Commentar über die Schriften des Evangelisten Johannes: Teil 2 Auslegung von Kap. 5–21 [3. verb. Aufl., Reprint 2021] 9783112412206, 9783112412190


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Commentar über die Schriften des Evangelisten Johannes: Teil 2 Auslegung von Kap. 5–21 [3. verb. Aufl., Reprint 2021]
 9783112412206, 9783112412190

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Commen tat über

d i e Schriften

-es Evangelisten Johannes. Bon

Vr. Friedrich LiUke.

Zweyter Theil. Anslrgung des Evangeliums von Kap. V — XXL

Dritte, verbesserte Auflage.

Bo««, bey Eduard Weber. 1 84 3.

Commentär über das

Evangelium -es Johannes.

Don

»r. Friedrich Lücke, Consistorialrath und ordentlichem Professor der Theologie zu Göttingen.

Zweyter Theil. Auslegung von Kap. V — XXL

Dritte, verbesserte Auflage.

Bonn, bey Eduard Weber.

1 8 4 3.

Göttinger», gedruckt in der Dieterichsche» Univ. Buchdruckerei.

Vorrede.

Sttjenn dieser Band etwas später erscheint, als geneigte Leser erwartet haben mögen, so liegt der Grund davon in dem herben Geschick, womit der Herr über Leben und Tod während der Arbeit mein Haus von Neuem heimgesucht hat. Leider muß ich fürchten, daß die Verspätung nicht die einzige Folge davon ist. Die Arbeit selbst wird nur allzusehr die Spuren des tiefen Schmerzes tragen, womit meine Seele in dieser Zeit gerungen hat. Indessen getröste ich mich des alten Spruches: Anfechtung lehret auf's Wort mer­ ken, auch in dem Sinne, daß ich eine hermeneutische Schule bestanden habe, welche für den Ausleger der heiligen Lebensworte eben so heilsam, als schwer ist. In dieser Schule lernt man, was die neuere Zeit so sehr geneigt ist zu verlernen, aus Erfahrung auf das Wort merken, es lieben und ehren; in solcher *2

Vorrede.

VI

Liebe und Ehrfurcht aber wächst jene heilige Gewissens­ scheu, welche sich fürchtet, den zartesten

aller Geister,

die Wahrheit, irgendwie zu verletzen und zu betrüben. Möge dieses

eigenthümliche Jnsiegel der hermeneuti­

schen Leidensschule neben der Signatur des Fleißes und der Forschung meiner Arbeit in rechter Art und

Deutlichkeit eingeprägt seyn!

Dieß für theilnehmende

Freunde, besonders entferntere.

Mir selber ist unlieb, daß diese neue Ausgabe um

etwa fünf Bogen gewachsen ist.

Ze kürzer desto

besser — wird je länger je mehr auch mein Wahl­

sirruch,- so für das Schreiben, wie für das Lesen. Aber Jedermann weiß, daß der Betrieb der Johanneischen Litteratur jetzt größer ist, als je; und da mein Commentar

einmahl darauf angelegt war, die Untersuchungen mit ihrem Material so vollständig, als möglich, mitzutheilen, so wäre eine Verkürzung in dieser Beziehung ein doppeltes Unrecht gewesen, sowohl gegen den - Com­

mentar, als gegen das Evangelium, welchem mir Pflicht scheint durch Eingehen in die Fragen und Zweifel der

Zeit zu helfen, daß es das Fegefeuer der neueren Kri­

tik bestehe.

Sonst bin ich auf alle Weise bemühet ge­

wesen, nach meiner Art kurz zu seyn.

Die Litterär-

historie der Auslegungen habe ich so viel als möglich

abgekürzt, und, um für Wichtigeres Raum zu gewin-

Vorrede.

VII

nen, auch die den beyden ersten Ausgaben angehäng­ ten Excurse über die Geschichte der Auslegungen von

Kap. 5, 21 ff. und 6, 51 ff,

da sie ihren Dienst

gethan haben und zum Verständnisse der betreffenden Stellen nicht nothwendig sind, weggelaffen.

Sollten

sie gleichwohl vermißt werden, so würde ich nicht ab­

geneigt seyn, sie in den theol. Studien und Kritiken

in einer anderen Gestalt von Neuem mitzutheilen. Man wird finden, daß ich auch in diesem Theile

die neueren Angriffe auf das Evangelium des Joh. überall berücksichtigt habe, so weit sie in den Bereich

der exegetischen Erörterung fielen.

nehmthun

des

meine Sache. Alex.

Glaubens,

Weder das Vor­

noch der Wissenschaft ist

Mit Männern, wie Strauß, Weiße,

Schweizer,

spricht man auch gern;

man

kann sich zu ihnen in dem Verhältnisse des gemeinsa­

men

Suchens nach Wahrheit denken.

