Bulletin des Arbeitskreises “Zweiter Weltkrieg”: Nr. 3/1969 [Reprint 2021 ed.]
 9783112592908, 9783112592892

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BULLSTIN DES

A R B E I T S K R E I S E S

"ZWEITER

WELTKHIBG"

Nr. 3 19 6 9

Oer Kostenbeitrag für dieses Heft beträgt 1,50 II. Er ist einzuzahlen auf das Konto Hr. Stb. 6836-26-203 92 Zentralinstitut für Geschichte der DAW bei der Staatsbank, Berlin, oder auf das Postscheckkonto 2400 Berlin über die Staatsbank Berlin

INTERHBB

A R BB I T S M A T B R I A L

Herausgeber» Deutsohe Akademie der Wissenschaften au Berlin Zentralinstitut für Geschichte Abteilung 1917-19*5 Arbeltsgruppe "Faschismus und zweiter Weltkrieg" 108 Berlin, Clara Zetkin Str. 26, Tel. 20 1 5 63 Verantwortlich für den Inhalt« Dr. Gerhart Hass Redakteur»

Dr. Klaus Scheel

3377 Ag 700/69 DDR 1/3/16 0 , 3

B U L L S T in DBS

Hr. 3 1969

ARBEITSKREISES

"ZI1I111

WELTKRIEG«

INHALT 1. "Bs darf sieh nloht wiederholen!" Erklärung der Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR •um 30* Jahrestag der Entfesselung des sweiten Weltkrieges 2. Erklärung der Kommission der Historiker der DDR und der 7olk&republlk Polen zum 30. Jahrestag des Überfalls des faschistischen deutschen Imperialismus auf Polen 3. Gerhard Kooh/Prof. Dr. Wolfgang Schumann Deutsche Antifaschisten 1m griechischen Widerstand. Die Anfänge der deutschen antifaschistischen Bewegung In Griechenland 4. Dr. Klaus Soheel "Lange Vorbereitungen, kurse Kriege ..." Die Goebbels-Rede vom 26. 10. 1940 ein Dokument sur faschistischen Kriegsaielpropaganda 1940 5. Berichte - Mitteilungen

Es darf sich nicht wiederholen! Erklärung der Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR zum 30. Jahrestag der Entfesselung des zweiten Weltkrieges'*' Die wichtigste, alle bewegende Frage der Gegenwart ist die Festigung des Friedens und die Sicherheit der Völker. Es gibt keine höhere und dringlichere Aufgabe, als die Menschheit von der Drohung eines neuen Veitkrieges zu befreien. Der Kampf gegen die Gefahr eines Kernwaffenkrieges, der die Völker mit Massenvernichtung bedroht, ist deshalb das Hauptkettenglied der gemeinsamen Aktionen der antiimperialistischen und friedliebenden Kräfte. In unserem Jahrhundert haben die deutschen Imperialisten und llilitaristen zwei Weltkriege, die der Menschheit 70 Millionen Opfer abforderten, entfesselt. Drei Jahrzehnte trennen uns von dem Tag, an dem der faschistische deutsche Imperialismus den zweiten Weltkrieg entfesselte. Am 1. September 1939 fiel Hitlerdeutschland über seinen östlichen Nachbarn Polen her. Zum zweitenmal In diesem Jahrhundert stürzte der deutsche Imperialismus damit Europa und die Welt in ein Meer von Blut und TrBnen. Die Völker der UdSSR brachten mit 20 Millionen Menschenleben Im Kampf gegen den Faschismus die höchsten Blutopfer. Keine sowjetische Familie, die nicht unmittelbar von den Opfern* Entbehrungen und Leiden des Krieges betroffen wurde. Welte blühende Landstriche, Städte und Dörfer, unersetzbare Werte der Kultur versanken im Feuer des Krieges in Schutt und Asche. +

Veröffentlicht int Neues Deutschland vom 1. 9. 1969

- 2 Millionen Menschen stellten sieh seitdem die Trage, worin die Ursachen dieses Krieges lagen, um in Kenntnis dieser Ursachen eine Wiederholung ein für allemal zu verhindern. Die Antwort auf die Kardinalfragen nach den Ursachen des zweiten Weltkrieges ist eine Trennlinie geworden, die die ehrlichen Geschichtsforscher von den Geschichtsfälschern und Apologeten des Imperialismus scheidet. Die wissenschaftliche Analyse der Ursachen des zweiten Weltkrieges dient folglich direkt der Stärkung der antiimperialistischen Priedenskr&fte. W. I. Lenin hatte in seinen genialen Arbeiten das Geheimnis enthüllt, wie imperialistische Kriege entstehen. Darauf gestützt beantwortete die Internationale kommunistische und Arbeiterbewegung die Präge nach den Ursachen des zweiten Weltkrieges. Die Erforschung der Geschichte des zweiten Weltkrieges nimmt deshalb in der marxistischen Geschichtswissenschaft der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik einen hervorragenden Platz ein. In der Arbeit der Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR hat die Geschichte des zweiten Weltkrieges stets im Tordergrund gestanden. Ihr waren bedeutende Internationale Konferenzen gewidmet, die den Wissenschaftlern vieler LSnder Impulse für die Forschungsarbeit gaben und einen großen Beitrag für die marxistische Historiographie leisteten. Marxistische Historiker haben auf der Grundlage umfangreicher Untersuchungen und Veröffentlichungen, die auf der Erschließung zahlreicher historischer Tatsachen und Dokumente beruhen, eindeutig nachgewiesen:

- 3 1. Der erste und der zweite Veitkrieg waren untrennbar Bestandteil imperialistischer Politik. Sie erwuchsen aus den Widersprüchen des menschheits- und fortschrittsreindlichen Systems des Weltimperialismus. 2. Im Unterschied zum ersten Weltkrieg wurde der zweite Weltkrieg vom faschistischen deutschen Imperialismus in der Epoche entfesselt, als der Imperialismus schon über zwei Jahrzehnte nicht mehr das allein die Welt beherrschende System war. Illt dem Sieg der GroBen Sozialistischen Oktoberrevolution hatte unwiderruflich die Epoche des Übergangs des Kapitalismus zum Sozialismus begonnen. Der zweite Weltkrieg bedeutete den Versuch des Weltimperialismus, den ersten sozialistischen Staat zu vernichten und das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Die Hauptrolle dabei war von den imperialistischen Westmächten dem deutschen Faschismus zugedacht. Der Weltimperialismus sah im deutschen Imperialismus die Hauptschlagkraft im Kampf gegen den Sozialismus, die Demokratie, die Freiheit der Völker und gegen die UdSSR. 3. Der zweite Weltkrieg entstand als Folge der Verschärfung der Gegensätze zwischen den imperialistischen Großmächten. Die UngleichmäBigkeit in der politischen und ökonomischen Entwicklung der imperialistischen Hauptländer nach dem Versailler Friedensvertrag von 1919 führte zu Beginn der dreißiger Jahre zur Herausbildung von zwei imperialistischen Mächtegruppierungen. Der Expansionsdrang des wiedererstarkten deutschen Imperialismus und des mit ihm verbundenen japanischen und italienischen Imperialismus stiefi auf das Bestreben Großbritanniens, Frankreich und der USA, die Vorherrschaft in der Welt und in Europa zu erhalten.

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Sie zählten darauf, zu erreichen, daß, indem sie die Tschechoslowakei und andere Länder preisgaben, die faschistische Aggression gegen die Sowjetunion gekehrt werden könnte. 4. obwohl es die reale Möglichkeit gab, den Krieg zu verhindern und ein wirksames, dauerhaftes System der kollektiven europäischen Sicherheit zu errichten, wurde diese historische Chance von den herrschenden Kreisen des Westens, die unter der Fahne von Hänchen ausgezogen waren, vorsätzlich miSachtet, womit sie die Interessen der 7ölker Buropas verrieten. Diese reaktionären Kreise konzentrierten alle Kräfte auf ein Komplott mit dem deutschen Imperialismus gegen die Sowjetunion. 5. Die Entfesselung und Durchführung des zweiten Weltkrieges war nicht - wie die reaktionären Geschichtsfälscher glaubhaft zu machen suchen - das Werk Hitlers oder einer von ihm geführten kleinbürgerlichen Massenbewegung, sondern in erster Linie das Werk der aggressivsten und expansionistischsten Gruppen des deutschen Monopolkapitals, die sich des Faschismus bedienten, um auf einer neuen Stufe des staatsmonopolistischen Systems die Aufrüstung zu forcieren und ihre imperialistische Großmachtstellung restaurieren zu können. Am Ende einer solchen Politik stand zwangsläufig der Krieg* in dem Suropa und die Welt der Herrschaft der deutschen Monopole unterworfen werden sollten.: 6. Die sozialistische Sowjetunion erwies sich seit ihrem Bestehen als das stabilste Element des Friedens. Selbst von Imperialistischen Geschichtsschreibern kann nicht geleugnet werden, daß die UdSSR in den Jahren vor Ausbruch des Krieges am entschiedensten die Sache des Friedens vertrat. Im Interesse

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der europäischen Sicherheit führte sie einen ständigen Kaapf zur Schaffung eines Systems der kollektiven Sicherheit und der kollektiven Abwehr der faschistischen Aggressoren. Die sowjetische Seite unterbreitete eine Vielzahl von Vorschlägen; die diesem Ziel dienten. Diese fanden jedoch seitens der herrschenden Kreise Großbritanniens, der USA und Frankreichs keine Unterstützung. Bs war eine äußerst gefährliche Situation entstanden! Timner klarer wurden daß die Regierungen Großbritanniens und Frankreichs ein System der kollektiven Sicherheit sabotierten und ein Bündnis mit der UdSSR ablehnten. In Buropa zeichnete sich die faschistische Aggression ab. Im Fernen Osten drohte eine japanische Aggression, und japanische Truppen hatten faktisch am Chalchln-Gol-Fluß die Kampfhandlungen begonnen, Angesichts dieser Lage war die sowjetische Regierung gezwungen, alles zu tun, um von der Sowjetunion die Gefahr eines gleichzeitigen Krieges an zwei Fronten - In Buropa und im Fernen Osten -, unter den Bedingungen einer völligen diplomatischen Isolierung, abzuwenden. Sie konnte unter diesen äußerst ungünstigen Voraussetzungen im Sommer 1939 den Krieg abwenden, indem sie dem Abschluß eines Nichtangriffsvertrages mit Deutschland zustimmte. Sie vereitelte damit die Pläne der Imperialistischen Kreise des Westens, die die gesamte imperialistische Welt gegen die UdSSR zusammenschließen und dabei Deutschland als Hauptstoßkraft ausnutzen und selbst als lachende Dritte auftreten wollten. Hit dem Absohluß des Nichtangriffsvertrages bewahrte die sowjetische Regierung die Sicherheit ihres Landes und erfüllte sie ihre internationale Pflicht, da die Interessen der internationalen Arbeiterklasse

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die Erhaltung und Festigung der einzigen sozialistischen Macht verlangten. 7. Nach dem wortbrüchigen Überfall des Hitlerfaschismus auf die UdSSR stellte sich die große sozialistische Macht an die Spitze des Kampfes der Völker gegen die faschistische Barbarei, wurde sie zur führenden Kraft in der Antihitlerkoalition. Die heldenhaften Völker der UdSSR leisteten unter der Führung der Partei Lenins den entscheidenden Beitrag zur Zerschlagung der faschistischen Eroberer. Sie demonstrierten die gigantische Macht und Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaft und ihrer heldenhaften Streitkräfte über den deutschen Imperialismus und die unverbrüchliche moralisch-politische Einheit der Völker der Sowjetunion. Die deutschen Kommunisten standen in den ersten Reihen der Kämpfer gegen den Nazismus, sie führten die entifaschistischen Kräfte des deutschen Volkes. ' 8. Der welthistorische Sieg über den Faschismus wurde zur Grundlage für die Veränderung des internationalen politischen Kräfteverhältnisses zugunsten des Friedens und des Sozialismus. Die Sowjetunion vertrat entschieden und unentwegt die Interessen der Völker, indem sie die Austilgung der Grundlagen des deutschen Imperialismus und in Deutschland die Errichtung einer solchen friedliebenden Ordnung forderte, welche den deutschen Reaktionären und Militaristen nicht mehr die Möglichkeit geben würde, von deutschem Boden aus einen dritten Weltkrieg zu entfesseln. Der Sieg über den Faschismus ermöglichte die Entstehung und Entwicklung der DDR - des sozialistischen friedliebenden Staates deutscher Nation. Seit dem historischen Sieg über

das faschistische Deutschland hat die Sowjetunion gemeinsam mit der Deutschen Demokratischen Republik und anderen sozialistischen Staaten und mit den friedliebenden Kräften der ganzen Veit die gröfiten Anstrengungen unternommen, die neuen Angriff spläne des Veitimperialismus zu durchkreuzen. Die Hauptkraft in unseren Tagen, die den frieden in der Veit bedroht, ist der amerikanische Imperialismus. Seine aggressive Politik führt zur Bildung von Kriegsherden, zur Einmischung In die Angelegenheiten souveräner Völker, zu Versuchen, das Voranschreiten des Sozialismus in der Veit aufzuhalten. Der amerikanische Imperialismus schuf den aggressiven NATO-Block in Europa, entfesselte einen verbrecherischen Krieg gegen das vietnamesische Volk in Südostasien, unternahm eine Reihe von Aggressionsakten in Lateinamerika und ermunterte den Uberfall der israelischen Soldateska auf die arabischen Staaten im Nahen Osten, ünter seinem Schutz wurde der Imperialismus in Vestdeutschland wiedergeboren. Die Herrschaft des staatsmonopolistischen Kapitalismus in der westdeutschen Bundesrepublik^ deren aggressive revanchistische Politik, ihr Streben nach der Vorherrschaft In Westeuropa', aber auch ihre Alleinvertretungsanmaßung und ihre Weigerung^ die Naohkriegsgrenzen in Suropa anzuerkennen, ihre Sabotage hinsichtlich eines Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen, das Anwachsen des Neonazismus - all dies bildet erneut eine ernsthafte Bedrohung des Friedens und der Sicherheit in Suropa. Uit Besorgnis muß auch festgestellt werden, daB die rechte Führung der westdeutschen Sozialdemokratie keine im In-

teresse des deutschen Volkes liegenden Lehren aus der Geschichte beider Weltkriege gezogen hat. Von der Tolerierung imperialistischer Politik ist sie dazu übergegangen, regierungsverantwortlich geneinsam mit den reaktionären Kräften der Cna/CSU revanchistische Politik zu betreiben. Damit befindet sie sich nicht nur im Gegensatz zum Vermächtnis des antifaschistischen Widerstandskampfes vieler sozialdemokratischer Arbeiter gegen Faschismus und Krieg, sondern auch zum Willen der sozialdemokratischen Mitglieder und den Interessen der gesamten friedliebenden westdeutschen Bevölkerung. Jedoch die gesellschaftlichen und politischen Kräfte sind mächtig gewachsen, die gegen die Brandstifter eines neuen Krieges, für Entspannung und eine breite internationale Zusammenarbeit auftreten. Oer unermüdliche und erfolgreiche Kampf der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Staaten, das Wachstum der nationalen Befreiungsbewegung, die Aktionen der Werktätigen in den kapitalistischen Ländern und breiter Kreise der demokratischen Öffentlichkeit - das alles hat, wie die Internationale Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien mit Recht unterstrich, reale llöglichkeiten geschaffen, die Brandstifter eines neuen Krieges zu zügeln und dem westdeutschen Revanchismus den Weg zu verlegen, der sich auf den aggressiven NATO-Block stützt, eng mit dem amerikanischen Imperialismus zusammenarbeitet und bestrebt ist, Atomwaffen zu erhalten und den Neonazismus zu fördern. Die Interessen des Friedens erfordern einen i^iablässigen tagtäglichen Kampf gegen die imperialistische "Politik der Stärke", für die allgemeine und vollständige Abrüstung* zur

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Verhinderung j e g l i c h e r Imperialistischer Aggressionsakte upd in e r s t e r Linie gegen die verbrecherische amerikanische I n t e r vention in Vietnam, gegen die i s r a e l i s c h e Okkupation im Nahen Osten, f ü r die Anerkennung der bestehenden Grenzen in Suropa, f ü r die a l l s e i t i g e Anerkennung der DDR und die Aufgabe der ungerechtfertigten Alleinvertretungsanmaßung durch die Bundesrepublik. Es i s t f ü r das ganze deutsche Volk', f ü r die Sowjetmenschen und für die progressiven Kräfte der ganzen Welt von unschätzbarer h i s t o r i s c h e r Bedeutung, daß s e i t nunmehr zwanzig Jahren i n Gestalt der DDR auf deutschem Boden ein s o z i a l i s t i s c h e r Staat e x i s t i e r t , f ü r den Friedenspolitik ein untrennbarer Bes t a n d t e i l seiner P o l i t i k i s t . Pest g e s t ü t z t auf das Bündnis mit der Sowjetunion und den anderen s o z i a l i s t i s c h e n Staaten, i s t die DDR e i n entscheidendes Hindernis f ü r die Aggressionsgelüste des westdeutschen Imperialismus. Die Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen der UdSSR und der DDR, die weitere Festigung der s o z i a l i s t i s c h e n Staatengemeinschaft, die Einheit a l l e r friedliebenden Kräfte - das i s t eine hoffnungsvolle Garantie des Friedens. Fünfundzwanzig Jahre nach dem Sieg über den Faschismus und zwanzig Jahre nach der Gründung der DDR können die Historiker der UdSSR und der DDR daher mit Befriedigung f e s t s t e l l e n , daß diese Frundschaft zwischen ihren Völkern zur wichtigsten E r rungenschaft ihrer gegenseitigen Beziehlingen geworden i s t . Wir rufen a l l e verantwortungsbewußten Historiker a u f , der Menschheit die Lehren des zweiten Weltkrieges zu erklären und zu zeigen, wohin eine revanchistische P o l i t i k f ü h r t . Wir rufen dazu a u f , einen Beitrag zu l e i s t e n , damit i n Buropa die Span-

