Bulletin des Arbeitskreises “Zweiter Weltkrieg”: Nr. 2/1973 [Reprint 2021 ed.]
 9783112592984, 9783112592977

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BULLETIN des Arbeitskreises »ZWEITER WELTKRIEG«

Nr. 2 1973

B u l l e t i n des Arbeitskreises "ZWEITER WELTKRIES" Nr. 2 1973

Der Konstenbeitrag für dieses Heft beträgt 2 . — M. Er ist einzuzahlen auf das Konto Hr. Stb. 6836-26-20392 Zentralinstitut für Geschichte der AdW der DDR bei der Staatsbank Berlin oder auf das Postscheckkonto 2400 Berlin über die Staatsbank Berlin

IHTERHES ARBEITS?,'ATERIAL Herausgeber: Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut für Geschichte, Wissenschaftsbereich Deutsche Geschichte 1917-1945, Abteilung 1933-1945, lo8 Berlin, Clara-Zetkln-Str. 26 Telefon: 42 268 41 Verantwortlich für den Inhalt:

Dr. sc. Gerhart Haas

Redakteur:

Dr. Vera Koller

Ag 700 DDR 1/3/16 0,3

Tnhaltt

Zehnjahresbibliographie des Bulletin des Arbeitskreises "Zweiter Weltkrieg»

Auf dem internationalen Kolloquium "Europa und München" anläßlich des 35. Jahrestages des MUnohener Abkommens in libere& (SSSH) am 18/19. September 1973 gehaltene Beitrage« 1

Dr. sc. Gerhard Fuchs "MUnohener* Planungen des Imperialismus der Weimerer Bepublik gegenüber der Tschechoslowakei

2

Dr. sc. Gerhart Hass Das MUnohener Abkommen in der Strategie des deutschen Imperialismus und in der Appeasement-Politik der Westmächte

3

£rof. Dr. Wolfgang Sohumann Sie deutsche Industrie und das MUnohener Abkommen

- 6 Zum zehnjährigen Beatehen des Balletins dea Arbeitskreises "Zweiter Weltkrieg",

Im Frühjahr 1963 erfolgte die Gründung dea Arbeltekrelses "Zweiter Weltkrieg" beim Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR. Im gleichen Jahr erschien die erste Nummer des Bulletina des Arbeitskreises, Über dessen Veröffentlichungen die Zehnjahresbibliographie in diesem Heft berichtet. Mit dem Bulletin deg Arbeltskreisea "Zweiter Weltkrieg" aollen zwischen den in größeren Abständen stattfindenden lagungen und Kolloquien des Arbeitskreises zu Problemen des Faschismus und des zweiten Weltkrieges den Teilnehmern und Interessenten Informationen und Anregungen zur Diskussion neuer Forschungsergebnisse und theoretischer Erkenntnisse vermittelt werden. Die im Bulletin abgedruckten Artikel geben Uber spezielle Forschungsprobleme zur Geschichte des zweiten Weltkrieges und Uber wissenschaftliche Veranstaltungen im In- und Ausland Kenntnis. Diskussionsbeiträge auf solchen Tagungen sowie Dokumente zur Geschichte und Vorgeschichte des Krieges wurden mehrfach publiziert. Im Laufe der zehnjährigen Existenz des Bulletins ist es gelungen - hinausgehend über die in zahlreichen BUchern und Zeitschriften in der DDR behandelten Fragen - den Fachhistorikern, den Hochschullehrern, Pädagogen, Studenten, Propagandisten und interessierten Lesern spezielles Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen. Dazu gehörten Darlegungen zum Wesen des Faschismus, zum Charakter des Krieges, zur Kriegszielprogrammatik, insbesondere zur "Neuordnung" Europas, zu einzelnen Aspekten der Innen-, AuQen- und Okkupationspolitik des faschistischen deutschen Imperialismus, zur Militärgeschichte sowie zum antifaschistischen Widerstandskampf in Deutschland und in den besetzten und bedrohten

-

7

-

Ländern. Das Bulletin gab nicht zuletzt Ausführungen von Historikern aus der Sowjetunion und aus anderen sozialistischen Ländern Raum und gewährte damit, wenn auch begrenzten, Einblick in den Stand der historischen Forschung zum Faschismus und zum zweiten Weltkrieg dort. Der Arbeitskreis "Zweiter Weltkrieg" und das

Bulletin

sahen in diesem Zeitraum auch die Unterstützung des Arbeitsvorhabens "Deutschland im zweiten Weltkrieg" als wichtige Aufgabe an. Dieser vierbändigen Gesamtdarstellung, die unter der Federführung des Zentralinstituts für Geschichte der Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit dem Militärgeschichtlichem Institut der DDR und dem Institut fur Marxismus-Leninismus beim ZK der SED vorbereitet wird, waren deshalb Hefte gewidmet, die Entwürfe der Konzeption und Disposition zur Diskussion s t e l l t e n . Der erste Band der Gesamtdarstellung befindet sich im Druck. Die Arbeiten an den weiteren Bänden schreiten voran. Gleichzeitig wird an DokumentenverSffentlichungen - es sei nur an die bisher erschienenen Arbeiten "Anatomie des Krieges" und "Anatomie der Aggression" erinnert - an Monographien und populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen gearbeitet. Der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Faschismustheorien und Darstellungen zur Vorgeschichte des zweiten Weltkrieges wird in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu widmen sein. Erwähnt sei schließlich, daß das

Bulletin

seit unserer

Hitgliedschaft im "Internationalen Komitee für die Geschichte des zweiten Weltkrieges (Comité International d'Histoire de la Deuxieme Guerre Mondiale) auch unter Fachleuten in allen Mitgliedsländern Interesse erweckt hat.

-

8

-

Z e h r i l ah r e s b i b l i o g r a p h i e Og. 1

Bartel.

über

g e m e i n s a m e n Kampf d e u t s c h e r ausländischer

den

und

Antifaschisten

D e u t s c h l a n d g e g e n den

in

faschisti-

schen Raubkrieg

Bartel.

- Staatsapparat

Wachsalbeziehungen

hängigkeiten -

und

dargestellt

M i t t e l w e r k GmbH und dem KZ bau-Dora

3

Blever.

1-28

1963

2

19-32

1971

3/4

45-63

1965

3

15-26

Mittel-

Kapita-

i n D e u t s c h l a n d während

des

Oosef

wirtschaftliche

5

4

an dem

Entwicklung

Die militärgeographische f ü r das

1970

-

zweiten Weltkrieges

Borus.

1-13

Wolfgang

des s t a a t s m o n o p o l i s t i s c h e n

4

4

Ab-

(1942-1945)

Zu e i n i g e n F r a g e n der lismus

1955

Walter

Rüstungskonzerne SS

S.

Walter

Neue F o r s c h u n g s e r g e b n i s s e

2

Nr.

und

Bedeutung

faschistische

kriegs-

Ungarns

Deutschland

Brühl. Reinhard/Wolff.

Willy

Zur Teilnahme deutscher

Antifaschisten

am b e w a f f n e t e n W i d e r s t a n d s k a m p f den d e u t s c h e n F a s c h i s m u s Weltkrieg

gegen

im z w e i t e n

- 9 6

Og.

Nr.

S.

1972

1/2

61-69

1970

1/2

1-26

1963

2

33-43

19S4

3

24-31

1971

3/4

64-70

1970

3

1-25

1963

3

40-43

Dawvdowltsch. D.S. Zum Kampf Ernst Thälmanns gegen den Faschismus im zweiten Weltkrieg

7

Drechsler. Karl/Press. Hans/Hass. Gerhart Der Platz Zentraleuropas in der Konzeption der Großraumwirtschaft. (Zum Problem der Kriegsziele des faschistischen deutschen Imperialismus in Europa 1939-1945)

8

Press. Hans Zur Differenzierung innerhalb der führenden Gruppen des deutschen Monopolkapitals 1943/44

9

Dress^ Hans Zur Entstehung des slowakischen Satellitenstaates und seiner Teilnahme am Aggressionskrieg des deutschen Imperialismus gegen Polen Press. Hans 9 . Drechsler, Karl

10

Poor. Rochus Zu einem Aspekt der Ungarnpolitik des faschistischen Oeutschland

11

Drobisch. Klaus/EIchholtz. Dietrich Die Zwangsarbeit ausländischer A r beitskräfte in Deutschland während des zweiten Weltkrieges

12

Drobisch. Klaus Ober die Haltung Friedrich Flicks in den Oahren 1943/1944

- 10 13

3g.

Nr.

S

1B72

3/4

7-21

1969

3

1-10

1969

3

11-13

1964

3

1-23

1972

3/4

22-34

1964

4

1-11

Eicnholtz. Üietrich/Gossweiler. Kurt Zu einigen theoretischen und methodologischen Fragen der Erforschung der Geschichte des Faschismus und Neofaschismus Elchholtz. Dietrich s . Drobisch, Klaus

14

"Es darf sich nicht wiederholen I" Erklärung der Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR zum 30. Oahrestag der Entfesselung des zweiten Weltkrieges

15

Erklärung der Kommission der Historiker der DDR und der Volksrepublik Polen zum 30. Jahrestag des Oberfalls des faschistischen deutschen Imperialismus auf Polen

16

Förster. Gerhard Zur Rolle der Theorie des Blitzkrieges in der faschistischen Militärwissenschaft

17

Ginzberq. L.I, Einige Fragen der Methodologie des Studiums des Faschismus Gossweiler. Kurt s« Elchholtz, Dietrich

18

Groehler. Olaf Kriegsziele und Kriegsplanung der faschistischen Führung

- 11 19

3g.

Nr.

S.

1964

5

33-39

1965

3

1-14

1970

1/2

70-79

1972

1/2

50-60

1966

2

30-53

1971

3/4

71-88

Haas. Gerhart Übersicht über die Bestands der polnischen Staatsarchive in deutscher Sprache

20

Hass. Gerhart einige Forschungsprobleme und neue Forschungsergebnisse zur Politik des deutschen Imperialismus im zweiten Weltkrieg

21

Hass, Gerhart Bemerkungen zu anfänglichem Charakter des zweiten Weltkrieges

22

Ha3s, Gerhart Das deutsche Monopolkapital und der Oberfall auf die UdSSR am 22. Ouni 1941 Hass, Gerhart s. Drechsler, Karl

23

Huar. Ulrich Ober die Erzeugung einer Angstpsychose durch die faschistische Presse im 3ahre 1943

24

Hub. Rudolf Zur Darstellung der Kriegsziele des deutschen Imperialismus im Schulgeschichtsbuch der BRD

25

12

-

3g.

Nr.

S.

1933

2

2-1B

1934

3

32-43

19S3

3

27-39

1972

1/2

70-7E

1969

3

14-33

1954

5

20-30

Juhacz. Gyuia Zu einigen Fragen der Außenpolitik Ungarns von 1S39-1941

26

Kintscher. Waltraud Zu einigen Fragen der Struktur der faschistischen Polizei

27

Koller. Vera Die dänische Industrie unter dem deutschen faschistischen Okkupationsregime

28

Koller. Vera Zur Kollaboration europäischer Bourgeoiskreise mit dem deutschen Faschismus nach dem Überfall auf die Sowjetunion

29

K'och

Gerhart/Schumann, Wolf gang

Deutsche Antifaschisten im griechischen Widerstand. Die Anfänge der deutschen antifaschistischen Bewegung in Griechenland

30

Kolmsee

Peter

Zur Rolle der Deutschen Gesellschaft für Wehrpolitik und Wehrwissenschaften bei der Vorbereitung des zweiten Weltkrieges

31

Laschitz

Horst

Zum antifaschistischen Widerstandskampf und zur programmatischen auf die

Vorbereitung

antifaschistisch-demokratische

Umwälzung in Deutschland unter Führung der KPD

1970

1/2

37-60

- 13 32

3g.

Nr.

S

1965

3

27-42

1964

5

10-19

1972

1/2

7-25

1965

1

1-33

1972

3/4

64-71

1972

3/4

46-63

NoVotnv. CJosef Zu einigen Erfahrungen bei der Erarbeitung einer dreibändigen Geschichte des tschechoslowakischen Befreiungskampfes im zweiten Weltkrieg

33

Novotnv. Oosef Die politischen Bedingungen in der ersten Phase des zweiten Weltkrieges und ihr Einfluß auf den Befreiungskämpf in dsr Tschechoslowakei

34

Parotkln. I.W. Das Scheitern der faschistlschsn Blitzkriegspläne

35

Paulus. Günter Ureprünge und Entfesselung des zweiten Weltkrieges

36

Profektor. D.M. Die faschistische Konzeption dsr Stärke und einige Tendenzen der Politik des Imperialismus in der Gegenwart Puchert. 8erthold s. Kadandt, Hans

37

Kachschmlr. P.r. Gegenwärtige Tendenzen der bürgerlichen Historiographie zum Faschismus

- 14 38

3



Nr

«

s

»

Radartlt. Hans/Zumpe_ Lotte/ Puchert„ Berthold Zur Rolle des deutschen Monopolkapitale bell der Okkupation im zweiten Weltkrieg

39

Schewtschenko

1963

3

1-26

1972

1/2

40-49

1972

1/2

26-39

1971

3/4

7-44

1972

3/4

35-45

1964

5

1-9

A.M.

Die antifaschistische Propaganda innerhalb dar Truppen und der Bevölkerung Deutschlands während des Großen Vaterländischen Krieges

40

Schützle

Ku rt

Die faschistischen Täuschungsmanöver bei der Aggressionsvorbereitung gegen die Sowjetunion

41

Schumann. Wolfgang Die "Neuordnungs"-Pläne des faschistischen deutschen.Imperialismus in Europa

42

Schumann. Wolfgang/Scheel Klaus Quellen und Literatur in der DDR zum deutschen Faschismus 1933-1945 Schumann

43

Stapor

Wnlfijann s. Koch, Gerhart Zdis/aw

Zum Charakter des polnisch-deutschen Krieges im September 1939

- 15 44

Jg.

Nr.

S.

