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German Pages 68 [69] Year 1971
BULLETIN des
Arbeitskreises
"ZWEITER
WELTKRIEG" Nr. 4
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Der Kostenbeitrag für dieses Heft beträgt 2,50 M. Er i s t einzuzahlen auf das Konto Hr. Stb. 6836-26-2o3 92 Zentralinstitut für Geschichte der DAW bei der Staatsbank, Berlin, oder auf das Postscheckkonto 2400 Berlin über die Staatsbank Berlin
INTERNES
ARBEITS
MATERIAL
Herausgeber: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin Zentralinstitut für Geschichte Wissenschaftsbereich Deutsche Geschichte 1917 - 19^5 Abteilung 1933 - 1 9 4 5 10t- Berlin, Oranienburgerstraße 51, T e l . 42 68 41 Verantwortlich für den I n h a l t : Dr. Gerhart Hass Redakteur:
Sosemaxie Rundfeldt
V o r w o r t Das Bulletin des Arbeitskreises "Zweiter Weltkrieg" Nr. 4/1970 hat die vollständige Fassung von zwei Beiträgen zum I n h a l t , deren Grundthesen von Historikern der DDR auf dem Kolloquium des Internationalen Komitees für die Geschichte des zweiten Weltkrieges zum Thema "Die werktätigen Massen und ihr Einsatz im zweiten Weltkrieg" vorgetragen wurden. Dieses Kolloquium fand unter großer internationaler Beteiligung am 22, August 1970 im Rahmen des X I I I . Internationalen Kongresses der historischen Wissenschaften s t a t t . Eine Ubersicht über diese Veranstaltung i s t im Kongreß-Bericht in der " Z e i t s c h r i f t für Geschichtswissens c h a f t " , Heft 2/1971 enthalten. In der Bibliothek des Zentrali n s t i t u t s für Geschichte der DAW, 108 B e r l i n , Clara-Zetkin-Straße 26 sind die a l s Manuskript gedruckten Materialien dieses Kolloquiums vorhanden und stehen für die Benutzung durch die Mitglieder des Arbeitskreises zur Verfügung.
BULLETIN DES
Nr. 4 1970
A R B E I T S K R E I S E S
"ZWEITES
INHAI/T
1. Prof. em. Dr. Walter Bartel Rüstungskonzerne - Staatsapparat - SS Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten dargestellt an dem Mittelwerk GmbH und dem KZ Mittelbau-Dora (1942 - 1945) 2. Dr. Norbert Müller Dokumente zur Rolle der Wehrmacht bei der Deportation sowjetischer Bürger zur Zwangsarbeit in Deutschland 1941 - 1944
WELTKRIEG"
Prof. em. Dr. Walter Bartel
Rüstungskonzerne - Staatsapparat - SS Wechselbeziehungen und Abhängigkeitendargestellt an dem Mittelwerk GmbH und dem KZ Mittelbau-Dora (1942 - 1945)
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Albert Speer, Dr. Ing. und Architekt, übernahm am 8. Februar 1942, nach dem tödlichen Plugzeugabsturz seines Vorgängers Fritz Todt, das "Ministerium für Bewaffnung und Munition". Außerdem war er verantwortlich für den gesamten Straßenbau, die Wasserstraßen, Meliorationen und alle Kraftwerke. Ferner fiel ihm die Leitung der "Organisation Todt" zu, die den Westwall und die U-Boot-Bunker am Atlantik errichtet hatte und die Straßen in den von der faschistischen Wehrmacht besetzten Gebieten von Nordnorwegen bis Südfrankreich, vom Atlantik bis in die Sowjetunion baute. Schließlich wurde er verantwortlich für die Bauwirtschaft in Görings Vierjahresplan-Amt . Neunzehn Monate später, am 17. September 1943, ernannte ihn Hitler zum "Reichsminister für Rüstungs- und Kriegsproduktion". Diese Namensänderung sanktionierte zugleich die erweiterten Funktionen des Ministeriums. Der Minister trug die Verantwortung für die Beschaffung der Rüstungsmaterialien und Munition entsprechend den Anforderungen des Heeres, der Marine, der Luftwaffe sowie für die Bereitstellung von Rohstoffen und i Verbrauchsgüt ern. x) Die Thesen dieses Beitrages trug der Autor auf dem Moskauer Weltkongreß der Historiker vor. Thesen und die vorliegende Ausführung stützen sich auf Ergebnisse der Arbeit der studentischen Forschungsgemeinschaft "KZ-Dora" in der Sektion Geschichte-Bereich Deutsohe Geschichte- an der HumboldtUniversität zu Berlin, deren wissenschaftlicher Betreuer der Autor ist.
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Diese außerordentliche Machtfülle in den Händen Speers war keineswegs der Ausdruck eines monolithischen Charakters des faschistischen Staatsapparates. Vielmehr ergab sich diese Entwicklung aus den Gegebenheiten der Kriegführung mit modernsten Waffen und erfolgte in ständiger schärfster Auseinandersetzung zwischen den Verantwortlichen der einzelnen Waffengattungen, den verschiedenen Monopolgruppierungen sowie innerhalb der Nazihierarchie, einschließlich der SS, zwischen den faschisti2
sehen Ministerien. Speer baute dieses System zu einem perfekt funktionierenden Apparat aus. Die Übernahme seiner Ministerfunktion im Februar 1942 fiel mit dem Zusammenbruch der deutschen Blitzkriegsstrategie zusammen« Die Niederlage in der Schlacht vor Moskau zeigte zum ersten Mal in diesem Kriege die Grenzen der deutschen imperialistischen Pläne und Vorstellungen, Grenzen die sich nicht zuletzt in dem Tod von hunderttausenden deutscher Soldaten offenbarten» Am 13. Januar 1942 zog Todt aus dieser Niederlage seine "Konsequenz", die lautete«"daß nicht nur die Wehrmacht, sondern das ganze deutsche Volk die Härte des Krieges stärker empfinden •j muß als bisher..."
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und so hieß seine Forderung: Konzentration
der Fertigung! Hieran anknüpfend entwickelte Speer konkrete Maßnahmen zum Ausbau des bisherigen Lenkungssystems der Kriegswirtschaft. Er unterbreitete diese als eine Vereinbarung den Beauftragten der drei Wehrmachtsteile^ und den Gauleitern der NSDAP"'. Seinen Vorstellungen entsprechend sollte ein RUstungsrat geschaffen werden, bestehend aus Vertretern der Wehrmacht und der Rüstungsindustrie mit Speer als Vorsitzendem, Hauptausschüssen zur Regulierung der Beschaffung von Waffen und Munition sowie
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dazugehörigen Hauptringen f ü r d i e r e i b u n g s l o s e Z u l i e f e r u n g von Teilprodukten an die Hauytproduzenten. I n n e r h a l b der Hauptausschüsse f u n g i e r t e n Sonderausschüsse zur Entwicklung neuer Waffen, bzw. Weiterentwicklung vorhandener Waffen. I n e i n e r Hede vor I n d u s t r i e l l e n am 9. Juni 1944 gab Speer zu dem P r i n z i p der "Selbstverwaltung" eine E r l ä u t e r u n g , die deren e i g e n t l i c h e Zweckbestimmung k l a r umriß. I n d i e s e r Bede betonte e r a u s d r ü c k l i c h , daß sowohl s e i n Vorgänger -wie auch e r i h r e "Laufbahn e r f o l g r e i c h i n dem p r i v a t e n Unternehmertum und im 6 f r e i e n Beruf begonnen" haben. I n gleichem Zusammenhang r e s ü m i e r t e e r den Grundsatz: "Die Durchführung umfassender i n d u s t r i e l l e r Aufgaben kann nur von Männern gelenkt werden, die aus der I n d u s t r i e s e l b s t hervorgegangen s i n d " . Für i h n war es b e l a n g l o s , ob diese bewährten K r ä f t e den S t a a t s d i e n s t hauptamtlich übernahmen oder ehrenambl i c h mit i h r e n Aufgaben b e t r a u t wurden. Sein Bestreben l a g a l l e i n d a r i n , die "Lenkung der Hüstung durch d i e b i s h e r i g e n s t a a t l i c h e n Behörden" auf "einen Kreis b e t r i e b s e r f a h r e n e r und e r f o l g r e i c h e r f ü h r e n d e r Männer der R ü s t u n g s i n d u s t r i e s e l b s t . . . " umzufunktionieren. Besonderes Gewicht l e g t e Speer dabei jedoch d a r a u f , daß i n Sonderausschüssen, g e l e g e n t l i c h auch Kommissionen genannt, die Teilnehmer von beiden S e i t e n g e s t e l l t wurden, "sowohl von O f f i z i e r e n des Heeres a l s auch von I n g e n i e u r e n " . Damit s o l l t e vermieden werden, daß sogenannte "betriebsfremde Elemente" i n d i e s e s Funktionsschema E i n b l i c k gewinnen konnten.^ Diese Hauptausschüsse, Hauptringe und Sonderausschüsse b e z e i c h nete e r a l s Organe der I n d u s t r i e , deren g e s c h ä f t l i c h e Abwicklung durch s e i n Ministerium gelenkt wurde. Insgesamt waren 1944 etwa 6 000 von der I n d u s t r i e a b g e s t e l l t e T e c h n i k e r und Ingenieure i n der aufgeblähten Hegiezentrale des S p e e r m i n i s t e r i -
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ums tätig. Nicht ohne Stolz nannte er diese Praxis eine "einp malige Organisation der Selbstverantwortung der Industrie". Durch sie wurde die "fachliche Lenkung bis in die kleinsten Gliederungen der Industriefertigungen durchgeführt".-' Als eine der Hauptaufgaben sah Speer die Belegung der Werke mit Aufträgen, die Typenbeschränkung, die Spezialisierung der Werke, die Rationalisierung in rohstoffmäßiger, konstruktiver und fertigungstechnischer Hinsicht und den bedingungslosen Erfahrungsaustausch ohne Rücksicht auf Schutzrechte an. Dabei war bereits 1942 von ihm darauf hingewiesen worden, jegliche ministeriellen Anforderungen "nicht durch Überzeugungskraft, sondern durch klare und scharfe Weisungen und Befehle an die Industrie durchzuführen...Dies war notwendig, denn es geht nicht an, das
die aus der Industrie hervorgegangenen Führungs-
kräfte meines Ministeriums ihre ehemaligen Köllegen mit Nachsicht führen... Scharfe Weisungen in der Industrie sind nur dann untragbar, wenn sie von industriefremden Stellen veranlaßt werden.. . ' O ® Zu dem unmißverständlichen Befehlston der Repräsentanten der Industrie als Beauftragte des Ministeriums an die Rüstungsbetriebe kam jedoch eine unüberhörbare Zugabe. Bereits Todt hatte in seiner
Rede vom 13. Januar 1942 betont, daß "im Gegensatz
zur bisherigen Praxis, in der der Aufwand bezahlt wurde,"... es nunmehr "in Zukunft" heißen muß, "nur die Leistung wird bezahlt... Die am rationellsten arbeitende Fabrik hat den 11 größten Gewinn"«
Sein Nachfolger Speer verfuhr in gleicher
Weise. Er animierte die Großindustriellen: Spezialisierung, Rationalisierung und Typisierung werden ihnen bei Festpreisen viel Nutzen bringen, "da der gesamte Gewinn, der den mit dem Festpreis arbeitenden Firmen verbleibt, vom Preiskommissar
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nicht weiter untersucht und abgeschöpft wird", und so ein 12
zusätzlicher Gewinn entsteht.
Wilhelm Zangen, Leiter der
Reichsgruppe Industrie, reagierte dann auch prompt. Er forderte für die Durchführung des Programms zur rücksichtslosen Rationalisierung der gesamten Industrie "erstklassige Fachleute aus den testen Betrieben," die " in der Lage sind, die Aufgaben auch gegen enorme Widerstände energisch durchzuführen..." Karl Lange, Geschäftsführer der Wirtschaftsgruppe Maschinenbau und Bevollmächtigter für die Maschinenproduktion, assistierte Zangen sogleich als er das Programm in dessen Sinne mit den V/orten zusammenfaßte: "Erste Etappe: Typenbeschränkung. Zweite Etappe: Bereinigung des Fertigungsprogramms der einzelnen Firmen und Abstimmung auf die übrigen Firmen. Dritte 1 3 Etappe: Völlige Umstellung der Fertigung oder Stillegung". J Für die Klein- und Mittelbetriebe, die diesem Programm wirtschaftlich nicht entsprechen konnten, bedeutete dies den Ruin. In einem Erlaß vom 20. Februar 1943 befahl Speer die Bildung einer sogenannten Maschinenauskämiriungskorcinission. Sie hatte die Aufgabe, brachliegende bzw. nicht genügend ausgelastete Maschinen in jene Betriebe zu überführen, die eine bessere Ausnutzung garantieren. Auf diese Weise waren bis zum 30. Juli 1943 bereits 27 147 Maschinen erfaßt, und zum größten Teil Großbe14trieben zugewiesen worden. ^ Dieses Vorgehen hatte selbstverständlich meinungspolitische Konsequenzen. In seiner berüchtigten Rede im Sportpalast sah sich Goebbels gezwungen, diese Tatsache propagandistisch umzufunktionieren, als er bemerkte, es "vollziehen sich großzügige Zusammenlegungen in unserer allgemeinen Wirtschaft ... Ich wende mich in diesem Zusammenhang eindringlich gegen die Behauptung, daß mit unseren Maßnahmen eine Stillegung des Mittelstandes
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oder eine Monopolisierung unserer Wirtschaft bezweckt würde. Mit der Aussiebt auf das "siegreiche Ende" des Krieges, versprach er, den Mittelstand "sofort wieder im größtem Umfange wirtschaft"16 lieh und sozial wiederherzustellen." Doch bereits wenige Monate später sahen sieh Hitler und Goebbels veranlaßt, Albert Speer auf die gleiche Tribüne zu schicken, um ihn nochmals versichern zu lassen, daß die wirtschaftlichen Maßnahmen, auch die Stillegung ganzer Betriebe, im Auftrage des Führers und des Reichsmarschalls Göring erfolgten. Dieses Mal waren Speer zur Unterstützung einige, wie er betonte, zum Teil unbekannte Männer der ßüstung beigegeben worden, die angeblich eine ungeheuere Aufbauarbeit geleistet hätten. Es waren dies u.a. Krauch, Röchling, Rohland, Degenkolb u.a.1? Mit dem von Albert Speer geführten Ministerium für Rüstungsund Kriegsproduktion hatten sich die deutschen Rüstungsmagnaten während des zweiten Weltkrieges ein funktionsfähiges Lenkungsorgan für die gesamte Wirtschaft geschaffen. Durch die Delegierung von Fachleuten aus ihren Werken war es ihnen möglich, die staatlichen Organe zur ausschließlichen Exekutive ihrer Piäne und Maßnahmen zu strukturieren. Ausgerüstet mit staatlicher Befehlsgewalt holten die Konzerne für den eigenen Bedarf aus den kleinen und mittleren Betrieben Maschinen, Rohstoffe, Halbfabrikate und Arbeitskräfte. Die staatliche Forderung nach totaler Wirtschaftsführung benutzten sie, um auf Kosten der nichtmonopolisierten Industrie die größtmögliche ökonomische und damit politische Machtiin ihren Händen zu konzentrieren. Der Konkurrenzkampf innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft nahm damit neue Formen und Ausmaße an. Das Ergebnis war eine für diese Zeit maximale Stufe staatsmonopolistischer Regulierung.
