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German Pages 204 [206] Year 2015
Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement Ein Handbuch
2006-09-28 16-48-24 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S.
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) T00_01 schmutztitel.p 127438987738
Dr. Petra Schneidewind ist Diplom-Kauffrau und Kulturmanagerin, M.A.; seit 1996 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturmanagement der PH Ludwigsburg. Von der Autorin erschien im transcript Verlag: »Selbstmanagement im Musikbetrieb. Handbuch für Musikschaffende«, Bielefeld 2003 (hrsg. gemeinsam mit Martin Tröndle).
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) T00_02 vakat.p 127438987746
Petra Schneidewind
Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement Ein Handbuch
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) T00_03 innentitel.p 127438987754
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© 2006 transcript Verlag, Bielefeld (2., unveränderte Auflage 2012) Umschlaggestaltung & Innenlayout: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Idee und Grafik: Karin Rische, Berlin; Foto: Thomas Knoll, Berlin Korrektorat: Kai Reinhardt, Bielefeld Herstellung: Justine Haida, Bielefeld Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 3-89942-546-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
Inhalt Vorwort
.........................................
1. Einleitung – Problemstellung
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......................
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2. Betrieb – Kulturbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre . . . . . . . . . . . 2.2 Der Kulturbetrieb, das Kulturprodukt und seine Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Betriebswirtschaftliche Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Die Bedeutung des Zielsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Die betrieblichen Prozesse und Funktionen . . . . . . . . . . .
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4. Das Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Die Finanzbuchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Die Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Geschäftsvorfälle verändern die Bilanz – der Rechnungslegungskreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Die Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) . . . . . . . . . 4.1.4 Organisation der Finanzbuchhaltung . . . . . . . . . . . . . 4.1.5 Besondere Geschäftsvorfälle im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.6 Analyse des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.7 Grenzen der Bilanzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.8 Die drei Begriffspaare des Rechnungswesens . . . . . 4.2 Das kamerale Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Die Rechenelemente der Betriebsbuchführung . . . . 4.3.2 Aufgaben und Zwecke der Kosten-und-Leistungs-Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Aufbau der Kosten-und-Leistungs-Rechnung . . . . . . 4.3.4 Die Systeme der Kosten-undLeistungs-Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5 Vorteile der Kosten-und-Leistungs-Rechnung für den Kulturbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41 45 51 60 70 73 79 82 90 91 95 101 102 107 110 117 135
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6) t00_05 inhalt.p 127438987794
5. Das Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.1 Was ist Controlling? Begriff – Aufgaben – Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.2 Einführung von Controlling – schrittweises Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 5.3 Das Berichtswesen – Ergebnis des Controllingprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 5.4 Fallbeispiel: Ulmer Theater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 5.5 Controlling in der Praxis des Kulturbetriebes – Tipps/Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung . . . 178 5.6 Die Balanced Scorecard – Geeignet für den Kulturbetrieb? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
6. Glossar
.......................................
191
7. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
199
8. Abbildungsverzeichnis
201
...........................
9. Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
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6) t00_05 inhalt.p 127438987794
Petra Schneidewind ➔ Vorwort
➔
7
Vorwort
Die Ausbildung zur Kulturmanagerin/zum Kulturmanager ist seit Jahren in den Hochschulbetrieben etabliert. Viele Absolventinnen und Absolventen sind zwischenzeitlich im Arbeitsleben der Kulturbetriebe integriert. Gegenüber der Betriebswirtschaftslehre sind in Studium und Praxis oft große Berührungsängste vorhanden. Als Kulturmanager/Kulturmanagerin sollte man den Anspruch haben, die Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Servicefunktionen zu nutzen und nicht alles selbst machen zu wollen. Das heißt z.B. für die gefürchtete Doppelte Buchführung, dass man die grundsätzliche Funktionsweise verstehen sollte, um die richtigen Schlüsse zu ziehen, aber nicht selbst Buchungssätze bilden muss! Geht man mit dieser Haltung an die Sache heran, wird die Disziplin wesentlich überschaubarer. Trotz dieser Relativierung müssen einige Hürden genommen werden, und das heißt speziell für das Thema Betriebswirtschaft, dass man sich mit vielen Begrifflichkeiten auseinandersetzen muss. Gerade weil die betriebswirtschaftliche Terminologie permanent in Alltagssituationen präsent ist, halte ich eine eindeutige begriffliche Klärung für unverzichtbar. Das Ziel dieses Buches ist es, den Zugang zu den betriebswirtschaftlichen Funktionen, speziell denen des Rechnungswesens, für Studierende des Kulturmanagements und Beschäftigte der Kulturbetriebe dadurch zu erleichtern, dass als Basisausstattung ein Extrakt der Betriebswirtschaftslehre vermittelt wird. Die Erfahrungen, die sich in dieser Publikation niederschlagen, konnte ich weitgehend durch meine Arbeit am Institut für Kulturmanagement der PH-Ludwigsburg sammeln, wo ich seit 1996 für die Lehre im Fach Betriebswirtschaftslehre verantwortlich bin. Zuletzt ein Dank an Annette Gilcher, Ekkehard Jürgens und Jürgen Pelz, die mich auch bei diesem Werk mit ihrer Fachkompetenz unterstützt haben. Karlsbad im August 2006 Dr. Petra Schneidewind
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) T01_00 vorwort.p 127438987810
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) vakat 008.p 127438987818
Petra Schneidewind ➔ 1. Einleitung – Problemstellung
➔
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1. Einleitung – Problemstellung
Der optimale Einsatz von betriebswirtschaftlichen Instrumentarien führt zur bestmöglichen Informationsversorgung sämtlicher Entscheidungsträger und Mitglieder von Kulturbetrieben. Die Informationsempfänger werden über den Istzustand sowie die Chancen, Risiken und Steuerungsmöglichkeiten der Zukunft informiert. Das klingt doch gerade für Kulturbetriebe, deren Spielräume seit Jahren immer enger werden, sehr vielversprechend. Dennoch ist in der Praxis eine gewisse Scheu vor der Betriebswirtschaft und ihren Funktionen festzustellen. An einigen Stellen hat auch das Gerücht überlebt, dass Kultur und Betriebswirtschaft nichts miteinander zu tun hätten. Dem ist ganz deutlich zu widersprechen. Die Betriebswirtschaft bietet Servicefunktionen, die die Zielerreichung von Betrieben fördern. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob es sich um ein kulturpolitisches Ziel oder ein monetäres Ergebnisziel handelt. Als weiteres Argument muss betont werden, dass ein Kulturbetrieb alle Kennzeichen eines »Betriebes« aufweist und damit Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist, sich also in die Reihe Industriebetrieb, Handelsbetrieb, Bankbetrieb etc. ganz selbstverständlich einreiht. Und nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass betriebswirtschaftliche Instrumentarien in den Kulturbetrieben nicht im Zusammenhang mit der Krise der Kulturbetriebe, spätestens ab den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, eingeführt wurden. Man muss vielmehr von einer Weiterentwicklung einer schon immer vorhandenen (allerdings aufs wesentliche reduzierte) Grundausstattung ausgehen, die die oben beschriebenen Vorteile in Aussicht stellt. Das erste Fazit lautet also: Der Kulturbetrieb ist Untersuchungsgegenstand der Betriebswirtschaftslehre und enthält einen großen Teil der betriebswirtschaftlichen Funktionen, die teilweise eine spezifische, auf den Kulturbetrieb ausgerichtete Modifikation erfahren. Für viele Beschäftigte in den Kulturbetrieben bleibt nun aber die Frage, wie die betriebswirtschaftliche Informationsversorgung von Kulturbetrieben bewerkstelligt wird. Dieses Handbuch soll dazu einen Service leisten, indem es die umfangreiche betriebswirtschaftliche Literatur filtert und den Teil wiedergibt, der für den Aufbau eines Informationssystems im Kulturbetrieb relevant ist. Es richtet sich speziell an Praktiker in Kulturbetrieben und Studierende des Kulturmanagements. Aber Vorsicht – es ist nicht als Lösungsbuch, sondern vielmehr als Rezeptbuch zu verstehen! Denn auch innerhalb der Kategorie »Kulturbetrieb« gibt es große Unterschiede, etwa von der Volkshochschule, die zu den Aus- und Weiterbildungsbetrieben zählt, bis hin zu Künstleragenturen, Orchestern und Veranstaltungsbetrieben. Solche Unterschiede verbieten es, pauschale Lösungen für sämtliche nur denkba-
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement
ren Probleme anzubieten. Sinn und Zweck dieses Handbuches ist vielmehr ein Extrakt der Betriebswirtschaftslehre, mit Betonung der im Kulturbetrieb relevanten Funktionen. Auf dieser Grundlage bleibt es jedem Leser selbst überlassen, für »seinen« spezifischen Kulturbetrieb modifizierte Planungsund Arbeitsinstrumente herauszufinden. Der Aufbau des Buches orientiert sich am betriebswirtschaftlichen Funktionensystem. Nach einer kurzen Einführung in den Untersuchungsgegenstand und den Aufbau der Betriebswirtschaftslehre werden die betriebswirtschaftlichen Prozesse vorgestellt: zunächst der Kernprozess »Beschaffung – Produktion – Absatz«, der sich in einen güterwirtschaftlichen und einen finanzwirtschaftlichen Prozess gliedert; und ergänzend dann die Informationsprozesse, die durch die Dienstleistungsfunktionen abgedeckt werden, wie Management, Führung, Marketing, Personalwesen, Finanzwesen und Rechnungswesen. Sämtliche betriebswirtschaftlichen Prozesse und Funktionen werden vorgestellt und gleichzeitig der Beweis geführt, dass sie auch im Kulturbetrieb relevant sind. Der Schwerpunkt der Publikation liegt auf der Funktion Rechnungswesen, die in ihre Bestandteile Externes Rechnungswesen, Kosten-und-Leistungs-Rechnung sowie Controlling gegliedert wird. Das Handbuch schließt mit einem alphabetisch angelegten Glossar der wichtigsten betriebswirtschaftlichen Begriffe und einigen weiterführenden und vertiefenden Literaturhinweisen.
2006-09-28 16-48-26 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S.
9- 10) T01_01 kapitel-einleitung 01.p 127438
Petra Schneidewind ➔ 2. Betrieb – Kulturbetrieb
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2. Betrieb – Kulturbetrieb
2.1 Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Die Betriebswirtschaftslehre ist eine Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaften. Gegenstand der Wirtschaftswissenschaften ist die Erforschung der Wirtschaft, wobei unter Wirtschaft der rationale Umgang mit knappen Gütern verstanden wird. Jeder ist mit der Wirtschaft auf vielfältige Weise verbunden. Ihr Motor ist der Mensch mit seinen (unerfüllten) Wünschen, die in den Wirtschaftswissenschaften »Bedürfnisse« genannt werden. Die vorhandenen menschlichen Bedürfnisse sind die Grundlage der Wirtschaft, denn diese versucht, Bedürfnisbefriedigung herzustellen. Zwischen den Bedürfnissen und den Möglichkeiten, diese zu befriedigen, entsteht ein Spannungsverhältnis. Dieses zwingt die Menschen zu wirtschaften. Sie sind bestrebt, die vorhandenen Mittel so einzusetzen, dass ein möglichst großes Maß an Bedürfnisbefriedigung erreicht wird. Ziel von wirtschaftlicher Tätigkeit ist also die Befriedigung von Bedürfnissen mit materiellen (Lebensmittel, Elektrogeräte u.a.) und immateriellen Gütern (Dienstleistungen, z.B. Friseur, Theateraufführungen, Musikunterricht u.a.). Wirtschaftliches Handeln unterliegt dem Rationalprinzip, auch bekannt als »ökonomisches Prinzip«. Dieses Prinzip kann auf zweierlei Weise ausgedrückt werden: • Maximalprinzip: d.h. mit gegebenem Aufwand an Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital, Boden und nach den neueren Publikationen auch Informationen) den größten Erfolg zu erzielen – es geht also um eine Ertragsmaximierung; • Minimalprinzip: einen gegebenen Ertrag mit geringstmöglichem Einsatz von Produktionsfaktoren zu erwirtschaften, – also den Mitteleinsatz zu minimieren. Das klingt recht einfach, bei der Realisierung des ökonomischen Prinzips treten jedoch eine ganze Reihe von Problemen auf, die häufig auf mangelnde Information zurückgeführt werden können. Wenn die Bedürfnisbefriedigung gelingt, geschieht das durch den Austausch von Gütern. Güter dienen der Befriedigung des menschlichen Bedarfs. Ist der Vorrat an Gütern hinreichend, um den gesamten darauf gerichteten Bedarf stets zu befriedigen, dann handelt es sich um freie Güter. Übersteigt der Bedarf den Vorrat an Gütern oder Dienstleistungen, dann wird von knappen Gütern und Dienstleistungen gesprochen. Nur diese bilden den Gegenstand der Wirtschaftswissenschaften. Der Austausch von Gütern, also das Zusammentreffen von
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement
Angebot und Nachfrage, geschieht auf einem Markt. Märkte sind Orte, an denen mittels Preisverhandlungen die Güternachfrage und das Güterangebot koordiniert werden (Schneck 2000: 12). Noch einmal zusammenfassend: Wirtschaft ist der Inbegriff aller planvollen menschlichen Tätigkeit, die unter Beachtung des ökonomischen Prinzips mit dem Zweck erfolgen, die an den Bedürfnissen der Menschen gemessene, bestehende Knappheit der Güter zu verringern. Die Wirtschaftswissenschaften werden in zwei Teildisziplinen gegliedert: die Volkswirtschaftslehre und die Betriebswirtschaftslehre. Die Volkswirtschaftslehre widmet sich den gesamtwirtschaftlichen bzw. makroökonomischen Zusammenhängen und Beziehungen zwischen den Privathaushalten, den Unternehmen, dem Staat und dem Ausland. Im Rahmen der Volkswirtschaftslehre werden z.B. das Bruttoinlandsprodukt, die Staatsverschuldung, die Staatsquote oder das Handelsbilanzdefizit ermittelt. Die Betriebswirtschaftslehre dagegen stellt als Erkenntnisobjekt den Betrieb in den Mittelpunkt, es geht um eine einzelwirtschaftliche, mikroökonomische Analyse. Ein Betrieb ist eine planvoll organisierte Einheit, in der Sachgüter oder Dienstleistungen erstellt und abgesetzt werden. Betriebe lassen sich u.a. nach folgenden Klassifikationsmerkmalen ordnen (vgl. ebd.: 30): • • • • • • • • • •
Art der Bedarfsdeckung (Unternehmen, Haushalte); Art der Anteilseigner (private, öffentliche); Art der erzeugten Leistung (Sachleistung, Dienstleistung); Art der Rechtsform (Öffentliches Recht, Privates Recht); eingesetztes Fertigungsprinzip (Einzel-, Serien-, Massenproduktion); maßgebliche Produktionsfaktoren (arbeits-, kapitalintensiv); Größe (groß, mittel, klein); Leitungsbefugnis (Eigentümerunternehmer, Managerunternehmer); Steuerbelastung (Personensteuern, Körperschaftsteuern); Branchenzugehörigkeit (Handel, Bau, Kultur, …).
Zu beachten ist auch, dass sich Betriebe in vielerlei Abhängigkeitsverhältnissen befinden. Dies wird deutlich, wenn man eine Auswahl von situativen Einflussfaktoren zusammenstellt (vgl. Schneck 2000: 16): • Politik/Recht (Gesetzgebung als rechtlicher Rahmen, kulturpolitische Zielsetzungen, EU-Gesetzgebung); • Wertewandel (Freizeitorientierung, Individualisierung, Erlebnisorientierung u.a.);
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11- 26) T01_02 kapitel 02.p 127438987858
Petra Schneidewind ➔ 2. Betrieb – Kulturbetrieb
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• soziales Umfeld (demographische Entwicklung, multikulturelle Entwicklungen, Arbeitslosigkeit, Bildungsstandards u.a.); • Wirtschaft (abnehmendes Wirtschaftswachstum, hohes Kostenniveau, Globalisierung, neue Märkte, Arbeitszeitflexibilisierung etc.); • Technologie/Ökologie (fortschreitende Automatisierung, Schnelligkeit, Kommunikationsnetze, Neue Medien etc.). Für das zielorientierte Management eines Betriebes, insbesondere für strategische Entscheidungen, müssen Informationen über sämtliche Einflussfaktoren und deren Relevanz vorliegen. Die Betriebswirtschaftslehre ist daher nicht auf ein Zahlenwerk zu reduzieren. Vielmehr geht es um Zielerreichung eines Betriebes unter Berücksichtung all seiner Rahmenbedingungen. Das Rechnungswesen, welches das zahlenmäßige Abbild eines Betriebes darstellt, ist dabei nur eine Teilfunktion. Fasst man den Betrieb als eine Kombination von Produktionsfaktoren auf, mit denen seine Eigentümer bestimmte Ziele realisieren wollen (z.B. Maximierung ihres Einkommens, Verbesserung ihres Sozialprestiges, Erringung wirtschaftlicher Macht u.a.), so sind Gegenstand einer solchen Betriebswirtschaftlehre alle Entscheidungen über den Einsatz von Mitteln, mit denen diese Ziele optimal realisiert werden können. Die Zielsetzungen können stark variieren. Wesentliches Merkmal des Betriebes ist – unabhängig von der Zielsetzung – das Vorliegen eines produzierenden Systems. Dies ist auch in einem Kulturbetrieb gegeben: Schon die Bezeichnung, es werde eine Aufführung (Theater), ein Film oder ein Buch produziert, deutet darauf hin, dass Kulturbetriebe produzierende Systeme sind. Der Begriff Kulturbetrieb meint zum einen die einzelne kulturelle Einrichtung (Theater, Museum, Bibliothek etc.), zum anderen versteht man darunter aber auch die Gesamtheit der Organisationen und Institutionen, die sich mit der Produktion und Vermittlung von Kultur befassen (vgl. Heinrichs/Klein 2001: 179). Diese werden nach rechtlichen und gewinnwirtschaftlichen Kriterien in drei Gruppen gegliedert: a. privatwirtschaftlich-kommerzielle Kulturbetriebe (z.B. Verlage, Künstleragenturen, Musik- und Filmproduzenten); b. privatrechtlich-gemeinnützige Kulturbetriebe (z.B. Kultur- und Kunstvereine, privatrechtliche Stiftungen); c. öffentlich-rechtliche Kulturbetriebe (kommunale Theater, Staatstheater, Landesbühnen, Museen, Bibliotheken, Kulturämter).
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement
Den Begriff »Unternehmen« verwendet man nur, wenn es um Betriebe mit erwerbswirtschaftlicher Zielsetzung geht, also um solche, die gewinnorientiert arbeiten. Im Kulturbereich gibt es sicherlich viel mehr Kulturbetriebe als Kulturunternehmen, obwohl Letztere einen nicht unbeträchtlichen Wirtschaftsfaktor stellen (siehe Tab. 1). Tabelle 1: Anzahl der Unternehmen und deren Umsätze in der Kulturwirtschaft Wirtschaftsgliederung
Unternehmen u. selbst. Künstler/ -innen
Anteil am Gesamt
Umsatz
Anteil am Gesamt
2003
2003
2003
2003
absolut
%
In Mio. €
%
Verlagsgewerbe, Tonträgerindustrie
9.356
7%
36.974
50 %
Filmwirtschaft mit TV-Produktion
8.134
6%
7.223
10 %
Rundfunk/ TV-Unternehmen
826
1%
7.656
10 %
Darstellende/ bildende Künste, Literatur, Musik
35.305
26 %
5.558
8%
Journalisten/ Nachrichtenbüros
13.931
10 %
1.865
3%
Museumsshops, Kunstausstellungen
1.187
1%
521
1%
Einzelhandel Bücher, Zeitschriften etc.
7.712
6%
3.791
5%
Architekturbüros
36.789
27 %
7.058
10 %
Designbüros
21.007
16 %
3.059
4%
134.578
100 %
73.706
100 %
Quelle: Söndermann, Michael: Arbeitskreis Kulturstatistik e.V., November 2005
Der Beitrag der Kulturwirtschaft an der Bruttowertschöpfung erreichte im Jahr 2003 insgesamt 35 Mrd. Euro. Das entspricht einem Anteil von 1,6 Prozent am gesamten Bruttoinlandsprodukt 2003. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen liegt die Kulturwirtschaft damit ungefähr zwischen der chemischen Industrie und der Energiewirtschaft und wird für die Zukunft als Wachstumsbranche eingeschätzt. Kein Betrieb kann isoliert für sich allein existieren, jeder ist über die Beschaffungs- und Absatzmärkte mit anderen Wirtschaftseinheiten und über den gesetzlichen Zwang zur Steuerzahlung mit dem Staat verbunden. Eine
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11- 26) T01_02 kapitel 02.p 127438987858
Petra Schneidewind ➔ 2. Betrieb – Kulturbetrieb
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Auswahl der inner- und außerbetrieblichen Koalitionspartner eines Betriebes zeigt die Grafik in Abbildung 1. Abbildung 1: Koalitionspartner im Betrieb (Auswahl)
Manager Mitarbeiter
Konkurrenten
Gewerkschaften
Lieferanten
Kunden
Betrieb
Verbände Sponsoren
Medien
Staat/Behörden
Gläubiger Anteilseigner
Quelle: Schneck 2000: 17
Die Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaftsdisziplin gliedert sich in die allgemeine und die spezielle Betriebswirtschaftslehre. Die allgemeine Betriebswirtschaftslehre untersucht Tatbestände, die für alle Wirtschaftseinheiten gleichermaßen Gültigkeit haben, unabhängig vom Wirtschaftszweig, der Rechtsform oder den Eigentumsverhältnissen. Dazu zählen die Themen Beschaffung, Produktion, Absatz, Finanzwirtschaft, Personalwirtschaft, Materialwirtschaft, Rechnungswesen, Organisation und Planung. Der zweite Teil, die spezielle Betriebswirtschaftslehre, beschäftigt sich mit betrieblichen Problemen, bedingt durch die Besonderheiten der einzelnen Wirtschaftszweige. So gibt es eine spezielle Betriebswirtschaftslehre für die Branchen Bank oder Versicherungen, Industrie, Handel, Verkehr, Öffentliche Betriebe und Non-Profit-Betriebe. Nun könnte man die Kulturbetriebe bei den Non-Profit-Betrieben oder auch bei den Öffentlichen Betrieben einordnen. Dies gilt jedoch nicht für alle. Wir wollen stattdessen eine weitere spezielle Betriebswirtschaftlehre der Kulturbetriebe ergänzen. Dies ist sicher gerechtfertigt, da wie oben dargelegt auch eine ganze Reihe von Kulturbetrieben erwerbswirtschaftlich geführt wird.
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement
Abbildung 2: Gliederung der Betriebswirtschaftslehre
Betriebswirtschaftslehre
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre
• Beschaffungswesen • Produktionswirtschaft • Absatzwirtschaft • Finanzwirtschaft • Personalwirtschaft • Materialwirtschaft • Rechnungswesen • Organisation • Planung
Spezielle Betriebswirtschaftslehre
• Banken • Versicherungen • Industrie • Handel • Verkehr • Öffentliche Betriebe • Non-Profit-Betriebe • Kulturbetriebe
Wenn die Themen der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre für alle Wirtschaftseinheiten Gültigkeit besitzen, müsste das folglich auch für Kulturbetriebe gelten. Die Überprüfung ergibt, dass Kulturbetriebe selbstverständlich auf dem Beschaffungsmarkt agieren, um ihre künstlerischen Ressourcen (Musiker, Schauspieler, Lehrkräfte oder Ausstellungen) einzukaufen. Die kulturelle Leistung (die Ballettproduktion, der Film oder das Festival) stellt das Produkt dar, dazu werden finanzielle Ressourcen benötigt, deren Beschaffung Aufgabe der Finanzwirtschaft ist. Außerdem sind genügend Nachfrager notwendig, die auf dem Absatzmarkt zu finden sind. Kulturbetriebe sind häufig sehr personalintensive Betriebe, d.h. die Themen Personalverwaltung, Personalentwicklung und Führung sind nicht zu umgehen. Für einige Betriebe trifft auch zu, dass sie materialintensiv sind, z.B. Theaterbetriebe, die Rohstoffe zur Herstellung von Bühnenbildern und Kostümen kaufen. In diesen Fällen treten auch Fragen von Bestellpolitiken und Lagerhaltung auf. Theaterbetriebe sind auch ein Beispiel für anlagenintensive Kulturbetriebe, da sie ein hohes Maß an technischer Ausstattung benötigen: Man denke nur an die komplizierte und aufwendige Bühnentechnik mit Unter- und Obermaschinerie, Beleuchtung und Tontechnik. Fragen der Organisation lassen sich in die Bereiche Aufbauorganisation (wer macht was?) und Ablauforganisation (zeitlicher Ablauf) gliedern, beide haben auch in Kulturbetrieben eine große Bedeutung, da es sich bei kulturellen Produktionen um sehr arbeitsteilige Prozesse handelt. Daher nutzt vor allem die Ablauforganisation professionelle Techniken, um die vielen verschiedenen
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Petra Schneidewind ➔ 2. Betrieb – Kulturbetrieb
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Aktivitäten zeitlich zu koordinieren und auf einen bestimmten Endtermin hin abzustimmen. Planung ist in den Kulturbetrieben allgegenwärtig: Der Spielplan dominiert den Tagesablauf im Theater- oder Veranstaltungsbetrieb, der Stundenplan in der Musik- oder Volkshochschule, die Ausstellungsplanung Anfangs- und Endpunkte im Museums- und Galeriebetrieb. Möchte man ein kulturelles Produkt anbieten, braucht es oft mehrere Jahre Vorlauf, so z.B. bei großen Musiktheaterproduktionen, bei großen Festivals, bei Ausstellungen etc. Planung bezieht sich nicht nur auf die Inhalte, sondern vor allem auch auf die Planung von Ressourcen (Zeit, Personal, finanzielle Mittel, Räume etc.). Sämtliches Zahlenmaterial eines Kulturbetriebes hat seine Quelle im Rechnungswesen, dort finden sich auf jeden Fall die chronologischen Aufzeichnungen im Sinne der Rechenschaftslegungen – und je nach Ausbau des Rechnungswesens darüber hinaus auch Planungsgrößen. Sämtliche Teilgebiete der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre sind selbstverständlich auch Teil eines Kulturbetriebes. Den Besonderheiten, die einen Kulturbetrieb von einem Industrie- oder Handelsbetrieb unterscheiden, muss folglich eine spezielle Betriebswirtschaftslehre für Kulturbetriebe Rechnung tragen. Man kann bei den Kulturbetrieben davon ausgehen, dass eine Minimalausstattung an betriebswirtschaftlichen Instrumentarien vorhanden ist, insoweit wie es gesetzlich vorgeschrieben ist – etwa ein Externes Rechnungswesen zur Dokumentation und Legitimation. Folglich sind die betriebswirtschaftlichen Instrumentarien nicht im Zusammenhang mit den finanziellen Grenzen und Existenzbedrohungen von Kulturbetrieben der letzten Jahre in den Kulturbetrieben aufgetaucht. Die Überlegungen, die eine solche Meinung häufig unterstützen, zielen auf einen Ausbau der Grundausstattung, weil man darin die Chance sieht, eine bessere zielorientierte Steuerung zu verwirklichen. Dass die Betriebswirtschaft trotzdem für viele Akteure des Kulturbetriebes befremdlich ist, ist völlig normal. Dieses Phänomen tritt auch in vielen Industriebetrieben auf, wo bspw. Entwicklungsingenieure oder Softwaredesigner oft eine große Distanz zu den betriebswirtschaftlichen Denkweisen haben. Die Kunst besteht eher darin, dass man gerade in einem sehr arbeitsteiligen Umfeld die Aufgaben an die richtigen Personen vergibt. Hier sind die Kulturmanager gefragt, um vermittelnd zwischen den kreativen künstlerischen Prozessen und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Budgeteinhaltung etc.) zu agieren. 2.2 Der Kulturbetrieb, das Kulturprodukt und seine Besonderheiten Kulturbetriebe haben den Anspruch auf eine speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Betriebswirtschaftslehre. Um diese Forderung zu unter-
2006-09-28 16-48-27 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S.
11- 26) T01_02 kapitel 02.p 127438987858
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement
mauern, sollen hier die wesentlichen Besonderheiten des Kulturbetriebes und seiner Produkte zusammengestellt werden. • Oberstes Ziel der Kulturbetriebe ist die Ermöglichung von Kunst und Kultur, dies gilt sowohl für öffentlich-rechtliche als auch für privatwirtschaftliche Betriebe. Eine solche Gemeinsamkeit über die Grenzen unterschiedlicher Rechts- und Betriebsformen hinaus kennt man in anderen Bereichen nur selten (Heinrichs 1999: 17). Die kommerziellen Betriebe müssen sich, um erfolgreich zu sein und um entsprechende Gewinne zu erzielen, am Markt orientieren. Die Non-Profit-Betriebe sind durch die für sie typische politische Legitimation, welche sich in einem kulturpolitischen Auftrag niederschlägt, von dem Zwang der Gewinnerzielung befreit. • Der Kulturbetrieb weist eine besondere Komplexität auf, ein höchst differenziertes Netz von zusammenwirkenden Personen und Institutionen, die teilweise extrem spezialisiert sind und die nur durch sehr gezielte und äußerst sensibel angelegte Steuerungshandlungen zu einer erfolgreichen Kooperation bewegt werden können (Heinrichs 1999: 21). • Kulturbetriebe sind sehr personalintensive und arbeitsteilige Betriebe. Nehmen wir beispielsweise einen Theaterbetrieb. Der Deutsche Bühnenverein hat vor einigen Jahren eine Broschüre mit dem Titel »Berufe am Theater« herausgegeben, in dem genau 100 Berufe differenziert sind. Es wird eine Gruppierung vorgenommen in künstlerische Berufe (Dirigent, Dramaturg, Regisseur, Choreograph, Korrepetitor u.a.), bühnenbildnerische Berufe (Ausstatter, Bühnenbildassistent, Requisiteur), Kostümund Maskenbildner (Gewandmeister, Kostümbildner, Waffenmeister u.a.), bühnentechnische Berufe (Maschinist, Lichtdesigner, Werkstättenleiter u.a.), Haus- und Verwaltungsberufe (Garderobier, Pförtner, Verwaltungsleiter u.a.) sowie sonstige Berufe (Disponent, Inspizient, Theaterpädagoge u.a.).1 Die Einteilung lässt auch gleichzeitig auf völlig unterschiedliche menschliche Charaktere schließen, die für die Zielerreichung zusammenwirken müssen. • Der Konsum von Kulturprodukten kann individuell stattfinden, d.h. der Nutzer kann Art, Ort und Zeit des Kulturkonsums frei wählen, z.B. in Form von Büchern, CDs, DVDs etc. Bei vielen kulturellen Produkten findet ein kollektiver Verbrauch statt, etwa im Theater, Konzert, Ausstellung oder Film. Viele Besucher hören, sehen, genießen gleichzeitig an einem Ort. • Das künstlerische Produkt ist oft nicht konservierbar, Produktion und Konsum fallen zusammen, z.B. bei Konzerten und Theateraufführungen.
1 Siehe die komplette Auflistung in Deutscher Bühnenverein (2002).
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Das Produkt ist nie gleich, jede Aufführung unterscheidet sich (Tagesform der Künstler, andere Besetzungen etc.). • Eine Besonderheit ist, dass sich die menschliche Arbeit in den Kulturbetrieben nur in geringem Maße technisieren oder automatisieren lässt. Man kann beispielsweise im Musiktheater nur in beschränktem Maße bei einem Stück Kürzungen vornehmen. Verzichtet man auf Musiker, bestimmte Rollen oder versucht, Probezeiten einzusparen, kann das nur auf Kosten der Qualität des Dargebotenen geschehen. Ein begrenzender Faktor ist z.B. auch die Physis der Musiker, Sängerinnen und Sänger, die es nicht ermöglicht, ein erfolgreiches Stück jeden Abend zu spielen. Sie benötigen Ruhezeiten, die ihnen tariflich zugesichert werden – ein spezieller Arbeitsschutz für Kulturschaffende, der gleichzeitig eine manageriale Rahmenbedingung darstellt. Diese Besonderheit im Kulturbetrieb wird auch als »Baumol’s Disease« bezeichnet. Die amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler W. Baumol und W. Bowen2 entdeckten eine Gesetzmäßigkeit, nach der die Produktivität der Arbeit in der gesamten Volkswirtschaft durch den Einsatz neuer Technologien ständig steigt und sich damit auch der Wert der Arbeit fortwährend erhöht. In den vorwiegend produzierenden Künsten aber bleibt die Produktivität der Arbeit konstant, obwohl auch dort der Preis für die Arbeit im gesamtwirtschaftlichen Maße gestiegen ist. Die sich zwischen Arbeitsproduktivität und Arbeitskosten bildende Schere kann nur durch steigende öffentliche Zuschüsse geschlossen werden. • Produktanpassungen, z.B. an den Publikumsgeschmack, sind nur bedingt möglich. • Für die öffentlich-rechtlichen Kulturbetriebe ist eine gewisse politische Einflussnahme durch die Vorgabe von kultur- oder bildungspolitischen Zielen typisch. Diese werden heute in der Regel mit einem bestimmten finanziellen Budget gekoppelt. • Die Preisbildung erfolgt nicht über den Marktmechanismus, es handelt sich oft um politische Preise mit dem Ziel, Kulturveranstaltungen einem möglichst großen Publikum zugänglich zu machen. • Gerade im Kulturmanagement hat man es mit hochkomplexen Entscheidungsvorgängen zu tun, in die eben nicht nur finanzielle, organisato2 Die Studie »Performing Arts – the Economic Dilemma« der Autoren William J. Baumol und William G. Bowen erschien im Jahr 1966 und stellt das Basiswerk im Bereich Kunstökonomie dar. Diese Studie bewirkte den Durchbruch, Kunst als ein eigenständiges Objekt ökonomischer Analyse anzusehen.
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rische und technische Aspekte einfließen, sondern auch ästhetische, kulturhistorische und – im weitesten Sinne – auch soziale (Heinrichs 1999: 129). 2.3 Betriebswirtschaftliche Entscheidungen Bei der Führung eines Betriebes werden ständig Entscheidungen gefordert. Dies können Entscheidungen strategischer Natur sein, z.B. bzgl. der Standortwahl, Rechtsform, Produktprogramm, Zielgruppen etc., oder auch operativer Natur: z.B. Fragen, wie sich kurzfristig der erkrankte Pförtner ersetzen lässt. Die Entscheidungssituationen lassen sich unterscheiden in Routineentscheidungen, strategische oder operative Entscheidungen, einmalig oder laufende Entscheidungen, gegenwärtige oder zukünftige Entscheidungen. Bezüglich des Sicherheitsgrades werden sie unter Unsicherheit/Risiko oder mit sicheren Informationen getroffen. Die Betriebswirtschaftslehre hat für die Schlüsselfunktion Entscheiden eine Reihe von technischen Hilfsmitteln erarbeitet, die aber für das Kulturmanagement weniger geeignet sein dürften, da sie in hohem Maße messbare und bewertbare Faktoren einbeziehen, wie sie im Kulturmanagement kaum zur Verfügung stehen. Stattdessen sollte im Kulturmanagement der Stellenwert der persönlichen und durchaus subjektiven Entscheidung hervorgehoben werden. Welcher Sänger einer Opernpartie die notwendige Farbe gibt, lässt sich wohl kaum mit Entscheidungsbäumen ermitteln (Heinrichs 1999: 129). Neuere Erkenntnisse verhaltens- und organisationswissenschaftlicher Art haben gezeigt, dass Entscheidungsabläufe in der Praxis durch folgende Faktoren geprägt sind, die auf die Entscheidungsfindung wesentlichen Einfluss haben: • Je höher die Komplexität einer Entscheidung, umso individueller wird der Entscheidungsvorgang abgewickelt. • Es liegt nur eine begrenzte Kapazität der Informationsaufnahme und -verarbeitung bei den Entscheidungsträgern vor, was oft zu Voreingenommenheit führt. • Auf der Basis eines unvollkommenen Suchprozesses wird meist nur eine begrenzte Anzahl von Alternativen entwickelt. • Es wird keine maximale Lösung des Entscheidungsproblems, sondern lediglich eine befriedigende Lösung auf der Grundlage des jeweils vorherrschenden Anspruchsniveaus angestrebt. Jede unternehmerische Entscheidung ist genau genommen die Folge einer
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Information, so dass der Informationsqualität eines Betriebes eine Schlüsselrolle zukommt. Wichtig ist für den operativen Prozess, dass überhaupt Entscheidungen getroffen werden, und dafür sind zum einen Ziele und zum anderen Informationen von großer Bedeutung. 2.4 Die Bedeutung des Zielsystems Im Kapitel 2.1 haben wir gesehen, dass der Mensch mit seinen unerfüllten Bedürfnissen der Motor der Wirtschaft ist. Die Betriebe sehen ihre Aufgabe darin, Bedürfnisbefriedigung herzustellen. Im Zusammenhang mit dieser Zweckerfüllung sollen konkrete Betriebsziele verfolgt und erreicht werden. Das definierte Ziel entspricht dem angestrebten Zustand des Betriebes in der Zukunft. Zielerreichung tritt dabei nicht von selbst ein, manageriale Steuerung auf das Ziel hin ist notwendig. Ohne Zielvorgabe ist das Handeln eines Betriebes beliebig. Die Notwendigkeit gilt selbstverständlich auch für Kulturbetriebe, doch trifft man in der Praxis an diesem Punkt oft auf Lücken. Ziele sind gar nicht vorhanden, zu vage formuliert, veraltet oder schlichtweg nicht bekannt. Was so leicht gesagt ist – »Ziele sind notwendig« –, ist für jeden Betrieb echte Präzisionsarbeit. Heinrichs macht speziell für die Kulturbetriebe darauf aufmerksam, dass Ziele und Zwecke voneinander abgegrenzt werden müssen. Der Betriebszweck ist von allgemeinerer Art (z.B. Kultur ermöglichen). Ziele sind sowohl bei der Zieldefinition als auch bei der Aussage zur Zielerreichung konkreter (Heinrichs 1999: 133). Das nachfolgende Beispiel soll dies verdeutlichen. Tabelle 2: Zielarten und Zielobjekte am Beispiel einer Kunstausstellung Zweck/Zielart
Zielobjekt
Zweck
Kultur ermöglichen
Outputziel
Kunstausstellung in einer Städtischen Galerie
Systemziele
Kontinuität in der Förderung der Bildenden Kunst; Positionierung der Städtischen Galerie als Zentrum des regionalen Kunstgeschehens
Produktziele
Ausstellung von 50 Bildern und 10 Skulpturen; hohe Qualität der ausgestellten Exponate; Behauptung eines eigenen Stils, der deutlich Bildungs- und Kunstförderung vor kommerzielle Ziele stellt
Abgeleitete Ziele
Bereiche außerhalb des primären Organisationszwecks, z.B. ökonomische, gesellschaftspolitische, soziale Sekundärzwecke
Quelle: Heinrichs 1999: 134
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Ziele sind erwünschte Zustände in der Zukunft und Grundvoraussetzung für das betriebliche Handeln. Ohne eine klare Zielformulierung können die betriebswirtschaftlichen Funktionen eines Betriebes nicht sinnvoll wirken. Dies brachte schon Seneca mit dem Zitat: »Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln möchte, für den ist kein Wind der richtige«, zum Ausdruck. Ziele aufzustellen, zu formulieren und vor allem auch zu kommunizieren, ist in der Tat sehr schwer. Hat ein Kulturbetrieb vor, in den nächsten Jahren seine Besucherzahlen zu steigern, ist das noch kein Ziel, sondern lediglich eine Absicht. Eine konkrete Zielformulierung, die die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, muss den Zielinhalt (Besucherzahlen), das Zielausmaß (Besucherzahlen sollen um 10 Prozent gesteigert werden) und einen zeitlichen sowie sachlichen Geltungsbereich (die Besucherzahlen der Zielgruppe der 20- bis 40-Jährigen sollen im Bereich Schauspiel in der kommenden Spielzeit um 10 Prozent erhöht werden) enthalten. Erst wenn diese vier Zielbestandteile in einer zukunftsorientierten Aussage enthalten sind, kann von einem Ziel gesprochen werden (Schneck 2000: 38). Also lässt sich zusammenfassen: Ein Ziel muss hinsichtlich Zielinhalt, Zielausmaß sowie sachlichem und zeitlichem Geltungsbereich beschrieben sein; die Formulierung muss klar und verständlich sein, die Ziele müssen konsistent, fordernd und gleichzeitig erreichbar und zuletzt überprüfbar sein. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein Betrieb von den motivationalen Wirkungen der Ziele profitieren. Abbildung 3: Zielsteuerung
Zielinhalt
Zielausmaß
Zielzeitpunkt
Zielbereich
Zielsteuerung
Rückkopplung
Zielformulierung
Zielerfüllung Zielkontrolle
Quelle: Preißler 1997: 26
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Von Zeit zu Zeit müssen Ziele auch überprüft werden: Sind sie noch aktuell, erstrebenswert, erreichbar? Sollten sich Rahmenbedingungen ändern, muss das Zielsystem entsprechend modifiziert werden. Über die aktuellen Ziele, die Zielhierarchie und die Zielerreichung muss zwingend kommuniziert werden. Optimal ist, wenn die Mitarbeiter bereits in den Zielbildungsprozess integriert werden. Eine Identifikation der Mitarbeiter mit den Zielen des Betriebes fördert die Motivation und Identifikation und damit die Zielerreichung. In der Regel verfolgt ein Betrieb mehrere Ziele, die sich gegenseitig fördern, behindern, ausschließen oder neutral verhalten können. Sinnvoll ist es, eine Zielhierarchie zu bilden, die eine klare Trennung in Haupt- und Nebenziele vorgibt. Zielkonflikte in den Kulturbetrieben treten häufig zwischen künstlerischen und wirtschaftlichen Zielen auf (z.B. Beschränkung der Probenzeiten aufgrund von Budgetvorgaben; im Orchesterbetrieb wird mit Aushilfen gearbeitet u.a.) oder zwischen künstlerischen Zielen und den Besucher-/Publikums-/Nutzerinteressen etc. (Publikum wünscht Präsenz und Wiederholung der »Top-Ten-Stücke« in ihrem Theater, die künstlerische Leitung möchte immer wieder Neues, weniger Bekanntes, Vergessenes bearbeiten). Tabelle 3: Ziele im wirtschaftlichen Betrieb (Auswahl) Monetäre Ziele (in Geldeinheiten messbar)
Nichtmonetäre Ziele (ökonomische und außerökonomische)
• • • • •
• Streben nach Marktanteilsvergrößerung, Marktführerschaft • Erreichung bestimmter Wachstumsziele • Expansion • Unabhängigkeitsstreben • Gewinnung politischen Einflusses • Streben nach Prestige und Macht • Aufbau eines gewünschten Image, Imagepflege • innovative Produkte/Angebote • Sicherung der Arbeitsplätze • Mitarbeiterqualifikation, Mitarbeiterbindung, Mitarbeiterzufriedenheit • Verpflichtung gegenüber der Familientradition • neue Kooperationspartner finden, Netzwerk aufbauen, verdichten • internationale Kontakte • Verminderung von Umweltbelastungen • Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Leistungen (dominantes Ziel öffentlicher Betriebe!)
Gewinnstreben Umsatzstreben Sicherung der Zahlungsbereitschaft Sicherung der Kapitalerhaltung Kostensenkung
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In wirtschaftlichen Betrieben dominiert scheinbar das Ziel der Gewinnmaximierung. Diese Annahme greift jedoch etwas zu kurz. Wir wollen zunächst einmal eine Auswahl von Zielen eines wirtschaftlichen Betriebes zusammenstellen und diese in monetäre und nicht monetäre Ziele einteilen. Es überrascht vielleicht, dass die nichtmonetären Ziele zahlenmäßig überwiegen. Es lässt sich auch ableiten, dass einzelne Ziele nicht für sich allein verfolgt und erreicht werden können, sondern dass sie sich, wie oben beschrieben, gegenseitig beeinflussen. Ein wirtschaftlich orientierter Betrieb kann nicht einzig und allein das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgen, obwohl dieses Ziel und dessen Erreichung letztlich überlebensnotwendig sind. Vielmehr können Gewinne nur dann realisiert werden, wenn vorher andere Teilziele, die mit dem Gewinnziel in Verbindung stehen, also komplementär sind, erreicht werden. Ein Betrieb ist in ein Beziehungsnetz eingebunden, das auch Abhängigkeitsverhältnisse beinhaltet. Ein solches besteht zu den Kunden des Betriebes. Der Erfolg ist in hohem Maße von den Kunden abhängig: Nur wenn sie das angebotene Produkt nachfragen, kann der Betrieb seine Ziele erreichen. Sie fragen das Produkt dann nach, wenn Qualität, Service, Nutzen etc. des Produktes überzeugen. Wenn dieser Fall eintritt, kommt es zu einem positiven Zusatzeffekt, der Mund-zu-Mund-Propaganda, und das Produkt wird weiterempfohlen. Der Produkterfolg beflügelt auch die Mitarbeiter. Es herrscht eine hohe Arbeitszufriedenheit, und man bemüht sich um Qualitätssicherung und den Service. Hier ist also eine ganze Beziehungskette beschrieben, die natürlich auch negative Effekte auslösen könnte. Damit sollte das Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass »alles mit allem zusammenhängt«. Darum ist es auch falsch anzunehmen, ein wirtschaftlicher Betrieb hätte nur das eine Ziel der Gewinnmaximierung. Richtig ist, dass ein wirtschaftlicher Betrieb sich aus eigener Kraft am Leben erhalten muss. Das gelingt langfristig nur, wenn Gewinne erzielt werden (siehe Kap. 3 zum Zusammenhang vom güterwirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Prozess). Der Realisierung von Gewinnen geht also die Aufstellung und Erreichung einer ganzen Reihe von Teilzielen voraus. Inzwischen ist man sich bewusst, dass die so genannten weichen Faktoren, wie Arbeitszufriedenheit, Service, Kundenorientierung etc., für den angestrebten finanziellen Erfolg entscheidend sind. Es stellt sich nun die Frage, ob sich die Auflistung der oben genannten Ziele, die für Profitbetriebe gelten, wesentlich von den Zielen der Kulturbetriebe unterscheidet. In der folgenden Tabelle sind Ziele für einen nicht gewinnorientierten Kulturbetrieb aufgestellt.
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Tabelle 4: Ziele im nicht gewinnorientierten Kulturbetrieb (Auswahl) Monetäre Ziele (in Geldeinheiten messbar)
Nichtmonetäre Ziele (ökonomische und außerökonomische)
• Ausgeglichenes Ergebnis (NullErgebnis) • Budgeteinhaltung • Sicherung der Zahlungsbereitschaft • Sicherung der Kapitalerhaltung • Kostensenkung
• Streben nach Marktanteilsvergrößerung, Marktführerschaft • Erreichung bestimmter Wachstumsziele • Streben nach Prestige und Macht • Unabhängigkeitsstreben • Sicherung der Arbeitsplätze • Erreichen der politischen Zielvorgaben • Expansion • Aufbau eines gewünschten Image, Imagepflege • Erhalt/Sicherung von Exklusivrechten • innovative Produkte/Angebote • Gewinn an politischen Einflusses • Mitarbeiterqualifikation, Mitarbeiterbindung, Mitarbeiterzufriedenheit • Erreichen von künstlerischen Zielen • Medienpräsenz • Verpflichtung gegenüber der Familientradition • Neue Kooperationspartner finden, Netzwerk aufbauen verdichten • internationale Kontakte • Verminderung von Umweltbelastungen • Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Leistungen (dominantes Ziel öffentlicher Betriebe!)
Im Vergleich der beiden Varianten wird deutlich, dass der Kulturbetrieb selbstverständlich auch monetäre Ziele verfolgen muss, auch wenn das Ziel der Gewinnerzielung oder Gewinnmaximierung fehlt. In beiden Fällen gibt es eine Vielzahl von nichtmonetären Zielen, die die Erreichung der monetären Ziele unterstützen. Man kann festhalten, dass einzelne Teilziele sowohl in einem profit- als auch in einem non-profit-orientierten Kulturbetrieb auftauchen können – der entscheidende Unterschied liegt in der Hierarchie. Der Profitbetrieb muss sein Überleben aus eigener Kraft sichern, er trägt ein höheres Risiko. Gewinne werden zwingend notwendig und damit verlieren gleichzeitig andere Ziele an Gewicht – wenn sich bspw. der Profitbetrieb dem Publikumsgeschmack stärker anpasst, als dies ein Non-Profit-Betrieb tut. Bei Letzterem dominieren die künstlerischen Ziele und Interessen, die politisch abgesichert sind – allerdings auch unter der Prämisse einer bestimmten Budgetvorgabe.
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Für Kulturbetriebe spielen beide Varianten eine Rolle, es gibt sogar Fälle, in denen innerhalb eines Betriebes sowohl die profitorientierte als auch die non-profitorientierte Zielausrichtung zu finden ist, z.B. bei Redaktion und Anzeigenabteilung eines Verlags oder beim wissenschaftlichen Teil eines Museums (die Sammlungen) und Museums-Shop sowie -Caféteria. Neben der Unterscheidung in monetäre und nicht monetäre Ziele ist die Trennung in strategische und operative Ziele üblich. Strategische Ziele sind weit in die Zukunft gerichtet, sie konzentrieren sich auf die zukünftigen Erfolgspotentiale und deren Sicherung. Die operativen Ziele bestimmen den gegenwärtigen Betriebsprozess und führen unmittelbar zu Erfolg oder Misserfolg. Ein strategisches Ziel könnte beispielsweise sein, einen Museumsneubau zu errichten. Mit dieser Entscheidung allein ist noch kein kulturelles Angebot entstanden, es wurden jedoch Potentiale geschaffen. Das damit in Verbindung stehende operative Ziel wäre die Vorgabe, neben der Dauerausstellung pro Jahr zwei Sondersausstellungen zu zeigen. Ein strategisches Ziel ist es beispielsweise auch, sich für den Titel »Kulturhauptstadt Europas« zu bewerben. Mit dieser Entscheidung sind zukünftige Entwicklungspotentiale verbunden, Bekanntheit, Aufmerksamkeit wird in den Medien auf eine Stadt oder Region gerichtet, es ist mit hohen Besucherzahlen und den damit in Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Effekten zu rechnen. Was genau man unter dem Titel »Kulturhauptstadt« präsentiert, ist dann wieder Teil des operativen Managements (Detailprogramm und Durchführung). Diese Beispiele zeigen noch einmal deutlich, dass die Ziele das Handeln eines Betriebes bestimmen. Ziele sind angestrebte Zustände, die zu einem bestimmten Zeitpunkt durch eigenes Handeln erreicht werden sollen und die sich an den übergeordneten Zielen der Organisation orientieren. Die Zielformulierung muss sehr sorgfältig durchgeführt werden, damit die Verzahnung der Ebenen gelingt. Die Auseinandersetzung mit Zielen ist daher sehr zeitintensiv – aber diese Investition muss sein! Zur Zielerreichung müssen bestimmte betriebliche Prozesse in Gang gesetzt werden. Welche das sind, zeigt das folgende Kapitel.
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Petra Schneidewind ➔ 3. Die betrieblichen Prozesse und Funktionen
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3. Die betrieblichen Prozesse und Funktionen
Anhand der Teildisziplinen der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre wurde in Kapitel 2.1 bereits gezeigt, dass die Grundstrukturen eines Kulturbetriebes mit denen eines wirtschaftlichen Betriebs vergleichbar sind. In diesem Kapitel sollen nun die einzelnen Funktionen und ihre Aufgaben vertieft und die Verknüpfung zu den wesentlichen betriebswirtschaftlichen Prozessen hergestellt werden. Es lassen sich zwei Kategorien bilden: Grund- und Dienstleistungsfunktionen. Zu Ersteren gehören Beschaffung, Produktion und Absatz. Der Kernprozess, den sie zusammen mit dem gegensätzlich verlaufenden Finanzprozess bilden, wird von sämtlichen betriebswirtschaftlichen Dienstleistungsfunktionen begleitet, die durch ihren Servicecharakter gekennzeichnet sind. Eine Grafik soll das Zusammenwirken der einzelnen Funktionen verdeutlichen, die dann auch im Einzelnen beleuchtet werden (vgl. Abb. 4). Abbildung 4: Das Betriebswirtschaftliche Funktionensystem
Betriebswirtschaftliches Funktionensystem
Dienstleistungsfunktionen
Grundfunktionen
Beschaffung
Produktion
Absatz Rechnungswesen/Controlling/ Finanzen
Management/Personalwesen
Marketing
Der Kernprozess wird auch als Betriebsprozess, betrieblicher Leistungsprozess oder güterwirtschaftlicher Prozess bezeichnet. Was passiert in den einzelnen Phasen? Produktion heißt Kombination von Produktionsfaktoren, und zu diesen zählen hier Arbeit, Kapital sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. Für den reibungslosen Ablauf der Produktion müssen die notwendigen Ressourcen bereitgestellt werden. Dafür ist
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der Beschaffungsbereich verantwortlich. Es müssen zum einen Arbeitskräfte beschaffen werden. Zum anderen geht es um die Bereitstellung von Betriebsmitteln. Darunter sind Sachgüter zu verstehen, die im Leistungsprozess genutzt werden, ohne jedoch mit ihrer Substanz Eingang in die Erzeugnisse zu finden, z.B. Maschinen oder Infrastruktur. Zuletzt braucht es Werkstoffe, dazu zählen alle Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. Diese werden im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses be- oder verarbeitet, gehen also in das Endprodukt mit ein. Das Ende der Prozesskette wird durch den Absatz, also die marktliche Verwertung der Produkte markiert. Der Absatz löst Zahlungsvorgänge und damit einen finanzwirtschaftlichen Prozess aus (vgl. Abb. 5 und 6). Abbildung 5: Güterwirtschaftlicher Prozess
Güterwirtschaftlicher Prozess Beschaffungsbereich
Mate- Produk- Markerialtionstingbereich bereich bereich
Absatzbereich
Quelle: Olfert/Rahn 2003: 28
Güterwirtschaftlicher und finanzwirtschaftlicher Prozess stehen in einem engen Austausch. Das Vorhandensein von finanziellen Mitteln ist Voraussetzung für den güterwirtschaftlichen Prozess, und dieser wiederum muss den Rückfluss in Form von finanziellen Mitteln aufrechterhalten. Im Rahmen des finanzwirtschaftlichen Prozesses wird Kapital beschafft, verwendet, wieder freigesetzt und verwaltet. Die Zuständigkeit für die Gestaltung des Finanzprozesses obliegt dem Finanzbereich. Dort werden Einzahlungen und Auszahlungen des Betriebes geplant, gesteuert und kontrolliert. Die Dienstleistungsfunktionen sichern den reibungslosen Ablauf beider Prozesse und durchdringen alle drei Kernbereiche (vgl. Abb. 4).