Wehner. Heinz Die Rolle des faaohlstisohen Verkehraweaena io der eraten Periode des zweiten Weltkrieges. 1. Teilt Sie faaohiatische Verkehrspolitik in der Zeit der Aufrüstung und die Situation im Verkehrswesen am Vorabend des zweiten Weltkrieges

45

1966

1

37-61

Wehner. Heinz Die Rolle des fasohiatischen Verkehrswesens in der ersten Periode dea zweiten Weltkrieges, 2. Teilt Sie deutsche Reichsbahn 1939-1941

1966

2

54-81

Wolff. Willi s. BrUhl, Reinhard lumpe, Lotte a. Radandt, Hans Konzeptionen. Dispositionen 46

überarbeitete »robdlsposltlon dea eraten Bandea "Deutschland im zweiten Weltkrieg" (•erhart Haas)

47

1

26-51

1965

1

35-46

3

43-5o

Konzeption zur Darstellung der Verschwörung vom 2o. Juli 1944

48

1963

Vorschlage fUr Porachungsarbeiten zur teoohlohte des zweiten Veltkriegea

1965

- 16 -

3g.

Nr,

(Karl Drechsler)

1966

1

Forschunosnrobleine und konzeptionalle Fragen des Bandes 2 (Ouni 1941 November 1942) der "Geschichte Deutschlands im zweiten Weltkrieg" (Karl Drechsler)

1966

2

1-29

Konzeption.für die Ausarbeitung einer vierbändigen "Geschichte Deutschlands im 2. Weltkrieg"

1968

1/2

1-151

Disposition für die Ausarbeitung einer vierbändigen "Geschichte Deutschlands im 2. Weltkrieg"

1969

1/2

1-172

Bleyer, yVolfgang/Drobisch, Klaus Dokumente zur Ausbeutung ausländischer Zwangsarbeiter durch das deutsche Monopolkapital im .zweiten Weltkrieg

1970

3

25-93

54

Dokumente zur Befreiung Berlins 1945

1955

2

3-66

55

Glasneck, Johannes Eine Denkschrift Goerdelera vom Sommer 1939

1965

4

19-27

49

50

51

52

Sv

Disposition für den 2. Band dar "Geschichte Deutschlands im. zweiten Weltkrieg" 1-36

Dokumentationen 53

3g.

Nr.

s.

1970

4

29-S9

Scheel, Klaus Der Marsch in die Katastrophe ... (Zwei Dokumente für die faschistische Propaganda beim Unternehmen "Barbarossa") 1964

4

44-52

Scheel, Klaus "Lange Vorbereitungen, kurze Kriege ..." Die Goebbels-Rede vom 26. 10, 1940 ein Dokument zur faschistischen Kriegszielpropaganda 1940

1969

3

34-67

Schumann. Wolfgang Neue Dokumente zur Politik des faschistischen deutschen Imperialismus zur "Neuordnung" Europas im Herbst 1940. Dokument 1» Aus der Denkschrift der Bezirksgruppe Steinkohlenbergbau Ruhr der Wlrtschaftsgruppe Bergbau zur "Neuordnung" der* europäischen Steinkohlenwirtschaft

1971

1/2

2-56

Dokument 2» Ausarbeitung des Deutschen Instituts für Bankwissenschaft und Bankwesen vom 27. August 1940 zu Fragen der Außenwirtschaft und der Währungspolitik nach dem Kriege

1971

1/2

57-84

- 17 56

57

58

59

Müller, Norbert Dokumente zur Rolle der Wehrmacht bei der' Deportation sowjetischer Bürger zur Zwangsarbeit in Deutschland 1941-1944

- 18 -

3g.

Nr.

8.

1963

1

3-25

1964

4

12-43

1964

5

31-32

1965

2

67-70

1965

4

34-40

1965

4

28-33

Protokolle und Tagunqsberlchte ,60

Protokoll der Gründungstagung des Arbeitskreises "Zweiter Weltkrieg"

61

Protokoll der Beratung zum Thema« "Das Verhältnis zwischen Kriegszielen und Kriflgsplanung Im faschistischen Deutschland In der ersten Perlods des zweiten Weltkrieges"

62

Bericht über Ergebnisse von Aussprachen mit sowjetischen Historikern zur«, Konzeption der "Geschichte Deutschlands im zweiten Weltkrieg" (Gerhart Hass/Günter Paulus)

63

Bericht über das Kolloquium "Das Verhältnis' zwischen dem deutschen und amerikanischen Imperialismus in der ersten Periode des zweiten Weltkrieges" am 26. Februar 1965 (Vera Koller)

64

Information über die Tagung "Die historische Bedeutung der Brüsseler Konferenz der KPD 1935" (Klaus Drobisch)

65

Die Diskussion über Probleme der Geschichts des zweiten Weltkrieges auf dem XII« Internationalen HistorikerKongreß in Wien (Gerhard Förster)

19 66

dg.

Nr.

s.

1966

1

62-63

1966

2

82-87

Information über aine Tagung das Arbeltskreises "Zweiter Weltkrieg" (Waltraut Kintscher)

67

Information über die Konferenz des Arbeitskreiees anläßlich des 25. Jahrestages dee faschistischen Oberfalle auf die Sowjetunion am 15. und 16. Juni 1966 in Berlin

- 2o Dr. sc. Gerhard Facha "Mtinchener* Planungen des Imperialismus der Weimarer Hepublik gegenüber der Tschechoslowakei In der Zeit der faschistischen Diktatur, namentlich vom Jahre 1938 ab, würfle die prinzipiellfeibaiiche Stellung des deutschen Imperialismus zu einem selbständigen, einheitlichen Staat der Tschechen und Slowaken evident. Sie kann für diesen Zeitraum selbst von den Apologeten des monopolistischen Herrschaftssystems nicht bestritten werden. Doch wird besonders seit Mitte der seohzlger Jahre von bürgerlichen und sozialdemokratischen Historikern der Versuch unternommen, die Politik der Hitlerregierurtg als einen Bruch in der bis dahin angeblich dominierenden demokratischen und friedliebenden Haltung der herrschenden Kreise Deutschlands gegenüber der Tschechoslowakei zu werten. Erst nach 1933« so wird behauptet, seien von den politisch entscheidenden KrSften gegen die Tschechoslowakische Republik gerichtete Expanslonspläne entwickelt worden. Sagegen habe die Weimarer Republik in ihrem Verhältnis zur Tschechoslowakei von Anfang an ein Beispiel für korrekte Beziehungen gegeben, die sich nach Xooarno sogar zu "einer problemarmen Nachbarschaft weiter entwickeln (konnten), bis die verderbliche Entwicklung späterer Jahre - wie Manfred Alexander schreibt - die Bemühungen der demokratischen Politiker soheiütern llaß*

An der Spitze dieser "demokra-

tischen Politiker" wird Gustav Stresemann genannt. War der Sozialdemokrat Johann Wolfgang Brügel einer der Yorreiter dieser Geschieht skonzept Ion, so sind mittlerweile auch ein Helmut Slapnicka, Peter Burian, Manfred Alexander und mit ihnen äde Mehrheit der um das Collegium Carollnum

gescherten Geschichtsschreiber im Prinzip

auf diese Grundlinie eingeschwenkt. Sie komplizierten, von imperialistischen Gegensätzen geprägten Beziehungen zwischen Deutschland

- 21

-

und der Tschechoslowakei der 20er und 30er Jahre werden in schematisierender Weise im wesentlichen auf folgende Formel vereinfacht: Die Deutschnationalen und noch weiter rechts stehende Kräfte hätten die Beziehungen vergiftet, die parlamentarische Mitte und namentlich die Sozialdemokraten in beiden Ländern an der Regierung waren die Garanten für ein gutnachbarliches Verhältnis. Diese zumindest oberflächliche Geschichtsbetrachtung läßt das sozialökonomische Wesen der Weimarer Republik, deren Wirtschaft und Politik von den Industrie- und Finanzmonopolen sowie den Großgrundbesitzern beherrscht war, völlig außer acht, ebenso den Klassencharakter der Tschechoslowakischen Republik. Außer acht gelassen oder in ihrer Bedeutung zumindest heruntergespielt werden aber auch historische Tatsachen und Zusammenhänge, Quellenstücke, die in dieses Konzept nicht passen. Wir können hingegen nachweisen, daß die ökonomisch,politisch und militärisch herrschenden Kreise der Weimarer Republik den tschechoslowakischen Staat von Anfang an als eine vorübergehende, weil ihren langfristig angelegten Revisions- und Expansionsabsichten im Wege stehende Erscheinung angesehen haben. Dieses Ziel, nämlich die so oder so geartete Einbeziehung der ÖSR in den Herrschaftsbereich des deutschen Imperialismus, wurde seit den Anfängen der Weimarer Republik angesteuert. Damit ergibt sich eine historische Kontinuität auch zur Zeit der Vorbereitung des ersten Weltkrieges und zu seinem Verlauf, als sich der deutsche Imperialismus als mächtigster und auch aktiver Feind des nationalen Befreiungskampfes des tschechischen und slowakischen Volkes erwiesen hatte. Noch in der Stunde ihrer eklatanten militärischen Niederlage versuchten die reaktionärsten Kreise des imperialistischen Deutschland die Entstehung eines lebensfähigen, unab-

-

22

-

hängigen tschechoslowakischen Staates zu verhindern. Daß diese Pläne mißlangen, i s t nicht zuletzt auch ein Verdienst der Kämpfer der deutschen Novemberrevolution, die das imperialistische Ausbeutungssystem in Deutschland arg ins Wanken brachte. Doch noch einmal konnten 1918 die Monopolisten und Junker die Macht in ganz Deutschland behaupten. Mit seinen ökonomischen und p o l i t i s c h - s o z i a l e n Grundlagen b l i e b auch die Tendenz des Imperialismus zur A g g r e s s i v i t ä t , zur Expansion erhalten; eine Tendenz, die sich angesichts des damaligen internationalen Kräfteverhältnisses zwischen Imperialismus und den antiimperial i s t i s c h e n Kräften zunehmend verstärken und die deutsche Außenp o l i t i k mehr und mehr bestimmen s o l l t e . Das g i l t auch f ü r das Verhältnis gegenüber der Tschechoslowakischen Republik. Zur außenpolitischen Hauptdoktrin des deutschen Imperialismus wurde die Revision des V e r s a i l l e r Vertrages, die zugleich Voraussetzungen f ü r eine erneute Expansion in die T i e f e des europäischen Ostens und Südostens schaffen s o l l t e . Diese Revisionspolitik r i c h t e t e sich auch gegen die Tschechoslowakei, die a l s v i e l s e i t i g

lei-

stungsfähiger Pührungsstaat der Kleinen Entente und Verbündeter Prankreichs eine Barriere gegenüber dem Expansionsdrang der deutschen Monopole b i l d e t e . Das internationale Kräfteverhältnis, die eigene militärische Schwäche und nicht zuletzt der Kampf zur Erhaltung des kapitalistischen Systems gegen die während der revolutionären Nachkriegskrise anbrandende revolutionäre Arbeiterbewegung zwangen den deutschen Imperialismus f r e i l i c h , seine Revisions- und Expansionsziele zunächst aus einer Defensivposition heraus i n langen Fristen und verschiedenen taktischen Varianten anzustreben. Insgesamt wurde aber schon in den ersten Nachkriegsjähren die grundsätzliche Konzeption zur Zerschlagung der Tschechoslowakei im Verlauf der militärischen "zweiten Runde" zur Neuaufteilung Europas

- 23 sowie die taktischen Elemente für die Übergangszeit bis dahin entwickelt. Strategisch war die Politik des Imperialismus der Weimarer Republik gegenüber der Tschechoslowakei darauf orientiert, den Konsolidierungsprozeß des jungen Staates nach Möglichkeit zu behindern, seine Hationalitätenprobleme politisch auszunutzen und die auf die westlichen Großmächte, namentlich auf Prankreich gerichtete Bündnispolitik zu durchkreuzen. So sollte die CSR möglichst schwach gehalten und isoliert werden, um sich zu gegebener Zeit dem massiven Druck des wiedererstarkenden Deutschlands beugen zu müssen. Für die politischen Führungskräfte der Weimarer Republik - sei es das Auswärtige Amt oder die Reichewehrgeneralität - war die dereinstige Zerstückelung der Tschechoslowakei durch die Losreißung der vorwiegend von Deutschen bewohnten Grenzgebiete ein Axiom, das der Gestaltung der Gesamtpolitik gegenüber der SsR perspektivisch zugrunde lag. Internes Aktenmaterial liefert hierfür die Beweise. In vertraulichen Berichten der deutschen Gesandtschaft in Prag und der deutschen Paßstelle Mährlsch-Ostrau vom Juli 1921 an das Auswärtige Amt z.B. wird auf das Problem verwiesen, für die "Zeit zwischen Gegenwart und Erlösung", d.h. bis zur "späteren Vereinigung mit dem Reich" sowohl seitens der sudetendeutschen nationalistischen Führer wie seitens der deutschen Außenpolitik das "Problem der Taktik" zu meistern. Und zwar "ohne die feindlichen Wächter (d.h. die tfSR-Behörden - G.F.) in Harnisch zu bringen, (und) ohne den lauernden Unverstand der Schwarmgeister (d.h. deutschböhmischer Rechtsextremisten - G-.F.) zu törichten Unternehmungen zu verleiten". "Die Kunst, immer an das Endziel zu denken, nie, und jeden3 falls nicht zur Unzeit, davon zu reden, will gelernt sein."

