Bewegung, in der das Wissen nach der Zerstörung der einfachen Aussagestruktur des Satzes wieder auf denselben zurückkommt, übernimmt die Rolle des traditionellen Beweises, der nach der aristotelischen Konzeption der Apodeixis das notwendige Schließen aus Gründen bedeutet.2o Die logisch als Beweis zu qualifizierende Darstellung der überwindenden und rückkehrenden Bewegung der Spekulation macht den spekulativen Satz zum eigentlichen "philosophischen Satz", wie Hegel sagt.2t Der philosophische Satz soll ausdrücken, was das Wahre ist. Da er aussagend verfahren muß, erweckt er die "Meinung", das Wahre sei eine feste Substanz, der Attribute zugesprochen werden, wie im Beispielsatz "Gott ist das Sein" das "Sein" dem "Gotte" zugesprochen wird oder von "Gott" ausgesagt wird. Die hier unterstellte Trennung von Subjekt und Prädikat ist aber der Wahrheit des Absoluten unangemessen und muß aufgehoben werden, so daß man nach Vollzug dieser Bewegung wieder auf die ursprünglich gemeinte Wahrheit zurückkommen kann. Denn die gilt es ja auszudrücken, während die logisch darzustellende spekulative Bewegung nur die Unangemessenheit der zur Verfügung stehenden Satzform erwiesen hatte. Die Rückkehr, die als Erneuerung des ursprünglichen Aussageanspruchs auf das Wahre zu werten ist, darf nicht als irgendeine äußere Reflexion erscheinen, die an der Sache zufällig entlang läuft, sondern muß den logischen Status des wissenschaftlichen Beweises erhalten, der in methodischer Regelung dem Begreifen der Wahrheit dient. Hegelist bemüht22, bei seiner logisch kontrollierten Bewegung der Rückkehr jede Vorstellung eines Regresses auf immer fernere Gründe auszuschließen. Die Vermeidung des Regresses bildete ein wesentliches Bestandstück der aristotelischen Lehre vom Beweis, die hier assoziiert wird. Das Element der Bewegung, die gleichfalls Sätze zu ihren Teilen haben kann, sei der Begriff und der bedeute einen Inhalt, dem selber der Charakter des Subjekts zukomme. Worauf

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es zurückzukehren gilt, ist nicht ein anderer Grund für den zunächst ausgedrückten Begriff, sondern derselbe Begriff mit seinem Wahrheitsanspruch. Die über mehrere Sätze als Beweisglieder laufende Darstellung der spekulativen Bewegung ist mithin die Selbstdarstellung des Begriffs in seiner Wahrheit, die sich im Gang durch inadäquate und aufzuhebende Ausdrucksformen als unbeirrbare Rückkehr zu sich durchsetzt. VI. In der Beschreibung aus der Vorrede zur "Phänomenologie des Geistes" enthält die Lehre vom spekulativen Satz zweifellos den Schlüssel zum Verständnis dessen, was in der "Wissenschaft der Logik" geschieht. Nichts anderes tut die Logik, als die Wahrheit des Absoluten in begrifflicher Form auszudrücken. Alle in der Logik auftretenden Bestimmungen sind in dieser Hinsicht gleichberechtigt. Da hier das Niveau der Wissenschaft erreicht ist, spricht der erste Begriff nicht minder als der letzte und alle dazwischenliegenden Begriffe die Wahrheit des Absoluten aus. Dieser Umstand erklärt aber noch keineswegs die Bewegung der Begriffe untereinander und die Nötigung, bei ungeschmälertem Absolutheitsstatus eine Vielzahl von Bestimmungen in den drei logischen Büchern konsequent zu durchlaufen. Will man die Paradoxie auflösen, so muß die konstitutive Voraussetzung systematisch ernst genommen werden, auf der der spekulative Satz beruhte, wenn auch bloß, um sie aufzuheben. Die Meinung, die mit der logischen Struktur des Verstandesurteils einhergeht, ist unverzichtbar. Die Erwartung, daß in Form einer Verknüpfung der als Subjekt und Prädikat getrennten Elemente die Wahrheit ausgesagt sei, kann nicht ein für allemal ausgeräumt werden. Sie ist vielmehr notwendig, damit der spekulative Satz seine Bewegung der Zerstörung eben dieser Erwartung und der Rückkehr auf den ursprünglichen Anspruch einer uneingeschränkten Aussage des Wahren vollziehen kann. Die Bewegung, die in der logischen Darstellung des spekulativen Satzes stattfindet, ist ihrer Natur nach nichts anderes als eine Reflexion. Die Reflexion wird allerdings nicht von einem äußerlich unbeteiligten Bewußtsein angebracht. Sie ist eine methodische Reflexion im Rahmen einer Logik, die das Wahre vollendet aussagen will und Voraussetzungen zur Kenntnis nehmen muß, ohne die jene Aussage unmöglich wäre, die andererseits jedoch das eigentliche Vorhaben mit unangemessenen Vorstellungen belasten. Die Reflexion deckt die unabdingbaren Voraussetzungen der Aussage auf, erweist ihre Unangemessenheit für die logische Aufgabe und endet folgerichtig in einer Rückkehr auf die ursprüngliche Intention. Methodisch darf eine solche Reflexion heißen, weil sie vollkommen in der Dimension einer Wissenschaft der Logik operiert und nur die Schwierigkeit erinnert, die sich der ungehinderten Darstellung des genuinen Inhalts einer Logik unausbleiblich in den Weg stellen.2a An dieser Stelle sollten wir uns der eingangs zitierten Behauptung entsinnen,

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daß alle Widersprüche durch das leicht scheinende, aber wenig verbreitete Mittel beseitigt werden können, ein Wissen davon zu entwickeln, was man sagt. Widersprüche bilden sich, indem zwischen der Aussage und der Intention eine Diskrepanz aufbricht. Was man begrifflich hat fassen wollen, zeigt sich, nicht wirklich oder vollständig oder angemessen erlaßt zu sein. Der Begriff einer Sache ist dann unzureichend, wenn die Sache nicht so erlaßt ist, wie sie sollte und wie es aufgrundihrer eignen Natur erfordert ist. Eine Sache nicht so zu fassen, wie es nötig und gemeint war, heißt aber schlicht, sie anders erfassen, als sie ist. Der Widerspruch entsteht hier, weil der Begriff einer Sache, bei ungebrochener Behauptung, sie zu erfassen, sie in der Tat nicht so erfaßt, wie sie ist, sondern anders. Der fragliche Begriff ist also der Begriff der Sache und zugleich nicht der Begriff der Sache, und beides wird für eins und dasselbe gehalten. Das bildet den Widerspruch. Die Auflösung des Widerspruchs geschieht, indem ein Wissen davon hergestellt wird, was eigentlich gesagt wurde. Dies darf nicht als eine Leistung des erkennenden Bewußtseins angesehen werden, weil dann die spezifisch logische Struktur in den Termini des zu sich kommenden Subjekts mißdeutet würde. Wir fielen somit fälschlich auf die Ebene der Phänomenologie zurück. Gleichwohl ist bei der Auflösung des Widerspruchs eine Reflexion am Werk, die ich im Unterschied zur Reflexion des Bewußtseins eine m e t h o d i s c h e R e f 1 e x i o n genannt habe. Nachdem zwischen dem in Wahrheit Auszusagenden und dem jeweils gerade Ausgesagten Unstimmigkeiten aufgebrochen sind und so der an einer bestimmten Stelle der Logik entwickelte Begriff sich widersprüchlich präsentiert, tritt eine Reflexion ins Mittel, die nicht etwas Neues sagt oder irgendeine Verbesserung des ungenügenden Begriffs vorschlägt. Die eingesetzte Reflexion kehrt vielmehr zur ursprünglichen Aussageintention zurück und hat die methodische Funktion der Klärung dessen, was der Anspruch des Begriffs behauptet hatte und was an Aussage tatsächlich erreicht ist. Gerade auf diese Weise aber bringt die Reflexion die Erfassung voran. lndem sie die Methode thematisiert, befördert sie das Begreifen der Sache. Es wird zunächst nur zu Erkenntnis gebracht, wieso jene Widersprüche auftraten und woher die Verwirrung stammt. Gegenstand der Klärung ist also die Voraussetzung, aufgrund derer sich das Denken des Absoluten als uneins mit sich erwies. Die Klärung der Bedingungen, die jene Widersprüche entstehen ließen, so daß das Denken von seiner Aufgabe abirren mußte, hat jedoch zugleich die Erinnerung an die Aufgabe und daran, worum es eigentlich geht, zur Folge. Insofern bedeutet jede derart methodisch vollzogene Reflexion einen Schritt weiter, denn das in Widersprüche verwickelte und ins Stocken geratene Denken kommt wieder frei in Gang. Der Vollzug einer solchen Reflexion stellt also stets eine bestimmte Bewegung innerhalb der Logik dar. Ich fasse zusammen: Der Begriff bewegt sich nicht, weil die zu begreifende Sache etwa bewegt wäre, oder weil Bewegung zur Natur des Erkenntnisfort· schritts gehört. 24 Die Wahrheit des Absoluten ist gar nicht von der Art, ein

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Fortschreiten immer besserer Erkenntnis zuzulassen. Die Sache ist hier stets dieselbe, es geht daher in der Logik auch immer um dasselbe, ohne daß je alles gesagt wäre. Bewegung hat nur statt, insofern die Behauptung der Aussage des Absoluten und die jeweils mögliche Aussage nicht zusammenfallen. Daraus erwachsen rein logische Widersprüche, die als das, was sie sind, nämlich die Diskrepanz zwischen Anspruch und Leistung, sich einer methodischen Reflexion öffnen, die mit der Erkenntnis der Bedingung für das Auftreten solcher Widersprüche die leitende Aufgabe der Wissenschaft der Logik wieder ins Recht setzt. Ein jeder aufgrund dieser Reflexion sich ergebende Bewegungszug ist ein Schritt innerhalb der Logik. Das heißt aber nicht ein Schritt voran, noch auch ein Schritt zurück. Jeder "Schritt" gilt dem andern gleich, denn diese besondere Bewegung ist die Art und Weise, in der das Absolute allein zu Begriff gebracht werden kann. Die einzig angemessene Form, einen Logos vom Absoluten zu geben, besteht in der schrittweise erfolgenden Reflexion auf die UnangemessenheU einer jeden fixierten Aussage. Die methodisch erzeugte Klarheit darüber macht die "Wissenschaft der Logik" zu dem, was der Titel verheißt: eine wissenschaftliche Einsicht in die Formen des reinen Logos.2s

VII. Indes wird nun eine Frage unabweisbar, die sich als Folgeproblem der beiden von uns bisher behandelten Strukturprobleme dialektischer Logik aufdrängt. Wir hatten das logische Geschehen einer Bewegung der Begriffe mit Hilfe der Analyse des spekulativen Satzes verständlich zu machen gesucht. Alle dem Corpus der Logik - und nicht den Anmerkungen, Erläuterungen und Corollarien - angehörigen Aussagen sind als spekulative Sätze zu lesen. Dann ergibt sich der logikimmanente Prozeß aus der Unabdingbarkeit einer mit dem normalen Satzverständnis verbundenen Voraussetzung und der methodischen Reflexion ebendarauf. Wir hatten bei dieser Deutung wie selbstverständlich mit der Prämisse operiert, daß es Thema der Logik sei, die Wahrheit des Absoluten zur Aussage zu bringen. Nur im Blick auf diese Aufgabe läßt sich jede Darstellungsform als unangemessen erweisen. Allerdings erscheint eine solche dogmatische Prämisse im Rahmen einer Logik als besonders unbefriedigend. Was das Absolute sei, kann ja nicht als gegeben unterstellt werden. Daß das Absolute der Logik als Aufgabe einfach vorgesetzt wird, kann nicht als schlechthin sicher gelten. Zwar hat Hege! keinen Zweifel daran gelassen, daß seine Wissenschaft der Logik die Themenstellung der klassischen Metaphysik übernimmt und erst wirklich vollendet. Aber gerade eine massiv metaphysische Auslegung der dialektischen Logik bereitet große Schwierigkeiten. Die geregelte Bewegung der Begriffe selber und die häufig überraschende Ineinanderführung höchst divergenter Konzepte aus der Tradition der ,prima philosophia' macht extreme Deutungskunststücke nötig, wenn man den leeren Namen des Absoluten sicher

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mit substanziellen Inhalten füllen will. Kurzum, der Rekurs auf einen naiven Vorbegriff von Metaphysik beseitigt keineswegs das Unbehagen angesichts eines der Logik vorangestellten Dogmas vom Absoluten.2e Die Unmöglichkeit, mit einer solchen Prämisse unbefragt zu operieren, läßt den Versuch angezeigt erscheinen, in Konsequenz unserer formalmethodischen Deutung der logischen Strukturprobleme auch den Titel des Absoluten formal-methodisch zu interpretieren, ohne den jene Deutung nicht auskam. Dazu sind nur noch einige Andeutungen möglich. Was die Sache der Logik sei, kann nicht außerhalb der Logik entschieden werden. Die Logosfähigkeit des Absoluten oder die lJberzeugung, daß das Absolute in seiner Wahrheit auch einer expliziten Darstellung offenstünde, darf vor dieser letzten Schranke der Themenstellung selber durchaus nicht haltmachen. Die Wissenschaft, zu der Hegel die Logik hat entwickeln wollen, muß nicht nur ein gegebenes Etwas wissenschaftlich behandeln, sondern auch die Bestimmung dieses Etwas als ihres Themas in wissenschaftliche Verantwortung nehmen. Um es paradox zu formulieren: Die Sache der Logik muß auch die Sache der Logik sein. Wenn es sich daher verbietet, das Absolute in welcher Weise auch immer als ursprünglich gegebene Themenstellung zu akzeptieren, so daß dagegen die Bemühung um Darstellung seiner Wahrheit in einem zweiten Schritt notwendig als unangemessen abfiele, dann bleibt nur ein Ausweg. Das Absolute muß einen logisch fundierten Sinn erhalten, indem ihm mit Gründen der Logik gerade jener ausgezeichnete Charakter zugeschrieben wird, der alle begriffliche Erfassung zwangsläufig in den Rang des Unangemessenen und Nachhinkenden verweist. Wieso der Begriff einer Sache in eindeutig angehbarer Weise seine Funktion versäumt, diese Sache auf den Begriff zu bringen, muß noch begrifflich erklärt werden können. Es ist das die letzte und schwerste Aufgabe des Begriffs, nämlich zu begreifen, was der Begriff ist. Hierin liegt klarerweise die eigentümliche Blindheit, mit denselben begrifflichen Instrumenten fassen zu wollen, was das Erfassen von Inhalten mit dem Mittel des Begriffs ist. Gerade jene Blindheit aber, also das, was sich dem Erkennen entzieht, soll erkannt werden. Die Unangemessenheit des Begriffes als solchen soll eingesehen werden. Da kein Begriff hinter seine Funktion des Begreifens von Inhalten zurücksteigen kann, ist das Äußerste an Leistung, was er erbringen kann, die eigne Struktur der Gerichtetheit auf Inhalte zur Erkenntnis zu bringen. Das ist für den reinen Begriff in der Tat "die Sache selbst". Einer entsprechenden·Untersuchung kommt die Rolle des Endgültigen zu, denn ein derartiger Versuch kann nicht sinnvoll nochmals überholt werden. Thema der Logik ist das Absolute also nicht kraft dogmatischer Setzung, sondern weil die Potenz des Begreifens hier in ihre letzte Konsequenz getrieben wird. Die Endgültigkeit und Absolutheit des Bemühens, mit begrifflichen Mitteln die reine Natur des Begreifens zu erfassen, führt freilich eine ebenso unüber-

Strukturprobleme dialektischer Logik

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holbare Negativität mit sich, die uns bislang als Unangemessenheit begegnete. Die im Wesen des Begriffs verankerte Negativität kann von keiner logischen Wissenschaft überwunden werden, ja läßt sich nicht einmal in der Sprache der Logik formulieren. Sie ist nämlich der Grund der Bewegung der Begriffe und zeigt sich nur immer neu in dessen logisch kontrollierten Dbergängen. Das dialektische Verfahren, dasHegelüberall sonst anwendet, in der Phänomenologie, ebenso wie in allen Teilen der Realphilosophie, wird in der Logik seinerseits einer dialektischen Behandlung unterzogen. Nur diese methodische Autonomie, nicht aber vorgefundene inhaltliche Differenzen, heben die Logik von den übrigen Systemteilen ab. Folgerichtig terminiert die Große Logik in einem Methodenkapitel, weil die Reflexion auf das Verfahren dem Prozeß ganz immanent geworden ist. Der Obergang der Begriffe hat die Unwahrheit der einzelnen Inhalte erwiesen und den dialektischen Gang selber zum eigentlichen Thema gemacht. "Die Methode ist daraus als der sich selbst wissende, sich als das Absolute zum Gegenstand habende Begriff, somit als das reine Entsprechen des Begriffs und seiner Realität, als eine Existenz, die er selbst ist, hervorgegangen."27 In der reinen Formalität des Methodischen gesehen bringt der Titel des Absoluten zum Ausdruck, daß die dialektische Logik die Theorie sei, zu der keine Metatheorie mehr möglich ist. Anmerkungen

* Eine frühere Fassung lag einem Vortrag zugrunde, der auf dem Hegel-Kongreß in Moskau (1974) gehalten wurde. 1. Rezension von Solgers Nachgelassenen Schriften (1828), Werke XVI, S. 481 li. 2. Mit Recht schreibt W. Wieland (Bemerkungen zum Anfang von Hegels Logik; in: Wirklichkeit und Reflexion, FS W. Schulz, Pfullingen 1973, S. 405): "Die hegelsche Logik hat zwar das Absolute zum Gegenstand, aber sie ist keine Spekulation, die den Anspruch erheben könnte, auf dem Standpunkt des Absoluten zu stehen. Es handelt sich vielmehr um das Unternehmen des endlichen Geistes, die Kategorien zu entwickeln und zu erfassen, die für eine angemessene Auslegung des Absoluten notwendig sind. Auf dieser Ebene des endlichen Geistes bewegt sich die Darstellung der Logik." 3. Phänomenologie des Geistes (ed. Hoiimeister), S. 86, 94, 127 f., 177, 515. 4. Logik (ed. Lasson), I, S. 7; Phänomenologie S. 550, 562. 5. Phänomenologie S. 523. 6. 532, 535. 7. 544, 547. 8. 527 li. 9. S. D. Henrich, Anfang und Methode der Logik, in: Hegel im Kontext, Frank· furt 1971. 10. H. G. Gadamer, Die Idee der hegelschen Logik, in: Hegels Dialektik, Tübingen 1971. 11. Logik I, S. 36. 12. Logische Untersuchungen (1840), 18703, S. 38 li., 79, 531, Trendelenburg hat seine Einwände in einem Aufsatz wiederholt, der in der Jenaischen Literaturzeitung 1842 erschien. Der getreue Hegelianer G. A. Gabler liefert darauf eine schwächliche theologisierende Replik (G. A. Gabler, Die Hegeische Philosophie, Beitr. zu ihrer richtigeren Beurteilung und Würdigung, 1. Heft: Das Absolute und die Lösung der Grundfragen aller Philosophie bei Hegel, 1843). S. a. Gablers Rezension von Tren· delenburgs Buch (Jb. für wiss. Kritik, 1841).

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13. System der Logik und Metaphysik oder Wissenschaftslehre, Heidelberg (1852), 18652 , §§ 66, 69 ff. 14. Grundriß der Logik und Metaphysik, Halle (1841), 18433 , §§ 12 f., 16 ff. 15. Die spekulative Methode und die natürliche Entwicklungsweise, erwogen von K. Weinholtz, Berlin 1843. 16. a.a.O., S. 168 u. ö. 17. L. George, Prinzip und Methode der Philosophie mit besonderer Rücksicht auf Hegel und Schleiermacher, Berlin 1842, z. B. 65 fl., 187. 18. a.a.O., S. 171. 18 a. E. v. Hartmann, Ober die dialektische Methode, Berlin 1868, 123, s. a. 60 f., 96 ff. 18 b. Vgl. dazu Logik, Vorrede zur 2. Ausgabe, 1831 (Lasson 9 ff., 19 f.). 18 c. Phänomenologie, S. 49 ff.; Enzyklopädie § 31; Logik I (1. Auflage 1812), S. 17 f. Eine Vorform des spekulativen Satzes findet sich bereits in den "Theologischen Jugendschriften" (ed. H. Nohl), Tübingen 107, S. 309 f. 18 d. Phänomenologie, S. 50,53. 19. S. 53. 20. Vgl. den Hinweis auf die Trennung der Dialektik vom Beweis, die historisch von der Logik des Aristoteles vollzogen wurde und die Hegel wieder rückgängig machen will (ebd.). 21. W. Marx hat am spekulativen Satz überzeugend den Zusammenfall von spekulativer Denkbewegung und sprachlichem Ausdruck gezeigt (Absolute Reflexion und Sprache, Frankfurt 1967). 22. Phän., S. 53. 23. Ich darf hier auf frühere Arbeiten verweisen: Problemgeschichte und systema· tischer Sinn der ,Phänomenologie' Hegels; Logik und Kapital (In: R. B., Dialektik und Wissenschaft, Frankfurt 1973). 24. In diesem Zusammenhang wären die Bemerkungen von L. Althusser zu prüfen, der in strukturalistischer Terminologie von Hegels Logik als ,proces sans sujet' spricht (Sur le rapport de Marx a Hegel; Lenine devant Hegel; in: Lenine et la philosophie etc., Paris 1972, S. 69 f., S. 87 ff. - Deutsche Ubersetzung: Harnburg 1974). 25. Das soeben erschienene dreibändige Werk von B. Liebrucks "Sprache und Bewußtsein" 6, 1-3, Frankfurt 1974, das als Kommentar zur Hegeischen Logik im Sinne des Untertitels (Sprachliche Genesis der Logik, logische Genesis der Sprache) zu verstehen ist, verdiente eine ausführliche Auseinandersetzung, z. B. 6, 3, S. 593. 26. Ähnliche Bedenken gegen eine in der Logik vorausgesetzte Einheit von Metaphysik und Logik äußert bereits C. H. Weisse und fordert, sie methodisch in die Bewegung des Begriffs aufzulösen, freilich nur, um auf diese Weise einer Erneuerung der Metaphysik den Weg zu ebnen (Rez. der Ausgabe der "Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften" von Hegel durch L. Henning, Jb. für wiss. Kritik 1841/I, s. 65 ff.). 27. Logik II, S. 486.

ULRICH CLAESGES

Legalität und Moralität in Hegels Naturrechtsschrift Zur Problematik der praktischen Philosophie im Deutschen Idealismus Aber in der einfachen Identität mit der Wirklichkeit der Individuen erscheint das Sittliche, als die allgemeine Handlungsweise derselben - als Sitte, - die Gewohnheit desselben als eine zweite Natur, die an die Stelle des ersten bloß natürlichen Willens gesetzt, und die durchdringende Seele, Bedeutung und Wirklichkeit ihres Daseins ist, der als eine Welt lebendige und vorhandene Geist, dessen Substanz so erst als Geist ist. (Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 151)

I.

Für das Verständnis der praktischen Philosophie im Deutschen Idealismus und ihrer Entwicklung - sagen wir - von Kants Metaphysik der Sitten bis zu Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts ist es sehr nützlich, das Schicksal der für Kants Moralphilosophie grundlegenden Unterscheidung von Legalität und Moralität zu verfolgen. Noch Hegels Rechtsphilosophie von 1821 ist formal und inhaltlich durch jene Unterscheidung geprägt.t Aber auch für Hegels frühe Schrift: Uber die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts2 scheint die genannte Unterscheidung von großer Bedeutung zu sein, wobei sich auf den ersten Blick allerdings ein zwiespältiges Bild ergibt. Einerseits wird die Unterscheidung von Legalität und Moralität als Konsequenz der bekämpften Position einer Reflexionsphilosophie der Subjektivität kritisiert, andererseits scheint sie aber auch im Rahmen eines spekulativen Systems ein relatives Recht zu behalten, kennzeichnet Hegel doch die in Grundzügen entworfene Sittlichkeit gerade dadurch, daß sich in ihr das Verhältnis von Legalität und Moralität umgekehrt habe. Die folgenden Uberlegungen sollen zeigen, wie das Verhältnis von Legalität und Moralität in der Tat ein Schlüssel zum Verständnis der Naturrechtsschrift ist und deren Stellung in der Entwicklung der praktischen Philosophie Hegels anzugeben gestattet. Die angedeutete Umkehrung des Verhältnisses von Legalität und Moralität ist überdies ein Index für das entscheidend Neue der Hegeischen praktischen Philosophie gegenüber Kant und Fichte.3 Zum Verständnis der spezifischen Problematik der praktischen Philosophie im Deutschen Idealismus sei daran erinnert, daß schon im 18. Jahrhundert

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das Problem der Grundlegung der Ethik erneut aktuell wird. Wie schon einmal bei Platon wird das Verhältnis von Ontologie und Ethik erneut zu einem zentralen Problem.4 Mit Kants Kritik der reinen Vernunft aber erfährt das Problem eine weitere Zuspitzung, sofern nun an die Stelle der Ontologie die Transzendentalphilosophie getreten ist: Die Bestimmungen des "Seienden als Seienden" - wenn diese Redeweise erlaubt ist - werden in einem transzendentalen Begründungszusammenhang entwickelt, der als solcher durch eine Umkehr der Denkart, durch die "Kopernikanische Wende" bestimmt ist.s Die Frage nach dem Verhältnis von Ontologie und Ethik ist also unter den Bedingungen der Kopernikanischen Wende die Frage nach dem Verhältnis der Grundlegung einer praktischen Philosophie zum transzendentalen Begründungszusammenhang. In dieser Frage hat Kant spätestens seit seiner Kritik der praktischen Vernunft eine entschiedene Position bezogen. Der transzendentale Begründungszusammenhang ist in der Kritik der reinen Vernunft in seinem Kernstück, der transzendentalen Deduktion, so angelegt, daß das zu Beweisende (das sich Richten der Gegenstände nach der Erkenntnis) als notwendige Bedingung von etwas zweifellos Gewissem aufgewiesen wird. Dies zweifellos Gewisse ist die Einheit des Selbstbewußtseins im Gedanken "Ich denke". Die transzendentale Deduktion zeigt, daß diese, analytisch zu nennende Einheit des Selbstbewußtseins bedingt ist durch eine synthetische Einheit des Selbstbewußtseins. Diese aber ist nichts anderes als der Umstand, daß alles Mannigfaltige der Anschauung jederzeit unter Kategorien steht: Die objektive Realität der Kategorien ist Bedingung des Selbstbewußtseins. Mit der synthetischen Einheit der Apperzeption, dem höchsten Punkt, "an dem man allen Verstandesgebrauch, selbst die ganze Logik, und, nach ihr, die Transzendental-Philosophie heften muß" 8 , steht nun die Grundlegung der praktischen Philosophie in keinem Begründungsoder Abhängigkeitsverhältnis. Deren Grundlegung vollzieht sich vielmehr unabhängig vom transzendentalen Begründungszusammenhang als Selbstauslegung der durch das Faktum des Sittengesetzes bestimmten praktischen Vernunft, die in diesem Faktum, und nur in ihm, die ratio cognoscendi ihrer Freiheit besitzt.7 Eine ganz andere Antwort auf die Grundlegungsfrage der praktischen Philosophie hat Fichte gegeben. Er bezieht die Grundlegung der praktischen Philosophie ausdrücklich in den transzendentalen Begründungszusammenhang ein, und zwar genau in dem Sinn, daß die Prinzipien von Rechtsiehres und Sittenlehre9 als Bedingungen des Selbstbewußtseins aufgewiesen werden. Diese Grundlegung der praktischen Philosophie durch den transzendentalen Begründungszusammenhang selbst, wie sie auch noch in Schellings System des transzendentalen Idealismus (1800) vorliegt, tangiert jedoch nicht die mit den Titeln Legalität und Moralität benannte Einteilung der praktischen Philosophie, wenngleich diese Einteilung bei Fichte anders begründet wird als bei Kant.

Legalität und Moralität in Hegels Naturrechtsschrift

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In Hegels Naturrechtsschrift schließlich finden wir die Einbeziehung der praktischen Philosophie und ihrer Grundlegung in einen spekulativen Begründungszusammenhang, der den Charakter einer Konstruktion der Identität zur Totalität 1o hat. Wir werden prüfen müssen, wie mit diesem Umstand die angedeutete Umkehrung des Verhältnisses von Legalität und Moralität zusammenhängt und was dies für den Charakter der praktischen Philosophie bedeutet. Unser weiteres Vorgehen ist damit vorgezeichnet. Wir haben kurz das Verhältnis von Legalität und Moralität bei Kant und Fichte zu klären, um uns dann der Naturrechtsschrift zuzuwenden.u

II. Kant führt die Unterscheidung von Legalität und Moralität innerhalb der Metaphysik der Sitten im Zusammenhang mit einer Einteilung der Gesetze der Freiheit ein: "Diese Gesetze der Freiheit heißen, zum Unterschiede von Naturgesetzen, moralisch. Sofern sie nur auf bloße äußere Handlungen und deren Gesetzmäßigkeit gehen, heißen sie juridisch; fordern sie aber auch, daß sie (die Gesetze) selbst die Bestimmungsgründe der Handlungen sein sollen, so sind sie ethisch, und alsdann sagt man: die Obereinstimmung mit den ersteren ist die Legalität, die mit den zweiten die Moralität der Handlung." 12 Die Einteilung aller moralischen Gesetze in juridische und ethische wird von Kant dann zurückgeführt auf eine doppelte Gesetzgebung der reinen praktischen Vernunft. "Zu aller Gesetzgebung", sagt Kant, "(sie mag nun innere oder äußere Handlungen, und diese, entweder a priori durch bloße Vernunft, oder durch die Willkür eines andern vorschreiben) gehören zwei Stücke: erstlich, ein Gesetz, welches die Handlung, die geschehen soll, objektiv als notwendig vorstellt, d. i. welches die Handlung zur Pflicht macht, zweitens, eine Triebfeder, welche den Bestimmungsgrund der Willkür zu dieser Handlung subjektiv mit der Vorstellung des Gesetzes verknüpft .. ,"la Das Gesetz aber ist hier das moralische Gesetz, das "Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft": "Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne."14 Die ethische Gesetzgebung ist nun dadurch ausgezeichnet, daß sie die Idee der Pflicht zugleich zur Triebfeder macht. Was gemäß der Regel des kategorischen Imperativs als Pflicht vorgestellt wird, "welches ein bloßes theoretisches Erkenntnis der möglichen Bestimmung der Willkür"u ist, ist zugleich der alleinige und zureichende Bestimmungsgrund der Willkür. Bei der ethischen Gesetzgebung fallen die beiden für alle Gesetzgebung erforderlichen Stücke zusammen. Statt von zwei Stücken, spricht man hier wohl besser von zwei verschiedenen Hinsichten auf das eine und seihe Grundgesetz der Vernunft.!& G. Scholz bestimmt das Verhältnis der beiden Hinsichten so: "Aber diese beiden Hinsichten sind nicht gleichrangig. Die eine ist insofern Bedingung der Mög-

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lichkeit der anderen, als die Regel ,handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde' nur dann als Prinzip moralischer Beurteilung von Handlungen und insofern auch als Erkenntnisprinzip von Pflichten betrachtet werden kann, wenn sie als objektiv notwendiger und subjektiv möglicher unmittelbarer Bestimmungsgrund des Willens betrachtet werden kann."17 Nicht ist also das eine Gesetz das Primäre, so daß es, nachträglich mit der einen oder anderen Triebfeder verbunden, zwei Arten von Gesetzgebung ermöglichte, sondern primär ist die eine Gesetzgebung, die ethische: Im Sittengesetz, durch das reine Vernunft für sich selbst praktisch ist (und das als solches die ratio cognoscendi der Freiheit darstellt), fallen Richtschnur (principium diiudicationis) und Triebfeder (principium executionis) zusammen.ts Die Gesetzgebung der praktischen Vernunft kann nun aber offenbar unter bestimmten Bedingungen bloß juridisch sein. Darin liegt das entscheidende Problem der praktischen Philosophie Kants. Es liegt weniger in der rein formellen Bestimmung der juridischen Gesetzgebung als vielmehr in der Frage: In welcher Hinsicht und unter welcher Bedingung ist es berechtigt, Richtschnur und Triebfeder zu trennen und bestimmte, gemäß dem Prinzip der Dijudikation erkennbare Pflichten mit einer ganz anderen Triebfeder zu verbinden? G. Scholz ist zuzustimmen, wenn sie diese Hinsicht in der Frage nach der moralischen Möglichkeit des von Menschen gegen Menschen ausgeübten Zwanges sieht.1o Die Frage lautet: Unter welchen Bedingungen ist der physisch ohne weiteres mögliche und nach aller Erfahrung im Zusammenleben der Menschen notwendige (von Menschen gegen Menschen ausgeübte) Zwang moralisch möglich? Unter welchen Bedingungen stimmt solcher Zwang mit "dem obersten Prinzip moralischer Beurteilung"2o überein? Die Antwort muß lauten: Der Zwang hat nach derjenigen Maxime zu erfolgen, durch die der Zwingende zugleich wollen kann, daß sie ein allgemeines Gesetz werde, d. h. nach der zu handeln jedermann befugt sei.21 Die juridische Gesetzgebung betrifft den äußeren Gebrauch der Willkür, d. h. nicht den Bereich der Zwecksetzung22, sondern den der Mittelwahl, sofern diese geeignet ist, andere in eben diesem äußeren Gebrauch ihrer Willkür zu beeinträchtigen. Aus diesem Grund schränkt die juridische Gesetzgebung der praktischen Vernunft die Forderung des kategorischen Imperativs (Tauglichkeit der Maximen zu einer allgemeinen Gesetzgebung) auf den äußeren Gebrauch der Willkür ein. 23 Diese Einschränkung ergibt die Idee des Rechts, d. i. die Idee einer Einschränkung der Freiheit von jedermann auf die Bedingungen, unter denen sie mit jedermanns Freiheit nach allgemeinen Gesetzen zusammenstimmen kann: "Das Recht ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann."2 4 Das zugehörige Gesetz, das "allgemeine Rechtsgesetz" 25, kann als Imperativ so formuliert werden: "Handle äußerlich so, daß der freie Gebrauch deiner Willkür mit der Frei-

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heit von jedermann nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen könne ..."26 Dies Gesetz legt mir zwar eine Verbindlichkeit auf, erwartet aber nicht, daß ich um seiner Verbindlichkeit willen selbst meine Freiheit einschränke, sondern besagt nur, daß andere meine Willkür diesem Gesetz gemäß einschränken dürfen. Diese Einschränkung oder Einschränkbarkeit meiner Willkür von außen ist nun genau die Triebfeder, die die juridische Gesetzgebung mit der Vorstellung der Rechtspflichten verbindet. Somit gehört der wechselseitige Zwang, sofern er nach allgemeinen Gesetzen mit jedermanns Freiheit zusammenstimmt, zur Idee des Rechts selber; man kann, wie Kant sagt, "den Begriff des Rechts in der Möglichkeit der Verknüpfung des allgemeinen wechselseitigen Zwanges mit jedermanns Freiheit unmittelbar setzen" .27 In dieser unmittelbaren Verknüpfung hat Zwang den Charakter einer "Verhinderung eines Hindernisses der Freiheit"2s. Und nur als das ist Zwang von Menschen gegen Menschen moralisch möglich. Das Verhältnis von Moralität und Legalität bei Kant kann abschließend formelhaft wie folgt bestimmt werden. Der Titel Moralität besagt die Qualität von pflichtgemäßen Handlungen, bei denen die Pflicht selber zugleich die alleinige Triebfeder der Handlung ist. Der Titel Moralität bezeichnet, prinzipieller gewendet, die im Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft gelegene ursprüngliche Einheit von Richtschnur (principium diiudicationis) und Triebfeder (principium executionis)2D. Wie diese Einheit zu denken ist, ergibt sich auch aus dem Begriff eines praktischen Gesetzes überhauptao; Was unmittelbar objektiv-vernünftiger Bestimmungsgrund des Willens ist - und dadurch, daß es einen solchen gibt, ist die Vernunft praktisch - läßt sich als Prinzip zur Beurteilung von Handlungen und Maximen formulieren. Der Titel Legalität besagt die Qualität solcher Handlungen, die als äußere Handlungen pflichtgemäß sind, ohne daß die Idee der Pflicht die Triebfeder zu diesen Handlungen ist.31 Legalität ist damit ein Titel für einen defizienten Modus der Moralität: Die ursprüngliche Einheit von Richtschnur und Triebfeder ist aufgelöst. Die Richtschnur, die als solche nach wie vor aus der (ethischen) Gesetzgebung der praktischen Vernunft stammt, wird mit einer anderen Triebfeder verbunden, dem Zwang nämlich, woraus die Einschränkung der Richtschnur auf solches folgt, was sich erzwingen läßt, den äußeren Gebrauch der Willkür. I li.