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nungen gemildert werden und der Weg für eine echte Sicherheit und einen dauerhaften Frieden zwischen den Völkern Buropas gebahnt wird. Mit den Interessen Europas, das in beiden Veitkriegen Hauptkriegsschauplatz war, dessen Bevölkerung die größten Blutopfer zu beklagen hatte und dessen Städte und Dörfer am schwersten zerstört und verwüstet waren, ist es unvereinbar, wenn durch die Globalstrategie des amerikanischen Imperialismus und seines westdeutschen Bundesgenossen Suropa dazu mißbraucht wird, Schlachtfeld eines atomaren Vernichtungskrieges zu werden. Im ureigensten Interesse der Völker Europas wie aller Eontinente liegt es, den frieden weiter zu festigen und die Kräfte des Krieges zurückzudrängen. Die im März dieses Jahres in Budapest angenommene Erklärung der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages an alle Länder Suropas zur Einberufung einer Gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz hat darum auch einen breiten Widerhall in der ganzen Welt gefunden und wird auch von einer Reihe westeuropäischer Staaten unterstützt. Der Kampf um die Festigung des Friedens, gegen die Gefahr eines Kernwaffenkrieges - das ist die heilige Pflicht aller llenschen guten Willens auf allen Kontinenten. Bs ist die besondere Pflicht der Historiker, unablässig für den Sieg der historischen Wahrheit Sorge zu tragen und auf diese Weise beizutragen, die Brandstifter neuer Kriege zu entlarven. Das verlangt das Andenken der Opfer des zweiten Weltkrieges» das verlangen Gegenwart und Zukunft der Uenschheit. Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR

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Erklärung der Kommission der Historiker der DDR und der Volksrepublik Polen zum 30. Jahrestag des Überfalls des faschistischen deutschen Imperialismus auf Polen'*' Vor 30 Jahren - im Morgengrauen des 1. September 1939 überfiel die Naziwehrmacht Polen. Der zweite Weltkrieg, der verheerendste Krieg in der Geschichte der Menschheit, begann. Zum zweiten Mal seit der Jahrhundertwende überzog der deutsche Imperialismus Buropa und die Welt mit Krieg. Die Pläne für diesen zweiten Waffengang waren von den deutschen Monopolherren und Generalstäblern langfristig Torbereitet. Sie entstanden unmittelbar nach der Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg. Sine revanchistische Propaganda, in deren Mittelpunkt jahrelang die Revision des Versailler Vertrages und im besonderen die der deutschen Ostgrenzen stand, verband sich mit der alten Politik des "Dranges nach Osten" zur ideologischen und polltischen Vorbereitung der Aggression. Für den deutschen Imperialismus und Militarismus war der Überfall auf Polen der erste Schritt auf dem Wege zur Hegemonie in Europa, die die gewaltsame Aneignung neuer Rohstoffquellen, Arbeitssklaven, Absatzmärkte und EinflußSphären bedeutete. Im besonderen sollte dieser Schritt auch den Aufmarschraum für den späteren Angriff auf die Sowjetunion sichern. Eine helmtückisch organisierte* unmenschliche Provokation lieferte den propagandistischen AnlaB zur Auslösung des Krieges. Die verbrecherische Kriegführung, die rücksichtslose Ausplünderung*- die Zwangsgermanislerung und die brutale Aus+ Veröffentlicht int Neues Deutschland vom 1 . 9. 1969

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rottungspolitik praktizierte der deutsche Imperialismus und Militarismus im zweiten Weltkrieg erstmals gegen das polnische Volk, bis dann immer mehr Völker von der faschistischen "Neuordnung" Buropas und der Welt betroffen wurden. Die Millionen Opfer mahnen uns Historiker, auch 30 Jahre danach nicht nachzulassen, die wahren Ursachen dieses barbarischen Eroberungskrieges und das "Geheimnis", in dem er entstand, aufzudecken, um so unseren spezifischen Beitrag zur Verhütung neuen Unheils zu leisten. Die meisten bürgerlichen Historiker und Publizisten unserer Tage sind dieser Aufgabe nicht gerecht geworden. Insbesondere in der Bundesrepublik verfälschten und verfälschen sie die Kriegsursachen und -ziele des deutschen Imperialismus und Militarismus in der faschistischen Zelt. Damit halfen und helfen sie den gesellschaftlichen Kräften, die wie damals in Nazideutschland heute in Westdeutschland zum Kriege drängen, den Weg zu neuen Aggressionen zu ebnen. Im September 1939 bestätigten sich die Warnungen der deutschen Kommunisten, die schon vor dem faschistischen Machtantritt wiederholt erklärt hatten! "Hitler - das ist der Kriegl" Bei Kriegsausbruch rief die KFD das deutsche Volk auf zum Kampf gegen seine Unterdrücker im eigenen Lande und zur Herstellung einer brüderlichen Kampfgemeinschaft mit allen vom Hitlerfaschismus unterdrückten Völkern. Die besten Söhne des deutschen Volkes bekundeten in der schwersten Zeit polnischer Geschichte ihre Solidarität mit dem polnischen Volk in Wort und Hat. Deutsche und polnische Antifaschisten standen Seite an Seite in Rüstungsbetrieben, in Konzentrationslagern und in polnischen Partisanenverbänden. Ihr gemeinsamer Kampf für eine bessere Zukunft beider Völker setzte die schon über ein Jahrhundert

währende freundschaftliche Zusammenarbeit der fortschrittlichen Kräfte des polnischen und deutschen 7olkes auch unter diesen komplizierten Bedingungen fort. Im Ergebnis der Zerschlagung des deutschen Faschismus wurde die bessere Zukunft beider Völker für immer garantiert. Die Entwicklung eines friedliebenden demokratischen deutschen Staates - der DDR -, die Anerkennung der Oder-NeiBe-Friedensgrenze und der Aufbau des Soziallsmus in beiden Staaten haben zwischen den Bürgern der DDR und Volkspolens gutnachbarliche Beziehungen und eine feste Freundschaft entstehen lassen. Itit der Pflege und Vertiefung dieser Freundschaft leisten wir einen wesentlichen Beitragt um in enger Verbundenheit mit der Sowjetunion in Buropa eine Atmosphäre echter Sicherheit und eines dauerhaften Friedens zu schaffen. Kommission der Historiker der DDR und der Volksrepublik Polen

Gerhard Koch/Prof. Dr. Wolfgang Schumann Pädagogische Hochschule "Dr. Theodor Neubauer"/ZentralInstitut für Geschichte der DAW Deutsche Antifaschisten 1B griechischen Widerstand Die Anfänge der deutschen antifaschistischen Bewegung In Griechenland'4' Die antifaschistische Bewegung deutscher Kommunisten, Sozialdemokraten und anderer Hitlergegner In Griechenland begann sich im Jahre 1941, nach dem Uberfall des faschistischen deutschen Imperialismus auf das griechische Volk im April 1941, zu formleren. Entscheidenden Anteil daran hatten deutsche Kommunisten. In einer gemeinsamen Erklärung der KFD und des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands vom 12. April 1941 wurde betont, daß sich der Uberfall auf Jugoslawien und Griechenland "zugleich gegen die nationalen Interessen des deutschen Volkes selbst" richte. Die Verbundenheit des Widerstandskampfes deutscher Antifaschisten mit dem deB jugoslawischen

und griechischen Volkes kommt in folgender Peststellung zum Ausdruckt "Jede Hilfe für den gerechten Kampf des jugoslawischen und griechischen Volkes hilft dem deutschen Volk im Kampf gegen die kapitalistischen Kriegsinteressenten im eigenen Land."1 +

Diskussionsbeitrag, gehalten auf der Konferenz über die Widerstandsbewegung während des zweiten Weltkrieges auf dem Balkan, die das Jugoslawische Nationalkomitee für die Geschichte des zweiten Weltkrieges am 3. und 4. September 19&9 in Ohrid (Mazedonien) veranstaltete.

- 15 Der deutsche antifaschistische Widerstand In Griechenland befand sich In den Jahren 1914 und 1942 erst In den Anfängen. Es war mehr eine Art passiven Widerstandes. Das offene Übertreten deutscher Soldaten auf die Seite der griechischen Patrioten bildete noch die Ausnahme. Das änderte sich erst Im Verlauf des Jahres 1943, unter dem Bindruck der verheerenden Niederlagen der faschistischen Wehrmacht an der Ostfront (Stalingrad) und in Nordafrika, angesichts der immer bedrohlicheren Nachrichten aus der Heimat über die zunehmende Verschlechterung der Lebenslage und die Auswirkungen der verstärkten Luftangriffe auf deutsche Städte. Zweifel und Unsicherheit wuchsen in den Reihen der Wehrmacht. In Griechen2 land wirkten sich zudem die wachsenden Erfolge der BAU und das Ausscheiden des faschistischen Italiens aus dem Erleg auf die Kampfmoral der deutschen Soldaten aus. Immer öfter begannen nicht wenige Soldaten ihre auswegslose Situation zu spüren und den verbrecherischen Charakter des Krieges zu erkennen oder zu ahnen. Viele von Ihnen zogen aus diesen Erkenntnissen die richtigen Konsequenzen. Sie verließen ihre Truppenteile und reihten sich in die griechische Widerstandsbewegung ein. Die deutsche antifaschistische Bewegung in Griechenland erhielt entscheidende Impulse von den aktivsten, vor allem kommunistischen Antifaschisten in den Einheiten der Strafdivision 999.3 Bereits während der Ausbildung in Deutschland hatten sich in diesen sogenannten "Bewährungseinheiten" illegale Leitungen von Antifaschisten gebildet. Im Sommer 1943 kamen das 4. Bataillon (Insel Karpathos und andere Inseln), das 6. Bataillon (Gebiet

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um d i e Stadt Lechena und der Nordküflte des Peloponnes), das 7 . B a t a i l l o n ( I n s e l Zlnte) und das 22. B a t a i l l o n (Llmnos) nach Griechenland. Die i l l e g a l e n B a t a i l l o n s o r g a n i s a t i o n e n , meist u n t e r Führung von Kommunisten, h a t t e n unterschiedliche S t ä r k e . Im 22. B a t a i l l o n war s i e etwa 60 A n t i f a s c h i s t e n h

stark.

Aufrechte Kommunisten wie Gerhardt Seinhardt aus dem

6. B a t a i l l o n nahmen s o f o r t nach i h r e r Ankunft Verbindung zur griechischen Widerstandsbewegung a u f . Er fand Kontakt zu ELAS-'-Kämpfern In Athen und wurde von ihnen i n die b e f r e i t e n Gebiete In die Berge gebracht.® Ebenso nahmen die i l l e g a l e n Leitungen der anderen B a t a i l lone

Verbindungen zu den griechischen Partisanen a u f . Auf

diese Weise gelang es z.B. der i l l e g a l e n Leitung des 4 . Bat a i l l o n s , die Einwohner des Dorfes I r l k i r e c h t z e i t i g vor e i n e r "Befriedungsaktion" der Hitlerwehrmacht zu warnen.^ Im Spätsommer 194-3 b e r e i t e t e n diese deutschen A n t i f a s c h i s t e n i n Zusammenarbeit mit griechischen Widerstandskämpfern eine e r s t eQ F l u g b l a t t a k t i o n f ü r die deutschen Besatzungstruppen vor.

Auch auf Zlnte s t e l l t e n deutsche A n t i f a s c h i s t e n bald

nach Ankunft des 7« B a t a i l l o n s Verbindungen zu griechischen Widerstandsgruppen her und h a l f e n mit Lebensmitteln und Medikamenten.^ Ebenso war es auf I n s e l n wie Lferos, RSdos, Simos, Kos und anderen. Das A n t i f a s c h i s t i s c h e Komitee deutscher Soldaten " F r e i e s Deutschland" (AKFD) i n Griechenland Die auf I n i t i a t i v e des ZK der KFD am 13. J u l i 194-3 i n der Sowjetunion e r f o l g t e Gründung des Nationalkomitees " F r e i e s Deutschland" wurde auch im Widerstandskampf deutscher A n t i -

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faschisten in Griechenland zum Ausgangspunkt einer neuen Stufe der Entwicklung. Die Bewegung "Freies Deutachland" faßte als "deutsche Antihitlerkoalition"11 festen Fufl auch auf griechischem Boden. Ausgehend von dieser Situation im okkupierten Griechenland und vom Reifegrad der deutschen antifaschistischen Bewegung in diesem Lande entwickelten die deutschen Antifaschisten Falk von Hamack und Gerhardt Reinhardt im April 1944 den Plan, ein Nationalkomitee "Freies Deutschland" auch in Griechenland zu 12

gründen.

Dabei halfen ihnen die Informationen, die Hamack,

der vor seinem Ubertritt zur BAU im Dezember 1943 von den Faschisten als Mitarbeiter an den Sender Athen kommandiert worden war, über die Tätigkeit des NKFD in der Sowjetunion über den Moskauer Rundfunk bekommen hatte. Dieser Plan sah vor, alle Deutschen in den griechischen Partisaneneinheiten organisatorisch und militärisch einheitlich zusammenzufassen. Darüber hinaus wollten sie sich an alle deutschen Soldaten gleich, ob einfacher Soldat oder Offizier - wenden, um sie im Kampf um die Beendigung des Krieges und zum Sturz des faschistischen Regimes zu vereinen. Überläufer und Gefangene sollten an bestimmten Stellen gesammelt werden und übergelaufene deutsche Antifaschisten sofort aktiv in den Kampf einbezogen werden. Weiterhin betrachteten sie die politische Arbeit tinter den deutschen Kriegsgefangenen als besonders wichtig, um diesen zu helfen, sich innerlich wie äuBerlich vom Faschismus abzuwenden, damit sie einst in einem neuen, antifaschistisch-demokratischen Deutschland ihren Platz finden

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konnten. Die Leitung der Kommunistischen P a r t e i Griechenlands u n t e r s t ü t z t i h r e Absichten s o f o r t . Und so konnten s i e noch im April 1944 im Organ der BAU " E l e f t e r i Ellada" einen Aufruf zur Sammlung a l l e r deutschen A n t i f a s c h i s t e n v e r ö f f e n t l i c h e n . ^ Als Sammelpunkt war zunächst Karpenisi ausersehen. Unter den e r s t e n , die d o r t e i n t r a f e n , waren Rudolf Hermann', Otto Mirbach und Gerhard Franz. Ende J u l i 1944 s e t z t e n die deutschen A n t i f a s c h i s t e n i h r e Arbeit zur Bildung des Komitees " F r e i e s Deutschland" i n Griechenland im neuen Hauptquartier der BLAS i n Kastanla f o r t . Dort wurden s i e auch von V e r t r e t e r n der BLAS mit dem im Ilärz 1944 vom NKFD herausgegebenen Dokument "25 A r t i k e l zur Been14 digung des Krieges" v e r t r a u t gemacht. Auf der Grundlage d i e ses Dokumentes l e i t e t e n s i e eine b r e i t e Propagandaaktion, i n deren Verlauf s i e s i c h durch F l u g b l ä t t e r und Lautsprecher an die deutschen Soldaten i n ihren Stellungen wandten und Aufk l ä r u n g s a r b e i t u n t e r den Kriegsgefangenen l e i s t e t e n . Am 10. August 1944 fand im Hauptquartier der BLAS eine Besprechung zwischen Falk von Hamack und Gerhardt Reinhardt mit V e r t r e t e r n der BLAS und der PESA*^ s t a t t . Die deutschen A n t i f a s c h i s t e n l e g t e n i h r e Gedanken zur Gründung e i n e s Komitees " F r e i e s Deutschland" i n Griechenland und einen Gründungsaufruf dazu vor. Venige Tage später wurde die Gründung des A n t i f a s c h i s t i s c h e n Komitees deutscher Soldaten " F r e i e s Deutschland" i n Griechenland (AKFD) i n den Zeitungen der BAU " E l e f t e r i E l l a d a "

und

" R i z o s p a s t i s " bekanntgegeben, der zugleich auch a l s Aufruf i n F l u g b l ä t t e r n u n t e r den deutschen Soldaten an der Front v e r b r e i t e t wurde.

- 19 In dem "Aufruf an alle deutschen Soldaten In Griechenland" vom 10. August 1944 wurden die Aufgaben und Prinzipien des AKFD wie folgt dargelegt: "1. Uterparteiliche Sammlung aller deutschen Antifaschisten. 2. Kampf für die Befreiung des deutschen Volkes und Europas aus der Knechtschaft Hitlers, des Nationalsozialismus und der Gestapo. 3 . Einstellung des sinnlosen Krieges und sofortiger Friede. 4. Bereitschaft für den Aufbau eines neuen, freien Deutschlands. 5« Internationale politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit der Völker auf dem Boden der Gleichberechtigung."1^ Der Aufruf endete mit dem Appell: "Wer die Heimat wiedersehen will, kommt zu uns! Wer sich aus der Knechtschaft Hitlers, des Faschismus und der Gestapo befreien will, kommt zu uns! Wer ein neues, freies Volksdeutschland aufbauen will, kommt zu uns!" An die Spitze des AKFD trat ein ZentralausschuB (ZA), der sich aus Falk von Harnack, Gerhardt Reinhardt, Karl Fladerer, Paul Fritz, Wilhelm Hansen, Robert Hermann^ Franz Oberweger und Rolf Schiller 18 zusammensetzte.