Weitere

Aktenstücke erweisen, daß diese strategisch-taktische Konzeption

- 24 nicht etwa nur den in der Tschechoslowakei tätigen deutschen Diplomaten, sondern allen verantwortlichen Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes eigen war. Bis zu der Zeit, da Deutschland genügend erstarkt sein würde, um den "Anschluß" der Sudetengebiete zu vollziehen, galt es natürlich, einen Modus vivendi mit der Tschechoslowakeit zu finden. Hierfür entwickelte das Auswärtige Amt die Taktik der "korrekten Beziehungen". Ein von Berief oftmals für die Charakterisierung der tschechoslowakitsch-deutsehen Beziehungen auf staatlicher Ebene gebrauchter Begriff wurde dazu geschickt ausgenutzt. Die Taktik der "korrekten Beziehungen" s o l l t e dem deutschen Imperialismus vor allem für die Auseinandersetzung mit dem französischen Rivalen den Rücken freihalten. Sie bedeutete ein Annäherungsverhältnis an die Tschechoslowakei, das es dem imperialistischen Deutschland ermöglichte, die P o l i t i k der schrittweisen Konsolidierung seiner wirtschaftlichen und politischen Macht und zugleich der zunächst vorsichtig dosierten ünterminierung und Durchlöcherung der Versailler Friedenebestimmungen zu verfolgen. Zugleich wurden die Widersprüche, die auch zwischen Siegermächten wie Frankreich und der Tschechoslowakei bestanden, geschickt ausgenutzt. Auch die weitgehenden und engen ökonomischen Bindungen kamen ins Spiel. Seit 1920 nahm Deutschland im Außenhandel der CsR den mit Abstand ersten P l a t z ' e i n : mehr als zwei Fünftel des tschechoslowakischen Außenhandels wurden mit Deutschland abgewickelt. Außerdem waren die durch Deutschland zum Meer führenden Wasserwege und die Eisenbahntransitverbindungen unter den damals gegebenen Verhältnissen fUr die tschechoslowakische Wirtschaft lebensnotwendig. Aus diesen Umständen versuchte sich die deutsche Außenpolitik politische Vorteile gegenüber der Tschechoslowakei zu verschaffen und eine Stärkung der internationalen Positionen

der ¿&R nach Möglichkeit zu verhindern« Besonders deutlich wurde dies im Verlauf der Locarno-Politik. Zwar kam es zum Abschluß eines Schiedsvertrages mit der Tschechoslowakei, aber Stresemaio weigerte sich hartnäckig und mit Erfolg, die tschechoslowakischen Forderungen anzunehmen: nämlich Verzicht auf Krieg und Anerkennung der deutsch-tschechoslowakischen Grenze sowie deren internationale Garantie.^ Es soll hier nicht näher auf die locarno-Problematik eingegangen werden, weil das den Rahmen dieses Beitrages sprengen würde. Hur darauf sei hingewiesen, daß die von der Reichsregierung in der Präge des deutsch-tschechoslowakischen SchiedsabkommenB eingenommene Position ein Ausdruck dessen war, daß auch in der langfristig angelegten Revisionspolitik eines Stresemann die Zerschlagung der Ischechoslowakei einen festen Platz einnahm. Was Stresemann in der politischen Öffentlichkeit verständlicherneise nicht offen formulierte, das brachten er und seine engsten Mitarbeiter in internen Dokumenten jedoch klar und unmißverständlich zum Ausdruck. In einer geheimen Denkschrift Stresemanns vom 13. Januar 1925 zur Minderheitenproblematik wurde die "schrittweise Revision der politisch und wirtschaftlich unhaltbarsten Grenzbestimmungen der Friedensdiktate (polnischer Korridor, Oberschlesien) danach "die Schaffung eines Staates, dessen politische Grenze alle deutschen Volksteile umfaßt, die innerhalb des geschlossenen deutschen Siedlungsgebietes in Mitteleuropa leben", zu strategischen Zielen und Osteuropa, das Baltikum sowie das Donaubecken zu Gebieten erklärt, "in denen sich Lebensfragen deutscher Politik und Y&rt schaft entscheiden müssen." Die Denkschrift rechnete zugleich damit, daß bei Verwirklichung dieser Zielsetzungen "auch Angehörige fremder (in erster Linie slawischer - G.F.) Nationalität unter

5

deutsche Staatshoheit gestellt werden".

Diese Expansionsabsichten

gingen also weit über die Grenzen von 1914, die in der offiziellen Antt-Versailles-Propaganda als angebliches Endziel der Revisions-

- 26 forderungen hingestellt wurden, hinaus. Sie bedeuten nicht weniger als die Zerschlagung der in Uittel- und Osteuropa bestehenden Staatenordnung, die Zerstückelung der Tschechoslowakei eingeschlossen. Wie anders wollte Stresemann den "Anschluß" der in den Grenzgebieten der ¿SR wohnenden deutschen Minderheit vollziehen? Es muß außerdem festgestellt werden, daß alle bürgerlichen Parteien der Weimarer Republik von den Deutschnationalen bis zu den Deutschdemokraten sowie die entscheidende Gruppe der.rechten sozialdemokratischen Führer als grundsätzliche außenpolitische Orientierung eine so oder so geartete großdeutsche Konzeption vertraten, die der Revanchepolitik der deutschen Monopolbourgeoisie entsprach oder ihr zumindest entgegenkam. Mit einem angemaßten aggressiven "Rechtsanspruch" auf den "Anschluß" nicht nur Österreichs, sondern auch der Sudetengebiete, wurde die Anschlußfrage für die Zukunft politisch offengehalten. Eine derartige Politik stand in krassem Gegensatz zu den nationalen Lebensinteressen der Tschechen und Slowaken. Die loßreißung der Grenzgebiete von den böhmischen Ländern, die ungeachtet der Nationalität ihrer Bewohner seit Jahrhunderten eine politische, wirtschaftliche und weitgehend auch kulturelle Einheit bildeten, mußte die Lebensfähigkeit der Tschechoslowakischen Republik untergraben, sie zumindest in die Rolle eines Satellitenstaates des imperialistischen Deutschlands zwingen. Eine so geartete nationale Selbständigkeit der Tschechen und Slowaken mußte zur Farce werden. Die Theoretiker des deutschen Kevanchismus der zwanziger Jahre, Ostforscher und "Volkswissenschaftler", Historiker und Publizisten begründeten die aggressiven Zielsetzungen der deutschen Außenpolitik und boten ihrerseits taktische Varianten an. Gleichzeitig betrieben sie ideologische Breitenarbeit, um die Masse des deut-

- 27 sehen Volkes auf den durch die Antl-Versailles-Doktrin vorgezeichneten Revanchekurs zu bringen. Die erdrückende Mehrzahl aller Publikationen und Presseerzeugnisse der Weimarer Republik zeigte die Tschechoslowakei lediglich im Zerrspiegel nationalistischer und revanchistischer Verleumdungen. Vor allem wurde die ¿SR als unstabile, vorübergehende Erscheinung betrachtet, dem tschechischen Volk die Fähigkeit zur Staatsbildung abgesprochen und über die provokatorische Aufbauschung der Minderheitenprobleme sowie den Mißbrauch des Rechtes auf Selbstbestimmung Haß gegen alles Tschechische erzeugt. Der führende und einflußreiche "Deutschtums"Theoretlker und -Politiker Max Hildebert Böhm schrieb z.B.: "Bin aufgeblähter polnischer Vielvölkerstaat und das raumpolitische wie national gleich unglücklich zusammengesetzte Staatsgebilde der Tschechoslowakei sind in ihrem gegenwärtigen Bestand... undenkbar." Solchen "reinen Konjunkturstaaten" bliebe "der Stempel der Vergänglichkeit von Urbeginn an aufgedrückt".^ Diese Art Äußerungen waren aber in der deutschen Publizistik Legion. Im-Juni 1920 berichtete die Berliner tfsR-Gesandtschaft nach Prag: "... Die in den hiesigen Redaktionen herrschende Meinung über unseren Staat ist derart, daß es in absehbarer Zeit nicht denkbar erscheint, in seriösen anerkannten reichsdeutsehen, namentlich Berliner Blättern publizistische Beiträge aus tschechischer Quelle unterzubringen..."''' Wie Gesandter Tusar im Mai 1921 an Beneif Q

schrieb, daß "sehr gegen uns gehetzt"

werde, so mußten sich auch

in der Folgezeit die tschechoslowakischen Vertreter immer wieder Uber diese Haltung der deutschen Presse gegenüber der CSR beklagen. Mehrfach wurden die Hetzkampagnen direkt vom Auswärtigen Amt und Stresemann perspnlich ausgelöst und angefacht. In der deutschen öffentlichen Meinung gab es nur wenige Stimmen mit Ausnahmecharakter, die sich dem auch regierungsseitig

- 28 finanziell und politisch unterstützten Trend zu einer nationalistisch-Überheblichen, ja ausgesprochen chauvinistisch-haßerfüllten Haltung gegenüber dem gemeinsamen Staat der Tschechen und Slowaken entgegenstellten. Es waren linksbürgerlich und pazifistisch orientierte Persönlichkeiten, wie Friedrich Wilhelm Foerster, Faul Freiherr von Schoenaich, Carl von Os&etzky, Carl Mertens, Emil Julius Gumbel, Kurt Tucholski u.a., sowie vereinzelte sozialdemokratische Stimmen, z.B. Rudolf Breitscheid, die der ¿SR eine relativ objektive Beurteilung angedeihen ließen. Nicht zuletzt sei auf die Kommunistische Partei Deutschlands und ihre Publikationeorgane verwiesen, die die Probleme der Tschechoslowakei vom Standpunkt der revolutionären internationalen Arbeiterbewegung beurteilten. Doch dies waren einsame Inseln in der nationalistischen Meinungsflut, die im Grunde die Existenzberechtigung eines selbständig lebensfähigen, unabhängigen tschechoslowakischen Staates verneinte. Auch die von bürgerlichen Historikern in penetranter Weise wiederholte Behauptung, die herrschenden Kreise der Weimarer Republik hätten zur Realisierung des außenpolitischen Revisionsprogramms, im besonderen was die Tschechoslowakei anbelangt, für alle q Zukunft nur an friedliche Mittel gedacht , entspricht nicht den historischen Tatsachen. Schon unmittelbar nach Friedensschluß begann die Reichswehrführung, namentlich General Seeckt, in Kontakten mit den ungarischen Horthyfaachisten Kombinationen darüber anzustellen, wie gegen die Tschechoslowakei im Kriegsfall gemeinsam vorgegangen werden könnte. In der Revisionspolitik der ungarischen Monarchofaschisten sahen die herrschenden Kreise der Weimarer Republik eine den eigenen Wünschen entgegenkommende politische Komponente. Im Herbst 1919 ließ Seeckt außerdem Waffen aus Uberzähligen Beständen der Reichswehr zur militärischen Stärkung der ungarischen

- 29 Reaktion Dach Ungarn schmuggeln. Im März des Jahres 1923 verständigte sich Seeckt nach Abstimmung mit Reichskanzler Cuno mit dem ungarischen Regierungschef Graf Bethlen Uber ein evtl. gemeinsames militärisches Vorgehen gegen die &SR, wobei zugleich die Umtriebe slowakischer Separatisten in Form einer "Autonomie der Slowakei oder der Gründung eines selbständigen Slowakiens" - wie sich Seeckt ausdrückte - einkalkuliert wurden.10 Mit dem Eintritt Stresemanns in die Regierungspolitik gab es keinen ßrudi:, sondern eine Fortführung dieser Linie. Im April 1925 wurde im Auftrag Stresemanns von Gerhard Köpke, dem zuständigen Abteilungsleiter im Auswärtigen Amt, im Hinblick auf den deutschtschechoslowakischen Schiedsvertrag eine Expertise Uber das Verhältnis zu Ungarn ausgearbeitet. Da der Schiedsvertrag den Krieg nicht ausschließen sollte, enthielt das Dokument konkrete konzeptionelle Erwägungen Uber ein militärisches Zusammengehen mit Ungarn. Man rechnete im Kriegsfall auch mit dem Auftreten der "mehr als drei Millionen starken deutschen Minderheit gegen den tschechischen Staat" soviie erneut mit einer "ungarnfreundlichen" Haltung der slowakischen Bevölkerung. "Für die nächste Zeit" allerdings sehe sich Deutschland in der südöstlichen Expansionsrichtung "darauf beschränkt, rein wirtschaftliche Ziele mit friedlichen Mit11 teln zu verfolgen." Dieses "Vorerst" oder "Zunächst" hinsichtlich der Anwendung friedlicher Mittel zieht sich übrigens durch.alle internen deutschen Vorberatungen für die Locarnokonferenz, Alle Minister brachten in ihren Ausführungen hinter den verschlossenen Türen des Reichskabinetts so oder so zum Ausdruck, daß Rheinpakt plus Schiedsverträge lediglich als "Waffenstillstand" - wie Reichsminister Otto Geßler (DDP) sagte - anzusehen seien, bis Deutschland wieder Uber die nötige Stärke verfügte, um alle Verträge skrupellos zu zerreißen und nicht nur die Ostgrenzen mit Gewalt zu verändern,

- 3o sondern auch gegen die Rivalen im Westen militärisch vorzugehen.^ Ab 1925 verstärkten sich die revanchistischen Aktivitäten des deutschen Imperialismus in bedeutendem Maße, nachdem er mit locarno hierfür wesentlich günstigere Operationspositionen gewonnen hatte. Die Führungskreise des sogenannten Deutschen Schutzbundes, der politischen und organisatorischen Leitzentrale der deutschen Revancheorganisationen, entfaltete in diesem Zusammenhang eine sich über mehrere Jahre erstreckende außenpolitische Planungstätigkeit, an der sich führende Beamte der Reichs- und Länderregierungen bis zum Range von Ministern und maßgebliche Vertreter der Spitzenverbände der deutschen Industrie beteiligten. Das Ergebnis bildete ein um13 fassendes Dokument mit der Bezeichnung "Deutsche Zielsetzung"

,

das eine weitreichende Konzeption zur "Heuordnung Europas" durch den deutschen Imperialismus darstellte und im Marz 1928 auf der sogenannten Berliner Schlußbesprechung angenommen wurde. • In den strategischen wie taktischen Planungen nahm die Tschechoslowakei einen zentralen Platz ein. Eine im Verlauf dieser Planungsarbeiten vom Schutzbundvorsitzenden Karl Ch. von Loesch im Jahre 1927 verfaßte und im Auswärtigen Amt deponierte "Denkschrift über das Verhältnis Deutschlands zur Tschechoslowakei"^ trägt bereits den Charakter einer politisch-operativen Detailausarbeitung für spätere Aggressionsakte. Sie nahm bis in die Einzelheiten die 1938/39 mit "Sudetengau" und "Protektorat" praktizierte aggressive Lösung dieses Problems konzeptionell vorweg. Loesch betont das besondere Interesse des deutschen Imperialismus an der Tschechoslowakei, "deren Staatsgrundgedanke und deren heutige Grenzen dem vitalen Interesse des Deutschen Reiches ... entgegengesetzt" seien. Da mit Grenzkorrekturen das Verhältnis zur Tschechoslowakei nicht "grundsätzlich zu bereinigen" sei, macht Loesch den Vorschlag, daß "das deutsche Siedlungsgebiet in Böhmen, Mähren