Bei Fichte werden die Grundprinzipien der praktischen Philosophie in den transzendentalen Begründungszusammenhang einbezogen. Die damit realisierte Einheit von theoretischer und praktischer Philosophie muß allerdings so gekennzeichnet werden, daß nicht das Praktische aus dem Theoretischen, sondern das Theoretische aus dem Praktischen abgeleitet wird. Dieser spekulative Primat der praktischen Vernunft (R. Kroner) drückt sich darin aus, daß Selbstbewußtsein primär Bewußtsein meiner selbst als eines Wollenden besagt.32 Der

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transzendentale Begründungszusammenhang hat die Bedingungen für dies ursprünglich praktische Bewußtsein unserer selbst aufzuweisen. In der Durchführung dieses Aufweises ergeben sich die Prinzipien der Rechtslehre und der Sittenlehre auf unterschiedliche Weise. Beide erhalten aber dadurch ihre Rechtfertigung, daß sie als zu jenen Bedingungen gehörig aufgewiesen werden: sie werden als Bedingungen des Selbstbewußtseins deduziert. Fichtes Deduktion des Prinzips der Moralität soll verdeutlicht werden von seiner Interpretation der Kantischen These vom Faktum der Vernunft her. Die moralische Natur des Menschen äußere sich, so Fichte, in einer Zunötigung, unabhängig von allen äußeren Zwecken in einer bestimmten Weise zu handeln. Diese Zunötigung sei als Faktum einer aufmerksamen Selbstbeobachtung zugänglich. Die Erkenntnis des Menschen könne sich nun zu seiner durch dieses Faktum bestimmten moralischen Natur auf zweierlei Weise verhalten. Die erste Weise bestehe darin, daß der Mensch, ohne weiter nach Gründen zu fragen, sich entschließt "dem Anspruche jener inneren Zunötigung unbedingten Glauben zuzustellen, wirklich als seine höchste Bestimmung zu denken, was durch sie ihm als solche vorgestellt wird, und auch wohl unverbrüchlich diesem Glauben gemäß zu handeln."33 So sei auf dem Standpunkt des "gemeinen Bewußtseins" dem Menschen in gewissen Grenzen die Erkenntnis seiner moralischen Natur sowie seiner bestimmten Pflichten möglich, und dies sei für die Erzeugung einer pflichtgemäßen Gesinnung auch hinlänglich.3 4 Der Transzendentalphilosophie ist aber darüber hinaus eine genetische Erkenntnis der moralischen Natur des Menschen möglich, und zwar durch eine Ableitung aus dem höchsten und absoluten Prinzip, dem der lchheit.35 Das Prinzip der Moralität, die Notwendigkeit der "moralischen Zunötigung"s6, ergibt sich als Resultat eines Gedankenganges, durch den wir (die Transzendentalphilosophen) die an sich undenkbare Identität des Subjekts und Objekts (der Ichheit = X) zu denken versuchen,37 Das Resultat dieses Versuchs ist ein notwendiger Gedanke, mit dem wir uns selbst als diese Identität von Subjekt und Objekt denken. Wir können aber diese Identität nur als Einheit Unterschiedener, als Einheit von Subjekt und Objekt denken, was so geschieht, daß wir wechselseitig jedes durch das andere bestimmen: "Mein Objektives, durch mein Subjektives bestimmt, gibt den Begriff der Freiheit, als eines Vermögens der Selbständigkeit. Mein Subjektives, durch mein Objektives bestimmt, gibt im Subjektiven den Gedanken der Notwendigkeit, mich durch meine Freiheit nur nach dem Begriffe der Selbständigkeit zu bestimmen, welcher Gedanke, da er meine Urbestimmung ist, ein unmittelbarer, erster, absoluter Gedanke ist." 38 Die Einheit ist aber erst dann wirklich zureichend gedacht (soweit es eben möglich ist), wenn beide Bestimmungen (des einen durch das andere) als eins und dasselbe gedacht sind: "Ich denke es als Eines, indem ich es in der angeführten Bestimmtheit wechselseitig durcheinander bestimme ... die Freiheit denke als bestimmend das Gesetz, das Gesetz als bestimmend die Freiheit ... Wenn du dich frei denkst, bist du genötigt, deine Freiheit unter ein Gesetz zu

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denken; und wenn du dieses Gesetz denkst, bist du genötigt, dich frei zu denken; denn es wird in ihm deine Freiheit vorausgesetzt, und dasselbe kündigt sich an als ein Gesetz für die Freiheit."SD Und mit einem Seitenblick auf Kants Lehre vom Sittengesetz als der ratio cognoscendi der (theoretisch unbegreiflichen) Freiheit schließt Fichte: "Die Freiheit folgt nicht aus dem Gesetze, ebensowenig als das Gesetz aus der Freiheit folgt. Es sind nicht zwei Gedanken, deren einer als abhängig von dem anderen gedacht würde, sondern es ist ein und derselbe Gedanke ..."40 Dieser eine und seihe Gedanke, der ein unbedingtes, kategorisches Sollen impliziert, ist der höchste Gedanke des Ich von sich selber; er ist die höchste Gestalt, in der die Einheit von Subjekt und Objekt, die in der Ichheit zur Erklärung des Bewußtseins vorausgesetzt wird, für das Bewußtsein selber faßlich ist: "Das Prinzip der Sittlichkeit ist der notwendige Gedanke der Intelligenz, daß sie ihre Freiheit nach dem Begriffe der Selbständigkeit, schlechthin ohne Ausnahme, bestimmen solle."41 Das Prinzip der Sittlichkeit ist so an den höchsten Punkt des transzendentalen Begründungszusammenhanges angeknüpft. Es ergibt sich, wie gezeigt, unmittelbar aus der Weise, wie dieser höchste Punkt, die lchheit, gedacht werden muß. Von hier bis zur Ableitung bestimmter Pflichten ist es freilich noch ein weiter Weg; er soll uns hier nicht interessieren. Auch das Rechtsprinzip wird von Fichte als Bedingung des Selbstbewußtseins deduziert.42 Die Deduktion geht aus von einem primär praktisch aufgefaßten Selbstbewußtsein, das in der Art vorliegt, wie wir uns unmittelbar gegeben sind: als "wirkend in der Sinnenwelt": "Ein endliches vernünftiges Wesen kann sich nicht setzen, ohne sich freie Wirksamkeit zuzuschreiben."4s Dies "Zuschreiben" aber ist zugleich das Setzen und Bestimmen einer Sinnenwelt außer sich. Das Zuschreiben einer freien Wirksamkeit in der Sinnenwelt hat seinerseits wieder eine Bedingung: Das endliche Vernunftwesen muß diese freie Wirksamkeit auch anderen zuschreiben, "mithin auch andere endliche Vernunftwesen außer sich annehmen"44. Für das Vernunftwesen ergibt sich diese Notwendigkeit, genauer gesprochen, dadurch, daß es sich eine Sphäre seiner freien Wirksamkeit durch Entgegensetzung bestimmen muß, eine Sphäre, in der es selbst frei wählt (wodurch sie Äußerung seiner Freiheit wird), aus der das andere aber zugleich ausgeschlossen bleibt. Diese Entgegensetzung bestimmt das endliche Vernunftwesen als Individuum.45 Aufgrund der strengen Wechselseitigkeit, mit der endliche Vernunftwesen als freie andere außer sich annehmen, ergibt sich die Idee eines Verhältnisses freier Wesen zueinander, das dadurch bestimmt ist, daß alle sich gegenseitig als frei anerkennen müssen: "Ich muß das freie Wesen außer mir in allen Fällen anerkennen als ein solches, d. h. meine Freiheit durch den Begriff der Möglichkeit seiner Freiheit beschränken."46 Damit ist das Prinzip der Legalität, der "Rechtssatz", gefunden. Uber seine Stellung im transzendentalen Begründungszusammenhang sagt Fichte: "Dieses Verhältnis ist aus dem Begriffe des Individuums deduziert. Es ist sonach erwiesen, was zu erweisen war.

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Ferner ist vorher der Begriff des Individuums erwiesen worden, als Bedingung des Selbstbewußtseins; mithin ist der Begriff des Rechts selbst Bedingung des Selbstbewußtseins." 47 Die Stelle, die der Begriff des Rechts als eines notwendigen Verhältnisses freier Wesen im transzendentalen Begründungszusammenhang einnimmt, ist also dadurch bestimmt, daß er sich als notwendiges Implikat einer als Bedingung des Selbstbewußtseins anzunehmenden Setzung einer Mehrheit von Individuen erweist. Charakteristisch für das so abgeleitete Rechtsprinzip ist dessen völlige Unabhängigkeit vom Prinzip der Moralität und damit vom Sittengesetz. Der Beweis der Unabhängigkeit liegt nach Fichte darin, daß das Rechtsprinzip nicht aus dem Sittengesetz deduzierbar ist.4s Auf diese Trennung von Naturrecht und Moral hat Fichte größten Wert gelegt. So wird denn auch das Wesen seines Rechtsprinzips gerade dort deutlich, wo er es von dem Prinzip der Moral abgrenzt. Fichte gibt neben dem genannten formalen Grund einen inhaltlichen Grund dafür an, daß Naturrecht und Moral ursprünglich nichts miteinander zu tun haben: "Es läßt sich schlechterdings nicht einsehen, wie aus dem unbedingt gebietenden und dadurch über alles sich erstreckenden Sittengesetz ein Erlaubnisgesetz sollte abgeleitet werden können."49 Es ist die extreme Position, die das Sittengesetz innerhalb des transzendentalen Begründungszusammenhanges einnimmt, nämlich dessen höchster Punkt selber zu sein, die zu dieser Auffassung zwingt. Diese Auffassung des Sittengesetzes ist es auch, die zu dessen völliger Trennung vom Rechtsprinzip führt. Es leuchtet ein, daß diese Trennung weitreichende Konsequenzen für den Geltungscharakter des Rechtssatzes und damit von Recht überhaupt hat. So ist das Rechtsprinzip bei Fichte seiner Geltung nach rein hypothetisch. Aus dem Verhältnis endlicher individueller Vernunftwesen zueinander deduziert, impliziert es von sich aus gar keine Forderung an diese. Das Rechtsprinzip gibt nur im Sinne des hypothetischen Imperativs die technisch-praktische5o Regel an, der gemäß die Vernunftwesen zu verfahren haben, wenn sie eine Gemeinschaft freier Wesen wollen. Daß sie eine solche wollen sollen, ist damit nicht gesagt. Nur wenn jeder, der mit anderen zusammenzuleben (physisch) genötigt ist, die Freiheit auch des anderen will, wozu er aber eben nicht verbunden ist61, kann sich für ihn wie für die anderen überhaupt die Geltung von Recht ergeben. Der Wille der Beteiligten also, in einer Gemeinschaft freier Wesen zu leben - welcher Gedanke etwas "Willkürliches" hat62 - ist die Bedingung, unter der das Rechtsgesetz allein Verbindlichkeit erlangen kann. Der technisch-praktische Charakter des Rechtsprinzips muß letzten Endes zu einem System äußeren Zwanges (als der im Rechtsgesetz gedachten Freiheitsbeschränkung) führen, dessen Berechtigung schlechterdings nicht einzusehen ist: "Dieser Zwang ist seinem rechtlichen Wesen nach eine bloß konventionelle oder aber selber gewaltsame Suspension desjenigen Zwanges, den jeder nach Belieben und Vermögen gegen alle diejenigen ausüben darf, mit denen er nicht gemeinsam unter einem solchen Zwange steht."5a Es ist wohl kein Zweifel

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darüber möglich, daß Fichtes Rechtslehre ihrem Wesen nach positivistisch ist.54 Das Verhältnis von Legalität und Moralität ist bei Fichte - anders als bei Kant - so bestimmt, daß dessen Umkehrung kein sinnvoller Gedanke ist. Das Prinzip der Moralität ist identisch mit der Weise, wie das endliche Vernunftwesen die zu seiner Erklärung notwendig vorauszusetzende Identität des Subjekts und Objekts zu denken vermag: Die Identität ist dem endlichen Vernunftwesen durch ein kategorisches Sollen aufgegeben: Sei identisch! Das Prinzip der Legalität als Rechtsprinzip ist dagegen ein hypothetisches, technisch-praktisches Prinzip zur Konstruktion einer Gemeinschaft von Vernunftwesen55, in der die wechselseitige Freiheitsbeschränkung per Konvention durch Zwangsgesetze geregelt ist.s& IV.l Der spekulative Begründungszusammenhang, in den bei Hegel die Grundlegung der praktischen Philosophie einbezogen wird, hat, wie schon angedeutet, den Charakter einer Konstruktion der Identität zur Totalität.57 Der mit diesem Titel bezeichnete Systementwurf läßt sich anband des Verhältnisses von Naturphilosophie und Transzendentalphilosophie, wie es von Schelling in seiner Schrift Uber den wahren Begriff der Naturphilosophie und die richtige Art ihre Probleme aufzulösen (1801) bestimmt wird, verstehen. Schelling hat dort den im System des transzendentalen Idealismus (1800) vertretenen Parallelismus jener beiden Wissenschaften als der Teile der Philosophie aufgegeben und beide in eine Reihe gestellt. Auf das Verhältnis dieser beiden Wissenschaften bezieht sich Hegels Äußerung in der Difjerenzschrift: "Wenn daher die Wissenschaft der Natur überhaupt der theoretische Theil, die Wissenschaft der Intelligenz der praktische Theil der Philosophie ist: so hat zugleich jede wieder für sich einen eigenen theoretischen und praktischen Theil." 58 In dem praktischen Teil der Philosophie der Intelligenz wäre der Grundlegung der praktischen Philosophie damit der Ort innerhalb des spekulativen Systems angewiesen. Für die nähere Bestimmung dieses Ortes ist entscheidend, was Hegel über das Verhältnis dieser beiden Wissenschaften zueinander sagt: "Weil das Absolute in beiden dasselbe ist, und die Wissenschaften nicht bloß die Entgegengesetzten als Formen, sondern insofern das Subjekt-Objekt sich in ihnen setzt, darstellen: so sind die Wissenschaften selbst, nicht in ideeller, sondern in reeller Entgegensetzung; und deswegen müssen sie zugleich in Einer Kontinuität, als Eine zusammenhängende Wissenschaft betrachtet werden."59 Als nur relative Totalitäten streben beide Wissenschaften nach dem Indifferenzpunkt, als deren Pole sie angesehen werden: "Aber dieser Mittelpunkt ist selbst ein gedoppelter, einmal Identität, das andere Mal Totalität; und insofern erscheinen beide Wissenschaften als der Fortgang der Entwicklung oder Selbstkonstruktion der Identität zur Totalität."&o Erst aufgrund dieser Selbstkonstruktion kann das Absolute wahrhaft die "Identität der Identität und der Nichtidentität"&l sein.

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Von dieser (grob skizzierten) Position aus wird die bekannte Kritik an der Reflexionsphilosophie der Subjektivität vorgetragen. Dadurch, daß diese Kritik sich in der Naturrechtsschrift auch auf die praktische Vernunft und die Scheidung von Legalität und Moralität bezieht, modifiziert sich ihrerseits die Position, von der aus kritisiert wird.e2 Darüber wird später noch etwas zu sagen sein. Die Kritik an der Reflexionsphilosophie beruht auf der bekannten These, sie habe nur das Subjekt, nicht aber das Objekt - nur das Ich, nicht aber die Natur - als Subjekt-Objekt bestimmt. Damit sei für diese Philosophie eine Abstraktion im Sinne der Einseitigkeit konstitutiv, einer Einseitigkeit, derzufolge das Subjekt-Objekt als bloße Subjektivität in den Blick gekommen sei. Das habe weiter zur Folge, daß die Subjektivität zur reinen, formalen Einheit werde, alle Mannigfaltigkeit, aller Inhalt, da die Vernünftigkeit (als Moment des Subjektiven) auf die Seite der reinen Einheit falle, als bloß empirisch, vernunftlos, von dieser Seite der reinen Einheit ausgeschlossen und ihr damit entgegengesetzt sei. Diese reine Einheit, sagt Hegel, sei das, was in der Reflexionsphilosophie "reine Vernunft"es genannt werde. "Das Verhältniß dieser reinen Einheit aber zu dem ihr gegenüberstehenden mannigfaltigen Seyenden ist selbst wieder ebenso eine gedoppelte Beziehung, entweder die positive des Bestehens beider, oder des Vernichtetseyns beider. Sowohl jenes Bestehen aber als dieses Vernichtetseyn ist nur als ein theilweises zu verstehen; denn wäre jenes Bestehen beider absolut, so wäre gar keine Beziehung beider, und wäre das vollkommene Vernichtetseyn beider gesetzt, so wäre nicht ein Bestehen beider."u So ergibt sich, daß die gedoppelte Beziehung modifiziert werden muß. Die positive Beziehung des Bestehens wird durch ein Moment von Identität relativiert, so daß Einheit und Vielheit aufeinander zugeordnet sind und nicht völlig gleichgültig gegeneinander bestehen. Die negative Beziehung ist durch eine relative Selbständigkeit der in eins zu Setzenden modifiziert: "In der ersten, der positiven Beziehung, heißt die reine Einheit theoretische, in der negativen Beziehung, praktische Vernunft."o5 Die Unterscheidung von theoretischer und praktischer Vernunft ist hier demnach entwickelt als die Unterscheidung zweier Weisen der reinen Einheit, sich zu dem entgegengesetzten Mannigfaltigen zu verhalten. Die reine Einheit verhält sich als theoretische Vernunft, wenn - im Rahmen des gedoppelten Verhältnisses - das selbständige Bestehen der Entgegengesetzten das Primäre und Vorherrschende ist. Das "theilweise Negirtseyn"66 des selbständigen Bestehens der Entgegengesetzten hat den Charakter der theoretischen Erkenntnis. Die reine Einheit verhält sich als praktische Vernunft, wenn die Aufhebung der Entgegensetzung das Primäre ist. Da aber die Entgegensetzung ihrem Ursprung nach nicht aufhebbar ist, hat das nur "theilweise Negirtseyn" hier den Charakter des Sollens. Das der praktischen Vernunft als reiner Einheit gegenüberstehende Mannigfaltige ist (in diesem Fall) die Sinnlichkeit als Trieb, Neigung etc.; diese hat aber gegenüber der praktischen Vernunft unaufhebbare Realität. Die teilweise

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Aufhebung, die hier dennoch möglich ist, besteht darin, daß die praktische Vernunft die Sinnlichkeit beherrscht, d. i. von der Willensbestimmung ausschließt. Durch solches Ausschließen wird das Entgegengesetzte aber gerade fixiert und als unaufhebbar bestätigt. Die gewonnene Bestimmung der praktischen Vernunft gestattet es nun auch, die Unterscheidung von Legalität und Moralität zu deduzieren. Hegel nennt die Gestalt, in der die Vernunft in der Reflexionsphilosophie gefaßt wird, "negative Vernunft"; sie hat den Charakter "der Unendlichkeit" oder "des absoluten Begriffs"67, Dieser absolute Begriff ist in sich selber die Entgegensetzung von reiner Einheit und VielheitGs, aber so, daß Einheit und Vielheit die beiden Formen sind, unter denen er als absoluter Begriff existiert. Für die praktische Vernunft, die als eine Gestalt des absoluten Begriffs aufgefaßt wird, bedeutet das, daß sie einerseits die eine und selbe Vernunft ist, andererseits aber als die vielen praktisch-vernünftigen Subjekte existiert; sie existiert so unter einer doppelten Form, der Form der Einheit und der Form der Vielheit.&u Wie der absolute Begriff unter beiden Formen er selbst bleibt, so die praktische Vernunft in ihren beiden Formen. Es ist also auch hier das Verhältnis der ursprünglichen Einheit gegenüber dem Auseinanderfallen in die beiden Formen gesetzt: "Es ist also Beides gesetzt, ein inneres Einsseyn der Entgegengesetzten, das das Wesen beider, der absolute Begriff, ist; und ein Getrenntseyn desselben unter der Form der Einheit, in welcher er Recht und Pflicht ist, und unter der Form der Vielheit, in welcher er denkendes und wollendes Subjekt ist." 7 o Wird das Verhältnis von Einheit und Vielheit von der Seite der Einheit her betrachtet, so haben wir Recht und Pflicht, als das in bezug auf die vielen Subjekte Eine und Selbe. Wird das Verhältnis von der Seite der Vielheit her betrachtet, so haben wir die vielen selbständig und unabhängig wollenden Subjekte. Die Unterscheidung von Legalität und Moralität ergibt sich nun als die Unterscheidung zweier Verhältnisse, in denen das wollende Subjekt zu Recht und Pflicht stehen kann. In den soeben entwickelten Termini ausgedrückt: Stimmen beide Formen, unter denen die praktische Vernunft als das genannte Verhältnis existiert, überein, ist also das, was Recht und Pflicht gebieten, und das, was das Subjekt will, dasselbe, so liegt das Verhältnis der Moralität vor. Stimmen diese beiden Formen nicht überein, ist also das Gebotene nicht zugleich das, was das Subjekt will, so liegt das Verhältnis der Legalität vor. Die abgeleiteten Verhältnisse entsprechen genau dem, was wir im Anschluß an Kant entwickelt haben. In der Moralität sind Richtschnur (hier: Recht und Pflicht) und Triebfeder (hier: das Wollen des einzelnen Subjeks als aktuelle Willensbestimmung) dasselbe: ich tue meine Pflicht, weil sie meine Pflicht ist. In der Legalität bleibt zwar die Richtschnur erhalten, aber die Triebfeder ist davon unterschieden. Das Wollen des Subjekts ist nicht eo ipso jener Richtschnur gemäß; das Subjekt muß daher im Rechtssystem einem äußeren Zwang unterworfen werden. Damit haben Recht und Pflicht zugleich unabhängig vom

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Subjekt Realität, sie treten dem Subjekt als etwas Äußerliches gegenüber. Umgekehrt hat so auch das Subjekt, das als denkendes und wollendes zugleich mannigfaltige Neigungen und Bedürfnisse hat, seinerseits unabhängig von Recht und Pflicht Realität.71 Wie der absolute Begriff in die Konstruktion der Identität zur Totalität eingeht, so werden wir dort auch die soeben aus seiner Struktur entwickelten Verhältnisse wiederfinden. IV.2 Hegel hat die Unterscheidung von theoretischer Vernunft und praktischer Vernunft und (innerhalb der letzteren) die Unterscheidung von Legalität und Moralität als Resultate einer Abstraktion aufgewiesen und kritisiert. Diese Unterscheidungen können aber nicht rückgängig gemacht werden; sie gehen als zur Seite der Entgegensetzung, des absoluten Begriffs, gehörig in die Konstruktion der Totalität ein, und zwar in den praktischen Teil der praktischen Philosophie innerhalb eines spekulativen Systems, dessen Kennzeichen im Unterschied zur Reflexionsphilosophie darin besteht, daß auch das Objekt so lautet die bekannte Formel - als Subjekt-Objekt angesehen wird. Das hat zur Konsequenz, daß das Objektive, in welcher Gestalt auch immer, der Subjektivität niemals als ein absolut Fremdes, Äußeres, Vernunftloses gegenübertreten kann. Dennoch ist die Entgegensetzung notwendig, wenn anders die Identität soll zur Totalität konstruiert werden können. Das spekulative System selbst kennt, wie angedeutet, den Unterschied des Theoretischen und Praktischen. Weil die Entgegensetzung notwendig ist, geht in dessen Bestimmung das Verhältnis der reinen Einheit gegen die Mannigfaltigkeit, das sich als theoretische bzw. praktische Vernunft bestimmen ließ, ein; aber nur als das eine Moment. Weil aber im Absoluten(= die zur Totalität konstruierte Identität) die Entgegensetzung zugleich aufgehoben ist, die Entgegengesetzten eins sind, geht in die Bestimmung des Theoretischen und des Praktischen als das andere Moment die Einheit der Entgegengesetzten ein. Diese Einheit, die in ihrem Unterschied zur Entgegensetzung (zum "Verhältniß") selber Momentcharakter hat, nennt Hegel mit SeheHing Indifferenz: "so ist das Absolute die Einheit der Indifferenz und des Verhältnisses."7 2 Werden nun das Theoretische und das Praktische jeweils als die Einheit der herausgestellten Momente bestimmt, so ist das Theoretische nicht mehr theoretische Vernunft, sondern physische Natur, und das Praktische nicht mehr praktische Vernunft, sondern sittliche Natur. Die Einheit der Indifferenz und des Verhältnisses ist so in sich gedoppelt: "Und weil dieses ein gedoppeltes ist, ist die Erscheinung des Absoluten bestimmt, als Einheit der Indifferenz, und desjenigen Verhältnisses, oder derjenigen relativen Identität, in welcher das Viele das Erste, das Positive ist,- und als Einheit der Indifferenz und desjenigen Verhältnisses, in welchem die Einheit das Erste und Positive ist. Jene ist die physische, diese die sittliche Natur."73

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Die sittliche Natur ist die Einheit der Indifferenz und desjenigen Verhältnisses, in welchem die Einheit das Erste und Positive ist. Jenes Verhältnis (von reiner Einheit und Vielheit) wurde als praktische Vernunft bestimmt. Durch die Gedoppeltheit dieses Verhältnisses aber ergab sich die Scheidung von Legalität und Moralität. Es ist zu sehen, was aus dieser Unterscheidung im Rahmen der sittlichen Natur wird. In welcher Gestalt geht das praktische Vernunft genannte Verhältnis in die Bestimmung der sittlichen Natur ein? Wie die nähere Bestimmung der sittlichen Natur auszusehen hat, ergibt sich aus ihrem Begriff. Danach ist dreierlei zu entwickeln, nämlich 1. das Moment des Verhältnisses; 2. das Moment der Indifferenz; 3. die Einheit des Verhältnisses und der Indifferenz als solche.74 1. Das Moment des Verhältnisses. Regel geht bei der Kennzeichnung dieses ersten Momentes der sittlichen Natur von der Seite des bestehenden Mannigfaltigen aus. Dies wird von ihm als derjenige Zusammenhang erkannt, der Gegenstand der politischen Okonomie ist.75 Die Elemente dieses Zusammenhanges sind physisches Bedürfnis, Genuß, Arbeit, Besitz und deren Objekte.?& Dieser Mannigfaltigkeit steht im Rahmen des hier betrachteten Verhältnisses eine formale Einheit gegenüber. Das Verhältnis einer solchen Einheit zu dem ihr gegenüberstehenden Mannigfaltigen ist, aus früher geklärten Gründen, so bestimmt, daß zugleich die relative, d. h. bloß formelle Identität der einander mannigfach entgegengesetzten Bestimmungen gesetzt ist. Dadurch sind die mannigfaltigen Besonderheiten zugleich als ein Allgemeines bestimmt, wodurch die Sphäre des (abstrakten) Rechts konstituiert ist.n In die Bestimmung der sittlichen Natur geht hier offenbar das Verhältnis in der Gestalt ein, die früher als die der Legalität bezeichnet wurde. Das Recht und die mit ihm verbundene Rechtspflicht sind hier ein Äußeres gegenüber der Mannigfaltigkeit subjektiver Bedürfnisse und Zwecke. Regel nennt dies Verhältnis dasjenige der bloß "relativen Sittlichkeit"7s. 2. Das Moment der Indifferenz. Die Indifferenz ist die "Einheit", das Aufgehobensein, des Verhältnisses als das ihm gegenüber andere Moment der sittlichen Natur. Dies Moment der sittlichen Natur muß als eine Instanz gedacht werden, die sich zu dem ersten Moment, das Regel auch das "System des Besitzes"79 nennt, negativ verhält, so z. B. dessen Tendenz, sich zur Totalität aufzuschwingen, hintanhält. Das Wesen dieser Instanz bestimmt Regel schon hier als die "positive Sittlichkeit des Staates"so. 3. Die Einheit der Indifferenz und des Verhältnisses. Bei dem Versuch, die sittliche Natur selbst genau als diese Einheit der beiden anderen Momente zu bestimmen, ist davon auszugehen, daß sich die beiden herausgestellten Momente negativ zueinander verhalten: "Es ist bei dem betrachteten System der Realität gezeigt worden, daß die absolute Sittlichkeit sich negativ gegen dasselbe verhalten müsse: in demselben ist das Absolute, wie es unter der fixen Bestimmtheit desselben erscheint, als negativ Absolutes, als Unendlichkeit gesetzt, die sich gegen den Gegensatz als formale, relative, abstrakte Einheit

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darstellt ..."BI Unter den gegebenen Voraussetzungen ist die sittliche Natur nur formal bestimmbar. Sie wird von Hegel nur formal bestimmt, aber so, daß in dieser Bestimmung, die aufgrund des bisher von ihm Ausgeführten erfolgt, zugleich die Anweisung zu einer anders gearteten Bestimmung derselben impliziert ist. "Aber die Einheit, welche Indifferenz der Entgegengesetzten ist, und sie in sich vernichtet und begreift, und die Einheit, welche nur formale Indifferenz, oder die Identität des Verhältnisses bestehender Realitäten ist, müssen selbst schlechthin als Eines seyn, durch vollkommene Aufnahme des Verhältnisses in die Indifferenz selbst; d. h. das absolute Sittliche muß sich als Gestalt (denn das Verhältniß ist die Abstraktion der Seite der Gestalt) vollkommen organisiren. Indem das Verhältniß in der Gestalt schlechthin indifferenzirt wird, hört es nicht auf, die Natur des Verhältnisses zu haben; es bleibt ein Verhältniß der organischen zur unorganischen Natur."B2 Als Gestalt in diesem Sinn aber kann die sittliche Natur nur als die historische Individualität eines Volkes existieren.sa Bevor wir den Konsequenzen dieses Umstandes nachgehen, sei zur Verdeutlichung dieser These an Folgendes erinnert: Hege! stellt die hinsichtlich ihrer Momente entwickelte sittliche Natur in den Zusammenhang des spekulativen Systems ein: "Deswegen, wenn das Absolute das ist, daß es sich selbst anschaut, und zwar als sich selbst, und jene absolute Anschauung, und dieses Selbsterkennen, jene unendliche Expansion, und dieses unendliche Zurücknehmen derselben in sich selbst, schlechthin Eins ist: so ist, wenn Beides als Attribute reell sind, der Geist höher als die Natur."B4 Diese Stelle ist für das Verständnis der sittlichen Natur entscheidend. Sie ist eben nicht Natur, sondern Geist. Sie ist von der "Natur" des Geistes, "der das Anschauen seiner selbst als seiner selbst oder das absolute Erkennen ist", das "Zurücknehmen des Universums in sich selbst"ss. Der "Geist" hat "als sittliche Natur seine Wirklichkeit", "in welcher das sittlich Unendliche, oder der Begriff, und das sittlich Endliche, oder die Individualität schlechthin Eins sind"s&. IV.3 Wenn die sittliche Natur als die historische Individualität eines Volkes real ist, dann läßt sich das Abgeleitete an geschichtlichen Gestalten exemplifizieren. Um in den vielen historischen Anspielungen der Naturrechtsschrift nicht, wie mancher vor uns, die Orientierung zu verlieren, müssen wir beachten, daß dem genannten Umstand auf zwei verschiedene Weisen Rechnung getragen werden kann und Hege! entsprechend auf zwei Ebenen argumentiert: Von einer Betrachtung, die auf bestimmte historische Verhältnisse (griechische Sittlichkeit in der Selbstinterpretation durch die antike Ethik und Politik) abstellt, muß eine Betrachtungsweise unterschieden werden, in der nur eigens gezeigt wird, daß eine weitere inhaltliche Bestimmung der sittlichen Natur nur über die Erkenntnis historischer Gestalten möglich ist. Diese Betrachtungsweise stellt invariante Strukturen von absoluter und relativer Sittlichkeit heraus.