Der ZA wählte Haraack zum politischen Leiter

und Reinhardt zum Leiter für Organisationsfragen. ' Dank der Arbeit des AKFD stieg die Zahl der deutschen und auch der österreichischen Soldaten, die zur ELAS kamen, rasch an. Unmittelbar nach der Gründung des AKFD konnten bereits 164 Uitgliedsausweise, die vom BLAS-Oberkommando gegengezeichnet wurden, ausgegeben werden. Am 22. August 1944 richtete der ZA des AKFD einen Brief an das Oberkommando der BLAS, in dem es eingangs heiBt: "Nachdem die Propagandaaktion eingeleitet worden ist und nachdem größere Gruppen deutscher Soldaten freiwillig mit ihren Waffen zum

- 20 ¿KFD und BLAS gekommen sind, ist die Trage der organisatorischen Erfassung und politischen nie allgemeinen Betreuung vor20 dringlich geworden." In dem Brief wurde dem Oberkommando der BLAS ein Organisationsplan zur Lösung der politischen, ideologischen und militärischen Aufgaben vorgeschlagen. Es war folgendes vorgesehen! "1. Das AKFD baut sich nach den Prinzipien des demokratischen Zentralismus auf t a) Zentralausschuß (ZA) als Führungsgremium, b) Hundertschaft als einer deutschen Einheit, die jeweils einer BLAS-Division eingeordnet ist, c) Gruppen in Stärke von ca. 30 Hann, die sich d) in je 3 Zellen gliedern." Die Aufgaben des ZA wurden folgendermafien umrissen: *'a) Verbindung zur BLAS, FEEA, BAU, EKB; 21 b) Verbindung zum Komitee 'Freies Deutschland' in lloskau über russische Delegation in Griechenland; c) Herausgabe der Wöchenzeitung 'Freies Deutschland'| d) Politische Erziehung der Genossen im AKFD| e) Der ZA stellt die juristische Vertretung aller im AKFD zusammengefaßten deutschen Antifaschisten dar." Weiter wurde die Bitte ausgesprochen, das Oberkommando der BLAS möge dem AKFD diejenigen deutschen Soldaten bekannt geben; die freiwillig zur griechischen Volksbefreiungsarmee überliefen. Ferner baten Harnack und Reinhardt die Leitung der sowjetischen Militärmission bei der BLAS; dem AKFD Material des HKFD zu vermitteln. Das Oberkommando der BLAS billigte die Vorschläge des AKFD und förderte ihre Verwirklichung. Schon in den ersten Tagen des September 1944 veröffentlichte die BLAS eine Erklärung ihres Oberbefehlshabers, General Safaris* an die deutschen Soldaten

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und Offiziere, in der es hieß: "Kommen Sie mit Ihren Waffen und Ihrer Munition zu uns, kommen Sie zu uns als Freunde! Wenn Sie freiwillig den Krieg gegen das griechische Volk einstellen, so beenden Sie nicht nur das sinnlose Blutvergießen, sondern Sie beschleunigen auch den Sturz Hitlers und erweisen 22 so Ihrem Vaterland einen wahrhaftigen Dienst." Am 10. September 1944 fand zwischen den führenden Vertretern des AKFD und Oberst Popow, dem Leiter der sowjetischen Militärmission bei der ELAS, in Kastania ein Gespräch statt, in dem dieser wertvolle Hinweise für eine intensive polltische Erziehungsarbeit unter den deutschen Antifaschisten und auch unter den deutschen Kriegsgefangenen, die bei 23 den einzelnen ETiAS-Divisionen zusammengefaßt waren, gab. J Entsprechend der eigenen Aufgabenstellung verstärkte das AKFD die politische Arbeit unter den Kriegsgefangenen, die bei den ELAS-Einheiten im Gebiet von Larissa, Kosani, Volos, Saloniki 24 und am Golf von Korinth konzentriert worden waren. In einem offenen Brief des AKFS an die Kriegsgefangenen bei der 2. ELASDivision vom 27. September 1944 heißt es: "Vir wollen aus Euch Gefangenen wieder freie deutsche Männer machen. Das Antifaschistische Komitee deutscher Soldaten *Freies Deutschland' (AKFD) reicht Euch brüderlich die Hand und fordert Euch auf* soweit Ihr reinen Gewissens seid und keine Kriegsverbrechen begangen habt-, diesem Bund für die Befreiung Deutschlands aus seiner nationalsozialistischen Versklavung beizutreten. Entsprechend den Grundsätzen des Briefes an das Oberkommando der ELAS wurde auch die Sammlung und Organisierung der deutschen Antifaschisten bei den Einheiten der Volksbefreiungsarmee in Angriff genommen. Die Mitglieder des ZA des AKFD wurden vor

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allen zu diesem Zweck zu den Einheiten der ET.AS beordert. Kit der Zusammenfassung und dem Einsatz deutscher Antifaschisten wurde heim 34. Regiment im Gebiet des Pumeli und beim 54. Regiment in Thessalien sowie bei der 9. und 10. ELAS-Dlvision In den mazedonischen Gebieten begonnen. Im Operationsgebiet des 54, ELAS-Regimentes, im Gebiet um Volos, lag das 21. Bataillon der Strafdivision 999, dessen Kern aus jenen politisch Vorbestraften des ehemaligen 15. Bataillons, die wegen Unzuverlässigkeit von der deutsch-sowjetischen Front zurückgezogen werden mußten, bestand.

Als im September 1944 vorbereitete

bewaffnete Aktionen deutscher Antifaschisten im 21. Bataillon mißlangen, gelang es einigen von ihnen, nach Beschädigung schwerer Waffen und unter Mitnahme leichter Waffen, Munition und Gepäck, zu den ELAS-Kämpfern überzulaufen. Diese und andere deutsche Patrioten des 21. Bataillons sammelten sich beim 54. ETiAS-Regiment und wurden der Kern einer neuen antifaschistischen deutschen Einheit, der Hundertschaft des AKFD Volos. Bis zum Oktober 1944 erreichte sie eine Stärke von etwa 90 Antifaschisten, die unter Anleitung des Organisationsleiters des AKFD, Reinhardt, politisch-ideologische Schulung in den eigenen Reihen, Agitations- und Fropagandaeinsätze in deutschen Stützpunkten leistete und am bewaffneten Kampf gegen die Okkupanten teilnahmen. Im September/Oktober 1944 sammelten sich auch bei der 11. ELAS-Division deutsche antifaschistische Uberläufer. Die deutsche Hundert scliaft (liönor Division bestand aus zwei Gruppen von Antifaschisten ans der Strafdivision 999 und aus regulären deutschen Wehrmachtseinheiten.28 Bei den Einheiten der 2. ELAS-

- 23 Division sammelten sich zur gleichen Zeit etwa 40 deutsche Antifaschisten.^ Die deutschen Partisanen kämpften mit der Waffe, dem Flugblatt und dem Sprachrohr. Sie wirkten als Ausbilder von griechischen Partisanen an deutschen Waffen und Geräten, halfen als Sanitäter und leisteten bei den ELASEinheiten auch sonstige Hilfsdienste. Dadurch erwarben sie sich Achtung und Vertrauen bei ihren griechischen Kameraden. Bs war in erster Linie dem AKFD unter Leitung seines ZA zu verdanken, daß sich bis zur endgültigen Befreiung des Landes mindestens 600 deutsche Soldaten verschiedener Waffengattungen und unterschiedlicher Dienstgrade freiwillig als Kämpfer der BLAS angeschlossen hatten.Diese Zahl ist eher als zu niedrig anzusehen, da sowohl die Zahl deutscher Antifaschisten, die sich auf den zahllosen Inseln und auf dem Peloponnes den griechischen Partisanen angeschlossen hatten, nur sehr pauschal in die Berechnung einbezogen werden können, als auch die Zahl derjenigen deutschen Antifaschisten, die sich noch im Oktober und November 1944 der BLAS anschloa en, zahlenmäßig kaum zu erfassen sein wird. Der "Verband deutscher Antifaschisten auf dem Peloponnes" - \

Die illegale Leitung des 4-. Bataillons der Strafdivision 999* die mit anderen Bataillonen auf dem Peloponnes lag, bekan Ende des Jahres 194-3 Kenntnis von der Tatsache, daß auch in diesen anderen Einheiten illegale antifaschistische Leitungen bestanden. Ihre Aktionsfähigkeit war jedoch beschränkt, weil sie isoliert kämpften. Bisher war es noch zu keinen einheitlichen Aktionen in größerem Rahmen gekommen.^ Bs wurde der Beschluß gefaßt, hier Abhilfe zu schaffen.

- 24 Als Im Frühjahr 1944 die Kommunisten Kurt Nettball und Heinz Steyer die für "Bewährungssoldaten" äußerst seltene Vergünstigung erhielten, in Heimaturlaub zu fahren, bekamen sie von der illegalen Leitung den Auftrag, sich eingehend über die Politik des ZK der Partei und vor allem des NKFD zu informieren, da auf dem Peloponnes der Moskauer Rundfunk und der Sender "Freies Deutschland" nur schwer zu empfangen und die von den Engländern gegebenen Nachrichten mehr als unklar waren. 32 Es gelang Nettball,eine wichtige Verbindung zur illegalen Parteiorganisation in Berlin herzustellen. In mehreren Gesprächen wurde er mit den Beschlüssen der Brüsseler (1935) und Berner (1939) Parteikonferenz der KPD vertraut gemacht| er bekam Kenntnis vom Programm der KPD für den Aufbau eines freien demokratischen Deutschlands nach dem Sturz des Hitlerfaschismus. Ausführliche Diskussionen gab es über die neue Hanptlosung des NKFD, die auf seiner 6. Plenartagung im Januar 1944 beschlossen worden wart Einstellung der Kampfhandlungen und Obertritt auf die Seite des Nationalkomitees "Freies Deutschland".33 Diese Losung entsprach auch den objektiven Erfordernissen des antifaschistischen Kampfes auf dem Peloponnes, denn ab Anfang des Jahres 1944 hatten die Desertionen aus den Reihen der Strafdivisionen 999 ständig zugenommen.3'*' Zunächst aber reifte in der Antifa-Gruppe des 4. Bataillons der Plan, durch einen bewaffneten Aufstand gegen die hitlertreuen Offiziere und Unteroffiziere sowie gegen die ihnen ergebenen Kriminellen ein geschlossenes Übergehen mit allen Waffen zur ELAS zu erzwingen. Der Tag des Aufstandes war für Mitte Juni 1944 vor-

- 25 gesehen und sollte das Fanal für andere Bataillone der Division 999 und Wehnnachtseinheiten werden. ELAS-Einhaiten sollten mit Waffeneinsatz den Aufstand unterstützen und Sicherungsaufgaben übernehmen. Durch Verrat wurden die faschistischen Kommandostellen alarmiert und die meisten Mitglieder der illegalen Bataillonsleitung verhaftet und am 8. Juni 1944 bei Amalias erschossen. Zum Gedenken an die ermordeten 6 deutschen Antifaschisten veröffentlichte die Kommunistische Partei Griechenlands einen Aufruf, in dem es hieß: "Volk von Bellasl Die Bitlerfaschisten haben erneut ihre Bände mit Blut besudelt. Diesmal mit dem Blut deutscher Genossen', die tapfer den Kampf gegen ihre Unrterdrücker aufgenommen haben. Wir Kommunisten Griechenlands erklären uns mit dem Wirken der Toten solidarisch. Bs sind unsere Brüder, die gefallen sind, denn der Kampf der Antifaschisten in der deutschen Wehrmacht ist auch unser Kampf. Sie haben uns unserem Ziel, der Vernichtung der Besatzungsarmee, näher gebracht."^ Die illegale antifaschistische Arbeit in den Bataillonen wurde durch diesen Schlag schwer getroffen. Aber immer mehr Antifaschisten verließen ihre Einheiten und gingen in die Berge zu den Partisanen der 3. ELAS-Division über. Soweit es die Umstände zuließen, flohen sie mit Waffen und Geräten. Die Ereignisse von Mai bis Juli 1944 bewiesen immer deutlicher, wie notwendig es wurde, auf dem Peloponnes ein Zentrum deutscher Antifaschisten zu schaffen, das den Kampf besser organisieren konnte.

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Sie Überläufer sammelten sich zunächst In dem Dorf Tropia, dem Sitz der 3. BLAS-Divlsion. Nach Ihrer notwendigen Überprüfung schlugen die Antifaschisten am 1ö. Juli 1944 bei Kalpha am Pinius, unterhalb von Tropia, ihr eigenes Lager auf. Dort trafen sie auch mit anderen Antifaschisten wie Werner Himer und Georg Nobel zusammen, die schon seit längerer Zeit Verbindungen mit der BLAS hergestellt h a t t e n . A m 20. Juli 1944 gründeten deutsche Antifaschisten, unter ihnen Faul Gässner, Ludwig Haase, Reinbold Hüttner, Werner Illmer, Fritz Klapper, Georg Nobel, Erich Schultz und Hichard Wagner, den "Verband deutscher Antifaschisten auf dem Feloponnes".-^ Daß sich auf dem Feloponnes ein zweites Zentrum des deutschen antifaschistischen Widerstandskampfes in Griechenland herausgebildet hatte, lag vor allem in der geographischen Lage des Feloponnes als Halbinsel begründet, weil unter den Bedingungen der faschistischen Besatzung die Verbindungen zwischen beiden Teilen des griechischen Festlandes kompliziert und stets gefährdet waren. Der "Verband" beschloß ein 11-Punkte-Programm, das seinem Inhalt nach weitgehend den Plänen des AKFD entsprach.im Frühherbst 1944 konnten auch durch den vom AKFD beauftragten Instrukteur Kurt Adam erste Kontakte zwischen beiden Organisationen hergestellt werden.^ Auch die Organisation des antifaschistischen Kampfes des "Verbandes" war der des AKFD sehr ähnlich. Die einzelnen Mitglieder wurden in die verschiedenen Kampfbereiche der ELAS-Einheiten entsandt, wo sie Aufklärungsarbeit durch Grabenlautsprecher und Flugblattaktionen in den noch okkupierten Dörfern durchführten. Sie nahmen unmittel-

- 27 baren Eontakt zu deutschen Soldaten auf und verbreiteten auf diese Weise die Materialien des Verbandes. So kamen Fritz Klapper bei Amalie, Wilhelm Körner in Lala, Herbert Köckritz HO

bei Tripolis und Erich Schultz in Kaiamata zum Einsatz.

Die

Antifaschisten hatten zugleich die Aufgabe, politisch-ideologische Arbeit unter den Kriegsgefangenen zu leisten. Sie wurden zu Verhören von Überläufern und Kriegsgefangenen hinzugezogen. Alle Antifaschisten waren mit entsprechenden Ausweispapieren durch das Kommando der 3« ELAS-Division versehen. Trotz aller Versuche des beim Stab der 3« ELAS-Division stationierten britischen Kommandotrupps, das Vertrauensverhältnis zwischen den deutschen Antifaschisten und den Kommandos der ELAS zu stören, konnte der "Verband" wertvolle antifaschistische Arbeit leisten. Bis Ende August 1944 umfaßte 4*1 er mehr als 60 Mitglieder,

die bis zu dem Augenblick aktiv

im Einsatz waren, als am 4. Oktober 1944 britische Truppen auf dem Feloponnes landeten. Der deutsche antifaschistische Widerstand in Griechenland bis zum Ende des Jahres 1944 Ausgangs des Sommers 1944- sah sich das faschistische deutsche Oberkommando gezwungen, die allmähliche Rückführung der faschistischen Truppen aus Griechenland anzuordnen. Nach der Landung auf dem Feloponnes besetzten britische Truppen Fatras und am 13. Oktober 1944 Athen. Die griechische Regierung unter Fapandreu traf am 16. Oktober in der Stadt ein und nahm mit Unterstützung britischer Stellen sofort Kurs auf den Zusammenschlufi aller reaktionären Elemente gegen die EA1I und ELAS.

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Die sich zuspitzende innerpolitische Situation im Lande konnte nicht ohne Auswirkungen auf die deutschen Antifaschisten bleiben. Offenbar war es Bestandteil der britischen Konzeption, die in Griechenland befindlichen deutschen Kriegsgefangenen, die kaum von den britischen Truppen, sondern in der Regel von der BLAS gefangengenommen worden waren; in die Hand zu bekommen', um sie schnellstens aus Griechenland abzutransportieren. Es ist anzunehmen; daß die britischen Kommandostellen befürchteten, daß sich Teile von ihnen bei den zu erwartenden Kampfhandlungen unter dem Einfluß des AKFD und des "Verbandes" der E M S anschließen könnten. Besonders wichtig erschien es den britischen Stäben, sich möglichst schnell jener Deutschen zu bemächtigen; die als Antifaschisten aktiv an der Seite des griechischen Volkes gekämpft hatten. Zwei Beispiele mögen für viele andere stehen. Am 1, November 1944 marschierten die deutschen Antifaschisten Hans, Schmiedgen und Sühlbrand gemeinsam mit ihrer ELAS42 Einheit in das von deutschen Truppen geräumte Saloniki ein. Noch im gleichen Uonat wurden sie trotz Protestes des ELASKommandos von den Engländern festgenommen und als Kriegsgefangene nach Nordafrika transportiert. Die Gruppe deutscher Antifaschisten, zu der Max Lorenz gehörte, nahm ebenfalls am Einmarsch in Saloniki teil. Anschließend beteiligten sie sich an der Verfolgung deutscher faschistischer Verbände bis zur jugoslawischen Grenze und bestanden ehrenhaft nicht wenige Kämpfe. Nach Saloniki zurückgekehrt, leisteten sie bei der 11. ELAS-Division Agitations- und Propagandaarbeit unter verwundeten deutschen

Kriegsgefangenen.^

im

Dezember 1944 gründeten

- 29 s i e die M i l i t ä r z e l l e Saloniki der Kommunistischen P a r t e i Deutschlands. Bald darauf wurde ihre Lage wegen der Haltung der englischen Kommandostellen unhaltbar. Mit Unterstützung der IST-AR organisierte der ZA des AKFD f ü r sie ein Geleit b i s zur bulgarischen Grenze, wo Bie von der bulgarischen Volksarmee übernommen wurden. Dem größten T e i l der Hundertschaft Volos des AKFD gelang e s , /in auf jugoslawisches Gebiet überzutreten.