- 31 und Schlesien verwaltungsmäßig zum Deutschen Reich gehören Iföiftite, vorausgesetzt. daß auch die tschechischen Gebiete i n einem engen Bündnis mit dem Deutschen Reiche stehen würden . . . " Loeschs Denkschrift wurde im Auswärtigen Amt keineswegs unbe- ' achtet zu den Akten g e l e g t . Vielmehr finden sich in der bereits genannten "Deutschen Zielsetzung", die mit ausdrücklicher Zustimmung des Auswärtigen Amtes knapp ein Jahr später verabschiedet wurde, die von Loesch vorgeschlagene und gegenüber der Tschechoslowakei anzuwendende Strategie in ihren Kernelementen wieder. Die i n diesem Grundsatzdokument formulierten t e r r i t o r i a l e n Expahsionswünsche weisen v o r allem in "den Raum der Völkermischung" ö s t l i c h und südöstlich des Deutschen Reiches. "Dieser Raum i s t

zugleich

der des geringsten Widerstandes gegen die Neuordnung und daher der größten Möglichkeiten." Unter den taktisch vorbereitenden Schritten wird die möglichst enge "Wirtschaftsverflechtung mit den übrigen Teilen des geschlossenen deutschen Siedlungsgebietes" genannt. Dies g e l t e f ü r " a l l e ehemals österreichischen Gebiete" und "im 15

besonderen f ü r den sudetendeutschen Raum". ' Wach dem "Anschluß" Österreichs f i g u r i e r t e also die Losreißung der Sudetengebiete und die damit verbundene Zerschlagung der Tschechoslowakei als nächster Schritt in den Plänen zur Schaffung eines Großdeutsohlands. Zugleich wurde gerade gegenüber der Tschechoslowakei wiederum mit dem Einsatz m i l i t ä r i s c h e r Machtmittel gerechnet. Loesch meinte i n seiner Denkschrift nach verschiedenen geradezu generalstabsmäßigen Erwägungen, daß "eine n i c h t f r i e d l i c h e Lösung ö r t l i c h h i e r am wenigsten bedenklich" wäre. In diesen Zusammenhang müssen auch die Bestrebungen des Auswärtigen Amtes g e s t e l l t werden, die deutsche Minderheit i n der Tschechoslowakei zu einer "großzügigen und historisch wirksamen Irredenta" 1 ^ zu formieren. Dies geschah in v i e l f ä l t i g e r Weise und

- 32 mit dem Einsatz bedeutender finanzieller Mittel. Die hierbei vom Auswärtigen Amt und von Stresemann persönlich gegebenen Empfehlungen an die deutschen Parteien der ¿SR, in die Regierung einzutreten, entsprach diesem langfristigen Konzept. Diese Taktik sollte es der 1918 von der politischen Macht verdrängten Sudetenbourgeoisie ermöglichen, schrittweise nieder Machtpositionen im tschechoslowakischen Staatsapparat zu gewinnen, um von da aus systematisch auf den "Anschluß" hinzuarbeiten. Der sudetendeutschen Irredenta war die Funktion einer gewichtigen Teilgruppierung der zur Zerschlagung des tschechoslowakischen Staates anzusetzenden Stoß17 kraft e zugedacht. Obwohl alle diese Planungen und Maßnahmen weitestgehend geheimgehalten wurden, gelangte die SsR-Regierung doch in den Besitz bestimmter Informationen, die im Zusammenhang mit dem sichtbaren Wiedererstarken des deutschen Imperialismus mehr und mehr als eine bedrohliche Entwicklung gewertet wurden. Im November 1932 äußerte sich Kamil Krofta als Stellvertreter Benes hierüber vor der Auslandspresse. "Der SchlUssel der Zukunft - so sagte er nach dem Bericht des deutschen Gesandten - liege bei Deutschland. Dort hätten sich die militärisch-nationalistischen Kräfte in entscheidender Weise durchgesetzt... Ob der Reichskanzler Brüning, Papen oder Hitler heiße, sei letzten Endes gleichgültig. Die außenpolitische Linie, die Deutschland jetzt und in Zukunft verfolge, werde im wesentlichen immer die gleiche bleiben: Sie laufe auf eine Abänderung des Status quo der Friedensverträge hinaus... Gestern habe Deutschland um die Rheinlandräumung und die Reparationen gerungen. Heute stehe die Abrüstungsfrage auf der Tagesordnung. Morgen würden zweifellos der polnische Korridor, Oberschlesien, die Saarfrage, die Kolonien und der Anschluß an die Reihe kommen. Man wieae nicht, wo die WUnsche Deutschlands schließlich enden wtirden."

- 33 Zwar könnte man "Deutachland noch in dieser oder jener Präge entgegenkommen. Deutschland Vierde jedoch nie zufrieden sein. Jedes Entgegenkommen würde neue Forderungen zur Folge haben. Diese Entwicklung der Dinge müsse fast zwangsläufig zu einem Krieg füh18

ren."1

'

Das war eine treffende Einschätzung. Doch war die Politik

der bourgeoisen tschechoslowakischen Staatsführung nicht geeignet, die sich aus der Politik des deutschen Imperialismus ergebenden Gefahren für das tschechische und slowakische Volk abzuwenden. Abschließend sei festgestellt, daß die Politik des deutschen Imperialismus nicht nur im Kaiserreich und nicht erst in der Zeit der faschistischen Diktatur im völligen Gegensatz zu den nationalen Lebensinteressen der Tschechen und Slowaken stand. Auch in der Zelt der Weimarer Republik, als das deutsche Großkapital und die Junker ihre Herrschaft mit Parlament arisch-demokratischen Methoden ausübten, führte die dem Wesen des Monopols immanente Tendenz zur Expansion und Aggressivität zu einer langfristig angelegten außenpolitischen Konzeption, die einen neuen Krieg zur "Neuordnung Europas" einkalkulierte und auf dem Wege dahin die Tschechoslowakische Republik zu liquidieren gedachte. Nach der Errichtung der faschistischen Diktatur konnte der deutsche Imperialismus auf vielen Gebieten an das anknüpfen, was an Aggressionsvorbereitungen bereits während der Weimarer Republik im allgemeinen und gegen die Tschechoslowakei im besonderen geschaffen worden war. Solche Elemente der Aggressionskonzeption gegen die ¿SR, wie Losreißung der Grenzgebiete unter Organisierung und Mobilisierung einer sudetendeutschen Irredenta, politisches und militärisches Zusammenspiel mit den Horthyfaschisten, die Einkalkulierung der Umtriebe slowakischer separatistischer Elemente und sogar die verwaltungsmäßige Organisierung der zu okkupierenden Gebiete - all das war schon in der Zeit der Weimarer Republik im

Auswärtigen .Amt, von d e r G e n e r a l i t ä t und von r e v a n c h i s t i s c h e n Theor e t i k e r n i n e n g s t e r Kooperation mit den Monopolverbänden erdacht und zu P a p i e r gebracht norden. N a t ü r l i c h konnten d i e Okkupationspläne e r s t dann i n d i e Tat umgesetzt werden, a l s den i m p e r i a l i s t i s c h e n Machthabern d i e i n n e n und a u ß e n p o l i t i s c h e n Voraussetzungen h i e r f ü r h e r a n g e r e i f t zu s e i n s c h i e n e n . Das war dann 1938/39 d e r F a l l . Der a n g e b l i c h demokratische und f r i e d l i e b e n d e C h a r a k t e r d e r A u ß e n p o l i t i k der Weimarer Republik i s t eine p o l i t i s c h d e t e r m i n i e r t e liegende. Das a g g r e s s i v e , e x p a n s i o n i s t i s c h e Wesen d e r deutschen Monopole - wie j e d e r Monopolherrschaft überhaupt - h a r t e h i s t o r i s c h e und p o l i t i s c h e R e a l i t ä t . Dies müssen s i c h auch i n d e r Gegenwart a l l e a n t i i m p e r i a l i s t i s c h e n , demokratischen K r ä f t e s t e t s vor Augen h a l t e n , um d i e im Kampf um Frieden und S i c h e r h e i t i n Europa e r r e i c h t e n großen E r f o l g e zu s i c h e r n und w e i t e r auszubauen.

Anmerkungen 1

Vgl® Johann Wolfgang Brägel. Tschechen und Deutsche 1918-1938, MUnchen 1967, paaalm; II, Alexander, Der deutsch-tschechoslowakische Schiedsvertrag im Rahmen der locarno-VertrSge, München-Wien 197o, S. 196 f ; P. Bullau. Deutsoh-tschechoslowakische Beziehungen 1918-1919, i m P o l i t i s c h e Ideologien und n a t i o n a l s t a a t l i c h e Ordnung, München-Wien 1968,

2

Vgl, tterhard f u c h s . Die Haltung des deutschen Imperialismus zur Sründung der Tschechoslowakischen Republik 1918/1919, in« Jahrbuch f ü r Seschichte, Bd. 6, Berlin 1972, S. 263 f f .

3

Zentrales Staatsarohiv (ZStA) Potsdam, Vertretung der Reicheregierung in MUnchen, Bd. 145, S, 69 f , u. 74 f .

4

Akten zur Auswärtigen Deutschen P o l i t i k , Serie B, Bd. 1/1, Söttingen 1966, S. 74o; Henry Ashby Turner ,1r.. Eine Rede Streaemanns Uber seine l o c a r n o p o l i t i k , i n : Y i e r t e l j a h r e s h e f t e f ü r Zeitgeschichte, 15. Jg. 1967, S, 423 f . , 434.

5

P o l i t i s c h e s Archiv des Auswärtigen Amtes Bonn, Nachlaß

6

Max Hildebart Boehm. Europa I r r e d e n t a , Berlin 1923, S. 311

Stresemann, Bd. 351, S, H 175734. u. 315. 7

Archiv m i n i s t e r s t v a zahranicnich v e c i , Prag, P o l i t i c k § zprfivy Berlin 192o, Kr. 49.

8 9

Ebenda,'PZ Berlin 1921,'Nr* 114. Vgl. Mißtrauische Nachbarn, Deutsche O s t p o l i t i k 1919/1970. Dokumentation und Analyse, hg. v, Hans-Adolf Jacobsen, Düsseldorf 197o, S. 17.

10

Hans Meier-Welcker. Seeckt. Frankfurt/M. 1967, S. 323, 351.

- 36 11

PA Bonn, Büro Staatssekretär, Politische Angelegenheiten der Kleinen Entente, Ungarns und des Balkans, Bd. 1, S. E 175452 ff.

12

ZStA Potsdam, Filme der Sitzungsprotokolle des Reiohskabinetts von 1925.

13

Vgl. den Text bei Felix-Heinrichfientzen,Zur Sesohlchte des deutschen Revanchismus in der Periode der Weimarer Republik, in: Jahrbuch fUr Sesohichte der UdSSR und der volksdemokratischen Länder Europas, Bd. 4, Berlin 196o, Dok.Hr. 7, S. 68 ff.

14

PA Bonn, Abt. IIb, Politische Beziehungen der Tschechoslonakei zu Deutschland, Bd. 7, S. I> 12o876 ff., veröffentlicht von Gerhard Puchs, Aggressive Planungen des deutschen Imperialismus gegenüber der Tschechoslowakei in der Zeit der Weimarer Republik, in: Zf9, XVI. Jg. 1968, S. 1313 ff.

15

Sentzen, S. 69 u. 71.

16

PA Bonn, Abt. IIb, Polit. Bez. d. Tschechoslowakei zu

17

Vgl. Cerhard Puohs. èie sudetendeutsche Irredenta In der

Deutschland, Bd. 1, S. 1 119752. Revanchepolitik des deutschen Inperialismus (1919-1923), in: Jahrbuch fUr Sesohichte der sozialistischen Länder Europas, Bd. 17/1, Berlin 1973, S. 33 ff. 18

PA Bonn, Gesandtschaft Prag, Polit. Bez. d. Tschechoslowakei zu Deutschland, Bd. 3, Bericht Kochs an AA v. 21.11.1932.

Dr. sc. Gerhart Haas

- 37 -

Das HUnchener Abkommen in der Strategie des deutschen Imperialismus und in der Appeasement-Politik der festmachte

Mit' seiner Niederlage auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkrieges scheiterte auch der Versuch der deutschen Imperialisten, ihre Vormacht in der Welt, die auf einem von ihnen völlig beherrschten "Mitteleuropa" basieren sollte, zu errichten. Als es aber den Volksmassen in der Novemberrevolution 1918/19 noch nicht gelang, die Kriegstreiber und Kriegsgewinnler zu entmachten Und die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland grundlegend zu verändern, wagten Militärs und Konzernherren, an eine "neue Runde" der Weltmachtpolitik zu denken. Während der Kampf um die Macht noch tobte, fand bereits im Dezember- 1918 in Berlin eine Beratung des Großen Generalstabs statt. General Groener, der nun an der Spitze des Offizierskorps der Republik stand, umriß dort, weit, in die Zukunft greifend, die einzuschlagende große Strategie: "Wenn man um die Weltherrschaft kämpfen will, muß man dies von langer Hand her vorausschauend mit rücksichtsloser Konsequenz vorbereiten. Man darf nicht hinundherschaukeln und Friedenspolitik treiben, sondern muß restlos Machtpolitik treiben."1 Mit diesen Grundsat zausfiihrungen leitete Groener die Debatte Uber ein Programm ein, das der damalige Leiter des Politischen Büros der Obersten Heeresleitung und spätere Reichskanzler, Kürt von Schleicher, vortrug. Dieser führte auet "Zunächst müsse man im Innern eine Regierungsgewalt wieder aufrichten, die sich durchzusetzen vermöge. Wenn der Soldat dabei helfe, könne das verhältnismäßig schnell gehen. Auf der Basis der wiederhergestellten Ordnung milsse man sodann zur Gesundung

- 38 der Wirtschaft kommen. Erst auf den Schultern einer aus den Trümmern wiederaufgebauten Wirtschaft, könne alsdann nach langen, mühevollen Jahren an die Wiedererringung der äußeren Macht herangegangen werden." Die Ausführungen der Groener und Schleicher enthalten erstmals seit den Kriegszielplänen der Jahre 1914/18 die Idee eines Stufenprogramms zur Eroberung der Weltmacht. Vielfach variiert blieb die Idee eines Stufenprogramms von nun an für die Haltung der herrschenden aggressiven Kreise des deutschen Imperialismus bestimmend. Damit sollte versucht werden, die im ersten Weltkrieg gescheiterten Pläne - die Errichtung eines preußisch-deutsch geführten Mitteleuropa, die Beherrschung ganz Europas sowie der Erwerb überseeischer Gebiete und die Schaffung eines deutschen Weltreiches betreffend - weiterzuführen und bei günstiger innen- und außenpolitischer Konstellation erfolgreicher als 1914/18 zu verwirklichen. Vermutlich waren sich die Teilnehmer der Sitzung im Dezember 1918 in Berlin ebenso wie die-mit gleichen und ähnlichen Vorstellungen konformgehenden und sympathisierenden Exponenten großer Konzerne, Banken, Unternehmerverbände usw. darüber klar,, daß zu diesem Ziel kein geradliniger Weg führen würde. Das Ziel war ¡jedoch gegeben. Es war nicht neu, es entsprach dem Fortbestand der Klassenherrschaft jener reaktionären Kräfte in Deutschland, die den ersten Yi'eltkrieg vorbereitet hatten und in den Tagen der Niederlage schon an den zweiten V / e l t k r i e g dachten. Die tschechoslowakischen Länder wurden in den deutschen Kriegszielplänen des ersten Weltkrieges als Bestandteile der österreiohungarischen Doppelmonarchie' zu den Gebieten gerechnet, die zum Kern eines preußisch-deutsch beherrschten "Mitteleuropa" gehören sollten. Die Vorstellungen aus Kreisen der Yärtschaft und der Militärs, gingen davon aus, einen Wirtschaftsbund zwischen Deutsch-

- 39 land und Österreich-Ungarn ala Basis des geplanten Kitteleuropa 3 zu schaffen.

