Der Vollzug Der Arbeitgebererbfolge Mit Einem Vermeintlichen Erben (Munsterische Beitrage Zur Rechtswissenschaft, 7) (German Edition) 3428057449, 9783428057443

Originally presented as the author's thesis (doctoral--Westfèalische Wilhelms-Universitèat Mèunster, 1984)

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German Pages 185 [186] Year 1985

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Der Vollzug Der Arbeitgebererbfolge Mit Einem Vermeintlichen Erben (Munsterische Beitrage Zur Rechtswissenschaft, 7) (German Edition)
 3428057449, 9783428057443

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WOLF· D. WALKER

Der Vollzug der Arheitgehererhfolge mit einem vermeintlichen Erhen

MUNSTERISCHE BEITRÄGE ZUR RECHTSWISSENSCHAFT Herausgegeben im Auftra!\ des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Westfälischen Wilhelms·Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr_ Helmut Kollhosser Dr_ Jürgen Welp

Band 7

Der Vollzug der Arbeitgebererbfolge mit einem vermeintlichen Erben

Von

Dr. Wolf - D. Walker

DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Walker, Wolf-D.: Der Vollzug der Arbeitgebererbfolge mit einem vermeintlichen Erben / von Wolf-D. Walker.Berlin: Duncker und Humblot, 1985. (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd.7) ISBN 3-428-05744-9 NE:GT

D6 Alle Rechte vorbehalten C 1985 Duncker & Humblot. Berlin 41 Gedruckt 1985 bei Buchdruckerei Bruno Luck. Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-05744-9

Meinen Eltern

Vorwort Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die unveränderte Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 1984 dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vorlag. Das Manuskript wurde im April 1984 abgeschlossen. Spätere Veröffentlichungen aus Rechtsprechung und Schrifttum sind in Fußnoten ergänzt worden, soweit sie für das behandelte Thema von Bedeutung waren. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Bundesverfassungsrichter a. D. Prof. Dr. Hans Brox, der das Erstgutachten erstattet hat, danke ich herzlich für mehrjährige fachliche und persönliche Förderung. Er hat mir in großzügiger Weise Gelegenheit gegeben, die Arbeit neben meiner Assistententätigkeit am Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität Münster anzufertigen. Ferner danke ich dem Rektor der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Herrn Prof. Dr. WHfried Schlüter, der die Arbeit als Zweitberichterstatter begutachtet hat. Schließlich bin ich dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Münster für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe "Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft" und dem Verlag Duncker & Humblot für die verlegerische Betreuung zu Dank verpflichtet. Münster, im Juli 1984 Wolf-D. Walker

Inhaltsverzeichnis Einleitung

19

§ 1 Einführung in das Thema .........................................

19

I. Vererblichkeit der Arbeitgeberstellung ................. . . . . . . . . . . ..

20

H. Ursachen für einen fehlerhaften Vollzug der Erbfolge ..............

20

III. Arbeitsrechtliche Probleme beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge ..................................................... 21

Erster Teil Rechtsverhältnisse während des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge § 2 RechtsverhäItnisse zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern ....

I. Rechtsverhältnisse zwischen dem vAE und den zur Zeit des Erbfalls

23

23

aktiven Arbeitnehmern ............................................

23

1. Prüfung konkludent geschlossener Arbeitsverträge ..............

24

a) Meinungsstand in ähnlichen Fällen ..........................

24

b) Besonderheit im Verhältnis zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern .................................................... 25 2. Zur unmittelbaren Anwendbarkeit gesetzlicher Regeln. . . . . . . . . . . 27 a) Erbrecht ....................................................

27

b) Dienstvertragsrecht ........................ . . . . . . . . . .. . . . . . ..

28

c) Recht der Firmenfortführung und der Vermögensübernahme ..

29

d) Bereicherungsrecht .......................................... aal Tatbestandliche Voraussetzungen .................... . .. (1) Zahlung des Entgelts durch den vAE ................ (2) Leistung der Arbeit durch die Arbeitnehmer ........

30 31 31 32

Inhaltsverzeichnis

10

bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bestimmung des Anspruchsinhalts .................. (a) Objektiver Wert der Arbeit ..................... (b) Differenz zwischen herauszugebendem Betrag und vereinbartem Entgelt ........................... (2) Berücksichtigung des Arbeitnehmerschutzes .......... (a) Leistungsstörungen ............................. (aa) § 615 ....................................... (bb) § 324 ....................................... (ce) §§ 616, 1 LFZG, 1 ArbkrankhG, 63 HGB, 133 c GewO ..................................... (b) Urlaubsentgelt .................................. (c) § 818 Abs. 3 ...................................... (d) Haftungsmaßstab ............................... (3) Berücksichtigung des personalen Charakters des Arbeitsverhältnisses ................................... (4) Erkennbare Wertungen des Gesetzgebers ............ (a) Familienrecht ................................... (b) Gesellschaftsrecht ............................... (c) Sozialversicherungsrecht .........................

32 33 33

3. Rechtsfortbildung ..............................................

51

a) Fiktion von Arbeitsverträgen analog § 612 Abs. 1 ............ aal Anwendungsbereich des § 612 Abs. 1 nach der h. M. ...... bb) Erweiterung des § 612 Abs. 1 zur Vertragsfiktion . . . . . . . . . . ce) Stellungnahme ..........................................

52 52 53 54

b) Arbeitsverhältnisse analog § 613 a Abs. 1 .....................

56

aal bb) ce) dd) ee)

34 36 38 38 39 40 41 42 45 46 48 48 49 49

Grund für die Einführung des § 613 a ins BGB ............ Auslegung des Merkmals "durch Rechtsgeschäft" ......... Persönlicher Anwendungsbereich ........................ Haftungssystem ......................................... Geregelte Problematik ..................................

56 58 59 59 60

c) Gegenseitige Vertrauenshaftung zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern.............................................. aal Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Vertrauenshaftung (1) Vertrauenstatbestand ................................ (2) Auf den Vertrauenstatbestand eingerichtetes Verhalten (3) Zurechenbarkeit des Vertrauenstatbestandes . .. . . . . . .. (4) Gutgläubigkeit des Berechtigten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Die Rechtsprechung des BAG zur Vertrauenshaftung .... (1) Urt. v. 5. 9. 1972 - 3 AZR 212/69 .................... (2) Beschl. v. 30.4. 1974 - 3 AZR 71/72 .................. (3) Urt. v. 19.4. 1979 - 3 AZR 645/77 ....................

62 62 63 64 64 66 68 68 69 70

d) Wirksame Arbeitsverhältnisse nach der Eingliederungstheorie 71

Inhaltsverzeichnis

11

e) Wirksame "faktische Arbeitsverhältnisse"

72

f) Wirksame "fehlerhafte Arbeitsverhältnisse" ..................

74

aal Inhalt der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis .... bb) Anwendbarkeit der Lehre .............................. (1) Konstruktive Bedenken .............................. (2) Interessenlage der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (3) "Besonders schwere Mängel" der Erbfolge . . . . . . . . . . . . (4) Abgrenzung zum faktischen Arbeitsverhältnis.. . . . . .. ce) Einzelne Rechtsfolgen bei Annahme fehlerhafter Arbeitsverhältnisse ............................................ (1) Erfaßter Personenkreis .............................. (2) Individualrechtliche Folgen .......................... (a) Während des Vollzugs der Arbeitsverhältnisse .. (b) Nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse ........ (3) Kollektivrechtliche Folgen .......................... (a) Betriebsvereinbarungen ......................... (b) Tarifverträge ................................... (aa) Firmentarifverträge ........................ (bb) Verbandstarifverträge ...................... (c) Arbeitnehmervertretungen ......................

74 76 76 78 81 81 82 82 84 84 86 86 86 88 88 89 92

11. Rechtsverhältnisse zwischen dem vAE und den zur Zeit des Erbfalls bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern ............................ 93 1. Rechtsverhältnisse zwischen dem Erblasser und den ausgeschiedenen Arbeitnehmern ..........................................

93

2. Eintritt des vAE in diese Rechtsverhältnisse? . . . . . . . .. . . . . . . . . . ..

94

a) Zusammenhang zwischen Arbeitsverhältnissen und nachvertraglichen Rechtsverhältnissen .............................. 94 b) Anwendbarkeit der §§ 812 ff. .......... . ..................... aal Tatbestandliche Voraussetzungen ........................ (1) Ruhestandsverhältnisse .............................. (2) Wettbewerbsvereinbarungen .........................

96 96 96 97

bb) Rechtsfolgen ............................................ 98 (1) Bestimmung des Anspruchsinhalts .................. 98 (2) Arbeitnehmerschutz und personaler Charakter des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 99 (3) Erkennbare Wertungen des Gesetzgebers ............ 100 c) überprüfung des Ergebnisses ................................ 100 aal Interessenlage der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 100 bb) Vergleich zwischen den vor dem Erbfall und solchen erst nach dem Erbfall ausscheidenden Arbeitnehmern ........ 101 IH. Rechtsverhältnisse zwischen dem vAE und den erst nach dem Erbfall eingestellten Arbeitnehmern ...................................... 103

12

Inhaltsverzeichnis

§ 3 Rechtsverhältnisse zwischen dem wahren Erben und den Arbeit-

nehmern .......................................................... 104

I. Rechtsverhältnisse zwischen dem wahren Erben und den zur Zeit des

Erbfalls aktiven Arbeitnehmern .................................. 104 1. Arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge .......................................... 104

2. Anspruche des wahren Erben auf Herausgabe des vom vAE empfangenen Nachlaßgeldes ........................................ 106 a) Bargeld ..................................................... aal Herausgabeanspruch nach § 985 .......................... (1) Wirksamkeit der Zahlung nach § 2366 ................ (2) Wirksamkeit der Zahlung nach § 932 . . . . . . . . . . . . . . . . .. (3) Wirksamkeit der Zahlung nach § 1959 Abs. 2 .......... (4) Wirksamkeit der Zahlung nach § 185 Abs.2 .......... bb) Herausgabeanspruch nach §§ 812 ff. ......................

106 106 106 106 107 108 109

b) Kontogutschrift ............................................. 109 II. Rechtsverhältnisse zwischen dem wahren Erben und den zur Zeit des Erbfalls bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111 III. Rechtsverhältnisse zwischen dem wahren Erben und den erst nach dem Erbfall eingestellten Arbeitnehmern .... , ..................... 111 § 4 RechtsverhäItnis zwischen dem vAE und dem wahren Erben ........ 113

I. Geschäftsführung ohne Auftrag des vorläufigen Erben ...... " ... '"

113

II. Erbschaftsbesitz des vermeintlichen Erben ........................ 113 1. Tatbestandliche Voraussetzungen der §§ 2018 ff. ................. 114 a) Objektive Voraussetzung .................................... 114 b) Subjektive Voraussetzung ................................... 114 2. Rechtsfolgen der §§ 2018 ff ...................................... 116 a) Anspruche des wahren Erben ................................ aal Herausgabe des Nachlasses und der Surrogate .......... bb) Herausgabe der gezogenen Nutzungen .................... (1) Unternehmensgewinn als herauszugebende Nutzung .. (2) Einschränkung des Anspruchs auf Gewinnherausgabe ce) Ersatzansprüche ......................................... (1) § 2021 ............................................... (2) §§ 2023 f. ............................................ (3) § 2025 ...............................................

116 116 117 117 118 120 120 120 121

Inhaltsverzeichnis

13

b) Ansprüche des vAE .......................................... 122 aal Verwendungsersatzanspruch ............................. (1) Inhalt des Anspruchs ................................ (a) Ersatz für die Bezahlung der Arbeitnehmer ...... (b) Ersatz für die eigene Arbeitsleistung ............. (2) Umfang des Anspruchs .............................. (3) Geltendmachung des Anspruchs ...................... bb) Freistellungsanspruch ...................................

122 122 122 123 125 126 126

IH. Geschäftsführung ohne Auftrag des vermeintlichen Erben? ......... 127 1. Kein Bedürfnis nach einer analogen Anwendung der §§ 677 ff.

128

2. Entgegenstehender Wille des Gesetzgebers ...................... 129

Zweiter Teil

Rechtsverhältnisse nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge

130

§ 5 Eintritt des wahren Erben in die Rechte und Pflichten des Erblassers 131

I. Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen ..................... 131 11. Rechte und Pflichten aus Kollektivvereinbarungen .................. 131 IH. Rechte und Pflichten aus nachvertraglichen Rechtsverhältnissen .... 132 § 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechte und Pflichten des vAE .... 133

I. Freiwilliger Eintritt ................................. . ............. 133

11. Eintritt aufgrund gesetzlicher Freistellungsverpflichtung gegenüber dem vAE .......................................................... 134 IH. Eintritt kraft Gesetzes ............................................ 135 1. Feststellung einer ausfüllungsbedürftigen Gesetzeslücke ........ 135 a) Gesetzeslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 136 b) Planwidrigkeit der Gesetzeslücke ............................ aal Vergleichbarer Sachverhalt bei der Vor- und Nacherbschaft (1) Bestandsschutzinteresse der Arbeitnehmer. . . . . . . . . . .. (2) Interesse des wahren Erben und des Nacherben am ungeschmälerten Bestand des Nachlasses .............

136 137 137 138

14

Inhaltsverzeichnis bb) Gesetzliche Wertungen bei der Vor- und Nacherbschaft

139

2. Ausfüllung der Gesetzeslücke ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 141 a) § 1959 Abs.2, 3 analog ....................................... 141 b) § 613 a analog. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 143 aa) § 613 a Abs. 1 ............................................ 143 bb) § 613 a Abs.2-4 ......................................... 145 3. Einzelne Rechtsfolgen bei analoger Anwendung des § 613 a Abs. 1 146 a) Erfaßter Personenkreis ...................................... 146 b) Individualrechtliche Folgen .................................. 147 c) Kollektivrechtliche Folgen .................................. 149 aa) Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge ............... (1) Rechtslage vor Inkrafttreten des § 613 a Abs. 1 S.2-4 . (2) Regelung des § 613 a Abs. 1 S. 2-4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (a) Individualrechtliche Weitergeltung der Kollektivnormen ......................................... (b) Beendigung der individualrechtlichen Weitergeltung ............................................ (c) Ausschluß der individualrechtlichen Weitergeltung (3) Fortgeltung der vor Inkrafttreten des § 613 a Abs. 1 S. 2-4 bestehenden Rechtslage? ...................... bb) Fortbestand der Arbeitnehmervertretungen ..............

150 150 151 151 154 155 156 159

Dritter Teil

Prozessuale Probleme beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge

161

§ 7 Bindung des wahren Erben an Prozeßhandlungen des vAE ........ 161

I. Aufnahme unterbrochener oder ausgesetzter Prozesse durch den vAE 161 1. Keine Bindung im Regelfall .................................... 162

2. Ausnahme bei Kündigungsschutzklagen ......................... 163 11. Führung eigener Prozesse durch den vAE .......................... 165 1. Prozeßführung um Rechte oder Pflichten des Erblassers '" . . . . . .. 165

2. Prozeßführung um vom vAE begründete Rechte oder Pflichten .. 165 a) Fortdauer der Sachlegitimation des vAE bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge .......................... 166 b) Verlust der Sachlegitimation ................................. 166

Inhaltsverzeichnis

15

§ 8 Wirkungen der Rechtskraft eines für oder gegen den vAE ergangenen

Urteils ............................................................ 170

1. Subjektiver Umfang der Rechtskraft .............................. 170 1. Rechtskraftwirkung inter partes ................................ 170

2. Rechtskrafterstreckung nach § 325 Abs. 1 ZPO .................. 171 3. Rechtskrafterstreckung nach § 326 ZPO ......................... 171 H. Zwangsvollstreckung .............................................. 172 1. Abwehrrechte des vAE bei von Anfang an fehlender Passiv-

legitimation .................................................... 173

2. Abwehrrechte des vAE bei Verlust der Sachlegitimation während der Rechtshängigkeit ........................................... 174 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

175

Literaturverzeichnis

177

Abkürzungsverzeichnis Abs. AcP a.E. a.F. AGB AktG ALR a.M. Anh.

Absatz Archiv für civilistische Praxis am Ende alte Fassung Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesetz Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten von

1794

anderer Meinung Anhang Anm. Anmerkung AnVG Angestelltenversicherungsgesetz Arbeitsrechtliche Praxis (Nachschlagewerk des BundesAP arbeitsgerichts) AR-BI. Arbeitsrecht-Blattei ArbG Arbeitsgericht ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz ArbGr. Arbeitsrechtliche Grundsätze Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung ArbkrankhG der Arbeiter im Krankheitsfall ArbR d. Gegenw. Das Arbeitsrecht der Gegenwart ARS Arbeitsrechtliche Sammlung (Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte) Art. Artikel AS Allgemeines Schuldrecht AT Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs Aufl. Auflage AuR Arbeit und Recht BAG BAGE BB BBiG Bd. Beschl. BetrAVG BetrVG BGB BGBl. BGH BGHZ BI.

Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (amtliche Sammlung) Der Betriebsberater Berufsbildungsgesetz Band Beschluß Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (amtliche Sammlung) Blatt

Abkürzungsverzeichnis BlStSozArbR BNotO BS BSGE BT-Drucks. BUrlG BVerfGE BVerwGE DB ders. DGB Diss. EG EheG Einf. Einl. Ergbd. EzA f., ff. FN GBO gern. GenG GewO GG ggf. GK GmbH GmbHG GoA HGB h.M. HR i.V.m. JMBl.NW JurA JuS JZ KG krit. KSchG LAG LFZG LM 2 Walker

17

Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht Bundesnotarordnung Besonderes Schuldrecht Entscheidungen des Bundessozialgerichts (amtliche Sammlung) Bundestags-Drucksache Bundesurlaubsgesetz Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (amtliche Sammlung) Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (amtliche Sammlung) Der Betrieb derselbe Deutscher Gewerkschaftsbund Dissertation Europäische Gemeinschaft Ehegesetz Einführung Einleitung Ergänzungsband Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgender, folgende Fußnote Grundbuchordnung gemäß Genossenschaftsgesetz Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Groß kommentar, Gemeinschaftskommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Geschäftsführung ohne Auftrag Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Handelsrecht in Verbindung mit Justizministerialblatt Nordrhein-Westfalen Juristische Analysen Juristische Schulung Juristen-Zeitung Kammergericht, Kommanditgesellschaft kritisch KündigungSSchutzgesetz Landesarbei tsgericht Lohnfortzahlungsgesetz Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs

18

Abkürzungsverzeichnis

MDR MitbG Mot. MuSchG m.w.N.

Monatsschrift für Deutsches Recht Das Mitbestimmungsgespräch Motive Mutterschutzgesetz mit weiteren Nachweisen

n.F. NJW Nr.,Nm.

neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nummer(n)

OHG OLG

Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht

Prot.

Protokolle

R

Rückseite Reichsarbeitsgericht Recht der Arbeit Randzahl Kommentar, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Der Deutsche Rechtspfleger Reichsversichenmgsordnung

RAG RdA Rdz. RGRK RGZ RPfleger RVO S. Saarl. UnivG. SAE SR

Seite, Satz Saarländisches Universitätsgesetz Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Schuldrecht

TVG

Tarifvertragsgesetz

üb. Urt.

überblick Urteil

v.

vor, von, vom vermeintlicher Arbeitgebererbe Versicherungsrecht vergleiche Vorbemerkung

vAE VersR vgl. Vorbem. WM

Wertpapier-Mitteilungen

z.B. ZfA ZHR ZIP zit. ZPO z.T. ZVG ZZP z. Zt.

zum Beispiel Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für die gesamte Insolvenzpraxis zitiert Zi vilprozeßordnung zum Teil Zwangs versteigerungs gesetz Zeitschrift für Zivilprozeß zur Zeit

§§

Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB.

Einleitung § 1 Einführung in das Thema Beim Tod eines Menschen besteht die Möglichkeit, daß erst nach längerer Zeit festgestellt wird, wer sein Erbe ist. In der Zwischenzeit kann im Rechtsverkehr jemand als Erbe des Verstorbenen handeln und und behandelt werden, obwohl er in Wahrheit nicht Erbe ist. Das führt vor allem dann zu rechtlichen Problemen, wenn ein Nichterbe in Dauerschuldverhältnisse des Erblassers einrückt und diese fortführt. So kann etwa eine offene Handelsgesellschaft wegen eines Irrtums über die Erbfolge mit dem vermeintlichen Erben eines verstorbenen Gesellschafters vollzogen werden. Ferner kann ein vermeintlicher Erbe einen Betrieb, ein Geschäft oder eine Praxis des Erblassers fortführen und dabei die ArbeitgebersteIlung einnehmen, die zuvor der Erblasser hatte. Die geseIlschaftsrechtliche Problematik beim fehlerhaften Vollzug der Erbfolge nach einem OHG-Gesellschafter wurde bereits mehrfach untersucht 1• Welche Folgen sich beim Vollzug der Arbeitgebererbfolge mit einem vermeintlichen Erben für diesen vermeintlichen Arbeitgebererben (vAE) , den wahren Erben und die betroffenen Arbeitnehmer ergeben, wurde dagegen erst in einem Beitrag2 behandelt. Dieser beschränkt sich ausdrücklich darauf, das Problem zu skizzieren3 • Die besondere arbeitsrechtliche Problematik, die sich beim Vollzug der Arbeitgebererbfolge mit einem vermeintlichen Erben ergibt, ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit.

1 Bode, Der Irrtum über die Person des fortsetzungsberechtigten Gesellschafter-Erben bei der offenen Handelsgesellschaft, Diss. Hamburg 1969; Fischer, Die Stellung des vermeintlichen Erben in der OHG, Recht im Wandel, Festschrift zum 150jährigen Bestehen des earl Heymanns Verlages, 1965, S.271; Konzen, Der vermeintliche Erbe in der OHG, ZHR 145 (1981), 29; RoZoff, Der Scheinerbe eines Personalhandelsgesellschafters, Diss. Münster 1969. Zum "Scheinerben im Recht der GmbH" vgl. DäubZer, GmbH-Rundschau 1963,181. % Stumpf, Der vermeintliche Erbe des Arbeitgebers, Festschrift f. Brackmann, 1977, S.299. a Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 310.

2*

20

§ 1 Einführung

I. Vererblichkeit der Arbeitgeberstellung Ausgangspunkt der Untersuchung ist, daß die verschiedenen arbeitsvertraglichen4 Rechte und Pflichten eines Arbeitgebers grundsätzlich vererblich sind. Der Erbe tritt nach §§ 1922, 1967 anstelle des Erblassers in die Arbeitsverhältnisse, an denen dieser beteiligt war, eins. Der Grund für die Vererblichkeit der ArbeitgebersteIlung liegt darin, daß für die Arbeitnehmer die Art des Betriebes und ihrer Tätigkeit zumeist wichtiger ist als die jeweilige Person des Arbeitgebers 6 • § 613 S. 2 steht der Vererblichkeit der Arbeitgeberstellung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist zwar der Anspruch auf die Dienste im Zweifel nicht übertragbar. Dagegen hat der Gesetzgeber die Vererblichkeit bewußt nicht ausgeschlossen. Das ist daraus zu ersehen, daß er die Vererblichkeit in solchen gesetzlichen Vorschriften, in denen sie wie die Übertragbarkeit behandelt werden soll, ausdrücklich genannt hat (vgl. etwa §§ 38, 514, 847, 1300)1. Nur in Ausnahmefällen, in denen die Arbeitsleistung nicht dem Betrieb oder Unternehmen, sondern gerade der Person des Arbeitgebers zugute kommt (Privatlehrer, Privatsekretär, Krankenpfleger, Chauffeur), ist der Bestand der Arbeitsverhältnisse von der Person des Arbeitgebers abhängig. Dann tritt der Erbe nicht in dessen Arbeitsverhältnisse ein. Diese werden vielmehr durch den Tod des Arbeitgebers beendet8 • ß. Ursachen für einen fehlerhaften Vollzug der Erbfolge

Es kommen verschiedene Ursachen dafür in Betracht, daß nicht der wahre, sondern ein vermeintlicher Erbe an die Stelle eines verstorbenen Arbeitgebers tritt. Zum einen besteht die Möglichkeit, daß jemand als gesetzlicher Erbe eines Arbeitgebers handelt und behandelt wird, obwohl er durch eine zunächst nicht bekannte Verfügung von Todes wegen von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist (§ 1938), später die Erbschaft mit rückwirkender Kraft ausschlägt (§§ 1944 ff., 1953 Abs. 1)9 oder 4 Zur Vererblichkeit der Rechtsstellung des Arbeitgebers aus Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen vgl. unten § 2 I 3 f ce (3) (a), (b). 5 BAGE 18, 104, 110; Bobrowski/Gaul, Bd.lI, K I Rdz. 1,7 und K 11 Rdz.l; Hueck/ Nipperdey, Bd. I, § 54 111 5, S.521 FN 27; Nikisch, Bd. I, § 46 I 1, 2, S.656; Schaub, Handbuch, § 117 11 1,2, S.700; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, H I 1, 2, S. 142 f.; Zöllner, Arbeitsrecht, § 20 I, S. 214. 6 Brox, BS, Rdz.240; Hasford, BB 1973, 526; Nikisch, Bd. I, § 46 I 1, S.656. 7 Brox, Arbeitsrecht, Rdz.74; HueckI Nipperdey, Bd. I, § 54 111 5, S.521 FN27. 8 Beispiel bei BAG AP Nr.20 zu § 626 BGB; vgl. auch Brox, Arbeitsrecht, Rdz.74; Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 54 111 5, S. 521; Palandt/Putzo, Vorbem. v. § 620 Anm. 1 b bb; Soergell Kraft, § 613 Rdz. 9. g Dieser Fall wird selten vorkommen, da in der Besorgung erbschaftlicher

111. Probleme bei fehlerhafter Erbfolge

21

nachträglich rückwirkend für erbunwürdig erklärt wird (§ 2344 Abs. 1). Ferner kann jemand als gewillkürter Erbe eines Arbeitgebers angesehen werden, obwohl die testamentarische oder erbvertragliche Erbeinsetzung von Anfang an nichtig (§§ 116 S. 2, 117 Abs. 1, 118, 125 S. 1, 134, 138, 2229, 2230) war, wirksam angefochten (§§ 2078 ff., 2281 ff.) wurde oder durch eine spätere Verfügung von Todes wegen widerrufen wurde (§§ 2254, 2258); außerdem kann auch die gewillkürte Erbfolge aufgrund einer späteren Ausschlagung oder Erbunwürdigkeitserklärung rückwirkend als von Anfang an nicht erfolgt gelten.

III. Arbeitsrechtliche Probleme beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge Solange der vermeintliche Erbe nicht als Arbeitgeber auftritt, entstehen auch - jedenfalls unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten keine rechtlichen Probleme. Ein solcher Fall ist insbesondere bei größeren Betrieben denkbar, in denen der Inhaber nicht persönlich tätig ist. Wenn der vAE den Arbeitnehmern keine Weisungen erteilt, sondern den Betrieb durch die noch vom Erblasser bestellte Geschäftsleitung weiterführen läßt, und die Arbeitnehmer wie vor dem Erbfall von einem Firmenkonto bezahlt werden, sind die Arbeitnehmer wie zu Lebzeiten des Erblassers "für den Betrieb" tätig. Sie vollziehen ihre Arbeitsverhältnisse nach dem Erbfall wie vorher mit dem jeweiligen Firmeninhaber, unabhängig davon, welche Person sich dahinter verbirgt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß der vAE in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber am Rechtsverkehr teilnimmt. Insbesondere bei kleineren Betrieben, Geschäften oder Praxen liegt es nahe, daß er persönlich das dem Arbeitgeber zustehende Direktionsrecht ausübt, das geforderte Arbeitsentgelt zahlt, ggf. bestehende Arbeitsverträge kündigt oder vertragliche Änderungen vereinbart, selbst Adressat von Kündigungen ist und neue Arbeitnehmer einstellt 10 • Ferner kann der vAE Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträge abschließen oder kündigen oder einem Arbeitgeberverband beitreten und deshalb an Verbandstarifverträge gebunden sein. Schließlich ist es möglich, daß er als Arbeitgeber an Rechtsstreitigkeiten beteiligt ist und die dabei in Betracht kommenden Prozeßhandlungen vornimmt. Geschäfte, die über bloße Fürsorgehandlungen hinausgehen, regelmäßig bereits die Annahme der Erbschaft liegt. Vgl. Brox, Erbrecht, Rdz. 301; BartholomeycziklSchlüter, Erbrecht, § 3011 3 b, S. 199. 10 Vgl. etwa BAG AP Nr. 9 zu § 613 a BGB. Der Sachverhalt, der dieser Entscheidung zugrunde lag, wird noch unten unter § 2 I 1 a erläutert.

22

§ 1 Einführung

Solange niemand bemerkt, daß der vAE nicht Erbe des verstorbenen Arbeitgebers ist, und der wahre Erbe nicht in Erscheinung tritt, ergeben sich aus der Teilnahme des vAE am Rechtsverkehr zwar keine Schwierigkeiten. In dieser Zeit ist der vAE tatsächlich Arbeitgeber. Rechtliche Probleme entstehen aber, wenn die Fehlerhaftigkeit der vollzogenen Erbfolge erkannt wird und der wahre Erbe den Betrieb übernimmt. Dann stellt sich die Frage, ob die zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse rückabgewickelt werden müssen und ob zwischen dem vAE und dem wahren Erben Schadensersatz-, Aufwendungsersatz- oder sonstige Ansprüche bestehen (1. Teil der Arbeit). Ferner fragt es sich, welche Auswirkungen die Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge auf Bestand und Inhalt der Arbeitsverhältnisse hat, ob z. B. der wahre Erbe an Kündigungen oder Neueinstellungen durch den vAE gebunden ist (2. Teil der Arbeit). Schließlich ist in prozeßrechtlicher Hinsicht problematisch, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, daß der vAE als Arbeitgeber an Rechtsstreitigkeiten beteiligt ist oder war (3. Teil der Arbeit).

Erster Teil

Rechtsverhältnisse während des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge Zunächst steIlt sich die Frage, welche Rechtsverhältnisse während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge zwischen dem vAE, den Arbeitnehmern und dem wahren Erben bestehen. Die praktische Bedeutung dieser Frage zeigt sich bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge. Denn von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, ob und wie die zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse rückabzuwickeln sind, welche Rechte und Pflichten zwischen dem wahren Erben und den Arbeitnehmern bestehen und welche Ansprüche der vAE und der wahre Erbe gegeneinander haben.

§ 2 Rechtsverhältnisse zwischen dem v AE und den Arbeitnehmern Bei der Untersuchung, in welcher rechtlichen Beziehung der vAE während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge zu den Arbeitnehmern steht, ist danach zu unterscheiden, ob die Arbeitnehmer zur Zeit des Erbfalls noch "aktiv" sind und vom vAE weiterbeschäftigt werden, ob sie bereits vor dem Erbfall aus ihren früheren Arbeitsverhältnissen mit dem Erblasser ausgeschieden sind oder ob sie erst nach dem Erbfall vom vAE eingestellt werden. I. Rechtsverhältnisse zwischen dem v AE und den zur Zeit des Erbfalls aktiven Arbeitnehmern Die zur Zeit des Erbfalls aktiven Arbeitnehmer hatten Arbeitsverträge mit dem verstorbenen Arbeitgeber geschlossen. In diese RechtssteIlung tritt nach §§ 1922, 1967 derjenige ein, der kraft Gesetzes (§§ 1924 bis 1931) oder Verfügung von Todes wegen (§§ 1937, 1941) wirksam zur Erbfolge nach dem Arbeitgeber berufen ist. Während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nimmt in tatsächlicher Hinsicht jedoch der vAE die ArbeitgebersteIlung ein. Es fragt sich, welche Rechtsverhältnisse dieser tatsächlichen Beziehung zugrunde liegen.

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

1. Prüfung konkludent geschlossener Arbeitsverträge

Die Arbeitnehmer erbringen während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ihre Arbeitsleistung mit Wissen und Willen für den vAE. Dieser nimmt die Arbeitsleistung ebenfalls wissentlich und willentlich entgegen und zahlt dafür das zwischen dem verstorbenen Arbeitgeber und den Arbeitnehmern vereinbarte Entgelt. Es liegt nahe, in diesem tatsächlichen, vom beiderseitigen Willen getragenen Verhalten einen konkludenten Vertragsschluß zu sehen!. Falls das bejaht werden kann, vollziehen der vAE und die von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmer ihre Arbeitsverhältnisse auf der Grundlage dieser Arbeitsverträge. a) Meinungsstand in ähnlichen Fällen

Das BAG2 hat in einem ähnlich erscheinenden Fall einen konkludenten Vertragsschluß angenommen. Nach dem Tod eines Notars wurde das Notariat von einem gerichtlich bestellten Notariatsverweser fortgeführt (vgl. §§ 56 ff. BNotO). Er beschäftigte die damaligen Büroangestellten weiter und zahlte das zwischen ihnen und dem verstorbenen Notar vereinbarte Entgelt. Absprachen über die Anstellungsverträge wurden nicht getroffen. Die Angestellten klagten gegen den Notariatsverweser auf Zahlung von Weihnachtsgratifikation, weil dies mit dem verstorbenen Notar vereinbart gewesen sei. Das BAG hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, der Verweser habe eigene Arbeitsverträge zu den bisherigen Bedingungen mit den Angestellten geschlossen: "Der Beklagte zu 5) (Notariatsverweser) ist ... den Klägern (Angestellten) gegenüber als Arbeitgeber aufgetreten. Er hat ihre Arbeitsleistung in Anspruch genommen und hat den ihnen zustehenden - mit Notar Dr. H. vereinbarten - Lohn gezahlt. Die Kläger konnten dieses Verhalten des Beklagten zu 5) nur so verstehen, daß das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortgesetzt werden sollte3 ." Ein vergleichbares Problem stellt sich in dem sog. "Parkplatz-Fall". Ein Kfz-Fahrer stellt seinen Pkw auf einem parkgeldpflichtigen bewachten Parkplatz ab. Er erklärt dabei ausdrücklich, mit der Bewachung nicht einverstanden zu sein und eine Bezahlung des Parkgeldes abzulehnen. Der BGH4 hat in der Entscheidung dieses Falles noch von einem faktischen Vertrag kraft sozialtypischen Verhaltens gesprochen. 1 Zu der Möglichkeit, daß ein Arbeitsverhältnis aufgrund wissentlicher und willentlicher Arbeitsleistung und Arbeitsentgegennahme entstehen kann, vgl. die beiläufigen Ausführungen bei BAG AP Nr. 19 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis BI. 2. 2 BAG AP Nr. 9 zu § 613 a BGB. 3 BAG AP Nr. 9 zu § 613 a BGB unter 2 b. 4 BGHZ 21, 319, 333 ff.

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Das SchrifttumS ist dagegen weitgehend der Ansicht, daß zwischen KfzFahrer und Parkplatzbetreiber regelmäßig ein Vertrag durch konkludentes Verhalten zustande komme. In dem Bereitstellen des Parkplatzes mit den Hinweisschildern bezüglich Bewachung und Entgelt liege das Angebot, in dem Abstellen des Pkw die Annahme. Die Erklärung des Kfz-Fahrers sei als protestatio facto contraria unbeachtlich6 • Schließlich entspricht es einer verbreiteten Ansicht, daß durch konkludentes Verhalten ein Vertrag zwischen einer Straßenbahngesellschaft und dem Benutzer der Straßenbahn zustande kommt, wenn dieser an einer Haltestelle wortlos einsteigt? Allen genannten Fällen ist gemeinsam, daß die Parteien ausdrücklich keinen Vertrag geschlossen haben. Ihr tatsächliches Verhalten wird aber als konkludenter Vertragsschluß ausgelegt.

b) Besonderheit im Verhältnis zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern Diese überlegungen scheinen auch auf die Beziehung zwischen dem vAE und den zur Zeit des Erbfalls aktiven, vom vAE weiterbeschäftigten Arbeitnehmern zuzutreffen. In der Leistung der Arbeit könnte das Angebot der Arbeitnehmer zum Vertragsschluß, in der Entgegennahme der Arbeit und der Zahlung des Entgelts könnte die Annahmeerklärung des v AE liegen. Genauso könnte man umgekehrt in dem Verhalten des vAE das Angebot, in der Arbeitsleistung die Annahme sehens. Jedoch besteht hier gegenüber den oben genannten Fällen eine entscheidende Besonderheit: Sowohl der vAE als auch die zur Zeit des Erbfalls aktiven Arbeitnehmer gehen irrtümlich davon aus, zwischen ihnen beständen schon Arbeitsverträge. Beide Parteien glauben, der vAE trete kraft Gesetzes in die zwischen den Arbeitnehmern und dem verstorbenen Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsverträge ein, ohne daß es dazu auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite einer Willenserklärung bedürfe. Tatsächlich sind die Arbeitnehmer auch schon Partei von Arbeitsverträgen (mit dem Erblasser) und haben keinen Grund, erneut Arbeitsverträge abzuschließen. Sie halten lediglich irrtümlich den vAE 6 Vgl. Brox, AS, Rdz.50; grds. auch Bydlinski, Privatautonomie, S.89; Enneccerus/Nipperdey, AT, Bd.2, § 163 VII 3 a, S. 1016 f.; Flume, Rechtsgeschäft, § 5, 5, S. 77 und § 8, 2, S.99; Küchenhoff, RdA 1958, 121, 125 f.; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdz. 190 f.; PalandtlHeinrichs, Einf. v. § 145 Anm. 5 a, b. 6 A. M. etwa Bydlinsky, Privat autonomie, S. 99, der Bereicherungsrecht an-

wenden will. 7 Vgl. Berg, MDR 1967, 448 f.; Brox, AS, Rdz.50; Canaris, Vertrauenshaftung, S.446; Nipperdey, MDR 1957, 129 f.; Siebert, Faktische Vertragsverhältnisse, S.25; anders BGHZ 23, 175; BGH LM Nr.7 zu Vorbem. zu § 145 BGB; Bydlinski, Privatautonomie, S. 89. a Dazu Küchenhoff, RdA 1958, 121, 128 ff.

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

für ihren Vertragspartner. Glaubt aber jemand, bereits vertraglich gebunden zu sein, kann sein Verhalten grundsätzlich nicht dahin ausgelegt werden, er wolle sich hinsichtlich derselben Leistung nochmals vertraglich binden9 • Deshalb kann das Verhalten des vAE - im Gegensatz zu dem Verhalten des Notariatsverwesers in dem oben genannten Fall - aus Sicht der Arbeitnehmer auch nicht als Angebot zum Vertragsschluß verstanden werden. In einem tatsächlichen Verhalten kann man nur dann die konkludente Erklärung zum Abschluß eines Vertrages sehen, wenn dieses Verhalten auf die Begründung eines Vertragsverhältnisses gerichtet ist. Eine Leistungserbringung im Rahmen eines vermeintlich schon bestehenden Vertrages kann dagegen nicht wieder neu als konkludenter Vertragsschluß ausgelegt werden10 • Auch nach den Regeln der ergänzenden Vertragsauslegung kann ein konkludenter Vertragsschluß zwischen dem vAE und den zur Zeit des Erbfalls aktiven Arbeitnehmern nicht angenommen werden. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung ist danach zu fragen, welche Regelung die Parteien eines Vertrages unter Berücksichtigung von Treu und Glauben getroffen hätten, wenn sie einen nicht bedachten Umstand in ihren Vertragsabschluß mit einbezogen hättenl l . Die Feststellung dieses hypothetischen Parteiwillens ist aber erst für die Ermittlung des Vertragsinhalts von Bedeutung, nachdem zuvor ein Vertragsabschluß bejaht worden ist l2 . Dagegen können fehlende Erklärungen durch die Interessen der Beteiligten nicht ersetzt werden l3 . Vorliegend geht es jedoch gerade darum, ob zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern überhaupt Arbeitsverträge geschlossen wurden. Davon abgesehen ist kaum anzunehmen, daß der hypothetische Wille der Parteien tatsächlich auf einen Vertragsabschluß gerichtet ist. Wenn der vAE und die Arbeitnehmer wüßten, daß der vAE nicht Erbe des verstorbenen Arbeitgebers ist, würden die Arbeitnehmer wahrscheinlich nicht für den vAE arbeiten, und dieser würde ihre Arbeit nicht annehmen und bezahlen. 9 So zum ähnlichen Problem bei der fehlerhaften Gesellschaftererbfolge in der OHG ausdrücklich Bode, Irrtum über den Gesellschaftererben, S.31 und Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 63: "Gäbe es nicht die vermeintliche Nachfolgeautomatik, müßte man das Verhalten der Restgesellschafter und des vermeintlichen Erben als einen Vertragsschluß durch konkludentes Verhalten werten." 10 Bei der Prüfung konkludenter Willenserklärungen ist genau zu unterscheiden, ob ein Verhalten auf Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist, oder ob sich in dem Verhalten nur die Vorstellung von der vermeintlich bestehenden Rechtslage äußert. Vgl. Bydlinski, Privat autonomie, S. 41, 44. 11 Brox, AT, Rdz.138; Erman/Brox, § 133 Rdz.22; Flume, Rechtsgeschäft, § 16, 4 a, S. 322; Larenz, AT, § 29 I, S. 528 ff., 533. 12 BGHZ 9, 273, 277 und 77, 301, 304; Palandt/HeinTichs, § 157 Anm.2 a. 13 Erman/Brox, § 133 Rdz.33.

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Zusammenfassend kann also festgestellt werden, daß der vAE mit den zur Zeit des Erbfalls aktiven Arbeitnehmern keine Arbeitsvertäge geschlossen hat. 2. Zur unmittelbaren Anwendbarkeit gesetzlicher Regeln

Da der vAE mit den von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmern keine arbeitsvertraglichen Vereinbarungen getroffen hat, ist zu prüfen, ob die gesetzlichen Regeln auf ihr Verhältnis zueinander anwendbar sind. a) Erbrecht

Dabei ist in erster Linie an Vorschriften aus dem Erbrecht zu denken. Es wurde jedoch bereits festgestellt, daß der vAE nach §§ 1922, 1967 nicht in die Arbeitgeberstellung des Erblassers eingerückt ist. Diese Vorschriften gelten nur für den wahren Erben 14 • Im übrigen enthält das Erbrecht zwar eine Anzahl von Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen der gesetzliche oder gewillkürte Erbe nicht Erbe wird (§§ 2078 ff., 1953, 2344, Formvorschriften); dagegen gibt es nur wenige Vorschriften zu der Frage, welche Rechtsfolgen bei dem fehlerhaften Vollzug der Erbfolge eintreten. Keine dieser Vorschriften enthält eine Regelung für das Rechtsverhältnis zwischen einem vAE und den Arbeitnehmern, die er vom verstorbenen Arbeitgeber übernimmt und weiterbeschäftigt. So betreffen die §§ 2018 ff. über den Erbschaftsanspruch nur das Verhältnis zwischen dem vermeintlichen und dem wahren Erben, nicht dagegen die Beziehung des vermeintlichen Erben zu Dritten. § 1959 paßt ebenfalls nicht. Zum einen gilt diese Vorschrift ausschließlich für die Geschäftsführung des vorläufigen Erben bis zur Ausschlagung. Zum anderen geht es in § 1959 Abs. 1 nur um das Innenverhältnis zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen Erben, und § 1959 Abs. 2, 3 betrifft nur die Wirksamkeit von Notverfügungen des vorläufigen Erben über einzelne Nachlaßgegenstände und von Rechtsgeschäften Dritter gegenüber dem vorläufigen Erben. § 1959 behandelt nicht den Vollzug von Dauerschuldverhältnissen durch den vorläufigen Erben. Ähnliches gilt für §§ 2366 ff. § 2366 regelt, unter welchen Voraussetzungen Verfügungen der im Erbschein als Erbe bezeichneten Person über Erbschaftsgegenstände wirksam sind; § 2367 betrifft die Wirksamkeit von Verfügungen und Rechtsgeschäften gegenüber dem Erbscheinserben. Davon werden Dauerschuldverhältnisse, die der im Erbschein Bezeichnete anstelle des Erblassers vollzieht, nicht erfaßt. 14

Brox, Erbrecht, Rdz. 6 ff.; Soergel/Stein, § 1922 Rdz. 5.

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

Den Vorschriften des Erbrechts kann mithin nicht entnommen werden, welches Rechtsverhältnis zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern, die er vom Erblasser übernommen hat und weiterbeschäftigt, besteht. b) Dienstvertrugsl'echt

Da die Arbeitnehmer dem vAE während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ihre Dienste gegen Entgelt erbringen, ist zu untersuchen, ob nicht Vorschriften aus dem Dienstvertragsrecht auf den tatsächlichen Leistungsaustausch anwendbar sind. Jedoch setzen die §§ 611 ff. gerade den Abschluß eines Dienstvertrages voraus; sie gelten - jedenfalls unmittelbar - nicht für Dienstleistungen ohne vertragliche Grundlage. Eine Ausnahme bildet lediglich § 613 a Abs. 1, der einen Fall des Arbeitgeberwechsels regelt, in dem zwischen dem neuen Arbeitgeber und den Arbeitnehmern keine Arbeitsverträge geschlossen werden. Nach dieser durch § 122 BetrVG15 am 15. 12. 1972 ins BGB aufgenommenen Vorschrift tritt unter bestimmten Voraussetzungen der Erwerber eines Betriebes in die Rechte und Pflichten aus den zur Zeit des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Bei dieser gesetzlichen Rechtsnachfolge auf Arbeitgeberseite 16 ist eine vertragliche Mitwirkung der Arbeitnehmer nicht erforderlichl7 . Wäre § 613 a Abs. 1 hier anwendbar, würde der vAE in die Rechte und Pflichten aus den zur Zeit des Erbfalls bestehenden Arbeitsverhältnissen einrücken. Der Leistungsaustausch zwischen ihm und den Arbeitnehmern würde auf der Grundlage dieser Arbeitsverträge erfolgen. Ein Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 613 a Abs. 1 zeigt jedoch, daß eine direkte Anwendung der Vorschrift bei dem Betriebsübergang vom Erblasser auf den vAE nicht in Betracht kommt l8 • § 613 a greift nur dann ein, wenn ein Betrieb "durch Rechtsgeschäft" auf einen anderen übergeht. Mit dem Merkmal "durch Rechtsgeschäft" ist entgegen dem insoweit ungenauen GesetzeswortIaut das schuldrechtliche Rechtsgeschäft zwischen Betriebsveräußerer und -erwerber gemeint, in dem sich jener zur Übertragung des Betriebes, dieser zum Erwerb und zur Bezahlung verpflichtet1 9 • Indem der Gesetzgeber diese 15 BGBL I, S. 13; geändert durch Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz vom 13.8. 1980, BGBL I, S. 1308. 18 BAG AP Nr. 1 zu § 613 a BGB unter II 1; Nr.4 zu § 613 a BGB unter 2 a; Nr.11 zu § 613 a BGB vor 1; Heinze, BB 1980,205; Schmitt, ZfA 1979, 503,508; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B III 2 a aa, S. 32. 17 Vgl. dazu etwa Kraft, BAG-Festschrift, S.299, 307; JauerniglSchlechtriem, § 613 a Anm. 3 a. 18 Zur analogen Anwendung des § 613 a Abs. 1 vgl. § 2 I 3 b. 19 PalandtlPutzo, § 613 a Anm. 2 c; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 a

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tatbestandliche Voraussetzung in den § 613 a Abs. 1 aufgenommen hat, hat er insbesondere die Fälle der gesetzlich geregelten Gesamtrechtsnachfolge (Erbfolge, Verschmelzung und Umwandlung von Unternehmen) von der Anwendbarkeit dieser Vorschrift ausgeschlossen2o • Vom unmittelbaren Anwendungsbereich ausgeschlossen sind aber auch die Fälle, die weder der Gesamtrechtsnachfolge noch dem rechtsgeschäftlichen Erwerb zuzuordnen sind. Damit ist einmal der übergang des Betriebs kraft Gesetzes oder kraft Hoheitsaktes gemeint 21 • Ferner gehört dazu der Betriebsübergang, dem weder Rechtsgeschäft noch Gesetz, noch Hoheitsakt zugrunde liegen, also der Betriebsübergang ohne Rechtsgrund. Der Betriebsübergang vom Erblasser auf den vAE gehört am ehesten zu dieser letzten Gruppe; denn der irrtümlich angenommene Fall der Gesamtrechtsnachfolge liegt nicht vor. Der vAE führt den Betrieb auf einer vermeintlichen Rechtsgrundlage fort. Man kann auch von einer bloß "faktischen Betriebsübernahme" durch den vAE sprechen22 • Die Vorschriften aus dem Dienstvertragsrecht sind demnach ebenfalls auf die Beziehung zwischen dem vAE und den von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmern unmittelbar nicht anwendbar. c) Recht der Firmenjortjührung und der Vermögensübe771ahme

Wenn der vAE vom Erblasser einen Betrieb übernimmt und fortführt, kann darin eine Firmenfortführung i. S. d. §§ 27, 25 HGB und eine Vermögensübernahme nach § 419 liegen. Deshalb ist zu untersuchen, ob die §§ 27, 25 HGB und § 419 eine Regelung für das Verhältnis zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern enthalten. Die Vorschriften aus dem Recht der Firmenfortführung und der Vermögensübernahme regeln die Haftung für Verbindlichkeiten, die vor der übernahme begründet wurden. Hier geht es dagegen weniger um die Haftung für vom Erblasser begründete Altschulden als vielmehr um aa, S.41; Sulzberger-Schmitt, übergang der Arbeitsverhältnisse, S.60; a. M. Borngräber, Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang, S. 50. 20 Bracker, Betriebsübergang, S.37; Falkenberg, DB 1980, 783; v. Hoyningen-HueneIWindbichler, RdA 1977, 329, 330; MünchKommlSchaub, § 613 a Rdz.25; Schaub, Handbuch, § 118 II 2, S. 703; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 a bb (1), S. 42; Soergel! Kraft, § 613 a Rdz. 12. 21 Zum übergang kraft Gesetzes vgl. BAG AP Nr.13 zu § 613 a BGB; AP

Nr.1 zu Saarländ. UniversitätsG; zum übergang kraft Hoheitsakts in der Zwangsversteigerung eines Grundstücks vgl. BAG ZIP 1984, 623, 628 unter B 11 3; Borngräber, Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang, S. 55 f.; Bracker, Betriebsübergang, S. 38 f.; Kreijci, Betriebsübergang, S.244; PalandtlPutzo, § 613 a Anm. 2 c; Richardi, RdA 1976, 56, 58 f.; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, G III 1, S. 140. 22 Borngräber, Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang, S. 50; BrackeT, Betriebsübergang, S. 38.

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

die rechtliche Einordnung der Beziehung zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge. Diese Problematik erfassen die genannten Vorschriften nicht. Auch aus anderen Gründen haben sie für die vorliegende Untersuchung kaum Bedeutung: Nach § 27 HGB haftet der Erbe, der ein zum Nachlaß gehörendes Handelsgewerbe fortführt, für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten23 nach Maßgabe des § 25 HGB. § 27 HGB gilt nach seinem Wortlaut, seiner systematischen Stellung und seinem Zweck nur bei einem Vollhandelsgewerbe, bei dem der Erbe das Unternehmen unter der alten Firma fortführt. Solche Arbeitgeber, die kein Vollhandelsgewerbe betreiben, fallen schon aus diesem Grunde nicht unter den Anwendungsbereich des § 27 HGB. Vor allem aber setzt § 27 HGB wie die §§ 1922, 1967 voraus, daß der wahre Erbe das Unternehmen fortführt. Die Vorschrift erweitert die beschränkbare Erbenhaftung und gleicht sie der Haftung eines rechtsgeschäftlichen Erwerbers eines Handelsgeschäfts nach § 25 HGB an24 • Weil der vAE schon der erbrechtlichen Haftung des § 1967 nicht unterliegt, haftet er auch nicht nach § 27 HGB. § 25 HGB ist erst recht nicht anwendbar. Zu den schon bei § 27 HGB genannten Gründen kommt bei § 25 HGB hinzu, daß die Vorschrift nur den "rechtsgeschäftlichen" Unternehmenserwerb mit Firmenfortführung erfaßt. Auch § 419 regelt nur die Haftung dessen, der "durch Vertrag" das Vermögen eines anderen übernimmt. Auf die Vermögensübernahme kraft vermeintlichen Erbrechts ist die Vorschrift nicht anwendbar. d) Bereicherungsrecht

Bisher konnte festgestellt werden, daß der vAE mit den vom Erblasser übernommenen Arbeitnehmern keine Arbeitsverträge geschlossen hat. Die zwischen ihnen vollzogenen Arbeitsverhältnisse haben aber auch in den gesetzlichen Regeln aus dem Erbrecht, dem Dienstvertragsrecht und dem Recht der Firmenfortführung und der Vermögensübernahme keine rechtliche Grundlage. Deshalb spricht zunächst alles dafür, daß der vAE mit den vom verstorbenen Arbeitgeber übernommenen Arbeitnehmern Arbeitsverhältnisse vollzieht, ohne daß dafür ein rechtlicher Grund besteht. Das deutet darauf hin, daß die zwischen ihnen 23 Zu diesen Verbindlichkeiten gehören auch Ansprüche der Arbeitnehmer z. B. auf rückständigen Lohn und Ruhegelder. Vgl. dazu BAGE 18, 286, 289; BAG AP Nr.6 zu § 613 a BGB unter 3; Säcker/Joost, DB 1978, 1078, 1079 m. w. N. in FN 71; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, D I, S. 107. 24 Bandasch/Nickel, HGB, § 27 Rdz.6; Brox, HR, Rdz.184. Der Zweck des § 27 HGB ist im einzelnen allerdings umstritten. Vgl. dazu GK/Hüt!er, HGB, § 27 Rdz. 2 ff.

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ausgetauschten Leistungen nach § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall rückabzuwikkeIn sind, sobald erkannt wird, daß der vAE nicht Erbe ist 25 • aal Tatbestandliche Voraussetzungen Eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zwischen dem vAE und den vom Erblasser übernommenen Arbeitnehmern setzt allerdings voraus, daß diese Parteien während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge überhaupt "Leistungen" im Sinne des § 812 untereinander austauschen. Das soll am Beispiel der Entgeltzahlung durch den vAE und der Arbeitsleistung durch die Arbeitnehmer geprüft werden. Dabei stellt sich die Frage, ob nicht an den jeweiligen Leistungsverhältnissen statt des tatsächlich mitwirkenden vAE rechtlich der wahre Erbe beteiligt ist. Unter Leistung wird allgemein die bewußte und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens verstanden26 . Geht es - wie hier - um Beziehungen, an denen neben den unmittelbar zuwendenden Personen (vAE, Arbeitnehmer) Dritte (wahrer Erbe) beteiligt sind, kann es zweifelhaft sein, zwischen welchen der Beteiligten Leistungsverhältnisse bestehen. Streitig ist, ob die Bestimmung des Leistungsverhältnisses in solchen Fällen aus Sicht des Zuwendenden oder des Zuwendungsempfängers erfolgt. Nach h. M.27 ist regelmäßig die Sicht des Empfängers entscheidend. Danach kommt es entsprechend den §§ 133, 157 für die Bestimmung des Leistenden darauf an, wen der Empfänger vernünftigerweise als Leistenden ansehen durfte. Nach a. M.28 ist zumindest in bestimmten Fällen nicht auf den Empfängerhorizont, sondern auf die Willensrichtung des Zuwendenden abzustellen. Dieser Streit kann hier jedoch offen bleiben, da beide Meinungen zu gleichen Ergebnissen führen: (1) Zahlung des Entgelts durch den vAE

Zahlt der vAE das vom Erblasser versprochene Entgelt an die übernommenen und weiterbeschäftigten Arbeitnehmer oder veranlaßt er solche Zahlungen, tilgt er damit eine vermeintlich eigene Schuld. Er hält sich zur Zahlung verpflichtet. Aus seiner Sicht ist er der Leistende. 25" ••• es läge an sich nichts näher, als die fraglichen Ansprüche den Regeln über die Leistungskondiktion folgen zu lassen." Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S.79 zum Leistungsaustausch auf fehlerhafter Vertragsgrundlage; ebenso Beuthien, RdA 1969, 161. 28 BGHZ 40, 272, 277; 48, 70, 73; 50, 227, 230 ff.; 58, 184, 188; Brox, BS, Rdz. 390; MünchKomm/Lieb, § 812 Rdz. 23; Palandt/Thomas, § 812 Anm.2. 27 BGHZ 40, 272, 277 f.; 58, 184, 188; 72, 246, 249; BGH NJW 1977, 44, 46; 1974, 1132; WM 1978, 1053; Baur/Wolf, JuS 1966, 393, 395 ff.; Brox, BS, Rdz. 395; Palandt/Thomas, § 812 Anm. 5 B b; Zeiss, JZ 1963, 7, 9 f. 28 Flume, JZ 1962, 281, 282; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 51; MünchKomm/ Lieb, § 812 Rdz. 48 ff.

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

Stellt man auf die Sicht der Zahlungsempfänger ab, ergibt sich nichts anderes, wenn man von dem oben angenommenen Fall ausgeht, daß der vAE als Arbeitgeber auftritt und die Arbeitnehmer den vAE für ihren Arbeitgeber halten. Dann gehen auch sie davon aus, der vAE wolle ihnen gegenüber seine (vermeintlichen) arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllen. Sie sehen den vAE als Leistenden an. Die Entgeltzahlungen erfolgen somit in dem Leistungsverhältnis zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern29 •

(2) Leistung der Arbeit durch die Arbeitnehmer Erbringen die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung so, wie es der vAE von ihnen aufgrund der mit dem Erblasser geschlossenen Verträge verlangt, liegt darin aus Sicht des vAE eine Leistung an ihn. Er geht davon aus, die Arbeitsleistung als Erbe des verstorbenen Arbeitgebers beanspruchen zu können, und glaubt, die Arbeitnehmer wollten ihm gegenüber ihre arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllen. Gleiches ergibt sich aus der Sicht der Arbeitnehmer. Sie glauben, aufgrund der Arbeitsverträge mit dem Erblasser nunmehr dem vAE verpflichtet zu sein und ihre Pflichten durch die Arbeitsleistung gegenüber dem vAE zu erfüllen. Wenn der vAE ihnen gegenüber als Arbeitgeber auftriWO, leisten sie nicht etwa an den jeweils berechtigten Betriebsinhaber, unabhängig davon, welche Person sich dahinter verbirgt; sie halten vielmehr gerade den vAE für den Berechtigten. Sie befolgen dessen Weisungen und erbringen ihre Arbeitsleistung, die in den Arbeitsverträgen in der Regel nur der Art nach beschrieben ist, so wie der vAE es durch Ausübung des Direktionsrechts von ihnen verlangt. Auch die Arbeitsleistung erfolgt somit in dem Leistungsverhältnis zwischen den Arbeitnehmern und dem vAE. Nach den bisherigen Untersuchungen tauschen der vAE und die von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmer während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge miteinander rechtsgrundlos Leistungen aus. Damit liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vor. bb) Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen bei Anwendung des Bereicherungsrechts bestehen darin, daß der vAE und die Arbeitnehmer ihre jeweils vom anderen 2~ LaTenz, SR 11, § 68 111 e 1, S. 543. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der vAE gar nicht als Arbeitgeber auftritt und die Arbeitnehmer nach dem Erbfall wie vorher unverändert über ein Firmenkonto bezahlt werden; dann zahlt der (nach Person nicht bekannte) Firmeninhaber. 30 Zu dem Fall, daß der vAE gar nicht als der Arbeitgeber in Erscheinung tritt, vgl. schon oben § 1 111. Dann vollzieht er mit den Arbeitnehmern keine Arbeitsverhältnisse, deren Rückabwicklung zu prüfen wäre.

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Teil empfangenen Leistungen herausgeben (§ 818 Abs.1) oder Wertersatz leisten müssen (§ 818 Abs. 2). Die Anwendbarkeit dieser Rechtsfolgen auf den rechtsgrundlosen Vollzug von Dauerschuldverhältnissen ist umstritten. Nach der bisher überwiegenden Meinung in Rechtsprechung31 und Schrifttum32 ist die Anwendbarkeit der §§ 812 ff. auf die Rückabwicklung einmaliger Vermögensverschiebungen beschränkt; die Vorschriften passen nach dieser Ansicht nicht, wenn es um die Abwicklung vollzogener Dauerschuldverhältnisse geht, denen eine wirksame Rechtsgrundlage fehlt. Nach a. M. handelt es sich dagegen auch bei der Rückabwicklung vollzogener Arbeitsverhältnisse um ein "bürgerlichrechtliches Abwicklungsproblem"33, welches bereicherungsrechtlich lösbar ist. Fraglich ist, welcher Meinung für den Sonderfall zu folgen ist, in dem es um die Abwicklung der zwischen einem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse geht. Die §§ 812 ff. sind zur Abwicklung dieser Beziehungen nur dann geeignet, wenn der Inhalt der dem vAE und den Arbeitnehmern zustehenden Bereicherungsansprüche ohne Schwierigkeiten bestimmbar ist (1), so daß sich keine unlösbaren Abwicklungsprobleme ergeben. Ferner setzt die Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts voraus, daß im Rahmen der §§ 812 ff. die rechtlichen Besonderheiten vollzogener Arbeitsverhältnisse, insbesondere der Arbeitnehmerschutz, in der gebotenen Weise berücksichtigt werden können ([2] und [3]). Schließlich darf eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nicht dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widersprechen (4). (1) Bestimmung des Anspruchsinhalts

Bei Anwendung der §§ 812 ff. haben der vAE und die Arbeitnehmer ihre voneinander empfangenen Leistungen herauszugeben (§ 818 Abs. 1). Die Bestimmung dieses Anspruchsinhalts ist unproblematisch, soweit es um die Leistung des vAE an die Arbeitnehmer geht. Der vAE kann das tatsächlich gezahlte Geld herausverlangen, wenn die Arbeitnehmer sich nicht auf § 818 Abs. 3 berufen können. Schwieriger ist es dagegen, den Inhalt der Arbeitnehmeransprüche zu bestimmen. (a) Objektiver Wert der Arbeit Die Arbeitnehmer haben dem vAE Arbeit geleistet. Die Herausgabe der erhaltenen Arbeitsleistung ist dem vAE aber unmöglich. Deshalb 31 BGHZ 41, 282, 288 f.; 53, 152, 158; BAGE 5, 58, 65 f.; 5, 159, 161; 8, 47, 50; 9, 1, 6; BAG AP Nr. 2 zu § 138 BGB. 32 Brox, Irrtumsanfechtung, S. 234 f.; ders., BB 1964, 523, 524; ders., RPfleger 1961, 423, 425; Canaris, BB 1967, 165, 167; Sack, RdA 1975, 171, 173; Simitis, Die faktischen Vertragsverhältnisse, S. 394 f.; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 II 1 b, S. 127. 33 Beuthien, RdA 1969, 161, 164 ff.