Die Angehörigen des

"Verbandes deutscher Antifaschisten auf dem Peloponnes" und andere zu ihnen gestoßene Überläufer wurden Ende November 1944 in T r i p o l i s zusammengezogen, von wo aus s i e s c h l i e ß l i c h dem ELAS-Kommando nach Patras befohlen wurden.^ Ihr Vorhaben, über M i t t e l - und Mordgriechenland nach Jugoslawien zu stoßen, erwies sich a l s nicht durchführbar, da b r i t i s c h e Truppen den Golf und die Landenge von Korinth sowie die Küstengewässer des Peloponnes k o n t r o l l i e r t e n . Sie mußten den Weg i n die b r i t i s c h e Gefangens c h a f t gehen. Die meisten der im AKFD zusammengeschlossenen deutschen Antif a s c h i s t e n t r a t e n , sofern s i e nicht in die Hände b r i t i s c h e r Truppen g e r i e t e n , nach ihrer Teilnahme an den Kämpfen gegen die abziehenden deutschen Truppen auf jugoslawisches oder b u l g a r i sches Gebiet über. Die Mitglieder des Zentralau6schusses wurden im Dezember 1944 in Xasia bei Athen durch Vertreter der Kommunistischen P a r t e i Griechenlands h e r z l i c h v e r a b s c h i e d e t . ^ Sie schlössen sich der jugoslawischen Volksbefreiungsbewegung an und kämpften auf ihrer S e i t e weiter b i s zur endgültigen Niederschlagung des deutschen Faschismus. Einige der deutschen A n t i f a s c h i s t e n nahmen so Kampf d6r slbsuischBii Volkstcfrsiuiigs&midd teil.

- 30 Der deutsche a n t i f a s c h i s t i s c h e Widerstandskampf i n Griechenland war f e s t e r B e s t a n d t e i l der von der Kommunistischen P a r t e i Deutschlands i n s Leben gerufenen deutschen A n t i h i t l e r k o a l i t i o n . H i t l e r g e g n e r aus a l l e n Klassen und S c h i c h t e n , mit u n t e r s c h i e d l i c h e n Weltanschauungen und verschiedenen Glaubensbekenntnissen, nahmen an diesem Kampf t e i l . Das A n t i f a s c h i s t i s c h e Komitee " F r e i e s Deutschland" und der "Verband deutscher A n t i f a s c h i s t e n auf dem Peloponnes" waren wirkungsvolle Organisationsformen des p o l i t i s c h e n , ideologischen und m i l i t ä r i s c h e n Widerstandskampfes i n Griechenland, der vom Zentralkomitee der KPD i n s p i r i e r t und g e l e i t e t wurde. Hunderte deutscher S o l d a t e n , mehr oder weniger von der N a z i i d e o l o g i e v e r s e u c h t , wurden von bewußten deutschen A n t i f a s c h i s t e n umerzogen und auf ihre Aufgaben im k ü n f t i g e n besseren Deutschland v o r b e r e i t e t . Deutsche Kämpfer r e t t e t e n unter E i n s a t z i h r e s eigenen Lebens durch bewaffneten Kampf und s o l i d a r i s c h e H i l f e auch v i e l e n griechischen llännern, Frauen und Kindern das Leben. Die deutschen a n t i f a s c h i s t i s c h e n Widerstandskämpfer i n den Bergen des f r e i e n H e l l a s , i n den i l l e g a l e n Organisationen der S t r a f b a t a i l l o n e und i n anderen E i n h e i t e n der f a s c h i s t i s c h e n Wehrmacht erwiesen s i c h a l s a u f r e c h t e P a t r i o t e n und I n t e r n a t i o n a l i s t e n . Sie schrieben e i n e h r e n v o l l e s K a p i t e l der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung.

- 31 Anmerkungen 1 2

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(

Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 5> Berlin 1966, S. 546» Die (Ethniko Apeleftheriotiko Metopo), die griechische Nationale Befreiungsfront, wurde am 27. September 194-1 von der Kommunistischen Partei Griechenlands, der Bauernpartei, der Sozialistischen Partei und dem Verband der Volksdemokratie in Athen gegründet. Später schlössen sich der BAH weitere Parteien und Organisationen an. Siehe Strafdivision 999, Erlebnisse und Berichte aus dem antifaschistischen Widerstandskampf, Berlin 1965, S. 298 ff. Siehe Adolf Mans, Niederschrift einer Aussprache mit Gerhard Koch, S. 2. Aus Vertretern einzelner Partisanenabteilungen wurde im Dezember 194-1 das Zentralkomitee der BLAS (Ellinikos Laikos Apeleftherodikos Stratos), der griechischen Volksbefreiungsarmee, gebildet. Siehe Gerhardt Reinhardt, Deutsche Antifaschisten verwirklichen Prinzipien des proletarischen Internationalismus im Freiheitskampf des griechischen Volkes, Parteihochschule "Karl Marx" beim ZK der SED, Berlin 1961, Manuskript, S. 18 ff. Siehe Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der S" D, Zentrales Parteiarchiv (IML ZPA), E A 0670, Bl. 65 (K\ i-t Nettball, Erlebnisbericht über die Widerstandstätigkeit bei den 999ern). Siehe ebenda, Bl. 72. Siehe Paul Winne, Niederschrift einer Aussprache mit Gerhard Koch, S. 1. Siehe Strafdivision 999, S. 132 ff., S. 135 ff. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 5» S. 350. Siehe Gerhardt Reinhardt, Deutsche Antifaschisten verwirklichen Prinzipien des proletarischen Internationalismus im Freiheitskampf des griechischen Volkes, S. 25. Ebenda, S. 26. Ebenda, S. 30.

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EBBA (Politik! Epitropi Ethikis Apelftherosis), das Politische Komitee der Nationalen Befreiung Griechenlands, hatte sich am 10. März 1944 in Kapenisi konstituiert. Siehe Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 5, S.382. DJL, ZPA, 238/4/1470, Bl. 9/10. Siehe Museum für deutsche Geschichte, Berlin, F 60/1353. Siehe Gerhardt Reinhardt, Deutsche Antifaschisten verwirklichen Prinzipien des proletarischen Internationalismus im Freiheitskampf des griechischen Volkes, S. 32. M L , ZPA, 238/4/1470, Bl. 13/14. EHE ist die griechische Abkürzung für Kommunistische Partei Griechenlands. DIL, ZPA, 238/4/1470, Bl. 11. Siehe Gerhardt Reinhardt, Deutsche Antifaschisten verwirklichen Prinzipien des proletarischen Internationalismus Im Freiheitskampf des griechischen Volkes, S. 31. Gerhardt Reinhardt, Niederschrift einer Reihe von Gesprächen mit Gerhard Koch über Probleme des Widerstandes in Griechenland, S. 6. Museum für deutsche Geschichte, D 60/439« Siehe Strafdivision 999, S. 305. Siehe Erlebnisbericht von Erich Dombrowsky, Dresden, S. 4. Siehe Max Lorenz, Niederschrift einer Aussprache mit Gerhard Koch, S. 3. Siehe Gerhardt Reinhardt, Niederschrift einer Reihe von Gesprächen mit Gerhard Koch über Probleme des Widerstandes in Griechenland, S. 7. Siehe Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 5, S. 383. Siehe IML, ZPA, F A 670, Bl. 78 f. Siehe ebenda, Bl. 94 ff. Siehe Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 5, S. 387. Siehe DIL, ZPA, Bl. 102 ff. Zitiert nacht Walter A. Schmidt, Damit Deutschland lebe, Berlin 1959. S. 647.

- 33 36 Siehe Ludwig Haase, Beriebt über unsere Antlfatätigkeit bei der Truppe 999 sowie bei den Partisanen in Griechenland, S. 15 f. 37 Siehe Herbert Köckritz, Meine Erlebnisse im Strafbataillon 999 und in der Griechischen Freiheitaarmee, S. 19t siehe auch Ludwig Haase, S. 17« 38 Leider ist das Programm bis heute nicht aufgefunden worden. Informationen über seinen Inhalt gab Herbert Köckritz in einem Briefwechsel mit Gerhard Koch. 39 Siehe Gerhardt Reinhardt, Niederschrift einer Reihe von Gesprächen mit Gerhard Koch über Probleme des Widerstandes in Griechenland, S. 3« 40 Herbert Köckritz, Meine Erlebnisse im Strafbataillon 999 und in der Griechischen Freiheitsarmee, S. 19« 4-1

Siehe Ludwig Haase, Bericht über unsere Antlfatätigkeit bei der Truppe 999 sowie bei den Partisanen in Griechenland, S. 20.

42 Siehe Adolf Mans, Niederschrift einer Aussprache mit Gerhard Koch, S. 4 f. 43 Siehe Max Lorenz, Niederschrift einer Aussprache mit Gerhard Koch, S. 1{ siehe auch Strafbataillon 999, S. 153. 44 Siehe Kurt Schaffrath, Niederschrift einer Aussprache mit Gerhard Koch, S. 3. 45 Siehe Herbert Köckritz, Schriftliche Antworten auf Fragen von Gerhard Koch, S. 3. 46 Siehe Gerhardt Reinhardt, Deutsche Antifaschisten verwirklichen Prinzipien des proletarischen Internationalismus im Freiheitskampf des griechischen Volkes, S. 34.

- 34 Dr. Klaus Scheel Zentralinstitut für Geschichte der DAW

"Lange Vorbereitungen, kurze Kriege ..." Die Goebbels-Rede vom 26. 10. 1940 - ein Dokument zur faschistischen Krie gszielpropaKanda Propagandaminister Goebbels sprach am 26. Oktober 1940 im Wiener Konzerthaus in einer Kundgebung der Nazipartei. Ein Tonmitschnitt dieser Rede -wurde seinerzeit auf Schallfolien konserviert, die erhalten blieben.

Sie dienten als Vorlage

für eine stenographische Mitschrift, die mit einem Kommentar versehen, nachstehend veröffentlicht wird. Die Kundgebung im Wiener Konzerthaus war eine von vielen Massenveranstaltungen der NSDAP, deren äußerer Rahmen mit Marschmusik, Beifall der Claque und überschwenglichen Begrüßungen immer gleich war. Und doch hebt sich dieses Produkt faschistischer Massenregie aus der Fülle anderer Kundgebungen durch den Inhalt dieser Goebbels-Rede heraus. Charakteristisch für diese vor Funktionären und Mitgliedern der Nazipartei gehaltenen Rede ist, daß trotz der grundsätzlichen demagogischen Verkleidung des Aggressionsprogrammes des deutschen Imperialismus und Militarismus vieles hier offener und unverhüllter ausgesprochen wurde, weil der Propagandaminister wußte, daß Nazideutschland sich auf einem Höhepunkt seiner Macht befand und er vor einem Kreis von Gesinnungsfreiinden sprach. Dennoch vergaß er auch bei dieser Gelegenheit nicht, den faschistischen Propagandagrundsatz hervorzuheben, daß mein bei Informationen

- 35 sich "einer weitestmöglichen Reserve" befleißigen solle. Die von Goebbels benutzten demagogischen Redensarten, das deutsche Volk könne "Klarheit" verlangen und das "große Vertrauenskapital" werfe seine Zinsen ab, standen in einem eklatanten Mißverhältnis zu dem, was die faschistische Meinungsmanipulierung in Wahrheit dem deutschen Volke zumutete: eine tendenziöse Berichterstattung über die wirklichen Zusammenhänge und Ereignisse, eine einseitig von der Schürung'der Kriegsbereitschaft bestimmte Auswahl aus dem Nachrichtenmaterial und ein brutaler Meinungsterror, der auf eine rigorose Unterdrückung aller antifaschistischen Informationen ausgerichtet war. Während in Denkschriften führender Monopolherren sowie in Schriftstücken der politischen und militärischen Führungsorgane Nazideutschlands das Weltherr schaf tsprograrmn des deutschen Imperialismus und Militarismus schon längst entwickelt worden 2 war und stetig erweitert und präzisiert wurde, hatte die Nazipropaganda sich einer auffälligen Zurückhaltung bei seiner Verkündung befleißigt. Die folgenden Beispiele aus der ersten Periode des zweiten Weltkrieges zeigen, wie sorgfältig das gesteuert wurde. So hieß es z.B. in einem Schreiben der Abteilung Wehrmachtspropaganda des OKW vom 15. September 1939, daß wehrwirtschaftliche Aufsätze erwünscht seien, aber - so wurde angewiesen - "es darf kein wirtschaftlicher Annexionismus in Erscheinung treten".^ Am 13. Februar 1940 hatte Minister Goebbels in einer Zusammenkunft mit 500 Propagandafunktionären der Nazipartei zu dieser Thematik geäußert, das faschistische

- 36 Deutschland kenne nur ein einziges Kriegsziel» "den Sieg über die westliche Plutokratie".^ Bei der von Goebbels geleiteten Ministerkonferenz vom 10. März 1940, dem täglich im Propagandaministerium tagenden Gremium zur Lenkung der faschistischen Meinungsmanipulierung, taucht im Protokoll der Satz aufs "Der Minister betont nochmals, daß über deutsche Kriegsziele in der deutschen Fresse nichts erscheinen darf".-' Kurze Zeit später, wenige Wochen vor dem "Fall Gelb", der geplanten Westoffensive, erläuterte Goebbels am 5. April 1940 in einer Geheimrede führenden Vertretern der Nazipresse: "1914 glaubte man, dem 7olke sagen zu können, daß die Kohlenbecken von Nordfrankreich erstrebenswerte Kriegsziele sind. Kein Mensch im einfachen Volk Interessiert sich für diese Kohlenbecken. Heute sagen wir: 'Lebensraum*. Jeder kann sich vorstellen, wa6 er will. Was wir wollen, werden wir zur rechten Zeit schon wissen ... Zynisch gab der Propaganda®inister seinen Mitarbeitern zu verstehen, wie wenig die herrschenden Kreise daran Interessiert waren, ihre Raub- und Eroberungsziele öffentlich zu verkünden. Die Annexionsgier der deutschen Monopole hatte den Volksmassen im ersten Weltkrieg nur Not und Tod gebracht. Die maßlosen Kriegszielforderungen, die damals der Öffentlichkeit präsentiert worden waren, waren Jahrzehnte später noch so diskreditiert, daß diesmal die Propagandisten es nicht wagten, die wahren Ziele der Bevölkerung zu offerieren. Stets wurden sie nur in demagogischer Verpackung und in vagen Umrissen behandelt. Der grundlegende Widerspruch zwischen den Lebensinteressen der Mehrheit des deutschen Volkes und dem Interesse einer kleinen Minderheit an einem Aggressionskrieg prägte die gesamten Be-

- 37 mühungen der faschistischen Propagandamaschinerie, die danach trachtete, diesen Widerspruch zu verschleiern und eine "Interessengleichheit", eine "Volks-" und "Schicksalsgemeinschaft" vorzutäuschen. Der propagandistischen Behandlung der Kriegsziele wurde darum eine erstrangige Bedeutung zugemessen. Immer wieder wurde versucht, sie so zu fassen, daß möglichst breite Schichten glauben sollten, die faschistische Kriegführung diene dazu, ihnen Vorteile zu verschaffen. Für die Ministerkonferenz vom 6. Mai 1940 im Propagandaministerium verzeichnet das Protokoll! "Herr Fritzsche soll nochmals die Presse anweisen (und eine gleiche Anweisung hat auch an die Partei und ihre Redner zu ergehen), daß Jegliche Erörterung und Präzisierung unserer Kriegsziele zu unterbleiben hat. Der Minister betont die Notwendigkeit, derartige Ziele möglichst vage hinzustellen; die deutschen Kriegsziele könnten demgemäß stets nur in die Worte gefaßt werden! 'Gerechter und dauerhafter Friede und Lebensraum für das deutsche

Volk.Am

11. Mai, als die Westoffensive bereits im Gange war, wies Goebbels erneut in der Ministerkonferenz auf eine vorsichtige Behandlung dieser Thematik hin» "Streng ist darauf zu achten das gilt auch für die deutsche Presse, für FK-Berichte usw. daß jetzt keinerlei Annexionsabsichten anklingen."

Wiederum

einige Tage später, am 14. Mai 1940, erließ der "Stellvertreter des Führers" Rudolf Heß im "Reichsverfügungsblatt der NSDAP" eine für die Nazipartei verbindliche Anordnung, in der ein Verbot zur Behandlung der deutschen Kriegsziele in der Öffentlichkeit ausgesprochen wurde. Wörtlich hieß es in ihr: "In Versammlungsreden sind nach wie vor als Kriegsziele ganz allgemein die Sicherung eines genügenden deutschen Lebensraumes sowie Arbeit und Brot für das ganze deutsche Volk durch einen

- 38 dauerhaften Frieden zu p r o p a g i e r e n . A m 7. Juni hielt es der Propagandaminister für nötig, in seiner Ministerkonferenz nochmals eine Regieanweisung für die Propagandakampagne gegen Frankreich auszugeben und verkündete: "Klare Kriegsziele /IQ

dürfen in keiner Form aufgestellt werden." Ungeachtet dieser strikten Anweisungen der drei höchsten Propagandaorgane Nazideutschlands, des Propagandaministeriums, der Reichsleitung der NSDAP und der Abteilung Wehrmachtspropaganda des OKW, versuchten dennoch hin und wieder einige Naziblätter, die Stimmung in Deutschland anzuheizen und - da die militärischen Operationen so günstig verliefen - konkrete Förderungen anzumelden. Am 10. Juni 1940 wies Goebbels mit Nachdruck in der Ministerkonferenz deshalb darauf hin, "daß das unter allen Umständen zu unterbleiben hat". Der Leiter der Abteilung "Auslandspresse" im Propagandarainisterium, Prof. Dr. Karl Börner, erhielt den Auftrag, offiziell vor den Vertretern der Auslandspresse zu verkünden,' "daß verschiedentlich in in- und ausländischen Blättern deutsche Kriegsziele territorialer und machtpolitischer Art dargelegt worden seien, daß aber keine dieser Veröffentlichungen irgendwelche Authenzität besitze. Nur der Führer sei in der Lage, solche Ziele näher zu definieren. Andere Stimmen, die dieses Thema veröffentlichten, müssen als nicht authentisch zurückgewiesen werden. Unter den Bedingungen des "Führerkultes", der in Nazideutschland zur Verschleierung des staatsmonopolistischen Herrschaftsmechanismus auf die Spitze getrieben worden war, besaßen die Äußerungen Hitlers in der Öffentlichkeit eine besondere Bedeutung. Sie wurden sofort von der faschistischen Propagandamaschinerie aufgegriffen und in unzähligen Zeitungsund Zeitschriftenartikel, Rundfunksendungen, Wochenschaubei-

- 39 träge, Plakate, Flugblätter, Losungen usw. umgesetzt. Zunächst, nach der Entfesselung des zweiten Weltkrieges, so in dem "Aufruf an das deutsche Volk" vom 3. September 1939» hatte Hitler nur davon gesprochen, daß die "Sicherheit" der deutschen Grenzen "verteidigt" werden müsse und daß die Deutschen auf dem 12

Boden, der ihnen gehört, leben wollten.