Weit erreichende Pläne sahen, wie es in einem

Schreiben des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, Richard von Kühlmann, an den Reichskanzler, Graf Georg von Hertling, vom 7 . Januar 1918 hieß, eine "ökonomische und militärische Angliederung Österreichs"^ vor. Alle diese Pläne setzten voraus, Industrie, Rohstoffe und Arbeitskräfte ebenso wie die für die weitreichenden Balkan- und Uahostplane äußerst wichtige strategisch-geographische läge der tschechischen und slowakischen Landesteile ÖsterreichUngarns auszunutzen. Das Scheitern der Kriegszielpläne des deutschen Imperialismus und Militarismus im ersten fteltkrieg und der Zerfall ÖsterreichUngarns krönten den Kampf der Völker der Tschechoslowakei und brachten ihnen nationale Unabhängigkeit und Souveränität. Den Kräften in Deutschland, die jenen von Groener und Schleicher vorgezeichneten aggressiven Weg zu gehen beabsichtigten, war der tschechoslowakische Staat von Anfang an ein Dorn im Auge. Zu.Beginn der zwanziger Jahre vermochte der deutsche Imperialismus jedoch noch nicht offen gegen die Existenz dieses durch den Unabhängigkeitswillen der Völker entstandenen Staates aufzutreten. Intern erwog man aber zukünftige Aggressionspläne und bemühte man sich - wo immer möglich - dafür Voraussetzungen zu schaffen. Der Alldeutsche Verband, Sprachrohr der Großindustrie, zu jener Zeit von Monopolisten wie Claas, Hugenberg und Kirdorf geführt, entwickelte dafür sehr früh ein Programm. Am 24. September 1920 erklärte Hans Knirsch, ein Hugenberg nahestehender und von diesem unterstützter Wortführer revanchistischer Ansichten auf der Ausschußsitzung des Alldeutschen Verbandes: "Wir sind der Auffassung daß es unsere Pflicht ist, im Interesse des gesamten Deutschtums alles zu tun, was den tschechoslowakischen Staat zu unterwühlen

- 4o imstande ist, und unsere ganze wirtschaftliche und politische Tätigkeit darauf zu vereinigen, daß dieser Staat nicht in die c Lage kommt, sich zu festigen.""^ Den etwa drei Millionen Bürgern deutscher Nationalität des tschechoslowakischen Staates, die Uber bedeutende Positionen in der Industrie und Wirtschaft des neuen Staates und wichtige Produktionsmittel verfugten, war bei der Durchsetzung dieser Politik von Anfang an eine verhängnisvolle Rolle zugedacht. Immer wieder tauchte in den Jahren der Weimarer Republik der Gedanke auf, den tschechoslowakischen Staat zu "unterwühlen" und die hochindustrialisierten Gebiete im Nordwesten, Korden und Osten des Landes abzutrennen. Bald plante man ein Zusammengehen mit Österreich, Polen und Ungarn, bald dachte man an ein getrenntes Vorgehen oder an einen Alleingang. So riet Hugo Stinnes am 30. Januar 1923, "das ostoberschlesische und nordböhmische Gebiet in Besitz zu nehmen".0 General Hans von Seeckt, Chef der Heeresleitung und Ende 1923 faktisch Liilitärdiktator in Deutschland, vertrat im gleichen Jahr "bezüglich der Ischechei" - nach dem Zeugnis des Generals von Lieber - "den Standpunkt, daß diese besetzt werden müsse zum Schutz von Oberschlesien und zur Ge7 winnung der nordböhmischen Industrie." Die Kräfte der Revanchisten und neuen Kriegstreiber reichten in den zwanziger Jahren fUr eine solche Aktion jedoch nicht aus, Das internationale Kräfteverhältnis war auch so beschaffen, daß solche Pläne Wunschträume blieben. Die deutsche Außenpolitik hielt sich vielmehr an die Devise, die Albrecht Graf zu StolbergWernigerode 1925 in einer von Gustav Stresemann gebilligten Denkschrift formuliert hatte: "Gerade in unserer jetzigen Lage müssen wir den Mund vollnehmen von Friedensphrasen, Völkerversöhnung usw., ohne deshalb wie o die pazifistischen Phantasten an diesen Schwindel zu glauben." Stresemann selbst schrieb am 7. September desselben Jahres an den ehemaligen Kronprinzen über

- 41 seine Außenpolitik< "Im Hintsrgrund steht der Anschluß von g Deutsch-Österreich."

In einer geheimen Denkschrift hatte Stresemann

in Oanuar 1925 "die schr-lttweiee Revision der politisch und wirtschaftlich unhaltbarsten Grenzbestimmungsn" zum nächstllegendsn Ziel erklärt. Dabei war er sich, wie er auedrückllch schrieb, völlig darüber klar, deß "auch Angehörige fremder Nationalität unter deutsche Staatshoheit gestellt werden." 1 ® Regierungen, Militärs, Konzern- und Benkherren hatten In ihren außenpolitiechen Überlegungen die Vorstellung, Mitteleuropa zu beherrschen und sodann weitreichende Pläne zu verwirklichen, nie aufgegeben. Sie gehörten - ebenso wie bis 1918 - zur Strategie der herrechenden Krelee. Der "Anschluß Oeutsch-Dsterreiche" war eine Etappe, der die Expaneion in die Tschechoslowakei, die sodann militärisch noch stärksr umfaßt war, folgen sollte. Als der Führer der deutechen Faschisten, Adolf Hitler, in dem 1925 erschlsnenen ersten Band seines Machwerks "Msin Kampf" schrieb, "Oeutech-Osterreich muß wieder zurück zum großen deutschen 11 Mutterlende",

verkündete er gar nichts Originellee. Er wieder-

holte, was vor allem viele recht großbürgerliche Zeitungen täglich propagierten, was Stresemann, die Führung von Wirtechaft, Reichswehr, Unternehmerverbänden und Revanchistenorgenieationen in Ihren Programm hatten. Am 30. Oanuar 1933, als Hitler und der von ihm geführten NSDAP die Reglerungsgewalt übertragen wurde, gab es in den Akten der Reichskanzlei, des Auswärtigen Amts, der staatsmonopolistischen Unternehmerorganisationen und der Propagandalnstitutionen des Finanzkapitals zwar keine detaillierten Pläne, wie gegen die Nachbarstaaten vorzugehen sei, Jedoch die klar umriesene Vorstellung, gegen sie vorzugehen. Die Ansichten Hitlers und der von ihm geleiteten Partei bildeten keine Ausnahme.

Der Unterschied zwischen den außenpolitischen Absichten der Dahre der Weimarer Republik und denen nach 1933 bestand nicht, wie z.B. Hans-Adolf Oacobsen einmal schrieb, zwischen einem angeblich "traditionell-konservativem (d.h. revisionistischem) und einem 12 revolutionären Programm"

der Nazis. Er bestand vielmehr darin,

daß 1933 die entscheidenden Gruppierungen der herrschenden Klasse in Deutschland sich darauf geeinigt hatten, Hitler und seiner Partei die Staatsmacht zu übertragen, damit man vom Pläneschmieden endlich zur Tat käme. Dieser Übergang von "revisionistischen", ihrem Wesen nach Jedoch eine Expanion über die Grenzen von 1914 hinausgehende Aggression einschließenden Pläne, zu Annexions- und Kriegsprogrammen vollzog sich mit dem 30. ¿Januar 1933. Das war natürlich keineswegs die Durchsetzung eines "revolutionären" Programms, sondern der Sieg der extremen, reaktionären, kriegs- und eroberungssüchtigen, ihrem Wesen nach konterrevolutionären Auffassungen. Die Errichtung der faschistischen Diktatur bedeutete den Beginn eines außenpolitischen Kurses, der über mehrere Etappen - die den jeweiligen Stand der wirtschaftlichen, innenpolitischen und militärischen Vorbereitung Hitlerdeutschlands sowie der Entwicklung der internationalen Lage entsprachen - zum Abkommen von München, zum 15. März 1939 und schließlich zum 1. September 1939 führte. Oie Verwirklichung der auf weite Sicht gegenüber der Tschechoslowakei vorgesehenen Strategie, die Bestandteil des Stufenplans zur Errichtung der Vorherrschaft in der Welt War, stand nach 1933 nicht sofort auf der Tageeordnung. Zuerst begann die "innere" Vorbereitung auf die Aggression nach außen: die Verfolgung von Kommunisten, zu aktivem Widerstandskampf bereiten Sozialdemokraten, antifaschistischen Arbeitern, Angehörigen der Intelligenz und Kriegsgegnern aus bürgerlichen Kreisen sowie die schnelle Liquidierung aller demokratischen

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43

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Organe und Organisationen. Parallel dazu l i e f die Aufrüstung ungehemmt an. Bis diese P o l i t i k etwa 1937 die genügenden Ergebnisse brachte, arbeitete man deutscherseits mehr im s t i l l e n daran, für die Verwirklichung der großen Strategie Voraussetzungen zu schaffen. Bach dem schon 1920 ausgegebenen Rezept^ den "tschechoslowakischen Staat zu unterwühlen", arbeitete z.B. Hans Keuviirth, ein enger Mitarbeiter Konrad Henleina, Ende Hai 1934 eine Denkschrift aus, deren Ziel es u.a. war, die politische Potenz der "größten auslandsdeutsehen Minderheit", nämlich der Sudetendeutschen, für den Fall einer "kriegerischen Entwicklung... im Sinne militärischer Entlastung" einzusetzen. Auf den Vorgänger der Sudetendeutschen Partei Henleina, den Turnverband, eingehend, s t e l l t e Heuwirth f e s t : "V/ird der Verband weit erhin ausgebaut und^die daraus mögliche Erziehungsarbeit g e l e i s t e t , dann bedeutet dies die Bereitstellung eines Zersetzungselements in der tschechoslowakischen Armee für den Ernstfall,' die von Haus aus die tschechische Armee, für den Fall des Konfliktes, in den Zustand" versetzen

müsse, in dem

sich die i . u . k . österreichische Armee im Sommer 1918 befunden h ä t t e . W e n n dieses Ziel auch nicht erreicht wurde, so gelang es, die vofi der faschistischen Sudetendeutschen Partei beeinflußten Bewohner deutscher Nationalität als Fünfte Kolqnne gegen den tschechoslowakischen Staat und als außenpolitisches Aushängeschild für das Vorgehen gegen die fcSR zu benutzen. Welches Schicksal Hitler den Tschechen und Slowaken bereiten s o l l t e , hatte er seinem einstigen Intimus Hermann Rauschning schon 1932 gesagt: "Das böhmisch-mährische Becken, die an Deutschland grenzenden Ostgebiete werden wir durch deutsche Bauern besiedeln. Wir werden die Tschechen aus Böhmen nach Sibirien oder in die wolhynischen Gebiete verpflanzen, wir werdm ihnen . . . Reservationen anweisen. Die

_ 44 Tschechen müssen heraus aus Mitteleuropa." 14 Schon vier Oahro frCher. an 31. Oktober 1928, hatte das Parteiblatt der NSDAP, "Völkischer Beobachter", einen Artikel gebracht. In dem es hieß, "daß für die künftige östliche Auedehnung der Oeutschen die Polen von Ihrer heutigen Wohnfläche verschwinden müßten und die Tschechen hinter den Polen herzuschieben oder nach Südame15 rika auszusiedeln seien." Nach drei Oahren faschistischer Diktatur tauchten in den Plänen der Wehrmachtführung auch erste Varianten für einen Krieg gegen die Tschechoslowakei auf. Die 1936 vom damaligen Reichskriegsministerium herausgegebene operative Studie "Schulung" eah beispielsweise einen überraschenden Angriff auf die iiSR bei einer gleichzeitig defensiven Haltung im Westen vor. Noch konkreter enthielt die Weisung für die einheitliche Kriegsvorbereitung der Wehrmacht vom 24. Ouni 1937 unter dem Abechnltt "Wahrscheinliche Kriegsfälle" einen Plan für den Aufmarsch "Grün". Ausgehend von der fiktiven Vorstellung eines Präventivkrieges gegen eine von den Westmächten geführte Koalition lauteten die Karnsätze des Aufmarschplana "Grün": Oer Krieg könne "mit einer überraschenden deutschen Operation gegen die Tschechoslowakei beginnen ... Aufgabe der deutschen Wehrmacht sei es, Ihre Vorbereitungen so zu treffen, daß die Masse aller Kräfte echnell, überraschend und mit stärkster Wucht in die Tschechoslowakei einbrechen kann ... Zweck und Ziel dieees Oberfalls durch die deutsche Wshrmacht eoll eein, durch Zerschlagung der feindlichen Wehrmacht und Besetzen von Böhmen und Mähren die Rückenbedrohung durch die Tschechoslowakei für den Kampf im Westen auf die Dauer des Kriegee von vornherein auazuschalten und der russischen Luftwaffe den wesentlichsten Teil ihrer Operationsbasis in der Tschechoslowakei zu entziehen ... Das Endziel besteht in einem planmäßig