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Der Sonderausschuß A 4 und die Mittelwerk. GmbH Der Sonderausschuß A 4 gehörte zu den Organen der Hauptausschüsse im Speer-Ministerium, deren Aufgabe darin bestand, in gemeinsamen Beratungen zwischen Vertretern des Heeres und Fachleuten der Industrie die Entwicklung neuer Waffenarten zu forcieren» In diesem Falle ging es speziell um das Aggregat 4-deshalb die Bezeichnung Sonderausschuß A 4 - der Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Unter der Bezeichnung A 4 verbarg sich die V 2 - eine ferngesteuerte Rakete, die mit einer Eigenlast von mehr als 12 Tonnen 750 Kilo Sprengstoff an einem hunderte 18 Kilometer weit entfernten Zielpunkt entladen konnte. FUr die V 2 planten die Konstrukteure eine Schußweite von 275 Kilo19 meter. * FUr die Entwicklung der V 2 zeichnete Wernher von Braun verantwortlich. Sein Chef im Heereswaffenamt war 20 der Oberst und spätere Generalmajor Walter Dornberger. Als Speer im Frühjahr 1942 aus Peenemünde die Information erhielt, daß das Aggregat 4 (A 4) d.h. die unter der späteren Bezeichnung V 2 entwickelte Fernkampfrakete in die Serienfabrikation könnte, nahm er am 13. Juni 1942 an einem Probeabschuß teil, zu dem auch die Rüstungschefs der drei Wehrmachtsteile erschienen waren. Zwar mißglückte dieser Versuch, aber einige Monate später verlief ein zweiter Versuch erfolgreich, und Speer zögerte nicht, diese "Siegesmeldung" sofort an Hitler zu senden. Daraufhin verlangte Hitler in völliger Verkennung des Entwicklungsstandes dieser neuen Waffe und der technisch-ökonomischen Möglichkeiten, nicht mehr und nicht weniger als 5000 21 Geschoße für einen Masseneinsatz zur Verfügung zu stellen. In seinem Ministerium beauftragte Speer am 15. Januar 1943 den Direktor der Deutschen Maschinenbau AG (Deraag), und Leiter
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des "Hauptausschusses für Schienenfahrzeuge" Gerhard Degenkolb, den "Sonderausschuß A 4" zu konstituieren sowie die Zulieferung als auch die Endmontage des A 4 Gerätes vorzubereiten, zu steuern und sämtliche beteiligten Betriebe des Sektors metall- und blechverarbeitende Industrie in das Programm zu 22
integrieren.
Diese Maßnahmen basierten auf einem Speer-Erlaß
vom 10.1. 1943, der das A 4 Programm zur "Totalgeschützten Fertigung" erklärt hatte. Konkret bedeutete dies, daß kein Arbeiter aus den an der Produktion der V27 2 beteiligten Firmen zur Wehrmacht eingezogen werden durfte.
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Bezeichnenderweise beauftragten die an der Herstellung beteiligten Firmen der Elektro-Industrie den Direktor der Berliner AEG, Waldemar Petersen, zur gleichen Zeit mit der 24 Bildung einer "Entwioklungskommission für das Fernschießen"..
Die Paralle-
lität dieser beiden Kommissionen - "Sonderausschuß A 4" und "Entwicklungskommission flir das Fernschießen" - ist ein bezeichnendes Beispiel des nie aufhörenden Kampfes zwischen einzelnen Monopolen. Ausgerüstet mit staatlichen Vollmachten schufen die Kommissionen ein Netz von hunderten Zulieferbetrieben. Nach den Unterlagen von Walter Dornberger (Chef des Heereswaffenamtes) planten sie zu Beginn des Jahres 1943 im Monat 300 Geräte mit einer maximalen Steigerung bis zu 2000 Geräten am Jahresende. 2 ^ Infolge seiner technischen Eigenart, abweichend von allen bisherigen Waffenarten, und seines Umfangea sprengte das A 4 Projekt die vorhandenen Produktionstrukturen. Die Herstellung der Fernkampfrakete erforderte eine Zusammenarbeit der einzelnen Monopolgruppen. Die notwendig gewordenen außerordentlich hohen Investitionen für den mechanischen und elektronischen Sektor sowie für die Anlagen der sehr komplizierten Endmontage überforderten die Kapazität der am Kriege schwer verdienenden
_ g _ Rüstungskonzerne. Sie suchten deshalb nach einer Lösung, die der Industrie die hohen Kosten ersparen sollte. Der Leiter des Generalreferats "Yiirtschaft und Finanzen" im Speer-Ministerium, Karl .Maria von Eettlage schlug im Auftrage
des Direktors
Degenkolb von der Demag vor: Wir machen aus Peenemünde eine GmbH, das gesamte Gesellschaftskapital bleibt vorläufig in den Händen des Reiches, die Firma wird dann treuhänderisch von einer Großfirma, sagen wir AEG, Siemens, Lorenz oder Rheinmetall geführt, mit der Absicht die Amortisation der hineinge26 steckten Kapitalien in den Besitz der Firma überzuführen." Aus diesem Vorschlag sprach das Bestreben, eine ökonomischere Fertigung nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten im Interesse der im Sonderausschuß A 4 vertretenen Firmen vorzube_ 27 reiten. ' Praktisch lief das auf folgendes hinaus: Der Staat bezahlt die Investitionen für die Entwicklung; die Rüstungsfirmen eignen sich kostenlos die Ergebnisse der Entwicklung an der
Form halber wird ein kleiner Obolus von 0,3 bis 0,5 %
gezahlt - und stecken dann ohne jeden Skrupel den Gewinn am erzeugten Produkt, in diesem Falle ein Massenvernichtungsmittel, in die Tasche. Vor dem Speer-Ministerium bzw. dem Sonderausschuß A 4 standen in Erwartung des Übergangs zur Serienproduktion zwei Probleme. Das erste war, einen Lenkungsorganisrcus für die Produktion der V 2 zu finden, der höchste Effektivität bei Y/ahrung der Intern essen der Privatindustrie gewährleistete. Hierbei bot sich folgende Lösung an« einen staatseigenen Fertigungsbetrieb zu schaffen, der die widersprüchlichen Interessen überlagern, vor allem aber als Lenkungsmechanismus für die A 4 -
Produktion
funktionieren sollte. Es wurde angestrebt, die Eigentumsfragen dieses Betriebes so in der Schwebe zu halten, daß nach Anlaufen
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der Serienproduktion eine reibungslose Privatisierung möglich war T Mit anderen Wortens die Konzerne wollten einen mit staatlichen Mitteln finanzierten Betrieb strukturieren, in dem sie volle Handlungsfreiheit besaßen und der ihnen denn als Eigentum zufiel. Der Autor charakterisierte diesen Vorgang in dem genannten Gutachten in folgender Y/eise: "Ein derartiges Zusammenwirken staatlicher Institutionen mit verschiedenen Zweigen der Großindustrie, gerichtet darauf, in dieser Form Konkurrenzwidersprüche und andere Konflikte zeitweilig und teilweise zu überlagern bezeichnet die marxistische Wissenschaft als eine 28 Erscheinungsform des staatsmonopolistischen Kapitalismus." Die Modalitäten dieser Lösung im Interesse der Rüstungskonzerne auf Kosten des Staates waren eng mit dem zweiten Problem verknüpft. Es stand die Frage, wo die Produktion erfolgen sollte. Wogen der Gefahr der Zerctöriu^S der Rüstungsbetriebe durch die alliierten Luftangriffe war zunächst vorgesehen, daß die Fertigung der T 2 in drei Hauptbetrieben zentralisiert werden sollte Die Projektanten im Sonderausschuß A 4 hatten dafür das sogenannte "Südwerk" in Wiener Neustadt (Rax-V.'erke), ein Vierlc in Friedrichshafen und ein "Ostwerk" in Riga vorgesehen. Als Leitbetrieb war das Werk in Karlshagen auf der Insel Usedom geplant worden. Doch die Bombenangriffe zerstörten die Realisierung dieses Vorhabens. Das "Südwerk" fiel durch einen Luftangriff in den ersten Augusttagen 1943 völlig aus 5 auch das V.'erk in Friedrichshafen erlitt schwere Bombenschäden. In der Wacht vom 17. zum 18. August zerstörten 600 englische Flugpq
zeuge das Entwicklungs- und Fertigungswerk Peenemünde," Der OKW-Bericht vermerkte lakonisch "erhebliche Personalverluste" Daß sich unter den 815 Voten etv.a COC Zwangsarbeiter und KZHäftlinge aus dem Lager Trassenheide befanden, wurde ver-
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schwiegen.^ 0 Der A u s f a l l der Heeresversuchsanstalt Peenemünde a l s Produktionss t ä t t e und der g l e i c h z e i t i g e A u s f a l l der zur Produktion v o r gesehenen Werke i n Wiener Neustadt und F r i e d r i c h s h a f e n zwang zu neuen Entscheidungen. Nach e i n e r Besichtigung des z e r s t ö r t e n Geländes i n Peenemünde verhandelte Speer 48 Stunden nach dem Angriff im Beisein des Chefs des Technischen Amtes s e i n e s Minis t e r i u m s , Karl Otto S a u r , ^ 1 im F e l d q u a r t i e r Himmlers über die Unterstützung durch die SS b e i der Errichtung neuer F e r t i g u n g s s t ä t t e n . Z w e i Tage s p ä t e r , am 22.8.1943, f a n d e i n B e f e h l s empfang bei H i t l e r s t a t t , über den Speer i n den "Führerprotok o l l e n " vermerkte: Erstens s o l l e n auf Grund e i n e s ( d . h . Speers W.B.) Vorschlages a l l e Maßnahmen e r g r i f f e n werden, um den Bau entsprechender Fertigungsanlagen und d i e Fertigung erneut v o r anzutreiben; zweitens sind a l l e Maßnahmen gemeinsam mit dem R e i c h s f ü h r e r SS unter s t a r k e r Einschaltung s e i n e r K r ä f t e aus 33 den Konzentrationslagern zu t r e f f e n . Mit d i e s e r kategorischen Anordnung H i t l e r s wurden die Weichen f ü r die V 2 - Produktion entscheidend neu g e s t e l l t . Im Gegensatz zu e i n e r am 1 7 . / 1 8 . J u l i 1943 von H i t l e r g e t r o f f e nen Festlegung, nur Deutsche f ü r die V 2 - Produktion zu v e r wenden, s o l l t e n j e t z t auch KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter zur Arbeit herangezogen werden. Außerdem übernahm nunmehr d i e SS f ü r die Beschaffung des A r b e i t s k r ä f t e p o t e n t i a l s sowie f ü r Bauten zur Produktion der V 2 die Verantwortung. Die Zerstörung d e r f ü r die V 2 - Produktion vorgesehenen Werke machte offenkundig, daß die englische Regierung Kenntnis über die i n Vorbereitung b e f i n d l i c h e neue Waffe b e s i t z e n mußte. Mit dem E i n s a t z von KZ-Häftlingen w o l l t e Himmler das Problem der Geheimhaltung der V 2 -Produktion l ö s e n . Er a r g u m e n t i e r t e ,
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wie Speer schreibt, daß jeder Kontakt mit der Außenwelt unterbunden sein müsse und kein Postverkehr existieren dürfe. Darüberhinaus wollte er noch alle notwendigen Fachkräfte aus den Heihen der Häftlinge stellen. Hitler stimmte diesem Vorschlag 34 zu. Damit hatte Himmler endlich erreicht, worum er sich seit langem vergeblich bemüht hatte - mit Hilfe der SS in der Waffenproduktion ein entscheidendes Wort mitzusprechen, zugleich den Einfluß Speers zurückzudrängen und seine eigene Macht zu zementieren. Bei Speer in unsere lesen wir! "Himmler hatte damit gewissermaßen einen Fuß35 Tür gestellt, und wir selber hatten sie öffnen helfen."*^ Ohne Zweifel wurde die Einwirkung der SS im Gesamtkomplex der V2 Produktion durch diesen Beschluß begünstigt, aber mehr noch durch die Zwangslage herbeigeführt, in der sich das faschistische Deutschland infolge des zu seinen Ungunsten veränderten militärischen und politischen Kräfteverhältnis befand. Nach der Bombardierung von Peenemünde hatte der Sonderausschuß A 4 in größter Eile nach einer bombensicheren Fertigungsstätte für die Endmontage gesucht. Das Mitglied des Ausschusses, Direktor Paul H. Figge, fand eine geeignete Anlage im Kohnsteinmassiv bei Nordhausen, in der die Wirtschaftliche Forschungsgemeinschaft m.b.H. (WIFO) ein unterirdisches Tanklager für Treibstoffe und Kampfgase unterhielt. Die WIFO war ein staatliches Unternehmen des Reichswirtschaftsministeriums.^6 Nach erbitterten Auseinandersetzungen über die Verfügungsgewalt dieser Anlage, in die sich auch Göring einschaltete, entschied Hitler durch einen Befehl, dem Sonderausschuß A 4 die WIFOAnlage im Kohnstein zu übergeben,^ Die WIFO brachte dem Sonderausschuß nicht nur die Anlage, sondern auch die zeitweilige
- 13 Betriebsform für die Endmontage der V2. Die Anlage übernahm das Speer-Ministerium mit einem Pachtvertrag und die WIPO übernahm durch Sonderregelungen den Um- und Ausbau der unterirdischen Anlage entsprechend den Bauplänen des Sonderausschusses oder seiner Beauftragten.^® Die Verlagerung der Endmontage in eine unterirdische Fabrik im Harz war auf einer Besprechung zwischen Speer, Dornberger, Degenkolb und Saur beschlossen worden.-^ An dieser Besprechung hatte auch zum ersten Mal der Chef der Amtsgruppe C (Bau) im SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes (WVHA), SS-Brigadeführer Hans Kammler, teilgenommen. Unter Ausnutzung der vielfältigen Kompetenzbereiche hatte Himmler versucht, Kammler als Generalbevollmächtigten für die Entwicklung und alle Fragen der Produktion der A 4 Rakete 'einzusetzen. Dieses Ansinnen wies Speer zurück. Himmler konnte Kammler zunächst nur als "Sonderbeauftragten für Baufragen der A 4 -Fertigung" einsetzen.^ 0 Parallel zu diesen Maßnahmen setzte der Sonderausschuß A 4 seine Bemühungen fort, den Lenkungsmechanismus für die Gesamtproduktion der V 2 aufzubauen. Er schuf die sogenannte Mittelwerk
G.m.b.H. Aus Geheimhaltungsgründen firmierte dieses Un-
ternehmen unter der Postanschrift : Mittelwerk G.m.b 0 H. BerlinCharlottenburg, Bismarckstraße 112 (Lokhaus). Das "Mittelwerk" war ein Unternehmen des "Sonderausschusses A 4". Sein ehemaliger Mitarbeiter, Paul H. Figge, erklärte:
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Die
Mittelwerke G.m.b.H." hatte nichts mehr mit der WIFO oder den Hermann-Göring-V/erken zu tun und war eine selbständige Firma, die finanziert wurde von dem Rüstungsministerium und dem Heereswaffenamt und von diesen Dienststellen die notwendige Unterstützung e r h i e l t . D i e vorhandenen Unterlagen dokumentieren folgende leitende Mitarbeiter der Mittelwerk G.m.b.H.»