In den öffentlichen

Reden Hitlers tauchten stets nur die allgemeinen Floskeln vom angeblich fehlenden "Lebensraum" und von dem anzustrebenden "gerechten Frieden" auf. Im internen Kreis, so vor der Generalität, war Hitler dagegen in Ausführungen zu dieser Thematik viel offener. In einer damals unveröffentlichten Ansprache am 23. November 1939 vor den Befehlshabern der Wehrmacht wies er z.B. nicht nur auf den zu erobernden "Lebensraum" hin, sondern erklärte wörtlicht "Heute kämpfen wir um ölfeider, Gummi, Erdschätze usw."''-' Damit nahm er hier schon vorweg, was Propagandaminister Goebbels dann Jahre später in einer Rede Ah aufgriff.

In der Neujahrsrede vom 1. Januar 1940, die von

allen Nazisendern ausgestrahlt und von der gesamten Nazipresse abgedruckt wurde, sprach Hitler zwar davon, daß es nur "ein klares Kriegsziel" gäbe, aber die dann folgende Formulierung war wiederum so verschwommen, daß die maßlosen Eroberungsziele verschleiert wurden. So hieß es in der Neujahrsrede u.a.: "Deutschland und darüber hinaus Europa müssen von der Vergewaltigung und dauernden Bedrohung befreit werden, die vom früheren und heutigen England ihren Ausgang nehmen.

jn der

Reichstagsrede vom 1 9 . Juli 1940, die den Sieg der Naziwehrmacht über Frankreich verherrlichte, wurde Hitler bereits deutlicher. Das britische Weltreich, so prophezeite er, würde nach diesem Kriege zerstört sein. Die Fortführung des Kampfes

- 40 würde mit der "vollständigen Zertrümmerung" enden. Das konnte nur bedeuten, daB dann Nazideutschland den Platz dieses Imperiums einnehmen würde. Wenn auch hier der Anspruch auf die Weltherrschaft nicht tingeschminkt angemeldet wurde, so konnten doch aufmerksame Hörer dieser vom Rundfunk übertragenen Rede ihre Schlüsse ziehen. Im internen Kreis der Generalität erläuterte Hitler Ende Juli 1940 die Aufgaben und Ziele der geplanten Aggression gegen die UdSSR. Dabei verhieß er für die Zeit nach dem SiegJ "Der Herr Europas und des Balkans ist dann Deutschland."''6 Die faschistische Aggression gegen die UdSSR verfolgte als Ziel die Vernichtung der sozialistischen Gesellschaftsordnung sowie die Okkupierung und Ausplünderung der sowjetischen Gebiete bis zur Wolga und zum Ural. Das vom reaktionären Klassenhaß gegen den ersten Arbeiter- und Bauern-Staat der Erde und von der imperialistischen Raubgier geprägte "Unternehmen Barbarossa" war das Hauptkettenglied in den Weltherrschaftsplänen des deutschen Imperialismus. Die Zerschlagung der Sowjetunion, des Bollwerks des Friedens und des sozialen Fortschritts, sollte die deutschen Imperialisten und Militaristen in die Lage versetzen, neue Eroberungsfeldzüge zu unternehmen und weitere Völker und Kontinente zu unterjochen. Die bereits durchgeführten faschistischen Aggressionen und die weiteren, die noch bis zum Überfall auf die UdSSR folgten, dienten dazu, die strategische Lage, das militärökonomische Potential und die Kriegsbereitschaft aufzubessern - ohne jedoch den gesetzmäßigen Ausgang dieses Versuchs, den historischen Fortschritt aufzuhalten, verändern zu können.

- 4-1 Bereits im Juni 1931 hatte Hitler bei einer geheimen Darlegung des faschistischen Weltherrschaftsprogrammes erklärt! "Wenn der osteuropäische Raum, den einige Publizisten 'Zwischeneuropa1 nennen, unter deutscher militärischer Schirmherrschaft steht, wäre die Niederschlagung dieses Kolosses auf Holzbeinen (gemeint war damit die UdSSR - K.S.) eine Kleinigkeit - sollte er sich den deutschen Interessen widersetzen. ... Wir müssen den Osten rücksichtslos kolonisieren! Dabei wollen wir doch nicht vergessen, wie die Rohstoffe in der Welt verteilt sind. ... Wenn England und Amerika auch heute den Welthandel beherrschen, unsere Handelskapazität wird sich in dem Augenblick ändern, wenn wir den Ostraum beherrschen. Wir denken an ein weißes Südafrika, ein weißes Australien und Neuseeland, an ein weißes Kanada, aber wir können auf eine weiße Ukraine nicht verzichten und auch nicht auf einen weißen Kaukasus. Wie sollen die Portugiesen und Spanier weiterhin Afrika und Südamerika kolonisieren, wenn sie nur geringe'Möglichkeiten haben, weil sie in ihren Ländern keine Industrie besitzen. Wir wollen ihnen gern helfen. ... Auch der Vordere O r i e nt ist nicht weit. ... Sollen wir wirklich eine Nation von ewigen Habenichtsen bleiben? Warum sollen die Rohstoffquellen nicht gerecht verteilt werden? Wir haben die Möglichkeiten, die Massen gegen diesen Zustand in Bewegung zu setzen "Erst Europa - und dann die Welt" - nach dieser Devise handelte der deutsche Imperialismus und Militarismus schon im ersten Weltkrieg und sie galt wiederum im zweiten Weltkrieg. Unter den Umständen der streng geübten Praxis einer "Reserviertheit" bei der Propagierung der faschistischen Kriegsziele sind die Ausführungen von Goebbels am 26. Oktober 1940 in Wien beachtenswert. Sie waren ein raffinierter demagogischer Versuch,

- 42 die in breiten Bevölkerungsschichten verwurzelten sozialen Interessen anzusprechen und sie für den Krieg der Monopole zu mißbrauchen, Der Propagandaminister verkleidete die Raubund Profitinteressen des Monopolkapitals und bemühte sich, sie in eine massenwirksame Form zu bringen. Scharf wandte er sich gegen den bei vielen Deutschen vorherrschenden Wunsch nach mehr und vor allem nach wahren Informationen. Diesen Drang versuchte Goebbels zu diffamieren, indem er solche Deutsche als "Spießer" bezeichnete. Im Hetzvokabular des ^ropagandern inistera pflegten sonst gegen Andersdenkende, vor allem gegen Kommunisten, weitaus weniger salonfähige Ausdrücke aufzutauchen. Die "Spießer", die alles "besser wußten" und "besser konnten", wollte Goebbels lächerlich machen. Er versprach sich davon, bei seinen Zuhörern eine emotionale Ablehnung gegen Andersdenkende zu erreichen. Blindes Vertrauen, hörige Gläubigkeit und gefolgsame Unterstützung der faschistischen Kriegführung - das erwartete die Nazifiührung von ihren Parteigängern. Die Rede von Goebbels in Wien am 26. 10. 1940 war ein Teil der ständigen Bemühungen, um dies durchzusetzen. (Dr. Goebbels:) "Meine deutschen Volksgenossen und Volksgenossinnen, seit langem rede ich heute zum ersten Male wieder und seit der Übernahme des Reichsgaues Wien durch unseren 13 Parteigenossen, meinen alten Freund Baidur von Schirach, überhaupt hier zum ersten Mal in Wien. Um so lieber aber ergreife ich die Gelegenheit, von diesem Podium aus zu Ihnen und auch zum deutschen Volk zu sprechen und in dieser zukunftsschwangeren politischen und militärischen Situation zu versuchen, Ihnen, soweit das die militärische und diplomatische Lage überhaupt erlaubt, einen Einblick in die Werkstatt der deutschen Politik und Kriegführung zu geben. Sie werden mir es nicht verargen, wenn ich Ihnen nicht alles sagen kann, denn das ist nun einmal in Kriegszeiten so, daß der Feind mithört.

- 43 Das heißt also, daß, wenn ein prononcierter Vertreter eines Regimes, das sich in seinem schwersten Schicksalskampf befindet, vor der Öffentlichkeit das Wort ergreift, er sich einer weitestmöglichen Reserve befleißigen muß. Sie werden mir es also verzeihen, wenn ich zwar gewisse Dinge sehr ausgiebig hier behandle, andere Dinge aber nur andeuten oder auch nur zitieren kann. Die augenblickliche Lage gibt tatsächlich dem deutschen Volk das Anrecht, Klarheit zu verlangen über das, was ist und das, was kommen wird.... Ich sagte schon', es gibt gewisse Situationen, da kann man die Dinge nur andeuten, und gerade für diese Situationen hat ja die Bewegung auch in einem langen, vieljährigen Kampf ein großes Vertrauenskapital angelegt und zwar ein Vertrauenskapital, das die meisten Zinsen abwirft, weil es beim Volke selbst angelegt ist. Es ist auch nicht an dem, als wenn das Volk in seinen breiten Schichten jeden Tag einen genauen Einblick in die augenblickliche Situation verlangen würde. Das verlangen nur die Superklugen, die es immer besser wissen, die sozusagen von der Bierbank aus die großen Schicksalsfragen unseres Volkes, natürlich mit dem Uundwerk zu lösen versuchen. Wir aber, die wir lins für ein ganzes Leben mit heißem Idealismus und größtem Enthusiasmus der Fassion der Politik, der Leidenschaft der Staatsführung hingegeben haben, wir wissen viel zu genau, daß es gewisse Situationen geben kann, in denen man besser schweigt als redet und deshalb hat sich auch die deutsche Staatsführung während des Verlaufes des ganzen Krieges eine große Reserve in Bezug auf ihre öffentlichen Deklamationen und Demonstrationen auferlegt. Nicht, als wenn wir nichts zu sagen gehabt hätten, so ist das denn doch nicht und nicht, als wenn wir nicht die Gabe besessen hätten, über bestimmte Situationen Bestimmtes auszusagen, sondern aus der Erkenntnis heraus, daß jedes Wort, das wir sprechen, von unserem Gegner auf die Goldwaage gelegt wird. u nd ich schmeichle mir deshalb auch heute nicht, nun etwa das Wohlwollen oder den Beifall unserer britisch-plutokratischen Gegner durch meine Rede erringen zu können, ich schmeichle mir nicht einmal, daß sie mich verstehen können oder, besser gesagt, verstehen wollen. Ich weiß bestimmt, daß sie morgen in ihren Gazetten oder in ihren

- 44 Rundfunksendern mir jedes Wort wieder in Munde herumdrehen, um daran eine Kritik oder eine Bosheit an- und aufknüpfen zu können. Das ist unerheblich, denn ich spreche in diesem Augenblick weniger zur Welt, als zum deutschen Volk und zwar werden Sie es verstehen, daß ich zum deutschen Volk in dem Rahmen, in dem Umfange sprechen muß, daß die Welt auch zuhören kann." Die Selbstbeweihräucherung der Naziführung, die der Propagandaminister hier von sich gab, war gerade aus dem Munde dieses korrupten und geldgierigen Politikers absurd.^ Aber imperialistische Politiker haben sich in Vergangenheit und Gegenwart nie gescheut, öffentlich zu betonen, daß sie "im Interesse des Volkes" handelten, obwohl ihre ganze Tätigkeit nur darauf gerichtet war, die Volksmassen für die Raub- und Profitinteressen des Monopolkapitals zu mißbrauchen. Die demagogische Erläuterung der gebotenen "Vorsicht" bei der Aussage über das faschistische Kriegszielprogramm stand neben der Diffamierung der innen- und außenpolitischen Gegner. Aus der Verbindung von Eigenlob und der versuchten moralischen Abwertung der Gegner wollte Goebbels für das Kernstück seiner Rede, für die Anpreisung der eigenen Kriegszielforderungen, bei den Zuhörern günstige Vorbedingungen schaffen. Die Herausstellung der "Berechtigung" der faschistischen Kriegführung und die Diffamierung der Gegner - diese Leitlinien durchziehen die ganze Rede. Goebbels versäumte nicht, einen Blick in die Vergangenheit zu richten und zog dazu primitivste Geschichtsklitterungen heran. Die These, Deutschland sei 1914 "gänzlich unvorbereitet" In den ersten Weltkrieg getreten, war das Vorspiel zu der Behauptung, die Hitlerregierung habe "diesen Krieg nicht ge-

- 45 wollt". Die Phrasen von der angeblichen Notwendigkeit der. Wahrung der "Ehre des Volkes" und der Sorge tun den "Blutwert des Volkes", die Goebbels zur "Begründung" für den Ausbruch des zweiten Weltkrieges benutzte, vertrugen sich allerdings schlecht mit dem Eingeständnis, daß das Prinzip In diesem Kriege hieße: "Lange Vorbereitungen, kurze Kriege..." Die Anpreisung der Gewalt durch den bildhaften Vergleich vom Herausschlagen eines Pflastersteines mit einer Pickhacke und die Ankündigung weiterer "Schläge" (man habe noch einige Eisen im Feuer) sollten bei den Hörern die Bereitschaft zu weiteren Aggressionen wecken. Heiterkeit entstand bei vielen Kundgebungsteilnehmern an der Stelle, als Goebbels die Meinung angriff, daß die Nazis sich zu Tode siegen würden, die Welt erobern könnten und am Ende doch den Krieg verlierenwürden. Einige Jahre später lachte man darüber nicht mehr. (Goebbels:) "Die Kriegführung bietet für uns gewisse Phasen der Aktion und gewisse Phasen einer relativen Ruhe, und darin unterscheiden wir uns von der Kriegführung vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte. In vergangenen Jahrzehnten, in vergangenen Jahrhunderten war es meistens Mode, daß man Kriege zwar kurz vorbereitete, aber lang führte. Das beste und tragischste Beispiel in unserer Geschichte dafür ist etwa der 30jährige Krieg oder der Weltkrieg. Damals traten wir gänzlich unvorbereitet unseren Schicksalsgang an. Wir haben uns nicht gerüstet, wir waren nicht fertig, das heißt, wir antworteten auf die erste Provokation des Gegners in einem geschichtlichen Augenblick, in dem wir dazu nicht parat waren. Völlig anders ist das mit der nationalsozialistischen Bewegung oder mit der nationalsozialistischen Staatsführung. Wir kennen weder in der Politik noch in der Kriegführung falsch verstandene Prestige-Standpunkte. Zu entscheiden, was die Ehre unseres Volkes erfordert, das liegt allein uns ob. Wir vertreten den Standpunkt, es ist besser, eine längere Zeit dazu zu gebrauchen und einen großen Erfolg mit geringen Verlusten zu erkaufen, als eine kürzere Frist dafür zu gebrauchen und

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dafür größere und unvergleichlich größere Opfer zu bringen. Denn alles andere kann man im Staatsleben ersetzen, nur nicht die Substanz des Volkes, den Blutwert des Volkes, der ja schließlich im Kriege auch eingesetzt werden muß. Oeshalb war es unser erstes Prinzip in der Führung dieses Kriegest Lange Vorbereitungen, kurze Kriege und nicht kurze Vorbereitungen und lange Kriege. Das heißt also, wir schlagen nicht oft zu, aber wenn wir schon zuschlagen, dann kann auch jeder darauf rechnen, daß beim Zuschlagen die Sache schon fast erledigt ist. Und es ist nun die Tragik unserer Gegner, das nicht erkennen zu wollen. Das haben unsere innenpolitischen Gegner nicht erkannt und nicht wahrhaben wollen, das haben unsere außenpolitischen Gegner nicht erkannt und nicht wahrhaben wollen. Sie erkannten (es) erst dann, wenn sie zerschmettert am Boden lagen. Das war so mit den Wels und Severing und Hermann Müller im Reich, das war so mit den Schuschnigg in Osterreich, das war so - das war so mit den Benesch in der Tschechoslowakei, das war so mit den Rydz-Smigly und Beck in Polen, und das war so mit den Hamboro in Norwegen, und das war mit den emigrierten Ministern in Holland und in Belgien, das war so mit den Daladier und Reynaud in Prankreich und das wird so mit den Churchill in England sein. Natürlich haben wir uns dabei Immer weitestgehender Kritik unserer Gegner erfreut, vor allem auch die Spießer im eigenen Lande. Sin Spießer würde da anders handeln. Der würde im Zorn zuschlagen, aber wir berufen uns da auf das Bismarck-Wort, die Rache ist ein Gericht, das muß kalt genossen werden. Selbstverständlich hat der Spießer immer alles besser gewußt und: auch besser gekonnt. Er ist nur nicht zum Zuge gekommen. Und wenn wir dann ein großes Problem unseres Volkes lösten und zwar auf unsere eigene, originelle Weise, so wie der Spießer das eben nicht erwartet hatte, dann sagte mani Na, wenn ihr es so macht! Das kommt mir gerade so vor, wie bei jenem bekannten Witz, bei dem zwei Straßenarbeiter sich mit wenig Fleiß und Kraft mühen, einen Pflasterstein aus der Erde herauszuschlagen, einer schaut zu. Schließlich wird es diesem einen zu dumm, und er nimmt eine Pickhacke und schlägt mit einem Schlag den Pflasterstein aus der Erde heraus, worauf ein Arbeiter zum andern sagtt Ja, mit Gewalt! So ähnlich ist