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Der ersten Betrachtungsweise gehören die Ausführungen an, in denen von Ständen im Sinne des Aristoteles die Rede ist.B7 Zwar läßt sich systematisch ableiten, daß die Momente der sittlichen Natur auch als solche reell sein, als solche Bestand haben müssenss; daß diese Momente aber als Stände im Sinne des Aristoteles reell sein müssen, ist damit nicht gesagt. Daß die griechische Sittlichkeit nur zur Illustration herangezogen wird, machen weitere wesentliche Bestimmungen der sittlichen Totalität deutlich. Sie sind nicht auf die antike Polis beschränkt, sondern so allgemein gehalten, daß sie auch auf andere Völker und Zeiten anwendbar sind. So sagt Hegel: "Dadurch, daß wie alles Lebendige, so auch das Sittliche schlechthin eine Identität des Allgemeinen und Besonderen ist, ist es eine Individualität und Gestalt; es trägt die Besonderheit, die Nothwendigkeit, das Verhältniß, d. i. die relative Identität in sich, aber indifferentiirt, assimilirt, und dadurch ist es frei in ihr."BD Weiter unten heißt es dann: "So gehört, um das Allgemeinste zu nennen, das bestimmte Klima eines Volks, und seine Zeitperiode in der Bildung des allgemeinen Geschlechts, der Nothwendigkeit an, und es fällt von der weitausgebreiteten Kette derselben nur Ein Glied auf seine Gegenwart; welches, nach der ersteren Seite aus der Geographie, nach der anderen aus der Geschichte zu begreifen ist." 4 0 Die Theorie der sittlichen Natur wird, sofern das Sittliche sich als Gestalt organisieren muß, notwendig zu einer Geschichte der Völker als der sittlichen TotalitätenD1. Interessanterweise taucht in diesem Zusammenhang erstmalig der Begriff des Weltgeistes auf. Er ist schon hier als das Subjekt angesprochen, das der Geschichte der Völker zugrunde liegt: "Wie in der Natur des Polypen ebenso die Totalität des Lebens ist, als in der Natur der Nachtigall und des Löwen: so hat der Weltgeist in jeder Gestalt sein dumpferes oder entwickelteres, aber absolutes Selbstgefühl, und in jedem Volke, unter jedem Ganzen von Sitten und Gesetzen sein Wesen, und seiner selbst genossen." 92 Damit ist zur Genüge gezeigt, daß die Notwendigkeit der sittlichen Natur, nur als historisch-individuelle Gestalt zu existieren, für deren Theorie nicht besagt, daß sie Theorie einer bestimmten historischen Gestalt (etwa der griechischen Sittlichkeit, der antiken Polis) sein müsse. Es besagt vielmehr, daß die Theorie der sittlichen Natur sich nur als Geschichte des Geistes realisieren kann, womit sich freilich der Charaker der praktischen Philosophie entscheidend geändert hat. Darauf wird noch einzugehen sein. Zur Durchführung unserer Aufgabe ist es zunächst erforderlich, das Wesen des Sittlichen noch in einer anderen Richtung zu bestimmen. Die erforderlichen Bestimmungen können demjenigen Passus der Naturrechtsschrift entnommen werden, in dem Hegel den Bezug zu den kritisierten Theorien der Reflexionsphilosophie, von denen er in seiner Abhandlung ausging, wieder herstellt: "Aus dieser Idee der Natur der absoluten Sittlichkeit ergiebt sich nun ein Verhältniß, von welchem noch zu sprechen ist: das Verhältniß der Sittlichkeit des Individuums zur realen absoluten Sittlichkeit, und das Verhältnis der Wissenschaften derselben, der Moral und des Naturrechts."93 Moral ist hier die Wissenschaft von der

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Sittlichkeit des Individuums, Naturrecht aber die Wissenschaft von der realen absoluten Sittlichkeit. Wir haben Hegels These von der Umkehrung des Verhältnisses von Legalität und Moralität zum Leitfaden unserer Erörterungen gemacht. Wir müssen uns dieses Leitfadens und seiner Bedeutung an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich versichern. Von einer Umkehrung des Verhältnisses von Legalität und Moralität läßt sich sinnvoll nur sprechen, wenn, wie das bei Kant, nicht aber bei Fichte der Fall war, Legalität als ein abkünftiger Modus von Moralität bestimmt wird. Da die Umkehrung des Verhältnisses Moralität zu einem defizienten Modus von Legalität machen würde, ist es klar, daß Hegels These eine Sinnverschiebung im Begriff der Legalität voraussetzt. Legalität muß so gedacht werden können, daß in ihr Einheit von Richtschnur und Triebfeder vorliegen kann. Der Drehpunkt der genannten Sinnverschiebung ist der Begriff des Naturrechts, der bei Fichte für das System der Legalität in Anspruch genommen ist. Hegel dagegen beansprucht den Terminus "Naturrecht" für eine Theorie der Sittlichkeit. Diese Sinnverschiebung im Begriff des Naturrechts muß aber, soll sie für unser Problem sachlich überhaupt relevant sein, der äußere Reflex einer Sinnidentität sein. Die Begriffe der Legalität und des Naturrechts kommen darin überein, etwas zu bestimmen, das im Gegensatz zu dem steht, was durch den Begriff der Moralität bestimmt werden soll, nämlich der private, innere Bereich der Subjektivität. Die Begriffe "Legalität" und "Naturrecht" beziehen sich demgegenüber auf den öffentlichen Bereich, den politisch-intersubjektiven Bereich im weitesten Sinn. Soll die These von der Umkehrung des Verhältnisses von Legalität und Moralität einen Sinn haben, müßte die Einheit von Richtschnur und Triebfeder in jenem öffentlichen Bereich anzutreffen sein, in ihm ihren Ort haben. Um hier Gewißheit zu erlangen, müssen wir der Frage nach dem Verhältnis der Sittlichkeit des Individuums zur allgemeinen ("realen") Sittlichkeit nachgehen. Was aber kann nach dem bisherigen eine solche Unterscheidung überhaupt besagen? Die Frage scheint so gar nicht gestellt werden zu können: "Da nämlich die reale absolute Sittlichkeit die Unendlichkeit oder den absoluten Begriff, die reine Einzelnheit schlechthin und in seiner höchsten Abstraktion in sich vereinigt begreift: so ist sie unmittelbar Sittlichkeit des Einzelnen, und umgekehrt das Wesen der Sittlichkeit des Einzelnen ist schlechthin die reale und darum allgemeine absolute Sittlichkeit; - die Sittlichkeit des Einzelnen ist ein Pulsschlag des ganzen Systems, und selbst das ganze System."D4 Dies unmittelbare Einssein der Sittlichkeit des Einzelnen mit der realen absoluten Sittlichkeit wird von Hegel noch mehrfach bestimmt. Die absolute Sittlichkeit, so heißt es, ist die Sittlichkeit aller.os Es sei die Natur der absoluten Sittlichkeit, ein "Allgemeines oder Sitten zu seyn"o& In Ansehung der Sittlichkeit sei das "Wort der weisesten Männer des Altertbums allein das Wahre": "sittlich sey, den Sitten seines Landes gemäß zu leben"D 7 • Schon früher hatte Hegel das hier angedeutete Verhältnis durch einen Hinweis

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auf Anschauung zu verdeutlichen gesucht: "Hingegen der Ausdruck der Anschauung enthält ein: Dieses; eine lebendige Beziehung und absolute Gegenwart ..."98 Im Zusammenhang der Bestimmung dieses Verhältnisses des Einzelnen zum Ganzen steht auch das berühmte Zitat aus der Politik des Aristoteles, dem zufolge das Ganze notwendig früher ist als seine Teile.99 All das zeigt eine unmittelbare Geltung des Sittlichen, seine fraglose Selbstverständlichkeit, wobei der Charakter der Unmittelbarkeit offenbar auch durch die Begriffe "Anschauung" und "Dieses" angezeigt werden soll. Liegt aber nicht in einer solchen unmittelbaren Geltung des Sittlichen die Einheit von Richtschnur und Triebfeder vor? Richtschnur ist das, was alle tun; Triebfeder ist eben dies, daß sie es alle tun: Jeder tut das, was alle tun, weil es alle tun: "Das Wesen der Sittlichkeit des Einzelnen ist schlechthin die reale und darum allgemeine absolute Sittlichkeit." 1oo Dasselbe zeigt sich, wenn man das genannte Verhältnis von der Seite des Einzelnen her betrachtet: Die Tugenden des Einzelnen sind nichts als "Möglichkeiten oder Fähigkeiten, in der allgemeinen Sittlichkeit zu seyn"lOl. Und nun folgt im Text die Stelle, der wir den Leitfaden unserer Erörterungen entnommen haben: "Diese Tugenden, die an sich Möglichkeiten und in einer negativen Bedeutung sind, sind der Gegenstand der Moral, und man sieht, daß das Verhältniß des Naturrechts und der Moral sich auf diese Weise umgekehrt hat: Daß nämlich der Moral nur das Gebiet des an sich Negativen zukommt, dem Naturrecht aber das wahrhaft Positive, nach seinem Namen,- daß es konstruiren soll, wie die sittliche Natur zu ihrem wahrhaften Rechte gelangt."102 Wenn so in der absoluten Sittlichkeit als einem das öffentliche Zusammenleben der Menschen betreffenden Bereich jene Einheit von Richtschnur und Triebfeder sich finden läßt, die die Reflexionsphilosophie in die Innerlichkeit der moralischen Subjektivität verlegt, dann hat sich in der Tat das Verhältnis von Legalität und Moralität umgekehrt. Die Moralität gelangt erst in ihr Recht, wenn jene absolute Sittlichkeit zerstört ist; dann ist aber auch die Einheit von Richtschnur und Triebfeder aufgelöst. Hier hat dann unter Umständen auch die "Tautologie" ihren Ort, die Hegel dem Kautischen kategorischen Imperativ vorgehalten hat103: "Der wahre Sinn dieser Tautologie schließt zugleich unmittelbar in sich, daß dieß Verhältniß selbst nichts Absolutes und also auch die Moralität, die auf dasselbe geht, etwas Abhängiges, und nichts wahrhaft Sittliches ist ..."104 Moralität ist zu einem defizienten Modus der Legalität geworden. -

V. Die These von der Umkehrung des Verhältnisses von Legalität und Moralität hat sich als Leitfaden durch die vielschichtigen und anspielungsreichen Ausführungen der Naturrechtsschrift bewährt. Jene Umkehrung ist aber zugleich der Index für eine radikale Änderung des Charakters der praktischen Philosophie. Die sittliche Natur muß sich als eine Gestalt organisieren heißt: konkrete Sitt-

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lichkeit ist geschichtlich real und nur als das zu beschreiben und zu begreifen. Das hat zur Folge, daß der Rahmen einer Konstruktion der Identität zur Totalität, in dem die sittliche Natur formal abgeleitet wurde, gesprengt ist. Praktische Philosophie wird zur Geschichte des Geistes; diese aber ist eine theoretische Disziplin: sie erkennt die Geschichte der realen Geister hinsichtlich ihrer sittlichen Organisation, weit entfernt davon, Thesen darüber aufzustellen, was sein soll. Sofern im Begriff der sittlichen Natur der Ursprung des Hegeischen Begriffs des Geistes liegt 105, wird von hier aus auch die merkwürdige Zweideutigkeit verständlich, die die Jenenser Entwürfe zu einer Philosophie des Geistes bestimmen und die man bisher überhaupt nicht beachtet hat. Die Herkunft des Geistbegriffs aus der Konstruktion der sittlichen Natur im Rahmen des spekulativen Systems führt zu einer Betrachtungsweise des Geistes, die man die real-systematische 106 nennen kann. Diese Betrachtungsweise des Geistes liegt im Widerstreit mit einer anderen, die sich von dem Umstand herleitet, daß die sittliche Natur nur als historische Individualität eines Volkes real sein kann. Diese zweite Betrachtungsweise kann man die historisch-phänomenologische nennen.1o1 Beide Betrachtungsweisen des Geistes gehen in den Jenenser Entwürfen zur Philosophie des Geistes durcheinander; das kann hier nicht mehr gezeigt werden. 1os Jedenfalls muß gesagt werden: Erst die Phänomenologie des Geistes macht klar, daß und wie die historisch-phänomenologische Betrachtungsweise des Geistes die Voraussetzung und Vorbedingung für eine realsystematische Betrachtungsweise desselben ist. Die Phänomenologie des Geistes realisiert die "Geschichte der sittlichen Totalität"lou, indem sie im "wahren Geist" 11 o der griechischen Sittlichkeit das aufnimmt, was Hegel mit den Mitteln Schellings deduziert hatte oder zu haben glaubte, und nun zeigt, wie der "seiner selbst gewisse Geist" (und dessen "Moralität" 111 ) zwar den Verlust der unmittelbaren Sittlichkeit im Rechtszustand des römischen Weltreiches112 voraussetzt, zugleich aber die höhere Gestalt des Geistes darstellt. Erst nach dieser Klärung kann die real-systematische Betrachtungsweise des Geistes in der Rechtsphilosophie durchgeführt werden. Es ist das Kennzeichen der realsystematischen Betrachtungsweise, den Geist im Ausgang von der Freiheit des Individuums zu entwickeln.113 Andererseits muß man aber sehen, daß die Sittlichkeit in der Rechtsphilosophie das ist, worin abstraktes Recht und Moralität als in ihren Grund zurückgehen114 , und daß das Wesen dieser Sittlichkeit durch die gleichen Bestimmungen angegeben wird, mit denen Hegel schon die absolute Sittlichkeit in der Naturrechtsschrift zu bestimmen suchte. So kann am Schluß an die einleitenden Paragraphen des Dritten Teiles der Rechtsphilosophie, der endgültigen Gestalt der praktischen Philosophie Hegels, erinnert werden, aus denen das Motto dieser Abhandlung stammt.

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Anmerkungen 1. Vgl. J. Ritter, "Moralität und Sittlichkeit. Zu Hegels Auseinandersetzung mit der Kantischen Ethik", in: Kritik und Metaphysik. Studien. Heinz Heimsoeth zum 80. Geburtstag, Berlin 1966, S. 331-351. 2. Die herangezogenen Schriften Hegels aus seiner Jenaer Zeit: "Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie . . ." (Differenzschrift), "Glauben und Wissen ..." und "Ober die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts ..." (Naturrecht) werden nach Bd. 1 der ersten Ausgabe seiner Werke (Berlin 1832) zitiert. (Die entsprechenden Seitenangaben finden sich auch in Sämtliche Werke. Jubiläumsausgabe, hrsg. v. H. Glockner, Bd. 1, Stuttgart 1927 u. ö. (Hervorhebungen in den Zitaten werden generell fortgelassen.) 3. M. Riede] hat in seiner Abhandlung "Hegels Kritik des Naturrechts" (RegelStudien Bd. 4, 1967, S. 177-204) die Stellung der Naturrechtsschrift in der Entwicklung der Hegeischen praktischen Philosophie anzugeben versucht. Mit dieser Entwicklung befassen sich auch weitere Publikationen Riedels; vgl. dessen Studien zu Hegels Rechtsphilosophie, Frankfurt 19702. 4. Vgl. D. Henrich, "Der Begriff der sittlichen Einsicht und Kants Lehre vom Faktum der Vernunft", in: Die Gegenwart der Griechen im neueren Denken, Tübingen 1960, S. 77-115. 5. Wir fassen im folgenden den Begriff des transzendentalen Begründungszusammenhanges so weit, daß er neben den entsprechenden Ansätzen der Kritik der reinen Vernunft (Transzendentale Ästhetik und Transzendentale Analytik) auch noch Fichtes Wissenschaftslehre und die Systementwürfe Schellings und Hegels benennen kann. Der transzendentale Begründungszusammenhang kann also - wenn man so will einen transzendentalkritischen (Kant, Fichte) und einen spekulativen Charakter (Schelling, Hegel) aufweisen. In beiden Fällen bildet die Kopernikanische Wende das wesentliche Unterscheidungsmerkmal von aller Ontologie. 6. Kritik der reinen Vernunft, B 134 Anm. (Kants Werke werden auch sonst mit den Seitenzahlen der Originalausgaben zitiert.) 7. In der Kritik der reinen Vernunft und in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten finden sich noch Spuren von Kants früheren Versuchen, das Prinzip der Ethik aus der theoretischen Vernunft abzuleiten. Vgl. Henrich, a.a.O. 8. Grundlage des Naturrechts (1796), 111, S. 1-385. (Fichtes Werke werden zitiert nach Band und Seitenzahl der Ausgabe von I. H. Fichte, 1845 ff.) 9. System der Sittenlehre (1798), IV, S. 1-365. 10. Vgl. Differenzschrift, S. 268 und Naturrecht, S. 336. 11. Die Naturrechtsschrift, auf deren Interpretation wir uns hier beschränken, ist für die Problematik der praktischen Philosophie im Deutschen Idealismus erheblich aufschlußreicher als das unter dem Namen "System der Sittlichkeit" bekannte Reinschriftfragment aus der gleichen Zeit. 12. Metaphysik der Sitten, Rechtslehre (abgek.: MSR), B 6. 13. MSR, B 13 f. 14. Kritik der praktischen Vernunft, A 54. 15. MSR, B 14. 16. Gertrud Scholz, Das Problem des Rechts in Kants Moralphilosophie. Diss. Köln 1972, S. 190. - Dieser ausgezeichneten Dissertation verdanke ich genaue Einsichten in den Zusammenhang von Legalität und Moralität bei Kant. 17. Scholz, S. 194.- Für sich genommen kann die Regel der Verallgemeinerungsfähigkeit der Maximen durchaus als ein hypothetischer Imperativ aufgefaßt werden. Vgl. Scholz, S. 194. 18. Zur Verwendung dieser Termini, wie zu diesem Problem überhaupt, vgl. D. Henrich, "Das Problem der Grundlegung der Ethik bei Kant und im spekulativen

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Idealismus", in: Sein und Ethos. Walberberger Studien, Bd. 1, Mainz 1963, S. 350 bis 386. 19. Vgl. Scholz, S. 208. 20. Vgl. Scholz, S. 208. 21. Vgl. Scholz, S. 208. 22. Der innere Gebrauch der Willkür unterliegt einzig der ethischen Gesetzgebung. Das Prinzip der Moralität im engeren Sinn ist gegenüber dem Prinzip der Legalität ein Prinzip zur Qualifizierung von Zwecken. Vgl. Metaphysik der Sitten, Tugendlehre, A 7. 23. Ober den Zusammenhang zwischen dem kategorischen Imperativ und dem Rechtsgesetz vgl. auch Scholz, S. 148 ff. 24. MSR, B 33. 25. MSR, B 34. 26. MSR, B 34. 27. MSR, B 36. 28. MSR, B 35. 29. Vgl. dazu auch Scholz, S. 192. 30. "Die Vernunft bestimmt in einem praktischen Gesetze unmittelbar den Willen ... und nur daß sie als reine Vernunft praktisch sein kann, macht es ihr möglich, gesetzgebend zu sein." Kritik der praktischen Vernunft, A 45. 31. Als mögliche Triebfedern kommen hier nur "pathologische Bestimmungsgründe", "Neigungen und Abneigungen" in Frage. Vgl. MSR, B 15. 32. "Es wird behauptet, daß das praktische Ich das Ich des ursprünglichen Selbst· bewußtseins sei". Fichte, 111, S. 21; vgl. IV, S. 18 f. 33. Vgl. Fichte, IV, S. 13. 34. Vgl. Fichte, IV, S. 14. 35. Vgl. Fichte, IV, S. 14. 36. Vgl. Fichte, IV, S. 16. 37. Vgl. Fichte, IV, S. 52 f. 38. Fichte, IV, S. 52 f. 39. Fichte, IV, S. 53. 40. Fichte, IV, S .53. 41. Fichte, IV, S. 59. 42. Mit der Zuordnung von Legalität und Naturrecht folgen wir nicht ganz dem Fichteschen Sprachgebrauch. In unserem Sinne verwendet scheint der Begriff der Legalität in 111/140 zu sein. Ober die Verwendung des Begriffs der Legalität im Rahmen der Sittenlehre vgl. IV, S. 156, 275, 294. 44. Fichte,III, S. 30. 45. Vgl. Fichte, III, S. 46. 43. Fichte,III, S. 17. 46. Fichte, III, S. 52. 47. Fichte,III, S. 52. 48. Vgl. Fichte, III, S. 54. 49. Fichte, 111, S. 13; vgl. auch 111, S. 54. Auch bei Kant gebietet das Sittengesetz unbedingt, was aber nicht heißt, daß es nicht gleichwohl vielerlei geben kann, was weder geboten noch verboten, sondern schlicht erlaubt ist. Verboten sind Handlungen nach Maximen, die zu einer allgemeinen Gesetzgebung nicht tauglich sind; rein analytisch folgt, daß Handlungen nach kontradiktorisch entgegengesetzten Maxi· men geboten sind. Entscheidend aber ist, daß alle Handlungen nach verallgemeine· rungsfähigen Maximen erlaubt sind, ohne daß sie deshalb geboten sein müßten. 50. Fichte sagt vom Charakter des Rechtsbegriffs: "Wird er, weil der Gedanke und die Aufgabe einer solchen Gemeinschaft willkürlich ist, gedacht als ein praktischer Begriff, so ist er bloß technisch-praktisch ..." 111, S. 9. 51. Nach Kant bin ich aufgrundeiner kategorischen Forderung der Vernunft verbunden, mich mit Menschen, mit denen ich zusammenzuleben (physisch) gezwungen bin, in einen Rechtszustand, d. i. Regelung der Freiheit durch Zwangsgesetze, zu begeben. Vgl. J. Ebbinghaus, "Das Kantische System der Rechte des Menschen und des Bürgers in seiner geschichtlichen und aktuellen Bedeutung", in: Gesammelte Aufsätze, Vorträge und Reden, Darmstadt 1968, S. 170 f. 52. Vgl. Fichte, III, S. 9. 53. J. Ebbinghaus, "Die Idee des Rechtes", a.a.O., S. 304. 54. Vgl. Ebbinghaus, ebd. 55. Fichte hat in seiner Grundlage des Naturrechts bekanntlich eine solche Konstruktion versucht. Sie vor allem wurde ein Opfer von Hegels Polemik in dessen Jenenser Schriften. 56. Wie diese Regelung auszusehen hat, darüber kann das Rechtsprinzip von daher eigentlich nichts aussagen. Das zeigt sich schon an der Formulierung. Während

Legalität und Moralität in Hegels Naturrechtsschrift

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die Formulierung des Rechtsprinzips bei Kant (durch den Begriff des Gesetzes) die unbedingte Reziprozität der Freiheitsbeschränkung (entsprechend der Verallgemeinerungsfähigkeit ihrer Maxime) impliziert, ist dies bei Fichte nicht der Fall. Was soll es schon heißen, wenn von mir in bezug auf den anderen gefordert wird, "meine Freiheit durch den Begriff der Möglichkeit seiner Freiheit [zu] beschränken"? Vgl. Fichte, III, S. 52. 51. Vgl. Dij]erenzschrift, S. 254 und Naturrecht, S. 336. Zu den frühen Jenaer Systementwürfen Hegels insgesamt vgl. H. Kimmerle, Das Problem der Abgeschlossenheit des Denkens, Hegel-Studien, Beiheft 8, Bonn 1970. 58. Dif}erenzschrift, S. 266. 59. Differenzschrift, S. 267 f. 60. Dij]erenzschrift, S. 268. 61. Dif}erenzschrift, S. 252. 62. Der skizzierte Standpunkt gestattet es Hege) zunächst, Kriterien für die Wissenschaftlichkeit von Behandlungsarten des Naturrechts zu entwickeln und diese entsprechend einzuteilen. Vgl. Naturrecht, S. 327 f. 63. Naturrecht, S. 344. 64. Naturrecht, S. 344. 65. Naturrecht, S. 345. 66. Naturrecht, S. 344. Hegel spielt im Text auf den dritten Grundsatz der Wissenschaftslehre an: "Ich setze im Ich dem teilbaren Ich ein teilbares Nicht-Ich entgegen", vgl. Fichte, I, S. 110. 67. Naturrecht, S. 359. 68. "Der absolute Begriff, welcher das Princip der Entgegensetzung und diese Entgegensetzung selbst ist, stellt sich, der fixiert ist, in der Trennung so dar, daß er als reine Einheit sich entgegengesetzt ist als Vielheit ..." Naturrecht, S. 360. 70. Naturrecht, S. 360. 71. Naturrecht, S. 360 f. 69. Vgl. Naturrecht, S. 360. 72. Naturrecht, S. 347. Wie dem Moment des "Verhältnisses" der "Begriff", so ist dem Moment der "Indifferenz" in der Naturrechtsschrift noch zum Teil die "Anschauung" zugeordnet. 73. Naturrecht, S. 347. 74. M. Riedel ("Hegels Kritik des Naturrechts", a.a.O.) macht den Begriff der sittlichen Natur zum Ansatzpunkt seiner Beurteilung der Naturrechtsschrift. Der spekulative Rahmen wird von ihm allerdings nicht berücksichtigt. 75. Vgl. Naturrecht, S. 373. 76. Hier eröffnet sich also eine Möglichkeit, jenen Bereich in die praktische Philosophie (als der Konstruktion der sittlichen Natur) einzubeziehen, den Kant als den Bereich des bloß Technisch-Praktischen aus der praktischen Philosophie ausgeschlossen hatte. Vgl. Kritik der Urteilskraft, B XIII f. 77. Naturrecht, S. 375. 78. Naturrecht, S. 380. 79. Naturrecht, S. 374. 81. Naturrecht, S. 378. 82. Naturrecht, S. 378 f. 80. Naturrecht, S. 374. 83. Hegel hatte seiner Bestimmung der sittlichen Natur bzw. der absoluten Sittlichkeit einen Hinweis vorausgeschickt, an den hier erinnert werden muß: "Da es hier zunächst auf die Bestimmung dieser hierin enthaltenen Verhältnisse ankommt, und also die Seite der Unendlichkeit herausgehoben werden muß: so setzen wir das Positive voraus, daß die absolute sittliche Totalität nichts Anderes als ein Volk ist ..." Naturrecht, S. 372. 84. Naturrecht, S. 395. 85. Naturrecht, S. 395. 86. Glauben und Wissen, S. 148. Zum Begriff des Geistes vgl. unten S. 70. 88. Vgl. Naturrecht, S. 379 f. 87. Vgl. Naturrecht, S. 380 ff. 89. Naturrecht, S. 413 f. 90. Naturrecht, S. 414. 91. Vgl. Naturrecht, S. 412, wo Hegel von einer "Geschichte der sittlichen Totalität" spricht. 92. Naturrecht, S. 415. Mit dieser These stimmt es überein, wenn Hegel am Ende seiner Schrift eine permanente "Nichtübereinstimmung des absoluten Geistes und seiner Gestalt" konstatiert. Naturrecht, S. 422.

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93. Naturrecht, S. 395. 94. Naturrecht, S. 395 f. 95. Naturrecht, S. 396. 96. Naturrecht, S. 396. 97. Naturrecht, S. 400. 98. Naturrecht, S. 359. 99. Hegel zitiert: Polit. I, 2. 100. Naturrecht, S. 395. 101. Naturrecht, S. 397. 102. Naturrecht, S. 397. 103. Naturrecht, S. 350. 104. Naturrecht, S. 398. 105. Vgl. dazu Kimmerle, a.a.O., S. 201 ff. 106. Dieser Terminus ist gewählt in Anlehnung an L. B. Puntel, Darstellung, Methode und Struktur. Untersuchungen zur Einheit der systematischen Philosophie G. F. W. Hegels, Regel-Studien, Beiheft 10, Bonn 1973. 107. In der Naturrechtsschrift geht Hegel von einer Philosophie der sittlichen Natur im Rahmen einer Konstruktion der Identität zur Totalität unvermerkt über zu einer Betrachtungsweise, die den Geist in seinen geschichtlichen Erscheinungsformen aufgreift und beschreibt. 108. Es müßten, um eine Andeutung zu geben, die Positionen und Gestalten des Geistes innerhalb der Jenenser Entwürfe daraufhin untersucht werden, ob und wie bei ihnen der Bewußtseinsgegensatz oder generell: die phänomenologische Differenz statthat. Die phänomenologische Differenz ist die Differenz zwischen dem, was eine Gestalt des erscheinenden Geistes "an sich oder für uns" ist, und dem, was diese Gestalt für sich selbst ist. Diese Differenz definiert die historisch-phänomenologische Betrachtungsweise des Geistes; für die real-systematische Betrachtungsweise darf sie keine Rolle spielen. 109. Naturrecht, S. 412. 110. Phänomenologie des Geistes (ed. Hoffmeister), S. 313 ff. - Vgl. besonders S. 315: "Der Geist ist das sittlichen Leben eines Volks, insofern er die unmittelbare Wahrheit ist; das Individuum, das eine Welt ist. Er muß zum Bewußtsein über das, was er unmittelbar ist, fortgehen, das schöne sittliche Leben aufheben und durch eine Reihe von Gestalten zum Wissen seiner selbst gelangen." 111. Vgl. Phänomenologie des Geistes, S. 423 ff. 112. Schon in der Naturrechtsschrift (S. 382) konstatiert Hegel den "Verlust der absoluten Sittlichkeit" in der "Universalität des römischen Reichs". 113. Indem wir zwei Betrachtungsweisen des Geistes unterscheiden, brauchen wir nicht, wie Riedel, eine völlige Umkehrung in der praktischen Philosophie Hegels in der Zeit nach der Naturrechtsschrift anzunehmen. Vgl. Riedel, a.a.O., S. 193. 114. "Das Sittliche ist subjektive Gesinnung, aber des an sich seienden Rechts; daß diese Idee die Wahrheit des Freiheitsbegriffs ist, dies kann nicht ein Vorausgesetztes, aus dem Gefühl oder woher sonst Genommenes, sondern - in der Philosophie - nur ein Bewiesenes sein. Diese Deduktion desselben ist allein darin enthalten, daß das Recht und das moralische Selbstbewußtsein an ihnen selbst sich zeigen, darin als in ihr Resultat zurückzugehen." Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 141.

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Bemerkungen zu Hegels Begriff vom Bewußtsein in der Einleitung zur Phänomenologie des Geistes Die Abschnitte IX bis XVI der Einleitung in die Phänomenologie des Geistes sind als ein Traktat von der Methode der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins zu lesen. Die Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins hat die systematische Funktion, Positionen des Wissens, die nach Hegels Oberzeugung nicht wahrhaft Wissen genannt werden können, auf den Standpunkt ,der Wissenschaft' einzuleiten, - einer Wissenschaft, die als der logische Ort des philosophischen Wissens nicht mit der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins identisch ist. Die Absicht, dem Inbegriff vorhandener Positionen des in Wahrheit sich bloß so nennenden Wissens den Standpunkt der Wissenschaft auf wissenschaftliche Weise als einen solchen vor Augen zu führen, der kein Standpunkt unter anderen ist, muß aber in Rechnung stellen, daß eben diese Positionen entweder auch den Anspruch erheben, das philosophische Wissen zu sein oder doch aus sich erzeugen zu können, oder aber einen solchen Anspruch überhaupt als unsinnig abweisen. Es ist daher erfordert, diesen Positionen in einer Weise entgegenzukommen, die es ihnen ermöglicht, sich auf eine solche Absicht überhaupt einzulassen. Hierfür ist jedes Verfahren, das diesen Positionen gegenüber mit irgendwelchen wie aus der Pistole geschossenen Konstruktionen von ,Wissen' und ,Wahrheit' auftritt, selbstredend ganz ungeeignet. Hege! erklärt: Die Wissenschaft ... kann ein Wissen, welches nicht wahrhaft ist, weder als eine gemeine Ansicht der Dinge nur verwerfen und versichern, daß sie eine ganz andere Erkenntnis und jenes Wissen für sie gar nichts ist, noch sich auf die Ahndung eines bessern in ihm selbst berufen. Durch jene Versicherung erklärt sie ihr Sein für ihre Kraft; aber das unwahre Wissen beruft sich eben so darauf, daß es ist, und versichert, daß ihm die Wissenschaft nichts ist; ein trockenes Versichern gilt aber gerade soviel als ein anderes. (Phänomenologie des Geistes, ed. Hoffmeister, S. 66.)