Den beyden

ersten habe ich zwar nach Ueberzeugung überall wider­

sprechen müssen, aber von allen dreyen gem gelernt, so Auslegung, wie Vertheidigung nach Kräften gründ­

licher und schärfer zu fassen.

Anders ist es mit Bruno

Bauer's Kritik des Joh. Evangeliums.

Ueberwindung, neben dem

ruhigen,

Es kostet

gcheimnißvollen

Worte des Johannes immer auch auf bas knarrende

Mühlwerk der Bauerschen Dialektik und Kritik mit

Vorrede.

VIII

ihrem eintönigen Zerstampfen der Geschichte zu hören, um etwaige Töne der Wahrheit herauszuhören.

Das

hochmüthige Pfaffenthum einer alleinseligmachenden Phi­ losophie, hie und da leicht geschürzt in frivoler Lustig­ keit, mit seiner mehr als Tertullianischen Prä-

scriptionsformel gegen die Ketzerey der Vertheidigung

des Evangeliums,

die

von

vorn

herein

als

Un­

wahrheit und Unsinn abgewiesen wird, während jeder Einfall der negirenden Kritik schlechthin als Wahrheit gilt, — erfüllt

Verdruß.

jeden

ernsten Mann mit Ekel und

Aber ich habe unverdrossen, was in dem

Buche irgend

der Mühe werth schien, zur Sprache

gebracht, ohne mich durch die persönlichen Beleidigun­

gen, die ich dabey lesen mußte, reizen zu lassen. Hier­

mit aber

hat

meine

Schuldigkeit

Bauer's Kritik ein Ende x).

gegen

Bruno

Denn auf die erst

1) Freylich wenn Dr. Marheinecke in seinem Separatvo-. tum über Bruno Bau er'S Kritik der evang. Geschichte Recht hat, so hätte ich gegen diesen mehr als jene Schul­ digkeit; ich trüge mit einigen andern ehreuwerthen Männern die Schuld, durch schlechte Vertheidigung und halbe Kritik die extravagante- Kritik seines Schützlings provocirt zu ha­ ben. Für diese seltsame Art der Entschuldigung wird sich Bruno Bauer schönstens bedanken. Ich meines Theils denke an dieser Schuld nicht allzuschwer zu tragen, weder hier noch dort. ES befremdet aber dabey, daß der votirende Richter i'tber die Sache spricht, alö verstände er wirklich etwas von der exegetischen und kritischen Debatte, und hätte sie mitgemacht, während er doch eben nur ein großer Phi­ losoph und Dogmatiker ist. Als Philosoph weiß er freylich

Vorrede.

IX

gegen das Ende meiner Arbeit erschienene Fortsetzung

der Kritik des Zoh. im dritten Bande der Kritik der auch diese-, und der Begriff giebt ihm da- Recht, in einem Schluffe ich weiß nicht ob a ininori oder inajori mich nament­ lich zu denjenigen zu rechnen, „welche sich besonder- kirchlichen und frommen Sinne- rühmen, und in ihrer falschen Senti­ mentalität über die Tyranney de- Begriffe-, d. h. de- Den­ ken- klagen ”. ES ist aber ein ganz neue- Recht, in einem officiellen Gutachten vor einer obersten Behörde über einen Dritten, über den man gar nicht gefragt ist, so hämisch zu urtheilen ohne Beweis und Nachweis. Diese Art oder Unart war mir bisher unbekannt, die Liebe aber, woraus das Urtheil entsprungen ist, längst bekannt, und den Zweck begreife ich auch. Der gedankenvolle Meister aber schreibt hier ganz gedankenlos den Deutschen Jahrbüchern nach, welche zuerst aus meinen unter den schmerzlichsten Ver­ hältnissen geschriebenen Erinnerungen an Meinen unvergeß­ lichen Freund K. O. Müller eine Aeußerung der Art anfgemutzt, und zum Behuf ihrer karrikitenden Charakteri­ stik mit meinem persönlichen und wissenschaftlichen Verhält­ nisse zu Schleiermacher in pragmatische Verbindung gebracht haben. Flüchtige TageSblätter haben zu derglei­ chen Oberflächlichkeiten ein gewisses Recht. Aber darnach hat mir auch Dr. Baur in Tübingen das schlimme Wort wieder vorgehalten in einer sehr zwanghaft gelegentlichen, aber vielleicht desto absichtsvolleren Anmerkung in der Vorrede zum ersten Bande seiner Geschichte der Triuitätölehre, und daran die wohlwollendsten Insinuationen bey dem Publicum geknüpft über mein zweydentigeö Schwanken in behaglicher Gefühlötheologie, und auch darüber, daß ich in den hiesigen Blät­ tern ihn nicht genug honorirt habe. Von diesem Manne thut'S mir leid; ich hatte Bessere- von ihm gedacht. Aber von ihm kommt das Thema nun an den dritten Mann, Dr. Mar.heinecke, der eS auf feine Weise variirt. In der That gehört nicht viel exegetischer Verstand dazu, um auS dem Zusammenhänge zu begreifen, waö für eine Begriff-tyranney ich gemeint habe, aber viel gedankenlose Lei­ denschaft, um die gelehrte Glosse hinzuzufügen, „d. h. deS Denkens." Rur die lächerlichste Partheyverblendung kann ferner meinen, daß wer nicht auf Hegelschem Grund und