- 14 Kurt Kettler, Dr. Ing.;Reichsbahnrat, vorher Geschäftsführer der Borsig-Lokomotiv-Werke, Berlin, eingesetzt vom Sonderausschuß A 4 als Generaldirektor
sein Nochfolger wurde im
April 1944 Georg Rickhey, (Kettler blieb zweiter Direktor) von der Demag, leitete vorher das Panzerwerk in Duisburg und war außerdem Leiter der Amtsgruppe T (Technische Auesensteilen) im Speer-Ministerium^s Alwin Sawatzki, Ing,, in den HenschelWerkeO«galt als Konstrukteur des "Tiger-Panzers". In dem Mittelwerk verantwortete er die technische Leitung und Einrich4.6
tung der Taktstraße^ 5 Kunze, Dipl. Ingenieur, Stellvertreter von Rickhey im Mittelwerk und gleichzeitig Stellvertreter von Degenkolb im Sonderausschuß A 4
Otto Bersch, Kaufmännischer
Direktor^®; Otto Förster, Arbeitsdirektor und Kommandant des 4.9 KZ-Dora im Range eines SS-Sturmbannführers
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So schließt sich der Kreis: vom Sonderausschuß A 4, einem Organ des Speer-Ministeriums Uber das Mittelwerk G.m.b.H. - ein staatliches Unternehmen,vom Sonderausschuß A 4 gegründet, gelenkt und zum Teil durch Personalunion unmittelbar geleitet bis zu demSS-Kommandanten des KZ-Dora, der als Arbeitsdirektor in die Leitung des staatsmonopolistischen Betriebes integriert und somit funktionell wie personell ausführendes Organ der RUstungskonzerne war. Und weiter: der faschistische Staatsapparat fungierte als Auftraggeber an die Rüstungskonzerne und als Finanzier bei der Entwicklung
neuer Waffenarten und der
dazu notwendigen Eroduktionsstätten. Die RUstungskonzerne struktuierten
die staatlichen Organe zu Leitungsgremien in eigener
Verantwortung und sicherten ihren Einfluß durch Abkommandierung technisch und wirtschaftlich versierter Mitarbeiter in diese Gremien (Hauptausschüsse, Hauptringe, Sonderausschüsse, Kommissionen). Und nicht zuletzt agierte die SS als Lieferant von
- 15 Arbeitskräften und als Terrorinstrument zur Erreichung der gesetzten Produktionsziele. Konzentrationslager Mittelbau-Dora^ 0 und die Punktion der SS Das Mittelwerk war als eine Produktionsstätte für den Einsatz von KZ-Häftlingen konzipiert. Als Betrieb für die Endmontage der V 2 vorgesehen, sollten Häftlinge zu einfachen manuellen, bis zu komplizierten Arbeiten herangezogen werden. Die Initiatoren dieses Vorhabens im Sonderausschuß A 4, bzw. in der Leitung des Mittelwerkes, hegten die Illusion, Betriebsleiter, Ingenieure und Fachleute aus dem Konzentrationslager herauszuziehen und sie im Mittelwerk, das heißt in einem anderen Konzentrationslager, dem KZ-Dora, einsetzen zu können. Die hier zur Zwangsarbeit gepreßten deutschen und ausländischen Antifaschisten sahen ihre patriotische Pflicht darin, die Verlängerung des Krieges und somit die nationale Unterdrückung mit allen zu Gebote stehenden Kitteln zu behindern, überhaupt bereitete
das Problem der Arbeitskräfte Speer beträchtliche
Schwierigkeiten. Zwar hatte sich Sauckel verpflichtet, aus den besetzten Gebieten die fehlenden Arbeitskräfte zu beschaffen, doch scheiterte dies nach Speers Ansicht "ebenso an der Schwäche der deutschen Exekutive in den besetzten Gebieten wie an der Neigung der Betroffenen, lieber zu den Partisanen in die Wälder zu flüchten, als sich zum Arbeitseinsatz nach Deutschland vcr52 schleppen zu lassen". Nehmen wir noch einen anderen Satz von Speers "Denn ich drängte Sauckel in den nächsten zweieinhalb Jahren immerfort darauf, mir ausländische Arbeitskräfte zwangsweise in die Eüstungsproduktion zu senden".*^ Damit erklärte Speer unmißverständlich, daß die Jagd nach
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Zwangsarbeitern auf seine Anordnung geschah ( er hatte natürlich die Vollmacht Hitlers - W.B. ). Außerdem erhebt er noch nachträglich gegen Sauckel den Vorwurf, seine Organe hätten nicht mit der genügenden Härte durchgegriffen. Speer handelte und sprach nicht für sich, sondern für die deutsche Rüstungsindustrie. Die Konzernherren betrachteten die Eintreibung von Arbeitskräften ebenso als ihr angemaßtes Privileg, viie die Aneignung von Werken, den Diebstahl von Ausrüstungen in den von den faschistischen Truppen zeitweilig besetzten Gebieten, Ein Reservoir für Arbeitskräfte stellten die Konzentrationslager dar. Mit diesem Potential versuchte die SS, ihr während des Krieges gewachsenes politisches und in der letzten Phase auch militärisches Gewicht durch einen stärkeren Einfluß auch auf wirtschaftlichem Gebiet zu untermauern. Die führenden deutschen Industriellen hatten zwar nichts dagegen, daß die SS mit ihren Terrormethoden die Sicherung des staatsmonopolistischen Kapitalismus zu gewährleisten versprach, aber die gleichen Industriellen wachten argwöhnisch darüber, daß dabei von der Monopolbourgeoisie gezogene Grenzen nicht überschritten wurden.
Es gelang so der SS nicht, ihre politischen und mili-
tärischen Positionen zu einer gewissen wirtschaftlichen Selbständigkeit auszubauen, um aus der eindeutigen Abhängigkeit von der Rüstungsindustrie und den von ihr gesteuerten staatlichen Institutionen h e r a u s z u k o m m e n « E i n e neue Stufe der Entwicklung des Einsatzes von KZ-Häftlingen
in der Rüstungsproduktion
brachte ihre Verwendung bei dem Um- und Ausbau des Kohnsteinmassivs für die Endmontage der V 2, in der Arbeit im Mittelwerk und bei den Baumaßnahmen zur unterirdischen Verlagerung von Rüstungsbetrieben. Am 28. August 1943 traf der erste Transport mit 107 Häftlingen, vor allem Baufachleuten, aus dem KZ-Buchenwald
- 17 nach dem Kohnstein ein.''® Damit begann der Aufbau des Lagers Bora als eines Außenkommandos des KZ-Buchenwald. In schneller Folge kamen weitere Transporte unter SS-Bewachung. In den Abteilungen Montage, Elektrische Geräte, Zellenbau, Presse und Oberflächenschutz arbeiteten fast ausschließlich Häftlinge unmittelbar an der Rakete. Die Abteilungen Werkerhaltung, Lagerwesen und Transport beschäftigten ebenfalls fast ausnahmslos Häftlinge.57 Für die Endmontage der V 2 im Mittelwerk trugen die leitenden Mitarbeiter des Mittelwerkes die Verantwortung. Die Verbindung zum KZ war auf der Leitungsebene der Kommandant, SS-Sturmbannführer 0. Förschner, der formell als Arbeitsdirektor fungierte. Zur Sicherung der Geheimhaltung war er zugleich Abwehrbeauftragter des Mittelwerkes.58 Seine passive Holle in der Produktion und selbst im Arbeitseinsatz kennzeichnete eine große Beratung der Geschäftsleitung und des gesamten Direktoriums des Mittelwerkes am 6. Mai 1944. Förschner war unter den 28 Anwesenden der einzige SS-Vertreter und schwieg auch bei Fragen des Arbeitseinsatzes, zu denen der Direktor Sawatzki Stellung nahm.5^ Seine Funktion wurde mit einer Direktionsanweisung vom 5.2.1944 nachdrücklichst unterstrichen, in der es hieß: "Um den vorgesehenen schnellen Anlauf und die weitestgehendefiationalisierungder Fertigung in Bezug auf Menschen, Maschinen- und Materialeinsatz sicherzustellen, wird dem Leiter des Arbeitsausschusses Serie im Sonderausschuß A 4, Herrn Direktor Sawatzki, die ausschließliche Anordnungsbefugnis in Bezug auf die Steuerung der Fertigung und Fertigungsvoraussetzungen in folgenden Abteilungen erteilt: Bo, BI, BII, Bn, Ko, Avo. Den Anordnungen des Herrn Direktors Sawatzki auf diesen
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18
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Sachgebieten ist unverzüglich Folge zu leisten."60 Dieses Dokument ist nicht nur hinsichtlich der Kennzeichnung der Rolle der Leute vom Mittelwerk und der SS in der Produktion interessant, sondern bestätigt noch einmal die Personalunion zwischen dem Sonderausschuß A f und dem Mittelwerk, Alwin Sawatzki, einer der Direktoren des Werkes, schloß das KZ mit dem Betrieb zu einer organischen Einheit zusammen. Dabei gehörte die Modifizierung des Terrors im KZ zur Steigerung der Produktion und Verhinderung jeder Störung durch Häftlinge zu seinem Aufgabengebiet. Seine Aufträge wurden dann vom SSLagerkommandanten Förschner ausgeführt. Ein weiteres Kennzeichen für die Beziehungen zwischen Rüstungswerk und SS spiegelte sich in der Einsetzung und Entwicklung einer speziellen Abteilung des Sicherheitsdienstes der SS wider. Die SD-Abteilung unter der Leitung des SS-Obersturmführers Schüpenhauer
galt gegenüber allen anderen Abteilungen als
gleichgestellt und war berechtigt, Verschlußsachen zu bearbeiten.62 Die Abteilung III/E (Arbeitseinsatz) des KZ stellte nach den Anforderungen Sawatzkis und der Abteilung Arbeitseinsatz die Häftlingskommandos nach den erforderlichen Berufen und der benötigten Zahl zusammen. Die Aufteilung zu den Arbeitsplätzen im Werk vollzog sich nach den Anweisungen der zivilen Meister und Ingenieure.6-' Die enge Verschmelzung des Werkes mit dem KZ vermochte natürlich nicht den Widerspruch zwischen dem Charakter der Produktion und der Stellung der eingesetzten Produzenten, der Häftlinge, zu lösen. Es ist nachgewiesen, daß entsprechend den Hotwendigkeiten des veränderten technologischen Ablaufs und dem Charakter der
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jeweiligen Hauptproduktion eine sehr deutliche Modifizierung des Terrormechanismus vorgenommen wurde. G. Dieckmann hat in seiner Dissertation vier Zeitabschnitte festgestellt, in der sich Änderungen im Terrormechanismus und in den Existenzbedin64 gungen der Häftlinge ergaben. ^ Sie seien hier in aller Kürze skizziert. Im 1. Zeitabschnitt (Ende August - Ende Dezember 1943) wurde die unterirdische Anlage der WIPO für die V 2 - Produktion um- und ausgebaut, und die manuelle Arbeit herrschte vor. Ohne die geringsten Voraussetzungen für Unterbringung und sanitäre Versorgung wurden die Häftlinge zur schwersten körperlichen Arbeit in den Tunnel getrieben und mußten dort auch unter unmenschlichen Umständen essen und schlafen. Es galt der Grundsatz, 65 daß jede Arbeitskraft ersetzbar sei, Aus dieser Zeit stammte das Wort der französischen Häftlinge: Dora ist das Grab der Franzosen! Im KZ-Buchenwald wurde Dora als
Todeskommando angesehen. Die SS
wollte unter Beweis
stellen, daß sie alle Voraussetzungen besitzt, große Rüstungsbauten in kurzer Zeit fertigzustellen. Speer fühlte sich deshalb auch bemüßigt, Rammler in einem Schreiben vom 17.12.1943 seine höchste Anerkennung für eine Leistung auszusprechen, die selbst für amerikanische Begriffe unübertroffen dasteht. Er versprach ihm zugleich, auch Himmler von dieser Anerkennung Mitteilung zu g e b e n . ^ Von den erschlagenen, verhungerten, an Seuchen und Epidemien gestorbenen Häftlingen war in dem Schreiben keine Rede. Während des 2. Zeitabschnittes (Januar 1944-April 1944) einer Ubergangsperiode - wurden die wichtigsten Umarbeiten abgeschlossen und die Serienproduktion lief an. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Herren des Mittelwerkes bereits
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unruhig. Der Gesundheitszustand der ausgehungerten, von Krankheiten aller Art gepeinigten, ständig unter Morddrohungen lebenden Häftlinge sicherte nicht mehr den einwandfreien Ablauf der Produktion. Der SS-Standartenführer E. Tschentscher vom SS-WVHA berichtete: "Den Herren (vom Mittelwerk - W.B.) war es darum zu tun, daß keine Krankheiten und Seuchen ausbrechen, weil damit die Produktion gefährdet worden wäre."^ Speer und die SS-Führung wurden mobil. Am 10. Dezember 19^3 besichtigte Speer das Werk und das Lager. Um die Endmontage mit Hilfe der Häftlinge zu sichern, wurden zwei Maßnahmen durchgeführt: Erstens wurden drei Transporte von je 1000 Schwerkranken zum Sterben nach Lublin und Bergen-Belsen gebracht. Die noch arbeitsfähigen Häftlinge verlegte man aus den unterirdischen Stollenunterkünften in ein Barackenlager über Tag. Diese Verlegung war unbestreitbar auch ein Ergebnis der. unerschrockenen und hartnäckigen Anstrengungen der internationalen Widerstandsorganisation im Lager, mit dem ehemaligen preußischen Landtagsabgeordneten und Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands, Albert Kuntz, an der Spitze. Der 3. Zeitabschnitt (Mai 1944 - Dezember 1944) kann als Produktionsperiode bezeichnet werden. Die mit geringsten Mitteln erreichte Veränderung der Existenzbedingungen hatte zu einer Senkung der Häftlingssterblichkeit geführt. Während im Dezember 1943 bei 11 000 Häftlingen 630 starben, im März 1944 bei fast gleicher Lagerstärke 739 Tote gezählt wurden, waren es im August 1944 bei 12 000 Gefangenen 100 Tote. Nichts kann deutlicher demonstrieren, daß das von den Mittelwerken mit Hilfe der SS gehandhabte Terrorregime über Leben und Tod der Häftlinge entschied.'''0 Der größte Teil der Gefangenen arbeitete an der Endmontage oder
- 21 beim Transport von Raketenteilen. Diese Art der Arbeiten schloß ständige Mißhandlungen von vornherein aus. In einer Sonderdirektionsanweisung vom 22. Juni 1944 heißt ess "Hat sich ein Häftling eines Verstoßes schuldig gemacht oder eine strafbare Handlung begangen, so ist der Vorfall unter Angabe der Nr., des Hamens sowie der Abteilung des Häftlings schriftlich dem Lagerkommandanten, SS-Sturmbannführer Förschner, zur Kenntnis zu bringen. Eine Durchschrift dieser Meldung.ist der Betriebsführung zu übersenden» Vom Lagerkommandanten wird dann das 71 weitere gegen den Häftling unternommen!'. Bei dieser Anweisung handelt es sich jedoch keineswegs um einen Anfall von Humanitätssucht, hier ging es allein darum, Arbeitskräfte für die Produktion zu erhalten. Der 4o Zeitabschnitt (Januar bis April 1945) wird durch die Tatsache gekennzeichnet, daß das KZ durch eine Reihe Evakuierungstransporte aus dem Osten überfüllt und das System des Zusammenwirkens von Werkleitung und SS gestört wurde. Die SS führte Massenexekutionen durch, die allein dem Zweck dienten, jeden Widerstandsversuch der Gefangenen im Keime zu ersticken und so die Produktion mit allen Mitteln zu sichern. Die ganze unfaßbare Unmenschlichkeit des Sonderbeauftragten
Himmlers
für das A 4 Programm, Kammler, kommt in einer Stellungnahme zu einem Aufstandsversuch der KZ-Häftlinge im Erla-Werk bei Zwickau zum Ausdruck. Kemmler erklärte auf einer Sitzung:11.,. gewöhnlich entsteht so etwas, weil die Leute gemerkt haben, daß sie nicht mehr streng genug behandelt werden. Ich habe durch Sonderbehandlung 30 Menschen erhängt. Seit sie gehängt worden 72 waren, war alles bis zu einem gewissen Grade wieder in Ordnung..." Nach diesem Prinzip faschistischer Barbaren handelten Kammlers Leute im KZ-Dora. Im KZ-Dora-Prozeß in Essen (17.November 1967
- 22
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b i s 8 . Mai 1970) - das s c h r i f t l i c h e U r t e i l lag bei Jahresbeginn 1971 noch n i c h t vor) mußte das Gericht f e s t s t e l l e n : 1 . Massenerhängung von 58 H ä f t l i n g e n auf dem Appellplatz des KZ Dora am 10.3.1945» davon 51 Sowjetbürger, 5 Polen und 2 Tschechen. 2 . Massenerhängung von insgesamt 60 Häftlingen am 20. und 21. März 1945 im S t o l l e n des Untertagewerkes. 3 . Die Erschießung von 7 deutschen H ä f t l i n g e n am 4 . A p r i l 1945 73 auf dem Bunkerhof. Die Henker und Mörder unterstanden unmittelbar und m i t t e l b a r dem Stabe Kammlers. Sie handelten i n seinem Auftrag, s i e vollzogen die Exekutionen a l s Abschreckung gegen Sabotage und zur Z e r s c h l a gung der i n t e r n a t i o n a l e n Widerstandsorganisation. Es i s t erwies e n , daß Z i v i l a r b e i t e r des Mittelwerkes die Exekutionen m i t 74 ansahen.' Im Mittelwerk wie im KZ Dora und auch i n den Nebenlagern des KZ war zu jedem Zeitpunkt der Existenz d i e s e r Lager der gesamte Terrormechanismus den verschiedensten Arten der Produktion angepaßt. Die Vernichtung des Lebens, aber auch die S p ä t f o l g e n der KZ-Haft sind letztenendes auf den von den Monopolen g e f o r d e r t e n und durchgeführten A r b e i t s e i n s a t z i n der A 4-Produktion zurückzuführen. Die bei diesen Arbeiten e i n g e s e t z t e n H ä f t l i n g e h a t t e n nach den P r i n z i p i e n i n t e r n a t i o n a l e r Übereinkommen und Verträge das unveräußerliche Hecht, mit a l l e n M i t t e l n gegen d i e Zwangsarbeit und gegen die V 2-Eroduktion zu kämpfen, die zur Verlängerung der f a s c h i s t i s c h e n H e r r s c h a f t über die unterworfenen Völker Europas dienen s o l l t e . Dieser Widerstand r e i h t s i c h ein i n die Front der A n t i h i t l e r k o a l i t i o n . Die Repressalien und Verbrechen der im Auftrage der Rüstungsfirmen handelnden SS waren unmenschlich
- 23 und völkerrechtswidrig. Die SS-Mörder können von ihrer individuellen Verantwortung für die von ihnen begangenen Massaker nicht freigesprochen werden. Trotzdem sei nachdrücklichst darauf hingewiesen, daß letztlich für die riesigen Ausmaße der Opfer unter den Häftlingen und. das Jahrelange Siechtum der überlebenden Häftlinge die Rüstungsfirmen' die Verantwortung trugen, für die diese Häftlinge eingesetzt waren. Der Versuch der SS, ihre Monopolstellung bei der Eintreibung der Zwangearbeiter zur Gewinnung von wirtschaftlicher Macht auszunutzen, scheiterte letztlich an dem erbitterten Widerstand der Konzerne und ihrem staatlichen Organ, dem Ministerium Speer. Daran ändert auch nichts die Tatsache daß Kammler in der Agonie des faschistischen Regimes von Himmler alle Vollmachten für die Produktion der V 2 erhielt (5.2.1945). Er konnte nur noch Befehle zur Exekution erteilen, aber keine Steigerung der Produktion von V-V/affen mehr erzwingen. Vom Internationalen Militärgericht in Nürnberg wurde die SS als verbrecherische Organisation verurteilt. Noch nicht zur Verantwortung gezogen sind die Initiatoren von Zwangsarbeit und. menschenfeindlicher Behandlung in den Kreisen der Monopolbourgeoisie.