3 Walker

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müßte er gern. § 818 Abs.2 Wertersatz leisten34 • Die Berechnung des herauszugebenden Wertersatzes stößt jedoch auf Schwierigkeiten35 • Das Problem besteht zwar nicht darin, einen Arbeitserfolg bewerten zu müssen36 ; denn das gern. § 812 Erlangte besteht im Gegensatz zum Werkvertragsrecht nicht in einem Arbeitserfolg, sondern in der Arbeitsleistung selbst37 • Aber der Wert der konkret geleisteten Arbeit ist oft kaum zu bestimmen. Das ist schon daraus zu ersehen, daß an Arbeitnehmer mit gleicher Ausbildung für die gleiche Tätigkeit nicht überall gleiche Löhne oder Gehälter gezahlt werden. Nicht immer existiert ein Tariflohn, der ohnehin nicht für alle Arbeitnehmer maßgeblich sein muß. Auch das zwischen den Arbeitnehmern und dem Erblasser vereinbarte Entgelt kann nicht immer zugrunde gelegt werden, weil dafür Umstände maßgeblich sein können (Alter, Betriebszugehörigkeit), die mit dem wirtschaftlichen Wert der Arbeit nichts zu tun haben. Es bleibt lediglich die Möglichkeit, die Höhe des Wertersatzes an dem für die Art der geleisteten Arbeit üblichen Lohn (§ 612 Abs.2), hilfsweise am angemessenen Lohn (§§ 315 f.) zu orientieren; diese Lösung ist weitgehend anerkannt 38 • Sie wird allerdings erst dadurch möglich, daß man für die Konkretisierung der bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen auf Vorschriften und Wertungen aus dem Vertragsrecht zurückgreift. (b) Differenz zwischen herauszugebendem Betrag und vereinbartem Entgelt Die Höhe des vom vAE gern. § 818 Abs.2 zu leistenden Wertersatzes kann, selbst wenn man sie am üblichen oder am angemessenen Entgelt orientiert, unter dem Entgelt liegen, welches die Arbeitnehmer mit dem Erblasser vereinbart hatten und vom vAE tatsächlich erhalten haben. Dann gehen ihnen bei einer bereicherungsrechtlichen Abwicklung die Vorteile aus der mit dem Erblasser wirksam getroffenen Vereinbarung verloren. Das Bereicherungsrecht kann den Arbeitnehmern keinen an34 BGHZ 37, 258, 264; 41, 282, 288; Brox, RPfleger 1961, 423, 424; Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 86; Palandt/Thomas, § 818 Anm. 5 b; Staudinger / Lorenz, § 818 RdZ.23. 35 Brox, Irrtumsanfechtung, S.234; ders., RPfleger 1961, 423, 424; Ramm, Anfechtung, S. 6. 36 So aber Brox, Irrtumsanfechtung, S.234; Ramm, Anfechtung, S. 6; kritisch dazu vor allem Beuthien, RdA 1969, 161, 165; Fenn, Mitarbeit Familienangehöriger, S. 233; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 89 ff., 96. 37 Beuthien, RdA 1969, 161, 164, 165; ähnlich Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 88-90, 96; Fenn, Mitarbeit Familienangehöriger, S.233. 38 BGHZ 37, 258, 264; 36, 321, 323; 55, 128, 130; NJW 1978, 322, 323; Erman/ H. P. Westermann, § 818 Rdz.24; PalandtlThomas, § 818 Anm. 5 c; RGRK/ Heimann-Trosien, § 818 Rdz.20; Staudinger/Lorenz, § 818 Rdz.26; Bydlinski, Privatautonomie, S.19; Larenz, SR 11, § 70 I, S.575; SoergellMühl, § 818 Rdz.20.

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gemessenen Ausgleich verschaffen39 • Der vAE würde dann zwar die zwischen dem Erblasser und den Arbeitnehmern vereinbarte Arbeitsleistung erhalten, müßte jedoch nicht das nach dieser Vereinbarung geschuldete Entgelt zahlen. Da der vAE vom fehlerhaften Vollzug der Erbfolge genauso betroffen ist wie die Arbeitnehmer, ist seine BessersteIlung sachlich nicht gerechtfertigt 40 • - Ist umgekehrt der vereinbarte Lohn geringer als der objektive Wert der Arbeit, führt das Bereicherungsrecht ebenfalls nicht zu interessengerechten Ergebnissen. Dann sind die Arbeitnehmer ohne Grund bevorzugt. Sie können als Wertersatz nach § 818 Abs.2 mehr verlangen, als sie mit dem Erblasser vereinbart haben. Diese allgemein 41 als unbillig empfundenen Ergebnisse werden bei Arbeitsverhältnissen auf fehlerhafter Vertragsgrundlage zum Teil dadurch vermieden, daß man es den Arbeitnehmern gern. § 242 verwehrt, einen höheren Wertersatz als das vereinbarte Entgelt vom Arbeitgeber zu verlangen42 • Nach dieser Ansicht stehen die Arbeitnehmer hinsichtlich des Entgeltes so wie beim Vorhandensein eines wirksamen Arbeitsvertrages. Insoweit werden die Rechtsfolgen des Bereicherungsrechts dem Vertragsrecht angeglichen43 • Dagegen läßt sich der Fall, daß der vereinbarte Lohn höher als der objektive Arbeitswert liegt, mit Hilfe des § 242 nicht befriedigend lösen. Deshalb wird teilweise versucht, auf die Berechnung des Wertersatzes § 346 S.2 analog anzuwenden44 • Danach können die Arbeitnehmer Ersatz des objektiven Wertes ihrer Arbeitsleistung oder ein evtl. höher vereinbartes Entgelt verlangen 45 • 39 Wohl auch BAG AP Nr. 13 zu § 612 BGB BI. 3 R; Canaris, BB 1967, 165, 167; Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 32 I 2, S. 184; Ramm, Anfechtung, S. 6 ff.; Sack,

RdA 1975, 171, 172. 40 Sack, RdA 1975, 171, 173. 41 So auch Beuthien, RdA 1969, 161, 168; vgI. ferner Canaris, BB 1967, 165, 167; Sack, RdA 1975, 171, 173. 42 BGH JZ 1960, 603; vgI. dazu Ehl1ce, WM 1979, 1022, 1025; Erman/ H. P. Westermann, § 818 Rdz.24; RGRK/Heimann-Trosien, § 818 Rdz.20. 43 Auch Lieb, Arbeitsrecht, § 11 11 2 c, S. 14 befürwortet zwar einerseits eine bereicherungsrechtliche Lösung, will den Arbeitnehmer aber andererseits jedenfalls hinsichtlich des Entgelts - wie beim wirksamen Arbeitsvertrag stellen. 44 Beuthien, RdA 1969, 161, 168 f. 45 Nach Beuthien, RdA 1969, 161, 168 f. soll der Arbeitgeber verpflichtet sein, stets mindestens den objektiven Lohnwert zu erstatten. § 346 S.2 Fall 2 greife nur dann ein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein den Lohnwert der Arbeit übersteigendes Entgelt zugesagt habe. Das ist jedoch nicht interessengerecht. Es leuchtet nicht ein, daß ein Arbeitnehmer auch dann den objektiven Lohnwert erhalten soll, wenn dieser über dem vereinbarten Entgelt liegt. Andernfalls würde er mehr erhalten als beim Abschluß eines wirksamen Vertrages. Deshalb kann § 346 S.2 allenfalls mit dem Inhalt angewendet werden, daß im Wege des Wertersatzes in erster Linie das vereinbarte Entgelt herauszugeben ist; nur wenn eine Vereinbarung fehlt, muß der objektive Wert der Arbeit ersetzt werden. Vgl. dazu auch Sack, RdA 1975, 171, 173. 3"

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Auf diese Weise gelangt man insofern zu interessengerechten Ergebnissen, als die zwischen dem Erblasser und den Arbeitnehmern wirksam getroffenen Vereinbarungen berücksichtigt werden können. Das setzt jedoch einen weiteren Rückgriff auf das Vertragsrecht voraus. Denn § 346 greift gerade in solchen Fällen ein, in denen ein wirksamer Vertrag geschlossen wurde. Bei einer derartigen Bestimmung des Anspruchsinhalts liegt es deshalb näher, die Beziehungen zwischen dem vAE und den von ihm übernommenen Arbeitnehmern insgesamt dem Vertragsrecht zu unterstellen, anstatt verschiedene Rechtsfolgen des Bereicherungsrechts denen aus dem Vertragsrecht anzugleichen46 •

(2) Berücksichtigung des Arbeitnehmerschutzes Die §§ 812 ff. können selbst dann, wenn man mögliche Abwicklungsschwierigkeiten bei der Bestimmung des Anspruchsinhalts auf die soeben dargestellte Weise vermeidet, nur dann angewendet werden, wenn bei einer bereicherungsrechtlichen Abwicklung der zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerschutz in der gebotenen Weise berücksichtigt werden kann. Der Arbeitnehmer selbst ist nicht in der Lage, allein für seine Existenzsicherung zu sorgen. Er setzt alles, was er hat, nämlich seine Arbeitskraft, für den Arbeitgeber ein. Das kommt darin zum Ausdruck, daß er zur Erfüllung seiner Arbeitspflicht die Weisungen des Arbeitgebers befolgen muß. Er arbeitet fremdbestimmt und begibt sich weitgehend seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit47 • Durch den Verlust seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit verliert der Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, seine Arbeitskraft, seine Fähigkeiten und seine Ideen wirtschaftlich für sich selbst zu nutzen und für die eigene Daseinsvorsorge einzusetzen. Das macht ihn in erhöhtem Maße schutzbedürftig 48 • Dieser Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers trägt das Gesetz in einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Vorschriften Rechnung. Genannt seien beispielhaft nur die Regelungen, die dem Arbeitnehmer ein gleichbleibendes Einkommen in der vereinbarten Höhe sichern sollen, selbst wenn der betroffene Arbeitnehmer vorübergehend nicht arbeitet 49 (vgl. etwa Lohnfortzahlung bei Annahmeverzug des Arbeit46 Auch Sack, RdA 1975, 171, 173 meint, auf diese Weise würden lediglich bereicherungs rechtliche Maßstäbe durch vertragsrechtliche ersetzt. Kritisch auch Ehlke, WM 1979, 1022, 1025 FN 22; ablehnend ferner Wiesner, Fehlerhafte Gesellschaft, S. 171. 47 Canaris, BB 1967, 165, 167; Wiedemann, Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, S. 15. 48 Ständige Rechtsprechung des BAG seit BAGE 5, 58, 65 f.; 5, 159, 161; vgl. auch Farthmann, RdA 1958, 338, 340; Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S.48; vor allem Wiedemann, Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, S. 78. 49 Vgl. dazu nur Hersehel, RdA 1964, 7; Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S.46; Wiedemann, Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, S. 13.

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gebers, Krankheit des Arbeitnehmers und Urlaub; vgl. auch Lohnschutz bei Pfändungen). Durch derartige Vorschriften wird der Arbeitgeber zum Ausgleich dafür, daß er über fremde Arbeitskraft verfügen und diese wirtschaftlich für sich nutzen kann, zur Mitwirkung an der persönlichen Daseinsvorsorge für die Arbeitnehmer verpfIichtet 50 • Deshalb dient - im Gegensatz zu anderen Schuldverhältnissen - aIIein das Arbeitsverhältnis der Existenzsicherung der Arbeitnehmer51 ; das durchgeführte Arbeitsverhältnis bildet für den Arbeitnehmer auf Dauer seine wirtschaftliche Lebensgrundlage. Diese Funktion, nämlich Existenzsicherung des Arbeitnehmers, hat das Arbeitsverhältnis unabhängig davon, ob es auf einer wirksamen, nichtigen oder anfechtbaren Rechtsgrundlage voIIzogen wird 52 • Denn die Wirksamkeit der Rechtsgrundlage hat auf die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers keinen Einfluß. AIIerdings setzt der Arbeitnehmerschutz nicht nur die Schutzbedürftigkeit, sondern auch die Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers voraus. Die Schutzwürdigkeit ist nach einheIIiger Meinung 53 dann zu verneinen, wenn ein Arbeitsvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 oder gegen Strafgesetze nach § 134 nichtig ist. Ferner soll der Arbeitnehmer nicht schutzwürdig sein, wenn er den Abschluß des Arbeitsvertrages durch arglistige Täuschung oder Drohung erreicht hat und der Arbeitgeber deshalb die Anfechtung erklärt hat (§ 123)54. Auf derartige "besonders schwere Mängel" kann auch die Fehlerhaftigkeit der mit dem vAE voIIzogenen Erbfolge zurückzuführen sein55 • Dabei ist etwa an ein sittenwidriges Testament oder an Erbunwürdigkeit gern. § 2339 Abs. 1 zu denken. Jedoch kann die Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer selbst in solchen FäIIen nicht verneint werden. Denn die genannten Mängel der Erbfolge betreffen nur die ErbensteIlung, also das Verhältnis zwischen dem vAE und dem wahren Erben. Auf die zwischen den Arbeitnehmern und dem vAE voIIzogenen Arbeitsverhältnisse wirken derartige Mängel dagegen nicht ein. So führt etwa die Sittenwidrigkeit eines Testaments nicht ohne weiteres dazu, daß auch der VoIIzug Wiedemann, Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, S. 15-18. Vgl. insbesondere Wiedemann, Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, S. 15 und 78; ferner Canaris, BB 1967, 165, 167; Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 44; Picker, ZfA 1981, 1, 53 mit Nachweisen in FN 105. S! So ausdrücklich Canaris, BB 1967, 165, 167. $3 BAG NJW 1976, 1958, 1959; AP Nr.2 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis unter II 2 c; Brox, Arbeitsrecht, Rdz.69; HuecklNipperdey, Bd. I, § 32 III 3 c, S. 192; Picker, ZfA 1981, 1, 58; Schaub, Handbuch, § 35 III 6, S. 151; Söllner, Arbeitsrecht, § 28 II 2 b, S. 243 FN 26. 54 Bydlinski, Privatautonomie, S. 147 f.; Picker, ZfA 1981, 1, 58. 55 Kritisch zur Verwendung des unscharfen Begriffs "besonders schwerer Mangel" Blomeyer, AR-Bl., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, V, C IU 1 und C III 2 c. 50

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der Arbeitsverhältnisse gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Deshalb gebietet es die Rechtsordnung nicht, bei Sittenwidrigkeit eines Testaments oder Erbunwürdigkeit des Erben die Arbeitsverhältnisse zwischen diesem (vermeintlichen) Erben und den übernommenen Arbeitnehmern als von Anfang an unwirksam zu behandeln. Die Beziehung des vermeintlichen zum wahren Erben ist insoweit von der Beziehung des vermeintlichen Erben zu Dritten zu trennen. - Auch der Minderjährigenschutz, der es gebieten kann, Arbeitsverhältnisse auf fehlerhafter Vertragsgrundlage von Anfang an als unwirksam anzusehen 56 , dürfte beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge keine Rolle spielen. Denn ein minderjähriger vermeintlicher Erbe wird den Betrieb des Erblassers nicht selbständig, sondern allenfalls durch seinen gesetzlichen Vertreter fortführen. Mithin ist der Arbeitnehmerschutz auch beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge zu beachten. Deshalb kommt eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der zwischen dem vAE und den von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse nur dann in Betracht, wenn dabei der Schutzbedürftigkeit und der Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer angemessen Rechnung getragen werden kann. (a) Leistungsstörungen Zu den Bereichen, für die das Gesetz (auf der Grundlage wirksamer Arbeitsverträge) Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer bereit hält, gehört das Recht der Leistungsstörungen (§§ 615, 324, 616). Diese Vorschriften weichen zum Teil vom Recht der allgemeinen Leistungsstörungen zugunsten der Arbeitnehmer ab 57 • Es ist davon auszugehen, daß bei Leistungsstörungen während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern diese zum Vertragsrecht gehörenden Vorschriften beachtet werden. Das kann dazu führen, daß der vAE an die übernommenen Arbeitnehmer ein Entgelt zahlt, obwohl die Arbeitnehmer nicht für ihn arbeiten. Fraglich ist, wie sich dieser Umstand bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung auswirkt. (aa) § 615

So kann sich der vAE, wenn er die Entgegennahme der angebotenen Arbeit verweigert hat, nach § 615 zur Zahlung des Entgelts verpflichtet gefühlt haben. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Voraussetzungen des § 615 vorlagen. Nach den bisherigen Untersuchungen war der vAE als 56 Brox, Arbeitsrecht, Rdz. 67; Blomeyer, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, V, C III 2 a bb; Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 32 III 2 a, S.190; Schaub, Handbuch, § 35 III 4, S. 150. 57 Brox, Arbeitsrecht, Rdz. 162 a. E.; Schaub, Handbuch, § 97 I, S. 573 f. und § 98 I 1, S. 579 f.; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 11 1 b, S. 127.

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Nichterbe zur Annahme der Arbeitsleistung nicht verpflichtet. Deshalb kann er auch nicht in Annahmeverzug (§§ 615, 293 ff.) gekommen sein. Folglich hat er das Entgelt ohne Rechtsgrund gezahlt und kann es nach § 812 Abs.1 S. 1 1. Fall herausverlangen. Er ist aber seinerseits keinem Bereicherungsanspruch ausgesetzt, weil er von den Arbeitnehmern nichts erlangt hat. Allein durch das Arbeitsangebot, von dem er im Rahmen rechtsgrundloser Beziehungen keinen Gebrauch machen muß und will, ist er nicht bereichert58 • - Die Arbeitnehmer haben für diese Zeit auch keine Ansprüche nach § 615 gegen den wahren Erben, die sie nach Entdeckung seiner ErbensteIlung gegen ihn geltend machen könnten. Denn unabhängig davon, in welcher rechtlichen Beziehung sie zu ihm während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge stehen59 , haben sie ihm ihre Arbeitskraft jedenfalls nicht angeboten. Deshalb kann der wahre Erbe nicht in Annahmeverzug gekommen sein. Das würde im Ergebnis bedeuten, daß die Arbeitnehmer für die Zeit, in der sie dem vAE ihre Arbeit angeboten haben, kein Entgelt erhalten. Bei dieser Lösung könnte das tatsächlich vollzogene Arbeitsverhältnis die oben genannte Funktion der Existenzsicherung nicht übernehmen. Der Gedanke des Arbeitnehmerschutzes würde trotz Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer nicht berücksichtigt. (bb) § 324 Gleiches gilt, wenn den Arbeitnehmern die Arbeitsleistung aus einem Grund unmöglich wurde, den der vAE zu vertreten hatte, und der vAE das Arbeitsentgelt trotzdem gezahlt hat, weil er sich dazu nach § 324 verpflichtet gefühlt hat 60 • Die Voraussetzungen des § 324 liegen nach dem bisher Gesagten nicht vor. Der vAE ist als Nichterbe nicht zur Annahme der Leistung verpflichtet und deshalb auch nicht Gläubiger im Sinne des § 324. Er kann das Entgelt also zurückfordern, ohne selbst einem Bereicherungsanspruch ausgesetzt zu sein. Bei dieser Lösung würde also der Arbeitgeber, der sich aus Sicht der Parteien (auf der Grundlage eines irrtümlich angenommenen Vertragsverhältnisses) unkorrekt verhält, gegenüber den Arbeitnehmern, die ihre vermeintlichen Pflichten erfüllen wollen, unbiIligt bevorzugt. - Ansprüche gegen den wahren Erben haben die Arbeitnehmer ebenfalls nicht, weil dieser für das Verhalten des vAE nicht einzustehen hat. Der vAE ist weder sein Vertreter noch sein Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfe. 58 So aber Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 96 ff. Jedoch ist das bloße Anbieten einer nicht geschuldeten Leistung niemals Erfüllung einer (vermeintlichen) Schuld und kann auch bei einer weiten Betrachtung nicht zu einer Bereicherung führen. Ebenso Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 85. 5g Vgl. dazu noch unten § 3 I. 60 § 324 ist neben den Sondervorschriften über Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis (§§ 615,616) anwendbar. Vgl. Schaub, Handbuch, § 97 I, S. 574.

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(ce) §§ 616, 1 LFZG, 1 ArbkrankhG, 63 HGB, 133 c GewO War ein Arbeitnehmer krank oder konnte er aus sonstigen von ihm nicht zu vertretenden, in seiner Person liegenden Umständen nicht arbeiten, wird der vAE das Entgelt gern. §§ 616, 1 LFZG, 1 ArbkrankhG, 63 HGB, 133 c GewO weitergezahlt haben. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind61 • Denn danach haben die Arbeitnehmer in bestimmten Fällen ausnahmsweise einen Anspruch auf die Hauptleistung, obwohl sie die Gegenleistung nicht erbringen können. Jedoch besteht nach dem bisher Ausgeführten im Rahmen rechtsgrundlos vollzogener Arbeitsverhältnisse von vornherein kein Anspruch auf die Hauptleistung. Danach kommt es gar nicht darauf an, ob die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung erbringen oder nicht. Diese Zweifel lassen sich auch nicht ausräumen, wenn man den Grund für die genannten Vorschriften in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers sieht62 und ihm eine Fürsorgepflicht grundsätzlich auch im Rahmen eines außervertraglichen Schuldverhältnisses auferlegt 63 • Denn damit ist nicht mehr gesagt, als daß aus Fürsorgegesichtspunkten in bestimmten Fällen die Hauptleistungspflicht nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig sein sollM. Diese Begründung paßt aber nicht, wenn eine Hauptleistungspflicht des vAE selbst dann nicht besteht, wenn er von den Arbeitnehmern eine Gegenleistung erhält. - Gegen den wahren Erben bestehen für diese Zeit der unverschuldeten Nichtarbeit ebenfalls keine Entgeltansprüche. Das während der Krankheit oder sonstigen unverschuldeten Arbeitsverhinderung zu zahlende Entgelt ist Arbeitsentgelt. Es ist deshalb nur dann fortzuzahlen, wenn ohne die Krankheit oder den sonstigen Grund der Arbeitsverhinderung ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestanden hätte 65 • Der wahre Erbe mußte aber kein Entgelt zahlen, da die Arbeitnehmer weder für ihn gearbeitet haben noch ihm ihre Arbeitskraft angeboten haben. Die Arbeitnehmer hätten demnach für die Zeit ihrer Krankheit keine Entgeltansprüche. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß darin eine untragbare Vernachlässigung des Arbeitnehmerschutzes liegt. Die aufgeführten Beispiele zeigen, daß es unter dem Gesichtspunkt des Arbeitnehmerschutzes zu sachwidrigen Ergebnissen führt, wenn man auf rechtsgrundlos vollzogene Arbeitsverhältnisse keinerlei Rechtsfolgen des Arbeitsvertragsrechts anwendet. Aus diesem Grund wird 81 So aber wohl Beuthien, RdA 1969, 161, 171; dagegen Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 101 f. 82 Vgl. dazu Schaub, Handbuch, § 97 I, S. 573 und § 98 I 1, S. 579 f. ft3 Beuthien, RdA 1969, 161, 171. 64 Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 102. M Zuletzt BAG SAE 1983, 178, 180; vgl. auch BAG AP Nrn.20, 27 zu § 63 HGB und 4 zu § 133 c Gew'O; LAG Saarbrücken, DB 1964, 115; ArbG Rheine, BB 1967, 1484; Schaub, Handbuch, § 98 115, S. 585.

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auch weitgehend vertreten, die dem Schutz des Arbeitnehmers dienenden Vorschriften der §§ 615, 616, 324, 1 LFZG, 1 ArbkrankhG, 63 HGB, 133 c GewO seien bei Arbeitsverhältnissen, die auf fehlerhafter Vertragsgrundlage vollzogen werden, entsprechend anzuwenden 66 • Dann gelangt man zu interessen gerechten Ergebnissen. Diese Lösung läßt sich jedoch dem Bereicherungsrecht nicht entnehmen; sie wird gerade von denen vertreten, die eine bereicherungsrechtliche Lösung durch die Annahme fehlerhafter, aber wirksamer Arbeitsverhältnisse vermeiden. Bei einer Anwendung der genannten Regeln über Leistungsstörungen werden bereicherungsrechtliche Rechtsfolgen durch solche aus dem Vertragsrecht ersetzt67 • Daraus wird erneut deutlich, daß es näher liegt, insgesamt auf eine bereicherungsrechtliche Abwicklung der vollzogenen Arbeitsverhältnisse zu verzichten, anstatt wesentliche Rechtsfolgen des Bereicherungsrechts denjenigen aus dem Vertragsrecht anzugleichen. (b) Urlaubsentgelt Ein ähnliches Problem stellt sich, wenn der vAE den übernommenen Arbeitnehmern während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge bezahlten Erholungsurlaub gewährt. Er zahlt dann, weil er sich dazu nach §§ 1, 11 BUrlG verpflichtet fühlt, Entgelt für eine Zeit, in der die Arbeitnehmer nicht für ihn arbeiten. Dieses Geld kann er gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall herausverlangen, weil für die Zahlung ein rechtlicher Grund fehlt; denn Urlaubsentgelt kann nur verlangen, wer einen Anspruch auf Urlaub hat. Die Arbeitnehmer haben nach den bisherigen Untersuchungen aber keinen Urlaubsanspruch gegen den vAE; denn der Urlaubsanspruch hängt vom "rechtlichen"68 Bestand eines Arbeitsverhältnisses ab (vgl. § 4 BUrIG). Die Arbeitnehmer können nur von demjenigen beurlaubt werden, demgegenüber sie zur Arbeitsleistung verpflichtet sind 69 • Das ist nicht der vAE. - Für den Urlaub, den die Arbeitnehmer während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge genommen haben, können sie auch vom wahren Erben kein Urlaubsentgelt verlangen; denn das Urlaubsentgelt ist nur das während des Urlaubs fortgezahlte ArbeitsentgelPo. Der wahre Erbe ist aber zur Zahlung des Arbeitsentgeltes 66 Vgl. BAG AP Nr.32 zu § 63 HGB für § 63 HGB mit kritischer Anm. Mayer-Maly; BAG AP Nr.24 zu § 123 BGB unter IV 3 b zu §§ 616, 1 LFZG, 63 HGB, 133 c GewO, anders dagegen zu § 615; vgl. auch BAG AP Nr.3 zu § 12 MuSchG; Hueck/ Nipperdey / Stahlhacke, TVG, § 4 Rdz. 11 zu §§ 615, 616; Schaub, AR-Bl., Annahmeverzug des Arbeitgebers, B 11 2 zu § 615; ders., Handbuch, § 35 111 3, S. 150. 87 Deshalb hält Beuthien, RdA 1969, 161, 171, der für eine Anwendung des

Bereicherungsrechts eintritt, die genannten Vorschriften nicht für anwendbar. 68 Vgl. Dersch/Neumann, BUrIG, § 4 Rdz. 30. 69 Beuthien, RdA 1969, 161, 170; Küßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S.102. 70 BAG AP Nr.81 zu § 611 BGB Urlaubsrecht; Beuthien, RdA 1969, 161, 170; Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 49 V I, S.444 FN 69; Schaub, Handbuch, § 102 VI I, S.625.

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nicht verpflichtet, da die Arbeitnehmer mit ihm keine Arbeitsverhält~ nisse vollzogen haben. Deshalb braucht er auch für die Zeit des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge kein Urlaubsentgelt zu zahlen. Wenn die Arbeitnehmer ihr erhaltenes Urlaubsentgelt herausgeben müssen, ohne einen Gegenanspruch zu haben, wird für sie ihr vermeintlich bezahlter Erholungsurlaub rückwirkend zum unbezahlten Urlaub. Das ist mit dem Zweck des Erholungsurlaubs, dem Arbeitnehmer eine Erholung zur Erhaltung seiner Gesundheit bei Aufrechterhaltung seines Lebensstandards zu gewähren71 , unvereinbar. Auch die Vorschriften über Erholungsurlaub dienen dem Schutz des Arbeitnehmers und müssen bei tatsächlich vollzogenen Arbeitsverhältnissen beachtet werden. Zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse wird deshalb zum Teil vertreten, die Höhe des im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zu zahlenden Urlaubsentgelts sei bei der Höhe des Wertersatzes mit zu berücksichtigen, den die Arbeitnehmer nach § 818 Abs.2 für ihre Arbeitsleistung vom vAE verlangen können72 . Danach erhalten sie über ihren Wertersatzanspruch im Ergebnis so viel, wie sie bei einem rechtlich wirksamen Arbeitsverhältnis einschließlich des Urlaubsentgelts erhalten hätten. Dieses Ergebnis läßt sich jedoch den Rechtsfolgen des Bereicherungsrechts nicht entnehmen. Es ist keinesfalls selbstverständlich, daß der wirtschaftliche Wert der Arbeitsleistung auch davon abhängt, ob und in welcher Höhe der die Arbeit Leistende aufgrund eines wirksamen Vertrages urlaubsberechtigt gewesen wäre. Leisten etwa zwei Arbeitnehmer die gleiche Arbeit, ist für den vAE die Arbeitsleistung des einen nicht deshalb wirtschaftlich wertvoller, weil dieser (etwa wegen seines höheren Alters oder wegen einer Behinderung) einen höheren Urlaubsanspruch hätte. Die Berücksichtigung des Urlaubsentgelts bei der Höhe des Wertersatzes bedeutet vielmehr ebenfalls einen Rückgriff auf das Arbeitsvertragsrecht. (c) § 818 Abs. 3 Gegenüber einem bereicherungsrechtlichen Anspruch kann sich der Verpflichtete nach § 818 Abs.3 auf das Fehlen oder den Wegfall der Bereicherung berufen. Das kann bei der· Abwicklung vollzogener Arbeitsverhältnisse zu interessenwidrigen Ergebnissen führen. Der vAE kann zwar nicht das gezahlte Entgelt zurückfordern und sich gleichzeitig gegenüber dem Wertersatzanspruch der Arbeitnehmer darauf berufen, er sei nicht mehr bereichert, da er den Betrieb an den wahren Erben herausgeben müsse. Denn nach der herrschenden Saldotheorie73 sind die von den Parteien im Rahmen eines vermeintlichen 71 72 73

BTOX, Arbeitsrecht, Rdz. 173; vgl. auch Schaub, Handbuch, § 102 I 1, S. 612. Beuthien, RdA 1969, 161, 170. Vgl. dazu BTOX, BS, Rdz.432; LaTenz, SR 11, § 70 111, S. 580 ff.; Medicus,

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Vertragsverhältnisses einander erbrachten Leistungen durch den Austauschzweck wirtschaftlich miteinander verknüpft. Deshalb muß bei der Feststellung der Vermögensmehrung des Bereicherten dessen erbrachte Gegenleistung berücksichtigt werden 74 . Die Höhe des von den Arbeitnehmern herauszugebenden Entgelts mindert sich also um den Wert der von ihnen erbrachten Arbeitsleistung. War die Arbeitsleistung das gezahlte Entgelt wert, ist der vAE auch um diesen Wert bereichert, selbst wenn er ihm später durch Abgabe des Betriebes an den wahren Erben verlorengeht. Denn dadurch verliert der vAE lediglich den Wert des Arbeitserfolges. Auf den Erfolg kommt es jedoch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nicht an. Bewertet wird allein die Arbeitsleistung als solche, und deren einmal vorhandener Wert kann nicht nachträglich wieder entfallen. Jedoch könnte der vAE sich darauf berufen, von vornherein durch die Arbeitsleistung nicht bereichert worden zu sein75 . Nach dem herkömmlichen Verständnis von der Funktion des Bereicherungsrechts ist der vAE von Anfang an durch die Arbeitsleistung nicht bereichert, wenn diese von vornherein für ihn nicht nutzbar und deshalb das gezahlte Entgelt nicht wert isF6. Der Gesetzgeber ist jedenfalls davon ausgegangen, § 818 Abs. 2 greife nur ein, wenn beim in Anspruch Genommenen (vAE) eine "wirkliche Bereicherung ... eingetreten" sei77 • Von einer solchen Bereicherung kann nach der Rechtsprechung nur gesprochen werden, wenn der Leistungsempfänger "eine echte Vermögensmehrung und sei es allein durch Ersparnis von Aufwendungen,"78 erfahren habe. Von diesem Grundsatz besteht für den Empfang von Dienstleistungen keine Ausnahme7 9• Daher wird auch von einer verbreiteten Meinung80 der oberste Grundsatz des Bereicherungsrechts darin gesehen, daß die Herausgabepflicht des Bereicherten keinesfalls zu einer Verminderung seines Vermögens über den Betrag der wirklichen Bereicherung hinaus führen dürfe. Mit dem Bereicherungsanspruch werde nur der effektiv Bürgerliches Recht, Rdz. 224 ff.; Palandt/Thomas, § 818 Anm.6 D b; Wieling, JuS 1973, 397; BGHZ 1, 75, 81; 53, 144, 145 ff.; RGZ 54, 137, 141; 163, 348, 360. 74 Vgl. Nachweise in FN 73. 75 Vgl. dazu z. B. BGH NJW 1971, 609, 610; vgl. ferner Mot. H, S.836, wonach § 818 Abs. 2 nicht eingreift, wenn eine echte Bereicherung nicht eingetreten ist. 76 Die wirtschaftliche Betrachtungsweise betonen z. B. RGZ 75, 361, 362 und BGH MDR 1959, 109, 110; zur wirtschaftlich wertlosen Arbeitsleistung vgl. auch ErmanlH. P. Westermann, § 818 Rdz.25. 77 Mot. H, S.836. 78 BGH NJW 1971, 609, 610. 7g BGH NJW 1971, 609, 610. 80 BGHZ 1, 75, 81; 55, 128, 131; BGH WM 1978, 708, 711; RGZ 118, 185, 187; vgl. auch Prot.1I, S.706; Pankow, Wertersatz, S. 56 f.; Staudingerl Lorenz, § 818 Rdz.33.

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vorhandene Vermögensüberschuß abgeschöpft. Entscheidend sei nicht die Entreicherung beim Leistenden, sondern allein die Bereicherung beim LeistungsempfängerBi. Nach diesem Grundsatz können die betroffenen Arbeitnehmer rückwirkend ersatzlos ihr erhaltenes Entgelt verlieren. Dieses Ergebnis widerspricht dem oben dargestellten Erfordernis des Arbeitnehmerschutzes. Es wird von einer im Vordringen befindlichen Meinung B2 dadurch vermieden, daß die Funktion des Bereicherungsrechts nicht in der Abschöpfung eines vorhandenen Vermögensüberschusses gesehen wird, sondern in der sachgerechten Rückabwicklung fehlgeschlagener Leistungsbeziehungen B3 . Der Bereicherungsanspruch orientiere sich nicht allein am wirtschaftlichen Zuwachs des Empfängervermögens, sondern am Bereicherungsgegenstand (Arbeitsleistung). Die erlangte Arbeitsleistung trage einen Arbeitswert in sich, durch den der Empfänger immer bereichert sei, auch wenn er die Arbeit wirtschaftlich nicht nutzen könneB4 . Die wirtschaftliche Nutzbarkeit der Arbeit gehöre zum Risikobereich des Empfängers und sei deshalb für den Bereicherungsanspruch des Leistenden nicht ausschlaggebendBs. Die erste Voraussetzung dieser Überlegung, jede Arbeit sei von wirtschaftlichem Wert, leuchtet zumindest dann nicht ohne weiteres ein, wenn etwa der Arbeitgeber durch die Beschäftigung und Bezahlung eines Arbeitnehmers mehr tun will, als Arbeit zu vergüten (etwa Sicherung der sozialen Existenz in den letzten Monaten bis zum Eintritt in den Ruhestand)66. Selbst wenn man sie aber als richtig unterstellt, ist diese bereicherungs rechtliche Lösung jedenfalls nur auf Grundlage des Vertragsrechts möglich; denn im Bereicherungsrecht gibt es keine besondere arbeitsrechtliche Risikoverteilung, wonach der Empfänger einer Arbeitsleistung auch dann bereichert ist, wenn er die Arbeit von vorn81 BGHZ 1, 75, 81; 17, 236, 239; 20, 345, 355; 36, 232, 233; BGH WM 1966, 369, 370; Brox, BS, Rdz.411, 429; PalandtlThomas, § 818 Anm. 1 a; RGRKI Heimann-Trosien, § 818 Rdz.l; Staudinger/Lorenz, § 818 Rdz.l; Wiesner, Fehlerhafte Gesellschaft, S. 171; vgl. auch Prot. 11, S. 685. 82 Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 91 ff., 100; wohl auch Beuthien, RdA 1969, 161, 169; vgl. auch die Nachweise bei KoppensteinerlKramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 128. 83 Beuthien, RdA 1969, 161, 164; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 100. 84 Beuthien, RdA 1969, 161, 167, 169; Fenn, Mitarbeit Familienangehöriger, S.233; KoppensteinerlKramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 128 m. w. N.; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 91, 96. 85 So ausdrücklich Beuthien, RdA 1969, 161, 167; vgl. auch Ermanl H. P. Westermann, § 818 Rdz.20, 25, aber einschränkend Rdz.25 am Ende; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 96. 88 Beispiel von ErmanlH. P. Westermann, § 818 Rdz.25; zur Möglichkeit einer wertlosen Arbeitsleistung vgl. auch Burckhardt, Mitarbeit eines Ehegatten, S. 435.

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herein nicht nutzen kann87 • Die §§ 812 ff. enthalten für rechtsgrundlose Arbeitsleistungen keine Sondervorschriften und differenzieren nicht zwischen Arbeitsverträgen und anderen Vertragstypen88 . Die genannte Risikoverteilung gehört vielmehr zum Arbeitsvertragsrecht. Der Arbeitgeber hat aufgrund eines wirksamen Arbeitsvertrages die zur Verfügung gestellte Arbeitskraft auch dann zu vergüten, wenn er sie wirtschaftlich nicht nutzen kann. Das liegt daran, daß vertragliche Ansprüche nicht davon abhängen, ob der Vertragspartner bereichert ist. überträgt man diesen Grundsatz im Interesse des Arbeitnehmerschutzes auf das Bereicherungsrecht, bedeutet das nichts anderes, als daß man die Folgen des Bereicherungsrechts in Anlehnung an das Vertragsrecht modifiziert89 • (d) Haftungsmaßstab Hatten die Arbeitnehmer aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit dem Erblasser für bestimmte Schadenszufügungen nur bei grober Fahrlässigkeit zu haften, wird der v AE sie für einen Schaden, den sie während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nur mit mittlerer Fahrlässigkeit verursacht haben, wegen dieser Vereinbarung nicht in Anspruch nehmen. Diese Haftungserleichterung würde den Arbeitnehmern rückwirkend verloren gehen, wenn der vAE nicht an die arbeitsvertragliehe Rechtsstellung des Erblassers und damit auch nicht an dessen Haftungsvereinbarung mit den Arbeitnehmern gebunden ist. Dann müßten sie nachträglich für einen mit mittlerer Fahrlässigkeit verursachten Schaden Ersatz leisten, wenn sie nicht schon nach den Grundsätzen über die Haftung bei gefahrgeneigter Arbeit geschützt sind~o. Ein solches ErgebSo aber Beuthien, RdA 1969, 161, 167. Vgl. in anderem Zusammenhang RGRK/Heimann-Trosien, § 818 Rdz.20; wie hier angedeutet bei Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 86. 80 So auch Fenn, Mitarbeit Familienangehöriger, S. 231. Er geht zwar davon aus, daß Personen, die aufgrund fehlgeschlagener Vergütungsvereinbarung vertragslos gearbeitet haben, einen Bereicherungsanspruch haben, erkennt aber an, daß eine bereicherungsrechtliche Abwicklung tatsächlich erbrachter Arbeitsleistungen sachgerecht nicht ohne Modifikation der §§ 812 ff. möglich ist. Auch Beuthien, RdA 1969, 161, 167 spricht davon, die dem Arbeitsvertrag typische Risikoverteilung müsse bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung berücksichtigt werden. Vgl. auch Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 84. GO Die Grundsätze über die gefahrgeneigte Arbeit gelten auch dann, wenn man arbeitsvertragliche Beziehungen zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern verneint. Für ihre Anwendbarkeit reicht es aus, wenn tatsächlich fremdbestimmte, weisungsabhängige Arbeit geleistet wird; Fenn, Mitarbeit Familienangehöriger, S.471. Nach der jüngsten Entscheidung des BAG zur gefahrgeneigten Arbeit (AP Nr.82 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers) soll der Arbeitnehmer grds. nur noch bei grober Fahrlässigkeit haften, wenn er im Rahmen gefahrgeneigter Tätigkeiten einen Schaden verursacht; vgl. dazu krit. Anm. von Brox, AP Nr.82 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers und Zöllner, EzA Nr. 14 zu § 611 BGB Gefahrgeneigte Arbeit. 87

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nis würde ebenfalls dem Arbeitnehmerschutz widersprechen 91 • Es kann für die Arbeitnehmer, die sich auf ihre mit dem Erblasser vereinbarte Haftungsbeschränkung verlassen haben, zu unzumutbaren Belastungen führen, wenn sie dennoch nachträglich zu Ersatzleistungen herangezogen werden können. Man könnte lediglich versuchen, es dem vAE gern. § 242 zu verwehren, nachträglich Schadensersatzforderungen geltend zu machen. Dies wäre jedoch nur ein nicht unbedenklicher 92 Umweg, um den Arbeitnehmern ihre mit dem Erblasser vereinbarten vertraglichen Rechte zu verschaffen.

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, daß die Berücksichtigung des Arbeitnehmerschutzes bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse zwar weitgehend möglich ist 93 ; das setzt aber voraus, daß man die Funktion des Bereicherungsrechts nicht in der Abschöpfung eines ungerechtfertigten Vermögensüberschusses sieht, sondern allgemein in der sachgerechten Rückabwicklung fehlgeschlagener Leistungen. Dabei ist man gezwungen, wesentliche Rechtsfolgen des _ Bereicherungsrechts den Vorschriften und Wertungen aus dem Arbeitsvertragsrecht anzugleichen94 • Das spricht dafür, daß dieser am Vertragsrecht orientierten Veränderung des Bereicherungsrechts eine im Wege der Rechtsfortbildung zu suchende vertragsrechtliche Lösung vorzuziehen ist. (3) Berücksichtigung des personalen Charakters des Arbeitsverhältnisses Die Tatsache, daß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, begründet nicht nur die besondere Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers, sondern weist auch auf eine weitere Besonderheit des Arbeitsverhältnisses hin. Das Arbeitsverhältnis hat, auch wenn es kein personenrechtliches Verhältnis ist, in gewisser Hinsicht personalen Charakter. Denn der Arbeitnehmer setzt zur Erfüllung Vgl. dazu Sack, RdA 1975, 171, 173. Von einem arglistigen Verhalten des vAE dürfte man kaum sprechen, wenn er nicht nur die Nachteile aus dem vertragslosen Verhältnis zu den Arbeitnehmern tragen will, sondern sich auch auf die Vorteile beruft. 93 Davon gehen auch HuecklNipperdey, Bd. I, § 32 I 2, S. 184 FN 2 und Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 11 1 b, S. 127 aus, obwohl sie im Ergebnis eine bereicherungsrechtliche Lösung ablehnen. 04 Ebenso Fenn, Mitarbeit Familienangehöriger, S.231 und Beuthien, RdA 1969, 161, 166, die aber beide ausdrücklich eine Rechtsfortbildung innerhalb des Bereicherungsrechts einer vertragsrechtlichen Lösung vorziehen. Dagegen etwa Herschel, AuR 1983, 225, 227 f., der in den Fällen, in denen sich eine vertrags lose Situation nicht relevant von derselben, durch Vertrag geschaffenen Situation unterscheidet, für eine vertragsrechtliche Lösung plädiert. Ebenso v. Hoyningen-Huene, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, C 111 2 b. 91 92

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seiner Arbeitspflicht nicht sein Vermögen, sondern ausschließlich seine Person einu5 • Durch Leistung fremdbestimmter Arbeit verliert der Arbeitnehmer die Möglichkeit, seine Arbeitskraft selbst wirtschaftlich zu nutzen. Damit ist in bestimmtem Umfang eine Beschränkung seiner Persönlichkeit selbst verbunden96 • Ist diese Folge durch den tatsächlichen Vollzug eines Arbeitsverhältnisses einmal eingetreten, läßt sie sich auch durch eine ber,eicherungsrechtliche Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nicht aus der Welt schaffen. Die vermögensrechtliche Abwicklungsregelung der §§ 812 ff. ist auf solche Schuldverhältnisse zugeschnitten, bei denen regelmäßig nur das Vermögen eingesetzt wird oder jedenfalls der Vermögensaustausch im Vordergrund steht97 • Sie paßt dagegen nicht bei Schuldverhältnissen wie dem Arbeitsverhältnis, welches durch den Einsatz der Person des Arbeitnehmers geprägt wird 98 • Das durch den Einsatz der Person und die Befolgung fremder Weisungen geschaffene Lebensverhältnis 99 läßt sich im Gegensatz zu einem Vermögensaustausch nicht rückgängig machen. Gegen dieses Argument wird zwar eingewandt, daß reale Handlungen oder Tatsachen niemals rückwirkend beseitigt werden könnten. Das gelte nicht nur für vollzogene Dauerschuldverhältnisse, sondern auch für vorübergehende Schuldverhältnisse1oo • Dieser Hinweis spricht aber nicht dafür, rechtsgrundlos vollzogene Arbeitsverhältnisse wie andere Schuldverhältnisse rückabzuwickeln. Denn ein wesentlicher Unterschied zwischen Arbeitsverhältnissen und anderen Schuldverhältnissen besteht darin, daß allein der Arbeitnehmer seine Hauptleistung durch den fremdbestimmten Einsatz seiner Person erfüllen muß. Zwar darf dieses darin zum Ausdruck kommende personale Element im Arbeitsverhältnis nicht überbewertet werden101 ; seine Berücksichtigung rundet jedoch das bisher schon festgestellte Ergebnis weiter ab, wonach die Rechtsfolgen der §§ 812 ff. auf die Abwicklung von Arbeitsverhältnissen nicht zugeschnitten sind. 95 Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S.47; Schaub, Handbuch, § 29 I 4, S. 106; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 II 7 b, S. 129 f.; ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. nur BAGE 3, 185, 188; 5, 58, 65; 8, 1, 6; zuletzt BAG ZIP 1983, 1499, 1501. 96 Canaris, BB 1967, 165, 167 f.; vgl. auch Wiedemann, Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, S. 15: "Der abhängige Arbeitnehmer ... hört damit auf, ,sein eigener Herr' zu sein." 91 Darin unterscheiden sich die meisten anderen Schuldverhältnisse vom Arbeitsverhältnis. Vgl. Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S.47; Schaub, Handbuch, § 29 I 4, S. 106; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 II 7 b, S. 129 f. 98 Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 II 7 b, S. 129 f. 99 Brox, RPfleger, 1961, 423, 425; Larenz, AT, § 20 II d, S.378; vgl. auch Picker, ZfA 1981, 1, 52. 100 Weber, Fehlerhafte Gesellschaft, S. 106. 101 Brox, RPfleger, 1961, 423, 424 f.; z. T. wird die Hervorhebung des personalen Charakters insgesamt abgelehnt, vgl. Nachweise bei Schaub, Handbuch, § 29 I 4, S. 106.

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(4) Erkennbare Wertungen des Gesetzgebers Schließlich hängt die Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts auf die zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse vor allem davon ab, ob sie dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers entspricht. Allein daraus, daß eine sachgerechte Rückabwicklung vollzogener Arbeitsverhältnisse ohne Modifikation der §§ 812 ff. nicht möglich ist, kann noch nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe sich bewußt gegen eine bereicherungsrechtliche Abwicklung von Arbeitsverhältnissen entschieden. Denn offenbar hat er bei Schaffung des BGB an die Problematik von Arbeitsverhältnissen auf fehlerhafter oder fehlender Vertragsgrundlage gar nicht gedachtl° 2 • Allerdings hat der Gesetzgeber in anderen Vorschriften erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß vollzogene Dauerschuldverhältnisse, die über einen bloßen Austausch von Vermögenswerten hinausgehen, nicht bereicherungsrechtlich abgewickelt werden sollen, wenn ihnen eine wirksame rechtliche Grundlage fehItl°3. (a) Familienrecht So konnte im Eherecht nach § 1343 a. F. die Ehe wegen eines beachtlichen Irrtums durch Klage angefochten werden. Das der Klage stattgebende Urteil vernichtete die Ehe ex tune. Durch das EheG vom 6.7. 1938 wurde die rückwirkende Eheanfechtung durch die Eheaufhebung ersetzt. Diese wirkt nur ex nune (vgl. §§ 28 ff. EheG). In der amtlichen Begründung104 zu dieser Gesetzesänderung heißt es: "Willensmängel bei Eingehung der Ehe können grundsätzlich nicht die durch die Eheschließung begründete Lebensgemeinschaft der Ehegatten nachträglich aus der Welt schaffen." - In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, daß selbst die vermögensrechtlichen Folgen bei einer von Anfang an nichtigen Ehe sich nicht nach §§ 812 ff., sondern nach den Folgen der Scheidung richten (§ 26 Abs. 1 EheG). Es findet also gem. §§ 1569 ff., 1372 ff. eine zukunftsbezogene Abwicklung (Liquidation) statt. Die nichtige Ehe wird in dieser Hinsicht so behandelt, als hätten die Ehegatten bis zur Nichtigerklärung in gültiger Ehe zusammengelebpo5. Der tatsächliche Vollzug hat Vorrang vor der Funktion des Gültigkeitsmangels 106 • Das gilt in gleich-er Weise für die nichtvermögensrechtlichen 102 Vg!. dazu Brox, RPfleger 1961, 423, 425 mit Nachweisen in FN 19; ders., BB 1964, 523, 524. 103 Beitzke, Nichtigkeit von DauerrechtsverhäItnissen, S. 16 ff.; Brox, BB

1964, 523, 524.

104 Zitiert bei RGRK-BGB, 9. Auf!., 1940, EheG § 33 Anm. 1; vgl. auch Brox, Irrtumsanfechtung, S.226. 105 Vgl. Palandt/Diederichsen, EheG, § 26 Anm. 1. 106 Ermanl Aderhold, EheG, § 26 Rdz. 1.

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Folgen einer nichtigen Ehe. So ist ein Kind unter den Voraussetzungen des § 1591 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz auch dann ehelich, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird (vgl. § 1591 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz). Ferner ist die Legitimation eines nichtehelichen Kindes durch nachträgliche Eheschließung der Eltern selbst dann möglich, wenn die nachträglich geschlossene Ehe für nichtig erklärt wird (§ 1719 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz). (b) Gesellschaftsrecht Auch im Gesellschaftsrecht hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß ein tatsächlich vollzogenes Gesellschaftsverhältnis nicht ohne weiteres als ungeschehen betrachtet werden kann107 . Eine für nichtigerklärte Aktiengesellschaft ist weder im Innen- noch im Außenverhältnis rückabzuwickeln, sondern wie bei einer Auflösung zu liquidieren. Die Gesellschaft wird zur Abwicklungsgesellschaft (§ 277 AktG). Die im Namen der Gesellschaft vorgenommenen Rechtsgeschäfte sind trotz Nichtigkeit der Gesellschaft wirksam (§ 277 Abs. 2 AktG). Das gilt unabhängig davon, ob der Vertragspartner gut- oder bösgläubig istlOS. Nach § 277 Abs.3 AktG haben die Gesellschafter ihre Einlagen zu leisten, wenn auch nur in dem Umfang, der zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten erforderlich ist. - Entsprechende Regelungen hat der Gesetzgeber für die GmbH in § 77 GmbHG und für die Genossenschaft in § 97 GenG getroffen. Bei diesen Regelungen ist der Gesetzgeber ähnlich wie im Familienrecht von der Erkenntnis ausgegangen, daß die mit dem tatsächlichen Vollzug einer Gesellschaft verbundenen Folgen nicht ohne weiteres ausgelöscht werden können. In den Materialien zum HGBI09 heißt es zur Einschränkung der Nichtigkeitsfolgen bei der Aktiengesellschaft: "Die Gesellschaft ist tatsächlich ins Leben getreten. Möglicherweise hat der Betrieb des Unternehmens längere Zeit gedauert, sind Rechtsgeschäfte abgeschlossen, Ansprüche erworben oder Verbindlichkeiten eingegangen worden. Alles dies kann nicht einfach als nicht geschehen betrachtet werden." (c) Sozialversicherungsrecht Schließlich hat der Gesetzgeber für bestimmte Bereiche auch Rechtsfolgen an den tatsächlichen Vollzug eines Arbeitsverhältnisses geknüpft, wenn diesem die rechtliche Grundlage fehlt. So hängt im Sozialversiche107 Zu den im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Fällen vollzogener Gesellschaften auf fehlerhafter Vertrags grundlage schon BGHZ 3, 285, 291; seitdem ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH WM 1983, 305, 306. 108 Kölner Kommentar/Kraft, AktG, § 277 Rdz.4; GK/Wiedemann, AktG, §277 Anm.2. 109 Hahn/Mugdan, VI, S.333. Bis zum Jahr 1937 war die Aktiengesellschaft im HGB geregelt.

4 Walker

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rungsrecht die Versicherungspflicht von dem "Beschäftigungsverhältnis" ab (vgl. § 539 Abs.2 RVO für die Unfallversicherung; § 165 Abs.2 RVO für die Krankenversicherung; § 1227 Abs. 1 RVO für die Rentenversicherung der Arbeiter; § 1 AnVG für die Rentenversicherung der Angestellten). Die Versicherungspflicht besteht auch dann, wenn der Arbeitsvertrag nichtig ist oder wenn nach vertraglicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne neuen Vertragsschluß die Beschäftigung fortgesetzt wird 11o• Insoweit ist das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes gegenüber Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen "immun"lll. Allen unter (a) bis (e) genannten gesetzlichen Regelungen aus dem Familien-, Gesellschafts- und Sozialversicherungsrecht ist zwar gemeinsam, daß sie Rechtsbeziehungen betreffen, die allgemein mit dem tatsächlichen Vollzug von Arbeitsverhältnissen nicht verglichen werden können. So begründet die tatsächlich vollzogene Ehe ein Lebensverhältnis mit engeren persönlichen Bindungen, als es im Arbeitsrecht der Fall ist. Im Gesellschaftsrecht ist die Einschränkung der Nichtigkeitsfolgen vor allem im Interesse der Gesellschaftsgläubiger getroffen worden1l2 • Dagegen geht es im Arbeitsverhältnis allein um die Interessen der Vertragspartner; denn Personen, die rechtlich den Gesellschaftsgläubigern gleichstehen, gibt es im Arbeitsverhältnis nicht. Auch die Einschränkung der Nichtigkeit im Innenverhältnis der Gesellschaft beruht vorrangig auf Umständen, die beim Arbeitsverhältnis nicht berücksichtigt werden können. Sie bestehen insbesondere darin, daß bei der Gesellschaft ein Gesamthandsvermögen gebildet wird, bei dem die rückwirkende Abwicklung zu besonderen Schwierigkeiten führt 1l3 • Schließlich knüpft auch das Sozialversicherungsrecht nur für einen speziellen Bereich des Arbeitnehmerschutzes an das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis an. Der Grund dafür dürfte vor allem darin zu sehen sein, daß der Sozialversicherungsschutz der Arbeitnehmer auch im öffentlichen Interesse liegt. Wegen dieser dem jeweiligen Rechtsgebiet eigenen Gründe, die den Gesetzgeber zur Einschränkung der Nichtigkeitsfolgen veranlaßt haben, ist an eine analoge Anwendung einer dieser Vorschriften auf die Rechtsverhältnisse zwischen dem vAE und den von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmern während des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge nicht zu denken. Jedoch kommt in allen genannten Vorschriften aus den verschiedenen Rechtsgebieten ein allgemeines Rechtsprinzip zum Ausdruck, nach dem vollzogene Dauer110 111 112

Vgl. BSGE 1, 115, 117 ff.; ferner BSGE 10,41,44; 13,263,264. Picker, ZfA 1981, 1, 53. Brox, Irrtumsanfechtung, S. 218 ff.; ders., RPfleger 1961,423,425; Picker,

ZfA 1981, 1,53 FN 105. 113 RGZ 165, 193, 201; Brox, BB 1964, 523, 526; Larenz, SR 11, § 60 VII,

S.411.

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rechtsverhältnisse, die über einen Austausch von Vermögenswerten hinausgehen, nicht wegen Fehlens einer wirksamen vertraglichen Grundlage rückwirkend ungeschehen gemacht werden können114 • Dieses Rechtsprinzip greift auch beim vollzogenen Arbeitsverhältnis ein. Dem steht nicht entgegen, daß gerade für das Arbeitsverhältnis eine entsprechende gesetzliche Regelung fehlt. Das wird vielmehr damit zusammenhängen, daß der Gesetzgeber das Arbeitsvertragsrecht insgesamt nur sehr lükkenhaft geregelt hat. Somit spricht auch der erkennbare Wille des Gesetzgebers dafür, die tatsächlich vollzogenen Arbeitsverhältnisse während ihres Vollzugs als rechtlich wirksam zu behandeln. Damit kann insgesamt festgestellt werden, daß die §§ 812 ff. entgegen anders lautenden Ansichten für eine sachgerechte Abwicklung von Arbeitsverhältnissen, denen eine wirksame Rechtsgrundlage fehlt, nicht geeignet sind 11S • Deshalb sind auch die zwischen dem v AE und den von ihm nach dem Erbfall weiterbeschäftigten Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse nicht rückabzuwickeln. Gleichzeitig steht fest, daß die gesetzlichen Regelungen auf die Beziehung zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge unmittelbar keine Anwendung finden. Es liegt vielmehr eine gesetzliche Lücke vor116 • Dabei handelt es sich um eine planwidrige Lücke l17 • Das ist aus dem erkennbaren Bestreben des Gesetzgebers zu ersehen, vollzogene Dauerrechtsverhältnisse auch dann rechtlich aufrechtzuerhalten, wenn ein wirksamer Rechtsgrund fehlt. 3. Rechtsfortbildung

Die soeben festgestellte planwidrige Gesetzeslücke ist ausfüllungsbedürftig; denn der Richter muß Streitfragen auch dann entscheiden, wenn das geschriebene Recht zur Entscheidungsfindung nicht ausreicht. Dabei muß er solche Wertvorstellungen der verfassungsmäßigen Rechts114 Ähnlich Beitzke, Nichtigkeit von Dauerrechtsverhältnissen, S. 19; Brox, Irrtumsanfechtung, S. 230 f. 115 Ebenso Burckhardt, Mitarbeit eines Ehegatten, S. 412 ff., 435; Söllner, Arbeitsrecht, § 28 11 2 a, S.242; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 11 1 b, S. 127; a. M. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 I 5 b, S. 138 f., die aber meinen, die gefestigte gegenteilige Rechtsprechung versperre eine Anwendung des Bereicherungsrechts. 116 Es handelt sich um eine sogenannte verdeckte Lücke; denn das Gesetz enthält zwar eine nach dem Wortlaut anwendbare Regelung (§§ 812 ff.), die aber nach ihrem Sinn und Zweck nicht paßt, weil sie den rechtlich bedeutsamen Besonderheiten vollzogener Arbeitsverhältnisse nicht hinreichend Rechnung trägt. Vgl. zum Begriff der planwidrigen Lücke Canaris, LückenfeststeIlung, S. 137; Larenz, Methodenlehre, S. 362. 117 Zum Begriff der Lücke als planwidrige Unvollständigkeit vgl. Canaris, Lückenfeststellung, S. 16, 39; vgl. aber auch Wank, Rechtsfortbildung, S.70.

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ordnung, die in den geschriebenen Gesetzen nicht oder nur unvollständig zum Ausdruck kommen, erkennen und berücksichtigen118. Da er an das Prinzip der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) gebunden ist, richtet sich die Lückenausfüllung danach, wie der Gesetzgeber selbst unter Beachtung von Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG)119 das Problem geregelt hätte, wenn es ihm bewußt gewesen wäre. Der Gesetzgeber hätte - wie gesehen 120 - eine Regelung getroffen, nach der die vollzogenen Arbeitsverhältnisse nicht rückabgewickelt, sondern für die Zeit ihres Vollzuges als rechtlich wirksam behandelt werden. Fraglich ist, wie dieses Ergebnis im Wege der Rechtsfortbildung erreicht werden kann. Allein die Nichtanwendung des Bereicherungsrechts gibt noch keine Antwort auf die Frage, mit welcher rechtlichen Begründung die tatsächlich mit dem vAE vollzogenen Arbeitsverhältnisse auch rechtlich aufrechterhalten werden können. a) Fiktion von Arbeitsverträgen analog § 612 Abs. 1

Wenn eine Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, gilt nach § 612 Abs.1 eine Vergütung als vereinbart, auch wenn eine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung fehlt. § 612 Abs. 1 enthält eine Vergütungsfiktion auf der Grundlage eines Dienstvertrages. Deshalb ist die Vorschrift auf das vertragslose Arbeitsverhältnis zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern unmittelbar nicht anwendbar. Jedoch kommt eine analoge Anwendung in Frage, wenn § 612 Abs. 1 über seinen Wortlaut hinaus auch eine Vertragsfiktion für die Fälle enthält, in denen Dienste ohne Vertrag geleistet werden. Dann könnten analog § 612 Abs. 1 zwischen dem vAE und den vom Erblasser übernommenen Arbeitnehmern Arbeitsverträge fingiert werden. aa) Anwendungsbereich des § 612 Abs. 1 nach der h. M. Rechtsprechung121 und Lehre 122 wenden § 612 Abs. 1 über seinen Wortlaut hinaus auch an, wenn entweder der Dienst- oder Arbeitsvertrag insgesamt oder jedenfalls eine von den Vertragsparteien getroffene Vergütungsvereinbarung unwirksam ist. Ferner soll § 612 Abs. 1 dann gelten, wenn die Parteien sich zwar über d1e Unentgeltlichkeit einig sind, die Arbeitsleistung jedoch in einseitiger Erwartung künftiger Vermögenszuwendungen (Erbeinsetzung, Hofübergabe, BetriebsübertraBVerfGE 34, 269, 287. Dazu Canaris, Lückenfeststellung, S. 33, 37 f. 120 Vgl. oben unter § 2 I 2 d bb (4). 121 BAG AP Nr.2 zu § 138 BGB; AP Nrn. 13, 15, 20, 21, 27 zu § 612 BGB. 122 Jauernig/Schlechtriem, § 612 Anm. 2 a; MünchKomm/Schaub, § 612 Rdz. 5; PaZandt! Putzo, § 612 Anm. 1 b; SoergeZl Kraft, § 612 Rdz.2. 118 119

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gung) erbracht wird und diese Erwartung sich nicht erfüllt 123 . - Allen genannten Fällen ist gemeinsam, daß ein (wenn auch fehlerhaft) vertraglich begründetes Dienst- oder Arbeitsverhältnis vorliegt. Diesem (fehlerhaften) Vertrag werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten entnommen. Lediglich für die Vergütung der Arbeitsleistung wird § 612 Abs.l (analog) herangezogen124 . Zwar hat das BAG125 ausgeführt, § 612 bezwecke, demjenigen zu einem vertraglichen Entgeltanspruch zu verhelfen, der eine üblicherweise vergütete Leistung in Erwartung einer Vergütung erbringe. Diese Ausführungen sind jedoch mißverständlich. Sie bedeuten nicht, daß nach Ansicht des BAG § 612 für jede Arbeitsleistung einen Vertrag fingiert. Das ergibt sich schon daraus, daß in dem vom BAG entschiedenen Fall unstreitig ein gültiger mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden war126 • Es entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des BAG127, daß § 612 nur im Rahmen einer (wenn auch fehlerhaft begründeten) dienst- oder arbeitsvertraglichen Beziehung anwendbar ist. - Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn der vAE die übernommenen Arbeitnehmer weiterbeschäftigt. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung ohne Entgeltabrede haben die Parteien ebensowenig getroffen wie eine unwirksame Vergütungsvereinbarung. Es liegt auch kein Fall der vereinbarten Unentgeltlichkeit mit fehlgeschlagener Vergütungserwartung vor. Der vAE und die Arbeitnehmer gehen lediglich irrtümlich davon aus, der vAE sei kraft Erbrechts in die Arbeitgeberstellung des Erblassers eingerückt. bb) Erw·eiterung des § 612 Abs. 1 zur Vertragsfiktion Eine von der Rechtsprechung und der h. L. abweichende Ansicht vertritt Hanau 128 • Er meint, über die Vergütungsfiktion hinaus wolle § 612 Abs. 1 die Leistungsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn sie nicht auf einem Vertrag beruhe, insgesamt dem Recht des Arbeitsvertrages unterstellen. Das ergebe sich aus der Stellung der verschiedenen Vergütungsfiktionen (§§ 612, 632, 653, 689) bei den Vorschriften über die jeweiligen Verträge (§§ 611, 631, 652, 688)129. Den Vergütungsfiktionen sei das Rechtsprinzip zu entnehmen, wonach die Leistung von Diensten immer dem Vertragsrecht zu unterstellen sei. Das Gesetz schaffe mit diesen Vorschriften faktische Vertragsverhältnisse130 • Wenn 123

BAG AP Nrn. 13, 15, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 27, 29 zu § 612 BGB; Münch-

Komm/Schaub § 612 Rdz. 1, 7; SoergellKratt, § 612 Rdz. 8.

lZ4 BAG AP Nrn.13, 15, 16, 17, 20, 21, 22, 23, 29, 30, 31 zu § 612 BGB; Nr.2 zu § 138 BGB. 125 BAG AP Nr. 23 zu § 612 BGB BI. 2 Rund 3. 125 BAG AP Nr. 23 zu § 612 BGB mit Anm. Bydlinski, BI. 4 R. 127 BAG AP Nrn. 13, 15, 20, 21, 22 und 31 BI. 2 zu § 612 BGB. 128 AcP 165, 220, 265 ff. 129 Hanau, AcP 165, 220, 266. 130 Hanau, AcP 165, 220, 265.