evangelischen Geschichte,

worin

die Vernichtung des

Johannes in potenzirter Grundlosigkeit vollendet wird,

Boden steht, nothwendig schwanke, wer nicht bey jedem Streite auf dem litterarischen Markte gleich bey der Hand ist, unthätig zuwarte, und wer nicht über alles gleich ent­ scheidet und alles absolut weiß, zweydeutig sey. ES hat jeder zur Tagespolemik sein Recht und seine Pflicht, seine Zeit und seine Freyheit. Am wenigsten aber hat Dr. Baur ein Recht, Andere wegen Mangels an theologi­ scher Festigkeit, Gradheit und Offenheit zu belangen, er, der selbst die theologische oder philosophische Schule gewechselt und noch nicht offen gesagt hat, wie er zu Strauß Leben Jesu und andern Erscheinungen seiner Schule stehe. ES ist sehr die Frage, waS dem behaglichen Sinne mehr zusagt, der fertige absolute Begriff, der, wenn er- einmahl aufge­ zogen ist, seine Schnur durch alle Gebiete der Geschichte und Natur abläuft fast ohne des Menschen Zuthun, oder daö Princip der Schleiermacherschen Schule, wenn man will (in der That aber ist Schleiermacher kein Schul­ meister, sondern der Typus freyester Forschung), welches bey aller "Sicherheit des LebenögrnndeS im Forschen keine Ruhe gestattet, und die Arbeit der Kritik nie scheut. Dem Dr. Marheinecke aber habe ich noch besonders zu erwidern, daß ich mich allezeit Manns genug halte, um etz mit ihm in jedem Denkstreit mit blanken logischen Waffen und in verständlicher Rede aufzunehmen. Gegen die Philosophie, wenn dieß eben daS Denken ist, habe ich nie protestirt, im Gegentheil alte und neue allezeit hochgeachtet und mit Liebe studiert. Meister in jeder Art und Kunst habe ich immer achtungsvoll geehrt, und so auch Hegel als eine Haupt­ zierde der Deutschen Philosophie anerkannt, und aufmerksam von ihm gelernt. Aber ich will weder Hegels gefessel­ ter Knecht seyn, noch irgend eines andern Philosophen. Und gegen die Tyranney deö sogenannten Begriffs, des Hegelschen Schulbegriffs, d. h. jener dünkelhaften philo­ sophischen Orakelweiöheit mit ihrer Glossolalie und Be­ schränktheit, somit gegen jede Knechtung detz freyen Christ­ lichen Geistes und der lebendigen Wissenschaft unter daS Joch irgendwelcher pantheistischen oder nicht pantheistischen Schulformeln werde ich trotz Dr. Baur und Marhei-

Vorrede.

XI

mich einzulassen, verbietet fast der wissenschaftliche An­ stand.

Dergleichen Erscheinungen auf dem theologi­

schen Gebiete könnerr nicht anders, als betrüben. Aber sie gehören zu dem einmahl angefangenen Processe der

Zeit, und dienen zum Zeugnisse, daß ein Denken, wel­

ches mit dem namenlos Wilden anfängt, wenn es sich nicht besinnt, mit dem namhaft Wilden

endigt.

Die kritische Forschung über das Evangelium des Johannes ist noch nicht vollendet, und ich habe Selbst­

kritik genug, um mir nicht anzumaßen, alle Räthsel

gelöst zu haben.

Neue

Entwicklungen

schaft und Kirche werden

der

Wissen­

neue Fragen und Zweifel

bringen, während die in der gegenwärtigen Krisis der

Theologie werden.

entstandenen

nicht alle

noch

Es ist nicht anders.

gelöst

seyn

Auch in der freyen

Entwicklung der Kritik nach links und rechts finde ich

eine Ordnung

Gottes, die

kein Mensch stören soll.