- 24 Fußnoten: 1
Außerdem war Speer "Generalbevollmächtigter für Rüstungsaufgaben im Vierjahresplan", "Generalbevollmächtigter für die Regelung der Bauwirtschaft", "Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen", "Generalinspekteur für Wasser und Energie", "Chef der NSSK-Transportgr up p e " und Leiter anderer zentraler Institutionen.
2 Die "Erinnerungen" von Speer, Dokumente aus den Ministerien und anderen zentralen Dienststellen geben darüber interessante Aufschlüsse. Vgl. Albert Speer, Erinnerungen, Frankfurt/Main 1969 3 Z i t . nach Anatomie des Krieges. Neue Dokumente über die Holle des deutschen Monopolkapitals bei der Vorbereitung und Durchführung des zweiten Weltkrieges, Hrsg. und eingel. von D. Eichholtz und W. Schumann Berlin 1969, S. 375 4
Deutsches Zentralarchiv Potsdam (DZA), Reichsministerium für Hüstung und Kriegsproduktion, (BMfRuK) Hr. 51. Bl. 20 f .
5
Ebenda Bl. 11 f .
6 DZA Potsdam, RMfRuK, Nr. 51, Bl. 234 f f . 7 Hitlers Rüstungsminister Albert Speer als Zeuge vor dem Schwurgericht beim Landgericht Essen im Prozeß gegen die ehemaligen SS-Angehörigen Bischoff, Sander und Busta wegen im KZ Mittelbau-Dora begangener Massenmorde. Dokumentation und Stenographisches Protokoll der Vernehmung vom 30.10.1968, zusammengestellt von dem Prozeßvertreter der Nebenkläger Prof. Dr. Friedrich Karl Kaul und seinen Mitarbeitern Rechtsanwalt Dr. Joachim Noack, Dipl.-Hist. Laurenz Demps, Dipl.Hist. Winfried Matthäus (im folgenden als Speer-Aussage bezeichnet) Veröffentlichung der Abt. Vll/Zeitgenössische Rechtsgeschichte der Sektion Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin o.J. S. 5 f . 8 Z i t . nach Anatomie des Krieges, S. 450. 9 Ebenda. 10 Ebenda. 11 Ebenda, S. 373. 12
Ebenda, S . 383.
13 14
25 -
Ebenda, S. 378. DZA Potsdam, Mikrofilm 1727; vgl, auch Laurenz Demps, Der weitere Ausbau des staat cinoncpolitischen Apparates der faschistischen Kriegswirtschaft in den Jahren 1943 - 1945 und zur Rolle der SS und der Konzentrationslager im Rahmen der Rüstungsproduktion, dargestellt am Beispiel der unterirdischen Verlagerung von Teilen der Rüstungsprosuktion. Phil. Diss. Berlin 1970 (MS), (im folgenden: Demps, Dist;.).
15
Anatonie des Krieges, E. 421 f.
16
Ebenda.
17
Dokumentationsarchiv des Staatlichen Rundfunkkomitess der DDR Nr. 57 A, Pol. 8 - 10.
18
Speer-Erinnerungen, S. 376 und 571
19
Demps-Diss. S. 368.
20
Speer-Aussage S. 57, s.a. Speer-Erinnerungen S. 375 ff.
21
Speer-Erinnerungen, S. 376 und S. 572.
22
David Irving, Die Geheimwaffen des Dritten Reiches, Gütersloh 1965, S. 25 ff.
23
Archiv des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen de1' DDR (KEP), Akte 1021-2/G, Erlaß 30098/43g vom 10.1.43 Sit. in» Walter Bartel, Gutachten über "Rolle und Bedeutung des Mittelwerkes einschließlich des Konzentrationslagers DoraMittelbau und die Punktion der SS bei der A 4 -Produktion (Schriftenreihe des Präsidiums der Vereinigungen der Verfolgten des Naziregimes, Prankfurt/Main, 1970, H. 13, S. 6 (im folgenden: Bartel, Gutachten).
24
Ebenda, vgl. auch Laurenz Demps, Produktion, Einsatz und Wirkung der faschistischen "Wunderwaffe" A 4 "
V2", Diplom-
arbeit, Institut für Deutsche Geschichte, Humboldt-Universität zu Berlin, 1966, S. 80. 25
Bartel, Gutachten, S. 6, vgl. auch Walter Dornberger, V 2 der Schuß ins Weltall, Eßlingen 1952; Ernst Klee und Otto Merk, Damals in Peenemünde, Oldenburg/Hamburg 1963.
26
f. Dornberger, S. 92 f.
-
26
-
27
Reimar Riese, Die Wirtschaftliche Forschungsgemeinschaft m.b.H. (WIFO) als staatsmonopolistische Organisation und ihre Rolle beim Ausbau des Kohnstein zu einem unterirdischen Rüstungskomplex - Ein Beitrog zur Vorgeschichte des KZ Dora, Diplomarbeit, Institut für Deutsche C-eschichte der Humboldt-Universität zu Berlin 1966, S. 125.
28
W. Bartel, Gutachten S. 13.
29
The Army Air Forces in World War II, Bd. 2, S. 214. Der OKW-Bericht nannte 300 Flugzeuge; Vgl. auch: Das Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachteführunggstab), Band III, 1.1.1943 - 31.12.1943, Hrsg. im Auftrage des Arbeitskreises für Wehrforschung von W. Hubatsch, Frankfurt/ Main 1963, S. 963.
30
Ebenda.
31
Saur war 12 Jahre in leitender Tätigkeit beim Thyssen-Konzern, 1937 - 1940 bei der Organisation Todt, seit 1942 im Ministerium Speer.
32
Gutachten W. Bartel, S. 9, s.a. Irving, S. 114.
33
Ebenda; vgl. nürnberger Dokumente R - 124.
34
Speer, Erinnerungen, S. 378.
35
Ebenda.
36
Riese, S. 108 ff. Archiv der studentischen Forschungsgemeinschaft KZ Dora (DAB) D. 4/448-1.
37
DAB Mittelwerk-Film, P.H. Figge an M. Bornemann v. 2.8.1963.
38
Riese, S, 113 ff.
39
David Irving, Unternehmen Armbrüst, ins Der Spiegel, Hamburg Nr. 45/1965, S. 132.
40
Dornberger, S. 226.
41
DAB MW-Film, MW an OkH, Wa Chef Ing 4, 1.10.43.
42
DAB MW-Film, Vernehmung Sawatzkis.
43
DAB, MW-Film, P.H. Figge an Bornemann, 2.8.1965,Abschrift.
44
V/er leitet? Die Männer der Wirtschaft und der einschlägigen Verwaltung... 1941/42, Berlin 1942.
- 27 45
DZA Potsdam, Reichsminieterium für Rüstungs- und Kriegsproduktion Nr. 68, Bl. 38 u.a., vgl. auch Riese, S. 129.
46
Riese, S. 128.
47
DZA Potsdam, Reichsministerium für Rüstungs- und Kriegsproduktion Nr. 68, Bl. 38 u.a.
48
Spiegel, Nr. 46/1965, S. 83.
49
Ebenda.
50
In den Unterlagen wechselt die Bezeichnung KZ Mittelbau-Dora mit der KZ Dora, wobei letztere sich alB Abkürzung eingebürgert hatte. "Dora" wurde von der SS als Tarnname für dieses Kommando benutzt.
51
DAB, MW-Film, Figge an Bornemann.
52
Speer, Erinnerungen, S. 234.
53
Ebenda, S. 232.
54
Vgl. Götz Dieckmann, Phil. Diss. Kap, I und II; Demps, Diss. Kap. IV und VI.
55
Gutachten Bartel, S. 33 ff.
56
Das illegale Internationale Lagerkomitee Buchenwald wußte zwar nichts exaktes, aber doch, daß im Außenkommando Dora Waffen hergestellt werden sollten. Deshalb veranlaßte es mit Hilfe der nationalen Sektionen die Einschleusung von politisch-starken Antifaschisten in dieses Kommando. Vgl. Buchenwald-Mahnung und Verpflichtung-Dokumente und Berichte, Berlin 1961, 3. Auflage, S. 279 ff u.a.
57
Gutachten Bartel, Anlage 1 (Struktur des Mittelwerkes und des Häftlingseinsatzes .in der Endmontage).
58
Ebenda.
59
DAB, MW-Film, Besprechung am 6.5.1944 im Büro Rickhey.
60
Ebenda, Direktionsanweisung Nr, 34 vom 5.2.1944.
61
Sander gehört zu den Angeklagten im Essener Dora-Prozeß. Das Gericht verurteilte ihn trotz erwiesener erbarmungsloser "Sonderbehandlung11 und aktiver Anteilnahme an Hinrichtung zu 7 1/2 Jahren Freiheitsstrafe.
62
DAB, MV/-Film, Direktionsanweisung vom 22.4.1944.
-
28
-
63
Manfred, Fautz, Ein Arbeitslager der SS- Der Aufbau und die Häftlings- und SS-Organisation des Konzentrationslagers "Dora" und seine AussenkoEmandos, Diplomarbeit am Institut ftir Deutsche Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin 1966, S. 88 ff. und DAB ITS-Mappe S. 17. Pautz gehört der Forschungsgemeinschaft "KZ Dora" an.
64
Dieckmann, Diss. Kap. III und IV.
65
Ebenda.
66
Speer, Erinnerungen, S. 380 f.
67
DAB D 9/911-5, Nürnberger Dokumente Aussage.
68
Irving, S. 202.
69
Götz Dieckmann, Leben und Sterben im KZ Dora als Nebenlager von Buchenwald von der Gründung bis zur Selbständigkeit, August 1943 bis Oktober 1944. Diplomarbeit, Institut für Deutsche Geschichte, Humboldt-Universität zu Berlin, 1966, S. 53 und 76.
70
Ebenda, S. 76 und 93.
71
DAB, MW-Film, Sonderdirektionsanweisung der Kittelwerke vom 22. Juni 1944.
72
Niederschrift der JUgerstabbesprechung vom 2.5.1944. Fall 2, Nürnberger Dokumente NOKW 389 (rückübersetzt aus dem Englischen von Laurenz Demps.)
73
Prof. Dr. F.K. Kaul, Rrozeßvertreter der in der UdSSR, in der VR Polen, in der CSSR und in der DDR ansässigen Nebenkläger, Schlußvortrag in dem Strafverfehren gegen Biechoff, Sander und Busta (sogenannter "KZ Dora-Prozeß), vorgetragen am 4.11.1969 vor dem Schwurgericht beim Landgericht Essen.
74
Aussage Roman Dullning, Duisburg, vor dem Untersuchungsrichter des Landgerichts Essen vom 1.9.1965» Az. VU 15/64, Bl. 10108 - 10115, Bl. XVI 4.
Hr. 1564, Tschentscher-
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Dr.Norbert Müller
Deutsches Institut für Militärgeschichte, Potsdam
Dokumente zur Holle der Wehrmacht bei der Deportation sowjeti-
Der Zwangseinsatz von Millionen ausländischen Arbeitskräften in der deutsohen KriegB- und RUstungswirtechaft stellte eine spezifische Form der Ausbeutung und Versklavung der vom faschistischen deutschen Imperialismus nährend des zweiten Weltkrieges Überfallenen Völker dar und gehört zu den größten Massenverbrechen, die von ihm im Verlauf des Krieges begangen wurden« Das dazu entwickelte Zwangsarbeitssystem wurde ermöglicht und aufrechterhalten durch den gesamten Machtapparat des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems.1 Diese Feststellung wird erhärtet durch die Rolle des militärischen Machtinstruments deß faschistischen Deutschland bei der Deportation ausländischer Zwangsarbeiter. Die Wehrmacht war als bewaffnete Hauptkraft des faschistischen deutschen Imperialismus zugleich das wichtigste Exekutivorgan des von ihm gegenüber den europäischen Völkern errichteten terroristischen Regimes. Dies nicht nur in dem Sinne, daß durch ihren militärischen Einsatz die entscheidenden Voraussetzungen und Bedingungen für die Existenz dieses Regimes geschaffen wurden, sondern auch dahingehend, daß die militärischen Organe selbst aktiv und umfassend an der barbarischen Ausraubungs-, Versklavungs- und Vernichtungspolitik gegenüber diesen Völkern teilnahmen. Der Einsatz des faschistischen Militärapparates bei der Deportation von Zwangsarbeitern aus den zeitweilig okkupierten sowjetischen Gebieten ist nur einer der zahlreichen Vorgänge,
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die diese Tatsache unter Beweiß stellen. Er zeigt jedoch in sehr charakteristischer Weise die volle Übereinstimmung und enge Verflechtung der militärischen Führung des faschistischen Deutschland mit den übrigen Machtorganen seines Herrschaftssystems bei dem Bestreben, das allen Teilen dieses Systems gemeinsame und wichtigste imperialistische Klassenziel, die Vernichtung des sozialistischen Sowjetstaates und die Versklavung seiner Bevölkerung als entscheidenden Schlag gegen den gesellschaftlichen Fortschritt und zugleich als Voraussetzung für den weiteren Kampf um die Weltherrschaft mit brutalsten Mitteln durchzusetzen. Sahen die faschistischen Pläne vor dem Uberfall auf die Sowjetunion vor, die Zwangsarbeit der sowjetischen Bevölkerung hauptsächlich in den zu okkupierenden Gebieten selbst zu organisieren, so wurden bereits im Sommer/Herbst 1941 angesichts der unerwartet hohen eigenen Verluste an der deutsoh-eowjetis.chen Front und des dadurch zunehmenden Kräftedefizits in der RUstungs- und Kriegswirtschaft erste Maßnahmen zum Einsatz sowjetischer Zwangsarbeiter (in der Hauptsache Kriegsgefangene, aber auch zivile Arbeitskräfte) in Deutschland getroffen. Diese Maßnahmen wurden entscheidend beschleunigt durch das endgültige Scheitern der faschistischen Blitzkriegsstrategie im Winter 1941/42, das ebenso wie die militärische und rUstungswirtschaftliche Konzeption des faschistischen deutschen Imperialismus auch seine Arbeitskräfteplanungen irreal werden ließ. Der uneingeschränkte Masseneinsatz ausländischer Zwangsarbeiter, zu dessen Organisierung mit der neugeschaffenen Institution des "Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz" (GBA) unter Leitung Fritz Sauckels ein mit weitgehenden Vollmachten ausgestattetes zentrales staatsmonopolistisches Lenkungsorgan ent-
- 31 stand, wurde zu einem Hauptproblem der weitereu f a s c h i s t i s c h e n Kriegführung überhaupt. Im Rahmen-des vom Frühjahr 1942 an ständig erweiterten Zwangseinsatzes ausländischer. Arbeitskräfte bildeten die okkupierten sowjetischen Gebiete nach den f a s c h i s t i s c h e n Plänen das Hauptr e s e r v o i r , Sie s o l l t e n nahezu 3/4 des ständig steigenden Bed a r f s der deutschen Rüstungs- und Kriegswirtschaft an diesen