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Abbildung 6: Finanzwirtschaftlicher Prozess
Finanzwirtschaftlicher Prozess Beschaffungsbereich
Mate- Produk- Markerialtionstingbereich bereich bereich
Absatzbereich
Quelle: Olfert/Rahn 2003: 28
Welche Probleme und Fragestellungen in den einzelnen Bereichen auftreten, soll nun noch ausführlicher beleuchtet werden – beginnend mit der letzten Phase des Betriebsprozesses, dem Absatz. Er schließt den betrieblichen Wertkreislauf, indem er über die Verwertung der Betriebsleistungen, also durch Verkauf von Sachgütern und Dienstleistungen, den Rückfluss der im Betriebsprozess eingesetzten Geldmittel einleitet und damit die Fortsetzung der Produktion ermöglicht. Der Begriff Absatz ist heute weitgehend durch die Bezeichnung Marketing abgelöst. Marketing, das häufig auch als Konzept der Unternehmensführung verstanden wird, hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Dies ist ganz einfach auf die Tatsache zurückzuführen, dass es bei der gegenwärtigen Marktsituation sehr schwer ist, etwas zu verkaufen. Die Nachkriegsjahre in Deutschland waren von einem Verkäufermarkt geprägt. Die angebotenen Produkte wurden in großen Stückzahlen hergestellt und auch verkauft, es war ein großer Bedarf vorhanden. Das Management konzentrierte sich eher auf den Produktionsbereich, damit an dieser Stelle keine Probleme oder Unterbrechungen auftraten. Die Leistungsverwertung geschah quasi von alleine. Dies veränderte sich mit zunehmender Sättigung der Märkte und dem damit einhergehenden wachsenden Wohlstand. Heute überwiegt der Käufermarkt, d.h. dass sich die Betriebe an den potentiellen Kunden orientieren. Was wird gewünscht? Welche Erwartungen werden an das Produkt geknüpft? In welcher Qualität soll das Produkt angeboten werden? Welchen Preis sind die Kunden bereit zu bezahlen? Die Marketingfunktion in einem Betrieb ist also eine Reaktion auf Veränderungen der Marktgegebenheiten. Es wurde zu Recht erkannt, dass Umfeld und Umwelt sich verändern, dass sich folglich auch die Kunden verändert haben und weiter verändern werden – dass man also nur erfolgreich agieren kann, wenn man diese Veränderungen kennt und entsprechend darauf reagiert. Dies ist eine (Dauer-)Aufgabe des Marketings. Marketing ver-
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langt eine kontinuierliche und konzeptionelle Vorgehensweise. Becker umschreibt den Begriff als die bewusste Führung des gesamten Unternehmens vom Absatzmarkt her, d.h. die Kunden und ihre Nutzen- bzw. Problemlösungsansprüche sowie deren konsequente Erfüllung stehen im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns, um so unter Käufermarkt-Bedingungen Erfolg und Existenz des Unternehmens dauerhaft zu sichern (Becker 1999: 2). Mit dem Kauf eines Produktes soll ein Bedürfnis befriedigt werden. Allerdings befriedigen die meisten Produkte in aller Regel keineswegs nur ein Bedürfnis, vielmehr entstehen mehrere Nutzen parallel. Neben dem Kernnutzen gibt es Zusatznutzen im sozialen Bereich: in den Bereichen Service oder Image. Diese Erkenntnis führt dazu, dass das Produkt präziser definiert werden muss, nämlich als Set von möglichen Nutzen bzw. Vorteilen, wie sie vom Nachfrager wahrgenommen werden (Klein 2004: 386). Menschen kaufen kein Produkt, sondern sie kaufen einen Nutzen. Für Kulturbetriebe gibt es eine spezifische Definition von Kulturmarketing: »Kulturmarketing ist die Kunst, jene Marktsegmente bzw. Zielgruppen zu erreichen, die aussichtsreich für das Kulturprodukt interessiert werden können, indem die entsprechenden Austauscheigenschaften (z.B. Preis, Werbung, Vertrieb, Service usw.) dem künstlerischen Produkt bzw. der kulturellen Dienstleistung möglichst optimal angepasst werden, um dieses mit einer entsprechenden Zahl von Nachfragern erfolgreich in Kontakt zu bringen und um die mit der allgemeinen Zielsetzung des Kulturbetriebs in Einklang stehenden Ziele zu erreichen.« (Colbert 1994: 22) Marketing vollzieht sich in Anlehnung an den Managementprozess, der traditionell in die Phasen Planung – Entscheidung – Realisierung und Kontrolle gegliedert wird, als Marketing-Managementprozess. Es werden drei Ebenen unterschieden (vgl. Klein 2001: 85f.): • die normative Ebene, welche die generellen Ziele, Prinzipien und Normen bestimmt und die Frage des Selbstverständnisses einer Organisation (wer sind wir? was tun wir?) in einem sog. Mission-Statement versammelt; • die strategische Ebene, die sich mit dem Aufbau und der Nutzung von Erfolgspotentialen befasst. Hier wird die eigene Ausgangslage analysiert (wo stehen wir?), das Ziel präzisiert (was genau wollen wir erreichen?) und die Strategie festgesetzt, mit der die Ziele erreicht werden; • die operative Ebene, welche sich mit der konkreten Umsetzung der normativen und strategischen Vorgaben befasst (wie können wir die Strategie umsetzen?).
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Der Marketing-Managementprozess bietet genügend Stoff für eine eigene Publikation, hier kann mit Hilfe der folgenden Grafik ein Überblick gegeben werden, wie der Gesamtprozess aussehen sollte und welche konzeptionellen Grundfragen auf den einzelnen Ebenen zu klären sind (vgl. Abb. 7). Abbildung 7: Der Marketing-Managementprozess
Zielvorstellung Mission Statement
Analyse der Ausgangslage Nachfrageanalyse Wer sind unsere Kunden? Was wollen sie?
Konkurrenzanalyse Wer sind die Konkurrenten? Was tun sie?
Potentialanalyse Stärken und Schwächen
Umfeldanalyse Wie entwickeln sich die relevanten Rahmenbedingungen?
Beschaffungsanalyse Wen/Was brauchen wir?
Zielpräzisierung/Strategieplanung Was wollen wir genau? Auf welchen Wegen sind die Ziele zu erreichen?
Operative Marketingpolitiken Produktpolitik Kommunikationspolitik Preispolitik Distributionspolitik
Quelle: Klein 2001: 95
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Die Führungsfunktion Marketing ist auch im Beschaffungsbereich als Beschaffungsmarketing anzutreffen und hat dort gerade bei den Kulturbetrieben eine ganz besondere Bedeutung. Der Beschaffungsbereich steht am Beginn der Wertschöpfungskette. Beschaffung ist die Bereitstellung nicht selbsterzeugter Produktionsfaktoren für den betrieblichen Prozess. Zu den wesentlichen Beschaffungsmärkten eines Kulturbetriebes zählen der »Künstlermarkt«, auf dem Musiker, Schauspieler, bildende Künstler, Autoren u.a. ihre Leistungen anbieten, sowie Märkte für Material und technisches Equipment. Außerdem hat der Markt für Rechte und Lizenzen im kulturellen Sektor eine große Bedeutung. Kulturbetriebe treten auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf, denn Personalbedarf besteht auch im nicht künstlerischen Bereich (Verwaltung, Hausdienste etc.), und nicht zuletzt auf dem Kapital- und Finanzmarkt (öffentliche Zuwendungen, Spenden und Sponsoren). Wenn wir das Beispiel herausgreifen, zusätzliche finanzielle Mittel in Form des »Fundraisings« zu beschaffen, dann kann man sogar eine Überschneidung von Beschaffungs- und Absatzmarketing feststellen. »Fundraising« hat primär die Funktion, zusätzliches Geld für den Kulturbetrieb zu akquirieren, gleichzeitig ist es aber auch eine Technik zum Aufbau von Beziehungen, zur Kundenbindung, ist also Teil der Kommunikationspolitik eines Kulturbetriebes (Klein 2001: 15). Folgende Fragestellungen dominieren den Beschaffungsbereich: • • • •
Was muss beschafft werden? (Beschaffungsgegenstand) Welche Mengen müssen beschafft werden? (Beschaffungsmenge) Wer kann/soll liefern? (Lieferantenauswahl) Wann muss geliefert werden? (Zeitpunkt, Zeitraum)
Der Beschaffungsbereich eines Betriebes untersucht folglich die Versorgung des Betriebs mit den notwendigen Produktionsfaktoren. Die Versorgung umfasst deren Planung und tatsächliche Beschaffung wie auch die rechtzeitige Zurverfügungstellung (Logistik). Die Entscheidung über Menge, Zeitpunkt, Preis und Qualität der zu beschaffenden Waren wird in der Summe auch als Beschaffungsprogrammentscheidung bezeichnet. Bei der Frage nach dem Beschaffungsprogramm lassen sich Qualitäts-, Kosten-, Liquiditäts- und Sicherungsziele unterscheiden. Oberstes Ziel ist immer die Sicherung der Produktion oder – bspw. im Ausstellungs- oder Festivalbetrieb – die Einhaltung bestimmter Termine, was der Sicherung der Produktion gleichkommt. Die zwischen den genannten Subzielen auftretenden Zielkonflikte müssen entsprechend gesteuert werden. Beispielsweise widerspricht das Ziel, möglichst günstig einzukaufen, unter Umständen dem
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Liquiditätsziel. Ein günstiger Einkaufspreis wird häufig von einer größeren Einkaufsmenge abhängig gemacht, das hat zur Folge, dass beim Einkaufszeitpunkt erstens mehr Liquidität zur Begleichung der Rechnung vorgehalten werden muss, wobei zusätzlich eine hohe Kapitalbindung entsteht, zweitens müssen die eingekauften Materialien gelagert werden, was seinerseits wiederum zu Kosten führt. Kulturbetriebe diskutierten in den letzten Jahren immer wieder eine grundsätzliche Fragestellung, die dem Beschaffungsbereich zuzuordnen ist, nämlich die Frage nach Eigenfertigung oder Fremdbezug. Beispielsweise kommt in den Theaterbetrieben immer wieder die Frage auf, ob es günstiger wäre, verschiedene Leistungen zuzukaufen, z.B. die Kostüme außer Haus fertigen zu lassen. Doch die Theaterbetriebe nehmen für die Sicherung ihrer Qualität und der Termineinhaltung an dieser Stelle meist höhere Kosten in Kauf. Es wird bezweifelt, dass ein externer Lieferant in der Lage wäre, auf kurzfristige Änderungen, die bei der Vorbereitung von Premieren oder Aufführungen an der Tagesordnung sind, zu reagieren. Außerdem entsteht in dem sowieso schon hochkomplexen Theaterbetrieb eine weitere Schnittstelle, die gesteuert werden muss, so dass im Hause selbst weiterhin ein Aufwand anderer Art entsteht. Der Kulturbetrieb Musikschule wurde vielerorts zu Fremdleistungen gezwungen. Musikschulen arbeiten sehr häufig mit Honorarkräften, die Beschäftigung von fest angestellten Lehrkräften mit TVöD-Verträgen wird oft von Seiten der Träger nicht mehr unterstützt. Die Schule verliert durch diese vertragliche Konstruktionen an Qualität. Die Identifikation mit der Schule und die Motivation der Lehrkräfte ist häufig deutlich geringer. Für den Träger ist der Zuschussbedarf für die Musikschule geringer – zu Lasten der sozialen Sicherung der Lehrkräfte und zu Lasten der Kontinuität, also Qualität, für die Schüler. Es zeigt sich auch hier wieder ein Zielkonflikt, der gegenwärtig immer zu Gunsten der finanziellen Größen entschieden wird. Dem Beschaffungsmarketing stehen zur Beeinflussung seiner Märkte analog dem absatzpolitischen Instrumentarium entsprechende Hilfsmittel zur Verfügung. Abschließend ist eine Auswahl der Themenstellungen für den Bereich Beschaffung und Lagerhaltung/Logistik zusammengestellt (vgl. Tab. 5).
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Tabelle 5: Steuerungsthemen im Bereich Beschaffung Beschaffung
Lagerhaltung und Logistik
• • • • • • • • • • • •
• • • • • • • •
Eigenfertigung oder Fremdbezug Beschaffungssortiment Beschaffungsmenge Beschaffungszeitpunkte Güterqualität Beschaffungspreise Bereitstellungsform (Kauf oder Leasing) Lieferbedingungen Zahlungsbedingungen Vertragsgestaltung Beschaffungswege Lieferantenstruktur und Lieferantenauswahl
Lagerkapazität Lagerstandort Lagermenge Sicherheitsbestände Qualitätsprüfung Lagerverwaltung Transportmittel Transportwege
Quelle: Schneck 2000: 205
Wenden wir uns nun noch dem »Kern des Kernprozesses«, der Produktion, zu. Sie ist die Kombination von Produktionsfaktoren zur Erstellung von Leistungen. Betriebliche Leistungen sind Güter und Dienstleistungen. Die Kombination der Produktionsfaktoren hängt von der Art des Betriebes und der Strategie des Managements ab. Produktionsziele sind in der Regel hohe Produktivität, gute Qualität und Flexibilität. Für einige kulturelle Leistungen gilt ebenfalls, dass die flankierenden Bereiche Beschaffung und Absatz gegenüber der Produktion deutlich an Bedeutung gewonnen haben. Für einen Verlag ist es wesentlich, mit welchen Autoren es zum Vertragsabschluss kommt, dasselbe gilt im Tonträgergeschäft. Die Herstellung eines Buches oder einer CD selbst ist eher Routine. Bei einer Theateraufführung dagegen ist die Produktion, wie wir schon weiter oben festgestellt haben, vom Absatz nicht zu trennen – insofern ist die Qualität der Produktion entscheidend für den Publikumserfolg. Im Produktionsbereich geht es darum, einen Kombinationsprozess zu steuern im Hinblick auf die Erreichung der künstlerischen Ziele unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Terminvorgaben, Qualitätsstandards, Kapazitätsauslastungen u.a. Im Produktionsprozess müssen sich die künstlerischen Ideen realisieren, es handelt sich in den meisten Fällen von künstlerischer Produktion um Einzelproduktionen, also die Anfertigung von Unikaten (Inszenierungen, Ausstellungen, Konzerte etc.). Rationalisierungsüberlegungen, die in den Wirtschaftsbetrieben den Produktionsbereich beherrschen, sind für die Kulturbetriebe nicht relevant, hier sollte die künstlerische Freiheit dominieren. Nun soll eine Auswahl von Dienstleistungsfunktionen, nämlich Perso-
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nalwesen, Marketing und Finanzwesen vorgestellt werden. Sie sind Serviceleistungen, die die Kernfunktionen flankieren. Es wurde bereits mehrfach erwähnt, dass im Kulturbetrieb das Personal eine besondere Rolle spielt, darum soll der Personalbereich hier am Anfang stehen. Grundsätzlich gilt: Das Personal ist das Herzstück eines Betriebes. Sowohl fachliche Qualifikation als auch die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind entscheidend für die Effektivität und das Image eines Betriebes. Diese Beziehung ist umso intensiver, je personalintensiver ein Betrieb ist, und die meisten Kulturbetriebe zählen zu den personalintensiven Betrieben. Eine weitere Besonderheit des Kulturbetriebes ist, dass es sich bei der Aussage »personalintensiv« nicht einfach um eine quantitative Größe handelt, es bezieht sich auch auf das Spektrum von Berufen im Kulturbereich. Ein Festival für Neue Musik wird beispielsweise von einem fünf-köpfigen Projektteam vorbereitet und durchgeführt. Der Projektleiter ist Musiker, außerdem ist eine Germanistin im Team, die für Marketing und PR zuständig ist, ein gelernter Elektriker, der den technischen Part übernimmt, eine Bilanzbuchhalterin für die Bereiche Rechnungswesen und Finanzen, und eine junge Kulturmanagerin, für die das Projekt den Berufseinstieg bedeutet und deren Zuständigkeiten als ›Mädchen für alles‹ beschrieben werden kann, mit Schwerpunkt Künstlerbetreuung. Je größer ein Betrieb oder auch ein Projekt ist, umso vielfältiger wird das Personal- und Berufespektrum, was die Personalführung vor besondere Anforderungen stellt. Mit Personalfragen befasst sich im Betrieb die Abteilung Personalwesen bzw. Personalmanagement. Personalmanagement ist ›Pflege‹ der Mitarbeiter und umfasst Personalplanung, Personalentwicklung, Personalführung und Personalverwaltung. Die Personalplanung ist zuständig für die Personalbedarfsplanung, diese zählt zu den schwierigen zukunftsorientierten Entscheidungen. Der Personalbedarf der Zukunft kann auf Basis der Istdaten prognostiziert werden. Dazu ist es notwendig, den aktuellen Personalbestand, die Fluktuation, künftige Personalfreistellungen, Fehlzeiten, Aus- und Fortbildungsnotwendigkeiten, politische Entscheidungen (wie die aktuell geführten Diskussionen zu Arbeitszeit und Kündigungsschutz u.a.) zu kennen. Aus dem Personalbedarfsplan resultiert gegebenenfalls die Notwendigkeit der Personalbeschaffung, und dafür bedarf es ganz besonderer Sorgfalt, denn Personalentscheidungen sind Investitionsentscheidungen. Die Auswahl von Bewerbern bindet in hohem Maße finanzielle und vor allem zeitliche Ressourcen. Schon bei der Ausschreibung einer Stelle sollte das Anforderungsprofil möglichst eindeutig und präzise beschrieben werden. Nicht zu unterschätzen ist die Personalentwicklung, sie umfasst alle Maßnahmen zur Bildung
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und Förderung der Mitarbeiter. Die Personalentwicklung konzipiert Programme zur Aus- und Weiterbildung, mit dem Ziel, sämtliche Arbeitsplätze mit geeigneten Mitarbeitern zu besetzten und so die personellen Ressourcen des Betriebes optimal zu nutzen. Dabei werden sowohl die Anforderungen und Zielsetzungen des Betriebes berücksichtigt als auch die Potentiale und Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter. Zentrales Instrument, um den Bedarf der Personalentwicklung richtig einzuschätzen, sind regelmäßige Entwicklungsgespräche mit den Mitarbeitern. Hier ist nun die Schnittstelle zur Personalführung erreicht, ein kommunikativer Prozess mit dem Ziel der Mitarbeitermotivation. Der Personalbereich ist ein sehr sensibles Feld und erfordert auch umfangreiche Verwaltungsakte, beginnend bei den Verträgen, der monatlichen Gehaltsauszahlung inklusive Steuern und Sozialversicherungen, die Bearbeitung von Krankheitsfällen, Urlaub oder speziellen Dingen wie Mutterschaft, Kuren, Altersteilzeit etc. Personalcontrolling bezieht sich auf alle personalwirtschaftlichen Teilfunktionen im Hinblick auf deren Zielerreichung. Kriterien können sein: Personalkosten, Personalstruktur, Personalentwicklung, Personalbeschaffung, Arbeitsproduktivität, Arbeitszeit u.a. Ziel eines jeden Betriebes sollte es sein, ein gutes Betriebsklima zu schaffen, denn damit gehen eine hohe Motivation und eine geringe Fluktuation einher, was letztlich eine gute Produktivität sichert. Ob die Unternehmensziele erreicht werden können, hängt in sehr starkem Maße vom Personal ab. Um sich langfristig behaupten zu können, muss es dem Betrieb gelingen, seine Mitarbeiter zu einem aktiv denkenden und handelnden Bestandteil des Unternehmens zu machen. Neben der Personalressource sind die finanziellen Ressourcen in jedem Betrieb von großer Bedeutung. Der Kernprozess des Betriebes, Beschaffung – Produktion – Absatz, braucht Geld, um überhaupt anzulaufen. Der Start des Kernprozesses löst quasi eine Initialzündung aus und bringt damit auch den spiegelbildlich verlaufenden finanzwirtschaftlichen Prozess in Gang. Die beiden Bereiche stehen in einer laufenden Wechselbeziehung und können sich gegenseitig begrenzen. Dem Finanzwesen obliegt die Gestaltung des finanzwirtschaftlichen Prozesses, in dem die Einzahlungen und Auszahlungen des Betriebes geplant, gesteuert und kontrolliert werden. Es geht um Kapitalbeschaffung, also den Betrieb mit dem notwendigen Kapital zu versorgen; Kapitalverwendung, d.h. das beschaffte Kapital im Betrieb einsetzen; Kapitalverwaltung, die konkrete Abwicklung der Einzahlungen und Auszahlungen, und unter Umständen auch um Kapitalfreisetzung. Im Folgenden sollen die zentralen Begriffe des Finanzwesens (Finanzierung, Investition und Liquidität) geklärt werden.
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Finanzierung ist das Aufbringen von finanziellen Mitteln, also die Beschaffung von Kapital. Kapitalbedarf entsteht bspw. durch die Gründung eines Betriebes, durch Wachstum oder Expansion, Umwandlung oder Fusion eines Betriebes, um nur einige Anlässe zu nennen. Die Finanzierungsentscheidungen basieren auf einem Finanzplan, der Einnahmen und Ausgaben einer Periode zusammenstellt und somit die kritischen Phasen der Finanzierung transparent macht. Die Instrumente der Finanzplanung sind die Kapitalbedarfsrechnung und der Finanzplan. Der Gegenbegriff zur Kapitalbeschaffung ist der Kapitalabfluss oder die »Entfinanzierung«. Dabei wird Kapital zurückbezahlt, z.B. Stammkapital, Kredite, Gewinnausschüttung. Investition ist die Verwendung von finanziellen Mitteln zur Beschaffung von Sachanlagen (z.B. Kauf von technischer Ausstattung, Fahrzeugen, Büroausstattung), immateriellen Vermögensgegenständen (Lizenzen, Urheberrechte etc.) oder Finanzanlagen (im Kulturbetrieb von geringer Bedeutung). Zu investieren heißt, Kapital zielgerichtet zu binden – das bedeutet gleichzeitig, dass nicht jede Mittelverwendung eine Investition ist. Wenn bspw. ein kurzfristiger Kredit aufgenommen wird, um die laufenden Ausgaben zu finanzieren, handelt es sich nicht um eine Investition! Typisch für eine Investition ist die langfristige Bindung: Der Kauf eines Anlagegutes ist nur schwer rückgängig zu machen. Mit der Investition sollen zukünftige Erträge gesichert werden, d.h., die Ausgabe im Zeitpunkt der Anschaffung soll durch zukünftige Einnahmen kompensiert werden. Die Fragen, ob investiert wird, in welche Anlagegegenstände und zu welchem Zweck, gehören zu den alltäglichen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen, die in einem Betrieb getroffen werden müssen. Die Entscheidung ist mit Risiken verbunden. Man benötigt folglich Informationen, die die Risiken minimieren und dabei die Zielerreichung sichern. Zur Unterstützung von Investitionsentscheidungen stellt die Betriebswirtschaftslehre eine ganze Reihe von Investitionsrechnungen zur Verfügung, auf die hier allerdings nicht eingegangen wird. Eine Desinvestition liegt vor, wenn Anlagegüter wieder verkauft werden und damit früher investierte Mittel erneut für Investitionen zur Verfügung stehen. Liquide zu sein bedeutet, dass der Betrieb in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachzukommen. Für die Existenzsicherung jedes Betriebes hat die Sicherung der Liquidität höchste Priorität. Insolvenz, also Zahlungsunfähigkeit, ist das Ende des Betriebes. Gerade öffentliche Kulturbetriebe, die ihre Rechtsform geändert haben, etwa von einem Regiebetrieb in eine GmbH umgewandelt wurden, müssen eine Liquiditätsplanung betreiben. Sie waren es bisher gewohnt, dass Zahlungen per Auszahlungsanordnung bei der Kämmerei auszulösen sind, sie mussten sich aber nie darum kümmern, ob auch zu jedem Zeitpunkt entsprechend
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finanzielle Reserven vorhanden sind. Dabei ist zu bedenken, dass viele Kulturbetriebe bei ihren finanziellen Prozessen, vor allem auf der Einnahmeseite, großen Schwankungen unterliegen. Die Ausgabenseite ist meist einfacher zu kalkulieren, Auszahlungen für Gehälter, Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuern, Mieten, Versicherungsprämien etc. werden monatlich zu bekannten Stichtagen fällig. Einnahmen kommen weit unregelmäßiger und bleiben bei einigen Kulturbetrieben auch mal einige Monate ganz aus, z.B. bei Saisonbetrieben wie Festivals oder Ausstellungen. Auch öffentliche Gelder fließen eher willkürlich und orientieren sich am Haushaltskreislauf der Träger, es ist auch mit Haushaltssperren zu rechnen, was bedeutet, kurzfristig auf andere Finanzquellen ausweichen zu müssen. Der Finanzbereich eines Betriebes bekommt die Aufgabe, den Betrieb mit dem notwendigen Kapital zu versorgen. Dies bedingt die in der folgenden Abbildung dargestellten Arbeitsschritte (vgl. Abb. 8). Abbildung 8: Gestaltung des finanzwirtschaftlichen Prozesses Feststellung der erforderlichen Investitionen Ermittlung des Investitionsbedarfs
Ermittlung des Kapitalbedarfs Ermittlung der Finanzierungsmöglichkeiten Der Kapitalbedarf kann gedeckt werden
Der Kapitalbedarf kann nicht gedeckt werden Senkung des Kapitalbedarfs Planung der Einzahlungen und Auszahlungen
Abwicklung der Einzahlungen und Auszahlungen Quelle: Olfert 2003: 283
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Nach der Klärung der notwendigen Grundbegriffe soll im Folgenden eine Klassifizierung der Finanzierungsarten vorgenommen werden. Nach der Kapitalherkunft wird in Außen- und Innenfinanzierung unterschieden. Fließt Kapital von externen Kapitalgebern, kann dies Eigen- oder Fremdkapital sein – dies wäre eine weitere Einteilungsvariante (vgl. Tab. 6). Tabelle 6: Finanzierungsarten 1. Finanzierung mit unterschiedlicher Kapitalherkunft Außenfinanzierung Kapital wird von Innenfinanzierung außerhalb des Betriebs zugeführt
Finanzierung erfolgt von innen, d.h. aus eigener Kraft
Beteiligungsfinan- Zuführung von Finanzierung aus zierung Eigenkapital in Umsatzerlösen einen Betrieb von außen in Form von Geldeinlagen, Sacheinlagen, Rechten
Sie ist eine Finanzierung aus zurückbehaltenen Gewinnen, Abschreibungswerten, Rückstellungsgegenwerten
Fremdfinanzierung Zuführung von Finanzierung aus Fremdkapital in sonstigen Kapitalein Unternehmen freisetzungen von außen in Form von Geldeinlagen oder Sacheinlagen
Sie erfolgt durch Maßnahmen der Rationalisierung oder den Verkauf von Vermögensteilen, die keine Absatzgüter sind.
2. Finanzierung mit unterschiedlichen Kapitalarten Finanzierung mit Eigenkapital (EK)
Finanzierung mit Fremdkapital (FK)
Beteiligungsfinan- Zuführung von EK Fremdfinanzierung Zuführung von FK in zierung in einen Betrieb einen Betrieb von von außen in Form außen in Form von von Geldeinlagen, Geldeinlagen und Sacheinlagen, Sacheinlagen Rechten Finanzierung aus zurückbehaltenen Gewinnen (= Selbstfinanzierung)
erzielte Gewinne des Betriebs, die in der Bilanz ausgewiesen oder als stille Reserven vorhanden sind, werden nicht an die EK-Geber ausgeschüttet
Finanzierung aus Rückstellungsgegenwerten
im Betrieb gebildete Rückstellungen werden zur Finanzierung verwendet, soweit sie über den Verkauf der Absatzgüter als Einzahlungen zugeflossen sind
Quelle Olfert 2003: 303ff.
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Die Fremdkapitalgeber sind in der Regel Banken und andere Kreditinstitute, diese bieten sowohl kurzfristige Kredite, denen meist die Vereinbarung einer Kreditlinie des Girokontos zugrunde liegt, welche dem Betrieb somit eine gewisse Flexibilität sichert. Für Investitionen werden spezielle Kreditverträge ausgehandelt, die aufgrund der Kapitalbindung langfristigen Charakter haben müssen. Für Betriebe in der Gründungsphase tritt auch die öffentliche Hand als Kreditgeber auf. Förderprogramme, die entsprechende Anreize zur Betriebsneugründung und Selbstständigkeit auslösen sollen, bieten Kredite zu günstigen Konditionen. Die Zinssätze bewegen sich unter dem Kapitalmarktniveau, in den Anfangsjahren bleiben die Kredite meist tilgungsfrei und auf Sicherheiten wird teilweise verzichtet. Für Kulturbetriebe ist die öffentliche Förderung als Kapitalquelle von großer Bedeutung, sie ist als Außenfinanzierung einzuordnen, da dem Betrieb Kapital von außen zugeführt wird. Wenn der Zuschussgeber gleichzeitig Träger der Einrichtung ist, handelt es sich um Eigenkapital. Wenn Zuwendungen einer öffentlichen Körperschaft fließen, die nicht gleichzeitig Träger einer Einrichtung ist, so spricht man von Drittmitteln. Dazu zählen auch Zahlungsflüsse wie Spenden und Sponsorengelder, denen im Kulturbetrieb große Bedeutung zugemessen wird, die in der Gesamtfinanzierung der Kulturbetriebe aber eher einen marginalen Beitrag leisten. Ist ein Betrieb mit den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital ausgestattet, fehlt zur erfolgreichen zielorientierten Steuerung durch das Management noch eine bedeutende Ressource, die letztlich die Zielerreichung und dazu notwendige Wettbewerbsvorteile sichert, nämlich die Information. Kern des betriebswirtschaftlichen Informationswesens ist das Rechnungswesen, welches hier Schwerpunktthema ist, da seine Entwicklung trotz erster Ansätze in den Kulturbetrieben noch nicht zufriedenstellend ist.
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Petra Schneidewind ➔ 4. Das Rechnungswesen
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4. Das Rechnungswesen
Das Rechnungswesen eines Betriebes hat ganz allgemein die Aufgabe, das betriebliche Geschehen in Zahlengrößen abzubilden. Dazu wird Zahlenmaterial über die gegenwärtigen und zukünftigen wirtschaftlichen Tatbestände und Vorgänge im Betrieb sowie die gegenwärtigen und zukünftigen Beziehungen des Betriebes zu seiner Umwelt zusammengestellt und ausgewertet. Das Rechnungswesen dient der Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität (Dokumentations- und Kontrollaufgabe) und ist gleichzeitig Grundlage für Planungsüberlegungen (Dispositionsaufgabe). Neben diesen internen Zwecken bestehen die externen Aufgaben der Rechenschaftslegung und Information. Bei der Ermittlung der Informationen ist zu beachten, dass das Rechnungswesen grundsätzlich nur die zahlenmäßig erfassbaren, also quantifizierbaren Prozesse abbilden kann und diese mengen- oder wertmäßig darstellt. Das Informationssystem Rechnungswesen ist in ein Externes und ein Internes Rechnungswesen gegliedert. Die Einteilung orientiert sich daran, ob es sich bei den Informationsempfängern um interne (Unternehmensleitung, Abteilungs-, Projektleitungen etc.) oder externe Adressaten (Gläubiger, Kunden, Öffentlichkeit, Finanzbehörden etc.) handelt. Zum Externen Rechnungswesen zählt die Finanzbuchführung, auch als kaufmännische Buchführung oder Doppelte Buchführung bezeichnet, an deren Stelle bei den öffentlichen Betrieben das kamerale Verfahren (siehe Kapitel 4.2) tritt. Zum internen rechnen die Kosten-und-Leistungs-Rechnung, die betriebliche Statistik und die Planungsrechnung. Die Pflege einer Finanzbuchführung und die Erstellung eines Jahresabschlusses mit Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) sind gesetzlich vorgeschrieben. Die Verfahrensweise ist durch entsprechende Vorschriften (vor allem im Handelsgesetzbuch HGB) weitgehend vereinheitlicht. Die Aufgabe der Finanzbuchführung ist die lückenlose, geordnete und nachprüfbare Erfassung aller Geschäftsvorgänge eines Betriebes. Ziel ist es, den Erfolg (Gewinn oder Verlust) einer Periode zu ermitteln und die Veränderung von Vermögen und Kapital in einem bestimmten Zeitraum (Bilanz) zu dokumentieren. Dazu werden Aufwendungen und Erträge sowie Ausgaben und Einnahmen erfasst (zur Differenzierung der Begriffe siehe Kap. 4.1.8). Die Ergebnisse des Internen Rechnungswesens sind für interne Adressaten bestimmt, also die Betriebsleitung, Abteilungs- oder Projektleitungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die größte Bedeutung hat dabei die Kosten-und-Leistungs-Rechnung, welche allein der innerbetriebli-
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chen Information über die Wirtschaftlichkeit des Betriebes dient und im Gegensatz zum Externen Rechnungswesen nicht an gesetzliche Vorschriften gebunden ist. Man orientiert sich grundsätzlich am Informationsbedarf der Informationsempfänger und kann individuelle Lösungen schaffen, d.h., dass hier auch entsprechend spezifische Gestaltungsmöglichkeiten für Kulturbetriebe gegeben sind (z.B. kulturspezifische Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger, die Anpassung des Geschäftsjahres auf den spezifischen Rhythmus etc.). Die betriebliche Statistik dient der Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und der Gewinnung von Unterlagen für die Planung und Disposition. Sie arbeitet hauptsächlich mit betrieblichen Vergleichen und bezieht dazu auch Kennzahlen mit ein. Die Planungsrechnung leitet aus den Daten der Vergangenheit Prognosen für die zukünftige Entwicklung eines Betriebes ab. Sie arbeitet sowohl mit vorhandenem Zahlenmaterial aus der Finanzbuchhaltung und der Kosten-und-Leistungs-Rechnung als auch mit ergänzenden Werten, die in der Regel auf Schätzungen basieren. Grundsätzlich gilt, dass Zahlenmaterial für die Führung und Steuerung eines Betriebes unentbehrlich ist. Die einzelnen Teilgebiete des Rechnungswesens bieten jedoch unterschiedliche Qualitäten von Zahleninformationen. Beispielsweise hat das Externe Rechnungswesen die Schwäche, vergangenheitsorientiert zu sein. Man erhält also bestenfalls einen taggenauen Stand. Diese Informationen waren in der Vergangenheit ausreichend, wo es überschaubare Märkte, lange Produktlebenszyklen und konstante Preise gab. Heute kann man mit dieser Informationsqualität nicht mehr zielorientiert steuern – dies gilt auch für Kulturbetriebe und Kulturverwaltungen. Die Hochrechnung in die Zukunft ist unentbehrlich, ebenso wie diverse Detailinformationen, wie sie etwa die Kosten-und-Leistungs-Rechnung zusätzlich zu den vorhandenen Informationen der Finanzbuchführung erhebt (welche Kosten und Leistungen entstehen, wo und wofür?). Das Rechnungswesen hat sich parallel zur Veränderung der Märkte entwickelt und entsprechend den Notwendigkeiten und akuten Fragestellungen seine Verfahren ausdifferenziert. Die neuesten Verfahren, die unter dem Begriff Kostenmanagement geführt werden, sind die Prozesskostenrechnung und das »Target-Costing«. Sie können aber die traditionellen Systeme der Kosten-und-Leistungs-Rechnung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Die meisten Kulturbetriebe müssen zunächst die Basissysteme integrieren, darum werden diese auch ausführlich dargestellt (siehe Kap. 4.3). Die Grafik »Das Gesamtsystem Rechnungswesen« zeigt die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Teilrechnungen, die Subsysteme des Internen und Externen Rechnungswesens sind (Abb. 9).
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Petra Schneidewind ➔ 4. Das Rechnungswesen
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Abbildung 9: Gesamtsystem Rechnungswesen
Unternehmensleitung Zielsystem Internes Rechnungswesen
E x t e r n e U m w e l t
Finanzcontrolling
Soll-Ist
Ergebniscontrolling
Vergleich
Zielsystem der Unternehmung
Controlling Kostenträgerrechnung
wofür
Kostenstellenrechnung
wo
Ressourcenplanung
Kostenartenrechnung
was
Ergebnisplanung
Kostenrechnung
Zeitplanung
U m w e l t
Planung
INPUT: EingangsAusgangsRechnungen, Verträge, Gehälter, Steuern ...
E x t e r n e
OUTPUT:
Finanzbuchhaltung
GuV Bilanz
externes Rechnungswesen
Die grafische Darstellung soll deutlich machen, dass im Gesamtsystem Rechnungswesen die Finanzbuchhaltung nur ein kleiner Teil ist. Ihre Bedeutung als Datenquelle ist jedoch sehr groß, da die dort aufgezeichneten Daten zum größten Teil in die internen Teilrechnungen mit eingehen. Sie ist quasi das Fundament. Für die Steuerung von Betrieben notwendige Analysen und Prognosen werden im Internen Rechnungswesen durch die Kosten-und-LeistungsRechnung sowie die Planungsrechnung erstellt, die die Istzahlen der Finanzbuchhaltung übernehmen, vergangenheitsorientiert analysieren und um zukunftsgerichtete Plan- und Sollzahlen ergänzen. Beide Subsysteme sind wiederum wichtige Informationsquellen für das Controlling, eine betriebswirtschaftliche Servicefunktion, die ebenfalls zum Rechnungswesen gezählt wird, weil sie sehr stark auf dem Daten- und Zahlenmaterial des
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Rechnungswesens aufbaut. Sie geht aber über reine Rechnungsweseninformationen hinaus, denn Controlling konzentriert sich auf die Steuerung des gesamten Betriebes, benötigt folglich neben quantitativen Daten des Rechnungswesens auch qualitative Daten und berücksichtigt zusätzlich die wesentlichen Austauschbeziehungen zwischen Betrieb und Umwelt, die auch essentiell sind für die Zieldefinition des Betriebes. Abschließend sollen hier die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Internem und Externem Rechnungswesen noch einmal gegenübergestellt werden, bevor dann in den sich anschließenden Kapiteln jeder einzelne Teil des Rechnungswesens detailliert betrachtet wird. Tabelle 7: Übersicht über Externes und Internes Rechnungswesen Externes Rechnungswesen
Internes Rechnungswesen
Teilbereiche
Finanzbuchhaltung Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn-und-VerlustRechnung, Anhang, Lagebericht) Sonderbilanzen (Gründung, Umwandlung, Fusion)
Kosten-und-LeistungsRechnung Investitionsrechnungen Statistik und Planungsrechnungen
Adressaten
außerhalb des Betriebes stehende Interessierte: Finanzamt Kommunen Banken Öffentlichkeit
innerhalb des Betriebes stehende Interessierte: Vorstand, Geschäftsführung Abteilungsleitung Mitarbeiter
Gemeinsame Adressaten Eigentümer und Anteilseigner Gläubiger Stille Beteiligte Gewerkschaften Öffentlichkeit Rechnungsziel
vergangenheitsorientierte Planung, Steuerung und Dokumentation und Rechen- Kontrolle des Betriebsproschaftslegung zesses (Information, Kontrolle, Disposition)
Gesetzliche Rahmen- Handels- und Steuerrechtbedingungen liche Regeln HGB, AO, AktG, EStG u.a.
Zweckmäßigkeit, keine gesetzmäßigen Vorschriften
Zeitbezug und Rechnungstyp
kurze Perioden von kalkulatorischen Größen
in der Regel jährliche buchhalterische Größen
Quelle: Schneck 2000: 221
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4.1 Die Finanzbuchführung Bei der Betrachtung des Gesamtsystems Rechnungswesen wurden Rolle und Bedeutung der Finanzbuchhaltung dargestellt. Diese allein würde bereits eine detaillierte Beschreibung des Verfahrens rechtfertigen. Hinzu kommt, speziell für die Kulturbetriebe, dass der Einsatz der kaufmännischen Buchführung in der Zukunft, parallel zu den Veränderungen in öffentlichen Betrieben und Verwaltungen, steigen wird. Bis 2009 soll das bisher in den öffentlichen Einrichtungen angewandte kamerale Verfahren durch die kaufmännische Buchhaltung ersetzt werden (siehe Kap. 4.2). Die ihr eigene Methodik und die Interpretationsmöglichkeiten und -grenzen der Finanzbuchhaltung sollen im Folgenden beschrieben werden. Man sollte die gesetzlichen Grundlagen kennen und wissen, welche Informationen die Finanzbuchhaltung im Einzelnen bereitstellen kann und muss, dann kann dieser Teil des Informationssystems Rechnungswesen nutzbringend angewendet werden. Das Externe Rechnungswesen erfasst Vorgänge zwischen dem Betrieb und seiner Umwelt. Der Hauptzweck ist die Rechenschaftslegung gegenüber den oben genannten externen Adressaten (Gläubiger, Kunden, Öffentlichkeit, Finanzbehörden etc.) des Betriebes. Charakteristisch für die kaufmännische Buchführung sind die umfangreichen gesetzlichen Bestimmungen. Sie finden sich vor allem im Handelsgesetzbuch (HGB, §§ 238-289) sowie in den ergänzenden steuerlichen Gesetzen, der Abgabenordnung (AO, § 140-147), dem Einkommensteuergesetz (EStG, § 4-7) sowie dem Aktien- oder GmbH-Gesetz (AktG, GmbHG). Die erste Frage, die das HGB klärt, ist, welche Betriebe zur Buchführung verpflichtet werden. Mit der Buchführungspflicht verfolgt das HGB zwei Ziele, zum einen den Gläubigerschutz, zum anderen die Wahrung der Rechte von Minderheiten. Zuletzt werden Buchführungsinformationen auch immer wieder bei Rechtsstreitigkeiten als Beweismittel eingesetzt. § 238 HGB Buchführungspflicht (1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.
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Die Vorschriften des HGB haben Gültigkeit für Einzelkaufleute7, Personen-8 und Kapitalgesellschaften9, diese werden verpflichtet: • Bücher nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu führen; • bei Geschäftseröffnung und am Ende eines jeden Geschäftsjahres ein Inventar anzufertigen und • bei Geschäftseröffnung sowie am Ende eines jeden Geschäftsjahres einen Jahresabschluss zu erstellen. Diese Pflichten gelten zunächst für alle Betriebe, entsprechend der Rechtsform und Größe werden sie differenziert und ergänzt hinsichtlich • • • • •
der Elemente des Jahresabschlusses; der Gültigkeit und Detailliertheit von Bilanz- und GUV-Schema; der Erstellung eines Anhangs; der Bewertungsvorschriften; der Pflicht zur Erstellung eines Lageberichtes.
Das HGB unterscheidet grundsätzlich zwei Kategorien von Unternehmen, die Kapitalgesellschaften und die sonstigen Kaufleute. Diese Unterscheidung drückt sich auch durch eine Aufteilung der Vorschriften des Handelsgesetzbuches zur Buchführung und zum Jahresabschluss aus, die sämtlich im dritten Buch des HGB zu finden sind. Der erste Abschnitt (§ 238-263 HGB) enthält Regelungen, die für alle Kaufleute Gültigkeit haben sollen, der zweite (§ 264-335 HGB) enthält spezielle Regelungen für Kapitalgesellschaften. Für Letztere hat der erste Abschnitt die Stellung eines allgemeinen Teils (Schierenbeck 2003: 539).
7 Die Einzelkaufleute müssen die Voraussetzung erfüllen, Vollkaufleute zu sein. Das HGB unterscheidet verschiedene Kaufmannsbegriffe (siehe §§ 1-7 HGB), worauf hier jedoch nicht näher eingegangen werden soll. 8 Zu den Personengesellschaften zählen bspw. die Rechtsformen Offene Handelsgesellschaft (OHG), und Kommanditgesellschaft (KG), die bspw. in der Verlagsbranche noch weit verbreitet sind. 9 Zu den Kapitalgesellschaften zählen die GmbH und die AG, Letztere spielt im Kulturbereich nur eine geringe Rolle. Diese Rechtsform findet sich nur bei den Giganten der Musik- und Unterhaltungswirtschaft (z.B. »Deutsche Entertainment AG«). Große Relevanz dagegen hat die GmbH, diese wird durch die geplante Herabsetzung des Haftungskapitals auf 10.000 Euro sicher noch steigen.
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§ 242 HGB Pflicht zur Aufstellung (1) Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz) aufzustellen. Auf die Eröffnungsbilanz sind die für den Jahresabschluss geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sie sich auf die Bilanz beziehen. (2) Er hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. (3) Die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung bilden den Jahresabschluss. Der Paragraph 239 HGB macht Angaben, wie die Handelsbücher zu führen sind. Durch die Vorschriften des HGB wird sichergestellt, dass die Aufzeichnungen leicht lesbar und vergleichbar sind. Die folgenden Prinzipien helfen, diese Ziele zu sichern: • • • •
Prinzip der Vollständigkeit; Prinzip der Abbildungstreue; Prinzip der Zeitnähe; sachliche und chronologische Ordnung. § 239 Führung der Handelsbücher (1) Bei der Führung der Handelsbücher und bei den sonst erforderlichen Aufzeichnungen hat sich der Kaufmann einer lebenden Sprache zu bedienen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen. (2) Die Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden. (3) Eine Eintragung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind. (4) Die Handelsbücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandeten Verfahrens den
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Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Bei der Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muss insbesondere sichergestellt sein, dass die Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß. An dieser Stelle muss das Stichwort »Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung« (GoB) herausgegriffen werden. Diese Grundsätze sind von großer Bedeutung für die praktische Finanzbuchführung, ohne jedoch im Gesetz festgeschrieben zu sein. Ihre Quellen sind die Rechtsprechung, die Praxis, die wissenschaftliche Diskussion und nicht zuletzt der gesunde Menschenverstand. Sie ergänzen die gesetzlich fixierten Rechtsvorschriften als unbestimmte Rechtsbegriffe dort, wo Gesetzeslücken auftreten oder Zweifel bei der Auslegung der Gesetzestexte entstehen. Es wird zwischen formalen und inhaltlichen Grundsätzen unterschieden, die wichtigsten sind (vgl. Schneck 2000: 222): • Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit (§ 238 I HGB): Die Buchungen müssen der Realität entsprechen und von sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachprüfbar sein, d.h.: »Keine Buchung ohne Beleg«, die Geschäftsvorfälle müssen vollständig, richtig und sachlich geordnet verarbeitet werden. • Grundsatz der Vollständigkeit (§ 239 II, § 246 I HGB): Sämtliche Wertsteigerungen oder -verluste von Vermögensgegenständen sind zu erfassen. • Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit (§ 243 II HGB): Die HGBFormvorschriften und die dort genannte Mindestgliederung sind einzuhalten. • Grundsatz der Periodenabgrenzung (§ 252 HGB): Geschäftsvorfälle, die andere Perioden betreffen, sind abzugrenzen, d.h. durch so genannte Rechnungsabgrenzungsposten kenntlich zu machen. • Grundsatz der Vorsicht (§ 252 I,4 HGB): Gewinne dürfen erst verbucht werden, wenn sie realisiert sind (Realisationsprinzip), Verluste auch, wenn sie noch nicht eingetreten sind (Imparitätsprinzip). Grundsätzlich ist der niedrigste Wert anzusetzen (Niederstwertprinzip für Aktiva, Höchstwertprinzip für Passiva). • Grundsatz der Stetigkeit (§ 252 I,6 HGB): Einmal gewählte Bilanzierungsund Bewertungsansätze sind beizubehalten, um die Vergleichbarkeit über mehrere Perioden zu gewährleisten.
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• Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 I, 3 HGB): Vermögensgegenstände und Schulden sind einzeln auszuweisen und zu bewerten. • Grundsatz der Kontinuität (252 I,1 HGB): Die Schlussbilanz des alten Jahres und die Anfangsbilanz des neuen Jahres müssen identisch sein. Die wesentlichen gesetzlichen Vorschriften des HGB sind in Tabelle 8 noch einmal zusammengetragen. Tabelle 8: Zusammenfassung der Rechnungslegungsvorschriften nach dem HGB Vorschriften für alle Kaufleute (§§ 238-263 HGB)
Vorschriften für Kapitalgesellschaften (§§ 264-335 HGB)
§§ 238-239
Allgemeine Buchführungs§ 264 pflicht nach GoB und weitere Anforderungen an die Buchführung
Pflicht zur Aufstellung eines erweiterten Jahresabschlusses und Anforderungen an die Rechnungslegung
§§ 240-241
Vorschriften zum Inventar und zur Inventur
Allgemeine Grundsätze der Bilanz- und GuV-Gliederung
§§ 242-245
Allgemeine Vorschriften zum §§ Jahresabschluss 266-267 (Aufstellungspflicht, Aufstellungsgrundsätze, Währung etc.)
Bilanzgliederungsschema, Ausweisvorschriften und -wahlrechte, Gliederungserleichterungen für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften sowie Definition der Größeklassen
§§ 246-247
Vollständigkeitsgebot, § Saldierungsverbote in Bilanz 268-274 und GuV, allgemeine Angaben zum Inhalt der Bilanz und einzelner Positionen
Vorschriften zu einzelnen Bilanzpositionen und weitere Angaben (Entwicklung des Anlagevermögens und Eigenkapitals, Beteiligungen, latente Steuern etc.)
§§ 248
Bilanzierungsverbote
§§ 275-276
GuV-Gliederungsschema sowie Erleichterungen für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften
§§ 249-251
Rückstellungen, Rechnungs- §§ abgrenzungsposten, 277-278 Haftungsverhältnisse
Vorschriften zu einzelnen GuV-Positionen und zur Steuerberechnung
§§ 252
Allgemeine Bewertungsgrundsätze
Bewertungsvorschriften für Kapitalgesellschaften
§§ 253-256
Bewertungsvorschriften, §§ Wertkategorien und 284-288 Bewertungsvereinfachungsverfahren
§ 265
§§ 279-283
Betriebspflichten des Anhangs sowie Erleichterungen für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement §§ 257-261
Vorschriften zur Aufbewah- §§ 289 rung und Vorlage von Unterlagen (Handelsbücher, Jahresabschlüsse etc.)
Vorschriften zum Lagebericht
§ 263
Vorbehalt landesrechtlicher Vorschriften für die Rechnungslegung von Gemeindeunternehmen etc. ohne eigene Rechtspersönlichkeit
Vorschriften zum Konzernabschluss, zur Offenlegung usw.
§§ 290-335
Quelle: Schierenbeck 2003: 544
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten gesetzlichen Vorschriften ist die Finanzbuchhaltung eines Betriebes dafür verantwortlich, die lückenlose, geordnete und nachprüfbare Erfassung aller Geschäftsvorfälle des Betriebes aufgrund von Belegen zu leisten. Der Betrieb muss sein Geschäftsjahr festlegen, welches nicht zwingend mit dem Kalenderjahr übereinstimmen muss, jedoch nicht mehr als 365 Tage haben darf (vgl. § 240 [2] HGB). Diese Flexibilität ist gerade auch für die Kulturbetriebe günstig, die ihre Geschäftsjahre an ihre operativen Abläufe anpassen können, bspw. im Theaterbetrieb – oder auch in den Ausbildungsbetrieben Musikschule und Volkshochschule – entsprechend der Spielzeiten bzw. des Ausbildungsjahres vom 01.09.-31.08. Spätestens nach Ablauf des Geschäftsjahres (für die interne Steuerung bedarf es selbstverständlich Auswertungen in kürzeren Abständen) muss der Jahresabschluss erstellt werden, dieser beseht aus Bilanz sowie Gewinn-und-Verlust-Rechnung. Im Alltag spricht man häufig nur von der »Bilanz«, das liegt insofern auf der Hand, als auch die Redewendung ›man zieht Bilanz‹ darauf hindeutet, dass damit das Ergebnis eines Betriebes transparent wird – und das ist schließlich für die Informationsempfänger das Wesentliche. Beide Teilrechnungen des Jahresabschlusses machen eine Aussage über den Erfolg des Unternehmens, die GuV zeigt im Detail, wie sich der Erfolg (Gewinn oder Verlust) zusammensetzt, die Bilanz beinhaltet den Erfolg in einer Summe und zeigt die Entwicklung von Vermögen und Kapital, indem Anfangs- und Endbestände des Betriebes verglichen werden. Die Aufgaben, der Aufbau und die Aussagen der Bilanz sollen im folgenden Kapitel dargestellt werden.