Aber wohin sich auch die Forschung wenden möge, — das ist mir in fast täglicher Lesung des Zoh. Evange-

necke im Namen der fortschreitenden

Geschichte fortfahren

zu protestiren und mich zu wehren, so lange noch ein Athemzug in mir ist. Dieser mein Christlicher Protest steht bey mir nicht geschrieben außen am goldenen Becher, son­ dern in meinem innersten Denken, und ist, wenn man daß Wort einmahl haben will, mein festester, offenster und ehrlichster Begriff und Wille.

xii

Vorrede.

liums seit länger, als zwanzig Zähren, zvr unzweifel­ haften Gewißheit geworden, daß, so lange noch Kirche in der Welt ist, das Evangelium des Johannes mit de» drey andern zu de» Felsstücken gehört, worauf der .£ttt seine Kirche gebauet hat. Eher wird die Kritik a» diesem Felsen zerschellen, als dieser Fels an dem Hammer der Kritik, Ich meine aber, daß es Gottes Wille ist, daß sie beyde mit und durcheinan-der werden behalten werden, als Gaben eines und deffelbigen heiligen und besonnenen Geistes.

Göttingen, den 23. Jan. 1843. Dr. Lücke.

V,

1 —

47.

ssrankenheilung an einem Feste zu Jerusalem und dadurch veranlaßte Streitrede.

D-e wunderbare Heilung selbst D. 1-9. wird nur als

Veranlassung zu der V. 16 ff. folgenden Streitrede kurz erzählt, diese dagegen nach Joh. Weise mit besonderer Aus­

führlichkeit.

In dem Pragmatismus des Evangeliums bil­

det diese Erzählung die Epoche des offnen Widerspruchs und der Verfolgung, s. V. 16. 18. vgl. 7, 23.]).

SS. 1.

So oft Joh. die unmittelbare Zeitfolge bezeich­

nen will, gebraucht er ;uta tovto, wenn die mittelbare, /tt-Tu Tttvta, vgl. 2, 12. 3, 22. 5, 14. 6, 1. 7, 1. 11,

7. 11. 19, 28. 38.

Davon weicht der apokalyptische Styl

ab, welcher immer /ist« wüt« gebraucht. Nach dieser, wie

ich glaube, sicheren Observation ist die Leseart in den Stel­ len, wo sie schwankt, sicher zu stellen.

Hier ist klar, daß

zwischen der Rückkehr Jesu nach Galiläa 4, 43. 54. und der neuen Festreise eine längere Zeit verflossen war.

Nach der beglaubigten Leseart qv ioQvrj tüv 'IovS-

bat, wenn das artikellose

streng genommen wird,

Joh. selbst das Fest nicht näher bestimmt.

Aber gerade

der chronologische Charakter des Ev. nöthigt fast zu der Frage, welches Fest nach den chronologischen Verhältnissen

der Stelle gemeint seyn sonne ? 1 2)

1) S. Bd. 1. Eint. S. 183. 2) Die ältere Litteratur f. Bibi. Brem. Class. I. p. 597 ff., von d'Outrein verzeichnet, Lampe Commentar.Tom. II. p.3sqg. Lücke Commcntar. Th. II.

1

2

Erster Haupttheil.

I, 19. — XII, 50.