2 Kräften decken.
Dabei s t ü t z t e sich der umfangreiche Beschaffungs-
apparat des GBA im Operationsgebiet des Heeres, das den größten T e i l der okkupierten sowjetischen Gebiete umfaßte, von Anfang an auf den dort vorhandenen militärischen Apparat. Waren es zunächst besonders die Organe des Wirtschaftsstabes Ost, die sich mit der Beschaffung von sowjetischen Arbeitskräften befaßten, so wurde ihr bereits
s e i t November 1941 angelaufener Einsatz auf diesem
Gebiet Ende April 1942 durch eine OKW-Weisung e r w e i t e r t , ^ die den gesamten Apparat der militärischen Wirtschaftsorganisation auf dem okkupierten sowjetischen Territorium f ü r diese Aufgaben heranzog und dessen Zusammenwirken mit den Beauftragten Sauckels festlegte. Diese Kräfte erwiesen sich jedoch vor allem infolge des e r b i t t e r t e n Widerstandes der Bevölkerung gegen die Deportationsmaßnahmen nicht a l s ausreichend, um den rasch ansteigenden Forderungen der f a s c h i s t i s c h e n Kriegs- und Rüstungswirtschaft und i h r e r staatsmonopolistischen Lenkungsorgane nach s o w j e t i schen Arbeitskräften zu genügen. Daher wurde schon im Mai d . J . durch das OKH der umfassende Einsatz der militärischen Okkupationsorgane einschließlich IL der Feld- und Ortskommandanturen f ü r diesen Zweck befohlen.
Damit waren a l l e Kräfte
des militärischen Okkupationsapparates in die Aktionen zur
- 32 Zwangsarbeiterbeschaffung einbezogen. A l l e i n diese Tatsachen widerlegen die von der b ü r g e r l i c h - i m p e r i a l i s t i s c h e n H i s t o r i o graphie a u f g e s t e l l t e Behauptung, die Wehrmacht s e i f ü r die Beschaffung von Zwangsarbeitern nicht direkt zuständig oder 5 verantwortlich gewesen.
Tatsächlich übernahmen die m i l i t ä r i -
schen Organe im Operationsgebiet weitgehend die Funktion der Sauckel'schen Behörden, e r l e g t e n den ihnen u n t e r s t e l l t e n D i e n s t s t e l l e n und Einheiten e i n hohes Beschaffungssoll auf und sorgten f ü r dessen R e a l i s i e r u n g . 6 Die in den Dokumenten häufig a l s "Werbemaßnahmen" bezeichneten Beschaffungsaktionen s t e l l t e n vielmehr ein b r u t a l e s System von Zwangsrekrutierungen dar, dem s i c h die Betroffenen mit a l l e n Mitteln zu entziehen suchten.^ In besonderem Maße v e r s c h ä r f t e s i c h das Deportationsprogramm - ähnlich wie i n anderen okkupierten Ländern - mit der Verkündung des " t o t a l e n K r i e g e s " , mit dem die herrschenden Kreise Deutschlands die Folgen ihrer Niederlage an der Wolga abzuwenden suchten. Entsprochend den i n vollem Einvernehmen mit der I n s t i t u t i o n des GBA und der "Zentralen Planung" e r t e i l t e n Weisungen des Wirtschaftsstabes Ost und des OHE gingen insbesondere die im südlichen und mittleren Abschnitt der deutsch-sowjetischen Front befindlichen deutschen Heeresgruppen und Armeen sowie deren rückwärtige Militärverwaltungen im Frühjahr 1943 zur Deportation ganzer Jahrgänge der a r b e i t s fähigen Bevölkerung, i n der weiteren Folge zur v ö l l i g w i l l k ü r l i c h e n Verschleppung von A r b e i t s k r ä f t e n über. Dabei waren s i e g l e i c h z e i t i g b e s t r e b t , eine ausreichende Anzahl von Zwangsarbeit e r n f ü r ihren eigenen Bedarf zurückzuhalten. Eine w e i t e r e , von den m i l i t ä r i s c h e n Organen i n großem
Umfange betriebene Metbode zur Zwangsarbeiterbeschaffung bestand s e i t dem Herbst 1942 d a r i n , Teile der arbeitsfähigen Bevölkerung aus den Fartisanengebieten nach Deutschland zu verschleppen. Das geschah mit solcher I n t e n s i t ä t , daß s i c h z.B. der Befehlshaber des rückwärtigen Eeeresgebietes Mitte zu dem Hinweis genötigt sah, über dem "Menschenfang" nicht die Vernichtung der Lebensmöglichkeiten der Partisanen außer acht zu l a s s e n . 8 Ihren Höhepunkt erreichten diese Maßnahmen mit der etwa ab Anfang 194-3 auch von den militärischen Organen i n engstem Einvernehmen mit Einheiten und Dienststellen der SS bzw. des SD angewandten Methode, die aus den Fartisanengebieten v e r schleppte Bevölkerung in die f a s c h i s t i s c h e n Konzentrationslager zu schicken.^ Damit erfuhr zugleich das barbarische P r i n zip der "Vernichtung durch Arbeit" durch die Mitwirkung der f a s c h i s t i s c h e n Militärs eine neue Ausweitung. So wurden von der unter dem Befehl von Generaloberst Reinhardt stehenden 3. Fanzerarmee Tausende von Bürgern der Belorussischen SSH 10
nach Lublin
und Auschwitz "abgeschoben", wo sie infolge
der barbarischen Arbeits- und Lebensbedingungen rasch zugrundegingen. Heben den regulären Beschaffungsprogrammen wurden unter Mitwirkung der Wehrmacht zahlreiche "Sonderaktionen" zur Zwangsrekrutierung sowjetischer Arbeitskräfte durchgeführt. So befahl der Ohef des OKW Anfang J u l i 1943 zur Sicherung des zusätzlichen Kohleförderungsprogramms f ü r die geplante Erweiterung der deutschen Eisen- und Stahlerzeugung u . a . , die i n den Partisanenkämpfen in deutsche Hände fallenden männlichen Personen im Alter von 1 6 - 5 5 Jahren k ü n f t i g in der
Hauptsache als Kriegsgefangene zu behandeln und dem
- 34 11
Arbeitseinsatz in Deutschland zuzuführen
. Eb kennzeichnet
dabei das enge Zusammenwirken zwischen Rüstungsmonopolen und militärischer Führung, daß der Befehl Heitels ausdrücklich das Vorrecht der Reichsvereinigung Kohle betonte, sich die benötigten Arbeitskräfte in den Kriegsgefangenenlagern selbst auszusuchen. Hinsichtlich des Schicksals der nach dem Befehl Keitels gleichfalls zu verschleppenden Familienangehörigen legte Himmler im Übereinkommen mit dem Generalstabschef des Heeres fest, jüngere weibliche Personen dem GBA zu übergeben, Kinder und Greise hingegen in besonderen Lagern bzw. auf landwirtschaftlichen Großbetrieben des Okkupationsgebietes zu 12
sammeln und dort zur Arbeit einzusetzen.
In großem Maße wurden schließlich die bei den faschistischen Rückzügen der Jahre 1943 und 1944 von der Wehrmacht gemeinsam mit den übrigen Okkupationsorganen durchgeführten Zwangsverschleppungsaktionen für die Deportation von Arbeitskräften 13 ausgenutzt.
Dabei wurden die von den Truppen mitgeschleppten
Massentrecks nicht selten bereits auf dem Wege zu den sog. Auffanggebieten in einer Weise "ausgekämmt", daß dort - einem zusammenfassenden deutschen Bericht zufolge - oft nur noch Kinder und Greise ankamen.1'* Die herrschenden Kreise Deutschlands hatten besonders nach dem Scheitern ihrer Blitzkriegsstrategie den umfassenden Zwangseinsatz der Bevölkerung aus den okkupierten sowjetischen Gebieten in der faschistischen Kriegswirtschaft als einen wesentlichen Faktor betrachtet, um den Krieg auf lange Sicht fortsetzen und ihn schließlich zu ihren Gunsten beenden zu können. Das war auch einer der Hauptgründe, weshalb sie ihren Militärapparat in solch großem Umfang zur Arbeitskräftebeschaffung einsetzten.
- 35 Insgesamt wurden bis zum Kriegsende fast 5 Millionen Sowjetbürger nach Deutschland verschleppt, d.h. mehr als aus irgendeinem anderen vom faschistischen Deutschland okkupierten Land. Hunderttausende von ihnen gingen an den unmenschlichen ArbeitBund Existenzbedingungen zugrunde oder wurden in den Konzentrationslagern bestialisch ermordet« Der sich gerade im Aggressionskrieg gegen die UdSSR voll offenbarende Widerspruch zwischen seinen maßlos reaktionären und räuberischen Zielen und seinem militärischen, ökonomischen und politisch-moralischem Potential ließ sich auch durch die Anwendung skrupellosester Mittel und Methoden nicht überwinden. Im Gegenteil. Sein barbarisches Vorgehen erhöhte noch den Widerstandswillen der sowjetischen Bevölkerung, verschärfte den Haß gegen die faschistischen Eindringlinge und stärkte die unbeugsame Entschlossenheit des gesamten Sowjetvolkes, den vollen Sieg Uber den Aggressor zu erringen und eine Wiederholung seiner Verbrechen für alle Zeiten unmöglich zu machen.
- 36 Aimerkunfcen Der Dokumentation liegt ein vom Vf. auf der Tagung des Internationalen Komitees für die Geschichte des zweiten Weltkrieges während des XlÄI. Internationalen Historikerkongresseain Moskau gehaltener Diskussionsbeitrag zum gleichen Thema zugrunde. 1
Vgl. K. Drobicch/ D. Eichholtz, Die Zwangsarbeit ausländischer Arbeitskräfte in Deutschland während des zweiten Weltkrieges, ins Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 1970, H.5, S. 626 - 639; ferner Bulletin des Arbeitskreises "Zweiter Y.eltkrieg", 1970, Hr. 3, S. 3.
2
Siehe Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg,.14. November 1945 - 1. Oktober 1946 (im folgenden BIT), Bd. 26, S..62 f. - Beschaffungsprogramm Sauckels vom 20. April 1942.
3
Vgl. Dok. Nr. 1.
4
Vgl. Dok. Kr. 3.
5
Vgl. u.a. A. Daliin, Deutsche Herrschaft in Rußland 1941— 1945. Eine Studie über Besatzungspolitik, Düsseldorf 1958, S. 453.
6
Vgl. Dok. Nr. 4.
7
Vgl. Dok. Kr. 5.
8
Vgl. Deutschen Militärarchiv Potsdam (im folgenden DMA), V.'S 02.09.02./2, Bl. 144. - Anweisung vom 28. November 1942 betr. Partisanenbekämpfung und Haltung gegenüber der Bevölkerung .
9
Vgl. Dok. Nr. 11.
10
Vgl. Dok. Hr. 12.
11
Vgl. Dok. Kr. 13.
12
Vgl. Dok. Nr. 14.
13
Vgl. Dok. Nr. 15.
14
Vgl. ebenda, H. 21.10.04./25, B1.218. -Befehlsh. des rückwärt. Heeresgeb, A, Abschlußbericht über die Tätigkeit der Militärverwaltung im Operationsgebiet des Ostens.
1. Schreiben der Chefgruppe Arbeit, Dr. Rachner, des Wirtschaftsstabes Ost an die Wirtschaftsinspektionen in den okkupierten sowjetischen Gebieten betr. ihren Einsatz bei der Beschaffung von Arbeitskräften. A b s c h r i f t Wi Stab Ost Chefgiuppe Arbeit Br.Hr. 98 510/42 g
Berlin, den 26.1.1942 Geheim benein
An die Wi In Süd - Gruppe Arbeit, z. Hd. CKVR Dr. Stephan P o 1 t a w a die Wi In Mitte - Gruppe Arbeit, z.Hd. OKVR Gelberg B o r r i s s o w das Wi Kdo Pleskau - Gruppe Arbeit, z. Hd. KVR Dr. Schultz P 1 e s k a u Betrifft« Lenkung des Arbeitseinsatzes; hier: Einsatz von Sowjet. Arbeitskräften im Reich Als Anlage wird Abschrift eines Erlasses vom 10.1.1942 - V.P. 22086/41 g.Rs. - mit dem der Reichsmarschall des Grossdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan, seiner Geschäftsgruppe Arbeitseinsatz die uneingeschränkte Vollmacht zur Lenkung des gesamten Arbeitseinsatzes und zur Verteilung der nach Erfüllung der Wehrersatzforderungen verfügbaren Arbeitskräfte erteilt hat, zur Kenntnis übersandt. Der Reichsmarschall hebt in seinem Erlaß nochmals die besondere Bedeutung des Russeneineatzes für das Reich hervor. Es wurde bereits mit Verfügung vom 4.12.1941 - Br. Nr. 42006/41 g - angeordnet, dess - im Bevmsstsein der Dringlichkeit- darauf die Hauptarbeit auszurichten ist. Die Erwartungen, die der Reichsmarschall in die Arbeitseinsstsverv.eltuiig setzt, müssen unter allen Umständen erfüllt werden. Aufgabe der Wirtschaftsorganisation und Einsätzverwaltung im Osten ist es, die Lücken in der Wirtschaft, die durch die Freimachung aller Angehörigen der jüngeren Jahrgänge für die Wehrmacht entstehen, in den nächsten Monaten durch.umfassende Anwerbung russischer Arbeitskräfte zu schließen. Dies igt kriegsent-
- 38 scheidend und musa daher erreicht werdenI Wenn die Zahl der Freiwilligen hinter den gehegten Erwartungen zurückbleibt, so müssen die Werbemassnahmen, wie bereits angeordnet, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln verschärft werden. Für beschleunigte Unterrichtung der nachgeordneten Wirtschaft skommandos und der Leiter der Arbeitsämter ist Sorge zu tragen.
gez. Dr. Rachner KV-Chef
Internationaler ISilitärgerichtshof, IMG Nürnberg, Bd. 39, S. 491 f.
2. Verfügung des Oberkommandos der Wehrmacht über den Einsatz der Beauftragten des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz im Operationsgebiet Ost und deren Unterstützung durch die militärischen Organe. Oberkommando der Wehrmacht 3a 54 WFSt/Org. (III)
F.H. Qu., den 24. April 1942.
1896/42 B e t r.i
Einsatz der Beauftragten des Gen.Bev. f.d. Arbeitseinsatz im Op. Gebiet Ost.