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4.1.1 Die Bilanz Den Ausgangspunkt für die Bilanz bildet das Inventar. Hierzu steht in § 240 I HGB: § 240 Inventar (1) Jeder Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben. Inventar wird definiert als das mengen- und wertmäßige Verzeichnis sämtlicher Vermögensgegenstände und Schulden. Das Inventar ist nach folgendem Schema gegliedert: A: Vermögen B: Schulden C: Eigenkapital (Vermögen – Schulden) Die Aufstellung eines Inventars erfolgt durch die Inventur. Unter Inventur versteht man die mengen- und wertmäßige Erfassung des Vermögens und der Schulden eines Betriebes zu einem bestimmten Zeitpunkt (Momentaufnahme) oder auch die »körperliche Bestandsaufnahme«, also das Zählen und Erfassen der Bestände. Das Inventar dient als Grundlage für die Bilanz. Bei der Aufstellung einer Bilanz geht man von den mengen- und wertmäßig zusammengestellten Vermögensgegenständen und Schulden aus. Durch folgende Schritte gelangt man vom Inventar zur Bilanz: • einzelne Positionen werden zu größeren Gruppen zusammengefasst (z.B. Maschinen, Forderungen); • die Mengenangaben entfallen; • Vermögen und Schulden werden in Kontenform einander gegenübergestellt, wobei zwei Seiten entstehen: die Aktivseite (links) und die Passivseite (rechts) (siehe Abb. 10); • es wird der Saldo (Differenz) zwischen Vermögen und Schulden gebildet, das so genannte Eigenkapital. Betriebswirtschaftlich wird die Bilanz definiert als Gegenüberstellung von Vermögen (linke Seite der Bilanz = »Aktivseite«; dazu zählen z.B. Gebäude, Fahrzeuge, Lizenzen, Wertpapiere, Bankguthaben etc.) und Kapital (rechte
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Seite der Bilanz = »Passivseite«, Eigenkapital oder Kredite) zu einem bestimmten Zeitpunkt. Anders ausgedrückt zeigt die Kapitalseite die Mittelherkunft und die Vermögensseite die Mittelverwendung. Abbildung 10: Bilanzaufbau Aktiva
Bilanz
Vermögen
Kapital
Mittelverwendung
Bilanzsumme Aktiva
Passiva
Mittelherkunft
=
Bilanzsumme Passiva
Typisch für die Bilanz und damit gleichzeitig die ›goldene Bilanzregel‹ ist, dass die Summe (Bilanzsumme) auf beiden Seiten gleich ist, denn man kann nicht mehr Mittel verwenden als man Mittel hat! Der Begriff Bilanz lässt sich auf das italienische Wort »bilancia« zurückführen, was übersetzt Waage bedeutet. Bildlich muss man sich eine Waage mit zwei Waagschalen vorstellen, die sich im Gleichgewicht befinden. Die Funktion des Wiegens lässt sich nun aber nicht einfach übertragen, denn beim Wiegen werden auf der einen Seite die zu wiegenden Güter, auf der anderen die Maßeinheiten wie beispielsweise Gewichtssteine verwendet. Es handelt sich um zwei verschiedene, voneinander trennbare Dinge. Zwischen den beiden Seiten der Bilanz dagegen gibt es einen Zusammenhang. Auf der einen Seite werden die konkreten Vermögensgegenstände aufgezeichnet, wie sie im Betrieb vorhanden sind, also beispielsweise technische Geräte, Fahrzeuge, Bankguthaben etc. Auf der anderen Seite stehen aber nicht andere Güter, sondern der Wert derselben Vermögensgüter, nun aber unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsverhältnisse betrachtet, d.h. ob die Vermögensgegenstände mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert wurden. Man kann sich die Bilanz auch als Spiegelbild erklären. Die rechte Seite ist quasi ein Gegenausdruck der linken Seite, eine andere Betrachtungsweise ein und derselben Sache. Rechts ist zu lesen, welche Gelder zur Verfügung stehen (Finanzseite). Links sieht man, in welchen Werten diese Geldmittel angelegt sind. Differenziert man die beiden Bilanzseiten weiter, wird die Passivseite entsprechend der Kapitalherkunft weiter gegliedert in Eigenkapital und
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Fremdkapital.10 Der wesentliche Unterschied der beiden Kapitalquellen besteht darin, dass Eigenkapital dem Betrieb in der Regel unbeschränkt zur Verfügung steht, Fremdkapital dagegen von den Gläubigern nur für eine bestimmte Zeit und gegen Zahlung von Zinsen entliehen wird. Das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital ist für potenzielle Kreditgeber eine wesentliche Information, da sie bei geringer Eigenkapitalbasis ein höheres Risiko eingehen. Abbildung 11: Bilanzaufbau Aktiva
Bilanz
Passiva
Anlagevermögen
Eigenkapital
Umlaufvermögen
Fremdkapital
Bilanzsumme Aktiva
=
Bilanzsumme Passiva
Eine ähnliche Unterscheidung kann auf der Aktivseite der Bilanz vorgenommen werden. Hier wird das Vermögen gegliedert in Anlage- und Umlaufvermögen. § 247 Absatz 2 HGB definiert das Anlagevermögen (2) »Beim Anlagevermögen sind nur die Gegenstände auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen.« Die Gegenstände des Anlagevermögens bilden quasi die Infrastruktur für die Realisierung des Betriebszweckes (ein Veranstaltungsbetrieb benötigt zwingend Bühnen-, Licht- und Tontechnik). Umlaufvermögen dagegen wird für den laufenden Betrieb benötigt, unterliegt Verbräuchen (z.B. Vorräte an Materialien) und kurzfristigen Veränderungen (z.B. Bank-/Kassenguthaben). Zum Umlaufvermögen rechnen im Sinne einer negativen Abgrenzung alle Vermögensteile, die nicht gemäß § 247 Absatz 2 HGB zum Anlagevermögen gehören und keine Posten der Rechnungsabgrenzung sind. Hintergrund dieser Gliederung sind zwei Aspekte. Zum einen ist dies die Bindung an den Betrieb: Anlagevermögen soll langfristig zur Nutzung zur 10 Zur Gliederung der Passivseite vgl. § 266 Absatz 3 HGB.
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Verfügung stehen (z.B. technische Ausstattung, Büroausstattung, Lizenzen etc.). Zum anderen ist die Gliederung orientiert am Grad der Liquidität. Am liquidesten sind Kassenguthaben. Damit lassen sich unmittelbar Güter oder Dienstleistungen erwerben. Ähnlich ist es bei Bankguthaben auf Girokonten. Anlagevermögen, beispielsweise ein Fahrzeug, kann auch ›flüssig gemacht‹ werden. Dies bedingt aber einen höheren Aufwand, als in die Kasse zu greifen oder Geld vom Bankkonto abzuheben. Es müsste vielmehr ein Käufer gefunden, ein Vertrag gemacht und der Vertrag von beiden Seiten erfüllt werden. Die Gliederungsvorschriften der Bilanz sind im § 266 Absatz 2 und 3 HGB fixiert. Eine Bilanz sollte wie in Abbildung 12 gezeigt gegliedert sein (vereinfachte Darstellung). Abbildung 12: Bilanzaufbau vereinfacht in Anlehnung an § 266 Absatz 2 und 3 HGB BILANZ Aktiva
Passiva
A. Anlagevermögen
A. Eigenkapital
I. Immaterielle Vermögensgegenstände I. Gezeichnetes Kapital II. Sachanlagen
II. Kapitalrücklage
III. Finanzanlagen
III. Gewinnrücklage IV. Gewinn-/Verlustvortrag
B. Umlaufvermögen
V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag
I. Vorräte B. Rückstellungen
II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände III. Wertpapiere
C. Verbindlichkeiten
IV. Kassenbestand, Bankguthaben
I. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
C. Rechnungsabgrenzungsposten
II. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen III. Sonstige Verbindlichkeiten D. Rechnungsabgrenzungsposten
Bilanzsumme Aktiva
=
Bilanzsumme Passiva
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Bevor die einzelnen Bilanzpositionen vorgestellt werden, hier noch einmal zusammenfassend: Aktiva sind die Vermögenswerte
Passiva sind die Kapitalwerte
Die Aktivseite zeigt:
Die Passivseite zeigt:
• die Formen des Vermögens
• die Quellen des Vermögens
• die Mittelverwendung
• die Mittelherkunft
• die Investierung
• die Finanzierung des Betriebes
• Ordnung nach der Flüssigkeit
• Ordnung nach Fristigkeit
Die einzelnen Bilanzpositionen: die Aktivseite Auf der Aktivseite der Bilanz wird an erster Stelle das Anlagevermögen aufgelistet, d.h. die Daueranlagen des Betriebes. Das Anlagevermögen lässt sich in drei Abschnitte gliedern: • in immaterielle Vermögensgegenstände; • in Sachanlagen und • in Finanzanlagen. Zu den immateriellen Vermögensgegenständen zählen: Patente, Lizenzen, Warenzeichen, Gebrauchsmuster, Verlagsrechte, Marken-, Urheber- und Werksrechte. Die immateriellen Vermögenswerte spielen im Verlagswesen und der Musikindustrie eine große Rolle – sowie für alle Kulturbetriebe, die Merchandisingprodukte vermarkten. Die Sachanlagen lassen sich nach § 266 Absatz 2 HGB gliedern in: • • • •
Grundstücke und Gebäude; technische Anlagen und Maschinen; andere Anlagen/Betriebs- und Geschäftsausstattung; geleistete Anzahlungen/Anlagen im Bau.
Die Gliederung der Finanzanlagen ist in § 266 Absatz 2 HGB geregelt. Hierzu zählen z.B. Wertpapiere des Anlagevermögens oder Beteiligungen an anderen Unternehmen. Diese Anlageart spielt in Kulturbetrieben nur eine untergeordnete Rolle. Im Anschluss an das Anlagevermögen wird das Umlaufvermögen dargestellt. Während das Anlagevermögen ständig im Betrieb verbleibt, werden Gegenstände des Umlaufvermögens ständig ausgetauscht. Das Handelsrecht teilt das Umlaufvermögen in vier Teile ein:
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• • • •
in Vorräte; in Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände; in Wertpapiere und in flüssige Mittel wie Kasse, Bankguthaben und ähnliches.
Zu den Vorräten zählen: • • • •
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe; unfertige Erzeugnisse/unfertige Leistungen; fertige Erzeugnisse, Waren; geleistete Anzahlungen.
In den Kulturbetrieben, die tendenziell den Dienstleistungsbetrieben zuzuordnen sind, tauchen am ehesten Betriebsstoffe auf. Dazu zählen z.B. unverbrauchte Büro- oder Werbematerialien. Rohstoffe wären beispielsweise in Theaterbetrieben denkbar, wenn größere Mengen Holz für die Produktion von Bühnenbildern auf Lager gehalten werden oder Stoffe für die Schneiderei in größeren Mengen vorrätig sind. Waren befinden sich zum Beispiel in Museen, wo für den Museumsshop sowohl Kataloge und Fachbücher als auch Merchandisingprodukte gelagert werden. Forderungen verkörpern den Gegenwert für die erbrachte Lieferung oder Leistung. Sie beruhen auf Kauf-, Werk- oder Dienstleistungsverträgen. Die Forderung tritt an die Stelle des verkauften Gegenstandes. So liefert zum Beispiel ein Verlag am 30.12. eines Jahres eine Reihe von bestellten Büchern an die Stadtbibliothek. Die Zahlung des Rechnungsbetrages wird erst im nächsten Kalenderjahr erfolgen, bis dahin hat der Verlag gegenüber der Bibliothek eine Forderung. Bei einer Forderung ist die Leistung bereits erbracht (Auslieferung der Bücher), die Zahlung steht noch aus. Grundsätzlich besteht bei jedem Geschäft die Gefahr, dass der Vertragspartner seinen Part nicht oder nicht in der vereinbarten Weise erfüllt. Forderungen können uneinbringlich werden, wenn beispielsweise der Vertragspartner Konkurs geht. Darum wird bei der Bilanzgliederung zusätzlich erfasst, gegen wen sich die Forderungen richten. Da man davon ausgeht, dass Forderungen gegen verbundene Unternehmen (z.B. Tochter- oder Partnerunternehmen) weniger Risiko induzieren als Forderungen gegen nicht verbundene Unternehmen, wird eine entsprechende Trennung vorgenommen. Die Position »Sonstige Vermögensgegenstände« nimmt alle Vermögensgegenstände auf, die keinem anderen Posten zuzuordnen sind. Dazu könnten zum Beispiel gehören: Zuschüsse des Fördervereins, Zuschüsse von Partnerstädten, Vorschüsse, Kautionen, Steuererstattungsansprüche u.a.
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Wertpapiere können auch dem Umlaufvermögen zugerechnet werden, wenn sie nicht dauernd im Unternehmen bleiben sollen. Bei Wertpapieren des Umlaufvermögens handelt es sich um kurzfristige Liquiditätsreserven – und nicht wie die Wertpapiere des Anlagevermögens um strategische Daueranlagen –, d.h. flüssige Mittel werden kurzfristig in Wertpapieren angelegt. Die flüssigen Mittel halten die dauernde Zahlungsbereitschaft des Unternehmens aufrecht. Zu diesen sofort verfügbaren Geldern zählen die Bankguthaben (Girokonten, Festgelder, Spargelder etc.) sowie das Bargeld, das in der Kasse gehalten wird. Die Rechnungsabgrenzungsposten (siehe § 250 HGB) tauchen sowohl auf der Aktiv-als auch auf der Passivseite der Bilanz auf. Sie haben eine Korrekturfunktion im Sinne der periodengerechten Abgrenzung. Eine Rechnungsabgrenzung auf der Aktivseite wäre für folgenden Geschäftsvorfall notwendig: Am 30.12. wird auf dem Bankkonto die Mietzahlung für Januar belastet; die Zahlung fällt (bei Bilanzstichtag 31.12.) also in das alte Geschäftsjahr, die Leistung in das Neue. Beim passiven Fall muss man nur die Rollen der Beteiligten tauschen: Ein Teil der eigenen Geschäftsräume wird untervermietet, der Mieter bezahlt Ende Dezember die Miete für Januar im Voraus. Sinn und Zweck der Rechnungsabgrenzung ist die periodengerechte Erfolgsermittlung, indem Aufwendungen (Mietaufwand) und Erträge (Mieterträge) dem Wirtschaftsjahr zugerechnet werden, durch das sie verursacht sind. Im dargestellten Beispiel würden bei den Konten Mietaufwand und Mietertrag jeweils 13 Zahlungen verbucht werden. Um dies richtigzustellen, gibt es den Korrekturposten der Rechnungsabgrenzung. Man könnte das Ergebnis auch richtigstellen, indem man die Buchung einfach erst in der neuen Periode vornimmt, dann würde aber der Saldo des Kontos der Bank nicht mit dem entsprechenden Kontoauszug übereinstimmen (Grundsatz der Bilanzwahrheit!). Die finanziellen Mittel sind ja auch tatsächlich abgeflossen, der Aufwand entsteht aber erst in der nächsten Periode (siehe auch Kapitel 4.1.8), darum benutzt man als Gegenkonto zunächst einen Korrekturposten, hier die Aktive Rechnungsabgrenzungsposition. Die einzelnen Bilanzpositionen: die Passivseite Das Eigenkapital lässt sich rechnerisch ermitteln als Saldo zwischen Vermögen und Schulden und kann sich in mehrere Posten gliedern: • gezeichnetes Kapital; • Kapitalrücklage; • Gewinnrücklage;
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• Gewinnvortrag/Verlustvortrag; • Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag. Der Aufbau des Eigenkapitals ist abhängig von der Rechtsform des Betriebes. Bei Kapitalgesellschaften taucht die Position »gezeichnetes Kapital« an oberster Stelle der Passivseite auf. Das gezeichnete Kapital ist bei der Aktiengesellschaft das Grundkapital (mind. 50.000 Euro, § 7 AktG), bei der GmbH das Stammkapital (mind. 25.000 Euro, § 5 Absatz 1 GmbHG; geplant ist eine Reduzierung auf 10.000 Euro). Das gezeichnete Kapital ist gleichzeitig das Haftkapital der Gesellschafter, d.h. das Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist. Das tatsächlich einbezahlte Kapital kann höher sein als das Haftungskapital. Kennzeichnend für das Grund- bzw. Stammkapital ist seine Konstanz. Es bleibt mit Ausnahme von beschlossenen Kapitalerhöhungen durch die Haupt-/Gesellschafterversammlung unverändert. Bei Einzel- und Personengesellschaften ist das Eigenkapitalkonto dagegen variabel, Kapitaleinlagen und Kapitalentnahmen, Gewinngutschriften und Verlustbelastungen verändern das Eigenkapitalkonto. Rücklagen sind variable Eigenkapitalteile, die das gezeichnete Kapital ergänzen. Sie werden nur bei Kapitalgesellschaften gebildet. Der Gewinnvortrag ist ein nicht für die Rücklagen bestimmter Gewinnrest. Er bleibt übrig für die nächsten Jahre und wird dann entweder verteilt, ausgeschüttet, mit Verlusten verrechnet oder durch andere Restgewinne aufgestockt. Verlustvorträge entstehen aus Verlusten und können gegebenenfalls durch zukünftige Gewinne wieder ausgeglichen werden. Der Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag entspricht dem Gewinn/Verlust des abgelaufenen Geschäftsjahres und zeigt damit das erreichte Ergebnis. Die Ermittlung des Ergebnisses erfolgt in der Gewinn-und-VerlustRechnung durch Saldierung der Erträge und Aufwendungen der Periode. In der Bilanz lässt sich der Gewinn durch Vergleich des Vermögens am Bilanzstichtag mit dem Vermögen am vorhergehenden Stichtag ermitteln. Die Bilanz zeigt den Erfolg aber immer nur summarisch, also in einem Betrag ohne Informationen bezüglich der Zusammensetzung. Diese Informationen sind ausschließlich über die Gewinn- und-Verlust-Rechnung zu erhalten. Die Rückstellungen sind auf der Passivseite der Bilanz zwischen dem Eigen- und dem Fremdkapital positioniert, was darauf zurückzuführen ist, dass sie sowohl Eigenkapital als auch Fremdkapitalanteile enthalten können. Rückstellungen stellen Aufwendungen dar, die bereits verursacht sind, deren genaue Höhe und deren Zahlungstermin zum Bilanzstichtag jedoch
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nicht feststehen und die nur ihrer Art nach als später wahrscheinlich oder sicher einzulösende Verpflichtung bekannt sind. Rückstellungen entstehen nicht direkt durch Kapitalzufluss von außen, sondern sie resultieren aus einem buchungstechnischen Vorgang unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Durch die Rückstellungsbildung wird eine Minderung des Erfolgs herbeigeführt, wodurch vorhandene Mittel vor der Ausschüttung bewahrt werden sollen (Ausschüttungssperrfunktion). Die Bildung von Rückstellungen hat zwei Gründe: zum einen die periodengerechte Erfolgsermittlung und zum anderen den vollständigen Schuldenausweis (Gläubigerschutz!). Unter welchen Umständen Rückstellungen gebildet werden können, regelt das HGB in § 249: § 249 Rückstellungen (1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für: 1. Im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden. 2. Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden. Rückstellung dürfen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung auch gebildet werden, wenn die Instandhaltung nach Ablauf der Frist nach Satz 2 Nr. 1 innerhalb des Geschäftsjahrs nachgeholt wird. (2) Rückstellungen dürfen außerdem für ihre Eigenart nach genau umschriebenen, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen gebildet werden, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind. (3) Für andere als die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist. Typische Rückstellungsarten in Profitbetrieben sind Pensionsrückstellungen, Steuer- oder Gewährleistungsrückstellungen. Für Kulturbetriebe kommen eher Rückstellungsarten in Frage, die unter § 249 Absatz 2 einzuordnen sind. Beispielsweise stehen zum Bilanzstichtag noch GEMA-Abrechnungen der Veranstaltungen vom November und Dezember aus. GEMA-Beiträge sind eine Aufwandsposition in Kulturbetrieben. Der Aufwand ist gekoppelt
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an den Termin der Veranstaltung und somit der Periode der Verursachung eindeutig zuzuordnen. Für die noch nicht abgerechneten Veranstaltungen muss eine Rückstellung gebildet werden. Die genaue Höhe der Abrechnung wird geschätzt, ihr genauer Zeitpunkt ist jedoch unbekannt. So wird für ausstehende GEMA-Beiträge eine Rückstellung in Höhe von 5000 Euro gebildet. Im März geht die Endabrechnung ein, sie beträgt 4500 Euro. Die Rückstellung muss nun aufgelöst werden. Es zeigt sich, dass die Schätzung zu hoch war. Die Differenz von 500 Euro muss nun Gewinn erhöhend als außerordentlicher Ertrag (periodenfremd) aufgelöst werden. Dieser Betrag entspricht dem Eigenkapitalanteil, der in der Rückstellung enthalten war. Wenn die Rechnung der GEMA gerade 5000 Euro ausmachen würde, entspräche der volle Rückstellungsbetrag Fremdkapital. Als dritter Fall käme auch in Frage, dass die Schätzung zu niedrig angesetzt wurde. In diesem Fall würde ein zusätzlicher Aufwand (AO-Aufwand, periodenfremd) entstehen. Verbindlichkeiten verdanken ihren Ursprung einer konkreten Zufuhr von Geld von außen (Kredite) oder einem Liefer- und Zahlungsstundungsvorgang. Für den Bilanzbetrachter sind zwei Aspekte interessant: zum einen die Höhe der Schuld und zum anderen der Zahlungstermin. Die Grenze zwischen kurz- und langfristig liegt bei 5 Jahren. Zu den Verbindlichkeiten zählen (vgl. § 266 Absatz 3 HGB): • • • •
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten (Bankkredite aller Art); Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen; Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen; sonstige Verbindlichkeiten, von denen Verbindlichkeiten aus Steuern sowie Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit gesondert auszuweisen sind.
Nachdem die Einzelpositionen der beiden Bilanzseiten nun vollständig eingeführt sind, zeigt das folgende Kapitel, wie ihre Veränderungen im Laufe eines Geschäftsjahres erfasst werden. 4.1.2 Geschäftsvorfälle verändern die Bilanz – der Rechnungslegungskreislauf Die Rechnungslegung eines Betriebes erfolgt in einem Kreislauf, dessen Zyklus ein Jahr beträgt (und der, wie oben beschrieben, vom Kalenderjahr abweichen kann). Den Beginn stellen die Inventur und das daraus entstehende Inventar dar. Durch die oben dargestellten Schritte entsteht eine Eröffnungsbilanz. Die Eröffnungsbilanz wird für die Buchungserfassung der je-
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weiligen Periode in Konten aufgelöst und am Ende der Periode wieder zusammengefasst. Es entsteht dann die Schlussbilanz, welche gleichzeitig die Eröffnungsbilanz der nächsten Periode ist. Abbildung 13: Rechnungslegungskreislauf Start
Schlussbilanz
Inventur
Abschluss der Konten
Inventar
Auflösung in Konten Verbuchen der Geschäftsvorfälle
Eröffnungsbilanz
Geschäftsvorfälle sind die für einen Betrieb relevanten Vorgänge, die quantifizierbar sowie in Geldgrößen bewertbar sind und darüber hinaus zur Änderung des Vermögens bzw. des Eigenkapitals oder Fremdkapitals einer Unternehmung beitragen. Theoretisch könnte man bei jedem Geschäftsvorfall die Zahlen in der Bilanz ändern. Da dies durch die Menge der Geschäftsvorfälle nicht praktikabel ist, wird das »Konto« als Hilfsmittel eingesetzt. Zu jedem Bilanzposten wird ein Konto gebildet (T-Konto), das als Bestandskonto bezeichnet wird. Je nachdem, von welcher Bilanzseite ein Konto stammt, wird es auch als Aktivkonto oder Passivkonto bezeichnet. In der Regel ist eine eindeutige Zuordnung der Konten möglich. Einzige Ausnahme stellt das Bankkonto dar: Es kann aktives Bestandskonto sein, wenn es ein Guthaben ausweist, und passives Bestandskonto, sofern es sich um Schulden handelt (z.B. bei in Anspruchnahme eines Überziehungsrahmens). Das Bestandskonto enthält jeweils einen Anfangsbestand (AB), nämlich den Wert, der in der Eröffnungsbilanz dieser Position zugeordnet ist. Der Anfangsbestand steht bei Aktivkonten im Soll (linke Seite des Kontos), bei Passivkonten im Haben (rechte Seite des Kontos). Die Bezeichnungen »Soll« und »Haben« führen oft zu Missverständnissen, sie lassen sich mit Hilfe des Forderungskontos erläutern. Forderungen sind Ansprüche an Kunden – sie stellen einen Vermögenswert dar, ein Anspruch auf einen Zah-
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lungseingang für eine bereits erbrachte Leistung. Sie werden auf der linken Seite des Forderungskontos aufgelistet – das »soll« der Kunde noch bezahlen! Rechts würden Geschäftsvorfälle stehen, die der Kunde »gut hat« (GutHaben). Man kann diese Seitenbezeichnungen aber vereinfacht anwenden: »Soll« steht für »Links«, »Haben« für »Rechts«! Auf dem eigenen privaten Kontoauszug ist es gerade umgekehrt, was vielfach zu Irritationen führt. Um dies zu erklären, muss man die Sichtweise der Bank einnehmen. Der Kontoauszug wird nicht aus Sicht des Kunden erstellt, sondern aus Sicht der Bank, die ein Unternehmen ist. Für die Bank sind Guthaben der Kunden Verbindlichkeiten (also rechte Kontenseite: Haben), und Schulden der Kunden Forderungen an diese (also linke Kontenseite: Soll). Weist der Kontoauszug ein Habensaldo aus, so heißt das, dass die Bank Verbindlichkeiten an den Kunden hat, der Kunde folglich über ein Guthaben verfügt. Die Aufteilung der Bilanz in Konten bedeutet auch die Übertragung der »Goldenen Bilanzregel« auf die Konten. Entsprechend sind die Kontensummen beider Seiten gleich. Im Laufe des Geschäftsjahres werden alle Veränderungen der Bestände (Zugänge oder Abgänge) auf den betreffenden Konten erfasst. Am Ende des Jahres wird der Saldo ermittelt und dieser so genannte »Schlussbestand« (SB) wieder in die Bilanz eingestellt. Die Schlussbestände auf den Konten ergeben sich aus folgender Rechnung: Anfangsbestand + Zugänge – Abgänge = Endbestand Um am Jahresende auf jedem Konto den Schlussbestand zu ermitteln, sind folgende Schritte beim Abschluss der Konten durchzuführen: • Man addiert die größere Seite des Kontos. Das Ergebnis ist die so genannte Kontensumme. • Die Kontensumme wird auf die kleinere Seite übertragen. • Nun ist der Betrag auszurechnen und einzusetzen, der zum Ausgleich der kleineren Seite erforderlich ist (Saldo). • Schließlich werden die Schlussbestände in der Schlussbilanz zusammengetragen. Aktive und passive Bestandskonten reagieren grundsätzlich entsprechend der nachfolgenden Muster:
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Abbildung 14: Funktionsweise von Bestandskonten Aktivkonto Soll AB
Passivkonto Haben - Abgänge
+ Zugänge
SB
Kontensumme
Kontensumme
Soll
Haben
Abgänge
AB
SB
Zugänge
Kontensumme
Kontensumme
Bei der Eröffnung der Konten wird die Eröffnungsbilanz aufgelöst und die Bestände als Anfangsbestand in die Konten eingetragen. Am Ende des Jahres ist der Weg umgekehrt, den Konten werden die Schlussbestände entnommen, um sie in der Schlussbilanz zusammenzufassen. Die Endbestände der Aktivkonten werden wieder auf der linken Seite (Aktivseite) der Bilanz eingetragen, die der Passivkonten auf der rechten Seite (Passivseite). Die Summen der beiden Bilanzseiten der Schlussbilanz müssen wieder gleich groß sein. Die Schlussbilanz eines Geschäftsjahres entspricht der Eröffnungsbilanz des Folgejahres (siehe System der Rechnungslegung). Beispiel: Das Aktivkonto PC-Ausstattung hat einen Anfangsbestand von 15.000 Euro. Im laufenden Geschäftsjahr werden zwei weitere PC angeschafft: ein Gerät zu 3500 Euro und das zweite zu 4000 Euro. Ein altes Gerät kann noch zu 500 Euro verkauft werden. Auf dem Konto bilden sich die beschriebenen Geschäftsvorfälle wie folgt ab: Da es sich um ein aktives Bestandskonto handelt, wird der Anfangsbestand von 15.000 Euro auf der linken Kontenseite vorgetragen. Ebenfalls auf der linken Seite werden die beiden Zugänge verbucht. Der Abgang (Verkauf eines Gerätes) wird auf der rechten Kontenseite verbucht. Soll nun der Schlussbestand ermittelt werden, muss zunächst die Kontensumme ermittelt werden. Die größere Seite ist die linke Seite. Dort ergibt sich eine Kontensumme von 22.500 Euro. Dieser Betrag wird auch auf die rechte Seite als Kontensumme übertragen. Nun muss der Schlussbestand durch Saldierung ermittelt werden, d.h. es ist die notwendige Differenz zwischen Kontensumme und Buchungen auf der rechten Kontenseite zu ermitteln. Im Beispiel ergibt sich ein Saldo von 22.000 Euro, der dem Schlussbestand des Kontos entspricht.
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement Soll
PC-Ausstattung
Anfangsbestand: 15.000
Abgang: 500
Zugang 1: 3.500
Schlussbestand (Saldo): 22.000
Haben
Zugang 2: 4.000 Kontensumme: 22.500
Kontensumme: 22.500
Die Veränderungen der Konten im Laufe eines Geschäftsjahres entsprechen den Geschäftsvorfällen. Ein Geschäftsvorfall ist beispielsweise der Kauf von Gegenständen des Anlagevermögens, z.B. ein Fahrzeug oder die Aufnahme eines Kredits. Diese Geschäftsvorfälle müssen »verbucht« werden. Die Basis der Buchung stellt der jeweilige »Beleg« dar. Ein solcher Beleg eines Geschäftsvorfalles ist beispielsweise die Rechnung für den Anlagegegenstand, der Kreditvertrag oder Kontoauszug. Welche Fragen müssen vor der Buchung beantwortet werden? • Welche Konten werden gebraucht? (Es werden mindestens zwei benötigt! Man bezeichnet das Konto der Sollbuchung als »Konto« und das der Habenbuchung als »Gegenkonto«) • Welchen Charakter haben diese Konten? (Aktiv/Passiv) • Welche Veränderungen finden statt? (Zugang/Abgang) • Auf welcher Seite werden diese Veränderungen gebucht? (Soll/Haben) Die Kurzfassung der Antwort auf diese Fragen ist der »Buchungssatz«. Man nennt zuerst das Konto mit der Sollbuchung, dann das Konto mit der Habenbuchung und verbindet beide mit dem Wort »an«. Buchungssätze lauten immer »Soll an Haben«. Wie würde also ein Buchungssatz heißen, wenn die Rechnung für die Anschaffung eines neuen PC eingeht und entsprechend verarbeitet werden muss? Gehen wir entsprechend der oben beschriebenen Schritte vor. 1. Bei Rechnungseingang entsteht immer eine Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen, also ist das Konto Verbindlichkeiten das eine Konto, das zweite ist das Bestandskonto des Anlagevermögens, meist als Betriebs- und Geschäftsausstattung bezeichnet. 2. Das Konto Verbindlichkeiten ist ein passives Bestandskonto, das Konto des Anlagevermögens ein aktives Bestandskonto. 3. Bei beiden Konten liegt ein Zugang vor, der Betrieb hat nach der Anschaffung eines weiteren PC mehr Anlagevermögen und bis zur Zahlung der vorliegenden Rechnung mehr Verbindlichkeiten.
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4. Zugänge werden beim aktiven Bestandskonto, also dem Konto Betriebsund Geschäftsausstattung auf der linken Seite (im Soll) gebucht, Zugänge beim passiven Bestandskonto Verbindlichkeiten werden auf der rechten Seite (im Haben) gebucht. Dann heißt also der Buchungssatz: SOLL
an
HABEN
Betrag
Betriebs- und Geschäftsausstattung
an
Verbindlichkeiten
4.000 Euro
Bei Buchungen innerhalb der Bestandskonten gibt es vier Arten der Veränderung: • Aktivtausch (zwei Aktivkonten sind angesprochen, die Bilanzsumme bleibt gleich), z.B. eine noch ausstehende Forderung wird bezahlt. • Passivtausch (zwei Passivkonten sind angesprochen, Bilanzsumme bleibt gleich), z.B. bei der Umwandlung eines kurzfristigen in ein langfristiges Darlehen. (Der Passivtausch ist die seltenste Art der Bilanzveränderung.) • Bilanzverlängerung (auf je einem Aktiv- und einem Passivkonto wird ein Zugang verbucht, die Bilanzsumme erhöht sich), z.B. führt die Aufnahme eines Kredits auf der Aktivseite zu einem Zugang von liquiden Mitteln, in der Regel auf dem Bankkonto, auf der Passivseite erhöht sich das Fremdkapital. • Bilanzverkürzung (auf je einem Aktiv- und einem Passivkonto wird ein Abgang verbucht, die Bilanzsumme vermindert sich), z.B. werden bestehende Verbindlichkeiten bezahlt. Die ersten oben durchgeführten Buchungen haben alle gemeinsam, dass sie jeweils zwei Bestandskonten ansprechen. Typische Geschäftsvorfälle eines Betriebes, wie beispielsweise Mietzahlungen, Zinsen, Telefonaufwand etc., wurden bisher nicht berücksichtigt. Die genannten Geschäftsvorfälle stellen Aufwendungen und Erträge dar und werden auf entsprechende Aufwands- und Ertragskonten verbucht und in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung zusammengefasst. Man spricht auch von Erfolgskonten (Aufwandsund Ertragskonten), die zweite Kontengruppe neben den Bestandskonten (aktive und passive Bestandskonten), die nun eingeführt werden.
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Verbuchung der »erfolgswirksamen Geschäftsvorfälle« Aufwendungen und Erträge Geschäftsvorfälle, die zu einer Eigenkapitalveränderung führen, werden als Erfolgsvorgänge bezeichnet. Es lassen sich zwei Arten der Eigenkapitalveränderung unterscheiden: • Aufwendungen vermindern, • Erträge vermehren das Eigenkapital. Ein Gewinn ergibt sich, wenn das Eigenkapital am Ende des Jahres größer als am Anfang des Jahres ist. Die Summe der Erträge ist in diesem Fall größer als die Summe der Aufwendungen. Ein Verlust entsteht, wenn das Eigenkapital gesunken ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Summe der Erträge kleiner als die Summe der Aufwendungen ist. Aus der Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen einer Periode errechnet sich der Periodenerfolg. Die Grafik in Abbildung 15 zeigt die vier Kontenarten der Finanzbuchhaltung. Abbildung 15: Kontenarten der Finanzbuchhaltung Bestandskosten (Z (Zusammenfassung in der Bilanz)
A Aktive
P Passive Bestandskosten
Bestandskosten
Fremdkapital F
Eigenkapital
Erfolgsvorgänge (Veränderungen des EK) V
Aufwand
Ertrag
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Typische Aufwandskonten sind Lohn- und Gehaltsaufwendungen, Materialverbräuche, Miet- und Energieaufwendungen, Abschreibungen u.a. Typische Ertragsarten sind Umsatzerlöse, Zins- und Mieterträge, aber auch öffentliche Zuwendungen oder Zuschüsse. Der Periodenerfolg ergibt sich aus der Gegenüberstellung aller Aufwände und aller Erträge: Gewinn = Aufwände < Erträge Verlust = Aufwände > Erträge Ermittelt wird der Periodenerfolg auf einem Aufwands- und Ertragssammelkonto, dem Gewinn-und-Verlust-Konto. Erfolgskonten reagieren nach den gleichen Gesetzen wie die Bestandskonten, denn sie sind ja lediglich Unterkonten des Bestandskontos Eigenkapital. Erträge werden daher immer im Haben gebucht. Sie vermehren das Eigenkapital. Zugänge beim Eigenkapital als passives Bestandskonto werden auf der rechten Kontenseite (Haben) gebucht. Aufwände werden im Soll gebucht. Ein Aufwand entspricht einem Abgang beim Eigenkapital, folglich muss er auf der linken Kontenseite (Soll) gebucht werden. Eine Besonderheit der Erfolgskonten gegenüber den Bestandskonten ist, dass die Aufwands- und Ertragskonten keine Anfangsbestände haben. Erträge und Aufwendungen sind Stromgrößen. Man beginnt in jedem neuen Geschäftsjahr bei der Berechnung der Aufwendungen und Erträge wieder bei Null! Bezogen auf die Bilanzwirkung von Erfolgsbuchungen können drei Grundtypen von Buchungen auftreten: • Passivtausch (z.B. Mietaufwand an Verbindlichkeiten); • Bilanzverlängerung (z.B. Kasse an Mietertrag); • Bilanzverkürzung (z.B. Mietaufwand an Kasse). Aufwand Aufwendungen werden, wie oben gezeigt wurde, in der Finanzbuchhaltung erfasst. Sie können verschiedene Ursachen haben. Darum unterscheidet man: • ordentliche Aufwendungen – auch Zweckaufwand genannt – und • neutrale Aufwendungen. Ordentliche Aufwendungen, die mehr oder weniger gleichmäßig bzw. regelmäßig innerhalb einer Periode entstehen, sind z.B. Personalaufwendun-
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gen, Mieten, Zinsen etc. Davon zu unterscheiden sind die neutralen Aufwendungen, die von Periode zu Periode in unterschiedlicher Höhe anfallen oder ausbleiben können. Diese lassen sich weiter gliedern in: • betriebsfremden Aufwand (kein Bezug zur betrieblichen Leistungserstellung); • außerordentlichen Aufwand (Schäden durch Katastrophen, Unwetter, Feuer etc.); • periodenfremden Aufwand (z.B. Steuernachzahlungen für das Vorjahr, Abrechnungen die das Vorjahr betreffen, z.B. GEMA). Abbildung 16: Aufwendungen
Aufwendungen
Neutraler Aufwand
Zweckaufwand
Betriebsfremde Aufwendungen
Außerordentliche Aufwendungen
Periodenfremde Aufwendungen
Die Trennung ist insbesondere für die auf der Finanzbuchhaltung aufbauende Kosten-und-Leistungs-Rechnung notwendig, da diese unter anderem die Aufgabe hat, Verkaufspreise zu kalkulieren. Die Kalkulation muss vom »Normalfall« ausgehen, folglich die neutralen Aufwendungen »neutral« behandeln und sie nicht mit einrechnen. Ertrag Die gleiche Trennung wie bei den Aufwendungen gilt auch für die Erträge. Hier lassen sich ebenfalls »ordentliche Erträge«, die mehr oder weniger gleichmäßig innerhalb einer Periode zu erwarten sind (z.B. Umsatzerlöse, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, Zinserträge etc.), von »neutralen Erträgen« unterscheiden, die von Periode zu Periode in unterschiedlicher Höhe anfallen oder ausbleiben. Zu den neutralen Erträgen zählen:
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• betriebsfremde Erträge (stehen nicht im Zusammenhang mit dem Betriebszweck, z.B. spekulative Anlagen); • außerordentliche Erträge (z.B. Ertrag aus Verkauf einer gebrauchten Maschine über dem Buchwert); • periodenfremde Erträge (z.B. Steuerrückerstattungen). Abbildung 17: Erträge
Erträge
Neutrale Erträge
Betriebliche Erträge
Betriebsfremde Erträge
Außerordentliche Erträge
Periodenfremde Erträge
Durch die Trennung von Aufwand und Ertrag in ihre ordentlichen und neutralen Teile lassen sich im Rahmen der Gewinn-und-Verlust-Rechnung zwei Teilergebnisse differenzieren, nämlich das Betriebsergebnis, welches nur die ordentlichen Aufwendungen und Erträge berücksichtigt, und das neutrale Ergebnis, welches zeigt, was der Betrieb nebenbei noch erwirtschaftet hat, also was • aus anderen Perioden herrührt (periodenfremder Aufwand/Ertrag); • nicht aus dem eigentlichen Produktionsprozess hervorgegangen ist (betriebsfremder Aufwand/Ertrag) oder • einen einmaligen Vorgang darstellt (außerordentlicher Aufwand/Ertrag). Den Zusammenhang zeigt die Grafik in Abbildung 18.
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Abbildung 18: Erfolgsbeziehungen Aufwand
Neutrale Aufwendungen • betriebsfremd • periodenfremd • außergewöhnlich
Ertrag
Kosten u. Leistungen • betriebsbedingt • periodenbezogen • regelmäßig
Neutrale Erträge • betriebsfremd • periodenfremd • außergewöhnlich
BETRIEBSERGEBNIS
+ Neutrales Ergebnis
= GESAMTERGEBNIS
4.1.3 Die Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) Die Pflicht zur Erstellung einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung ergibt sich aus § 242 Absatz 2 HGB: § 242 Pflicht zur Aufstellung (2) [Der Kaufmann] hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Bei der GuV handelt es sich im Gegensatz zur Bilanz um eine Zeitraumrechnung. Sie ermittelt das Ergebnis einer Periode (i.d.R. ein Kalenderjahr) und gibt eine übersichtliche Darstellung der ökonomischen Vorgänge, die während einer Abrechnungsperiode stattgefunden haben. Dabei werden auch die einzelnen Quellen des Gewinnes bzw. Verlustes transparent. Auch für die GuV ist, gerade aus Gründen der Vergleichbarkeit, eine bestimmte Gliederung vorgeschrieben, sie soll in Staffelform gemäß den Vorschriften des § 275 HGB aufgebaut werden: 1. Umsatzerlöse 2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen 3. andere aktivierte Eigenleistungen 4. sonstige betriebliche Erträge
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Materialaufwand Personalaufwand Abschreibungen sonstige betriebliche Aufwendungen
9. ZWISCHENSUMME 10. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen 11. Erträge aus Wertpapieren, Ausleihungen und sonstigen Finanzanlagen, davon aus verbundenen Unternehmen 12. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 13. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 14. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon betreffend verbundene Unternehmen 15. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 16. außerordentliche Erträge 17. außerordentliche Aufwendungen 18. außerordentliches Ergebnis 19. Steuern vom Einkommen und Ertrag 20. sonstige Steuern 21. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag
Die Einzelpositionen der GuV Die Definition von Umsatzerlösen kann dem Gesetz entnommen werden: In § 277 Absatz 1 HGB heißt es: §277 Vorschriften zu einzelnen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung (1) Als Umsatzerlöse sind die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung und Verpachtung von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typischen Erzeugnissen und Waren sowie aus von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typischen Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer auszuweisen.
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Mit anderen Worten: Alles was an Waren und Leistungen vom Betrieb verkauft wird, stellt Umsatz dar. Der Verkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen oder Ausstellungen, Unterrichtsgebühren von Musikschulen oder Volkshochschulen sind Beispiele für Umsatz im Kulturbetrieb. Die Positionen 2 und 3 sind für Kulturbetriebe von geringer Relevanz und bleiben hier unberücksichtigt. Voraussetzung für die Zugehörigkeit zur Position 4 (Sonstige betriebliche Erträge) ist, dass es sich um Erträge der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit handelt (also nicht neutrale Erträge). Bei den Kulturbetrieben werden häufig sämtliche Zuschüsse unter den sonstigen betrieblichen Erträgen erfasst (Landeszuschüsse, Zuschüsse der Landkreise, der Partnerstädte, des Fördervereins, des Arbeitsamtes) sowie Spenden oder Versicherungsentschädigungen. Unter Materialaufwand werden Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe zusammengefasst, unabhängig davon, ob sie für den Fertigungs-, Verwaltungs- oder Vertriebsbereich anfallen. Zum Personalaufwand zählen Bruttobeträge von Löhnen und Gehältern für Arbeiter und Angestellte sowie Mitglieder der Geschäftsführung, außerdem sämtliche soziale Abgaben und Aufwendungen für die Altersversorgung der genannten Personengruppen. Durch Abschreibungen werden die Anschaffungskosten eines Anlagegutes auf die geschätzte Nutzungsdauer verteilt. Abschreibungen stellen den Aufwand für die Abnutzung des Anlagevermögens dar. Typisch für das Anlagevermögen ist die langfristige Bindung und Nutzung im Betrieb. Bei Anschaffung eines Anlagegutes, bspw. eines Fahrzeugs (20.000 Euro), muss der Betrieb zum Zeitpunkt der Anschaffung 20.000 Euro liquide Mittel zur Verfügung haben, um die Rechnung begleichen zu können. Die Nutzungsdauer eines Fahrzeuges wird mit fünf Jahren angenommen (für die Nutzungsdauern gibt es spezielle Abschreibungstabellen, die von der Finanzverwaltung herausgegeben werden7). Bei Anwendung des einfachsten Abschreibungsverfahrens (lineare Abschreibung) wird jede Periode der Nutzung mit dem gleichen Anteil an »Nutzungsaufwand« erfolgswirksam belastet. Der Abschreibungsbetrag und damit der pro Periode entstehende Aufwand berechnet sich als Differenz aus Anschaffungskosten/Nutzungsdauer. Im Beispiel beträgt der Abschreibungsbetrag und damit der Aufwand in jedem Jahr der Nutzung 4000 Euro.
7 Die aktuellen Afatabellen findet man auch im Internet, z.B. unter www.steuer netz.de/afa.
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Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen sind ein Sammelposten für alle betrieblichen Aufwendungen, die nicht unter anderen Aufwandsposten auszuweisen sind, z.B. für Reisen (Hotel, Verkehrsmittel, Tagespauschalen, Kilometergeld etc.), Telekommunikationsleistungen, Büromaterialen, Rechts- und Beratungsleistungen, Mieten, Versicherungsbeiträge, Instandhaltungen, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit etc. Unter die Posten Außerordentliche Erträge und Außerordentliche Aufwendungen fallen nach § 277 Absatz 4 HGB Erträge und Aufwendungen, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft anfallen. § 277 Vorschriften zu einzelnen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung (4) Unter den Posten »außerordentliche Erträge« und »außerordentliche Aufwendungen« sind Erträge und Aufwendungen auszuweisen, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft anfallen. Die Posten sind hinsichtlich ihres Betrages und ihrer Art im Anhang zu erläutern, soweit die ausgewiesenen Beträge für die Beurteilung der Ertragslage nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Satz 2 gilt auch für Erträge und Aufwendungen, die einem anderen Geschäftsjahr zuzurechnen sind. Der Saldo aus den Positionen 15 und 16 ergibt das »Außerordentliche Ergebnis« (Position 17). Unter Nr. 18 Steuern vom Einkommen und Ertrag fallen die Körperschaftsteuer, die Gewerbeertragssteuer und Kapitalertragssteuer. Ob diese Steuerarten für einen Kulturbetrieb relevant sind, hängt von seinem Charakter (Profit- oder Non-Profit-Betrieb) und der Rechtsform des Betriebs ab. Zu den sonstigen Steuern zählen z.B. Kfz-Steuer, Grundsteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer u.a. Die letzte Position der GuV, der Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag, stellt die Schlussposition dar und zeigt das Ergebnis der abgeschlossenen Periode. War die Summe der Erträge größer als die Summe der Aufwendungen, entstand Gewinn, im umgekehrten Fall hat sich ein Verlust ergeben. 4.1.4 Organisation der Finanzbuchhaltung An dieser Stelle muss nun die Organisation der Buchführung erläutert werden. Die Finanzbuchführung ist in mehrere Bücher eingeteilt (Haupt- und Nebenbücher). Dass man von Büchern spricht, ist historisch bedingt, schließlich ist das Verfahren der Doppelten Buchführung schon über 500 Jahre alt.
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Die erste systematische Abhandlung zur Buchführung stammt von Luca Pacioli (1455-1517), einem Zeitgenossen von Leonardo da Vinci, veröffentlicht im Jahre 1494 unter dem Titel »Summa de Arithmetica«. Das erste Lehrbuch zur Buchhaltung in deutscher Sprache schrieb Matthias Schwarz, der Chefbuchhalter von Jakob Fugger, im Jahre 1518 (Schneider 2005: 11). Selbstverständlich werden in diesen Zeiten die Aufzeichnungen handschriftlich in fest gebundenen Büchern vorgenommen. Die Bezeichnungen sind auch im digitalen Zeitalter erhalten geblieben, obwohl manuelle Buchhaltungen heute nur noch in sehr seltenen Fällen geführt werden. Die »Bücher« heute sind Loseblattsammlungen, Karteikarten oder Datenträger. Der Buchungssystematik liegt trotzdem die Einteilung in Bücher zugrunde. Die Finanzbuchhaltung soll zeitnah und lückenlos die Geschäftsvorfälle verbuchen, dies erfolgt im so genannten »Grundbuch« oder »Journal«. Man muss sich vorstellen, dass ein Buchhalter einen Berg Belege zu verarbeiten hat, dazu muss er die Belege quasi in entsprechende Buchungssätze »übersetzen« und diese der Reihe nach im Grundbuch eintragen. Diese Tätigkeit, die man auch »Kontierung« nennt, ist nicht technisch zu lösen. Kenntnisse der Zusammenhänge der Finanzbuchhaltung sind dazu zwingend notwendig. Sämtliche Konten eines Betriebes bilden das so genannte »Hauptbuch« der Finanzbuchhaltung. In einem zweiten Schritt müssen die im Grundbuch verbuchten Beträge nun den angesprochenen Konten zugeordnet werden. Bei der üblichen Nutzung einer EDV-gestützten Buchhaltung wird dieser Schritt von der Technik übernommen, d.h. Aufgabe einer Buchhaltungskraft ist es, aus dem vorliegenden Beleg einen Buchungssatz zu bilden und diesen im Grundbuch zu verbuchen. Grundbuch und Hauptbuch zusammen bilden den Kern der Doppelten Buchhaltung. Zu den Neben- und Hilfsbüchern zähen die Lohn- und Anlagenbuchhaltung. Nun lässt sich auch erklären, warum man von Doppelter Buchführung spricht: • Jede Buchung wird sowohl im Grundbuch in zeitlicher Reihenfolge als auch im Hauptbuch in sachlicher Ordnung auf entsprechenden Sachkonten vorgenommen. • Jeder Geschäftsvorfall wird immer auf zwei Konten verbucht, ein Konto wird auf der Sollseite, eines auf der Habenseite angesprochen. • Das Ergebnis wird durch zwei Rechnungen ermittelt, durch die Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung und durch die Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital in der Bilanz.
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Nun wäre noch zu erklären, wie viele und welche Konten man benutzt. Auch in einem kleineren Betrieb kommen schnell ca. 50 Konten zusammen, die entsprechend zu pflegen sind. Um einen leichten Überblick zu bekommen, werden die Konten systematisch in einem Kontenrahmen geordnet. Im Kontenrahmen werden verschiedene Konten gruppiert und zu so genannten Kontenklassen zusammengefasst. Bei der Aufstellung eines solchen Kontenrahmens ist man frei, es gibt keine Vorschriften. Üblich ist aber, dass man sich an einen bestehenden standardisierten Kontenrahmen anlehnt. Diese sind nach dem Zehnerprinzip aufgebaut und in Kontenklassen, Kontengruppen und Einzelkonten gegliedert. Die Gliederung orientiert sich entweder an den betrieblichen Abläufen (Prozessgliederung) oder an den für den Jahresabschluss erforderlichen Positionen (Bilanzgliederung). Solche Standardkontenrahmen sind beispielsweise: • • • • •
der IKR (Industriekontenrahmen); der GKR (Gemeinschaftskontenrahmen für den Groß- und Außenhandel); der Kontenrahmen für den Einzelhandel; der Gemeinsame Kontenrahmen der Gemeinden (GKG); der Datev-Kontenrahmen (SKR 03, SKR 04)8.
8 DATEV steht für Datenverarbeitungsorganisation des Steuerberatenden Berufes in der BRD eG. Die Abkürzung SKR steht für Spezialkontenrahmen, SKR 03 orientiert sich an den Betriebsabläufen und wird in vielen Klein- und Mittelbetrieben eingesetzt, der SKR 04 orientiert sich an der Jahresabschlussgliederung und wird eher bei größeren Betrieben eingesetzt.