Was vielmehr zu geschehen hat, ist zunächst, diesen Positionen gegenüber den Nachweis zu erbringen, daß eine Prüfung ihrer Ansprüche möglich ist, auf die sie sich auf Grund ihres eigenen Selbstverständnisses einlassen können und auch müssen. Aber wie soll ein derartiger Nachweis erbracht werden können? Eine Prüfung bedarf eines Maßstabes, was aber als Maßstab genommen wird, ist den zu prüfenden Positionen gegenüber nicht gerechtfertigt, solange diese einen solchen Maßstab nicht aus Gründen ihrer eigenen internen Verfassung anzuerkennen genötigt werden können. Es scheint jedoch eben nicht so, daß

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dies gelingt. Die zu prüfenden Positionen werden vielmehr gegenüber jedem in Vorschlag gebrachten Maßstab der Prüfung spröde tun und schlichtweg behaupten, daß alle in Vorschlag gebrachten Maßstäbe externe sind, die an ihre eigene interne Verfassung nur um den Preis unangemessener und über sie hinwegredender Thematisierung angelegt werden können. Hegel sucht diese grundsätzliche Schwierigkeit mit den allbekannten Uberlegungen zur Methode der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins auszuräumen, an deren Anfang folgende Behauptung steht: Dieser Widerspruch und seine Wegräumung wird sich bestimmter ergeben, wenn zuerst an die abstrakten Bestimmungen des Wissens und der Wahrheit erinnert wird, wie sie an dem Bewußtsein vorkommen. Dieses unterscheidet nämlich etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht; oder wie dies ausgedrückt wird: es ist etwas für dasselbe; und die bestimmte Seite dieses Beziehens oder des Seins von etwas für ein Bewußtsein ist das Wissen. Von diesem Sein für ein anderes unterscheiden wir aber das Ansichsein; das auf das Wissen Bezogene wird ebenso von ihm unterschieden und gesetzt als seiend auch außer dieser Beziehung; die Seite dieses Ansich heißt Wahrheit. Was eigentlich an diesen Bestimmungen sei, geht uns weiter hier nichts an; denn indem das erscheinende Wissen unser Gegenstand ist, so werden auch zunächst seine Bestimmungen aufgenommen, wie sie sich unmittelbar darbieten; und so, wie sie gefaßt worden sind, ist es wohl, daß sie sich darbieten. (Phän. S. 70 f.) Trotz der spekulativen und rekonstruktiven Interpretationen der Einleitung in die Phänomenologie des Geistes 1 scheint mir immer noch nicht hinreichend aufgeklärt, was Hegel mit dieser ,Erinnerung' eigentlich behauptet und welche methodische Funktion sie für das Unternehmen einer Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins besitzt. Die folgenden Bemerkungen beabsichtigen, einige wenige Schritte in Richtung auf ein genaueres Verständnis in diesen beiden Hinsichten zu tun. I.

Hegel erinnert, seinen eigenen Worten zufolge, daran, wie die Bestimmungen des Wissens und der Wahrheit an dem Bewußtsein in der Weise ihres unmittelbaren Sichdarbietens vorkommen. Dies könnte den Anschein erwecken, als wollte Hegel angeben, was das natürliche Bewußtsein unter den Bestimmungen ,Wissen' und ,Wahrheit' versteht. Nimmt man dabei -wie es auch ratsam erscheint - den Ausdruck ,natürliches Bewußtsein' ganz unspezifisch und übersetzt ihn in den Ausdruck ,natürliches Verständnis von', so könnte es .scheinen, Hegel wolle mit seiner Angabe eben das natürliche Verständnis von .Wissen' und ,Wahrheit' aufgreifen, um so einen ersten Ansatzpunkt für die Ausarbeitung eines Maßstabs der Prüfung zu gewinnen, auf den sich eine Wissensposition, die zudem formal durchaus ausgezeichnet ist, - nämlich eben das natürliche Verständnis von ,Wissen' und ,Wahrheit' selbst - einzulassen imstande ist. Wäre dies Hegels Absicht, so müßte eben dies Verständnis, darauf befragt, ob es Hegels Auskunft als eine angemessene Beschreibung

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seiner selbst akzeptieren kann, dieser Beschreibung zustimmen können. Das angesprochene Verständnis ist aber gewiß weit entfernt davon, dies tun zu können. Es wird die ihm angebotene Beschreibung vielmehr völlig unverständlich finden und sich daher erst gar nicht weiter auf sie einlassen. Denn in keinem für es akzeptierbaren Kontext einer natürlichen Verwendung des Ausdrucks ,Wissen' gilt, daß eine Relation mit dem Namen ,Sein von etwas für ein Bewußtsein' Wissen ,heißt'. Gegenüber einer solchen, ebenso unverständlichen wie willkürlichen Festlegung des Ausdrucks ,Wissen' wird das natürliche Verständnis dieses Ausdrucks vielmehr fordern, daß seine Interpretation in einer sprachanalytischen oder semantischen Perspektive erfolgen müsse, in der die logische Struktur solcher in einer natürlichen Sprache wirklich vorkommender Äußerungen wie ,Ich weiß, daß p' oder ,Er weiß, daß p' untersucht werden. Wenn sich in einer solchen Untersuchung etwa zeigt, daß meine Äußerung ,Ich weiß, daß p' das Stellen eines Anspruchs ist, dessen Rechtfertigung in der Angabe von Gründen für die Wahrheit von ,p' besteht2, so zeigt sich schon daran - und freilich nicht nur daran - daß Hegels Aufgriff der Bestimmung ,Wahrheit' für ein natürliches Verständnis von Wahrheit ebenso abwegig ist. Dieses faßt Wahrheit exklusiv auf als Eigenschaft von Sätzen. Allein Sätze, die aussagen, daß etwas der Fall bzw. nicht der Fall ist, können wahr sein; und sie sind es dann, wenn das der Fall ist, was sie behaupten, bzw. das nicht, was sie verneinen. Und wenn die Begründung der Wahrheit von Sätzen etwa auf solche Sätze rekurriert, in denen ,mentale' Prädikate vorkommen, so steht ganz entsprechend die Semantik solcher Prädikate zur Untersuchung an. In ihr ist zu zeigen, wie und unter welchen Bedingungen solche Prädikate intersubjektiv verstehbar verwendet werden können. Gerade das natürliche Verständnis von ,Wissen' und ,Wahrheit' wird sich also in seiner Hegeischen Darstellung nicht wiedererkennen können und mit guten Gründen behaupten, daß Hegel an es einen Maßstab anlegt, an dem es seinem eigenen Selbstverständnis zufolge gar nicht gemessen werden kann. In Wahrheit ist es aber auch gar nicht die Absicht der zitierten Textstelle, das natürliche Verständnis von ,Wissen' und ,Wahrheit' aufzunehmen und an dieses einen aus ihm selbst gewonnenen Maßstab anzulegen. Hegel erinnert nicht daran, was man unter ,Wissen' und ,Wahrheit' natürlicherweise versteht, sondern genau nur daran, "wie die abstrakten Bestimmungen des Wissens und der Wahrheit ... an dem Bewußtsein vorkommen." Seine Auskunft antwortet auf die Frage: Wie bieten sich ,Wissen' und ,Wahrheit' als Bestimmungen des Sachverhalts dar, der ,Bewußtsein' genannt wird? Wie nehmen sich ,Wissen' und ,Wahrheit' aus, wenn man sie in die Perspektive des Sachverhalts Bewußtsein rückt und einfach aufnimmt, was über beide Bestimmungen als solche des Bewußtseins zu sagen bleibt? Die Antwort auf eine solche Frage kann gar nicht so ausfallen wie diejenige, welche das natürliche Verständnis von ,Wissen' und ,Wahrheit' zu geben weiß, wenn es befragt wird. Eine Auskunft über Bestimmungen, die an dem Sachverhalt Bewußtsein vorkommen, ist von

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der Auskunft des natürlichen Verständnisses von ,Wissen' und ,Wahrheit' über die Funktion dieser Ausdrücke deswegen verschieden, weil letzteres seine Aus· künfte gar nicht in der Perspektive des Sachverhalts Bewußtsein, sondern in einer von diesem Sachverhalt gerade absehenden semantischen Perspektive gibt. Diese Präzisierung des Hegeischen Verfahrens gegenüber einem naheliegenden Mißverständnis enthält natürlich noch kein einziges Argument für seine Rechtmäßigkeit. Es ist sogar zuzugeben, daß seine Bestimmung des Vorkommens der Bestimmungen des Wissens und der Wahrheit an dem Sachverhalt Bewußtsein eigene Probleme mit sich bringt. Selbst wenn akzeptiert wird, daß ,Wissen' und ,Wahrheit' in der Perspektive des Sachverhalts Bewußtsein interpretiert werden können, gesellt sich dem natürlichen Verständnis von ,Wissen' und ,Wahrheit' ein natürliches Verständnis des Sachverhalts Bewußtsein bei, das Hegels Auskunft ähnlich unverständlich finden muß. Denn seit wann ,heißt' denn die Relation ,Sein von etwas für ein Bewußtsein' schon ,Wissen'? Soll ,Wissen' in der Perspektive des Bewußtseins interpretiert werden, scheint ,die bestimmte Seite dieses Beziehens' ganz ungeeignet, ,Wissen' zu definieren. Denn die formale Struktur gerade dieser ,Seite' am Bewußtsein erfüllen ebenso gut unsinnige Annahmen, leere oder bloße Meinungen, Glauben, Irrtum und Wahn. Werden diese Positionen, die nicht Wissen sind, in der Perspektive des Bewußtseins interpretiert, so sind auch sie Fälle des ,Seins von etwas für ein Bewußtsein'. Und wenn dagegen behauptet werden sollte, daß Bewußtsein nur dasjenige Beziehen genannt werden kann, in dem ein ,Sein' so bezogen wird, wie es ,an sich' ist, scheinen ganze Felder mentaler Ereignisse, die man Bewußtsein nennen möchte, aus dem Feld des Bewußtseins herauszufallen. Ebensowenig ,heißt' für ein natürliches Verständnis von Bewußtsein das Relat der Relation ,Sein von etwas für ein Bewußtsein', das in dieser Relation als von ihr unterschieden gesetzt wird- die ,Seite dieses Ansieh' -selber ,Wahrheit'. Ein ,Ansieh', auf welches das Bewußtsein in dieser Weise Bezug nimmt, ist weder ,Wahrheit' noch ,wahr', denn ein vom Bewußtsein als unabhängig von ihm bezogener Gegenstand ist als solcher weder wahr noch falsch, sondern er ist oder ist nicht, ist so oder nicht so, wie er bezogen wird. Die Frage muß daher sein, wie Hege! seine Bestimmung des Auftritts der Bestimmungen des Wissens und der Wahrheit an dem Sachverhalt Bewußtsein gegenüber einem auf diesen Sachverhalt selbst Bezug nehmenden natürlichen Verständnis rechtfertigen kann. Diese Frage kann nicht direkt- und in diesen Bemerkungen überhaupt nur höchst unvollkommen - beantwortet werden. Ihr müssen einige noch grundsätzlichere Fragen vorgeschaltet werden, ohne deren Beantwortung die genannte Frage nicht angemessen behandelt werden kann.

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II. Hegel behauptet nicht, daß das natürliche Verständnis von ,Wissen' und ,Wahrheit' die Perspektive zu übernehmen hat, in welche die Bestimmungen von Wissen und Wahrheit zum Zweck der Ausarbeitung der Methode der Phänomenologie des Geistes gestellt werden. Er behauptet ferner nicht, daß die Aufnahme dieser Bestimmungen als am Bewußtsein vorkommender deren einzig legitime Interpretation ist. Was an den Bestimmungen des Wissens und der Wahrheit eigentlich ist, bleibt ausdrücklich dahingestellt. Er kann ebenfalls nicht gut behaupten, daß ein natürliches Verständnis von Bewußtsein der von ihm vorgeschlagenen Bestimmung des Auftritts von Wissen und Wahrheit am Bewußtsein ohne weiteres folgen muß. Insbesondere die beiden erstgenannten Einschränkungen geben nun aber Anlaß zu der Frage, weshalb Hegel die Bestimmungen des Wissens und der Wahrheit überhaupt in die Perspektive des Sachverhalts Bewußtsein rückt. Die Antwort auf diese Frage ist einfach. Hegels Verfahren ergibt sich aus der Notwendigkeit, den eingangs bezeichneten Widerspruch auszuräumen. Es muß eine Möglichkeit bereitgestellt werden, den in Konkurrenz zum Standpunkt der philosophischen Wissenschaft stehenden Positionen vorgeblichen Wissens einen Prüfungsmechanismus anzubieten, von dem sie nicht mehr behaupten können, er sei ihnen gegenüber extern. Diese Möglichkeit aber besteht nur dann, wenn diesen Positionen eine ebenso rudimentäre wie fundamentale Charakterisierung offeriert wird, die sie ohne weiteres als auf sie selbst zutreffend übernehmen können. Hegel offeriert eine solche Charakterisierung, indem er dem Inbegriff der konkurrierenden Positionen die Eigentümlichkeit zuweist, als Positionen von Bewußtsein gelten zu müssen, - und dies eben offenbar auch ihrem eigenen Selbstverständnis zufolge. Das ist zunächst die minimale, aber auch unerläßliche theoretische Voraussetzung der Hegeischen Idee von einer Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins als einer Wissenschaft, die konkurrierende Wissensansprüche auf den Standpunkt der Wissenschaft einleitet. Hegel rechtfertigt das Machen dieser Voraussetzung nicht mehr mit eigenen Argumenten. Solche Argumente wären auch nicht leicht zu rekonstruieren, es sei denn als triviale und eben deshalb auch trivial zu widerlegende. Denn selbst wenn zugegeben wird, daß jedwedem Wissensanspruch eine bestimmte Position des Bewußtseins entspricht, und jedweder Wissensanspruch sogar in einer solchen fundiert ist, folgt noch nicht, daß die Oberprüfung solcher Ansprüche in der Form einer Analyse dieser korrespondierenden oder fundierenden Positionen von Bewußtsein erfolgen muß. Es wäre vielmehr gerade erst zu fragen, wie eine solche Oberprüfung überhaupt in einer solchen Form, das heißt in einer bewußtseinstheoretischen Perspektive, erfolgen kann. Ist nicht - so könnte man mit dem Hegel der Logik durchaus fragen - eine sich radikal verstehende Semantik der weitaus geeignetere, weil voraussetzungslosere Weg? Hegels keineswegs selbstverständliche Voraussetzung, daß alle Positionen

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des sich so nennenden Wissens als Bewußtseinspositionen und damit als Fälle eines Grundsachverhalts thematisiert werden können, in dessen interner Bestimmtheit ,Wissen' selber als konstitutives formales Moment auftritt, kann an diesem Ort nicht grundsätzlich befragt werden. Aber selbst wenn dies nicht geschieht, bleibt immer noch eine Frage zu stellen, die für den Theoriestatus der Phänomenologie des Geistes entscheidend ist und auch nicht umgangen werden kann. Diese Frage lautet: Wie eigentlich bestimmt Hegel den Sachverhalt Bewußtsein selbst und was berechtigt ihn zu einer derartigen Be· Stimmung? Diese Frage ist entgegen erstem Anschein nicht identisch mit der Frage, mit welchem Recht Hegel dem Bewußtsein die Bestimmungen des ,Wissens' und der ,Wahrheit' so zuspricht, wie er es faktisch tut. Wissen und Wahrheit ,heißen' nämlich gewisse Strukturmomente des Sachverhalts Bewußtsein, die von Hegel zunächst ganz unabhängig davon exponiert werden, daß sie diese Namen empfangen. Es sind diese Strukturmomente, an denen der Auftritt von Wissen und Wahrheit am Bewußtsein festgemacht wird, und diese Operation erlaubt keine Umkehrung. Diese Strukturmomente müssen daher auch eine von der nachfolgenden Benennung unabhängige Interpretation erfahren können. Hegel erklärt nämlich zunächst: "Dieses (scil. ,Das Bewußtsein' d. V.) unterscheidet nämlich etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht" ... (ebd.) Diese Auskunft soll im Folgenden Hegels Satz des Bewußtseins genannt werden. 111.

Um sich mehr Klarheit darüber zu verschaffen, in welcher Weise dieser Satz über den Sachverhalt Bewußtsein redet, empfiehlt es sich, eine einfache Vorfrage zu stellen: Um was für einen Typus von Aussage handelt es sich bei diesem Satz? Eine solche Frage muß extern gestellt und auch extern, das heißt gerade nicht im Rekurs auf Theoreme der Hegeischen Philosophie beantwortet werden. Insbesondere sind Hegels systematisch entwickelten Ansichten von der logischen Struktur des Satzes und des Urteils sowie seine Theorie des spekulativen Satzes gänzlich aus dem Spiel zu halten. Die Frage muß so gestellt werden, wie sie eine auf den Standpunkt der Wissenschaft allererst einzuleitende Position - in unserem Falle diejenige Position, die auf eine außerhalb der Dialektik akzeptierte Typologie der Aussagen bezugnimmt - allein stellen kann, so nämlich, daß sie von dem Standpunkt der Wissenschaft nicht mehr weiß als die trockene Versicherung, daß es diese geben soll. Fragen, die extern zu stellen sind, weil sie Fragen einer einzuleitenden Position sind, müssen aus eben diesem Grunde auch extern beantwortet werden. Der Standpunkt der Wissenschaft kann nicht - und auch nach Hegels eigener Dberzeugung nicht -

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der Horizont sein, innerhalb dessen Antworten gegeben werden können, die von solchen Fragen verstanden werden sollen. Das heißt allerdings nicht, daß die Frage nach dem propositionalen Status von Hegels Satz des Bewußtseins auch kontextunabhängig beantwortet werden muß. Vielmehr werden sich Antworten auf zu stellende Fragen gerade mit Rücksicht darauf ergeben, daß sie von einem auf den Standpunkt der Wissenschaft allererst einzuleitenden Bewußtsein gestellt werden. Dies Bewußtsein wird gegenüber vorgeschlagenen Antworten jeweils geltend machen können, daß sie wenigstens der Zumutung entsprechen müssen, die Hegel an ein solches Bewußtsein ergehen läßt, insofern er es als ein auf den Standpunkt der Wissenschaft allererst einzuleitendes ansieht. Eben daran hat das einzuleitende Bewußtsein ein Kriterium für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Antworten auf seine Fragen. Die erste Frage ist, ob es sich in Hegels Satz des Bewußtseins um eine singuläre Aussage handelt, die von einem bestimmten einzelnen Fall von Bewußtsein und nur von diesem aussagt, daß ihm gewisse Eigenschaften zukommen, die also eine Beschreibung eines Einzelfalls anbietet. Nun läßt es der Auftritt des bestimmten Artikels ,das' in dem Subjekt-Ausdruck ,das Bewußtsein' (der ohne weiteres für den Ausdruck ,es' substituiert werden darf) durchaus zu, daß dieser Ausdruck im Sinne eines ,uniquely referring use's gebraucht wird und daher einen einzelnen Fall von Bewußtsein namhaft macht. Der Kontext ergibt jedoch sogleich, daß eine solche Auffassung abwegig ist. Unzweifelhaft wird der Ausdruck ,das Bewußtsein' von Hegel nicht in der Weise einer ,definite description' im Sinne Russell's gebraucht; und der Satz mit dem Subjekt-Ausdruck ,das Bewußtsein' ist nicht ein Satz vom Typus "Der Wal greift das Boot an", sondern ein Satz des Typus "Der Wal ist ein Säugetier". Dies ist nicht nur ,intuitiv' klar, sondern auch leicht zu begründen. Wäre Hegels Satz des Bewußtseins die Beschreibung eines einzelnen Falles von Bewußtsein, so bliebe unausgemacht, ob sich über andere Individuen, die auch unter den Begriff ,Bewußtsein' fallen, jemals dasselbe aussagen läßt, was in dem Prädikat-Ausdruck ,unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht' von diesem einzelnen Fall ausgesagt wird. Nun müssen aber Positionen des sich so nennenden Wissens - von welcher Art sie auch immer sein mögen dann, wenn sie durch die Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins auf den Standpunkt der Wissenschaft eingeleitet werden können sollen, folgende zwei Bedingungen erfüllen: Sie müssen anerkennen, daß sie überhaupt als Bewußtseinspositionen charakterisierbar sind, und sie müssen ferner anerkennen, daß sie als Bewußtseinspositionen diejenigen Charaktere aufweisen, die im Prädikat-Ausdruck, unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht' angegeben sind. Denn - und dies ist das Entscheidende und in der Folge noch Darzulegende - die in diesem Prädikat angegebene Bestimmung von Bewußtsein fungiert in der Phänomenologie des Geistes durchgängig als der formale Operator, mit dessen Hilfe den zur Wissenschaft in faktischer oder

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möglicher Konkurrenz stehenden Positionen die Beschränktheit ihres Standpunktes allein einsichtig gemacht werden kann. Dies besagt: Anerkennt irgendeine Wissensposition zwar, daß sie ein Fall von Bewußtsein ist, anerkennt sie aber gleichzeitig nicht, daß sie als ein solcher etwas von sich unterscheidet, worauf sie sich zugleich bezieht, dann kann sie nicht auf den Standpunkt der Wissenschaft gebracht werden, weil sie von dem methodischen Vorgehen der Phänomenologie des Geistes gar nicht zu erreichen ist.4 Hieraus ist sofort zu ersehen, daß Hegels Satz des Bewußtseins auch kein ,numerisch-allgemeiner' Satz (im Sinne Poppers) sein kann, ein solcher also, der sich auf eine endliche Klasse von Individuen innerhalb eines bestimmten Bereichs bezieht, der durch eine individualisierende Bestimmung von anderen Bereichen eindeutig abgegrenzt ist.o Wäre der Satz ein numerisch-allgemeiner, so wäre genau nur von denjenigen Fällen von Bewußtsein, die in diesen Bereich fallen, gezeigt, daß sie auf den Standpunkt der Wissenschaft eingeleitet werden können. Von allen anderen Fällen außerhalb des Bereichs wäre dies nicht gezeigt und vielleicht auch nicht zeigbar - ein für Hegels Absicht unannehmbares Ergebnis. Hegels Satz des Bewußtseins ist demnach als eine All-Aussage im strikten Sinn zu lesen. ("Für alle x, wenn x Bewußtsein ist, dann unterscheidet x etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht.") Es ist daher zu fragen, um welchen Typus von All-Aussage es sich in ihm handelt. Ist der Satz im Kontrast zu einer numerisch-allgemeinen (das heißt in Wahrheit partikulären) Aussage ein ,spezifisch-allgemeiner' Satz, ein ,All-Satz' im Sinne Poppers&, ein solcher also, der etwas über unbegrenzt viele Elemente der Klasse ,Bewußtsein' synthetisch, und dies mit Bezug auf Beobachtungsdaten, aussagt? Dann könnte er grundsätzlich nicht in eine endliche Konjunktion singulärer Sätze übersetzt werden und besäße eben deshalb den Status einer grundsätzlich nicht verifizierbaren wissenschaftlichen Hypothese, den einer gesetzesartigen Aussage. Wäre dies der Fall, müßte in die Formulierung des Satzes ein möglichst hohes Maß an potentiellen Falsifikatoren eingebaut sein, um seine wissenschaftliche Brauchbarkeit zu sichern, das heißt: der Satz müßte möglichst riskant sein. Außerdem müßte die Bedeutung des Subjekt-Ausdrucks ,Bewußtsein' unabhängig davon angegeben werden, daß das Prädikat ,unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht' in einem Satz dieser Art auftritt. Denn anderenfalls wäre der Satz kein synthetischer Satz. Nun scheint es ohnehin schon ,intuitiv' klar, daß Hegels Satz des Bewußtseins nicht als eine wissenschaftliche Hypothese aufzufassen ist. Aber auch diese Oberzeugung läßt sich noch begründen. Hätte der Satz den Status einer wissenschaftlichen Hypothese, so müßte er ausdrücklich das Risiko eingehen, daß einmal oder mehrmals Fälle von Bewußtsein auftreten, auf die das synthetische Prädikat ,unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht' nicht zutrifft. Während es in den Wissenschaften im allgemeinen eine Frage der Theorieökonomie ist, ab wann Beobachtungen, die mit einer Hypo-

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these nicht übereinstimmen, als Falsifikataren dieser Hypothese anzusehen sind, kann Hegel offenbar nicht einmal die Möglichkeit zulassen, daß einmal ein Fall von Bewußtsein auftritt, auf den das Prädikat seines Satzes über Bewußtsein nicht zutrifft. Denn ein solcher Fall wäre wiederum nicht einleitungsfähig. Es kann zudem nicht ausgeschlossen werden, daß gerade dieser Fall behauptet, selbst der Standpunkt der Wissenschaft zu sein. Es widerspricht aber dem Standpunkt der Wissenschaft, mögliche, obzwar bislang unbekannte Konkurrenten zuzulassen. Hegels Einleitungsabsicht kann nicht unter die für wissenschaftliche Forschung konstitutiven Kontingenzbedingungen gestellt werden, ohne den Standpunkt, auf den einzuleiten ist, selbst aufzugeben. Das eben vorgeschlagene Argument hat sicher etwas Forciertes an sich. Ihm läßt sich jedoch ein weit einleuchtenderes zur Seite stellen. In der Einleitung in die Phänomenologie liegt nämlich gar keine von Hegels Satz des Bewußtseins unterschiedene Auskunft über Bewußtsein vor, welche die Bedeutung des Terminus ,Bewußtsein' systemextern und so angibt, daß man Hegels Satz des Bewußtseins in der Folge dieser Auskunft als einen synthetischen verstehen könnte. Als ein synthetischer Satz aber muß der Satz verstanden werden können, wenn er als eine wissenschaftliche Hypothese soll gelten können. Es könnte zwar der Fall sein, daß Hegel eine allgemein, das heißt extern akzeptierte Bedeutung des Terminus ,Bewußtsein' seinem Satz stillschweigend zu Grunde legt und in diesem Satz nun behauptet, daß von jedem Fall von Bewußtsein nach Maßgabe dieser akzeptierten Bedeutung des Terminus faktisch auch gilt, durch das synthetische Prädikat ,unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht' bestimmt zu sein. Aber eine derartige, dem Satz des Bewußtseins vorgängige Explikation der Bedeutung von ,Bewußtsein' findet sich nicht.7 Daraus folgt zumindest, daß es keinen angebbaren Sinn macht, Hegels Satz des Bewußtseins den Status einer wissenschaftlichen Hypothese anzusinnen. Die Konsequenz der bisherigen \Jberlegungen ist, daß man Hegels Satz des Bewußtseins als einen solchen aufzufassen hat, der den Anspruch erhebt, a priori wahr zu sein. Es bleibt jetzt nur noch zu entscheiden, ob der Satz den Anspruch erhebt, ein analytischer oder ein synthetischer Satz a priori zu sein. Gegen die Möglichkeit, den Satz als einen synthetischen Satz a priori aufzufassen, entscheidet schon eine verschärfte Fassung des gerade vorgetragenen Arguments. Es ist logisch sinnlos zu behaupten, ein Satz sei synthetisch und a priori, wenn nicht zugleich in aller Strenge nachgewiesen wird, daß der Prädikat-Ausdruck kein Teil der Bedeutung des Subjekt-Ausdrucks des in Frage stehenden Satzes ist. Ein solcher Nachweis ist sogar zunächst das experimentum crucis einer jeden Behauptung synthetischer Apriorität von Sätzen. Dieser Nachweis impliziert aber, daß man eine Definition des Subjekt-Ausdrucks eines solchen Satzes anbietet, in der gesichert wird, daß der PrädikatAusdruck nicht Teil der Bedeutung des Subjekt-Ausdrucks ist. Solange dies nicht geschehen ist, bleibt die Behauptung, ein Satz sei synthetisch und a priori,

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eine bloße Versicherung, der gegenüber jederzeit ebenso gut behauptet werden kann, der Satz sei analytisch.s Nun sucht man in der Einleitung in die Phänomenologie gewiß vergeblich nach einer solchen Definition von ,Bewußtsein', mit Rücksicht auf welche allein in logisch sinnvoller Weise behauptet werden könnte, der Satz des Bewußtseins sei ein synthetischer Satz a priori. Wenn die Einleitung überhaupt eine Definition von ,Bewußtsein' vorlegt, so scheint dies vielmehr gerade in Hegels Satz des Bewußtseins selbst zu geschehen. Ein weiteres Argument gegen diese Auffassung ist folgendes: Es kann von einer als Wissen auftretenden Position schlichtweg geleugnet werden, daß es überhaupt synthetische Sätze a priori gibt. Da die Annahme unumgänglich ist, daß Hegel auch den hartgesottenen Empiristen auf den Standpunkt der Wissenschaft zu erheben gedenkt, muß ausgeschlossen werden, daß dieser nur unter der Bedingung einleitungsfähig ist, wenn ihm eine Charakterisierung angeboten wird, die er ex definitione seines eigenen Standpunktes als unzutreffend abweist. Wäre Hegels Satz ein synthetischer Satz a priori, so wäre der Empirismus des Wissens nur dann einleitungsfähig, wenn er eine Charakterisierung als auf sich zutreffend übernähme, die für ihn logisch nicht akzeptabel sein kann. Der Empirismus des Wissens kann seinem eigenen Selbstverständnis nach nicht unter eine Charakterisierung fallen, deren logischer Status hinreicht, um für ihn als die leere Klasse zu gelten. Das ist das stärkste KontextArgument gegen die Annahme, es handele sich in Hegels Satz um einen synthetischen Satz a priori. Hegels Satz des Bewußtseins muß daher als ein Satz verstanden werden, der den Anspruch erhebt, analytisch wahr zu sein. Mit dieser Feststellung ist der Katalog der Fragen nach dem logischen Status des Satzes freilich noch nicht erschöpft. Denn nun wäre zu fragen, um was für einen Typus von analytischem Satz es sich hier handeln soll. Eine angemessene Beantwortung dieser Frage sähe sich vor erhebliche, bisher nicht aufgetretene Schwierigkeiten gestellt. Sie ergeben sich daraus, daß schon die Auflistung dieser Frage in alle relevanten Teilfragen mit den notorischen Schwierigkeiten verknüpft ist, die sich mit der Formulierung von Analytizitätspostulaten verbinden. Solche Teilfragen sind ihrerseits schon theoriegesättigt, und es ist gar nicht möglich, sie angemessen zu stellen, ohne die ihnen korrespondierenden Theorien der Analytizität von Sätzen mit in Bereitschaft zu halten. Bei dieser Sachlage scheint es wenigstens für die Zwecke dieser Bemerkungen erlaubt, den Fragenkatalog auf unsystematische Weise zu schließen und nur noch diejenigen Entscheidungen anzudeuten, die man akzeptieren muß, um die systematische Absicht der Phänomenologie des Geistes nicht von vorne herein unverständlich zu finden.D Hegels Satz des Bewußtseins ist keine ,Worterklärung' des sprachlichen Ausdrucks ,Bewußtsein'. In ihm wird nicht festgelegt, wie Hege! in der Folge den Ausdruck ,Bewußtsein' zu verwenden wünscht. Auch ist es nicht seine Absicht, eine aparte linguistische Konvention zu innovieren, die in Konkurrenz zu

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schon etablierten treten soll. Es ist vielmehr gewiß so, daß sich Hegels Satz auf einen wenn schon nicht umgangssprachlich, dann doch in Theoriebildungen etablierten Gebrauch des Ausdrucks bezieht. Aber diese Bezugnahme erfolgt nicht thematisch, daß heißt nicht in der Absicht, einen solchen Gebrauch zu analysieren. Der Satz ist weder eine Nominaldefinition noch Teil einer Analyse, welche die Weise und die Bedingungen des tatsächlichen Funktionierens eines Ausdrucks der natürlichen oder theoretischen Sprache thematisiert. Dies ergibt sich durch Wiederholung des in diesem Abschnitt öfters bemühten KontextArguments: eine konventionalistische oder sprachanalytisch reduzierte Interpretation der Analytizität des Satzes ist mit der systematischen Absicht unverträglich, um derentwillen er eingeführt wird. Wenn es sich in Hegels Satz des Bewußtseins um eine Definition handelt, so müßte sie daher als eine ,Realdefinition' im Sinne der traditionellen Definitionentheorie aufgefaßt werden - als die vollständige Angabe aller konstitutivinvarianten formalen Bestimmungen, die etwas der Sache nach aufweisen muß, um als dasjenige angesprochen werden zu können, als was es angesprochen wird, wenn es ,Bewußtsein' genannt wird. Wenn es sich nicht um eine Definition handelt, so müßte der Satz wenigstens einige konstitutiv-invarianten formalen Bestimmungen angeben, die jedem einzelnen Fall von Bewußtsein qua tale zukommen. Nur als Explikation des Begriffs von einem Sachverhalt, der nicht von Sprachregelungen dependiert, kann Hegels Satz des Bewußtseins analytisch wahr sein. Vieles spricht dafür, daß Hegel selbst derjenigen externen Interpretation zugestimmt hätte, die in seinem Satz des Bewußtseins eine Realdefinition dieses Begriffs vermutet. Es liegt jedoch nicht viel an der Entscheidung der Frage, ob es sich in Hegels Satz des Bewußtseins um eine solche Definition oder nur um eine partiale ,Sacherklärung' handelt.to Denn die alles entscheidende Frage, welche die bisherigen Vorfragen nun abzulösen hat, ist doch die: Ist dieser Satz überhaupt ein analytischer Satz? Mit dieser Frage beginnen erst die eigentlichen Schwierigkeiten der Interpretation. Denn mit welchem Recht kann Hegel behaupten, daß es keinen Fall von Bewußtsein geben kann, von dem nicht gilt, daß er ,etwas von sich unterscheidet, worauf er sich zugleich bezieht'? IV. In einer nicht-reduktivistischen bewußtseinstheoretischen Perspektive ist jede Aussage über Bewußtsein als eine solche aufzufassen, die nur unter der Bedingung gemacht werden kann, daß es Bewußtsein von Bewußtsein gibt. So wie in dieser Perspektive eine Aussage ,über etwas' das Bewußtsein von etwas voraussetzt, so setzt jede Aussage ,über Bewußtsein' das Bewußtsein von etwas voraus, das Bewußtsein ist. Unter dieser Bedingung steht auch eine Aussage, welche gewisse formal-invarianten Strukturmomente anzugeben wünscht, die an jedem einzelnen Fall von Bewußtsein auftreten. So wie ein einzelner Fall