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eine Leistungsbeziehung einem Vertrag so gleiche, daß vertragliche Vergütungs ansprüche angemessen seien, sei es angebracht, das Vertragsrecht im ganzen anzuwenden, also die Leistungsbeziehung als Vertragsverhältnis anzusehen l31 . - Nach dieser Ansicht können zwischen dem vAE und den von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmern analog § 612 Abs. 1 Arbeitsverträge fingiert werden. Denn der vAE nimmt die Arbeitsleistung in dem Bewußtsein entgegen, dafür ein Entgelt zahlen zu müssen. Die Arbeitnehmer arbeiten in der Erwartung, vom vAE das mit dem Erblasser vereinbarte Entgelt zu erhalten. ce) Stellungnahme Bei Annahme einer Vertragsfiktion analog § 612 Abs. 1 käme man im vorliegenden Fall insoweit zu einem interessengerechten Ergebnis, als eine Rückabwicklung der vom vAE und den Arbeitnehmern ausgetauschten Leistungen vermieden würde 132 • Die Begründung, § 612 enthalte eine allgemeine Vertragsfiktion und schaffe faktische Arbeitsverhältnisse, ist jedoch abzulehnen. Vertragsverhältnisse werden durch Vertrag begründet. Nach Ansicht vOn Hanau wären dagegen im Arbeitsvertragsrecht keine Verträge mehr erforderlich. Tarifvertraglich vereinbarte Formvorschriften (Abschlußnormen) würden bedeutungslos. Ferner müßte das Arbeitsvertragsrecht selbst dann angewendet werden, wenn das Gesetz einem abgeschlossenen Arbeitsvertrag wegen schwerer Mängel (§ 138; Verstoß gegen strafrechtliche Verbote) die Gültigkeit versagen würde l33 . Das verstieße gegen zwingende Wertungen des Gesetzes. Die Auffassung, den §§ 612, 632, 653 und 689 könne das Rechtsprinzip entnommen werden, wonach die Leistung vOn Diensten immer dem Vertragsrecht zu unterstellen sei, überzeugt nicht. Dagegen spricht zunächst, daß die Vergütungsfiktionen in allen Fällen hinter den Vorschriften stehen, welche die Regelung über den jeweiligen Vertrag enthalten (§§ 611, 631, 652, 688). Deshalb ist aus ihrer systematischen Stellung eher die Gemeinsamkeit zu ersehen, daß zuerst ein Vertragsschluß festgestellt werden muß, bevor eine Vergütungsfiktion zur Anwendung kommen kann. Gegen die Annahme, die §§ 612, 632, 653 und 689 enthielten Vertragsfiktionen, ist ferner einzuwenden, daß dann bei den betroffenen Vertragsarten eine Anfechtung ausscheiden würde. An131

Hanau, AcP 165, 220,267.

Es ist jedoch zweifelhaft, ob es in allen Fällen, in denen nicht geschuldete Arbeit geleistet wird, interessengerecht ist, Vertragsrecht anzuwenden. Beuthien, RdA 1969, 161, 166 FN 68 meint mit Recht, eine Vertragsfiktion führe zu einer starren und voreiligen Kommerzialisierung jeglicher nicht geschuldeter Arbeit. 133 Vgl. zu Arbeitsverhältnissen, bei denen die Vertragsgrundlage an besonders schweren Mängeln leidet, schon oben § 2 I 2 d bb (2) mit Nachweisen in FN 53. 132

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fechtbar sind nur Willenserklärungen, die bei Fiktionen gerade nicht vorliegen134 . Selbst bei einem tatsächlich abgeschlossenen Arbeits-, Dienst-, Werk-, Makler- oder Verwahrungsvertrag liefe eine mögliche Anfechtung leer; denn nach erfolgreicher Anfechtung, durch die der Vertrag rückwirkend vernichtet wird, müßte wieder die Vertragsfiktion eingreifen. Zwar wird bei Arbeitsverhältnissen auch von der h. M.135 die Wirkung der Anfechtung eingeschränkt, indem der Anfechtung vollzogener Arbeitsverhältnisse keine rückwirkende Kraft beigelegt wird, um die sonst zum Zuge kommende bereicherungsrechtliche Abwicklung zu vermeiden. Dadurch wird die Anfechtung jedoch nicht insgesamt ausgeschlossen. Im übrigen besteht bei Werk-, Makler- und Verwahrungsverträgen kein Grund, eine Anfechtung nicht zuzulassen136 . Schließlich ist die Annahme, § 612 enthalte eine Vertragsfiktion, mit der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift nicht vereinbar. Aus den Motiven zum BGB137 ergibt sich, daß § 612 den früheren §§ 820, 1231 BGB für das Königreich Sachsen nachgebildet wurde. In § 1231 des sächsischen BGB, der die Gegenleistung für Dienste im Dienstvertragsrecht regelte, heißt es in Satz 2: "Auch ohne ein Versprechen kann, nach den Vorschriften in § 820, insbesondere wenn die Leistung eine gewerbsmäßige ist, eine Gegenleistung gefordert werden." Der in der Verweisung genannte § 820 bestimmte: "Ein Vertrag 138 über die Leistung von Sachen und Diensten, durch welchen eine Vergütung nicht ausdrücklich verabredet wurde, ist, wenn sich aus den Umständen ergibt, daß die Leistung nur gegen eine Vergütung erwartet werden konnte, als auf eine Vergütung gerichtet anzusehen, welche auf das billige Ermessen des Fordernden gestellt ist." § 820 des sächsischen BGB erwähnte also das Erfordernis eines Vertragsabschlusses ("Ein Vertrag" ... ) ausdrücklich. Eine Vertragsfiktion war nicht beabsichtigt. Daran hat der Gesetzgeber des BGB von 1900 nichts ändern wollen 139 . 134 Deshalb ist auch nach §§ 612, 632, 653 und 689 die Anfechtung des jeweiligen Vertrages mit der Begründung, man habe sich über die Entgeltlichkeit des Vertrages geirrt, ausgeschlossen. VgI. dazu etwa Beuthien, RdA 1969, 161, 166; Brox, BS, Rdz. 237; Larenz, SR H, § 52 I, S. 255 f. 135 Ständige Rechtsprechung des BAG; vgI. etwa BAGE 5, 159, 162 ff.; ZIP 1983, 1499; aus dem Schrifttum vgl. etwa Brox, Irrtumsanfechtung, S.236; ders., RPfleger 1961, 423, 424; ders., BB 1964, 523, 527 f.; Blomeyer, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, V, C III 2 b; v. Hoyningen-Huene, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, BIll; Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 32 III 1, S. 186; Söllner, Arbeitsrecht, § 28 II 2 a, S.242; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 11 1 b, S. 126. 136 Zur Anfechtbarkeit des Maklervertrages vgI. etwa OLG Frankfurt, NJW 1960, 485; OLG Köln, NJW 1971, 1943 f.; MünchKomm/ Schwerdtner, § 652 Rdz. 43; Palandt/Thomas, § 652 Anm. 2 B b am Ende. 137 Mugdan, II S. 256. 138 Hervorhebung vom Verfasser. 139 Mugdan, 11 S. 256. Dort heißt es vielmehr: "Die Bestimmung (§ 612)

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Mithin kann dem § 612 Abs. 1 keine Vertragsfiktion entnommen werden140 • Nach dieser Vorschrift können zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge keine Arbeitsverträge fingiert werden.

b) Arbeitsverhältnisse analog § 613 a Abs. 1 Gern. § 613 a Abs. 1 tritt beim rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang der Erwerber in die zur Zeit des übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Den nichtrechtsgeschäftlichen Betriebsübergang vom Erblasser auf den vAE erfaßt § 613 a Abs. 1 dagegen unmittelbar nicht 141 • Jedoch wird auch in diesem Fall ein Betrieb durch einen anderen als den bisherigen Inhaber fortgeführt. Deshalb ist an eine analoge Anwendung des § 613 a Abs.1 zu denken142 • Danach würde der vAE in die Arbeitsverträge, welche die Arbeitnehmer mit dem Erblasser geschlossen haben, einrücken. Diese Arbeitsverträge wären dann die rechtliche Grundlage für die zwischen ihnen vollzogenen Arbeitsverhältnisse. Allein der Umstand, daß der vAE einen Betrieb anstelle des bisherigen Inhabers fortführt, reicht jedoch nicht aus, um eine analoge Anwendung des § 613 a Abs. 1 zu rechtfertigen l43 • Das setzt vielmehr voraus, daß die Vorschrift nach Sinn und Zweck auf den Betriebsübergang vom Erblasser auf den vAE genauso zutrifft wie auf den rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang. aal Grund für die Einführung des § 613 a ins BGB Der Grund, der 1972 zur Einführung des § 613 a ins BGB144 geführt hat, scheint für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf den Betriebsübergang vom Erblasser auf einen vermeintlichen Erben zu sprechen. Vor Inkrafttreten des § 613 a gingen nach h. M. bei der Einzelrechtsnachfolge auf Seiten des Betriebsinhabers die Arbeitsverhältnisse nicht automatisch auf den Erwerber über 145 • Dazu war vielmehr eine schließt sich, auch soviel die Fassung angeht, im Wesentlichen BGB §§ 1231,

820 ... an."

140 Ebenso Burckhardt, Mitarbeit eines Ehegatten, S. 323 ff.; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 I 5 b, S. 138. 141 Vgl. oben unter § 2 I 2 b. 142 Das wurde ausdrücklich offengelassen von BAG AP Nr. 9 zu § 613 a BGB

unter 2. für den Fall, daß ein Notariat für bestimmte Zeit von einem Notariatsverweser fortgeführt wird, ohne daß zwischen diesem und den Arbeitnehmern vertragliche Vereinbarungen geschlossen werden. 143 S~~ter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 e, S. 48 f. stellt zwar aufgrund dieser Ahnlichkeit zwischen bei den Fällen eine analoge Anwendung zur Diskussion, legt sich jedoch nicht endgültig fest. lU BGBl. I, S. 13. 145 BAG AP Nr. 2 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge; AP Nr. 1 zu § 419 BGB

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besondere Vereinbarung zwischen Veräußerer, Erwerber und Arbeitnehmern (dreiseitiges Rechtsgeschäft) erforderlich l46 . Das eröffnete die Möglichkeit, einen Betrieb zu erwerben, um ihn anschließend stillzulegen, ohne die sonst gern. §§ 111, 112 Abs. 2 BetrVG bei einer BetriebsstiUegung geltende Mitbestimmung des Betriebsrats beachten zu müssen. Denn die Betriebsveräußerung fällt nicht unter § 111 BetrVG und ist mitbestimmungsfrei. Gingen aber die Arbeitsverhältnisse nicht mit auf den Erwerber über, existierte nach dem Übergang auch kein Betriebsrat mehr, der einer dann erfolgenden StiUegung widersprechen könnte. Durch derartige Betriebsveräußerugen wurde der Bestand der Arbeitsverhältnisse gefährdet. Deshalb hatte der DGB147 gefordert, den Betriebsübergang zu den gern. § 111 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen zu ziehen. Diesem Vorschlag ist der Gesetzgeber nicht gefolgt. Er hat durch § 613 a die Rechtsfolgen des Arbeitgeberwechsels vielmehr allgemein für Arbeitsverhältnisse geregelt (also auch, soweit es um nicht betriebsratspflichtige Betriebe geht)148. Dabei hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 613 a nur deshalb auf den Betriebsübergang im Wege der rechtsgeschäftlichen Einzelrechtsnachfolge beschränkt, weil er offenbar davon ausging, bei einer auf Gesetz beruhenden Gesamtrechtsnachfolge gingen die Arbeitsverhältnisse ohnehin kraft Gesetzes auf den Erwerber über. In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 613 a 149 heißt es: "In Fällen der Universalsukzession - Umwandlung und Verschmelzung von Gesellschaften - ist eine derartige Vorschrift nicht erforderlich." Daraus ist zu ersehen, daß der Gesetzgeber mit § 613 a eine Lücke im Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse schließen wollte, indem er auch für den rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang partiell die Wirkungen der Gesamtrechtsnachfolge angeordnet hat l50 • Er hat sich dabei bewußt auf die Fälle beschränkt, bei denen der Bestandsschutz aus seiner Sicht nicht vorher schon gewährleistet war151 • Diese lückenfüllende Funktion zeigt, daß § 613 a Betriebsnachfolge mit zustimmender Anm. Hueck; AP Nrn. 6, 7 zu § 419 BGB Betriebsnachfolge; HuecklNipperdey, Bd. I, § 54 111 2, S. 515 f.; weitere Nachweise bei v. Hoyningen-HueneIWindbichler, RdA 1977, 329, 330 FN 5 und Seiler, Betriebsinhaberwechsel, B 11 2, S.25; Nachweise zur a. M. bei v. Hoyningen-HueneIWindbichler, RdA 1977, 329, 330 FN 4 und Seiler, Betriebsinhaberwechsel, B 11 3, S. 26. 146 Vgl. auch Kraft, BAG-Festschrift, S. 299, 300. 147 Vorschläge des DGB zur Änderung des BetrVG, 1970 S. 30. 148 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 613 a BGB, BT-Drucks. VI/1786, S. 59. 149 BT-Drucks. VI/1786, S.59; vgl. auch Bracker, Betriebsübergang, S.37; Richardi, RdA 1976, 56, 59. 150 So ausdrücklich Gaul, BB 1979, 1666, 1669. 151 Bracker, Betriebsübergang, S. 37; Kehrmann, MitbG 1975, 88, 89; Richardi, RdA 1976, 56, 59; wohl auch Steckhan, Festschrift Schnorr v. Carolsfeld, S. 463, 467 FN 11.

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nicht als eng auszulegende Ausnahmevorschrift für den rechtsgeschäftlichen Bereich verstanden werden kann152 • Vielmehr liegt es nahe, die Vorschrift als Auffangtatbestand immer dann anzuwenden, wenn der Schutz der Arbeitnehmer nicht schon anderweitig sichergestellt ist 153 • Danach könnte § 613 a auch dann eingreifen, wenn ein vAE einen Betrieb mit den bisherigen Arbeitnehmern fortführt. bb) Auslegung des Merkmals "durch Rechtsgeschäft" Allein das in § 613 a Abs. 1 S. 1 genannte Merkmal "durch Rechtsgeschäft" schließt eine analoge Anwendung auf Fälle des nichtrechtsgeschäftlichen Erwerbs nicht aus. Denn das nach dem Wortlaut vorausgesetzte Rechtsgeschäft muß noch nicht einmal wirksam sein154 • Das ergibt sich daraus, daß der Zweck des § 613 a im wesentlichen darin besteht, die betroffenen Arbeitnehmer zu schützen und ihnen den Bestand ihrer Arbeitsverhältnisse zu sicherni55 • Dagegen betrifft die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nur das Innenverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber. Die Arbeitnehmer, die durch § 613 a geschützt werden sollen, haben auf die Wirksamkeit dieses Rechtsgeschäfts keinen Einfluß. Sie haben in der Regel noch nicht einmal die Möglichkeit, die Wirksamkeit der rechtsgeschäftlichen Grundlage des Betriebserwerbs zu kontrollierenl56 . Deshalb knüpft § 613 a nicht entscheidend an einen wirksamen übernahmevertrag an. Maßgeblich ist vielmehr, daß der Übernehmer die objektive Möglichkeit erlangt, die bisherigen betrieblichen Leistungszwecke weiter zu verfolgen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn er die betriebliche Leitungsmacht tatsächlich übernimmt l57 • Ist § 613 a demnach anwendbar, wenn jemand einen Betrieb 152 Bracker, Betriebsübergang, S.37; Kehrmann, MitbG 1975, 88, 89; v. Hoyningen-HueneIWindbichZer, RdA 1977, 329, 330 f. 153 BAG BB 1981, 848, 850; so ausdrücklich Seiler, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 a bb (2), S.42; in diesem Sinne wohl auch Richardi, RdA 1976, 56, 59 und LAG Köln, DB 1982, 1327; vgl. ferner Schaub, ZIP 1984, 272, 274. 154 Becker-Schaffner, BIStSozArbR 1975, 305, 306; Bracker, Betriebsübergang, S.38; HeckeZmann, ZfA 1973, 425, 474; Heinze, DB 1980, 205, 208; MünchKomm/Schaub, § 613 a Rdz.38; Schaub, Handbuch, § 118 11 5, S.705; Schreiber, RdA 1982, 137, 142; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 d aa, S. 47 f.; SoergeZl Kraft, § 613 a Rdz. 16; Steckhan, Festschrift Schnorr v. Carols-

feld, S.463, 467 FN 11; ArbG Lübeck:, BB 1979, 989 mit zustimmender Anm.

Daunenheimer.

155 Zum Zweck: des § 613 a vgl. BAG AP Nr. 18 unter 11 2 und Nr.23 unter 11 2, jeweils zu § 613 a BGB; BAG BB 1981, 848, 849; DB 1979, 896; v. Hoyningen-HuenelWindbichler, RdA 1977, 329, 330; MünchKomm/Schaub, § 613 a Rdz.2; Schaub, ZIP 1984, 272, 273; Soergel/Kraft, § 613 a Rdz.3; Wiedemannl Will emsen, RdA 1979, 418, 421. 156 So zu Recht Bracker, Betriebsübergang, S. 38; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 d aa, S. 47 f. 157 LAG Köln, DB 1982, 1327; ArbG Köln, DB 1976, 2021, 2022; ArbG Lübeck:, BB 1979, 989; HeckeZmann, ZfA 1973, 425, 474 mit Nachweisen in FN 296; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 d aa, S.47.

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aufgrund eines unwirksamen Vertrages erhält, liegt es nahe, ihn auch beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge anzuwenden158 • In beiden Fällen gehen die Beteiligten irrtürmlich davon aus, der Übergang beruhe auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. ce) Persönlicher Anwendungsbereich Gegen eine analoge Anwendung läßt sich allerdings einwenden, daß nach § 613 a Abs. 1 S. 1 der Betriebserwerber nur in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden "Arbeitsverhältnissen" eintritt. Es führt nicht zu sachgerechten Ergebnissen, wenn man diese beschränkte Rechtsnachfolge auf den Betriebsübergang vom Erblasser auf den vAE überträgt. Das zeigt sich am Beispiel der Heimarbeiter. Da § 613 a nur die Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen betrifft, werden nach h. M.159 die Heimarbeiter nicht erfaßt. Diese sind keine Arbeitnehmer160 • Die Beschränkung des § 613 a auf Arbeitsverhältnisse wird damit begründet, daß Beschäftigungsverhältnisse von Heimarbeitern auch sonst nicht den gleichen Bestandsschutz wie Arbeitsverhältnisse genießen161 • Sie können im Gegensatz zu den Arbeitsverhältnissen, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Deshalb soll den Heimarbeitern der erhöhte Bestandsschutz des § 613 a nicht zugute kommen. Diese Begründung trifft jedoch bei der Betriebsübernahme durch den vAE nicht zu; denn bei der Erbfolge rückt der Erbe auch in die Rechte und Pflichten des Erblassers aus Heimarbeitsverhältnissen ein. Von der Fehlerhaftigkeit der vollzogenen Erbfolge sind die Heimarbeiter genauso betroffen wie die sonstigen Arbeitnehmer. Sie richten ihr Verhalten gleichermaßen darauf ein. Wie die Arbeitnehmer erbringen sie die dem Erblasser zugesagte Leistung aufgrund der vermeintlichen ErbensteIlung gegenüber dem vAE. Deshalb ist es geboten, Arbeitnehmer und Heimarbeiter während des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge rechtlich gleich zu behandeln. Dieses Ergebnis wird bei einer analogen Anwendung des § 613 a nicht erreicht. dd) Haftungssystem Auch das Haftungssystem des § 613 a Abs. 2 ist nicht auf den Fall übertragbar, in dem ein vermeintlicher Erbe den Betrieb eines verstor158 Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 305 berücksichtigt § 613 a im Rahmen der von ihm befürworteten Vertrauenshaftung. 159 BAG AP Nr. 23 zu § 613 a BGB; schon vorher Lepke, BB 1979, 526, 529; Schaub, ZIP 1984, 272, 275; a. M. Heinze, DB 1980, 205, 209; Schreiber, RdA 1982, 137, 147; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 4 a cc, S. 57. 160 BAGE 4, 262, 266; BAG AP Nr. 23 zu § 613 a BGB. 161 BAG AP Nr. 23 zu § 613 a BGB; Lepke, BB 1979, 526, 529.

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benen Arbeitgebers fortführt. Wie beim Vollzug der Arbeitgebererbfolge mit dem wahren Erben ist kennzeichnend für die Betriebsfortführung durch den vAE, daß der bisherige Arbeitgeber physisch nicht mehr vorhanden ist. Er kann folglich den Arbeitnehmern auch nicht mehr haften. Gleiches gilt bei der Gesamtrechtsnachfolge, die durch Umwandlung oder Verschmelzung von Unternehmen eintritt. In diesen Fällen endet die rechtliche Existenz des bisherigen Arbeitgebers. Demgegenüber regelt § 613 a den Fall, daß der ursprüngliche Arbeitgeber als natürliche oder juristische Person weiter existiert und lediglich die betriebliche Leitungsmacht auf einen neuen Inhaber übergeht. Hierbei handelt es sich nicht nur um einen tatsächlichen Unterschied zwischen dem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang und der Fortführung des Betriebes durch den vAE. Er ist vielmehr auch rechtlich von Bedeutung. So haftet nach dem Erbfall allein der Erbe. Dagegen bleibt bei § 613 a der bisherige Arbeitgeber in bestimmten Grenzen weiter verpflichtet (§ 613 a Abs. 2). Der Grund für diese unterschiedliche Regelung ist einleuchtend: Der Erbe erhält den Betrieb ohne Gegenleistung. Er dürfte daher genauso zahlungskräftig sein wie der verstorbene Arbeitgeber. Demgegenüber muß der rechtsgeschäftliche Erwerber in der Regel an den Veräußerer einen Kaufpreis oder Pachtzins zahlen. Das kann dazu führen, daß er nur eingeschränkt zahlungskräftig ist, während der Veräußerer aufgrund des erhaltenen Erlöses (Pachtzinses) haftungsfähige Mittel hat. In diesen Mitteln steckt auch die Wertsteigerung, die der Betrieb durch die bisherige Arbeitsleistung erhalten hat. Deshalb ist es gerechtfertigt, den bisherigen Arbeitgeber jedenfalls in begrenztem Zeitraum weiterhaften zu lassen 162 • Beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge ist diese Haftungsverteilung zwischen dem alten und dem neuen Betriebsinhaber nicht nur unpassend, sondern gar nicht durchführbar. Denn der alte Arbeitgeber, der weiterhaften könnte, ist nicht mehr vorhanden. Die Problematik, ob für bestimmte Schulden der Betriebsveräußerer oder der Erwerber haftet, liegt auf einer anderen Ebene als die Frage, ob anstelle des Erblassers nunmehr der wahre oder der vermeintliche Erbe haftet 163 • Aus diesem Grund kommt jedenfalls eine analoge Anwendung des § 613 a Abs. 2 nicht in Frage. ee) Geregelte Problematik Entscheidend gegen eine analoge Anwendung des § 613 a insgesamt spricht, daß die Vorschrift nicht die gleiche Problematik betrifft, die sich 102 MünchKomm/Schaub, § 613 a Rdz.57; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, eIl, S. 101. Vgl. auch unten § 6 111 2 b bb. 163 Diesen Unterschied betont in anderem Zusammenhang - auch Gaul, BB 1979, 1666, 1669.

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beim fehlerhaften Vollzug der Erbfolge für das Verhältnis zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern ergibt. § 613 a greift in dem Zeitpunkt ein, in dem der Betrieb vom bisherigen Inhaber auf den neuen Inhaber übergeht. In diesem Moment stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen der Übergang auf die bis dahin bestehenden Arbeitsverhältnisse hat, ob und wie die bisherigen Arbeitnehmer auch gegenüber dem neuen Betriebsinhaber berechtigt und verpflichtet sind. Es handelt sich bei § 613 a um eine Regelung, die Wirkungen für die Zukunft entfaltet. Sie sichert den zukünftigen Bestand der bisherigen Arbeitsverhältnisse über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs hinaus l64 • Dagegen entstehen beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge im Zeitpunkt der Betriebsübernahme durch den vAE noch keine Probleme 165 • Insbesondere stellt sich nicht die Frage, ob der vAE die Arbeitnehmer des Erblassers weiterbeschäftigen muß. Solange die Beteiligten irrtürmlich davon ausgehen, der vAE sei Erbe des bisherigen Arbeitgebers, richten sie sich auch nach den erbrechtlichen Vorschriften. Der vAE verhält sich so, als rücke er nach den §§ 1922, 1967 in die Rechtsstellung des Erblassers ein. Er hält sich an die zwischen dem Erblasser und den Arbeitnehmern geschlossenen Arbeitsverträge. Dementsprechend beschäftigt er die bisherigen Arbeitnehmer weiter. Probleme ergeben sich erst, wenn erkannt wird, daß der vAE nicht Erbe ist, und der wahre Erbe den Betrieb übernimmt. Dann sind die Arbeitnehmer zwar auch am Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse nach dem Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben interessiert. Aber diese Bestandsschutzproblematik stellt sich erst nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge im Verhältnis zwischen den Arbeitnehmern und dem wahren Erben. Zwischen dem vAE und den übernomenen Arbeitnehmern geht es dagegen nicht um den zukünftigen Bestand der Arbeitsverhältnisse, sondern darum, ob der tatsächliche Vollzug ihrer Arbeitsverhältnisse in der Vergangenheit rechtlichen Bestand hat oder ob er rückabzuwickeln ist. Eine solche Regelung enthält § 613 a nicht. Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß § 613 a Abs. 1 auf den Betriebsübergang vom Erblasser auf den vAE und damit auf das Verhältnis zwischen dem vAE und den weiterbeschäftigten Arbeitnehmern während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nicht analog angewendet werden kann166 •

Zum Zweck des § 613 a vgl. Nachweise in FN 155. Zur Problematik, die sich bei der fehlerhaften Arbeitgebererbfolge ergibt, vgl. oben unter § 1 111. 166 Zu einem anderen Ergebnis scheint Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 e, S. 48 f. zu tendieren. 16(

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c) Gegenseitige Vertrauenshattung zwischen dem vAE

und den Arbeitnehmern

Während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge tritt der vAE als Erbe des verstorbenen Arbeitgebers auf und wird von den Arbeitnehmern als solcher behandelt. Beide Parteien vertrauen darauf, gegenüber der jeweils anderen Seite arbeitsvertraglich berechtigt und verpflichtet zu sein. Deshalb ist zu erwägen, ob sie einander nicht nach den Regeln der Vertrauenshaftung verpflichtet sind. Diese Verpflichtung wäre dann der Rechtsgrund für den gegenseitigen Leistungsaustausch während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge, und die Leistungen müßten nicht rückabgewickelt werden. aal Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Vertrauenshaftung Das Rechtsinstitut der Vertrauenshaftung geht insbesondere auf Canaris 167 zurück. Soweit es um die vertragslose Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geht, stellt er zur Diskussion, ob sich nicht hinter allen Versuchen, nichtige oder angefochtene Arbeitsverträge aufrechtzuerhalten, vertrauensrechtliche Gesichtspunkte verbergen l68 • Es spreche einiges dafür, daß tatsächlich vollzogene Arbeitsverhältnisse nur zum Schutz gutgläubiger Beteiligter aufrechtzuerhalten seien. Im Rahmen solcher Rechtsverhältnisse sei nur derjenige einstandspflichtig, dem der Anschein des wirksamen Vertrages zuzurechnen sei. Die Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers beruhe darauf, daß dieser sich häufig mit seiner ganzen Existenz auf den Bestand seines Lohnanspruches einstelle l69 • Die Gesichtspunkte des guten Glaubens, der Zurechenbarkeit und der getroffenen Dispositionen seien aber auch tragende Kriterien für eine Vertrauenshaftung. Diese Vertrauenshaftung beruhe auf § 242 und sei Grundlage eines außervertraglichen Erfüllungsanspruchs170 • Die These, § 242 könne Grundlage eines Erfüllungsanspruchs sein, ist nicht unumstritten l7l • § 242 wird herkömmlicherweise nur als GrundVertrauenshaftung im Deutschen Privatrecht, 1971. Canaris, Vertrauenshaftung, S.448; er legt sich allerdings nicht darauf fest, diese Fälle dogmatisch der Lehre von der Vertrauenshaftung einzuordnen. 169 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 448 f. 170 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 266 ff.; ihm folgend Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S.110; kritisch zum Rechtsinstitut der Vertrauenshaftung Flume, Rechtsgeschäft, § 10, 5, S. 132 f. 171 Flume, Rechtsgeschäft, § 10, 5, S. 132 f.; kritisch wohl auch Herschel, AuR 1983, 225, 226; v. Hoyningen-Huene, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, C 111 2 c am Ende; Picker, ZfA 1981, 1, 55: " ... wobei freilich diese Neukonstruktion angesichts der Vagheit ihres materialen Grundes in der Gefahr ist, jedes beliebige Ergebnis zu liefern."; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 II 1 b, S. 127. 167

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lage von Nebenpflichten, Einwendungen, Einreden und Schadensersatzansprüchen angesehen. Die Begründung vertraglicher Leistungspflichten hängt in der RegeP72 vom Abschluß eines Vertrages zwischen dem Verpflichteten und dem Berechtigten ab. Die für den Vertragsschluß erforderlichen Willenserklärungen lassen sich durch § 242 nicht ersetzen. Zwar ist es allgemein anerkannt, daß es etwa einem Schuldner nach § 242 verwehrt sein kann, sich gegenüber dem Gläubiger auf die Formnichtigkeit oder sonstige Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen173 . Auf diese Weise erhält der Gläubiger die an sich nicht gegebenen vertraglichen Ansprüche 174 . Doch ergeben sich diese Ansprüche nicht allein aus § 242. Entscheidend ist, daß entsprechende übereinstimmende (wenn auch unwirksame) Willenserklärungen der Parteien vorliegen. Nur die Formunwirksamkeit der Erklärungen wird durch § 242 ausgeglichen. Eine der Problematik angemessene Untersuchung der Funktion und des Anwendungsbereichs von § 242 ist jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich. Deshalb wird für die folgenden Überlegungen unterstellt, daß § 242 zur Begründung von Leistungspflichten die für einen Vertragsschluß erforderlichen Willenserklärungen ersetzen kann. Selbst dann können die Regeln der Vertrauenshaftung beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge im Verhältnis zwischen dem vAE und den vom Erblasser übernommenen Arbeitnehmern nur angewendet werden, wenn ihre tatbestandlichen Voraussetzungen diesen Fall erfassen und ihre Rechtsfolgen hier zu sachgerechten Ergebnissen führen. Nach CanaTis greifen die Regeln der Vertrauenshaftung typ ischerweise unter vier Voraussetzungen ein: Es muß ein Vertrauenstatbestand vorliegen. Dieser muß dem in Anspruch Genommenen zu rechenbar sein. Der Vertrauende muß gutgläubig sein. Er muß sich mit bestimmten Dispositionen auf den Vertrauenstatbestand eingestellt haben175 . (1) Vertrauenstatbestand

Als Vertrauenstatbestand kommt grundsätzlich jeder Sachverhalt in Betracht, der geeignet ist, in bestimmter Hinsicht Vertrauen zu erwecken176. Diese Voraussetzung dürfte beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge regelmäßig vorliegen. Der vAE nimmt die Betriebsmittel in Besitz, übt das dem Arbeitgeber zustehende Direktionsrecht aus, führt Beiträge an die Sozialversicherung ab, verhandelt mit 172 Eine Ausnahme besteht nur beim gesetzlichen Eintritt in die vertraglichen Pflichten eines anderen (§§ 419, 613 a, 1967). 173 BGHZ 48, 396; BGH NJW 1970, 2210; 1972, 1189; vgl. auch BGH NJW 1977,2072; BGH LM Nrn. 64, 65 zu § 313 BGB. 174 MünchKomm/Roth, § 242 Rdz. 319, 431. 175 Vertrauenshaftung, S.491. 176 Canaris, Vertrauenshaftung, S.491.

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dem Betriebsrat und (ggf. über seinen Arbeitgeberverband) mit Gewerkschaften. Das sind äußere Tatbestände 1i7 , die den vAE als Arbeitgeber erscheinen lassen. Für die Arbeitnehmer liegt damit ein Vertrauenstatbestand vor. Dieser kann durch einen vorhandenen Erbschein noch verstärkt werden178 , sofern die Arbeitnehmer davon Kenntnis haben. Das Gesetz selbst erhebt insoweit in §§ 2365 ff. den Inhalt des Erbscheins zu einem Vertrauenstatbestand. - Umgekehrt kann auch aus Sicht des vAE, ein Vertrauenstatbestand bestehen. Wenn er etwa durch Testament vom verstorbenen Arbeitgeber als Erbe eingesetzt ist, bildet dieser natürliche äußere Tatbestand die Grundlage dafür, daß der vAE auf seine ErbensteIlung und seine Arbeitgeberposition vertraut. Dieser Vertrauenstatbestand wird dadurch verstärkt, daß die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen den vAE als Arbeitgeber behandeln.

(2) Auf den Vertrauenstatbestand eingerichtetes Verhalten Von den vier tatbestandlichen Voraussetzungen dürfte auch die letzte, wonach der vAE und die Arbeitnehmer sich in ihrem Verhalten auf den Vertrauenstatbestand eingerichtet haben müssen179 , beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge regelmäßig vorliegen. Die Arbeitnehmer richten sich zumeist in ihrer ganzen sozialen Existenz auf den rechtlichen Bestand ihrer Arbeitsverhältnisse ein180 . Sie müssen ihre laufenden Einkünfte zumindest teilweise dafür einplanen, davon ihren und ihrer Familien Lebensunterhalt zu bestreiten. - Ähnliches gilt für den vAE. Er wird die Fortführung des vom Erblasser übernommenen Betriebes zumeist zu seinem Hauptberuf machen. Dazu muß er auf seine bisherige oder eine andere geplante Tätigkeit verzichten.

(3) Zurechenbarkeit des Vertrauenstatbestandes Problematisch ist dagegen, ob der oben festgestellte Vertrauenstatbestand zugunsten der Arbeitnehmer und des vAE der jeweils anderen Seite zugerechnet werden kann. Nach Canaris ist der Vertrauenstatbestand dem zuzurechnen, der ihn verschuldet hat (Verschuldensprinzip)1S1 oder in dessen Risikobereich er fällt (Risikoprinzip)ls2. 177 Nach Canaris, Vertrauenshaftung, S.492 sogenannte natürliche äußere Tatbestände. 178 Nach Canaris, Vertrauenshaftung, S.492 sogenannte künstliche äußere Tatbestände. 179 Canaris, Vertrauenshaftung, S.491, 510 ff. 180 Bydlinski, Arbeitsrechtskodifikation, S. 167; Wiedemann, Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, S. 78. 181 Canaris, Vertrauenshaftung, S.476. 182 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 479 ff.; er selbst geht jedoch davon aus, daß das Risikoprinzip nur ergänzend zum Verschuldensprinzip herangezogen werden kann (S. 481, 517).

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Der vAE, der sich wider besseres Wissen als Arbeitgeber geriert, handelt arglistig. Das ist etwa anzunehmen, wenn der vAE durch Erbunwürdigkeitserklärung seine Erbenstellung rückwirkend verliert; denn die Erbunwürdigkeitsgründe des § 2339 Abs. 1 setzen Vorsatz voraus. Der vAE muß sich dann die Schaffung des Vertrauenstatbestandes aufgrund des Verschuldensprinzips zurechnen lassenl83 • Gleiches ist anzunehmen, wenn der vAE fahrlässig nicht erkennt, daß er weder gesetzlicher Erbe ist noch wirksam durch Verfügung von Todes wegen zum Erben eingesetzt ist. Geht der vAE dagegen weder wider besseres Wissen noch infolge fahrlässiger Unkenntnis davon aus, er sei Erbe und damit Arbeitgeber, greift das Verschuldensprinzip nicht ein. In Betracht kommt nur noch eine Zurechnung über das Risikoprinzip. Das setzt voraus, daß die Entstehung des Vertrauenstatbestandes zur Risikosphäre des vAE gehört. Es ist jedoch zweifelhaft, ob eine solche Risikoverteilung zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern immer gerechtfertigt ist l84 • Wechselt kraft Gesetzes ein Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses, gehört es vielmehr auch zum Risikobereich des verbleibenden Vertragspartners, das Rechtsverhältnis mit dem "richtigen" Rechtsnachfolger fortzusetzen. Das verdeutlicht folgendes Beispiel: Setzt ein Arbeitgeber durch formwirksames Testament jemanden zu seinem Erben ein, wird dieser trotzdem nicht Erbe, wenn der Arbeitgeber später ein weiteres Testament errichtet, in dem er einen anderen zu seinem Erben einsetzt (§ 2258 Abs. 1). Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß dieses Widerrufstestament erst gefunden wird, nachdem der zunächst eingesetzte Erbe einen zum Nachlaß gehörenden Betrieb übernommen und fortgeführt hat. Soweit es um die Arbeitgeberstellung des vAE geht, werden dann der vAE und die Arbeitnehmer gleichermaßen von der Unwirksamkeit des ersten Testaments betroffen. - Gleiches gilt, wenn die zunächst wirksame Erbeinsetzung später durch erfolgreiche Anfechtung wegen Motivirrtums (§ 2078 Abs. 2) rückwirkend vernichtet wird. Dann kann nicht ohne weiteres angenommen werden, der vAE sei an der Entstehung des Vertrauenstatbestandes "näher dran" als die Arbeitnehmer. Die Gründe für die Entstehung derartiger Vertrauenstatbestände gehören nicht zum Risikobereich des vAE, sondern höchstens zum Organisationsbereich des Erblassers. Der vAE hat dann weder einen Scheintatbestand oder überhaupt ein erhöhtes Risiko geschaffen, noch hatte er die besseren Möglichkeiten, den Vertrauenstatbestand zu V'erhindern oder rechtzeitig aufzudecken l85 • Zwar wird 183 Vgl. für den Fall des fehlerhaften Arbeitsvertrages Käßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 113. 184 Auch im Verhältnis zum wahren Erben trägt der gutgläubige Erbschaftsbesitzer das Risiko, welches sich aus seiner vermeintlichen Erbenstellung ergibt, nicht allein. Vgl. BartholomeycziklSchlüter, Erbrecht, § 34 IV 5, S.241. 185 Dazu Canaris, Vertrauenshaftung, S. 386 und 485.

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zum Teil angenommen, im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern spiele die wirtschaftliche und soziale Überlegenheit des Arbeitgebers und die damit zusammenhängende Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer eine gewisse Rolle für die Risikozurechnung186. Aber dieser Gesichtspunkt allein kann eine Risikoverteilung zu Lasten des vAE nicht rechtfertigen. Dem Gesetz ist eine derartige Risikoverteilung nicht zu entnehmen187 . Schon aus diesem Grunde können die Regeln der Vertrauenshaftung nicht in allen Fällen des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge angewendet werden. Ferner können mit den Regeln der Vertrauenshaftung Ansprüche des Arbeitgebers gegen die Arbeitnehmer rechtlich nicht begründet werden. Denn in Anspruch genommen werden kann nur derjenige, dem der Vertrauenstatbestand zurechenbar ist. Der Tatbestand, aufgrund dessen der vAE auf seine ArbeitgebersteIlung vertraut, ist regelmäßig vom Erblasser verursacht (Testament oder Erbvertrag)188. Er kann nicht den Arbeitnehmern zugerechnet werden. Sie haben ihn weder verschuldet, noch fällt er in ihren Risikobereich. Mangels Zurechenbarkeit des Vertrauenstatbestandes unterliegen die Arbeitnehmer daher niemals der Vertrauenshaftung. Sie haben deshalb auch keine Leistungspflichten gegenüber dem vAE. Folglich können sie wegen Verletzung von etwaigen Leistungspflichten nicht schadensersatzpflichtig sein. Für die von ihnen erbrachte Arbeitsleistung und den eventuell geleisteten Schadensersatz geben die Regeln der Vertrauenshaftung keinen Rechtsgrund. Das zeigt, daß zumindest in dem Sonderfall der fehlerhaft vollzogenen Arbeitgebererbfolge die Anwendung der Regeln von der Vertrauenshaftung bedenklich erscheint; denn beide Seiten gehen aufgrund des gleichen Irrtums davon aus, einander arbeitsvertraglich verpflichtet zu sein. Deshalb ist es nicht interessengerecht, vertragliche Haupt- und Nebenleistungspflichten über § 242 allein dem vAE aufzuerlegen. (4) Gutgläubigkeit des Berechtigten

Nach den Regeln der Vertrauenshaftung könnten beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge nur die gutgläubigen Arbeitnehmer für ihre Arbeitsleistung ein Entgelt verlangen189. Denn derjenige, welCanaris, Vertrauenshaftung, S. 386. Zwar spricht auch Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 306 von einer Zuordnung kraft sozialen Risikos, die eine Vertrauenshaftung des vermeintlichen Arbeitgebererben rechtfertige. Er stützt sich dabei aber nicht auf § 242, sondern auf § 613 a, obwohl diese Vorschrift die Haftung nicht an einen Vertrauenstatbestand knüpft, sondern an den tatsächlichen Wechsel der Leitungsmacht. 188 Vgl. oben § 2 I 3 c aa (1). 189 Canaris, Vertrauenshaftung, S.491, 504 ff.; Küßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 113; Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 306. 186

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cher leichtfertig vertraut oder sogar die Sach- und Rechtslage kennt, verdient nach diesen Regeln keinen Schutz190 • Es ist zumindest zweifelhaft, ob beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge diese Differenzierung zwischen gutgläubigen Arbeitnehmern und solchen, welche die Fehlerhaftigkeit der vollzogenen Erbfolge vermuten oder kennen, gerechtfertigt ist. So ist ein einzelner Arbeitnehmer nicht gutgläubig, wenn er einen Grund kennt oder kennen muß, der Dritte zur Anfechtung der Erbeinsetzung des vAE berechtigt. Gleiches gilt, wenn er vermutet oder positiv weiß, daß die Erbeinsetzung des vAE durch eine (zunächst nicht gefundene) spätere Verfügung von Todes wegen unwirksam geworden ist. Verweigert im Hinblick darauf ein solcher Arbeitnehmer gegenüber dem vAE die Arbeit, kann er von ihm keine Vergütung verlangen und muß möglicherweise noch andere Nachteile befürchten. Er hat auch gegenüber dem wahren Erben keinen Entgeltanspruch, wenn er ihm seine Leistung nicht anbietet, weil er ihn gar nicht kennt. Es kann ihm aber andererseits nicht zugemutet werden (besonders wenn ihm die notwendigen Beweismittel fehlen), die Nichterbenstellung des vAE gerichtlich feststellen zu lassen. Leistet er deshalb gegenüber dem vAE die gleiche Arbeit wie seine gutgläubigen Kollegen, ist es nicht gerechtfertigt, ihn als einzigen auf Bereicherungsansprüche zu verweisen. Denn selbst Bereicherungsansprüche müßten nach § 814 ausgeschlossen sein. Zwar mögen solche Fälle in der Praxis kaum vorkommen; denn der einzelne Arbeitnehmer wird sich davor hüten, seine eigenen Rechte dadurch zu beeinträchtigen, daß er seine Zweifel an der Erbenstellung des vAE offenbart. Das ändert jedoch nichts daran, daß alle zwischen dem vAE und den von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmern tatsächlich vollzogenen Arbeitsverhältnisse unabhängig von der Gutgläubigkeit der Arbeitnehmer gleich zu behandeln sind. Gutgläubigkeit ist keine notwendige Voraussetzung für die Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer. Beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge sind selbst die mißtrauischen Arbeitnehmer schutzwürdig. Das entspricht auch am ehesten den erkennbaren Wertungen des Gesetzgebers. Es sei daran erinnert, daß die §§ 26, 28 ff. EheG und § 277 AktG, wonach eine vollzogene Ehe und eine vollzogene Aktiengesellschaft bis zur Aufhebung oder Nichtigerklärung als wirksam behandelt werden, die Gutgläubigkeit der Beteiligten nicht voraussetzen. Das gilt auch für andere fehlerhafte Gesellschaften, für die es zwar an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt, die aber von der ständigen Rechtsprechung des BGH anerkannt sind 191 • Ihre Anerkennung ist nicht Canaris, Vertrauenshaftung, S. 504. BGHZ 11, 190 f.; 44, 235, 236; 55, 5, 8; BGH WM 1976, 1027, 1028; 1983, 305,306. UO

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"Ausfluß eines irgendwie gearteten Vertrauens- oder Gutglaubensschutzes einzelner oder aller Gesellschafter" 192. Somit kann festgestellt werden, daß die Regeln der Vertrauenshaftung schon nach ihren tatbestandlichen Voraussetzungen nicht auf die Abwicklung der zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse zugeschnitten sind. bb) Die Rechtsprechung des BAG zur Vertrauenshaftung Da sich diejenigen, die eine Vertrauenshaftung des vAE gegenüber den Arbeitnehmern befürworten, zum Teil für ihre Ansicht auf die Rechtsprechung des BAG berufen193 , soll abschließend zur Vertrauenshaftung diese Rechtsprechung näher untersucht werden. Das BAG hat tatsächlich in einigen Entscheidungen nach Rechtsscheinsgrundsätzen einen vermeintlichen Erben als wahren Erben und einen vermeintlichen Arbeitgeber als Arbeitgeber behandelt. Es ist allerdings zweifelhaft, ob das BAG in diesen Entscheidungen allgemeine Aussagen zur Vertrauenshaftung getroffen hat, die auf das Verhältnis zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge übertragen werden können. (1) Urt. v. 5.9. 1972 -

3 AZR 212/69 194

Am 5. 9. 1972 hatte das BAG über die Klage gegen einen (vermeintlichen) Arbeitgebererben zu entscheiden. Ein Arbeitgeber hatte den Beklagten nach französischem Recht testamentarisch zu seinem Erben eingesetzt. Nach dem Tod des Arbeitgebers wurde der Beklagte auf Zahlung von Witwengeld in Anspruch genommen, welches der Erblasser zu seinen Lebzeiten versprochen hatte. Der Beklagte verweigerte die Zahlung mit der Begründung, seine Erbeinsetzung sei möglicherweise ungültig; seine Erbenstellung werde von Dritten vor einem französischen Gericht bestritten. - Das BAG hat den Beklagten zur Zahlung verurteilt, ohne die komplizierte Frage der Erbenstellung zu entscheiden. Wer sich als Erbe eines verstorbenen Arbeitgebers geriere, dürfe den Arbeitnehmern und Versorgungsberechtigten des Erblassers, die ihn daraufhin als Erben des verstorbenen Arbeitgebers behandelten und für Verpflichtungen des früheren Arbeitgebers in Anspruch nähmen, nicht den besonderen Nachweis zumuten, daß er Erbe sei 195 • Der Beklagte müsse sich nach seinem Gesamtverhalten aus Gründen des Verkehrs- und Vertrauensschutzes als Erbe und Rechtsnachfolger des früBGHZ 44, 235, 237; BGH WM 1983,305,306. Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 304 ff. 194 AP Nr. 159 zu § 242 BGB Ruhegehalt. m BAG AP Nr. 159 zu § 242 BGB Ruhegehalt Leitsatz 7. 192 193

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heren Arbeitgebers im Verhältnis zu dessen Arbeitnehmern und Versorgungsberechtigten behandeln lassen196 . Die Begründung zeigt, daß das BAG den vermeintlichen Erben keinesfalls materiell rechtlich nach den Regeln der Vertrauenshaftung wie einen wahren Erben behandelt hat. Das BAG hat sich lediglich damit beschäftigt, ob der von den Arbeitnehmern in Anspruch genommene Erbe der Erbenhaftung schon dadurch entgehen kann, daß er seine Erbenstellung in Frage stellt. Denn der Beklagte hatte nicht einmal substantiiert bestritten, Erbe zu sein. Vielmehr hatte er während des Prozesses in seiner Eigenschaft als Erbe gegenüber ausländischen Behörden Entschädigungsansprüche geltend gemacht; der Cassationshof in Paris hatte die Erbenstellung des Beklagten rechtskräftig festgestellt. Nur weil der Beklagte sich so ausdrücklich und ernsthaft als Erbe eines verstorbenen Arbeitgebers geriert hatte, hat das BAG entschieden, er dürfe den Arbeitnehmern nicht den besonderen Nachweis zumuten, daß er Erbe sei197 • Das BAG hat dagegen - auch wenn dies in einzelnen Formulierungen der Entscheidungsgründe anklingt - nicht über die Rechtsstellung des vAE entschieden. Es steht nicht fest, wie die Entscheidung ausgefallen wäre, wenn der Beklagte im Rechtsstreit seine Erbenstellung substantiiert bestritten und seine Nichterbenstellung bewiesen hätte. Das BAG hat aus Gründen des Vertrauensschutzes lediglich dem (als Arbeitgebererben) Beklagten die Beweislast dafür auferlegt, daß er nicht Erbe seP9S. Deshalb kann dieser Entscheidung nicht entnommen werden, daß bei tatsächlich vollzogenen Arbeitsverhältnissen der Arbeitgeber den Arbeitnehmern aus Gründen des Vertrauensschutzes auf Erfüllung haftet.

(2) Besehl. v. 30.4. 1974 - 3 AZR 71/72 199 In einem anderen Fall war der Kläger in der Revisionsinstanz verstorben. Seine Alleinerbin hatte das Revisionsverfahren zunächst weiterbetrieben, die Revision dann aber zurückgenommen. Sie wurde darauf zur Kostentragung verurteilt (Beschl. nach §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO). Die Klägerin verlangte im Wege der Gegendarstellung200 die Änderung dieses Beschlusses mit der Begründung, sie habe die Erbschaft ausgeschlagen; die Kosten müßten die wahren Erben tragen. - Das BAG hat zugunsten der Klägerin unterstellt, die Ausschlagung der Erbschaft sei BAG AP Nr. 159 zu § 242 BGB Ruhegehalt BI. 5 R. BAG AP Nr. 159 zu § 242 BGB Ruhegehalt BI. 5 R. 198 Insofern ist die Kritik von Grunsky (AP Nr. 159 zu § 242 BGB Ruhegehalt unter Punkt 4 auf BI. 13), der die Kreation eines Scheinerben ablehnt, hinsichtlich der konkreten Entscheidung nicht berechtigt. 199 AP Nr. 2 zu § 246 ZPO. 200 Dieser Rechtsbehelf ist im Gesetz nicht vorgesehen. VgI. dazu Grunsky, AP Nr. 2 zu § 246 ZPO auf BI. 5 R. 198

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vor Rücknahme der Revision erfolgt.· Selbst dann müsse die Klägerin sich aber nach Rechtsscheinsgrundsätzen wie eine vorläufige Erbin behandeln lassen, da sie gegenüber Gericht und Gegner wie eine solche aufgetreten sei 201 • In ihrer Eigenschaft als scheinbare vorläufige Erbin müsse sie die Kosten tragen202 • Der Rechtsverkehr, der von einem vorläufigen Erben in Anspruch genommen werde, dürfe in diesem nach den Regeln des Vertrauensschutzes auch dann seinen endgültigen Vertragspartner sehen, wenn er sich nach der Ausschlagung Dritten gegenüber immer noch wie ein Erbe verhalte. Auch dieser Entscheidung kann für die Beziehung zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern, die er vom Erblasser übernommen und weiterbeschäftigt hat, nichts entnommen werden. Das BAG behandelt nur das Problem, unter welchen Voraussetzungen ein ausschlagender Erbe die Kosten eines von ihm geführten Rechtsstreites zu tragen hat. Das hat mit dem tatsächlichen Vollzug von Arbeitsverhältnissen wenig gemeinsam. Die Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers, die besondere Interessenlage zwischen den Parteien eines Arbeitsverhältnisses und die Problematik einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung waren für die Entscheidung ohne Bedeutung. Es ging überhaupt nicht darum, nach welchen Regeln der tatsächliche Vollzug von Dauerschuldverhältnissen zu beurteilen ist.

(3) Urt. v. 19.4. 1979 - 3 AZR 645/772°3 Schließlich hatte das BAG einen Fall zu entscheiden, in dem die klagenden Arbeitnehmer bei der Zentralverwaltung für mehrere GmbH & Co KG's beschäftigt waren. Der Beklagte war Hauptgesellschafter und Geschäftsführer aller Verwaltungs-GmbH's; er hielt auch bei fast allen KG's über 50 Ofo der Kommanditanteile. Nach dem Konkurs über das Vermögen aller KG's und ihrer Komplementär-GmbH's verlangten die Arbeitnehmer der Zentralverwaltung vom Beklagten persönlich die restliche Vergütung aus ihren Arbeitsverhältnissen. - Das BAG hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte sei weder Gesellschafter der Zentralverwaltung noch persönlich haftender Gesellschafter der KG's gewesen. Eine persönliche Haftung wäre deshalb nur dann in Betracht gekommen, wenn der Beklagte den Eindruck vermittelt hätte, persönlich zu haften. Denn wer den Irrtum erwecke, er sei Inhaber oder persönlich haftender Gesellschafter eines kaufmännischen Unternehmens und beschäftige als solcher Arbeitnehmer, müsse sich an diesem Rechtsschein festhalten lassen, soweit die Arbeitnehmer darauf vertrauen und auch BAG AP Nr. 2 zu § 246 ZPO auf BI. 2 R. BAG AP Nr.2 zu § 246 ZPO, BI. 3. § 1959 setze als selbstverständlich voraus, daß der vorläufige Erbe im Außenverhältnis zu Dritten aus eingegangenen Verpflichtungen selbst hafte. 203 VersR 1980, 247. 201

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vertrauen dürfen204 • Diese Voraussetzungen sah das BAG im entschiedenen Fall nicht als gegeben an. Zur Haftung des vermeintlichen Erben, der den Betrieb eines verstorbenen Arbeitgebers fortführt, enthält das Urteil keine Aussage. Es behandelt vielmehr nur einen Sonderfall: Bei der Haftung dessen, der den Anschein erweckt, er beschäftige als Kaufmann Arbeitnehmer, geht es um die Rechtsscheinshaftung des Scheinkaufmanns. Danach muß derjenige, welcher durch sein Verhalten den Irrtum erweckt, er betreibe ein kaufmännisches Unternehmen, sich an diesem Rechtsschein festhalten lassen, soweit der Rechtsverkehr darauf vertraut 205 • Zum schutzwürdigen Rechtsverkehr gehören auch die Arbeitnehmer des Scheinkaufmanns. Das BAG hat damit aber nicht entschieden, daß die Lehre vom Scheinkaufmann zu einer allgemeinen Vertrauenshaftung des vermeintlichen Arbeitgebers zu erweitern sei, auch wenn dieser kein Kaufmann ist. Dem Urteil kann erst recht nicht entnommen werden, ob und in welchem Umfang auch die Arbeitnehmer gegenüber dem vermeintlichen Erben ihres verstorbenen Arbeitgebers verpflichtet sind, wenn sie mit ihm ihre Arbeitsverhältnisse fortsetzen. Somit kann festgestellt werden, daß nach der Rechtsprechung des BAG zwar unter bestimmten Voraussetzungen ein vermeintlicher Arbeitgeber und ein vermeintlicher Erbe aus Gründen des Vertrauensschutzes wie ein Arbeitgeber und wie ein Erbe zu behandeln sind. Dafür waren aber jeweils besondere Umstände des Einzelfalles ausschlaggebend. Dagegen hat das BAG nicht den allgemeinen Grundsatz aufgestellt, daß im Rahmen rechtsgrundlos vollzogener Arbeitsverhältnisse die Regeln der Vertrauenshaftung anzuwenden seien 206 • Hierzu sowie zu dem Sonderfall, in dem ein vermeintlicher Erbe die Arbeitnehmer eines verstorbenen Arbeitgebers weiterbeschäftigt, hat das BAG keine Aussage getroffen. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG bleibt es deshalb dabei, daß auf die zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse die Regeln der Vertrauenshaftung nicht anwendbar sind. d) Wirksame Arbeitsverhältnisse nach der Eingliederungstheorie

Die Arbeitnehmer, die der vAE vom Erblasser übernimmt und weiterbeschäftigt, sind in den Betrieb eingegliedert, der scheinbar dem vAE gehört und von diesem als eigener Betrieb geführt wird. Deshalb könnBAG VersR 1980, 247 Leitsatz 1. So auch BAG VersR 1980, 247 unter Berufung auf HGB-RGRKIBrilggemann, Anh. zu § 5 Anm.4; vgl. ferner Bandasch/Nickel, HGB, § 5 Rdz. 10 ff.; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 5 Anm. 2; Brox, HR, Rdz. 94. 208 Anders deutet die beiden erstgenannten Urteile des BAG wohl Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 304. 294

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te man versuchen, das angestrebte Ergebnis, wonach die vollzogenen Arbeitsverhältnisse rechtlich als wirksame Arbeitsverhältnisse zu behandeln sind, mit der sogenannten Eingliederungstheorie zu begründen. Diese Theorie in ihrer ursprünglichen Gestalt 207 besagt, daß ein Arbeitsverhältnis nicht durch den Arbeitsvertrag, sondern durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers entstehe. Der Arbeitsvertrag habe nur die Bedeutung, daß er die Parteien zur Begründung des Arbeitsverhältnisses verpflichte 208 • Nach der zuletzt veränderten Form der Eingliederungstheorie209 kann ein wirksames Arbeitsverhältnis zumindest auch allein auf der tatsächlichen Eingliederung in den Betrieb beruhen210 • Nur so könne begründet werden, daß die Unwirksamkeit oder das Fehlen eines Arbeitsvertrages nicht zur Verneinung arbeitsvertraglicher Rechte und Pflichten führe 211 • Heute wird die Eingliederungstheorie jedoch von niemandem mehr vertreten212 • Sie ist mit dem geltenden Recht nicht vereinbar. Nach den §§ 611 ff. greifen die Rechtsfolgen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ein, wenn die Parteien einen Dienst- oder Arbeitsvertrag geschlossen haben. Vertragliche Rechte und Pflichten werden grundsätzlich213 durch Vertrag begründet. Zwar können auch rein tatsächliche Umstände und Verhaltensweisen Rechtsfolgen hervorrufen. Jedoch begründen bloße Tatsachen keine vertraglichen Rechtsfolgen214 • Die Eingliederungstheorie ist mithin nicht geeignet, die rechtliche Wirksamkeit der zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse zu erklären. e) Wirksame "faktische Arbeitsverhältnisse"

Mit einer ähnlichen Begründung wie nach der Eingliederungstheorie könnte man nach der Lehre vom faktischen Arbeitsverhältnis215 ver207 208

Nikisch, Bd. I, 1. Aufl., § 16 111, S. 81 ff. Nikisch, Bd. I, 1. Aufl., § 16 I 3, S. 77 und 11 3, S. 79.

209 Zwischenzeitlich wurde die Eingliederungstheorie noch in einer abgeschwächten Form vertreten. Vgl. Nikisch, Bd. I, 2. Aufl., § 19 IV 4, 5, S. 146 ff. 210 Nikisch, Bd. I, 3. Aufl., § 19 IV 2, S. 173 ff. 211 Nikisch, Bd. 1,3. Aufl., § 19 IV 2, S. 173 ff. 212 Vgl. nur v. Hoyningen-Huene, AR-Bl., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, B IV; Schaub, Handbuch, § 29 11 2, S. 107; Söllner, Arbeitsrecht, § 28 11 2 b, S. 243; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 I 3, S. 123. 213 Ausnahmen beim gesetzlichen Eintritt in bestehende vertragliche Rechte und Pflichten nach §§ 419, 613 a, 1922, 1967. 21' Vgl. auch die Kritik an der Eingliederungstheorie bei Bötticher, RdA 1955, 322 f.; Enneccerus/Nipperdey, AT, Bd.2, § 163 VII 2, S.1014; Hueck, RdA 1955, 323, 325 ff.; Lehmann, NJW 1958, 1, 5; Richardi, ZfA 1974, 3, 12 f.; ähnlich auch BGHZ 11, 190 f. zur fehlerhaften Gesellschaft. 215 Zu den Begründern dieser Lehre gehört Haupt, über faktische Vertragsverhältnisse, 1943; vgl. aus jüngerer Zeit Simitis, Die faktischen Vertragsverhältnisse, 1957.