- 45 im Frieden vorbereiteten strategischen Überfall auf die Techechoslowakei, der ihre Befestigungen Uberraschend zu Fall bringt, ihre Wehrmacht noch in der Mobilmachung faßt und zerschlägt, und in Ausnutzung der völkischen Zersplitterung die Tschechoslowakei 16

in jcurzer Zeit zum .Erliegen bringt," In knappest er, den Militärs eigener Form wurde somit die Strateg i e , die diese Kreise seit der Niederlage im ersten Weltkrieg verfolgt hatten, dargelegt. Ausdrücklich hieß es in dem Dokument, bezüglich der Aufgaben der Regierung! "Die politischen und völkerrechtlichen Voraussetzungen für ein derartiges Handeln müssen vorher geschaffeh sein," Vor den Spitzen der drei Wehrmachtsteile, dem Kzlegs- und dem Außenminister erläuterte Hitler schließlich am 5. November 1937 die gesamte Strategie. Ausgehend von dem "Entschluß zur Anwendung von Gewalt unter Risiko", s t e l l t e Hitler die Frage, "wann" und "wie" der Kampf um die "Geninnung eines größeren Lebensraumes" zu beginnen s e i . Dabei s t e l l t e sich heraus, daß in jeder von Hitler angeführten Variante ein Überfall auf die Tschechoslowakei im Vordergrund stand. So erklärte er dem Protokoll nach, es "müsse in Jedem Fall einer kriegerischen Verwicklung unser erstes Z i e l sein, die Tschechei und gleichzeitig Österreich niederzuwerfen." Neben dem Z i e l , die Tschechoslowakei militärisch auszuschalten, fUhrte Hitler weiter an, für Deutschland könne die "Einverleibung der Tschechei und Österreichs den Gewinn von Nahrungsmitteln für 5 - 6 000 000 Menschen bedeutung unter Zugrundelegung, daß eine zwangsweise Emigration aus der Tschechei von 2 (Millionen), aus Österreich von 1 000 000 Menschen zur Durchführung gelange. Die Angliederung der beiden Staaten an Deutschland bedeute militär-politisch eine wesentliche Entlastung inf o l g e kürzerer, besserer Grenzziehung, Freivierdens von S t r e i t kräften für andere Zwecke und der Möglichkeit der Neuaufstellung 1 von Truppen." 17

- 46 Die Weisung vom 24. Ouni 1937 und die AuefOhrungen Hitlere am 5. November 1937 beweisen unumstößlich, daß der Oberfell auf die Tschechoslowakei und deren Annexion nunmehr das erste Ziel des deutechen Imperialismus wer, um seine Herrschaft über Europa zu errichten. Nachdem der Entschluß, gegen die fcSR vorzugehen, gefaßt war, bemühten sich Regierung, Wehrmacht, Propagandaeinrichtungen und Konzerne die Voraussetzungen zu schaffen, um diesen ersten Punkt im strategischen Programm der deutschen Politik zu verwirklichen. Als Beitrag der Konzerne und Banken setzte mit dem Oahre 1938 eine große Aktivität, insbesondere der jeweiligen "Volkswirtschaftlichen Abteilungen" (Vowi), um Unterlagen über den in der fcSR möglichen Raub anzufertigen. Die Vowi der IG Farbenindustrie verfaßte von Anfang 1938 bis zum Münchener Abkommen allein acht 18 große Berichte über die Wirtschaft der Techechoslowakei.

Ahnlich

verfuhren auch die Dresdner Bank, die Deutsche Bank, die Konzerne AEG, Siemens, die Hermann-Göring-Werke und Flick. Bei diesen Ausarbeitungen handelte es sich nicht etwa nur um wirtschaftliche Analysen, sondern um konkrete Vorschläge und Forderungen der jeweiligen Benk, bzw. des jeweiligen Konzerns darüber, welche tschechischen Betriebe, Aktien und welcher Grundbesitz zu ihren Gunsten aufzukaufen, zu enteignen oder zu "arisieren" seien. Dabei ist bezeichnend, daß man seitens der deutschen Banken und Konzerne Monate vor dem Münchener Abkommen bereite davon ausging, die Ziele im Sudetengebiet und im späteren Protektorat Böhmen und Mähren sowie in der Slowakei getrennt - nacheinander - anzusteuern, wie es dann auch tatsächlich nach dem 30, September 1938 bzw. dem 18. März 1939 kam.19

- 47 Während sich die Planungen, die Vormacht deutscher Banken und Konzerne In der zu erobernden Tschechoslowakei zu sicher, restlos im Geheimen abspielten, erfolgten die außenpolitischen und propagandistischen Aktionen sowohl im Rampenlicht der Öffentlichkeit als auch unter etrengster Geheimhaltung. Die faschistische Regierung^maß der außenpolitischen Vorbereitung des Vorgehens gegen die bsR, der Täuschung der Regierungen und Völker der Welt, einschließlich des deutschsn Volkes, erstrangige Bedeutung bei. Als wichtigste Aufgabe bemühte man sich deutscherseits nunmehr verstärkt - immer vom strategischen Hauptziel, der "Neuordnung" Europas und der "Raumerweiterung" im Osten ausgehend - folgende Fragen zu lösen: 1. Die Haltung der regierenden Kreise Großbritanniens und Frankreichs sowohl zum großen strategischen Ziel, als auch zum Nahziel der Einverleibung der Tschechoslowakei und Österreichs - zu klären und dabei ein Eingreifen der Westmächte zugunsten dsr bedrohten kleinen europäischen Staaten möglichst zu verhindern. 2. Die Politik der kollektiven Sicherheit und der Abwehr einer faschi8tiechen Aggression, die von der UdSSR verfochten wurde, zu paralysieren und gleichzeitig Möglichkeiten zu sondieren, ein antisowjetisches Komplott mit den Westmächten zu schließen. Dabei wurde deutscherseits nicht an ein langfristiges Bündnis gedacht,da man das Obergewicht, der Weetmächte in einer solchen Koalition fürchtete. 3. Die Weltöffentlichkeit von den politisch-strategischen Zielen Hitlerdeutschlands abzulenken. Dem sollten vor allem Friedenephraaen und Beteuerungen, es handle sich ja nur um eine "Hilfe" für die angeblich schwer unterdrückten Sudetendeutschen und um die Durchsetzung ihres "Selbstbestimmungsrechts" dienen. Um die Oahreewende 1937/38 hatte sich in der internationalen Arena eine Situation ergeben, welche die aggressiven Absichten

- 4a der deutschen Regierung begünstigte und ea ihr ratsam erscheinen ließ« die ersten größeren Aggressionsakte zu starten. Wichtigste Voraussetzung war das Fehlen einer Front der kollektiven Sicherheit und der Abwehr gegen die faschistischen Aggressorstaaten. Die Reaktion der herrschenden Kreise Großbritanniens, Frankreichs und auch der USA auf die italienische Aggression gegen Äthiopien und die Haltung dieser Mächte zur deutsch-italienischen Intervention im spanischen Bürgerkrieg zeigten sehr deutlich, daß sie einer Konfrontation mit den faschistischen Angreifern auswichen. Alle Versuche der Sowjetunion, eine Abv,'ehrfront gegen die deutech-italienisch-;)apanischen "Heuordnungeabsichten" - wie sie am deutlichsten in der Bildung der "Achse Berlin-Rom" und dem •Antikominternpaktn zum Ausdruck kamen - aufzubauen, scheiterten am Widerstand der westlichen Regierungen. Mit dem 1937/38 erfolgendem AbrUcken rechtssozialistischer und kleinbürgerlicher Kräfte von der Volksfrontpolitik in Frankreich, die auf außenpolitischem Gebiet mit dem Abschluß des franzbsith-sonjetischen Beistandsvertrages vom 2. Kai 1935 einen Schritt zum Aufbau eines kollektiven Sicherheitssystems getan und damit such den Weg zum Beistandsvertrag zwischen der UdSSR und der Tschechoslowakei vom 16. Mai 1935 frei gemacht hatte, begann das stetige Einschwenken des Quai d'Orsay auf die Linie der Downing Street. Keville Chamberlain, seit dem. 28. Mai 1937 britischer Premierminister, der die Außenpolitik als seine Domäne ansah, wurde von dem Gedanken beherrscht, die Krise des Britischen V/eltreiches, deren Ausdruck der Kampf der sich stetig entwickelnden nationalen Befreiungsbewegung der Völker gegen die Kolonialherrschaft war, abzuwenden. Als größte Gefahr fUr ihre Herrschaft. Uber große Teile der Welt sahen die Kreise um Chamberlain eine neue große Auseinandersetzung zwischen den imperialistischen Hauptmächten^ insbesondere zwischen Großbritannien und Hitlerdeutschland, an. Sie

fürchteten, daß die nationalen Bewegungen in den Kolonien sich erheben und der amerikanische Konkurrent Nutzen ziehen könnte. Einen Ausweg aus der komplizierten Lage sah Chamberlain in der Wiederaufnahme der seit 1917 mehrfach verfochtenen Politik, den deutschen Imperialismus von seinen westlichen Rivalen abzulenken und ihn gegen das erste sozialistische Land der Welt, die UdSSR, vorzuschicken. Eingedenk der von Hitler immer wieder formulierten "Lebenaraumziele" im Osten und des von den Faschisten betonten scharfen Gegensatzes zum Sozialismus-Kommunismus hofften die herrschenden Kreise Großbritanniens und in ihrem Schlepptau auch Frankreichs, daß es möglich sein könnte, durch Zugeständnisse in Iilittel-, Ost- und Siidosteuropa zugunsten der dortigen kleinen, zumeist mit den Westmächten verbündeten Staaten die deutschen Imperialisten zu beschwichtigen ("Beschwichtigungs"-, "Appeasement"oder auch "KUnchener"- Politik). Die britische Außenpolitik unter Chamberlain kam den Absichten der Hitlerregierung gelegen. Als das Regierungsmitglied Lord Halifax anläßlich seines Gesprächs mit Hitler am 19. November 1937 sagte, er "und andere Mitglieder der Englischen Regierung (seien) davon durchdrungen, daß der Führer nicht nur in Deutschland selbst Großes geleistet habe, sondern daß er auch durch die Vernichtung des Kommunismus im eigenen Lahde diesem den Weg nach Westeuropa versperrt habe und daß daher mit Recht Deutschland als Bollwerk 20 des Westens gegen den Bolschewismus angesehen werden könne," mußte das in Berlin als Aufmunterung angesehen werden, auf dem einmal beschrittenen Wege fortzuschreiten. Nach dem Zeugnis von Churchill hatte Joachim von Ribbentrop noch als deutscher Botschafter in London die Außenpolitik des deutschen Imperialismus mehrfach gegenüber führenden britischen Politikern folgendermaßen umrissen: "Deutschland würde gleichsam die Wache für die Sicherheit des Britischen

- 5o Reiches übernehmen, in a l l seiner Größe und Ausdehnung. Es v.ürde vielleicht die Rückgabe der deutschen Kolonien fordern, aber das sei offensichtlich nicht der entscheidende Punkt. Es sei aber unerläßlich, daß England Deutschland in Osteuropa f r e i e Hand einräume. Deutschland müsse fUr seine wachsende Bevölkerung Lebensraum haben. Deshalb müßten Danzig und Polen Deutschland einverleibt werden. Weißrußland und die Ukraine seien für die künftige Existenz Groß^eutschlands mit seinen 70 Millionen Einwohnern unentbehrlich. Mit weniger 21

könne man sich nicht abfinden." In dieser deutschen Strategie sahen die Beschwichtigungspolitiker um Chamberlain eine Möglichkeit, ihre eigenen Ziele zu verwirklichen. Lord Londonderry f> Anfang der dreißiger Jahre Luftfahrtminist er und 1937/38 bekannter Publizist, gehörte zum rechten Flügel der Beschwichtigungspolitiker, der so22 genannten Cliveden-Clique.

Dieser einflußreiche P o l i t i k e r ,

der auch häufiger Besucher Hitlers und Görings war, formulierte die Ziele seiner Kreise in einem Brief an Hitler vom 5. April 1938. Darin hieß es, er trete weiter für eine "Verständigung11 zwischen Großbritannien und Deutschland ein, denn davon hänge der "ganze Frieden in der Welt" ab. Bas dieser Beschwichtigungspolitiker tinter "Frieden in der Welt" verstand, geht aus einem anderen Satz des Briefes hervor. Dort heißt es, Londonderry glaube daran, "daß Großbritannien und Deutschland die Welt beherrschen können und daß keinerlei Notwendigkeit besteht, daß irgendein grundsätzlicher Streitpunkt sich 23 zwischen uns erhebt"..