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Tabelle 9: Auszug aus dem Datev-Kontenrahmen SKR 03 0 Anlage- und Kapitalkonten 0300
Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung
0310
Andere Anlagen
0320
Pkw
0350
Lkw
0380
Sonstige Transportmittel
0400
Betriebsausstattung
0410
Geschäftsaustattung
0420
Büroeinrichtung
0430
Ladeneinrichtung
0440
Werkzeuge
0450
Einbauten
0480
Geringwertige Wirtschaftsgüter bis 400 €
0490
Sonstige Betriebs- und Geschäftsausstattung
0800
Gezeichnetes Kapital
0860
Gewinnvortrag vor Verwendung
0868
Verlustvortrag vor Verwendung
0955
Steuerrückstellungen
0970
Sonstige Rückstellungen
0980
Aktive Rechnungsabgrenzungsposten
0990
Passive Rechnungsabgrenzungsposten
1 Finanz und Privatkonten 1000
Kasse
1200
Bank
1400
Forderungen
1700
Sonstige Verbindlichkeiten
1500
Sonstige Vermögensgegenstände
1600
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
1700
Sonstige Verbindlichkeiten
2 Abgrenzungskonten 2000
Außerordentliche Aufwendungen
2010
Betriebsfremde Aufwendungen
2020
Periodenfremde Aufwendungen
2100
Zinsen und ähnliche Aufwendungen
2500
Außerordentliche Erträge
2510
Betriebsfremde Erträge
2700
Sonstige Erträge
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3 Wareneingangs- und Bestandskonten 3000
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
3100
Fremdleistungen
3600-3669
Wareneingang
4 Betriebliche Aufwendungen 4000-4099
Material- und Stoffverbrauch
4100-4120
Löhne und Gehälter
4130
Gesetzliche soziale Aufwendungen
4138
Beiträge zur Berufsgenossenschaft
4190
Aushilfslöhne
4200
Raumkosten
4240
Gas, Strom, Wasser
4250
Reinigung
4360
Versicherungen
4530
Lfd. Kfz-Reparaturen
4540
Kfz-Reparaturen
4610
Werbekosten
4650
Bewirtungskosten
4820
Abschreibungen
4910
Porto
4945
Fortbildungskosten
4955
Buchführungskosten
4985
Werkzeuge und Kleingeräte
7 Bestände an Erzeugnissen 7080
Unfertige Leistungen
7095
In Arbeit befindliche Aufträge
7140
Waren (Bestand)
8 Erlöskonten 8100-8150
Steuerfreie Umsätze
8300-8309
Erlöse 7 % USt
8400-8409
Erlöse 15 % bzw. 16 % USt
8625-8649
Sonstige Erlöse
8770-8799
Gewährte Rabatte
8800
Erlöse aus Anlagenverkäufen
Vortragskonten – Statistische Konten
Eine Auswahl dieser Standardkontenrahmen ist in den gängigen EDV-Programmen hinterlegt und kann entsprechend, ggfs. nach Rücksprache mit dem Steuerberater, ausgewählt werden. Das muss dann aber nicht heißen,
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dass man in ein bestehendes Raster gepresst wird – diese Vorlagen sind veränderbar. Man aktiviert in der Regel die für den eigenen Betrieb notwendigen Konten und kann jederzeit neue oder spezifische Konten, die in der Vorlage nicht enthalten sind, ergänzen, so dass ein Kulturbetrieb für die ihm eigenen Aufwandsarten wie GEMA-Gebühren, Künstlersozialkasse, Urheberrecht etc. entsprechende Konten und Kontenbezeichnungen einführen kann. Die bestehenden Kontenrahmen dienen folglich der Orientierung und Arbeitserleichterung, denn eine Vielzahl von Konten sind branchenunabhängig immer notwendig (Kasse, Bank, Forderungen, Verbindlichkeiten etc.). Nach der Individualisierung eines Standardkontenrahmens entsteht der für den Betrieb relevante Kontenplan. Dieser sollte möglichst statisch bleiben, um die Vergleichbarkeit der Zahlen über mehrere Jahre zu sichern. Nachdem nun Bestandteile und Funktionsweise der Finanzbuchhaltung erklärt wurden, sollen in Tabelle 10 als Zusammenfassung noch einmal die Tätigkeiten, die notwendig und organisatorisch zu klären sind, aufgelistet werden. Tabelle 10: Arbeitsschritte in einer Finanzbuchführung während des Geschäftsjahres Gründungsjahr (Annahme Gründung 1.1.)
Datum
1.
Gründungsinventur
1.1.
2.
Aufstellung des Gründungsinventars
1.1.
3.
Aufstellung einer Gründungseröffnungsbilanz
1.1.
4.
Zerlegung der Gründungseröffnungsbilanz in aktive und passive Bestandskonten
1.1.
5.
Vorkontierung der Eröffnungs- und laufenden Buchungen des Geschäftsjahres in einer Buchungsliste
1.1.-31.12.
6.
Eintragung der buchungspflichtigen Geschäftsvorfälle in die 1.1.-31.12. Grund- und Kontokorrentbücher
7.
Verbuchung (Eintragung) der laufenden Geschäftsvorfälle auf den Sachkonten des Hauptbuches
1.1.-31.12.
8.
Durchführung der Abschlussinventur
31.12.
9.
Aufstellung des Abschlussinventars
31.12.
10.
Durchführung der vorbereitenden Abschlussbuchungen
31.12.
11.
Durchführung der eigentlichen Abschlussbuchungen
31.12.
12.
Aufstellung der Schlussbilanz, der Gewinn-und-VerlustRechnung sowie evtl. eines Anhangs und Lageberichts
31.12.
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Folgejahr
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Datum
1.
Aufstellung der Eröffnungsbilanz (identisch mit der Schluss- 1.1. bilanz des Vorjahres)
2.
Zerlegung der Eröffnungsbilanz in aktive und passive Bestandskonten (sog. Jahresübernahme)
1.1.
3.
Vorkontierung der Eröffnungs- und laufenden Buchungen des Geschäftsjahres in einer Buchungsliste
1.1.-31.12.
4.
Eintragung der buchungspflichtigen Geschäftsvorfälle in die 1.1.-31.12. Grund- und Kontokorrentbücher
5.
Verbuchung der laufenden Geschäftsvorfälle auf den Sachkonten des Hauptbuches
1.1.-31.12.
6.
Durchführung der Abschlussinventur
31.12.
7.
Aufstellung des Abschlussinventars
31.12.
8.
Durchführung der vorbereitenden Abschlussbuchungen
31.12.
9.
Durchführung der eigentlichen Abschlussbuchungen
31.12.
10.
Aufstellung der Schlussbilanz, der Gewinn-und-VerlustRechnung sowie evtl. eines Anhangs- und Lageberichts usw.
31.12.
Quelle: Schneider 2005: 16f.
4.1.5 Besondere Geschäftsvorfälle im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten Nachdem zu Beginn des Geschäftsjahres die Eröffnungsbilanz in ihre einzelnen Bestandteile (Bestandskonten) aufgelöst wurde, müssten folglich für den Jahresabschluss die Bestandskonten wieder in die Bilanz rückgeführt und die Erfolgskonten in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung zusammengetragen werden. Bevor diese Schritte erfolgen, gibt es jedoch eine Reihe von vorbereitenden Abschlussarbeiten, die auszuführen sind. Das sind zum einen Umbuchungen und zum anderen Nachbuchungen. Sämtliche Konten werden zum Abschlussstichtag überprüft, ob jeweils sachlich richtige Geschäftsvorfälle dort verbucht wurden. Wenn Fehler auftreten, wenn beispielsweise eine Kontonummer bei der Erfassung falsch eingegeben wurde oder ähnliche Routinefehler vorliegen, können diese falschen Zuordnungen durch Umbuchungen korrigiert werden. Nachbuchungen werden für besondere Vorgänge vorgenommen, die während der laufenden Buchführung unberücksichtigt bleiben und wegen eines erhöhten Bearbeitungsaufwandes meist nur einmal jährlich getätigt werden. Dazu zählen die Ermittlung der Abschreibungsbeträge und in diesem Zusammenhang die Aufstellung bzw. Aktualisierung des Anlagespiegels, die Bildung von Rückstellungen und die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten.
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Nach Ablauf des Geschäftsjahres wird geprüft, ob alle Geschäftsvorfälle, die in den Erfolg des jeweiligen Geschäftsjahres (im Sinne der periodengerechten Erfolgsermittlung) einfließen sollen, berücksichtigt wurden. Wenn dies nicht der Fall ist, müssen beispielsweise Rückstellungen gebildet werden. Der Buchungssatz für eine Rückstellung lautet immer: Aufwandskonto (z.B. GEMA) an Rückstellungen Bei den Rechnungsabgrenzungen muss zwischen den aktiven Abgrenzungsposten (ARAP) und den Passiven Abgrenzungsposten (PRAP) unterschieden werden. Es ergeben sich folglich die folgenden Buchungssätze: ARAP an Aufwandskonto (z.B. Mietaufwand) Ertragskonto (z.B. Mieterträge) an PRAP Da Abschreibungen das buchtechnische Ausdrucksmittel für Abnutzung von Anlagegegenständen sind, fallen sie zwar laufend an, werden aber trotzdem in der Regel nur einmal jährlich im Rahmen der Abschlussarbeiten ermittelt. Das gesamte Anlagevermögen wird im Anlagespiegel aufgenommen (Nebenbuchhaltung s.o.). Dieser ist Teil des Jahresabschlusses und gibt einem Bilanzleser Aufschluss über die Zusammensetzung des Anlagevermögens (siehe Tab. 11). Jede Veränderung wird dort registriert. Auch die Berechnung der Abschreibungsbeträge jedes einzelnen Anlagegegenstandes wird dort durchgeführt. Für unterschiedliche Anlagekonten wird jeweils ein eigener Anlagespiegel geführt, z.B. für Fahrzeuge, für Büroausstattung, für Software u.a. Die Verbuchung wird als Summe vorgenommen. So heißt beispielsweise die Buchung für die Abschreibung einer EDV-Ausstattung: »Abschreibungen an EDV-Ausstattungen« Die nachfolgende Tabelle 11 zeigt einen Ausschnitt aus einem Anlagespiegel.
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Tabelle 11: Auszug aus Anlagespiegel
Notebook
10/04
7.071,70
3
5.893,00
2.357,00
2357,00
Projektor
11/04
8.730,00
3
7.275,00
2.910,00
2910,00
4.365,00
Frankiermaschine
12/04
2.016,00
8
1.890,00
252,00
252,00
1.638,00
Digitalkamera
05/05
2.270,60
3
2.270,60
756,60
756,60
1.514,00
DATStreamer
07/05
1.465,95
3
1.465,95
244,95
244,95
1.221,00
PC
07/05
8.532,01
3
8.532,01
1.422,01
1422,01
7.110,00
Videogerät
08/05
1.500,00
7
1.500,00
214,00
214,00
1.286,00
PC
11/05
2.477,60
3
2.477,60
412,60
412,60
2.065,00
Notebook
11/05
4.781,91
3
4.781,91
796,91
796,91
3.985,00
9.366,07
9366,07
26.720,00
38.845,77
Buchwert Anfang GJ10 xx
Zugänge Ab- AfA11 linear AfA gesamt Buchwert Ende GJ xx lfd. GJ gänge lfd. GJ
Ansch. -datum
Summe
Ursprl. Ansch. -kosten
ND9
Bezeichnung
15.058,00
21.028,07
0,00
3.536,00
Der Zusammenhang von Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnung Beide Teilrechnungen des Jahresabschlusses, sowohl die Bilanz als auch die GuV, machen Aussagen über die Entwicklung und das Ergebnis des Betriebes. Die Bilanz ist gekennzeichnet durch ihre Stichtagsbezogenheit, außerdem ist charakteristisch, dass sie mit so genannten Beständen operiert. Sie hat die Aufgabe, zu verfolgen, wie sich ein Betrieb über seine gesamte Lebenszeit entwickelt, indem die Bestände und damit ihr Wandel im Zeitablauf einfach fortgeschrieben werden. Durch den Vergleich der Werte zweier aufeinander folgender Stichtage (oder mehrerer Jahre) lassen sich bezüglich der Entwicklung entsprechende Schlüsse ziehen. Die Bilanz beinhaltet auch das Ergebnis einer Periode, die Details zur Zusammensetzung findet man jedoch in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung. Diese arbeitet im Unterschied zur Bilanz nicht mit Bestands-, sondern mit so genannten Erfolgskonten (Aufwands- und Ertragskonten). Da die Gewinnund-Verlust-Rechnung eine Zeitraumrechnung darstellt, möchte sie jeweils pro Periode den Erfolg ermitteln, d.h., alle Werte der GuV werden zu Beginn 9 ND = Nutzungsdauer; aktuelle Nutzungsdauern siehe www.steuernetz.de/afa 10 GJ = Geschäftsjahr 11 AfA = Absetzung für Abnutzung
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einer neuen Periode wieder auf »Null gestellt« und das Aufzeichnen aller Aufwände und Erträge beginnt von Neuem. Die genutzten Erfolgskonten sind eine Hilfskonstruktion zum Eigenkapitalkonto, denn Aufwände vermindern, Erträge vermehren das Eigenkapital. Würde man alle Veränderungen eines Betriebes auf dem Eigenkapitalkonto verbuchen, wäre dies viel zu unübersichtlich, darum gibt es die zahlreichen Unterkonten, die nach den individuellen Bedürfnissen gebildet werden können. Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnung zusammengenommen bilden nach § 242 (3) HGB den Jahresabschluss. Bei größeren Gesellschaften enthält der Jahresabschluss zusätzlich einen Anhang und einen Lagebericht. Beide Teile enthalten für die Bilanzanalyse wesentliche Informationen. Die grundlegende Aufgabe des Anhangs besteht in der qualitativen Steigerung des Informationsgehaltes von Bilanz und GuV, indem das Zahlenmaterial dieser Rechnungen erläutert, ergänzt oder alternativ im Anhang erfasst wird. Laut § 284ff. HGB gliedern sich die Anhangsinformationen in folgende Bereiche: • Bewertungsmethoden und Wertansätze in der Bilanz; • Zahlenangaben, Aufgliederungen und Ergänzungen zu bestimmten Jahresabschlusspositionen (z.B. ist der Anlagespiegel Teil des Anhangs); • ergänzende und erklärende sowie begründende Erläuterungen zu bestimmten Darstellungsweisen im Abschluss. Der Lagebericht ergänzt den Jahresabschluss durch zusätzliche Informationen allgemeiner Art, insbesondere durch Angaben, die für die wirtschaftliche Gesamtbeurteilung des Unternehmens von Bedeutung sind. Die Inhalte im Einzelnen sind im § 289 HGB festgelegt. Gefordert wird die Darstellung • des Geschäftsverlaufs und der Lage des Unternehmens (z.B. Absatzlage, Produktion und Investition); • der Vorgänge von besonderer Bedeutung zum Schluss des Geschäftsjahres; • der voraussichtlichen Entwicklung des Unternehmens; • der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit. 4.1.6 Analyse des Jahresabschlusses Aus beiden Teilen des Jahresabschlusses können Informationen gewonnen und für die Betriebssteuerung genutzt werden. Die Informationen werden
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für die außerhalb des Betriebes stehenden Interessierten zusammengetragen, selbstverständlich aber auch betriebsintern genutzt. Bei der Analyse der Bilanz kommt es darauf an, das Beziehungsgeflecht zwischen den verschiedenen Bilanzgruppen näher in Augenschein zu nehmen. Dies bezieht sich sowohl auf Vergleiche von links nach rechts und von rechts nach links als auch von oben nach unten und umgekehrt. Dabei kommt es bei der Bilanz besonders an: • auf das Eigenkapital; • auf die Finanzierung im langfristigen wie im kurzfristigen Bereich und • auf die Liquidität. In der Gewinn-und-Verlust-Rechnung sind entscheidend: • • • • • •
der Jahresgewinn/-verlust; das Betriebsergebnis; die außerordentlichen Ertragseinflüsse; die Sach- und Personalaufwandsquote; der Umsatz und die Rentabilität.
Letztlich interessieren drei Fragen, die der Jahresabschluss beantworten soll: • Wie ist der Betrieb finanziert? • Wie liquide ist der Betrieb? • Wie rentabel ist der Betrieb? Die Bilanzanalyse kann in fünf Schritten vorgenommen werden: 1. Bilanz lesen: Dieser erste Schritt ist der einführende Teil der »Bilanzforschung«. Man liest sich ein, gewinnt einen ersten Eindruck von den Positionen Eigenkapital, Bilanzsumme, Anlagevermögen, Umsatz und Gewinn/Verlust sowie deren Verhältnis zueinander. Die Lektüre von Anhang und Lagebericht ergänzt den rein zahlenmäßigen Eindruck. 2. Vergleich mit dem Vorjahr: In der Regel werden bei der Erstellung von Bilanz und GuV immer zwei Jahre einander gegenübergestellt. Im direkten Vergleich von zwei Stichtagen gewinnt man weiteren Aufschluss über die Entwicklung von Umsatz und Ergebnis, aber auch von Vermögen und Kapital.
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3. Umstellen der Bilanz: Dieser Schritt dient der unmittelbaren Vorbereitung zu Schritt 4, der Kennziffernbildung. Die Bilanz muss nach Fälligkeiten und Fristigkeiten eingeteilt werden. Außerdem werden Gruppen gebildet (am besten für mehrere Rechnungsperioden). Auf der Aktivseite werden die Vermögenswerte in sechs Gruppen eingeordnet: • • • • • •
Sachanlagevermögen; Finanzanlagevermögen; Vorratsvermögen; sonstige Aktiva; sonstiges mittelfristiges Umlaufvermögen; sonstiges kurzfristiges Umlaufvermögen.
Auf der Passivseite sind es vier Gruppen: • • • •
Eigenkapital; eigenkapitalähnliche Mittel; mittel- und langfristiges Fremdkapital; kurzfristiges Fremdkapital.
Stellt man die Werte dieser Gruppen für mehrere Geschäftsjahre in einer Tabelle nebeneinander, lassen sich bereits einige Entwicklungen ablesen, z.B.: • • • • • •
die Entwicklung der Bilanzsumme; die Entwicklung des Eigenkapitals; die Entwicklung des mittel- und langfristigen Fremdkapitals; die Entwicklung des Anlagevermögens; die Entwicklung der Vorräte und die Entwicklung der kurzfristigen Schulden.
4. Kennziffernbildung: Im Kennzahlensystem werden alle Ziffern- und Zahlenblöcke zueinander in Beziehung gesetzt, deren Vergleich etwas Wichtiges aussagt. Im Wesentlichen unterscheidet man drei Arten: • Kennzahlen zur Finanzierung – wie ist ein Betrieb finanziert? • Kennzahlen zur Liquidität – wie zahlungsfähig ist ein Betrieb? • Kennzahlen zur Rentabilität – was verdient der Betrieb?
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5. Auswertung: Im letzten Schritt werden alle gewonnenen Kennzahlen und Verhältniszahlen gewichtet und bewertet, wobei auch hier die wesentliche Erkenntnis und Beurteilung aus dem Vergleich der aktuellen Daten mit denen der Vergangenheit resultiert. Der Zeitablauf zeigt die wesentlichen Entwicklungstendenzen und lässt darauf aufbauend auch Prognosen für die Zukunft zu. Bilanzkennzahlen Entsprechend den oben genannten Leitfragen können bei der Bilanzanalyse Kennzahlen gebildet werden. Eine kleine Auswahl soll hier vorgestellt werden: Finanzierungskennzahlen Finanzierungskennzahlen sagen aus, welche Mittel für welche Zwecke zur Verfügung stehen, wie die Sicherheit der Finanzierung einzuschätzen ist und ob die Kapitalbereitstellung Schwächen zeigt. Bei den Finanzierungskennzahlen steht zunächst das Eigenkapital im Zentrum des Interesses. Die Eigenkapitalquote macht eine Aussage über den Anteil des Eigenkapitals an der Gesamtfinanzierung. Die Eigenkapitalquote errechnet sich folgendermaßen: Eigenkapitalquote =
Eigenkapital
x 100
Bilanzsumme
Ein niedriger Eigenkapitalanteil bedeutet hohe Abhängigkeit von Banken und anderen Gläubigern, ein hoher Eigenkapitalanteil sichert eine größere Unabhängigkeit. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote der deutschen Unternehmen liegt bei 20 Prozent. Für Kulturbetriebe liegen leider keine Zahlen vor, es ist jedoch eher von einer geringen Eigenkapitaldeckung auszugehen. Grundsätzlich gilt: Je höher die Eigenkapitalquote, umso besser. Es bringt Sicherheit und Unabhängigkeit von Dritten und schafft nicht zuletzt die Voraussetzung für die Zufuhr von Fremdkapital. Eine weitere Kennzahl zur Finanzierung ist die der Anlagendeckung. Eine der Finanzierungsregeln lautet, dass das Anlagevermögen nach Möglichkeit durch Eigenkapital finanziert sein soll, denn Anlagevermögen ist zur langfristigen Nutzung gedacht, bindet größere Summen und ist zur Aufrechterhaltung des Betriebes in vielen Fällen unverzichtbar. Aus diesen Gründen sollte nicht das Risiko eingegangen werden, an dieser Stelle kurzfristig Kapital zurückzahlen zu müssen und somit den Betrieb in seinem
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Fortbestand zu gefährden. Zu welchem Anteil das Anlagevermögen durch Eigenkapital gedeckt ist, ist die Aussage der Kennzahl Anlagendeckung. Anlagendeckung =
Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital
x 100
Anlagevermögen
Man unterscheidet zwei Arten: die reine Anlagendeckung, die nur einen Quotienten aus Eigenkapital und Anlagevermögen bildet, und eine erweiterte Anlagendeckung, die auch das langfristige Fremdkapital einbezieht. Bei Teilfinanzierung des Anlagevermögens durch langfristiges Fremdkapital sind die Risiken noch im Rahmen. Der Grundsatz einer ›ordentlichen Finanzierung‹ lautet, dass die eigenen und die aufgenommenen Mittel immer so lange zur Verfügung stehen sollten, wie sie im Betrieb benötigt werden. Das Anlagevermögen sollte mit langfristigem Kapital finanziert sein. Das Anlagevermögen unterliegt einem laufenden Werteverzehr, der buchhalterisch und bilanztechnisch durch die Aufwandsart Abschreibung erfasst wird. Bleiben die Investitionen längere Zeit hinter den Abschreibungen zurück, dann schrumpft automatisch das Anlagevermögen. Man spricht in diesem Fall auch von Substanzverzehr. Übersteigen die Investitionen dagegen die Abschreibungen, befindet sich der Betrieb auf Expansionskurs. Dies drückt die Kennzahl »Abschreibungsfinanzierungsgrad« aus: Abschreibungs- = Abschreibungen auf Sachanlagen x 100 finanzierungsgrad Zugänge auf Sachanlagen
Die Kennzahl wird noch aussagefähiger, wenn man die Entwicklung über zwei bis drei Jahre betrachtet. Liquiditätskennzahlen Liquidität ist die Fähigkeit eines Unternehmens, zu jedem Zeitpunkt die Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können. Das Hauptanliegen der Analyse im Bereich der Liquidität ist es, herauszufinden, welche liquiden Mittel vorhanden sind und was kurzfristig durch Verkauf zu Geld gemacht werden kann, um Schulden abzubauen. Für die Liquidität eines Betriebes gilt die Regel: Es sollten so viele kurzfristig liquiden Mittel im Betrieb vorhanden sein, wie kurzfristig Schulden fällig sein könnten! Liegt hier ein Verhältnis von 1:1 vor, besteht keine Gefahr, in Liquiditätsschwierigkeiten zu kommen. Bei den Liquiditätskennzahlen werden mehrere Liquiditätsgrade unterschieden:
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Liquiditätsgrad 1 =
liquide Mittel + kurzfristig realisierbares Umlaufvermögen (ohne Vorräte)
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x 100
kurzfristige Verbindlichkeiten
Liquiditätsgrad 2 =
liquide Mittel + kurzfristig realisierbares Umlaufvermögen + mittelfristig realisierbares Umlaufvermögen (incl. Vorräte)
x 100
kurzfristige + mittelfristige Verbindlichkeiten Kurzfristig bedeutet ein Zeithorizont von unter einem Jahr, mittelfristig ein bis fünf Jahre, darüber hinaus spricht man von langfristig. Für die öffentlichen Kulturbetriebe, die bisher ein kameralistisches Rechnungswesen führten, spielten Fragen der Liquidität keine Rolle. Auszahlungen wurden per Auszahlungsanordnung über die Kämmerei der Kommune abgewickelt. Ob die städtischen Konten eine entsprechende Deckung aufwiesen, war für den Kulturbetrieb nicht relevant. Werden solche Kulturbetriebe nun beispielsweise in der Rechtsform einer GmbH geführt, muss die Liquidität existenzielles Ziel des Betriebes sein, da Illiquidität unweigerlich zum Konkurs führt. Die Liquiditätssteuerung braucht gerade wegen der besonderen Planungszyklen vieler Kulturbetriebe ein besonderes Augenmerk. Viele kulturelle Produkte und Projekte sind durch einen großen Vorlauf gekennzeichnet, wie z.B. Ausstellungsprojekte, Festivals, große Theaterproduktionen u.a. Während der Vorbereitungszeit fällt bereits ein großer Teil der Aufwände an und es werden folglich Zahlungen fällig. Einnahmen zur Deckung derselben können aber erst später, z.B. ab der Ausstellungseröffnung bis zum Ausstellungsende erzielt werden. Man benötigt also eine gesicherte Vorfinanzierung. Rentabilitätskennziffern Rentabilitätskennziffern werden aus den Daten der GuV ermittelt. Damit haben sie eine dynamischere Aussagekraft als die Kennzahlen der Bilanz. Die GuV spiegelt das Ergebnis einer gesamten Periode, während Kennzahlen der Bilanz wie die Bilanzrechnung selbst nur eine Momentaufnahme sein können. In einer einfachen Relation wird der Jahresgewinn dem Eigenkapital gegenübergestellt. Die gewonnene Aussage macht deutlich, wie das eingesetzte Kapital verzinst wurde: Jahresüberschuss
x 100
Eigenkapital
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Die Eigenkapitalrentabilität zeigt die Verzinsung des von den Eigentümern zur Verfügung gestellten Kapitals. Als Eigenkapitalgeber kann man zwischen zwei Alternativen wählen: Man legt sein Kapital (z.B. 50.000 Euro) bei einer Bank zu einem garantierten Zinssatz von 5 Prozent an. Dann entspricht die Rentabilität der Anlage eben diesen 5 Prozent. Man realisiert einen Zinsertrag in Höhe von 2500 Euro, ein Risiko besteht bei dieser Art von Anlage nicht. Die zweite Alternative sieht vor, das Kapital als Eigenkapital in einen Betrieb einzubringen. Dann stellt sich nach einer Periode (i.d.R. ein Jahr) für den Eigenkapitalgeber die Frage der Rentabilität. Wenn nun beispielsweise der Betrieb, in den investiert wurde, einen Jahresüberschuss von 15.250 Euro realisieren konnte, ergibt sich entsprechend eine Eigenkapitalrentabilität von 30,5 Prozent. Für den Eigenkapitalgeber war die Entscheidung, das Kapital im Betrieb einzusetzen, die bessere Alternative. Allerdings trägt der Eigenkapitalgeber auch ein höheres Risiko, da er mit seinem Kapital auch haftet. Zur Beurteilung von Rentabilitäten ist die Kenntnis der Rentabilität einer möglichen Alternative notwendig. In der Regel orientiert man sich dabei an einem durchschnittlichen Zinssatz, der am Kapitalmarkt zu erzielen wäre. Die Gesamtkapitalrentabilität (Return on Invest, ROI) drückt die Verzinsung des gesamten im Unternehmen eingesetzten Kapitals, also Eigen- und Fremdkapital, aus und errechnet sich folgendermaßen: Jahresüberschuss
x 100
Gesamtkapital
Eine weitere Rentabilitätskennziffer ist die Umsatzrentabilität. Sie prüft, ob sich die Geschäftstätigkeit wirklich gelohnt hat. Sie ist einer der besten Maßstäbe für die Effizienz der geschäftlichen Tätigkeit, indem sie angibt, in welchem Umfang eine Einheit des Umsatzes zum Jahresüberschuss beiträgt. Umsatzsteigerungen für sich alleine betrachtet haben keinen Aussagewert. Sie sind unter dem wirtschaftlichen Aspekt gesehen nur dann interessant, wenn sie mit gleichzeitigen Gewinnsteigerungen verbunden sind, und gerade dieses Verhältnis wird mit der Umsatzrentabilität ausgedrückt: Jahresüberschuss
x 100
Umsatz
Grundsätzlich ist die Verwendung des Jahresüberschusses innerhalb der Kennzahlen problematisch. Es ergäbe sich ein realistischeres Bild, würde
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man die Größe »Betriebsergebnis« verwenden. Im Jahresüberschuss sind sowohl außerordentliche Aufwendungen und Erträge enthalten als auch das Finanzergebnis (GuV-Positionen 10-14). Möchte man ein echtes Ergebnis der Geschäftstätigkeit, müssen diese Positionen herausgenommen werden, man würde mit dem so genannten »Betriebsergebnis« operieren. Dieses könnte dann wieder zum Gesamtergebnis ins Verhältnis gesetzt werden, um zu sehen, welchen Anteil der reine Betriebszweck am Gesamtergebnis hat oder ob dieses sogar stärker durch andere Geschäfte geprägt wird. Bei der Nutzung und Interpretation der Kennzahl Umsatzrentabilität, vor allem beim Vergleich, ist darauf zu achten, welche Zahl genau eingesetzt wurde! Eine der zentralen Größen der GuV in Kulturbetrieben ist die Position Personalaufwand, da Kulturbetriebe in der Regel sehr personalkostenintensive Betriebe sind. Es bietet sich daher an, im Rahmen der GuV-Analyse die Entwicklung dieser Aufwandsposition zu kontrollieren (eine solche Einzelanalyse kann mit allen jeweils individuell bedeutenden GuV-Positionen vorgenommen werden). Personalaufwandsquote =
Personalaufwand
x 100
Gesamtleistung
Die Gesamtleistung setzt sich aus den GuV-Positionen 1-3 zusammen. Die Personalaufwandsquote gibt Aufschluss über die Abhängigkeit des Betriebes von seinem Personal, sie zeigt, ob die Umsatzentwicklung mit der Entwicklung der Personalaufwände Schritt hält oder wie sich Steigerungen bei den Lohnkosten auswirken. Im Rahmen der Rentabilitätsbetrachtungen gäbe es noch zahlreiche weitere Kennzahlen. Für viele Kulturbetriebe haben jedoch die Auswertungen zur Rentabilität keine oder eine nur untergeordnete Bedeutung, da sie zu den Non-Profit-Betrieben zählen, also gar keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. In diesen Fällen wird in der Regel ein neutrales Ergebnis angestrebt. Die Überlegungen zur Finanzierung und Liquidität spielen jedoch für die langfristige Sicherheit dieser Betriebe eine große Rolle.
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Kennzahlen im Überblick (Auswahl): Eigenkapital
Eigenkapitalquote =
Anlagendeckung =
Bilanzsumme
x 100
Eigenkapital + langfr. Fremdkapital Anlagevermögen
x 100
Abschreibungs- = Abschreibung auf Sachanlagen x 100 finanzierungsgrad Zugänge auf Sachanlagen
Liquiditätsgrad 1 =
liquide Mittel + kurzfr. realisierbares UV kurzfristige Verbindlichkeiten
x 100
Jahresüberschuss Eigenkapital= x 100 rentabilität Eigenkapital Umsatzrentabilität =
Jahresüberschuss
x 100
Umsatz Betriebsergebnis ROI Return on Invest =
Bilanzsumme
x 100
Gewinn Kapital
4.1.7 Grenzen der Bilanzanalyse Zwei Charakteristiken der Bilanz begrenzen ihre Aussagefähigkeit deutlich: die Vergangenheits- und die Stichtagsbezogenheit. Vergangenheitsbezogenheit: Die Bilanz bzw. der Jahresabschluss eines Betriebes wird nach Ablauf des Geschäftsjahres erstellt. Die Fertigstellung und Veröffentlichung erfolgt mindestens drei Monate nach dem Bilanzstichtag, häufig auch noch später. Die Zahlen sind zu diesem Zeitpunkt Geschichte. Grundsätzlich macht ein Jahresabschluss keine Aussagen zur Zukunft und den geplanten oder sich abzeichnenden Entwicklungen (Ausnahme: die An-
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gaben im Lagebericht, die jedoch in vielen Fällen sehr knapp und allgemein gehalten werden), dies bleibt der Phantasie der Bilanzinterpreten überlassen. Stichtagsbezogenheit: Die zweite Schwäche ist die Stichtagsbezogenheit der Bilanz; es handelt sich um eine Momentaufnahme, d.h. gerade die Liquidität eines Betriebes kann sich einige Tage nach dem Bilanzstichtag schon ganz anders darstellen. Werden die Grenzen der Bewertungsspielräume, die das Gesetz bietet, ausgereizt, können manipulierte Aussagen entstehen, die den Bilanzleser täuschen. Möchte man in der Rolle des Externen Informationen über einen Betrieb gewinnen, wird man mit dem Jahresabschluss vorlieb nehmen müssen, sollte aber bei der Interpretation die genannten Schwächen und Besonderheiten berücksichtigen. Ist man dagegen in der Rolle des internen Adressaten, spielen die Daten der Bilanz und der GuV eine völlig andere Rolle. Als Grundlage für unternehmerische Entscheidungen wird in der Regel ein Internes Rechnungswesen eingesetzt, welches die Aufgabe hat, der Unternehmensleitung so genannte steuerungsrelevante Informationen zur Entscheidungsunterstützung zur Verfügung zu stellen. Die Informationen der kaufmännischen Buchführung, die im Jahrsabschluss zusammengestellt werden, genügen diesen Anforderungen nicht. Die Aufgabe der Informationsversorgung und damit auch der Aufbau und die Pflege der Informationsquellen und -wege übernimmt die Controllingfunktion, welche sich sehr stark an den individuellen Bedürfnissen der Unternehmensleitung orientiert. Sowohl für die Entscheidungsträger selbst als auch für die Controller ist es notwendig, die Funktionsweise des externen Rechnungswesens zu kennen und zu verstehen, um die daraus zu gewinnenden Daten zielgerichtet einsetzen zu können. Das Interne Rechnungswesen, wozu die Kosten-und-Leistungs-Rechnung sowie das Controlling zählen, sollen hier ebenfalls dargestellt werden. Um aber die Abgrenzung des Externen und Internen Rechnungswesens wirklich zu verstehen, werden zuvor noch die zentralen drei Begriffspaare des Externen Rechnungswesens dargestellt. 4.1.8 Die drei Begriffspaare des Rechnungswesens Die Kaufmännische Buchführung erfasst die gesamte Unternehmenstätigkeit, sie knüpft an Zahlungsvorgänge an. Grundlegende Begriffe sind daher Ausgaben und Einnahmen. Daneben werden in der Finanzbuchführung auch die Begriffspaare Auszahlung – Einzahlung sowie Aufwand und Ertrag ver-
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wendet. Zwischen den drei Begriffspaaren, die die Rechenelemente der Buchführung darstellen, bestehen feine Unterschiede, die in der Praxis, teilweise aber auch in den Wirtschaftswissenschaften, nicht einheitlich gebraucht bzw. schlichtweg vernachlässigt werden. Darum soll hier quasi als Grundausstattung für die weiteren Ausführungen das Verständnis für die Begrifflichkeiten und deren Grenzen vorweggenommen werden. Zu beachten ist an dieser Stelle, dass der im Alltag so häufig verwendete Begriff der Kosten hier gar nicht auftaucht! Dieser wird erst beim Internen Rechnungswesen zusammen mit dem Begriff Leistungen eingeführt. Zum Verständnis der drei genannten Begriffe sind noch zwei weitere notwendig, nämlich den des Zahlungsmittelbestands und des Geldvermögens: • Zahlungsmittelbestand: Summe aus Kassenbeständen und jederzeit verfügbaren Bankguthaben, also den Bestand an liquiden Mitteln; • Geldvermögen: Summe aus Zahlungsmittelbestand (Kasse und Bank) + Bestand an Forderungen – Bestand an Verbindlichkeiten. Die Begriffe Auszahlung und Einzahlung kennzeichnen die Bewegung von liquiden Mitteln zwischen Wirtschaftssubjekten: • Auszahlung: Zahlungsvorgang, der einen Tausch von Geldbeträgen gegen Sachwerte oder Dienstleistungen darstellt; führt zu einer Abnahme des Zahlungsmittelbestandes (Abgang liquider Mittel); • Einzahlung: Zahlungsvorgang, der einen Tausch von Sachwerten oder Dienstleistungen gegen Geldbeträge darstellt; führt zu einer Zunahme des Zahlungsmittelbestandes (Zugang liquider Mittel). Das Begriffspaar Ausgabe – Einnahme betrifft Bewegungen des Geldvermögens. Es umfasst neben den Veränderungen der Finanzmittel die Finanzbewegungsgrößen aus Kreditverträgen. • Ausgabe: alle Geschäftsvorfälle, die zu einer Minderung des Geldvermögens führen (Auszahlung und/oder Forderungsabgang und/oder Schuldenzugang); • Einnahmen: alle Geschäftsvorfälle, die zu einer Erhöhung des Geldvermögens führen (Einzahlung und/oder Forderungszugang und/oder Schuldenabgang). Entscheidender Rechnungszweck der Finanzbuchhaltung ist die Ermittlung des Periodenerfolgs eines Betriebes, dazu werden die Begriffe Aufwand und Ertrag verwendet:
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• Aufwand: jeglicher Güter- und Leistungsverzehr innerhalb einer Rechnungsperiode, somit alle Vorgänge, die das Eigenkapital vermindern; • Erträge: alle Vorgänge, die das Eigenkapital vermehren. Die Begriffe Aufwand und Ertrag sind scharf zu trennen von den Begriffen Ausgabe und Einnahme. Letztere sagen zunächst nichts aus über die Erfolgswirksamkeit eines Vorgangs. Sie machen nur Aussagen über die Veränderung des Geldvermögens eines Unternehmens. So ist beispielsweise ein aufgenommener Kredit ein Schuldenzugang und gleichzeitig ein Zugang an Liquidität, die Zahlungsbewegung berührt jedoch die Erfolgsrechnung nicht. Die per Kreditvertrag vereinbarten Zinsen für den Kredit dagegen stellen Aufwand dar und verändern damit den Erfolg des Betriebes. Bei Fälligkeiten der Zinsen findet eine Ausgabe statt, die gleichzeitig Aufwand darstellt, d.h. Aufwand und Ertrag einer Periode können mit Veränderungen des Geldvermögens korrespondieren, müssen dies aber nicht. Die nachfolgende Tabelle 12 zeigt die möglichen Varianten. Tabelle 12: Begriffspaare des Rechnungswesens Ausgaben/Einnahmen der Periode Erfolgsunwirksame Ausg./Einn.
Erfolgswirksame Ausgaben/Einnahmen
Ausg./Einn. jetzt Aufw./Ertrag nie
Ausg./Einn. jetzt Aufw./Ertrag später/früher
Ausg./Einn. jetzt Aufw./Ertrag jetzt
Bsp. 1
Bsp. 2
Bsp. 3
Aufw./Ertrag jetzt Ausg./Einn. später/früher
Aufw./Ertrag jetzt Ausg./Einn. nie
Aufwand/Ertrag der Periode Bsp. 4
Bsp. 5
• Beispiel 1: Es entsteht eine Ausgabe, aber kein Aufwand: Dieser Fall tritt beispielsweise bei der Rückzahlung eines Kredites ein, bei der Rückzahlung von Stammkapital oder bei Austritt eines Gesellschafters. In beiden Fällen handelt es sich um reine Zahlungsbewegungen, die erfolgsunwirksam sind. Umgekehrt kommt es bei der Aufnahme eines neuen Gesellschafters zu einer Einnahme, wenn dieser sein Stammkapitalanteil einbezahlt, dieser Vorgang ist jedoch erfolgsunwirksam. • Beispiel 2: Ausgabe in Periode 1 und Aufwand in einer späteren Periode: Fälle dieser Art werden durch die Rechnungsabgrenzungsposten korrigiert, z.B. die Vorauszahlung von Miete oder von Versicherungsprämien am Ende eines Geschäftsjahres für das nächste Geschäftsjahr. Der Fall
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tritt auch ein, ohne dass dafür Rechnungsabgrenzungen gebildet werden, wenn bspw. in der laufenden Periode Material eingekauft wird, welches erst in einer späteren Periode verbraucht wird. Im Jahr der Anschaffung liegt nur ein Einkauf vor, die Waren werden auf Lager gelegt. Für die Begleichung der Rechnung entsteht ein Zahlungsvorgang; Aufwand entsteht erst, wenn das Material verbraucht wird. Einnahme in Periode 1 und Ertrag in einer späteren Periode. Dieser Fall tritt beispielsweise bei Vorauszahlungen ein, wenn z.B. Theaterkunden ihr Abonnement für die nächste Spielzeit im Voraus bezahlen. • Beispiel 3: Ausgabe in Periode 1 entspricht einem Aufwand in Periode 1: Dies ist der Normalfall, es wird beispielsweise die Miete bezahlt. Die Mietzahlung stellt einen Aufwand dar und mit der Zahlung verändert sich gleichzeitig der Zahlungsmittelbestand. Einnahme in Periode 1 entspricht dem Ertrag der Periode 1: Auch diese Beziehung stellt den Normalfall dar, so kauft bspw. ein Museumsbesucher eine Eintrittskarte für die derzeitige Sonderausstellung. • Beispiel 4: Aufwand in dieser Periode, Ausgabe in einer früheren Periode: Beispiel dafür ist die Abschreibung. Die Abschreibungen sind ein rein buchungstechnischer Aufwand. Für die Liquiditätsplanung ist dieser Fall von besonderem Interesse, da im Jahr der Anschaffung liquide Mittel in Höhe der gesamten Investition vorhanden sein müssen. Die Erfolgswirkung beschränkt sich jedoch auf den Abschreibungsbetrag der jeweiligen Periode. In diesem Beispiel unterscheiden sich also auch die Beträge, da die Abschreibung den Aufwand auf mehrere Jahre verteilt. Ertrag in Periode 1, Einnahme früher (siehe Beispiel 2) • Beispiel 5: Aufwand in Periode 1, aber keine Ausgabe: Dieser Fall kann im Zusammenhang mit der Bildung von Rückstellungen auftreten. Beim Jahresabschluss wird für das gerade zu Ende gegangene Geschäftsjahr eine Rückstellung für ein bestehendes Prozessrisiko gebildet, für die Periode entsteht ein Aufwand. In der nächsten Periode wird klar, dass dem Betrieb keine Aufwände entstehen, das Gericht hat zugunsten des Betriebes entschieden. Die Rückstellung muss nun aufgelöst werden, da der Rückstellungsgrund entfallen ist. In diesem Fall entstehen für einen Aufwand auch in Zukunft keine Ausgaben.
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Ertrag in Periode 1, aber keine Einnahmen: Diese Situation ist die buchtechnische Variante der Ertrags-/Einnahmeseite. Wertpapiere des Anlagevermögens werden zu den Bilanzstichtagen jeweils bewertet. Wenn bspw. der Anschaffungswert einer Wertpapieranlage in Periode 1 50.000 Euro betrug und am Ende der Periode 2 der aktuelle Wert (Kurswert) 60.000 Euro beträgt, muss der Wertansatz auf diesen aktuellen Wert korrigiert werden. Ähnlich wie die Abschreibungen eine Wertminderung vornehmen, muss hier die Zunahme des Wertes verbucht werden. Der Buchungssatz würde lauten: Wertpapiere des Anlagevermögens an Erträge aus Kursgewinnen. Eine Einnahme würde erst realisiert werden, wenn die Wertpapiere veräußert werden und dieser verbuchte Gewinn auch tatsächlich realisiert würde. Kursverluste würden analog als Aufwand verbucht werden, eine Ausgabe entsteht jedoch ebenfalls erst im Fall der Realisierung dieses Verlustes bei Verkauf der Wertpapiere. Umgangssprachlich werden die vorgestellten Begriffe oft synonym verwendet, ebenso wie das vierte Begriffspaar des Rechnungswesens – Kosten und Leistungen –, welches dem Internen Rechnungswesen zuzuordnen ist und im zugehörigen Kapitel 4.3 eingeführt wird. 4.2 Das kamerale Rechnungswesen In den öffentlichen Verwaltungen und den mit ihr verbundenen Betrieben wird eine andere Form des Externen Rechnungswesens angewendet, die so genannte Kameralistische Rechnungslegung. Im Gegensatz zur Doppelten Buchführung, die wir gerade kennen gelernt haben, werden bei der Kameralistik Einnahmen und Ausgaben betrachtet, jedoch nicht Erträge, Aufwendungen, Vermögen und Schulden. Eine Planungsrechnung ist dagegen immer Bestandteil der Kameralistik. Diese wiederum ist in der Doppelten Buchführung nicht vorgesehen. Auch das kamerale Verfahren kann ähnlich wie die Doppelte Buchführung auf eine lange Historie zurückblicken. Ihre Wurzeln sind in England zu finden (17. Jh.), dort wurde durchgesetzt, dass die von den Bürgern aufgebrachten Einnahmen nur für den Zweck und die Aufgaben verwendet werden durften, für die sie vom Parlament, d.h. von den Bürgern bewilligt wurden (Klein 2004: 276). Um dieses umzusetzen, musste der öffentliche Teil des Haushalts von dem privaten Teil des Monarchen getrennt werden. Der Begriff Kameralistik leitet sich von »camera« = »Schatzkammer« ab. Der Kämmerer ist die Person, die für die Verwaltung des öffentlichen Haushaltes verantwortlich ist (ebd.). Da viele Kulturbetriebe in der Trägerschaft der öffentlichen Hand ge-
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führt werden, ist es notwendig, auch dieses Verfahren vorzustellen, obwohl die Bedeutung der Kameralistik in der Zukunft abnehmen wird, denn nach und nach wird es zu deren Ablösung kommen. Dies ist festgehalten in einem Leittext der Innenministerkonferenz aus dem Jahr 2003. Die Umstellung des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens ist bundesweit die einheitliche Zielrichtung aller Länder. Die Kameralistik bisheriger Prägung soll bis 2009 durch die Doppelte Buchführung bzw. einer Verwaltungsbuchführung abgelöst werden.12 Die einzelnen Länder und Kommunen verfolgen jeweils separate Zeitplanungen. Mancherorts wird die Ablösung forciert, an anderen Orten eher verzögert. Warum viele Meinungen für eine sofortige bzw. schnelle Ablösung sprechen, wird deutlich, wenn wir die Denk- und Funktionsweise der Rechnung etwas näher betrachten. Ausgangspunkt der Kameralistik ist die Aufgabenerfüllung durch den Staat. Der Staat übernimmt für die Allgemeinheit Pflichtaufgaben (z.B. innere Sicherheit, kann nicht von privat geleistet werden) und freiwillige Aufgaben (benötigt eine politische Legitimation und setzt ein Bedürfnis voraus, kann grundsätzlich auch durch private Anbieter geleistet werden). Zur Aufgabenerfüllung werden entsprechende Finanzmittel benötigt, das sind zu einem Teil privatrechtliche Einnahmen (Verkaufserlöse, Mieten, Pachten etc.) und öffentlich-rechtliche Einnahmen (Steuern, Abgaben, Gebühren), d.h. also einer bestimmten Aufgabe, die zu erfüllen ist werden entsprechende Ausgaben zugeordnet (Klein 2004: 275). Zur Deckung der notwendigen Ausgaben müssen Einnahmen aus den oben genannten Quellen erzielt werden, man spricht auch vom Bruttoprinzip. Alle Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand werden in so genannten Haushaltsplänen veranschlagt, die von demokratisch gewählten Vertretungen in entsprechenden Haushaltsgesetzen beschlossen werden. Diese Haushaltsgesetze bzw. Haushaltspläne werden veröffentlicht und ihre ordnungsmäßige Erfüllung durch spezielle, politisch unabhängige Einrichtungen kontrolliert, die ihrerseits wieder den gewählten Vertretern Bericht erstatten (ebd.: 276). Das Ziel der Kameralistik kann also wie folgt beschrieben werden: Die Rechnung soll Auskunft über die Finanzierung des öffentlichen Haushalts sowie die Verwendung der Mittel geben. Das Ganze wird als Haushaltskreislauf bezeichnet und beinhaltet die folgenden Funktionen:
12
Die Gemeindehaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen beispielsweise bezeichnet das Nachfolgesystem als »Neue kommunale Finanzsteuerung« (NKF).
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• • • •
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Rechnungslegungsfunktion; Dokumentationsfunktion; Kontrollfunktion und Planungsfunktion.
Abbildung 19: Haushaltskreislauf Aufstellungsphase (Planungsfunktion)
Ausführungsphase (Dokumentation/ Rechnungslegung)
Abrechnungsphase (Dokumentation und Kontrollfunktion)
Die Rechtsgrundlagen des kameralen Verfahrens finden sich im Grundgesetz (Abschnitt X), ergänzt um die Landeshaushaltsordnungen, Gemeindeordnungen sowie Gemeindehaushaltsverordnungen. Die Haushaltssatzung selbst hat Gesetzescharakter und wird, da sie zeitlich befristet ist, als so genanntes Zeitgesetz bezeichnet (im Normalfall entspricht das Haushaltsjahr dem Kalenderjahr, in Ausnahmen wird ein Doppelhaushalt für zwei Jahre aufgestellt). Das Haushaltsgesetz enthält nur wenige Paragraphen, der Haushaltsplan selbst, der eine notwendige Anlage zum Haushaltsgesetz ist, ist hingegen sehr viel umfangreicher. Beide zusammen bilden eine Einheit und stellen den »Haushaltsplan« der entsprechenden Gebietskörperschaft dar. Darüber hinaus enthält der Haushaltsplan die Planstellen und Stellen, spezielle Haushaltsvermerke sowie so genannte Verpflichtungsermächtigungen.13 Letzte betreffen den investiven Bereich.
13
Als Verpflichtungsermächtigung werden Investitionsmittel bezeichnet, die erst im folgenden Jahr ausgegeben werden, deren Ausgabe aber bereits mit dem laufenden Haushaltsplan beschlossen wird. Das betreffende Amt wird also ermächtigt, Verpflichtungen einzugehen, die den Haushaltsplan des folgenden Jahres betreffen. Dies ist insbesondere bei Baumaßnahmen notwendig.
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Die Erstellung eines Haushaltsplans erfolgt im Haushaltskreislauf, der wie folgt abläuft: • Aufstellung eines Haushaltsplanentwurfs durch die Kämmerei, dem zuständigen Fachamt für Haushaltsfragen; • parlamentarische Beratung und Beschlussfassung; • Haushaltsausführung durch Verwaltung; • Kontrolle und Rechnungslegung. Wichtigstes Rechnungsziel der Kameralistik ist der Nachweis der Einhaltung des Haushaltsrechts, d.h. der Erfüllung der Haushaltssatzung und des Haushaltsplans sowie der tatsächlich erreichten Deckung der wirklichen Ausgaben. Eines ihrer wesentlichen Kennzeichen liegt deshalb in der vorrangigen externen Kontrolle der Verwaltung. Der Erfüllung dieses Zwecks dienen eine Reihe von Haushaltsgrundsätzen (Heinrichs/Klein 2001: 150). Bei den Haushaltsgrundsätzen werden zwei Kategorien unterschieden, solche mit Verfassungsrang und die ohne Verfassungsrang: Mit Verfassungsrang (im GG verankert): • • • •
Grundsatz der Einheit und Vollständigkeit sowie der Fälligkeit; Grundsatz des Haushaltsausgleichs; Grundsatz der Jährlichkeit; Grundsatz der Vorherigkeit.
Ohne Verfassungsrang: • • • • •
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit; Grundsatz der Gesamtdeckung; Grundsatz der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit; Grundsatz der Einzelveranschlagung; Grundsatz der Öffentlichkeit.
Die wesentlichen Bestandteile des Haushaltsplanes sind der Verwaltungsund Vermögenshaushalt, der Gesamtplan, die Sammelnachweise und der Stellenplan. Der Verwaltungshaushalt enthält die Ansätze für laufende Einnahmen und Ausgaben, der Vermögenshaushalt beinhaltet die Investitionen. Der Gesamtplan bietet eine Zusammenfassung des Haushalts nach Aufgabenbereichen. Sammelnachweise summieren sachlich zusammenhängende Haushaltsansätze über alle Einzelpläne, z.B. die Personalkosten. Der Stellenplan weist die Stellen der ständig Beschäftigten aus. Um für die
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Einzelpläne in Verwaltungs- und Vermögenshaushalt eine gute Lesbarkeit und Vergleichbarkeit herzustellen, gibt die Haushaltssystematik eine einheitliche Gliederung vor, nämlich zehn Einzelpläne und ein Gliederungsebene darunter bis zu 100 Abschnitte bzw. Unterabschnitte (vgl. Abb. 20). Abbildung 20: Aufbau in Einzelplänen von Verwaltungs- und Vermögenshaushalt 0
Allgemeine Verwaltung
1
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
2
Schulen
3
Wissenschaft, Forschung und Kunst 30
Verwaltung kultureller Angelegenheiten
31
Wissenschaft und Forschung
32
Museen, Sammlungen, Ausstellungen
33
Theater, Konzert, Musikpflege
34
Sonstige Kulturpflege
35
Volksbildung, VHS, öffentliche Büchereien
36
Heimatpflege
37
kirchliche Angelegenheiten
4
Soziale Sicherung
5
Gesundheit, Sport und Erholung
6
Bau- und Wohnungswesen, Verkehr
7
Öffentliche Einrichtungen, Wirtschaftsförderung
8
Wirtschaftliche Unternehmen, allg. Grund- und Sondervermögen
9
Allgemein Finanzwirtschaft
Im operativen Geschäft eines Kulturbetriebes wird der Haushaltsplan ausgeführt, d.h. die Einnahmen und Ausgaben bewirtschaftet. Die Bewirtschaftung obliegt den Fachämtern nach den oben dargestellten Grundsätzen, dabei wird ausdrücklich zwischen verschiedenen Aufgabenbereichen getrennt: 1. Fachämter ordnen an (also bspw. das Kulturamt); 2. Gemeindekasse zahlt aus.
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Es besteht ein strenger Grundsatz der getrennten Wahrnehmung von Anordnungsbefugnis und Kontrollbefugnis einerseits und von Kassengeschäften andererseits: 1. sachlich und rechnerisch richtig prüfen; 2. Anordnung vollziehen. Für den Vollzug von Kassenanordnungen braucht man eine bestimmte Befugnis. Für Einnahmen (bspw. der Abendkasse) muss eine Annahme-Anordnung erstellt werden. Die Führung einer Abendkasse wäre ein so genanntes ›dezentrales‹ Kassengeschäft, das ebenfalls eine besondere Genehmigung erfordert. Die laufende Überwachung der Einnahmen und Ausgaben erfolgt über so genannte »HÜL« (Haushaltsüberwachungslisten). Welches sind nun die Nachteile bzw. Schwächen dieses Verfahrens, die Anlass geben, einen Systemwechsel herbeizuführen? Auf diese Frage werden immer wieder die folgenden Defizite genannt: • • • • •
strikte Trennung von Fach- und Ressourcenverantwortung; Steuerung in erster Linie über die zur Verfügung gestellten Ressourcen; damit einhergehende fehlende Ergebnisorientierung; unklare Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung; keine vollständige Abbildung des Ressourcenaufkommens und -verbrauchs; • keine vollständige Übersicht über das Vermögen und die Schulden; • keine vollständige Ermittlung von produktbezogenen Kosten. Betrachtet man das kamerale Verfahren mit etwas Abstand, sieht man durchaus zahlreiche Schwächen, die ein System der Doppelten Buchführung jedoch auch nicht ausgleichen kann. Dies wird im direkten Vergleich deutlich (vgl. Tab. 13).