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von Bewußtsein nur beschrieben werden kann, wenn Bewußtsein von diesem Fall vorliegt, so kann auch der Sachverhalt Bewußtsein nur allgemein charakterisiert werden, wenn dessen invariante Züge einem Bewußtsein auffällig geworden sind. Dies scheint zu bedeuten, daß eine Charakterisierung von Bewußtsein nur unter der Bedingung des Stattfindens von Selbstbewußtsein möglich ist. Unter Selbstbewußtsein ist dabei zu verstehen das Bewußtsein davon, daß eigenes Bewußtsein vorliegt. Der Anschein, daß Selbstbewußtsein (in dem hier bestimmten Sinne) die Voraussetzung für jede Charakterisierung des Sachverhalts Bewußtsein ist, ergibt sich aus der traditionsmächtigen Dberlegung, daß jeweils nur in bezug auf eigenes Bewußtsein überhaupt Sicherheit besteht, daß Bewußtsein vorliegt. Wenn dies so ist, kann die Einsicht in gewisse Invarianzen des Sachverhalts Bewußtsein von einem Bewußtsein nur so geleistet werden, daß es diese Invarianzen an ,sich' abliest. Diese Voraussetzung eines ,logisch privilegierten Zugangs' des Bewußtseins zu dem jeweils eigenen Bewußtsein ist jedoch unnötig stark und auf analytischer Seite auch von denjenigen starker Kritik ausgesetzt worden, die nicht geneigt sind, den Sachverhalt Bewußtsein als einen Grundsachverhalt preiszugeben.u Aber selbst dann, wenn man annimmt, daß eine Charakterisierung des Sachverhalts Bewußtsein von der Art, wie Hegel sie vorlegt, (oder von einer anderen Art), nur auf Grund des Zugangs zu eigenem Bewußtsein erfolgen kann, bleibt es logisch möglich, daß eine solche Charakterisierung etwas über Bewußtsein allgemein aussagt, von dem das Bewußtsein als ,schlicht dahinlebendes' gar keine Kenntnis hat. Obgleich ohne ,Bewußtsein von Bewußtsein' keine Charakterisierung von Bewußtsein gegeben werden kann, so ist doch diese Bedingung der Charakterisierung nicht auch schon notwendigerweise ein Charakter des Charakterisierten. Auch ein Vertreter des ,logisch privilegierten Zugangs' ist nicht schon deshalb, weil er diese These vertritt, zu der Annahme gezwungen, daß das ,eigene' Bewußtsein, zu dem privilegierter Zugang besteht, seinerseits schon Selbstbewußtsein (im angegebenen Sinne) ist. Und derjenige, der ,Bewußtsein von Bewußtsein' in einer dieser These gegenüber neutraleren Bedeutung auffaßt, ist ebenfalls noch nicht gezwungen, dem Bewußtsein, von dem Bewußtsein vorliegt, schon die Struktur ,Bewußtsein von Bewußtsein' in dem relevanten Sinn zuzusprechen, daß dies Bewußtsein eine interne Beziehung auf sich impliziert, die ihrerseits von der Art des Bewußtseins ist. Aus dem Umstand, daß Aussagen über Bewußtsein nur unter der Bedingung der Bekanntschaft mit Bewußtsein möglich sind, folgt also noch nicht, daß alles Bewußtsein auch mit sich selbst bekannt sein muß. Es scheint vielmehr sogar zu genügen, dem Sachverhalt Bewußtsein nur die formal-invariante Struktur der Intentionalität zuzuschreiben. Wird dem nur durch Bewußtsein von Bewußtsein charakterisierbaren Bewußtsein die formal-invariante Struktur ,Bewußtsein ist Bewußtsein von etwas' zugeschrieben, so kann es zugleich als ein Sach-

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verhalt charakterisiert werden, dem die es definierende Struktur des ,WovonSeins' gerade völlig unbekannt ist, und zwar deswegen, weil es als Bewußtsein von etwas ganz in das versunken ist, wovon es Bewußtsein ist. In dieser Versunkenheit ist es gerade nicht bewußte Beziehung auf sich. Die lntentionalitätstheorie des Bewußtseins läßt sich radikal so fassen: Kein Fall von Bewußtsein, der ex definitione Bewußtsein von etwas ist, ist auch Bewußtsein davon, daß er ein solcher Fall ist. 12 ,Bewußt' ist exklusiv ein Prädikat, das dem zukommt, wovon Bewußtsein vorliegt. Es ist jedoch kein Prädikat, welches von dem Bewußtsein selbst als zu seiner internen Struktur gehörig ausgesagt wird. Zwar muß auch das Bewußtsein selbst zu Bewußtsein gebracht werden können. Dies geschieht jedoch durch besonders strukturierte Fälle von Bewußtsein, deren ,Wovon' eben selbst Fälle von Bewußtsein sind. In keinem dieser Fälle tritt so etwas wie eine bewußte Beziehung eines Falles von Bewußtsein auf sich selbst auf. Denn das im Falle eines ,Bewußtseins von Bewußtsein' bezogene ,Wovon' dieses Bewußtseins ist nicht identisch mit diesem Beziehen, sondern liegt unabhängig von diesem schon vor und wird nur kontingenter Weise zu Bewußtsein gebracht. Ebensowenig weist ein solches ,Bewußtsein von Bewußtsein' an ihm selbst eine bewußte Beziehung auf sich auf. 13 Die radikale Fassung der Intentionalitätstheorie des Bewußtseins impliziert die radikale Zurückweisung der These von der prinzipiellen Selbst-Rejerenzialität des Bewußtseins oder der logischen Selbstvertrautheit des Bewußtseins mit sich.t4 Nach ihr ist kein Fall von Bewußtsein außer auf seinen intentionalen ,Gegenstand' oder ,Inhalt' auch noch auf sich selbst intentional, das heißt in der Weise eines Bewußtseins von sich, bezogen. Jeder Fall von Bewußtsein ist vielmehr qua Bewußtsein sich selbst prinzipiell anonym. Aus ihrer Anonymität können Fälle von Bewußtsein nur durch besondere ,Akte' der freilich immer möglichen ,Reflexion' gezogen werden, die dann ihrerseits wiederum sich selbst anonym sind. Es scheint nun sinnvoll, wenigstens den Versuch zu machen, Hegels Satz des Bewußtseins als eine Variante der radikalen Intentionalitätsthese zu lesen. Er enthielte dann eine Charakterisierung des Bewußtseins, die zwar nur unter der Bedingung des Bewußtseins von Bewußtsein erfolgen kann, die jedoch den Sachverhalt Bewußtsein nicht schon als selbst-referentiell und auch nicht als Selbstbewußtsein (im angegebenen Sinne) kennzeichnet. Unter Verwendung Hegetscher Termini könnte dies so ausgedrückt werden: Das Bewußtsein ist zwar an sich eine Struktur, die etwas von sich unterscheidet, worauf sie sich zugleich bezieht. Aber dies, was das Bewußtsein an sich ist, ist gerade nicht ,für es', solange es in seiner Sphäre verharrt. Dies, was es an sich ist, wird für es allererst durch einen ,obliquen' Akt der ,Reflexion', einer ausgezeichneten Gestalt des Bewußtseins, die in der Lage ist, das Bewußtsein selbst so zu thematisieren, daß dessen interne, ihm aber verborgene Struktur enthüllt wird. Dieser Interpretationsversuch läßt sich jedoch nicht durchhalten. Zunächst ist darauf aufmerksam zu machen, daß Hegels Satz des Bewußt-

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seins von mehr Gebrauch macht als von dem logischen Minimalbestand der Kennzeichnung des Bewußtseins durch ein zweistelliges Prädikat. Denn es heißt: "Das Bewußtsein unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht" ... In dieser Formulierung tritt ein Reflexionsausdruck, nämlich ,sich' auf. Wenn die Semantik dieses Reflexionsausdrucks so zu interpretieren ist, daß mit seiner Verwendung eine deskriptive Bezugnahme auf den Sachverhalt Bewußtsein erfolgt, so hätte dies zur Konsequenz, daß Hegels Satz des Bewußtseins zur radikalen Intentionalitätsthese geradewegs konträr steht. Ist nämlich ,Unterscheiden von sich' deskriptives Bestandstück jedes Falles von Bewußtsein, so ist Bewußtsein nicht nur als ,Bewußtsein von etwas' gekennzeichnet, sondern gerade als eine Struktur, die, indem sie Bewußtsein von etwas ist, auch Bewußtsein davon ist, daß sie Bewußtsein von etwas ist. Es ist daher zu fragen, ob der Auftritt des Reflexionsausdrucks ,sich' in einer Weise interpretiert werden kann, die nicht zu dieser Konsequenz führt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn man den Auftritt des Reflexionsausdrucks als dadurch motiviert ansieht, daß die theoretische Charakterisierung des Sachverhalts Bewußtsein auf einer semantischen Ebene erfolgt, die im Vergleich zu der semantischen Ebene, auf der das Bewußtsein selbst Auskünfte erteilt, eine Meta-Ebene ist. Es bereitet keine grundsätzlichen Schwierigkeiten, einen Ausdruck, dessen Verwendung den Anschein erweckt, Bewußtsein als selbstbezügliche Struktur zu kennzeichnen, als einen solchen zu interpretieren, der erst in der von Bewußtsein von Bewußtsein bereitgestellten Metasprache einer Theorie vom Bewußtsein auftritt. In dieser Metasprache kann aber ohne weiteres festgelegt werden, daß in ihr vorkommende Reflexionsausdrücke keine deskriptiv zu interpretierende Bezugnahme auf das implizieren, was Thema der Theorie ist - etwa durch ,synkategorematische' Interpretation solcher Ausdrücke. Eine solche Möglichkeit ergreift Hege! jedoch erklärtermaßen nicht. Es ist vielmehr sein erklärte Absicht, Selbstbezüglichkeit als eine konstitutiv-invariante Formalstruktur des Sachverhalts Bewußtsein qua talis einzuführen. Der Nachweis der Richtigkeit dieser Behauptung ist in zwei Schritten zu führen. Erstens charakterisiert Hege! Bewußtsein als Bewußtsein von einem Gegenstand in sensu stricto. Das Bewußtsein setzt in der Beziehung auf das, wovon es Bewußtsein ist, das, wovon es Bewußtsein ist, als ein vom Bewußtsein Unterschiedenes, das heißt als ein solches, das unabhängig davon Bestand hat, daß oder ob Bewußtsein von ihm vorliegt oder nicht. Bewußtsein ist nach Hege! ein Transzendieren zu solchem, das in diesem Transzendieren "gesetzt" wird "als seiend auch außer dieser Beziehung". In dieser setzenden Funktion ist das Bewußtsein in der Tat ,analytischer Weise' ein Unterscheiden zwischen sich, als dieser setzenden Funktion, und dem, was es in dieser setzenden Funktion als von ihr unabhängig setzt. Im Transzendieren zum "Ansichsein"

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als einem solchen ist das Bewußtsein notwendigerweise Bewußtsein von sich, das heißt ,selbstreferenziell' im Sinne des Terminus. Trotz aller Einreden gegen die Selbstreferenzialität des Bewußtseins ist es immer noch sinnlos, behaupten zu wollen, ein Bewußtsein, das seinen Gegenstand als unabhängig davon weiß, daß er bewußt ist, sei nicht auf sich selbst in der Weise des Bewußtseins bezogen. Wäre es nicht (in wie immerunausdrücklicher oder ,latenter' Weise) auf sich selbst bezogen, wäre mit der Behauptung, es bezöge sich auf etwas von ihm Unabhängiges als ein von ihm Unabhängiges, gar kein Sinn zu verbinden. Zwar schließt es keinen Widerspruch ein, sich ein Bewußtsein zu denken, das zwar faktisch auf einen von ihm unabhängigen Gegenstand bezogen ist, in dieser Beziehung aber nicht auf sich in der Weise des Bewußtseins bezogen ist. Ein derartiges Bewußtsein könnte aber den Gegenstand gerade nicht als einen von ihm unabhängigen beziehen. (Und ein derartiges Bewußtsein wäre nach Hegel kein Bewußtsein, wie noch zu zeigen sein wird.) Gegen diese Dberlegung wird häufig eingewandt, daß sich doch kein Bewußtsein auf etwas von ihm Unabhängiges als ein Unabhängiges beziehen kann, ohne sich auf es zu beziehen. Dieser Einwand weiß nicht, was er sagt. Eben in dieser freilich immer vorauszusetzenden Beziehung ist das Bewußtsein notwendiger Weise das Machen eines Unterschieds zwischen sich, dem Beziehen des Gegenstandes, und dem, was als Unabhängiges bezogen wird. Daß dies Machen des Unterschieds in das Bewußtsein fällt, ist kein Einwand, sondern genau der Sachverhalt, daß das Bewußtsein Bewußtsein von sich ist. Es ist auch klar, daß man sich dieser Konsequenz nicht durch die Annahme entschlagen kann, das Bewußtsein sei dabei zwar das Machen dieses Unterschieds, das Bewußtsein davon, dies Machen des Unterschieds zu sein, fiele jedoch nicht in es, sondern in eine dritte Instanz. Abgesehen davon, daß eine solche Annahme in theoretische Aporien führt, die nicht aufzulösen sind, ist sie auch mit dem Sachverhalt unverträglich, für dessen Interpretation sie eingesetzt wird. 15 Der in Hegels Satz des Bewußtsein auftretende Reflexionsausdruck ,sich' kann also nicht als ein Ausdruck der Metasprache interpretiert werden. Er besitzt deskriptiven Gehalt und ist der Ausdruck dafür, daß Hegel jedem FalJ von Bewußtsein die formal-invariante Struktur einer bewußten Beziehung auf sich zuweist. Aber dies geschieht doch mit einem ganz besonderen Argument. Bewußtsein ist zugleich "Bewußtsein seiner selbst" genau nur insofern es "Bewußtsein des Gegenstandes" (Phän. S. 72) als eines solchen ist. Diese Einschränkung aber ist entscheidend. Sie besagt, daß die Selbstbezüglichkeit des Bewußtseins Definitionsstück des Bewußtseins eben und nur deshalb ist, weil Bewußtsein definiert ist als Bewußtsein von Gegenständen, die vom Bewußtsein als von ihm unabhängige bezogen werden. Für denjenigen, der dieses Interpretationsergebnis nicht akzeptieren will, besteht nun eine extreme Verpflichtung. Er müßte zeigen, daß die beschriebene gegenständliche Beziehung des Bewußtseins gar kein Strukturmoment des Bewußtseins ist, sondern ihrerseits nur innerhalb einer Theorie des Bewußt-

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seins als ein nicht deskriptiv zu interpretierendes Moment der Metasprache auftritt. Er müßte ferner zeigen, daß eben dies zu zeigen auch Hegels Absicht war. Abgesehen davon, daß die Durchführung einer solchen Interpretationsstrategie vermutlich in theoretische Abstrusitäten führt, entscheidet gegen sie, daß unter ihrer Voraussetzung die Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins gar nicht in Gang gebracht werden könnte. Wäre die von Hegel als Bewußtsein reklamierte Struktur nicht selbstreferenziell, gäbe es nämlich keine solche ,Erfahrung des Bewußtseins' und folglich keine solche ,Wissenschaft' von dieser Erfahrung, wie sie die Phänomenologie des Geistes vorschlägt. Die Unterscheidung zwischen dem Beziehen des Gegenstandes und dem Gegenstand als gesetzt auch außer dieser Beziehung kann nicht in eine außer das Bewußtsein fallende theoretische Beschreibung des Bewußtseins fallen, sie muß in das Bewußtsein selbst fallen. Zwar sieht nur das die Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins durchführende Subjekt, das ,Wir', das mit dem in dieser Wissenschaft jeweils thematischen Bewußtsein nicht identisch ist, die Notwendigkeit des Fortganges ein, dem das Bewußtsein im Laufe seiner Erfahrungen unterworfen ist. Aber diese Erfahrungen selbst macht das Bewußtsein als solches, nicht das Subjekt der Wissenschaft. Das Bewußtsein macht diese Erfahrungen, die prinzipiell Selbsterfahrungen sind, indem es die Seiten eines in es fallenden Unterschieds thematisiert. Es kann diese Erfahrungen machen, weil es das Machen dieses Unterschieds ist. Als das Machen dieses Unterschieds ist Bewußtsein bewußte Beziehung auf sich. Wäre das Bewußtsein nicht selbstreferenziell, entfiele Hegels Anspruch, daß ihm ein Maßstab der Prüfung seiner jeweiligen Ansprüche angeboten werden kann, dem gegenüber es nicht mehr behaupten kann, er sei ein externer. "Das Bewußtsein prüft sich selbst" eben und nur auf Grund seiner Selbstbezüglichkeit. Wäre es nicht in jedem Fall seines Auftretens bewußte Beziehung auf sich, kollabierte das Programm der Phänomenologie des Geistes immediater Weise. Denn dann wäre der Begriff von der Methode der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins in sich widersprüchlich. Dieser Widerspruch ergäbe sich daraus, daß nun nicht mehr gesagt werden könnte, was gesagt werden muß, damit das Verfahren der Phänomenologie des Geistes überhaupt in Gang gebracht werden kann, nämlich: Allein gerade darin, daß es (scil. Das Bewußtsein) überhaupt von einem Gegenstande weiß, ist schon der Unterschied vorhanden, daß ihm etwas das Ansieh, ein anderes Moment aber das Wissen oder das Sein des Gegenstandes für das Bewußtsein ist. Auf dieser Unterscheidung, welche vorhanden ist, beruht die Prüfung. (Phän. S. 72.) Prüft etwa die sinnliche Gewißheit ihr Gewißheitsmoment auf Veranlassung einer Frage, die ihr von einer anderen Bewußtseinsposition gestellt wirdl&, so so erhebt sich die sinnliche Gewißheit in der Beantwortung der ihr vorgelegten Frage nicht zu einem ihr fremden Akt der ,Reflexion' auf sich. Wäre dies näm-

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lieh der Fall, so müßte die Möglichkeit einer solchen Erhebung der sinnlichen Gewißheit über ihre eigene Sphäre eine mit dem Prüfungskonzept der Phänomenologie verträgliche Begründung erfahren haben. Diese Oberhebung müßte als ein Modus von Erfahrung gekennzeichnet werden, dessen die sinnliche Gewißheit fähig geworden ist, indem sie sich ihrer eigenen Sphäre entschlagen hat. Darin wäre die sinnliche Gewißheit ein anderes Bewußtsein geworden. Wäre ein solches Anderes-Gewordensein die formale Bedingung dafür, daß das Gewißheitsmoment der sinnlichen Gewißheit überhaupt thematisiert wer· den kann, wäre das Prüfungskonzept der Phänomenologie des Geistes schlicht· weg widersprüchlich. Es ist nur dann nicht widersprüchlich, wenn eine jede Bewußtseinsposition auf Grund ihrer Selbstthematisierung die Erfahrung macht, daß sie ihren Anspruch auf Totalität des Wissens nicht durchhalten kann. Nur auf diese Weise kann eine Position des Bewußtseins in eine andere überführt werden. - Die gemachte Erfahrung kann nicht die Bedingung des Machens der Erfahrung sein.

V. Hege! ist nicht der Meinung, daß nur gewisse Fälle von Bewußtsein die Struktur bewußter Beziehung auf sich aufweisen, nämlich all diejenigen, die Bewußtsein von bewußtseinsunabhängigen Gegenständen als solchen sind. Es ist vielmehr seine grundsätzliche Behauptung, daß nur dieienigen ,mentalen Ereignisse' als Bewußtsein anzusprechen sind, in denen auf ein von diesem Ereignis Unabhängiges als ein Unabhängiges Bezug genommen wird. Bewußtsein ist demnach ein mentales Ereignis oder ein mentaler Zustand, in dem der kognitive Anspruch erhoben wird, auf ein Obiekt Bezug zu nehmen, das mit dem subjektiven mentalen Ereignis oder Zustand, in dem und vermöge dessen auf es Bezug genommen wird, nicht identisch ist. Insofern jeder Fall von Bewußtsein als ein solcher kognitiver Anspruch auftritt, muß er auch in der Lage sein, diesen Anspruch in einer Aussage zu formulieren. Bewußtsein ist, weil dem Anspruch nach kognitiv, auch propositional. Wenn es ein Definiens des Sachverhalts Bewußtsein ist, kognitiv und propositional zu sein, dann ist Bewußtsein in allen Fällen und Weisen seines Auftritts beherrscht vom Prinzip der Rationalität. Damit eröffnen sich der Interpretation der Hegeischen Bestimmung des Auftritts von ,Wissen' und ,Wahrheit' am Bewußtsein günstigere Perspektiven als bisher. Allein weil Bewußtsein vom Prinzip der Rationalität beherrscht ist, kann Hege! sagen, daß die Bestimmungen des ,Wissens' und der ,Wahrheit' an ihm ,vorkommen'. Hegels Bestimmung dieses ,Vorkommens' erweist sich als eine etwas verwahrloste Metapher für einen Gedanken, der dann diskutabel wird, wenn man ihn als die Exposition des kognitiven und propositionalen Charakters des Sachverhalts Bewußtsein auffaßt. Indem das Bewußtsein eben dies ist: einen kognitiven Anspruch in der Form einer auf ein Objekt als

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Objekt bezogenen Aussage ergehen zu lassen, hält es sich in dem Gedanken der Wahrheit und sein Anspruch ist ein Anspruch auf Wissen. Nicht das ,Ansieh' außerhalb der Beziehung ist ,wahr' oder ,Wahrheit', sondern der Anspruch des Bewußtseins, sich auf ein von ihm unabhängiges Objekt zu beziehen, wird in einer Aussage formuliert, deren Wahrheit beansprucht wird ("Dem ist so, ob ich diesen Anspruch nun erhebe oder nicht"). Die von Hege) als ,Wahrheit' beanspruchte ,Seite dieses Ansieh' ist das Setzen des Ansich außer der Beziehung in der Form einer Aussage, die auf objektive Gültigkeit Anspruch macht. Selbstverständlich ist ein in dieser Form ergehender Anspruch nicht schon dadurch gerechtfertigt, daß er ergeht. Ebensowenig ist das Ergehenlassen eines solchen Anspruchs schon das Wissen, daß es sich so verhält, wie in der Aussage behauptet wird. Reduziert man jedoch das ,Vorkommen' der Bestimmungen von ,Wissen' und ,Wahrheit' auf die diesen Bestimmungen korrespondierenden Ansprüche des Bewußtseins, die es nach Hegel auf Grund seines Begriffs erhebt, so hat Hegels Metaphorik einen rationalen Kern: nämlich die den Sachverhalt Bewußtsein definierende Rationalität selbst. Wird dies berücksichtigt, mögen sich Chancen ergeben, die Einwände des natürlichen Verständnisses von ,Wissen' und ,Wahrheit' und die eines ,natürlichen' Bewußtseins von der Struktur des Bewußtseins neu zu beleuchten. Wenngleich es nicht Hegels Absicht ist, das natürliche Verständnis von ,Wissen' und ,Wahrheit' zu reproduzieren, kann sein Aufgriff dieser Bestimmungen, so wie .sie am Bewußtsein vorkommen, in der Perspektive der hier vorgeschlagenen Interpretation dem natürlichen Verständnis näher gebracht werden, als dies zunächst möglich schien. Und das sich dem natürlichen Verständnis von ,Wissen' und ,Wahrheit' beigesellende natürliche Verständnis des Sachverhalts Bewußtsein erweist sich als ein solches, das die in Hegels Satz des Bewußtseins eingebauten Restriktionen nicht angemessen ins Auge gefaßt hat. Gerade diese Restriktionen schaffen aber auch Raum für die Befriedigung wenigstens gewisser Forderungen, die von Seiten der analytischen ,philosophy ·of mind' an die Theorie des Geistes ergehen. Was das Bewußtsein selbst anbetrifft, so ist es zwar ,logically self-intimate'n. Aber es ist nicht ,logically infallible' 1s - weder, was die Seite seines Anspruchs angeht, sich auf ein Objekt zu beziehen, noch hinsichtlich seiner jeweiligen Selbstinterpretation, das heißt hinsichtlich der von ihm jeweils vorgeschlagenen Deutung der Weise seiner Bezugnahme auf ein Objekt, auf Grund deren dieser Anspruch formuliert wird. Schließlich impliziert sein Begriff auch keinen ,logically privileged access' 19. Was ferner eine vollständige Artikulation der Typen ,mentaler Ereignisse' oder ,Zustände' anbetrifft, so kann es Hegels Meinung nicht sein, daß alle diese Ereignisse oder Zustände Bewußtsein sind. Es wäre abwegig, allen mentalen Ereignissen oder Zuständen die Struktur kognitiver Ansprüche und ihrer propositionalen Fassung anzusinnen. Da nur diese Struktur dazu zwingt, Selbst-Referenzialität einzuführen, ist Hegels Satz des Bewußtseins nicht nur verträglich mit der Annahme, daß es mentale Ereignisse oder Zustände gibt,

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die weder ,self-intimate', noch ,infallible', noch durch ,privileged access' gekennzeichnet sind, er fordert zu einer solchen Annahme geradezu auf. Bewußtsein ist ein hochkomplexes Phänomen des Geistes, nicht das Definiens mentaler Ereignisse oder Zustände. Innerhalb der Theorie des Geistes muß ihm ein eigener Ort zugewiesen werden können, und seiner Rekonstruktion hat die Rekonstruktion derjenigen mentalen Ereignisse oder Zustände voranzugehen, in denen so etwas wie die Bezugnahme auf ein Objekt gar nicht vorliegt. Insofern läßt sich schon aus Hegels Bewußtseinsbegriff entnehmen, daß die ,Mediatisierung' der Phänomenologie im System der Philosophie des subjektiven Geistes ein zwingender Gedanke war. Die Notwendigkeit dieser Mediati· sierung folgt aus der von Hegel vorgeschlagenen Charakterisierung des Sachverhalts Bewußtsein selbst. VI. Aber ist diese Charakterisierung gerechtfertigt? Immer noch ist die Frage nicht entschieden, ob Hegels Satz des Bewußtseins als ein analytisch wahrer Satz akzeptiert werden kann. Bisher war mit Gründen nur entschieden, daß jeder Fall von Bewußtsein von Objekten als solchen die Struktur aufweisen muß, etwas von sich zu unterscheiden, worauf es sich zugleich bezieht. Dieser innerhalb der Perspektive einer Bewußtseinstheorie in der Tat analytisch wahre Satz impliziert jedoch noch nicht, daß jeder Fall von Bewußtsein ,Bewußtsein von einem Objekt als einem solchen' und daher kognitiv, propositional und selbstreferenziell sein muß. Hegel bietet in der Einleitung zur Phänomenologie des Geistes und in der Durchführung der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins keinerlei Argument dafür an, daß sein Satz des Bewußtseins ein analytisch wahrer Satz ist. Zwar steht ihm noch das von ihm selbst nicht benutzte - und in diesen Bemerkungen auch nicht rekonstruierte - Argument zur Verfügung, daß jeder Fall von Bewußtsein, der behauptet, auf ihn träfe die im Satz des Bewußtseins festgelegte Kennzeichnung nicht zu, entgegen seiner Behauptung auf Grund des bloßen Umstandes, daß er dies behauptet, ein Fall ist, auf den diese Kennzeichnung notwendigerweise zutrifft. Aber weshalb soll als ,Bewußtsein' nur dasjenige ,mentale Ereignis' gelten, das kognitiv, propositional und darin selbstreferenziell ist? Es scheint, daß sich diese Frage mit rein analytischen Argumenten nicht mehr entscheiden läßt. Denn was hier auch als Argument aufgeboten wird, kann seinen in Wahrheit arbiträren Charakter nur noch notdürftig kaschieren. Was dagegen noch geschehen kann, ist die Erinnerung an den philosophischen Kontext, in dem Hegels Satz des Bewußtseins steht und der ihn zu diesem und keinem anderen Satz des Bewußtseins motiviert hat. Diese Erinnerung wird zugleich den Punkt bezeichnen, in dem sich die Wissenschaft von der Erfahrung des Bewußtseins von allen theoretischen Versuchen unterscheidet, welche diesen Kontext definieren.

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Im§ 415 der Berliner Encyclopädie der Philosophischen Wissenschaften findet sich folgende Bemerkung Hegels: Die Kantische Philosophie kann am bestimmtesten so betrachtet werden, daß sie den Geist als Bewußtsein aufgefaßt hat und ganz nur Bestimmungen der Phänomenologie, nicht der Philosophie desselben enthält. (Hervorhebungen d. Vf.) Diese Bemerkung findet sich innerhalb der als Mittelstück der Philosophie des subjektiven Geistes im System mediatisierten "Phänomenologie des Geistes", und zwar an einer Stelle, an der Hegel eine Vorzeichnung der begrifflichen Struktur des Sachverhalts Bewußtsein gibt, von dem schon feststeht, das er systematisch aus der Schlußbestimmung der ,Anthropologie' - der ,wirklichen Seele' - hervorgegangen ist. Von den besonderen Interpretationsproblemen, welche diese Bemerkung bietet, kann hier abgesehen werden. So viel nämlich steht fest: diese Bemerkung ist nicht nur als eine Kant-Kritik, sondern auch als eine Kaut-Interpretation zu lesen, in der Hegel zugleich auf seine eigene Bestimmung des Begriffs ,Bewußtsein' in der Phänomenologie des Geistes in ihrer nicht-mediatisierten Gestalt reflektiert. Tatsächlich reproduziert Hegel nämlich mit seiner These, daß es Bewußtsein definiert, kognitiv und propositional und daher selbstreferenziell zu sein, gar nichts anderes als das Ergebnis der transzendentalen Deduktion der Kategorien in der Kritik der reinen Vernunft. Diese hatte darzutun versucht, daß Bezugnahme auf Objekte (in wahren oder falschen Sätzen) nur dadurch möglich ist, daß eine Seibstzuschreibung subjektiver mentaler Zustände aufseiten eines Subjekts, das solche Zustände durchläuft, erfolgt. Diese Selbstzuschreibung fand Kant in der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit garantiert, alle subjektiven mentalen Zustände (Vorstellungen) mit dem spontan erzeugten Gedanken ,Ich denke' zu begleiten. Dieser Gedanke ist zugleich das Prinzip derjenigen Synthesis, die Urteil heißt. Zugleich hatte Kant darzutun versucht, daß diese Selbstzuschreibung nur unter der Bedingung erfolgen kann, daß es Objekte (in Raum und Zeit) gibt, deren Bestand nicht von dem Bestehen subjektiver mentaler Zustände und deren Selbstzuschreibung abhängt. Indem Hegel Bewußtsein als kognitiv, propositional und selbstreferenziell bestimmt, nimmt er die logischen Leistungen der transzendentalen Apperzeption Kants ganz in dessen Sinn in die Definition von Bewußtsein auf.2o Dies geschieht jedoch wiederum auf eine eigentümliche und zunächst ganz befremdliche Weise. "Das Bewußtsein unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht" ist zwar eine prägnante Formel für die Leistung der transzendentalen Apperzeption, aber eben auch nur eine Formel. In ihr wird nur das Ergebnis einer Theorie reproduziert, nicht aber die Theorie selbst, die zu ihm führt. Zwar kann man die Weise, in der Hegel den Sachverhalt Bewußtsein definiert, auf dem Hintergrund der kantischen Theorie der Erfahrung mühelos verstehen. Viel schwieriger aber ist es zu verstehen, daß Hegel in eine Definition setzt, was für Kant das Ergebnis einer mühevollen, ihm selbst nicht voll durchsichtigen und vielleicht nicht einmal geglückten philosophischen

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Analysis war. Die Kantische Frage, wie der ,Bewußtsein' definierende Anspruch, auf von ihm unterschiedene Objekte erkennend Bezug zu nehmen, überhaupt gerechtfertigt werden kann - die Frage also, wie Bewußtsein gerechtfertigt werden kann- ist in dieser Formel nicht mehr gegenwärtig. Noch unverständlicher aber muß dann erscheinen, daß Hegel in eine Definition setzt, was in den Theorievorschlägen, die unmittelbar an die Kantische Theorie der Erfahrung anknüpften, das universale Problem geworden war. Kant hatte sich - allerdings mit wohlerwogenen Gründen - außerstande gesehen, die Selbst-Referenz des Bewußtseins noch theoretisch zu begreifen. 21 Für seine unmittelbaren Nachfolger - die Reinhold, Maimon, Beck, SchulzeAenesidem, Fichte und Schelling - hatte sich das Problem der transzendentalen Deduktion der Kategorien verschärft: Der Objekt-Bezug des Bewußtseins muß seine Legitimation in eins mit der begrifflichen Aufklärung der Möglichkeit des Selbstbezugs des Bewußtseins erfahren. Wird gesagt, daß Bewußtsein derjenige mentale Sachverhalt ist, in dem auf ein Objekt als Objekt Bezug genommen, und in dem daher auf diesen Bezug selbst Bezug genommen wird, so mag dies ein ,analytisch wahrer' Satz sein, insofern er auf einem bestimmten, wohldefinierten Stand der Theorie des Bewußtseins nirgends kontrovers ist. Aber das entbindet denjenigen, der dies behauptet, nicht von der Verpflichtung, eine theoretische Rekonstruktion dieses Sachverhalts anzubieten, durch welche allererst klar wird, was man da eigentlich behauptet. Eine solche Verpflichtung geht Hegel in der ursprünglichen Phänomenologie des Geistes nicht ein. Ja, er lehnt die Obernahme einer solchen Verpflichtung in der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins geradezu ab. Das äußere Zeichen dafür ist, daß sich sein Satz des Bewußtseins gänzlich unbekümmert zeigt über die Sachmotive für die bewußtseinstheoretischen Bemühungen derer, die ausgezogen waren, das Rätsel der transzendentalen Deduktion zu lösen. Die Einleitung zur Phänomenologie des Geistes verwendet, so kann man ruhig sagen, Reinholds ,Satz des Bewußtseins' in einer trivialisierten, weil dekomplizierten Form. Aber sie lehnt es ab, selbst eine ,Neue Theorie des Vorstellungsvermögens' anzubieten; und sie leitet auch nicht in eine solche Theorie ein. Daher muß, so scheint es, Hegels Satz des Bewußtseins auf dem Hintergrund der Theoriebildungen, die von Kant ihren Ausgang genommen hatten, nachgerade skandalös naiv wirken. Eine Wissenschaft von der Erfahrung des Bewußtseins, welche die bewußtseinstheoretische Problemlage ihrer Zeit in ihrer Definition von Bewußtsein gerade nicht mehr perzipiert, scheint schwerlich in der Lage zu sein, die Theorien, die diese Problemlage entfaltet haben, auf den Standpunkt der Wissenschaft einzuleiten. In Wahrheit aber ist Hegels nachgerade probiernunbewußt wirkende Kennzeichnung der formalen Struktur des Sachverhalts Bewußtsein von subtiler Reflektiertheit. Hegel stellt die Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins mit voller Absicht nicht in ein Konkurrenzverhältnis zu den theoretischen Bemühungen derjenigen, deren systematische Ansprüche er in seinen frühen