- 47 das auch hier, und deshalb nehmen wir diese Kritik nicht ernst. Wir nehmen die überhaupt nicht zur Kenntnis, sondern wir stehen der Situation mit einer ganz nüchternen Sachlichkeit gegenüber. Wir warten auf unsere Stunde, und die kommt, sie ist bisher immer gekommen, sie wird auch diesmal kommen. Und zwar warten wir nicht nur darauf, sondern wir bereiten uns darauf vor. Man kann uns schon glauben, daß wir noch einige Eisen im Feuer haben, aber wir reden nicht davon. Wir überlassen den Spießer ruhig einmal für ein paar Wochen oder für ein paar Monate seiner persönlichen Angst. Seine Sache, kein Vertrauen zu haben, das muß er mit sich selbst ausmachen. Auch im vergangenen Winter ist das doch so gewesen, als der Polenfeldzug zu Ende war und nun nicht mit Glanz und Gloria und Schulter an Schulter mitten im frostklirrenden Winter die Westoffensive anfing, da redete doch auch der Spießer so, wie er jetzt redet: 'Ja, jetzt geht's nicht weiter, jetzt hat sich die Sache festgefahren, jetzt wird es genauso werden wie im vergangenen Kriege. Wir siegen uns zu Tode, wir erobern die ganze Welt und verlieren am Ende doch den Krieg.* Wir haben gar nichts darauf geantwortet. Wir haben auch gar nicht gesagt, was wir vorhatten, sondern eines Morgens brach die Offensive los, in 6 Wochen lag Frankreich zerschmettert am Boden. Das Kritisieren vorher und das Hurra-Schreien nachher haben wir, wie gesagt, dem Spießer überlassen und haben uns dann gleich auf den nächsten Schlag vorbereitet, lange, ausgiebig, mit Fleiß und mit Systematik, wir haben nicht leichtsinnig gepokert und haben diese Absicht auch für die Zukunft nicht, wir spielen zwar verwegen, aber nicht aussichtslos, denn wir wissen, was wir einsetzen müssen, schließlich setzen wir das Wohl und die Zukunft unseres ganzen Volkes ein. Wir gehen zwar aufs Ganze, aber wenn wir auf einem Umweg leichter und verlustloser zum Ziel kommen können als über die gerade Straße, dann wählen wir den Umweg." Vor den Gefahren des faschistischen Kriegskurses hatte die KPD schon vor 1933 mit der Losung gewarnt« Hitler - das ist der Krieg! Sie hatte auch in der Folgezeit immer wieder darauf hingewiesen, welche Abenteuerlichkeit dem Weltherrschaftsstreben de s deutschen Imperial Ismus und Militarismus zugrunde la.g*

- 46 Trotz a l l e r e r r e i c h t e n E r f o l g e konnte die f a s c h i s t i s c h e Meinungsmanipulierung i h r e h i s t o r i s c h e Begrenztheit n i c h t ü b e r winden. Die fehlende K r i e g s b e g e i s t e r u n g im deutschen V o l k , d i e i n den Tagen der E n t f e s s e l u n g des zweiten W e l t k r i e g e s die f a s c h i s t i s c h e n Stimmungsberichte eingestehen mußten, war nur e i n Ausdruck d i e s e r B e g r e n z t h e i t . Jede z e i t w e i l i g g e s c h a f f e n e " E i n h e i t " zwischen den Volksmassen und ihren Ausbeutern, auch wenn s i e i n e i n e r bestimmten h i s t o r i s c h e n S i t u a t i o n " s t a b i l " zu s e i n s c h e i n t , kann nur von b e g r e n z t e r Dauer und von b r ü c h i gem Charakter s e i n . Die bewußte Verschleierung der wahren Kriegsursachen und der weitgespannten K r i e g s z i e l e des deutschen Imperialismus und I l i l i t a r i s m u s war schon i n den V o r k r i e g s jähren systematisch v o r b e r e i t e t worden. Ohne die Volksmassen über das Wesen des i m p e r i a l i s t i s c h e n Raub- und Eroberungskrieges zu täuschen, wäre ihre Mobilisierung i n dem e r f o r d e r l i c h e n Maße unmöglich gewesen. Schon i n der V o r k r i e g s z e i t tauchte i n der Nazipropaganda immer wieder der Hinweis auf die angebliche Bedrohung a u f , vor der man s i c h schützen müsse. Die Lüge vom " U b e r f a l l " auf den Sender G l e i w i t z und die Propagierung e i n e s "gerechten V e r t e i d i g u n g s k r i e g e s " s e t z t e n d i e s e Massentäuschung f o r t . Um b r e i t e K r e i s e der Bevölkerung am großen Raubzug der Monopole m i t s c h u l d i g und s i e f ü r d i e w e i t e r e Aggression g e f ü g i g zu machen, benutzte Goebbels i n d i e s e r Rede e i n B e i s p i e l aus dem A l l t a g der Volksmassen zur Propagierung der "Neuvert e i l u n g " der Erde zu Gunsten Nazideutschlands» Das Anstehen i n e i n e r Schlange zum Kauf der r a t i o n i e r t e n Lebensmittel eine Folgeerscheinung des f a s c h i s t i s c h e n Kriegskurses - münzte e r um zu e i n e r "Begründung" der Aggressionen. So f ü h r t e e r aus» da man i n der Vergangenheit zu "kurz" gekommen s e i , "kann f ü r uns die Parole nur l a u t e n , a n s t e l l e n und vordrängen." Von der

- 49 weiteren Kriegsentwicklung hinge ab, "wieviel wir wollen und können." Wieviel "Lebensraum" erobert werden würde, diese Frage sollte praktisch nach dem Krieg "entschieden" sein, wenn die ganze Erde unter den Nazistiefel geraten war. Darum gab Goebbels als Devise aus« "anstellen, Ellenbogen gebrauchen, nach vorne zu kommen versuchen und möglichst viel für sich zu ramschen..." Bei der Anpreisung dieser Räubermoral hob Goebbels hervor, daß um die großen Rohstoffquellen der Krieg geführt werde und daß "soviel Macht" in Europa und außerdem ein großes Kolonialreich errungen werden müßte, um für immer "kommende Kriege zu verhindern". Das bedeutete, daß keine militärische Kraft auf dem Erdball geduldet werden sollte, die der Naziwehrmacht gewachsen war. Der "ewige Friede" sollte ein Zustand der brutalen Unterjochung aller Völker sein. Bereits jetzt, wo Europa von Narvik bis zur Biskaya unter "Kontrolle" stünde, so führte Goebbels aus, wäre die Machtposition enorm gestiegen. Unverhohlen sprach er aus, daß ein weiteres Anwachsen der Macht Nazideutschlands eingeplant war. Er wies mit Nachdruck darauf hin, daß die Entsendung einer deutschen Militärmission nach Rumänien bedeute, die Olzufuhr für die weitere Kriegführung zu sichern. Die Propaganda gegen Großbritannien, die aus taktischen Gründen in der Rede noch im Vordergrund stand, wurde aber bereits schon von Andeutungen begleitet, Großbritannien könne sich zwar mit den USA verbünden aber das würde nur eine "Gnadenfrist" bis zur endgültigen Niederlage von wenigen Wochen bedeuten. Ebenso sei es der Fall bei einem Bündnis Großbritanniens mit der Sowjetunion. Der Propagandaminister gab damit zu verstehen, daß es keinen Staat mehr gäbe, der nicht als Gegner einkalkuliert werden könnte...

- 50 Durchdrangen von der Siegesgewißheit der faschistischen Blitzkriegsstrategie, stellte Goebbels den Krieg als einen Boxkampf hin, der mit dem k.o. des Gegners enden würde. Dazu gehöre aber nicht nur eine Runde und manchmal sei es schwieriger, als man es sich vorgestellt habe, sagte Goebbels. Je mehr man aber seine Kraft einsetze - hier tauchte die Doktrin der totalen Kriegführung auf - desto eher sei der Sieg errungen. Jahre später benutzte der Propagandaminister in Reden erneut 20

den Vergleich des Krieges mit einem Boxkampf,

als die mili-

tärische Lage sich völlig zu Ungunsten Nazideutschlands verändert hatte, um das deutsche Volk zum "Durchhalten" auch über die letzten Runden aufzurufen. Im Herbst 1940 aber war Goebbels davon überzeugt, daß für die Gegner Nazideutschlands die letzte Runde bevorstehe. Er benutzte in dieser Rede bedenkenlos Parolen und Phrasen, an deren Unwahrheit er sich nicht störte, weil sie ihm demagogisch wirksam erschienen. Als Leitlinie hatte er selbst 1928 festgelegt! "die Propaganda ist gut, die zum Erfolge führt ... Es kann also keiner sagen, eure Propaganda ist zu roh, zu gemein oder zu brutal, oder sie ist nicht anständig genug, denn alles das sind keine charakteristischen Merkmale ... Sie soll gar nicht anständig sein, sie soll auch nicht sanft oder weich oder demütig seint sie soll zu einem Erfolge führen..."21 Um diesen "Erfolg" zu erringen, war Goebbels in der Wahl seiner Mittel nicht kleinlich. Seine Darstellung der "Ursachen" des Dreißigjährigen Krieges ebenso wie des zweiten Weltkrieges gehört dazu. Da taucht z.B. das Clemenceau zugeschriebene Schlagwort auf, es seien "20 Millionen Deutsche zuviel", das in Wahrheit eine Abwandlung einer Äußerung des Generals Eduard

- 51 von L i e b e r t , eines führenden Alldeutschen, I s t . Da war der Hinwels von Goebbels, ein 90 Hillionen Volk könne s i c h nicht "vorschreiben" l a s s e n , wie es zu leben habe und es s e i "unwürdig", daß ein englischer Lord dem deutschen Volke den Kaffee absperren könne, wenn es ihm g e f a l l e . Mit dieser Anklage, daß "eine Nation zum Nicht-Kaffee-trinken v e r u r t e i l t werden kann", p l a g i i e r t e er H i t l e r , der in einer Rede im B e r l i n e r Sportpalast am 4 . September 1940 e r k l ä r t h a t t e : "Wir haben es a l s Deutsche f ü r a l l e Zukunft s a t t , uns von England vorschreiben zu l a s s e n , ob wir v i e l l e i c h t dieses oder jenes tun dürfen oder n i c h t , j a am Ende sogar, ob der Deutsche Kaffee trinken darf oder n i c h t . Wenn es England nicht g e f ä l l t , dann wird die 22

Kaffee-Einfuhr einfach g e s p e r r t . "

Es wurde v e r s c h l e i e r t , daß

die von Großbritannien verhängte Blockade keine Laune eines Lords, sondern die Antwort auf die f a s c h i s t i s c h e Aggressionsp o l i t i k war. Aber für die demagogische Propaganda war das B i l d von den "bösen Feinden", die den Deutschen nicht einmal das Kaffeetrinken gönnten, sehr wirksam. An diese extreme Vereinfachung knüpfte Goebbels die Erwartung an, dieser "unwürdige" Zustand müsse "unter Einsatz unseres ganzen Volkes" geändert werden. (Goebbels:) " . . . . Ich kann h i e r noch einmal in a l l e r K l a r h e i t beton&n, wir Nationalsozialisten haben diesen Krieg nicht gewollt. Er i s t gekommen, weil Deutschland wieder im B e g r i f f war, stark zu werden. . . . Wir haben diesen Krieg nicht begonnen, aber e r i s t f a s t wie ein Elementarereignis ausgebrochen. Mit dem Augenblick, in dem wir 90 Millionen uns unserer eigenen völkischen und nationalen Sendung bewußt wurden und in dem d i e se 90 Millionen zusammengeschlossen nun ihre ganze I n t e l l i g e n z

- 52 und ihren ganzen Fleiß, ihre ganze Arbeitskraft darauf verwandten, ihr nationales Schicksal zu wandeln, in dem Augenblick mußten wir ein Gegenstand des Neides, des Hasses und einer verruchten Verfolgungssucht unserer Gegner sein. Auch der Weltkrieg ist uns deshalb aufgezwungen worden. Was der Anlaß war, ist dabei gänzlich unbedeutend. Der Grund aber war der, der von Clemenceau nach dem Kriege in die klassischen Worte zusammengefaßt wurde, es sind eben 20 Millionen Deutsche zuviel in der Welt. Das heißt, wir waren ein wachsendes Volk, und wir stellten uns anderen Völkern gegenüber, die keine Jugend und deshalb auch keinen Nachwuchs und keine Zukunft mehr besaßen. So war es auch hier. Wir sind ein junges Volk, wir sind in der europäischen Geschichte zu kurz gekommen. Wir waren ein Volk von Phantasten und Ideologen. Wir haben uns immer um Theoreme, aber nicht um die eigentliche Substanz unseres Volkslebens gefochten und gestritten und haben dafür geblutet. Wir haben Kriege geführt aus lauter Idealismus, während die andern unterdessen die Welt und ihre Rohstoffquellen besetzten. Es ist aber ganz unerheblich, ob man die Probleme, um die ein Krieg geführt wird, nach einigen Jahren oder Jahrzehnton nicht mehr versteht, entscheidend ist, welche Substanz ein Volk in einem Kriege verliert. Wir erinnern un6 als Nationalsozialisten mit Grausen daran, daß wir Deutsche einmal von 1618 bis 1646 dreißig Jahre lang Krieg geführt haben und schließlich und endlich doch um die Frage, ob das Abendmahl in einfacher oder in zweifacher Gestalt gereicht Vierden sollte. Heute ist das Problem, um das es im Dreißigjährigen Krieg ging, gänzlich verblaßt, aber die Uarktpositionen, die wir dabei verloren, sind nicht verblaßt; denn in derselben Zeit, in der wir um blasse Theoreme Krieg führten, in derselben Zeit hat England und hat Frankreich die besten Positionen in der Welt besetzt. Es ist nun unser Schicksal des Nationalsozialismus, das, was wir damals versäumt haben, nachzuholen. Wir tun das nicht unvorbereitet. Wir sind nicht in diesen Waffengang hineingegangen, ohne zu wissen, worum es ging, sondern wir sind uns der Tragweite durchaus bewußt gewesen. Wir haben uns nur vor-

- 53 her klargemacht, es ist auf die Dauer für ein 90 Millionen Volk unmöglich, sich von 40 Millionen vorschreiben zu lassen, wie es zu leben hat. Es ist unwürdig, daß, wenn es nur einem englischen Lord gefällt, uns den Kaffee abzusperren, daß dann eine Nation zum Nicht-Kaffee-trinken verurteilt werden kann. Es ist unwürdig, daß, wenn es irgendeiner plutokratischen Oberschicht in England gefällt, uns auszuhungern, damit dann das deutsche Volk auf Gedeih und Verderben der Willkür dieser kleinen kapitalistischen Schicht überantwortet wird. Das hatten wir für unwürdig gehalten - und deshalb - das gebe ich offen zu - haben wir alles darangesetzt unter Einsatz unseres ganzen Volkes, diesen Zustand zu ändern. Wer das nicht versteht, der hat keinen Begriff von nationaler Ehre. Wer dafür nicht Opfer zu bringen bereit ist, dem spreche ich jedes Gefühl für nationale Würde ab. Und wir haben uns doch bei Gott bemüht, die Opfer auf ein Minimum herabzudrücken! Was erlebt denn das deutsche Volk schließlich in diesem Kriege und inwiefern können denn die Opfer, die wir für diesen Krieg gezwungen worden sind.zu bringen, inwiefern können diese Opfer verglichen werden etwa mit dem Opfer, das das polnische, das das französische und das das englische Volk zu bringen gezwungen worden Ist? ... Selbstverständlich geht es hier um Sein oder Nichtsein, selbstverständlich haben wir einen hohen Einsatz gewagt, aber wir haben ihn gewagt in einer Situation, in der er am ehesten versprach, sich zu lohnen. Man kann der deutschen und der österreichischen Politik vor dem Weltkriege nicht vorwerfen, daß sie im Jahre 1914 zum Kriege schritt, sondern man kann ihr vorwerfen, daß sie nicht 6 Jahre vorher zum Kriege geschritten ist. Dann nämlich, als ihre Situation ungleich viel günstiger war. Denn wenn man sich einmal klarmacht, daß das Verhängnis doch kommt, dann soll man ihn auch mutig entgegentreten und nicht darauf warten, bis es ihm gefällt, sich zu nähern. Dann soll man ihm entgegentreten und versuchen, es zu fassen und vor allem, wenn große geschichtliche Perioden über einen Erdteil hereinbrechen, dann soll man sorgen, mit dabei zu sein, auch wenn man noch nicht genau weiß, was man will.