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suchen, die zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse als wirksam zu behandeln. Nach dieser Lehre soll das faktische Zustandekommen von Vertragsverhältnissen einen selbständigen Tatbestand neben dem rechtsgeschäftlichen Zustandekommen darstellen216 • Das rechtsgeschäftliche Element trete hinter der tatsächlichen Verwirklichung einer typischen Lebensbeziehung zurück217 • "Die Wirklichkeit ordnet ... die Partner ... einander zu, mögen sie wollen oder nicht 218 ." Allein der Arbeitsvertrag könne die soziale Funktion des Arbeitsverhältnisses, welches die Existenzgrundlage des arbeitenden Menschen bilde, wegen der ungleichen Stärke der Vertragspartner nicht erfüllen219 • Maßgeblich für das Arbeitsverhältnis sei deshalb die tatsächlich geleistete Arbeit innerhalb der Sozialsphäre, die von den Prinzipien der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung beherrscht werde22°. Das tatsächliche Arbeitsverhältnis sei denselben Regeln unterworfen wie das vertraglich begründete Arbeitsverhältnis 221 • Jedoch ist auch die Lehre vom faktischen Arbeitsverhältnis mit dem geltenden Recht nicht vereinbar222 • Gegen sie bestehen die gleichen Bedenken wie gegen die Eingliederungstheorie, und sie wird heute zu Recht allgemein abgelehnt223 • Es würde eine übergehung der Rechtsgeschäftslehre bedeuten, wenn man den Vertragsschluß durch das Faktum der Arbeitsleistung ersetzen würde. Auch der Hinweis auf die soziale Funktion des Arbeitsverhältnisses vermag als Begründung für die Lehre vom faktischen Arbeitsverhältnis nicht zu überzeugen224 • Zwar trägt das Gesetz in zahlreichen Vorschriften dem Arbeitnehmerschutz Rechnung, und es muß in jedem Einzelfall geprüft werden, ob bestimmte Regeln zum Schutz der Arbeitnehmer auch dann zu beachten sind, wenn es am Abschluß eines wirksamen Vertrages fehlt. Der GesichtsHaupt, über faktische Vertragsverhältnisse, S. 29 f. Haupt, über faktische Vertragsverhältnisse, S.27. 218 Haupt, über faktische Vertragsverhältnisse, S.28. 219 Simitis, Die faktischen Vertragsverhältnisse, S. 386. 220 Simitis, Die faktischen Vertragsverhältnisse, S. 94 f., 386. 221 Simitis, Die faktischen Vertragsverhältnisse, S. 391 f. 222 Beuthien, RdA 1969, 161, 173; Brox, Irrtumsanfechtung, S. 216; Enneccerus/Nipperdey, AT, Bd. 2, § 163 VII 1, S. 1013 f.; Esser, AcP 157, 86 ff., 97 ff.; Farthmann, RdA 1958, 338, 339; Flume, RechtsgeSchäft, § 8, 3, S. 101; v. Hoyningen-Huene, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, B IV 2; Küchenhoff, RdA 1958, 121, 122; Lehmann, NJW 1958, 1; Nipperdey, MDR 1957, 129; Richardi, ZfA 1974, 5, 12 f.; Wiedemann, Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, S. 5, 75. 223 Vgl. die scharfe Kritik bei Küchenhoff, RdA 1958, 121, 127 ("Heraus zum Kampfe mit uns allen"); Lehmann, NJW 1958, 1, 5 ("Atombombe zur Zerstörung gesetze streuen juristischen Denkens"); SoergeZ/Schulze v. Lasaulx, 9. Aufl., § 705 Anm. 57 ("Werft das Scheusal in die Wolfsschlucht"). 224 v. Hoyningen-Huene, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, B IV 2; zur Gesellschaft ohne jede rechtliche Grundlage schon BGHZ 11, 190 f. 216

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punkt des Arbeitnehmerschutzes rechtfertigt es aber nicht, das gesamte Arbeitsvertragsrecht einschließlich der gegenseitigen Hauptleistungspflichten unabhängig davon anzuwenden, ob überhaupt eine - wenn auch unwirksame - Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegt. Deshalb kann mit der Lehre vom faktischen Arbeitsverhältnis die Wirksamkeit der zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse ebenso wenig begrundet werden wie mit der Eingliederungstheorie. f) Wirksame "fehlerhafte Arbeitsverhältnisse"

Schließlich bietet die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis eine Möglichkeit, die Wirksamkeit der zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse zu begründen. Danach werden Arbeitsverhältnisse, die zwar auf einer vertraglichen, aber mit rechtlichen Mängeln behafteten Grundlage beruhen, unter bestimmten Voraussetzungen während ihres tatsächlichen Vollzugs als rechtlich wirksam behandelt225 • Diese Lehre hat eine Parallele in der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft. Danach sind vollzogene Gesellschaften auf mangelhafter Vertragsgrundlage im Innen- und Außenverhältnis als wirksam zu behandeln226 • aal Inhalt der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis Nach der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis können Arbeitsverhältnisse zwar nicht allein durch die tatsächliche Leistung und Entgegennahme von Arbeit begründet werden. Darin liegt der Unterschied zur Lehre vom faktischen Arbeitsverhältnis. Vielmehr wird für die rechtliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses stets eine rechtsgeschäftliche Willensübereinstimmung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, also ein Arbeitsvertrag, vorausgesetzt 227 • Jedoch muß dieser Arbeitsvertrag nicht notwendig rechtlich wirksam sein 228 • Auch Arbeits%25 BAG AP Nr.24 zu § 123 BGB unter IV 3 mit zahlreichen Nachweisen; v. Hoyningen-Huene, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, B IV 2 am Ende und C; zur Terminologie im Gesellschaftsrecht vgl. Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 19 zu § 105 HGB; Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 47 mit weiteren Nachweisen in FN 114; ebenso Siebert, Faktische Vertragsverhältnisse,

S. 81 ff., 97; er hatte zwar noch zu den Begründern der Lehre von den faktischen Vertragsverhältnissen gehört (Festschrift Hedemann, 1938, 266 ff.) und spricht auch später noch vom faktischen Vertrag, meint jedoch dann gerade nur solche Fälle, in denen ein vorhandener Arbeitsvertrag anfechtbar oder nichtig ist. 228 BGHZ 11, 190 f.; 44, 235, 236; 55, 5, 8; BGH WM 1976, 1027, 1028; 1983, 305,306. 227 Vgl. neben den Nachweisen in FN 225 auch Medicus, Bürgerliches Recht, Rdz.194. 228 v. Hoyningen-Huene, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, C; für das Gesellschaftsrecht Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 19 zu § 105 HGB.

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verhältnisse, die auf fehlerhafter Vertragsgrundlage beruhen, werden während ihres Vollzugs im wesentlichen so behandelt229 , als seien die geschlossenen Arbeitsverträge wirksam. Das soll nur dann nicht gelten, wenn dies dem Minderjährigenschutz widerspricht oder wenn die Arbeitsverträge an besonders schweren Mängeln leiden, bei denen das Gesetz die Beachtung der anfänglichen Nichtigkeit gebietet (Sittenwidrigkeit, Verstoß gegen strafrechtliche Verbote, arglistige Täuschung)23o. Die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis beruht auf der Erkenntnis, daß eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vollzogener Arbeitsverhältnisse schwierig sein und den Interessen der Beteiligten widersprechen kann231 • Deshalb versucht sie, Arbeitsverhältnissen auf fehlerhafter Vertragsgrundlage einen Rechtsgrund zu geben, so daß die gegenseitigen Leistungen "mit Rechtsgrund" ausgetauscht sind. Dieses Ergebnis wird unterschiedlich begründet. - Nach h. M.232 werden die Nichtigkeits- und Anfechtungsfolgen, die nach dem BGB (§§ 125, 134, 138, 142) zur anfänglichen Nichtigkeit oder Unwirksamkeit der Arbeitsverträge führen, eingeschränkt (teleologische Reduktion). Danach werden bei in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnissen fehlerhafte Arbeitsverträge bis zur Geltendmachung der Nichtigkeit oder bis zur Anfechtung als wirksam behandelt. Die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit tritt nicht ex tune, sondern ex nune ab Geltendmachung der Nichtigkeit oder ab Anfechtung ein. - Andere233 behandeln zwar nichtige oder ange229 Ständige Rechtsprechung des BAG; vgI. BAGE 5, 58, 65 f.; 5, 159, 161; 8, 47, 50; 9, 1, 6; 9, 147, 153; 11, 51, 56; AP Nrn. 2, 18 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis; zuletzt AP Nr. 24 zu § 123 BGB. 230 Vgl. schon oben § 2 I 2 d bb (2). Blomeyer, AR-Bl., ArbeitsvertragArbeitsverhältnis, V, C III 2 a bb, cc; Brox, Arbeitsrecht, Rdz.67, 69; Hueck/ Nipperdey, Bd. I, § 32 III 2 a, S. 190; Picker, ZfA 1981, 1, 58; Schaub, Handbuch, § 35 III 4, S. 150. 231 Picker, ZfA 1981, 1, 52: "Die Beschränkung der Nichtigkeitsfolgen beruht auf Erwägungen der praktischen Vernunft. Sie stützt sich gleichermaßen auch auf Wertungen der Gerechtigkeit und der Billigkeit.. , . Schließlich und vor allem aber fordert ein elementares Judiz und Billigkeitsurteil, daß dem "gelebten" Arbeitsvertrag für die Vergangenheit soweit wie möglich auch juristische Anerkennung zuteil wird."; ähnlich Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 II 1 b, S. 127. m BAGE 5, 58, 65; 5, 159, 162; 15, 17; BAG ZIP 1983, 1499; Herschel, BB 1953, 1069; v. Hoyningen-Huene, AR-BI., Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, VI, C III 2 a, B IV; Brox, Irrtumsanfechtung, S.236; Farthmann, RdA 1958, 338 f.; Schaub, Handbuch, § 35 111 3, S. 149, der allerdings mißverständlich noch vom "faktischen Arbeitsverhältnis" spricht; Zöllner, Arbeitsrecht, § 11 I 2 b, S. 122 und 11 1 b, S. 125; weitere Nachweise bei Picker, ZfA 1981, 1, 12 FN 33. Nach Picker, S. 53, ist die Anerkennung der ex-nunc-Nichtigkeit als prinzipielle Richtschnur - nicht aber als Pauschallösung - nicht mehr ernsthaft in Frage zu stellen. Zum Gesellschaftsrecht vgl. nur BGH WM 1983, 305, 306 m. w. N. 233 aGHZ 29, 6 ff.; Staudinger/Nipperdey/Mohnen/Neumann, 10./11. Aufl., § 611 Anm.l04; weitere Nachweise bei Sack, RdA 1975, 171, 174 FN 52 und

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fochtene Arbeitsverträge als von Anfang an (ex tunc) unwirksam. Jedoch sei es dem Arbeitgeber eines tatsächlich vollzogenen Arbeitsverhältnisses verwehrt, sich auf die anfängliche Unwirksamkeit zu berufen. Das ergebe sich aus § 242. Der Arbeitgeber würde sich zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzen (venire contra factum proprium), wenn er sich trotz erhaltener Arbeitsleistung gegenüber den Ansprüchen der Arbeitnehmer auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen würde. - Die Begründung der h. M. (teleologische Reduktion der Nichtigkeits- und Anfechtungsfolgen) ist zu bevorzugen. Sie entspricht am ehesten den Wertungen, die der Gesetzgeber bei anderen Dauerschuldverhältnissen getroffen hat (Eheaufhebung ex nunc gern. §§ 28 ff. EheG; zukunftsbezogene Abwicklung einer nichtigen Ehe gern. § 26 EheG i. V. m. §§ 1569 ff., 1372 ff.; Liquidation einer für nichtig erklärten Gesellschaft gern. § 277 AktG, § 77 GmbHG, § 97 GenG)234. Außerdem liegen die Grunde, die für eine Aufrechterhaltung von Arbeitsverhältnissen auf mangelhafter Vertragsgrundlage sprechen, nicht allein in dem widersprüchlichen Verhalten des Arbeitgebers; vielmehr sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen von den Nachteilen betroffen, die eine bereicherungsrechtliche Abwicklung bringen kann235 . bb) Anwendbarkeit der Lehre Es fragt sich, ob nach der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis auch die Arbeitsverhältnisse zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern während ihres tatsächlichen Vollzugs als wirksam behandelt werden können. (1) Konstruktive Bedenken

Die Anwendung der Regeln vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis scheint aus konstruktiven Gründen nicht möglich zu sein236 . Der vAE hat mit den vom Erblasser übernommenen Arbeitnehmern keine nichtigen oder anfechtbaren Arbeitsverträge geschlossen. Die Arbeitnehmer haben nur mit dem verstorbenen Arbeitgeber Arbeitsverträge geschlossen. Diese Verträge sind wirksam. Die Arbeitnehmer erbringen während des Vollzugs der fehlerhaften Arbeitgebererbfolge ihre ArbeitsKäßer, Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, S. 63 FN 46; vgl. zur Einschränkung des Anfechtungsrechts durch Treu und Glauben auch BAG AP Nr. 17 zu § 123 BGB auf BI. 2 und AP Nr. 3 zu § 119 BGB auf BI. 1 R. 234 Vgl. dazu oben § 2 I 2 d bb (4). 235 Ablehnend zur Einschränkung der Anfechtung durch Treu und Glauben ausführlich Picker, ZfA 1981, 1, 65 ff. 236 So Stumpf, Festschrift Brackmann, S.299, 303; für das Gesellschaftsrecht Bode, Irrtum über den Gesellschaftererben, S. 29 ff.; schon vorher Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 19 zu § 105 HGB; ders., Festschrift earl Heymanns Verlag, S.271, 273; wohl auch Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 105 Anm. 8 D; MünchKomm/Ulmer, § 727 Rdz. 45.

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leistung aufgrund wirksamer Verträge irrtümlich gegenüber dem vAE. Dadurch entstehen keine Arbeitsverhältnisse aufgrund mangelhafter Vertragsgrundlage. Diese konstruktiven Bedenken gegen die Annahme fehlerhafter, aber wirksamer Arbeitsverhältnisse zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern sind jedoch in sich nicht schlüssig. Die Ansicht, wonach ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis notwendig eine fehlerhafte Vertragsgrundlage gerade zwischen den Parteien dieses Arbeitsverhältnisses voraussetzt, ist unzutreffend. Für den Regelfall ist das zwar zu bejahen; denn vertragliche Rechte und Pflichten werden durch Abschluß eines darauf gerichteten Vertrages begründet. Wenn ein "fehlerfreies" Arbeitsverhältnis den Abschluß eines wirksamen Arbeitsvertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraussetzt, ist deshalb für ein "fehlerhaftes" Arbeitsverhältnis der Abschluß eines fehlerhaften Arbeitsvertrages erforderlich237 • Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen zwischen zwei Personen arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten entstehen können, ohne daß gerade diese Personen Arbeitsverträge miteinander schließen. Dazu gehören der rechtsgeschäftliche und der gesetzliche Eintritt des Arbeitgebers in bereits bestehende Arbeitsverhältnisse. Hier ist für ein fehlerfreies Arbeitsverhältnis zwischen den Arbeitnehmern und dem Eintretenden kein wirksamer Arbeitsvertrag zwischen ihnen erforderlich. Deshalb setzt auch ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis keinen fehlerhaften Arbeitsvertrag zwischen ihnen voraus. Beim wirksamen Arbeitsverhältnis tritt an die Stelle des Arbeitsvertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer der wirksame Eintrittsvertrag des neuen Arbeitgebers mit dem bisherigen Betriebsinhaber oder eine wirksame gesetzliche überleitung der Arbeitsverhältnisse. Fehlerhaft sind die durch den Eintritt des neuen Arbeitgebers entstehenden Arbeitsverhältnisse, wenn der Eintrittsvertrag fehlerhaft ist oder die gesetzliche Rechtsnachfolge fehlerhaft vollzogen wird. Es entstehen also fehlerhafte Arbeitsverhältnisse, die nicht auf fehlerhaften Arbeitsverträgen, sondern auf einem fehlerhaften Eintritt des Arbeitgebers in bestehende Arbeitsverhältnisse beruhen. Allerdings kann in solchen Fällen die Begründung, mit der die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis die Arbeitsverhältnisse während ihres Vollzugs als wirksam behandelt, nicht unverändert übernommen werden. Da keine nichtigen oder angefochtenen Arbeitsverträge geschlossen wurden, können deren Nichtigkeits- und Anfechtungsfolgen auch nicht teleologisch reduziert werden. Beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge geht es vielmehr darum, ob der erbrechtliehe Ein237 Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 63 zur fehlerhaften Gesellschaftererbfolge: "Die rechtsgeschäftliche Prämisse der fehlerhaften Gesellschaft ist nur für den ,Normalfall' in der Tat unerläßlich."

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tritt des vAE in die Arbeitsverhältnisse des Erblassers von Anfang an unwirksam ist oder ob er während des Vollzugs der Arbeitsverhältnisse als wirksam behandelt wird. Aufgrund dieses konstruktiven Unterschiedes müssen bei der Beantwortung der Frage, ob die Arbeitsverhältnisse mit Rechtsgrund vollzogen wurden, die Folgen der Ausschlagung, Erbunwürdigkeitserklärung, Enterbung sowie des Widerrufs, der Nichtigkeit und Anfechtung von Erbeinsetzungen teleologisch eingeschränkt werden238 • Diese Folgen greifen erst ex nunc ein, wenn der fehlerhafte Vollzug der Erbfolge be endet wird. Der vAE wird während des Vollzugs der Arbeitsverhältnisse so behandelt, als sei er kraft Erbrechts Partei der Arbeitsverträge mit dem vom Erblasser vereinbarten Inhalt geworden. Die Arbeitsverhältnisse zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern stellen sich somit während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge unter konstruktiven Gesichtspunkten als eine neue Fallgruppe gegenüber den bisher anerkannten Erscheinungsformen fehlerhafter Arbeitsverhältnisse dar239 •

(2) Interessenlage der Beteiligten Entscheidend für die Anwendbarkeit der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis ist unabhängig von der juristischen Konstruktion des erbrechtlichen Arbeitgeberwechsels, daß die Interessenlage zwischen dem vAE und den von ihm nach dem Erbfall weiterbeschäftigten Arbeitnehmern derjenigen entspricht, die zwischen den Parteien eines fehlerhaften Arbeitsvertrages besteht. Wie schon erwähnt240 , wurde die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis entwickelt, um die schwierige und interessenwidrige bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vollzogener Arbeitsverhältnisse zu vermeiden. Dieses Problem stellt sich aber nicht nur bei Dauerschuldverhältnissen, die auf einer mangelhaften Vertragsgrundlage beruhen. Es stellt sich vielmehr immer dann, wenn der Rechtsgrund, der zur Entstehung von solchen vertraglichen Rechten und Pflichten führt, rechtliche Mängel aufweist. Das läßt sich besonders deutlich an einem Beispiel aus dem Gesellschaftsrecht zeigen: Nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft wird eine Gesellschaft, die auf einem mangelhaften Gesellschaftsvertrag beruht, während ihres Vollzugs als wirksam behande1t2 41 • Das gilt nicht nur bei der fehlerhaften Gesellschaftsgründung, sondern auch beim fehRoloff, Scheinerbe, S. 43, 45. Vgl. die Nachweise unten § 2 FN 246 zur fehlerhaften Gesellschaftererbfolge. 240 Vgl. oben § 2 I 3 f aa mit Nachweisen in FN 231. 2U BGHZ 11, 190 f.; 44, 235, 236; 55, 5, 8; BGH WM 1976, 1027, 1028; 1983, 305, 306; Nachweise ferner bei Ulmer, Festschrift Flume, Bd.lI, S.301, 304. 238

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lerhaften Gesellschafterwechsel; denn der Gesellschafterwechsel bedeutet materiell den Neuabschluß eines Gesellschaftsvertrages242 • Deshalb sind die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch beim rechtsgeschäftlichen Eintritt des vermeintlichen Gesellschaftererben aufgrund einer Eintrittsklausel in die Gesellschaft anwendbar2 43 • Auch dieser Eintritt beruht auf einem fehlerhaften Vertrag 244 • Die fehlerhafte automatische Nachfolge eines vermeintlichen Gesellschaftererben aufgrund einer Nachfolgeklausel erfolgt dagegen zwar ohne Abschluß eines fehlerhaften Vertrages. Die entstehenden Abwicklungsprobleme sind jedoch die gleichen wie beim fehlerhaften rechtsgeschäftlichen Eintritt245 • Da die Interessenlage der Beteiligten in beiden Fällen des fehlerhaften Vollzugs der Gesellschaftererbfolge übereinstimmt, muß die vollzogene Gesellschaft auch rechtlich in beiden Fällen gleich behandelt werden, obwohl die exakte Ursache für die fehlerhafte Aufnahme des vermeintlichen Erben in die Gesellschaft verschieden ist. Es handelt sich jeweils um eine fehlerhafte, aber wirksame Gesellschaft 246 • Ebenso wie im Gesellschaftsrecht hängt bei vollzogenen Arbeitsverhältnissen die Interessenlage der Beteiligten nicht davon ab, ob die Parteien einen fehlerhaften Arbeitsvertrag geschlossen haben oder ob die irrtümlich angenommenen Voraussetzungen für den gesetzlichen Eintritt des Arbeitgebers in das Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht vorliegen. So wird etwa bei der rechtsgeschäftlichen Betriebsübertragung (§ 613 a) der Erwerber kraft Gesetzes so gestellt, als habe er selbst mit den übernommenen Arbeitnehmern Arbeitsverträge mit dem Inhalt geschlossen, die der Betriebsveräußerer mit den Arbeitnehmern vereinbart hatte. Wenn er selbst diese Arbeitsverträge geschlossen hätte, kämen bei deren Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit die Regeln vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis unmittelbar zur Anwendung. Zur Vermeidung von Wertungs widersprüchen muß das gleiche gelten, wenn das der Betriebsübernahme zugrunde liegende Rechtsgeschäft nichtig oder anfecht242 BGHZ 26, 330, 335; 44, 235, 237; Ganssmüller, NJW 1956, 698; GK! Fischer, HGB, § 105 Anm. 84; Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 48; MünchKomm/ Ulmer, § 705 Rdz. 239 ff.; Westermann, Personengesellschaftsrecht, Rdz.758; weitere Nachweise bei Bode, Irrtum über den Gesellschaftererben, S. 30 FN 1. 243 Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 49; Fischer, Festschrift Carl Heymanns Verlag, S.271, 279; MünchKomm/Ulmer, § 727 Rdz.48; SoergeZlSchulze v. Lasaulx, § 727 Rdz. 31. 244 Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 105 Anm. 8 D; Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 19 zu § 105 HGB; Bode, Irrtum über den Gesellschaftererben, S. 31

FN 1.

Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 61 ff.; Rolo!!, Scheinerbe, S. 40 ff., 42. Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 61 ff., 63; Rolo!!, Scheinerbe, S. 40-43; a. M. Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 19 zu § 105 HGB; ders., Festschrift Carl Heymanns Verlag, S.271-273; ihm folgend Bode, Irrtum über den Gesellschaftererben, S. 29 ff.; MünchKomm/Ulmer, § 727 Rdz.45; SoergeZlSchulze v. Lasau Ix, § 727 Rdz. 31. 245

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bar ist; den in beiden Fällen ist der Rechtsgrund für die Durchführung der Arbeitsverhältnisse mangelhaft. Diese Ansicht wird auch von der ganz h. M.247 geteilt. Sie greift bei der fehlerhaften Betriebsveräußerung nur deshalb nicht auf die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis zurück, weil sie unter Betriebsübergang "durch Rechtsgeschäft" (vgl. § 613 a Abs.1 S.l) auch einen solchen durch unwirksames oder anfechtbares Rechtsgeschäft versteht. Zur Begründung dieser Auslegung des § 613 a Abs.1 werden jedoch zum Teil die gleichen Argumente verwendet, mit denen die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis begründet wird. Die weite Auslegung des § 613 a Abs. 1 führt auch zu vergleichbaren Rechtsfolgen wie die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis: Während des Vollzugs der fehlerhaften Betriebsübertragung ist der Erwerber Arbeitgeber; für die Zukunft kann er sich dagegen (durch Rückübertragung auf den Veräußerer) ohne Kündigung aus seiner ArbeitgebersteIlung lösen248 • Auch beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge stimmt die Interessenlage der Beteiligten der Arbeitsverhältnisse mit derjenigen bei Arbeitsverhältnissen auf mangelhafter Vertragsgrundlage überein. Die Rechtsstellung des vAE beruht zwar weder auf fehlerhaften Arbeitsverträgen noch auf einem unwirksamen rechtsgeschäftlichen Betriebserwerb. Dieser lediglich konstruktive Unterschied hat jedoch keinen Einfluß auf die Interessenlage. Der Erbe rückt nach §§ 1922, 1967 in die bestehenden Arbeitsverhältnisse des Erblassers ein. Er wird kraft Gesetzes so gestellt, als habe er die vom Erblasser geschlossenen Verträge selbst geschlossen. Ist die Erbeinsetzung unwirksam oder anfechtbar oder stehen der gesetzlichen Erbfolge Hindernisse entgegen, befinden sich der vAE und die übernommenen Arbeitnehmer während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge in der gleichen Situation wie der Betriebserwerber und die übernommenen Arbeitnehmer bei fehlerhafter rechtsgeschäftlicher Betriebsübertragung. Es wäre deshalb ein sachlich nicht gerechtfertigter Wertungswiderspruch, wenn man die Arbeitsverhältnisse des vAE im Unterschied zu denen des vermeintlichen rechtsgeschäftlichen Betriebserwerbers während ihres Vollzugs nicht als wirksam ansehen würde. Sowohl bei fehlerhaften Arbeitsverträgen als auch bei der fehlerhaften Betriebsübertragung sowie beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge haben der vermeintliche Arbeitgeber und die Arbeitnehmer den Willen, füreinander zu bestimmten, feststehenden und bekannten Bedingungen Leistungen zu erbringen. In keinem der Fälle werden den Beteiligten gegen ihren Willen arbeitsvertragliche Rechte und 241 24S

Vgl. Nachweise oben in § 2 FN 154. SO wohl auch Erman/ Küchenhoff, § 613 a Rdz. 31.

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Pflichten aufgezwungen249 • In allen Fällen gehen sowohl der Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer davon aus, arbeitsvertraglich aneinander gebunden zu sein. Lediglich die juristische Ursache für die irrtümlich angenommene Bindung ist verschieden. Im übrigen fehlt es bei der vermeintlichen Rechtsnachfolge des vAE nur wegen der irrtümlich angenommenen erbrechtlichen Nachfolgeautomatik an rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern. Gingen sie nicht irrtümlich davon aus, schon kraft Erbrechts arbeitsvertraglich aneinander gebunden zu sein, müßte in ihrem gegenseitigen Verhalten der Abschluß konkludenter Arbeitsverträge gesehen werden250 • Die Regeln vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis bieten eine Möglichkeit, dem tatsächlichen Willen des vAE und der Arbeitnehmer auch rechtliche Wirkung zu verschaffen251 • (3) "Besonders schwere Mängel" der Erbfolge Wie oben bereits erwähnt, geht die h. M.252 davon aus, daß die Nichtigkeitsfolgen "besonders schwerer Mängel" (Sittenwidrigkeit, Verstoß gegen strafrechtliche Verbote) nicht durch teleologische Reduktion vermieden werden können. Das gelte auch für Arbeitsverträge mit solchen Mängeln. Sie dürften selbst während ihres tatsächlichen Vollzugs nicht als wirksam angesehen werden. Auch der fehlerhafte Vollzug der Erbfolge kann auf vergleichbar schwere Mängel zurückzuführen sein253 • Das wirkt sich dann jedoch nicht in gleicher Weise wie bei Arbeitsverhältnissen auf fehlerhafter Vertragsgrundlage aus; denn der Mangel beim Vollzug der Erbfolge betrifft in erster Linie die Rechtsstellung des vAE gegenüber dem wahren Erben. Das Gesetz gebietet es dagegen nicht, deshalb auch die Arbeitsverhältnisse zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern von Anfang an als unwirksam zu behandeln. Selbst wenn der vAE durch sittenwidriges Testament als Erbe eingesetzt wurde, bedeutet das nicht, daß auch die von ihm vollzogenen Arbeitsverhältnisse sittenwidrig sind. (4) Abgrenzung zum faktischen Arbeitsverhältnis In der Anerkennung wirksamer Arbeitsverhältnisse aufgrund fehlerhaften erbrechtlichen Eintritts in bestehende Arbeitsverhältnisse des Erblassers liegt kein Rückgriff auf die Lehre vom faktischen Arbeitsverhältnis. Es wird nicht außerhalb des Gesetzes und außerhalb gesetz249

Ebenso zum fehlerhaften Vollzug der GesellSchaftererbfOlge Konzen,

ZHR 145 (1981), 29, 63. 250 Konzen, ZHR 145 (19S1), 29, 63. 251 Anders Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 303 f. 252 Vgl. die Nachweise oben in § 2 FN 53-56. 253 Vgl. dazu schon oben § 2 I 2 d bb (2). 6 Walker

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licher Wertungen neues Vertragsrecht geschaffen 254 • Zwar kommt zwischen dem vAE und den von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmern Arbeitsvertragsrecht zur Anwendung, obwohl sie keine Arbeitsverträge miteinander geschlossen haben. Diese Rechtsfolgen ergeben sich aber nicht allein aus dem Faktum der Arbeit. Sie beruhen - wie beim Vollzug der Arbeitgebererbfolge mit dem wahren Erben - vielmehr darauf, daß die Arbeitnehmer mit dem verstorbenen Arbeitgeber Arbeitsverträge geschlossen haben. In diese vertraglich begründeten Rechte und Pflichten rückt der vAE ein. Lediglich die Wirksamkeitsvoraussetzungen für den erbrechtlichen Eintritt in die arbeitsvertraglich begründete Rechtsstellung des verstorbenen Arbeitgebers werden ausnahmsweise vernachlässigt.

Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge die Arbeitsverhältnisse zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern während ihres Vollzugs als wirksam anzusehen sind. Soweit es um die Arbeitgeberstellung des vAE geht, werden die Nichtigkeits- und Anfechtungsfolgen der gesetzlichen und gewillkürten Erbfolge teleologisch eingeschränkt. Sie gelten nicht, solange die Arbeitsverhältnisse der noch vom Erblasser beschäftigten Arbeitnehmer nach dem Erbfall tatsächlich mit dem vAE vollzogen werden. ce) Einzelne Rechtsfolgen bei Annahme fehlerhafter Arbeitsverhältnisse Die Annahme fehlerhafter, aber wirksamer Arbeitsverhältnisse zwischen dem vAE und den übernommenen Arbeitnehmern hat im einzelnen folgende rechtlichen Wirkungen: (1) Erfaßter Personenkreis

Zu dem Personenkreis, der von den Regeln über das fehlerhafte, aber wirksame Arbeitsverhältnis erfaßt wird, gehören der vAE selbst und die Arbeitnehmer, die er vom Erblasser übernimmt und weiterbeschäftigt. Dazu zählen auch die übernommenen leitenden Angestellten. Bei ihnen besteht das gleiche Bedürfnis wie bei den sonstigen Arbeitnehmern, ihre Beschäftigungsverhältnisse während des tatsächlichen Vollzugs als wirksam anzusehen255 • Gleiches gilt für Personen, die in Berufsausbildungsverhältnissen stehen, sowie für Volontäre und Praktikanten256 • Auf sie sind ohnehin kraft Gesetzes (§ 3 Abs. 2 BBiG) die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze 254 Zum fehlerhaften Vollzug der Gesellschaftererbfolge ebenso Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 63; schon vorher Rala!!, Scheinerbe, S.45. 255 Sie genießen wie die übrigen Arbeitnehmer auch den Bestandsschutz des § 613 a. Vgl. dazu BAG AP Nr. 11 zu § 613 a BGB; Lepke, BB 1979, 526, 527. 256 Die Rechtsstellung der Volontäre und Praktikanten ergibt sich aus § 19 BBiG. Die Vorschrift verweist auf § 3 BBiG.

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anwendbar257 • Zu diesen Rechtsgrundsätzen gehören auch die Grundsätze des Arbeitnehmerschutzes, die zur Anwendung der Regeln vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis führen. Fraglich ist dagegen, ob die Regeln über das fehlerhafte Arbeitsverhältnis auch auf die Beziehung des vAE zu den vom Erblasser übernommenen arbeitnehmerähnlichen Personen anwendbar sind. Dabei ist an Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende und gleichgestellte Personen zu denken. Wie bereits gesehen, genießen sie nach der Rechtsprechung des BAG258 beim rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang nicht den gleichen Bestandsschutz wie Arbeitnehmer. Das bedeutet jedoch nicht, daß kein Bedürfnis besteht, ihre mit dem vAE vollzogenen Rechtsverhältnisse als wirksam anzusehen. Vielmehr ist die ausdrücklich auf "Arbeitsverhältnisse" beschränkte Vorschrift des § 613 a nur damit zu erklären, daß diese Vorschrift andere Zwecke erfüllt, als beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge mit den Regeln vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis verfolgt werden. § 613 a will vor allem den Bestand der Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang sichern, die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats und eine Haftungsverteilung zwischen altem und neuem Arbeitgeber gewährleisten 259 . Diese Zwecke erfordern es nach der Rechtsprechung des BAG260 nicht, die arbeitnehmerähnlichen Personen in den Anwendungsbereich des § 613 a einzubeziehen. Dagegen sollen die Regeln vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis eine interessengerechte Abwicklung ermöglichen, wenn die Fehlerhaftigkeit der vollzogenen Erbfolge erkannt wird. Dafür besteht aber auch bei arbeitnehmerähnlichen Personen ein Bedürfnis. Wie oben bereits dargelegt261 , haben sie ebenso wie die Arbeitnehmer wirksame Verträge mit dem Erblasser geschlossen, die lediglich aufgrund eines beiderseitigen Irrtums mit dem vAE vollzogen werden. Auch bei ihnen geht es um Dauerschuldverhältnisse, deren Rückabwicklung nach §§ 812 ff. zum einen schwierig sein könnte und zum anderen der Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit der arbeitnehmerähnlichen Personen nicht in der gebotenen Weise Rechnung tragen würde. Deshalb wäre es sachlich nicht berechtigt, die zwischen dem vAE und den arbeitnehmerähnlichen Personen vollzogenen Rechtsverhältnisse anders zu behandeln als die vollzogenen Arbeitsverhältnisse. 257 Deshalb spielt in diesem Zusammenhang der Streit, ob die Auszubildenden Arbeitnehmer sind, keine Rolle. Vgl. dazu die Nachweise bei Lepke, BB 1979, 526, 528 in FN 38-41. - Die genannten Personengruppen werden auch von § 613 a erfaßt. Vgl. Lepke, BB 1979, 526, 528; SeHer, Betriebsinhaberwechsel, B IV 4 a bb, S.57. 258 Vgl. schon oben § 2 I 3 b cc mit Nachweisen in FN 159-161. 25g Vgl. dazu die Nachweise in § 2 FN 155. 260 Vgl. BAG AP Nr. 23 zu § 613 a BGB. 261 Vgl. oben § 2 I 3 b cc. 6'

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Somit sind die Regeln vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis auf die Beziehung zwischen dem v AE und allen Beschäftigten, die er vom Erblasser übernommen hat, anzuwenden. (2) Individualrechtliehe Folgen

Bei den individualrechtlichen Folgen, die sich daraus ergeben, daß zwischen dem vAE und den von ihm übernommenen Arbeitnehmern fehlerhafte, aber wirksame Arbeitsverhältnisse bestehen, ist zwischen der Zeit des Vollzugs dieser Arbeitsverhältnisse und der Zeit nach deren Beendigung zu unterscheiden. (a) Während des Vollzugs der Arbeitsverhältnisse Während des Vollzugs der fehlerhaften Arbeitsverhältnisse hat der vAE gegenüber den Arbeitnehmern, die er vom Erblasser übernommen hat, alle arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten, die der Erblasser mit den Arbeitnehmern vereinbart hatte. Haben der vAE und die Arbeitnehmer sich die gegeneinander bestehenden Ansprüche erfüllt oder wegen Pflichtverletzungen Schadensersatz geleistet, so ist das "mit Rechtsgrund" geschehen. Der Rechtsgrund besteht in den fehlerhaften, aber wirksamen Arbeitsverhältnissen. Deshalb sind die ausgetauschten Leistungen nicht nach §§ 812 ff. rück abzuwickeln. Hat der vAE die Beschäftigten mit eigenem Geld bezahlt, sind die Zahlungen auch nicht zwischen den Empfängern und dem wahren Erben rückabzuwickeln. Der wahre Erbe hat weder Ansprüche aus § 812, weil er nicht geleistet hat, noch aus § 816, weil der vAE als Berechtigter an die Berechtigten gezahlt hat. Ob zwischen dem wahren Erben und den Zahlungsempfängern eine Rückabwicklung erfolgt, wenn der vAE aus Nachlaßmitteln gezahlt hat, wird bei der Untersuchung der Rechtsverhältnisse zwischen dem wahren Erben und den Arbeitnehmern noch zu prüfen sein262 • Dagegen tritt der vAE nicht in solche Rechte und Pflichten ein, die sich auf einen vor dem Erbfall abgeschlossenen Zeitraum beziehen; denn diese bestehen unabhängig von der Durchführung der Arbeitsverhältnisse während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge. Zahlt der vAE den übernommenen Arbeitnehmern etwa rückständigen Lohn für eine vor dem Erbfall liegende Zeit, besteht dafür kein Rechtsgrund. Hat der vAE mit eigenem Geld gezahlt, kommt eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung in Frage, sofern der vAE keinen Ersatz vom wahren Erben erhält. Die Bedenken, die gegen die Rückabwicklung vollzogener Arbeitsverhältnisse bestehen, greifen hier nicht durch. Insbesondere wird der Arbeitnehmerschutz nicht vernachlässigt; denn die Ansprüche 262

Vgl. dazu unten § 3 I 2.

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der Arbeitnehmer auf Zahlung rückständigen Lohnes muß nach § 1967 der wahre Erbe erfüllen. Zu dem Eintritt des vAE in die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten des Erblassers gehört auch, daß er während des Vollzugs der Arbeitsverhältnisse aus einer schon vor dem Erbfall bindend gewordenen betrieblichen Übung verpflichtet ist. Hält er sich daran, besteht dafür also ebenfalls ein rechtlicher Grund. Den Vertrauenstatbestand, der sich aus einer noch nicht bindend gewordenen betrieblichen Übung ergibt, muß der v AE sich zurechnen lassen. Er kann allerdings die Übung abbrechen, um die Entstehung einer Bindungswirkung zu verhindern 263 • Hatte der Erblasser seinen Beschäftigten Vollmacht, Handlungsvollmacht oder Prokura erteilt, werden diese Vollmachten durch den Erbfall nicht berührt. Nach § 52 Abs. 3 HGB erlischt die Prokura beim Tod des Inhabers eines Handelsgeschäfts nicht; selbst eine abweichende Vereinbarung zwischen dem Erblasser und einem Prokuristen steht dem nicht entgegen264 • Für die Handlungsvollmacht sowie für die bürgerlichrechtliche Vollmacht ist § 168 maßgebend 265 • Danach erlöschen Vollmachten nur, wenn das zugrunde liegende Rechtsverhältnis endet. Die Beschäftigungsverhältnisse werden aber nach dem Tod des Vollmachtgebers grundsätzlich mit dessen Erben fortgesetzt (§§ 1922, 1967). Deshalb gelten diesem gegenüber auch die erteilten Vollmachten weiter. Solange die Beschäftigungsverhältnisse nicht mit dem wahren, sondern mit dem vermeintlichen Erben des Arbeitgebers fortgesetzt werden, ist es nur folgerichtig, wenn ihm gegenüber auch die vom Erblasser erteilten Vollmachten fortwirken 266 • Deshalb wird während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge der vAE wirksam durch die vom Erblasser bevollmächtigten Beschäftigten vertreten. Als Arbeitgeber hat der vAE das Recht zur Ausübung solcher Gestaltungsrechte, die auch der Erblasser gegenüber den Arbeitnehmern hätte ausüben können267 • Deshalb kann er unter Beachtung der allgemeinen m Vgl. zum gleichen Problem beim rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang

Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VII 2 d, S. 81 f. 26' Schlegelberger!Schröder, HGB, § 52 Rdz. 16. 265 Schlegelberger!Schröder, HGB, § 54 Rdz. 8. 266

Insofern ist die Rechtslage beim übergang der Arbeitsverhältnisse nach

§ 613 a anders: In diesem Fall erlöschen die Vollmachten. Vgl. im einzelnen Falkenberg, DB 1980, 783, 784; Köhler, BB 1979, 912 ff.; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VII 1 d, S. 77. Das ist jedoch kein Widerspruch zu der hier vertretenen Lösung beim fehlerhaften Vollzug der ErbfOlge; denn bei § 613 a geht es nicht um den Tod des Arbeitgebers, und der Zweck des § 613 a erfordert eine Anwendung des § 52 HGB und des § 168 nicht. Vgl. auch unten § 6 111 3 b. 267 Auch beim rechtsgeschäftlichen Beriebsübergang gehen die Gestaltungsrechte auf den neuen Arbeitgeber über. Vgl. MünchKomm!Schaub, § 613 a Rdz. 56; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VII 3, S. 84 f.

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Kündigungsvoraussetzungen die zwischen ihm und den Arbeitnehmern bestehenden fehlerhaften Arbeitsverhältnisse wirksam kündigen. Genauso ist es den Arbeitnehmern möglich, gegenüber dem vAE eine wirksame Kündigung auszusprechen. Infolge einer solchen Kündigung enden die fehlerhaften Arbeitsverhältnisse, an denen der vAE als Arbeitgeber beteiligt ist. Eine andere Frage ist es, welche Auswirkungen Kündigungen des vAE oder der Arbeitnehmer gegenüber dem vAE für die Rechtsstellung des wahren Erben nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge haben. Darauf wird unten noch zurückzukommen sein. (b) Nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse Scheidet ein Arbeitnehmer, den der vAE zunächst vom Erblasser übernommen und weiterbeschäftigt hat, während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge aus dem Arbeitsverhältnis aus, können für ihn nachvertragliche Rechte und Pflichten entstehen, falls er dies mit dem Erblasser vereinbart hatte. Dabei ist etwa an Ruhegeldzusagen und nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen zu denken. Fraglich ist, ob der vAE auch Berechtigter und Verpflichteter aus solchen nachvertraglichen Rechtsverhältnissen wird. Die praktische Bedeutung dieser Frage wird sich allerdings weniger bei Arbeitnehmern zeigen, die während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, als vielmehr bei solchen Arbeitnehmern, die bereits zur Zeit des Erbfalls aus den früheren Arbeitsverhältnissen mit dem Erblasser ausgeschieden waren und schon beim Erbfall nur noch in nachvertraglichen Beziehungen zum Erblasser standen. Sie soll deshalb insgesamt bei der Untersuchung der Rechtsverhältnisse zwischen dem vAE und den zur Zeit des Erbfalls bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern be':' handelt werden288 •

(3) Kollektivrechtliche Folgen Der verstorbene Arbeitgeber kann aus kollektivarbeitsrechtlichen Vereinbarungen berechtigt und verpflichtet gewesen sein. Fraglich ist, wie sich das auf die Rechtsstellung des vAE auswirkt, die dieser während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge hat. - Ferner stellt sich in kollektivrechtlicher Hinsicht die Frage, wie sich der fehlerhafte Vollzug der Erbfolge auf den Bestand der betrieblichen Arbeitnehmervertretungen auswirkt. (a) Betriebsvereinbarungen Betriebsvereinbarungen, die der verstorbene Arbeitgeber mit dem Betriebsrat getroffen hatte, bleiben in ihrem Bestand durch den Erbfall 268

Vgl. dazu unten § 2 II 2.

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unberührt, sofern die Identität des Betriebes erhalten bleibt 269 • Der Erbe rückt in die Rechtsstellung, die der verstorbene Arbeitgeber aus Betriebsvereinbarungen hatte, ein. Tritt anstelle des wahren Erben ein vermeintlicher Erbe in die Arbeitgeberstellung des Erblassers ein, liegt es nahe, daß er sich an die vom Erblasser geschlossenen Betriebsvereinbarungen hält, weil er sich dazu als vermeintlicher Erbe verpflichtet fühlt. Dann stellt sich die Frage, ob für diese tatsächliche Durchführung der Betriebsvereinbarungen ein rechtlicher Grund besteht. Soweit der normative Teil der Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse einwirkt, bestimmen die Betriebsvereinbarungen von außen den Inhalt der Arbeitsverhältnisse, in die der vAE fehlerhaft, aber wirksam einrückt 270 • Deshalb ist der vAE während des Vollzugs der Arbeitsverhältnisse nach den Regeln vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis an den normativen Teil der Betriebsvereinbarungen gebunden271 • Andernfalls würden die Arbeitsverhältnisse hinsichtlich der in den Betriebsvereinbarungen getroffenen Regelungen bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge rückwirkend einen anderen Inhalt bekommen, und der Vollzug dieser Regelungen müßte rückabgewickelt werden. Eine solche Teilrückabwicklung ist jedoch kaum möglich, zumindest aber unpraktisch und nicht interessengerecht. Sie würde im Widerspruch dazu stehen, daß die vollzogenen Arbeitsverhältnisse im übrigen als wirksam angesehen werden272 • Aber auch in die ParteisteIlung des Erblassers rückt der vAE während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ein. Als Partei ist er auch an die schuldrechtlichen Vereinbarungen gebunden273 • Wäre der vAE 269 Dietz/Richardi, BetrVG, § 77 Rdz. 146; Hanau/Vossen, Festschrift Hilger/Stumpf, S.271, 297; Hueck/Nipperdey, Bd. 11/2, § 66 C VI I, S. 1287; GK/ Thiele, BetrVG, § 77 Rdz.195; Kunze, RdA 1976, 31, 32; Neumann, DB 1960, 60. 270 Zur Wirkung der Inhaltsnormen vgl. Dietz/Richardi, BetrVG, § 77 Rdz.92; Gaul, DB 1980, 98, 100; vgl. auch Heinze, DB 1980, 205, 210; BAGE 3, 1,4 f.; 16, 58, 61; 23, 257, 270. 271 Auch eine Anfechtung von Betriebsvereinbarungen wird allgemein nur mit Wirkung ex nunc zugelassen. Vgl. Brox, BB 1964,523, 527; ders., RPfleger 1961,423,427; Dietz/Richardi, BetrVG, § 77 Rdz.38; Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, § 77 Rdz.49; Lüßmann, Anfechtung von Betriebsvereinbarungen, S.153; Hueck/Nipperdey, Bd.II/2, § 66 B 11 2, S.1282 mit Nachweisen in FN 15; Nikisch, Bd.llI, § 107 VII 2, S.285; Schaub, Handbuch, § 231 II 2, S. 1322; Stadler, BB 1971, 709, 712; wohl auch BAG AP Nr. 1 zu § 615 BGB Kurzarbeit unter 5 c mit zustimmender Anm. Neumann-Duesberg unter I 2 b cc. 272 Die Parallele zwischen dem Vollzug fehlerhafter Arbeitsverhältnisse und fehlerhafter Betriebsvereinbarungen wird allgemein betont. Vgl. nur Stadler, BB 1971, 709, 712 ("faktische Betriebsvereinbarung 273 Die Durchführung schuldrechtlicher Vereinbarungen zwischen dem vAE und dem Betriebsrat kann ohnehin nicht rückgängig gemacht werden. Vgl. U

).

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nicht Vertragspartei, könnte ·er diese Betriebsvereinbarungen nicht kündigen und durch Vereinbarung mit dem Betriebsrat abändern. Genausowenig könnte der Betriebsrat gegenüber dem vAE wirksam kündigen274 • Eine während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge dennoch erfolgte Kündigung der einen oder anderen Seite wäre unwirksam. Bei Entdeckung der Fehlerhaftigkeit der vollzogenen Erbfolge müßten folglich die Arbeitsverhältnisse und die betriebliche Organisation rückwirkend der unwirksam gekündigten Betriebsvereinbarung angepaßt werden. Das führte zu ähnlichen Problemen wie allgemein die Rückabwicklung vollzogener Arbeitsverhältnisse. Der vAE rückt deshalb fehlerhaft, aber wirksam in die Rechtsstellung des Erblassers aus Betriebsvereinbarungen ein. Für die tatsächliche Durchführung der Betriebsvereinbarungen besteht eine rechtliche Grundlage. Eine Rückabwicklung findet nicht statt. Kündigungen und Änderungen sind wirksam. Ob an diese Kündigungen und Änderungen auch der wahre Erbe nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge gebunden ist, wird noch zu prüfen sein275 • (b) Tarifverträge Der verstorbene Arbeitgeber kann auch tarifvertraglich berechtigt und verpflichtet gewesen sein. Bei der Frage, ob der vAE insoweit in die Rechtsstellung des Erblassers einrückt, ist zwischen Firmen- und Verbandstarifverträgen zu unterscheiden. (aa) Firmentarifverträge Beim Erbfall rückt in die Rechtsstellung, die der verstorbene Arbeitgeber als Partei eines Firmentarifvertrages hatte, nach §§ 1922, 1967 sein Erbe als neuer Arbeitgeber ein276 • Er ist dann nach § 3 Abs. 1 TVG in gleicher Weise wie der Erblasser tarifgebunden. Wenn während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge jedoch anstelle des wahren Erben der vermeintliche Erbe die Firmentarifverträge, an die er sich gebunden glaubt, durchführt, ergeben sich die gleichen Folgen wie beim Vollzug von Betriebsvereinbarungen277 • Die Normen des FirmentarifvertraDietz/Richardi, BetrVG, § 77 Rdz.38. Außerdem besteht zwischen dem nor-

mativen und dem schuldrechtlichen Teil eine untrennbare Verbindung. So zum Tarifvertrag Hueck/Nipperdey, Bd. lI/I, § 18 VIa, S. 354. 274 Zum gleichen Problem beim rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 4, S. 90 ff. 275 Vgl. dazu unten § 6 III 3 b. 276 Birk, AuR 1975, 312, 315; Hueck/Nipperdey, Bd. 11/1, § 22 B 11 1 a, S.473 und § 23 B VII 1, S.494; Nikisch, Bd. II, § 76 II 2, S.354; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, H I 2 b, S. 143; ders., DB 1980, 877, 880 mit Nachweisen in FN21. 277 Wie bei Betriebsvereinbarungen kommt nach allgemeiner Meinung auch bei Tarifverträgen eine Beseitigung von Willensmängeln mit rückwirkender Kraft nicht in Betracht. Vgl. Brox, BB 1964, 523, 527; ders., RPfleger 1961, 423,

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ges wirken nach § 4 Abs. 1 S. 1 TVG unmittelbar und zwingend (wie die Normen von Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 4 BetrVG). Insoweit bestimmen sie den Inhalt der Arbeitsverhältnisse, in die der vAE fehlerhaft, aber wirksam eintritt2 78 • Deshalb ist der vAE während des tatsächlichen Vollzugs auch rechtlich an die Normen eines Firmentarifvertrages gebunden. Aus den gleichen Gründen wie bei Betriebsvereinbarungen ist es auch bei Firmentarifverträgen nicht möglich und interessengerecht, die Erfüllung der schuldrechtlichen Pflichten aus dem Tarifvertrag isoliert rückabzuwickeln279 • Der vAE tritt deshalb während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge in die ParteisteIlung des Erblassers aus Firmentarifverträgen ein. Als Vertragspartei ist er zur Kündigung und Änderung berechtigt; erfolgte Kündigungen und Änderungen sind - wie bei Betriebsvereinbarungen - rechtlich wirksam. Das gleiche gilt für vom vAE selbst neu abgeschlossene Tarifverträge. (b b) Verbandstarifverträge Ob der vAE an die Normen von Verbandstarifverträgen, die er während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge tatsächlich befolgt, rechtlich gebunden ist, hängt davon ab, ob auch der wahre Erbe daran gebunden wäre. Denn der vAE kann bei einer teleologischen Reduktion der erbrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsfolgen nicht stärker in die Rechtsstellung des Erblassers einrücken als der wahre Erbe. Ein Arbeitgeber ist nicht als Vertragspartei an Verbandstarifverträge gebunden, sondern als Mitglied des vertragsschließenden Verbandes. Diese Rechtsstellung geht deshalb nur unter der Voraussetzung auf den Erben über, daß die Verbandsmitgliedschaft vererblich ist. Bei den Arbeitgeberverbänden handelt es sich in der Regel um eingetragene Vereine. Die Vereinsmitgliedschaft ist nach §§ 38 S. I, 40 vererblieh, wenn das in der Vereins satzung vorgesehen ist28o • In einem solchen Fall be427; HuecklNipperdey, Bd.II/1, § 18 VIa, b, S. 353 f.; HuecklNipperdeyl Stahlhacke, TVG, § 1 Rdz.20; Lüßmann, Anfechtung von Betriebsvereinbarungen, S. 140; Nikisch, Bd. 11, § 76 I 5 b, S. 352 f.; NipperdeylSäcker, AR-Bl., Tarifvertrag, 11 B, V 2 d bb; Wiedemannl Stumpf, TVG, § 1 Rdz. 109; BAG AP Nr. 1 zu § 615 BGB Kurzarbeit unter 5 e BI. 3 mit zustimmender Anm. Neumann-Duesberg. 278 Hier paßt der Satz von Nikisch, Bd. 11, § 76 11 2, S.354 zum rechts-

geschäftlichen Betriebsübergang: "Wenn der Erwerber dieses Betriebes in diese Arbeitsverhältnisse eintritt, muß er sie auch mit dem Inhalt übernehmen, den sie durch den Tarifvertrag erhalten haben." 279 Auch eine Anfechtung des obligatorischen Teils eines Tarifvertrages ist nicht mit Wirkung ex tune möglich. Vgl. Brox, Arbeitsrecht, Rdz. 251; Hueckl Nipperdey, Bd. 11/1, § 18 VIa, S.354; Söllner, Arbeitsrecht, § 16 II 2, S.134; Zöllner, Arbeitsrecht, § 33 V 3, S. 304. 280 Birk, AuR 1975, 312, 313 f.; HanauI Vossen, Festschrift HilgerlStumpf, S. 271, 289; Kunze, RdA 1976, 31, 33. Und selbst diese Möglichkeit ist im Hin-

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steht nach den Regeln des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses für die tatsächliche Befolgung der Tarifnormen aus den gleichen Gründen wie bei der Durchführung von Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträgen eine rechtliche Grundlage 281 . - Fehlt eine entsprechende Regelung in der Satzung des vertragsschließenden Arbeitgeberverbandes, verlieren dennoch die Tarifnormen beim Erbfall nicht ohne weiteres ihre Wirkung282 . Das wird verschieden begründet. Zum Teil wird vertreten, die verbandstarifliche Gebundenheit des Erben ergebe sich aus der analogen Anwendung des § 3 Abs. 3 TVG283. Danach bleibt die Tarifgebundenheit bestehen, bis der Tarifvertrag endet. Ferner wird erwogen, § 613 a Abs. 1 S. 2-4 bei der Arbeitgebererbfolge analog anzuwenden284 . Danach werden beim rechts geschäftlichen Betriebsübergang die durch Rechtsnormen eines Tarifvertrages geregelten Rechte und Pflichten für mindestens ein Jahr Inhalt der Arbeitsverträge zwischen dem Betriebserwerber und den Arbeitnehmern. Für diese Zeit gelten die Tarifvertragsnormen also individualrechtlich weiter285 . Schließlich wird die Ansicht vertreten, die Normen eines Verbandstarifvertrages wirkten analog § 4 Abs.5 TVG über den Erbfall hinaus nach286 . Danach geIten die Tarifnormen nach Ablauf eines Tarifvertrages als dispositives Recht weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt sind. Der letztgenannten Ansicht ist zuzustimmen. Eine analoge Anwendung des § 3 Abs.3 TVG kommt nicht in Betracht. Diese Vorschrift knüpft die Tarifbindung an die eigene frühere Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers und paßt nicht, wenn der vAE niemals als Verbandsblick auf die negative Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG verfassungsrechtlich nicht unbedenklich, zumal der Erbe bei längeren Kündigungsfristen nicht die Möglichkeit hat, sich sofort vom Verband zu lösen. Vgl. dazu SeHer, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 1 b, S.87 und H I 2 b, S. 143 f.; a. M. Sernetz, Rechtsnachfolge in die Verbandsmitgliedschaft, S. 206 ff., der grundsätzlich für einen übergang der Verbandsmitgliedschaft und der Tarifgebundenheit eintritt. 281 Vgl. oben unter § 2 I 3 f cc (3) (a), (b) (aa). 282 Zu dem Streit, ob der Tarifvertrag nur seine zwingende Wirkung verliert, aber unmittelbar als solcher weiter wirkt, oder ob er als solcher außer Kraft tritt und nur in den einzelnen schon bestehenden Arbeitsverhältnissen fortwirkt, vgl. einerseits etwa Hersehel, ZfA 1976, 89, 96 ff.; Lieb, Arbeitsrecht, § 6 I 4, S. 118; Wiedemannl Stumpf, TVG, § 4 Rdz. 182 ff.; andererseits BAG AP Nm. 1, 8 zu § 4 TVG Nachwirkung; Nr. 2 zu § 4 TVG Effektivklausel; Nr. 11 zu § 5 TVG; Nr.6 zu § 13 BUrIG; HueeklNipperdey, Bd. 1I/1, § 27 IV 5, S. 540; Nikiseh, Bd. 11, § 79 111 3, S. 391. 283 Birk, AuR 1975, 312, 315; Martens, SAE 1976, 84; Neumann, DB 1960, 60. 284 Vgl. dazu Seiter, DB 1980, 877, 881; ders., 'Betriebsinhaberwechsel, H 11 3 a, S. 147. 285 Vgl. zu § 613 a Abs. 1 S.2-4 in anderem Zusammenhang noch ausführlich unter § 6 III 3 c aa. 286 RAG ARS 11, 521, 522; HueeklNipperdey, Bd.lI/l, § 23 B V 2, S.490; Wiedemannl Stumpf, TVG, § 3 Rdz. 80 und § 4 Rdz. 185, 188; vgl. auch Falkenberg, DB 1980, 783, 785.

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mitglied tarifgebunden war287 • Nach Auffassung des BAG288 wäre es überdies im Hinblick auf die Koalitionsfreiheit verfassungsrechtlich bedenklich, wenn die Normen von Verbandstarifverträgen auch gegenüber dem nichtorganisierten Betriebserwerber unmittelbar und zwingend fortgelten würden289 . - Eine analoge Anwendung des § 613 a Abs. 1 S.2 bis 4 würde die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten. Obwohl dem Gesetzgeber die Problematik der Fortgeltung von Verbandstarifverträgen bei der Gesamtrechtsnachfolge auf Arbeitgeberseite bekannt war2UO , hat er die Gesamtrechtsnachfolge von der Regelung des § 613 a Abs. 1 S. 2-4 ausgeklammert. Diese bewußte gesetzgeberische Entscheidung kann - auch wenn es de lege ferenda zu einer wünschenswerten Vereinheitlichung von Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge führen würde 291 - nicht durch eine Analogie korrigiert werden2U2 • - Dagegen bestehen gegen die analoge Anwendung von § 4 Abs. 5 TVG keine Bedenken. Zwar scheidet eine unmittelbare Anwendung des § 4 Abs.5 TVG aus, weil ein Verbandstarifvertrag beim Tod eines Arbeitgebers nicht abläuft. Der Zweck der Vorschrift rechtfertigt es jedoch, sie bei der Arbeitgebererbfolge analog anzuwenden. § 4 Abs. 5 TVG will im Interesse aller Beteiligten eine ÜberbrückungshiIfe schaffen 293 : Die Arbeitsverhältnisse sollen nach Beendigung eines Tarifvertrages nicht inhaltsleer werden oder durch dispositives Gesetzesrecht ersetzt werden müssen. Dadurch werden zum einen die Arbeitnehmer geschützt; denn dem Arbeitgeber ist eine einseitige Änderung nicht möglich, und eine Weitergewährung der bisherigen tariflichen Leistungen ist nicht von der Freiwilligkeit des Arbeitgebers oder vom Abschluß einer vertraglichen Vereinbarung abhängig. Andererseits dient die Regelung auch dem Arbeitgeber; er ist kaum in der Lage, das vorhandene tarifliche Regelwerk und seine Ordnungswirkung kurzfristig zu ersetzen294. Diese Interessenlage der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers beWiedemannl Stumpf, TVG, § 3 Rdz. 80. BAG AP Nr. 2 zu § 3 TVG und AP Nr. 17 zu § 613 a BGB. 28~ Ebenso Kunze, RdA 1976, 31, 33; Sernetz, Rechtsnachfolge in die Verbandsmitgliedschaft, S. 203 f.; Wiedemann, Anm. zu BAG AP Nr.2 zu § 3 TVG; WiedemannlStumpf, TVG, § 3 Rdz. 80; a. M. wohl Binkert, JZ 1979,747, 751; Seiler, DB 1980,877,882. 287

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290 In Art.1 des Vorschlags der EG-Kommission vom 31. 5.1974 (abgedruckt bei Seiler, Betriebsinhaberwechsel, Anh. 11, S. 153) und in Art. 1 der EG-Richtlinie vom 14. 2. 1977 (abgedruckt bei Seiler, Anh. IV, S. 159) war sogar die gesellschaftsrechtliche Fusion als Hauptfall der Gesamtrechtsnachfolge im Gesellschaftsrecht ausdrücklich genannt. 291 Seiler, DB 1980, 877, 881. 292 Selbst Seiter, Betriebsinhaberwechsel, H 11 3 a, S. 147 hat gewisse Bedenken gegen eine von ihm befürwortete analoge Anwendung des § 613 a Abs. 1 S. 2--4 bei der Gesamtrechtsnachfolge. 293 Wiedemannl Stumpf, TVG, § 4 Rdz. 185. 294 WiedemannlStumpf, TVG, § 4 Rdz. 185.

§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

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steht nicht nur beim Ablauf eines Tarifvertrages, sondern auch bei der Arbeitgebererbfolge, wenn der Erbe mangels Verbandsmitgliedschaft nicht tarifgebunden ist. Der Unterschied zwischen beiden Fällen besteht lediglich darin, daß jeweils eine andere tatbestandliche Voraussetzung für die Tarifbindung wegfällt. Deshalb ist der Erbe eines Arbeitgebers, der in dessen Arbeitsverhältnisse eintritt, analog § 4 Abs. 5 TVG an die Normen der den Erblasser verpflichtenden Verbandstarifverträge gebunden295 . Führt anstelle des wahren ein vermeintlicher Arbeitgebererbe die Arbeitsverhältnisse des Erblassers fort, rückt er aus den gleichen Gründen, wie oben für Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträge erörtert, anstelle des Erben analog § 4 Abs. 5 TVG in die Rechtsstellung des Erblassers aus Verbandstarifverträgen ein. Der tatsächliche Vollzug von Verbandstarifverträgen erfolgt dann mit Rechtsgrund und ist nicht rückabzuwickeln. - Unabhängig davon kann der vAE als Arbeitgeber selbst einem Arbeitgeberverband beitreten. Der Beitritt ist vereinsrechtlich wirksam. Dann wird der vAE kraft eigener Verbandsmitgliedschaft an Verbandstarifverträge gebunden. (c) Arbeitnehmervertretungen Der durch den Erbfall verursachte Wechsel in der Person des Arbeitgebers hat auf den Bestand und die Zusammensetzung von Arbeitnehmervertretungen keinen Einfluß296. Der bloße Arbeitgeberwechsel ist weder ein Grund für eine gerichtliche Auflösung des Betriebsrats gern. § 23 BetrVG297 noch für Neuwahlen gern. § 13 Abs.2 BetrVG298. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der übernommene Betrieb in einen bereits vorhandenen Betrieb des vAE eingegliedert wird und dadurch die Gesamtzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um 50 steigt oder sinkt; dann ist nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ein neuer Betriebsrat zu wählen. Auch die Voraussetzungen des § 24 BetrVG für das Erlöschen des Betriebsratsamtes sind allein durch den Arbeitgeberwechsel nicht erfüllt. Insbesondere werden die zwischen dem Erblasser und den Betriebsratsmitgliedern bestehenden Arbeitsverhältnisse nicht beendet (vgl. § 24 Abs.2 Nr.3 BetrVG), sondern mit dem vAE fortgesetzt. Für den Fortbestand der Arbeitnehmervertretungen spielt es keine Rolle, zwischen welchen Personen der Arbeitgeberwechsel sich vollzieht. Deshalb ist es ohne Bedeutung, ob der wahre oder ein vermeintlicher Arbeitgebererbe in die Arbeitgeberstellung des Erblassers einrückt. - Gleiches wie für den Betriebsrat gilt für andere Arbeitnehmervertretungen im Betrieb (Jugendvertretung, Wirtschafts295 296

Wiedemannl Stumpf, TVG, § 4 Rdz. 188. MünchKommlSchaub, § 613 a Rdz. 106.