Schon die Kirchenvater haben diese Frage verschieden beantwortet. Irenaus versteht darunter das zweyte Pascha wahrend der Lehrzeit Jesu 2*).3 1 4Dieß ist die älteste Ansicht, die auch Origenes kennt, aber nicht zu billigen scheint2). Durch Cyrill und Chrysostomus^) wird in der Griech. Kirche herrschend, unter der ein Pfingst­ fest zu verstehens. Erasmus, Calvin, Beza u. a. und Köcher Analecta zu d. St., die neuere s. bey Kuinöl Comment, zu d. St. Die neueste wird im Laufe der Unter­ suchung angegeben werden. 1) Adv. Haeres. 2, 39. Et postbac ilerum secunda vice adscendit (Jesus) in diem Paschae in Hierusalem, quando paraly ticum, qui juxta natatoriam jacebat XXXVlli. annos, curavit. Iren, nimmt in derselben Stelle überhaupt nur 3 Pascha­ feste während der Lehrzeit Jesu an. Da er nun das dritte erst 12, 1. setzt, so muß er 6, 4. Tjv cH tyyuq tu 7/ tüv ’lovduioiv entweder nicht gelesen (— eine neuere Conjectur will auch To udo'/a in dieser Stelle ausstoßen s. Schulz Gries­ bach V. L. zu d. St.), oder übersehen, oder anders verstanden haben, als es verstanden werden muß. P eta u hat diese Schwie­ rigkeit in der chronol. Bestimmung des Irenäus nicht unbe­ achtet gelassen, s. Animadvers. ad Epiphan. Haeres. 51.: quot secundum baplismum paschata Christus obierit. Opp. Epiph. Vol. 2. p. 203 sqq. Ed. Colon. Er meint aber, Iren, habe das Fest 5, 1. mit dem Pascha 6, 4. confundirt. 2) Der Tomus des Origen. Commentares über Joh. 5. ist verlo­ ren gegangen. Aber Tom. 13. §. 39. bemerkt Or. gelegentlich: 'Edv Jf «VT?/ 7/ fOQTl) (5, 1.) TOV 77aff/« 7]V , OV TtQOOXftTttl TO ovo/tu avTz/g* GTtvoyüiQft te (ffTtvo/to^fiTcu) to uxoXquOov T7/? lOTopZag, xul ndkiöTa etiel ßET dXiyu EnupEQETai, ort ijv fyyvS 7/ to^TTj TÜv 'lovdauov, 7/ axTjvo7U]yla, 7, 2. Dieß verstehe ich nicht. Aber vielleicht meint Or. 6, 4. Nach cont. Cels. 2,12. berechnet Or. die Lehrzeit Jesu auf weniger, als 3 Jahre, ja de principiis 4, 5. nur auf etwas mehr, als ein Jahr. Es ist also wahrscheinlich, daß er unter der »opr?/ in unserer St. kein Pascha verstand. 3) Chrysost. sagt nur : Hot« eoqt^ >• 'E/4.0I doxEk 7/ T?;q TtEVT^xocnijq. Cyrill dagegen giebt als Grund an, weil Pfingsten das dem Pascha 2, 13. nächst folgende Fest sey. 4) S. Theophplakt undEuthymius zu d. St. Epiphanius nahm ebenfalls nur 3 Paschafeste während der Lehrzeit Jesu an (f.Petav. animadv. a. a. O. p. 204.), er verstand also auch unter unsr. foQTT} kein Pascha, sondern irgend ein anderes. Dagegen muß Theodoret (Comment, in Daniel. Cap. 9. opp. ed. Hal. Tom. 2. P. 2 p. 1250.) unsere Stelle von d. Paschafeste ver­ standen haben, weil er sagt, Jesus habe, wie aus Joh. erhelle,

Kap. V, 1. haben diese Meinung gebilligt. nitz, Calovius kehrten zur zurück, welche durch

gen Scaliger*)

3

Luther aber, Chem­ Ansicht des JrenäuS

den Beytritt des großen Chronolo­

ein solches Uebergewicht bekam,

auch Grotius und Lightfoot sie vertheidigten.

daß

Aber

nachdem zuerst I o h. K e p p l e r 2) die Vermuthung ge­

wagt hatte, daß die fragliche iogry wahrscheinlich das

dem zweyten Pascha 6, 4. unmittelbar vorangehende Pu­ rimfest gewesen sey, ward diese Vermuthung von Petau, Lamy^), d'Outrein u. a. immer entschiedener verthei­

digt.

Die Meinungsverschiedenheit wurde dadurch noch grö­

ßer, daß Keppler und Petau äusserten, es könne auch

ein Enkänienfest gemeint seyn,

Coccejus das

und

Laubhüttenfest4) in Vorschlag brachte.

alle Feste der Juden daran gekommen.

So sind fast

Die beiden letzte­

ren Vermuthungen blieben, als die unwahrscheinlichsten, in

der Minorität.

schiedenheit mit

So mindert sich auch allmählich die Ver­

wieder.

I. A. Bengel §) vertheidigt zwar

Gelehrsamkeit und

Entschiedenheit das Pfingstfest.

Aber trotz der Auctorität seines Namens in der biblischen

Chronologie sinkt diese Ansicht immer mehr.

Nachdem dann

in der neueren Zeit Süskind, besonders aber Dr. Pau-

ungefähr 3| Jahr gelehrt. Man sieht übrigens aus T h e o d o r e t, daß die Berechnung der Daniel. Jahrwochen auf die Ansicht der Alten von der Dauer der Lehrzeit Jesu einen bedeutenden Einfluß gehabt haben muß. Noch CaloviuS bemerkt Bibi, illusir. zu Gunsten der Meinung, daß in unsrer St. ein Pascha gemeint sey: Nam quum minislerio Christi assignali fuerint tres anni cum dirnidio Dan. 9, 24. et descripti illi a Joanne credantur per paschata, necesse est, non aliud hic inlelligi festum, quam paschatos. 1) De emendat. tempp. lib. 6, p. 257. Ed. Francos. 1595. 2) S. Joan. Keppleri Eclogae Chronicae ex Epistolis doctissimorum aliquot virorum et suis mutuis. Francos. 1615. 4. p. 72. 129 sq. 3) Apparalus chronol. ad harmoniam Evangelior. P. 2. Cap. 6. §. 2. 4) Eine,Batik. Handschrift (131) aus dem Ilten Jhdt. liest:

toQTij t) oxip/ouijyta, ibjv IovSaUäv.

5) S. Ordo tempp. p. 252.

Gnomon, zu d. St.