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Jenenser Veröffentlichungen schon kritisiert hatte. Dies soll abschließend nocll angedeutet werden. VI. In Abschnitt 111 war behauptet worden, daß die Bestimmung ,Das Bewußtsein unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht' als der formale Operator des in der Phänomenologie des Geistes eingeschlagenen Verfahrens fungiert. Es muß nun noch deutlich werden, in welcher Weise dies der Fall ist. Es gilt erstens, daß nur solches Thema der Phänomenologie sein kann, was die in Hegels Satz des Bewußtseins reklamierten Strukturmomente an sich aufweist. Denn etwaige Positionen, die nicht durch diese Struktur gekennzeichnet sind, sind auch nicht erfahrungsfähig im Sinne des für die Phänomenologie als Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins relevanten Begriffs von Erfahrung. Es gilt zweitens, das alles, was Thema der Phänomenologie ist, diese Struktur an sich aufweisen muß. Denn nur unter der Bedingung, daß das zu Thematisierende von dieser Struktur ist, besteht überhaupt ein theoretischer Spielraum für seine phänomenologische Rekonstruktion.!! Der formale Operator der Wissenschaft der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins ist eben auf Grund seiner logischen Bestimmtheit, formaler Operator zu sein, nicht seinereits auch etwas, über das in dieser Wissenschaft eine thematische Erfahrung gemacht werden kann. Die letzte vermöge der Funktion dieses Operators machbare Erfahrung besteht vielmehr nach Hegel gerade und nur darin, daß der Operator nicht mehr weiterfunktioniert. Dies geschieht dort, wo der ,Gegensatz des Bewußtseins' endgültig - und nicht nur dem Anschein nach- aufgehoben ist: im ,absoluten Wissen'. Aber auch in seinem Verschwinden wird der Gegensatz des Bewußtseins nicht Thema- Thema ist vielmehr sein Verschwundensein. Aus diesem Sachverhalt muß man eine für den Theoriestatus der Phänomenologie entscheidende Folgerung ziehen. Es geht Hegel in der Phänomenologie gar nicht um eine begriffliche Rekonstruktion der in seinem Satz des Bewußtseins gesetzten formal-invarianten Bestimmungen dieses Sachverhalts. Näher kann es ihm in der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins um eine solche Rekonstruktion auch gar nicht gehen. Um was es ihm allein gehen kann, ist die Rekonstruktion des vollständigen Systems der Erfahrungen, die das Bewußtsein unter der Voraussetzung einer minimalen, aber unstrittigen Kennzeichnung seiner formal-invarianten Struktur macht. Diese Voraussetzung kann weder, noch muß sie in der Wissenschaft wissenschaftlich gerechtfertigt werden, die nur unter ihrer Bedingung in Gang gebracht werden kann. Es kann Hegel daher genügen, wenn ihm von denjenigen, die seiner definitorischen Einführung des Begriffs Bewußtsein in der Einleitung zur Phänomenologie aus Gründen ihrer eigenen systematischen Bemühungen um die Aufklärung dieses Sachverhalts völlig verständnislos gegenüberstehen müssen,

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zugegeben wird, daß Bewußtsein von der Struktur ist, die sein Satz des Bewußtseins für es reklamiert. Denn die Entwicklung einer Theorie, die das in dieser Struktur bloß in Anspruch genommene Begriffspotential analysiert und seine Inanspruchnahme rechtfertigt, ist überhaupt nicht Aufgabe einer Wissenschaft von der Erfahrung des Bewußtseins. - Eine solche Wissenschaft steht nicht im Wettbewerb mit einer ,Neuen Theorie des Vorstellungsvermögens' und ihren Folgen. Diese Wissenschaft stellt sich vielmehr die Aufgabe, auf den Standpunkt ,der Wissenschaft' allererst einzuleiten. Wenn sie diese ihre Aufgabe erfüllt, so leitet sie auch auf den Standpunkt ein, auf dem allererst so etwas wie eine Theorie des Bewußtseins - darunter verstanden die systematische Rekonstruktion der ,Bewußtsein' charakterisierenden Begrifflichkeit von Objekt-Bezug und Selbst-Referenz - mit Aussicht auf wirklichen Erfolg in Angriff genommen werden kann.2s Eine solche Theorie - das war Hegels schon früh entwickelte Oberzeugung - muß vor allem anderen in der Lage sein, die insistent auftretenden Aporien der ,Reflexionstheorie' von Bewußtsein und Selbstbewußtsein zu vermeiden. Dies kann nur dann gelingen, wenn man das Problem der nachkantischen Bewußtseinstheorie in derjenigen Perspektive neu formuliert, die durch das Verschwinden der ,Bewußtsein' kennzeichnenden Struktur im Gange seiner Erfahrungen definiert ist. Es gibt daher keine befriedigende Aufklärung der Frage nach der Begriffsstruktur von Objekt-Bezug und Selbst-Referenz des Bewußtseins ohne die spekulative Logik. Was an diesem Hegeischen Versprechen ist, muß eine nicht-historisierende LogikInterpretation entscheiden.

Anmerkungen

1. Das bedeutendste Beispiel einer Interpretation der ersten Art ist immer noch Martin Heidegger, Hegels Begriff der Erfahrung, in: Holzwege, 4. Aufl. Frankfurt 1963, S. 105 ff. Eine werkimmanente Interpretation hat unlängst vorgelegt Werner Marx, Hegels Phänomenologie des Geistes. Die Bestimmung ihrer Idee in ,Vorrede' und ,Einleitung', Frankfurt 1971. Diese Schrift erfüllt nicht nur in ausgezeichneter Weise den Zweck, demjenigen das Verständnis des Werks zu erleichtern, der sich mit ihm zu beschäftigen beginnt, sie kommt auch zu wichtigen, bisher nicht erzielten Ergebnissen in der Aufklärung begrifflicher Zusammenhänge (so insbesondere bezüglich des Verhältnisses von ,natürlichem Bewußtsein' und ,erscheinendem Wissen', S. 26 ff.). Vgl. auch Anm. 23. 2. Vgl. hierzu die scharfsinnigen, im Anschluß an die Austin-Debatte angestellten Uberlegungen von Wolfgang Carl und Rolf P. Horstmann, Wissen und Beanspruchen. Eine modifizierte performative Deutung des Ausdrucks "Ich weiß, daß p", in: Ratio, XIV, 2. 3. Vgl. P. F. Strawson, On Referring (1950), in: Logico-Linguistic Papers, London 1971, s. 1. 4. Genauer müßte gesagt werden, daß eine solche Position zumindest nicht durch die Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins auf den Standpunkt der Wissen-

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schaft eingeleitet werden kann. Diese Wissenschaft ist jedoch nicht das einzige von Hegel erwogene Einleitungsverfahren. Vgl. hierzu die grundlegende Arbeit von Hans Friedrich Fulda, Das Problem einer Einleitung in Hegels Wissenschaft der Logik, Frankfurt 1965. 5. Vgl. Karl Popper, Logik der Forschung, 3. Aufl. Tübingen 1969, Abschnitt 13, S.34. 6. a.a.O. S. 34 f. 7. Es versteht sich, daß Auskünfte wie "das Bewußtsein ist der erscheinende Geist" u. ä. der Forderung systemexterner Explikation der Bedeutung des Ausdrucks ,Bewußtsein' nicht genügen können. Genannte Auskunft kann wegen der im Ausdruck vorkommenden Variante des spekulativen Erscheinungsbegriffs nur system. intern verstanden werden. Sie wäre als eine nicht-analytische und nicht-kontingente Identitätsaussage zu bezeichnen und repräsentiert einen Aussagetyp, der sich inner· halb der dialektischen Wissenschaft beständig findet. Sie wird aber erst dann verständlich, wenn über den Sachverhalt Bewußtsein mehr ,Informationen' an die Hand gegeben werden, als durch seinen Aufgriff vermittelbar sind. 8. Natürlich wird durch ein solches begriffsanalytisches Verfahren noch nicht nachgewiesen, daß ein Satz synthetisch und a priori ist. Dies Verfahren ist nur die notwendige Bedingung dafür, daß die Behauptung zur Diskussion gestellt werden kann, ein Satz sei synthetisch und a priori. Vgl. hierzu Konrad Cramer, Kant's Definition of the Concept of Change and the First Analogy, in: Proceedings of the Ottawa Congress on Kant 1974 (zum Druck vorgelegt). 9. Dem Interpreten gehen an diesem Punkt zunächst einmal alle Argumente außer solchen kontext-spezifischen aus, die nicht mehr durch unabhängige Uberlegungen gestützt sind und daher den Verdacht des Dogmatismus auf sich ziehen müssen. Das ist unvermeidlich. 10. Weil an der Entscheidung dieser Frage nicht viel gelegen ist, werden die Ausdrücke ,Definition' und ,definiert' in der Folge bisweilen auch untechnisch so verwendet, daß sie bereits die Angabe von Definitionsstücken abdecken. - In der Perspektive einer systeminternen Interpretation ist Hegels Satz des Bewußtseins keine Definition. Denn systemintern kann dieser Satz natürlich nicht als ein bikonditionaler Ausdruck aufgefaßt werden: Nicht alles, was innerhalb der Dialektik die formale Struktur ,unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht' aufweist, ist Bewußtsein. Wäre dem so, so gäbe es Dialektik überhaupt nur als Bewußtseinswissenschaft. ,Bewußtsein' und ,Unterscheiden von sich in der Beziehung auf .. .' sind wesentlich nicht koextensiv. ,Unterscheiden von sich in der Beziehung auf .. .' ist auch operativer und inhaltlicher Begriff der Hegeischen Logik. Diese Logik aber ist keine Bewußtseinswissenschaft. 11. Vgl. etwa David Armstrong, A Materialist Theory of the Mind, London 1968, S. 59, 67, 102 f., 107 f. Logisch privilegierter Zugang ("logically privileged access"): Ist p ein Satz über einen gegenwärtigen Bewußtseinszustand einer Person A, dann gilt: ob p, kann mit Sicherheit nur von A entschieden werden. 12. Genau dies war die Position, die Edmund Husserl in den "Logischen Untersuchungen" bezogen hatte. Ober die Probleme, die sich mit ihr verbinden, vgl. Konrad Cramer, ,Erlebnis' - Thesen zu Hegels Theorie des Selbstbewußtseins mit Rücksicht auf die Aporien eines Grundbegriffs nachhegetscher Philosophie, in: Hans-Georg Gadamer (Hrsg.), Stuttgarter Hegel-Tage 1970, Hegelstudien, Beiheft 11, Bonn 1974, S. 537 ff., bes. die Abschnitte I, IV, V, VI und VII. 13. Diese Entscheidung liegt Husserls Kritik an Brentanos Lehre vom ,inneren Bewußtsein' und seiner eigenen Theorie der Selbsthabe des Bewußtseins durch )nnere Wahrnehmung' zu Grunde. Vgl. meine in Anm. 12 erwähnte Arbeit, bes. Abschnitte IV, V, VI und VII.

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14. Logische Selbstvertrautheit ("logical self-intimacy"): Ist p ein Satz über den gegenwärtigen Bewußtseinszustand einer Person A, dann gilt: (p) impliziert logisch (A hat Bewußtsein von dem in p formulierten Sachverhalt). 15. Vgl. meine Analyse der Aporien von Husserls Theorie der ,inneren Wahrnehmung' in der oben genannten Arbeit, bes. S. 577 f. 16. Vgl. hierzu Wolfgang Wieland, Hegels Dialektik der sinnlichen Gewißheit, in: Orbis Scriptus, D. Tschizewskij zum 70. Geburtstag, D. Gerhardt u. a. (Hrsg.), München 1966; wiederabgedruckt in: Hans Friedrich Fulda und Dieter Henrich (Hrsg.), Materialien zu Hegels "Phänomenologie des Geistes", Frankfurt 1973, dort bes. S. 71 f. Wielands subtile Konstruktion des Dialogverhältnisses zwischen ,uns' und der ,sinnlichen Gewißheit' beantwortet m. E. jedoch nicht alle Fragen, die man an dies Verhältnis unter der Voraussetzung stellen muß, daß das Bewußtsein sich selbst prüft. Für die ,sinnliche Gewißheit' geht es zunächst gar nicht darum, gewisse Fragen in gewisser Weise zu beantworten, sondern solche Fragen verstehen zu können. 17. Vgl. oben Anm. 14. 18. Logische Infallibilität ("Logical infallibility"): Ist p ein Satz über den gegenwärtigen Bewußtseinszustand einer Person A, dann gilt: (A meint, daß p) impliziert logisch (p) . 19. Vgl. oben Anm. 11. 20. Hegels Satz des Bewußtseins beweist so noch die Wirkungsmächtigkeit des Leibnizschen Apperzeptionsbegriffs. Bekanntlich fällt die Prägung des Begriffs ,Bewußtsein' selbst in die Geschichte dieses Begriffs, die noch nicht vollständig aufgeklärt ist. Christian Wolf] hat den Terminus ,Bewußtsein' genau für den Sachverhalt erfunden, der in Hegels Satz des Bewußtseins angesprochen wird: "Das erste, so wir von unserer Seele wahrnehmen, wenn wir auf sie acht haben, ist, daß wir uns vieler Dinge als außer uns bewußt sind; indem dieses geschieht, sagen wir, daß wir gedenken und nennen demnach die Gedanken Veränderungen der Seele, deren sie sich bewußt ist ..." (Vernünftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt, 1719, § 194, hvh. v. V.). Vgl. hierzu die immer noch unentbehrliche begriffsgeschichtliche Analyse von Johannes Rehmke, Das Bewußtsein, Heidelberg 1910, S. 1-25. 21. Vgl. hierzu Ulrich Pothast, Ober einige Fragen der Selbstbeziehung, Frankfurt 1971, S. 9 ff., Dieter Henrich, Fichtes ursprüngliche Einsicht, in: Dieter Henrich und Hans Wagner (Hrsg.), Subjektivität und Metaphysik, Festschrift für Wolfgang Cramer, Frankfurt 1966, S. 191 ff. sowie meine Thesen 1-5 zu Hegels Theorie des Selbstbewußtseins in der in Anm. 12 erwähnten Arbeit, S. 594 ff. 22. Die hier vertretene Auffassung impliziert, daß Bewußtsein vermöge der ihm zugesprochenen formal-invarianten Struktur auch noch der formale Operator der Entwicklung der Kapitel ,Geist' und ,Religion' ist. Eine Belegung dieser Auffassung sehe ich in Fuldas Rekonstruktion des Sinnes der verschiedenen Einteilungen der Phänomenologie des Geistes (a.a.O. S. 124 ff.). Tatsächlich wird der ,Geist' in der Einleitungswissenschaft so betrachtet, wie er ins Bewußtsein fällt. Auf dem Standpunkt der ,Religion' drängt sich ebenfalls das Moment der Vorstellung als Kon· stituens der Erfahrung hervor, die auf ihrem Standpunkt gemacht wird. In der hier nicht gehbaren Begründung dieser Auffassung wäre folgende Beobachtung eines der Hauptargumente: Stets dann, wenn der ,Gegensatz des Bewußtseins' auf Grund der logischen Struktur der Exposition einer Gestalt des Bewußtseins eingezogen zu sein scheint, droht dem weiteren Verfahren der Kollaps, und zwar deswegen, weil die so exponierte Gestalt Gefahr läuft, in der totalen Bestimmungslosigkeit bloßer Selbstreferenzialität unterzugehen. Es entsteht daher die Aufgabe, die exponierte Gestalt vor dem Untergang in die bewegungslose Tautologie bloßer Selbstbezüg-

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lichkeit zu retten. Dies aber heißt jeweils, an dieser Gestalt den ,Gegensatz des Bewußtseins' mit Gründen erneut zu etablieren. Das Paradigma hierfür ist Hegels Exposition des ,Selbstbewußtseins'. Vgl. hierzu Konrad Cramer, Bewußtsein und Selbstbewußtsein. Vorschläge zur Rekonstruktion der systematischen Bedeutung einer Behauptung Hegels im § 424 der Berliner Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften (demnächst in einem Beiheft der Heget-Studien, welches die Vorträge der Arbeitstagung der Internationalen Heget-Vereinigung über Hegels Theorie des subjektiven Geistes in Santa Margherita!Ligure, Mai 1973, vereinigt). Mit dieser Auffassung ist auch nicht behauptet, daß alle Gestalten, die in der Phänomenologie Thema sind, die formal-invariante Grundstruktur des Bewußtseins in der einfachen Form an sich aufweisen, die der Satz des Bewußtseins ausspricht. Die Phänomenologie konstruiert vielmehr ihre ,Fälle' von Bewußtsein gerade so, daß diese das Machen der Unterscheidung, das sie mit Bezug auf den Gegenstand sind, nach den Seiten dieser Unterscheidung auf sich selbst beziehen, das heißt: sie wenden die in dieser Unterscheidung gesetzten Momente in differenzierter Weise auf sich selbst so an, daß die jeweilige Anwendung ihren Gestaltcharakter definiert. Gäbe es keine komplexen Reflexionsverhältnisse der Momente der Grundstruktur des Bewußtseins an dieser Grundstruktur selbst, gäbe es keine Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins. 23. Es ergibt sich hier der bisher kaum beachtete und zunächst paradox erscheinende Sachverhalt, daß die Phänomenologie des Geistes keine Theorie des Bewußtseins, wohl aber eine Theorie des Selbstbewußtseins anbietet. Natürlich liefert die Phänomenologie des Geistes dann keine Theorie des Selbstbewußtseins, wenn man von einer solchen die logische Rekonstruktion der formalen Implikationen von Selbstbezüglichkeif fordert. (Vgl. meine Thesen 11-12 in der in Anm. 12 erwähnten Arbeit, S. 601 ff.) Die Phänomenologie liefert aber eine Theorie des Selbstbewußtseins, insofern sie eine Gestalt des Bewußtseins als die Wahrheit der Gewißheit seiner selbst mit Hilfe ihres formalen Operators auszeichnet. Man muß daher Hegel die Auffassung zuschreiben, daß ,Selbstbewußtsein' als eine Erfahrungsweise des Bewußtseins konsistent exponiert werden kann, ohne daß diese Exposition schon der Forderung genügen muß, auch die logische Struktur von Selbstbeziehung mitaufzuklären. Eben dies ist eine der interessantesten systematischen Pointen der phänomenologischen Selbstbewußtseinstheorie. Die Interpretationen des Kapitels ,Selbstbewußtsein' haben im allgemeinen dies Mangelhafte, daß sie diesen Umstand übersehen oder doch nicht wirklich in ihre Interpretationsperspektive einbringen. Entweder sind sie der irrigen Meinung, Heget böte in diesem Kapitel eine Theorie der Selbstbezüglichkeif des Bewußtseins, oder sie stellen sich nicht die Frage, wie Hegel im Gegensatz zu seinen Vorgängern dazu kommt, eine Theorie des Selbstbewußtseins vorzuschlagen, welche bereits mit dem Operator der Selbst-Referenz operiert. Hier liegen noch ungeklärte Fragen und Probleme. Sie angemessen zu stellen hieße vermutlich, besser als bisher zu verstehen, was es mit Hegels ,praktischer' Interpretation des Phänomens des Selbstbewußtseins auf sich hat. Eine der Voraussetzungen hierfür ist allerdings, daß man den Unterschied zwischen Hegels Bewußtseinsbegriff und seiner auf diesem Begriff beruhenden Interpretation von Selbstbewußtsein nicht ,cartesianisch' verschleift. In diesem Punkte ist auch W erner Marx nicht zur völligen Klarheit gekommen (vgl. a.a.O. S. 22, 41, 54 f., 58, 61, 65, 69, 74, 82, 87, 90, 92, 97, 111, 113).

LESTER EMBREE William fames and Some Problems of Idealism In his major work, The Principles of Psychology,t William James, still often considered the most characteristically American of philosophers, indicated awareness of idealism in its subjective and especially in its objective forms, strongly opposed the latter, and had an interesting brush with the former. In the present essay we shall be concerned with how he opposed objective idealism and how he approached subjective idealism and then we shall mention some problems which remain for those would adhere to his early approach. § 1 Against Objective Idealism

While Psychology as a Natural Science differs from Metaphysics, for James, by virtue of the "data" (1, p. vi) and, more specifically, the "assumptions" (1, p. 184) which aretobe left undiscussed within it, insofar as he does go on to discuss these presupposition James is, by his own account, doing metaphysics. In his metaphysical discussions, he advocates a "strictly positivistic point of view" (loc. cit.) against the "Mind-Stuff Theory" of unconsciously associated atomic ideas, "Spiritualism" or the "Soul Theory" of faculty psychology, and "Transcendentalism". The last-mentioned type of metaphysics can also be called, in contemporary philosophico-historiographical terms, objective idealism. To understand what that meant to James and how he distinguished hirnself from it, we can follow the section entitled "The Transcendentalist Theory" and encorporate material from elsewhere in the rambling Principles where necessary. Transcendentalism begins, for James, with Kant. Kant begins with a concept of the Object as a system of related things, qualities, or facts with which, at leasttothat extent, James agrees. While for James such an Object is cognized by the present Thought or section of the Stream of Thought, which itself is a unique and unitary phenomenon for reflective observation, Kant goes on to analyze the Thought into a large number of elements due to Sensibility, Intuition, Apperception, Imagination, Understanding, and Apperception, the lower and passive faculties providing materials for the higher and active ones. James, however, declares already with reference to the intuition of space that "I am conscious of no such Kantian machine-shop in my mind, and feel no call to disparage the powers of poor sensation in this merciless way" (II, p. 275) and we may believe that he would say this about intellectual

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spontaneity as weil. As for the transeendental unity of appereeption, James grants that for an Objeet to be known, it must be known to something whieh thinks, i.e. a Thought, but denies that this Thought also thinks itself. In any event, the pure Ego of appereeption is nothing positive and "the only self we know anything positive about, he [namely: Kant] thinks, is the empirieal me, not the pure I: the self whieh is an objeet among other objeets and the 'eonstituents' of whieh we ourselves have seen, and reeognized to be phenomenal things appearing in the form of spaee as weil as time" (1, p. 362). While he agrees that there is a Reality outside the mind, it is a "verifiable phenomenal thing" (I, p. 363) for James and not an unobservable Objeet of faith, as with Kant. The 'Manifold' which the intellectual functions combine is a mental manifold altogether, which thus stands between the Ego of Apperception and the outer Reality, but still stands inside the mind. In the function of knowing there is a multiplicity to be connected, and Kant brings this multiplicity inside the mind. The Reality becomes a mere empty locus, or unknowable, the so-called Noumenon; the manifold phenomenon is in the mind. We, on the contrary, put the Multiplicity with the Reality outside, and leave the mind simple. Both of us deal with the same elements - thought and object - the only question is in which of them the multiplicity shall be lodged. Wherever it is lodged it must be 'synthetized' when it comes to be thought. And that particular way of Iodging it will be the better, which, in addition to describing the facts naturally, makes the 'mystery of synthesis' least hard to understand. (ibid.) For James, Kant's aeeount is "mythologieal", for the abservable faets of eonsciousness are otherwise than Kant says they are. (We will eome to James's own deseription of synthesis in § 2). Sinee Kant eonsidered the Ego almost insignifieant, aeeording to James, who refers to Hermann Cohen in this eonnexion, he is only a little to blame for transeendentalism. The Fiehtean and Hegelian sueeessors to Kant (Caird, Green, and, elsewhere, Ferrier are James's ehief sourees, since he ean find little of interest in Hege!, Rosenkranz, and Erdmann) make the transeendental Ego the first principle of philosophy and then have it absorb everything eise. The great difference, practically, between these authors and Kant is their complete abstraction from the onlooking Psychologist and from the Reality he thinks he knows; or rather it is the absorption of both of these outlying terms into the proper topic of Psychology, viz., the mental experience of the mind under observation. The Reality coalesces with the connected Manifold, the Psychologist with the Ego, knowing becomes 'connecting', and there results no Ionger a finite or criticisable, but an 'absolute' Experience, of which the Object and the Subject are always the same. Our finite 'Thought' is virtually and potentially this etemal (or rather this 'timeless'), absolute Ego, and only provisionally and speciously the limited thing which it seems prima facie to be. (1, p. 366) It only needs to be added to this passage that there is no differenee among various finite minds or streams of thought within the absolute Mind. In sum (ibid.):

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The contrast between the Monism thus reached and our own psychological point of view can be exhibited schematically thus, the terms in squares standing for what, for us, are the ultimate irreducible data of psychological science, and the vincula above it symbolizing the reductions which post-Kantian idealism performs: Absolute Self-consciousness Reason or Experience Transeendental Ego

I

Psychologist

Thought

-------World

Thought's Object

Psychologist's Reality

Psycholog1st's ObJect

Sometimes (e. g., I, p. 346) James seems attracted to the hypothesis of an anima mundi and Royce's Religious Aspect of Philosophy (1885) no doubt drew him further in that direction,2 but as a positivist in the Principles he restricts hirnself to observable or phenomenal Objects and thus rejects all hypothetical beings as "mythological". Below we will see again how James contrasts bis own position with that of the transcendentalists, mitigated 01 extreme. § 2 Towards Subjective Idealism

The ambivalence toward Kant and the antagonism toward subsequent objective idealism which William James manifested eighty-five years ago is still prevalent in contemporary American philosophy, although it naturally does not take precisely the form James gave it. In reacting to it, James approached another form of idealism and touched on many problems of interest to an insurgent movement in American thinking today. This can be shown through commentary on the following passage and then on the contents of the diagram given above: "psychology, the science of finite individual minds, assumes as its data (1) thoughts and feelings, and (2) a physical world in time and space with which they coexist and which (3) they know." (1, p. vi) At least eight comments can be made on this statement. In the first place, James's psychology is not like that which parades under that noble name in most universities today, i.e. it is not devoted to the prediction and control of behavior, and to avoid that connotation one could do worse than speak instead of James's theory of the mind. Secondly, except for a few remarks on habit and education, the contents of the Principles are scientific in the sense of theoretical, even though, as he explained afterwards, 3 James bad ultimate practical goals: All natural sciences aim at practical prediction and control, and in none of them is this more the case than in psychology to-day. We live surrounded by an enormous body of persons who are most definitely interested in the control of states of mind, and incessantly craving for a sort of psychological science which will

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teach them how to act. What every educator, every jail-warden, every doctor, every clergy-man, every asylum-superintendent, asks of psychology is practical rules. In the third place, by "finite individual minds," besides expressing Opposition to an all-absorbing absolute Mind out of time, James is, I suspect, alluding not only to the multiplicity of finite minde, but also to their temporal individuation, as the following passages tend to confirm. Psychology, as a natural science, confines itself to the present life, in which every mind appears yoked to a body through which its manifestations appear. In the present world, then, minds precede, succeed, and coexist with each other in the common receptacle of time, and of their collective relations to the later nothing more can be said. (I, p. 199) Each of these minds keeps its own thoughts to itself. There is no giving or bartering between them. No thought ever comes into direct sight of a thought in another personal consciousness than its own. Absolute insulation, irreducible pluralism, is the law. (I, p. 226) Presumably J ames would justify his claim of there being a temporally distributed multiplicity of minds as a matter of observation. Fourthly, by "data" to be assumed in theory of the mind, James seems to mean postulates, what is accepted as given at the outset of an inquiry, rather than what appears to some sort of observation, for, as we shall see in a moment, not all of what are "data" for him are observable. In the fifth place, "thoughts and feelings," by his usage rather than the "partiality" (1, p. 186) he expresses, are species of a genus he usually designates in the Principles with the world Thought, although he used the word feefing and the phrase state of consciousness earlier and later, respectively, to express the same concept.4 Another word used sometimes in the Principles to express the same concept is phenomena, as in this passage, where one can get some grip on the concept from what falls under it. Psychology is the Science of Mental Life, both of its phenomena and their conditions. The phenomena are such things as we call feelings, desires, cognitions, reasonings, decisions, and the like; ... such things as reminiscences, perceptions, emotions, volitions, passions, theories, and all the other fumishings of an individual's mind ... (I, 1, p. 2) In the sixth place, by a "physical world in time and space," James seems to mean, ambiguously, two sub-worlds within "the total world of which the philosophers must take account" (II, p. 291), namely: (1) The world of sense, or of physical 'things' as we instinctively apprehend them, with such qualities as heat, color, and sound, and such 'forces' as life, chemical affinity, gravity, electricity, all existing as such within or on the surface of the things. (2) The world of science, or of physical things as the leamed conceive them, with secondary qualities and 'forces' (in the popular sense) excluded, and nothing real but solids and fluids and their 'laws' (i. e. customs) of motion.5

The ambiguity of James's reference can be shown immediately:

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By "coexistence," in the seventh place, James seems to be referring to the "dynamic" (1, pp. 214-15) or causal relations between mental phenomena and the brain and thereby with the rest of the physical world, which taken in a radical sense (cf. II, p. 292 n.) would seem unobservable (1, pp. 178, 304). Thus he refers to the sub-world of science. Eightly and lastly, however, by "(3) they know," James is referring to the "relation" (1, p. 218) or "function" (I, p. 173) of "cognition (or reference to an object other than the mental state itself)" (I, p. 186). From examples of observable Objects of knowledge such as "the color gray" (1, p. 183) and "a lighted candle against a dark background" (II, p. 287), it is clear that he here refers to the sub-world of sense. Thus his reference is ambiguous. To what sub-world the Thoughts themselves might belong isaproblern to which we mustreturn below. In order the derive the most, philosophically, from James's "positivistic" theory of mind, we do well at this point simply to exclude from our consideration James's efforts at explaining mental phenomena by means of the brain and the "conceived" rather than sensed sub-world of science. This done, we are left with a purely descriptive theory of mind, one based on reflective Observation or introspection. To understand this theory and the subjective idealism toward which it led James, let us turn now to the "assumptions" of the remaining descriptive psychology. These were mentioned in the diagram at the end of § 1 and are best discussed in connexion with the example James presents with them originally. To the psychologist, ... the minds he studies are objects, in a world of other objects. Even when he introspectively analyzes his own mind, and teils what he finds there, he talks about it in an objective way. He says, for instance, that under certain circumstances the color gray appears to him green, and calls the appearance an illusion. This implies that he compares two objects, a real color seen under certain conditions, and a mental perception which he believes to represent it, and that he declares the relation between them to be of a certain kind. In making this critical judgment, the psychologist stands as much outside of the perception which he criticizes as he does of the color. Both are his objects. And if this is true of him when he reflects on his own conscious states, how much truer is it when he treats of those of others! (1, p. 183) The "circumstance" might be a filter placed between the subject's eyes and what he is looking at. We begin with how and what one is supposed to find in his own mind and will eventually come to cases where phenomena in other minds are taken into account. The Psychelogist studies Thoughts within his own mind by turning in and back, as it were, i.e. by reflecting in memory, a sort of observation no more difficult or falliable than observation of any other sort and just as corrigible by further efforts and, on that basis, he compares, classifies, names, and reports what he finds (1, pp. 185, 187-92). What he finds makes up his "total object" (1, p. 184), which is composed of "The Thought Studied," "The Thought's Object," and "The Psychologist's Reality."