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Tabelle 13: Vergleich Doppelte Buchführung – Kameralistik Doppelte Buchführung
Kameralistik
Betrachtung von Einnahmen/Ausgaben; Erträgen/Aufwendungen; Vermögen/ Schulden
Betrachtung von Einnahmen/Ausgaben
keine Planungsrechnung, das System ist Planungsrechnung integriert; ist eine vergangenheitsorientiert Soll-Ist-Rechnung Hauptziele sind Rechenschaftslegung und Dokumentation
Hauptziel ist, Auskunft zu geben über die Finanzierung des öffentlichen Haushalts; die Verwendung der Mittel wird den Geldgebern detailliert dargelegt
keine integrierte Steuerungs- oder Lenkungsfunktion
integrierte Lenkungsfunktion: Das Parlament kann Prioritäten setzen, die an Hand des Haushaltsplans zu realisieren sind
Der Ausweis von Vermögen und Schulden zu einem bestimmten Stichtag ist Aufgabe der Bilanz
keine Bewertung von Vermögen; unzureichende Abbildung von Schulden
reine Aufzeichnungs-/Dokumentationsfunktion
Festlegung der Mittelverfügungsrechte von Verwaltung und Parlament sowie eine Aufzeichnungsfunktion
abweichende Wirtschaftsjahre sind machbar; Steuerungsfunktion ist nicht gegeben (s.o)
mangelnde Flexibilität; strikt an Wirtschaftszeitraum (Haushaltsjahr) gebunden; keine Übertragbarkeit von Mitteln, daher kein Anreiz zum sparsamen Wirtschaften
Die Liste weist eine Reihe von Schwächen auf, die aber offensichtlich auch durch eine Doppelte Buchführung nicht zu lösen sind. Hilfe bietet hier das Interne Rechnungswesen. Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung als ihr wesentlicher Bestandteil soll im Folgenden als Lösungsansatz zur Schließung von Informationslücken des externen Rechnungswesens vorgestellt werden. 4.3 Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung Bereits bei den Ausführungen zum Rechnungswesen sind wir der Kostenund-Leistungs-Rechnung begegnet, dort als Subsystem des Internen Rechnungswesens. Wesentliches Kennzeichen des Internen Rechnungswesens ist das Fehlen von gesetzlichen Vorschriften, was die Freiheit gibt, die zugehörigen Teilsysteme zu empfängerorientierten und entscheidungsorientierten Informationslieferanten zu machen.
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Wie in Kapitel 2.3 gezeigt wurde, stehen in einem Betrieb laufend Entscheidungen an. Diese können nur dann zielgerichtet getroffen werden, wenn dem Entscheidungsträger qualitativ gute Informationen zur Verfügung stehen. Die Qualität wird dabei an Größen wie Aktualität, Genauigkeit, Wirtschaftlichkeit etc. gemessen. Nachdem der externe Teil des Rechnungswesen schon ausführlich dargestellt und insbesondere auch dessen Schwächen als interner Informationslieferant offen gelegt wurden, bleibt nun zu zeigen, ob die Kostenund-Leistungs-Rechnung den Qualitätsanforderungen der Informationen gerecht werden kann. Dazu sollen ihre Verfahren chronologisch, entsprechend der historischen Entwicklung, eingeführt werden, wobei als Voraussetzung für die Auseinandersetzung mit der Kosten-und-Leistungs-Rechnung zunächst die zentralen Begriffe »Kosten« und »Leistungen« zu bestimmen sind. 4.3.1 Die Rechenelemente der Betriebsbuchführung Zur Kosten-und-Leistungs-Rechnung, die häufig auch Betriebsbuchführung, Betriebsabrechnung oder vereinfacht nur Kostenrechnung14 genannt wird, gehört der so häufig verwendete »Kostenbegriff«. Das dazugehörige Pendant sind »die Leistungen« bzw. der Begriff »Erlös« für bewertete Leistungen. Fügen wir also den in Kapitel 4.1.8 vorgestellten Begriffspaaren des Rechnungswesens noch ein weiteres hinzu: • Kosten = Wert der verbrauchten Güter und Dienstleistungen pro Periode im Rahmen der betrieblichen Leistung; • Leistungen = in Erfüllung des Betriebszweckes erstellte Güter und Dienstleistungen, denen ein Verbrauch an Produktionsfaktoren zugrunde liegt.
14
Gerade in den Kulturbetrieben sollte darauf geachtet werden, dass man immer von Kosten-und-Leistungs-Rechnung spricht. In einer Zeit, in der die Diskussion ums Geld so dominant ist, dass sie tatsächlich inhaltliche Auseinandersetzungen als nachrangig abstempelt, sollte man bereits mit den Grundbegriffen deutlich machen, dass ein Kulturbetrieb nicht nur kostet (was der vereinfachte Begriff »Kostenrechnung« suggeriert), sondern durchaus mit dem eingesetzten Geld eine »Leistung« erbracht wird. Darum wird dringend empfohlen, immer den vollständigen Begriff zu verwenden.
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Die Rechenelemente Kosten und Leistungen sind zu einem großen Teil identisch mit den Aufwendungen und Erträgen der Finanzbuchführung. Es ist ein sehr feiner Unterschied, der hier zu berücksichtigen ist, dieser resultiert aus dem sehr engen rechtlichen Rahmen, in dem die Finanzbuchhaltung agiert. Kosten und Leistungen beziehen sich ausschließlich auf die betriebliche Zwecksetzung. Ziel der Kosten-und-Leistungs-Rechnung ist es, der betrieblichen Leistung die dazu notwendigen betrieblichen Kosten gegenüberzustellen, jeweils aufgeteilt auf die einzelnen Leistungsarten. Zur Erinnerung: Die Finanzbuchhaltung ermittelt den Erfolg des gesamten Unternehmens. Schauen wir uns den ›feinen Unterschied‹ zwischen Kosten und Aufwand bzw. zwischen Erlösen und Leistungen im Detail an (vgl. Abb. 21). Abbildung 21: Abgrenzung von Aufwand und Kosten Gesamtaufwand Gesamtaufwand
Neutraler Aufwand
Zweckaufwand Aufwand = Kosten Grundkosten Kosten = Aufwand
Kalkulatorische Kosten
Anderskosten Zusatzkosten Gesamtkosten Gesamtkosten
Der Gesamtaufwand eines Betriebes setzt sich aus neutralem Aufwand und Zweckaufwand zusammen. Die neutralen Aufwände wurden bereits in Kapitel 4.1.2 vorgestellt, es handelt sich um einen Sammelbegriff, der folgende Aufwandsarten beinhaltet: 1. Periodenfremder Aufwand: Geht beispielsweise im Jahr 2005 eine GEMA-Abrechnung für eine Veranstaltungen des Vorjahres ein, handelt es sich um periodenfremden Aufwand. 2. Betriebsfremder Aufwand: steht nicht im Zusammenhang mit dem Betriebszweck oder dem Kerngeschäft eines Betriebes. In der Literatur findet man das Beispiel Kursverluste bei nicht betriebsnotwendigen Wertpapieren, ein Beispiel, das in der Praxis der Kulturbetriebe eher nicht auftreten wird.
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3. Außerordentlicher Aufwand: Außerordentlicher Aufwand ist in der Praxis der Kulturbetriebe durchaus anzutreffen. Das Elbhochwasser im Sommer 2002, welches u.a. massive Schäden in den großen Dresdner Kultureinrichtungen verursachte, wäre ein Beispiel für außerordentlichen Aufwand. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass er unregelmäßig, im günstigsten Fall gar nicht oder nur einmalig anfällt. Die Aufspaltung des Aufwandes in neutralen Aufwand und Kosten fächert die Grafik in Abbildung 22 auf. Abbildung 22: Differenzierung von Aufwänden Aufwand
betriebsbedingt
periodenrichtig
normal
Kosten
betriebsfremd
periodenfremd
außergewöhnlich
neutraler Aufwand
Quelle: Haberstock 1987: 33
Die Schnittmenge von Aufwänden und Kosten sind diejenigen Fälle, in denen so genannter Zweckaufwand vorliegt. Das wesentlichste Merkmal für die Kosten ist, das sie betriebsbedingt sind, d.h. durch den normalen Betriebsablauf verursacht werden. Alles Untypische und Unregelmäßige wird in der Kosten-und-Leistungs-Rechnung eliminiert. Typisch für Kosten ist, dass sie sich am Verbrauch orientieren, Zahlungsvorgänge spielen also keine Rolle. Wird beispielsweise für ein Theaterbetrieb Material für die Werkstätten eingekauft (Holz, Farbe, Stoffe etc.), ist das ein Geschäftsvorfall, der in der Finanzbuchhaltung aufgezeichnet werden muss, da auch eine Zahlungsbewegung ausgelöst wird. Kostenrechnerisch wird dieser Vorgang erst wirksam, wenn ein Verbrauch eintritt, wenn also für den Bau eines Bühnen-
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bildes von den bis dahin vorhandenen »Vorräten« Material entnommen und ver- oder bearbeitet wird – erst in diesem Moment entstehen Kosten. Wie gut es gelingt, diese Kosten zu erfassen, hängt ab von der Organisation des Material-/Lagerwesens. In den Profitbetrieben hat sich die Verwendung von Materialentnahmescheinen bewährt, die den Verbrauch dokumentieren und vor allem auch die Information liefern, wo bzw. wofür das Material eingesetzt wurde. Wird von den Lagerbeständen einfach gezehrt und neues Material bestellt, sobald die Dinge aufgebraucht sind, gehen wichtige Informationen verloren. Schließlich ist der Kostenbegriff ein wertmäßiger, d.h. es muss ein Preis zugeordnet sein. Für oben genanntes Bespiel hieße das, die Verbrauchsmenge muss mit einem entsprechenden Wert »bewertet« werden, dies kann der Anschaffungspreis, ein Tages- oder ein Durchschnittspreis sein. Ein Geschäftsvorfall, der einen bewerteten leistungsbezogenen Verbrauch darstellt, kann also mit den Begriffen Zweckaufwand oder Grundkosten bezeichnet werden. Diese Fälle sollten in einem Betrieb die Regel sein. Neben den neutralen Aufwendungen und den betriebsbedingten Aufwänden (Zweckaufwand) gibt es Kosten, die kein Aufwand sind, nämlich die kalkulatorischen Kosten, die sich wiederum in Anderskosten und Zusatzkosten differenzieren lassen. Kalkulatorische Kosten werden angesetzt, um die Kostenrechnung von Zufälligkeiten und Unregelmäßigkeiten zu befreien, die ihre Stetigkeit stören würden, und um auch jenen Güter- und Leistungsverzehr bei der Ermittlung der Selbstkosten zu berücksichtigen, der nicht zu Aufwand führt (Olfert 2003: 419). Bei den Zusatzkosten handelt sich dabei um Beträge, die sich weder mengen- noch wertmäßig im Externen Rechnungswesen niederschlagen (z.B. Zinsen auf das Eigenkapital, die Miete für eigene Betriebsräume, der kalkulatorische Unternehmerlohn oder ein Zuschlag für das allgemeine Betriebsrisiko = kalkulatorische Wagnisse). Mit den Anderskosten, siehe z.B. die kalkulatorische Abschreibung, wird der Ansatz aus der Finanzbuchhaltung korrigiert. Die Aufwandsart Abschreibung wurde als besondere Aufwandsart eingeführt, die das Ziel der periodengerechten Erfolgsermittlung unterstützt, indem sie die Nutzung und den damit verbundenen Verschleiß von Anlagegütern auf die Nutzungsdauer verteilt, z.B. mittels der linearen Abschreibungsmethode. Beispiel: Es wird ein Kleinwagen für 20.000 Euro angeschafft. Die Nutzungsdauer des Fahrzeugs wird auf fünf Jahre festgesetzt. Nun wird in der Finanzbuchhaltung jedes Geschäftjahr mit einem Aufwand von 4000 Euro ergebniswirksam, also Gewinn mindernd belastet. Vom Grundsatz ist es richtig, nicht die gesamten Anschaffungsaufwände im Jahr der Anschaffung ergebniswirksam zu verbuchen und die gängigen Verfahren, wie hier die
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lineare Abschreibungsvariante, sind einfach zu handhaben. Aber man kann gegen diese Methode zu Recht einwenden, dass sie die Realität oft nur sehr ungenau widerspiegelt, denn gerade bei technischen Anlagegegenständen und auch bei Fahrzeugen gestaltet sich die Abnutzung oft anders. Die tatsächliche Abnutzung steht in einem engen Zusammenhang zur Fahrzeugnutzung. Werden jährlich 200.000 Kilometer mit dem Fahrzeug zurückgelegt, wird es keine fünf Jahre im Betrieb verbleiben. Typisch ist auch gerade bei Fahrzeugen, dass sie in den ersten Jahren mehr Wert verlieren. Übrigens gibt es auch die Möglichkeit, dass Verschleiß ohne Nutzung auftritt. Sie können einen PC erwerben und ungenutzt lassen. Trotzdem werden Sie ihn nach einem oder zwei Jahren nicht mehr zum Anschaffungswert verkaufen können, da sich die Technik in rasantem Tempo weiterentwickelt. Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung hat an dieser Stelle die Möglichkeit, mit Hilfe der Zusatzkosten korrigierend einzugreifen. Der in der Finanzbuchhaltung verbuchte Abschreibungsbetrag von 4000 Euro würde also bspw. um 2000 Euro Anderskosten ergänzt werden, da ein Wertverlust von insgesamt 6000 Euro der realistischen Abnutzung entspricht. Die Betonung liegt auf »realistisch«, nicht willkürlich. Soll heißen, dass es nicht im Sinne der betrieblichen Zielsetzung ist, die Daten der Finanzbuchhaltung willkürlich zu korrigieren. Ein fehlerhafter Wertansatz führt zu falschen Ergebnissen und schadet somit dem Betrieb. Die Trennung von Aufwand und Kosten kann entsprechend auf die Erträge und Leistungen übertragen werden (vgl. Abb. 23). Abbildung 23: Abgrenzung von Erträgen und Erlösen Gesamtaufwand Gesamtertrag
Neutraler Ertrag
Zweckertrag Ertrag = Leistung Grunderlöse Erlöse = Erträge
Kalkulatorische Erlöse
Anderserlöse
Zusatzerlöse
Gesamtkosten Gesamterlöse
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Auch die Begriffe Ertrag und Erlös sind nur zu einem Teil deckungsgleich. Ein neutraler Ertrag liegt z.B. bei Vermietung eines nicht benötigten Lagers vor, das zunächst als Reserve gehalten wird. Ein solcher Wertezugang erhöht zwar das Reinvermögen, ist also Ertrag, er hat aber nichts mit dem Betriebsprozess zu tun, weshalb er keine Leistungsgröße ist. Ähnlich verhält es sich z.B. mit unerwartet hohen Erträgen aus dem Verkauf von ausgesonderten Vermögensteilen (Kulissen, technischen Anlagen, Instrumenten, Kostümen etc.). Auch nicht mehr erwartete Erlöse aus Verkäufen früherer Jahre gelten als Ertrag, nicht aber als Erlös, weil sie nicht dem laufenden Jahr zuzurechnen sind. Die Anderserlöse sind, wie schon die Anderskosten, Korrekturen der in der Finanzbuchhaltung zugelassenen Bewertungen. Die Zusatzerlöse, wie selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, dürfen in der Finanzbuchhaltung gar nicht erfasst und ausgewiesen werden. 4.3.2 Aufgaben und Zwecke der Kosten-und-Leistungs-Rechnung Als Teil des internen Steuerungssystems hat die Kosten-und-LeistungsRechnung eine ganze Reihe von Funktionen. Letztlich steht immer die Informationsfunktion im Mittelpunkt, diese lässt sich aufteilen in Erfassungs-, Prognose-, Vorgabe- und Kontrollfunktion, dabei ist die Erfassungsfunktion Basisfunktion (Djanani/Schöb 1997: 25). Die exakte, vollständige und richtige Erfassung ist Grundlage des Informationssystems. Die Erfassung wird zunächst auf Basis von Istdaten vorgenommen, diese alleine lässt aber keine Beurteilung in Richtung Wirtschaftlichkeit zu, so dass die Basisfunktion zwingend um die weiteren Funktionen, die ihren Fokus in die Zukunft richten, ergänzt werden muss. Ausgehend von den wesentlichen Grundfunktionen lassen sich die folgenden Aufgaben differenzieren: 1. Bereitstellung von Daten zur Entscheidungsunterstützung: Für die ständig anfallenden betrieblichen Entscheidungen sind die Fragen, wie diese sich kostenmäßig auswirken und welche Einflüsse auf das Betriebsergebnis zu erwarten sind, von großer Relevanz. Hilfreich ist, wenn die entsprechenden Entscheidungsträger zu jedem Zeitpunkt Transparenz über die Kosten und Leistungen in ihrem Betrieb haben. Diese sollte durch die verschiedenen Instrumentarien der Kosten-und-LeistungsRechnung sichergestellt werden. Sämtliche Sonderanalyen, die die Kosten-und-Leistungs-Rechnung durch die entsprechend zweckgerichtete Anwendungen ihrer Instrumentarien durchführen kann, dienen der Gewinnung von Transparenz und unterstützen somit laufend die Entscheidungsprozesse im Betrieb.
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2. Bereitstellung von Preisinformationen (Preisbildung und Preisbeurteilung): • die Kalkulation des Angebotspreises (gilt auch für die Kalkulation von Gebühren); • die Feststellung von Preisuntergrenzen. In einer Marktwirtschaft bilden sich die Preise durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage am Markt. Da der Markt heutzutage ein Käufermarkt ist, sind die Nachfrager/Kunden in einer sehr starken Position. Ihre Entscheidung, welche Summe sie bereit sind für ein Produkt zu bezahlen, ist die Vorgabe für den Betrieb. Warum dann noch eine Preiskalkulation? Die Kalkulation von Selbstkosten ist im Sinne einer Nachkalkulation trotzdem wertvoll, da sie die Information liefert, ob der Marktpreis über oder unter dem Selbstkostenpreis liegt. Für den Betrieb kann sich daraus die Notwendigkeit ergeben, Kosteneinsparpotenziale zu finden, das Produkt oder die Zusammensetzung des Produktprogramms zu verändern. Soll ein neues Produkt eingeführt werden, gibt die Kalkulation (in diesem Fall als Vorkalkulation) einen Anhaltspunkt zur Festlegung eines Einführungspreises (Angebotspreis bei Abgabe eines Angebots, bspw. an einen öffentlichen Auftraggeber). Das Management muss aber außer den reinen Kosteninformationen bei seiner Preisgestaltung weitere Einflussgrößen berücksichtigen. Eine Preisbeurteilung muss vorgenommen werden, wenn es beispielsweise um eine preispolitische Entscheidung geht, die bestimmte Marketingziele unterstützen soll (Preisanreiz schaffen, Einstiegsangebote etc.). Dafür muss die Preisuntergrenze ermittelt werden. 3. Kontrolle der Wirtschaftlichkeit: Um eine wirksame Wirtschaftlichkeitskontrolle durchzuführen, werden neben den Istdaten des Betriebes auch Soll- und Plandaten benötigt. Mit den Istdaten alleine sind lediglich Zeitvergleiche (Istkosten verschiedener Abrechnungsperioden) oder Betriebsvergleiche möglich, die für eine Wirtschaftlichkeitskontrolle wenig geeignet sind. Besser ist es, eine Kosten- und Erlösplanung durchzuführen und entsprechende Sollkosten zu definieren. Damit lässt sich ein Soll-Ist-Vergleich durchführen, der eine Kostenkontrolle ermöglicht. Die entstehenden Abweichungen müssen als Informationsgewinn gesehen werden. Aus der Abweichungsanalyse entstehen wertvolle Informationen für die Zukunft.
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4. Ermittlung des Betriebsergebnisses: Durch die Ermittlung des Betriebsergebnisses in der Kosten-und-Leistungs-Rechnung wird eine Informationslücke gefüllt, die die Finanzbuchhaltung verursacht, deren primäre Aufgabe die Erfolgs-/Ergebnisermittlung ist. Wie wir aber schon gesehen haben, macht sie dies nicht zur Zufriedenheit der internen Informationsempfänger. Zur Steuerung eines Betriebes ist die Erstellung eines Jahresabschlusses einmal im Jahr unzureichend. Für die Betriebssteuerung ist es überlebenswichtig, Fehlentwicklungen, Störereignisse, Abweichungen und Risiken frühzeitig zu erkennen. Die Kosten-und-LeistungsRechnung bietet für dieses Informationsdefizit der Finanzbuchhaltung die Kurzfristige Erfolgsrechnung an. Diese zeigt monatlich das Betriebsergebnis in Summe und zusätzlich in seiner Zusammensetzung, also beispielsweise Bereichsergebnisse, Produktergebnisse etc. 5. Ermittlung von Wertansätzen für die Bilanz: Bisher entstand gegebenenfalls der Eindruck, dass der Informationsfluss im Rechnungswesen nur von unten nach oben verläuft. Die Wechselbeziehungen sind durchaus zweiseitig. Für die zur Erstellung des Jahresabschlusses notwendige Bewertung von Beständen und selbst erstellten Erzeugnissen benötigt die Finanzbuchhaltung die jeweiligen Herstellkosten. Diese können nur in der Kosten-und-Leistungs-Rechnung im Rahmen der Kalkulation ermittelt werden. So stellt also auch die Kosten-und-Leistungs-Rechnung der Finanzbuchhaltung Daten zur Verfügung. Zusammenfassend lassen sich die Aufgaben der Kosten-und-LeistungsRechnung wie folgt beschreiben: Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung hat die Aufgabe, die in der Abrechnungsperiode anfallenden Kosten vollständig und richtig zu erfassen und sie mit den Leistungen dieser Periode zu verrechnen, um so das Betriebsergebnis zu ermitteln. Mit anderen Worten soll Transparenz bzgl. der Kosten und Leistungen des Betriebes hergestellt werden, um damit sämtliche Entscheidungsprozesse zu unterstützen. Dass das Ergebnis der einzelnen Produkte im Fokus der Kosten-und-LeistungsRechnung ist, ist gerade für die öffentlichen Betriebe etwas völlig Neues. Diese Sichtweise ist das krasse Gegenteil des bisher praktizierten Bruttoprinzips der Kameralistik. Damit die Rechnung selbst auch wirtschaftlich ist, ist es empfehlenswert, die Kosten-und-Leistungs-Rechnung als laufendes Informationssystem einzurichten und zu nutzen, d.h. sie ist technisch mit der Finanzbuchhaltung so zu verknüpfen, dass die notwendigen Informationen in einem Erfassungsvorgang in das System eingegeben werden. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie eine Kosten-und-Leistungs-Rech-
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nung zu organisieren ist, welche Struktur sie benötigt. Um diese Fragen zu beantworten, soll zunächst der Grundaufbau der Kosten-und-LeistungsRechnung eingeführt werden. 4.3.3 Aufbau der Kosten-und-Leistungs-Rechnung Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung ist dreistufig aufgebaut, gegliedert in Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Die Kostenartenrechnung bildet die erste Stufe. Bei ihr steht die Frage: »Was für Kosten und Leistungen fallen an?« im Mittelpunkt. Sie erfasst alle Kosten und Leistungen, die bei der Erstellung und Verwertung betrieblicher Leistungen anfallen. Die Erfassung der Kosten ist vollständig, periodengerecht und geordnet vorzunehmen. Die Kostenartenrechnung ist die Schnittstelle von Externem und Internem Rechnungswesen. Hier muss geklärt werden, welche Aufwände auch Kosten darstellen. Wie oben gezeigt wurde, gehören die neutralen Aufwände nicht dazu, diese müssen also herausgefiltert werden. Die verbleibenden aufwandsgleichen Kosten sind dann um die kalkulatorischen Kosten (Anderskosten und Zusatzkosten) zu ergänzen. In der Summe entstehen die Gesamtkosten des Betriebes. Die Festlegung der Kosten- und Leistungsarten geschieht mit Hilfe des »Kostenartenplans« und kann individuell an den Informationsbedürfnissen des Betriebes ausgerichtet werden (wie schon beim Kontenplan der Finanzbuchhaltung). Die Kostenarten können individuell differenziert werden, und so ist es machbar, dass auch spezifische Kostenarten eines Kulturbetriebes (wie bspw. eine Kostenart für GEMA-Abrechnung, Künstlersozialkasse, Instrumentengeld, Ausgrabungen, Restaurierung o.Ä.) gebildet werden (der Kostenartenplan orientiert sich in der Regel am Kontenplan der Finanzbuchhaltung). Bei der Tiefe der Kostenartengliederung sollte das Verhältnis von zusätzlichem Erfassungsaufwand zu zusätzlich gewonnener Information als Entscheidungskriterium dienen. Die Kostenartenrechnung ist als Vorstufe der Kostenstellenrechnung zu sehen. Sie kann jedoch auch eigenständige Aussagen für Kontroll- und Vergleichszwecke machen, indem einzelne Kostenarten oder Kostenblöcke analysiert werden. Man gewinnt mit ihr einen Überblick über das Kostenniveau und die Kostenstruktur eines Betriebes. Das Ergebnis der Kostenartenrechnung wird in der Kostenartenübersicht dargestellt (vgl. Tab. 14).
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Tabelle 14: Beispiel für einen Kostenartenplan (Ausschnitt) Kostenartenübersicht KontoNr.
Kostenart
Gesamt
Einzelkosten
Gemeinkosten
Vergütung Angestellte Vergütung Orchestermusiker Vergütung Orchesteraushilfen Sonderhonorare Gagen Reisekosten Heizung/Energie Instrumentenwartung Urheberrechte Versicherungen Mitgliedsbeiträge Werbung … Summe:
Der Ausschnitt des Kostenartenplanes zeigt, dass die Kostenartenrechnung offensichtlich noch eine weitere vorbereitende Arbeit übernimmt. Sie nimmt die Einordnung der Kostenarten nach deren Zurechenbarkeit vor. Dabei wird zwischen Einzel- und Gemeinkosten unterschieden. Einzelkosten sind Kosten, die dem einzelnen Produkt direkt zurechenbar sind (z.B. die Kosten für die Theaterkulisse einer bestimmten Produktion). Lassen sich die Kosten einem Kostenträger, also beim Theaterbeispiel einer Theaterproduktion, nicht direkt zuordnen, handelt es sich um Gemeinkosten, diese können dann ›nur‹ einer Kostenstelle zugerechnet werden. Gehen wir zur Verdeutlichung zunächst den Schritt zur zweiten Stufe des Systems, der Kostenstellenrechnung. Kostenstellen sind Orte, an denen Kosten entstehen, d.h. für sämtliche Betriebsmittel und Mitarbeiter, die in diesem Bereich zur Durchführung der erforderlichen Tätigkeit im Einsatz sind, werden die angefallenen Kosten zusammen erfasst und verrechnet. Neben der Aufstellung eines Kostenartenplanes ist es beim Aufbau einer Kosten-und-Leistungs-Rechnung folglich notwendig, zunächst Kostenstellen zu bilden. Die Kostenstellenstruktur orientiert sich in der Regel an der Aufbauorganisation des Betriebes, so dass auch dabei betriebsindividuelle Strukturen berücksichtigt werden können.
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Beispiele für Kostenstellen, die in einem Theaterbetrieb differenziert werden, sind die Intendanz, die Bühnentechnik, der Malsaal, die Schreinerei etc. In einem Museumsbetrieb sind es die Abteilungen Öffentlichkeitsarbeit, Dauerausstellung, Wissenschaftliche Abteilung etc. (siehe Tab. 15 und 27). Die Kostenstellenrechnung gibt die Antwort darauf, wo einzelne Kosten und Leistungen entstehen. Bei der Bildung von Kostenstellen sollten die folgenden Grundsätze beachtet werden: • Kostenstellen sollten in der Weise gebildet werden, dass jeweils möglichst eindeutige proportionale Beziehungen zwischen den anfallenden Kosten und den von der Kostenstelle erstellten Leistungen feststellbar sind. Dies ist eine Voraussetzung für die Ermittlung aussagefähiger kostenstellenbezogener Verrechnungssätze. • Um wirksame Wirtschaftlichkeitskontrollen durchführen zu können, sollte eine Identität von Kostenstelle und Verantwortungsbereich angestrebt werden. Gilt dies nicht, besteht die Gefahr von Unwirtschaftlichkeit und mangelnder Motivation. • Die Kostenstellen sollten klar voneinander abgegrenzt werden, so dass jederzeit eine zweifelsfreie Zuordnung der Kosten auf einzelne Kostenstellen vorgenommen werden kann. Die Kostenstellengliederung muss eindeutig sein. • Tendenziell gilt: Je feiner ein Betrieb in Kostenstellen gegliedert wird, umso besser lassen sich letztlich die angefallenen Kosten den Produkten zuordnen. Beim Separieren einzelner Kostenstellen sollte man aber prinzipiell nur so weit differenzieren, wie dies wirtschaftlich gerechtfertigt erscheint und die Übersichtlichkeit nicht gefährdet. Der von einer Steigerung des Differenzierungsgrades zusätzlich ausgelöste Datenerfassungs-, Rechen- und Arbeitsaufwand muss in einer ökonomisch vertretbaren Relation zu der dadurch zusätzlich erzielbaren Aussagefähigkeit der Kostenstellenrechnung stehen. Es müssen verschiedene Arten von Kostenstellen unterschieden werden. Als Basisunterscheidung differenziert man Vorkostenstellen von Endkostenstellen.15 Unter einer Vorkostenstelle versteht man eine Kostenstelle, die Leistungen für andere Kostenstellen erbringt. Endkostenstellen wirken dagegen direkt an der Bereitstellung, Fertigstellung und Vermarktung der absatzbe-
15
Häufig werden auch die Bezeichnungen Hilfskostenstellen und Hauptkostenstellen verwendet.
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stimmten Produkte mit. Vorkostenstellen verrechnen ihre Kosten auf andere Kostenstellen, Endkostenstellen dagegen direkt auf die Produkte (Kostenträger). Dadurch entsteht ein weiteres Kriterium zur Differenzierung von Kosten: Man unterscheidet primäre (direkte) und sekundäre (indirekte) Kosten. Kosten für Leistungen, die im Betrieb selber erstellt werden, bezeichnet man als sekundäre Kosten. Das Gegenstück dazu sind die primären Kosten, die für von außen bezogene Einsatzfaktoren bzw. Leistungen anfallen und im Rahmen der Kostenartenrechnung erfasst werden. Sekundäre Kosten können dagegen erst in der Kostenstellenrechnung bestimmt werden (Djanani/Schöb 1997: 82). Geht die Stromrechnung im Theaterbetrieb ein, handelt es sich dabei zunächst um primäre Gemeinkosten, sie werden der Kostenstelle Gebäude verrechnet. Da das Gebäude aber von sämtlichen Kostenstellen und Kostenträgern genutzt wird, versucht man die aufgelaufenen Kosten der Kostenstelle Gebäude auf die nutzenden Einheiten umzulegen. Dabei entstehen sekundäre Gemeinkosten. Man spricht auch von innerbetrieblicher Leistungsverrechnung. Die Kosten des Gebäudes werden beispielsweise mit Hilfe eines Umlageschlüssels, welcher häufig die Nutzfläche ist, auf die Kostenstellen und Kostenträger umgelegt. Die Kostenstellenrechnung setzt für die Aufgabenerfüllung der Kostenverteilung (im System der Vollkostenrechnung) ein weiteres Hilfsmittel, den Betriebsabrechnungsbogen (BAB), ein, für den die folgenden Arbeitsschritte charakteristisch sind: 1.
Verteilung der Gemeinkosten auf Vor- und Endkostenstellen (primäre Gemeinkosten); 2. Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung, so dass am Ende des Verfahrens sämtliche Gemeinkosten auf die Endkostenstellen verteilt wurden; 3. Bildung von Kalkulationssätzen, um die Hauptkostenstellen auf die Kostenträger verrechnen zu können; 4. Kostenkontrolle. In einem Museumsbetrieb könnten beispielsweise die folgenden Kostenstellen und Kostenträger gebildet werden (vgl. Tab. 15).
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Tabelle 15: Kostenstellen- und Trägerverzeichnis am Beispiel eines Museums Kostenstellen
Kostenträger
Museumsleitung/-direktion
Gewinnung und Erhaltung von Museumsgut (Erwerbungen, Magazinierung, Konservierung, Forschung etc.)
Direktionsbüro Kaufmännische Betriebsleitung Verwaltungsdienste Aufsicht
Präsentation von Dauerausstellungen
Kasse/Museumsshop
Präsentation von Sonderausstellungen
EDV
Durchführung museumsbezogener Kulturaktivitäten (Führungen, Vorträge, Events etc.)
Technische Werkstätten Restaurierungswerkstätten Fotoatelier
fachliche Beratung, Betreuung (Beantwortung wissenschaftlicher Anfragen, Begutachtung von Kulturgegenständen Dritter, Beratung Externer etc.)
Reinigung Sicherheit PR und Marketing Museumspädagogik Grafik
Bereitstellung museumsbezogener Medien (Schriftentausch, Bibliotheksleistungen für Externe etc.)
Bibliothek wissenschaftliche Referate (Gliederung nach chronologischen oder fachlichen Kriterien)
Die Kostenträgerrechnung als dritte und letzte Stufe tritt in zwei Ausprägungen auf. Man unterscheidet die Kostenträgerstückrechnung und die Kostenträgerzeitrechnung. Die Kostenträgerrechnung ordnet als letzte Stufe des Abrechnungsprozesses Kosten und Leistungen den produzierten Leistungseinheiten zu. Dabei werden die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung übernommen, die Gemeinkosten mit Hilfe von Zuschlagssätze aus der Kostenstellenrechnung. Außerdem werden in der Kostenträgerrechnung die Leistungen erfasst, wodurch der leistungsbezogene Erfolg des Betriebes ermittelt werden kann. Um bei den oben genannten Beispielen zu bleiben, stellen in einem Theaterbetrieb die einzelnen Inszenierungen die Kostenträger dar, im Museum sind es die einzelnen Ausstellungsprojekte sowie
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Zusatzangebote wie bestimmte Führungen, museumspädagogische Dienste u.a. Die Kostenträgerstückrechnung fragt nach dem Wofür. Sie wird auch bezeichnet als Kalkulation oder Selbstkostenrechnung und ermittelt die Selbst- bzw. Herstellkosten einer betrieblichen Leistungseinheit. Nach dem Zeitpunkt der Durchführung der Kalkulation wird in Vor-, Zwischen- und Nachkalkulation unterschieden. Vorkalkulationen werden vor Auftragserteilung oder Produktionsbeginn erstellt, sie sind notwendig, um den Angebotspreis zu bestimmen. Die während einer Produktion erfassten Istkosten können zu einer Zwischenkalkulation zusammengefasst werden. Nach Beendigung der Produktion werden sämtliche Istkosten zusammengestellt, dieser Vorgang wird auch als Nachkalkulation bezeichnet. Die Nachkalkulation dient der Kontrolle, führt zu einem Informationsgewinn für zukünftige Vorkalkulationen und ermittelt Herstellkosten für die Bestandsbewertungen. Die Kostenträgerzeitrechnung, die vielfach auch als Kurzfristige Erfolgsrechnung bezeichnet wird, ist eine Periodenrechnung und ermittelt die Gesamtkosten einer Periode gegliedert nach Leistungsarten. Mit Hilfe der Kurzfristigen Erfolgsrechnungen können Aussagen zum Betriebsergebnis und dessen Zusammensetzung gemacht werden. Sie ist die entscheidende Rechnung für die Herstellung von Transparenz. Dies ist unter anderem dadurch gewährleistet, dass sie auch die Erlösseite berücksichtigt. Die Frage der Zurechenbarkeit orientiert sich immer an dem für die Kosten-und-Leistungs-Rechnung dominanten Prinzip der »Verursachungsgerechtigkeit«. Jedem Produkt sollen nur diejenigen Kosten zugerechnet werden, die dieses verursacht hat. Das Verursachungsprinzip gilt analog auch für Kostenstellen, diese sollten nicht als Sammelobjekte verstanden werden für Kosten, die man nirgends zuordnen kann. Beim Beispielbetrieb Theater sind die Kosten des Intendanten ein sehr einleuchtendes Beispiel für Gemeinkosten. Es lässt sich nur sehr schwer ermitteln, wie viel der Intendant für ein einzelnes Stück arbeitet, es sei denn, er würde selbst inszenieren, dann ist es ein zeitlicher Umfang, den man durchaus bemessen könnte. Ist dies nicht der Fall, muss man davon ausgehen, dass die Leistung des Intendanten nicht einer einzelnen Inszenierung zurechenbar ist. Man würde folglich die Kosten des Intendanten der Kostenstelle Intendanz zuordnen. Der dreiteilige Aufbau der Kosten-und-Leistungs-Rechnung lässt sich grafisch darstellen (vgl. Abb. 24).
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Abbildung 24: Aufbau der Kosten-und-Leistungs-Rechnung
Gemeinkosten
Kostenartenrechnung
Kostenstellenrechnung
Kostenträgerrechnung
Einzelkosten
Kostenerfassung (Grundkosten + Zusatzkosten)
Kostenverteilung (Einzelkosten/Gemeinkosten)
Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung geht also folgendermaßen vor: Sie ermittelt zunächst in der Kostenartenrechnung die Gesamtkosten des Betriebes (Kostenerfassung), filtert dazu die Grundkosten aus den Aufwendungen der Finanzbuchführung heraus und ergänzt diese um die Kalkulatorischen Kosten (Anderskosten und Zusatzkosten). In einem zweiten Schritt werden die Kosten hinsichtlich ihres Charakters in Einzel- bzw. Gemeinkosten getrennt und entweder direkt dem Kostenträger oder einer Kostenstelle zugerechnet (Kostenverteilung). Die Grafik zeigt auch eine Verbindung zwischen der Kostenstellen- und der Kostenträgerrechnung. Eine Aufgabe der Kosten-und-Leistungs-Rechnung ist die Selbstkostenermittlung bzw. Preiskalkulation der einzelnen Produkte. Dabei geht man von folgender Überlegung aus: Wenn der Betrieb überleben soll, müssen sämtliche Kosten, die bei Produktion und dem Vertrieb eines Produktes anfallen, über den Verkaufspreis wieder erwirtschaftet werden. Jedes Produkt muss also zusätzlich zu seinen Einzelkosten einen gewissen Anteil der Gemeinkosten tragen. Die Gemeinkosten, welche in der Kostenstellenrechnung gesammelt werden, werden nach bestimmten Schlüsseln auf die Kostenträger verteilt, so dass letztendlich der Gesamtkostenblock des Betriebes auf die einzelnen Angebote bzw. Produkte verteilt ist. Dadurch erreicht man die gerade in öffentlichen Institutionen geforderte Information, wie viel ein einzelnes Produkt kostet bzw. welchen Anteil am Erfolg es hat. Die letztere Information lässt sich allerdings nur gewinnen, wenn auch Erlöse zugerechnet werden. Häufig beschränkt man sich fast ausschließlich auf die Erfassung und Zurechnung der Kosten. Eine Erlösrechnung bleibt der Finanzbuchführung überlassen oder wird ggfs. von den Abteilungen Marketing oder Vertrieb gepflegt. Stattdessen muss die Erlösrechnung fester Bestandteil der Kosten-und-Leistungs-Rechnung sein, denn Kostenträger entsprechen letztlich den angebotenen Leistungen und
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lassen sich folglich bezüglich ihres Nutzens nur dann richtig einschätzen, wenn Kosten und Leistungen einander gegenübergestellt werden. Die verschiedenen Aufgaben, die der Kosten-und-Leistungs-Rechnung zugeordnet werden, lassen sich nicht mit ein und demselben Werkzeug bearbeiten, vielmehr entwickelten sich im Zuge der Anforderungen verschiedene Spezialwerkzeuge. Die Anfänge der Kosten-und-Leistungs-Rechnung lassen sich etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts verorten. Das klassische Verfahren, welches in dieser Zeit entstand, ist die Vollkostenrechnung (Zuschlagskalkulation). Bedingt durch Veränderungen der Umwelt- und Rahmenbedingungen, z.B. verstärkten Wettbewerb, durch Veränderung der Wirtschaftsregionen (Globalisierung), Veränderung des Nachfrageverhaltens (zunehmende Sättigung der Märkte), Veränderung der Produktlebenszyklen u.a. wurden die Anforderungen an die Kosten-und-Leistungs-Rechnung im Zeitverlauf ständig geändert und die Rechnung entwickelte den jeweiligen Aufgabenstellungen entsprechend weitere Systeme. Inzwischen sind genügend Basisinformationen zur Kosten-und-Leistungs-Rechnung eingeführt, um ihre Teilsysteme nun chronologisch in Anlehnung an ihre zeitliche Entwicklung vorstellen zu können. Dabei soll auch immer wieder der praktische Nutzen im Kulturbetrieb diskutiert werden. 4.3.4 Die Systeme der Kosten-und-Leistungs-Rechnung Die Kosten-und-Leistungs-Rechnungssysteme lassen sich in zwei Gruppen gliedern, die Vollkosten- und die Teilkostenrechnung. Der Abrechnungsweg über die drei Teilbereiche der Kosten-und-Leistungs-Rechnung (Kostenarten-, Kostenstellen-, Kostenträgerrechnung) bleibt von der Art des Kostenrechnungssystems unberührt. Vollkostenrechnung (Kalkulation) Die Vollkostenrechnung stellt das traditionelle System der Kosten-und-Leistungs-Rechnung dar. Sie wird zur Kalkulation von Selbstkosten verwendet. Selbstkosten sind die kompletten Kosten, die ein Produkt verursacht und die via Verkaufspreis wieder erwirtschaftet werden müssen. Die Vollkostenrechnung wird zu Zwecken der Vor- und Nachkalkulation eingesetzt. Je nach Zeitbezug kommt sie als Ist-, Normal-16 und Plankostenrech16
Die Normalkosten werden aus Durchschnittwerten der Istkosten abgeleitet. D.h., sie sind ebenfalls vergangenheitsorientiert. Die Normalkostenrechnung wird meist parallel zur Istkostenrechnung geführt. Mit ihr soll die Kostenrechnung vereinfacht und beschleunigt werden, die im Zeitablauf schwankenden Istkosten werden durch die Durchschnittsbildung geglättet und damit Zufällig-
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nung vor. Die Istkostenrechnung verrechnet tatsächlich angefallene Kosten. Sie ist vergangenheitsorientiert, bildet den realisierten Betriebsprozess ab und dient in erster Linie der Nachkalkulation. Die Normalkostenrechnung arbeitet mit dem Durchschnitt der Istkosten der vergangenen Perioden, basiert folglich ebenfalls auf Vergangenheitsdaten. Die Plankostenrechnung schließlich verwendet erwartete Kosten, basiert also auf Prognosen und Schätzungen für zukünftige Entwicklungen. Ziel der Plankostenrechnung ist der Vergleich von geplanten Kosten mit tatsächlich angefallenen Kosten, so dass ein Soll-Ist-Vergleich ermöglicht wird und Abweichungen ermittelt und analysiert werden können. Mit Plankosten zu arbeiten ist sicher gerade für Kulturbetriebe, in denen Planung (teilweise mehrere Jahre im Voraus) eine große Rolle spielt, sehr interessant. Es ist notwendig, als Basis für die Plankostenrechnung zunächst eine Istkostenrechnung aufzubauen, mit der allein eine wirksame Kostenkontrolle allerdings nicht sichergestellt werden kann. Erst mit der Analyse von Abweichungen zwischen den tatsächlich angefallenen Kosten und den vorgegebenen Sollkosten kann geklärt werden, ob Unwirtschaftlichkeiten vorliegen und deren mögliche Ursachen untersucht werden. Die gleiche Schwäche gilt für die Normalkostenrechnung, die mit durchschnittlichen Istdaten arbeitet. Lediglich die Plankostenrechnung, welche Planvorgaben macht, lässt eine effiziente Kostensteuerung zu. Sie liefert durch die Analyse von Abweichungen die Grundlage für Kurskorrekturen. Beim Aufbau der Kosten-und-Leistungs-Rechnung, der zur Zeit in vielen Kulturbetrieben vollzogen wird, gilt es jedoch zunächst, eine solide Istkostenrechnung zu installieren. Sie ist das Fundament für die weitere Entwicklung. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass der Aufbau einer Kosten-und-Leistungs-Rechnung nicht von heute auf morgen umzusetzen ist. Will man eine Plankostenrechnung, muss man die Zeit für den notwendigen Unterbau investieren. Das ist vergleichbar mit einem Haus: Man kann nicht zuerst den zweiten Stock bauen ohne Keller und Erdgeschoss! Wie man mit Hilfe der Kalkulation zu Selbstkosten für ein Produkt kommen kann, soll mit Hilfe eines einfachen Zahlenbeispiels erläutert werden: Gehen wir von einem produzierenden Industriebetrieb (Maschinen) aus, der zwei Modelle (A + B) produziert. Ausgangspunkt ist die Kostenartenrechnung an der Schnittstelle zwischen Finanzbuchhaltung und Kosten-und-Leistungs-Rechnung (vgl. Tab. 16).
keiten ausgeglichen. Die Normalkostenrechnung soll hier nicht weiter vertieft werden, ihre Bedeutung für die Anwendung im Kulturbetrieb ist gering.
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Tabelle 16: Beispiel für eine Kostenartenrechnung (Rechnung) Kostenarten
Gesamtkosten
Einzelkosten
Materialkosten
350.000 €
350.000 €
Löhne
395.000 €
395.000 €
Gehälter
250.000 €
Gemeinkosten
250.000 €
Sozialaufwand Löhne
80.000 €
Sozialaufwand Gehälter
48.000 €
48.000 €
Aushilfslöhne
40.000 €
40.000 €
Zinsen
25.000 €
25.000 €
Mieten
50.000 €
50.000 €
Abschreibungen
85.000 €
Summen:
1.323.000 €
80.000 €
85.000 € 825.000 €
498.000 €
Ziel der Rechnung soll sein, die Gesamtkosten auf die beiden Produkte A und B zu verteilen, dazu stellt die Kalkulation ein Raster zur Verfügung (vgl. Tab. 17). Tabelle 17: Beispiel für ein Grundschema Kalkulation Produkt A Materialeinzelkosten (MEK) +
Materialgemeinkosten (MGK)
+
Fertigungseinzelkosten (FEK)
+
Fertigungsgemeinkosten (FGK)
+
Sondereinzelkosten der Fertigung
=
Herstellkosten (HKo)
+
Verwaltungsgemeinkosten (VwGko)
+
Vertriebsgemeinkosten (VtGko)
+
Sondereinzelkosten des Vertriebs
=
Selbstkosten (SKo)
Produkt B
100.000 €
250.000 €
200.000 €
275.000 €
Einzelkosten können dem Kostenträger direkt verrechnet werden, diese sind oben entsprechend in das Kalkulationsschema eingetragen. Das Kalkulationsschema geht davon aus, dass es zwei Arten von Einzelkosten gibt: die Materialeinzelkosten (für eine Maschine, bspw. ein Motor, ein Gehäuse etc.) und die Fertigungseinzelkosten (die entsprechenden Personalkosten der Fertigung). Wie lassen sich nun die bestehenden Lücken füllen, um zu den Selbstkosten pro Produkt zu kommen? Offen sind noch sämtliche Gemeinkostenarten. Diese wurden von der Kostenartenrechnung zunächst an die Kosten-
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stellenrechnung weitergeleitet. Die Kostenstellenrechnung muss diese nun in einem ersten Schritt auf die Vor- und Endkostenstellen des Betriebes verteilen, dazu nutzt sie als ein weiteres Hilfsmittel den Betriebsabrechnungsbogens (BAB). Der Kern des BAB und damit die klassischen vier Hauptkostenstellen eines Betriebes sind die Materialkostenstelle (Lager), die Fertigungskostenstelle (Produktionshalle) und die Kostenstellen für Verwaltung und Vertrieb. Für unser Beispiel sieht der Betriebsabrechnungsbogen wie in Tabelle 18 dargestellt aus. Tabelle 18: Betriebsabrechnungsbogen Kostenarten
Vorkostenstelle
Material
Fertigung
Verwaltung
Vertrieb
Gehälter
250.000 €
10.000 €
10.000 €
50.000 €
100.000 €
80.000 €
Sozialaufwand Gehälter
48.000 €
2.000 €
2.000 €
10.000 €
16.500 €
17.500 €
Aushilfslöhne
40.000 €
40.000 €
Zinsen
25.000 €
1.000 €
2.000 €
12.000 €
5.000 €
5.000 €
Mieten
50.000 €
10.000 €
10.000 €
20.000 €
5.000 €
5.000 €
Abschreibungen
85.000 €
15.000 €
5.000 €
55.000 €
5.000 €
5.000 €
498.000 €
78.000 €
29.000 €
147.000 €
136.500 €
112.500 €
→
6.000 €
43.000 €
5.000 €
24.000 €
35.000 €
190.000 €
136.500 €
136.500 €
Der Betriebsabrechnungsbogen verrechnet die in der Kostenartenrechnung separierten Gemeinkosten tabellarisch. Die Kostenarten werden zunächst in die entsprechende Spalte Kostenarten summarisch übernommen. Dann werden die Gemeinkosten auf die einzelnen Kostenstellen verteilt, dazu benötig man unter Umständen entsprechende Zusatzinformationen. Zum Beispiel können die Kosten für Miete entsprechend der Nutzfläche der einzelnen Kostenstellen verteilt werden. Man würde also die Gesamtkosten durch die Gesamtquadratmeterzahl dividieren und dann mit der jeweiligen Flächenzahl pro einzelne Kostenstelle multiplizieren. Im BAB werden zwangsläufig Hilfsgrößen hinzugezogen, das können auch Personen sein oder Verbrauchsmengen wie Quadratmeter oder Kilowatt etc. Wesentlich ist es auch hier, den Spagat zu schaffen zwischen der Einhaltung des Prinzips der Verursachungsgerechtigkeit und der gleichzeitigen Beachtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips der Rechnung selbst.
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Nachdem alle primären Gemeinkosten verteilt sind, müssen die aufgelaufenen Gemeinkosten auf den Vor-/Hilfskostenstellen weiterverteilt werden. Letztlich dürfen nur die Hauptkostenstellen mit Kosten belastet sein. Also müssen die Kosten der Vorkostenstelle »umgelegt« werden, es erfolgt eine innerbetriebliche Leistungsverrechnung. Die leistungsempfangenden Kostenstellen werden belastet, die Hilfskostenstelle, welche Leistung abgibt, wird entsprechend entlastet. Auch für die Verrechnung von Leistungen innerhalb des BAB gibt es verschiedene Verfahren, die sich im Wesentlichen im Hinblick auf die Genauigkeit und damit der Verursachungsgerechtigkeit unterscheiden und auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll.17 Bevor wir den letzten Schritt zur Ermittlung der Produktselbstkosten durchführen, hier noch einmal zusammenfassend die Arbeitsschritte des BAB: • Verteilung der (primären) Gemeinkosten auf die Vor- und Endkostenstellen; • Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung (Vorkostenstellen auf Endkostenstellen umlegen); • Bildung von Kalkulationssätzen, um die Gemeinkosten der Hauptkostenstellen auf die Kostenträger verrechnen zu können; • Kostenkontrolle. Nun sind die Einzelkosten direkt den Kostenträgern verrechnet worden und die Gemeinkosten mit Hilfe des BAB den Kostenstellen. Das Ziel der Kalkulation ist jedoch noch nicht erreicht, denn es sollen schließlich alle Kosten auf die Produkte verteilt werden. Es muss nun ein Verfahren zur Verrechnung von Gemeinkosten auf Kostenträger gefunden werden. Die Lösung dafür sind die Zuschlagssätze, weshalb das Kalkulationsschema auch »Zuschlagskalkulation« genannt wird. Die Einzelkosten stellen die Basis für die Verrechnung anteiliger Gemeinkosten dar. Es wird ein Verrechnungssatz ermittelt, indem eine Einzelkostenart, z.B. die Materialeinzelkosten, ins Verhältnis zur Summe der Materialgemeinkosten gesetzt wird. Für unser Beispiel ergibt sich dabei ein Zuschlagssatz für die Materialgemeinkosten von 10 Prozent (die Gemeinkosten der Materialkostenstellen in Höhe von 35.000 Euro werden zu den gesamten Materialeinzelkosten in Höhe von 350.000 Euro ins Verhältnis gesetzt, die Gemeinkosten machen 10 Prozent der Einzelkosten aus). Der Zuschlagssatz für die Fertigungsgemeinkosten 17
Dazu zählen das »Anbauverfahren«, das »Treppenverfahren«, auch »Stufenleiterverfahren« genannt, das »Gleichungsverfahren« und die Verrechnung mit Hilfe von Verrechnungssätzen.