. 54 Ich habe den Eindruck, daß augenblicklich die Welt neu verteilt wird und zwar in einer anderen Weise, in dor sie bisher verteilt gewesen ist, Und da wir bei den bisherigen Verteilungen zu kurz gekommen sind, kann für uns die Parole nur lauten, anstellen und vordrängen. Wenn einer mich fragt, was wollt Ihr denn min eigentlich, so kann ich ihm darauf eine ganz präzise Antwort nicht geben. Das hängt von den Umständen ab. Je nachdem, wieviel wir wollen und können. Wir wollen Lebensraum. Ja, was bedeutet das denn? Die Definition geben wir nach dem Kriege. Es gibt vielleicht den einen oder den andern, der dann zur Antwort gibt: Ihr führt also Krieg und wißt nicht warum. Da kann ich nur sagen, das kommt manchmal vor. Es gibt Leute, wenn die auf der Straße eine Schlange stehen sehen, so stellen sie sich an. Die fragen gar nicht dann, was gibt's hier, die stellen sich mit an, in der Überzeugung, irgendwas wird* s schon geben. Y.'ahrscheinlich nicht Wasser, denn dann würden die andern nicht auch da stehen. Also anstellen, versuchen, mit heranzukommen und soviel zu nehmen, als man bekommt. So ist das auch in geschichtlichen Perioden wie der gegenwärtigen. Da heißt es, anstellen, Ellenbogen gebrauchen, nach vorne zu kommen versuchen und möglichst viel für sich zu ramschen, vor allem wenn man gar keine Vorräte hat wie die andern. Denn das halten uns die andern ja immer mit schmatzendem Behagen vor, daß sie die großen Rohstoffquellen besitzen und wir nicht. Das ist ja der Grund, warum wir Krieg führen. Wir wollen nicht alle Generationen einmal vor dieselbe harte und unerbittliche Tatsache geatellt sehen und endlich einmal soll in Europa Schluß mit dem Kriegeführen sein, und das kann man nur dadurch erreichen, daß wir auf der ganzen Linie gewinnen und soviel Macht besitzen, um kommende Kriege zu verhindern. Daß das der britischen Plutokratenschicht nicht recht ist', kann ich durchaus verstehen. Das ist ja auch unseren innenpolitischen Gegnern früher nicht recht gewesen, daß wir gegen sie Sturm liefen, und daß sie sich dabei aller mittel bedienen, um uns vor der Welt zu diskreditieren, ist ebenso selbstverständlich. Das war ja auch früher so. Aber ihre Machtüberlegen-

- 55 heit von früher mit ihrem Verhältnis zur gegenwärtigen deutschen Macht überhaupt nicht mehr verglichen werden. Was hat denn England noch? England ist eine eingeschlossene Insel* Wir beherrschen Europa von Narvik bis zur Biskaya. Der größte Teil Europas steht unter unserer Kontrolle. Das ist nicht so, als wenn wir uns zu Tode siegen. (Störung) ... wenn wir beispielsweise eine Militärmission nach Rumänien schicken, dann heißt das nicht, also sie siegen sich weiter zu Tode, sondern dann heißt das, damit ist die Petroleumzufuhr für den Krieg gedeckt. . ... Daß Herr Churchill von seinem Sitz nicht aufsteht und sagt, bitte, Herr Hitler, nehmen sie Platz, ich saß hier nur, um Ihnen den Sitz anzuwärmen, ich habe nur darauf gewartet, bis Sie kommen) ja so wird keine Weltgeschichte gemacht. Wenn dann einmal einer sitzt, pflegt er im allgemeinen such sitzen zu bleiben. Er geht nicht freiwillig. Den muß man herunterstoßen und zwar je größer seine Macht ist, um so fester er sitzt und seinen Sitz eingeklammert hat, um so mehr muß man nun Kraft gebrauchen, um ihn von diesem Sitz herunterzuwerfen. Es ist was anderes, wenn man einen einzelnen Menschen aus seinem Sitz herauswirft, als wenn man ein Imperium, das immerhin ein paar Jahrhunderte besteht, aus seiner Weltposition herauswirft. Das geht nicht von heute auf morgen. ... Wenn dieser Krieg zu Ende ist, dann wollen wir die Herren über Europa sein und was andere jahrhundertelang aufgebaut haben, das können wir nicht in 14 Tagen beseitigen. So geht das denn doch nicht. Selbstverständlich leistet der Gegner Widerstand, er weiß ja, worum es geht, selbstverständlich geht er auf unsere freundliche Aufforderung, Platz zu machen, nicht ein. Da muß man schon etwas derbere Ausdrücke gebrauchen. Man muß vielleicht auch ein paar Tritte anwenden, um seinen Gang aus den Sesseln der Macht heraus etwas zu beschleunigeni das haben wir ja früher auch in der Innenpolitik gemacht. Wir sind auch nicht so schüchtern gewesen, daß wir immer nur mit Koseworten mit unseren innenpolitischen Gegnern umgegangen wären. So i6t das jetzt auch in der Außenpolitik. Jetzt heißt es angreifen, immer wieder, immer wieder, jeden Tag, jede Nacht,

- 56 jeden Tag, jede Nacht, das darf gar k e i n 3n.de nehmen und zwar In der Überzeugung, wann das zu Ende geht, wissen wir n i c h t , aber wir wissen, wenn es zu Ende geht, l i e g t der Gegner im Ring und n i c h t w i r . Wir haben uns, wie gesagt, ausgiebig darauf v o r b e r e i t e t . Ernährungspolitisch sind wir so g e s i c h e r t , daß wir es auch jede Zeitspanne aushalten können, ebenso w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h . Nicht, a l s wenn ich glaubte, daß das nun jahrelang d a u e r t . x c h b i n überzeugt, eines Tages b r i c h t die gegnerische Uacht zusammen. Das kann man in E i n z e l h e i t e n noch n i c h t e r k l ä r e n . Das muß man im Gefühl haben. . . . . Beim Boxkampf i s t es doch so, daß auch, wenn einmal e i n e r einen Hieb gegen die S e i t e des Sinns oder gegen die Brust oder gegen e i n Auge oder Augenbraue bekommt, e r n i c h t g l e i c h . . . (Störung), es b l u t e t dann, aber dann h o f f t e r , so j e t z t noch 10 Sekunden aushalten, dann kommt der Gong. Genauso s p r i c h t heut* Herr Churchill das, j e t z t noch d r e i , v i e r Tage aushalten, dann kommt der Nebel, d r e i , v i e r Wochen aushalten, dann kommen die Stürme über dem Kanal oder v i e r , fünf Wochen aushalten, dann kommt Nordamerika oder f ü n f , sechs Wochen aushalten, dann g e l i n g t es mir v i e l l e i c h t , Rußland auf meine S e i t e zu bringen oder sieben, acht Wochen a u s h a l t e n , dann können wir v i e l l e i c h t i n Deutschland eine Revolution a n z e t t e l n oder - und so verheddert man sich von e i n e r I l l u s i o n i n die andere. Es g i b t i n Deutschland e i n Sprichwort, das h e i ß t : Ertrinkende pflegen Bich an einen Strohhalm zu klammem. So i s t es auch heute bei England. Die nehmen Schlag auf Schlag und hören Immer nur auf den Gong. Sie z i t t e r n schon i n den Knien. Man nennt das i n der Boxsprache groggy. Der f ä l l t noch n i c h t , der geht auch v i e l l e i c h t einmal i n die Erde f ü r d r e i , v i e r , dann s t e h t e r wieder a u f . Und kommt dann eine Pause, sagen s i e , daß der Nebel e i n b r i c h t oder die Stürme kommen oder . . . (Störung) Roosevelt h ä l t eine f ü r s i e scheinbar angenehme Rede. Das h e i ß t , kommt zwischen die Kämpfe eine k l e i n e Pause, was macht der Manager eines Boxers? Er massiert i h n . Er r e i b t ihn ab mit starken Essenzen, unterdes f l ü s t e r t e r ihm i n s Ohr: Du, Deine P a r t i e s t e h t gar n i c h t schlimm, nur aushalten, aushalten. S i e h s t Du, der Gegner i s t

- 57 schon ganz mürbe geworden. Jetzt nur noch einmal fest herein. Das heißt, er nimmt ihn nicht nur in eine körperliche, sondern auch in eine seelische Massage. Genau ist das bei England. Churchill nimmt, sobald er eine kleine Pause wahrnimmt, das englische Volk in die Massage. Trainiert es wieder, reibt es ab, verbindet ihm das blutende Auge oder die aufgerissene Lippe, sagt, nur das Kinn schützen, das ist die Hauptsache, vielleicht kommen wir noch über die nächste Runde weg. Das nutzt nichts, wenn ein Kämpfer einmal so angeschlagen ist, wie heute der englische Kämpfer und wenn ihm ein so verwegener und ein so aufs Ganze gehender Gegner gegenübersteht und wenn dieser Gegner im Besitz seiner Vollkraft ist und wenn er bisher kaum noch Schläge eingesteckt hat, so wird in einem Augenblick die Sekunde kommen, wo er nun den vernichtenden Hieb aufs Kinn bekommt, wann, ob er in der vierten, fünften oder sechsten Runde, das weiB nur der liebe Gott. Ja, wird mir vielleicht einer entgegenhalten, aber wir stecken doch auch Schläge ein. Das ist Immer so beim Boxkampf. Auch wenn einer gewinnt, hat er manchmal nachher ein blaues Auge oder eine aufgerissene Lippe. Das ist nun mal so. Kriegführen ohne Verluste gibt es nicht. Entscheidend ist, wer zuletzt noch im Ring steht und wer die Partie ausficht. Ermüdungserscheinungen in einem solchen Kampf zeigen, das heiBt schon kapitulieren." Im Oktober 1940 war die Nazipropaganda noch voll des Lobes über die "Genialität unserer deutschen Kriegführung", den Heroismus und die gezeigte Opferbereitschaft. Noch konnte Goebbels ausrufen, daß die Naziwehrmacht mit "scharf geschliffenem Schwert" dafür sorge, "daß diesem Reich wieder der ihm gebührende Platz an der Sonne" verschafft würde und dazu fordern, daß jeder sich verstärkt für die Unterstützung der faschistischen Kriegführung einsetzen und bereit sein müsse, Opfer zu bringen. Noch hatte das deutsche Volk kaum Not und

- 58 Entbehrungen kennengelernt, während die von der Naziwehrmacht Überfallenen Völker unterjocht und ausgeplündert- wurden. Längere Passagen seiner Rede, die hier weggelassen wurden, widmete Goebbels der Polemik gegen Andersdenkende in Deutschland und gegen die britische Regierung. Prahlereien mit den bisherigen militärischen Erfolgen sollten die Siegesgewißheit schüren. Das Duell beim Bombenkrieg zwischen der deutschen Luftwaffe bei ihren Angriffen gegen London und der britischen gegen Berlin verglich er mit dem Verhältnis eines Elefanten gegen eine Laus. Als "Erklärung" dafür, daß so wenige britische Plugzeuge von der deutschen Plak abgeschossen würden, wählte er den bildhaften Vergleich der Schwierigkeit, mit einer Erbse in einem dunklen Zimmer eine Pliege zu treffen. Solch ein "Eingeständnis" sollte die sich bereits abzeichnenden Schwierigkeiten im Luftkrieg verharmlosen. Eine massierte Lobeshymne auf die Wehrmachtsteile und auf die deutsche Bevölkerung wurde verbunden mit der Verheißung, nach dem siegreichen Ende des Krieges würde es allen besser gehen. Hatte Goebbels in verschiedenen Passagen der Rede scharf alle Andersdenkenden attackiert, so beschwor er im Schlußteil das deutsche Volk, "mit höchstem Vertrauen auf den Führer zu schauen", auf den plötzlichen "Blitz seiner neuen Eingebungen aus dem gewitterschwangeren Himmel" zu warten, sich mit "gläubigem Optimismus" zu wappnen und sich nur an die Parole zu halten! "Führer befiehl, wir folgen Dir!" In einer Reihe westdeutscher Veröffentlichungen, so z.B. besonders deutlich bei V. A. Boelcke, H. Heiber, C. Kessemeier u . a . w e r d e n die rhetorischen Leistungen von Goebbels

- 59 über den grünen Klee gelobt, ohne daB deutlich gemacht wird, In wessem Interesse die faschistische Meinungsmanipulierung vorgenommen wurde. Die vorliegende Rede ist ein geeignetes Objekt, um von dieser Lobpreisung der auf Rechtskurs liegenden reaktionären bürgerlichen westdeutschen Historiker den Lack abblättern zu lassen. Der Redeschwall des Propagandaministers beeinträchtigte erheblich den Stil. Es wurde davon Abstand genommen, die mehrfach auftretenden grammatischen und stilistischen Unzulänglichkeiten zu verbessern. Der Text dieser Rede spricht auch hierin für sich. (Goebbels:)". ... Denn darüber müssen wir uns klar sftln, der Lebensraum von 90 Millionen Deutschen muß jetzt stabilisiert werden. Jetzt ist die Gelegenheit gekommen. Es sage mir auch niemand, wir sind eigentlich nicht fertig gewesen. Eigentlich fertig wird ein Volk für den Krieg niemals. Es gibt immer noch etwas, was man besser machen könnte oder ausgiebiger besitzen könnte. Fertig sein, das bedeutet für den Krieg nichts anderes als, es muß der größte Unterschied bestehen zwischen dem eigenen Fertigsein und dem Fertigsein des Gegners, dann ist man am meisten fertig. Und das ist diesmal der Fall gewesen. Wir waren bis an die Zähne bewaffnet und die Gegner waren unvorbereitet, deshalb war die Situation so günstig, deshalb haben wir die Gelegenheit beim Schöpfe ergriffen und deshalb haben wir die deutsche Wehrmacht von einem Siegeszug zum anderen geführt. . ... Die Front draußen in Feindesland hat Ruhmestaten vollbracht, für die unser Wortschatz zum Preise nicht ausreicht. Sie hat als eine junge Wehrmacht den Ruhm des deutschen Soldatentums erneuert und gefestigt. Sie hat unsere kühnsten Erwartungen weit übertroffen. Wenn Sie sich heute die Zeiträume vorstellen könnten, in denen der Führer gerechnet hat, die bisher schon gelösten Probleme lösen zu können und damit die Zeiträume verglichen, in denen diese Probleme tatsächlich gelöst worden sind, so würden Sie in die Knie sinken vor dem Heldentum unserer deutschen Soldaten und vor der Genialität unserer deutschen Kriegführung, und zwar alle Waffenteile.

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. . . Wir Deutschen sind manchmal etwas undankbar geworden, wir wissen gar nicht, was wir a l l e s g e l e i s t e t haben und v e r gessen allzu l e i c h t , wie gütig das Schicksal uns den Siegeslorbeer um die Stirne gewunden hat. . . . Diese Zeit werden wir überwinden, und dann wird endl i c h einmal die Sonne über Deutschland aufgehen, dann werden wir endlich wieder einmal f r e i atmen können, dann werden wir endlich auch einmal zu den besitzenden Nationen gehören, dann werden wir Rohstoffe besitzen und Hilfsquellen und dann wird ein großes Kolonialreich unser Eigen sein und dann werden wir in Europa uns f r e i bewegen können, und dann wird nicht irgendein kleiner Zwergstaat uns beleidigen und provozieren dürfen, sondern dann wird zum Schutz der Ehre unseres Volkes die größte und stolzeste Wehrmacht der Welt bereitstehen. Dafür lohnt es sich, Opfer zu bringen. Hier scheiden sich die Charaktere. Es gibt Menschen, die sehen in eihem verschweizerten Volk ihr höchstes I d e a l . Diesem Volk . . . (Störung) zufrieden, wenn sie ihre Pension haben oder wenn ihre Tochter einen Biamten (wörtlicher Ausdruck von Goebbels) geheiratet hat, wenn sie nachmittags ins Café gehen können, wenn sie ihr sicheres Auskommen haben, es mag auch noch so klein und so bescheiden sein, was man hat, das hat man und dahoam i s dahoam ohne jeden weltpolitischen B l i c k , ohne Idealismus, ohne jeden großen Zug in der Phantasie, f ü r die i s t das Ideal a l l e r Ideale die Schweiz, ein VoJIr, in rten der Oberkellner und der Hotelportier eine prononcierte R o l l e s p i e l t , ein Reiseland, wo man die Fremden ausweiden kann, so'ne Art von staatlichem Museum und die Berge d r e i ' zum Zuschauen, drei Franken. Das i s t nicht unser I d e a l . V.enn unser Reich einmal zu einer solchen unwürdigen Rolle v e r u r t e i l t würde, dann wollten wir l i e b e r nicht leben. Wir sind s t o l z darauf, Kinder eines großen Volkes zu sein und tragen wir . . . (Störung) die Opfer, die das mit sich bringt, w e i l wir dafür auch den Stolz besitzen und weil wir wissen, wenn wir früher in die Welt kamen, dann hat man naserümpfend gesagt, ein Deutscher. - Wenn wir nach dem Krieg in die Welt kommen, wird man sagen (mit Betonung) ein Deutschor. Das sind also die das sind also d i e , die sich aus t i e f s t e r Ohnmacht wieder e r hoben haben, ein Volk, das an der Katastrophe nicht zugrunde-

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gegangen ist, sondern stark wurde, das nach dem Wort seines Philosophen handelte: 'Was dich nicht umwirft, macht dich stärker!', das auch aus seinem tiefsten Verfall auch wieder die Kraft zu seiner Wiedergeburt geschöpft hat, das unter den härtesten Bedingungen und größten Gefahren seine riskante Zone durchschritt und wieder eine Wehrmacht aufbaute, eine Wehrmacht, die dann ganz Europa in Schrecken versetzte, eine Wehrmacht, die nun mit scharf geschliffenem Schwert dafür sorgte, daß diesem Reich wieder der ihm gebührende Platz an der Sonne wurde. Das wird man dann von einem Deutschen sagen. Das ist auch etwas wert, dafür lohnt es sich schon, gelegentlich Opfer auf sich zu nehmen. Das werden wir noch erleben und das werden unsere Kinder erleben, und wir werden jenes große germanische Reich gründen, das für uns immer ein Wunschtraum gewesen ist, das wir aber so fern sahen, daß wir glaubten, es könne nicht mehr bereitet werden. Wieviel Opfer sind um dieses Reich gebracht worden, wieviel Millionen haben dafür geblutet und sind dafür in den Tod gegangen! Wir Nationalsozialisten haben immer den Standpunkt vertreten, 1918 war der Krieg nicht aus. Das war nur ein Abschluß, und dann kam die große Pause. Der Schlußakt wird jetzt durchgespielt. Dieses Drama endet mit dem deutschen Sieg und wird kein Trauerspiel - dieser deutsche Sieg garantiert dann unsern 90 Millionen Deutschen für die übersehbare Zukunft das Leben. ... Und so glaube ich, stehen wir vor den entscheidenden Stunden der künftigen Wochen und Monate gewappnet und gefestigt. Uns kann kein Schicksal mehr etwas anhaben. Ohne mit der Wimper zu zucken, werden wir dem Schicksal entgegentreten und auf die Stunde warten, die uns vor die letzte Bewährung stellt. ... Und deshalb glauben wir, haben wir allen Grund, in höchstem Vertrauen auf den Führer zu schauen, auch wenn er schweigt, - auch wenn er scheinbar nichts tut, auch wenn er das, was er tut, nicht erklären kann. Dann soll jeder Deutsche sagen, er weiß schon, was er will, wir haben das in den vergangenen Jahren erfahren. Wir haben erfahren, daß plötzlich der Blitz seiner neuen Eingebungen aus dem gewitterschwangeren Himmel herniederzuckt und daß, wenn mit den Entscheidungen begonnen wird, daß sie dann auch schon gefällt sind. Der Führer hat uns, der Führer hat uns die Last der größten Verantwortung

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abgenommen. Wo wir das aber können, da vollen wir ihm nun unsererseits Verantwortung abnehmen, und das Ist In der Meisterung des Alltags, im gläubigen Optimismus auch durch die schweren Tage und für die luftbedrohten Gebiete ... (Goebbels wird unverständlich) in der Überzeugung, diese Zeit wird zu Ende gehen, vielleicht früher als wir es alle denken, und dann wird über Deutschland die Sonne aufgehen, dann wird ein neuer Tag anbrechen, ein Tag, der uns die Freiheit und die soziale Gerechtigkeit bringt. Und deshalb glaube ich, gibt es in Zeiten, in denen der einzelne nicht mehr so genau die ganze Situation überschauen kann und in der er nun Vertrauen entgegenbringen muß und sich auf sich selbst stellen muß, davon überzeugt sein muß, daß alles schon seinen Weg geht und daß der Führer weiß, was er will, da gibt es für den Deutschen keine andere Parole dem Führer gegenüber als die, die er immer in solchen Situationen zur Leitschnur unseres Lebens machtet Befiehl du, wir wollen folgen!" Der stellvertretende Gauleiter von Wien dankte im Schlußwort der Kundgebung dem Propagandaminister "für diese wundervolle Stunde" ... Die große Kluft zwischen den geschürten Emotionen und dem rationalen Kern sowie das eigentliche Ziel dieser Meinungsmanipulierung vermochten damals im Herbst 1940 viele Deutsche noch nicht zu erkennen. Erst das offenkundige Scheitern der faschistischen Blitzkriegsstrategie in der Schlacht vor Moskau und die von der Roten Armee erzwungene Wende des zweiten Weltkrieges bei Stalingrad und Kursk lösten einen nachhaltigen Prozeß der Stimmungsveränderung aus. So laut aber auch im Herbst 1940 die Siegesfanfaren der Nazipropaganda ertönten, so brutal auch der faschistische Terror wütete, die Stimme der KPD, die das deutsche Volk aufklärte, konnte nicht zum Schweigen gebracht werden.