Vgl. hierzu auch Seifer, Betriebsinhaberwechsel, F III 1 a, S. 124. Vgl. auch Seifer, Betriebsinhaberwechsel, F III 2 a aa, S.125; BeckerSchaffner, BlStSozArbR 1975, 305, 309. 297 298

11. v AE - ausgeschiedene Arbeitnehmer

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ausschuß). Sie bleiben während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich unverändert im Amt299 • 11. Rechtsverhältnisse zwischen dem vAE und den zur Zeit des Erbfalls bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern 300 Neben den Arbeitnehmern des Erblassers, die zur Zeit des Erbfalls noch aktiv sind und vom vAE weiterbeschäftigt werden, gibt es solche Arbeitnehmer, die früher beim Erblasser beschäftigt waren, beim Erbfall aber bereits aus den Arbeitsverhältnissen ausgeschieden sind. Sie können vor dem Erbfall etwa in den Ruhestand getreten oder zu einem anderen Arbeitgeber übergewechselt sein. 1. Rechtsverhältnisse zwischen dem Erblasser und den ausgeschiedenen Arbeitnehmern Ob während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge überhaupt Rechtsbeziehungen zwischen dem vAE und den früheren Arbeitnehmern des Erblassers bestehen, hängt davon ab, welche Rechtsstellung der Erblasser selbst gegenüber diesen hatte. Denn nur in dessen Rechtsstellung kann der vAE - wenn überhaupt - eingetreten sein. Bei den gegenseitigen Rechten und Pflichten, die zwischen dem Erblasser und seinen früheren Arbeitnehmern bestanden, handelt es sich regelmäßig um vertraglich vereinbarte Nachwirkungen der Arbeitsverhältnisse 301 • So kann etwa der Erblasser als Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern für die Zeit nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse Wettbewerbsvereinbarungen getroffen haben (vgl. §§ 74 ff., 90 HGB; § 133 f GewO; § 5 BBiG). Ferner kann er als ehemaliger Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zugesagt haben 302 , nach ihrem Eintritt in den Ruhestand zu ihrer und ihrer Hinterbliebenen Altersversorgung beizutragen303 • Die nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarung und das Ruhestandsverhältnis stellen vereinbarte Nachwirkungen des Arbeitsverhältnisses von besonderer Intensität und Bedeutung dar 304 • 299

Zum gleichen Problem beim rechtsgeschäftlichen Betriebsinhaberwechsel

Falkenberg, DB 1980, 783, 785. Vgl. auch unten § 6 III 3 c bb.

300 Die folgenden Ausführungen gelten auch für die nachvertraglichen Rechtsverhältnisse der erst während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ausscheidenden Arbeitnehmer. Siehe schon oben § 2 I 3 f ce (2) (b). 301 Dazu Zöllner, Arbeitsrecht, § 26 I 2, S. 257. 302 Einzelheiten zur Begründung von Ruhegeldverpflichtungen vgl. bei Schaub, Handbuch, § 81 II, S. 423 ff. a03 Dabei soll im folgenden der Einfachheit halber von dem praktisch häufigsten Fall der unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzusage) ausgegangen werden. Vgl. dazu etwa Schaub, Handbuch, § 80 IV 5, S. 416. a04 Zöllner. Arbeitsrecht, § 26 II, S. 258.

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

2. Eintritt des vAE in diese Rechtsverhältnisse?

Es stellt sich die Frage, ob und nach welchen Regeln der vAE in diese Rechtsstellung des Erblassers gegenüber dessen früheren Arbeitnehmern einrückt. Das ist dafür von Bedeutung, ob die tatsächliche Durchführung der nachvertraglichen Rechtsverhältnisse mit dem vAE auf einer rechtlichen Grundlage beruht oder ob sie bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge rückabzuwickeln ist. Die Gesamtrechtsnachfolge auf Arbeitgeberseite läßt Bestand und Inhalt dieser Rechtsverhältnisse unberührt. Die Verpflichtungen eines verstorbenen Arbeitgebers aus Versorgungszusagen gehen nach § 1967 auf dessen Erben über305 . Nach §§ 1922, 1967 tritt der Erbe auch in die Rechtsstellung des Erblassers aus Wettbewerbsvereinbarungen für die Zeit nach Dienstende ein, sofern er ein berechtigtes geschäftliches Interesse daran hat (vgl. § 74 a Abs.1 S.l HGB)306. Diese Rechtsfolgen können allerdings nicht ohne weiteres auf den vAE angewendet werden. Denn §§ 1922, 1967 gelten für den wahren Erben. - Der vAE kann auch nicht nach § 613 a in die nachvertraglichen Rechtsverhältnisse des Erblassers einrücken. Denn zum einen erfolgt der Betriebsübergang nicht durch Rechtsgeschäft; zum anderen geht es nicht um Rechte und Pflichten aus einem "bestehenden Arbeitsverhältnis"307, sondern um nachvertragliche Beziehungen. Deshalb kann der vAE allenfalls nach den oben zu den vollzogenen Arbeitsverhältnissen entwickelten Regeln fehlerhaft, aber wirksam in die Rechtsstellung des Erblassers gegenüber den ausgeschiedenen Arbeitnehmern eintreten. Dafür ist Voraussetzung, daß diese Regeln auch auf den Vollzug der nachvertraglichen Rechtsverhältnisse anwendbar sind. a) Zusammenhang zwischen Arbeitsverhältnissen und

nachvertraglichen Rechtsverhältnissen

Ein Bedürfnis, den vAE wirksam in die zwischen dem Erblasser und den früheren Arbeitnehmern vereinbarten Nachwirkungen der früheren Arbeitsverhältnisse einrücken zu lassen, scheint sich daraus zu ergeben, daß zwischen den aktiven Arbeitsverhältnissen und den sich daran anschließenden Rechtsverhältnissen ein enger Zusammenhang besteht. An beiden Rechtsverhältnissen sind die Parteien der früheren 305 Gaul, DB 1980, 927; Höfer/ Abt, BetrAVG, Bd. I, ArbGr. Rdz.238; Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, Bd.1, § 1 Rdz.219; Wiese,

RdA 1979, 432 (zur gesellschafts rechtlichen Gesamtrechtsnachfolge). 306 BAGE 18, 104, 110, 115; Schlegelberger/Schröder, HGB, § 74 RdZ.6. 307 Ganz h. M.; BAG DB 1979, 1462 f. unter 2 a; MünchKomm/Schaub, § 613 a Rdz. 6; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 4 c bb, S. 60 mit zahlreichen Nachweisen; SoergeZl Kraft, § 613 a Rdz.21; a. M. Säcker/ Joost, DB 1978, 1030 ff., 1078 ff.

11. vAE -

ausgeschiedene Arbeitnehmer

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Arbeitsverhältnisse in ihren Eigenschaften als (ehemaliger) Arbeitgeber und (frühere) Arbeitnehmer beteiligt. Ferner beruhen die nachvertraglichen Rechtsverhältnisse unmittelbar auf den vorangegangenen Arbeitsverhältnissen308 • So schließt sich zwar das Ruhestandsverhältnis nicht notwendig an ein Arbeitsverhältnis an; wenn aber eine Ruhegeldzusage erteilt wird, hat sie ihren Rechtsgrund immer in dem früheren Arbeitsverhältnis309 • Denn die Arbeitnehmer verdienen das zugesagte Ruhegeld durch ihre aktive Tätigkeit im Betrieb310 • Von der unlösbaren Verbindung des Ruhestandsverhältnisses mit dem Arbeitsverhältnis geht auch das BetrAVG aus. Wie sich aus §§ 1, 17 BetrAVG ergibt, muß die Versorgungszusage aus Anlaß eines Arbeits- oder sonstigen Tätigkeitsverhältnisses erteilt sein. Die Altersversorgung nach dem BetrAVG ist mithin in dem Arbeitsverhältnis als dem eigentlichen Grundverhältnis angesiedelt 311 • Entsprechendes gilt für die Rechtsbeziehungen aus den für die Zeit nach Dienstende getroffenen Wettbewerbsvereinbarungen. Auch diese Vereinbarungen treffen die Parteien des Arbeitsverhältnisses in ihren Eigenschaften als Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot geht immer ein Arbeitsverhältnis voraus 312 • - Der enge Zusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis einerseits und dem Ruhestands- und nachvertraglichen Wettbewerbsverhältnis andererseits zeigt sich ferner darin, daß die Gestaltung dieser Rechtsverhältnisse tarifvertraglich regelbar ist313 • Das ist keinesfalls selbstverständlich, da in § 1 TVG (Inhalt und Form des Tarifvertrages) von den Rechtsverhältnissen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht die Rede ist. Auch die Zuständigkeit der Tarifvertragsparteien zu einer derartigen Regelung ist an sich zumindest dann nicht mehr gegeben, wenn etwa ein Arbeitnehmer bei Beendigung sei308

So zum Ruhestandsverhältnis BAG AP Nr.3 zu § 242 BGB Ruhegehalt;

Dieterich, AR-BI., Ruhegehalt, I, A II 1; Kreijci, Betriebsübergang, S.313; Nikisch, Bd. I, § 41 V 1, S.586 mit Nachweisen in FN 70; zum Wettbewerbsverbot Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 38 II 12, S.257; Zöllner, Arbeitsrecht, § 26 I 2, S. 257 und § 13 I 4, S. 142 f.; vgI. auch Soergell Kraft, § 613 a Rdz. 21. 30g Brox, Arbeitsrecht, Rdz.142; Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. I, ArbGr. Rdz. 86 ff.; Nikisch, Bd. I, § 41 II 1, S. 574 f.; Schaub, Handbuch, § 81 II 2, S.424. 310 Dieterich, AR-BI., Ruhegehalt, I, D III 1; Nikisch, Bd. I, § 41 II 1, S. 574 f.; Säcker, JurA 1970, 165, 178 f.; Schaub, Handbuch, § 81 VIII 1, S.466; Söllner, Arbeitsrecht, § 34 IV, S.277; Zöllner, Arbeitsrecht, § 26 II 3, S.262. 311 Bobrowski/Gaul, Bd. I, F VI Rdz.45; Höfer/Abt, BetrAVG, ArbGr. Rdz. 86 ff., 91 ff., 98 ff., 103 FN 98; Schaub, Handbuch, § 81 IV 2 d, S. 430. 312 Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 38 11 12, S.257; Zöllner, Arbeitsrecht, § 26 I 2,

S. 257 und § 13 I 4, S. 142 f. 313 Zur Ruhegeldvereinbarung Dieterich, AR-BI., Ruhegehalt, I, B II; Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, §1 Rdz.57ff.; Höfer/Abt, BetrAVG, ArbGr. Rdz. 183 ff.; Wiedemann/Stumpf, TVG, § 1 Rdz. 141 ff., 146. Zur Wettbewerbsvereinbarung Buchner, AR-BI., Wettbewerbsverbot, III, A II 3 c aa; Wiedemann/ Stumpf, TVG, § 1 Rdz. 180; vgI. aus der Rechtsprechung etwa BAG AP Nrn. 143, 164 zu § 242 BGB Ruhegehalt.

96

§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

nes Arbeitsverhältnisses aus der Gewerkschaft austritt 314 • Die Möglichkeit der tarifvertraglichen Gestaltung nachvertraglicher Rechtsverhältnisse ergibt sich nur aus dem sachlichen Zusammenhang mit dem vorangegangenen Arbeitsverhältnis316 •

b) Anwendbarkeit der §§ 812 //. Allein aus dem aufgezeigten Zusammenhang folgt jedoch noch nicht, daß die vorhandene gesetzliche Regelung auch für die nachvertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen dem vAE und den ehemaligen Arbeitnehmern des Erblassers lückenhaft und im Wege der RechtsfortbiIdung zu ergänzen ist. Das setzt vielmehr voraus, daß bei den nachvertraglichen Beziehungen das gleiche Bedürfnis wie bei bestehenden Arbeitsverhältnissen festzustellen ist, sie während ihres tatsächlichen Vollzugs auch rechtlich als wirksam anzusehen. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob die Leistungen, die der vAE und die früheren Arbeitnehmer sich während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge erbringen, nicht nach den vorhandenen gesetzlichen Regeln abgewickelt werden können. Insoweit kommt eine Anwendung des Bereicherungsrechts in Betracht. aal Tatbestandliche Voraussetzungen Eine bereicherungs rechtliche Abwicklung im Wege der Leistungskondiktion setzt voraus, daß der vAE und die früheren Arbeitnehmer des Erblassers sich während des Vollzugs der fehlerhaften Erbfolge rechtsgrundlos Leistungen erbringen. (1) Ruhestandsverhältnisse

Im Rahmen der Ruhestandsverhältnisse haben die ehemaligen Arbeitnehmer keine Hauptpflichten316 • Sie haben sich das Ruhegeld während des aktiven Arbeitslebens verdient 317 • Sie erbringen nach ihrem Ausscheiden keine Leistungen mehr und können vom v AE folglich nichts kondizieren. Hauptpflichten hat allein der ehemalige Arbeitgeber. Er muß das Ruhegeld zahlen. Erfolgen die Zahlungen nach dem Erbfall wie vorher über ein Firmenkonto, ohne daß der vAE selbst diese Zahlungen veranlaßt und insoweit als Firmeninhaber auftritt, handelt es sich um Leistungen der "Firma". Sie sind dann dem Erben des verstorbenen Arbeitgebers zuzurechnen, auch wenn der vAE sich irrtümlich für den Inhaber hält. In diesem Fall ist der vAE am Vollzug der nachvertraglichen Rechtsverhältnisse gar nicht beteiligt, und die Frage einer möglichen 314

315 316 317

Wiedemann/ Stumpf, TVG, § 1 Rdz. 144. Wiedemann/Stumpf, TVG, § 1 Rdz. 144, 147. Schaub, Handbuch, § 81 VIII 1, S. 466. Vgl. die Nachweise oben in § 2 FN 310.

11. vAE - ausgeschiedene Arbeitnehmer

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Rückabwicklung stellt sich nicht. Werden die Zahlungen dagegen durch den vAE veranlaßt, weil dieser sich irrtümlich dazu verpflichtet hält, und ist das den Zahlungsempfängern erkennbar, ist der vAE sowohl aus seiner Sicht als auch aus der Sicht der Empfänger der Leistende. Er erfüllt dann durch die Zahlungen eine vermeintlich eigene Schuld und erbringt damit rechtsgrundlos Leistungen an die Ruhegeldberechtigten318 • Das gilt selbst dann, wenn er mit Nachlaßgeld zahlt. In diesem Fall verfügt er lediglich als Nichtberechtigter. Das ändert aber nichts daran, daß hinsichtlich dieser Zahlungen die Voraussetzungen für eine Leistungskondiktion vor liegen.

(2) Wettbewerbsvereinbarungen Aus Wettbewerbsvereinbarungen, die der verstorbene Arbeitgeber mit seinen ehemaligen Arbeitnehmern für die Zeit nach Dienstende geschlossen hatte, wurden sowohl der ehemalige Arbeitgeber als auch die ausgeschiedenen Arbeitnehmer verpflichtet. Die Arbeitnehmer müssen für eine bestimmte Zeit Wettbewerbshandlungen unterlassen; der Arbeitgeber muß ihnen dafür eine Karenzentschädigung zahlen. Wenn während des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge erkennbar der vAE den ehemaligen Arbeitnehmern eine Karenzentschädigung zahlt, weil er sich irrtümlich dazu verpflichtet hält, besteht insoweit ein Leistungsverhältnis zwischen ihm und den Zahlungsempfängern. Dann liegen die Voraussetzungen für eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung dieser Zahlungen vor. Fraglich ist dagegen, ob auch die ehemaligen Arbeitnehmer Leistungen an den vAE erbringen, wenn sie sich während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge an die mit dem Erblasser getroffenen Wettbewerbsvereinbarungen halten. Dagegen spricht, daß die Unterlassung von Wettbewerb "zum Schutze eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Prinzipals" (vgl. § 74 a Abs. 1 S. 1 HGB) erfolgt. Prinzipal in diesem Sinne ist aber als Betriebsinhaber der wahre Erbe, der an die Stelle des ursprünglich berechtigten Erblassers getreten ist, nicht dagegen der vAE, der den Betrieb als Nichtberechtigter fortführt. Demjenigen gegenüber, der nach § 74 a Abs. 1 S. 1 HGB berechtigt ist, erfüllen die ausgeschiedenen Arbeitnehmer durch die Unterlassung von Wettbewerb ihre vertragliche Pflicht, unabhängig davon, welche konkrete Person sich dahinter verbirgt. Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch dazu, daß die Arbeitsleistung der aktiven Arbeitnehmer gerade gegenüber dem vAE erfolgt, sofern dieser ihnen gegenüber als Arbeitgeber auftritt 319 • Der Grund dafür liegt darin, daß die Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nur der Art nach beschrieben ist und vom vAE durch Ausübung des Direktionsrechts konkretisiert wird; die Arbeitnehmer arbeiten so, wie 318

3U

LaTenz, SR 11, § 68 III e 1, S. 543. Vgl. oben § 2 I 2 d aa (2).

7 Walker

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

gerade der vAE es von ihnen verlangt. Das trifft dagegen auf die Unterlassung von Wettbewerb nicht zu. Die Art und Weise, wie eine Wettbewerbshandlung zu unterlassen ist, haben die Arbeitnehmer abschließend mit dem Erblasser vereinbart. Einer näheren Konkretisierung durch den vAE oder einen Dritten bedarf es nicht. Die ausgeschiedenen Arbeitnehmer erfüllen ihre mit dem verstorbenen Arbeitgeber getroffenen Vereinbarungen so, wie es vertraglich festgelegt ist, gleichgültig, ob der wahre Erbe oder ein vermeintlicher Erbe den Betrieb des Erblassers tatsächlich fortführt. Im Gegensatz zur Arbeitspflicht wird die Unterlassungspflicht unabhängig von der jeweiligen Person des Gläubigers erfüllt. Das spricht dafür, daß die ehemaligen Arbeitnehmer an den wahren Erben als den Berechtigten leisten, wenn sie während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge Wettbewerbshandlungen unterlassen. Deshalb ist der vAE schon aus diesem Grunde nicht bereicherungsrechtlich zum Wertersatz verpflichtet. Allein die Tatsache, daß er den Betrieb, dem der Schutz vor Wettbewerb zugute kommt, vorübergehend als vermeintlicher Inhaber führt, macht ihn nicht zum Leistungsempfänger und führt nicht dazu, daß die ehemaligen Arbeitnehmer an den falschen Gläubiger geleistet haben. Sie hätten ihre mit dem Erblasser vereinbarten Unterlassungspflichten gar nicht auf eine andere Weise erfüllen können, selbst wenn ihnen die Person des wahren Erben von Anfang an bekannt gewesen wäre. Somit liegen auch beim Vollzug der nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen allenfalls hinsichtlich der Karenzzahlungen durch den vAE die Voraussetzungen für eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vor. bb) Rechtsfolgen Die Anwendbarkeit des nach den tatbestandlichen Voraussetzungen eingreifenden Bereicherungsrechts hängt davon ab, ob auch die Rechtsfolgen der §§ 812 ff. zu sachgerechten Ergebnissen führen. Deshalb ist wie bei der Rückabwicklung von Arbeitsverhältnissen zu untersuchen, ob bei einer Rückabwicklung die Besonderheiten der vollzogenen Rechtsverhältnisse berücksichtigt werden können, ohne daß die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen in Anlehnung an das Vertragsrecht verändert werden müssen, und ob eine solche Abwicklung dem Willen des Gesetzgebers entspricht320 • (1) Bestimmung des Anspruchsinhalts

Wie oben festgestellt, sind lediglich die Ruhegeld- und Karenzzahlungen des vAE bereicherungsrechtlich abzuwickeln. Die Bestimmung 320 Insoweit werden hier die gleichen Prüfungspunkte durchlaufen wie bei der Frage, ob vollzogene Arbeitsverhältnisse rückabgewickelt werden können. Vgl. oben § 2 I 2 d bb.

11. vAE - ausgeschiedene Arbeitnehmer

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des Anspruchsinhalts ist unproblematisch; der vAE kann das tatsächlich gezahlte Geld herausverlangen321 , wenn die Zahlungsempfänger sich nicht auf § 818 Abs. 3 berufen können. Die Schwierigkeiten, die hinsichtlich der Bestimmung des Anspruchsinhalts bei der Rückabwicklung von Arbeitsleistungen bestehen können322 , stellen sich hier nicht. (2) Arbeitnehmerschutz und personaler Charakter des Arbeitsverhältnisses

Ähnlich wie die aktiven Arbeitnehmer sind auch die Pensionäre und die an nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen gebundenen ausgeschiedenen Arbeitnehmer in bestimmtem Umfang schutzbedürftig. Die Pensionäre haben sich darauf eingestellt, daß sie sich und ihre Angehörigen nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Arbeitsleben unter anderem mit dem vom Arbeitgeber versprochenen Ruhegeld versorgen können. Die ausgeschiedenen Arbeitnehmer, die sich zur Unterlassung von Wettbewerb verpflichtet haben, sind möglicherweise daran gehindert, sofort wieder ein vergleichbares Arbeitsverhältnis einzugehen, so daß sie auf ihre Karenzzahlungen angewiesen sind. Wenn sie nunmehr bereicherungsrechtlich verpflichtet sind, dem vAE das ohne Rechtsgrund gezahlte Ruhe- oder Karenzgeld zurückzuzahlen, bedeutet das jedoch nicht, daß ihre Schutzbedürftigkeit unberücksichtigt bliebe. Sie erleiden keine Nachteile, da sie ihre Ansprüche gegen den wahren Erben geltend machen können. Dieser ist zur Zahlung des Ruhe- und Karenzgeldes auch für die Zeit verpflichtet, in der die Erbfolge mit dem vAE vollzogen wurde. Er kann sich gegenüber den Forderungen der ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht darauf berufen, diese hätten ihm ihre Gegenleistung nicht erbracht. Denn im Gegensatz zur Zahlung von Arbeitsentgelt323 ist die Ruhegeldzahlung von einer Gegenleistung der Anspruchsberechtigten unabhängig 32 4, und die Gegenleistung für die Karenzzahlung haben die ehemaligen Arbeitnehmer durch Einhaltung des Wettbewerbsverbots erbracht. Die nachvertraglichen Rechtsbeziehungen, die der vAE mit den beim Erbfall bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern vollzieht, enthalten im Gegensatz zu den aktiven Arbeitsverhältnissen325 auch keine personalen 321 Das gilt selbst dann, wenn der vAE mit Nachlaßgeld gezahlt hat. Die Tatsache, daß der vAE dann als Nichtberechtigter verfügt hat, ändert nichts daran, daß die Rückabwicklung im jeweiligen Leistungsverhältnis erfolgt. Vgl. Brox, BS, Rdz.423; Erman/H. P. Westermann, § 816 Rdz. 10; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 108 f.; Larenz, SR 11, § 68111 e 1, S.543; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdz.390; Palandt/Thomas, § 816 Anm. 3 b; Staudinger/Lorenz, § 816 Rdz. 21. 322 Vgl. oben § 2 I 2 d bb (1). 323 Vgl. oben § 2 I 2 d bb (2) (a) (aa). 324 Schaub, Handbuch, § 81 VIII I, S. 466. 325 Zu den personalen Elementen im Arbeitsverhältnis vgl. oben § 2 I 2 d bb (3).

7*

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

Elemente, die gegen eine bereicherungsrechtliche Abwicklung sprechen könnten; denn die ausgeschiedenen Arbeitnehmer unterliegen nicht mehr den Weisungen des vAE. Dieser ist nicht in der Lage, ihre persönliche Arbeitskraft im eigenen Interesse einzusetzen und über sie zu verfügen.

(3) Erkennbare Wertungen des Gesetzgebers Die erkennbaren Wertungen des Gesetzgebers, wonach Dauerschuldverhältnisse, die über den bloßen Austausch von Vermögenswerten hinausgehen, während ihres tatsächlichen Vollzugs als wirksam zu behandeln sind326 , haben für die Beziehung zwischen dem vAE und den ehemaligen Arbeitnehmern des Erblassers keine Bedeutung. Denn mit den früheren Arbeitnehmern vollzieht der vAE keine derartigen Dauerschuldverhältnisse. Bei den Ruhegeld- und Karenzzahlungen handelt es sich allein um rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen. Diese können rückabgewickelt werden, ohne daß gegen Wertungen des Gesetzgebers verstoßen wird. Somit deutet alles darauf hin, daß die vom vAE an die ehemaligen Arbeitnehmer rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen bereicherungsrechtlich abgewickelt werden können und kein Bedürfnis besteht, den vAE wirksam in die Rechtsstellung des Erblassers gegenüber den ausgeschiedenen Arbeitnehmer eintreten zu lassen. c) Oberprüjung des Ergebnisses

Das bis hierhin festgestellte Ergebnis bedarf in zweifacher Hinsicht noch der überprüfung: Zum einen ist festzustellen, ob es mit der erkennbaren Interessenlage der Beteiligten übereinstimmt; zum anderen ist zu überlegen, ob dieses Ergebnis nicht zu Wertungswidersprüchen gegenüber der rechtlichen Behandlung der zwischen dem vAE und den aktiven Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse führt. aal Interessenlage der Beteiligten Weder der vAE noch die Arbeitnehmer dürften daran interessiert sein, jede einzelne Ruhegeld- und Karenzzahlung untereinander rückabzuwickeln. Der vAE muß befürchten, daß die Zahlungsempfänger sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen können. Aus Sicht der ehemaligen Arbeitnehmer ist es zumindest unpraktisch, wenn sie das erhaltene Geld an den v AE zurückzahlen und nunmehr versuchen müssen, sich wegen ihrer Ansprüche an den wahren Erben zu halten. Diese Interessenlage scheint dagegen zu sprechen, auf die rechtsgrundlosen Zahlungen des vAE Bereicherungsrecht anzuwenden. 326

Vgl. oben § 2 I 2 d bb (4) mit Nachweisen in FN 103, 114.

11. vAE - ausgeschiedene Arbeitnehmer

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Jedoch wird diese Interessenlage häufig gegeben sein, wenn jemand anstelle des wahren Schuldners auf eine vermeintlich eigene Schuld leistet. Das muß aber nicht gegen die Anwendbarkeit der §§ 812 ff. sprechen; denn die Beteiligten sind nicht gezwungen, von der Möglichkeit einer bereicherungsrechtIichen Abwicklung Gebrauch zu machen. Hat der vAE die ehemaligen Arbeitnehmer mit Nachlaßgeld bezahlt, erübrigt sich jede Rückabwicklung; denn dann sind die Zahlungen aus dem Vermögen des wahren Erben erfolgt, der auch zur Zahlung verpflichtet war. Aber selbst wenn der vAE eigenes Geld an die Anspruchsberechtigten geleistet hat, kann er auf die Rückforderung der gezahlten Beträge von den Zahlungsempfängern verzichten und statt dessen gegen den wahren Erben vorgehen. Unabhängig davon, ob ihm eigene Ansprüche gegen den wahren Erben zustehen 327 , kann er sich als Gegenleistung für seinen Verzicht, gegen die Zahlungsempfänger vorzugehen, von diesen ihre Ansprüche gegen den wahren Erben abtreten lassen. Die Abtretbarkeit der Ruhegeld- und Karenzansprüche ist auch nicht etwa nach § 400 i. V. m. §§ 850 ff. ZPO (keine Abtretbarkeit, soweit die Ansprüche unpfändbar sind) eingeschränkt oder ausgeschlossen. Der mit diesen Vorschriften bezweckte Arbeitnehmerschutz328 wird durch die Abtretung nicht gefährdet, da die ehemaligen Arbeitnehmer das ihnen zustehende Geld vom vAE bereits erhalten haben. - Auf diese Weise können die Beteiligten trotz Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts erreichen, daß die ehemaligen Arbeitnehmer so gestellt werden, als ob sie ihr Ruhegeld oder ihre Karenzentschädigung vom wahren Erben erhalten hätten. Der vAE braucht dann seine Ansprüche wegen der Zahlungen nur gegen einen Schuldner, gegen den wahren Erben, zu verfolgen. bb) Vergleich zwischen den vor dem Erbfall und solchen erst nach dem Erbfall ausscheidenden Arbeitnehmern Die Anwendung des Bereicherungsrechts auf die vollzogenen nachvertraglichen Rechtsbeziehungen steht im Widerspruch dazu, daß die vollzogenen Arbeitsverhältnisse als wirksam behandelt werden. Es fragt sich, ob dadurch nicht eine sachwidrige Ungleichbehandlung zwischen den vor dem Erbfall ausgeschiedenen und den erst nach dem Erbfall ausscheidenden Arbeitnehmern entsteht. Denn auf diese Weise erhalten die aktiven und die ehemaligen Arbeitnehmer während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge verschiedene Schuldner, obwohl sie in gleicher Weise auf die ErbensteIlung des vAE vertrauen. 327 Zu den Ansprüchen, die der vAE und der wahre Erbe gegeneinander haben, vgl. unten § 4. 328 Die Vorschriften sind grunds2tzlich unabdingbar, da es auch im öffentlichen Interesse liegt, dem Arbeitnehmer sein Existenzminimum zu erhalten. Vgl. BaumbachlLauterbachlAlberslHartmann, ZPO, § 811 Anm. 1 A und Einf. §§ 850-852 Anm. 1 A, C, D.

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§ 2 Rechtsverhältnisse vAE - Arbeitnehmer

Darin liegt jedoch kein solcher Wertungswiderspruch, der eine Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts auf die zwischen dem vAE und den ehemaligen Arbeitnehmern vollzogenen nachvertraglichen Rechtsverhältnisse ausschließen würde. Zum einen gehört nicht das Vertrauen der Arbeitnehmer, sondern deren Schutzwürdigkeit zu den entscheidenden Wertungen, die dazu geführt haben, daß die vollzogenen aktiven Arbeitsverhältnisse als wirksam behandelt werden 329 • Der Gesichtspunkt des Arbeitnehmerschutzes rechtfertigt aber eine verschiedene Behandlung der aktiven und der ehemaligen Arbeitnehmer; denn gerade die Gründe, die dazu geführt haben, die vollzogenen Arbeitsverhältnisse als wirksam anzusehen, treffen auf die nachvertraglichen Rechtsverhältnisse nicht zu sso . Zum anderen geht der Gesetzgeber selbst davon aus, daß die aktiven und die früheren Arbeitnehmer eines Betriebes verschiedene Schuldner haben können. So tritt etwa der Erwerber beim rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang zwar in die Rechte und Pflichten aus den zur Zeit des übergangs bestehenden aktiven Arbeitsverhältnissen, nicht dagegen in solche aus bereits bestehenden Ruhestandsverhältnissen einS31 • Denn bei den Ruhestandsverhältnissen handelt es sich nicht um Rechte und Pflichten aus "bestehenden Arbeitsverhältnissen". Falls nichts anderes vereinbart ist, haftet den Ruhegeldberechtigten, die vor dem Betriebsübergang ausgeschieden sind, weiterhin der Veräußerer, während gegenüber den aktiven Arbeitnehmern und den nach dem Betriebsübergang ausscheidenden Ruhegeldberechtigten der Erwerber haftet. Das wird unter rechtspolitischen Gesichtspunkten zwar zum Teil bedauert332 , angesichts des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte des § 613 a aber von der h. M.3SS hingenommen. Somit kann das oben festgestellte Ergebnis bestätigt werden, wonach eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der zwischen dem vAE und den ehemaligen Arbeitnehmern des Erblassers ausgetauschten Leistungen möglich ist. Für eine Rechtsfortbildung des Inhalts, daß die vollzogenen nachvertraglichen Rechtsbeziehungen als wirksam anzusehen sind, fehlt es an einer ausfüllungsbedürftigen gesetzlichen Lücke. In die Rechtsstellung des verstorbenen Arbeitgebers gegenüber seinen ehemaligen Arbeitnehmern tritt der vAE mithin nicht ein. Vgl. oben § 2 I 2 d bb und § 2 I 3 c aa (4). Vgl. oben § 2 Ir 2 b bb. 331 Vgl. die Nachweise in § 2 FN 307. 332 Heckelmann, ZfA 1973, 425, 474; Heinze, DB 1980, 205, 210; vgl. auch Schwerdtner, Anm. zu BAG SAE 1978, 60, 62; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, B IV 4 c bb, S. 61. 333 Vgl. für die h. M. Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 4 c bb, S. 60 f. mit Nachweisen; a. M. Kehrmann, MitbG 1975, 88, 90; Reuter, Anm. zu BAG AP Nr. 167 zu § 242 BGB Ruhegehalt unter 3; Säcker/Joost, DB 1978,1030 ff., 1078 ff.; Schwerdtner, Anm. zu BAG SAE 1978, 60, 62 f.; Steckhan, Festschrift Schnorr v. Carolsfeld, S.463, 471 f. 329

330

111. vAE -

neu eingestellte Arbeitnehmer

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III. Rechtsverhältnisse zwischen dem vAE und den erst nach dem Erbfall eingestellten Arbeitnehmern

Stellt der vAE während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge selbst neue Arbeitnehmer ein, wird er deren Vertragspartner334 • Er schließt mit ihnen im eigenen Namen Arbeitsverträge und wird deshalb von vornherein selbst berechtigt und verpflichtet. Die zwischen dem vAE und den neu eingestellten Arbeitnehmern vollzogenen Arbeitsverhältnisse sind wirksam. Ihr Inhalt richtet sich nach den zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen. Dieses Ergebnis gilt unabhängig davon, ob der vAE oder die neu eingestellten Arbeitnehmer die Arbeitsverträge nicht geschlossen hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, daß der vAE nicht Erbe ist. Das kann lediglich dafür von Bedeutung sein, ob die Vertragsparteien die Möglichkeit haben, sich unter erleichterten Voraussetzungen wieder vom Arbeitsvertrag zu lösen, wenn der vAE den Betrieb an den wahren Erben übergibt3s5 • Insoweit entspricht die Rechtslage derjenigen, die beim fehlerhaften rechts geschäftlichen Betriebsinhaberwechsel besteht. Auch dort haftet nach allgemeiner Meinung für neu eingegangene Verbindlichkeiten kraft Vertrages allein der Erwerber, selbst wenn das dem Betriebsübergang zugrundeliegende Rechtsgeschäft unwirksam ist 336 •

334 So auch Borngräber, Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang, S. 58; ErmanlKüchenhoff, § 613 a Rdz.31; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 d ce, S. 48 zur Beziehung zwischen dem neuen Betriebsinhaber und den von ihm eingestellten Arbeitnehmern beim unwirksamen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang. 335 Siehe dazu noch unten § 6 III 3 b. 336 Schaub, Handbuch, § 118 IV 1, S. 707 und § 118 III 3, S. 706.

§ 3 Rechtsverhältnisse zwischen dem wahren Erhen und den Arbeitnehmern Ob der wahre Erbe und die Arbeitnehmer bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge für die zurückliegende Zeit Ansprüche gegeneinander haben, hängt davon ab, welche Rechtsbeziehungen zwischen ihnen während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge bestehen. Bei der Untersuchung dieser Rechtsbeziehungen ist wieder zwischen den zur Zeit des Erbfalls aktiven, den vorher ausgeschiedenen und den erst nach dem Erbfall eingestellten Arbeitnehmern zu unterscheiden. I. Rechtsverhältnisse zwischen dem wahren Erben und den zur Zeit des Erbfalls aktiven Arbeitnehmern Die Rechte und Pflichten des Erblassers gegenüber den zur Zeit des Erbfalls aktiven Arbeitnehmern gehen nach §§ 1922, 1967 kraft Gesetzes auf den wahren Erben über. Danach ist der Erbe zunächst verpflichtet, Ansprüche der Arbeitnehmer auf Zahlung rückständigen Lohnes für einen vor dem Erbfall liegenden Zeitraum zu erfüllen. Davon kann er allerdings frei geworden sein, wenn der v AE auf diese Ansprüche bereits mit Nachlaßmitteln geleistet hat!. Ferner ist der wahre Erbe berechtigt und verpflichtet, die Arbeitnehmer des Erblassers zu den zwischen diesen und dem Erblasser vereinbarten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Jeder hat also gegen den anderen Teil einen Anspruch auf Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse mit dem bisherigen Inhalt. 1. Arbeitsvertragliehe Rechte und Pflichten während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge

Während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge machen jedoch weder der wahre Erbe noch die Arbeitnehmer von ihrem Recht auf Fortsetzung der bisherigen Arbeitsverhältnisse Gebrauch. Nicht der wahre Erbe, sondern der vAE verlangt und erhält von den Arbeitnehmern die Leistung der Arbeit entsprechend den bisherigen Vereinbarungen. Auch die Arbeitnehmer beanspruchen und erhalten nicht 1 Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu den Ruhegeld- und Karenzzahlungen, die der vAE anstelle des Erben mit Nachlaßmitteln vorgenommen hat, oben § 2 11 2 c aa und § 3 11.

I. wahrer Erbe -

aktive Arbeitnehmer

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vom wahren Erben, sondern vom vAE die Zahlung des vereinbarten Entgelts. Zwischen dem wahren Erben und den Arbeitnehmern werden also in dieser Zeit keine Arbeitsverhältnisse vollzogen. An den Arbeitsverhältnissen, die der vAE mit den übernommenen Arbeitnehmern vollzieht, ist der wahre Erbe nicht beteiligt. Zwar können grundsätzlich auf Arbeitgeberseite mehrere Personen Parteien desselben Arbeitsverhältnisses sein2 • Ein einheitliches Arbeitsverhältnis mit mehreren Arbeitgebern setzt aber voraus, daß die Arbeitnehmer zu mehreren Arbeitgebern in arbeitsvertraglichen Beziehungen stehen, zwischen denen ein rechtlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang ist gegeben, wenn nach dem Willen der Parteien die Vereinbarungen mit den verschiedenen Arbeitgebern nur gemeinsam gelten und zusammen durchgeführt werden sollen3 • Diese Voraussetzung ist beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge nicht erfüllt; denn keiner der Beteiligten hat überhaupt die Vorstellung, daß hinsichtlich der Arbeit, welche die Arbeitnehmer nach den Weisungen des vAE leisten, auch Arbeitsverhältnisse zum wahren Erben bestehen. Außerdem hat der wahre Erbe noch nicht einmal die Möglichkeit, während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge wenigstens tatsächlich auf die Durchführung der mit dem Erblasser vereinbarten Arbeitsverhälnisse Einfluß zu nehmen4 • Der wahre Erbe wird somit während des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge aus der ArbeitgebersteIlung, die er nach §§ 1922, 1967 einnehmen müßte, durch den vAE verdrängt. Für diese Zeit können weder der wahre Erbe noch die Arbeitnehmer bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge arbeitsvertragliche Ansprüche geltend gegeneinander machen.

Bei dieser Lösung werden die Interessen des wahren Erben nicht unzumutbar beeinträchtigt. Er kann an der Tatsache, daß er den Betrieb während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nicht geleitet hat, und an den Fakten, die der vAE als Arbeitgeber in dieser Zeit geschaffen hat, ohnehin nichts ändern 5• - Auch die Interessen der Arbeitnehmer werden dadurch, daß der wahre Erbe während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nicht ihr Arbeitgeber ist, obwohl er es nach den §§ 1922, 1967 sein müßte, nicht vernachlässigt. Sie haben im vAE einen Arbeitgeber, dem gegenüber sie alle Rechte aus den mit dem verstorbenen Arbeitgeber getroffenen Vereinbarungen geltend machen können. BAG DB 1982, 1569, 1570. BAG DB 1982, 1569, 1571. 4 Dazu BAG DB 1982, 1569, 1570. a So auch Roloff, Scheinerbe, S. 45 zur Interessenlage des durch den fehlerhaften Vollzug der Erbfolge aus der Gesellschaft verdrängten Gesellschaftererben. II

3

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§ 3 Rechtsverhältnisse wahrer Erbe - Arbeitnehmer

2. Ansprüche des wahren Erben auf Herausgabe des vom vAE empfangenen Nachlaßgeldes

Allerdings können dem wahren Erben andere als arbeitsvertragliche Ansprüche gegen die Arbeitnehmer zustehen. Es liegt nahe, daß der vAE während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge die Arbeitnehmer nicht mit eigenem Geld, sondern mit Geld aus dem Nachlaß bezahlt. Dann stellt sich die Frage, ob die Verfügungen über das Nachlaßgeld wirksam sind und ob der wahre Erbe von den Arbeitnehmern die Herausgabe des empfangenen Geldes verlangen kann. a) Bargeld

Die eine Möglichkeit besteht darin, daß der vAE zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten Nachlaßgeld in bar an die Arbeitnehmer auszahlt. aal Herausgabeanspruch nach § 985 Bei Barzahungen verfügt der vAE als Nichtberechtigter über NachlaßgeId; denn die Tatsache, daß er während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge zu den Arbeitnehmern in wirksamen Arbeitsverhältnissen steht, macht ihn nicht auch zum dinglich Berechtigten über den Nachlaß. Deshalb müssen die Zahlungsempfänger das erhaltene Geld nach § 985 an den wahren Erben herausgeben, sofern sie es nicht gutgläubig zu Eigentum erworben haben. (1) Wirksamkeit der Zahlung nach § 2366

Häufig wird der vAE durch einen Erbschein ausgewiesen sein. Dann findet auf seine Verfügungen § 2366 Anwendung. Zugunsten der gutgläubigen ZahlungsempfängerG gilt der Erbschein als richtig. Die gutgläubigen Arbeitnehmer erwerben also von dem durch Erbschein ausgewiesenen vAE nach § 2366 Eigentum am Nachlaßgeld und sind nicht nach § 985 zur Herausgabe verpflichtet. (2) Wirksamkeit der Zahlung nach § 932

Selbst wenn der vAE nicht durch Erbschein ausgewiesen ist, können die gutgläubigen Arbeitnehmer7 nach § 932 Eigentum an dem vom vAE 6 Voraussetzung für die Gutgläubigkeit ist nicht, daß der Arbeitnehmer Kenntnis von dem Erbschein hat. Es reicht schon aus, wenn überhaupt ein Erbschein ausgestellt ist und der Arbeitnehmer weder positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Erbscheins hat noch weiß, daß das Nachlaßgericht die Rückgabe des Erbscheins wegen Unrichtigkeit verlangt hat. Vgl. Mot. V, S. 569; BGHZ 33, 314, 317; 40, 54, 60; Brox, Erbrecht, Rdz. 590; Erman!Schlüter, § 2366 Rdz.4; Kipp!Coing, Erbrecht, § 103 II 2, S.588; MünchKomm!Promberger, § 2366 Rdz. 14 ff.; Palandt!Edenhofer, § 2366 Anm.2; RGRK!Kregel, § 2366 Rdz.1; SoergeZlDamrau, § 2366 Rdz.2, 4; Staudinger!Firsching, § 2366 Rdz. 2 ff. 7 Hier sind, wie sich aus § 932 Abs. 2 ergibt, strengere Anforderungen als

I. wahrer Erbe -

aktive Arbeitnehmer

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erhaltenen Nachlaßgeld erwerben. Die Voraussetzungen dafür werden zumeist vorliegen, da in der Regel die Arbeitnehmer weder positiv wissen noch aus grober Fahrlässigkeit nicht wissen, daß der zahlende vAE nicht der wahre Erbe ist. Ein gutgläubiger Erwerb des Geldes scheitert auch nicht an § 935 Abs. 1. Zwar kommt nach h. M. dem wahren Erben wegen des fiktiven Erbenbesitzes (§ 857) das zum Nachlaß gehörende Geld abhanden, wenn der vAE es in Besitz nimmt 8 ; nach § 935 Abs. 2 findet § 935 Abs. 1 jedoch auf den gutgläubigen Erwerb von Geld keine Anwendung. Auch in diesem Fall brauchen die Arbeitnehmer das erhaltene Nachlaßgeld nicht an den wahren Erben herauszugeben. (3) Wirksamkeit der Zahlung nach § 1959 Abs. 2

In dem Sonderfall, in dem der vorläufige Erbe B zwischen Erbfall und Ablauf der Ausschlagungsfrist über Nachlaßgeld verfügt, besteht für die Arbeitnehmer eine weitere Möglichkeit, Eigentum an dem vom vAE erhaltenen Nachlaßgeld zu erwerben. Liegt in der Fortführung des Betriebes und in der Verfügung über das Nachlaßgeld bereits die Annahme der Erbschaftl°, dann haben die Zahlungsempfänger ohnehin vom Berechtigten erworben. Ist das nicht der Fall l l und schlägt der vorläufige Erbe später aus, gilt § 1959 Abs. 2: Die Verfügungen über das Nachlaßgeld 12 sind wirksam, wenn sie nicht ohne Nachteil für den Nachlaß aufgeschoben werden konnten. Es muß sich also um dringliche Verfügungen 13 handeln. Gegen die Bejahung der Dringlichkeit scheint § 1958 zu sprechen. Nach dieser Vorschrift ist der vorläufige Erbe nicht verpflichtet, gegen den Nachlaß gerichtete Ansprüche zu erfüllen. Vielmehr müssen es die Nachlaßgläubiger hinnehmen, bis zur Annahme der Erbschaft ihre Ansprüche nicht (gerichtlich) geltend machen zu können14 • bei § 2366 an die Gutgläubigkeit gestellt. Es schadet bereits grob fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Berechtigung. 8 Anders nach h. M. nur beim Besitzerwerb durch den vorläufigen Erben. Vgl. BGH LM Nr.1 zu § 1953; KipplCoing, Erbrecht, § 90 III 3 d, S. 511; Leipold, Erbrecht, Rdz.457; Lüke, JuS 1978, 254, 255; MünchKommlLeipold, § 1959 Rdz.7 und § 1953 Rdz.4; Soergel!Stein, § 1959 Rdz.11; Staudingerl OttelMarotzke, § 1959 Rdz.14; a. M. Brox, Erbrecht, Rdz.308; LangelKuchinke, Erbrecht, § 8 V 2, S. 122 FN 102. v Zum Begriff des vorläufigen Erben BartholomeycziklSchlüter, Erbrecht, § 31 I, S. 212; kritisch dazu v. Lübtow, Erbrecht, Bd. 11, S. 656 f. 10 Zu dieser Möglichkeit Brox, Erbrecht, Rdz.308. 11 Das Gesetz geht selbst davon aus, daß in der Fortführung eines Betriebes noch nicht die Annahme der Erbschaft liegen muß. Vgl. § 27 Abs.2 S.3 HGB. 12 Geldzahlungen aus Nachlaßmitteln gehören auch zu den Verfügungen nach § 1959 Abs. 2. Vgl. StaudingerlOttelMarotzke, § 1959 Rdz. 10. 13 Zum Begriff StaudingerlOttelMarotzke, § 1959 Rdz.9. a MünchKommlLeipold, § 1958 Rdz. 18.

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§ 3 Rechtsverhältnisse wahrer Erbe - Arbeitnehmer

Deshalb treten auch die für den Nachlaß nachteiligen Folgen des Schuldnerverzuges nicht ein, wenn der vorläufige Erbe kein Geld an die übernommenen Nachlaßgläubiger (hier an die Arbeitnehmer) auszah1t1 5 • Jedoch können die Arbeitnehmer unter Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 ihre Arbeitsleistung verweigern, wenn sie ihren Lohn nicht rechtzeitig erhalten 16 • Dann würde der zum Nachlaß gehörende Betrieb zwischen Erbfall und Ausschlagung der Erbschaft nicht ordnungsgemäß weitergeführt werden können. Das dürfte für den Nachlaß regelmäßig wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen. Deshalb ist es gerechtfertigt, die Verfügungen des vorläufigen Erben über Nachlaß geld, die zur Fortführung des Betriebes erforderlich sind, als dringliche Verfügungen im Sinne des § 1959 Abs.2 anzusehen 17 • Es wäre auch kaum verständlich, wenn der vorläufige Erbe gern. § 1959 Abs.2 zwar einen Dachdecker, der eine dringende Reparatur an einem Nachlaßgebäude durchführt, wirksam mit Nachlaßgeld entlohnen könnte, dagegen nicht die Beschäftigten, die durch ihre Arbeit zur Aufrechterhaltung des zum Nachlaß gehörenden Betriebes beitragen18 • (4) Wirksamkeit der Zahlung nach § 185 Abs. 2

Verfügt der vAE über Nachlaßgeld, ohne daß die Voraussetzungen des § 2366, des § 932 oder des § 1959 Abs. 2 vorliegen, ist die Verfügung unwirksam. Sie kann allerdings dadurch wirksam werden, daß der wahre Erbe sie genehmigt (§ 185 Abs. 2). Eine konkludente Genehmigung wird regelmäßig darin liegen, daß der wahre Erbe den zum Nachlaß gehörenden Betrieb, in den die Arbeitsleistung der vom vAE mit Nachlaßgeld bezahlten Arbeitnehmer eingeflossen ist, vom vAE herausverlangt1 9 • Fälle, in denen die Verfügung des vAE über Nachlaßgeld an die Arbeitnehmer weder wirksam ist noch durch Genehmigung des wahren Erben wirksam wird, dürften kaum vorkommen. 15 BartholomeycziklSchlüter, Erbrecht, § 31 111 1, S.214; Brox, Erbrecht, Rdz. 309; ErmanlSchlüter, § 1958 Rdz. 12; MünchKomml Leipold, § 1958 Rdz. 18; PalandtlEdenhofer, § 1958 Anm. 3; RGRKIJohannsen, § 1959 Rdz.13; Soergell Stein, § 1958 Rdz.4; StaudingerlOttefMarotzke, § 1958 Rdz.6; a. M. nur v. Lübtow, Erbrecht, Bd. H, S. 751: Verzug zu Lasten des Nachlasses. 15 Brox, Arbeitsrecht, Rdz.156; MünchKommfSchaub, § 614 Rdz.14; PalandtlPutzo, § 611 Anm.1 e ce und § 614 Anm.2 a; Schaub, Handbuch, § 502, S.223 (§ 320); Zöllner, Arbeitsrecht, § 18 IX 2, S.204; vgl. auch BAG AP Nrn. 32 und 58 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; LAG Baden-Württemberg, BB 1984, 785. 17 Kipp/Coing, Erbrecht, § 90 IH 1, S.509; vgl. auch Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 307 f., der sogar alle nicht aus dem Rahmen fallenden Verpflichtungs geschäfte des vAE unter den Anwendungsbereich des § 1959 Abs. 2 zieht. 18 Beispiel von Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299,307. 19 Vgl. dazu noch unten § 4 II 2 a aa.

I. wahrer Erbe -

aktive Arbeitnehmer

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Deshalb läßt sich für den Regelfall feststellen, daß der wahre Erbe von den Arbeitnehmern das Nachlaßgeld, welches sie vom vAE erhalten haben, nicht nach § 985 herausverlangen kann. bb) Herausgabeanspruch nach §§ 812 ff. Auch ein Bereicherungsanspruch des wahren Erben gegen die Zahlungsempfänger scheidet aus. Die Arbeitnehmer haben das Geld zwar auf Kosten des wahren Erben erhalten, aber durch Leistung des vAE20; deshalb wäre sowohl eine Leistungskondiktion des vAE als auch eine Nichtleistungskondiktion des wahren Erben denkbar. Eine Leistungskondiktion des vAE scheitert daran, daß die Leistung mit Rechtsgrund (fehlerhafte Arbeitsverhältnisse) erfolgte. Eine Nichtleistungskondiktion des wahren Erben gegen die Leistungsempfänger kommt jedoch ebenfalls nicht in Betracht. Diese Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion21 ergibt sich aus § 816 Abs. 122. Danach hat der mit seinem Verlust nicht einverstandene Berechtigte (wahrer Erbe) nur einen Bereicherungsanspruch gegen den Verfügenden (vAE) , nicht aber gegen den Erwerber (Arbeitnehmer). Wegen der Auszahlung des Nachlaßgeldes an die Arbeitnehmer kann der wahre Erbe sich höchstens an den vAE halten. Ob er gegen diesen Herausgabe- oder Ersatzansprüche hat, wird bei der Untersuchung des Innenverhältnisses zwischen dem wahren Erben und dem vAE noch zu prüfen sein23 • b) Kontogutschrift

In den überwiegenden Fällen wird der vAE die Lohnanspruche der Arbeitnehmer durch überweisungen vom Girokonto des Erblassers erfüllen. Er erteilt der Bank des Erblassers den Auftrag, die überweisungen auf das Empfängerkonto durchzuführen. Die Absenderbank bucht die angegebenen Beträge vom Konto des Erblassers ab und schreibt sie den Konten der Zahlungsempfänger gut. Haben diese ihre Konten bei anderen Banken, gibt die Absenderbank die überweisungsträger an die Landeszentralbank weiter; dort wird der Empfängerbank der Betrag gutgeschrieben, die wiederum dem im überweisungsauftrag Vgl. oben § 2 I 2 d aa (1). Vgl. dazu BGHZ 40, 272, 278; 69, 186, 189. Der Subsidiaritätsgrundsatz wird zum Teil abgelehnt. Dle Eingriffskondiktion des Berechtigten gegen den Leistungsempfänger sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Empfänger die geleistete Sache sachenrechtlich behalten dürfe, weil er sie gutgläubig erworben habe. Vgl. dazu Koppensteinerl Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 114 ff.; MünchKomml Lieb, § 812 Rdz.213. Vorliegend scheidet auch nach dieser Meinung ein Bereicherungsanspruch des wahren Erben gegen die Zahlungsempfänger aus. 22 Ausführlich ReuterlMartinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § lO 11 2, S. 402 ff.; vgl. auch Medicus, Bürgerliches Recht, Rdz. 728. 22 Vgl. unten § 411 2 a. 20 21

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§ 3 Rechtsverhältnisse wahrer Erbe - Arbeitnehmer

angegebenen Zahlungsempfänger auf dessen Girokonto eine entsprechende Gutschrift erteilt24 • Durch die Gutschrift erwerben die Zahlungsempfänger einen Zahlungsanspruch gegen ihre Bank25 • Dabei handelt es sich um ein abstraktes Schuldversprechen, welches unabhängig davon wirksam ist, ob die Absenderbank den überweisungsauftrag vom wahren Erben oder vom vAE erhalten hat 26 • Bereicherungsansprüche des wahren Erben gegen die Arbeitnehmer bestehen aus den gleichen Gründen wie bei der Barzahlung seitens des vAE nicht; denn die Arbeitnehmer erwerben den Zahlungsanspruch gegen ihre Bank durch Leistung des vAE, der mit der überweisung seine arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber den Arbeitnehmern erfüllen will. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß der wahre Erbe wegen der Belastung des vom Erblasser geerbten Girokontos auch keine Ansprüche gegen die konto führende Bank hat. Wie sich aus Nr. 24 Abs. 1 AGB der Banken27 ergibt, kann sich die Bank beim Tod eines Kunden von dem (vermeintlichen) Erben den Erbschein oder die beglaubigte Abschrift einer Verfügung von Todes wegen nebst zugehöriger Eröffnungsverhandlung vorlegen lassen. Sie darf denjenigen, der in einer solchen Urkunde als Erbe bezeichnet ist, über das Konto des verstorbenen Kunden verfügen lassen, insbesondere mit befreiender Wirkung an ihn leisten. Läßt sie sich also vom vAE eine der genannten Urkunden vorlegen, in der dieser als Erbe bezeichnet ist, ist sie aufgrund Nr. 24 Abs. 1 AGB der Banken gegenüber dem wahren Erben berechtigt, die überweisungsaufträge des vAE durchzuführen. Wegen der berechtigten Durchführung der überweisungs auf träge steht der Bank nach § 670 ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den wahren Erben ZU 28 , in dessen Höhe sie das Konto des wahren Erben, welches dieser vom Erblasser geerbt hat, belasten darf. 24 Zum tatsächlichen Vorgang bei einer Geldüberweisung vom Girokonto vgl. Möschel, JuS 1972, 297. 25 CanaTis, BB 1972, 774; Koller, BB 1972, 687; Möschel, JuS 1972, 297, 298. 28 Die aus der Gutschrift folgende Forderung ist gegenüber dem Deckungsverhältnis kondiktionsfest. BGHZ 6, 121, 124; 26, 167, 171; WM 1955, 1473, 1475 f.; 1970, 751, 752; Canaris, BB 1972, 774; Koller, BB 1972, 687, 690; Möschel, JuS 1972, 297, 298, 300. 27 "Beim Ableben des Kunden ist die Bank berechtigt, die Vorlegung eines Erbscheins ... zu verlangen; sie darf auch denjenigen, der in einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift einer Verfügung von Todes wegen nebst zugehöriger Eröffnungsverhandlung als Erbe bezeichnet ist, verfügen lassen, insbesondere mit befreiender Wirkung an ihn leisten." 28 Die h. M. sieht in der Belastung des Kontos des Auftraggebers eine Vorschußbeschaffung der ausführenden Bank nach §§ 669, 670. Vgl. BGHZ 4, 244, 248 f.; 26, 5; kritisch zu dieser Konstruktion SChlegelbergerIHe!ermehl, HGB, Anh. zu § 365 Rdz.42 und Möschel, JuS 1972,297,298, jeweils aus unterschiedlichen Gründen. Im Ergebnis darf die Bank aber nach allen Meinungen bei Ausführung des überweisungs auftrags das Konto belasten.

111. wahrer Erbe - neu eingestellte Arbeitnehmer

111

Folglich kann der wahre Erbe sich wegen der Belastung seines Girokontos höchstens an den vAE wenden. Die Rechtslage, die bei der Überweisung von Nachlaßgeld durch den vAE an die Arbeitnehmer besteht, stimmt also mit derjenigen überein, die sich dann ergibt, wenn der vAE Nachlaßgeld in bar an die Arbeitnehmer auszahlt. 11. RechtsverhäItnisse zwischen dem wahren Erben und den zur Zeit des Erbfalls bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern Die nachvertraglichen Rechte und Pflichten (aus RuhestandsverhäItnissen und nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen), die der Erblasser gegenüber seinen früheren Arbeitnehmern hatte, gehen nach §§ 1922, 1967 auf den wahren Erben über. Das gilt auch für die Zeit, in der die Erbfolge fehlerhaft vollzogen wird. Aus seiner Rechtsstellung gegenüber den früheren Arbeitnehmern des Erblassers wird der wahre Erbe nicht durch den vAE verdrängt 29 • Der wahre Erbe muß deshalb für die Zeit des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge Ruhegeld- und Karenzzahlungen nachleisten. Wenn allerdings der vAE diese Zahlungen bereits aus Nachlaßmitteln erbracht hat, muß der wahre Erbe nicht nochmals leisten. Sofern die Zahlungsempfänger nicht ohnehin schon Eigentum am Nachlaßgeld erworben haben, braucht der wahre Erbe die Verfügungen des vAE über das Nachlaßgeld nur noch zu genehmigen. Hat der vAE dagegen mit eigenem Geld an die Ruhegeld- und Karenzzahlungsberechtigten geleistet und treten diese ihm dafür ihre Ansprüche gegen den wahren Erben ab, muß der wahre Erbe dem vAE die Zahlungen erstatten. BI. RechtsverhäItnisse zwischen dem wahren Erben und den erst nach dem Erbfall eingestellten Arbeitnehmern Die erst vom vAE eingestellten Arbeitnehmer stehen während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge zum wahren Erben in keiner Rechtsbeziehung. Sie hatten gegenüber dem Erblasser noch keine Rechte und Pflichten, die auf den Erben übergegangen sein könnten. Sie haben vielmehr Arbeitsverträge mit dem vAE geschlossen und sind allein ihm gegenüber berechtigt und verpflichtet. Hat der vAE sie während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge mit Nachlaßgeld entlohnt, entspricht die Rechtslage derjenigen, die sich bei Bezahlung der vom Erblasser übernommenen Arbeitnehmer ergibt30 : Der wahre Erbe kann das Geld 29 30

Vgl. oben § 2 11 2. Vgl. oben § 3 I 2.

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§ 3 Rechtsverhältnisse wahrer Erbe - Arbeitnehmer

nicht von den Arbeitnehmern herausverlangen. Er muß sich an den vAE halten. Von der Rechtslage während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ist die Frage zu trennen, ob der wahre Erbe bei übernahme des Betriebes auch die vom vAE neu eingestellten Arbeitnehmer übernehmen muß. Das wird im zweiten Teil der Arbeit noch zu untersuchen sein31 •

31

Vgl. unten § 6.

§ 4 Rechtsverhältnisse zwischen dem vAE und dem wahren Erben Die rechtliche Beurteilung des Innenverhältnisses zwischen dem vAE und dem wahren Erben während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ist dafür von Bedeutung, welche Ansprüche beide bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge gegeneinander haben. I. Geschäftsführung ohne Auftrag des vorläufigen Erben Die Rechte und Pflichten im Innenverhältnis zwischen dem vorläufigen Erben, der vor der Ausschlagung erbschaftliche Geschäfte besorgt, und dem endgültigen Erben ergeben sich gem. § 1959 Abs. 1 aus den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff.). Das Recht der GoA findet selbst dann Anwendung, wenn der vorläufige Erbe davon ausgeht, endgültiger Erbe zu sein1 • Dann fehlt es ihm zwar am Fremdgeschäftsführungswillen, so daß die §§ 677 ff. unmittelbar nicht eingreifen (vgl. § 687 Abs. 1). Nach § 1959 Abs. 1 wird er jedoch gegenüber dem endgültigen Erben "wie" ein Geschäftsführer ohne Auftrag berechtigt und verpflichtet. Danach hat er einen zum Nachlaß gehörenden Betrieb so zu führen, wie das Interesse eines sorgsamen endgültigen Erben es mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert. Verletzt er seine Pflichten (§§ 677, 681), ist er dem endgültigen Erben zum Schadensersatz verpflichtet2 • Bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge muß er neben dem Nachlaß selbst auch das durch die Betriebsfortführung Erlangte gem. §§ 677, 681 S.2, 667 herausgeben. - Umgekehrt ist der endgültige Erbe unter den Voraussetzungen der §§ 683, 677, 670 oder der §§ 684, 812 verpflichtet, dem vorläufigen Erben seine zur Fortführung des Betriebes getätigten Aufwendungen zu ersetzen. 11. Erbschaftsbesitz des vermeintlichen Erben In allen anderen Fällen der fehlerhaft vollzogenen Erbfolge, in denen der vAE nicht vorläufiger Erbe ist, sondern von Anfang an Nichterbe, 1 ErmanlSchlüter, § 1959 Rdz.3; MünchKommlLeipold, § 1959 Rdz.4; StaudingerlOttelMarotzke, § 1959 RdZ.5. 2 MünchKomml Leipold, § 1959 Rdz. 4.