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beträgt 40 Prozent (Verhältnis von 190.000 Euro Fertigungsgemeinkosten zu 475.000 Euro Fertigungseinzelkosten). Zuschlagsbasis für die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten sind die Herstellkosten (also die Summe der Herstellkosten der beiden Produkte A + B = 1.050.000 Euro). Danach steht das Ergebnis der Kosten für unsere Produkte A + B fest (vgl. Tab. 19). Tabelle 19: Kalkulation von Selbstkosten Produkt A 100.000 €
Materialeinzelkosten (MEK) +
Materialgemeinkosten (MGK)
+
Fertigungseinzelkosten (FEK)
+
Fertigungsgemeinkosten (FGK)
+
Sondereinzelkosten der Fertigung
10 % 40 %
Produkt B 250.000 €
10.000 €
25.000 €
200.000 €
275.000 €
80.000 €
110.000 €
=
Herstellkosten (HKo)
390.000 €
660.000 €
+
Verwaltungsgemeinkosten (VwGko)
13 %
50.700 €
85.800 €
+
Vertriebsgemeinkosten (VtGko)
13 %
50.700 €
85.800 €
+
Sondereinzelkosten des Vertriebs
=
Selbstkosten (SKo)
491.400 €
831.600 €
Das Ergebnis dieses Verfahren zeigt nun, wie sich die Gesamtkosten von 1.323.000 Euro auf die Kostenträger verteilen, nämlich 491.400 Euro auf Kostenträger A und 831.600 Euro auf Kostenträger B. Die Kostenstellenrechnung erweist sich hier als ein Zwischenschritt, sämtliche Kostenstellen würden durch das beschriebene Umlageverfahren wieder entlastet. Auf den ersten Blick scheint es, als ob man wertvolle Informationen gewonnen habe, die das Externe Rechnungswesen nicht bereitstellt, nämlich: wie sich das Ergebnis zusammensetzt und wie sich die Kosten auf die Kostenstellen verteilen. Die Kalkulation oder Kostenträgerstückrechnung bezieht nur die Kosten pro Produkt in die Rechnung mit ein. Weiter oben wurde bereits betont, dass man bei der Begrifflichkeit darauf achten soll, von Kosten-und-Leistungs-Rechnung zu sprechen. Der Teil der Vollkostenrechnung, welcher auch die Erlöse berücksichtigt, ist die Kurzfristige Erfolgsrechnung, auch Kostenträgerzeitrechnung, Betriebsergebnisrechnung oder Periodenerfolgsrechnung genannt. Sie dient dispositiven Zwecken und kann auch einen Beitrag zur Steigerung der Transparenz leisten, indem Erfolgsbeiträge der einzelnen Kostenträger erkennbar werden.18 Die Kurzfristige Erfolgs18
Problematisch bei der Ergebnisermittlung ist, dass abgesetzte Menge und pro-
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rechnung wird in der Regel monatlich aktualisiert und hat einen Fokus von einem Jahr, wobei sie sich nicht am Geschäftsjahr orientieren muss. Bei näherer Betrachtung werden jedoch zahlreiche Schwächen deutlich, vor allem der Versuch der Vollkostenrechnung, alle Kosten auf die einzelnen Produkte umzurechnen, obwohl eine Zurechnung logisch häufig unlösbar ist. Das so genannte strenge Verursachungsprinzip kann in der Praxis nicht eingehalten werden. Die Verteilung der Kosten ist eine bloße Rechentechnik. Man erreicht, dass sämtliche Kosten auf die Kostenträger verteilt werden, büßt dabei aber jede Menge Transparenz ein, da das Verursachungsprinzip nicht eingehalten wird. Entscheidungen, die auf diesen Datengrundlagen getroffen werden, sind also durchaus Entscheidungen auf schlechter Informationsbasis. Der Einsatz der Vollkostenrechnung veränderte sich auch mit den sich verändernden Märkten und Kostenstrukturen. Im heute dominierenden Nachfragermarkt orientieren sich die Verkaufspreise nicht mehr zwangsläufig an den Kosten. Durch die zunehmende Automatisierung verändern sich die Kostenstrukturen immer stärker. Der Anteil der Einzelkosten wird immer geringer, die Gemeinkostenanteile steigen dafür stark an (Infrastruktur, Overhead). Mit dieser Entwicklung wird das Verfahren der Vollkostenrechnung zwangsläufig immer ungenauer. Für die Anwendung im Kulturbetrieb ist zusätzlich anzumerken, dass sich die Aufgabenstellung der Preiskalkulation in den meisten Fällen nicht stellt. Kostendeckende Preise sind im Kulturbetrieb nicht durchsetzbar. In vielen Fällen dominieren politische Preise, darum ist die Funktion der Preiskalkulation nicht zwingend notwendig. In den Kulturbetrieben besteht vielmehr der Bedarf nach Transparenz über Kosten und Leistungen, um Zusammenhänge besser beurteilen zu können. Diese Kenntnisse können als Argumente für die Legitimation der öffentlichen Gelder genutzt werden. Da die klassische Vollkostenrechnung diesen Bedarf nicht deckt, ist sie nicht das geeignete Instrument für den Einsatz im Kulturbetrieb.
duzierte Menge nicht übereinstimmen. Es ist folglich eine Korrektur notwendig, damit der abgesetzten Menge auch nur die entsprechenden Kosten gegenübergestellt werden. Dieses Problem kann mit zwei alternativen Verfahren gelöst werden, dem Umsatzkostenverfahren oder dem Gesamtkostenverfahren. Auch in Kulturbetrieben tritt hier eine Ungenauigkeit auf. Die Darstellung der beiden Verfahren würde hier zu weit führen – da für die Kulturbetriebe letztlich eine andere Form der Kosten- und Leistungsrechnung favorisiert wird, wird hier auf weitere Details verzichtet.
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Teilkostenrechnungssysteme Die Teilkostenrechnungssysteme sind das Ergebnis von Reaktionen auf die oben genannten Schwächen der Vollkostenrechnung. Sie sind gerade für Dienstleistungsbetriebe, damit auch für die meisten Kulturbetriebe, von großer Relevanz. Sie stellen eine marktwirtschaftlich orientierte Form der Kostenrechnung dar. Allerdings können sie keine Herstell- oder Selbstkosten ermitteln und dienen auch nicht zur Kalkulation des Angebotspreises – dazu muss weiterhin die Vollkostenrechnung eingesetzt werden. Die Teilkostenrechnung dagegen liefert steuerungsrelevante Informationen zur Programmsteuerung und Gewinn- bzw. Ergebnisoptimierung. Für den Kulturbetrieb ist insbesondere die Deckungsbeitragsrechnung, auch »Direct Costing« genannte Ausprägung der Teilkostenrechnung relevant (alle anderen Formen, z.B. die Äquivalenzziffernkalkulation oder die Kalkulation von Kuppelproduktionen, die sehr stark auf spezifische industrielle Besonderheiten eingehen, werden hier vernachlässigt). Zum Verständnis der Teilkostenrechnungsverfahren müssen wir eine weitere Differenzierung von Kosten vornehmen. Bisher haben wir Kosten gegliedert in Bezug auf ihre Verrechenbarkeit in Einzel- und Gemeinkosten sowie in primäre und sekundäre Kosten. Nun müssen Kosten auch differenziert werden bezüglich der Beeinflussung durch Beschäftigungsgradänderungen: in fixe und variable Kosten. Fixe Kosten, auch beschäftigungsunabhängige Kosten genannt, fallen immer in konstanter Höhe an, egal ob produziert wird oder nicht. Dies sind Kosten für die Raummiete, für fest angestelltes Personal (z.B. in der Verwaltung) etc. Fixe Kosten werden auch als Kosten der Betriebsbereitschaft bezeichnet. Fixe Kosten sind nicht völlig unbeeinflussbar, sie reagieren häufig in Intervallen, man spricht von »sprungfixen Kosten«. D.h., bis zu einem bestimmten Beschäftigungsgrad ist es völlig unerheblich, ob gar nichts oder die Maximalmenge produziert wird, ab einer bestimmten Beschäftigung erhöhen sich dann die Kosten sprunghaft auf ein neues Niveau, auf dem sie dann wieder bis zum Erreichen einer neuen Grenze stabil sind. Erreicht beispielsweise eine Spielstätte eine bestimmte Größenordnung, muss ein Bühnenmeister eingestellt werden. In diesem Moment würden sich die fixen Kosten sprunghaft erhöhen (vgl. Abb. 25).
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Abbildung 25: fixe Kosten – sprungfixe Kosten
sprungfixe Kosten
fixe Kosten K
K
x
x
Variable Kosten ändern sich bei Ausbringungsschwankungen, es besteht also ein direkter Zusammenhang zwischen Ausbringung und Kostenanfall (z.B. ein speziell für eine Aufführung engagierter Gastsänger). Die Änderung der Kosteneinflussgröße kann zu unterschiedlichen Kostenverläufen führen (vgl. Abb. 26): Abbildung 26: Ausprägungen von variabeln Kosten Degressive Kosten
Proportionale Kosten K
K
x K
x
Progressive Kosten
x
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• Proportional: Die Kosten steigen im gleichen Ausmaß wie die Kosteneinflussgröße. • Degressiv: Die Kosten steigen unterproportional, also geringer als die Kosteneinflussgröße. • Progressiv: Die Kosten steigen stärker als die Kosteneinflussgröße. Geht es darum, Einsparpotenziale in einem Betrieb zu finden, muss zunächst bei den variablen Kosten gesucht werden, denn nur bei diesen ist kurzfristig eine Kostensenkung machbar. Das heißt aber nicht, dass fixe Kosten nicht abbaubar wären. Dies geht selbstverständlich auch, jedoch mit zeitlicher Verzögerung, wenn Kündigungsfristen etc. eingehalten werden müssen. Nun wollen wir zum Verständnis einige Beispiele von fixen und variablen Kosten in einem Theaterbetrieb zusammenstellen: Variable Kosten im künstlerischen Bereich: • • • • •
Solistenhonorare (Gäste); Instrumententransporte, Instrumentenreparaturen, Stimmung; Notenleihgebühren; Reinigungskosten für Kostüme; Kosten für Druckerzeugnisse.
Fixe Kosten im künstlerischen Bereich: • Miete für Lager, Fundus, Probenbühne; • Beiträge zum Deutschen Bühnenverein; • Bezüge von festangestellten Mitarbeitern im künstlerischen Bereich (z.B. Dramaturgie, KBB, Intendanz). Variable Kosten im Bereich Verwaltung: • Telefonkosten und Porti; • Gerichtsgebühren; • Fahrzeugkosten. Fixe Kosten im Bereich Verwaltung: • Mieten; • Wartungsverträge EDV;
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• Hausreinigung; • Versicherungen. Die Unterscheidungskriterien von Kosten sind hiermit komplett, Tabelle 20 zeigt die gesamte Typologie im Überblick. Tabelle 20: Typologie der Kostenarten Kostenarten Funktionen
Verrechnung Erfolgswirksamkeit
Beschaffungskosten Einzelkosten Grundkosten Lagerkosten Gemeinkalkulatorikosten sche Kosten Produktionskosten Transportkosten Forschungs- und Entwicklungskosten Finanzierungskosten Vertriebskosten Verwaltungskosten
Reagibilität auf ZurechenBeschäftigungs- barkeit schwankungen variabel progressiv proportional degressiv
primär sekundär
fix absolut fix sprungfix
Quelle: Schneck 2000: 229
Nun darf aber nicht der Eindruck entstehen, dass es Regelmäßigkeiten bei den Kostenarten gibt, man etwa davon ausgehen könne, dass fixe Kosten immer gleichzeitig Gemeinkosten wären oder variable Kosten immer auch Einzelkosten. Dies ist nicht der Fall: Tabelle 21 zeigt am Beispiel des Kulturbetriebs Theater, dass jede Kombinationsmöglichkeit möglich ist. Tabelle 21: Kombinationen von Kostenarten fixe Einzelkosten
fixe Gemeinkosten
Ensemble/Kollektive fest angestellt
Personalkosten für Intendant, Verwaltungsdirektor, Technischer Leiter
variable Einzelkosten
variable Gemeinkosten
Ausstattungskosten (Bühnenbild, Kostüme) Abendgäste
Öffentlichkeitsarbeit, Plakate, gemeinsame Programme der Institution
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Die Deckungsbeitragsrechnung Die Deckungsbeitragsrechnung arbeitet zunächst nur mit dem variablen Teil der Kosten, indem sie diese den Umsatzerlösen der einzelnen Kostenträger gegenüberstellt und aus der sich ergebenden Differenz aus Umsatzerlösen minus variablen Kosten den so genannten Deckungsbeitrag ermittelt (vgl. Tab. 22). Tabelle 22: Deckungsbeitragsrechnung Kostenträger 1 Kostenträger 2 Kostenträger 3 10.000 €
15.000 €
variable Kosten
2.000 €
12.500 €
9.000 €
Deckungsbeitrag
8.000 €
2.500 €
4.500 €
Umsatzerlöse
– fixe Kosten Betriebsergebnis
13.500 € 15.000 € – 12.000 € 3.000 €
Das Beispiel in Tabelle 22 zeigt drei Kostenträger eines Betriebes, für die die jeweiligen Deckungsbeiträge nach der oben genannten Formel ermittelt wurden. Der Deckungsbeitrag, der sich dann ergibt, ist als Beitrag des jeweiligen Produktes an der Deckung der fixen Kosten zu verstehen. Ziel ist es, und darauf muss sich die betriebswirtschaftliche Steuerung konzentrieren, dass die Summe der erzielten Deckungsbeiträge ausreicht, um die gesamten im Betrieb entstehenden Fixkosten zu decken. Im oben aufgeführten Beispiel stünden also 15.000 Euro zur Deckung der fixen Kosten zu Verfügung. Liegen die fixen Kosten des Betriebes im Beispiel bei 12.000 Euro, würde ein Gewinn von 3000 Euro entstehen; sind die fixen Kosten in der Summe 15.000 Euro, wäre Kostendeckung erreicht, und bei mehr als 15.000 Euro fixen Kosten läge ein Verlust vor. Der Deckungsbeitrag ist eine einfache Entscheidungsgröße für Dispositionsfragen, der betriebswirtschaftliche Grundsatz lautet: Ein Produkt (Kostenträger) ist immer dann förderungswürdig, wenn es einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaftet, also einen Beitrag zur Deckung der fixen Kosten leistet. In Kulturbetrieben wurde bisher die Verwendung einer Deckungsbeitragsrechnung gegenüber der Vollkostenrechnung favorisiert. Dafür spricht, dass dieses Verfahren einfacher zu handhaben ist, also auch schneller eingeführt werden kann. Von Bedeutung ist außerdem, dass es in den Kulturbetrieben derzeit immer um Einsparungen geht und dafür, wie oben ausgeführt, vor allem die variablen Kostenanteile von Interesse sind. Darum ist es legitim, ein Instrument zu nutzen, welches sich gerade auf diese Kostenanteile konzentriert. Diese Argumente lassen sich aber durchaus auch als Alibi werten: Man zeigt sich aufgeschlossen bei der Einführung und Anwendung
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betriebswirtschaftlicher Instrumente und fördert damit gleichzeitig weiterhin in hohem Maße die schon bestehende Intransparenz von Kosten und Leistungen. Denn betrachtet man die typischen Kostenstrukturen einer Kultureinrichtung, findet man fast flächendeckend ein Verhältnis von 80:20 (Tendenz geht zu 90:10) der fixen Kosten zu variablen Kosten. D.h., man betreibt eine Kosten-und-Leistungs-Rechnung für nur 10-20 Prozent der Kosten; der große Anteil der fixen Kosten bleibt weiterhin eine »Black Box« – und damit intransparent und nicht beeinflussbar. Break-Even-Analyse Die Break-Even-Analyse setzt die Trennung in fixe und variable Kostenbestandteile voraus. Zentrale Aufgabe der Break-Even-Analyse ist die Ermittlung der »kritischen Menge«. Darunter versteht man die Menge, bei der das Produktergebnis gerade Null ist, also weder Gewinn noch Verlust erwirtschaftet wird. Man spricht auch von der »Gewinnschwelle«, »Kostendeckungspunkt«, dem »Break-Even-Punkt« oder »Toten Punkt«. Ein wirtschaftliches Ergebnis dieser Art (eine »schwarze Null«) ist für viele Kulturbetriebe das wirtschaftliche Ziel bzw. die wirtschaftliche Randbedingung, unter der die Ziele des Betriebs verfolgt werden. So könnte ggf. diese Rechnung für den Einsatz im Kulturbetrieb geeignet sein. Die Break-Even-Analyse wird sowohl als analytisches Instrument als auch grafisch angewendet. Für die analytische Berechnung der Break-Even-Menge wird die Gewinngleichung Null gesetzt und nach der Absatzmenge x aufgelöst. Hierzu ein Beispiel: Ein kleiner Ausstellungskatalog der Städtischen Galerie wird zum Preis von 10,00 Euro verkauft. Die variablen Stückkosten (Druckkosten, Druckmaterial, Transport etc.) belaufen sich auf 4,00 Euro/St., die monatliche anfallenden fixen Kosten betragen 900,00 Euro (Anteil Personalkosten und Infrastruktur für fest angestellte wissenschaftlichen Mitarbeiter, die die Katalogerstellung redaktionell begleiten). Dann lautet die »Gleichung«: Preis * Menge = fixe Kosten + variable Kosten 10 * x = 900 + 4,00 * x 6 * x = 900 x = 150 Stück Unter Verwendung der Break-Even-Analyse können die Möglichkeiten der Gewinnerzielung besser beurteilt werden. Es lässt sich errechnen, welchen Einfluss die Änderungen der Verkaufsmengen, der Verkaufspreise sowie der variablen und fixen Kosten auf den Gewinn haben. Die grafisch dargestellte Break-Even-Analyse findet sich in Abbildung 27.
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Abbildung 27: Break-Even-Analyse € Umsatzerlöse Break-Even Punkt
variable Kosten
Gewinnzone fixe Kosten
Break-Even-Menge
x
Die errechnete Break-Even-Menge stellt das Minimalziel dar. Diese Absatzmenge muss in der betrachteten Periode mindestens erreicht bzw. nach Möglichkeit übertroffen werden. Um die Erfolgswahrscheinlichkeit in Hinblick darauf frühzeitig abschätzen zu können, werden die während der Periode realisierten Absatzmengen aufsummiert und deren Differenz zur Break-Even-Menge berechnet. Dadurch können auftretende Risiken rechtzeitig erkannt werden und geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Ebenso können anhand der Formel die Auswirkungen von Veränderungen berechnet werden. Sowohl ein Rückgang der Absatzpreise als auch ein Anstieg der proportionalen Selbstkosten bzw. der Fixkosten führt zu einer Erhöhung der Break-Even-Menge. In diesen Situationen muss im Vergleich zu vorher eine größere Menge des Produkts verkauft werden, um erneut den Gewinnbereich zu erreichen. Neben der Break-Even-Menge wird sehr oft noch der Sicherheitskoeffizient berechnet. Dieser gibt Auskunft darüber, um wie viel Prozent die Break-Even-Menge unter der maximal möglichen Absatzmenge liegt. Damit werden bereits von Anfang an die Chancen bzw. die Gefahren dieses Produktes aufgezeigt. Ein geringer Wert des Sicherheitskoeffizienten bedeutet, dass bei einer geringfügigen Verschlechterung der Situation mit einem dadurch ausgelösten Ansteigen der Break-Even-Menge die Aussichten zur Erreichung der Gewinnzone immer mehr schwinden (Djanani/Schöb 1997: 285).
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Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung In deutschen Unternehmen ist in den letzten Jahrzehnten der Anteil der fixen Kosten auf fast 50 Prozent gestiegen. Der unternehmerische Entscheidungsspielraum wird dadurch stark eingeschränkt. Als Gründe für diese Entwicklungen werden das hohe Niveau der Personalkosten, die zunehmende Bedeutung von indirekten Leistungsbereichen (Qualitätssicherung [QS], EDV) und die Automatisierung der Produktion (hohe AfA) genannt. Eine solche ungünstige Entwicklung ist auch bei vielen Kulturbetrieben, vor allem den großen öffentlichen Betrieben (Theater und Museen), zu diagnostizieren. Der Anteil der fixen Kosten steigt, so dass gleichzeitig bei festgesetzten Budgets der Anteil der variablen Kosten sinkt. Das bedeutet häufig, dass künstlerische Abstriche etwa bei Besetzungsfragen und Ausstattung gemacht werden müssen. Was die Anforderung betrifft, Transparenz über Kosten und Leistungen herzustellen, bleibt bei den bisher vorgestellten Verfahren der Teilkostenrechnung noch eine große Unzufriedenheit. Die Deckungsbeitragsrechnung trennt zwar fixe und variable Kostenbestandteile, gibt jedoch keine weiteren Informationen bezüglich der Zusammensetzung. Bei einem für die Kulturbetriebe typischen hohen Anteil der fixen Kosten, z.B. durch Festanstellung von Personal, bleibt gleichzeitig ein hohes Maß an Intransparenz. Auch das vorgestellte Verfahren der Break-Even-Analyse ist nicht ausreichend, da es ein Instrument für ganz bestimmte Fragestellungen ist und beispielsweise zur Zielgrößenbestimmung (für Absatz, Umsatz oder Gewinn) eingesetzt werden kann. Es ist folglich nur für ganz bestimmte Fragestellungen hilfreich. Diesen Schwächen tritt eine fortgeschrittene Version der Deckungsbeitragsrechnung entgegen, die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung, auch bekannt als Fixkostendeckungsrechnung, die die Aufteilung des Fixkostenblockes in Angriff nimmt. Die gesamten Fixkosten werden entsprechend ihrer Produktnähe in einzelne Fixkostenblöcke aufgeteilt. Es sind entsprechend dem Informationsbedarf zahlreiche und natürlich individuelle Unterteilungen denkbar, in der Regel werden die folgenden unterschieden (vgl. auch Tab. 23): • Produkt-Fixkosten: fallen nur für ein bestimmtes Produkt an; • Produktgruppen-Fixkosten: können nicht einem einzelnen Produkt, aber einer Produktgruppe zugeordnet werden; • Bereichs-Fixkosten; • Betriebs-Fixkosten: dazu zählen Fixkosten, die für den gesamten Betrieb anfallen bzw. sich nicht auf eine der anderen Ebenen zuordnen lassen,
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wie beispielsweise das Management, Geschäftsführung, Betriebsrat, Pförtner u.a. Tabelle 23: Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung Kostenträger Kostenträger Kostenträger 1 2 3 Umsatzerlöse
Gesamt
12.000
15.000
13.500
40.500
– variable Kosten
2.000
12.500
9.000
23.500
Deckungsbeitrag I
10.000
2.500
4.500
17.000
– Produktfixkosten
1.000
1.500
500
3000
Deckungsbeitrag II
9.000
1.000
4.000
14.000
– Produktgruppenfixkosten
4.000
1.000
5.000
Deckungsbeitrag III
6.000
3.000
9.000
500
1.000
1.500
5.500
2.000
– Bereichsfixkosten Deckungsbeitrag IV
7.500
– Unternehmensfixkosten
5.000
Gewinn/Verlust
2.500
Im Zuge der Rechnung entstehen mehrere Deckungsbeiträge und gleichzeitig Zusatzinformation über die Zusammensetzung der fixen Kosten. Im ersten Schritt entspricht die Vorgehensweise der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung derjenigen der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung. Anstelle der Zusammenfassung dieser Deckungsbeiträge und des Abzuges der gesamten Fixkosten folgt nun der mehrstufige Rechengang. Zuerst werden eventuell zurechenbare Produktfixkosten von diesen Deckungsbeiträgen abgezogen. Entsprechend den zurechenbaren Fixkosten werden auf jeder Stufe die Deckungsbeiträge derjenigen Bezugsobjekte zusammengefasst, auf die sich die Fixkosten beziehen. Von diesem aufsummierten Deckungsbeitrag wird jeweils der entsprechende Fixkostenbetrag abgezogen, so dass sich erneut ein Deckungsbeitrag auf der nächsthöheren Stufe der Hierarchie ergibt. Dieses Verfahren soll in Tabelle 24 am Beispiel eines Theaterbetriebes ausschnittsweise gezeigt werden.
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Tabelle 24: Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung (Beispiel) Kostenträger
Summe
La Traviata
Die Fledermaus
Die Räuber
Vagina Monologe
Umsatzerlöse
Eintrittsgelder
Eintrittsgelder
Eintrittsgelder
Eintrittsgelder
– variable Kosten
Gasthonorare Ausstattung u.a.
Gasthonorare Ausstattung u.a.
Gasthonorare Ausstattung u.a.
Gasthonorare Ausstattung u.a.
Deckungsbeitrag I
DB 1
DB 1
DB 1
DB 1
– Produktfixkosten
Anteil Dramaturgie, Anteil Orchester, Chor etc.
Anteil Dramaturgie, Anteil Chor, Anteil Ballett etc.
Anteil Dramaturgie, Schauspieler aus Ensemble etc.
Anteil Dramaturgie, Schauspieler aus Ensemble etc.
Deckungsbeitrag II
DB 2
DB 2
DB 2
DB 2
– Produktgruppenfixkosten
Kosten für GeneralmusikKosten für Oberspielleiter direktor, Orchesterbüro etc. incl. Büro, Sekretariat
Deckungsbeitrag III
DB 3
– Bereichsfixkosten
nach Spielstätten, z.B. Raumkosten, Hausmeister, Reinigung im Großen Haus
Werkstatt, externe Spielstätte
Deckungsbeitrag IV
DB 4
DB 4
– Betriebsfixkosten
restliche, nicht stärker zu differenzierende fixe Kosten
DB 3
Summe
Summe
Summe
Gewinn/Verlust
Summe +/–
Mit diesem Rechnungsverfahren kommt man der Zielsetzung nach Transparenz schon etwas näher, trotzdem besteht weiter die Gefahr, dass zu wenig verursachungsgerecht verteilt werden kann, zu viel im großen Topf der Unternehmensfixkosten landet und somit nicht steuerbar ist. Die Teilkostenrechnung auf Basis relativer Einzelkosten Das Teilkostenrechnungsverfahren auf Basis relativer Einzelkosten orientiert sich am strengen Verursachungsprinzip. Dabei wird nicht wie bei der Deckungsbeitragsrechnung in fixe und variable Kostenteile unterschieden, sondern es erfolgt die Konzentration auf die Einzelkosten. Alle Kosten werden der untersten Stufe, auf der sie noch als Einzelkosten erfasst werden können, zugerechnet. Der Deckungsbeitrag wird in diesem Verfahren definiert als der Überschuss der Einzelerlöse über die Einzelkosten eines sachlich und zeitlich abzugrenzenden Kalkulationsobjekts (Wöhe 1990: 1282). Kalkulationsobjekte sind dabei nicht nur Kostenträger, es können auch Kos-
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tenstellen sein. Eine Verrechnung von Gemeinkosten, unabhängig davon, ob es sich um fixe oder variable Teile handelt, wird nicht vorgenommen. Der Gemeinkostenbegriff wird relativiert, da Gemeinkosten je nach Einteilung der Kalkulationsobjekte (Bezugsgrößen) in irgendeiner Hierarchieebene der Bezugsgrößen als Einzelkosten verrechenbar sind. Im Prinzip haben bei diesem Rechenverfahren alle Kosten den Charakter von Einzelkosten, weil sie entweder, wie bei den anderen beschriebenen Verfahren auch, als klassische Einzelkosten direkt dem Bezugsobjekt Kostenträger zugerechnet werden können (z.B. der Abendgast einer Theaterproduktion) oder als relative Einzelkosten ›direkt‹ einem Bezugsobjekt Kostenstelle zuzurechnen sind (z.B. die Personalkosten des Intendanten der Kostenstelle Intendanz). Die Summe aller Bezugsobjekte ergibt das Betriebsergebnis, welches dann aber auch bezüglich seiner Zusammensetzung sehr gut zu analysieren ist. Die Grafik in Abbildung 28 stellt die beschriebenen Zusammenhänge dar. Abbildung 28: Deckungsbeitragsrechnung auf Basis relativer Einzelkosten
Kostenstelleneinzelkosten
Kalkulationsobjekte 1..n (Kostenstellen)
Kostenarten
Gesamtergebnis Einzelkosten
Kosten/Leistungen Erfassung
Kalkulationsobjekte 1..n (Kostenträger)
Kosten/Leistungen Verteilung
Zum Verständnis sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der Einsatz von Teilkostenrechnungssystemen nicht bedeutet, dass ein Teil der Kosten und Leistungen gar nicht an der Kosten-und-Leistungs-Rechnung teilnimmt. Es werden lediglich nicht alle Kosten und Leistungen Kostenträgern zugerechnet. Eine Verrechnung, wie sie die traditionelle Vollkostenrechnung vornimmt, unterbleibt aufgrund der dargestellten Nachteile, die gerade unter der Zielsetzung von Kosten- und Leistungstransparenz gravierend sind.
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Prozesskostenrechnung Ein neueres Verfahren der Kosten-und-Leistungs-Rechnung wurde weiter oben bereits erwähnt und soll hier der Vollständigkeit halber ebenfalls kurz vorgestellt werden. Die Prozesskostenrechnung ist eine Reaktion auf die beobachtbare Veränderung der Kostenstrukturen. Die direkt zuordenbaren Kosten gehen immer stärker zurück. Die Bedeutung der indirekten Bereiche, also der Service- oder Dienstleistungsfunktionen in einem Betrieb, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Prozesskostenrechnung soll die richtige Erfassung und verursachungsgerechte Verrechnung der Gemeinkosten, die in den Servicebereichen anfallen, gewährleisten (Kiel u.a. 2003: 183). Die Prozesskostenrechnung muss Prozesse analysieren, dazu wird eine Strukturanalyse vorgenommen, die den gesamten Fertigungsprozess untersucht, beginnend in den Kostenstellen. Dort wird gefragt, welche Tätigkeiten in den Kostenstellen ausgeführt werden und es werden entsprechende Teilprozesse definiert. In der Regel führen mehrere Prozesse zu einem Produkt. Im Anschluss an die Verknüpfung von Teilprozessen zu Prozessen erfolgt die Feststellung der zentralen Einflussgrößen, die für die Höhe der Kosten eines jeden (Teil-)Prozesses verantwortlich sind. Die zentralen Einflussgrößen werden in der Prozesskostenrechnung Kostentreiber genannt (ebd.: 186). Die Prozesskostenrechnung stellt keinen Ersatz für die herkömmliche Kosten-und-Leistungs-Rechnung dar, aber • sie liefert wichtige Zusatzinformationen; • sie stellt einen wesentlichen methodischen Fortschritt dar und • sie überwindet mit ihrem Denken in Prozessen bzw. Teilprozessen und deren Zuordnung zu Hauptprozessen die Grenzen traditioneller Kostenstellen- und Kostenträgerrechnungen (ebd.: 187). 4.3.5 Vorteile der Kosten-und-Leistungs-Rechnung für den Kulturbetrieb Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung ist ein internes Instrument, das keinen gesetzlichen Vorschriften unterliegt und ganz individuell zu gestalten ist. Insofern kann es keine Frage sein, dass man eine Kosten-und-LeistungsRechnung auch in einem Kulturbetrieb anwenden kann, gerade weil dessen Strukturen große Ähnlichkeiten mit dem in der Wirtschaft stark verbreiteten Dienstleistungsunternehmen haben. Es ist auch möglich, die Kosten-undLeistungs-Rechnung an ein Externes Rechnungswesen in Form der kameralistischen Haushaltsführung anzuschließen. Ein mögliches Problem ist dabei die zeitliche Verzögerung. Da die Kostenrechnung zu Zwecken der Be-
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triebssteuerung eingesetzt wird, sollten ihre Informationen und damit die einfließenden Daten möglichst aktuell sein, um richtig gegensteuern zu können; die sehr späte Rechnungslegung der Kameralistik (insbesondere bei der Auflösung von Sammelnachweisen) ist hier ein gewichtiges Hindernis. Ein großer Vorteil der Kosten-und-Leistungs-Rechnung ist, dass sie sukzessive eingeführt, erweitert und verbessert werden kann. Jeder kleine Schritt bringt etwas mehr wertvolle Informationen, z.B. über die Zusammensetzung der Erfolge und über Wirkungen von Maßnahmen, die sich in jeder beliebigen Variation simulieren lassen (Was wäre wenn?). Zur Rechnungslegung mit Hilfe der kaufmännischen Buchführung oder auch der Kameralistik wird man gesetzlich gezwungen, dabei bleiben die eigenen Interessen zunächst hinter den fremden zurück. Warum sollte man also nicht das bereits Vorhandene durch einfache Ergänzungen auf den eigenen Bedarf zuschneiden? Dies ist in kleinen Schritten und ohne Risiko möglich. Im Laufe der Zeit wird sich das Instrument der Kosten-und-Leistungs-Rechnung verfeinern und um weitere Rechnungen ergänzt werden in Richtung eines ganzheitlichen Controllingsystems. Es soll hier noch einmal zusammenfassend dargestellt werden, welche Zusatzinformation mit welchem Teil der Kosten-und-Leistungs-Rechnung zu gewinnen ist: Der Kosten-und-Leistungs-Rechnung wird von Preißler eine Globalaufgabe zugeordnet, nämlich den reibungslosen Betriebsablauf zu sichern. Dazu sollen die Geld- und Leistungsströme zwischen den Bereich Beschaffung, Produktion und Absatz nicht nur transparent gemacht werden, sondern es ist darüber hinaus durch die Kosten-und-Leistungs-Rechnung sicherzustellen, dass dieser Kreislauf störungsfrei abläuft (Preißler 2005: 17). Eine zur Erreichung dieses Ziels aufgebaute entscheidungsorientierte Kosten-und-Leistungs-Rechnung erfüllt parallel Dokumentations-, Planungs- und Kontrollfunktionen (vgl. Tab. 25).
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Tabelle 25: Fragestellung und Lösungssystem der Kosten-und-Leistungs-Rechnung Preisfindung
Vollkostenrechnung
Selbstkostenrechnung, Kalkulation
Konditionenpolitik
Vollkostenrechnung, Teilkostenrechnung
Selbstkostenrechnung, Kalkulation Break-Even-Analyse, Deckungsbeitragsrechnung
Ermittlung der Preisuntergrenze
Teilkostenrechnung
Break-Even-Analyse, Deckungsbeitragsrechnung
Internen Leistungsverrechnung
Vollkostenrechnung
Kostenstellenrechnung BAB
Wirtschaftlichkeitskontrolle
Vollkostenrechnung, Teilkostenrechnung
Kostenstellenrechnung, Kostenträgerrechnung, Deckungsbeitragsrechnung
Kostenvergleichsrechnung
Vollkostenrechnung, Teilkostenrechnung
Kostenstellenrechnung, Kostenträgerrechnung, Deckungsbeitragsrechnung
Transparenz
Vollkostenrechnung, Teilkostenrechnung
Kurzfristige Erfolgsrechnung, Deckungsbeitragsrechnung auf Basis relativer EKo
Sortimentpolitik
Teilkostenrechnung
Break-Even-Analyse, Deckungsbeitragsrechnung
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) vakat 138.p 127438987994
Petra Schneidewind ➔ 5. Das Controlling
➔
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5. Das Controlling
Wir nähern uns nun der ›Spitze des Eisbergs‹ und wollen klären, was hinter dem Controllingbegriff steckt. Bereits bei der Darstellung des Gesamtsystems Rechnungswesen wurde das Controlling kurz eingeführt und in der Grafik (Abb. 9) wurde deutlich, dass sämtliche Informationen, die im Externen Rechnungswesen und mit Hilfe der Kosten-und-Leistungs-Rechnung entstehen, letztlich beim Controlling zusammenlaufen. Vom Controllingbegriff geht nicht nur in den Kulturbetrieben ein gewisser Zauber aus. Es werden einerseits große Erwartungen damit verbunden, gleichzeitig werden aber auch Ängste und Misstrauen ausgelöst. Umso wichtiger und damit Grundvoraussetzung für die Realisierung des Nutzens der Controllingfunktion ist das richtige Begriffsverständnis und die richtige Einführung in einen Betrieb. Daran wollen wir uns orientieren und die notwendigen Fragen nacheinander klären: Was ist Controlling, welche Aufgaben und Funktionen stecken hinter diesem betriebswirtschaftlichen Instrument, welche Rolle spielt das Zielsystem, was muss bei der Einführung berücksichtigt werden und wie sieht das Ergebnis des Controllingprozesses aus? Ein Fallbeispiel, die Einführung eines Theater-Managementinformationssystem im Ulmer Theater, die in der Spielzeit 97/98 erfolgte, zeigt in Auszügen eine Möglichkeit der praktischen Realisierung. Zuletzt wird ein noch sehr junges Verfahren des Controllings, das der »Balanced Scorecard« vorgestellt, da dieses gerade für den Einsatz im Kulturbetrieb sehr vielversprechend ist. 5.1 Was ist Controlling? Begriff – Aufgaben – Funktionen Controlling entwickelte sich in der Unternehmenspraxis der vergangenen 30 Jahre zu einer Führungsfunktion, die heute fester Bestandteil moderner Unternehmen ist. Dabei war die Controllingentwicklung eine Reaktion auf sich verändernde Rahmenbedingungen (zunehmende Dynamik, stagnierende Märkte, rasante technologische Entwicklungen, kürzere Produktlebenszyklen, zunehmendes Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge, Wertewandel). Die Entstehungsgeschichte begann in den USA bereits ab ca. 1920. Die Verbreitung in Deutschland vollzog sich zunächst durch amerikanische Konzerntöchter (ab ca. 1970), etablierte sich aber in rasantem Tempo auch in Unternehmen der deutschen Industrie. Man kann dort spätestens ab den 90er Jahren von einer flächendeckenden Verbreitung ausgehen. Ab ca. 1990 verbreitete sich die Controllingfunktion weiter und hielt Einzug in öffentliche Verwaltungen, öffentliche Betriebe, Non-Profit-Betriebe und damit auch in Kulturbetriebe.
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Controlling wurde also schnell publik, es wurde zur Zauberformel. Dies führte jedoch auch zu Missverständnissen. Jeder sprach bzw. spricht darüber und jeder meint etwas anderes damit. Im deutschen Sprachgebrauch liegt es nahe, Controlling mit Kontrolle zu übersetzen, was die Bedeutung stark einschränkt. Unsicherheiten bezüglich der Reichweite der Controllingfunktion sind weit verbreitet. Eine terminologische Betrachtung ist daher für das Verständnis von Controlling unverzichtbar. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Controlling blieb gegenüber den praktischen Fortschritten zurück, und so gibt es bis heute keine einheitliche Begriffsbestimmung in der Literatur. Allerdings konnten sich in der Lehre Positionen herausbilden, die die heutige Controllingdiskussion in Deutschland bestimmen. Es lässt sich eine eher praxisgeprägte Orientierung, für die die Controllerakademie und sein Gründer und Leiter Dr. Albrecht Deyhle Pate steht, und eine wissenschaftliche Ausprägung, welche mit dem Name Prof. Dr. Peter Horváth19 verbunden ist, unterscheiden. Von großer Bedeutung beim Begriffsverständnis ist die Bezugnahme auf das im Terminus Controlling enthaltene englische Verb »to control«, das einheitlich mit »regeln« bzw. »steuern« übersetzt wird. Mit dem Gebrauch dieser Übersetzung lassen sich viele Missverständnisse vermeiden, die die Controllingdiskussion gerade in außerökonomischen Bereichen in ihren Anfängen bestimmt haben. Es soll hier die folgende Controllingdefinition zugrunde gelegt werden: Controlling ist ein zielorientiertes, funktionsübergreifendes Führungsunterstützungssystem, das die für die Unternehmensführung notwendigen Daten sammelt, Informationspools erschließt, Informationswege kanalisiert und die gewonnenen Daten in einem empfängerorientierten Bericht zusammenfasst, der in komprimierter Form alle entscheidungsrelevanten Daten beinhaltet. Aus dieser Definition lassen sich folgende Charakteristika des Controllings ableiten: • Voraussetzung für Controlling ist ein Zielsystem; • Controlling hat Servicecharakter; • zentraler Faktor ist die Information;
19
Peter Horváth war Leiter des Lehrstuhls Controlling an der Universität Stuttgart. Dies war der erste Lehrstuhl für das Fach Controlling an einer deutschen Hochschule.
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• das Ergebnis von Controlling wird laufend (zu bestimmten Stichtagen) in einem Bericht zusammengefasst. Vom Controller wird entsprechend der Definition gefordert, Daten (Informationen) zu sammeln. Die konkrete Anforderung heißt: die in Bezug auf das Zielsystem richtigen Informationen zusammenzutragen. Dazu müssen Informationsquellen und -wege erschlossen und koordiniert werden, d.h. Controlling stellt an die Aufbau- und Ablauforganisation eines Betriebes bestimmte Anforderungen. In dieser Phase ist die Koordinationsfunktion des Controllings gefordert, während in der abschließenden Erstellung des Berichtes die Informationsfunktion dominiert. Der Bericht als Ergebnis des Controllingprozesses muss entscheidungsrelevante Informationen beinhalten und Reaktionen mit anschließenden Aktionen hervorrufen, die die Zielerreichung sichern. Grafisch lässt sich der Controllingprozess wie in Abbildung 29 gezeigt darstellen. Abbildung 29: Informationsfluss im Controlling
Empfängerorientierter Bericht
Zusatzinformationen
aufbereitete und ergänzte Informationen
Zusatzinformationen
vorhandene Datenquellen
Controller erfüllen Aufgaben bei der Planung, der Kontrolle und der Informationsversorgung – oder anders ausgedrückt, sie liefern Antworten auf klassische Controllerfragen (Horváth & Partner 2000: 9), u.a.: • Welche Produkte verursachen bzw. erbringen welche Kosten- und Erlöse? • Wie wirken sich bestimmte Maßnahmen auf das Ergebnis aus? • Liegt man noch im Plan oder läuft etwas aus dem Ruder?
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• Wird die Unternehmensstrategie in konkrete Ergebnis- und Maßnahmepläne umgesetzt? Von der International Group of Controlling (IGC) wurde ein Aufgabenkatalog in Form eines Controller-Leitbildes formuliert. Dort heißt es: Controller leisten begleitenden betriebswirtschaftlichen Service für das Management zur zielorientierten Planung und Steuerung. Das bedeutet: • Controller sorgen für Ergebnis-, Finanz-, Prozess- und Strategietransparenz und tragen somit zu höherer Wirtschaftlichkeit bei. • Controller koordinieren Teilziele und Teilpläne ganzheitlich und organisieren unternehmensübergreifend ein zukunftsorientiertes Berichtswesen. • Controller moderieren den Controllingprozess so, dass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handeln kann. • Controller sichern die dazu erforderliche Daten- und Informationsversorgung. • Controller gestalten und pflegen die Controllingsysteme. Controller sind also interne betriebswirtschaftliche Berater aller Entscheidungsträger und wirken als Navigator zur Zielerreichung. Das Controlling ist verantwortlich für Transparenz, daraus resultierende Entscheidungen werden von der Leitungsebene getroffen. Zuletzt noch ein weiteres Bild, welches das Controllingverständnis unterstützen soll. Ein Betrieb stellt eine Art Räderwerk dar. Einzelne Rädchen greifen dabei ineinander und beeinflussen einander. Es kommt zu Übersetzungswirkungen. Controlling hilft, das Rädchenwerk in seinem Aufbau transparent zu machen, zeigt also, wie der Betrieb funktioniert, welche internen und externen Einflussfaktoren existieren und welche Wirkungen von bestimmten Maßnahmen ausgehen. Da jedes dieser Räderwerke einen individuellen Aufbau hat, ist auch das Controllingsystem entsprechend angepasst. Es gibt folglich nicht das Controllingsystem, sondern jeweils individuelle Konzeptionen, die sich dem Aufbau, den Zielen und Beziehungen einer Organisation anpassen. Das Bild des ›Räderwerks‹ soll eine ganz wichtige Eigenschaft von Controlling noch einmal verdeutlichen: Controlling wird zwar dem Rechnungswesen zugeordnet, das heißt aber nicht, dass es sich ausschließlich um ein Zahlenmodell handelt. Vielmehr versucht Controlling durch eine ganzheitliche, systemorientierte Denkweise das Zahlenmaterial des Rechnungswesens um weitergehende Informationen zu bereichern, z.B. durch die Be-
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rücksichtigung von soziologischen oder demografischen Entwicklungen, Moden und Trends, Globalisierungstendenzen, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit. Im Controlling stecken sowohl quantitative als auch qualitative Informationen. Beide Stränge verzahnen sich, wie bereits an anderer Stelle hervorgehoben wurde, und beeinflussen die Zielerreichung.
Controlling arbeitet mit einem einfachen Regelungsmechanismus, dem Soll-Ist-Vergleich. Man braucht als Voraussetzung eine Soll- oder Plangröße, also ein Ziel, welches erreicht werden soll. Der Istzustand wird daran
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gespiegelt und das Ergebnis des Vergleichs analysiert. Drei Szenarien sind denkbar: Man ist im Plan, d.h., es sind keine weiteren Maßnahmen notwendig, oder es wird eine Abweichung festgestellt (positive oder negative Planabweichung), in dieser Situation entsteht Handlungsbedarf: Es müssen Gegensteuerungsmaßnahmen oder Zielanpassungen initiiert werden. Letztlich reduziert sich Controlling auf einen einfachen Regelungsmechanismus wie beispielsweise bei einem Thermostat: Ziel ist es, eine konstante Raumtemperatur von 20 Grad zu sichern. Dazu muss laufend überprüft werden, ob die tatsächliche Temperatur der Vorgabe entspricht oder nicht. Sollte beim Soll-Ist-Vergleich eine Abweichung identifiziert werden, müssen entsprechend der Zielvorgabe korrigierende Maßnahmen eingeleitet werden, man muss also entweder mehr oder weniger heizen (vgl. Abb. 30). Abbildung 30: Regelkreismechanismus Störereignisse
Soll-Werte
(aus der Planung)
R E ALISIE R UNG
Ist-Werte
C ONTR OLLING Ex-ante Kontrolle (Vorsteuerung)
Ex-post Kontrolle (Nachsteuerung)
Quelle: Ziegenbein 1998: 62
Wir wollen in Tabelle 26 noch einmal zusammenfassen, welche zentralen Aufgaben dem Controlling zugeordnet werden und welche fachlichen und persönlichen Voraussetzungen zur Erfüllung derselben notwendig sind.
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Tabelle 26: Anforderungsprofil Controlling (Auswahl, Schwerpunktsetzung ist individuell vorzunehmen) Fachliche Anforderungen
Verhaltensanforderungen
Kosten-und-Leistungs-Rechnung Rechnungswesen Organisation/EDV Unternehmensplanung Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnung Kommunikationsmethodik Revision Marketingkenntnisse
Analytische Denkweise Objektivität zuhören können Vermittlungsfähigkeit Durchsetzungsfähigkeit, Zielkonsequenz Führungsqualitäten Einfühlungsvermögen kooperativ kontaktfähig
Controlling ist ganz eindeutig eine Service- bzw. Querschnittsfunktion eines Betriebes, sie sollte nicht von einer Person mit Leitungs- und Entscheidungsfunktion ausgeübt werden. Zwischen der Leitungsebene und dem Controlling sollt es vielmehr eine Schnittmenge geben. Grundsätzlich gilt, dass sämtliche Entscheidungen von den entsprechenden Entscheidungsträgern zu treffen und zu verantworten sind, also dem Management, der Geschäftsführung, dem Vorstand etc. Dem Controlling wird die Transparenzverantwortung zugewiesen, d.h. dass hier eine beratende Funktion bei der Entscheidungsfindung erwartet wird (vgl. Abb. 31). Abbildung 31: Schnittmenge Controlling
CONTROLLING
Manager
Controller
verantwortlich für das Ergebnis
verantwortlich für Ergebnistransparenz
in Anlehnung an Deyhle 1992: 365
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Bei dieser grundlegenden begrifflichen Klärung sollte deutlich geworden sein, dass Grundvoraussetzung für ein führendes Controlling ein Zielsystem ist. Diese Voraussetzung zu schaffen, ist mitunter gerade für die Kulturbetriebe die größte Hürde (siehe auch Kapitel 2.4). Allzu leichtfertig wird das Argument vorgebracht, »künstlerische Qualität« sei nicht messbar, und die Zieldiskussion damit im Keim erstickt. Auch einseitig auf finanzielle Größen ausgerichtete Zielvorgaben sind nicht zufriedenstellend. Es sollte sich im Idealfall um ein Zielsystem handeln, welches die kulturpolitischen Ziele des Trägers mit künstlerischen Zielen des Betriebes unter Berücksichtigung der gegebenen Rahmenbedingungen (Begrenztheit der Ressourcen) verbindet. Eine verbindliche und eindeutige Zielformulierung sollte beschreiben, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt bzw. in welchem Zeitraum welches Ziel erreicht werden soll. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Zielsetzung für die Controllingfunktion sollen hier noch einmal einige Aspekte aufgezählt werden, die bei der Zielformulierung zu beachten sind (Preißler 1997: 27f.): • Controlling verlangt von der Unternehmensleitung eine klare, verbindliche, realistische Zielsetzung durch eindeutige, am besten schriftliche Zielformulierungen. • Der Controller soll die Zielvorstellungen der Unternehmung realisieren, aber nicht selbst die Ziele aufstellen (eine beratende Funktion bei der Zielbildung ist sinnvoll). • Die Ziele sind als verbindliche Vorschriften aufzufassen, die allerdings im Zeitablauf verändert werden können, wenn die Umstände es erfordern. • Die Ziele müssen erreichbar, aber auch herausfordernd sein. • Es ist meist empfehlenswert, den Zielkatalog durch ein Führungs- bzw. Zielsetzungshandbuch zu dokumentieren und kommentieren. • Es muss zwischen Haupt- und Nebenzielen differenziert und Prioritäten müssen festgelegt werden. • Ziele müssen operational und messbar sein sowie an Kosten, Erlösen und Termine gebunden werden. • Zielsetzungen sind, wenn neue Erfahrungen und Erkenntnisse vorliegen, von Zeit zu Zeit zu revidieren. • Globalfloskeln wie beispielsweise »hohe künstlerische Qualität«, »Streben nach Rentabilität« oder »Produktivitätsverbesserung« dürfen nicht in die Zielformulierung eingehen. Es müssen konkrete Sachziele definiert werden, die am besten durch Kennzahlen oder Prozentangaben konkretisiert werden.
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Im Zielsystem einer Organisation finden sich unterschiedliche Zielkategorien, die die Zielhierarchie bilden. Für Management und Controlling ist die Trennung in strategische und operative Ziele besonders relevant. Strategisches Controlling steht für langfristige Unternehmenssicherung, also das Erkennen von Zukunftspotentialen, ausgedrückt in Chancen und Risiken. Aus dem Langfristziel »Unternehmenssicherung« werden im Rahmen des operativen Controllings Teilziele abgeleitet, bspw. »Umsatzsteigerung im laufenden Geschäftsjahr um 10 Prozent« oder »Stabilisierung der Absatzmengen« etc. Zur Beurteilung der Zielerreichung werden im Rahmen des operativen Controllings quantitative Daten aus dem Rechnungswesen herangezogen. Operative Aussagen sind durch eine hohe Genauigkeit gekennzeichnet, strategische dagegen durch Ungenauigkeit. Letztere haben eher den Charakter von Einschätzungen bzw. Prognosen. Die Qualität der Informationen hängt davon ab, inwieweit es gelingt, zukünftige Entwicklungen in ihren Auswirkungen auf die Organisation einzuschätzen (die typischen »Wenn-Dann«-Controllingfragen). Zwischen operativem und strategischem Controlling besteht eine enge Verzahnung. Beide Betrachtungsebenen werden von einer Reihe von Instrumenten unterstützt. Aufgabe des Controllings ist es, die Instrumente zu kennen und problembezogen auszuwählen, wiederum mit dem Ziel, damit entscheidungsrelevante Daten aufzubereiten, vom Controlling wird so genannte »Methodenkompetenz« gefordert. Eine Auswahl von Instrumenten, auf deren Funktionsweise hier nicht im Einzelnen eingegangen werden kann, zeigt die nachfolgende Tabelle, klassifiziert in operative und strategische Instrumente. Tabelle 27: Strategische und Operative Controlling-Instrumente (Auswahl)20 Strategische Instrumente
Operative Instrumente
Eigenfertigung-Fremdbezug Erfahrungskurve Konkurrenz-Analyse Logistik Portfolio-Analyse Produkt-Lebenszyklus-Kurve Stärken-Schwächen-Analyse Strategische Lücke Szenario-Technik
ABC-Analyse/XYZ-Analyse Bestellmengenoptimierung Break-Even-Analyse Deckungsbeitragsrechnung Investitionsrechnungsverfahren Kurzfristige Erfolgsrechnung Rabatt-Analysen Wertanalyse Engpaß-Analyse Losgrößenoptimierung
20
Zu den einzelnen Instrumenten siehe Vollmuth 1992.
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Neben der Zieldefinition ist für die erfolgreiche Nutzung der Controllingfunktion aber auch die Art der Einführung von Bedeutung. Hier ist vor allem darauf zu achten, dass von Beginn an eine breite Akzeptanz realisiert wird. Wie die Einführung gestaltet werden kann, soll im nächsten Kapitel diskutiert werden. 5.2 Einführung von Controlling – schrittweises Vorgehen Um eine möglichst reibungslose Einführung von Controlling-Konzepten in Kulturbetrieben zu sichern, sollte eine schrittweise Vorgehensweise gewählt werden, bspw. entsprechend der Empfehlung von Horváth & Partner in den folgenden acht Schritten (Horváth & Partner 2000: 2): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Diagnose des Rechnungswesens sowie der Unternehmensplanung; Definition des Anforderungsprofils des Controllingsystems; Ausbau des Rechnungswesens zu einem Management-Accounting; vom Management-Accounting zum System der Jahresplanung und Jahresbudgetierung; Ausbau zu einer Mehrjahresplanung; Aufbau der strategischen Planung; Aufbau eines umfassenden Informationsversorgungssystems und Schaffung einer Controllingorganisation.