Erster Haupttheil.

4

I, 19. — XII, 50.

lus und Hugi) die verschiedenen Meinungen von neuem gründlich erörtert und geprüft hatten, wurde eine Zeitlang

nur darüber gestritten, kind

und

Paulus

ob unter der togtrj, wie Süsbehaupteten, mit

Irenäus

das

zweyte Pascha während der Lehrzeit Jesu, oder, wie Hug wahrscheinlich zu machen suchte, mit Keppler das

jenem Pascha unmittelbar vorangehende Purimfest 1 2)3 zu

verstehen sey. Aber die neueste Kritik will sich auch nicht einmahl diese engere Wahl gefallen lassen, und erklärt das unbestimmte Fest auch für unbestimmbar.

Bey der genaueren Erörterung der Frage kommt Fol­

gendes in Betracht:

1.

Da Johannes die Feste, an denen Jesus in Jeru­

salem war, sonst immer nennt, warum thut er es hier nicht? Der ganze Abschnitt enthält nicht die geringste An­

deutung , woraus mit Sicherheit geschlossen werden könnte, welches Fest er gemeint habe.

Wäre der Verfasser ein syn­

optischer Evangelist, so könnte man denken, die allgemeine evangelische Tradition habe den Namen des nicht gekannt oder vergessen.

Festes gar

Ist aber Johannes der Vers.,

so bleibt nichts übrig, als anzunehmen, entweder er habe

sich eben nicht mehr erinnert, was für ein Fest es gewe­ sen^), oder er habe das wohlbekannte Fest eben nur nicht genannt, weil für den pragmatischen Zusammenhang und das Verständniß der Erzählung nichts darauf ankam. Bey

der sonst so genauen Erinnerung des Joh. an die Bege1) SüSlind in d. neuen Versuche über chronologische Stand« Puncte für die Apostelgesch. und für d. Leben Jesu, in BengelArchiv für d. Theologie Bd. 1. S. 194f. Dr. Paulusin s.Commcntare Bd. 1. (Zeitordnung §. 24.) und Handbuch über d. 3 ersten Evv. — Hugs Einleit.in d. N. T. Bd. 2. S.227ff. 3teAusg. 2) Dieser Ansicht sind neuerdings bepgetreten Tholuck und OlShausen in ihren Commentaren, und Clausen, Tabula« synopticae quatuor Evv. pag. 54. 3) Dieß nimmt Al. Schweizer an, in seiner Schrift: das Ev. Joh. nach s. inneren Werthe «. s. w. kritisch unter­ sucht. Leipz. 1841. S. 112.

benhekt ist das erstere unwahrscheinlich.

das letztere an.

Wir nehmen also

Hatte Joh. eine vollständige Erzählung

des Lebens Jesu in streng chronologischer Anordnung nach den

Festzeiten beabsichtigt, so

nennen müssen.

würde er das Fest haben

Aber daß die chronologische Bestimmung

nach den Festen zum Theil zufällig, überhaupt aber nicht

vollständig ist, sieht man daraus, daß 6, 4. das Osterfest nur gelegentlich erwähnt wird.

Ob Jesus kein Fest wäh­

rend seines öffentlichen Lebens unbesucht ließ, wissen wir

Aus 7, 2-11. folgt nur, daß er an jedem Haupt­

nicht.

feste in Jerusalem zu erscheinen gewohnt war.

fenbar erzählt Joh. nicht alle Festreisen Jesu,

Aber of­ vgl. 6, 4.

Man kann im Allgemeinen als Regel aufstellen, daß Johan­ nes die Feste immer nennt, so oft der pragmatische Zusam­ menhang , ober das Verständniß der Erzählung irgendwie da­ durch bedingt ist.

So nennt er 2, 13. das Pascha, weil

das Kauf- und Wechslcrwescn im Tempel 53. 14. damit

zusammenhing; eben so 6, 4., wo sich das Herumziehen großer Bolksmassen zum Theil aus der Nähe des Pascha­

erklärt;

festes

7, 2.

wird das Laubhüttenfest

genannt,

weil sich der Ausspruch Jesu 53. 37. 38. auf die besondere Feyer dieses Festes bezieht, und 10,22. sieht man deutlich, daß das Kirchweihfest genannt ist, um zu erklären, war­ um Jesus der Jahreszeit wegen in der Halle Salomonis

lehrte.

Daß er das letzte Pascha 12, 1 ff. nennt, versteht

sich von selbst, der ganze schon bekannte chronologische und

pragmatische Zusammenhang der Leidensgeschichte forderte es.