8 Walker

114

§ 4 Rechtsverhältnisse vAE - wahrer Erbe

kommt für die Beurteilung des Innenverhältnisses zwischen dem vAE und dem wahren Erben die Anwendung der §§ 2018 ff. über das Verhältnis zwischen dem Erben und dem Erbschaftsbesitzer in Betracht. 1. Tatbestandliche Voraussetzungen der §§ 2018 ff.

Die Anwendbarkeit der §§ 2018 ff. setzt voraus, daß der vAE während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge Erbschaftsbesitzer ist. Dafür muß er aufgrund eines ihm nicht zustehenden Erbrechts etwas aus dem Nachlaß erlangt haben. Objektive Voraussetzung ist also, daß er etwas aus dem Nachlaß erlangt hat; subjektive Voraussetzung ist, daß er sich dazu ein ihm nicht zustehendes Erbrecht angemaßt hat3 • a) Objektive Voraussetzung

Die Feststellung der objektiven Voraussetzung bereitet keine Schwierigkeiten. Wenn der vAE in die ArbeitgebersteIlung des Erblassers eintritt, nimmt er auch die zum Betrieb des Erblassers gehörenden Sachen in Besitz. Zumindest wird er (zusammen mit einem Geschäftsführer oder Betriebsleiter) Mitbesitz daran erhalten4 • Im übrigen ist es für die Anwendbarkeit der §§ 2018 ff. nicht einmal erforderlich, daß der vAE Besitz im Sinne der §§ 854 ff. an Nachlaßsachen erhält. Vielmehr genügt es, wenn er irgendeinen Vermögensvorteil aus dem Nachlaß erlangt5 • Das kann beim fehlerhaften Vollzug der Erbfolge regelmäßig angenommen werden.

b) Subjektive Voraussetzung Dagegen muß näher untersucht werden, ob der vAE in allen Fällen der fehlerhaft vollzogenen Erbfolge auch die subjektive Voraussetzung des § 2018 erfüllt. Das hängt davon ab, welche Anforderungen an eine Erbrechtsanmaßung zu stellen sind. In den Motiven zum BGB8 wird als Erbschaftsbesitzer derjenige bezeichnet, der Erbschaftsgegenstände unter Berufung auf sein vermeintliches Erbrecht dem wirklichen Erben vorenthält. Das Wort "vorenthalten" scheint darauf hinzudeuten, daß der Besitzer des Nachlasses gegenüber dem Verlangen des Erben die Herausgabe des Nachlasses unter Berufung auf sein vermeintliches Erbrecht verweigern muß, um Erbschaftsbesitzer zu sein. Das hätte zur Folge, daß der vAE nicht Erb3 Mot. V, S. 578 f.; MünchKomml Jülicher, § 2018 Rdz. 16 ff., 24 ff.; Staudinger/Gursky, § 2018 Rdz. 4 ff. 4 Für § 2018 reicht jede Form von Besitz aus, also auch Mitbesitz. 5 Erman/ Schlüter, § 2018 Rdz. 3; v. Lübtow, Erbrecht, Bd. 11, S. 1049; MünchKomm/Jülicher, § 2018 Rdz. 24 ff.; Staudinger/Gursky, § 2018 Rdz.18; Soergell Dieckmann, § 2018 Rdz.10. U

Mot. V, S.578.

11. Erbschaftsbesitz des vermeintlichen Erben

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schaftsbesitzer ist, wenn er den Nachlaß bei Aufdeckung der wirklichen Erbfolge ohne weiteres an den Erben herausgibt. Nach allgemeiner Ansicht7 liegt die für die Anwendbarkeit der §§ 2018 ff. erforderliche Erbrechtsanmaßung jedoch schon dann vor, wenn der vAE den Nachlaß oder einzelne Nachlaßgegenstände aufgrund seines vermeintlichen Erbrechts in Besitz nimmt, ohne ihn dem Erben bewußt vorzuenthalten. Schon in den Motiven8 selbst wird entgegen der soeben zitierten mißverständlichen Formulierung klargestellt, daß nach den Vorstellungen des Gesetzgebers für eine Erbrechtsanmaßung "jede Besitzergreifung, die erkennen läßt, daß der Ergreifende das tun will, was dem Erben zusteht", genügt. Es reicht aus, wenn der vermeintliche Erbe Besitz an Nachlaßgegenständen hat und sich als Erbe geriert 9 , unabhängig davon, ob er hinsichtlich seiner Erbenstellung gut- oder bösgläubig ist lO • Diese Voraussetzungen erfüllt der vAE, wenn er einen Betrieb des Erblassers fortführt; denn er tut bei Fortführung des Betriebes das, was dem Erben zusteht. Eine Berufung auf die vermeintliche Erbenstellung gegenüber dem wahren Erben ist danach nicht erforderlich. - Diese Auslegung des § 2018 entspricht auch den berechtigten Interessen des vAE. Denn es besteht kein Grund, etwa denjenigen, der zunächst auf die Beständigkeit seiner Erbenstellung vertraut und sich dementsprechend verhält, der aber nach Aufdeckung der wahren Erbfolge nicht um sein irrtümlich angenommenes Erbrecht kämpft, von den für ihn günstigen Verwendungsersatzregelnl l des § 2022 auszuschließen l2 • Andernfalls würde unter Umständen derjenige, der unberechtigt auf seiner Erbenstellung beharrt, gegenüber demjenigen, welcher die tatsächliche Herstellung der wahren Erbfolge ohne Schwierigkeiten ermöglicht, bevorzugt. Danach werden von den §§ 2018 ff. grundsätzlich auch die Fälle erfaßt, in denen der Arbeitgebererbe seine Erbenstellung rückwirkend verliertl 3• Wenn er also den Nachlaß auf grund eines anfechtbaren Erb7 Erman/Schlüter, § 2018 Rdz.2; Kipp/Coing, Erbrecht, § 106 I, S. 595; Lange/ Kuchinke, Erbrecht, § 42 II 2, S.699; MünchKomm/ Jülicher, § 2018 Rdz. 17; Palandt/Edenhojer, § 2018 Anm.2; SoergeZlDieckmann, § 2018 Rdz.3; Staudinger/Gursky, § 2018 Rdz.5.

8 Vgl. Mot. V, S. 578 f. Der Gesetzgeber hat die Worte "vorenthalten hat" bewußt nicht in den Gesetzeswortlaut aufgenommen; vgl. Mot. V, S. 579 f. 9 MünchKomm/ Jülicher, § 2018 Rdz. 18. 10 Bartholomeyczik/ Schlüter, Erbrecht, § 34 VI 2, S.244; Brox, Erbrecht, Rdz. 549; Erman/ Schlüter, § 2018 Rdz.2; Kipp/ Coing, Erbrecht, § 106 I, S. 595; Lange/ Kuchinke, Erbrecht, § 42 11 2, S. 699; Palandt/ Edenhojer, § 2018 Anm. 2; SoergeZlDieckmann, § 2018 Rdz. 3; Staudinger/ Gursky, § 2018 Rdz. 6. 11 Vgl. dazu noch unten § 4 II 2 b aa. 12 SoergeZl Dieckmann, § 2018 Rdz. 6. 13 Eine Ausnahme davon besteht nur bei der Ausschlagung. Für den Ausschlagenden gilt § 1959; er wird nicht rückwirkend als Erbschaftsbesitzer behandelt. Vgl. v. Lübtow, Erbrecht, Bd. II, S. 1052 f.; MünchKomm/ Jülicher,

8'

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§ 4 Rechtsverhältnisse vAE - wahrer Erbe

rechtstitels besitzt, wird er für die Zeit des Besitzes durch die Anfechtung rückwirkend zum Erbschaftsbesitzer14 , auch wenn er sich danach nicht mehr als Erbe aufspielt15 • Ausgenommen von den §§ 2018 ff. sind lediglich solche Fälle, in denen jemand aufgrund eines Einzelrechtstitels oder ohne jeden Erwerbsgrund Nachlaßgegenstände in Besitz nimmt16 • Das ist jedoch beim vAE, der aufgrund vermeintlichen Erbrechts die ArbeitgebersteIlung des Erblassers einnimmt, nicht der Fall. Somit erfüllt der vAE auch die subjektive Voraussetzung des § 2018, um Erbschaftsbesitzer zu sein. Deshalb liegen während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 2018 ff. im Verhältnis zwischen dem vermeintlichen und dem wahren Arbeitgebererben vor 2. Redltsfolgen der §§ 2018 ff.

Die Rechtsfolgen der §§ 2018 ff. bestehen in erster Linie darin, daß der Erbe vom Erbschaftsbesitzer alles herausverlangen kann, was dieser aus der Erbschaft erlangt hat. Aber auch dem Erbschaftsbesitzer stehen gegen den Erben Ersatzansprüche wegen der auf die Erbschaft gemachten Verwendungen zu. Danach haben der vAE und der wahre Erbe bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge im einzelnen folgende Ansprüche gegeneinander 17 : a) Ansprüche des wahren Erben

Der wahre Erbe kann vom vAE nach §§ 2018 ff. die Herausgabe des Nachlasses einschließlich der Surrogate und der gezogenen Nutzungen verlangen. Ferner stehen ihm unter bestimmten Voraussetzungen Ersatzansprüche zu. aal Herausgabe des Nachlasses und der Surrogate Nach § 2018 kann der wahre Erbe vom vAE das herausverlangen, was dieser aus der Erbschaft erlangt hat. Das ist in erster Linie der Besitz an Nachlaßsachen. Dazu gehören auch alle anderen aus der Erbschaft § 2018 Rdz. 21; Soergel/Dieckmann, § 2018 Rdz. 21; Brox, Erbrecht, Rdz. 551. 14 Brox, Erbrecht, Rdz. 281; Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 42 II 2, S. 700; Leipold, Erbrecht, Rdz.469; Kipp/Coing, Erbrecht, § 106 IV, S. 597; MünchKomm/ Jülicher, § 2018 Rdz.21. 15 A. M. wohl nur Erman/Schlüter, § 2018 Rdz. 2. 16 Brox, Erbrecht, Rdz.549; Erman/ Schlüter, § 2018 Rdz.2; MünchKomm/ Jülicher, § 2018 Rdz. 20; RGRK/ Kregel, § 2018 Rdz. 4.

17 Daneben stehen dem Erben nach den allgemeinen Vorschriften Einzelansprüche zu (§§ 985, 861 f., 1007, 812 ff., 823). Da sich die Haftung des Erbschaftsbesitzers aber nach § 2029 auch gegenüber den Einzelansprüchen nach den Vorschriften über den Erbschaftsanspruch richtet, werden im folgenden nur die Besonderheiten der §§ 2018 ff. untersucht.

11. Erbschaftsbesitz des vermeintlichen Erben

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erlangten Vorteile. Hat der vAE eine Buchposition erlangt, muß er in die Grundbuchberichtigung einwilligen1B• Nach § 2019 kann der Erbe ferner die Herausgabe dessen verlangen, was der vAE durch Rechtsgeschäft mit Mitteln des Nachlasses erworben hat (rechts geschäftliche Surrogation). Wenn der vAE also mit Geld aus dem Nachlaß eine Maschine gekauft hat, muß er diese herausgeben. Hat er produzierte Waren verkauft, ist er zur Herausgabe des Kaufpreises verpflichtet. Mit dem Herausgabeverlangen genehmigt der wahre Erbe regelmäßig die Verfügung des vAE über den Nachlaßgegenstand (§ 185 Abs. 2)19, falls diese nicht schon aus anderen Gründen (§§ 932, 892, 1959 Abs. 2, 2366) wirksam war20 • Die Herausgabepflicht des vAE erfaßt ebenfalls die gesetzlichen Surrogate. Das ist allgemein anerkannt 21, obwohl es für den Erbschaftsbesitzer - anders etwa in § 2111 für die Surrogation bei der Vor- und Nacherbschaft - nicht ausdrücklich geregelt ist. Zur gesetzlichen Surrogation gehört etwa geleisteter Schadenseratz, der an die Stelle von zerstörten Nachlaßsachen tritt22 • Ferner hat der vAE eine durch einen Arbeitnehmer gezahlte Vertragsstrafe an den wahren Erben herauszugeben. Den Betrag hat der vAE zwar nicht mit Mitteln des Nachlasses rechtsgeschäftlich erworben, so daß § 2019 nicht eingreift; er hat aber ein zur Erbschaft gehörendes Recht geltend gemacht, wodurch die Nachlaßforderung (Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe) erloschen ist und durch das Geld ersetzt wurde. bb) Herausgabe der gezogenen Nutzungen Nach § 2020 hat der vAE alle gezogenen Nutzungen herauszugeben. Dazu gehören Früchte (§ 99) und Gebrauchsvorteile (§ 100). Problematisch ist in diesem Zusammenhang, ob der vAE auch einen etwa erzielten Unternehmensgewinn herauszugeben hat. (1) Unternehmensgewinn als herauszugebende Nutzung

Der Unternehmensgewinn kann unmittelbar nicht unter den Begriff der herauszugebenden Nutzungen subsumiert werden. § 99 spricht von 18 Brox, Erbrecht, Rdz.552; MünchKomml Jülicher, § 2018 Rdz.27; RGRKI Kregel, § 2018 Rdz. 7; Staudinger/Gursky, § 2018 Rdz.21.

19 Die Genehmigung erfolgt dann unter der aufschiebenden Bedingung der Herausgabe. Vgl. Brox, Erbrecht, Rdz.578; ErmanlSchlüter, § 2019 Rdz.1; MünchKomml Jülicher, § 2019 Rdz. 9 f.; RGRKI Kregel, § 2019 Rdz.2; SoergeZl Dieckmann, § 2019 Rdz.3. !O Vgl. dazu oben § 3 I 2 a aa. 21 Brox, Erbrecht, Rdz. 553, 574; ErmanlSchlüter, § 2019 Rdz. 2; Kipp/Coing, Erbrecht, § 10711 3, S. 600; LangelKuchinke, Erbrecht, § 4311 3, S. 718; v. Lübtow, Erbrecht, Bd.lI, S.1055; PalandtlEdenhofer, § 2019 Anm.3; RGRKI Kregel, § 2019 Rdz. 3. 22 Zum Umfang der gesetzlichen Surrogation vgl. etwa Brox, Erbrecht Rdz. 575; Langel Kuchinke, Erbrecht, § 43 11 2, S. 716 ff. '

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§ 4 Rechtsverhältnisse vAE - wahrer Erbe

Früchten, § 100 von Gebrauchsvorteilen einer Sache oder eines Rechts. Bei einem Unternehmen oder Betrieb handelt es sich dagegen um eine Rechts- und Sachgesamtheit2s • Der Gewinn, den ein Unternehmen abwirft, ist daher weder eine Sach- noch eine Rechtsfrucht im Sinne des § 99 24 noch ein Gebrauchsvorteil im Sinne von § 100. - Jedoch ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß es unbillig wäre, selbst dem redlichen Besitzer die durch die Früchte gewonnene, unter Umständen sehr bedeutende Bereicherung zu belassen25 ; das verbiete sich schon mit Rücksicht auf die Nachlaßgläubiger26 • Deshalb wird zum Teil § 99 Abs. 1 analog angewendet, so daß der Unternehmensgewinn wie eine unmittelbare Sachfrucht behandelt wird27 • Nach einer anderen Meinung steht der Unternehmensgewinn den Rechtsfrüchten gern. § 99 Abs. 2 am nächsten28 • Das wird damit begründet, daß anders als bei reinen Sachnutzungen der aus einem Unternehmen gezogene Gewinn jedenfalls nicht ausschließlich als das Produkt des Unternehmens anzusehen sei, sondern zumindest auch das Ergebnis der persönlichen Fähigkeiten und Leistungen desjenigen sei, der die Nutzungen gezogen habe 29 • Die RechtsprechungSO hat den Unternehmens gewinn zum Teil zu den Gebrauchsvorteilen im Sinne des § 100 gerechnet. Danach sollen die Betriebs- und Arbeitserträge gewerblicher Anlagen Hauptfälle der Gebrauchsvorteile nach § 100 darstellen. Nach allen Meinungen gehört also der Unternehmensgewinn wie eine Sach- oder Rechtsfrucht oder wie ein Gebrauchsvorteil zu den NutzungenSI. Der v AE muß danach den Gewinn, den er während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge erwirtschaftet hat, an den wahren Erben herausgeben. (2) Einschränkung des Anspruchs auf Gewinnherausgabe

Die Pflicht des vAE zur uneingeschränkten Herausgabe des von ihm erwirtschafteten Gewinns erscheint dann nicht sachgerecht, wenn der vAE erst durch seinen persönlichen Einsatz, seine Risikobereitschaft und seine Ideen die Erzielung eines Gewinns ermöglicht hat, den der Vgl. nur Medicus, AT, Rdz. 1208; PalandtlHeinrichs, § 99 Anrn. 3. MünchKornrn/Holch, § 99 Rdz.9. 25 Mot. V, S. 585. 28 Mot. V, S. 586. 27 SoergellBaur, § 99 Rdz.3. 28 BGHZ 7, 208, 218; BGH BB 1962, 535; OLG Köln, JMBl. NW 1960, 180; MünchKornrn/Holch, § 99 Rdz.9; RGRKIKregel, § 99 Rdz.4; kritisch dazu Larenz, AT, § 16 V 3, S. 290 FN 54. 29 BGHZ 7, 208, 218. 30 BVerwGE 7, 1,5; vgl. auch StaudingerlDilcher, § 100 Rdz. 7. 31 Vgl. auch BGH LM Nr. 7 zu § 818 Abs.2 BGB, wonach der Unternehrnensgewinn zu den gern. § 818 herauszugebenden Nutzungen gehört. 23

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wahre Erbe nicht hätte erzielen können. Die §§ 2018 ff. bezwecken nur, dem wahren Erben die Erbschaft (zumindest wertmäßig) zu erhalten und ihm die Rechtsverfolgung zu erleichtern32 • Deshalb soll der Erbe gern. § 2020 auch die Nutzungen erhalten, die der Nachlaß abwirft; denn diese Nutzungen hätte der wahre Erbe selbst erzielen können, wenn er statt des Erbschaftsbesitzers den Nachlaß in Besitz gehabt hätte. Der Zweck der §§ 2018 ff. erfordert es dagegen nicht, den vAE zu verpflichten, auch einen allein durch den Einsatz seiner Persönlichkeit erzielten Gewinn herauszugeben. Auf solche Vorteile, die nicht allein aus dem Nachlaß fließen, hat der Erbe keinen Anspruch; denn diese Vorteile wären ihm auch dann nicht zugute gekommen, wenn er den Nachlaß von Anfang an in Besitz gehabt hätte. Dieses Ergebnis läßt sich dogmatisch damit begründen, daß als Frucht oder Gebrauchsvorteil einer Sache oder eines Rechts der aus einem Gewerbebetrieb gezogene Gewinn nur dann angesehen werden kann, wenn er sich tatsächlich als Produkt der Sach- und Rechtsgesamtheit des Betriebes darstellt. Ist der Gewinn dagegen das Produkt der persönlichen Fähigkeiten und Leistungen des Nachlaßbesitzers, wird er insoweit von den herauszugebenden Nutzungen nicht erfaßtSs • Bei Anwendung dieser Regel hat der v AE zwar den Gewinn, der allein aus dem Einsatz der im Nachlaß vorhandenen Produktionsmittel und dem Verkauf der damit hergestellten Produkte erzielt wird, herauszugeben. Diesen Gewinn hätte auch der Erbe selbst erzielen können. Etwas anderes ergibt sich dagegen, wenn der v AE z. B. bei der Fortführung der Praxis eines verstorbenen Rechtsanwalts die Mandantschaft aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten und Kontakte verdoppelt hat. Der dadurch erwirtschaftete Gewinn geht über den allein mit der vom Erblasser übernommenen Praxis zu erzielenden Gewinn hinaus. Er beruht im wesentlichen nicht auf der Sach- und Rechtsgesamtheit, aus der die Praxis besteht; denn zu seiner Erzielung hat etwa die Benutzung der zum Nachlaß gehörenden Einrichtungen und Büroräume sowie der Einsatz des vom Erblasser eingestellten Personals nur in geringem Umfang beigetragen. Diesen Gewinn hätte der wahre Erbe nicht ohne weiteres erzielen können. Deshalb braucht der vAE ihn auch nicht - jedenfalls nicht vollständig - herauszugeben. Häufig wird sich der erzielte Gewinn zum Teil als Produkt des übernommenen Betriebes darstellen, im übrigen aber auf der Persönlichkeit Vgl. nur MünchKomm/Jülicher, § 2018 Rdz. 3,4. BGHZ 7, 208, 218 für den Gewinn aus dem Betrieb einer Fleischerei; zuletzt BGH NJW 1978, 1578 für den Gewinn, der aus dem Betrieb einer Tankstelle gezogen wurde; OLG Köln, JMBl. NW 1960, 180 für den mit einem Kinounternehmen erzielten Gewinn; vgl. auch BGH WM 1956, 91, 93 f. und BGH NJW 1975, 638, 640. S2

S3

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des v AE beruhen. In einem solchen Fall müssen der wahre und der vermeintliche Erbe sich über den Umfang der Herausgabepflicht einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, hat der Tatrichter den Anteil der beiden Faktoren am Gewinn zu ermitteln. Dabei kann er § 287 ZPO anwenden und die Höhe des herauszugebenden Betrages unter Würdigung aller Umstände nach freier überzeugung schätzen34 • cc) Ersatzansprüche Hat der vAE einzelne Nachlaßsachen nicht mehr in Besitz, kann er sie bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge auch nicht an den wahren Erben herausgeben. Gleiches gilt für Nutzungen, die der vAE zwar gezogen, aber anschließend ersatzlos verbraucht hat, oder die er nicht gezogen hat, obwohl ihm dies nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft möglich gewesen wäre. Welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, hängt davon ab, ob der vAE gut- oder bösgläubig, verklagt oder nicht verklagt war und ob er die Erbschaftsgegenstände durch strafbare Handlungen oder verbotene Eigenrnacht erlangt hat. (1) § 2021

Der gutgläubige, nicht verklagte vAE haftet gern. § 2021 nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung, soweit er zur Herausgabe außerstande ist. Er ist also nach § 818 Abs. 2 zum Wertersatz verpflichtet. Er kann sich jedoch nach § 818 Abs. 3 auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Ist etwa eine zum Nachlaß gehörende Maschine durch Verschulden des vAE zerstört worden, hat der vAE trotzdem keinen Wertersatz zu leisten, weil er hinsichtlich der Maschine nicht bereichert ist. Hat er mit dem übernommenen Betrieb Verluste gemacht und dadurch den Nachlaßwert geschmälert, kann er sich ebenfalls auf § 818 Abs. 3 berufen, selbst wenn er sich eine schlechte Geschäftsführung vorwerfen lassen muß. Er haftet auch dann nicht, wenn er aufgrund nachlässiger Geschäftsführung einen nach den Regeln ordnungsgemäßer Wirtschaft möglichen Gewinn nicht erzielt hat; denn der gutgläubige, nicht verklagte Erbschaftsbesitzer muß nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herausgeben (vgl. §§ 2020, 2023 Abs.2). Diese Haftungsbegrenzung ist gerechtfertigt: Der vAE, der darauf vertraut, selbst Erbe zu sein, ist berechtigt, mit dem Nachlaß nach seinem Belieben zu verfahren. (2) §§ 2023 f.

Der bösgläubige oder verklagte vAE haftet gern. §§ 2023, 2024 verschärft nach den §§ 987 Abs. 2, 989 f. Danach hat er bei verschuldeter Unmöglichkeit der Herausgabe Schadensersatz zu leisten, ohne sich auf 34

BGH NJW 1978, 1578; Wiesner, Fehlerhafte Gesellschaft, S. 168.

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den Wegfall der Bereicherung berufen zu können. Nicht gezogene Nutzungen, die der vAE nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hätte ziehen können, hat er zu ersetzen. Dazu gehört auch der aufgrund schlechter Geschäftsführung aus einem Gewerbebetrieb nicht gezogene Gewinn35 • Die Regelung der §§ 2023 f. trägt dem Umstand Rechnung, daß der bösgläubige oder verklagte Erbschaftsbesitzer damit rechnen muß, daß es sich bei dem Nachlaß um für ihn fremde Güter handelt36 • Bösgläubig ist der vAE immer dann, wenn er weiß oder grob fahrlässig nicht weiß, daß er nicht Erbe ist 37 • Dazu gehört etwa der Fall, in dem der vAE Kenntnis davon hat, daß seine Erbeinsetzung durch eine spätere Verfügung von Todes wegen widerrufen wurde (§§ 2254, 2258). Aber auch der Erbe, der zunächst wirksam als Erbe eingesetzt ist, jedoch von der Anfechtbarkeit dieser Erbeinsetzung Kenntnis hat, ist bösgläubig. Das ergibt sich aus § 142 Abs. 2, der auch bei einer Anfechtung nach §§ 2078 ff. anwendbar ist 38 • Danach wird derjenige, der die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts kannte oder kennen mußte, so behandelt wie der, welcher die Nichtigkeit kannte oder kennen mußte. Handelt es sich etwa um eine Anfechtung wegen Drohung gem. § 2078 Abs. 2 und ist die Drohung vom vAE selbst ausgegangen, haftet dieser nach § 2024; denn er kannte als der Drohende die Umstände, die zur Anfechtung berechtigten. Gleiches muß auch für den vAE gelten, der die Erbschaft durch Erbunwürdigkeitserklärung rückwirkend verliert (§ 2344). Denn die in § 2339 Abs. 1 aufgezählten Verfehlungen, die zur Anfechtung wegen Erbunwürdigkeit berechtigen, setzen Vorsatz voraus. Wer also eine solche Verfehlung begeht, hat immer Kenntnis vom Grund der Anfechtbarkeit. Dann liegen die Voraussetzungen des § 142 Abs. 2, der auch bei der Erbunwürdigkeitserklärung giltSt, vor. (3) § 2025

Der vAE, der die Erbschaft durch eine Straftat oder verbotene Eigenmacht erlangt hat, haftet gem. § 2025 nach den Regeln über Schadensersatz bei unerlaubten Handlungen. Danach hat er nicht nur bei verschuldetem, sondern auch bei zufälligem Untergang von Nachlaßsachen Schadensersatz zu leisten (§ 848). Zu beachten ist, daß der gutgläubige vAE nicht schon deshalb der strengen Haftung wegen verbotener Eigen35 Das gilt nur für den Gewinn, soweit er - falls er erzielt worden wäre zu den herauszugebenden Nutzungen gezählt hätte. 38 Brox, Erbrecht, Rdz. 556. 37 Brox, Erbrecht, Rdz.557; ErmanlSchlüter, § 2024 Rdz.2; MünchKomml Jülicher, § 2024 Rdz.2, 3; RGRKIKregel, § 2024 Rdz.2; StaudingerlGursky, § 2024 Rdz. 2. 38 RGRKIJohannsen, § 2078 Rdz.77. 88 Brox, Erbrecht, Rdz. 281.

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§ 4 Rechtsverhältnisse vAE - wahrer Erbe

macht ausgesetzt ist, weil der wahre Erbe gern. § 857 vor der Besitzergreifung durch den vAE Besitzer geworden ist; gem. § 2025 S. 2 ist vielmehr erforderlich, daß der wahre Erbe den Besitz vorher tatsächlich ergriffen hatte.

b) Ansprüche des vAE Dem vAE können als Erbschaftsbesitzer Gegenansprüche gegen den wahren Erben zustehen. aal Verwendungsersatzanspruch Gem. § 2022 ist der vAE als Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe der Erbschaft an den Erben nur gegen Ersatz aller Verwendungen verpflichtet. (1) Inhalt des Anspruchs

Unter Verwendung versteht man freiwillige vermögenswerte Maßnahmen und Ausgaben, die einer Sache oder einer Vermögensmasse zugute kommen sollen40 • Läßt der vAE also auf eigene Kosten das Betriebsgebäude renovieren oder eine zum Nachlaß gehörende Maschine reparieren, kann er dafür vom Erben Verwendungsersatz beanspruchen. Wie sich aus § 2022 Abs. 2, 3 ergibt, entsteht der Verwendungsersatzanspruch des Erbschaftsbesitzers aber nicht nur wegen der auf einzelne Nachlaßsachen gemachten Verwendungen; vielmehr kann er auch Ersatz für die Aufwendungen verlangen, die der Erbschaft als Ganzes zugute kommen 41 • So kann er beispielsweise Ersatz verlangen, wenn er Geschäfts- oder Steuerschulden des Erblassers getilgt hat 42 • Erforderlich ist allerdings immer, daß er eigene Mittel eingesetzt hat. Hat er für die Verwendung Nachlaßmittel verbraucht, mindert sich in diesem Umfang nach § 2021 schon seine Herausgabepflicht. Daneben besteht dann kein Anspruch auf Verwendungsersatz4s • (a) Ersatz für die Bezahlung der Arbeitnehmer Da der vAE nach § 2020 zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen verpflichtet ist, liegt es nahe, daß er die zur Erzielung der Nutzungen aufgewendeten Kosten ersetzt verlangen kann. Hierbei ist vor allem an 40 Brox, Erbrecht, Rdz.559; v. Lübtow, Erbrecht, Bd.lI, KommlJülicher, § 2022 Rdz.3; Staudinger/Gursky, § 2022

S.1061; MünchRdz.3; vgl. zum

Verwendungsbegriff auch BGHZ 41,157,160; 10, 171, 177. 41 Vgl. zu dem weiten Verwendungsersatzanspruch auch Mot. V, S. 590, 592. 42 MünchKommlJülicher, § 2022 Rdz.5; SoergeZlDieckmann, § 2022 Rdz.2; StaudingerlGursky, § 2022 RdZ.5. 43 Brox, Erbrecht, Rdz. 559; MünchKomml Jülicher, § 2022 Rdz.4; SoergeZl Dieckmann, § 2022 Rdz.2; StaudingerlGursky, § 2022 Rdz.2.

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die Bezahlung der Arbeitnehmer zu denken, die der vAE mit eigenen Mitteln bewirkt hat 44 • Das gilt gleichermaßen für die Arbeitnehmer, die der vAE vom Erblasser übernommen hat wie für die von ihm selbst neu eingestellten Arbeitnehmer; denn er hat sie bezahlt, um mit Hilfe ihrer Arbeitskraft einen Gewinn zu erzielen. Als Anspruchsgrundlage für den Ersatz solcher Kosten kommt § 102 in Betracht. Danach steht demjenigen, der zur Herausgabe von Nutzungen verpflichtet ist, ein Anspruch auf Ersatz der Fruchtgewinnungskosten zu, soweit diese Kosten einer ordnungsgemäßen Wirtschaft entsprechen und den Wert der herauszugebenden Früchte übersteigen. Bei solchen Gewinnungskosten handelt es sich aber gleichzeitig um Verwendungen im Sinne von § 2022, da sie entweder einzelnen Nachlaßgegenständen oder dem im Nachlaß enthaltenen Betrieb insgesamt zugute kommen. Durch diese Spezialvorschrift für den Erbschaftsbesitzer wird § 102 verdrängt 4s . Das ist für den vAE von Vorteil; denn der Anspruch auf Verwendungsersatz nach § 2022 geht weiter als der Anspruch auf Ersatz der Gewinnungskosten nach § 102. So kann der (gutgläubige) Erbschaftsbesitzer Verwendungsersatz auch dann verlangen, wenn die Verwendungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft nicht entsprechen; denn § 2022 erfaßt alle Verwendungen, selbst wenn sie noch nicht einmal nützlich sind (anders als bei §§ 994 ff.)4G. Ferner ist der Verwendungsersatzanspruch nicht durch den Wert der gezogenen und herauszugebenden Nutzungen (vgl. dagegen § 102) begrenzt. Für den Anspruch nach § 2022 kommt es nicht darauf an, ob die Verwendungen den Wert des Nachlasses erhöht haben47 • (b) Ersatz für die eigene Arbeitsleistung

Fraglich ist, ob der vAE nach § 2022 auch Ersatz für den Einsatz der eigenen Arbeitskraft verlangen kann. Nach der einen Meinung 48 gehört der Einsatz der eigenen Arbeitskraft dann zu den ersatzfähigen Verwendungen, wenn wegen der Leistung eigener Arbeit eine anderweitige Verwertung der persönlichen Arbeitskraft unterblieben ist. Erleide der Erbschaftsbesitzer dagegen mangels anderweitigen entgeltlichen Einsatzes der Arbeitskraft keinen Verdienstausfall, habe er auch Staudinger/Dilcher, § 102 Rdz.4. Brox, Erbrecht, Rdz. 559; MünchKomm/ Jülicher, § 2022 Rdz. 3; Staudinger/Gursky, § 2022 Rdz.6. 46 Brox, Erbrecht, Rdz.559; Erman/Schlüter, § 2022 Rdz.1; MünchKomm/ Jülicher, § 2022 Rdz. 4; Staudinger / Gursky, § 2022 Rdz. 4. 47 Brox, Erbrecht, Rdz. 559. 48 KG OLGZ 1977, 17, 19; Erman/Schlüter, § 2022 Rdz. 1; Erman/H. Westermann, § 103 Rdz.2; Jauernig/Stürner, § 2022 Anm.3; MünchKomm/Jülicher, § 2022 Rdz.3; RGRKIKregel, § 102 Rdz.2; SoergellBaur, § 102 Rdz.3; Staudinger/Gursky, § 102 Rdz.4 und § 2022 Rdz. 3. 44

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§ 4 Rechtsverhältnisse vAE - wahrer Erbe

kein Vermögensopfer erbracht; das sei aber begrifflich eine Voraussetzung für die Annahme einer ersatzfähigen Verwendung 49 • - Nach anderer Meinung 50 ist die aufgewendete Arbeitskraft immer ersatzfähig. Der Wert der Arbeitsleistung gehe in jedem Fall in den Wert der Früchte ein, unabhängig davon, ob der Fruchtziehende seine Arbeitskraft auch andernfalls nutzbringend verwertet hätte. - Der BGH51 hat ausdrücklich offengelassen, ob der Wert der persönlichen Arbeitsleistung immer ersatzfähig ist oder nur dann, wenn die Arbeitskraft auch anderweitig wirtschaftlich nutzbringend verwendet worden wäre. In den überwiegenden Fällen des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge dürfte dieser Meinungsstreit nicht von Bedeutung sein. Wenn der vAE einen Betrieb, ein Geschäft oder eine Praxis vom Erblasser übernimmt und fortführt, wird es sich bei dieser Tätigkeit regelmäßig um seinen Hauptberuf handeln52 , für den er seine vorher ausgeübte Tätigkeit aufgeben oder eine andere geplante Tätigkeit unterlassen muß. Dann ist seine persönliche Arbeitsleistung nach allen Meinungen ersatzfähig. Denkbar ist es aber auch, daß der vAE ohne Weiterführung des Betriebes (z. B. als Rentner) beschäftigungslos wäre oder daß er seine bisherige Tätigkeit neben der Fortführung des übernommenen Betriebes beibehält. In beiden Fällen hätte er seine Arbeitskraft nicht wirtschaftlich nutzbringend verwendet, wenn er nicht als vAE den Betrieb des Erblassers übernommen hätte. Nach zutreffender Meinung muß er den Wert seiner Arbeitskraft auch in diesem Fall ersetzt verlangen können. Es besteht kein sachlicher Grund, den wahren Erben von der Pflicht zum Verwendungsersatz freizustellen, nur weil der vAE den Betrieb selbst geführt hat. Hätte der vAE, anstatt selbst zu arbeiten, einen Geschäftsführer eingestellt, könnte er das an diesen gezahlte Entgelt nach allen Meinungen ersetzt verlangen. In beiden Fällen schlägt sich die Arbeitskraft, die üblicherweise vergütet wird, im Wert des herauszugebenden Betriebes nieder. Gegen dieses Ergebnis läßt sich nicht einwenden, daß der Einsatz der eigenen Arbeitskraft etwa im Auftragsrecht nicht zu den ersatzfähigen Verwendungen im Sinne des § 670 gehört 53 • Diese Regelung beruht gerade auf der Besonderheit, daß die Leistung des Beauftragten kraft Staudinger/Gursky, § 2022 RdZ.3. Ausdrücklich MünchKomm/Holch, § 102 Rdz. 4; PalandtlHeinrichs, 39. Aufl., § 102 Anm. 1; nicht mehr eindeutig PalandtlHeinrichs, 43. Aufl., § 102 Anm.l. 51 BGH LM Nr. 1 zu § 102 BGB; vgl. auch Larenz, AT, § 16 V 4, S. 291 FN 56. 52 Das nimmt Roloff, Scheinerbe, S. 61 auch für den vermeintlichen Gesellschaftererben an. 53 BGHZ 59, 328, 331; Brox, BS, Rdz.299; MünchKomm/ Seiler, § 670 Rdz.18 bis 20; Palandt/Thomas, § 670 Anm. 2 b. 49

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11. Erbschaftsbesitz des vermeintlichen Erben

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Vereinbarung unentgeltlich erfolgen soll (§ 662). Einer solchen Vereinbarung würde der Ersatz der eigenen Arbeitsleistung widersprechen54 • Demgegenüber kann der wahre Erbe nicht erwarten, daß für ihn jemand seinen geerbten Betrieb unentgeltlich fortführt. Andernfalls würde er durch die zwischen Erbfall und Herstellung der wahren Erbfolge erfolgte Tätigkeit einen Vermögensvorteil erlangen, was von den §§ 2018 ff. nicht bezweckt ist. Schließlich wird auch aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre als Gewinn der Überschuß der Aktiva über die Passiva bezeichnet. Zu den Passiva gehört aber auch ein angemessenes Entgelt für die Tätigkeit des Inhabers55 • Deshalb ist von dem herauszugebenden Gewinn (§ 2020) ein angemessenes Unternehmergehalt für den vAE (§ 2022) abzuziehen. Dieses ist etwa an einem vergleichbaren Geschäftsführergehalt zu orientieren56• (2) Umfang des Anspruchs

Der Umfang, in dem der vAE Verwendungsersatz beanspruchen kann, hängt davon ab, ob er gut- oder bösgläubig, verklagt oder nicht verklagt ist und ob er den Nachlaß durch eine Straftat oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat. Der gutgläubige, unverklagte vAE kann nach § 2022 Ersatz aller Verwendungen verlangen, soweit sie nicht bereits durch Anrechnung auf die gem. § 2021 herauszugebende Bereicherung berücksichtigt werden. Für den Anspruch des verklagten oder bösgläubigen vAE gelten gem. §§ 2023 Abs. 2, 2024 die §§ 994 bis 1003. Deshalb kann er nur Ersatz für die notwendigen Verwendungen verlangen (§§ 994 Abs.2, 996, 998),

wobei sich die Ersatzpflicht des Eigentümers nach den Vorschriften über die GoA bestimmt. Danach müssen die Verwendungen nicht nur objektiv notwendig gewesen sein, sondern außerdem dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des wahren Erben entsprochen haben, von diesem genehmigt worden sein oder noch eine ungerechtfertigte Bereicherung des Erben darstellen (§§ 683 f.). Das wirkt sich bei solchen Verwendungen aus, die einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht entsprechen und den Wert des Betriebes nicht erhöht haben. Unter diesen Voraussetzungen kann der vAE auch seine Arbeitsleistung nicht ersetzt verlangen. Der deliktische vAE kann gem. § 2025 nach den §§ 850, 994 bis 1003 nur Ersatz für die notwendigen und die nützlichen Verwendungen verlangen, selbst wenn er den Besitz nur unbewußt durch verbotene 5' Brox, BS, Rdz. 299; Palandt/Thomas, § 670 Anm. 2 b. 55 Bökelmann, Nutzungen und Gewinn, S. 89 m. w. N. 56 Bökelmann, Nutzungen und Gewinn, S. 89.

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§ 4 Rechtsverhältnisse vAE - wahrer Erbe

Eigenrnacht erlangt hat und bei Vornahme der Verwendungen hinsichtlich seines Erbrechts gutgläubig war5 7 • (3) Geltendmachung des Anspruchs

Nach § 2022 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 1001 kann der vAE seine Verwendungsersatzansprüche im Wege der Klage verfolgen. Das setzt aber voraus, daß der wahre Erbe die Erbschaft wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt (§ 1001). Ferner kann der vAE nach § 2022 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 1000 wegen seiner Verwendungsersatzansprüche gegenüber dem Herausgabeanspruch des Erben ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn der Erbe nur einzelne Erbschaftsgegenstände herausverlangt58 • Fordert der wahre Erbe also zunächst nur den Teil der Erbschaft heraus, der mit dem vom vAE fortgeführten Betrieb nichts zu tun hat, kann der vAE diese Herausgabe wegen seiner auf den Betrieb getätigten Verwendungen verweigern und auf einer einheitlichen Abwicklung des gesamten Nachlasses bestehen. Lediglich der vAE, welcher die Erbschaft durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat, kann nach § 1000 S. 2 wegen seines Verwendungsersatzanspruches kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Herausgabeanspruch des wahren Erben geltend machen. Schließlich steht dem vAE das in § 1003 geregelte Befriedigungsrecht zu. Sofern er an den wahren Erben Geld herauszugeben hat, kann er mit seinem ebenfalls auf Geld gerichteten Anspruch auf Verwendungsersatz in den Grenzen des § 1003 aufrechnen. bb) Freistellungsanspruch Ist der vAE Verbindlichkeiten eingegangen, um Aufwendungen auf einzelne Nachlaßsachen oder auf den Nachlaß insgesamt zu machen, kann er nach § 257 vom wahren Erben Freistellung von diesen Verbindlichkeiten verlangen, wenn er auch Ersatz für die Aufwendungen verlangen könnte (§ 2022). Dieser Freistellungsanspruch ist vor allem dann von Bedeutung, wenn der vAE Arbeitnehmer eingestellt hat, weil das zur Fortführung des Betriebes erforderlich oder jedenfalls nützlich war; denn durch diese Neueinstellungen ist der vAE arbeitsvertragliche Verbindlichkeiten eingegangen, die dem zum Nachlaß gehörenden Betrieb zugute kommen. Mit dem Freistellungsanspruch kann der vAE vom wahren Erben verlangen, daß dieser die während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge eingestellten Arbeitnehmer zusammen mit dem 57 MünchKomml Jülicher, § 2025 Rdz. 7; SoergeZl Dieckmann, § 2025 Rdz.4; Staudinger I Gursky, § 2025 Rdz. 7. 58 Brox, Erbrecht, Rdz. 560; Ermanl Schlüter, § 2022 Rdz. 3; MünchKomml Jülicher, § 2022 Rdz.9; RGRK/Kregel, § 2022 Rdz.4; Staudinger/Gursky, § 2022 ReIz. 3.

111. GoA des vermeintlichen Erben?

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Nachlaß "übernimmt" und zu den Bedingungen weiterbeschäftigt, die der vAE mit den Arbeitnehmern vereinbart hat59 • Da der Freistellungsanspruch unter den gleichen Voraussetzungen wie der Verwendungsersatzanspruch besteht, hängt er im einzelnen davon ab, ob der vAE gut- oder bösgläubig, verklagt oder nicht verklagt war. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Verwendungsersatzanspruch verwiesen werden60 • 111. Geschäftsführung ohne Auftrag des vermeintlichen Erben? Im Schrifttum61 wird zum Teil vertreten, die §§ 2018 ff. reichten allein für eine befriedigende Bewältigung der sich ergebenden Rechtsfragen nicht aus, wenn der vermeintliche Erbe Arbeitgeberfunktionen wahrgenommen habe 62 • Diese Vorschriften gewährten dem Erbschaftsbesitzer nur einen Ausgleich für einzelne Aufwendungen auf Einzelgegenstände63 und seien auf die sachgerechte Abwicklung der komplexen Tätigkeit, die der vAE als Arbeitgeber ausübe, nicht zugeschnitten. Deshalb seien im Verhältnis zwischen dem vAE und dem wahren Erben auch die Vorschriften über die GoA analog anzuwenden64 • Das Recht der GoA differenziere zwischen dem gutgläubigen und dem bösgläubigen Geschäftsführer, gebe dem ordentlichen vermeintlichen Erben in gerechtem Umfang Entlastungsansprüche und schütze den wahren Erben in angemessener Weise vor den Folgen der ihm durch den vermeintlichen Erben aufgedrängten Geschäftsführung. Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht. Gegen eine allgemeine Anwendung der Regeln über die GoA bestehen Bedenken. Dem gutgläubigen vAE fehlt es am Fremdgeschäftsführungswillen (vgl. § 687 Abs. 1); er will ein eigenes Geschäft führen. Nur der bösgläubige vAE wird bewußt in einem fremden Geschäftskreis tätig. Dem trägt aber § 2023 dadurch Rechnung, daß er hinsichtlich der Ansprüche des Erben auf die §§ 987 ff. verweist und für die Ansprüche des vAE über die §§ 2023 Abs. 2, 994 Abs. 2 die Regeln über die GoA für anwendbar erklärt. Auch eine analoge Anwendung der §§ 677 ff. über den Sonderfall des § 2023 Abs. 2 hinaus ist weder erforderlich noch gerechtfertigt. Es fehlt insoweit an einer ausfüllungsbedürftigen Gesetzeslücke. 59 Durch den Freistellungsanspruch des vAE werden andere Gründe, aus denen der wahre Erbe zum Eintritt in die arbeitsvertraglichen Verbindlichkeiten des vAE verpflichtet sein kann, nicht berührt. Vgl. dazu unten § 6 111. eo Vgl. oben § 4 11 2 b aa (2). 81 Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 61 und Roloff, Scheinerbe, S.34, 61 zum vermeintlichen Gesellschaftererben; Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 308. 8! Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 308. ea Konzen, ZHR 145 (1981), 29, 63; Rolo!!, Scheinerbe, S. 34, 61. 84 Stumpf. Festschrift Brackmann, S. 299, 309.

128

§4

Rechtsverhältnisse vAE - wahrer Erbe

1. Kein Bedürfnis nach einer analogen Anwendung der §§ 677 ff.

Für die analoge Anwendung der §§ 677 ff. fehlt es an einem praktischen Bedürfnis. Die Regeln über den Erbschaftsbesitz ermöglichen eine sachgerechte Abwicklung des Verhältnisses zwischen dem vAE und dem wahren Erben. So konnte bei der Darstellung der Rechtsfolgen der §§ 2018 ff. schon festgestellt werden, daß die Ansicht, wonach die Regeln über den Erbschaftsbesitz auf die Abwicklung der komplexen Tätigkeit des vAE nicht zugeschnitten seien, unzutreffend ist. Die vorübergehende Fortführung des Betriebes durch den vAE wird vielmehr durch § 2022, der dem vAE einen sehr weiten Verwendungsersatzanspruch gewährt, hinreichend berücksichtigt. Danach kann der vAE nicht nur Ersatz für die Verwendungen verlangen, die er auf einzelne Erbschaftsgegenstände gemacht hat, sondern auch für solche, die er wegen der Erbschaft als Ganzes gemacht hat. Dehalb steht ihm auch eine Vergütung für die eigene Arbeitsleistung zu, die er zur Fortführung des zum Nachlaß gehörenden Betriebes erbracht hat 65 • Selbst die Möglichkeit, daß der vAE nur aufgrund persönlicher Fähigkeiten und Ideen einen überdurchschnittlichen Gewinn erwirtschaftet hat, kann im Rahmen der §§ 2018 ff. berücksichtigt werden; denn nach § 2020 muß der vAE die gezogenen Nutzungen nur insoweit herausgeben, wie sie sich als Pordukt des Nachlasses darstellen und auch vom wahren Erben hätten erzielt werden können66 • - Im übrigen leuchtet es nicht ein, warum die §§ 677 ff. für einen gerechteren Ausgleich sorgen sollten als die §§ 2018 ff. Denn nicht nur die Regeln über die GoA, sondern - wie gesehen - auch die Vorschriften über den Erbschaftsbesitz differenzieren sowohl hinsichtlich der Ansprüche des Erben als auch bei den Gegenansprüchen des Erbschaftsbesitzers zwischen dem gutgläubigen und dem bösgläubigen vAE. Die wesentlichen Unterschiede zwischen den §§ 677 ff. und den §§ 2018 ff. liegen darin, daß der Geschäftsführer ohne Auftrag einer schärferen Haftung als der Erbschaftsbesitzer unterliegt und gegenüber diesem nur unter engeren Voraussetzungen Ersatz für seine Aufwendungen verlangen kann. Es beteht aber kein sachlicher Grund dafür, die für den Erbschaftsbesitzer günstigen Regeln der §§ 2018 ff. nur deshalb nicht anzuwenden, weil zum Nachlaß auch ein Betrieb gehört, den der Erbschaftsbesitzer (vAE) vorübergehend fortführt 67 • Das wäre auch nicht mit § 2029 vereinbar.

65 88

87

Vgl. oben § 4 11 2 b aa (1) (b). Vgl. die Nachweise in § 4 FN 33. A. M. Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 308 f.

111. GoA des vermeintlichen Erben?

129

2. Entgegenstehender Wille des Gesetzgebers

Schließlich hat der Gesetzgeber selbst zum Ausdruck gebracht, daß er mit den §§ 2018 ff. eine abschließende Sonderregelung für das Verhältnis zwischen dem Erben und dem Erbschaftsbesitzer getroffen hat. Das ergibt sich zum einen aus § 2029. Danach richtet sich die Haftung des Erbschaftsbesitzers selbst bei einer tatbestandlichen Konkurrenz von Erbschaftsanspruch und Einzelansprüchen nur nach den Vorschriften über den Erbschaftsanspruch. Der Zweck des § 2029 besteht in erster Linie gerade darin, dem Erbschaftsbesitzer gegenüber konkurrierenden Einzelansprüchen die Vorzüge der §§ 2018 ff. zu erhalten6s • - Zum anderen spricht gegen die analoge Anwendung der Regeln über die GoA, daß der Gesetzgeber in § 1959 Abs. 1 bewußt nur für den Sonderfall des ausschlagenden Erben eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der §§ 2018 ff. geschaffen hat. In den Materialien zum BGB69 heißt es zur Begründung des Surrogationsgrundsatzes, wonach der Erbe vom Erbschaftsbesitzer auch die Herausgabe des mit Mitteln der Erbschaft Erlangten verlangen kann: "Möglich wäre es, in der Weise zu regeln, daß, wenn der Erbe das von dem Erbschaftsbesitzer vorgenommene, auf einen Erbschaftsgegenstand sich beziehende Rechtsgeschäft genehmige, das Verhältnis zwischen dem Erben und dem Erbschaftsbesitzer in Ansehung dieses Geschäfts so beurtheilt werde, wie wenn der Erbschaftsbesitzer das Geschäft für den Erben als Geschäftsführer ohne Auftrag vorgenommen hätte. Allein es würde befremdlich sein, wenn die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag auf den voliegenden Fall übertragen würden, obwohl die Voraussetzungen für die Annahme einer solchen nicht gegeben sind." Somit steht fest, daß im Verhältnis zwischen dem vAE und dem wahren Erben allein die §§ 2018 ff. anzuwenden sind io . Die Regeln über die GoA können nicht ergänzend herangezogen werden.

88 ErmanlSchlüter, § 2029 Rdz.1; MünchKommlJülicher, § 2029 Rdz. 1; Soergel/Dieckmann, § 2029 Rdz.1; Staudinger/Gursky, § 2029 Rdz.1; vgl. auch Mot. V, S. 592. 69 Mot. V, S. 585. 70 So für das Verhältnis zwischen dem vermeintlichen und dem wahren Erben eines GmbH-Gesellschafters wohl auch Däubler, GmbH-Rundschau

1963, 181.

9 Walker

Zweiter Teil

Rechtsverhältnisse nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgebererbfolge Der fehlerhafte Vollzug der Arbeitgebererbfolge endet, wenn der vAE dem wahren Erben den Nachlaß herausgibt und der wahre Erbe die Leitungsmacht über den zum Nachlaß gehörenden Betrieb erlangt1. Es stellt sich die Frage, welche Bedeutung dieser Vorgang für den Bestand und den Inhalt der Rechtverhältnisse hat, die bis zu diesem Zeitpunkt zwischen dem vAE, dem wahren Erben und den Arbeitnehmern bestanden. Keine besonderen Probleme ergeben sich insoweit für die Beziehung zwischen dem vAE und dem wahren Erben. Zwischen ihnen bestand schon vorher kein Dauerschuldverhältnis, dessen Fortbestand zu prüfen wäre, sondern lediglich ein Abwicklungsverhältnis (§§ 2018 ff.). Dieses ist beendet, wenn der vAE den Nachlaß einschließlich aller Surrogate und Nutzungen an den wahren Erben herausgegeben und dafür seine Verwendungen ersetzt bekommen hat. Anders verhält es sich dagegen mit den Dauerrechtsverhältnissen, an denen zur Zeit der Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge die aktiven und ehemaligen Arbeitnehmer beteiligt sind. Bei der Untersuchung, wie der Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben sich auf den Bestand und den Inhalt dieser Rechtsverhältnisse auswirkt, ist danach zu unterscheiden, ob aus den jeweiligen Rechtsverhältnissen schon der Erblasser berechtigt und verpflichtet war oder ob es sich um Rechte und Pflichten des vAE handelt, die erst nach dem Erbfall entstanden sind.

1 Nicht entscheidend ist dagegen der Zeitpunkt, in dem erkannt wird, daß der vAE nicht Erbe ist, oder in dem der wahre Erbe den Nachlaß herausverlangt. Der fehlerhafte Vollzug der Arbeitgebererbfolge dauert so lange, wie der vAE die Leitungsmacht über den Betrieb tatsächlich ausübt und er die Arbeitnehmer beschäftigt.

11. Kollektivvereinbarungen

131

§ 5 Eintritt des wahren Erben in die Rechte und Pflichten des Erblassers In die Rechte und Pflichten, die schon der Erblasser gegenüber den Arbeitnehmern hatte, rückt der wahre Erbe nach §§ 1922, 1967 ein. I. Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen

Das wirkt sich zum einen auf die noch bestehenden Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer aus, die bereits vom Erblasser eingestellt worden waren. Diese Arbeitnehmer und der wahre Erbe haben gegeneinander einen Anspruch auf Fortsetzung der schon vom Erblasser begründeten Arbeitsverhältnisse. Eines rechtsgeschäftlichen Aktes bedarf es dazu nicht. Diese Rechtsfolgen treten unabhängig vom Willen der Beteiligten nach §§ 1922, 1967 kraft Gesetzes ein. Das bedeutet jedoch nicht, daß diese Arbeitnehmer nunmehr zwei Arbeitgeber haben. Zwar war bisher der vAE ihr Arbeitgeber, aber mit der tatsächlichen Herausgabe des Nachlasses und der Übertragung der betrieblichen Leitungsmacht vom vAE auf den wahren Erben endet der Vollzug der fehlerhaften Arbeitsverhältnisse. Wie andere fehlerhafte Arbeitsverhältnisse auch können solche, die auf dem fehlerhaften Vollzug der Erbfolge beruhen, für die Zukunft ohne Ausspruch einer Kündigung beendet werden2 •

11. Rechte und Pflichten aus Kollektivvereinbarungen Ferner rückt der wahre Erbe nach erbrechtlichen Grundsätzen in die Rechte und Pflichten ein, die der Erblasser als Partei einer Betriebsvereinbarung oder eines Firmentarifvertrages hatte3 • Der vAE, der vorübergehend in die Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträge eingerückt war4, verliert diese Rechtsstellung automatisch, wenn er den 2 Zur Möglichkeit, fehlerhafte Arbeitsverhältnisse zu beenden, vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis; Blomeyer, AR-BI. Arbeitsvertrag - Arbeitsverhältnis, V, C III 1; Canaris, BB 1967, 165, 168; HanaulAdomeit, Arbeitsrecht, F III 3, S.151; MünchKomm/Kramer, Einl. zu Bd. 2 Rdz. 69; MünchKomml Schaub, § 611 Rdz. 294; Soergel! Kraft, § 611 Rdz.27. 3 Zu Betriebsvereinbarungen vgl. DietzlRichardi, BetrVG, § 77 Rdz.146; HuecklNipperdey, Bd.1I/2, § 66 C VII, S.1287; GKIThiele, BetrVG, § 77 Rdz. 195; Kunze, RdA 1976, 31, 32; Neumann, DB 1960, 60; zu Firmentarifverträgen vgl. Birk, AuR 1975, 312, 315; HuecklNipperdey, Bd. 1111, § 22 B II 1 a, S.473 und § 23 B VII 1, S. 494; Kunze, RdA 1976, 31, 33; Nikisch, Bd. II, § 76 II 2, S.354; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, H I 2 b, S. 143; ders., DB 1980, 877, 880 m. w. N. in FN 21. , Vgl. oben § 2 I 3 f ce (3) (a), (b) (aa).

132

§ 5 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des Erblassers

Betrieb an den wahren Erben übergibt. Soweit es um Verbandstarifverträge geht, aus denen schon der Erblasser berechtigt und verpflichtet war, ist zu unterscheiden: Ist die Verbandsmitgliedschaft in der Satzung des zuständigen Arbeitgeberverbandes für vererblich erklärt (vgl. §§ 38 S. 1, 40), rückt der wahre Erbe in die Rechtsstellung des Erblassers aus Verbandstarifverträgen eins. Gleiches gilt, wenn der Erbe schon vorher Mitglied dieses Verbandes war oder dem Verband beitritt. Sieht die Verbandssatzung die Vererblichkeit der Mitgliedschaft dagegen nicht vor und tritt der Erbe dem Verband auch nicht bei, gelten ihm gegenüber die Tarifnormen analog § 4 Abs. 5 TVG nur als dispositives Recht weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt sind6 • III. Rechte und Pflichten aus nachvertraglichen Rechtsverhältnissen Die nachvertraglichen Rechte und Pflichten, die der Erblasser gegenüber den schon vor dem Erbfall ausgeschiedenen Arbeitnehmern hatte, sind nach §§ 1922, 1967 trotz der vorübergehenden Tätigkeit des vAE schon im Zeitpunkt des Erbfalls auf den wahren Erben übergegangen7 • Daran ändert sich durch den Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben nichts. Gleiches gilt für die vom Erblasser begründeten nachvertraglichen Rechtsverhältnisse der Arbeitnehmer, die nach dem Erbfall zunächst noch für den vAE gearbeitet haben, später aber aus den aktiven Arbeitsverhältnissen ausgeschieden sind. Hatte etwa schon der Erblasser einem Arbeitnehmer eine Ruhegeldzusage gemacht, ist der wahre Erbe nach § 1967 selbst dann zur Ruhegeldzahlung verpflichtet, wenn zur Zeit des Erbfalls nur eine verfallbare Anwartschaft bestand, die erst während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge zu einem Anspruch erstarkt ist. Denn der Grund für solche Ruhegeldanspruche liegt in der vom Erblasser eingegangenen Verpflichtungs.

5 HanauI Vossen, Festschrift HilgerlStumpf, S. 271, 289. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die negative Koalitionsfreiheit vgl. Nachweis in FN 280 zu § 2. 6 Vgl. oben § 2 I 3 fee (3) (b) (bb). 7 Vgl. oben § 2 11; aus dieser Rechtsstellung wird der Erbe auch während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nicht durch den vAE verdrängt. 8 Vgl. schon oben § 2 11 2 a mit Nachweisen in FN 309.

§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechte und Pflichten des v AE Die §§ 1922, 1967 geben dagegen keine Antwort auf die Frage, wie sich der Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben auf die Rechte und Pflichten des vAE auswirkt, die erst nach dem Erbfall entstanden sind. Insoweit scheidet eine Rechtsnachfolge kraft Erbrechts aus, weil der wahre Erbe nicht Erbe des vAE ist. Bei dieser Frage geht es vor allem um die RechtsverhäItnisse der Arbeitnehmer, die der vAE selbst neu eingestellt hat. Es ist zu untersuchen, ob der wahre Erbe mit dem Nachlaß auch diese Arbeitnehmer "übernehmen" muß oder ob der vAE ihnen gegenüber arbeitsvertraglich verpflichtet bleibt, ihnen jedoch aus betrieblichen Gründen kündigen kann, wenn er nach Übergabe des Betriebes nicht mehr in der Lage ist, sie weiterzubeschäftigen. Ferner stellt sich das Problem, ob der Erbe an die während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge vereinbarten Änderungen von Arbeitsverträgen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, aus denen bereits der Erblasser berechtigt und verpflichtet war, gebunden ist. Dabei ist etwa an die Vereinbarung höherer Löhne, an die Begründung von Ruhegeldzusagen und an die Änderung von Arbeits- und Urlaubszeitregelungen zu denken. I. Freiwilliger Eintritt Sollte der wahre Erbe nicht schon kraft Gesetzes in die vom vAE begründete Arbeitgeberrechtsstellung einrückeni, hat er jedenfalls die Möglichkeit, durch Abschluß eines Vertrages in die Rechte und Pflichten, die der vAE gegenüber den Arbeitnehmern begründet hat, einzutreten. Ein solcher Vertrag müßte zwischen dem vAE als dem ausscheidenden Arbeitgeber, dem wahren Erben als dem eintretenden Arbeitgeber und den Arbeitnehmern als dem verbleibenden Vertragsteil geschlossen werden (dreiseitiges Rechtsgeschäft)2. Eine derartige rechtsgeschäftIiche Übertragung der Arbeitsverhältnisse war vor Inkrafttreten des § 613 a nach verbreiteter Meinungll auch beim rechtsgeschäftlichen BetriebsVgl. dazu unten § 6 IH. BGH MDR 1958,90; BGHZ 44, 229, 231; Larenz, SR I, § 35 IH, S. 559 ff. 3 BAG AP Nr. 1 zu § 613 a BGB unter HI 2; AP Nr. 2 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge; AP Nr. 1 zu § 419 BGB Betriebsnachfolge mit zustimmender 1

Z

134

§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

übergang Voraussetzung dafür, daß die bisherigen Arbeitsverhältnisse unverändert mit dem Betriebserwerber fortgesetzt wurden. 11. Eintritt aufgrund gesetzlicher Freistellungsverpftichtung gegenüber dem vAE Könnte der wahre Erbe den Abschluß eines solchen dreiseitigen Rechtsgeschäfts ablehnen, weil er die vom vAE eingestellten Arbeitnehmer nicht übernehmen will, wäre das für die betroffenen Arbeitnehmer unbefriedigend. Dann hinge der Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse allein vom guten Willen des wahren Erben ab. Deshalb stellt sich die Frage, ob der Erbe möglicherweise kraft Gesetzes dazu verpflichtet ist, in die vom vAE begründeten arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten einzutreten. Insoweit ist es von Bedeutung, daß der wahre Erbe unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet ist, den vAE von den während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge begründeten Verbindlichkeiten freizustellen. Das wurde für den vermeintlichen Erben, auf den die §§ 2018 ff. Anwendung finden, bereits festgeste1lt 4 • Wenn der vAE Arbeitnehmer einstellt, weil das für die Fortführung des Betriebes erforderlich oder nützlich ist, geht er arbeitsvertragliche Verbindlichkeiten ein, die dem Nachlaß zugute kommen. Deshalb kann er nach den §§ 257, 2022 vom wahren Erben Freistellung von diesen Verbindlichkeiten verlangen. Gleiches gilt für den vorläufigen Erben, der vor der Ausschlagung erbschaftliche Geschäfte besorgt. Er hat nach den §§ 257, 1959 Abs. 1, 683, 670 einen Freistellungsanspruch. Nach diesen Vorschriften kann er vom endgültigen Erben unter den Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag die Aufwendungen, die er zur Besorgung erbschaftlicher Geschäfte getätigt hat, ersetzt verlangen. Ist er zu diesem Zweck arbeitsvertragliche Verbindlichkeiten eingegangen, muß der endgültige Erbe ihn davon freistellen. Welchen Inhalt dieser Anspruch hat, ist umstritten. Zum Tei!5 wird vertreten, der endgültige Erbe müsse den Befreiungsanspruch durch Genehmigung (§ 177) der vom vorläufigen Erben abgeschlossenen Verträge erfüllen; denn der vorläufige Erbe handele bei der Einstellung von Arbeitnehmern als Vertreter ohne Vertretungsmacht für den wahren Erben. Dieser Ansicht Anm. Hueck; AP Nrn. 6, 7 zu § 419 BGB Betriebsnachfolge; Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 54 III 2, S. 515 f.; weitere Nachweise bei Seifer, Betriebsinhaberwechsel, B II 3, S.26; vgl. auch Kraft, BAG-Festschrift, S.299, 300. Diese Gestaltungsmöglichkeit bleibt den Parteien im übrigen sogar neben der gesetzlichen Regelung des § 613 a erhalten; BAG DB 1984, 1403 f. unter IIr 2 a. 4 Vgl. oben § 4 II 2 b bb. S SoergeZ!Stein, § 1959 Rdz.7.