Der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (VJF1.) bedient sich für die Durchführung seiner Aufgaben zur Beschaffung von Arbeitskräften im Op. Gebiet Ost der bestehenden militärischen Wirtschaftsorganisation. Hierzu werden die vom Generalbevollmächtigten im Op. Gebiet eingesetzten Beauftragten (etwa 200 bis 300) nach Maßgabe nachstehender Anordnungen, soweit sie einen Rang als Offizier hatten, mit diesem Rang, sonst als S o n d e r f ü h r e r des Heeres zur Wehrmacht einberufen.
- 39 1.
2.
Die in Frage kommenden Beamten (Angestellten) werden durch den Gen. Bev. dem OKW (Wi Rü Amt) n a m h a f t gern a c h t 5 s i e sollen möglichst ehemalige gediente Soldaten sein. Die außermilitärische Eignung g i l t a l s gegeben. Wi Rü Amt veranlaßt die E i n b e r u f u n g , die B'eleihung a l s S o n d e r f ü h r e r , die E i n k l e i d u n g , die e r f o r d e r l i c h e m i l i t ä r i s c h e U n t e r w e i s u n g (Merkblatt J ) , die I n m a r s c h s e t z u n g sowie nach den Wünschen des Gen. Bev. - die Kommandier u n g zu einer Dienststelle des WiStabes Ost« Im Op. Gebiet s c h o n e i n g e s e t z t e Beamte ( A n g e s t e l l t e ) sind sofort nach Eintreffen des Einberufungsscheines durch die örtlichen zuständigen Dienststellen des Heeres nach Anordnung der Heeresgruppe einzukleiden und zu bewaffnen. Als Ersatztruppenteil für a l l e Einberufenen wird die Wehrwirtschaf.tliche Ersatzabteilung 4» Spandau, bestimmt, bei der die erforderlichen D i e n s t s t e l l e n durch WH ausgebracht werden. Das m i l i t ä r i s c h e D i e n s t v e r h ä l t n i s g i l t vom Zeitpunkt der Aushändigung des Einberufungsscheines ab. Die Maßnahme kann nötigenfalls durch Vorausbefehle für die schon eingesetzten Beamten (Anges t e l l t e n ) beschleunigt werden. Seitens des Gen. Bev, wird Sorge getragen, das militärische Dienstverhältnis auf die für die Durchführung der Aufgabe unbedingt nötige Zeit zu b e s c h r ä n k e n . Hierfür werden vorerst 4 Monate in Aussicht genommen. Nach Durchführung der Aufgaben treten die Einberufenen unter Entlassung ohne E n t l a s s u n g s g e b ü h r n i s s e in den Personalbereich der Arbeitseinsatzverwaltung zurück. Die D i e n s t z e i t wird im S i n n e der B e f ö r d e r u n g n i c h t a l s militärische Dienstzeit gerechnet« Im ü b r i g e n gelten die Einberufenen v o l l als S o l d a t e n .
-
3.
4.
5.
4o
-
Die Beauftragten sind vom Zeitpunkt ihrer Einberufung an dem Wi Kdo m i l i t ä r i s c h und w i r t s c h a f t l i c h u n t e r s t e l l t , zu dem s i e kommandiert sind. Die d i e n s t l i c h e V e r w e n d u n g und d i e f a c h l i c h e T ä t i g k e i t der K o m m a n d i e r t e n r i c h t e t s i c h a u s s c h l i e ß l i c h n a c h den A n o r d n u n g e n d e s G e n e r a l b e v o l l m ä c h t i g t e n , d i e ü b e r den Wirts c h a f t s s t a b O s t - W i r t s c h a f t s i n s p e k t i o n an d i e Wi Kdos g e g e b e n w e r d e n . Weiter erforderliche D u r c h f ü h r u n g s und E i n z e l b e s t i m m u n g e n gibt der Chef des Wi Rli Amts im Einvernehmen mit dem Gen, Bev. Die vorstehenden, mit dem Gen. Bev. vereinbarten Regelungen gelten a u s s c h l i e ß l i c h f ü r die im Op. Gebiet Ost eingesetzten Kommissionen der ArbeitseinsatzVerwaltung. In den Reichskommissariaten t r i f f t der Gen. Bev. andere Regelungen mit dem Reichsminister f ü r die besetzten Ostgebiete. Es l i e g t im militärischen Interesse der Rüstungswirts c h a f t , daß die Tätigkeit der eingesetzten Kräfte des Gen. Bev. von a l l e n Dienststellen der Wehrmacht t a t k r ä f t i g unterstutzt wird. Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht. K e i t e 1
DZA Potsdam, Richtlinien f ü r die Führung der Wirtschaft in den neubesetzten Ostgebieten (Grüne Mappe), h r s g . vom Wirtschaftsstab Ost, T e i l I I , Berlin 1942, S . 141 f .
- 41 3. Vom Oberkommando des Heeres herausgegebener Befehl über die volle Einbeziehung des militärischen Okkupationsapparates in die Maßnahmen zur Beschaffung sowjetischer.Arbeitskräfte für die deutsche Kriegswirtschaft (Auszüge)» Oberkommando des Heeres Gen St d H/G6n Qu Abt. K. Verw. (Wi) Nr. 11/3210/42 geh. Betr. t B e z u g :
H. Qu. OKH, den lO.Mai 1942
Anwerbung russischer Arbeitskräfte für das Reich OKH/Gen Qu/ (Wi) 11/2877/42 g vom 25.April 1942, OKH/Gen Qu/Abt. K. Verw. 11/3158/42 g vom 6. Mai 1942.
Der vom Führer ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Gauleiter Sauckel - vgl. OKH/Gen Qu/II 4045/42 vom 31. März 1942 - hat mit Rücksicht auf den vermehrten Rüstungsbedarf des Reiches zur Sicherßtellung des Kräftebedarfs der deutschen Kriegs- und Rüstungswirtschaft angeordnet, daß die Anwerbung russischer Arbeitskräfte und ihre Überführung in das Reich wesentlich zu steigern und zu beschleunigen ist. Zur Durchführung dieser Anwerbungsaktion, die sich auf die gesamten besetzten Ostgebiete einschließlich der rückwärtigen Heeresgebiete und der Armeegebiete erstreckt, sind besondere Maßnahmen erforderlich, weil die Organisation der ArbeitseinsatzdienstBtellen und die Werbekommissionen des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz allein nicht ausreichen. Es genügt nicht, die Werbemaßnahmen auf die mit Arbeitseinsatzdienststellen besetzten städtischen Bezirke zu beschränken. Vielmehr muß in breitestem Ausmaß auch die auf das Land abgewanderte Stadtbevölkerung erfaßt werden sowie die einheimische Landbevölkerung, soweit sie von den zuständigen landwirtschaftlichen Dienststellen als entbehrlich freigegeben wird. Dies setzt eine maßgebliche Mitwirkung der militärischen und landeseigenen Verwaltungsstellen (Feldkommandanturen, Ortskommandanturen, La-Organisation des Wirtschaftsstabes Ost, Rayonverwaltungen, Bürgermeister usw.) voraus. Es h a n d e l t s i c h um e i n e A u f g a b e v o n k r i e g s e n t s c h e i d e n d e r B e d e u t u n g . D i e A r b e i t s l a g e d e s R e i c h e s
- 42 e r f o r d e r t g r o ß z ü g i g e
v o r d r i n g l i c h e
und
D u r c h f ü h r u n g
der
a n g e o r d n e t e n i
st
allen
Pflicht
zu
Maßnahmen.
Stellen
zur
Dies
b e s o n d e r e n
m a c h e n .
Vorrang des Kräftebedarfs von Truppe und Wirtschaft im Osten. Der unmittelbare Kräftebedarf der Truppe hat den Vorrang vor der Anwerbung für das Reich insoweit, als es sich um einen tatsächlich zwingenden und sowohl der Zeit als der Höhe nach unabänderlichen Bedarf handelt. Über den Umfang des Truppenbedarfs entscheiden die Armeen, die Befehlshaber der Heeresgebiete und die Wehrmachtbefehlshaber. Dabei ist jedoch mit Rücksicht auf den dringenden Kräftebedarf des Reiches, der in erster Linie der Rüstung und damit der Wehrwirtschaft und Truppe zugute kommt, der allerschärfste Maßstab anzulegen. Insbesondere ist auch die Höhe des eigenen Kräftebedarfes sorgfältig nachzuprüfen. Dies gilt auch für Arbeitskräfte, die bereits bei der Truppe eingesetzt sind. Ergibt die verschärfte Kachprüfung, daß auch bereits eingesetzte Arbeitskräfte nicht zwingend benötigt werden, so sind sie sofort freizugeben. Auch bei den unentbehrlichen Kräften ist zu prüfen, ob sich darunter Facharbeiter befinden, die nicht ihren beruflichen Kenntnissen entsprechend eingesetzt sind. Diese sind Zug um Zug gegen Ersatzgestellung von anderen Kräften beschleunigt abzugeben. Die Beschäftigung in der Kriegswirtschaft voll einsatzfähiger Arbeitskräfte zu persönlichen Diensten kann als vordringlicher Truppenbedarf nicht anerkannt Vierden. Nach den gleichen Gesichtspunkten ist von den Wirtschaftsdienststellen der Kräftebedarf der für die Versorgung der Truppen arbeitenden Wirtschaft in den besetzten Ostgebieten zu überprüfen. Aufbauarbeiten und Planungen, die ohne Schaden für die Truppenversorgung aufgeschoben werden können, sind zurückzustellen, weil sie Kräfte binden, die gegenwärtig in der Rüstungswirtschaft des Reiches dringender benötigt werden. Es ist Aufgabe der für die Produktion verantwortlichen Wirtschaftsdienststellen, ihren Kräftebedarf gegenüber den
- 43 Anwerbungsmaßnahmen für das Reich unter Anlegung gleichfalls des schärfsten Maßstabes auf den unbedingt erforderlichen Umfang zu beschränken. •»• • O r g a n i s a t i o n s r i c h t l i n i e n . Die fachliche Steuerung der Anwerbeaktion obliegt den Arbeitseinsatzdienststellen (im rückwärtigen Heeresgebiet den Chefgruppen Arbeitseinsatz der Wirtschaftsinspektionen, Gruppen Arbeit der Wi Kdos, Arbeitsämtern und Werbekommissionen, im Armeegebiet den Armeewirtschaftsführern bzw. IV Wi der Armeen). Ihren fachlichen Forderungen haben die Feld- und Ortskommandanturen zu entsprechen. Bezüglich der technischen Durchführung der Anwerbung und des Abtransportes wird im allgemeinen folgende Arbeitsteilung zwischen den Arbeitseinsatzdienststellen und den Feld- und Ortskommandanturen bzw. den unter ihrer Aufsicht arbeitenden landeseigenen Verwaltungsstellen einzuhalten seins D e n F e l d u n d O r t s k o m m a n d a n t u r e n obliegt die Anwerbung auf dem Lande sowie in den städtischen Bezirken, die nicht mit Arbeitseinsatzdienststellen besetzt sind» Der Abtransport der angeworbenen Arbeiter ist von ihnen bis zu den Abgangsbahnhöfen bzw. den dort einzurichtenden Wartelagern durchzuführen. D e n A r b e i t s e i n s a t z d i e n s t s t e l l e n obliegt die Anwerbung in ihrem eigenen Arbeitsbereich und die Durchführung.der Transporte vom Abgangsbahnhof (Wartelager) in das Reich. Auch soweit die Durchführung des Abtransportes der russischen Arbeiter Aufgabe der'Arbeitseinsatzdienststellen ist, sind diese von allen in Betracht kommenden militärischen.Dienststellen auf Anfordern weitestgehend zu unterstützen. Entsprechend ist die La-Organisation des Wirtschaftsstabes Ost angewiesen, auf Anfordern der Feld- und Ortskommandanturen mitzuarbeiten. Die Feld- und Ortskommandanturen betrauen einen Offizier -bei Feldkommandanturen mit Abt. VII einen Militärverwaltungsbeamten- verantwortlich mit der Bearbeitung aller mit der Anwerbeaktion zusammenhängenden Fragen und benennen ihn
- 44 namentlich der nächsten Arbeitseinsatzdienststelle (Wi Kdo oder Arbeitsamt). Die Wirtschaftsinspektionen werden auf Anfordern zu den Befehlshabern der Heeresgebiete - nach Bedarf auch zu den Sicherungsdivisionen und Sicherungsbrigaden je einen Verbindungsbeamten der Arbeitseinsatzorganisation abkommandieren, der im Rahmen der Abt. VII die sich aus der Mitwirkung der Feld- und Ortskommandanturen bei der Anwerbungsaktion ergebenden Fragen bearbeitet. Ebenso können die Wi Kdos bei Bedarf Verbindungsbeamte zu den Feld- und Ortskommandanturen abstellen. E i n z e l m a ß n a h m e n d e r O r t s k o m m a n d a n t u r e n .
F e l d
-
u n d
1.
Anweisung an Rayonchefs und Bürgermeister, Anwerbeaktion unter persönlicher Verantwortung mit allen verfügbaren Mitteln durchzuführen. Errichtung von Meldestellen bei den Rayon- und Gemeindeverwaltungen.
2.
A n w e r b u n g s p r o p a g a n d a (Aufrufe, Werbeartikel in örtlicher Presse, Versammlungen, Einsatz von Lautsprecherwagen). Einheitliche Abstimmung mit Arbeitseinsatzdienststellen. Zusammenarbeit mit Propagandakompanien.
3.
In erster Linie sollen Arbeitskräfte (beiderlei Geschlechts) für einen Einsatz in nachfolgenden Wirtschaftszweigen angeworben werden: Bergbau, Bahnunterhalt ung, Eisen- und Metallwirtschaft, Landwirtschaft, Bauwirtschaft, Großwerkstätten (Schustereien), Sonderkommandos für dringende Gelegenheits- und Notstandsarbeiten
4*
Nicht angeworben werden dürfen Personen unter 14 und über 50 Jahre (Ausnahme bei letzteren nur für besonders rüstige), Politisch und kriminell Unzuverlässige, Asiaten und Juden, Volksdeutsche.
5.
A b w e h r m ä ß i g e zu veranlassen.
P r ü f u n g
ist durch den S.D.
- 45 6.
Ä r z t l i c h e U n t e r s u c h u n g durch russische Ärzte unter Aufsicht und Stichproben von Sanitätsoffizieren. Bewerber müssen gesund und mindestens tauglich für mittelschwere Industrie- und Landarbeit sein.
7.
Die Bewerber sind nach durchgeführter ärztlicher und abwehrmäßiger Überprüfung listenmäßig nach Geschlechtern getrennt zu erfassen mit Vor- und Zuname, Beruf, Geburtstag, Volkse tumszugehörigkeit, sanitätsmäßig überprüft durch (Arzt). Die Listen sind wöchentlich von den Feld- und Ortskommandanturen der nächsten Arbeitseinsatzdienststelle zuzuleiten.
8.
Die Arbeitseinsatzdienststellen fordern die gemeldeten und angeworbenen Arbeitskräfte bei den Feld- und Ortskommandanturen an, die sie zu den Abgangsbahnhöfen oder Wartelagern in Marsch zu setzen haben.
9.
Vor dem Abtransport ist nach.Möglichkeit eine l a u s u n g durchzuführen.
E n t -
10.
Die Angeworbenen müssen zur Peststellung der Identität mit einem Personalausweis sowie mit einem in Verbindung mit dem Personalausweis gültigen Anwerbeschein (in deutscher und Landesschrift) mit Angaben über Personalien, Beruf, Bestätigung der Anwerbung, Vermerk über erhaltene Marschverpflegung, Gesundheitszustand, Entlausung und Dienststempelaufdruck versehen sein.
11.
Heranführen der Angeworbenen zum Abgangsbahnhof oder zum Wartelager in der Regel im Fußmarsch. Erforderlichenfalls Einsatz von Kraftfahrzeugen oder Panjekolonnen mit Stralodienststellen abstimmen.
12.
A r b e i t s k l e i d u n g und Schuhwerk haben die angeworbenen Arbeitskräfte selbst mitzubringen. M a r s c h V e r p f l e g u n g bis zum Abgangsbahnhof oder Wartelager, .mindestens aber für 2 Tage, mit La-Dienststellen regeln«
13.