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In the case quoted, the seeing of gray or the gray-seeing and the seeing of green or the green-seeing fall under the title of The Thought Studied, or, more simply, The Thought. What in general are Thoughts for James? In contrast to the Vorstellungen of Herbart, which are supposed to be permanently existing entities which appear, disappear, and reappear "before the footlights of consciousness at periodic intervals" (I, p. 236) and between their times upon the stage are supposed to operate behind the scenes in the unconscious, Thoughts, for James, who considers them to exist "after the fashion in which they appear," are things "that supervene upon each other" (II, p. 571). Each Thought "dies away and is replaced by another" (1, p. 339), for each is "a perishing and not an incorruptible thing" (1, p. 345), and each is also, as mentioned earlier, related, ultimately, to the "common receptacle of time," being "perennially renewed in time, but always cognitive thereof" (I, p. 367). While Thoughts are thus in time, they are not, however, located in space, for because spatial relations are sensible things, i.e. lines "feelably" Stretching from one thing to another (1, p. 215, cf. II, p. 149) and are not reflectively observable in the case of Thoughts, Thoughts "cannot properly be said to inhabit any place" (II; p. 34); presumably they arealso not spatially extended, though James seems not to have experienced a need to mention that. While thus "'Thought' - a cognitive phenomenal event in time - is, if it exist at all, itself the only Thinker which the facts require" (1, p. 369), the question of what sub-world it might belong to becomes the more acute, for James does not mention a sub-world for things which are temporal but not spatial. In the line just quoted, the hesitation about the very existence of Thoughts refers to James's difficulties with apprehending Thought as a purely spiritual activity, something eise that will be returned to below. As for the second assumption of James's descriptive theory of mind, expressed as "The Thought's Object," "The Object of Thought," or, simply, "Object",& we have this twice-expressed definition: "But the Object of your thought is really its entire content or deliverance, neither more nor less" (1, p. 275) and "The Object of every thought, then, is neither more nor less than all that the thought thinks, exactly as the thought thinks it, however complicated the matter, and however symbolic the manner of the thinking may be" (I, 276). What is crucial about the Object in James's sense, is that it be considered reflectively, i.e. with its reference to the Thought, and not unreflectively, i.e. without that reference. In the case in question, the Objects of the Thoughts Studied are the gray as seen and the green as seen and it would be to commit "The Psychologist's Fallacy" (1, pp. 196 f.) to say that the Thoughts in which these Objects are "cognized" truely "know" that their Objects are real or not, much less why. That is for the Psychologist to judge. But how does he do that? He uses the tests we all practically use. If the state of mind resembles his own idea of a certain reality; or if without resembling his idea of it, it seems to imply

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that reality and refer to it by operating upon it through the bodily organs; or even if it resembles and operates on some other reality that implies, and Ieads up to, and terminates in, the first one, - in either or all of these cases the psychologist admits that the state of mind takes cognizance, directly or remotely, distinctly or vaguely, truely or falsely, of the reality's nature and position in the world. (1, p. 217)

Without being sidetracked in the pragmatic-epistemological implications of some of these tests, we should at least note how symbolic Thoughts are verified by sensational ones: All that a state of mind need do, in order to take cognizance of a reality, intend it, or be 'about' it, is to Iead to a remoter state of mind which either acts upon the reality or resembles it. The only class of thoughts which can with any show of plausibility be said to resemble their objects are sensations. The stuff of which all our other thoughts are composed is symbolic, and a thought attests its pertinency to a topic by simply terminating, sooner or later, in a sensation which resembles the latter. (1, p. 471) This brings us to the problems of "The Psychologist's Reality," the fourth assumption of James's descriptive theory of mind. At the very outset of introspective work, we postulate "realities, extra mentum, thoughts, and possible relations of cognition between the two" (1, p. 482), but James qua metaphysician discusses this postulate. Were our topic Absolute Mind instead of being the concrete minds of individuals dwelling in the natural world, we could not teil whether that Mind had the function of knowing or not, as knowing is commonly understood. We might leam the complexion of its thoughts; but, as we should have no realities outside of it to compare them with, - for if he had, the Mind would not be Absolute, - we could not criticize them, and find them either right or wrong; and we should have to call them simply the thoughts, and not the knowledge, of the Absolute Mind. Finite minds, however, can be judged in a different way, because the psychelogist hirnself can go bail for the independent reality of the objects of which they think. He knows these to exist outside as weil as inside the minds in question; he thus knows whether the minds think and know, or only think; and though his knowledge is of course that of a fallible mortal, there is nothing in the conditions that should make it more likely to wrong in this case than in any other. (I, p. 216) From this we can at least begin to understand what the difference between "inside" and "outside" the mind is for James, i.e. that either in playing the probably aware of what he was moving toward. How is it that some Objects which are real are "outside" and those which are not are "inside." On that basis, presumably, we can understand the contrast of the "outer" and "inner world" in the following passage. So far is it from being true that our first way of feeling things is the feeling of them as subjective or mental, that the exact opposite seems rather to be the truth. Our earliest, most instinctive, least developed kind of consciousness is the objective kind; and only as reflection becomes developed do we become aware ot

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an inner world at all. Then indeed we enrich it more and more, even to the point of becoming idealists, with the spoils of the outer world which at first was the only world we knew. (II, p. 32) This is clearly subjective rather than objective idealism and thus James was probably aware of what he was moving toward. How is it that some Objetcs are "outside"? Under the title, "Human thought appears to deal with objects independent of itself; that is, it is cognitive, or possesses the function of knowing," James begins to account for the status in question. For Absolute ldealism, the infinite Thought and its objects are one. The Objects are, through being thought; the etemal Mind is, through thinking them. Were a human thought alone in the world there would be no reason for any other assumption regarding it. Whatever it might have before it would be its vision, would be there, in its 'there', or then, in its 'then'; and the question would never arise whether an extra-mental duplicate of it existed or not. The reason why we all believe that the objects of our thoughts have a duplicate existence outside, is that there are many human thoughts, each with the same objects, as we cannot help supposing. The judgment that my thought has the same object as his thought is what makes the psychelogist call my thought cognitive of an outer reality. The judgment that my own past thought and my own present thought are of the same object is what makes me take the object out of either and project it by a sort of triangulation into an independent position, from which it may appear to both. Sameness in a multiplicity of objective appearances is thus the basis of our belief in realities outside of thought. (I, p. 271) Before we turn to James's account of the judgment of sameness, which is the basis of the positing of an "outside" or "independent" thing, we should know something of what belief in general is. Chapter XXI begins in these terms. Everyone knows the difference between imagining a thing and believing in its existence, between supposing a proposition and acquiescing in its truth. In the case of acquiescence or belief, the object is not only apprehended by the mind, but is held to have reality. Belief is thus the mental state or function of cognizing reality. (II, p. 283) Following Brentano, James contends that the act of belief is something in addition to the conception or, presumably, the sensation in which an Object which is held then to have reality is, in the broad sense, thought (II, p. 286). More of James's theory of belief will appear further below. Now let us turn to identity as a condition for a thing being real. For James, "the same reality can be cognized by an endless number of psychic states, which may differ toto coelo among themselves, without ceasing on that account to refer to the reality in question" (1, p. 173). By virtue of this identity vis-a-vis diversity of a numerical and possibly a generic sort, the Object is different from the Thoughts. And while the latter can never return, the former can. As repeatedly remembered, a Thought is the same, but this is not to have it in the present again, for each time that it is remembered, it appears further in the past than it appeared before. How, then, do successive Thoughts

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have an identical Object? For James, the only "identity" to be found among them "is their similarity of cognitive or representative function as dealing with the same objects" (1, p. 174). Thus two Thoughts, e. g. gray-seeings, while individually different are nevertheless similar and belong to the same class. Looked at in a different way, the two Objects, i. e. the first gray as seen and the second gray as seen are similar and of the same class. But what is needed is numerical identity, not similarity or generic identity. For that, a "subiective synthesis," a "bringing of things tagether into the obiect of a single iudgment" (I, p. 331) is required. Whether it is a matter of the identity of apersonor of something like a pen, such judgements of sameness occur prior to any reflection on them from the point of view of the psychologist. James expresses the "sense of sameness" in the following fashion. "The same matters can be thought of in successive portians of the mental stream, and some of these portians can know that they mean the same matters which the other portians meant" (I, p. 459). This is a psychologicallaw for James and it implies facts which might not occur: "there might be no succession of thoughts; or if there were, the later ones might not think of the earlier; or if they did, they might not recall the contents thereof; or, recalling the content, they might not take it as 'the same' with anything else" (I, p. 460 n.). Yet when they do, there are identical things vis-avis perishing Thoughts. But there is more to this. As we think we see an identical bodily thing when, in spite of changes of structure, it exists continuously before our eyes, or when, however interrupted its presence, its quality retums unchanged; so here we think we experience an identical Self when it appears to us in an analogous way. Continuity makes us unite what dissimilarity might otherwise separate; similarity makes us unite what discontinuity might hold apart. The sense of our own personal identity, then, is exactly like any one of our other perceptions of sameness among phenomena. It is a conclusion grounded either on the resemblance in a fundamental respect, or on the continuity before the mind, of the phenomena compared. (1, p. 334)

In the example we have been using, the self and continuity among Objects of inwardly or outwardly oriented Thought are not involved, but similarity of outward phenomenal Objects is. Without psychological observation performed by oneself or by another, there is still an identical gray for a succession of gray-seeings and an identical green for a succession of green-seeings. Where the Objects, i. e. grays-as-seen and greens-as-seen, are concerned, an identical thing is constituted. Likewise for the gray which the psychologist sees and uses to judge whether the Thoughts he is studying are veridical or not. This account of synthesis is presumable James's "positivistic" alternative to Kant's "mythology."7 Knowing now how realities extra mentum are constituted, we can return to the question of what the fourth assumption of descriptive psychology is,

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namely: "The Psychologist's Reality." Is it the existence of the Psychologist himself? Is it the sub-world to which the Psychologist refers an Object which appears to him? The thing as it appears to the Psychologist? In different ways we must answer all three of these questions affirmatively! In the example we have been using, the gray which the Psychologist hirnself sees and uses to judge that the gray-seeing he is studying is veridical, i. e. sees the same thing he sees, and to judge that the green-seeing he is also studying is illusory is in one sense his "Reality." But Iet us consider another example that he gives, that of an imaginary case of empathy on the part of the Psychologist in which we leam more about both what reality and unreality are. Suppose a new-bom mind, entirely blank and waiting for experience to begin. Suppose that it begins in the form of a visual impression (whether faint or vivid is immaterial) of a lighted candle against a dark background, and nothing eise, so that whilst this image Iasts it constitutes the entire universe known to the mind in question. Suppose, moreover (to simplify the hypothesis), that the candle is only imaginary, and that no 'original' of it is recognized by us psychologists outside. Will this hallucinatory candle be believed in, will it have a real existence for the mind? What possible sense (for that mind) would a suspicion have that the candle was not real? What would doubt or disbelief of it imply? When we, the on· Iooking psychologists, say the candle is unreal, we mean something quite definite, viz., that there is a world known to us which is real, and to which we perceive that the candle does not belong; it belongs exclusively to that individual mind, has no status anywhere eise, etc. lt exists, to be sure, in a fashion, for it forms the content of that mind's hallucination; but the hallucination itself, though unquestionably it is a sort existing fact, has no knowledge of other facts; and since those other facts are the realities par excellence for us, and the only things we believe in, the candle is simply outside of our reality and belief altogether. (II, p. 287) Modifying James's example, Iet us suppose, however, that the candle-seeing belongs to an adult mind which, upon being told it hallucinates, tums the tables on the Psychologist and, itself playing Psychologist on him, believes the candle it sees to be real and judges on that basis that the first Psychologist's candle-less perception is an hallucination. James seems to have glimpsed this problern where he writes in a footnote: "If but one person sees an apparition we consider it his private hallucination. If more than one, we begin to think it may be a real extemal presence." (I, p. 272 n.) In the former case, the apparition could be referred to one of the sub-worlds of "individual opinion, as numerous as men are," if not to one of the subworlds of "sheer madness and vagary, also indefinitely numerous" (II, p. 293). In the latter case, the apparition might be referred to one of the sub-worlds of 'idols of the tribe,' illusions or prejudices common to the race. All educated people recognize these as forming one sub-universe. The motion of the sky round the earth, for example, belongs to this world. That motion is not a recognized item for any of the other worlds; but as an 'idol of the tribe' it really exists.

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For certain philosophers 'matter' exists only as an idol of the tribe. For science, the 'secondary qualities' of matter are but 'idols of the tribe.' (II, p. 292) The apparition would be referred to one of those other sub-worlds because the Psychologist does not find it appearing in spatial and temporal relations with what he and the other Psychologists see and believe to be the world in space and time. Would there thus be a sub-world for psychology? At one point, James does say that "The Thought Studied," "The Thought's Object," and "The Psychologist's Reality" not only make up the Psychologist's "total object" but are also believed to be "realities" (I, p. 184), but that is the closest he comes to asserting a sub-world which might, in a second sense of the phrase, be called "The Psychologist's Reality." More specifically, while for James each sub-world, e.g. "classic Olympus," where "Neptune's trident" has "status of reality" (1, p. 292 n.), "Whilst it is attended to is real after its own fashion" (1, p. 291), more is involved in just what reality is. The mere fact of appearing as an object at all is not enough to constitute reality. That may be metaphysical reality, reality for God; but what we need is practical reality, reality for ourselves; and, to have that, an object must not only appear, but it must appear both interesting and important. The worlds whose objects are neither interesting nor important we treat simply negatively, we brand them as unreal. (II, p. 295) Now reality- perhaps realness is a better expression- as James acknowledged he leamed from Hume and Kant (II, p. 296), is not a predicate which changes the thing it is attributed to in processes of belief. But, even more specifically, this realness has, for James, a subjective origin: The fons et origo of all reality, whether from the absolute or the practical point of view, is thus subjective, is ourselves. As bare logical thinkers, without emotional reaction, we give reality to whatever objects we think of, for they are really phenomena, or objects of our passing thought, if nothing more. But, as thinkers with emotional reaction, we give what seems to us a still higher degree of reality to whatever things we select and emphasize and turn to w i t h a will. These are our living realities; and not only these, but all the other things which are intimately connected with these. Reality, starting from our Ego, thus sheds itself from point to point - first, upon all objects which have an immediate sting of interest for our Ego in them, and next, upon the objects most continuously related with these.

We reach thus the important conclusion that our own reality, that sense of our own life which we at every moment possess, is the ultimate of ultimates for our belief. 'As sure as I exist!' - this is our uttermost warrant for the being of all other things. As Descartes made the indubitable reality of the cogito go bail for the reality of all that the cogito involved, so we all of us, feeling our own present reality with absolute coercive force, ascribe an all but equal degree of reality, first to whatever things we lay hold on with a sense of personal need, and second, to whatever farther things continuously belong with these. "Mein

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Jetzt und Hier", as Prof. Lipps says, "ist der letzte Angelpunkt für alle Wirk· lichkeit, also alle Erkenntnis." 8

In this way, we can also even say, in a third sense of the phrase, "The Psychologist's Reality" is the very existence of the Psychologist who goes bail for the gray's reality. If the selves in question are streams of thought qua "cognitive phenomenal events in time," but not in space, and with a mode of being superior to that of other sorts of things, then one might believe that James was moving toward an idealism of the subjective sort, and if "cognition" in his odd sense is what others call intentionality, it could be said to be a transcendental-phenomenological idealism. In one place James does give an example of how the Psychologist can judge whether there really are time-gaps in a stream even though they arenot feit by the unpsychologizing Thoughts in that stream (1, p. 200 f., cf. I, p. 237), but it is not certain that he means that this is the temporality of mental life rather than the temporality of the world of space and time. If nothing eise relevant in this connexion were said by him, one might presume so. Unfortunately, however, at least for anyone who would make the early James into a phenomenological idealist, the title of the section just quoted from is "The Sense of our Bodily Existence is the Nucleus of all Reality." This title is not printed on I, p. 297, but occurs in the "Contents"; this happens several times in the Principles. In another section, which as we also know from the "Contents," but not the body of the text, is entitled "Difficulty of apprehending Thought as a purely Spiritual Activity," James writes: It is something with which we also have direct sensible acquaintance, and which is as fully present at any moment of consciousness in which it is present, as in a whole lifetime of such moments. When, just now, it was called an abstraction, that did not mean that, like some general notion, it could not be presented in a particular experience. It only meant that in the stream of consciousness it never was found all alone. But when it is found, it is feit; just as the body is feit, the feeling of which is also an abstraction, because never is the body feit all alone, but always tagether with other things. Now can we tell more precisely in what the feeling of this central active self consists, - not necessarily as yet what the active self is, as a being or principle, but what we feel when we become aware of its existence?

First of all, I am aware of a constant play of furtherances and hindrances in my thinking, of checks and releases, tendencies which run with desire, and tendencies which run the other way. Among the matters I think of, some range themselves on the side of the thought's interests, whilst others play an unfriendly part thereto. The mutual inconsistencies and agreements, reinforcements and obstructions, which obtain amongst these objective matters reverberate backwards and produce what seems to be incessant reactions of my spontaneity upon them, welcoming or opposing, appropriating or disowning, striving with or against, saying yes or no. This palpitating inward life is, in me, that central nucleus which I just tried to describe in terms that all men might use.

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But when I forsake such general descriptions and grapple with particulars, coming to the closest possible quarters with the facts, it is difficult for me to detect in the activity any purely spiritual element at all. Whenever my introspective glance succeeds in turning round quickly enough to catch one of these manifestations of spontaneity in the act, all it can ever feel distinctly is some bodily process, for the most part taking place within the head. (I, p. 299)

This is plainly in conflict with what we saw James say earlier about Thoughts not inhabiting any place. Bere his later metaphysics is peeking through his earlier positivism. Because spiritualists, transcendentalists, and associationists all "admit in us a continual direct perception of the thinking activity in the concrete" (1, p. 304), heretains it as an assumption for psychology as a natural science. Thus there is no need for a special sub-world which one might be tempted to call a region of transeendental being and to which Thoughts as "cognitive phenomenal events in time," but not in space, should be assigned. The sub-world of sense and more particularly the objects of sense which attracl the most interest, above all one's own body as feit, is the ultimate of ultimates for James, who went on to elaborate a metaphysics which was not only not an objective idealism but also was not a subjective idealism. § 3 Continuing Problems

In opposition to objective idealism, James developed a position in which there is no absolute Mind to absorb the Psychologist, the Thought, the Object, and the Psychologist's Reality and no "mythology" of unobservables, but rather a "positivistic" description of phenomena and a "metaphysical" discussion of the presuppositions for such a description, presuppositions which are thought to be observably justified. In the course of that two-pronged effort, James clearly brought the naive realism of what Busserl called the natural attitude at least into question, saw how identity is constituted in subjective syntheses, and moved toward an almost phenomenological from of subjective idealism. Even when he hesitated about accepting Thought as a mental rather than a material process, he did so on the basis of his introspection. Thus he continued to be true to an approach in which one confines hirnself to what can be observed and, consequently, others can examine, confirm, and, wherenecessary, attempt to correct. In that case, what are some of the problems which, for anyone sympathetic with this approach, especially call for further work? Recognizing the great contributions James made in discovering what Busserl later called the "noema" and the "identification synthesis," it is still clear, at least to me, that much more is needed in the way of explication and description of those matters. Moreover, James's theories of belief and as weil emotion and volition and of concepts and universals, not studied in this essay, are not adequate. Moreover, the different concepts he expresses with the word reality must be distinguished and the theory of sub-worlds calls at least for refinement. James's accounts of how other minds are known, although presupposed in all

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of his work, is quite inadequate. lf an adequate account were developed, one could go on to the problern of the difference between what is "real" for only one subject, a sort of "private reality," and what is "real" for more than one subject, a sort of "collective reality," and then one could face the question of which collective reality is really real. Perhaps the most critical question is that of whether the felt organism can be taken as the ultimate of ultimates. For James and in fact this object is perceived in spatial and temporal relations with the extra-organismic surroundings and indeed the totality of objects of the senses. But could a part be a ground for the whole of which it is thus a part? Does not reflective observation instead confirm that thoughts and feelings as such are as James the descriptive psychologist reported, i. e. devoid of felt spatial relations with objects of the sense, and thus "cognitive phenomenal events in time," and not in space, after all? Should one not then seriously consider adding to his list a sub-world for temporal and intentional (but not spatial) things, the contents of which would fulfill the subjective conditions for the world of objects in space and time and thus be the fundamental sub-world? These questions are "live issues" in American Phenomenology and it is also easy to understand how Husserl could have said of William James to Metzger: "I have learned much from him." 0

Notes 1. 2 vols., New York: Henry Holt & Co., 1890, reprinted New York: Dover Publications, 1950; hereafter referred to parentheticany within the body of this text by volume and page number. 2. Cf. William James, "The Religious Aspect of Philosophy" (1885), reprinted in Collected Essays and Reviews (1920), ed. Ralph Barton Perry, New York: Russen & Russen, 1966. 3. William James, "A Plea for Psychology as a Natural Science" (1892), reprinted in Collected Essaysand Reviews, p. 319. 4. William James, "On the Function of Cognition" in Mind, Vol. X (1890), p. 27 and Psychology, The Briefer Course, New York: Henry Holt and Co., 1892, p. 1. 5. II, p. 292 James's thinking in this connexion has been developed by Alfred Schutz in "On Multiple Realities" (1945) and "Symbol, Reality, and Society" (1955) (reprinted in Collected Papers, Vol. I, The Problem of Social Reality, ed. Maurice Natanson, The Hague: Martinus Nijhoff, 1962) and Aron Gurwitsch in Part VI of The Field of Consciousness (1957) (Pittsburgh, Pa.: Duquesne University Press, 1964) and "The Problem of Existence in Constitutive Phenomenology" (1961) (reprinted in Studies in Phenomenology and Psychology, Evanston, Ill.: Northwestem University Press, 1966). The work of both men has been examined by Wemer Marx in connexion with Husserl's work in "The Life-World and the Particular Sub-Worlds" in Phenomenology and Social Reality, Essays in Memory of Alfred Schutz, ed. Maurice Natanson, The Hague: Martinus Nijhoff, 1970 and "The Life-World and Gurwitsch's 'Orders of Existence"' in Life-World and Consciousness, Essays for Aron Gurwitsch, ed. Lester Embree, Evanston, Ill.: Northwestem University Press, 1972.

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6. Gurwitsch showed long ago that with this expression James designated the same thing which Husserl designated twenty-three years later in the Ideen with the word noema. Cf. Aron Gurwitsch, "On the Object of Thought" (1947) and also "William James's Theory of the 'Transitive Parts' of the Stream of Consciousness" (1943), both reprinted in Studies in Phenomenology and Psychology. 7. Schutz pointed out long ago that what James is talking about here was called by Husserl "the synthesis of identification." Cf. Alfred Schutz, "William James's Concept of the Stream of Thought Phenomenologically Interpreted" (1941), reprinted in Collected Papers, Vol. III, Studies in Phenomenological Philosophy, ed. I. Schutz, The Hague: Martinus Nijhoff, 1966, p. 10. 8. II 296-97, The allusion is probably to Theodore Lipps, Grundtatsachen des Seelenlebens (1887). 9. Amold Metzger, "William James and the Crisis of Philosophy" in In Commemoration of William fames, ed. Horace M. Kallen, New York: Columbia University Press, 1942, p. 209.

JOSEPH P. FELL Was Freud a Foliower of Kant? ... a new thought serves to show the limitations of the subject matter of an older thought more exactly, thereby securing the older thought in its domain. Wemer Marx

Philip Rieff has called attention to a passage in Freud's "The Unconscious" (1915) which Rieff interprets as "a casual admission that his own work had continued and completed Kant's epistemology."1 Andin a Ietter of August 21, 1938, Freud recommends Kant's conceptions of time, space, and causality to Marie Bonaparte.2 Emest Jones teils us that Freud admired Kant, and that Marie Bonaparte once told Freud she considered him a mixture of Pasteur and Kant. 3 No doubt too much - or too little - might be made of this provocative pairing. In what follows I should like to offer a few Observations which may help to clarify the relation between the work of Kant and Freud. In an important sense Kant and Freud share a common subject matter that of "philosophical anthropology." I intend this formidable expression in a quite Iitera! way. 'Anthropology' is, etymologically and essentially, the study or doctrine of man. Addition of the qualifying adjective 'philosophical' has the virtue of reminding us that there is more to anthropology than what currently passes as such. But can we, with any justification, claim Freud as a philosophical anthropologist? Freud in effect made this claim for hirnself in two letters to Wilhelm Fliess. On January 1, 1896, Freud wrote to Fliess: 4 "I see that you are using the circuitous route of medicine to attain your first ideal, the psychological understanding of man, while I secretly nurse the hope of arriving by the same route at my original objective, philosophy." Three months later, April 2, 1896, Freud told Fliess, "When I was young, the only thing I longed for was philosophical knowledge, and now that I am going over from medicine to psychology I am in the process of obtaining it."5 I take Freud to mean that bis goal was the traditional goal of philosophical analysis of man, a theory of the meaning of human nature and activity, and not the more limited goal of the psychology of bis time. Freud hirnself called it "metapsychology." lt is no doubt Freud's outrageaus penchant for "philosophical" analyses which accounts for some of the scom bis "theories" encountered both in tum-of-the-century Vienna and, then and since, elsewhere. Another share of that scom or indifference derived from Freud's insistence on the meaningfulness of abnormal behavior. These two causes for scom were of

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course intimately related: once having grasperl the meaningfulness of abnormal states, Freud was in a position to transcend the usual physiological explanation of them by (a) understanding them in terms of a general anthropology; (b) understanding a generat anthropology in terms of them. In other words, abnormality became relevant to philosophy and required philosophy. lf, on these grounds, we are prepared to regard Freud as a philosopher, we must by the same token prepare to assess his place in the history of philosophy. One means of so preparing ourselves is to ask about the significance of the relation between Kantian and Freudian anthropologies. Since methods of investigation tend to determine the outcome of investigation, I shall first consider Freud's method and conception of science insofar as these are relevant to philosophical anthropology. I shall largely assume familiarity with Kant's methodology and thought. I shall then outline comparatively some features of the resulting theories of mind and conclude with some tentative judgments about the extent and significance of Freud's departures from Kant's anthropology. Methodology and Science of Self Kant and Freud are of course both committed to scientific investigation, and there are certain similarities in their conceptions of scientific methodology. For example, both regard scientific thought as in some sense an "experimental" procedure.e Freud's method of investigating the self, like Kant's, depends upon a sharp distinction between immediate appearance and an inferred actuality: "In our method, observed phenomena must take second place to forces that are merely hypothesized."7 Freud like Kant regards a certain range of mental phenomena as attributable to activities of a Ievel of the self which does not itself appear and which is in a strict sense unknowable.s In these respects Freud is, I believe, indebted to Kant. But here the similarities between Kantian and Freudian method would appear to end. lf Kant's method in the first Critique precedes and grounds science, Ludwig Binswanger has argued that "the reductive dialectic used by Freud to construct his theory of man is, to the last detail, that of natural science."9 Kant's anthropology is in part a justification of science through elucidation of the grounds of its possibility while Freud's anthropology is an application of scientific method which assumes the adequacy of science as a tool for anthropological investigation. We shall find this methodological difference to be determinative of substantial differences in their respective conceptions of man, but we shall not find Freud's thought to be quite as unambiguously "reductive" (and hence non-Kantian) as Binswanger claims. Freud, unlike Kant, mistrusts any thesis about man which does not meet both of the following conditions: (a) induced from more or less extensive observational data; (b) experimentally confirmable/disconfirmable. Yet in practice Freud adheres to these criteria only imperfectly. In the course of his

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career he increasingly resorts to something very much like free philosophical speculation, although it is a speculation informed by extensive clinical experience, and as we shall show he wishes to preserve the possibility of a "dominance of reason" which far exceeds anything for which he has observational or clinical evidence. But the decisive presupposition of Freud's methodology is that genetic analysis, analysis of temporal origin and causal development, holds the key to understanding the nature of all human phenomena, which are "outcomes" of such development. To uncover the nature of man, Freud Iooks not to the modern adult but to the primitive and to the child. Viewing the adult from the vantage-point of the primitive and the child, Freud finds, in Thoughts for the Times on War and Death, that "the primitive mind is imperishable."lo Why? Because it is outside of time. Only part of man develops - the ego and superego. The rest is imperishable. lf the ego and superego, which have developed, were the essence of man, one could say that man is essentially rational and essentially moral: these are ego and superego functions, respectively. Instead, Freud offers us a pre-egoistic view of the essence of man. The instincts, which he calls (in Thoughts for the Times) "the inmost essence of human nature," are pre-ego functions. 11 So the ego for Freud is no Ionger at the center of the anthropological stage. Hence man is in bis foundations pre-rational and pre-moral, and because the seat of these pre-rational and pre-moral functions is timeless, man remains pre-rational and pre-moral in bis foundations. But, if man is to be whole, bis problern is that of reconciling the timeless and the temporal. Freud's solution to this problern ist to be found in bis injunction, "Where id was, there ego shall be."12 This suggests the bringing of the instincts under the control of the ego's "reality-testing." But it cannot mean the abrogation of the timeless; it can at most mean the more or less successful channeling or sublimating of erotic and destructive energies into paths acceptable to an ego which has made a rational assessment of temporal reality. Thus the "dominance of reason" of which Freud wishes to speak cannot be an abrogation of instinct or passion. lf Freud reaches the question of the possibility of reason through prior consideration of the nature of man, Kant reaches the question of the nature of man through prior consideration of the possibility of reason. The very possibility of science, whether of man or of nature, requires establishment of the validity of universal and necessary laws of thought - their "right" to legislate to phenomenala- and this validity cannot be established by a genetic, temporal, and causal analysis which presupposes that very validity. Universal and necessary laws of thought presuppose a self-originative spontaneity which legislates to itself and to phenomena. Thus the very possibility of knowledge entails an anthropology: a free transeendental ego which, itself unknowable, is the condition of self-knowledge (knowledge of the phenomenal ego). Kant in effect guarantees human freedom by locating it in a supraphe-

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nomenal region which is in principle beyond the reach of scientific (geneticcausal) analysis. Freud, by bis very adoption of the genetic-causal method as a self-sufficient method of anthropological investigation, appears to reject the possibility of freedom as transcendence. Can he do so? Can he justify the results of bis own scientific investigation if he presupposes a method which rules out in advance the possibility of establishing its own validity? Does Freud's method "psychologize" the self? Autonomy and Heteronomy Freud understands bis own thought as "an extension of the corrections begun by Kant in regard to our views on external perception." 14 This means, he goes on to explain, that "The mental, like the physical, is not necessarily in reality just what it appears to be." Freud thus wishes to show that the mind as directly experienced is a phenomenon below which lurks a non-phenomenal process. It is not clear whether Freud realized that Kant agrees with this, as Kant's treatment of the phenomenal or empirical ego shows. Kant's phenomenal ego has nonapparent or "unconscious" functions both "above" it and "below" it - above it, the spontaneous activity of the transeendental ego; below it, the psychophysiological sources of the passions. Thus Kant writes in bis Anthropologie (1798) of "dark perceptions" of which we are only "indirectly aware." He relegates the "field of dark perceptions" to "physiological anthropology" inasmuch as they pertain to the "passive part only" of man. They are accordingly excluded from the domain of "practical anthropology" (man as practical-rational, as agent).U Freud's "extension" of Kant therefore does not consist in treating mind as having hidden depths; it consists in (1) systematically exploring these depths with the aid of clinical data; (2) treating these depths as meaningful rather than simply physiological; and (3) entertaining the idea that these "dark" processes do indeed affect conscious experience and hence cannot be excluded from the domain of "practical anthropology." Because Freud does find ordinary practical experience to be affected by non-phenomenal factors which are nevertheless meanings, he "extends" Kant's theory of "external perception" as weil. If Kant bad shown that experience is ideal to the extent that rational operations of the mind constitute the object of experience, Freud shows that experience is also ideal to the extent that prerational or affective meanings constitute the objects of experience. In each case it is a matter of the constitution of experience by a spontaneous activity which is not directly knowable - in Kant's case from above, by the noumenal and timeless ego, in Freud's case from below, by the primitive and timeless id. 16 Thus to "critical idealism" Freud adds what might be called "pathological idealism." Again it is not a question of replacing Kant's idealism but rather of "extending" it, for Freud as we shall argue implicitly takes Kant's notion of a rational constitution of external reality as a norm.

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Freud's commitment to the "dominance of reason" and its lawful constitution of reality does not however guarantee that Freud's position in fact makes possible the dominance of reason. Given Freud's extensive exploration of what we have called pathological idealism (neurotic and psychotic constitution of the phenomenal world), and given his view that the ego is the servant of the id, does there remain any possibility for autonomy of rational ego-functions from prerational affective functions? In The Ego and the Id Freud writes: "For the ego, perception plays the part which in the id falls to instinct. The ego represents what may be called reason and common sense, in contrast to the id, which contains the passions. All this falls into line with popular distinctions which we are all familiar with ..."t7 Here Freud appears to preserve a region of rational autonomy by distinguishing between the ego as domain of reason and the id as domain of the passions. But Freud continues this passage with a significant qualification: "at the same time, however, it is only to be regarded as holding good on the average or 'ideally."' This qualification is necessary because the domain of reason and the domain of the passions are not separate and equal domains. The ego is "part" of the id and is the id's "loyal servant."ts Reason is thus the slave of the passions. This would seem to entail rejection of both Kant's anthropology and his ethical theory, for the following reasons. Kant holds that human reason can (although it usually does not) determine the ends of action, not merely the means. This view is the backhone of Kant's quest for a rational society: the moral man is he whose social relations are determined solely by respect for rational moral law rather than by desire for personal happiness. Freud's qualified hedonism or excitation-reductionism19 allows reason to determine not the ultimate end of human behavior but only the means thereto, and perhaps not always even the means. The Iimits which this view may impose on the Kantian (and Freudian) hope forarational society characterized by "perpetual peace," Freud makes clear in Civilization and its Discontents. More specifically, Freud regards the ego as often the expressor or executor of thoughts and acts whose real meaning is unconscious and therefore not available for rational scrutiny. Kant's ethical theory presupposes that man is quite aware of what his emotions and inclinations mean, and such awareness is necessary for judging whether one's motive for action is dispassionate and moral or not. We can best summarize Freud' departure from Kant's view of the reasonpassion relationship by quoting Freud: "Actually the substitution of the reality principle for the pleasure principle denotes no deposing of the pleasure principle, but only a safeguarding of it."2o Here origin has priority over outcome. And yet Freud repeatedly invokes reason, both as a description of the functioning of the ego and as a moral ideal. Can he mean by reason what Kant means by reason?