Hätte also hier die Heilung oder die Rede Jesu auf

die besondere Art des Festes irgend Beziehung gehabt *),

so würde es unstreitig genannt seyn. 1) I. A. Bengel meint zwar (Ordo lempp. p. 252.) Vers 37 und 38. enthalte eine Anspielung auf die prophetische Festlection Ezcch. 1, 1 sf. In Pentecoste, fährt er dann fort, lex data fuerat, unde Judaei in precibus eo die recitandis et in concionibus legem et populum, cui lex data, celebrare sunt so­ lid. Itaque hoc in ternpus proprie convenit sermo de voce

6

Erster Haupttheil, l, 19. — XII, 50.

2. Allein man hat gesagt, Joh. habe das Fest gar nicht unbestimmt lassen wollen; genannt zwar habe er es nicht, allein der Ausdruck twv ’sovdaimv, zumahl wenn der Artikel echt sey, bezeichne nach biblischem Sprachgebrauche ein bestimmtes Fest, nemlich das Pascha; jeder Leser habe ohne weitere Erklärung nur eben dieß dar­ unter verstehen können. Jst's ohne Artikel unmöglich, e'opri) von einem be­ stimmten Feste zu verstehen, so steht es schlimm mit dieser et specie Bei, Exod. 20, 18. 24, 10., et de accusatione Mosis, Joan. 5, 45. Allerdings hatte nach späteren Jüdischen Ue­ berlieferungen das Pfingstfest auch eine Beziehung auf die Sinaitische Gesetzgebung (vgl. Erod. 12, 2. 19, 1.), und wurde vorzugsweise das Fest der Gesetz es fr eude genannt, f. Danz fit Menschen N. Test, e Talmude illuslratum p. 740 sqq. Aber eine solche künstliche und versteckte Combination von Anspielun­ gen wird wohl Niemand dem Joh. zutrauen. Aber dieß ist noch einfach gegen Hengstenbergs Hypothese, Christologie 2, S. 568. ■' Um die Danielischen 3| Jahre im öffentlichen Lehr­ amte Jesu herauszubringen, muß das Fest in unserer Stelle nothwendig ein Pascha seyn. So lehrten schon Theodoret und Calovius. S. oben. Aber während diese rein bey der Nothwendigkeit der zu erfüllenden Weissagung stehen bleiben, macht Hengstenberg ausser andern Beweisgründen auch die­ sen geltend, daß der Kranke, den der Herr geheilt habe, als Typus des Jüdischen Volks anzusehen sey. Die 38jährige Krank­ heit des Mannes habe dann eine unverkennbare Beziehung auf das 38jährige Elend des Volkes bey dem Zuge durch die Wüste, dessen erlösendes Ende das erste Pascha in Canaan gewesen sey. Also müsse auch hier ein Paschafest gemeint seyn. — Heng­ stenberg fürchtet, man werde diesen Grund sonderbar finden. Wir finden ihn nicht sonderbar, sondern geradezu falsch, so lange nicht nachgewiesen werden kann, daß Joh. eine solche selt­ same Tppik nicht nur geübt, sondern auch zu verstecken geliebt habe. Kap. 19, 36 und 7, 37., worauf sich Hengstenberg beruft, sind doch ganz anderer Art; Joh. drückt dort das Typi­ sche bestimmt aus. Kap. 6. aber gehört mehr, als Kunst dazu, um in der Rede Jesq vom Himmelsbrote und seinem Fleische und Blute eine Anspielung auf das 6, 4. als nahe erwähnte Pascha zu finden. Das Himmelsbrot hat ja hier seinen Typus int Manna, und die Rede vom Fleisch und Blute enthält auch nicht von fern eine Anspielung auf das Pascha. Der Evan­ gelist, der die Typen im Leben und in den Worten Christi sonst nicht unbeachtet läßt, sollte hier unterlassen haben, das Typische zu bemerken? Oder wußte Joh. besser, daß das Blut trinken nicht zum Paschatppus gehörte? S. zu 6, 4.

Kap. V, 1.

7

Ansicht.

Denn der Artikel ist höchst wahrscheinlich un-

echt^).

Aber Hengstenberg lehrt1 2), der Artikel ver­

schlage nichts.

Nach einem durch die LXX und das N.

T. eben so weit verbreiteten, als wenig beachteten Hebrais-

mus, sagt er, werde der bestimmte Artikel statt vor das erste', vor-das zweyte in dem Genitivverhaltniß stehende Nomen

gesetzt.

Er führt Deut. 16, 13. 6o foQTq Ttov ’loudaiün#, xal dvfßi] o ’lqo'ovc; etq Vf^oao/.i^a, In demselb. Tomus §. 60. ganz ÜM Ende sagt er zwar: tv 5$ vw tüv iv t jj topr/j töjv Iovdaiwv iv ‘ItgoooXv/AOK; uvtm xal uqt}pfvwv, aber hier ist kein genaues Citat. Eben so §. 53. Es ist also gerathen, den Artikel mit Griesbach und Lach­ mann nicht aufzunehmen. 2) Christologie 2. S. 565. 3) Nach Cod. Alex. 4) §. 18. 2. 6.