Bei dieser Vorgehensweise kommt dem ersten Schritt eine besonders große Bedeutung zu. Bei der Analyse des Istzustandes werden in den meisten Organisationen Ansätze einer Controlling-Konzeption in Erscheinung treten (»Controlling muss man nicht erst einführen – es ist schon da«, Deyhle 1988: 9). Immer wenn Zukunftsfragen gestellt werden, wie: »Was kommt auf die Organisation zu?« – »Wie werden sich die Umsatzzahlen entwickeln?« o.Ä., handelt es sich um Controllingansätze. Bei den vorhandenen Informationen zeigen sich eine Reihe der oben genannten Schwächen bestehender Informationssysteme. Vor allem Doppelerfassung und Inkonsistenz sind häufig anzutreffen. Trotzdem bilden die so bewusst gemachten bestehenden Ansätze einen Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung. Controlling bzw. die dazu notwendigen Basissysteme können in kleinen Schritten ausgebaut und verfeinert werden, was die Einführung auch bezüglich Akzeptanz und Motivation vereinfacht. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass man die notwendige Gesamtsystembetrachtung vernachlässigt und wieder unzusammenhängende Insellösungen schafft. Die Einführung eines Controllingsystems bzw. die Erarbeitung einer auf
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die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Konzeption sollte mit Zielen verbunden sein. Warum möchte man ein Controllingsystem, was möchte man damit erreichen? Diese Fragen müssen vor allem für die betroffenen Mitglieder der Organisation beantwortet werden können. Die Voraussetzungen sind schlecht, wenn die Antworten lauten: ›Der Träger verlangt die Einführung‹; ›Das ist heute so üblich‹ oder ›Wir wollen Einsparungen erzielen‹. Keines dieser Motive fördert eine erfolgreiche Einführung von Controlling. Das Ziel sollte sein, mit Hilfe von Controllinginstrumentarien Transparenz im Kulturbetrieb herzustellen und damit die Zielerreichung zu fördern und zu unterstützen. Die Transparenz ist vor allem in den immer wieder zu führenden Legitimationsdebatten hilfreich. Gelingt es, die Zusammenhänge wirklich deutlich zu machen, lässt sich auch gegenüber den politischen Gremien und der Öffentlichkeit mehr Verständnis für die komplexen Zusammenhänge und Abläufe in einem Kulturbetrieb erreichen, was die Diskussion um die Zukunftsfähigkeit der Betriebe und eben ihre politische Legitimität versachlicht. Die zentrale und wichtigste Informationsquelle des Controllings ist das Rechnungswesen. Die dritte Konzeptionsphase konzentriert sich nun auf dessen Weiterentwicklung hin zu einem »Management-Accounting«, d.h. es soll »führungsorientiert« sein, also Zahlen liefern, die das Management bei anstehenden Entscheidungen unterstützen. In jedem Betrieb ist aufgrund der gesetzlichen Pflicht ein Externes Rechnungswesen (Kaufmännisches Rechnungswesen oder Kameralistisches Rechnungswesen) vorhanden. Dieses hat aber im Hinblick auf die geforderte Führungsunterstützung zahlreiche Schwächen. Um Transparenz zu erreichen, ist es notwendig, dem Externen Rechnungswesen eine Kosten-und-Leistungs-Rechnung hinzuzufügen, die insbesondere auf die Fragen Antworten findet, was für Kosten und Leistungen entstehen, wo im Betrieb und wofür. Ergänzt wird die Kosten-undLeistungs-Rechnung um eine Planungsrechnung, ggf. auch eine Investitionsrechnung. Da das Rechnungswesen unterschiedliche Kosten-und-Leistungs-Rechnungssysteme kennt, muss bei diesem Konzeptionsschritt eine Auswahl getroffen werden, welches der Systeme die Zielsetzung nachhaltig unterstützt. In dieser Phase muss immer bewusst sein, dass die Entscheidungsunterstützung des Rechnungswesens im Vordergrund steht und nicht die Dokumentation der Vergangenheit (zu Kosten-und-Leistungs-Rechnungssystemen siehe Kap. 4.3). Sind die ersten drei Schritte bewältigt, orientiert man sich langsam in die für das Controlling richtige Richtung: die Zukunft. Hier geht es nun um die Erstellung von Plangrößen (Kosten, Leistungen, Budgets u.a.) für den Zeitraum von einem Jahr. Dabei werden die Zielgrößen auf alle Unternehmensbereiche heruntergebrochen und später wieder zusammengeführt.
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Dabei müssen auch Informationsabläufe und Verantwortungen festgelegt werden. Das Controlling trägt die Verantwortung für die Zieldefinition gemeinsam mit den entsprechenden Ergebnisverantwortlichen. Aufbauend auf der nun entwickelten Jahresplanung wird der Fokus weiter in die Zukunft gerichtet und daraus eine Mehrjahresplanung entworfen. Auch dafür müssen Teilpläne erstellt und wieder zu einer Gesamtplanung koordiniert werden. Ein weiterer Fortschritt wäre dann der Aufbau einer strategischen Planung. Für das Controlling stellt sich dabei insbesondere die Aufgabe, das strategische Management mit Informationen zu versorgen. Diese Informationen sind eher qualitativer Natur und haben zumeist den Charakter von Frühwarninformationen. Zu den klassischen Aufgaben der strategischen Planung zählen die Unternehmensanalyse und -prognose sowie die Umweltanalyse und -prognose. Die letzte Stufe schließlich klärt die Frage, wie das Controlling in die Aufbauorganisation eingegliedert wird und wie dann die Informationswege verlaufen. Auch für die Gestaltung der Aufbauorganisation gibt es keine Pauschallösung, sie richtet sich insbesondere nach der Größe der betroffenen Organisation. Bei großen Kulturbetrieben ist es sicher denkbar und vielerorts inzwischen auch Realität, dass es in der Abteilung Rechnungswesen oder Verwaltung eine separate Controllingposition gibt. Man findet häufiger die Lösung, dass die Controllingfunktion in die Linienorganisation eingeordnet wird – die Zuordnung zum Rechnungswesen oder auch zur Verwaltung ist nahe liegend. Schwieriger wird es bei kleinen und mittleren Kulturbetrieben, dort hätte die Controllingfunktion zweifellos ebenfalls einen großen Nutzen – aber wer macht dort Controlling? Für neue, zusätzliche Stellen gibt es kein Geld, für eine ganze Stelle ist der Betrieb zu klein, Controlling im operativen Sinne einzukaufen (wie etwa die Leistungen einer Steueroder Rechtsberatung) wird nicht angeboten. Hier braucht es innovative Lösungen: dass beispielsweise von Seiten einer Kommune ein Controllingservice für alle Kultureinrichtungen (Bibliothek, Museum, Musikschule, Archiv etc.) angeboten wird. Noch besser wäre ein Controllingangebot von Seiten der Verbände. Für Kulturbetriebe sind die Stufen 4-8 (vgl. Beginn dieses Abschnitts) eher als Fernziele einzuschätzen. Wegen der vorhandenen Unterversorgung mit Controlling und den dazugehörenden Rechnungssystemen muss die Konzentration zunächst auf den ersten drei Schritten liegen. Das Durchlaufen aller Konzeptionsphasen, die hier vorgestellt wurden, braucht Zeit. In Abhängigkeit der Betriebsgröße muss mit mindestens 3-5 Jahren gerechnet werden. Diese Tatsache wird bei der Einführung häufig ignoriert. Es macht aber keinen Sinn, auf schnelle Ergebnisse zu drängen und davon auch Ent-
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scheidungen abhängig zu machen. Die Konzeption braucht Sorgfalt, wenn sie die gegebenen individuellen Verhältnisse berücksichtigen will. Außerdem sollte bewusst sein, dass das Controlling nach der Abarbeitung der dargestellten Schritte nicht fertig ist. Controlling selbst ist nicht statisch, seine Entwicklung ist nie abgeschlossen, sondern ein laufender Prozess, der sich an der Dynamik der relevanten Umwelten orientieren muss, da diese vorgeben, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt die richtigen sind. 5.3 Das Berichtswesen – Ergebnis des Controllingprozesses Die Anforderungen an das Berichtswesen ergeben sich aus den Schwächen vieler bestehender betrieblicher Informationssysteme von Organisationen. Es ist von einem sehr engen Zusammenhang zwischen Entscheidung und Information auszugehen, denn Entscheidungen sind nur so gut wie die Informationen, die zur Entscheidungsfindung herangezogen werden (siehe auch Kapitel 2.3 und 2.4). Bei den bestehenden Informationssystemen finden sich i.d.R. folgende Schwächen (Horváth & Partner 2000: 219): • • • • • •
Informationen kommen zu spät; Informationen sind zu detailliert; Informationen sind zu umfangreich; Informationen sind überwiegend vergangenheitsorientiert; Informationen enthalten nur die Daten, die sich quantifizieren lassen; die einzelnen Führungsbereiche erhalten inkonsistente, häufig sogar einander widersprechende Informationen und • Informationen für zukünftige, noch unbekannte Zwecke sind unzureichend, d.h. die Informationsversorgung für die strategische Planung ist vielfach ungeklärt. Als Aufgabe des Controllings wurde bereits beschrieben, die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge und am richtigen Ort (für den richtigen Adressaten) zur Verfügung zu stellen. Dieses »Management Reporting« (oder »Internes Berichtswesen«) stellt das Ergebnis des Controllingprozesses dar. Im Rahmen des Informationssystems des Controllings entsteht ein Berichtssystem, dessen Aufbau und Pflege in der Verantwortung des Controllings liegt. Die optimale Informationsversorgung aller Entscheidungsträger muss sichergestellt werden (Baus 1996: 118). Eine wesentliche Aufgabe, die an das Berichtswesen gestellt wird, betrifft den Berichtsinhalt: »Im Zentrum des Controlling-Berichtswesens steht die laufende Information über die Entwicklung des Unternehmens.«
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(Ebd.: 119) In Abhängigkeit von den Empfängern werden dabei bei Menge und Detailliertheit der Informationen Unterschiede gemacht. Es gilt jedoch grundsätzlich, dass die Daten »empfängerorientiert« sein sollen, d.h. von diesem auch eingeordnet und verstanden werden müssen. Zwischen der Informationsmenge, der Darstellung (reine Zahlenkolonnen, Grafiken, Schaubilder, Tabellen, Piktogramme u.a.) und der Aktualität der Informationen muss das Controlling die Balance herstellen, bei gleichzeitiger Beachtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips, denn grundsätzlich gilt: »Schnelligkeit geht vor Genauigkeit«. Es genügt eine Trendaussage (›Zielerreichung ist in Gefahr!‹), die nicht auf die Kommastelle genau sein muss. Von entscheidender Bedeutung und letztlich Zweck der Berichte ist, dass sie Aktionen bzw. Reaktionen auslösen sollen. Mögliche Entscheidungsalternativen können vom Controlling gleich mitgeliefert werden. Mit dem Bericht sollte eine gewisse Kontinuität verbunden sein, dies betrifft einerseits das Layout des Berichtes, welches nicht laufend wechseln sollte, sondern im Gegenteil durch die Routine gewährleistet, dass das Wesentliche schnell erkannt wird, und andererseits einen fixierten Stichtag für das Erscheinen bzw. die Präsentation der Berichtsergebnisse. Auf diesen Termin hin muss der notwendige Informationsfluss gesteuert werden. Rückfragen und Störungen im Ablauf entfallen, wenn der Prozess entsprechend terminlich fixiert, standardisiert wird. Berichte beinhalten nicht zwingend ausschließlich quantitative Informationen. Zahlen können ergänzend kommentiert werden, in der Regel ist ausreichend Raum für die Interpretation des Zahlenmaterials bzw. für die Ergänzung von qualitativen Elementen gegeben. Grundsätzlich stehen als Berichtsformen Tabellen, Schaubilder (Diagramme, Piktogramme etc.), Texte und Kennzahlen zur Verfügung. Den Letzteren kommt eine sehr große Bedeutung zu, gerade von Trägerseite werden immer wieder Informationen in Form von Kennzahlen angefordert. »Kennzahlen sind numerische Informationen, die eine Aussage über betriebswirtschaftliche Sachverhalte zulassen.« (Ebd.: 131) Die Informationen werden sehr stark komprimiert. Ziel ist es, schnell und prägnant zu informieren, statt zahlreiche Einzelinformationen auszuwerten (Weber 1995: 203). Die Verwendung von Kennzahlen innerhalb des Berichtswesens ist sehr weit verbreitet, sie werden regelmäßig für Vergleiche herangezogen. Dies können innerbetriebliche Vergleiche (z.B. einzelner Abteilungen), aber auch Branchen- oder Betriebsvergleiche sein. Um die gewonnenen Ergebnisse richtig zu interpretieren, sollte darauf geachtet werden, dass die zum Vergleich herangezogenen Kennzahlen den gleichen Aufbau haben. Durch die starke Komprimierung und den damit einhergehenden Informationsverlust ist dies ein großes Risiko bei der Nutzung von Kennzahlen.
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Als Aufgaben und Zwecke des Berichtswesens lassen sich also zusammenfassen: • • • • • •
Informationsübermittlung; Dokumentation von Ergebnissen; Auslösen von betrieblichen Vorgängen; Kontrolle des Betriebsablaufes; Vorbereitung von Entscheidungen; Ursachenanalyse (auch unter Einbeziehung der am Erfolg/Misserfolg Beteiligten); • Einleiten von Gegenmaßnahmen; • Informationsversorgung der Verantwortungsträger. Wie könnte nun der Controllingbericht einer Kultureinrichtung aussehen. Stellen wir zunächst eine Auswahl möglicher Berichtsinhalte/-teile zusammen: • Erfolgsrechnung (Umsatz, fixe, variable Kosten, Produkt- und Spartenergebnis etc.); • Absatzbereich (Umsätze gesamt, nach Produktgruppen, nach Kundengruppen etc.); • Personalbereich (Beschäftigtenstand, Lohn- und Gehaltskosten nach Kostenarten, Krankenstand etc.); • Produktionsbereich (Betriebsauslastung, geleistete Stunden etc.); • Finanzbereich (Liquiditätskennzahlen); (Liquiditätsentwicklung, Investitionsentwicklung etc.); • Materialbereich (Preisentwicklung, Lagerbindung etc.); • Kostenübersichten (Kostenarten, variable Kosten, fixe Kosten, Kostenstellenkosten etc.); • Beobachtungen der Konkurrenzsituation; • Beobachtungen der Zielgruppen und Kunden (Kunden, Noch-nicht-Kunden, Nicht-mehr-Kunden). Berichte werden in der Regel monatlich erstellt. Dabei kann jederzeit variiert werden, es müssen nicht monatlich sämtliche oben genannten Berichtsbausteine Bestandteil des Monatsberichts sein. Bei manchen Themen genügt ein Quartalsbericht oder sogar ein Jahresbericht. Man muss sich für die Berichtsgestaltung immer den Zweck des Berichtes vor Augen halten: Er soll Reaktionen und Aktionen auslösen.
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Abbildung 32: Beispiel Controllerbericht: 4-Felder-Matrix Ergebnisse/Kosten Nr.
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Informationen per Monat (kumuliert) Plan per ... €
Ist per ... €
Abweichung Plan/Ist € %
1 2 3 4 5 Nr. Kostenarten
Plan per ... € Ist per ... €
Abweichung Plan/Ist % €
Plan per ... € Ist per ... €
Abweichung Plan/Ist % €
1 Personalkosten 2 Sachkosten Nr. Bestände 1 Lager 2 Forderungen 3 Anlagen Sachverhalte (in Stichworten):
Quelle: Controller Verein e.V.
Die Berichtsempfänger müssen folglich schnell in die Lage versetzt werden, zu reagieren. Lange Zahlenlisten oder – wie ein häufiges Vorurteil lautet – gar »Zahlenfriedhöfe«, die von den Controllingstellen erarbeitet werden, sind fehl am Platz. Hier kommt die Serviceleistung des Controllings so richtig zum Tragen, wenn es gelingt, die Entscheidungsträger ohne großen Zeiteinsatz immer auf dem Laufenden zu halten und ihnen zu signalisieren ob, wann und in welcher Form Handlungsbedarf vorliegt.
2006-09-28 16-48-41 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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Erwartungen zum 31.12.200x Jahresplan
Erwartung nächstes Quartal
Erwartung bis Vorauss. Ist Ende GJ
Abweichung
Jahresplan
Erwartung nächstes Quartal
Erwartung bis Vorauss. Ist Ende GJ
Abweichung
Jahresplan
Erwartung nächstes Quartal
Erwartung bis Vorauss. Ist Ende GJ
Abweichung
Maßnahmen operative/dispositiv (in Stichworten):
Themenspeicher (strategisch)
Zuständig
Termin
für
Konferenz
Daraus folgt auch, dass die Berichte sehr knapp, präzise und – wie bereits betont – vor allem aktuell sein müssen. Im Folgenden sind einige Beispiele aufgezeigt. Welche Form die richtige ist, hängt sehr stark von den Personen ab: Die einen lesen lieber einen kurzen Text, andere präferieren Grafiken, wieder andere Tabellen. Die Individualität jedes Controllingkonzeptes zeigt sich sehr stark am jeweiligen Controllingbericht (vgl. Abb. 32). Das Beispiel in Abbildung 32 zeigt einen gemischten Bericht, der sowohl Ist-als auch Plan-Zahlen beinhaltet und Abweichungen deutlich macht. Die Zahlen sind sehr stark komprimiert. Die rechte Seite des Berichtsformulars zeigt aber, wieder in Zahlen ausgedrückt, wie die weitere Prognose ist. Da-
2006-09-28 16-48-41 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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raus kann dann auch hervorgehen, ob ggf. die Ziele modifiziert werden müssen. Das Formular lässt darüber hinaus Platz für Kommentare, ein Themenspeicher stellt sicher, dass Gedanken, die aus unterschiedlichen Gründen gerade nicht verfolgt werden können, nicht in Vergessenheit geraten. Die Ergänzung um einige Stichworte ist sehr wichtig, da Zahlen alleine nicht immer aussagekräftig sind und Spielräume für Interpretationen zulassen. Daraus resultierende Missverständnis können durch Kommentierungen verhindert werden. Im Kulturbereich bietet diese Möglichkeit auch die Chance, einige qualitative, schwer messbare Faktoren des künstlerischen Bereiches mit aufzunehmen und sie neben die quantitativen Daten zu stellen. Abbildung 33: Beispiel Controllerbericht Controllingbericht Soll-Ist -Vergleich Ergebnis Monat:
10
Geschäftsjahr:
2006
100'
Ergebnis in
€ kumm.
90' 80' 70'
Plan Ist
60' 50' 40' 30' 20' 10 ' 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12 Monate
Erläuterungen:
Erwartung/Tendenzen/Vorschläge, Maßnahmen
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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Das zweite Beispiel (Abb. 33) setzt eine einfache Grafik ein, die sehr schnell den Stand der Dinge deutlich macht: nämlich, dass der Betrieb derzeit über dem angestrebten Planergebnis liegt. Was offen bleibt, ist die Prognose zum Geschäftsjahresende und darüber hinaus. Diese Erwartungen können in den Freiräumen unterhalb der Grafik kurz skizziert werden. Eine solche Vereinfachung ist absolut empfehlenswert: Details können immer noch herangezogen werden, zunächst aber verdichtet das Controlling so stark wie möglich. Abbildung 34: Beispiel Controllerbericht (Ampel!) Controllingbericht Monat: 10 Gesamtzielerreichung
Geschäftsjahr:
2006
Erfolgserwartung: nicht haltbar gefährdet kein Risiko
Termineinhaltung: großes Risiko geringes Risiko kein Risiko
Kostenabweichung: > 10 % >5% keine
Erläuterungen:
Erwartung/Tendenzen/Vorschläge, Maßnahmen
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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Das letzte Beispiel (Abb. 34) erscheint noch einfacher. Hier wird mit einer Symbolsprache gearbeitet. Eine Ampel ist das Hilfsmittel, welches die wesentliche Botschaft vermittelt: »Sind wir noch auf Kurs oder läuft etwas aus dem Ruder?« Daneben gibt es sogar ergänzende Informationen zu den kritischen Punkten, Zielen, Terminen, Kosten (es können natürlich auch andere Themen ausgewählt und entsprechend herausgestellt werden), wo ebenfalls eine Trendinformation durch Ankreuzen gegeben wird. Wie schon bei den anderen beiden Beispielen ist hier etwas Raum für ergänzende Informationen geschaffen. So einfach kann ein Controllingbericht sein, der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Wichtig ist nur, dass ›die Botschaft ankommt‹. Das steckt bereits in der zugrunde gelegten Controllingdefinition, in der gefordert wird, »empfängerorientiert« zu berichten. Gerade den Entscheidungsträgern aus dem künstlerischen Bereich kommt diese Kreativität doch entgegen. Allen Beispielen gemeinsam ist die starke Konzentration von Informationen auf nur einer Seite, ein Phänomen, das in Controllerkreisen »onepage-only« genannt wird und zu den wichtigsten Regeln der Berichtsgestaltung zählt. Außerdem soll beachtet werden: 1. Das Berichtswesen sollte standardisiert werden, d.h. • gleich bleibende formale und inhaltliche Gestaltung; • Terminsicherheit und Regelmäßigkeit; • Kosten-Nutzen-Verhältnis beachten (Anzahl der Berichte; Knappheit der Darstellung, aber keine »Kennzahlen-Friedhöfe«). 2. Empfängerorientiert berichten: • in sachlich-inhaltlicher Hinsicht: Informationen in logischer Form aufbauen; Übersichtblatt für den eiligen Leser evtl. mit Kurzkommentar, Informationsmenge auf den Empfänger zuschneiden; • in sprachlicher Hinsicht: Verwendung von Begriffen und Termini, die im Unternehmen üblich und beim Empfänger gebräuchlich sind. Um sicherzugehen, dass die Informationen ankommen und das heißt nicht nur, dass sie im Postfach des Empfängers oder auf dessen Schreibtisch ankommen, sie müssen gelesen und erfasst werden, ist es am günstigsten wenn die Ergebnisse präsentiert werden. Dazu wird empfohlen, entsprechend der oben genannten Terminsicherheit, ein »jour fixe« (z.B. immer der zweite Mittwoch eines Monats um 10 Uhr) zur Präsentation des Controllerberichts einzurichten. Im persönlichen Gespräch hat man die Sicherheit,
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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dass die Informationen ankommen und kann unter Umständen auch gleich Entscheidungen herbeiführen, indem die Handlungsalternativen vorgestellt und etwaige Vor- und Nachteile diskutiert werden. Was bisher beschrieben wurde, waren Standard- oder Routineberichte. Wenn es im Betrieb ›brennt‹, kann und darf das Controlling natürlich nicht warten, bis der Stichtag für die Berichtspräsentation erreicht ist. Vielmehr muss sofort bzw. schnellstmöglich reagiert werden. Neben den Standardberichten lassen sich Abweichungsberichte, Melde- und Warnberichte, Auskunftsberichte u.a. unterscheiden. Die Erstellung des Berichts ist quasi das Ende des Controllingprozesses. Ein idealtypischer Ablauf ist zunächst vorgezeichnet. Es stellt sich nun die Frage, wie sich die Controllingfunktion in Kulturbetrieben integrieren lässt. Dies sollen Auszüge aus einer ›Erfolgsgeschichte‹ im Kulturbetrieb, nämlich die Einführung eines Theater-Managementinformationssystems im Ulmer Theater zeigen. 5.4 Fallbeispiel: Ulmer Theater Entsprechend der empfohlenen schrittweisen Einführung wurde im Ulmer Theater ab der Spielzeit 1997/98 ein Controllingkonzept entwickelt.21 Die wesentlichen Eckdaten des Ulmer Theaters sind in der Übersicht in Tabelle 28 zusammengefasst. Die Istanalyse des vorhandenen Informationssystems zeigte, dass Insellösungen eines Controllingansatzes vorhanden waren, die jedoch Schwächen in der Koordination zeigten, und dass somit eine zielorientierte Nutzung des vorhandenen Informationspotentials nicht realisiert wurde. Es konnten folgende Informationen und Informationsquellen differenziert werden: • die Haushaltsrechnung (Schnittstelle Externes Rechnungswesen); • Lohn- und Gehaltslisten; • das Kartenvertriebssystem MUETHOS (insbesondere für die Leistungs-/ Erlösrechnung); 21
Weitere Details zum Fallbeispiel finden sie in: Schneidewind, Petra (2000): Entwicklung eines Theater-Managementinformationssystems, Frankfurt; Schneidewind, Petra (2001): Von den Informationsinseln zum entscheidungsorientierten Theater-Managementinformationssystem: Controllingeinführung im Theaterbetrieb. In Handbuch KulturManagement, Stuttgart; Schneidewind, Petra; Pelz, Jürgen (2003): SAP im Kulturbetrieb erfolgreich einsetzen. In: Handbuch KulturManagement, Stuttgart.
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement
• • • • • • • •
Stundenerfassungen der technischen Abteilungen; Sachkostenaufbereitung; Budgetüberwachung Gastetat; Kapazitätsplanungen im Bereich Werkstätten und Bühnentechnik; Verwaltungs-Informations-System (VIS); Berichtswesen; Spielplan; Probenpläne, Dienstpläne.
Tabelle 28: Zusammenfassung der Rahmendaten des Ulmer Theaters (Spielzeit 97/98) Rechtsträgerschaft
Stadttheater (Stadt Ulm)
Betriebsform
Regiebetrieb
Sparten
Dreispartenbetrieb
Spielbetriebsart
Repertoiresystem mit festem Ensemble
arbeitsrechtlicher Rahmen
Bühnentarifrecht (ohne NV-Tanz) + Bezirkszusatztarifvertrag NR. 4 zum BMT-G II
finanzwirtschaftlicher Rahmen
Budget (feste Zusagen drei Jahre im Voraus), Wirtschaftsjahr = Spielzeit
Führungsmodell
gemeinsame Führung von Intendant und Verwaltungsdirektor mit geteilten und gemeinsamen Verantwortungsbereichen
Produkte
Oper, Operette, Musical, Schauspiel, Märchen, Konzerte, Gastspiele, Kleinveranstaltungen, Nebenleistungen, Ballettschule
Vertriebswege
freier Verkauf, Abonnement und Besucherorganisation
Raumressourcen
vier interne Spielstätten + externe Möglichkeiten
Die aufgezählten Informationen haben ganz unterschiedliche Charaktere, es sind quantitative und qualitative Informationen, Budget- und Termininformationen sowie vergangenheits- und zukunftsorientierte Informationen. Was die Qualität der Informationen angeht, treten vor allem die folgenden Schwächen auf: Viele Informationen sind nicht aktuell, sondern eher vergangenheitsorientiert, sie orientieren sich nur an Zahlungsbewegungen, sie sind nicht empfängerorientiert; Daten wurden zwar erfasst, aber nicht ausgewertet. Am Ende der Phase 1 hatte man eine Reihe von Angriffspunkten, aber auch das Gefühl, dass bereits viele richtige und gute Ansätze vorhanden sind. Dieses positive Feedback muss den Betroffenen auch unbedingt ver-
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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mittelt werden, es fördert die Motivation und die Akzeptanz von Neuem merklich. Der zweite Entwicklungsschritt sollte das Ziel definieren, welches mit einer Controllingkonzeption erreicht werden soll. Es sei noch einmal daran erinnert, das sich eine Controllingkonzeption ganz auf den Informationsbedarf des Empfängers konzentrieren soll. Häufig dominieren im operativen Geschäft die Anforderungen der Träger, die im Sinne von Rechenschaftslegung und Legitimation Nachweise fordern. Die Fragen von außen werden in der betroffenen Einrichtung als große Belastung, Misstrauen und Rechtfertigungsdruck empfunden und bekommen damit auch einen negativen Beigeschmack. Letztlich kommt man aber aus der Falle nicht heraus, da eben die Informationssysteme nicht optimal funktionieren. Wäre das der Fall, stünden die internen Informationsanforderungen an erster Stelle und man wäre, unterstützt durch den entsprechend gepflegten Informationspool, im Hause jederzeit in der Lage, weitere Informationsempfänger zu befriedigen – und dies routinemäßig ohne großen Zusatzaufwand. Man könnte sogar unaufgefordert in entsprechenden Zyklen einen Bericht abgeben, so dass der Eindruck vermittelt werden kann, in der entsprechenden Einrichtung wird nichts dem Zufall überlassen, sondern die Dinge sind im Hinblick auf die Zielerreichung im Griff, die Einrichtung ist über den Stand der Dinge im Bild und kann darüber auch den Träger ins Bild setzen. Eine solche Situation schafft Ausgeglichenheit, Stabilität und Vertrauen. Dies mit Hilfe eines Controllingkonzeptes zu erreichen, war erklärtes Ziel des Ulmer Theaters. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Es wurde »Transparenz« gefordert. Dazu sollte zunächst mit Hilfe einer Kosten-und-Leistungs-Rechnung ein zahlenmäßiges Abbild des Betriebes geschaffen werden. Das Ziel der Transparenz über Kosten und Leistungen und die damit verbundenen Zielsetzungen, langfristige Sicherung des Dreispartenbetriebs, die Sicherung der politischen Legitimation und die Dominanz der künstlerischen Ziele, wurden entsprechend im ganzen Haus kommuniziert und dadurch auch akzeptiert. Im Ulmer Theater wurde insbesondere die erste und zweite Phase der Controllingeinführung optimal gestaltet. Mit viel Sensibilität wurde erreicht, dass ein »Wir-Gefühl« entsteht (z.B. durch intensive Einbindung des Personalrats, Anpassung der Formulare an Wünsche und Besonderheiten einzelner Abteilungen u.a.) – das sind optimale Ausgangsbedingungen. Phase 3, der Ausbau des Rechnungswesens zum Management-Accounting, war dann viel Feinarbeit. Für die aufbauorganisatorischen Fragen der Kosten-und-Leistungs-Rechnung konnte auf einige Vorarbeiten zurückgegriffen werden. So waren Kostenarten bereits differenziert und Kostenstel-
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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len ebenfalls angelegt. Die Kostenträger wurden entsprechend dem Spielplan angelegt. Die Gliederung der Kostenarten sowie von Kostenstellen und Kostenträgern (betr. Spielzeit 97/98, muss in den folgenden Jahren jeweils aktualisiert werden) der Einführungsspielzeit zeigen die beiden Tabellen 29 und 30. Tabelle 29: Kostenarten im Ulmer Theater Kostenarten
Einzelkosten
Kostenstelleneinzelkosten (Gemeinkosten)
x
x
Personalnebenkosten festangestelltes Personal
x
x
Sonderhonorare
x
Gagen (incl. Gagennebenkosten)
x
Personalkosten: Bruttogehälter des festangestellten Personals
Sachkosten: Reisekosten
x
Grünunterhalt
X X
Maschinen/Betriebsgeräte
x
X
Miete
x
x
sonstige Bewirtschaftungskosten
x
x
Heizung, Energie
x
Grundstücksversicherung
x
Dienst- und Schutzkleidung
x
Instrumenten- und Kleidergeld
x
Transportleistungen
x
Ausstattung
x
x
Urheberanteile, Aufführungsmaterial
x
Feuerwachen
x
Gastspiele fremder Ensembles
x
Abstecher
x
Werbung
x
x
Programme
x
x
sonstige Betriebsausgaben
x
x
Versicherungen
x
Bürobedarf
x
Zeitungen
x
Postgebühren/Telefon sonstige Geschäftsausgaben
x x
x
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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x
Verrechnungen: Verwaltungskostenbeiträge
x
Datenverarbeitung
x
Abschreibungen
x
Verzinsung des Anlagekapitals
x
Tabelle 30: Kostenstellen und Kostenträger im Ulmer Theater Kostenstellen
Kostenträger
Ankleide
Tosca
Maske
Jenufa
Schneiderei
Hänsel und Gretel
Ton
Fidelio
Beleuchtung
Don Pasquale
Bühnentechnik/Technische Leitung
Orpheus und Eurydike
Malsaal
Macbeth
Polsterei
Der Zigeunerbaron
Schlosserei
West Side Story
Schreinerei
Black Rider
Requisite
Was Ihr wollt
Verwaltung
Goldberg-Variationen
Kasse/Abonnementbüro
Baal
Hausdienste
Alice im Wunderland
Intendanz
Exhibition (Ballett)
KBB
Geliebte Stimme
Dramaturgie
Die Affaire Rue de Lourcine
Orchester
Fräulein Julie
Chor
Der stumme Diener
Musikensemble
Das Erbe
Schauspielensemble
Komma, Punkt. (Ballett)
Ballettensemble
Sinfoniekonzerte
künstlerisches Hilfspersonal
Kammerkonzerte
Statisterie
Sonderkonzerte
Ballettschule
Theaterfest
Sonstige
Jugendstück Lesungen/Kleinveranstaltungen Geist der Mirabelle Aloa oé Gastspiele
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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Das Ziel der Transparenz über Kosten und Leistungen sollte durch den Einsatz einer Teilkostenrechnung auf Basis relativer Einzelkosten erreicht werden. Also steht als weiteres Ziel im Vordergrund, möglichst viele Kosten als Einzelkosten verursachungsgerecht verrechnen zu können. Die Ausgangssituation, also die übernommenen Daten aus dem externen Rechnungswesen, ließen das nur für ca. 10 Prozent der Gesamtkosten zu, nämlich konkret für die Kosten der Ausstattung und des Bühnenbildes. Welches Material für ein Bühnenbild angeschafft wurde, lässt sich eindeutig zuordnen, ebenfalls der Materialeinsatz bei den Kostümen, das Honorar für den Regisseur und den Bühnenbildner oder die Urheberrechte für ein Stück. Andere Kostenarten wie Telefonkosten oder Büromaterial könnte man zwar zuordnen, die genaue Erfassung wäre aber unwirtschaftlich im Verhältnis zum Informationsgewinn. Hier ist die verursachungsgerechte Zuordnung als Kostenstelleneinzelkosten bspw. auf die Kostenstelle Verwaltung genau genug. Nicht akzeptabel ist es allerdings, sämtliche Kosten des festangestellten Personals unangetastet zu lassen. Das oft gebrauchte Argument, das Personal sei ›eh da‹, greift nicht, denn unter der Zielsetzung der Transparenzgewinnung muss auch zwingend dargestellt werden, welche Ressourcen wo, in welchem Umfang zur Verfügung stehen und wofür sie eingesetzt werden. Es geht hier schließlich um Transparenzgewinnung und nicht um die Suche nach Rationalisierungspotenzialen! Neues Teilziel war es also, den ›Personalkostentopf‹ zu knacken und Personalkosten ggf. anteilig auf Kostenstellen und Kostenträger zuzuordnen. Für diese Problematik wurde eine individuelle Lösung der Personalkostenzuordnung gefunden, die zwischen technischen, künstlerischem und Verwaltungs- und Hauspersonal unterschieden hat. Diese Unterscheidung trägt den Besonderheiten im Kulturbetrieb Rechnung. Der Arbeitsprozess in einem Theaterbetrieb ist extrem arbeitsteilig, es wirken mehrere Personalgruppen daran mit, die jeweils individuellen Tarifen unterliegen. Die Personalkosten, welche in künstlerische, technische und verwaltungstechnische Personalkosten getrennt wurden, sind durch entsprechende Aufschriebe der Betroffenen erfasst worden. Dabei wurden verschiedene Dimensionen verwendet: Stunden bei den technischen Mitarbeitern und Dienste bei den künstlerischen Mitarbeitern (siehe Abb. 35 und 36). Gerade wenn für die Transparenzgewinnung personenbezogene Daten erhoben werden müssen, ist es wichtig, dass die Systemeinführung von den Mitarbeitern der Organisation unterstützt wird. Den Betroffenen muss die Dokumentation dieser wertvollen Zusatzinformation so leicht wie möglich gemacht werden. Es muss gelingen, die Informationen täglich oder wöchentlich in wenigen Minuten zu fixieren. Dieser Anspruch leitete das Design des Formularwesens: einfach zu erfassen, konstant, einfach in der Weiterverarbeitung, weitge-
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
Petra Schneidewind ➔ 5. Das Controlling
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hend selbsterklärend. Sämtliche Mitarbeiter in den Technischen Abteilungen und Werkstätten wurden mit den entsprechenden Formularen monatlich versorgt, der Rücklauf musste bis zum 5. des Folgemonats erfolgen. Das künstlerische Personal wurde von den Aufzeichnungen entlastet, die Dokumentation ihres Ressourceneinsatzes wurde jeweils delegiert. So zeichneten die Regieassistenten dafür verantwortlich, aufzuzeichnen, in welchen Produktionen künstlerisches Personal mitgewirkt hat; für die Orchestermusiker, Chorsänger und Mitglieder des Balletts waren der Leiter des Orchesterbüros, der Chorleiter und der Leiter Ballett zuständig, Letztere wurden alle kollektiv erfasst. Bereits an dieser Stelle lässt sich der Informationsgewinn als Zwischenergebnis zusammenstellen. Im Einzelnen lassen sich durch aufbereitete Details aus dem Personalbereich folgende Informationen gewinnen bzw. folgende Fragen beantworten: Personalkosteninformationen pro Abteilung: • Wie viel Personalkosten fallen pro Abteilung an (pro Monat, pro Jahr, im Durchschnitt)? • Welche Schwankungen sind zu verzeichnen? • Wie ist das Verhältnis der einzelnen Personalkostenarten (Bruttogehalt, Sozialaufwand, Sonderhonorare etc.)? • Welche »Sachkosten« sind in den Personalkosten enthalten und in welcher Höhe (z.B. Reisekosten)? • Welche fixen und variablen Personalkostenanteile sind vorhanden? • Wie ist das Verhältnis von Einzel- und Gemeinkosten (Kostenstelleneinzelkosten) innerhalb der Personalkosten? • Wie verteilen sich die Personalkosten auf festangestelltes Personal (hier zusätzliche Trennung für Auszubildende), und befristet Beschäftigte/ Aushilfen? • Welche Iststunden fallen in den jeweiligen Abteilungen an (der Vergleich mit einer Kapazitätsplanung wäre möglich)? • Wie ist der Stand der Überstunden, insbesondere im Hinblick auf den Übergang zwischen zwei Spielzeiten?
2006-09-28 16-48-42 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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Abbildung 35: Personalkostenerfassung im Technischen Bereich
Stundenabrechnung für Ulmer Theater Abteilung: Requisite - Mitarbeiter: A.Müller (Name geändert)
Projekt
Nr.
Tosca Tosca Jenufa
Black Rider
P V P V P V P V P V
Was Ihr Wollt Was Ihr Wollt Alice im Wunderland Alice im Wunderland
P V P V
Fräulein Julie Fräulein Julie
P V
Sonderkonzert Sonderkonzert
P V
Jenufa Zigeunerbaron Zigeunerbaron West Side Story West Side Story Black Rider
Urlaub Krankheit Sonstiges Iststunden
∑
Überstundenausgleich
∑
Mi
Do
Fr
Sa
1
2
3
4
3,5 3,0
3,5
So Mo 5
6
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So Mo
7
8
9
10
11
12
2,5 3,0 3,0 1,5 2,5 7,0
13
6,5
1,0 2,5
2 2,5
3,0 1,0 2,5 4,5 4,0
3,5 3,5 2,0
1,5 0,5
1,0
1,0 0,5
10,5 9,5
6,5
6,5 6,5 6,5 6,5 6,5 7,0
6,5
2006-09-28 16-48-43 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
Petra Schneidewind ➔ 5. Das Controlling
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Spielzeit Spie
Monat:
Jahr:
10
lzeit 97/98
1997
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So Mo
Di
Mi
Do
Fr
14
15
16
17
18
19
21
22
23
24
25
26
28
29
30
31
4,0 2,5 3,0 2,0 3,0
20
2,0 4,5 6,5 7,0
27
7,0 8,5
3,0 3,5
∑S
92,5
3,5
3,5 3,0 2,0 2,5 1,0
3,0 2,5
1,0 3,0 1,5
2,0
0,5 2,0
7,0 6,5 6,5 6,5 6,5
1,5
2,0
2,0 4,5 3,0
1,5
2,0
6,5 7,0 6,5 10,5 8,0 7,0
2,0 6,5 6,0 3,0
3,5 54,5
7,0 20,5
3,5
0,5
13,0
10,5 10,5 7,0 9,0 6,5 194,5
Für die Richtigkeit
2006-09-28 16-48-43 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
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Abbildung 36: Diensteerfassung im Künstlerischen Bereich
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement
Personalkosteninformationen pro Gruppe: • Verhältnis der Personalgruppen (Kunst, Technik, Verwaltung) bzgl. Personalkosten (Trennung in fix/variabel; Einzelkosten/Gemeinkosten; Probe/Herstellung/Vorstellung); • Verhältnisse von Sparten können gebildet werden; • Verhältnis von festangestelltem Personal und so genannten Gastverträgen. Personalmanagementinformationen: • Information zur Personalplanung, insbesondere dahingehend, wo altersbedingt mit dem Ausscheiden von Mitarbeitern zu rechnen ist; • Ermittlung der Sollkosten pro Abteilung, dabei Berücksichtigung der unterschiedlich gültigen Verträge und damit Abweichungen in den Sollarbeitszeiten; • Informationen zur Fluktuation; • Informationen zum Krankenstand. Personalkostenverrechnungssätze: Die Aufbereitung nach oben genannten Kriterien ermöglicht die Bildung von Verrechnungssätzen pro Abteilung. Aus der »Black Box« Personalkosten werden: • Kostenträger-Einzelkosten (z.B.: Schreiner arbeitet am Bühnenbild der Produktion Macbeth) oder • Kostenstellen-Einzelkosten (z.B. Mitarbeiter der Kostenstelle A arbeitet für Kostenstelle B oder es entstehen Kostenstelleneinzelkosten wegen Urlaub, Krankheit, Weiterbildung etc.). Nun war man zunächst an einem Punkt angelangt, wo eine riesige Datenmenge erzeugt wurde, die nun zielorientiert weiterverarbeitet werden musste. Die Erfassungsarbeiten, die zu der großen Datenmenge führten, konnten ohne großen Mehraufwand geleistet werden, indem Abläufe optimiert wurden, das Formularwesen individuell konzipiert und die Last auf viele Schultern verteilt wurde. Eine Übersicht über den gesamten Informationsfluss der Kosten-undLeistungs-Rechnung im Ulmer Theater gibt die Grafik in Abbildung 37.
2006-09-28 16-48-46 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 139-189) T01_05 kapitel 05.p 127438988002
Petra Schneidewind ➔ 5. Das Controlling
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Abbildung 37: Informationsfluss im Theaterbetrieb
Gesamtergebnis Produktgruppen =
Musiktheater
Schauspiel
Ballett
Infrastruktur
Endkostenstellen
Produktion =
»Leistung«
Kostenträger
Kostenstellen
Infrastruktur
Auswertung: Zusammenfassung pro Abteilung
Stundenauswertung pro Mitarbeiter pro Monat (Werkstätten/Kunst)
Personalkosten
Pauschale Verrechnung
Sachkosten
Für einen einzelnen Kostenträger wurden dessen verursachungsgerecht zugeordnete Kosten und Leistungen in einem Kostenträgerbericht zusammengetragen. Von Beginn an, also bei der Gestaltung des entsprechenden Datenblattes, wurde berücksichtigt, dass das Controlling idealtypisch in der Zukunft agiert. Darum wurden im gesamten System bereits Planungsspalten pro Monat berücksichtig, die im ersten Jahr der Nutzung zunächst mit den Istdaten gleichgesetzt wurden. Erwähnenswert bei den Kostenarten wäre noch die Trennung in Kosten der Produktion/Herstellung und Kosten der Aufführung, diese Trennung wurde mit der Theaterleitung erarbeitet. Für sie ist es von Interesse zu wissen, wie viel Kosten bis zur Premiere einer Produktion auflaufen und wie viel eine einzelne Aufführung kostet. Diese Information birgt Steuerungspotentiale beispielsweise bei der Ressourcenplanung oder bei der Spielplanplanung, insbesondere bei kurzfristigen Programmänderungen oder Reaktionen auf das Publikumsinteresse (zusätzliche Vorstellungen notwendig, mangelndes Interesse). Im Kostenträgerbericht sind nach dem beschriebenen Verarbeitungsprozess die in Tabelle 31 gezeigten Einzelinformationen zusammengeführt.
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Tabelle 31: Informationen im Kostenträgerbericht Kosten Personalkosten Technik Werkstätten (jeweils P/V)
Sänger/-innen Schauspieler/ -innen Kollektive (jeweils P/V)
Erlöse/Leistungen Sachkosten
Erlöse
Extrachor Kinderchor Extraballett Statisterie Kinderchor Orchesteraushilfen Orchesterverstärkung Bühnenmusik Abendgäste Regie Bühnenbild Ausstattung Sonderhonorare sonstige Aushilfen Abendpersonal Sicherheitsdienste Omnibustransfer Tantieme Absetzung an Eintritten Beleuchter, Verfolger Umbauten auf offener Bühne sonstige Sachkosten
aus Kartenverkauf Anteil Abonnement Anteil freier Verkauf aus Programmverkauf Besucherzahl
Die Individualität dieses Berichtes zeigt sich auch an der Grundstruktur, die an die Spielzeit, also von September bis August, angeleht ist. In jedem Bericht sind einige Stammdaten enthalten, die zu Spielzeitbeginn bereits festgelegt sind, so bspw. die Anzahl der Vorstellungen verteilt auf die einzelnen Monate, die vergebene Kostenträger-Nummer etc. Der Kostenträgerbericht führt sehr stark differenzierte Informationen aus unterschiedlichen Quellen zusammen. Von besonderer Bedeutung ist, dass damit auch ein Kostenträgerergebnis ermittelt werden kann, da sich die Rechnung nicht nur einseitig auf Kosten konzentriert, sondern auch die Erlöse einfließen lässt, diese sogar differenziert in Erlöse aus freiem Verkauf, diversen Abonnements, Ermäßigungen etc. Aus der Gegenüberstellung von Erlösen und Kosten ergibt sich das Ergebnis, welches im Theaterbetrieb im Sinne von »Anteil am Zuschussbedarf« zu interpretieren wäre. Einen Ausschnitt eines Kostenträgerberichts zeigt Abbildung 38.
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Die Detailinformationen dieses Berichtes sind für die entsprechend Verantwortlichen von großem Interesse. Für die Leitung des Betriebes werden die Informationen wieder verdichtet und in komprimierter Form bereitgestellt, aber immer so, dass die wesentlichen Informationen, wie beispielsweise »Ziele werden erreicht« oder »Zielerreichung in Gefahr« schnell erfasst werden können. Wenn für dann notwendige Entscheidungen Detailinformationen notwendig sind, kann auf diese sehr schnell zugegriffen werden. Letztendlich soll der Controllingservice die Verantwortlichen aber im operativen Geschäft entlasten, so dass die Entscheidungsträger ihren Fokus bereits in die Zukunft und damit auf strategische Fragen richten können. Neben den oben aufgezählten Informationen, die speziell durch die Aufbereitung von Personalinformationen gewonnen wurden, sind noch die folgenden Informationsgewinne zu verzeichnen: • das Verhältnis von Kostenstellen- zu Kostenträgerkosten; • durch die zusätzliche Trennung in Kosten der Proben bzw. Herstellung und Kosten der Aufführung entstehen wichtige Kalkulationsgrundlagen; • Einzelergebnisse lassen sich in ihren Relationen beurteilen, z.B. das Verhältnis Kunst/Technik/Verwaltung (Overhead) oder das Verhältnis Großes Haus/sonstige Spielstätten; • mit Hilfe der Kosten-und-Leistungs-Rechnung wird das Ergebnis einzelner Kostenträger ermittelt (kein Bruttoprinzip, Berücksichtigung von Kosten und Erlösen); • Gesamtzusammensetzung des Ergebnisses wird ersichtlich, eine wichtige Information im Sinne der Dispositionsfunktion der Kostenrechnung (Wer hat welchen Anteil am Budget, im Detail pro Produktion, pro Sparte, Ergebnis pro Kostenstelle?), Gemeinkostenblock wird weitgehend aufgesplittet, daraus folgt auch eine Gewinnung von Erfahrungswerten für die darauf aufbauende Planung; • auch die Erlöse werden transparenter und im Hinblick auf Einwirkungsmöglichkeiten untersucht (Anknüpfungspunkt zum Marketing); • die Steuerungsinformation ergibt dann einen Hinweis darauf, wie viele Karten im freien Verkauf noch abgesetzt werden müssten. Die rechtzeitige Information kann daraufhin gezielte Werbeaktionen initiieren. Im Ulmer Theater ist man an dieser Stelle bei Phase 4 angekommen, nämlich einer Ausbaustufe zur Jahresplanung bezogen auf Istdaten. Die anschließende Phase forciert nun den weiteren Ausbau zur Mehrjahresplanung und muss folglich versuchen, neben den aufbereiteten Istdaten auch Plandaten zu erheben.