IU. Eintritt kraft Gesetzes

135

kann zwar in solchen Fällen nicht zugestimmt werden, in denen der vorläufige Erbe sich für den endgültigen Erben hält; denn dann tritt er weder im fremden Namen auf, noch hat er den Willen, einen anderen zu berechtigen und zu verpflichten6 • Aber auch in den Fällen, in denen der vorläufige Erbe nicht als Vertreter des endgültigen Erben handelt, steht ihm ein Freistellungsanspruch zu. Dieser ist dann vom endgültigen Erben nicht durch Genehmigung vollmachtlos geschlossener Verträge zu erfüllen, sondern durch vertragliche übernahme der vom vorläufigen Erben eingegangenen Verbindlichkeiten. 111. Eintritt kraft Gesetzes Doch selbst dieses Ergebnis, wonach der wahre Erbe gegenüber dem vAE unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet ist, in die von ihm begründeten arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten durch Abschluß eines dreiseitigen Vertrages einzurücken, erscheint aus Sicht der vom vAE eingestellten Arbeitnehmer wenig sachgerecht7. Zwar kann danach der wahre Erbe nicht mehr frei darüber entscheiden. ob er die vom vAE eingestellten Arbeitnehmer übernimmt; jedoch hängt der Fortbestand von deren Arbeitsverhältnissen davon ab, ob ein Dritter (vAE) einen Freistellungsanspruch gegenüber dem wahren Erben hat und geltend macht. Der Bestand der vom vAE begründeten Arbeitsverhältnisse ist nur dann gewährleistet, wenn der wahre Erbe bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge kraft Gesetzes in die vom vAE begründeten arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten einrückt, ohne daß es dazu der Geltendmachung eines Anspruches oder eines rechtsgeschäftlichen Aktes bedarf. Diese Rechtsfolge sieht das Gesetz jedoch für den gesetzlichen Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben nicht vor. Es ist zu untersuchen, ob sie im Wege der Rechtsfortbildung herbeigeführt werden kann. 1. Feststellung einer ausfüllungsbedürftigen Gesetzeslücke

Voraussetzung für eine derartige Rechtsfortbildung ist, daß hinsichtlich des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben eine planwidrige Gesetzeslücke besteht. 8 Das wäre jedoch erforderlich, wenn man hier ein "Geschäft mit dem Inhaber des Betriebes" annehmen wollte. Vgl. BGHZ, 64, 11, 15; OLG Stuttgart, NJW 1973, 629, 630. 7 A. M. wohl Soergel!Stein, § 1959 Rdz.7, wonach mit der Verpflichtung des endgültigen Erben zur Freistellung des vorläufigen Erben die arbeitsrechtlichen Fragen, die sich aus einer Unternehmensfortführung durch den vorläufigen Erben ergeben, zu einem guten Teil gelöst seien.

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§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

a) Gesetzeslücke

Eine Gesetzeslücke läge nicht vor, wenn die soeben erörterten Vorschriften über den Freistellungsanspruch des Erbschaftsbesitzers gegen den wahren Erben den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben abschließend regeln würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden; denn die Vorschriften, aus denen sich ein Freistellungsanspruch des vAE gegen den wahren Erben ergibt, regeln lediglich den Interessenkonflikt im Innenverhältnis zwischen dem vermeintlichen und dem wahren Erben. Das zeigt sich etwa daran, daß sich Inhalt und Umfang des dem Freistellungsanspruch zugrundeliegenden Aufwendungsersatzanspruches danach richten, ob der vAE gut- oder bösgläubig, verklagt oder nicht verklagt ist. So kann der bösgläubige oder verklagte vAE nach §§ 2023 f. nur die übernahme solcher arbeitsvertraglicher Verbindlichkeiten verlangen, deren Begründung notwendig war und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des wahren Erben entsprochen hat (§§ 994 Abs. 2, 683), oder durch die der wahre Erbe zur Zeit der Herausgabe noch bereichert ist (§§ 994 Abs. 2, 684 S. 1). Gleiches gilt für den Aufwendungsersatzanspruch des vorläufigen Erben gegen den endgültigen Erben nach §§ 1959 Abs. 1, 683, 684. Dagegen geht es bei der Frage, ob der wahre Erbe die vom vAE eingestellten Arbeitnehmer übernehmen muß und an die vom vAE vereinbarten Vertragsänderungen gebunden ist, um einen Interessenkonflikt zwischen dem wahren Erben und den betroffenen Arbeitnehmern. Der wahre Erbe ist daran interessiert, daß der Nachlaß nicht durch Verbindlichkeiten aus Arbeitsverträgen, die weder er selbst noch der Erblasser abgeschlossen hat, beeinträchtigt wird. Dem steht das Interesse der Arbeitnehmer am Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse mit dem Inhalt, den sie zur Zeit des Betriebsübergangs vom vAE auf den wahren Erben haben, gegenüber. Die Lösung dieses Interessenkonflikts hat nichts damit zu tun, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Dritter (vAE) Freistellung von seinen Verbindlichkeiten verlangen kann. Zum Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse enthalten deshalb die §§ 1959 Abs. 1, 2022 i. V. m. § 257 keine Regelung. Insoweit liegt eine gesetzliche Lücke vor.

b) Planwidrigkeit der Gesetzeslücke Fraglich ist, ob der Gesetzgeber den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse bei dem Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben bewußt nicht geschützt hat oder ob es sich um eine planwidrige und damit ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke handelt. Die Feststellung, ob eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegt, beruht auf einem

IH. Eintritt kraft Gesetzes

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Vergleich der vorhandenen gesetzlichen Regelung mit dem, was nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers vorhanden sein solltes. Dabei ist zu untersuchen, welche Regelungen oder Wertungen9 der Gesetzgeber in vergleichbaren Fällen getroffen hat; denn gleichartige Sachverhalte sind auch rechtlich gleich zu behandeln10 • Der Rückgriff auf gesetzliche Regelungen oder Wertungen in vergleichbaren Fällen erfolgt im Wege der Analogie, die somit nicht erst zur Lückenausfüllung dient, sondern bereits eine Methode zur Lückenfeststellung istl l . aal Vergleichbarer Sachverhalt bei der Vor- und Nacherbschaft Ein vergleichbarer Sachverhalt, der zu der Prüfung herangezogen werden kann, ob der Bestand der Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben geschützt sein soll oder nicht, ist bei der Vor- und Nacherbschaft gegeben. Ähnlich wie beim Vollzug der Arbeitgebererbfolge mit einem vermeintlichen Erben stellt sich auch bei der Vor- und Nacherbschaft das Problem, ob der Nacherbe an Dauerschuldverhältnisse gebunden ist, die nicht der Erblasser, sondern eine dritte Person (Vorerbe) in der Zeit zwischen der Geschäftsführung des Erblassers und der des Nacherben begründet hat. Zwar unterscheiden sich beide Fälle dadurch, daß der vermeintliche Erbe und der Vorerbe unterschiedliche Rechtspositionen haben: Der Vorerbe ist Erbe, der lediglich in seiner Verfügungsrnacht eingeschränkt ist; demgegenüber ist der vermeintliche Erbe als Erbschaftsbesitzer Nichterbe. Jedoch kommt es für den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse auf die Rechtsstellungen des vermeintlichen Erben und des Vorerben nicht entscheidend an; denn es handelt sich jeweils um einen Interessenkonflikt zwischen dem Erben/Nacherben einerseits und den vom vAE/ Vorerben eingestellten Arbeitnehmern andererseits. Maßgeblich ist deshalb, ob diese Interessenkonflikte rechtlich gleich zu bewerten sind. (1) Bestandsschutzinteresse der Arbeitnehmer

Die Arbeitnehmer sind in beiden Fällen am unveränderten Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse interessiert, wenn der Betrieb vom vAElVorerben an den Erben/Nacherben übergeben wird. Für sie ist in der Regel weder beim vermeintlichen Erben noch beim Vorerben erkennbar, ob dieser Arbeitsverträge auch mit bindender Wirkung 8 Engisch, Juristisches Denken, S. 138; Canaris, Lückenfeststellung, S. 16 ff., 31 ff.; Larenz, Methodenlehre, S.358. t Nicht nur die gesetzlichen Regelungen, sondern auch die gesetzlichen Wertungen sind zur Feststellung, ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, heranzuziehen. Vgl. dazu Canaris, Lückenfeststellung, S. 19 f., 56 f., 71 ff. 10 Canaris, Lückenfeststellung, S. 57, 71 ff.; LaTenz, Methodenlehre, S. 365 f. U Canaris, Lückenfeststellung, S. 71 ff., 78; LaTenz, Methodenlehre, S.385.

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§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

gegenüber dem wahren Erben oder gegenüber dem Nacherben abschließen oder vertraglich abändern kann. Sowohl die vom vermeintlichen Erben als auch die vom Vorerben eingestellten Arbeitnehmer werden nicht selten anläßlich ihrer Einstellung ihr bisheriges Arbeitsverhältnis aufgegeben oder ein anderes Stellenangebot abgelehnt haben. In beiden Fällen vertrauen die Arbeitnehmer gleichermaßen darauf, daß ihr Arbeitsplatz ihnen auf Dauer gesichert ist und nur unter den Voraussetzungen der gesetzlichen Kündigungsvorschriften gegen ihren Willen entzogen werden kann. Bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge und bei Eintritt des Nacherbfalles ist die wirtschaftliche Existenz der Arbeitnehmer gleichermaßen gefährdet, wenn der Bestand ihrer Arbeitsverhältnisse nicht geschützt ist. Die Interessenlage der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben stimmt somit mit derjenigen beim Betriebsübergang vom Vorerben auf den Nacherben überein.

(2) Interesse des wahren Erben und des Nacherben am ungeschmälerten Bestand des Nachlasses Der wahre Erbe und der Nacherbe haben ebenfalls gleiche Interessen. Beide sind daran interessiert, nicht durch die vom vAE/Vorerben begründeten arbeitsvertraglichen Verbindlichkeiten verpflichtet zu werden. Die Interessen des wahren Erben, der sofort beim Erbfall in die Rechtsstellung des Erblassers einrückt, sind auch rechtlich nicht etwa stärker geschützt als die des Nacherben, obwohl dieser erst mit dem Nacherbfall Erbe wird. Vielmehr ist die Rechtsstellung des Erben in §§ 2018 ff. gegenüber dem Erbschaftsbesitzer ähnlich ausgestaltet wie die des Nacherben gegenüber dem Vorerben12 • Der Nacherbe kann vom Vorerben nach § 2130 Abs. 1 ebenso die Herausgabe der Erbschaft verlangen wie der Erbe nach § 2018 vom Erbschaftsbesitzer. Zwar kann der Nacherbe die Erbschaft nur so herausverlangen, wie sie sich nach einer ordnungsgemäßen Verwaltung darstellt; aber auch der Erbe ist gegen Veränderungen des Nachlasses, die während der Zeit des Erbschaftsbesitzes geschehen, nicht geschütztl 3 • Er hat - anders als der 12 So ausdrücklich Brox, Erbrecht, Rdz.360; auf die Verwandtschaft zwischen §§ 2130 ff. und §§ 2018 ff. weist auch v. Lübtow, Erbrecht, II, S. 909 hin. 13 Diesen Gedanken zur Rechtsstellung des Erben bei Veränderungen des Nachlasses durch den Erbschaftsbesitzer brachte der Gesetzgeber bei der Begründung des Surrogationsgrundsatzes (§ 2019) zum Ausdruck: "Befindet sich eine Erbschaft längere Zeit in der Hand eines Erbschaftsbesitzers, so ist es unvermeidlich, daß ... rechtliche Veränderungen infolge von Maßnahmen des Erbschaftsbesitzers Platz greifen. Die Erbschaft als Ganzes unterliegt notwendig gewissen Wandlungen. Daß diese Wandlungen sich innerhalb des Vermögensganzen vollziehen, und daß die Erbschaft so herauszugeben ist, wie sie sich schließlich gestaltet hat, entspricht der Natur der Sache. Hiervon wird auch im Leben ausgegangen; ., ." (Mot. V, S. 583).

IH. Eintritt kraft Gesetzes

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Nacherbe gern. § 2130 14 - gegen den gutgläubigen, nicht verklagten Erbschaftsbesitzer noch nicht einmal einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses und ist bei Unmöglichkeit der Herausgabe auf einen Bereicherungsanspruch angewiesen (§ 2021). Somit liegen hinsichtlich des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben und bei dem vom Vorerben auf den Nacherben vergleichbare Sachverhalte mit gleich zu bewertenden Interessenkonflikten vor. Deshalb ist es sachgerecht, die gesetzlichen Regeln und Wertungen für den Eintritt des Nacherbfalls insoweit auch bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Arbeitgeberfolge anzuwenden. bb) Gesetzliche Wertungen bei der Vor- und Nacherbschaft Beim Betriebsübergang vom Vorerben auf den Nacherben hat der Gesetzgeber den Bestand der Arbeitsverhältnisse zwar nicht durch eine ausdrückliche Regelung geschützt. Jedoch ist eine gesetzgeberische Wertung erkennbar, wonach der Nacherbe in die Rechte und Pflichten aus den vom Vorerben begründeten Arbeitsverhältnissen eintreten soll. Diese Wertung zeigt sich darin, daß nach § 2135 i. V. m. §§ 1056 Abs. 1, 571 die vom Vorerben begründeten Mietverhältnisse, deren Bestand im rechtsgeschäftlichen Bereich nicht stärker geschützt ist als der Bestand der Arbeitsverhältnisse, beim Nacherbfall auf den Nacherben übergehen. Dieser tritt kraft Gesetzes anstelle des Vorerben in dessen Mietverhältnisse ein, ohne daß es eines rechtsgeschäftIichen Aktes bedarf15. Der Vorerbe darf also im Interesse des Mieters am Bestand des Mietverhältnisses Nachlaß grundstücke zu Lasten des Nacherben vermieten16. Es gilt der Grundsatz "Nacherbfolge bricht nicht Miete"17. Dem Willen des Gesetzgebers entspricht es, wenn dieser Grundsatz auch für Arbeitsverhältnisse angewendet wird, obwohl es dafür an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt. Das hat der Gesetzgeber selbst zum Ausdruck gebracht, indem er beim rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse durch § 613 a dem schon früher in § 571 geregelten Bestandsschutz der Mietverhältnisse angeglichen hatt 8 • Es deutet nichts darauf hin, daß der Gesetzgeber Arbeitnehmer und Mieter im rechtsgeschäftIichen Bereich l' Dazu Brox, Erbrecht, Rdz. 361. KipplCoing, Erbrecht, § 50 IV 1, S.319; LangelKuchinke, Erbrecht, § 26 IV 10 c, S. 336; MünchKomm/Grunsky, § 2135 Rdz.2. 18 Staudinger/Behrends, § 2135 Rdz.1. 17 JauerniglStürner, § 2135 Anm. 1; PalandtlEdenhofer, § 2135 Anm. 1. 18 Schmitt, ZfA 1979, 503, 514; vgl. insgesamt zu den Parallelen zwischen § 571 und § 613 a Abs. 1 Schmitt, S. 511 bis 518; Schreiber, RdA 1982, 137, 139; ebenso schon vor Geltung des § 613 a Abs. 1 NiTdsch, Bd. I, § 46 11 4, S. 660 ff. 16

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§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

in vergleichbarer Form schützen wollte, bei der Vor- und Nacherbschaft dagegen den Mieterschutz bewußt höher bewertet hat. Vielmehr ist etwa den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes zu entnehmen, daß der Arbeitnehmer vom Gesetz als besonders schutzwürdig angesehen wird 19 ; denn danach ist der unfreiwillige Verlust eines Arbeitsplatzes in der Regel von einer sozial gerechtfertigten Kündigung abhängig. Die Tatsache, daß der Gesetzgeber den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse bei der Vor- und Nacherbschaft nicht ausdrücklich geregelt hat, beruht allein darauf, daß er diese Problematik nicht gesehen hat. Selbst beim rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang fehlte es zunächst an einer gesetzlichen Regelung. Erst als die unbefriedigende Situation der Arbeitnehmer erkannt und zunehmend in der Wissenschaft diskutiert wurde und zahlreiche Versuche unternommen wurden, auch ohne gesetzliche Regelung einen Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse zu gewährleisten20 , hat der Gesetzgeber § 613 a in Anlehnung an § 571 ins BGB eingefügt21 • Es ist zu vermuten, daß er auch eine dem § 2135 vergleichbare Regelung für Arbeitsverhältnisse getroffen hätte, wenn ihm das Problem des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse bei Eintritt des Nacherbfalles bewußt gewesen wäre. Denn wie beim rechtsgeschäftlichen Betriebsinhaberwechsel sind auch in diesem Fall die Arbeitnehmer nicht weniger schutzbedürftig als die Mieter22 • Den insbesondere in den §§ 2135, 571, 613 a zum Ausdruck kommenden Wertungen des Gesetzgebers ist mithin zu entnehmen, daß die vom Vorerben begründeten Arbeitsverhältnisse bei Eintritt des Nacherbfalles mit dem Nacherben fortbestehen. Diese gesetzgeberische Wertung trifft auch auf den vergleichbaren Sachverhalt zu, der sich beim Betriebsübergang vom Erbschaftsbesitzer auf den wahren Erben ergibt. Da es für solche Fälle an einer dem § 2135 oder dem § 613 a vergleich1t Schmitt, ZfA 1979, 503, 513; vgl. auch Hartmann, übergang von Arbeitsverhältnissen, S.84: "Sicher hätten die Verfasser des BGB, wenn sie den Betrieb so gesehen hätten, wie wir ihn heute sehen, die Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt als die Mieter." 20 Vgl. dazu die umfassenden Nachweise bei Schmitt, ZfA 1979, 503,514 und bei Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B 11 3, S.26. So wurde schon vor Inkrafttreten des § 613 a zum Teil der Versuch unternommen, § 571 analog beim rechts geschäftlichen Betriebsübergang anzuwenden, um den Bestand der Arbeitsverhältnisse zu schützen. Vgl. dazu etwa Nikisch, Bd. I, § 46 11 4, S. 660 ff. Das BAG hat zwar in AP Nr. 1 zu § 613 a BGB unter III 4 a und in AP Nr. 10 zu § 613 a BGB die §§ 571 und 613 a als nicht miteinander vergleichbar angesehen; das BAG geht aber selbst davon aus, daß § 571 "offenbar auch das Vorbild des Gesetzgebers für § 613 a Abs. 1 BGB" war (vgl. AP Nr. 1 zu § 613 a BGB unter III 4 a). 21 Eingefügt durch Betriebsverfassungsgesetz vom 15. 1. 1972, BGBl. I, 13; Abs. 1 Sätze 2 bis 4 angefügt durch Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz vom 13. 8. 1980, BGBI. I, 1308. t! Schmitt, ZfA 1979, 503, 514.

111. Eintritt kraft Gesetzes

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baren Bestandsschutzregelung fehlt, liegt insoweit eine planwidrige gesetzliche Lücke vor. 2. Ausfüllung der Gesetzeslücke

Da die Feststellung der Gesetzeslücke bereits auf der Erwägung beruht, daß der Bestand der Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben nicht geschützt ist, steht mit der Lückenfeststellung auch das Ziel ihrer Ausfüllung fest 23 : Es ist eine Regelung entsprechend anzuwenden, die den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse gewährleistet. Es bleibt nur noch zu prüfen, welche Regelung dafür in Frage kommt. a) § 1959 Abs. 2, 3 analog

Zum Teil wird vertreten, der wahre Erbe sei nach dem in § 1959 Abs. 2, 3 enthaltenen Rechtsgedanken kraft Gesetzes an die vom vAE eingegangenen arbeitsvertraglichen Verbindlichkeiten gebunden24 • Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift seien zwar nur die sog. Notverfügungen des vorläufigen Erben wirksam, und der vorläufige Erbe könne Notadressat für solche Rechtsgeschäfte sein, die gegenüber dem Erben als solchem vorgenommen werden müssen. Die Vorschrift lehne sich aber bewußt an ALR I 9 § 38825 an, wonach der vorläufige Erbe allgemein zur Vornahme von "Handlungen, die keinen Aufschub leiden", berechtigt war. Daraus ergebe sich, daß der vorläufige Erbe auch unaufschiebbare schuldrechtliche Rechtsgeschäfte mit Wirkung für und gegen den endgültigen Erben abschließen könne2&. Nach dem darin zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken hafte der wahre Erbe für alle nicht aus dem Rahmen fallenden Rechtsgeschäfte, die der vAE getätigt habe2 7 • Diese Ansicht ist aus zwei Gründen abzulehnen: Zum einen kann durch eine so verstandene Anwendung des § 1959 Abs. 2, 3 die festgestellte Gesetzeslücke im Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse nicht geschlossen werden. Selbst bei einer Erweiterung der Vorschrift auf alle nicht aus dem Rahmen fallenden Rechtshandlungen des vAE dürfte die Neueinstellung von Arbeitnehmern durch den vAE und die Abänderung von bestehenden Verträgen jedenfalls nicht immer zu diesen 23

Canaris,

Lückenfeststellung, S. 138; Larenz, Methodenlehre, S. 385.

2' Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 307.

Bertzel, AcP 158, 107, 118. Bertzel, AcP 158, 107, 118; v. Lübtow, Erbrecht, 11, S.751; so auch noch Palandt/Keidel, 42. Aufl., § 1959 Anm.3 (a. M. aber jetzt Palandt/Edenhofer, § 1959 Anm.3); wohl auch Lüke, JuS 1978, 254, 256 FN 20, der diese Ansicht 25

26

aber zu Unrecht als die wohl h. M. bezeichnet. 21 Stumpf, Festschrift Brackmann, S. 299, 307 f.

142

§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

Rechtshandlungen gehören. Das könnte dazu führen, daß der wahre Erbe VOn den neu eingestellten Arbeitnehmern nur einen Teil übernehmen müßte. Dieses Ergebnis würde die Interessenlage der betroffenen Arbeitnehmer nicht hinreichend berücksichtigen. Alle neu eingestellten Arbeitnehmer haben das gleiche Interesse am Bestand ihrer Arbeitsverhältnisse und sind gleichermaßen schutzbedürftig und schutzwürdig. Es wäre nicht sachgerecht und würde den oben festgestellten Wertungen des Gesetzgebers zum Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse bei der Vor- und Nacherbschaft nicht entsprechen, den Bestandsschutz etwa davon abhängig zu machen, ob die Begründung der Arbeitsverhältnisse aus betrieblichen Gründen notwendig oder jedenfalls üblich war. Zum anderen bestehen auch Bedenken gegen die Annahme, der vorläufige Erbe könne analog § 1959 Verpflichtungen, die nicht aus dem Rahmen fallen, als Repräsentant des endgültigen Erben eingehen28 • In § 1959 Abs. 2 ist im Gegensatz zu ALR I 9 § 388 ausdrücklich nicht VOn "Handlungen", sondern VOn "Verfügungen" die Rede. Auch im Entwurf zum BGB waren im damaligen § 2056 nur Verfügungen erwähnt, und in den Motiven29 wird ausdrücklich von "dinglichen Rechtsgeschäften" gesprochen. Zu § 2056 des Entwurfs war während der Gesetzesberatungen der Antrag eingebracht worden, die Vorschrift auf alle Rechtsgeschäfte in Ansehung eines Erbschaftsgegenstandes auszudehnen, die zur Erhaltung der Erbschaft nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind. Mit dem umfassenden Begriff "Rechtsgeschäfte" waren gerade auch obligatorische Rechtsgeschäfte gemeint30 • Trotz dieses Antrags entschied sich jedoch die Kommission, den heutigen § 1959 auf dingliche Rechtsgeschäfte des einstweiligen Erben zu beschränken31 • Folglich würde es dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widersprechen, wenn man § 1959 Abs. 2, 3 auch auf Verpflichtungs geschäfte des vorläufigen Erben ausdehnen würde.

28 Die Anwendung des § 1959 Abs. 2, 3 auf Verpflichtungsgeschäfte wird von der ganz h. M. abgelehnt. Vgl. etwa Bartholomeyczik/Schlüter, Erbrecht, § 31 V 2 e, S.217; Brox, Erbrecht, Rdz.307; Erman/Schlüter, § 1959 Rdz. 5; MünchKomm/ Leipold, § 1959 Rdz.8, der darauf hinweist, daß etwa die Vermietung einer Nachlaßsache durch den vorläufigen Erben nicht nach § 1959 Abs. 3 gegenüber dem endgültigen Erben wirksam ist; RGRK/Johannsen, § 1959 Rdz.7; Staudinger/Otte/Marotzke, § 1959 Rdz.12. A. M. v. Lübtow, Erbrecht, 11, S. 751 und wohl auch Stumpf, Festschrift Brackmann, S.299, 307; kritisch dazu SoergeZlStein, § 1959 Rdz. 7. 29 Mot. V, S. 537 f.

30

31

Prot. V, S.658. Prot. V, S.660.

111. Eintritt kraft Gesetzes

143

b) § 613 a analog

Da die Feststellung einer gesetzlichen Lücke im Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse mit den Wertungen begründet wurde, die der Gesetzgeber in § 2135, 571, 613 a getroffen hat, liegt es nahe, die Lücke durch entsprechende Anwendung einer dieser Vorschriften auszufüllen. Dafür bietet sich nach seinem RegelungsinhaIt allein § 613 a an. aal § 613 a Abs. 1 Der Fortbestand der Arbeitsverhältnisse und der in Kollektivvereinbarungen geregelten Rechte und Pflichten ist in § 613 a Abs. 1 geregelt. Deshalb geht es in erster Linie darum, ob dieser Absatz beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben analog anzuwenden ist. Gegen eine entsprechende Anwendung scheint zwar zu sprechen, daß der Gesetzgeber bei der letzten Neufassung dieser Vorschrift32 die Tatbestandsvoraussetzung "durch Rechtsgeschäft" nicht geändert hat, obwohl ihm die Diskussion um die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Betriebsübergänge ohne zugrundeliegendes Rechtsgeschäft33 bekannt war. Jedoch hat er damit nur zum Ausdruck gebracht, daß die Gesamtrechtsnachfolge auf Arbeitgeberseite von § 613 a Abs. 1 nicht erfaßt sein so1l34. Dagegen hat er den Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben nicht bewußt vom Anwendungsbereich des § 613 a Abs. 1 ausgeschlossen35 ; denn dabei handelt es sich nicht um eine Gesamtrechtsnachfolge, bei welcher der bisherige Inhaber aufhört, als Rechtsperson zu existieren. Es geht vielmehr um einen Fall, der zwischen der rechtsgeschäftlichen Einzelrechtsnachfolge und der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge einzuordnen ist, der aber vor allem dem rechtsgeschäftlichen Betriebsinhaberwechsel vergleichbar ist. In bei den Fällen sind ein bisheriger und ein neuer Arbeitgeber als Rechtspersonen vorhanden. 32 Neufassung durch Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz vom 13.8. 1980, BGBl. I, S. 1308. 33 Vgl. etwa LAG Köln, DB 1982, 1327; ArbG Köln, DB 1976, 2021, 2022; Kehrmann, MitbG 1975, 88, 89; Richardi, RdA 1976, 56, 59; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 2 e, S. 48 f. m. w. N.; siehe auch die Ausführungen von Borngräber, Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang, S. 50 und Bracker, Betriebsübergang, S.38. Auch die EG-Richtlinie (abgedruckt bei Seiter, Betriebsinhaberwechsel, Anh. IV) bezog in Art. 1 Abs. 1 ausdrücklich die Verschmelzung als einen Fall der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge in den Anwendungsbereich des § 613 a Abs. 1 mit ein. 34 BAG AP Nr.24 zu § 613 a unter 2 c; Seiter, DB 1980, 877, 881; Schaub, ZIP 1984, 272, 274. 35 BAG AP Nr.24 zu § 613 a BGB unter 2 c: "Mit den Worten ,durch Rechtsgeschäft' soll deshalb zum Ausdruck gebracht werden, daß alle Fälle außerhalb der Gesamtrechtsnachfolge erfaßt werden sollen." Bestätigt von BAG ZIP 1984, 623, 628 unter B 11 3. Vgl. auch Schaub, ZIP 1984, 272, 274: "Das Tatbestandsmerkmal ,durch Rechtsgeschäft' dient nur der Abgrenzung gegenüber der Gesamtrechtsnachfolge."

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§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

Der bisherige Arbeitgeber (Betriebsveräußerer/vAE) verliert jeweils den Betrieb und ist deshalb nicht mehr in der Lage, die von ihm eingestellten Arbeitnehmer auf ihren Arbeitsplätzen weiterzubeschäftigen. In beiden Fällen wird ein anderer (Betriebserwerber/wahrer Erbe) Inhaber des Betriebes mit den Arbeitsplätzen, auf denen die Arbeitnehmer bisher gearbeitet haben. Aus der Absicht des Gesetzgebers, mit § 613 a Abs. 1 eine Lücke im Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse zu schließen36, läßt sich entnehmen, daß es gerade dem Willen des Gesetzgebers entspricht, diese Vorschrift beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben analog anzuwenden; denn andernfalls bliebe eine solche Lücke offen. Auch die Regelung des mietrechtlichen Bestandsschutzes, auf die im Rahmen der Lückenfeststellung schon zurückgegriffen wurde, spricht im vorliegenden Fall für eine analoge Anwendung des § 613 a Abs. l. Zwar beschränkt sich die dem § 613 a Abs. 1 vergleichbare Vorschrift des § 571 ebenfalls ausdrücklich auf den rechtsgeschäftlichen Übergang des Mietobjektes. Jedoch hat der Gesetzgeber den § 571 außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereichs überall dort für entsprechend anwendbar erklärt, wo er das Problem des mietrechtlichen Bestandsschutzes gesehen hat (§ 1056 für den Nießbrauch; § 2135 für Vor- und Nacherbschaft; §§ 57 ff. ZVG für die Zwangsversteigerung). Da der Gesetzgeber durch § 613 a Abs. 1 den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse dem der Mietverhältnisse angleichen wollte 37 , ist davon auszugehen, daß er den § 613 a Abs. 1 unter den gleichen Voraussetzungen wie den § 571 außerhalb des rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs für entsprechend anwendbar erklärt hätte, wenn ihm diese Lücke im Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse bewußt gewesen wäre. Durch eine entsprechende Anwendung des § 613 a Abs. 1 wird das oben schon festgestellte Interesse des wahren Erben am ungeschmälerten Bestand des Nachlasses nicht unzumutbar beeinträchtigt. Denn der wahre Erbe wird nicht nur aus den Verbindlichkeiten des vAE verpflichtet, sondern erhält auch die Rechte aus den vom vAE begründeten Arbeitsverhältnissen, was ihm möglicherweise sehr gelegen kommt. Aber selbst der Eintritt in die arbeitsvertraglichen Verbindlichkeiten des vAE wird den wahren Erben in der Regel nicht übermäßig belasten. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß der vAE während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge keinen Grund hatte, durch Vertragsänderungen oder Neueinstellungen den Wert des übernommenen Nachlasses zu schmälern. Deshalb wird er schon im eigenen Interesse nur solche Neueinstellungen veranlaßt haben, die ihm für die Fortführung des über36

37

§ 2 I 3 b aa mit Nachweisen. Vgl. schon § 6 III 1 b bb mit Nachweisen in FN 18.

IH. Eintritt kraft Gesetzes

145

nommenen Betriebes nützlich oder erforderlich erschienen38 • Gleiches gilt für Vertrags änderungen, die der vAE mit den übernommenen Arbeitnehmern vereinbart hat. Solche Neueinstellungen und Vertragsänderungen hätte vermutlich auch der wahre Erbe selbst vorgenommen, wenn er den Betrieb schon beim Erbfall vom Erblasser übernommen hätte. Sollte dagegen der Fall eintreten, daß der zum Nachlaß gehörende Betrieb die vom vAE eingestellten Arbeitnehmer oder vorgenommenen Vertragsänderungen nicht "verkraften" kann, führt dies für den wahren Erben ebenfalls nicht zu unzumutbaren Folgen; denn in einem solchen Fall steht ihm die Möglichkeit der betriebsbedingten Kündigung oder Änderungskündigung offen. Im Ergebnis steht damit fest, daß § 613 a Abs. 1 beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben entsprechende Anwendung findet. bb) § 613 a Abs. 2 bis 4 Zu § 613 a Abs. 1 hat der Gesetzgeber in den Absätzen 2 bis 4 des § 613 a ergänzende Regelungen getroffen. Es stellt sich die Frage, ob auch diese Regeln beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben analog anzuwenden sind. Unproblematisch ist, daß § 613 a Abs.3 nicht eingreift; denn dort ist nur eine Regelung für die Verschmelzung oder Umwandlung einer juristischen Person getroffen. Umgekehrt besteht kein Zweifel, daß § 613 a Abs.4 entsprechend anzuwenden ist; denn das darin geregelte Verbot für den bisherigen und neuen Arbeitgeber, die Arbeitsverhältnisse anläßlich des Betriebsübergangs zu kündigen, sichert erst den in Abs. 1 geregelten Fortbestand der Arbeitsverhältnisse. Zweifelhaft ist dagegen, ob auch die Anwendung des § 613 a Abs. 2 gerechtfertigt ist. Danach haftet der bisherige Arbeitgeber für Verbindlichkeiten, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind, in begrenztem Umfang weiter. Der Grund für diese Regelung besteht darin, daß der Betriebsveräußerer einen Erlös bekommt, in dem die Wertsteigerung des Betriebes durch die bisherige Arbeitsleistung der Belegschaft steckt39 • Außerdem ist der Veräußerer aufgrund des erhaltenen Erlöses u. U. auch zahlungskräftiger als der Erwerber, der den Kaufpreis für den Betrieb aufbringen muß40. - Diese Begründung für 38 Mit der gleichen Begründung tritt Posth, Arbeitsrechtliche Probleme, S. 83 dafür ein, den § 613 a Abs. 1 auch bei der Rückübertragung eines Betriebes nach fehlerhafter rechtsgeschäftlicher Betriebsveräußerung entsprechend anzuwenden. 39 MünchKomm/Schaub, § 613 a Rdz.57; Schaub, ZIP 1984, 272, 277; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, eIl, S. 101. 40 Seiter, Betriebsinhaberwechsel, eIl, S. 101; vgI. schon oben § 2 I 3 b dd.

10 Walker

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§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

die Weiterhaftung des bisherigen Arbeitgebers macht bereits deutlich, daß die Vorschrift beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben nicht entsprechend anzuwenden ist. Im Gegensatz zum Betriebsveräußerer erhält der vAE kein Entgelt; ihm kommt die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer und die daraus folgende Wertsteigerung des Betriebes nicht zugute. Da der wahre Erbe dem vAE keinen Kaufpreis zahlen muß, ist auch nicht anzunehmen, daß der vAE zahlungskräftiger ist als der wahre Erbe. Deshalb ist es sachgerecht, wenn entgegen § 613 a Abs.2 nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge - auch für rückständige arbeitsvertragliche Verbindlichkeiten des vAE - allein der wahre Erbe haftet. 3. Einzelne Rechtsfolgen bei analoger Anwendung des § 613 a Abs. 1

Die analoge Anwendung des § 613 a Abs. 1 auf den Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben hat im einzelnen folgende Auswirkungen: a) Erfaßter Personenkreis

§ 613 a Abs. 1 betrifft alle bei Betriebsübergang bestehenden Arbeitsverhältnisse, soweit sie nicht schon der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge unterliegen. Er gilt also für alle Arbeitnehmer4 t, die der vAE eingestellt hat oder mit denen er eine Änderung der schon zwischen ihnen und dem Erblasser geschlossenen Arbeitsverträge vereinbart hat. Dagegen gilt § 613 a Abs.1 nach h. M.42 nicht für die vom vAE eingestellten Heimarbeiter, weil es bei ihnen nicht um den Schutz von bei Betriebsübergang bestehenden "Arbeits"verhältnissen geht. Zwar haben die Heimarbeiter wie die Arbeitnehmer ein Interesse am Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse. Dieses Interesse ist jedoch bis auf den Fall der Gesamtrechtsnachfolge auf Arbeitgeberseite nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht schutzwürdig 43 •

Nicht geschützt sind nach h. M.44 ferner die zur Zeit des Betriebsübergangs bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmer, deren nachvertragliche Rechtsverhältnisse auf einer Vereinbarung mit dem vAE beruhen. Denn nach § 613 a Abs. 1 rückt der neue Betriebsinhaber nur in 41 Dazu zählen auch die leitenden Angestellten und die Auszubildenden; vgl. Lepke, BB 1979, 526 ff.; SeHer, Betriebsinhaberwechsel, B IV 4 a aa, bb, S. 56 f.; Schreiber, RdA 1982, 137, 146. 42 § 2 I 3 b cc. 43 Vgl. BAG AP Nr.23 zu § 613 a BGB mit im Ergebnis zustimmender Anm. Bernert; Lepke, BB 1979, 526, 529. 44 SeHer, Betriebsinhaberwechsel, B IV 4 c bb, S. 60 mit zahlreichen Nachweisen auch zur Gegenmeinung; Schreiber, RdA 1982, 137, 144 f.

111. Eintritt kraft Gesetzes

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die Rechte und Pflichten aus den bei Betriebsübergang "bestehenden" Arbeitsverhältnissen ein. Die ausgeschiedenen Arbeitnehmer stehen aber nicht mehr in Arbeitsverhältnissen, an deren Fortbestand sie ein schützenswertes Interesse haben könnten. Sie haben nur noch Zahlungsansprüche (Ruhegeld, Karenzzahlung). Ihr mögliches Interess~ daran, in dem jeweiligen Betriebsinhaber einen zahlungskräftigen Schuldner zu haben, soll nach dem Willen des Gesetzgebers durch § 613 a nicht geschützt werden45 • Den ehemaligen Arbeitnehmern gegenüber bleibt vielmehr auch nach dem Betriebsübergang der vAE als ihr Vertragspartner verpflichtet, sofern er selbst die Verpflichtung begründet hat. Der vAE kann lediglich unter den Voraussetzungen der §§ 257, 2022 oder der §§ 257, 1959 Abs. 1, 683, 670 vom wahren Erben Freistellung von den eingegangenen nachvertraglichen Verbindlichkeiten verlangen46 • b) Individualrechtliche Folgen Die individualrechtlichen Folgen des § 613 a Abs. 1 bestehen darin, daß der wahre Erbe nach der Übernahme des Betriebes in die vom vAE begründete Arbeitgeberrechtsstellung einrückt. Er muß also auch die vom vAE neu eingestellten Arbeitnehmer übernehmen und ist an die vom vAE vereinbarten Vertragsänderungen gebunden. Eine Kündigung dieser nach § 613 a Abs. 1 auf den wahren Erben übergehenden Arbeitsverhältnisse aus Anlaß des Betriebsüberganges ist nach § 613 a Abs.4 weder dem vAE noch dem wahren Erben möglich. Allerdings können die vom vAE eingestellten Arbeitnehmer dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf den wahren Erben widersprechen 47 • Ihr Widerspruch hat zur Folge, daß der vAE auch nach dem Betriebsübergang ihr Arbeitgeber bleibt. Die widersprechenden Arbeitnehmer setzen damit jedoch ihren Arbeitsplatz aufs Spiel; denn der vAE kann ihnen betriebsbedingt kündigen, wenn er für sie nach dem Betriebsübergang keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr hat 48 • Eine solche Kündigung ist 45 Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B IV 4 c bb, S.60; Schreiber, RdA 1982, 137, 144 f.; SoergeZ/ Kraft, § 613 a Rdz. 21. 48 Dazu § 4 11 2 b bb und § 6 11. 47 Ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. BAG AP Nrn. 1, 10, 21 zu § 613 a BGB; BAG DB 1984, 1403 f. unter 11 2; ebenso etwa Schaub, Handbuch, § 118 11 6, S.705; a. M. aus neuerer Zeit etwa Schreiber, RdA 1982, 137, 140 ff.; zum Meinungsstand vgl. die zahlreichen Nachweise bei Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B V 2, S. 65 f. 48 BAG AP Nr. 1 zu § 613 a unter III 3 b am Ende; BAG DB 1984, 1403 f. unter II 2, 3; Bauer, DB 1983, 713, 714; Hueck, KSchG, § 1 Rdz. 113 b; Hutzler, BB 1981, 1470, 1471; KR/Becker, KSchG, § 1 Rdz.325; MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 67; Schaub, ZIP 1984, 272, 276; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, EIl d aa, S. 114 f.; SoergeZ/ Kraft, Nachträge zu § 613 a Rdz.46; Willemsen, ZIP 1983,411,417.

10·

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§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

nicht nach § 613 a Abs. 4 unwirksam, da sie nicht unmittelbar wegen des Betriebsübergangs erfolgt, sondern erst durch den Widerspruch der Arbeitnehmer erforderlich wird 49 • Da der wahre Erbe in die bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt, ist er auch aus einer während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge bindend gewordenen betrieblichen Übung verpflichtet. Einen Vertrauenstatbestand, der sich aus einer noch nicht bindend gewordenen betrieblichen Übung ergibt, muß der wahre Erbe sich zurechnen lassen. Er kann allerdings die Übung abbrechen, um die Entstehung einer Bindung zu verhindern50 . Hatte der vAE einem Beschäftigten Vollmacht, Handlungsvollmacht oder Prokura erteilt, wirken diese Vollmachten nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nicht nach § 613 a Abs. 1 gegenüber dem wahren Erben51 . Denn § 613 a Abs. 1 gewährleistet nur den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse; Vollmachten sind aber keine Rechte .der Arbeitnehmer aus den Arbeitsverhältnissen, sondern werden durch gesondertes einseitiges Rechtsgeschäft verliehen. Zwar ist die VOllmachtserteilung mit dem zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis eng verbunden; aber diese Verbindung besteht nur solange, wie der Vollmachtgeber an dem Arbeitsverhältnis beteiligt ist. Der Vollmachtgeber scheidet jedoch mit dem Betriebsübergang aus den Arbeitsverhältnissen aus, und der neue Arbeitgeber (wahrer Erbe) hat die Vollmachten nicht erteilt. Schließlich erfordert es auch der Zweck des § 613 a Abs. 1 nicht, daß die Arbeitnehmer nach dem Betriebsübergang gegenüber dem wahren Erben in gleicher Weise vertretungsberechtigt sind wie zuvor gegenüber dem vAE; denn der Bestand ihrer Arbeitsverhältnisse hängt nicht vom Fortbestand der Vollmachten ab 52 . Ihr mögliches Interesse daran, nach dem Betriebsübergang den wahren Erben in gleicher Weise wie vorher den vAE vertreten zu können, ist nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schutzwürdig; denn die Vollmachten könnten ohnehin jederzeit widerrufen werden (vgl. für die Prokura § 52 Abs. 1 HGB)53. 49 BAG DB 1984, 1403 f. unter 11 2; Bauer, DB 1983, 713, 714; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, EIl d aa, S.114; Willemsen, ZIP 1983,411,417. 50 BAG AP Nr.7 zu § 2 AngestelltenkündigungsschutzG unter I; Bauer, Unternehmensveräußerung, S. 74; Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975, 305, 307; Borngräber, Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang, S. 75; MünchKomml Schaub, § 613 a Rdz.54; Posth, Arbeitsrechtliche Probleme, S. 161; Schaub, ZIP 1984, 272, 277; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VII 2 d, S. 81 f.; Soergell Kraft, § 613 a Rdz.30. 51 Bauer, Unternehmensveräußerung, S. 71 f.; Falkenberg, DB 1980, 783, 784; Köhler, BB 1979, 912 ff.; MünchKomml Schaub, § 613 a Rdz. 56; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VII 1 d, S. 77. 52 Bauer, Unternehmensveräußerung, S. 71; Köhler, BB 1979, 912, 913. 53 Bauer, Unternehmensveräußerung, S.71; Köhler, BB 1979, 912, 913.

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Soweit die Dauer der Betriebszugehörigkeit für die Rechtsstellung der vom vAE eingestellten Arbeitnehmer gegenüber dem wahren Erben von Bedeutung ist, muß die Betriebszugehörigkeit während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge mitgerechnet werden54 • Das ergibt sich aus dem Zweck des § 613 a Abs. 1, wonach die Arbeitnehmer ihre z. Zt. des Betriebsübergangs bestehende Rechtsstellung behalten sollen. Hat während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge der vAE Arbeitsverhältnisse gekündigt oder haben Arbeitnehmer gegenüber dem vAE Kündigungen ausgesprochen, so wirken diese Kündigungen auch gegenüber dem wahren Erben. Das gilt hinsichtlich der vom vAE neu eingestellten Arbeitnehmer schon deshalb, weil der wahre Erbe gern. § 613 a Abs. 1 in ihre Rechtsverhältnisse nur dann eintreten könnte, wenn sie z. Zt. des Betriebsübergangs noch bestehen würden. Aber auch gegenüber den schon vom Erblasser beschäftigten Arbeitnehmern, in deren Rechtsstellung der wahre Erbe gern. §§ 1922, 1967 einrücken würde, erhält der Erbe weder Rechte noch Pflichten, wenn diese Rechtsverhältnisse während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge durch Kündigung beendet wurden. Denn nach § 613 a Abs. 1 ist der wahre Erbe nicht nur an die vom vAE neu begründeten arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten gebunden, sondern auch an die vom vAE vorgenommenen Änderungen und Aufhebungen der noch vom Erblasser begründeten Rechte und Pflichten. Deshalb haben die Arbeitsverhältnisse, in die der Erbe kraft Erbrechts einrückt, den Inhalt, den sie während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge erhalten haben. Hat sich der Inhalt dieser Arbeitsverhältnisse nach dem Erbfall durch vertragliche Vereinbarung oder durch Änderungskündigung seitens des vAE verändert, bestimmen sich die Rechte und Pflichten des Erben nach diesem veränderten Inhalt. Sind die Rechte und Pflichten durch Aufhebungsvertrag oder Kündigung erloschen, leben sie auch gegenüber dem Erben nicht wieder auf. Insoweit werden die Folgen der erb rechtlichen Gesamtrechtsnachfolge, wonach der Erbe in die z. Zt. des Erbfalls bestehende Rechtsstellung des Erblassers einrückt, durch die Folgen der vorübergehenden Betriebsführung seitens des vAE überlagert. c) Kollektivrechtliche Folgen

Während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge kann der vAE durch Abschluß von Betriebsvereinbarungen oder Firmentarifverträgen Rech54 BAG DB 1977, 358, 359; BAG AP Nr.16 zu § 613 a BGB; Bauer, Unternehmensveräußerung, S. 73 f.; Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975, 305, 307; Borngräber, Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang, S. 74; Falkenberg, DB 1980, 783, 784; MünchKomm/ Schaub, § 613 a Rdz. 53; Schaub, ZIP 1984, 272, 277; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VII 4 b, S. 86; Soergel! Kraft, § 613 a Rdz.33.

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§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

te und Pflichten erworben haben. Außerdem kann er als Mitglied eines Arbeitgeberverbandes durch Verbandstarifverträge berechtigt und verpflichtet worden sein. Es fragt sich, ob der wahre Erbe in diese RechtssteIlung des vAE aus kollektiv rechtlichen Vereinbarungen eintritt. In kollektivrechtlicher Hinsicht stellt sich ferner die Frage, ob die im Betrieb gewählten Arbeitnehmervertretungen in der Zusammensetzung, die sie während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge hatten, auch nach dem Betriebsübergang auf den wahren Erben unverändert fortbestehen. aal Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge Die Auswirkungen des Betriebsübergangs auf die Geltung von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen wurden erstmals durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 13. 8. 1980 55 in § 613 a Abs.1 S.2-4 gesetzlich geregelt. Es handelt sich um eine schon dem Wortlaut nach komplizierte Bestimmung56 , bei der vor allem umstritten ist, ob es sich um eine abschließende Regelung handelt 57 oder ob auch heute noch auf die vor Inkrafttreten des § 613 a Abs. 1 S.2-4 geltende Rechtslage zurückgegriffen werden kann58 • (1) Rechtslage vor Inkrafttreten des § 613 a Abs. 1 S. 2--4

Vor Inkrafttreten des § 613 a Abs.1 S.2-4 wurde allgemein angenommen, daß die Betriebsvereinbarungen, Regelungsabreden und Firmentarifverträge nach dem Betriebsübergang kollektivrechtlich fortwirkten, sofern der Betrieb als solcher erhalten blieb59 • Danach trat der Erwerber in diese zur Zeit des Betriebsübergangs bestehenden Kollektivvereinbarungen anstelle des Veräußerers als Partei ein. Dieses Ergebnis wurde zumeist mit einer analogen Anwendung des § 613 a Abs. 1 a. F. (= § 613 a Abs. 1 S.l n. F.) begründet60 • Lediglich bei Verlust der BGBl. I, S. 1308. Vgl. etwa die scharfe Kritik an dem EG-Anpassungsgesetz insgesamt bei Palandt/Putzo, 41. AufI., § 611 a Anm.l (Höhepunkt an Gesetzgebungsdilettantismus) und zu § 613 a Abs. 1 S.4 bei § 613 a Anm. 4 d (kaum noch zu verstehen). 57 So wohl Bauer, Unternehmensveräußerung, S. 112; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 4 C, S. 91 f. 58 So Fifting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, §77 Rdz.45; Hanau/Vossen, Festschrift Hilger/Stumpf, S.271, 273 ff.; Jung, RdA 1981, 360, 362; wohl auch Knigge, BB 1980, 1272, 1276 und Schaub, ArbR d. Gegenw. 18 (1981), 71, 78 f. 59 Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975, 305, 308; Birk, AuR 1975, 312, 316 f.; Bracker, Betriebsübergang, S. 77 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG, § 77 Rdz. 146; Heckelmann, ZfA 1973, 425, 475; Kehrmann, MitbG 1975, 88, 90; MünchKomm/Schaub, § 613 a Rdz. 81 f. und 98; Posth, Arbeitsrechtliche Probleme, S. 212 ff. und 239; Seifer, DB 1980, 877, 879; Soergel/Kraft, Nachträge zu § 613 a Rdz. 8 f. 80 MünchKomm/Schaub, § 613 a Rdz. 81 f. und 98; weitere Nachweise bei Seifer, DB 1980,877,879 in FN 14 und 16. 55

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IU. Eintritt kraft Gesetzes

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Betriebsidentität, etwa durch Eingliederung in einen anderen Betrieb, sollten Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträge enden61 • Der Eintritt des Erwerbers in die kollektivrechtliche Rechtsstellung des Veräußerers hatte zur Folge, daß der Erwerber gegenüber den von ihm neu eingestellten Arbeitnehmern in gleicher Weise wie gegenüber den übernommenen Arbeitnehmern an die Kollektivvereinbarungen gebunden war. Da er Partei dieser Vereinbarungen wurde, hatte er aber auch die Möglichkeit, sie unter den gesetzlichen Voraussetzungen zu kündigen. Umstritten war die Rechtslage nur bei Verbandstarifverträgen, wenn der Erwerber nicht Mitglied des zuständigen Arbeitgeberverbandes war. Zum Teil wurde vorgeschlagen, § 3 Abs. 3 TVG analog anzuwenden62 • Danach war der Erwerber in gleicher Weise wie zuvor der Veräußerer bis zum Ablauf des bei Betriebsübergang bestehenden Verbandstarifvertrages an diesen gebunden. Nach einer anderen Ansicht 63 beeinträchtigte die analoge Anwendung des § 3 Abs. 3 TVG die Koalitionsfreiheit des Betriebserwerbers. Deshalb sollten die Normen eines Verbandstarifvertrages nach dem Betriebsübergang analog § 4 Abs.5 TVG als dispositives Recht weitergelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt wurden 64 • (2) Regelung des §

613 a Abs. 1 S. 2-4

Diese früher herrschende Rechtsauffassung hat der Gesetzgeber nicht normiert. Er hat in § 613 a Abs. 1 S. 2-4 eine andere Regelung getroffen. (a) Individualrechtliche Weitergeltung der Kollektivnormen Nach § 613 a Abs. 1 S.2 werden die Rechte und Pflichten, die durch Rechtsnormen eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung geregelt sind, nach dem Betriebsübergang zum Inhalt der Arbeitsverhältnisse zwischen dem neuen Inhaber und den Arbeitnehmern. Solche 81 Borngräber, Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang, S. 97; v. HoyningenHuene/Windbichler, RdA 1977, 329, 335; MünchKommlSchaub, § 613 a Rdz.82 und 98; Seifer, DB 1980, 877, 879; vgl. auch Dietzl Richardi, BetrVG, § 77 Rdz. 140 und Jung, RdA 1981, 360, 362. 62 Birk, AuR 1975, 312, 316; ders., BB 1976, 1227, 1230; Bracker, Betriebsübergang, S. 79 FN 147; Martens, Anm. zu BAG SAE 1976, 83, 84; Posth,

Arbeitsrechtliche Probleme, S. 246 f. 8S BAG NJW 1980, 1591; MünchKommlSchaub, § 613 a Rdz. 86; Wiedemann, Anm. zu BAG AP Nr.2 zu § 3 TVG unter 1 a; WiedemannIStump!, TVG, § 3 Rdz.78, 80. 64 Becker-Scha!!ner, BlStSozArbR 1975, 305, 308; Mösen!echteZlSchmitz, RdA 1976, 108, 109; Wiedemann, Anm. zu BAG AP Nr. 2 zu § 3 TVG unter 1 b; Wiedemann!Stump!, TVG, § 3 Rdz.80; ausdrücklich offen gelassen von BAG NJW 1980, 1591.

152

§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

Rechte und Pflichten gelten also, wenn sie während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge begründet wurden, nach dem Betriebsübergang zwischen dem wahren Erben und den betroffenen Arbeitnehmern nur noch wie arbeitsvertraglich vereinbarte Regelungen individualrechtlich weiteres. Die kollektivvertraglichen Normen verlieren insoweit ihre unmittelbare und zwingende Wirkung (§ 4 Abs. 1 TVG; § 77 Abs.4 S. 1 BetrVG). Allerdings können sie nicht ohne weiteres abgeändert werden. Sie genießen gegenüber den sonstigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen einen erhöhten Bestandsschutz. Nach § 613 a Abs.1 S.2 dürfen sie nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden. Diese Vorschrift ordnet also eine einseitig zwingende Wirkung zu gunsten der Arbeitnehmer anss. Da die kollektivvertraglichen Normen nur individualrechtlich fortwirken, gelten sie lediglich für die Arbeitsverhältnisse, die zur Zeit des Betriebsübergangs bereits bestehen, nicht dagegen für solche, die erst später begründet werden 67 • Deshalb ist der wahre Erbe - anders als nach früherem Recht - bei der Neueinstellung von Arbeitnehmern nicht an die Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge, die während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge geschlossen wurden, gebunden. Der wahre Erbe kann lediglich nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet sein, den neu eintretenden Arbeitnehmern die gleichen Rechte einzuräumen, welche den Arbeitnehmern zustehen, die er vom vAE übernommen hatSs • § 613 a Abs. 1 S. 2 bezieht sich nur auf solche kollektivvertraglichen Normen, die Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen regeln. Die Vorschrift gilt deshalb in erster Linie für die Inhaltsnormen69 • Dagegen verlieren die Abschlußnormen, die Betriebsnormen, die betriebsverfassungsrechtlichen Normen und die Tarifnormen über gemeinsame Ein65 Binkert. JZ 1979, 747, 750; Knigge, BB 1980, 1272, 1276; Larenz, DB 1980, 1745, 1747; MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 21; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 3 a, S. 89; ders., DB 1980, 877; Saergel/Kraft, Nachträge zu § 613 a Rdz.17. es MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz.25; Seiter, DB 1980, 877; Saergel/Kraft, Nachträge zu § 613 a Rdz. 17. . 67 MünchKomml Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 18; Schaub, ArbR d. Gegenw. 18 (1981), 71, 79; ders., ZIP 1984, 272, 277; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 5 a aa, S.92. . 88 Seiler, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 5 a aa, S. 92. 89 Bauer, Unternehmensveräußerung, S.109; Binkert, JZ 1979, 747, 751; HanaulVassen, Festschrift HilgerlStumpf, S. 271,280, 289 f.; Knigge, BB 1980, 1272, 1276; Larenz, DB 1980, 1745, 1747; MünchKomml Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 13 ff.; Schaub, ArbR d. Gegenw. 18 (1981), 71, 79; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 5 a bb, S.93; ders., DB 1980, 877, 878; SaergellKraft, Nachträge zu § 613 a Rdz. 11 ff.; a. M. Räder, DB 1981, 1980, 1981.

I1I. Eintritt kraft Gesetzes

153

richtungen der Tarifvertragsparteien (§ 4 Abs. 2 TVG) beim Betriebsübergang grundsätzlich ihre Wirkung. Betriebliche Normen und solche über gemeinsame Einrichtungen werden nur dann vom Anwendungsbereich des § 613 a Abs. 1 S. 2 erfaßt, wenn sie ausnahmsweise zugleich den Inhalt der einzelnen Arbeitsverhältnisse gestalten70 • Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut fallen die Regelungsabreden71 im Gegensatz zu den Betriebsvereinbarungen nicht unter den Anwendungsbereich des § 613 a Abs.1 S.2 72 • An die zwischen dem Betriebsrat und dem vAE getroffenen Regelungsabreden ist der wahre Erbe nach dem Betriebsübergang nicht gebunden73 • Da gern. § 613 a Abs. 1 S. 2 nur die kollektivvertraglichen Normen individualrechtlich weitergelten, tritt der Betriebserwerber nicht in die Parteistellung des Veräußerers aus Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträgen ein. Danach ist der wahre Erbe nicht an die schuldrechtlichen Pflichten, die der vAE aus diesen Vereinbarungen hatte, gebunden74 • Ferner hat er mangels Parteistellung nicht die Möglichkeit, unbefristet abgeschlossene Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträge zu kündigen75 • Dazu ist lediglich der vAE, der nach dem Betriebsübergang seine ParteisteIlung behält, berechtigt. Diese Lösung ist wenig zweckmäßig, weil dem vAE nach dem Betriebsübergang die für das Für und Wider einer Kündigung maßgeblichen Umstände regelmäßig nicht bekannt sein werden76 • Dieser Einwand entfällt zwar, wenn man davon ausgeht, daß der vAE gegenüber dem wahren Erben auf dessen Verlangen verpflichtet ist, die Kollektivvereinbarungen zu kündigen77 • Das führt jedoch zu dem unnötig komplizierten Ergebnis, 70 HanauI Vossen, Festschrift HiIgerlStumpf, S. 271,280,291; SoergeZlKraft, Nachträge zu § 613 a Rdz. 14. 71 Zum Begriff und zur Bedeutung der Regelungsabrede vgl. etwa Dietzl Richardi, BetrVG, § 77 Rdz. 158 ff.; FittinglAuffarth I Kaiser, BetrVG, § 77 Rdz. 68; Schaub, Handbuch, § 231 III, S. 1328. 72 Bauer, Unternehmensveräußerung, S.109; MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz.11; Schaub, ZIP 1984, 272, 278; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 5 b, S. 93; SoergeZlKraft, Nachträge zu § 613 a Rdz. 20 f. 73 A. M. Röder, DB 1981, 1980, 1981, der vorschlägt, § 613 a Abs. 1 S.2 im Wege einer erweiternden Auslegung auch auf Regelungsabreden zu erstrekken. 74 HanaulVossen, Festschrift HilgerlStumpf, S.271, 280, 291; Knigge, BB 1980, 1272, 1276; Lorenz, DB 1980, 1745, 1747; MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz.l0; Schaub, ZIP 1984, 272, 278; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 5 b, S. 93. 75 Bauer, Unternehmensveräußerung, S.112; MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz.54; Röder, DB 1981, 1980, 1982; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 4, S. 90 f.; a. M. Hanau/Vossen, Festschrift Hilger/Stumpf, S. 271, 283 f. 76 HanaulVossen, Festschrift HiIgerlStumpf, S. 271, 283. 77 Dazu MünchKomml Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 54; Röder, DB 1981, 1980, 1982; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 4 a, S. 91.

154

§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

daß der Kündigende und derjenige, der über den Ausspruch der Kündigung zu entscheiden hat, auseinanderfallen. Aus diesem Grunde wäre es sachgerechter gewesen, wenn der Gesetzgeber die früher allgemein vertretene Rechtsauffassung, wonach der Betriebserwerber in die Parteistellung des Veräußerers aus Kollektivverträgen einrückt, normiert hätte 78 • (b) Beendigung der individual rechtlichen Weitergeltung

Die individualrechtliche Weitergeltung der in den Normen von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen geregelten Rechte und Pflichten kann auf verschiedene Weisen enden. Gern. § 613 a Abs.1 S.2 besteht die einseitig zwingende Wirkung der arbeitsvertraglich weitergeltenden Normen nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Betriebsübergang. Danach können die Rechte und Pflichten durch Änderungskündigung oder einzelvertragliche Vereinbarung auch zu Lasten der Arbeitnehmer geändert werden. Das gleiche Ergebnis kann durch Abschluß neuer Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge mit gleichem Regelungsinhalt erzielt werden. Das sogenannte Günstigkeitsprinzip, wonach individual rechtliche Vereinbarungen Vorrang vor nachfolgenden verschlechternden Kollektivvereinbarungen haben, steht dem nicht entgegen; denn die während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge begründeten Kollektivregelungen wirken zwar individualrechtlich weiter, geben den Arbeitnehmern aber keine individualrechtliche Rechtsposition im Sinne des GÜnstigkeitsprinzips 7D. War die Betriebsvereinbarung oder der Tarifvertrag befristet und läuft die Frist vor Ablauf eines Jahres nach Betriebsübergang ab, können die individualrechtlich weitergeltenden Normen nach § 613 a Abs. 1 S. 4 schon von diesem Zeitpunkt an durch Änderungskündigung oder einzelvertragliche Vereinbarung zu Lasten der Arbeitnehmer abgeändert werden. Die gleiche Möglichkeit besteht, wenn die Kollektivvereinbarung vor Ablauf eines Jahres wirksam gekündigt wird. Denn durch Fristablauf oder Kündigung würde auch ohne Betriebsübergang die unmittelbare und zwingende Wirkung des Kollektivvertrages für das Arbeitsverhältnis entfallen, und die Arbeitnehmer sollen durch § 613 a nicht besser stehen, als sie ohne den Betriebsübergang stehen würdenso. Binkert, JZ 1979, 747, 750; Seiter, DB 1980, 877, 882 f. (Zusammenfassung). 7. Lorenz, DB 1980, 1745, 1748; MünchKomm I Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 35 ff.; Seiter, DB 1980, 877, 878. 80 Bauer, Unternehmensveräußerung, S.I11; MünchKommlSchaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 28; Röder, DB 1981, 1980, 1982; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, 18

B VIII 7 b, S. 95.