Fürsorge für die zurückbleibenden Angehörigen gemäß OKH/ Gen Qu/IV a/III. 3 Nr. 1/7400/42 vom 19. Februar 1942.
- 46 Am Abgangsbahnhof oder im Wartelager erfolgt Übernahme der Angeworbenen durch die Arbeitseinsatzdienststellen, die für die Einrichtung der Wartelager , Zusammenstellen der Zugtransporte, Unterwegsverpflegung und Bewachung bis zur Reichsgrenze sorgen. Von dort erfolgt die Betreuung der Arbeitertransporte durch Stellen des Reiches. Örtlich gebotene Abweichungen von den Organisationsrichtlinien und vorgesehenen Einzelmaßnahmen sind zwischen Heeresgruppen und Wirtschaftsinspektionen abzustimmen. Engste Zusammenarbeit zwischen militärischen Dienststellen und Arbeitseinsatzdienststellen ist erforderlich. Arbeitseinsatzdienststellen sind vom Wirtschaftsstab Ost mit entsprechenden Richtlinien zu versehen. Die Vorbereitungen für die Anwerbungsaktion sind sofort aufzunehmen. Feld- und Ortekommandanturen haben sich unverzüglich mit der nächsten Arbeitseinsatzdienststelle in Verbindung zu setzen. Verzeichnis der Arbeitseinsatzdienststellen ist mit OKH/Gen Qu IX/4035/42 vom 1. April 1942 übersandt worden. AOK und Befehlshaber in den Heeresgebieten melden die Zahl der aus ihrem Bereich abtransportierten russischen Arbeitskräfte laufend zum 1. eines Jeden Monats - erstmalig am 1. Juni 1942 - den Heeresgruppen. Diese berichten zusammenfassend an OKH/Gen. Qu. Die.nachgeordneten Dienststellen sind von dort zu unterrichten. J.A. W a g n e r
.
DZA Potsdam, Richtliiiieil für diö Führung der Wirtschaft ... Teil XI, S. 143 ff.
- 47 4. Befehl des Kommandanten im rückwärtigen Gebiet der 2. Armee zum Einsatz von Feld- und Ortskommandanturen Beines Bereiche bei der Rekrutierung und beim Abtransport sowjetischer Zwangsarbeiter (Auszüge) Kommandant für das rückw. Armeegebiet 580 - Qu Betr.i
St.Qu., den 16.5.1942
Abtransport russischer Arbeitskräfte ins Reich.
1.) Durch die eingesetzten Wi-Dienststellen werden an russischen Arbeitskräften angeworben und zum Arbeitseinsatz ins Reich abtransportiert: a) Aus dem Stadtgebiet Kursk 12 000 Männer und Frauen. b) Aus den Bereichen der Orts-Kdtren 1/297, 11/646, 1/906, 11/585 10 000 Männer und Frauen. c) Aus dem Bereich der F.K. 200 14 000 Männer und Frauen. 2.) Die Wichtigkeit dieser Maßnahme für die Heimat und ihr Ineinklangbringen mit den Belangen der Truppe erfordert weitgehende Unterstützung der Wi-Dienststellen und Werbekommission durch die eingesetzten O.Kdtren. Die Unterstützung hat sich zu erstrecken auf die Gestellung von Wachpersonal, abwehrmäßige Überprüfung, Organisation der ärztlichen Untersuchung und Entlausung, Aushilfe mit Verpflegung und Vorbereitung der Wi-Dienststellen bei der gesamten Organisation. 3.) Bei der Erfassung der Arbeitskräfte haben die O.Kdtren darüber zu wachen, daß nicht Kräfte abgeschoben werden, die für die Belange der Wehrmacht unmittelbar oder mittelbar lebenswichtig sind (z.B. Belegschaften von Versorgungsbetrieben, Hilfsarbeiter der Werkstatt-Komp., Bauarbeiter, Straßenbaukräfte). Auf der anderen Seite sollen die Kdtren Anforderungen von Arbeitskräften durch in ihren Bereichen untergebrachte deutsche und verbündete Truppenteile durch sorgfältige Überprüfung der einzelnen Fälle in jeder nur möglichen Weise einschränken. Bei der gespannten Arbeitslage sind Dienstleistungen zur persönlichen Bequemlichkeit einzelner Truppenteile nicht zu verantworten.
-
4ü
-
4. )Für den Bahntransport ist V/achpersonal durch die Kdtren zu stellen. Die Stärke soll je Transport (1 000 Arbeiter) 1 Offz., 20 Uffz. und Iiannschaften betragen. Zur Abstellung von Y/achpersonal ziehen die Kdtren die in ihren. Bereichen liegenden deutschen Einheiten gleichmäßig heran. Gegen eine anschließende Beurlaubung des Wachkommandos ist nichts einzuwenden. Urlaubsdauer ist die gleiche wie bei normalen Urlaubßfahrten. Die Rückfahrt zur Front hat in geschlossenen Transporten zu geschehen. V/erden seitens der Wi-Dienststeilen Sammel- oder Auffanglager für diese Arbeitskräfte eingerichtet, so stellen die Kdtren - ebenfalls unter gleichmäßiger Verteilung auf die einzelnen in ihrem Bereich liegenden Truppenteile - ausreichende Bewachung für diese Lager. Hierbei ist weitgehendst auf Hilfswachmannschaften zurückzugreifen. 5.) Auf abwehrmäßige Überprüfung der erfaßten Arbeitskräfte durch Organe der G.F.P. bezw. Feldgend. ist besonderer Wert zu legen. Es muß verhindert werden, daß Elemente ins Reich transportiert werden, die die dort befindlichen ausländischen Arbeitskräfte zum Streik und zur Sabotage aufhetzen. Die Uberprüfung ist auch nach dem Abtransport weiterzuführen. Die Ergebnisse sind.laufend den zuständigen Wi-Dienststellen zu übermitteln.
9.) Die Kdtren melden monatlich zum 10. u. 25. fernmündl. bezw. fernschriftl. Anzahl und Herkunft der abtransportierten Arbeitskräfte, erstmalig zum 25.5. getroffene Maßnahmen im Sinne dieser Verfügung zum Aufbau der Erfassungs- und Betreuungsorganisation. Etwa auftretende Schwierigkeiten sowie Reibungen bei Durchführung der Unterstützungsmaßnahmen sind sofort fernmündlich zu melden. I. A. Der Quartiermeister
- 49 Deutsches Militärarohiv (DMA) Potsdam, H. 20. 59. 01/13, Bl.
630 f. 5. Auszug aus dem Kriegstagebuch Hr. 16 des rückwärt. Armeegebietes 580 (2. Armee) betr. generelle Zwangsanwendung und. Widerstand der Bevölkerung bei der Beschaffung von Arbeitskräften. 29.10.42 St. Qu. Kursk. I. Aus einem Lagebericht des Wikdo Kursk geht folgende Lage auf dem Arbeitsmarkt hervors (25.10.42) "Freiwillige Meldungen von Arbeitskräften für Deutschland sind nur noch in ganz geringer Zahl zu erreichen. Die Herausziehung der 3.500 Arbeitskräfte in der Berichtszeit konnte im allgemeinen nur mit Zwang erreicht werden. Aber auch der Erfolg der Zwangsmaßnahmen wird immer geringer. Die Starosten stellen einen stets geringer werdenden Bruchteil der ihnen auferlegten Zahl von Arbeitskräften für Deutschland. Sehr viele Arbeitskräfte, die nach Deutschland abtransportiert werden sollen, entweichen rechtzeitig aus ihren Dörfern." Diese Ausführungen stehen im Gegensatz zu den Anordnungen, auf Grund deren die Anwerbung nur auf den Grundsatz der Freiwilligkeit erfolgen soll. Am 29.10.42 Sachverhalt an AOK 2/0. Qu./Qu 2 gemeldet.
DZA Potsdam, Fall 12, ABD 118, Bl. 32.
6. Weisung des Chefs des Wirtschaftsstabes Ost. General Stapf, zur Verdoppelung und beschleunigten Erfüllung der erteilten Auflagen an sowjetischen Arbeitskräften. A b s c h r i f t F e r n s p r u c h des Chefs des S t a b e s Ost,
Br.B. N r . 3 6 6 3 / 4 3
Wi
- 50 An Inspekteur Wi Jn Süd. Herin General N a g e l Der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Gauleiter S a u c k e l , weist in einem dringenden Fernschreiben an mich darauf hin, dass der Arbeitseinsatz in der deutschen Landwirtschaft und ebenso a l l e dringlichsten, vom Führer befohlenen Hüstungsprogramme die schnellste Heranführung von ca. 1 Million Frauen und Männer aus den neubesetzten Ostgebieten innerhalb der nächsten v i e r Monate zur gebieterischen Notwendigkeit machen. Gauleiter S a u c k e l fordert zu diesem Zweck ab 15.3. den Abtransport von täglich. 5000, ab 1. April von 10.000 Arbeitsrinnen bezw. Arbeitern aus den neubesetzten Ostgebieten. Das tägliche Aufkommen von 5000 (10.000) Arbeitskräften wurde im Benehmen mit GBA wie f o l g t unterverteilt: Reichskommissar Ukraine
täglich 3.000 (6.000) Arbeitskräfte Wi Jn Süd " 1.000 (2.000) " Wi Jn Mitte " 500 (1.000) " Generalkommissar Weissruthenien " 500 (1.000) " Im Hinblick auf die der deutschen Kriegswirtschaft durch die Entwicklung der letzten Monate entstandenen ausserordentlich hohen Ausfälle an Arbeitskräften i s t es nunmehr erforderlich, dass die Werbung von Arbeitskräften für das Reich j e t z t a l l e n t halben mit allem Nachdruck wieder aufgenommen wird. Die im dortigen Bereich augenblicklich erkennbare Tendenz der Beschränkung bzw. der völligen Einstellung der Reichswerbung i s t bei dieser Sachlage keinesfalls tragbar. Gauleiter S a u c k e l , der über diese Vorgänge unterrichtet i s t , hat sich hierwegen unter dem 10.3.1-3 in einem Fernschreiben unmittelbar an Generalfeldmarschall K e i t e 1 gewendet und bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck gebracht, dass, wie in allen anderen besetzten Gebieten, dort, wo a l l e anderen Mittel versagen, auf Befehl des Führers von einem gewissen Druck Gebrauch gemacht werden muss. Ich ordne daher an, daß in den einzelnen Gebieten Auflagen gemacht werden, die im Benehmen mit den einheimischen Verwal-
- 51 tungsdienststellen und auf dem Lande mit den zuständigen La-Führern auf Grund der Dienstverpflichtung zu erfüllen sind. Soweit die Auflagen nicht durch freiwillige Meldungen erfüllt werden, sind sie durch Aushebung aufzubringen. Für die Verwirklichung der Dienstverpflichtung kann im Einzelfall, gegebenenfalls Zwang angewendet werden. Es ist jedoch nicht zulässig, dass die Arbeitskräfte durch Kollektivzwangsmassnahmen aufgebracht' werden. Ich ersuche, sofort im Benehmen mit den zuständigen Kommandostellen zu veranlassen, dass eine Störung der Reichswerbung unterbunden und dass diese von den.militärischen Dienststellen in jeder Hinsicht unterstützt wird. gez . S t a p f General der Infanterie Aufgenommen: O.v.D. 11.3.43 gez. Dr. Bachmann 22,45 Uhr KVR Durchgesagt: KVS Guth F.d.R.d.A. Bender KVR IMG. Bd. 31, S. 490 f. 7. Anlage zur Dienstanweisung des Oberkommandos des Heeres vom 20. April 1943 für den ErfasBungs- und Beutestab OKH betr. Erfassung der Zivilbevölkerung zum Arbeitseinsatz. Anlage 2 ZU OKH/GenStdH/GönQu Abt.K.Verw. Hr. 11/5546/43 g.Kdos.Chefs. Durchführungsbestimmungen zur Erfassung der Zivilbevölkerung (gem. Ziff. I., Anl. 1) I. In den neu gewonnenen Gebieten sind zur Erfassung der männ-
- 52 liehen Zivilbevölkerung folgende Maßnahmen durchzuführen: a) alle Männer der Jahrgänge 1922 - 1925 sind sofort zur Arbeitsleistung im Reich oder im Heeresgebiet einzusetzen. Ausnahme: Alle zu Hilfswilligen geeigneten Männer oder solche, die sich als Legionäre freiwillig melden« b) alle Männer der Jahrgänge 1897 - 1921 sind sofort zu mustern. Die arbeitsfähigen Männer werden zur ArbeitsT leistung in das Reich und im Heeresgebiet abgeschoben. Ausnahme: Es verbleiben unter Berücksichtigung der Erfordernisse der örtlichen Wirtschaft und Verwaltung alle hierfür unbedingt benötigten männlichen Zivilpersonen in diesen Gebieten und fernerhin Hilfswillige und Legionäre wie zu a). II.Heben der Erfassung der männlichen Zivilbevölkerung ist in den neugewonnenen Gebieten eine Erfassung der weiblichen arbeitsfähigen Zivilpersonen durchzuführen. Die Erfassung erfolgt: a) für die örtlichen Bedürfnisse (Landwirtschaft, Betriebe, Erhaltung der Ortschaften usw.) und die truppendienstlichen Belange (Wäschereien, Truppenküchen usw.) b) für den Arbeitsdienst im Reich und im Heeresgebiet| der Bedarf zu a) ist vordringlich zu berücksichtigen. III. Die Durchführung der vorstehenden Maßnahmen obliegt den hierfür besonders vorgesehenen Organen, die die erforderlichen fachlichen Weisungen von den Wirtschaftsinspektionen bezw. dem G.B.A. - durch die Arbeitsbehörden - erhalten. Die Truppe hat alle erforderliche Hilfe zu leisten.
DMA, H 20.59.01./37, Bl. 488 ff„
- 53 8. Befehl dea Oberkommandos der 2. Armee über die Zwangserfassung der gesamten Bevölkerung des Jahrgangs 1925 für den Arbeitseinsatz in Deutschland« A_b s c
h i l f t
Armee-Oberkommandö 2 O.Qu./IVWi/VII/Qu.2 Betr.;
O.U., den 24. Juni 1943
Erfassung und Aushebung des Jahrganges 1925 im Armeegebiet für den Arbeitseinsatz im Reich.
Für den Bereich der Heeresgruppe Mitte ist die Aushebung sämtlicher Männer und Frauen des Jahrganges 1925 für den Arbeitseinsatz im Reich befohlen. Ausgenommen sind lediglich: Angehörige landeseigener Verbände und Hilfswillige. Weitere Auenahmen aus beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen sind nicht zulässig. Die schnelle Durchführung dieser Maßnahme ist von sämtlichen militärischen Kdo. Behörden und Y/irt8chaftsdienststellen mit allen Mitteln zu unterstützen. Die Durchführung der Aushebung erfolgt im Armeegebiet durch das Wi.Kdo. 103 (Ssumy), Gruppe Arbeit, und des Arbeitseinsatzstabes des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz in engster Zusammenarbeit mit den militärischen Kdo. Behörden. Die vom A.O.K. 2 befohlene V/erbung und Erfassung der Jahrgänge 1923-1925 bleibt weiterhin bestehen. Für das Armee-Oberkommando Der Chef des Generalstabes gez. DMA, H 20.59.01./30. Bl. 980.
H a r t e n e c k
- 54 9. Befehl des Oberkommandos der 3. Panzerarmee vom 16, Juli 1943 über die Registrierung der Bevölkerung zur Vorbereitung weiterer Transporte nach Deutschland. Abgang
An: VI. A.K.