- 63 Anfang Juli 1940 veröffentlichte das ZK der KPD diese Stellungnahme: "Die deutschen Imperialisten setzen a l l e Register des Chauvinismus in Bewegung, um das deutsche Volk für die Portsetzung des Krieges zu gewinnen.' Sie behaupten, der weitere Krieg sei 'notwendig im Lebensinteresse des deutschen Volkes'. Tatsächlich aber dient die Fortsetzung des Krieges nur dem ^rofitInteresse und der Machtgier des deutschen Großkapitals. Das wahre Inter.esse des deutschen Volkes e r f o r dert die sofortige Einstellung des verbrecherischen Menschengemetzels. . . Schluß mit der Metzelei! Schluß mit den Blutopfern, mit den Greueln der Vernichtung, mit den furchtbaren Leiden von M i l l i o nen Werktätigen, die die Raubgier und die Machtgelüste dar herrschenden Cliquen dem deutschen Volke auferlegenl Mit ihrem Kampf für einen Frieden ohne Annexionen und Kontributionen, ohne Unterdrückung anderer Völker, v e r t r i t t die Kommunistische Partei Deutschlands das wahre Ihteresse und die Zukunft des deutschen Volkesl

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Anmerkungen 1

Die S c h a l l f o l i e n s i n d a r c h i v i e r t im Dokumentenarchiv des S t a a t l i c h e n Komitees f ü r Rundfunk, B e r l i n , Nr. 70 A und 388. Die s t e n o g r a p h i s c h e M i t s c h r i f t wurde von der K o l l e g i n Marg a r e t e Wenzel a n g e f e r t i g t . Im Kommentar n i c h t b e l e g t e Z i t a t e wurden dem Text d i e s e r Goebbels-Rede entnommen. Die Rede s e l b s t wurde s t i l i s t i s c h n i c h t v e r b e s s e r t . Bemerkungen wurden i n eckige Klammern g e s e t z t . Die durch Tonschwankungen oder Störungen e n t s t a n d e n e n Textauslassungen wurden durch d r e i Funkte gekennzeichnet; andere Auslassungen durch v i e r Funkte. Ob die Rede v o l l s t ä n d i g oder t e i l w e i s e vom Nazirundfunk a u s g e s t r a h l t wurde, i s t n i c h t f e s t s t e l l b a r . Eine l ä n g e r e Zusammenfassung e r s c h i e n im "Völkischen Beo b a c h t e r " , Wiener Ausgabe, vom 27. 10. 1940, S. 1 / 2 . Eine a n d e r e , etwas k ü r z e r e Zusammenfassung e r s c h i e n i n d e r B e r l i n e r Ausgabe vom 27. 10. 1940, S. 2. Sie h a t zwar andere Z w i s c h e n ü b e r s c h r i f t e n und andere Sperrungen, i s t jedoch im Text weitgehend mit der i n der Wiener Ausgabe i d e n t i s c h . Die bedeutsamen K r i e g s z i e l a u s s a g e n wurden n i c h t a b g e d r u c k t . I n d i e Auswahl s e i n e r Reden ( J . Goebbels, Die Z e i t ohne B e i s p i e l . Reden und A u f s ä t z e aus den J a h r e n 1939/40/41, München 1941) nahm Goebbels d i e s e Ausführungen n i c h t a u f . Somit i s t d i e auf S c h a l l f o l i e n e r h a l t e n e Rede d i e e x a k t e Quelle. 2 Aus d e r größeren Zahl m a r x i s t i s c h e r V e r ö f f e n t l i c h u n g e n über d i e f a s c h i s t i s c h e n K r i e g s z i e l e s e i e n h i e r g e n e r e l l genannt! W. Bleyer/K. Drechsler/G. F ö r s t e r / G . Hass, Deutschland 1939 1945 (Deutschland während des zweiten W e l t k r i e g e s ) , Lehrbuch der deutschen Geschichte ( B e i t r ä g e ) , Bd 12, B e r l i n 1969; Anatomie des K r i e g e s . Neue Dokumente über d i e R o l l e des Monopolkapitals b e i d e r Vorbereitung und Durchführung des zweiten W e l t k r i e g e s . Hrsg. und e i n g e l e i t e t von D. E i c h h o l t z und Vi. Schumann, B e r l i n 1969; Aus d e r m a r x i s t i s c h e n S p e z i a l l i t e r a t u r s e i verwiesen auf« R. B a r t h e l , Die K r i e g s z i e l e d e r deutschen I m p e r i a l i s t e n im zweiten W e l t k r i e g . I n j M i l i t ä r w e s e n 7/1961, S. 934 f f . ;

- 65 derselbe, Das Weltherrschaftsprogramm der deutschen Imperialisten im zweiten Weltkrieg. Ins Militärwesen 10/1961, S. 1381 ff.j D. Eichholtz, Die IG-Farben-"Friedensplanung". Schlüsseldokumente der faschistischen Neuordnung des europäischen Großraums (Dok. NI 11 525). Ins Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1966, Teil 3. Berlin 1966, S. 271 ff.| derselbe/G. Hass, Zu den Ursachen des zweiten Weltkrieges und den Kriegszielen des deutschen Imperialismus. Ins Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG) 7/1967, S. 1146 ff.; G. Förster/O. Groehler/G. Paulus, Zum Verhältnis von Kriegszielen und Kriegsplanimg des faschistischen deutschen Imperialismus. Ins ZfG 6/1964, S. 929 ff.; 0. Groehler, Kolonialforderungen als Teil der faschistischen Kriegszielplanung. Ins Zeitschrift für Militärgeschichte 5/1965, S. 547 ff.j J. Schunke, Die ^riegsplanung des deutschen Imperialismus in Vorbereitung des zweiten Weltkrieges, Phil. Diss. Leipzig 1966. 3

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National Archives of the United States, Washington, T 77, Roll 1003, Polder 2, Frame 4 66417; Schreiben von Oberstleutnant Hesse, Abt. Wehrmachtpropaganda II vom 1 5 . 9» 1939 an Hauptmann Dr. Murawski. Völkischer Beobachter, Berliner Ausgabe, vom 14. 4. 1940. Deutsches Zentralarchiv Potsdam (im folgendensDZA Potsdam), Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (im folgendens RMVuP), Protokolle der täglichen Konferenzen des Ministers Dr. Goebbels mit den Abteilungsleitern, Nr. 1 b, Bl. 58j siehe auchs Kriegspropaganda 1939-1941. Geheime Ministerkonferenzen im Reichspropagandaministerium. Hrsg. und eingeleitet von W. A. Boelcke, Stuttgart 1966 (im folgendens Kriegspropaganda ...), S. 299. H. A. Jacobson, 1939-1945. Der zweite Weltkrieg in Chronik und Dokumenten, 6. Aufl., Darmstadt 1962, S. 60. DZA Potsdam, RMVuP, Protokolle ..., Nr. 1 c, Bl. 39$ siehe auchs Kriegspropaganda S. 341.

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DZA Potsdam, RMVuP, Protokolle . . . , Nr. 1 c, Biehe auch« Kriegspropaganda . . . , S. 347« Z i t . nach» Kriegspropaganda . . . , S. 341. DZA Potsdam, RMVuP, Protokolle . . . , Nr. 1 c, siehe auch: Kriegspropaganda..., S. 380. DZA Potsdam, RMVuP, Protokolle . . . , Nr. 1 c, siehe auch: Kriegspropaganda . . . , S. 385« M. Domarus, H i t l e r . Reden und Proklamationen Bd 2, 1. Hbbd, München 1965, S. 1340.

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B l . 84j Bl. 89t 1932-1945«

Ebenda, S. 1422. So z.B. in dem am 31. 5. 1942 in dem L e i t a r t i k e l "Wofür?" von "Das Reich", ähnlich in dem am 18. 10. 1942 in der gleichen Z e i t s c h r i f t erschienenen L e i t a r t i k e l "Der Segen der Erde" und in einer Rundfunkrede vom gleichen Tage in München (Dokumentararchiv des Staatlichen Komitees für Rundfunk/NM 40) - v e r ö f f e n t l i c h t im Auszug ins Anatomie des Krieges, S. 407/408. M. Domarus, H i t l e r , S. 1443. Ebenda, S. 1565. E. Calic, Ohne tiaske. H i t l e r - Breiting Geheimgespräche 1931, Prankfurt a.M. 19°^, S. 77, 100/101. Baldur von Schirach, einer der im Nürnberger Prozeß v e r u r t e i l t e n Hauptkriegsverbrecher, gehört heute in Westdeutschland zu den ehemals führenden Nazis, denen die Monopolpresse, der Rundfunk und das Fernsehen Gelegenheit geben, sich erneut propagandistisch zu betätigen. Verwiesen sei nur auf: B. v . Schirach, Ich glaubte an H i t l e r , Hamburg 1967. Ebenso A. Speer, Erinnerungen - ein Dokument der Zeitgeschichte, Fortsetzungsserie in: Die Welt, 28. 8. 12. 9. 1969, derselbe, Erinnerungen, (West-)Berlin 1969 und sein Interview im Westfernsehen, 1. Programm vom 21. 10. 1969. Vgl. dazu K. Scheel, Meinungsmanipulierung im Faschismus. Die faschistische Propagandamaschinerie - Bestandteil des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems in Nazideutschland. In: ZfG 10/1969.

- 67 20 Vgl. V. Klemperer, LTI. Notizbuch eines Philologen, Berlin 1947, S. 243-248. 21 J. Goebbels, Signale der neuen Zelt. 25 ausgewählte Reden, München 1939, 6. A u f l . , S. 28/29. 22 M. Domarus, Hitler, S. 1578. 23 Vgl. W. A. Boelcke, Kriegspropaganda . . . { derselbe, Wollt Ihr den totalen K rieg? Stuttgart 1967 und Neuauf1. München 1969; H. Heiber, Joseph Goebbels, (West-)Berlin 1962 und Neuaufl. München 1966$ C. Kessemeier, Der ^eltartlkler Goebbels in den HS-Organen "Der A n g r i f f " und, "Das Reich", Studien zur Publizistik, Bd 5, Münster 1967. 24 Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 5« Berlin 1966, S. 540/541j Aus dem Protest des ZK der KPD gegen das Diktat von CompiegnS von Anfang Juli 1940.

- 69 Berichte - Mitteilungen B e r i c h t über das Kolloquium des Internationalen Komitees für die Geschichte des zweiten Weltkrieges in Paris vom 8. - 11. April 1969 zum Themas "Der Krieg im Mittelmeer" An dem Kolloquium nahmen 150 Gäste aus 21 Ländern teil. In sieben .Vor- und Nachmittagssitzungen wurden 59 Referate und Diskussionsbeiträge zu folgenden Theraenkreisen gehalten» 1. Allgemeine Probleme der Politik und Strategie 2. Kriegführung und militärische Operationen 3. Probleme der internationalen Beziehungen 4. Fragen der nationalen und nationalistischen Bewegungen in Nordafrika und im östlichen Mittelmeerraum Bei der überwiegenden Zahl der Referate und Diskussionsbeiträge handelte es sich um Forschungsberichte, die häufig auf der Grundlage neuen Quellenmaterials zur weiteren Erforschung der vorgenannten Problemkreise beitrugen. Dabei wurde zu einer Reihe von Spezialfragen wie z.B. die Verteidigung von Malta, die französische Beteiligung an den Kampfhandlungen in Italien, die französisch-italienischen Beziehungen vor dem Waffenstillstand vom Juni 1940, die UdSSR und der Krieg im Mittelmeer, usw. umfassende Analysen gegeben. Grundsätzlich wurde von nahezu allen Diskussionsteilnehmern der Kriegsschauplatz Mittelmeer dahingehend eingeschätzt, da£ er ständig im Vergleich zum Kampf an der deutsch-sowjetischen Front eine zweitrangige Rolle spielte. In dieser Frage war bei einer bedeutenden Anzahl von Historikern Frankreichs, Großbritanniens, Italiens aber auch Westdeutschlands im Gegensatz zu früheren Auffassungen, wonach viele Entscheidungsschlachten des zweiten Weltkrieges im Mittelmeerraum stattgefunden hätten, ein realistischeres Herangehen an diese Problematik zu verzeichnen. Das Kolloquium zeichnete sich durch eine prinzipielle Diskussion aus. Die Unterschiede zwischen den Auffassungen der marxistischen Historiker, wie sie von Prof. J. Boitin und Prof. P. Shilin (UdSSR) konsequent vertreten wurden, und den verschie-

denen Richtungen der bürgerlichen Geschichtsschreibung kamen klar heraus. Bs war jedoch das Bemühen um eine sachliche Atmosphäre unverkennbar. Zum Gelingen trug eine hervorragende Organisation der Veranstaltung unter der Leitung des Generalsekretärs des Internationalen Komitees für die Geschichte des zweiten Weltkrieges, Prof. Henri Michel (Frankreich), bei. Während das Kolloquiums fand am 10. April eine Versammlung des internationalen Komitees für die Geschichte des zweiten Weltkrieges statt* Eingangs wurde auf dieser die Aufnahme der SDR sowie von zwei weiteren Ländern als gleichberechtigte Mitglieder des Internationalen Komitees einstimmig gebilligt. An dieser Versammlung nahmen ebenso wie am Kolloquium Prof. Dr. Schumann und Dr. Hass (Berlin) teil. Als offizieller Vertreter der DDR ist Prof. Dr. W. Schumann Mitglied des Internationalen Komitees. Die Vertretung für die DDR obliegt dem Arbeitskreis "Zweiter Weltkrieg" beim Zentralinstitut für Geschichte der DAW zu Berlin. Zur Kenntnisnahme für die Mitglieder und Freunde des Arbeitskreises "Zweiter Weltkrieg" möchten wir die gegenwärtigen Mitgliedsländer des Internationalen Komitees mitteilen: Belgien, Volksrepublik Bulgarien, westdeutsche Bundesrepublik, Dänemark, Deutsche Demokratische^Republik, Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Kanada, Niederlande, Korwegen, Osterreich, Rumänische Sozialistische Republik, Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien, Tschechoslowakische Sozialistische Republik, Türkei, Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Vereinigte Staaten von Nordamerika, Volksrepublik Polen, Volksrepublik Ungarn. Im Archiv der Abteilung 1917 - 1945, Arbeitsgruppe Faschismus und zweiter Weltkrieg, befindet sich ein Teil der auf dem Kolloquium gehaltenen Referate (zumeist in französischer Sprache). Mitglieder des Arbeitskreises, die in diese Einsicht nehmen möchten, bitten wir um vorherige schriftliche oder telefonische Anmeldung.

- 71 Die Konzeption für unser vierbändiges Arbeitsvorhaben "Geschichte Deutschlands im zweiten Weltkrieg" ist, nachdem sie bereits 1968 im Bulletin erschien, erneut publiziert worden. Bei Literaturangaben bitten wir auch zu verweisen auf» Jahrbuch für Geschichte. Hrsg. von E. Engelberg, H. Bartel, W. Nimtz, H. Scheel, Bd 3, Berlin 1969, S. 11-94. Am 3. Oktober 1969 wurde die Abteilung 1917-1945 des Zentralinstituts für Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in einer Feierstunde durch den Direktor des Zentralinstituts, Prof. Dr. Horst Bartel, mit dem Titel "Kollektiv der sozialistischen Arbeit" ausgezeichnet. Die Arbeitsgruppe "Faschismus und zweiter Weltkrieg" hatte an den Arbeitsergebnissen des Kollektivs hervorragenden Anteil, wobei insbesondere ihre bisherigen Ergebnisse bei der Fertigstellung des Uanuskriptentwurfs von Eand I der "Geschichte Deutschlands im zweiten Weltkrieg", des Lehrbuchs der deutschen Geschichte Bd 12 (1939-194-5) und die Publikation "Anatomie des Sieges. Neue Dokumente über die Rolle des deutschen Monopolkapitals bei der Vorbereitung und Durchführung des zweiten Weltkrieges", hrsg. und eingeleitet von D. Eichholtz und W. Schumann, Berlin 1969, lobend erwähnt wurden.

Das Redaktionskollegium für die vierbändiRe "Geschichte Deutschlands im zweiten WeltkrieK" tagt in der Regel zweimal im Jahr, um den Stand der Arbeit am Projekt zu prüfen und wichtige Grundfragen zu diskutieren. Im Jahre 1968 stand die Diskussion der Dispositionen der vier Bände im Mittelpunkt seiner Tätigkeit. Im Juni 1969 beschäftigte sich das Redaktionskollegium mit Problemen der Periodisierung des zweiten Weltkrieges, mit der Vorlage für die Ausstattung der vier Bände mit Karten, Skizzen, Tabellen usw. und mit der Vorbereitung eines Kolloquiums über Grundprobleme des ersten Bandes der Geschichte Deutschlands im zweiten Weltkrieg. Die Probleme der Periodisierung des zweiten Weltkrieges werden welter diskutiert.