Daß dieses britisch-deutsche Yveltherr-

schaftsbündnis seine Grundlage im Antikommünismus haben müßte, machte Londonderry deutlich, als er etwa zur gleichen Zeit in einem Artikel schrieb, es sei nicht zu verstehen, warum die Briten "in der einen oder anderen Form nicht gemeinsame Sache

mit Deutschland machen könnten, um dem Kommunismus entgegenzutreten." 2 4 Andere Kreise der Beschwichtigungspolitiker, die sich eine "Teilung" der Weltherrschaft mit den deutschen Imperialisten weder denken konnten, noch diese als erstrebenswert ansahen, nahmen an, mit dem Eingehen auf die deutschen Vorstsllungen einen klugen Schachzug zu vollziehens Würde Hitlerdeutschland bei ssinem Kreuzzug nach Osten marschleren, so würden die Weetmächte zwar ihre kleinen Verbündeten in Ost- und Südosteuropa einbüßen: die deutsche Wehrmacht würde jedoch im Kampf gegen die Sowjetarmee über lange Zeit in den Welten Rußlands gefesselt und schließlich so geschwächt sein, daß Ihr Einsatz gegen Westeuropa nicht mehr in Frage kam. Erfahren in der Beherrschung von großen Kolonien und sich der Tateache bewußt, daß Verwaltung und Ausbeutung großer Gebiete - auch angesichts des zu erwartenden Widerstands der Bevölkerung - Hitlerdeutschland unermeßliche Kraft und Energien koeten würde, glaubten diese Krsise, die Gefahr einer britiech-deutschen Auseinandersetzung für lange Zelt, wenn nicht eogar für immer, gebannt zu haben. Alle Richtungen der Beechwichtigungspolitiker hofften somit zwei Probleme gleichzeitig zu lösen: den er6ten sozialistischen Staat zu vsrnichten und den imperialistischen Konkurrenten wirkeam zu schwächen. Das antisowjetische, antisozialistische und antidemokratischs Wsssn dsr Beschwichtigungspolitik, ihr Ziel, die Vorherrechaft einer oder mehrerer imperialistischer Großmächte über die übrige Welt zu erhalten und zu festigen und dabei bedsnkenlos die Souveränität und Unabhängigkeit vieler Völker zu opfern, werden in einigen neueren historischen Arbeiten jedoch ungenügend dargestellt. Einige Verfasser begeben eich geradezu auf die Linie von

- 52 londonderry, der vorgab, es sei bei der Beschwichtigungspolitik um den "Frieden in der Welt" gegangen. So schreibt Hermann Graml, Chamberlain habe "der Umstand, daß seihe Politik Deutschland zu einer dominierenden Stellung in Ost- und Südosteuropa verhelfen werde," v.enig beirrt, denn "der europäische Frieden schien ihm oc wichtiger zu sein". J Klaus Hildebrand, der das App'feasement sogar als die "wohl einzig realistische Politik" bezeichnet, meint, es sei britischerseits darum gegangen, Hitlerdeutschland "kontinentale Vorleistungen" - sprich freie Hand in Mittel-, und Südosteuropa zu gewähren sowie eine weitere Etappe der Zugeständnisse mit dem als "Köder eingeschätzten Kolonialproblem einzuleiten", um "der 26 Welt den Frieden zu sichern." Axel Kuhn, der ebenso wie auch Hildebrand in der Beurteilung der Aggressivität des deutschen Imperialismus annähernd richtige Schlußfolgerungen zieht, schätzt die 1937/38 britischerseits angebotenen Konzessionen als ein Ausdruck.dessen ein, "daß es den 'Appeasern' mehr um eine, sichere europäische Ordnung als um Wahrung eigener Empire-Intereseen ging".2^ Solche Einschätzungen, die die Politik der imperialistischen britischen Regierung als Interessenvertretung des europäischen und Weltfriedens darstellen» tragen kaum zur Analyse der imperialistischen Macht- und Interessenpolitik und der Strategie des deutschen Imperialismus am Vorabend des zweiten Weltkrieges bei. Sie fuhren objektiv dazu, die Geschichte der internationalen Entwicklung zu verzerren, indem die imperialistischen Westmächte gegenüber der auf "Raum- und Machterwelterung" - sprich Aggression - abzielenden Politik Hitlerdeutschlands als "friedens- und ordnungsliebend" hingestellt werden. Zugleich wird damit - beabsichtigt oder unbeabsichtigt - die Politik der UdSSR, der einzigen Macht, die wirklich realistische VorOQ schlage zur Erhaltung des Friedens machte, negiert.

entstellt oder gar

Obwohl ee 1937/38 genügend Anzeichen dafür gab, daß die deutschen Imperialisten Kurs auf eine große Auseinandersetzung nahmen, hielt die Regierung Chamberlaln an ihrer Strategie der Zugeständnisse fest. Zwangsläufig war die Folgs einer solchen Politik, daß die Regierung in London und Paris jeden Vorschlag der UdSSR, der auf die Abwehr der faschistischen Gefahr hinzielte, dilatorisch bshandelten und faktisch ablehnten. Für den deutschen Imperialiemue bedeutete die Beschwichtigungspolitik die Gewißheit, daß es zu ksinem britisch-französisch-sowjetischen Bündnis kommen würde, das vor dem zweiten Weltkrieg allein die Pläne Berlins zu durchkreuzen vermocht hätte. Es kam für t^Le Faschisten also nur noch darauf an, mit diplomatischsn und propagandistischen Vorwänden den Regierungen in Paris und London die Zugeständnisse abzuluchsen, die man dort ohnehin zu machen bereit war. Bei dem schon erwähnten Gespräch mit Hitler am 19. November 1937 hatte Halifax

Immerhin erklärt, eelne Regierung sei bereit, alle

Fragen zu erörtern, welche "Änderungen der europäischen Ordnung beträfen, die wahrscheinlich früher oder später eintreten würden. Zu 29 diesen Fragen gehöre Danzig und Österreich und Tschechoslowakei". Ole weiteren diplomatischsn Gespräche mit britischen und französischen Reglerungsvertretern 1937/38 machten erneut deutlich, daß der deutschen Strategie von den Westmächten keine Gefahr drohte. Sehr bald verfügte die deutsche Regierung über Informationen, die die Annahme, man werde sich in London und Paris mit der Aufgabe der Techechoslowaksi abfinden, bestätigten. Ole deutsche Botschaft in London berichtete beispieleweise schon am 30. Novembsr 1937, ein "zuverlässiger Gewährsmann" habs über britisch-französische Ministarbesprechungen in Erfahrung gebracht, "daß auf Prag eingewirkt werden solls, einen Ausgleich mit Deutschland

- 54 über die sudetendeutsche Frage auf dem Verhandlungswege zu suchen.""^ Alle Bemühungen der UdSSR, mit den Regierungen der Westmächte zu Abmachungen für den Fall einer faschistischen Aggression zu gelangen, um den Völkerbund im Kampf gegen die Bedrohung zu aktivieren und mit den am meisten gefährdeten Staaten - der Tschechoslowakei, Polen und Rumänien - Verhandlungen über gegenseitige Hilfe zu führen, konnte angesichts der

anglo-französisch-nordame-

rikanischen Beschwichtigungspolitik zu keinem Erfolg

führen.

Schließlich wirkte es sich auch negativ aus, daß die Friedensbewegung in den Rändern Europas sehr schwach, die Arbeiterklasse in den meisten Staaten gespalten war und die kommunistischen Parteien, die seit dem VII. Weltkongreß der Kommunistischen

Internationale

den Kampf gegen den Faschismus verstärkt hatten, Jedoch eine Wende der Politik zu jener Zeit nicht herbeizuführen vermochten. Zur Desorientierung breiter Kreise der Bevölkerung im eigenen Lande sowie in den anderen Staaten bediente sich die faschistische Propaganda einer Vielzahl von Methoden. Indem die hohen Ideale des Selbstbestimmungsrechts der Völker und die Sehnsucht aller Völker mach einem dauerhaften Frieden und Sicherheit aufgegriffen wurden, gelang es, nicht nur die Mehrheit des deutschen Volkes, sondern auch große Teile der anderen Völker zu täuschen. Die

faschistische

Propaganda ging dabei äußerst raffiniert zu Werke. Sie nutzte schamlos für ihre aggressiven Ziele die Erkenntnis von Millionen, die den Versailler Vertrag, wie W . I. Lenin 1920 einmal sagte, 31 als einen "ungeheuerlichen Raubfrieden"

ablehnten. Die große

Tauschung, der schließlich viele Millionen Menschen erlagen, begann damit, daß die deutsche Regierung angeblich im Namen des Rechts "nur" auf eine Revision der ungerechten

- 55 Veraailler Bestimmungen abzielte. Das wurde stets mit der Beteuerung verbunden, dies sei nunmehr die letzte Forderung: danach werde man Ruhe geben und der Frieden sei für alle Ewigkeit gesichert. So wie Stollberg-Wernigerode 1925 geraten hatte, den Kund mit Frie30 densphrasen vollzunehmen,J

enthüllte Hitler iri einer geheimgehal-

tenen Rede am 10. Wovember 1938, daß ihn nur die Umstände gezwungen hätten, "jahrzehntelang fast nur vom Frieden zu reden," wobei er betonte, es sei ihm "nur unter der fortgesetzten Betonung des deutschen Friedenswillens und der Friedensabsichten" gelungen, aufzurüsten und den Krieg vorzubereiten. Entsprechend dieser Propagandamethode bezeichnete man die Annexion Österreichs im März 1938 als "Heimkehr ins Reich". Keine Zeitung und keine öffentliche Rede nannte die tatsächlichen Ziele dieses ersten Akts zur Verwirklichung der Aggressionsstrategie nach außen: die Aneignung der österreichischen Rohstoffe und Industrieanlagen; die Verbesserung der strategischen Position gegenüber Südosteuropa, die Herstellung einer landbrücke zum Bundesgenossen Italien und schließlich die Schaffung günstigerer strategischer Ausgangspositionen für den schon geplanten nächsten aggressiven Akt, die Zerschlagung der Tschechoslowakei. Der Trick der faschistischen Propaganda gelang jedoch und man fand sich in den westlichen Hauptstädten sehr schnell mit der neuen Lage ab. lediglich die Regierung der UdSSR erhob Protest. Der Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten, K.I;:. litvinov, erklärte am 17. März 1938, die Veit werde bald Zeuge neuer Beispiele "für den Angriffsgeist Deutschlands" werden und der Krieg sei "endgültig in den Bereich des Köglichen gerückt". Daher forderte er die Westmächte auf, "eine entschlossene, unzweideutige Position zum Problem der kollektiven Rettung des Friedens" einzunehmen."^ Kaum war die Wehrmacht in Viien eingezogen, des land seiner Souveränität beraubt und in die "Ostmark" verwandelt, da machten

- 56 sich die deutschen Konzerne en die Aufteilung der Beute. Zugleich gingen Regierung, Wehrmacht und Konzerne an die Vorbereitung des nächsten Schrittst die Zerschlsgung der Tschechoslowakei und die schrittweise Annexion großer Teile dieses Landes. Als Vorwand diente die Lage der Sudetendeutsch, Daß es deren politischer Führung um Konrad Henlein ebenso wie der deutechen Regierung keineswegs um die Erweiterung der Bürgerrrechte der Sudentendeutschen ging die übrigens in der CSR größer eis die Jedsr nationalen Minderheit in Hitlerdeutschland waren -stand spätestens ab 1937 fest. Im November 1937 richtete Henlein beispielsweiae eine Denkschrift an Hitler. In dieeer heißt es, die Sudetendeutsche Partei wünsche nlchte sehnlicher, als die "Einverleibung des 9udetendeutschen Gebietes, Ja dee ganzen böhmiech-mähriech-echlesischen Raumes in das Reich". 3 5 Zur Verwirklichung dieses Zieles gegenüber der CSR gedachten die deutechen Faschisten, eich der Methode der außenpolitlschsn Isolierung, die zum Arsenal der Blitzkriegskonzeption gehörte, zu bedienen. 3 6 Ende März 1938 begann deutscherseits verstärkte politische und diplomatische Vorbereitung des neuen Aggreeslonsakts. Nicht ohne Grund war Hitler bei der Besprechung am 5. November 1937 davon ausgegangen, daß die Weetmächte "die Techechei bereits im Stillen abgeschrieben und sich demit abgefunden hätten, daß diese Frage eines Teges durch 37 Deutschland bereinigt würde."

»

Auch nach der Annexion Österreichs häuften sich in Berlin Meldungen, die diess Annahme bestätigten. Schon am 10. Mal 1938 erklärte beispielsweise der Erete Sekretär der britischen Botschaft in Berlin, Kirkpatrick, dem deutschen Gesandten Otto von Bismerck, "Englend werde einer Regelung der eudetendeutechen Frage im Sinne des Reiches durchaue gewogen sein, falls sie nur

- 57 -so friedlich und vernünftig ablaufe".

Die Verhandlungen, die zu

diesem Zweck von Ende 1937 bis zum September 1938 aber auch darüber hinaus zvdschen Hitlerdeutschland und Großbritannien Uber verschiedene offizielle und inoffizielle Kanäle erfolgten, gehören zu den schändlichsten Seiten der Vorgeschichte des zweiten Weltkrieges und rechtfertigen, sie voll und ganz als Komplott gegen den Frieden und die Interessen der Völker zu bezeichnen. Oft mutet die Haltung führender Kreise des britischen Imperialismus in dieser Zeit nahezu selbstmörderisch an und nur unter dem Aspekt zu sehen, daß sie mit der Absicht, den deutschen Forderungen nachzugeben, immer das Ziel verfolgten, die imperialistischen Gegensätze auf Kosten der Sowjetunion zu lösen. Der Kreis derer, die britischerseite diese Beschwichtigungspolitik inaugurierten, unterstützten und vorantrieben, war innerhalb der Kreise der i'inanzkapitaliscen, der imperialistischen Propagandisten und Ideologen sowie der Regi'erungsmitglieder sehr groß. In den Tagen, als Hitler Anweisung an Henlein gab, der tschechischen Regierung unannehmbare Forderungen zu stellen, wandte sich Unterstaatssekretär Butler in London an den deutschen Diplomaten Woermann und erklärte: "Es sei für die ihm nahestehenden Kreise eine Unmöglichkeit, daran zu denken, daß Deutschland und England sich vdeder auf 39 dem Schlachtfeld begegnen würden". Wie sehr sich namhafte Kreise des Finanzkapitals um eine Regelung bemühten, machen Verhandlungen deutlich, an denen Monopolisten direkt beteiligt waren. So begab sich John Foster Dulle3, der spätere amerikanische Außenminister, im Auftrage amerikanischer Gesellschaften nach Deutschland, um ein Kompromiß mit den deutschen Konzernen beim Verkauf des Besitzes der