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In the New Introductory Lectures, we find Freud offering the following general definition: "Thinking is an experimental action ..."21 This thinking must challenge the "resistance" which "stirs within us against the relentlessness and monotony of the laws of thought and against the demands of realitytesting."22 But what are these laws of thought? Freud associates them with reason, but he nowhere gives an exposition of them. In a 1916 paper, he assigns the function of reality-testing to "the system Cs" but immediately adds: "We can say nothing more precise on this point, for we know as yet too little of the nature and mode of operation of the system Cs."2a I submit that what Freud has clone when he invokes the "laws of thought" operative in "realitytesting" is to presuppose provisionally the adequacy of Kant's laws of thought. This would accord with Freud's admiration of Kant, with his recommendation of Kant's thought to Marie Bonaparte, with his Iimitation of knowledge to . phenomena,2 4 with his many references to synthesis as a fundamental function of the ego, and with the lifelong commitment of this "irrationalist" to the cause of legislative reason. This Kantian commitment is nowhere clearer than in the following passage: ... intellect - or Iet us call it by the name that is familiar to us, reason - is among the powers which we may most expect to exercise a unifying influence on men ... Our best hope for the future is that intellect - the scientific spirit, reason - may in process of time establish a dictatorship in the mental life of man. The nature of reason is a guarantee that afterwards it will not fail to give man's emotional impulses and what is determined by them the position they deserve. But the common compulsion exercised by such a dominance of reason will prove to be the strengest uniting bond among men and Iead the way to further unions.u The question whether Freud can consistently invoke rationality in this manner is intimately related to the question of the somatic basis of thought, a subject systematically explored by Freud but not by Kant. Inasmuch as Kant holds that the ultimate source of thought is unknowable, there at first appears no reason why Kant could or would deny the Freudian thesis that the energy for thought is somatic. But such energy would clearly have to be a 'neutral' source upon which a free spontaneity can draw without that energy's in any way directing spontaneity; otherwise spontaneity could not be autonomaus (selflegislative) but only heteronomous. Interestingly enough, in The Ego and the Id,2& Freud speaks of a "displaceable energy" which he describes as "neutral," answering the question of the origin of this energy by the "supposition" that it is "desexualized Eros" or "desexualized Iibido" or "sublimated energy." Since it is "desexualized" or "sublimated," it is neutral, except that "it would still retain the main purpose of Eros - that of uniting and binding- insofar as it helperl towards establishing that unity . . . which is particularly characteristic of the ego ... The intellectual processes in the wider sense are to be classed among these displacements." This view is especially intriguing in light of Kant's claim that the funda-

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mental operation of the transeendental ego is precisely "uniting" or "synthesizing." What Freud has done is to give reason a natural, instinctual, and prerational ground while at the same time allowing for the possibility of the functional independence of reason from this ground in all respects which would be inimical to the autonomy of reason. Freud to be sure did not clearly trace the process by which rational autonomy emerges, although he offered suggestive hints.27 In a 1927 conversation with Binswanger, Freud said, "Man has always known he possessed spirit: I bad to show him there is such a thing as instinct. But men are always unsatisfied, they cannot wait, they always want something whole and finished; but one has to begin somewhere and very slowly move forward."2S I take Freud to have meant that he had no intention of challenging at least the limited claims made by Kant for reason but that, given the finite time allotted to him, he had to lay the stress on instinct. Among Freud's interpreters, many have fallen into the trap of regarding Freud's thought as "something whole and finished," a complete anthropology. A few, such as David Rapaport,2u have understood the seriousness of Freud's references to Kant and have resisted the view that Freud's thought is either in intention or in result a simple psychologizing of the mind. The foregoing considerations mean that Freud, contrary to what one might have expected, does allow for the possibility of rational autonomy. Technically, reason remains a servant of the id; but in the case where the ego is dependent on the id solely foraneutral energy whose only property, unification, is also a property of reason, the ego is functionally free. When this condition is met, the ego is capable of "impartial passing of judgment" and conceivably even of actionout of respect for morallaw. It may however be objected that Freud has reduced to a merely contingent ideal a rational autonomy which Kant holds to be constitutive of man as such. But it must be remernbered that Kant's studies of the foundations of both epistemology and ethics are primarily devoted to establishing the stringent conditions of the possibility of knowledge and moral action rather than to establishing that these conditions do actually obtain in all human beings. Hence Kant in the Foundations of Metaphysics of Morals describes rational-rnoral actions as "actions of which perhaps the world has never had an example."so Furthermore, in searching out the preconditions for knowledge while at the same time acknowledging that the existence of the transeendental ego could not be demonstrated, Kant was implicitly allowing that, while his conditions for knowing were necessary, his transeendental anthropology was in effect a postulate. The Two Anthropologies in Relation to Their Methods I think the foregoing considerations establish that it is an oversimplification to regard Kant and Freud as constructing antithetical anthropologies, as the common and hasty identification of the former with a "rational conception of

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man" and the latter with an "irrational conception of man" would suggest. The judgment that their anthropologies are antithetical is perhaps chiefly attributable to a failure to appreciate that Kant and Freud are essentially operating at different Ievels which are not strictly comparable with each other and employing different methods which are not strictly comparable with each other. Kant's theory of transeendental autonomy arises out of a consideration of the conditions of the possibility of science and has the status of a postulate. Freud's theory of the ego's heteronomy arises out of a clinically and historically oriented consideration of man's archaic origins which does not rule out the possibility of functional autonomy. Kant's thought is of coursenot opposed to the possibility of genetic and causal analysis but rather seeks to ground its possibility. If Freud undertakes such genetic and causal analysis without grounding it, he is nevertheless aware that his analysis is incomplete; he is aware of the necessity of rational autonomy for impartial passing of judgment; and he implies that he hirnself has won through to a certain transcendence of his own history, a certain reflective freedom, a certain disengagement from his own genesis such that his science of mental process is more than the record of his own personal psychic vicissitudes. This attempt at a limited reconciliation of Kant and Freud must however meet the contrary view of Philip Rieff: Freud is radically anti-Kantian: he has no theory of forms of the mind. On the contrary, his theory of cognition in service to the emotions, the egoistic self, the will, completes the psychologizing of philosophy initiated by Schopenhauer and Nietzsche. Freud begins with the proposition toward which the psychologizing philosophers worked: that mental activity must be explained by a motivation outside itself.st Rieff argues that Freud cannot admit mental forms because cognition is "in service to the emotions." But we have noted that in The Ego and the Id Freud explicitly traces the energy for what he calls "intellectual processes" to a neutral (desexualized) energy. And we have argued that Freud implicitly defers to Kantian "laws of thought," invokes an "impartial passing of judgment," and commits hirnself to the ideal of rationality. Freud therefore has not necessarily completely emotionalized or psychologized intellectual processes. Furthermore, Freud must not wholly psychologize intellectual processes if he is to ground the possibility of his own scientific work. Nietzsche has precisely this problern in grounding his own thought, as Jaspers has argued.a2 lt is a curious fact that Nietzsche, who is generally acknowledged as a philosopher, carries the psychologizing of reason much further than Freud, who is not generally regarded as a philosopher. In the foregoing I have purposely minimized the differences between Kant and Freud. If Freud is devoted to rational science and morality, it is nevertheless true that he holds timeless instincts to be "the inmost essence of human nature." If Kant restricts knowledge to the phenomenal and heteronomous

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ego, it is nevertheless true that his entire mature philosophical anthropology is oriented by the notion of a timeless and freely originative transeendental reason.ss lt is significant that both Kant and Freud orient their thought and ground their anthropologies by reference to a timeless factor, and that they both do so in the process of attempting to provoke a new awareness of human Iimitation, but that the timeless center is in Kant's case transeendental while in Freud's case it is natural. lt seems logical enough to attempt a transeendental beginning if one is to ground the possibility of science, and it seems logical enough to attempt a natural beginning if one is to expose the prerational and somatic grounds of thought and experience. But insofar as Kant and Freud tend to transpose these respective beginnings into descriptions of the essence of the self, they may be said to have missed both the true beginning and the true essence of the self. The true beginning of both transeendental and natural inquiry is a human experience which is neither essentially rational nor essentially prerational, neither essentially intellectual nor essentially somatic, neither essentially free nor essentially enslaved. 1t is the experience of an already intelligible life-world which is the ground of both natural and transeendental inquiry, because it is in the life-world that both transcendence and nature first show themselves as such. They show themselves as different only owing to their inner union: nature, soma, instinct, the irrational are what they are only for a self which dwells in language and concepts and which understands; the metaphysical, spiritual, and rational are what they are only for a self which is embodied, factical, and subjected to experiencing the Iimits of intelligibility and rationality. The real beginning of man is minded nature and natured mind; and therefore neither nature nor mind, neither immanence nor transcendence, can be taken as the essence of the self, but only as aspects of an original unity. Kant came closer to realizing this original unity than Freud; but insofar as Kant seeks to ground that unity in a timeless transeendental subject, he grants priority to one aspect of that unity and exposes hirnself to a Freudian counterattack which raises the opposite aspect of that unity to timeless priority. But the Iimitation which each places upon what he takes to be timeless points toward the real ground and toward the real complementarity of Kam and Freud. For Kant Iimits the efficacy of transcendence by yoking it to the region of temporal experience, and Freud seeks to Iimit the force of instinct by yoking it to rational assessment of temporal experience. In tracing the development of human experience out of primitive sources, Freud no doubt departs significantly from Kant's philosophical anthropology and necessitates reassessment of the conditions under which rationality can be said to have been attained; but he rightly senses the need for Kant. By radicalizing Kant's stress upon human Iimitation, while nevertheless insisting upon the claim of reason, Freud contributes to the post-Kantian search for a philosophical anthropology

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which can achieve a harmony between the claims of reason and the claims of nature.

Notes 1. Philip Rieff, Freud, The Mind of the Moralist (Garden City, NY, 1961), p. 54. Cf. Freud, Collected Papers (New York, 1959), IV, 104. (Hereafter, CP.) See footnote 14, below, for the passagein question. 2. Emest Jones, The Life and Works of Sigmund Freud (New York, 1957,111,466. 3. lbid., II, 415. 4. Freud, The Origins of Psychoanalysis, Letters to Wilhelm Fliess, Drafts and Notes, 1887-1902 (New York, 1954), p. 141. I thank Professor John D. Kirkland for calling my attention to these excerpts from the Freud-Fliess correspondence. 5. lbid., p. 162. 6. Kant, Critique of Pure Reason, B xvii-xix, A 425 (Hereafter, CPR); Freud, ifhe Standard Edition of the Complete Psychological Works of Sigmund Freud (London, 1953-1966), XII, 89. (Hereafter, SE.) 7. Freud, Gesammelte Schriften (Yienna, 1924--34), XII, 62. 8. Freud, SE, XXIII, 158: 'The processes with which it [psychoanalysis] is concemed are in themselves just as unknowable as those dealt with by other sciences, by chemistry or physics, for example; but it is possible to establish the laws which they obey ... " 9. Jacob Needleman (ed.), Being-in-the-World: Selected Papers of Ludwig Bins· wanger (New York, 1963), p. 155. 10. CP, IV, 301. 11. CP, IV, 295. Cf. SE, XXII, 73-75, where Freud writes, with obvious reference to Kant: "The logical laws of thought do not apply in the id, and this is true above all of the law of contradiction . . . There is nothing in the id that could be compared with negation; and we perceive with surprise an exception to the philosophical theorem that space and time are necessary forms of our mental acts." 12. SE, XXII, 80. 13. CPR, A 84--85/B 116-117. 14. CP, IV, 104. 15. Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht [Leipzig, 1880], pp. 17-18. 16. Thus David Rapaport could argue that "the epistemological implications of psychoanalysis are closest to Kant . . . and most remote from Anglo-Saxon empiricism." (The Structure of Psychoanalytic Theory [New York, 1960], p. 13.) In the years 1874--1876 Freud attended a nurober of philosophy seminars at the University of Vienna and attended lectures by Pranz Brentano. Much of Freud's interest in and knowledge of Kant probably came through exposure to Brentano. Rapsport (ibid.) writes: "The traces of Brentano's act psychology [in Freud's writings] ... have never been explicitly discussed. Yet the central position of intinctual drives in Freud's theory parallels Brentano's interpretation (which contrast sharply with that of Anglo Saxon empiricists) of both stimulation and response in terms of acts of intending. In the early phases of Freud's ego psychology, Brentano's influence seems even more striking. The term intention crops up, the problern of reality testing Ieads to an analysis of the 'belief in reality' ... along Brentano-like lines, and the distinctions between what is perceived and what is conceived, what is real and what is only thought, etc., come into play. This influence pervades the Papers on Metapsychology .. ." 17. SE, XIX, 25. 18. lbid., XXII, 93.

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19. In "Instincts and their Vicissitudes" (1915), Freud argued that the basic function of the mind is to reduce excitation to the lowest possible Ievel. (CP, IV, 63 ff.) 20. SE, XII, 223. 21. SE, XII, 89. 22. SE, XXII, 33. 24. Cf. footnotes 7, 8, above. 25. SE, XII, 171. 23. CP, IV, 148-149. 26. SE, XIX, 44-45. 27. E.g., SE, V, 598-602; CP, IV, 134. 28. Needleman, op.cit., pp. 1-2. 29. Rapaport, sympathetic to the claims of both Kant and Freud, has ably summarized (and contributed to) the post-Freudian effort to trace the genesis of functional autonomy. See Merton M. Gill (ed.), The Collected Papers of David Rapaport (New York, 1967), esp. chapts. 23, 28, 31. 30. Kant, Foundations, II, 408. 31. Rieff, op.cit., p. 54. 32. Jaspers, Nietzsche (Tucson, 1965), pp. 329-330. 33. Cf., e.g., CPR, A 551-553 I B 579-581.

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Die Exposition des Weltproblems bei Giordano Bruno Giordano Brunos Schrift "Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen", eines der bedeutendsten literarischen Dokumente der italienischen Renaissancephilosophie, ist immer noch von hoher aktueller Bedeutung als ein spekulativer Text. Vorausgesetzt, das spekulative Denken schildere nicht die unmittelbar sich zeigende Wirklichkeit der menschlichen Um- und Mitwelt ab, - es lege auch nicht die individuelle und kollektive Erfahrung in rationalen Begriffen aus, es vollziehe vielmehr seine Anstrengung im Gegenzug gegen die bereitliegenden, als Sprachbestand vorliegenden Begriffe, bewege sich nicht selbstverständlich in einem vorgegebenen Seins- und Weltverständnis, nicht in fixen und fixierten Denkweisen, - es entwerfe eigens die Fragen nach Sein und Wahrheit und Welt, so ist Brunos Schrift dafür ein hohes Zeugnis. Hier wird ein Weg gegangen, der aus dem Bekannten herausführt, im alltäglichen und gewöhnlichen Verstehen von Welt und Ding beginnt und vorstößt zu neuen Gedanken über Allheit und Universum. Die Exposition des Weltproblems vollzieht sich in Schritten. Der Ansatz wird genommen in der Vorstellung, daß die Dinge und Vorgänge, die wir kennen und deren Erkenntniszeugen wir sind, die durchgängige Struktur des Verursacht- und Gegründet-seins an sich tragen und zwar in der Weise einer Reihe von Abhängigkeiten. Die vorangehende Sache ist für die nachfolgende Prinzip oder Ursache. Prinzip besagt vornehmlich Vorrang im Sein, Ursache vornehmlich Vorrang im Werden. Prinzip ist der allgemeinere Begriff, so daß zwar alle Ursachen Prinzipien, aber nicht alle Prinzipien Ursachen sind. "Denn der Punkt ist zwar Prinzip der Linie, aber nicht ihre Ursache" (S. 69 Reclam). Die Reihe der bedingenden Prinzipien und Ursachen der Dinge ist nicht geradezu im Ganzen überschaubar. Wir erkennen irgendwelche gegenwärtigen Dinge leichter nach den nahen Ursachen als nach den entfernteren, aber schwerlich und gar nicht nach dem ersten Prinzip und der ersten Ursache. Die Totalität der begründenden Prinzipien ist kein schlichter Erkenntnisgegenstand, sondern zunächst ein unumgänglicher Gedanke. Wir müssen das erste Prinzip der Reihe denken und suchen, es ist uns jedoch nicht gegeben. Damit wird von Bruno der Unterschied von Welt und innerweltlicher Dingsphäre angerührt. Dessen denkerische Entwicklung durchzieht die ganze Schrift. Bruno operiert zunächst mit Postulaten. Die erste bewirkende Ursache muß, wenn sie wirklich die erste ist, die Weltseele sein. Mit diesem Namen wird nichts genannt, was als ein Gegenstand in einer menschlichen Erfahrung vor-

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kommt,- etwas also, was das Erste und Allumfangende ist, "in" dessen Herrschaftsbereich wir sind und Gegenständliches erfahren, - was sich vorerst einer zureichenden Begriffsbestimmung entzieht. Bruno weiß, daß er postuliert und nicht aufweist. Die Weltseele scheint im trunkenen Nebel einer Ekstase der Vernunft zu verschwinden. Aber nun bestimmt sie Bruno gerade als Vernunft, als Vernunft in einem höheren und umfänglicheren Sinne, als es die menschliche Vernunft ist. Damit kommt eine Denkfigur zum Zug, die in der philosophischen Kosmologie von großer Bedeutung ist: ein anthropologisches Phänomen wird aufgegriffen, wie hier das Vernünftigsein, und dann in einer überhöhten, phänomenal nicht ausweisbaren Weise als die Seins- und Wirkungsweise der Weltseele, als ihr Aktions- und Formprinzip angesetzt. Verliert das Wort "Vernunft" nicht den bestimmten Sinn, wenn es auf eine sagenhafte, mythische oder mystische All-Vernunft bezogen wird? Diesem Einwand weicht Bruno aus, indem er behauptet, die "selbstbewußte Vernunft" sei gar nicht die höchste Weise von Vernunft, - das Universum, die Weltseele, die Weltvernunft müßten nicht die Verfassung der Ichlichkeit haben. Er stützt seine Behauptung mit dem fragwürdigen Argument, die Zitherspieler würden weniger gut spielen, wenn sie fortwährend auf ihre Spielfertigkeit achteten. Ein gesuchter Begriff von an sich seiender Vernunft, die mit Sein und Tätigkeitsvollzug zusammenfällt, jedoch nicht durch ichhafte Personalität und Ichbewußtsein gekennzeichnet ist, bilde die Vernünftigkeit der Weltseele. Und diese Weltvernunft ist zugleich ein immanentes Prinzip in allen Naturdingen und deren Regent, liegt in ihnen und wirkt auf sie. Dieses Innesein und gleichzeitige Beherrschen der Dinge verdeutlicht Bruno durch das Gleichnis von Seele und Leib, Steuermann und Schiff. Das, was in der Weltseele das regierende und belebende Prinzip ist und Ursache aller innerweltlichen Bewegungen, ist die kosmische Vernunft. Das Gleichnis, welches menschliche Phänomene und denkend-angezielte kosmische Strukturen in Korrespondenz bringt und dieses Verfahren als Erkenntnismittel ins Spiel bringt, ist hinsichtlich seiner erkenntnistheoretischen Valenz von Bruno nicht abgesichert. Es gibt lediglich die schwankende Brücke ab, um auf schiffbruchleidende Weise vom Weltganzen zu reden. Das Weltganze wird Problem. Analog wie die Seele zum Leibe, so verhält sich die Weltseele zum Weltganzen, "insofern sie beseelt und gestaltet, ist sie ein innerer und formaler Teil des Weltalls; insofern sie jedoch leitet und regiert, ist sie nicht ein Teil des Universums und verhält sich zu diesem nicht wie ein Prinzip, sondern wie eine Ursache" (S. 76). Die Analogie wird im Denkvollzug brüchig, weil Bruno für die Weltseele eine Unabhängigkeit vom Weltstoff reklamiert, aber für die menschliche Seele keine Unabhängigkeit vom Leibe zuläßt. Die Weltseele ist ewig, die Menschenseele nicht in gleicher Weise. Die Weltseele ist nach Bruno, soweit sie Gestaltungsprinzip ist, der Inbegriff aller Formen im Sinne von Arten und Gattungen der Naturdinge, gewissermaßen "forma formarum" und ist ewig und unvergänglich. Und sofern alle endlichen Dinge an dem Geistgepräge der ontolo-

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giseben Formen teilhaben, welche in der geistigen Seite der Weltseele beheimatet sind, so sind alle Dinge überhaupt begeistet, "belebt". Bruno gelingt es durch eine Bedeutungsverschiebung, die These aufzustellen, es seien überhaupt alle Dinge der Natur und die Artefakte der menschlichen Kunst "belebt", was der naiven und alltäglichen Weltansicht offenkundig widerspricht. Es ist aber kein primitiver Animismus, den Bruno thesenhaft vertritt, vielmehr ist er einsehbar nur für den, der die Bedeutungswandlung vom phänomenalen Belebtsein partikulärer Einzeldinge zur ontologischen Verfaßtheit der Dinge durch Form und Materie mitvollzieht. Und weiterhin hebt der Nolaner die Individualformen, Gattungen und Arten als accidentiell auf gegenüber dem universalen Formelement, das das Universum durchmachtet und die je einzelnen Formen heraustreibt. Die eine substantielle Welt-Form ist ewig und hat zugleich alle Wandlungen der Gestalten in sich, ist das Geistelement in der Welt, das in allen Metamorphosen beharrt. Damit übersteigt Bruno das phänomenale Feld der im menschlichen Vorverständnis der Erfahrung vorgegebenen Strukturen höherer und niederer "Allgemeinheiten". Die Gattungs- und Arten-Gliederung der Naturdinge ist uns vorgezeichnet,- ihre Vereinigung in einem universalen Formelement dagegen nicht, dies ist spekulative Behauptung. Und ähnlich vollzieht sich der Denkweg auch in Hinsicht auf ein anderes Moment der Welt: auf die Materie. Nicht die Dinge bestehen aus Form und Materie allein, auch das Universum. Gewiß ist eine solche Redeweise analogisch. Der Form-Materie-Aufbau der endlichen Dinge wird als Modell verbraucht, um eine Zwiefalt von Weltstrukturen anzuzielen. Aber schon das, was bei den natürlichen Dingen "Materie" ist, bereitet dem Denken enorme Schwierigkeiten. Jedes Ding, das aus etwas besteht, besteht zunächst aus geformten Teilen. Und diese formhaft geprägten Teile wieder aus Teilen, die nicht bloße Materie, sondern geformte Kleindinge sind, usw. Kommen wir jemals bei der gedankenmäßigen Zerlegung der Dinge bei einem Material an, das nicht mehr selbst geformt ist? Hier gebrauchen, sagt Bruno, die Philosophen einen Vergleich, sie interpretieren die Natur am Vorbild der Kunst, der TECHNE. Die Gewagtheit dieses Vergleichs verschwindet allzu bald in seiner Plausibilität. Vielleicht besteht zwischen Natur und artefizieller Techne ein tieferer Unterschied, als er für den Vergleich vorausgesetzt wird. Das Holz ist Materie des Tisches, das Erz die Materie der Bildsäule. Die Materien der kunstverfertigten Dinge bestehen ihrerseits immer schon aus Form und Materie. Aber die Materie der Naturdinge ist nicht sinnlich wahrnehmbar wie diejenige des Artefakts. Die Analogie zerbricht, sofern die Materie der künstlichen Dinge sinnlich-sichtbar, die der Naturdinge völlig formlos, unsichtbar und nur eine einzige ist. Damit kommt in die Kosmologie Brunos ein rätselhaftes, un-ausweisbares Element, ein Gedankending, ein begrifflich-notwendiges Substrat aller Dinge in der Welt. Die Welt-Materie ist kein Phänomen, vielmehr ein spekulatives Problem. Der Gang von Brunos Denken treibt über den Bereich des Vorfindlichen und Nachweisbaren hinaus,

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dringt vom Phänomen der Arten und Gattungen zum Begriff der all-einen, aktiven, schaffenden Weltseele - und dringt andererseits vom Phänomen des Materials von Artefakten vor zum all-einen Welt-Material. Der nächste Schritt bringt den kosmischen Dualismus von Weltseele und Weltmaterie aus der allzu schroffen Scheidung in eine unlösbare Vereinigung des aktiven und des passiven Weltprinzips - und nimmt als interpretatives Gleichnis das Verhältnis von Mann und Weib auf. Ein anthropologisches Phänomen liefert eine Denkbahn, eine Verstehensweise für das kosmologische Denken. Analog wie der Mann im Menschenreich als das Prinzip der Spontaneität, Freiheit, des Täter- und Werkertums gilt, so kann das Weib als Prinzip der alles-duldenden Passivität gedeutet werden. Die Gleichung WeibErde-Weltmaterie als Komplement zur Gleichung Mann-Sonne-Weltform ist altes Gedankengut der Philosophie. Bruno greift es auf, um die Problematik zu radikalisieren, kann aber nicht verhindern, daß durch diese Gleichnisrede vielleicht ebensoviel verdunkelt als erhellt wird. Der anthropologische Schlüssel rückt zwar das täterisch-wirkende und andererseits das duldend-gebärende Prinzip in den Denkblick und vermag auch den fixen Dualismus beider Prinzipien wieder aufzuheben, sofern die Weltform als notwendig bezogen auf den Weltstoff gedacht werden müsse- wie der Mann auf das Weib, ja daß auch im Passiven ein Moment der Aktivität und im Aktiven ein Moment der Passivität sei. Wenn bislang das Weltall "eingeteilt" worden war in die kosmische Materie und die kosmische Universalform, so kommt es im weiteren Gange darauf an, die innerweltlichen Gestalten und endlichen Dinge als ein Gewirk der beiden Weltmomente spekulativ abzuleiten. Bruno postuliert eine binnenweltliche Struktur, wonach aus dem Zusammenwirken von Weltmaterie und Weltform eine binnenweltliche Stufenleiter entsteht, eine Stufung vom mineralischen, vegetativen bis zum animalischen und menschlichen Sein, gewissermaßen eine "Potenzreihe". Das Universum ist ganz Materie und ist ganz Form, aber es gliedert sich selber in sich, nicht in starrer und fixer Weise, sondern als ein Lebewesen, ein "Organismus", der aber nicht, wie sonst Organismen, in einer Umgebung ist und vieles andere Seiende "außer sich" hat, vielmehr als ein einziger Organismus, der alle Bewegungen in sich selber vollzieht, bald dieses, bald jenes sein kann und alle seine Wandlungsmöglichkeiten in sich hat. Und dieses dynamisch gedachte Universum hat alle Abmessungen, Größen, Entfernungen in sich und ist selber nicht ausgedehnt und nicht an einem Orte; alle Orte, alle Entfernungen, alles Große und alles Kleine ist prinzipiell binnenweltlich, die Welt selber hat keine Größe, ist weder groß noch klein. Die Weltcharakterisierung bewegt sich am Rande des Sagbaren, des Widersprüchlichen, des zugleich Gesetzten und Aufgehobenen. Bruno faßt seinen explosiven Weltbegriff zusammen in den Thesen: "Das Universum ist ... eins, unendlich, unbeweglich. Eins ist die absolute Möglichkeit, eins die Wirklichkeit, eins die Form oder Seele, eins die Materie oder der Körper, eins das Ob-

Die Exposition des Weltproblems bei Giordano Bruno

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jekt, eins das Wesen ... Es bewegt sich im Raume nicht, weil es nichts außer sich hat, wohin es sich begeben könnte, das es begehren oder erwarten könnte, denn es hat alles Sein. Es vergeht nicht, weil es nichts anderes gibt, in das es sich verwandeln könnte; denn es ist selbst alles ..." Alle parmenideischen Semata für Eon treten in dem W eltbegrifi Giordano Brunos auf - und verweisen auf einen anderen Grundzug: auf das ewigbewegte Leben des Universums und nicht auf die eleatische Stille. Bruno entwickelt eine eigentümliche Logik der spekulativen Weltbestimmung: sie arbeitet mit Gegensätzen, mit dem Gegensatz von Weltall und den innerweltlichen Dingen, was aber selber kein binnenweltlicher Gegensatz ist, sondern in welchem sich die ontischen Unterscheidungen, kaum fixiert, schon wieder auflösen. Es kommt zu den paradoxen Formulierungen: das Zentrum des Universums ist seine Peripherie, es ist zugleich das Kleinste und das Größte, das Lebendigste und das Stillste. Das Jahrhundert hat im Universum nicht mehr Sein als der Augenblick, die Meile nicht mehr als der Punkt. Was im All in zahllose Unterschiede auseinandergelegt ist, fällt als Weltall in eins zusammen. "In dem Einen Unendlichen, das das Seiende, die Substanz ist, findet sich die Vielheit, die Zahl" - aber nicht für das Eine selbst. Es hat keine mit dem Einssein von Dingen verwandte oder auch nur ähnliche Art von Einheit, ist nie eins, wie Dinge eins sind. Und doch müssen wir den Eins- und Einheits-Begriff gebrauchen, um das Universum anzudenken. Zahl und Maß sind etwas an und bei den binnenweltlichen Dingen, die vergängliche, vorübergehende, auftauchende und untertauchende ephemere Gestalten, aber nicht wahrhaft Substanz sind. Doch das Universum selbst kann nicht durch Maß und Zahl bestimmt werden, es entzieht sich ins Unfaßliche, sobald man versucht, es vom Leitmoden des Dinges her zu denken. Was durch die Welt ermöglicht und begreifbar wird, kann nicht als ein Erkenntnismittel in Anspruch genommen werden. Bruno gerät mehr und mehr in eine "negative Kosmologie", wenn er zu bestimmten Aussagen über das Universum drängt. Die Schrift ergibt kein Resultat, kein "tableau du monde", keinen Systemaufriß, keine Architektur der Welt, keine prinzipielle Topologie des Seins, wohl aber einen denkerischen Durchgang durch ein Problem - und hinterläßt uns viele offene und irritierende Fragen. Ein Beispiel, ein Exercitium stellt Brunos Werk dar, das man nicht zur Kenntnis nehmen kann wie irgendeine gelehrte Meinung. Es besteht nicht als fertiges Schriftwerk, eher als ein Sprengsatz, dessen Gefährlichkeit man erst merkt, wenn man ihn hochgehen läßt. Eine denkerische Bewegung, ein zwiefacher Gegenlauf ist der intellektuelle Vorgang dieser Philosophie: von den Strukturen, Ideen, Kategorien und Seinsmodalitäten, den Wirklichkeiten und Möglichkeiten der endlichen Dinge, von ihrem ganzen festfixierten Gepräge stößt sich das fragende Denken ab, vollbringt eine Abwendung von der sprachlich ausgelegten und nach dem Satz vom Widerspruch orientierten Sphäre der Dinge und Erkenntnisse, - und stellt und exponiert die Weltfrage. Nach dem zu fragen, was überall und immer ist

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und zugleich nirgends und zu keiner Zeitspanne, der Zeit-Raum selbst ist und keinen Ort und keine Stunde hat, bedeutet ein Sisyphus-Untemehmen, das zu keinem Abschluß gebracht werden kann, bestenfalls auf immer neuen, nicht entmutigten Wegen versucht werden kann. Das Schwierigste am Weltdenken (und auch am Nachvollzug von Brunos Schrift) ist die kosmologische Analogie, das Erkennen ihrer Anzeigefunktion und die notwendige Zurücknahme und Zerstörung ihres Aussagegehalts. Denn es geht nicht nur darum, die Welt analogisch aus den Dingstrukturen zu bestimmen, sondern auch das Ding im Weltlicht neu zu sehen. Wir müssen auseinanderhalten das Ding, welches die Basis des Analogieverhältnisses abgibt und als Modell, gesetztes und zugleich aufgehobenes Modell für das Universum dient, - und das Ding, das bereits in die Alleinheit "untergegangen" ist. Dieses Ding in der Welt und die Welt im Ding ist ein zeitweiliges Denkergebnis der kosmologischen Reflexion, eine "Station", aber kein Ende. Von der Sache des Denkens her - wie tragischerweise auch für Giordano Brunos Leben- gilt die Schlußzeile eines seiner Gedichte: "Denn wenn ein Gott dich berührt, loderst in Flammen du auf."

WERNER FLACH Zum "Vorbegrif]" der Kleinen Logik Hegels* Wenn, was noch von keinem Auslegungsstandpunkt aus bezweifelt worden ist, die erklärten Auskünfte eines Autors besonders gewichtig zu nehmen sind, so handelt es sich in dem, was Hegel in der Logik der Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften als "Vorbegriff" der Logik abhandelt bzw. abgehandelt hat, um einen Text, der für das Verständnis der Hegeischen Logik besonders aufschlußreich ist.1 Dieser "Vorbegriff" dient nämlich nach Hegels erklärter Auskunft dazu, "die Bedeutung und den Standpunkt" der spekulativen Logik "zu erläutern und herbeizuführen"2. Was aber sollte wichtiger sein als das, was gesagt wird, um die Bedeutung der spekulativen Logik zu erläutern und deren Standpunkt herbeizuführen- die verschränkte Formulierung Hegels einmal so aufgelöst! Es ist von ausgezeichnetem Gewicht auch dann noch, wenn der Modus der Erörterung, was Hegel zu bemerken nicht vergißt, "nur historisch und räsonnierend"S ist.4 Was ist der Sache nach in den so überaus gewichtigen Ausführungen des "Vorbegriffs" der Kleinen Logik gesagt? Was ist bzw. als was ist das aufzunehmen, was Hegel dazu sagt, die Bedeutung und den Standpunkt der spekulativen Logik zu erläutern und herbeizuführen? Das ist die Fragestellung der vorliegenden Abhandlung. Und die Antwort, die auf die gestellte Frage gegeben bzw. zu geben versucht wird, lautet: Die Ausführungen, die laut Hegel dazu da sind, die Bedeutung und den Standpunkt der spekulativen Logik zu erläutern und herbeizuführen, sind für die Entwicklung des Problemkonzeptes der spekulativen Logik zu nehmen. Es ist das Problemkonzept der spekulativen Logik, was Hegel im "Vorbegriff" der Kleinen Logik herauszustellen sucht. D. h.: Es geht Hegel in diesem Stück der in die Systemskizze aufgenommenen Logikdarstellung darum, die Verständigung der Wissenschaft (Philosophie) oder näher der Logik über ihre Problemsituation herbeizuführen; es geht Hegel darum, die Einsicht zu bewirken, daß die Fragen, die sich mit all dem verknüpfen, "was man sich zugegebener- und bekanntermaßen unter dem Gegenstande und Zwecke der Wissenschaft vorstellt" 5 , "auf einfache Gedankenbestimmungen zurückzuführen sind, die ... in der Logik ihre wahrhafte Erledigung erhalten"&. Gemäß dieser Interpretationsthese wird im folgenden unter sorgfältiger Benutzung des Textes der Abschnitte A., B., C. des "Vorbegriffs" der Kleinen Logik Hegels Skizze des Problemkonzeptes der spekulativen Logik dargelegt und interpretiert, d. h. als systematisches Konzept ausgelegt. Das sind zwei

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Untersuchungsstücke, von denen das zweite auf das erste sachlich folgt. Hegel unterscheidet drei Stellungen des Denkens zur Objektivität. Ihre Ordnung ist sachlich und genetisch gemeintea, Die Darlegung folgt dieser sachlich und genetisch gemeinten Ordnung. Die erste Stellung des Denkens zur Objektivität wird von Hegel in dem "unbefangenen Verfahren" gesehen, "welches, noch ohne das Bewußtsein des Gegensatzes des Denkens in und gegen sich, den Glauben enthält, daß durch das Nachdenken die Wahrheit erkannt, das, was die Objekte wahrhaft sind, vor das Bewußtsein gebracht werde. In diesem Glauben geht das Denken geradezu an die Gegenstände, reproduziert den Inhalt der Empfindungen und Anschauungen aus sich zu einem Inhalte des Gedankens und ist in solchem als der Wahrheit befriedigt. Alle anfängliche Philosophie, alle Wissenschaften, ja