Der Vatic. liest fogrqv 6xt)vwv.

8

Erster Haupttheil.

I, 19. — XII, 50.

zwingen, unter topTi) t. 'Iovd. etwas anderes, als irgend ein Judenfest zu verstehen. Ich fürchte sogar, die

Hebr. Grammatik selbst würde es nicht anders thun.

An­

genommen aber, der Artikel wäre so echt wie nothwendig, wie will man beweisen, daß y loQzy wv 'Iovdaiav nach

biblischem Sprachgebrauch« vorzugsweise das Pascha be­ zeichne?

Weder im A. noch im N. Testamente findet sich

ein entsprechendes Beyspiel.

So oft sonst Joh. bestimmt

von dem Pascha redet, nennt er eö 2, 13. 6, 4. 12, 1.

Freylich 4,45. 11, 56. 12, 12. versteht er unter der iogiy (mit d. Artikel) das Pascha, aber 4, 45. in bestimmter Be­

ziehung auf das 2, 13. genannte erste Pascha, 12, 12. in Beziehung auf das 12, 1. genannte letzte, und 11, 56. fin­ det eine noch nähere Hinweisung auf V. 55. Statt.

Auch

7, 10. 14. 37. setzt Joh. schlechthin rt logt?], aber in Be­ ziehung auf das 7, 2. genannte Laubhüttenfest.

So kann

freylich jedes Fest iopzy schlechthin genannt werden in Beziehung auf eine voraufgegangene nähere Bestimmung. Vergebens beruft man sich auf Matth. 26, 5. (vergl. die

Parallelen

bey

Markus

und Lukas)

und Luk. 2, 42.

Auch hier bezieht sich die Formel mit dem Artikel auf die

voraufgegangene Namenangabe, vergl. Matth. 26, 2. Luk. 2, 41.

Die Formel xarä dl iogr^v Matth. 27, 15.

Mark. 15, 6. ist allerdings auf das Pascha zu beziehen, aber nur im Zusammenhang der Leidensgeschichte, und wegen

der ausdrücklichen Erklärung Joh. 18, 39. läßt sie das Fest unbestimmt.

An und für sich

Aber I o s e p h u s, sagt man,

nenne doch das Pascha schlechthin kel, Archäol. 18, 4. 3. und 5, 3.

coqtq

sogar ohne Arti­

Allein in der ersteren

Stelle folgt auf die Worte qv avzoig logri] unmittelbar siaoy^a dl xalthai, toQvijg

nachher aber bezieht stch

wqo

zf;g

auf das im Anfänge des Kap. genannte Pascha.

In der zweyten Stelle weiß man nicht, ob mit loQts;g nctTQtav zo'ig

’lovdaioig iveotijxviag

ein Pascha, oder

vielmehr ein Pfingstfest, oder irgend ein anderes Fest ge-

Kap. V, 1. meint sey *).

Nur durch künstliche chronologische Combina­

tion laßt sich darüber entscheiden.

Der Ausdruck ist, wie

in unserer Stelle, an und für sich unbestimmtz). — I. A.

Bengel war der Meinung, «'9^ schlechthin sey vorzugs­

weise das Pfingstfest.

Dieß laßt sich in der That eben so

gut sagen, als es bezeichne schlechthin das Pascha.

Er be­

ruft sich darauf, daß nach Joseph. Archäol. 3, 10. 6. die Hebräer Pfingsten ’sloaQ&d, und so per antonomasiam

das Fest vorzugsweise nennen; auch

werde Pfingsten in

der praedic. Petri Fest schlechthin genannt. Allein

(«rnsy) wird Pfingsten bey den Nabbinen nur genannt in Beziehung auf das Pascha, und zwar als Schluß der

sieben Wochen nach dem Pascha, nirgends ein Fest für sich, sondern

heißt im A. T. nur der siebente Tag

des Paschas, Deuteron. 16, 8., und der achte deS Laub­ hüttenfestes, Levitic. 33, 36., als die Schluß Versamm­ lung des einen und anderen Festes Z). Schon in sofern scheint unmöglich, daß das eintägige Pfingstfest, gleichsam

nur ein Anhang des Pascha, schlechthin ioQtq genannt seyn sollte.

Vergebens ruft Bengel die Figur der Anto­

nomasie zu Hülfe.

Nur wenn Pfingsten das einzige Ju-

denfcst wäre, ließe sich eine solche Figur denken. zige Stelle,

welche Bengel für

diesen

Die ein­

Gebrauch an­

führt, aus der praedicatio Petri4), lautet vollständig so: idv (irt oelTjvt]