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Abbildung 38: Ausschnitt Kostenträgerbericht
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Abbildung 39: Produktionsplanung
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Dazu wurde in Anlehnung an den Kostenträgerbericht ein Planungstool entwickelt, so dass die nächste (ggf. auch weitere) Spielzeiten abgebildet werden konnten. Auch dieses Formular entstand unter den Prämissen Transparenzgewinnung und Einfachheit in der Erfassung und Weiterverarbeitung. Die Praxis zeigte, dass die Bearbeitung nur ca. 20-30 Minuten beanspruchte. Stellt man das in Relation zum Informationsgewinn, ist dieser um einiges größer! Nachdem die Einzelinformationen der Planungspapiere zusammengefügt wurden, hatte man für die nächste Spielzeit bereits Informationen im Vorhinein gewonnen, könnte beispielsweise bei Budgetüberschreitungen frühzeitig gegensteuern oder weiß schon ganz genau, wo die Risiken (Überschneidungen, Kapazitätsengpässe u.a.) liegen und welche Gestaltungsspielräume bleiben (vgl. Abb. 39). So ist das Ulmer Theater nach drei Jahren auf Stufe 4-5 angekommen und konnte darüber hinaus noch einen großen Gewinn an Stabilität durch die Einführung der Rechnungswesensoftware SAP R 3 mit integrierten Modulen für Kosten-und-Leistungs-Rechnung und Controlling realisieren. An diesem Punkt zeigte sich, dass die gesamten konzeptionellen Vorüberlegungen von großer Wichtigkeit waren, denn dadurch, dass die Informationsflüsse vorgezeichnet waren, konnte sich tatsächlich die Software an die Anforderungen des Kulturbetriebs anpassen und man kam zu einer maßgeschneiderten Lösung. Weitere positive Beispiele gibt es auch in den Bereichen Musikschulen, Volkshochschulen, Museen etc. Informieren Sie sich entsprechend, aber kopieren Sie nicht 1:1. Ihr spezielles Controllingkonzept gibt es noch nicht! Es sind im Zusammenhang mit dem Fallbeispiel immer wieder Empfehlungen eingeflossen, auf was zu achten ist, was unbedingt zu vermeiden ist etc. Eine Liste mit entsprechenden Tipps ist aufgrund der Bedeutung jedes einzelnen noch einmal separat zusammengeführt. 5.5 Controlling in der Praxis des Kulturbetriebes – Tipps/Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung In vielen Kulturbetrieben hat die Einführung von Controlling zu Unruhe und Unzufriedenheit bis hin zu Ängsten geführt – und das, obwohl die Notwendigkeit eines Controllingsystems in einem Kulturbetrieb genauso gegeben ist wie in einem Betrieb der Industrie, einer Bank oder einem Versicherungsunternehmen, also den klassischen Profitbetrieben. Die Mitglieder der Organisation sind sozusagen das ›Zünglein an der Waage‹, sie entscheiden über Erfolg oder Misserfolg der Controllingfunktion. Darum ist – wie ein-
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gangs betont – von vornherein auf das richtige Begriffsverständnis zu achten, auf die Einführungstaktik und die Einbindung der Mitarbeiter. Außerdem sollte bewusst sein: • Controlling muss immer individuell auf einzelne Betriebe zugeschnitten werden, d.h. es kann nicht einfach von anderen kopiert werden. • Controlling kann nur mit und nicht gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeführt werden. Die Beteiligten sollten von Anfang an mit einbezogen werden. Die interne Kommunikation hat eine sehr große Bedeutung für Erfolg und Akzeptanz des Controllingsystems. Während der Einführung sollte laufend über den Stand bzw. die Fortschritte und weiteren Planungen informiert werden. Sämtliche Mitglieder der Organisation sollten zur aktiven Mitarbeit und kritischen Beurteilung motiviert werden. • Bei der Einordnung in die Aufbauorganisation muss auf die exakte Festlegung der Weisungsbefugnis geachtet werden. • Der Aufbau eines Controllingsystems braucht Zeit und sollte schrittweise erfolgen. Die anfängliche Konzentration auf rein quantitative Daten und Zusammenhänge ist üblich. • Zielvorgaben sind zwingend erforderlich. • Die eigenen, internen Informationsbedürfnisse stehen im Mittelpunkt. Der dafür zu schaffende Informationspool muss dann automatisch in der Lage sein, auch andere Informationsempfänger zu bedienen. • Die entstehenden Informationen müssen aktuell sein. • Die grundsätzliche Orientierung richtet sich in die Zukunft. • Das Gesamtsystem muss im Auge behalten werden, keine neuen Insellösungen schaffen. • Die Kosten-und-Leistungs-Rechnung ist die wichtigste Informationsquelle im Rahmen einer Controllingkonzeption. Die Auswahl des richtigen Systems muss sich am Anforderungsprofil orientieren. • Eine mögliche unterstützende Software sollte sich dem Konzept anpassen und nicht umgekehrt. • Das Controllingverfahren selbst muss wirtschaftlich sein. • Ein Controllingsystem ist kein statisches Gebilde, es ist nie fertig, sondern durch dynamische Anpassungen geprägt. • Controlling ist eine prozessbegleitende Funktion. Die Aufzählung umfasst alleine schon 14 Punkte und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist also sicherlich keine einfache Aufgabe, ein funktionsfähiges Controllingsystem zu schaffen: Die Wunderwaffe ist nicht ein-
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fach zu bedienen! Viele Kulturbetriebe scheitern bereits an der Grundvoraussetzung, dem Zielsystem, welches, wie oben beschrieben wurde, unverzichtbar ist. Seit Beginn der 90er Jahre kennt das Controlling ein neues Instrument, die Balanced Scorecard. Sie erscheint für die Unterstützung der Controllingeinführung in Kulturbetrieben hilfreich, indem sie für die Zielbildung, die Strategieentwicklung und -umsetzung eine methodische Begleitung bietet. Wie dieses Instrument funktioniert, soll darum abschließend dargestellt werden. 5.6 Die Balanced Scorecard – Geeignet für den Kulturbetrieb? Das Managementinstrument »Balanced Scorecard« entstand Anfang der 90er Jahre an der Harvard Business School in den USA. Robert S. Kaplan und sein Team untersuchten das Problem, wie das eher an finanziellen Maßgrößen ausgerichtete Berichtswesen der Unternehmen um nichtfinanzielle Maßgrößen ergänzt werden könnte. Die Frage entstand durch die Tatsache, dass sich das ganze betriebliche Umfeld stark geändert hat. Dies zeigt sich bspw. darin, dass die so genannten »weichen Faktoren« (soft facts) wie Mitarbeiterzufriedenheit, Kundenzufriedenheit, Motivation, Fähigkeit zum Wandel, Flexibilität der Organisation u.a. eine immer größere Bedeutung erlangen. Es setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Optimierung der weichen Faktoren auch die harten Faktoren (also bspw. die finanziellen Größen) positiv beeinflusst, denn letztlich ›hängt alles mit allem zusammen‹. Gerade die finanziellen Faktoren sind so genannte »nachfolgende Indikatoren«, d.h. sie zeigen die Resultate früherer Handlungen. Eine sehr sorgfältige und innovative Produktentwicklung plus eine passende Werbestrategie bei der Markteinführung des Produktes führt zu hoher Nachfrage, damit hohen Umsätzen und einem guten finanziellen Ergebnis. Die Unternehmenssteuerung kann folglich keine eindimensionalen Ziele verfolgen, sondern muss die bestehende Vernetzung unterschiedlicher Bereiche innerhalb einer Organisation sowie auch die Beziehungen zur Umwelt berücksichtigen. Das Fazit war also, dass die bisher dominierenden finanzwirtschaftlichen Kennzahlen, die hauptsächlich aus dem Rechnungswesen gewonnen werden und dadurch operativ und vergangenheitsorientiert sind, für die zukunftsorientierte Steuerung nicht ausreichen. Ihnen fehlt außerdem der Bezug zu den Unternehmensstrategien und sie integrieren keine nichtmonetären Leistungsgrößen. Die Konzentration auf die ›klassischen Kennzahlen‹ verengt den Blick
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für weitere, ggf. entscheidende Erfolgsfaktoren der Zukunft. Das heißt nun nicht, dass die finanzorientierten Kennzahlen überflüssig werden, sondern die Anforderung lautet, Finanzkennzahlen mit weichen Faktoren zu verknüpfen. Kennzahlen beispielsweise zur Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterqualität, Effizienz der Geschäftsprozesse u.a. müssen gleichberechtigt neben den finanziellen Kennzahlen stehen. Die Anstrengungen gehen dahin, die Beschränkung traditioneller Steuerungssysteme auf finanzielle Größen durch die Integration nicht finanzieller, quantitativer und qualitativer Informationen zu beseitigen. Dies entspricht auch der Controllingphilosophie. Wenn nur Deckungsbeiträge und Kosten als Entscheidungsgrößen verwendet werden degradiert dies das Controllling auf das oft zitierte ›Erbsenzählerniveau‹. Es müssen auch Informationen und Kennzahlen in das Controllingsystem einfließen, die nicht auf Basis der Kosten-und-Leistungs-Rechnung entstanden sind, wie die Besucherzufriedenheit, Veranstaltungskritiken, Mitarbeiterzufriedenheit u.a. Neben der bisher einseitigen Orientierung an finanziellen Größen muss auch der einseitige Informationsfluss verändert werden. Zur Realisierung bestehender Erfolgspotentiale braucht es die Unterstützung aller Mitarbeiter und Partner eines Unternehmens, die letztlich die strategischen Ansätze in die Praxis umsetzen. Die alleinige Information der Kapitalgeber, was bisher gängige Praxis war, unterstützt diese Zielsetzung nicht. Die Balanced Scorecard ist ein Instrument der Strategischen Steuerung. Management hat sich in der Vergangenheit auf das operative Handeln konzentriert. Dies gilt insbesondere für öffentliche Betriebe und Einrichtungen. Beispielsweise wurden bei der Aufstellung der Haushaltspläne nicht die Ziele und Aufgabenstellung des Haushaltsjahres als Orientierung für die dazu notwendigen finanziellen Ressourcen herangezogen, sondern die Ansätze des Vorjahres fortgeschrieben. Betriebe brauchen heute eine klare Vorstellung über die Zukunft, d.h. konkrete Zielvorstellungen, aus denen sich Strategien ableiten können, die wiederum die operative Umsetzung lenken. Strategische und operative Ebene müssen miteinander verbunden sein. Dies soll mit der Technik der Balanced Scorecard sichergestellt werden. Dabei ist der Ansatz nicht neu, wie Kritiker der Balanced Scorecard zu recht betonen. Es ist vielmehr ein Extrakt der Betriebswirtschaftslehre, das sich auf wesentliche Dinge konzentriert und damit praxisgerichtet den Weg von der Strategie zur Aktion kurz und überschaubar macht (»Translating Strategy to Action«). Da betriebliche Prozesse gerade durch Komplexität gekennzeichnet sind, liegt es nahe, in einem Betrieb Scorecards zu nutzen. Aufgabe der Scorecard soll sein, jene Informationen herauszufiltern, die für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens wirklich wichtig sind und die
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es darüber hinaus erleichtern, die maßgeblichen unternehmerischen Ziele in leicht verständlicher Weise allen Mitarbeitern nahezubringen (Friedag/ Schmidt 2001: 20). Die Balanced Scorecard konzentriert sich auf die strategischen Ziele. Sie unterstützt deren Entwicklung. Ihre Hauptaufgabe besteht aber darin, Strategien zu realisieren. Dazu müssen aus strategischen Zielvorgaben konkrete Aktionen abgeleitet werden. Sie ist letztlich das Bindeglied zwischen Vision und Strategien eines Unternehmens und der operativen Umsetzung. Durch diese Verbindung wird die für das Controlling typische ganzheitliche Sichtweise unterstützt. Die Balanced Scorecard lässt sich also als ein Instrument zur Strategieentwicklung, Strategiesteuerung und Strategieumsetzung beschreiben. Dazu sind die folgenden Elemente notwendig: • eine Mission → die ausdrückt, wie uns andere sehen sollen (Leitbild); • eine Vision → die sagt, was wir erreichen wollen (Leitziel) und • Strategien → die die Wege dorthin beschreiben. Die drei Komponenten stehen hier als Selbstverständlichkeit, in der Praxis sind sie jedoch vielfach nicht vorhanden. Wenn es überhaupt Visionen gibt, sind sie oft in den Köpfen der oberen Führungsetage und bleiben den Mitarbeitern vorenthalten. Wenn die Mitarbeiter Visionen und strategische Ansätze nicht kennen, können sie diese folglich in ihren Bereichen auch nicht umsetzen. Gerade diese Schwachstelle, die in Kulturbetrieben gang und gäbe ist, möchte das Konzept der Balanced Scorecard verbessern. Strategien müssen in den Alltag integriert werden, darum sind die strategischen Ziele auch das Herzstück jeder Balanced Scorecard. Ergänzt werden die oben genannten Bestandteile um vier Grundperspektiven. Die Verwendung der »Perspektiven« stellt eine Art Strukturierungshilfe dar. In der Regel werden die folgenden vier Perspektiven unterschieden: 1. Kundenperspektive: hier geht es um Marktanteile, Kundentreue und Kundenzufriedenheit (z.B.: Ausbau der Marktposition, Image »als Partner der Kunden« aufbauen, Kundenzufriedenheit erhöhen, Bekanntheitsgrad steigern, Stammkundenanteil erhöhen, Zielpublikum verjüngen, Anteil Neukunden erhöhen); 2. Finanzperspektive: drückt das Unternehmensziel in Zahlen aus (z.B.: Rendite steigern, Umsätze verdoppeln, neue Finanzquellen erschließen, Budgeteinhaltung sichern, Rücklagen aus nicht verbrauchten Zuschüssen bilden, Liquidität sichern); 3. Interne Geschäftsprozesse: hier werden Kernprozesse betrachtet, die für die Erreichung anderer Ziele wichtig sind, z.B. Innovationsprozesse, in-
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terne Ablaufoptimierung etc. (Warum funktioniert z.B. der Service nicht? Warum dauert die Bearbeitung einer Kartenbestellung so lange? u.a. Die Zielformulierung könnte lauten: Standardisierung vorantreiben, Reibungsverluste deutlich reduzieren, Planungszeiten verringern, Fehlerquote verringern, Gesundheitsquote erhöhen); 4. Lernen und Wachstum: hier geht es im Wesentlichen um das Personal, um Mitarbeiterzufriedenheit, Weiterbildung und vor allem um die Fähigkeit zu Veränderungen (z.B.: Fremdsprachenbeherrschung steigern, Anteil qualifizierter Facharbeiter erhöhen, Umsatzanteil Neuprodukte erhöhen, Verbesserungsindex erhöhen, Innovationsraten erhöhen, Service verbessern, Interne Kommunikation verbessern). Eine der Perspektiven ist Ausgangspunkt einer Ursache-Wirkungs-Kette, welche im Kulturbetrieb Theater z.B. wie folgt aussehen könnte: Theaterproduktion → Qualität → Zuschauerinteresse und -zufriedenheit/gute Kritik → gutes Image → Unterstützung der politischen Gremien (Nutzung von Synergieeffekten). Die genannten Perspektiven sind nicht abschließend, sie können in Abhängigkeit der Anforderungen des Unternehmens auch verändert werden. So ist es durchaus denkbar, dass in einem Kulturbetrieb eine auf die künstlerischen oder kulturpolitischen Ziele gerichtete Perspektive aufgenommen wird. Weitere in unterschiedlichen Branchen genutzte Perspektiven sind: die Lieferantenperspektive, die Kreditgeberperspektive, die Politikperspektive, die Kommunikationsperspektive, die Organisationsperspektive u.a. Eine Perspektive kann dabei als eine themenbezogene Auswahl von Zielen, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen verstanden werden, die gleichermaßen als Kategorie zur Systematisierung wie als Anhaltspunkt zur Erarbeitung strategierelevanter Mess- und Steuerungsgrößen fungiert (Reichmann 2001: 587). Die Aufstellung der Ziele (Ober- und Unterziele), die Zuordnung zu den entsprechenden Perspektiven und die Kommunikation mit allen Beteiligten stellt eine Ausgewogenheit dar, was im Begriff der Balanced Scorecard, übersetzt mit »ausgewogener Punktekarte«, zum Ausdruck kommt. Eine andere Übersetzung könnte heißen: »übersichtlicher Berichtsbogen«. Wie dieser in seinem Grundschema aussieht, zeigt die Grafik in Abbildung 40.
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Abbildung 40: Grundschema einer Balanced Scorecard Finanzperspektive
» Wie sollen wir gegenüber unseren Teilhabern auftreten, um finanziellen Erfolg zu haben?«
en en hl en hm za ab a e el enn org aßn i Z K V M
Interne Geschäftsprozesse
Kundenperspektive en en hl en hm b a ga ßn e en r i Z K Vo Ma
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» Wie sollen wir gegenüber unseren Kunden auftreten, um unsere Vision zu verwirklichen?«
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Vision und Strategie
»In welchen Geschäftsprozessen müssen wir die besten sein, um unsere Partner zu befriedigen?«
en en hl en m za ab ah e el enn org aßn i Z K V M
Lernen und Entwicklung »Wie können wir unsere Veränderungs- und Wachstumspotentiale fördern, um unsere Vision zu verwirklichen?«
n en le n ah be ahm e nz ga n el Zi Ken Vor aß M
Quelle: Reichmann 2001: 585
Strategische Ziele im Sinne der Balanced Scorecard zeichnen sich dadurch aus, dass sie • unternehmensspezifisch und nicht austauschbar sind; • die Strategie in aktionsorientierte Aussagen für die jeweiligen Perspektiven überführen; • die strategischen Aussagen der Strategie in ihre Bestandteile aufgliedern. Daraus ergeben sich Elemente für jede Perspektive, die bei einer erfolgreichen Strategieumsetzung erreicht werden müssen (vgl. Horváth & Partner 2000: 132). Die Bestimmung der strategischen Ziele für jede Perspektive bildet den Ausgangspunkt bei der Erstellung einer Balanced Scorecard und beeinflusst als deren Herzstück auch entscheidend die Qualität. Die Zielvorgaben beinhalten finanzielle und nichtfinanzielle Messgrößen zu den Zielen, Soll- und Istwerte dieser Messgrößen, strategische Aktionen zu den einzelnen Zielen sowie zu jedem einzelnen Ziel, Termin- und Budgetvorgaben sowie die Angabe des Verantwortlichen. Dabei stehen Messgrö-
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ßen, Zielwerte und strategische Aktionen nicht losgelöst nebeneinander, sondern sind durch Ursache-Wirkungs-Beziehungen eng miteinander verknüpft. Aus den aufgestellten Zielen wird eine Ursache-Wirkungs-Kette abgeleitet. Dazu wird eine Antwort auf die Frage gesucht: Warum wollen wir Ziel x erreichen? Ursache-Wirkungs-Ketten zeigen Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den strategischen Zielen auf und machen dadurch gegenseitige Effekte bei der Zielerreichung klar. Das Bewusstsein von den Zusammenhängen fördert das gemeinsame Verständnis von der Strategie und verbessert somit die Zusammenarbeit im Management. Die Umsetzung eines strategischen Zieles fördert die Erreichung von anderen Zielen. Erst die Verknüpfung der Ziele beschreibt die Strategie vollständig. Beim Aufbau der Balanced Scorecard müssen zwei bereits genannte Rahmenbedingungen konsequent durchgesetzt werden: die Kommunikation mit allen Beteiligten und gegenseitiges Vertrauen. Erfahrungsgemäß fördert eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur die Arbeit mit der Balanced Scorecard. In einzelnen Schritten müssen letztendlich alle am Entwicklungsprozess beteiligt werden. Beginnend auf der obersten Führungsebene müssen die Unternehmensziele gesetzt und die Wege zur Zielerreichung definiert werden. Eine Balanced Scorecard entwickelt sich in der Regel Top-down, das heißt aber nicht, dass auf dieser Ebene die damit zusammenhängende Arbeit geleistet werden muss. Das Top-Management hat die Aufgabe, den Anstoß zu geben und den Prozess aufrechtzuerhalten. Im täglichen Geschäft muss – wie an anderer Stelle bereits erwähnt – die Teamarbeit dominieren. Es entsteht zunächst eine Scorecard für das gesamte Unternehmen. Diese ist als Rahmen für weitere quasi abgeleitete Scorecards der unteren Führungsebenen zu verstehen. Die Verantwortlichen der nachgeordneten Ebenen sollten in die Erarbeitung der Scorecard für die übergeordnete Ebene einbezogen werden, damit das Netzwerk wirklich harmoniert. Sind die Ziele festgelegt, kann mit der Erarbeitung der Wege dorthin, also mit den Strategien, begonnen werden. Man sollte zwei bis maximal fünf Strategien entwickeln und kommunizieren. Damit Strategien dann wirklich auch umgesetzt werden, muss sichergestellt werden, dass sie mit den operativen Zielen verbunden werden. Sind Mission, Vision und Strategien aufgestellt, müssen diese transparent gemacht werden. Hilfsmittel dazu sind die Kennzahlen, durch die eine Konkretisierung erreicht wird. Jede Kennzahl braucht einen Verantwortlichen, der bestimmt werden muss. Für das Ziel Neukundengewinnung könnte man beispielsweise als Maßnahme Kooperationen mit anderen Anbietern intensivieren. Als Kennzahl könnte dann die entsprechende Anzahl an Kooperationen oder die Anzahl der Neukunden eingesetzt werden.
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Wenn alle Schritte getan sind, also Mission und Vision definiert, Strategien für alle Perspektiven gefunden, Kennzahlen bestimmt sind und die Ergebnisse allen Beteiligten kommuniziert wurden, können die Strategien ggf. veraltet sein, bevor sie überhaupt umgesetzt werden. D.h., man muss Mittel finden, mit deren Hilfe man die Strategien den sich ändernden Lebensumständen anpassen kann. An dieser Stelle zahlt sich aus, die Balanced Scorecard nicht auf ein System von Kennzahlen zu reduzieren, sondern sie als eine Möglichkeit zu verstehen, die Kommunikation im Unternehmen auf die strategisch wesentlichen Sachverhalte zu konzentrieren. Kommunikation ist immer wechselseitig. Sie führt zu Rückmeldungen, zu einem Feedback. Sie führt zu einem Ansatzpunkt, der lernfähig macht, der sensibilisieren kann für Veränderungssignale. Ähnlich wie schon bei der Einführung von Controlling wird auch für das Konzept der Balanced Scorecard eine schrittweise Einführung empfohlen, denn die Wirkung einer Balanced Scorecard im Betrieb ist abhängig von der Qualität ihrer Implementierung. Horváth & Partner schlagen für die Einführung die folgenden fünf Schritte vor: • Strategische Grundlagen klären: Grundsätzlich arbeitet die Balanced Scorecard mit bereits bestehenden Strategien. Zur Klärung der strategischen Grundlagen gehört, ob Strategien vorhanden sind oder erst Vorbzw. Restarbeiten im Rahmen der Strategieentwicklung, also auch die Analyse von Chancen/Risiken und Stärken/Schwächen sowie von kritischen Erfolgsfaktoren vorausgehen müssen. • Organisatorischen Rahmen schaffen: In dieser Phase muss geklärt werden, mit welchen Perspektiven gearbeitet werden soll und für welche Ebenen und Organisationseinheiten zunächst Balanced Scorecards entwickelt werden sollen. Die Implementierung einer Balanced Scorecard ist in der Regel als Projekt organisiert, so dass hier auch die organisatorischen Rahmenbedingungen für das Projektmanagement zu schaffen sind. • Eine Balanced Scorecard entwickeln: In dieser Phase muss die entsprechend ausgewählte Unternehmenseinheit (oft handelt es sich um einen Pilotbereich) mit dem Ziel, ein einheitliches Verständnis der Strategie zu erreichen, folgende Schritte durchlaufen: – Konkretisierung der strategischen Ziele; – Verknüpfung der strategischen Ziele durch Ursache-Wirkungs-Ketten; – Auswahl der Messgrößen; – Festlegung der Zielwerte; – Bestimmung der strategischen Aktionen.
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• Rollout managen: Ziele und Strategien werden auf nachgeordnete Einheiten heruntergebrochen (vertikale Zielintegration) und mit den gleichgestellten Einheiten besser aufeinander abgestimmt (horizontale Zielintegration). • Kontinuierlichen Balanced Scorecard-Einsatz sicherstellen: Die Balanced Scorecard muss in das Management- und Steuerungsystem eingebunden werden, damit die Erarbeitung keine einmalige Aktion bleibt, sondern in die alltägliche Arbeit integriert wird. Eine Balanced Scorecard fasst jene Informationen eines Unternehmens zusammen, die für die strategische Entwicklung wirklich wichtig sind und verfolgt damit fünf Intentionen: • Komplexität des Betriebsgeschehens erfassen und auf für alle Mitarbeiter transparente Teilaspekte reduzieren; • Visionen und daraus abgeleitete strategische Ziele messbar machen; • jedem Mitarbeiter diese strategischen Ziele nahebringen; • Strategien im Unternehmensalltag verankern und • Strategien den sich ändernden Lebensumständen anpassen (vgl. Friedag/Schmidt 2001: 19). Insgesamt sollte man von einem Zeitaufwand von bis zu zwei Jahren ausgehen, die für die Erarbeitung und Implementierung einer Balanced Scorecard im Alltag gebraucht wird. Auch für die Balanced Scorecard gilt: Die Balanced Scorecard gibt es nicht, jede Balanced Scorecard ist ein Unikat. Nach dieser Kurzbeschreibung des Instruments Balanced Scorecard bleibt zu prüfen, ob sie tatsächlich im Kulturbetrieb anwendbar ist. Folgende Argumente sprechen dafür: • Die soft facts spielen in den Kulturbetrieben eine große Rolle, wobei man sich gleichzeitig mit ihrer Messbarkeit sehr schwer tut. • Die Betrachtung des Managementprozesses aus vier unterschiedlichen Perspektiven gewährleistet beim Kulturbetrieb, dass auch kulturpolitische und künstlerische Interessen in die Betrachtung mit einfließen. Die oft so dominanten finanzwirtschaftlichen Kriterien müssen nicht als eigene Perspektive geführt werden, da sie im Kulturbetrieb, sofern es sich um einen Non-Profit-Betrieb handelt, nicht Ziel, sondern lediglich Rahmenbedingung sind. Die Konzentration des Kulturbetriebes richtet sich
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auf die Erfüllung der Mission zur Zufriedenheit der Kunden (Publikum) und der Geldgeber, dies lässt sich mit Hilfe der Balanced Scorecard abbilden und unterstützen. Für die Anwendung der Balanced Scorecard ist das Aufstellen von Zielen zwingend notwendig, d.h. dass der in Kulturbetrieben häufig anzustreffende Mangel von fehlenden Zielvorgaben zwangsweise behoben wird. Eine Vernetzung der unterschiedlichen Bereiche einer Kultureinrichtung ist typisch, wird aber gerade bei der Zielbildung nicht ausreichend berücksichtigt. Oft werden einzelne Bereiche aus ihrem Gesamtzusammenhang gerissen, die ganzheitliche Sichtweise somit vernachlässigt. Monetäre Ziele müssen in Kulturbetrieben zwingend um nichtmonetäre Ziele ergänzt werden, um den Spezifika der Kulturbetriebe gerecht zu werden. Aber gerade diese Anforderungen konnten bisher noch nicht zufriedenstellend gelöst werden. Dem Ansatz der Balanced Scorecard liegt durch die Verknüpfung von Vision, Strategie und operativer Umsetzung eine ganzheitliche Betrachtung zu Grunde, dies ist für den Einsatz im Kulturbetrieb, der in der Regel durch eine besondere Komplexität gekennzeichnet ist, von Bedeutung. Durch die ganzheitliche Betrachtung wird auch die Verknüpfung von operativer und strategischer Ebene sichergestellt, eine Voraussetzung, die in der Praxis der Kulturbetriebe häufig nicht gegeben ist. Oft fehlt die strategische Sichtweise ganz oder – sofern sie existiert – es fehlt an der notwendigen Beziehung zur operativen Ebene und nicht zuletzt an der Kommunikation. Ein typisches Kennzeichen des Kulturbetriebs ist die Personalintensität und die damit verbundenen Abhängigkeiten. Ein Verfahren, welches Motivation und Identifikation der Mitarbeiter fördert, ist folglich vorteilhaft. Ursache-Wirkungs-Beziehungen verbinden die Perspektiven auf den verschiedenen Operationalisierungsstufen miteinander und schaffen damit eine individuelle Anpassung der Balanced Scorecard an die Erfordernisse des jeweiligen Unternehmens. Diese Funktion macht allen Beteiligten bewusst, dass sie an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Dies ist gerade in großen Kulturbetrieben nicht selbstverständlich. In einem Theaterbetrieb beispielsweise arbeitet die gesamte Mannschaft am Ziel, dass sich am Abend der Vorhang öffnet. Durch eine strukturell und vertraglich zementierte Trennung in Künstlerisches, Technisches und Verwaltungspersonal ist dies jedoch oft nicht verinnerlicht. Gerade so eigene Strukturen, wie sie im Theaterbetrieb zu finden sind, lassen sich durch die Balanced Scorecard durchsichtig machen und damit steuern.
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Petra Schneidewind ➔ 5. Das Controlling
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Controlling ist begleitender betriebswirtschaftlicher Service. In einem Kulturbetrieb könnte man folglich die folgenden Ansprüche an ein Controlling formulieren: • Controlling soll ein Verfahren finden, um die Leistungen eines Kulturbetriebes darzustellen und messbar zu machen. • Controlling soll dazu beitragen, dass die kulturellen Produkte in hoher Qualität angeboten werden können, so dass die Zufriedenheit der Kunden und Geldgeber erreicht werden kann. Ein Kulturbetrieb braucht ein Managementkonzept welches die Interessen künstlerische Freiheit und künstlerische Qualität, Wirtschaftlichkeit und Publikumszufriedenheit unter den gegebenen Rahmenbedingungen optimiert. Ein Lösungsansatz des Controlling könnte die Implementierung und Nutzung einer Balanced Scorecard sein – ein Ansatz, der durch seine besondere Herangehensweise (Verknüpfung mehrere Perspektiven abgeleitet aus Vision und Strategien) im Kulturbetrieb sehr gut einsetzbar ist. Das heißt aber nicht, dass die zuvor dargestellten Bestandteile einer Controllingkonzeption überflüssig werden. Für die Istinformationen ist auch beim Einsatz einer Balanced Scorecard eine Kosten-und-Leistungs-Rechnung notwendig. Die Balanced Scorecard ergänzt jedoch die operativen Informationssysteme und kann durch ihre einfache Methodik Defizite im strategischen Management der Kulturbetriebe abbauen.22 Sie könnte durchaus das zukünftige strategische Managementinstrument der Kulturbetriebe sein.
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Das Instrument der Balanced Scorecard wird beispielsweise genutzt bei der Stadt Essen, siehe Kersten/Schneidewind (2002).
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6. Glossar
ABC-Analyse: Die ABC-Analyse ist ein wichtiges Instrument, um Schwerpunkte im Unternehmen zu bilden und um Prioritäten festzulegen. Es kann immer wieder festgestellt werden, dass relativ kleine Mengen einer Gesamtmasse einen relativ großen Wert ausmachen (z.B. 10 Prozent der Kunden erwirtschaften 90 Prozent des Umsatzes). Die Unternehmensleitung muss sich also bemühen, im Unternehmen kleine Mengen zu identifizieren, die eine großen Wert darstellen. Abweichungen: Differenz zwischen geplanten (erstrebten) und realisierten Entwicklungen und Zuständen. Bedarf: Der Teil der Bedürfnisse, den der Mensch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln befriedigen will und kann. Bedürfnisse sind die Ursache allen Wirtschaftens. In welchem Maß sie befriedigt werden, hängt ab von der Leistungsfähigkeit und den vorhandenen Mitteln. Man unterscheidet: • Primärbedürfnisse: Bedürfnisse, deren Befriedigung zur Erhaltung des Lebens notwendig sind; • Sekundärbedürfnisse: Bedürfnisse deren Befriedigung den Lebensstandard über das Existenzminimum erhöht. Berichtswesen: Die weite Begriffsfassung setzt Berichts- und Informationswesen gleich. Als management-orientiertes Berichtswesen beinhaltet es eine Zusammenfassung von Berichten an interne Entscheidungsträger zur Stützung der Arbeit in Planung, Kontrolle und Steuerung. Bestellmengen-Optimierung: Das Problem der Optimierung der Bestellmenge beruht darin, zwei gegensätzliche Kostenentwicklungen auszugleichen (fixe Beschaffungskosten – Lagerhaltungskosten). Bei der Festlegung der Bestellmenge gibt es zwei Möglichkeiten: Beschaffung großer Mengen in großen Zeitabständen oder Beschaffung kleiner Mengen in kleinen Zeitabständen. Dabei sind Bestellmenge und Bestellzeitpunkt von folgenden Faktoren abhängig: dem Materialbedarf der Produktion, den Erfordernissen der Lagerhaltung und den Gegebenheiten auf dem Beschaffungsmarkt. Der Betrieb ist die Stätte, in der die verschiedenen Produktivgüter nach der Idee, Zielsetzung und Entscheidung des Unternehmens zur Leistungserstel-
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lung kombiniert werden. Die Art des Betriebes wird durch die Aufgabe bestimmt (Produktion von Sachgütern, Dienstleistungen). Die Verwirklichung unternehmerischer Ziele im Betrieb bedarf eines finanziellen Fundaments und einer rechtlichen Verfassung, die dem Betrieb Namen und Gestalt gibt. In diesem rechtlich finanziellen Mantel tritt der Betrieb als Unternehmung auf dem Markt auf. Betriebsergebnis: Resultat der zweckgebundenen Aktivitäten des Betriebes in einer Abrechnungsperiode; wird ermittelt durch Saldierung von Kosten und Leistungen. Break-Even-Analyse (Gewinnschwellenanalyse): Verfahren zur Errechnung derjenigen Absatzmengen oder Umsätze, deren Überschreitung das jeweilige Objekt in die Gewinnzone bringt, deren Unterschreitung Verlust nach sich zieht. Budget: Die schriftliche Zusammenfassung, durch welche den Aufgabenträgern für einen abgegrenzten Zeitraum fixierte Sollgrößen im Sinne von Soll-Ergebnissen geplanter Aktivitäten in wertmäßiger und eventuell auch mengenmäßiger Form vorgegeben werden. Budgetierung: Zuordnung von Ausgaben (Kosten) als Maßgröße auf bestimmte Kostenstellen und/oder Projekte. Deckungsbeitrag: Differenz zwischen Verkaufserlösen und variablen Kosten derselben Abrechnungsperiode. Deckungsbeitrag minus fixe Kosten ergibt den Gewinn bzw. Verlust einer Periode. Verkaufserlös minus variable Kosten pro Einheit ergibt den Stückdeckungsbeitrag eines Artikels. Deckungsbeitragsrechnung: Moderne Form der Kostenrechnung, die erkannt hat, dass in Betrieben mit differenziertem Produktionsprogramm eine verursachungsgerechte und damit richtige Verteilung aller Kosten auf die Kostenträger nicht möglich ist. Sie begnügt sich deshalb mit der Belastung der direkt zurechenbaren Kosten und bezieht die nicht direkt zurechenbaren Kosten en bloc oder in Stufen in das Betriebsergebnis ein. Unter dem Oberbegriff Dezentrale Ressourcenverantwortung werden seit Beginn der 90er Jahre aus der Kritik an der herkömmlichen öffentlichen Finanzführung verschiedene Elemente eines neuen Steuerungsmodells für die öffentlichen Haushalte, insbesondere in den Kommunen, entwickelt und
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in der Praxis erprobt. Kerngedanke dieses neuen Steuerungsmodells ist seine prinzipielle Outputorientierung (welche Leistungen werden erwartet?) im Gegensatz zur herkömmlichen kameralistischen Input-Orientierung (welche Ressourcen stehen zur Verfügung?). Ziele dieses neuen Steuerungsmodells sind: • die Entwicklung der Verwaltung zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen; • die verstärkte Orientierung am Bedarf der Bürger; • die Verbesserung der Arbeitssituation der Mitarbeiter; • die Konzentration der Politik auf die wesentlichen Führungsaufgaben. Einzelkosten: Sind entweder den Kostenträgern, den Kostenstellen oder Abrechnungsperioden direkt zurechenbare Kosten. Finanzierung: Der Begriff der Finanzierung umfasst alle Aktivitäten der Kapitalbeschaffung, die letztlich der Durchführung und Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dienen. Dabei wird zwischen der Beschaffung von Eigenkapital und der von Fremdkapital unterschieden. Die Finanzierung von außen kann in Form von Geld, Gütern oder Wertpapieren erfolgen. Die richtige Finanzierung ist eng mit einer vorausschauenden Finanzplanung verbunden. Fixe Kosten: Kosten, die bei gegebener Kapazität unabhängig von der jeweiligen Beschäftigung anfallen. Sie gelten auch als Kosten der Betriebsbereitschaft. Obwohl sie nicht mit der Erzeugnismenge in unmittelbarer Beziehung stehen, werden sie im Rahmen der Vollkostenrechnung anteilig auf die Kostenträger verrechnet. Freie Güter sind reichlich vorhanden, der Mensch kann seinen Bedarf daran ohne Mühe decken (z.B. Luft, Wasser). Gemeinkosten: Kosten, die den Kostenträgern, Kostenstellen oder Abrechnungsperioden nur indirekt unter Zuhilfenahme von Kostenverteilungsschlüsseln zugerechnet werden können. Investition: Grundsätzlich bestehen zwei Definitionen: Aus Sicht der betriebswirtschaftlichen Praxis bedeutet Investition den Kauf von Gegenständen des Anlagevermögens wie Grundstücke, Gebäude und Maschinen. Betriebswirtschaftlich weiter gefasst steht Investition für die zielgerichtete
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Bindung von Kapital. Durch den Einsatz der finanziellen Mittel müssen insbesondere die langfristigen Ziele des Unternehmens erreicht werden. Außerdem darf die Liquidität des Unternehmens nicht gefährdet werden. Istkosten: Tatsächlich angefallene und unbereinigte Kosten, die im Nachhinein ermittelt werden. Kalkulation: Ermittlung der Herstell- oder Selbstkosten der Kostenträger, wobei Vor-, Zwischen- und Nachkalkulation unterschieden werden können – und zwar nach dem Zeitpunkt der Durchführung. Verfahren zur Verrechnung der Kosten auf die Kostenträger. Kennzahlen: Maßstabswerte mit universeller Verwendung. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen bestehen aus Gliederungszahlen, Indexzahlen und Beziehungszahlen. Knappe Güter sind Güter, die im Verhältnis zu den menschlichen Bedürfnissen nicht in ausreichender Menge vorhanden sind. Dies lässt sich wie folgt begründen: • Sie kommen nur in beschränktem Maße in der Natur vor. • Der Mensch muss sie erst der Natur abringen, unter Einsatz von begrenzter Arbeitskraft und begrenzten technischen Mitteln. • Politische Grenzen können Knappheit verschärfen. Durch die Knappheit der Güter wird der Mensch gezwungen zu wirtschaften, um die Knappheit zu überwinden. Nur die knappen Güter sind Güter des Wirtschaftens = Wirtschaftsgüter. Konkurrentenanalyse: Untersuchung aller Daten der Konkurrenzunternehmen, die für die eigenen Entscheidungen im Rahmen der Unternehmenspolitik von Bedeutung sind. Kosten: Als Kosten werden die mit der Verfolgung des eigentlichen Betriebszwecks entstehenden bewerteten Güterverzehre einer Abrechnungsperiode bezeichnet. Kurzfristige Erfolgsrechnung: Gehört zu den wichtigsten Steuerungsinstrumenten für die Unternehmensleitung, da dieser Bericht alle wichtigen Daten des Unternehmens enthält. Dabei werden den nach Produkten oder
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Produktgruppen gegliederten Umsatzerlösen die ebenso gegliederten Kosten der verkauften Produkte oder Leistungen gegenübergestellt. Die Ertragskraft der einzelnen Produkte wird dadurch transparent. Leistung: Bewertete sachzielbezogene Güterentstehung einer Abrechnungsperiode. Man unterscheidet Absatzleistungen, die für den Markt bestimmt sind, und innerbetriebliche Leistungen, die in der Entstehungsperiode oder über mehrere Rechnungsperioden verteilt als Wiedereinsatzgüter verbraucht werden. Leistungserstellung: Durch Einsatz von Arbeit, Natur und technischen Mitteln werden neue Wirtschaftsgüter erzeugt, die mittel- oder unmittelbar der Bedürfnisbefriedigung dienen. Vollzieht sich in Stufen (Rohstoffgewinnung Dienstleistung). Leistungsverwendung: Die Produkte werden zur Bedarfsdeckung erworben. Dabei wird unterschieden in: • Individuelle Bedarfsdeckung: Der Konsument trifft die Entscheidung, welche Güter er konsumieren möchte. Er bezahlt unmittelbar mit seinem Geld (in marktwirtschaftlicher Ordnung). • Kollektive Bedarfsdeckung: Der Bedarf einer größeren Gruppe wird durch deren Körperschaft gedeckt. Der Erwerb wird mittelbar durch Beiträge der Mitglieder finanziert (in zentralverwaltungswirtschaftlichen Ordnung). Liquidität: die Fähigkeit, allen Zahlungsverpflichtungen und Zahlungsnotwendigkeiten fristgerecht nachzukommen. Organisation: auf Dauer gerichtete, bewusst geschaffene Ordnung von Menschen und Sachmitteln zur Erfüllung einer gemeinsamen Aufgabe. Portfolio-Konzept: Die Gesamtheit aller Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens wird als eine Mischung von Geschäften angesehen. Es ist jene Kombination anzustreben, die unter strategischen Gesichtspunkten Chancen und Risiken optimal verteilt. Produktionsfaktoren lassen sich unterscheiden in: • Elementarfaktoren (Arbeit, Betriebsmittel, Werkstoffe, Rechte) und
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• dispositive Faktoren: Fähigkeit des Menschen, die Elementarfaktoren zum Zwecke der Leistungserstellung zu kombinieren, also um Leistungsfunktionen ausüben (Zielsetzung, Planung, Organisation, Kontrolle u.a.). In jeder Unternehmung laufen zwei Ströme gegeneinander: • der Geldstrom in Richtung auf die Beschaffungsmärkte; • der Güterstrom in Richtung auf die Absatzmärkte. Produktlebenszyklus: plausible Vermutung zur Umsatz- und Gewinnentwicklung eines Produktes im Zeitablauf. Produktions-/Fertigungsplanung: Folgende Anforderungen werden an die Produktions-/Fertigungsplanung gestellt: • • • • •
Flexibilität (Anpassung an veränderte Daten); reibungsloser, systematischer Produktionsablauf; Berücksichtigung optimaler Lagerbestände und Personalauslastung; optimale Auslastung der Kapazitäten; Realisierung eines möglichst großen Gewinns.
Prozesskostenrechnung: Verfeinerung der traditionellen Vollkostenrechnung im Bereich der Gemeinkostenanalyse und -verrechnung mit dem Ziel, die Einflussgrößen zu erfassen, die in einer funktionsübergreifenden Prozess- oder Tätigkeitskette die Höhe der Gemeinkosten wesentlich bestimmen. Soll-Ist-Vergleich: Form der Kostenkontrollrechnung, bei der die tatsächlich angefallenen Istkosten gemessen werden an Vorgabewerten (Sollkosten), die Maßstab für die Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Tätigkeit sind. Entsprechen die Istkosten den Vorgabewerten oder liegen sie darunter, wird wirtschaftliches Arbeiten unterstellt; liegen sie darüber, werden Unwirtschaftlichkeiten vermutet und die für ihr Entstehen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Steuerung: Form der Störungsbewältigung durch Eingriff in ein System. Im Idealfall als Vorwärtskopplung bereits vor Eintritt der Störung wirkend. Strategien: aufeinanderfolgende Schritte zur Verwirklichung der unternehmerischen Absichten; Globalaktionen auf den verschiedenen Märkten eines Unternehmens.
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Strategische Planung: Gesamtheit von Zielen und Maßnahmen zur Erschließung und Sicherung unternehmerischer Erfolgspotentiale. Szenario-Technik: zielorientierte Zusammenstellung von zukünftigen, möglichen Ereignissen oder Ereignisfolgen aus der Sicht des Szenario-Schreibers. Teilkostenrechnungen: In Teilkostenrechnungssystemen wird den Kostenträgern nur ein Teil der insgesamt anfallenden Kosten bei der Ermittlung von Herstellkosten oder Selbstkosten zugerechnet, der andere Teil wird in das Betriebsergebnis übertragen. Variable Kosten: Teil der Kosten, die sich insbesondere bei der Variation der Kosteneinflussgröße Beschäftigung ändern. Ist die relative Kostenänderung gleich der relativen Beschäftigungsänderung, handelt es sich um proportionale, ist sie kleiner als die relative Beschäftigungsänderung, um unterproportionale, und ist sie größer, um überproportionale Kosten. Verursachungsprinzip: Grundlage der Grenzplankostenrechnung. Es werden nur diejenigen Kosten den Kostenträgern angelastet, deren Entstehen durch Produktion und Absatz dieser Kostenträger eindeutig verursacht wird oder verursacht worden ist. Vollkostenrechnungen: Kostenrechnungssysteme, in denen alle Kosten in die Herstellkosten bzw. Selbstkosten der Kostenträger einbezogen werden, auch die fixen Kosten. Wirtschaft ist der Inbegriff aller Tätigkeiten und Einrichtungen, deren Zweck es ist, den jeweiligen Bedarf zu decken. Wirtschaftseinheiten: zu den Wirtschaftseinheiten zählen: • erwerbswirtschaftliche Unternehmen; • öffentliche Gemeinwesen; • private Haushalte. Wirtschaftsgüter: Die Mittel, die zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse dienen können, sind Güter. Wirtschaftsprinzipien (ökonomisches Prinzip): Es werden zwei Prinzipien unterschieden:
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• Das Maximalprinzip verlangt, dass mit gegebenen Mitteln eine möglichst hohe Leistung erzielt wird. • Das Minimalprinzip verlangt, dass eine vorbestimmte Leistung mit möglichst geringen Mitteln erzielt wird. Zuschlagskalkulation: Sammelbegriff für alle Kalkulationsverfahren, bei denen die Gemeinkosten mittels Kalkulationssätzen auf die Kostenträger verrechnet werden. Setzt die Trennung der Kosten in Einzel- und Gemeinkosten bzw. die Bildung von Kostenstellen und die Wahl von unterschiedlichen Bezugsgrößen voraus. Ziele: Leitlinien unternehmerischer Maßnahmen und Verhaltensweisen.
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Petra Schneidewind ➔ 7. Literatur
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7. Literatur
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Reichmann, Thomas (2001): Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, München. Schierenbeck, Henner (2003): Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, München. Schneck, Ottmar (2000): Basis-Know-How Betriebswirtschaft: Was sie für die Praxis wissen müssen, Frankfurt am Main. Schneider, Wilhem (2005): Finanzbuchführung, Konstanz. Schneidewind, Petra (2000): Entwicklung eines Theater-Managementinformationssystems, Frankfurt am Main. Schneidewind, Petra (2001): Von den Informationsinseln zum entscheidungsorientierten Theater-Managementinformationssystem: Controllingeinführung im Theaterbetrieb. In: Handbuch KulturManagement, (1992 ff.), Stuttgart. Schneidewind, Petra; Jürgen Pelz (2003): SAP im Kulturbetrieb erfolgreich einsetzen. In: Handbuch KulturManagement (1992 ff.), Stuttgart. Vanselow, Erhard/Goebel, Eberhard/Kiel, Hermann-Josef (2003): Kostenund-Leistungs-Rechnung im Kultursektor, Kassel. Vollmuth, Hilmar (1992): Controlling Instrumente von A-Z, Planegg; München. Weber, Jürgen (1995): Einführung in das Controlling, Stuttgart. Wöhe, Günther (1990): Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, München. Ziegenbein, Klaus (1998): Controlling, Ludwigshafen.
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Petra Schneidewind ➔ 8. Abbildungsverzeichnis
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8. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Koalitionspartner im Betrieb (Auswahl), S. 15 Abbildung 2: Gliederung der Betriebswirtschaftslehre, S. 16 Abbildung 3: Zielsteuerung (Quelle: Preißler [1997]: 26), S. 22 Abbildung 4: Das Betriebswirtschaftliche Funktionensystem, S. 27 Abbildung 5: Güterwirtschaftlicher Prozess (Quelle: Olfert/Rahn 2003: 28), S. 28 Abbildung 6: Finanzwirtschaftlicher Prozess (Quelle: Olfert/Rahn 2003: 28), S. 29 Abbildung 7: Der Marketing-Managementprozess (Quelle: Klein [2001]: 95), S. 31 Abbildung 8: Gestaltung des finanzwirtschaftlichen Prozesses (Quelle: Olfert [2003]: 283), S. 38 Abbildung 9: Gesamtsystem Rechnungswesen, S. 43 Abbildung 10: Bilanzaufbau, S. 52 Abbildung 11: Bilanzaufbau, S. 53 Abbildung 12: Bilanzaufbau vereinfacht in Anlehnung an § 266 Absatz 2 und 3 HGB, S. 54 Abbildung 13: Rechnungslegungskreislauf, S. 61 Abbildung 14: Funktionsweise von Bestandskonten, S. 63 Abbildung 15: Kontenarten der Finanzbuchhaltung, S. 66 Abbildung 16: Aufwendungen, S. 68 Abbildung 17: Erträge, S. 69 Abbildung 18: Erfolgsbeziehungen, S. 70 Abbildung 19: Haushaltskreislauf, S. 97 Abbildung 20: Aufbau in Einzelplänen von Verwaltungs- und Vermögenshaushalt, S. 99 Abbildung 21: Abgrenzung von Aufwand und Kosten, S. 103 Abbildung 22: Differenzierung von Aufwänden (Quelle: Haberstock 1987: 33), S. 104 Abbildung 23: Abgrenzung von Erträgen und Erlösen, S. 106 Abbildung 24: Aufbau der Kosten-und-Leistungsrechnung, S. 116 Abbildung 25: fixe Kosten – sprungfixe Kosten, S. 125 Abbildung 26: Ausprägungen von variabeln Kosten, S. 125 Abbildung 27: Break-Even-Analyse, S. 130 Abbildung 28: Deckungsbeitragsrechnung auf Basis relativer Einzelkosten, S. 134 Abbildung 29: Informationsfluss im Controlling, S. 141
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Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement
Abbildung 30: Regelkreismechanismus (Quelle: Ziegenbein 1998: 62), S. 144 Abbildung 31: Schnittmenge Controlling (in Anlehnung an Deyhle 1992: 365), S. 145 Abbildung 32: Beispiel Controllerbericht: 4-Felder-Matrix (Quelle: Controller Verein e.V. [Hrsg.], S. 154, 155 Abbildung 33: Beispiel Controllerbericht, S. 156 Abbildung 34: Beispiel Controllerbericht (Ampel!), S. 157 Abbildung 35: Personalkostenerfassung im Technischen Bereich, S. 166, 167 Abbildung 36: Diensteerfassung im künstlerischen Bereich, S. 168, 169 Abbildung 37: Informationsfluss im Theaterbetrieb, S. 171 Abbildung 38: Ausschnitt Kostenträgerbericht, S. 174, 175 Abbildung 39: Produktionsplanung, S. 176, 177 Abbildung 40: Grundschema einer Balanced Scorecard, (Quelle) Reichmann (2001): 585, S. 184
Trotz intensiver Recherchen ist es der Autorin nicht gelungen, den Urheber/ die Urheberin der Illustration von S. 143 ausfindig zu machen. Bei Kenntnisnahme des Abdrucks bitten wir Sie, sich mit dem Verlag oder der Autorin in Verbindung zu setzen.
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Petra Schneidewind ➔ 9. Tabellenverzeichnis
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9. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Anzahl der Unternehmen und deren Umsätze in der Kulturwirtschaft (Quelle: Söndermann, Michael: Arbeitskreis Kulturstatistik e.V., November 2005), S. 14 Tabelle 2: Zielarten und Zielobjekte am Beispiel einer Kunstausstellung (Heinrichs [1999]: 134), S. 21 Tabelle 3: Ziele im wirtschaftlichen Betrieb (Auswahl), S. 23 Tabelle 4: Ziele im nicht gewinnorientierten Kulturbetrieb (Auswahl), S. 25 Tabelle 5: Steuerungsthemen im Bereich Beschaffung (Quelle: Schneck [2000]: 205), S. 34 Tabelle 6: Finanzierungsarten (Quelle Olfert (2003): 303 ff.), S. 39 Tabelle 7: Übersicht über Externes und Internes Rechnungswesen (Quelle: Schneck 2000: 221), S. 44 Tabelle 8: Zusammenfassung der Rechnungslegungsvorschriften nach dem HGB (Quelle: Schierenbeck 2003: 544), S. 49 Tabelle 9: Auszug aus dem Datev-Kontenrahmen SKR 03, S. 76 Tabelle 10: Arbeitsschritte in einer Finanzbuchführung während des Geschäftsjahres (Quelle: Schneider 2005: 16f.), S. 78 Tabelle 11: Auszug aus Anlagespiegel, S. 81 Tabelle 12: Begriffspaare des Rechnungswesens, S. 93 Tabelle 13: Vergleich Doppelte Buchführung – Kameralistik, S. 101 Tabelle 14: Beispiel für einen Kostenartenplan (Ausschnitt), S. 111 Tabelle 15: Kostenstellen- und Trägerverzeichnis am Beispiel eines Museums, S. 114 Tabelle 16: Beispiel für eine Kostenartenrechnung (Rechnung), S. 119 Tabelle 17: Beispiel für ein Grundschema Kalkulation, S. 119 Tabelle 18: Betriebsabrechnungsbogen, S. 120 Tabelle 19: Kalkulation von Selbstkosten, S. 122 Tabelle 20: Typologie der Kostenarten (Quelle: Schneck [2000]: 229), S. 127 Tabelle 21: Kombinationen von Kostenarten, S. 127 Tabelle 22: Deckungsbeitragsrechnung, S. 128 Tabelle 23: Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung, S. 132 Tabelle 24: Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung (Beispiel), S. 133 Tabelle 25: Fragestellung und Lösungssystem der Kosten- und Leistungsrechnung, S. 137 Tabelle 26: Anforderungsprofil Controlling, S. 145 Tabelle 27: Strategische und Operative Controlling-Instrumente (Auswahl), S. 147
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Tabelle 28: Zusammenfassung der Rahmendaten des Ulmer Theaters (Spielzeit 97/98), S. 160 Tabelle 29: Kostenarten im Ulmer Theater, S. 162 Tabelle 30: Kostenstellen und Kostenträger im Ulmer Theater, S. 163 Tabelle 31: Informationen im Kostenträgerbericht, S. 172
2006-09-28 16-48-51 --- Projekt: t546.kum.schneidewind.betriebswirtschaft / Dokument: FAX ID 00a4127438987714|(S. 203-204) T01_09 tabellenverzeichnis.p 12743898
Die Neuerscheinungen dieser Reihe: Roswitha Muttenthaler, Regina Wonisch Gesten des Zeigens Zur Repräsentation von Gender und Race in Ausstellungen November 2006, ca. 250 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 25,80 €, ISBN: 3-89942-580-4
Petra Schneidewind Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement Ein Handbuch September 2006, ca. 200 Seiten, kart., ca. 24,80 €, ISBN: 3-89942-546-4
Tobias Wall Das unmögliche Museum Zum Verhältnis von Kunst und Kunstmuseen der Gegenwart August 2006, 312 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 3-89942-522-7
Sonja Vandenrath Private Förderung zeitgenössischer Literatur Eine Bestandsaufnahme Juli 2006, 254 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN: 3-89942-417-4
Oliver Scheytt Kulturstaat Deutschland Ein kulturpolitisches Plädoyer
Stiftung Niedersachsen (Hg.) »älter – bunter – weniger« Die demografische Herausforderung an die Kultur
Oktober 2006, ca. 200 Seiten, kart., ca. 21,80 €, ISBN: 3-89942-400-X
Mai 2006, 232 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN: 3-89942-505-7
Viktor Kittlausz, Winfried Pauleit (Hg.) Kunst – Museum – Kontexte Perspektiven der Kunst- und Kulturvermittlung
Brigitte Kaiser Inszenierung und Erlebnis in kulturhistorischen Ausstellungen Museale Kommunikation in kunstpädagogischer Perspektive
September 2006, 298 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 3-89942-582-0
Werner Heinrichs Der Kulturbetrieb Bildende Kunst – Musik – Literatur – Theater – Film
Februar 2006, 448 Seiten, kart., 32,80 €, ISBN: 3-89942-452-2
September 2006, 294 Seiten, kart., 26,80 €, ISBN: 3-89942-532-4
Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de
Die Neuerscheinungen dieser Reihe: Sabiene Autsch, Michael Grisko, Peter Seibert (Hg.) Atelier und Dichterzimmer in neuen Medienwelten Zur aktuellen Situation von Künstler- und Literaturhäusern 2005, 264 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN: 3-89942-314-3
Birgit Mandel (Hg.) Kulturvermittlung – zwischen kultureller Bildung und Kulturmarketing Eine Profession mit Zukunft 2005, 270 Seiten, kart., 19,80 €, ISBN: 3-89942-399-2
Lutz Hieber, Stephan Moebius, Karl-Siegbert Rehberg (Hg.) Kunst im Kulturkampf Zur Kritik der deutschen Museumskultur 2005, 210 Seiten, kart., zahlr. Abb., 24,80 €, ISBN: 3-89942-372-0
Hartmut John, Ira Mazzoni (Hg.) Industrie- und Technikmuseen im Wandel Perspektiven und Standortbestimmungen 2005, 302 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN: 3-89942-268-6
Udo Liebelt, Folker Metzger (Hg.) Vom Geist der Dinge Das Museum als Forum für Ethik und Religion 2005, 196 Seiten, kart., 22,80 €, ISBN: 3-89942-398-4
Franziska Puhan-Schulz Museen und Stadtimagebildung Amsterdam – Frankfurt/Main – Prag Ein Vergleich 2005, 342 Seiten, kart., zahlr. Abb., 27,80 €, ISBN: 3-89942-360-7
Tiziana Caianiello Der »Lichtraum (Hommage à Fontana)« und das »Creamcheese« im museum kunst palast Zur Musealisierung der Düsseldorfer Kunstszene der 1960er Jahre 2005, 262 Seiten, kart., zahlr. Abb., 26,80 €, ISBN: 3-89942-255-4
Kathrein Weinhold Selbstmanagement im Kunstbetrieb Handbuch für Kunstschaffende 2005, 320 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN: 3-89942-144-2
Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de