- 58 tschechischen Kapitalisten Petschek auszuhandeln.^0 Es konnte dabei kein Zweifel entstehen, daß sich die amerikanischen Gesellschaften mit dem deutschen Vorrang in., der Tschechoslowakei abgefunden hatten. Sehr aufschlußreich sind auch die Gespräche, die Francis D. D'Arcy Cooper, Präsident des Unilever-Konzerns und einflußreiches Mitglied der AngioGerman-Fellowshift mit einem weiteren Konzernherren in den ersten llaitagen des Jahres 1938 mit dem Leiter der Reichskreditgesellschaft Otto Chr. Fischer führte. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß 1934, als die Reichsregierung den Zinstransfer für deutsche Auslandsschulden wegen Devisenmangels einstellen mußte, eine von der Bank von England und dem Unilever-Konzern unterstützte Delegation .britischer Monopolisten in Berlin schon einmal ein Zahlungsabkommen aushandelte, das weitreichende politische Folgen hatte. Wie aus •den Unterlagen der Gespräche von Anfang Hai 1938, die Botschafter v . Dircksen dem Staatssekretär v . Weizsäcker Ende Juli 1938 zusandte, hervorgeht, verhandelten die Herren keineswegs über Margarine oder andere Produkte, sondern über eine "Regelung der Angelegenheiten in der Tschechoslowakei". .Dieafe Gespräche erfolgten mit .Wissen der b£itisehen Regierung. Cooper ging bei den Verhandlungen zwar noch von einer weniger weitreichenden territorialen und politischen Lösung aus, wie sie schließlich im Münchener Abkommen zustandekam, dennoch blieben einige Grundfragen, die im Protokoll enthalten sind, äußerst kennzeichnend für die Richtung der P o l i t i k . So hieß es, die tschechische Regierung müsse nach der Regelung der Frage der Sudetendeutschen eing Außenpolitik verfolgen, "die ein Bündnis mit Rußland oder Jedes gegen Deutschland gerichtete Bündnis ausschließen würde. Das bestehende Abkommen mit Rußland muß annulliert werden?^1 Und

an anderer Stelle hieß ea bei der Wiedergabe des deutscherseits vertretenen Standpunkts bezüglich der Sowjetunion: "Deutschland betrachtet dieses Land als seinen einzigen Feind und weigert sich, an irgendeinem Abkommen teilzunehmen, an dem auch Rußland beteiligt wäre." Im Besitz dieses Protokolls teilte Alexander Cadogan, Ständiger Stellvertreter des britischen Außenministers, am 8. Juli 1938 Cooper mitf Außenminister Halifax und er sowie die gesamte Regierung hätten den Wunsch, "Beziehungen mit der deutschen Regierung herzustellen, die so freundschaftlich wie möglich sind". Er fuhr fort, daß er Coopers Gespräche begrüße und der Ansicht sei, "daß keine Gelegenheit verpaßt werden Bollte, alle Schritte zu unternehmen, die zur Gerstellung besserer Beziehungen und eines besseren Einvernehmens führen A? könnten".^ Dieser politischen Linie entsprechend liefen Schritt für Schritt die Ereignisse ab. Es zeigte sich bereits im Sommer 1938, daß die westlichen Regierungen bereitwillig auf tüe faschistische Taktik, das Sudetenland von der CSR abzutrennen - somit diese nichtigen industriellen Gebiete und militärischen Verteidigungslinien aufzugeben - einschwenken würden. In diesem Stadium der Planung trat deutscherseits die Aktivität der Konzerne und ihrer Organe nieder besonders hervor. Heun Tage nach der Annexion Österreichs, am 23« Kärz 1938, bemerkte der Generalbevollmächtigte des Flick-Konzerns, Konrad Kaletsch, in einer Eotiz für Flick Uber ein Gespräch mit Reichswirtschaftministerium "die außenpolitische Entwicklung in bezug auf V.'ien habe einige Stellen ermutigt, in bezug auf die Lösung der Probleme, die mit Prag zusammenhängen, die Dinge etwas anders zu betrachten, als es noch vor etlichen A3 Wochen und Monaten notwendig gewesen wäre". In eine klare

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Sprache übertragen hieß das, den Konzernen grüne» H ö h t Ittr ihre Pläne zum Aufkauf, zur Übernahme von Beteiligungen und überhaupt zum verstärkten Eindringen in Wirtschaft und ïinanzen der CSE zu geben. Bald häuften »ich deshalb auch derartige Berichte. Am 9. April 1938 berichtete Paul Haefliger, stellvertretendes Torstandsmitglied der IG Parbon, Uber ein Qespräch mit Staatssekretär Wilhelm Seppler in Wien, der erklärte, daß eine "Einflußnahme auf Unternehmungen in der Sudeten-Tschechoslowakei ... durchaus erwünscht sei".^ Unter Vorsitz von 10 Parben-Direktor Günther Jrank-Pahle fand am 17. Hai 1938 eine Besprechung der Leiter der Verkaufsgemeinschaften Uber die Tschechoslowakei statt. Dabei legte man; fest, daß die weitere "Beschäftigung von Nationaltsohechen" in Vertretungen der IG ïaxben "nicht tragbar" sei, daß eine "Überleitung vnn Aktien und Anteilen von Jüdischen und nationaltschechischen Banken und Privatpersonen" auf "genehme arische Privatpersonen oder arische Unternehmen" einzuleiten sei, daß "sohon jetzt bescHeunigt Sudetendeutsche zur Ausbildung bei der IG im Interesse der Heranbildung des Hachwuohses für eine spätere Verwendung in der Tschechoslowakei anzustellen" seien und daß seitens der IG Ïarben-Xeitung Interesse bestehe, "alle Pläne Uber Industrieverlagerungen und Industrialisierung (Chemie) zu kennen", die es in der ÖSE gab. 45 Derartige Beispiele ließen sich beliebig hinzufügen. Sie machen deutlich, in wessen Interesse die Aggressionspolitik betrieben wurde, wem sie letztlich Hutzen und Profit brachte. Das HUnchener Abkommen vom 30. September 1938^® vollzog schließlich, was durch politischen und propagandistischen Druck, durch Täuschung und Xüge von selten des deutschen Imperialismus erpreßt, seitens der Westmächte mit dem Bliok auf eine erwartete größere antiaowJetlsche*Iiösung"

der Imperialist!-

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sehen Gegensätze auf Kosten der CSR zugestanden vsurde. Für die Völker der Tschechoslowakei brachte das lüünchener Abkommen die Verletzung einer Vielzahl von Normen des Völkerrechts sowie von verbindlichen internationalen und bilateralen Verträgen. Zugleich bedeutete es nicht, v.ie Chamberlain lauthals verkündete, "Frieden für unsere Z e i t " , sondern, baldigen Krieg. Das Abkommen von München wurde deutscherseits nur als^ ein " T e i l e r f o l g " angesehen. Die Zerschlagung der gesamten Tschechoslowakei stand weiter auf dem Programm. Schon drei Wochen später, am 21. Oktober 1938, e r t e i l t e Hitler der 'Wehrmacht Weisung.: "Es muß möglich sein, die Hest-Tschechoslowakei jederzeit zerschlagen zu k ö n n e n " . D i e Vorbereitungen dazu l i e f e n im Winter 1938/39. Am 8, März 1939, eine Woche bevor die Annexion der tschechischen Gebiete e r f o l g t e , sprach Hitler vor führenden Vertretern von Wirtschaft, Hazipartei und Generalität Uber die weitere Strategie. Er erklärte: "Das wahre Problem für das deutsche Volk wäre, sich der Quellen zu versichern, von denen die Rohmaterialien, so notwendig für seine Wohlfahrt, erlangt werden könnten." Dabei betonte er, für Deutschland "werde Prag benötigt als Ausgangsort für den Gewinn dieser. Rohmaterialien. Infolgedessen, wären Befehle gegeben worden dahingehend, daß innerhalb etlicher Tage, nicht später als am 15. März, die Tschechoslowakei militärisch zu besetzen s e i . " Weiter fügte ex hinzu: "Polen wird folgen. Wir brauchen nicht auf einen starken Widerstand von dieser Seite zu rechnen. Deutsche Herrschaft über Polen i s t notwendig, um polnische Lieferung landwirtschaftlicher Produkte und Kohle für Deutschland zu sichern. Was Ungarn und Rumänien a n b e t r i f f t , so gehören sie

ohne Frage in das lebenswichtige Gebiet Deutschlands. Oer Fell Polens sowie auch angemeesener Oruck wird sie unzweifelhaft dazu bringen, klein beizugeben. Dann werden wir uneingeschränkte Kontrolle über ihre unermeßlichen landwirtschaftlichen Quellen und ihre Petroleumschatze haben. Dasselbe kann von Ougoelawien gesagt werden. Dies ist der Plan, der bis 1940 vollbracht werden soll. Selbst dann wird Deutschland unbesiegbar sein. Deutschland wird in 1940 und 1941 ein für allemal mit seinem Erbfeind Frankreich abrechnen. Dieses Land wird von der Karte Europas verschwinden. England ist ein altes Land, geschwächt durch Demokratie, Deutschland wird England leicht beherrschen und wird über Englands Reichtümer und Gebiete in der ganzen Welt verfügen, wenn Frankreich einmal besiegt ist." 4 ® Die Wege zur Verwirklichung dieser Strategie bis 1940/41, die Methoden, sich die Rohstoffe, die Fabriken und das Kapital der zu annektierenden, zu Überfallenen und abhängig zu machenden Länder anzueignen und deren Völker zu beherrschen, finden sich in den Plänen der Konzerne, der Reichsgruppe Industrie und staatlicher 49 Stellen, die in dieeen Oahren entstanden. Nach der Besetzung der tschechischen Länder am 14./15. März 1939 wurden diese zum ereten Experimentierfeld der faechistlschen Okkupationspolitik, jener verbrecherischen und mörderischen Praxis der "Neuordnung" Europas. Liefert die Vorgeschichte des Abkommens von München bereits Beweise genug dafür, daß die Politik gegenüber den ^Sudentendeutschen und der Tschechoslowakei immer mit Blick auf die großen Zukunftaziele - Eroberung von "Lebensraum" durch Krieg erfolgte, ao machen interne Dokumente der ersten Wochen und Monate der Besatzungspolitik In Böhmen und Mähren dies noch deutlicher. Im April 1939 arbeitete der Staatssekretär im Innenministerium, Wilhelm Stuckart, eine Oenkechrift zum Thema "Das Protektorat

Böhmen und Mähren int Großdeut sehen Reich" aus. In dieser hieß es unmißverständlich: "Sie Einfügung Böhmen und MKhrens in das Großdeutsche Reich bedeutete nicht nur auf politischem, sondern insbesondere auch auf wirtschaftlichem Gebiet eine Großtat ersten Ranges: ... Sie bedeutete nach dem Anschluß Österreichs an das Reich eine weitere Bereinigung der unwirtschaftlichen Aufspaltung Mitteleuropas in kleine, unrationell arbeitende Wirtschaftsräume. Sie führt in das Reich ein Wirtschaftsgebiet zurück, das von Natur und kraft einer tausendährigen Geschichte zum Reiche gehört." An anderer Stellung der Denkschrift wird diese Rechtfertigung der Aggression in die Worte gekleidet, es handle sich um "die Wiederherstellung einer tausendjährigen Einheit" und einen Beitrag "zur Wiederherstellung der Grundlagen einer vernünftigen mitteleuropäischen Ordnung". Stuckart fährt sodann fort: "Dieses Gebiet wird nun in die Planung und in die Dynamik der deutschen Großraumwirtschaft einbezogen: Zollgrenzen verschwinden, die Produktion Böhmens und Mährens wird auf die Produktion des Reiches abgestimmt, eine überspitzte Arbeitsteilung wird beseitigt, Standortprobleme werden unter Berücksichtigung, der natürlichen Produktionsbedingungen des Gesamtreiches gelöst werden. Das Reich wird einen einheitlichen, geschlossenen Wirtschaftsblock in Mitteleuropa bilden, der seihen außenwirtschaftlichen Schwerpunkt - natürlichen Gegebenheiten entspre50

chend. - in den. südosteuropäischen Raum haben wird." Stuckart ging in der Denkschrift davon aus, daß Böhmen und Mähren kein "selbständiges völkerrechtliches Subjekt" darstellt, legte aber Wert auf die Forderung, "daß die böhmisch-mährische Wirtschaft in Kürze auf denselben Touren wie die deutsche laufen" sollte und sich daraus beim tschechischen Volk die Erkenntnis vertiefen werde, "daß seine Zukunft im Schutze des geeinten und starken Großdeutschen Reiches am besten gesichert" sei.

- 64 Über die Bestrebungen, die tschechischen Gebiete schnell fUr die weiteren Kriegsplane nutzbar zu machen und dabei auch ihre Bewohner einzubeziehen, ging eine Denkschrift des Wehrmachtsbevollmächtigten beim Reichsprotektör vom 1 2 . 7. 1939 bereits hinaus: "Jetzt ist der Deutsche der unumschränkte Herr im böhmischmährischen Räume und steht er vor dem Entschluß, wie er das Problem endgültig lösen soll ... Er muß wissen, was er will, das Endziel und die Methode, dieses Ziel zu erreichen." Dazu werden sodann für das wirtschaftliche Gebiet folgende Gedanken entwickelt: Der böhmisch-mährische Raum werde "zwangsläufig in dem deutschen Wirtschaftsraum aufgehen. Also ließe sich bei dieser Gelegenheit unschwer das erwünschte tschechische wirtschaftliche FUhrertum das gilt sowohl für die Industrie, wie für die Landwirtschaft ausscheiden ... In der Landwirtschaft muß der Einfluß der tschechischen Grundherren durch Aufkauf oder Enteignung heruntergewirtschafteter Güter gebrochen werden". Die "weitgehende Übernahme tschechischer Saisonarbeiterin die deutsche Wirtschaft" und eine "Aufnahme nationaltschechischer Elemente im deutschen Volkstum" sollten schließlich dazu führen, daß die "germanisierten" 51 Tschechen "deutsch fühlen und denken lernen". Die Besatzungspolitik setzte viele dieser Gedanken in die Praxis um. Konzerne und Banken machten einen reichen Beutezug. Generaloberst Jodl, der Chef des Wehrmachtführungsstabes, faßte die Ergebnisse in der Feststellung zusammen, daß die "Lösung des tschechischen Konflikt^' sowie die Angliederung der Slowakei als Vasallen den "großdeutschen Raum" derart abrundete, "daß nunmehr auch die Möglichkeit bestand, daß polnische Problem unter einigermaßen günstigen strategischen Voraussetzungen ins Auge zu fassen".52 Der nächste faschistische Aggressionsakt, ein neuer Seilschritt zur Verwirklichung der großen Strategie, rückte näher. Das Abkommen von München hatte seinen Zweok erfüllt.

Anmerkungen 1

Zit. nacht Wol