III. Eintritt kraft Gesetzes

155

Ferner können gern. § 613 a Abs. 1 S.4 schon vor Ablauf der Jahresfrist die individualrechtlich weitergeltenden Rechte und Pflichten geändert werden, indem bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrages dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und den Arbeitnehmern vereinbart wird. Hatte der v AE etwa einen Firmentarifvertrag geschlossen, kann der wahre Erbe mit den Arbeitnehmern arbeitsvertraglich die Geltung eines Verbandstarifvertrages vereinbaren, der nur deshalb nicht schon kollektivrechtlich gilt, weil der wahre Erbe nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes ist. Für eine solche Vereinbarung gern. § 613 a Abs.1 S.4 spielt es keine Rolle, ob der Verbandstarifvertrag für die Arbeitnehmer ungünstiger ist als der individualrechtlich fortwirkende Firmentarifvertrag. Wäre nur eine für die Arbeitnehmer günstigere Vereinbarung möglich, hätte es des § 613 a Abs. 1 S. 4 nicht bedurft, weil eine günstigere Vereinbarung schon nach § 613 a Abs.1 S.2 getroffen werden kann81 • (c) Ausschluß der individualrechtlichen Weitergeltung Unter bestimmten Voraussetzungen ist die individualrechtliche Weitergeltung der in Kollektivvereinbarungen geregelten Rechte und Pflichten von vornherein ausgeschlossen. Das ist zunächst der Fall, wenn der wahre Erbe im selben Arbeitgeberverband wie der vAE organisiert ist oder diesem Verband anläßlich des Betriebsübergangs beitritt. Dann ist er an Verbandstarifverträge schon nach § 3 Abs.1 TVG in gleicher Weise wie der vAE gebunden. Diese kollektivrechtliche Weitergeltung von Verbandstarifverträgen wird durch § 613 a Abs. 1 S. 2-4 nicht berührt82 • Nach § 613 a Abs.1 S.3 ist eine individual rechtliche Weitergeltung der kollektivrechtlich vereinbarten Rechte und Pflichten auch dann ausgeschlossen, wenn genau diese bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Hat etwa der wahre Erbe einen eigenen Betrieb und ist er hinsichtlich des gleichen Regelungsgegenstandes aus eigenen Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen berechtigt und verpflichtet, dann bleibt er auch nach übernahme des Erblasserbetriebes nur an die bei ihm bereits geltenden Kollektivnormen gebunden. Schließt er erst anläßlich des Betriebsübergangs vom vAE auf ihn einen Kollektivvertrag mit gleichem Regelungsgegenstand ab, geht dieSeiler, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 7 C, S. 96. HanaulVossen, Festschrift HilgerlStumpf, S.271, 288; Jung, RdA 1981, 360, 361 f.; Knigge, BB 1980, 1272, 1276; MünchKommlSchallb, Ergbd. § 613 a Rdz. 56; Räder, DB 1981, 1980, 1982. 81

82

156

§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

ser ebenfalls den bisher für die vom vAE beschäftigten Arbeitnehmer geltenden Kollektivnormen vor. Das gilt selbst dann, wenn die neue Regelung für die betroffenen Arbeitnehmer ungünstiger ist. § 613 a Abs. 1 S. 3 enthält insoweit für die tarifgebundenen Arbeitnehmer des Betriebsveräußerers (vAE) einen gesetzlichen Ausschluß des Günstigkeitsprinzips83. - Dagegen scheinen Außenseiter, für die der bisherige Kollektivvertrag nur kraft einzel vertraglicher Bezugnahme galt, von der Verschlechterungsmöglichkeit des § 613 a Abs.1 S.3 nicht betroffen zu sein; denn der Fortbestand ihrer Rechtsposition gegenüber dem wahren Erben ist durch § 613 a Abs. 1 S. 1 geschützt, so daß § 613 a Abs. 1 S.3 nicht eingreift84 • Eine solche Besserstellung der Außenseiter gegenüber den Tarifgebundenen ist jedoch sachwidrig und nicht vom Gesetzgeber beabsichtigt. Deshalb ist es gerechtfertigt, analog § 613 a Abs.1 S.3 auch eine Verschlechterung der nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme geltenden Kollektivnormen zuzulassen85 •

(3) Fortgeltung der vor Inkrafttreten des § 613 a Abs. 1 S.2-4 bestehenden Rechtslage? Wie oben schon angedeutet, ist umstritten, ob und in welchem Umfang entgegen § 613 a Abs. 1 S. 2-4 auf die früher geltende Rechtslage zurückgegriffen werden kann. Zum Teil 88 wird vertreten, § 613 a Abs. 1 S.2-4 habe an der bis zum Inkrafttreten dieser Vorschrift bestehenden Rechtsauffassung zum kollektivrechtlichen Fortbestand von Betriebsvereinbarungen, Regelungsabreden und Tarifverträgen nichts ändern wollen. Die Vorschrift enthalte lediglich einen Auffangtatbestand für solche Fälle, in denen eine kollektivrechtliche Fortgeltung nach dem Betriebsübergang nicht in Frage komme. Das sei anzunehmen, wenn der Betrieb durch den übergang auf einen neuen Inhaber seine Identität verliere, etwa weil er in einen anderen Betrieb beim Erwerber eingegliedert werde. Nur dann greife zum Mindestschutz der Arbeitnehmer die individual rechtliche Fortgeltung des § 613 a Abs. 1 S. 2-4 8S Bauer, Unternehmensveräußerung, S.110; MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 44; Räder, DB 1981, 1980, 1981; Schaub. ArbR d. Gegenw. 18 (1981), 71, 80; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 6 a, S. 94. 8' Dazu Hanau/Vossen, Festschrift Hilger/Stumpf, S. 271, 294 f.; Jung, RdA 1981, 360, 364: MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz.48; Schaub, ArbR d Gegenw. 18 (1981), 71, 81; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 6 c, S. 94 f.; ders., DB 1980, 877, 878. 85 MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz.49; im Erg. ebenso Hanau/ Vossen, Festschrift Hilger/Stumpf, S. 271, 295; Schaub, ZIP 1984, 272, 279. 8S Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, § 77 Rdz. 45; Hanau/Vossen, Festschrift Hilger/Stumpf, S.271, 273 ff.; Jung, RdA 1981, 360, 362; Schaub, ArbR d. Gegenw. 18 (1981), 71, 78 f.; zurückhaltender MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 53 f.; wohl auch Knigge, BB 1980, 1272, 1276 und SoergeZl Kraft, Nachträge zu § 613 a Rdz. 23.

III. Eintritt kraft Gesetzes

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ein87 • Diese Ansicht wird damit begründet, der Gesetzgeber habe bei der Ergänzung des § 613 a im Jahre 1980 bewußt die kollektivrechtliche Weitergeltungsmöglichkeit von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen ausgeklammert. Das sei schon daraus zu ersehen, daß § 613 a Abs.1 S.2-4 unstreitig die kollektivrechtliche Fortgeltung von Verbandstarifverträgen, an die der Erwerber kraft eigener Verbandsmitgliedschaft gebunden sei, nicht erfasse88 • Ferner sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß auch der Fortbestand der betrieblichen Arbeitnehmervertretungen davon abhänge, ob der Betrieb nach dem Inhaberwechsel seine Identität behalte89 • Schließlich könne es zu unzweckmäßigen und sachlich nicht gerechtfertigten Ergebnissen führen, wenn man den § 613 a Abs.1 S.2-4 als abschließende Regelung ansehe 90 • Nach dieser Meinung würde der wahre Erbe nach der Betriebsübernahme regelmäßig in die Parteistellung des vAE aus Kollektivvereinbarungen eintreten. Lediglich in dem Ausnahmefall, wenn der Erbe den geerbten Betrieb in einen anderen Betrieb eingliedert, käme § 613 a Abs. 1 S. 2-4 zur Anwendung. Diese Auffassung, wonach Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge entgegen § 613 a Abs. 1 S. 2-4 kollektivrechtlich beim Betriebserwerber fortgelten, sofern der Betrieb nach dem übergang seine Identität behält, überschreitet jedoch die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung. Weder der Vorschlag der EG-Kommission vom 31. 5.197491 noch die EGRichtlinie vom 14. 2.1977 92 , noch der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17. 8. 197993 , noch das Gesetz selbst enthalten die behauptete Einschränkung der Anwendbarkeit des § 613 a Abs.1 S.2-4. Vielmehr bezieht sich die Vorschrift auf alle Fälle des rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs 94 • Durch ihre Einfügung ins BGB sollte die frühere 87 Hanau1 Vossen, Festschrift HilgerlStumpf, S. 271 ff.; Jung, RdA 1981, 360, 362; MünchKomml Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 52. 88 Hanau1 Vossen, Festschrift HilgerlStumpf, S.271, 288; Jung, RdA 1981, 360, 362; Knigge, BB 1980, 1272, 1276. 89 HanaulVossen, Festschrift HilgerlStumpf, S.271, 274 unter Berufung auf die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks. 8/3317). 90 Hanau1 Vossen, Festschrift HilgerlStumpf, S.271, 277; Jung, RdA 1981, 360, 362; MünchKomml Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz. 52. 91 BT-Drucks. 7/2312 (abgedruckt bei Seiter, Betriebsinhaberwechsel, Anh. II, S.153). 92 Abgedruckt bei Seiter, Betriebsinhaberwechsel, Anh. IV, S. 159. va BT-Drucks. 8/3317 (abgedruckt bei Seiter, BetriebSinhaberwechsel, Anh. V, S.162). 94 So heißt es z. B. in der EG-Richtlinie vom 14. 2. 1977 unter "Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen" in Art. 1 (1): "Diese Richtlinie ist auf den übergang von Unternehmen, Betrieben oder BetriebsteiIen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar."

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§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

Rechtslage nicht nur für einen bestimmten Fall (Betriebsübergang unter Verlust der Betriebsidentität) ergänzt, sondern erstmals umfassend durch Gesetz geregelt werden. Das ist aus der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu ersehen. Darin heißt es unter A lID5 : ,,1. Die durch das Betriebsverfassungsgesetz 1972 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügte Vorschrift des § 613 a ... regelt nicht die Rechtsfolgen, die sich aus einem Betriebsübergang für die Rechtsnormen eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung ergeben.... 2. Entsprechend der Richtlinie vom 14. Februar 1977 ist es erforderlich, die zuvor ausgewiesenen noch offenen Fragen zu regeln.... " Bei der Beratung des § 613 a Abs. 1 S.2 bis 4 war dem Gesetzgeber die Diskussion um die Möglichkeit einer kollektivrechtlichen Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen bekannt9u • Die gesetzliche Festschreibung dieser Rechtsauffassung spielte sogar bei den Gesetzesberatungen eine Rolle. Art. 2 Abs. 2 des Kommissionsvorschlages vom 31. 5. 1974 lautet: "Die Rechte und Pflichten, die auf einer vom Veräußerer abgeschlossenen Betriebsvereinbarung oder einem Firmentarifvertrag beruhen, gehen ohne weiteres auf den Erwerber über." Dazu heißt es in Art.3 der amtlichen Begründung97 : "Soweit der Veräußerer selbst Partei eines Kollektivvertrages war, wie dies bei der Betriebsvereinbarung und beim Firmentarifvertrag der Fall ist, erscheint es nötig, den Erwerber ohne weiteres in die Rechte und Pflichten einer Betriebsvereinbarung oder eines Firmentarifvertrages eintreten zu lassen." Gerade diesen Vorschlag hat der Gesetzgeber jedoch nicht übernommen. Er hat von den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht die kollektivrechtliche, sondern die individualrechtliche Fortgeltung von Kollektivvereinbarungen gewählt 98 • Der Grund dafür wird überwiegend darin gesehen, daß der Gesetzgeber auf diese Weise den verfassungs rechtlichen Bedenken, die gegen eine kollektivrechtliche Fortgeltung der Kollektivvereinbarungen vorgebracht worden waren99 , begegnen wollte 100 • Durch die individualrechtliche Lösung hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, Abgedruckt bei Seiter, Betriebsinhaberwechsel, Anh. V, S. 164. BT-Drucks. 8/3317 (abgedruckt bei Seiter, Betriebsinhaberwechsel, Anh. II, S.153). 117 Abgedruckt bei Seiter, Betriebsinhaberwechsel, Anh. II, S. 156. 98 Binkert, JZ 1979, 747, 750; MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz.3; Schreiber, RdA 1982, 137, 146; Seiter, DB 1980, 877. 911 Vgl. etwa die Nachweise in § 6 FN 63 zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber einer entsprechenden Anwendung des § 3 Abs. 3 TVG zur Fortgeltung von Verbandstarifverträgen. 100 Binkert, JZ 1979, 747, 751; MünchKomm/Schaub, Ergbd. § 613 a Rdz.3; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 3 b. S. 90. 115

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111. Eintritt kraft Gesetzes

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daß der Betriebserwerber bei der Neueinstellung von Arbeitnehmern nicht an die lediglich individualrechtlich fortgeltenden Kollektivnormen gebunden sein so1l101. Daraus ist zu ersehen, daß die Ansicht, wonach entgegen § 613 a Abs. 1 S. 2-4 die bei Betriebsübergang bestehenden Betriebsvereinbarungen und Firmentarifverträge kollektivrechtlich für den Erwerber weitergelten sollen, wenn der Betrieb seine Identität behält, dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widerspricht. Eine solche Rechtsfortbildung verstößt gegen Art. 20 Abs. 2 GG und ist unzulässig 102 • Allein die Tatsache, daß die gesetzliche Regelung teilweise mißlungen ist, weil sie verschiedene Unklarheiten enthält und zu unzweckmäßigen Ergebnissen führen kann, rechtfertigt es nicht, sie gegen den Willen des Gesetzgebers in den meisten Fällen durch eine andere Regelung zu ersetzen. Das mag zwar de lege ferenda wünschenswert sein; jedoch muß der Gesetzgeber seine rechtspolitischen Fehler selbst korrigieren103. Danach verbleibt es dabei, daß § 613 a Abs. 1 S. 2-4 beim Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben auch dann anzuwenden ist, wenn der Betrieb seine Identität behält. Das führt im einzelnen zu den oben dargestellten Rechtsfolgen. bb) Fortbestand der Arbeitnehmervertretungen Der Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben wirkt sich als solcher nicht auf den Fortbestand des Betriebsrates und anderer betrieblicher Arbeitnehmervertretungen aus 104 • Die Kontinuität des amtierenden Betriebsrates soll gerade durch § 613 a Abs. 1 gewährleistet werden105 • Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Betrieb in einen anderen Betrieb des wahren Erben eingegliedert wird und sich dadurch die Größe der Belegschaft in bestimmtem Umfang ändert; dann sind nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG Neuwahlen erforderlich106 • 101 MünchKommlSchaub, Ergbd. § 613 a Rdz.53; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B VIII 4 c, S. 92. 102 Zum Gewaltenteilungsprinzip als Grenze der richterlichen Rechtsfortbildung ausführlich Wank, Rechtsfortbildung, S. 89 ff. 103 Engisch, Juristisches Denken, S. 138; Larenz, Methodenlehre, S.228. 104 Bauer, Unternehmensveräußerung, S. 100; Bracker, Betriebsübergang, S.67; Falkenberg, DB 1980, 783, 785; HanauI Vossen, Festschrift Hilgerl Stumpf, S.271, 274; v. Hoyningen-HueneIWindbichler, RdA 1977, 329, 335; Kehrmann, MitbG 1975, 88, 91; MünchKomm I Schaub, § 613 a Rdz.93; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, F III 1, S. 124; Soergell Kraft, § 613 a Rdz. 44. 105 BAG AP Nr.18 zu § 613 a BGB; MünchKommlSchaub, § 613 a Rdz.2; vgl. auch die amtliche Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zu § 613 a BGB, BT-Drucks. VI, 1786, S. 59. 108 Zu sonstigen Ausnahmen vgl. Posth, Arbeitsrechtliche Probleme, S. 195 ff.

160

§ 6 Eintritt des wahren Erben in die Rechtsstellung des vAE

Auch die einzelnen Betriebsratsmitglieder bleiben im Amt 107 • Ein Grund für das Erlöschen ihrer Mitgliedschaft (vgl. § 24 BetrVG) liegt nicht vor. Insbesondere werden ihre Arbeitsverhältnisse durch den Betriebsübergang nicht beendet, sondern kraft Gesetzes mit dem wahren Erben fortgesetzt.

107 Bauer, Unternehmensveräußerung, S.101; MünchKomm/Schaub, § 613 a Rdz. 94; Posth, Arbeitsrechtliche Probleme, S. 194; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, F III 2 a aa, S. 125.

Dritter Teil

Prozessuale Probleme beim fehlerhaften Vollzug der Arbeitgebererbfolge Der vAE kann während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber an Rechtsstreitigkeiten beteiligt sein. Wenn er Prozesse des Erblassers, die zur Zeit des Erbfalls bereits rechtshängig waren, fortsetzt oder selbst als Arbeitgeber klagt oder verklagt wird, fragt es sich, ob der wahre Erbe in diese Rechtsstreitigkeiten eintritt und in welchem Umfang er an Prozeßhandlungen des vAE gebunden ist. Ferner stellt sich die Frage, ob die Rechtskraft eines für oder gegen den vAE ergangenen Urteils auch gegenüber dem wahren Erben gilt.

§ 7 Bindung des wahren Erben an Proze13handlungen des vAE Zunächst soll untersucht werden, wie sich die Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge auf die zu diesem Zeitpunkt rechtshängigen Prozesse auswirkt, die der vAE als Arbeitgeber führt. Falls sie vom wahren Erben fortzusetzen sind, ist fraglich, ob dieser die Prozesse in dem Stadium aufnimmt, in dem sie sich zur Zeit des Erbfalls befanden, oder ob er an die zwischenzeitliche Prozeßführung durch den vAE gebunden ist. I. Aufnahme unterbrochener oder ausgesetzter Prozesse durch den vAE Ein Rechtsstreit, an dem der verstorbene Arbeitgeber als Partei beteiligt war, ohne anwaltlich vertreten zu sein, wurde durch den Tod des Arbeitgebers unterbrochen (§ 239 Abs. 1 ZPO; § 46 ArbGG). War der Erblasser durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten, wurde auf dessen Antrag oder auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens angeordnet (§ 246 Abs.l ZPO; § 46 ArbGG). Die Unterbrechung und die Aussetzung dauern grundsätzlich! bis zur Aufnahme 1 Zu den Ausnahmen, in denen die Unterbrechung oder Aussetzung nicht durch Aufnahme endet, vgl. § 239 Abs. 2, 4 ZPO und Baumbachl Lauterbachi AlberslHartmann, ZPO, § 239 Anm.3 b, c; RosenberglSchwab, Zivilprozeßrecht, § 127 I 3 b, S. 752.

11 Walker

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§ 7 Bindung des wahren Erben an Prozeßhandlungen des vAE

des Rechtsstreits. Die Aufnahme erfolgt nach § 250 ZPO durch Zustellung eines vom Rechtsnachfolger der verstorbenen Partei (vgl. § 239 Abs. 1 ZPO) bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes. Fraglich ist, ob eine wirksame Aufnahme im Sinne der §§ 239 Abs. 1, 250 ZPO auch dann vorliegt, wenn der zugestellte Schriftsatz nicht durch den Erben des verstorbenen Arbeitgebers, sondern durch den vAE bei Gericht eingereicht wird. 1. Keine Bindung im Regelfall

Rechtsnachfolger einer verstorbenen Partei im Sinne des § 239 Abs. 1 ZPO ist grundsätzlich2 der Erbe. Das gilt auch dann, wenn die verstorbene Partei als Arbeitgeber am Rechtsstreit beteiligt war und ihr Betrieb durch einen vermeintlichen Erben fortgeführt wird. Zwar tritt der vermeintliche Erbe für die Zeit des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge anstelle des Erblassers in dessen Arbeitsverhältnisse ein. Jedoch geht es in den noch vom Erblasser oder gegen ihn anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten regelmäßig um solche Ansprüche des Erblassers oder seiner Arbeitnehmer, die bereits vor dem Erbfall entstanden sind. Die vor dem fehlerhaften Vollzug der Erbfolge entstandenen Rechte und Pflichten gehen aber nicht auf den vAE über!!; dieser ist insoweit nicht Rechtsnachfolger des Erblassers. Deshalb kann er die Rechtsstreitigkeiten auch nicht mit der Wirkung aufnehmen, daß die Unterbrechung oder Aussetzung endet. Die Rechtsstreitigkeiten sind nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge vielmehr vom wahren Erben in dem Stadium aufzunehmen, in dem sie sich zur Zeit des Erbfalls befanden; denn der wahre Erbe ist hinsichtlich der schon vor dem Erbfall entstandenen Rechte und Pflichten Rechtsnachfolger des Erblassers. Das gilt selbst dann, wenn der Rechtsstreit inzwischen in eine höhere Instanz gebracht wurde 4 ; denn der wahre Erbe tritt nicht in den Prozeß des vAE, sondern in den des Erblassers ein5• Er ist an die zwischenzeitlichen Prozeßhandlungen des vAE nicht gebunden6 • Der vAE kann auf verschiedene Weisen aus den von ihm "aufgenommenen" Rechtsstreit ausscheiden. Ist seine Rechtsnachfolge zwischen 2 Ausnahmsweise kann statt des Erben auch ein Sonderrechtsnachfolger in die Rechte und Pflichten des Erblassers eintreten. Vgl. BGHZ 69, 395, 396; BaumbachlLauterbachlAlberslHartmann, ZPO, § 239 Anm.2 C; SteinlJonasl Pohle, ZPO, § 239 Anm. II 1; ThomaslPutzo, ZPO, § 239 Anm. 2 d; Wieczorek, ZPO, § 239 Anm. G II a 2; ZöllerlStephan, ZPO, § 239 Anm. 3. a Vgl. oben § 2 13 fee (2) (a). 4 RGZ 45, 359, 362ff.; BaumbachlLauterbachlAlbers/Hartmann, ZPO, §239 Anm. 2 D; Frank, ZZP 13 (1889), 184, 243; Kohler, ZZP 12 (1888), 97, 127; SteinlJonaslPohle, ZPO, § 249 Anm. V; Wieczorek, ZPO, § 239 Anm. H. 5 Kohler, ZZP 12 (1888), 97, 139. 6 Baumbach/LauterbachlAlberslHartmann, ZPO, § 249 Anm. 3 A.

I. Aufnahme alter Prozesse durch den vAE

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ihm und der anderen Partei von Anfang an umstritten und kann sie nicht bewiesen werden, weist das Gericht den Antrag des vAE auf Fortsetzung des Prozesses ohne Entscheidung zur Hauptsache durch Urteil kostenpflichtig ab 7 • Wird der vAE dagegen zur Fortsetzung des Rechtsstreits zugelassen, begründet er durch seine Prozeßführung ein eigenes Prozeßrechtsverhältnis zu den am Rechtsstreit beteiligten Arbeitnehmern, welches sich an das bisherige Prozeßrechtsverhältnis des Erblassers zu den Arbeitnehmern anschließt8 • Dem vAE fehlt lediglich die Sachlegitimation, da er nicht Rechtsnachfolger des Erblassers ist. Diesen Prozeß des vAE können die Parteien durch übereinstimmende Erledigungserklärung (vgl. § 91 a ZPO) beenden. Tritt das erledigende Ereignis erst nach Rechtsanhängigkeit ein, etwa weil der vAE durch Anfechtung (§§ 2078 ff.) eines Dritten seine Sachlegitimation verliert, kommt auch eine einseitige Erledigungserklärung des jeweiligen Klägers in Frage. Scheiden diese Möglichkeiten aus, muß der als Kläger an dem Prozeß beteiligte v AE die Klage zurücknehmen, wenn er ein mangels Aktivlegitimation abweisendes Urteil vermeiden wi119 • Er hat dann die Kosten zu tragen, die durch seine Prozeßführung entstanden sind (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO). Ist er dagegen als Beklagter in den Prozeß eingetreten, muß der klagende Arbeitnehmer gegen ihn die Klage zurücknehmen, wenn er ein wegen fehlender Passivlegitimation abweisendes Urteil verhindern will10 • 2. Ausnahme bei Kündigungsschutzklagen

Eine Ausnahme besteht lediglich in den Fällen, in denen die vom Erblasser geführten Rechtsstreitigkeiten keine vor dem Erbfall abgeschlossenen Sachverhalte betreffen, sondern auch auf die Rechte und Pflichten des vAE während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge einwirken. Das gilt etwa für Kündigungsschutzklagen der Arbeitnehmer gegenüber Kündigungen des Erblassers. Denn von der Entscheidung dieser Streitigkeiten hängt es ab, ob der vAE die von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge weiterbeschäftigen muß, um ihnen gegenüber nicht in Annahmeverzug zu geratenl l . Hinsichtlich der Beschäftigungspflicht ist der vAE - zeitlich begrenzt auf die Dauer des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge - Rechtsnachfolger des Erblassers. Deshalb kann er die gegen 1 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, senberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, § 127 I 3

§ 239 Anm. 4 a bb. 8 Kahler, ZZP 12 (1888), 97, 127. 9 Kahler, ZZP 12 (1888), 97, 128.

ZPO, § 239 Anm. 4 A d bb; Roa, S.751; Thomas/Putzo, ZPO,

Es ergeht ein materielles Urteil. Vgl. Kahler, ZZP 12 (1888), 97, 128. Die Regeln über den Annahmeverzug gelten auch für das fehlerhafte Arbeitsverhältnis. VgI. oben § 2 I 2 d bb (2) (a) (aa). 10

11

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§ 7 Bindung des wahren Erben an Prozeßhandlungen des vAE

den Erblasser gerichteten Kündigungsschutzklagen nach dem Erbfall mit der Wirkung aufnehmen, daß die Unterbrechung oder Aussetzung dieser Rechtsstreitigkeiten endet. Nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ist der vAE jedoch unabhängig vom Ausgang der Kündigungsschutzklagen nicht verpflichtet, die vom Erblasser übernommenen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen. Er verliert die Passivlegitimation für die von ihm nach dem Erbfall fortgesetzten Kündigungsschutzklagen an den wahren Erben. Dieser tritt dann nach §§ 1922, 1967 an die Stelle des Erblassers. Seine Rechtsnachfolge erfolgt lediglich zeitlich versetzt um die Dauer des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge. Die Rechtsstellung des vAE und die des wahren Erben gleichen hinsichtlich der Pflicht, die vom Erblasser übernommenen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen, derjenigen des Vorerben und der des Nacherben. Auch der Vorerbe ist zeitlich begrenzt zwischen Erbfall und Nacherbfall Rechtsnachfolger des Erblassers. Er verliert seine Rechte und Pflichten beim Nacherbfall an den Nacherben, der dann - zeitlich versetzt um die Dauer der Vorerbschaft - Rechtsnachfolger des Erblassers wird 12 . Ist ein Vorerbe Partei eines Rechtsstreits über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand und war er zur Verfügung über diesen Gegenstand befugt, wird der Rechtsstreit bei Eintritt des Nacherbfalls gern. §§ 242, 239 ZPO unterbrochen oder gern. § 246 ZPO ausgesetzt. Diese Regelung ist wegen der vergleichbaren Interessenlage entsprechend anzuwenden, wenn während der Rechtshängigkeit eines vom vAE fortgesetzten Kündigungsrechtsstreits des Erblassers der fehlerhafte Vollzug der Erbfolge endet. Denn auch in diesem Fall unterliegt der Streitgegenstand (Fortbestand der gekündigten Arbeitsverhältnisse des Erblassers) der Rechtsnachfolge des wahren Erben in die Rechtsstellung des Erblassers, und der vAE kann durch Kündigung der Arbeitsverhältnisse oder Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages ohne Zustimmung des wahren Erben über den Streitgegenstand verfügen 13 . Deshalb werden die nach dem Erbfall vom vAE aufgenommenen Kündigungsschutzklagen gegen Kündigungen des Erblassers bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge erneut unterbrochen (§§ 242, 239 ZPO) oder ausgesetzt (§ 246 ZPO)14. Sie sind vom wahren Erben 12 Der Nacherbe ist nicht Rechtsnachfolger des Vorerben, sondern des Erblassers. BGH NJW 1952, 102; RGZ 75, 363, 364; Palandt/Edenhofer, Einf. v. § 2100 Anm. 2. 13 Auch die Kündigung oder Aufhebung eines Dauerrechtsverhältnisses stellt eine "Verfügung über einen Gegenstand" i. S. d. § 242 ZPO dar. Vgl. Larenz, AT, § 16 IV, S. 286 f. und § 18 II c, S. 311. Zu der Möglichkeit des vAE, die Arbeitsverhältnisse wirksam zu kündigen, vgl. oben § 2 I 3 f cc (2) (a) und § 6 III 3 b.

14 Zum gleichen Ergebnis kommt die h. M. durch entsprechende Anwendung des § 239 ZPO auch dann, wenn zwischen Erblasser und Erben eine Per-

11. Führung eigener Prozesse durch den vAE

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aufzunehmen. Dieser ist allerdings an die zwischenzeitliche Prozeßführung des vAE gebunden und nimmt die Kündigungsstreitigkeiten in dem Stadium auf, in dem sie sich bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge befinden. 11. Führung eigener Prozesse durch den v AE

Soweit der vAE selbst als Kläger oder Beklagter in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber Rechtsstreitigkeiten begonnen hat, ist für die Frage, ob an seine Prozeßhandlungen auch der wahre Erbe gebunden ist, zu unterscheiden: 1. Prozeßführung um Rechte oder Pflichten des Erblassers

Wenn um rückständige Rechte oder Pflichten des Erblassers gegenüber den Arbeitnehmern aus der Zeit vor dem Erbfall gestritten wird, gilt das soeben unter I 1 Gesagte entsprechend. Der vAE ist nicht sachlegitimiert. Kommt eine übereinstimmende oder einseitige Erledigungserklärung nicht in Frage, muß der jeweilige Kläger seine Klage zurücknehmen, falls er ein klageabweisendes Urteil vermeiden will. Erheben solche Arbeitnehmer, die der vAE vom Erblasser übernommen hat, gegen den vAE Kündigungsschutzklagen wegen einer von diesem oder vom Erblasser ausgesprochenen Kündigung, ist der vAE passivlegitimiert; denn während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ist er als Arbeitgeber zur Beschäftigung der übernommenen Arbeitnehmer verpflichtet. übergibt der vAE während der Rechtshängigkeit den Betrieb an den wahren Erben, finden §§ 242, 239, 246 ZPO entsprechende Anwendung; denn dann tritt der wahre Erbe - zeitlich versetzt wie ein Nacherbe - kraft Erbrechts in die noch bestehenden Arbeitsverhältnisse des Erblassers ein. Die von den übernommenen Arbeitnehmern gegen den vAE eingeleiteten Kündigungsschutzstreitigkeiten werden also ebenso wie die, welche der vAE nach dem Erbfall aufgenommen hat, bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge unterbrochen oder ausgesetzt und sind vom wahren Erben aufzunehmen. 2. Prozeßführung um vom v AE begründete Rechte oder Pflichten

Die §§ 242, 239, 246 ZPO greifen dagegen nicht ein, wenn es um Rechte und Pflichten geht, die erst in der Person des vAE entstanden son kraft Amtes passivlegitimiert ist und ihre Passivlegitimation verliert. Vgl. BGH NJW 1964, 2301 für den Verlust der Passivlegitimation eines Testamentsvollstreckers durch Abberufung; vgl. auch RGZ 155, 350, 354; Stein/ Jonas/Pohle, ZPO, § 239 Anm. 15; Zöller/Stephan, ZPO, § 239 Anm. 2.

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§ 7 Bindung des wahren Erben an Prozeßhandlungen des vAE

sind; denn sie gehen nicht - auch nicht zeitlich versetzt - kraft Erbrechts auf den wahren Erben über. Allerdings tritt der wahre Erbe bei der Betriebsübernahme anläßlich der Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge gern. § 613 a Abs. 1 S. 1 in die Rechte und Pflichten des vAE aus bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Ab diesem Zeitpunkt ist der vAE nicht mehr Arbeitgeber. Es fragt sich, wie diese materiellrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs sich prozessual auf die Parteirolle des vAE in schwebenden Rechtsstreitigkeiten auswirken. a) Fortdauer der Sachlegitimation des vAE bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge Bleibt der vAE nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge trotz Verlustes seiner Arbeitgeberstellung sachlegitimiert, wird der Rechtsstreit nicht unterbrochen oder ausgesetzt. Das gilt etwa bei der Kündigungsschutzklage eines vom vAE eingestellten Arbeitnehmers. Denn nur wenn feststeht, daß trotz der Kündigung des vAE das Arbeitsverhältnis fortbesteht, tritt der wahre Erbe nach § 613 a Abs. 1 S. 1 in die Rechte und Pflichten aus diesem Arbeitsverhältnis ein. Ein solcher Rechtsstreit ist deshalb auch nach dem Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben gegen den vAE fortzusetzen 15 •

b) Verlust der Sachlegitimation Regelmäßig führt die Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge jedoch gern. § 613 a Abs. 1 S. 1 dazu, daß der vAE auch hinsichtlich der von ihm selbst als Arbeitgeber begründeten Rechte und Pflichten seine Sachlegitimation verliert. Verklagt er etwa einen von ihm neu eingestellten Arbeitnehmer, bestimmte Arbeiten für ihn zu verrichten, verliert er seine Aktivlegitimation. Denn der Anspruch auf Arbeitsleistung aus dem Arbeitsvertrag geht nach § 613 a Abs. 1 S. 1 auf den wahren Erben über, sofern der Arbeitnehmer dem Arbeitgeberwechsel nicht widerspricht16 • Wird umgekehrt der vAE von einem Arbeitnehmer verklagt, diesen auf einem bestimmten Arbeitsplatz zu beschäftigen, verliert der vAE bei übertragung des Betriebes auf den wahren Erben seine Passivlegitimation; denn die Beschäftigungspflicht geht ebenfalls nach § 613 a Abs. 1 S. 1 auf den wahren Erben über. Selbst wenn der vAE von einem Arbeitnehmer auf Lohnzahlung für einen während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge abgeschlossenen Zeitraum verklagt 15 BAG NJW 1979, 233, 234; Hueck, KSchG, § 4 Rdz. 21 a; KR/Friedrich, KSchG, § 4 Rdz.97; Schaub, Handbuch, § 136 I 1 c, S.833; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, G I 3, S. 133. 16 Zum Recht des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeberwechsel zu widersprechen, vgl. BAG NJW 1980, 2149; Palandt/Putzo, § 613 a Anm. 2 e; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, B V 2, S. 65 ff.

II. Führung eigener Prozesse durch den vAE

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wird, verliert er seine Passivlegitimation; denn nach § 613 a Abs. 1 S. 1 rückt der wahre Erbe auch in rückständige Pflichten des vAE aus dem Arbeitsverhältnis ein. Der vAE haftet nicht gesamtschuldnerisch weiter, da § 613 a Abs. 2 keine Anwendung findet17. Der durch § 613 a Abs. 1 S. 1 begründete Verlust der Sachlegitimation des vAE bedeutet jedoch nicht, daß der Rechtsstreit unterbrochen wird. §§ 239, 242 ZPO greifen nicht ein; denn der vAE scheidet nicht durch Tod aus dem Rechtsstreit aus, und der wahre Erbe rückt nicht in die Rechtsstellung einer verstorbenen Partei als deren Rechtsnachfolger ein18. Vielmehr findet § 265 Abs.2 S.l ZPO Anwendung. Danach hat die Veräußerung oder Abtretung der in Streit befangenen Sache oder des Anspruchs auf den Prozeß keinen Einfluß. Die Begriffe Veräußerung und Abtretung in § 265 ZPO sind weit auszulegen 19. Damit ist jede Rechtsnachfolge gemeint, gleichgültig, ob sie gewillkürt oder kraft Gesetzes eintritt, solange nicht die Voraussetzungen des § 239 ZPO vorliegen20 • Deshalb fällt auch die in § 613 a Abs.1 S.l geregelte Rechtsnachfolge auf Arbeitgeberseite in die Rechte und Pflichten eines am Rechtsstreit beteiligten Arbeitgebers unter den Anwendungsbereich des § 265 ZP021. Zwar betreffen nach einer verbreiteten Meinung22 die Begriffe Veräußerung, Abtretung und Rechtsnachfolge im Sinne des § 265 ZPO nur den übergang der Berechtigung, nicht aber den übergang der Verpflichtung; danach würde die Vorschrift nur bei Aktivprozessen des v AE eingreifen. Jedoch ist diese Auslegung des § 265 ZPO zumindest dann, wenn ein Arbeitgeber seine Sachlegitimation verliert, weil er seinen Betrieb an einen Dritten übergibt, mit dem Zweck der Vorschrift 17 Vgl. oben § 6 IU 2 b bb. Anders, soweit es um die Beschäftigungspflicht geht, die schon der Erblasser hatte; sie geht nach den §§ 1922, 1967 - zeitlich versetzt um die Dauer des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge - auf den wahren Erben über, so daß die §§ 242, 239 zpo eingreifen. Vgl. oben § 7 I 2. 10 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 265 Anm. 2 E; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO, § 265 Anm. IU. 20 BGH NJW 1973, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 265 Anm.2 E; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, § 103 U 3, S.595; ZöllerlStephan, ZPO, § 265 Anm.3. 21 Zur Anwendung des § 265 ZPO auf § 613 a vgl. BAG AP Nr. 30 zu § 613 a BGB unter 111 3; BAG SAE 1977, 220, 221 f. mit insoweit zustimmender Anm. von Grunsky, S.225 und Leipold, AP Nr.l zu § 325 ZPO; LAG Baden-Württemberg, DB 1973, 1080; MünchKomml Schaub, § 613 a Rdz.42; Schaub, Handbuch, § 136 I 1 c, S.833; SoergellKraft, § 613 a Rdz.49; a. M. BaumbachlLauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 265 Anm.3 D, falls der Veräußerer der Beklagte ist. 22 BGH NJW 1973, 1700; Baumbach/Lauterbach/AlbersIHartmann, ZPO, § 265 Anm.3 D; SteinlJonasI SChumann/Leipold, ZPO, § 265 Anm. I 2; Thomas/Putzo, ZPO, § 265 Anm.3 d; a. M. PalandtlHeinrichs, üb. v. § 414 Anm. 1. 18

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§ 7 Bindung des wahren Erben an Prozeßhandlungen des vAE

nicht vereinbar23 • § 265 ZPO will verhindern, daß in den Fällen der Rechtsnachfolge, die nicht von § 239 ZPO erfaßt werden, ein neuer Prozeß gegen den Rechtsnachfolger einer Partei begonnen werden muß. Das dient zum einen der Rechtspflege, die vor unnötigen Doppelprozessen geschützt werden soll. Vor allem aber soll dem Prozeßgegner die Einstellung auf eine neue Gegenpartei und die tatsächliche Verzögerung, die ein Partei wechsel mit sich bringt, erspart werden; außerdem soll ihm die bisherige Partei als Kostenschuldner erhalten bleiben24 • Zwar mag ein solcher Schutz des Klägers nicht erforderlich sein, wenn der Kläger selbst den Beklagten durch einen Vertrag mit einem Schuldübernehmer (§ 414) oder durch Genehmigung einer zwischen dem Beklagten und einem Dritten vereinbarten Schuldübernahme (§ 415) freiwillig von der eingeklagten Verbindlichkeit befreit25 • Wenn dagegen ein Arbeitnehmer den vAE verklagt und dieser während des Rechtsstreits den Betrieb an den wahren Erben herausgibt, dann erfolgt der damit verbundene Schuldnerwechsel nicht auf Veranlassung des klagenden Arbeitnehmers. Dieser hat keine Möglichkeit, den Betriebsübergang vom vAE auf den wahren Erben zu verhindern, und kann sich auch dem Arbeitgeberwechsel nicht widersetzen, ohne gleichzeitig den Verlust seines Arbeitsplatzes zu riskieren26 • Da aus Sicht der Arbeitnehmer der Arbeitgeber bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge ohne ihren Willen ausgewechselt wird, verdienen sie den Schutz, den § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO bezweckt27 • War der vAE also bei Beginn des Rechtsstreits sachlegitimiert, ist der Rechtsstreit gegen ihn nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO auch dann fortzusetzen, wenn er seine Sachlegitimation nach § 613 a Abs. 1 S. 1 beim Betriebsübergang auf den wahren Erben verliert. Das gilt selbst dann, wenn der gegen den v AE gerichtete Anspruch nur vom wahren Erben als dem neuen Arbeitgeber erfüllt werden kann28 • Der Klageantrag braucht nicht umgestellt zu werden29 • Wie sich aus § 265 Abs.2 S.3 23 BAG SAE 1977, 220, 222 mit insoweit zustimmender Anm. von Grunsky, S.225. 24 Zum Zweck des § 265 ZPO vgl. auch SteinlJonaslSchumannlLeipold, ZPO, § 265 Anm. I 4; Begründung des Entwurfs der CPO, abgedruckt bei Hahn, Die gesammten Materialien zur Civilprozeßordnung, S. 261. 25 So BGH NJW 1973, 1700, 1701 mit Nachweisen. 26 BAG SAE 1977, 220, 222. Bei einem Widerspruch bleibt zwar der vAE Arbeitgeber, er kann aber mangels Beschäftigungsmöglichkeit betriebsbedingt kündigen. Vgl. dazu BAG NJW 1975, 1378, 1380; Bauer, DB 1983, 713, 714; PalandtlPutzo, § 613 a Anm. 2 e; vgl. ferner die Nachweise in § 6 FN 48. 27 Vgl. die Nachweise in § 7 FN 21 sowie Seifer, Betriebsinhaberwechsel, G I 1 a, S. 131. 28 BAG AP Nr. 30 zu § 613 a BGB unter 111 3 a. 29 Seifer, Betriebsinhaberwechsel, G I 1 a, S. 131; wohl auch BAG AP Nr. 1 zu § 325 ZPO mit zustimmender Anm. Leipold; vgl. ferner BGH LM Nr. 14 zu § 265 ZPQ unter 11 3 c; Rosenberg I Schwab, Zivilprozeßrecht, § 103 IV 2, S. 599.

11. Führung eigener Prozesse durch den vAE

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ZPO ergibt, kann der wahre Erbe sich als Nebenintervenient am Rechtsstreit beteiligen. Der wahre Erbe kann den nicht unterbrochenen Rechtsstreit lediglich dann als Rechtsnachfolger des vAE übernehmen, wenn sowohl die Gegenpartei (§ 265 Abs.2 S.2 ZPO) als auch der vAE ihre Zustimmung dazu geben30 • Der vAE scheidet dann ohne besondere Entscheidung aus dem Rechtsstreit aus, und der wahre Erbe übernimmt den Rechtsstreit in dem Stadium, in dem er sich bei dem Parteiwechsel befindet. Das Urteil ergeht in diesem Fall einschließlich der Kostenentscheidung nur für und gegen den wahren Erben.

30 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 265 Anm.4 B; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, § 103 111 2, S.597; Thomas/Pufzo, ZPO, § 265

Anm. 5 a bb.

§ 8 Wirkungen der Rechtskraft eines für oder gegen den v AE ergangenen Urteils Wird ein Rechtsstreit, den der vAE als Arbeitgeber führt, während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge rechtskräftig entschieden, stellt sich die Frage, ob auch der wahre Erbe an das Urteil gebunden ist und von wem und gegen wen aus dem Urteil vollstreckt werden kann. I. Subjektiver Umfang der Rechtskraft Grundsätzlich wirkt die Rechtskraft eines Urteils nur für und gegen die Parteien des Rechtsstreits. Lediglich in Ausnahmefällen (§ 325 Abs.l ZPO bei Rechtsnachfolge; § 326 ZPO bei Vor- und Nacherbschaft; § 327 ZPO bei Testamentsvollstreckung) findet eine Rechtskrafterstrekkung auf Dritte statt. Bei Urteilen, die für oder gegen den vAE ergangen sind, müssen für den subjektiven Umfang der Rechtskraft drei Fälle unterschieden werden: 1. Recbtskraftwirkung inter partes

Die Rechtskraft eines Urteils wirkt nur zwischen dem vAE und der anderen Partei, wenn es in dem Rechtsstreit um Rechte und Pflichten des Erblassers ging, die nicht auf den vAE, sondern sofort mit dem Erbfall auf den wahren Erben übergegangen sind!. § 325 Abs.l ZPO greift nicht ein, weil der wahre Erbe insoweit nicht Rechtsnachfolger des vAE, sondern des Erblassers geworden ist. § 326 ZPO kommt ebenfalls nicht (entsprechend) zur Anwendung, weil der vAE - im Gegensatz zum Vorerben - auch nicht vorübergehend zwischen Erbfall und Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge sachlegitimiert war. Haben die Arbeitnehmer etwa den vAE auf Zahlung rückständigen Lohnes für einen VOr dem Erbfall liegenden Zeitraum verklagt und wurde die Klage rechtskräftig abgewiesen, steht einer erneuten Klage wegen desselben Anspruchs gegen den wahren Erben jedenfalls nicht die Rechtskraft des für den vAE ergangenen Urteils entgegen. Die Rechtskraft dieses Urteils wirkt nicht für den wahren Erben. 1 Derartige Rechtsstreitigkeiten, die durch den Tod des Erblassers unterbrochen oder ausgesetzt wurden, konnte der vAE auch nicht mit Wirkung für und gegen den wahren Erben aufnehmen. Vgl. oben § 7 11.

I. Subjektiver Umfang der Rechtskraft

171

2. Rechtskrafterstreckung nach § 325 Abs. 1 ZPO

Etwas anderes gilt dagegen, wenn sich das rechtskräftige Urteil auf Rechte oder Pflichten des vAE bezieht, in die der wahre Erbe nach Rechtshängigkeit gern. § 613 a Abs. 1 S. 1 eintritt. Insoweit ist der wahre Erbe Rechtsnachfolger des vAE, so daß § 325 Abs. 1 ZPO eingreift. Danach wirkt das rechtskräftige Urteil auch für und gegen den wahren Erben2 • Hat etwa ein Arbeitnehmer den vAE auf Lohnzahlung für einen Zeitraum während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge verklagt, erstreckt sich die Rechtskraft eines stattgebenden Urteils auch gegen den wahren Erben. Das wirkt sich vor allem in der Zwangsvollstreckung aus3• Diese Rechtskrafterstreckung tritt trotz § 325 Abs. 2 ZPO selbst dann ein, wenn der wahre Erbe bei Übernahme des Betriebes von dem rechtskräftigen Urteil oder von der Rechtshängigkeit des Prozesses nichts wußte 4 • Denn der prozessuale Gutglaubensschutz des Rechtsnachfolgers gegen eine Rechtskrafterstreckung (§ 325 Abs. 2 ZPO) greift nur dann ein, wenn der gute Glaube auch nach materiellem Recht geschützt ist. Ein Betrieb kann jedoch nach materiellem Recht nicht kraft guten Glaubens ohne die in § 613 a Abs. 1 S. 1 vorgesehene Übernahme der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten erworben werden5 • 3. Rechtskrafterstreckung nach § 326 ZPO

Soweit das rechtskräftige Urteil einen Rechtsstreit abschloß, in dem der vAE wie ein Vorerbe nur als vorübergehender Rechtsnachfolger des Erblassers sachlegitimiert war, ist § 326 ZPO entsprechend anzuwenden8 • Diese Vorschrift regelt die Rechtskrafterstreckung, wenn das Urteil über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand ergeht. Von der entsprechenden Anwendung des § 326 ZPO werden etwa die Entscheidungen über Kündigungsschutzklagen solcher Arbeitnehmer erfaßt, die der vAE vom Erblasser übernommen hat; denn in die trotz 2 BAG AP Nr.30 zu § 613 a BGB unter 111 3 a; BAG SAE 1977, 220, 222 mit zustimmender Anm. Leipold in AP Nr.l zu § 325 ZPO; Schaub, Handbuch, § 136 I 1 C, S.833; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, G I 2 b, S.132; Soergel/ Kraft, § 613 a Rdz. 49. a Vgl. dazu unten § 8 II. , Anders noch BAG SAE 1977, 220, 222; diese Entscheidung ist insoweit aber überholt durch BAG AP Nr. 30 zu § 613 a BGB unter 111 3 a. 5 BAG AP Nr.30 zu § 613 a BGB unter III 3 a; Grunsky, Anm. zu BAG SAE 1977, 225 f.; Leipold, Anm. zu BAG AP Nr.l zu § 325 ZPO; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, G I 2 b, S. 132. 6 Die Anwendung des § 326 ZPO korrespondiert damit, daß solche Rechtsstreitigkeiten entsprechend der ebenfalls für Vor- und Nacherbschaft geltenden Regel des § 242 ZPO unterbrochen werden, wenn die Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nicht nach Rechtskraft, sondern während der Rechtshängigkeit eintritt. Vgl. dazu oben § 7 I 2.

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§ 8 Rechtskraft eines Urteils für oder gegen den vAE

Kündigung noch bestehenden Arbeitsverhältnisse dieser Arbeitnehmer tritt der wahre Erbe nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge als Rechtsnachfolger des Erblassers ein. Entsprechend § 326 Abs.1 ZPO wirkt ein für den vAE günstiges Urteil (Abweisung der Kündigungsschutzklage) auch für den wahren Erben. Die Arbeitnehmer können deshalb wegen derselben Kündigung gegen den wahren Erben nicht mit Erfolg eine neue Kündigungsschutzklage erheben7 • Da der vAE über den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse ohne Zustimmung des wahren Erben verfügen kann (Kündigung, Aufhebungsvertrag), findet auch § 326 Abs. 2 ZPO entsprechende Anwendungs. Danach wirkt ein für den vAE ungünstiges Urteil, in welchem festgestellt wird, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ebenfalls gegen den wahren Erben. Diese Rechtskrafterstreckung hat zur Folge, daß der wahre Erbe ohne weiteres in Annahmeverzug kommt (§ 615), wenn er einen Arbeitnehmer, der ein stattgebendes Feststellungsurteil in einem Kündigungsrechtsstreit gegen den vAE erstritten hat, unter Berufung auf diese Kündigung nicht weiterbeschäftigt9 • 11. Zwangsvollstreclmng

Die Zwangsvollstreckung aus einem für oder gegen den vAE ergangenen Urteil erfolgt nach § 750 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur zwischen den Parteien des Rechtsstreits. Erstreckt sich die Rechtskraft des Urteils jedoch nach § 325 Abs. 1 ZPO oder nach § 326 ZPO auf den wahren Erben, kommen die §§ 727, 728, 731 ZPO zur Anwendung to. Danach kann der wahre Erbe sich für ein Urteil, in welchem der vAE als Gläubiger bezeichnet ist, eine titelumschreibende Vollstreckungsklausel erteilen lassen und anstelle des vAE selbst die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil betreiben. Ist der vAE in dem Urteil als Schuldner bezeichnet, kann der vollstreckende Arbeitnehmer sich nach §§ 727, 728, 731 ZPO eine vollstreckbare Ausfertigung gegen den wahren Erben erteilen lassen und gegen diesen vollstrecken. Bei der Zwangsvollstreckung ergeben sich folgende Besonderheiten: 7 Nach h. M. steht die Rechtskraft des Urteils bereits der Zulässigkeit eines neuen Prozesses entgegen (sogenannte ne-bis-in-idem-Lehre); vgl. BGH LM Nr. 78 zu § 322 ZPO; BGH NJW 1979, 1408. Dagegen soll nach der sogenannten Bindungs-Lehre nur eine abweichende Entscheidung verboten sein; vgl. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 88 III 2 b, S. 443 f. Zum Meinungsstand siehe etwa Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, § 152 II 2, S. 926 f. und III 2, S. 927. 8 In der Kündigung oder Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses liegt auch eine "Verfügung über einen Gegenstand" im Sinne des § 326 Abs. 2 ZPO. Nachweis in § 7 FN 13. g Hueck, KSchG, § 4 Rdz. 55. 10 Vgl. dazu BAG SAE 1977, 220, 222 mit Anm. von Leipold, AP Nr.1 zu § 325 ZPO; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, G I 2 b, S. 132.

11. Zwangsvollstreckung

173

1. Abwehrrechte des vAE bei von Anfang an fehlender Passivlegitimation

Ergeht gegen den vAE ein Urteil, dessen Rechtskraft sich nicht auf den wahren Erben erstreckt, wird der obsiegende Arbeitnehmer gegen den vAE vollstrecken. Stellt sich in einem solchen Fall erst nach Rechtskraft heraus, daß der vAE nicht Erbe ist und deshalb von Anfang an nicht passivlegitimiert war, fragt es sich, ob und wie der vAE sich gegen die Vollstreckung wehren kann. Das Problem stellt sich z. B. dann, wenn der vAE rechtskräftig zur Zahlung rückständigen Lohnes für die Zeit vor dem Erbfall verurteilt istl l • Wird erst nach Rechtskraft ein Testament des Erblassers gefunden, aus welchem sich ergibt, daß der vAE nicht Erbe ist, kann der vAE nach § 580 Nr.7 ZPO Restitutionsklage erheben. Denn das später aufgefundene Testament würde im Vorprozeß eine für ihn günstigere Entscheidung (Klageabweisung mangels Passivlegitimation) herbeigeführt haben. Wird die Erbeinsetzung des vAE erst nach Rechtskraft von einem Dritten nach §§ 2078 ff. angefochten oder wird der vAE erst nach Rechtskraft aufgrund einer Anfechtung gern. §§ 2339 ff. für erbunwürdig erklärt, kann der vAE sich gegen die Zwangsvollstreckung mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO wehren. Denn in einem solchen Fall, in dem er sich auf den rückwirkenden Verlust der ErbensteIlung beruft, macht er einen Einwand geltend, der den durch das Urteil festgestellten Anspruch betrifft. Es fragt sich nur, ob dieser Einwand gern. § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert ist, weil die Anfechtungsvoraussetzungen schon vor Schluß der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozeß gegeben waren. Nach ständiger Rechtsprechung 12 ist der Anfechtungseinwand nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, wenn die Anfechtungsmöglichkeit bereits vor Schluß der letzten mündlichen Verhandlung vorlag, auch wenn die Anfechtung erst nachher erklärt wurde. Doch selbst nach dieser - umstrittenen 13 Meinung steht § 767 Abs.2 ZPO einer Vollstreckungsabwehrklage des vAE nicht entgegen, da der vAE sich nicht auf eigene Anfechtung beruft, sondern auf die eines Dritten. Diesen Einwand konnte er ohne die Anfechtungserklärung des Dritten im Vorprozeß selbst dann nicht geltend machen, wenn er von der Anfechtungsmöglichkeit Kenntnis hatte. Er war noch nicht einmal in der Lage, auf die Erklärung der Anfech·· tung Einfluß zu nehmen. Durch § 767 Abs. 2 ZPO werden aber nur solche Einwendungen präkludiert, deren Geltendmachung dem VoIln Vgl. oben § 8 1 1. RGZ 64, 228, 230; BGHZ 24, 97, 98 ff.; 34,274, 279 ff.; 42, 37 ff.; 59, 116, 124; BGH NJW 1980, 2527, 2528; BAGE 3, 17 ff.; ebenso BaumbachlLauterbach/ AlberslHartmann, ZPO, § 767 Anm. 4 B c. 13 A. M. etwa SteinlJonaslMünzberg, ZPO, § 767 Rdz. 32 ff. mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen; vgI. auch BaurlStürner, Zwangsvollstreckungsrecht, Rdz.750; ThomaslPutzo, ZPO, § 767 Anm.6 c bb; Wieczorek, ZPO, § 767 Anm. D 111 b 1 und 3. 12

174

§ 8 Rechtskraft eines Urteils für oder gegen den vAE

streckungsschuldner im Vorprozeß rechtlich möglich war; denn andernfalls hätte diese Einwendung nicht "geltend gemacht werden müssen"14. 2. Abwehrrechte des vAE bei Verlust der Sachlegitimation während der Rechtshängigkeit

Wenn der vAE während der Rechtshängigkeit des Vorprozesses durch Betriebsübergabe an den wahren Erben nach § 613 a Abs. 1 S. 1 seine Passivlegitimation verliert, bleibt er nach § 265 Abs.2 S. 1 ZPO dennoch Partei des Rechtsstreits 15. Die Rechtskraft des Urteils erstreckt sich zwar nach § 325 Abs. 1 ZPO auf den wahren Erben, so daß nach §§ 727, 731 ZPO gegen diesen vollstreckt werden kann. Fraglich ist jedoch, ob der vollstreckende Arbeitnehmer auch auf eine titelumschreibende Vollstreckungsklausel nach §§ 727, 731 ZPO verzichten und die Zwangsvollstreckung gegen den vAE als die unterliegende Partei betreiben kann. Der vAE wird sich auf den Verlust seiner Sachlegitimation berufen und die Vollstreckungsabwehrklage erheben. Diesem Einwand scheint zwar § 767 Abs. 2 ZPO entgegenzustehen; denn der Betriebsübergang auf den wahren Erben erfolgte schon vor Schluß der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses. Aber auch hier ist zu berücksichtigen, daß der vAE im Vorprozeß nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO aus rechtlichen Gründen daran gehindert war, den Einwand der fehlenden Sachlegitimation zu erheben, und daß selbst der gegen ihn gerichtete Klageantrag nicht umgestellt werden mußte. Deshalb kann der vAE sich trotz § 767 Abs. 2 ZPO erfolgreich mit einer Vollstreckungsabwehrklage gegen eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil wehren 16.

Nieder, NJW 1975, 1000, 1004; SteinlJonaslMünzberg, ZPO, § 767 RdZ.28. 15 Vgl. § 7 11 2 b. 16 LeipoZd, Anm. zu BAG AP Nr. 1 zu § 325 ZPO; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, G I 2 a, S. 132; vgl. auch Nieder, NJW 1975, 1000, 1004. 14

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Wird nach dem Tod eines Arbeitgebers dessen Betrieb von einem vermeintlichen Erben (vAE) fortgeführt, der gegenüber den Arbeitnehmern als Arbeitgeber auftritt, hat das folgende Auswirkungen: 1. Die Arbeitsverhältnisse, die der vAE mit den übernommenen Arbeitnehmern tatsächlich vollzieht, sind rechtlich so zu behandeln, als sei der vAE kraft Erbrechts in diese Arbeitsverhältnisse als Arbeitgeber eingetreten. Die gegenseitig erbrachten Leistungen sind nicht rückabzuwickeln, wenn der fehlerhafte Vollzug der Erbfolge beendet wird und der wahre Erbe den Betrieb übernimmt. Dagegen rückt der vAE nicht in die Rechte und Pflichten ein, die der Erblasser gegenüber ausgeschiedenen Arbeitnehmern hatte (Pflicht zur Ruhegeld- oder Karenzzahlung). Leistungen, die der vAE an ehemalige Arbeitnehmer aus eigenen Mitteln erbracht hat, kann er entweder zurückfordern oder vom wahren Erben ersetzt verlangen. Gegenüber den Arbeitnehmern, die der vAE erst nach dem Erbfall eingestellt hat, ist er aufgrund der selbst abgeschlossenen Verträge als Arbeitsvertragspartei berechtigt und verpflichtet. 2. Der wahre Erbe ist an den Arbeitsverhältnissen, die nach dem Erbfall zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern vollzogen werden, nicht beteiligt. Er ist während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge nicht Arbeitgeber. Dagegen rückt er beim Erbfall in die nachvertraglichen Rechte und Pflichten des Erblassers gegenüber ausgeschiedenen Arbeitnehmern ein. Deren Ansprüche auf Ruhegeld- oder Karenzzahlungen muß er nachträglich erfüllen, sofern der vAE solche Zahlungen nicht schon mit Nachlaßmitteln geleistet hat. Wenn der vAE eigenes Geld an die Anspruchsberechtigten ausgezahlt hat, kann er vom wahren Erben Ersatz verlangen. 3. Die Ansprüche, die der vAE und der wahre Erbe wegen der vorübergehenden Betriebsfortführung durch den vAE gegeneinander haben, ergeben sich aus § 1959 Abs. 1 oder aus §§ 2018 ff. Danach ist der vAE gegenüber dem wahren Erben als Geschäftsführer ohne Auftrag berechtigt und verpflichtet, wenn er den Betrieb als vorläufiger Erbe zwischen Erbfall und Ausschlagung geführt hat. War der vAE dagegen von Anfang an Nichterbe, stehen ihm die Rechte und Pflichten eines Erbschaftsbesitzers zu.

176

II. Zusammenfassung

4. Wenn der wahre Erbe den Betrieb nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge übernimmt, rückt er kraft Erbrechts in die Arbeitgeberstellung des Erblassers ein, aus der er vorübergehend durch den vAE verdrängt war. In die arbeits- und kollektivvertraglichen Rechte und Pflichten, die der vAE selbst begründet hat, tritt der wahre Erbe analog § 613 a Abs. 1 ein. Deshalb muß er auch die vom vAE neu eingestellten Arbeitnehmer weiterbeschäftigen; außerdem ist er an alle zwischen dem vAE und den Arbeitnehmern vereinbarten Vertragsänderungen gebunden. Ferner wirken Kündigungen, die während des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge von der einen oder der anderen Partei ausgesprochen wurden, für und gegen den wahren Erben. 5. Rechtsstreitigkeiten, an denen der vAE bei Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge als Arbeitgeber beteiligt ist, sind analog §§ 242, 246 ZPO unterbrochen oder auszusetzen, sofern um Rechte oder Pflichten des Erblassers gestritten wird, in die der wahre Erbe zeitlich versetzt wie ein Nacherbe kraft Erbrechts eintritt. Der wahre Erbe muß solche Prozesse in dem Stadium aufnehmen, in dem sie sich nach der Prozeßführung durch den vAE befinden. Ist ein solcher Rechtsstreit bereits für oder gegen den vAE rechtskräftig entschieden, erstreckt sich die Rechtskraft analog § 326 ZPO auf den wahren Erben. - Dagegen wird der Rechtsstreit nach § 265 Abs. 2 ZPO vom vAE auch nach Beendigung des fehlerhaften Vollzugs der Erbfolge fortgeführt, wenn um vom vAE selbst begründete Rechte oder Pflichten gestritten wird, die nach § 613 a Abs. 1 auf den wahren Erben übergehen. Die Rechtskraft des Urteils wirkt dann nach § 325 Abs.1 ZPO für und gegen den wahren Erben. - In den Fällen der Rechtskrafterstreckung erfolgt die Zwangsvollstreckung nach §§ 727, 728, 731 ZPO für und gegen den wahren Erben. Der vAE kann sich gegen die Zwangsvollstreckung mit der Vollstreckungsabwehrklage wehren.

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