Tags 16.7. Zeit: 23.45 DringlichkeitsVermerk K *
Fernsprech-Anschluss:
201 Sich.-Div.
II. I>w. Feldkorps/nachr. A.Wi.Fü.: LIX. A.K. XXXXIII. A.K. Standort-Kdtr. Witebsk 11 " Rudnjja Koräck_590 Absendende_Stelle Qu._2
Standort-Kdtr* Witebsk, O.K. (V) und - in den Gebieten, die nicht einer.O.K. (V) unterstellt sind - Div. fordern von den St$dt- bezw. Einheitögemeinde-Bürgermeistern bis 23.7. die Einwohnerlisten zur Einsichtnahme an und.halten sie zur Verfügung des zuständigen Arbeiteamtes bezw. Nebenstelle. Aus den Listen müssen Vor- und Zuname, Geburtsjahr, erlernter Beruf, derzeitige Beschäftigung und Wohnung jedeB Einwohners deutlich leserlich hervorgehen. Dass die Listen zur Peststellung der für Arbeitseinsatz im Reich vorgesehenen Jahrgangsangehörigen benötigt werden, darf der landeseigenen Verwaltung natürlich nicht bekannt gegeben werden. Vollständiges Vorlegen der Einwohnerlisten ist bis 27.7.43 an Pz. AOK 3 0. Qu./Qu 2 zu melden. Pz. AOK 3 O.Qu./Qu.2 Nr. 5303/43 geh.
DZA Potsdam, Fall 12, ADB 126, Bl. 237 f.
10. Richtlinien Görings zur Zwangserfasaung der Bevölkerung der Partisanengebiete für den Arbeitseinsatz in Deutschland Der Reichsmarschall dös Grofldeutsöhen Reiches V. P. 18727/3. Verteiler:
Berlin, den 26.0ktöber 1942 W.8, Leipziger Str. 3
Bei der Durchführung der durch den Führer angeordneten verstärkten Bekämpfung der Bandentätigkeit und Säuberung, Insonderheit des rückwärtigen Gebietes der Heeresgruppe Mitte,, bitte ich,.daß nachstehende Gesichtspunkte berücksichtigt werden bzw. die sich daraus ergebenden Polgerungen zur Durchführung gelangen. 1.)
Bei der Bekämpfung der Bandengruppen und der Durchkämmung der von ihnen verseuchten Räume sind gleichzeitig sämtliche dort vorhandenen Viehbestände in gesicherte Gebiete abzutreiben, desgleichen die Lebensmittelvorräte so wegzuschaffen und zu sichern, daß sie den Banden nicht mehr zugänglich sind.
2.)
Sämtliche männlichen und weiblichen Arbeitskräfte, die irgendwie für einen Arbeitseinsatz in Präge kommen, sind zwangsmäßig zu erfassen und dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz zuzuführen zur Verwendung in den rückwärtigen gesicherten Gebieten oder in der Heimat. Die Unterbringung der.Kinder ist in rückwärtigen Lagern ge» sondert zu regeln.
3.)
Bei der Durchführung der unter Punkt 1.) und 2.) gegebenen Richtlinien ist keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob dadurch die landwirtschaftliche Produktion oder sonstige Tätigkeit in diesen Gebieten darunter leiden oder zum Erliegen kommen, da auch bisher diese bandenverseuchten Räume keinerlei Leistungen aufzuweisen hatten, sondern lediglich direkt oder indirekt den Banden nützlich waren. Ich bitte alle in Frage kommenden Dienststellen, soweit notwendig im gegenseitigen Einvernehmen, das Erforderliche in ihrem Zuständigkeitsbereich zu veranlassen, damit im Sinne der von mir gegebenen Richtlinien verfahren wird.
- 56 über die Gebietsabgrenzungen im einzelnen ist Einvernehmen mit den Chefgruppen Landwirtschaft der Wirtschaftsdienststellen herbeizuführen. gez. G ö r i n g IMG, Bd. 28, S. 1 f.
11. Weisung des Oberkommandos der Wehrmacht zur Deportation von Angehörigen der sowjetischen Zivilbevölkerung in Konzentrationslager. Abschrift. Fernschreiben Betr«_:
21.3.43
Behandlung von Bandenhelfern und
Bandenverdächtigen,
F.H. Qu., den 14.3.43. "Oberkommando der Wehrmacht Nr. 01212/43 geh.WFSt/Op In den Ziffern 85 u. 86 und 104 der
(H).
"5^Efanweisung_f.d._Ban =
denbekam£fung_im_Osten^ ( OE / WFSt/ Op Nr. 1216/42 vom 11.11.42) ist als Strafmassnahme für Bandenhelfer und Bandenverdächtige u.a. auch Uberführung zum Arbeitseinsatz ins Reich vorgesehen. Diese Bestimmung hat sich nach Mitteilung des G.B.A. nachteilig auf die Werbung von freiwilligen Ostarbeitern für den Einsatz im Reich ausgewirkt. In Ergänzung der "Kampfanweisung für die Bandenbekämpfung " wird daher befohlen« 1.)
Bandenhelfer und Bandenverdächtige sind, soweit sie nicht sofort erschossen bzw. erhängt oder ausnahmsweise gemäss Ziffer 11 der "Kampfanweisung" in die eigene Bandenbekämpfung eingespannt werden, zwecks Uberführung in Konzentrationslager den zuständigen höheren SS- und Polizeiführern zu übergeben.
2.)
Der Bevölkerung gegenüber ist klar der Unterschied zwischen der unter härtesten Bedingungen
stattfinden-
- 57 den "Strafarbeit " der diese Leute zugeführt werden, und dem "Arbeitseinsatz im Reich" auf Grund der Werbung des G.B.A. herauszustellen. Der Chef des.Oberkommandos der Wehrmacht I.A. gez. J o d 1 . " OKH/GenStdH/ Op.Abt.(I) Nr. 3041/43 geh. I.A. gez. Unterschrift.
DZA Potsdam, Fall 12, ADB 126, Bl. 39. 12. Befehl des Oberkommandos der 3. Panzerarmee zur Deportation von Teilen der Bevölkerung des Armeegebietes in das Konzentrationslager Lublin. Pänzerarmeeoberkommando 3 2Hi_E_?Jr. _5 9§6/42_geh.
O.U., den 12. August 1g4 3
Betr^j: Evakuierung im Kaum südl. Wymno-See. Bezug_s Pz. AOK 3 Ia Nr. 6262/43 geh. vom 7.8.43. Pz. AOK 3 Ia Nr. 6262/43 geh, hat die Evakuierung des in obigem Bezug bezeichneten Raumes befohlen, da.die Bevölkerung dort sich bei den Unternehmen der Jäger^Batle. 2 und 7 einwandfrei als Bandenhelfer erwiesen hat. S.D. Witebsk hat sich bereit erklärt, den Abtransport der zu evakuierenden Bevölkerung in ein S.D. Lager (Lublin) zu veranlassen. Hierzu wird befohlen» 1.) Standort-Kdtr. Witebsk ermittelt die Zahl der zu evakuierenden Bevölkerung, nach Möglichkeit mit ungefährer Angabe der Zahl an Männern, Frauen.und.Kindern. Die festgestellte Zahl ist an Pz. AOK 3 0, Qu./Qu. 2 vorweg zu melden. 2.) Standort-Kdtr. Witebsk führt die zu evakuierenden Personen nach vorheriger Anmeldung Dulag 230 zu, nachdem Vieh und sonstiges landwirtschaftliches Gut von Wi.Kdo.Gr.La. übernommen ist.
- 58 3.)
Dulag 230 nimmt die evakuierte Bevölkerung in gesonderter Unterbringung auf und sorgt für Verpflegung.
Das Gleiche gilt für weitere 200 Zivilpersonen, die S.D. Witebsk nach vorheriger Anmeldung Dulag 230 aus Gened Lepel, ebenfalls zum Zwecke der Unterbringung in Lublin, zuführt. Für Aufklärung, dass die Evakuierung wegen der durch die Bevölkerung geleisteten Bandenhelferdienste erfolgt, ist zu sorgen. 4.) Dulag 230 unterstützt S.D. Witebsk beim möglichst baldig gen Abtraneport aus dem Lager. Längste Unterbringungsdauer der Zivilpersonen aus Lepel in Dulag 230 6 läge. 5.) Standort-Kdtr. Witebsk meldet Durchführung der Evakuierung in Dulag 230 bis 25.8-.43. 6.) Dulag 230 meldet Vollzug des Antransportes der zu evakuierenden Zivilpersonen bis 5.9.43. Verteilers Stdt. Kdtr. Witebsk Dulag 230 Wi. Kdo. Gr. La. nachr.: IÄ
Für das Pz. Armeeoberkommando Der Oberquartiermeister I.V. gez. v. Hagner
s'.Ktebsk
Oberstleutnant i.G.
DZA Potsdam, Fall 12, ADB H O , Bl. 171 f.
13. Weisung Heitels über Sondermaßnahmen zur beschleunigten Rekrutierung zusätzlicher sowjetischer Arbeitskräfte für den deutschen Kohlebergbau. Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht W F St /Org (II) Nr. 02958/43
F.H. Qu, den 8. Juli 43 Geheim geh.
Betr.j Kräfte für Kohlenbergbau Der Führer hat am 7.7. für die Durchführung des erweiterten
- 59 Eisen- und Stahlprogramms die unbedingte Sicherstellung der nötigen K o h l e - F ö r d e r u n g und hierzu die. Deckung des Kräftebedarfs aus Kriegsgefangenen befohlen. Der Führer fordert, daß nachstehende M a ß n a h m e n mit aller Beschleunigung getroffen werden, um im Endziel dem Kohlenbergbau 300 000 zusätzliche Arbeitskräfte zuzuführen. 1. Aus den i n u n s e r e r H a n d b e f i n d l i c h e n s o w j e t i s c h e n K r i e g s g e Finnlands und f a n g e n e n - mit A u s n a h m e Norwegens sowie der in Planstellen der Truppe befindlichen Kriegsgefangenen - sind durch den Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz (GBA) im.Einvernehmen mit Chef OKW (AWA/Chef Kriegsgef.) bis 1.9.1943 als erste Rate, sofort beginnend Zug um Zug 200 000 b e r g b a u t a u g l i o h e K r i e g s g e f a n g e n e in den Bergbau umzusetzen. Soweit erforderlich, ist durch GBA Ersatz zu stellen. 2. Bei N e u a n f a l l v o n s o w j e t i s c h e n K r i e g s g e f a n g e n e n hat bis auf weiteres die Bedarfsdeckung des Kohlenbergbaus vor allen anderen Anforderungen den uneingeschränkten Vorrang. Alle im Osten seit 5.7.43 anfallenden Kriegsgefangenen sind den Lagern des OKW zuzuführen und von dort unmittelbar oder im Ringtausch über andere Bedarfsträger dem GBA zum Einsatz im Kohlenbergbau zur Verfügung zu stellen; der Vorsitzende der Reichsvereinigung Kohle hat das sofortige Auswahlrecht mit Hilfe seiner Organe schon in den Kriegsgefangenen-Lagern des OKW-Bereiches. 3 . S o w j e t i s c h e B e r u f s b e r g l e u t e sind ausnahmslos aus allen Kriegsgefangenen-Einsatzstellen, die ihrer beruflichen Vorbildung entsprechen, gegen Ersatz dem GBA für Einsatz im Bergbau zuzuführen. des Operationsge4. Die in den B a n d e n k ä m p f e n bietes, der Heeresgebiete, der Ortskommissariate, des Generalgouvernements und des Balkans gemachten m ä n n l i c h e n Gefangenen im Alter von 1 6 - 5 5 Jahren gelten künftig als Kriegsgefangene. Das Gleiche gilt für diese Männer in neu eroberten Gebieten des Ostens. Sie sind den Kriegsgefangenenlagern zuzuführen und von dort zum Arbeits-
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60
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einsatz ina Reich zu bringen. Uber die Erfassung und weitere Behandlung der Familienangehörigen geben Chef d. GenStb.d.H. und Reichsführer SS für ihren Bereich die nötigen Anweisungen im gegenseitigen Einvernehmen, Zum Vortrag beim Führer meldet Chef Kriegsgefangenenwesen mir 1 0 - t ä g l i c h den Ablauf der Aktion, e r s t m a l i g zum 25.7.43 mit Stichtag 20.7.43» K e i t e 1 IMG, Bd. 26, S. 284 f. 14. Anordnung Himmlers über den Arbeitseinsatz der bei den ErfasaImpfaktionen für den Kohleberpbau in deutsche Hand geratenen Frauen, Kinder und Greise. Der.Reichsführer SS Adj.Tgb.Nr. 891/43 geh.
Feld-Kommandostelle, den 5.August 1943
Betr.s Kräfte für Kohlebergbau Bezugs Schreiben des Kommandostabes RFSS - l'gb.Nr. Ia/1909/43 geh. G e h e i m
Zu Punkt 4.) des obenangezogenen Befehls ordne ich an, daß die einsatzfähigen jungen Gefangenen weiblichen Geschlechts Uber die Dienststelle des Reichskommissars S a u c k e 1 nach Deutschland in Arbeit zu vermitteln sind. Kinder, alte Frauen und alte Männer sind in den von mir befohlenen Frauenund Kinderlagern auf Gütern, sowie am Rande der evakuierten Gebiete zu sammeln und zur Arbeit einzusetzen. Grothmann SS-St urmbannfUhrer. IMG, Bd. 26, S. 286 f.
Sez«
H
-
H i m m l e r
- 61 15. Auszug aus einer Weisung des Befehlshabers.des rückwärtigen HeeresgebieteB Nord. General v. Both. betr. Ubergabe der arbeitsfähigen Teile der aus dem Heeresgebiet
zwangsevakuier-
ten Bevölkerung an die Beauftragten Sauckels.
Abschrift Kommandierender General
A.Qu., den 21.9.1943
der Sicherungstruppen und
Befehlshaber i.Heeresgr.Nord Ia/Ic/VIl/Qu./Qu. 1 Nr. 464/43 g.
32 Ausfertigungen 4. Ausfertigung
Betr.s Evakuierung der Zivilbevölkerung aus dem Gebiet zwischen der jetzigen vorderen Linie u. d, Panther-St ellung. Bezugs Ob. Befo d. H. Gr. Nord, Ia, Nr. 101/43 g.Kdos. Chefs, vom 17.9.43 (nicht verteilt). I._
A u f g a b e
Oberbefh. d. Heeresgr. Nord hat mit Bezugsbefehl die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus dem Gebiet zwischen der jetzigen vorderen Linie und der Panther-Stellung befohlen. Sie ist unter Ausnutzung aller Mittel und Möglichkeiten umfassend und ohne Zeitverlust durchzuführen. II.
L e i t u n g
Gem. Bes. Befehl wird die Evakuierung der Bevölkerung verantwortlich durch den Befehlshaber im Heeresgeb. Nord geleitet. Er ist berechtigt, hierzu V/eisungen an die Armeen zu geben. III.
10.)
Grundsätze für die Evakuierung
Die Räumung beginnt gleichzeitig in allen Räumen. Es sind insgesamt etwa 900 000 Menschen zu evakuieren. .......
11.)
Für die Rückführung der bei den Truppen zurückbehaltenen
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62
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Arbeitskräfte und für deren zurückgelassene Angehörige sind die Armeen bzw. die Sich.Div. verantwortlich. Ihre Zahl ist auf ein Mindestmaß zu beschränken. 12.)
Vor Ablauf der Trecks erfolgt in den Ablaufstellen bzw. übergabelagern eine Sichtung der Einwohner für den späteren Arbeitseinsatz ... Hierzu wird Gauleiter Sauckel eine größere Anzahl Beauftragter zur Wiln Nord schicken. Zur Vermeidung unerwünschter Auswirkungen auf die Bereitschaft der Bevölkerung zur Evakuierung sind den Beauftragten des Gauleiters Sauckel mit den Arbeitsfähigen zugleich die Familienangehörigen zu Ubergeben. Soweit sie geschlossene Familien nicht übernehmen können, kann die Abgabe der Arbeitsfähigen frühestens in den Auffanglagern, möglichst aber erst in den endgültigen Bergungsräumen erfolgen. Der Einsatz der Evakuierten erfolgt teils für Unternehmen "Panther", teils im besetzten Gebiet, teils im Reich. Man schätzt 50 % jedes Trecks als arbeitsfähig. Kinder gelten vom 10. Lebensjahr ab als Arbeiter»
DZA Potsdam, Fall 12, ADB 127, Bl. 149 ff.